Flugschriften gegen die Reformation: 1518 – 1524 9783050071558, 9783050028156


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German Pages 886 [888] Year 1996

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Inhalt
Vorwort
Zeitschriftensigel
Verzeichnis der Literatur
Einleitung
1. Widerlegung eines vermessenen Sermons ...
2. Ein gar fruchtbares und nützliches Büchlein von dem päpstlichen Stuhl und von St. Peter
3. Ein Sermon, darin er sich über die Schmähungen Martin Luthers beklagt
4. Die verdeutschte Bulle wider MartinLuther
5. Des heiligen Konzils zu Konstanz Entschuldigung, daß ihnen Bruder Martin Luther mit Unwahrheit aufgelegt, sie haben Johannes Hus und Hieronymus von Prag wider Geleit und Eid verbrannt
6. Von Dr. Martin Luthers Lehren und Predigen
7. An den großmächtigsten und durchlauchtigsten Adel deutscher Nation, daß sie den christlichen Glauben beschützen wider den Zerstörer des Glaubens Christi, Martin Luther
8. An den Stier zuWittenberg
9. Wider das unchristliche Buch Martin Luthers an den deutschen Adel
10. Determinatio oder Verurteilung der lutherischen Lehre durch die Doktoren Heiliger Schrift in Paris
11. Wider die unseligen Aufruhre Martin Luthers
12. Antwort auf Karlstadts Buch von Abtuung der Bilder
13. Schutz und Handhabung der sieben Sakramente wider Martin Luther
14. Martin Luther, wie es ein Mann sei und was er führt im Schilde
15. Was Nutzen entspringt von den falschen lu therischen Katzen als Franz von Sickingen und seinem teuflischen Bündnis, die das Evangelium mit Rauben, Morden, Brennen verfechten wollen
16. Glosse und Kommentar auf 154 Artikel, gezogen aus einem Sermon Dr. Martin Luthers
17. Arzneibüchlein von den Früchten des neuen evangelischen Lebens
18. Klage an königliche Majestät von Ungarn und Böhmen wider einen lutherischen Mönch
19. Wider den falsch genannten Ecclesiasten und wahrhaftigen Erzketzer Martin Luther
20. Ein Brief des edlen Königs aus England; Herzog Georgs aus Sachsen Antwort
21. Eine brüderliche Ermahnung zu denen, die sich evangelisch nennen
22. Aus was Grund und Ursach Luthers Dolmetschung über das Neue Testament dem gemeinen Mann verboten worden sei
23. Antwort, daß Jungfrauen Klöster und klösterliche Gelübde nimmer göttlich verlassen mögen ....
24. Der Laie. Ob der Glaube allein selig macht
25. Ob die Christen durch ihre guten Werke das Himmelreich verdienen mögen
26. Ein Spiegel der evangelischen Freiheit .
27. Ob St. Peter zu Rom gewesen sei. . . .
28. Eine christliche Vermahnung der heiligen Stadt Rom an Deutschland
29. Ein christlicher Abschied der Eidgenossenschaft wider den Luther
30. Verderben und Schaden der Lande und Leute an Gut, Leib, Ehre und der Seelen Seligkeit aus Luthers und seines Anhangs Lehre
31. Christliche Unterrichtung, die Bildnisse und das Opfer in der Messe betreffend
32. Entschließung der Fürsten zu Regensburg zu Handhabung christlichen Glaubens und evangelischer Lehre
33. Ordnung und Reformation zur Abstellung der Mißbräuche und Aufrichtung eines ehrbaren Wesens und Wandels der Geistlichkeit, zu Regensburg aufgerichtet
34. Wahre Erklärung und Unterrichtung die Ehescheidung betreffend
35. Von der Messe und wer der rechte Priester sei
36. Wider das wild geifernde Eberschwein Luther
37. Zu Errettung den schwachen Ordenspersonen eine tröstliche Rede
38. Antwort wider das unchristliche Lästerbuch Ursula Weidin, der Schosserin zu Eisenberg. .
39. Eine nützliche Rede, Frage und Antwort von drei Personen in lutherischen Sachen
40. Von der heiligen gemeinen christlichen Kirche
Verzeichnis der Personennamen
Verzeichnis der Ortsnamen
Verzeichnis der Bibelstellen
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Flugschriften gegen die Reformation: 1518 – 1524
 9783050071558, 9783050028156

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Flugschriften gegen die Reformation (1518-1524)

Flugschriften gegen die Reformation (1518-1524)

Herausgegeben und bearbeitet von Adolf Laube unter Mitarbeit von Ulman Weiß

Akademie Verlag

Gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft

Die Deutsche Bibliothek — CIP-Einheitsaufnahme Flugschriften gegen die Reformation (1518—1524) / hrsg. und bearb. von Adolf Laube unter Mitarb. von Ulman Weiss. — Berlin : Akad. Verl., 1997 ISBN 3-05-002815-7 NE: Laube, Adolf [Hrsg.]

© Akademie Verlag GmbH, Berlin 1997 Der Akademie Verlag ist ein Unternehmen der VCH-Verlagsgruppe. Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier. Das eingesetzte Papier entspricht der amerikanischen Norm ANSI Z. 39.49-1984 bzw. der europäischen Norm ISO TC 46. Alle Rechte, insbesondere die der Übersetzung in andere Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form — durch Photokopie, Mikroverfilmung oder irgendein anderes Verfahren — reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsmaschinen, verwendbare Sprache übertragen oder übersetzt werden. Gesamtherstellung: Druckhaus „Thomas Müntzer" GmbH, 99947 Bad Langensalza Printed in the Federal Republic of Germany

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1

Zeitschriftensigel

11

Verzeichnis der Literatur

11

Einleitung

21

1. 2. 3. 4. 5.

6. 7.

8. 9. 10. 11. 12. 13. 14.

Johann Tetzel: Widerlegung eines vermessenen Sermons . . . Augustin Alveldt: Ein gar fruchtbares und nützliches Büchlein von dem päpstlichen Stuhl und von St. Peter Augustin'Alveldt: Ein Sermon, darin er sich über die Schmähungen Martin Luthers beklagt Die verdeutschte Bulle wider Martin Luther Johann Eck: Des heiligen Konzils zu Konstanz Entschuldigung, daß ihnen Bruder Martin Luther mit Unwahrheit aufgelegt, sie haben Johannes Hus und Hieronymus von Prag wider Geleit und Eid verbrannt Thomas Murner: Von Dr. Martin Luthers Lehren und Predigen Thomas Murner: An den großmächtigsten und durchlauchtigsten Adel deutscher Nation, daß sie den christlichen Glauben beschützen wider den Zerstörer des Glaubens Christi, Martin Luther Hieronymus Emser: An den Stier zu Wittenberg Hieronymus Emser: Wider das unchristliche Buch Martin Luthers an den deutschen Adel Determinatio oder Verurteilung der lutherischen Lehre durch die Doktoren Heiliger Schrift in Paris Wolfgang Wulffer: Wider die unseligen Aufruhre Martin Luthers Hieronymus Emser: Antwort auf Karlstadts Buch von Abtuung der Bilder Heinrich VIII.: Schutz und Handhabung der sieben Sakramente wider Martin Luther Paul Bachmann: Martin Luther, wie es ein Mann sei und was er führt im Schilde

51 72 91 110

127 142

171 221 229 270 294 305 344 362

VI 15.

Inhaltsverzeichnis

Matthias Siegel: Was Nutzen entspringt von den falschen lutherischen Katzen als Franz von Sickingen und seinem teuflischen Bündnis, die das Evangelium mit Rauben, Morden, Brennen verfechten wollen 16. Johannes Cochläus: Glosse und Kommentar auf 154 Artikel, gezogen aus einem Sermon Dr. Martin Luthers 17. Wolfgang Redorffer: Arzneibüchlein von den Früchten des neuen evangelischen Lebens 18. Matthias Blochinger/Balthasar Hartzer: Klage an königliche Majestät von Ungarn und Böhmen wider einen lutherischen Mönch 19. Hieronymus Emser: Wider den falsch genannten Ecclesiasten und wahrhaftigen Erzketzer Martin Luther 20. Heinrich VIII./Herzog Georg: Ein Brief des edlen Königs aus England; Herzog Georgs aus Sachsen Antwort 21. Johannes Freiberger: Eine brüderliche Ermahnung zu denen, die sich evangelisch nennen 22. Hieronymus Emser: Aus was Grund und Ursach Luthers Dolmetschung über das Neue Testament dem gemeinen Mann verboten worden sei 23. Johannes Dietenberger: Antwort, daß Jungfrauen Klöster und klösterliche Gelübde nimmer göttlich verlassen mögen . . . . 24. Johannes Dietenberger: Der Laie. Ob der Glaube allein selig macht 25. Johannes Dietenberger: Ob die Christen durch ihre guten Werke das Himmelreich verdienen mögen 26. (Johannes Cochläus:) Ein Spiegel der evangelischen Freiheit . 27. Johannes Cochläus: Ob St. Peter zu Rom gewesen sei. . . . Johannes Cochläus: Eine christliche Vermahnung der heiligen 28. Stadt Rom an Deutschland Ein christlicher Abschied der Eidgenossenschaft wider den 29. Luther Simon/Wolfgang Blick: Verderben und Schaden der Lande 30. und Leute an Gut, Leib, Ehre und der Seelen Seligkeit aus Luthers und seines Anhangs Lehre 31. Hugo von Hohenlandenberg: Christliche Unterrichtung, die Bildnisse und das Opfer in der Messe betreffend 32. Entschließung der Fürsten zu Regensburg zu Handhabung christlichen Glaubens und evangelischer Lehre 33. Ordnung und Reformation zur Abstellung der Mißbräuche und Aufrichtung eines ehrbaren Wesens und Wandels der Geistlichkeit, zu Regensburg aufgerichtet 34. Kaspar Schatzgeyer: Wahre Erklärung und Unterrichtung die Ehescheidung betreffend 35. Matthias Kretz: Von der Messe und wer der rechte Priester sei 36. Paul Bachmann: Wider das wild geifernde Eberschwein Luther

Inhaltsverzeichnis

37. 38. 39. 40.

Paul Bachmann: Zu Errettung den schwachen Ordenspersonen eine tröstliche Rede Henricus P.V.H. (Pseudonym): Antwort wider das unchristliche Lästerbuch Ursula Weidin, der Schosserin zu Eisenberg. . Sebastian Feibaum: Eine nützliche Rede, Frage und Antwort von drei Personen in lutherischen Sachen Wolfgang Redorffer: Von der heiligen gemeinen christlichen Kirche

VII

756 778 817 837

Verzeichnis der Personennamen

859

Verzeichnis der Ortsnamen

868

Verzeichnis der Bibelstellen

871

Vorwort

Mit den Bänden „Flugschriften der frühen Reformationsbewegung (1518—1524)" 1 , „Flugschriften der Bauernkriegszeit" 2 und „Flugschriften vom Bauernkrieg zum Täuferreich (1526—1535)" 3 wurde eine repräsentative Auswahl von Flugschriften 4 vorgelegt, die die geistigen und gesellschaftlichen Auseinandersetzungen jener Jahre, von Luthers Ablaßthesen bis zum Täuferreich von Münster, vor allem aus der Sicht der verschiedenen Strömungen der frühen Reformation und ihrer z. T. als illegitim empfundenen Nachfahren widerspiegeln. Anliegen der ersten Bände (bis 1 5 2 5 / 2 6 ) war es, im Rahmen der in der D D R geführten Diskussion um die Bewertung von Reformation und Bauernkrieg als frühbürgerliche Revolution 5 der Gefahr einer drohenden Erschöpfung in rein theoretischer Reflexion und Deutung bekannter Tatsachen zu begegnen und die Quellenbasis für das Erfassen der grundlegenden Umbruchsprozesse dieser Zeit zu verbreitem. Sichtbar wurde, daß die 1 2 Bde., hrsg. v. A. Laube (Projektleiter), S. Looß, A. Schneider, Erläuterungen zur Druckgeschichte v. H. Claus, Berlin 1983, auch Vaduz 1983. 2 Hrsg. v. A. Laube u. H. W. Seiffert, bearb. v. Ch. Laufer u.a., Berlin 1975, 2. Aufl. 1978, auch Köln/Wien 1978. 3 2 Bde., hrsg. v. A. Laube in Zusammenarbeit mit A. Schneider u. U. Weiß, Erläuterungen zur Druckgeschichte v. H. Claus, Berlin 1992. 4 Unter Flugschriften der Reformationszeit wird hier im weiteren Sinne jede Art durch den Druck verbreiteter Publizistik verstanden, die rasch in den durch Luther ausgelösten Streit eingriff, sich an breite Bevölkerungskreise wandte, also deutschsprachig ist, und das Ziel verfolgte, den Leser bzw. Hörer in dieser oder jener Richtung zu beeinflussen. 5 Letzte zusammenfassende Darstellung in: A. Laube/G. Vogler u.a., Deutsche Geschichte, Bd. 3, Berlin 1983; eine Anthologie zur Entwicklung des Konzepts in: Die frühbürgerliche Revolution in Deutschland, hrsg. v. M. Steinmetz, Studienbibliothek DDR-Geschichtswissenschaft, Bd. 5, Berlin 1985. Zum Reformationsbegriff und seinem Verhältnis zum Begriff der frühbürgerlichen Revolution vgl. A. Laube, Reformation, in: Europäische Enzyklopädie zu Philosophie und Wissenschaften, hrsg. v. H. J. Sandkühler, Hamburg 1990, S. 91 ff. Das Konzept ist mit den politischen Umbrüchen der Gegenwart nicht erledigt; es ist aber in seiner forschungsmäßigen Fundierung an Grenzen gelangt, deren Überwindung weitere sorgfältige Forschungen insbesondere im Hinblick auf den Reifegrad der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung zu Beginn des 16. Jh. erfordert.

2

Vorwort

grundsätzlichen theologischen Streitfragen — das Gottesverständnis, die Beziehungen zwischen Mensch und Gott, Rechtfertigung und Heilsgewinnung, das Verhältnis von Glauben und Werken, Schrift und Kirchenlehren, Gesetz und Evangelium, die Anerkennung bzw. Ablehnung der Sakramente, der Autoritäten in der Kirche, die Rolle der Gemeinden und Laien, Folgerungen des Liebesgebots usw. — einerseits aus einer als existentielle Bedrohung empfundenen krisenhaften Situation in Kirche und Gesellschaft erwachsen waren und andererseits ihre Lösung in der Konsequenz tiefgreifende gesellschaftliche Veränderungen zur Folge haben mußten.6 Hinzu kam, daß die Reformation von Anbeginn nicht nur ein theologisch-kirchlicher Streit war, sondern eine breite gesellschaftliche Bewegung, in die auch humanistische Gesellschafts- und Kirchenkritik, dogmatisch altkirchlicher Antikurialismus ständischer Schichten, insbesondere die in den Gravamina ausgedrückten politischen, wirtschaftlichen und sozialen Interessen der Reichsstände, sowie soziale Bestrebungen von Städtebürgern und Bauern einflössen. Insofern reflektieren die Schriften, daß die frühe Reformation durchaus von einer tiefgreifenden gesellschaftlichen Bewegung getragen bzw. begleitet war. Sie zeigen aber auch, wie sich in den Jahren 1523/ 24 — nach dem ersten Überschwang — ein zunehmendes Unbehagen, ja Enttäuschung darüber ausbreiteten, daß die Durchsetzung evangelischer Grundsätze so geringe Fortschritte machte, und wie die daraus erwachsenen Überlegungen und Debatten dazu führten, daß sich die Bewegung differenzierte, z. T. von Luther löste und radikalisierte. Städtische Aufstände, der „Pfaffenkrieg" der Reichsritterschaft, Luthers Warnungen vor Aufruhr und Empörung sowie sein Kampf gegen die „Schwärmer" markieren die Phase der beginnenden Aufspaltung der Bewegung und der zunehmenden Gewaltbereitschaft zur Durchsetzung reformatorischer Ziele, bis diese schließlich im Herbst 1524 in den Bauernkrieg mündete. Die im Bauemkriegsband enthaltenen Schriften und Dokumente zeugen von der sozialen Breite der Volksbewegung und der Grundsätzlichkeit ihres als Konsequenz 6 Das Verhältnis von Theologie und gesellschaftlicher Bewegung erscheint als komplizierte Wechselbeziehung. Die gesellschaftliche Krise seit dem ausgehenden 15. Jh. mit ihren verbreiteten Verunsicherungen reflektierte sich auch als Glaubenskrise; sie führte zu einem problemgeladenen Blick auf die eigene Überlieferung, zur Überprüfung der geltenden Lehren anhand der Bibel, der Kirchenväter, der Quellen des Christentums. Daraus hervorgehende Theologien, deren Verursachungen den Betreffenden in der Regel gar nicht bewußt, sondern als existentiell im Rahmen des Rechtfertigungs- oder Heilsprozesses empfunden wurden, konstituierten Glaubensmaximen, die im Widerspruch zu den geltenden Lehren standen und Konflikte mit der kirchlichen Hierarchie hervorriefen. Angesichts dessen, daß Kirche und Gesellschaft auf das Engste verquickt waren, hatten diese Konflikte von vornherein eine gesellschaftliche Dimension. Den Akteuren selbst ging es im Kern um den rechten Glauben. Unter den vielfaltigen Antworten, was rechter Glaube eigentlich sei, setzten sich aber letztlich nur jene durch, die auf breitere Resonanz stießen, also gesellschaftlichen Bedürfnissen entsprachen. Vgl. dazu auch A. Laube, Theologie und Sozialvorstellungen bei Thomas Müntzer, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht, 1991, H. 8, S. 469ff.

Vorwort

3

der Reformation verstandenen Anliegens, zugleich aber auch von der inzwischen erreichten Differenziertheit, ja Gegensätzlichkeit im Lager der Reformation. Die beiden folgenden Bände suchten Antworten auf die Frage, inwieweit der Ideengehalt der „Sturmjahre der Reformation" über die Niederlage des Bauernkrieges hinweggerettet wurde, inwieweit sich die gesellschaftlichen Bezüge der reformatorischen Streitschriftenliteratur dem veränderten gesellschaftlichen Umfeld anpaßten, wo und in welcher Gestalt noch oppositionelles Gedankengut vorhanden blieb und wie es sich äußerte. Nicht zuletzt sollte damit auch ein Beitrag zur Beantwortung der umstrittenen Frage nach der historischen Bewertung der Periode nach dem Bauernkrieg geleistet werden. Sichtbar wurde, daß das revolutionäre Potential der Volksbewegung zerschlagen wurde. Der Bauernkrieg war Ausdruck einer Polarisierung der gesellschaftlichen Kräfte in drei großen Lagern gewesen: 1. dem altkirchlichen, 2. dem der auf die weltlichen (landesherrlichen und städtischen) Obrigkeiten orientierten Reformation (Luther und die Oberdeutschen) und 3. dem der antiobrigkeitlichen sog. Volksreformation, die sich im Bauernkrieg Bahn gebrochen hatte. Die beiden ersten Lager hatten daraufhin zeitweise und partiell ihre Gegensätze zurückgestellt und beide zur Zerschlagung des letzteren beigetragen. Dieses wurde nicht nur entscheidend geschwächt, sondern und vor allem: Es verlor seine gesellschaftliche Basis. Radikale Kirchen- und Gesellschaftskritik fanden zwar noch immer ihre Nahrung in den Frustrationen einer niedergeschlagenen Bewegung, deren Ursachen nicht beseitigt waren. Ihre Äußerung wurde aber hinfort nicht nur von den obsiegenden Obrigkeiten beider konfessionellen Lager unnachsichtig verfolgt, sondern sie fand auch nicht mehr die Unterstützung und Solidarität größerer gesellschaftlicher Gruppen, durch die allein sie breitere Wirkung hätte entfalten können. Sie wurde zu einem äußerst heterogenen und vielgestaltigen Potential Einzelner oder kleiner Gruppen in einer ihnen feindlichen Umwelt. Zwar konnte einer, der Charisma und Führerqualitäten besaß, noch immer Anhänger finden, wenn er einen scheinbaren Ausweg aus der Misere wies. Ein erheblicher Teil der Täufer suchte diesen Ausweg in den Beschlüssen von Schieitheim, der Absonderung von der Welt und der Absage an jede Gewalt, und fand damit durchaus Anhänger. Gleichwohl wurde ihr Gewaltverzicht nicht honoriert; sie begegneten auch weiterhin grausamster Gegengewalt. Andere setzten nach wie vor auf aktiven Widerstand. Aber sie mußten das in der Regel heimlich und in kleinsten Konventikeln tun. Münster wurde und blieb eine, freilich a priori zum Scheitern verurteilte Ausnahme. Radikale Kirchenund Gesellschaftskritik wurde für lange Zeit zur Sektenideologie. Die gesellschaftlichen Kräfte gruppierten sich im folgenden in den Lagern der auf die Obrigkeiten orientierten Reformation und der Gegenreformation einschließlich der katholischen Reform. Angesichts dessen und auch im Hinblick auf die beginnende Herausbildung dieser Lager erwies es sich schon bei der Bearbeitung der vorangegangenen Bände als nachteilig, daß die eigentlichen Gegner des reformatorischen Streites, die altgläubige Seite, weitgehend ausgeklammert bleiben

4

Vorwort

mußten. Das war dem grundsätzlichen Anliegen geschuldet, vor allem die Breite, Differenziertheit und die jeweiligen Anliegen der verschiedenen Strömungen der Reformationsbewegung zu dokumentieren. Es war aber auch eine Folge der einseitigen Parteinahme für die Reformation und der ihr geschuldeten — abschätzigen — Betrachtung der altgläubigen Gegner aus dem Blickwinkel Luthers und der anderen Reformatoren. Gleichwohl blieb das weitgehende Fehlen der altgläubigen Seite als Desiderat einer Dokumentation der Flugschriftenliteratur zur Sozialgeschichte der Reformation immer bewußt. 7 Der folgende Band bietet eine repräsentative Auswahl deutschsprachiger Schriften für die Jahre 1518—1524, eine Schriftenauswahl für die Jahre 1525 — 1530 ist in Arbeit. Die bisherige Edition altgläubiger Kontroversschriften konzentrierte sich (abgesehen von der Werkedition Murners und verstreuten Einzeldrukken) auf das Corpus Catholicorum 8 . Bei den dort erfaßten Schriften handelt es sich — gemäß dem vorrangig konfessionell bedingten Anliegen — vorwiegend um Stücke von grundsätzlicher theologischer Relevanz, d. h. insbesondere lateinische Schriften von Autoren der ersten Reihe. Die große Zahl 9 das Volk ansprechender Polemiken gegen Luther und die Reformation, die für eine Sozialgeschichte der Reformation von erheblichem Interesse sind, blieben jedoch bislang weithin unediert 10 . Freilich sind sie als Verteidigungen feststehender Kirchenlehren in der Sache wenig originell. Die Originalität liegt zweifellos bei denen, die die alten Lehren, Traditionen und Strukturen aufzubrechen versuchten, d. h. bei Luther und den anderen Reformatoren. Während diese den als Verirrung empfundenen, in über einem Jahrtausend angesammelten Ballast der Nachapostelzeit abwarfen und überkommene Autoritäten in Frage stellten bzw. negierten, blieben ihre Gegner an die überkommenen Lehren, Traditionen und Autoritäten gebunden, auch wenn sie selbst in vielen Fällen den derzeitigen Zustand der Kirche für reformbedürftig hielten. Insofern bieten sie immer wieder die alten Autoritäten gegen Luther auf, insbesondere die Kirchenväter, das Kirchenrecht, die Chronistik und Vertreter der klassischen Philosophie, so daß fehlende Originalität durch die Ansammlung traditioneller Gelehrsamkeit überdeckt wird. Immerhin ist aber bemerkenswert, mit welcher 7 Vgl. die Vorworte zu „Flugschriften der frühen Reformationsbewegung (1518—1524)" und „Flugschriften vom Bauernkrieg zum Täuferreich ( 1 5 2 6 - 1 5 3 5 ) " (wie Anm. 1 u. 3), S. 3 bzw. S. 5. 8 Corpus Catholicorum. Werke katholischer Schriftsteller im Zeitalter der Glaubensspaltung, begr. v. Josef Greving, Münster 1919ff. 9 Den besten (nicht ganz vollständigen und im Detail nicht immer zuverlässigen) bibliographischen Überblick gibt W. Klaiber, Katholische Kontroverstheologen und Reformer des 16. Jahrhunderts. Ein Werkverzeichnis, Münster 1978. Vgl. auch D.V.N. Bagchi, Luthers Earliest Opponents. Catholic Controversalists, 1518—1525, Minneapolis 1991; M.U. Edwards Jr., Catholic Controversial Literature, 1 5 1 8 - 1 5 5 5 : Some Statistics, in: ARG, 79, 1988, S. 189ff. 10 Zahlreiche Stücke liegen inzwischen in der Microfiche-Ausgabe H.-J. Köhlers vor (Flugschriften des frühen 16. Jahrhunderts [1501 — 1530], Inter Documentation Comp. AG, Zug 1978ff.).

Vorwort

5

Zurückhaltung sie die von Luther abgelehnten „neuen Lehrer", d. h. die Scholastiker des Mittelalters, zitieren und versuchen, Luther auf seinem eigenen Feld, der Bibelexegese, zu schlagen, obwohl sie selbst die Bibel zumeist als auslegungsbedürftig betrachten und der Autorität der Kirche unterwerfen. Dominierendes Ziel der Polemik ist Martin Luther. Auch wo ihm altgläubige Autoren anfangs noch als Person und wegen seiner Gelehrsamkeit Hochachtung zollen oder seiner Kritik an kirchlichen Zuständen aufgeschlossen begegnen, wird er von Anbeginn in eine Linie mit Wiclif und Hus gestellt und damit in die häretische Tradition, ja zum Gipfelpunkt dieser Tradition erklärt. Insbesondere die Verwendung der Volkssprache durch Luther machte ihn in den Augen der Verteidiger des alten Glaubens des Hussitismus und der Vorbereitung eines Aufruhrs gegen Kirche und Obrigkeiten verdächtig. Seit 1520 wird die Befürchtung offen ausgesprochen, Luther wolle den gemeinen Mann, den Karsthans, zum Umsturz der alten Ordnung bewegen. Um dem zu begegnen, wenden sich auch die altgläubigen Autoren sehr bald direkt an das Volk, an die deutsche Nation, an den von Luther angesprochenen Adel und benutzen dazu die deutsche Sprache. Für die theologische Auseinandersetzung bevorzugen sie nach wie vor das Latein. Die Polemik kam zunächst nur schleppend in Gang. Bagchi nennt dafür zwei Gründe: Das traditionelle, auf Augustin gestützte Diktum, daß mit Ketzern nicht diskutiert werden dürfe, sondern diese obrigkeitlich abzustrafen seien, habe die Verteidiger des alten Glaubens vor schwere Gewissensentscheidungen gestellt. Außerdem habe der Umweg, sich nicht an Luther, sondern an das von diesem angesprochene Volk zu wenden, das Dilemma heraufbeschworen, in die Falle Luthers zu gehen und das Volk als Richter über Glaubensfragen zu akzeptieren. 11 Die frühen Schriften Murners, Emsers, Bachmanns, Redorffers, Blicks und briefliche Äußerungen Cochläus' bezeugen, daß darüberhinaus und in erster Linie wohl pure Verzagtheit und Angst vor der Wucht, mit der Luthers Reformation vom deutschen Volk angenommen und von vielen, auch kirchlichen Obrigkeiten geduldet wurde, eine Rolle gespielt haben. Hinzu kamen Schwierigkeiten mit den Druckern, die häufig den Druck altgläubiger Schriften verweigerten oder hohe Druckkostenzuschüsse verlangten, sowie mangelnde Unterstützung und gesellschaftliche Isolierung der altgläubigen Autoren. 12 Nach Tetzeis „Verlegung" von 1518 erschienen erst 1520 von vier deutschen Autoren (Alveldt, Eck, Emser, Murner, letzterer anonym) insgesamt 10 deutsche Schriften gegen Luther, 1521 von fünf Autoren (Eck, Eckart, Emser, Femelius, Murner/anonym) wiederum 10 deutsche Schriften, darunter zwei unpolemische. Erst der Fortgang des Lutherprozesses und insbesondere das Wormser Edikt scheinen eine Ermutigung bewirkt zu haben, so daß 1522 bereits 10 Autoren mit 16 Schriften in die Auseinandersetzung ein11 Bagchi (wie Anm. 9), S. 210-214. 12 Vgl. A. Laube, Das Gespann Cochläus/Dietenberger im Kampf gegen Luther, in: ARG, 87, 1996, S. 119-135.

6

Vorwort

griffen. Die aufbrechenden Differenzen innerhalb des reformatorischen Lagers sowie die zunehmende Unterstützung durch altgläubig gebliebene Fürsten wie Herzog Georg von Sachsen brachten 1523 eine weitere Steigerung auf 15 Autoren mit 23 Schriften und schließlich 1524 auf 17 Autoren mit 32 deutschen Schriften (Übersetzungen ausländischer Autoren nicht gerechnet). Die folgende Auswahl ließ sich davon leiten, möglichst viele Autoren13 mit mindestens einer Schrift und alle wesentlichen Themen14 zu dokumentieren. Wenn zu einem Thema gleichsinnige Schriften verschiedener Autoren vorlagen (z. B. Papsttum, Benno-Erhebung/Heiligenverehrung), wurde in der Regel nur eine aufgenommen bzw. vollständig gedruckt, wobei in den Fällen, wo bereits eine Neuedition vorlag, diejenige bevorzugt wurde, die bislang nicht ediert war. Auf die anderen wird in der Einleitung sowie in den Erläuterungen zu den einzelnen Schriften hingewiesen. Überlange Schriften mußten z. T. gekürzt werden. Dabei wurden vor allem diejenigen Passagen aufgenommen, die für die Erforschung der historischen Prozesse, für eine Sozialgeschichte der Reformation von Interesse sind. Es wurde jedoch sorgsam darauf geachtet, daß alle theologischen Streitfragen in extenso erfaßt werden. Zu gekürzten Stellen werden Inhaltsangaben gebracht. Die Themen sind innerhalb der einzelnen Schriften zumeist so vielfältig, daß eine Gruppenbildung analog zu den bisherigen Bänden nicht möglich war. Sie folgen fast durchweg den von Luther vorgegebenen Sachverhalten, nehmen sie doch häufig eine Lutherschrift zum Anlaß, sich mit ihr Punkt für Punkt auseinanderzusetzen. Im Mittelpunkt steht fast immer die Polemik gegen die Person Luthers als größten aller bisherigen Ketzer, die bis zur Forderung nach dem Scheiterhaufen gehen kann. Die Sachauseinandersetzung dreht sich um alle relevanten Fragen wie die Autorität des Papstes in der Kirche und gegenüber der Heiligen Schrift, die Auslegungsbedürftigkeit der Schrift, die Rolle der Konzilien und der Kirchenlehrer, das priesterliche Amtsverständnis, das Verhältnis von Glauben und Werken und die Notwendigkeit der Mitwirkung des Menschen bei der Rechtfertigung, die Auslegung des Liebesgebots, die Wirksamkeit der Sakramente, speziell der Messe und des Altarsakraments, Bilder- und Heiligenverehrung, Orden, Klöster und Gelübde u. a. Dabei werden durchweg die möglichen sozialen Konsequenzen von Luthers Lehren, eine Verweltlichung und Verwilderung der Sitten, ein Verlust aller Autoritäten, einschließlich der weltlichen Gewalt, bis zu einem umfassenden Aufruhr herausgestellt, worin sich die Autoren später durch den Bauernkrieg voll bestätigt sahen. Die Ordnung der Schriften erfolgt chronologisch nach dem Erscheinen. Wo verspäteter Druck nicht der Entstehungsreihenfolge folgt und dadurch inhaltliche Zusammenhänge stört (Dietenbergers Glaube-und-Werke13 Über Schriften nicht aufgenommener Autoren (Manberger, Eckart, Femelius, Altenstaig, Gebwyler, Hauer und Treger) informiert die Einleitung. 14 Ausgeklammert blieben nur reine Erbauungsschriften sowie Abhandlungen zum Salve Regina (vgl. auch hierzu die Einleitung).

Vorwort

7

Dialoge), wird nach der Entstehung geordnet. Differenzen zwischen der Zeit der Entstehung und des Druckes werden in den Entstehungsgeschichten ausgewiesen. Bei Mehrfachdrucken — die in der Regel nicht so häufig sind wie bei den Reformationsschriften — wurde grundsätzlich der Erstdruck zugrunde gelegt. Abweichungen werden ebenfalls in den Entstehungsgeschichten begründet. Bedauerlicherweise war es im Unterschied zu den vorangegangenen Bänden nicht möglich, jedem Stück eine Druckgeschichte beizugeben. Angaben zur Druckgeschichte wurden nach Möglichkeit in die Entstehungsgeschichten eingearbeitet. Dabei leistete bei problematischen Stücken Helmut Claus konsultative Hilfe, wofür ihm herzlich gedankt sei. Die bewährten Editionsprinzipien und die Gestaltung der vorangegangenen Bände, die unter maßgeblicher Mitwirkung von Hans Werner Seiffert (f) erarbeitet wurden, wurden auch hier übernommen. Festgehalten wurde insbesondere an dem Prinzip, die Edition so zu gestalten, daß sie für wissenschaftliche Zwecke brauchbar, aber auch für Studienzwecke geeignet ist. Die Wiedergabe der Texte erfolgt originalgetreu nach kritischer Durchsicht. Textänderungen werden nur dort vorgenommen, wo sie eindeutig Fehler berichtigen, zuweilen als solche auch in Errata-Verzeichnissen der Originale ausgewiesen sind. Bibelstellen werden in eckiger Klammer ergänzt, wo nötig korrigiert. Textaussparungen werden durch [ . . . ] , editorische Hinzufügungen durch [ ] gekennzeichnet. Abbreviaturen sind in der Regel aufgelöst. Um eine möglichst einheitliche Textgestaltung zu erreichen und das Verständnis der Texte zu erleichtern, war eine vorsichtige orthographische Normalisierung erforderlich: Großschreibung erfolgt (auch abweichend von der Vorlage) 1. bei Satzbeginn (auch bei Zitat- und Redebeginn mitten im Satz, wenn die Vorlage das durch Großschreibung markiert), 2. bei Volks-, Länder-, Orts-, Gewässer-, Personennamen (auch „Gott" wird als Eigenname sowie „Sankt" und „Doktor" als zum Namen gehörig aufgefaßt) sowie Monats- und Festnamen. Adjektivische Ableitungen von diesen Namen werden klein geschrieben. In Dialogen ist die Bezeichnung der Sprecher am Beginn jeder Rede vereinheitlicht; mit jedem Sprecher wird ein neuer Absatz begonnen (auch wenn im Original der Text fortlaufend gesetzt ist). Die Sprecherbezeichnung wird vom Text durch Doppelpunkt abgehoben. Anführungszeichen werden nicht gesetzt. Der Lautstand der Texte bleibt original erhalten. Beseitigt ist lediglich der Wechsel von u : v und von i : j, soweit er nur Schreib- bzw. Druckgewohnheiten ausdrückt, für die Wiedergabe des Lautstandes aber ohne Bedeutung ist. In Zweifelsfällen bleibt der Originaltext unangetastet. Worttrennungen und -Verbindungen werden nur dann nach heutiger Regelung vorgenommen, wenn das originale Textverständnis erschwert ist; so wird die Zusammenschreibung des Infinitivs mit seiner Präposition „zu" aufgehoben.

8

Vorwort

Die Interpunktion ist vorsichtig modernisiert, wo die alte oder fehlende Interpunktion das Verständnis erschwert. Insbesondere sind alle dem Verständnis des syntaktischen Zusammenhangs hinderlichen Einschnitte im Originaltext beseitigt, fehlende ergänzt. Ein moderner Gebrauch von Ausrufungs- oder Fragezeichen erfolgt jedoch nur im Ausnahmefall. Zum besseren Verständnis des Textes werden Worterläuterungen als Fußnoten beigegeben. Sie sind durch Buchstabenexponenten hinter dem zu erläuternden Wort oder Sinnzusammenhang kenntlich gemacht. Sie haben lediglich Hinweischarakter, sind also nicht nach sprachwissenschaftlichen Grundsätzen dargeboten, zumal ein Teil von ihnen bisher lexikalisch noch nicht erfaßt ist. Durch Ziffernexponenten kenntlich gemachte Sacherläuterungen werden am Schluß jedes Stückes geboten. Sie konzentrieren sich vornehmlich auf die Identifizierung von Namen, den Nachweis von direkten oder indirekten Zitaten, die Erläuterung von im Text erwähnten Ereignissen oder Sachzusammenhängen. Wo dafür Spezialliteratur herangezogen wurde, wird sie nachgewiesen; ein Nachweis der allgemein zugänglichen lexikalischen oder Handbuchliteratur erfolgt in der Regel nicht. Patristische, althistorische oder ähnliche Ausgaben werden in der Regel so zitiert, daß sie auch von Nichtspezialisten erfaßbar sind. Im Hinblick auf eine eigene wissenschaftliche Kommentierung oder Interpretation der Texte wurde jedoch große Zurückhaltung geübt. Bei Verweisungen auf andere Schriften dieses Bandes wird in der Regel nicht der Titel, sondern nur die jeweilige Nummer des Inhaltsverzeichnisses genannt. Jedem Stück werden Angaben über die zugrunde gelegten Texte (mit bibliographischen Nachweisen) sowie die jeweilige Entstehungsgeschichte angehängt. Wo vorhanden, wird auf die wichtigsten Editionen hingewiesen und Literatur genannt, die den betreffenden Text behandelt oder in den historischen Zusammenhang stellt. Dabei werden — wo eine Auswahl nötig war — vor allem Standardwerke sowie neue Spezialliteratur zitiert, deren Apparat einen Zugang zur älteren Literatur ermöglicht. Die Auflösung der dabei verwendeten Siglen oder Kurztitel erfolgt in der Literaturliste. Allgemeine Hilfsmittel wie Lexika etc. werden nicht nachgewiesen. Im Anhang beschließen Register der Personen-, der Ortsnamen sowie der Bibelstellen die Ausgabe. Für bibliographische Vorarbeiten, Konzept, Textauswahl, Vorwort, Einleitung, Bearbeitung der Mehrzahl der Stücke und Gesamtdurchsicht zeichnet der Projektleiter verantwortlich; die Bearbeitung der Stücke Nr. 4 - 7 , 10, 18, 29, 3 1 - 3 5 , 39 lag bei Ulman Weiß. Die schwierigen Schreibarbeiten, die Zusammenstellung der Literaturliste sowie die Erarbeitung der Register besorgte auf bewährte Weise wiederum Brigitte Baumgart, wofür ihr herzlich gedankt sei. Dank gebührt auch den Bibliotheken, die die abgedruckten Stücke sowie andere Exemplare bzw. Varianten zum Lesartenvergleich zur Verfügung gestellt haben: der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz Berlin; der Bibliothek der Evangelischen Kirche der Union, Berlin; der Forschungs- und Landesbibliothek Gotha; der Universitätsbibliothek Leipzig; der Bayerischen Staatsbibliothek München; der Universitätsbibliothek

Vorwort

9

München; der Universitätsbibliothek Münster; der Staatlichen Bibliothek Regensburg; der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel; der Universitätsbibliothek Würzburg. Besonderer Dank gebührt der Theologischen Fakultät/Institut für Historische Theologie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg für die Aufnahme des Projekts im Rahmen des WIP 15 sowie der Deutschen Forschungsgemeinschaft für einen Druckkostenzuschuß.

15 Förderprogramm für Wissenschaftler der aufgelösten Institute der ehemaligen Akademie der Wissenschaften der DDR. 2

Reformation

Zeitschriftensigel ARG NASG ZfB ZKG ZThK

Archiv für Reformationsgeschichte Neues Archiv für sächsische Geschichte und Altertumskunde Zentralblatt für Bibliothekswesen Zeitschrift für Kirchengeschichte Zeitschrift für Theologie und Kirche

Verzeichnis der Adam, Lehrbuch Aktensammlung

Aland, Hilfsbuch Althaus, Theologie Bagchi Bäumer, Cochläus Bäumer, Luther und der Papst Barge, Karlstadt Bauerreis, Kirchengeschichte Bautz, Kirchenlexikon Becker, Herzog Georg Benzing, Buchdrucker Benzing, Lutherbibliographie Bibellexikon

Literatur

Adam, A.: Lehrbuch der Dogmengeschichte, 2 Bde, Berlin 1973 Die Actensammlung zur Geschichte der Zürcher Reformation in den Jahren 1519—1533, hrsg. v. E. Egli, Zürich 1879. Neudruck Aalen 1973 Aland, K.: Hilfsbuch zum Lutherstudium, Berlin 1957 Althaus, R: Die Theologie Martin Luthers, Gütersloh 1962 Bagchi, D. N.: Luthers Earliest Opponents. Catholic Controversalists, 1518—1525, Minneapolis 1991 Bäumer, R.: Johannes Cochläus (1479—1552). Leben und Werk im Dienst der katholischen Reform, Münster 1980 Bäumer, R.: Martin Luther und der Papst, 5., durchges. Aufl. Münster/W. 1987 (Kathol. Leben und Kämpfen. 30) Barge, H.: Andreas Bodenstein von Karlstadt, 2 Bde, Leipzig 1905 Bauerreis, R.: Kirchengeschichte Bayerns, Bd. 6, Augsburg 1965 Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon, bearb. u. hrsg. v. F.W. Bautz, Hamm 1975ff. Becker, H.: Herzog Georg von Sachsen als kirchlicher und theologischer Schriftsteller, in: ARG 24, 1927, S. 161-269 Benzing, J.: Die Buchdrucker des 16. und 17. Jahrhunderts im deutschen Sprachgebiet, Wiesbaden 1963, 2. Aufl. 1982 Benzing, J.: Lutherbibliographie. Verzeichnis der gedruckten Schriften Martin Luthers bis zu dessen Tod, Baden-Baden 1966 Bibel-Lexikon, hrsg. v. H. Haag, 4. Aufl. Leipzig 1981

12 Borth, Luthersache

Brecht, Luther

Brieger, Erörterungen BSLK

Büchner, Murner

CCath

CCath 11

CCath 14

CCath 36

CCath 37

CCath 40

CCath 41 CCath 42 CCath 43 Claus Claus, Untersuchungen

Verzeichnis der Literatur Borth, W.: Die Luthersache (Causa Lutheri) 1517—1524. Die Anfänge der Reformation als Frage von Politik und Recht, Lübeck/Hamburg 1970 (Historische Studien. 414) Brecht, M.: Martin Luther. Bd. 1: Sein Weg zur Reformation 1483-1521, Stuttgart 1981; Bd. 2: Ordnung und Abgrenzung der Reformation 1521-1532, Stuttgart 1986 Brieger, Th.: Kritische Erörterungen zur neuen Luther-Ausgabe, II, in: ZKG 11, 1890, S. 1 0 1 - 1 5 4 Die Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche, hrsg. im Gedenkjahr der Augsburgischen Konfession 1930, 6. Aufl. Göttingen 1967 Büchner, F.: Thomas Murner. Sein Kampf um die Kontinuität der kirchlichen Lehre und die Identität des Christenmenschen in den Jahren 1511 — 1522, theol. Diss. Berlin(W.) 1974 Corpus Catholicorum. Werke katholischer Schriftsteller im Zeitalter der Glaubensspaltung, begründet v. J. Greving, Münster 1919ff. Augustin von Alfeld O. F. M. Wyder den Wittenbergischen Abgot Martin Luther (1524), hrsg. v. K. Büschgens, Münster 1926; Erklärung d. Salve Regina (1527), hrsg. v. RL. Lemmens O. F. M. Johannes Eck: Vier deutsche Schriften gegen Martin Luther, den Bürgermeister und Rat von Konstanz, Ambrosius Blarer und Konrad Sam, hrsg. v. Karl Meisen u. Friedrich Zoepfl, Münster 1929 Johannes Eck: De sacrificio missae libri tres (1526), hrsg. v. E. Iserloh, V. Pfnür, P. Fabisch, Münster 1982 Kaspar Schatzgeyer: Schriften zur Verteidigung der Messe, hrsg. u. eingel. v. P. Fabisch u. E. Iserloh, Münster 1984 Kaspar Schatzgeyer: Von der waren Christlichen und Evangelischen freyheit . . . , hrsg. v. Ph. Schäfer, Münster 1987 Dokumente zur Causa Lutheri (1517- 1521), T. 1, hrsg. v. P. Fabisch u. E. Iserloh, Münster 1988 Dokumente zur Causa Lutheri (1517- 1521), T. 2, Münster 1991 Heinrich VIII., Assertio Septem sacramentorum, hrsg. v. P. Fraenkel, Münster 1992 Claus, H.: Das Leipziger Druckschaffen der Jahre 1519-1539. Kurztitelverzeichnis, Gotha 1987 Claus, H.: Untersuchungen zur Geschichte des Leipziger Buchdrucks von Luthers Thesenanschlag bis zur Einführung der Reformation im Herzogtum Sachsen (1517-1539), phil. Diss., Berlin 1973 (Ms)

Verzeichnis der Literatur Clemen, Bachmann Clemen, Schösserin von Eisenberg

CorpIuiCan CorpIurCiv CR Crofts

CSEL

DBA Delius, Luther

Delius, Gegner Luthers Denzinger-Schönmetzer

Doernberg DWB

Edwards

Egli, Reformationsgeschichte Eichmann-Mörsdorf, Kirchenrecht Eidgenössische Abschiede Enders I und II

Enders

13

Clemen, O.: Paul Bachmann, Abt von Altzelle, in: NASG 26, 1905, S. 10-40 Clemen, O.: Die Schösserin von Eisenberg, in: Mitt. d. Geschichts- u. Altertumsforschenden Vereins zu Eisenberg, H. 13, Eisenberg 1898, S. 7 3 - 8 1 Corpus Iuris Canonici, hrsg. v. E. Friedberg, 2 Bde, Leipzig 1879-1881 Corpus Iuris Civilis, hrsg. v. P. Krüger, 2 Bde, 4. Aufl., Berlin 1888 Corpus Reformatorum, Bd. Iff., 1834ff. Crofts, R. A.: Printing, Reform, and the Catholic Reformation in Germany (1521— 1545), in: Sixteenth Cent. Joum. 16, 1985, S. 369-381 Corpus Scriptorum Ecclesiasticorum Latinorum, Bd. Iff., Wien 1866ff.

Deutsches Biographisches Archiv, hrsg. v. B. Fabian, München [u.a.] Delius, H.-U. (Hrsg.): Martin Luther. Studienausg. in Zusammenarbeit mit H. Junghans, R. Pietz, J. Rogge u. G. Wartenberg, Bd. Iff., Berlin 1979ff. Delius, W.: Gegner Luthers in der Mark Brandenburg, in: Jb. f. Berlin-Brandenbg. Kirchengesch. 47, 1972, S. 3 3 - 5 4 Enchiridion symbolorum, definitionum et declarationum de rebus, fidei et morum, hrsg. v. H. Denzinger u. A. Schönmetzer, 36. Aufl. Freibuig/Br. 1976 Doernberg, E.: Henry VIE and Luther, London 1961 Grimm, J. u. W. Grimm: Deutsches Wörterbuch, 1. Aufl. Bd. 1 - 1 6 , Leipzig 1854-1960

Edwards, M. U.: Catholic Controversial Literature, 1518-1555: Some Statistics, in: ARG, 79, 1988, S. 189ff. Egli, E.: Schweizerische Reformationsgeschichte, Bd. 1, hrsg. v. G. Finsler, Zürich 1910 Lehrbuch des Kirchenrechts auf Grund des Codex Iuris Canonici, hrsg. v. E. Eichmann, K. Mörsdorf, 3 Bde., 8. Aufl. Paderborn 1953-1957 Eidgenössische Abschiede aus dem Zeitraum von 1521-1528, hrsg. v. J. Strickler, Brugg 1873 Enders, L. (Hrsg.): Luther und Emser. Ihre Streitschriften aus dem Jahre 1521, 2 Bde, Halle 1890, 1892 (Flugschriften aus der Reformationszeit. Vin, IX) Dr. Martin Luthers Briefwechsel, hrsg. v. L. Enders, Frankfurt/M. 1884ff.

14 Fabisch, Eck

Feine, Rechtsgeschichte Freudenberger

Freys/Barge

Friedberg, Lehrbuch Friedensburg

Friedensburg, Convent

Geß, Akten

Grünberg, Pfarrerbuch

Haller, Papsttum Handbuch der Kirchen geschichte Handbuch der Schweizer Geschichte Helvetia sacra Hesse, Alfeld Hinschius, Kirchenrecht Höß, Spalatin Hofmann, Konzilsfrage

Verzeichnis der Literatur Fabisch, P.: Eck und die Publikation der Bullen „Exsurge Domine" und „Decet Romanum Pontificem". in: Johannes Eck (1486—1543) im Streit der Jahrhunderte, hrsg. v. E. Iserloh, Münster/W. 1988, S. 7 4 - 1 0 7 Feine, H. E.: Kirchliche Rechtsgeschichte, Bd. 1, 2. Aufl. Weimar 1954 Freudenberger, Th.: Hieronymus Dungersheim von Ochsenfurt am Main: 1465 —1540. Theologieprofessor in Leipzig, Leben und Schriften, Münster 1988 Freys, E. und H. Barge: Verzeichnis der gedruckten Schriften des Andreas Bodenstein von Karlstadt, in: ZfB 21, 1904, S. 153-179; 2 0 9 - 2 4 3 ; 3 0 5 - 3 3 1 ; selbständig fotomech. nachgedr. Nieuwkoop 1965 Friedberg, E.: Lehrbuch des katholischen und evangelischen Kirchenrechts, 6. Aufl. Leipzig 1909. Neudruck 1965 Friedensburg, W.: Beiträge zum Briefwechsel der katholischen Gelehrten Deutschlands im Reformationszeitalter, in: ZKG, 18, 1898, S. 106ff. Friedensburg, W.: Der Regensburger Convent, in: Historische Aufsätze. Dem Andenken an Georg Waitz, Hannover 1886, S. 502-539 Akten und Briefe zur Kirchenpolitik Herzog Georgs von Sachsen, hrsg. von F. Geß, 2 Bde, Leipzig/Berlin 1905 u. 1917; Neudruck Köln/ Wien 1985 Grünberg, R.: Sächsisches Pfarrerbuch. Die Parochien der ev.-luth. Landeskirche Sachsens (1539-1939), Freiberg/Sa. 1939-1940 Haller, J.: Das Papsttum. Idee und Wirklichkeit, 5 Bde, Hamburg 1965 Jedin, H. (Hrsg.): Handbuch der Kirchengeschichte, Bd. lff., Freiburg/Basel/Wien 1968ff. Handbuch der Schweizer Geschichte, hrsg. v. H. Helbling [u.a.], 2 Bde, Zürich 1972, 1974 Helvetia Sacra, hrsg. v. Kuratorium der Helvetia sacra, Basel/Frankfurt (M.) 1993 Hesse, G.: Augustin von Alfeld, Verteidiger des Apostolischen Stuhles, in: Franziskanische Studien 17, 1930, S. 160ff. Hinschius, P.: Das Kirchenrecht der Katholiken und Protestanten in Deutschland, Bd. 1—6, Berlin 1869-1878 Höß, I.: Georg Spalatin 1484-1545. Ein Leben in der Zeit des Humanismus und der Reformation, 2., durchges. u. erw. Aufl., Weimar 1989 Hofmann, K.: Die Konzilsfrage auf den Reichstagen von 1521-1524, theol. Diss. Mannheim 1932

Verzeichnis der Literatur

15

Holl, Luther Hütter, Luther and Dietenberger

Holl, K.: Gesammelte Aufsätze zur Kirchengeschichte, Bd. 1, Luther, Tübingen 1921 Hütter, R.: Martin Luther and Johannes Dietenberger on „Good Works", in: Lutheran Quarterly, vol. VI, nr. 2, 1992, S. 127-152

Iserloh, Eck Iserloh, Kampf

Iserloh, E.: Johannes Eck (1486-1543). Scholastiker, Humanist, Kontroverstheologe, Münster 1981 Iserloh, E.: Der Kampf um die Messe in den ersten Jahren der Auseinandersetzung mit Luther, Münster 1952 (Kathol. Leben und Kämpfen. 10) Iserloh, E.: Thomas Murner (1475—1537), in: Katholische Theologen der Reformationszeit, Bd. 3, hrsg. v. E. Iserloh, Münster 1986, S. 1 8 - 3 2

Iserloh, Mumer

Jaffé Jedin, Bedeutung Jedin, Kirchengeschichtliches Jungmann, Missarum sollemnia

Kalkoff, Prozeß Kalkoff, Übersetzung Kapp, Sammlung

Kautzsch, Apokryphen Kawerau, Emser Klaiber

Köhler

Köhler, Flugschriften

Jaffe, Ph.: Regesta Pontificum Romanorum, 2. Aufl., Leipzig 1885, Neudruck Graz 1956 Jedin, H.: Die geschichtliche Bedeutung der katholischen Kontroversliteratur im Zeitalter der Glaubensspaltung, in: Hist. Jb. 1933, S. 7 0 - 9 7 Jedin, H.: Kirchengeschichtliches in der älteren Kontroverstheologie, in: Reformatio Ecclesiae. Festgabe für E. Iserloh, hrsg. v. R. Bäumer, Paderborn/München/Wien/Zürich 1980, S. 2 7 3 - 2 8 0 Jungmann, J. A.: Missarum sollemnia. Eine genetische Erklärung der römischen Messe, 2 Bde. 5. verb. Aufl. Wien/Freiburg/Basel 1962 Kalkoff, P.: Zu Luthers römischem Prozeß, in: ZKG 25, 1904, S. 5 0 3 - 6 0 3 Kalkoff, P.: Die Übersetzung der Bulle „Exsurge Domine", in: Zs. f. Bücherfreunde NF 9/2, 1918, S. 197-208 Kapp, J. E.: Sammlung einiger zum päpstlichen Ablaß überhaupt, sonderlich aber zu der im Anfang der Reformation zwischen D. Martin Luther und Johann Tetzel hier vorgeführten Streitigkeiten gehörigen Schriften, Leipzig 1721 Die Apokryphen und Pseudoepigraphen des Alten Testaments, übers, u. hrsg. v. E. Kautzsch, Bd. 1 - 2 , Tübingen 1900. Neudruck 1992 Kawerau, G.: Hieronymus Emser. Ein Lebensbild aus der Reformationsgeschichte, Halle 1898 Klaiber, W.: Katholische Kontroverstheologen und Reformer des 16. Jahrhunderts. Ein Werkverzeichnis, Münster 1978 Köhler, H.-J.: Bibliographie der Flugschriften des 16. Jahrhunderts, Bd. 1, Tübingen 1991; Bd. 2, Tübingen 1992; Bd. 3, Tübingen 1996 Köhler, H.-J. (Hrsg.): Flugschriften als Massenmedium der Reformationszeit, Stuttgart 1981

16 Köhler, Microfiches Köhler, Dokumente Kurze, Lichtenberger

Laube, Cochläus/Dietenberger Laube/ Looß / Schneider

Laube/Schneider/Weiß

Laube /Seiffert Legenda aurea

Lemmens, Alfeld

Lenk, Dialog LexdMA Liebmann, Rhegius

Liebs, Rechtsregeln Locher, Reformation Löscher, Reformations-Acta

LThK

Mansi, Collectio

Verzeichnis der Literatur Köhler, H.-J. (Hrsg.): Flugschriften des frühen 16. Jahrhunderts (1501 — 1530). Microfiche-Ausgabe, Inter Documentation Comp. AG, Zug 1978ff. Köhler, W. (Hrsg.): Dokumente zum Ablaßstreit von 1517, 2. verb. Aufl., Tübingen 1934 Kurze, D.: Johannes Lichtenberger (gest. 1503). Eine Studie zur Geschichte der Prophetie und Astrologie. Historische Studien 379, Lübeck/Hamburg 1960 Laube, A.: Das Gespann Cochläus/Dietenberger im Kampf gegen Luther, in: ARG, 87, 1996, S. 119-135 Laube, A., S. Looß, A. Schneider (Hrsg.): Flugschriften der frühen Reformationsbewegung (1518-1524), Bd. 1 - 2 , Berlin 1983 Laube, A., A. Schneider, U. Weiß (Hrsg.): Flugschriften vom Bauernkrieg zum Täuferreich (1526-1535), Bd. 1 - 2 , Berlin 1992 Laube, A. und H.W. Seiffert (Hrsg.): Flugschriften der Bauernkriegszeit, 2. Aufl. Berlin 1978 Jacobus a Vorágine: Legenda aurea vulgo histórica lombardica dicta, hrsg. v. T. Graesse, 3. Aufl. Dresden 1890. Neudruck 1965 Lemmens, L.: Pater Augustin von Alfeld (f um 1532). Ein Franziskaner aus den ersten Jahren der Glaubensspaltung in Deutschland, Freiburg 1899 Lenk, W. (Hrsg.): Die Reformation im zeitgenössischen Dialog. 12 Texte aus den Jahren 1520 bis 1525, Berlin 1968 Lexikon des Mittelalters, München/Zürich 1980ff. Liebmann, M.: Urbanus Rhegius und die Anfänge der Reformation. Beiträge zu seinem Leben, seiner Lehre und seinem Werk bis zum Augsburger Reichstag von 1530, Münster 1980 (Reformationsgeschich tl. Studien u. Texte. 117) Lateinische Rechtsregeln und Rechtssprichwörter, zusammengest., übers, u. erl. v. D. Liebs, 5., verb. Aufl. München 1991 Locher, G. W.: Die Zwinglische Reformation im Rahmen der europäischen Kirchengeschichte, Göttingen/Zürich 1979 Löscher, V. E. (Hrsg.): Vollständige ReformationsActa und Documenta oder umständliche Vorstellung des Evangelischen Reformations-Werkes . . . , 3 Bde, Leipzig 1720ff. Lexikon für Theologie und Kirche, hrsg. v. J. Höfer u. K. Rahner, 2. Aufl. 1957-1965 Sacrorum Conciliorum nova et amplissima Collectio, hrsg. v. G.D. Mansi, 53 Bde. Paris 1903-1927

Verzeichnis der Literatur Maxcey, Dietenberger MGG

Migne PG Migne PL Mirbt/Aland, Quellen Muralt, Disputation Mumer, Deutsche Schriften

17

Maxcey, C. E.: Why Do Good? Dietenberger's Reply to Luther, in: ARG, 75, 1984, S. 9 3 - 1 1 2 Die Musik in Geschichte und Gegenwart, hrsg. v. F. Blume, 13 Bde, Kassel, Basel, Paris u.a. 1949-1968 Migne, J. P. (Hrsg.): Patrologia Graeco-Latina, Bd. 1 - 1 6 1 , Paris 1857-1896 Migne, J. P. (Hrsg.): Patrologia Latina, Bd. 1 - 2 2 1 , Paris 1844-1889 Quellen zur Geschichte des Papsttums und des römischen Katholizismus, hrsg. v. C. Mirbt, neubearb. v. K. Aland, 6. Aufl. Tübingen 1967 Muralt, L.v.: Die Badener Disputation 1526, Leipzig 1926 (Quellen und Akten z. Schweizerischen Reformationsgesch. 3) Murner, T.: Deutsche Schriften, hrsg. v. W. Pfeiffer-Belli, Bd. 6 - 8 , Berlin 1927-1928

Oberman/Courtenay

Oberman, H. A./Courtenay, W. J. (Hrsg.): Gabriel Biel, Canonis misse expositio, Bd. 1—4, Wiesbaden 1963-1967 (Veröffentl. d. Inst. f. Europ. Gesch. Mainz. 31—34)

Palacky, Geschichte Panzer DA

Palacky, F.: Geschichte von Böhmen, Bd. 1—5, Prag 1836-1867 Panzer, G. W.: Annalen der ältern deutschen Litteratur, 2 Bde (nebst) Zusätze, Nürnberg (später Leipzig) 1788-1805, Nachdruck Hildesheim 1961 Paulus, N.: Die deutschen Dominikaner im Kampfe gegen Luther (1518-1563), Freiburg/Br. 1903 (Erläuterungen und Ergänzungen zu Janssens Geschichte des deutschen Volkes. 4) Paulus, N.: Geschichte des Ablasses im Mittelalter vom Ursprünge bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts, 3 Bde., Paderborn 1922f. Paulus, N.: Dr. Matthias Kretz. Ein bayerischer Gelehrter des 16. Jahrhunderts, in: Histor.-polit. Blätter 2, 1894, S. 1 - 1 9 Paulus, N.: Kaspar Schatzgeyer, Freiburg/Br. 1898

Paulus, Dominikaner

Paulus, Geschichte Paulus, Kretz Paulus, Schatzgeyer Paulus, Tetzel Pauly, Realenzyklopädie

Pegg Pfeilschifter, Acta Plöchl, Kirchenrecht

Paulus, N.: Johann Tetzel der Ablaßprediger, Mainz 1899 Paulys Real-Encyclopädie der classischen Altertumswissenschaften. Neue Bearbeitung beg. v. G. Wissowa, Reihe 1, Stuttgart 1894-1963, Reihe 2, Stuttgart 1914ff. Pegg, M. A.: A catalogue of German reformation pamphlets (1516—1546) in libraries of Great Britain and Ireland, Baden-Baden 1973 Acta Reformationis Catholicae, hrsg. v. G. Pfeilschifter, Bd. 1, Regensburg 1959 Plöchl, W.: Geschichte des Kirchenrechts, 2 Bde, 2., erw. Aufl. Wien/München 1960

18 RGG Rickers, Petrusbild Roos, Quellen

Roth, Reformationsgeschichte RTA JR

Salat, Chronik Samuel-Scheyder Schade, Pasquillen Schmidt, Reichsstädte

Schmidt, Répertoire Schottenloher, Druckauflagen Schottenloher, Schobser Schottenloher, Ulhart

Seeberg, Lehrbuch Sehling, Kirchenordnungen Smolinsky, Alveldt und Emser

Verzeichnis der Literatur Die Religion in Geschichte und Gegenwart, 2. Aufl. Tübingen 1927-1932 Rickers, F.: Das Petrusbild Luthers. Ein Beitrag zu seiner Auseinandersetzung mit dem Papsttum, ungedr. theol. Diss., Heidelberg 1967 Roos, H.: Die Quellen der Bulle „Exsurge Domine" (15. Juli 1520), in: Theologie in Geschichte und Gegenwart, Michael Schmaus zum 60. Geburtstag, hrsg. von J. Auger, H. Volk, München 1957, S. 9 0 9 - 9 2 6 Roth, F.: Augsburger Reformationsgeschichte 1517-1530, vollst, umgearb. Aufl. München 1901 Deutsche Reichstagsakten, hrsg. v. der Hist. Komm, bei der Bayer. Akad. d. Wiss., Jüngere Reihe, Bd. lff., 1893ff.

Salat, J.: Chronik der Schweizerischen Reformation . . . , in : Archiv für die schweizerische Reformations-Geschichte, Bd. 1, Solothum 1868 Samuel-Scheyder, M.: Johannes Cochläus, humaniste et adversaire de Luther, Nancy 1993 Schade, O. (Hrsg.): Satiren und Pasquille aus der Reformationszeit, 3 Bde, 2. Ausg. Hannover 1863, Reprint Hildesheim 1966 Schmidt, H. R.: Reichsstädte, Reich und Reformation. Korporative Religionspolitik 1521 — 1529/30, Stuttgart 1986 (Veröff. d. Inst. f. Europ. Gesch. Mainz. 122) Schmidt, Ch.: Répertoire Bibliographique Strasbourgeois jusque vers 1530. 1. Jean Grüninger, Strasbourg 1894 Schottenloher, K.: Die Druckauflagen der päpstlichen Lutherbulle „Exsurge Domine", in: Zs. f. Bücherfreunde NF 9/2, 1918, S. 197-208 Schottenloher, K.: Der Münchner Buchdrucker Hans Schobser 1500-1530, München 1925. Neudruck 1967 Schottenloher, K.: Philipp Ulhart, ein Augsburger Winkeldrucker und Helfershelfer der „Schwärmer" und „Wiedertäufer" (1523-1529), München/Freising 1921 (Historische Forschungen u. Quellen. 4), Neudruck Nieuwkoop 1967 Seeberg, R.: Lehrbuch der Dogmengeschichte, Bd. 1 - 4 , Leipzig 1908-1920 Sehling, E.: Die evangelischen Kirchenordnungen des 16. Jahrhunderts, Bd. Iff., Leipzig 1902ff., ab Bd. XI/1 Tübingen Smolinsky, H.: Augustin von Alveldt und Hieronymus Emser. Eine Untersuchung zur Kontroverstheologie der frühen Reformationszeit im Herzogtum Sachsen, Münster 1983

Verzeichnis der Literatur Smolinsky, Bildersturm

Spahn, Cochläus Spindler, Handbuch Störmann, Gravamina

Strand, Reformation Bibles

Tentzel, Bericht Tjernagel, Henry VIII TRE

VD 16

Volz, Bibliographie

Volz, Thesenanschlag WA

WA Br WA DB Walther, Proverbia

19

Smolinsky, H.: Reformation und Bildersturm. Hieronymus Emsers Schrift gegen Karlstadt über die Bilderverehrung, in: Reformatio Ecclesiae. Festgabe für E. Iserloh, hrsg. v. R. Bäumer, Paderborn/ München/Wien/Zürich 1980, S. 4 2 7 - 4 4 0 Spahn, M.: Johannes Cochläus. Ein Lebensbild aus der Zeit der Kirchenspaltung, Berlin 1898, Nachdruck Nieuwkoop 1964 Handbuch der bayerischen Geschichte, hrsg. v. M. Spindler, Bd. 1—4, 2., bearb. Aufl. München 1979-1988 Die städtischen Gravamina gegen den Klerus am Ausgang des Mittelalters und in der Reformationszeit, Münster 1910 (Reformationsgesch. Studien u. Texte. 2 4 - 2 6 ) Strand, K. A.: Reformation Bibles in the Crossfire. The Story of Jerome Emser, His Anti-Lutheran Critique and his Catholic Bible Version, Ann Arbor, Mich. 1961 Tentzel, W. E.: Historischer Bericht vom Anfang und ersten Fortgang der Reformation Lutheri, hrsg. v. E. S. Cyprian, 3. Aufl. Leipzig 1718 Tjernagel, N. S.: Henry VIII and the Lutherans, St. Louis 1965 Krause, G. u. G. Müller (Hrsg.): Theologische Realenzyklopädie, Bd. lff., Berlin 1977ff. Verzeichnis der im deutschen Sprachbereich erschienenen Drucke des XVI. Jahrhunderts. Hrsg. v. d. Bayer. Staatsbibliothek in München in Verb, mit der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel. Abt. 1, Bd. lff., Stuttgart 1983ff. Volz, H.: Bibliographie der im 16. Jahrhundert erschienenen Schriften Georg Spalatins, in: Zs. f. Bibliothekswesen und Bibliographie 5, 1958, S. 8 3 - 1 1 9 Volz, H.: Martin Luthers Thesenanschlag und dessen Vorgeschichte, Weimar 1959 D. Martin Luthers Werke, Kritische Gesamtausg. Schriften, Bd. lff., Weimar 1883ff.; fotomechanischer Nachdr. ebenda u. Graz, 196lff. Ders., Briefwechsel, Bd. lff., 1930ff. Ders., Die deutsche Bibel, Bd. lff., 1906ff. Proverbia sententiaeque latinitatis medii aevi ac recentioris aevi. Lateinische Sprichwörter und Sentenzen des Mittelalters und der frühen Neuzeit in alphabetischer Anordnung, gesammelt u. hrsg. v. H. Walther, 9 Bde (Bd. 7 - 9 hrsg. v. P.S. Schmidt), Göttingen 1963-1986

20 Wander Wedewer, Dietenberger Weller

Wetzer/Welte, Kirchenlexikon

Willburger, Bischöfe

Winkler, Konvent

Wülcker/Virck

Z Zedier, Universal-Lexicon Zöpfl, Bistum

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Einleitung

Seit Dezember 1517 lagen Martin Luthers 95 Thesen „Von der Kraft der Ablässe" im Druck vor. Äußerer Anlaß war der von Papst Leo X. am 31. März 1515 bewilligte Plenarablaß gewesen, dessen Erträge zur Hälfte dem Bau des Petersdomes in Rom, zur anderen Hälfte der Deckung der Schulden Albrechts von Brandenburg dienen sollten, die dieser bei den Augsburger Fuggern für die Erlangung seiner Pfründen als Erzbischof von Mainz und Administrator von Halberstadt aufgenommen hatte. Einen besonderen Anstoß für Luthers Kritik hatten die Geschäftspraktiken des Dominikaners Johann Tetzel gegeben, der seit 22. Januar 1517 als Generalsubkommissar für den Vertrieb des Ablasses in der Magdeburger Kirchenprovinz zuständig war. Bereits seit November 1517 in den Besitz von Luthers Kritik gelangt, verteidigte Tetzel am 20. Januar 1518 an der brandenburgischen Landesuniversität Frankfurt (Oder) von Konrad Koch, genannt Wimpina, verfaßte Thesen zugunsten des Ablasses gegen Luther. Als Reaktion auf diese, schrieb Luther seinerseits den „Sermon von Ablaß und Gnade", der in der letzten Märzwoche 1518 gedruckt vorlag. Ihn griff Tetzel auf und formulierte unmittelbar danach seine Widerlegung (Nr. 1), die sogleich von Melchior Lotter in Leipzig gedruckt wurde.1 Ohne Luther namentlich zu nennen, zitiert er Artikel für Artikel von Luthers Sermon und setzt sich damit auseinander. Er wirft Luther vor, im Stile aller Ketzer die Autoritäten der Kirche, insbesondere die Scholastiker des Mittelalters, zu negieren und in der Tradition von Wiclif und Hus ketzerischen Irrtum ins Volk zu bringen. Als Konsequenz sieht er die Verachtung der Obrigkeit, der päpstlichen Gewalt, der kirchlichen Autoritäten, der Sakramente. Jedermann werde die Heilige Schrift nach eigenem Gutdünken auslegen, werde glauben, was ihm gefalle, und werde so die ganze Christenheit in Gefahr bringen. Tetzel kündigt 50 neue Thesen zum Ablaßthema an, die 1 Nachweise zu allen erwähnten Schriften bzw. zu ihrem historischen Kontext vgl. in den Entstehungsgeschichten und Sacherläuterungen zu den einzelnen Stücken. Im folgenden werden vornehmlich dort nicht erfaßte Schriften nachgewiesen. Die Titelaufnahme erfolgt jeweils nur für das benutzte Stück, d. h. bei Mehrfachdrukken ohne Beachtung der druckgeschichtlichen Prioritäten bzw. der Parallel- oder Nachdrucke. Zu den im Band enthaltenen Schriften wird die jeweilige Nummer des Inhaltsverzeichnisses angegeben.

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bereits Ende April oder Anfang Mai 1518 vorlagen, und schon im Juni erschien als Luthers Antwort „Eine Freiheit des Sermons päpstlichen Ablaß und Gnade belangend". Größere Resonanz scheint Tetzeis Schrift nicht gehabt zu haben, zumal ihr Autor wegen seiner Geschäftspraktiken auch in kirchentreuen Kreisen nicht unumstritten war; außerdem starb er bereits im August 1519. Doch der Grundtenor der altgläubigen Polemik war vorgezeichnet: Luther als Ketzer in der Tradition von Wiclif und Hus, als Verächter der päpstlichen Gewalt und der kirchlichen Lehrautoritäten, als Aufwiegler des Volkes. Und ein weiteres ist bemerkenswert: Wenn Luther sich in deutscher Sprache an das Volk wendet, so muß ihm auf gleiche Weise begegnet werden. Zunächst wurde jedoch die Polemik mit Luther persönlich und im Rahmen der Gelehrten bzw. der kirchlichen Gremien, d. h. in Latein, weitergeführt. Erst nach der Leipziger Disputation des Ingolstädter Professors Johann Eck mit Andreas Karlstadt und Luther vom 27. Juni bis 15. Juli 1519 wurde von beiden Seiten in dem Bestreben, die eigene Position breiteren Kreisen zu erläutern und Parteigänger zu rekrutieren, zunehmend auch die deutsche Sprache angewandt. Als erstes veröffentlichte Johannes Rubius einen gereimten Bericht über die Leipziger Disputation, zunächst lateinisch, Anfang Oktober 1519 auch in Deutsch.2 Danach publizierte Michael von Eck in deutscher Sprache den Briefwechsel seines Vetters Johann Eck mit Kurfürst Friedrich dem Weisen über die Disputation, die Stellungnahme Luthers und Karlstadts dazu sowie die ausführliche Antwort Ecks, alles mit dem Ziel, angebliche Unwahrheiten Luthers zu widerlegen und Ecks Auftreten und Argumentation in Leipzig zu rechtfertigen.3 Ins Zentrum der Polemik rückten 1520 die Auseinandersetzung um den päpstlichen Primat sowie der Hussitismusvorwurf gegen Luther. Auf Anregung des Bischofs von Merseburg, Adolf von Anhalt, schrieb der Leipziger Franziskaner Augustin Alveldt das Buch „Super apostolica sede", das er am 7. April 1520 Luther brieflich ankündigte und das vor dem 5. Mai in Luthers Händen war. Es löste sofort eine literarische Fehde aus, an der sich auf seiten Luthers Johannes Bernhardi und Johannes Lonicer, auf seiten Alveldts der damals noch altgläubige Johannes Fritzhans beteiligten. Noch im April fertigte Alveldt eine verkürzte deutsche Zusammenfassung seines Buches an, die ebenfalls bereits im Mai gedruckt vorlag (Nr. 2). In ihr erklärte er das Amt des Papstes zum einzigen, unvergänglichen Haupt der Christenheit; nur die Anerkennung dieses Amtes sichere die Zugehörigkeit zum Schafstall Christi. Weide und Nahrung der Schafe sei der rechte Christenglaube entsprechend der Auslegung des Hirten und gespendet durch die sieben Sakra2 Johannes Rubius, Ein neues Büchlein von der löblichen Disputation in Leipzig, in: Laube/Looß/Schneider, Bd. 2, S. 1257ff. 3 (Michael von Eck:) Doctor Martin lud=llders Underricht an Kurllfursten von Sachssen. dispulltation zu Leypszig belangent: II vnnd D. Eckius briue. II von der selbigen. [Augsburg: Johann Miller 1519; lt. VD 16 1520], vgl. WA Br 1, S. 458ff.

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mente. Wer diese Nahrung verschmähe, sei ein Dieb und Mörder, ein Ketzer und Zerbrecher der Einigkeit der christlichen Gemeinschaft. Alle, die im Laufe der Geschichte versucht hätten, den Stuhl Petri umzustoßen, seien gescheitert oder wie die Griechen, Russen, Mohammedaner und Böhmen zu Sektierern geworden. Luther wurde namentlich nicht genannt, doch war er als Ziel der Polemik klar erkennbar. Erst durch diese deutsche Fassung sah Luther sich selbst veranlaßt, Ende Mai in die Debatte einzugreifen; sein „Von dem Papsttum zu Rom wider den hochberühmten Romanisten zu Leipzig" erschien Ende Juni 1520 im Druck. Alveldt replizierte sofort. Bereits im Juli erschien bei Wolfgang Stockei in Leipzig sein Sermon, in dem er sich über die Schmähungen Martin Luthers beklagt. Und nachdem ihm kurz darauf Luthers „Sermon von dem Neuen Testament, das ist von der heiligen Messe" bekannt geworden war, besorgte Alveldt eine zweite Ausgabe seiner Schrift, diesmal bei Martin Landsberg in Leipzig, der er noch eine Entgegnung zum Thema Messe anfügte (Nr. 3). Sie wird ca. September 1520 vorgelegen haben. Er weist Luthers persönliche Angriffe und Schmähungen zurück, betont, daß es nicht seine Absicht gewesen sei, römische Mißbräuche zu rechtfertigen. Luther gehe es aber nicht um Mißbräuche, sondern um die Beseitigung des Hauptes der Christenheit und die Durchsetzung seines eigenen Evangeliums. Das könne aber nur zu Ungehorsam und Aufruhr, auch gegenüber dem weltlichen Regiment, führen. Luther verteidige überführte und verurteilte Ketzer und wolle Meißen, Sachsen und Thüringen zu Böhmen machen. Um dem zu begegnen, entwickelt Alveldt ein ganzes Programm deutscher Schriften über frühere Ketzereien, um das Volk über die Gleichförmigkeit der Lehren Luthers mit diesen aufzuklären. Im Anhang über die Messe verteidigt er insbesondere deren Opfercharakter sowie Amt und Kleidung der Priester, lehnt er die Forderung nach deutscher Messe ab und warnt auch hier am Beispiel der Böhmen vor den sozialen Folgen hussitischer Abendmahlspraxis. Das Thema beschäftigte 1520 auch weitere Autoren. Im April widmete Johann Eck auf einer Romreise dem Papst seine lateinischen Bücher vom Primat des Petrus4, Anfang Juni erhielt Luther das lateinische Buch des päpstlichen Hoftheologen Silvester Mazzolini, genannt Prierias, „Epitome responsionis", in dem dieser das offizielle römische Dogma von der Vorrangstellung und Unfehlbarkeit des Papstes nachdrücklich verteidigte5, und im Dezember veröffentlichte der Straßburger Franziskaner Thomas Murner (anonym) seine deutsche Papsttumsschrift6. Die Verwendung des 4 Johann Eck: De primatu Petri adversus Lutherum libri tres, Ausgabe Paris: P. Vidovaeus 1521. 5 Vgl. dazu WA 6, S. 325ff. Die erste Schrift zum Thema (R.P. F. Sylvestri Prieratis O. P. in praesumptuosas Martini Lutheri conclusiones de potestate Papae dialogus) hatte Prierias schon 1518 herausgegeben. 6 Thomas Murner: Von dem bab=llstenthum das II ist von der höchsten oberllkeyt Christiichs glau=liben wyder Doctor II Martinü Luther. Straßburg: Johann Grüninger 1520, in: Murner, Deutsche Schriften, Bd. 7, S. lff.; vgl auch unsere Nr. 7, Zur Entstehung.

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Deutschen begründete er damit, daß Luthers deutsche Schriften nur den Zweck hätten, das einfache Volk zu vergiften und zum Aufruhr anzustacheln. Deshalb müsse man dem Volk das rechte christliche Verständnis der Kirchenlehren in seiner eigenen Sprache nahebringen; Luther werde er weiterhin lateinisch antworten. Inzwischen war der Lutherprozeß unter aktivem Zutun Ecks so weit fortgeschritten, daß mit dem Datum vom 15. Juni 1520 in Rom die Bannandrohungsbulle „Exsurge Domine" gegen Luther mit der Zusammenstellung von 41 inkriminierten Artikeln beschlossen worden war. Der umtriebige Eck hatte sich mit der Verkündung und Exekution der Bulle in Sachsen und Oberdeutschland betrauen lassen und reiste zu diesem Zweck im September durch Sachsen und Brandenburg. Mehrere deutsche Drucke (vgl. Nr. 4) kamen in rascher Folge heraus. Eck war zugleich um die deutschsprachige Polemik gegen einzelne Auffassungen Luthers bemüht. Während seiner Reise muß ihm die im August erschienene Adelsschrift Luthers zu Händen gekommen sein. Er fertigt sie — unter Einbeziehung von Punkten der Bulle — in einem Rundumschlag ab (Nr. 5). Der von Ehr- und Ruhmsucht getriebene Luther verwerfe und schände die Sakramente, schmähe die Messe, negiere den Papst und alle kirchlichen Autoritäten, verwerfe jeden Gehorsam, wolle seine eigene Tyrannei über die Seelen aufrichten und letztlich durch Aufruhr einen Umsturz herbeiführen. Dem von Luther angesprochenen Adel führt Eck eindringlich vor Augen, welche sozialen Folgen eine Reformation für ihn selbst hätte, wenn die Kirche als Versorgungsinstitution seiner Kinder wegfiele. Insbesondere greift er den Vorwurf Luthers heraus, das Konstanzer Konzil habe Johannes Hus und Hieronymus von Prag unrechtmäßig und unter Bruch des zugesagten Geleits als Ketzer verbrannt. Der Vorwurf sei nicht nur falsch, sondern er verleumde und beleidige auch den christlichen deutschen Adel, da das Konzil vom Adel dominiert worden sei. Eingehender beschäftigen sich mit Luthers Adelsschrift Thomas Murner und Hieronymus Emser. Noch während Murner im Herbst 1520 an seiner Papsttumsschrift arbeitete, sah er die Notwendigkeit einer Auseinandersetzung mit Luthers Adelsschrift. Er widmete sich ihr in großer Eile, doch eindringlich. Zu Weihnachten lag der (anonyme) Druck vor (Nr. 7). Wie Luther, widmet er seine Schrift dem Kaiser. Luther vergleicht er mit Catilina und sieht in ihm einen neuen Zerstörer des Reiches, einen Erwekker von Aufruhr und Untergang des Vaterlandes, der den christlichen Glauben nur als Deckmantel für seine zerstörerischen Pläne benutze. Murner räumt viele Mißstände ein; sie seien dafür verantwortlich, daß Luthers Kritik an weltlichen und kirchlichen Zuständen Teilwahrheiten enthalte, die gleichsam als Speck dienten, um den Adel in Luthers Falle zu locken. Deshalb will er sich vor allem auf die zentralen Fragen des Glaubens konzentrieren. Er packt Luther an seinen eigenen Grundlagen, dem Schriftbeweis, und will die Fehlerhaftigkeit von Luthers Interpretation der Bibel nachweisen. Er polemisiert gegen die Auffassung vom Priestertum aller Gläubigen sowie vom Recht der Gemeinde, ihre Pfarrer selbst zu wählen, und sieht darin den Versuch Luthers, die gesamte Ständeordnung aufzuheben, ein-

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schließlich der Abschaffung aller Obrigkeiten. Im gleichen Sinne interpretiert er weitere Punkte aus Luthers Schrift, die Fragen des Bannes, der Gerichtsgewalt bezüglich des Glaubens, der Notwendigkeit eines Konzils etc. Er appelliert an den Adel, sich nicht durch Luther selbst seines Standes berauben zu lassen, sondern stattdessen den überkommenen Glauben zu schützen. Einen knappen Monat nach Murners Adelsschrift, im Januar 1521, erschien auch die Hieronymus Emsers, des Sekretärs und Hofkaplans Herzog Georgs von Sachsen (Nr. 9). Er widmet sie der deutschen Nation. Mit Luther sei der deutschen Nation der in alten Prophetien geweissagte Mönch erstanden, der die Deutschen in großen Irrtum führen werde. Er versuche durch neue Lehren den gemeinen Mann gegen die Obrigkeiten zu hetzen. Diese Lehren seien nicht nur dem Evangelium und Christus entgegen, sondern auch dem natürlichen und kaiserlichen Recht; sie seien das Schädlichste und Giftigste, das der deutschen Nation jemals widerfahren ist. Sie hätten in kurzer Zeit soviel Zank und Aufruhr erweckt, daß es schier keinen Ort und kein Haus mehr gebe, wo man nicht wegen des christlichen Glaubens entzweit sei. Das tückischste aller lutherischen Bücher sei indes die Schrift an den Adel. Emser folgt in seiner Auseinandersetzung der Struktur der Lutherschrift. Schwerpunkte sind die Widerlegung der Lehre vom Priestertum aller Gläubigen und die Begründung der päpstlichen Gewalt wie des geweihten Priestertums sowie der Gewaltenteilung von geistlicher und weltlicher Gewalt; Notwendigkeit und Recht der Schriftauslegung durch Papst und Kirchenlehrer; die notwendige Abschaffung von Mißständen und Mißbräuchen durch ein Konzil; Einzelfragen von Luthers Reformationsprogramm. Im Ergebnis wirft auch Emser Luther vor, die Kirche nicht bessern, sondern unter dem Vorwand von Mißbräuchen und Gebrechen vernichten zu wollen. Luther habe die Aussöhnung der Kirche mit den Böhmen verhindert; er spekuliere darauf, selbst Bischof der Böhmen zu werden. Er ist ein Ketzer und Schismatiker. Bereits vor den Adelsschriften hatten Emser und Murner (der letztere anonym) in die deutschsprachige Polemik gegen Luther eingegriffen. Emser war gleich nach der Leipziger Disputation in eine heftige schriftliche Fehde mit Luther geraten. Als Begleiter Herzog Georgs von Sachsen hatte er die Disputation selbst erlebt. Der Versuch Ecks, Luther des Hussitismus zu überführen, hatte am herzoglichen Hof Befürchtungen hervorgerufen, es könnte zwischen Luther und den Böhmen zu einer Koalition kommen. Wohl um das zu verhindern, schrieb Emser einen durch Druck verbreiteten Brief an den erzbischöflichen Administrator von Prag, in dem er Luther vom Vorwurf des Hussitismus freizusprechen versuchte. Luther, der darin einen infamen Versuch sah, ihn entweder zum offenen Bekenntnis für einen verurteilten Ketzer oder zum Widerruf seiner Lehren zu zwingen, antwortete Ende September 1519 mit einem scharfen lateinischen Pamphlet. Emser replizierte sofort mit einer ebenso scharfen lateinischen Gegenschrift. Luther enthielt sich zunächst einer unmittelbaren Antwort. Doch als ihm durch Indiskretion die ersten vier Blätter von Emsers Entgegnung auf seine Adelsschrift bekannt wurden, da schrieb er — wohl im September 3

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1520 — das deutsche Pamphlet „An den Bock zu Leipzig". Gegen Ende des Jahres antwortete Emser „An den Stier zu Wittenberg" (Nr. 8). Deutlich wird wiederum, daß der Streit um die Seele des gemeinen Mannes geführt wird. Luther sei nicht wert, daß man sich mit ihm auseinandersetze, doch es gehe um das Schicksal des Volkes, dem Luther die Lehre des Hus beibringen und ein erloschenes Feuer wieder entfachen wolle. Murner hatte in einer ersten, am 11. November 1520 erschienenen „christlichen und brüderlichen Ermahnung" 7 Luther noch als hochgelehrten Doktor, als ehrwürdigen, geistlichen, in Gott liebsten Vater angesprochen. Doch er rügte bereits hier die willkürliche und eigenwillige Bibelauslegung durch Luther und setzte sich besonders mit dessen Messe-, Abendmahlsund Amtsauffassung auseinander. Er kritisierte die Mischung von Wahrheit und Unwahrheit in Luthers Schriften und sprach den Verdacht aus, Luther wolle letztlich den Glauben zerstören. Er schmeichle dem Adel, gebe der Gemeinde zu viele Rechte und strebe böhmische Verhältnisse an. Schon zwei Wochen später, am 24. November 1520, verließ Murners nächste Schrift die Druckerpresse: Von Dr. Martin Luthers Lehren und Predigen (Nr. 6). Sie richtet sich gegen Lazarus Spenglers „Schutzrede für Doktor Martin Luthers Lehre" 8 . Ziel der Polemik ist aber wieder Luther selbst. Die Verwendung der deutschen Sprache durch Luther und seine Anhänger ist erneut Indiz für deren Absicht, das Volk, den Karsthans, in Mißglauben zu führen und gegen die Obrigkeiten zu hetzen. Insonderheit richtet sich die Polemik gegen Spenglers Ansicht, Luthers Lehren seien in der Heiligen Schrift gegründet, während die Kirche (Päpste und Kirchenlehrer) in deren Auslegung oft uneins gewesen seien. Das Gegenteil sei richtig. Luther benutze die Bibel nach eigener, individueller (und falscher) Auslegung wie der Teufel gegen Christus; die Kirchenväter hätten sich im Falle von Auslegungsdifferenzen immer der Lehrautorität des Papstes unterworfen, Luther bleibe hingegen verstockt. Mißbräuche bei Konfessionalien, Ablaß, Bann etc. rechtfertigten nicht Luthers Angriff auf den Glauben. Hinter ihm stünden nur diejenigen, die römische Belastungen loswerden wollten. Auch Alveldt meldete sich 1520 mit noch drei weiteren deutschen Schriften zu Wort. In „Pia collatio" 9 , die schon vor seiner deutschen Papsttumsschrift erschienen war, antwortete er Luther und Lonicer auf Anwürfe des letzteren zunächst in Latein. Doch im Interesse der von Luther verführten Menschen faßt er in Deutsch zusammen, daß Luther das Haupt der Kirche beseitigen wolle, damit man in fleischlicher Wollust leben könne, 7 Vgl. Mumer, Deutsche Schriften, Bd. 6, S. 21 ff. 8 Vgl. Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 501 ff. 9 Augustin Alveldt, Pia collatio. F. AU=IIGVSTINI ALVELDIANI A D R. P. II DOCTOREM MARTINVM LU=IIDERUM SUPER BIBLIA NOIIVA ALVELDENSIS. II Dartzu/ was Augustinus auff das ßo der discipel II Martini der Memen leychtfertiges tzugeschri = llbenl geantwurt hat. II [Leipzig: Martin Landsberg 1520]. Zur gesamten Kontroverse und deren theologischer Substanz vgl. Smolinsky, Alveldt und Emser, S. 50ff.

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daß er die sakramentliche Beichte verwerfe, die Muttergottes und die Heiligen verachte, die Sakramente falsche und insbesondere den Menschen die heilige Messe nehmen wolle. In einem Sermon von der sakramentlichen Beichte10 erläutert er den christgläubigen Menschen die Beichte als Übung der Reue, die den Sünder mit Gott versöhnt. Stärker als in anderen Schriften steht die theologische Abhandlung im Mittelpunkt. Die Polemik wird pauschal gegen die alten und neuen Ketzer ohne Namensnennung Luthers geführt. Scharfe Polemik erfährt Luther hingegen in der Abhandlung vom ehelichen Stand11, die durch Luthers Babylonica und dem in ihr enthaltenen Angriff auf die römische Sakramentenlehre veranlaßt wurde. Alveldt verteidigt diese Lehre, insbesondere und eingehend das Sakrament der Ehe. Er bemängelt Luthers fehlende oder falsch interpretierte Schriftbelege für seine Auffassungen und sieht als deren Konsequenz einen allgemeinen Sittenverfall. Am Schluß bringt er eine Präzisierung zu seiner Papsttumsschrift: Er behaupte nicht, daß man dem Papst in allem folgen müsse. Wenn der Papst als Schismatiker, Häretiker oder Irrender im Glauben befunden werde, sei die Gehorsamspflicht aufgehoben. Aber derartige Nachweise habe Luther nicht fuhren können; vielmehr sei er selbst aller drei Vergehen schuldig. Die deutschsprachige Polemik des Jahres 1521 eröffnete nach Emsers Adelsschrift Thomas Murner. Am 10. Dezember 1520 hatte Luther beim Wittenberger Elstertor einen Druck der Bannandrohungsbulle sowie mehrere Ausgaben des Kanonischen Rechts verbrannt; bereits Ende Dezember war seine für die Öffentlichkeit bestimmte Rechtfertigungsschrift erschienen. Murner nahm sich diese sogleich vor und beantwortete alle 30 Artikel im einzelnen. Im Mittelpunkt steht erneut die Auseinandersetzung um die Gewalt des Papstes. Alles laufe darauf hinaus, den Papst zu entmachten und ihn dem Kaiser unterzuordnen. Ziel ist wieder, dem gemeinen Mann zu zeigen, daß Luther falsch und frevelhaft gehandelt hat, daß seine Rechtfertigungen jeder biblischen Begründung entbehren. Die Schrift erschien im Februar 1521.12 Einen Monat später verteidigte er in einer „Defension und Protestation", daß es ihm in seinen Schriften gegen Luther nur um die falsche Lehre gegangen sei, daß er aber nie gegen Luther als Person geschrieben habe, während die Gegenseite ihn, Murner, schmählich verunglimpfe.13

10 Augustin Alveldt: Ein Sermon: vö der II Sacramentlichen beycht/ Ob dieselbig/ dem sterblichen II menschen/ tzu der Seligkeit gentzlich von notten/ ader II nicht n o t . . . [Leipzig: Martin Landsberg 1520]; vgl. auch Smolinsky, Alveldt und Emser, S. 134ff. 11 Augustin Alveldt: Vö dem elichen städt II widder bruder Martin Lu=llter Doctor tzu witteberg. Leipzig: [Martin Landsberg 1520]; vgl. auch Smolinsky, Alveldt und Emser, S. 120ff. 12 Thomas Mumer: Wie doctor. M. II Luter vß falschllen vrsachen bewegt Dz II geistlich recht verllbrennet hat. Straßburg: Johann Grüninger 1521, vgl. die Edition in: Murner, Deutsche Schriften, Bd. 8, S. 1 ff. 13 Vgl. Zs. f. hist. Theol., XVIII, 1848, S. 598ff. 3*

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Dominiert wurde die Polemik dieses Jahres jedoch von Hieronymus Emser. Auf den „Stier" (Nr. 8) hatte Luther Ende Januar scharf geantwortet, dem folgte Emsers „Auf des Stieres zu Wittenberg wütende Replica", ihr wiederum Luthers „Auf das überchristlich, übergeistlich und überkünstlich Buch des Bocks zu Leipzig Antwort", darauf Emsers „Quadruplica auf Luthers jüngst getane Antwort, seine Reformation belangend", nun wiederum Luthers „Widerspruch seines Irrtums" und schließlich „Emsers Bedingung auf Luthers ersten Widerspruch". 14 Dieser letzteren, erschienen im November 1521, folgte zu Neujahr 1522 noch eine Verteidigung des Kaplans an der Dresdener Schloßkirche, Wolfgang Wulffer, mit wenig Substanz und scharfer Polemik für Emser und gegen Luther („Sauluder"). 15 Außerhalb dieser Schriftenkette hatte Emser noch ein Reimgedicht herausgebracht, das seinen Kampf gegen Luther begründete und verteidigte. 16 Im April 1521 war auch das bereits 1519 im Gefolge der Leipziger Disputation angeforderte Gutachten der Theologischen Fakultät der Pariser Sorbonne fertig geworden. Es bezog über die in der Bannandrohungsbulle enthaltenen Punkte hinaus auch noch weitere Schriften Luthers, insbesondere die Babylonica, mit ein und verurteilte insgesamt 104 Sätze Luthers als ketzerisch. Es wurde rasch ins Deutsche übersetzt und mehrfach gedruckt (Nr. 10). Johann Eck gab den lateinischen Text mit deutschen Kommentaren heraus, in denen er seine Leipziger Argumentation voll bestätigt findet und in Luther einen inzwischen überführten Ketzer sieht.17 1521 erschienen schließlich noch von Johannes Manberger (Mannberg) eine Verteidigung des Opfercharakters der Messe 18 sowie von Johannes Eckart ein unpolemischer Dialog zum gleichen Thema 19 . Nach einem

14 Alles ediert bei Enders II; vgl. auch Smolinsky, Alveldt und Emser, S. 238ff. 15 Wolfgang Wulffer: wid' de keczllrischen Widerspruch/ Merten II Lutters/ vff den spruch Petri/ Ir seyt eyn königlich pristertllhumb . . . . Leipzig: [Martin Landsberg] 1522. 16 Emszers Antwurt II auff die warnüg oder schantllbuch Durch vngereympte Reymen/ on eyn II namen außgangen/ II (Wappen Emsers) II Ob du dich selbs nit nennen wilt/ II Noch triff' ich dich recht auff den Schilt/ II Es ist ein schlechte kunst vmb schelten/ II Vnd ligt aleyn am widergelten. [Dresden: 1521]. 17 Johann Eck: Determinatio theologice Facultatis II Parisien, super Doctrina Lutheriana hactenus II per eam visa. II Hie vuerdent CIIIJ. artickel der Lutherische leer II verdampt, durch die loblich vniuersitet von Pallryss darumb Martin Luther die disputatiö zu II Leiptzig verlorn hat. II Ein teutsche ermanung zu ennd dar zu gesetzt. [Ingolstadt: Andreas Lutz]. 18 Joannes Manberger II Pfarrher ze Thun Costentzer by=llstumbs: vff de Leimethurn Gerg II feners von weil: das die meß ein II opffer sy: Antwort. [Basel: Pamphilus Gengenbach 1521]. Gemeint ist Georg Fener von Weil: Sturm wider ain laymen thurn II ains Romischen predigers/ der auß der hayligen II Meß gern ain opffer mächte. II [Augsburg: Sigmund Grimm und Marx Wirsung 1521]. 19 Johannes Eckart: Ain Dialogus zwischenn II Doctor Martin Luthers Aullgustiners vnd Joan Eckartz II pfarher zue Bobehausen/ II Augspurger Bistumbs/ II Christum das Höchst II goldtrain opfer der II heyligen Meß II betreffent. II [Ingolstadt: Andreas Lutz 1521],

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persönlichen Zusammenstoß mit Luther am 24. April 1521 auf dem Wormser Reichstag und durch Luthers Messesermon provoziert, schrieb auch der Humanist und Dekan am Liebfrauenstift in Frankfurt (Main), Johannes Cochläus, im Sommer 1521 seine erste direkte deutschsprachige Polemik gegen Luther, die „Glossen und Kommentare auf 154 Artikel, gezogen aus einem Sermon Dr. Martin Luthers von der heiligen Messe und Neuem Testament" (Nr. 16). Da Cochläus jedoch zunächst keinen Drucker fand, blieb sie bis Februar 1523 unveröffentlicht. Nachdem Ende 1521 erste Anzeichen für die von den altgläubigen Autoren vorausgesehene und immer wieder beschworene Radikalisierung von Teilen der Reformationsbewegung sichtbar geworden waren, wandte sich Luther im Dezember von seinem Zufluchtsort, der Wartburg, aus mit seiner „Treuen Vermahnung" an alle Christen, „sich zu hüten vor Aufruhr und Empörung". Luther warnte darin vor einem befürchteten Volksaufstand gegen die alte Kirche, stellte Gewaltanwendung allein in die Kompetenz weltlicher Obrigkeiten und beschwor seine Anhänger, ihre Hoffnung allein auf die Gewalt des Wortes zu setzen. Die Schrift lag wohl bereits im Januar 1522 im Druck vor. Wolfgang Wulffer griff sie sofort auf, interpretierte sie in „Wider die unseligen Aufruhre Martin Luthers" (Nr. 11) als pure Heuchelei und unterstellte Luther, Aufruhr und Gewalt bewußt zu provozieren. Indes entwickelte die Bewegung im Wechselspiel von theologischer Argumentation und gesellschaftlichen Bedürfnissen und Forderungen ihre eigene Dynamik. Sie ließ sich nicht mehr verhindern und auch kaum eindämmen. Im Herzen der lutherischen Reformation, in Wittenberg, kam es zu Unruhen. Am 10. Januar 1522 entfernten Mönche des Wittenberger Augustinerklosters die Bilder, am 24. Januar legalisierte die neue Wittenberger Stadtordnung solche Aktionen, und am 27. Januar lieferte Andreas Karlstadt mit seiner Schrift „Von Abtuung der Bilder" die theologische Begründung dafür und für den im Februar folgenden Bildersturm. Hieronymus Emser, der darin eine schwere Ketzerei in der Nachfolge von Wiclif und Hus erblickte, nahm sofort eine theologische Widerlegung in Angriff, wobei er im Vorbeigehen auch noch eine der frühen Äußerungen Karlstadts zum Altarsakrament in die Polemik einbezog. Seine „Antwort auf das ketzerische Buch Andreas Karlstadts von Abtuung der Bilder" (Nr. 12) verteidigt die Rechtmäßigkeit, Nützlichkeit und Christlichkeit der Bilder mit historischen, rechtlichen, biblischen und erzieherisch-didaktischen Argumenten. Er unterstellt Karlstadt falsches Verständnis und mutwillige Fehlinterpretation der von ihm angezogenen Bibelstellen und eine Tradierung aus wicliffitischen und hussitischen Quellen. Süffisant haut er Karlstadt den Handel mit „Heiligenbildern" Luthers um die Ohren. Unter Hinweis auf die Festlegung des kaiserlichen Rechts, daß mit Ketzern nicht disputiert werden dürfe, betont er, daß seine Schrift ausschließlich der Unterrichtung des gemeinen Volkes diene. Im gleichen Sinne widmet er sich Karlstadts Sakramentsauffassung. Er habe bisher nicht gegen diese geschrieben, da er informiert worden sei, daß Cochläus sich des Themas annehmen wolle. Da Cochläus aber lateinisch schreibe, müsse er aus Verantwortung

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gegenüber dem armen irrenden christlichen Volk nunmehr auch seinerseits in Deutsch dazu Stellung nehmen. Auch in dieser Frage hänge alles an falscher Bibelauslegung durch Karlstadt. Luthers Sakramentsauffassung blieb auch weiterhin ein zentraler Punkt der Polemik. Der englische König Heinrich VIII. hatte ihr bereits 1521 — veranlaßt durch Luthers Babylonica — ein lateinisches Buch gewidmet, für das er vom Papst mit dem Titel „Verteidiger des Glaubens" ausgezeichnet worden war. Neben lateinischen Nachdrucken, wurden 1522 auch zwei deutsche Übersetzungen herausgebracht: eine von Emser im Juni (Nr. 13) und eine von Murner im September. Luther reagierte mit einer scharf polemischen „Antwort auf König Heinrichs Buch". Das veranlaßte zunächst Thomas Murner zu seiner Stellungnahme „Ob der König aus England ein Lügner sei oder der Luther" erschienen im November 1522.20 Er feiert darin den König als Beschirmer von Leib, Ehre, Gut und Seele der Deutschen gegen die blutwütige, mörderische Ketzerei Luthers. Er stellt Zitate Heinrichs und Luthers zu den Themen Ablaß, Papsttum, Bann, Glauben und gute Werke, Messe und Sakrament des Altars, zur Ehe und anderen Sakramenten gegenüber, wobei es ihm weniger um die Substanz der strittigen Fragen als um den Nachweis Luthers als Verstümmler und Fälscher der Auffassungen des Gegners geht. Insgesamt findet er 50 Lügen Luthers. Heinrich beschwerte sich seinerseits bei den sächsischen Fürsten über Luthers Reaktion auf sein Buch. Durch diplomatische Vorgänge verzögert, kam erst im Mai 1523 die lateinische Antwort Herzog Georgs zusammen mit Heinrichs Beschwerdebrief — besorgt durch Emser — in Leipzig heraus. Murner fertigte alsbald davon eine deutsche Übersetzung an und brachte sie (mit dem falschen Datum 1522) in Straßburg zum Druck (Nr. 20). König und Herzog sind sich einig, daß es bisher auf Erden nie ein schädlicheres Gift gegeben habe als das lutherische. Es müsse schnell ausgerottet werden, bevor es noch weiter um sich greife und schließlich nicht mehr einzudämmen sei und zum Untergang des christlichen Volkes führe. Doch Georg macht auf die Schwierigkeiten dieses Unterfangens aufmerksam. Obwohl er selbst frühzeitig Luther als Aufrührer unter evangelischem Deckmantel erkannt und — unter Hinweis auf die Leipziger Disputation — alles getan habe, die lutherische Sekte zu bezwingen, habe diese so schnell, wie noch keine Ketzerei zuvor, ihre Wurzeln in allen Herrschaften geschlagen und auch gelehrte und beherzte Männer ergriffen. Der Herzog schildert seine Maßnahmen zur Unterdrückung der Ketzerei, läßt aber durchblicken, daß die Haltung anderer deutscher Fürsten ein einheitliches Vorgehen verhindere. Als Zentralpunkt, als Brunnen aller lutherischen Irrungen sieht er die Auffassung von der Zwangsläufigkeit alles Geschehens. Durch sie wird die Macht menschlicher Vernunft und Entscheidungsfahigkeit aufgehoben und damit auch alle menschlichen Gesetze und Ordnungen. Nach der vorangehenden Beschränkung der deutschsprachigen Polemik auf wenige altgläubige Protagonisten beginnen sich — nach Wulffer — 20 Vgl. Murner, Deutsche Schriften, Bd. 8, S. 43ff.

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nunmehr auch weitere Vertreter des zweiten und dritten Gliedes zu Wort zu melden. Der Abt des Zisterzienserklosters Altzelle, Paul Bachmann (Amnicola), wird zu seiner ersten antilutherischen Schrift durch freundschaftliche Mahnungen veranlaßt, er möge endlich gegen Luther schreiben, da so wenige Gelehrte aus Furcht vor Luthers Schmähungen dazu bereit seien. Obwohl er selbst am Erfolg zweifelt und meint, er sei gegen Luther wie ein Hündchen, das einen Wolf anbellt, greift er aus Verantwortungsgefühl gegenüber Glauben und Kirche zur Feder. Er will darlegen, was Luther für ein Mann sei und was er im Schilde führe (Nr. 14). Er schildert Luther anhand einer verkürzten Aneinanderreihung seiner Auffassungen als neuen Propheten böhmischer Lehre, der — durch Vernunft reformierbare — Gebrechen der Kirche zum Vörwand nehme, um unter Mißbrauch der Bibel die Kirche insgesamt zu treffen und den Pöbel gegen die Obrigkeit zu hetzen. Er kritisiert die Trägheit der kirchlichen Obrigkeiten, die es Luther erleichtere, die Christen zu verführen. Sie gestatte es Luther, seine Ketzereien immer weiter zu steigern. Was er auf der Leipziger Disputation noch geleugnet habe, bekenne er jetzt öffentlich. Insbesondere setzt er sich mit Luthers Rechtfertigungsschrift wegen der Wittenberger Bücherverbrennung auseinander und dabei vor allem mit der Frage der päpstlichen Gewalt. Am Schluß appelliert er an die säumigen Christen, endlich aufzuwachen und sich gegen den feisten Ketzer zu wehren. Im November 1522 meldete sich auch wieder Johann Eck mit einer deutschen Schrift zu Wort.21 Da seine Mißgönner unter den neuen Christen seine in der Münchener Frauenkirche gehaltene Predigt falsch auslegen und verlangen, er solle das Evangelium predigen, druckt er die Predigt, wie er sie gehalten habe. Am Beispiel von Matth. 22 legt er dar, daß man das Evangelium nicht nach dem Buchstaben verstehen könne, sondern daß es einer Erklärung bedürfe. Es gebe viele dunkle, unverständliche Stellen; auch hätten die Apostel Christus nicht immer verstanden. Deshalb sei eine Auslegung vonnöten. Die lutherischen Naseweise gäben diese Auslegung nach ihrem eigenen Kopf und verführen und betrügen sich damit selbst. Für eine verbindliche Auslegung brauche man die Kirchenväter und die kirchlichen Lehren, nicht die lutherischen Ketzer und Völksverführer. 1522 erschienen auch noch Murners „Antwort und Klag" gegen Michael Stifel (im September)22 sowie sein umfangreiches, mit vielen Holzschnitten illustriertes Reimgedicht „Von dem großen lutherischen Narren" (im Dezember)23, an dem Murner wohl schon seit 1521 gearbeitet hatte. In der Vorrede begründet er, warum er nunmehr seine Anonymität aufgebe. Er habe bisher nur im Dienste des Glaubens und der Christenheit geschrieben, ohne Ehre und Würde des Gegners anzutasten. Da Luther und seine Anhänger ihn jedoch als Narren beschimpfen („Murnarr"), ihn arg schmä21 Johann Eck: Ein predig zu Minchen gellthan in vnnser Frawen kirchllen am Sonntag vor Martini II . . . [Ingolstadt: Andreas Lutz] 1522. 22 Thomas Murner, Antwort und Klag mit Entschuldigung Dr. Murners, in: Murner, Deutsche Schriften, Bd. 8, S. 31 ff. 23 Thomas Murner, Von dem großen lutherischen Narren, ebd. Bd. 9.

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hen und beleidigen, wolle er sich die Narrenkappe überziehen und zur Rettung seiner Ehre nutzen. Die Schrift ist weithin eine Satire auf Eberlins 15 Bundesgenossen 24 , auf Michael Stifel und auf den „Karsthans", bringt eine arg persiflierende Familiengeschichte Luthers und stellt diesen in ursächlichen Zusammenhang mit der Bundschuhbewegung. Die Gedankenverbindung von Reformation und gewaltsamem Umsturz wurde 1522 auch durch die Sickingen-Fehde genährt. Einer der Leidtragenden der Belagerung Triers durch die Reichsritter meldete sich wohl gegen Jahresende zu Wort (Nr. 15) und sah in den Parteigängern Sickingens Ausgeburten des teuflischen Luther, Zerstörer und Unterdrücker aller christlichen Ordnung, der Gewalt der frommen Fürsten und Herren, Anhänger des Bundschuhs. Luther, der Vorbote des Antichrist, sei ihr Wegbereiter. Mit Hilfe des mutwilligen Adels wolle er ein neues Reich im Dienste des Antichrist errichten. Zuvor müsse der Glaube unterdrückt, die Ordnung der christlichen Kirche beseitigt, die Ordnung des Bundschuhs mit Rauben und Brennen eingeführt werden. Luther, Hutten, Cronberg und Sickingen werden beschuldigt, ihr Evangelium mit dem Schwert durchsetzen zu wollen. Das von ihnen angestrebte Ebernburgische Reich Sickingens solle nur die Vorstufe zu einem allgemeinen Bundschuhischen Reich bilden. Schließlich wendete sich 1522 noch Johannes Femelius (Femel) im Gefolge einer Erfurter Disputation über die Heiligen mit einem deutschen Sermon an die Brüder zu Erfurt. 25 Seine Verteidigung der Kirchenlehren über die Fürbitte der Heiligen sei zum Anlaß für Lästerungen und üble Nachrede genommen worden. Nicht nur die Erfurter Prediger, sondern auch grobe Laien und tölpische Weiber würden ihn angreifen und verspotten. Er setzt sich mit der nach seinem Urteil falschen Auslegung zweier Bibelstellen durch seine lutherischen Gegner auseinander und bringt seinerseits zahlreiche andere Stellen bei, die belegen sollen, daß die Heiligen im Himmel herzliche Fürsorge für die Menschen hegen und für sie Fürbitte leisten. Ab 1523 nahm die deutschsprachige Polemik gegen Luther und die Reformation wesentlich zu. Neben Emser griffen jetzt vor allem Cochläus und Dietenberger, aber auch mehrere bisher nicht in Erscheinung getretene Autoren ein. Johannes Cochläus war es nach langen vergeblichen Bemühungen Ende 1522 endlich gelungen, mit Johannes Grüninger in Straßburg einen Drucker zu finden. Im Februar 1523 erschienen seine bereits erwähnten Glossen zu Luthers Messesermon vom Sommer 1521 (Nr. 16). In einer aktualisierten Vorrede bezieht er sich darauf, bereits seit über eineinhalb Jahren seine Haut an Luther gewagt zu haben, um einem Aufruhr zuvorzukommen. Er habe allerdings viel in Latein geschrieben, um fremde Na24 Vgl. dazu Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 75ff„ Bd. 2, S. 709ff„ 721 ff., 1038ff. 25 Johannes Femelius: Eyn kurcz Sermon szo die heyIiiigen Gottes belangen/ An alle doctores tzu II Erffurdt/ sie seyndt jung ad' alt/ man ad' frawe II [Erfurt:] Hans Knappe [1522],

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tionen zu warnen und ihnen zu zeigen, daß noch nicht alle Deutschen zu Hussiten geworden seien. Da jetzt aber ein allgemeines Gerücht von einem bevorstehenden lutherischen Bundschuh umginge, sei es höchste Zeit einzugreifen und sich an das gemeine Volk deutscher Nation zu wenden. (Parallel dazu führte er eine lateinische Fehde mit Luther weiter.) Den Bundschuhvorwurf an Luther belegt er auch mit dem Erfurter Pfaffenstürmen. Die Auseinandersetzung zu einer breiten Skala theologischer Probleme verbindet er immer wieder mit Folgerungen, daß Luther die Ständeordnung abschaffen und bundschuhische Gleichheit einführen wolle, daß er das Volk gegen seine Herren hetze, die Beseitigung der Kirche und den Raub ihrer Güter beabsichtige. Das ursprüngliche Manuskript war vom Drucker eigenmächtig verkürzt worden. Cochläus, darüber verärgert, veranlaßte Grüninger im September 1523, den ausgelassenen „13. Artikel von rechtem Meßhalten und lutherischer Zwiespaltung" gesondert herauszubringen. 26 Darin will er dem gemeinen Volk nachweisen, daß allein die römische Messe dem Seelenheil dient und der Empfang des Abendmahls in zweierlei Gestalt zu ewiger Verdammnis führt. In immer wieder neuen Varianten polemischer Anwürfe wird Luther zum Hauptmann des Bundschuhs, der das Volk ködere, indem er ihm die kirchlichen Güter und das Geld der reichen Kaufleute verspreche. Bischöfe, Fürsten und Herren machten sich mitschuldig, da sie das Wormser Edikt nicht konsequent durchsetzten. Doch zuvor war am 1. März das „Arzneibüchlein von den Früchten des neuen evangelischen Lebens" des Stendaler Propstes und vormaligen Rektors der Universität Frankfurt (Oder), Wolfgang Redorffer, erschienen (Nr. 17). Der Autor widmet seine im Dezember 1522 verfaßte umfangreiche Schrift einem befreundeten Wittenberger Arzt, der ihm während eines Wittenbergbesuchs geholfen hatte. Bei den aus diesem Anlaß geführten Gesprächen habe der Patient gemerkt, daß der Arzt selbst an einer schweren Krankheit leide, nämlich lebensgefährlich vergiftet durch das evangelische Gift. Er wolle ihm nun dabei helfen, die ernste geistliche Krankheit geistlich zu kurieren. Als evangelische Früchte in Wittenberg schildert er, wie die Wittenberger ihren Lehrmeister höher achteten als Christus. In einer langen Aufzählung benennt er die lutherischen Abweichungen von den alten Kirchenlehren, die in Wittenberg sichtlich zu einem viehischen, allen fleischlichen Begierden frönenden, die Obrigkeit verachtenden Leben führten. Die wittenbergische Lehre werde zu Unrecht evangelisch genannt, da sie nicht dem Evangelium gemäß sei. Sie gründe sich auf individuelle Auslegung und müsse waldensisch, wiclifisch oder hussitisch genannt werden. Die Auslegung sei allein Aufgabe der Kirche. Auch ein Leben allein nach den geschriebenen Evangelien unter Verachtung der Lehren der Kirche führe in ketzerische Irre. In Wittenberg sei das unter anderem sichtbar im Diebstahl der geistlichen Güter und in der Legalisierung des Ehebruchs. 26 Johannes Cochläus: Glos vnd Comment auff II den XIII. Artickel/ von rechtem Meßllhalten widr Luterische zwispaltllung . . . . [Straßburg: Johann Grüninger] 1523.

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Auch der evangelische Name sei unberechtigt, da zu einem Christen mehr gehöre als die Anerkennung des Evangeliums, nämlich auch der Gehorsam gegenüber Kirche und Obrigkeit. Als Diät gegen die Hirnseuche verordnet Redorffer dem Arzt und den Wittenbergern das Verlassen der Stadt, die Enthaltung von allen ketzerischen Schriften, die Lektüre der rechten Lehre, Mißtrauen gegenüber allen Versuchen, mit neuen Übersetzungen aus den Ursprachen die Bibel zu verfalschen, die Gewalt der römischen Kirche voll anzuerkennen und allein Gott um die Beseitigung von Mißbräuchen und Gebrechen zu bitten. Zwischendurch erörtert Redorffer, weshalb so wenige Gelehrte gegen Luther schrieben, und folgert, daß viele dem Neuen erlägen. Die wenigen, die es wagten, den alten Glauben zu verteidigen, würden von Luther so unflätig gescholten, daß sie lieber schwiegen, zumal von Luther keine Besserung zu erwarten sei. Außerdem hätten altgläubige Bücher auf dem Markt keine Chance. Eine Zwitterstellung nimmt der Druck einer Klage an den König von Ungarn und Böhmen über einen lutherischen Mönch ein (Nr. 18). Der erzbischöfliche Administrator zu Prag beklagt sich beim König über die Herren von Salhausen im böhmischen Tetschen, die in ihrer Herrschaft die lutherische Ketzerei verbreiten ließen, während sie altgläubige Priester verfolgten. Als Beleg werden 40 Artikel mitgeteilt, die bereits 1522 bei Predigten eines lutherischen Predigermönchs mitgeschrieben wurden. Sie dominieren den Text. Die altgläubigen Kommentare sind kurz und ablehnend. Ihnen folgt die Stellungnahme eines der Beklagten ganz in lutherischem Sinne. Auch der Herausgeber der im März 1523 in Wittenberg zusammengestellten Schrift schließt sich dem an. Der Druck erfolgt u. a. in Wittenberg. All das spricht für eine lutherische Publikation. Die aufgenommene Klage und die Dokumentation des Vorgehens der altgläubigen Kontrahenten dürften jedoch authentisch sein. Wohl im oder bald nach dem März 1523 erschien als Antwort auf Luthers scharf polemische Schrift „Wider den falsch genannten geistlichen Stand" Emsers ebenso scharfe Polemik „Wider den falsch genannten Ecclesiasten und wahrhaftigen Erzketzer Martin Luther" (Nr. 19). Sie ist Kaiser Karl V. gewidmet mit dem Hinweis, daß ihm von Gott die Schwertgewalt zum Schutz der Christenheit und zur Ausrottung der Ketzer übertragen sei, was er nun bitte schleunigst tun möge. Er möge dabei beachten, daß das Lästermaul aus Wittenberg nicht mehr nur den Papst und die Bischöfe, sondern auch den Kaiser selbst und die Fürsten, ja alle Obrigkeiten angreife. Am Schluß betont er nochmals, daß das Reich in emster Gefahr sei, da Luther dem Volk seine beiden Erztugenden raube: den Glauben und den Gehorsam gegenüber der Obrigkeit. Deshalb sei das unmittelbare Eingreifen des Kaisers erforderlich. Gegen Luther will er — wegen des Vorwurfs, er kämpfe in erster Linie auf Basis des von Luther abgelehnten kanonischen Rechts und der Kirchenväter, — vor allem auf der Grundlage des biblischen Kanons argumentieren, doch mit dem Vorbehalt, daß die Auslegung der Väter beachtet werden müsse. Das wird auch zum methodischen Kern der Auseinandersetzung. Alle Schriftstellen, die Luther im Sinne einer Verurteilung der Bischöfe und des geistlichen Standes deutet, deutet

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Emser gegen die Ketzer und gegen Luther selbst, d. h. es geht letztlich um die Auslegungsbedürftigkeit der Schrift und die dazu berechtigten Autoritäten. Behandelt wird neben der zentralen Frage des geistlichen Standes ein breites Spektrum strittiger theologischer Fragen, wobei Emser mehrere weitere Schriften Luthers einbezieht. Die Selbstbezeichnung Luthers als „Ecclesiast" nutzt Emser, mit der als Anmaßung empfundenen Überheblichkeit des Gegners abzurechnen und ihn als größten aller Ketzer zu charakterisieren. Am Himmelfahrtstag 1523 hielt der Licentiat des kanonischen Rechts, Kanonikus Johannes Freiberger, im Domstift zu Freising eine Predigt gegen die sogenannten Evangelischen, die alsbald gedruckt wurde (Nr. 21) und von lutherischer Seite eine scharfe Entgegnung erfuhr. Nach einer Darlegung der Schöpfungs- und der Missionsgeschichte sieht er in der bestehenden Kirche die Kirche Christi, deren Lehren für alle Christen verbindlich sind. Denen, die sich heute evangelisch nennen, hält er vor, daß keinesfalls nur das Wort der Schrift gelten könne. Die Evangelisten hätten oft geirrt, sich widersprochen, der Wortsinn vieler Stellen sei unklar, ja unsinnig. Die Bibel bedürfe der autoritativen Auslegung der Kirchenlehrer und der Konzilien; das letzte Wort habe in jedem Fall der päpstliche Stuhl. Die sich heute auf das Evangelium berufen, wollten nur Aufruhr gegen die Obrigkeit. Seit die Welt bestehe, gebe es Herrschaft und Unterordnung. Dagegen revoltierten die Evangelischen. Freiberger beschwört seine Zuhörer und Leser, beim alten Glauben zu bleiben und der neuen Bibel, die man jetzt überall verkaufe, nicht zu trauen. Das letztere bezog sich auf Luthers Übersetzung des Neuen Testaments, die seit September 1522 im Druck vorlag. Sie war von altgläubiger Seite sofort verdächtigt worden, eine häretische Verfälschung zu sein. In Bayern und im Herzogtum Sachsen wurde sie verboten. Luther antwortete darauf mit seiner Schrift „Von weltlicher Obrigkeit", die im März 1523 erschien. Wohl in Übereinstimmung mit Herzog Georg von Sachsen übernahm es Hieronymus Emser, das Verbot zu rechtfertigen und auch andere Landesherren von der Notwendigkeit eines solchen zu überzeugen. Das umfangreiche Buch lag im September 1523 im Druck vor (Nr. 22). Im Mittelpunkt der Kritik steht weniger Luthers Übersetzung als vielmehr dessen Vorrede sowie die Glossen, in denen stärker, als im eigentlichen Text, Luthers Auslegung zum Tragen kommt. Emser sieht in der verbreiteten Empörung über das Verbot ein Indiz für die Obrigkeitsfeindlichkeit Luthers und seiner Anhänger, widersetzten sie sich doch beiden von Gott gesetzten Häuptern der Christenheit, dem Papst und dem Kaiser, die das Lesen, Kaufen und Verkaufen von Luthers Büchern bei Strafe verboten hatten. Das Verbot der Übersetzung des NT solle nicht, wie von den Lutherischen behauptet, das Evangelium unterdrücken, sondern dieses vor Verfälschung und Mißbrauch schützen. Wegen der grundlegenden Bedeutung des NT für den Christenglauben müsse der Text in allen Ländern und Sprachen der Christenheit gleichförmig sein, was nur durch die vom Heiligen Geist geleitete Kirche gewährleistet werden könne. In einer ausführlichen Einleitung benennt Emser die grundsätzlichen Verfälschungen Luthers: er verän-

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dere willkürlich die Anordnung der Texte, leugne die Gesetzlichkeit des NT, unterschätze den Zusammenhang von AT und NT, mißachte die in den Evangelien geforderten guten Werke, er nehme eine unzulässige Bewertung der Evangelien gemäß ihrer Bedeutung für seine Rechtfertigungslehre vor und werfe gar Texte (Heb., Jak., Jud., Offb.) aus dem biblischen Kanon hinaus. Die Aufzählung und Kommentierung all der Stellen, mit denen Emser seine Kritik im einzelnen belegt, benötigt rd. 140 Blatt. Im Ergebnis gelangt er zu dem Schluß, daß Luthers NT dem gemeinen Mann zu Recht verboten worden ist bzw. dort, wo das noch nicht geschehen sei, verboten werden müsse. Die weltlichen Obrigkeiten ruft er auf, Übertreter hart zu strafen, die kirchlichen, sie mögen bald eine einheitliche, glaubwürdige deutsche Bibel herstellen lassen. Mit dem Verhältnis der Laien zur Bibel beschäftigt sich Emser auch in einer anläßlich des Hieronymustages (30. September) 1523 in Leipzig gehaltenen Predigt. Da er damit rechne, daß man ihm Schuster und Schneider auf den Hals hetze, um seine Worte zu verdrehen, ließ er sie alsbald drucken 27 ; denn Schustern gebühre es nicht, die Heilige Schrift auszulegen. Er nutzt Luk. 11, 33—36, um einerseits die Auslegungsbedürftigkeit der Schrift zu beweisen und andererseits selbst eine Auslegung zu geben, die die Auffassungen Luthers von Beichte und Buße, Glauben und guten Werken, Klostergelübden und Priesterehe als ketzerisch entlarven und die Lehren der Kirche als rechtmäßig begründen soll. Schließlich publizierte Emser 1523 noch eine Rechtfertigungsschrift für eine von Lutherischen angegriffene Äbtissin zu Nürnberg. 28 In besonderem Maße aktiv wurden im zweiten Halbjahr 1523 Johannes Cochläus und — durch ihn vermittelt — Johannes Dietenberger. Nachdem Cochläus seine bereits erwähnten Schriften gegen Luthers Messesermon zum Druck gebracht hatte, übersetzte er große Abschnitte eines Buches des englischen Bischofs John Fisher gegen Luther und gab sie im August zum Druck. 29 In besonderem Maße widmete er sich jedoch den Schriften Dietenbergers. Der Prior des Dominikanerkonvents Frankfurt (Main), Johannes Dietenberger, hatte bereits seit 1521 gegen Luther geschrieben, doch keine seiner Schriften drucken lassen. Seine erste bekannte Schrift richtete sich gegen Luthers 139 Schlußreden über die Gelübde vom September 1521. Das lateinische Original hatte er Cochläus zur Kenntnis gegeben, jedoch mit der ausdrücklichen Weigerung, es drucken zu lassen. Cochläus übersetzte

27 Hieronymus Emser: Emßers Sermon am tag des hei Iiiigen Hieronymi/ nechst vorschi=llnen/ zu Leypßgk geprediget. II Leipzig: Wolfgang Stockei 1523. 28 Emßers entschuldigung von wegen II der Ehrwirdigen Domina II der Äbtissin tzu Nürnberg. [Leipzig: Wolfgang Stockei 1523]. 29 John Fisher: Von dem hoch=llgelerten vn geistlichen Bischoff II Johannes von Roffa vß enge=llland/ seynes großen nutzlichen II büchs CXXXIX. artickel wid' II M. Luther sein hie verteütscht II zu nutz dem christlichen volck zu II bedencke irer seien selikeit. (Vorrede von J. Cochläus). Straßburg: Johann Grüninger, 10. Dezember 1523 (vgl. Spahn IIb mit Anmerkung zu IIa).

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die Schrift — in gekürzter Fassung — ins Deutsche und übergab sie ohne Wissen und gegen den Willen des Autors im September 1523 seinem Drucker. 30 These für These sucht er Luther zu widerlegen, wobei er bereits hier — für Dietenberger typisch — vor allem auf der Grundlage der Bibel argumentiert. Im Sommer 1522 hatte Dietenberger gegen Luthers „Von Menschen Lehre zu meiden" eine Widerlegung „Von Menschenlehre" geschrieben. Auch sie gab Cochläus im September 1523 heimlich zum Druck. 31 Wiederum steht die unterschiedliche Bibelexegese im Mittelpunkt, behandelt an den Themen Fasten, gute Werke, Ehe, geistliche Orden, Papsttum, Menschengebote, falsche Lehrer, Bindung der Gewissen u. a. Vor allem geht es um Trost und Errettung der armen Klosterleute gegenüber der lutherischen Verführung. Aktuell steht das Thema in Dietenbergers „Antwort, daß Jungfrauen Klöster und klösterliche Gelübde nimmer göttlich verlassen mögen" (Nr. 25) auf der Tagesordnung. Sie richtet sich gegen die von Luther betriebene Flucht von 12 Nonnen aus dem Kloster Marienthron in Nimbschen sowie dessen rechtfertigende „Ursach und Antwort" vom April 1523. Sie wurde — wohl bald danach — auf direkte Anregung Cochläus' geschrieben und erneut von diesem zum Druck gegeben. Dietenberger begründet mit vielen Bibelbelegen die Rechtmäßigkeit und Gültigkeit der Klostergelübde, ihre Verbindlichkeit gegenüber Gott, selbst wenn sie mit Unlust gegeben wurden. Ihr Bruch bedeute ewige Verdammnis. Es wäre besser gewesen, Luther bereits vor drei Jahren mit einem Mühlstein am Hals zu ertränken, als durch ihn so viele junge Leute, insbesondere keusche Jungfrauen, der Hölle preiszugeben. Gleich nach dieser Schrift — im Sommer 1523 — griff Dietenberger das Herzstück von Luthers Lehren auf und fragte in Form zweier Dialoge „Ob der Glaube allein selig macht" (Nr. 23) und „Ob die Christen durch ihre guten Werke das Himmelreich verdienen mögen" (Nr. 24). Den inzwischen in der Flugschriftenliteratur etablierten und erfolgreichen Reformationsdialog kehrt er um und überzeugt einen lutherischen Laien bzw. Bauern im Gespräch mit seinem Beichtvater bzw. Priester von der Unrichtigkeit und Unbegründetheit der lutherischen Rechtfertigungslehre. Wieder steht — bei z. T. exzessiver Anhäufung von Bibelstellen — die Auseinandersetzung um deren Auslegung im Zentrum. Auch diese Schriften wurden im September 1523 von Cochläus zum Druck gegeben und erschienen — wie die vorhergenannten — in unregelmäßiger Reihenfolge zwischen Oktober 1523 und Anfang Januar 1524. Die Eile Cochläus', im September so viel wie möglich an antilutherischer Polemik auf die Bahn zu bringen, war wohl darin begründet, daß er unmittelbar danach zu einer Romreise aufbrach, um an Reformüberlegungen 30 Doctor Joannes II Dietenberger. wider CXXXIX II Schlußrede Mar. Luthers/ von II gelübdniß vn geistliche leben der II klosterlüt vn junckfrawschafft etc. II vertütscht durch Jo. Cochleü II... . Straßburg: Johann Grüninger 1523. 31 Johannes Dietenberger: Uon mensche 1er II Widerlegung des Lutherllischen büchlins von II menschen leren zu meiden. II Straßburg: Johann Grüninger 1523.

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der Kurie mitzuwirken. Seine Abwesenheit scheint Dietenberger genutzt zu haben, sich zu revanchieren. Am Weihnachtsabend 1523 erschien „Ein Spiegel der evangelischen Freiheit" (Nr. 26) mit den Initialen D. J. K. Indizien deuten darauf hin, daß es sich um eine Cochläusschrift handelt, die nunmehr von Dietenberger übersetzt und zum Druck gegeben wurde. Das Manuskript stammt von Ende Januar/Anfang Februar 1522, als Cochläus noch nicht über Druckmöglichkeiten verfügte. Es war durch die Wittenberger Unruhen veranlaßt und wendete sich gegen Luthers Thesen „Iudicium . . . de votis", berührte sich also mit Dietenbergers „Wider 139 Schlußreden". Im Mittelpunkt steht die Auseinandersetzung mit einer Luther unterstellten Freiheitsauffassung, die als zerstörerisch für die herrschende kirchliche und weltliche Ordnung gewertet wird. Wahre evangelische Freiheit wird als Dienst des Gliedes für den ganzen Körper der christlichen Kirche verstanden und als lebendig in der herrschenden Ordnung gesehen. Wohl bald darauf übersetzte Dietenberger auch die bereits Anfang Juni 1521 verfaßte, aber noch ungedruckte lateinische Schrift des Cochläus „Ob Sankt Peter zu Rom gewesen sei" (Nr. 28) und gab sie zum Druck, diesmal mit voller Firmierung. Sie erschien allerdings erst 1524. Sie bezieht sich polemisch auf mehrere Schriften Luthers über die Gewalt des Papstes, besonders „Auf das überchristlich . . . Buch Bock Emsers". Gegen Luthers Zweifel, daß St. Peter jemals in Rom gewesen sei, trägt er alles zusammen, was für dessen 25jährige Anwesenheit dort spricht und seine Stellung als Haupt der Kirche begründet. Die Bibel als Luthers Argumentationsgrundlage sei nicht ausreichend, da Recht, Vernunft, Tradition und allgemeine Verwilligung der Christenheit ebenso zu achten seien. Als nächstes folgte Dietenbergers deutsche Übersetzung der im März 1523 von Cochläus geschriebenen, aber gleichfalls noch ungedruckten „Christlichen Vermahnung der heiligen Stadt Rom an Deutschland" (Nr. 27). Auch sie erschien erst 1524. Rom spricht Deutschland als seine liebe Tochter an, die durch die Lutherischen in schwere Bedrängnis geraten ist. Diese wollten ihre Hände im Blut der Römer waschen, die Obrigkeit beseitigen, die Kirchen zerbrechen, ihre Güter rauben, Pfaffen und Mönche ermorden usw. In diesem Stil redet die Mutter auf ihre Tochter ein, in immer wieder neuen Variationen desselben Themas. Sie hält ihr vor Augen, welche Schändlichkeiten Luther tue und wie selig das Land im Schoß der Kirche sein könnte. Eine polemische Schilderung der Zustände im kleinen, kotigen, barbarischen Wittenberg und seiner Universität wird mit Charakteristiken Karlstadts, Melanchthons, Spalatins und anderer Parteigänger der Reformation verbunden. Hauptziel aller Anwürfe ist jedoch Luther, eingebettet in die Ketzergeschichte. Außerhalb der üblichen Polemik publizierte 1523 in Augsburg Johann Altenstaig seinen umfangreichen Unterricht, was ein Christenmensch tun und lassen soll, damit er selig wird.32 Nach mehreren lateinischen Schriften 32 Johann Altenstaig: Ain nutzlich vnnd in hailiger ge=llschrifft gegründte vnderricht/ was ain II Christen mensch thün oder II lassen sol/ dz er salig vn II nit verdäbt werd. II Augsburg: [Sigmund Grimm und Marx Wirsung] 1523.

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will sich der Autor erstmals in Deutsch an den gemeinen Mann wenden, und zwar nicht im Kanzleideutsch, sondern so, wie es in seiner Gegend gesprochen wird. Er will die Menschen an die Lektüre der Bibel heranführen, macht ihnen aber klar, daß deren Verständnis nur durch die Auslegung der Väter und der Kirche möglich ist. Der gemeine Mann möge sich vor jeder subjektiven Auslegung hüten, aus der nur Irrungen entstünden, und sich an die Priester halten. Seine Darlegungen belegt er selbst immer wieder mit zahlreichen Bibelstellen, einschließlich der jeweiligen Vaterkommentare. Er versucht seinen Lesern die alten Kirchenlehren verständlich nahezubringen und geht auch breit auf ethische Fragen ein. In letzterem Zusammenhang kritisiert er das Verhalten der kirchlichen und weltlichen Obrigkeiten und schärft ihnen Sorge um Gerechtigkeit und gemeinen Nutzen sowie Wohlverhalten gegenüber den Untertanen als ethische Richtschnur ein. Gleich drei Schriften beschäftigten sich 1523 mit der Marien- und Heiligenverehrung. Der elsässische Humanist Hieronymus Gebwyler, Schulmeister am Hohen Stift zu Straßburg, beklagt33, daß sich der böse Feind auch in Straßburg eingeschlichen habe. Eine Menge unverständiger Laien habe fünf Artikel vertreten, in denen Maria als Mutter Gottes geleugnet, die Fürbitte der Heiligen abgelehnt, die heilige Messe geschmäht und alle menschlichen Gesetze als nichtig abgetan würden, soweit sie nicht im Evangelium begründet seien. In 88 Punkten vertritt Gebwyler die altkirchliche Marien- und Heiligenlegende und greift zwischendurch auch Fragen wie kirchliche Zeremonien, Mönchsgelübde, Ehe, Fasten, Beichten u. a. auf. Der Heiligenverehrung widmete auch der Franziskaner Kaspar Schatzgeyer sein erstes deutsches Büchlein.34 Breit legt er die Lehre von der Muttergottes, den Engeln, der Mittlerrolle der Heiligen zwischen Mensch und Christus dar, führt dafür sieben Hauptargumente und ihre Bibelbelege an und setzt sich völlig unpolemisch und ohne Namensnennung mit abweichenden Auffassungen auseinander. Im Mai, September und Dezember 1523 hielt Georg Hauer in der Frauenkirche zu Ingolstadt drei Predigten zum Thema.35 Er nahm Luthers Sermon vom Salve Regina von 1522 zum Anlaß, schützend für die Patronin seiner Kirche einzutreten. Luther und seine Anhänger hätten den Text des Salve Regina allein auf Christus bezogen; was Christus zustünde, stehe aber auch voll seiner Mutter zu. Er rechtfertigt die Tötung von 33 Hieronymus Gebwyler: Beschirmung des lobs vnd II eren der hochgelobte hymelischen künigin Mallrie/ aller heiligen gottes/ auch der wolan=llgesetzten Ordnungen der Christlich=llen kirchen wider die freuenliche II heiligeschmeher die da sprellchen/ Maria sei nit II ein müter gottes/ II Maria sei ein II fraw wie II ein and' II fraw/ vn hab II nicht für vnß ar= Urnen Sünder zübitten. etc. [Straßburg: Johann Grüninger] 1523. 34 Kaspar Schatzgeyer: Von der/ lieben heiligen II Eerung vnnd Anrueffung/ II durch Gasparn Schatz=llger Barfusser ordens II Das Erst teütsch II Buechlein. Item Vil mer Materien jnn jm begreyf=llfend/ da das lateinisch vor außgangen Im Jar M. D.XXIII. München: Hans Schobser 1523. 35 Georg Hauer: Drey christlich predig vom II Salue regina/ dem Euällgeli vnnd heyligen II schrift ge=llmeß. [Ingolstadt: Andreas Lutz 1523].

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lutherischen Marienschändern, will aber dazu beitragen, daß diese nicht nur durch das Schwert, sondern auch durch die Schrift widerlegt werden. Er setzt sich mit Luthers Auslegung der beigebrachten Bibelstellen auseinander und stützt sich bei seiner Widerlegung überwiegend auf die Kirchenväter. Hauer, der auch als Rechtslehrer an der Universität Ingolstadt wirkte, war als Mitglied eines Ausschusses Ingolstädter Professoren an dem Prozeß gegen den jungen Magister Arsacius Seehofer beteiligt, der in Wittenberg bei Philipp Melanchthon studiert und in Ingolstadt lutherische Positionen vertreten hatte. Auf Betreiben Johann Ecks waren 17 Artikel aus seinen Manuskripten als ketzerisch verdammt und Seehofer selbst durch Gefängnis und Drohungen am 7. September 1523 zum Widerruf gezwungen und ins Kloster Ettal verbannt worden. Die Universität ließ die 17 Artikel mit ablehnenden Kommentaren sowie einen kurzen Bericht über den Prozeß lateinisch und deutsch drucken 36 , die weite Verbreitung fanden. Erhebliche Publizität erreichte 1523 eine Kontroverse zwischen dem lutherischen Schuster Georg Schönichen 37 aus dem kursächsischen Eilenburg und dem Leipziger Theologieprofessor Hieronymus Dungersheim. Der Schuster hatte u. a. in der Leipziger Nikolaikirche eine Pfingstpredigt des Professors gehört, der er in einem im Druck erschienenen Brief widersprach. Dabei ging es um grundsätzliche Fragen des Kirchen- und Glaubensverständnisses, um die Irrtumsfähigkeit der Kirche, die Deutung der Heiligen Schrift, das Verhältnis von göttlicher Gnade und guten Werken. Dungersheim, der zuvor bereits mit lateinischen Schriften am Kampf gegen Luther teilgenommen hatte, antwortete auf Deutsch, wies die Auffassungen Schönichens zurück, drohte unter Hinweis auf päpstlichen Bann und Wormser Edikt mit dem Schwert, ging aber auf die Substanz der strittigen Fragen nicht weiter ein. 38 Insofern ist die Schrift nur im Kontext mit der Schönichens verständlich. Letzterer ließ sich allerdings nicht einschüchtern und antwortete alsbald mit einer weiteren Schrift. Die reformatorischen Vorgänge in der Eidgenossenschaft hatten bisher in der deutschsprachigen altgläubigen Polemik keine Rolle gespielt. Im März 1523 brachte jedoch der Dominikaner Johannes Fabri, Generalvikar des Bischofs von Konstanz, eine mehrfach gedruckte „Wahrliche Unterrich-

36 Sibentzehen Artickel so die Do=llctorn/ der Wolberüembten Vniuersitet II Ingolstatt/ für Ketzerisch verdammet/ vnd II Mayster Arsacij Seehofer vö München II öffentlich an vnser Frawen geburt II Abent widerrufft hatt/ in II dem 1523 Jar. [Augsburg: Philipp Ulhart d. Ä. 1523] (mehrere verschiedene Ausgaben in Latein und Deutsch). Zum Eintreten Argula von Staufs für den Verurteilten vgl. Laube/Looß/Schneider, Bd. 2, S. 918ff.; S. Halbach, Argula von Grumbach als Verfasserin reformatorischer Flugschriften, Frankfurt a. M. 1992. 37 Vgl. dazu M. Arnold, Handwerker als theologische Schriftsteller. Studie zu Flugschriften der frühen Reformation (1523-1525), Göttingen 1990, S. 193ff. 38 Antwort Hironyllmi Tungerßheym II vö Ochsenfart auf II Jorgen Schonige von Eylenburg II tzuschreyllben. Leipzig: Wolfgang Stockei 1523; auch [Augsburg: Melchior Ramminger] 1523.

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tung" 39 heraus, was sich in Zürich am 29. Januar 1523 ereignet hatte. Um die in Zürich entstandene Zwietracht wegen der reformatorischen Lehren Huldrych Zwingiis beizulegen, hatte der Rat eine (erste) Disputation einberufen, an der Fabri als einer der Gesandten des Konstanzer Bischofs teilgenommen hatte. Entgegen der Festlegung, über die Disputation nichts zu verlautbaren, war von zwinglischer Seite durch Erhart Hegenwald ein ausführlicher Bericht gedruckt worden. Dagegen publizierte Fabri seine Unterrichtung. Allerdings handelt sie mehr von den Vorgängen als von der Substanz der Meinungsverschiedenheiten und bedarf für deren volles Verständnis der parallelen Lektüre des Hegenwald-Berichts. Indes hatten sich in Zürich die zwinglischen Positionen durchgesetzt — gegen die übrige Eidgenossenschaft, die an der alten Lehre und Ordnung festhielt. Zur zweiten Züricher Disputation im Oktober 1523 waren die Eidgenossen nicht mehr erschienen. Umgekehrt verzichteten sie ihrerseits darauf, Zürich zu ihrer Tagsatzung im Januar 1524 einzuladen. Auf ihr berieten sie das weitere Vorgehen und bekräftigten in ihrem Abschied das Festhalten an der alten Lehre und Ordnung der Kirche. Als erste offizielle antireformatorische Verlautbarung der Eidgenossenschaft wurde er sofort gedruckt (Nr. 29). Dem Druck einverleibt wurde ein Brief der Eidgenossenschaft an den Konstanzer Bischof vom November 1523, in dem diese ihre Absicht kundtut, einen ketzerischen Pfaffen, der dem Gericht des Bischofs unterliegt, selbst zu strafen, da sie dem Bischof zu viel Nachsicht bei der Verfolgung der Ketzer unterstellt. Anfang Mai 1524 schrieb der Augustinerprovinzial Konrad Treger in Straßburg eine Mahnung an die Eidgenossenschaft, sich vor der böhmischen Ketzerei zu hüten. 40 Die Schrift konnte erst im November 1524 erscheinen, da — wie der Autor mitteilt — kein Drucker bereit war, etwas gegen die Lutherischen zu drucken. Trotz der Greuel, die die vom Teufel geleiteten Hussiten in und außerhalb Böhmens angerichtet hätten, bemühten sich die neuen Propheten, die Eidgenossenschaft zur Annahme des böhmischen Irrtums zu verleiten. Deshalb habe er 100 (lateinische) Artikel von der Gewalt der Kirche und der Konzilien veröffentlicht, die die Straßburger Prediger zum Anlaß genommen hatten, die Eidgenossenschaft vor Treger zu warnen. Hätten sie das in Latein getan, hätte er es auf sich beruhen lassen können. Da sie aber deutsch geschrieben hatten, müsse er um der Unwissenden willen antworten. Scharf polemisiert er gegen die Straßburger Prediger um Capito, Zell, Butzer und Hedio, kritisiert deren ketzeri-

39 Johannes Fabri: Ain war=lllich vnderrichtüg II wie es zu Ziirch auff den II Neünundtzweintzigsten II tag des monats Jallnuarij nechstuer=llschynen ergan=llgen sey. [Freiburg/Br.: Johann Wörlin 1523]. 40 Konrad Treger: Vermanüg bruder II Conradts Treger/ Augustiner or=lldens durch hohe Teütsche land Prouincial/ an ein lobllliche gemeyne Eydgnoßschafft/ vor der Böhem=llschen ketzerey/ vnnd antwurt. II Vff ein lugenthafft/ gotslestrig buch/ von II etlichen so sich diener des worts heissen/ II an ain Gemeyne Eydgnoßschafft II diß jars im Aprilen vßgangen. II Anfangs des II Meyen. II M.D.XXim. [Freiburg/Br.: Johann Wörlin]. 4

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sehe Abweichung von der alten Lehre mit ihren sozialen, umstürzlerischen Folgen und rechtfertigt seine Auffassungen. Im Zentrum steht die Verteidigung der Macht der Kirche und der Konzilien, wobei er allerdings zwischen der heiligen christlichen Kirche und der derzeitigen römischen Kirche unterscheidet. Die Schrift widerspiegelt das Ringen um das Schicksal der Kirche in der Eidgenossenschaft. Zur selben Zeit stand in Zürich ein Entscheid über das Schicksal von Messe und Bildern auf der Tagesordnung. Im Dezember 1523 hatte der Rat die Entscheidung für Pfingsten 1524 angekündigt. Im Mai legte Zwingli seinen Vorschlag zur Abschaffung der Bilder und der Messe vor. Auch der Konstanzer Bischof war um eine Stellungnahme ersucht worden. Dieser, Hugo von Hohenlandenberg, gab sie nach Einholung von Universitätsgutachten am 1. Juni 1524 ab (Nr. 31). Im ersten Teil begründet er die Zulässigkeit und Nützlichkeit der Bilder und schärft den Priestern ein, den gemeinen Mann entsprechend zu unterrichten. Gegen Bilderschmähung droht er Strafen an. Im zweiten Teil charakterisiert er den Angriff auf das Altarsakrament als schlimmste aller bisherigen Ketzereien und begründet den Opfercharakter der Messe als höchstes Vermächtnis Christi. Auf den Rat hatte die Unterrichtung wohl nicht den erwünschten Einfluß. Er ließ in der Stadt die Bilder entfernen, schob allerdings die Entscheidung über die Messe weiter auf. Gleich eine ganze Serie von deutschen Briefen an die Eidgenossenschaft veröffentlichte 1524 Johann Eck im Zusammenhang mit seiner Forderung, eine Disputation abzuhalten, auf der er Zwingiis Ketzertum nachweisen wollte. Den ersten Brief an die Eidgenossen vom 17. August 1524 ließ Zwingli mit einer eigenen Stellungnahme abdrucken.41 Darauf publizierte Eck im September seinen Brief erneut, verbunden mit einer Ablehnung von Zwingiis „Schandschrift".42 Schließlich brachte er im November noch einmal eine Publikation heraus, die neben den beiden bereits zuvor veröffentlichten noch einen Brief an die Eidgenossenschaft, einen an die Züricher sowie eine Verwerfung von Zwingiis neuerlicher Antwort enthält43, alles zum Zweck der Vorbereitung einer Disputation, die — nach der durch den Bauernkrieg erzwungenen Unterbrechung — im Mai 1526 in Baden Zustandekommen sollte. Im Reich führten derweil Bemühungen der Kurie und altgläubiger Fürsten im oberdeutsch-habsburgischen Raum um die Durchsetzung des Wormser Edikts einerseits und um Reformen der kirchlichen Zustände andererseits zur Einberufung eines Konvents, der vom 27. Juni bis 8. Juli 1524 in Regens41 Johannis Ecken Missiue vnd em=llbieten/ den frummen/ Vesten/ Ersamen II Weysen etc. Gmayner Aydgnossen II botten/ zu Baden/ im Augst=llmonat versamlet/ über=llschickt etc. II Vber solchs embietten Huldrillchen Zwingiis/ So vil er darinn II angerurt/ Christenlich vnnd II zymlich verantwurt. . . . [Augsburg: Philipp Ulhart 1524]. 42 Johann Eck: Ein sendbriellue ann ein fröme Eid=llgnoßschaft vö docctor II Johan Ecken die Lutellrey betreffend. II Ablainung etlicher sch=llmach d. Ecken von M. II Vlrichen Zwingli zullgemessen. [Ingolstadt: Andreas Lutz 1524], 43 Johann Eck: Ein sendbrieff an ein II frome Eidgnosschafft: . . . Der ander sendbrieff an gmein Eidgnossen. . . . Landshut: Johann Weißenburger 1524.

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bürg stattfand. Im Ergebnis wurde eine Entschließung vereinbart, die sofort mehrfach gedruckt wurde (Nr. 32). Sie bekräftigt das Wormser Edikt und die Abschiede der Nürnberger Reichstage und faßt in einer Reihe von Punkten Maßnahmen zusammen, die von allen versammelten Fürsten gegen Übertreter ergriffen werden sollen. Zugleich bestätigt sie (in überarbeiteter Fassung) die vom päpstlichen Legaten Lorenzo di Campeggio eingebrachte Ordnung und Reformation zur Abstellung der Mißbräuche und Aufrichtung eines ehrbaren Wesens der Geistlichkeit (Nr. 33) und fordert ihre öffentliche Bekanntmachung. Dem wird durch — ebenfalls mehrfachen, auch auszugsweisen — Druck entsprochen, z. T. verbunden mit offiziellen Verfügungen der jeweiligen Landesfürsten. Die enthaltenen Punkte bestätigen indirekt die von lutherischer Seite geübte Kritik an den Zuständen in der Kirche. Kritik an den Luther betreffenden Beschlüssen des letzten Nürnberger Reichstages vom Januar bis April 1524 äußerte Kaiser Karl V. in einem Mandat vom 15. Juli, das gleichfalls in Deutsch veröffentlicht wurde. 44 Vor allem befremdet ihn die Kompromißbereitschaft im Hinblick auf Festlegungen des Wormser Edikts sowie die Zusage, ein Nationalkonzil nach Speyer einberufen zu wollen, die er unter Hinweis auf seine Kompetenz ablehnt. Freilich hatte zuvor Erzherzog Ferdinand, Statthalter seines kaiserlichen Bruders, die Beschlüsse im Namen Karls bestätigt 45 Sie wurde in einer deutschen Sammelschrift verbreitet, die auch das Regensburger Bündnis vom 1. September 1524 enthält. Nach seinem ersten deutschen Büchlein über die Heiligenverehrung von 1523 brachte Kaspar Schatzgeyer 1524 gleich vier deutsche Schriften heraus. Im März erschien eine umfangreiche Zusammenfassung von drei Traktaten, die er zuvor bereits in Latein veröffentlicht hatte. 46 Im ersten behandelt er das Liebesgebot als entscheidenden Grundsatz der Heiligen Schrift, im zweiten die Übereinstimmung des Klosterlebens und der Klostergelübde mit diesem Grundsatz und im dritten die lutherischen Argumente gegen das Klosterleben und wie man ihnen begegnet. Die Auseinandersetzung erfolgt sachlich, ohne die sonst übliche Polemik und Diffamierung des Gegners. Die zweite Schrift erschien am 1. August und handelt von der wahren christlichen und evangelischen Freiheit. 47 Sie sieht im verbreiteten Drang nach leiblicher Freiheit, nach Abwerfung weltlicher Lasten und Bindungen, der Ablehnung der Obrigkeit und dem Widerstand gegen obrigkeitliche Gewalt einen Ausfluß der lutherischen Freiheitslehren wie der Lehre vom gezwungenen Willen; der Mensch ist für seine Werke 44 Karl V.: Ein kaiserlich mandat II wider die mißhandlung des II Luthers außgangen am II XXV. tag Julij. Anno II M.D.XXIIIJ. [Nürnberg: Hieronymus Höltzel 1524], 45 Hierin findest II du. II Das Kaiserlich Mandat zu Nurenberg II außgangen. II . . . Dergleychen vil ander Großmechtigenn II Fürsten vnnd Hern Voreinigung/ II wie sie gemeltem Kaiserliche II Edict geleben/ vnd das II Exequirn wollen. [Dresden: Emserpresse 1524]. 46 Kaspar Schatzgeyer: Von dem waren Christlichen leben II jn wem es stee/ durch Gasparñ II schatzger barfusser ordens II [Augsburg: Simprecht Ruff] 1524. 47 Sie ist ediert in CCath 40, Münster 1987.

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verantwortlich. Mit 20 lutherischen Irrtümern setzt sich Schatzgeyer im einzelnen auseinander. Wahre Freiheit liegt in der Befolgung göttlicher Gesetze; die kirchlichen Gesetze dienen deren Achtung und Durchsetzung. Die dritte Schrift, gedruckt am 27. August, beschäftigt sich mit dem Problem der Ehescheidung (Nr. 34). Sie stellt fünf Argumente zusammen, auf Grund derer eine Wiederverheiratung geschiedener Eheleute nach lutherischer Auffassung möglich sein soll, und sieht in ihnen schwere Irrtümer, die weder durch die Schrift noch durch die christliche Ethik gedeckt sind. Die vierte Schrift schließlich erschien am 5. November und unterbreitet 17 christliche Unterweisungen über die Notwendigkeit und Gebotenheit guter Werke, wiederum mit einer Zusammenstellung und Widerlegung lutherischer Irrtümer zum Thema. 48 Im selben Zeitraum veröffentlichte der Augsburger Domprediger Matthias Kretz drei im Dom gehaltene Sermone, z. T. unter Berufung auf Schatzgeyer. Eine am 6. März gehaltene Predigt über die Notwendigkeit von Beichte und priesterlicher Absolution 49 muß unmittelbar danach gedruckt worden sein, da bereits Ende März/Anfang April eine Entgegnung von lutherischer Seite erschien 50 . Im August brachte er seinen Messesermon heraus (Nr. 35), der neben der Verteidigung des Altarsakraments auch gegen die Lehre vom allgemeinen Priestertum angeht, und ohne genauere Datierung erschien 1524 noch ein Sermon zur Verteidigung und biblischen Begründung des Fegfeuers 51 , der allerdings wohl schon vor dem Beichtsermon gepredigt worden war. In Sachsen löste die Heiligsprechung des ehemaligen Bischofs Benno von Meißen und die ihr folgende feierliche Neubestattung seiner Gebeine am 16. Juni 1524 in Meißen eine erhebliche literarische Kontroverse aus. Die Heiligsprechung war von Herzog Georg, sekundiert von Hieronymus Emser, betrieben worden. Luther hatte von dem beabsichtigten Festakt im Voraus erfahren und spätestens Anfang Juni seine Schrift „Wider den neuen Abgott und alten Teufel, der zu Meißen soll erhoben werden" veröffentlicht, in der er sich grundsätzlich mit der Heiligenverehrung auseinandersetzte. Das provozierte mehrere Erwiderungen. Hieronymus Emser schrieb eine „Antwort auf das lästerliche Buch wider Bischof Benno" 52 und ließ sie sofort in seiner Hauspresse drucken. 48 Kaspar Schatzgeyer: Vonn Christliche satzun=Ilgen vn leeren/ ain Christformigs leben (der II werck halben) betreffend/ Welche anllzünemen oder auß zeschlahe seyen/ kürtzlllich jn sybenzehen Christliche vnt=llterweysung/ Sambt sybner II jrrthumben/ v e r f a s s t . . . . München: Hans Schobser 1524. 49 Matthias Kretz: Ain sermon von der peicht/ II ob sie Gott gebotten hab/ Durch D. II Matthiam Kretz zu Aug=llspurg/ Zu vnser fra=llwen im Thum II gepredigt. [Augsburg: Sigmund Grimm 1524], 50 Arnold (wie Anm. 37), S. 233f.; vgl. auch Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 439ff. 51 Matthias Kretz: Ain Sermon/ inhaltend et=lllich sprüch der schrifft/ von dem feg=llfewr . . . . [Augsburg: Sigmund Grimm] 1524. 52 Hieronymus Emser: Antwurt II Auff das lesterliche buch willder Bischoff Beno zu Meisllsen/ vnd erhebung der heylllige iungst außgegägen. II Dresden: [Emserpresse] 1524; ein weiterer Druck bei Stockei in Leipzig.

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Er unterstellt Luther, das einfältige Volk betrügen und vom Glauben abführen zu wollen, da gerade die Heiligenverehrung das Volk zu Andacht und Besserung reize. Auf kurze Zitate Luthers läßt er jeweils längere Kommentare bzw. Widerlegungen folgen, die die Erhebung Bennos im besonderen wie die Heiligenverehrung im allgemeinen rechtfertigen sollen. Luthers Forderung, die für die Heiligenverehrung verwendeten Mittel der Armenpflege zuzuführen, nutzt Emser, um Luther und seine Anhänger des Raubes am Kirchengut anzuklagen, und zwar nicht zugunsten der Armen, sondern zugunsten der Lottergrube Wittenberg, dem neuen Rom und seinen meineidigen Mönchen und Nonnen, Ehebrechern und Dieben. Luther wird erneut der Schriftfälschung angeklagt und selbst zum neuen Abgott und alten Teufel erklärt, der den Bundschuh gegen die Obrigkeit aufrichte. „Wider den Wittenbergischen Abgott Martin Luther" schrieb auch Augustin Alveldt. 53 Die biblischen Voraussagen von den falschen Propheten und insbesondere vom siebenköpfigen Tier der Apokalypse auf Luther deutend, listet er alles auf, was Luther der heiligen christlichen Kirche an Schändlichem angetan hat. Gegen diese habe er eine eigene Kirche errichtet und ihr neue Heilige gegeben wie Wiclif und Hus. Deshalb fechte ihn die Erhebung Bennos so hart an. Alveldt charakterisiert beide Kirchen; die eine als katholisch, allgemein, mit Christus als Haupt, die andere, beginnend bei dem Brudermörder Kain, mit dem Teufel und seinem Statthalter Luther als Haupt. Da Luthers Kirche keine Glieder im Himmel habe, wolle er auch die der wahren Kirche aus dem Himmel werfen. Eingebettet in solchen Kontext, setzt sich Alveldt mit zahlreichen Einzelfragen aus Luthers Schrift auseinander. Auch Paul Bachmann nahm Luthers Anti-Benno-Schrift zum Anlaß, um — in Anspielung an eine Formulierung der Bannandrohungsbulle — gegen „das wild geifernde Eberschwein Luther" zu wüten, das „sich untersteht, mit seinem besudelten Rüssel die Kanonisation des heiligen Benno umzustoßen und aller Heiligen Ehrerbietung zu vertilgen" (Nr. 36). Emser stellte für den Druck seine Hauspresse zur Verfügung. Im Mittelpunkt der Vorwürfe gegen die „eigenhirnige Bestie" Luther steht die Fälschung und eigenwillige Auslegung der Schrift im allgemeinen und in bezug auf die Heiligen im besonderen. Während die Deutschen bislang mit Italienern, Franzosen, Spaniern, Portugiesen, Schotten, Engländern, Dänen, Polen, Ungarn und anderen christlichen Nationen denselben Bibeltext gehabt hätten, habe Luther durch seine Fälschung das Wort Gottes ketzerisch verkehrt und der Kirche schwer geschadet. So wie Luther in früheren, in sich widersprüchlichen Schriften den Papst und die Kirche auseinanderzureißen versuchte, versuche er es jetzt mit Christus und den Heiligen. Wie Emser, beantwortet er Luthers Kritik an der Vernachlässigung der Armenpflege zugunsten der Heiligenverehrung mit Anwürfen, daß Luther selbst in Wittenberg die konfiszierten Kirchengüter nicht den Armen zuwende, sondern mit ausgelaufenen Nonnen verprasse. Die Polemik gipfelt in der Forde53 Ediert in CCath 11, Münster 1926.

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rang, falsche Propheten zu töten. Die Gläubigen, denen Bachmann die Gründe für die Heiligenverehrung erläutert, werden aufgefordert, beim Glauben der Vater und der Kirche zu bleiben. Wiederum in der Hauspresse Emsers und durch ein Reimgedicht Emsers am Schluß ergänzt, veröffentlichte Bachmann 1524 noch eine weitere umfangreiche Schrift an seine Klosterbrüder, die, durch Luther verführt, schwere Anfechtungen erleiden (Nr. 37). Der Abt war dazu wohl durch den Austritt mehrerer Mönche aus seinem eigenen Kloster Altzelle veranlaßt worden. Er beschwört die Schwankenden, Luther nicht zu glauben, der die Menschen in Sinnlichkeit und Fleischesbegierde verstrickt, das Volk von Gott abführt und zu Knechten seines eigenen Willens macht. Er weist Luthers Rechtfertigungslehre als ketzerisch zurück und betont den Zusammenhang von Glauben und guten Werken, die Verdienstlichkeit der letzteren für Rechtfertigung und Seligkeit des Menschen. Wahre Freiheit entspringe aus dem Dienst am Nächsten und führe zum Gehorsam als Werk der Liebe. Das gute Werk werde durch Gelöbnisse geadelt. Wer durch das Gelöbnis den eigenen Willen ganz und gar aufgehoben hat, steht in vollkommenem Gehorsam und ist der allerfreieste Mensch; denn er hat dem größten Tyrannen, dem eigenen Willen, abgesagt. Insofern stehen Ordenspersonen über allen anderen; sie folgen unmittelbar den Fußstapfen Christi. Obrigkeit und Gewalt in der Kirche sind von Christus aufgerichtet und zu achten. In diesem Sinne sind die Ordensregeln und Klosterbräuche verbindlich zu befolgen. Gegen Anfechtungen empfiehlt Bachmann andächtige Betrachtung des Leidens Christi, Kasteiung des Leibes zur Abtötung fleischlicher Begierden, nützliche Arbeit zur Vermeidung des Müßiggangs, Meiden aller Ursachen für Sünde und Versuchungen, Beständigkeit im Gebet. Emser fordert in seinem abschließenden Gedicht dazu auf, die Bücher von Schustern und Schneidern, die jeden Tag zu Hunderten erscheinen und nur lästern und schänden, zu meiden und stattdessen die Bücher altgläubiger Autoren zu lesen. Eine Kontroverse löste auch die 1524 — wohl Anfang des Jahres — unter dem Namen des Pegauer Benediktinerabtes Simon Blick erschienene Schrift über das Verderben und den Schaden von Land und Leuten aus, die diese durch Luthers Lehre erleiden (Nr. 30). Die scharfe antilutherische Polemik spricht weniger die theologischen Meinungsverschiedenheiten an als deren soziale Folgen. Zwar zweifelt der Autor selbst am Sinn seines Unterfangens, da Luther inzwischen einen solchen Anhang gewonnen habe, daß niemand mehr die alten Lehren hören wolle. Dennoch will er seine Schrift der Wahrheit zuliebe der Meute der reißenden und tobenden Hunde vorwerfen, obwohl man mit der Wahrheit weniger ausrichte als Luther mit Lügen und Lästern. Luther mache ein neues Evangelium und eine neue Kirche voller Ehebruch und fleischlicher Laster, ihm gehe es nur darum, das Volk gegen die Obrigkeit aufzuhetzen. In den vier Jahren, seit Luthers Lehre verbreitet werde, sei viel Leid und Verderben über Land und Leute gekommen, weil alle Gebote zu Nächstenliebe und guten Werken verachtet würden. Die Klöster verarmten und könnten ihre Verpflichtung zur Armenpflege nicht mehr wahrnehmen. In den Städten herrschten Zwietracht,

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Raub an Kirchengut; ganze Handwerke wie Bildschnitzer, Maler, Goldschmiede erlitten Schaden, fromme Drucker und Illustratoren, die sich weigerten, für die Ketzer zu arbeiten, verarmten und müßten verderben. Die Universitäten verödeten, und da die Studenten viel Geld unter die Leute brächten, ziehe ihr Ausbleiben die Beherbergungsgewerbe, Kaufleute, Handwerker, ja ganze Landstriche mit ins Verderben. In vielen Städten erhebe sich Aufruhr, wie der Rathaussturm zu Mühlhausen und ähnliche Vorgänge in anderen Städten zeigten. Alles sei das höllische Werk eines einzigen ausgelaufenen Mönches, der aus frommen Christen böse ketzerische Hunde gemacht habe. Nie habe es auf Erden einen größeren Ketzer gegeben als Luther. Die Schrift erfuhr bald darauf durch die lutherische Ehefrau des Schössers von Eisenberg, Ursula Weida, eine scharfe Entgegnung. In direkter Anlehnung an Lutherschriften vertrat sie, verbunden mit rüden Anwürfen gegen den Abt, die Auffassung, daß nur dem Gotteswort in der Bibel, nicht aber der Kirche zu glauben sei. Ihr antwortete — ebenfalls noch 1524 — ein Unbekannter unter dem Pseudonym Henricus R V. H. (Nr. 38). Seine Schrift ist gespickt mit Angriffen gegen die Verfasserin als Frau, die das Denken gefalligst den Männern überlassen solle. Unter Anspielung auf den Sündenfall sieht er in den Frauen seit jeher Anheber der Sünde, nur geleitet von unkeuscher Gier, Werkzeuge des Teufels. Der Glaubensstreit bedürfe keiner Weiber als Ratgeber, da 10 Frauen so klug seien wie eine Gans. Dialogweise bringt er Zitate der Schosserin mit seinen Antworten, in denen er die Autorin wie auch ihre Gefahrtin Argula von Grumbach und die Lutherischen insgemein scharf polemisch angreift und den Abt in Schutz nimmt. Die Skala der angesprochenen Themen ist breit: die Auslegung des Evangeliums, Kirche und Sakramente, Kraft der Konzilien, Verbindlichkeit der Klostergelübde, soziale Folgen der Reformation, insbesondere für den Adel und die Versorgung seiner Kinder. Das Nachwort wendet sich gezielt an die Männer. Sie sollen sich nicht von einer Frau verführen lassen, deren Triebkraft alleine Begierde und unreine Lust sind. Beispiele aus der Bibel sollen zeigen, wie Männer wegen weiblicher Verführung leiden mußten. Drei deutsche Schriften steuerte 1524 auch Johannes Cochläus bei. Er übersetzte einen Traktat des englischen Barfüßers Wilhelm Wideford aus dem Ende des 14. Jh., in dem dieser gegen den 18. Artikel der 1396 vom Londoner Konzil verdammten Lehren Wiclifs Stellung nimmt.54 Wiclif hatte darin die Auffassung vertreten, daß nur das zu glauben sei, was in der Heiligen Schrift steht. Wideford widerlegt ihn mit sechs, z. T. ausführlich begründeten Argumenten. Cochläus pflichtet ihnen bei und nutzt sie, um die Lutherischen am Beispiel von Wiclifs Schicksal zu warnen und das gemeine Volk zu unterrichten. Mit einer weiteren Übersetzung

54 Johannes Cochläus/Wilhelm Wideford: Ob nichts an=llzünemen sey/ dan II was klar in der hayllligen geschrifft II ist auß ge=lltruckt. II Wilhelmus Wide=ll fordus contra Johannem II Wicleff. 1524.

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geht er bis auf den Kirchenvater Cyprian zurück, der in einem Traktat die Einigkeit der Kirche gegen Zwietracht, Zertrennung und Ketzerei verteidigt. 55 Er sieht darin das Urteil eines unverdächtigen und unparteiischen Richters gegen Luther. Allein die Tatsache, daß Luther die Deutschen von der römischen Kirche abscheiden wolle, reiche zu seiner Verdammnis. Alle Hohen Schulen, Obrigkeiten und wahren Christen seien gegen Luther; nur leichtfertige Poeten, verlaufene Mönche, ungelehrte Ritter, trunkene Bierfritzen und der zottige Haufen der armen Kunzen und verdorbenen Karsthansen hänge ihm an. Schließlich brachte Cochläus noch eine bereits 1520 geschriebene, aber nicht gedruckte Antwort auf Luthers Appellation auf ein zukünftiges Konzil im Druck heraus. 56 In der Vorrede bezeichnet er die vor vier Jahren geschriebene Schrift als seinen ersten Anritt gegen Luther, der unter den vielen anderen Büchern übersehen worden sei. Im Hinblick auf das vom Nürnberger Reichstag für November 1524 beschlossene Nationalkonzil zu Speyer, das sich mit der Durchsetzung des Wormser Edikts befassen sollte, sei die nunmehrige Drucklegung durchaus aktuell, da sie zeige, wieviel besser es für die deutsche Nation gewesen wäre, hätte man damals bereits hart gegen Luther durchgegriffen. Die stillschweigende Duldung Luthers habe dazu geführt, daß jetzt die Zwietracht zwischen Herrschaft und Volk so angewachsen sei, daß man ein großes Blutvergießen befürchten müsse. Er habe beizeiten davor gewarnt, doch niemand habe das hören wollen. Im Text von 1520 weist er anhand des kaiserlichen und des kanonischen Rechts nach, daß es Luther nicht gestattet sei, in seiner Sache zu appellieren. U. a. dürfe keine Person appellieren, die Strafe wegen Vergehens gegen den gemeinen Nutzen zu erwarten habe. Luther sei als Erwecker von Aufruhr und Empörung eine solche Person. In einem schön gestalteten, mit Seitenbordüren versehenen Druck kamen 1524 zwei Reimgedichte auf den Markt. Im ersten läßt Sebastian Feibaum von Bretten einen Wurstbuben, einen Altvater und einen Mönch ein Gespräch über lutherische Sachen führen (Nr. 39). Zunächst spricht der Wurstbube über lutherische Lehren, die er aufgeschnappt hat, und ihre biblische Begründung. Der Altvater widerlegt sie und bringt zahlreiche Gegenbelege sowie seine Auslegung der von den Lutherischen angezogenen Bibelstellen. Ein ausgelaufener Mönch, der später hinzukommt, polemisiert gegen die alte Geistlichkeit, begründet die Notwendigkeit, die Klöster und Orden aufzuheben, und wirft dem Jungen vor, sich durch den Greis von seiner Seligkeit abbringen zu lassen. Der Altvater belehrt den Mönch über die Begründetheit der Klöster und Orden. Wenn Kaiser und Fürsten nicht bald die lutherische Sekte austrieben, werde es ein Blutver55 Johannes Cochläus: Ein heilsamer II Tractat .S. II Cypriani von einfaltigkeit der Pre=lllate vn einigkeyt der kirchen. II wider die ketzerey vnd II zertrennung. Straßburg: Johann Grüninger 1524. 56 Johannes Cochläus: Antwort Joh. Coch. II auff Martin Luth. II freueliche Apellatiö. Anno II 1520. vö babst vff ein II zükiinfftig Concilium. [Straßburg: Johann Grüninger 1524],

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gießen geben, das nicht nur die Geistlichkeit, sondern auch die Fürsten treffen werde. Im zweiten Gedicht dieser Schrift nimmt sich Johannes Dietenberger des gleichen Themas sowie der Heiligenverehrung an. 57 Ähnlich wie in seinen Dialogen über Glauben und Werke läßt er ein (lutherisches) Weltkind und einen geistlichen Bruder über das Klosterleben und die Heiligen debattieren. Das Weltkind lehnt das Klosterleben als teuflisch ab, der Bruder begründet es als rechtmäßig und göttlich. Das Weltkind findet keine biblische Begründung für die Heiligenverehrung, der Bruder belehrt es, daß es sowohl direkte Hinweise dafür in der Schrift gäbe, daß darüberhinaus auch alles zugelassen sei, was die Schrift nicht ausdrücklich verbiete. Das Weltkind pocht auf die Schrift als alleinige Argumentationsgrundlage, die auch von Schneidern und Schustern ausgelegt werden könne, der Bruder verweist auf die Lehren der Kirchenväter. Das Weltkind läßt sich überzeugen und nimmt noch längere Belehrungen über die Heiligen und ihre Fürbitte im Himmel entgegen. In einem zweiten Teil geht es um die Ehrung der irdischen Heiltümer. Auch hier wird das anfanglich kritische Weltkind überzeugt. Die Reihe der Drucke von 1524 beschließt im Dezember Wolfgang Redorffer mit seinem Credo von der heiligen gemeinen christlichen Kirche (Nr. 40). Mit Hinweis darauf, daß heute sogar leseunkundige Bauern und Handwerker die Schrift lehren und auslegen wollten, betont er, daß es letztlich allein der Kirche zustünde, die Schrift auszulegen. Deshalb fragten sich viele, wer das überhaupt sei, der über das wahre, endgültige Verständnis der Schrift verfüge. Ihnen gibt Redorffer einen ausführlichen Überblick über unterschiedliche Kirchen und Kirchenauffassungen. Die wahre Kirche sei die von Christus gegründete und Petrus und dessen Nachfolgern übertragene Kirche, die ihre Grundlage in der Einigkeit des Glaubens im Sinne Petri hat. Deshalb verlasse jeder, der diesen Glauben verläßt, auch die Kirche. Breit kennzeichnet er die Eigenschaften der römischen, als katholisch verstandenen Kirche. Sie ist die Kirche der auserwählten Seligen, der Schafstall Christi. Als Haupt dieser Kirche ist das Amt des Papstes unfehlbar, Amt und Gewalt sind unanfechtbar. Wo der Papst ist, dort ist Rom. Der Kaiser ist dem Papst unterstellt, ebenso ist der geistliche Stand dem weltlichen übergeordnet. Die Welt könne wohl durch die geistliche Gewalt ohne eine eigene weltliche Gewalt regiert werden, nicht aber umgekehrt. Das gleiche gilt von den Lehren der römischen Kirche; sie ist Lehrerin und Herrscherin über alle anderen Kirchen und Lehrauffassungen. Diejenigen, die in der Vergangenheit gegen die römische 57 Johannes Dietenberger: Cristliche vnderllweisung/ wieman gotes heili=llgen in dem hymmel anllrüffen/ vnd das heilllthum auff erden II Eeeren soll. II... [Straßburg: Johann Grüninger] 1524 (im selben Druck wie Feibaum). Zur Verteidigung des Klosterlebens gegen lutherische Einwände vgl. auch Ayn Sendbrieff/ von II ainer Andachtige frümen klollsterfrawen von Marienllstayn/ an yren brüder II Endris vonn we=llgen der Luthe=llrischen 1er. II etc. [Augsburg: Melchior Ramminger] 1524.

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Gewalt gefochten haben, sind alle von Gott hart gestraft worden. Das wird auch der lutherischen Ketzerei geschehen. Die lutherische Kirche habe ihren Ursprung bei den Waldensem, bei Wiclif und Hus. Bereits Christus und Paulus hätten sie vorausgesehen und als der christlichen Lehre widerwärtig charakterisiert. Der Kreis schließt sich mit der Aufforderung, allein der Schriftauslegung zu glauben, die die einige, heilige, christliche, allgemeine, apostolische, römische Kirche gibt.

Johann Tetzel : Widerlegung eines vermessenen Sermons

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Vorlegung3 gemacht von bruder Johan Detzel prediger ordens 1 ketzermeister, wider einen vormessen sermon von tzwentzig irrigenn artikeln bebstliche ablas und gnade belangende 2 allen cristglaubigen menschen tzu wissen von nothen. Uff das die christgleubigenn menschenn, durch eine predigeth von tzwentzig yrrigen artickeln, vormessenn b gemacht wydder die teyl des sacraments der busse, und warheit des ablas, und yn der fasten jungst vorschinen0, gedruckt ausgegangenn, welcher prediget tittel der massen lauteth: Ein sermon von dem ablas und gnade etc. und sich nach disem tittel also anhebeth: Zum ersten solt yr wissen, das etliche nawe lerer als Magister Sententiarum 3 etc.4, und ym tzwentzigstem artickel sich also endeth: Doch Goth gebe yn und uns rechten syn 5 , nicht geergerth und vorfurt werden, hab ich bruder Johannes Tetzel, prediger ordens, ketzermeister 6 etc. den selbigen sermon der tzwentzig yrrigen artickel mit seynem titel, anfang und beschlus umbdrucken lossen, und vorlege einen yglichen d artickel des gnanthen sermons mit bestendigen e grundt f der heiligenn schrifft, wy yderman nochfolgende ermessen wyrdt, unangesehen 8 , das ym neuntzenden artickel des gnanthen sermons geschriben steth: und losz doctores scolasticos 7 scolasticos seyn, szy seyn allesampt nicht genung mit yren opinien h , das sie eine prediget befestigen solten 8 , welcher worth kein cristlich mensch sich ergern sal. Wen1 solth der sermon der tzwentzig yrrigen artikkel ein schein' haben bey den menschen, szo muste tzuvor sein tichter aberewmen k doctores scolasticos, die alle eintrechtig yn yren schrifften wyder ynen1 sein. Der heilige Augustinus 9 saget, wen man wider die ketzer disputiren wil, szo thut man das vornemlich durch auctoritates, das ist, der heiligen schrifft und bewerter doctores spruch gleichförmig, als wenn mann christgleubige menschenn underweisenn wyl, geschieht das formlich, durch rationes, das ist vornunfftige Ursache und lere. Das wissen die ketzer, szo sie einen ketzerischen yrthum yns volck brengen wollen, der wegen vorwerffen sie tzuvor unnd vorachtenn alle doctores, die öffentlich wydder den selbigen yren yrthum geschryeben, wye auch Wycleff 10 und Johannes Hussz 11 gethon, welcher Johannes Hussz nicht alleyne dye genungtuhunge vor dye szunde, sunder auch die sacramentirliche beichte von unnotten m gehalden, und dem volck eyngebildeth" hat. Der wegen das heylige gemein concilium tzu Costnitz 12 ynen° yns fewer geurtheylth. Dieweyl dan yn genanther yrrigenn predigeth der tzwentzigk artickel sulche wege

a) Widerlegung b) anmaßend, widersetzlich c) jüngst vergangen d) jeglichen, jeden e) beständigen, unwiderleglichen f) Grundlage, Basis g) ungeachtet dessen h) Meinungen, Auffassungen i) wenn, denn j) Schein der Wahrheit, Akzeptanz k) abräumen, abfertigen 1) ihn, Luther m) für unnötig n) eingeredet o) ihn, Hus

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Tetzel: Widerlegung eines vermessenen Sermons

auch vorgenummen werden, wan der Meyster vom Hoenszyn13 mitsampt sovil thausent doctorn, der vil in die tzal der lieben heylign geschryben werdenp, in dem irrigen sermon voracht, unangesehen, das dye heylige romische kirche mit ynen helth in den dreyen theylenn der busz, sie auch nicht getadelth, sunder alle vor bewerlichq angenummen, auch nye erhorth ader bewyszen, das sye wydder dye heylige schlifft und vier doctores14 yn eynem worth myshelligk geschrieben, sunder vor getrawe ausleger der heyligen schrifft und der althen heyligen doctorn erkant. Derwegen öffentlich abtzunemenr ist, sal auch darvor gehalten werden, von allen cristglewbigen menschenn, das dyse nachfolgende artickel der vormessen prediget vordechtigk, irrigk, gentzlich vorfurisch seyn, und der heyligen cristlichen kirchen enthgegen, wy ich den eyn sulchs nochfolgende wydder eynen igklichenns artickel, mith Gottis hulff, sunderlich und wol ergrundlich beweysen wil. Setze das uff erkenthnus bebstlicher heyligkeyth, der gantzen cristlichen kirchen und aller universiteten. Ein sermon von dem ablas und genad etc. Des selbigen erster irriger artickel lauth wye folgende: Czum ersten solt yr wissen, das etlich new lerer als Magister Sen[tentiarum], S. Thomas und yre folger 15 geben der pusz drey teyll, nemlich die rew, die beycht, die gnugthuung', und wie wol diser unterscheid nach yrer meynung schwerlich adder" auch gar nichts gegründet erfundenn wirth yn der heyligen schrifft, nach v in den alten heiligen christlichen lerem 16 , doch wollen wyr das itzt so lassen bleyben und nach yrer weysz reden. 17 Vorlegunge. Disser yrriger artickel wyrdt der massz w cristlich und aus bestendigem grund vorlegeth: Erstlich ist er irrigk unnd ungegrundeth, wen" er tzeygeth an, das die drey theyl der busse in der heyligen schrifft und in den alden cristlichen lerern nicht gegrundeth werden, dorinne die warheit gesparth y wirth, wen die heylige schrifft, die alden und nawen heyligen doctores, der gar vil tawsenth seyn, halden z , das der almechtige Goth vor3 die sunde erstatunge und genungthuunge haben wil, wen Christus unser herr gebeuth b im evangelio den sundern, thut gleychwyrdige c frucht der bussze [Matth. 3, 8], das von allen, der gantzen welth, heyligen doctoribus von genungsamer bussze auszgelegeth und vornummen wyrdt. 18 Derhalbenn auch Goth seynen eynigen d sun, für dye sunde der menschen gnugtzuthun, in die welth gesanth, unangesehenn das Adam und Eva dye selbigen uffs höchste bereweth 6 doruber aus dem paradeis in dye bussze geschlagenn worden seyn. Das aber der herre Jhesus Mariam Magdalenam [Luk. 7, 36—50], die ebrecherin [Joh. 8, 3 — 11], und den gichtbruchigen menschen [Matth. 9, 2—8] ane uffsatzunge f

p) von denen viele heiliggesprochen wurden, zu den Heiligen zählen q) als bewiesen r) anzuerkennen s) gegen jeden einzelnen t) Genugtuung, d. h. Erstattung der Schulden gegenüber Gott u) oder v) noch w) dermaßen, folgendermaßen x) denn y) ausgespart, verlassen z) halten fest, nehmen an a) für b) gebietet c) angemessene, Luther übersetzt: rechtschaffene d) einzigen e) bereut f) Auferlegung

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eynicherley busse von allen sunden entbunden hath, thuth gar nichts tzu dem, das Got vom sunder alleyne die rewe begerth unnd tragung des creutzes, wen Christus hat erkanth, das dye rewe itzgenanther gnungsam 8 war, dy er auch ynen selbst gab, und entbanth sye durch die gewalth des schlussels excellentie, das ist der gewalth der ubertreffligkeit. 19 Dieweyl aber die prister der menschen rewe nicht erkennen, noch innen*1 geben können, und haben alleyne den schlussel der dinstbarligkeyth. Derhalben wye hoch der mensch dye sunde bereweth, das creutze treget, wu er die beichte ader genungthuunge, als theyl des sacraments der busse, vor acht1, wyrdth im die peinJ für seyn sunde nymmer meher vorgeben. Erbitte das uff erkenthnis des heyligen bebstlichen stuls, aller cristlichen universiteten und doctorn. Der anderk und drith irrige artickel des sermons lauthen wye volgende: Czum andern sagenn sie, der ablas nympt nicht hyn1 das erst adder ander teyll, das ist die rew adder peycht, sundernn das drit, nemlich die gnugthuung. Czum dritten, die gnugthuung wirt weyter geteylet yn drey teyl, das ist beeten, vasten, almusen, alszo, das beeten begreyff 11 allerley werck der seien eygen, als leszen, dichten", hören Gottis worth, predigen, leren und der gleichen. Vasten begreyff allerley werck der casteyung seins fleischs als wachen, erbeyten, hart lager, cleyder etc. Almuszen begreyff allerley gute werck der lieb unnd barmhertzikeyth gegen den nehsten. 20 Vorlegunge. Die werden der massen cristlich vorlegeth. Erstlich seyndt sye beyde irrigk und gantz vorfurisch, wen in ynen wyrt dye warheyth vorschwygenn, wen im heyligen concilio tzw Constentz ist uffs nawe beschlossen worden 21 , wer ablas vordinen wil, der mus tzu der rewe nach ordenung der heyligen kirchen gebeicht haben, aber 0 nach ordenung der heiligen kirchen ime fursettzen p , solchs brengen auch mitte gemeinniglieh alle bebstliche ablas bullen und briffe 22 , welche beychte ym ersten artickel implicite, das ist heymlich, von der warhafftigen bussze theylethq und gesondert wirdt, doch irrisch1. Setze das uff erkenthnis bebstlicher heyligkeit, aller cristlichen universiteten und doctorn. Der vierde artickel des irrigen sermons lauth wie folgende: Czum Vierden. Ist bey yn allen ungetzweyffelt, das der ablas hyn nympt die selben werck der gnugthuung, vor die sund schuldig tzuthun adder auffgesetzt s , dan szo er die selben werck solt all hyn nemen, blieb nichts guttes mher da, das wir thun mochten1.23 Vorlegunge. Der wirdt der masz cristlich vorlegeth. Der volkommen ablas nymmeth wegk u dye werck der genungthuung, der gestalt, wer der volkommenen vorgebung der peyn theylhafftigk wyrdt, der ist entpunden

g) genügend, ausreichend h) ihnen i) verachtet j) Strafe 1) erläßt nicht m) in sich schließt n) bedenken o) oder sten Vorsatz hegen q) abgeteilt r) jedoch irrig, fälschlich t) könnten u) erläßt

k) zweite p) den fes) auferlegt

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von" bebestlicher gewalt, das er dy werck der genungthuunge, in dem dritten artickel berurth, so yme für berewte und gebeichte sunde uffgeleget, tzu thun nicht schuldigk ist, und dieweil der mensch nach volkommener vorgebunge der sunde und peyn, von theuffel nicht mynder, auch seynen eygenn fleisch unnd der welth, dan für der vorgebung angefochtenn wyrdt. Auch dieweyl im menschen nach vorgebunge der szunde unnd peyn bleybenn bosze gewonheyten und schnelligkeith, wydderumb in sundenn tzu fallen. Derhalben tzu thun widderstanth, dem theuffel, dem fleysch und der welth, und tzu dempffen bosze sundtlich gewonheyt, tzuneygung, schnelligkeith widderumb in sunde tzu fallen, mus der mensch nach volkommener vorgebung der sunde und peyn von buszfertigen wercken nicht absthenn, dy dem menschen heylszam und tzu seyner geystlichenn schwacheit eyn ertzney sein, auch tzu ewigem leben vordinstlich. Es besageth auch keyn bebestlicher aber bischofflicher ablas briff, das dy menschen, so sye ablas vordinenn, hynfurth sich gutter werck und der gnugthuung enthalten sollen, welche gutte werck wyr, dem ewigen Gotthe tzu eren, szo wyr auch nicht gesundigeth hetthen, alleyne von wegen der schopffunge, tzu thun schuldig seyn. Und so wyr auch alle gutte werck alles unsers vormugens w gethan haben, sollen wyr sprechen, wyr sein unnutze dyner Gottis [Luk. 17, 10]. Derhalben ist diser artickel gantz irrisch, vorfurisch unnd allein dem ablas tzu nochteyl erthicht. Erbitthe das uff erkenthnis des heyligen romischen stuls, aller cristlichen universiteth und doctor. Der fiinffte irrig artickel des sermons lauth wie volgende: Czum funfften. Ist bey vielen gewest ein grosse unnd noch unbeschlosszene opiny", aby der ablas auch etwas mehr hynneme, dan sulche auffgelegte gute werck, nemlich, ab er auch die peyne, die gotliche gerechtigkeyt vor die sunde fordert, abneme. 24 Vorlegunge. Der wirdt der masz cristlich vorlegeth. Erstlich ist er gantz irrisch und betriglich, wen der volkommene ablas nympt auch wegk die peyn, dy die gotliche gerechtikeit für dy sunde, so sy bereweth unnd gebeicht seyn unnd von pristerlicher wyrde nicht gnungsam auffgesatzt z , erfordert, wen bebstliche heyligkeith volgeth Sant Peter im stule und bebstlichem ampt, hat auch derhalben wy Sant Peter gewalt und macht, alle sunde tzu entpinden. Und hath sy aus den worthen des herren: Alles was du auffbynden wyrst uff erden, das sal uffgebunden seyn im hymmel etc. [Matth. 16, 19]. Dyeweyl nun der babist alle sunde vorgeben kan, so kan er auch durch den ablas alle peyn der sunde" vorgeben, wen alle peyn, dy die menschen vor yre sunde tzu leydenn schuldigk seyn, dye werden fumemlich und erstlich von Gotthe, wydder den alle todt sunde b seyn, dem sunder uffgesatzt und tzuerkant. Czum andern unnd volgende wirt dy peyn dem sunder uffgesatzt an Gottis Stadt von pristerlicher wir-

v) durch w) nach all unseren Kräften x) noch unbewiesene, nicht abgeschlossene Meinung y) ob z) ausreichend auferlegt a) Sündenstrafe b) Todsünden

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de c , dye selbige sal mit dem höchsten vleys yn uffsetzunge der busse sich gemessz halden der gotlichen gerechtigkeit, dy dye capitel der rechte, genandt canones penitentiales 25 , ordiniren d . Der wegenn sal nymandt das haldenn für ein opinion e , das der ablas nicht abnheme die peyn, dy gotliche gerechtigkeyt für dy berewthen und gebeichten sunden und vom prister nicht genungsam auffgesatzt erforderth, wen dy heilige romische kirche helth sulchs im brauch, dortzu alle cristliche doctores, der vil tausent seyn, und in dem artickel von der römischen kirchen nye vorworffen. Derhalben der artickel irrigk ist und dye menschen tzu vorfurenn gedenckt. Erbitte das uff erkenthnis des heyligen romischen stuls, aller cristlichen universiteten und doctorn. Der sechste irrige artickel lauth wy volgende: Czum sechsten. Lasz ich yre opiny unvorworffen auff das mal. Das sag ich, das man auß keyner schlifft beweren f kan, das gotliche gerechtigkeyth etwas peynn adder gnugthuung begere adder fordere von dem sunder, dan allein seyne hertzliche unnd wäre rew adder bekerung mit vorsatz, hynfurder das creutz Christi tzu tragenn unnd die obgenanten werck (auch von niemant auffgesetzt) tzu ubenn, dan szo spricht er durch Ezechie [Hes. 18, 21; 33, 14—16]: Wan sich der sunder bekert und thut recht, szo wil ich seyner sund nit mer gedencken. Item also hat er selbst alle die absolvirt, Mariam Magdalenam, den gichtbruchtigen, dye eebrecherine etc. Und 6 mocht wol gerne hören wer das anders bewerenn soll, unangesehenn das etliche doctores szo gedaucht h hat. Vorlegunge. Der wyrdt der masz aus grundt der heyligen schrifft vorlegeth. Erstlich ist er gantz irrisch, unergrundt und vorfurisch, dem ablas auch tzu nachteyl erthicht, wen dy heylige schrifft das alth und nawe testament tzeygen an, das Goth für dy sunde genungthuunge forderth, das findeth man Deuteronomii am XXV. capittel [5. Mose 25, 2]26. Des gleichen sagen die alden heiligen cristlichen lerer, sunderlich der heylige Gregorius in der XXXII leyen rede ader Omelia: Der himmelische artzt unser herre Jhesus Christus vorordenth eynem itzlichem laster widderwertige ertznei. 27 Es saget auch der heylige Augustinus: Goth hat nyemandt nachlassunge gethan1 tzu sundigen und er vorgibt die sunden, die gethan seyn, barmhertziglichen, so bequeme unnd nodthorfftige> genungthuung für dy sunde nicht underlassen wyrdt. 28 Got vorgab David den eebruch [2. Sam. 11. 12], idoch must er leyden tzu eyner genungthuunge kriegk, vorschmehung an seynen weybern, unnd nach der rewe und beycht den todt an seynem kinde [2. Sam. 12, 14—18; 18, 14. 15], David hatthe auch grossze rew für dye sunde der tzelunge k seines volcks [2. Sam. 24, 10], idoch muste er Got für die selbige sunde zu der rewe gnungk thun. Wen der engel erschlug yme aus Gottis geheysse derhalben sibentzigk thausent man [2. Sam. 24, 15. 16], wie den noch der lenge das buch der konige antzeygeth. 29 Mit

c) Würde g) Und ich reichende

d) anordnen e) richtige, gerechtfertigte Auffassung f) beweisen h) gedäucht, gedünkt i) gestattet, erlassen j) notwendige, zuk) Zählung

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dyses sechsten artickels worthen und antzeygung haben vor jaren Wicleff und Johannes Hussz, dy kettzer, auch wollen erhaltenn1, das die beichte unnd genungthuunge nicht von nothen seyn, derhalben auch yn etlichen landen, den, dy beichtenn, keyne genungthunge uffgelegeth wyrdt vom prister, sunder er saget ynen: Ghet hyn und habet eyn wyllen nymmer tzu 5 sundigen. Welcher artickel irrigk und nicht tzu glewbenn ist. Settze das auff erkentnis bebstlicher heiligkeit und des heyligen stuls tzu Rome, aller cristlichen universiteten und doctorn. Der sybende irrige artickel lauth wy volgende: Czum sibenden. Das fyndet man woll, das Goth etlich noch seyner 10 gerechtickeyt straffet ader durch peyne dringt tzu der rew, wie im acht und achtzigsten psalm [= 89, 31—34]: So seyn kindere werden sundigen, wil ich mit der ruthen yre sunde heymsuchen, aber doch meyn barmhertzikeyt nit von ynn wenden. Aber disze peyne steet yn nymands gewalt nachzulassen"1, dan alleyn Gottis. Ja er wil sie nit lassen, sunder vorspricht, er wol 15 sie aufliegen. 30 Vorlegunge. Der wirt christlich also vorlegeth. Erstlich ist er eyn pleuderey" und spigelfechten, wen Got der do spricht: So meyne kynder werden sundigen, wil ich yre sunde mit ruthen heymsuchen, idoch meyne barmhertzigkeit nicht von ynen wenden, hath dy volkommenheyt seyner 20 gewalt Sant Peter und eynen igklichen recht erweiten babst über die heylige kirche gegeben alszo, das der babst in der heiligen kirchen alle ding tzu thun macht hath, dye von nothenn seyn der heyligenn kirchen unnd dem menschen tzu der Seligkeit. Derwegen der babst gewalt hath, nachtzulassen vormittelst des volkommen ablas dy peyn, die Goth den sundern für yre 25 sunde, so sye von ynen bereweth und gebeicht seyn, uffgeleget. Das nu ein mensch enthlediget werde der peyn, dy yme Goth für seyn sunde (so noch 0 der rewe und beychte dye uffgesatzte peyn und bussze vom prister nicht gnung weher p ) ufflegeth und tzuerkanth hat, dynet dem menschen gantz forderlich tzu der seien Seligkeit. Es ist auch ein grosse barmhertzig- 30 keit Gottis, das sein stadthelder der babst den menschen von der pein seyner sunde, wy itzt berurth, entbricht q , vormittelst des ablas. Derhalbenn werden dye worth David r one iren cristlichen unnd warhafftigenn vorstandts in dysen irrigen artickel tzu eynem behelff angetzeyget. Der wegen dyser artickel mit scharffen äugen tzu lesen ist, und nicht also blindth und 35 tunckel vortzutragen, wen Got spricht, das er dy sunde seyner kynder mith der ruthen heymsuchen wyl [Ps. 89, 33], das ist tzu der rewe durch pein dringen, wydder dye selbige peyn dinet der ablas nicht, sunder alleyne widder dye peyn der sunde, dye bereweth und gebeicht sein. Wen in der heyligen schlifft findet man geschrieben, das Goth tzu tzeythen dy men- 40 sehen peyniget1 im vordinst tzutzunemen, als Job [Buch Hiob], czu tzeythen tzu bewarungk der tugenth, als Sant Pauel [Apg. 9, 1 — 19], czu tzey-

1) beweisen, belegen q) entbindet, entledigt t) zwingt, straft

m) zu erlassen n) Geschwätz o) nach p) wäre r) d. h. der o. g. Psalm s) Verständnis, Inhalt

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thenn tzu straffunge der sunde, als Mari am" der schwester Moysi [4. Mose 12, 1 — 15], czu tzeythen tzu der ere Gottis, als den der blindt geboren warth [Joh. 9, 3], czu tzeythen tzu eynem anfange der ewigen tzukunfftigen peyn als Herode [Luk. 13, 35; Apg. 12, 23], Solche straffunge unnd peynunge Gottis stehet alleyne in Gotis gewalt, dem menschen ufftzulegen, idoch dy pein, dy Goth dem menschenn ufleget für seine sunde szo sie bereweth unnd gebeicht sein und durch den prister nicht genungsam tzuerkandt, kan der babst vormittelst des volkommen ablas wol abenemen. Derhalben dyser artickel irrisch und vorfurisch ist. Erbitthe sulchs uff erkenthnis des heiligen bebstlichen stuls, aller cristlichen universiteten und doctorn. Der achte irrisch artickel laudth wye volgende: Czum achtten. Derhalben, so kan man der selben gedunckten v pein keinen namen geben, weysz auch niemant, was sie ist, szo sie disse straff nith ist, auch die guten obgenanthen werck nith ist. 31 Vorlegunge. Der wirdt cristlich also vorleget. Erstlich ist er irrisch, wen die pein, die Gottis gerechtigkeith dem menschen vor sein sunde, so nicht gnungsam berewt aber w durch den prister in der beicht nicht gnungsam tzuerkandt ist, ufleget, genandt wirdt eine rachunge Gottis und wirdige fruchte der busse, die auch nicht alleine mit einer iglichen rewe, sunder alleine durch wichtige gleichwirdige gnungthuung, wy der heilige Augustin und alle doctores der cristenheit sagenn, vorgenugeth* wirdt. Was aber die selbige von Gote uffgelegte pein für sunderliche namen haben werden im fegefewer, ist den bekant, dy sie itzt tzur tzeith leiden, und dy leiden werden (wue sie nicht gar tzum theuffel faren), dy die armen cristglewbigen menschen also jemmerlich vorfuren. Erbitthe das uff erkenthnis des heiligen romischen stuls, aller cristlichen universiteten und doctorn. Der neunde yrrisch artickel laudt wie folgende: Czum neunden, sag ich, ob die christenliche kirche noch heuth beschlusz und aus ercleret, das der ablas mehr dan die werck der gnungthung hyn neme, szo were es dennocht tausentmal besser, das keyn Christen mensch den ablas loseth y ader begeret, sundern das sye lieber die werck theten und die peyn litden. Dan der ablas nit änderst ist nach magk werden, dan nachlassung gutter werck und heylsamer pein, die man billicher solt erwelenn, dan vorlassen, wie woll etlich der newen prediger tzweyerley peine erfunden, medicativas, satisfactorias, das ist etlich peyn tzur gnugthuung, etlich tzur besserung. Aber wir haben mehr freyheit tzu vorachten (Got lob) sulchs und des gleychen plauderey, dan sie haben tzu ertichten. Dan alle peyn, ja als z was Goth auflegt, ist besserlich unnd tzutreglich den Christen.32 Vorlegunge. Der wirdt cristlich also vorlegeth. Er ist vorfurisch, wen die heylige romische kirche helth und beschleust durch iren brauch und ubungk, das der volkommen ablas nicht alleine die werck der uffgelegten

u) Miijam v) erdachten, eingebildeten w) oder digt y) löst, wählt, sich verschafft z) alles 5

Reformation

x) Genüge getan, befrie-

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gnungthuung, vom 3 priester, aber vom rechten b , sonder auch von Gottis gerechtigkeith wegknympt, so die szundenn nicht gnungsam bereweth und die gnungthuung durch den prister in der beychte nicht gnungsam uffgeleget ist, wen der heilige Augustinus spricht, das die gewonheythen, die Gottis volck aber die cristen yn ubung haben, und die aussattzunge der alden0 für ein recht tzu halden sein, wiewol in der heyligen schlifft von sulchen gewonheythen unnd dingen in sunderheit nichts gesageth wirdt. 33 Derhalben von rechts wegen der babst, dieweyl es der romische stul in ubung hath, alle pein wy itzt berurth, vormittelst des volkummen ablas wegknemen kan. Dyszer irrige artickel tzeyget auch an, das kein mensch den ablas begeren sal, ab er auch dem menschen mher abneme, dan dy uffgelegte bussze vom prister aber vom rechtenn, welche worth der christlichen warheyth entgegenn seyn. Wen er helts mit dysen worthen darfuer, das ein mensch ablas haben mochte ane rewe, sonderth auch do durch den ablas von der rewe und vorbrengunge d der werck, derwegen ablas gegeben wirdt. Das in warheyt nymmer meher durch cristliche lere befestiget werden kan. Wen die ablas vordienen, sein in warhafftiger rewe und Gottis liebe, die sye nicht faul und trege lassen bleyben, sonder sye enttzunden Gotte tzu dynen, und tzu thun grosse guthe werck yme tzu eren. Wenn es ist am tage, das cristliche gothforchtige fromme lewthe, und nicht losze und faule menschen, mit grossem begir ablas vordynen. Derhalben ist dyser artickel foll giffts, unnd wyl dy menschenn durch seyn furtragen dem ablas widderwertigk machen, welcher den armen sundern gantz von nothen und heilsam ist. Wen in ausztheylunge des ablas erscheynt unns klerlich die grosse freye mildigkeyt Gottis, die sich fuer alle peyn, die dy mensehen fuer ire sunde tzu leyden schuldigk, so sie die sunde nicht gnung berewet und dy pein vom prister nicht gnungsam tzuerkant ist, durch die genungthuunge Jhesu wil lassen vorgnugen, so yn e die selbige aus bebstlicher gewalt als ein genungthuung mithgetheyleth wirdt. Es ist auch cristlich tzu glewben, wu einer ein almus gibth, beth, kirchen besucht, walfart leyst, fasteth ader ander gutthe werck thut, dy mit ablas begnadet seyn, und tuth sie in gleicher liebe Gotis, in welcher er sulche werck thete, so sie nicht mit ablas begabt weren, das die selbigen genanthen ablas werck den menschen vil besser und vordinstlicher sein, dan dy andern. Derhalben dyser artickel dye armen menschen jemmerlich gedenckt tzu vorfuren. Erbitthe solchs uff erkenthnis des heiligen bebstlichen stuls, aller cristlichen universiteten und doctorn. Der czehendt irrigk artickel lauth wye folgende: Czum tzehende. Das ist nichts geredt, das der peyn und werck tzu vil seyn, das der mensch sie nit magk volnbrengen, der kurtz halben seyns lebens, darumb ym noth sey der ablas. Antwort ich, das das kein grund hab und ein lawter geticht ist, dan Got und die heilige kirche legen niemandt meer auff, dan ym zu tragen muglich ist, als auch Sant Pawel sagth

a) durch den b) oder durch das (kanonische) Recht c) die Aussagen, Ausführungen der alten Kirchenlehrer d) Vollbringung e) ihnen

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[1. Kor. 10, 13], das Goth nit lest vorsucht werden ymant, meer dan er mag tragen, und es langethf nith wenigk tzu der christenheith schmach, das man yr schuldt gibt, sie lege auff meer, dan wyr tragen kunnen. 34 Vorlegunge. Der wirdt also cristlich vorlegeth. Der ablas wirdt nicht gegeben alleine derhalbenn, das des menschen leben seyner kurtz halben dy uff gelegte werck der genunhthuunge nicht vorbrenge magk. Es ist am tage, das der groste sunder mit einer warhafftigen volkommen rewe Gottis gerechtigkeyth für dy peyn alle seyner szunde magk vorgnugen (wue er änderst 8 die sacramentirliche beychte und gnugthuung nicht voracht), wen wu dy tzwey dingk voracht werden, so ist alle rewe zu nichte und machtlosz. Derhalben wirdt mit unwarheyt unns subcommissarien und predigern der gnaden uffgelegt h , das wir Got und die cristenheit schmehen, in dem wir sollen sagen, das Goth und dy kirche dem menschenn unmuglich ding ufflegen, welche wort unerfintlich1 sein, wen der ablas wirdt tzu tzeythen gegeben von wegen der almuszen, tzu tzeythen von wegen personlicher erbeth, als wen man das creutz widder die unglewbigen und ketzer annipt*, brücken baweth und wege besserth, tzu tzeythen von wegen der ferligkeyt des lebens, welcher gestaldt ablas vordynen, die über mehei^ tzum heiligen lande tzihen, wy die heiligen recht1 klerlichen besagen. Derhalben wirt der ablas nicht allein gegeben von wegenn der kurtze des lebens der menschen, welcher kurtz halben der mensch uffgelegte bussze nicht sali konnenn vorbrengenn. Erbitthe das uff erkenthnis des heiligen bebstlichen stuls, aller cristlichen universiteten und doctorn. Der eylffte artickel lauth wie folgende: Czum eylfften. Wan gleich die pusz yn geystlichem recht gesetzt itzt nach gingenn"1, das vor ein igklich todtsund sieben jar pusz auffgelegt were, so must doch die cristenheit die selben gesetz lassen und nit weyter aufflegen, dan sie einem igklichen tzu tragen weren. Vil weniger, nun sie itzt nicht sein, sali man achten, das meer auffgelegt werde, dan yderman wol tragen kan. 35 Vorlegunge. Der wirdt als ein unergrundth vortragen der mas vorlegeth. Wiewol die canones, noch dem die bussze auszgesatzt, von wegen menschlicher gebrechligkeith itzundt im gebrauch nicht sein, wirt doch den menschen do durch nicht meer macht tzu sundigen gegebenn, auch die sunde nicht mit weniger busse, wen" die canones in sich halden, ader ynen in gotlicher annemung gemesse pein durch Gottis gerechtigkeit gestrafft, wen wer die uffgesatzte busse der canonum nicht helth, der musz etwas anders leyden, das Gottis gerechtikeit fuer gleichwirdige fruchte der busse annimpt. Es musz auch der priester, szo er denn szunder entpindth, nicht alleyne dye rewe ansehen, szo er yme busse fuer berewte und gebeichte sunde ufflegen wil. Sunder er mus auch dy masse der busse in den canonibus penitentialibus auszgedruckt woll behertzigen, uff das er gotlicher ge-

f) gereicht g) sofern er h) unterstellt, nachgesagt i) unverständlich nimmt, ergreift (Kreuzzüge) k) Meere 1) heiligen (kanonischen) m) noch in Übung wären n) als 5'

j) anRechte

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rechtigkeith, dye von den canonibus geordent wirdt, als vil muglich ist nichts entgegen handeln, wy das heilige recht besaget, und so er die rewe und die uffgesatzte genungthuunge der rechte bewogenn 0 hath, sal er alsdan dem szunder in der beicht gnungthuung ufflegen. Der gestalth unnd nicht ires gefallens haben die prister die gnungthuung uff tzu setzen in der beychte dem sunder fuer berewte sunde. Dy selbige ufflegung der busse vom priester in der beichte dinet dem entpunden sunder dartzu, das er nicht sundiget, wen er nicht helth die bussze fuer sein szunde im rechtenn auszgedruckt. Idoch setzt der priester tzu wenigk bussze uff, so wil Goth die ubermosz p alhier aber in jhener weit vom menschen fordern. Weherq die menschenn anders lernethr, der vorfurth sye. Erbitthe das uff erkenthnis des heiligen bebstlichen stuls, aller cristlichen universiteten und doctorn. Der czwolffte artickel lauth wye volgende: Czum czwelfften. Man sagt wol, das der sunder mith der uberigen pein insz fegfewer adder tzum ablas geweyset sali werden, aber es wirt wol meer dings an grundt und bewerung gesagt. 36 Vorlegunge. Der wirdt christlich der mas vorlegeth. Er ist erstlich gantz irrigk und wirdt vorgetragen ans alle bewerunge und getzeugnis der heilligen schrifft, auch an alle erbittunge alles rechtlichen erkenthnis, gleich ab' seyn einhalth dem heiligen evangelio unungemes" wer, wy wol sy in warheyt geschyden seyn als tagk und nacht. Dartzu ist cristlich und warlich tzu wissen, das der szunder mit der uberigen pein ins fegefewer ader tzum ablas geweist werden sal, wen die heilige cristliche kirche unnd gemeinschafft aller althen und nawen doctorn halten, das Goth alsv barmhertzigk ist, dy schuldt und sunde tzu vorgeben, das er dennoch gerecht bleybet, die ungestrafft nicht tzu lassen, derhalbenn, wen ynnerliche rew nicht genungk tzum rochsal w der sunde ist unnd die eusserlich genungthuung wirdt nicht vorbracht und vorendeth, als dan wil Goth, der die massze unnd tzal der szunde weysz, die ubermase der busszen unnd gnungthuung, szo sie der mensch hye nicht vorbrengeth x , im fegefewer fordern. Es kan auch der mensch, wy Anszhelmus spricht in libro Cur Deus homo 37 , alleine durch die guthen werck für dye sunde genungk thun, die von den menschen nicht können geforderth werden, er hetthe den gesundigeth. Angesehen, das die menschen die gutthen werck der geboth Gottis von wegen der schopffunge tzu thun schuldig sein, dye auch Goth von den menschen forderth, szo er auch nicht gesundiget hetthe. Derhalben ist diser tzwelffte artickel irrisch und vorfurisch. Die weyl die gnungthuunge in dysem leben aber in jhenner welth gescheen musz. Erbithe das uff erkenthnis des heiligen bebstlichen stuls unnd aller cristlicher universiteten und doctorn. Der dreytzehendt irrisch artickel lawth wy folgende: Czum dreytzehenden. Es ist ein grosser yrthum, das yemand meyne, er wolle gnungthun vor seyne sund, szo doch Got die selben alltzeit umb-

o) erwogen p) Differenz zwischen der auferlegten und der gemäß kanonischem Recht verwirkten Buße q) Wer r) lehrt s) ohne t) als ob u) nicht ungemäß, d. h. gemäß v) so w) Rache, Abgeltung x) vollbringt, abgilt

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sunst, aus unschetzlicher gnad vortzeyhet, nichts darfuer begerend, dan hynfurder wol lebeny. Die Christenheit furdert wol etwas, alszo magk sie und sali auch dasselb nachlassen, unnd nicht schweres adder untreglich aufliegen. 38 Vorlegunge. Der wirdt der gestalt cristlich vorleget. Erstlich ist er unergrundt und vorfurisch, wen Got begerth mitsampt der kirchen, wy oben vilfeldigk angetzeyget, gnungthuung vor die sunde, also beschlissen die alden und nawen doctores der heiligen kirchen, der vil tausent seyn unnd vil von ynen im himmel seligk, die sagenn alle wie gros die rew istz, wu der mensch die beicht und genungthuung vorschmehet, so hilfft die rew alleine nicht, wye wol vor keyne todtszunde der mensche ane mitwirckunge des leyden Christi Gote genung gethun kan. Wue auch Sant Augustin vom thichter dises artickelsa weher b wol angesehen, szo wer diser yrthum nicht ausgegangenn. Wen Sanctus Augustinus spricht: Nemini enim dedit laxamentum peccandi Deus, quamvis miserando deleas iam facta peccata, si non satisfactio congrua negligatur. 39 Idoch disen irrigenn artickel haldeth nicht fuer new, wen Wycleff und Johannes Hussz haben den yrthum auch gehalden, und sunderlich das die beichte nicht von nothen sey, darynne die gnungthuunge dem menschen uffgelegt wirdt, und derhalben Johannes Hussz tzu Constentz vom gemeynem concilio gebranth worden ist, Wycleff als ein kettzer gestorben. 40 Erbitthe sulchs uff erkenthnis des heiligen bebstlichen stuls, aller cristlichen universiteten und doctorn. Der viertzehend irrig artickel lauth wye folgende: Czum viertzehende. Ablas wirdt tzugelasszen umb der unvolkommen und faulen Christen willenn, die sich nit wollen kecklich üben yn guten wercken adder unleydlich sein, dan ablas furdert nicht sye 41 tzum bessern, szundern duldeth und tzulesseth yre unvolkommen 0 . Darumb sol man nit widder das ablas reden, man sali aber auch niemandt dartzu reden. 42 Vorlegunge. Der wirdt der mas cristlich vorlegeth. Wen gleich der mensch allenn ablas vordinth, szo sali er doch von buszfertigen wercken nicht abelassen. Alszo sageth der babst Innocentius 43 , dan nach vorgebung der sunde und aller peyn durch den ablas bleybeth im menschen tzuneygung d widderumb tzu sundigen. Die selbige musz der mensch ertzneyenn e durch gutthe werck. Wyl er auch nach vorgebunge der sunde und pein bey Goth vil vordinen und seinen vordinst meren, so mus er die peynlichen gutte werck nicht unterlassen, sunder das creutze Christi bisz uff sein ende tragenn, das nympt der ablas nicht wegk, sunder er entzundt den menschen dartzu und macht den menschen peinliche gutte werck bereyth unnd geneygt tzu thun und nicht fawl. Derhalben ist diser artickel irrigk und ein pleuderey, dan er tzeiget an, das man widder ablas nicht reden sali, welchs doch fast in allen artickeln geschieht, und man sali auch nymandt dartzu reden, das öffentlich widder den brauch der heyligen romischen kirchen ist, die das heylig

y) als künftig gut zu leben z) wie groß die Reue auch ist ther b) wäre c) Unvollkommenheit d) die Neigung bekämpfen, heilen

a) d. h. von Lue) durch Arznei

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guldenn jare 44 , so es tzu Rome eintretten sal, ein lange tzeyt vor seynem eyngange f vorkundigen und ruchtigk machen 8 lest. Der artickel ist auch Widder den brauch aller sonderlicher11 christlicher kirchen durch die gantze weit, die bebstlicher und irer eygen bischoffe ablas alle tzeyth vorkundigenn lasszenn. Item das crewtz wirdt angenommen von christenn widder die kettzer und unglewbigen, auch tzum theyl von wegen des volkommen ablas, den dy crewtzer1 vordienen, dartzu dy menschen mit grossem vleys gebeten und vormanet werden. Derhalben die letzten wort dises artickels angetzeygeth werden widder alle warheyth. Erbitte das uff erkenthnis des heyligen romischenn stuls und aller christlichen universiteten und doctorn. Der funfftzehende irrig artickel lauth wy volgende: Czum funfftzehenden. Vill sicherer und besserer thet der, der lautet umb Gottis willen gebe tzu dem gebewde S. Petri45, adder was sunst genant11 wirth, dan das er ablas darfuer neme, dan es ferlich ist, das er sulch gäbe umb des ablas willen und nit umb Gottis willen gibt. 46 Vorlegunge. Der wirdt der mas christlich vorleget. Erstlich ist er blosz unnd nacket und on alle bewerunghe der heyligen schrifft erthicht, wan er tzeyget an in beschlus1, das der mensch umb des ablas willen unnd doch nicht umb Gotes willen eyn almus gebenn mochte, gleich ab eyner das almus gebe umb den ablas, und doch domit Got nicht ere erböte, so doch der mensch, der sein almus umb ablas gibt, dasselbige auch umb Gottis willen gibt, wen aller ablas wyrdt erstlich gegeben von wegenn der ere Gottis. Derhalben wer ein almus gibt umb ablas willen, der gibt es vornemlich umb Gottis willen. Angesehen"1 das keyner ablas vordineth, er sey den in warhaftiger rew und in der liebe Gottis, und wer aus der liebe Gottis gutte werck thut, der ordent sie tzu Got und seinem lobe. Derwegen dyser artickel von cristlichen menschen mit nicht" tzu glewben ist. Erbitte sulchs uff erkenthnis des heiligen romischen stuls und aller christlichen universiteten und doctorn. Der sechtzehende irrigk artickel lauth wye folgende : Czum sechstzehende. Vil besszer ist das werck eynem durfftigen 0 ertzeygt, dan das tzum gebewde geben wirt, auch vil besszer, dan der ablas dafuer gegeben, dan wye gesagt. Es ist besszer eyn gutes werck gethann, dan vill nach gelasszen. Ablas aber ist nachlasszung vill gutther werck, ader ist nichts nach gelassen. Ja das ich euch rechte underweysze, szo merckt auff: Du salt vor allen dingen (widder p Santh Peters gebewdt, noch ablas angesehen q ) deynen nehesten armen gebenn, wiltu etwas gebenn. Wann es aber dahynn kumpt, das niemand yn deyner Stadt meer ist, der hulff bedarff (das ob r Goth wyl nymmer gescheen sali), dan saltu geben, szo du wilt, tzu den

f) Beginn g) bekanntmachen, verbreiten h) (von der römischen Kirche) abgesonderten i) Kreuzfahrer, Teilnehmer an Kreuzzügen j) offen, direkt k) oder welcher Zweck sonst genannt wird 1) am Schluß, im Ergebnis m) Zumal n) mitnichten o) Bedürftigen p) weder q) berücksichtigt r) wenn, so

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kirchenn, altarn, schmuck, kelch, dye in deiner Stadt seyn. Und wen das auch nun nit meer noth ist, dan aller erst s , so du wilt, magstu gebenn tzu dem gebewde Sant Peters adder anderswo. Auch saltu dennoch nit das umb ablas willen thun. Dan Sant Pauel spricht: Wer seyn hauszgenosszen nit woll thut, ist keyn Christen und erger dan ein heyde [1. Tim. 5, 8], und halt darfur frey, wer dir anders sagth, der vorfurth dich adder sucht yhe' dein seel yn deynem bewttel, und fundt er pfenning darynne, das wer ym lieber dan alle seien. So sprichstu: So wirt ich nymmer meer ablas loeszen. Antworth ich: Das hab ich schon oben gesagt, das meyn will, begirde, bitth unnd rath ist, das nyemandt ablasz loeset. Lasz die faulen und schlefferigen christenn ablas loesen, gang du fuer dich. 47 Vorlegunge. Der wirdt der mas christlich vorlegeth. Erstlich ist er unergrundt und gantz finster, wen es wirt in yme eins berurth und das ander vorschwygen, wen almus gegeben eynem armen menschen, ist besser tzu merunge des vordinst der Seligkeit. Idoch loesung des volkommen ablas, auch alles ablas, ist besszer tzu schneller genungthuunge fuer dye peyn der szunde. Es szall auch ydermann wyssen, das die loeszung des ablas auch eyn werck der barmhertzigkeit ist, wen wer ablas loeseth, der erbarmeth sich über seine sele und gefelth dardurch Gote wol. 48 Derhalben beschleust dyser artickel yrrigk, sagende: Das ablas loesen nicht ein werck der barmhertzigkeyth sey, und beschleust am ende gantz uncristlich, das ablas sey eyn nachlasszunge vil guther werck, wenn er beherth" das mith keyner heyligenn schrifft. Es wirdt auch keyne nymmer mer gefunden werden, domit sulchs bekrefftiget werden magk. Angesehen, das der, der ablas vordint, in Gottis liebe seyn mus, und wu dy ist ym menschen, von dem geschehen vil guthe werck unnd grosse. Es ist auch dyser yrrigk artickel wydder den einhalth aller bullenn und brive des ablas, dye alle gemeyniglichen antzeygen, das ablas darumb gegeben wirdt, uff das die menschen dadurch tzu rewe und beycht und guttenn werckenn gereyst v werden. Derwegen auch dyszer irrige artickel gantz tzu vorachten ist. Erbitthe das uff erkenthnis des heiligen romischen stuls und aller christlichen universiteten und doctora. Es besaget auch dyser artickel das die menschen yn dem irrigenn sermon recht underweyst werdenn, das der warheyt gantz ungemes ist, wen es wyrdt yn dysem artickel begerth, gebethen unnd gerathen, das nyemandt ablas loeszen sali, welcher radt tzur seligkeith undinstlich ist. Der artickel sageth auch, das alleyne faull und schlefferige menschenn ablas loszen sollen, mit welchem radth die cristenheyt erbermlich vorfurth wirdt. Angesehenn, das eyn mensch ime w vil besszer thut, szo er ablas vordinth, den er bedarff, wen das er eynem armen seyn almus gebe, dyeweyl der selbige arme nicht wer in dem artickel der hochstenn nodt 49 . Wen das almus aber* das gutthe werck, domit der mensch ablas vordinth, ist ebenn als wol vordinstlich tzum ewigen leben, dieweyl es aus Gotis liebe

s) erst dann x) oder

t) vielmehr

u) erhärtet

v)

gereizt,

angereizt

w)

sich

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geschieht, als das almus, das eynem armenn gegebenn wirdt. Dortzu, dieweyl der mensche durch den ablas, den er mith almus gebenn vordynt, sich schnelle und eylende entbricht von der peyn, dye er fuer seyne sunde tzu leydenn schuldigk ist, ist ym besszer ablas tzu vordynen, wen almus armen leuthenn tzu geben, dye nicht seyn yn dem artickel der letzten nodt. Es sageth auch der herre Jhesus Luce am eilfften capittel: Was uberley y ist davonn gebth almus [Luk. 11, 41], vormeneth den, dy nicht sein im artikkel der letzten nodt. Den aber, die ym artickel der letzten nodt sein, gebeuth Got almus tzu geben, auch von den gutthern, dy der mensch bedarff tzu dem enthalth z seiner natur unnd seines standts. Derhalben wyrdt Sant Pauel in disem artickel unförmlich allegirth a , wen Sant Pawel spricht: Wer seinen hauszgenossen nicht wol thut, ist kein Christen und erger dan ein heyde [1. Tim. 5, 8]. Er vorbeut aber nicht, das der mensch ym selbst erh b guts thun sal c wen d seynen hauszgenosszen, die nicht sein ym artickel der letzten nodt. Es sal auch iglicher ym almus geben halten die ordenung der liebe, also, das er ym selbest ehr helffe wen seynen vorwanthen, wy itzt oben berurth. Derhalben die christglewbigen menschenn den blosszen nakkenden unergrunthen worthen dyses artickels nicht glawben geben sollen, wen er wirdt mit keiner bestendiger beherttunge aus der heiligen schrifft befestiget. Erbitthe das uff erkenthnus des heiligen romischenn stuls und aller cristlichen universiteten und doctorn. Der sybentzehend yrrige artickel lauth wye volgende: Czum sybentzehenden. Der ablas ist nicht geboten, auch nicht geraten, sundern von der dinger tzal e , die tzugelassen und erleubt werdenn: Darumb ist es nith eyn werck des gehorsams, auch nit vordinstlich, sundem ein ausztzug f des gehorsams. Darumb wie wol man niemant weren soll, den tzu loszen, szo solt man doch alle Christen darvon tzyhen und tzu den wercken und peynen, die do nachgelassen, reytzen und stercken. 50 Vorlegunge. Der wirdt cristlich der mas vorlegeth. Es ist war. Es wirdt nicht gebothen ablas tzu vordynen. Es wirdt aber gar trewlich gerathen von bebstlicher heyligkeyten, von den heiligen gemeinen concilien, von allen frommen prelathen der heiligen kirchenn, die ablas geben, von wegen der ubungk gutther werck, Goth tzu ere und tzu gutte der cristenheit und den menschen tzu vordinst, dieweyl er gutte werck umb ablas willenn thut. Auch dem menschen tzu gutthe, uff das er von der peyn enthbrochen werde, die er vor seine szunde leydenn muste, wie oben berurt. Derwegen ist der ablas nicht von der dinger tzall, die alleine tzugelasszen unnd erlewbeth werden. Es besaget auch diszer artickel, das ablas vordynen nicht ein vordi[n]stlich werck sey, sunder ein ausztzugk des gehorszams, der in ewigkeit als wenig als dye andern artickel alle mith einicherley heyligen schrifft magk bewerth werden. Wenn® die werck mit ablas begnadt alle tzeyth besszer seindt, wen h dieselbigenn, szo sie one ablas auch yn glei-

y) Überfluß z) Erhaltung a) unsachgemäß ausgelegt b) sich selbst eher c) darf d) als e) gehört zu den Dingen f) Aussetzung, Versäumnis g) Denn h) als

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eher liebe vorbracht werden. Derhalben diser artickel wydder die freyheit des heyligen romischen stuls ist. Wen Goth hath die meysterschafft der dinger1, die dem menschen tzu der Seligkeit dynen, bevolenn seynem stadthelder, dem babst, unnd dem bebstlichem stul. Erbitthe das uff erkenthnis des heiligen romischenn stuls und aller cristlichen universiteten und doctorn. Der achttzehende irrige artickel lauth wye folgende: Czum achttzehenden. Ab die seien ausz dem fegfewer getzogen werden durch den ablas, weysz ich nit und glewb das auch noch nicht, wie wol das etlich new doctores sagen, aber ist yn* unmuglich tzu beweren, auch hat es die kirche noch nit beschlossen. Darumb tzu merer Sicherheit: Vil besser ist es, das du vor siek selbst bittest und wirckest, dan disz ist bewerter und ist gewisz. 51 Vorlegunge. Der wirdt also cristlich vorleget. Erstlich ist er vol argerlist, wen er besaget, das die kirche nicht beschlossen habe, das durch ablas die seien aus dem fegefewer mugen erlost werden. Dieweyl doch die heylige romische kirche helth yn irem brauch, das die selenn durch den ablas aus dem fegefewer erlost werdenn. Es sein auch gar vil altaria, kirchen und Capellen tzu Rome, do man seien erlost, szo messen doselbst gehaldenn aber ander gutte werck gethan werden. Das kompt do her, wen die bebste haben an die selbigen stellen volkommen ablas gegeben, tzu erloszen die szelen, szo man messze do list aber ander gutthe werck thuth, wye tzu Rome in ubung ist. 52 Dysze erloszunge der szelen lyde1 der babst und die romische kirche der gestalth tzu Rhome nicht, wen sye nicht wol ergrundt were, wen der babst unnd der stul der romischen kirchen, auch das bebstliche ampt, irren nicht in den dingen, dy den glawben belangenn. Nun belangeth der ablas auch den glawbenn, wen wer do nicht glewbeth, das der babst den ablas und volkommen ablas den lebendigen und den todenn, szo sye yn Gottis liebe sein, miththeylenn kan, der helth das der babst dy volkommenheyt der gewalt von dem hern Christo über die christglewbigen nicht entpfangen habe. Das den heiligen rechten entgegen ist. Es meldet auch diser artickel, das etlich nawe dottores sagen, das dy seien aus dem fegefewer durch den ablas mögen erlost werden, aber es ist ynen unmuglich tzu bewerenn. Darauff ist tzu wisszen, das die heiligen nawen doctores das gantz wol bewerth haben, und seyndt der halben von der heyligen romischen kirchen nye vordampt worden, dorumb szie wol müssen bewerth haben, sunderlich der heilige Santh Thomas 53 , des m lere den glawbenn und der seien seligkeyt belangen, die bebste Urbanus 54 und Innocentius 55 fuer christlich und bewerlich angenummen und approbirt" haben. Es hat sie auch der syder° kein babst biszher vordammet. Die weil nun dye lere Sant Thomas vor christlich angenommen wirdt. Derhalben ist dyser artickel vordechtigk in der warheit p . Es saget auch der heylige Jherony-

i) über die Dinge j) ihnen wahr bestätigt o) seither halt

k) die Seelen 1) litte m) dessen n) als p) verdächtig im Hinblick auf seinen Wahrheitsge-

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mus: Die weil seinen glawben bebstliche heiligkeith, dye weil sie den stuel unnd glawben Petri heldt, für recht unnd guth annimpt, das der jenige, der im seinen glawben strofft q , sich als ein unerfaren aber ein boszhafftigen aber als einen ketzer tzu halten bewerth. 56 Also ist der tzu halden, der Santh Thomas als unbewerlich r in der lere, die er vom christlichen glawben schreybeth, strafft. Erbitthe das uff erkenthnis des heiligen bebstlichen stuls unnd aller cristlicher universiteten und doctorn. Der neuntzehendt irrige artickel lauth wye folgende: Czum neuntzehenden. In dissen puncten hab ich nit tzweyffel, unnd sind genugsam yn der schlifft gegrundt. Darumb solt yr auch keyn tzweyffel haben, und last doctores scholasticos scholasticos seyn, sie seyn allsampt nit gnung mit yren opinien, das sie ein predigeth befestigen solten. 57 Vorlegunge. Der wirdt der masz christlig vorlegeth. Erstlich ist er unnd alle berurthe artickel yn der schrifft gantz und gar ungegrundth, wen die artickel sein widder den brauch der heiligen romischen kirchen und widder die lerer aller nawen heiligenn christlicher lerer.58 Heth auch der heilige Augustinus sampt den andern aldenn dreyen heiligen doctorn 59 dy erleuchtung gehabt, das dy gewalth bebstlicher heyligkeith und der römischen kirchen über den ablas also solten von irrigen lewthen voracht werden, sie hetthen ein solchs eygentlich mith yren schrifften wol vorkommen 5 . Idoch dye nawen heiligen doctores haben erfarn und gehört, das boszhafftigenn menschen widder den babst und die warheyt des ablas geredt, geprediget und geschrieben haben. Dasselbige haben die heyligen nawen doctores angefochten mit christlichem gründe, die auch dye heylige romische kirche der wegen nye gestrafft und vordampth het. Das auch dyser artickel saget, man sal doctores scholasticos scholasticos bleyben lassen, wen sie sein alle sampt nicht genug mit iren opinien, das sie eine predigeth befestigen sollen. Unverstendige menschen halten dye meynung' von den heiligen doctoribus scolasticis, wen" dy selbigen heyligen doctores entdecken und sein widder alle newe yrthumer. Derhalben irrige menschen sie vorachten. Idoch dye heilige romische kirche sampt der heyligen gemein Christenheit halten eyntrechtigk, das die heyligenn doctores scholastici durch yre warhafftige heylsame lere den heiligen christlichen gelawben widder die kettzer genungsam christlicher lere weyse tzu befestigen und vil meer eine predigeth tzu thun vormugenn. Derhalben werden sie in dyszem artickel unbillich unnd widder alle vornunfft unnd warheit also schmelich voracht. Es seyn auch dy irrigenn artickel alle nach der kurtze und tunckel angetzeigetv, villeicht derhalben, man gedenckt sie tzu dewthen wye man wil und uff alle wege. Idoch solte daz gros ergernis, das sie erwecken, tzuvor bedacht worden sein, wen vil menschen werden der artickel halben vorachten die oberkeit und gewalt bebstlicher heyligkeith und des heiligen romischen stuls. Es werden auch die werck der sacramentirlich genung-

q) Lügen straft, verachtet eine solche Auffassung kel aufgeführt

r) unbeweisbar s) vorgebeugt, verhindert t) haben u) da, weil v) (von Luther) kurz und allgemein, dun-

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thuunge vorbleyben w . Man wirdt den predigern und doctoribus nymmer glawben. Iderman wirdt die heylige schlifft seines gefallen wollen auszlegen. Derhalben die heylige gemeyne Christenheit in grosse der seien ferligkeit* kommen mus, wen es wirdt ein iglicher glawben, was ym wol gefelth. 60 Dieweyil dy nawen heyligen doctores, wy der irrigk artickel antzeygeth, nicht vor glawbwirdigk sollen gehalten werdenn, den y die Christenheit vil hunderth jar grossen glawben gegeben, der wegen dyser artikkel gantz irrigk ist. Erbitthe das uff erkenthnis des heiligen romischen stuls und aller cristlichen universitetenn unnd doctorn. Der czwentzigst irrigk artickel lauth entlich wie folgende: Czum czwentzigsten. Ab etlich mich nun wol eynen kettzer scheltenn, den sulch warheyt seer schedlich ist ym kastenn, szo acht ich doch sulch geplerre nit grosz, syntemaeP das niht thunn, dan etlich finstere gehyrne, die dye biblien nye gerochen, dye christliche lerer nye gelesenn, yr eygen lerer nye verstanden, szundern yn yren löcherten und tzurissenn opinien vil nach 3 vorweszenn, dan hettenn sye die vorstanden, szo wisten sie, das sye nyemant soltenn lestem, unvorhort unnd unuberwunden, doch Goth geb yn und uns rechten syn. Amen. 61 Vorlegunge. Der wirdt der gestalth christlich unnd wol ergrundth vorlegt. Erstlich ist er gantz irrigk unnd erforderth ane ein lochericht gehyrne tzu wissen, wer ein kettzer sey, dadurch ich bruder Johan Tetzel prediger ordens vorursacht werde, etliche ander lehr und position auszlossen tzu gehen b , die ich auch in der loblichenn hohen schul Franckforth an der Oder tzu disputiren unnd mit angeszatztem tage vormittelst gothlicher hulff cristlich tzu erhaldenn gedencke. 62 In welchen so man dyse meine schlifft und vorausgegangen von mir position 63 und den sermon der tzwentzigk irrigen artickel, auch die position de^ tittel sich anhebeth: Amore et studio elucidando veritatis, in den die letzten propositio also lauth: Ac sie magis per multas tribulationes intrare celum quam per securitatem pacis confidant 64 , dergegen helth, idermenigklich mit unentgentztem d gehirn erlernen und erkennen wirdt, wer eyn heresiarcha, hereticus, cismaticus, erroneus, temerarius, malesonans etc., das ist ein ertzkettzer, ein kettzer, ein abetrunner, ein irriger, ein freveler ader ubelreder etc. im heyligen christlichen glawben sey ader nicht. Daraus auch erscheynen wirdt, wer ein finster gehirne, die biblie nye gerochen, dye christlichenn lerer nie geleszenn, seyn eygene lerer nye vorstanden hath. Erbitte derhalbenn in sicher6 tzu der warheit tzuvorsicht, alle dyse meine vorlegunge und position, in dyser sachen von mir geschryeben, uff erkentnis und urtheil bebstlicher heyligkeyt, der heyligen römischen kirchen, aller christlichen unvordechtigenn universiteten und doctorn mith vorpflichtung alles des jhenigen, szo tzuerkant, tzu leyden, es sey kercker, stock, wasser und fewer, in trewer christlicher, bruderlicher vormanung, keyn christlicher mensch wolle hynfurth dem sermon

w) ausbleiben x) Gefahr, Gefahrdung der Seelen a) beinahe b) herauszugeben, zu veröffentlichen nes, d. h. intaktes e) sicherer, gewisser

y) denen c) deren

z) zumal, weil d) unzerbroche-

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der tzwentzigk irrigen artickel, auch den positionibus, die sich anheben: Dominus et Magister noster Jhesus Christus dicendo penitentiam agite etc. und sich enden also: Ac sie magis per multas tribulationes intrare celum etc. 65 glawben gebenn. Es erbyethe sye dan auch yr thichter uff erkenthnus und urtheyl bebstlicher heyligkeyt, der heiligen romischen kirchen und aller cristlichen unvordechtigen universiteten, und habe das mit wercken bewysen, mit gewisser tzuvorsicht, das ane solch erbieten der sermon der tzwentzigk artickel und itzbenanthenn position nicht prediget und heylsame lere, szunder vorleythung und vorkerung der menschen sein worden, wen Christus sageth selbest: Wer die kirche nicht horth, der sal dir seyn eyn heid und publican [Matth. 18, 16]. Und so der jhenige, von dem der yrrigk sermon der tzwentzigk artickel gemacht und auszgegangen, etwas widder dysze meyne Vorlegung setzenn ader machen wurde, ane behertung der heyligen schrifft, der heiligen recht und doctorn, aber an f antzeygunge naturlicher genungszamer ursachenn unnd ration, so szall kein christlich mensch sich desselbignen ergern, wen es wurde plauderei sein, und wen sulch seyn gemechtc 8 öffentlich und schrifftlich von im nicht erbothenn wurde, uff erkenthnus bebstlicher heyligkeith, des heiligen bebstlichen stuls und unvordechtiger universiteten, so wil ich widderumb derwydder nicht schreyben, sunder aller anthworth und vorlegunge unwyrdigk halden. 66 Dovor ich hirmith öffentlich protestir. Gote tzu lobe, den menschen tzu seligkeyth. Und dem heyligen bebstlichem Stull tzu eren.

A) Vorbemerkung Druckvorlage: Vorlegung gemacht II von Bruder Johan Tetzel Prediger II Ordes Ketzermeister: wyder eynen II vormessen Sermon von tzwentzig II irrige Artickeln Bebstlichen ablas II vn gnade belangede allen cristglau=llbige mensche tzuwissen von notten. II [Leipzig: Melchior Lotter d. Ä. 1518.] 4° 16 Bl. (letztes leer) Sign.: A - C 4 D 3 . - Weller 1149. Claus Lo-50. VD 16 L 6269. - SB PK Berlin: Cu 6495 R Zur Entstehung: Johann Tetzel (um 1465—11. August 1519), Leipziger Dominikaner, war seit Anfang 1517 als Generalsubkommissar Albrechts von Brandenburg (1513/1514—1545) für den Ablaß zugunsten des Petersdomes in Rom sowie zur Abtragung der Schulden tätig, die Albrecht bei den Fuggern für seine Wahl zum Erzbischof und Kurfürsten von Mainz gemacht hatte. Tetzeis Auftreten wurde der Anlaß für Luthers 95 Thesen „Von der Kraft der Ablässe". Nachdem diese seit Dezember 1517 im Druck vorlagen, verteidigte Tetzel am 20. Januar 1518 in Frankfurt/ Oder von Konrad Wimpina (um 1460—1531) verfaßte Thesen zugunsten des Ablasses. Wohl in der letzten Märzwoche 1518 (entgegen WA 1, S. 239, der noch CCath 41, S. 337, ohne Beachtung der Forschung folgt) erschien als Reaktion darauf Luthers Sermon von Ablaß und Gnade (Brieger, Erörterungen, bes. S. 121, Anm. 1;

f) oder ohne

g) Verpflichtung, Anerbieten der Unterwerfung (unter ein Urteil)

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Volz, Thesenanschlag, S. 138f.; Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 54f. ). Unmittelbar danach, jedenfalls noch im April 1518, dürfte Tetzeis „Vorlegung" entstanden und sogleich von Melchior Lotter in Leipzig gedruckt worden sein. Ende April oder Anfang Mai lagen dann schon die darin angekündigten 50 Thesen Tetzeis vor (neu ediert in CCath 41, S. 363—376), und bereits im Juni 1518 erschien als Luthers Antwort auf die „Vorlegung" „Eine Freiheit des Sermons päpstlichen Ablaß und Gnade belangend . . . " (WA 1, S. 380-393). Ausgaben: Löscher, Reformations-Acta, Bd. 1, S. 484—503 (ohne die Luther-Zitate); Kapp, Sammlung, S. 317—356; Köhler, Dokumente, S. 146—158 (nur Auszüge auf der Grundlage von Kapp); CCath 41, S. 337-363. Literatur: Paulus, Tetzel, S. 53f„ 8 4 - 1 3 0 ; Paulus, Dominikaner, S. 1 - 9 , bes. 4f.; Delius, Gegner Luthers, S. 37f.

B) Sacherläuterungen 1 Offizieller Name des Dominikanerordens, gestiftet von Dominicus Guzmän (1170—1221). Tetzel war zum Zeitpunkt seines Auftretens gegen Luther Mitglied der sächsischen Ordensprovinz. 2 Martin Luther, Ein Sermon von Ablaß und Gnade, erschienen in der letzten Märzwoche 1518. Zu Entstehung, Druckgeschichte und Ausgaben vgl. Laube/ Looß/Schneider, Bd. 1, S. 54f. Nach dieser Ausgabe werden die folgenden Zitate nachgewiesen. 3 Gemeint ist der Scholastiker Petrus Lombardus (um 1095—1160), dessen dogmatische Sentenzensammlung kanonische Geltung hatte. Als neue Lehrer bezeichnete Luther die scholastischen Theologen, um sie von den alten Kirchenlehrern (vgl. Anm. 14) abzuheben. Genannt werden am häufigsten Thomas von Aquino (1215 — 1274), Johannes Fidanza Bonaventura (1221 — 1274), Johannes Duns Scotus (1265-1308) und Wilhelm von Ockham (um 1290-1347). 4 Vgl. Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 51. 5 Ebd., S. 54. 6 Tetzel war 1509 zum Inquisitor der sächsischen Ordensprovinz ernannt worden und nannte sich deshalb Ketzermeister. 7 Luther nennt in seinem Sermon namentlich Thomas von Aquino. 8 Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 54. 9 Aurelius Augustinus (354—430), bedeutendster lateinischer Kirchenlehrer. Zum folgenden Zitat vgl. Migne PL 34, Sp. 173 f. 10 Der Oxforder Professor und Reformprediger John Wiclif (um 1325—1384) hatte sich u. a. für die Autorität der Bibel gegen die Autorität der Kirche ausgesprochen. Eine Anzahl seiner Lehrsätze wurde bereits zu seinen Lebzeiten als ketzerisch verurteilt (vgl. Denzinger-Schönmetzer, Nr. 1121 — 1139). 11 Der böhmische Reformator Jan (Johannes) Hus (um 1371 — 1415). 12 Das Konzil von Konstanz (1414—1418) verurteilte Hus auf der XV. Generalsitzung am 6. Juli 1415 zum Feuertod, der noch am selben Tag vollstreckt wurde. 13 Gemeint ist Petrus Lombardus, vgl. Anm. 3. 14 Gemeint sind die vier großen lateinischen Kirchenlehrer, neben Augustinus (Anm. 9) Ambrosius (um 340—397), Hieronymus Stridonensis (um 347—419/ 420) und Gregor I. (um 540-604). 15 Vgl. Anm. 3. 16 Vgl. Anm. 14. 17 Vgl. Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 51.

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18 Luther antwortet darauf (WA 1, S. 384), daß von den angeblich vielen tausend Doktoren nur Thomas von Aquino, Bonaventura, Petrus Lombardus (alle Anm. 3) und Alexander von Haies (gest. 1245) übrigbleiben. Alle folgenden seien nur Nachplapperer gewesen. Außerdem habe keiner von ihnen gesagt oder beweisen können, daß die nachgelassene Genugtuung durch Ablaß diejenige sei, von der Christus gesprochen habe. 19 Vgl. dazu und zum folgenden These 13 der von Tetzel am 20. Januar 1518 in Frankfurt/Oder verteidigten Thesen Wimpinas (CCath 41, S. 324; Köhler, Dokumente, S. 129): Immo sicut deus habet claves autoritatis, Christus excellentiae, ita presbyter Christianus claves habet ministeriales. 20 Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 51. 21 Concilium Constantiense, hrsg. v. Hermann v. d. Hardt, Bd. IV, T. VI, Frankfurt/ Leipzig 1698, Sp. 407ff„ Sess. 15 vom 6. Juli 1415, bes. Art. 9 u. 10 der verdammten Artikel von Hus, sowie die Bulle Martins V. Inter cunctas vom 22. Februar 1418, ebd., Sp. 1518ff., bes. Art. 26f.; das gleiche in: DenzingerSchönmetzer, Nr. 1201-1230, 1247-1279. 22 Vgl. z. B. CCath 41, S. 215, 264. 23 Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 51. 24 Ebd. 25 Die Bußsatzungen bzw. Bußbücher der mittelalterlichen römischen Kirche, die Bußtarife für begangene Sünden enthielten. Auf sie stützte sich der Priester bei der Festsetzung der Bußleistungen. Vgl. Hermann-Josef Schmitz, Die Bußbücher und die Bußdisciplin der Kirche, Mainz 1883; ders., Die Bußbücher und das kanonische Bußverfahren, Düsseldorf 1898, Neudruck Graz 1958. 26 Vgl. Luthers Antwort WA 1, S. 385. 27 Gregor I. (vgl. Anm. 14), Homilie 32 (25) (Migne PL 76, Sp. 1232ff.). Luthers Antwort wie Anm. 26. 28 Luther bezweifelt die Existenz einer solchen Aussage Augustins (vgl. ebd., S. 386). CCath 41 verweist auf Augustinus, Sermo de poenitentia (351, 10: Migne PL 39, Sp. 1545ff.). 29 Luthers Antwort WA 1, S. 386f. 30 Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 52. 31 Ebd. 32 Ebd. Vgl. dazu die Thesen 8 und 9 von Wimpina/Tetzel (CCath 41, S. 323f.; Köhler, Dokumente, S. 129). 33 Augustinus, ep. 118 (54) ad Inquisitiones Januarii (Migne PL 33, Sp. 202); Luthers Antwort WA 1, S. 387. 34 Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 52. 35 Ebd. 36 Ebd. 37 Anselm von Canterbury (1033/34—1109), Cur Deus homo (Warum ist Gott Mensch geworden), Op. omnia II, S. 37—133; zu den folgenden Aussagen vgl. S. 48, 68, 7 4 - 8 4 , 101 f. 38 Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 53. 39 Vgl. De poenitent. dist. 3, c. 18 (Augustinus, Enchiridion, c. 70), in: CorplurCan, Bd. 1, Sp. 1214. 40 Vgl. Anm. 10-12. 41 Die Ausgabe Laube/Looß/Schneider (nach Druck B) hat: niemant; ebenso WA 1, S. 245 (nach Druck A). 42 Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 53. 43 Innozenz III. (1198—1216): Kommentar zu den 7 Bußpsalmen (Migne PL 217, Sp. 691-702).

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44 Gemeint ist das sog. Jubeljahr (eigentlich Jobeljahr), im Jahr 1300 verkündet und mit einem speziellen Jubelablaß verbunden. Ursprünglich auf einen Abstand von 100 Jahren festgelegt, 1350 auf 50, 1389 auf 33, 1470 auf 25 Jahre verkürzt. Das letzte große vorreformatorische Jubeljahr fand 1500 statt, das nächste sollte 1525 sein, was auf die Kritik Luthers stieß. 45 Gemeint ist der Petersdom zu Rom, mit dessen Neubau 1506 begonnen worden war und der durch Ablässe finanziert wurde. Luther meint, man solle für den Bau oder andere Zwecke direkt spenden, ohne Ablaß in Anspruch zu nehmen. 46 Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 53. 47 Ebd. 48 Vgl. dazu auch die Thesen 5 1 - 5 6 von Wimpina/Tetzel (CCath 41, S. 331f.; Köhler, Dokumente, S. 135f.). 49 Auf Thomas von Aquino zurückgehende scholastische Auffassung (vgl. Holl, Luther, S. 161 ff., bes. 167, Anm. 1; Paulus, Geschichte des Ablasses, Bd. 3, S. 303-309). Vgl. auch Luthers Antwort WA 1, S. 387f. Später beschäftigt sich Luther mit dieser Auffassung ausführlicher in seiner Schrift Von Kaufhandel und Wucher (vgl. Laube/Looß/Schneider, Bd. 2, S. 1182f.). 50 Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 53f. 51 Ebd., S. 54. 52 Vgl. Luthers Antwort WA 1, S. 389. 53 Vgl. Anm. 3. Zur Sache: Thomas von Aquino: Summa theologiae, Suppl. zu q. 25, in: Opera omnia, Bd. 12, Rom 1906, S. 48; vgl. auch Thomas von Aquin. Die deutsche Thomas-Ausgabe, Bd. 32, Graz/Wien/Köln 1985, S. 117ff. ferner sent. 4 d. 45 q. 2 a.3b ag 3. 54 Gemeint sein kann Urban IV. (1261 — 1264); Thomas war nach seinem Weggang von Paris (1260 oder 1261) Berater an dessen Hof. Möglich ist auch Urban V. (1362—1370), der den Streit um den Besitz der Thomas-Reliquien entschied. 55 Innozenz VI. (1352—1362); vgl. Johannes Thomas de Rocaberti, Bibliotheca maxima pontificia, Bd. 19, Nachdruck Graz 1970, S. 563. 56 Vgl. Anm. 14. Zitat: Hieronymus, ep. ad Damasum (Nr. 15), in: CSEL 54, S. 6 2 - 6 7 . Lt. CorpIurCan, Bd. 1, Sp. 970, Anm. 137 nicht von Hieronymus, sondern Polycarp. 57 Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 54. Vgl. auch oben S. 51. 58 Vgl. Anm. 3. 59 Vgl. Anm. 14. 60 Luthers Antwort WA 1, S. 391. 61 Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 54. 62 Die hier angekündigten (50) Thesen hat Tetzel Ende April oder Anfang Mai 1518 herausgebracht (vgl. Paulus, Tetzel, S. 54f.; CCath 41, S. 363ff.). 63 Gemeint sind die Thesen von Wimpina/Tetzel (wie Anm. 19) (ed. Löscher, Reformations-Acta, Bd. 1, S. 5 0 7 - 5 1 7 ; Köhler, Dokumente, S. 127-143; Paulus, Tetzel, S. 170-180; CCath 41, S. 321-337). 64 Die 95 Thesen Martin Luthers von 1517; vgl. Delius, Luther, Bd. 1, S. (173-175) 176-185. 65 Ebd., These 1 und 95. 66 Luthers Antwort WA 1, S. 391-393.

Augustin Alveldt: Ein gar fruchtbares und nützliches Büchlein von dem päpstlichen Stuhl und von St. Peter Den achtbarenn unnd weyßen herren burgemeister und radtherren und allen ersamen bürgeren der Stadt Leyptz entpieth ich broder Augustinus Alveldianus Sanct Francisci ordens 1 Jesum Christum, Godt und mensche tzu eynem grüß. Wy wol eß naturlich allen menschen ist, dy warheit tzu wissen und beliben3, was do gut ist, auch in den selben sich selicklichen bestettigen. Idoch alle warheit und alles, das do gut scheinet, nicht alletzeit des mensehen leben ist. Got einig und treich b dy unwandelbar warheit und allein das unvormischt gudt ist, daryn der vorstandt und wille des menschen mit freude und lust rawen 0 mögen. Szo nun aber der mensche in dißer warheit vor yrret, velt er gar bald in den tod der vordumnisse. Darumb ßere not ist den menschen eynes sterblichen lebens, das er wisse denn wegk, weyße und mittel tzu Goth, auch daz er sicher sey und ungetzweyvelet nicht yrren, seinteinmal d vil wege, vil secten und vil samelung sein unter einem christlichen namen. Wi aber nun ein itlicher sicherlich den weg tzu Got wandern möge, hab ich von der rechten samlung, dy do rechte unnd weysse wege und mittel tzu Godt hadt und ungetzwelfelt durch dy selben tzu yn e tzu komen, eyn kleines buchlen gemacht, eynen jeden menschen nicht weniger fruchbar, dan nutzlich, welches ich nyemant biliche/ kan opferen 8 dan euch achbarn weißen herren borgemeister unnd gantzen radt der stat Leiptzick und nicht unbillich, ßo yr nicht alein in werthlichen h Sachen, sunder auch in allen kunsten, schrifften und weyßheyt vorvorenheit1 habt, bydt ich demutiklich, eß nicht wolt vorschmehen, sunder mit der gutikeit, durch welche ir mein achbarn herren alle dinck gutigklichen ßeit entpfahen, daz annemen, ßo eß euch meynen gunstigen herren gevelt, ist meyne arbeit nit vorloren. Got helff uns allen tzu der warheit. Gegeben Leiptzk in unßeren closter auff Sant Jorgentag [23. April], nach Christi unßers herren gepurt, taußent funhundert unnd in tzweintzigisten jare. Attendite vobis et universo gregi, in quo vos spiritussanetus posuit episcopos regere ecclesiam dei quam acquisivit sanguine suo. Ego scio quoniam intrabunt post discessionem meam, lupi rapaces in vos non parcentes gregi. Et ex vobis ipsis exurgent viri loquentes perversa ut adducant diseipulos post se. [Vg.] Actuum 20 capite [Apg. 20, 28—30], Eyn vormanunge Sant Paul, des heyligen geistes vol, hat wol erkant, daz yr vil worden kommen, dy den unbeflecten christlichen glauben swechen tzu untersten worderf und dy heyligen schrifft vorkeren, auch dy sacrament beflecten. Darumb er dy prelaten gewarnt hat, ßo er spricht:

a) lieben b) treu (die Ausgabe von Lotter hat: trey) c) ruhen d) zumal, da doch e) ihm, d. h. Gott f) mit mehr Recht g) widmen h) weltlichen i) Erfahrung j) sich unterstehen werden den Glauben zu schwächen

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Secht euch für und ewern gantzen volck, über welchs euch der heylig geist tzu bischoffen gesetzt hat, tzu regiren Godtes samlung ader scheflein, dy er erlost hat durch sein blut. Ich weiß wol, das nach meinem abschidt tzu euch eingeen werden reissende wolff, und wem nicht schonen der scheflein, und auß euch wem ersten k menner, dy wem vorkarthe dinck reden und wem junger 1 nach sich tzyhen [Apg. 20, 28—30]. Nun liebes volck, keyn grosser verlickeyt m ist einen christlichen menschen, wen" daz er yrre ader abweich von der samlung der schaff Christi. Szo spricht nun Sant Paul: Eß müssen ketzer seyn, auff das dy offenbar wem, dy fest in irem glauben sein [1. Kor. 11, 19]. Das wort aber ketzerei heist in latein heresis und bedeut ein kisung 0 ader ausserwelung und ist alß vil alß auserkom, und frevelich darbey tzu bleyben, wiwol er weiß, daz er unrecht ist ym glauben ader falsch, noch p hanckt er frefflich daran. Vorder mercket, das unter den christlichen namen funff samlung seynt, als Grecken q , Reussen r , Behem s , Machometen' und dy samlung unter Sant Peter und seynes nachvolger. Nun lest sich ein ytzliche samlung von den fünf duncken", sy sei recht Christen, unter einem rechten glauben und in rechter christlicher lieb. Aber eß ist nicht alßo. Nun fragest du vileicht: Wu bey erkenne ich ader v welche von dissen samlung dy rechten schaff Christi sein, seinteinmal sy ein heubt und einen hirten haben als Christum. Es ist nicht genugk, das man Christum tzu einem hirten ader heubt hab, wen wer es genugk, ßo wem alle heiden, alle Juden, all yrrende, alle ketzer rechte Christen. Ja ich sag weiter, dy gantze werlt wer frum christenn, ßo Got unser lieber herr Cristus ist ein her, ein hüter, ein hirte, ein heubt der gantzen weit, man wil ader wil nicht. Was ist aber noth, das man sicher sey von disen funffen, welche samlung rechte schaff Christi sein. Christus unser Got lest w daz außsprechende: Ich bin ein guter hirt und erken meine scheflein und sie kennen mich, und ich hab andere schaff, dy do nicht sein von disen schaffstall, dy mus ich hirtzufuren, auff daz eß werde eyn hirte und ein schaffstal [Joh. 10, 14—16]. Der erste schaffstal was dy samlung der Juden unter einem hochen oder obersten priester ader bischoff alß vater Aaron und seinen nachvolger, aber Christus was ein heubt darüber und Aaron waz sein stadtheiter 2 . Alle Juden, dy von dyser samlung trathen und wolten nit steen in der einung des bistumß Aaronis, dy setzten sich in ferligkeit der vordamniß, alß man klerlich hat auß der heiligen schlifft in den buchem Judicum und Regum [Richter; Könige], Szo hat nun Christus dy andern schefflein hertzugefurt. Wartzu? Czu den Juden? Nein, sunder tzu yn x selber, das eß ein hirt und ein schaffstal wurde. Welche wem nun dy andern scheflein? Das waren dy heyden, wen Christus hat dye Judenn unnd heyden tzusammen gebracht yn einen schaff-

k) erstehen, aufstehen (die andere Landsberg-Ausgabe hat: ersteen) 1) Jünger, Nachfolger m) Gefahr, Gefährdung n) als o) Wahl, Erwählung p) dennoch q) Griechen r) Russen s) Böhmen t) Anhänger Mohammeds, Muslime u) dünkt, glaubt jede der fünf v) aber w) löst (andere Landsberg-Ausgabe: lest das auff sprechende) x) ihm, d. h. Christus 6

Reformation

Actuum [Apg.] XX

1. Cor. XI was ketzerei ist

funff secten sein under dem christliehen namen Ein frage

Ander ein frage

Voclerung

Ein frage. Antwort. Titi. II

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Hebre. IX Joan. XXI

Hir hadt Christus den hirte, das ist den habest mit seinem ampte ghesetz

Joan. XP

Eyn frag

Ecclesi. IX [Pred. 9, 1]

Alveldt: Von dem päpstlichen Stuhl und von St. Peter

stal unter eynen hyrten. Sant Paul spricht: Er hat sich selber vor unß gegeben, auff das er unß erlost von aller bosheyt, unnd das er yn reyniget ein angenemes volck, das do nochvolget guten wercken [Tit. 2, 14]. Als nun unßer lieber her Christus daz new testament bekrefftiget het durch seyn heyliges blut, wen das testament hat kein krafft, ßo der noch lebet, der es gemacht hat, spricht Sant Paul, wen in den toden wirt daz testament bekrefftiget [Hebr. 9, 17]. Szo er nun aufferstanden was von den toden, do erschein er den lieben jungern, dy do getzogenn warn auff dy fischerei, als Sant Peter, Sant Thomas, Nathanael, ein judischer doctor, und Johannes mit seinem bruder Jacobo und tzwen andern von den jungern, und do sie nun gefischt heten, do sprach unßer lieber her: Kumbt und esset, und keyner tzweiffelt, das eß der herre were, wan sie wosten alle, das der herre was [Joh. 21, 2. 12], Szo wolt nun unßer lieber her ein hyrten setzen über sein scheflein, das ist über sein lyebes volck ader sein liebe braut, dy er gewunnen hat durch sein heiliges leben und bittern todt, auff das nicht ein yderman regiern ader herschen solde über sein scheflein nach seinem toln kopff, wen ein solcher mocht mere dy scheflein vorfurn den recht hüten. Nun sprach der her tzu Sant Peter nicht in eynen winkel, nicht heimlich noch vorporgen, sunder über essen, daz sie eß alle horten, und drey mal: Simon Johannes beliebstu mich mer dan dich? Petrus antwort: Ja, her, du weist ich lib dich. Do sprach der her: Du solt hüten meiner lemmer, und der her sprach widerumb: Simon Johannes belibstu mich? Er sprach: Ja, her, du weyst ich belib dich. Und der her sprach widerumb: Du solt hüten meiner lemlein. Zu dem dritten mal fragt der her: Simon Johannes hastu mich lieb? Und Petrus wart betrübt, daz er in tzum dritten mal fragt: Hastu mich lib? und sprach: Herre, du weyst alle dingk, du weist, wan ich hab dich lib. Do sprach der her Du sah regiren 3 meine scheflein [Joh. 21, 15 — 17], Ich wil ein haubt bleyben, aber ich wil nicht leiplich auff erden gen, sunder ich wil tzu himel farn, ßo wil ich einen schaffstal haben und einen hyrten. Szo ich nun ein guter hyrt bin und habe meine scheflein mit meinen blut erlost und betzalt. Die scheflein befel ich dir, und darumb sprech ich: Du solt hüten ader weiden meine lemlein. Du salt regiren meine scheflein. Du, sprech ich, keyn ander mit dir tzugleych salt hüten meiner scheflein, nicht deine, sie seint mein, aber du salt sie hüten, weyden, regirn, das kein yrtum, kein ketzerey in den glauben, in die heyligen schlifft, in die siben sacrament vall, dardurch meine scheflein vergifftet, kranck und getodt wem. Es ist ein frag, warumb Christus Petrum drey mall fragt, ob er yn lib het. Hie sprachen die ketzer Joannes Wickleff 4 und Johannes Huß 5 , sein discipel2, Christus hab gefraget Petrum, ab er in der lib Gotes stund, aber nicht under sulcher unterscheyd a . Stund er in Gotes lib, ßo solt er hüten der scheflein, aber anderß nicht. Diß ist falsch unnd ketzerlich geredt. Ursach: Wen ßo Christus nach der lieb gefragt het, ßo wer es nit klüglich

y) die Ausgabe von Lotter hat hier richtig: Joan. X scheidung, Bedeutung

z) Schüler

a) Unter-

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gefragt, seinteinmal daz kein mensch weyß, ob er yn der lieb Gotes ist aber nicht, alß die heylige schlifft sagt, und Petrus het ja gesprochen, darauff das er nicht wost und het alßo gelogen, auff dy lügen het yn b Cristus sein scheflein bevolhen, das kan aber nicht seyn. Darum ist ein christliche antwort auff dyße frag: Christus unßer lieber her wolt seinen scheflein einen hirten setzen, der sie nach seinem abschydt hüte, bewart und regirt und wye der hirt solt geschickte sein, das dy scheflein das wosten, darumb hat er drey mal gefraget Petrum, ob er in lyb het. Der her hat nicht gefraget Petrum, ob er in lib het vordinstlich tzum ewigen leben, wen das wust Petrus nicht. Aber Christus hat gefragt, ab er yn lieb hette, alß eyn hyrt seynen herren lieb hat, ßo er im seyn schefleyn getrew handt bewart, regyrt. Wen in eyner ander Stadt hat der herr seine scheflein bewart vor den mordem, das sein dy ketzer, vor den dieben, daz sein die, dy do frevelich yrren aber0 heimlich in dem glauben, vor den wolffen, das sein scismatici, dy do schedlich teilen und tzustrawen d dy samlung der scheflein. Alßo nun Petrus geirret hatte in gelauben, alß er den herren vorleucknet und wart ein ketzer, alß er sich vormaladeiet und die warheyt vorswur, und wart alßo ein wolff, alß er sich selbert warff auß der samlung Christi in die gewalt des teufels. Aber Christus sach in an mit der barmhertzigkeit und ist alßo den teuffei wider auß den mundt gevallen und hat bitterlich geweynet. Nun fraget Christus Petrum, ab er yn lib het, das er nicht yrret im gelauben, daz er auch nicht ein ketzer were, ader ein wolff, wen diße drey kunnenn nicht hüten, bewaren, regiren die scheflein on ferligkeit der schaff. Do antwort Petrus: Ja, her, du weyst alle dinck, du weyst, das ich dich belib, du weist, daz ich nun nicht irr im gelauben, auch das ich kein ketzer oder wolff bin. Da sprach der herr: Peter, du solt meyne lemlein und scheflein hüten, bewarn unnd regirn. Ich bin ein guter hyrt, unnd habe scheflein unnd die saltu hüten unnd regiren. Ichf sag nun, das dyßen alß Petro und seinen nachvolgern nach tzeyten vil namen gegeben sein, alßo man nent yn eynen obersten bischoff, ein heubt der christlichen kyrchen, ein romischen babst, ein regirer der gantzen christenheyt, ein primas über die Christen, ein stadthalder Christi, ein oberster hirte der scheflein Christi. Auch ßo gibt man vil namen dem amacht®, daz Christus Petro bevol, do er sprach: Du salt hüten meiner scheflein. Daz hüten nent man ovile ovium, daz ist ein schaffstal, sedes apostolica, das ist eyn stul Sant Peters, catedra Petri, Peters stul, summum sacerdotium, supremum pontificium, das oberste bisthum, die oberste priesterschafft und der gleychen. Umb der namen willen haben vil do geirt, haben im gelauben und ketzer geweßen, sein die heiligen wort Christi pasce oves meas vorkort und feischlich glosiert und seint alßo auß dem schaffstal gelauffen, wen sie wolten ir selber hirt sein. Aber sie seint dardurch in grossen schweren irtum und ketzerei gefallen und dem heiischen wolff in das maul gelauffen. Nun sein alle tzwelffpoten h mit

b) ihm, d. h. Petrus c) oder Antwort f) d. h. Alveldt bacht) h) 12 Apostel 6'

d) zerstreuen e) Beschluß, zusammenfassende g) Amt (die andere Landsberg-Ausgabe hat: am-

Ein christlich antwort auff di frage

Joan. X [ 1 - 5 ]

Mat. XXVI

[69-75] Marci. XV

[66-72] Luce XXII

[56-62]

Ein besleis e wor umb Christus fragt Petrum, ab er in lieb hette

Joan. XXI

[15-17] Joan. X [11] Disem hirten und seinem ampte sein vill namen ghegeben na tzeiten

Um dißer namen wilen sein vil abghefallen und auß dem schaffstal geloffenn

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Alveldt: Von dem päpstlichen Stuhl und von St. Peter

Sant Paul tzu rechten scheflein Christi gewesen unter dem huter Petro in Joan. XXI einem schaffstal. Wen Christus spricht alein tzu Petro: Du salt hutten mein [15-17] schaff. Du, kein ander, auff das es sey eyn hirte und ein schaffstal. Dißer

schaffstal ist nit anders, wen Sant Peter stul, nicht von holtz, ader von Daz ampt Sant Pe- steinen, ader von golt, ader silber gemacht. Sonder es ist das ampt, daz ters ist sein stul man hüten sal der schaff. Ein anders ist das ampt, und anders dy person, ader dye schaffstal dy in dem ampt sitzt. Daz ampt vorgehet nicht, ab schon dy person stirbt. Eyn underscheyt tzwischen dem ampt und person der im ampt sitzt

Mat. XXV [31-46] Joan. X [14-16] Joan. XXI [15-17]

Ein frage Antwort

Mat. XVIII

Joan. XXI

Die samlung unter Sant Peter können nicht leiten0 under sich einen ketzer ader der irrt im glauben Joan. X

Wer nun nicht ist unter dißem ampt, der hudt 1 abcrJ regirung, der ist auch nicht unter dem hirten des ampts, und ist auch nicht ein scheflein Christi, sunder des teuffels pock, und di pock sollen tzu der lencken k hant Cristi steen und vorurteilt werden tzu der ewigen vordamnis [Matth. 25, 33.41—46], wen Cristus spricht: Es mus werden ein schaffstal und ein hirte. Und Cristus hat nun seine scheflein in einen stall gebracht unter einem hirten, do er sprach tzu Petro: Du salt hüten meiner scheflein. Wer nun aber ein scheflein ist Cristi, der weiß wol seinen schaffstal und seinen hirten. Das ist, er weyß wol, das er sal stehen in der samlung, die Sant Peter unterworffen ist in seine hüte, wer auß der samlung trit, der irret und ist keyn schefleyn Cristi. In diser samlung der schefflein Cristi unter Sant Peter und seinen nachkumling ist keyn unterscheydt, eß sein Behem, es sein Greken, lateinisch ader andere tzungen ader sprach, wen sie haben einen hirten Petrum und seinen nachvolger, sie haben auch ein schaffstal, das ist ein oberbistum ader babstlicher stul, darvon si auch haben gute weyde oder narung, nicht des leibs sunder der seien. Was ist nun weide ader narung der schaff? Änderst nicht wen 1 gebrauchung des rechten Christen gelauben nach vorklerung™ des hirten des schaffstals mit radt seiner ratgeber ader schefflein. Und die narung steth auch in gebrauchung der siben sacrament, nach ordenung, tzal und weyß Petri und seynes nachvolgers, mit radt seiner schefflein, die er tzusammen gerufft hath, ßo es noth gewest ist, nach den Worten Christi: Wo ir tzwen oder drey vorsamelt sein in meinen namen, vorwar sag ich euch, was yr biten seyt in meinem namen, das sol euch gegeben werden von meinem himlischen vater [Matth. 18, 19. 20]. Nun sprech ich, wer nach dem glauben und nach der weyß und Ordnung der siben sacrament lebet, alß die schefflein haben, die Sant Peter bevolhen sein von Christo sprechende: Du salt hüten meiner schaff, wer nun alßo" lebet, der ist recht in dem christlichen leben und sicher und steet in einem schaffstal, unter eynem hyrten, geth auch in guter weide und keyner von den schefflein dyßer samlung sol sich forchten vor ferlickeyt, wen diße samlung unter Sant Peter und seynem nachkummen haben nicht kunnen leiden einen morder, das ist ein ketzer, noch einen dieb, das ist ein irsamer, noch einen wolff, daz ist einen tzustorer oder tzubrecher dißer einigkeyt. Wen alßo spricht unser lieber her: Vorwar vorbar sage ich euch, wer nit eingeet durch die tur in den schaffstal, sunder steiget anders wo ein, der

i) Obhut demgemäß

j) oder k) linken o) leiden

1) nichts anderes als

m) Erklärung

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ist ein dieb und ein mòrder [Joh. 10, 1], Alle die do kummen sein an p mein heischung q , dy sein morder und diebe. Aber mein scheflein haben sie nicht wollen hören. Darumb sein sie altzeyt von dißer samlung vortriben, vorgageth r ader auch getodt, ßo sie wolten den schaffen yr leben nemen, daz ist den glauben tzubrechen. Wen eß ist geschriben: Der gerecht lebet auß dem glauben [Rom. 1, 17]. Und ßo die selbigen yrsamen und ketzer nicht künden in dießer samlung unter Sant Peter stul yren willen haben, szo haben sie doch ein synagogh dem teuffei auffgericht und haben etliche tzu sich getzogen, die do nicht tochten s vor scheflein Petri, und haben do den gelauben vorklert und glosiert wie sie wolten, nicht wie sie solten, und der sacrament gebraucht noch' irn tollen vorkarten heubt und die heiligen schrifft glosiert und bey den harn getzogen tzu iren yrtum. Auch haben dy boße samlung vorvolgt unde gelestert dy samlung der schefflein, die unßer lieber herr Sant Peter bevali, do er sprach: Peter hüte und regire du meine schaff. Aber sie haben nicht kunnen schaden dißer samlung, ursach, Christus hat gesprochen: Die pforten der helle werden nicht kunnen besteen wider dyße samlung [Matth. 16, 18]. Szo es vorvorn ist tausent vierhundert und sechsundachtzig jar, das keyn ketzer, keyn irsamer hat moegenn schaden, in gelauben, in der heyligen schrifft, in den siben sacramneten, wie wol eß offt vorsucht ist. Alle ketzer haben darnach gestanden", das sie wolten umsthossen den stul Petri, das ist, das ampt eines hyrten wegknemen, aber sie künden nicht, wen der stul was nicht auffgericht von dem menschen, sunder von Godt, und was Got auffrichtet, das muß ungerurt bleiben von dem menschen, wie wol sie, dy person, die in dem stul gesessen ist, haben offt gemartert und getodt. Aber die scheflein haben sich tzu dem stul gehalden, und haben sich wider besorget mith einem hirten, der auff dem stul sehs, als wyr sehen biß auff dißen tagk. Sich w nun alle historien an, ßo findestu offenlich, wie grausam dißen stul und den hirten, daz ist den babst mit seinem ampt, haben angegriffen die Juden, die keyser, konigk und heyden. Auch die boßen Christen, die nicht wolten steen in dyßer samlung der scheflein, die Christus unßer lieber her bevoll Petro sprechende, du solt hüten meine scheflein, als dy ketzer sunderlich Arrius 6 , Donatus 7 , Manicheus 8 , Machomet 9 , Conradus Schmidt, Pickardus von Sangerhaußen 10 , Jacobellus 11 , Johannes Wickleff 12 , Johannes Huß 13 . Von disen sein nun vier samlung geworden und haben sich abgeteilt von der samlung Petri und seyn tzu ketzern werden, alß die Grecken, die nicht sein in der samlung, die Sant Peter hadt und sein nachvolger, die Reussen, die Machometen, die Behem, die do nicht sein in Peters vorsamlung. Das ist ertzeiget in der tellung* Christi unter dem heiligen creutz, alßo Johannes schreibt: Die knecht haben geteilt die kleyder in vier teil, einem itzlichen knecht ein teyl [Joh. 19, 23], Daz ist, die Grecken, die do ketzer sein, die haben einen teil von dem christlichen gelauben und

p) ohne q) Aufforderung r) verjagt s) taugten t) nach u) danach getrachtet v) versorgt w) siehe x) Druckfehler für Teilung, Aufteilung (die andere Landsberg-Ausgabe und Lotter haben: teilung)

Rom. I

Mat. XVI

Dye ketzer haben darnach gestanden si wolten Peters stul umbstossenn

Graußam ist der stul Petri angegriffenn Joan. XXI

Die Greken

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Alveldt: Von dem päpstlichen Stuhl und von St. Peter

Die Machometenn ein teil von den siben sacramenten. Die Machometen haben ein stuck von Die Reussen dem christlichen glauben und von den sacramenten. Die Reussen haben

Behem

Siben stucke sein dardurch die samlung Petri recht ist

Das mechten wol mercken alle ketzer

Das concilium kan nicht irren in Sachen des glauben 19

eyn teyl von dem gelauben und sacramenten. Wie sie aber der sacrament gebrauchen, ist nit allein unlustig tzu bedencken, sunder auch tzu reden und tzu schreiben, alß ich selber gesehen hab 14 . Die Behem, die do ketzer sein, haben auch ein teil von dem glauben. Wie sie aber di siben sacrament halden, das weiß man wol, Got geb in den rechten geyst, daz sie tzu keren y und kommen mögen in den rechten schaffstal unter Sant Peter, wan es wer tzeyt. Nun ist der2, den Christus tzu negst an seinem heiligen leib getragen hatt, ungeteilt unnd untzurissen bliben [Joh. 19, 23. 24]. Das ist die samlung der scheflein, die Sant Peter bevolen ist in seine hüte. Wye wol sie offt darnach geworffen haben ab er yn a mocht tzu teil wem. Er ist aber ungeteilt bliben. Nun Sprech ich, das siben stuck sein, die ein itzlichen tzihen sollen tzu dißer samlung der scheflein, die Christus Petro bevollen hat: Czum ersten: Die grossen wundertzeichen, dy Godt gethan hat bey dißer samlung, die klerlich sein in dem buch der wirckung der apostol Christi, das Petro alß ein oberster bischoff hat die lamen geen gemacht [Apg. 3, 2—8], die krancken durch seines leibs schaden gesundt gemacht [Apg. 5, 15. 16], die toden erweckt [Apg. 9, 37—41], Szo nun Christus Godt kein falsch getzeugnis gegeben kan, und hat auch sich Petrus vor einen obersten gehalten hat und Godt im das betzeuget mit worten Pasee oves meas, und wundertzeichen, ßo muß es yo war seyn. Auch ist Petrus vor einen b obersten hirten gestorben im ampt, und vil in seine Stadt gekom, die in dreyhundert und funftzick jaren alle gemartert sein und yn yren schrifften nachgelassen, daz sie sein wäre oberste hirten, den bevolhen sein dy scheflein Christi gewest unnd haben darauff grosse wundertzeichen gethan alß dy historien haben 15 . Nun stehen aufP alle Greken, Reussem, Behem, Machometen, dy nicht sein in den schaffstal unter dem hirten, dem Christus hat seine scheflein bevolhen, und sagen d mit guten wissen, ab Godt auch ein öffentlich clar mirackel, das do ubertrifft alle krafft der menschen und englischen natur, bey yrer samlung gethan hab, ßo lang sie abgesundert sein gewesen von der samlung Sant Peters, vorsehe ich mich, das sy es nicht werden könne thun. Es wer den® das dy Behem, dy do ketzer sein, Johannem Wickleff und Johannem Huß vor heyligen wolten halten, die doch um yres yrtums unnd ketzerey willen von dem hirten und rechten scheflein Cristi vorurteilt sein tzum todt 16 . Das man aber wil sagen, wy das concilium hab geiit in dißer vorurteilung dyßer ketzer 17 , das ist ein ketzer sthuck und ist nit eine antwort. Wan es ist wider vomufft und redtligkeit, das der keyßer Sigismundus 18 mith seinen fursten und rethen, der babst 20 mith ßo manichen gelarten und erlichen hern das nicht solden vormerckt haben, das sie geirt heten in disser sach. Auch ist es wider das heilig ewangelium, do Christus vorheyssen hat, das er alltzeit wil sein in

y) zurückkehren z) d. h. der Rock forderung) d) sagt (Aufforderung)

a) ihnen b) als ein e) Es wäre denn

c) steht auf (Auf-

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dem mittel, wo yr tzwen ader drey in seinem namen vorsamelt sein [Matth. 18, 20]. Wer wolt nun sagen, das diße alle in dem namen des teuffels und nicht Gottes tzusamen kommen wem, das magh wol sprechen ein ketzer, aber kein scheflein Christi. Wollen dy Behem nun Johannem Wickleff unnd Johannem Huß tzu eim patron haben, ßo iß wol gleich, daz solche samlung solche heylige haben. Czum andern f mal. Das die samlung unter Peters stul ßo eintrechtig ist geweßen, das sie nach dem alten und newen testament, das ist nach den buchern, dy in der biblien steen, kein schlifft wollen yrgen eins lerers auffnemen, der vordacht g wer mit irtum ader ketzerey, und darum hat sie allein die vier lerer 21 tzu sich genomen, dy do sein sicher in gelauben, in der heyligen schlifft, in siben sacrementen, als Augustinum, Ambrosium, Hieronimum, Gregorium und etzliche andere, als man vindt in dem geistliehen recht, und vil lerer vorworffen, daran man getzweiffelt hat, ab sie christlich gelert haben im schrifften. Und tzum letzten auch vorworffenn den ketzer Johannem Wickleff und Johannem Huß und Jacobeilum mit iren Christen11, wen sie sein ungesundt tzu lessen, tzu hören und tzu wissen den scheflein Christi unter Sant Peters stul 23 . Eß wer den sache, das die newen steynbeisser und flygenvanger den schrifften der obgenanter ketzer eyn blawe färbe wollen anstreichen 24 und yr gifft bedecken änderst wen das alt original außweyst. Czum dritten sal unß tzihen zu dysser vorsamelung dy grossen tzuchtigen, vornufftigen und weyße vorclerung des christlichen glaubens und gebrauchung der siben sacrament mit aller erwirdigkeyt. Alßo das keyn samlung ist von allen samlung wen allein die Sant Peter bevolhen ist, die ßo erlich, lustiglich1, reinlich, unbeflecklich den Christen gelauben hat und die siben sacramenten und ßo schone ordenung in regirung der scheflein Christi, eingesetzt von den heyligen geyst. Als decretum 25 und decretales 26 , das geystlich recht, offenberlich beweist, auch des keiserliche recht bezeugt, das die sch[e]flein Christi unter Sant Peter altzeit rechtes glaubens, warer schlifft, unbeflechter sacrament byß auff dyeße tzeit sein geweßen. Szo es aber wer, das mißbrauchung geschee auß dem geystlichen recht alßo, das die gerechtigkeyt nicht gefordert wurdt, alß das recht heyst k , und die warheyt vorkeufft wurde umb gelt, gunst und gab, das vorantworten die jurisperiti und legisdoctores, wen das ist nit die andacht 1 gewesen der die das recht gemacht und gegeben haben. Czum Vierden wert unß auch tzyhen tzu disser versamlung die grosse vornu[n]fftigkeyt, die in sulcher vorsamlung Sant Peters ist. Alßo das ettzliche leben nach dem geboten alß Christus spricht: Wiltu geen in das reych der hymel, ßo halt die gebot Gottes [Matth. 19, 17]. Etliche halten die gebot Gottes mit etlichen rethen, die Christus geraten hadt und gegeben in den freyen willen des menschen, als arm tzu sein in tzeitlichen gutem, do Christus spricht tzu einem, der die gebot gehalten hat: Wiltu nun volkummen wem, ßo gee und vorkauff alles, das du hast, gibs den armen und

f) zweiten g) verdächtig h) Druckfehler für: Schriften (die Ausgabe von Lotterhat: schrifften) i) freudig j) gefördert k) verlangt 1) Absicht

XV. dist. ca. Sicut sancti evangelii. E t ca S c a n [ s a n c t a l roman[a] eccle s a ^ ' '

Das drite

Das vierd Mat. XIX

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Alveldt: Von dem päpstlichen Stuhl und von St. Peter

Luce XVIII volg mir noch [Luk. 18, 22]. Auch seinen leib von wollust des fleisches Mat. XIX a btzihen, do Christus spricht: Es sein etliche, die halten sich keusch um das reichs Gottes. Wer es kan begreiffen der begreiffs [Matth. 19,12]. Auch seinen eigenen willen tzu ubergeben um Gottes willen und ein andern geLuce XIm horsam tzu sein, do der her spricht: Der mir nochvolgen wil, der vorleuckt sich selber und nem sein creutz und volg mir nach [Matth. 16, 24; Luk. 9, 23]. Was ist ein grosser creutz, wan das einer ubergebe seynen eigen willen, sich selber alßo, tzu opfern Godt in ubergebung tzeitliches guts, in keuscheit seynes fleisch, in vorleuckung seines freien willen, ist nicht von den teuffei, alß dye ketzer von Sangerhaußen 27 und die ketzer Johannes Wickleff und seine discipuli Johannes Huß gelernet" han und auch tzu disser tzeyt die sprechen, die mit der selben suppen begossen 28 sein, aber es ist gegründet in den Worten unßers herren Jhesu Christi. Szo sich nun ein mensch wol einen andern menschen vorlobenn mach 0 ader vorkauffenn, warumb mach sich den p nicht eins froms scheflein Christi Godt vorkauffen ader vorloben, ßo es Christus gerathen hadt. Wer anderß wolt sagen, der redt wider das heylig ewangelium. Czum funfften tzeucht unß tzu den scheflein Christi, dy Petro bevollen seyn, dye groß vornunfftigkeyt q , dye dy andern samlung haben, wen die Machometen haben ein unvornufftig leben und bey yn keynn schandt tzu groß ist in wollusth des fleysch. Die Grecken, die ketzer sein, haben über sehs und dreyssig irtum. Die Reussen geen myt irn sacramenten um, gleych alß der koch, wen er den pauern ein suppen macht ader den sewen ein essen bereyt, und dartzu vol irtums in der heiligen schlifft. Wie sich ader' die Behem, die ketzer sein, mit irn sacramenten halden, ist meer tzu klagen den tzu schreyben. Das ßo edele scheflein durch die wolff, das ist durch die vorkarten gelarten, vorfurt werden auß dem schaffstal Petri. Czum dem segsten. Das die samlung alßo lang gestanden hadt als über tausent vierhundert und segs und achtzigk jar Das segst unter Peters stul, den Christus unßer Godt auffgericht hat, do er sprach tzu Petro: Czum ersten du salt hüten meiner scheflein, aber tzum andern mal, du salt hüten meiner scheflein, tzum dritten, du salt regirn meine scheflein Johan. XXI [Joh. 21, 15—17], wen alßo hat der text in grekischer schrifft alß auch Erasmus Roterodamus sagt im XXI. capitel Johannes 29 , und kein secte ader samlung hat dyßen stul kunnen umstossen, wie wol es offt vorsucht ist. Auch die samlung der scheflein under disem stul hat keiner kunnen tzureyßen, wie wol es über XXIII mal versucht ist worden, wen Christus Mat. XVI gesprochen hat. Die pforten der helle, das ist dye teuffeien mit allen irn knechten ader dinern als mit den ketzern und andern boßen menschen, sollen nicht vermugenn gegen dißem stul [Matth. 16, 17]. Czum sibende: Das tzeugniß geben alle andere samlung, das die samlung recht ist, die unter Sant Peters stul ist, das ist unter seine hüte und seiner nachvolger. Was ist nun das getzeugnis, das sie geben? Die Grekne, die ketzer sein, haben sich über die zwelffmal voreiniget mit Sant Peters scheflein, wie wol sie steet

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wider abgefallen sein und auß den schaffstal entlauffen. Die Reussen sprechen öffentlich, das Godt keyn mirakel noch keynen heiigen erweckt hat bey in s , ßo lang sy abgetrungen sein von Sant Peters stul. Wie sich nun die Behem, die ketzer sein, gehalten haben in der vortragung, die do gemacht wardt tzu Koßnitz 30 , das ist in dem concilio constanciensi, und in dem concilio tzu Basel 31 , das wissen si wol und die, dy die vortragung geleßen haben. Wem nun disse samlung noch iren gewissen recht, was wolten sie den suchen mit den scheflein, die Sant Peter von Christo bevolhen sein, sindteinmal 1 das die scheflein unter Sant Peters stul nicht begert haben nach" begern tzu treten in die samlung der Behem, dy ketzer sein, noch tzum Grecken, auch nicht tzum Reussen noch tzum Machometen. Wie wol das etliche von dißen scheflein unter Sant Peters stul abgetretten sein und auß dem schaffstal gelauffen tzu den Grecken, tzu den Machometen, tzu den Reussen, tzu den Behem. Aber man schaw an, was vor leut sein gewest. Es sein gemeniglich vorlauffne v monchen und andere boße buben, die ein unordentlich leben wollen furn, das man in w nicht vorgunnen wil in der samlung unter Sant Peters stul. Darvon hat der heilig Johannes geschähen: Kinder dy letzte stundt ist, unnd als ir gehört hat, das Antichristus kummen were, nun sein yr vil antechristen worden. Warauß wissen wir, das eß die letzte stundt ist. Auß unß sein sy geloffen, aber sie warn nicht auß unß, wen wem sie aus unß gewesen, si wem wol bei unß bliben, sunder daz sie offenbar wurden, wen sie sein nicht all auß unß [1. Joh. 2, 18. 19]. Nun sprechen etliche, dy gewalt tzu binden und tzu loßen der, dy do gesundiget haben, ist nicht allein Petro gegeben, sunder auch den andern zwelffpoten und nun allen priestern, und der ursach halben ist Petrus nit der oberste geweßen. Ich antwort, du yrst, wen dy gewalt tzu bynden und tzu loßen ist gegeben tzu einer ertzney den krancken unnd vorwunten scheflein, das sie gesunt werden, und nicht den gesunden scheflein. Aber dy gesunden scheflein, dy Christus erlost hat mit seinem heiligen blut, hat Christus bevolhenn Petro tzu hüten, auff das si gesunt bleiben in der rechten eynigkeit deß glaubens, in der heyligen schlifft und der gebrauchung der siben sacrament. Ist es aber, das etliche kranck werden, ßo sal man si gesundt machen und das ist tzum ersten Petro gelobet, alß Christus vor seinem todt sprach: Ich wer dir noch gebenn dy schlussel des himelreichs [Matth. 16, 19]. Aber der herre hat si nicht allein Petro gegeben, sunder auch den andern nach seiner auffersteung, do er sprach: Entpfahet den heyligen geist, den yr dy sund vorgeben seyt, den sollen sy vorgeben sein, und den yr die enthalt, den sollen sy enthalten sein [Joh. 20, 22. 23], und darum disse gewalt macht nicht das Petrus der oberste hirt ist. Sunder nach dißen Worten, do der her sprach allein tzu Petro: Petre, du salt regiren meine scheflein [Joh. 21, 17]. Mocht auch einer sprechen, wie kan mich Sant Peter aber* der babst, sein nachvolger, regirn, ßo ich nimmer denn babst sehe. Ich antwort: Der

s) ihnen, d. h.den Russen t) zumal da u) noch Klöstern entwichene w) ihnen x) oder

v) ausgelaufene, aus den

1. Johan. II

Mat. XVI

Johan. XXI

Johan. XXI

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Heb. X

Ein ander frag

n. paralip. VI [2. Chron. 6, 6]

Alveldt: Von dem päpstlichen Stuhl und von St. Peter

babst hut und regirt die scheflein Christi wol, wen er tzusicht, das kein irtum, keyn ketzerei entspringe in dem Christen glauben, wen der gelaub ist daz leben der scheflein [Hebr. 10, 38. 39]. Auch das keyn irtum, ketzerei kern in dy heiligen schlifft, in dy siben sacrament, und alßo geen dy schefflein sicher in der weyde und dorffen y sich nicht forchten vor den mordern, das sein dy ketzer, vor den diben, das sein di do freilich irren im glauben, den wolffen, das sein scismatici, dy tzutrennen wollen dy schar der scheflein. Nun sprichstu: Der babst hat uns betrogen. Er nimpt daz gelt, lest uns den peutel. Ach, liebes kint, was clagstu tzeitichz gut. Haben sie dyr den peutel mit den gelt abgetzogen, ßo haben sie dir doch nicht den christlichen glauben vorfelscht, noch dy heyligen schlifft vorkert, noch dy siben sacrament vorstórt. Das tzeitlich gut gehört tzum leyb und der werlt. Aber der gelaub, dy heylig schryfft, dy siben sacrament gehören tzu der sei und tzu dem himel. Laß die vormaldeyten geitzigkeyt" des geldes über sie hersehen, dy solche sein, sy mosen das wol betzalen und widergeben, wo sie unrecht haben gethan, wollen sie tzu Christo in das reich kommen. Sich b du dich allein für, daz du in der samlung bleibest der scheflein Christi, die Petro bevolhen sein, do gute weide ist, das ist do dy schlifft recht ist, der glaub unbefleckt, dy siben sacrament gantz rein und unvormackelt. Aber mocht einer fragen: Ist das den noth, das der babstliche stul, das ist das ampt tzu hüten und tzu bewam dy scheflein Christi, mit dem huter altzeit tzu Rom seyn. Ich anwort: Nein, es ist nit noth, aber es ist gar bequeme unnd erlych. Ursach: Gleicherweyß alß der pabstliche Stull Aaronis ader das amacht tzu hutenn und bewarn dy scheflein Gottes in der ee Mosi mit dem obersten prister aber bischoff pilgram c war über dy vierhundert jar, das er kein gewisse Stadt het biß ßo lang das Got auserwelt Jerusalen, alß dy schlifft sagt, alßo das das heubt ader der hirt, der oberste bischoff amacht in der haubtstadt des judischen reich wer, wen er war allein ein hirt über dy judische scheflein, das ist daz judische volck. Gleych was auch Sant Peter ein pilgram mit seinem stul, das ist mit seinem ampt tzu hüten dy scheflein Christi, über dy XX jar biß ßo lang daz er durch den willen Gotteß sein stul setzt gen Rom, unnd do Sant Peter weichen wolt und darvon geen, do begegent ym der her. Fragt Petrus den hern: Herre, wo wiltu hin? Ich wil, sprach der her, nach Rom und mich wider lassen kreutzigen. Alßo kart Petrus wider gegen Rom und bleib do biß er*1 gemartert wardt.32 Es ist nun erlich und bequeme, das das oberste haubt unter Christo, der recht und oberster hirt Petrus, von Christo gesatz, sich in die hauptstadt der gantzen werlt setze, alß Rom, dy do herschet über dy gantzen weit, nunn ist6 chrystengelauben, in der heyligen schlifft, in den siben sacramenten herschen solt über dy schefflein Christi in der gantzen weit, des bebstlichen stuls halben von Christo unßern lieben hern auffgerichtet.

y) brauchen z) zeitliches, weltliches (andere Landsberg-Ausgabe: tzeitlich) a) Habgier nach b) Siehe c) Pilger, Wandernder d) d. h. Petrus e) die andere Landsberg-Ausgabe hat hier: in

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Es magk auch wol der Stull an einer andern Stadt sein, wen eß Godt gevelt und dem hirten und den scheflein, dy an den stul sich halten und unter dem hirten sein, der in Sandt Peters Stadt ist. Nun sprigstu: Ich höre, das tzu Rom ein boß leben ist. Auch sehe ich, das etliche von den pfaffen und monchen ein schentlich leben füren. Und eß wer gut, das man ynf dy guter ein teil ader gantz nem und jagt sie tzu kor8, auch dartzu die bischoff als man sagt wie dy Behem gethan haben. Es ist war, das etzliche monchen, prister, bischoft, cardinal ein gar schentzligs leben füren, solten sie billich gedencken der wort, dy Christus geredt hadt: Ich habe euch erweit und hab euch gesetzt, das yr solt geen und solt frucht thun, ewer frucht soll bleiben [Joh. 15, 16]. Darauff spricht Paulus: Dy sundt sol nicht herschen über ewrn sterblichen leib, daz yr wolt gehörsam sein deß leibes begirligkeit [Rom. 6, 12], wen Ceres, Bachus, Venus33 steen gar fest bey der geystlickeit und in wirt getreulichen gedinth. Auch simonia h , ambitio1, superbia^ haben dy herschafft ym geistlichen standt gar sere eingenomen. Aber impia avariciak, idolorum servitus1, das ist der heilige durst des geltzs, der nimmermer vorlischt, haben dy monch und die betlerorden1*1, priester, bishhoff, cardinal auch tzu der judischen weyß gefurt, sunder" mit unterscheit. Die priestr in der ee Mosi schinten 0 dy kelber, scheflein, kwe p und ochssen und opfferten daz fleisch. Aber dy geistlichen im neuen testament schinden das christlich volck, das ist, sie nemen das geldt und gut und jagen dy selq tzum teuffei. Sy sein aber nicht tzu gleich alßor, wer aber schuldig ist, der besser sich, ich rede von den boßen. Eia, nun liebes kint, halt dich an dy wort Christi und laß das geplerre lauffen. Alß s , was sie euch lernen', spricht Christus, auß der heiligen schryfft, das thut, aber nach yren werken thut nicht [Matth. 23, 3]. Wen du salt nicht allein gehorsam sein frummen prelaten, sunder auch dem boßen, alß Sant Peter spricht [1. Petr. 2, 18]. Das" aber dy Behem gethan haben mith yren geystlichen, munchen und pristern, nymß nicht tzu ein exempel. Wen sie haben ubel gethan und wider dy gebott Gottes und wider die lieb ireß nechsten, wyder das naturlich gesetz. Godt spricht, du solt nicht stein [2. Mose 20, 15], du salt auch nicht eins andern gutzs begern [2. Mose 20, 17], ich sprich nicht, mith gewalt tzu nemen, seinteinmal das Sant Paul spricht, yr thut gewalt und betriglickeit, und das ewern ewenv Christen mensehen. Wist ir nicht, wan dy do unrecht thun sollen, nicht besitzen das reich Gotteß [1. Kor. 6, 9]. Ir solt nicht irn, wen keyn dieb, kein geitziger, kein reuber kumbt in das himelreich [Matth. 19, 23.24; 1. Kor. 6, 10]. Auch du salt liep haben dein nechsten alß dich selber [Matth. 19, 19; Luk. 10, 27]. Alles was yr wolt haben, das euch dy leuth thun, das thut in auch,

f) ihnen g) treibt sie zu Paaren (Redensart), macht sie gefügig h) Simonie, d. h. Schacher mit geistlichen Ämtern i) Ehrgeiz, Eitelkeit j) Hochmut k) gottlose Habgier 1) Götzendienst m) Bettelorden, z. B. Dominikaner, Franziskaner, Augustiner n) aber, jedoch o) schindeten, töteten p) Kühe q) Seele r) sind aber nicht alle gleich s) alles t) lehren u) Was v) eben

Johan. XV

Roma. VI

Ma. XXIII I. Petri II die Behem haben nicht wol gethan bey yrer geistlickeit Exo. XX

Mat. XIX I. Chor. VI Luce X

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Mat. VII und was yr nit wolt haben, das vorlost in auch. Ich red weiter: Keinen Christen menschen tzimpt es, das er seines guts misbrauch, w e n allein tzu

I. Thi. VI

Luce XXI

Roma. I

I. Corin. XIII

der noth, tzu dem nutz und tzimlicher er, was dar über geschieht, feit in daz gericht Gottes, wan Sant Paul sagt, wir haben nichts gebracht in disse werlt anw tzweifel, wir können auch nichts weck nemen, szo wir haben narunng und kleidung, sol wyr unß lassen genügen [1. Tim. 6, 7. 8]. Sich an, konigk, hertzogen, graffen, hern, ritter, edelleuth, burger, pauern vindestu auch itzunder in der Christenheit, dy nach dem heiligen ewangelio leben und thun. Vorwar du wirst yr gar vil finden, dy junckfrauen und frawen sehenden und tzu untzuchtigen bercken mißbrauchen, den elichen standt außgeschlossen, auch die sich tag und nacht voltrincken recht wie die sew, das Christus nicht tzugelassen hat, do er spricht: Secht euch für, das ewer hertz mith fressereii und trunkenheyt und sorg dyßer weit nicht beswert werde, auff das über euch nicht vall der schnelle tagk [Luk. 21, 34]. Welcher tagk? Darinn der sunder geschlagen wirdt mith blintheyt seines hertzen, das er sein selber vorgist, wen er hat Gottes vorgessen, do er noch gesundt was. Auch findestu dy do scheiden, fluchen, vormaledeien, lestern Gottes leiden und Gottes marter. Si woln die heiligen nicht ern. Si woln nith betn, nith fasten, ja nichts gutzs tun, wan allein was yr fleisch und blut und vorkerte sindlickeit" begert, und keyn sund ist iny tzu groß und achts vor keyn sund, wen allein2 derß nicht meer gethun kan. Paulus spricht: Sinteinmal sy erkennen dy Gotteß gerechtigkeyt, vorsteen sy den nicht, das dy solche dingk thun, schuldigk seyn des tods, unnd nicht allein, dy das thun, sunder dy darein auch vorwilligen [Rom. 1, 32], O, yr christenscheflein, o, ir libes volck, wie kompt ein solche blintheit über dy edlen gotlichenn samlunng der scheflein in dem schaffstal Sant Peter von Christo bevolhen. W o bleibet nun das heilige gebet, dartzu uns Christus und sein lieben heiligen vormant haben, wie wem dy tzehen gebot tzu dißen tzeiten gehalden. W o bleibet das heilige leben, das uns gelert ist in dem heiligen ewangelio, in den heiligen episteln Pauli und Sant Peters. Das wir soln vasten, beten, wachen und casteien unsern leib, und das Untertan sey denn" geist in rechten Christen glauben, in rechter bruderlicher lib. Szo hat uns Paulus gelert unnd Christus geboten, das wir sollen tzwingen unser fleisch und blut wider dy sundt und sterben der gantzen werlt. Änderst ist umsust, daz wir Christen menschen heyssen. Wen der namen steet nicht in eusserlichen schain, auch nicht in einem untzuchtlichen, bestlichenb leben, auch nicht in grosser eer, lob, gewaltigkeit diser weit. Sunder der namen steet in einem tzuchtigen christlichen, gottlichen, ewangelischen leben, do der gelaub recht ist und dar dy lieb Gottes wyrt c durch den gelauben. Wen der gelaub ist nichts wert, ßo er nicht getziert ist mith der lieb Gottes, alß uns Paulus lert: A b ich redt mit menschen tzungenn ader englischenn, hab ich dy lieb nicht, ßo byn ich als ein pfennik ader ertz das

w) ohne x) Sinnlichkeit y) ihnen z) außer demjenigen a) dem b) tierischen, kreatürlichen c) Druckfehler für: wirkt (die Ausgabe von Lotter hat: wirckt)

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klingt. Unnd ab ich het prophetzei unnd wust alle heymligkeyt unnd alle kunst, unnd ab ich heth all den gelauben, ßo das ich dy berg mocht vorsetzen, hab ich aber nicht dy lieb, ßo bin ich nichtes. Und ab ich austeilt alle meyn guter yn speyß der armen, und ab ich gebe meyn leib, alßo das ich brendt, hab ich aber dy lieb nicht, ßo ist myrs nichtes nutz [1. Kor. 13, 1-3]. Nun sagt vortan Paulus, wurbey man dy lieb mercken sal in funftzeen tzeichen und spricht [1. Kor. 4—7]: Dy lieb ist geduldig in vorvolgung, in lesterung, in vorachtung, in vorsprechung. Si ist gutigk, si gibt gut vor boß, ein suß wort vor ein lesterlich wort. Dy lieb ist nit neidisch, si gunt ein iderman was er hat in tugenden, in er und genaden. Sie wirckt nichts boß, wen dy andacht ist gut und auch das werck in sich selber. Sy ist nit auffgebloßenn mith hoffertigkeyt sich groß tzu schätzen und dy andern tzu vorsmehen. Sie ist nit begirlich auff eer, sie acht keins lobs der menschen. Sie sucht nit das yr ist, sie begert nicht sich selig tzu machen, sunder alle menschen. Sie wirt nicht vortzornete, sie ist leichtfertig f und an g sach tzornigk. Sie gedenck nichs arg von irgen einem menschen, aber sie kan es alßh tzun besthen kern. Sie freudt sich nicht über dy boßheyt, wo man sich berumt der schalgkeit. Sie freudt sich der warheyt, von welchen sy geredt, geschriben wirt, das sie tzum licht kumbt. Sie vortregt alß, was si sieht, hört in kranckheyt ires nechsten. Sie gelaubt als auß einfeltigkeit1, was die heilige schrifft lert und weist. Sie hofft alsJ das Got gelobt hat und er wirt es alß betzalen. Sie enthelt sich und leidt gedult ßo byßlang k der herr von diser werlt tzu sich nimpt. Auch nun yr lieben scheflein Christi, yr liebes christenvolck, du hast nun tausentvierhundert unnd segs und achtzigk jar 34 gestanden unter dem stul Sant Peters in unbeflecten glauben, in rechter gebrauchung der siben sacrament, in clarer verstandniß der heyligen schrifft. Was wiltu nun nachvolgen vil leichtfertigen leren1? Eß ist tzu forchtenn, das nun dy tzeit kummen ist, dar von Sant Paul spricht: Aber das wiß m , das in den letzhten tagen auffstheen werden ferliche tzeyt und dy menschen werden sich selber lieb haben, geitzig sein, aufferhoben in den gemut, hoffertigk, Gotes lesterer, ungehorsam den eitern, undanckbar, schalckhafftig, an" begir tzu Godt, an frid, unkeusch, nicht sentfftmutigk, an gutigkeyt, vorreter, widerspennigk, auffgeblossen, blinte und libhaber der wollust des fleisch mer den Gottes. Si habenn wol ein gestalt geistliches lebens, aber mith dem tugenden vorleucken sy christliches lebenß [2. Tim. 3, 1—5]. Szo leret unß auch Christus in ewangelio: Secht euch für von den falschen lerern, dy tzu euch kommen in cleidern der scheflein, aber inwendigk sein sy reissende wolff, auß im fruchten wert ir sy erkennen [Matth. 7, 15. 16]. Was sen nun dy frucht? Hör was Sant Paul spricht:

d) Druckfehler für: lieb (die Ausgabe von Lotter hat: lieb) e) sie läßt sich nicht erzürnen, zum Zom erregen f) behend, mühelos, hier wohl: gutmütig g) ohne h) alles i) Schlichtheit, Treuherzigkeit j) (auf) alles, erhofft alles k) solange bis 1) die andere Landsberg-Ausgabe hat richtig: lerern m) wisse n) ohne

Funfftzen tzeichen seint warer leibd

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Dy werck des fleisch sein offenbarlich, alß unkeuscheyt mit freyen weibern Gall. V und unkeuscheyt mith yn selber, unschemhafftigk, uberflussikeyt in allenn dinst der apgotter. Das ist geitzigkeit, tzauwerey, feintschafft, krigk, neid, tzorn, hader, tzwitracht, boße geselschafft, abgunst, todtschlack, trunckenheit, fressigkeit unnd dergleychen, wen dy solche dinck thun, sollen nicht erlangen das reych Gottes [Gal. 5, 19—21]. Ein gehemein0 Nun sprechen vil leut, Godt sey gelobt, das unßer äugen auffgethan wort ytzundt sein, das wyr dy warheyt erkennen, dy ßo lang vorborgen gewest ist. Ach, liebes volck, es wer gut, das man ytzunt offen äugen het und sehe, was ferlickeit den christlychen scheflein unter Sant Peter schnelligklich anfallen Genesis [1. Mose] wirt. Man list, das Ade und Eve auch dy äugen geoffent worn, nicht das HI sy vor blint worn, aber sy sahen vor nichts wen unschult, genadt und tugendt. Darnach aber, do sy Gottes gebot gebrochen hetten, gingen in yr äugen auff [1. Mose 3, 7] tzu aller schalckheit, boßheit, unortlickeyt, Ungerechtigkeit, als auch nunn. Sich an junck und alt, merck, was wir ChristenEsaie IVp leut sein tzu rechen jegee den, dy do gewest sein. Alß der her sagt durch den propheten: We euch dy yr sprecht gut vor boß, boß vor gut, die yr setz dy finsterniß vor das licht und das licht vor dy finsterniß, dy yr setzt bitter vor suß und suß vor bitter. We euch, dy yr klugk seit in ewern äugen und vor euch selber weyß, we euch dy yr rechtfertiget den boßen um gab q und nempt von den gerechten dy gerechtigkeit [Jes. 5, 20. 21. 23]. Ein weitter rede Auch sagt man, Sant Peter hab keyn cardinal gehabt. Auch ist Sant Hieronimus 35 kein cardinal gewest, wann die cardinal sein auffkummen in vierhundert jarn ader nicht alßo lang, und wer gut, das sie nicht wem. Ach, libes kint, was kluger leut hat man nun in diser tzeit, dy meher urteiln nach den äugen und sindligkeiten 1 , wen nach warheit und vornufft. Was sichstu auff dem hut, auff dem mantel, kleidt und misbrauchung. Was ficht dich daz wortleyn cardinal an. Kein fürst, keyßer, konigk, hertzog, auch kein Stadt ist an s cardinal, das ist an redt ader radtgeber, durch welche der gemeyne nutz, das gemeine volck regyret, geordent, enthaltenn 1 wirt, das keyn aufflauffe, unfridt, vorstorunng des glaubens ader der gerecht[i]gkeyt geschee. Sant Peter was nicht an radtgeber, er hadt dy Ac[t]uum II heiligen XI apostelnn mith sich, do er den glauben macht, do er getzeug[Apg. 2, 14] auch niß gab von dem hern Hiesu" unnd strafft dy fursten der Juden unnd do in XV [7] e r vorklert, das man nicht solt halten dy alten ee, es wer genugk an der newen, alß man öffentlich hatt in dem buch der wirckung der apostel. Auch tzu Rom hat Sant Peter d e m e n t e m 3 6 , Linum, Cletum 37 und vil ander, dy man prister nent des pebstlichen stul, alßo was auch Hieronymus des heiligen pabst Damasi ratgeber 38 , alß außweißen dy epistel, dy sy tzu einander geschoben haben 39 . Der namen ist vorwandelt, aber nicht die warheit, wie wol ich forcht, das mit vorwandelung des namens worden ist ein vorwandelung des lebens und ein misbrauchung. Aber keyn

o) allgemeines p) die andere Landsberg-Ausgabe und Lotter haben richtig: V q) den Bösen gerecht sprecht für Geschenke r) Sinnen s) ohne t) erhalten u)Jesu

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sal das groß anfechten, seinteinmal das wir gewiß sein, das unßer samlung dy scheflein sein, dy Christus Sant Peter bevolhen hat in sein hut, do er sprach: Petre, du salt regirn meine schefleinn. Szo sein wyr nun in dem rechten schaffstal unter einem hirtenn und in guter weide. Auch in guter bewarung, wen wir haben ein gerechten, vorklerten, unbeflecten christlichen gelauben, do keyn irtum ader ketzerey anhengt. Wir habenn auch dy heilige schrifft unferfelscht mit ketzerei ader irtum, szo habenn wir auch dy siben sacrament unvorruckt ader unvormischt mit yrtum ader ketzerey. In dißen dreien steet dy weide unnd das leben der scheflein Christi. Ist nun der hirt nicht gudt ader frum mit seinen radtgebern ader cardinalen, was hindert dich das, ßo sy allein hüten tzu sehen und bewarn, das kein irrtum und ketzerei in den gelauben, yn dy sacrament, in dy heiligen schrifft val, dodurch dy scheflein vorgifftet mochten werden, ßo hatzs kein noth. Darauff solen achten auch dy ertzbischoff ader bischoff und andernn prelaten geistlich und weltlich und die doctores der universiteten, das sy nicht gefunden wurden alß dy hundt, di nicht pelln kunnen, ßo Godt sagt durch de propheten [Jes. 56, 10]. Doch sprycht der Esaie LVI her: Ich weyß welche ich hab außerbelt v [Joh. 13, 18], und Paulus Joan. XIII spricht: Der her erkent dy yn angehören [2. Tim. 2, 19]. Wer aber nun II. Thi. II wil mer wissen von dem bebstlichen stul und von dem pabst unsern hirten, der leße das buchlein, das ich habe gemacht von dyßer materien in latein 40 . Godt helff unß, das wyr sein scheflein bleiben in einem stal unter einem hirtenn in guter weid durch vorbidt der unbeflecten Gottes gebererin Maria. Amen.

A) Vorbemerkung Druckvorlage: Eyn gar fruchtllbar vnd nutzbarlich buchleyn vö de babstlllichen stule/ vn von sant Peter/ vnd von II den dye warhafftige scheffleyn Christi II seynt/ dy Christus vnßer herre/ Petro be=lluolen hat/ yn seyne hüte vnd regirung/ gell macht durch bruder Agustinü. Alueldt. II Sant Francisci Ordens, tzu Leyptzk II [TE] [Leipzig: Martin Landsberg 1520.] 4° 12 Bl. (letztes leer) Sign.: AB 4 C 3 . - Claus La53a. V D 16 A 2090. Köhler 96. Smolinsky 2. - UB Würzburg: 3 an Th.dp. q. 353. Zur Entstehung: Über Augustin Alveldts (f um 1535) Biographie vor 1520 ist nichts bekannt. Er tritt erstmals 1520 mit einem gegen Luther gerichteten Buch „Super apostolica sede . . . " (Smolinsky, Alveldt und Emser, S. 423) hervor, in dem er sich als Lektor der Heiligen Schrift des Leipziger Franziskanerklosters bezeichnet. Die Wahl des Themas war durch den Wunsch des Fürsten Adolf von Anhalt, seit 1514 Bischof von Merseburg, veranlaßt, A. möge zur Frage des päpstlichen Primats Stellung nehmen. Argumentationshintergrund waren die Leipziger Disputation von 1519 und die dort vorgetragenen Äußerungen Luthers. Am 7. April hatte A. das Buch Luther brieflich angekündigt, mit demselben Tag ist die Vorrede datiert, vor dem 5. Mai war es in Luthers Händen und löste sofort eine literarische Kontroverse

v) auserwählt

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aus. Noch im April, also möglicherweise vor dem Erscheinen des lateinischen Buches, muß bereits die hier vorliegende verkürzte deutsche Zusammenfassung entstanden sein, wie die Datierung der Vorrede (23. April) ausweist. Daß sie bereits im Mai gedruckt war, bezeugt Luther, der sich durch diese Schrift veranlaßt sah, Ende Mai selbst in die Debatte einzugreifen: Sein „Von dem Papsttum zu Rom wider den hochberiihmten Romanisten zu Leipzig" (WA 6, S.(277) 285—324) erschien Ende Juni im Druck. Zuvor hatten bereits der Melanchthonschüler Johannes Bernhardi aus Feldkirch und der von Luther dazu veranlaßte Augustiner Johannes Lonicer Gegenschriften gegen A.s lateinisches Buch verfaßt sowie der zu diesem Zeitpunkt noch altgläubige Johannes Fritzhans für A. Partei ergriffen. Die Schrift wurde von Martin Landsberg und von Melchior Lotter (auch 1520, Claus Lo-103) in Leipzig gedruckt. Von Landsberg liegen zwei gleichlautende Ausgaben vor (Claus La-53a und 54), die im Druckspiegel völlig gleich sind, aber zahlreiche Abweichungen in der Schreibweise (Wechsel von y und i, s und ß etc.) aufweisen. Korrekturen und Glättungen gegenüber dem einen oder anderen Druck halten sich die Waage, so daß eine Entscheidung über den Erstdruck schwer möglich erscheint. Die Qualität der Korrekturen in 54 gegenüber 53a hat uns bewogen, 53a als Erstdruck auszuwählen und zu drucken; wesentliche Verbesserungen in den anderen Ausgaben (einschließlich Lotter) werden in den Worterläuterungen nachgewiesen. Literatur: Lemmens, Alfeld, S. 10ff., bes. 3 3 - 3 6 ; Hesse, Alfeld, S. 1 6 0 - 1 7 8 (nur Inhaltsangabe überwiegend der lateinischen Schrift Alveldts); Rickers, Petrusbild Luthers, bes. S. 1 3 1 - 1 3 8 , 3 1 6 - 3 1 8 ; Brecht, Luther, Bd. 1, S. 3 2 7 - 3 3 0 ; Smolinsky, Alveldt und Emser, S. 1 8 - 2 0 , 5 0 - 6 6 , 7 2 - 8 7 .

B) Sacherläuterungen 1 Zu den Leipziger Franziskanern und ihrem Kloster vgl. die bei Smolinsky (Alveldt und Emser, S. 18f., Anm. 5 u. 7) angegebene Literatur. 2 Dazu ebd., S. 75f. 3 Zur Begriffsverwendung vgl. unten Anm. 29. 4 Der Oxforder Professor und Reformprediger John Wiclif (um 1325—1384). Zur Sache vgl. Johannis Wyclif, Tractatus de potestate pape. Latin Works, Bd. 32, London 1907, cap. III u. IV (S. 60 u. 63). 5 Der böhmische Reformator Jan (Johannes) Hus (um 1371 — 1415). Zur Sache vgl. Paul de Vooght, L'Hérésie de Jean Huss, Bd. 2, Louvain 1975, S. 616ff. 6 Arius (Areios) von Alexandrien (um 260—336) lehrte, daß Christus als Geschöpf Gottes nicht Gott wesensgleich sei. Auf dem Konzil von Nicäa 325 verworfen, dauerte der darüber ausgebrochene Streit noch Jahrzehnte fort. 7 Nach dem Bischof Donatus nannte sich zu Beginn des 4. Jh. in der nordafrikanischen Kirche eine rigoristische Bewegung, die besondere Sittenreinheit und Kirchenzucht forderte. Gegen sie trat besonders Augustinus auf. 8 Mani (216—277), aus Persien stammender Gnostiker. Vertrat eine dualistische, von strengem Asketismus geprägte Lehre. Der nach ihm benannte Manichäismus wurde seit Ende des 3. Jh. scharf bekämpft (ebenfalls von Augustinus), konnte sich aber bis ins 6. Jh. halten. 9 Mohammed ( 5 7 0 - 6 3 2 ) , Stifter des Islam. 10 Konrad Schmid war Organisator („Henoch") der thüringischen Kryptoflagellanten, die sich als auserwählt, als einzige Vertreter des wahren Glaubens verstanden, die Sakramente, insbesondere das Bußsakrament, verwarfen und die Kirche als Institution ablehnten. Die Bewegung wurde 1367—1369 von der Inquisition aufgedeckt und verfolgt. Schmid scheint die Verfolgung überstanden zu haben.

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Als 1414 eine neue Verfolgungswelle über die Sekte hereinbrach, wurden in Sangerhausen 34 Personen dem Ketzerrichter vorgeführt; 31 widerriefen, drei verweigerten und erlitten den Flammentod. Unter den letzteren soll nach chronikalischen Angaben auch Schmid gewesen sein, was von der neueren Forschung bezweifelt wird. Schmids Lehren sind in einer „prophetica" zusammengefaßt, die stark eschatologische Gedanken verkündet (vgl. Siegfrid Hoyer, Die thüringische Kryptoflagellantenbewegung im 15. Jahrhundert, in: Jb. für Regionalgeschichte, Bd. 2, 1967, S. 148-174, bes. 152-154). Jacobellus von Mies (1373—1429), Anhänger von Jan Hus; spendete bereits Ende 1414 in Prag das Abendmahl in beiderlei Gestalt. Vgl. Anm. 4. Zur Ablehnung der Papstgewalt vgl. Denzinger-Schönmetzer, bes. Nr. 1158, 1180, 1186f„ 1190-1192. Vgl. Anm. 5. Zur Ablehnung der Papstgewalt vgl. Denzinger-Schönmetzer, bes. Nr. 1207, 1209-1213, 1220-1224. Über einen Rußlandaufenthalt Alveldts ist nichts bekannt. Ein späterer Brief aus Rom an den Kustos der Franziskanerobservanten in Livland mit der Mitteilung, Alveldt sei in Italien erkrankt, deutet auf mögliche livländische Beziehungen hin (Leonhard Lemmens, Die Observantenkustodie Livland und Preußen, Düsseldorf 1912, S. 63, Nr. 281). Das ganze ist für die ersten zwei Jahrhunderte legendär. Eine erste Bischofsliste von Rom erstellte Hegesipp um das Jahr 160; noch später — um 190 — erwähnt Irenäus erstmals Petrus als ersten Bischof von Rom. Für beides gibt es keine historischen Belege (Haller, Papsttum, Bd. 1, S. 17-24, 345-352). Zu den tatsächlichen bzw. erfundenen Martyrien der historisch belegten römischen Bischöfe in den ersten 350 Jahren sowie zur Überlieferung vgl. ebd., S. 31—41, 356—361. Hus wurde vom Konstanzer Konzil am 6. Juli 1415 zum Feuertod verurteilt, der noch am selben Tag vollstreckt wurde. Eine Anzahl von Wiclifs Lehren wurde zwar schon zu seinen Lebzeiten als ketzerisch verdammt, jedoch ohne Todesurteil gegen ihn selbst. Alveldt meint wohl die erneute (posthume) Verurteilung seiner Lehren durch das Konstanzer Konzil (dazu Denzinger-Schönmetzer, Nr. 1157f., 1161). Vgl. dazu die Schrift von Johann Eck, unten Nr. 5. Kaiser Sigmund (1410—1437) hatte Hus freies Geleit nach Konstanz zugesichert; bei ihm lag die Leitung des Konzils. Wegen des Schismas (vgl. Anm. 20) einigte sich das Konzil auf ein Dekret, wonach die allgemeine Synode ihre Gewalt direkt von Gott habe und die gesamte Kirche vertrete; ihr habe sich auch der Papst unterzuordnen (vgl. Quellen zur Geschichte des Papsttums und des römischen Katholizismus, 6. Aufl., bearb. v. Kurt Aland, Tübingen 1967, S. 477, Nr. 767). Zur Zeit der Verhandlungen gegen Hus herrschte das seit 1378 andauernde Schisma. Auf dem Konzil anwesend war zunächst nur Papst Johannes XXIII. (1410—1415), der aber bald floh und am 29. Mai 1415, also noch vor dem Urteil gegen Hus, förmlich abgesetzt wurde. Die Gegenpäpste Gregor XII. (1406-1415) und Benedikt XIII. (1394-1417) hatten Vertreter entsandt. Gregor ließ jedoch zwei Tage vor dem Urteil gegen Hus seinen Rücktritt erklären und nur Benedikt hielt noch an seinem Anspruch fest. Zwei Jahre nach dem Urteil gegen Hus erklärte das Konzil auch ihn für abgesetzt. Alveldt bezieht sich evtl. auf den erst 1417 erhobenen Martin V. (1417—1431) und seine Bulle „Inter cunctas" vom 22. Februar 1418. Die im folgenden genannten vier Kirchenlehrer der römischen Kirche Augustinus (354-430), Ambrosius (um 340-397), Hieronymus (um 347-419/420) und Papst Gregor I. (um 540-604). Reformation

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Alveldt: Von dem päpstlichen Stuhl und von St. Peter

22 Vgl. CorpIurCan, Bd. 1, Sp. 3 5 - 4 1 (dist. 15, c. 2 u. 3: De auctoritate quatuor conciliorum; Que concilia sancta Romana ecclesia suscipiat). 23 Vgl. Anm. 4, 5, 11. Auf dem Konstanzer Konzil wurden ihre Lehren förmlich verurteilt (vgl. Anm. 30). 24 Vgl. Wander, Bd. 1, Sp. 396: jemanden belügen, betrügen, zum besten haben, ihm blauen Dunst vormachen. 25 Vgl. CorpIurCan, Bd. 1. 26 Vgl. ebd., Bd. 2. 27 Vgl. Anm. 10. 28 Vgl. Wander, Bd. 4, Sp. 978, Nr. 137. Gemeint sind Luther und seine Anhänger. 29 Gemeint ist die griechische Ausgabe des Neuen Testaments von Erasmus von Rotterdam (1466/1469—1536), die erstmals 1516 und danach 1519 in einer erweiterten und verbesserten Ausgabe bei Johannes Froben in Basel erschienen war (vgl. Heimo Reinitzer, Biblia deutsch. Luthers Bibelübersetzung und ihre Tradition, Wolfenbüttel 1983, S. 87, Nr. 52, 53). Nach dem Urteil von Rickers ( - siehe unter Literatur S. 347, Anm. 126) gibt Alveldt im Hinblick auf den Begriff „regieren" in seinem lateinischen Buch „die philologische Erklärung des Erasmus nur sehr ungenau wieder" (vgl. Erasmus, Annotationes 1515, in: Opera omnia VI, 418 E/F). 30 Gemeint ist der Beschluß des Konstanzer Konzils vom 6. Juli 1415, der die Lehren Wiclifs und Hus' als ketzerisch verdammt. Vgl. Concilium Constantiense, Bd. IV, T. VI, Sp. 407ff., sowie die Bulle Martins V. „Inter cunctas" vom 22. Februar 1418, ebd., Sp. 1518ff.; auch in Denzinger-Schönmetzer, Nr. 1151-1195, 1201-1230, 1247-1279. 31 Das Konzil von Basel (1431 — 1449) trat nach den Siegen der Hussiten über die gegen sie eingesetzten Kreuzfahrer in Verhandlungen mit ihnen ein. Am 18. Mai 1432 sicherte es ihnen freies Geleit und Gehör in Basel zu, aber erst 1436 wurden schließlich die sog. Iglauer Kompaktaten auf der Grundlage eines Vergleichs von 1433 (Vier Prager Artikel) ausgehandelt. 32 Das ganze ist legendär. Die kritische Kirchengeschichtsschreibung zieht in Zweifel, daß Petrus jemals in Rom, geschweige denn Bischof von Rom gewesen ist (Haller, Papsttum, Bd. 1, S. 1 0 - 2 0 , 343-352). Zu Luthers Position in dieser Frage und zur vor- und frühreformatorischen Kritik generell Rickers (siehe unter Literatur), S. 109-126. 33 Ceres als Göttin des Ackerbaus und der weltlichen Ordnung, hier wohl im Sinne weltlicher Freuden gemeint; Bacchus als Gott des Weines; Venus als Göttin der Liebe. 34 Die Jahresangabe bezieht sich auf die (angebliche) Einsetzung St. Peters nach Joh. 21, 1 5 - 1 7 und Matth. 16, 18. 19. 35 Vgl. Anm. 21. 36 Der angebliche Bischof Clemens, der als Verfasser eines Briefes an die Korinther gilt, dessen Inhalt unzutreffend als Zeugnis für das Wirken St. Peters in Rom angenommen worden ist (vgl. Haller, Papsttum, Bd. 1, S. 23f., 346ff.). 37 Linus und Anenkletos sind wie Clemens in der Bischofsliste des Hegesipp (vgl. Anm. 15) aufgeführt (zur Überlieferung und Kritik Haller, Papsttum, Bd. 1, S. 20 u. 352). 38 Damasus, Bischof von Rom (366—384). Mit ihm begann die Entwicklung zum Primat über die anderen Bischöfe des Westteils des Römischen Reiches. Hieronymus war zeitweise sein Sekretär und theologischer Berater. 39 Zu den Beziehungen zwischen Damasus und Hieronymus vgl. deren Briefwechsel in Migne PL, Bd. 22, Nr. 15, 16, 1 8 - 2 1 (Sp. 355ff.), 35, 36 (Sp. 451ff.); Jaffé, S. 39f. 40 Super apostolica sede . . . , 1520 (vgl. oben Zur Entstehung).

Augustin Alveldt: Ein Sermon, darin er sich über die Schmähungen Martin Luthers beklagt Ein deutzsch sermon 5

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Videte itaque quomodo caute ambuletis, non quasi insipientes, sed ut Paulus tzu den sapientes, redimentes tempus, quoniam dies mali sunt. Propterea nolite fieri Epheziern am V. ca imprudentes sed intelligentes, que sit voluntas dei. - t v 8- : E P h - 5 15_17 Auß dem heiligen geist hat Sant Paulus (das vaß der erwelung) wol 1 gewust, das nach seinen zeitten sich yr vil eräugen 3 , die nicht kinder des lichtes, sunder der finsternus sein, bedackte b gifft in schöner lere mit auffgeblasen, listigen und behenden Worten furgeben und under das cristglaubige volck außseen wurden. Derhalben obsteende 0 vorgehaltne lateinische wort, warnungs weiß geschriben, sprechende: Fursehet euch sicherlich zu wandern, nicht als die unweisen, sunder wie die klugen (demnach yntzundt boße tag sein), die tzeit wider erlangende. Derhalben yr nicht unweis werden, sunder den willen Gottes erkennen solt etc. Der wille Gottes ist, das wir vervolgung, schmach, lugen und lesterung, ya nicht allein boße wort, sunder auch streich und alles das, so ein boßer tyran an einen waren cristenmenschen legen, von wegen der liebe Gottes yn mitsamer d vernunffit gedulden und leiden sollen. Dieweil dan die selbigen bösen in den letzten tagen am allererschrecklichsten erscheinen, darinnen auch die bestendigen cristen am hefftigisten verfolgt werden, hette ich wol gemeint, der Antechrist (welcher nun nach 6 tzu sein erscheint) solte noch lang nicht geborn. Es wil ym aber nun gleich sehen, das seine vorlauffer bey dysen unsern tzeitten albereit gespürt werden, wan daz lateinisch buchlein, so auff genadigs heissen und begeren des hochwirdigen, in Got vaters durchlauchten hochgebornen fursten und herren Herren Adulphi 1 , bischoff tzu Merßburg, fursten tzu Anhalt etc. meins gnedigen herren, von dem ampt S. Peters und seiner nachkommen 2 deßgleichen von der selbigen materi ein tewtzsches buchlein 3 außgehen lassen, darinnen ich dan gar nichtes dan die warheit derselbigen materien an den tagk tzu bringenn gesucht und außgeschlossen die falschen vormaledeiten ketzer und bickarden Conradt Schmidt 4 , Wickleff 5 und Huß 6 (sampt yren anhengern und forfechtern) keinen menschen in dem selbigen buchlein mit namen angetzeigt ader in meynen schrifften belestigt. Das ich aber die obengezeigten ketzer darinnen berurt, das hab ich darumb gethan, das die, so villeicht tzuvor so vil von dem selbigen yrthum nicht gewust haben, sehen und erfaren mochten, wie verdumlich f derselbigen lern gewest, von der heiligen christlichen kyrchen vorbrant und abgethan worden sein7. Welcher meyner schrifft sich nun bruder Martinus Luther (der sich selbst

a) erheben sanftmütiger

r

b) bedeckte, versteckte c) oben stehende e) nahe f) verdammenswert

d) freundlicher,

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Alveldt: Ein Sermon, darin er sich über Luther beklagt

ein doctor und mir, das ich mich ein leßer der heiligen schlifft genenneth, fuer ubel gehabt) angenomen hat und denselbigen tytel als leßer der heiligenn schrifft, die doch tzu leßen niemandts verbotten, sampt seinen anhengern, ßo gar ubel außgelegt und nicht allein ubel außgelegt, sunder mich auch wider Got und alle bruderliche lieb in latein und teutzsch vil gelestert, geschmecht und gescholten, nith weniger vorflucht, vorspot und vormaledeyt, darzu belacht und vorspyen, ein esell, ochssen, äffen, froschenketzer, lugner und bock geheissen, und alles das, das er mir lasterlich und schmelich erdichten mögen nichtes außgelassen, sunder so weit ym muglich gewest dasselbig außtzustrecken®, mit etzlichen scheltbuchlein in die hertzen der menschen gebildet. 8 Und auff das er ym h (als ich mich befar') gegen mir ein grymmen und ursach zu schelten ge[s]chafft, so hat er mir meine wort in latein und teutzsch verkeret, verwandelt und gefelscht und mir das jhenig tzugemessen, das ich nie gedacht, vil weniger geredt ader geschribenn. Darauß ich ursach genommen, hiemit auch in teutzscher zunge zum teil antzuzeigen, was ich geredt unnd geschriben (bruder Martin auch alle andere forcht hindangesetzt, den ich nach den Worten unßers seligmachers, das wir alle bruder und under einem meister Christo sein, ein bruder geheyssen) vormittelst gütlicher hülff noch tzu schreiben willenn hab, gibe mich derhalben in das gericht aller vernunfftigen cristenmenschen, geistlich, weltlich, edel und unedel, burgern und bawern, alt und jung, die do warheit erkennen können ader mugen, die warheit Gottes allein angesehen, czu sehen und hören, was ich geschriben und gelernt, und ob bruder Martinus Luther etwas bestendigs dargegen aufzubringen, das er des ein wissen hab, das ich alhie zu Leiptzig seiner warten, auch zu Got und der hochgelopten gebererin Gottes unzweiffliger hoffnung sein wil, er solle mir hyrynnen so gering als ein har nicht außrucken und noch weniger beweißen mögen, das er mir in meinem buchlein wider christenliche messigkeit so ubel aufflegt k , mich auch mit dem, das er drawt (wie man pflegt den narren zu thun) mich mit meyen zu bestecken 9 und heym zu senden, nith abschrecken. Wan solliche leichtfertige drauung (welche doch christlich und geistlichen auch hochgelerten leuten, als er gehalten sein1, nith wol anstehn wil) tzimlich und nicht wider das heilig evangelium wer, so mocht ich yn wol (das aber ferr von wir"1 sey) mit buchßbaum (der so bald nith verdorth als die meyen) widerumb bestecken, Weichs aber wider die lere Christi und Pauli, und nach gemeiner Übung etzlicher leichtfertigen leut gehandelt, denen mit zweyen lesterlichen namen, der sie mir wol hundert angehangen, zum widerschelten ursach gnung gegeben Lucas in seynem wer. Ich wil sie aber mit den Worten meines lieben herren Jesu bezalen, evangelii am sprechende: Vater, vorgib yn, wan sie wissen nith, was sie thun, und disXXIII. ca. [34] s e n kurtzen sermon allein zu einer bit und Warnung gethan, euch alle gebethen, das yr nith wolt vorlangen haben, dan ich gedencke gar bald etzliche buchlein von entpfaung des hochwirdigen sacraments in beyderley

g) auszubreiten h) sich i) annehme denen er gerechnet wird bzw. werden will

j) gelehrt k) unterstellt m) Druckfehler für mir

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gestalt und andere materien 10 nutzlich und noth tzu wissen, außgehen und mich bruder Martin schelten daran nith vorhindern lassen, dan ich wol sovil leyden, als er ymmer schelten kann. Wie wol ym aber das schelten ansteht, das stell ich in das erkentnis aller frommer und Got liebhabender menschen. Auff sollichs mocht einer wol fragen, was ursach bruder Martinus Ein frag dartzu gehabt, das er sich meines schreibens unnd sunderlich der materien, die ich von dem bebstlichen ampt geschriben, so hefftig angenomen hab, dieweil doch vil heyliger unnd andere doctores gewest, die auch darvon geschriben. Darauff wirdt er aber under dysser zweyen eins ader sie beyde zu antworten haben. Fuer das erste. Das er die sunde, ubel und schände, so zu Rom gescheen, und der alda keine zu gros, desgleichen den mißbrauch des ablas, kauffung desselbigen, dartzu des ertzbischofflichen mantels" und ungeburliehe gebrauchung des bannes, sampt anderen dergleychen, nith sehen, vil weniger erleyden noch gedulden möge. Ader das er sagen, das er die bikkarden und Conradt Schmidt von Sangerhaußen ader Wickleff, Hussen und andere vergifte, verfluchte und vordampte ketzer vertretten ader das ynen unrecht gescheen sey (wie dan albereit auff der bann ist) sprechen wol etc. 12 Auff das erste (ir allerlibstes gehorsammes volck Christi unßers lie- Antworht ben herren, welcher den heiligen gehorsam alßo geübt, das er in" für uns ann das frone creutz gehefft hat), sage ich, das ich mich (allen tzweiffel außgeschlossen) gentzliche vorsehe, das mann in angetzeigter meiner schrifft an keinen orth befinden, das ich mir einen buchstaben fuergenommen hab, Rome tzu vorfechten ader das boß strefflich leben, so alda mocht gefurth werden, zu entschuldigen 13 , wiewol on allen tzweiffel tzu hoffen, das auch vil christenliche unnd from volck alda, das aber des boßenn vil mit undergemengeth, das ist mir hertzlich leydt unnd betzeuge das mit Goth, dem erkenner aller hertzenn, das ich begirlichers auff erden nicht sehen, dan das solcher symoniischer 0 misszgebrauch, geyerheit p und hoffart mit anderen strefflichen handeln, ßo alda und in der gantzen C h r i stenheit befunden, außgerewth, reformirt unnd tzu besserung getzogen werden mochten. Was kan ich aber dartzu thun, dyeweyl myr dyß gericht szo wenigk als bruder Martinen Luther bevolenn ader tzu reformirenn weyth über unnßer machtt, dyeweyl auch solliches tzu andernn q dys nicht dye weyß ist. Sich solcher lesterungk, scheltenn unnd vermaledeyung mith angehangner vorspottung unnd vorachtungk (als ab dasselbig nicht wyder das heyligk ewangelium Christi und yn bruderr Martin Luthers ewangeli tzu thunn gebottenn weer) sich unverschemt offenlich und unauffhorlich tzu gebrauchen, davon man doch selten besser'. Szo wirt uns auch von unserem seligmacher Christo und seinen heiligen apostel Paulo ein gestrackte und rechte regel gesatzt, wie man ubel straffen und wer es thun sol [2. Tim. 2, 25. 26]. Der selbigenn regel aber bruder Martinus nicht

n) ihn

o) simonisch, käuflich

p) Gier

q) ändern

r) (etwas) bessert

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Antworth nachgegangen, villeicht er sich mer nach seinen dan nach dem evangelien Christi gericht hat. Ob er sich aber zum andern wie hienach berurt Hussen ader andere angezeigte ketzer (welche solche verdampte opinien und verdechtig meynung auffgebracht und den bebstlichen stul ader ampt, das ist die schefflein Cristi zu weyden unnd regiren, mit sampt dem babst, das ist dem stadthalter Christi, umbzustossen sich untherstanden 14 , wie wol sie es nicht geendet haben) tzu vorfechten understen ader verfolgen wurde und die sach endtlich dahin zu leitten, das man die heiligen christlichen kirchen on ein stadthalter des obersten haupt Christi regirn, und also ein yeder, was ym gelibt, thun und lassen und nach seinem eygen haupt glauben und leben, welches dan mit der zeit auch ym weltlichen regiment (darvon aber mir tzu schreiben nicht bevolen) ein ungehorsam erwecken mocht. Das selbig und anders nicht s sucht bruder Martinus mit dem, das man Christum allein zu einem herren haben sol, zu schmincken und mit anderer betriegklicher färb antzustreichen, darmit die heilige christenlich kirch zu einer mortgruben und des teuffels schlaffkammer wurde, wie wol die angeln dem buch ec- tzeitten ketzer die schwere hant Gottes billich erschreckt und von dyssen clesiastes [Pred.] irren weg getriben haben, ja noch auff heutigen tag abwenden solt. Szo an dem VIII. ca. nemen sie villeicht aus dem spruch des weißenn mans ursach in yrer plint'] heit tzu verharren, in dem das er spricht: Das jüngste urteil wider die bösen lang auffgetzogen, darumb die kinder der menschen an sorg und frey sundigen, als auch teglich vor äugen, das Got der her nith schnelrachig, wie wol der ein thor ist, der sich darauff vorlest. Aus disser ursach hab ich mein lateynisch buchlein von dem babstlichen ampt 15 gemacht, ob yemandes wer, der wider die warheit auch dermassen streben (wie von angetzeigten ketzern und von keinen frommen menschen nie gescheen ist) und die selbigen verkarte weg wandern, das ich yn dardurch widerumb auff den rechten weißen wolt, wie ich den mit hulff Gottes und Marien ehelanhs1 mit grundt der warheit weitter erkleren unnd ann das licht bringen wil 16 . Dieweil ich nun merck, das bruder Martinus Luther die angezeigten verdampten ketzer und buben vertedigen und yre wege tzum teil wandern, auch als derselbigen art gewest seine gegner mit sehenden, schelten und fluchen von ym weisen, so wil ich (mit gestrackter hoffnung zu Got) kurtzlieh an den tagk bringen und öffentlich beweißen, das bruder Martinus Luther anders nichts sucht, dann das er Meyssen 17 , Sachssen 18 und Toringen tzu Behem machen, und zu wegen bringen mocht, das die selbigen gelaubten und lepten, wie die angezeigten verdampten bickharden und ketzer gelaubet und gelept, welche doch von der heiligen kirchen mit erkentnus der obersten heupter, geistlichs und weltlichs schwerts in loblicher grosszer antzal ungetzweifelt aus eingebung des heiligen geistes eins teils yren Ion corperlich entpfangen 19 . So haben der durchlauchsten, durchlausten und hochgebornen churfursten und fursten von Sachssen etc. voreitern loblicher

s) nichts anderes

t) demnächst

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gedechtnis die angezeigten ketzer von Sangerhausen zu pulver prennen 20 , die ynen on allen tzweyffel, als fromme Got übenden furstenn, welches lob sie bißher behalten, und noch, nicht unrecht gethan haben. Wie wol nun etzliche sagen, wie Wickleff und Huß unrecht gescheen. Das aber kein wun5 der ist, dan kein consili nie gehalten, das den ketzern gefellig, wie auch dem verdampten ketzer Arno mit seinen anhengern das consilium Nicenum entgegen 21 , derhalben es von ym das tewffels consilium genent worden ist, als auch leider ytzt yre nachvolger das Costnitzer consilium tyrannisch genant, darumb das sie Johan Huß darinnen verprant und das geleit, so sie ym 10 solten zugesagt, gebrochen haben 22 . Wan die selbigen das consilium und den gantzen für gang der sach geleßen, ßo hettenn sie funden, wie es umb In dem buch der das geleyth gestalt gewest, und wer villeicht das selbig schelten des consilii g e s e h e n tzucht in der feddern bliben, auff das sie nach der meinung des weysen mans in untzuchtigen worthen nicht gegriffen worden weren [Pred. 5, 5]. Verheissung was 15

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Derhalben gedenck ich noch auch in das teutzsch tzu bringen: — Der ketzerischen und nith der frommen Grecken. — Der bickarden. Die artickel — Cuntzs Schmidts von Sangerhaussen — Johan Wickleff vordampter gedechtnuß — Johan Hus des schedlichen ketzers. 23 Auff das ein yeder christenmensch sehen und mercken möge, wie gleichförmig bruder Martinus etzliche seiner artickel den selbigen gesatzt und eins teyls seiner lere und predig, deßgleichen das buchlein, so er wider dem romanisten 24 geschriben, daraus gegründet hat. Das man auch den underschidt des ewangelii Christi und bruder Martin Luthers (welche allenthalben nicht uberein kommen) erkennen unnd sich vor der vorborgen gifft des Luthers ewangelii mit golt bedackt (welchs bey vierhundert jar under der banck gelegen und nun wider erfuer getzogen ist 25 ) hutten und vorsehen mug. Dan das selbig nach der machometischen" ehe vil gegrundet und von funff teylen tzusamen gesatzt 26 , dermassen es nun fast (als die alchimisten sprechen) Quinta essentia worden ist, welchs die martinianen v ein geistliche lieb, auch die geistlichen kirchen ader das geistlich reich nennen. Das ich dan, wie oben vorheissen, auch das bruder Martins fundament ym grundt gar nichts nutz ist, vormittelst gotlicher hulff aus vorbit w der hochgelopten konigin Marie klerlich probiren und augenscheinig an das licht bringen wil. Dartzu mein erstenn tractat von Sant Peters ampt (auff das man sehen, wie feischlich er mir den verkerth, aussgelegt und glosirt hat) clarer in das tewschtz bringen und ausgehen lassen 27 , der hoffnung, was ich geschriben hab und noch schreyben, das werdt von ym wol unumbgeschossen bleyben. Wie wol sie mich ein unsinnigen blinden esel schelten 28 , unwissende, das Christus (wie geschribenn ist) solche esel reitthen wil, als auch David begert. Ut iumentum factus sum apud te etc. Welches uns Paulus vercklert mit dysen worthen: Sucht yr die erfarenheit Christi, der in mir redt und in euch nicht gesehwecht wirt etc. Darumb lassen sie mich den selbigen esel bleyben. Sie hochgelerte doctores. u) mohammedanischen

v) Martinianer, d. h. Anhänger Luthers

w) Fürbitte

er noch tzu schreyben gedenckt

David an dem LXXn. psalm [Ps. 73, 22] Der andernn epistel tzu den Chorinthiern am XIII. capit.[2. Kor. 13,3]

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Wye Joannes in seinem evangelio am XXI. ca. sagt

[15-17]

Joan, am X. capitel [11. 16]

Erclerung der VII. sacrament

Alveldt: Ein Sermon, darin er sich über Luther beklagt

Hir nach volgt nun der grundt meiner andacht mit kurtzen worthen tzu einer beit", bis die verheissen buchlein hernach volgen werden. Die Christenheit, das ist die sammelung eins glaubens under bewerten heiligen schlifft des alten und newen testaments und den siben heiligen sacramenten. Aber dysser sammelung heupt, das ist Christus. Idoch ist dyßer samelunge von nothen und muß sein, das sie haben einen obersten, der ein stathalter Christi, nicht das er über Cristum ader ym gleych, sunder under Christo, auff das nicht einem ydem offen und frey tzu thun, den glaubenn, die schrifft und die siben sacrament tzu verkeren, tewten und verrücken, wie er wolly, aus welcher ursach denn ergewdigenn z ketzern under dem vicario ader stadthalter Christi tzu sein alweg so schwer und wider sein gewest und noch ist. Etzliche derselbigen kertzem haben gesprochenn und sprechen, der stadthaldter Christi sey von Got geordent und herkommen, dasselbig vicariat sey aber geendet und sider3 den tzeitten Urbani des sechten 29 kein babst, sunder die sider ym selbigen ampt gesessen eyttel antichristi gewesen 30 . Die andern haben gesagt unnd sagen noch, der babst ader stadthalter Christi sey nicht von Got, sunder von dem menschen gesatzt31, und wollen darmit erhalten b , das gebot der kirchen tzu halten nicht von nothen sey. Hirwider sag ich mit allen heiligen doctorn (der kirchen, der viller leben so heilig gewest, das es auch nach yrem todt mith vil und grossen wundertzeichen getzirt und bestetiget wordenn ist) 32 , das der babst ader stadthalter Christi von Got gesatzt sey, do er zu Petro öffentlich sprach, nith in einem winckel, sunder über essen yn beywesen und gehör der andern apostel: Petre hutte ader weyde meine lemlein, czum ersten und zum andern, aber tzum dritten mal. Peter, du salt regirn 33 meine schefflein. Diß sein die offenbare und unverdackte wort unßers seligmachers, on alle gloß ader verfelschung. Derselbig unser liber her hat auch weyter gesprochen: Ich bin ein gutter hirt und hab schaff, welche nicht von dyssem schaffstal der ehe Moisi sein, dann ausgeschlossen die heyden, was keinn ander volck tzu der ehe Moisi verbunden, und also die selbigen heyden, welche nach der vomunfft lebten, auch schefflein Gottes, wie woll als obstet nicht von der ehe Moisi. Die selbigen schefflein als Juden und heyden hat der vorworffen (welcher aber darnach tzu eynem egkstein worden ist) durch sein heiliges leyden und sterben in einen schaffstal tzusammen under einen hirten bracht Sant Peter und keinen andern, als dem stadthalter und amptvorweßer Christi 34 mit angetzeigten aussgedruckten und claren worten (welche sich die ketzer understanden tzu glosiren, aber kein gloß leyden) bevolen, im0 die aber nicht eigentümlich11, sunder in sein sorg und huth tzu weyden und regiren gegeben, sprechende: Hutte und weyde meine scheflein, nicht deine, sunder meine schefflein saltu als mein hirt und stadthalter hüten, bewarn und regiren, auff das sie yn der weyde, das ist ym glaubenn der heiligenn schrifft und den siben sacramenten 35 , kein gifft ader ander arges empffahen im glauben, wan der gerecht lebt aus dem glauben, in der

x) Vertröstung, vorläufiges Anerbieten y) will z) ehrsüchtige reichen, bekräftigen c) ihm d) zu Eigentum

a) seit

b) er-

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heiigen schlifft. Wan der mensch lept nicht alleinn ym broth, sunder in ydem wort, das von dem munde Gottes außgehet, in den siben sacramenten, wan in der tauff wirt gegeben das leben, auch die christenlich stercke, in der firmung des gleichen, in dem fronen leichnam Jhesu Christi die speiß und sussigkeith gotliches trostes und in der büß und beicht den krancken in sunden wäre ertzney tzu der gesuntheit, dartzu in der weichung ein rechte underweisung in den dinst Gotes und der seien Seligkeit. Dan der her spricht: Ich hab euch außerweit und gesetzt, das yr solth frucht thun und ewer frucht sol bleiben, und aber in dem ehelichen standt wirt erlangt ein tzuchtiges leben, dartzu in der olung ein sicherer abschidt von dissem jammrigen und betrübten leben etc. Dyß ist die speiße der narung, futterung, weyde und leben der schefflein Christi under S. Peter und seinen nachkommen weydende, in welcher die selbigen frommen schefflein nun viertzenhundert sechs und achtzig jar 36 geweydeth, frisch, gesunt und unbeschedigt bliben 37 . Welche aber von disser sammelung getreten und von der hut, vorsorg, regiment und bewarung Sant Peters sampt seiner nachkomen geloffen, die sein gemeinicklich vergifft, yrrig und tzu ketzern worden. Disse weyde aber desterweniger nichtf umb des ampts willen des babst (welches Got der herr auffgericht und wider die pfortenn der helle, das sein die tewffel und yre anhenger, vorsichert hat) altzeit gesundt, reyn und unbefleckt bliben und wirt hinfur in dissem schaffstal bis an den jüngsten tag bleybenn, wie offt und hefftig auch die wolff und diebe darunder wulenn, scharren und graben. Szo werden sie doch dissem stal, das ist dissem ampt des babst, nicht geschaden mögen. Und ob sichs etwan schon begeben, das diß ampt ein untüchtigen boßen hirten gehabt ader sich noch begebe, das es ein solchen haben wurde, das ampt nicht dester weniger rein und unbefleckt bleyben als es bißher unvermakelt blyben, wie offt es von den vorgifften kettzern hefftig angefochten worden ist. Das haben wir tzwu warhafftig erfarenheit, wyder welche kein schrifft die änderst 8 recht und bewert ist. Die erste, das wir wissen (und wan wir alle historien die recht und bewerth sein auschlessen*1), das S. Petres ader bapstlicher Stull ader des babst ampt keinen morder, diep, noch wolff tzu eynem babst nye hat dulden noch leydenn mogenn. Eyn morder, Sprech ich, das ist einn ketzer. Wann1 er tödt die scheffleinn ym gelaubenn mit falscher lere unnd vergifftung der heyligenn sacramenth, darvon die scheffleyn das geistlich leben haben, und yn dem), das die von ynen genommen, getodt werdenn. Eyn dieb, das ist ein heymlicher, subtiler und frefflicher yrrer ym glauben, der stylt den scheffleyn auch das leben. Ein wolff aber, das ist ein scismaticus, ein tzerteyler, tzerstrawer und vorderber der eynigkeyt und lieb der scheffleyn und ist auch nicht tuglich tzw eynem hyrten der schaff, als uns dan unßer her vor dyssen dreyen selbest gewarnt hatt.

e) Weihe, Firmung f) nichtsdestoweniger, nicht zuletzt wegen g) wirklich, tatsächlich h) auslesen (der Erstdruck hat: auslszenn) i) Denn j) dadurch

Wie Paulus sagt tzu denn Römern am ersten capit. [17] Mathei am IUI. capit. [4] Jo. am III. c. [22ff.] Im buch der apostel wirckung am I. c. [5] Lu. am XXIIII. capitel [46f.] Jo. am VI. ca. [35] Lu. am XIII. c. [23-30] Joan, am XV. [16] Mat. am XIX. [6] Mar. am VII. [33f.] Jaco, am V. [14]

Joannes am X. capitel [12]

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Alveldt: Ein Sermon, darin er sich über Luther beklagt

Die ander erfarenheit, das kein babst ßo vorkarth ader boßes lebens nye gewest ist, der in dyßen dreyen, als dem glauben, der schrifft ader den siben sacramenten, der kirchen hette geschadt ader geschaden mogen k . Bruder Martinus wirt auch das gegenspil mit keiner schrifft (er wol die dan selbst ertichten) nümmermer beweyßen. Welches auch den teuffei ßo offt vordrossen, derhalben er ßo mancherley ketzer erwegckt hat, die dyssen stul umbstoßen, das ist, das sie das ampt Petri aus disser sammelung tedigen1 und bringen solten, auff das er alsdan sein cram m auffmachen und sein kauffmanschatz dester gewynhafftiger treiben mocht. Dieweil aber das so von Gott gemacht untzerstorlich, so Joannes am XXI. ist auch disser stul unverruckt bliben, als der auch hinfur, wie ubel es die ca. [17] ketzer vordrissen, auch vor bruder Martin Luther unumgestossen wol bleyben wirt, und wan schon auch der abgetreten Behem (unverletzlich den frommen) patrón als Jacobellus 38 , Hieronymus 39 , Huß 40 und Rockentzan 41 und die andern alle wyder auffstunden, bey yn tretten und zu ym setzten. Dan dye pfforten der helle sollen wider dissen stuel, das ist wider dis ampt, nichts vermögen etc. Derhalben bruder Martinus von dissen ferlichen weg (dartzu ich yn hertzlich verman) wol" abtretten. Dan wer wider Goth ficht, gewint nichts dan das er sich von Goth teylt0 unnd in die gewaltt des teuffels feit, weleher (und ob er schon in das landt tzu Behem lieff, er kere dan wider umb) nicht entlauffen magk etc. Disses stuels und gewalt des babstes hab ich in meinem teutzschen buchlein, welches ich mit der tzeit zu vornewen und weitter außzubreitten willen 42 , vil mal gedacht, unnd wo ich darynnen den babstlichen stuel, das babstlich ampt ader die bapstlichen geistlichen gewalt gesatzt, das hat mir mein feischer ader schrifftewtter umbgekert und daraus gemacht romische kirchen, bapstliche ewsserliche gewalt und bapstliche tiraney, villeicht der andacht yn die einfeltigen, die das latein nicht vornemen, tzu bilden. Das ich Rom und das ubel, ßo darinnen geschieht, vorfechten unnd darzu mich vornemen lassen, das von nothen der babstliche Stull allein und alweg tzu Rom sein unnd bleyben solt43, welches aber bruder Martinus Luther, als er ander ding vil meher auff mich erdicht, sollichs auch ein yeder, der mein buchlein gelesen, wol abzunemen hat 44 . Als aber bruder Martinus dahin kommenn, da in meinem buchlein 45 gesetzt, das Moyses ein volkommen figur Christi und Aaron ein figur Petri gewest ist, hat er mir meine worth schentlich vorkert und mich nach seyner gewonheit yemmerlich gescholten, geschmecht und veracht und gedrawet, mich die loica p (welche ich ane rum tzu schreyben villecht so baldt yn q als er mich lernenr, so es eins zu den kunststreychen kommen mocht) recht zu lernenn 46 , welchs lernen, so ich es hinder® ym zu finden, und auch wiste, das sein lere allenthalben gesundt were, ich mich gar nith Schemen wolt. Vermuth mich aber gentzlich, er wer' mich mitt seiner lógica nicht fahenn.

k) können 1) tätigen, herausschaffen m) Krambude, Krämerei n) wolle o) abteilt, abtrennt p) Logik q) ihn r) lehren s) bei ihm, von ihm t) werde, wird

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Dan der weis man sprichtt, das der yhenig, so gedenckt vogel zu fahen, das netz vorgebenlich fuer die äugen der selbigen außwurfft. Das laß ich nun hinfaren, wil mich nith grosser kunheit nach" kunst vormessen, aber in starcken getrawen zu Got (welchs ere ich allein und meine eygen hirinnen nicht such) mich auch vor bruders Martinus loica theology noch tiranney gar nicht forchten. Auff das ich aber, meyn liebes volck, was ich von den figuren Moysi und Aaronis geschrieben, euch vorstendig machen und eins tzum beschlus dis sermons kommen mocht, solt yr wissen, das dreyerley priesterschafft gewesen sein. Die erste in der ehe der natur, als nemlich die priesterschafft Melchisedech, welche dan ein volkommene figurv der priesterschafft Christi in der newen ehe gewest ist, derhalben Sant Pauel gesprochen, das Got der vater geschworn hat, das Christus nach der ordenung und weyse Melchisedech ewiglich priester bleyben. Dan der selbig Melchisedech, ein konig des frides und ein prister des höchsten Gotts, on vater, muter und geschlestew gewesen ist. Die ander pristerschafft hat in sich gehabt tzwu person, als nemlich Moisen und Aaron, welche dan oberste prister warn wie geschriben steht, Moisés und Aaron under ader yn seynen pristern. Aber Moisés was einn volkomene figur Christi in tzehen stucken. Czum ersten in dem, das er ein fürst und oberster priester auch nymandes über yn was dan Goth. Czum andern in dem, das er das volck Gottes von der gewalt pharaonis des konigs Egipti entledigt. Czum dritten, das er eher* die ehe des gebotes von Got entpfangen, XL. tag und ßo vil nacht gefastet hat. Czum Vierden, das er ein brewtigam, dem die synagog, das ist das judisch volck, wie wol nith gentzlich vermelt, demnach er nicht der rechte was, der die kinder Gottes zu der ewigen Seligkeit erwecken kundt, derhalben ym die schuch austzutzyhen von Got gebotten, tzu einer antzeygung, das ein ander komme, dem das volck eygentlich vermehlt werden. Derhalben Moisés hauß das hauß plosser fuesse geheißen werden solt. Czum funfften ist Moisés nach der gewalt pharaonis Got. Und tzum sechsten Christo gleich gewesen, wie dan Got durch den propheten gesagt hat: Ein propheten under deynen brudern wil ich erwekken, der dir gleych sol sein. Czu dem sibenden hat Moisés ein vorcklart angesicht gehabt, wie wol mit einem tuch vorhangen Czu dem achten ist er yn dem volck Gottes ein getrewer. dyner gewest. Czum neunden ist er ein getzeug Christi gewest auff dem berge Tabor. Czu dem tzehenden hat er seinen bruder Aaron under ym gehabt, wie ein vicarien ader Stadthalter in den dingenn das volck belangende. Darauff öffentlich tzu verme[r]cken, das Moyses ein volkomne figur Christi gewest ist.

u) noch er

v) Bedeutung, Präfiguration

w) Geschlecht, Stammbaum

x) ehe

In dem buch der Spruch am ersten capitel [Spr. 1, 17] In dem buch der schepffung am Xin. [1. Mose 14, 18-20] Czu den Hebreiern am VII. David in CIX. psalm [110, 4] Im acht und neuntzigsten psalm [99, 6] Im buch des ausgangs [2. Mose] am X X i m . [12ff.] und XX. capit. Im vorgenanten buch am III. [5] Im buch der andernn ehe [5. Mose] am XXV. [9. 10] Im buch Ruth am IUI. [7] Im buch des ausgangs am VII. [1] Im buch der andern ehee am XVIII. [15] Czu den Corinthiern der andern epistel am m . [13ff.] Czu den Hebreiern am III. [ 3 - 5 ] Mathei am XVII. [3 f.] Im buch des ausgangs am VII. [2]

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Alveldt: Ein Sermon, darin er sich über Luther beklagt

Im buch der leviCzum ersten in dem, das Christus die warheit, der oberste fürst und ten am VIII. priester. [3. Mose 8, lff.] Czum andern der erlößer ist der gantzen weit vonn der gewalt pharao-

nis, das ist des teuffels. Mathei am IUI. Czum dritten, das Christus XL. tag und nacht gefastet, eher die newen 5 [2ff.] ehe gegeben hat. Mathei am V. Czum Vierden, das er ein warhafftiger prewtigam seiner heiligen kir[17ff.] chen (dardurch wir kinder Gotes) worden.

Czum funfften, in dem das er warer Got aller creaturen. Joan. am I. Desselbigen gleichen tzum sechsten, das er der oberste über alle pro- 10 [14. 17] pheten gewest und ist. Mathei am XVII. [2] Czu den Hebreiern am III. [3—6] Im buch heimlicher Offenbarung am I. [2. 5] Joannis am XXI. cap. [ 1 5 - 1 7 ]

Czu den Hebreiern am IX. capitel [7. 2 5 - 2 8 ]

Im buch des auszgangs am

XXVni. [21]

Czum sibenden ist er an leib unnd an cleyder wunderbarlich vercklert worden und uns sein heiliges angesicht auffgedackt, in dem das er alle warheit an das licht gebracht hatt. Czu dem achten ist er ein getrewer sun in seinem hauß, das ist in seynem volck und nith wie Moisés ein knecht gewesen. Czum neunden ist er ym selbst ein warhafftiger tzewge gewest, als ein eingeborner sun von den todten aufferstanden. Czu dem tzehenden hat er auch ein Stadthalter auff ertreich haben wollen wie Moisés Aaron gehabt, auff das alle ding ordentlich tzugingen. Derhalben er tzu Petro gesprochen hat: Petre, du salt weiden und regiren meine scheflein, nicht das ich dir sie tzu eigen gebe, sunder das sie mein und ich yr öberst heupt bleibe, aber ich bevel dir die, das du sie weyden unnd regiren sollest, das kein ketzerey, keinn irthum noch gifft in den heiligen glauben, schlifft ader sacrament (darinnen das leben der schefflein stehet) kommen mog etc. Aaron der ander priester was auch, aber nicht ein volkommen figur Christi. Als Paulus spricht, das die pristerschafft Christi nicht nach der Ordnung Aaronis, sunder nach der Ordnung Melchisedech sey. Aber in dem das Aaron ym jar ein mal mit dem plut der thier tzum hochen altar ging, ist er auch einn warhafftige figur Christi gewest, welcher Christus unßer Got und erloßer mit seinem eygen plut in den hohen himel gegangen ist. Darwider ich dan (als mir bruder Martinus feischlich aufflegt 47 ) in meinem buchlein nichtes geschriben hab. Aber in dem, das Aaron ein stadthalter Gotes und Moisi und alßo under Moisi, wie wol er über die andern prister all gewest, ist er nith ein figur Cristi gewest, dan Christus under keinem menschen, auch keyns menschen stadthalter, die weil er Got über alle ding ist, und yn dem ist Aaron ein figur Petri und keines andern gewesen, des zu einem tzeychen Aaron XII edelstein an seinem hals wie S. Peter die andern XII aposteln getragen hat und er der XIII. gewest, als offenbar ist, das der apostel XIII gewest, die von Christo geruffen sein. Es wurden auch XIII ruthen in den tabernackel getragen. Aber allein die ruth Aaronis bracht frucht [4. Mose 17, 17—23], welche dan Petrum (der allein under den XIII aposteln der oberst sein solt) bedeut hat. Daruber warn an dem stul Salomonis XII lawen [1. Kön. 10, 20], bedeutten die XII apostel an dem stul Petri. Der heilige Peter aber als der XIII. solt allein auff dissem Stull das ist im ampt sitzen, das Christus Petro bevolen hat sprechende:

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Petre hutte und regire meine schaff etc. Dysse nuß wirt mir bruder Marti nus Luther meins vorsehens nicht auffbeissen. Die nuß aber, so er mir in seinem jüngsten scheltbuchlein fuergelegt und gemeintt hat, das mir die zu hart sollte aufftzubeissen 48 , die wirt ich ym ehelangs y mit der hulff Gottes dermassen auffmachen, das ym der kern nicht wirt schmecken werden, und als er sich rumet, wie er ander ding von dem bapstichen amptt geschriben, welchs er vor mir (das ich es antasten) nicht sorg hab, sol er erfaren, das ich ym das selbig fundament mitsampt dem gebew mit hulff der ewigen warheit tzerstoren und wo er unrecht und feischlich geschriben hatt offentlieh an den tag legen, ertzum ader lach, ym sein yrthum weisen wil (wan die warheit muß ewig bleiben) und nichtes angesehen, dan Gotes lob und ehre auch der menschen Seligkeit.49 Auch, liebes volck, sintdemmaP sich bruder Martin Luther besorgenn unnd befahren 2 tuth, unßerm allerheiligsten in Got vater, dem babst, seinem stule (nach deme der nicht von steine oder holtz gemacht, besundern ein ampt von dem sone Gotis aufgerichtet, do er sagt: Peter, hüte meiner schefflein, regire meine lemlein) umbtzustossen, als er auch nymmermer enden wirt, so kert er sich tzu der heiligen messe 50 , die tzu sehenden, vorkeren, abewenden, und offent b seine apotecken austzugiessen seinen gifft. Czum ersten, so er macht von der messe ein news testament umb des blutes Christi willenn 51 , gleich ab das ein new testament were, das doch nicht war ist und umbewert 0 durch schrifft, sunder mehr aus seinem eygen willen und kopff ertichtet. Das new testament aber ist nichts anders, dan ein erlosunge menschlichs geschlechts, ein new gesetze und ehe tzu machen, ein newes volck gotlicher sammelunge, ein newe vorheischunge, nicht tzeitlichs, sunder ewigs lebens, warhafftiger Seligkeit, und das ist alles gescheen durch das vorgissen des bluts Christi, wan keyne vorgebunge der sunde mag (als Sant Paul spricht) ane blutvorgissunge bescheen, ßo fast alle ding durch das blut gereyniget werden. Auß der ursach spricht Christus: Meyn blut des newen testaments. Er spricht aber nicht: Mein blut das new testament. Das blut Christi ist nicht ein testament. Es ist aber das, dadurch das new testament gereyniget, vorsigelt, bewert und bey krafft behalden wirt, auff das die figur, das ist die bedeutunge, mit der warheit übereinkomme. Sanct Paul spricht: Woe ein testament ist, muß es seinn, das der todt des, der das testament gemacht hat, dartzwischen komme, wan das testament in dem totten bekrefftiget wirt, änderst tocht kein testament, ßo der noch lebt, der es gemacht het. Derhalben ist auch nith das erst, das ist das alt testament, ane blut geheyliget und bestetiget, dan, wan Moises allem volcke das gantze gesetze geleßen, nam er einen sprengel von ysop 52 und roter wolle und besprenget das buch und alles volke mit wasser und blute der kelber und bocke, sprechende: Dys ist das blut des testaments, das der herre mit euch gemacht hatt über alle diesse rede. Wie kan nun das blut ein testament seyn in der newen ehe, so es

y) demnächst

z) zumal da

a) befleißigen

b) öffnet

c) unbewiesen

Joan, am XXI. [17]

Die erste gyft

Czun Ebreen am IX. [14] Mathei am XXVI. [28]

Czum Ebreen am IX. [16. 17]

Im buch des ausgangs am XXIIII. [2. Mose 24, 8]

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Die ander gyfft

Luce am XXII. [19]

Die dritte gifft

Mathei am V. [17]

Malachias am in. [1—4]

Alveldt: Ein Sermon, darin er sich über Luther beklagt

kein testament geweßen ist in der alten ehe? Aber bruder Martin Luther wolte gerne durch disse und der gleichen schaffte das christglaubige volke dartzu brengen, das sie, wie die ketzer in Behemerlandt, das sacrament unter beider gestalt entpfingen. Sihe dich aber fuer, mein liebs volck, las dich nicht vorfuren. Czum andern machet er seinen kram auff und speyet gyfft, sprechende, das die cleydunge des priesters vor dem altar und ander eußerliche dinge und tzeichen, die von dem priester, ßo er messe helt, gescheen, sein nicht auß dem evangelio, sunder menschen gedichte und tzusetze 53 . Ich halt aber, das bruder Martin Luther hier gerne pickardische, wickleffische unnd ketzerische priester machenn wolte. Ist das war d , das hir bruder Martin schreibt, ßo seinn auch tzwey ding wäre (das aber tzw sprechen weyth von uns sey). Das erst, das man auß dem evangelio nith hat, das Christus gebunden, mit mererley cleydunge beckleidet, gefurt, gegeischelt6, gemartert und gecreutziget wer. Das ander, das Christus felschlichen gepotten het allen priestern, das sie das thun solten in seinem gedechtnis. Es were aber besser, das bruder Martin Luther alhie stilschwige und lisse sein unnutze geschwetze und schreiben, dan die heylige christliche kirche under Sant Peter unnd seinen nachkomen hirynne nichts (denn das Christus gebotten hath) gethan, do er sprach (als Lucas schreybt) das thut in meinem gedechtniß, welchs ich tzu seiner tzeit auß gotlicher hulffe weiter tzu erkleren willens und den grünt darvon an den tag tzu bringen untzweifflicher hoffnung byn. Czum dritten spruet bruder Martin Luther gifft, setzende, das die messe kein opffer sey, wan man möge Christum, ßo er sich selber eins geopfert habe, nummer nicht opfern 54 . Wer kan hir, was bruder Martin Luther meinet, prenostitzirnf ader warsagen? Aber ich spreche, das er mus dreyerley sagen. Erstlich, das die priester Christum nicht leyblich opffern tzum tode wie die Juden und heiden, und das ist war. Czum andern, das die prister Christum nicht leyplich opfern wie sich Christus selber in den todt geopfferth hat, unnd das ist aber 6 war. Czum dritten, das die prister Christum dem himmelischen vater tzu einer gedechtniß menschlicher erlossunge nicht opfern under tzweien gestalt, und das ist unware und pickardische ketzerey, den die prister vornewen h nach dem gebott Christi das gedechtniß seins leidens, das Christus seinen himmelisehen vater umb erlosunge des sundigen menschen, des rechtfertigen bestendige gnade, menschlicher dürftigkeit trost, fride und erqwickunge bitten wolde, wie kan es nun war sein, das Christus die alten ehe nicht hat auffloßen, sunder erfüllen wollen, so die prister in der alten ehe alle tage opfer des frides, der danckbarkeit, vor die sunde, vor die reynigunge und der gleychen opferten? Was solten nun die prister in der newen ehe opfern, das die warheit mit der bedeutunge gleich stunde? Der prophet spricht: Schauwet, der herr des volckes wirt kommen und wer kan den-

d) Falls das wahr ist, h)erneuern

e) gegeißelt

f) prognostizieren

g) abermals, auch

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cken den Tag seiner tzukunfft 1 ? Und wer wirt stehn yne tzu schau wende? Er ist ein blasens fewr und wie ein kraut der gewandtferber, darmit das gewandt gereynigt, unnd er wirt sitzen und blasen und reynigen das silber unnd lauter machen' die prister und wirt sie scheiden wie das golt und silber und die prister sollen opfern dem herren in gerechtigkeit die opfere, und das opfer Juda und Hierusalem sal gefallen dem herren wie die alten tage und die alten jare. Aber ich forchte, das bruder Martin Luther anders nith sucht, den das er wolte, das kein prister were unnd das ein ytzlicher wie die pickarden opfferte und prister were, yhr opffer ist aber ein narren spill. Czum Vierden plappert bruder Martin Luther, das es yne guth gedeuchte, das man teutzsche messen hielte 55 . Sage (liber bruder Martin Luther) wue hastu das gelesen ader gelernet? Ane tzweifel in der pickarden grübe und ketzerschule, in Christi evangelio nicht. Christus hat die sache seines todes und leidens in dreyen tzungen als hebreisch, krigisch und latinisch, nicht in der spräche des gemeinen volckes, auff das creutze lassen hefften. Er hat auch das ampt der messe (do er sprach, das soltt yr thun in meinem gedechtnis, das ich gethan habe in der vorwandelunge brotes und weins und das ich noch thun werde in meinem leiden und tode) dem gemeinen volcke nith geboten, besundern allein den pristern. Was kumpt dem gemeinen volcke tzu, das sie wissen, wie die wort lauten, dadurch die wandelunge geschiet? Nichts über allk, yne ist gnugk, das sie warhaftig glauben, das Christus alda leyplich ist, und ist yne auch gnung, das sie glidmas Christi sein ym glauben und in der liebe, wen sie schon kein messe sehen ader sacrament entpfingen. Sich1 ist aber auß disser und anderen bruder Martin leer tzu vermutten, das er die empfaung der teuffelischen humele (ich wil mich ytz selbs enthalten und darvon nicht weyter reden ader schreiben) under der samlunge, Sanct Peter bevolen, erwecken. Wen mir bruder Martin Luther eyniche historien weiset, die warhafftig ist, das es tzu yhenner tzeit eine weyße ist gewesen, das in christlicher kirchen in ander tzungen, den yn dreyen, als in hebreysch, krickysch und lateynisch, messe ist gehalten wurden, so mochte ich yne für ein helt achten. Aber das ist war, die ketzer, die nicht under Sant Peters stule, das ist under Sanct Peters ampt, sein wolten, die haben die bubischen, vorfluchte und lesterliche weisse erdacht, das sie in gemeines volcks spräche meße halten wolten, uff das dadurch das volke ungehorsam, widerspennig und vill yrtums wurde, und sie einfuren mochten, das sacrament under beyder gestalt tzu entpffahen. Das aber bruder Martin Luther schreybt und sagt, das der heylig bischoff und marterer Ciprianus 56 den kindern das sacrament under beyder gestalt gereycht habe 57 , das halte ich (aldieweil er mir nicht weiset, wu es geschriebenn steht, wer es sagt ader wue er es bewerlichm gelesen) vor ein scharffen faler, mißgreiff ader gedieht.

i) Ankunft bar

j) reinigen, läutern

k) überhaupt nichts

1) Es

m) beweis-

Die vierde gyfft Joan. am XIX. [20]

Lu. am XXII. [19. 20]

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Alveldt: Ein Sermon, darin er sich über Luther beklagt

Die funffte gyfft

Czum funfften wil bruder Martin Luther halten yn seynem newen testament, das die messe wie ein opffer den seien ym fegefewr nicht tzu trost und erlossunge komen konde 58 . Hyr ist aber ein krigischer und pickardischer ketzer begraben. Aber mit der hülff des almechtigen und auff vorbet" der unbefleckten junckfrawen Marien wil ich solchen krigischen und pickardischen ketzer, wenne ich von dem fegefewr schreiben werde 59 , aufgraben und außwerffen. Ich sage aber kürtzlich 0 , das kein opffer yn hymmel und erden grosser, fruchtbarer und gnugsamer sey, wen die heylige messe vor die ßelen ym fegefewr, was schrifft unnd rede ich dartzu füren wil, sali man tzu seyner tzeyt sehen. Es were wol vil erlicher, tzuchtiger und christlicher das man Augustino, Hieronymo, Ambrosio, Gregorio 60 , Dionisio 61 , Basilio 62 , Crisostomo 63 , Bede 64 , Bernhardo 65 , Eusebio 66 und andern heyligenn doctoribus glauben gebe, dan das mann die boßen buben, die ketzer, also Wickleff 67 unnd den unelichen, ungetrawen sun der naturlichenn unnd geystlichen geburth Joanem Huß 68 , deß gleychenn Pickharth 69 unnd Cuntzen Schmidt 70 vorfechten unnd dene glauben geben will. Die sechste gyfft Czum sechten wirffet bruder Martin Luther seynen boßen samen auß und spricht: Sie haben uns die gestaltt des weins wegkgenommen. Sie werden auch gar balde die gestalt des brots hynnemen und uns darnach die monstrancien tzu küssen geben 71 . Ach, liebes volck, kere dich (bit ich demütiglich) nicht an disse losse bübische wort. Christus hat keinem menschen auff ertreych gepotten, das sacrament in einer ader beider gestalt tzu entpfahenn. Er hat aber gedrawet, das keiner kan selig werden, er sey dann yn seynem geistlichen leybe ein glidmas, das ist, er sey dan yn der samlunge under Sant Peter mit unbeflecktem glauben unnd warer liebe. Das sacrament aber tzu entpfahen, hat er gelassen dem heiligen geiste tzu regiren, der heiligen kirchen tzu ordiniren und der innigkeit des volkes sich dartzu tzu schicken. Was not haben die schefflein under Sanct Peter und seinem nachkomling in viertzenhundert jaren unnd darüber gehabt, das sie nicht haben under beider gestalt das sacrament genommen? Nichts ader keine not. Unnd was haben die Thabariten 72 , das seyn die Behemen, die das sacrament under beyden gestalt entpfangen, vor frucht darauß gefunden? Keine überall, wann das p ßo manicherley yrthumb, ßo manich mensch da ist, da findet mann Nicolaiten 73 , Armenier 74 , Manicheer 75 , Arrianer 76 , Nestorianer 77 , Pelagianer 78 , Berengarier 79 , Pickarder 80 unnd ander ketzer ane tzale, in massenn, das sie selbs under eynander ym glaubenn ßo tzwitrachtigk, das sie nümmer eyns seyn unnd kawm wissenn, was sie gelawbenn. Dieß ist diessem sermon tzw eyner beyth q kürtzlich tzugesatzt, bissolang ich bruder Martinen seinen gifft gar entdecke und an tagk bringe. Bitte derhalben einen ytzlichen frommen Christen meschenn, das sich niemandt wolde ergern, so ich schreybe von den ketzern von Sangerhausen ader in Behemerlandt. Ich weis das vorwar und ungetzweifelt, das vil frome geistliche, tzüchtige und

n) Fürbitte

o) in Kürze

p) als daß

q) Vertröstung, vorläufiges Anerbieten

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christglaubige menschen in Behemerlandt und tzu Sangerhausen wonen, die nicht schuldig sein noch wissen von denn ketzern stucken und yrthümen, welche ich ytzt und alletzeit außgeschlossen haben, als ich auch bruder Martin Luther dis auß keiner andern meynung tzw schmach (demnach 5 ich darane die warheit schwerlich antzeygen kan) geschriben haben, wil sich aber darüber ymandts etwas annemen, muß ich lassen gescheen. Ich kan es nicht weren, aber die gerechtigkeit und warheit Gottes muß und sal tzu ewigen tzeiten bleyben. Amen. A m schreyen ist tzu nemen ab 10 welchen der stein getroffen hab. Unßer memme 8 1 wirt ßo Got wil elangs der tzeit dem kindt ym Augustiner closter tzu Wittenberck prey einnsthreychen, sinteinmall ym die tzen sein sthunffs r wordenn.

A) Vorbemerkung Druckvorlage: Ein Sermon: darinllnen sich Bruder Augustinus von Alueldt. S. Fräcisci or=lldens: des so in Bruder Martinus Luther Augusti=llner Ordens: vnder vil schmelichen namen geles=lltert/ vnd geschent/ beclaget/ vnd wie Augu=llstinus forder wyder Martinü (tzu er=llkennen wie gesunt sein lere sey) tzu II schreybe wiln hat. Welcher II durch yne vö newem II Corrigirt/ vnd gellrechtfertigt/ des ßo von dem drucker II tzu vorn vorsehen/ Auch mith eynem II tzu satz/ etzlichs dinges ßo vö Bruder II Martinen Luther newlich von der II messe geschriben ist/ tzu trost vnd II besserung des gemeynen II einfaltigen II volcks. II [Bibelspruch] II [Leipzig: Martin Landsberg 1520.] 4° 12 Bl. (letztes leer) Sign.: AB 4 C 3 . - Weller 1317. VD 16 A 2099. Köhler 103. Smolinsky 5a. - EKU: 1316. Zur Entstehung: Nach Martin Luthers Schrift „Von dem Papsttum zu Rom" (vgl. oben Nr. 2, S. 88, Zur Entstehung), die Ende Juni 1520 gedruckt vorlag, griff Alveldt sofort zur Feder und schrieb diese Entgegnung, die nach Lemmens (Alfeld, S. 40f.) bereits im Juli erschien, und zwar bei Wolfgang Stockei in Leipzig. Kurz darauf muß ihm Luthers neue Schrift „Ein Sermon von dem Neuen Testament, das ist von der heiligen Messe" (WA 6, S. (349) 353-378; Delius, Luther, Bd. 1, S. 288—311) zu Händen gekommen sein, deren Erstdruck Luther am 29. Juli erstmals versandte. Alveldt besorgte daraufhin eine zweite Ausgabe seiner Schrift bei Martin Landsberg, in der er noch eine Entgegnung gegen Luthers Messe-Sermon anfügte. Sie erschien bald darauf, jedenfalls wohl noch vor Luthers Babylonica, die Anfang Oktober vorlag. Wegen der Anfügung (Bl. B4b—C3b) drucken wir diese zweite Fassung, die den Text des Erstdrucks — bis auf einige vom Autor vorgenommene Korrekturen von Druckfehlern sowie sachlich unerhebliche Änderungen in der Schreibweise — voll übernimmt. Literatur:

r) stumpf

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Reformation

Smolinsky, Alveldt und Emser, S. 70f.

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B) Sacherläuterungen 1 Adolf II., Fürst von Anhalt (1458-1526), seit 1514 Bischof zu Merseburg. 2 Augustin Alveldt, Super apostolica sede, 1520 (vgl. oben Nr. 2, S. 87, Zur Entstehung). 3 Augustin Alveldt, Ein gar fruchtbares und nützliches Büchlein, oben S. 72ff. 4 Vgl. ebd., S. 88f„ Anm. 10. 5 Vgl. ebd., S. 88, Anm. 4. 6 Vgl. ebd., Anm. 5. 7 Vgl. ebd., S. 89f„ Anm. 16 u. 30. 8 Von Luther selbst war bisher nur eine Schrift gegen Alveldt zu diesem Thema erschienen: Von dem Papsttum zu Rom . . . (zu ihr vgl. auch Brecht, Luther, Bd. 1, S. 328—330); A. wird die Schriften von Lonicer und Feldkirch mit einbeziehen. 9 Vgl. Wander, Bd. 3, Sp. 349. Das Sprichwort ist dort positiv belegt: Maien stekken = Wohlwollen; keine Maien stecken = Ablehnung. Die „Drohung" Luthers in: Von dem Papsttum zu Rom, WA 6, S. 309. 10 Im Jahre 1520 erschienen noch zwei lateinische und zwei deutsche Schriften Alveldts zur Sakramentsproblematik, speziell zum Abendmahl unter beiderlei Gestalt, zur Ehe und zur Buße (vgl. Smolinsky, Alveldt und Emser, S. 105ff., 424f.). 11 Anspielung auf die Annaten, d. h. die bei Amtsantritt des Erzbischofs oder Bischofs an den Papst zu zahlenden Gebühren. 12 Die Antworten werden Luther von Alveldt unterstellt; sie finden sich so nicht in Luthers Schift. Anklänge vgl. WA 6, S. 316, 287. 13 Vgl. oben Nr. 2. 14 Zur Ablehnung der Papstgewalt durch Hus vgl. Denzinger-Schönmetzer, Nr. 1207, 1209, 1213, 1220-1224. 15 Vgl. Anm. 2. 16 Das Exemplar der EKU ist mit einer Reihe handschriftlicher polemischer Randbemerkungen eines Zeitgenossen versehen. An dieser Stelle wird vermerkt: „Dise schrifft ist nit außgangen ader in dreck gefallen, haben die sew gefressen". 17 Das albertinische Sachsen. 18 Das ernestinische Sachsen. 19 Anspielung auf den Feuertod von Jan Hus und Hieronymus von Prag durch das Urteil des Konstanzer Konzils sowie auf die Kreuzzüge gegen die Hussiten. 20 Vgl. oben Nr. 2, S. 88f., Anm. 10. 21 Vgl. ebd., Anm. 6. 22 Vgl. dazu auch unten die Schrift von Johann Eck, Nr. 5. 23 Von den hier angekündigten Übersetzungen ist wohl nichts erschienen. 24 Wie Anm. 8. Luther nennt Alveldt in dieser Schrift fast durchweg nur den Romanisten, d. h. Anhänger Roms, meist verbunden mit abwertenden Adjektiven. 25 Vgl. Luthers Vorrede zur „deutschen Theologie", in: WA 1, S. 379; dsgl. die „Adelsschrift", in: Laube/Looß/Schneider, Bd. 2, S. 679; Delius, Luther, Bd. 2, S. 157; WA 6, S. 460. 26 Die Bemerkung ist schwer zu entschlüsseln. Gemeint sein könnten die fünf Teile des NT: Evangelien, Paulusbriefe, Apostelgeschichte, allgemeine, sog. katholische Briefe und Johannesoffenbarung. 27 Gemeint ist eine Übersetzung von Super apostolica sede, die wohl nicht erschienen ist. Die deutsche Schrift zum Thema (oben Nr. 2) ist nur eine gekürzte Zusammenfassung unter Auslassung wesentlicher Gedanken.

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28 Vgl. z. B. WA 6, S. 302; die entsprechenden Injurien finden sich aber vor allem in der Schrift von Lonicer. 29 Papst Urban VI. (1378-1389); mit ihm begann das große Schisma. 30 Anspielung auf einen der vom Konstanzer Konzil verdammten Sätze Wiclifs (Denzinger-Schönmetzer, S. 317, Art. 9). 31 Vgl. WA 6, S. 297ff., bes. 300. 32 Vgl. oben Nr. 1, S. 69f., Anm. 3 u. 18. 33 Zum Begriff „regieren" vgl. oben Nr. 2, S. 90, Anm. 29. Der zeitgenössische Kommentator des Exemplars der EKU (vgl. Anm. 16) schreibt dazu: „Hie lewgt (lügt) der munch so er sagt regirn, dann kein Evangelist noch Zweifbot schreibt das". 34 Dazu der zeitgenössische Kommentator: „Die Zwelf botten sein in alle landt außgeschickt und haben regirt wie Petrus allein". 35 Dazu derselbe: „Von den siben sacramenten hat nach (weder) Christus nach (noch) die Ewangelisten meidung getan". 36 Die Jahresangabe bezieht sich auf die (angebliche) Einsetzung St. Peters nach Joh. 21, 1 5 - 1 7 und Matth. 16, 18. 19. 37 Dazu der zeitgenössische Kommentator: „Hat der Babst vnnd sein Cardinel ader papisten wol gepredigt, recht das volck gelernet im heiligen Ewangelii vnnd das volck geweidnet mit iren bauch vnd schatzcammer, sie Werdens bald finden". 38 Vgl. oben Nr. 2, S. 89, Anm. 11. 39 Hieronymus von Prag (nach 1365—1416), Mitstreiter von Jan Hus; verteidigte diesen vor dem Konstanzer Konzil; nach der Ungültigerklärung eines ihm abgepreßten Widerrufs wurde er selbst als rückfalliger Ketzer vom Konzil verurteilt (vgl. Denzinger-Schönmetzer, Nr. 1249f.) und 1416 verbrannt. 40 Vgl. oben Nr. 2, S. 88f., Anm. 5 u. 16. 41 Jan (Johannes) Rokyzana, vom Papst nicht bestätigter Erzbischof von Prag (1435—1471), geistiges Haupt der Utraquisten, des gemäßigten Flügels der Hussiten. 42 Vgl. oben Nr. 2. Eine überarbeitete und erweiterte Fassung ist nicht bekannt. 43 Vgl. WA 6, S. 300f. 44 Vgl. dazu oben Nr. 2, S. 82f. 45 Alveldt meint hier die lateinische Fassung (oben Anm. 2), mit der sich Luther vor allem auseinandersetzt (vgl. auch Smolinsky, Alveldt und Emser, S. 75ff.). In der deutschen Fassung ist das folgende Thema nur kurz berührt. 46 Vgl. WA 6, S. 304. 47 Ebd. S. 305. 48 Ebd. S. 310. 49 Hier endet mit einem „Amen" der Erstdruck. 50 Gemeint ist Luthers Schrift: Ein Sermon von dem Neuen Testament, das ist von der heiligen Messe, 1520, in: WA 6, S. (349) 3 5 3 - 3 7 8 ; auch bei Delius, Luther, Bd. 1, S. (288) 289-311. Die folgenden Verweise nach WA 6. 51 Ebd. S. 355f. 52 Ein Strauch, dessen Büschel bei der kultischen Reinigung gebraucht wurden, möglicherweise Majoran. 53 Luther (wie Anm. 50), S. 354f. 54 Ebd. S. 365ff. 55 Ebd. S. 362. 56 Thascius Caecilius Cyprianus (um 200—258) wurde 248 Bischof von Karthago und fiel der Christenverfolgung unter Kaiser Valerius zum Opfer; Kirchenvater. 8*

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57 Luther (wie Anm. 50), S. 377. Belege für die im folgenden von Alveldt angezweifelte Aussage vgl. bei Delius, Luther, Bd. 1, S. 311, Anm. 142. 58 Luther (wie Anm. 50), S. 370f. 59 Auch eine solche Schrift ist wohl nicht erschienen. 60 Die vier Vorstehenden sind die großen Kirchenlehrer der römischen Kirche; vgl. oben Nr. 1, S. 69, Anm. 9 u. 14. 61 Dionysius, seit 248 Bischof von Alexandria (f 264/265); gilt — wie die folgenden — als Kirchenvater. 62 Basilius der Große (um 329—379), Bischof von Cäsarea. 63 Johannes Chrysostomus (344/354—407), Patriarch von Konstantinopel; Autor zahlreicher Werke, besonders Homilien. 64 Beda Venerabiiis (um 672/673—735), englischer Benediktiner; Autor zahlreicher Werke u. a. zur Erklärung der Bibel und zur Geschichte. 65 Bernhard von Clairvaux (um 1090—1153), Zisterzienserabt und Kirchenlehrer. 66 Eusebius (um 260—um 340), Bischof von Cäsarea; Autor einer zehnbändigen Kirchengeschichte. 67 Vgl. oben Nr. 2, S. 88, Anm. 4. 68 Ebd. Anm. 5. 69 Die Pickarden wurden seit Äneas Sylvius auf einen französischen Mönch namens Picard bzw. aus der Picardie stammend zurückgeführt, der Anfang des 15. Jh. in Böhmen eingewandert sein soll. Vermutlich handelt es sich aber um eine Verstümmelung von „Begharden", einer Bezeichnung für verschiedenartige Gruppen wie Brüder vom freien Geist, Flagellanten u.a. (vgl. z. B. die Bezeichnung für Konrad Schmid als Pickardus von Sangerhausen durch Alveldt, oben Nr. 2, S. 88f., Anm. 10). Im Hussitismus waren die Pickarden eine radikale Sekte innerhalb der Taboriten (vgl. unten Anm. 72). Die Mitte des 15. Jh. in Böhmen entstandenen „Articuli de Pikardis" beruhen auf waldensischen Glaubensartikeln. 70 Vgl. oben Nr. 2, S. 88f., Anm. 10. 71 Luther (wie Anm. 50), S. 374. 72 Taboriten, radikaler Flügel der hussitischen Bewegung, benannt nach der von aufständischen Hussiten im März 1420 gegründeten befestigten Siedlung Tabor. 73 Eine in Offb. 2, 6. 15 scharf abgelehnte Sekte, über die nicht viel bekannt ist. Ihr Name wird mit Nikolaus von Antiochia (Apg. 6, 5) in Verbindung gebracht. 74 Eigenständige christliche Kirche, die sich im 4./5. Jh. herausbildete und sich im Streit um die zwei Naturen Christi für den Monophysitismus entschied. 75 Nach dem aus Persien stammenden Gnostiker Mani (216—277) benannte Bewegung, die eine dualistische, streng asketische Lehre vertrat; wurde seit Ende des 3. Jh. scharf bekämpft, hielt sich aber bis ins 6. Jh. 76 Nach Arius (Areios) von Alexandrien (um 260—336) benannte Bewegung, die die Wesensgleichheit von Gott und Christus bestritt; wurde auf dem Konzil von Nicäa 325 verdammt, behauptete sich aber noch über Jahrzehnte. 77 Nach dem Patriarchen von Konstantinopel Nestorius (f 440) benannte Bewegung, die die Lehre von zwei getrennten Naturen in Christus, einer göttlichen und einer menschlichen, vertrat; wurde auf dem Konzil von Ephesus 431 verdammt, wirkte aber im sog. Nestorianischen Streit fort. 78 Anhänger des Pelagius (f um 420), der seit 410 in Rom und Karthago die Erbsündenlehre verwarf und die natürlichen Kräfte des Menschen als ausreichend für die Erlangung der Seligkeit erklärte; wurde gleichfalls auf dem Konzil von Ephesus 431 verdammt. 79 Anhänger des Berengar von Tours (um 1000—1088), der wegen seiner Anfechtung der Lehre von der Brotverwandlung im Abendmahl als Ketzer verfolgt wurde.

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80 Vgl. oben Anm. 69. 81 Die Anspielung ist schwer zu entschlüsseln. Im Streit um seine Schrift „Super apostolica sede" (vgl. oben Nr. 2 Zur Entstehung) war Alveldt selbst von Lonicer als Memme bezeichnet worden. In einer noch vor Nr. 2 entstandenen Antwort „Pia collatio" (vgl. Smolinsky, Alveldt und Emser, S. 51 und 424) hatte Alveldt in einem deutschen Nachwort die Bezeichnung für sich aufgegriffen: Der Memmen Antwort auf das Raben- und Gänsegeschrei Bruder Martin Luthers und seiner Jünger . . . Wenn Schelten und Spotten christlich und verdienstlich sein soll, so bin ich unerschrocken, Luther und seine Discipeln nicht wie eine Memme mit Milch, sondern mit der heiligen göttlichen Schrift zu stillen.

Die verdeutschte Bulle wider Martin Luther ausgegangen Leo, bischoff, ein diner aller diner Gottes, zu ewigem gedechtnus der sachen. 1 O, here, stee auf, erheb dich und rieht dein sach, sei eingedenck deiner smehung, die von den unweisen den gantzen tag ergeen [Ps. 7, 7; 74, 22; 89, 51f.] 2 , neige dein oren [vgl. Ps. 86, 1] zu unserer bitt. Wan a es sein fuchs aufgestanden, die sich unterwinden b , dein weinberch zu verwüsten [Hoheslied 2, 15], des keltern du allein geprest hast [Jes. 63, 3], und als du zu dem vatter zu himel hast wellen faren, des selben Weinbergs sorg, regirung und Verwaltung dem Petro als einem haubt und deinem vicarien ader stathalter und seiner nachkommer gleich und in massen als der sighafftigen himlischen triumphirenden kirchen befolen [vgl. Matth. 16, 18f.], den selben weinberg unterwindt sich zu verderben ein wild hauend swein aus dem wald und ein sunderlich wild thier inen c zu vertzern [Ps. 80, 14], Stee auf, Petre, und deiner vorberurten hirt und obersorg nach wie gemelt, dir von Got befoln, bedenk mit fleis dis sach der heiligen roemisehen kirchen, der mutter aller kirchen und der meisteiyn des glaubens, welche du durch Gottis gebot mit deynem blut beheyligt hast, wider welche, wie du geruet hast zu vorinderen d , lugenhaftige lerer aufstheen, aufbringende zunfft ader secten des verluses 6 [2. Petr. 2, 1], die inen einfuren eyn behendes verderbniss, dem zunngen ein feur ist, ein unruichs f ubel foller totliches giffts, die einen bittern zornigen willen und gezenck in iren hertzen haben, berumen sich und seint lugenhafftig wider die warheit [vgl. Jak. 3, 6—14], Stee auch auff, du, wir bitten dich, Paule, welcher du berurte kirchen mit deiner 1er und gleicher marter erleucht hast 3 , wan itz steet auff ein newer Porphirius, der, eben als derselb in vorzeyten die heiligen aposteln oder zwolff botten unbillich angefochten hat 4 , alsoe g er die heiligen bepste, unsere vorfordern, wider dein 1er sey nicht mit bitten, sondern mit scheiden zu peissen, reissen und weil er an seiner sachen verzageth, sich nyt schemet, zu scheltworten zu tretten nach gewonheyt der ketzer, der (als Sanct Hieronymus sagt) letzte stewr und hulff ist, das, wen sie sehen, das ir sachen weren künftig verdampt und umbgestossen werden, anheben, das Schlangengift myt der ztungen zu ergissen, und, wen sie sich uberwunden sehen, zu den scheltworten springen 5 , dan ob du gleich sagest, das ketzerei muste seyn zu ubung der cristglaubigen [1. Kor. 11, 19], dennocht müssen sie durch deine vorbitt h und zuthun im anfang, uff das sie nicht zunemen und aber auf das die fuchs nicht aufwachsen, ausgetelgt werden. Entlich stee auff und erheb sich die gantz versamlung aller heyligen und der gantzen chrislichen kyrehen, der waraftige auslegung der heyligen schrifft hindangesetzt, etliche, der gemut der vatter der lugen [Joh. 8,44] verblendt hat, nach alder gewonheit der ketzer bei inen selbst weise, die

a) denn b) unterstehen c) ihn (den Weinberg) d) zu erinnern; hier: zur Kenntnis zu geben e) Verderbens, Schadens f) hier: schädliches g) ebenso h) Fürbitte

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selben schrifft anders den der heilig geist erfordert, allein nach eignem synn von wegen des eergeytz und gemeynen lobs und rums nach getzeugnuss Sant Pauls [vgl. 2, Tim. 4, 3f.], ja zwingen, biegen und felschen, alsoe das itzo Sant Hieronymus meinung nach nicht das evangelium Christi, sondern des menschen und das noch boesser des teufels ist. 6 Stee auff, sag ich, die gantz benant heylig kirch Gottes und thu zusampt der alder seligsten berurten zwolff botten vorbit bei dem almechtigen Got, uff das er gerue, nach ableinung 1 und reinigung der irtumb seyner schaff und nach Vertreibung aller ketzereyen auss der gegenheitenJ der christglaubigen, den frid und enigkheyt seiner kirchen zu underhalten k , wan uns hat, das wir vor angst des gemuts und schmertzen kaumet aussagen mögen, durch anzeigung glaubwirdiger und bericht gemeines geruchts 1 angelangt, ja warlich, wir haben leider mit unsern äugen gesehen und gelesen vil und manchfeltige irthumb, etliche berayt™1 durch concilien und ansatzung unserer vorfordern11 verdampt und der kirchen und Behem ketzerey clerlich in sich begreiffende. 7 Aber andere etliche gegensichtyglich 0 intweder ketzerisch ader falsch ader ergerlich ader die christliche oren verletzende, [a]der die einfeldige gemut verfurende, von den falschen ererbyetern p des glaubens, die, durch die hochfertige sorgfeltigheit q die ere der weit begerend, wider die lere des aposteln Sant Pauls, welcher weyser seyn, dan sich geburt [vgl. Rom. 12, 3], der swatzhafftigheit (als Sant Hieronymus sagt) on die gewalt der schrifft nicht stat r und glauben hett, sie wurden dan geacht, die verkerten 1er auch mit gotlichen gezeugnissen, wie wol ubel aussgeleget, [zu] becrefftigen 8 , vor deren äugen dye forgt s Gottis abgeschiden [vgl. Ps. 36, 2] ist durch eingebung des feindts des menschlichen geschlechts newlich erweckt und unlanck 1 hievor bey etlichen leichtfertigen in der hochrumlichen teuschen nation gelernt und ausgebrayt, welchs uns soe vil leyder u ist, doselbs bescheen sein, das die selben nation wir und unsere vorfordern alweg in geweyd" der lieb getragen haben. Dan nach der verwendung w des kaissertumbs von den Krichen durch die romisch kirchen an die selben Teutschen 9 haben die selben unsere vorfordern und wyr der romischen kirchen vogte und beschutzer allezeit aus inen genommen, welche Teutschen, warlich brudere der christlichen wareheit, offenbar ist allezeit die aller ernhafftigste hanthaber" der kertzereyen gewest seyn, des getzeugen seint y die lobliche gesetz der teutschen kaiser vur die freyheit der kyrchen und die ketzer aus allen teutschen landen zu jagen und vertreiben bei den allerswersten penen 2 , auch bei Verlust der landen und herschafften, wider ir beherberger, auffhalter 2 oder die sei nicht vertreiben, in vortzeiten an tagk gegeben und von unsern vorfordern bestetigt 10 , welch soe sei heu-

i) Ablehnung j) Gegenwart k) erhalten 1) allgemeiner Rede m) bereits n) Vorfahren, gemeint: Amts Vorgänger Leos X. o) augenscheinlich p) hier: Lehrern, Verkündern q) anmaßender Eifer (DWB 10, 1614; 16, 1797f.) r) Raum s) Furcht t) unlängst, kürzlich u) um so mehr leid v) gemeint: im Inneren (DWB 6, 5432) w) Abwendung x) Bekämpfer y) Zeugnis dessen sind z) Strafen a) d. h., die den Ketzern Aufenthalt gewähren

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tigs tags gehalten wurden, weren wier und sei ungezweifelt diser beswerung enthoben, des getzeug ist des verdampt und gestraefft untrew des Hussiten Wiclefften und die Hieronymus von Präge im concilium zu Costentz", des getzeug ist das so offt vergossen blut der Teutschen wider die Behem 12 . Des getzeug ist der berurten irthumb ader aber viler aus inen b durch die universiteth zu Coln und Loven, als des gütlichen ackers allerguttigste und gotforchtigste ererbieteryn, nit weiniger kunstreiche dan warafftige und heilige Verlegung0, verwerffung und Verdammung.13 Wir kunten auch sust mancherley anzeigen, die wir, doe mit wir nicht geschatz wurden, ein historien und geschieht zu erzelen, zu underlassen und ubergeen uns furgenommen haben. Demnoch auß sorgfeldickeit des hyrten ampts, so wir tragen, uns durch gotliche gnad befoln, mugen wir das totlich gifft gedachter yrthumb lenger on vercleynerunge d des heiligen christlichen glaubens yn keyn wege erleiden und verhelen. Des haben wir etliche der selben irthum in dise bull furgenomen zu verleiben61, dem vermugen f folgeth und dermassen ist: 14 I. Dis ist eyn ketzerische meinung, aber eine geübte und gemeine 8 , dy sacrament des newen testamentz geben den[en] die rechtfertig machend gnad, die nicht verhindernis daran thun. 15 II. Verlaugnen, das yn dem kind nach der tauff dye sund bleibe, ist Sant Paul und den herren Christum gleich untertreten11.16 III. Die erbsund, wen glich keyn wurcklich sund folgth, verhindert die seel, von dem leib sich abscheidend, van eingange des himmels. 17 IUI. Dye unvolkomen liebe des menschen, der sterben wil, tregt von not wegen mit yr" eyn grosse forcht, die an yr allein gnugsam ist, zu machen die peyn des fegfeurs, und verhindert den eyngange des reichs der hymmelen. 18 V. Das dreu teyl der büß seynt die reu, beicht und gnugthuung, yst yn der heilige schrifft nyt gegrundt noch in den heiligen christlichen leren. 19 VI. Die reu, so zu wegen gebracht wirt durch dye erfarungJ und den haß der sunde, domyt eyner bedenckt sein jaer in der bittrickeit seyner seien myt betrachtung und bewiegung der swere der sunden, der manchfeltickeit der unreinckeit, der verlust der ewigen selickeit und erlangung der ewigen verdamnuß, dyse reu machet meher eyn gleysner11, ja eyn sunder. 20 VII. Das ist das warhafftigst Sprichwort, und furtrefflicher den1 aller lerer ler von der reu, das nimmer thun ist die höchst büß dye beste büß und eyn neuwes leben. 21 VIII. Du solt dich yn kein wegk unterwinden" 1 , die teghliche sunde zo beichten. Ja, auch nyt alle totliche sunde, dan es ist unmuglich, das du alle todtsunde erkennest, derhalben sij ym anfang der christlichen kirchen allein dye öffentlich" totsunden beichten. 22

b) d. h., viele der genannten Irrtümer c) nicht weniger gelehrte als auch wahre und heilige Widerlegung d) Beeinträchtigung e) einzuverleiben, aufzunehmen f) hier: Inhalt, Aussagen g) d. h., gebräuchliche und allgemeine h) mißachten (DWB 24, 1879f.) i) sich j) Erforschung k) Heuchler 1) als m) vermessen n) sichtbaren, offenkundigen

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IX. Wen wyr wellen alle sunde reyn beichten, so thun wir nichts anders, dan das wir der barmhertzigkeit Gottes nichts wellen lassen zu vergeben. 23 X. Dye sund seynt nyemantz vergeben, er glaub dan, wen yn der prister enbindt, sye sein ym vergeben. Jha, die sunde bleibe, wen er es nyt da vur hielt, sij wer im vergeben, dan die Vergebung der sund und gab der gnaden ist nyt gnugsam, sunder man muß auch glauben, das die sund vergeben sey.24 XI. Du solt dich yn keinen wegk vertroesten, das du von wegen deyner reu entbunden seyst, sonder von wegen des wortes Christi: Alles, das du wirdest auffloessen etc. [Matth. 16, 19]. Alhie mustu glauben, soe du des priesters absolviren erlangest und glaub festiglich, du seyst absolviert und entbunden, so wirdestu warhafftiglich absolviert seyn, es sey umb die reu, wie es wolle. 25 XII. So, welchs doch unmuglich is, eyn beychtend mensch nicht reu het und eyn priester eynen nicht myt ernst, sunder im schimpf absolvirt, wen er allein glaub, sich absolvirt sein, so ist er warhaftig absolvirt. 26 XIII. Im sacrament der büß und Vergebung der schult thut der bapst und bischof nichts mer dan der weinigst 0 prister. Ja, wo nicht eyn priester ist, eben so wol ein ytlich christlich mensch, wen es gleich eyn weib oder kindt were. 27 XIIII. Niemant sol dem priester antworten, das er bereut sey, so sol es der preister auch nyt fragen. 28 XV. Es ist ein grosser yrthumb dem, die zu dem sacrament des hochwirdigen warnlichnams p alsoe gehen, sich auff das verlassen, das sey gebeicht haben, das sey sich keiner thotsund schuldich wissen, das sey yr gebeth zuvor gebet haben und sich bevor beraidt, dye selbigen essen und trincken es alle ynen zu verdamniß [vgl. 1. Kor. 11, 29], sonder wen sye glauben und des Vertrauens seynt, sye wollen dadurch die gnade Gottes erlangen, der selbig glaub machet sye alleyn reyn und wirdich. 29 XVI. Mych bedeucht gut seyn, das die christlich kirch yn eynem gemeinen concilien beschloß und außsetzt, den leyen das hochwyrdich sacrament unter beder gestalt zu geben. Es seynt auch dye Behem, dye unter beideer gestalt das sacrament nemen, nicht ketzer, sonder schismatici oder sondermeynendz q 30 . XVII. Dye schetze der kirchen, da van der bapst den ablaß gibt, seint nit dye verdienst Christi und der heiligen. 31 XVIII. Ablaß yst ein guttiger betrug der christglaubige und underlassung ader erlassung gutter werck, und ist von der zal der ding, dye man magk gebrauchen, und nicht der nutzbarn r 32 . XIX. Der ablas dyent denen, die yn warhafftiglich erlangen, nycht zu der erlassung der peyn vur die wurckliche s sund von Got verfallen. 33 XX. Dye werden verfurt, dye doe glauben, das der ablaß heylbar und zu frucht des geist nutz und dinstlich sey.34

o) geringste p) Leibs Christi q) Menschen mit besonderer Meinung (von Luther geprägte Verdeutschung von „schismatici") r) Nutzen bringenden s) wirkende

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XXI. Der ablaß ist allein von noeten zu den offenbaren grossen todtsunden und wirt eigentlich allein den hartmudigen 1 und ungeduldigen vorlihen. 35 XXII. Der ablaß ist sechs geschlechten der menschen wider" von noetten noch nutz, als nemlich den toten, den, die ytz sterben werden, den krancken, den, die auß redlichen Ursachen verhindert seynt, den, die groesse heubtlaster, aber nyt öffentlich, geübt haben, den, die doe nyt laster betriben, und den, die bessere werck thun. 36 XXIII. Der ban ist allein eyn eußlich peen und straff und beraubt den menschen nicht der gemeinen geistlichen gebet der kirchen. 37 XXIIII. Man sol dye Christen lernen, den ban meher zu lyeben, den zu forchten. 38 XXV. Der bapst, eyn nachkommer Sant Peters, ist nicht eyn stathalter über alle kyrchen der gantzer weit, von dem heren Christo in Sant Peters verordent. 39 XXVI. Das wort des herren Christi zu Sant Peter: Alles, das du wirdest auffloesen etc. [Matth. 16, 19] wirt alleyn erstreckt zu dem, das von Sant Peter ist bescheiden v worden. 40 XXVII. Das ist gewiss, das es in der gewalt der kirchen ader des bapst nith gar steeth, artikell des glaubens zu machen, ja auch nit gesetz ader rechten der sitten oder gutten werken. 41 XXVIII. Wen der bapst 42 also ader also meint und demnach nit irreth, dennoch ist es noch nit sunde oder ketzerei, anderer meinung seyn, bevor in einen ding, das nith von notten ist zu der selickheit, bis durch ein gemein concilium eins verworfen und das ander bestetigt wirt. 43 XXIX. Uns ist der weg gemacht, den gewalt w der concilien auszulegen und frei wider ir handlung zu reden und ir Satzung zu urteiln und trotzlich zu bekennen, alles, was uns für warhafftig ansieht, es werd von den concilien verworfen ader aber bestetigt. 44 XXX. Etlich artikel Johansen Huss, im concilien zu Costentz verdampt, seint die aller christlichsten, warhafftigsten und evangelisch, die auch die gantz gemein chriestenheyt nit mucht verdamnen. 45 XXXI. Der gerecht sundigt in einem itlichen gutten werck. 46 XXXII. Eyn gut werck, uffs best bescheen, ist eyn tegliche sund x . 47 XXXIII. Die ketzer zu vorbrennen, ist wider den willen des heyligen geists. 48 XXXIIII. Mit den turckenkriegen und streiten ist Got widerfechten, der unser sund durch sie besucht y . 49 XXXV. Niemantz weissz gewislich, das er nit totlich sundige von wegen des aller hemelichsten lasters der hoffart. 50 XXXVI. Der frei wil nach der sund ist ein dinck allein mit dem namen und titel, und wen er thut, was in im ist, so sundigt er totlich. 51

t) Verstockten u) weder v) aufgetragen w) gemeint: die Beschlüsse x) Ein in guter Absicht getanes Werk ist eine verzeihliche Sünde. y) heimsucht

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XXXVII. Das fegfeur kan aus der warafftigen heiligen schlifft nicht beweist werden. 52 XXXVIII. Die seien im fegfeur seint nicht sicher und gewiss irer selickeit zuvor alle, es ist auch nit durch einig vernumfftig bedenken2, Ursachen, ader schafften beweist, das sie ausßhalb des stands des verdiensts ader der lieb zu mern seint. 53 XXXIX. Die seien im fegfeur sundigen an unterlasß, so lang sie rue suchen und sich vor den peinen 3 entsetzen. 54 XL. Die seien, durch hulff der lebendigen geloeset b , werden weniger geseligt, den wen sie durch sich selbst genug gethun hetten. 55 XLI.Die geistliche prelaten und weltliche fursten teten nicht ubel, wen sie alle bettelseck abteten. 56 Welche irthumb gegensichtiglich wie gifftig, wie ergerlich, wie verfurisch der guttigen und eynfeltigen gemut und entlich, wie gar sei wider alle lieb seint und wider die ere der heiliger roemischen kirchen, der mutter aller glaubigen und einer meysterin des glaubens, auch wider die seenen 0 der christlicher zucht, das ist den gehorsam, welcher ein brun und ursprunck aller tugent ist, an welche leichtlich ein jeder vur ein ungläubigen uberwunden wirt, wie niemants vernunfftigem unverborgen ist. Demnach wir in berurten als allerwichtigsten Sachen, wie sich zimpt, begerend mit fleis zu verfaren und deser pestilentz und umb sich fressende kranckheit, domit es nicht in dem acker des herren wie ein schedlich dornheck weytter außwachsse, den weg zu vermachen d auff gehabte über berurte irthumb und ir jeden in sunderheit fleissige bewegung e , bedencken, ratslag und ernsthafften erforschen und zeytlichen rat und betrachten und nach gutten und manchfeltigem ermessen deser ding aller zu mermalen mit unsem wirdigen brudern, der heiligen roemischen kirchen, cardinein und geistlichen orden priorn oder gemeinen ministem und vilen andern der heiligen schrift und beder recht lerern ader meystern, der allererfarensten 57 , haben wir erfunden f , die selben irthumb gegensichtiglich (wie gedacht) entweder articlen nit christlich sein und dermasßen nich zu lernen 8 sein, sondern wider die 1er ader außsatzung h der gantzen kirchen und wider dye gemeine außlegung 58 von der heiligen christlichen kirchen angenommen, der* ansehen Sant Augustin so vyl nachzugeben gemeint, das er gesacht hat, er wurd den evangelio nyt glaubt haben, wen nicht das ansehen der kirchen dar under kummen were 59 . Dan auß disen irthum ader aber auß yr eynem oder auß etlichen des selben erfolgeth öffentlich, das die selbige kirch, die durch den heiligen geist regirt wirt, yrre und all zeit geirret habe, welchs ungezwifelt wider das ist, das Christus seinen jüngeren in seiner himmelfart (wie man in dem heiligen evangelio Matthei liset) zugesageth hat, sprechend: Ich bin bei euch bis an das end der weit [Matth. 28, 20], auch wider die ausatzung der heiligen vetter der concilien und öffentliche ordenung der bepste oder geisteliche recht, welchen nit gehorsam leisten, als

z) Erwägungen a) Strafen ratung f) erfahren, bemerkt

b) erlöst g) lehren

c) Sehne d) versperren e) Beh) Verordnungen i) deren

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Die verdeutschte Bulle wider Luther

Sant Cipriaen sageth, ist altzeit gewest ein zunder und ursach aller ketzerey und zudrennung der Christenheit 60 . Derhalben wier mit der selben unser wirdigen bruder raet und bewilligung, auch aller und jeder vorberurten zteitigen bedencken aus des almechtigen Gottes und der heiligen zwolffpoten Petri und Pauli, und unser gewalt, alle und jede berurte artickel ader irtumb als (wie bemelt) gegensichtichlich ketzerisch oder ergerlich oder falsch oder die die guttige oren verletzend oder die schlechten" gemuth verfurend und der christlichen waerheit entgegen verdamnen, verlegen k und gentzlich verwerfen und für verdampte, verlegte und verworfene von allen beiden geschlecht christglaubigen zu halten in crafft diser bullen erkennen unn declarieren. Verbiettend in der tugend und gewalt des heiligen gehorsams und bei pene des hoechste, bereyt gefeiten 1 bannes, auch gegen den geistlichen und ordens personen, auch bischofflicher, patriarchischer, ertzbischofflicher oder andere hohekirchen, auch der closster, prioraten und conventen und allerlei wirden, geistlicher lehen, weltlicher oder allerr anderen geistlichen orden beraubung und untuchticheit zu denselben und andere hinfur zu erlangen. Aber gegen den conventen, capitteln oder heuseren oder gutigen steten der geistlichen oder weltlichen, auch bettler 61 , auch der universithet und hoher schulen allerlei Privilegien, gnaden und freiheiten, von dem bepstlichen stul ader seinen legaten oder aber sust in ander weg erlangt, was vermugens die seint, auch des namens und der gewalt, ein hohe schul zu haben, zu lesen und außzulegen eynerley kunst und faculteten, und der unduchtickeit, dieselbe ader andere hinfur zu erlangen, auch des ampts der predig und des verlusß der hohen schul und aller Privilegien und freiheit des selben. Aber gegen den weltlichen bei demselben ban und verlust aller lehengutter 62 , von der roemischer kirchen und in allerlei wege erlangt, auch der unduchtickeit zu denselben. 63 Auch gengen allen und jeden obenbenant bei verbiettung des geweiten begrebnisß und untuchtickeit zu allen und jeder rechts handelung, der Verleumdung, des ungeruchts"1, der befedung, der acht und uberacht und bei den penen der ketzer und irer günstigen", in rechten ausgedruckt, mit der tath und an weiter erleutterunge durch alle und jede obenberurte, so sie (das ferr sei) da wider thun wurden, dar eyn zu fallen, da von sie aus krafft keiner gewalt, auch der articlen in beichtbriefen allerlei personen, mit wasser 0 Worten das bescheen, verleybt, von nyemans dan allein vom bapst ader seinen besunder gewalthaber p , außgenomen in todts noten, nit mögen absolvirt und gebunden werden. 64 Allen und jeden beider geschlecht christglaubigen, leien und geistlichen und allen orden und anderen personen, was standts, gradts und wesens sei seint und waser geistlichen oder weltichen wird sie seind, auch der heiligen roimschen kirchen, cardinalen, patriarchen, primaten, ertzbischoffen, bischoffen, patriarchischer, ertzbischofflicher, bischofflicher, stifft und niderer kirchen, prelaten, clericken und andern geistlichen personen weltlichen und aller orden, auch der betler, ebten, prioren oder ministeren,

j) schlichten, einfachen k) widerlegen 1) schon ausgesprochenen m) Vergehens n) Begünstiger, Helfer o) welchen p) d. h., Bevollmächtigten

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generalen oder sunderlichen bruderen oder befreyten oder unbefreyten geistlichen, auch den universitheten und hohen schulen und weltlichen und allerlei, auch der bettler orden versamlung. Des gleichen den kunigen, kurfursten, fursten, hertzogen, margrafen, graffen, freihern, haubtleuden, geleitzluden, junckern und allen amptleuten, richtern und allen offenbaren schreiberen, geistlichen und weltlichen, communen, gewelden q , Stetten, schlosseren, landen, gegenheiten r oder iren burgern und einwonern, auch allen andern geistlichen ader ordenspersonen, wie gedacht, allenthalben durch die ganze weit, bevor8 in teutschen landen wonend, oder aber darin kunfftig, das sie die berurte irthumb oder derselben etliche oder der gleiche verkerte 1er nicht sagen, bekennen, verteydingen 65 oder aber mit ichten', öffentlich oder heimlich, on suchung einiges verstandts oder färb, sweigen oder ausßgedruck", zufaP geben und gunst zu erzeigen sich underwinden sollen. Weitter, weil benante irthumb und vil andere mer in den buchlin oder schrifften eines Martinus Luther verleibt seint 66 , verdammen, verlegen und verwerfen wier gentzlich genante buchlen und alle berurten Martinus schrifft oder predig, sey werden befunden in lateinsche oder andern sprachen, in welchen genanter irthumb oder der selben einer verleibt, und willen sei vur allenthalben verdampt, verlecht und verworffen, wie bemelt, gehalten werden. Gebiettend im gewalt des heiligen gehorsams und bei gedachten penen, daerein mit der that zu fallen, allen und jeden beder geschlecht christglaubigen, oben berurt, sich in keinen wech zu underwinden, sulche schrifft, buchlin, predig oder zetlen oder in inen verleibt artickel, capitel oder obenbenante irthumb zu lesen, sagen, predigen, loben, dencken, an tag geben oder verteydyngen, durch sich oder einen anderen oder andere, gerad oder ungerad, schweigend oder ausßgedruckt, öffentlich oder heimlich, in iren oder anderen heusern, an gemeinen oder sunderlichen" Stetten zu halten. Ja, sie sollen dieselbigen zustund" nach kundigung y deser bullen an allen den enden, do sei sein werden, durch die Ordinarien, das ist die bischoffen und andere obenberurte fleissig gesucht, öffentlich und prechtlich z in gegenwart der geistlicheit und der leyn, bei allen und iden obgenanten penen verbernen 2 . 67 Das aber den Martinum belangt, frummer Got, was haben wir unterlassen, was haben wir nit gethun, was vetterlicher lieb haben wir ubergangen, in von der gleichen irthumb zu widerruffen. Dan als wir inen b citiert und erfoddert haben, begerend, mit im uffs gutlichsts zu procediren und verfaren, haben wir in geladen und durch mancherlei handelung mit unserem legaten gehalten 68 , und durch unse[re] schrifft erinnert, von solchen irthumb zu lassen und aber auff sicher geleit und mit notturfftiger zterung 0 an d alle forcht und scheu, so die volkommen lieb solt ausßtreiben, zu unsß zu kummen 69 und wie unser selichmacher und der heilig zwolff bot Sant

q) Gewalten, d. h., Herrschaften r) Gegenden, Orten s) besonders t) mit irgend etwas u) d. h., still oder laut v) Hilfe w) öffentlichen oder privaten x) sofort y) Verkündung z) feierlich a) verbrennen b) ihn (Luther) c) Reisekosten d) ohne

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Die verdeutschte Bulle wider Luther

Paul nicht heimlich, sonder öffentlich und unter äugen zu reden [Gal. 2, 11], und so er das selb gethun, warlich, als wir achten, wer er wyder zu im selbst kummen und het seine irthumb erkennet und an den romischen hoff, den er so ser durch merer nachhengung6 des ubelmeynenden vergeblichen geruchts, dan sich tzimbt, schildeht, niht so vil irthumb befunden, wir hetten inen auch unterweist und gelerent uffs aller clerlichst, das die heiligen bepste, unser vorforderen, die er wider alle zucht unbillich lestert, in iren rechten ader aussatzungf, die er sich unterstet zu peissen und widerfechten, nie geirret haben, den, wie der prophet sageth: Es gebricht in Galaad wider hartz noch ein artzt [Jer. 8, 22], aber er hat alle tzeit ungehorsamlich verhört8 und berurte citation oder ladung und alles und jedes oben benant hindangesetzt, veracht zu kummen und bis in gegenwertigen tag ungehorsam und mit verhartemh gemut, den ban lenger dan ein jaer erliden und, das noch erger ist, ubel zu ubel legende1, wie wol van berurter citation und ladung wissend tragend, sich in die stim der frevelen appellation begeben an das kunfftich concilium70, wider die Constitution ader ansatzung Pii des anderen und Julii des anderen, unserer vorforderen71, daryn verordent wirt, das, die dermassen appelliren, sollen als die ketzer gestrafft werden, dan der hat die hulff des conciliums vergeblich angerufft, der öffentlich bekent, das er im nicht glauben gebe 72 , alsoe das wir wider inen^, als vom glauben öffentlich verdechtig, ja worlich, als eyn ketzer on weiter citacion ader verzihensk zu seiner verdamnung als eines ketzers und zu aller und jede obegeschribener pene und ban ernstlich verfaren mochte. Nichts des deminder, wir mit der selben unser bruder rath, des almechtigen Gottes guttigkeit nachfolgend, der nicht wil den thodt des sonders, sonder das er bekert werde und lebe [Hes. 33, 11], haben wier, aller iniurien und unrecht, bisher uns und dem bepstlichem stul erzeigt, vergessend, uns aller guttickeit zu gebrauchen beschlossen und, so vil in uns ist, darob sein1, uff das er nach furglechten weg der barmhertzigkeit wider zu ym kumme und van berurten irrumb abweiche, uff das wir ynen, als den verthunigenm, zterhafftigen" son wider zu dem schosß der kirchen kommend, gutlich widerumb annemen [vgl. Luk. 15, 11—32]. Der wegen wir den selbigen Martinus und alle seine anhengige0, halterp und gunstigeq durch das geweid der barmhertzigkeit unsers Gottes und durch die besprengung des bluts unsers herre Jesu Christi, domit und durch welchs die erloesung des menschlichen geschlechts und die erbauung der heiligen mutter der kirchen gescheen ist, aus ganzen hertzen erinneren, ermanen und in Got bitten, sie wellen auffhoren der kyrchen frid, einickeit und warheit, umb wel[c]he der selichmacher so fleissich den vatter gepetten hat [vgl. Joh. 17, II] 73 , und sich von gedachten so verderblichen irthumben gentzlich enthalten. So sollen sie,

e) Nachtrachtung f) Verordnungen g) überhört, d. h., keine Folge geleistet h) verhärtetem i) d. h., Übel auf Übel gehäuft j) gegen ihn (Luther) k) Verzug, Aufschub 1) d. h., darauf bedacht sein m) verschwenderischen (DWB 25, 1902) n) eß- und trinkfreudigen (DWB 31, 474) o) Anhänger p) hier: Anhänger q) Begünstiger

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wen sei wircklich gehorsam leisten und uns ires gehorsams durch gnungsam beweisung und anzeigung versicheren, bei uns die meinung der vetterlichen liebe und offen brunnen der guttickeit und senfftmutticheit befinden. Verbiettend nichts des teweiniger dem selben Martino itzo und hinfur, das er in des van allen predigen oder aber vom ampt der predig gentzelich ablasse. Sust r , den selben Martinum, so yn die lieb der gerechtickeit und tugend von der sunde nit abzuge und die hofnung der vertzeihung nit wider zu der bußfertigkeit brechte, der schrecke der pein der tzucht drunge, ersuchen und erinnren wir den selben Martinum, seine anhengige, mitphlichter 5 , gunstige und auffhalter yn crafft disser schrifft, yn vermugen des heiligen gehorsams und bei allen und jeden obenberurten penen, mit der that daereyn zu fallen und gebieten ernstlich, das ynwendich sechtzich tag, der wir tzwentzich für den ersten, XX für den anderen und die ander XX für den dritten endttermyn, entliche tagtzeit, ansetzen nach der ausslagung diser bullen an hirunden beschribenen ortern on myttel' folgend zu zelen, der selb Martinus, seyn beyphlichter, gunstyge, anhengige und halter von gedachten irthumben, irer predigung, offnung, anssagung und Verteidigung, auch der antaggebung der bucher oder schrifft ober die selben oder der selben eins, gentzlichen absteen und alle und jede bucher oder schrifft, so berurte irthumb oder derselben etlich mit ichten" in inen haben, verbrennen ader zu verbrennen verschaffen 74 , auch das der selb Martinus dermassen irthumb und meinung in alle wege widerruffe oder uns von solchem Widerspruch durch ein offen rechtmessig crefftig instrumenta durch zweyer prelaten hende versigelt, an uns inwendig andern sechzich tagen zu uberschicken oder aber durch inen selbst (so er zu uns kommen wolte, das uns am gefelligsten were) mit berurtem volkommensten geleyt, das wir nu hiemit geben 75 , verstendige, uff das keyn zweifei von seinem warhafftigen gehorsam muge bleiben. Zust, wo (das fer sei) benanter Martinus, sein beiphlichter, gunstige, anhenginge und halter sich ander erzeigen oder aber berurts alles und jedes inwendig benantem termin myt dem werck nit erfüllen und volziehen, nachfolgend der 1er des heiligen zwolffbotten Pauli, der ein ketzerischen menschen nach der ersten und andre straffe lernt zu meyden [Tit. 3, 16], wir itzo als dan und widerumb denselben Martinus, sein beiphlichter, anhengige, gunstige und halter und ir jeden als dorre weynreben, dye in Christo nicht bleiben [vgl. Joh. 15, 5f.], sondern ein widerwertige 1er, den christlichen glauben entgegen oder ergerlich oder verdampt, nicht zu geringer beleidigung gotlicher majestat und der gantzen christlichen kirchen und glaubens nachteil und schänden, lernend und predigend, auch die schlussel der kirchen vercleineren w 76 , öffentliche und halßstarcke x ketzer auß vorberurter gewalt gewest sein und nochmals sein erkennend; die selb als vur sulche in crafft deser scrift verdamnen ader condemniren y und sie vur sulche zu achten von allen beider geschlecht christglaubigen wellen

r) Anderenfalls s) Luther verpflichtete Anhänger (DWB 12, 2363) t) unmittelbar u) etwas v) Urkunde, Dokument w) die kirchliche Schlüsselgewalt beeinträchtigen x) halsstarrige y) verdammen

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und gebietten und unterwerffen sie allen und jede allen obbemelten und allen wider solche vom welchen ausgesatzen penen in crafft diser schrifft und domit verhefft z gewest seyn und nochmals sein erkennen, erleuttern und declariren. Weitter verbietten wir auch bei allen und gedachten 2 penen, darein mit der that zu fallen, allen christglaubigen, uff des sei sich in kein weg understeen, schrifft auch berurte irthumb in sich nit begreiffend, von demselben Martino mit ichten gemacht oder an tag gegeben, ader aber die er hinfur machen und an tagk geben wurd, ader derselben etlich als von einem menschen, des cristlichen glaubens feynd und derhalben fast b verdechtig, und domit sein gedechtnisß gentzlich ausß der geselschafft der christglaubigen ausßgeteileget 0 werd, zu lesen, außzusagen, zu predigen, zu loben, zu drucken, an tag zu geben oder zu verteytingen, durch sich oder ein anderen oder andere, gerad oder ungerad, heimlich oder öffentlich, sweigend oder ausßgedruckt oder aber in iren heusern ader andern orteren, gemeinen oder sunderlichen Steden mit ichten zu haben. Ja, sie sollen die selben verbrennen, wie gemelt ist.77 Auch erinneren wir alle und jeden obengedachte christglaubigen, bei berurtem gefeitem höchsten ban, gedachte, declarirte, erkente und verdampte ketzer, die unseren gebotten nit gehorsam leisten, nach verlauffung d des berurten termins zu vormeiden und, so vil in inen ist, zu meiden verschaffen, noch mit inen oder ir einen handelung, geselschafft oder gemeinschafft zu haben, noch inen nottrufft 6 und lifferung f zu reichen. 78 Auch zu merer schand des genanten Martinus und seiner beiphlichter, gunstigen, anhengigen und halter, also nach verlauffung des gedachten termins erclerter und verdampter ketzer, gebieten wir allen und iden christglauben, patriarchen, ertzbisschoffen, bisschoffen, patriarchischer, ertzbisschofflicher, bisschofflicher stifft und niderer kirchen prelaten, capitelen und anderen geistlichen personen weltlichen und aller orden, auch der bettler (bevor8 der versamlung, der genanter Martinus profeß h und ein munch ist, und in welcher er wonen und sich erhalten soll)79, befreyten und unbefreyten, auch allen und jeden fursten allerlei geistlichen und weltlichen wird und eren, konygen, churfursten, hertzogen, marggraven, graven, freyheren, haubtleuten, geleitzleuten, junckeren, der gemeinden, comunen, gewelden, Stetten, landen, schlossern und gegenheiten oder iren einwonren und bürgeren und allen und jeden obenberurten durch die ganze weit, bevor in teutschen landen wonhafftich, gebieten, das sie oder eyn jeder van inen bei allen und jeden penen gedachten Martinus, sein beiphlichter, anhengige, halter und gunstige personlich fahen und gefangen bis uff unser ansuchen halten und uns über senden. Dagegen sei vur ein so gut werck von uns und dem bapstlichen stul ein wirdige belonung und wergleichnung1 erlangen sollen. 80 Ader aber das uffs wenigsts sie und ein ider von inen ausß den ertzbisschofflichen, bisscofflichen stifften und ande-

z) behaftet, verbunden a) d. h., den schon genannten b) sehr c) ausgetilgt d) Ablauf e) das zum Leben notwendige f) Lebensmittel (DWB 12, 999) g) insbesondere h) durch Ordensgelübde verbunden i)hier: Vergeltung (DWB 25, 459)

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ren kirchen, heuseren und closteren, coventen, steten, herschafften, universiteten, versamlung, communen, scholsseren, landen und orteren gegensichtiglich von allen und jeden berurten geistlichen und leien vertriben werden. Aber alle die stete, herschafften, lande, schlosser, dorffer, graffschafften, vesten, stete und orter, wo die ligen, auch die ertzbisschoffliche, bisschofliche stifft und ander kyrchen, cloester, priorat, convent und geistliche heuser, wasseri ordens, wie berurt, die seint, dohin sich benanter Martinus oder jemants von den gedachten begeben wirt, solang er do selbst sich heldeth und drei tag nach senen abstheit k , unterwerfen wir dem geistlichen interdickt 81 und sweigen der gotlicher ampt, und domyt alle vorberurte meinung allermeinglich kund werde, gebietten wir weitter allen patriachen, ertzbischoffen, bisschoffen der patriarchisschen, ertzbischofflicher und ander bisschofflicher und stiffkirchen, prelaten, capitteln und andern geistlichen und weltlichen personen, auch allen berurten ordenbrudern, geystlichen, munchen, befreyten und unbefreyten, wo die seint und zuvor 1 in teuthschen landen, das sie und ein jeder von inen bei berurten penen ban und beswerung, darein mit der that zu fallen, den Martinum und alle und jede berurte, die nach ausßgang des termins solchen unsern gebotten, mandaten und erinnerung nicht gehorsam leisten, in iren kirchen an suntagen und andern feyrtagen, wen am meisten folcks zu den gotlich ampten" 1 zusammen kummen ist, erclerte und verdampte ketzer öffentlich verkundigen und vorschaffen" und gebietten von den andern zu vorkundigen und von allermennicklich auffs höchst zu meiden 82 , auch allen christglaubigen zu ermeiden der gleichen bei obgedachten penen und ban und das sie gegenwertigen brieff oder aber ir transsumpt 0 und glaublich abschlifft in iren kyrchen, clostern, heusem, conventen und an andern ortern zu lesen verkundigen und anzuschlaen verschaffen. Auch thun wir in den höchsten ban alle und jede, was standts, gradts, wesens, vortrefflicheyt, wird und Vorzugs sie seindt, die doe verschaffen oder aber mit ichten machen und bestellen, das dyser brieff oder aber seyn transsumpt oder glaublich abschlifft und copeyen in iren landen und herschafften nicht gelesen, angeslagen ader verkündigt werden mögen, durch sie oder ein andern oder andere öffentlich oder heimlich, gerad ader ungerad, sweigend ader ausßgedruckt. Letzlich, weil es swer were, disen brieff an eyn jedes ort, do es von notten were, zu bringen, wellen wir und ausß bepstliche gewalt ercleren, das iren transsumpten und glaublichen copeyen, mit eines offenbarn schreibers hant gemacht und unterschoben oder aber in der wirdigen stat Rom gedruckt und mit eines geistlichen prelaten sigel bevestecht, allenthalben und an allen enden sol stat und volkumner glaub geben werden, in massen, wie men dem heubtbrieffP stat und glauben gebe, wen man inen zeygeth und furlegeth. 83 Und damit nicht berurter Martinus und alle ander obenbenante, welche diser briff mit ichten belangt Unwissenheit dises brieffs und ires einhaltz furwenden mugen, wellen wir, das dise briffe sollen an den thuren

j) welchen k) Weggang 1) namentlich m) Gottesdiensten nen o) beglaubigte Abschrift p) d. h., Originalurkunde 9

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des munsters des fursten der aposteln und der bepstlichen cancelley84, auch der bischöflicher kyrchen Brandenburch, Meissen und Mersßburch angeslagen und verkündigt werden85, erkennend, das dye verkundigung der selben brieff, der massen geschehen, vilberurten Martinum und alle andere und jede vorbenante, welche solche brief mit ichten belangen, der massen verhefftenq sollen, als wen diser brieff am tag solcher anssagung und verkundigung inen personlich gelesen und verkündigt weren, weyl es der warheit nicht gemes ist, das bei inen das solt verhalten und verborgen bleiben, das so öffentlich geschiedt. Unverhindert die bepstliche gesetz und Ordnung oder aber, so den obberurten allen und jeden oder aber ir einem oder allen andern von gedachtem bepstlichen stul oder aber den, so die gewalt von im haben, unter was form auch der beichtbrieff und mit allen den allerstercksten articlen, auch was orsach oder was grossem bedencken es inen verliehen1 oder gegeben ist, das sie nit mugen interdicirts, suspendirt1, der gotlichen ampt beraubt, ein zeitlanck verhindert oder verbannt werden durch bepstliche brieff, die nicht vollckummene und ausgedruckte Vermeidung von wort zu wort dovon thun, aber nicht durch gemeine artickel disß anzeigend, der selben verleyhung, inhalt, vermugen, Ursachen und weise eben also, als weren sei von wort zu wort eingeleibt worden, also das es in alle wege abgeleynt" werde, und wellen es mit disem brieff für ausßgedruckt haben.86 Darumb sol genzlich gar keynem menschen geburen, disen brieff unser Verdammung, Verwerfung, Verlegung, decrets, erkentnusß, erleuterung, verbot, willens, gebots, erinnerung, bitersuchung, ermanung, Zuordnung, verleyhung und Verbannung zu erbrechenv ader oberw darwider mit freveln durst" zu handeln. Wer sich aber das wurt unterwinden, sol wissen, das er werd in die ungenad des almechtigen Gottes und der seligen Petri und Pauli seiner zwolffboten kummen. Geben zu Rom bei Sant Peter im jar der menschwerdigung des herren tausent vumffhundert und zwenzichsten jar, am sibenzehenden tagk vor dem ersten tagk des monatz Julius oder Heumondts, unser bapstumbs im achten jaer. Besehen R. Milanesius. Albergatus87

A) Vorbemerkung Druckvorlage: DJe verteutsth Bulle vnder II dem namen des Bapst Leo des II zehenden. Wider doctor Mar=lltinus Luther ausgangen. [Köln: Peter Quentel 1521.] 4° 8 Bl. Sign.: ab4. - V D 16 K 282 - FLB Gotha: Theol. 4° 217(1) R. Zur Entstehung: Nach der Kaiserwahl im Sommer 1519 konnte Rom politische Rücksichten in der causa Lutheri beiseite lassen. Seit Januar 1520 trieb die Kurie

q) verpflichten r) verliehen s) mit dem Interdikt belegt t) von dem Sakrament ausgeschlossen u) immer abgelehnt v) zerbrechen w) oder aber x) Verwegenheit

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das gerichtliche Verfahren gegen Luther entschieden voran. Kurz nacheinander wurden drei Theologenkommissionen berufen. Die dritte nahm Ende April 1520 ihre Tätigkeit auf. Ihr gehörten die Kardinäle Pietro Accolti (1455 — 1532), Thomas de Vio Cajetan (1469—1534) und die Theologen Johannes Hispanus und Johannes Eck (1486—1543) an. Sie entwarfen einen Bullentext mit 41 aus verschiedenen Schriften Luthers gezogenen Artikeln. Bereits am 2. Mai wurde dem Papst der Entwurf erläutert. Am 21., 23., 26. Mai und am 1. Juni gelangte er in vier Konsistorien zur eingehenden Beratung. Änderungen unterblieben. Am 15. Juni wurde die Bulle „Exsurge Domine" ausgefertigt und am 24. Juli in Rom proklamiert. Den Originaldruck erstellte die römische Offizin von Jacobus Mazochius. Notariell beglaubigte Exemplare dieses Druckes brachten Hieronymus Aleander (1480—1542) und Johannes Eck auf ihrer Nuntiaturreise mit nach Deutschland. Eines dieser Exemplare wurde Grundlage der deutschen Übersetzung von Georg Spalatin (1484—1545). Sie ist eine Auftragsarbeit für den sächsischen Kurfürsten Friedrich den Weisen (1486—1525). Mit ihm weilte Spalatin zum Kurfürstentag in Köln. Bald nach ihrer Ankunft am 25. September 1520 erhielten sie einen Bullendruck. In den nächsten Wochen dürfte die Übersetzung entstanden sein. Um eine Drucklegung bemühte sich Spalatin anfangs vergeblich. Bis zum 22. Oktober hatte er keinen Erfolg: Er konnte „die drucker zu Colin nit woll dar an bringen" (Tentzel, Bericht, S. 458). Doch in den nächsten Tagen dürfte Spalatin den angesehenen Drucker Peter Quentel für den Auftrag gewonnen haben. Wahrscheinlich begann Quentel die Arbeit noch vor dem Eintreffen Aleanders in Köln am 28. Oktober. Denn der Nuntius hätte die Drucklegung wohl vereitelt (so Kalkoff, Übersetzung, S. 383). Auf jeden Fall wird die verdeutschte Bulle Ende des Monats erschienen sein. Den ihr zugedachten Zweck, die Öffentlichkeit zu mobilisieren, erfüllte sie. Nur wenige Wochen später erschien in der Leipziger Offizin Valentin Schumanns ein Nachdruck. Ausgaben: Kalkoff, Übersetzung, S. 384—399 (mit Erläuterungen); CCath 42, S. 365—411 (nach Kalkoff, mit Erläuterungen). Literatur: Tentzel, Bericht; Kalkoff, Prozeß, S. 5 2 2 - 5 2 7 ; Schottenloher, Druckauflagen; Kalkoff, Übersetzung; Volz, Bibliographie, S. 94f.; Claus, Untersuchungen, S. 45; Brecht, Luther, Bd. 1, S. 371-378, 3 8 2 - 3 8 4 ; Fabisch, Eck, S. 7 4 - 9 4 ; Höß, Spalatin.

B) Sacherläuterungen 1 Zum festen Schema der Eingangsprotokolle mittelalterlicher Papsturkunden vgl. Thomas Frenz, Papsturkunden des Mittelalters und der Neuzeit, Stuttgart 1985. — Die durchgängig korrekte und unkommentierte Übersetzung läßt nur im Titel Parteilichkeit erkennen: Es wird, im Unterschied zur lateinischen Fassung, von „doctor Martinus Luther" gesprochen und in der Formulierung „vnder dem namen des B a p s t . . . ausgangen" der Standpunkt, daß die Bulle ein Machwerk Ecks sei, deutlich (Claus, Untersuchungen, S. 45). 2 Die folgenden Erläuterungen sind vielfach dem Kommentar von P. Fabisch und E. Iserloh in CCath 42, S. 3 6 4 - 4 1 1 verpflichtet. 3 Zur Biographie und zum Martyrium von Paulus (f um 67) vgl. Bibellexikon, Sp. 1328-1337 (mit Lit.). 4 Porphyrius (um 233—305), neuplatonischer Schriftsteller und Gegner des Christentums. 5 Vgl. Migne PL 22, Sp. 807f. 6 Vgl. Migne PL 26, Sp. 322. 9'

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Die verdeutschte Bulle wider Luther

7 Gemeint sind die Beschlüsse der Konzilien von Konstanz (1414—1418) und Florenz (1439-1445) (Denzinger-Schönmetzer, Nr. 1201-1230, 1300-1308). 8 Vgl. Migne PL 23, Sp. 190f. 9 Zur Translatio imperii a Graecis ad Germanos vgl. Walter Goetz, Translatio imperii, Tübingen 1958. 10 Die Gesetze Kaiser Friedrichs II. (1214-1250) von 1220 und 1232 gaben den entsprechenden Verfügungen der Päpste reichsrechtliche Verbindlichkeit (Handbuch der Kirchengeschichte 3.2, S. 269—273). Mit diesem absichtsvollen Bezug verband die Kurie offenbar die Hoffnung auf das Handeln der Reichsgewalt (Borth, Luthersache, S. 79f.). 11 Zu John Wiclif (um 1320-1384), Jan Hus (um 1371-1415), Hieronymus von Prag (1365—1416) und zu den Verhandlungen des Konstanzer Konzils in dieser Sache vgl. TRE 15, S. 7 1 2 - 7 2 1 ; Handbuch der Kirchengeschichte 3.2, S. 545-572. 12 Zu den Hussitenkriegen (1420-1436) vgl. TRE 15, S. 7 1 0 - 7 3 5 ; Handbuch der Kirchengeschichte 3.2, S. 576f. 13 Gemeint sind die Condemnatio facultatis theologiae Coloniensis vom 30. August 1519 (WA 6, S. 178—195) und die Condemnatio doctrinalis der Löwener theologischen Fakultät vom 7. November 1518 (ebd. S. 175—178). Beide werden im Rahmen der Bulle berücksichtigt (vgl. die einzelnen Erläuterungen in der oben, Anm. 2, genannten Edition). 14 Zur nachfolgenden Auflistung, die im wesentlichen auf den Anm. 13 genannten Gutachten beruht, vgl. H. Roos, Die Quellen der Bulle „Exsurge Domine" (15. Juni 1520), in: Theologie in Geschichte und Gegenwart, Michael Schmaus zum 60. Geburtstag, hrsg. v. J. Auger, H. Volk, München 1957, S. 9 0 9 - 9 2 6 . 15 Vgl. WA 1, S. 544; zu Luthers Replik WA 6, S. 608 und 622. 16 Vgl. zu dieser verkürzten Wiedergabe die vollständige Fassung WA 2, S. 410, und Luthers Entgegnung WA 6, S. 608f. und 622f. 17 Vgl. WA 1, S. 572 und dazu WA 6, S. 623. 18 Vgl. WA 1, S. 234 und WA 6, S. 623f. sowie unten Nr. 10, S. 284. 19 Vgl. WA 1, S. 243 und WA 6, S. 624f. (Luthers Stellungnahme). 20 Vgl. WA 1, S. 319 und dazu WA 6, S. 625 sowie unten Nr. 10, S. 278. 21 Vgl. WA 1, S. 321 und WA 6, S. 625 (Luthers Stellungnahme). 22 Zu diesem wörtlichen Zitat WA 1, S. 322 und dazu WA 6, S. 626 sowie unten Nr. 10, S. 279. 23 Wieder wörtliches Zitat aus „Sermo de poenitentia" (WA 1, S. 323; vgl. WA 6, S. 626, Luthers Stellungnahme). 24 Vgl. WA 1, S. 543 und WA 6, S. 627. 25 Vgl. WA 1, S. 323 und WA 6, S. 628 (Luthers Stellungnahme) sowie unten Nr. 10, S. 280. 26 Vgl. WA 1, S. 323 und WA 6, S. 628f. sowie unten Nr. 10, S. 280. 27 Vgl. WA 2, S. 716 und WA 7, S. 120f. (Luthers Stellungnahme). 28 Vgl. WA 1, S. 322 und dazu WA 7, S. 121f. 29 Vgl. WA 1, S. 264 und WA 7, S. 122 (Luthers Stellungnahme). 30 Vgl. WA 2, S. 742 und dazu WA 7, S. 122. 31 Vgl. WA 1, S. 236 und dazu WA 7, S. 124. 32 Vgl. WA 1, S. 246, 570 sowie WA 7, S. 125. 33 Vgl. WA 2, S. 429 und WA 7, S. 126. 34 Vgl. WA 1, S. 587 und WA 7, S. 126. 35 Vgl. WA 1, S. 552, 553 und WA 7, S. 126. 36 Vgl. WA 1, S. 552 und WA 7, S. 126. 37 Vgl. WA 1, S. 639 und WA 7, S. 126.

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Zu diesem wörtlichen Zitat vgl. WA 6, S. 70 und WA 7, S. 127. In Luthers Schriften mit dieser Prägnanz nicht nachweisbarer Artikel. Vgl. WA 1, S. 536 und WA 7, S. 131. Vgl. WA 2, S. 427 und WA 7, S. 131. Ausgelassen in der Übersetzung ist an dieser Stelle „cum magna parte ecclesie" (CCath 42, S. 382). Vgl. WA 1, S. 583 und WA 7, S. 131. Vgl. WA 2, S. 404,406 und WA 7, S. 134 sowie unten Nr. 10, S. 285. Vgl. WA 2, S. 279 und WA 7, S. 135 sowie unten Nr. 10, S. 285. Vgl. WA 2, S. 416 und WA 7, S. 136 sowie unten S. 282. Vgl. WA 1, S. 608 und WA 7, S. 138 sowie unten S. 282. Vgl. WA 1, S. 624, 625 und WA 7, S. 139f. sowie unten S. 285. Vgl. WA 1, S. 535 und WA 7, S. 140f. sowie unten S. 286. Zu diesem wörtlichen Zitat vgl. WA 1, S. 553 und WA 7, S. 141f. WA 1, S. 354 und dazu WA 7, S. 142-149 sowie unten S. 286. Vgl. WA 2, S. 324 und dazu WA 7, S. 149 sowie unten S. 284. Vgl. WA 1, S. 234 und WA 7, S. 150 sowie unten S. 284. Vgl. WA 1, S. 562 und WA 7, S. 150 sowie unten S. 284. Vgl. WA 2, S. 340 und WA 7, S. 150. Vgl. WA 6, S. 42 und dazu WA 7, S. 150f. Gemeint ist die vom Papst berufene sogenannte Viererkommission, die letztendlich die Bulle konzipiert und entworfen hat (vgl. oben Zur Entstehung). Hier folgt im lateinischen Text „divinarum scripturarum" (CCath 42, S. 388). Vgl. Augustinus, Contra ep. Man. c. 5, in: Migne PL 42, Sp. 176. Cyprian, Ep. 59, in: CSEL 3.2, S. 671f. Gemeint sind die Bettelorden. Vgl. LThK 6, Sp. 229. Im lateinischen Druck folgt „et alia imposterum obtinenda" (CCath 42, S. 390). Zu Bedeutung und Wesen der confessionalia vgl. Paulus, Geschichte 1, S. 124-136 und 3, S. 303-329. Hier wird in der Übersetzung „predicare" ausgelassen (CCath 42, S. 392). Zu den in der Bulle herangezogenen Schriften Luthers vgl. im einzelnen Roos, Quellen (wie Anm. 14). Zu derartigen Verbrennungen kam es, von Aleander initiiert, am 8. Oktober 1520 in Löwen, später in Lüttich und Antwerpen, sowie am 12. November 1520 in Köln und am 28. bzw. 29. November 1520 in Mainz (CCath 42, S. 334; Brecht, Luther, Bd. 1, S. 400). Gemeint ist der Kardinallegat Thomas de Vio Cajetan (vgl. TRE 7, S. 538-546). Anspielung auf Leos X. Breve „Postquam ad aures" (13. August 1518), in dem von einem „sicher geleit" nicht die Rede ist (CCath 42, S. 62—66), was aber schon die am 11. September 1518 Cajetan gegebene neue Instruktion „Cum nuper" behauptet (ebd. S. 56, 60). Gemeint ist die zuerst in Plakatform erschienene „Appellatio F. Martini Lutheri ad Concilium" (Benzing 240; neue Edition: CCath 42, S. 218-227). Pius II. (1458-1464) erließ die Bulle „Exsecrabilis" (1460) und Julius II. (1503—1513) die Bulle „Suscepti regiminis" (1509) (vgl. Denzinger-Schönmetzer, Nr. 1375; Kalkoff, Übersetzung, S. 393f„ Anm. 10). Zu diesem Vorwurf vgl. die „Resolutiones Lutherianae super propositionibus suis Lipsiae disputatis" (1519) (WA 2, S. 388-435). Das im lateinischen Text folgende „turbare" wird ausgelassen (CCath 42, S. 398). Die auf dreimal 20 Tage bemessene Widerrufsfrist endete am 27. November 1520.

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75 Vgl. im Unterschied hierzu oben Anm. 69. 76 Zur kirchlichen Schlüsselgewalt vgl. LThK 9, Sp. 4 2 2 ^ 2 5 . 77 Diese Bestimmungen enthält die Bannbulle „Decet" (3. Januar 1521) und das Wormser Edikt (26. Mai 1521) (CCath 42, S. 459f., 538-542). 78 Zur kirchenrechtlichen Seite der excommunicatio latae sententiae vgl. Plöchl, Kirchenrecht 2, S. 343, 346-348. 79 Gemeint ist der Orden der Augustinereremiten, der mit Absicht namentlich nicht genannt wird (CCath 42, S. 403, Anm. 100). 80 Diese Verheißung wird im Breve Leos X. am 3. Januar 1521 wiederholt (ebd. S. 472). 81 Zum Interdikt vgl. LThK 5, Sp. 726f. — „und . . . ampt" ist eine von Spalatin hinzugefügte Umschreibung des Interdikts. 82 Zu dieser kirchenrechtlichen Bestimmung im einzelnen Plöchl, Kirchenrecht 2, S. 347. 83 Die in Rom durch öffentliche Notare ausgefertigten Transsumpte oder von einem Prälaten der Kurie gesiegelten Drucke einer päpstlichen Urkunde sind dem Original in ihrer Rechtsverbindlichkeit gleichgestellt (CCath 42, S. 407, Anm. 105). 84 Gemeint sind die Kirche St. Peter im Vatikan und die päpstliche Kanzlei, wo die Bulle am 24. Juli 1520 publiziert wurde (ebd. S. 408, Anm. 106). 85 In Brandenburg, Meißen und Merseburg verkündete Eck die Bulle am 29., 21. und 25. September 1520 (ebd. S. 334 und 408). 86 Vgl. hierzu WA 6, S. 593. 87 P. Fabisch und E. Iserloh vermuten, daß R. Milanesius mit dem Scriptor Vianesius Albergatus aus Bologna identisch sei (CCath 42, S. 411, Anm. 111), während Kalkoff (Übersetzung, S. 399, Anm. 3) deutlich „verlesen" meint.

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Johann Eck: Des heiligen Konzils zu Konstanz Entschuldigung, daß ihnen Bruder Martin Luther mit Unwahrheit aufgelegt, sie haben Johannes Hus und Hieronymus von Prag wider Geleit und Eid verbrannt. Allen und yeden frummen Christen, die da leben in eynigkeit der heyigen kirchen, wünsch ich, Johan von Eck etc., gnadt und barmhertzigkeit 1 Gottes, dartzu alles, was yne nutz sey tzu der seel Seligkeit. Es hat sich ein tzeit här lang" vil außschreibens begeben durch Martin Luder von Wittenberg und sein anhang. Wie wol der selbig das tzuschreybt seinen Widersacher, die ynen b dartzu gedrungen haben, dan wie er kürtzlich in eyner protestacion und betzeugnuß hat lassen außgehen, so wolt er lieber in der still bleyben und in dem winckel 2 , unnd wiewol eyn yedtlicher0 frummer vorstendiger wol vorstehet, das dytz blosse wort seint, unnd ein kluge verteydung der hoffart. Dan wolt er gern also ymm d allein gelebt haben, dorfft er nith ein büchlein über das andern lassen außgehen 3 , dartzu yme sein Widersacher nith geursacht haben, und was yme dienet tzu seiner rume und geschrey 6 , ist er so eresuchtig und rumesuchung f , das es von stundan 8 mhues yn die werlt durch den druck, noch*1 sagt er, er such nith ere noch rhume. 4 Aber ditz wil ich ytz tzumale nith hoch andern1, wie ich auch ander sein yrrig, verfurisch lere yetzundJ tzu rhuen stellen will. Dannacht k wil ich sagen, wie er das heylige sacrament der tauffe vermackelt1 indem, das er nith wil, das alle sunde durch es abgenommen werde, sunder in dem getaufften kinde auch noch sunde bleybe. 5 Ich schweyge, das er nith wil genug haben, das das kindt mit wasser gössen werde, meint, man sol es gar darein stossen und dauchen. 6 Ich laß auch stehen, das ehr das heylig sacrament der busse der maß tzurissen hat, das ehr die rhew vomichtet und unnötig geacht, die beicht der massen beschnitten, das sie lützel m nutz were, allein die öffentliche sund tzu beychten (die weiß man vor" wol°)7 und die gnugthung gar mit ayn p hinweg genommen, alßo das ein yetlicher priester hab volkommen macht, wie der bapst tzu absolviren, für** pein r und schuldt 8 , deßhalben ert vermey[n]dt 9 (wie wol falschlich) die seelen ym fegfewr leyden nith umb der sundt willen, dar umb sie hie nicht gnug gethan haben 10 . Ich geschweich, das er verwurff den cristlichen brauch, den die menschen haben, ßo sie des hochwirdigen sacrament des tzartten fronleychnam Christi Jesu entphahen s wollen, das sie sich mit fasten, rewen der sundt, beichten und der gleychen vorgeng bereytten, vermeynt, allein der glaub

a) vor einiger Zeit b) ihn c) jeder d) sich e) Ruf, Leumund f) ruhmsüchtig g) sofort h) dennoch i) sehr tadeln j) jetzt k) dennoch 1) befleckt m) wenig n) vorher o) gut p) auf einmal q) von r) Strafe s) empfangen

Wider daz daz sacrament der tauffe

Wider dye büße

Des heyli[g]en fronleichnam Christi

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sey gnugsam' n , wie wol schwere derneben" ist, das er den brauch der ketzer, unter beyder gestalt zu entphahen, den leyhen fure besser acht v undt radtsamer 12 , dan den brauch christlicher kirchen. Durch Weichs yrriges schreyben in einem konigreich 13 der hauff der selbigen großlich w gemert ist worden, und der hauff der frommen, gehorsamen Christen gemindert, wiewol ich noch für unleidlicher acht, das er acht, die tzu gedulden bey uns yn der kirchen, die nicht gleuben, das" das brot in den waren fronleychnam Christi ymme sacrament verwandelt werde, noch weyn in sein heylig blutt. 14 Nicht wil ich auch melden, das er verwürfft den vleiß, den ein armer sunder hat vor der beycht, da er sich eryndert y seiner sund, die yn seiner gedechtnis herfuersucht, sie tzu hassen und tzu rhewen, dan er 2 achts darfure, es mach ein großem sunder, solch fleyssig erfarunge 15 , halts für gnugsam, das einer vorhin a von sunden laß, ob er schon nicht rhew hab von vergangen sunden. Darumb er nicht wil, das ein beychtvater frage vom beychtsun, ob yn seyne sundt rewe oder nicht. 16 Wider den fridt Und ßo die Christen tzu fride vor andern sollen geneigt sein [vgl. Matth. 5, 9], were leichtlich tzu ermessen, ab Christus auß Bruder Luder redde oder nicht, der ein solch auffrure understehet tzu machen, das die freyheit, geystlichen personen gegeben, durch die leyhen hingenommen b wurde 17 , das der theure deutsch adel sich auffwerff wyder den babst und geystlichen 18 , so doch der frum adel wol bedencken kan, das ynen sollichs tzu großem nutz komme, und für beyde stende sey, das sie eynander underhalten, wan ßo ein loblicher fürst etwan c sechs oder acht yung herren hat, solten sie alle weltlich werden, wurde das furstenthum tzerteilt und qweme d von seiner wirden. Dan solt darnach yetzlicher 6 auß ynen tzwene yung herren haben, were das furstenthum schone in XVI teyle tzerrissen, also von grafen, von edelleuthen. Sunst f werden auß yn g bischoff, thumprobst etc., das sie yrez standt nach vorsehen werden unnd erlich unterhalten. Darumb ist der nicht ein freundt, sunder ein feindt unnd verderber des teu[t]schen adel. Wan schone ein bischoff von Wurtzpurg oder ein ander vil hat, kum yn sein hoff, vorware h , du wirdest nicht vil pfaffen bey yme finden, aber vill adels, yung unnd alt, und ander reysung 1 , dene auch tzu gut kumpt, was bischoffs auffheben' ist, von landt unnd leuthen vast k gut und recht gethan, darmit yn christenlicher eynigkeit das geystlich und weitlieh regiment mit eynander hingehe, und alle beyde in wirden bleyben. Das were wol schwer dem frummen adel, wan 1 die pfaffen auch kinder hetten, die pfaffen weren, wie bruder Ludder yne weyber wil geben 19 , das es alßo allein fure und fure m yn eyner linien der pfaffen blibe, das gesehyet nhw"

t) ausreichend u) daneben v) erachtet w) sehr x) diejenigen bei uns in der Kirche zu dulden, die nicht glauben, daß y) erinnert z) gemeint: Luther a) vorher, zuvor b) hinweggenommen c) vielleicht d) käme e) jeder f) so aber, andernfalls g) ihnen h) für wahr, wahrhaftig i) Reisegesellschaft j) Erhebung, Wahl des Bischofs k) sehr 1) wenn m) für und für, immer n) nun

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ytzt nicht. Ist gester[n] an eynen von Bibra 20 gewesen, ist heutte an eynem von Tungen 21 , kumpt dornach auff eyn Fuchs, Grumbach oder ein andern. Aber wil ytzt nicht außgrunden 0 dißen anschlag Bruder Luder[s]. Ich wil auch hie nicht urteylen die demüttigkeit B [rüder] Luders, der wider demütigkeit sich über alle erhocht unnd sich entbort, nith allein über die doctore p , die yne ym yaren geweßen sind, ehr wil auch frey sey[n], tzu halten adder tzu verwerffen die heyligen alten gotlichen lerer Augustinum, Cyprianum, Hieronymum, Gregorium, Chrysostomum, Leonem, Bernhardum etc. Ja nicht allein die selbigen, auch über al concilium, wue q sie ym nicht gefallen, wie er die heylige schlifft verstehet, vormeyndt er die frey mögen verlegen r und yne widdersprechen, waserley s concilien es gewesen sein. 22 Waser' vormessenheyt das sey, kan eyn yetzlicher vorstendiger wol abenemen", seynen verstandt ßo vil heyligen und der christlichen kirchen furtzusetzen. Ich laß auch hangen, das er nicht alwegv die warheit für gybt, mut- wider die warheit williglich, klein were es, das er kegen dem hochloblichen chürfursten von Sachssen verleugnet, wider seine eygne hantschrifft: Sie haben mir Leyptzigk nith angebotten tzu disputiren. 23 Aber das ist schedlich 24 , das er den babst in ein haß bringe deutscher nation. Schreybt von ym, wan er yrn w spatzirnn reyt, ßo hab er IUI tausent maul" mit ym 25 , ßo die yhenigen, die tzu Rhom geweßen sint, wissend, das sein spatziren etwan mit C mauln ist, ya heure y in dem grossen fest, das er helt auff unßer frawen verkundung tag 26 , wan er sibentzig frummer junckfrawen mit einem heurat gut außsteurt, do z ich yn in der grossen magnificentz 3 gesehen hab mit XXXI cardinaln und LH bischoven reyten, tzalt ich maul und pfferd VIIC und XXXVI. Das auch Luder darff schreyben, der bapst möge auffheben aus seynen officiis bey tzehenhundert tausent ducaten. 27 Wer tzu Rhom gewesen istb, wie er do das beyhel tzu weit wirfft 28 , so er nith des dritten teils so vil hette, wan alle officia auff ein tag ledig wurden, ßo doch die amptleut offt vil bebst uberleben, darumb redt er darvon, wie ein blinder von der färbe 29 . Auch sagt er von des babst pomp und krön 30 und fueß küssen 31 , so doch wissentlich ist, wie schlecht0 der babst gekleydet ist, er reytte oder gehe, und stets, wan er yn seynem gemach ist, hat er ein schlechts rot bannet d auff, ein langen weyßen rock an, zu ym gurte, ein rot kepleyn darüber, das ist die hoffart. Wan er ist yn dem gottes dinst, das er kostlich bekleydt ist, hebt niemandt hie eynem schlechten priester auf?, ob er yn einem gülden stuck messe list, darum nicht tzu verwundern, ob er etlich kostlich ynfeln 32 hat, mit edlen gesteinen in krön, weiß eingesetzt. Das sage ich, das der babst gemeiniglich 8 in der kirchen oder Capellen ein schlechten infell tregt, dan h keyn weybischoff. Der" uns 33 mit dem fueß-

o) ergründen, erforschen p) gemeint: die Scholastiker des Mittelalters q) wo r) widerlegen s) welcherlei t) welche u) verstehen, erkennen v) immer w) irgend-(wann, wie, wo) x) Maultiere y) in diesem Jahr z) als a) Pracht b) nach dem Komma zu ergänzen: weiß c) einfach, schlicht d) Kappe (Kopfbedeckung) e) gegürtet f) gemeint: niemand hält einem einfachen Priester vor g) gewöhnlich, in der Regel h) wie i) wer

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küssen, das Bruder Ludder dem babst yn ein hoffart rechnet^ bedenckt nicht, das seynes ordens demütiger vatter, der heylig Sanct Augustinus 34 , der von ymk selbs schreybt, wie mann yme die fuesse nach gewonheitt geküst habe 35 . Das ist geschehen tzw der tzeyt des heyligen vatter Augustini, das man auch den bischoven die fuesse kuest. Es weys aber B [rüder] Ludder noch nith, warumb man dem babst die fues küst. Deren stück findt man vil yn Bruder Ludders yungsten büchlein. Vill besser ist, romische, königliche und hispanische maiestat mit den hochloblichen fursten teutzscher nation werde nicht mit blöderer1, wie Ludder ist, sunder mit der sach verstendig und erfarn, das man die warheit, nicht fabeln furgeb m , nutz" teutscher nation betrachten, und was uns nachteylich ist, bedencken abtzustellen, rattlich0 nicht mit eyner auffrure. Ich trost mich der frummigkeit des heyligen vater, des babst, und der cardinel, die hochgelert unnd verstendig sein, sie weren teutscher nation wilfaren und mißbrauch abstellen, danp wie unßre nation vormals auch ein Vortrag mit dem babste hat, sol man yetzt darein sehenq, was mangel darin sey, adder nhewe funde, adder mißbrauch, die tzu vertylgen. Ich bin nicht der klugheit, das ich wester vil dartzu tzu raten. Aber find yer5 gnug yn teutschen landen, wie wol ich, unßer nation tzu gut, kein erbeit sparen wolde. Aber Bruder Ludder ist vil klüger, reformation tzu machen, wie man babst, cardinel, bischove, fursten, landt und leut, adel, pfaffen, kauffleut, universitet regiren sol. 36 wider die weyung Dartzu laß ichs ytzt auch in der feder bleyben', wie er das heylige sacrament der weyunge (ordinis) gröblich antast und gar hin nimpt", vorgleycht die priesterliche salbunge mit dem heyligen chrisma den Ölgötzen 37 , macht alle Christen pfaffen und pfeffin, als baldt sie auß der tauffe kriechen. Nun haben wir nicht meher dan sieben sacramenth38, ßo doch der herre Jesus die apostel tzu erst berüeffit [Matth. 10, 1—5], darnach die LXXII yunger [Luk. 10, 1], und die apostel haben diacones geordiniret, und der heylige Dionysius, ein yunger Sant Pauls, beschreibt uns, wie die heilige weyungen entpfangen sint worden, nach satzunge der heyligen apostel 39 , das biß auff die tzeit gewerdt hat, bis auff den Ludder, der vormeindt, pfaffen tzu machen wie hirtten. Es ist wol auß dem tzu nhemenv, das er auch nicht vil helt auff das heylige sacrament der firmunge40, do auch der heylige chresam gebraucht wurdt, des gleichen von kirchen weyhen unnd andern, er hats als w vor" olgotzen 41 . Ich wil auch faren lassen, das er der kirchen gesatz von der ehe, von der priesterschafft gemeyniglichy angenommen, außgenommen dye orientischen und krichyschen, verwirfft, und die durch unordentliche und lepyschez liebe der teuffei tzusamen geknypfft hat, die selbigen alßo in yrem

j ) nach dem Komma sinngemäß zu ergänzen: beklagt k) sich 1) Schwätzer m) vorstellt n) den Nutzen o) anzuratenderweise p) denn q) gemeint: die Augen darauf richten, um einzuwirken r) wüßte s) es finden sich ihrer (d. h. Personen), die raten können t) gemeint: darüber will ich jetzt nicht schreiben u) ganz verwirft v) zu erkennen w) alles x) für y) allgemein z) wohl Druckfehler für leypische = leibliche

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suntlichen leben tzu bleyben, in die hell tzu farn auff Martinus trostung, und Ludder sich auß eygner gewalt vormist, dye pryester mit yren kochen 3 tzusamen tzu geben 42 , er weych nicht b , wiewol vil mißbrauch geschehen, durch die priester in dez c standt, das vil geferlicher und schwerer feile dar auff werent, wan sie in eelichen standt weren, wie das die alftjveter' 1 wol bedacht haben. 43 Aber noch greulicher ist, wie glaubwirdige person antzeygen, sie haben es von ym gehorth in der predigeth, das eeleuthe, die stethe ee e unnd trew einander gehalten hetten, mochten nicht selig werden, dan sie ubernhemen sich des f und fielen in hoffarth. 44 Mit dem ablaß las ich auch ruhen, dan ich acht 8 , nith alleine den Ludder, sunder vil frummen Christen, geistlich und weltlich, den mißbrauch der ablas samler, auch mißgefallen habe. Aber den ablas, auß redlicher Ursache gegeben, von dem, der das gewald hat tzu vornichten und unnütz tzu schätzen den frummen Christen (wie er thut) 45 , die sich gebuerlich den selbigen tzu entpfahen schycken, ist anne h tzweyfell ein yrrig, vorfurisch, boße meynung, auch dem heyligen apostel Paulo wider 46 , darum 47 der ablas gegrundert ist, wie wol Luder und Carlstadt 48 das darin noch nith fiinden haben ader nicht finden wollen. Es ist auch an1 noth tzu sagen, wie er dy schlüsseil der kirchen gekleinert hatt mit dem ban, von wegen das etliche die mißbrauchent dohin kommen, das er sagt, man sal die Christen lernen^ das sie den ban mehr lieben dan furchten. 49 Dartzu stell ich in euch k , das er die höchsten tugent der gehorsamen Wider den 1 also verwyrfft, das er uns alle widerspennig wil machen und ungehorsam gehorsam dem babst und andern geistlicher oberkeit, und den babst mit ungehorten lesterworten schmecht1", ein wolff, ein dieb, ein rauber, eyn endtchrist 50 nennet, der doch seiner person halben (als vil" man hie auff erden ein münichen erkennen kan) ein frummer herre ist unnd bessers lebens dan Ludder. Dan do ist er kayn sauffer, kein spiler, mit kainerley weyß unkeuscher vorleumdt oder vordacht 0 , nicht geyrig p , nicht hoffertig, wie all wissent, die yn von yugent auff gekandt haben. Ich schweyge seins fleissigs gebeths, das er die geschefft der kirchen offtmals selbs vorret q , mit grosser muhe stets audientz tzu geben, tzu rath zu sitzen, unnd dreyteglich fleyssig fasten in der wochen über jar, wie wol Luder noch ßo frevel ist, sagt, tzu Rhom spott man der fasten. 51 Ich acht, ehr fast nicht ßo vil in der palm wochen, als der babst in der Oster wochen. Ich wil auch yetz nicht erwegen, wie er die geystligkeyt ßo gar rin- Wider die geistlich gertr, das er wolt die heiligen betler orden abthun, auch auff ander orden nicht fil helt, es wer gnug, das wir Christen weren 52 , das durchs die gaistli-

a) Köchinnen, Wirtschafterinnen b) gemeint: er steht davon nicht ab c) dem d) Kirchenväter e) Ehe f) sie werden übermütig g) meine, erwäge h) ohne i) ohne j) lehren k) gemeint: ich stelle in euer (d. h. der Leser) Urteil 1) dermaßen m) schmäht n) soviel, soweit o) verleumdet oder verdächtigt p) habgierig q) führt r) schmälert, verächtlich macht s) dadurch

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Wider sitlich sterke

wider messigkeit

Wider gerechtigke[it]

Wider gedult

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chen heiligen vetter Blasius, Paulus, Benedictus, Augustinus, Hieronymus, Bernhardus, Dominicus, Franciscus und die lieben vetter, die nach yerer regel gelebt habent, großlich geschmecht werden. Was er auff junckfrawen closter helt, ist gut wissen, wie wol ich hoff, vil frummer kindt darin tzu sein. Aber ßo nicht andechtigers ist in der Christenheit dan das heylige ampt der meß, widersteht er sich, das auch zu kleinern, und wil nicht, das es ein opffer sey 53 , ßo dach' das unwidersprechlich in der stillen meß in canone maiori 54 außgedruckt wirt, wie ein ander mal nach der leng wider den verfurischen yrrigen artickel geschehen wirdt. 55 Ich laß yetzt stehen, das er nicht wil, das die Christen wider die Türcken kriegen, wan u es sey wider den willen Gottes 56 , und wil doch den deutschen adel hetzen wider die priesterschafft tzu Rhome 57 , dar wider mancher eerlicher frommer, redlicher man ist. Das sie die hende in yrem blut waschen 58 , das ist ein erbars hertz, ein christlichs an eynem munichen, der allein vormist sich, das ewangelium zu künden v . Es bleyb auch yetzt, das er die christenlichen messigkeyt vorschlecht w , und die fasten frey machen wil, und allerley speyß ftey machen. 59 Das ist ein closterman, der wil den sack auffbinden den vollen" brndern. Auch wil ich nith ruren y , das er seiner haut forcht und sagt, es sey wider den willen des geistes, das man ketzer vorbren. 60 Het er nur dartzu gesagt: Unnd das man morder redert, und das unleidlicher ist, auch wider dem naturlichen gesetz, das ein Christ gewalts sich nicht erweren sal mit gewalt [Matth. 5, 39], und das er den land fridt brechern mehr raumß machte, wil er nicht, das ein christ sich were, wan man ym etwas nhem oder wan ym etwas genommen wurde, wil er nicht, das ers durffe wider 2 rechtlich begern. Ich geschweyge des a , wie er ßo unwurß b ist, unleydenlich und ungedultig, wan er wurdt ein klein wenig angetast, wie er tzu schmehen, zu vorspotten, schelten und vorleumden die leuth geistlich und weltlich ßo gech° ist, das eine bosse fraw auff dem graben ein d nicht künde übler außrichten, an e alle maß, an schäm, mit untzüchtigen worten 61 , das man gar nith kan spuren in sollichen iniuryren f einigerley bruderliche liebe aber® ein christlichs erbars gemütt, und ein sollicher rabe legt auch ein sollichs ey. Seine junger schreyben auch mit gleycher leych[t]fertigkeyt. Ein frommen, gelerthen vatter Sant Francisci von der obßvantz h 6 2 heyst ein liebe memme, und sol was schlagen mit holtzschühen etc. Mit sollicher Üppigkeit geben sie für, das sie erst das ewangelium herfurbringen. Bißher sey es vorborgen blieben 63 , findt man klarlich ynn den büchlein, was sie wider Tetzell 64 , Prioraten 65 , Emser 66 , Alvelden 67 , mich 68 , die loblich universitet tzu Collen und Leon 69 und den heyligen vatter, dem babst, geschrieben haben.

t) doch u) denn v) verkünden w) verwirft, ablehnt x) betrunkenen y) daran rühren, mich damit befassen z) entgegen a) dessen b) unwirsch, barsch, grob c) schnell, flink d) einen, gemeint: jemanden e)ohne f) Beleidigungen g) oder h) Observanz

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Es hab auch yetz sein wan, das er in seiner geschrifft nyndert J auff ainer ban bleibt, hinder sich laufft, und was er vorgesagt hat in eynem, das widerspricht er ym andern, das eyner allein auß widerwertiger k redt Bruder Luders hett woll ein buch tzu machen. Anfengklich gaben sie für1, andern universitet doctores lessent m allein scholasticos, die in der schuel geleßen haben, sie wolten bleyben (cum ecclesiasticis) mit denn doctorn der kirchen, yetzt, so sie sehen, das sie yr maynung nicht eben in" erhalten mögen, so lassen sie jung unnd alt doctores fallen, wollen, das in° alle ding auß der heyligen geschrifft bewert p werde, und ßo in q die furbracht wurdt, ßo tzerreissen sie die nach yren gefallen. Anfangs underwarff er sein lere dem babst, den er seer lobt 70 , yetzt weycht er von ym und schilt yn, etwan r wolt er, der Spruch wer 5 ketzerisch, wan er von eynem concilio verdampt wurde 71 , yetzt will er dem concilio den gewalt nemen: bot mir für', tzu disputiern tzu Leyptz[i]g mit seinen gesellen", da ich dar kam, wolt er dy v nith urteilen lassen, ya kein universitet in der werlt, da man yn dar tzu bracht, das er doch Paryß erweit, als baldt schrib er auß sein positiones, wolt sich rechtvertigen, obschon all doctores, al[l] universiteten anders erkenten. 72 Ich laß bleiben, das er nicht allein alle ding auff erden umb wil keren, sunder auch sein tyranney über die durfftigen w seelen ym fegfewr brauchen wil, die er nith wil, das sie gewiß seyen von yrer kunfftigen Seligkeit. Sagt, sie sunden x one underlas, dieweil sie abscheuen haben von der pein 73 , unnd das ontzweifel y der teuffei tzuricht, dar mit sie lang in grosser peyn bleiben, ßo wil er, das man die begengknus, jartag, seelmessen abthue 74 , darmit bruderliche lieb den armen seelen von uns entzogen werde. Dytz und der gleychen verdamlich unnd yrrig artickel, die uns das luderisch ewangelium lernet, dasz er sich rumet, er habs under den bencken herfurgetzogen, es sey wol CCCC jar darunder gelegen 75 , wil ich yetzmal 3 altzu rw stellen. Aber den grossen frevel, da er das heylig concilium tzu Costenitz b und die gantzen Christenheit mit der unwarheitt großlich schmecht und iniuriert, das keynen frummen Christen nicht tzu gedulden ist, dan er schreibt: Johannes Huß und Hieronymus von Prag sindt tzu Costnitz wider bebstlich, christlich, keißerlich geleydt und eydt vorbrant etc. 76 So ist auch offenbar, das Johan Huß unnd den Behemen solch geleydt ist tzu gesagt, und nicht gehalten. 77 Und hernach schreibt er von concilio : Es hat sie der teuffei toll und töricht gemacht, das sie nith haben gesehen, was sie geredt oder gethan habenn. 78 Wer kann disse schmach der Christenheit gedulden? Der Ludder schreyt nur nach eynem freyen concilio 79 , ßo doch in etlich hundert jaren nye keyn freyers concilium gewesen

i) Standhaftigkeit (der Gesinnung) j) keineswegs, durchaus nicht k) widersprüchlicher, einander widersprechender 1) erklärten sie m) lesen, gemeint: dozieren n) sich o) ihnen p) bewiesen q) ihnen r) einst, früher s) wäre t) bot mir an u) Freunden, Mitstreitern v) gemeint: Leipziger Universität w) armen x) sündigen y) zweifelsohne z) dessen a) diesmal b) Konstanz

Wider die stetmütigkeit'

Die barmherzigkeyt

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ist. Dan Costentz ist in teutschen landen, da man der Romer gewalt oder ander nation sich nicht hat dorffen entsetzen 0 . So darff er nicht tzumessen dem babst, der da regirt hab, dan drey babst hat man entsetzt d , und ist Huß und Hieronymus verprant worden, ee e das der new babst ist erweit worden. 80 Dan da hat yetlich f nation außgeschossen 8 und erwerlt h die geschicktisten, die sie gehabt hat, darum also schmacht 1 hie Ludder nicht die Romer, die lützelJ do in dem concilio tzu thun hatten, sunder al[l] nation der Christenheit teutsch, welsch k , frantzosisch, engellendisch etc., dan die haben die handlung des concilii wider die bebst und ketzer gefuert. Reycht auch nicht wenig tzu schmach dem teurn teutschen adel, die ob dem concilio gehalten haben 1 , als Hertzog Ludwig, Pfaltzgrave, ein ritter an stat Hertzog Rudolphs von Sachssen, Friderich, Burggraven tzu Nürnberg, Wilhelm, Graf zu Hennenberg unnd ander meer von der teutschen ritterschafft81, und das greulich ist tzu hören, das ein münich ßo frevel ist, das er sagt, der teuffei hab die veter ym concilio toll und töricht gemacht, ßo die concilien von dem heyligen geist geregiert werden, unnd dytz concilium also von der gantzen Christenheit ist angenommen worden. Die nation, die vor1" andern babsten anhiengen, haben die faren lassen, unnd dem concilio gelebt. Wer hat in seinem mut gedacht, das ein solliche freveliche redt solt auff erden under der Christen erst hundert jar nach dem concilio erhört werden? Wee denen und aber wee, die sollich lesterung und ergernuß nicht wollen gestrafft werden. Sollich lesterung und schmach nympt er yme" für auß der unwarheit, legt dem heyligen concilio auff, es hab dy ketzer wider aid und geleyd vorbrandt. Da spart 0 er die warheit. Dan das heilig concilium tzu Costentz hat denen allein geleyd geben tzu dem rechten, als vil p sie recht leiden mögen, wie beider gleidtz brieff auß weyst, die versigelt seint gewesen, durch die vier obersten der vier nation. Darumb, so sy in dem recht darnider gelegen q sindt, hat man weder aid noch geleyd gebrochen 82 , deß auch Hieronymus sich wol schuldig west r , dan wider sein eid floch er heymlich von Costentz hinweg und wolt gen s Behem seyn. Do wardt er von Hertzog Hansen von Baiern pfleger zwischen Hirsaw und Weiden darnider gelegt', und in das concilium geschicket, da er den Ion seiner boßheit entpfangen hat. 83 Darumb nit das concily den ayd gebrochen, ßonder Hieronimus mainaidig worden, auch yndem, das er schwur eyn aid, die lern" des Huß fir hin v nit halten, das er nit hielt. Das aber dyßem alßo sey (und nit wie Luder das heilig consilium lestert) ist offenbar auß dem gleid, des ich hereyn setzen wil, wie es Hieronimo geben ist worden sessione sexta w . 84 Geleyds brieve Sacrosancta synodus, generale concilium Constanciense faciens, in [spiritu] sancto fideliter congregata, universalem ecclesiam militantem re-

c) fürchten d) amtsentsetzt e) ehe f) jede g) ausgewählt h) erwählt i) schmäht j) wenig k) italienische 1) gemeint: die das Konzil beschützt haben m) vorher n) sich o) unterläßt, negiert p) soviel q) unterlegen r) wußte s) nach t) gefangen genommen u) Lehren v) künftig w) (lat.) sechste Sitzung

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presentans, Hieronymum de Praga, qui se magistrum in artibus, quam plurimorum studiorum fore scribit et pretendit, que recta sunt ad sobrietatem et non amplius sapere quam oportet [Rom. 12, 3]. Scriptum quoddam tanquam ex tui persona affixum in portis ecclesie civitatis Constanciensis die dominica, qua cantatur in ecclesia dei Quasi modogeniti, ad nostri noticiam noveris pervenisse, in quo tuis obtrectatoribus crimina erroris et heresis tibi obiicientibus te asseris publice responsurum, de quibus apud nos multipliciter infamatus existis et presertim de doctrina Ioannis Wickleff, necnon aliis doctrinis catholice doctrine obviantibus, dummodo ad veniendum tibi salvus et securus conductus praebeatur. Et quia nostrum principalius interest capere vulpeculas, vineam domini Sabaoth conantes demoliri [Hoheslied 2, 15] idcirco personam tuam tanquam de multorum errorum doctrina et temeraria assertione suspectam et multipliciter diffamatam evocamus et citamus presentium sub tenore, quatenus infra terminum quindecim dierum a data presentis computandorum, quorum quindecim dierum, quinque pro primo, quinque pro secundo et reliquos quique pro tertio et peremptorio termino, hac monitione canonica tibi prefigimus et assignamus in publica sessione huius sacre concilii, si ipsa die sessio fuerit celebrata, alias primo die immediate sequenti, qua sessionem esse contigerit compareas secundum tenorem praedicti tui scripti responsurus, ad ea, que tibi aliquis vel aliqui in causa fidei velint obiicere recepturus et facturus, in omnibus iusticie complementum, ad quod a violentia (iustica semper salva) omnem tibi salvum conductum nostrum, quamtum in nobis est et fides exigit orthodoxa, tenore presentis offerimus, certificalem, quia sive in dicto termino 85 compareas sive non, nihilominus contra te per ipsum sacrum concilium vel eius commissarios seu commissarium elapso termino supradicto proceditur tua contumacia in aliquo non obstante. Datum Constantiae, in sessione concilii generalis XVII die mensis Aprilis sub sigillis praesidentium quatuor nationum. Auff teutsch laut es klarlich also mit dem geleidt: Er, Hieronymus, solle kommen in das concilium unnd da in allen Sachen entpfahen erfullung der gerechtigkeit, dartzu sie ym vor verwaltigung x (doch das recht yn alweg vorbehalten) alles sicher geleidt, als vii an yn y ist und der christenlich glaub erheischt, geben etc. Weiß ein yeglicher verstendiger wol, was das geleidt tzu recht mit ym z tregt und was vermag, darum so sie noch Ordnung des rechten, den man den" mit ketzer halten sol 86 , mit ym gefaren sindt, darff Ludder oder niemants anders nicht wider das concilium klagen, so sie yn das recht verhalten b haben. Ich habs nicht darfur, das Bruder Ludder Huß und Hieronymum so lieb habe, das er von yren wegen das heylig concilium alßo lestere, sondem so er etwan c vii artickel helt, die in dem selbigen concilio verdampt seind worden, wolt er gern das concilium vernichte[n] und verschlagen11. Aber die warheit triumphirt unnd sygt ob e allen dingen, das groß, heilig, frey concilium, durch die gantzen Christenheit angenommen, sol der munch

x) Überwältigung, Gewalt y) ihnen c) vielleicht d) zerschlagen, zerstören

z) sich e) über

a) denn

b) vorenthalten

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nummermer umstossen, und so er sich berafft auff ein frey concilium, wa f wolt man yme ain anders, freiers, grossers tzu samen bringen, dan das gewesen ist. Derhalben, so sie, sein yrrig leer, in dem heiligen concilio verdampt ist worden, so ist sie verdampt, und welcher ein frummer Christ wil sein, sol sie verdampt halten. Des halben ich alle frumme Christen menschen erynnert wil haben, das sie Bruder Ludder in seiner lesterang kayn glauben wollen geben, sunder bleiben in einem vesten christlichen glauben, wie die heilig concilia, unnd sunderlich auch das tzu Costentz, yn erklert haben, darin ßo vil redlicher, tapffer, vernunfftiger leut aller nation der Christenheit geweßen, die nicht gestatt hetten, wider eer g oder aydt tzu thun, und zu mal der tewr deutsch adel, der ob dem concilio hat gehalten. So hat das concilium nith mer gethan, dan das sie yn fier ein ketzer erkant haben, und dem weltlich gewalt überantwurt. Der selbig hat erst das urtail des fewrs gefeit über Hussen und Hieronymum. Die haben recht geurteilt, wie die frummen Deutschen, nicht wie Ludder unßer nation die schmach des maineyds tzu tzihen wil, des tzu schreiben bin ich bewegt worden gar11 auß christenlichem gemüt, Got dem herren tzu lob, und tzu erreittung 1 des heiligen concilii, der gantzen Christenheit, des deutschen adels und gantzer nation, darmitt gemain frum Christen durch das schmelich, yrrig, unwarhafftig schreyben nith verfurt werden nach" geergert. Datum Lipsiae an Sant Michaels tag [29. September] Anno M. D.XX. Allein Gott sey eere und glory [1. Tim. 1, 17].

A) Vorbemerkung Druckvorlage: Des heiigen Concilij II tzu Costentz/ der heyigen Christenheit/ vnd hochlob=lllichen keyßers Sigmunds/ vn auch des Teutzschen II Adels entschüldigung/ das in bruder Martin II Luder/ mit vnwarheit/ auffgelegt/ Sie ha=llben Joannem Huß/ vnd Hieronym II von Prag wider Babstlich Christ=IIIich/ Keyserlich geleidt vnd eydt II vorbrandt/ Johan von Eck II Doctor. II [Leipzig: Martin Landsberg 1520.] 4° 8 Bl. Sign. AB 4 . - Claus La-63. V D 16 E 379. Köhler 850. - UB Münster: Coli. Erh. 516.4°. Zur Entstehung: Noch im August 1520 dürfte Johann Eck (1486—1543) die neueste Schrift Martin Luthers „An den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung" kennengelernt haben. Zu diesem Zeitpunkt war er im Reich mit der Verkündung der Bulle „Exsurge Domine" (vgl. oben S. 110—122) befaßt. Unverzüglich, noch während seiner Nuntiaturreise, arbeitete er an einer Gegenschrift. Sie bezieht sich gleichermaßen auf die Adelsschrift wie auf die in „Exsurge Domine" beanstandeten Punkte und sollte solcherart die Publizität der Bulle befördern. Bereits „an Sant Michaels tag" (vgl. oben) beendete Eck das kleine Werk. An diesem Tag, dem 29. September, traf er in Leipzig ein. Aus begründeter Sorge vor Anfeindungen nahm er im Dominikanerkloster Quartier. Gleich am näch-

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g) Ehre

h) ganz

i) Errettung

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sten Tag dürfte er das Manuskript dem Drucker Martin Landsberg (f 1523) übergeben und eine Drucklegung auf eigene Kosten vereinbart haben. Bei dieser Gelegenheit könnte Eck auch den dann ohne Impressum erschienenen Nachdruck der Bulle „Exsurge Domine" abgesprochen haben (vgl. oben S. 123). Doch zuerst wurde innerhalb weniger Tage die „entschuldigung" gedruckt. Wahrscheinlich geschah dies anfanglich unter den aufmerksamen Augen des Auftraggebers. Seine Beanstandungen könnten den Neusatz des ersten Bogens veranlaßt haben. Demgegenüber sind kleine, gestalterisch begründete Korrekturen des zweiten Bogens offenbar am stehenden Satz vorgenommen worden. Schon am 3. Oktober kam die „entschuldigung" aus der Presse. Noch am selben Tag wurde Kurfürst Friedrich von Sachsen (1486—1525) das „buchleyn" zugesandt (vgl. Cyprian/Tentzel, Bericht, S. 438—443). Am Abend dieses Tages reiste Eck aus Leipzig ab. Vermutlich hatte er nur das Erscheinen der ersten Druckexemplare abwarten wollen. In seinem Reisegepäck wird er sie mitgenommen haben. Schon nach wenigen Wochen verließ eine Replik aus der Feder des Pseudonymen Kunz von Obemdorf die Offizin Wolfgang Stöckels in Leipzig (vgl. Claus, Druckschaffen, S . 4 1 f . ) . Sie dürfte auch Ecks „entschuldigung" eine größere Aufmerksamkeit gebracht haben. Doch die genannten Korrekturen werden nicht erst jetzt bei einer gewiß nicht auszuschließenden nachträglichen Auflagenerhöhung ausgeführt worden sein. In solch einem Falle wäre der sinnentstellende Fehler „Christo" (vgl. Anm. 85) ausgemerzt worden. Ausgabe:

CCath 14, S. 3—18 (mit Erklärungen).

Literatur: CCath 14, S. XIV-XVIII; Claus, Untersuchungen, S. 4 0 - 4 2 ; Brecht, Luther, Bd. 1, S. 382.

B) Sacherläuterungen 1 Die Druckvorlage hat an dieser Stelle „barmhertzgikeit", während das Gothaer Exemplar der „entschuldigung" (FLB Theol. 4° 203(6)R; Titelvariante: „Costenitz"; bibliographisch bislang unbekannt) die Korrektur bietet (vgl. Zur Entstehung). 2 Eck bezieht sich auf „Doctoris Martini Lutheri Oblatio sive protestatio" bzw. „Doctor Martinus Luther Augustiners Erbieten", wo Luther von sich sagt, daß er „als ein begebener man in eynem winckell heymlich unnd unbekant bleyben mocht" (WA 6, S. 480; vgl. auch S. 482). 3 Zur publizistischen Tätigkeit Luthers seit 1518 vgl. die Aufstellung bei Aland, Hilfsbuch, S. 650f. 4 Eick bezieht sich offenbar auf Luthers Versicherung im „Erbieten", „on alle suchung und begir eygenen rums, lobs, nutz und vorteyls" publiziert zu haben (vgl. WA 6, S. 481). 5 Eck bezieht sich hier auf den zweiten Artikel der Bulle „Exsurge Domine" (vgl. oben S. 112) und wohl auf den „Sermon von dem Sakrament der Taufe", in dem Luther feststellt, daß der Mensch nach der Taufe erst „angefangen, reyn und unschuldig zu werden" (WA 2, S. 730; vgl. auch Luthers Replik auf diese Stelle in „Von den neuen Eckischen Bullen und Lügen? — WA 6, S. 579). 6 Im Taufsermon spricht sich Luther nachdrücklich für die Immersionstaufe aus (vgl. WA 2, S. 727; vgl. allgemein hierzu LThK 9, Sp. 1310-1323). 7 Vgl. hierzu den sechsten bis achten Artikel in der Bulle ,Exsurge Domine" (vgl. oben S. 112) und die entsprechenden Bezüge vor allem in Luthers „Sermon von dem Sakrament der Buße" und in „Kurze Unterweisung, wie man beichten soll": „Darumb sol der mensch die todtsunde beichten, die öffentlich todtsunde 10

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seint und die sein gewissen tzwr tzeit seiner beicht beschweren, die andern sol er lassen faren . . . " (WA 2, S. 60). Eck bezieht sich auf den 13. Artikel der Bulle „Exsurge Domine" (vgl. oben S. 113) und die entsprechende Aussage in Luthers Bußsermon (WA 2, S. 716). Dieser Druckfehler (vgl. allgemein die Zusammenstellung in CCath 14, S. XV und CXI) ist auch beim Neusatz des ersten Bogens übersehen worden (vgl. Anm. 1 und Zur Entstehung). Vgl. den 4., 37.-40. Artikel der Bulle „Exsurge Domine" (oben S. 112, 115). Vgl. den 15. Artikel der Bulle „Exsurge Domine" (oben S. 113) sowie Luthers Replik (WA 6, S. 580). Luther spricht sich 1519 dafür aus, das Abendmahl unter beiderlei Gestalt, also „nit stucklich eyns teyls, sondern gantz", auszuteilen und vergleicht dies mit seinem Plädoyer für die Immersionstaufe (WA 2, S. 742). Gemeint ist Böhmen. Zur Wirkung von Luthers „Sermon von dem hochwürdigen Sakrament des heiligen wahren Leichnams Christi und von den Bruderschaften" in diesem Land vgl. Geß, Akten, Bd. 1, S. 146. Eck bezieht sich auf Luthers Adelsschrift (vgl. Laube/Looß/Schneider, Bd. 2, S. 675; WA 6, S. 456f.; die folgenden Nachweise nach WA 6). Vgl. den 6. Artikel der Bulle „Exsurge Domine". CCath 14, S. 5, Anm. 5 verweist auf WA 1, S. 332 und 632. Vgl. Luthers Adelsschrift (WA 6, S. 407-411). Eck bezieht sich offensichtlich auf Luthers Schrift „Von dem Papsttum zu Rom wider den hochberühmten Romanisten zu Leipzig" (WA 6, S. 322f.; hierzu und zum folgenden Vorwurf, dem Adel feind zu sein, vgl. Luthers Entgegnung in „Von den neuen Eckischen Bullen und Lügen", ebd. S. 581). Zur Aufhebung des Zölibats durch ein Konzil vgl. vor allem Luthers Adelsschrift (WA 6, S. 440-443). Bischof von Würzburg war 1495-1519 Lorenz von Bibra (CCath 14, S. 6, Anm. 3).

21 Konrad von Thüngen, Bischof von Würzburg 1519—1540 (ebd. Anm. 4). 22 Vgl. Luthers Ausführungen in der Adelsschrift (WA 6, S. 413), auf die sich Eck mitbezieht, sowie Luthers Entgegnung auf diese Stelle in „Von den neuen Ekkischen Bullen und Lügen" (ebd. S. 580f.). 23 Eck meint vermutlich Luthers an ihn gerichteten Brief vom 15. November 1518, in dem er klarstellt, daß Andreas Bodenstein von Karlstadt zur Disputation bereit sei und es ihm, Eck, überlasse, Leipzig oder Erfurt als Disputationsort zu bestimmen (vgl. WA Br 1, Nr. 109, S. 230f.; vgl. aber auch Nr. 151, S. 342f„ Nr. 192, S. 460, 475, und zur Sache Brecht, Luther, Bd. 1, S. 285-295, Iserloh, Eck, S. 28f., 45f. sowie Luthers Entgegnung in „Von den neuen Eckischen Bullen und Lügen", WA 6, S. 581). 24 Nach CCath 14, 7 Druckfehler für „schentlich". Da auch die korrigierte Version des ersten Bogens hier ebenso lautet, könnte „schedlich" im Sinne von „Schaden bringend" durchaus authentisch sein. 25 Eck bezieht sich auf Luthers Adelsschrift: „Nu wer mag des bapsts unnd der Cardinel gesind zelen, szo der Bapst, wen er nur spatzieren reyt, bey drey oder vier tausent maul reytter umb sich h a t . . . " (WA 6, S. 420). 26 25. März. 27 Eck zitiert aus Luthers Adelsschrift: „Es hat yhe der Bapst solch grosz gutter nit kaufft, das er von seinen officijs mag auffheben bey zehen hundert tausent Ducat e n . . . " (WA 6, S. 427; zu den „officiis" [Kirchenämtern] vgl. LThK 6, Sp. 188-192). 28 Wander, Bd. 1, Sp. 298, Nr. 4, 13, 18.

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29 Ebd. Sp. 405, Nr. 103. 30 Vgl. den entsprechenden Passus in der Adelsschrift (WA 6, S. 415f.; zur Papstkrone [Tiara] vgl. LThK 10, Sp. Mit.). 31 Der Vorwurf, daß der Papst als ein „armer sundiger mensch yhm lessit seine fusz küssen", wird ebenfalls in der Adelsschrift erhoben (ebd. S. 435; zu dem auf Luk. 7, 38 gründenden Fußkuß vgl. LThK 6, Sp. 697f.). 32 Infula (vgl. LThK 7, Sp. 490f.). 33 Nach CCath 14, S. 8 Druckfehler: „dan keyn weybischoff [un]der uns." Die Zeichensetzung im Originaldruck gibt dafür keinen Anhalt. Auf jeden Fall scheint der Text an dieser Stelle verderbt. 34 Die sich zum Orden der Augustinereremiten zusammenschließenden einsiedlerisch lebenden Gemeinschaften nannten sich nach dem Kirchenvater Augustinus, da sie die unter seinem Namen laufende Ordensregel angenommen hatten (A. Kunzelmann, Geschichte der deutschen Augustinereremiten, Bd. 1, Würzburg 1969). Luther war Angehöriger des Ordens. 35 Als Zitat Augustins nicht nachweisbar. 36 Eck meint natürlich Luthers Adelsschrift, die ein Programm mit einer ganzen Reihe einzelner Reformvorschläge enthält. 37 Eck zitiert wieder aus der Adelsschrift (WA 6, S. 407; vgl. zum folgenden ebd. S. 407f. die erneute Betonung des Priestertums aller Gläubigen). 38 Zum 1439 lehramtlich festgesetzten Sakramentverständnis der katholischen Kirche vgl. LThK 9, Sp. 222f. 39 CCath 14, S. 9, Anm. 8 verweist auf Dionysius Areopagita, De ecclesiastica hierarchia, cap. 5 (Migne PG 3, Sp. 509f.; zur reformatorischen Kritik vgl. BSLK, S. 492). Eck ist mit der Theologie des Pseudo-Dionysius gut vertraut (vgl. H. Smolinsky, Die Reform der Kirche in der Sicht des Johannes Eck, in: Johannes Eck [1486-1543] im Streit der Jahrhunderte, hrsg. v. E. Iserloh, Münster 1988, S. 158). 40 In „De captivitate Babylonica" wird im Abschnitt „De confirmatione" der Sakramentscharakter verworfen (WA 6, S. 549f.; zur lehramtlichen Aussage über die Firmung vgl. Denzinger-Schönmetzer, Nr. 1317—1319). 41 Erneut bezieht sich Eck auf die Adelsschrift (WA 6, S. 446). 42 Vgl. ebd. S. 4 4 1 - 4 4 3 . 43 Luther hebt ausdrücklich hervor, daß sich „viel heyliger vetter . . . freywillig des ehlichenn stands" begeben hätten, und tadelt, daß die katholische Kirche den Zölibat zu einem „gemein gebot" gemacht habe (ebd. S. 440f.; vgl. auch Denzinger-Schönmetzer, Nr. 185). 44 Vgl. zu dieser Stelle die Replik Luthers (WA 6, S. 583f.) sowie CCath 14, S. 10, Anm. 1. 45 Im „Sermon von Ablaß und Gnade" fordert Luther auf, überhaupt keinen Ablaß mehr zu kaufen (Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 52f.; WA 1, S. 244, 246; vgl. auch hier die entsprechenden Bezüge zur Bulle „Exsurge Domine", oben S. 113 f.). 46 CCath 14, S. 10, Anm. 3 verweist hier auf 2. Kor. 2, 10, Phil. 2, 9 und Kol. 1, 24. 47 CCath 14, S. 10 sieht hier einen Druckfehler und setzt deshalb „darinn". Die Druckvorlage und die korrigierte Fassung (vgl. Zur Entstehung) lauten überein. 48 Barge, Karlstadt, Bd. 1, S. 206f. 49 Die von Eck herangezogene Stelle (vgl. schon den Bezug in der Bulle „Exsurge Domine" — oben S. 114) lautet in Luthers „Sermon von dem Bann": „Es wer wol besser, das die Christen lereten, den ban mehr zu lieben, dan zu furchten, gleych wie wir von Christo geleret werden, die straff, peyn, auch den tod zu lieben und nit zu furchten." (WA 6, S. 70). 10*

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50 Vgl. 2. Thess. 2, 3 - 1 0 ; l.Joh. 2, 18. 22. Zur Verbindung zwischen Papst(tum) und Antichrist in Luthers Adelsschrift vgl. WA 6, S. 411, 422, 425; allgemein hierzu TRE 3, S. 28—32, besonders Bäumer, Luther und der Papst, S. 54—56. 51 In Luthers Adelsschrift heißt es: „ . . . dan sie selb zu Rom der fasten spotten . . . " (WA 6, S. 447). 52 Vgl. ebd. S. 438f. 53 Eck bezieht sich auf den 22. Artikel in Luthers Adelsschrift (WA 6, S. 451 f.). Anfang August 1520 erscheint Luthers „Sermon von dem Neuen Testament", in dem der Opfercharakter der Messe klar verworfen wird (ebd., bes. S. 364). 54 Nach katholischer Auffassung der allerheiligste Teil der Messe, in dem die Elemente konsekriert werden und der Priester lautlos bzw. flüsternd liest (daher Stillmesse) (vgl. im einzelnen Jungmann, Missarum sollemnia, Bd. 1, S. 300-302; Bd. 2, S. 131f.). 55 Die Schrift „De sacrificio missae libri tres", die „einzige größere Monographie Ecks über das Meßopfer" (CCath 36, S. XII) erscheint erst 1526 (Edition: CCath 36; vgl. hierzu auch Iserloh, Eck, S. 55—63). 56 Eck bezieht sich auf den 34. Artikel der Bulle „Exsurge Domine" (vgl. oben S. 114), die sich ihrerseits auf Luthers „Resolutiones" stützt (WA 1, S. 535). 57 Eck meint die Tendenz der Adelsschrift (vgl. WA 6, bes. S. 419-421). 58 „ . . . et manus nostras in sanguine istorum (des Papstes und der Kardinäle) lavamus . . . " (WA 6, S. 347). 59 Auch hier zitiert Eck die Adelsschrift: „Dahyn gehöret auch, das die fasten wurden frey gelassen einem yederman, und allerley speysz frey gemacht wie das Euangelium g i b t . . . " (WA 6, S. 447). 60 Erneut bezieht sich Eck auf einen Artikel in der Bannandrohungsbulle (vgl. oben S. 114). 61 Dieser Vorwurf wird von den altgläubigen Gegnern Luthers gemeinhin erhoben und bildet vermutlich den Hintergrund einer Bemerkung in Luthers „Grund und Ursach" (WA 7, S. 311). 62 Gemeint ist der Franziskaner Augustin Alveldt. Gegen ihn schrieben, noch vor Luther, Johannes Lonicer (Contra Romanistam patrem Augustinum Alveldensem, Wittenberg 1520; Biblia nova Alveldensis, Wittenberg 1520) und Johann Bernhardi aus Feldkirch (Confutatio inepti et impii libelli F. August. Alveld. Franciscani Lipsii pro D. M. Luthero, Wittenberg 1520) (vgl. oben Nr. 2 Zur Entstehung; ferner Smolinsky, Alveldt und Emser, S. 57f.). Sie dürften die in diesem Zusammenhang von Eck genannten Jünger sein. 63 Vgl. Luthers Vorrede zur „Deutsch Theologia" (WA 1, S. 379). 64 Vgl. Luthers „Freiheit des Sermons päpstlichen Ablaß und Gnade betreffend" (WA 1, S. 383-393). 65 Gemeint ist Silvester Mazzolini aus Prierio, genannt Prierias. Gegen ihn richtete Luther u. a. die Schrift „Ad dialogum Silvestri Prieratis de potestate papae responsio" (WA 1, S. 6 4 7 - 686; vgl. auch WA 2, S. 5 0 - 5 6 und WA 6, S. 328-348). 66 Vgl. „Ad aegocerotem Emserianum M. Lutheri additio" (WA 2, S. 658—679; zur Kontroverse unten Nr. 8 Zur Entstehung). 67 Vgl. die oben, Anm. 62, genannten Schriften, ferner Luthers „Von dem Papsttum zu Rom wider den hochberühmten Romanisten zu Leipzig" (WA 6, S. 281—324). 68 Gemeint sind die „Asterisci Lutheri adversus obeliscos Eccii" (WA 1, S. 281—314), die „Disputatio et excusatio F. M. Luther adversus criminationes D. Joh. Eccii" (WA 2, S. 158—161), die „Contra malignam Joh. Eccii iudicium super aliquot articulis a fratribus quibusdam ei suppositis M. Lutheri defensio (ebd. S. 625—654) sowie die „Ad Joh. Eccium M. Lutheri epistola super expurgatione Ecciana" (WA 6, S. 700-708).

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69 Vgl. „Condemnatio doctrinalis librorum Martini Lutheri per quosdam magistros nostros Lovaniensis et Coloniensis facta. Responsio Lutheriana ad eandem damnationem" (WA 6, S. 170-195). 70 Vgl. das Begleitschreiben zu den „Resolutiones" (WA 1, S. 529; zur Sache vgl. auch Brecht, Luther, Bd. 1, S. 194). 71 Eck bezieht sich offenbar auf „Ad dialogum Silvestri Prieratis" (WA 1, S. 655, 658). Seit der Leipziger Disputation hat Luther die Konzilsautorität immer mehr eingeschränkt (vgl. den 29. Artikel der Bannandrohungsbulle — oben S. 114). 72 Vgl. oben Anm. 23. Die Vereinbarung über das Schiedsrichteramt der Universitäten in Erfurt und Paris ist nach der Disputation am 14. Juli 1519 getroffen worden. Beide Universitäten gaben kein Urteil ab; das der Pariser von 1521 ist eine allgemeine Stellungnahme zu Luthers Schriften (vgl. im einzelnen Brecht, Luther, Bd. 1, S. 321—325). Mit den „positiones" meint Eck die „Resolutiones Lutherianae super propositionibus suis Lipsiae disputatis" (WA 2, S. 388—345). 73 Vgl. den 38. und 39. Artikel der Bulle „Exsurge Domine" — oben S. 115. 74 Gemeint ist das Begehen eines Jahrtages durch eine Seelenmesse (vgl. im einzelnen Jungmann, Missarum sollemnia, Bd. 1, S. 285—287). Eck bezieht sich auf den entsprechenden Passus der Adelsschrift (WA 6, S. 444f.). 75 Vgl. Anm. 63. 76 Eck zitiert die Adelsschrift (WA 6, S. 454). 77 Ebd. S. 455. 78 Auch dieser Satz ist ein wörtliches Zitat aus der Adelsschrift (vgl. ebd.). 79 Zu dieser Forderung ebd. S. 413—415. 80 Hus wurde am 6. Juli 1415, Hieronymus von Prag am 30. Mai 1416 verbrannt; Martin V. wurde am 11. November 1417 zum Papst gewählt (hierzu und zum folgenden vgl. Handbuch der Kirchengeschichte 3. 2, S. 545—572, bes. 557f., 554f. ). Die Dokumente des Konstanzer Konzils, darunter auch die Beschlüsse in Sachen Hus und Hieronymus von Prag, enthalten die Acta Scitu dignissima doctellque concinnata Constantiensis II concilii celebratissimi. II Hagenau: H. Gran 1500 (GW 7287) (Expl.: HAAB Weimar Inc 296a) Bl. b5 b f„ c l a - d 3 b , d8b—e6a, f3a—f4a, h2 a -h3 a . Vgl. auch Denzinger-Schönmetzer, S. 321 ff. 81 Eck bezieht sich offensichtlich auf Ulrich Richental, der diese Namen nennt (Ulrichs von Richental Chronik des Constanzer Conzils 1414—1418, Tübingen 1882, S. 191, 48, 193). 82 Dieser zutreffenden Bemerkung ist noch der Beschluß der sessio 19 des Konstanzer Konzils zur Seite zu stellen, der die Ungültigkeit eines einem Ketzer gewährten Geleitbriefes sanktioniert (vgl. Acta [wie Anm. 80] Bl. f6 b ; Mirbt/Aland, Quellen, S. 769f.). 83 Vgl. Handbuch der Kirchengeschichte 3. 2, S. 558 (mit Literatur). 84 Zum folgenden vgl. die Edition in Acta [wie Anm. 80] Bl. b6 a sowie Mansi, Collectio 27, Sp. 861 f. Auf welcher zeitgenössischen Vorlage Ecks Edition beruht, ist nicht bekannt (CCath 14, S. 16, Anm. 3). 85 Im Druck steht hier und an der folgenden Stelle statt „termino" das Wort „Chro". Offensichtlich hat der nicht lateinkundige (?) Setzer (im Unterschied zum Drucker Martin Landsberg [vgl. Claus, Druckschaffen, S. 18f.]) ein Kürzel im Manuskript falsch verstanden und wiedergegeben. Der sinnentstellende Fehler ist während des Korrekturvorgangs nicht behoben worden (vgl. oben Zur Entstehung). In der Druckvorlage ist an beiden Stellen „Termino" von zeitgenössischer Hand verbessert worden. 86 Vgl. Anm. 82

Thomas Murner: Von Doktor Martin Luthers Lehren und Predigen. Vorrede So mich wyder Doctor Martinum Luther zu schreiben oder yemans andren, seines gunsts oder anhangs, weder neid noch haß noch andre billieh zu straffne Ursachen beweget haben, dan allein, das er meiner achtung" in christlichem glauben (uß bewegung menschlicher anfechtung) mit ungeweschnen henden gegriffen hat, und dem selbigen glauben Christi Jhesu zü schwerem nachdeill, seinen unverdeuwten magen ußgeschüttet hatt, nit allein sich hat lassen vemiegen b , das in latinscher spräche zü thün, sunder zü grosserem schaden der gesetzten c warheit, seine lere an filen orten wol und christlich gethon, an filen auch dargegen unwarlich unnd mit dem gifft vermischet, auch uff den essich stechend 0 , in manigfeltigen deutschen biechlin alle winckel erfüllet hatt1, dester anmietiger 6 gehöret worden ist, je mer er der oberkeit unnd mit nammen f der geistlicheit in den bart gegriffen g hatt 2 , und, wie sie lecherlich sagen, ungenetzet geschoren11, und aber in solchen gethonen straffen bey Hans Karßt 3 und der ungelerten und uffrierigen gemein1 nit ein kleinen gunst und anhang erlanget hatt, sich des selbigen anhangs zü mißbruchen understanden, die armen einfelltigen, under dem deckmantel unnd schein fill myßbruchs yn christlycher kirchen ab zü thün, in mißglauben fieren wyl und yrtums christlicher warheit. Hat mich notturfftig beducht J , nyt me zü schlaffen k und weiters züzüsehen, sunder dem frummen eynfeltigen Christen man, der leider daz nit verstat, wie subtil1 die unwarheit mit der warheit verkauffet ist, und der tüffelisch engel sich in die engel des liechts verstellet hat [2. Kor. 11, 14], mir und christlichem glauben zü rettung und hanthabung™ züzüspringen, und nach meinem besten vermügen, als ich in eids krafft, uß gelüpden und ansehung meines ampts zü thün 4 schuldig bin, die warheit, die Got selb ist [Ps. 119, 160; Joh. 17, 17], zü retten und beschirmen, und darumb lyden11, was mir Got darumb züfiegt zü lyden. Will aber da by mengklich 0 und jederman erbetten haben, mit warlicher und vorgonder p protestation q , mein schreiben anders nit zü verston, dan r da durch die hochverstendigen zü verursachen in solcher meiner reden und der widerparten s gegenreden den warhafftigen christlichen verstant daruß zü erlesen, on' schmach beweisung, des erwürdigen geistlichen und hochgelorten vatter und herren Doctor Martin Luther oder jemans anders seines gunsts und anhangs, sunder

a) nach meiner Meinung b) begnügen c) festgesetzten, feststehenden d) d. h. wie Wein, der sauer wird (DWB 3, 1170) e) bereitwilliger f) namentlich g) angegriffen h) d. h. ohne Wasser rasieren i) (Volks-)Menge j) bedünkt k) d. h. zu schweigen 1) fein, nicht gleich erkennbar m) Schutz, Erhaltung n) erleiden o) jedermann p) vorangestellter q) Erklärung r) als s) Widersacher, Gegner t) ohne

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alß ein gehorsamer, zü erwarten in disem spanu den ußspruch des zukünfftigen conciliums, wav eins würde5, oder wer sunst in christlicher kirchen darin hab zü erkennenw, oder wer mich hierin eins besseren zü berichten" kan, dem unverstockt, sunder christlicher undertenigkeit zü ge5 helleny. etc. Es seint fier böser eigentschafft der unwarhafftigen lerer.

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Wo sich der tüfel und die unwarheit, deren er ein vatter ist [Joh. 8, 44], in eigner art und gestalt zü erkennen geben, so würdent sie beid on alles zweifflen von jederman geschühetz und geflohen werden. Darumb ire eigentschafft ist, sich in erlichen nammen, titel und schein zü transformieren und verendren, und laß mich klein irren2, daz mir für gewendet1' würt, das Doctor Luther oder seine gynner0 gelert leut seint, alß der wol weißd, das solches nieman den6 geschickt lütf underston dorffen und vermügen, welche geschicklicheit, wo sie die brüchten8 zü fürdrung des glaübens und der warheit, ein gantze Christenheit sich ir11 zü freu wen und beriemen1 hett. So sie aber daz nit thünd, sunder die edle Gottes gab der kunstJ sich mißbruchen, werdent sie byllich vergleichet eynem schwert, daz ein schelligerk zü seinen henden bringt, sich und andre da mit schediget und verwundet. Ist auch der massen für unß kumen under andren Doctor Martin Luthers biechlin ein schirmred1, von einem gethon, der sich ein liebhaber gotlicher warheit der heiligen geschrifft nennet, des obgenanten doctors leren und predigen zü beschirmen und verfechten.6 Etlich anziehen™1, daz sie yn für Doctor Luters discipel" achten7, des° er sich dan nit schämet, sunder Ursachen dardüt, die yn auß rechter gottlicher billichkeit bewegen, seiner leren anzühangen, er alß ein Daniel durch Got erweckt die ersame Susannan8, das ist die christliche kirch, wider die boßwicht von Babilonien zü beschirmen, und andre der gleichen fil unbedachter und vermessner frevler wort, on fundament geret, lutp der selbigen schirmreden. Gyb ich dem selbigen liebhaber der warheit9 der besten meinung zü verston, das niemans sich des erlichen nammens selb beriemen sol, er wysse dan, daz solches, denen er anhangt, ein warheit sei, das zü dem richter stot und nit seiner erkentniß. So wir nun und darzü Doctor Luther in hangender sachenq ston, und er daryn nichs ernüweren solt, alß der für das zükinfftig concilium appellieret hat, habt ir üchr keiner warheit zü nennen (Quia res iudicata pro vero habetur).10 Dan ein geurteilete red sol für ei[ne] warheit geachtet werden, und nit hangende oder spenniges reden,

u) Streit v) wofern, im Falle daß w) entscheiden, urteilen x) belehren y) zuzustimmen z) gescheut a) gemeint: ich lasse mich nicht beirren b) eingewendet c) Gönner, Anhänger d) wie jeder gut weiß e) als f) Leute g) bringen würden h) ihrer (der Leute) i) rühmen j) Wissen, Weisheit k) Tobender, Rasender 1) Schutzrede, Verteidigungsschrift m) sagen n) (lat.) Schüler o) dessen p) laut q) unausgetragener Angelegenheit r) euch s) umstrittene

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den' wir zu gleicher weiß vermeinen, das wir unsere artikel, so wider sich seint", auch uß dem heiligen ewangelio ziehen, unnd gleich so wol gern behalter und liebhaber des ewangeliums wolten erfunden v werden alß yr. Da bei auch zü verston geben, das üwere w leren, so wir dem gelauben widerwertig achten, nit in dem ewangelio standen, noch daruß mögen gezogen werden, ir uch darumb des ewangeliums wider unß nit zu beriemen haben biß zü usspruch* der Sachen und des sententz, dan niemans flucht dan ir selbs, so üch weder satel noch recht, noch platz, weder personen wellen gelegen sein, alß die niendert y richterlich erscheinen dorffen, und stetes von einem uff das ander appellieren 11 , mittlerzeit und yn hangender appellation fil ding ernüweren, den teutschen adel anrieffen 12 , und anders mer underston, zü einem uffrierigen und nit richterlichen handel dienen, sunder 1 zü eignem und frevenlichen mütwil, wie sich vorzeiten deren menschen gleichen von dem freien geist nanten 13 , und nachvolger der armüt des ewangeliums, als die armen von Leyon 14 und die sich selbs geißleten 15 und andre mer. Ir üch auch uffwerffen für* alle weit alß lerer des ewangeliums, die fil ernstlicher biecher im glauben geschriben haben, und ir aber gegen inen kum drü b bletlin erarbeit haben 16 und eins haller werts dinten0 verschribben, uch d selbs ein nammen geben, den ir von dem richter erwarten solten, myner achtung die erste irrung üwers fürwendens daruß entstot, daz ir uch selb beweren c . So doch Sant Paulus spricht: Nit der sich selb riemet, beweret ist, sunder den Got beweret etc. [2. Kor. 10, 18]. Die ander bose und billich zü argwenigen f uwer 8 eigentschafft ist, daz ir jederman so dapffer11 künnen fürhalten, und das uß der geschrifft beweren1, das den mindrerf gebüren mog, den mereren k zü straffen, habe doch S. Paulus Petrum, daz houpt der XII botten, gestraffet [Gal. 2, 11]. Auch dabei in Sachen des glaubens und die üwer seien Seligkeit betreffen, zime1 sich uch alß wol alß m allen andren lereren, sie seint heilig oder nit, darzü zü reden, und waz wir wissen hab, uch Got so wol alß ynen geoffenbaret. Auch sei Doctor Martin ein ordens man, priester und doctor, dem in krafft derer dryen gebüre zü leren 17 , und wie wol uch daz allein von üweren predigen und leren hinderschlüg", daz ir verbotten sint zü predigen von der oberkeit des glaubens 18 , wil ich es üch dennocht zülassen und daz verbot nit ansehen, in dem macht ir aber üwer 1er argwenig 0 , alß bald ein andrer wider uch redet, alß man uwer widerred gedultig höret, so rieffent ir: Mort an allen glocken p 19 und nennent die selben lecker11, büben r , appostutzler s , traumprediger', schwetzer, juncker ecken 20 , gauckelprediger", fabelen und

t) denn u) widersprüchlich sind v) gelten, angesehen w) euere x) d. h. Urteilsspruch y) durchaus nicht z) besonders a) vor b) drei c) Tinte im Wert eines Hellers d) euch e) in rühmender Absicht selbst beweist f) verdächtigen g) euere h) nachdrücklich, gewichtig i) beweisen j) Geringeren k) Größeren 1) gebühre m) so gut wie n) nachteilig ist o) verdächtig p) gemeint: Aufruhr q) Schurke r) Schurke s) Abergläubige t) Irrlehrer (DWB 21, 1518) u) Schwätzer, Unfug predigender Mensch

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meren v sager, und wie sie haben die heilige geschrifft durch ein nebborloch w gelesen, die deglich plerren und murren, doch wenig beyssen, und der juffs worter* fil, die einen hippenbüben y baß z anstünden, denn solchen ewangelischen lereren und liebhaberen der gütlichen warheit, für die uch ußgeben, alß ob sie nit auch doctor weren, ordens leut und priester 21 , denen irer seien Seligkeit nit alß wol zu hertzen gieng alß die üwer, die ir doch Sölten als billich hören, alß sie üch horent, und gedultig jetz a biß in das dritte jar, zületst nit mer schweigen künnen oder mögen, so yr also ein schedlichs end an üweren leren machen. So nun das ewangelium, wie Christus unser her sagt, lyden mag, das es uff den dechern geprediget werde [Matth. 10, 27], warumb leident ir unsere wyderred nit als billich, alß wir die üwern, uff das die hochverstendigen uß solcher red und Widerreden die rechte warheit ermessen mochten und erkennen. Darumb uwer ungedult, unß zu hören, üwer leren ein grossen argwon bringt, das ir uns nit mit der warheit, sunder mit unsinnigem und ungefundierten b widerfechten c erblenden wellen, und mit dem zucker daz schedlich gifft der unwarheit bieten, also das biß har mancher geschwigen hat, uff daz er von uch nit geleckert und gebübt d würd, so man das aber jetz von üch gewon e ist, so laßt man üch schellig f sein und achtet üwere Scheltwort nit mer. Zu dem dritten, machent ir üwere leren damit argwenig, daz ir üch selb A[u]gustino, Hieronimo, Gregorio, Ambrosio, den fier Hechten der Christenheit, so unschamhafftig vergleichen 22 , so sie wider uch retten®, uch nit destminder gebüre, uwere meinung darzüthun, und wiewol daz war ist, solten ir das ander lüt h von uwerentwegen lassen melden, uff daz es uch für kein vermessenheit erschetzet 1 würde, und uwer lob nit eygnem mund erstüncke 23 . Es ist uch auch nit genüg, solche heiligen lerer zu hinderschlagen>, sunder11 die concilia der gemeinen Christenheit myessent uch weichen. Und welche uch gefallen, die nemment ir an, welche wyder uch seint, die verwerffent ir. Die doctores der schulen wellen ir gar nit wyssen und weder hören noch sehen. 24 Ich wil auch weiters reden, des ich mich erbüt1 beizubringen, so Christus Jhesus etwas redt, so zwingent ir im seine reden uff üweren verstant, den weder syn, noch meinung, nimmer uff in tragen, und ist das alles nit gnüg, das uch Christus, unser her, die heiligen und warhafftigen doctores, mit sampt den gemeinen" 1 concilien aller Christenheit weichen miessen, ir mogens auch kein richter noch wellen uff erden dulden. Appellieren von einem uff den andren 25 , und uff ein zükünfftigs concilium, alß die wol ermessen künnen, das es schwerlich geschehen kan oder mag, uff daz ir mitler zeit" in Verachtung yedermans uwer hertz in mutwilligen dingen uffblasen und erwecken, die solcher grossen uffrüren nie würdig warent.

v) Märchen w) Bohrloch, gemeint: nur wenig gelesen x) Spottwörter (DWB 10, 2271) y) eigentlich: Waffelverkäufer, Bezeichnung für groben, laut lästernden Menschen (DWB 10, 1553) z) besser a) jetzt b) unbegründete c) Bestreiten d) gelästert und geschmäht (DWB 2, 462) e) gewohnt f) töricht, verrückt g) euch widersprechen h) Leute i) zugerechnet j) zurückzusetzen k) sondern 1) erbiete m) allgemeinen n) inzwischen

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Das fierd, daz uwere leren am aller argwonigsten macht, ist, daz ir an filen orten hüpscht0 und wol auch andechtig einfieren, doch alwegenp ein gifftigen schwantz und stich daran hencken26, und ein bsundere frod doran habt, so ir etw[a]z ynfieren künden, das biß har der massen nit ist geret, geschribben oder gehalten worden27, oder yemans in mißthatenq ergreiffen mögen in sünden und dem kot menschlicher blodigkeitr. Alß dan so kumpt ir (wie Luther selber sagt in der fünfften bit seines pater nosters28) und fallent in den selben kats alß ein sauw, freßt yn darzü, weltzet sich darin, woltent nit, daz sie nit geschehen weren, dan yr lust hont', dar von zu reden, richten und lachen. Darumb hab ich das gesagt, wer gern klafft" und nachret, der ist keinen menschen hold, ja er ist ein gemeinerv feint der menschlichen natur glych wie der tüffel. Dan ir habt nich[t]s liebers, dan daz er sünt und schant der menschen höret sagen und handien mog und sich ires ubels freuwet. Daz seint Doctor Martinus worter von den nachredner. Bistuw sein discipel, so kenstu die wort seines meisters wol. Nun ligt es an dem tag, daz ir alle uwere lere uff ernüwerung setzen, und solche ernüwerung, die so wyder den brach* der Christenheit seint, so auch wyder gemeine concilia und alle heiligen lerer, und so man uch nit volget gleich üwers willens, so vergessen ir der züchten, und nachreden auch, vor und hinden auch bei seitz redeny ir jederman, und ob im schon also were, wie ir sagen, soltent ir das mit christlicher bescheidenheit thün und da bei gedencken, daz solche ubeldaten und Sünden, die ir straffen, uß menschlicher blodigkeit beschehenz und nit in den heiligen geist gesündet wurt, sunder die ir straffen in irem hertzen sich selb erkennen und daz besseren werden, und nit alle ding also zü dem mortlichsten" ußlegten, wie wol ich da bei nit wil verstanden werden, sunder das ich das von uch begere, das ich in aller uwer leren, predigen, schreiben, straffen, reden gedultig leiden die widerred, uff daz die hochverstendigen und richter daruß die warheit ermessen, welcher sententz ir und wir darnach billich stonb sollen und geleben. Dunckt uch dan, daz wir uch unbillichs zulegen, alß dan habt ein freien gewalt, uch zü den besten zü verantwurten, wellentc wir unsere gegen red thün, und darnach unseren spand in den richter setzen und ergeben mit beschluß. Das der heyligen und der schulen lerer span mit Doctor Luthers span seer ungleych ist etc. Ich kere mich jetz zü dem schirmer und vorfechter der leren Doctor Luthers29, unnd zuhe harfür6 seinen ersten schirmstreichf (aber warlicher ein spiegel fechten) alß er vermeinet, seine leren in glauben und scepter zü

o) schön tut p) immer q) Sünde, Laster r) Schwachheit s) Kot t) habt u) kläfft v) allgemeiner w) Bist du x) Brauch y) hinter vorgehaltener Hand reden z) geschehen a) aufs strengste, tödlich (DWB 12, 2549) b) stehen, beistehen c) wollen d) Streit, Zwist e) ziehe hervor f) Fechthieb

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bringen 6 , darumb daz sie den ewangelischen leren gleichförmig sei, und der leren S. Pauli. 30 Daz zeigt er nit weiters an, beweret h auch daz nit, dan wir sagen, daz etlichs und der merer' deil seiner leren wider daz ewangelium sei und wider S. Paulus, alle concilia und gemeine Christenheit, alß wir in den andren biechlin, in sunderheitJ darvon geret, probieret k haben. 31 Auch daz er seinen nutz darunder nit such, wer weiß, daz es ist mer nutz den1 gelt nemmen, sie ist auch nit an allen orten der vernunfft gemeß, sunder grosser unvernunfft unnd richlichen™ uß giessen eins uffsteigenden haupts in die flammen. 32 Alß du aber meinst, daz gedruckt werck geb seiner leren kuntschafft der gleichförmigen art des ewangeliums Christi, sag ich nein darzü, dan alle ding sollent gut geachtet werden in ansehung des ends", den wa° Christus selb sein ewangelium nit zu gutem bewerlichen end gebruchet hett, so würde es undoglich p erfunden. So nun Luters leren alle zeit anfencklich wol und lieplich ynfürett, unnd doch entlich sticht uff den mißglauben q , daz ist, sie lecket vornan und kratzt dohinden 33 , würdt sie in ansehung des ends argwenig und zu schühen r geachtet. Und ob du meintest, man sol im s seine lere nit gantz verwerffen, er hab doch an filen orten wol, christlich und warlich geleret, daz billich nit zu verwerffen ist, daz sol man annemmen, und wa er ungleübig geret hab, sol man lassen fallen 34 . Darzü sag ich, man sol sy gantz verwerffen, darumb das seine warheit mit dem gifft des unglaubens vermischet ist. Und ist nit der heiligen Christenheit gewonheit, wie Sant Hieronimus sagt, die warheit zu lernen von denen, die sie mit der unwarheit vermischet haben 35 , dan so ein fuder 36 weins vergifftet würde, alß dan schüttet man daz gantz fuder von eins tropffen giffts wegen uß, kerne aber ein meyster, der das gifft von dem wein scheiden künt, so behielte man den wein. Darumb so lang die oberkeit des glaubens das gifft von seiner leren nit abscheidet, sol sie billich mitlerzeit verworffen und gantz ungeachtet beleiben. Weiters schirmstu do har', das Doctor Luthers lere hab er allein uff das heilig ewangelium, die sprüch der heiligen propheten und den heiligen Pauluz on mittel" ergründet^ 37 Ich hab es vor w gesagt, er zwacket undertweilen x die worter Sant Paulus uff und legt sie nider seines gefallens, und brucht y an filen orten das ewangelium, wie der tüffel die heilig gschrifft, gegen Christo unserem herren, doch zületst da hyn, daz er yn solt anbetten [vgl. Matth. 4, 1 — 11], also zwingt auch offt Doctor Martin seine 1er entlich uff den stich des unglaubens z . Daz du aber nachgonds 3 vermeinest, er mog wol wider der heiligen lerer meinung seine meinung auch fürwenden, dan die selben heiligen lerer seint offt selb undereinander

g) redensartlich (?) für: zu Ansehen und allgemeiner Geltung bringen h) beweist i) größere j) insbesondere k) geprüft 1) als m) reichlich n) d. h. vom Ende her o) wo p) untauglich, unnütz q) gemeint: zu falschem Glauben führt r) scheuen, meiden s) ihm (Luther) t) schützt du vor u) unmittelbar v) gegründet, gestellt w) zuvor, d. h. schon weiter oben x) gelegentlich y) gebraucht z) gemeint: seine Lehre wird zum Unglauben a) nachgehend

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uneins gewesen unnd spennig b , so seint sie menschen gewesen, und habent auch mögen irren 38 , sag ich darzü, daz ir span und Doctor Luthers span gar0 ungleich seint, dan ir tzwitracht hat den glauben und ein myßverstant des ewangeliums selten betroffen. Darumb wo einer den andren berichten11 kunt, wiche einer dem gelerteren, wa aber yr span den glauben berieret, habent sie sich dem babst underworffen und im iren span heim gesetzt, darin zu erkennen 6 , alß ich beweren mocht, durch kürtze underlaßen f . Aber Doctor Martin, der bleipt verstocket uff seinen fünff äugen®, und wil sich weder babst noch bischoff oder bader 39 lassen berichten. Und laß mich nit irrenh, daz er an filen orten spricht, wie er nüt1 anders begere, dan daz man yn berichte 40 , daz redt er mit den worten, aber mit den wercken fart er für und fürJ, und kan eins den andren kum entweichen. Darumb ich under worten und wercken einen grossen underscheid halt, und solche worten gar kein glauben gib, da k wider die werck fechten, ja er wil, sagt ir, von einem concilium berichtet sein 41 , find ich nit, daz die heiligen lerer sich uff die concilia, sunder den babst berieffet haben, nit daz es mir mißfal, das ein concilium begeret würt, allein mich das verratzet1, das es uß und in krafft deren irthumen sol begeret werden, welches, so es schon würde, wir deren irthum nit wurden ingon m , doch mit zierlicher protestation" dem concilium nit wider zu sein. Seint aber sunst schedliche mißbrüch von einem concilium billich abzüthüon, darvon will ich nüt geret haben, sunder 0 romischer und hispanischer maiestat 42 bevelhen, dan mich uff erden wider Doctor Luther nüt beweget hat, dan unseren glauben zu bewaren und unser vetterlichs gesatz. Das du aber achtestp, er sei allein, der sich uff daz ewangelium und die leren Pauli fundiere 43 , solt dir wol geschehen alß Helia geschahe in den dritten küniyg buch am XIX. cap., der sich auch vor Got beklagt, daz er allein were in Jsrahel, der seine knüwe nit gebogen het zu ere der abgotterei, und gab im doch Got zu verston, daz noch süben tusent man in Israhel weren, die ire knüw den abgotteren nit gebogen hetten [vgl. 1. Kön. 19, 10; Rom. 11, 3]. Also wo ein concilium würde, solte wol ein solcher huffen q frummer lerer des ewangeliums erfunden werden, daz Doctor Martin sehen würde, daz er nit allein ein lerer deß ewangeliums Christi were, und der leren Sant Pauli, und freylich die im jetz eigentlich' zu sehen und doch erlernen, wo hin er sein datum s enden welle. Das ander, so du fürwendest, die opinionen' und mütmassen der schulen lerer betreffen 44 , acht ich niendert u für, dan solche opinionen den glauben nit betreffen, und geben weder nemment nüt, man volge, welchen man wel, so gilt es doch gleich, dan es allein zugelassen und erdacht ist zu

b) zerstritten c) ganz, sehr d) belehren e) urteilen, entscheiden f) gemeint: die Beweisführung wird wegen der Kürze unterlassen g) gemeint: die fünf Sinne h) ich irre mich nicht i) nichts j) fort und fort k) zu ergänzen: sie (die Worte) 1) im Sinne von: es kratzt (verdrießt) mich (DWB 14, 210 s. v. ratzen) m) eingehen n) förmlicher Verwahrung o) außer p) meinst q) Haufen, Menge r) genau s) Bestreben (DWB 2, 828f.) t) (lat.) Meinungen u) überhaupt nicht

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einer behoblung v und fürdemuß der vernunfft. Aber das mag und kan ich unverantwurt w nit lassen, das du sprichst, die postillierer* und Schreiber über die ewangelien haben dem text iren rechten verstant genummen, daz du bewerest deiner achtung y mit den zehen malezigen z 45 , zu denen Christus sagt, gadta und zeigt uch der priesterschafft [Luk. 17, 14], dabei sie wellent verstanden haben, man sol uß verstant des texts den priesteren beichten, blassest hoch wyder sie uff b , und malest dir selb ein menlin uff den ermel 46 , zühest an0 die frummen herren, des sie nie gedacht haben. Ich hab mein leptag nie keinen funden d , der in sensu textuali, daz ist, in verstant des texts je gesagt hab, die beicht da werstenden werde, sunder daz in einem andren sin der selbig text zu der beicht vergleichet werden mog, der massen alß wie die sundersiechen 6 gereiniget von der priesterschafft erkent solten werden. Also were auch dem sünder, der von dem priester solt rein erkant werden, daz ist aber nit texts meinung, sunder eins andren sinnes gleichniß, darumb du unwarhafftigs ynen zulegst und dich gröblich mercken lassest, das du der fier sinn der heiligen geschrifft kein verstant noch underscheid hast 47 , und solches solt ein ungezweifflet argument der beicht sein. Zühest für f , yn schad were es, das nit noch uff erden geschickt unnd gelert lüt weren, sunder alle vernunfft mi[t] den heiligen lereren abgestorben solten sein, daran du war hast. Wer wolt aber das gelauben, das aber Doctor Martin derselben einer sey, das soltest du bewerenn. Doch laß ich dir das zu, im zun eren, das er gelert sey, das würdt nitt von ym klagt, das er ungelert sey, sunder seyner künst® sich myßbruchet zu einem bösen und uffryerigen end. Solte sich der leren S. Pauli behelffen, nitt mer zu verston unnd wyssen, dan zü wyssen ist [vgl. Rom. 12, 3] 48 , zu einer niechtere h etc. Gibst ein weitere antwurt uff die red, alß gesagt ist, das der schulen lere sei von der kirchen zugelassen, das auch der gleich Doctor Luthers lere von der kirchen nit verbotten sei 49 , daz gestand ich dir gar nit, dan seine lere an filen enden wyder gemeine concilia der kirchen ist, und darumb billich verbotten. Wil dir da mit dynen ersten schirmstreich versetzet haben, daz Doctor Luthers lere und der heiligen lerer doctrin weiß und schwartz gegen eynander seint und Luthers lere ynen nienen1 gleichen mag.

Das Doctor Luthers lere durch mißbruch der confessionaP des applaß, des bans und der seien in dem fegfeür 51 nit bestetiget würdt.

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Ich kum uff deinen andren schirmstreich, den du für den oberhouw k achtest, und stellest das eyns yeden vernunfft heim zü ermessen, ob Doctor

v) Glätten nung nach über sehr auf hervor g) i) niemals

w) unwiderlegt x) Ausleger des Evangeliums y) deiner Meiz) Aussätzigen a) geht b) gemeint: du blähst dich ihm gegenc) bezichtigst d) gefunden e) Aussätzigen f) Du ziehst Kenntnisse, Wissen h) hier: zu einer Torheit (DWB 13, 693f.) j) (lat.) Beichtbriefe k) Hauptschlag

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Luthers lere christlicher ordenung gemeß sei oder nit. 52 Du hörest wol, waz wir daruff halten. Das du aber sie so hochgemeß dem ewangelio vergleichest und durch dein urteil sie so hoch bestetigest, höret dir nit zu1, in einer frembden Sachen zu erkennen, sunder der christlichen kirchen, welche lere sol angenummen oder verworffen werden, doch wyl darvon in grosserer sunderheit geret sein. Darnach fichtestu mit deinen schirmstreichen weiter und meldest fil mißbruchs der andren, daz doch zu keiner befestigung Doctor Luthers leren dienet, ob schon die gantze weit unrecht handlet. Erstlich, wie uff den cantzlen fil merlin"1 und opiniones oder mütmassen" geprediget werde und die begeinschen 0 geistlichen mit rosenkrentzlin 53 und psalteren und paterlogien p , auch gemalte heilgelin kindesch sich selb und ander lüt effen q 54 , das ich selb von jungen tagen r und noch fil mit mir gehasset haben 55 . Waz fürdret s aber dy Luthers lere mit nammen, wa er wider den glauben ist. Schiltest auch, das zu beichten so geflissen von den sünden geschriben ist, alß ob das fil bose und enge gewissen machen 56 , das ich gar niendert für acht', dan solche biechlin seint meer zu berichtung" der beichtvetter gemacht, dan zu nachvolgen der beichtkind 57 , man sihet doch wol, daz man sich nit darnach halt noch fraget, dan wo etwa enge conscientzen v kummen, den muß man ires gefellens für gon w , wie fast x man sie berichtet von der engen strassen in den weiten und breiten weg der barmhertzigkeit Gottes zu koren [vgl. Matth. 7, 13f.], meinst, es sei erdacht, mit beichtpfennigen den beütel zu füllen, daz ist gut Luthers, alle ding zu den bosisten ußlegen. O du vermaledeite und unmenschliche bose art, so einer mocht ein sach zu dem besten ußlegen und feit allezeit in den dreck. Sag an, mag ein priester nit umb seine geistliche arbeit und administration y zeitlich gelt oder gut umb seine narung nemmen, er verkaufet dir darumb daz sacrament nit, dan er daz selbig vergebens 2 entpfangen hat, und sol auch daz vergebens wyder ußdeilen. Sag an, ich muß ein wenig deiner unvernünfftigen reden ein beweglich 3 antwurt geben. Du kanst das gantz jar gelt verspilen (ich setz den fal) und verhuren, auch verzeren, und kanst auch nit einen armen priester, den du da teubst b und mit filen reden dol c machest und hirnwietig d , darzü wie offt geschieht® mit deinen stinckenden maul und otem f den dotlichen schweiß ußtreibst, ein pfennig umb seine arbeit, gedult und underweisung geben, und wo du daz schon gipst, so ist es so ein verdienter Ion, daz der beichtvatter lieber ein gülden offt geb, einen ungeschickten 6 nit zu hören, den h etwas von im zu entpfahen. Daz es sich aber zimpt, umb solche geistliche arbeit zeitlichen Ion und narung zu entpfahen, stot in Sant Paulus lere [Vg.] ad Ro. XV [27]: Nam si spiritualium etc. Seint1 ir heiden der geist-

1) steht dir nicht an m) Mär, Märchen n) Geschichten, Fabeln o) beginischen p) Geschichten der (Kirchen-)Väter q) narren r) d. h. sehr zeitig s) fördert t) was ich überhaupt nicht meine u) Unterweisung, Anleitung v) (lat.) Gewissen w) vorgehen x) sehr y) Verwaltung, Amt z) umsonst a) eindringlich b) betäubst c) verrückt d) tobsüchtig e) geschieht f) Atem g) einen (im Beichten) unbefähigten Menschen h) als i) seid

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liehen gaben von den Juden deilhafftig worden, sollent ir ynen wider in zeitlichem helffen. Und [Vg.] I. ad Cor. IX [11 — 14]: Si nos vobis spiritualia etc. So wir uch geistliche ding seyen, ist es dan ein grosses, das wir leipliche belonung darumb nemmen und schneiden. Seint andre uwers gewalts deilhafftig worden, warumb nit wyr allermeist, wissent ir das nit, wer der heiligkeit dienet, das er von der heyligkeit und dem altar essen sol, und seine narung da hat entpfahen. Dan Got hatt das also verordenet, das die, die daz ewangelium verkünden, von dem ewangelio leben sollen, und I. ad Thimoteum 3 [gemeint: Vg.: 2. Thess. 3, 9]: Non quasi habuerimus. Stot auch dergleichen, das ein jeder geistlicher arbeit, ein diener, mag darumb zeitliche narung und belonung nemmen, und darumb das nit war ist, das alle sacrament der kirchen für ein kauffmanschatz J feil getragen werden, und ist auch der priesterschafft feischlich und erdichtet zugelegt worden, dan sie allein uß der lere der XII botten ire zeitliche narung nemmen, von wegen irer geistlicher administration. Nachgons gipstu k den myßbruch des applas zu verston 58 , hab ich mich anefengklichen protestiere«, da selbest von nichs zu reden und weder güts noch böses dar von zu schreiben, und setz den applaß den concilium heym zü erkennen. 59 Das aber die seien umb gelt uß dem fegfür seint verkaufft worden, glaub ich nit, das solches geschehen sei, das hab ich aber wol sehen practicieren, das man gelt gestüret1 hab, ettwa zü milten unnd barmhertzigen wercken, alß vor zeyten für die Christen collecten geschehen seint, und du [Vg.] ad Roma. XV [25] findest: Nunc igitur proficiscar in Hierusalem etc. Das Sant Paulus denen von Hierusalem gelt erbetten und gesamlet hatt und das uß geteylet, dargegen ynen geischliche m gaben in belonungs weiß gethon, das selb gelt den notturfftigen ußgeteylet. Als auch jetz der babst an statt Sant Peters in krafft seins ampts zü begeren und erfordren hatt und ußzüteilen alß ein Schaffner", deylet er das gelt unzimlich uß, würt er vor Got veran[t]wurten, und schadet den geberen 0 an belonung zü erholen nit umb ein har, ob er das schon alles verspilet. Das er aber keinen gewalt sol haben über die seien des fegfüers, und solche geistliche genaden unbillich ußdeile, setz ich dem concilium heim p zü erkennen. Dan dar von stot unß ein grosse und schwere reden zü erwegen, daran auch nit wenig ligt, noch bleibt aber so der applaß, so erlosung der seien uß dem fegfüer zweyffallhafftig und hangend q erachtet, daz ir uwer lere da mit nit bestetigen mögen, byß zü usspruch der sachen. Mit den filen der gesatz redent ir also ungefor, das wyr nit wissen, was ir da mit gemeinen', darumb so zeichent an, welches ir wellent abgethon haben und welches nit, alß dan wellen wyr uch darüber antwurt geben nach gelegenheit uwers fiirwendenss. Von dem mißbruch des bans 60 schweig ich gantz und gar stil, dan es mir selber mißfallet, wolt Got, daz es die bischoff und oberkeiten bessereten und underliessen, umb zeitlichs zü richten, und iren geistlichen stat darunder betrachteten, setz ich

j) zu verkaufende Ware k) gibst du 1) gesteuert, gespendet m) geistliche n) Verwalter o) Spendern p) überlasse, gebe ich dem Konzil anheim q) ungeklärt, unausgetragen r) meint s) Darlegung

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auch dem concilium heim zu besseren. Doch beschlüß ich disen schirmredner, das er sein fürnemmen' gar nüt probieret" hattv, Doctor Luthers leren beweretw sei, unnd nit wyder den christlichen glauben, darumb das fil merlin geprediget werden, oder geflissene beichtbiechlin geschribben sint, der applaß mißbruchet, die seien (wie ir sagent) verkaufft, fil gesatz gemachet, 5 der ban weiters dan wie billich geiebet", es stadty wol bei einander, daz Doctor Martinus lere in christlichem glauben argwenig sey, und er dennocht wyder die obgenanten mißbruch predig und lere. Darumb du meiner achtung2 unfruchtpar schirmest und vergebens geret hast, dein fürnemmen gar nüt beweisest, sunder deine reden, Doctor Martinus leren zu befestigen, 10 grossere bewerungen bedorfften, den daz du beweren wilt, zu latin petitio principii61 genant, zu deutsch an den wenden gon 62 , oder mit den blinden fechten 63 , bist wyder mit grosser arbeit kummen, da du ußgingest, und hast ler strow getroschen64.

Kein leere würt glaubwürdig geachtet, darumb das sich der lerer von yrent wegen in ferlicheit ergibt Es würt weiters von disem schirmer und fechtmeister yngezogen 3 zu dem dritten, das Doctor Martinus lere sol war sein, glaubwürdig, dem ewangelio gleichförmig, darumb daz er Christum nit questum b , daz ist eignen nutz, alß die applaß prediger suchen, und von des wegen so sich, so auch seinen orden in ferlicheit 0 ergeben, darumb billich von yederman sol geglaubet werden, daz er in seiner leren unser seien Seligkeit betrachte etc., lut des selbigen dritten artickels. 65 Darzü sag ich erstlich und frag dich von der leren Christi, wa unser her Jhesus Christus in dem garten, alß er in höchsten engsten Got seinen vatter batt, sein heiliges leiden von im zu nemmen [Matth. 26, 39. 42. 44], wer erhöret worden und hett seine leren nit mit seinem heiligen blüt und sterben versiglet, were sein lere auch glaubwürdig oder nit. Oder het er Petro gevolget, alß er im riedt, daz er nit in das jüdisch land koret d und sich in solche ferlicheit des dots ergebe [Matth. 16, 21 f.], wo er in krafft des rats geflohen were, ob seine leren auch nit dest minder war oder glaubwürdig weren oder nit. Ich glaub, das warheit warheit beleibt 66 , einer fliehe oder beleib, sterb darumb oder nit, zu latin, ab eo quod res est vel non est, oratio dicitur vera vel falsa 6 67 . Und were daz ewangelium Christi war beliben, wa unser her darumb schon nit gestorben were. Frag alle richter uff erden, ob sie daruff urteil sprechen, waz ein man redt und daruff stirbt, ob sie das glauben und darnach erkennen, werden sie alle sagen: Nein. Wie wol es ist ein starcke mütmaß f , waruff einer stürb, das es war sei, dan niemans gern sein sele zu verdam-

t) Vorhaben u) geprüft v) sinngemäß zu ergänzen: ob w) bewiesen x) geübt, gebraucht y) steht z) meiner Meinung nach a) angeführt b) quaestus (lat.), Gewinn c) Gefahr d) gehe e) (lat.) Nach der Sache, nicht nach der Rede wird das Wahre oder das Falsche bestimmt. f) Annahme

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men angesehen würt, zu latin, presumptio non probatio g 68 . Darumb du wol ein mütmassen meldest, aber kein bewerung. Wir verdent aber diß jar nit also unsinnig, das wir ein unwarhafftige, falsche und ungleubige reden in krafft einer mütmassen werden annemmen, und beweret leren durch alle oberkeit des christlichen glaubens unnd der heiligen lerer, gemeine concilia der Christenheit verlassen. Meyster Johannes Huß unnd Hieronimus 69 , seint auch gestorben und in dem füer gen himmel gefaren, oder wa sie dan seint, und seint dennocht ire artikel falsch, unwarhafftig und ungleubig erkant, nit allein durch den babst und die cardinel, wie yr sagen 70 , sunder durch ein gemein concilium, wie wol ir sie gern beschonen11 wolten und da mit uch irer ketzerey deilhafftig machen und giessent uwer gifft uß dem babst oder, wie ir sie uß neid nemmen1, den Romanischen, das sie ynen ir geleidt nit gehalten haben, unnd lassent die epistel Pogii drucken 71 , Hieronimo zu einem rüm, wie er alß der ander Paulus stanthafftig sei gewesen, verschweigent aber da bey, daz sie zu schweren nachdeill der gantzen C h r i stenheit sich ungeleitlicW gehalten unnd ir geleit selb gebrochen, ir werdent auch da bey bald eins andren berichtet werden mit der warheit, das ir dem concilium zu Costinis k gewalt thün und den geleits bruch unbillich und erdicht zulegen. 72 Ich gib es aber zu, das man ynen daz geleit gebrochen hab, das nit ist, und ein ubele dadten1 were. Frag dich, ob ire leren darumb glaubwürdig were oder nit, geb man einen morder ein gleit und radbreche in darüber, wer wolt aber also unsinnig sein, der da sagen dorffte, das im unrecht geschehe, wie wol das geleit unrechtlich"1 gebrochen würd. Also mocht auch gesagt werden, das sich Lucretia billich erstochen hett, das nit war ist, dan sie an der unkeuscheit unschuldig was" 73 , und umb unschuld niemans sol erdodtet werden. Wer wolt aber daran zweifflen, das der tüffel nit also wol seine marteler 0 het alß unser Hergot. Ob sich nun Martinus Luther in ferlicheit ergeben und fill ernüwerung, uffruren, und ungleubige artikel leret, solten wyr darumb glauben, das er daz dedte von unser sei Seligkeit wegen, oder unser heil darunder betrachtet. Ich muß dir aber, wie ungern ich das thün, mit gawalt p sagen, was die hochverstendigen betrachten unnd in Luthers Sachen mütmassen, auch warumb er sich in solche ferlicheit ergibt, und glaubendt selb, wie du sagst, sey es ein sach von Got, so bestände es, sey es ein menschliche erdichtung, so zergang es selb. Das es aber ein menschlich erdichtung sey, wer verstodtq das nit, das sich durch Martinum die deütsch nation der beschwerden des ablaß beklaget 74 , durch seynen mundt die bischoff des grossen gelts, so sie gen Rom geben, und durch inr die thümherren s die unleitlich bürden iren pfrienden melden, die des in eigner personen nit eroffnen dorffen, dar von hatt er geprediget, daz ist begirrig gehöret worden, und ist also mit gewalt, wie er selber sagt, in aller mund und in solche geferlicheit gestossen und von einem uff das

g) (lat.) Eine Vermutung ist kein Beweis. h) beschönigen i) nennt j) d. h. nicht dem Geleit gemäß k) Konstanz 1) Tat m) widerrechtlich n) war o) Märtyrer p) freimütig, mit Nachdruck q) versteht r) ihn (Luther) s) Domherren 11

Reformation

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ander gefallen. Da bei wol zu verston ist, daz Got nit uß im ret', sunder die bischoff, die stett, die thümherren, und wer sich dunckt, beschweret sein, was gat u uns armen Christen lüt daz an, hat yemans ein beschwerden, so klag er das, da v es mag und kan gebesseret werden. Was darff Doctor Martin, so er die bürden ettlicher zeitlich gelt und gut betreffen in irer personen beklaget, darumb irrung in dem glauben erwecken, zu Zerstörung der kloster und kirchen raten 75 , ein ungewonliche form des heiligen sacraments ernüweren 76 , daz die gemein hab priester zu erwelen, und so sie dem ampt abston, seient sie wie vor 77 , und deren gleichen hundert artikel, in unserem glauben ubel lautent. Wer wolt Doctor Luther alle mißbruch, so er meldet zu Rom von dem babst und den cardinelen, zu Augspurg von den Fuckeren 78 , zu Straßburg von dem bischoff und seinen thümherren 79 und fil andren orten yngeben w haben dan die menschen, die gern ernüwerung, oder es muß doch haruß* ein concilium sehen. Ist es dan je y die meinung, das man eins conciliums begeret, in Gottes nammen, so beschehe es. Allein verfecht ich das und begere mitler zeit, sitten mal z das die menschen und nit Christus unser herr uß Doctor Martin redet, das im nit gestattet werde, unseren glauben zu letzen 3 , alß er gethon hatt, und sol billich seine lere nit glaubwürdig erkant werden, biß zü ußtrack der Sachen vor dem concilio. Nun frag mich, warumb Doctor Luther sich in soliche ferlicheit stoß. Gib ich dir die antwurt, er schampt sich zü widerrieffen, das er so offenlich geret hat, er hat denen gedient, die beschweret sein von denen zü Rom, sie haben im zügesetzt, hat er sich an inen wollen rechen und mit hitzigem zornigem haupt obenuß wollen faren, und nienen b an, in aller diser antwurt findstu nit, das wir glauben, er unser heil in seiner leren betrachtet hab, und von unser seien selikeit wegen, sich in soliche ferlicheit verwicklet. Aber solche lüt, als da sein bischoff, thümherren, pfarer, die im seine oren mit irer beschwerden gefullet haben, fileicht dadurch ein entladung irer bürden durch ein zükünfftig concilium begeren, und in ansehung zeitlicher hab ein solche grosse kostenreiche uffrür in der cristenheit begeren. So nun Doctor Luther weiters wirbt, dan ir begeren ist, man sol den bischoffen ein solche competentz geben und den thümherren, und die pfrienden gleich theilen, das sie nit ein solchen bracht 0 füren, und dy gemein hab pfafen zü erwolen, wan solches nun beschehe, so müst ich in meine feüst lachen 80 , das sie ein wenig begert haben, sie zü entladen, und würd inen die beschwerden gar abgenummen, das wer ir verdienter Ion. Als dan würd die gemein fragen, hastu d VIII tusent güldin ein jar und wilt nit tusent darvon gen Rom geben, so stand ab, da ist einer, der wil es gern thün. Ich wil mit disem allem also vil zü verston geben, daz mancher jetz nach einem concilium süfftzet, der weinen würt, so es kerne.

t) redet z) zumal d) hast du

u) geht v) wo a) beschädigen,

w) eingegeben, gesagt verletzen b) nirgends

x) daraus y) doch c) Prunk, Aufwand

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Vile der gebot werden nit abgethon dem, von dem, der des gewalt hat.

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Du zögest an, das gemeine cristenheit mit vil meren gebotten beschwert sei, dan vor malß die judischeit, wie es auch nie sei dy meinung Chrisi unsers herren gewesen, uns der massen mit vilen gebotten zu beladen, den sein joch leicht sei und süß zu tragen [Matth. 11, 30] 81 etc. Und dar von hab unß Luter entlediget, daz er dar wider predig, wan es war wer, so wolt ich im selber danck darumb sagen. Du retst aber hie fast in der gemein 6 , kan ich dir kein sunderef antwurt geben, wan g du sagest, daz und daz gebot sol abgethon werden, mocht darüber erkant werden, aber wa in lufft allein geblassen würt\ da kan nüt fruchtbare gehandelt werden. Nun sein aber alle gebot antweders1 von Got, die hat Luther nit abzüthün, oder von den böpsten und concilien, die hat niemans abzüthün, dan die sie uffgesetzt haben, und nit der Luther, oder sollen uß gelübden gehalten werden, in denen geschieht niemans gewalt, dan sy sich willig daryn und ungebeten ergeben. Welche gelübden Luter auch nit hat abzüthün. Und uff das verstentlicher darvon geret werd, gib ich diß exempel. Es ist ein jeder priester in krafft seiner gelübden küscheit schuldig zü halten, als der sich daryn willig ergeben hat, und wa er dar wider thetJ, engte in billich k darumb sein gewißne. 82 Nun kumpt Luther und rat, wa sie concubinem 1 und eintzige bischlefferin haben in eelicher meinung"1, so sol er sie heimlich zü der ee nemen, sei es warhafftig ein ee, und alle kinder eelich for Got und in der warheit. 83 Meinstu aber, das sie irer gelübde ledig sein und vor Got und in irer gewyssen sicher, darumb daz es der Luther gesagt und gepredigt hat, sie seien die gelübden nit schuldig zü halten, und der bapst hab sie darzü nit zü drengen. Darumb ist es gar nichts gesagt, daz uch Doctor Luther euwer conscientz" und gewissen durch seine leren erweitert oder erleichtert hab, dan es noch zweiffelhafftig bleibt, ob er des gewalt hat, oder mit der warheit darwider redt oder nit. Ein gleichs exempel, so verbotten ist zü stelen [2. Mose 20, 15], jemans kern und erlaubt zü Stelen, und prediget, daz es nit sünd wer, und du ufbliessest: O der hat unß erlößt von dem gebot und frei gemacht zü stelen, du müst in vor° darumb fragen, ob er des gewalt het oder nit. Als Cristus Jhesus unser her unß von den vilen der gebot des judisehen gesatz erlediget hat, als der des von Got vollen gewalt gehabt hat zü thün. Ich weiß auch nit, wolche gebot du anders meinst, dan der kirchen gebot, so du sagest, wir seien mit villen gebotten beladen. Da wer selbs mein ernstliche bit, das man unß dar von genedigklich erlediget, mit nammen der, der des gewalt hat zü thün. Ich wil auch in dissem artickel allein das dir züwider geredet haben, das du gar nicht probierest, das unß Doctor

e) ganz im allgemeinen f) besondere g) wenn h) d. h. wo in den Wind geredet wird i) entweder j) dagegen handeln würde k) beengte ihn zürecht 1) (lat.) Buhlerin, Beischläferin rn) d. h. wie eine Ehefrau n) (lat.) Gewissen o) vorher 11*

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Luther von einicherley p villen der gebot erlediget oder erleichtert hab, den er das zu thün gar kein gewalt hab, gibet unß woll ursach, das zu begeren, er ist aber der selb nicht allein, es haben solchs mer begert dan er, und treffentlicher lüt dan er, wil aber damit unverachtet haben.

Ob todsünder und sunderin auch in cristlicher kirchen begriffen sein. Unnder andern reden hastu gefragt, ob Got nit von der sünder wegen uff erden kumen sei 84 , festige deinen fuß und stand Stil85, ich muß dich der fragen bescheiden1* und frag dich wider, ist Got also vil an dem sünder gelegen gewesen, das er von seinetwegen, wie du sagst (und war ist), uff erden kumen sei. Warumb seint ir dan so frevel, und was gat euch der noten an, daz ir den armen sünder uß der cristlichen kirchen beschliesen und treiben, den Got selb under seinen hertzen erboren, mit eignem blüt erquickt und erloset hat. Mir sol hie billich ein beistand von der grossen schar der sünder und Sünderin beschehen, so ich ir fürsprech sie hie verdrit, das sie von euch uß cristlicher kirchen nit vertriben werden. Ir fragt mich des artickels, so sag ich inr, ich glaub in die gemein s christlich kirch, gemeinsame' der heiligen. 86 Nun sagt ir, ich sol mich des artickels halten, und lut des selbigen, nit weiter, dan in die gemein der heiligen glauben haben, es seien aber todsünder und Sünderin kein heiligen. Frag ich euch dan weiters, so Sant Johannes sagt: Wer da sag, daz er on sünd sei, der verfüre sich selb, und sei kein warheit in im [1. Joh. 1, 8], So wir nun alle sünder seien, von denen ir sagen, das sie von der cristlichen kirchen ußbeschlossen sein, wer ist dan in der cristlichen kirchen? Antwurten ir mir und weisen mich uff die kynd in der wagen", die seien dein. Ich het mich des zü uch nicht versehend da ir alle verstendigen sünder und Sünderin uß cristlicher kirchen treiben, die ein solch grose schar der menschen, daz ir allein kind yngenumen w hetten, ich het warlich gemeint, ir wolten die genß yngelassen haben, wider das alt Sprichwort, das der himmel den gensen nit gemacht sei 87 , zimpt es sich, in sachen unsers glaubens spotlich zü reden. Ich wil euch aber ein anzogen thün", daz alle todsünder und Sünderin heilig genant werden in den gotlichen büchern, und darnach sagen, wie sie heilig sein, da mit [ich] nit weiters gethonn haben wil, die geleiten verursachen klarlicher darvon zü reden, dan ich disem fal zü einfältig51 bin. Erstlich, so ir Sant Paulum an den treflichsten für wenden, so schreibt er zü den Romeren c[apitel] VIII: Sprechen, der geist bit für unß, mit unussprechlichem süfftzen, und der Got, der die hertzen erkent, der weiß, was der geist begert, der nach Gottes gefallen begert für die heiligen [Rom. 8, 26.27]. Und bald darnach, die noch fürsatz genant sein [Rom. 8, 29]:

p) einigen q) Bescheid geben, antworten r) ihnen (den Sündern) s) allgemeine t) Gemeinschaft u) Wiege v) Ich hätte von euch nicht erwartet w) ein-, angenommen x) d. h. ein Zitat beibringen y) ungelehrt

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Heilig ist wol zu verston, ob ich schon jetz ein todsünder bin, dannocht in hoffnung und fürsatz heilig bin. Ad Ro. c. XI: Ist die wurtzel heilig, so sein die est auch heilig [Rom. 11, 16]. Ad Ro. c. XV: Darumb wil ich jetz gen Hierusalem und da dienen den heiligen [Rom. 15, 25]. Und in dem c. XVI: Das ir sie empfahen in Got heilig [Rom. 16, 2], und gleich da bei: Griessen mir alle heiligen, die by inen sein [Rom. 16, 16]. Und zu den Kerintieren c. I: Paulus, genant ein apostel Jhesu Cristi etc., den geheiligten in Cristo Jhesu, genant die heiligen [l.Kor. 1, 1.2], Ad Cor. c. I. in dem anfang [2. Kor. 1,1], Ea. c. VIII [2. Kor. 8, 4] und in dem IX. c. in dem anfang [2. Kor. 9, 1], und schier2 an dem end, Gott erfüllet, daz den heiligen gebrist3 [2. Kor. 9, 12]. Ea. c. XIII: Griessen einander in dem heiligen kuß, und es griessen euch alle heiligen [2. Kor. 9, 12]. Ad Ephe. c. I. in dem anfang [Eph. 1, 1], und in dem c. II, daz wir sein burger der heiligen [Eph. 2, 19], und c. III, c. V [Eph. 3, 8; 5, 3], Als sich das heiligen zimpt, und kurtz darvon geret. Die gantze 1er Pauli ist des fol, das er die cristen, so er zu dem glauben bekoret hat, heiligen nennet. Wer wolt aber so unsinnig sein, der da dorfft sagen, das nit der merertheil oder villeicht alle todsünder und Sünderin weren gewesen, mit namen, so er inen in den obgenanten seinen sendbrieffen so manch treffenlich laster zümisset b , und sie darum strafft, noch dannocht heiligen nennet. Daruß etlich bewegt sagen, daz die ersten cristen sich heiligen und in Cristo Jhesu geheiliget nenneten, und ich glaub, das es war sei. Also wan man sagt, ich glaub in gemeinschafft der heiligen, sei also vil gesagt, ich glaub in gemeine cristenheit. Und das ist gefundiert in der leren Sancti Pauli, das ale cristen mögen heilig genant werden, uß ursach, die ich melden wil in dem büchlin von den cristlichen kirchen. 88 Ob sie aber heilig sein, darumb das man sie heilig nennet, sag ich ja dar zu, sie seien heilig wie das kornlin uff dem acker geseyet0, in dem winter lebendig ist, und so es der sonnen werme entpfindt, wachset, und in ein frucht ergrünet [vgl. Matth. 13, 1—9]. Also wa Gott die sün d aller sünder, sie mit gotlicher genaden und werme erhitziget, grünnen sie in das ewig leben, als geschriben stat: Niemans kan zu meinem vatter kummen, er ziehe in dan [Joh. 6, 44]. Nun kummen aber [diejenigen], die Doctor Martino Luther anhangen, uff das sie die armen sünder der kirchen Gottes berauben und ußtreiben, die Cristus Jhesus mit seinem blüt erarnet e hat, unnd also mit bitterem leiden in seine kirchen auff seinem heiligen nacken getragen, unnd haben ein solliche fabel erdichtet, Christus unser her sei das haupt der cristenlichen kirchen. Das muß ich inen zulassen, dan es ist war. Ad Ephe. XV und auch ea[dem] c[apitel] I in dem end [Eph. 4, 15; 1, 22]. Sei nun Christus das haupt unnd wir der leib und die glieder, das gestände ich auch. So aber ein todsünde den menschen tote und das selbig glid tod erachtet werd, mag das haupt Cristus das leben nicht in ein tod glid eingiessen oder einfliessen. O ein treffenlicher tandf von gelerten lüten.

z) fast a) gebricht, mangelt f) eifriges Geschwätz

b) zulegt

c) gesät

d) Söhne

e) erkauft

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Das ein todsünd ein menschen so gar6 todet, gestand ich nit, er ersterb dan darin, dan der ist nimmerme h tod, zu dem ein hoffnung des lebens ist, man vergrabt auch keinen menschen, zu dem man sich noch des lebens versieht1. So nun zu einem todtsünder noch ein hoffnung ist seiner bekorung zu ewigem leben, kan er nicht anders für tod geachtet werden, er ersterb dan darin. 5 Darumb ich dir das in keinerley weg zülaß, das die sünder tod seien, das wil ich aber dapfferJ geston, das es sieche und krancke glider sein, die das haupt Christus mag erneren und gesunt machen und in sie einfliessen das ewig leben etc. Nun bistu mir geschicklichen kumen mit deinen Worten, das Got von 10 der sünder wegen uff erden kumen ist, üch zu ermanen, die armen sünder nit also zu verwerffen, an denen Got, dem herren, also vil gelegen ist. Und wiewol Maria, die müter aller gnaden, aller sünder und Sünderin fürsprecherin ist89, hab ich doch mich ires amptz der besten meinung underzogen, das sie nit also von Doctor Luthers leren wegen von gemeinschafft der 15 cristlichen kirchen und heiligen abgedrungen werden. Es sol in Sachen des glaubens nit vor der ungelerten gemein disputiert werden. Furt k verwunderstu dich, weist auch nit, wa für du das halten solt, das etlich, die du spotlich lux mundi1 nennest, sprechen, das die Sachen, unseren glauben betreffen, nit sollen vor der ungelerten gemein disputiert werden oder gerechtfertiget m , dan sie" die 1er Lutheri gerecht und war, sol sie niendert baß° eröffnet werden, dan vor denen, die ir bedorfen und ir heil daruff stot. 90 Und wiewol ich dir nit gestan, daz seine 1er an vilen orten war sei, als einer, der da weiß, daz sy an manchen ort wider den glauben ist. Ich wil dir es aber jetz zügeben, sie sei war, sol sie dannocht als den glauben betrefen vor der gemein nit rechtfertigt werden. Als wenig als in den Stetten alle retp offenlich und vor der gemein sollen besessen11 werden, wiewol der gemein und jedermans nutz da betrachtet würt. Als das keiserlich recht in dem anfang condicis r gebüdet, die Sachen des glaubens offenlieh und vor jederman nit sollent gerechtfertigt werden, noch dar von disputieret, und gipt auch der keiser des II Ursachen, das es ein verschmahung were der concilien, das wyder in zwyffal zu berieffen s 91 , das durch so manig' oberkeit des glaubens ist beschlossen worden, aber darum, das ir auch der concilien nit achten, kumment ir in solche frevele vermessenheit, das ir wider die concilien leren, der gantzen Christenheit zu schänden. Die andre ursach des keisers, das solche offenliche rechtfertigung des glaubens sou den Juden, so auch" den andren ungleübigen ein grosse ergerniß bringen 92 , unnd das wil ich mit warheit darzü setzen, auch ein grosse ergerniß

g) ganz h) niemehr i) d. h. von dem man erwartet, daß er noch lebt j) nachdrücklich k) weiter 1) (lat.) Licht der Welt m) beurteilt n) Druckfehler: sei o) nirgends besser p)Räte q) besetzt r) Druckfehler: codicis s) d. h. in Zweifel zu ziehen t) viele u) sowohl . . . als auch

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und ungehorsame den unverstendigenv Christen, alß wir leider jetz mit den henden greiffen, daz nit fil Christen von Doctor Martinus leren wegen zu andacht beweget werden, allein zu uffrüre dem babst zwo krönen zu zucken 93 , nit zu gehorsam, sunder den ban mit den bischoffen zu verachten, selber hinder dem offen w und bey dem wein priester zü erwelen, pfaffen megt diebschlich x und verstollen zü der ee zü nemmen, und kurtz dar von geret, wer jetz die ougen verkort hat und weder uff bischoff oder bader 94 geben wil, der spricht: Ich kor mich an niemans mer, ich bin güt Luters. Das ist daz end, das ist die frucht seiner leren, darumb sie billich jederman sol für gehalten werden zü leren, aber lüß in beltz setzen3, 95 , lernet sich selbs. Ich besorg, Luters lere werd sich bald mit der dadten zeügen z , ob sie von Got oder dem tüffel sei, dan Gottes leren dienet zü friden und einigkeit, und des tüffels zü Verachtung der oberkeit mit uffrüren, dan er syn a ein lust hette, in unserem blüt zü baden. Dedte man nach dem und der keiser gebotten hatt 96 , daz man solche disputierer von dem glaubben offenlich vor der gemein, so sie priester weren, priesterlicher gemeinschafften beraubten, weren sie von dem adel, ritterlichs gürtels und Würdigkeit, und die andren straffte nach erkentniß der richter, so werent wir des alles vertragen b und sessen in rüwen und friden. So es aber gestat 0 würt, das Luther uß dem geistlichen rechten wil ein roten hauffen d machen, und das keiserlich recht darzü nit achten, in Gottes nammen, so dieg man alles recht ab e und handel ein jeder nach seiner macht. Aber we, allenthalben we, wo gerechtigkeit darnider ligt. Unnd kumpt diser fechtmeister 97 in ein wytere irrung unnd zü gütem tütschen f ein dorheit, so Doctor Luthers 1er schon ungotlich were, sol sie dennocht der gemein fürgehalten werden, uff das sie als ein gifft ußgerütet würde. Ich wolt doch gern wyssen, ob im ernst were, waz sol doch die gemein darzü thün oder waz interesse hat sie da, das inen solche ding des glaubens sollent fürgehalten werden. Ich halt8, sie sollent peterlinh darzü kauften, daz es dester gschmackter werde, ich müß doch dem dorechten man nach seiner dorheit ein antwurt geben, vermeint auch da bey, das solche leren Lutheri sol durch ein gemein concilium, rechtlich versamlet, ußgerütet 1 und abgethon werden, dunckt mich gantz nüt geradten und in zü künfftigen ein böses exempel und ein nachteiligs, also wolt fillicht ein jeder schelligerJ zükünfftigs uffrüren in dem glauben anzünden, uff daz er die arme Christenheit in kosten und schaden brechte, und ein concilium erweckte, die sach ist an ir selber nit so hochverstendig, man fint noch wol on k solchen grossen schaden und kosten, die darin erkennen mögen, und so daz nieder gelegt würde durch der gelerten sententz 1 und urteil, darnach eerlich, rechtlich, wie sich daz gebüret, uß treffenlichenm Ursachen die Christenheit zü reformieren, ein concilium begeret und gemachet würde. 98

v) einfachen, unwissenden w) Ofen x) diebisch, heimlich y) Läuse in den Pelz setzen, d. h. Unnützes tun z) mit der Tat zeigen a) seiner (des Aufruhrs) b) verschont c) gestattet d) d. h. Feuer, Scheiterhaufen e) würde . . . abtun f) Deutschen g) meine h) Petersilie i) ausgerodet j) Narr, Verrückter k) ohne 1) Urteilsspruch m) wichtigen

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Das Doctor Luther nit gebür noch zimlich sey, zu predigen. Zu dem fünfften und stat unser schirmer Doctor Luters leren zu beschirmen und befestigen, anfencklich, daz er ein ordens man ist", in krafft des mit nemmen, so er ein heremit" ist, gebüret im nit zu predigen, er sei darzü ein prediger und ein doctor oder nit, den ob er schon in dem gericht die sünde zu beklagen zu erkennen hat, da ein person der ankleger ist und der beklaget würt, alß in rechtfertigung der sünden, sunder zu dem daz er ein solchen gewalt hat, die Sünden zu verlassen 0 , sol er nit destminder ein andren gewalt haben und underthonen entpfhohen p , über die er erkennen q mag richterlich, dan ein jetweders urteil von einem unbequemlichen r lichter und nit über sein underthonen beschehen ist undoulich s , ob ein priester schon die schlüssel priesterlichs ampts hat 100 , sollent im1 dennocht underthonen züerkandt werden, in die, die er zu erkennen hatt oder nit, dan ein richter zü Nuerrenberg hatt nit urteil zu sprechen über die von Augspurg. Und von dem gewalt der priester stat geschribben Mathei XVIII: Sündet dein brüder in dich, sprach Christus unser her zü Petro, sag im das zwischent dir und im, höret er aber dich nit, so sag das der kirchen, das ist, den lichteren der gemeinen Christen, würt er alß dan die selben auch nit hören, so achten in alß ein heiden und ein offenlichen sünder und benügenden", wem ir die sünd vergeben werden, die sollent vergeben sein, und welchen ir sie vorbehalten, denen sollent sie vorbehalten sein [Matth. 18, 15. 17. 18]. Uß welchen worten wol zü erachten ist, das die priester zwischten v christlichen briederen zü richten habent, und wer ir urteil nit hören wil, sol für ein ungleubigen geschetzt werden. Darumb so man mir urteil zü sprechen gewalt gibt, sollent mir auch da bei underthonen assignieret w und anzeigt werden, gegen denen ich meinen gewalt zü brachen hab. Wil sich nun Luter des gewalts zü predigen underston, und züerkennen zwischtem brüder und christlichem mitbrüder, sol er daz thün in seine underthonen, deren ich noch keine höre, die im zügeeigt* worden seint oder zügeteilet, darumb alles erkennen in fremde underthonen krafftloß und undoglich ist, alß ein urteil, daz nit von seinen ordenlichen richter geschehen ist. Aber zü predigen hatt er uß krafft seines priesterlichen amptes. Dan Christus unser her den XII botten alß priesteren gewalt hatt gebet, in alle weit zü predigen [Mark. 16, 15], doch sagt Sant Paulus ad Ro[manos] X: Wie künnent sie predigen, sie werdent dan gesendet [Rom. 10, 15], Das ist zü predigen doglich y geachtet, und ob Doctor Martinus schon zü predigen gewalt het, ist er doch jetz darzü nit gesendet, sunder von der oberkeit des glaubens verbotten. 101 Und ob schon Johannes Tatzel, prediger ordens, vil mißbruchs in verkundung des ablaß geübet het 102 , gibt des eintzigen missethat Doctor Luters leren ein krafft, das sie dest glaub-

n) (lat.) Eremit o) zu vergeben p) empfangen q) urteilen nicht zuständigen s) untauglich, ungültig t) ihm u) hier: Sünder schen w) (lat.) angezeigt x) zugeeignet y) tauglich, geeignet

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würdiger sei, ich meint nit, das jemans das sagen würd, darumb das der selbig oder ein anderer unrecht gethon het, wil darumb Doctor Luther gebüren (wie dem beren z ) den schaden an einem jeden seinem nechsten zu rechen. Das mocht ich wol zulassen, das Doctor Luther zimpt, mißbruch zu straffen, aber in solcher straffen also über dy maß mit luffsteding 3 und ungleubige irrungen ynher zu bringen, das wil sich weder im noch niemans anders gebüren. Ich mag auch wol leiden, das du in für Danielem achtest 103 , dan die ule b achtet ire kinder für die schönsten fogel uff erden 104 , und schetzt ein jeder nach dem und er in seinem gemüt geneigt ist, so fer°, das du in dem fal unß nit für dy alten boßwicht von Babilonien achtest. Dan woltestu unß für boßwicht achten, du mieschtest d unß ein rechtlichen stand darumb erleiden, als denen, die ir eer nit gern versumen 6 wolten. Wir mögen auch leiden, daz du in für Salomonem schetzest 105 , so fer unß und unseren erben on schaden. Und das ich das sechßt in das fünfft beschließ von kürtze wegen. Sprichstu, er hab sich alwegen schrifftlich und mündtlich erbotten, so er seine lere in das heilig evangelium setze und die wäre gotliche geschafft, erbiette er sich, in die frantzosischen und tütschen universiteten oder erkendtnüß bebstlicher heiligkeit oder der cristlichen kirchen daryn zuerkennen und allem dem geleben f , was by dem selben erkennet würd. 106 Er hat sich des auch zu Leiptzig erbotten, warumb hat er dan laut des erbietens nicht erwartet, was da selbs wer erkant worden? Sagt er dan, das Doctor Eck der erst gebrochen hab und eröffnet hab, das nit zu publicieren was 8 . 107 Sol aber darumb Doctor Martinus das den bapst so hoch lassen entgelten, das er im von Doctor Ecken wegen zwo krönen zucken wil 108 , die so mancher frummer bapst in demütigem hertzen mit aller eren getragen hat. Und ob schon der jetzig babst der bosest uff erden wer, nach im, ob Got wil, auch mancher mer in eren tragen würt, was sol er sich an dem bapst rechen, das Doctor Eck unrecht gethon hat seiner achtung, sol aber er vonn jemans Sünden wegen alle weit ubergeben. Seins erbietens halb, das er der erkantnüß bäpstlicher heiligkeit wol geston, wie war das ist, erscheint da bei wol, das er von dem bapst so offt ersucht, dannocht uff seinen fünff augenblick, das were im aber baß h angestanden, das er an dem bapst, wa er je etwas vermeint, wider in zu halten, das er die regel Cristi unsers herren [vgl. Matth. 18, 15—18] an im gehalten het, und im das erstlich und vor allen dingen zwüschen inen beiden verkündet het, het er als dan sich daran nit keren wollen, solt er das der kirchen gesagt haben, wie er doch jetz thüt. Und ob jemans meinen wolt, der bapst het sich daran nichts keret, wer weiß das, es sol nicht also vor dem berren gefischet werden1, unnd in den rechten prophetieret. Es ist auch nicht einer warheit gleich, das Doctor Martinus Luther sich das zu thün besorget het, sunder wol zu mütmassen,

z) Bären a) Druckfehler: iuffsteding: Narrenwerk d) müßtest e) vernachlässigen f) allem nachleben i) vor dem Netz gefischt werden

b) Eule g) war

c) weit h) besser

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Mumer: Von Doktor Martin Luthers Lehren und Predigen

darff er in der kirchen und jederman verklagen, er dorfft auch im" das zu huß und allein sagen. Du hast dich auch seinenthalb nicht zu beklagen, als ob man im vil widerwertigkeit zufüge, dan er aller disser ding der anfenger ist, und hat auch vilen widerwerdikeit zügefüget, sol billich deßgleichen von inen erwarten sein. Gibst im darnach den breiß des sicksk gegen allen andern. 109 Darvon wil ich nichts reden, dan solche vergleichungen sein hessig1. Aber meiner achtung soltestu ein schiffung"1 loben, so sie zu land kern, ein kempffer, so er triumphiert einen menschen, so er tod wer, das ist alles anders mit Luther, dan ich glaub, es sei erst umb den ersten wurff, und niendert" an dem end. Darumb habt ir auch spenniger 0 reden gantz nichts zu beriemen, biß zu dem usspruch der Sachen. Ich laß dir auch das gar nichts zü, das er sich allein des heiligen evangeliums behelffe 110 , dan ich müst sunst dich fragen, wa es in dem evangelio stünde, das Doctor Martinus spricht, der bapst sei kein haupt der cristlichen kirchen. Und ob ir schon sprechen, wir finden in Sanct Paulus sendbrieffen, das Cristus das haupt sei der kirchen [vgl. Eph. 4, 15; 1, 22], das gestand ich, das aber darumb der bapst auch nit ein haupt sei der kirchen, das zogen mir geschriben p . Ja, saget ir, ein leib kan nit zwei heupder haben 111 , das locken q ich, zog mir, wa stot es geschriben in dem evangelio. Darumb gestonde ir nit, das er ein haupt sei der kirchen, in krafft der reden, das ein leib nit zwei heupter haben mag, und nit in kraft des evangeliums. Sagt doch David von im selbs Psal. XVII: Her, du hast mich gesetzt in ein haupt deines folcks [Ps. 18, 44]. Und den XXVIII. [Psalm]: Der Her würt dich setzen in ein haupt und nit in ein schwantz [5. Mose 28, 13]. Und Ysaie primo: Von dem haupt biß uff den füß [Jes. 1, 6], das ist von dem mereren biß uff den mindern, mögen die heupter genant werden und künnen ir nicht auch ein sin finden, das ir den bapst auch laßt bei seiner hauptmanschafft bleiben, und laßt dannoch Cristum auch ein haupt sein. Es mag aber kein leib zwei heupter haben, ja das ist war in leiblichen dingen, aber nit in geistlichen. Ir fantasieren eben als die Juden, da Cristus unser her zü inen sprach, das sie müsten noch ein mal geboren werden, bald fragten sie, wie das müglich were, wider in den leib zü schlieffen r , und zü dem andern mal geboren werden [Joh. 3, 3 f. ]. Und wolten das auch nit verston von der andern geistlichen geburt des tauffs. Darumb bleibt es dabei, daz Luther vil dings redt, die nit in dem evangelio ston, und zücht dannocht schmachreden daruß, die im ubel anston zü reden und jedem cristen noch ubeler anston zü hören, als mit der hauptmanschafft des bapst exemplificiert s ist. Bapstenthum ist ein oberkeit unsers glaubens, als biß her von jederman ist erkent und veijehen 1 hat, und laß mich wenig irren, daz ir sagen, er hab sich als ein tiran in solch oberkeit selb ge[t]rungen. Darumb ob schon der bapst der böst uf erden were, so sein doch vor im fil heiliger marterer bäbst gewesen 112 , und kumment nach im, ob Got wil, auch fil frummer bebst,

j) sich k) Preis des Sieges 1) gehässig, zornig m) Schiffsreise haupt nicht o) strittiger p) zeigt mir geschrieben q) leugne fen s) beispielhaft dargelegt t) bejaht, anerkannt

n) überr) schlüp-

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solten ir darumb nit wyder die oberkeit des glaubens geret haben, uns und unseren glauben darunder betrachtet haben, ob ir schon der Romaniscen abgesagt find" weren.

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Jetz wil mir gebüren, mit disem fechtmeister unnd schirmredner das schwert uffzüheben und der massen abzudretten. Erstlich, daz er wisse, daz solches ampt eincherlei v leren zu confirmieren w und glaubwürdig zu machen im nit zustande, sunder den concilien und gemeiner Christenheit, alß S. Augustinus] sagt, er glaubte dem ewangelio nit, wo es nit von dem concilio glaubwürdig zugelassen were und probieret. 113 Darumb du dich Doctor Luters leren zu bestetigen unbillich underzogen hast. Zü dem andren hastu dich understanden, Doctor Luters leren zü beweren, und hast das also ungeschickt gethon, daz deine reden und Ursachen niemans zwingen noch bewegen, Doctor Luters leren dest glaubwürdiger anzünemmen, den x reden und probieren y seint zweyerley, du hast wol geret, aber nüt probieret, wir hetten auch deine reden alß allein in lufft geblasen lassen für iren wert hyn gon und unwyderfochten, wo du dich nit beriemet hettest und understanden, bewerlich 2 zü reden, alß du billich und wir unbillich Doctor Martinus leren hinderschliegen a , sunder uß deinen dargethonen urSachen, wir und mengklich b solche leren beging entpfhohen solten, das wir doch nit werden thün, biß sie durch ein gemeine Christenheit beweret und warhafftig erkennet würt, und das gifft von dem zucker abgesündret. Ich bezüg c mich auch, daz ich in disem biechlin nie in meinung waz, Doctor Luters leren weder zü verwerffen noch anzünemmen, biß das ein concilium darin erkennet, wen daz geschieht, so gang für d gotlicher wil in allen dingen. Allein das ich dir zü verston gebe, wie kiel6 und unbewerlich f du dich understanden hast, ein lere zü approbieren 8 , und das so gar nit gethon hast, auch deine reden gantz nüt beschliessen, sunder allein ein anzeigung thün, das du der ding ein kleinen verstant hast11, dar von du alß ein bewerer' geredt hast. Auch mer dan unweißlich", alle, so wider Doctor Luter schreiben oder reden, anziehend, alß ob sie das dedten uß neid und eignen nutz, ein rüm, lob und eigne freüd da mit zü erholen, alß schellige kopff1, die niemans dan sich selb hören wellen, dan ir allein seint die ewangelischen lerer, liebhaber der warheit 114 , nachvolger Christi, allein uwere worter seint glat ballieret"1, und" aller andrer ruch° und rostigk, gebt uch selber kalt und warm und seint alle andren lecker und büben p , dan ir kurtz ab niemans zülassen, daz er sich doch seiner eren verantwurte. Sol es dan also zügon,

u) erklärte Feinde v) irgendwelche w) (lat.) bestätigen, bekräftigen x) denn y) Beweisen z) mit Beweisen a) zurückschlagen, abweisen b) jedermann c) erkläre d) gehe voran e) kühl f) ohne Beweise g) anzunehmen h) d. h. nicht viel davon verstehst i) Beweisführer j) gemeint: ganz ungeschickt, unwissend k) zitierst 1) Narren m) poliert n) zu ergänzen: die Wörter o) rauh p) Schurken und Bösewichter

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so habt ir schon recht, Got geb, ir sagent, was ir wellent, ir habt aber darumb nit, waz ir gern hetten. Fraget man uch uwer meinung, so sol man alle münch vor allen dingen abthün, alle kloster brechen, uß hundert pfaffen einen machen, allen geistlichen stat züscheittren q , vernichten, mit uwer weisen solten ir ee ein landt verlieren dan eins gewynnen, und gebent böse Hergot, dan ir mechten weder berg noch dall, es miest alles schlecht sein. Und wer uwer fürnemmen in dem grünt ermesset, der solt nit gern mit uch zu thün haben, so ir nur mit gewalt und gar mit keinen rechten zü handien underston. Das ist aber mein radt, lassent zü den sachen reden, wer da wel, uff daz die hochverstendigen des conciliums uß reden und wyderreden die warheit erkennen mögen, alß dan wellent und sollent wir irer erkentniß billich ston und on alle wyderreden volgen. Und uff daz sich niemans dises schreibens alß eins schmachbiechlinß s hab zü beklagen, ist den hochwürdigen fürsten und herren, einen bischoff von Straßburg 115 , der nam und die person des machers bekant, den zü melden nit einen jeden schmutzkolben', sunder wo es sein genad" notturfftig erachtet, und wo ir je meinten, ir wellent dem Schreiber ein suw schencken 116 , so behalten uwer suw, daz ir den bottenlon nit dórffen geben, er wyll uch seinen narren zü huß schicken, die suw zü reichen etc. Censores. Datum in dem jar nach der geburft] Christi unsers herren. Tausent CCCCC und XX. Uff Sant Katherinen abent [25. November] getruckt, mit keiserlicher mayestat privilegien, daz bei pen in einen jar nieman nach trucken sol etc.

A) Vorbemerkung Druckvorlage: Von Doctor II Martin9 luters II lere vnd predigen. Das sie II argwenig seint/ vii nit gentllzlich glaubwirdig zuhalten II [TE] (Am Ende:) Datum in dem iar nach d' II gebur Christi vnsers herren. Tausent II CCCCC. vn .xx. Vff sant Ka=ll therin abent getruckt... [Straßburg: Johann Grüninger.] 4° 22 Bl. Sign.: A - D 4 E 6 . VD 16 M 7091. Köhler 3415. - UB München: 4° Inc. lat. 946:6. Zur Entstehung: Der Straßburger Franziskaner und Doctor theologiae Thomas Murner (1475—1537) begann im Spätherbst 1520 die publizistische Auseinandersetzung mit Martin Luther (1483—1546). Seine erste Schrift, die „christliche vnd briederliche ermanung", wurde am 11. November von der Straßburger Offizin von Johann Grüninger verlegt. 31 weitere „tractat" sollten folgen (vgl. Murner, Deutsche Schriften, Bd. 6, S. 87). Bereits zwei Wochen später, am 24. November, erschien „Von Doctor Martinus luters leren vnd predigen". Auch dieser Druck ist unfirmiert. Er verschweigt zudem den Namen des Verfassers. Denn Mumer schrieb nicht aus

q) zerschlagen r) schlicht, einfach u) Gnaden, gemeint: der Bischof

s) Schmähschrift

t) Schmutzfink

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„mm ersuchen" (ebd. S. 33). Deshalb wollte er nicht öffentlich genannt werden. Seine Autorschaft war nur dem Straßburger Bischof Wilhelm von Hohnstein (1505—1541) bekannt. — Ihren äußeren Anlaß fand die Schrift in einer Apologie des Nürnberger Ratsschreibers Lazarus Spengler (1479—1534), die schon im Voijahr erschienen war. Aber Murner lernte sie anscheinend jetzt erst kennen. In diesem Jahr fand Spenglers „Schützred" weite Verbreitung durch Nachdrucke in mehreren Orten (eine Nürnberger Ausgabe von 1520 vgl. bei Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 501 ff. ). Auch in Straßburg. Hier waren es Matthias Schürers Erben, die im Oktober eine Ausgabe der „Schützred" zusammen mit mehreren Lutherschriften veranstalteten (vgl. Anm. 6). Dieser Druck wird Murner am ehesten bekannt geworden sein, weshalb wir ihn unseren Nachweisen zugrunde legen. Wahrscheinlich bewegte Murner der Widerhall der „Schützred" zu seiner Replik. In ihr suchte er Spenglers Argumente im einzelnen zu widerlegen. Ausgaben: The Journal of English and Germanic Philology 6 (1906/1907), S. 341 ff. (nach Büchner, Murner, S. 240, Anm. 36); Murner, Deutsche Schriften, Bd. 6, S. 9 1 - 1 2 2 (mit Erläuterungen). Literatur: W. Pfeiffer-Belli, in: Murner, Deutsche Schriften, Bd. 6, S. 8 8 - 9 0 ; Büchner, Murner, S. 2 3 9 - 2 4 1 ; Iserloh, Mumer, S. 25.

B) Sacherläuterungen 1 Zu den lateinisch und deutsch bis zum Herbst 1520 erschienenen Schriften Martin Luthers vgl. Aland, Hilfsbuch, S. 649-652. 2 Vgl. Wander, Bd. 1, S. 239, Nr. 70. 3 Karsthans ist der besonders im Elsässischen, aber auch sonst verbreitete Spottname für Bauer, bevor er in den Reformationsjahren eine Aufwertung und eine besondere Bedeutung im Sinne des Aufrührerischen bekommt (vgl. DWB 11, 232; vgl. auch unten Nr. 7, S. 173. 4 Murner trat 1490 ins Straßburger Franziskanerkloster ein, erhielt 1494 die Priesterweihe und wurde 1506 zum Doctor theologiae promoviert (vgl. Büchner, Murner, S. 6—11). Auf die mit der Profeß verbundenen Gelübde und den Eid beim Empfang des Doktorats beruft sich Murner. 5 Hier wie auch in anderen Schriften erklärt sich Mumer für ein Konzil und die mit diesem verbundene Reform von oben (vgl. Murner, Deutsche Schriften, Bd. 6, S. 126, Anm. Z 16; Büchner, Mumer, S. 236, Anm. 22, S. 256-259). 6 Gemeint ist die anonym erschienene Schrift von Lazarus Spengler (1479—1534): Schützred vñ II christenliche antwurt II eins erbarn liebhabers gótlicher war=llhait der hailigen geschrifft/ auff et=lllicher widersprechen/ mit antzaillgunge/ warumb Doctor Marlltini Luthers leer nitt sam II vnchristenlich verworffen/ II sonder mer als Christen II lieh gehalten werd=llen soll. etc. II Apología. II [Augsburg: S. Otmar 1519] [9] Bl., TE, 4°. (VD 16 S 8250; zu den verschiedenen Ausgaben dieser Schrift vgl. ebd. S 8251 —8257 sowie zur Druckgeschichte Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 512f.). Die Formulierung „under andren Doctor Martin Luthers biechlin ein schirmred" könnte daran denken lassen, daß Murner die Spengler-Schrift tatsächlich in der Sammelausgabe von Luther-Schriften, die Schürers Erben im Oktober 1520 herausbrachten (Martin Luthers . . . mancherley büchlin vnnd tractetlin. II . . . vgl. Benzing, Lutherbibliographie 8) (Expl. HAAB Weimar: Aut. Luth. 1520 Nr. 57), kennengelernt hat. Hier steht sie unter dem Titel: Apología. II Schirmred vnd Christenliche II antwort eins eerbaren liebhabers gótlicher war=llheit der heiligen

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Murner: Von Doktor Martin Luthers Lehren und Predigen geschrifft/ vff ettlicher wider=llsprechen/ mit anzeygung warumb Doctor II Martini Luthers lere nit als vnchri=llstenlich verworffen/ sunder meer II als Christenlich gehalten II werden sol. II (Bl. CLXII a -CLXX a ). Nach dieser Ausgabe wird im folgenden zitiert. Murner zitiert die Apologia (ebd. Bl. CXII a ): „Ich wird bey etlichen verdacht vnd öffentlich geschuldiget / als ob ich Doctor Martini Luthers . . . discipel oder nachuolger einer sey . . . " Vgl. Kautzsch, Apokryphen 1, S. 184-189; Spengler (Apologia, Bl. CLXIX a ) ist der Meinung, daß Gott in Luther „ainen daniel im volck erweckt hab"; hierauf bezieht sich Murner. Anspielung auf die Selbstbezeichnung des Mumer unbekannten Autors, die in den Reformationsjahren häufig begegnet. Vgl. Liebs, Rechtsregeln, S. 190, Nr. 43: Res iudicata pro veritate accipitur. Hier, wie schon in der Schrift „Eine christliche und brüderliche Ermahnung" (vgl. Murner, Deutsche Schriften, Bd. 6, S. 31), beanstandet Murner, daß Luther von einer Autorität an die andere appelliere und letztlich keine anerkenne und gelten lasse. Luthers Appellation an den Papst im Herbst 1518 (vgl. WA 2, S. 28—33) folgte wenig später die Appellation an das Konzil (ebd. S. 36—40; Brecht, Luther, Bd. 1, S. 253f.), dessen Autorität er in der Leipziger Disputation 1519 bestritt (ebd. S. 306). Gemeint ist Luthers Schrift „An den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung" (WA 6, S. 404—465; auch Laube/Looß/ Schneider, Bd. 2, S. 631-693). Die bis ins 15. Jahrhundert lebendige Bewegung der Brüder vom freien Geist war in Italien, Frankreich, den Niederlanden und am Rhein verbreitet, stark mystisch ausgerichtet, aber durchaus mit pantheistischen Konsequenzen (vgl. LexdMa 2, Sp. 732f.). Als Arme von Lyon (pauperes de Lugduno) bezeichneten sich die Anhänger des aus Lyon stammenden Kaufmannes Petrus Waldes (f um 1217), der ursprüngliche Kern der Waldenser. Zur spätmittelalterlichen asketischen Bewegung der Flagellanten vgl. LexdMA 4, Sp. 509-512. Zum Umfang der „Apologia" vgl. oben Anm. 6. Vgl. (Spengler), Apologia, Bl. CLXIII a f. Diese Position, getreu der Bannandrohungsbulle „Exsurge Domine" (vgl. oben 5. 115f., 119), vertritt Murner bereits in „Eine christliche und brüderliche Ermahnung" (Murner, Deutsche Schriften, Bd. 6, S. 33f.; die in Unkenntnis der Bannandrohungsbulle angestellten Erwägungen bei Büchner [Murner, S. 236, Anm. 21] sind damit hinfällig). In Straßburg wurde bei Aufruhr eine besondere Glocke, die Mordglocke, geläutet (vgl. die Belege in DWB 12, 2546). Redensartliche Wendungen mit Mordglocke sind bei Murner häufig (vgl. Murner, Deutsche Schriften, Bd. 6, S. 177, Anm. Z 16). Verbreiteter Spottname für Johann Eck (1486—1543) (vgl. Schade, Pasquillen, Bd. 2, S. 126; Bd. 3, S. 215). Murner meint den Leipziger Franziskaner Augustin Alveldt (um 1480—um 1535), den Ingolstädter Doctor theologiae Johann Eck (f 1543), den Theologen Hieronymus Emser (1477—1527) und den Frankfurter Universitätsrektor Konrad Wimpina (um 1460—1531), die bis zu diesem Zeitpunkt Schriften gegen Luther verfaßt hatten (vgl. die entsprechenden Angaben in VD 16). Vgl. (Spengler), Apologia, Bl. CLXIIFf. Vgl. Wander, Bd. 3, Sp. 203, Nr. 42.

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24 Gemeint sind die scholastischen Theologen des Mittelalters; vgl. (Spengler), Apologia, BI. CLXIIIF. 25 Vgl. oben Anm. 11. 26 Vgl. Wander, Bd. 1, Sp. 1688, Nr. 9; zum Sinn vgl. auch 1687, Nr. 2. 27 Murner spielt anscheinend auf Luthers „De captivitate Babylonica ecclesiae praeludium" an (vgl. WA 6, S. 501). 28 Vgl. WA 2, S. 119—122. Die „Auslegung deutsch des Vaterunsers für die einfältigen Laien" enthält der Straßburger Sammelband mit Lutherschriften (vgl. Anm. 6 und zu der von Mumer herangezogenen Stelle Bl. XXX a bzw. WA 2, S. 121). 29 Gemeint ist Lazarus Spengler und dessen „Apologia". Mit der von Murner leitmotivisch verwendeten Metapher vom Fechten bezieht er sich auf gelegentliche Formulierungen Spenglers (vgl. Bl. CLXIIP, CLXVI b und CLXIX b ). 30 Vgl. ebd. Bl. CLXII b f. 31 Murner meint seine zwei Wochen früher erschienene Schrift „Eine christliche und brüderliche Ermahnung" (Murner, Deutsche Schriften, Bd. 6, S. 29—87, 21). 32 Vermutlich Formulierung Murners, die sinngemäß meint: reiches Ausströmen schädlicher Gedanken aus einem vermessenen Kopf, womit zerstörendes Feuer unterhalten wird. 33 Vgl. Wander, Bd. 2, Sp. 1869, Nr. 14. 34 Vgl. (Spengler), Apologia, Bl. CLXVÜ b f. 35 W. Pfeiffer-Belli (Murner, Deutsche Schriften, Bd. 6, S. 182, Anm. Z 33) verweist hier auf „Contra Vigilantium" I (Migne PL 23, Sp. 339). 36 Das Fuder ist eines der größten Flüssigkeitsmaße jener Zeit (als Weinmaß im Rhein-, Moselgebiet 1000 1), eigentlich bezeichnet es die Menge einer Wagenladung (vgl. DWB 4, 366f.; H. J. v. Alberti, Maß und Gewicht. Geschichtliche und tabellarische Darstellungen von den Anfängen bis zur Gegenwart, Berlin 1957, S. 320). 37 Vgl. oben Anm. 30. 38 Vgl. (Spengler), Apologia, Bl. CLXm b . 39 Vgl. Wander, Bd. 1, Sp. 220, Nr. 4. 40 Diesen Vorwurf erhebt Murner schon in „Eine christliche und brüderliche Ermahnung", in der er sich direkt auf Luthers „Resolutiones disputationum de indulgentiarum virtute" (vgl. WA 1, S. 525-628, bes. 527-529) bezieht (Murner, Deutsche Schriften, Bd. 6, S. 31; vgl. auch oben Anm. 11). 41 Vgl. (Spengler), Apologia, Bl. CLXIXT. 42 Kaiser Karl V. (1519-1556), seit 1516 König von Spanien, seit 1519 Kaiser, als der er am 23. Oktober 1520 in Aachen gekrönt wurde. 43 Vgl. oben S. 146f. mit Anm. 30. 44 Vgl. (Spengler), Apologia, Bl. CLXVf. 45 Ebd. Bl. CLIIIIa mit Bezug auf Matth. 8, 2 - 4 , während Mumer Luk. 17, 11 — 19 heranzieht. 46 Im Sinne von: Du machst dich selbst unglaubwürdig und lächerlich (vgl. Wander, Bd. 1, Sp. 138, Nr. 7). 47 Zur allgemein anerkannten Auffassung vom vierfachen (Literal-, tropologischen, allegorischen und anagogischen) Sinn der Heiligen Schrift vgl. Brecht, Luther, Bd. 1, S. 94; vgl. aber die wohl nicht zutreffende Bemerkung in Mumer, Deutsche Schriften, Bd. 6, S. 184, Anm. Z l l . 48 Diesen Vorwurf erhebt auch die Bannandrohungsbulle (vgl. oben S. 111, 118). 49 Vgl. (Spengler), Apologia, Bl. CLXVHPf. 50 Die Beichtbriefe (confessionalia) waren wegen der mit ihnen verbundenen Privilegien (Berechtigung zur freien Wahl des Beichtvaters, Erteilung der Absolution

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Murner: Von Doktor Martin Luthers Lehren und Predigen auch in bischöflichen und selbst päpstlichen Reservatfällen) sehr begehrt (vgl. im einzelnen Paulus, Geschichte, Bd. 3, S. 472—479). Luther kritisiert sie bereits in den 95 Thesen (WA 1, S. 238). Zur Lehre vom Fegefeuer vgl. LexdMA 4, Sp. 328—331. Vgl. (Spengler), Apologia, Bl. CLXII b f. Rosenkranz, Schnur mit gewöhnlich 59 Perlen zum Zählen beim sog. Rosenkranzgebet (vgl. LThK 9, Sp. 4 5 - 4 9 ) . Vgl. (Spengler), Apologia, Bl. CLXV b . Zu Murners vorreformatorischer Kritik an den kirchlichen Verhältnissen seiner Zeit vgl. Büchner, Mumer, S. 197-217. (Spengler), Apologia, Bl. CLXVIFf. Zu dieser zutreffenden Bemerkung vgl. TRE 5, S. 418f. Vgl. (Spengler), Apologia, Bl. CLXV b f. Vgl. die ähnliche Tendenz in Ecks „Entschuldigung" (oben S. 131). Hierzu die Ausführungen bei (Spengler), Apologia, Bl. CXVI a . Das zu Beweisende wird als Beweis angeführt. Wander, Bd. 4, Sp. 1777, Nr. 35. Ebd. Bd. 1, Sp. 404, Nr. 74, vgl. auch Sp. 403, Nr. 59. Ebd. Bd. 4, Sp. 916, Nr. 65. Vgl. (Spengler), Apologia, Bl. CLXVI b f. Vgl. Wander, Bd. 4, Sp. 1758, Nr. 300. Vgl. Walther, Proverbia 34340 a. Vgl. Liebs, Rechtsregeln, S. 161, Nr. 89, S. 163, Nr. 110. Zu Johann Hus (um 1371 — 1415) und Hieronymus von Prag (f 1416) vgl. TRE 15, S. 712-721. Murner bezieht sich hier offensichtlich auf Luthers Adelsschrift (vgl. WA 6, S. 454). Gemeint ist (Giovanni Francesco Poggio Bracciolini) Wie Hieronymus von Prag ain II anhänger Johannis Huß durch das conciliü II zu Costentz für ain ketzer verurteilt vn II verprent worden ist/ vnd wie II er sich zu sterben be=llrait hat. [Augsburg: E. Öglin um 1521] (VD 16 P 3861). Von den in VD 16 verzeichneten vier deutschsprachigen Ausgaben sind drei, jeweils ohne Impressum, bei Öglin erschienen und werden „um 1521" datiert (P 3861—3863), die Erfurter Ausgabe weist das Druckjahr 1521 aus (P 3864). Falls es nicht eine weitere, bibliographisch bisher unbekannte Ausgabe von 1520 geben sollte, wird Murner eine der Öglin-Ausgaben gemeint haben, die demzufolge vor November 1520 erschienen sein muß. Das lateinische Original ist in „Humanistenkreisen weit verbreitet" gewesen (S. Hoyer, Jan Hus und der Hussitismus in den Flugschriften des ersten Jahrzehnts der Reformation, in: Köhler, Flugschriften, S. 295). Allgemein zum Konstanzer Konzil (1414-1418) vgl. TRE 19, S. 5 2 9 - 5 3 5 ; Handbuch der Kirchengeschichte 3. 2, S. 545-572. Die sessio 19 des Konstanzer Konzils (23. September 1415) beschloß die Ungültigkeit eines Geleits, das einem Ketzer gegeben wird (vgl. oben Nr. 5, S. 141, Anm. 82). Den Vorwurf, daß Hus und Hieronymus von Prag entgegen der Geleitszusicherung verhaftet und verbrannt worden seien, erhebt Luther in der Adelsschrift (WA 6, S. 454). Zum Freitod von Lucretia (f 510 v. Chr.) vgl. Pauly, Realenzyklopädie, Bd. 13. 2, Sp. 1692-1695. Hierzu und zum folgenden bilden die Gravamina der deutschen Nation gegen den römischen Stuhl den Hintergrund (vgl. H. Scheible, Die Gravamina, Luther und der Wormser Reichstag, in: Blätter für pfälzische Kirchengeschichte 39,

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1971, S. 58—74). Murner bezieht sich auf entsprechende Abschnitte in Luthers Adelsschrift. Vgl. WA 6, S. 4 3 8 - 4 4 0 . Ebd. S. 451 f. Ebd. S. 440. Ebd. S. 426 und 466; Luther polemisiert gegen die Verstrickung der Augsburger Fugger in die Geldgeschäfte der Kurie sowie gegen ihre Praktiken im Zusammenhang mit dem bereits in den Wuchersermonen (WA 6, S. 1—8; 33—60; Laube/Looß/Schneider, Bd. 2, S. 1013-1020; 1187-1199) abgelehnten Zinskauf. Murner bezieht sich auf Luthers Bemerkungen über reformerische Maßnahmen des Straßburger Bischofs Wilhelm von Hohnstein (1506-1541) (vgl. WA 6, S. 422). Wander, Bd. 1, Sp. 946, Nr. 32. (Spengler), Apologia, Bl. CLXV b f. Noch das Tridentinum (1545—1563) läßt offen, ob der Zölibat der Geistlichen auf dem Gesetz der Kirche oder einem Gelübde beruhe (vgl. im einzelnen LThK 10, Sp. 1395-1398). Vgl. WA 6, S. 441-443. (Spengler), Apologia, Bl. CLXVIPf. Auch mit dieser Wendung wird das leitmotivisch gebrauchte Bild des Fechtens variiert. Vgl. Denzinger-Schönmetzer, Nr. 150. Wander, Bd. 2, Sp. 646, Nr. 26. Vgl. hierzu unten Nr. 7, S. 214, Anm. 42. In diesem Sinne wird Maria als Mittlerin auf den Mittler (in mediatorem mediatrix) verehrt (LThK 7, Sp. 486f.). (Spengler), Apologia, Bl. CLXVII b . Vgl. Codex Justinianus I, 1, 3, in: CorpIurCiv, Bd. 2, S. 5f. Vgl. Codex Justinanus I, 1, 4, in: ebd., S. 6. Als Symbol der Doppelgewalt hat die Tiara, die Papstkrone, seit dem ausgehenden 13. Jh. zwei Kronreifen, zu denen anfangs des 16. Jh. noch ein dritter kommt (vgl. LThK 10, Sp. 177f. ). Luther kritisiert in der Adelsschrift, auf die sich Murner bezieht, das Tragen der „dreyfeltig krön, wo die höchsten kunig nur ein krön tragenn" (WA 6, S. 415). Vgl. oben Anm. 39. Wander, Bd. 2, Sp. 1822. Murner bezieht sich im folgenden direkt auf Codex Justinianus I, 1, 4, in: CorpIurCiv, Bd. 2, S. 6. Gemeint ist Lazarus Spengler. Zu Murners Haltung zum Konzil vgl. oben Anm. 5. (Spengler), Apologia, Bl. CLXVIIP. Das priesterliche Amtsverständnis beruht auf sakramentalen Vollmachten (Taufe, Messe, Buße, Krankensalbung) (vgl. LThK 8, Sp. 744-746). Vgl. oben S. 144 mit Anm. 18. Mumer bezieht sich auf entsprechende Ausführungen in Spenglers Apologia, Bl. CLXVIII b (zu Johann Tetzel [um 1465-1519] vgl. oben Nr. 1 Zur Entstehung). (Spengler), Apologia, Bl. CLXIX" (zur biblischen Person Daniel vgl. Bibellexikon, Sp. 308f.). Wander, Bd. 1, Sp. 902. Salomo (um 965—926 v.Chr.), König von Israel (vgl. Bibellexikon, Sp. 1507-1510). Reformation

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Murner: Von Doktor Martin Luthers Lehren und Predigen

106 Murner zitiert aus Spenglers Apología, Bl. CLXIX a f. 107 Die Abmachung, vor dem Urteilsspruch der beiden Universitäten Erfurt und Paris über die Leipziger Disputation nicht publizistisch tätig zu werden, ist von den Beteiligten nicht eingehalten worden (vgl. im einzelnen Brecht, Luther, Bd. 1, S. 307-322). 108 Vgl. oben Anm. 93. 109 (Spengler), Apología, Bl. CLXIX b f. 110 Ebd. Bl. CLXIX b . 111 Murner bezieht sich wieder auf Luthers Adelsschrift (WA 6, S. 408f.) 112 Zu nennen wären u. a. Fabian (236—250), Stephan I. (254—257) oder Marcellinus (296-304) (vgl. Legenda aurea, S. 108, 291, 461, 271f.). 113 „Ego vero Evangelio non crederem nisi me catholicae Ecclesiae commoveret auctoritas" (C. epist. fund. 5, 6; vgl. Migne PL 42, Sp. 176). 114 Vgl. oben Anm. 9. 115 Bischof Wilhelm von Hohnstein (zu ihm vgl. oben Anm. 79, ferner Richard Wolf, Die Reichspolitik Bischof Wilhelms III. von Straßburg, Grafen von Honstein 1506—1541. Ein Beitrag zur Reichsgeschichte im Zeitalter Maximilians I. und Karls V., Berlin 1909). 116 Wander, Bd. 4, Sp. 20, Nr. 364; vgl. auch Murner, Deutsche Schriften, Bd. 6, 1, S. 199f„ Anm. Z 3.

Thomas Murner: A n den großmächtigsten und durchlauchtigsten Adel deutscher Nation, daß sie den christlichen Glauben beschützen wider den Zerstörer des Glaubens Christi, Martin Luther

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Dem aller durchlüchigsten großmechtigsten fürsten und herren, hernn Karolo, erweitem romischen keiser, hispanischer und etc. maiestadt etc.1 Durchlüchtiger, großmechtiger fürst und her. Es ist von ursprung des 10 romschen reichs, des du jetz durch Gots fürsichtigkeit ein fridsamer keyser und gebieter erwelet und gesalbet bist, solches dein reich von offenlichen 3 findenb nie schädlicher angefochten worden, dan jetz zu disen zeiten. Syttenmalc daz Catilina2 (ich mein Doctor Martinum Luther) ist von den dodten erwecket wider zü menschlichem leben kummen, und dar0 die aller 15 edlisten gemiete deins reichs zü bürgerlichen uffrüren und nidergang ires eignen vatterlands erwecken, den vatter wyder seine kind, brüder gegen brüderen, underthonen zü gegen irer oberkeit, alle ding der massen zü verwicklen und vermischen, das weder bapst, keiser, künig, bischoff, bader 3 oder süwhirt nit mer sollent underscheidet werden, ein ungewonef sach 20 allenthalben, wo gute sitten, berden®, zucht, ere, ordenung, frid, frod und müt, auch alles wolfaren sollent geiebeth und gehalten werden. Und uff daz solches dest schedlicher understanden werd, würt unser christlicher glaub für ein deckmantel fürgewendet 4 , alß ob sich solche uffrür, emüwerung, und verendrung in krafft christlichs glaubens gebüren welle zü thün und 25 underston, da durch auch gottlich gebot erfüllet, recht und in keinen weg gesündet sei, sunder des füg, glimpff und eere haben uß gebot, erlaubniß und nachlassung christlicher lere und des heiligen ewangeliums, also listig habent sie das gotlich gesatz in behilff ires bösen und uffrierigen fiirnemmen1 künnen an sich ziehen und uff iren nutz vertieren, wie der boß tüffel 30 in ein engel des liechts [2. Kor. 11, 14]5, und die unwarheit in schinJ der warheit transformieret, und verstaltetk, do mit den niderverstendigen1 in ire hilff zü verlieren. Das sie auch des nit on gewalt durch zütrucken™ vergebens understanden, dem durchlüchtigsten adel deutscher nation ein solchs specklin uff die fallen gebunden 6 und das helmlin under der nasen gezo35 gen7, sie reisig™ zü machen, und inen beistendig zü sein, mit dem gekritzlet0 zü erwecken, wie der romsch hoff mit gelt beschwerden daz deutsch

a) unverhohlenen b) Feinden c) weil, darum d) bis auf diese Zeit e) hier: die Fürsten (DWB 5, 3295 Gemüt 2e) f) noch nicht vorgekommene g) gemeint: ganze Haltung des Menschen h) gepflegt i) Vorhabens j) Schein k) umgestaltet, verändert (DWB 25, 1521) 1) gemeint: die uneinsichtigen, einfachen Menschen m) Druck (DWB 32, 333) n) kampfbereit o) Gekritzeltes, hier: Geschreibe, gemeint sind die reformatorischen Schriften 12'

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Murner: An den Adel deutscher Nation

land erschöpfte 8 unnd unser vermügen der massen ussüge mit annaten 9 , VI monnaten pfründen zu verleihen 10 , mit andren listen die pfrönden an sich zu ziehen in krafft des dots eines, der uff dem weg gen Rom stürbe 11 , oder der familiaritet 12 , und deütsche cardinel zu machen 13 , unzelich gut von dem palium zu nemmen 14 , und für die bestetigung der bischoff 15 , auch coadiutores zu machen 16 , reich aptien in commenden zu bevelhen 17 , unleidlichep pfrunden leidlich zu machen, zu incorporieren und vereinigen 18 , administratores zü setzen 19 , reservata vorzubehalten 20 , pectoralem reservationem 21 zu erdichten, mit pfrunden kauffen, verkauffen, wechslen, dauschen, rauschen q , mit liegen, triegen, rauben, stelen, brachten r , hürerey, büberey, allerley weiß s Gots Verachtung, mit mancherlei schinderey, ablaß zu geben, seien uß dem fegfeür 22 zu verkauffen, abplaß brieffen 23 , dispensieren 24 , butterbriefen 25 , confessional 26 etc. und filen der gleichen, so hoch angeklaget würt in einem buch, der deutsch adel genennet 27 , würt deiner keiserlichen, hyspanischen und etc. maiestadt in aller demietigkeit zu verstanden geben, daz wir solche fürgewante mißbruch und undadten, wo im also were', nit understond zu veranewurten", dan wir des kein bevelhe haben 28 noch bericht v von bepstlicher heilikeit, in eincherley w weg zu verdretten oder zu beschonen, dan wir wol ermessen kinnen und verston, daz sich niemans billicher x beclage, dan der da leidet und beschwert ist. Aber daz klagent wir deiner durchlüchtigsten genaden maiestat und christlichem hertzen, mit sampt den durchlüchtigsten churfürsten, fürsten und herrnn geistlich oder weltlichs statsy, das solche beschwerden der deutschen nation durch Martinum Luther, ein warhafftigen Cathelinam 29 und on zweiffaP ein zornigen, unbesinten 3 man, mit solchen ungeschickten15, unchristlichen und unwarhafftigen mitlen fürgeschlagen werden, das niemans zwifflan mag, er nem solche beschwerden des romschen mißbruchs für ein behilff und ein specklin uff die fallen 30 und zü einem deckmantel, unseren christlichen glauben umbzükoren, fieglich 0 sein gifft ußzügiessen und hussisch, wickloffische botschafften zü verkünden 31 , mit den Bohemen, Moscoviteren zü vereinigen 32 , ein hantfoll leüt, uff daz er uns von aller andren cristenheit, die on zal ist, absündre, lerne ein küngkrich zü einigen und ein keyserthüm zü verlieren, ein unsiniger mensch, der bapst, keiser, bischoff, under, ober, sampt der gantzen karten d , der massen stot zü vermischen, das kein erwürdigs angesicht eincherlei ordenung in christlichen glauben erfunden 6 werd, so doch uß kriegsleüffen erfaren ist, daz nidergang der ordenung ein fal sey ernstlichs fürnemmens. Darumb deiner durchlüchtigen maiestat demietig fürgewendet f würt, mitsampt allem deinen durchlüchtigen adel, christliche äugen uff unseren glauben zü werffen, in dem wir verhoffen, selig zü werden, behilffliche hend anzüschlagen, unser gotlich

p) unerträgliche q) geräuschvoll auftreten r) mit Pomp auftreten s) Weise t) wenn dem so wäre u) rechtfertigen, verteidigen v) Unterweisung w) irgendeinem x) rechtmäßiger y) Standes z) zweifelsohne a) unvernünftigen b) falschen c) gebührend, angemessen d) d. h. im übertragenen Sinn: das ganze Kartenspiel (DWB 11, 236f.) e) gefunden f) vorgeschlagen

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und vätterlich gesatz durch Cristum Jesum unseren herren zu beschirmen, und denen bösen radtgeben 8 in solchem nit wilfüren und in allen andren, darin christlicher gelauben mochte geletzet h werden. Erstlich gebiete, daz sich diser Chatelina mit sampt seinem anhang, massen1, unwarhafftige irrungen zu erwecken, den glauben in christlicher krafft lassen ruwen und beleiben, ein zimlich bit, mit beiden oren von einem christlichen keiser zu erhören, und so sie daz nit wellend gethon haben, sunder christlich geredt, und solche nüwe funnd k und ernüwerung billichen erwecket, solches durch dein grosse macht zu rechtfertigung für den glortesten des glaubens kumb, und zu verhör und ußspruch 1 , allein mitler zeit"1 dissen uffrierigen nit gebüre, Hanß Karsten 33 und die unverstendig gemein so bald zu bösem alß gutem anzuzünden und in schellige flammen" zu bewegen, unpartheische richter zu setzen, welche zu erwelen, niemans billicher dan dir züston wil, in kur° ußzüsprechen und zu verordenen, mit nammen p , so dise uffrierigen süne des unfridens yederman argkwenig q erachten, und in mißtruwen allen winde forchtent von einem uff daz ander appellieren 34 biß uff das jüngste gericht, daz sie mitler zeit mit verhengktem zoum r unseren glauben, mit irem gifft under dem honig verkaufft 35 , durchrennen und zertrennen mögen. Welche christliche bit und billiche hoffnung in dich, einen christgleubigen, menschlichen und angeborner art gütigen fürsten uß stereich, so du zu hertzen verfasset, unseren glauben, deine und unser alle Seligkeit beschützen würdst und beschirmen, da mit deines anherren Maximiliani 36 , unsers on sein gewonliche titel, lieben, früntlichen und vetterlichen künig art, ader und gemiet s nachfolgent erfüllest, in die fußstapffen deiner frummen elter und vorfaren drittest. Ich geschweig, Gottes gebot daran diegest1, dir in das ewig leben erschüßlich" und zu dem ewigen keiserthum dienent. Seint darnach zu dem andren, so christlicher glaub (alß unser augapffel) ungeletzet belibet, etliche beschwerden, bürden und unleidliche tiranney, der deutschen nation zu nidergang und verderpniß erdichtet, das sey von wem es wel v uff erden gefrevelt und understanden, wel dein keiserliche maiestat und genad mitsampt den durchlüchtigen churfürsten nach gelegenheit der Sachen zu hilff kummen, trost, stür w und hilff beweisen, von wegen der erschopfften hoffnung zu deiner fürsichtigkeit entpfangen. Und zu dem dritten Doctor Martinus Sachen, seine spen x , zenck und hader, erstlich von der sachen des glaubens absünderen. 37 Zu dem andren auch von dem fürnemmen und anklagen der bepstlichen mißbrüch, das also die sach, unseren glauben betreffen, von gesetzten y lichteren von deiner gnaden ein richterlichen ußspruch vor allen dingen erlange. Damach, zu dem andren, in den sachen der mißbrüch durch deine fürsichtikeit z mit sampt den durchlüchtigsten kurfürsten erkennet werd.

g) Beratern h) beschädigt, zerstört i) sich enthalten j) wollen k) unerhörte Kniffe 1) Richterspruch, Urteil m) inzwischen n) d. h. in sinnlosen Aufruhr o) Wahl p) besonders, namentlich q) verdächtig r) d. h. ungezügelt s) Gesinnung t) tätest u) nützlich v) wolle w) Hilfe, Stütze x) Streit y) verordneten, bestimmten z) Verständigkeit, Einsicht

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Murner: An den Adel deutscher Nation

Und zu dem letsten, Doctor Martinus zenck und hader auch richterlich lüt klag und antwort hingelegt werden, nach deiner genaden gelegenheit, erkentniß 3 und betrachtung, ob solches durch ein concilium 38 , oder sunst in andre weg, mieg b , grosseren kosten und schaden zu vermeiden, geschehen mog, und uff daz geschicklichst understanden werde. Uß welcher unser christlichen und demietigen bit dein keiserlich genad erachten mag und erkennen, das wir als geborne deutschen auch kein gefallen daran haben, wo unser vatterlant der massen solt unbillich erschopffet werden, es wer doch, von wem es woll, allein daz zu hertzen fassen, was recht sei zu thün, rechtlich geschehe, on solche uffrüren, letzung unsers glaubens, unwarhafftige reden, sunder durch geschickte mittel durch deine fürsichtigkeit solche sachen ermessen werden. Dan seittenmal der mererteil obgenanter mißbruch und beschwerden allein die pfaffheit betreffen, ire mentel bezalung 39 , befestigung der bischoff, verordenung der pfründen, coadiutorien, abbatien, comenden, wie nach der leng c unlangs d erzelet ist, wellent die hochverstendigen je 6 vermeinen, es welle dir alß einem weltlichen keiser billicher gebüren, erstlich und vor allen dingen die sachen das gemein f reich betreffen, stett, land und lüt g zu besetzen, in friden und fürsichtiger ordenung, dan gleich anefenglich, alß ob du allein der pfaffen keiser erboren und gesalbet, inen behilffleich (und filicht mit des gantzen reichs kosten) uffwischen h soltest, das sie ire mentel dest wolfeiler kaufften, und ire pfründen leidlicher mit einander deileten, wil hie erachtet werden, das solches noch wol kumpt, wen daz korn zeitig würt 40 , geben wir deiner keiserlichen genaden unnd fürsichtigkeit alles zu ermessen. Allein wie vor unsere demietige bit ist, unsere christliche warheit und gelauben zu beschirmen und bschützen und ungeletzet zu verhieten1. Seint darnach andre hendel, unseren glauben nit betreffen, alß daz zu fil münch und paffen seient, und das ir stat der Christenheit nit not> noch erschüßlich sey, und daz man etlich kirchen und kloster zerstöre, und fil andre der gleichen 41 , geschehe darin nach erkentniß deiner gnaden fürsichtigkeit und gemeiner Christenheit, dan wir je kein andre meinung in disem biechlin für uns haben, dan unseren christlichen glauben zu verfechten und niemans seiner mißbrüch zü verantwurten. Das wir aber weder Martino Luther noch jemans anders mit der unwarheit nichts begeren zuzulegen, wellent wir in disem biechlin seine irrung deiner keiserlichen genaden entdecken k , und darüber antwurt allein geben, dan wider in zü arguieren 1 habent wir uns in andre biechlin vorbehalten 42 , uff daz in solcher red und widerred dein keiserliche genad daz warhafftigst mog ermessen und ußsprechen, welche deine genad, bitten wir Got, daz er sie uns lang in friden und freiden verleihe etc.

a) Urteil b) Mühe c) ausführlich d) eben e) doch f) ganze g) Leute h) rasch hervortreten (DWB 1, 780f.) i) behüten j) notwendig k) aufdecken, bloßlegen 1) (lat. arguo) widerlegen

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Es solte sich dein"1 billich (Martine Luther) gemeine Christenheit erfreüwen, alß eins besunderen gelerten mans 43 , wo du deine kunst und durchlüchtige" vernunfft nicht brächtest 0 zu nidergang deines vatterlants und Zerstörung unsers glaubens und vetterlichen gesatzes, auch mit dem schwert der geschrifften letztest dich so bald alß jemans anders. Darum wir für solches ere erbieten, so wir dir deiner vernunfft halb pflichtig weren zu beweisen, uns leider gegen dir alß einem abgesagten p findt erweren müssen, und briederlichen, lentlichen q gunst in ein ungunst verendren, wider unsers hertzen willen 44 , dan wir je lieber dein lob, ere und briß r , alß eins gebornen deütschen und geschickten mans sehen und fürdren wolten, dan dein schand, wo du nit also mit ungeweschnen henden in dein und unseren christlichen glauben gegriffen hettest, uns verursachet, zu beschützung der warheit keiser, künig, fursten und herren wider dich anzürieffen, so du dich nit schammest, unseren frummen keiser unnd allen durchlüchtigen deütschen adel anzürieffen, zu beschirmung deines unwarhafftigen, uffrierigen, unsinnigen und frevelschelligen s fürnemmens, hettest sie wol zu grosseren eren gesparet, dan daz sie dir hilffen, deine unchristliche lügen zu bestetigen und dein unvernünfftigs, unerlichs underston' durch zu drucken, dich selb zu einem ratgeben gemachet, wider den alten spruch, so du von niemans darzü erbetten bist 45 , unserem jungen frummen blüt uß stereich und angonden keyser 46 , schellig", gleich angonds und in anefang seines reichs geradten, dem bapst zwo krönen zu zucken v , er hab noch mit der dritten genüg und nur zu fil47, alle cardinel abzüthün, es sei gnüg mit XII 48 , kirchen, kloster zu Zerstörung alles geistlich recht abzüthün49, und ein radten hauffen w daruß zü machen, daz kind mit dem bad ußzüschütten 50 , küw mit dem kalb zü metzgen x 51 , ein warmen anschlag, freilich in der batstuben geschehen y , daz er also hitzig ußhin geng z , mit dem jungen adel Künig Roboam in anefang seines reichs geraten 52 , ein vol streng 3 lauffent wasser und den gantzen Rein geweitig eins malß zü widertreiben, stich, mord, hauw, schlag, oben uß und nienent an 53 , nicht dan ein schelligen, unfürsichtigen b kopff erzeiget, dem billich niemans volgen sol, er welle dan land und leüt verderben, also daz ich festegklich gelaub, hettestu der ostereichschen fürsten angeborne art gewisst und erkennet 0 , du würdest unseren fridsamen blüt uß Ostereich solcher uffrüre nit geraten haben, dan sie zü blüt vergiessen nit neigung hetten, es mieste dan sein wyder iren willen, und solches wiltu d alß ein hoffnar und in narrenweiß gethon haben 54 , juffs deding 6 von einem geist-

m) deiner n) hell leuchtende o) gebrauchen würdest p) erklärten q) d. h. dir zugewandte (DWB 12, 103f.) r) Preis s) zugleich verbrecherischen wie verrückten t) Unternehmen u) närrisch v) rauben w) gemeint: flammenden Aufruhr x) schlachten y) d. h. in hitziger Erregtheit z) ausgehe a) hier: stark, gewaltig b) unverständigen, dummen c) gekannt d) willst du e) Narrenwerk (DWB 10, 2272)

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liehen man, in solchen Sachen die leichtfertigen worter zu treiben, vermeinest, wo du fil verwirrens, unwarheiten, schmachbeweisung uß gegossen habest, als dan hettestu jederman die schellen anknipffet f 55 , und wie Erasmus Roterdam 56 , der auch in der gestalt eins narren die warheit redte, dan daz es dir nit so wol alß im angestanden ist, darumb dir alß einem narren, wie Salomon spricht, sol billich nach deiner narrheit geantwurt werden [Spr. 26, 5], uff daz du dich nit für einen weisen achtest, dan deine gewonliche tittel alß einen doctor und geistlichen man hettent wir dir billich geben 57 , wo du dich nit in einen narren transformieret hettest. Darumb uns gebüren wil, dem narren seinen kolben zu zeugen 58 , dan dir in warheit solche narren weiß je ubel an stot, daz du Julium, den bapst, ein blütsuffer nennest 59 , und den jetzigen bapst 60 mit den seinen ein dieb, ein lecker 8 , bouben h und der gleichen schmeheliche worter, und hippenbiebsche 1 , dan wa du je etwas wider in vermeinest zü haben, wer dir eerlicher, geistlicher, züchtiger und frümlicher angestanden, yn mit seinem gewonlichen nammen zü melden', und deine klag wider yn mit christlicher messigkeit fürzütragen, an ort und end, da solches mocht gebesseret werden, und dir geholffen. Wilt unseren jungen und angonden keiser und regierer ufferwecken, wie du sagst, wider die fürsten der hellen, und nennest daz ein spil, welches, so es nit mit Gottes forcht angefangen würd, die gantze weit in dem blüt schweben solt 61 , du wilt uns je zü einer grossen uffrüren bewegen, ich sihe aber niemans, der deinen sturm k zülaufft, spieß oder hellenparten zucke, oder, so du unsinnig bist, der mit dir wel schellig werden, alß freilich die wol wissen, daz alles, so du fürwendest zü reformieren und besseren, on alle uffrür, mit der zeit und mit guter müssen 1 durch fürsichtigkeit unsers edlen keisers und unserer churfürsten mag gebesseret werden, und in ein leidliche form und gestalt verordenet. Darumb wir es gentzlich dar für haben, das du den obgenanten fürsten und herren ein klein gefallen beweisest, das du also die gemein" 1 understost, mit filen deütschen biechlin 62 zü erheben und uffrierig zü machen, und doch wol wissen soltest, wo sie züsamen lieffen, alß bald inen" selber etwaz fürnemmen dorfften underston, alß bald sie dir Voigten, da mit dich mit kurtzen Worten wil ermanet und gewarnet haben, wider die keiserliche verbot die Sachen unsers glaubens vor den unverstendigen nit zü disputieren und in ein zweifal zü berieffen 0 63 , wellent wir alle an dem karren schalten 64 , das dir dein so manigfeltig missedadten und Schmach beweisen genedig verzigen werd, dich verendrest in christlicher messigkeit, und mit uns in Got den herren in riewigenp hertzen loben mögest. Amen.

f) d. h. jedermann zum Narren erklärt g) Schurke, Schuft h) Bösewicht, Übeltäter i) Schmähungen, wie sie übel beleumdete Hippenbuben (DWB 10, 1553) verwenden j) nennen k) Aufruhr, Empörung 1) Gelegenheit m) Allgemeinheit, jedermann n) sich o) in Zweifel zu ziehen p) reuigen

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Das der welttlich statq die geistlichen richterlich weder zu straffen noch zu urteilen hatt.

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Alles, so du biß har understanden und fürgenummen hast, dem würt gelaupt r in rüm s und verfierung deiner worter, daz du dich alwegen so hoffertig pflegst der gotlechen geschrifft zü riemen, alß du an filen orten unwarhafftig sprichst, das sag dein ewangelium, dein Christus, dein bibel, dein Paulus 65 , das aber mengklich 1 mog erkennen, das du in keiner geschrifften gefundieret" bist, sunder fil irriger und schwetziger, und einem Christen und geistlichen man hoffertiger reden die unverstendigen allein verblendest, wil ich anfahen v in dem nammen des herren dir zü antwurten und nit zü arguieren, dan wir unß daz selb uff ein andren platz vorbehalten haben. Erstlich, uff das du dein ungunst gegen den Romaniscen 66 erzeigest, sprichestu, daz sie erdichtet haben, wie dreierley stend seient, ein geistlieher, adelicher, und peürscherw, welche drey Stent dermassen sollent underscheidet sein, daz der weltlich, adelich oder pürisch, den geistlichen nit hab zü straffen, sunder harwiderumb der geistlich die andren zwen, und da mit wellen sich die romaniscen beschirmen" alß hinder einer muren, daz sie ungereformieret beleiben und iren mütwilen unstrefflich dreiben mögen 67 . Das wiltu nun hoch widerfechten nach deiner gewonheit uß der heiligen geschrifft, und bringst Sant Paulum har68 ad Cor. XII [1. Kor. 12, 12], der sag, das wir alle ein corper seyent, an dem ein jedes glid sein eigen werck hab und Cristus das haupt sey, wir haben auch all ein ewangelium, ein tauff, ein glauben [Eph. 4, 5], da durch wir alle geistlichs stadts. Darumb auch nit war sey, das drey stend seient, sunder nit mer dan ein geistlicher, christlicher stant aller gemeinen Christenheit, darumb auch die jetz weltlich stants genant seint, aber warlich geistlichs, christlichs stants, den jetz genanten geistlichen statt alß ire mitglider zü straffen und zü besseren haben. Darzü gib ich ein antwurt mit solcher protestation y , das ich weder die romaniscen noch niemans anders in seinen ubeldadten verfechten 2 und beschirmen wil, oder in seinem mütwil halßstarck 3 machen, allein zügegen den unwarhafftigen und unchristlichen reden geantwurt haben will. Erstlich uff das fundament gon b , und sag, das es nit wor° sey, das nur ein Stadt sey, der ein geistlicher, gemeyner, christlicher Stadt genant sey, es fint sich auch nit weder in gotlichen noch menschlichen biecheren, Doctor Luther wurdt auch sein leptag nimmer also gelert, das er des eincherley gschrifften zeigen mog, dan das er anzeigt Sant Paulus I.Cor. XII [12—31], ad Roma. XII [4f.] und I. Petri III [8], 69 Das seint dry d ort der angezeigten heiligen geschrifft, da mit er wil beweisen, das nur ein geistlicher Stadt sey.

q) Stand r) geglaubt s) d. h. auf Grund des Ansehens u) gegründet v) anfangen w) bäuerischer x) schützen statio) Vorbehalt des Rechts z) verteidigen a) halsstarrig Grund (der Sache) gehen c) wahr d) drei

t) jedermann y) (lat. proteb) auf den

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Nun sol mengklich wissen, das I. Cor. XII [12] also stat geschriben: Warlich in einem geist seint wir alle in eine versamlung. Den e ich corpus nit anders den ein versemlung deütschen f sol, wir seient Juden oder heiden, eigen oder frey, und seint alle in einen geist gedrenckt worden, wer ist aber uff erden also kindisch, der da nit verstand, das in denen worten nit mag beweret 8 werden, das nur ein stat sey, es stat wol da, das wir in Got einer versamlung seyent, aber nit eins standts, es ist in einer stat auch ein versamlung der burger, noch ist da mancher Stadt und Würdigkeiten der personen, er nent das wort corpus zu dütsch an dem selben ort ein leib, und solt es warlicher ein versamlung deutschen, dan ob wir schon ein leib mit Cristo Jhesu unserem haupt machen, ligt es doch an dem tag, das der leib nit anders dan ein versamlung gleicherweiß soll verstanden werden, alß man spricht corpus capituli, die versamlung des capitel. Wie gar mißverstendig brucht h er die latinsche sprach, das er corpus unnd statum für eins nimpt, den leib oder versamlung und ein stat ist zweierley. So nun dises von im angezeigt ort der heiligen geschafft nit sagt, das wir alle eins stats seyent, sunder in Cristo einer versamlung, da bei mag mengklich verston, daz er wie hie so auch schier" an allen orten die heilige gschrifft furwent, wider iren eignen syn, dan* weder die worter noch der verstant geben mögen, wan man seinem allgierenk glaupt, so het er recht, sucht man aber hindersich in der heiligen geschrifft, ort und end, so er angezeigt hat, so ist es lurtsch1 und nit also, wie er sagt. Item er weiset zu dem andren ad Roma. XII [4]. Da stat also geschriben: Alß wir in einem leib fil gelider haben, und aber alle glider nit ein werck thünt, also seint wir alle ein versamlung oder leib in Christo. So es nun nit war ist, das wir ein warlicher leib mit Christo seindt, dan in einer gleichniß, das ist ein versamlung in einigkeit Christi verfasset, solt er corpus nit für einen leib, sunder für ein versamlung verdeutschen, doch laß das kein span sein, und werd hie geredt, das wir in Christo all ein leib seient, damit hastu aber nit beweret, das wir alle eins Stadt seient, sunder hast nach deiner gewonheit aber eins"1 die heilige geschrifft unnd Sant Paulus in das halßysen und uff den lasterbangk gestellet" 70 , den leib und Stadt ist zweierley, erbüt ich mich für° alle gelorten uff erden, unnd ist diser text mer wyder dich dan mit dir dran, dan er spricht, das wir ein versamlung seint, doch mancherley glid, also das jedes sein eygen werck thüg. Das sol billich wider dich verstanden werden, dan dein meinung wer, daz der weltlich des geistlichen werck thün sol, daz ist, die weltlichen seien pfaffen und pfeffin, das sie in dem tauff empfangen haben 71 , und wan du deinem Paulo volgtst, so liessestu ein jedes glid sein eigen werck thün, die äugen sehen, den magen deuwen p , die füß gon, und die hend greiffen. Das drit ort I. Petri III [8], so du anzogst"1, in Sant Peters sendbrieffen stot weder von leib noch von dem stat, und nit weiter, dan daz wir in dem

e) denn f) verdeutschen, übersetzen g) bewiesen h) gebraucht j) als k) Zitieren 1) verkehrt (DWB 6, 1314) m) erneut, abermals meint: an den Pranger gestellt o)vor p) verdauen q) anführst

i) fast n) ge-

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glauben einmütig sein sollen, daruß würstu nimerme r beweisen, daz nur ein stat sei under allen cristen. Darumb ich jetz jederman wil gewarnet haben, wan du etliche orter der heiligen geschrifft anzogst, zu behilff deiner reden, daz man dir das nit glaubt, sunder an angezogten orten und enden sich besüchen s , so werden sie in warheit befinden, daz du dich der heiligen geschrifft wider iren sinn hoch mißbruchest, und feischlichen den armen unverstendigen zu verblenden fürwendest. Wilt weiters den weltlichen stat über den geistlichen bewegen1, als ob sie solche cristliche rut, die Sünden zu strafen, billich an den geistlichen bruchen mögen und solten 72 , laß ich ston in seinen werd u , das muß ich aber da bei sagen: Ist es ein cristliche rüt, sol man sie cristlich und nit uffrürig noch mörderisch bruchen, sunder nach der leren Cristi Mathei XVIII [15—17] und Luce XVII [3]: Sunndet dein brüder in dich, gang hin, straff in zwüschen dir und im, würt er unsträfflich erfunden, so nim einen oder zwen zu dir in krafft einer kundtschafft, höret er die alle nit, so sag das der oberkeit der kirchen etc. Also sol dise rut gebrucht werden, das ist aber deiner meinung nit, sunder daz ir mit busonen und trumeten v allein umb die stat Hiericho giengen [vgl. Jos. 6, 20] 73 , und eilends die gantz stat verfiel in eschen w , den dein zornigs gemüt wer, das man den blunder allen schnei in eschen legt, bald feierabent macht, daz man noch by hellen tag in das bad gieng. Es seint sunstx vil strasen und weg ussenwendig deins fiirwendensy, da mit die geistlichen von dem weltlichen mögen bezwungen werden, von ubelem abzüston, dan die keiser vil stet mit gewalt zu dem cristlichen glauben bezwungen haben. Aber das gestand ich nit, das sie daz mit richterlichem gewalt macht haben zü thün, daz soltu probieren 2 und beweisen uß der heiligen geschrifft, als du dich berümest, doch noch nit gethon hast. Das du aber sprechest, das alle cristen seien geistlichs stands in ansehung ires geistlichen glaubens und der Vereinigung in Cristo Jhesu 74 , wa mit wiltu a daz beweisen, sie sein wol eins glaubens, aber nit eins stands. Also mochtstu auch sagen, wir weren einander all in dem ersten grat verwant, und schwester und bruder in einem Adam unserm vatter, und mocht also keins das ander zü der ee b nemen. Also mochtestu auch sagen, wir weren alle des adelichen stads, dan wir einen gemeinen vatter Cristum Jhesum haben, der sein krön in dem blüt erholet0 hat. Also mocht ich dem nächsten, der me d het dan ich, das sein mit recht anfallen, mit mir zü theilen, dan wir als brüder von einem vatter noch in unzerteiletem gut sessen6, solche reden spotlich und kindisch von dir zü hören, dan ob wir schon eins Cristi glider sein, ist dannocht in denen eins leibs glider ein grosser underscheid, und hat jedes sein eigen werck zü thün, wie Sant Pau[lus] sagt [vgl. Rom. 12, 4]. In welchen eigen wercken eins das ander

r) nie s) prüfen, untersuchen t) d. h. gegen den geistlichen Stand aufwiegeln u) gemeint: auf sich beruhen lassen v) Posaunen und Trompeten w) Asche x) so y) d. h. außerhalb, unabhängig von deinen Darlegungen z) belegen a) willst du b) Ehe c) erworben, verdient d) mehr e) sitzen

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sol ungehindert lasen, da bei merckst du noch wol, das dein angezogte geschrifft mer wider dich ist dan mit dir daran. Sprichstu nachgonds f , das under allen cristen kein underscheid sei, dan des amptßhalb. 75 Soltestu billich ansehen, was Pau[lus] schreibt I. Cor. XII [28], das Got erstlich in der kirchen gesetzet hat zwolffbotten g , zu dem andern propheten, zu dem dritten doctores etc. Und also nachgonds andere empter und würdikeit underscheidlich. Nun frag ich dich, ob sie in iren emptern ewig seien oder nit, sein sie in ewiger Würdigkeit und ampt, und haben das allein von Got, so haben sie ein stath wider dich. Sein sie aber absetzlich, als dan soltu beweren, das sie daz apostolat, evangelischten und doctorats würdikeit mit dem ampt ab legen, hie soltestu billich nit also on geschrifft reden, greiff dieff in das secklin deiner hellischen, ich hab mißret1, deiner heiligen geschrifft, ob du ein blinden-1 text finden mögest, der dir helff beweren, das die stätlich würdikeit mit dem ampt hingelegt werd und abgang, wan wir das von dir hören, wollen wir dir ein antwurt geben, dan wir deinen leren worten und fabelen als wenig glauben wollen, als du den unsern. Darnach juffestu 1 mit den heiligen sacramenten, und vermeinst, so ein bischoff weihe und salbe, so mog er wol olgotzen1" machen. 76 Also mochtestu auch von den künigen sagen, so man sie weihet und salbet, daz man einen olgotzen uß ihm mache, und wer" mit seiner erwolung gnüg. Nun fint man dannocht in dem alten gesatz, das man die priester gesalbet hat Exo. XXIV [2. Mose 29, 7] und deßgleichen die künig auch gesalbet I. Re. IX [1. Kön. 19, 15f. u.ö. ]. Ob du aber sprechst, waz gat mich in dem fal das alt gesatz an, wil man in einem das alt gesatzt halten, so sol man es auch in dem andern halten, darzü sag ich, das wol beschlossen sei, was uß dem alten gesatz unß zu halten ist, und waz nit, dabei soltu" unß billich lasen bleiben, oder ein anzogung thün vor bequemlichen p richtern, warumb nit. Aber das du vermeinst, die zwolffbotten haben doch kein priester gesalbet und wie wir der massen verordenet, sag ich also, das du das beweren solt, dan dir nit wil gebüren, ein solchen loblichen bruch, von der zwolffbotten Zeiten uff unß erwachsen*1, zu verleugnen on ursach und die heilig geschrifft, wir allegieren daz alt harkumen, das wir von den zwolffbotten erlernet haben, was allegierestu dargegen, wollen wir gern von dir hören. Spriechstu aber, es stand nit in dem euangelio, daz Cristus unser her zu der hellen sei gefaren, und ist dannocht in dem artickel unsers glaubens 77 , von den zwolffbotten empfangen von gemeiner cristenheit, es sein noch me ding, durch Cristum und die XII botten geschehen, dan in den evangelien vergriffen 1 sei. Darumb es mich von dir ein unsinnikeit dunckt, nit für ein warheit und lobliche gewonheit zuzulassen, dan daz in dem evangelio geschriben stand. Sprichstu dan, ich laß vil ding ussenwendig

f) im folgenden g) Apostel h) Stand, Stellung i) mich versprochen j) falschen (DWB 2, 122) k) ständische Würde 1) spottest du (DWB 10, 2271) m) in Öl gesalbter Priester, Götzenbild n) wäre o) sollst du p) geeigneten, tauglichen q) gekommen, gelangt r) enthalten

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dem evangelio zu für seinen werd, und für menschliche erdichtung. Sag ich weiter, das es für kein menschliche erdichtung mag geschetzt s werden, was durch ynbildung des heiligen geists hie ist, sunst weren alle prophetyen' menschlich erdichtung, solt auch nüt u den allein das evangelium den zwolffbotten und der cristenheit not gewesen sein, warzü wer dan on not der heilig geist gesendet worden, dan sy sich des evangeliums wol hetten mögen behelffen. Das der bischoff, so er weihet, an stat der gemein für priester erwole. Luter, wa bleibt dein heilig geschrifft, damit du das bewerest, sollen wir allen deinen leren Worten glauben, so werestu unsem worten auch schuldig zu glauben, dan vilen ist in gleichen fal eev zu glauben, dan einem. Darumb zeug unß durch die geschrifft an, daz der bischoff des gewaltt hab an stat der gemein zu thün, oder das im des Got an stat der gemein befolhen hab. Ich finde wol, das Cristus unser herr zwolffbotten und priester gesetzt hat, das er aber das an stat der gemein gethon hab, daz finde ich nicht. Demnach sprichst du, werden wir alle sampt durch den tauff priester geweihet, wie I. Petri II [9] gesagt ist, und sein so pfaffen, so auch pfeffin.78 Darzü sag ich, das du aber die heilig geschrifft bruchest anders dan der sin und der verstand lautet. Dan Sant Peter schreibt zu etlichen da bestimpten cristen, daz sie seien ein ußerwelt folck, und ein küniglichs priesterthum, also dolmetsch ich sacerdotium, und du selber auch, da durch hastu nit bewert, daz jeder, in dem priestertum begriffen, ein priester, pfaff oder pfeffin wer, als so ich Sprech, wir teutschen sein ein usserwelts keiserthüm, daruß folgt nit, daz ein jeder, in unserem keiserthüm begriffen, ein keiser oder keiserin sy, oder tütsch es gleich also, ir sein ein userweit folck und ein küniglich priesterschafft, ist gleich als vil gesagt, als ob ich sagte: (Vos estis imperiale regnum.) Ir tütschen sein ein keiserlich reich, daruß ist noch nit gesagt, das ein jeder tütsch ein keiserlicher künig sei, es volget vil ee uß dissen worten Sant Peters, daz dir nit lieb ist, das der bapst, der unsers cristenlichen priesterthüms die höchste oberkeit ist, ein künig sei zu achten, daz wilt aber du nit zulassen. Ich bit dich doch durch Got, so man spreche, ir tütschen sein ein ußerweltes keiserthüm, ob daruß folg, das jeder tütscher ein keiser oder keiserin sei, sag nein. Ach also wenig folgt auch, das nacher ir cristen sein ein ußerwelts pfaffentumb oder priesterthum, das darumb ein jeder crist ein pfaff oder pfeffin sei. Die ander heilige geschrifft, damit du beweren wilt, daz wir durch den tauff alle pfaffen und pfeffin seien, ist in Apocalipsi, daz ist in dem büch der heiligen Offenbarung c. II. Sprichstu, stand also geschriben durch Sant Johannes, du hast unß gemacht durch dein blüt zu priestern und künigen [Offb. 5, 10]79, ich wolt es gern by deinen worten lassen bleiben, so folgt hernach w , als wenig ein jeder künig were, als wenig wer ein jeder priester. Es ist aber nit war, das geschriben stand, wie du sagst, sunder also: Er hat unß gemacht ein reich und priester Got und seinem vater [Vg.:

s) angesehen t) Prophezeiungen wäre zu folgern:

u) nichts

v) eher

w) gemeint: so

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Offb. 1, 6], wer in einem reich ist, der ist darumb kein künig, wie aber das sol verstanden werden, daz er unß priester gemacht hab, zog Sant Peter vorgonds" an, daz unß Got zu einem priesterthüm gemacht hat [1. Petr. 2, 9], dar uß volgt aber nit, das jeder, in dem priesterthüm begriffen, ein priester sei, als wenig, als so man sprech, der keiser hat uß dem würtenbergsehen land ein hertzogthüm gemacht 80 , das jeder Würtenberger ein hertzog wer. So du nun aber hie zwei mal die heilig geschrifft nit nach irem sin uß legst, sunder wider iren verstand gewaltigest y , wil ich zu dem anderen 2 jederman vor dir gewarnet haben, wa du die heilige geschrifft allegierest, daz dir niemans glauben geb, sunder ort und end süch, die du anzogest, so würt es erfunden 3 , das dein sach uff mutwilligen reden stond, und in keiner warheit beston, das der tauf pfaffen oder pfeffin weihe, oder du müstest das anders beweisen dan mit disen geschrifften. Das aber nicht alle Christen gleichen gewalt haben, so vil die priesterschafft betriffet, gibt das ein anzogen, das Cristus unser her allein zu den zwolffboten geret hat: Nemen den heiligen geist, und: Wem ir seine sünd verzeihen, dem sollen sie verzigen sein etc. [Joh. 20, 22f. ]. Wa hat Maria, die müter Gottes, sich des priesterlichen gewalts underzogen, so du doch sprichst, sie sei als wol als alle andern ein pfeffin, oder zog u[n]ß an, ob du sagen woltest, sie wer darzü nit erweit gewesen, wa sein je frauwen zu priesterlichem ampt in der cristenheit erweit worden, das so du nit anzogen kanst, laß ich es für ein unwarhafftige reden ston, das der tauff alle cristen pfaffen und pfeffin mach und des halben inen gleichen gewalt geb. Fürest darnach uff ein falsche red ein falsches exempel yn, als so zehen geborne brüder eins künigreichs gleich erben weren, wer doch allein der erwolt in bruch des künigklichen ampts, wie wol sie alle künig weren und gleichen gewalt hetten. 81 Hie gibstu dein Unwissenheit hoch b zü verston in villen stücken, doch in dem, daran wir jetz sein, so zog mir an, das wir gleich erben seien der priesterschafft. Ich find wol, daz Cristus seine priester erwolt hat, und nach der erwolung inen den gewalt geben des priesterlichen ampts. Aber ich find nit, das Sant Peter die priesterschafft von seinem vatter ererbet hab, und allein von Cristo (on weitern gewalt geben) darzü erwelet sei, dan die cristlich priesterschafft ererbet sich nit, wie in dem alten testament. 82 Gibst zü dem andern noch einen falschen exempel, noch ein vil felschers, als so ein heufflin frumer cristen gefangen würden und in ein Wüstenei gesetzt, die nit bey inen c hetten ein geweiheten priester von einem bischoff, und würden alle da der sachen eins, erwolten einen under in, er wer eelich oder nit 83 , und befilhen im das ampt zü teuffen, meßhalten, asolvieren und predigen, der wer warhafftig ein priester, als ob in alle bischoff und bäpst hetten geweihet. 84 Doctor Luther, wa ist jetz dein heilige geschrifft, deren du dich allezeit so hoch berümest, waz du sagst, das sei

x) vorher, vorangehend y) Gewalt antust, d. h. verfälschst Mal a) gefunden b) sehr c) sich

z) zum zweiten

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die heilig geschrifft, durch welche geschafft wiltu unß diß beweren. Hörstu nit, wa stotsd geschoben, das der, solcher masen erwolt, ein priester sy in dem fal der notturfft, es ist auch da kein solche notturfft dan allein in dem tauff, den mag ein jeder crist geben 85 , er ist aber darumb nit ein pfaff, des absolvierenßhalb und der andern etc. Ist Got uff die sacrament gebunden, würd inen kein nachteil an irer seien selikeit bringen, ob sy schon kein pfaffen hetten. Darumb wir dich bitten, wan du unß antwurtst, das du deine heiligen geschrifft baß e ansehest, dan in der unsern finden wir nit, daz einer, der massen erwolt, ein warhafftiger priester sei, als ob er geweihet wer. Darnach sprichstu, daz uff dise weiß die cristen uß dem huffen ire bischoff und priester erwolt haben, dan also warde Sant Augustinus], Ambrosius, Ciprianus bischoff 86 , das wie es von Sant Ambrosio nit war ist, also ist es auch von den andern nit gleublich, dan wir von Sant Ambrosio finden, das in der zwitrachten der arrianer und der cristen durch die stim Gottes sei dem folck für ein bischoff zügeriefft worden, der stimen hat daz folck nach gehenckt f und in für ein bischoff begert, aber nit erwolt. 87 Dieweil nun, als du sagst, dy weltlich gewalt ist gleich mit unß getaufft, hat den selben glauben und evangely, müssen wir sie lassen priester und bischoff sein und ir ampt zeleng als ein ampt, das da gehöre und nutz sei der cristenlichen gemein. 88 Ich gestand dir nit, das ein einicherlei weltlicher gewalt mit unß getaufft sei, aber wol, das menschen, die jetz villeicht gewalt tragen, mit unß getaufft sein, das lassen wir zu, den kein gewalt, sunder die menschen getaufft werden, uß ursach thü ich die ynred h , dan ich weiß1 dein ußschlupff und yngcngJ. Sag an, ich muß doch ein mal teütsch mit dir reden k 89 , macht der tauff pfaffen und pfeffin, wa seind die zwolffbotten pfaffen worden in dem tauff. Sprichst du, sie seien getaufft worden, so zog mir das in der heiligen geschrifft an, sunst glaub ich dir also wenig, alß du uns glaubest, es stand dan in gotlichen bücheren geschriben, und wiewol ich es selb glaub, das sie seien geteufft worden, noch dannocht1, was dir recht ist, sei mir billich, du wilt nichts on geschrifft glauben 90 , so wil ich dir auch nüt on die geschrifft glauben, so du nun nit kanst anzogen in der geschrifft, das sie getaufft worden sein, so ist auch nicht war, das sie der tauff pfaffen gemacht hab. Ob du aber je woltest sagen, sie weren getaufft, das glaub ich selb, allein wil ich dir damit zu verston geben, das vil erlicher ding und noturfftig zu unser seien selikeit unß die zwolffbotten underrichtet und gelernet1" haben, dy nit in den gütlichen geschrifften ston, sunder in krafft einer loblichen gewonheit und cristlicher warheit uff unß erwachsen sein, wa stat es geschriben, das die müter Gottes mit seel und leib zu himmel entpfangen sei und getauffet, deßgleichen die zwolffbotten, wa stat es geschriben, das sie on erbsünd empfangen sei 91 , und vil tusenterlei der gestalt, das wir doch jetz in unserm glauben so ernstlich halten und glauben.

d) steht es e) besser f) nachgefolgt g) ansehen, betrachten h) Einwand, Widerspruch i) kenne j) Ausgänge und Eingänge, hier: Ausflüchte, Kniffe k) d. h. klar, ohne Umschweife reden 1) dennoch m) gelehrt

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Hie frag ich alle, die Luthern günstig sein, seitenmal das sie in der heiligen geschrifft so hoch rümen, daz sie doch unß zogen", wa es geschoben stot, so einer priesterlich ampt geiebt 0 hat und ab gesetzet ist, das er wider zu einem pauren oder burger werd 92 , dan es wil sich im je nit gebüren, wider alle geschrifften, biß har gehalten, solches on fundament der geschafften zu reden, dan mit gleicher leichtfertikeit mocht auch das widerteil geret werden, das kein ampt wer die priesterschafft, sunder ein Würdigkeit, und ein stand. Nun wil ich dir zu gefallen daz annemen, wiewol es nit war ist, das leyen, fürsten, bischoff, geistlich und weltlich, in dem grund und warlich kein underscheid haben, dan wie du sagst, sollen sie alle geistlichs stands sein on allen underscheid, dan solcher underscheid allein in den emptern und wercken ist, du solt aber hören, was daruß folgt, dan wie die weltlichen, als du sagst, die geistlichen straffen mögen, darumb das sie auch des geistlichen stannds warhafftig sein, in krafft des taufes, gleicher folg mogen auch die geistlichen die weltlichen straffen, als ire mit geistlichen, so sie doch on underscheid eins stands seiend. 93 Es folgt auch weiters daruß, das auch kein adlicher stand sei, sunder wer zu einer oberkeit erweit ist, so er daz ampt nider legt, so ist er ein bauer oder burger wie vor, ee und p er das ampt an nam. Ich weiß aber wol, das der adel das als ungern annimpt, daz kein stat des adels sei, als ungern die geistlichen hören, das jederman pfaffen und pfeffin seind. Weiters folgt daruß, das man ein priester und geistlichen als billich keiser, künig, hertzogen, graffen, ritter oder knecht macht, als ein edel man, dan du sprichst, wir seien alle eins geistlichen stannds on underscheit 94 , und sol mit der weiß die geistlichen als billich daz weltlich schwert tragen, als es jetz die weltlichen tragen, das werdet aber sie ungedultig hören, nun folgt es alles uß disen deinen worten. Das aber deine folg nit war sei, gib ich dir dein eigen exempel wider dich. Sant Paulus spricht, wie ob q gesagt, das wir alle eins leibs sein und Cristus unser haupt, doch hab ein jedes glid sein eigen werck [Rom. 12, 4], also sol der priester nit thün daz werck des adels, und der adel nit thün die werck der bauren, und der bauer auch nit thün die werck der priester und des adels, als wenig als ein leib, ein glid dem andern in seinem werck zu hilff kumen mag und kan, die hend mögen und künnen den äugen nit helffen sehen, noch die äugen den füssen helffen gon, noch der magen den henden helffen greiffen. Darumb ist dein exempel von den glidern mer wider dich, dan mit dir daran. Darnach sagstu, das weltlich gewalt von Gott verordenet ist, die bösen zü straffen und die guten zu beschirmen [vgl. Rom. 13, 1—4]95, darzü sag ich kurtzab, daz solchs nit war sei, das der weltlich gewalt darzü verordnet sei von Got, und retstr wider dich selb, dan du sprichst, das kein weltlicher stat sei, sunder wir seien alle geistlichs stands. Ich find

n) zeigen würden dest

o) ausgeübt, inne gehabt

p) und ehe

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wol I. Petri II [13], das uns Sant Peter gebüt, einer jeden menschen creaturen, die ein oberkeit tregt, der sollen wir umb Gottes willen underthenige gehorsame beweisen, es stot aber nit da allein dem weltlichen gewalt. Dan wie du sagst, sein wir eins stands, so mögen keiser, künig, fürsten und herren als wol uß dem geistlichen stand erwolt werden, als uß den weltlichen, als vor zeiten keiser und künig auch priester woren, diß ist auch deiner höchsten Ursachen ein, das man dem bapst sol gehorsam sein, nit darumb, das er von Got erstifftet ist, sunder das er den gewalt des schwerts uß Gottes Ordnung und willen fiert, zu straffen der bösen und beschirmung der guten, und ist er dannocht ein priester. Wie kanstu dan sagen, daz die weltlich gewalt zu dem schwert von Got verordnet sei, und nit als wol auch die geistlichen. Und ich muß dich ein wenig baß gürten s . Sant Paulus Ro. XIII [lf.] sagt also: Ein jede seel oder mensch sei der obren gewalt underwürfflich. Dan kein gewalt ist dan von Got, und waz von Got ist, daz ist von im geordnet. Darumb wer dem gewalt widerspennig' ist, der widerfichtet" Gottes ordenung, aber die sich da wider sperren, die erlangen dadurch ein verdamniß. So nun der bapst daz weltlich schwert auch tregt in seinen landen, unsere drey weltlichen churfürsten 96 und der merer theil der bischoff in tütschen landen, auch etlicher gefürsteter ept, kan nit anders uß den Worten Pauli verstanden werden, dan daz sie daz schwert des gewalts von Got und seiner Ordnung emfangen haben, und sein doch geistliche personen. Wie darffestu dan sagen, die weltlich gewalt hab das schwert zu straffen von Got, die geistlichen zu straffen. 97 So sie nun beide stät, der geistlich und weltlich, das schwert von Gott haben, zimpt dir nicht, zwei schwert in einander zu verwün-en, und har uß har zu machen 98 , streit ist sinwelv, wer weiß, welcher den andern strafft oder schlechtw, seind aber etlich beschwerden und mißbruch abzüthün, das mag wol durch fürsichtikeit unsers keisers und der durchlüchtigen churfürsten mit guter müssen und geschickten mitlen abgethon werden, das sich die tütsch nation nit me zu beklagen hab, wie man sie also mit viller nüwer find und erdichtung also understand, an irem gelt und barschafft zu erschopffen und emblotzen x , also das deins wütenden rats nit darzü not würt sein, man sol dich auch darumb nit hören, dan du durchs solchs schmieren und specklin" on allen zweiffal understast, unsern glauben zu schedigen und bohemische meren zu verkünden 100 , zogst mit den fingern uff das tütsch land, und winckest mit den äugen uff Bohem. Ich hoff zu Got, wir tütschen kumen aller beschwerden ein mal aby, und wollen dannocht frum cristen und uff unserm vetterlichen gesatz bleiben. Des bannes halb das weltlich schwert ir werck thü, und kein ban darunder ansehe, wil ich an disem ort lassen rügen 2 101, dan wir in einem andern büchlin in cristlicher warheit darvon reden wollen. 102

s) d. h. dich etwas mehr in die Enge treiben t) entgegensteht u) kämpft gegen v) unsicher, unbeständig (DWB 16, 1223) w) schlägt x) entblößen, berauben y) werden aller Beschwerden frei z) ruhen 13

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Das sag ich aber mit vollem munda, das der ban also verachtet ist und würt, daran hat niemans schuld dan die geistlichen und bischoff, die inb so leichtfertig und offt nur umb drei hasselnuß und zwen daubendreck bruchen oder warlicher mißbruchen. Darumb hat sich die geistlicheit diß gar nichts zu beklagen, dan niemans daran schuld hat, dan sie selb, selb thün, selb leiden. Mit dem priester, der abgesetzt würt, degradiert0, und weltlichem gewalt uberlifferet, daz er nit me priester sei 103 , das ist gar nit war, dan wa er nach der absetzung meß lese, wiewol er daran unrecht thet, schief?1 er so vil in dem ampt der heiligen meß, als ein unabgesetzter. Es befrembt mich hoch, wa für du dich achtest, das du so vil ungewoner, ungehorter unnd unwarhafftiger reden wider alle heiligen lerer oder den merern theil darffst thün on geschrifften, und weist, daz du verargweniget6 bist, wie du das gifft mit dem honig verkauffest104, und wir dir billich in geschrifft nit glauben sollen, mit namen, so du dich vor deinen günnern in allen büchlin der geschrifft so hoch berümest, das sie offenlich sagen, Doctor Luther redet doch uß der geschrifft 105 , warumb fragen sie dich jetz nicht, warumb du so vil on geschrifft mer schwetzest mit den atzelenf, dan du redest, und ob du mir wider fürwürffest, warumb ich auch nit mit geschrifft anzogt, das ein degradierter priester sol dannocht priester bleiben, sag ich, das es mir als einem antwurter nit gebürt, dan du als ein arguierer8 solt beweren. Nam actori incumbit probatio 106 und nit ich. Vermeinst, es sei zu vil, das man die geistlichen so vil frei in dem geistlichen rechten, gleich, als weren die leyen nit auch so geistlich gut cristen als sie, oder als gehörten sie nit zü der kirchen. Warumb sol ir leib, eer und gut so frey sein, und nit das mein, so wir doch gleich cristen seind, gleichen tauff, glauben, geist und alle ding haben. 107 Fragst, wa her so grosser underscheid kum. Es ist niemans so einfeltig, der hie nit verstand, das du den leyen zü gefallen redest, und wilt sie in freiheit den geistlichen vergleichen11, doch so diß die warheit und den glauben nit beriert, mag ich es wol lassen ston. Weistu nit, wa in1 ire freiheit des merern teils her kumpt, so liß das keiserlich recht 108 und das büch der leviten in dem alten gesatz 109 . Warumb redestu wider die freiheit, die in Got und die keiser geben haben, und auch nit so billich wider die freiheit, dy die keiser den Stetten und leyen geben haben. Ich kan auch nit sunderlichei freiheit der geistlichen finden, schlecht ein leye den andern zü tod und laufft in ein kirchen, so ist er frey 110 , so man ein priester todschleger on alle freiheit von dem altar nimpt, und gibt im sein straff, ich wolt dannocht lieber ein freiheit haben, so ich jemans erdotet, freiheit zü finden, dan so einer mich erschlieg, daz man interdict hielt. 111 Darum rechk eins gegen dem andern ab, fragst fil unnützlichs, so muß ich dich auch fragen, worumb gehören die stül under die benck 112 , darumb gehört auch der ni-

a) d. h. mit allem Nachdruck b) ihn (den Bann) c) des Amtes entsetzt d) würde schaffen e) verdächtig f) Elstern g) hier: Ankläger h) gleichstellen i) ihnen (den Geistlichen) j) besondere k) rechne

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dem under sein obren. Aber vergleich der leyen freiheit, so sie von bepsten und keiseren haben, gegen der geistlichen freiheit, so habent sie tusent mal mer dan die geistlichen, darumb wir gern mit in duschen1 wellen, und hett daran kein span. Ich weiß ein freiheit eins zols, von keiseren an einem ort verluhen, etlich tusent guldin ein jar uffzüheben, und der sie hatt, darff weder stat, brücken, weg oder anders besseren, ich nem die selbig freiheit und ließ dir die, so ein priester erschlagen ist, daz man interdict halte, der leien freiheit drüfft in die küchin 113 , so der geistlichen ein lutre m bettlerey ist, und nit der senff gegen iren freiheiten zu bezalen, es verdrösset mich, daz ich dir über dises dorecht ynreden so fil geantwurtet hab, so es doch unseren glauben nit betrifft. Du sprichst, es stant in dem geistlichen rechten, wan der bapst so schedlich boß wer, daz er gleich die seien mit grossen hauffen zum teüffel fieret, kint man yn dennocht nit absetzen, daz mieß" ein hauptteüffel darin gesetzet haben 114 , in solcher schedlicher anklag soltestu billich angezeigt haben, an welchem ort und end das stünde, dan dir daz niemans glaupt, daz es din sey, darumb billich erachtet würt, daz du daz dem geistlichen rechten mit der unwarheit hast zugelegt, biß du ein anzeigens diegest 0 , wa es din p geschriben stand, du düst eben wie Hans Fürtzlin 115 , der wolt buwen und fieng an ein huß gantz abzubrechen, darnach über II jar wolt er ein nüwes buwen, also daz er die II jar im regen saß und nit so witzig q wasr, das er sich des alten huß solt behelffen, biß er ein nüwes uberkeme s , mach uns zu dem ersten ein nuw geistlich recht, dan so lang wir das nit habent, werdent wir uns des alten behelffen, und dich an ein kerbholtz lassen schwetzen 116 , es stat doch geschribben v. non mutabis donec plurale videbis 117 , daz ist, du solt die alten schü brachen, biß du ein nüwpar uberkumpst, und alß du sprichest weiters, das in den geistlichen rechten so fil ketzereischer, unchristlicher und unnatürlicher gesatz stont, die soltestu billichen angezeigt haben, so wer dir doch dest gewilliger ge[g]laupt worden, darumb müstu das billich erdichtet haben, oder ein weiters anzeigen darumb thün, aber du sagst, es sei nit von noten. 118 Darzü sag aber ich, daz ein jeder ankleger billich soll sein anklag in geschrifften thün und nit mit blinden Worten, zu latin de edendo 119 , sunst mocht ein jeder reden, was er wolt, und wer also niemans uff erden seiner eren sicher vor unnützen und leren worteren.

Wer in spennen christlichs glaubens zü erkennen' hab und irthüm hynzülegen. Wir kummen itz uff die ander muer u , wie du es nennest, wer in spennen und zweiffal christlichs glaubens hab zü sprechen und zü erkennen. 120 40 Sag ich darzü erstlich, daz in spennen des glaubens hab zü sprechen niemans dan Sant Peter und seine nachfaren, daz bewer ich uß der gütlichen 1) tauschen m) lautere, reine n) müsse q) klug, gescheit r) war s) erhalten würde 13:

o) tun würdest p) denn t) urteilen u) Mauer

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geschrifft Actuum [Apg.] XV [7—29],121 Da fint man, daz in ursprung unsers glaubens ein grosse yrthümb entstanden was, ob zu dem tauff auch solt beschnitten werden bey unser seien Seligkeit. Da find ich, daz Sant Peter on alle widerred die irthumb hingelegt hat, und in diser Sachen des glaubens gesprochen, und weiters Sant Jacob seinen spruch bestetiget hat, daz er der heiligen gschrifft gleichförmig sey, und ein kleinen züsatz gethon, das man sich hietet vor unkeüscheit etc. Und hat Sant Pauflus] selb e ^ und Barnabas gen Hierusalem gereiset [Gal. 2, 1], zu den XII botten, den priesteren und den alten, also daz in dem selben capitel clarlich erfunden würt, daz in spennen christlichs glaubens Sant Peter gesprochen hab und niemans anders. So ligt auch an dem tag uß den worten Cristi Jesu Luce XXII [32], das Cristus unser her also zu Sant Peter sprach: Petre, ich hab für dich gebetten, daz dein glaub nit gar zergang und ersigew, darumb kor dich zu Zeiten umb und bestetig auch deine brieder. Da bey wol verstanden ist, daz bestetigunng in dem glauben Sant Peter zügehoret gegen" seinen christlichen briederen, in krafft der fürbit, die Cristus für in gethon hat. Ich laß mich auch gantz nüt irren, daz du sagst, Cristus hab für die andren auch gebetten, Jhnis. XVII [Joh. 17, 9], den y liß beyde text, so findestu ein grossen underscheid under der fürbit Cristi, Petro gethon, und der fürbit, den andren gethon, dan Petro darumb, das er in krafft der bit in dem glauben steiff belibe und die andren seine brieder mochte bestetigen. Aber den andren darumb, das sie daz wort Cristi angenummen hatten, und in yn z gelaubet", des erbüt ich mich uff beide textb, darumb sag ich, das uß den worten Cristi die bestetigung in dem glauben allein Petro züstot, und nit den andren. Ich laß mich auch zu dem andren nit hindren, das du sagst, diser bapst sey ein ungleübiger kauffman, tiran, dieb und fil der gleichen schelliger und ungeistlicher wort 122 , dan laß yn ein morder sein, wil unß dennocht nit gebüren, in zu verdammen unverhoret, es were auch wider der teütschen art, also leichtfertig einen jeden zu gelauben, ungehoret der wider parthen0, darumb so lang wir des bapsts verantwurten d nit gehöret haben, so werdent wir yn dabei lassen beleiben, daz im Cristus geben hat, daz er die cristen hab in dem glauben zu bestetigen, ist er schon boß, wie du sagst, so seint vor im gute gewesen 123 , und ist zu hoffen, daz uns nach im Got wider güte vetter und prelaten gebe, und setz daz zu dem rechten6, ob man dir anklag wider den bapst geston f und glauben sol, unverhoret, und unverantwort seyn. Ich sag auch weiter, daz solche bestetigung des glaubens in krafft der schlüssel des himmelreichs Sant Petro gegeben seint, und ist auch nit war, das die schlüssel des reichs der himmel der gemein geben seient 124 , dan es

v) selbst w) versiege, aufhöre x) gegenüber y) denn z) an ihn a) geglaubt b) gemeint: Das zu beweisen erbiete ich mich von beiden Texten c) Gegenseite d) Verteidigung, Rechtfertigung e) d. h. es ist eine juristische Angelegenheit f) zugestehen

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stat geschribben: Petre, dir wil ich geben [Matth. 16, 19]. Heißt Petre die gemein, so hastu recht, ist es aber ein eigner nam, so hant wir recht. Ich hab nie gewißt, das Petrus ein gemein heißt dan jetz, und ob du schon sprechst, sie seint doch nach der hant gegeben worden Johannis am letsten capitel der gemein, alß Christus sprach: Nemment den heiligen geist, welchen ir die sünde nachlassen [Joh. 20, 22f.] 125 , darzti sag ich, daz an dem ort nit geben seint die schlüssel des himmelreichs, sunder allein der gewalt zu binden und entbinden, der priesterlichen ordenung anhangendt, in dem der bapst mit den andren vergleichet ist, darumb müstu andre orter 8 suchen, da die versprochenen schlüssel gegeben seient des himmelreichs, doch hab ich darvon weiters geantwurtet in dem buch von dem bapstenthüm und der höchsten oberkeit christlichs glaubens. 126 Du gipst unß daz zu bedencken, auch zu bekennen, daz frumme Christen under uns seint, die den rechten glauben, geist, verstant, wort und meinung Christi haben 127 , wer wolt aber daz leügknen, das wissent wir wol, und gestonts h . Daz aber nacher volge, daz deine lere eins solchen rechten verstants seyent, daz finden wir nit, dan wir dich finden irren schier in allen stucken, und uß zorn, neid und haß mer reden, fluchen, doben und schelten, dan die warheit ist, aber das von dir nit ein grosse vermessenheit, was du redst also glaubwürdig achtest, und alles, das wider dich ist, verwürffest, du mochtests doch den richteren heim setzen zu erkennen, da es dennocht hindennach hinkummen müs, Got geb, wa für du dich verzollest1. Wir glauben auch in gemeine Christenheit und nit in den bapst, alß du uns feischlich zulegst, und dabey weyters, daz der minstJ christ ein warheit finden und wissen mog durch yngebung des heiligen geists, das den aller weisesten des glaubens verborgen ist, alß geschribben stot Mathey XI [25]. Das aber du derselbig seiest, dem solche biß har verborgene warheiten eröffnet seyent durch den geist Gottes, das glaubent wir nit, und wellent do mit nit gefrevelt haben noch dich verachtet, so wir das setzen zwischen uns und dir dem concilio heym, und wellendt darin lassen erkennen und sprechen. 128 Gipst nach der hant dry exempel 129 , das Abraham Sare seiner hußfrawen hett miessen volgen und weichen [1. Mose 21, 12], Balaam dem esel, uß dem der engel redte und yn straffte [4. Mose 22, 28—33], und Paulus straffte Petrum, das er nit recht ging in dem weg des ewangeliums [Gal. 2, 11 — 14], uß disen laß ich dir gern zu, daz die mindren mögen die obren straffen, warin sie irren, und hab des gar kein span mit dir, daz aber dir billich alß Sare, Paulo, dem essel sol gewichen werden, alß dem, der die warheit redt wyder dem bapst, da wil ichs underscheiden, meinstu in dem glauben, so find ich dich ungerecht und sol dir billich nit gefolget werden, meinstu es aber in etlichen myßbrüchen und beschwerden, so der bapst und sein hoff sollent wider recht thün, das kinnent wir nit versprechen k , dan wir sein1 weder bericht m haben noch bevel-

g) Schriftstellen h) gestehen, anerkennen es i) gemeint: wofür du dich hältst j) geringste k) verteidigen 1) seiner, d. h. von dem Papst m) Unterrichtung

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he. Aber daz dunckt mich rechtlich und frumlich gehandlet, das man in unschuldig halt, biß es mit recht uff yn bracht würde, und ob er schon ein morder were, daz man yn laß zu verhöre kummen, und mitler zeit in laß beleiben in seinen würden, wie er ist. Zü letst in diser matery, so ich gesagt hab, der bapst hab in spennen des glaubens allein mit Petro zü spre- 5 chen, muß ich dennocht zulassen und billich, daz ein gemein concilium in solchen spennen hab zü erkennen, dan es stat geschriben ad Gala II [lf.], daz Sant Paulus spricht: Ich bin mit Barnaba und Tito zü den apostelen, priesteren und alten gon Hierusalem gezogen in dem span der gleübigen, uff das ich nit odlich" in dem glauben prediget und lernet. 10 Da bey wol zü verston ist, das die selbig versamlung in solchem span hat zü erkennen, wie wol Petrus solche erkentniß von Cristo hatt ußzüsprechen, als auch geschehen ist Actuum XV [Apg. 15, 7].

Wer in christlichem glauben ein concilium hab zü berieffen und versamlen. Ich kumb darnach uff die drit maur 130 , wer ein concilium in christlichem glauben hab zü erwecken und zu versamlen, der bapst oder gemeine Christenheit, in welcher fragen ich alle lerer zweitrechtig0 find, etlich sagen, daz solches niemans gewalt hab zü thün dan der bapst. 131 Der ander teil, des du bist, sagent, daz in denen worten Christi: Sündent dein brüder wider dich Mathey XVIII [15] etc., so straff in zwischent dir und im, würt er dan unstrefflich entlich erfunden, alß dan sol ein jeder gewalt haben, ein concilium zusammen bringen und zü erwecken, mit filen der gleichen unbewereten p worten und reden, daz die apostelen daz concilium zü Hierusalem gehalten, die XII botten alle und die eltisten berieffet haben und nit Sant Peter, Actuum XV [6], 132 Wil ich zü dem ersten dir antwurten und darnach mein meinung sagen, und sag erstlich, daz das selbig concilium die apostelen und die alten sollent berieffet haben, nit stant in dem text der heiligen geschrifft, und mißbruchest dich aber"1 der gschrifft nach deyner gewonheit, und zeigst uff ein ort, da sol man finden, und so man da süchet, so find man nüt, ist daz uß der heiligen gschrifft reden, daz man allein Sprech, da und da stat daz, es sei oder sei nit, so künt sich dermassen ein jeder dropff der gschrifften bruchen. Ich find aber wol da selbest, alß Paulus und Barnabas gen Hierusalem kament, daz sie seint entpfangen worden von den apostelen und den alten [Apg. 15, 4], daz aber Petrus die selbig versamlung nit hab zü berieffen, und das es die apostelen und die alten berieffet haben, daz stat nit da. Darumb du gar nüt mit dem selben text beweret hast, und also zweiffalhafftig nit destminder belibet, ob der bapst daz concilium hat zü berieffen oder die gemein Christenheit, in welchem zweiffal ettliche uß gunst dem bapst zü fil zügeben, die andren, alß du, uß ungunst dem bapst zü fil understat zü nemmen. n) leichtfertig

o) uneinig

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Darumb dunckt mich, daz beyde parthen r nit recht haben, so die ersten on geschafft erschinen, und du mit geschrifften zu deiner meinung gantz unerschüßlich s , wellent wir das mittel treffen 1 und dem bapst seinen gewalt behalten, und die gemeine christenleit ires rechten nit entsetzen. Und sagent erstlich, wo ein irthüm und uffrur in dem glauben beschehe, das die gemein etliche botschafften von den aller trefflichsten sollent verordenen zu der oberkeit christlichs glaubens, das bewer ich Actuum XV [lf.], da stat also geschriben, das ettliche von Judea lerneten die brieder, wen sie beschnitten würden nach dem gesatz Moysi, so mochtent sie nit selig werden, und ist also worden nit ein kleine uffrur, das also Paulus und Barnabas wyder sie unnd andre mer von andren verordenet worden zü Petra und den apostelen und alten des glaubens, von inen in solchem span und der uffrüren ein bericht zü bringen und ein entlichen abscheidt". So nun Paulus und Barnabas fürtreffliche v personen sein des glaubens, und von der gemeinen cristenheit zü den oberkeiten des glaubens gesendet worden sein in solchen grosen uffruren, ist wol züverston, ligt der manlichen w tütschen nation etwaz an gegen den bapst, so den glauben, so auch andere beschwerden betreffen, sol man billich in namen obgenanter unserer nation ein trefliche botschafft zü dem bapst und den oberkeiten unsers glaubens verordenen, solche unsere not fürwenden zü beklagen, mit ernstlicher bit, uß irem gewalt ein concilium gemeiner cristenheit zü versamlen, wa unser anligen on daz nicht möcht hingelegt werden, wil in gantzer und folkumner hoffnung sein, das bäpstliche heilikeit, wa ir etwas an unß tütschen gelegen ist, daran ich nit zweiffei, werd unser not vetterlich erhören, also laß ich zü, daz den glauben zü retten, es sei wider wen es wol, actio publica* sei, daz ist jederman erlaupt, von der gemeinen cristenheit zü klagen, furzübringen und den richtern wissen zü thün, als auch in allen andern rechtlichen hendlen anklag der beschwerden jederman zügelassen ist und anverbotteny, auch aller meist hie in sachen unser selikeit betreiffen, und die oberkeit, so sie des ordenlichen gewalt hat, sol sich dar yn geschicklichen halten, die gemeine cristenheit zü beriefen, ein frei cristlich und ungezwungne versamlung zü thün. Also bleibt der oberkeit ir gewalt, ein gemein concilium zü berüffen, und den underthonen ire gerechtigkeit ungeletzet z , das sie ire not und anligen billich beklagen mog, das inen von einer gemeinen oberkeit aller cristenheit mog ein trostlicher und warhafftiger abscheid gedeyen. Dan wa man das obgenant capitel der selbigen grosen uffrüren ermessen wil, ist es nit anders hingelegt, erfordert, gehalten und geendet worden, dan wie ich gesagt hab. Und dunckt mich gantz und gar zü einem bundschü dienen 133 und einer schelligen3, wietenden und unsinnigen uffruren, die so bald wider dy erwecker ist als wider jemans anders, das man der massen mit schmachbüchlin und mancherlei scheltwor-

r) Parteien s) unnütz t) gemeint: die Wahrheit finden u) endgültige Entscheidung v) vortreffliche w) tapferen, mutigen (DWB 12, 1597) x) (lat.) öffentliche Meinung y) unverboten z) unbeeinträchtigt a) verrückten, unsinnigen

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ten der gemein geben wil, daz billich der oberkeit zugehört. Aber har gegen gantz der gotlichen geschafft gleichförmig, daz ire beschwerden die underthonen vernünfftig fürtragen, und die oberkeit inen durch iren gewalt zu hilff kum, das also ir beider ampt und gerechtikeit erfordert werd, und nit also von underthonen uffriirigen gehandlet sei, so bald zu bösem als zu 5 gutem. Wa du aber sprechest, die oberen der bapst würt unsere treffenliche botschafft verachten 134 , da kan ich nit vor dem berren fischen b , und versihe das mich gantz nichts zu dem bapst0, sunder ich glaub, er werd die botten unser nation und von unß gesandt lütd aller volcker recht mit eren empfa- 10 hen e lassen und halten, wa er aber das nit thet, als dan mocht billicher wider in mit Sicherheit geklaget werden, dan jetz unsicher prophetiert. Ich bin auch in festem glauben, sei es uberein f das fürnemen unsers durchlüchtigen und großmechtigsten künigs 135 , daz ein concilium werd zu besserung und reformation der cristenheit, mit sampt dem willen unserer durchlüchti- 15 gen churfürsten, fürsten und herren, geistlichen und weltlichen, es werd mit füglichen® mitlen wol durch sie erfordert on alle uffriir und einicherlei bezwangniß der underthonen.

Warumb Doctor Luther ein concilium begeret. Du begerst erstlich daramb ein concilium, das der bapst ein solchen grosen bracht füret, das in kein künig oder her diser weit erreichen kün oder mog 136 , setze ich dem concilio heim zu ermessen, dan es unserm glauben weder gibt noch nimpt, und unser meinung nie weiters waz h , dan unsern glauben zu retten mit disem unserm schreiben. Zu dem andern hastu ein mißfallen, das er sich den aller heiligisten laset nennen, so er doch weltlichers wesens ist dan die weit selber 137 , das ist ein kleine ursach, ein concilium zü erwecken, dan wir cristen sein alle heiligen genent an vilen orten der sendbrieffen der zwolffbotten 138 , so ist er aller heiligen, das ist aller cristen heilig, daz ist der aller heiligst nit in betrachtung seiner personen, sunder in ansehung seins ampts, als wenig wir cristen alle heilig sein mit unsern wercken, sunder angesehen den heiligen cristlichen stand, daryn wir sein. Zü dem dritten, das du meinst, es sei ye' zü vil, das er drei krönen trag. 139 Darzü sag ich, was ist Gott so sunderlichsJ in dem alten gesatz daran gelegen gewesen, den obersten priester zü gebieten, also erlich k und kostlich zü kleiden, sein haupt mit gold und silber, seidin und edel gestein zü zieren, mit schellen und so einem kostreichen gürtel, mit einem halben mon, in dem der namen Gottes geschriben stünd, als dan in den bücher Moysi ofenlich geschriben stot, dan daz solchs alles zü der eren und maiestat Gottes mer dienen solt, dan zü einer hoffart des obristen priesters

b) gemeint: nicht im voraus urteilen (vgl. DWB 3, 1683) c) ich erwarte das nicht von dem Papst d) Leute e) empfangen f) insgesamt g) passenden, sich geziemenden h) war i) doch j) besonders k) ehrenvoll

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erachtet würd [vgl. 2. Mose 28]. Also sag ich vil billicher hie, das solche kronung der drei krönen die maiestat ist der heiligen dreifaltikeit und unsers glaubens me dan es für ein hoffart ist zu achten 1 4 0 , es achtet auch solche krönen niemans anders für ein hoffart dan du, so du dir ein mal für 5 genumen hast, du wollest alle ding zu dem bosisten ußlegen, doch so es dem glauben weder gibt noch nimpt, laß ich das ston, als ein miessige ynred, von dir gethon, dan es billich für kein krön der hoffart von frumen cristen sol gehalten werden. Zühest vil geschafft da bei yn, das er solt ein demütigs exempel für10 tragen 1 4 1 , das ist auch war, daz du aber sehest, das die drei krönen nicht sein1 des bapstes, so nim des crutzs war, das uff den krönen stot, daz würt dir wol ein anzogens geben, das solche krönen und eer sei des crützigten Gots, des er ein stathalter ist, und nit des bapsts. Ich laß mich es auch nit irren m , das du sagst, Cristus hab vor Pilato bekennet, das sein reich nit hie 15 sei [Joh. 18, 36] 1 4 2 , in was meinung" er das geret hab, ist wol zu ermessen, so dy anklag der Juden was, das er sich solt für ein künig uff werffen wider die Romer [vgl. Luk. 23, 2 ; Joh. 19, 12], als der den Romern understünd, ein zeitlich künigreich zu entfrembden 0 und zucken p , sich billich verantwurt, das der massen er kein künigreich uff erden het, hat aber dabei 20 nit verlognet, sunder dapffer gestanden, daz er ein geborner künig wer des judischen lands und reichs [vgl. Joh. 18, 26f.], darumb ist dein ynred niendert für q , sunder ein lere red. Die klag, die du fürest wider die cardinäl, das sie der cristenheit zu verdampnis und Zerstörung erdicht sein 1 4 3 , setz ich zu erkantniß des conci25 liums, deßgleichen auch von den tütschen cardienälen, von den annaten 1 4 4 und sechß monaten 1 4 5 , die pfründen zu verleihen 1 4 6 , und andere vil beschwerden und mißbruch, die du nach der leng fürwendest, wie unß der bapst mit denen alles r unser gut ußsug, biß uff das marck im bein, und müssen unser tütschland schier alle fünff j a r wider von im erkauffen, ver30 meinest, er sei kein hirt, sunder ein schedlicher wolff [vgl. Joh. 10, 1—30], und schedig die cristenheit me dan kein Türck j e gethon hab, und solchen geitz erzelestu mit vilen und dapffem Worten nach der leng, mit hohen begirden und bit zu allen tütschen fürsten, der gemeinen und fallenden cristenheit zu hilff zu kummen etc. Laut deiner artickel. 35 Darzü sag ich als ein alter wolff 1 4 7 , der solche geschrey mer gehört und verlesen s hat, mit namen' bei Keiser Sigmundus zeiten, der auch ein reformation gemacht hat, was competentz jerlich ein bapst haben sol, cardinel, bischoff, thümherren und andere. 1 4 8 Es ist aber wider uff den schlack kummen", wie es dan jetz ist. Item ich find in fasciculo temporum also 40 geschriben: Nota quod hoc anno crebre leguntur reformationes facte, que in omnes desierunt propter mortes venerabilium patrum. 1 4 9 Das ist also vil zu tütsch: Merck, das in disem j a r gelesen werden, daz vil reformation und

1) sind m) irre machen n) Absicht q) unnütz r) mit alledem s) gelesen alte Gewohnheit (DWB 15, 329f.)

o) wegzunehmen p) rauben t) insbesondere u) d. h. in die

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ermanung geschehen sein, die nüerv, doch alle abgangen sein, von wegen der tod der erwürdigen veter. Also ist hie auch zu mütmassen, so groser kosten w ein concilium zu versamlen geschehe und die cristenheit mit groser arbeit" sich erhüb, so würd es alles bestendig bleiben, mit namen so ich verstand, das der bapst auch her wider begere, wol man in reformieren und sein cardinäl, sol man dargegen auch alle bischoff, ept, thümherren und prelaten der cristenheit auch reformieren und iren bracht ab thün, meiner achtung ein billiche bit eins umb das ander. Ich besorg, das feuer sei allenthalben in dem dach 150 , und werd alles schlecht, ob schon ein concilium würd on der hirtensteckeny, und bleiben dannocht herren herren, und arm lüt arm lüt, dan das der kosten über den armen gatz und im dannocht gantz nichts geholfen würt, oder ob im schon geholffen würd, so weret 3 es ein vesper und ein feyeraben, das man darnach mog in das bad gon. 151 Nun ist aber unser meinung gar nie gewesen, von dissen mißbrüchen zu reden, sie zu versprechen, oder in einicherlei weg unß der selben zu beladen, dan allein waz unseren glauben berüren mocht. So ich aber das maul so weit hab uff gethon, so muß es doch herauß, und gib der besten meinung zu verston, so je ein concilium erfordert würt, das vor allen dingen ermessen werd, wer den kosten tragen sol, dan es wil mich je beduncken, das der adel und die burgerschafft mit sampt allem weltlichen stand nichts damit zu schaffen haben, wie die geistlicheit ire mentel oder pfründen kaufen oder verleihen also, das sie des sollen e[i]nicherlei kosten tragen, dan nach irer anzal, wa etwas irendthalben und von des gemeinen glaubens wegen solt tractiertb werden, als dan wer billich, das sie sich irer rat und anzal nit sperretten. Nit weiters wil ich darvon geret haben, was mißbruch oder beschwerden sein, und setz das gentzlich keiserlicher und hyspanischer maiestat, mit sampt den durchlüchtigen churfürsten und fürsten zu ermessen, ob ein concilium sol begert werden, oder dise beschwerden sunst mit geschickten mitlen mochten hin gelegt werden. Dan es wil mich je beduncken, alles, das Luther fürwendet, sei des grosen kostens und der müe nit würdig, ein concilium zu begeren, man weiß dan vor hin0, wer den wirt bezale. 152 Ich het vermeint, so du also trefflich nach einem concilio süfftzest, du würdest dem selben zukünftigen concilio erkantnüß (und billich) heim setzen, durch den heiligen geist allen mangel und bresten d zu erstatten und besseren, so lastu6 ein solichen rechtlichen weg fallen und fahest anf, todlich zu handien. Erstlich mit den annaten, das ein jeder fürst, adel, statt, in iren underthonen frisch an gebiet, die annaten gen Rom zu geben, und gar abzüthün 153 , dunckt mich ubel geraten, das die undern das on keiserlichen beschluß thügen 8 . Dan du hast ob gesagt, es haben vorzeiten tütsche keiser und fürsten verwilliget h dem bapst, die annaten uff allen lehen tütscher

v) nun, jetzt w) wenn mit großen Kosten x) Mühe y) d. h. ohne Leitung des Papstes z) geht a) dauert b) verhandelt c) im voraus d) Schaden, Gebrechen e) läßt du f) fängst an g) täten h) bewilligt

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nation ynzünemen. 154 Haben nun die keiser verwilliget, warumb wolt dan jemans, der minder wer dan der keiser, on sein wissen und willen daz abthün, daryn er verwilliget hat. Darumb dunckt mich, die annaten abzüthün dem keiser billicher zu gehören dan den underthonen. Weiters ratestu dem tütschen adel, daz sie hinfürt kein lehen mer lassen gen Rom ziehen etc. 155 Laß ich ston für seinen werd, so fer1, daz im* niemans in eigner sach urteil sprech. Doch vertrauw ich dem frumen adel, das sie sich wol wissen darunder zu halten. Und wil mich kurtz abfertigen in allen den stucken, dy unsern glauben nit berieren, und in der taden stond, und nie in den rechten, dan ob das oder diß gut sei, wil me k in erfarener fürsichtikeit ermessen werden, dan in büchlin verschriben1. Darumb laß ich das die hochverstendigen und die oberkeit unsers glaubens verordenen, welcher sachen sich die offitiel 156 sollen underziehen, oder ob ein gemein consistorium in tütschen landen sol uff gerichtet werden 157 , und kein curtisan 158 die priester laß citieren, die vorbehaltenen casus"1 unnd feil abzüthün, auch die bäp[st]liche vorbehaltung, daz der bapst offitia und sein hoffgesinde mindre, die Verpflichtung in eids krafft nit me beschehen sollent. Das der bapst über den keiser kein gewalt habe, der keiser im auch nit sol schuldig sein zü hulden. Der bapst allein geistliche und nit weltliche empter vollenbringe", und ob die gab Constantini falsch sey 159 , das er Sicilien und Neapolis nit sol lehenher sein 160 , im seine fieß nit sollen geküsset werden, die walfarten gen Rom ab sollen gestellet werden, ettlich closter abdieg 0 , die münch nit mer predigen und beichthoren solten, nit so mancherley orden seient, die gilüpt der geistliehen ab sey, daz die priester mögen ee weiber nemmen, das interdict abgethon werde, und den ban nit mißbruchen, kirchweihung, fil feirtag und fastag, feltkirchen underthun p , und deren gleichen fil, so du in langer ordenung mit leren Worten allein und on alle geschrifft an tag bringst und offenlichen beklagest, welche beklagen, beschwerden und mißbruch der christlichen kirchen vor dir noch von andren mer treffenlicher q seint geklagt worden in Alvaro in dem buch von dem truren r der kirchen 161 , und in dem buch Speculum humane vite genant 162 , und von Erasmo Roterodamo in seiner Moria 163 , und in dem biechlin, das man nennet de Petro Sancto et Julio Sanctissimo 164 , und in filen pasquilliss, in Triade Romana 165 , und fil andren mer, wie wol ettlichs schmachbiechlin mögen erachtet werden, und ist dennocht alles ungebesseret biß har also beliben. Ist es dan Gottes wil, das es jetz sol gebesseret werden und alle mißbruch seiner kirchen nit allein, die du nennest, sunder alle andren in allen Stenden, die du nit meldest, so geschehe sein gottlicher wil in himmel und uff erden [Matth. 6, 10], wir wellent underthenig gehorsamen1, wir habent dir auch darüben nit wellen antwurten, so es unserem glauben weder gipt noch nimpt, auch dich verargwenigen, daz du dise ding allein darumb einzühest, dir ein

i) soweit, sofem j) sich k) mehr 1) beschrieben m) Fälle n) hier: ausüben o) abgetan würden p) hier: zerstört q) zutreffender, nachdrücklicher r) Trauer s) Schmähschriften t) gehorsam sein

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gunst und anhang da mit zu erschöpffen", daz du deinen bösen somen v , so du wider den glauben ußgossen hast, da mit gern begertest uffzügon, und nit, daz dir so hoch daran lige, ob die ding alle gebesseret werden oder nit, solchen argwon ermessen wir daruß, daz du dise grollen w erst ußgeschüttet hast, nachdem du in des bapst Ungnaden kummen bist, und in räch gegen im bewegt, so spricht man, ondaz" fints mundt redt nie gütz 166 , dan wa du ein gemeiner christlicher ströffer werest, solt dein straff gemein y sein, und findest wol bei dem adelischen stat so fil zu straffen und bei dem peürschen alß bei dem bapst und den geistlichen, aber du thüst nüt damit, dan daz du dein menschliche anfechtungen da mit verradtest, so stat Actuum V [38] geschriben: Ist es von menschlicher erdichtung, so würt es selb zergon unnd in scheitteren fallen, und vorab, so du die ding alle understast, on recht, sunder dotlich z zu behaupten. Es würt von noten erachtet, ein antwurt zü geben etlichen unvernünfftigen, die unß für feind achten, so der warheit, so auch deutschen nation, alß bald sie hören, daz wir nit mer den unseren mund uffthünt Doctori Mart[in] Lu[ther] zü widersprechen. Nun habent wir in den anfang unsers schreibens uns dapffcr 3 und verstentlich protestieret und bezüget b , daz wir allein in den sachen unsers glaubens wellent unsere meinung zü verston geben 167 , und wa wir wider Mar[tin] Lu[ther] glauben, im sein mißverstants nach unserem vermügen antwurten, und daz mit bescheidenheit, on an dem ort, da er den bapst ein entchrist 0 nennet 168 , haben wir uß hohem verdruß in heissen liegen d , daz er die höchst und christliche oberkeit dem teüffel zü henden stellet6 wider daz verheissen Christi, vermeinen auch, daran nit zü Sünden, daz wir zü rettung unsers glaubens schreiben und in widerfechten f , dan wir alß wol christen leüt seint alß er, und uns gebüret, alß wol unser seien Seligkeit zü ergrinden als im. Und zületst unsere spen zü setzen heim gemeiner C h r i stenheit, ein rechtlichen sprach darumb zü erwarten, und den selben zü ston g . Habent unß auch der romschen myßbruch gar nüt wellen beladen, noch die selben verantwurten, als die des kein bevelhe haben, hett uns aber unrecht, unfrintlich und deutscher dapfferkeit h ungemeß beducht, das man einen unanklagt, unberieffet, unverurteilft] der massen sol zerbeissen und zerreissen in seinen eren, alß kein hund oder wolff detten einen dodten keiben1, der noch die oberkeit ist christlichs glaubens, und seiner würden und eren und ampts unentsetzet. So wil ich in warheit sagen, daz nie kein hippenbüW schentlicher ist ußgeriefft worden dan der bapst, und wen er je ein morder were oder der bossest uff diser erd, so solt doch mit im nit also dodtlich, sünder k rechtlich gehandlet werden, ein solcher frevenlich mütwill belib den juristen wol über, aber den theologen und lerer der geschrifft und des ewangeliums mag das nit uberbeleiben 1 .

u) schaffen v) Samen w) Groll, Ärger x) (richtig wohl: uß dez) aus des y) allgemein z) todbringend a) fest, kräftig b) bezeugt c) Antichrist d) lügen e) übergibt f) ihn (Luther) bekämpfen g) d. h. auf dem Spruch beharren h) Ansehen, Würde i) Aas (DWB 11, 431 f.) j) lästernder, grober Mensch (DWB 10, 1553) k) sondern 1) anstehen

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Darumb das wir es noch mit dem bapst halten, sol uns nit in argem verkoret"1 werden, sunder zu gutem, daz wir es von jedem gut meynen, biß er mit recht uberwinden ist, wie vil mer von dem bapst. Ir solt auch daz von unß wissen, daz uns uwer uffrierigs fürnemmen wider den bapst nit würt bewegen, er hab sich dan vor" versprochen 0 und sey zu verhöre kummen, darnach wir dan uß seiner antwurt hören, wellent wir uns halten nach gelegenheit der Sachen alß frum, dapffer christenleut, wellent ir uns dan je umb des willen feint sein, das wir zu den Sachen unsers glaubens reden und den bapst nit wellen vertreiben, es sei dan uff in bracht p mit recht, waz ir von im ußgeben, in dem nammen Gotts, das miessen wir leiden, in hohem vertruwen, das die frummen deutschen uns dest holder seient, so wir dem bapst weder helffen noch enthelffen q in solchen mißbruchen, allein das rieffen, ratten und schreiben, das man Got zu eren solches mit recht und christlicher messigkeit vollende, und nit mit solchen schmehenlichen gschrifften, wo ir dan je dise unser entschuldigung uch nit Hessen ersettigen1, sunder wie ir truwen s , mit uns beren zu fahen 169 understünden, solt ir unß der massen nimmer also kleinmietig erachten, das unß uwere trow wort' von unser dapfferkeit abziechen, unrechtlichs zu underston bewegten, wer weiß, wer dem letsten beren die hut würt abziehen 170 , unnd den andren sehenden, ich wolt gesagt haben, schinden.

Das keyn gemein in Stetten hab gewalt, ein bischoff oder pfarrer zu setzen.

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Du bringst aber ettwas nüws herfür, wie daz wir uß dem apostel Paulo lernen klerlichen, das es in der Christenheit also solt zügen, das ein jegliche stat uß der christlichen gemein einen gelerten, frummen burger erwelet, und dem selben das pfarampt bevilhe, und yn von der gemein erneret, im frey wylkur ließ, eelich vermehelet werden oder nit etc. 171 Und daz sol Sant Paulus schreiben I. Thimo. III [2] und Ti. I [6f. ]. Darzü sag ich, daz an deren orten keinen stant, das in u die gemein mog ein pfarrer welen, der uß solcher wal hab die sacrament zu ministrieren, du thüst Sant Paulo unrecht, und weisest uns aber zu suchen, da wir nüt finden nach deiner gewonheit, wol stat da, was eigenschafft ein bischoff haben sol, das yn aber die gemein zu erwelen hab, und in krafft der election v mog die sacrament ministrieren, daz findestu aber weder da noch anders wa, es stat wol da, das sie weiber mögen haben, aber zu dem selben woltestu uns gern das auch drein verschlagen, daz die bischoff eyn gemein hab zu erwelen, das nit ist. Es stat wol das widerteil da, Ti. I [5] schreipt Sant Paulus zu Tito: Darumb hab ich dich zu Creta gelassen, das du, was da manglet, besserest, und setzest in den Stetten priester, alß ich dir verordenet hab, horestu, das

m) verkehrt, angelastet den, Schaden zufügen u) sich v) Wahl

n) zuvor o) rechtfertigt r) genügen, zufrieden sein

p) gebracht q) schas) drohen t) Drohworte

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Paulus schreipt Tito, dem bischoff, priester in steten zu setzen, lut w seiner ordenung, die er im verlassen* hatt, und nit der gemein, die ir leptag nie gewalt hat uß gotlichen gschrifften, priester zü welen oder machen. Des gleichen ist Timotheus von Sant Paulo und nit von der gemein gesetzet oder erwelet worden I. ad Ty. IUI [14]: Du solt nit versumen die genad, die in dir ist, die dir geben ist durch die prophezey und uflegung der hend der priesterschafft, und I. (!) Timo. I: Umb welche ursach ich dich ermant, daz du erweckest die genad Gots durch die uflegung meiner hend [2. Tim. 1, 6], und ca. II: Das bevilhe gleübigen menschen, die geschickt'' seyent, ander leüt zü leren [2. Tim. 2, 2], Warumb gipt er dir bevelhe, nit der gemein, oder wa hastu dein leptag gelesen, so ein priester würt durch uflegung der hend, daz die gemein je z menschen die hend uffgelegt hab, ob du aber sagtest, sye hetten das den bischoffen in irem nammen bevolhen zü thün, doce de mandato", daz zeig uns mit gschrifften an. Darumb hettestu es wol bei den gotlichen gschrifften an so manchen orten lassen beleiben, das Cristus, der erst priester und ewig, die apostolen verordenet hab zü priesteren und leviten, alß von Sant Steffan stat in den geschichten der XII botten [vgl. Apg. 6, 5f.]. Das aber ein bischoff und ein pfarrer ein ding sei und Sant Paulus das sprech, oder auch Hieronimus 172 , daz sag, daz würt sich nimmer finden, aber daz wil ich wol gelauben, daz in anefang unsers glaubens die bischoff der priester empter geiebet b haben, da durch mocht erachtet werden, das es ein ding were, so es doch nit ist, dan alß noch nit priester verordenet waren, müsten die bischoff priesterliche empter tragen, alß soc die knecht nit zü huß seint, müß der her zü disch dienen, und ist dennocht ein underscheid zwischten dem herren und den knechten, waz aber underscheid sei under einem bischoff und priester, würt zü seinen Zeiten uß der geschrifft darthon werden, dan die bischoff alß bischoff seint von keiner christlichen gemein über die pfarrer gesetzet zü regieren, sie habent wol sunst von den conciliis gewalt enpfangen, daz laß ich jetz ston d . Der priesterlichen eeweiber halb erstreckestu ein lange red, wie es besser were, daz man yn gestattet eeliche weiber dan also unschamhafftige beischlefferin zü gestatten 173 , daz laß ich alles ston, dan es den glauben weder gipt noch nimpt. In dem namen Gots, wil die gemeine Christenheit daz je wider zülassen, ich bin des wol züfriden, es werd gestattet pfaffen, munchen oder pfarrerstant. Du sprichst, das der bapst nit macht hab, küscheit in gelüpde zü entpfohen 6 oder den priesteren zü gebieten, alß wenig er macht hab, zü verbieten essen und drincken unnd den natürlichen ußgang f oder feißt werden 174 , das dunckent mich ergerliche worter, rechestu 8 es je gleich, warumb gebüt Got, unkeüscheit zü meiden denen, die nüt in eelichem standt seint, sie mochten mit dir sagen, essen und drincken und anders auch müß sein ußgang haben.

w) laut x) übergeben, anvertraut y) verständig, tauglich z) zu irgendeiner Zeit a) (lat.) nenne den Befehl b) ausgeübt c) als wenn d) d. h. auf sich beruhen e) empfangen f) die Ausscheidungen g) rechnest, hältst du

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Es ist auch ergerlich geredt von allen lieben heiligen, mit nammen von Sant Paulo, der das den stich sathane nennet, unkeüscheit, so in anfochten [vgl. l.Kor. 7, 5], und du vergleichest es einem natürlichen ußgang. Wie haben die heiligen so grosse angst und not gehabt, die unkeüscheit zü widerfechtenh, von dem du sagst, es vergleich sich einem natürlichen werck, das nit kan vermitten1 beleiben. Erfordret jetz in der latinschen kirchen der priesterlich stat keüscheit, so ist wol zü ermessen, daz solches, ob es ein priester wol hart ankumpt, nit destminder mag er küscheit halten mit der hilff Gots, und ist nit also unmüglich alß du es machst, sunst miesten wir des gleichen reden von allen andren menschen, deren etlich in eelichem stant keüscheit gehalten haben. Lernest darnach zwei stück meiner achtung unbillich, so sich einer priester weyhen laßt, sol er sich widrenk, die keüscheit zü versprechen, dan niemans den engliche1 stercke und himlische macht mog küscheit halten175, was ist dan, daz Cristus sagt Mathey XIX [12], das etlich inenm selb ußgeworffen haben (verstand in dem hertzen) von wegen des reichs der himmel. Zü dem andren, wie man sol ein solche byschlefferin dem bapst heimlich stelen für ein eefraw, alß die Juden iren verdienten Ion den Egiptiern stalen [vgl. 2. Mose 11, 2; 12, 32—36], das ist gar ein ungleichs exempel harzü, und ein ungeschickter sattel uff diß roß", dan stelen ist verbotten [vgl. 2. Mose 20, 15], darumb miestu0 vorhinp darthün, das die concubin sein verdienter Ion were. Und zü dem andren, das solches zü thün Got geheissen hatt. Ich find aber nit, daz yendertq Got hab also gelernet, eefrawen steelen. Darumb ich fil ee radten wolt einem, der küscheit nit wil geloben, daz er nit priester würde, sunder ein eeman, so darff er des diepstals nüt, man sol uffrichtig und nit dückisch oder dopel handien, nein uff der zungen haben, und ja im hertzen, vor dem bapst sie für ein eefraw verneinen, und vor Got veijachtzens. Du meinst, der bapst hab fil seien zü dem teüffel vertieret mit der gelopten und erfordreten küscheit176, daz ist aber keinem menschen wißlich, wer weiß aber, wie fil dar gegen mit der gelübten der küscheit seint selig worden. Darumb du nit uß solchen unsicheren reden soltest gezogen haben, daz der bapst würdig were, uß dem ertlich zü vertreiben, du klagst und retst fil, und bringst nüt bey, oder bewerest nüt, macht alles deine vermessenheit, daz du unß also dorecht' achtst, alß ob wir deinen worten wie dem evangelio glaubten. Du sagst, es sei nie güts und werd auch nimer gütes uß dem bapstenthüm kumen177, wer billich, das du des ein anzogen thetest, Got hat unß in dem evangelio ein oberkeit geben, deren sollen wir billich in zimlichen gehorsamen, es nimpt mich wunder, wa du mit deiner heiligen geschrifft bleibest.

h) bekämpfen i) vermeiden j) du lehrst k) weigern 1) Adjektiv zu „Engel" m) sich n) gemeint: ein unpassender Vergleich o) müßtest du p) vorher q) irgendwo r) bedarf s) gemeint: ja sagen (DWB 10, 2200) t) töricht

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Nachgonds sagstu, Got hab gebotten, das man und weib niemans scheiden sol, daz ist war, Mathei XIX [6].178 Es stot aber gleich auch dabei, das etlich küscheit angenumen haben, von wegen des reichs der himmel, zu latin: Sunt enuchi qui seipsos castraverunt propter regnum celorum [Vg. Matth. 19, 22]. Da bei klarlich mag beider stand von Got beweret sein, der eelich und der junckfreuwlich. Darumb es mich dunckt, du gebst dem eelichen zu vil zu, so du billich beid liessest bleiben, und doch den junckfreuwlichen den höchsten erachten. Das du aber sagst, das man und weib niemans scheiden sol, daz ist war in eelüten. Wie kan aber der ein eeman sein, der nit in eelichen stat zü verwilligen hat, sunder küscheit gelobt zü halten, so ist es doch in seinem freien willen gewesen. Ich glaub, das die cristenheit nit ungenottrengt" die gelübden der küscheit von der priesterschafft erfordert hab. 179 Wan sie es wider einhellig abthüt in den namen Gottes, als dan wollen wir unß gehorsam erzogen, dunckt mich erlicher, dan also eefrawen lüginhafftig stellen, es sol mit den sacramenten nit also diebsch, sunder dapffer und warhafftig umbgangen werden. Item du sprichst, daz in dem gantzen bäpstlichen gesatz nit drei Zeilen seint, die ein frumen menschen mochten underweisen 180 , befremt mich, daz du uff dem fischmarckt brot kauffen wilt, und uff dem rathuß betten, was wiltu underwissen sein andachtz, daz such du in dem evangelio, du darfest das in den geistlichen rechten nit suchen. Wiltu aber des rechten in geistlichen hendlen bericht sein, das findstu da selbst, und retst das mit der unwarheit, das nit drei Zeilen darin sein, die ein frummen Christen mochten des rechten underweisen. Aber mit der filev der gesatz 181 , da halt ich es warlich mit dir, das vil da sein gebotten, daz bes[s]er wer, sie weren ab, und gib dir des ein verstandw, erstlich mit fasten, du weist, daz wir tütschen nit gern fasten, Got geb, man gebiet zü fasten oder nit, und thün dannoch unrecht, daz wir wider die verschriben x gebot Sünden, wan sie gütlich abgethon weren, so weren wir der Sünden entladen. Deßgleichen mit feyren, sitzen wir und feyren uff den stuben in der kamen y , in dem bretz, und an dem dantz. Bei den zweien stucken verstant die andern alle. So nun on allen zweiffei solche gebot Got und den lieben heiligen zü eren der aller besten meinung uff gesetzt sein, und aber jetz der meinung 3 nit me wollen gehalten und verstanden werden, dunckt mich geschickter geraten, das man alle solche gebot und beschwerden ußzüg b und anzogt0, mit gemeiner bit, unß solcher beschwerden zü entladen, und nicht also mit feusten daryn schlagen, und den blunder gar verwerffen, und ein ratten hauffen d daruß machen, wie du aber eins6 mit zornigem haupt geraten hast. 182 Auch kan ich das nit fürgon, das du sagest, der bapst verbiet den eelichen stand, und desf müß Götz gebot undergon, und der eelich

u) ungedrungen v) Vielzahl w) d. h. ich erkläre dir x) vorgeschriebenen y) Druckfehler: Kanne? z) d. h. beim Brettspiel a) in diesem Sinn b) herausziehe c) anzeigte d) gemeint wohl: roten Haufen, d. h. Scheiterhaufen e) einmal f) hier: deswegen

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stand. 183 Darzü sag ich, das zu heuraten oder zu der ee greiffen niendert 8 geboten ist von Got, sunder in freiem willen stand, und wa du das harfür zühest in dem buch der geschopff, wachsen und mehren euch etc. [1. Mose 1, 22]. Das ist kein gebot, dan wa einer nicht wüchße, so thet er wider das gebot, wa es ein gebot were, und sündet. Nun ist aber wachsen in unserm gewalt nit, aber die sünden sein in unserm gewalt. Mit den vorbehaltenen sunden, das die oberkeit inen h etliche sünden vorbehaltet, die nit ein jeder priester hat zu absolvieren. 184 Sag ich darzü, es ist anfenglich in der besten meinung beschehen, daz solche schwere fei, als morden, junckfrawen schwechen1 etc. und andere dergleichen, dest weniger geschehen, wa sy nit leicht gnad und geringes nachlassen fünden, wil aber je ein mißbruch und ein kauffmanschatzJ daryn kumen, in dem namen Götz, so werd das mit andern mißbrüchen auch gebessert, aber nit nach deinem rath, das gleich, so solch fei nit werden abgethon, dir wolt gebüren, deinen brüder oder deiner schwester, wer die weren, zu beichten und von inen absolution erlangen, dan Got den priestern gewalt geben hat, die sünden zu binden und zu entbinden, das ist dareyn zu erkennen, unnd nicht einem jeden leyen, es were dan sach, das du allen fleiß ankoret hettest, priester zu überkumen\ und dir nit möglich wer, priester zu haben, als dan gibt dir die not zu, einem leyen zu beichten. Aber so du priester hast, so beicht im alle dein sünd, ob er dich schon von den vorbehaltenen sünden nit wil absolvieren, so schaffstu dannocht mer, das selbig einem priester, dan einem schlechten1 leyen zu beichten, darvon wil ich jetz nit geflißner"1 reden. Es wer auch not, das die jarzeit, begenckniß, seelmesen gar abgethon oder ye geringer würden 185 , das solches gut wer, verstand ich nit, daz du aber vermeinst, sie werden geschnattert und on andachte vollenbracht, darzü sag ich, der gleich miest auch alle administration güter werck abgethon werden, so niemans wißlich" ist, mit waz ynwendigem andacht das geschicht. Es ligt auch sunderlichs nit vil daran, mit namen ubung der sacrament°, an dem andacht des priesters, dan sie haben ire krafft uß dem verdienst Cristi des stiffters. 186 Und ob du schon vil meintest, in dem jar nur einem hertz ernstlichen und andechtigen jartag für alle güttäter zu stifften, sag ich, das solchs nit müglich sy von dem menschen zu stifften, den des hertzens andacht kan allein Got erwecken und erkennen, und ob man schon alle ußenwendigen anzogungen eins erdichten p andachts thet, so das hertz da bei mag falsch und ful q sein, darumb bleibt es billich bei der ußenwendigen kirchen uffsatzung der vigilien 187 und messen, dan von verborgenen dingen urtheilet Got und nit die kirchen, dan ob schon des priesters personlicher andacht nit dabei ist, so ist doch der kirchen andacht dabei und des frumen stiffters, und das ist gnung und me erschüßlich zu ewiger selikeit, so einer gemeiner cristenheit andacht bit, dan ein eintzige person. g) nirgendwo h) sich i) schänden j) d. h. Handel, Geschäft k) bekommen 1) einfachen m) eifriger n) wissend o) besonders der Gebrauch der Sakramente p) falschen q) faul 14

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Aber das Mathei VI [7] daz vil wörtig r gebet verbotten ist von Cristo , ret er von sunderlichen s gebet eins jeden, und nit von den gebetten, uffgesatzt von gemeiner cristenheit, er müst sunst den psalter auch abthün, das nie die meinung Cristi was. Du blassest auch hoch uff 1 von wegen des interdicts 189 , das es der tüffel hab erfunden, daz es der boß geist erdacht hat. Dan wie du sprichst, ist es nit ein tüffelisch werck, das man ein sünd bessern wil mit vil und grosen sünden, es ist ye ein grosere sünd, daz man Gottes wort und dienst niderlegt, dan het einer XX bäpst uff ein mal erwürgt. 190 Darzü wolt ich lieber lachen dan antwurten, dan an villen orten magstu wol mit vermeinten andacht raten und reden, aber was zu den rechten dienlich ist, bistu meiner achtung nit gantz bericht", das hab mir nit verubel, also mochtestu auch sagen, wa, umb einer sachen willen, land und lüt verderbt würden, unbilich wer, von einer taden wegen so vil güts abzüthün, das durch die mocht beschehen, die rechtlich gestrafft und verderbet werden, ich wolt dir hie tusent exempel geben auch uß der heiligen geschrifft, so ist es nit von noten, dan in solchen feilen der rechtlichen straffen die sach und nit die nach folg v ermessen würt, also wan einer gemordt het, solt man in auch nit todten, sunder das noch vil gütz durch in in seinem leben beschehe, solt lassen leben. So nun das interdict ein straff ist des rechten, sol nit betracht werden, waz gütz solche straff hindere, sunder was gütz solche straff rechtlich fürdere, darum die straff nit der tüffel erfunden hat, sunder sünd, und Got hat die straff über die sünden erfunden. 188

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Wie der ban sol gebraucht werden. Von dem ban, das du sagest, er sei jetz ganghafftig w umb das zeitlich 25 gut, der solt auch gereformiert und gebeseret werden, das er nit würd gebruchet, dan in denen feien, die in der geschrifft sein angezogt 191 , da bin ich nit weit von dir, und sag in warheit, das die ordenlichen richter den ban zü vil und me dan zu vil mißbruchen, zu grossen schänden der cristenheit und unserem heiligen glauben, als ob sie mit einer axt ein floch" er- 30 morden wolten, ein solche grosse straff offt umb ein hellerliny brachen, so es doch an dem tag ligt, das die heiligen XII botten den ban nur in trefflichen sachen haben gebracht, des zog ich dir fier ort an. Das erst ist Actuum quinto [Apg. 5, 1 — 10], als Ananias und Saphira die gemein der cristen betriegen wolten, bannet sie Petrus beid, das sie vor im des gehen* tods 35 starben. Das ander ist [1.] Corintheos 5 [1—5], spricht Sant Paulus: Es würt warlich under euch erfunden unküscheit, deren gleichen nit ist under den heiden, das einer die haußfrauw seins vatters nem zü der ee, darumb sol von eüch hingenumen werden der, das gethon hat. Ich abheimsch a mit meinem leib, aber gegenwirtig in dem geist, hab jetz geurteilt, das der 40

r) wortreichen s) besonderen t) d. h. du empörst dich sehr u) belehrt, unterwiesen v) Folgen w) geläufig, üblich x) Floh y) d. h. wegen einer Geringfügigkeit (DWB 10, 971) z) plötzlichen a) bin abwesend, fern

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gegenwürtig, der solchs gethon hat in dem namen unsers herren und Gottes Jhesu Cristi, so ir versamlet sein mit meinem geist in der krafft des herren Jhesu, den menschen zu geben dem tüffel, züfal seines leibs b , das sein seel behalten sei in dem tag unsers herren Jhesu Cristi. Das drit ort ist I. ad Timo. I [20]: In welchen glauben etliche uß Verachtung geschiffbrücht haben, uß welchen ist Himeneus und Allexander, die ich dem tüffel geben hab, das sie lernen, nit also lestern. Das fiert ist ad Gala. I [8]: Und ob schon ich oder ein engel von dem himmel anders das evangelium lere dan ich üch daz verkündet und gelernet hab, der sei in dem ban. Diß sein fier ort, die ich find, in was sachen die zwolffbotten den ban gebrucht haben. In dem ersten fal, darumb daz Ananias die gemein hat wollen in zeitlichem gut betriegen, wil mich beduncken, du thügest c im zu vil daran, das du sprichst, man sol den pan nit umb zeitlich gut brachen. Nun hat in doch Sant Peter in Anania und Saphira umb zeitlich gut gebrauchet, darumb glaub ich, das man den ban auch in zeitlichem gut brachen mog, aber zu groser seltzamkeitd, wa jemans in zeitlichem von dem andern betrogen würd. In dem andern fal, wa verbottenlich geweibt würd, wie ob stote, daz einer seins vatters frawen zu der ee nem. In dem dritten fal, wa in dem glauben geirret würd. In dem fierden, wa etwas wider den glauben geprediget würd. Uß welchen fier feien klarlich ermessen würt, das der ban nicht in leichtfertigen sachen solt gebrucht werden. Auch dabei, das der ban in zeitlichem gut mag geübet werden, lut des ersten fals. Das du aber dabei sagst, der ban sol in keinen andern sachen dan in den ob genanten fier stücken gebrucht werden, dunckt mich on warheit sein, von wegen der worter Cristi, der da sagt Mathei XVIII [15—18]: Sündet dein brüder wider dich, so straff in zwischen dir und im, hört er dich nit, so sag das der oberkeit der kirchen, höret er die auch nit, sei er dir als ein ungleubiger. Dan fürwar sag ich euch, was ir binden uff erden, sol in dem himmel gebunden sein, und was ir uff erden ufflosen, sol in dem himmel uff geloßt werden. Dise worter Cristi thün ein offenlichs anzogen, das in meren sachen dan in den fier obgenanten mag der ban gebrucht werden. Aber Seiten malf die zwolffbotten den ban allein so in treffenlichen sachen gebrucht haben, ist fast wol zu mercken, daz die richter auch allein in dapffern 8 hendlen den ban brachen solten, und nit umb ein halben dutzen nestel h , also die cristen verlüten1, verschiessen', verbrennen und dem tüffel geben, also daz jetz offt die tüffel frümer sein dan die richter selber, so sie die selbigen von in k verbanten in der hellen nit wollen wissen, sehen oder hören. Ob nun jemans Sprech, sollen wir richter den ban allein in schweren hendlen brachen, wa mit wollen wir dan die täglichen zenck unnd heder der Christen lüt nider legen, duncket mich, es were vil besser, ir Hessen das

b) dem der Leib zufällt c) tätest d) Seltenheit e) oben steht weil g) wichtigen, bedeutenden h) Nichtigkeiten (DWB 13, 628) schlechten Ruf bringen j) verderben (DWB 25, 1079) k) sich 14'

f) da, i) in

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die Bürgermeister in Stetten ußrichten und ire weltliche oberkeit, und gingent ir in die kirchen, den psalter darfür lesen, wo aber geistlicher Sachen ir uch beladen miesten oder billich solten, habent ir noch fil mer andre straffen dan den ban, was aber die straffen seient, lügent1 I. Corin. V [1. 11], da spricht Sant Paulus: Seint etliche brieder under uch unkeüsch, geitig, den abgoteren dienent, ubelredner, druncken, reüber, mit denen soltent ir nit essen, da habt ir ein straff ussenwendig m des bans, das man mit einem weder es noch drinck, so er das billich beschuldet hat. Item [2.] Thessalo. III [14]: Habt mit den schuldigen nüt zü schaffen, das sie sich schämen miessen. Und II. Thimo. III [5], etlich vermeid, ad Ti. III [10]: Ein ungleübigen, so du yn zweimal gemant hast, den vermeid. Und Johannes in seinem andren brieff [2. Joh. 10] spricht: Kumpt jemans zü uch und bringt nit mit im dise lere, so entpfohent in nit in uwer huß, auch griessent in nit. An disen orten habt ir ein guten bericht von mir, das mer straffen habent in den gütlichen biecheren, dan den ban, die ir mochten brachen nach gelegenheit der hendel und der personen. Also hastu, Luther, ein verstand meiner wort, alß ich anefengklich redt, daz ich nit weit von deiner meinung were des bans halb, das man in mag in zeitlichen gieteren brachen, und in fil meren Sachen dan in der gschrifft angezeiget ist, aber nit so leichtfertig alß biß har beschehen ist. Die andren geistlichen penen, suspension 192 , irregularitet 193 , aggrava194 tion , reaggravation 195 , deposition 196 , dondren", blixen 0 , vermaledeien 197 , woltestu, das solche findlin zehen elen 198 dieff begraben weren in der erden, und thüst in dem fal, wie etlich bose knaben, dy in die galgen sülen p hauwen, und den hanff ußrapffen, uß forcht, daran ein mal zü erwürgen, auch wie die bösen kind, die ire raten verbrennen, dan es mag fast wol bewißen werden uß der heiligen geschrifft, das solche straffen sollent über die bösen gen. Es ist auch nit war, daz der tüffel die straffen erdichtet hab 199 , wie ob gesaget ist, dan der teüffel ist ein erfinder der Sünden, und Got ein straffer der ubeldadten. Nun kan dennocht das ubel nit ungestraffet beleiben, so gilt es in dem fal gleich, ob es mit disen oder andren penen q geschehe, gefallent dir die nit, so zeig unß andre in Gots nammen, es gipt nüt, so nimpt es nüt, daz nur das boß gestraffet werd, du soltest gern der gemein damit liebkosen r und sie unstrefflich machen, so sich der straff anders niemans beklagt, dan der sie verdienet hab. Der feiertag halb, das man sie abdied s , und nit einem jeden gebüren solt, feiertag zü setzen, und das unser frauwen fest oder der XII botten uff den suntag geleget würden. 200 Ich gedenck, du radtst das uß solchem grund, das dest minder uff den stuben und in den tabernen' gemütwilliget u werde, und jederman seinem werck dest geflißner anhieng, ja, wan wir des sicher weren, das es also würd geschehen, hett es wol ein güte meynung.

1) schaut, seht m) außerhalb n) donnern fen r) schmeicheln s) abtäte, abschaffe fug getrieben

o) blitzen p) Kerben t) Weinstuben, Schenken

q) Strau) Un-

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Aber wir sehen das von allen handtwercken, so ein gantze woch ist, machen sie inenv selbs ein feiertag, dunckt mich gelegener sein, daz der bischoff die feyrtag mach dan die Schneider oder schüknecht. Der drinckstuben halb weyß ich warlich nit, was ich sag 201 , es seindt vil spill zu thün uff heilige tag verbotten worden und offt. Nun lassendt wir es ye nit, wir kument uff den stuben züsamen, sollendt sie nun das oder diß nit thün, und kan doch der mensch alß ein unriegigs w thier nit miessig gon, was sollent sie dan thün, so sie zamen* kummen, zü latin, omni negationi preest una affirmatio. 202 Da düchte mich geradten sein, das ein jeder seyne rocken y oder kunckel y mit im brecht, und spünnen mit eynander, so hettent wir dest mer güter hembder. Dabey will ich zü verston geben, das fil ding geduldet und erlitten miessen werden, die nit recht seint. Das man aber die kirchweihungen abdieg 203 , dunckt mich nit güt, eincherley andechtigen und loblichen gottsdienst abzüthün, von des menschlichen mütwillens wegen, dan man miest sunst alle kirchen abthün. Dan ich niendert z ort noch end weiß, wa grosser hürery und bülerey geschieht dan in den kirchen, und wa sie niendert zammen mogent kummen, sparendt sie das an die heiligen ort und end. Aber man sol uff kirchweihung vor dem bösen sein", so fast b man mag, was nit mag gehindret werden, leidt man mit dem güten (lut des ewangeliums) uffzüwachsen, biß uff die eer c Gottes, da er das güt würt von dem bösen scheiden [vgl. Matth. 13, 36—43, 49f.]. Das aber Got sein eigen gesatz, so er von dem himmel geben hatt, uffgehabt d hab 204 , ist nit war, und wider die worter Christi. Mathei V [17] spricht Cristus: Ir sollent nit vermeinen, das ich sei kummen, uffzüheben das gesatz oder die propheten, sunder zü erfüllen. Woltest auch gern, das in den dritten oder fierden [Grad] und in die gevatterschafft mocht geweibet werden 205 , da redstu gar nit züm zil, der Jud hat nit mögen erlitten werden, darumb daz jedes gschlecht im zü güten und den andren zü schwerem nachteil und underganck in die nechsten grad weibet, hat menschlich vernunfft, notturfft und zwang erfunden, in die ferre der grad zü weiben, daz menschliche früntschafft dest stanthafftiger belibbe, und uß filen andren eehafftigen 6 Ursachen, unnot jetz zü erzelen, das nun dir also mit schlechten leeren Worten wider einen solchen notturftigen bruch und erkentniß der menschen sol gevolget werden, mag nit erachtet sein, ja, sprichstu, der bapst mißbruchet daz und nimpt gelt drumb. Mißbruchet er daz, so düt er unrecht, darumb sol aber das gebot nit abgethon werden, dan sunst, wa der glauben mißbruchet würt, solt man den glauben auch abthün, und wa man den wein mißbruchet, miest kein wein mer gebuwen f werden.

v) sich w) unruhiges x) zusammen y) Spinnrocken z) überhaupt nicht a) darauf achten, das Böse zu vermeiden b) sehr c) Druckfehler? gemeint wohl: Ernte d) aufgehoben e) ehrhaftigen, wesentlichen f) angebaut

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Das wir aber frei seient zu fasten und essen, was wir wellen 206 , gefallet mir wol, doch mit dem underscheid, daz es mit demietiger und christlicher messegkeit an den bapst erfordret werd, und niemans das uß frevel selb underlasse. Die feltkirchen 207 abzüthün, ist wider das keiserlich recht 208 , was ein mal Gottes ist, sol nit mer in menschlichen brach kummen, aber hin fürbaß 8 keine mer lassen buwen, daran wolt ich ee sein, dan zu erstorang. Das aber die wunderwerck der teüffel dieg h 209 , ist schühelich1 zu hören, so er doch kein wunderzeichen thün kan, dan wunderwerck zu thün allein Got müglich ist. Das aber der tüffel auch kün wunderzeichen thün, weisest du unß, daz stant geschriben Mathey XXXI. (!) capi. [24, 24]. 210 Das ist war, hinder dem offen stont die holtzschü, da sol sie der drucker finden, hastu aber geirret, das kan ich kum gelauben. Wie kan man aber so fil frummen leüten nit gelauben, die den wunderzeichen so dapffer kuntschafft geben, so doch in dem ewangelio stat Mathey XVIII [20], das in zweier oder dreier mund alle kuntschafft stände. Darumb redstu on alle ge,schlifft, das nechst, daz dir in willen kumpt. Zwo reden bruchestu nachgonds. 211 Die erst, das der bapst nach allem seinem vermügen alle kirchen gleich freien' und eren sol, die ander sol er im nüt vorbehalten, die erst kan nit beston, die ander sol nit sein, alß wenig ein keiser yederman freien sol, oder so fil er mochte geben, dan Sant Paulus schreipt Ro. XV [25—27]: Nun wil ich ziehen gon Hierusalem, da dienen den heiligen, dan es habent Macedonia und Achaia angenummen ein samlung zü thün den armen heiligen, die da seint zü Hierusalem, dan es hat inen gefallen, unnd seint ire schuldener, dan seint die heiden irer geistlichen gaben deilhafftig worden, sollent sie inen billich in leiplichen notturfftigkeiten dienen. Uß dissen worten wil ich so fill ziehen, je mer ein ort von der hauptkirchen und oberkeit geistlicher genaden entpfahet, sol das selbig ort weiters verpflichtet sein, in zeitlichem das zü verdienen und beschulden, und je mer es beschuldet vor andren geeret werden, dan gleich belonen und geben verdienten und unverdienten, were ein abbrach, alle tugenden zü ieben k , zü latin, cum agentur dona etiam rationes crescunt donoram 2 1 2 , das ist, so sich die gaben meren, sollendt sich auch billich meren dancksagung der gaben. Du schiltest aber den bapst hoch, das er alß ein blindenfierer mit bieberei 1 das gelt der massen von den leüten schind und schab, und verdieg"1 daz unnützlich 213 , da laß ich in umb sorgen, er ist Schaffner", schafft er es dan nit wol, so fint er sein Ion darumb, das schadet, ob Got vyll, unß nit. Der betler halb, das sie auch zü reformieren weren 214 , lassent wir bei keiserlichem gesatz beleiben, de validis mendicantibus, das ist von krefftigen betleren gesetzet. 215 Aber der arbeit halb, daz man nit missig gon° gestatten sol, sie seien geistlich oder weltlich, ach Got vom himmel, daz es geschehe, die lantschelmen kumment jetz den mereren teil in die kloster,

g) künftig h) täte i) fürchterlich j) Freiheiten, Privilegien geben k) pflegen, brauchen 1) hier: auf unredliche Weise m) vertue n) Verwalter, Aufseher o) Müßiggang

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das sie sich mit miessiggon erneren, und nit von der seien Seligkeit wegen, und wellent weder mit den henden noch mit vernunfft arbeiten, seint wie die hummel, die den arbeitsamen binlin ire arbeit und honig fressen. Darnach kumpstu uff den XXII. arti[kel], die meß berierent, daz stifftung der messen nit allein wenig nütz seient, sunder Gottes zorn erwecken über uns. 216 Ich muß mein hertz hie aber mit grosser bitterkeit uffbrechen, und kurtzab teütsch mit dir reden, und setz uff ein ort alle priesterschafft, doctorat, müncheit orden, gelüpt, eid, versprüch, und wa mit ich mocht verpflichtet sein, und wil allein ein frummer christ sein, so hat mich mein vatter von jugent gelemet, andacht zü der messen tragen, alß zu einer gedechtniß des leidens Cristi Jhesu unsers herren, so lernen alle, die in der heiligen gschrifft den gemeinen Christen berichten, daz die meß ein opffer sey, für lebendig und dodten erschüßlich p 217 , der meynung seind alle heiligen lerer, unser bruch von den XII botten uff uns erwachsen. Nun lügt und gedenckt ir oberkeiten des glaubens, daz ir uns mit der warheit berichten in der Sachen der messen halb, da dem Christen man sein grostes hertz an ligt, dan wa daz nit geschehe und würd an dem eincherley irrung erfunden, mog wol ermessen werden, waz in andrem geschehen mag. Lügt und gedenckt, daz ir uch hie in der matery q der messen nit sumen r noch sparen, dan ir sehen, das sich die nit sumen, die unseren andacht der heiligen messen widerfechten, versument ir aber uch s , so hapt uch' den schaden, das red ich für mein christlich hertz, und von wegen meinß vätterlichen gesatz, wan es Luter" regnete und schnüet und sich alle bischoff zü dodt stilschwigent, uff das der andacht der heiligen messen erlösche, dennocht bezüg ich mich mit diser meiner hantgschrifft, das ich in vetterlicher lere des andachts der messen sterben wil von diser weit, und in der betrachtung des leidens Cristi Jhesu selig beger zü werden. Ich sag uch bischoffen und oberkeiten zü, ob ir schon durch uwere finger sehen wolten 218 und fileicht schweigen, ob ir uwere mentel 219 , confirmation, bestetigung, pfrienden oder der gleichen mochten fürbaß dest leidlicher uberkummen v , fürwar, fürwar und aber fürwar, entpfalt w dem Christen man, da Got vor sei, sein heilsamer andacht der heiligen messen, so ist es umb uwere pfrienden, mentel mit den rocken gethon, und feirobent gemacht, da wißt uch nach zü richten, dan Luter spricht, das die meß niemans nützlich sei, dan allein dem, der sie lißt oder höret lessen 220 , mogent ir das leiden und darzü stil schweigen, so mögt ir auch kißlingstein verdeüwen x , da bei verstand, was ir wellent, und gedencken, das ich das uch gesagt hab. Das aber die alten stifft und thüm y für des adels kinder seient erstifftet worden, ob ire elter sie in der weit nit mochten versehen2, darin solten gethon werden 221 , hie redt der heilig geist nit uß dir, Luther, sunder du zühest dem adel, zü dem du schreipst, ein lindes federlin under der nasen a ,

p) nützlich, verdienstvoll q) Materie, Sache r) säumt, zögert s) euch t) auch u) gemeint: wenn nichts als Luther gelten sollte v) erhalten w) entfällt x) Kieselsteine (DWB 11, 691) verdauen, gemeint: euch kann nichts rühren y) Bistümer z) versorgen a) gemeint: schmeichelnderweise

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dan du sprichst, wir seient alle geistlichs stats, seint wir nun alle eins stats, warumb gipstu der edelleüt kinder die freiheit vor allen andren, du meinst filleicht, das Cristus nür edelleüt in seinen höchsten thüm der XII botten genummen hab, alß du wilt sein ein redner der warheit, ist dir das liebkosen ubel angestanden, doch so du daz uß der heyligen geschrifft nit bewerest, laß ich das für ein menschliche reden ston. Daz auch niemans sol fil pfrienden haben 222 , daz ist ein alt gesatz, laß ich ston, des gleichen mit den brüderschafftten 223 , und das die bepstlichen botten mit iren faculteten 224 unnd freiheit geben uß dem land soltend verjagt werden, sittenmal du darzü kein gschrifft bruchest, und dich daz lassest beduncken, gib ichs den lichteren zu ermeßen, dan es auch den glauben nit betrifft. Du begerst darnach, das Got des bapsts stül bald zerstör und in abgrund der hellen sencke, und gipst des ursach erstlich, das er der war endcrist sei, zu dem andern, daz er zerstör, das Got gebotten hab, zu dem dritten, daz er dy tütschen ler b , unbestendig, meineidig, verreter, boßwicht, trüwloß sein. Zu dem fierden, du sprichst, das in den ketzrischen decretal stand, daz sein der bapst macht hab, trüw und glauben uffzülosen, des lieg er in sein halß, und fider0 als ein böser sathan, als er noch nie gelogen hat. Zu dem fünfften, das er sitz zü Rom in des tüffels nest, zu dem sechßten, das der bäpstlich gewalt nichts anders sei, dan die seien zü verdamniß füren. Zü dem VII. begerstu, daz Cristus den jüngsten tag laß ynher brechen, dises alles zü einer Zerstörung.225 Ich sihe und greiff 1 , das du zornig bist, darumb mir gebüren wil, kaltsinnig zü sein, uff daz nit gesprochen werd, daz wir beid unsinnig sein, es ist zü vil mit dir. Und sag erstlich, das du nit war redst, das der endcrist kumen sei nach dem anzogen Cristi Jesu unsers herren. Zü dem andern, dem dritten, fierden und fünfften, all weil du nit anzögst, wa der bapst das thü, oder in welchen Sachen, orten und enden daz stand oder beschehen sei, und uff in bewerst, müstu das erdichtet haben, und mit der unwarheit im zügelegt, dan solt es uff erdtreich darzü kumen und daz gestattet werden und glaubt, was ein jeder on alle bewerung 6 wider den andern ußkotzet f oder speuwet 8 , so wer niemans mer seiner eren sicher. Sie malen den heiligen geist uff dein haupt 226 , als ob er uß dir redte, erst h lerne ich, daz der heilig geist auch kan unsinige reden thün, doch sag ich darzü, wa du war retst, da ret on zweifei der heilig geist uß dir, dan alle warheit ist von Got [Joh. 17, 7], wa du aber nit war retst, da ret sicher der tüffel uß dir, der ein vatter ist aller lügin [Joh. 8, 44]. Darumb riet ich, man malte dir sie beid uff dein haupt, den heiligen geist uff ein seit, und den tüffel uff die ander seit, und die stat Prag in die mitten. 227 Darzü das du in heist liegen in sein feder und halß, das kan von den edellüten, zü den du schreibst, für kein cristliche messikeit verstanden werden. Ich liß von Künig David, der auch ein edelman was, als sein vorfar Saul von Got des künigreichs entsetzt waz, und er von Got ein künig ge-

b) lehre c) schlimmer d) begreife e) Beweise f) auskotzt, d. h. Verwerfliches vorbringst (DWB 11,1906) g) speit h) jetzt

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salbt, daz er dannocht mit worten oder wercken Saul nie letzen1 wolt, so lang in Got im ampt duldet [vgl. 1. Sam. 24, 9 - 1 6 ; 26, 9—11]. Also soltestu billichenJ, so lang Got den bapst in dem ampt duldet, ob er schon der bosest uff erden wer, ink todlich weder mit worten oder wercken der massen und so schentlich schmehen, wüß1, daz mancher weiser man dir das in keinen guten empfangen hat, doch sol dir zügelasen werden, in zu sehenden und an seinen eren zu letzen, so erfordert die not und das natürlich recht die gegen wer, daz man in laß zu verhör kumen und sich verantwurten, ob er schon der tüffel selb wer, sol man dannocht günstiger sein dan dir, dan in allen zweifflen anklagen, solt den antwurter me gegünstiget werden dan den anklager, und alle weil sich der bapst nit verantwurt hat, würt dein anklag billich, als von einer parthen™1 gethon, zweiffelhafftig erachtet. Zu dem sechsten ist das gantz nit war, aber waz bepstlicher gewalt ist, hab ich gesagt in dem buch von dem bapstenthüm. 228 Zu dem sibenden wil dir gar nicht gebüren, die zeit zu gahen" und fürkumen von Got zu begeren, die er in seiner fürsichtikeit verordnet hat, du möchtest sunst begeren, das der ostertag uff die weinachten kern, so wer kein fasten me, wer wolt dan die hering essen, zu latin (Nam stultum est petere quod potest iure negari 229 ). Das man aber den feinden sol glauben halten 230 , daz ist war, so fer sie sich auch geleitlich und gleublich 0 halten, dan wa sie glaubenbrüchig würden, als dan solt man inen billich auch kein glauben halten. Aber Meister Hanß Huß, Hieronimus, der bohemen botschafft in das concilium gen Costentz p , haben sich nit geleitlich gehalten 231 , dan sie dem concilio versprochen haben, nüt zu emüwern in den glauben, biß sie ein endlichen q beschluß von dem concilio empfiengen, das haben die bohem nit gehalten, sunder ire seck[te] und irrung angefangen, ee und r die botschafft ist in daz concilium kumen. Meister Hanß Huß hat sich auch des also verantwurt s , daz er kein schuld daran hab, so nun daz geleid des reichs gewesen ist, und es hat kein glauben gehalten noch verspruch, warumb wolt man dan inen glauben halten. Wa haben die bohem ire trüw und glauben gehalten, dan sie in eidßkrafft iren eignen rat gethon haten, als sie die frumen Kitschen ratzherren in die spieß empfiengen ir eigen landfolck. 232 Nun wiltu aber daz concilium also hoch sehenden, daz es kein glauben hab gehalten 233 , da mit machstu des Hussen sach nit dest besser, dan so einem morder ein geleit wer gegeben und nit gehalten, bleibt er nicht dest minder ein morder, wie fast doch die unrecht theten, die daz brechen. Aber die von des Hussen geleit, warumb es billich nit ist gehalten worden, soltu bald in einem andern buch bericht werden. 234 Nach gonds' hastu vil unnützer sorgen, unß und die bohemen zu vereinigen 235 , ich mocht leiden, daz es gescheh, doch nit durch deine mittel, so du fürschlechst. Aber daz riet ich, wa sie wolten glauben und halten als alle andere cristen uff erden, deren on zal vil sein, so sein sie unß wilkum

i) schaden j) gutheißen k) ihn (den Papst) 1) wisse m) Partei, Seite n) eilen o) glaubhaft, glaubwürdig p) Konstanz q) endgültigen r) verstärkendes „und" nach Konjunktion „ehe" s) verteidigt t) dann

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als hertz liebe cristliche brüder, wa sie aber das nit wolten thün, wollen wir lieber und rechtlicher auch gotlicher bei den grosem huffen bleiben, dan zu inen vereinigen, und von dem merern theil der cristenheit absündern. Und uff daz ich doch ein mal zu einem end kum, laß ich die reformationes der universiteten und schulen beider rechten, der theologen, leren 5 der kinder, uberfluß der tütschen nationen, von der spetzerei, auch des fuckers, kauffmanschatz, zinß zu kauffen, mißbruch in essen und trincken, oder das nit offene frauwen heüser sollen sein 236 , alles fallen als menschliche hendel, unsern glauben gar nichts betreffen, und wil daz den regenten befolhen haben zü regieren. 10

Beschluß. Ich ker jetz wider zu uch, ir großmechtigen, durchlüchtigen, hoch und wol gebornen, strengen, erennotfesten, frumen edellüt unsers vetterlichen tütschen lands, mit ermanung der dapfferkeit" euwerer elter und eerlichen namens und adelichen harkumens, daz ir euch die liebe Cristi unsers herren und euwers vätterlichen gesatz durch kein mißverstand lasen in euwerm hertzen erloschen von wegen der ewigen selikeit, die wir mit üch von Got erwarten, nit leichtlich durch ernüwerung lasen in einen unglauben füren, sunder als ir in krafft euwers adelichen harkummens verpflicht sein, unsern glauben verfechtenv, beschützen und beschirmen, das recht und die billicheit in disem bundschü 237 ermessen, Doctor Luther nit in allen dingen glauben, der euch alle euwers adelichen stats beraubt hat, und zü pfaffen gemacht, ansehen wollen, daz der uffrüren gleich vor w me geschehen sein, und eben in solchen articklen ist aber alwegen* der cristlich glaub für gangen y , und sein solch nüw und erdichte menschliche fund z zertrent worden und undergangen mit grosem schaden und schänden deren3, die solche zwitracht erweckt hetten. Wil dabei nit verleugnet haben, daz Doctor Luther in allen dingen unrecht hab und die unwarheit geret, sunder in fillen dingen nit ungeschickt erfunden würt, allein in dem des aller ho[ch]sten geschuldiget, daz er die warheit mit der unwarheit und mit gifft also boß listig vermischet hat, das ein vor dem andern nit mag noch kan von den einfaltigen cristen verstanden werden, auch dabei, daz er sein edel kunst und vemunfft und die heilig geschrifft mißbrucht zü einem uffrürigen und unfridsamen, auch uncristlichen end, durch euch, als die houptlüt und fürtrefflichsten, die andern armen scheflin in Cristi in unglauben zü verfüren. Geben dabei euwern gnaden in demütiger cristlicher gehorsam unser eigene Unwissenheit zü verston, das on fellen b in diesem eilenden schreiben, in dem wir dem waldwasser und dem follen Rein hand wollen entgegnen 0 , mag erfunden werden, das villeicht billich auch mag gestrafft

u) Ansehens, Bedeutung v) verteidigen w) vorher, früher x) immer y) weiter-, vorangegangen z) Kniffe, Erfindungen a) deijenigen b) an Fällen, d. h. an verschiedenen Stellen c) d. h. wir haben uns dem vollen Rhein (dem ganzen Fluß) entgegenstellen wollen

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werden, dan die unbesunnen eyl ist dick d ein müter der irrung, darumb wir unsere geschrifft underwürfflich machen nit allein der oberkeit unsers glaubens, sunder auch euweren gnaden und einem yeden, unß bessers lernen und berichten kan, dan wir der hoffart gar nit sein, daz wir unß schampten, von jemans zü leren, das wir nit wißten, oder uß schelligen 6 zorn unsere irrung zü verlassen. Und darzü, wa wir Doctor Luter, den wir für ein gelerten man halten, wa er sein kunst nit zü einem bösen end bruch f für ein glori g und eer des Witschen lands, etwas zügelegt hetten, das nit seiner meinung wer oder seins güten Verstands, wollen wir brüderlich und von hertzen gern seiner declaration h ston, und mit unserm schreiben in nit weiters dan verursacht haben, sich baß1 zü erkleren, das solch declaration bei cristlichem verstand mog bleiben, dan wir je lieber sein (als eins tütschen) eer und leben füdernJ wolten dan sein schand und tod procurieren k . Es ist je grüntlich unsere meinung, daz wir sein lang leben gern sehen, doch seine Vereinigung, so mit bepstlicher heilikeit und gemeiner cristen begeren, raten und bitten durch dy gotliche einikeit und friden des cristlichen glaubens. Wa er aber je unsern brüderlichen gunst verachtet, sich gegen unß sperret, wollen wir billich von im leiden und gern, das er in cristlicher messikeit und in gleichem schreiben und fal unß entgegne nach allem seinem gefallen, da mit unsere replicken 1 erwarten sein und gegen red, das euwere gnaden uß solcher red und widerred die warheit ermeß, ergründ und des ußspruchs erwart, Got geb, von wem der geschehe, der sein gewalt hat. Würd aber je Doctor Luther gegen unß, als er pflegt, seinen zornigen kopff under ston zü bruchen, und unß geweltlich wortlin"1, mag euwer gnad erkennen, das bilicheit erfordre, im nach gelegenheit zü entgegnen, es ist doch noch on das umb den ersten wurff zü thün, und ligt die kugel noch nit an irem rechten ort". Das sich aber dises büchlins niemans zü beklagen hab, als eins schmachbüchlins on ein namen geschriben, ist den gnedigen fürsten und herren, einem bischoff von Straßburg 238 , der nam des machers und sein person bekant. In zü erorffnen, wa es sein gnad noturfftig erkent etc. Censores. Getruckt von Johanne Grieninger in dem jar Tausent CCCCC und XX uff den cristabent mit keiserlichem Privilegium, in einem jar niemans nachtrucken sol etc.

A) Vorbemerkung Druckvorlage: An den Groß=llmechtigsten vn II Durchlüchtigste adel tüt=llscher nation das sye den II christlichen glauben be=llschirmen/ wyder den II Zerstörer des

d) oft e) verrücktem f) gebrauchen würde g) Ruhm h) Erklärung i) besser, mehr j) fördern k) besorgen 1) Entgegnungen m) Schmähwörter, Kraftausdrücke zulegen n) gemeint: die Sache ist noch nicht ausgetragen

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glaubes II christi/ Martin II luther eine vfiellrer der einfellltige christe. II [TE] (Am Ende:) Getruckt von Johanne Griellninger in dem iar Tausent. CCCCC. Vnd II xx. Vff de Cristabent... [Straßburg] 4° 40 Bl. (Titelrückseite leer) Sign.: A - K 4 . - VD 16 M 7020. Köhler 3394. - EKU: 896. Zur Entstehung: Thomas Murner (1475—1537) plante im Herbst 1520 eine Folge einzelner, thematisch orientierter Traktate gegen Martin Luther (1483—1546) und dessen Reformanliegen. Von den 32 angekündigten Schriften erschien aber nur ein kleiner Teil in allerdings sehr kurzem zeitlichem Abstand. Während der Arbeit an seiner dritten Publikation, „Von dem bapstenthum", dachte er bereits an die nächste. Sie annoncierte er mit den Worten: „doch wil ich . . . in dem teutschen adel weiters sagen" (vgl. Murner, Deutsche Schriften, Bd. 7, S. 42). Mit dieser Ankündigung kam die „bapstenthum"-Schrift am 13. Dezember heraus. Zu dem Zeitpunkt dürfte Murner den Adelstraktat bereits unter der Feder gehabt haben. Er verfaßte ihn nach eigenen Worten „in unbesunnen eyl" (vgl. oben S. 211). Gleichwohl gelang ihm ein ganz genau und gekonnt gestaltetes „Gegenstück" zu Luthers Adelsschrift (Büchner, Murner, S. 253). Am „Cristabend" verließ das Werk die Offizin Johann Grüningers in Straßburg. Wie schon die vorangegangenen antilutherischen Murner-Schriften nennt auch diese nicht den Namen ihres Verfassers. Nennenswerte Aufmerksamkeit blieb ihr versagt. Ausgaben: Thomas Murner, An den großmächtigsten und durchlauchtigsten Adel deutscher Nation. Hrsg. v. Ernst Voss, Halle 1899 (= Neudrucke deutscher Litteraturwerke des XVI. und XVII. Jahrhunderts, Bd. 153); Mumer, Deutsche Schriften, Bd. 7, S. 5 9 - 1 1 7 (mit Erläuterungen). Literatur: W. Pfeiffer-Belli, in: Murner, Deutsche Schriften, Bd. 7, S. 5 6 - 5 8 ; Büchner, Murner, S. 2 5 3 - 2 5 9 ; Iserloh, Murner, S. 25.

B) Sacherläuterungen 1 Karl V. (1519—1555), seit 1516 König von Spanien, im Juni 1519 zum Kaiser gewählt, im Oktober 1520 gekrönt; auch Luther stellte seiner Adelsschrift eine ehrerbietige Rede an Karl V. voran (vgl. Laube/Looß/Schneider, Bd. 2, S. 632f.; WA 6, S. 405f.; die folgenden Nachweise nach WA 6). 2 Cognomen des L. Sergius Catilina (um 108—62 v.Chr.) (vgl. Pauly, Realenzyklopädie IIA1, S. 1693-1711). 3 Vgl. Wander, Bd. 1, Sp. 220, Nr. 4. 4 Ebd. Sp. 567, Nr. 3. 5 Vgl. zu diesem Vorwurf auch oben Nr. 6, S. 142. 6 Vgl. Wander, Bd. 4, Sp. 678, Nr. 130. 7 Zum Gebrauch dieser Redewendung bei Murner vgl. Murner, Deutsche Schriften, Bd. 7, S. 147 Anm. 8 Nachstehend bezieht sich Murner, wie bereits in seiner „ermanung" (vgl. ebd. Bd. 6, S. 40f.), auf Luthers Adelsschrift (WA 6, S. 416-427). 9 Annaten sind die Hälfte des ersten Jahresertrages eines vom Papst besetzten geistlichen Lehens (vgl. LThK 1, Sp. 575). 1521 sind sie Gegenstand der Gravamina (vgl. RTA JR 2, S. 674, Nr. 9). 10 Luther wendet sich in der Adelsschrift gegen die sogenannten menses papales, die ungeraden Monate des Jahres, in denen der Papst die Besetzung der Kirchenämter vornehmen kann (WA 6, S. 419; zur Sache vgl. Feine, Rechtsgeschichte, Bd. 1, S. 334f„ 343-346, 483).

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11 Zu dieser kirchenrechtlich verankerten Bestimmung vgl. Extrav. comm. 1. 3, tit. 2, cap. 13, in: CorpIurCan, Bd. 2, Sp. 1266f. Auch hiergegen richten sich 1521 die Gravamina (RTA JR 2, S. 673, Nr. 5). 12 Die Lehen des Papst- und Kardinalgesindes fallen nach Erledigung an den römischen Stuhl. Luther kritisiert dies ebenso wie die Gravamina (WA 6, S. 420, RTA JR 2, S. 678, Nr. 21). 13 In der Adelsschrift rügt Luther am Beispiel Albrechts von Brandenburg (1514-1545), daß das „Cardinalat theur gnug betzalet" werde (WA 6, S. 421). 14 Das Pallium, ein weißer, wollener Streifen, wird dem Erzbischof gegen Geld und den Eid des Gehorsams verliehen (LThK 8, Sp. 7—9; Decr. Greg. IX., lib. 2, tit. 24, cap. 4, in: CorpIurCan, Bd. 2, Sp. 360; vgl. auch hier die Kritik der Gravamina [RTA JR 2, S. 674f„ Nr. 10]). 15 Vgl. WA 6, S. 421 f. 16 Ebd. S. 423; zu den kirchenrechtlichen Bestimmungen vgl. Sexti decr., lib. 3, tit. 5, cap. 1, in: CorpIurCan, Bd. 2, Sp. 1034. 17 WA 6, S. 423; Kommenden sind Pfründen, deren Inhaber von der Amtsausübung befreit sind (vgl. LThK 6, Sp. 407; hierzu auch die Gravamina [RTA JR 2, S. 675, Nr. 12]). 18 WA 6, S. 423f.; zur Inkorporation, der Vereinigung zweier Pfründen, vgl. LThK 5, Sp. 6 8 0 - 6 8 2 ; Decr. Greg. IX., lib. 5, tit. 33, cap. 3, in: CorpIurCan, Bd. 2, Sp. 849f. 19 WA 6, S. 424; zum Administrator, dem Verwalter eines Bistums, vgl. LThK 1, Sp. 149. 20 WA 6, S. 424; zu den vorbehaltenen Jurisdiktionsbefugnissen vgl. RGG 5, Sp. 1068f. 21 Befugnis des Papstes, Ämter mit seinen Kandidaten zu besetzen und dabei auch kirchenrechtlich gültige Wahlentscheidungen aufzuheben (vgl. LThK 8, Sp. 1248f. sowie Luthers Ausführungen in der Adelsschrift [WA 6, S. 425], die Murner stellenweise direkt zitiert). 22 Zur Lehre vom Fegfeuer vgl. LexdMA 4, Sp. 328-331. 23 Vgl. TRE 1, S. 347-364. 24 Dispensation meint die Befreiung von kanonischen Vorschriften nach Zahlung entsprechender Taxen (vgl. LThK 3, Sp. 419f.; 8, Sp. 775f. sowie die entsprechenden Ausführungen Luthers [WA 6, S. 426]). 25 Ebd. S. 427; sogenannte Butterbriefe erlauben den Verzehr von Butter, Käse und Milch in der Fastenzeit (vgl. im einzelnen Paulus, Geschichte, Bd. 3, S. 441 f., 511 f.). 26 WA 6, S. 427; zur Sache vgl. oben Nr. 6, S. 167f„ Anm. 50. 27 Martin Luther, An den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung (WA 6, S. 404—469). Mit dieser Schrift setzen sich auch Johann Eck (1486—1543) und Hieronymus Emser (1478—1527) auseinander (vgl. oben S. 136f. und unten Nr. 9). 28 Ebenso argumentiert Mumer in „Von dem bapstenthum" (vgl. Murner, Deutsche Schriften, Bd. 7, S. 53). 29 Vgl. Anm. 2. 30 Vgl. Anm. 6. 31 Die Lehren von John Wiclif (um 1325 — 1384) und Jan (Johannes) Hus (um 1371 — 1415) wurden vom Konstanzer Konzil verurteilt. Den Vorwurf des Hussitismus erhob Eck gegen Luther auf der Leipziger Disputation (vgl. Brecht, Luther, Bd. 1, S. 304—306); Murner erhebt ihn erstmalig in seiner „ermanung" (vgl. Mumer, Deutsche Schriften, Bd. 6, S. 76). Vgl. auch die Schriften von Tetzel und Alveldt oben Nr. 1 und 2.

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Mumer: An den Adel deutscher Nation

32 Murner bezieht sich offensichtlich auf Luthers Schrift „Von dem Papsttum zu Rom wider den hochberühmten Romanisten zu Leipzig" (WA 2, S. 286f.). 33 Vgl. Nr. 6, S. 165, Anm. 3. 34 Zu diesem Vorwurf Murners vgl. oben Nr. 6, S. 144 mit Anm. 11. 35 Vgl. Wander, Bd. 1, Sp. 1688, Nr. 22. 36 Maximilian I., deutscher Kaiser aus dem Hause Habsburg (1493—1519), Großvater Karls V. 37 Gleichsinnig schreibt Murner auch in der „ermanung" (vgl. Murner, Deutsche Schriften, Bd. 6, S. 82f.). 38 Zu Murners Haltung zum Konzil vgl. Nr. 6, S. 165, Anm. 5 sowie allgemein zu seiner Kritik der Zeitverhältnisse Büchner, Murner, S. 175—217. 39 Vgl. hierzu und zum folgenden oben S. 172 mit Anm. 14—19. 40 Vgl. Wander, Bd. 2, Sp. 1547, Nr. 170. 41 Murner bezieht sich auf entsprechende Ausführungen in der Adelsschrift (WA 6, S. 438—440), die weiter unten wieder aufgegriffen werden. 42 Vgl. hierzu die Bemerkung in Murners „ermanung" über die „XXXII. tractat" (Mumer, Deutsche Schriften, Bd. 6, S. 87). Nur ein Teil der geplanten, angekündigten und verfaßten (?) Schriften ist wirklich erschienen (vgl. auch Büchner, Mumer, S. 262, Anm. 19). 43 Von Murners Wertschätzung der Gelehrsamkeit Luthers zeugen auch Bemerkungen in anderen Schriften (vgl. oben Nr. 6, S. 142 und Murner, Deutsche Schriften, Bd. 6, S. 31). 44 Zu Murners anfänglicher, betont freundlicher Gesinnung gegenüber Luther vgl. Murner, Deutsche Schriften, Bd. 6, S. 29. 45 Vgl. Wander, Bd. 3, Sp. 1489, Nr. 4. 46 Vgl. Anm. 1. Der Hinweis auf die Kaiserkrönung (23. Oktober) dient als terminus post quem für die Entstehung der Schrift. 47 Vgl. WA 6, S. 415 und oben Nr. 6, S. 169, Anm. 93. 48 Vgl. WA 6, S. 416. 49 Vgl. ebd. S. 4 2 7 - 4 3 9 . 50 Wander, Bd. 2, Sp. 1321, Nr. 113. 51 Bei Wander nicht belegt. 52 Rehabeam, König von Juda nach der Spaltung des Reichs, die auf den Einfluß von Ratgebern zurückgeführt wird (vgl. 1. Kön. 11 — 12; 2. Chron. 11). Mumer verweist auf Rehabeam in warnender Absicht. 53 Wander, Bd. 3, Sp. 1085, Nr. 4. 54 Mumer bezieht sich auf Luthers Widmungsvorrede in der Adelsschrift (WA 6, S. 404). 55 „Es gilt aber, wer dem andern die schellen anknupfft" (WA 6, S. 404). 56 Gemeint ist eine der populärsten Schriften des Erasmus von Rotterdam (1466/ 1469—1536), das Moriae Encomium id est stultitiae laus, 1511 in Paris, 1514 vermehrt in Straßburg und anschließend noch oft lateinisch und deutsch erschienen. 57 „Auch dieweyl ich nit allein ein narr, sondern auch ein geschwomer doctor der heyligenn s c h l i f f t . . . " (WA 6, S. 404f. ). Hierauf bezieht sich Mumer. 58 Vgl. Wander, Bd. 3, Sp. 1214. 59 „ . . . den blutseuffer Julium secundum" (WA 6, S. 406). Luther hat die Feldzüge Papst Julius' II. (1503-1513) im Auge (TRE 17, S. 444f.). 60 Leo X. (1513-1521) (TRE 20, S. 744-747). 61 WA 6, S. 406. 62 Zu den bis zu diesem Zeitpunkt erschienenen deutschsprachigen Schriften vgl. Aland, Hilfsbuch, S. 649-652.

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63 Vgl. Codex Justinianus I, 1, 3, in: CorpIurCiv, Bd. 2, S. 5f. 64 Vgl. Wander, Bd. 2, Sp. 1147, Nr. 46. 65 Die gleiche Formulierung verwendet Murner schon in der „ermanung" (Murner, Deutsche Schriften, Bd. 6, S. 48). Die Tendenz der folgenden Ausführungen betont, wie schon in Mumers früheren, nicht die causa Lutheri betreffenden Schriften erkennbar (vgl. Büchner, Murner, S. 60f., 140f., 188), die Trennung zwischen geistlichem und weltlichem Stand. 66 Die nicht nur von Luther gebrauchte Bezeichnung Romanisten meint das Papsttum und dessen Anhänger (DWB 14, 1154). 67 Vgl. WA 6, S. 4 0 7 - 4 1 0 . 68 Ebd. S. 407. 69 Ebd. S. 408. 70 Vgl. Wander, Bd. 2, Sp. 284. 71 WA 6, S. 407. 72 Ebd. S. 409. 73 Ebd. S. 407. 74 Ebd. 75 Ebd. 76 Ebd.; zur Sache vgl. auch oben Nr. 5, S. 130. 77 Vgl. Denzinger-Schönmetzer, Nr. 125-126, 150. 78 WA 6, S. 407. 79 Vgl. ebd. 80 Kaiser Maximilian erhob auf dem Wormser Reichstag 1495 Gf. Eberhard V. im Bart (1459—1496) zum Herzog und die Grafschaft Württemberg zum Herzogtum. 81 WA 6, S. 407. 82 Die alttestamentlichen Verhältnisse sind durch die Erblichkeit des Priestertums und das Auftreten einzelner Priesterfamilien gekennzeichnet (vgl. Bibellexikon, Sp. 1404f.). 83 Das Kirchenrecht verbietet die Priesterweihe unehelich Geborener (vgl. Sext. decr. 1.1, tit. 11, c. 1, in: CorpIurCan, Bd. 2, Sp. 977). 84 Murner zitiert wörtlich aus Luthers Adelsschrift (WA 6, S. 407f.). 85 Zur kirchenrechtlich gültigen Nottaufe vgl. Denzinger-Schönmetzer, Nr. 1315. 86 Vgl. WA 6, S. 408. 87 Vgl. Legenda aurea, S. 250-259, bes. 250f. 88 Vgl. WA 6, S. 408. 89 Wander, Bd. 1, Sp. 577, Nr. 6. 90 Zu Luthers Schriftprinzip vgl. Althaus, Theologie, S. 74—77; Adam, Dogmengeschichte, Bd. 2, S. 277-282. 91 Zur Verehrung der Maria als Muttergottes, zur Lehre von der unbefleckten Empfängnis und der Himmelfahrt der Maria vgl. LThK 7, Sp. 28f.; 1, Sp. 1068-1072; 10, Sp. 467-469. 92 Vgl. WA 6, S. 408. 93 Vgl. ebd. S. 408f. 94 Vgl. ebd. S. 408. 95 Ebd. S. 409f. 96 Gemeint sind die drei geistlichen Kurfürsten, die Erzbischöfe von Mainz, Trier und Köln. 97 Vgl. WA 6, S. 409. 98 Vgl. Wander, Bd. 2, Sp. 219, Nr. 56. 99 Vgl. oben Anm. 6. 100 Murner meint die hussitischen Lehren, insbesondere die in Luthers Adelsschrift begrüßte Abendmahlsauffassung (vgl. WA 6, S. 456f.).

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101 Vgl. ebd. S. 445. 102 Vgl. Anm. 42. 103 WA 6, S. 410; zur Sache vgl. Decr. Greg. IX., lib. 2, tit. 1, c. 10, in: CorplurCan, Bd. 2, Sp. 242. 104 Die gleiche Tendenz gibt Mumer bereits in der „ermanung" zu erkennen (Murner, Deutsche Schriften, Bd. 6, S. 31; vgl. auch oben Nr. 6, S. 146). 105 Vgl. etwa (Spengler), Apologia (wie oben S. 165f., Anm. 6) und den Bezug bei Mumer (oben Nr. 6, S. 143f„ 146f.). 106 Vgl. Liebs, Rechtsregeln, S. 23, Nr. 29. 107 Vgl. WA 6, S. 410. 108 Murner dürfte besonders an Codex Justinianus I, 3 (CorpIurCiv, Bd. 2, S. 19-39) denken. 109 Vgl. bes. 3. Mose 8; 21. 110 Zum spätmittelalterlichen Asylrecht und den kirchenrechtlichen Bestimmungen vgl. TRE 4, S. 324-326. 111 Das Interdikt, bezogen auf Kirchen, Ortschaften oder ganze Gebiete, bedeutet die Einstellung aller sakramentalen Handlungen (Feine, Rechtsgeschichte, Bd. 1, S. 438f.); Murner bezieht sich auf Luthers Ausführungen in der Adelsschrift (WA 6, S. 410). 112 Vgl. Wander, Bd. 4, Sp. 936. 113 Ebd. Bd. 2, Sp. 1658, Nr. 51. 114 Vgl. WA 6, S. 410. Luther bezieht sich offenbar auf Decr. prima p., dist. 40, can. 6, in: CorpIurCan, Bd. 1, Sp. 146. Zur Sache vgl. H. Zimmermann, Papstabsetzungen des Mittelalters, Köln 1968. 115 Grober Dummkopf (vgl. die Verbindungen von „Hans" mit ersonnenen Eigennamen in DWB 10, 459—461, wo diese Form aber fehlt). 116 Vgl. Wander, Bd. 2, Sp. 1244, Nr. 6. 117 Vgl. Walther, Proverbia, Nr. 32789 mit Verweis auf Wander, Bd. 3, Sp. 1703, Nr. 58, wo die Bedeutung (Gib das Geringere nicht fort, bevor du das Wertvollere hast) hergestellt wird. 118 WA 6, S. 411. 119 Murner verweist auf Codex Justinianus II, 1, in: CorpIurCiv, Bd. 2, S. 92. 120 Vgl. WA 6, S. 41 lf. 121 Auf die ganz andere Interpretation dieser Schriftstelle durch Luther (WA 2, S. 235) verweist Büchner (Murner, S. 255). 122 Vgl. WA 6, bes. S. 4 1 5 - 4 2 7 . 123 Vgl. oben Nr. 6, S. 162f. mit Anm. 112. 124 Vgl. WA 6, S. 411 f. 125 Vgl. WA 6, S. 412. 126 Die Schrift ist am 13. Dezember 1520 bei Johann Grüninger in Straßburg erschienen (vgl. Mumer, Deutsche Schriften, Bd. 7, S. 3—55). 127 Vgl. WA 6, S. 412. 128 Vgl. oben Anm. 38. 129 Vgl. WA 6, S. 412. 130 WA 6, S. 413-415. Büchner (Murner, S. 257-259) betont, daß Murners Stellung hier ein „Kompromiß" sei. 131 Vgl. die kirchenrechtliche Bestimmung in Decr. Greg. IX., lib. 1, tit. 6, c. 4, in: CorpIurCan, Bd. 2, Sp. 49f.). Luther verweist auf die Einberufung von Konzilien durch Kaiser. 132 Vgl. WA 6, S. 413. 133 Der Bundschuh ist eigentlich die Fußbekleidung des gemeinen Mannes, seit dem ausgehenden 15. Jh. das Symbol der Aufständischen in den Unruhen im

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Südwesten des Reichs (1493, 1502, 1513, 1517). Murner versteht Bundschuh im Sinne von Aufruhr. Vgl. WA 6, S. 414. Karl V. (vgl. oben Anm. 1 und die Vorrede an den Kaiser). Vgl. WA 6, S. 415f. — Murner behandelt nun die Fragen, die nach Luthers Vorstellung ein Konzil zu klären habe, und verwirft sie mit dem grundsätzlichen Argument, daß sie nicht den Glauben betreffen (vgl. im einzelnen Büchner, Murner, S. 258f.). WA 6, S. 415. Vgl. hierzu Murners Ausführungen in „Von Doktor Martin Luthers Lehren und Predigen" — oben Nr. 6, S. 156). WA 6, S. 415; zur Tiara vgl. oben Nr. 6, S. 169, Anm. 93. Zu anderen zeitgenössischen Deutungen der Tiara, etwa als Zeichen der Macht des Papsttums über Erde, Himmel und Hölle, vgl. Büchner, Murner, S. 258, Anm. 138. WA 6, S. 415: „Nu solt sein (sc. des Papstes) ampt nichts anders sein, dan . . . ein exempel aller demut furtragen." Vgl. WA 6, S. 416. Ebd. S.416f. Vgl. Anm. 9. Vgl. Anm. 10. Vgl. Anm. 11. Vgl. Murner, Deutsche Schriften, Bd. 7, S. 160, Anm. Z 25. Murner meint die entsprechenden Reformvorschläge in der Kaiser Sigismund (1410—1437) zugeschriebenen Reformatio Sigismundi (vgl. Reformatio Sigismunde Mit einem Nachwort von U. Altmann, Leipzig 1984, BI. A5a—BIa; L. Graf zu Dohna, Reformatio Sigismundi. Beiträge zum Verständnis einer Reformschrift des 15. Jahrhunderts, Göttingen 1960). Sie wurden 1523 wieder aufgegriffen in „Deutscher Nation Notdurft" (vgl. Laube/Looß/Schneider, Bd. 2, S. 760-792). Murner zitiert den „Fasciculus temporum" des Werner Rolevinck (1425 — 1502) offenbar aus dem Gedächtnis; die entsprechende, sich auf die Klosterreform des 15. Jh. beziehende Stelle lautet: „Reformacio magna plurimorum monasteriorum in diversis mundi partibus fit. Et nota quod huismodi reformaciones crebro leguntur facte sunt pene nulla remansit quin sólito more per successum temporis ad pristinum relaberetur languorem post venerabilium patrum mortem" (Werner Rolevinck, Fasciculus temporum. Straßburg: J. Prüß 1487, Bl. 89b [Hain 6936; Exemplar Wissenschaftliche Allgemeinbibliothek Erfurt J 280]). Vgl. Wander, Bd. 1, Sp. 999, Nr. 182. Vgl. ebd. Sp. 219, Nr. 32. In dieser Form bei Wander nicht belegte sprichwörtliche Wendung. Vgl. WA 6, S. 427f., und oben Anm. 9. WA 6, S. 418. Ebd. S.428f. Dem Offizial ist die bischöfliche Gerichtsbarkeit in einem Bistum anvertraut (vgl. Feine, Rechtsgeschichte, Bd. 1, S. 370f.). Hierzu und zum folgenden WA 6, S. 427-453. Kurtisan wird der Höfling, der Angehörige des päpstlichen Hofes, genannt; zur Kritik am Kurtisan vgl. auch die Gravamina (RTA JR 2, S. 677, Nr. 20). Zum Constitutum Constantini, demzufolge Kaiser Konstantin (306—337) dem Bischof von Rom die Herrschaft über alle Kirchen, die kaiserliche Gewalt und die weltliche Herrschaft in den westlichen Provinzen des Römischen Reichs Reformation

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Murner: An den Adel deutscher Nation übertragen habe, vgl. TRE 8, S. 196—202. Luther lernte die Schrift von Laurentius Valla (1407—1457), der die Urkunde Konstantins als Fälschung entlarvt hatte, im Februar 1520 kennen (Brecht, Luther, Bd. 1, S. 329f.). Die Päpste beanspruchten seit 1080 die allerdings angefochtene Lehnshoheit über das Königreich Neapel und Sizilien (vgl. LThK 7, Sp. 857f., 534f.). Alvaro Pelayo (1275/1280—1349) verfaßte „De planctu Ecclesiae", worin die Oberhoheit des Papstes auch in weltlichen Dingen verteidigt wird; das Werk wurde 1474 in Ulm gedruckt (LThK 1, Sp. 409). Rodrigo Sanchez de Arevalo (1404—1470) verfaßte das 1468 in Rom und 1479 in Augsburg gedruckte Werk „Speculum humanae vitae" (LThK 9, Sp. 307f.). Vgl. Anm. 56. Sicher meint Murner die anonyme Schrift IVLIUS. II DIALOGVS VIRI CVIVS=IIPIAM ERVDITISSIMI, FESTI=lluus sane ac elegans, quomodo IVLIVS. II. II P. M. post mortem coeli fores pulsando, II ab ianitore illo D. Petro, intromitti II nequiuerit, quanq dum uiueret sanllctißimi, atq; adeo sanctitatis II nomine appellatus totq; bei II Iis foeliciter gestis prae=llclarus, dominum coeli II futurum se esse II sperarit. II . . . II o.O., o.Dr., o. J. [um 1519] (VD 16 L 1513). Von den insgesamt sieben im VD 16 nachgewiesenen, alle ohne Impressum und undatiert erschienenen Ausgaben sind zwei in Straßburg verlegt worden (VD 16 L 1513-1519). Gemeint ist die anonyme, erstmals 1519 erschienene „Trias Romana" (zu den bis 1520 verlegten Ausgaben vgl. J. Benzing, Ulrich von Hutten und seine Drucker. Eine Bibliographie der Schriften Huttens im 16. Jahrhundert, Wiesbaden 1956, S. 142-152, bes. 146-148, Nr. 253-259). Vgl. Wander, Bd. 1, Sp. 967, Nr. 35: Des Feindes Mund lobt zu keiner Stund. Vgl. oben S. 174. Vgl. WA 6, S. 411. Vgl. Wander, Bd. 1, Sp. 232, Nr. 72. In dieser Form bei Wander nicht belegte sprichwörtliche Wendung. Vgl. WA 6, S. 440. Murner bezieht sich auf die von Luther (WA 6, S. 440) zitierten Schriftstellen l.Tim. 3, 2, Tit. 1, 5—7 und den Titus-Kommentar von Hieronymus (Migne PL 26, Sp. 562f.). Vgl. WA 6, S. 4 4 1 - 4 4 3 . Ebd. S. 441 f. Vgl. ebd. Vgl. ebd. S. 442f. Ebd. S. 443. Ebd. Hierzu vgl. oben Nr. 6, S. 169, Anm. 82. WA 6, S. 443. Ebd. Ebd. Ebd. Ebd. S. 443f. Ebd. S. 444f. Gemeint ist die Begehung eines Jahrtages durch eine Seelen-(Toten-)messe (vgl. Jungmann, Missarum sollemnia, Bd. 1, S. 285—287). Nach allgemeiner, auch kirchenrechtlich verbindlicher Auffassung ist die Wirksamkeit der Messe und die Gültigkeit der Konsekration unabhängig von der sittlichen Beschaffenheit des Zelebranten (Decr. sec. p., c. 1, qu. 1, can. 84, in: CorpIurCan, Bd. 1, Sp. 387f.).

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187 Vorfeier in der Nacht vor dem entsprechenden Kirchenfest (LThK 10, Sp. 785-787). 188 Vgl. WA 6, S. 445. 189 Vgl. Anm. 111. 190 Vgl. WA 6, S. 445. 191 Vgl. ebd. 192 Zeitweilige Amtsenthebung (vgl. LThK 9, Sp. 1197f.). 193 Verstoß gegen die Ordensregel (ebd. 5, Sp. 766f.). 194 Bannandrohung, Erschwerung von Schuld und Strafe (ebd. 1, Sp. 1224—1227). 195 Exkommunikation (ebd. 3, Sp. 1312). 196 Absetzung (ebd. 6, Sp. 192). 197 Murner zitiert wörtlich aus der Adelsschrift (vgl. WA 6, S. 445). 198 Elle, unterschiedlich festgelegtes Längenmaß, das etwa einen halben Meter beträgt (vgl. von Alberti, wie oben S. 167, Anm. 36, S. 234—238). 199 So Luther in der Adelsschrift (vgl. WA 6, S. 445). 200 Ebd. S. 445f. Gemeint sind die Feste Assumptio Mariae (15. August) und Zwölfbotentag (15. Juli). 201 Vgl. WA 6, S. 446. 202 Vgl. Petrus Abaelardus, Theologia 'Summi boni'. 1.3 (Corp. Christ. 13, 184). (Der Hinweis wird Frau Almuth Märker, Göttingen, verdankt). 203 Vgl. WA 6, S. 446. 204 Vgl. ebd. unter Berufung auf Ps. 18, 27. 205 Vgl. ebd. S. 446f. 206 Vgl. ebd. S. 447. 207 Vgl. ebd. 208 Murner bezieht sich auf Codex Justinianus I, 2, in: CorpIurCiv, Bd. 2, S. 12-18. 209 Vgl. WA 6, S. 447. 210 Ebd. — Der Sinn des folgenden Satzes ist dunkel; „drucker" meint wohl Geizhals (DWB 2, 1448). 211 Vgl. WA 6, S. 449. 212 W. Pfeiffer-Belli (Mumer, Deutsche Schriften, Bd. 7, S. 169, Anm. Z 23) verweist hier auf Beda Venerabiiis, Proverbia (Migne PL 90, Sp. 1094). Im Epistolarium Guiberti wird Papst Gregor mit diesem Wort zitiert: „ . . . et secundum Gregorium: Cum augentur dona, rationes etiam crescunt donorum" (Guiberti Gemblacensis, Epistolae, ep. 7 [Corp. Christ. 66, 110]). (Der Hinweis wird Frau Almuth Märker, Göttingen, verdankt). 213 Vgl. WA 6, S. 450. 214 Ebd. S. 450f. 215 Vgl. Codex Justinianus XI, 26, in: CorpIurCiv, Bd. 2, S.435. 216 Vgl. WA 6, S. 451f. 217 Zur katholischen Auffassung vom Opfercharakter der Messe vgl. Die älteste deutsche Gesamtauslegung der Messe. Hrsg. und eingel. v. F. R. Reichert, Münster 1967, S. CXI-CXVn. 1528 gab Murner eine eigene Schrift „Die gots heylige meß" heraus (vgl. VD 16 M 7037). 218 Vgl. Wander, Bd. 1, Sp. 1021, Nr. 110. 219 Vgl. Anm. 14. 220 Vgl. WA 6, S. 451. 221 Vgl. ebd. S. 452. 222 Hierzu und zum folgenden vgl. ebd. S. 452f. 223 Vereinigungen von Laien zu gemeinsamen Leistungen für ihr Seelenheil (vgl. LexdMA 2, Sp. 738-741). 15*

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2 2 4 Gemeint sind die Vollmachten der päpstlichen Nuntien zum Verkauf von Privilegien (LThK 4, Sp. 2f.). 225 Vgl. WA 6, S. 453. 2 2 6 Die früheste Darstellung Luthers mit der Taube des Heiligen Geistes in der Umschrift M A R T I N V S LVTHER EVANGELICAE S C R I P T V R A E DOCTOR wird in das Jahr 1520 datiert (vgl. J. Rogge, Martin Luther. Sein Leben, seine Zeit, seine Wirkungen, Berlin 1983, Abb. 137). Auf diesen Holzschnitt dürfte sich Murner beziehen. Ein anderer, motivgleicher Holzschnitt des Straßburger Hans Baidung Grien (1484—1545) stammt aus dem Jahr 1521 (vgl. Martin Luther und die Reformation in Deutschland. Ausstellung zum 500. Geburtstag Martin Luthers, Frankfurt/Main 1983, Abb. 280). 227 228 229 230 231

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Damit will Murner den Vorwurf des Hussitismus versinnbildlichen. Vgl. Anm. 126. Vgl. Walther, Proverbia, Nr. 1 5 8 6 6 b. Zum folgenden vgl. WA 6, S. 4 5 4 f . Zu Johann Hus (um 1371 — 1415), Hieronymus von Prag (f 1416) und dem Konstanzer Konzil ( 1 4 1 4 - 1 4 1 8 ) vgl. T R E 19, S. 5 2 9 - 5 3 5 , Handbuch der Kirchengeschichte 3. 2, S. 545—572; zur Frage des Geleits vgl. oben Nr. 6, S. 153 mit Anm. 72. Murner bezieht sich erneut, wie schon in seiner „ermanung" (vgl. Murner, Deutsche Schriften, Bd. 6, S. 41), auf den Aufstand in Prag am 30. Juli 1419. Vgl. WA 6, S. 455. Diese Ankündigung findet sich bereits in Murners „ermanung" (Murner, Deutsche Schriften, Bd. 6, S. 87; vgl. auch oben Anm. 42). Vgl. WA 6, S. 4 5 6 f . Vgl. ebd. S. 4 5 7 - 4 6 7 . Vgl. Anm. 133. Bischof Wilhelm von Hohnstein ( 1 5 0 6 - 1 5 4 1 ) (vgl. auch oben Nr. 6, S. 154 mit Anm. 79 und S. 164 mit Anm. 115).

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Wiewol du, bruder Luder, mir ym eingang deynes sentbrives1 dein grus tzuvor embietest, szo ist doch tzwischenn deinem gras und Judaskuß wenig underscheid, und gibest dich selber ye lenger ye weiter damit an tag a wie b ein geystlicher vater und christenlicher lerer du bist, und daz dein ler dem ewangelio wol so enlich als der esel dem lowen, dann das ewangelium spricht: Wer tzu seynem bruder sagt, du narr, der ist schuldig des hellischen feures [Matth. 5, 22], so heistu mich nicht alein ein narren, sonder ouch ein esel 2 . Wywol ich nu nicht oren darnach hab, das ich einem esel gleich sehe, noch dann dieweil Aristoteles 3 , Thomas 4 , Bonaventura5, bebst, cardinel und bischoff tod und lebendig deine esel sein müssen, so bleib ich in disem eselstall ( daryn ouch Christus geboren ist) vil lieber dann in deinem rabennhest, der tzuvorsichtigen hoffnung, man werd auß unser beider schryfften wol finden, wolchem gaher c auff den eßel gewest und daz du bereit allgemehlich auffgesessen und auff dissem schiessen (ehe dann es gar 0 ergangen) den ochsen davon gebracht habest. Dann so dich das orste blat 6 also in harnasch gejaget und der bock so bald gestossen hat, was werden dann ein quatern 6 oder tzweintzig, die hernach volgen, bei dir wircken, in wolchen ich unsern brudern den leyen ougenscheinlich antzeig, was du für ein vogel bist und wie gemeß deyn ler Christo und dem heyligen ewangelio sey7. Damit ich aber den unglimpff, den du mir in dysem bryff auffgelegt, und wie die pauren pflegen, ehe das ich außgeredt, in die red gefallen bist, widerumb bey dem leser abtrag, so ist nicht weniger gleich wie Got einem ytzlichen thier naturliche angeborne gewhorf und waffen gegeben sich gegen den andern, die sie beschedigen wolten, damit tzu weren, als den vögeln clouen 8 , den wilden Schweinen den ebertzan, den natern yre tzungen (der du ouch eine in deym mund tregst) und der gleichen, alßo hat er ouch disem bock horner auffgesetzt, der doch an ym selber11 so vornunfftig ist, das ehr nyemandt domit stosset, dann die es mutwilig an ym erholen. Dann Got sey mein getzeug, das ich mich, nachdem ich dir deyn unchristenlich scheltbuch, das du orstlich an1 all meyn schuld oder einigt redlich ursach wider mich außgeschriben hast 8 , meins bedunckens gnugsam vorantwurt 9 , derhalben so bald darumb von Leyptzk entwendt k hab, das ich hinfurt tzu friden bleyben, der heiligen schlifft und meins gebets warten mocht. Aber du und etzlich ander, die dir damit hofirn wollen, haben seyd der tzeit kein buch außgehen lassen, darynnen nicht Emßer tzu vordest ym spil sein und euch der bock eins herhalten müssen, wer wolt ym dann vor ubel habenn, ob er gleich ewer eyn widerumb vor den kopff stiesse, die-

a) offenbarst b) was für ein c) erpichter, begieriger e) d. h. die ersten vier Blätter (von Emsers Schrift) f) Wehr sich aus i) ohne j) eine einzige k) verlassen

d) ganz, zu Ende g) Klauen h) von

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weil doch schütz und rettung eynem yeden geystlich und weltliche recht tzugeben. Aber das sey ferr von myr, das ich umb ewers schelten und lesterns willen (darab nyemand gefallen hat) mich dißer mhue unnderstanden oder etwas mher wider dich geschoben het, wo mich nicht das frum christenlich volck, das du so jemerlich vorfurest, tzweyest und trennest, erbarmet und mich mein gewissen nicht gedrungen, die christenlichen warheit (umb der willen ouch ein yeder christ sterben sol) vor dir tzu vortedingen. Wiewol du mich nu tzu gering tzu dem achtest und sagest, du forchtest dich ouch vor denen nicht, die mher kunst und vorstand in einem har haben dann ich an leib und sei 10 , so hette dir doch gepurt, meyne wort vor tzu hören, dann tzu richten. Aber deyn hochtrabender geist, der dyr meine quatem tzufuret, ehe dann sie recht auß der feder komen, kan nith erleiden, das yemand etwas wider in1 red oder schreib, wil nyemants hören, nyemant ichtzit"1 sein oder wissen lassen, dann yn selber. So doch dein Augustinus 11 sich nicht geschemet het von eym kind zu lernen, ich schweyge von einem prister, der von juget auff nicht weniger dann du mith der schlifft umbgegangen. Derhalben es vorwar nicht der geist des herren, sonder ein ander sein muß, dieweil als der prophet spricht, der geist des herren über nyemandt schwebt dann über die demutigen, fridlichen oder ruhwigen [Jes. 57, 15]. Nun ist das ye landtruchtig", das du gleich wie ein ungestiem wild mer, so tag so nacht weder bey dir selber rhuw oder rast hast noch ander lewt tzu friden last, sonder gleich wie die fortun oder wellen an das schyff schlahen, also reybest du dich ytzo an den, ytzo an yhen und suchest, das du mit der tzeyt finden wirdest. Das du aber mir tzu mher ungelumpfP dem gemeinen man mit unwarheit einbildest p , ich habe auß gram und solichem has, darab du ein vorwundern tregst, vorhinq drey bucher wider dich geschriben 12 , dich lesterlich gescholten und auff dich gelogen 13 (damit du auß der kunst der rhetorick dy lewt occupirn und machen wilt, das sie disem Vierden keyn glauben geben oder gar nicht lesen sollen) das kann ich unvorantwurt nit furgehen lassen und sag orstlich bey meynen priesterlichen trawen an eydes stat, das ich deyner person halb keyn neyd oder has wider dich in meyn hertz nye genomen und noch nith hab, stel das auff das gestreng gericht Gotes, der dich und mich urteiln wirt. Aber deynem vormessen vornhemen wider unser muter, die heyligen christenlichen kirchen, falscher ler und eygensynniger außlegung wyder alle christenliche lerer, byn ich ye unnd ye entgegen gewest, unnd sovil mher sovil du von tag tzu tag ye lenger ye grober spynnest. Ich hab dich ouch tzu dreyenn maln 14 bruderlich gewamet und umb Gotes willen gebeten, des armen volckes, das mercklich von diser sach geergerth wirt, darinn tzu vorschonen, hast du mir tzuletzst tzu antwurt gegeben dise wort: Da schlag der teuffei tzu, die sach ist umb Gotes willen nith angefangen, sol ouch umb Gotes willen

1) ihn rierst

m) irgendetwas q) bisher

n) allgemein bekannt

o) Unglimpf

p) sugge-

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nith auffhoren. 15 Ob nu das christenlich oder unchristenlich geredt sey (die weyl der apostel sagt: Was wir thuen, sollen wir thon und anfahen in dem namen des hernn [Kol. 3, 17]), gyb ich eynem yeden christenmenschen tzu behertzigen, unnd ist wol tzu ermessen, dieweil du dysen handel nith mit Got angehaben r , was gutes darauß entspringen werd. Dieweyl ich dann tzeytlichs vormarckt, das du den holtzweg hinaußgehen, unns Teutschen die lang vordampte ketzerey Joannis Hussen 16 ouch gern beybringen und eyn alt erloschen fewr widerumb auß der aschen außtrechen woltest, darab die Boehem nicht ein kleyne frowd empfangen, und das annder arm christenlich volck, das noch unßers gloubens bey ynen gewest, ser dadurch voracht unnd undergedruckt worden, hab ich die selben ubergebliben neyg der Christen durch ein christenliche epistel getrost und ynen tzu vorstehen gegeben, das die sach noch nicht so gar ubel stiend und du selber in der disputation öffentlich bekant, das die Boehem unrecht gethan hetten und sich umb keines guts der weit willen von dem romischen stul und seynem gehorsam abgesundert haben solten, in welcher epistel ich dyr nit alein mith keynem wort tzu nahet gewest, sonnder mher gegeben hab dann du wirdig bist 17 . Wye aber die selb epistel von dir empfangen und wie unchristenlich du mich darauff on alle Vorwarnung wider Got, ehr und recht geschmehet und gelestert hast, bringt dasselbig deyn schantbuch selber mith und ist bey meniglich noch in frischer gedechtnis. 18 Das mir nu all geleiten darumb veind worden seyen 19 , das ich dir dasselbig buch tzu notturfft und rettung meyner ehren vorlegt und mit gleycher elen gemessen hab 20 , das wil ich nith glouben. Dann yre briff, die sie mir darauff tzugeschriben 21 , und nemlich her Wildebald Pyrckheimers 22 , Petri Mosellani 23 , Philippi Melancthonis 24 , her Joan Langen 25 deines ordens, und ander, halten nichtzit unfruntlichs ynn sich, dann das sie all gern gesehen, das wir beyderseyt tzufryden gewest weren, wie ich ouch auff yr schreyben gentzlich bey mir beschlossen, wo du mich seydher nith in all deyn buchern gestochert und mit deynem unchristenlichen schreyben widerumb auff die ban herauß gelocket hettest. Das du myr aber ouch mith unwarheit aufflegest, ich hab das buchlein Thome Radini 26 wider dich gemacht und, damit es nyemandt erfure, tzu Rom drucken lassen, frag ich dich orstlich, dieweil du mich davor haltest, das ich ßo eyn kunstreich edel buchlin dychten kond: Warumb heyst du mich dann ein esel, so doch in gemeltem buchlin mher edler kunst, rhetorick, philosophey und rechter theologey, dartzu mher tzucht, vornunfft und weyßheyt, dann in allen deynen buchern gefunden wirt? Czum andern, dieweyl du auß disem quatern (der dir durch verreterey, ehe dann ich meyn buch an tag geben, tzukomen ist) dartzu aus meyner vorigen antwurt auff deyn geihad1 wol abnhemen mögen, wie ser ich mich vor dir forcht, was solth mich dann vorursachen, das ich meyn ding gen Rom schickte, so ich doch dye drucker hye an der handt hab. Ja, es wirt nyemandt, dann der gleych wie du gar und gantz vorblendet ist, urteylen, das das meyn stilus

r) angefangen

s) (früh)zeitig

t) Gehader, Zank (?)

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Emser: An den Stier zu Wittenberg

oder gedieht sey, und der yhen, der es geschriben, sich ungetzweyfelt dir furthin bas komen und sich seynes namens nicht Schemen werden. Das du aber von mir begerest, ich wol meyn liegen11 lassen und die warheit schreyben, solt du gewiß davor haben, das ich keynem vorlogen man meyn leben lang nye holdt worden, und myr kein fromer mit warheit tzusagen kan, das ich ym ychtzit abgelogen hab. Das ich aber die warheyt bißher geschriben und ytzo aber schreyben und gestracks do bleyben wol, setz ich in eins yeden vorstendigen und unpartheyschen lesers gemut und urteil, mit überflüssiger erbietung, ob du vormeintest, das ich dir yndert damit tzu nahet gewest, vor meynem ordenlichen richter auff unvorwandten fuß darumb und was du mich rechtlicher weiß tzu beschuldigen hast tzu antwurten. Beger darauff widerumb ouch eins von dyr, nämlich das du dich an diser gleychmessigen erbietung setigenv lassest, mich nicht mit unwarheyt so yemerlich durch scheltest (das ye nith christenlich, dir ouch nyemantes fromer billichen kan) und so ich was in der schlifft als ein mensch geyrret hett, dasselbig mit schrifftlichem bestendigem grund und nith mit injurien und schmachworten vorlegen wollest. Das du mich aber furter mit vil üppigen und drotzigen Worten bedrowest und sagest, wy du deyn geist frey an mich lauffen lassen wollest 27 , da sey mir neben eynem starcken christenlichen glauben das geweychte saltz und wasser gut vor, davon die bösen geist außgetriben werden, dann ich vor diser drow kein andern harnasch dann das bantzer des gloubens antzyhen und dich mit meynem schwert, das ist mit der schryfft und wort Gotes, wol wider tzuruck treiben wil, und wen du siben böser geyst bey dir hettest. Du must mir aber meyne wort nith falsch dewten, wie du bereyt anhebest und sagest, ich wol die schlifft an genßfeder unnd was die lerer sagen ann ketten hengen 28 , darann du die warheyt sparest. Dann ich gib mit Augustino den ersten gradt der bewerten und canonischen schrifft, den andern dem alten brauch der christenlichen kirchen und orst den dritten und letsten der außlegung vornunfftigen und redlichen Ursachen der heiligen lerer und sag noch ein mal wie Augustinus spricht, wider die schrifftstreiter keyn christenlicher, wider den alten brauch der kirchen keyn fridtsamer unnd wider die vornunfft keyn kluger. 29 Beschlieslich darffst du nith gedencken, daz du ßo gar rein und lauter oder glasschon seyest, daz du von mir orst besudelt werdest als deine bachantenvers vorgeben, dann deyn nam Luter nicht lauter ist30, so weis ich ouch woll, das an dyr als eynem bösen pfenning werdt nicht vill tzu gewinnen. Derhalben mein meinung nie gewest, mich weiter mith dyr tzu schelten, das nicht gelerter oder geistlicher sonder leuchtfertiger lewt gewonheit ist. Ich wil dich aber mit der schrifft uberweisen, das du dein angesicht von deiner mutter der christenlichen kirchen abgewendt und in Hussen, Wickleffen 31 , Dulcini 32 , Fausti 33 , Pelagii 34 , Vigilantii35, Arrii36, Bardezani 37 , Armenii 38 , Lampecii 39 und aller alten und nawen ketzer stegreiff getreten hast und uns yr lang vordampte ketzerei und yrthumb wider

u) Lügen

v) sättigen, genügen

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beybringen wild, das ist, mein ich, dewtsch gnug geredt und nith getzoddertw, noch gelallet. Laß myr aleyn derweil und vorhinder mich nith mit deinen interlocutorien, dann du wirdest mich damith nith abschrecken, unnd obgleych deynen Worten nach (es sol myr betzalt werden, was mir 5 la[n]g geborget sey 4 0 ) du oder deine anhenger etwas gewaltigs an mir übten und mein schreiben vorhinderten, ßo wirt Got disen geist einem ander geben und sein kirchen nicht vorlassen. Darumb ßo radt ich dyr auß christenlicher lieb und traw, du stehest von dißer thorheit ab und hast du bißher umb rhomes, neydes oder ander ursach halbenn (dieweil du selbs ge10 sagt, es geschehe nicht umb Gotes willen) mith dem glauben genarret, dasselbig wideruffest, so wollen wir tzwen noch gute vetter werden und ich dir den mißbrauch, der yn das priesterthumb nicht aleyn tzu Rhom sonder ouch bey unns Teutschen eyngewurtzelt ist, selber helffen antasten, wie ich dir vor ouch tzugeschriben hab. Hiemit biß x Gott bevolhen.

A) Vorbemerkung Druckvorlage: An den stier zu Vuietlltenberg. II IERONYMVS EMSER. II [Emserwappen.] [Leipzig: Martin Landsberg 1520.] 4° 4 Bl. Sign: A4. — Weller 1747. VD 16 E 1082. Köhler 883. - SB PK Berlin: Cu 2130 R. Zur Entstehung: Hieronymus Emser (26. März 1478—8. November 1527), studierter Theologe und Licentiat des kanonischen Rechts, 1502 zum Priester geweiht, schwäbischer Poet und Humanist, seit 1505 in Diensten Herzog Georgs von Sachsen, zunächst als Sekretär, seit 1511 als Hofkaplan in Dresden, seit 1518 mit Luther persönlich bekannt, nahm im Juni/Juli 1519 — wohl als Begleiter des Herzogs — an der Leipziger Disputation teil. Die dortige Erörterung der Stellung zu Hus und der Versuch Johann Ecks, Luther des Hussitismus zu überführen, beschworen die Gefahr einer Koalition zwischen Luther und den Böhmen herauf, die man am Hof Herzog Georgs unbedingt verhindern wollte. Wohl deshalb schrieb Emser am 19. August 1519 einen in hoher Auflage gedruckten Brief an den erzbischöflichen Administrator von Prag, Johann Zack, in dem er Luther vom Vorwurf des Hussitismus freizusprechen versuchte, um die altgläubigen Böhmen gegen die Hussiten zu stärken. Luther sah darin jedoch einen besonders infamen Versuch, ihn entweder zum Widerruf seiner Lehren oder zum offenen Bekenntnis zur hussitischen Ketzerei zu zwingen, und antwortete Ende September 1519 mit einer scharf polemischen Schrift. Emser replizierte sofort mit einer ebenso scharfen Gegenschrift, so daß die ursprünglich wohl auf Ausgleich und Mäßigung Luthers zielenden Äußerungen Emsers zu einer heftigen Kontroverse ausgeweitet wurden. Luther enthielt sich zwar zunächst einer unmittelbaren Antwort auf die Replik Emsers, doch als ihm durch Indiskretion die ersten vier Blätter von Emsers Entgegnung auf seine Adelsschrift bekannt wurden (vgl. unten S. 229ff., 263), da schrieb er „An den Bock zu Leipzig". Die vorliegende Schrift „An den Stier zu Wittenberg" ist die unmittelbare Antwort. Ihre Entstehungszeit wird auf Grund der vorangegangenen und der nachfolgenden Schrift Luthers auf Ende 1520 bzw. auf die Jahreswende 1520/1521 einzugrenzen sein, da Luther in seinem voran-

w) gestottert

x) sei

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gegangenen „Bock" zwar die im August 1520 in Rom erschienene Ausgabe von Thomas Rhadinus, nicht aber deren Leipziger Nachdruck vom Oktober erwähnt (vgl. unten Anm. 26), während seine Antwort auf den „Stier" Emsers Ende Januar 1521fertig wurde. Bis Ende 1521folgte noch eine Serie weiterer Schriften (vgl. Enders II). Der „Stier" liegt in einem undatierten und unfirmierten Druck vor, der von Claus (Untersuchungen, Nr. 83) Martin Landsberg zugeordnet und mit 1520 datiert wird. Ausgabe:

Enders II, S. 1—8 (Textabdruck ohne Erläuterungen).

Literatur: Enders I, S. in—VII; Kawerau, Emser, S. 28—39; Smolinsky, Alveldt und Emser, S. 2 4 - 4 7 , 221-248, bes. 238f.

B) Sacherläuterungen 1 Martin Luther, An den Bock zu Leipzig; vgl. oben Zur Entstehung. 2 Enders I, S. 149. 3 Aristoteles (384—322 v.Chr.), griechischer Philosoph, dessen Lehren — christlich gedeutet — in der scholastischen Theologie des Mittelalters weiterwirkten. Luther polemisierte dagegen in Punkt 25 seiner Adelsschrift und nannte Aristoteles dort „blind heydnischer meyster", einen toten Heiden, der „des lebendigen Gottis bucher vorhyndert unnd fast untertruckt" hat (vgl. Laube/Looß/Schneider, Bd. 2, S. 676f. ). In seiner Antwort auf die vorliegende Schrift greift Luther auch diesen Punkt auf und bezeichnet Aristoteles als Lügner und Buben, den man im Saustall oder Eselsstall finde (Auf des Bocks zu Leipzig Antwort, in: Enders II, S. 23f.). 4 Thomas von Aquino (1215—1274), bedeutendster scholastischer Theologe, in dessen System der Aristotelismus weiterwirkte. 5 Johannes Fidanza Bonaventura (1221 — 1274), wie der Vorige von Luther als „neuer Lehrer" abgelehnt. 6 Gemeint ist wohl der erste Bogen, d. h. die ersten vier Blätter („quatern", wie auch im folgenden Text gesagt wird), von Emsers Polemik gegen Luthers Adelsschrift, auf Grund dessen Luther „An den Bock zu Leipzig" schrieb (vgl. oben Zur Entstehung und unten S. 263 Zur Entstehung). 7 Vgl. die folgende Schrift Emsers: Wider das unchristliche Buch Martin Luthers an den deutschen Adel, unten S. 229ff. 8 Gemeint ist Luthers scharfe Replik von Ende September 1519 auf Emsers unten, Anm. 17, erwähnten Brief an Johann Zack: Ad aegocerotem Emseranum M. Lutheri Additio, in: WA 2, S. 658-679. 9 Emser antwortete darauf seinerseits Anfang November 1519 mit der Schrift „A venatione Luteriana aegocerotis assertio", in: CCath 4, hrsg. v. Franz Xaver Thurnhofer, Münster 1921, S. 41-99. 10 Vgl. Enders I, S. 149. 11 Augustinus (354—430), von Luther geschätzter lateinischer Kirchenvater. 12 Luther bezieht neben den beiden in Anm. 17 und 9 erwähnten Schriften auch noch die fälschlicherweise Emser zugeschriebene Schrift von Thomas Rhadinus (vgl. Anm. 26) mit ein. 13 Vgl. Enders I, S. 150. 14 Emser bezieht sich hier auf persönliche Begegnungen mit Luther (vgl. CCath 4, S. 12f.). 15 Emser meint hier eine mündliche Äußerung Luthers, die dieser aus Anlaß der Leipziger Disputation in der Kanzlei des Leipziger Schlosses getan hat. Die nä-

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heren Umstände werden aus den folgenden Schriften Luthers und Emsers deutlich. Danach betont Luther, er habe mit seinem Ausspruch insbesondere die „Eckische practick" sowie seine Widersacher Eck, Emser und die Leipziger Theologen gemeint, die „die Sache", d. h. die Disputation, ohne Gott angefangen hätten, während Emser und andere altgläubige Gegner ihn immer wieder als Eingeständnis Luthers interpretierten, die Reformation nicht mit Gott, sondern mit dem Teufel begonnen zu haben (vgl. Enders II, S. 11 ff., 18ff, 30ff.). Der böhmische Reformator Jan (Johannes) Hus (um 1371 — 1415) wurde vom Konstanzer Konzil am 6. Juli 1415 als Ketzer zum Feuertod verurteilt und verbrannt. Gemeint ist der im Druck verbreitete und mehrfach nachgedruckte Brief Emsers an den Administrator des Prager Erzbistums Johann Zack vom 13. August 1519, in dem Emser Luther vom Vorwurf des Hussitismus freizusprechen versuchte, einerseits um zu verhindern, daß die böhmischen Hussiten Luther für sich vereinnahmen, und andererseits, um Luther zu einer eindeutigen Stellungnahme zu zwingen. Der Brief Emsers „De Disputatione Lipsicensi, quantum ad Boemos obiter deflexa est" ist unter diesem Titel ediert in CCath 4 (vgl. Anm. 9), S. 2 1 - 4 1 . Gemeint ist Luthers scharfe Reaktion von Ende September 1519 (vgl. Anm. 8). Das behauptet Luther (vgl. Enders I, S. 150). Emsers Antwort von Anfang November 1519 (vgl. Anm. 9). Die Briefe sind bisher nicht bekannt geworden. Willibald Pirckheimer (1470—1530), bedeutender Nürnberger Humanist. Über die Beziehungen zwischen Emser und ihm vgl. Franz Xaver Thurnhofer, Willibald Pirkheimer und Hieronymus Emser, in: Beiträge zur Geschichte der Renaissance und Reformation. Festschrift für Joseph Schlecht, München/Freising 1917, S. 3 3 5 - 3 4 7 ; Smolinsky, Alveldt und Emser, S. 2 8 - 3 1 . Petrus Mosellanus (1493—1524), humanistischer Gelehrter an der Universität Leipzig; hielt die Eröffnungsrede auf der Leipziger Disputation 1519. Philipp Melanchthon (1497—1560), seit 1518 Professor für Griechisch an der Artistenfakultät, seit 1519 an der Theologischen Fakultät der Universität Wittenberg; beteiligte sich unter dem Pseudonym Didymus Faventinus mit einer Schrift vom Februar 1521 an der Polemik gegen Thomas Rhadinus (vgl. Anm. 26), in dem er — wie Luther — Emser vermutete (vgl. Melanthonis opera, CR 1, Sp. 286-358). Johannes Lang (um 1487—1548), bis Januar 1522 Prior des Augustinerkonvents und Professor für Griechisch in Erfurt. Gemeint ist die im August 1520 in Rom gedruckte und im Oktober in Leipzig nachgedruckte Schrift „Thomae Rhadini Todischi Piacentini in Luterum Oratio" (vgl. CR 1, Sp. 212—262). Der Verfasser war ein römischer Dominikaner aus Piacenza (daher Placentinus), der in seiner Schrift die päpstliche Bulle gegen Luther theologisch begründete. Luther vermutete ein Pseudonym und eine besonders infame Attacke Emsers: „ . . . hast neben vielen boßen brieffen das drit buch wider mich geschrieben, Thomae Rhadini, und das deyn vorgifftig hertz niemant erfure, zu Rom lassen druckenn, mit einem ertichten titel" (Enders I, S. 150). Auch nach der folgenden Richtigstellung durch Emser blieb Luther in seiner Entgegnung von Ende Januar/Anfang Februar 1521 bei seinem Verdacht: „Du wirst mir auch nit abliegen (weglügen) das buch Thome Radini, lieber lugener, deyn geyffer und seyffer lessit sich nit so pergen (verbergen)" (Enders II, S. 16). Enders I, S. 125. Ebd. Augustinus, De Trinitate, lib. 4, cap. 6 (Migne PL 42, Sp. 895).

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30 Die Namensdeutung Luther — lauter ist seit 1521 unter Lutheranhängern verbreitet (vgl. Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 498, 563-568). 31 Der Oxforder Reformtheologe John Wiclif (um 1325 — 1384); schon zu seinen Lebzeiten wurden einige seiner Lehren als häretisch verurteilt; eine grundsätzliche Verdammung erfolgte durch das Konstanzer Konzil 1415. 32 Dolcino stand seit 1300 an der Spitze der Apostelbrüder in Norditalien; vertrat chiliastische Auffassungen. Von der Inquisition verfolgt, erhoben sich 1305 seine Anhänger zusammen mit Bauern in den Bergen des oberen Sesia-Tales zu bewaffnetem Kampf. 1307 wurde der Aufstand blutig niedergeschlagen, Dolcino hingerichtet. 33 Faustus von Mileve (um 340—390), Manichäerbischof, kam um 383 nach Karthago, wurde 386 verbannt; ist fast nur bekannt durch das, was Augustinus Ende des 4. Jh. gegen ihn schrieb (Contra Faustum Manichaeum — in 33 Büchern — , vgl. Migne PL 42, Sp. 207ff.). 34 Pelagius (f um 420), seit 410 in Rom und Karthago, verwarf die Erbsündenlehre und hielt die natürlichen Kräfte des Menschen für ausreichend zur Erlangung der Seligkeit; auf dem Konzil von Ephesus 431 als Ketzer verdammt. 35 Vigilantius (* um 370), Presbyter in Barcelona; wurde wegen seiner Ablehnung der Verdienstlichkeit guter Werke, des Reliquienkults, des Zölibats und der mönchischen Askese von Hieronymus als schlimmer Ketzer bekämpft. 36 Arius (Areios) von Alexandrien (um 260—336), lehnte die Wesensgleichheit von Gott-Vater und Gott-Sohn und damit die Gottheit Christi ab, verursachte damit den sog. Arianischen Streit; wurde auf dem Konzil von Nicäa 325 als Ketzer verdammt. 37 Bardesanes (154—222), Philosoph und Astrologe am Königshof in Edessa; gilt als Lehrer Manis und wurde später mit den Manichäern bekämpft. 38 Gemeint sind wohl die Armenier, die im 4./5. Jh. eine eigenständige christliche Kirche bildeten, die sich im Streit um die zwei Naturen Christi für den Monophysitismus entschied. 39 Lampetius war Haupt der im 5. Jh. in Syrien und Armenien verbreiteten Sekte der Euchiten oder Lampetianer, die schwärmerische Frömmigkeit und Askese lehrte. 40 Vgl. Enders I, S. 151.

Hieronymus Emser: Wider das unchristliche Buch Martin Luthers an den deutschen Adel Hieronymus Emser, der allerunwirdigist auß den pristern Gotes, em5 beut gemeyner hochloblichen Teutschen Nation tzu bestendigkeit des heyligen christenlichen glawbens die genad und den fried Christi Amen. Der heilige Paulus, ßo oft er vorstendiget ward, das in landen oder steten falsche lerer auffstienden, die dasselbig volck vorfuren oder das ewangelium änderst dewten wolten, dann er ynen tzuvor geprediget het, 10 schrib er an sie den rechten vorstandt und meynung Christi, vorwarnende, das sie sich deheyns 3 wegs auff ander ban füren liessen. Also schreibet er den Chorinthiern, Rhodisern unnd andern. Aber under den andern allen etwas harter an die Galather, tzu welchen er spricht: O yr unsinnigen Galather, wer hat euch verzoubert, Gal. III [1]. Demselben nach und dieweyl 15 bey euch großmechtigen hochberrumpten tewtschen ytzo auch etzlich vormessene unvorschempte lerer auffgestanden, die euch durch falsche außlegung der schlifft auß der alten ban des glaubens füren und der heyligen christenlichen kirchen gebot, Ordnungen, 1er und bucher nicht allein vormessenlich vorachten, sonder auch (das doch erschreckenlich tzu hören) 20 auß eym vorstockten durst, frevel und mutwillen öffentlich vorbrennen dorffen 1 , hab ich auß tzweyerley band, damit ich euch vorwandt bin, nämlich des glaubens und des Vaterlandes, euch dis klein buchlein (doch nicht mit kleyner muhe und arbeit) tzu schreyben unnd domit vor frombder 1er und dem tzukunftigen tzorn Gottes vorwarnen wollen, der tzuvorsichtigen 25 hoffnung, wer auß Gott sey und oren hab tzu hören, der werde das tzu gemüt füren. Wer aber mit den Galathern so gantz unsynnig und betzoubert, das ym dißer grausam schmach seiner muter, der heiligen christenlichen kirchen, gar nichtzit tzu hertzen gehe, der stehe sein far b bey Got, der tzu disen dingen nicht alwegen schlaffen wirt. Hiemit ich euch dem al30 mechtigen und mich euch allen und yeden bevolhen und tzu dinstlichem gefallen erbotten haben wil. Geben in der fürstlichen stat Leyptzk XXI. Decembris nach Christi unsers liben herren gepurt MCCCCC und ym XX. yar.

Vorredt an gemeyn Deutsche Nation 35

In dem namen Jesu Christi unßers liben herren. Amen. Es ist komen die tzeit ewer heymsuchung, o yr werden Tewtschen, darinnen euch Got auch einmal sunderlich heymsuchen und beweren wil, wie getraw und vhest sich ein yeder bey seynem heiligen glauben und der christenlichen kirchen ertzeygen werdt. Bißher (weliches doch ein sunder und ein ewig

a) keines

b) Schicksal

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lob der Teutschen) ist nye erfarn, das eynich c teutscher keyßer, konig, fürst oder commun, nachdem sie den christenlichen glauben orstlich angenomen, wider davon abgefallen ader tzu ketzer worden wer, als der andern nation fursten, konig und keyßer, die sich etzliche ketzer so yemerlich haben verfuren lassen, das sie von dem glauben Christi abtrynnig worden, die abgoet angebeth, kirchen und closter tzerstoret, die geistlichen, priester, bischoff und bepste vorvolget, vortriben und getoedt habenn, als Constantius Athanasium 2 , Julianus Donatum 3 , Mauricius Gregorium 4 , Constantinus quartus Martinum den heiligen bapste 5 und eyner do, der ander dort, wie das die chronicken glaubwirdig antzeigen. Dartzu sint auch gantze landtschafften, keyßerthumb und konigreych tzu der tzeit yrer heymsuchung auß furwytz frombder und nawer 1er und vorStockung yrer sund von dem heyligen glauben abtretten. Dann als Paulus saget II. Thessa. II [3], so kommet der endtchrist ader junste tag nicht, es geschehe dann vorhin abweychung, das ist, als die heyligen lerer außlegen, von dem römischen gehorsam. Nu haben sich von dem römischen reych unnd kirchen abgetzogen tzwen die grosten teil der werlt, Asia und Aphrica, das gar wenig christenlichs volcks under ynen gefunden wirt. Dartzu nicht ein kleyne antzal des dritten teils Europe, und ist nun der reyhe stylschweygent an uns Tewtschen komen, wie dann vor vil yaren geweyssaget ist, das tzu disen unsern getzeyten ein monch Teutsche Nacion in gros yrthumb fuhren wurd 6 , wie uns auch Christus selber all in gemeyn gewarnet, das tzu uns kommen wurden wolff in scheffln kleidern [Matth. 7. 15], dartzu die heiligen apostel Petrus und Paulus vorgesagt, das man sich in den letzsten tagen auff fabeln und schmuck der wort geben, die schlechten 0 einfaltigen 6 lerer vorachten und lügenhafftigen meystern anhangen, die uns die oren krawen, nawe secten der boßheit einfuren, die oberkeit vorachten und sund frey erlewben wurden, II. Petri II [lff.] et II. Timo. IUI [3f.]. Dieweyl dann öffentlich am tag, mitt was hefftigem ernst und vorsatz Martinus Luter, augustiner monch, sich nu ein lange tzeit understanden, durch vil fromder und nawer 1er, disputation, predig und schrifften die obersten heupter und prelaten der kirchen tzu vorachten, sund frey tzu erlewben und damit den gemeynen man eintzunhemen unnd Teutsche Nation der romischen kirchen auch abhendig tzu machen, ist warlich tzu besorgen, das er nicht weyt von dem oder fulleicht selbs der yhen f sey, von dem die prophetzey gesagt und uns Christus und die heyligen apostel vorgewarnet haben. Dann (wiewol er an manichem ort die warheit mitt undermenget) ßo lasset er sich doch endtlich alwegen mercken, das er das auß keynem guten grund oder hertzen thut und seyn vornhemen dem heyligen ewangelio und Christo gentzlich entgegen ist. Dann das ewangelium leret uns an keynem ort, das wir unsere prelaten (ob sie gleych gebrechlich 8 ) also offenbarlich schmehen, sehenden und lestern sollen. Dartzu ist das wider das naturlich und auch wider die geschriben keyßerlichen recht, die dergleychen

c) irgendein d) schlichten zulänglich, fehlerhaft

e) einfachen, redlichen

f) deijenige

g) un-

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laster und vorletzung der majestat peynlichen tzu straffen gebotten. In pandectis ad legem Juliam majestatis et codice eodem titulo 7 . Das ewangelium leret uns auch nyendert, das wir soliche tzwitracht, auffrur und uneynigkeit under dem christenlichen volck erwecken sollen. Und als Cyprianus spricht in epistola de unitate ecclesie 8 : Wer den frid Christi und eintrechtigkeit des volcks Gots stoeret, der ist nicht mit Christo, sonder wider Christum. Das ewangelium saget auch nicht, das wir der kirchen gebot, Ordnung und Satzungen vorachten oder uns mit solichem frevel dawider auffleynen, und noch vil weniger, das wir einichem menschen ergernis geben sollen. Was ist nu ergers, schedlichers ader gifftigers Tewtscher Nation ye beygebracht, dann Luters 1er, bucher und schrifften, die in kurtzer weil ein solich getzanck, rumor und auffrur eingefurt haben, das keyn landt, keyn stat, keyn dorff ader hawß ist, darynnen man nicht partheyisch und ye eins wider das ander wer, und das nicht umb geringe sachen, sunder umb des heyligen christenlichen glaubens willen, den unßere vorfaren so getrawlich und bestendiglich auff uns geerbet und mher mit wercken dann mit worten geleist haben, die auch tzweyvels frey, wo sie tzu disen unsern getzeyten noch vorhanden, ungespart leibs und lebens, iren heiligen glauben vorfechten und nicht also durch die finger sehen ader eynem ytzlichen gestaten wurden, änderst davon tzu predigen oder schreyben, dan von alder her glaubwirdig auff sie und uns kommen ist. Dan tzu eynem rechten christenlichen glauben gehört nicht vil disputation, schrifft oder kunst, sunder ein getraw vhest hertz, das auff ein felsen gebawen, als der heylige Petrus, do er sagt: Du bist Christus, ein ßon des lebendigen Gotes, Mathei XVI [16]. Wie auch Sant Pauel betzewget I. Corin. IUI [20], das das reych Gotes nicht in der redt oder worten, sonder in der tugent stehe. Doch so ist es nicht alwegen gnug daran, das wir mitt dem hertzen gleuben ader vor uns selbs tugentlichen leben, sonder müssen auch wie Paulus saget Ro. X [9f. 17], wo es die not ervordert, den mund auffthun unnd den glauben damit bekennen tzu der Seligkeit. Dan Christus spricht selber Mathei X [32], wer yn hie bekenne, den wol er auch bekennen vor seynem himelischen vater, welches Fulgentius an den konig Trasimundum schreybende 9 also außleget, das gleych so vil sey, den glauben in der not nicht wollen bekennen ader darneben auch vortedingen, als des glaubens und Gotes tzu vorlaugnen. Wiewol nu das eym itzlichen christenmenschen tzugehort, ßo gepurt es doch tzuvor den geystlichen, die do, wie Petrus saget I. Petri III [15], geschickt und bereyt sein sollen eynem yeden, der des begert, von dem gesatz des glaubens antwurt tzu geben, und als Paulus spricht Ti. I [9] mechtig sein in rechter bewerter kunst, das volck tzu underweyßen, unnd die, so das widersprechen, wissen tzu straffen und tzu uberwinden. Die auch das nicht thund ader seumig darin gefunden werden, straffet Got durch den propheten Esaie LVI [Jes. 56, 10] und spricht: Es sint stumme hund, die nicht bellen können, und Ezechielis XIII [Hes. 13, 5) ruckt h er yn auff unnd spricht: Ir seyt nicht auffgestigen wider die feynd oder euch wider sie gesetzt als ein maur vor das hauß Israhel.

h) rügt

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Dieweyl dann Luter in allen seynen buchern und schrifften, doch tzuvoran in dem von der reformation an den deutschen adel 10 außgangen, nahet1 allem dem, das unsere vetter gelaubt oder sie die doctores 11 der heyligen christenlichenn kirchen gelert haben, offenbarlich widersprycht, ir schlifft und außlegung vorwurfft, die heiligen sacrament, meß und priesterliehe wyrd tadelt, den babst, das oberste haubt der christenheyt, under die fuß tritt, dartzu das ewangelium und die bewerten heyligen schrifft durch falsche glosJ anderßwo hin tzihen, dan die gemein christenlich kirch bißher gehalten, und uns all tzu ketzer machen will, wie ym dan eyn michel k teyl anhengig, denen seyn gemüt und anschleg noch nicht recht bekant sint, bin ich, Hieronymus Emser, priester, aus priesterlicher pflücht der vorgenantenn gebot Gottes, und aus keynem neyd, auch weder Lutern noch yemant andern tzu vorkleynung, sonnder alleyn tzu sterck der christenlichen warheyt und hanthabung unsers heiligen glaubens vorursacht, das obgemelte buch von der reformation an den teutschen adel außgangen mit hulff des obersten antzugreyffen, sein behendigkeyt, subtile gifft und list an tag tzu bringen und euch frommen und freien deutschen getraulich davor zu warnen, unangesehen ob das gegenteil1 darum tzornen und mich abermals wie die holhuppen™ außrichten" wyrdt 12 , dan ich leuchtfertiger lewt Scheltwort umb Gotes willen wol tragen kan. Und demnach ich mit eym ßo vormerten und geübten fechtmeyster auff den plan treten unnd unßern heyligen glauben mit der hulff Gotes wider yn vortedigen, will ich vor dem rechten treffen und ehe dann ich wort mit wort vorsetz ader sein reformation buch von blat tzu blat vorlege 0 , vorhin p durch diße vorred eyn ungeferlich frey auffheben oder schulrecht thun und gleich wie man auff der fechtschul nit allwegen ym schwert, sonder auch mitt langen spiessen und kurtzen degen tzusamen gehet, alßo will ich mich erstlich auff diße dreierley monier auch vorsuchen, ob ich Lutern, der seyne schirmschleg und spiegelfechten alleyn auff list geferlich unnd nawe griff, ader1* tzuletzt auch auff die flucht gestalt hat, yndert darnach ein vorteyl ablauffen mocht. Erstlich, durch das schwert mein ich die heyligen schrifft, wie mich Paulus leret Ephe. VI [17], do er spricht: Nemet ann den heim des heyls und schwert des geystes, das do ist daz wort Gotes. Welches schwert ich nicht wie Lutter in der scheyden, das ist in dem buchstaben oder schrifftlichen synne, stecken lassen, sonder wider yn entblossen will. Dann das ist von anbegin der ketzer behelff ye und ye gewest, das sie yn der schryfft nichtzit annhemen noch tzulassen wollen, dan den buchstaben. Czum andern, was yn schryfft nicht vorfasset ader sunderlich ausgedruckt, das sie dasselbig auch vorwerffen, gleych als hienge die sach gar an gensfedern und mochte on dinten und bapyr niemant selig werden, welche beyde meynung von der christenlichen kirchen vor falsch und ketzerisch gehalten

i) nahezu j) Erklärung k) großer 1) die Gegenseite, m) Schmäher, Lästerer n) schelten, beschimpfen o) widerlege zuvor q) aber

die Gegner p) vorher,

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werden. Dann das erstlich die funff pucher Moysi neben dem buchstaben ein heymlichen geistlichen synn inwendig ligen haben, den Moyses auß dem mund Gotes auff dem berg Sinay entpfangen mit befelch, den selben nicht schrifftlich tzu machen noch yemandes aus dem gemeynen volck offenbaren dan allein den sibentzig alten vom concilio oder rat, betzewgen gar vil christenlicher lerer als Origenes super epistolam Pauli Ro. III 13 , Hilarius in expositione psalmi II 14 , Picus in heptaplo 15 , Capnion in cabala 16 und Jacobus Faber Stapulensis super Dionisium 17 . Das auch in den propheten under dem schrifftlichen synn ein geistlich bedeutung, gleich wie der kern yn der nuß, vorborgen lig, betzeuget Christus selber, do er den Juden den psalmen des konigklichen propheten Davidis geistlich außleget Mathei XXII [43—46]. Gleich wie nun Godt das alt testament dem gemeynen volck durch den buchstaben schrifftlich gegeben, aber den geistlichen syn darunder ligende alleyn Moisi und den propheten geoffenbaret, also hat auch Christus das ewangelium und nawe testament auff die tzweyerley weiß gegründet, das ist auff den buchstaben und den geistlichen syn in der schlifft verborgen, wie Matheus saget am dreytzehenden [11 — 17], das der herre dem gemeynen volck nichtzit predigete dan durch parabel unnd mit vordackten worten, die er darnach den jungem sonderlichen außleget, wie er vorhin Moisi unnd den propheten gethan. Darumb sie dann tzu ym sprachen Joan. VI [68]: Herr, wo sollen wir hingehen, du hast lebendige wort. Wie er doselbest [Joh. 6, 63] auch selber saget: Die wort, die ich tzu euch geredet hab, synt geist und leben. Also betzeuget auch Paulus II. Corin. III [6] und spricht offenbarlich, das der buchstab toedte, aber der geist mach lebendig. Und vormeynet Eraßmus von Roterdam in seym christenlichen ritter18, das eim nutzer1 die poeten Virgilium19 unnd Homerum 20 tzu lesen mit der sitlichen außlegung, die sie darunder vorsteckt haben, dan die heiligen schrifft an yr selber und ane außlegung der geistlichen bedeutung, so darinn verschlossen sey. Derhalben wo Luter mit der scheiden fechten und sein sach allein mit dem buchstaben oder schrifftlichen syn beweisen wil, muß man yne mit blossem schwert ruren, und die schneyd, das ist den rechten vorstand der schrifft, wie den die christenlichen lerer gedewt, vorwenden. Czum andern, dieweil der heilige Joannes eiusdem ultimo [Joh. 21, 25] selber bekennet, das vil ding, die Christus gethan und gelert hatt, nicht geschriben sint, unnd ßo mann die alle schreiben solt, die gantze werlt so vil bucher kaum begreiffen mocht, dieweil auch der heiligen apostel 1er, die Paulus tzwey jar tzu Ephesi, Petrus XXV jar tzu Rom unnd eyner do, der ander dort geprediget haben, nith all in schrifft gepracht, wie vill andere ding mher ader fulleicht beschriben und durch boese lewt undergedruckt worden, ßo muß man die sach nicht alle auff dis schwert, das ist auff die schrifft setzen, noch Lutern oder andern ketzern das einrahmen, was nicht schrifftlich gemacht ader in der schrifft mit außgedruckten worten gefunden werd, das dasselbig nichtzit gelten oder beweren sol, sonder sich in

r) nützlicher 16

Reformation

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demselben der christenlichen kirchen nach richten, gleuben und halten, was dieselbig helt, wie der heilig Augustinus ex dictis Basilii 21 mechtiglich bewert und ym decret geeferf wirt, c. ecclesiasticarum dis. XI 22 . Damit ich das schwert ytzo wider niderlegen und den spies in die hand nhemen wil. Durch den langen spies sol man vorstehen den langwirigen brauch, ubung und alt herkommen der christenlichen kirchen, und was die liben veter von anbegin der kirchen Got oder seinen heiligen tzu eren und uns tzu Seligkeit auffgesatzt, durch die gantzen Christenheit eintrechtiglich gehalten und biß auff uns hergebracht haben, als das wir uns betzeichen mit dem heiligen creutz, besprengen mit dem weyhewasser, essen am Sontag das geweychte saltz, trincken Sant Joannes segen, vor alle gifft, tzouberey ader andere schedliche ding, die uns der teuffei und die werlt understehen beytzubringen, gebrauchen uns der siben sacrament vor ein artzney unßer sund, tzu sterck der seien und mherung gotlicher gnaden und dergleychen sachen vil, die ich hie nicht all ertzelen kan und doch ein ytzlicher frommer christenmensch auß krafft des artickels (Ich gleube die heiligen christeliche kirchen) 23 so vhest tzu halten schuldig ist, als weren die selbenn dingk alle inn der schlifft vorleybet. Dan es spricht der heilige Augustinus, das auch dem ewangelio (ich schweyge den andern schrifften) nicht tzu gleuben, wo es von der christenlichen kirchen nicht bewert und bestet wer 24 . Sehet, lieben Teutschen, diser ist gar ein langer spies, dan er reychet von auffgang bis tzu nidergang der sonnen, wie der heilig Hieronymus spricht über die wort Christi Mathei XXIIII [27] 25 , das wir Christum nit suchen müssen in der wustung der heiden noch in den heimlichen winckeln der kezer, sunder bey der christenlichen kirchen, wie die von Orient bis gen Occident durch die gantzen werlt außgegossen ist, und dem nachgehen, das in der gemeyn von yr gehalten wirt, unangesehen, was die winckelprediger dawider schreiben oder predigen. Alßo spricht auch Augustinus tzu dem ketzer Cresconio lib. III, cap. XXVI 26 : Geleube doch dem gantzen christenlichen umbkreiß. Ich weiß den touff Christi, wer yn aber erstlich yn Aphrica oder anderschwo auffgebracht hab, ist mir vorborgen. Hec Augustinus. Wyr dorffen uns auch nicht befaren 1 , das uns die heylig christelich kyrch in dißem oder jhenen betriege. Dann wie Salomon auß dem heyligen geist von yr schreibt in canticis canticorum [Hohelied], szo ist sie ein frundin Gotes, der keyn betrieger odder lieger tzu frund erleyden kan, ouch ist sie die braut Gottes, an alle runtzel oder mackel, von ewigkeyt unnd ehe das himel und erd, loub und gras geschaffen, yn dem gotlichen gemüt vorsehen", abcontrafeyet, geliebet, erweit unnd geheyliget, von Christo vertrawet, von dem heyligen geist regyret, von den lieben engein bewaret, von den propheten figurirt unnd antzeiget, von denn aposteln durch die gantzen werlt verkundt, gegrundt unnd geordent, mit dem blut der marterer betzeuget, mit der 1er, heyligem leben, vleis, muhe und arbeyt der beychtiger und aller frummer christenmenschen bisher erhalten, und wie vill schwerer an-

s) geäußert, erwähnt

t) befürchten

u) vorhergesehen

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stoes sie erlitten von keyser und von künigen, von ketzern, Juden, heyden und Turcken, von der weit unnd vom teuffei, noch ist sie bis auff dißen tag vor inen allen beliben und bleybet anv allen tzweiffel (ob schon die tzal k[l]eyner wyrd) wol vor aller meneglich. Und werden ouch die pforten der hellen sie nicht ubermogen w [Matth. 16, 18]. Auff diser muter der heyligen christenlichen kirchen und yerer unterweysung stehet der glaub yrer kinder, unnd sint iere brüst, das ist yr süsse ler, vill besser, dann der ketzerisch weyn Canticorum I [2], Wer yr ouch folget und helt sich yerer regel, gebrauchs unnd anweysung, der feit yn kein schuldt untzimlicher vormessener nawikeit, noch gibet andern leuten ergerniß oder ursach dareyn zu fallen, wie der heilig Gregorius schreibet in registro libro VII, epistola XVI 27 , und das sey mein hoffrecht ym spies tzuvor und ehe es an daz treffen geht. Czum dritten wil ich mich ouch weren mit dem kurtzen degen, damit mann die kyrisser* gewinnet51, ßo man inen sust weder mit spieß noch schwert beykommen mag, durch welchen degen ich mein die außlegung der heyligen veter und lerer, ßo von der heyligen christenlichen kyrchen bewert und tzugelassen, mith welcher man die heyligen schrifft gewinnen muß, dann unßer vorstentnis vill tzu stumpff ist, daz sie die trieben2 und dunckeln wolcken der schrifft durchdringen mocht, ane derselben erleuchtung unnd außlegung, die sie von dem entpfangen, der den propheten unnd ewangelisten die schrifft eyngeben hat, das ist von dem heyligen geist. Derhalben unnd dieweill sie von der kirchen angenomen, müssen wir uns in der schrifft inen nach richten, und nith ein yeder die selben seins gefallens vorstehen oder außlegen, wie uns Hieronymus leret super illud [Vg.] Prover. XXII [28]28: Ne transgrediaris terminos antiquos quos posuerunt patres tui, das wyr nitt uberschreiten sollen das tzil, das uns die christenlichen lerer gesetzt haben, so spricht Origenes homelia VIII super Leviticum 29 , das ein hauptsund sey, die schrifft anders deuten oder anders davon halten, dann die chrystenlich kyrch halth. Es darff auch niemant gedencken, das die selben doctores und lerer, die keyn gunst, tzeytlich ehr oder gut, ßonder aleyn Got vor ougen gehabt, uns mit yren schrifftenn oder außlegung betrogen haben, in dem das sie nicht allweg bei der schrifft allein bleiben, ßonder tzum teil ouch dem alten brauch der christenlichen kirchen nachgegangen und zum teyl daneben vornunfftig und redlich Ursachen antzeigen, ob die gleichwol menschlich. Dann die schrifft ist niemantz dann den menschen tzu gut geschriben, wie Paulus saget Ro. XV [4]. Nun ist das beste teil an dem menschen die vornunfft, durch die wyr allein gotliche ding erforschen unnd erkennen mugen. Darum ßo mus man die vornunfft oder vornunfftig Ursachen der lerer, wo eyn ding in der schryfft ßo gantz nicht erklert ist, ouch nit ßo leichtlich in den wint schlahen odder vorwerffen. Dann die schryfft an yer selbs kurtz und meisterlich gesatzt ist, beschliesset mit wenig Worten vil

v) ohne z) trüben 16*

w) überwinden

x) geharnischte Krieger

y) schlägt, überwindet

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ynnhaltz und beruret offt neben den Worten mith eym eynigen 3 buchstaben, puncktlin, titel oder virgelb (deren keyns vorgebens) ein vorborgen tieffen synn, den man änderst dann durch die vornunfft nith schöpfen odder begreyffen kan. Derhalben ßo hangt die sach nith alleyn an der schrifft oder an dem ewangelio, ßonder auch daneben an dem brauch der christenlichen kirchen, außlegung der heyligen lerer unnd vornunfftigen gegrundten Ursachen, wie sich der heilig Augustinus romet0 lib. IUI de trinitate cap. VIII 30 , das er all seyn bucher auff disse drey stuck gesatzt hab, unnd henget tzuletzt an disse wort: Wider die vornunfft strebet keyn kluger, wider die heiligen schrifft keyn christenlicher, wider den brauch oder altherkomen der kirchen keyn fridlicher. Hec ille. Das sint kurtzlichen die dreyerley gewher, welcher ich mich hie gegen Lutern gebrauchen und yn ob Got wil damit uberwinden wil. Bit hierauff ein yeden, dem das buch vorkomen wirt, das er mich nicht, ehe dann er das gar außgelessen, richten oder meyn person hieryn ansehen wol, sonder die bewerten schrifft, bestendigen grundt und woll meynung der christenlichen lerer, die ich einfuren wirt, welchen ye Luter nicht geleichen noch die wag halten magk, dan sie haben getzeugnis von . der gantzen christenlichen kirchen und yr kunst mit grosser heiligkeit beweisset, ßo wissen wir noch nicht, was geistes auß Lutern redet ader wo die kugel mit ym hinauß lauffen wirt. Wo wir auch yemandt in der schrifft glauben sollen und müssen, glauben wir ye billicher den alten bewerten, dann den nawen vormessen und unbeschnitten. Dach so hab ein yeder die wall oder wilkuer bey ym selber, der außlegung, die uns die heyligen veter hinder ynen vorlassen, antzuhangen und bey dem glauben tzu bleiben, bey dem unsere veter mit vorgiessung yrs bluts, leyb und leben tzugesatzt haben, ader Luters nawe ler nachtzuvolgen und alles, das die alten auffgericht, widerumb umbtzustossen und tzerreyssen. Dann das ist eben die tzeit dartzu, darynnen uns Got heimsuchen und wie obverlawt d unßern glauben beweren will. Invocatio Dem allem nach und dieweil dyr, o Got, heyliger geist, erleuchter der glaubigen, ein troster der betriebten, eyn erquicker der arbeitenden und ein sunderlicher liebhaber und eyn Sprecher der warheyt, wol bewust, das dys alßo warhafftiglich mein getrawe wolmeynung ist, unnd ich mich dißes kampfes umb keyner anndern ursach, neyd, haß oder gremschafft willen, ßonder allein der christenlichen warheyt tzu sterck und rettung underfangen hab, szo komme myr tzu hulff unnd stehe myr bey wider dißen offenbaren veind der Christenheit, die du yn eintrechtigkeit des glaubens durch die gantzen werft versamelt und er durch tzwitracht wider tzertrennen und tzerstrowen will. Hilff mir, du warhafftiger, lebendiger son Gotes, heiliger herr Jesu Criste, wider den reyssenden wolff, der dyr deine schaff, welche du mit deynem roßenfarben blut erkaufft und erloßt hast, wyder abstellen6 wil. Hilff, almechtiger, ewiger Gott vater und scheffer f himelreychs unnd erdtreychs, wider den vorletzer deyner gotlichen majestat. Hilff, du heilige

a) einzigen e) stehlen

b) Strich, Satzzeichen f) Schöpfer

c) rühmt

d) oben verlautet, erwähnt

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ungeteilte dreyfaltigkeit, ein ewiger warer Got, und gib mir krafft und macht, syn, wytz und kunst, deyn heyligen glauben tzu vortedingen. Hilff mir, du allerheiligiste junckfraw und muter Gots Maria, du die allein alle ketzerey in der gantzen werlt tzerstoert hast. Helffet unnd bittet vor mich, 5 yr lieben heiigen veter ym himelreych, deren vordinst, vorbit, heilikeit und wunderwerck Luter nicht alein vorachten unnd vorneynen, sunder ouch daneben ewere bucher, christenliche Ordnung und Satzungen wider Got, eher® und recht offentlicht vorbrennen darff 31 , das ich sein falsche 1er dempfen und uberwinden mog, Got, dem almechtigen, tzu ewigen lob, 10 euch tzu ehrn, gemeyner Christenheit unnd sonderlich der werden Teutschen Nation tzu nutz, frommen und ewiger Seligkeit. Amen.

Teilung Ich wil meyn Vorlegung11 stellen auff drey teil, nämlich recht, handel Divisio und wandel, gleych wie Luter seyn reformation ouch drispeltig gemacht 15 und auff dise drey stuck gesatzt hat. Dann orstlich, so ficht er an die oberkeit, macht, freyheyt und wirdigkeit, so die geistlichen haben von rechts wegen, understehet sich, auß leyen prister und auß pristern leyen tzu machen. Czum andern blesiniret1 er ynen yren handel, was sie vor eyn leben fuhren de facto. Czum dritten tzeuget er an wandel, wie die ding alle seyns 20 bedunckens geändert und gar umbkort werden sollen. Auff welche alle drey stuck ich ym antworten (doch mit diser bedingung), das ich nicht alles das anfechten wil, das er geschoben und tzum teil straffwirdigJ ist, sunder aleyn an den orten, da er den holtzweg hinaußgangen, euch wider auff die rechten christenlichen ban weysen, sovil mir Got gnad vorleychen 25 wirdt.

Vorlegung des ersten teiles von der freyheit, macht und wyrdigkeit des bapsts und der geystlichen. Luter hat bisher in andern seynen buchern das gemein volck vleyssig Narratio angehalten, das sie yre hend waschen sollen in dem blut der geistlichen 32 . 30 Dieweyl er aber merckt, das seyn anschleg nicht vor sich gehen und die forcht Gotes noch, Got lob, bey dem mheren teyl ßo gros, das sie eyn schawen k haben, yre hent tzu legen an die gesalbeten Christi (so doch der sach sust wol rat und maß tzu finden ist) ermanet er in dißem buchlin 33 under eym schein eyner reformation den teutschen adel dartzu. Und die35 weil er sich befahret, sie mochten als die von angeborner tuget und erberkeyt sich unerlicher Sachen alwegen geschemet haben, ym solich unerber tzumuttung ouch nicht tzu gut auffnhemen, und er ouch selb wol weist, das eynem geistlichen soliche ret tzu geben nicht tzustendig, vorlarvet er

g) Ehre h) Widerlegung i) im Sinne: wirft er (ihnen) vor j) gemeint sind die von Luther zu Recht kritisierten strafwürdigen Zustände k) eine Scheu

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sich ym eyngang dis buchlins, macht auß eim monch ein stocknarren, aus dem geistlichen kleid eyn narrenkappen und hengt ym selber die schellen an 34 , damit er das gifft, das er unter der kappen vorborgen tregt, dester freyer außgiessen und uns dester ehe betriegen mog. Derhalben wol billich wer, das man narren mit kolben lausete 35 . Ich will mich aber nith ym, ßonder Got tzu ern hie schimpflicher worth enthaltenn, dann es eyn alt Sprichwort ist, das der glaub unnd das oug keyn schimpff oder schertz erleiden mögen 36 , und furwar, wo Luter mith dem heiligen glouben nicht ßo gröblich genarret und sein reformation (wie er sich romet) uns Teutschen allein tzu besserung angestelt het, wer es meynethalben ouch woll dabey blibenn. Dieweyl aber seyne bucher, gleich wie der apoteckerbuchssen, außwendig am tittel artzney antzeygen und ynnwendig vol giffts seyn, und ßonderlich dise reformation, die obgleych Jesus an allen bletern oben angemalt, ist sie doch ym grund mheren teiles änderst nichtzit, dann des tewffels gesphenst1 und lawter ketzerey, die er hiemit bergen und vormenteln wil. Unnd mag yne nicht helffen, das in etzlich entschuldigen wollen, das er (dieweil er nitt wider der tzwolff stuck des christenlichen gloubens 37 eins oder mher schreyb ader die selben sonderlich anfecht) vor keyn ketzer gehalten werden sol, dan der heilige Jeronymus über die epistel Pauli ad Was ketzerey oder Galatas 38 leret uns wol, was ein ketzer oder ketzerey genant werden mag eyn ketzer heiß und spricht also: Ketzerey wirdt yn kriechischer sprach genant von der wal, ßo ym iemandt außerwelet ein sonderliche newe 1er, die er bey ym selber vor die besten halt, dann ein ytzlicher, der die heiligen schlifft änderst deutet, dann der synn des heyligenn geistes, von dem sie eingegeben, ervordert, ob er schon von der kirchen nicht abgetreten ist, mag er doch wol eyn ketzer genant werden, hec ille. Das sich aber Luter frombder unnd nawer leer vormessenlich understanden, die heyligen schryfft wider den syn des heyligen geystes unnd gemeyn außlegung aller christenlicher lerer gedewt hab, wil ich vormittels gotlicher hülff euch werden Teutschen so klerlich antzeigenn, das das eyn yeder, der menschen vornunfft hat, begreyffen mag, was er aber geschriben, das der warheyt gemeß, dye nyemandt widersprechen soll oder mag, will ich ouch wol yn sein krefften bleyben lassen. War ist leyder und alltzu grob am tag, das boßheyt, schandt und laster tzu dißen unsern und letsten getzeyten bey geistlichen und weltlichen, edeln und unedeln, regenten und underthanen, man und weyb, jung und alt, ßo grawssam überhand genomen, alle menschliche gewerb und hendel ßo gar ubersetzt, verschmutzt, falsch und untrew worden, die forcht Gotes und bruderliche lieb und trew so gar erloschen und die weit so gantz vorkert ist, das es bey keynem volck, Juden, heiden, Türcken ader Tatern, in der gemeyn so arg nie gestanden, das ouch, wo die ding durch eyn nawe ernstliche reformation nicht geändert werden, der jüngste tag nothalben kommen muß. Dieweyl aber Got lob, obgleych der grosse hauff alßo geschick ist, yn allen Stenden vill frummer andechtiger leut gefunden werden,

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wolchen dyser fal der Christenheit hertzlich leid, und yres höchsten vormogens geneigt sint, den wider helffen aufftzuheben, bin ich tzweyvels frey, Got von himel werde sich auß menige m seyner alten vetterlichen unnd grundloßen" barmhertzikeit derselben frommen andechtigen lewt gebet und gutten willen erweichen lassen und uns gnad vorleyhen, unser strefflich leben selber abtzustellen, ehe dann uns seyn tzorn und straff begreyffe, und wider ein gemeyn erber tugentlich unnd nutzlich regiment und Ordnung in dem Heiligen Romischen Reych allenthalben antzurichten, dartzu das junge hertz des allergroßmechtigisten koniges Caroli 39 also erleuchten, das er erkennen mog, wer ym tzu demselben getrewlich oder ungetrewlich ratten, die sach furdern oder hindern, seyn eygen oder gemeynen nutz darin suchen werd. Dem wünsch ich von grund meyns hertzen, tzu gluckseligem eingang 0 des romischen und heilsamer wolfart der andern hispanischen konigreych, die weißheit Salomonis unnd Danielis, die in gleycher jugent dergleychen von Gott ouch erleucht worden sint. Unnd so ich weiter nichtzit dartzu thon kan, will ich doch tzu trost der gantzen Christenheit den almechtigen so tag so nacht vleyssig darumb bitten unnd anruffen. Wiewol nu wie obverlawt alle stend der Christenheit gebrechelich unnd tzuvoran die geistlichen vom obersten bis auff den nidersten, wie sich Got des über sie beclaget durch den propheten Esaie I [Jes. 1, 5f.] also sprechende: Ein ytzlich hewpt ist schwach und kranck und von der fersen des fiis bis auff die scheidteil p ist nichtzit gesundes an ym. Noch dann q so were das ye nicht ein artzet, sunder ein bub unnd morder, der, so er eynem krancken menschen helffen solt, ym erstlich das heupt abschnidte, davon darnach alle artzney an den anndern gelidern vorloren wer. Sehet, liben Tewtschen, gleych also thut Luter, bevleyßt sich so bald fomen ann, der Christenheit das heupt abtzureyssen, dadurch wir gar bald darnach, gleych wie ytzo unsere nachpawren 40 , in ein solch yrthumb fallen unnd an dem glauben so kalt werden solten, das alle artzney unßers seligmachers und artztes Jesu Christi, das ist sein heilige menschwerdung, bitters leyden und sterben, an uns vorloren wer und wir tzuletst nitt wissen wurden, was wir glouben, thon ader lassen solten. Das aber das Luters meynung sey, so findet man in disem gantzen buchlin, ja in allen seynen schryfften kein bietlein, darinn er nicht das hewpt der Christenheit, unsern heiigen vater, den babst, mit heßlichen lersterlichen schelworten vorletzt und so vil an ym ist, mit dem schwert syner gifftigen tzungen tzu todt sticht, dann eyn ytzlicher der seyn nechsten, ich schweyge seyn obersten, also tzu der banck hawet, schendet und lestert, ist vor Gott ein morder und todtschlager, wie der heilige Joannes saget I. eiusdem III [1. Joh. 3, 15], Und das es war sey, so fahet er so bald am ersten blat ann 41 , den bepsten tzu vorkeren, das sie den tzweyen teutschen keyßern Friderichen dem orsten unnd dem anderm 42 , beide hochseliger gedechtnis, umb yr öffentliche sundt offenbarliche büß auffgelegt haben, szo doch ouch Philippo 43 , dem orsten christen-

m) aus der Fülle q) Dennoch

n) abgrundtiefen

o) Beginn, Herrschaftsantritt

p) Scheitel

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liehen keyßer, do das keyßerthumb noch in foller macht gestanden, syn bischof die kirch am osterabent vorbotten, so lang bis er vorhin gebeycht und offenbare bus von ym entpfangen hat, wie Eusebius schreybet in historia ecclesiastica lib. VI, cap. XXV 44 . Dergeleychen hat ouch der großmechtig keyßer Theodosius von Ambrosio dulden und offenbare büß thon mussen 45 . Dieweil nu die schlechten' bischoff an anndem orten solichen gewalt über die keyser gebraucht haben, was tzeyhet dann Luter den romischen bischoff und bapst, der sich solichs gegen den teutschen keysern, nicht auß hochmut, als ym Luter tzumisset, sonder als ein volmechtiger stathalter Christi und nachvolger Petri ouch understanden? Oder warumb saget er von den bepsten, wie sie die konig undereinander vorwurren, unnd gedenckt nitt an sich selber, wie er ytzo gantze Teutsche Nation und nahet die gantzen Christenheit undereinander vorwurret, betriebet und ergert und wolte gern gleych wie Lucifer ein geschelschafft an sich hengen und anrichten, das meniglich den romischen stul mit ym vorachten, den gehorsam hinweg wurffen und ein yeder thet, was ym eben wer. Was aber tzuletzst darauß volgen und was gehorsams man den weltlichen regenten leisten, so die forcht Gotes bey dem gemeynen volck außgedilckt wurd, kan ein yeder biderman wol bey ym selber ermessen unnd dobey abnhemen, das Lutter seyn reformation auff keyn guttes angestalt unnd (als tzu vormuten) den Bohemen mher dann den Teutschen domit hatt hofiern wollen, die den bapst lieben, gleich wie yn Luter libet. Doch so wil ich den bapst ytzo fallen lassen und an dem ort anfahen, do er sich understanden, die heuptmaurn der christenlichen kirchen mit macht tzu stürmen, also sprechende: Luter: Die romanisten haben drey mauren mith grosser behendigkeyt umb sich getzogen, dadurch sie sich her* beschützt, das sie nyemandt hat mögen reformiren, dadurch die gantze Christenheit greulich gefallen ist.46 Confutatio Emßer: Was die ursach sey, darumb die Christenheit ßo greulich gefallen, hab ich obangeregt1, als nemlich das dye gottlich forcht, bruderliche lieb und trau, so gar" bey uns allen erloschen ist, wyr seyen geistlich oder weltlich, edel oder unedel. Das aber Luter hie vorwendet von dreyen maurn der romanisten hatt er fulleycht genomen auß Virgilio, dem heidischen poeten, der von der helle saget Eneidos VI triplici circundata muro 47 . Dann in der heiligen schlifft find ich von den mauren nicht, die er mauren getoeffet hatt, wol weiß ich ein sprach des herren, do er saget Esaie LXII [Jes. 62, 6]: Uber deyne mauren Jerusalem hab ich gesatzt huter, den gantzen tag unnd die gantzen nacht werdenn sie nicht stilschweigen. Disen hutern oder wechtern, das ist den heiligen enngeln, getraw ich wol, sie werden die mauren der Christenheit vor Lutern wol bewaren und dem romischen stul sampt gemeyner pristerschafft yr freyheit, macht und oberkeyt, die ynen Got selber gegeben, so gantz nicht entfrombden lassen. Das sie aber tzimlicher weiß reformirt werden, ist mir ouch nitt entgegen und (die warheit tzu bekennen) gemeyner Christenheit gros von noten.

r) schlichten, einfachen s) bisher (so auch bei Luther) ob[en] angezeigt u) gänzlich

t) wohl verdruckt für:

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Luter: Nun helff uns Got unnd geb uns der busonen eyne, damit die mauren Jericho wurden umworffen [Jos. 6, 20], das wyr dyse strorenv und bappyrin mauren auch umbblasen. 48 Emßer: Hat Luter ym selber stroeren oder bappyrin mauren erticht, ßo kan er die dester leichtlicher umbblasen. Aber die mauren der stat Jerusalem werden, wann auch alle hellische oder ketzerische trumeten und busonen zugleich auffbliesen, ßo leichtlich nicht umbfallen. Er sehe sich aber wol vor, das ym nicht ein stein von der maur auff den kopff fall und fulleicht eben der, von welchem geschriben steht Luce XX [18]: Ein ytzlieher, der auff den stein feilet, der wyrd gequetzst, auff welchen er aber fallet, den wirt er tzerknischen. Luter: Man hats erfunden, das bapst, bischoff, prister, clostervolck wirt der geistlich stand genant, fursten, herren, hantwerchleut und ackerleut der weltlich standt, wolchs gar eyn feyn coment oder gleyssen ist. Doch soll nyemant darub schuchter werden, dann alle Christen seint warhafftig geistlichs standes unnd ist unter yn keyn underscheid, dan des ampts halben. 49 Emßer: Hie betriegt Luter die eynfeltigen leyen mit der logica in dem wortlin geistlich, wolches equiuocum ist und auß mangel teutschen getzeinges w aleyn dreierley bedeutung tragen muß, deren yetwedern ym latein ein sunder wortlin auffgesatzt, als nämlich ecclesiasticus, spiritalis und religiosus. Dann deren yetweders wyrt vorteutschet geistlich secundum communem usum loquendi germanorum omnium. Es ist aber gar ein grosser unterscheyd, dann ecclesiastici synt die geystlichen, die der kirchen heupter, glider und dyner synt, von der kirchen yren enthalt" und was die kirchen belangt tzu orden, gebieten und vorbieten, tzu binden und entbinden haben, als bapst, bischoff, prister und alle geweichten personen der kirchen, und der bedeutung nach ist Luters beschlus falsch und comittirt fallaciam equiuocationis y , so er spricht, es seyen alle Christen warhafftig geystlich oder geystlichs standes, dann es synt vill chrysten und nämlich alle leyen, dy yn der kirchen und was die selben belanget weder tzu binden noch tzu entbinden, weder tzu thon noch tzu schaffen haben und yn dem fall nicht vor geistlich, sonder vor weltlich personen gehalten werden, wolches nit eyn coment oder gleissen, sonder der gemeyn altherkomen brauch ist in der christenlichen kyrehen, darauff alle bepstliche und keyßerliche recht sich gründen und tzwischen dißen beiden Stenden tzu erhaltung frides und bruderlicher eyntracht underschidlich Ordnung und Satzungen gestalth haben, wie dann Christus dißen unterscheyd selber ouch gemacht, in dem, das er den aposteln hohen gewalt, andere gebot und mher heymlichs vorstandes und außlegung der schryfft dann dem gemeinen volck gegeben hat, wie ich yn meiner vorred angetzeyget und der heylig Matheus betzeuget eiusdem XIII [11 — 17]. Derhalben nicht alleyn amptzhalbenn, ßonder auch des standes halben, der do stat auff pristerlicher wyrd und weichung z , von

v) strohernen w) Gezünge, Sprache x) Unterhalt dung gleichlautender Worte z) Weihe, Weihung

y) trügerische Verwen-

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Got selber eingesetzt (wo wyr anders 3 der christenlichen kirchen gleuben und uns die ketzer nit vorfuren lassen wollen), gar eyn mercklich underscheyd ist tzwischen den geystlichen unnd den weltlichen. Dann das ampt volget dem stand und nicht der stant dem ampt, und ist eyn ytzlicher tzu dem ampt vorpflicht, das sein stand ervordert als die prister tzu beten, der adel tzu beschützen und das gemein volck tzu arbeiten. Czum andern, wann das wortlin geistlich herkommet von dem lateyn spiritalis, so heissen die geistlich, die dem geist mehr dann dem fleisch anhengig synt, wie uns dann Paulus an vil orten ermanet, das wyr dem geist unnd nicht den fleischlichen begyrden nachvolgen sollen, unnd yn dyßer bedeutung feilet uns Luter aber über ein bein mit seiner logica, daz alle Christen warhafftig geystlich oder geistlichs standes sein. Dann ich besorg, das leider der mher teyl yn beyden Stenden mher fleyschlich dann geystlich sey, unser gebeth desgleychen. Czum dritten, wann das wortlin geystlich herflust vom religiosus und religiosus von dem wort religio, das do eyn geystlich vorbindung ist, damit sich eyner Got vopflicht, wie wyr uns dann ym touff all tzu gleich ym alein tzu dienen vorpfluchten, als dann bestehet Luters beschlus erst, das wyr in dem fall all gleich geistlich, dieweil wyr durch die geistlich vorbindunng des touffes all gleich vorstrickt seyn. Das wyr aber darumb allenthalben gleych geistlich oder geistlichs standes und kein underscheid under pristern und leyen sey, dann amptzhalben, ist eyn ketzerischer betrug unnd fallacia secundum quid ad simpliciter, gleich als wann ich sprech, wyr seyen alle konig, die sich durch die vornunfft regiren, und wolt darauß beschliessen, das wyr derhalben all Carolo, Ferdinando, Emanueli und solichen edeln und großmechtigen kunigen allenthalben gleych und gar keyn underscheyt tzwischenn ynen unnd uns were des standes halben, das myr ye nyemant glouben wurd. Mit solichen stroeren und papyrin argumenten vormeint Luter die mauren der christenlichen kirchen umbtzustossen. Er mus aber noch bas b in die busonen blasen oder mit schänden wider davon abtzihen. Luter: Das aber der bapst oder bischoff salbet, blaten0 macht, ordiniret, weyhet, annders dann leyen kleidet, mag eynen gleißner 0 oder olgotzen e machen, macht aber nymmer mher ein Christen oder geistlichen menschen. 50 Emßer: Dieweil, als Augustinus spricht libro de civitate Dei XX, cap. X 51 , der chresam f Christen und wie ich obangetzeigt der touff geistlich macht, ßo machen uns die bischoff, wann sie uns weyhen, weder Christen noch geistlich, so fher das wortlein geistlich a religione herflußt. Dann wir der meynung nach vorhin® geistlich und Christen sein, sie machen uns aber geistlich, id est ecclesiasticos, das ist so wir vorhin pur leyen waren, das wir nu der kirchen und dem pristerlichen stand dadurch eyngeleibt, hinfure als mitler tzwischen Gott und unsern brudern, den leyen, den leychnam*1

a) überhaupt b) besser, kräftiger lig für einen mit Öl gesalbten Priester

c) die Tonsur d) Heuchler f) Salböl g) bereits zuvor

e) abfälh) Leib

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Christi und die heiligen sacrament handeln und wandeln, meßlesen, predigen, tewffen, beychthoren und andere pristerliche werck thon mögen, die den leyen nitt gepuren. Das sie uns aber blatten oder krönen machen, woliche die heiligen aposteln auffge,setzt und selber getragen haben, von dem schreybet Beda libro quinto de gestis anglorum 52 circa finem, alßo sprechende: Dach1 so wirdt euch die krön nitt alein darumb gemacht, das sie Petrus ouch also getragen, sonder das sie Petrus tzu gedechtnis des leydens Christi also getragen und auffgesatzt hat, wie dann ouch betzeuget der alte lerer Rabanus de institutis clericorum cap. III53 also sprechende: Es sagen etzliche lerer, das Petrus die weiß erstlich vorgenomen hab, damit er die figur oder gestalt Christi auff seinem heupt triege, wy er vor unser erlosung an den galgen des creutz gegangen und von dem boßhafftigen judischen volck mit scharffen dornen stacheln peynlichen gekrönt worden ist, hec ille. Gemelter lerer Rabanus schreibet ouch eodem libro cap. IUI54 und spricht also: Die krön oder blatt, der sich die geistlichen gebrauchen, ist von den aposteln eingefurt worden, darumb, das die so tzu den gotlichen ampten vorpflucht und geweyhet, gleych wie die Nazarci (das ist, die Got sonderlich geheiliget sint) durch die beschneydung des hares vornawt worden, und ist ein tzeichen der clericken außwendig am leib, das innwendig an der seien sein wirckung hat, also das durch diß tzeichen bey den geistlichen sampt dem har ouch die fleyschlichen laster beschnitten werden sollen. Die bischoff müssen uns ouch die blaten machen auß dem gebot Anacleti 55 , des funfften bapstes nach Sant Peter, der also schreibet c. Prohibite XXIII di. 56 : Vorbiet, yr bruder, durch alle kirchen ewer bistumb oder landen, das die clericktJ dem apostel nach yr har nicht wachsen lassen, sunder oben auff yren hewptern in die rundt gleich wie ein spher beschneyden. Ich weiß ouch wol, das die prister vortzeiten all grosse blaten getragen, wie man Sant Gregorium nach k malet. Es Schemen sich aber etzlich yres hantwercks so seer, das sie die liber gar vorwachssen Hessen. Das man uns ouch änderst klaidet, haben die bischoff ouch nitt erdacht, sonder die heiligen apostel und nachkommen bepst, denen die kirch tzu ordiniren bevolhen, nach der weiße des alten testaments auffgesatzt, wie die der prister Aaron getragen, von wolchem Ambrosius in epistola ad Vercellenses57 also spricht, das Got nach dem tod Aaron nicht dem gemeinen volck, sonder allein Moisi, der einer auß den priestern des herren was, geboten hat, das er eynem auß Aarons sunen, nämlich Eleazero, seines vatern kleid antzihen solt [4. Mose 20, 26]. Was bedeut das änderst, dann das allein ein prister (verstehe ein hoher als Moyses was) die prister weyhen und yr monier nach kleiden sol? Das uns aber der monch tzu mher schmach und hon nit prister, sonder olgotzen heißt (von wegen der salbung, die, als Dionisius 58 schreibet, der junger Pauli [Apg. 17, 34]) die heiligen apostell ouch auffgesatzt und Gott

i) wohl Druckfehler für: Doch ler für: noch

j) Druckfehler für: clerici

k) wohl Druckfeh-

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selber nicht allein die prister, sonder ouch die konig in der alten ehe durch die propheten salben lassen, hat er nicht alleyn uns tzu schmehung getan, sonder ouch Christo, dem warhafftigen gesalbeten, der sein und unser vorspottung mit der tzeit wol gedencken wirt. Ich hab ye und ye gehoeret, wer prister und frawen unehret, der wirt gern auff die letst selber tzuschanden. Luter: Demnach so werden wyr allesampt durch die touff tzu pristern geweyhet, wie Sant Peter I. Pe. II [9] saget: Yr seit ein königlich pristerthum und ein pristerlich konigreich etc. 59 Emßer: Wyr werden im touff alle nicht aleyn zu pristern gemacht, sonder ouch tzu konigen. Aber gleich wie wyr der touff halben konig, also werden wir ouch priester, das ist ym geist innwendig und nitt außwendig oder eigetlich, wie Ambrosius saget libro de misteriis initiandis cap. VI 60 . Darumb so muß Luter die wort Petri und Joannis in Apocalypsi [Offb. 5, 10] nicht auff unser pristerschafft dewten, sonder bleiben lassen, wie sie die heiligen veter Augustinus, Ambrosius und ander gedwt haben, dann also spricht Ambrosius de Sacramentis lib. IUI, c. I 61 : Das volck selber, was ist es anders dann ein priesterlich volck, tzu wolchem gesagt ist, yr seyt ein außerlesen geschlecht, ein königlich priesterthumb, ein heilig volck, ein yder wirt gesalbet tzu prister, ein yeder wirt gesalbet tzu konig, es ist aber ein geistlich reich unnd einn geistlich priesterthumb. Gleych also leget das ouch auß Augustinus libro de civitate Dei XX, cap. X 62 , under anderm also sprechende: Das aber Joannes in seiner heimlichen Offenbarung darnach angehenget hat: und sie werden prister Gottes unnd Christi unnd werden mit ym regiren thausent jar [Offb. 20, 6], das hat er nicht allein gesagt von den bischoven unnd pristern, die ytzo in der kirche eigetlich priester genant werden, sonder gleich wie alle Christen von dem heiligen chresam Christen heissen, also heissen sie ouch prister, darumb das sie gelider sint des eynigen pristers Christi, von dem alle pristerschafft ym hymel und auff erden herflußt, wie von dem vater alle vaterschafft, Ephesi III [6, 15]. Hiemit ich (als ich hoff) clar gnug gemacht hab, was wir vor prister ym touff und was wir vor prister auß der weyhung werden, und das Luter abermal comittirt fallaciam secundum quid ad simpliciter arguendo a sacerdotio secundum quid ad sacerdotium legitimum et proprie dictum, wie er dann all syn sach auff solich fallacien und betrug gesteh und den halbgelorten ein oug damit vorkleibet1 hat. Noch dann tzu weyter Unterricht will ich noch funfferley unterscheyd antzeigen, so tzwischen uns und den leyen gefunden werdenn. Orstlich des ampts halben, dann was der leyischen pristerschafft ampt und werck seyen, saget Origenes super Leviticum homelia Villi 6 3 und spricht also: Darumb so hast du ein pristerschafft, weyl du ein pristerlich volck bist, und solt derhalben Got opfern das opfer des lobes, opfer des gepetes, opfer der barmhertzigkeit, opfer der keuscheit, opfer der gerechtigkeit, opfer der heiligkeyt, hec ille. Wyr aber, wiewol wyr tzu dißen sachen

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ouch vorpflucht, ßo haben wyr doch daneben ouch eyn ander unnd sunder ampt tzu opfern den tzarten fronleichnam Christi, tzu dispensirn die heiligen sacrament der christenlichen kirchen und ander sachen, von denen ich oben gesagt hab, wolches gar ein grosser underscheid ist. Czum andern, was die leyen oder touffpryster opfern, das nhemen die geweyheten prister und gebrauchen das tzu yr notturfft, wie Sant Paulus spricht I. Cor. IX [13], das die, so in der kirchen arbeyten unnd dem altar dienen, billichen von dem, das in der kirchen geopfert wyrdt, essen und yren enthald davon haben. Die leyen synt auch schuldig den pristern zu opfern, wie der heylig Hieronymus schreibet ad Heliodorum 64 sie inquiens: Clerici pascunt [oves:] ego pascor, Uli de altario vivunt, mihi quasi infructuose arbori, securis ad radicem ponitur, si munus ad altare non defero. Nec possum obtendere paupertatem cum in evangelio anum viduam, duo, que sola sibi superant era mittentem, laudaverit dominus, hec ille. Der dritte unterscheid ist der macht halben, dann die leyen oder touffpriester in der kyrehen nichtzit tzu gepietenn, tzu orden oder tzu schaffen haben, und sollen nicht regyren, sonder geregirt werden, wie Sant Ambrosius beweret de dignitate sacerdotali cap. II65. Czum Vierden der wyrd halben, dann es haben die getoufften pryster keyn sonderlich wyerde odder dignitet änderst dann schlechte leyen. Aber unser pristerschafft ist eyn solche wyrdigkeit, der keyne, nach Got, yn hymel unnd auff erden geleichen mag, derhalben die prister in der schafft nith menschen sunder enngel genent werden, Malachie II [7], unnd dartzu goet [Vg.] Psal. LXXXI [82, 6], Ego dixi: Dii estis etc. Czum funfften der freyheit halben, dann es haben die touffprister kein sunderliche freyheit, weder von bepsten noch vom keißer, so wir unsere privilegien und freyheit nit alein von disen tzweyen, sonder ouch von Got haben als dyner und hoffgesind Gottes, die darumb clerici heissen, das wir von dem teil oder losung Gotes und von den leyen gentzlich abgesondert sein, wie das wortlin segregate [Vg.] Numeri III [?] et VIII [14] cap. et [Vg.] Actuum XIII [2] clerich m mitbringet. Dem allem nach mag Luter sein tzungen wol straffen und seyne wort wider hinein ruffen, do er spricht: Wir sein all gleych prister und tzwuschen uns und den leyen kein underscheid, dann des ampts halben, dann es ist gar ein grober ketzerischer feler. Luter: Dann wo nitt ein hoher" weyhen wer, dan der bapst oder bischoff gibet, so wyrd nymmhermer durch babstes oder bischoffs weyhen ein prister gemacht etc. 66 Emßer: Wir wissen wol durch den heiligen gelouben, das in disem und andern sacramenten die krafft Gotes heimlich und vorborgen mitwircket. Aber gleich wol, so wil Gott keinen heimlich tzu prister oder bischoff weyhen, er werd dann ouch durch die hend der bischoff offenbarlich yn angesicht der christenlichen kirchen gesalbet unnd geweyhet, wie sich gepurt. Dann hette er, nachdem er gen himel gefaren und sein gewalt Petro

m) klar

n) eine höhere

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und den heiligen aposteln hinder ym vorlassen, einichen vor sich selbs weyhenn wollen, das wer ungetzeyvelt Paulus gewest, den er selber bekort hat, das ist aber nit geschehen, dann wiewol Paulus so bald nach seyner bekerung anfieng tzu arbeitten, predigen und Christum in allen Synagogen der Juden öffentlich bekennen, noch dann so must er sich pristerlichen und bischöflichen amptes enthalten, so lang bis er von den aposteln geweyhet ward. Dann also spricht von dem Chrisostomus de laudibus Pauli homelia VII 67 : Simon, der tzouber, hat sich eyngedrungen und ist vorworffen worden und eines ferlichen todes gestorben [Apg. 8, 9ff. ]. Paulus hat sich ouch eingedrungen, aber nicht in die pristerschafft noch in die ehr, sonder in dinstbarkeit und leyden etc. Wann er aber geweyhet worden sey, sagt die schlifft, das das geschehen auß bevelh des heiligen geistes, der tzu den jungern gesprochenn Actuum XIII [Apg. 13, 2f.]: Sondert mir ab, Paulum und Barnabam tzu dem werck, dartzu ich sie auffgenomen hab, als dann haben sie ynen mit vasten und beten die hennd auffgelegt und hinweg geschicket. Dann in der weyhung geschehen neben andern cerimonien auch die tzwey ding, wie der heilig Dionysius 68 sagt, das man orstlich die, so man weyhet, absondert von der leyen standt, darumb dann die leyen nicht mher über sie tzu gebieten haben. Czum andern, das man ynen dy hand auff das heupt leget, wie dan disen tzweyen geschehen. Das betzeuget ouch Ysidorus de origine officiorum lib. II, cap. V 69 also sprechende: In den geschichten der apostel sint Paulo und Barnabe die hend von den aposteln auffgelegt auß gebot des heiligen geistes etc. Es kan ouch wol sein, das sie wie Petrus Comestor 70 , Beda in lib. retractationum 71 und Lyra 72 sagen, nitt tzu Antiochia, do der bevelh des heiligen geistes geschehen ist, sonder tzu Jerusalem von den aposteln, tzu denen sie so bald geschickt sint, geweyhet worden, dann wiewol Paulus spricht Gal. II [6], das ym dy apostel, do er genn Jerusalem tzu ynen komen sey, nichtzit gegeben, so ist doch dasselbig tzu vorstehen von dem apostolat unnd ewangelio, welche beide Paulus von Christo und nitt von den aposteln hat. Sie haben ym aber gegeben (wie er selber bekennet) die hendt der geselschafft [Gal. 2, 9], das also vorstanden werden mag, das sie yn unnd Barnabam durch aufflegung der hendt geweyhet und yn ir geselschafft pristerlichen stands und wirdigkeit auffgenomen haben, wiewol es gnug ist, das sie geweycht worden, und nit gros daran gelegen, an welchem ort das geschehen. Wie dann Lyra 73 beyd meynung ertzelet Actuum XIII [Apg. 13] und ytweder 0 yn yrem werd bleiben laßt, auß wolichem erscheynet, das des bapstes oder der bischoff weyhen nicht so gar nichtzit tzu der sach thut, als Luter wenet, und on die selben weychung keyner tzu clerick, prister oder bischoff werden mag. Luter: Darumb so ist des bischoffs weyhen nit änderst, dann als wen er an stat und person der gantzen samlung eynen auß dem hauffen nheme, die all geleiche gewalt haben, und ym bevelhe, dieselben gewalt vor die andern außtzurichten. 74

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Emser: Hie setzt Luter aber tzwen grobe feler. Orstlich, das der bischoff die prister weyhe an der stat und person der gantzen gemeyn oder samlung. Czum andern, das die auß der samlung desselben aleinn durch yren bevel all gleichen gewalt haben, weliches beyder seyt erlogen ist. Dann der bischoff weyhet die prister nitt an stat der gemeyn, sonder an Gotes Stadt, dartzu ist nye gehört noch erfaren von der tzeit Christi bis auff disen tag, das die leyen einichen prister gemacht oder tzu weihen macht gehabt hetten, sonder Cristus als der oberst und orste prister des nawen testaments, von dem, wie oben vormeldet, all pristerschafft herflußt, hat orstlich geweyhet die heiligen apostel. Die apostel Mathiam, Paulum, Policarpum, Ignatium und ander, Paulus Dionysium, Titum, Thimotheum und ander, darnach ye einer den andern bis auff dise stund, das die leyen nye nichtzit damit tzu thon gehabt, dann das sie fulleicht tzuweylenn bey der wal geweßt, so man ein bischoff geweit hat, wie Ciprianus schreybt epistola IUI75, und sie ouch noch dabey sein mochten, wo die menig der stymmen nicht mehr hinderte dan vorderte, wie Chrisostomus des ursach antzeyget Ii. III de dignitate sacerdotali cap. XV 76 . Darumb so schreybet Paulus Tito und nicht dem gemeynen volck Ti. I [5]: Diser Sachen halb hab ich dich zu Creta gelassen, et Paulo infra, daz du dy stet besetzest mit pristern, und Actuum XIIII [Apg. 14, 21—23] lesen wyr, wie Paulus und Barnabas, als sie von Derben widerkamen, durch Lystram, Iconium und Antiochiam allenthalben in die stet prister satzten und ordenten. Was mag dan Luter sagen von der gemein? Oder, was dorfften p wyr der bischoff in der kirchen, wann alle auß der samlung dißen gewalt gleich heten. Luter: Gleych als wenn tzehen bruder, künigs kinder, gleych erben eynen erweiten. 77 Emßer: Das ist von eym gelorten ein ungelorte gleychnis unnd mochte fulleicht hyngehen, wo die leyen so vil rechts heten an der pristerschafft, als des konigs kinder tzu dem konigreich. Dieweil aber die leyen (so lang sie leyen synt) wie hievor bewert ist, keyn gewalt noch recht tzu der pristerschafft haben, wie mögen sie dann des kunigs kinder geleycht werden? Es ist wol war, das die leyen erben synt tzum hymmelreich, aber nicht tzu der*1 pristerschafft, die do eygetlich prysterschafft genent wyrdt. Ouch nicht tzu der stell ym hymel, die Paulus nennet [Vg.] Heb. XII [23]: Ecclesiam primitivorumr, und Origenes außleget Homelia III super Numeros 78 . Noch ist ein underscheid tzwischen ynen und des konigs kinder, dann des konigs kynder synt rechte und naturliche erben tzu dem konigreich, wyr aber all, gleich wie wyr nicht rechte oder naturliche kinder Gotes seyen, sonnder allein fili adoptivi, alßo seyen wyr auch erben tzu dem hymelreich nit auß recht, ßonder auß gnaden angenomen und erweit. Darumb so solt Luter seyn mund nicht in hymel noch die gantze samlung ßo hoch hinauffheben, ßonnder gedencken der worth Christi Mathei XX [16]: Vill synt geruffenn, aber wenig außerwelth.

p) bedürften

q) deijenigen

r) die Vulgata hat: ecclesiam primogenitorum

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Luter: Und das ichs noch klerer sag, wann eyn hewflin frommer C h r i sten, leyen, wurden gefangen unnd yn eyn wustung gesatzt etc. 79 Emßer: In disem fal musten die fromen lewtt gedult tragen, wie die altveter vortzeyten in der wustnis, und sich behelffen mit der nottouff, so lang bis ynen Got einn priester tzufugte, das aber einer, den sie auß ynen erweiten, auff yren schlechten bevelh so bald ein prister wer, meßlesen und dy andern sacrament reichen mocht, das ist ein ketzerischer yrthumb. Luter: Uff dise weiß erweiten voitzeiten die Christen aus dem hauffen yre bischoff und prister.80 Emßer: Der monch solt beweißen, das die leyen etwan bischoff oder prister gemacht oder geweyhet hetten, ßo beweißt er, das sie die gewelet haben. Liber bruder, wer weiß nicht, das die leyen, die do ius patronatus 81 haben auff pfarren, bistumb oder ander, schlechte leßen s noch hut' bey tagk dartzu erwelen und nennen mögen, wen sie wollen, sie können sie aber nit machen" oder weyhen. Es wirt ouch keiner derselben entpfenglich durch die blossen wal der leyen, er werd dann von den bischoven dartzu geweyhet und tugentlich" gemacht, wie obgemelt. Luter: Dieweil dann nu die we[l]tlich gewalt ist gleich mit uns getoufft, hat den selben glauben und ewangeli, müssen wir sie lassen prister unnd bischoff sein und yr ampt tzelen als ein ampt, das da gehöre und nutzlich sey der christenliche gemeynde. 82 Emser: Ich wil den weltlichen yr ampt oder gewalt gar nicht anfechten. Wan aber ein yeder, der geteufft wer, den glauben und das ewangelium het, so bald darumb ein bischof sein must, wurden die filtzhut wolfeil werden und ein ytzlicher pawr ein infel w tragen wollen, dartzu musten wir ein eigen waldt haben, do man aleyn bischoffstebe außschnidte. Ich hoff aber, die bischoff werden dasselbig holtz nemen und Luters bucher damit vorbrennen. Luter: Dann was auß der touff krochen ist, das mag sich rumen, das er schon prister, bischoff und bapst [geweyhet] sey.83 Emßer: Luter thut gleych wie die bösen kynder, die, ßo man ynen eins fingerlang erlewbet, nhemen sie ein eilen dartzu. Also weil die christenlichen lerer nachlassen", das die leyen durch die touff prister werden, doch in seym werd und wie oben davon geschriben ist, so wil er so baldt dartzu legen, das sie ouch rechte geweyhete prister und dartzu bischoff und bepst seyen, so baldt sie auß der touff krichen. Wo nu dem also, so volgete, das die liben apostel mercklich geyrret heten, das sie den heiligen Steffanum, der doch Luters meynung nach ouch ein getouffter bischoff und bapst was, bischoflicher und bapstlicher wird ane alle schuldt entsetzt, tzu eim schlechten diacon gemacht und yn tzu tisch dinen laßen haben Actuum VI [vgl. Apg. 6, 5ff.] 84 , der doch als ein bapst billich oben an gesessen sein solt. Ouch so volgete gar ein grosser yrthumb der christenlichen kirchen, das sie den heiligen Laurentium 85 , Vincentium 86 und ander alein vor

s) wohl Druckfehler für: leyen, d. h. einfache Laien t) heute, heutzutage ernennen v) tauglich w) Inful, d. h. Bischofsmütze x) gestatten

u) d. h.

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leviten y ehret und feyhret, die doch getoufft und derhalben, als Lutter saget, nicht alein schlechte leviten, sonder bischoff und bepst geweßt sint. O, du cluger doctor, wie stürmest du die mauren der romanisten so mit papyren und stroeren getzeug. Luter: Drum solt ein pristerstand änderst nicht seyn in der Christenheit, dann als ein amptman etc. Aber nun haben sie erdacht caracteres indelibiles 87 etc. 88 Emßer: Ja wann eyn prister so schlechtlich gemacht wyrd als ein schosser oder Schultheis auff eym dorff, so wer er auch ßo leichtlich wider tzu entsetzen. Ich glaub wol, wann die sach an dyr stiende, du wurdest nicht allein amptleut, sonnder auch tzuletzt sewhirten auß ynen machen, wie die piccardische weyß 89 ist, du wirdest aber das obgotwil nicht enden. Es haben auch nicht die romanisten die car[a]cteres erdacht, ßonder der heylig Dionysius bey den tzeyten der apostel davon geschriben 90 und die gantz christenlich kirch bisher alßo gehalten, das die selben caracteres oder geystliche tzeichen bleiben an der sel z kleben, tzu erkentnis ouch yn jhener weit, wer hie getoefft oder nicht, Christ oder heyd, pryster oder ley geweßt sey, den frommen tzu ehren unnd den boßen tzu ewigen schänden. Wer will dann die christenlich kirch hin hynder setzen und dyr glouben? Luter: Gleich wie nu die, so man ytz geistlich heißt, prister, bischoff oder bepst, seyn von den andern Christen nith weiter noch wyrdiger gescheiden, dann das sie das worth Gotes unnd die sacrament sollen handeln, das ist yr werck unnd ampt. Alßo hat die weltlich oberkeyt das schwerth unnd dye rat yn der henndt. 91 Emßer: Ich neme an, das Luter selber spricht, das aleyn die prister das wort Gotes und die sacrament handeln sollen und dasselb yr werck unnd ampt sey, dann ich bißher nicht änderst von ym vernomen, dann das diße ding der gemein weren und eyn ytzlicher auß der gemeyn, ßo yms allein bevolhen, das thon mocht oder tzu thon macht het. Ouch geb ich tzu, das die weltlich hand das schwert und die rat in der hend hat, damit tzu straffen, aber aleyn diejhenen, die ynen underworffen und über die sie gewalt haben. Luter: Nu sich, wie christlich das gesetzt oder gesagt sey, weltlich uberkeit sei nicht über die geistlicheit, soll sie auch nicht straffen. 92 Emßer: Dieweyl die, ßo von der prysterlichen wyrd, macht unnd oberkeit geschriben haben, nicht alleyn Christen, ßonder ouch sewln unnd fundament der Christenheit gewest, ßo kan es nicht unchristenlich sein, das a sie davon gesetzt oder gesagt haben. Czu voran dieweil sie yn dem nicht yr eygen eher b , nutz oder frommen, sunder alein Got und die christenliche warheit vor äugen gehabt, und nämlich der heilige Ambrosius, der in seinem buchlin de dignitate sacerdotali cap. II 93 also spricht: Höret mich, yr levitischer stam, pristerlichs und geheiligetes geschlecht, ir furer und regirer des volckes Christi, ewer pristerliche und bischoffliche wird oder ehre mag mit keyner Schätzung oder wirdung diser werlt vorgleicht werden.

y) Priester aus dem Stamm Levi 17

Reformation

z) Seele

a) was

b) Ehre

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Dann schätzt man sie gegen der durchleuchtigkeit der konig, fursten oder keißerliche crone, so ist das vil niderer, dann so man bley mit dem glantz des goldes vorgleychen wolt. Dieweil wyr nun sehen, das konig und fursten ire hels biegen den knyen der prister, yre hend küssen und glauben, das yr gewalt durch yr gebet bevhestiget werd, was soll ich dann sagen von der menig des gemeinen volcks, wolchen die pristerschafft nicht alein von Got ober und vorgesatzt, sonder ouch durch das ewangelische gebot bevolhen ist, sie mit veterlicher pflucht tzu beschützen, do der herr tzu Sant Petro saget [Joh. 21, 15—17]: Weyde meyne schaff, wolche schaff datzumal nicht aleyn Petrus, ßonder wyr alle mit ym und er mit uns von dem herren tzu weiden angenommen. Dieweyl sie dann den priestern tzu regyren bevolhen, sint sie ynen billich unterthan und underworffen, ßo doch nach dem ewangelischen gebot [Matth. 10, 24] der junger nith über den meyster, noch der knecht nicht über seyn herren seyn sol, hec Ambrosius. Aus dyßen Worten des heyligen Ambrosii erscheynet klerlich, ob die geistlichen denn weltlichen oder herwiderumb die weltlichen den geystlichen underworffen und tzu regyren bevolhen synt, und wer den bevelch gethan, Got, odder wyr selber uns yn das regiment gedrungen, wie uns Luter feischlich auffleget. Dergleichen saget auch Chrisostomus de dignitate sacerdotali lib. III ca. I 94 , das das pristerthum das keyßerthum so weyt ubertrifft, als die sei den corper, et eodem libro cap. IIII 95 spricht er, das das pristerliche ampt wyrdt wol auff erden gehandelt, aber gleichwol nicht vor yrdisch, sonder hymelisch ding gehalten, wolichs nicht ein mensch, nicht ein engel oder ertzengel noch yendert ein creatur, sonder dy krafft und er der heilig geist selber auffgesatzt hab, et cap. V 96 : Also haben die, so noch auff erden leben und einwonen, umb Got vordinet tzu dispensyrn und außtzuteiln die himelische ding und eyn solche gewalt empfangen, die Got weder den engein noch ertzengeln gegeben noch tzu ynen gesprochen hat [Matth. 18, 18]: Alles das yr bindet auff erden, soll auch gebunden seyn ym hymel, und alles, das yr auffloset auff erden, das sol auch loß seyn ym hymel. Et infra: Wie kan doch eyn hoher oder grosser gewalt funden werden? Der vater hat alles gericht dem son und der son den pristern bevolhen. Et infra: Darumb so ist es nicht änderst dann torheyt und unsinnigkeit zu nennen, wer dis ampt vorachten wolt, anc wolches uns weder heil noch die guter, so uns vorheissen, gegeben werden. Dan nymand wurdt eyngehen mogen d in das reich der hymel, er werde dann naw De adultis geborn auß dem wasser und heiligem geist [Joh. 3, 5]. Nymand wirdt erlangen das ewig leben, der do nicht niesset den leychnam des herren, wolches dann alles durch keyns andern dann durch der priester hand geweyhet werden mag, durch sie tzihen wyr Christum an, durch sie werden wyr voreyniget dem son Gotes und glider des selbigen heyligen heuptes. Warumb solten wyr sie dann nicht mehr ehren unnd wyrdigen dann konig oder weltliche gewalt unnd dartzu vater unnd muter? Et infra cap. VI 97 . Darumb die, so die prister vorachten, mher schuldig unnd grosser straff wirdig synt

c) ohne

d) können

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dann Dathan und Abyron [4. Mose 16, 12—14. 24fF. ]. Ich hab e auch gentzlich davor, das keyn solicher erfunden werd, der pristerliche wyrd vorschmehe, er werde dann von des teuffels list dartzu gereytzet. Hec omnia Chrysostomus ad litteram. O, wie ungleich sint diße wort mit Luters schryfften, der auß eyngebung des bösen geystes die priesterliche wyrd und oberkeit gern gar unter die fuß tretten wolt. Luter: Das ist eben ßo vill gesagt, die hannd sol nichts dartzu thon, ob das oug gros not leidet, ists nicht unnaturlich, schweyg unchristelich, daz ein glid dem andern nith helffen sol. 98 Emßer: Es wer wol gethan, wer dem andern hilffe, das wir all frommer und besser wurden. Mann findet auch in den cronicken, das keyßer unnd konig den bepsten tzum offtem mal hilff und beystand gethan haben tzu reformierung der christenlichen kyrchen, als Pipinus Steffano", Carolus Adriano 100 , Arnolphus Formoso 101 , Otto Joanni 102 und ander mher. Wer hat aber ye gehört, das helffen und straffen eyn ding sey, so doch eins wol, das ander wehe thut? Ist nicht ein grosser underscheid, dem oug mit der hand helffen oder mith der hand in das oug schlahen. Das aber Luter nith die hilff meine, sonder die rut und straff, laßt er sich altzu grob mercken, und tzuvoraus ists nerrisch tzu hören, das er sagt, wo uns die leyen nicht straffen, sollen sie uns auch weder schuch noch kleyder machen, weder essen, trincken noch tzyns geben. Gleich als geben sie uns die tzins, darumb das sie uns straffen oder unser herren seyn solten, ßo doch tzins geben mehr ein dinstbarkeyt ist, dann eyn tzeichen der oberkeit, oder als machten sie uns schuch und kleider umbsust, darfur wyr doch schusternn unnd schneidernn unser gelt geben müssen, so wol als ander lewt, dieweyl sie dann ouch wol eym Juden umb sein gelt arbeiten, warumb solt ynen dann das gegen den pristern Gotes verboten werden? Oder warumb vorbeut uns Luter nicht auch wasser, feur und lufft, dieweyl er so gewaltig ist? Luter: Was machen dann die romischen schreyber mith yren gesetzen, das sie sich außtzihen aus dem werck weltlicher christelicher gewalt, das sie nur frey mögen bos seyn. 103 Emßer: Die freyheit ist den priestern nicht darumb gegeben, das sie ungestrafft bleyben, sonder das sie von nyemandt dann von yren prelaten und von keynem leyen gestrafft werden sollen, wie die chronicken sagen von dem grossen keyßer Constantino 104 , das er ym concilio Niceno, do ym die bischoff und andere prister etzliche clagtzedel übereinander behendigen wolten, tzu ynen gesprochen hab: Gehet hyn und urteylet einander under euch selber, dann yr in der schlifft goetf genent, alein Got vorbehalten sint und von mir noch keinem menschen geurteilt werden sollen. Das aber Luter hinden angehangen die wort Petri von den lugenhafftigen meistern, die mit falschen Worten die lewt ym sack vorkeuffen werden [2. Pet. 2, 1], damit hat Sant Peter yn 8 und sein gleychen gemeint, derhalben er etzliche wort auß dem selben capitel listiglich ubergangen, als das

e) halte 17*

f) Götter

g) ihn, Luther

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die selben meister nawe secten auffbringen, dy oberkeit vorachten und den lewten freyheit vorheissen werden tzu sunden, mit welchen worten Sant Peter Lutern so eben h getroffen und abcontrafeyet hat, als ob er mit dem finger auff yn getzeiget het. Luter: Also mein ich, die orste papyre maur lig darnider. 105 Emßer: So meyn ich, sie stehe noch vhest und untzerbrochen, und sey gnug gesagt von der freyheit der geistlichen und das die weltlichen sie tzu straffen kein gewalt haben. Sie werden denn, wie Luter hie wider sich selber bekennet, vorhin yr priesterlichen wird entsetzt und also von yrem bischoff in die weltlich hand uberantwurt. Ouch ist gnugsam bewert, das wir nit al gleych geistlich oder gleichs standes und noch vil weniger al prister, bischoff und bepst seyn, sonder wie Paulus saget I. Corin. VII [17. 20] sich ein jeder seines standes, wie er von Got geruffen, halten sol, derhalben ouch nit von notten, das man von eins yeden pawern wegen interdict legen sol. Hiemit ich es ytzo bey diser maur bleiben lassen wil, der hoffnung, das ander anhangend geschwetz sey ym ouch gnugsam vorlegt. Szo ich aber was hie vorgessen, wil ich an eim andern ort wider einbringen. Die ander maur Luter: Die ander mauer ist noch loser und untüchtiger, das sie alein wollen meister in der schlifft sein, ob sie schon yr leben lang nichtzit darynn lernen. 106 Emßer: Diße mawer ist ßo starck und grundtfest, das sie weder Luter noch Lucifer umbstossen wirt, dann wann ein ytzlicher fantast die schlifft seins gefallens deuten mocht wie er wolt, wurd sie mehr synn kriegen, dann Hydra 107 heupter hat, und wyr der Sachen nymmer eins werden, das aber Luter die tzu Rom so vor ungelert halt, macht aleyn seyn hochtrabender geist, der in also vorwenet hat, als wer er alein der klugest auff erden. Luter: Doher kumpt es, das sovil ketzerisch und unchristenlich, ja unnaturliche gesetz stehen ym geistlichen rechten. 108 Emßer: Ich hab ouch als eyn schuler ym geystlichen rechtenn gelesen, aber so gar unnaturlich oder unchristenliche ding darinn nit gefunden. So sint vor uns und noch heut bey tag gar vil treffenlicher hochgelerter unnd gotforchtiger menner doctores darinn worden, tzu denen sich nit tzu vormuten, das sie die gemelten geistlichen recht studirt oder offenlich gelesen, wo sie die ketzerisch oder unchristenlich vormerckt hetten. Darumb so kan ich wol gedencken, das Lutern in den geistlichen rechten nichtzit so ser in die ougenn sticht, als der titel De hereticis 109 , wie man die ketzer straffenn sol, und der canon Resecande XXIIII, q. III110, der do saget, das man sie wie fawl fleisch abschneiden und als ein reydig schaff hinweg thon sol, das nicht das ander fleisch hinnach fawle oder von eym reydigem schaff die andernn all verderbt werden. Dann der ketzer Arrius 111 orstlich ouch nu ein klein funcklein gewest tzu Alexandria. Das man es aber nicht bald gedempfft hat, ist sein flam in die gantzen weit außgeschlagen. Luter: Wann ichs nitt gelesen het, wer mirs ungleublich, das der teuffei solt tzu Rom solich ungeschickt ding vorwenden und anhang gewinnen. 112

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Emser: Es ist nit tzu vorwundern, das der tewffel tzu Rom vil tzu schaffen hat, da so vil volcks ist, nicht alein Christen, sonder ouch Juden und Turcken. Aber wan ich nicht auß eim alten Sprichwort gehört het, das, was der teuffei sust durch nymant außrichten kan, durch ein monch tzu wegen bringt 113 , wer mirs unglaublich gewest, das er durch ein solichen armen elenden monch solich ungeschickt ding vorwenden und anhang gewynnen solt. Luter: Doch das wir nit mit worten wider sie fechten, wollen wir die schrifft herbringen. Sant Paulus spricht I. Cor. XIIII [30]: So yemandt etwas bessers offenbar wirt, ob er schon sitzt und dem andern tzuhoret tzu Gottes wort, so sol der erst, der do redt, stilschweygen und weychen. 114 Emßer: Hie wil Luter aber mit der scheiden fechten und die schneydt, das ist den rechten vorstand der schrifft, dahinden lassen. Dann Paulus setzt dis gebot nicht dem romischenn bapst, sonder den geleiten in den schulen, dann als Ambrosius hie saget, ßo hielten die Christen tzu der tzeit noch schul in den kirchen unnd sassen die gelertisten oben an yn stulen, etzlich auff nydern bencken, die andern auff der erden nach der alten weiß der Juden, die in der synagog ouch von dem gesatz disputirten. Aber mit dem bapst hat es ein ander gestalt und geburt ym nit styltzuschweygen, sonder alle ding tzu richten. Derhalben, so schon yemandt etwas geoffenbaret wurde, sol man dem so balt nit glauben, es werde dann von dem bapst und der kirchen vorhin bewert, als die Offenbarung Brigitte, Elizabethe 115 und ander. Also leret uns der heilige Joannes I, eiusdem IUI [1. Joh. 4, 1]: Ir solt nith eym ytzlichen geist gleuben, sunder sie vorhin beweren, ob sie auß Got seyen, dann es werden vil falsche propheten in dy weit komen, und als Paulus saget I.(!) Cor. XI [2. Kor. 11, 14], so vorwandelt sich ouch tzu weylen der boß geist under gestalt der engel. Darumb so leeret er uns I. Thessa. V [21], das wir alle ding beweren und aleyn das gut halten oder annhemen sollen. Also müssen wir yn ouch vorstehen des ortes, do er spricht, so ymandt etwas offenbart wirt, sol der erst schweigen und ym weichen, das ist, so yemand was in der schrifft offenbaret und tzuvor von dem bapst oder der kirchen bewert wurd, das ym dann die andern weychen und dem gleubt werden sol, den die kirch bewert und angenomen hat. Das ist ouch die ursach, das ich den alten bewerten lerer der cristenlichen kirchen liber anhang und mher glaubens gib dan Luters nawer und falscher außlegung. Luter: Darumb ists ein frevel erdicht fabel unnd mögen ouch keinen buchstaben auffbringen, damit sie beweren, das des bapsts alein sey, die schrifft außtzulegen oder yr außlegung tzu bestetigen. Sie haben ynen die gewalt selbs genomen. 116 Emßer: Diße fabel, das nyemant die schrifft außlegen soll dann der bapst, hat Luter selber erticht, dann die christenliche kirch weret keynem, die schrifft austzulegen, der das tzil der alten christenlichen lerer nicht uberschreit. Also betzeuget Augustinus epistola LDC ad Paulinum 117 und spricht: Es ist nutz, das über die finsterheit der heyligen schrifft, die Got uns zu ubung (also tunckel und vorborgen haben wollen), vilerlei meinungen gefunden werden, so eyn yeder seyn beduncken sagt, doch das yr aller

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meynung dem glauben und christenlicher 1er nicht entgegen sey. Der gleichen schreybt auch Gregorius in registro Ii. III, cap. CI 118 also sprechende: In dem vorstand der heyligen schrifft soll nichtzit vorworffen werden, das dem rechten christenlichen glouben nicht wider ist. Dann gleich wie aus eim einigen1 gold einer guldin ketten, der ander ring oder ander geschmuck macht, also findenn ouch die außleger aus einer schrifft manicherlei vorstand, die do al dienen tzu schmuck und tzier der braut Cristi, daz ist der heiligen christenlichen kirchen. Doch so sol keiner sein selbs meynung oder außlegung vor die best halten, sie werde dann von der christenlichen kirchen vor gut erkent und angenomen. Derhalben so haben die christenlichen lerer, so yn was tieffs in der schrifft vorgefallen, dasselbig alwegen dem römischen stul vorbehalten, oder so sie gleich was davon geschriben, der römischen kirchen underworffen als der meisterin und regel des gloubens, die ouch Ciprianus lib. IUI, epistola VIII 119 nennet ein mutter und wurtzel der christenlichen kirchen, wolchen gewalt ym^ der babst nicht selbs genomen, sonder von Got hat, wie das betzeuget der heylige Ambrosius (über die wort Christi, do er tzu Sant Peter saget [Vg.] Luce XVIII(!) [Luk. 5, 4]: Duc in altum, fhure das schiff in die tieffe) also sprechende 120 : Entlichen, wiewol den andern geboten, das sie die netz außlassen solten, so wyrt doch allein Petro gesagt, führe du das schiff in die tieffe, das ist in die teuff der disputation, et infra: Dann was sint der apostel netz änderst, dann bestrickung der wort, fassung der red und hindergeng der disputation, damit sie die fisch, das ist die menschen, also begreiffen k , das sie inen nicht wider entwerden1 mögen. Darumb so haben wir hie ein grundt auß den Worten Christi, obgleich ein yeder die netz außlassen, das ist die schrifft außlegen, predigen oder davon disputiren mag, das dannocht, wo sich einer in dem selben tzu weyt vorteuffte oder die außleger undereinander tzwispeltig wurden, alein Petrus, Weichs schiffe darumb in der teuffe helt, und ytzo der romische bapst als ein ordenlicher nachvolger Petri unnd Stadthalter Christi dasselbig ortern, schiden und besteten mag, dem wir ouch in dem und anndern bey christenlicher pflucht gehorsam tzu leisten schuldig sein, wie der heilig Gregorius saget in epistola ad omnes per regnum Italicum et Theutonicorum sie inquiens 121 : Peccatum paganitatis ineurrit, quisquis dum Christianum se esse asserit sedi apostolice obedire contemnit. Und das ist tzuvorauß von noten in außlegung der schrifft, dann wo man die ketzer schreiben ließ, was sie wolten, und ynen nicht in die wurffei griff, solten sie wol tzuletzt schreyben, das Got nicht Gott wer. Luter: Es ist offenbar gnug, das die schlussel nith alien Sant Petro, sonder der gantzen gemeind geben sint [Matth. 18, 18].122 Emßer: Sie sint der gantzen gemeind tzu trost unnd tzu gut geben, das ynen damit allen der himel auffgeschlossen werden sol. Aber nit, das sie ynen selbs auffschliessen sollen oder mugen, als wenig als sich die schaff on ein hirtten selbs weyden mögen. Das aber Christus nicht aleyn

i) einzigen (Stück)

j) sich

k) ergreifen, fassen

1) entkommen

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vor Petrum, sonder vor uns all gebeten hab, das können wir al wol erleyden und hör niemant, der das anfecht. Luter: Denck doch bey dir selber: Sie müssen bekennen, das fromme Christen under uns sein [ . . . ] , warumb wolt man den der selben wort und vorstand vorwerffen. 123 Emßer: Ist doch ein esel ouch from, man trawet ym aber dannocht nit über"1 die silberkamer, sonder stelt yn in ein stall. Also wiewol ich weiß, das ouch etzliche leyen in der heiligen schlifft bas erfarn sint, dann mancher prister oder doctor der theologey, noch" weißt uns Got nit an die leyen, sonder an die prister Malachie II [7]: Die lyppen des pristers bewaren die kunst, und sie sollen das gesetz fragen oder lernen auß seynem mundt, dan er ist ein engel der spitz0 des herren. Luter: Es muß ye nicht aleyn der bapst recht haben, ßo der artickel 124 recht ist. Ich glewb ein heilige christenliche kirche. 125 Emßer: Dieweil der bapst das oberste glid ist der christenlichen kirchen, so darfP man (ßo man die christelich kirch geleubt) inq bapst nicht sonder gleuben, dann wo die fiesr sint, do ist ouch das haupt, und wo die christenlich kirch, do ist der bapst mit eingetzelt quia ubi totum ibi etiam pars est. Darumb so trißhets Luter hie ein 1er strou. Luter: Uber das so sein wir all priester, wie droben gesagt ist [ . . . ] , wie solten wir dann nicht ouch macht haben tzu schmeken unnd urteiln, was recht oder unrecht ym glouben wer [ . . . ] , einn geistlich mensch rieht alle ding [1. Kor. 2, 15] etc. 126 Emser: Es ist nicht ein ytzlich ley ein solich prister, der dy schlifft oder den glouben tzu urteiln hab, wie ich vorhin gesagt auß Ambrosio und Augustino, was sie vor priester, unnd auß Origene, was yr ampt oder werck sey 127 . Ouch ist nit ein ytzlich ley geistlich (so fher das wortlein geistlich vom spiritalis herflußt), das er ichtzit' tzu richten macht het, wie auch vil geistliche in dem fal nit geistlich sint. Darumb so scheynet oder gleysset Luters argument wol unnd ist doch ym grundt nichtzit darhinder. Luter: Auß disem allem unnd vilen andern spruchen sollen wir mutig und frey werden. 128 Emßer: Christus spricht, wir sollen von ym lernen demutig sein: Discite a me inquiens quia mitis sum et humilis corde, [Vg.] Mathei XI [29], so lernet uns Lutter, wir sollen stoltz unnd mutig sein. Dieweil dann Got ouch durch den propheten spricht [vgl. Jes. 57, 15]: Uber wen wirt ruhen meyn geist, dann alein über den demutigen und fridtsamen, und ich aber bey Luter weder diemut vormerck noch fridtsamkeyt, so muß nicht der geist des herren über ym schweben, sonder ein ander, der yn so mutig und freydig macht. Luter: Must doch vortzeyten Abraham seyne Sara hören [1. Mose 21, 10—12]129 und der prophet Balaam die eßlin [4. Mose 22, 2 8 - 3 3 ] , Emser: Die menner müssen noch hewt bey tag tzuweylen yrer weyber predig tzuhoren, wann sie liber mit frid schlieffen, so macht die eßlein den

m) vertraut ihm nicht an n) dennoch r) Füße s) drischt t) irgendetwas

o) Bote

p) braucht

q) an (den)

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propheten clug, das er sich selbs erkennet und Gotes gebot weyter niht widerstrebet, aber Luter laßt sich alle christenliche lerer nith uberreden, das er unrecht sey ader sich selbs erkennen wolt. Luter: Darumb so geburt einem yglichen Christen, das er sich des gloubens annhem, tzu vorstehen und vorfechten und alle yrthumb tzu vordamnen. 130 Emßer: Darumb so vorhoff ich, das Luter auß disen seinen eygen worten mir ouch nit vorargen konde, das ich den glouben wider yn vorfecht, seyn yrthumb vordamme unnd dise ander mauer, die er ym anfang so loß und untuchtig hielt, vor ym ouch erhalten hab. Luter: Die dritte mauer feilet von yr selber nider, wo dise orste tzwu fallen. 131 Die dritte mawr Emßer: Dise maur haben vil ersteigen wollen, die den hals darüber abgefallen sint. Doch gleich wie Lutter beschliesset, wo die andern tzwu fallen, so falle die von yr selber hynach, also wil ich a contrario wider yn beschliessen, dieweil die andern tzwu maurn noch nith gefallen und nymmer mher fallen werden mögen, ßo bleibt dise ouch wol bestendigk. Luter: Sie haben ouch keynen grund der schlifft, das aleyn dem bapst gepurt, ein concilium tzu beruffen, dan alein yr eigen gesetz. 132 Emßer: Es beruffet nyemandt die reichsteg" dann der keißer, so ist nichtzit bindigv, was eyn rat beschlußt, es werde dann vom forsten bestet und bekrefftiget. Warumb solt dann der bapst an Gotes stat die macht ouch nicht haben bey den concilien? Oder warumb solten der geistlichen recht nith gelten, darumb das sie die selber gesetzt, so doch ein ytzliche stat macht hat, yr selbs eigen recht und weychvild w tzu setzen, tzudem ßo geben die geistlichen recht tzu, wo sich ein bapst forchtet vor eim concilio und wolt das nicht beruffen, das alsdann die cardinel das tzu beruffen macht haben, wye dominus Alexandrinus post alios saget in c. Si Papa di. 133

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Luter: So lesen wyr Actuum quinto" [Apg. 15, 6], das der apostel 30 concilium nith Sant Peter hat beruffen, sonder all apostel und die eltisten. 134 Emßer: Luter thut der geschrifft hie gewalt, dann der text nith sagt, wer das concilium beruffen hab, sonder das ein tzweyung tzu Antiochia under denn brudern erwachsen sey, von wegen der beschneydung, derhal- 35 ben sich Paulus und Barnabas erhaben unnd gen Jerusalem kommen, die apostel daselbst rat tzu fragen, wie sie sich in dem halten solten, von welchen sie empfangen, und als sie beyeinander versamelt geweßt, die apostel und eltisten, haben etzlich pharisey geraten, mann sol die heiden ouch beschneyden, do sey Petrus auffgestanden und angefangen tzu reden, wie do 40 selbs der text meldet, und darnach Jacobus Sant Peters meynung tzugefallen y und die bekrefftiget mit der schryfft. Dieweil dan in eim itzlichen rat der orstlich redet, der den rat beruffet, als der burgemeister in eyner stat

u) Reichstage des Stadtrechts

v) bindend, verbindlich x) bei Luther richtig: XV

w) Weichbild, d. h. Geltungsbereich y) zugestimmt

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oder eyn fürst an seym hoff, so er seine ret tzusamen vordert unnd yn orstlich ertzelet, warumb er sie beschickt und was die sach sey, szo ist mher tzu glouben, das Sant Peter, der tzum orsten auffgestanden und von der sach beschließlich geredt, das concilium auch tzusamen gevordert hab. Dann das Luter ab auctoritate negative 2 sagt, Sant Peter hab es nicht beruffen, und ym fal, ob das gleich Jacobus als der bischoff des ortes beruffen, so het er doch das ungetzweivelt gethan auff bevelh Petri als des obersten, welches auß dem erscheynet, das Petrus die ersten stym gehabt und Jacobus erst nach Petro sein meynung dartzu gesagt, wie der text clerlich außdruckt, darumb so ist der selbs ein ertzketzer, der sagen darfP, wo es Sant Peter beruffen het, wer es nith ein christenlich concilium, sonder ein ketzerisch conciliabulum 135 gewest 136 , dann Gerson 137 der beweist klarlich, das Petrus sein primat und oberkeit nith von den aposteln, sonder von Gott gehabt, darumb yn dann alle lerer krichisch und lateinisch nennen ein fursten der apostel. Warumb solt das dann ein ketzerisch conciliabulum sein, das er alß der fürst der andern beruffen het? Luter: Auch das berumptiste concilium Nicenum hatt der bischoff tzu Rom noch b beruffen noch bestetiget, sonder der keyser Constantinus. 138 Emser: Es ist oben berurt 139 , wolicher gestalt Constantinus bey dem genanten concilio geweßt, nämlich tzu beystand den geistlichen unnd nicht über sie tzu richten oder auß eigem gewalt etwas dobey tzu üben, des er ouch nith macht gehabt, dann Christus nicht den keißern, sonder Petro, was den heiligen glouben antrifft tzu binden und entbinden, die schlussel bevolhen hat. Die ouch das concilium gehalten sint darumb nicht ketzer gewest, obgleich der römisch babst das selb nicht beruffen hett, das ich dennocht Lutern nith einromen wil, dann die ding dietzmal0 umb mancherley vorvolgung willen der Christen noch nith allenthalb in der kirchen geordent waren, wie sie sein solten. Ouch so ist tzu vormutten, das tzum wenigisten ein romischer legat dobey gewest sey, von des bapsts wegen demnach ein artikkel in dem selben concilio vorleybt d , wie wir lesen in Historia Ecclesiastica lib. X, cap. VI, articulo VI 140 , das Rom bey der gewonheit bleiben sol, wie es von alter herkomen. Dieweil dann die romische kirch von alter her alle ding urteilt und bestet und tzuvor alle gemeyne concilia, bey denen tzum wenigisten des bapsts legat sein sol c. Regula dis. XVII et pro totam eandem distinctionem 141 , so were dem obgenanten concilio Niceno, gleich wie dem ewangelio, ouch nicht tzu gleuben, wo es nachmals von dem romischen stul an stat der gantzen christenlichen kirchen nit angenomen und bestet wer. Darumb darff Luter nith so ser bochen auff das nicenisch concilium und muß Rom bleiben lassen e . Es sey ym lib oder leydt. Luter: Auch wann ich ansehe die concilia, die der bapst gemäht hat, fint ich nicht sonders, das darinnen ist außgericht. 142 Emßer: Wan die bepst in yren concilien nicht mher ausgericht, dann das sie ßo mancherley teufelisch 1er ketzerey außgeroden f , ßo hetten sie

z) Negativbeweis a) zu sagen wagt b) weder c) dazumal, damals halten e) (in seiner Würde) bleiben lassen, akzeptieren f) ausgerottet

d) ent-

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der Christenheit nicht wenig gefrommet. Aber ketzerey ist nichtzit ßonders bey Lutern, dann er von juget damit umbgegangen und das gifft lang vorhin bey ym vorsamelt hat, sust wer ym ouch unmöglich, sovil ketzerischer bucher auff ein hauffen herauß tzu schütten. Luter: Wer das nicht ein unnaturlich vornhnemen, ßo ein feur yn der stat auffgieng und yederman solt stilstehen [ . . . ] , alleyn darumb, das sie nicht die macht des burgemeisters hetten. 143 Emßer: Diße gleichnis will ich gar mit besserm fug und recht Lutern widerumb heym schieben unnd auff yn deuten, dann ich weis Got lob ytz kein grosser feur in der Christenheit, dann das Luter selbs angetzundet hat. Derhalben, wie er selber saget, eyn ytzlicher schuldig wer, dis feur helffen außtzuleschen und nicht auff den burgemeyster harren, id est, es solten ym die bischoff das cantate 8 langest gelegt haben und nicht so lang dartzu stilschweigen, noch in dißem fall auff den bapst harren, dem diße ketzerische bucher langsam zukummen und noch la[n]gsamer vortolmetscht werden mögen. Es wil aber keyner der katzen die schellen anhengen unnd sehen so lang tzu, bis das spil (als tzu besorgen) tzu letst an ynen außgehen wyrdt. Luter: Drumb wo sich der babst wolt der gewalt brauchen tzu weren ein frey concilium tzu machen etc. 144 Emßer: Ich will nicht gleuben, das dem babst so gar entgegen sey ein frey concilium tzu machen, wo seyn heyligkeit darumb ersucht wurd, ich acht es aber dafür, das uns vill nutzer wer, die alten (darynn alle ding ßo ordenlich und wol bedacht, das wir es schwerlich besser machen werden) vhest tzu halden, dann nawe mit grosser mhue und unkost antzurichten. Aber Luter thut gleich als etzliche, die stets nawe bucher kauffen und doch vor vil doheymen haben, der sie nymmer keins leßen. Also dringt er alein auff ein naw concilium und wil doch der alten gar keins halten, bey denen wol so kluge lewt gewest, als er ymmer sein magk. Luter: Und wo gleich ein wundertzeichen für den bapst wider die weltlich gewalt geschehe oder yemant ein plag wyderfure, wie etzlich mal, sie rumen, geschehen sey, sol mann dasselbig nit änderst achten, als durch den teuffei geschehen. 145 Emßer: Luter lestert hie Got und all sein heiligen, die tzum offtern mal nith alein die bepst, sonder ouch vil frommer bischoff und ander geistlich wunderbarlich vor weltlicher gewalt beschützt haben. Doch damit ich nit ein gantze bibel auß disem buchlin mach, wil ich umb kurtz willen allein eins sagenn. Do der hoffertig patriarch tzu Constantinopel mit nhamen Joannes 146 gern das primat und bapstumb an yn gebracht und des doch weder fug nocht recht noch einichen grundt der schlifft het, do beweget er den keyßer Mauricium, das der dem heiligen bapst Gregorio schrieb und gebot, das primat und bapstumb dem gemelten patriarchen tzu ubergeben und sich des tzu enthalten. Do ym nu der heilige Gregorius das nith einromen noch weichen wolt, sonder dartzu antwurt, der oberste gewalt

g) Kantate legen weder bei Wander noch bei Grimm belegt; evtl. Druckfehler für: Kandare (anlegen)?

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wer Petro und seynen nachkomen, den romischen bepsten, gegeben, und nith den bischoffen tzu Constantinopel, understiende yn der keyser mit gewalt dartzu dringen, und bestalt, das Rom ein gantz jar belagert wurd und der bapst mit den seynen grosse not darynn leyden must. Und als er sich von solichem vornhemen weder durch beth noch schlifft des bapsts abweissen lassen wolt, ward auff ein tag tzu Constantinopel, do der keyser dertzeit hoff hielt, von meniglich gesehen ein monch mit blossem schwert ob der stad in den lufften schwebende und mit lawter stym schreyende: Mit disem schwert muß der keyßer Mauricius sterben, wie er dan bald darnach von sein eigen dinern mit weib und kind ermordet und erstochen wart, wie Platyna schreibt in vita Gregorii primi 147 . Wer will nu so vormessen seyn und sagen, das dis wunderzeichen vom teuffei geschehen und nicht ehe durch das vordinst Gregorii und des heyligen Sant Peters, der sein schiflein in notten nie vorlassen hat. Ja, wann bey Luttern eyn mirakkel geschehe, so kunt ich änderst nicht gleuben, dann der teuffei hette das gethan und ym also eyn nasen gedret, damit ehr dester kuner wurd, die christenliche kirch ye lennger yhe mher tzu vorvolgen. Luter: Hiemit, hoff ich, sol das falsche, lugenhafftige schrecken, damit uns nu lange tzeyt die Romer haben schuchter und blod [gewissen] gemacht, emider l[i]egen etc. 148 Emßer: Hie recapitulirt und efert Luter, wie er die obgenantenn drey mauren seyns bedunckens hiemit nidergelegt und dye sach wol außgericht hab. So las ich mich beduncken, sie seyen mechtiglich vor ym erhalten, tzuvoraus die tzwu ersten, wil derhalben entlich tzu rettung der dritten meyn meynunng ouch entschliessen und sag, so fher der bapst nicht tzu eynem öffentlichen ketzer wyrdt oder so gantz unchristenlich handelte, das es gemeyner Christenheit unleydlich (ob ehr gleich sust der person halb auß menschlicher bloedigkeit gebrechenlich, als unser keiner an sund ist) so hat er volkummen gewalt über die gantzen Christenheit, concilia, synodos, konig, forsten, geistlich und weltlich, nyemants ausgeschlossen oder hindan gesetzt, und gepurt niemant dann ym ein concilium tzu beruffen, nach gehaltem rat tzu beschliessen und was do beschlossen auß oberkeit seiner macht zu besteten, bekrefftigen und mit geistlichem tzwang darüber vhest tzu halten. Er richtet auch yederman unnd nyemant mag yne richten, dieweil er keyn obern hat, außgenomen so er tzu ketzer wurd, in welchem fall yn ein gemein concilium wider absetzen mocht. Und wiewol ich dißen beschlus auß geistlichen und weltlichen rechten, Got lob, wol wüste tzu erhalden, noch dann dieweil Luter die selben recht vorneynt und dartzu itzo neulich vorbrent hat 149 , will ich ine des mit dem gütlichen mund ubertzeugen. Dann so vil orstlich den keyßer oder die weltliche hand belanget, so hat Christus, dem von seinem hymelischen vater aller gewalt, er sey geystlich oder weltlich, gegeben worden, wie ehr selber sagt [Vg.] Mathei ultimo [28, 18], data est mihi omnis potestas in celo et in terra, denselben gewalt nicht Augusto oder Tiberio 150 , ßonder Petro hinder ym gelassen11

h) nachgelassen, übergeben

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Hoc intelligo extra casum heresis ut d. Alexandrinus in c. si pa. dis^ XXXX

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alles, das auff erdenn ist (nichtzit außgenomen weder kunig noch keyßer, weder klein oder gros), tzu binden und tzu entbinden, mith der vorheischung, was er auff erden bind oder los macht, das solt ouch in hymeln gebunden oder los sein, und wiewol die christenlich kirch oder ein gemein concilium an der kirchen Stadt denselben gewalt ouch hat auß den Worten Christi, do er tzu den aposteln sprach, Mathei XVIII [18]: Alles, das yr binden werdet auff erden, das sol gebunden sein ym himel, und alles, das yr aufflosen werdet auff erden, das sol auch loß sein ym himel, ßo ist doch yr gewalt nith so volkomen oder gemeyn als Sant Peters, und erstreckt sich über den bapst weiter nicht, dan so wie ytzgemelt ein bapst tzu ketzer wurd oder sust so gar unchristenlichen handelte, das es gemeyner Christenheit untreglich wer. Das beweiß ich nith mit den lateinischen doctorn, die Lutter vor des bapsts heuchler helt, wie ich dem bapst damit ouch nit hofieren wil, sonder mit den kriechischen alten lerer und merterer Origene homelia sexta super dicta verba Mathei 151 , do er öffentlich bekennet und sagt, wiewol Christus den andern auch macht gegeben hab tzu binden unnd tzu entbinden, so gepurte sich doch, das Petro ein hoeher und groesser gewalt bevolhen wurd, wie dann geschehen, do Christus tzu ym alein und sonderlich gesagt hab: Und dir wil ich geben die schlussel des reychs der hymel. Darumb dann gar ein grosser underscheidt sey tzwischen ym und den andern, dann Petro die schlussel nith aleyn tzu eim hymel, sonder tzu vilen gegeben. Claves inquit non unius coeli sed multorum coelorum. Also schreibet auch der heilige Gregorius in registro lib. IUI, epistola LXXXII 152 , das die andern apostel heupter gewest seien der eintzeln kirchen oder volcker, die ein yeder bekort oder regirt hat, aber Petrus sey das heupt und oberste glid über alle kirchen der gantzen Christenheit. Dergleichen schreibt auch der heylig Jeronymus über die wort [Vg.] Marci XIIII [15] 153 : Ostendet vobis cenaculum grande Stratum, das die grosse eßlobe1 bedeuth die grosse versamlung der gantzen christenlichen kirchen, und der herr dis hauß sey Petrus, dem Christus das bevolhen und vortrawt hab, damit es under eynem einigen' hirten oder haußvater wer. Unnd derhalben gleich wie das gantze haußgesindt dem haußvatter, also seyen wir al dem romischen bapst unterworffen, der sein macht und oberkeit von Got und keinem menschen hat formaliter et subiective, wie Gerson bewert de potestate ecclesiastica consideratione decima 154 und sagt, das ouch die gantze christenliche kirch den gewalt dem bapst nith nhemen, wie sie ym den ouch nit geben mocht, wo ym den Christus nicht gegeben het. Nicht deßweniger, so haben die romischen keyser, konig und fursten des reychs, so k in der kirchen entspunnen 0 fft s j c h e j n yrthtumb, ketzerey oder scisma Q ( j e r u b e r h a n d t genomen hat, dem babst altzeit die handt gerecht, concilia helffen machen, selbs dobey gewest und den clerum und ander geistlich und weltlich sachen helffen reformiren. Doch nit auß yrem eigem gewalt, sonder als getrew beysteher und mithelffer der christenlichen kirchen, wie

i) Eßlaube, gebräuchliche Übersetzung für coenaculum ma, Kirchenspaltung

j) einzigen

k) Schis-

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der keyser Martianus saget in concilio Chalcedonensi, c. Nos ad fidem, XCVI. dis. 156 : Wir haben in disem concilio neben und bey euch sein wollen, nith unsern gewalt tzu ertzeigen, sonder euch den glauben helffen handthaben nach dem exempel des allerchristenlichen keysers Constantini, 5 domit so die warheit erfundenn, das gemeyn volck, wolches durch falsche ler vorfurt ist, nith lenger in diser tzwitracht blieb. Wann aber die concilia volendet und die sachen gestilt worden, haben sich weder der bapst des keysers noch der keyser des bapsts gewalt undertzogen, sonder ein yeder die seinn, der bapst die geistlichen unnd der keißer die weltlichen, regirt, 10 beschützt und gestrafft, on des andern vorhindrung oder eintrag1, wie das recht sagt c. Cum ad ventum verum est, XCVI. dis. 157 Hiemit ich dise drey maurn mit eym nawen thonch1" oder kalg der schlifft, alten brauchs der christenlichen kirchen und bewerter außlegung der heiligen lerer beworffen und damit den orsten teil dis buchs, von der freyheit, macht, wirdikeit und 15 oberkeit des bapsts unnd der geistlikeit abgeleint haben wil, der hoffnung, seyen sie nu XVC jar also gestanden, Luter werde sie ouch bleyben lassen müssen und mit schänden wider von den vilgedachten maurn abtzihen.

Dancksagung 20

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Und dir, o almechtiger, ewiger, himelischer Got, vater, son und heyliger geist, sag ich sampt der ubergebenedeyten" Gotes gepererin und junckfrawen Maria und allem himelischen höre auß allen krefften meiner seien lob, ehr und danck, das du mich, deynen unwirdigen diner, tzu diser sach gebraucht und mir dein gotlich gnad vorlihen hast, dis buchlin tzu volenden und deine alte weg der christenlichen warheyt dem gemeinen einfeltigen volck tzu getrauer Warnung an tag tzu bringen. Und demnach ich umb disse gehabte oder noch tzukunfftige mue und arbeit von nymant auff der weit kein vorheiß, kein solt noch belonung hab, hoff oder beger, dan von dir aleyn, wo ich dann deiner gotlichen majestat in dem (als ich hoff) ein beheglichen dinst getan oder noch thon wurd (doch auß deinen gnaden und nith auß mir selber) so wil ich gleych wy du dreyfeltig in der person und einfeltig in eym gotlichen wesen bist, also ouch hie dreyerley bitt an dich legen, die sich doch alle drey auff ein end tzihen sollen, nämlich deyn gotlich ehr und der menschen selikeit. Orstlich bit und erman ich dich, himelischer vater, umb der veterlichen lib willen, durch dy du das menschlich geschlecht orstlich geschaffen und darnach deyn einigen son vor sie dargegeben hast, du wollest nith auß ansehung meyner person, sonder deyner heyligen kirchen, der° unwirdiger minister und diner ich bin, dise deyn heimsuchung, auffgelegte pfeyl, tzorn und straff, die wir alle geistlich und weltlich gröblich vorschult p haben, widerumb gnediglich tzurucktzihen, wie du Josue die sonnen zuruck getzo-

1) Beeinträchtigung schuldet

m) Tünche

n) gesegneten, seligen

o) deren

p) ver-

Emser: Wider das Buch Luthers an den Adel

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gen und zu lib auffgehalten hast [Jos. 10, 13], dann w i e w o l etzlich sagen, es sey vom himel, v o m fato q und der conjunction martisr und Saturni, so weiß ich doch wol, das du ein herr bist himels und der erden, ynen tzu gebieten hast und die ding alle tzum besten wenden kanst. W i e w o l ouch etzlich sprechen, es sey geprophetzeyt, w i e ich die prophetzey selber gele- 5 sen hab 159 , so weiß ich doch, das du tzum offtern mal durch die propheten was hast ansagen lassen, das du, so dych die menschen getraulich angerufft, yr leben gebessert und geändert haben, ouch widerumb geändert und deyn tzorn nachgelassen hast, als den Niniviten [Jon. 3], dem konig Ezechie [Hes. pass.] und andern. Demnach so schrey ich tzu dir und bit von

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wegen deyner kirchen, du wollest vorschonen deynes volckes, des werckes deyner hend, und uns allen gnad vorleyhen, unser suntlich leben abtzustellen, uns wider mit dir tzu vorsonen und deynen geboten und dein alten christenlichen glouben vhest antzuhangen, damitt wir weder hie noch dort von dir gescheiden werden.

15

Czum andern so bit und erman ich dich, heyliger her Jesu Christe, umb deynes bitter leiden und todes willen, du wollest mit deynem rosenfarben blut abwaschen die manigfeltigkeit meyner sundt, durch die ich dich ye ertzornet, die lewt geergert oder meyn arme sei beschwert hab, damit ich als der vorloren son widerumb mit dir versonet und dis meyn gebet vor 20 die gantze christenliche samlung dester stadtlicher erhört werden mog. Czum dritten bitt und erman ich dich, o Got, heiliger geist, durch all dein gutigkeit, hilff und trost, so du bey deiner kirchen ye gewurckt hast, du wollest dis mein gebet vor 5 mein Widersacher Lutern erhören, als du erhört hast Stephanum für Paulum [ A p g . 22, 20f.], und ym sein gemut 25 bekeren, daz er furthin die christenliche kirch, yr alt herkommen brauch, weiß und Ordnung, die du selber den aposteln eingegeist hast, so hefftig vortedige, alß hefftig er die bisher angefochten, daz volck Gotes so vleyssig widerumb y m frid Christi vorsamle, als ser er sie bißher getrent und zerstreuet hat, uns allen tzu bruderlicher eintracht und selikeit. Dir, o du 30 unaußsprechenliche drivaltikeit, der heiligen junckfraven Marie und dem gantzen himelischen her tzu lob, ehr und ewiger dancksagung. Amen. Das werde war. Volendet

tzu

Leyptzk

am

tag

Fabiani

und

Sebastiani

Martyrum

[20. Januar] und gedruckt durch Bac. Martinum Herbipolensem [Lands- 35 berg]. A n n o Domini M D X X I .

A) Vorbemerkung Druckvorlage: WId' das vn=llchristenliche buch Martini Lu=llters Augustiners/ an den Tewtschen Adel außgangen II Vorlegung Hieronymi Emser II An gemeyne Hochlöbliche Teutsche Nation II [Emserwappen] II Hut dich der bock stoszt dich II (Am

q) Fatum, Schicksal

r) des Mars

s) für

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Ende:) Volendet tzu Leyptzg am tag Fabiani vn Seballstiani Martyru vnd Gedruckt durch Bac. II Martinum Herbipolensem. II Anno Dni M D xxi. II 4° 72 Bl. Sign.: A-S 4 . - Claus La-76. VD 16 E 1137. Köhler 912. - SB PK Berlin: Cu 2125 R. Zur Enstehung: Nachdem Hieronymus Emser bereits im Gefolge der Leipziger Disputation mit Martin Luther in heftigen Streit geraten war (vgl. oben Nr. 8 Zur Entstehung), nahm er das Erscheinen von dessen Adelsschrift im August 1520 zum Anlaß, sich mit dieser grundsätzlich und im einzelnen auseinanderzusetzen. Die Hauptarbeit daran scheint er aber erst im Dezember geleistet zu haben, da er nicht nur in dem am 21. Dezember 1520 datierten Gruß an die deutsche Nation, sondern auch an verschiedenen Stellen im Text die am 10. Dezember 1520 in Wittenberg stattgefundene Verbrennung der kanonischen Rechtsbücher und altgläubiger Schriften durch Luther erwähnt (falls es sich nicht um spätere Interpolationen handelt). Der erste Druckbogen wurde Luther vor Mitte Januar 1521 bekannt (WA Br 2, S. 247); der Druckvermerk Martin Landsbergs in Leipzig nennt als Abschlußtag den 20. Januar 1521. Ausgabe:

Enders I, S. 1 — 145 (Textabdruck ohne Erläuterungen).

Literatur: Smolinsky, Alveldt und Emser, S. 238ff., bes. 243-245, 249-251.

B) Sacherläuterungen 1 Anspielung auf die öffentliche Verbrennung der kanonischen Rechtsbücher und altgläubiger Schriften durch Luther am 10. Dezember 1520 in Wittenberg. 2 Der römische Kaiser Konstantin I. (306—337) verbannte den von der Synode in Tyrus 335 abgesetzten Bischof von Alexandrien und Hauptwortführer im Kampf gegen den Arianismus, Athanasius (295—373), im Jahre 336 nach Trier, obwohl er zuvor auf dem Konzil von Nicäa 325 unter dessen Einfluß grundsätzlich gegen Arius (um 260—336) entschieden hatte. Nach dem Tod des Kaisers setzte Athanasius seinen Kampf gegen den Arianismus fort; seine Lehre wurde von den Synoden 341 und 343 für rechtgläubig erklärt und eines der grundlegenden Glaubensbekenntnisse der katholischen Kirche nach ihm benannt. 3 Während der Regierung des römischen Kaisers Julianus (361—363), wegen seines Abfalls vom Christentum Apostata genannt, wurde der am Christentum festhaltende Bischof von Arezzo, Donatus, nach Martern getötet. 4 Der römische Kaiser Mauritius (582—603) unterstützte den Anspruch des Patriarchen von Konstantinopel, oberster Bischof der Christenheit zu sein, gegen den heftigen Widerstand Papst Gregors I. (590—604). Gemeint sein könnte auch die Verurteilung des Papstes durch den Kaiser wegen des von Gregor geschlossenen Sonderfriedens mit den Langobarden. 5 Gemeint ist wohl der byzantinische Kaiser Konstans II. (641—668), der Papst Martin I. (649—655) wegen der Auseinandersetzungen um den Monotheletismus 653 zunächst zum Tode, schließlich aber zur Verbannung verurteilte. 6 Das dürfte sich auf Johann Lichtenbergers (f 1503) Pronosticatio beziehen, in der das Kommen eines „Kleinen Propheten" — zu Beginn der Reformation auf Luther gedeutet — angekündigt wurde. Emser kommt darauf auch in seiner Schrift gegen den falschen Ekklesiasten und Erzketzer Luther zurück (vgl. unten Nr. 19, Anm. 32. 7 Vgl. CorpIurCiv, Bd. 1, S. 844f. 8 Der Kirchenvater Cyprian (um 200—258); das folgende Zitat in: Migne PL 4, Sp. 519.

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9 Fulgentius (467—533), Bischof von Rüspe; Thrasamund (469—523), König des Vandalenreiches in Nordafrika; vgl. Ad Thrasimundum Regem Vandalorum libri tres, in: Migne PL 65, Sp. 223-304. 10 Luther, An den christlichen Adel deutscher Nation, in: Laube/Looß/Schneider, Bd. 2, S. 6 3 1 - 6 9 3 ; Delius, Luther, Bd. 2, S. 8 9 - 1 6 7 ; WA 6, S. (381) 404-469. 11 Gemeint sind hier nicht nur die alten Kirchenlehrer, sondern auch die scholastischen Theologen des Mittelalters. 12 Anspielung auf die vorangegangene Polemik Luthers gegen den Bock Emser: Ad aegocerotem Emseranum M. Lutheri Additio, in: WA 2, S. 658—679. 13 Der griechische Kirchenlehrer Origenes (185—254), Comment. in epist. ad Rom., in: Migne PG 14, Sp. 915. 14 Der Kirchenvater Hilarius von Poitiers (um 320—368), Tractatus super Psalmos, in: Migne PL 9, Sp. 262. 15 Giovanni Pico della Mirandola (1463—1494), italienischer Humanist, der bemüht war, die platonische und aristotelische Philosophie unter Hinzuziehung kabbalistischer Lehren mit der christlichen Religion zu verschmelzen. Emser gab 1504 in Straßburg Schriften Picos heraus. Sein Heptaplus gibt eine siebenfache mystisch-kabbalistische Erklärung des mosaischen Schöpfungsberichts. 16 Gemeint ist Johannes Reuchlin (1455—1522), Gräzist und Hebräist, und sein Werk De arte cabbalistica von 1517. 17 Jakob Faber Stapulensis (eigentl. Jacques le Fevre d'Etaples, um 1455—um 1536) in dem 1498 von ihm herausgegebenen Werk des Dionysius Areopagita (vgl. unten Anm. 58). 18 Desiderius Erasmus von Rotterdam (1466/1469—1536), Enchiridion militis christiani, Erstdruck 1503, danach mehrfach ins Deutsche übersetzt. Eine lateinische Ausgabe (1515 bei Valentin Schumann in Leipzig mit mehreren Nachauflagen) hatte übrigens Emser besorgt. Das folgende Zitat gibt die Auffassung Erasmus' nicht voll wieder. Vgl. Erasmus von Rotterdam, Ausgewählte Schriften, hrsg. v. Werner Welzig, Bd. 1, Darmstadt 1968, S. 8 1 - 8 5 . 19 Publius Virgilius Maro (70—19 v.Chr.), römischer Dichter. 20 Homer, (sagenhafter) griechischer Dichter. 21 Der griechische Kirchenvater Basilius von Cäsarea (um 329—379); gemeint ist die Stelle in Liber de spiritu sancto, cap. 27, in: Migne PG 32, Sp. 186—195; wo Augustin (der bedeutendste lateinische Kirchenlehrer, 354—430) sie zitiert, wird nicht nachgewiesen. 22 Decreti prima pars, d. 11, c. 5, in: CorpIurCan, Bd. 1, Sp. 24f. 23 Artikel des Apostolischen Glaubensbekenntnisses (vgl. Denzinger-Schönmetzer, bes. Nr. 30). 24 Augustin; auch hier wird die Quelle nicht nachgewiesen. Die Stelle findet sich in Contra epistulam quam vocant fundamenti, in: CSEL 25, S. 197; vgl. dazu auch Luther, Von Menschenlehre zu meiden, in: WA 10 II, S. 89f. Vgl. auch Augustin, Contra Cresconium Donatistam, lib. 1, cap. 33, in: Migne PL 43, Sp. 466. 25 Hieronymus (um 347—419/420), einer der vier großen lateinischen Kirchenlehrer; zum folgenden Zitat vgl. Comment. in Matth. 24, 27, in: Migne PL 26, Sp. 186. 26 Augustin, Contra Cresconiam Donatistam; das Zitat findet sich nicht an der von Emser angegebenen Stelle, sondern in lib. 3, cap. 32, in: Migne PL 43, Sp. 515. 27 Der Kirchenlehrer Gregor I., der Große (um 540—604); das Zitat in Reg. epist., lib. 7, epist. 16, in: Migne PL 77, Sp. 870f.

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28 Vgl. Hieronymus, Comment. in Osee 2, 9, in: Corp. Christ., S. 1. 76, S. 105; Comment. in Soph. 2, in: ebd. 76 A, S. 686. 29 Vgl. Origenes, Homilia 8 in Leviticum, in: Migne PG 12, Sp. 492ff. 30 Augustin; auch hier ist die angegebene Stelle unzutreffend (vgl. Migne PL 42, Sp. 896). Über die Dreiheit von ingenium, doctrina et usus vgl. ebd. Sp. 982. 31 Vgl. Anm. 1. 32 Gemeint ist Luthers polemisches Nachwort vom Sommer 1520 zu einer gegen ihn gerichteten Schrift des päpstlichen Hoftheologen Silvester Prierias über das Papsttum (vgl. WA 6, S. 347). 33 Siehe oben Anm. 10. 34 Vgl. Laube/Looß/Schneider, Bd. 2, S. 631; Delius, Luther, Bd. 2, S. 96; WA 6, S. 404. Im folgenden werden Einzelnachweise aus dieser Schrift nur nach unserer Edition gegeben. In den beiden anderen Editionen sind betroffen die Seiten 9 6 - 1 0 8 bzw. 404-415. 35 Vgl. Wander, Bd. 3, Sp. 898, Nr. 460. 36 Ebd. Bd. 1, Sp. 169, Nr. 15; Sp. 1699, Nr. 65f., 74, 78. 37 Die 12 Artikel des Apostolischen Glaubensbekenntnisses (vgl. DenzingerSchönmetzer, Nr. 30). 38 Hieronymus, Comment. in epist. ad Galat., lib. 3, cap. 5, in: Migne PL 26, Sp. 445. 39 Karl V. (1500-1558), seit 1516 König von Spanien, seit 1519 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches. 40 Anspielung auf das benachbarte hussitische Böhmen. 41 Vgl. Laube/Looß/Schneider, Bd. 2, S. 632. 42 Die Staufer Kaiser Friedrich I., Barbarossa (um 1125—1190), und Friedrich II. (1194—1250); der erstere war in heftige Auseinandersetzungen mit Papst Urban in. (1185—1187) verwickelt, der letztere wurde von Papst Gregor IX. (1227-1241) gebannt und von Papst Innozenz IV. (1243-1254) 1245 für abgesetzt und zum Ketzer erklärt. 43 Der römische Kaiser Philippus Arabs (244—249). Sowohl sein Christentum als auch die folgende Geschichte sind zweifelhaft. 44 Eusebius (um 260/264—um 340), Kirchengeschichte, Buch 6, Kap. 34 (nicht 25), in: Bibl. der Kirchenväter II/l, S. 300. 45 Der römische Kaiser Theodosius I. (379—395) wurde wegen der Niederschlagung eines Aufstandes gegen den römischen Statthalter in Thessalonike vom Mailänder Bischof Ambrosius (um 340—397), einem der vier großen lateinischen Kirchenlehrer, mit der Kirchenbuße belegt. 46 Wie Anm. 41, S. 633. 47 Vergil, Aeneis 6, 549. 48 Wie Anm. 46. 49 Ebd. S. 633f. 50 Ebd. S. 634. 51 Augustin, De civitate Dei, lib. 20, cap. 10, in: Migne PL 41, Sp. 676. 52 Beda Venerabiiis (um 672—735), englischer Benediktiner und Kirchenschriftsteller, Historia ecclesiastica gentis Anglorum, in: Migne PL 95, Sp. 278. 53 Hrabanus Maurus (um 780—856), De clericorum Institutione, lib. 1, cap. 3, in: Migne PL 107, Sp. 298f. (Zitat Sp. 299). 54 Ebd. (nicht cap. 4), Sp. 298. 55 Anacletus (797—91?), historisch nicht zu belegender Papst nach der Bischofsliste des Hegesipp (vgl. oben Nr. 2, Anm. 15). 56 CorpIurCan, Bd. 1, Sp. 85. 57 Ambrosius, epist. 63, art. 59, in: Migne PL 16, Sp. 1256. 18

Reformation

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58 Dionysius Areopagita soll durch die Predigt des Paulus zum Christentum bekehrt und erster Bischof von Athen geworden sein. Die ihm zugeschriebenen Schriften stammen frühestens vom Ende des 5. Jh. 59 Wie Anm. 50. 60 Ambrosius, De mysteriis, in: Migne PL 16, Sp. 415. 61 Ders., De Sacramentis, lib. 4, cap. 1, in: ebd., Sp. 455. 62 Augustin, De civitate Dei, lib. 20, cap. 10, in: Migne PL 41, Sp. 675f. 63 Origenes, Homilia 9 in Leviticum, in: Migne PG 12, Sp. 509. 64 Hieronymus, epist. 14 ad Heliodorum, in: Migne PL 22, Sp. 352. 65 Die Schrift stammt nicht von Ambrosius, sondern von Gerbert, dem Papst Silvester II. (999-1003). Vgl. dazu Migne PL 17, Sp. 597f. Zum Zitat Migne PL 139, Sp. 170. 66 Wie Anm. 50. 67 Johannes Chrysostomus (344/354—407), griechischer Kirchenvater; das Zitat in: Migne PG 50, Sp. 510f. 68 Vgl. Anm. 58. 69 Isidorus Hispalensis (um 560—636), De origine officiorum, lib. 2, cap. 5, art. 10, in: Migne PL 83, Sp. 783. 70 Petrus Comestor (eigentl. Pierre le Mangeur), französischer Scholastiker des 12. Jh.; Hauptwerk: Historia Scholastica (Migne PL 198). 71 Vgl. Anm. 52. 72 Nicolaus von Lyra (f 1340), französischer Franziskaner; bedeutendste Schrift: Postilla super totam Bibliam, Straßburg 1492, unveränd. Nachdruck Frankfurt(Main) 1971. 73 Ebd. Bd. 4, Bl.ttlb-tt2a. 74 Wie Anm. 50. 75 Cyprian, in: Migne PL 4, Sp. 235f. 76 Chrysostomus, De Sacerdotio, lib. 3, cap. 15, in: Migne PG 48, Sp. 652f. 77 Wie Anm. 50. 78 Origenes, Homilia 3 in Numeros, in: Migne PG 12, Sp. 593ff. 79 Wie Anm. 50. 80 Ebd. 81 Patronatsrecht von Laien — in der Regel feudale Grundherren/Obrigkeiten — gegenüber von ihnen gestifteten oder ausgestatteten Kirchen; im Hinblick auf die personelle Besetzung von Kirchenämtern war es ein reines Präsentations-, d. h. Vorschlagsrecht. 82 Wie Anm. 41, S. 634f. 83 Ebd. S. 635. 84 Wird durch die angegebene Stelle nicht gedeckt. 85 Der heilige Laurentius war Diakon der römischen Gemeinde und erlitt 258 den Märtyrertod. 86 Von den vielen Heiligen dieses Namens ist wohl der Diakon von Saragossa gemeint, der 305 nach langem Martyrium starb. 87 Unauslöschliche Merkmale, d. h. mit der Priesterweihe verbundene göttliche Vollmachten, die nur von Gott selbst zurückgenommen werden können. 88 Wie Anm. 83. 89 Unter den vielfältigen Deutungen ist hier wohl die radikale Sekte innerhalb des böhmischen Hussitentums gemeint (vgl. oben Nr. 3, Anm. 69). 90 Vgl. Anm. 58. 91 Wie Anm. 83. 92 Ebd. 93 Vgl. Anm. 65; das folgende Zitat in: Migne PL 139, Sp. 170f.

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Chrysostomus, De Sacerdotio, Iib. 3, cap. 1, in: Migne PG 48, Sp. 641. Ebd., cap. 4, Sp. 642. Ebd., cap. 5, Sp. 643. Ebd., cap. 6, Sp. 644. WieAnm. 41, S. 636. Der karolingische Hausmeier Pippin (der Kleine), seit 752 König der Franken, 754 von Papst Stephan II. (752—757) gesalbt, schuf den Kirchenstaat (Pippinische Schenkung) und regelte die Rechte des Staates über das Kirchengut. Karl der Große (742—814), seit 768 König der Franken, wurde von dem durch die Langobarden bedrängten Papst Hadrian I. (772—795) zu Hilfe gerufen, zog 773 nach Rom (seitdem auch König der Langobarden) und bestätigte und erweiterte die Pippinische Schenkung. Papst Formosus (891—896) rief den deutschen König Arnulf (Kg. seit 887) zu Hilfe gegen den von ihm selbst zum Kaiser gekrönten Herzog Guido von Spoleto (894) sowie zwei Jahre später gegen dessen Sohn Lambert. Otto I., der Große (936-973 deutscher König, seit 962 auch Kaiser), leistete Papst Johann XII. (955—964) 961 Hilfe gegen König Berengar II. von Italien. Wie Anm. 98. Vgl. oben, Anm. 2. Die Anekdote berichtet Bartholomäus Piatina (1421-1481), Liber de vita Christi ac omnium pontificum, in: L. A. Muratori, Rerum Italicarum Scriptores 3/1, S. 54. Wie Anm. 98. Wie Anm. 41, S. 637. Die neunköpfige Schlange von Lema (nach Hesiod, 8. Jh.v.Chr.). Wie Anm. 106. Decretal. Gregor. IX., Iib. 5, t. 7: De Haereticis; vgl. auch Extravagant. Commun. Iib. 5, t. 3: De Haereticis, in: CorpIurCan, Bd. 2, Sp. 7 7 8 - 7 9 0 ; 1290-1293. Decreti secunda pars, c. 24, q. 3, c. 16, in: ebd. Bd. 1, Sp. 995. Arius (Areios) von Alexandrien (um 260—336), der die Wesensgleichheit von Gott-Vater und Gott-Sohn ablehnte, wurde zwar 325 auf dem Konzil von Nicäa als Ketzer verdammt, doch der sog. Arianische Streit hielt noch Jahrzehnte an (381 endgültig verworfen; bei den Germanen aber noch lange wirksam, bei den Langobarden bis 662). Wie Anm. 41, S. 638. Vgl. Wander, Bd. 4, Sp. 1092, Nr. 772f. Wie Anm. 112. Welche der zahlreichen — auch wundertätigen — Heiligen dieser Namen gemeint sind, läßt sich nicht entscheiden. Wie Anm. 112. Augustin, epist. 59 (149 neuer Ordnung); das Zitat in: Migne PL 33, Sp. 644. Gregor I., Reg. epist., Iib. 3, epist. 67 (nicht 101), in: Migne PL 77, Sp. 668; in Corp. Christ. (S. 1. 140, S. 212) ist es epist. 62. Vgl. Cyprian, in: Migne PL 3, Sp. 754ff. (Stelle unsicher). Ambrosius, Expositiones in Lucam, die folgenden Zitate in: Migne PL 15, Sp. 1718. Nicht nachweisbar. Wie Anm. 112. Ebd. Artikel 9 des Apostolischen Glaubensbekenntnisses. Wie Anm. 41, S. 638f. Ebd., S. 639.

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Emser: Wider das Buch Luthers an den Adel Vgl. oben S. 244 mit Anm. 6 0 - 6 3 . Wie Anm. 126. Ebd., der folgende Satzteil ist von Emser verkürzt. Ebd. Ebd. Ebd. Zur Aussage Luthers vgl. Decreti prima pars, d. 17, in: CorpIurCan, Bd. 1, Sp. 5 0 - 5 3 . Decreti prima pars, d. 40, c. 6, in: ebd., Sp. 146. Wie Anm. 126. Vgl. Decreti prima pars, d. 17, c. 5, in: CorpIurCan, Bd. 1, Sp. 51f. So Luther, wie Anm. 41, S. 639f. Johannes von Gerson (1363—1429), einflußreicher französischer Theologe. Gemeint sein wird seine unten im Text genannte Schrift De potestate ecclesiastica (vgl. Anm. 154). Wie Anm. 41, S. 640. Zum Konzil von Nicäa und Kaiser Konstantin vgl. oben Anm. 2. Vgl. oben S. 251. Die folgende Darstellung der Rolle des Kaisers auf dem Konzil von Nicäa widerspricht den historischen Tatsachen. Gemeint ist wohl die Historia ecclesiastica Rufins, lib. 1, cap. 6, art. 6, in: Migne PL 21, Sp. 473. Zur Anerkennung des Vorrangs des Bischofs von Rom durch das Konzil vgl. auch CSEL 65, S. 155ff. Decreti prima pars, d. 17, c. 2, in: CorpIurCan, Bd. 1, Sp. 51. Wie Anm. 138. Ebd. Ebd. Ebd., S. 640f. Der Patriarch von Konstantinopel, Johannes IV., führte wie schon seine Vorgänger — von Rom zunächst unwidersprochen — den Titel „episcopus universalis". Papst Gregor I. wies dies heftig zurück. Da Kaiser Mauritius den Patriarchen unterstützte, kam es zu Spannungen zwischen Papst und Kaiser (vgl. oben Anm. 4). Piatina (wie Anm. 104), S. 97f. Wie Anm. 41, S. 641. Vgl. oben Anm. 1. D.h. den römischen Kaisem Augustus (30 v.Chr.—14 n.Chr.) und Tiberius ( 1 4 - 3 7 n.Chr.). Origenes, Comment, in Matthaeum, t. 13, 31/Vetus Interpretatio 31, in: Migne PG 13, Sp. 1179-1182. Gregor I.; gemeint ist wohl Reg. epist., lib. 7, epist. 40, in: Migne PL 77, Sp. 8 9 8 - 9 0 0 ; ähnlich auch öfter. Auch [Vg.] Luc. 22, 12. Vgl. Hieronymus, epist. 120, 2, in: Migne PL 22, Sp. 986; Comment, in Matth., lib. 4, 26, 19, in: Migne PL 26, Sp. 201. Gerson, De potestate ecclesiastica, cons. 10, in: Jean Gerson, Oeuvres Complètes, Bd. 6, Paris . . . 1965, S. 227ff. CorpIurCan, Bd. 1, Sp. 146. Der byzantinische Kaiser Marcianus (450—457) auf dem 4. ökumenischen Konzil von Chalcedon 451 ; das folgende Zitat in Decreti prima pars, d. 96, c. 2, in : CorpIurCan, Bd. 1, Sp. 338. Ebd., c. 6, Sp. 339. Im folgenden (Bl. Gib—S3a) beschäftigt sich Emser mit dem zweiten (Was in den Konzilien gehandelt werden soll) und dritten Teil (dem Reformationsprogramm) von Luthers Adelsschrift. Im zweiten Teil bekräftigt er, daß der Papst

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als Nachfolger Petri rechtmäßiges Haupt der ganzen Christenheit sei. Von Luther kritisierte Mißbräuche seien nicht allein dem Papst und Rom anzulasten. Der Ablaß als solcher sei gut, seine Mißbräuche sind abzustellen. Auch andere Gebrechen sollten von einem Konzil mit dem Papst verhandelt werden. Im dritten Teil akzeptiert Emser etwa ein Drittel der von Luther aufgeführten Artikel, vor allem solche, die auf eine Mäßigung der Römer zielen. Insgesamt gehe es Luther aber gar nicht um Mißbräuche und Gebrechen, sondern er nutze diese nur als Vorwand, um die Kirche als ganze zu vernichten. Mit Luthers 12.—24. Artikel setzt er sich im einzelnen auseinander. Der Text ist bei Enders (siehe unter Edition) nachlesbar. 159 Wohl Anspielung auf Lichtenberger, vgl. oben Anm. 6.

Determinatio oder Verurteilung der lutherischen Lehre durch die Doktoren Heiliger Schrift in Paris An dem leser. Dugentlicher leser. Wann du vermercken wirst, was dises buchlin inhelt, so vermerckest on zwivel\ wie nachgiltig b Christen sy weren, dise Luther zuhielten0. Wan du vindest, das von Christus geburt byß her nie kein einiger*1, ja nie zweintzig ketzer gewesen syn, die schneder und viler ketzerii erdicht haben, dan Luther einig ufferwecket hat, wirst darby sehen und gryffen 6 , das Luther nit darumb angefochten und verdampt ist, das er geschriben hat gegen myßbruch und gebrechen, die in der kirchen undern geistlichen mochten gefunden werden (darumb villicht kein frum, dapffer f man wolt im g wider sein, vor uß h wo er das in formlicher gestalt hette gethon), aber lys das buchlin, so sichstu billich1 verdampt, der durch ketzeryen die gantz kirch verdampt und umbkert etc. Loß dich aber nit bekumeren, das du hye nit sehest angezeigte schryfft, durch wolche Luthers yrrungen uberwunden syen. Dan es ist nye der brucW gewesen weder der heiligen apostlen, noch der heiligen concillen, und ist noch nit im brach der lichteren, daß im sententzk oder urteil ußgesprochen oder begryffen werden besunderlich anzeigung oder reden, warumb des urteil also gegangen sy. Dann daß begreiffen acta oder richtz handlung1. Eß were mer dann zu lang, im urteil zu begrieffen alle schryfften und reden, do mit so vill ketzerischer yrrungen gestrafft sein, die dise ersammen gelerten menner by innen halten, die wol machen ein groß buch, grosser dan urteils form lyden mochte. Bys by denn allen™1 ermanet, daß dier also mißbruch misfallen, das du kein ketzer werdest. Loß dier Luthers yrrigs schryben gegen geistlichem gewalt nit zu vil gefallen, das du uß den selbigen Luthers fundament denn weltlichen nit verlierest. Dann on zwifel strebdt Luthers yrrung nit mynder gegen weltlicher dan geistlicher oberkeyt. Byß gewarnet. Got gesegen dich. Dechen" und versamlung der lerer gotlicher kunst 0 der gemeinen schul p Parijs, allen christglobigen, im wairlicher liebe christenlicher wairheit, das heil.

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Paulus, das userweit fas, ein hornbloser q 1 und lerer der heiden, als er underricht Thimotheum fleis zu thon sich selbs Got zu bewisen, unverchtlichen r und berempten arbeiter und rechten lerer des worts der waerheit 35

a) ohne Zweifel b) gering, verachtet c) anhängen d) einziger e) greifen f) rechtschaffener g) ihm (Luther) h) besonders i) rechtmäßig j) Brauch k) Urteilsspruch 1) Gerichtsverhandlungen m) Sei bei alledem n) Dekan o) d. h. Theologie p) d. h. Universität q) Hornbläser r) furchtlosen, unerschrockenen

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[vgl. 1. Tim. 2, 15f.], ermanet er: Vermyden ungeistliche und üppige ding, das sy erwachsen zu gotlesterlichen falscheiten [vgl. 1. Tim. 4, 6—16]. Wan so s sy ein mal angenomen werden, also bald usspreit 1 sich das gyfft, und wirt geswecht die krafft christenlicher 1er. Dan sicher ist sach, das der ketzeren red der einfeltigen gemuter etschwan" ergreifft, so wirt sy als weyter ußgegossen und mit betrieglichen Verwicklungen der yrthummen gelich als ein klebhafftiger leym inwicklend, abtriebt sy mit der zijt von der warheit zu lesterlichen yrrungen, und glich als kranckheit der kreps kreißt sy [vgl. 2. Tim. 2, 17], wolcher, wo er des lebigen v leib berieret, hört nit uff, auch die andern nechsten stet w zu bekumernn, so lang bis er den tod bybringt. Ist vast leicht", vill byspil diser sach zu erzelen. Den do dye kirch, gspons y Christi 2 , noch in yr jugend her angefangen zu bluen z , sein uffgestanden lugenhafftig und lesterlich menner, die abfallend von der warheit understenden sich, yren globen umzukeren, wolcher gewesen sein Hermogenes, Philetus, Hymeneus 3 , und nach denen Ebion, Marcion, Apelles 4 . Darnach Sabellius, Manicheus, Arrius 5 . Als sy aber hat angehebt zu alten 3 , und ein weinig vor unsern zyten Valdo, Wicleff und Joannes Huss. 6 Zu diser zijt auch sein usentsprungen b vom dem nater geschlecht leider schalckhafftich sunen c , die [sich] understen, der schonen muter, die weder makel noch runtzel hat [vgl. Eph. 5, 27], zertrenlich zerschniden das band der Vereinigung, warhaftig glich den neterlin d . Dan als die wans e durchnagen hon f der mutern leib, gend g nit heruß, ee daß erdot h haben, also dise, wan sy gesehen werden, helffen und eren muter der kierchen, doch mer als vill an innen ist, erdotten sys (wiewol sy undotlich 1 ist) mit dem dotlichen und pestilentzisehen gyfft yrer verkerte 1er, mit manig faltiger frucht nuwer erfundung, nit gedulden (so sy doch sein der magt sun, und unelich, ja des duffels J geburt) die fryen k und elichen sun der muter der kirchen, eß sy dan, das mit yren giftigen leren vergifften und mit vergifften pfeilen schiessen, fleiß ankerend, die schon gestalt und zier der muter scheinden 1 und wiesten"1, wolcher angesieht doch alweg ist und wirt syn vol gnaden und aller schymbarlichster" zyrung. Wan sy als ein kunigin stet zun rechten irs gsponsen, in ubergulter" kleidung, umbgeben mit manigfaltigkeit der gesetz, gotzdienst, sacramenten und guter menschen, nutzbarlichen zu dem gegenwirtigen und zukunfftigen leben. Entlich sy hören nit uff, sy zu zerreissen dan mit yren gifftigen schreiben und sagen, und fleissen p sich nach vermögen, sy frintzelich q zu machen. Under wolchen einer, auch der furnemst ist Martinus Luther, als vil als us mancherley gschryfften, under synem namen ußgegangen, zu vermuten ist, wo änderst dem titel ist zu globen. Dann der selb die 1er obgemelter ketzeren (glicherweiß des uberdretters Ahiel, wolcher gegen dem peinli-

s) Denn sofern t) breitet sich aus u) künftig einmal v) lebendigen w) Orte x) sehr leicht y) Braut z) zu blühen a) zu altern b) entsprungen, entstanden c) Söhne d) Schlangen e) Wanzen f) haben g) gehen h) getötet i) unsterblich j) Teufels k) freien 1) schänden m) verwüsten n) sichtbaren o) vergoldeter p) befleißigen sich q) häßlich

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chen r verbott Josue, Hierico hat wider gebawen [vgl. 1. Kön. 16, 34; Jos. 6, 26]) understet zu ernuwern und nuwe ding zu vinden oder zu erdichten, welcher, so er nit gelernet hat, in masß s weis zu sein, vermißt er sich, einigen mer weiß sein1, dann die anderen all, die in der kirchen sein und gewesen sein. Dann er dhar u aller hohen schulen sein urtel furdragen. Auch versmecht v er der alten oder heiligen lerer der kirchen urteil, und das er den hufen w der lesterlichen falscheit grosser mache, understeit er sich, krafftloß zu machen die Verordnungen der heiligen concilien 7 , glich als Gott dem Luther allein vorbehalten hette, die notturfftich sein, den globigen zur selichkeit, die kirch in vergangenn zyten nit gewisset habe, unnd Christus hab sein gespons biß zu der zijt verlossen in der vinsternis und blindtheit der yrrungen. O ein lesterliche un[d] unschamaftige hoffart, mit banden und rechtlichen zwang, ja mit fuier und flammen zu uberwinden. Dann welcher also helt und schreibt, verle[u]gnet die ersten grundtfesten globens, und bekent öffentlich Gott lesterlich falscheit. Er offenbart sich on zwifel, sy wer er wol x , wider gotlich warheit falschen und ungelobigen, der nit globen wil des warhafftigen globens heiligen lerer der kirchen und heiligen concilien. Wann ein solcher, wem wurd er globen, der sich widerty, der christenlichen kyrchen globen zu geben? Oder wie mag er under den rechtglobigen geschriben z werden, wolcher die kirchen nit höret, so doch uß dem mund der warheit gesprochen ist. Ist es sach, das er die kirchen nit hören wurde, so sy er dier als ein heid und publican [Matth. 18, 17]. Weiter, dise ist ein einige unsinnigkeit der ketzeren, das wan sy schryfften nach yren willen krummen 3 , so globens, daß sy selbe allein verstein, achten sich selbs allein bliben by der ewangeliste warheit, schetzen allein sich selbs, und wolche sy mit falschen globen verfurten, erlangen die Seligkeit, wollen nit annemen oberkeit b einiges lerers, er sy wie heilig oder gelert, noch auch der kirchen, wider den verstandt der geschryfften, den sy inn c ein mal furgehefft haben. Daß zeigt an der unsinnig Montanus, mit den synen d , Prisca und Maximilla, aller lesterlichsten globend, die zukunfft 6 des heiligen geists in ym f erfüllet mer dan inn den apostelen. 8 Daß zeigt auch der gotzlesterlich Manicheus, wolcher durch yppikeit Lucifers verfurt, ist also gar unsinnig gewesen, das er sich usgab den heiligen geist von Christo gesant. Daß zeigt zu glicherweiß Secundinus, ein discipel® desselben Manichei, drutzli[c]h furwarsagend, daß Augustinus und ander globigen yrten, gelich als im mitlydender gstalt schrib Augustino*1, daß er niet funde1, was er vor dem rychtstull des ewigen richters antwurten mochte, so er Manicheum verliesse.9 Diß ist gewyß der ketzer weiß. Und aber wan sy die christenlichen kirchen nit hören wollen, und die helss nit

r) mit Strafandrohung verbundenen s) in Maßen t) weiser zu sein u) darf v) verachtet w) Haufen x) sei wer er wolle y) weigert z) d. h. zu den Rechtgläubigen gezählt werden a) krümmen, gemeint: verfälschen b) hier: Autorität c) sie sich d) Seinen e) Ankunft f) ihm (Montanus) g) Schüler h) gemeint: obgleich ihm Augustinus brüderlich schrieb i) nichts finde

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gedulden^ undergeben dem süssen joch [vgl. Matth. 11, 30] christenlicher besserung (so sy verspunsten k die geyst der luge [vgl. Joh. 8, 44] und yrrung), platschen sy in öffentlich yrrung und kennen für den geloben grulich1 gotzlesterung. Wolches Luther selbs (oder styffter, wer er ist, der bucher under seinem namen ußgangen) beweist clarlicher dann liecht. Wolcher, so er verachtet der kirchen und heiligen vettern heilsame 1er, ist worden ein ertzketzer und vergiffter, ernuwer™ alter ketzeryen. Wan do er redt vom fryen willen, nachfolget er den Manicheos 10 ; vom ruwen und den gynen", die sy vorgend 0 , Hussiten 11 ; von der beicht, Wiclevisten 12 ; von gebotten, Begarden 13 ; von straff der ketzerien, Catharos 14 ; von fryheit der geistlichen und ewangelischen retten p , Valdenses und Beham 15 . Vom eid halt er zu mit den ketzeren, die sich berembten q von der apostel orden. Von dem brach judischer oder des alten gesetz ceremonien zunahet er Ebionitarum ketzery.16 Furbas r von sacramentlicher absolution, genugthon s , schyckung zum sacrament altars verstett er die schlifft nit, sonder er verkert sy. Des geliehen von penen 1 fegfurs, gemeinen concilien, spreit er uß u (oder seet) unlidenlichv yrrungen. Auch von den klarlichen leren naturlicher kunst spricht der unwissend gantz verkert, deßglich von gewalt der kyrehen und von ablas vill. Und nit zu frid, das er solche vergiffte 1er het ußgespuwen w , hatt er uberdas ußlossen gen* (wo änderst dem titel gelobt wyrt) ein buch, dem er geben hatt ein namen, Von der Babylonische gefengnis 17 , also ser besprenget mit menigfaltiger yrrungen, das billich mag Alchatano Machometen buch zu glichty werden 18 . Dan in dem selben understett er sych, uß allen krefft gemuts ufzuerwecken und anß licht bringen ußgelesten z ketzeryen und gruntlich ußgereutet, also das yr 3 nit einige anzeigung blyben was, nemlich in den gynen, die andressen b sacrament der kyrehen. Diser schryber, wer er ist, ist ein schedlich fiend c christlicher kyrehen und gruwlicher widerufftichter d alter gottzlesterung. Wan der Behem, Albigensium, Valdensium, Heracleonitarium, Pepucianorum, Erianorum, Lamperianorum, Jovinanistarum, Artotyritarum 19 und der andern des glichen wunderlicher tyeren unsinnigkeiten, werden in dem selbygen buch von dem styffter 6 bewerte gebrisen und hoch erhebt. Warumb so wier erkennen, das zustett unser leer, der wier gesworen syn 20 , solchen ussprossenden gifftigen yrrungen mer und mer deglich uffwachsenden, mit gantzem fleis entgegnen, wolten wier öffentlich uffthun, was unß entlich van solcher 1er beducht hat, und unser urteil über die selbig all Christen menschen verkünden, das nit (wolches weit hijn dann sy) vorlangst verworffen, so manigfaltig lesterliche falscheit, als an uns ist,

j) geduldig k) verbreiten 1) greulich m) Erneuerer n) von Reue und denjenigen o) die sich vergehen, d. h. die sündigen p) Räten q) rühmten r) weiter s) Rechtfertigung t) Strafe u) breitet er aus v) unerträglich w) ausgespuckt x) ausgehen lassen, veröffentlicht y) zugelegt z) ausgelöschten a) ihrer (der Ketzereien) b) betreffen c) Feind d) Zurückrufer, d. h. Erneuerer e) gemeint: dem Autor (Luther) f) als wahr dargelegt

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Determinatio oder Verurteilung der lutherischen Lehre

sich weiter ußbreite und betriegliche leer, entsprungen von dem vatter der luge [vgl. Joh. 8, 44], das gelobig volck Gottes vergiffte. Darumb als nun die gantze 1er dem lutheranischen namen zugeschryben ist, durch uns sorgfeltiglich durchsucht und dapfferlich ußgeecket 6 , haben wier geroiß h begriffen und geurtheilt, das sy quellet (oder wyblet1) voll mit grulichen yrrungen, andreffend den globen und die sytten, und das sy des schlechten" volcks verfierlich ist, allen lerern schmelich, dez gewalt der kyrchen und der kyrchen heilige ordlichkeit k lesterlich abbruchlich, öffentlich zertrenlich christenlicher einigkeit, der heiliger geschrifft widerig, und der selbigen felschig, und in dem heiligen geist gotzlesterlich. Und darumb achten wier sy dotschedlich der gemeinen Christenheit, gantz mit einander ußzudilgen und öffentlich zu geben den peinlichen flammen. Den styffter aber mit allen rechtlichen weisen zu zwy[n]gen zu öffentlicher verschrwerung1. Uff das aber diß menglichen m klarlicher kundtwerde, haben wier uß den vorgemelten schrifften etlich ußgezogen propositiones11 (oder artickel) in Ordnung geschickt, und einnen ytlichen bygesetzt unser urteil, nagefolgt unser vetter weiß, wolche warlich nit fremd ist von der weis, von den apostlen gehalten. Dan als furgelegt wardt der zwyffel von der haltung deß alten gesetz judischer ceremonien, habens mit wenig worten erklert, was sy hielten, und kein reden in geschrifft gesteh, warum sy also urteilden. Wolche weis zu urteilen haben, auch gewonet zu halten die heiligen concilia. Die materien aber, durch unß manigfaltig durchsuchet, nemlich die wier gegenwirtigklich haben wollen ußlosen geen, werd[e]n nach yrer under einander Verbindung durch den nachgenden zeiger gewysen. Antzeiger der materien, durch die lerer der heiliger geschryfft, der gmeinen hohenschul tzo Parijß, ußgezogen uß manicherley Luthers bucher, und zum ersten uß dem buch von der Babylonische gefengniß. Von sacramenten. Von uffsatzen 0 (oder gebotten) der kyrchen. Von gliche p der werck. Von glibdnissen q . Von gotlichem wesen. Materien us andern des selbigen Luthers bucher ußgelesen. Von enpfengniß der seligen und berempte junckfraw. Von der ruwer. Von der beicht. Von der absolution. Von gnugthon. Von zugenden zum sacraments altars. Von Sicherheit, das mann hat die liebe. Von sunden. Von gebotten. Von ewangelischen retten. Von fegfuwr. Von gmeinen concilien der kirchen. Von pinigung der ketzeren. Von uffhoren des alten gesetz cerimonien. Von krieg wider Turcken. Von fryheit der geist[l]ichen. Von fryen wyllen. Von der philosophy (oder naturlich kunst) und schullische theology. Propositiones oder artikel tzosamen gelesen uß Lutherß buch, genant von der Babylonische gefengniß, und durch ir samelung der doctorn von Parijß verdampt. [Es] werden aber die artyckel mit etwas grossem und die verdampniß mit minderen s buchstaben geschryben.

g) gemeint: nachdrücklich auch Verstecktes hervorgeholt h) gewiß i) wimmelt j) einfachen k) Ordnung 1) Widerruf, Abkehrung (DWB 25, 1231) m) jedermann n) Thesen o) Aufsätzen, Geboten p) Gleichheit q) Gelübden r) Reue s) kleineren

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Von Sacramenten.

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Erfindung der sacramenten ist nuw. 21 Der artikel sich mercken losen, die sacrament nuwlich von den menschen erfunden syn und nit von Christo ufgesatzt, ist frevenlich, lesterlich, wider die gotlich warheit, und öffentlich ketzerysch. Die kyrch Christi weyst1 das sacrament der wyhung nit. 22 Der artikel ist ketzery, und ist die yrrung der armen von Leon, Albigensium und Wiclevistarum. 23 Alle Christen hand u eyn gwalt im wort und ytlichen sacrament. 24 Schlüssel der kyrchen sein allen gemein. 25 All Christen sein priester.26 Ytzlicker diser dryer v artikel ist der heiligen ordenlicheit der kirchen zerbruchlich und ketzerisch und yrrung nechstvorgemelter ketzeren und Pepucianorum. 27 Firmung und letst olung sein nit sacramenten von Christo uffgesatzt. 28 Der artikel ist ketzerysch und für den ersten deil dye yrrung Albigensium und Wiclevistarum, für den andern aber Heracleonitarum. 29 Wirt allenthalben globtw, die mesß sy opfer, wolche Got geopfert werde, davon Christus ein hostij genant wirt. Aber das ewangelium leidts nit, die mes ein opfer sein. 30 Der artickel an dem endern deil, mit namen das ewangelium etc., ist lesterlich falsch, wider das heilig ewangelium gotzlesterlich und ketzerysch, als wier das wort meß mit Gregorio brachen. 31 Ist öffentlich yrrung, die mesß ordnen oder opfernn für sunden, für gnugthon, für die dotten, für einigerlay notturfftigkeiten sein selbs oder der anderen. 32 Der artikel ist smelich wider krijstenlich kyrch gespons Christi und ketzerysch, und glichformig den yrrungen Erianorum, Hereticorum und Artotyritarum. 33 Ist nit zwiffel, das ytzund all priester und munch mit den bischoffen un[d] allen yr oberen abgotter sein, lebend in ein aller sorchlichsten statx umb der mesß oder sacraments unwyssenheyt, mysbruch und Verspottung.34 Der artickel ist falsch, überaß ergerlich, all dem gemeynen geistlichen stat schmehlich, vermessentlich und nerrysch gesprochen, und indem er mercken loßt, das niemanfd] syy im statt der Seligkeit, dan der solchen yrrungen globen gibt, zustimmet 2 mit dem ungeloben Ascitarum und Apostolicoram, die furgeben, nit dan bey innen 2 sy die kyrch Gottes blyben. 35 Glob vestenklich (spricht Luther) das brot sy der lichnam Christi. 36 Diser glob Luthers ist nerrysch, ketzerysch und vor langen tzyden verdampt. Versagen den laijen beid gestalt des sacramentz altars, ist ungutig und tyrannisch. 37

t) kennt überein

u) haben v) drei w) geglaubt a) gemeint: nirgends als bei ihnen

x) Stand

y) sei

z) stimmt

I. artikel

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III IUI V

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VIü

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XIIII XV

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Determinatio oder Verurteilung der lutherischen Lehre

Der artickel ist yrrig, zertrennlich christlicher einigkeit, lesterlich und uß der verdampten yrrung der ketzer ußgezogen. Beham b syn nit zu nennen ketzer und ze[r]trenner christenlicker einigkeit, sonder Romer. 38 Der artickel ist falsch, der bemische druwlose 0 lesterlich beschyrmlich und der romschen kyrchen schmelich. Ee d ist kein sacrament, von Gott uffgesatzt, aber von den menschen in der kyrchen erfunden. 39 Der artickel ist ketzerisch und vorlang verdampt. Zusamengebung mans und frowen, in wolcher weijs sie joch e wider gesetzen der menschen geschech. 40 Priester sollen alle die ee bestetigen, die gegen kirchlich und bapstlich gesetz geschehen, in wolchen mag der bapst dispensiernn f und wolche nit syn in der geschryfft ußdruckt. 41 Beider artikel ist falsch, dem gewalt der kirchen lesterlich abbruchlieh, und entspringt uß der verdampten yrrung Valdensium. Die gantz krafft der sacramenten nuwen gesetz ist der gelob. 42 Der artikel ist lesterlich abbruchlich der krafft der sacrament des nuwen gesetz, und ketzerisch. Alles, das wier geloben 8 uns emphahen h werden, das emphahen wier warhaftig, der diener thue, was er wolle, oder thue nit, stell sich anders dans1 ist oder schimpffe. 43 Der ist ein dorechter artikel, dargeben uß yrrigen verstandt der gschrifft und ketzerisch. SorglicW und auch falsch ist, vermeinen, die busfertigkeit zu sein das ander port (oder schifflin) nach dem Schiffbruch.44 Der artikel ist freventlich, yrrgklich und nerrisch furbracht, und schmelich dem heiligen Hieronymo 45 , der sy gesezt hat. Wolcher sich willenklich bekent, oder so er gestrafft wirt, begert verziehung, und besserts vor ein ytlichen bruder heimlich, zweiffei ich nit, disen von seinen sunden absolviert sein. 46 Der artickel losend luten k , das layen, als mann als frawen 1 , haben gewalt der schlussel, ist falsch, dem sacrament der wyhung und busfertigkeit schmelich und ketzerisch, und stymbt zu mit der yrrung Valdensium und Quintilianorum. 47

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Von uffsatzung (oder geboten) der kirchen. Artickel

Weder bapst, weder bischof, weder einiger mensch hat recht als gros ein silb etwas zu gebieten über ein christenmenschen, es geschech dann mit des selbigen verwilligung, und alles, das änderst gschicht, geschieht durch tyrannyschen geist. 48 40

b) die Böhmen (Böhmische Brüder) c) Treulosen d) die Ehe e) auch f) entbinden g) glauben h) empfangen i) als es j) bedenklich, gefährlich k) läßt lauten, gemeint: gibt zu verstehen 1) sowohl . . . als auch

Determinatio oder Verurteilung der lutherischen Lehre

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Dis artikel ist abziglich der underthonen von schuldiger underwerffung und gehorsame gegen prelaten und oberen, von den menschen gemacht gesetzen, uffrurlich, zerstorlich und im globen und sytten yrrig, und ist die verdampte yrrung Valdensium, und ist glich mit yrrung Erianorum. 5

Von gleiche der wercker. Werck sein nichtz vor Gott, oder sein alle gleich als vill eß andrifft Artickel verdienstnis.49 Der artickel ist falsch, widerig denn heiligen Schriften, auch glich formlich der yrrung Jovinianistarum.50

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Von gelibden

Ist zu raten, daß die gelibden gantz all hingenomen werden, oder ver- I. artickel mitten"1.51 Der artickel ist der 1er Christi und bruch der heiligen vetter (die roten", daß mann globen sol) widerwertig, ußentspringet uß der yrrung Lam15 perianorum, Wiclevistarum und der gynen, die sich beremten von der apostel orden.52 Ist bewerlich, das hut zu dag° glibder nenert zu dugenp, dan allein zu II. hoffart und vermessenheit.53 Der artickel ist falsch, geistlichem stat schmelich, und denn obgemel20 ten yrrungen glich lutend. Von gotlichen wesen und form menschlichs leibs In desen lesten drijhundert jaren sein vill verketten weißq verurdeilt, Artickel wolchs ist gotlich wesen nit geboren sein und nit geberen, und das die seel sy ein substantzliche form menschlichs leibs.54 25 Der artikel ist falsch, hoffertiklich für war ußgeben von eim menschen, der fremd ist von christenlicher kirchen, und schmelich den heiligen gemeinen concilien.

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Propositiones (oder artickel) ußgezogen uß Luthers anderen bucher, verdampt als vorgschriben ist. Und zum ersten von der Empfengnis der seligen Marie Des widerspiylr des artickels, die heilig junckfrow ist empfangen on Artickel erbsund, ist nit verworffen.55 Der artickel ist falsch, unwisßenklich und lesterlich wider die er* der unvermasgte' junckfraw furgeben, als ob er war were. m) vermieden n) raten gen q) fälschlicherweise

o) heutzutage r) Gegenteil

p) Gelübde zu nichts anderem taus) Ehre t) reinen

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Determinatio oder Verurteilung der lutherischen Lehre

Von der ruw und gynen, die vorgend Artickel I

II

in

im

V

VI

VII

Vin

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Wan des gesetz geoffenbart wirt oder zu gedechtnis kumpt, so bald volgt hernach merung der sund, wan gnad gebricht. 56 Der artickel zu sprechen von angnem machender gnad ist fal[s]ch, fremd von rechter verstentniß heiliger gschrifft, und abzuglich von betrachtung gotliches gesetz. Gesetz wirckt nichtz, eeu liebe do ist, dann zorn, und meret sund. 57 Der artickel ist falsch, beleidhafftig gutiger oren, gotzlesterlich wider Gott und sein gesatz, und der meinung Pauli nit glichformig. Alle werck, vor der liebe, sein sunden, und verdamplich, und ungeschickt machend zu der gnad. 58 Der artickel ist falsch, frevenlich als warhaftig gesprochen, abzygig der sunderenv von besserung, und schmecket nach ketzerij. Wolcher als war sagt, guts werck oder busfertigkeit angefangen werden, in misfallung der sunden vor der liebe der gerechtigkeit, ist zu zelen under denn Pelagianer. 59 Der artikel ist fal[s]ch, unwisenklich als war angeben, so man nembt w liebe de[r] gerechtikeit für die gynne, die nachfolget der liebe oder angenemmachende gnad. Ruw, die zubereit* wirt durch ersuchung, zusamensamlung und misfallen der sunden, so einer bedenckt seine jar in bitterkeit syner seel, ermessend schwacheit, viley, schnede z , verlierung ewiger Seligkeit und verschuldigung ewiger verdampnis, dise ruw (sprich ich) macht ein gleichssner2, ja mer ein sunder. 60 Der artickel ist falsch, verhinderlich wegs b der busfertigkeit, heiligen gschrifften und der heiligen 1er widerig. Weder durch forcht, weder liebe, mag sich der mensch uffrichten, zu empfahen die gnad Gots. 61 Der artikel ist yrrig im globen und sytten lesterlich, hinnemend alle Schickung zu busfertigkeit. On gnad zum ersten0, ablasend die schuld, mag der mensch nit haben auch ein fursatz zu suchen verzyhung. 62 Der artickel ist falsch, infiernd die sunder zu verzwijfflung. Christus hatt nie sunder durch forcht gezwongen zu busfertickeit. 63 Der artikel, so man nembt zwingen für inleiten (oder infuren, als offt in der heilige gschrifft genomen wirt) ist ketzerisch. Forcht ist gut und nutzbar, wie wol sy ungenügsam ist, durch wolche mit der zijt wirt gewonheit der gerechtigkeit. Uber dise wort, die sein Augustini, volgt hernach Luthers urteil. Das ist, spricht er, nach meinen urteil gewonheit zu verzwifflen und Gott hassen, wan die gnad uß gesc[h]lossen wirt. 64

u) ehe, bevor z) Dürftigkeit Gnade

v) Sünder a) Heuchler

w) nimmt x) vorbereitet y) Fehl, Mängel b) hinderlich dem Weg c) ohne vorangehende

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Luthers urteil über den sprach Augustini, forch ist gut und ist fal[s]ch, frevel und lesterlich, so man nembt die gnad wie oben für die angenemmachende gnad, wie sy der Schreiber nembt. Wo Joannes (verstand der doffer) hette gelert, das forcht sy anfang der X 5 busfertigkeit, so volgt darumb nit hernach, das busfertigkeit an der forcht anfahe. 65 Der artikel ist öffentlich yrrig, schmelich wider Christum und seins vorloffers 1er, von Got ingeblosen.

Von der beicht. 10

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Beichtkunst, in wol[c]her wier bysher underricht sin, sand tzelen d , ytliche sunden durch loffen, zusamen lesen und ermessen, raw zu machen, ist ein unnutze kunst, ja woll ein kunst zu verzwiflen und seien zu verderben. 66 Der artikel ist falsch, lesterlich, zertrenlich christlicher einigkeit und der beicht schmelich, wolche ist ein kunst, seien zu gwinnen. Die beicht, wolche nun heimlich ins or geschieht, mag durch kein gotlich recht bewerdt werden, geschach och nit also anfenglich. 67 Des artickels erster deil ist fal[s]ch, dargeben uß Unwissenheit gotlichs rechten, der ander ist frevennlich gesatzt. Geistlicher gebrech ist allein Got zu offnen. 6 8 Ob man beichten mußt heimlicheiten hertzes, so sollen die menschen beichten, allein wolche sein volkummenlicher verwilligung in das werck. 69 Sunden, wider zwey letsten der X gebott begangen, sein gantz von der beicht ußzuschliesen. 70 Itlicher diser dryen artickel ist yrrig im globen und halbiert 6 die beicht lesterlich. Der mensch sich in keinerlay weiß vermeß, bichten degelich f (oder ableßig 8 ) sunden. 71 Dye widerratung, die zu versten gibt, das vermessenlich sy, ablessig sunden beichten, ist anzeigig eins frefflen gemuts, abzygig von guten werck, und darumb schedlich. Wier werden nit g[e]rechtfertig gemacht durch wercken, weder busfertigkeiten, oder beichten. 72 Der artickel, wo man spricht von guten wercken, die nit ufschliesen des mitlers (oder erlosers), ist yrrig, verechtiklich de[r] busfertigkeit und beycht, und widerig warhafftigem verstand gottlicher schrift.

I. Artickel

II.

III. IV. V.

VI.

VII.

Von der absolution. Absolutz ist krefftenklich, nit das sy gschicht, sy geschech dan von artikel I wolchen es auch sy, er yrre oder nit, aber das sy globt wirt. 73

d) aufzählen, nennen e) hier: zerteilt zulassende, verzeihbare

f) tägliche, gemeint: nichtige

g) nach-

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Determinatio oder Verurteilung der lutherischen Lehre

II

Glob vast, das du absolviert syest, so wirstu warlich absolviert, es sy, was woll, von deiner ruw. 74 III Loß sein, das doch ummuglich ist, das gbycht hat, hab nit beruwet, oder das der priester nit ernstlich, aber in schimpffwys absolviere, doch so er globt, er si absolvirt, ist er aller warhafftigklichst absolvirt. 75 5 Die dry artickel, nach dem synn schrybers, seyn falsch, lesterlich, unwissend und missheilig wider warhafftige verstendniß der heiligen geschryfft furgeben. Und in dem das gesprochen wirt, geschech auch von wolchen eß dan sy, er yrre oder yrre nit, und in dem das hynnach sprachen wirt, nyt ernstlich oder in schympffwyß absolviere, syn sy gutiger oren 10 beleihafftig h , sacrament der busfertigkeit vorspotlich, und widerwertig den beschlussen (oder urdeilungen) heiliger concilien. im Ytlicher priester soll absolvierenn von pen und schuld, oder er sundet. 76 Der artickel (nach dem synn schrybers) ist falsch, widerwertig den 15 bruch und 1er gemeiner kyrchen, in den gynen, wolche andreffen sacramenten der busfertigkeit. Von gnugthon. I. artikel

II III

im

v

Got loßt ab sunden alweg und sonder1 verdienstniß, und vertzychtj, nichtz von uns under eynander begerend, dann das wier furhynn k woll leben. 77 Der artickel ist fremd von dem synn der heiligen lerer, abziehend die globigen, durch yppige und nerrysch verdrostung, von schuldigen gnugthon für sunden, und ist ketzerijsch. Die meynung (oder urteil) apostels ist, pen und schuld mit einander geendt werden. 78 Prophet vordampt mit uffsatz, meinung, die beweren gnugthon, sprechend, wann sach wer, das gewolt hettest das opfer, ich hets gegeben, in gantz gebranten wirst nit verlustiget [Ps. 51, 18].79 Micheas prophet verspott, wolche gnugthonwollen durch wercken. 80 Der erst diser articklen ist wider Paulum, der ander wider propheten, der dryt wider Micheam schmelich und feischlich, lesterlich, und in heiligen geist gotzlesterlich. Etlich schwetzen, durch krafft der schlussel abgelosen werden penen, durch gotliche [ge]rechtigkeit erfordert, wolches ich nicht glob war sein, und nit wirts bewert werden. 81 Der artickel, wolcher le[u]gnet, uß krafft der schlussel abgelosen werden penen, durch gotliche gerechtigkeit erfordert, ist falsch, ergerlich, dez gwalt der schlussel abzugli[c]h, und das er sagt, wolchs ich nit glob war syn und nit wirts bewert werden, antzeigt sy ein freventlich und hofertig gemut.

h) kränkend

i) außer, ohne

j) verzeiht

k) künftig

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Ist eyn gedieht und unnutz geschwetz, sprechen, wolchs etlich spre- VI chen, drum daß der priester nit weißt die maß der ruw des ginen1, der absolviert sol werden, und darumb villicht setz er nit uff also groß als gotlich gerechtigkeit erfordert, das darumb müsse gotlicher gerechtigkeit 5 gnug geschehen, eintweder durch eygen werck oder ablaß. 82 Der artickel ist falsch, der kyrehen bruch und yrer 1er widerig und busfertiger gnugthung schwechlich. Pen, durch wolche Gott will die sund gepiniget werden, mag nit hin VII genomen werden durch mensch oder durch bapst. 83 10 Der artickel ist dem gewalt, der kyrehen von Christo verlihen, lesterliche, und zertrenlich christenlicher einigkeit, widerwertig und schmeckt [nach] ketzery.

Diser materij wyrt bigehenckt eyn artikel von sacramenten in gemeyn.

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Kettzerysch ist der spruch, do gesprochen wirt, sacrament des nuwen VIII gesetz geben rechtfertig machende gnad der gynen, die kein gesparr m furstellen, derwill unmuglich ist, sacrament gegeben werden, dan die ytz globen, und den werdigen". 84 20 Der artikel ist falsch, frevel und vermessenklich als war furgeben.

Von zugenden tzom sacrament altars. Grose und schedliche yrrung ist, so eyner gett zum sacrament altars, I. artickel loßt° sych uff solche zuversycht, das er gebeycht hatt, das er ym unwyssig yst dotlicher sund, das er gebett und geschyckung vor gethon hatt. Alle 25 dise essen und drincken in verdampnis. 85 Der artickel ist lesterlich, von schuldiger Schickung zu entpfahen das sacrament uberuß abzuglich, infierend zu verzwyfflung und der 1er Pauli widerig. Und globigen, die sych lassen uff solche tzuversycht, entschliessen p nit gottliche barmhertzigkeit. 30 Bewerung q , mit wolcher ein mensch syn sunden durchsucht und erwigtr, II gehört nit zu, dann allein zu den unverstendigen groben verschmeher. 86 Der artikel ist freventlich und vermeßklich gesagt, lesterich und ergerlich. Von gwysse, das man hatt die liebe. 35

Theologi (oder lerer der heiliger gschrifft) uberuß leren sy ubel, wann artickel I sy sprechen, wier wyssen nit, wann wier syn in der liebe. 87

1) desjenigen m) Querriegel (lat. obex) n) Würdigen nen, aufschließen q)Prüfung r) erwägt 19

Reformation

o) verläßt

p) öff-

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Determinatio oder Verurteilung der lutherischen Lehre

Der artickel (so man verstet, nit wissen von gwißheit globens, von wolcher sprich[t] der schryber) ist falsch, mißheilig von heiligen lerer und den heiligen schafften widerig und warhafftigen verstand der schrifft. II Hets sich ytlicher christ, das er nimer ungwis sy, ob Gott gefallen syne werck, dann wolcher also zwyfflet, der sundet, und verlurt alle syn 5 werck, und arbeyt vergebens. 88 Solcher wort (zu reden von gwißheit wie vor) ist frevenlich, verderplich und den heiligen schryfften widerig. Von sunden. Der gerecht sundet in allem guten werck. 89 All gut werck, in bester weiß geschehen, ist ablaßlich (oder deglich) sund. 90 Beider artickel ist falsch, verletzig gutiger oren und verleymend guter wercker. III Ist laster, das wier nit zu aller tzyt busfertigkeit thon, und wider zu synnen keren. 91 Der artickel (so laster bedut schuld nach dem synn schribers) ist falsch, unvernunfftiklich und uß eim yrrigen verstand der geschryfft dar geben. IHI Das ist under dot sunden die aller dotlichste, nit globen, sych vor Gott schuldig sein verdamplicher und dotlicher sund. 92 Der artickel ist falsch, lesterlich, infierend in verzwyfflung, und schmackt [nach] ketzerey. V Theologi (lerer heiliger schrifft) lerend nach yr regel, deglich (oder ableßig) sunden underschijd haben von dotlichen, understen die conscientz (oder gewissen) der menschen aller verderplichst ziehen zu unsinnigkeit. 93 Der artikel ist dorrechtig und vermessenklich dargeben, schmelich den lerern, und als vill sy vermeint, ablesslich sunden nit underschidt syn von dotsunden, ist ketzerysch.

artickel I II

Von gebotten. Artickel I

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Wolcher le[u]gnet, das unß Gott hab ummiglich' geheißen, der thut aller ubelst, und wolcher sagt, das fal[s]ch sijn, thut mer dann aller ublest. 94 Der artickel ist ergerlich, lesterlich, verleumend christenlichs gesetz, und, als hatt Augustinus, wider Gott gottzlesterig. 35 II Allein zwey letsten der zehen gebott syn, wolche von nyman erfult (oder gehalten) werden, wie großlich er heilig ist, die anderen alle halten sy. Aber in den zweyen blyben sy schuldig und sunder, dann nichtz erfüllen sy von denen. 95

s) Hüte

t) Unmögliches

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Der artickel ist yrrig, lesterlich, innu daß gesetz und gesetzgeber gotzlesterlich, und wider die heiligen schmelich. All gebot Gottes ist mer geben, daß anzeige die vergangen und gegenwirtig sund, dann daß verbiette die zukunftig. Wann nach dem apostel durch gesetz ist nichtz, dan allein erkantniß der sund. 96 Der erst deil deß articke[l]s ist fal[s]ch, frevenklich und sonderred v dargeben. Aber der ander, daß nach dem apostel durch gesetz etc., ist yrrig, dem gesetz und der meinung Pauli widerwertig. Angesehen, daß dem menschen, der die liebe hat, ist kein gesetz notturfftig, darumb durch daß gebott, wirst fierdagw heiligen, wirt nit gebotten das werck, aber ruw. 97 Diß dryt gebott, wirst fierdach heiligen, hat eigentlich uffgehort ja alle (gebott) gegen den volkunnen Christen, dann den gerechten ist kein gesetz geben [1. Tim. 1, 9] 98 Den krancken, wolche noch nit syn gedottet, nach den alten mensehen, ist notturffdig, daß sy bekümmert werden mit etlichen gschefften, dagen und weiß, wachen, fasten, betten, hertigkeiten und deroglichen, durch wolch sy kummen zu zunemen deß ynerlichen menschen, uff daß wo der leib kestiget" wurde und in dienstbarkeit gebracht, und synliche bewungen y gedottet, den sollen sy langsam uffhoren und so vill gemindert werden, als vill zunempt der innerlich mensch, daß wo er volkumen wurde, sollen dise gar uffhoren. 99 Ytlicher diser dryen vorgender artickel ist dar geben uß yrrigem verstand der gschrifft, rechtlich verdampt in concilio Viennensis wider Begharden 100 , und ketzerisch.

III

IIII

V.

VI.

Von ewangelysehen reten. Diß wort Christi Matthei V, wolcher dich schlagen wirde an rechten backen etc. [Matth. 5, 39], und diß zun Romer am zwe[l]fden, beschirmen uch nit yr libsten etc. [Rom. 12, 19], syn nit rett (als auch vill theologi 30 erschinen yrren), aber gebot. 101 Der artickel ist falsch, zu vill beschwerlich christenliche gesetz und warhafftigem verstand der gschryfft widerig. Erforderen vorm rychter Widerlegung vmbillichs schaden, ist den christen verbotten.102 35 Der artickel ist falsch, ergerlich, gotlichem und naturlichem recht widerig. Daß der Christ zijtlich guter nit soll lieb haben, darum soll er umb yrentwegen nit schweren. 103 Der artickel ist irrig in sytten, und smackt [nach] ketzerij. 40 Den Juden ist zugelassen, war zu schweren nach gefallen. 104

u) gegen v) gemeint: abweichende Meinung y) Regungen 19*

w) Feiertage

x) kasteit

I. Artickel

II.

in.

IUI.

284

Determinatio oder Verurteilung der lutherischen Lehre

Der artickel (so verstanden wurd, zugelasen, glich als zymlich syn) ist falsch, gotlichem gebot widerig, und der Juden alte yrrung.

Vom fegfuwr I. Artickel

II.

in.

IUI.

V. VI.

VII.

Vin.

Die gantze gotlich gschrifft hat gar nichtz vom fegfuwr. 105 Der artickel ist falsch, fast uffentheltlich 2 der yrrung Valdensium, weiderspennig dem urteil der heiligen vetter. Eß scheint nit bewert syn, das seien im fegfuwr syn ußerm stat der verdienstniß oder zunemmende liebe. 106 Der artickel ist falsch, frevenklich und lesterlich dar geben, und in dem daß er furhelt, seien in dem fegfuwr nit syn ußer dem statt verdienstniß oder zunemmender liebe, ist auch yrrig im globen. Erschint nit bewert syn, das seien im fegfuwr syn gewisß und sicher von yrer Seligkeit, zum mynstten all. 107 Der artickel ist falsch und vermessenklich furgeben, und in dem daß er furhelt, die seien im fegfuwr [nicht] gewisß syn yrer Seligkeit, ist der kirchen underrichtung und 1er der heiligen widerwertig. Selen im fegfuwr sunden on underloß, so lang sy grawen ab" denn penen und begeren rast, dann sy suchen, wolche yr syn, mer dann denn willen Götz, wolches ist wider die liebe. 108 Der artickel ist falsch, lesterlich, seien im fegfuwr schmelich und ketzerijsch. Unvolkumen geschicklicheit oder libe, des, der sterben wirt, von not wegen dragt mit yr grose sorg, und so vill groser, wie vill sy kleiner ist. 109 Pen fegfuwrs ist schreck und gruwen der verdampniß und der hell. 110 Beid diser artickel ist falsch, frevenlich und on red b gesatzt. Ist bewerlich, das seien fegfuwrs vor betriepniß nit wissen, wolches statt sy syn, verdampt oder behalten, und daß mer ist, sy bedunckt, daß hynfaren in verdampneß und abstygen in abgrund. 111 Selen fegfuwrs wissen nit anders, dann das yr verdampniß anfahe, dan allein, daß sij wissen, das port der hell ist noch nit nach ynn beschlos112 sen. Beider d[i]eser artickel ist falsch, guter oren verlezlich, mutwilligklich und unvernunftigklich furgeben, und der stat der seien fegfuiers schmelich. All seien abfarend ins fegfuier syn unvolkumens globens oder sinnikeit, ja das mer ist, sy weren nit recht syns, durch hinnemung (wie groß sy ist) der penen, eß sy dan, das vor die sund hin genomen werde, das ist unvolkumenheit globens, hoffnung und liebe. 113 Der artickel an allen syn deilen ist falsch und frevenlich furgeben, und warhafftigem verstand der schrifft widerig. z) sehr hochhaltend

a) vor

b) ohne Vernunft

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Determinatio oder Verurteilung der lutherischen Lehre

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Von gemeinen concilien.

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Der weg ist uns ytzen gemacht, zu schwechen den gewalt der concilien, und frij zu widersprechen yrer handlung und zu urteilen yr Satzung.114 Der artickel (wo der schryber wolte) etwar zymmen 0 widersprechen dem gwalt eins rechtfertigen concilien, in den gynen, die andreffen globen und sytten, ist zertrenlich christenlicher einigkeit und ketzerysch. Ist gwisß, das undernn artickel Joannis Husß oder der Beham vill sein gantz aller christenlichest und ewangelysch, wolche die gmein kirch nit mocht verdampnen. 115 Der artickel zu sprechen von verdampten artickeln, von woichen der Schreiber vermeinet, ist falsch, lesterlich und den heiligen concilien schmelich. Dise zwen artickel, einige ist die heilige gemein kirch, wolche ist die gemein versamlung der ußerwelten, und die gemein he[i]lig kirch allein eine, glich als die zal der usserwelten eine ist, syn nit Joannis Husß, aber Augustini über Joannem. 116 Der artickel nach der Hussiten verstand ist feischlich Augustino zugeschriben. Die artickel aber, zu reden von der streittende[n] kirchen (von wolcher do gerett wirt), syn ketzerysch artikel. Diser artickel, zwo naturen, gotheit und menscheit, syn ein Christus, ist von den rechtglobigen zuzelasen, und glicherweiß diser, die zerdeilung menschlicher wercken ist, daß sy syn dugentsam oder sundtlich, dann so der mensch ist sundtlich und thut, was eß ist, so thut er sundtlich, und so er ist dugendsam, und thut, was eß sy, so thut er dugentlich. 117 Der artickel ist falsch und dargeben uß Unwissenheit warer verstandt heiliger geschrifft. Aber der erst diser articklen mitnamen zwo naturen etc., ist ketzerisch artikel. Der ander aber mitnamen die zerdeilung menschlicher wercken etc., ist ein artikel schmakend ketzerijen.

I. Artickel

II.

in.

im.

Von hoffnung. 30

Hoffnung kumpt nit uß verdienstniß.118 artikel Der artickel ist falsch, infierigd der vermessenheit, und heiligen Schriften wederwertig. Von pen der ketzeren.

Das ketzeren verbrent werden, ist wider willen geists. 1199 artickel 35 Der artickel ist falsch, wider den willen geists dargeben, und glichformlich der yrrung Catharorum und Valdensium.

c) sich erlaubt

d) verleitend zu

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Determinatio oder Verurteilung der lutherischen Lehre

Von bruch (oder haltung) der ceremonien altes gesetz. artickel

Es zimpt sich, das geschehen alle wercken des gesetz, wo sy bruderlich liebe erfordert, allein si so geschehen sonder zwang des gesatz, in wolchen fall auch ytzen betzimbt, beschnitten werden sunder geverlicheit und mit groser verdienstniß. 120 5 Der artickel ist ein feind christlichs gesetz, gunstig judischer drulosheit e , und ketzerysch. Von kreig wider Turcken.

artickel

Fechten wider Durcken, ist Got widerstreben, der durch sy heimsuchet unser Ungerechtigkeiten.121 10 Der artickel, inn gemein verstanden, ist falsch, noch glichformlich den heiligen schryfften. Von fryheit der geystlichen oder personen der kirchen.

artickel

Wan der keiser oder fürst widerufft frihet, gegeben personen und gutern der geistlichen, so mag in nit widergestanden werden, on sund und laster.122 15 Der artickel ist falsch, lesterlich, zertrennlich christenlicher einigkeit, der geistlichen fryheit schwechlich und tyrannischer ungutigkeit ufferwecklich und uffentdheltlich f . Vom fryen wyllen.

Der fry will ist nit mechtig (oder her) siner wercken. 123 Der artickfel] ist falsch, den heiligen lerer und aller sytlicher 1er widerwertig, einheilig mit der yrrung der Manicheorum 124 , und ketzerijsch. II Vergebens schwetzen die kunstlichen betryger, das des gantz gut werck sy von Got, aber nit gentzlich. 125 Der artickel ist schmelich den heiligen lerern, die das sprechen, zum ersten Ambro[sio], Aug[ustino] und Bernhardo 126 , wolche diser nennet betryger. Und in dem das er furnembt, das gut werck zu syn gentzlich von Got und keinerley weiß von fryen willen, ist er ketzerlich, in Der frij will sundet dotlich, so er thut, das an im ist. 127 Der artickel ist ergerlich, lesterlich yrrig im globen und sytten. im Vor der gnad dogt der frij will nichtz, dan allein zu sunden, aber nit busfertigkeit zu thon uß Augustino im buch genant de spiritu et litera. 128 Der artickel (wan man nembt gnad für die angenem machende gnad, von wolcher der schryber redt) ist yrrig, der Manicheer yrrung glichformlich, und den heiligen schryfften frembd, verkert gestucket 8 furbringt Augustinum.

artickel

e) Treulosigkeit

f) hochhaltend

g) d. h. unzutreffend zusammengestückelt

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Determinatio oder Verurteilung der lutherischen Lehre

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Der frij will on gnad zunahet so vill mer der Ungerechtigkeit, wie vill stercker er sich fleißt der wyrckung, uß Ambrosio. 129 Der artickel, wo man nembt die gnad, wie vor, ist falsch, gutiger oren vertzig\ abziglich von guten wercken, unrechtlich gestucket uß Ambrosio 5 ußgezogen.

Von philosophij und schulischer theologij.

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Philosophij Aristotelis, von sytlichen dugend von yren gegenwurff, vom werck uß yr usgezogen, ist solche, wolche vor dem volck nit mag gelert werden und ist nit nutz zu verstand der gschryfft, dan sy inhelt allein brechtliche wort, erdicht ninert zu, dan allein zu gezentzniß1.130 Der artickel an allen sinen deilen (wo mann redt von der philosophi Aristoteles], nemlich wo er den globen nit widerspricht) ist falsch und alsj von ein fiend der kunsten k vermessenklich und unwyslich1 furgeben. Alle sytlichen dugend und beschowelichen kunsten syn nit warhafftig dugent und kunsten, sonder sunden und yrrungen. 131 Der artickel, als vill, als am ersten deil, das die sytlichen dugent seyn sunden, ist in der selben weis zu achten, wie vor die geacht ist worden. Alle wercken vor der liebe syn sunden. 132 Als vill aber als zum anderen deil, mit namen das beschowlich kunsten syn yrrungen, ist offenklich falsch. Die schullisch theologij ist ein falsche verstendtnyß der geschryfft und sacramenten, und hatt uns yn das eilend verjagt dye war und recht theologij. 133 Der artickel ist falsch, frevenlich und hoffertigklich dargeben und ein feind warhafftiger leer. In den predigen Joannis Tauleri, geschryben yn duytscher tzungen, fynd ych mer (sprycht Luther) vester und rechtsynniger theologij, dan in allen aller hohenschulen schulyschen lerrer erfunden ist, oder mochte gefunden werden in allen yren sententien. 134 Artickel, wolchen Luther furgibt, ist öffentlich frevenlich. Wolcher tzijt angehebt hatt die schullysch theologij, das yst spotterij, yn der selbigen tzijt yst zu nicht worden theologij des crutz, und syn alle ding gar verkeil. 135 Der artickel ist falsch, vermessenklich und unvernunfftig dargeben, und der Beham verdampte yrrung nachper™. Kyrch lidet nun gar drijhundert jar die frijheit, zu felschen die geschrifft, mit irez unschatzbarlichen schaden von schulischen lerer.136 Der artickel ist falsch, nerrijsch und bostlich" furgeben. Die schulischen theologi hand gelogen, das die sitlich 1er Aristotelis gantz glichformlich sij der 1er Christi und Pauli. 137

h) verdächtig m) Nachbar

i) Gezänk n) boshaft

j) wie

k) hier: Wissenschaften

1) töricht

Artickel

II

III

im

V

VI

VII

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Determinatio oder Verurteilung der lutherischen Lehre

In dem artickel legt der schryber unschamhafftig und feischlich uff den schullischen theologis, das nit war ist, wie woll eß gnugsam kuntbar ist, das die sytlich 1er Aristotelis glichformlich ist mit der leer Christi und Pauli.

Wirt auch hij bi gesetzt der artickel uß der Babylonischer gefengnis.

5

In Dionisio, der geschriben hat ein buch, genant De celesti Hierarchia, ist gar nach nichs vester leer, und alle im vorgemelten buch syn sein selbs betrachtung, und den dromen 0 aller glichest. Aber im den buch, genant Mistica theologica, ist er aller schedlichst, sich mer erzeigen ein nach vol- 10 ger des heiden Piatonis, dan Christi. Im buch aber, genant Ecclesiastica Hierarchia, schertzt er mit heimlichen retterschen, wolches ist ein geschefft miessiggender menschen. 138 Der artickel ist falsch, frevenlich und vermessenklich dargeben, und dem heiligen mann, der berempt ist von einer uberdreffenlichen 1er, schme- 15 lieh, wolchen Damascensus 139 nennet den gütlichen Areopagitam, ein aller heilichsten und gotsprechlichsten discipel p Pauli. Beschluß. 140 Wier obgemelten Dechen und versamlung. Alle dise vorgenden [Artikel] haben wier mit langer weill oder tzijt durchsucht, und fleissenklich angezeichet, was da von hielten die lerer der kyrehen, oder was die heiligen concilien, über das auch, was in den heiligen schryfften da von vermerckt wurde. Nach wolcher unser durchsuchung zum offter mal gethon by Sarbona q in manigfaltigen unsern versamlungen, by eids pflicht zusamen geriefft und geschehe[n], syn beschlossen und verurteilet (alle dise vorgende) mit aller entheiligen1 gemut. Und zum letsten, uß uberentzikeit s , in unser gemeine versamlung bi Sant Mathurin, widermals by dem eid, umb dero wegen besunderlich verkündet die selbigen (als die mesß, nach unser gewonheit gehalten, geendet was) widerumb mit aller einhelliger verwilligung, haben wier gelobet, beweret und befestiget, lobens, bewerens, bevestens und mit disem unsern spruch verurteilen wier und erkennen, das mann dise als soliche onzwifel halte. Geschehen im jar nach der mensch werdung des heren MDXXI am XV. dag des Aprillen, wolchen zu gezugniß haben wier wollen anhangen unser sygel den instrumenten, die wier in unser kijsten und schrynen' (der sach zu ewiger gedechtniß) behalten. Geben zugnis, das die gegenwertigen nach der selbigen glichniß (durch unser verschaffen) druwlich" gedruckt syen.

o) Träumen t) Schreinen

p) Schüler u) getreu

q) Sorbonne

r) einhelligen

s) Überflüssigkeit

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Determinatio oder Verurteilung der lutherischen Lehre

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Endet sich die determinación oder urteil der doctom der heiligen geschrift zu Parijs über die lutherianische leer. Gedruckt tzo Coellen durch P. Q. im jaer nach der menschwerdung des heren MCCCCCXXI.

A) Vorbemerkung Druckvorlage: DEterminaciö. oder lerlich II verurtelung. der versam=lllung der doctoren. heiliger ge=llschrifft zu Parijsz. vber die Lu=lltheranische lere, gantz durch vsz II von innen besichtiget. II Luthers yrrungen. II Got zu lob, vnd allen die nit latijn verston II zu gut, zu dutsch gedruckt. II Köln: Peter Quentel 1521.4° 12 Bl. Sign. a ' - c 4 . - VD 16 P 768. - HAB Wolfenbüttel: 208.1 Theol. (1). Zur Entstehung: Die Entstehungsgeschichte der „Determinatio" beginnt mit der Leipziger Disputation zwischen Johannes Eck (1486—1543) und Martin Luther (1483—1546) im Sommer 1519. Unmittelbar vor Disputationsbeginn einigten sich die Kontrahenten auf die Universitäten Erfurt und Paris als Schiedsinstanzen. Unentschieden blieb bis zum 16. Juli die Kompetenz der theologischen Fakultäten oder der Universitäten als ganze. Schließlich bestimmte Herzog Georg von Sachsen (1500—1539) die Theologen und Kanonisten als Richter. Die Erfurter verzögerten erst und verweigerten dann die Stellungnahme aus vorgeblich formalen Gründen. Auch die Pariser beeilten sich nicht mit ihrem Votum. Im übrigen wurden ihnen auch erst Anfang Oktober 1519 die Akten mit der offiziellen Aufforderung zur Begutachtung durch „tarn sacre theologie quam sacre canonum doctorum atque magistrorum, seclusis divorum Augustini ac Dominici ordinum fratribus" übersandt (Geß, Akten, Bd. 1, S. 101, Nr. 134). Ende November wurden 24 „gedeputtirten" benannt (ebd. S. 109, Nr. 145). Sie wollten mit 25 oder 30 Goldkronen honoriert werden und beanspruchten jeweils ein gedrucktes Exemplar der Disputationsakten. Den Druck von Jodokus Badius (1462—1535) in Paris sollte Herzog Georg finanzieren. Anscheinend fand sich dieser dazu nicht bereit. Doch ließ er zu einem späteren Zeitpunkt die Pariser Theologen um eine Stellungnahme zu Luthers Schriften ersuchen. Nachweislich seit Juli 1520 berieten die Theologen in St. Maturinus wiederholt in dieser Angelegenheit. Am 15. April 1521 kamen sie nach zelebrierter Messe und erneuter eidlicher Verpflichtung zur letzten Sitzung zusammen und beschlossen einmütig die Verurteilung von insgesamt 104 Thesen aus verschiedenen Schriften Luthers. Man einigte sich auf die Drucklegung des Gutachtens durch Jodokus Badius. Zuerst sollte es dem französischen König, dem Kaiser und dem sächsischen Herzog zugestellt werden. Danach war die weite Verbreitung vorgesehen. Noch im selben Jahr erfuhr die „Determinatio" verschiedene Nachdrucke (VD 16 P 758, 760—763) sowie Übertragungen ins Deutsche. Eine stammt aus der Feder Ecks. Sie gibt sich als eine den Bezug zur Leipziger Disputation betonende Bearbeitung zu erkennen und ist mit einer ,,teutsche[n] ermanung" versehen (VD 16 P 759). Demgegenüber ist die andere die wortgetreue Übersetzung eines unbekannten Autors aus der Offizin Peter Quentels in Köln. Sie dürfte noch im Sommer 1521, aber nach der „mense Julio" verlegten lateinischen Ausgabe (VD 16 P 761) erschienen sein. Ebenso wie die Ausgabe Ecks ist ihr um die Mobilisierung der öffentlichen Meinung gegen Luther zu tun. Eine umgekehrte Wirkung war mit den publizistischen Bemühungen reformatorischerseits verbunden. Philipp Melanchthon (1597—1560) verfaßte sofort eine Apologie. Sie kam unverzüglich heraus. Luther selbst beabsichtigte die Publika-

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Determinatio oder Verurteilung der lutherischen Lehre

tion des Pariser Urteils und von Melanchthons Apologie in deutscher Sprache mit eigenen „Annotationes". Anfang August war die Arbeit abgeschlossen und gelangte zum Druck (VD 16 P 767, 7 6 9 - 7 7 1 ; WA 8, S. 267-312). Ausgabe:

WA 8, S. 268—290 (Luthers Übersetzung der „Determinatio").

Literatur: WA 8, S. 2 5 5 - 2 6 6 ; Geß, Akten, Bd. 1, S. 100f„ Nr. 134, S. 109f„ Nr. 145, S. 144-146, Nr. 182; Brecht, Luther, Bd. 1, S. 297, 309, 321f.

B) Sacherläuterungen 1 Vgl. zum Hintergrund dieser Apostrophierung Rom. 9, 21—23 sowie Bibellexikon, Sp. 761. 2 Zum Verständnis vom Messias als Bräutigam und der Christengemeinde (Kirche) als Braut vgl. Mark. 2, 19f.; Joh. 3, 29; 2. Kor. 11, 2. 3 Zu den hier genannten Personen vgl. 2. Tim. 1, 15; 2, 17. Zweck der folgenden Auflistung ist die ketzergeschichtliche Einordnung Luthers. 4 Ebion, fiktiver Stifter einer judenchristlichen Sekte (vgl. LThK 3, Sp. 633f.); zu Markion (um 85—um 160), einem christlichen Gnostiker, und seinem Schüler Apelles vgl. ebd. 7, Sp. 92f.; 1, Sp. 686; hierzu und zum folgenden auch die kirchenrechtlich verankerte Auflistung der Häresien (Decr. Grat. See. P. C. XXIV, qu. 3, c. 39 in: CorpIurCan, Bd. 1, Sp. 1002-1006). 5 Zu den als Antitrinitarier geltenden Anhängern des Sabellius (3. Jh.) vgl. Wetzer/Welte, Kirchenlexikon 10, Sp. 1448-1451 ; zu Mani (216-274/277) und der nach ihm benannten Lehre des Manichäismus vgl. LThK 6, Sp. 1351 — 1355, zu Areios (um 260-336) und seiner Lehre vgl. ebd. 1, Sp. 829f., 842-848. 6 Zu Petrus Waldes (f um 1217) vgl. LThK 10, Sp. 933-935; zu Johann Wiclif (um 1320-1384) vgl. ebd. 10, Sp. 1278-1281; zu Johann Hus (um 1371-1415) vgl. TRE 15, S. 712-721. 7 Während der Leipziger Disputation äußerte sich Luther über die Irrtumsfähigkeit der Konzilien (vgl. im einzelnen Brecht, Luther, Bd. 1, S. 305f.; vgl. auch WA 6, S. 413). Auch in der „Babylonica", aus der die Pariser Theologen etliche Artikel als ketzerisch herausziehen, wird die Irrtumsfahigkeit der Konzilien betont (ebd. S. 561). 8 Zu Montanus und der nach ihm benannten Lehre des Montanismus sowie zu seinen Anhängerinnen Priscilla und Maximilla vgl. LThK 7, Sp. 578—580. 9 Zu Secundinus (4. Jh.) vgl. Wetzer/Welte, Kirchenlexikon 11, Sp. 33. Verwiesen wird auf Augustinus, Contra Secundinum Manich. liber 1 (Migne PL 42, Sp. 577ff.). 10 Vgl. oben Anm. 5 sowie Seeberg, Lehrbuch 2, S. 10—14. 11 Vgl. oben Anm. 6. 12 Vgl. ebd. 13 Vgl. LThK 2, Sp. 106, LexdMA 1, Sp. 1798 14 Zu dieser größten Sekte des Mittelalters vgl. LThK 6, Sp. 5 8 - 6 0 . 15 Vgl. oben Anm. 6; zu den ebenfalls erwähnten Böhmischen Brüdern vgl. LThK 2, Sp. 563-566. 16 Vgl. oben Anm. 4. 17 De captivitate Babylonica ecclesiae praeludium (WA 6, S. 497—573). 18 Gemeint ist der Koran Mohammeds (570-632) (vgl. LThK 7, Sp. 519f.; 6, Sp. 546-550). 19 Zu den Böhmischen Brüdern vgl. Anm. 15; zu den Albigensern (Häretikern der italienischen Stadt Albi) vgl. LThK 1, Sp. 288f.; zu den nach dem Gnostiker

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Herakleon (2. Jh.) genannten Herakleonitem vgl. ebd. 5, Sp. 238; die Pepuzianer, Anhänger des Montanismus, werden nach der nicht identifizierbaren Stadt Pepuza genannt (ebd. 7, Sp. 580); zu den Haeriani vgl. die Charakterisierung im Decretum Gratiani: „hii offere sacrificium pro defunctis spernunt" (CorplurCan, Bd. 1, Sp. 1003); zur häretischen Bewegung der Lampetianer, auch Messalianer, vgl. Wetzer/Welte, Kirchenlexikon 8, Sp. 1309f.; zu den Anhängern des Häretikers Jovinianus (f vor 406) vgl. LThK 5, Sp. 1147; zu den Artotyriten vgl. ebd. 1, Sp. 911. Zur Bedeutung des Eides an den mittelalterlichen Universitäten vgl. LexdMA 3, Sp. 1674. Vgl. WA 6, S. 562. Die seit dem 12. Jh. theologisch vertretene Siebenzahl der Sakramente wurde auf dem Konzil von Florenz (1439) lehramtlich festgelegt (vgl. Denzinger-Schönmetzer, Nr. 1310). — Die nachfolgend aufgeführten Artikel sind eine Zusammenstellung einzelner, wörtlich übersetzter Stellen aus der „Babylonica". WA 6, S. 560. Vgl. oben Anm. 6 und 19. Mit den Armen von Lyon sind die Waldenser gemeint. WA 6, S. 566. Ebd. S. 541. Ebd. S. 564; vgl. auch S. 407 und 408. Vgl. oben Anm. 19. WA 6, S. 549f„ 570. Vgl. oben Anm. 6 und 19. WA 6, S. 523. Luther bezieht sich auf Gabriel Biel, Canonis missae expositio (Oberman/Courtenay 1, S. 188-190). Zur Auffassung von der Messe bei Papst Gregor dem Großen (590—604) vgl. Handbuch der Dogmengeschichte 1, S. 496. WA 6, S. 521. Zu den sog. Votivmessen vgl. Jungmann, Missarum sollemnia 1, S. 285-290. Vgl. oben Anm. 19. WA 6, S. 517. Zu den Askiten (Ascitares) vgl. LThK 1, Sp. 940; mit den Apostoles sind die „Vollkommenen" unter den Waldensern gemeint (vgl. ebd. 10, Sp. 934). WA 6, S. 511. Ebd. S. 506f. Ebd. S. 505. Ebd. S. 553. Ebd. S. 555. Ebd. S. 554f. Ebd. S. 533f. Ebd. S. 571. Ebd. S. 527. Zum Kirchenvater Hieronymus (um 347-420) vgl. LThK 5, Sp. 326-329. WA 6, S. 534. Die Quintillianer sind eine auf Quintilla zurückgehende, unterschiedlich (gnostisch bzw. montanistisch) eingeordnete Bewegung (vgl. LThK 2, Sp. 874). WA 6, S. 536. Ebd. S. 539. Vgl. oben Anm. 19. WA 6, S. 540. Vgl. oben Anm. 6, 19 und 35.

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Determinatio oder Verurteilung der lutherischen Lehre

WA 6, S. 541. Ebd. S. 509. WA 1, S. 583. WA 2, S. 361. Ebd. S. 368; vgl. Rom. 4, 15. WA 2, S. 368f. Ebd. S. 164f„ 421. WA 1, S. 319; vgl. auch oben S. 112 Art. 6 mit Anm. 20. WA 2, S. 363. WA 1, S. 540. WA 2, S. 363. Ebd. S. 371. Ebd. S. 370. WA 1, S. 576. WA 2, S. 645. WA 1, S. 521. WA 6, S. 162. Ebd. S. 164. WA 1, S. 322; vgl. auch oben S. 112 Art. 8 mit Anm. 22. WA 1, S. 542, 544. Ebd. S. 595. Ebd. S. 323; vgl. auch oben S. 113 Art. 11 mit Anm. 25. WA 1, S. 323; vgl. auch oben S. 113 Art. 12 mit Anm. 26. WA 2, S. 161, 378, 423. WA 1, S. 245. WA 2, S. 378; vgl. Rom. 7, 18. WA 1, S. 673. Ebd. S. 538; vgl. Micha 6, 6f. WA 2, S. 376f. WA 1, S. 550. Zum Hintergrund ebd. S. 534f. WA 1, S. 544; vgl. auch WA 6, S. 531f. Vgl. 1. Kor. 11, 29; WA 1, S. 264; vgl. auch oben S. 113 Art. 15 mit Anm. 29. WA 1, S. 332. WA 2, S. 578. Ebd. S. 46. Ebd. S. 416; vgl. auch oben S. 114 Art. 31 mit Anm. 46. WA 1, S. 608; vgl. auch oben S. 114 Art. 32 mit Anm. 47. WA 1, S. 649. WA 6, S. 163. Ebd. S. 542. WA 1, S. 649. Ebd. S. 515. Ebd. S. 398; vgl. Rom. 3, 20. WA 1, S. 436. Ebd. Ebd. S. 437. Die päpstlichen Dekrete gegen Beginen und Begarden (vgl. Denzinger-Schönmetzer, Nr. 891—899) wurden auf dem Konzil von Vienne (1311 — 1312) verkündet und 1317 publiziert (TRE 5, S. 410). 101 WA 1, S. 619. 102 Ebd. S. 513.

Determinatio oder Verurteilung der lutherischen Lehre 103 104 105 106 107 108 109 110 111 112 113 114 115 116 117 118 119 120 121 122 123 124 125 126

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Ebd. S. 435. Ebd. WA 2, S. 324; vgl. auch oben S. 115 Art. 37 mit Anm. 52. WA 1, S. 234; vgl. auch oben S. 115 Art. 38 mit Anm. 53. WA 1, S. 234; vgl. auch oben S. 115 Art. 38 mit Anm. 53. WA 1, S. 562; vgl. auch oben S. 115 Art. 39 mit Anm. 54. WA 1, S. 234, 572; vgl. auch oben S. 112 Art. 4 mit Anm. 18. WA 1, S. 565. Ebd. S. 567. Ebd. S. 558. Ebd. S. 559. WA 2, S. 406; vgl. auch oben S. 114 Art. 29 mit Anm. 44. WA 2, S. 279; vgl. auch oben S. 114 Art. 30 mit Anm. 45. WA 2, S. 287. Ebd. S. 287f. WA 1, S. 225. Ebd. S. 624f.; vgl. auch oben S. 114 Art. 33 mit Anm. 48. In dieser Formulierung nicht nachgewiesen. WA 1, S. 535; vgl. auch oben S. 114 Art. 34 mit Anm. 49. WA 2, S. 220. Ebd. S. 424. Vgl. oben Anm. 5. WA 2, S. 421. Zu Ambrosius (um 319-397) vgl. LThK 1, Sp. 4 2 7 - 4 3 0 ; zu Augustinus (354-430) vgl. ebd. Sp. 1094-1101 ; zu Bernhard von Clairvaux (um 1090-1153) vgl. ebd. 2, Sp. 239-242. WA 1, S. 354; vgl. auch oben S. 114 Art. 36 mit Anm. 51. WA 2, S. 362, 401, 422; vgl. Migne PL 44, Sp. 203. WA 2, S. 401; vgl. Migne PL 17, Sp. 1077. WA 1, S. 650. Ebd. S. 427. Vgl. oben S. 278 mit Anm. 58. WA 1, S. 659. Ebd. S. 557. Ebd. S. 613. Ebd. S. 677. WA 2, S. 493. WA 6, S. 561 f.; Dionysios Areopagita, De ecclesiastica hierarchia (Migne PG 3, S. 369-584). Zu Johannes von Damaskus (f vor 754) vgl. LThK 5, Sp. 1023-1026; die ihm zugeschriebene Äußerung ließ sich nicht belegen. Vgl. hierzu die Eintragung im Registre des procès-verbaux de la faculté de théologie de Paris (Geß, Akten, Bd. 1, S. 145, Anm. 1, Nr. 182).

Wolfgang Wulffer: Wider die unseligen Aufruhre Martin Luthers Euch zu Wittenberg, die yr in der forcht Gottes lebet, fried und seligkeyt. Allerlibsten bruder, wir haben euch tzum seligen nawen jare gegeben 1 Christum Jesum, unsern Got und herren, als uns den der vatter gegeben, tzu erlosung menschlichen geschlechts vom ewigen tode, yn dem alleyn unser erlosung ist, yn dem wir alleyn fynden allen friede unnd warheit, überflüssig im schätz aller genaden, dormitte wir gewapent widerstehn durch den glauben aller aufrure, emporung unnd falscher list der ungutigen propheten, so unser heilig ewangelium irrig und vorfurisch handeln, yne a tzu vorderbe unnd uns tzu heil und Seligkeit, das wir tzum teyl mit Merten Luders lere beweist über den spruch Petri: Ir seit eyn königlich pristerthumb, dan wir uns jhe nicht frevelich rhumen sollen, das wir alle in warheit prister seinnd, als Luder feischlich ausleget, ab wir gleich alle getaufft und tzugleich, als diß unchristlich, das alle getaufft Christen äussern wasser warhafftige prister, also unnd viel mehr ist die ungetreu Warnung, uns allen tzugeschriben, auch gantz betriglich unnd scheidlich, alleyn das dem ungelarten eynfeltigen die oren dormitte gekrauet, die sich rhumen sollen, das sie all warhafftig der munde des geists Gottes, dormit Luder und sie eyn selig auffrure machen wollen. Aber wie sie alle prister und doch nicht allen befeie gegeben, das ampt, das ist christlich tzu lebenn, yns werck tzu brengen, also send sie alle der munde des geist Gottes, yn ist aber nicht allen macht gegeben, das unselige werck Luders tzu treyben. Behut uns alle Got vor Luders bösen gedancken, liebenn bruder in Christo Jesu. Es sennd zweierley schedliche uffrure der ungutigen menschen uff erden, leiplich und geistlich, toden b leib und sele, von den beden Luder schreibet 2 , die tzu erweckenn mit seyner bementelung yn dem titeil unnd eynhaldt c des ketzrischenn buchleyn, und diß unnder uns christgleubigen wider den geistlichen stand, mit hilff der uberkeit unnd er omnes d , leget seynen bösen willen feischlichen tzu dem seligen liechte christlicher warheit, welich allen friede und eynigkeit lernet. Aber Luder betzeuget, das wir der leiplichen nicht wirdig und ab wir der wirdig, so were es uns dortzu nicht kommen, des er gewis ist 3 , der wir auch nicht begeren. Das wir uns aber dovor forchten, höret Luder gerne 4 , macht menschlich blodikeyt. Die wir aber yn genaden gesterckt und ym glauben nicht kranck ligen, furchten wir uns nicht, send der unerschrocken ein edel opffer dem herren, wen wir uns selb selbst opffern yn gutem ruche 6 Christi, dann nymands kan dye ausserwelten von der lieb Gottes scheiden, des sennd sie gewiß. Dorumb wir auch yn f herren glauben unnd mit yme sterben, als er

a) ihnen b) töten c) Inhalt d) Herr Omnes, d. h. das Volk, der Pöbel e) Geruch, Wohlgeruch (vgl. 2. Kor. 2, 14. 15) f) an den

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vor 8 uns, auch unser sele vor unser bruder setzen. Dovon schreibet nicht eyn worth Luder ynn diser seyner auffrur, als wir hören sollen. Christi seliges warhafftig licht ist allen christgleubigen aufgegangen 5 , das ist war, aber nicht mit hilff Luders treyben und schreiben, wie er yme vorgeslich tzumist 6 , dis vergangen eynundzwenzig jare h , welich selig christlich licht tzu eynes andern dan Luders und seliger auffrure den frommen gedeyt, wie uns betzeugen die auffrure Cain mit seynem bruder Abel, Pharonis mit den kindem Gottes, der ungutigen unseligen in denn mit yrem Messia, Christo Jesu, unsern Got und herren, unnd aller ausserwelten jungern des herren. Was yn disen auffruren daz ende, betzeuget die schlifft manchfeltig, und dise auffrure alle send all der teufflischen menschenn auffrure, tzugleich des Luders. Wie es auch allen ungleubigen ergangen und am jüngsten tag erghen wirdt, also erghet es auch denen, so nach dem bluet der kinder Gottes durscht1, under den luteristen auffrure, leiplich und gestlich machen, radt und tad geben, gantz geistlich stand tzu erschlaen mit schwert und ane schwert. Daß urteil gefellet über Cain und Amalech, Gene. 4 [ l . M o s e 4, 11 ff. 24], beschleust alle morder, und eyn itzlicher, der do hast k seynen bruder, ist eyn morder, I. Joan. III [15]. Diß selig christlich liecht wirdt nicht under den scheffel gesturtzt, Matt. V [15]. Die heilige gotliche schlifft vom jüngsten tag und dem ernst gericht des herren, aufgerafft durch Luder 7 seynen tandt tzu becleyden, ist also wol1 wider Luder als den pabst, und wirt mit viel unausprechlicher hefftiger schlifft der prophetenn, Arnos V [18—20], Johelis II [Joel 2, 1 — 11], Sciphonias I [Zeph. 1, 2—18], gedrauet"1 allen christgleubigen yn gemeyn Gottes tzorn und der tag des gerichts, den die maier malen 8 . Das alle gotlose und entenchrist" nicht mit der hand, besunder 0 dem munde des geist Gottes tzuknyrscht p und wie der staub von den wynde vorwhet und tzunicht gemacht werden. Als viel bereidt an, solcher entenchrist, yns hellisch feuer, gleich wie daz schwere bley über eynen hauffen gevallen seyn [Jer. 6, 29; Hes. 22, 18—22]. Dann das urteyl ist gefeilet, von dem sich Luder nicht entschliessen q , alsr er dem ernst Gottes nicht entlauffen kan. Das ist wol war, das der, der do glaubet, durch disen tzorren nicht wirt gericht, den er sitzt mit dem herren tzu gericht, und der, der nicht gelaubet, nicht wirt kommen vor diß gericht, den er ist gericht [Joh. 3, 18]. Aber pabst unnd Luder, lebendig unnd tode, müssen all für gericht, weyl sie mehr lieben aufrure und finsternis, den daz lichte, Jo. III [19]. Das sie glauben, hilfft sies nicht, groß beschedund' erleyden am leib, gute und sele, als Luder schreibet, erlost sie nicht. Eyn vorthumlich" auffrure hat sich auff erden tzeitlich angefangen und nympt nymmermehr ende bey den ungutigen kyndern Belial, yn ist keyn fried, als der prophet saget [Jes. 48, 22], eytell unfried. Sie treyben aus den

g) für h) 1521 i) dürstet j) schließt ein, gilt für k) haßt 1) sowohl m) gedroht n) Antichristen o) sondern p) zerschmettert, zermalmt q) ausschließen, entrinnen r) ebenso wie s) ihnen t) Schädigung u) zu verdammender

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hertzen 9 Gottes unnd des nhesten lieb und fried, und treyben eyn des teuffels auffrure und unfried, yne tzu mehrung hellischer peyn, den auserwelten kyndern Gottes tzu mherung himelischen eren und glorien, lassen sich duncken, dise vorgifftige tzungen, wollen Gott dormitte eynen grossen beheglichen dinst ertzeigen, Jo. am XVI. [2. 3], sich vor der werlt mit eusserlicher geferbter gestalt tzu rechtfertigen, yn scheffen cleydern v reyssend wolff, yre bruder tzu urteyln und tzu vorthumen, uff das er omnes auch gantz vorfuret. Unnd ynn yrer sinagoga ist alleyn Christus, nicht hie, wie ir öffentlich fyndet under Luders auffrure bedackt, leset die mit vleis, ir solt es fynden, under solcher freuntlicher, lieblicher, holdseliger gestalt vorwandelt sich die aide schlänge yn engel des lichts, christlicher warheit, des gedancken wir woll kennenn, 2. Chorin. 2 [11], dorumb uns nicht wunder nympt, ab seyn apostel auch die person eynes guthen dyners ann sich nympt, mit dem munde des geist Gottes die gantz wert tzu vorfuren, der lone wirt yme warlich nach der arbet gegeben, 2. Corin. XI [13—15]. Fynden yn Luders brief und warnung keyn ander schrifft w , yme dinstlich, allein diß vorfurisch rhumen, mir nach, myr nach, ich byn warhafftig der munde des geist Gottes, also solt und must yr euch auch rhumenn, wolt yr den pabst und gantz pabstlich regiment tzustoren 10 . Diß ist alles teufflisch unnd unchristlich, der heilig Sanct Paul vormanet uns auch an viel orthern in seynen episteln, lieben bruder, folget myr nach [Phil. 3, 17] als ich Christo Jesu, nicht wie Luder myr nach, myr nach. Es ist vorbothen ym evangelio Matt. XIII [29], das unkraut mit wurtzel austzurauffen äussern mittel dem weysse* des herrenn, uff das nicht der guthe weysse auch tzutrethen, besunder das unkrauet sollen wir wachsen lassen biß tzu der tzeyt des schnydts [Matth. 13, 30], welichs Schnitter die engel Gottes seyn werden, nicht Luder und seyn gesellen. Aber unser lieber Luder wil vor diser tzeit daz unkraut ausrauffen mit seynem eyn y unnd austreyben, tzu hoch, Luder, den steyn, den du über dich wurffsts, feit dir uff deynen kop", und yn die gruben, die du grebest, wirstu fallen, Psal. VII [16], mit dem strick, den du vorborgen legest, wirstu gefangen [Sir. 27, 25. 26]. Gottes und des geist Gottes heiligen munde lestert Luder. Das wollen wir wharmachen z . Luder lernet2 in diser unseligen aufrure nichts, dan das seyn newen Christen, die sich des christlichen names rhumen, sprechen sollen, wie Luder spricht, meyn munde ist Gotes munde, meyn lere ist Gottes lere, meyn evangelium ist Gottes evangelium und nicht meyn, den den b so wirdet das redien recht getriben 12 unnd gantz pebstlich regiment tzustoret werden etc. Diß Luder menschen getickt0 vorfuret jemmerlich die nauen Christen, vorwandelt sie yn antichristen. Lieber Luder, warumb sollen sich nicht auch rhumen die alden Christen, meyn mund ist Gottes munde, meyn lere ist Gottes lere, meyn evangelium ist Gottes evangelium, nicht meyn, besunder des, der mich gesandt hat. Sage Ursachen der under-

v) Schafskleidern w) Schrift-, Bibelstelle x) Weizen y) ein- (und austreiben) z) beweisen a) lehrt b) denn dann c) Gedicht, Erfindung (Luthers)

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scheid, so es alleyn rhumes will gelden. Yn letzten tagen, als Luder irrig und ketzrisch lernet, so rhumet sich gleich diß der aide papist als der jung luterist, dieweil sie beyd Christi. Und diß ist von allen gesaget ym grossen hawse des herren, der heiligen christlichen kirchen, do alleyn eyn evangelium glaubet und Christus geprediget, alles mit dem munde Gottes und hilff des geist Gottes. Diser heilig geist und munde Gottes bedarff nit Luders blesymiresd, wirt altzeit großgemacht und glorificirt ym friede und des herren auffrure und wirt getriben tzu auffrichtung, nicht tzu vorstorung heiliger christlichen kirchen. Der heilig geist beweist sich wuee er will, wennf er will, abg er will, Jo. III [8], wider Luder und aller ketzer will, von dem 1. Corin. 14 und 2. Pe. 1 [20. 21]. Höret alle, lieben bruder, die yr oren hat tzu hören. Der heilig Sanct Pauls tzum Romern am IX. meldet von der seligen auffrure des herren, mit der sich Luder vorcleydet13, abh wir yn nicht kenthen und Sanct Pauls wünscht, eyn anathema und vorbanther tzu seyn vor die Juden, seyne bruder nach dem fleisch [Rom. 9, 3—5], gleich, als der heilig prophet Moises ausgelescht auß dem lebendigen buch, alleyn das die Juden recht getryben wurden das gesetze aus unnd unser heilig christlich glauben eyn1 die vorstockten hertzen [vgl. Rom. 9, 30—33]. Das sich Gott über sie erbarmen wolle. Was wollen wir von Juden alleyn den hartsinnigen koppen sagenn, wie viel seliger auffrure von anbegyn der werlt gewesen, aller patriarchen, aller propheten, des herren Christi Jesu selb selbst in der menscheit, Baruch 3 [5—8], aller apostel, merterer, pebst, bischoffen, cardinal, pfaffen und munchen, sampt allen doctorn der christlichenn kirchenn, welche all Luder nennet das gantz geschwurm und gewurm pebstlichs regiment14. Diese alle haben getryben unnd nach heutetzutage treybenn diß selige wercke, das alleyn der glaub selige. Es erghet aber Gottes wille und seyn unerforschlich rathe, ad Roma. IX, X, XI, mit dem uns Got alle seligen will, unns keynes sonder tode>, Ezech. XXXIII [Hes. 33, 15. 16]. Haben aber alle mit ferner das redlein getryben, dan als man sieht über etlich tausent jare. Besonderk unser Luder vormeint vielmehr yn dreyen jaren tzu treyben, diß gantz pabstumb umbtzustossen15. Neyn, neyn, Luder ender diß nicht, solange er keyn naturlich sone Gottes ist, des vattern, und ab gleich Luder tausent leib hette, dieselbige alle in daz hellisch feuer gebe, dennoch soll er dormitte keynen frommen papisten reysen aus dem hertzen eyns frommen ch[r]isten. Jha diß ist vorware wäre, das eyn heilige christlich leben stehe alleyn ym glauben und yn der lieb. Sanct Jacob spr[i]cht cap. 2 [18]: Weys mir deynen glauben an1 die lieb. Nhue sprechen wir christgleubigen, du frommer heiliger Luder, weyß uns deynen glauben mit deyner lieb, yn deynem christlichen glauben und pebstlicher lieb. Den blynden kan man eyn nasen machen, die kynder aber des liechts christlicher warheit sehenn woll, das glaub ane lieb, so Luder hat, foller auffrure und gotteslesterung ist. Und

d) Blasphemierens, Lästerns j) Sünder töte k) Aber 20

Reformation

e) wo 1) ohne

f) wann

g) wenn

h) als ob

i) in

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mit disem unsern heiligen ch[r]istlichen glauben, den wir ym heiligen evangelio Christi Jesu gelernet, dordurch den himelischen vatter, seynen eyngebornen sone und den heiligen geist erkennen und glauben, die wir tzuvor von ewigkeit erkant seyn, machen die gotlosen menschen auffrure und eynen vorthumlichen mißglauben under guter gestalt eynes christlichen glaubens. Karschthans 16 ist viel cluger dan Luder, ursach, Karschthans berhumet sich nicht hoemutiges glaubes, auch nicht, das er eyn warhafftiger munde des geist Gottes sey, das seyn lere nicht seyn, sonder des, der yn gesandt, seynes vattern, wie Luder unnd seyn vatter thut. Karschthans drauet uns aber mit flegel und kolben yn hauffen tzu schlaen. Liber Karschthans, schlae yn eynem ledigen™1 wynckel, du mochst sunsten Luder und pabst treffen und schluchst doch nymands seher", dann dich selbst. Karschthans ist hirumb auch unsinnig worden, vormeynt mit seynem schlaen und buchen Gottes werck tzu fordern 0 , so er doch ungerecht, wer schlecht, der ist unrecht. Und tzugleich q wie Karsthans mit eynem stroewisch der sonnen scheyn gehelffenn kan am hellen mitten tag, das unmochlich, also wirt Luder mit seyner seligen unrhu des herren werck, als er gedenckt, yn dreyen jaren treybenn. Sye beid sennd nichts, Karschthans ist nichts, Luder ist nichts, Karschthans und Luder seynd eyn ding, alleyn Christus Jesus ist der warhafFtig naturlich sone Gottes und vorheischen r Messias, der treybet das redleyn aus und eyn yn die hertzen der gotforchtigen kyndern und gybet gewalt, Gottes sone tzu werden, den, die yn yn glauben. Luder hat keynen christlichen glauben, dortzu keyn christlich lieb, Ursache, so Luder gleich hette allen glauben, daz s wir nicht glauben, so hette er doch nicht die liebe, viel weniger alle christliche lieb. Das solle yn seyn eigenn gewissenn richten. Widerumb Luder hat den christlichen glauben und christliche lieb, mit worthen tzu schreyben und tzu treyben, tzu vorthumen und selig tzu machen und das vielmehr. Diß wure auch eyn auffrure, der Luder nicht entpflien kan, so wir die selbige recht treyben solten ane lieb, als Luder thut, ane alle bruderliche unnd christliche lieb. Es ist aber seliglicher beyderseits, menschlicher auffrure vorgessen unnd büß umb unser sundlich leben tzu thun. Dan diß ist alzeit die warheyt, das alleyn gewalt gegeben Christo Jesu, dem naturlichen sone Gottes, ym himel und uff erden tzu toden und lebendig tzu machen, tzu schlaen unnd tzu heylen, in die helle tzu füren und widerumb herauß, 1. Reg. 2 [1. Sam. 2, 6], in die hertzen der menschen seynen heiligen glauben tzu treyben und alle sunde außtzutreyben, und ist gebothen, an yne tzu glauben, seyn gotliche gesetze tzu halden und umb dise seyne selige aufrure zu bitten. Dordurch man dye kynder Gottes von den kyndern des teuffels erkennet. Mit unsern unreynen munde wollen wir den guthen ruche des herren treyben, die wir alle unreyn sonder'. Es ist leyder offenbar und auffgedackt den Juden und heyden und gantzer werlt unser aller Unwissenheit, blind-

m) freien, unbewohnten r) verheißene s) was

n) mehr t) Sünder

o) fördern

p) schlägt

q) ebenso

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heyt, falßheit, gleyßnerey, ligen, trygen, hoemut, gotteslesterung, ehebruch, todschlag, follerey, sewfferey, buberey, wucherey und viel mehr untzelich sunde, schände unnd laster, kurtzumb alle boßheit ist auffgedeckt und nympt unaussprechlich überhand, alles fleisch wandert ym finstemis yn disen letzten boßen tagen. Weyl dem allen yn warheit also ist, dovon viel propheciirt17, warumb sollen wir eyn boßheit über die andern samein und auffrure machen, dormit eynem schätze des tzorn Gottes vorsameln, ad Ro. 2 [Rom. 2, 5], und sollen gloriiren, das wir warhafftig der munde des geist Gottes sennd, die wyrs nicht send. Was ist, lieben bruder, für eyn ubereynkommen" Gottes und des teuffels? des licht und der finsternis? des munde Gottes und des mundes des teuffels? Gleich also ist es mit dem munde des sonders, die wir alle seind, wenig außgeschlossen und keynen mit dem munde Gottes, höre du Luder, schleus dich nicht aus, ab du gleich keyn papist seyn wilst, wen du dich unschuldig schätzt, dennoch bistu noch nicht gerechtfertiget, 1. Corin. 4 [4. 5]. Bistu aber ane sunde, so wurffe den ersten steyn anv pabst, Jo. VIII [Joh. 8, 7]. Die schlifft betzeuget, welicher spricht, er sey ane sunde, ist eyn lugner, indem er eyn lugner, ist er eyn sunder, und der eyn sunde schuldig, ist aller schuldig, Ja. 2 [Jak. 2, 10]. Nhue, lieben bruder, wo außw vor dem erschrecklichen tzornigenn angesieht Gottes, weyl Luder nicht ane sunde, der doch das evangelium treybet, eyn munde des geist Gottes, des er gewiß ist, als er sich rhumet vor der gantzen werlt, yndem das er allem mehr dem pabst abbrechen mit disem seynem gotlichen munde, dan alle keyser, konigen unnd fursten mit dem schwert gethan haben18. Diß alles hilfft Luder nicht, soll und muß vor gerieht, als üben gesaget, er wolle ader wolle nicht, doselbst belonung tzu nemen als er vorschult. Wue sollen und wollen wir und yr tzu Wittenberg bleiben, dieweil des heiligenn mann nicht vorschonet. Die schlifft spricht, Got ist keyn annemer der person, Act. am X. [Apg. 10, 34], ad Ro. II [Rom. 2, 11], Jacobi 2 [1. 9]. All müssen sye an den tantzrey", eyn itzlicher nemen, was er vordinet, und das er alhier gesehety, wirt er schneydenz, ym fleisch ader geist, ad Galla. VI [7.8], des herren Vorsehung bleibet unerforschlich. O, wie eyn vorthumlich auffrure ist Luders auffrure gegen der seligen auffrure des herren, wirt des herren auffrure Luders auffrure vorgleicht, als du Christum Jesum vorgleichest seynenn Widersacher, dem sathan. Dan des herren auffrure ist nicht Luders auffrure, nach auch widerumb als nicht Gottes munde des Luders mund ist. Sant Pauls hat ding gesehen, die sich nicht tzymen tzu reden, 2. Corin. XII [2—4]. Diß ist auch eyns, dan es ist untzymlich und unchristlich tzu reden unnd tzu hören, das der munde Luders Christi munde sey, viel weniger tzymet sich tzu schreiben, das aller luteristen munder eyn munde Christi und also der gantz corper Christi eytell munde, keyn heupt, keyn auge, keyn ore, keyn hand, keyn fuse, besunder eytell munde ist nach Luders lere wider Sanct Pauls lere, 1. Corin. 12 [12-26], ad Ephe. 4 [16].

u) Übereinstimmung y) gesät z) ernten 20*

v) auf den

w) hinaus

x) Tanzreigen, Reigentanz

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Petrus und Paulus, babst, bischoff, cardinal, munnch, nonne unnd alle Christen wertlichs" stands sollen sich billich entsetzen, so sie Luders ketzrisch buchleyn lesen, von seynen hoemutigen rhumen und diser seyner ketzrischen auffrure des ketzers Luders, der yme gotliche ere tzutzelstb, mit schonenn evangelischen worthenn fehrt herfure, also sprechende: Nhue mag ich unnd eyn itzlicher, der Christus worth reth, frey sich rhumenn, das seyn munde Christus munde sey. Ich bynn yhe gewise, das meyn worth nit meyn, sondern Christus wort sey, so muß meynn munde auch des seyn, des wort er rede. 19 Von disen rhumen und christlichen entenchrist stehet geschriben Matt, am XXIIII [4. 5. 23. 24], die sprechen sollen, alhier ist Christus, meyn munde ist Christus, meyn rede ist Christus, meyn wergk ist Christus. Wenn auch der herr kumpt und richtet, so wollenn sie sich nach mehr rhumenn. Byn ich nicht deyn munde, hab ich nicht deyn worth gerethe, hab ich nicht yn deynen namen groß wunderwerck gethann. Es ist nicht möglich gewest, eynem menschen solch wesen tzu füren unnd tzu treyben, dann durch deynes geists munde, Matt, am VII. [22], Luce am XIII. [26], Es ist vorware eynn ander mann, der das redleyn treybet, Luder will yn nicht kennen, Luder will das spill nach zwey jare treyben, nach zweien jaren, wen das pebstlich regiment, gewurm und geschwurm wie der staube tzuferet, so sali der mann Luder ghenn hymel farenn, diß reich seynem vatter brengen, über seynenn danck, als er über seynenn danck das heilig pastumb tzustoret hat. Diser man sitzt uffm stuell der pestilentz, dises apt Gots beysitzer teuffei seind, unnd wen eyn engel vom hymel tzu uns gesandt wurdt unnd uns eyn ander evangelium prediget dann Sanct Peter, Paul, babst, bischoff, cardinal, pfaff unnd munch sampt allenn Christliehen leren geprediget habenn, so woltenn wir yme doch nicht glaubenn, ad Galla 1 [8]. Sollen wir dann dem munde Luders glaubenn. Quelenn, affterreden, vorfolgenn unnd peynigen kan Luder woll mit seynen gesellenn der Gottesmunde, dieweyl er das getzeuhec unnd der fugsschwantz20 ist des herren, mit dem uns Got heymsucht, als eyn freuntlicher vatter seynem gelibtenn kynde thut, ad Hebre. am XII. [6. 7], ab wir nachmals büß thunn wollenn hier uffm wege. Das reich der hymel unnd der tage des herren neheitd sich, so wir unsern boßen vorstockten willenn underwerffenn unser vornunfft, die herschen lassen, wie in unser gewalt stehet, Gene. 4 [l.Mose 4], Esa. 1 [Jes. 1], Ecclesiastici 15 [Sir. 15, 11—20], alles mit hilff unnd genaden Gottes, ane die wir nicht Jesus gesprechen können tzu Seligkeit, 1. Cori. XII [3—6], 2. Corin. 2 [14]. Reyß derhalb, nhue Luder, treyb unnd tzustore, ruffe ann alle deyne gesellenn der hellischenn pfortenn, das sie dir helffenn treybenn unnd tzustorenn auß den hertzenn der christglaubigenn aller menschenn gesetze, alleyn, Luder, sehet euch vor, das yr Gottes gesetze auch nicht mit außreyst. Vortreyb denn pabst, bischoff, cardinal, pfaff, munch, 'nunne unnd gantz geschwurm unnd gewurm pebstlichs regiments, gyb alleyn achtung

a) weltlichen b) der sich göttliche Ehre zumißt druck für Werkzeug d) nähert

c) Gezähe, bergmänn. Aus-

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darauff, das du nit mit vortreybenn wollest des herrenn Jesu Christi pabst, bischoff, cardinal, pfaff, munch, nunne und gantz geschwurm unnd gewurm Gottes regiments. Item lere, predig, schreib unnd treyb, das unser christlich leben alleyn stehe ym glaubenn unnd christlicher lieb, welchs alle pebst, bischoff, cardinal, pfaffen und munchenn geprediget habenn vonn anbegyn und nach. Hütte dich Luder, das du nicht außreist allenn glauben unnd alle christliche lieb. Mach dich fremder sunde nicht teylhafftig. Deyn meynung kann gut seyn, aber deyn urteylen unnd gericht bedreugete dich, als der Juden meynung guth unnd gericht falsch tzun Romern am X. [2. 3]. Also send alle christlich ketzer betrogenn tzu whulen yn unser heiligenn christlichen kirchen mit den vorheischungen und geboten Christi. Es ist alles recht unnd wäre vorheischung und gebothe, die selige vorheischung des ewigenn lebens, so wir die gotlichenn geboth haldenn. Unnd wie diß war ist und recht, das alle auserwelte kynder all ausserwelt, also seinnd alle vorthampte vortumpt. Nymands geschiet unrecht, müssen all bekennen, Got ist alleyn der gerecht lichter, thut nymands unrecht, ad Ro. 2 [ 2 - 16]. Solch ernst gericht unnd tzorn Gottes eyntzutreyben, dormitt die sunde außtzutreyben bey den krancken ym glauben, unnd das pebstlich regiment untzustoret tzu bleiben vonn den volkommenn ym glaubenn, ist gefellig yn augenn Gottes, der himelischen engein und der fridsam geist uff erden. Nicht mit eynem sundigen gebethe tzu bittenn, als Luder lernet ketzrisch und vorfurisch21, tzugleich als das feuer vom hymell tzu fallen unnd all papisten und endchristen tzu vortzeren. Diß ist nicht der munde des geists Christi, Matei IX [pass.], diß seynd keyn kynder Christi. Christus Jesus ist der seligmacher, Matt. 1 [21], gekommenn tzu seligen, nicht tzu vorthumen. Also thun seyne glidmasenn auch, todenn nymands mit yrer auffrure, geben all rechung dem herren, den sie liebenn, diese gotliche liebe alleyn alle dinge uberwinden kan, I. Corin. XIII [1—8. 13], bey welichem geist diselbige ist. Diß ist ungleublich, das alle papisten, wie wir dovon schreiben, alle kynder Belial seind, als auch ungleublich, das all luteristenn, wie Luder davonn schreibet, all kynder Christi seindt, aber diß ist war, das alle kynder Gottes Christi kynder seind, nicht papisten nachf auch luteristen, als nicht widerumb, ab sie gleich all eynenn Got anpethen. Der kann alleyn dye schefleyn von den bocken schinden8, nymands anders, Mat. XXV [32], Trutz habenn gewaget alle ketzer, tzu scheidenn die bosenn vonn den guthen, unnd thun das noch, wider unser christlich licht unnd warheit, als wir in chronicis lesen unnd tzu unsern getzeitten uffm preth ist, hirumb pepstlich heilig regiment, vielmals angefochten, umbtzustossen, die feyndt sich an das schiffleyn Petri gelenet haben, wie auch tzukunfftig geschenn kann nach dem willenn Gottes. Es sali unnd muß aber nicht gantz tzu gründe vorstoret weren, ab auchh alle teufflisch endchrist dises pebstlichen unnd luteristen regiment tzustort unnd tzunicht gemacht werdenn, ist doch

e) betrügt

f) noch

g) scheiden

h) selbst wenn

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der Judenn judisch regiment, welicher boßheyt an Got, unsern herrenn, begangenn, gantzer werlt bloß auffgedackt, uff disenn heutigenn tag durch denn munde unnd geist Gottes nicht tzustoret. Welche Judenn yn der warheit eyttell teufflisch endtenchrist und Gottes feynd seynd, das judisch endtenchristisch regiment sali und muß durch Luders munde unnd seynenn geist auch untzustoret vorbleibenn, wie Sanct Pauls tzum Romern am XI. [26—28] schreibet, dieweil die reliquienn der Judenn selig weren, die yme der herr behaldenn, welche nicht yre knhie gebogenn vor dem apgot Baal [Rom. 11, 4], diß unns christgleubigenn nicht weniger dann den Judenn tzu trost geschribenn. Das Luder nicht gantz geistlich pebstlich regiment muß tzustorenn, die reliquienn der christglaubigenn, welche alleyn der herr kennet, die seyner letztenn tzukunfft1 erharren, auch ym fleysch, als Paulus schreibet, werenn selig, dorumb sollenn wir nicht schlaffenn, uff das wir nicht in Luders auffrure und also in dye teuffe^ grundloser blindheit gefurt werden. Vor diser teufflischen blindheit unnd Luders bosenn willenn, gemuthe, hertze, auffrure unnd emporung unnd seyner gesellenn unnd allenn ubel erlose unns Goth. Nicht eynleydt unns in vorsuchenn der teufflischenn geist, der vonn anbegynne frolockung gewest, alle sunde, schände unnd laster gantzer werlt aufftzudeckenn, offenbar tzu machenn, dorinnenn yr gloria tzu suchenn, dordurch Got ym hymell unnd all auserwelt himelisch hoffgesynde jhe mher unnd mher ertzornet, gelestert, geunertk unnd vormaledeit yn seynenn glidmassenn uff erdenn, das eynn glid das annder beyss, nage, kratze, fresse, bis sie eynander lebendig vorschlingenn, ad Galla. V [13-15], Psal. CXXm [Ps. 124, 3 - 5 ] , tzum hellischenn feuer eylenn, doselbst diser böser wurm unnd uffrure nymmermehr sterbenn kan, auch nymands das hellisch feuer ausleschenn, Esa. ulti. [Jes. 66, 24], do nichts ist dan hewlen unnd weynen unnd knyrschen der tzene, als der herr ym evangelio manchfeldig warnet [Matth. 8, 12 u.ö.; Luk. 13, 28], Vonn disem allenn die unselige uffrure Luders lernet. Were wille nhue folgenn seynem rathe, ym helffenn das redlein treybenn? Sich auffleynenn, nicht alleyn wider die frommenn christenn unnd geübte freund Gottes uff erdenn, besonder auch wider Got yn himell seynenn sundigenn munde unnd gifftige tzunge tzu gebrauchenn. Derhalb, allerlibsten bruder, bittenn wir umb Gots willenn, all, die yr Got liebet und forcht, wollet euch vor Luders unnd aller menschlichen auffrure huttenn, dise unser wolmeynung unnd bruderlich getraw vormanung tzu hertzenn nemenn. Nicht frevelich euch rhumenn, das ir der mund Gottes, wenn ir sonde, schand unnd laster rett, schreibet ader prediget vonn ewem bruder, besonder vielmehr in bruderlicher eynigkeit ewer hertze geschickt machenn tzu des herren seliger zukunfft, yn glaubenn, hoffnung und warhafftiger lieb. Hirtzu uns allen helff die genaden Gottes. Sprecht mit uns alle, Amen. Gedruckt tzu Leyptzck MD und tzwey und tzwentzig jar.

i) Ankunft, Wiederkehr k) verunehrt

j) Teufe, bergmänn. Ausdruck für Tiefe, Untertage

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A) Vorbemerkung Druckvorlage: Wid' die vnllselige auffrure Merten Luders II von Wolffgango Wulffer II vn andern christgleubige/ II euch zw Wittenberg/ II tzugeschribenn/ II (Am Ende:) Gedruckt tzu Leyptzck MD vnd tzwey vn tzwentzig iar II [Martin Landsberg.] 4° 8 Bl. Sign.: AB 4 . - Weller 2302. Claus La-116. - UB Leipzig: Kirch. Gesch. 959 (8) Zur Entstehung: Wolfgang Wulffer (f 1538), „der theologisch und sprachlich schwächste" unter den sächsischen Kontroverstheologen (Smolinsky), stammte aus der (erst 1470 entstandenen) sächsischen Bergstadt Schneeberg, was sich auch in der gelegentlichen Verwendung bergmännischer Ausdrücke (siehe Worterläuterungen) äußert. Nach dem Studium in Leipzig war er seit 1519 Kaplan an der Dresdener Schloßkirche Herzog Georgs, als solcher wohl in engem Kontakt mit Hieronymus Emser. Dessen Streit mit Luther (vgl. oben Nr. 8 Zur Entstehung) veranlaßte ihn zu seiner ersten antilutherischen Schrift, die er zu Neujahr 1522 an die Wittenberger richtete: „Wider den ketzerischen Widerspruch Martin Luthers auf den Spruch Petri: Ihr seid ein königlich Priestertum . . . " , gedruckt bei Martin Landsberg in Leipzig. Darin verteidigt er Emser mit scharfer Polemik und wenig Substanz gegen Luther („Sauluder"). Bald danach muß die vorliegende Schrift entstanden sein. Sie richtet sich gegen Luthers im Dezember 1521 auf der Wartburg geschriebene „Treue Vermahnung zu allen Christen, sich zu hüten vor Aufruhr und Empörung", die wohl bereits im Januar 1522 im Druck vorlag (S. Mühlmann, in: Delius, Luther, Bd. 3, S. 13). Während Luther darin vor einem befürchteten Volksaufstand gegen die alte Kirche warnt, Gewaltanwendung allein in die Kompetenz der weltlichen Obrigkeiten stellt und ansonsten die Gewalt des Wortes beschwört, sieht Wulffer darin nur Heuchelei und unterstellt Luther, Aufruhr und Gewalt bewußt zu provozieren. Das Druckdatum der Lutherschrift und der Rückbezug Wulffers auf seine Neujahrsschrift machen eine Entstehung in den ersten Monaten 1522 wahrscheinlich. Der Druck erfolgte im selben Jahr wieder bei Martin Landsberg in Leipzig. Literatur: WA 8, S. 245f.; (zu Wulffer, nicht zu unserer Schrift:) Smolinsky, Alveldt und Emser, S. 367-369.

B) Sacherläuterungen 1 Das folgende bezieht sich auf Wulffers vorangegangene Schrift Wider den ketzerischen Widerspruch . . . " (vgl. oben Zur Entstehung; Smolinsky, Alveldt und Emser, S. 368f.). 2 Luthers „Treue Vermahnung . . . " (vgl. oben Zur Entstehung). 3 Vgl. Delius, Luther, Bd. 3, S. 18; WA 8, S. 679. 4 Vgl. ebd. S. 15 bzw. S. 676. 5 Vgl. ebd. 6 Vgl. ebd. S. 23 bzw. S. 684. 7 Die Ausführungen Luthers und die von ihm angeführten Schriftstellen bei Delius, Luther, Bd. 3, S. 16. 8 Das Bild wird von Luther verwendet ebd. S. 16f. bzw. WA 8, S. 677. 9 W. greift auch hier eine Redewendung Luthers auf; vgl. ebd. S. 24 bzw. S. 685. 10 Vgl. ebd. S. 22 bzw. S. 683. 11 Das Bild — in Anlehnung an Sir. 27, 28 — verwendet auch Luther; vgl. ebd. S. 21 bzw. S. 682. 12 Auch hier wird eine Redewendung Luthers aufgegriffen; vgl. ebd. S. 22 bzw. S. 683.

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Wulffer: Wider die Aufruhre Martin Luthers

13 Die Stelle ist mißverständlich. Der Begriff vom „seligen Aufruhr" findet sich bei Luther (ebd. S. 23 bzw. S. 684) ohne Bezug auf Rom. 9, wo es dafür auch keine Grundlage gibt. 14 Von Luther häufig gebrauchte Formulierung; hier ebd. 15 Vgl. ebd. 16 Die Figur des „Karsthans", des bibelkundigen, wehrhaften Bauern, war seit der gleichnamigen Flugschrift von 1521 aktuell (vgl. Lenk, Dialog, S. 67—90). Schon vorher hatte Thomas Murner in seiner Antwort auf Luthers Adelsschrift den Vorwurf erhoben, Luther würde „Hanß Karsten und die unverstendig gemein" aufrührerisch machen (vgl. oben Nr. 7, S. 173). Noch 1521 erschien der „Neu Karsthans" (Lenk, Dialog, S. 91 —127; zum Streit um die Verfasserschaft zuletzt S. Bräuer, Bucer und der Neukarsthans, in: Martin Bucer and Sixteenth Century Europe, hrsg. v. Ch. Krieger/M. Lienhard, Leiden/New York/Köln 1993, S. 103—127). Spätere Karsthans-Dialoge von Johann Locher vgl. bei Laube/ Looß/Schneider, Bd. 2, S. 9 6 4 - 9 7 6 , und Laube/Seiffert, S. 9 9 - 1 0 8 . In der „Treuen Vermahnung", gegen die W. polemisiert, verwendet Luther den Begriff im Sinne der Drohung mit einem Aufstand des gemeinen Mannes, den er abwenden möchte. 17 Prophetische Literatur, die die Sündhaftigkeit der vermeintlichen Endzeit anprangerte (Johannes Lichtenberger, Joseph Grünpeck, Johann Virdung von Haßfurt u. a.), war seit dem ausgehenden 15. Jh. weit verbreitet. 18 Die Schlüsselstelle bei Luther, auf die W. immer wieder Bezug nimmt, lautet: „Sich meyn thun an. Hab ich nit dem Bapst / Bisschoffen / Pfaffen vnnd munchen alleyn mitt dem mund / on allen schwerd schlag mehr abbrochen / denn yhm biszher alle Keyszer vnnd Konige vnnd Fürsten mit alle yhr gewalt haben abbrochen? Warumb das? Darumb das Daniel VIII sagt / dyszer Konig soll on hand vorstoret werden / vnnd S. Paulus. Er soll mit dem mund Christi vorstoret werden. Nu mag ich vnnd eyn iglicher / der Christus wort redet frey sich rhumen / das seyn mund Christus mund sey. Ich bynn yhe gewisz / das meyn wort nitt meyn sondernn Christus wort sey / szo mus meyn mund auch des seyn / des wort er redet" (Delius, Luther, Bd. 3, S. 22; vgl. WA 8, S. 683). 19 Ebd. 20 Den Begriff benutzt Luther bildlich im Sinne eines Strafwerkzeugs Gottes (ebd. S. 16 bzw. S. 677). 21 „Du solt demutiglich bitten wydder das Bepstisch regiment . . . " (ebd. S. 21 bzw. S. 682).

Hieronymus Emser: Antwort auf Karlstadts Buch von Abtuung der Bilder

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Dem durchlawchten hochgebornen fursten und herren, hern Gorigen hertzogen tzu Sachssen, lantgraffen in Dhoringen und margraffen tzu Meyssen, meynem gnedigen herren1, enbiet ich Jeronymus Emßer, seyner fürstlichen gnaden undertheniger caplan, meyn innig gebeth und alles heyl vonn Got. Gnediger fürst und herr, demnach E[uer] F[ürstliche] G[naden] jungst ein mandat außgehen lassen2, in wolchem sie als eyn getrewer guter hirt sich erbotten, in Sachen des gloubens leyb und gut bey iren underthanen und scheffleyn tzutzusetzen, will mir als dem allergeringsten auß den selbigen schefleyn gepurn tzu hören die stymm meynes hyrten und ima moglicherweyß nachtzuvolgen. Hab derwegen dis meyn antwurt auff Carolstats3 ketzerische buch von abthuung der lieben heiligen bilder4 E. F. G. tzu ewiger gedechtnis und getzeugnis ires hochloblichen christenlichen gemütes tzugeschriben, domit die, so nach uns komen und das obgenante ketzerische buch leßen werden, nit aleyn schutzred und antwurt dawider finden, sonder ouch auß diser vorlauffenden epistel erlernen mögen, obgleych dis und ander ketzerey im land tzu Sachssen bey unsern getzeytten erwachssen5, das doch solichs Ewern F. G. als von Gotes genaden ouch eynem loblichen fursten und hertzogen tzu Sachssen getrewlich leid gewest, unnd derhalben die selbigen (doch in iren gebietten tzu dempfen) umb der ehr Gotes willen weder leyb noch gut gespart hab, unndertheniglich bittend, E. F. G. woll solichs genadiger meynung von mir annhemen und mich wie bißher in gnedigem schütz halten. Geben tzu Dreßden Mitwoch nach Letare [2. April] anno M.DXXII. Vorred.

Es hat der nawe brewtigam6 Andreas Carolstat tzu Wittenberg abermals ein naw pickhardisch7 buchlin nit ansb seynem kopff erdicht, sonder von Wickleffs8 und Hussen9 bucher gebetelt außgefertiget, vonn abthuung 30 der bilder, wolchem gifft (demnach0 etwas bitter) er ein wenig honig angestrichen, als nämlich von beschutzung witwen und weßend und das nyemont mher betteln gehen soll10. Item das die prelaten, ebt und ebtissin, ire bruder und schwestern all ledig tzelen6 und auß irem geistlichen orden wider in die weit, das ist von dem land wider in das tieffe moer und auß 35 dem paradeyß wider in die hell, uberlifern sollen11. Wolche drey anhangende honigsiesse stuckleyn ich auff dis mal in irem safft bleyben laß. Aber den bildern gibt er diese schuld, das sie oren haben und nit hören, ougen und nit sehen, hennd und nit greyffen können etc. Derhalben er imf dann

a) ihm b) Druck B korrigiert: aus c) Druck B hat: demnach es etwas d) Druck B korrigiert: weisen e) freilassen f) sich

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ein lebendig bild genomen, daz ine fruntlich ansehen, umbfahen unnd umbgreiffen mog 12 . Wo nu auß eym wundertzeichen (wie offt erfaren) unser geschnitzten oder gemalten bild eins redend, wurd es ungezweyvelt Carolstaten also antwurten und sprechen: Uns sint unsere oren nit darumb angesetzt, das wir domit hören sollen, die ougen nit, daz wir sehen, noch die hennd, das wir damit greyffen, sonder aleyn furter 8 dewten unnd den lewten in gedechtnis füren sollen die jhenen, deren figur unnd gestalt wir antzeygen. Aber du Carolstat hast orenn, die tzu hören geschaffen sint, noch wilt du nit hören deyn muter die heiligen christenlichen kirchen, wider wolcher Ordnung und deyn eigen gelubnis du ein weyb genomen, nit tzu der ehe, das wie Chrisostomus 13 leret ad Diodorum Monachum, nymer mher geseyn kan, sonder tzu der unehe, ergernis deyner bruder und tzu ewiger vordamniß deyner armen seel. Item du hast ougenn, die du auff und tzuthon kanst, noch h bist du blind mit sehenden ougen. Du hast hennd, die do beweglich sint, noch kanst du nit greyffen den dicken nebel unnd finsterniß deynes schweren irthumbs, und so der almechtig Got dir und deynen gesellen grosse gnad vorlihen, ine zu erkennen, habt ir ihn nit geehret, noch ym danckbar gewest, sonder seyt vorstockt in ewern gedancken und ewer unsinnig hertz vortunckelt, dann so ir euch selbs vor clug gehalten, seyt yr tzu narren worden. Ro. I [Rom. 1, 21. 22]. Solich und dergleychen antwort mochte Carolstat begegen1, wo die bilder reden konten. Dieweyl sie aber darumb nit gemacht noch in der kirchen oder auff den altaren stehen, das sie reden sollen, wil ich Jeronimus Emßer unwirdiger priester von irentwegen meynen mund auffthon, Gotes und der liben heiligen ehr vortedigen und die christenlichen kirchen sampt dem allerheiligisten bapst Gregorio 14 (wolchem Carolstat vormessenlich und feischlich auffleget, das er unchristenlich von gemelten bilden geschriben oder gelert hab 15 ) vonn vormeynter clag entschuldigen und mit gutem grund vorantwurten. Dartzu ich dann von allerersten anruff den barmhertzigen lebendigenn Got umb gnad, die allerheiligstenn junckfrawen Mariam und den itzgenanten heiligen bapst Gregorium sampt dem gantzen hymelischen hör unnd allen frommen christenlichen hertzen, das sie für mich bitten wollen, damit ich die lawter warheyt schreyben unnd disen pickhardischen doctor ouch uberwinden und tzu eynem öffentlichen Widerspruch dringenn mog. Amenn. Hierauff und demnach Carolstat seynem unchristenlichen buch drey ketzerische schulsreden^ furgesetzt hat 16 , will ich denselben drey annder entgegen setzen, die do christenlich seyn und also lawten sollen*. Das wir bilder in der kirchen unnd Gotes hewsem haben, ist recht und dem gebot, du solt nit frombde goet anbethen, nit wider noch entgegen. Das geschnitzte und gemalte bilder auff den altarien stehen, ist nutzlich unnd christenlich.

g) fortan h) dennoch i) begegnen, erhalten j) Druck B korrigiert: schlusreden k) die drei folgenden Schlußreden sind in Druck B numeriert

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Drumb ists ketzerisch unnd unchristenlich, das wir sie abthuen, dieweyl sie die schrifft (der gestalt wie wir sie gebrauchen) nyendert urteilt1 noch vorbotten hat. Zu bevestigung diser dreyer schlusreden, will ich dis meyn buch in 5 zwen teil absondern"1 und orstlich erzelen, wie, wann und warumb die christenliche kirch obgemelte bilder angenomen und was anfechtung sie ouch vor tawset jaren darüber erlitten hat. Tzum andern will ich Carolstaten alle seyn argument repetirn, aufflossen" und scheynbarlich0 machen, das er eyngefurte schrifft der bibel nit recht vorstanden oder mutwillig vor10 kert und gefelscht hat. Vonn allen bilden in gemeynn.

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Gleych wie die gantze weit in dreyerley secten, nämlich Juden, heiden und Christen geteilt, also sint ouch dreyerley, nämlich judische, heidische und christenliche bilder, wolche alle der materien nach wenig ader gar keyn underscheid haben, dann sie gemeinlich alle auß erd, gypßsteyn, holtz, meß, kupffer, bley, gold, silber oder andern metallen formirt oder auff tucher, bapyr oder tafeln gemalt werden. Aber in der bedewtung, gebrauch, meynung und ankunfftp sint sie gar mercklich underschiden. Wie dan der heilig Augustinus leret libro 20 contra Faustum cap. 2317, das ouch vil anndere ding uns Christen mit Juden unnd heiden gemeyn seyn und keyn anndern underscheid haben dann im glouben, gebrauch und meynung. Also sint etwan bey Juden und heiden gleych so wol prister gewest als itzo under uns Christen. Es ist aber gar ein grosser underscheid under Christus pristerthumb und der anndern volcker. Nu hab ich vonn unserm christenlichen pristerthumb wider den ertzketzer Martinum Luter so lang geschriben, bis er gezwungen, mir ein öffentlich Widerspruch tzu thon18. Will dergleychen bey Carolstaten, der noch vil ein grobem kopff hat dann Luter, ouch vorsuchen, ob ich inq wider auff den rechten weg bringen mocht und im der dreyerley obgemelter bilder halben von itzwederinr in sondern guten beschid unnd undericht gebenn.

Warumb aber die liben alten vatter vilgedachte bild in der kirchen tzu halten und tzu ehren auffgesetzt habenn, find ich manicherley ursach, auß wolchen die orst getzogenn ist auß der epistel Pauli Ro. 1. Nämlich das wir 35 auß disen sichtbarlichen dingen in erkentnis komen müssen der unsichtigen [Rom. 1, 20], dan mann, wie ouch Aristoteles20 leret, in unsern vorstand nichtzit bringen mag, änderst dan durch die funfif ewsserlichen synne, also das wir das, so wir lernen, vorstehen oder erkennen wollen, tzuvor durch sehen, hören, richtens, schmecken oder greyffen tzu gemut füren müssen. 40 Derhalben und dieweyl nit yederman schreyben, lesen oder allweg predig

1) nirgends verurteilt m) teilen n) erläutern, widerlegen o) augenscheinlich, sichtbar p) Herkunft q) ihn r) Druck B hat: itzwederm, d. h. jedem s) Druck B korrigiert: riehen

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hören kan, oder so die schon gehört, leychtlich wider in vorgessen gesteh wirt, so sint die bild dem ungelerten eynfeltigen volck darumb für die ougen gesetzt, das sie auß antzeigung derselben in betrachtung komen mögen des leydens Christi und was diser oder jhener heilig für ein lebenn gefurt oder mit was tuget er den hymel vordint hab. Zum anndern, das sie auß solicher betrachtung tzu tuget unnd andacht gereitzt werdenn, den fußtritten der libenn heiligen nach tzu volgenn. Zum dritten, das der almechtig, ewig Got sampt seynen libenn heiligenn dester mher vonn inen geehret werd, so sie die teglich vor ougen sehen. Zum Vierden, das sie Got und seynen liben heiligen teglich dester vleyssiger dancksagen sollen umb entpfangen wolthat. Zum fünfften, das sie tzu dem dinst Gotes und seyner libenn heiligen dester williger werden, so sie ansehen die reychenn belonung, die Got seynen außerwolten gegeben hat. Zum sechsten, das die liben heiligen für uns tzu bitten so vil mher geneigt, so vil wir vlessiger1 in irem dinst erfunden werden. Zum sibenden, das wir durch furbit gemelter heiligenn entlich ouch tzu diser belonung komen mögen. Zum achten, das ein underscheid sey zwuschen den kirchen unnd anndern hewsern". Zum newnden, das die Christen vilgedachte bild nit für lebendig oder für goet halten, sonder aleyn für figuren und antzeigung Gotes und seyner liben heyligen. Zum tzehenden, das man ouch eynem yedem tzu gedechtnis seyner tuget und wolthat seyn gestalt und bild auff seyn grab oder annder stell setzen mag. Warumb wolten wir dann der liben heiligen bilder nit vor uns leyden tzu gedechtnis ires seligen lebens? Auß disen und anndern Ursachen haben die liben alten veter die vilgedachten bilder in der kirchen und auff den altaren tzu haben und tzu ehren auffgesetzt und dafür gehalten, dieweyl den Juden nicht sund gewest, antzusehen die zwen cherubin und annder bild im tempel Salomonis [1. Kön. 6, 23ff. u.ö.], daz den Christen noch vil weniger für ein sund getzelt werdenn soll antzusehen daz crucifix und der andern liben heiligen bildnis.

Das anderv teyll disz buchleyns.

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In disem andern teile meynes buchlins will ich mich tzuvor anbedingen, das meyn gemut nit ist, alle unnutze wort, sonder allein die nhamhafftigisten argument, so Carolstat hie eingefurt hat, tzu vorantwurtenw. Dann wer kond oder mocht so vil geschwetz, on des lesers vordrieß und schaden, alles wider erholen oder repetiren? Zum andern dieweyl ouch die 40 t) Druck B korrigiert: vleissiger u) Druck B hat nachfolgend noch den erläuternden Satz: Dann wo keyn bild in der kirchen, wüste man nit, ob es eyn kirch oder ein tantzhaus wer. v) zweite w) beantworten, entgegnen

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keyserlichen recht bey schweren penen vorbotenn haben, das nyemant, er sey geistlich oder weltlich, die ding, so einmal durch ein concilium eintrechtiglich beschlossenn worden, weyter anfechten oder da von disputiren soll. Codice de summa trinitate et fide catholica, lege Nemo, do der text also spricht: Nemo clericus vel militaris vel cuiuslibet conditonis" de fide Christiana publice turbis coadimatisy et audientibus tractare conetur in posterum, ex hoc tumultus vel perfidie occasionem requirens. Nam et iniuriam facit iuditio reverendissime synodi, si quis semel iudicata ac recte disposita revolvere ac publice diputarez contenderit. Et infra: Itaque si clericus fuerit, qui publice tractare de religione contenderit a consortio clericorum removebitur, si vero militia predictis sit, cingulo spoliabitur et ce.22 Derhalben protestir und beding ich tzum anndern, das ich disenn hanndel der bilder und so vil concilien, so darüber gehalten worden, bey mir in keynen zweivell stell, noch davon disputiren, sonder aleyn dem gemeynem ungelerten volck tzu notturfftiger underricht die warheyt antzeigen unnd Carolstats felsche3 argument, wider vormogen und meynung der schlifft eingefurt, mit der hilff Gotes vorlegen will. Nach gethanen bedingungen will ich mich auff disem planb nit lang bereyten oder vil spiegelfechtens machen, sonder so bald des mannes begeren und tzu im eyntraben. Carolstat: Gottes hewser seynd hewser, darinn Got alleyn geehret, angeruffen und angebet sol werden, als Christus spricht: Meyn haws ist ein haws des gebets [Matth. 21, 13] etc.23 Emßer: Die gotlich majestat soll inn und außwendig den Gots hewsern alleyn geehret und angebet werden im allerhöchsten grad, tzu lateyn cultu latrie, nämlich als für ein Got und schopffer aller ding, dem wir all underworffenn unnd alle ding in seyner gewalt seyn, Hester. 13 [Vg.: Est. 13, 9. 10]: Do[mi]ne rex omnipotens in dictione tua cuncta sunt posita et non est qui possit tue resistere voluntati. Tu fecisti celum et terram et cetera. Der uns ouch alleyn alle gute ding tzu geben oder tzu nhemen macht hat. Jacobi 1 [Jak. 1, 17]: Omne datum optimum et omne donum perfectum desursum est descendens a patre luminum. Daneben mag man aber ouch inn und außserhalb der kirchen eheren und anruffen die aller heiligisten junckfrawen Mariam in dem höchsten grad nach Got, tzu lateyn: cultu hiperdulie, darumb das sie under allen creaturen die aller ehrwirdigist und die aller höchste ist unnd derhalben von dem engel voller genaden, vonn der christenlichenn kirchen, ein muter Gotes, ein konigin der hymel unnd ein fraw der weit genent wirt. Zum dritten mögen und sollen wir ouch anbeten0 und ehren die lieben heiligen nit alß Got, sonder als frunde Gottes, nit als schopfer, sonder als creaturen, nit als geber oder nhemer, sonder als patron und furbitter, tzu lateyn: cultu dulie24. Wie dann in gleichem falle und disem weltlichen regiment (wolches ein figur ist des hymelischen

x) Druck B korrigiert: conditionis y) Druck B korrigiert: coadunatis z) Druck B korrigiert: disputare a) Druck B korrigiert: falsche b) Turnier-, Kampfplatz c) Druck B hat: anruffen

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exemplaris) keyserliche majestat ouch im höchsten grad geehret wirt, darumb das er ein herr ist über alles weltlich und christenlich regiment deprecatiod ff ad legem Rhodiam de iactu25, und alle ding in seynem gewalt seyn, 8. di. quo iure26. Daneben gnaden und neigen wir uns ouch etzlichen andern, die in hohem stand gesetzt, als konig unnd fursten, wie uns der heilige Paulus Ro. 13 [Rom. 13, 1—7] und Petrus 1 eiusdem 2 [1. Petr. 2, 13. 14] geboten, wolches dem keyser nicht aleyn nit entgegen, sonder seyn bevelh und ernstliche meynung ist. Darumb er die ouch peynlich strafft, die solche ehr den fursten enttzihen oder sie vorachten woltenn, Codice ad legem Juliani Maiestatatis6, 1. Quisquis27. Zum dritten eheren wir ouch alle annder menschen, bey denen wir uns ehr, tuget, kunst oder adel vormuten, wie uns die heiligen apostel ouch gelert haben, Ro. 12 [Rom. 12, 10]: Honore invicem prevenientes, et 1. Petri 2 [1. Petr. 2, 17]: Omnes honorate, und gleych wie dem keyser solichs an seyn keyserlichen wirden keyn vorletzung ist, also wirt ouch der gotlichen majestat in dem nichtzit abgebrochen, das wir die heiligen doneben obbestympter weyß ouch eheren und anruffen, sonder wer die heiligen voracht, der voracht ouch Got und wirt mit der tzeyt darumb gestrafft, wie dem keyser Valentiniano das hellische fewer seyn stul antzundet, darumb das er gegen dem heiligen Martino nit auffstehen und im keyn ehr erbieten wolt 28 . Derhalben, so spricht Christus nit: Meyn haws ist ein haws darinn man mich aleyn ehren oder anruffen soll, sonder meyn haws ist ein haws des gbetes [Matth. 21, 13]. Das aber Carolstat seyn opinion mit dem konig Salomon bevestigen wil, der tzu Got gesagt: Herr, das ist deyn hawß, in wolchem dein nham aleyn angeruffen werdernf soll, 2. Parali. 6 [2. Chron. 6, 20. 21], 3. Regum 8 [1. Kön. 8, 29. 30], sol verstanden werden von der obersten schopffer ehr, wie ich hie nydenn 8 , do Carolstat sagt wie Got aleyn alle hilff thue und uns die heiligen nichtzit helffen mögen, weyter ercleren will. Carolstat: Betrieglich bilder ermorden ire anbeter und breyser, als geschriben stehet, sie sein Got frombd und voller schand beschut unnd grewlieh wordenn, wie die dinng, welche sie gelibt habenn, Osee 9 [Hos. 9, 10].29 Emßer: Wann man eim nichtzit getrawth, so kan er nyemant betriegen. Nu setzen wir Christen keyn trost noch vortrawenn in die bilder, derhalbenn mögen sie uns ouch nit betriegen. Das aber Carolstat die bilder nicht aleyn betruglich, sonder ouch lotter und morder nennet und sagt, wie sie ir anbeter ermordenn, das thut ouch die schlifft irem leser wie Sant Paul sagt 2. Cor. 3 [2. Kor. 3, 6]: littera occidit. Der buchstab toedt oder mordet. Das begeget aber aleyn den jhenen, die ir gemut und meynung nit richten wollen nach dem vorstand, 1er und gebrauch der heiligen christenlichen kirchen, sonder irem eigen kopff nachvolgen. Wer aber von der christenlichen kirchen tzuvor lernet, wie er die schlifft vorstehenn oder die bilder anbeten soll, der bleybt wol unermordet.

d) Druck B korrigiert: lege deprecatio e) Druck B korrigiert: Juliam Maiestatis f) Druck B korrigiert: werden g) weiter unten h) vertraut, anvertraut

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Die wort des propheten Osee hat Carolstat feischlich hieher getzogen, dann sie nit auff unser bilder, sonder auff der heiden abgoet und ire anbether lawten, tzu lateyn also [Vg.: Os. 9, 10]: Ipsi autem intraverunt ad Beelphegor et abalienati sunt in confusionem, et facti sunt abhominabiles sicut ea que dilexerunt. Hörest du Carolstat, das der prophet sagt vonn dem abgot Beelphegor, wie bistu dann so vormessen, das du seyne wort auff der liben heiligen bilder zwingen wilt, aber gleych wie du ein schulmeyster gehabt, also hast du ouch die schlifft lernen außlegen. Carolstat: Wir können ye nit leugnen, das wir die genanten heiligen in die kirchen auß lieb gesteh haben, hetten wir sie nit gelibet, so hetten wir sie nit da hyn gesetzt. 30 Emßer: Wir Christen seyn nit außfellig 1 , das wir die byld auß lieb und nit auß veyntschafft da her gestelt haben, wir lieben sie, aber nit von irentwegen, sonder umb der jhenen willen, an die sie uns mit irer gestalt weysen und erinnern. Darumb wir die heyligen gar vil mher lieben dann ire bilder, propter quod enim unum quodque tale et ipsum magis tale. Carolstat hat aber noch nit beweyßt, das solche lieb sund sey, gleych wie er ouch nit beweyßt, das man inen an Gotes und der lieben heiligen stat nit ehr ertzeigen soll mit kappenn oder hut abzwtzihen und knye biegen, die mann doch offt eym schlechten menschen ertzeigt, oder das man sie nit mit samat, silber, gold oder edeln gesteyn tzierenn soll, die man ouch offt eynem ubeln weyb anhenget. Das er aber spricht, der tewffel lone den bapsten, die uns also todten und würgen, ist oben genugsam beweyßt, das weder die bepst noch die bilder, sonder wir unß selber todten und erwürgen, wo wir in disem oder andern feilen die christenlichen kirchen und ir 1er vorachten wollen. Ich will hie geschweygen, wie Carolstat und die andern ketzer billicher morder genent wurden dann die bilder, darumb das sie mit iren schrifften mher lewth ermorden dann alle bilder so in der weit seyn. Carolstat darff im> ouch keyn grawen bart wachssen lassen, wie wir bey Got vorantwurten wollen, das wir der heiligen bilder in seyn hauß setzen oder die tzimlicher weiß ehren und anbeten*, dann kan sie1 Got im hymel bey im m erdulden, so kan er ouch ungezweyvelt ire bilder in der kirchenn leyden, tzuvoran dieweyl er selber gesagt, wo ich bin, do soll ouch meyn diner seyn, Joannis 12 [Joh. 12, 26], Ich wolt aber gern wissen, was Carolstat den liben heiligen antwurten weit, wann eyner und gleych Sant Gregorius tzu im Sprech: Wie bist du so ein neydischer kerrll, das du uns der eheren nit gönnen wilt, die uns Got und die weit gönnet? Oder wie bist du so ein grober filtz, das du die heiligen bepst also unerlichen handelst unnd dich selber für cluger achtest, dann alle christenliche lerer? Carolstat: Du tzindest in ein liechtleyn an, du bringest inen wichsszen" opffer in gestalt deyner kranckenn beyn, arm, ougen etc. Also bekennet ir fromde goter. 31

i) so geraten, ausgefallen j) braucht sich k) in Druck B fehlt: und anbeten 1) d. h. die Heiligen m) sich n) wächserne

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Emßer: Wir bekennen hiemit keyn frombden Got, dann ab wir gleych gen Rom oder gen Ach° loffen, so beten wir doch gleych den Got an, den wir doheymen anbeten, unnd an welchem ort uns Got erhöret, bekennen und dancken wir ime seyner genaden. Das wir aber dieselbigen von Got empfangenn wolthat mher der lieben heiligen furbit, dann unserm vordinst tzutzelen und sie daneben ouch darumb ehren unnd wirdigen, ist von Jeronimo wider Vigilantium32, von Augustino wider Faustum33 und von Ambrosio wider die arrianischen ketzer34 gnugsam entschuldigt worden, wie ich von diser sach in meynem orsten buch wider Luters reformation35 articulo von den walfarten etwas weyter geschriben, dahyn ich den leßer geweyst haben will. Derhalbenn alle die schrifft, die Carolstat hie von den anbetern der abgoeter eyngefurt, und tzuvoran, das die Juden das kalb angebet unnd Gots hilff und wolthat dem selbigen tzugemessen haben36, wie sie ouch, als Cornelius Tacitus37 und Tertulianus38 schreibenn, eynem eßelskopff in der wustnis gethan, betrifft uns Christen gar nichtzit, dann wir wie obgemelt weder die heiligen noch ire bilder für abgoet anbeten. Das aber Carolstat mit dreyen auctoriteten, nämlich 1. Reg. 8 [1. Sam. 8, 7 - 9 ] , Osee 13 [Hos. 13, 9. 10] und Hier. 27 [= Jer.17, 5. 7] betzewgenn will, es kond im eyner selbs ein abgot machenn, nämlich so er seyn hoffnung auff sich selber oder auff ein andern setz, darumb die schrifft sagt: Ir solt nit in die fursten vortrawen und vormaledeyt ist der, wolcher hoffnung in eynen menschen setzt und macht starck seyn arm, dartzu antwurt ich: Wiewol unser hoffnung (so vil die Seligkeit belanget) entlich unnd aleyn in Got gericht seyn sol, nicht des weniger dieweyl uns Got konig unnd fursten darumb vorordent hat und wir ouch den vortrawen tzu inen tragen, das sie uns seliglichen regim unnd alle ding tzu unserm bestenn thon sollen, so mögen wir in dem nit vormaledeyt noch uns für abgoettrey getzelt werdenn, das unns die schrifft geheissen hat. Dann es spricht ye der heylig Paulus, das ein ytzliche seel underworffen seyn soll den hohen gewalttragern Ro. 13 [Rom. 13, 1], Wer aber nit umb Gotes sonder seynes eigen nutz oder ander Sachen willen vil mit den fursten tzu schaffen haben will, der gedenck aleyn, das er sich auffrecht und erberlich halte und sich selbs ouch recht in die sach schicke, so hat es nit not. Laßt er sich aber finden auff eym falben hengst 39 , so darff esp mir nit clagenn, ob im ouch nit alles das gehalten wirt, daruff er gehofft und seyn anschlag und practick gemacht het. Carolstat: Derwegenn saget Got bald darnach (als er das gebot gab, du solst nit frombde goet haben), du solt keyn geschnitzt oder gehawen bild machen, du solt keyn gleichnis machen, das oben ym hymel ist oder das unthen in der erden ist oder das ym wasser ist. Du solst sie nit anbeten. Du solst sie nit eheren. Ich byn dein Got etc.40 Emßer: Dis alles ist, wie ich ouch im orsten teil berutq hab, nit mher dann ein lewterung und erclerung des ersten gebotes, nämlich das wir nit frombde goet anbeten sollen, und wirt hie keyn bild vorboten tzu malen

o) Aachen

p) Druck B korrigiert: ers

q) Druck B korrigiert: berurt

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oder tzu schnitzen, tzu ehren oder antzubeten, dann die sor mann für abgoet anbet unnd ehret, welches ouch die letste clausel mitbringet, nämlich: Ich bin deyn Got, als wolt er sprechen, die bild, die du für goeter haltest, sint nit goeter. Also schreybet der erwirdige Beda 41 in libro de templo Salomonis cap. 19 und spricht: Es meinenn etzlich, das durch das gesatz Gotes Exodi 20 [2. Mose 20, 4], do die schrifft saget, du solt dir kein geschnitzt bild noch kein geleychnis machen wider oben im himel noch undenn auff der erden etc., ouch alle bilder verboten werden, welches sie nit sprechen, wo sie gedechten an die orm s schlangen, an die zwey cherubin und ander bild, die Got selber tzu formen bevolhen hat, derhalben, so wir die wort des gesatz vleyssig ansehen, befinden wir, das die bild hie änderst nit vorboten werden tzu schnitzen oder tzu machen, tzu ehren oder antzubeten, dann in der gestalt, wie sie die irrsame heidenschafft erdacht hat, nämlich für lebendige goet, hec' Beda. Auß welchem volget, das nit papisten, wie Carolstat auff uns lewgt", sonder ehr und anndern ketzer schlubfwinckel suchen und der schrifft gewalt thund, machen schwartz daz do weyß, boß daz gut ist. Carolstat: Nhun wil ich beweyßen, das Christen bekennen müssen, daz sie yren ölgotzen eheren geben, ursach das sie vor inen (von wege der vorstorben heyligen menschen) sich krumen und biegen, damit wil ich vestiglich beschliessen, das sie den bilden ehere ertzeygen. Dann wan ich einem marschalck ehere gebenn teht vonn wegenn seines fursten, so ehere ich yhn unnd seynen furstenn. 42 Emßer: Dise beweysung hinckt an beidenn seyte, dann gleych wie dem marschalck solich ehr nit geschieht pro subiecto, als Hansen, Petern etc., sonder pro formali, das ist darumb, das er des fursten marschalck ist, sust wurd im villeycht solch ehere nit ertzeigt, also thun wir ouch den bildern die reverentz nit von wegen der materien als steyn, holtz, gold oder silber, sonder von wegen der gestalt und bildung v der jhenen, die sie uns antzeigen, sust blib holtz, steyn und ander materien von uns wol ungehrt. Das ist aber nit sund noch vorboten, dann alle die ehr, die man thut dem bild (wie der grosse Basilius 43 saget), die wirt transferit w und tzugemessen dem exemplar, so das bild antzeigt. So spricht Damascenus 44 libro 4 Ortdoxae fidei, capite de imaginibus, offt und dick, so wir sunst unsers herren nit gedechtenn, begibt sich, das wir ein crucifix vor uns sehen, fallen nider und beten an, nit das holtz oder materien, sonder den jhenen, der dareyn gebildet und formirt ist, gleych wie wir ouch nit anbeten das bapyr oder ander materien, darauff das heilig ewangelium geschriben ist. Dann was wer das creutz (wan Christus nit daran figuritx wer) änderst dan ein ander holtz? Alßo beten wir ouch an das bild der heiligen junckfrawen Marien, nit von wegen der materien, sondere von wegenn irer gestalt. Dann alle die ehr, die ir geschieht, richtety ouch tzu ehren dem, der auß ir geborn ist, hec

r) als diejenigen, die s) eherne t) so weit bildung w) Druck B korrigiert: transferirt y) Druck B korrigiert: reichet 21

Reformation

u) lügnerisch deutet v) Abx) Druck B korrigiert: figurirt

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Damascenus. Das aber Carolstat hie beschlewsset, wann ich ein bild ehr von Gotes oder seyner heiligen wegen, so ehr ichs doch warhafftiglich, das Got vorboten hat, ist falsch und erlogen, dann Got hat nit alle bilder tzu ehren vorboten, sonder aleyn der abgotter bilder, wie oben auß Beda bewert und von den obgenanten christenlichen concilien mhermaln gelawtert z ist. Carolstat: Nhu wil ich ferner fragen, ist das eine kleine ehere, das wir bilder heiligen nennen? 45 Emßer: Der arme vorgessen theologus Carolstat gedenckt nit oder hat fulleycht nit geleßen, das der heilig Augustinus solch einfeltig red des volcks, wolches die bild heiligen nennet und doch nit für heilig helt, entschuldiget lib. 2 ad Simplicianum versus finem 46 , alßo sprechende: Wir pflegen den bilden der jhenen namen tzu geben, die sie uns antzeigen, dann wie konden wir ein gemalten menschen anders nennen, dann ein menschen. Also so wir ein gemalte historien vor uns sehen, sprechen wir, das ist Hector, daz ist Achilles, hie ligt Rhom, hie ligt Troja etc., so es doch nichtzit dann gemalte bild und figuren seyn. Alßo wiewol cherubin hymelische geyst und potestaten seyn, noch nennet man ire bild, so Moyses und Salomon auß metall haben giessen lassen, ouch cherubin, alßo sagt die schlifft 1. Reg. 7 [= 2. Sam. 7, 18]: Der konig David ist eingegangen und gesessen für den herren, nicht das der herr leyplich do gewest wer, sonder das David tzu der archen des herren gesessenn was, hec Augustinus. Darumb so schadet nit, das wir die bilder heiligen nennen, wann wir sie aleyn nit für heiligen halten, wie ich dann glaub, das keyn christenmensch so gar grob odet unverstendig sey, das er die bild für heiligen halt oder anbete, und ob man ein solchen einfeltigen funde, so ubertregt doch solich und dergleychen irthumb der einfeltigen, die nit grossen schaden bringen mögen, die gutige muter, die christenlich kirch, in irer muterlichen schoß, gleych wie der jhenen, die so sie hören, das Got hymel und erd geschaffen, nicht änderst bey inen gedencken, dann das er die mit seynen henden gleych wie ein hantwercksman ein instrument gemacht hab, wie daz aber Augustinus lib. Confessionum 1247 gar seuberlich erclert hat, cuius hec sunt verba. Alii enim cum hec verba legunt vel audiunt, cogitant Deum quasi hominem novo ac repentino quodam placito extra seipsum locis tanquam distantibus fecisse celum et terram. In quibus adhuc parvulis dum isto humillimo genere verborum tanquam materno sinu eorum gestatur infirmitas salubriter edificatur fides etc. Hec Augustinus. Carolstat: Ferner, keyner kan vorneynen, dann das ein grosse ehr ist, auff den altaren tzu stehen. 48 Emßer: Wir Christen vorneynen nicht, das wir der üben heiligenn bild umb ehr und nit umb schänden willen auff die altar gesteh haben. Carolstat hat aber noch nye beweyßt, das solch ehrerbitung sund oder wider Got sey. Dann wie oben gesagt ist, kan Got die lieben heiligen bey im in dem hymel erdulden, so kan er ungezweyvelt ire bilder neben seynem bild, das

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noch vil geringer ist, ouch wol erleyden. Das aber Carolstat sagt, die altata seyn darumb gemacht, das mann Got aleyn darauff anruffen und opfern soll, wie Noe, Jacob, Moyses und die andern ire altar aleyn Got gebawt haben 49 , das ist uns Christen gar nichtzit entgegen. Dann was wir auff den altaren opfern, handeln, meßleßen oder anders außrichten, geschichet alles Got furnehmlich tzu ewigem lob unnd danck, und so man schon spricht, das ist Sant Annen altar, das Sant Lorentzen etc., so werden doch die altar eigentlich nit den selbigen heiligen, sonder in ir gedechtnis und namen Got dem almechtigen auffgericht, der nit ein eyferer ist gegen den seynen, sonder gegen den frombden, als der tewfel ist, den er wider auff dem altar noch sunst bey im erleyden kan. Carolstat: Gregorius, der bapst, hat seiner bebstlicher artt nit vergessen und den bildern die eher geben, die Got seinem wort geben hat, und spricht, das bildnis der leyhen bucher seind. 50 Emßer: Mich vorwundert, was Carolstat den heiligen Gregorium tzeyhe b , so doch Basilius 51 , Athanasius 52 , Eusebius 53 , Damascenus 54 , Augustinus und ander dergleychen etzlich hundert jar ehe, dann Gregorius geborn worden, geschriben haben und ein gemeyn Sprichwort bey allen geleiten ist, quod scriptura est pictura loquens, pictura vero scriptura tacens, que etiam a grecis zographia idest viva scriptura appellata est. 55 Die wort des heiligen vaters Damasceni lawten also: Wie wol Got in seynenn gotlichen wesen nymant entwerffen oder bilden kan, nicht desweniger nachdem Got uns, nit wie Abrahe aleyn in gestalt eins menschen, sonder als ein warhafftiger mensch, der substantz unnd natur nach, auff erden entschinnen 0 (alls er auch mirackel gewurckt und gelitten hat), gecreutziget, gestorben, begraben und wideraufferstanden ist, welche ding alle uns tzu gedechtnis und ler in schrifft verfasset sint, und aber nit eyn yeder schreyben oder leßen kan oder allweg mussig ist tzu leßen, haben unsere vatter nachgelassen, das man solchs den selben durch gemalte oder geschnitzte bild furhalten und tzu gedechtnis füren mag, nicht aleyn das bild Christi, sonder ouch seyner werden muter Marie und der anndern lieben heiligen, hec Damascenus prefato capite de imaginibus 56 . Derhalben so bleybt der heilig Gregorius wol bey seynen worten. Das ine aber Carolstat spotlich fraget und spricht: Sag mir doch, liber Gregori, was doch die leyen gutes auß den bilden lemn konnenn? Also frag ich Carolstaten widerumb, was doch er und seyn gesellen gutes auß den buchern gelernet haben? Oder was der buchstab mher konde, dann als ein tzeichen was tzu bedewten und antzutzeigen? Weichs ouch die bild thonn, auß welchem volget, das nit aleyn die bild, sonder ouch die bucher unß nit weyter antzeygen, dann daz fleyßchlich leyden Christi, und weder bild noch buchstab, sonder aleynn der geyst, wie Paulus sagt [2. Kor. 3, 6], lebendig macht. Tzum andern volget, das der heilig Gregorius Moysi, Christo und Paulo nichtzit entgegen gewest, dann es ist gleych ein sach, darumb Moises, Christus und Paulus die geleiten an die bucher und Gregorius

a) Druck B korrigiert: altar 21*

b) zeiht, beschuldigt

c) erschienen

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die ungelerten an die bilder geweyst haben unnd ligt nit macht daran, wir lernenn das worl und willen Gots auß buchern oder auß bilden, de similibus enim idem est iuditium. Darumb so hat Carolstat Sant Gregorium hie unbillich und vormessenlich gestrafft und mag sich wol besorgenn, daz er mit der tzeyt nit wider gestrafft werd, dann es gar ein alt Sprichwort ist, das nit gut mit den heylegen tzu schimpfen sey 57 . Die drey auctoritet Pauli, I. Cor. 5 [11] et deinde 10 eiusdem epistole capite [1. Kor. 10, 7. 14] et Gal. 5 [20], tzihet Carolstat feischlich auff unsere bilder, dann Sant Paul an disen dreyen orten nicht vonn bilden, sonder von dem dinst der abgoet geredt hat, wie der text clerlich mitbringet. Carolstat: Ich wil dir dein hertz, o pfaff, o monch, bald ruren unnd beschliessen d , dastu an den bildern klebst unnd hast ein warhafftigen abtgot an dem bild, daz menschen hende gemacht haben. 58 Emßer: Wann du das nit bestendiglicher 6 schlissen kanst, dann bisher geschehen, so mögen uns deyne blutrören keyn kampffwunden machen. Ich wil aber dir, o Carolstat, mit kurtzen Worten schlissen und beweysen, das du selber ein olgetz und anbeter bist der abgotter, dann ein yeder ketzer so offt er im selbs ein nawe opinion f erdicht und sie für besser halt, dann die 1er der christenlichen kirchen, so offt macht er im ein abgot in seynem hertzen, wolchen er dann schnitzt oder malet, wann er seyn opinion durch schrifft an tag gibt, und dann anbettet, wan er darüber helt8, als wer es das ewangelium. Baruch primo [1, 22], wir seyen gegangen ein itzlicher nach dem synne seynes boßhafftigen hertzen im selber frombde goter tzu machen, wollches die christenlichen lerer ad litteram von den ketzern außlegen. Omnia enim que de Judeis Christum negantibus in scripturis reperiuntur, eadem etiam de hereticis Christum relinquentibus dici possunt, auctor est Hieronimus super Oseam Erasmo Tomo sexto folio quarto g. 59 Carolstat: Itzo solstu entlich ouch das eynnhemen h , das ich gar nicht raten kan, das sich die todkrancken an geschnitzte oder gemalte crucifix halten, ursach das sie tzu nicht dienenn unnd können den kranckenn weyter nit bringen, dann an das fleischlich leyden Christi. 60 Emßer: Dißen nerrischen und ketzerischen rat wider den brauch der gantzen christenheyt vormeint Carolstat erstlich tzu gründen mit dem wort Christi, Joannis 6 [63]: Das fleisch ist nicht nutz, welches der heilig Augustinus in libro de doctrina Christiana 61 verantwurt und spricht, das das fleisch aleyn und ane den geyst nicht nutz sey. Es thut aber dannocht so vil tzur sach, daz auß dem fleischlichen ansehen daz gemut erweckt und vortzuckt wirt in ein geistlich betrachtung des bittern leydens Jesu Christi. Dieweil dann vil an diser sach gelegen, nit aleyn den krancken, sonder ouch den gesunden, soll mich nit vordriessen tzu schreyben, wo der leßer nit vordrieß hat tzu hören, was der heilig Augustinus in diesem fall geraten

d) schlußfolgern richtet, daran hält

e) beweiskräftiger f) Auffassung, Lehre h) zu Herzen nehmen

g) sich danach

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und wie er ein todtkranck bruder getrost hat libro secundo de visitatione infirmorum cap. 2 6 2 under ander worten also lawtende: Allerlibster bruder, vor allen dingen so halt dich vhest an den glauben, on welchen Got nymandt behagenn mag, und tzuvorauß sint etzliche ding, als nämlich die erwirdigen sacrament, die heilig dreyvaltikeit unnd ander Sachen, in wolchen wir Got aleyn glauben unnd nit vil davon reden oder disputirn müssen, dann sie uns tzu hoch. Daneben sint ouch etzliche ding seynem eyngebornen son unsern lieben herrenn Jesum belangend, die uns etwas neher vorwandt, gemeyner und begreyflicher seyn, und tzu vorauß, so ist eynem sterbenden menschen ein grosse frawd tzu hören, das Christus mensch und das wort Gottes fleysch worden ist, tzu diser menscheit Christi wollest du keren die ougenn deynes gemuts, tzu welcher sich gekert haben mit grossem vorlangen alle liben alten veter, welchen wol bewust was, das die weit änderst nit erloßt werden mocht, dann durch die menscheyt Christi. Ja, es ist keyn ander nham in himel und auff erd, darinn wir selig werden mögen, dann der nam Jesu. Die seligmachung ist auß der gotheit, die erlosung auß der menscheit. Ist dir die gotheit tzu hoch, so halt dich ann die menscheyt. Das du bist, das ist ouch Jesus, nämlich ein mensch, deyn erloßer, deyn furbiter unnd mitler bey Got dem vater, für dich gestorben, wider aufferstanden unnd gen hymel gefaren, darumb das du im solt nachfaren und ewiglich mit im leben. Das soltu vestiglich glauben und mit deynem mund kunlich bekennen etc. Et infra ex capite tertio 63 : Und wiewol dir solichs gnug wer tzu der selikeit, noch dann so seyn ouch etzliche außwendige tzeichen, die solchen glauben in uns erwecken und uns unser hertz beruren tzu andacht, welche ding christenliche Ordnung ervordert und die frund ein tröste oder gute hoffnung davon empfahen, als nämlich das tzeichen des bittern leyden Jesu, welches die Christen nennen ein crucifix, darumb das ein figur eins leydenden menschen auff eynem crewtz geschnitzt oder gemalt ist, dadurch der sterbende mensch an das leyden Christi erinnert wirt. Dasselbig tzeychenn solt du demutiglich umbgreiffen und andechtiglichen ehren und dobey an Got gedencken, dann wie wol dis hultzin tzeichin weder ein Got noch ein mensch ist, so erinnert es dich doch an den, der warhafftig Got und mensch ist, dir tzu fromen und uns andern tzu eynem gutenn trost deyner selikeyt. Hec Augustinus et his similia. Secht ir werden Tewtschen, wie es nit ein nawe sonder gar ein alte christenliche ubung und ordenung ist, das man den sterbenden menschen das crucifix in die hand gibt oder furhelt, damit sie des leyden Christi nit vorgessen. Dann es sint nit allwegen lewt vorhanden, die eym das ewangelium furlesen können, und ob man eynem schon alle vier ewangelia furleße, ßo sagen sie doch ouch alle vier aleyn vonn dem fleischlichen leyden Christi, wie Christus verraten, gefangen, furgefurt, verspot, verurteilt, an das crewtz geschlagen ist und für uns armen sunder seyn geyst daran auffgegeben hat, was blawdert dann der arme mensch Carolstat, oder wer hat im disen rat eyngegeben änderst dann der boße geist, tzu vorhinderung der menschen selikeyt? Die sust in iren letsten noten so vil anfechtung und gedancken haben, von wegen irer kranckheyt, von wegen irer sund, von

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wegen der frund, von wegen der tzeytlichen guter und ander Sachen, das nit ein wunder wer, das sie Gotes und aller seyner heiligen vorgessen, wo sie nit durch außwendge tzeichen unnd annder ermanungen an Got erinnert wurden. Carolstat: Für das ander sag ich, das bilder in gemeyn vorboten unnd propheten wider bildnis geprediget haben, Abacuk 2 [Hab. 2, 19] spricht Got: Whe dem, der tzu dem holtz spricht, wach auff etc. 64 Emßer: Diser und ander propheten vorbieten die bilder nit weyter, dann sie Got selber vorboten hat, nämlich das man sie nit für Goet anruffen oder ennicherley trosts oder hoffnung in sie setzen sali. Darumb sie Abacuck hie stumme bilder nennet. Nu mögen unsere bilder nit stum genent werden, dann sie tzu reden nye geschickt gewest, privatio autem presupponit habitum. Also redet ouch der prophet Micheas quinto [Micha 5, 12. 13] aleyn von den bilden der abgoet, darumb er dann, so er von den bilden anfahet tzu reden, tzuvor saget: Ich will abthon deyne malefitz hendel und warsagungen [Micha 5, 11], welchs von unsern bildern, die wir nit halten, das sie uns warsagen sollen, in keynen weg vorstanden werden mag. Carolstat: Für das vierd muß ich den gregorischen 1 bischoffs Epipha65 nii ratJ furwerffenn k , welcher vortzeytenn Jeronymi ein thuch auß der kirchen genomenn hat, darumb das ein bild eynes heiligen oder gecrewtzigen Christi wider vorbot der schrifften dareyn gemalt was. 66 Emßer: Das hat nit aleyn gethan Epiphanius, sonder ouch Serenus 67 , der bischoff auß Massilien, welchen der heilig Gregorius darumb strafft, wie wir lesen in seynem register lib. 7, cap. centesimo nono, et receptum est in canone Perlatum, de conse. di. 3. 68 Dise beid werden aber enschuldiget, das der bilder sach und die schrifft, so von bildern sagt, dotzumal noch durch keyn concilium gehandelt, gelewtert unnd geortert worden war, wie in gleychen fall ouch Ciprianus 69 , Donatus 70 und etzlich ander bischoff die lewt under zweyerley gestalt communicirt haben, ehe dann die Christenliehe kirch die Ordnung, deren wir uns itzo gebrauchen, auffgesatzt 1 hat. Nachdem aber Carolstat ouch gar ein ketzerlichs buch von zweyerley gestalt des hochwirdigen sacraments außgehn lassen 71 , wider welchs ich langest geschriben het, wo ich nit durch kranckeyt vorhindert und daneben ouch vorstendiget worden wer, das meyn allerlibster herr und großgunstiger frund, der hochgelert und erwirdig doctor Joan Cocleus 72 , dechant unser üben frawen stifft tzu Franckfurt am Monn, die selbigen materien tzu vortretten furgenomen. Nicht dester weniger, dieweyl ich nit änderst weyß, dann daz derselbig doctor lateynisch schreyb oder bereit geschriben hab und aber dise ketzerey in umbligenden landen ser überhand nhemet"1, dartzu die österliche tzeyt nit weyt von dannen 73 , will ich dem armen irrenden volck die christenlichen warheyt dis orts ouch nit bergen unnd aleyn ein

i) d. h. den Anhängern Gregors, die Karlstadt ablehnt j) bei Karlstadt steht: tat k) vorhalten 1) Druck B fügt hinzu: und die schrifft gelawtert m) Druck B hat: nympt

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kleyne underricht hierinn geben, damit ir hertz tzu friden gesteh und sie sich tzu dem hochwirdigen sacrament christenlicher Ordnung nach dester fruchtlicher schicken mögen. Der gantze krieg diser sachen hanget mherenteils an den worten Joannis 6 [53]: Es sey dann, das ir essen meyn fleysch und trincken meyn blut, so werdet ir nit haben daz leben etc., welche wort die ketzer irem eigen kopff nach dewten und der christenlichen kirchen außlegung nit annhemen wollen. So doch Christus hie weder von eynerley noch zweyerley gestalt geredt hat und durch dise wort nymant tzu dem sacrament gezwungen wirt, welchs nit in der gestalt fleisch und blut, sonder weyn und brot auffgesetzt worden ist. Nu finden wir, das Christus von dem brot an zwelff orten im ewangelio geredt hat und von dem weyn nit mher dann ein mal. So finden wir ouch, das er dem gemeynen volck das brot vil malen gebenedeyt", gebrocken 0 und gegeben hat, als zweymal in der wustnis, item den zweyen jungernn tzu Emauß und an andern orten, aber den weyn hat er nymant gebenedeyet und gegeben, dann den zwelff aposteln, do er seyn tzarten fronleychnam under dise beidt gestalt des weyns und des brotes vorwandelt unnd dis hochwirdige sacrament auffgesatzt hat. Item so lesen wir von keynem apostel, der das gemeyn volck under beiderley gestalt communicirt het, außgenomen was Paulus tzu den Corinthiern schreybet [1. Kor. 10, 16; 11, 25. 26], deren weyß er ouch selber nit ser lobet und spricht, wann er tzu inen kom, woll er etzliche ding p andern und in ein besser Ordnung stellen [l.Kor. 11, 27ff. 34]. Sust wo die heiligen zwelff boten und die andern Christen beyenander versamelt gewest, haben sie inenn aleyn das brot gebenedeyt, gebrochen und gereicht, wie wir leßen in Actibus Apostolorum in vil capiteln. Zum andern so ist ouch von den jhenen, die an itzlichen enden under zweyerley gestalt communicirt haben, durch teglich ubung erfaren, das es ferlich und das rosenfarb blut Christi q offt und dick vorgossen, im winter gefroren, im sommer schymlig oder tzu essig worden ist, welches dem heiligen sacrament gar ein grosse unehr geweßt. Dieweyl dann der konig Etzechias die orin schlangen, die Got ouch selber tzu machen und antzusehen geboten, ane sund widerumb tzubrochen hat, aleyn umb dis mißbrauchs willen der Juden, wie wir lesen d. 63, c. Quia sancta, paragrapho Verum 74 , warumb wolt dann die christenliche kirch nit ouch macht haben, die eine gestalt, bey der so vil ferlikeit und mißbrauch befunden, ouch widerumb abtzuthon. Oder wie vil hab ich disser stuck ertzelt in meyner quadruplica 75 , die Got selber auffgesetzt und die christenlich kirch nachmaln auß redlichenn Ursachen und eyngebung des heyligen geistes geändert hat? Zum dritten, so ist ouch grosse ketzerey darauß erwachsenn und der ketzer Nestorius 76 öffentlich gelert und geschriben, daz under der gestalt des brots aleyn der leychnam Christi onn das blut und under dem kelch aleyn das blut on den leichnam vorwandelt wer, auß welchem nit aleyn der

n) gesegnet o) Druck B korrigiert: gebrochen p) Druck B hat anstelle etzliche ding: gemelt ir weysz q) d. h. der Messwein

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bapst, sonder die gantze christenliche kirch vorursacht worden, dise sach ouch tzu ortern, und haben derhalben (tzu eynem tzeichen eines vhesten glaubens, das under ytzweder gestalt, nämlich dem kelch und der ostienr, Christus gantz volkomen sey mit fleisch und blut, leyb und sei, der menscheit und der gotheit) vorordent, daz nit aleyn die leyen, sonder ouch die priester (ausserhalben der heiligen messen) sich an einer gestalt benugen laßen sollen, darinnen sie Christum so volkomenlichen empfhahen, als ob sie alle beide gestalt genomen hetten 77 . Das aber Carolstat in seynem ketzerischen buch von beiden gestaltten sagt, es seyn zwey tzeychen, derhalben müssen sie ouch zwey ding bedeuten 78 , ist nit von noten. Dann der bornende s busch Mosi [2. Mose 3, 2], die bluende rut Aaron [4. Mose 17, 23] und daz bethowet feil Gedeonis [Rieht. 6, 37—40] sint dreyerley tzeichen, noch1 bedewten sie aleyn ein ding, nämlich die junckfrawliche geburt Marie on alle menliche fewetigkeyt, vorruckung oder tzorstorung ires jungfrawliches leybs. Das er ouch nit aleyn dem bapst oder die hohen schulen, sonder ouch alle stend des reichs und die gantzen christenlichen kirchen lugen strafft und dem volck eynbildet, sie sollen weder bapst, keyßer noch fursten oder ire concilien ansehen, sonder der schlifft nachvolgen, unnd nit mher von der gestalt des brots oder weyns, sonder aleyn von brot und wein reden, ist nit tzu vormuten, das diser vorgessen mensch, der seyn hyrn und gedechtnis, wie er selb bekennet, in eyner aderlaß vorloren hat 79 , die schrifft bas vorstehen, urteiln oder richten sollte, dann so vil heyliger, hochgelerter und treffenlicher menner, geistlich und weltlich, die disen artickel nach der leng und breit vil maln gehandelt haben. Es ist ouch in keynen weg tzu glauben, das Christus seyn geübten brawt die heiligen christenlichenn kirchen in ein solichen schweren irthumb fallen oder so lang und vil lewt darinn hette verderben lasszen, wo es unrecht oder sund wer. Dieweyl ich aber on allen zweivel bin, das der vorgenant hochgelerte herr und doctor Joann Cocleus disen artickel grundtlich und meisterlich handeln und vorlegen werd, will ich hie nit weyter davon sagen, dann das ich alle fromenn christenhertzen getrewlich ermanet haben will, das sie sich in keyn weg von der muter der christenlichen kirchen abweysen lassen, sonder glouben unnd halten aleyn, was die selbig gloubt und halt, so lang bis sie von unsern christenlichen lerern der sach besser grund und underricht empfahen mögen, dann ich so vil weiß, das von diser materien nit eyns sonder vil bucher geschriben werden und bereit auff der ban seyn 80 . Darumb so stehet vhest, ir allerlibsten bruder und schwestern in Christo, und laßt euch dise pickhardische ketzer nit verfuren, dann wir wollen euch so vil glaubhafftigen scheyns vorbringen, das ir die warheyt nit aleyn mit den ougen sehen, sonder ouch mit den henden greyffen sollt. Zu Epiphanii und Sereni handlung 81 mit den bildenn (damit ich wider ad propositum kom) antwurten die heiligen" lerer, per zelum quidem ha-

r) Druck B hat: hostien heyligen

s) brennende

t) dennoch

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buerunt, sed non secundum scientiam, das ist so vil, das ir meynung wol gut gewest ist, es hat in aber gefeit an der kunst, das sie die schlifft nit recht angesehen oder eyngenomen haben, wie die nachmals vonn den christenlichen kirchen erclert, und gelewtert worden ist. Carolstat: Die schlifft spricht klar auß das Got bilder hasset und neydet, welche die papisten bucher heyssen. Et infra und Esaias spricht XLII [Jes. 42, 17]: Sie sollen mit schänden geschmecht" werden, die den bilden vortrawen. 82 Emßer: Got hasset nit unsere bilder, durch die er geeret, sonder die bild der abgoter, durch die er vorschmehet wirt, und das es war sey, so hat der prophet Ysaias dem obgenanten spruch, nämlich sie sollen mit schänden geschmehett werden etc., dise clausel angehangen, nämlich die do sagen tzu den bildern, ir seyt unsere goet, welchs wir christenn tzu unsern bildern nit sprechen und Carolstat feischlich vorborgen und in der feder behalten hat. Carolstat: Sihe, Got ließ ein bild machen eines brandes oder schlangen, Numeri 20 [= 4. Mose 21, 8. 9]. Et infra, das bild gab Got selber und was nit von menschlichem hyrn auffgericht, yedoch lobet die schlifft den konig Ezechiam 4. Reg. 18 [2. Kön. 18, 3. 4], daz er die selbigen abthet. 83 Emßer: Joannes Theutonici in seyner glos in dem obgenanten canon Quia sancta, paragrapho Verum, dist. 63 84 vorantworten dis argument also: Das die ursach, darumb Got dise schlangen hab lassen auffrichten, tzeytlich gewest sey, das ist so lang die Juden von den schlangen gebissen worden, und do die selbige plag auffgehort, sey ouch daz bild nit mher von noten gewest und habe wol ane sund mögen tzubrochen werden. Aber die ursach unser bilder sey ewig, dann dyeweyl die weit stehet, seyen wir schuldig Got tzu ehren und antzubethen, daran uns die bild erinnern, darumb man sie nit abthon noch tzubrechen soll. Aber rabi Moisés saget, daz die Juden umb der wolthat willen der schlangen, von der sie gesund wurden, sie gleych wie das kalb für ein Got gehalten und ir gotlich ehr ertzeiget, darumb sie Ezechias sampt andern abgoetischen bilden getilckt und tzurbrochen hab, welche ursach ouch der heilig bapst Stephanus furwendet in predicto canone Quia sancta 85 , derhalben so laßt es sich nit schliessen, daz wir darumb unsere bilder ouch tzerbrechen sollen, dieweyl wir sie für keyne abgoet halten oder anbeten. Carolstat: Unsere bilder habenn keyn ursprung vonn Got, ja sie sint vonn Got verbotten etc. 86 Emßer: Das sie nit vorboten sein, ist oben gnugsam beweyßt, das sie aber keyn ursprung von Got haben, das was ouch etwan der Arrianer 87 argument, welche die maier vorachteten, das sie Got den vater in eynem grawen bart maleten wie ein alten mann, so doch nit der vater, sonnder aleyn der son in menschlicher gestalt erschinnen wer, welchen der heilig Athanasius antwurt in libro responsionum ad obiecta Arriana ad Luciferum episcopum 88 unnd spricht, das die maier solchs genomen haben auß dem

v) geschmäht

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prophetenn Daniele, dem Got der vater dermassen erschinen sey Danielis 7, do also geschoben stehet: Ich sähe so lang tzu, bis das die stul gesetzt wurden und der alt betagte greyß sich nidersetzet, seyn kleid was weyß wie der schnee und seyn har gleych als ein reine wolle [Dan. 7, 9]. Et infra: Unnd ich sähe in eynem gesicht der nacht eynen kommen, gleych als den son des menschen, und er ist komen bis tzu dem alten greyßen, der hat im gegeben gewalt unnd ehr unnd das reych etc. [Dan. 7, 13. 14], auß welchem die christenlich kirch und ire maier ein guten grund und ursprung haben, den vater als ein alten und den son als ein jungen tzu malen, hec Athanasius. Wie darff dann Carolstat sagen, das die bild keyn ursprung von Got haben? Carolstat: Das solt ir bild fresser eben mercken, das Got aleyn alle hilff thut, und keyner mit im oder neben im. 89 Emßer: Wer hat ye änderst vorstanden, gelert oder geschriben, dann das Got aleyn gibt gnad, hilff, trost, heil und selikeit? Wie David sagt Psalmo 83 [ - Ps. 84, 12]: Gratiam et gloriam dabit dominus, et Psalmo CXX [= Ps. 121, 2]: Auxilium meum a domino qui fecit celum et terram, Got ist aleyn der born w , auß welchem entspringt und fleußt alles gut in hymel und auff erden. Damit" wirdest du aber nit schliessen, das wir der liben heiligen furbit und hilff daneben mit der christenlichenn kirchen nit ouch sollen ansuchen und sprechen: Sancte Petre oder Sancte Paule ora pro nobis. Dann wiewol Got alle ding für sich selbs on alle mittel und mhue thon und wircken mocht, so will er yedoch und hat es also vorordnet, das die geschaffen naturlichen creffit unnd creaturen mitwircken sollen. Got mocht wol alle menschen gleych wie Adamen auß erdenn und auß nichtzit schaffen, noch wil er daz solichs geistliche y durch die sonnen und naturlichen geburt, wie Aristoteles saget: Homo et sol generat hominem 90 . Got mochte ouch uns gleych so wol beschutzenn unnd bewaren, alß er uns geschaffen, noch hat er eynem ytzlichen menschen einen sondern engel tzugegeben, der ine beschirmen und im dinen soll. Also wiewol Got der urspringliche born und quell ist aller unser hilff, so will er doch, das nach der Ordnung seyner gotlichen weyßheit wir alß die nydersten sollen gefurt werden und komen tzu im als tzu dem obersten durch soliche mittel, das ist durch vordinst un furbit der liben heiligen, das leret uns nit aleyn die natur, sonder ouch die schlifft, Luce 16 [9]: Macht euch frund von den gutern der boßheit etc. Damit Got uns antzeigen wollen die majestat seyner gewalt unnd großmechtikeit seyner glorien, das er soliche starcke und mechtige diner hat, welche genant werden virtutes et potestates unnd er dominus exercituum, das ist ein herr des gantzen hymelischenn hores. Wolches alles Got an seyner gotheit keyn nachteil oder abbrach ist, sonder mher ein ehr, gleych wie ein fürst, der auff ein reychstag eyntzihet, ye mher er costlicher unnd wolgeschmuckter diner nach im reytten hat, ye mechtiger und grosser er geacht wirt. Darumb so gibt uns Got offt ein gab durch furbit der liben heiligen, die uns sust nit widerfure, und ist ein son-

w) Brunnen, die Quelle

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derliche gnad von Got, daz wir tzuflucht und andacht haben tzu disem oder jhenen heiligen, um das er Got geliebet, derhalben in auch Got dermassen geert hat. Es ist ouch an z allen zweyvel, das vil menschen selig werden durch furbit der liben heiligen, die sust nymmer mher selig wurden 3 , wie das beweyset der heilige Augustinus de civitate dei, libro 21, cap. 27 91 . Also bleybet einn born aller gnad und hiff b und flußt doch durch die lieplichen beche und mittel der gemeynschafft der heiligen, wolche gotliche Ordnung die ketzer als vorblendt und vorstockte lewt nit sehen oder mercken können, darumb sie der liben heiligen ehr, gedechtnis und bildern also hefftiglich widerstreben, wolche wir doch also thun c , das Got an seyn gotlichen ehren nicht aleyn nichtzit abgebrochen wirt, sonder mher tzugehet. Carolstat: Du wilt den heiligen ehr thon in bildern, und gleych died ehr, das sie in irem leben geflohen haben und vorboten. 92 Emßer: Paulus, Barnabas 93 und die andern apostel, dergleychen der enngel Apocalypsis 20 [Offb. 20, 1—3], von wolchem Carolstat hie sagt 94 , haben aleyn vorboten und geflohen, das mann ine gotlich ehr ertzeygen und sie für goet anbeten wolt, wie der heilig Augustinus handelt contra Faustum, lib. 20, capite 21 95 und der text Actuum 14 [Apg. 14, 15] und Apocalypsis 19 et 20 [Offb. 19, 10. 20; 20, 4. 5. 10] clerlich mitbringet. Nu eheren wir Christen die heiligen nit als goet, sonder als frunde Gotes, wie oben gesagt ist, unnd wie wir ouch, als Augustinus spricht, etzliche lebende frommen menschen ehren, derhalben uns Carolstat hie feischlich schuldiget, das wir das thuen, das die liben heyligen vorboten haben. Das er aber Sant Peters spruch von dem namen Jesu, in welchem wir aleyn selig werden [Apg. 4, 12], hie hertzihen will 96 , reymet sich gar nicht, dann wir nit von namen, sonder vonn bildern disputiren, unnd hat unser keyner nye gesagt noch geschriben, das uns die bilder selig machen. Carolstat: Was wiltu aber tzu dem bachanten verß sagen Christofere 97 sancte virtutes sint tibi tante etc. 98 Emßer: Es ist möglich, daz der, so dise verß gemacht, ein besser Christ und dartzu gelerter geweßt sey, dann eben Carolstat. Dann es schreybt der heilige Cyrillus 99 ad Augustinum epistola ducentesima sexta de miraculis beati Jeronimi für ein gantze warheit e , das ein monch Sant Jeronymus bild in seyner cellen gehabt, dem er teglich, wann er das angesehn, nach alter gewonheit sich bevolhen und geneigt hab, welchs bild ine darnach, als er des nachts heymlich auß dem closter der buberey nachlouffen wollen, drey nacht wunderbarlich vorhindert, so lang bis er auß eyngebung des tewfels gemelt bild hinweg gerissen hab. Warumb solten wir dann Sant Christoffels oder der andern liben heiligen bilder nit gern ansehen und uns ir furbit bey Got so tag so nacht konlich f trostenn, die iren dinern offt sichtiglich entschinen 8 und tzu hilff komen seyn, wie ich in

z) ohne a) in Druck B fehlt: die sust nymmer mher selig wurden b) Druck B korrigiert: hilff c) Druck B korrigiert: alszo ehren thun d) gerade diejenige e) d. h. gibt als volle Wahrheit aus f) kühn, zuversichtlich g) erschienen

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meynem orsten buch wider Luters reformation 100 mancherley glaubwirdige historien darvon geschriben hab und alle legenden der liben heiligen vol seyn. Carolstat: Du solst von des ergemiß wegen im glawben raten, das alle bilder tzu dem tewfel geschlept weren. 101 Emßer: Solte alles, daz ergernis gebet, tzum tewffel geschlept werden, so muste der tewfel Carolstaten unnd Lutern lang h in abgrund der hell gesturtzt, die so vil ergernis unnd so manig from christenlich hertz irrig und wanckend im glauben gemacht haben. Ja, es mochte ouch das heilig ewangelium der hei nit wol entfliechen, darumb das so vil ergernis unnd ketzerey darauß entsprungen seyn und nachteglich1 entspringen, wie ich in meyner quadruplica 102 clerlich bewert und der heilige alt Symeon gepropheceyet hat ecce positus est hic in ruinam et in resurrectionem multorum in Israhel, Luce II [Luk. 2, 34]. Darumb so muß man ein ding nit so bald verwerffen, das etzlich bosz oder nerrisch lewt dasselbig mißbrauchen oder ergerniß darauß nhemen, dann gleich wie auß allen krewtern die byn das honig und die spynne das gyfft sawget, alßo ist keyn ding auff erden so gut, das die bösen nit vorkeren unnd mißbrauchen, aber den reynen seyn alle ding reyn, wie der apostel saget Ti. I [Tit. 1, 15]. Carolstat: Du must mir ouch tzugeben, das vil leyen dermassen in andern bildern mit trost und hoffnung hangen etc. 103 Emßer: Das gib ich in keynen weg tzu, das die leyen, die do teglich predig hören und in disen und andern feilen guten christenlichen underricht emphahen, so nerrisch seyn, das sie enicherley trosts oder hoffnung in die bild setzen, das sie aber andacht und lib tragen tzu den bildern von wegen der liebenn heiligen, mag innen für keyn abgoterey gedewt werdenn. Also schreybet der heilig Gregorius ad Secundinum lib. quarto decretorum 104 : Wir wissen wol, das du das bild unsers seligmachers nit darumb vonn uns begerest, das du dasselbig für ein Got anbeten wollest, sonder das du durch erinnerung und anschawung desselben dester einbrunstiger werdest in der liebe Christi, gleych wie wir uns ouch vor gemeltem bild nyderlegen, nicht als vor Got, sonder wir beten an den jhenen, welchen uns dise figur antzeigt, und komen also auß den sichtbarlichen dingen tzu den unsichtbaren. Und wie uns seyn bild am crucifix betrübet auß betrachtung seynes leydens, also erfrawen uns die anndern bildern als seyner geburt und aufferstehung von wegen des nutz, den wir darauß enpfangen haben. Derhalbenn so schicken wir dir itzo bey unserm diackerf Dulcidio zweyerley tafeln, eine darinn daz bild unsers seligmachers und seyne werde muter Maria, das ander darinn die zwen apostel Petrus und Paulus entworffen oder gemalet seyn, hec Gregorius. Auß welchem gut abtzunhemen, das uns Sant Gregorius noch die christenlich kirch nit leret, ennicherley trost oder hoffnung in die bild tzu stellen, sonder in Got, und das wir die bild änderst nit anbeten, dann wie die obgenanten christenlichen concilienn nachgelassen und gedewt haben.

h) schon lange

i) Druck B korrigiert: noch teglich

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Carolstat: Sihe du lessest geschehen, daz leyen vor den bildern Sant Pauli, Petri und Barnabe licht antzunden und in opfer für tragen etc. 105 Emßer: Der ketzer Vigilantius 106 schrib und murmelt k ouch wider daz liecht auffstecken, welchem der heylig Jeronymus antwurt in Epistola que incipit multa in orbe monstra 107 und spricht: Dieweyl Got in seynen heiligen geehret wirt, was gehet dir dann ab oder was vorliesest du, das ein frumm mensch einem heiligen tzu ehren ein licht auffsteckt, wiewol ich selber bekenn, das sie das thon auß einfeltiger guter meynung und mochten wol was bessers thon, hec Jeronimus. Wickleff 108 und Huß 109 clageten ouch, das wir dem tag die ougen außbrenneten mit unsern lichtem, aber Eraßmus von Roterdam 110 , wiewol er in seynem christenlichen ritter strafft, daz etzlich durch das liecht auffstecken mher iren eigen nutz suchen, dann der heiligen ehr, als die weyber, die Sant Blasi ein liecht antzunden, das er inen ir schweyn behüte, Sant Apolonien, das sie weyß waschen, und eynem andern, das bier wol gerat und dergleychen, noch dan so vordammet er das licht auffstecken und ander außwendige ceremonien oder opfer nit gar in gemeyn, sonder aleyn den mißbrauch, das man sich au ff dise ewsserliche ding tzu vil verlasset, dadurch die inwendigen geistlichen ding, do uns mher angelegen, underbleyben, dann Got keyn beheglicher1 opffer ist dan ein betrübter geist umb seyne sund. So können wir den lieben heyligen keyn grosser frowd und ehr thon, dann das wir irem heyligen leben vleyssig nachvolgen. Die wort Eraßmi lawten also: Quid igitur faciet Christianus? Negliget ecclesie mandata? Contemnet honestas maiorum traditiones? Damnabit pias consuetudines? Imo si infirmus est, servabit ut necessarias, sin firmus et perfectus, tanto magis observabit, ne sua scientia fratrem offendat infirmum, et occidat eum, pro quo mortuus est Christus. Non damnantur opera corporalia, sed preferuntur ivisibilia"1, non damnatur cultus visibilis, sed non placatur deus nisi cultu invisibili. Et Paulo infra. Tu cereum accensum sacrifitium putas. At David, sacrifitium inquit deo spiritus contribulatus etc., hec Eraßmus. 111 Derhalben wiewol es fulleycht besser wer, daz man gelt, so man umb unnotturfftig wachs gibt, armen durfftigyn lewten geb, nicht des weniger, wo einer so reych, das er on seyn grossen schaden die beide thon mag, den weiß ich nit tzu straffenn, gleych wie ouch der enngel die drey Marien nit strafft, das sie so vil gelts umb salbenn gegeben hetten [Mark. 16, 1; Matth. 28, 5. 6], das doch, dieweyl der herr nit mher im grab, sonder enstanden", vergebens und unnutz was. Carolstat: Bistu du der hochgelert gesell, so bit ich fruntlich, sag mir, ob Petrus, Paulus und Barnabas in eigner person hetten mögen dulden, das wir sie auff altar stellen etc. 112 Emßer: Je mher die liben heiligen die ehr in irem leben geflohen, ye ehrwirdiger sie nach irem tod gehalten werden, wie do geschriben stehet Mathei XV [= Matth. 23, 12]: Ein yeder, der sich selber demutiget, der wirt erhöhet. Ja, Got hat inen vorheyssen, sie nit aleyn auff die altarien,

k) murrte standen

1) angenehmeres

m) Druck B korrigiert: invisibilia

n) aufer-

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sonder ouch über alle seyne guter tzu setzen, Mathei 24 [47]. Dartzu so stellen wir sie nit auff die altarien als goet, sonder als frunde Gotes, wie Sant Paul selber saget: Ir seyt itzo nit frembd oder gest, sonder mitburger der heiligen und Gotes hawßgenossen, Ephe. 2 [19]. Dieweyl sie dann Sant Paul nennet hawßgenossen Gotes, warumb will sie dann Carolstat auß dem hawß Gotes stossen und vortreyben? Carolstat: O wie ubel wirt eß den in tods noten ergehen, die an olgotzen also kleben, die sich vor inen krummen und biegen. 113 Emßer: Wir furchten uns weder im tod noch im leben vor den bildern, die uns weder hilff noch schaden thon mögen, es fiele dann eins auff eynen, wie etwan der alte Got von Schaffhawsen herabgefallen und ein man zu tod geschlagen hat. 114 Aber die jhenen, die uns die bild antzeigen, das ist die üben heiligen, können uns wol beschützen und beystand thon an unserm ende, wie die christenlich kirch singet: Maria mater gratie, mater misericordie tu nos ab hoste protege in hora° mortis suscipe. Carolstat: Nu kum ich tzu dem anfang und nheme Esaiam, welcher spricht, sie seynd tzu nicht nutz, Ysaie 44 [Jes. 44, 10]. Bucher seynnd nutz den leyen p , volget daz bilder keyn bucher seynd der leyen, wider Gregorium und seyn gantze geselschafft. 115 Emßer: Ich bekenne frey, das Carolstat recht wider auff den anfang kommet, dann wie er die schafft im anfang feischlich vorkert hat, also thut er ouch hie. Dann der prophet dise wort nit von unsern bildern, sonder von abgoeten und iren bildern geredt hat, tzu lateyn also [Jes. 44, 9]: Plaste idoli omnes nihil sunt et amantissima eorum non proderunt eis. Et infra [Jes. 44, 10]: Quis formavit deum et sculptile ad nihil utile. Aber tzu setzen und nit tzu bekennen, das dise wort ouch von unsern bildern geredt weren, noch volget nit, wie Carolstat schliessen will: Bilder sint nicht nutz, bucher sint nutz, ergo bilder seyn keyn bucher der leyen. Quia in secunda figura maiore existente particulari nihil sequitur. Similiter ex meris affirmationibus. Darumb so nhemen wir dise volgung q nit an, Carolstat beweyß dann mit besserm grund, das bilder nit der leyen bucher seyen. Carolstat: Hörend ir gregoristen und papisten, was Ezechiel spricht: Wann sich eyner vonn mir keret und setzet olgotzenn in seyn hertz, Ezechielis 14 [Hes. 14, 7] etc. 116 Emßer: Hör, du Arrianist 117 und Wickleffista 118 , der text des prophetenn lawt also [Hes. 14, 6]: Convertimini et recedite ab idolis vestris. Et paulo infra [Hes. 14, 7]: Si alienatus fuerit a me et posuerit idola in corde suo. Warumb vorkerest du dann die wort, so von den abgoetern geredt, auff unser bild und felschest dem heiligen geist seyn schlifft. Nunquid in hoc crimen falsi commisisti, aut etiam sacrilegii? Carolstat: Hör was im 14. capitel Ezechielis volget [Hes. 14, 9]. Der prophet, der do irren wirt, den hab ich Got und herr irren gemacht und will in von dem mittel meynes volcks vortilcken. 119

o) hora fehlt in Druck B

p) bei Karlstadt steht: leßem

q) Schlußfolgerung

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Emßer: Hec tibi signabis, dann dise wort vonn dir unnd anndern ketzern geschriben seyn. Carolstat: Wann eyner Gotes vorbot und willen weißtr, soll er gestracks dem selben nachvolgen und weder engel noch heiligenn noch propheten hören.120 Emßer: Es ist keyner Gotes willen so gantz gewiß, daz er der christenlichen kirchen rat, 1er und underricht nit ouch daneben bedarff oder die verachten soll. Dann wiewol Paulus seyn ewangelium von Christo selber entpfangen het, wie er bekennet ad Gal. 1 [12], noch wolt er das nit predigen, dann mit underredung, rat, wissen und willen des heiligen Sant Peters und der andern apostel, die dotzumal tzu Jerusalem waren, Gal. 1 et 2 [2]. Das sich aber Semeas den falschen propheten hat lassen mit lugen betriegen [Jer. 29, 31.32], das ist seyn schuld gewest. Darumb uns der heilig Joannes gewarnet hat, das wir die geist probirn sollen, ob sie von Got seyn oder nicht, 1. Joannis 4 [1]. Neque enim credendum est omni spiritui. Die historien von Nadab unnd Abiu [3. Mose 10, 1.2] thut nichtzit tzu der bilder sach, sonder leret die leyen, das sie sich der prister ampter nit underwinden noch anmassen sollen. Das aber Balaam gesagt hat, es were keyn bildnis in Jacob und keyn olgotz in Ißrahel, Numeri 23 [4. Mose 23, 23], hat er gesaget von den bildern der abgotter, sunst het er gelogen, dann es waren bereyt die cherubin im tabernackel [2. Mose 25, 18—20; 37, 7—9] und hinge die orin schlang teglich vor dem angesicht der Judenn, Numeri 21 [4. Mose 21, 9]. Carolstat: Kumpt eyner und spricht, bilder leren und underweysen die leyhen, gleych als bucher die gelertenn, antwurt du, Got hat mir bilder vorbottenn etc.121 Emßer: Dis und dergleych fabeley ist oben gnugsam vorlegt und angezeigt, das Got unsere bilder nit vorbottenn hat. Das aber Joannes saget, daz Got ein geist sey und wir in im geist anbeten müssen [Joh. 4, 24] und nit in bildern, seyen wir gestendig, dann wir Got nit in bildern anbeten, sonder seyn aleyn bey den bildern gedencken und unsern geist damit erwecken. Der spruch Esaie XLIIII [Jes. 44, 20]: Ir nerisch und tolh hertz betet sie an etc., sagt ouch nit von unsern bildern, sonder von den abgoeten, wie offt gehört ist. Das aber Joannes spricht, wie wir all Gotes schuler seyn müssen [Joh. 6, 45], belangt nit aleyn die leyen mit den bildern, sonder ouch die geleiten mit iren buchern. Dann wo Got unser hertz nit ruret und zewcht, so hilfft weder buch noch bild. Neque enim currentis est sed miserentis dei etc. Carolstat: Wann ich ye ewsserliche vormanung und erinnerung wolt haben, solt ich die begeren, welche die schrifFt antzeigt, also ich solt vil lieber wollen, das ich in anfechtung und betriebnis mit wagen und pferde viel, dann daz ich tzu eynem bild quem etc.122 Emßer: Carolstat meynet filleycht den wagen, mit dem er zu Leyps in das quats gefallen123, und nicht aleyn von dem selbigen wagen und Doctor

r) weiß, kennt

s) den Kot

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Emser: Antwort auf Karlstadts Buch

Ecken 124 vil anfechtung, sonder ouch von allen tzuhoerern (darumb das er nit disputirt, sonder auß tzedeln gelesen 125 ) schimps und spotes genug erlitten hat, wann er sust clug werden wolt und im nach dem spruch Esaie am 18. 126 solich vexation' vorstand geben het. Aber wie der prophet Ezechiel saget, welchen Got irr machet und der tewfel auß vorhengnis Gotes vorblendet, den helffen weder ewsserlich noch innerlich ermanungen, dann er in im selber" vorhart und vorstockt ist, wie tzu besorgen das Carolstaten fast v ouch also geschehen sey. Der spruch Esaie 2 und 31 [Jes. 2, 18. 20; 31, 7], dartzu Michee am 5. [Micha 5, 12] sagen alleyn von den abgotern und nit vonn unsern bildern. Was wer es dann, wann Carolstat gleych ein gantzen sack vol schrifft einfuret von den abgoetern, so kan er doch damit nit beweren, daz alle bilder dadurch vorbotten werden, sust hette Got Moisi und Salomoni selber nit geboten bilder tzu machen oder aufftzurichten. Carolstat: Das bildnis keynn bucher sollen genant werdenn, kan eyn christ also vorstehen: Bucher leren, aber bilder konden nicht leren als Abacuck am 2. [Hab. 2, 2. 18. 19] saget, ist es möglich, das er leren kan. Et infra: Darumb kan meniglich erkennen, das Gregorius der bapst ye bepstlich, das ist unchristenlich, gelert hat, wann er den leyen bildnis für bucher gibt. 127 Emßer: Abacuck sagt ouch von der abgoter bild, wolche die heiden nit gebrauchenn für tzeichen, sonder für wesenliche w goeter. Darumb sie tzu inen sagten, wach auff oder stehe auff, wie der text daselbst [Hab. 2, 19] mitbringt. Dieweyl wir Christen aber unsere bilder aleyn für tzeichen haben" und ein itzlich tzeichenn gemacht wirt, was tzu bedewten unnd antzutzeigen, wie mich ein reyßtzeichen y oder tzirckel vor einem hawß leret und tzeigt, das man bir oder wein darinnen schencket, wie kann dann yemant, der ein tropffen Vorstandes hat, vorneynen, das unsere bilder nit gleych wie die bucher uns leren unnd antzeigen, was diser oder jhener heilig gelitten hat? Oder was macht der rost z bey Sant Lorentzen 128 , daz rad bey Sant Katherinen 129 und die pfeyl an Sant Sebastian 130 , dan daz sie uns ir leyden und marter tzu gemut füren, nicht weniger dann ob wir die auß den buchern gelesen hetten. Warumb schuldiget und lestert dann Carostat den heiligen Gregorium sampt allen bepsten, das sie unchristenlich in dem gelert haben? O heiliger vater Gregorii, wie lang kanst du disen schmach von den ketzern ouch erdulden? Ich wurde schier tzu dir ouch sprechen, wach auff, stehe auff und vortedige deyn ehr selber ouch, dann sich die vorstockten lewt an mich nichtzit keren wollen. Carolstat: Die schrifft vorgleychet bilder und olgotzen den huren" und sagt an vil endenn, das die gotsloßen mit bildern bulenn wie huren mit buben. 131 Emßer: Alle schrifft, die Carolstat hie allegiert b , sagt von den anbetern der abgoter oder (dem geistlichen vorstandt 0 nach) von den ketzern,

t) Plage, Qual u) in sich selbst v) sehr, gewiß w) wesenhafte y) Schild z) Feuerrost a) Karlstadt hat hier: puben b) anführt ständnis

x) halten c) Ver-

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wie Jeronimus leret, und nit von unsern bildern und das es war sey, so sagt der text, Ezechielis 6: Deiiciam interfectos vestros ante idola vestra [Hes. 6, 4], et cessabunt idola vestra [Hes. 6, 6]. Item Ezechielis 16 [Hes. 16, 16. 20]: Et sumnes de vestimentis meis fecisti tibi excelsa hinc inde consuta, et tulisti filios tuos et filias tuas quas generasti mihi et imalastid eis ad devorandum. Item Osee 2 [Hos. 2, 18. 19; Vg.: Os. 2, 16. 17]: Et erit in die illo ait Dominus vocabit me Vir meus et non vocabit me ultra Baalim, et auferam nomina Baalim de ore eius. Darumb so laßt es sich nit schliessen, das unsere bilder huren oder die kirchen hurhewßer genant werden mögen, wie der vormessen unverschempte mensch an e alle Gotsforcht von im schreyben darff. Carolstat: Das gecrewtziget bild nennen wir ein hergot und sagen tzu tzeyten, das ist der herr Jesus, und thund im soliche ehr, als wer Christus selber. Wir sagen ouch, daz ist Sant Sebastian 132 , das Sant Niclas 133 etc. Dartzu haben uns die heylosen bepst und unsynnige monch gebracht. 134 Emßer: Das wir den bilden der jhenen namen geben, deren figur und gestalt sie antzeigen, ist ein alt lied und oben auß Augustino meysterlich vorantwurt. 135 Das wir aber dem crucifix gotlich ehr und reverentz ertzeigenn, geschieht ouch nit dem holtz oder ander materien, sonder Got selber. Ob aber in dem fall die bepst und monch oder Carolstat selbs als ein heyloßer unsinniger tropff geschriben hab, will ich die christenlichen kirchen lassen außortern f . Daz Got eyn eyferer sey sampt den allcgaten 8 Exodi 20 [2. Mose 20, 5], Osee [Hos.] 2 [18] et 7 [14], Esaie [Jes.] 1 [29] et 44 [6—20]136 ist also tzu vorstehen, das Got keyn h neben oder bey im1 erleydenn kan, der so gros geehrt und so vil seyn will als ehr, wie Lucifer seyn wolt. Dann, als^ Augustinus und Lactantius 137 beweysen, nit möglich ist, daz zwen goet seyn moegen. Aber gegen den seynen, die nit neben, sonder under im seyn wollen, ist Got keyn eyfere k . Darumb so sagt er Esaie 42 [Jes. 42, 8] nit, das er den heiligen ir gepurliche ehr nhemen oder nit gonnen welle, sonder spricht er also, ich will meyn gotlich ehr nit eynem andern gebenn, id est den abgottern. Carolstat lewget ouch, das der text Deu. 17 [5. Mose 17, 3] alle die vormaledeyhe, die bilder schnitzen oder anbeten, dann der text aleyn von denen sagt, die frombden gotern dinen und die anbeten als sonn oder mon. Dieweyl aber Carolstat dis capitel gesehen, warumb hat er dann ouch nit tzu hertzen genomenn die wort, die so bald darnach volgen, von im und andern bepst oder pfaffen sehendem diß lawtes [5. Mose 17, 12. 13]: Welcher sich aber in hoffart erheben und dem prister, der tzu eyner yeden tzeit Gottes ampt vorwaltet, nit gehorsam seyn wirt, der sol mit urteil und recht sterben von dem richter, damit das volck, welchs solichs erfaret, sich forchte unnd sich keyner sol leychtlich wider die prister hoffertiglichen auffblaße. Nu sag du Carolstat selber, der du ßo vil Gotes prister und bepst, tod unnd lebend, geschendet und gele-

d) Druck B korrigiert: imolasti e) ohne f) erörtern, klären g) Auszügen, Auslegungen (Karlstadts) h) keinen (anderen) i) sich j) wie k) Druck B korrigiert: eyferer 22

Reformation

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stert hast und noch teglich schendest und lesterst, ob du nicht den tod tausentmaln verscholdet hettest? Carolstat: Nhun will ich und sol den fromen Christen sagen, das sie all abgoeter in iren hertzen haben, die sich vor bildnis forchten. 138 Emßer: Wer sich forchte, der tzihe ein bantzer an. Carolstat meynt fulleycht, dieweyl er sich verzeitten vor den bildern geforcht und wie er sagt sorg gehabt hab, der tewfelsnarr mocht in beleidigen, wir andern pflegen die bilder ouch tzu forchten, welche wir mher üben und ehren, dan forchten, so ist Carolstat dem narrenfresser noch nit entloffen, tzuvorauß daz er uns die schrifft Judicum 6 [Rieht. 6, 10. 25. 26] und 4. Reg. 17 [2. Kön. 17, 35. 36] hieher tzihen will, die nit von bildern, sonder von frombden gotern saget, das wir die selben nit forchten sollen etc. Carolstat: Auß obvormelten schrifften volgt, das Christen gotlichem rat, willen und gebot stracks nachvolgen sollen und keyn bilder mher leyden, unangesehen alten bösen brauch, pestilentzisch 1er der pfaffen unnd das sie bucher der leyen seyn mögen, dann Got hat machung und haltung der bilder vorboten. 139 Emßer: Ja wann Carolstat tzuvor bestendiglich beweyset, daz Got alle bilder tzu machen oder tzu halten vorboten. Item das der alte brauch der kirchen boß und die 1er der heiligen veter und concilien pestilentzisch sey, als dann wollen wir den bildern urlaub gebenn1. Es ist aber biß hieher nit geschehen, so hoff ich, wir wollen vor etzliche mal fladen bachen 140 , ehe das er daz tzu wegenn bring. Carolstat: Also haben wir der orsten beiden artickel glawbwirdig urkund und getzewgnis des heiligen geistes etc. 141 Emßer: So vormessen ist diser mensch, das er ouch dem heiligen geist lugen tzumessen darff, wiewol nit der heilig geist, sonnder Carolstat lewget, das Got durch Hieremiam 32 [Jer. 32, 34] gesagt, das bilder seyn hawß vorunreynen oder beflecken, dann der prophet daselbest ouch nit von den bilder in gemeyn, welcher vil im tempel Salomonis gewest on alle sund, sonder von den zweyen abgotern Baal und Moloch gesagt hat, wie der buchstab dewtlich antzeigt, also lawtende [Jer. 32, 34. 35]: Et posuerunt idola sua in domo, qua invocatum est nomen meum ut polluerent eam et edifieaverunt excelsa Baal ut iniciarent filios suos et filias suas Moloch, auß welchem text clerlich erscheynet, das der heilig geist Carolstaten seyner lugen keyn getzeugnis gibt, unnd das gemelter Carolstat seyne zwen artickel hie mit nit beweyst hat. Carolstat: Der drit artickel flusset auß eyngefurten" 1 schrifften. Ich will aber sonderlich getzeugnis aus der schrifft ouch füren. Also solt ir im thon, spricht Got Deu. 7 [5. Mose 7, 5], ire altar solt ir umbkeren, ire bilder solt ir tzerbrechen, ire linden solt ir tzerhawen etc. 142 Emßer: Dise schrifft betzewget ouch nichtzit wider unsere, sonder wider der siben heßdischen" konig bilder und ir altar, wie daz wortlin, so

1) d. h. abschaffen

m) (oben) angeführten

n) Druck B korrigiert: heydischen

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hernach volget, lawter macht, nämlich [5. Mose 7, 16]: Non parcet eis oculus tuus, nec servies diis eorum ne sint in ruinam tui. Das aber Carolstat saget, wir Christen haben keyn gotlich altarien, sonder heidnisch oder menschlich, tzeiget der text Exodi 20 [2. Mose 20, 4] ouch nit an, wie er sich romet, dartzu so hat er hievor die altarien, so Noe, Jacob, Moises und annder Got auffgericht haben, selber gotlich genennet, warumb solten dann der Christen altarien, die wir gleych dem selbigen alten Got tzu ehren auffrichten, nit ouch gotlich genant werden? Ja, es nennet der heilig Dionisius 143 unsern altar nymer änderst dann divinum altare. Wie konden wir aber ein besser getzewgnis wider Carolstat haben, dann das ouch der heilig Paulus den altar tzu Athen, der dem frombdenn Got tzugeschriben was, nit abgethon, noch tzerbrochen, sonder seyn orste predig davon0 gethan hat, das das eben der Got wer, den er inen vorkunden wolt, Actuum 17 [Apg. 17, 22]. De quo Augustinus in libro ad Constantinum de unico baptismo 144 . Carolstat: Bilder sollen die obersten ouch abthon und tzu der penp richten oder urteilen, datzu sie die schlifft richtq.145 Emßer: Wann unser bilder nicht annderst gericht werden sollen, dann mit der schlifft, so werden sie noch lang frid haben, dann sie die schlifft mit keynem wort berurt noch vorbotten hat. Carolstat: Ich hette ouch gehofft, der lebendige Got solt seyn eyngeben werck, das ist guten willen tzu abthung der bilder, voltzogen und in das ewsserliche werck gefurt haben. 146 Emßer: Ja, dafür solt du es gewißlich halten, wo es Gotes wercke wer, das es sich lang selber getriben het. Dieweyl aber, wer die bilder tilcket, doneben ouch Gotes und der liben heiligen gedechtnis außloschet, und Got nit haben will, daz wir seyn und seyner ausserweltenn vorgessen sollenn, so treyb, schreyb, schaff unnd heiß du, wie lang du wilt, so wirt doch nichtzit darauß werden und du nicht davon bringens, dann spot und schimpf, das wil ich dir meyn trew tzu pfand geben. Von Ezechia, warumb in die schlifft lob, ist oben gehöret, das aber Carolstat wünscht, das unsere konig und fursten so frum weren als die judischen konig 147 , ist das bey mir on allen zweyvel, das wir vil mher fromer konig und fursten gehabt und noch haben, dann die Juden. Das aber der bapst sampt der gemeynenn pristerschafft der weltlichen oberkeit underworffen seyn sollen, darumb das der konig Josias den abgot Baal auß dem tempel genomen und vorbrennet hat, ist ouch keyn bestendige beweyssung, dann es hat itzo ein ander gestalt umb das priesterthumb, dann in der alten ehe, wie ich in meyner quadruplica148 geschriben, do ich ursach angetzeigt, warumb Moyses gesagt hab regnum sacerdotale und Petrus sacerdotium regale etc. Wir lassen ouch Carolstaten in keyn weg nach, das unsere veter Amorreen oder unsere muter Cetheen gewest 149 , und daz wir inen in dem

o) davor p) Strafe s) nichts erreichen 22*

q) bei Karlstadt steht: urteilet

r) befiehl, ordne an

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das christenlich und loblich ist nit nachvolgen sollen, dann sie alle fromme christenlewt gewest, und wolte Got, das wir nit erger wurden, dann die veter, wie sich Horatius 150 beclaget. Etas parentum peior avis tulit. Nos nequiores, mox daturos progeniem viciosiorem. Carolstat: Etzliche bildkusser sprechen, das alte gesetz vorbewt bilder und das new nit. Aber wir volgen dem nawenn unnd nit dem alten gesetzt.151 Emßer: Unnsere bilder werdenn weder von dem nawen noch dem alten testament vorbottenn. So wissenn wir ouch wol, das Christus das alte gesetz nit auffgehaben noch vorworffen, sonder erfüllet und erlewchtet hat. Darumb so ist es ein eytel unnutz geschwetz und vorgeben wort, das Carolstat hie ex falso presuposito feischlich schliessen und tzihen will. Enndtlich understehet sich Carolstat 152 , Moysem und Paulum tzu concordiren' mit der epistel ad Romanos 1 [Rom. 1, 23], da geschriben stehet, sie habenn des unsterblichen Gotes glorien durch gleychnis nit aleyn eins todten menschenn, sonnder ouch der vogeln, der vierfussichten unnd kriechenden thier vorwechselt etc. Aber gleych wie Carolstat vorhin" Moysen nit verstanden, welcher Exodi 20 [2. Mose 20, 4] aleyn von den gleychnissen und bildern geschriben, die man für abgoet angebet hat, also vorstehet der arme mensch ouch hie Paulum nit recht, der gleych wie Moyses ouch aleyn vonn den gleychnissen und figuren saget, welche die heiden für goet angebet haben als die Egipcier ein storckinv, die Romer die ganß, die sie des nachtes auff dem capitolium erweckt hat, die Babylonier den drackn, wolche Daniel darnach umbgebracht hat, wie ouch der konig Jeroboam kue und kelber in Samaria auffgericht und etzliche heiden ouch die raben angebeth haben und ein land das, das annder jhenes thiere, wie der heilig Ambrosius 153 die obgenanten wort Pauli ibidem Ro. 1 [Rom. 1, 23] clerlich dewtet und außleget. Paulus hat ouch in den andern episteln nit von bildern gesaget, sonder von abgoetern in quibus inter cetera, que nos a regno dei excludunt, ubique idolorum servitus expresse nominatur. Darumb so concordirn Moyses und Paulus wol miteinander, aber nit in dem synn, wie sie Carolstat feischlich vorstehet unnd außleget, sonder wie uns die heiligen veter die schrifft auß eyngebung des heiligen geistes erlewcht und die christenliche concilien darneben gelewtert haben. Hiemit so will ich Carolstats drey ketzerischen schlusreden darnider gelegt" unnd die meynen beweyßt haben der hoffnung, es werde wenig oder gar nichtzit in seynem buch unvorantwurt bliben seyn. Setze das tzu erkentnis und orterung der gantzen christenlichen kirchen und eynes yeden vorstendigen Gots forchtigen leßers. Nicht des weniger so will ich mit disem meynem buch den mißbrauch, der bey unsern getzeyten mit den bildern getriben wirt, in keyn weg vortediget oder entschuldiget haben, welcher mir furwar ouch selber gar nichtzit gefeit und der liben veter meynung nit gewest ist. Was aber dasselbig für mißbrauch seyn, will ich kurtzlichen antzeigen.

t) zu vereinigen, in Übereinstimmung w) gänzlich widerlegt

zu bringen

u) zuvor

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Orstlich, so haben die alten, wie ich in vil alten clostern und stifftkirchen gesehen, gar schlechte bild in die kirchen gestelt, nit auß gebrechen der kunst (dann vortzeyten gleych so wol künstliche" maier gewest, wiewol sie nit so gar gemeyn, als sie itzo seyn), sonder auß zweyerley anderen Ursachen, nämlich, das sie das uberig gelt unnd uncost, den wir auff bilde legen, unnd offt für ein tafel sechs, siben, achthundert, ja etwan ouch tausent gülden geben, über und seliglicher armen lewten außgespendet und damit enthalten y habenn. Die ander ursach ist die, daz ye kunstlicher die bildt gemacht seyn, ye mher sie ire anseher in beschawung der kunst unnd art der bossen z auffhalten, wolche beschawung wir von den bilden auff die liben heiligen keren und wenden solten, ja, es verglafft sich macher an den bildern und vorwundert sich so ser ab der kunst, das er nymmer an die heiligen gedencket. Darumb so wer es vil besser, wir volgeten in dem den alten nach und hetten gantz schlechte 3 bilder in den kirchen, domit vil uncost erspart, Got und die liben heiligen mher geehret wurden, dann mit diser nawen weysz, die wir itzo furhaben. Der ander mißbrauch ist, das die maier und bildschnitzer der liben heiligen bilder so gantz unverschembt, hurisch unnd bubisch machen, das ouch weder Venus noch Cupido so schandtlich vonn den heiden ye geschnitzt oder gemalt worden ist, wolches unsere vetter ouch nit tzugegebenn hetten, dann wann wir die alten bild ansehen, so ist es gar ein erber ding und alle gelider bedeckt, das keyner keyn bose begir oder gedancken darauß schopfenn kan. Derhalben ich haltb, das Got die maier itzo darumb straffen und in das hantwerck legen werd, wo sie nit von diser schandtlichen weyß ablassen, dann vil besser wer soliche untzuchtige und unverschampte bild legen in dem fewr, dan daz sie auff den altarien oder in der kirchen stehen. Ja, es solten ouch die weltlichen bilder nit so gar schamloß, nacket und bloß gemalt werden, dan sie groß anreitzung geben tzu fleischlicher bewegung, sund und schänden, daz ist aber nit der bilder, sonder der vorkerten weit schuld und sollen darumb die bilder alle und in gemeyn nit abgethon werden. Der dritte mißbrauch ist, das wir so leychtlich tzuplatzen mit wechssinc und andern opfern tzu den bildern, so mann doch keynem mirackel oder tzeychen glaubenn soll, sie seyen dann tzuvor von bapst und bischoven examinirt, bewert und bestendig erfunden, in wolchem monch und pfaffen, die solchs in irenn kirchenn leychtfertiglich tzulassen, sich schwerlich entschuldigen mögen, und tzu besorgenn, das sie umb ires eigen nutz willen mher vleyß auff die bilder legen, damit die kirchen geschmückt und ein tzulouff dareyn werde, dann auff die lebendige bild, das ist auff die selenn der menschen, die doch nach dem bilde Gotes geschaffen seyn, Ge. 1 [1. Mose 1, 27], Solich und dergleychen mißbrauch ist meyn gemut nit tzu vortedigen, sonder bit alle hewpter und prelaten der kirchen umb Gots willen, das sie

x) kunstfertige dafür, meine

y) unterhalten, versorgt c) wächsernen

z) Formen

a) schlichte

b) halte

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den bildern die maß unnd regel geben wollen, die inen die alten veter unnd obgenanten concilien gesetzt habenn, damit die ketzer nit ursach findenn, unsere bilder also jemerlich tzu tadeln, tzu vorbrennen und tzu tromern d tzu hawen, wie an etzlichen enden geschehenn unnd fulleycht auß disen angetzeigten mißbrauchen. Dann wo mann die bild halt unnd gebraucht, wie sie die alten gehalten, gebraucht unnd auffgesetzt habenn, sint sie wie ich im anfang gesagt loblich, christenlich und gotlich. Man kan sie ouch mit keynem rechten abthon, dann hett sie Got wollen lassen abthonn, die sach wer auff Carolstat nit gespart6, so vil ernst unnd vleys ist in diser sachenn wol furgewendt wordenn. Dartzu hat sie ouch die schlifft dermassen nyendert vorbotten, wie ouch Christus des keysers gestalt unnd bildnis auff dem pfennig, den im die Juden weyseten, nit hieß außwischenn, darumb das sich der keyßer nit für ein abgot, sonnder als eyn keyßer daruff het lassenn schlahen, unnd die schrifft aleyn der abgoeter bilder vorbotenn hat, wie oben mechtiglich bewert ist. Auß dem kan ein yeder vorstendiger bey im selber wol ermessenn, dieweyl Christus dem keyser der ehrenn gegonnet unnd uns nit vorbottenn hat, seyn bild auff montz f oder sust tzu gedechtnis unnd eheren bey uns tzu habenn, wie vil mher er solich ehr ouch seynenn libenn heiligenn gönne. Derhalbenn so besorg ich mich, das diser hanndel vonn denn ketzern aleyn darumb angefangenn, das sie gern die ehr unnd gedechtnis der liebenn heiligenn gantz außtilcken wolten auß unsern hertzen. Sie haben vorhin geschribenn, wie die heiligenn uns nichtzit helffen noch für uns bitten mogenn, unnd damit vorhofft, sie woltenn uns also vonn dem dinst der libenn heyligenn abredenn. So wir uns aber ann sie nit keren wollen unnd sie vermercken, das die bilder, so teglich vor unsern ougen stehn, uns der libenn heiligen nit lassen vorgessen, understehend sich8 itzo ouch ire bilder abtzuthon, nicht aleyn Carolstat, sonder ouch seyn lermeister Luter. Dann wiewol Lutter itzo widerpredigt und schilt, das seyne monch die bild so schnell hinweg gethon haben 154 (id est, sie solten den schalck noch ein weyl vorborgen unnd geharret habenn, bis der reychstag tzu Nurenberg 155 vorübergegangen wer), so kan er doch seyn ketzerisch hertz selber nit bergenn unnd predigt selber, das mann vilgemelte bild tzuvor den lewtenn auß dem synn reden unnd also gemechlich mit der tzeyt abthon soll 156 . Ich bin aber ungezweyvelt, die fromen christenn werden sich ann seyn hele unnd glatte red nit keren, so wirt das ouch die christenliche kirch nit tzugeben. Dann dieweyl Luter seyn schewtzlich h angesicht unnd bild malen und öffentlich feyl tragen laßt 157 , warumb solt die kirch der liebenn heiligenn bilder nit ouch in wird unnd ehren haltenn? Ob aber du Carolstat an diser antwurt keyn benugen1 hettest unnd weyter dawider schreyben woltest, wil ich dich tzuvor vorwarnet habenn, das ich zweyerley kastenn oder truchen doheym stehen hab, in deren eyne

d) Trümmern e) d. h. hätte nicht bis zu Karlstadts Zeit angedauert f) Münzen g) Druck B korrigiert: sie sich h) scheußliches; Druck B hat stattdessen (wohl ironisch): lieplich i) Genüge

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ich pfleg Scheltwort tzu legen, welche mir Luter und seyne anhenger gar gefullet haben, in die andern leg ich gute gruntliche solutiones und auflosung meyner argument, wolche noch gantz ledig J ist. Darumb wilt du wider mich schreybenn, so spar die Scheltwort, der ich bereit satt bin und nit 5 mher weiß tzu beherbergen, und bring was bestendigs auff die ban, so will ich dir dergleychen widerumb begegen. Ich will dir aber mit gantzen trewen raten, du bleybest daheymen und widderruffest deyn ketzerisch buch, dann du sust gnug tzu vorantwurten hast. Got geb dir seyn genad, im k und seyne üben heiligen bas1 tzu erkennen, tzu ehren und danckbar tzu seyn, 10 dann du bisher gethan, das will ich dir von hertzen wol gönnen und vorhoffen, du werdest auß disem meynem buchleyn erst wider tzu e y m guten Christen werden, die schrifft recht lernen außtzulegen und doch tzuletst mercken, wie schantlich dich Wickleffs 1 5 8 und Hussen 1 5 9 bucher verfurt haben, dobey ich es auff dis mal bleyben laß. 15 Got und seynem gantzen hymelischen her sey lob, ehr und danck immer und ewig, dem schreyber Vergebung seyner sund und allen fromen christlichen hertzen gnad von Got und ewige selikeit. Amnen.

A) Vorbemerkung Druckvorlage: Emsers vorllantwurtung/ auff das ketzellrische buch Andres Callrolstats von abthulleung der bilder II Man findet ouch hier inn ein II wenig von beiderley gellstalt des hochwirdillge Sacramets. II obiter II [TE] (Am Ende Bl.H4a: Holzschnitt.) [Leipzig: Martin Landsberg 1522.] 4° 32 Bl. Sign.: A - H 4 . - Panzer DA 1545. Claus La-106. VD 16 E 1109 - SB PK Berlin: Cu 2150 R. Zur Entstehung: Nach der scharfen Kontroverse mit Luther 1521 (vgl. oben — Nr. 8 und 9 — jeweils Zur Entstehung) wandte sich Emser 1522 der Auseinandersetzung mit Andreas Bodenstein von Karlstadt (1486—1541) zu. Unter dessen maßgeblicher Mitwirkung hatte die neue, vom 24. Januar 1522 datierte Stadtordnung von Wittenberg angeordnet, die Bilder aus den Kirchen zu entfernen (vgl. Laube/Looß/ Schneider, Bd. 2, S. 1034). Die Begründung dafür lieferte Karlstadt in der mit dem 27. Januar 1522 datierten Schrift „Von Abtuung der Bilder und daß kein Bettler unter den Christen sein soll" (ebd. Bd. 1, S. 105-127, Bd. 2, S. 1024-1032). Am 10. Januar 1522 hatten bereits die Mönche des Wittenberger Augustinerklosters die Bilder entfernt und verbrannt; im Februar erfolgte der Wittenberger Bildersturm. Emser, der darin eine schwere Ketzerei in der Nachfolge von Wiclif und Hus erblickte, nahm sofort die theologische Widerlegung von Karlstadts Schrift in Angriff, wobei er im Vorbeigehen auch noch eine der frühen Äußerungen Karlstadts zum Altarsakrament in die Polemik einbezog (vgl. unten, Anm. 71). Der Widmungsbrief an Herzog Georg von Sachsen ist mit dem 2. April 1522 datiert. Der unfirmierte Druck stammt nach Claus (La-106) von Martin Landsberg 1522. Daneben existiert ein weiterer Druck unter dem Titel „Das man der heylillge bilder yn den kirche nit abthon/ noch II vnehren soll/ Vnnd das sie yn der II schrifft nyndert verbotte seyn." - Weller 2044. Köhler 898. - , den Claus (Schu-208) unter dem Jahr 1522 der Presse

j) leer

k) ihn

1) besser

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Valentin Schumanns in Leipzig, VD 16 (E 1108) hingegen der Emserpresse in Dresden [1522?] zuweist. Nach brieflicher Mitteilung von H. Claus ist die Zuweisung insofern kompliziert, als in dem Druck die sog. Wittenberger Texttype Verwendung findet, die sonst bei Schumann 1522 noch nicht nachgewiesen ist, wohl aber zur Ausstattung der Emserpresse gehörte und bei Schumann erst nach der Emser-Zeit sicher belegt ist. Da die Emserpresse ihre Arbeit aber erst im Frühjahr 1524 aufnahm, mußte ein Lesartenvergleich darüber entscheiden, ob hier ggf. ein Nachdruck ca. zwei Jahre nach dem Erstdruck vorliegt oder ob Schumann bereits 1522 über die „Wittenberger" Type verfügte. Der Vergleich ergab, daß — bei sachlicher Identität des Textes — das Landsberg-Exemplar eine Reihe von Druckfehlern aufweist, die in dem anderen Druck korrigiert wurden (vgl. Worterläuterungen; der Schumann/Emser-Druck dort als Druck B). Das führt uns zu der Annahme, daß es sich bei der Ausgabe Landsbergs um den Erstdruck handelt (den wir deshalb unserer Edition zugrunde legen), während die andere nach mindestens zwei Jahren von Emser noch einmal in seiner Hauspresse neu aufgelegt worden sein könnte. Damit wäre auch die Änderung des Titels bei sonstiger Identität erklärbar: Jetzt ging es nicht mehr vordergründig um eine Antwort auf die Jahre zurückliegende Karlstadt-Schrift, sondern um das nach wie vor gültige sachliche Anliegen. Literatur:

Smolinsky, Bildersturm, S. 427—440.

B) Sacherläuterungen 1 Herzog Georg (1500—1539, geb. 1471), Landesherr des albertinischen Sachsen, um die Reform der Kirche bemüht, seit der Leipziger Disputation aber entschiedener Gegner Luthers und der Reformation; Emser war einer seiner theologischen Berater und seit 1511 Hofkaplan in Dresden. 2 Gemeint ist das Mandat vom 10. Februar 1522 gegen lutherische Neuerungen (Geß, Akten, Bd. 1, Nr. 299), nachdem Herzog Georg bereits zuvor das Reichsregiment zu einem solchen Mandat veranlaßt hatte, das am 20. Januar 1522 erlassen worden war. 3 Andreas Bodenstein von Karlstadt (1486—1541), stand während Luthers Wartburgaufenthalt an der Spitze der Wittenberger Reformationsbewegung. 4 Karlstadt, Von Abtuung der Bilder (vgl. oben Zur Entstehung). 5 Anspielung auf das benachbarte Kurfürstentum Sachsen unter Friedrich dem Weisen (1486—1525), dem Vetter Herzog Georgs, als Wiege von Luthers Reformation. 6 Wohl Anspielung auf Karlstadts Hochzeit, die am 19. Januar 1522 stattgefunden hatte. 7 Vgl. oben S. 108, Anm. 69. 8 Der Oxforder Professor und Reformprediger John Wiclif (um 1325—1384), vom Konstanzer Konzil 1415 als Ketzer verurteilt (vgl. Denzinger-Schönmetzer, Nr. 1 1 5 1 - 1 1 9 5 ) . 9 Der böhmische Reformator Jan (Johannes) Hus (um 1371 — 1415), vom Konstanzer Konzil am 6. Juli 1415 als Ketzer verurteilt und verbrannt (vgl. Denzinger-Schönmetzer, Nr. 1 2 0 1 - 1 2 3 0 , 1 2 4 7 - 1 2 7 9 ) . 10 Vgl. Anm. 4. 11 Vgl.Laube/Looß/Schneider, Bd. 2, S. 1029. 12 Anspielung auf Karlstadts Ehefrau. 13 Johannes Chrysostomus (344/354—407), griechischer Kirchenvater; im folgenden gemeint ist der Brief an einen Mönch Theodor, der das Kloster verlassen will, um eine Frau zu nehmen und ins Geschäftsleben einzutreten. Chrysosto-

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mus will Theodor überzeugen, daß er eine geistliche Ehe mit Gott eingegangen ist, die er nicht brechen könne (vgl. Jean Chrysostome, A Théodore, hrsg. von Jean Dumortier, Sources Chrétiennes, Nr. 117, Paris 1966, Ausg. in Griechisch, Französisch und Latein). Papst Gregor I., der Große (* um 540, Papst 590—604), einer der vier großen lateinischen Kirchenlehrer. Vgl. Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 110. Ebd. S. 106. Aurelius Augustinus (354—430), bedeutendster lateinischer Kirchenlehrer; vgl. Migne PL 42, Sp. 386ff. Zur Auseinandersetzung zwischen Emser und Luther vgl. oben Nr. 8 und 9. Über die drei folgenden Abschnitte (jüdische, heidnische und christliche Bilder) urteilt Smolinsky (vgl. oben, Literatur, S. 431): „Emser zählt eine Reihe von Beispielen für die Bilderverehrung auf, wie sie sich aus dem Material der Geschichte namhaft machen lassen. Dabei enthalten seine Belege, die hier im einzelnen anzuführen sich nicht l o h n t , . . . viel Legendarisches". Im übrigen weist er als Emsers Quelle den Traktat „De cultu et reliquiis sanctorum" des Thomas Waldensis nach (Thomae Waldensis . . . Doctrinale Antiquitatum Fidei Catholicae Ecclesiae, Nachdruck Farnborough 1967, S. 727ff.). Aristoteles (384—322 v.Chr.), altgriechischer Philosoph, dessen Lehren in der scholastischen Theologie des Mittelalters stark nachwirkten. Die Stelle in: De anima III 8, 432a, 4ff.; De sensu 6, 445b, 16ff. (nach freundlichem Hinweis von Reimar Müller, Berlin). Es folgt eine Skizze des Kampfes gegen die Bilder von den Anfängen über Wiclif und Hus bis zu Karlstadt. Emser sieht hinter allem den Neid des Teufels, der früher selbst in Bildern verehrt wurde, was ihm seit der Hinwendung der alten Väter zu den Bildern Gottes und der Heiligen verwehrt wird. Codex Justinianus, lib. I, 1, in: CorpIurCiv, Bd. 2, S. 6. Vgl. Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 106. Zur Unterscheidung von cultus latriae, cultus hyperduliae und cultus duliae vgl. LThK, die Stichworte Kult, Heiligenverehrung und Hyperdulie. Vgl. CorpIurCiv, Bd. 1, S. 187f. Vgl. CorpIurCan, Bd. 1, Sp. 12f. (dist. 8, c. 1). Vgl. CorpIurCiv, Bd. 2, S. 373f. Martin von Tours (f 400), spätestens seit 375 Bischof von Tours. Über seinen Besuch beim römischen Kaiser Valentinian I. (364—375) berichtet sein Biograph, Sulpicius Severus, Martin sei nach siebentägigem Warten ohne Genehmigung zum Kaiser vorgedrungen, der zunächst ungehalten war, dann aber die Anliegen des Bischofs erfüllte. Der brennende Thron ist eine spätere legendäre Ausschmückung. Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 106. Ebd. Ebd. S. 107; von Emser gekürzt. Hieronymus Stridonensis (um 347—420), bedeutender lateinischer Kirchenlehrer, bekämpfte Vigilantius (* um 370), Presbyter in Barcelona, dem er in Karthago begegnet war, als schlimmen Ketzer (vgl. Hieronymus, Contra Vigilantium, in: Migne PL 23, Sp. 353-368). Augustinus (vgl. Anm. 17) schrieb Ende des 4. Jh. 33 Bücher gegen den Manichäerbischof Faustus von Mileve (um 340—390) (vgl. Migne PL 42, Sp. 207ff.). Ambrosius (um 340—397), seit 374 Bischof von Mailand, lateinischer Kirchenlehrer, engagierte sich in dem von der Lehre des Arius (Areios) von Alexan-

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Emser: Antwort auf Karlstadts Buch drien (um 260—336) ausgegangenen Streit um die Wesensgleichheit von GottVater und Gott-Sohn gegen die Arianer (vgl. Ambrosius, De Fide Orthodoxa contra Arianos, in: Migne PL 17, Sp. 579ff.). Gemeint ist oben Nr. 9; die folgende Stelle bei Enders I.. Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 108. Publius Cornelius Tacitus (um 54—nach 117), größter römischer Geschichtsschreiber. Die Stelle in : Historien, V, 4. Quintus Septimus Hörens Tertullianus (um 160—nach 220), in Karthago und Rom; wird zu den lateinischen Kirchenvätern gezählt; starker Einfluß auf die lateinische Kirchensprache und auf das westliche Christentum, z. T. in Opposition zur römischen Kirche. Die Stelle in: Apologeticus, 16, 1—4, in: Migne PL 1, Sp. 419f.; Ad Nationes, I, 11, in: ebd., Sp. 648 (nach freundlichem Hinweis von Jürgen Dummer, Berlin). Wenn er den Herren schmeichelt; vgl. Wander, Bd. 2, Sp. 505, Nr. 26; auch Sp. 506 : Hengststreicher. Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 109. Beda Venerabiiis (um 672—735), englischer Benediktiner, bedeutender Kirchenschriftsteller; zum folgenden Zitat vgl. Migne PL 91, Sp. 790. Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 109. Basilius der Große (um 329—379), griechischer Kirchenvater; zum Zitat vgl. De Spiritu sancto, c. 18, art. 45, in: Migne PG 32, Sp. 150. Johannes von Damaskus (um 650—gegen Mitte 8. Jh.); zum folgenden: De fide orthodoxa, üb. 4, cap. 16, in: Migne PG 94, Sp. 1167ff., das Zitat Sp. 1171. Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 109. Augustinus, De Diversis Quaestionibus ad Simplicianum, lib. 2; das folgende Zitat vgl. qu. 3, 2; 4, in: Migne PL 40, Sp. 143f. Die Bibelstelle ist hier richtig mit 2. Reg 7, 18 angegeben. Augustinus, Confessionum, lib. 12; das folgende Zitat — von Emser gekürzt — cap. 27, in: Migne PL 32, Sp. 841. Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 109. Ebd. S. 110. Ebd. Vgl. Gregor der Große (Anm. 14), ep. ad Serenus, in: Migne PL 77, Sp. 1027f. u. 1128f. Auch in CorpIurCan, Bd. 1, Sp. 1360; Denzinger-Schönmetzer, Nr. 477; MGH, Ep. Bd. 2, Di, 208, S. 195. Vgl. Anm. 43. Athanasius (295—373), seit 328 — bei zeitweiser Absetzung und Exil — Bischof von Alexandrien, war einer der Wortführer in der Auseinandersetzung mit Arius (vgl. Anm. 34) und dem Arianismus. Eusebius (um 264—um 340), seit ca. 313 Bischof von Cäsarea. Seine Inanspruchnahme durch Emser ist zweifelhaft (vgl. Hans von Campenhausen, Die Bilderfrage als theologisches Problem der alten Kirche, in: ders., Tradition und Leben. Kräfte der Kirchengeschichte, Tübingen 1960, S. 222ff.). Vgl. Anm. 44. Das Sprichwort ist nicht zu belegen. Über Vorläufer dieser Auffassung vor Gregor dem Großen vgl. v. Campenhausen, wie Anm. 53, S. 230f. Wie Anm. 44. Vgl. Wander, Bd. 2, Sp. 463, Nr. 24. Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 110. Gemeint ist die von Erasmus besorgte Hieronymus-Ausgabe, nach der auch Karlstadt zitiert: Omnium operum divi Eusebii Hieronymi Stridonensis, Basel 1516, t. 6, Bl. g4 (VD 16 H 3482).

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60 Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 111. 61 Eine Auslegung von Joh. 6, 63 findet sich in De Doctrina Christiana nicht. Gemeint sein könnte lib. 1, cap. 24, art. 25 (Migne PL 34, Sp. 28) oder Hb. 1, cap. 34, art. 38 (ebd. Sp. 33). 62 Vgl.Augustinus, De Visitatione Infintiorum, lib. 2, cap. 2, in: Migne PL 40, Sp. 1152f. 63 Ebd. cap. 3, Sp. 1154. 64 Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 112. 65 Epiphanios von Salamis (um 315—403), seit 367 Metropolit von Konstantia (Salamis), Förderer des Mönchtums und Bekämpfer von Irrlehren, u. a. der Bilderverehrung. 66 Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 112. Der geschilderte Vorgang ereignete sich 393 während eines Palästinabesuchs. 67 Serenus (um 600), Bischof von Marseille, ist nur durch die Briefe Gregors des Großen bekannt, von dem er wegen seiner Bilderfeindlichkeit getadelt wurde. 68 Vgl. Anm. 50. 69 Thascius Cäcilius Cyprianus (um 200—258), seit 248 Bischof von Karthago, einer der lateinischen Kirchenväter. Zur Reichung des Kelchs beim Abendmahl vgl. Brief 57, Kap. 2, in: Bibliothek der Kirchenväter, R. 1, Bd. 60, München 1928, S. 200. 70 Welcher der zahlreichen Bischöfe dieses Namens gemeint ist, läßt sich nicht ausmachen; wegen der positiven Erwähnung evtl. der unter Kaiser Julianus Apostata (361—363) getötete Bischof von Arezzo. 71 Andreas Karlstadt, Von beiden gestaldten der heylige Mesße. Von Czeichen in gemein was sie wirken vnd dewten, Wittenberg: Nickel Schirlentz 1521 (Freys/ Barge 71). Die Schrift erfuhr 1522 drei Nachdrucke. Weitere Schriften Karlstadts von 1521 zum Thema vgl. Freys/Barge 54(—58), 67. Zum Sakramentenstreit ab 1524 vgl. Laube/Schneider/Weiß, Bd. 1, S. 37ff. 72 Johannes Cochläus (1479-1552), Humanist, seit 1519 - und 1522 noch - im Besitz des Dekanats an der Frankfurter Liebfrauenkirche, engagierte sich insbesondere seit dem Wormser Reichstag gegen Luther. Von einer Schrift gegen Karlstadt ist nichts bekannt. Gemeint sein könnte seine Verteidigung der katholischen Abendmahlslehre, die im März 1521 fertiggestellt, aber wohl nie gedruckt wurde (Spahn, Cochläus, S. 77f. ). Seine erste gedruckte Auseinandersetzung zum Thema Messe und Abendmahl sind die unten auszugsweise edierten „Glos und C o m m e n t . . . vff CLIUI Articklen . . . Luterß von der heiligen meß" [Straßburg: Johann Grüninger] (vgl. unten Nr. 16), die erst im Februar 1523 erschienen. Allerdings könnten diese bereits im Frühjahr oder Frühsommer 1521 verfaßt worden sein, da Cochläus in der separaten Polemik zum 13. Artikel Luthers „Vom rechten Meßhalten" (Glos vnd Comment auff den XIII. Artickel von rechtem Meßhalten . . . [Straßburg : Johann Grüninger], Vorrede vom 18. September 1523) angibt, er habe gleich nach der Rückkehr vom Wormser Reichstag ein deutsches Büchlein gegen Luthers Sermon von der heiligen Messe verfaßt, in dem er die 154 Artikel Luthers verworfen habe. Da er dort aber ebenfalls behauptet, vor einem Jahr in Latein und Deutsch von der Messe und vom Sakrament geschrieben zu haben, bleibt unklar, was damit gemeint sein könnte. Seine erste gedruckte antilutherische Schrift „De gratia sacramentorum liber unus" (Straßburg: Johann Grüninger 1522) behandelt die durch die Sakramente vermittelte Gnade, speziell die Taufe. 73 Ostersonntag fiel 1522 auf den 20. April, d. h. 18 Tage nach der am 2. April datierten VoiTede dieser Schrift. 74 CorpIurCan, Bd. 1, Sp. 244 (decr. I, dist. 63, c. 28, IV).

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75 Emser, Quadruplica auff Luters Jungst gethane antwurt sein reformation belangend (Leipzig: [Martin Landsberg] [vor Juli] 1521), ed. in: Enders II, S. 129ff.; zu den von der Kirche vorgenommenen Änderungen S. 153ff. 76 Nestorius (f 440) war Patriarch von Konstantinopel und wurde auf dem Konzil von Ephesus 431 verdammt (vgl. Denzinger-Schönmetzer, Nr. 250ff.). 77 Bis ins 12. Jh. war die Reichung des Abendmahls in beiderlei Gestalt durchaus üblich. Erst seit dem 13. Jh. kam sie in der römischen Kirche ohne formelle Gesetzgebung allmählich außer Übung. Ein formelles Verbot des Laienkelches wurde erst im Kampf gegen die Hussiten vom Konstanzer Konzil erlassen, vom Baseler Konzil für Böhmen und Mähren aber wieder abgemildert. 78 Karlstadt, wie Anm. 71, c. 19, Bl. D l b (nach der Ausgabe von Rhau Grunenberg 1522, Freys/Barge 72). 79 Eine entsprechende Aussage machte Karlstadt während der Leipziger Disputation (vgl. Barge, Karlstadt, Bd. 1, S. 154). 80 Emser selbst besorgte zu dieser Zeit eine deutsche Ausgabe von Heinrichs VIII. „Schutz vnd handthabung der siben Sacrament" [Augsburg: Johann Schönsperger d. J. 1522], in der das „Sakrament des Leibes Christi" breiten Raum einnimmt (vgl. unten Nr. 13). Im selben Jahr ging auch Thomas Murner in „Ob der Künig vß engelland ein lügner sey oder der Luther" (Straßburg: Johann Grüninger 1522) ausführlich auf das Thema ein. Cochläus behandelte die Frage mehrfach (vgl. die in Anm. 72 genannten Schriften). 81 Vgl. oben S. 318 mit Anm. 6 5 - 6 7 . 82 Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 113; von Emser gekürzt. 83 Ebd., von Emser gekürzt. 84 Vgl. Anm. 74. Johannes Teutonicus (Semeca) (f um 1245) war einer der bedeutendsten Glossatoren zur Dekretensammlung Gratians in der Rechtsschule von Bologna. Seine Glossen entstanden um 1215. 85 CorpIurCan, Bd. 1, Sp. 243; zum Papst Stephanus vgl. ebd. Anm. 288. 86 Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 113. 87 Vgl. Anm. 34. 88 Athanasius (vgl. Anm. 52); ein solches Buch ist nicht bekannt; in den Schriften gegen die Arianer findet sich keine Auslegung von Dan. 7. 89 Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 114. Bei Karlstadt heißt es: heylige fresser. 90 Vgl. Anm. 20. Das „homo generat hominem" kommt bei Aristoteles öfter vor (vgl. Phys. II 1, 193b, 9ff.; De anima II 4, 415a, 26ff.; Metaphys. 1070a, 7ff„ 1092a, 11 ff.), von einer Mitwirkung der Sonne ist dabei aber nicht die Rede. Gemeint sein könnte die Stelle: „Feuer bringt kein Geschöpf hervor . . . Die Wärme der Sonne dagegen und die der Geschöpfe . . . enthält auch in diesem Fall Lebenskraft" (De gen. anim. II, 736b, 35ff.). Für diese Hinweise danke ich Reimar Müller, Berlin. 91 Vgl. Augustinus, De Civitate Dei, lib. 21, cap. 27, art. 5, in: Migne PL41, Sp. 749f. 92 Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 114. 93 Barnabas wird in Apg. mehrfach als Apostel bezeichnet. 94 Die Erwähnung von Paulus und Barnabas erfolgt in diesem Sinne bei Karlstadt (Laube/Looß/Schneider, Bd. 1) auf S. 115; der Hinweis auf Offb. 20 ist von Emser hinzugefügt. 95 Augustinus, Contra Faustum Manichaeum, lib. 20, cap. 21, in: Migne PL 42, Sp. 385. 96 Vgl. Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 114f. 97 Christophorus, einer der 14 Nothelfer, wurde besonders gegen plötzlichen und unbußfertigen Tod angerufen; die Betrachtung seines Bildes galt als Schutz für das Leben bis zum Abend.

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98 Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 115. 99 Cyrillus von Alexandria (ca. 380—444), seit 412 Patriarch, griechischer Kirchenlehrer; ein solcher Brief ist nicht bekannt. Zu Hieronymus vgl. Anm. 32. 100 Gemeint ist oben Nr. 9; der betreffende Text bei Enders 1. 101 Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 115. 102 Vgl. Anm. 75; zur Sache: Enders II, S. 168ff. 103 Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 115. 104 Vgl. MGH Ep. Bd. 2, IX, 147, S. 147-149. 105 Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 115. 106 Vgl. Anm. 32. 107 Ein solcher Brief ist nicht auffindbar. Gemeint sein könnte Hieronymus, Contra Vigilantium Liber Unus, der mit „Multa in orbe monstra" beginnt (Migne PL 23, Sp. 339-351). 108 Vgl. Anm. 8. 109 Vgl. Anm. 9. 110 Erasmus von Rotterdam (1466/1469—1536), bedeutendster Humanist. Sein „Enchiridion militis christiani", auf das sich Emser im folgenden bezieht, wurde 1503 erstmals gedruckt und noch zu Lebzeiten des Erasmus mehrfach ins Deutsche übersetzt. Eine der lateinischen Ausgaben, 1515 bei Valentin Schumann in Leipzig gedruckt und danach noch mehrfach neu aufgelegt, wurde übrigens von Emser besorgt. Zu den folgenden Beispielen für eigennützige Heiligenverehrung vgl. sinngemäß Erasmus von Rotterdam, Ausgewählte Schriften in acht Bänden, hrsg. von Werner Welzig, Bd. 1, Darmstadt 1968, S. 176. 111 Ebd. S. 230-232. 112 Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 115. 113 Ebd. S. 116. 114 Die Rüegersche Chronik von Schaffhausen verzeichnet im Kloster Aller Heiligen einen „unghüwr groß götz, so 'der groß Gott von Schaffhusen' genamset worden"; er sei 1447 aufgerichtet worden, 22 Schuh lang und Ziel großer Wallfahrten gewesen; 1529 habe man ihn während der Reformation wieder abgetan. Das von Emser genannte Ereignis wird allerdings nicht erwähnt (J. J. Rüeger, Chronik der Stadt und Landschaft Schaffhausen, Bd. 1, Schaffhausen 1880, S. 248). 115 Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 116. 116 Ebd. 117 Vgl. Anm. 34. 118 Vgl. Anm. 8. 119 Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 116. 120 Ebd. 121 Ebd. S. 117. 122 Ebd. S. 118; von Emser gekürzt. 123 Als die Wittenberger am 24. Juni 1519 zur Disputation in Leipzig einfuhren, brach an Karlstadts Wagen ein Rad, so daß dieser umstürzte und Karlstadt sich verletzte. Vgl. dazu auch den Bericht von Rubius in: Laube/Looß/Schneider, Bd. 2, S. 1260. 124 Johann Eck (1486—1543), altgläubiger Kontrahent Karlstadts und Luthers auf der Leipziger Disputation. 125 Vgl. Barge, Karlstadt, Bd. 1, S. 154; dazu auch den Bericht von Rubius (wie Anm. 123), S. 1261 und S. 1282, Anm. 11 u. 12. 126 Gemeint ist wohl Jes. 28, 19. Karlstadt zitiert „Uberdrenghung und vexation gibt verstand" (Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 118). Luther übersetzt die Stelle in seiner Ausgabe letzter Hand „Denn alleine die Anfechtung leret auffs wort mercken".

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127 Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 118. 128 Der heilige Laurentius erlitt in Rom 258 unter Kaiser Valerian den Märtyrertod auf einem glühenden Rost. 129 Die heilige Katharina wurde nach der legendären Überlieferung in Alexandria 307 unter Kaiser Maxentius am Rad gefoltert, von dem sie allerdings auf wunderbare Weise errettet worden sein soll, und danach mit dem Schwert enthauptet. 130 Der heilige Sebastian soll in der zweiten Hälfte des 3. Jh. in Rom auf Befehl des Kaisers von numidischen Bogenschützen mit zahlreichen Pfeilen durchbohrt, aber gerettet worden sein; danach wurde er im Zirkus mit Stockschlägen getötet. 131 Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 118. 132 Vgl. Anm. 130. 133 Der heilige Nikolaus, Bischof von Myra (Anf. 4. Jh.), einer der Hauptheiligen der griechischen Kirche. 134 Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 119. Emser hat die letzten zwei Sätze umgestellt. 135 Vgl. oben S. 314 mit Anm. 46. 136 Karlstadt beruft sich auf diese Stellen (Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 119f.). 137 Lucius Caelius Firmianus Lactantius (um 250—323), einer der lateinischen Kirchenväter; Hauptwerk „Divinae Institutiones" (Migne PL 6, Sp. l l l f f . ) . 138 Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 120. 139 Ebd. S. 121. 140 Bei Wander als Sprichwort nicht nachgewiesen; gemeint ist, es werde lange dauern. 141 Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 121; von Emser gekürzt. 142 Ebd. 143 Dionysius (f um 264/265), seit 248 Bischof von Alexandria. Seine Schriften sind nur fragmentarisch erhalten (Migne PG 10, Sp. 1237ff.). 144 Vgl. Augustinus, De Unico Baptismo, lib. 1, cap. 4, art. 6, in: Migne PL 43, Sp. 598. 145 Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 121. 146 Ebd. 147 Dazu und zum folgenden ebd. S. 122. 148 Vgl. Anm. 75; zum folgenden Enders II, S. 140. 149 Karlstadt, S. 122: „Eure muter ist ein Cethea und ewer vater eyn Amorreus" mit Bezug auf Hes. 16, 3. 45. 150 Der römische Dichter Quintus Horatius Flaccus (Horaz) (65—8 v.Chr.). Das Zitat in Carmina, lib. 3, 6, 4 6 - 4 8 . 151 Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 122. Gemeint ist die im reformatorischen Streit häufige Gegenüberstellung von Altem und Neuem Testament und das einseitige Bekenntnis zum Evangelium (NT). 152 Ebd. S. 123. 153 Vgl. Anm. 34; zum Zitat Migne PL 17, Sp. 585. 154 Luther verwarf nach seiner Rückkehr von der Wartburg in der am 9. März 1522 beginnenden Predigtfolge (Invocavitpredigten) den Wittenberger Bildersturm vom Februar (WA 10 III, S. 29; vgl. auch die Berichte über seine Predigten ebd. S. Lllff. sowie die Schrift „Von beider Gestalt des Sakraments zu nehmen", WA 10 II, S. 33f.). 155 Seit März 1522 tagte in Nürnberg der Reichstag, von dem die lutherische Seite — zumal nach dem Reichsmandat vom 20. Januar (vgl. oben Anm. 2) — weitere Bedrängnisse befürchten mußte.

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156 Luther hatte in den Invocavitpredigten zwar den Wittenberger Bildersturm verworfen, nicht aber die Abschaffung der Bilder generell. Er wollte erst durch sorgfältige Aufklärung der Schwachen im Glauben die Einstellung gegenüber den Bildern ändern und diese dann abschaffen (vgl. WA 10 III, S. 26—30). Er faßte das kurz zusammen in seinem Brief an Nikolaus Hausmann vom 17. März 1522: „Ich verwerfe die Bilder, doch mit dem Worte: nicht damit man sie verbrennt, sondern damit man sich nicht auf sie verlasse, wie bisher geschehen und geschieht. Von selbst werden sie fallen, wenn erst das Volk unterrichtet ist und weiß, daß sie nichts sind vor Gott" (WA 10 III, S. IL). Über Luthers Stellung zur Bilderfrage generell Margarete Stirm, Die Bilderfrage in der Reformation. Quellen und Forschungen zur Reformationsgeschichte, Bd. 45, Gütersloh 1977, S. 17-68. 157 Seit 1520 wurden Lutherporträts, gefertigt von Lukas Cranach d. Ä., in hohen Auflagen vertrieben (vgl. Martin Luther und die Reformation in Deutschland. Ausstellung zum 500. Geburtstag Martin Luthers. Veranstaltet vom Germanischen Nationalmuseum Nürnberg in Zusammenarbeit mit dem Verein für Reformationsgeschichte, 1983, Nr. 214-216). 158 Vgl. Anm. 8. 159 Vgl. Anm. 9.

Heinrich VIII.: Schutz und Handhabung der sieben Sakramente wider Martin Luther Der durchlewchten hochgeboren fürstin und frawen, frawen Barbara1 auß küniglichem stam zu Poln, hertzogin zu Sachsen, lantgrevin in Düringen unnd Marggravin zu Meyssen, meiner gnedigen frawen, embiet ich, Jeronimus Emser2, prister, mein ynnig gebet, alles heyl und säligkait von Got. Gnedige fraw und landßfürstin! Diß küniglich christelich buchlein des durchleüchtigisten großmechtigisten künigs von Engellandt3, beschützers des glaubens etc., welches ich teütscher nation zu nutz und säligkait auß latein in teütsch gewandelt, hab ich nyemants billicher wissen züzüschreyben, dann ewern fürstlichen gnaden. Nicht allein darumb, das derselben e[uer] f[ürstlichen] g[naden] voroltern, väter, bruder und bruders süne alle christliche und großmechtige künig gewest, zürn tail noch sein, sonnder das gemelt e.f. g. auch für sich selbs von meniglich ein fürtreffende christliche fürstin berumbt unnd hochgebreyßt ist. Wie loblich, nutzlich, nottürfftig und saliglich aber gmelt küniglich buchlin sey, erscheynet auß den, das unter allen denen, so bißher ein lange zeyt wider Martinum Luther, augustinermünch, geschriben, kainer dem zil so nach" gestossen unnd unsern hayligen glauben, meß, ablaß, sampt allen sacramenten so mechtiglieh beschützt und so maisterlich vor im vertädiget hat, als obgenanter künig von Engelland. Derhalben dann bäpstliche hailikait4 sein küniglich wird b durch ein sondere bulla mit ainem newen titel eins beschützers des glaubens erblich begäbet und allen und yetlichen christglaubigen, so gemelt sein büechlein lesen oder hören lesen, zehen jar ablaß unnd so vil quadragen 5 auß bapstlicher volkomner macht gegeben hat, wolches alles meins verhoffens ewer f. g. und alle fromme christeliche hertzen zü fleyssiger lesung des vilgenanten küniglichen buchlins so vil mer bewegen wirt, so vil uns allen unnd yedem in sonder, der sich des glaubens annemen und sein seel bewaren wil, meer an diser sach gelegen ist. Hiemit ich mich e.f. g. als yren unterthenigen diener und caplan demütiglich bevelhen thü. Geben zü Leyptzigk, sonnabent nach Johannistag, vor der lateynischen pforten, nach Christi unsers lieben herren geburt tausentfünffhundert und im zweyundzwantzigisten jaren [10. Mai 1522]. Unserm allerhayligisten herren, herren Leoni dem zehenden, bapst, embieten wir, Hainrich von Gottes gnaden, künig zü Engelandt und Franckreich und herr in Hybernia ewige säligkait. Nachdem wir unsere jugent zum teil mit krigshendeln, zum tail mit gar vil andern sachen umb eins gemainen nutz willen geübt haben, zweyfeln wir nit, allerhayligister vatter, du werdest dich verwundern, das wir uns yetzo diser sachen unterstanden, darzü ein man gehöret, der all sein zeyt mit dem büchstaben zugebracht het, nämlich, das wir die schweren a) nahe

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wachsende ketzerey zu dempfen fürgenomen. Aber sollich verwundern wirt, als ich meyn, dein hailigkait fallen lassen, wo sie die Ursachen ermessen wirt, so uns darzü vermocht0, das wir disen last zu schreiben, wie wol unns nit verborgen, wievil wir dem zu schwach sein, auff uns geladen. Dann wir haben angesehen, das unter das getreid des herren unkraut gesehet, secten und ketzereyen im glauben ausgegangen und durch den gantzen christenlichen umbkraiß ein sollicher hauff zwitracht erwachsen, das kainer, der auß gantzem hertzen ain gut christ ist, so vil arges und Übels, darzu so weyt umb sich kriechende, wol erdulden oder sich enthalten mag, mit allem fleiß und vermügen dawider zu setzen. Derhalben niemant sich verwundem sol, das auch wir (obgleich das vermügen nit so gar groß als der glaub und gute wille, damit wir niemant weychen d ) uns diß guten, nutzlichen und notturfftigen werckes, von wolchem sich kainer one sund entschuldigen mag, unterfangen und doneben auch unsern geneygten willen, fleyß und dienst gegen deiner hailigkait, dem christlichen glauben und eer Gotes anzaigen haben wollen, der zuvorsichtigen hoffnung allermeist, obgleich wol unser kunst so gering, das sie auch schir gar nichtzit ist, so werd uns doch Got mit seiner gnad mitwircken, und was wir durch die schrifft nit vermügen, er selber auß seiner guetikait und macht helfen verbringen und unsern gebrechen mitt seiner krafft ergentzen. Dann wiewol wir eigentlichen wissen, das in der hailigen Schrift allenthalben vil sein, die sich dises ampts zu schreiben hetten bequemlicher mügen anmassen und stadtlicher volenden, so seyen wir doch nit so gar ungelert, das wir nit versteen, das auch uns in diser gemainen sach gebürn wil, unser vermügen, wie gering das ist, darzüzüthon und unser hail mit der feder selbs auch zu versuchen. Dann nachdem wir auß lannger Übung erkündet, das zu erhaltung ains gemainen regiments der glaub etwas groß wircket unnd nicht wenig daran gelegen ist, haben wir so bald wir zu unsern volkomen jaren komen bey des glaubens bescheülichhait nit klainen fleyß fürgewendt und fürwar, nachdem wir uns darumb angenomen, nitt ain klainen lust darinnen empfunden. Wiewol nu das, so wir gelernet haben, gering, so ist es doch unsers verhoffens züvorauß neben den dingen, die auch gar ain schlechtem wol geschickt machen mochten, nämlich andacht und schmertzen umb Verletzung des glaubens, so vil wol, das es die lutherischen ketzerey mit redlichen Ursachen zu entdecken genügsam sein wirt. Auß wolchem vertrawen wir auch dise sach angefangen, und so vil wir darinn geschriben, deiner hailigkait zugeschickt, das es unter deinem namen, der do Christus stat auff erden besitzet, in die gemain außgeen sol 6 . Dann wir, dieweil gemelte ketzerey yetzo ain zeytlang unter den Christen hin unnd wider geschweyfft und durch dein hochweysen hailsamen sententz unnd urtail auß den henden der menschen mit gewalt genomen worden ist7, für gut angesehen haben, das do neben (ob auch yendert 6 was von gemelter ketzerey in iren hertzen verborgen steckte, damit sie durch listigkait betrogen oder mit schmeichlender züsag gelaicht f worden weren), daß selbig mit redlichen

c) veranlaßt 23

Reformation

d) uns von niemandem übertreffen lassen

e) irgend

f) betrogen

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Ursachen auch verlegt und widerumb herauß gebracht werd. Damit sie, die weil doch menschlich gemut lieber gefuert dann gezogen sein wil, auch neben dem gewalt ein lindere artzney haben mugen, in wolchem, ob wir was gutes außgericht oder nitt, dein hailigkait erkennen mag, wolches erkentnis und urtail wir auch, ob wir was geirret hetten, dasselbig zu straffen 5 und zu bessern unterworffen haben wollen. An die leser. Wiewol weder zierlich red noch überflüssige kunst bey mir, noch® wird ich aus getrewer lieb und andacht bewegt und, damit ich mit undanckparkait nit vermarckt h , gezwungen, meyne müter, die braut Christi, zu verthedigen, Got wolt, das das vermügen so groß wer als mein wil. Wie wol nu am tag, das ander leüt sollichs reychlicher und volkomenlicher thon mochten, so hab ich doch gedacht, das auch meinem ampt züstendig sey, ob ich gleich gering gelert, die christenlichen kirchen nicht desterweniger meins höchsten vermügens zu beschirmen und die gifftigen pfeyl des feyndes, der sie anficht, aufzüfahen, wolches auch dise gegenwertige zeit und gestalt der Sachen erfordert. Dann vormaln, do sie nyemant anfacht, bedorfft sie auch kaynes vorfechters. Die weyl sich aber yetzo ain veynd erhaben hat, do kain ergerer entstanden sein mocht, wolcher auß eingeben des tewfels christenliche lieb fiirgibt und doneben auß zom unnd haß wider die kirchen unnd unnsern hayligen glauben schlangengifft außwirfft, so ist von notten, das wider disen gemeynen veynd des christenlichen glaubens ain yeder diener Christi, was alters, geschlechtes oder standes der sey, sich erhebe und die yenen, so das an krefften nicht vermügen, iren pflichten doch mit bereitem gemuet und willen gnugthüen. Demnach, so will uns ytzunder gepurn, uns mit zweyerley wappung zu bewaren1, nämlich mit gaistlicher und weltlicher. Mit geistlicher darumb, das der, so bißher auß falscher lieb sich selbs und ander verfurt hat, durch warhafftige liebe widergebracht, auch die andern widerbringe, und der, so mit falscher leer streytet, mit warhafftiger kunst überwunden werd. Mit weltlicher darumb, ob er in seiner boßheit so gar verstockt wer, das er hailsamen ratt verachte und gutige straff verschmehete, das er als dann mit verschulter peenJ gericht werde und dieweil er nichtzit gutes thon wil, doch übel zu thon auffhören muß, dieweil er auch mit dem wort der boßhait schaden gethon, das er durch das beyspil der straff widerumb frommen schaff. Dann wölche so schedliche pflag k ist ye komen unter die herd Christi? Wölche so gifftige schlang hat uns ye überkrochen, als die, so von der babilonischen gefenckniß der kirchen geschriben 8 , die hailigen schlifft seins gefallens wider die sacrament Christi gebogen, christenliche Ordnung der kirchen, von den alten auffgesetzt, verspotet, die allerhailigisten alten außleger der schrift, wo sie nit mit im stymen1 oder im zü seiner meynung nit dienstlich sein, verg) dennoch deter Strafe

h) vermerkt, beschuldigt i) bewehren, bewaffnen k) Plage 1) übereinstimmen

j) verschul-

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nichtet, den hailigen romischen stül Babilon nennet, das oberste priesterthumb ein tyranney heist, der gantzen kirchen hailsame Satzungen für ein gefencknis achtet und des allerhailigisten obersten bischofs namen in den endtchrist verwechselt hat. O, wie ist das ain auffblaser so ainer heßlichen hoffait, schmach und trennung des christenlichen volckes? O, wie ain grosser hellischer wolf ist das, der do suchet, wie er die schaff Christi zerstrowen müg? Wie ain groß glid des teüfels ist, der die christgleubigen gelider Christi von irem haupt wil abreyssen? Wie stinckend ist sein gemüt? Wie verflucht sein fürnemen? Der do nit alleyn die begraben schismata m widerumb erwecket, sonder den alten newe züthüt, und die ketzereyen, so in ewige finsternuß geworffen werden sollen, gleich wie den hellischen hund Cerberum 9 widerumb an das liecht bringet und sich selber so hoch schetzet, daz alle alte vater hindan gesetzt, die gantze kirch allein nach seinen worten regirt (oder mehr verfüert) werden soll. Von welches boßhait ich nit waiß, was ich sagen soll. Dan ich sie so groß schetze, das sie kain zung noch feder außdrucken mog. Derhalben so bit, erman und flehe ich euch alle, die an Christum glauben, bey seinem namen, dem ir geschworn seyt, das ein yetlicher, der Luthers büecher ye lesen will (und züvorauß, wo er die babylonischen gefencknis selber gemacht hat), dieselben mit solicher cautel", vernunfft und bescheidenheit lese, das er (gleich wie Virgilius10 sagte, er lese das gold aus dem mist Enii) auch also das gut auß dem bösen lese, und wo im etwas darinn gefeilet, sich nit gar verblenden lasse, das er mit dem honig auch das gifft in sich trincke. Dann es ist vil besser, aller baider gemangelt, dann baide samptlich schlucken. Wolches zu fürkommen 0 , so gebe Got, das der schreyber mit der zeit klüger werd, sich bekere und lebe und seine bücher, die do voller boßhait sein, wie der hailig Augustinus, des regel er bekennet 11 , widerspreche und sein yrthum widerrüeffe. Wo aber Luther das verachten wirt und die christenlichen fürsten irem ampt gnüg thon wollen, so soll on zweyfel in kurtz das fewr in p und seine büecher (wo er in seinem yrthumb verharren wirt) verbrennen. Hie zwüschen haben wir für gut angesehen, dem leser etliche stuck auß der babylonischen gefencknus anzüzeygen, darinn das groste gifft verborgen stecket. Auß wolchen gnügsam erscheynen wirt, wie mit eim löcherten gemüet er diß werck angefangen, und wie wol er ain gemeinen nutz fürwendet, dannocht nichtzit dann q schalckait mit seinem schreyben auf die ban bringet. Dasselbig aber (so wir yetzt gesagt haben) klarzumachen, ist nit von noten die beweysungen fer von hynnen zu suchen, dann damit man nit weyt darnach auff und niderlauffen dürfF, so gibt Luther sich selber und sein gemüet so bald im ersten anfang an tag. Dann wolcher wolte zweyfeln, was er im synn het oder wo er hinaus wolte, der allein disen ainigen vers lesen wirt.

m) Kirchenspaltungen q) nichts (anderes) als

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n) Vorsicht r) braucht

o) zuvorzukommen, zu verhindern

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Heinrich VIII.: Schutz und Handhabung der sieben Sakramente Applas ist der romischen heüchler schalckhait. 12

Luters erdichte erbieten

Bapst Leo der zehend

Gleych wie ain yetlich thier allermayst auß dem angesichtt erkendt wirt, also erscheynet auch auß diser erstenn vorred, wie ain ayterig faul hertz der haben muß, wolches mund vol bitterkeytt vonn sollichem ayterschlam unnd unflat übergeet. Dann das yene, das er etwan von dem applas disputiert hatt, von vil leütten dafür angesehen worden, das es nit allein dem gewaltt des bapstes, sonnder auch der gütten hoffnung unnd haylsamen trost der gelaubigen nachtailig wer, unnd die menschen seer darauff sterckte, das sy in reychem vertrawen irer büß den schätz der kirchen unnd genedige gutigkait Gottes verachten, wiewol alles, das er dozümal geschriben, etwas lieber angenommen worden, darumb, das er vil ding allein disputiert und nitt darauff gefusset s hat, dartzü vilmaln begeret, underricht zu empfahen mit verheyschung, wer in was bessers leren möcht, demselben zu volgen 13 . Wie eynfeltig er aber das gemeynt hab, der haylige mennsch, der do alle dinng auff den gayst ziehen will (wolcher die gleißner fliehet), mag auß dem leychtlich verstanden werden, das er allen denen, die ine getreulich gewarnet habenn, so baldt schweltwort umb ir wolthat gegeben unnd sy als ain wuetender mitt schmach unnd schandt gelesteret hat 14 , auß wolchem gut zu mercken, wie sein unsynnigkayt für unnd für gewachsen sey. Dann vorhin hat er bekennet, das der applas doch darzu diene, das er neben der schuld auch die peyn abneme, wolche peyn die kirch gesatzt oder einem yedenn sein beychtvatter auffgelegt hab 15 . Aber yetzo hatt er nit in der kunst, wie er sich ruemet, sonder in der boßhait so vil zugenommen, das er im' selber entgegen den applas gar verdammet und sagt, er sey nichts dann ain lauter triegerey unnd diene zu nichten, dann zu verderbung unnsers gelts unnd Gottes glauben 16 , auß wölchem ain yetlicher merckenn kan, wie boßhafftig unnd unsynniglichen der mensch dobet und wiet. Dann wo der applas nichtzit ist dann eyttel triegerey (wie Luther sagt), so muß nitt allein der yetzig bapst Leo der zehend, wolches unstreflich leben unnd tugentliche sitten von juget auff durch die gantze weit ruchtbar (wie Luther in seyner epistel an gemelten bapst Leo selber bekennet 17 ), sonnder auch alle romische bapst, die so vor vil hundert jaren gewest und, wie Luther selber meldet, aplaß außgegeben haben, ainer ain jar, der annder drey, diser ettlich quadragen, die andren ain bestimpten tayl der gantzen büß, als nämlich den dritten oder den halben teyll, etliche auch volkommen vergebung von peyn und von schuld, wölche all (wo es ist wie Luther sagt) sampt dem yetzigen bapst Leo betrieger und teuscher gewest sein müssen. Wie vil vernunfftiger ist aber zu glauben, das diser ainig" brüder ain rewdig schaff sey, dann so vil bapst unngetreuwe hürtten gewest sein, dann wie ich oben gesagt hab, so zeyget Luther selber scheynlich v an, was er für ain man und das gar kain christeliche lieb inn im sey, dieweyl er sich nitt scheinet, so vil obersten und hayligen priestern ain solich laster

s) beharrt, bestanden sichtlich

t) sich

u) eine, einzige

v) augenscheinlich, offen-

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zuzumessen, dann die weyl Got sagt in Levitico zu allermeniglichen: Du solt nit sein ain lösterer noch ain affterkoser unter dem volck [3. Mose 19, 16]. Was sollen wir dann von Luthern hallten, der so ain grausam laster nit allain ainem, sonnder so vil erwirdiger bapsten aufleget? unnd das nicht in ainer stat allein, sonnder durch die gantzen weit ausblesuneret. Item so in Deutronomi ain yeder verflucht wirt, der seyn nächsten haymlich schlaget [5. Mose 27, 24], mitt was vermaledeyung sol dann der geschlagen werden, der do öffentlich seine obersten so schmelich antast. Item so, der ain todtschlager genendt wirt und das ewig leben nit besitzen mag (wie der evangelist sagt), der do seinen bruder hasset [1. Joh. 3, 15], solt dann nicht diser morder den ewigen todt verdient haben, der sein vatter mit neyd unnd haß verfolget? Mitt wolchem ich vergebens disputier, was der applaß vermüge inn dem fegfewer, dieweyl er yne auch auff erden nichtzit sein lassen will. Darzü so ist es unnütz mit dem zu reden, durch was hulff wir auß dem fegfeüwer erloßt werden mügenn, der vonn dem fegfewer schier gar nichtzit heltt unnd nit erleyden kann, das der bapst yendert ain darauß neme, so er sich doch selbst understeet, gar kain darinn zu lassen 18 . Was soll mann dann mit dem kriegen, der wider sich selber krieget? Oder wie kan ich mit argumenten bey dem vermögen, das er yetzo nachgebe w das, so er vorhin verneynt hat, dieweyll er auch yetzo so baldt widerspricht das yen, das er zuvor bekandt hat? Doch man disputiere von dem applaß des bapst wie man wolle, so muessen dannocht unverruckt bleyben die wortt Christi, mitt welchen er Petro die schlüssel der kirchen bevolhen und zu im gesagt hat, alles, das du bindest auff erden, wirt auch gebunden sein in den hymeln, unnd alles, das du aufflösest auff erden, wirt auch gelost sein in den hymeln [Matth. 16, 19]. Item welchen ir ire sund vergeben werdet, sollen inn vergeben sein, und welchen ir sy behalten werdet, den sollen sy behalten sein. Wo nu dise wort gnügsam sein sollen, das ain yeder priester macht hab, von todsunden zu entbinden unnd die ewige peyn zu benemen, welcher wollt dann nitt für unbillich ansehen, das der oberst unnter allen priestern kayn macht sollte haben über die zeytliche peyn? Spricht aber ainer, Luther wirt das nit zugeben, das die priester nichtzit zu binden oder zu lösen oder das der bapst mer gewalts hab, dann ain ander bischoff oder ain yetzlicher schlechter* priester, darzu antwort ich, was ligt mir daran, was der nachlaß oder nicht nachlasse, der do vil ding yetzo leügknet, die er ain klaine weyl vorhin zugelassen hat, unnd allein alles verwürfft, das die gantze kirche so vor vil hundert jaren gehalten hat, dann zu geschweigen der andern sachen, welche diser newe Momus 19 straffet, so kan sich mit dem applaß (wo die bapst, die den gegeben, gesündiget haben) fürwar die gantze gemainschafft der glaubigen von sünden nit entschuldigen, darumb, das sie gemelten aplaß so lang und mit sollichem consent unnd verwilligung angenomen haben, welcher aller ortterung unnd lang hergebrachte gewonhait der lieben haiigen on zweyffel meer zu glauben steet, dann Luthern allein, der die gantzen kirchen so frevenlich verdammet und

w) zugebe

x) schlichter, einfacher

Levitici XIX

Deut. LXXVII (!)

Luters meynung von dem fegfewer

Mathe. XVI

Luters unbendikeit und hofart

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Heinrich VIII.: Schutz und Handhabung der sieben Sakramente

nit allein den obersten priester mit wietenden scheltworten antast, sonder auch öffentlich außruffen darff, das das bapstumb nicht sey, dann ain blosser nam, und nicht änderst geschetzt werden sol, dann für das künigreych Luter urteilt seine Babilonis unnd die macht Nembrot des starcken jegers 20 , und derhalben bücher hie selber die leser und buchtrucker bittet, das sy, was er zuvor von dem bapstumb 5 zu dem fewr geschoben, alles verbrennen unnd alleyn dise nachvolgenden schlußred davon halten wollen. Das babsthumb ist ain starcken yagt y des romischen bischoffs 21 ?

Luter wider sich selb

Luter hat di Behem vermaledeit und gescholten daz sie dem bapst nitt gehorsam sein

Luther leret uns, daz er selber nit thüt

Luters brylle zorn, neyd und haß

Nun ist es fürwar nicht ain vergebner wünsch, daz er wünschet, das alles, so er vorhin geschahen, verbrent werden soll, dann gar vil stuck darunder, die des fewrs wol wirdig sein, doch so sol under allen seynen Schlußreden kaine so billich verbrent werden, als eben die, wolche er für bestendig zu halten gebotten hat, wiewol sich hie ain yeder, der sein boßhait nit kent, ab seiner unbestendikait verwundern muß, dann vorhin hat er allein geleügknet, daz das bapstumb nit von Got aufgesetzt worden, und bekennet, das es von menschlichen rechten herkomen sey 22 . Aber yetzo spricht er wider sich selber, das der bapst weder von Got noch von den menschen bestetiget, sonder sich des bapstums durch aigen gewalt angemasset und sich tiranney unterstanden hab, also ist er vorhin und newlich der meynung gewest, daz dem bapst sein gewalt über die kirchen auß menschlicher bewilligung umb ains gemainen nutz willen gegeben worden sey. Uber wolcher meynug er so hart gehalten, das er auch der Bohemen schisma vermaledeyet hat, darumb, das sie sich von dem gehorsam des romischenn stüls abgeschnitten und öffentlich gesagt, das alle die verdambliehen sundigen, die dem bapst ungehorsam weren 23 . Wiewol er nun das unlang vergangen von im geschriben, so ist er doch yetzo selber gleich in sein aygen vermaledeyung aingefallen. Ain solich zayehen seiner unbestendigkait ist auch, das er etwas in ainer offen predig das volck gelert hat, wie der bann ain ertzney und derhalben gehorsam unnd gedultiglich zu tragenn sey 24 . Aber so baldt darnach, als er selber auß wol verschulten Ursachen in bann gethon worden 25 , ist er so unleidlich darumb gewest, das er mer schmach, Scheltwort und losterung außgegossen 26 , dann die oren wol erdulden kunnen. Mit sollicher seiner unsynnigen weiß er klärlich angezaygt, das alle die, so von der müterlichen schoß der christlichen kirchen außgetriben, so bald wietent und von dem teufel besessen werden, derhalben ich gern fragen woltt, dieweil er das newlich zuvor gesehen, wovon er yetzo sehe, das er dazumal nichtzit gesehen hab? Oder wo er doch die newen äugen genommen, das er yetzo scherpfer sihet, nach dem seyner hochfart sich auch zorn, neid und haß zugesollet haben? Oder ob das villeicht die bryllen sein, durch die er so hell und weyt umb sich sieht.

y) das lat. Original hat venatio, d. h. Jagd, Jagdbeute

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Dem bapst will ich nitt so vil uneer auffthon, das ich mich umb sein gerechtigkait und gewalt bekümern oder davon disputirn woll, gleich als ob die sach ain zweifei het, dann es ist gnüg zu disem handel, das sein veynd in seiner grym also roset z , das er im den glauben selber stopfet und klärlich anzayget, das er vor boßhaytt auff ainer meynung nit besteen noch sehen kan, was er saget. So kan er auch nit leügknen, das die gantze christenliche samlung den romischen stül für ain müter und oberhaubt bekennet und eret, züvorauß die auß swere der weg oder ander ferligkait, so darzwischen komen, daran nicht verhindert werden, wiewol auch die Indier 27 (wo änderst 3 die, so darauß gewandert kommen, die warhait sagen) sich (unangesehen die grosse schar und weyte über wasser und land, darzü so vil wüstnissen) dem romischen bapst unterwerffen. Derhalben wo der bapst ain sollichen weytlauffenden gewaltt nit auß bevelh Gottes noch auch mit gunst der menschen erlanget, sonder durch sein eygen macht erobert hat, so sag uns doch, Luther, wann unnd zu welcher zeyt er in die gewher und bosses b kommen sey ainer so grossen herligkait. Dann es kan ye die ankunfft 0 ain so mechtigen regiments nitt verborgen sein, züvorauß wo sich das bey menschen gedechtnis erhaben. Spricht er aber, es sey lenger, dann zweyer oder dreyr menschen gedechtniß erreychen mögen, so beweyß er uns das auß historien oder geschichtschreybern, kan er das auch nit anzeigen und die ankunft diser sach so gar veraltet, das sie auß der gedechtnuß gar und gantz komen ist, so solt er ye billich wissen, das alle recht setzen, welches gerechtigkaitt menschlich gedechtniß so weyt ubertreffe, das man ankunfft und herkomen nit wissen mug, die soll man für rechtfertig halten. Wie auch bey allen volckern verboten11 wirt, das die ding, so da lang unverruckt gestanden, niemant verrücken oder verändern sol. Nu ist das gewiß, war die alten geschichten ansichtt, das er darauß finden wirt, das vor langer zeyt und so bald nachdem die weltt ain wenig zu friden gesteh, nahet alle kirchen des christenlichen umbkreyse der römischen unterworffen gewest. Ja, auch die Kriechen selber 28 , wiewol sie das kaysertümb bey inen gehabt, außgenommen die schißmata, die züweylen unter inen erwachsen sein. Wie hoch auch der hailige Jeronimus 29 den gewalt der romischen kirchen gehalten, bezeüget er mitt dem, das er, wiewol er kain Romer was, noch dannocht öffentlich bekennet, das im nichtzit zu schaffen geb, wer sein glauben schelte, wann er allein von dem romischen bapst gelobet werd. Derhalben so Luther dem bapst frevenlich zusaget (wider sein aigen meynung, die er zuvor gehalten hat), das er gantz kain gerechtikeit über die christenlichen kirchen hab auch von menschlicher Satzung, sonder sich der tyranney mit eytel gewalt unterzogen, verwundert mich seer, wie gemelter Luther den leser so für leychtfertig oder unbesint gehalten, das wir im glauben wurden, das ain ainiger ungewapneter priester, der gar kain zeug oder kriegsvolck bey im gehabt (als die bapst im anfang gewest, ee das sie zu disem gewalt, davon Luther sagt, komen sein) auch ye in sein

z) rast a) vorausgesetzt daß d) gemeint: geboten

b) Possess, Besitz

c) der Beginn, Ursprung

Wie fer das bapstumb ausbreyt sey

Wie alt das bapstum her komen sey

Die Kriechen sind dem bapstumb underworffen. Waz Sant Hieronimus von dem bapstum halt

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I. Corint. X i n Lut. hat kein cristlich Hb bey im Luter ist dem bapst drifaltig verpflicht I. Reg. XV Deut. X V n

wi ghorsam sich Luter gegen den bapst gehalten

I. Reg. XV wie wir uns vor Luthern halten sollen Ro. V Psal. c v m

Heinrich Vili.: Schutz und Handhabung der sieben Sakramente

hertz genommen haben solt, das er an e alle gerechtikait oder titel über so vil bischoff, die im all gleichmessig, bey so mancherlay weyt umligenden volckern ain solichen grossen gwalt an sich bringen mocht. Wer wolte auch glauben, so vil volcker, stot, küngreich, land und leüt irer guter gerechtikait und freyhait so milt gewest sein, das sie einen frembden priester, dem sie nichtt verpflicht, so vil gewalts über sich selber einromen wurden, so vil er villeicht selber nit begert hette. Aber waz ligt uns daran, was Luther in disem fall haltt oder schreybe, der do vor zorn, neyd und haß selber nit weißt, was er halt, sonder scheinlich macht, daz sein kunst in im verfinstert, sein unsinnig hertz vertunckelt und im sein synn und verstand verkert worden sey, das er die ding thüt und redt, die sich nit gezym noch nutz sein. O, wie war hat der apostel gesagt: Wann ich hette prophecey und wüste alle heymlikait und alle kunst und wann ich hette allen glauben, also das ich auch berg umbkerte und die lieb nit doneben het, so bin ich nicht [l.Kor. 13, 2]. Von welcher lieb, wie weytf Luther sey, zeygt nit allein das an, das er selber irret, sonder auch menigklich mit im in yrthumb und verderbnuß füren will, in dem das er uns all von dem gehorsam des obersten priesters untersteet abzuwenden, dem er doch selber durch dreyerlay band verstrickt ist, nämlich als ain Christ, als ain priester und zum dritten als ein münch oder bräder, derhalben er auch dryfalltige straffe leyden soll. Dann er nit gedenckt, wievil der gehorsam bosser 8 ist dann daz opfer [1. Sam. 15, 22] und besinnet nit, dieweyl in Deutronomi geschoben steet, das ain yeder, der sich in hoffart emboret und sich gegen dem priester, so ainer yeder zeytt dienet, Got seinem herra ungehorsam erzeyget, durch urtail des richters getodt werden sol [5. Mose 17, 12], wie ain harte straff verschuldet dan der, der sich wider den allerhöchsten priester und lichter auf erden mit ungehorsam aufleynet? als Luther thüt. Dann do er von dem bapst berüffen worden mit anbietung der zorung und auf guten glauben, hat der brürer nit erscheynen wollen, dann mit aim sicheren geleyt 30 , und ergert noch heütt bey tag seines höchsten fleyß die gantzen kirchenn und beweget den gantzen corper zu widerstrebung des haupts, dem doch zu widersteen ain sund ist, so groß als zauberey, und nit zu gehorchen ain laster so groß als abgoterey [l.Sam. 15, 23]. Dem allem nach, dieweyl Luther auß neyd bewegt, sich selber in schaden fürt und dem gesetz Gottes nit will unterworffen sein, darumb das er villeicht ain new gesetz auffrichten will, so sollen wir Christen uns hüten, das wir nit wie der apostel sagt, durch aines menschen übertrettung alle mit sunden bestrickt werden [Rom. 5, 12], sonder sein boßhait hassen und schreyen zü Got mit dem propheten: Die boßhafftigen hab ich gehasset, aber dein gesatz hab ich gelibet [Ps. 119, 113]. Aber dise zwü Schlußreden von Verachtung des ablaß und nidertrukkung des obersten priesters oder seines gewaltes (von denen wir unser meynung auch erzelt haben), wie unchristenlich die ymmer sein, noch ist es alles ain schimpff gegen der abthüung der sacrament, damit Luther

e) ohne

f) entfernt

g) besser

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durch das gantze buch umbgeet, wolches buch er selber auch allein ain verleüffent spill und schertz nennet, villeicht gegen ainem andern nachvolgenden, darinn er mit ernst den gantzen glauben umbstossen will. Wiewol bey mir ein groß verwundern wer, wo er ymmer ichtzit mit grósserm ernst handeln oder so vil giftes außgiessen mocht, als diß gantze büch vol ist, in welchem er so bald im anfang uns auß siben sacramenten allein drey machet und darzü die allein ain zeytlang, damit er villeicht zu versteen gibt, das er auch dieselben kurtz hernach abthon woll. Dann er auch in disem buch ain wenig hieniden das ain auß gemelten dreyen außloschet, darauß wir mercken mügen, wie er mit den andern zweyen gebaren werd. Darzü er im bereyt den weg machet, so er spricht, wo er der schrifft nachreden solt, wo er nit meer dann ain sacrament und drey zeichen setzen.31 Derhalben wer fleyssig darauff mercket, welcher gestalt er dise drey sacrament handelt, es seyen nu drey oder eins und dreyerley zeichen, der wirt on allen zweyffel mitt der zeyt befinden, das sein gemüet unnd meynung ist, sie alle drey zu seiner zeyt hynweg zu thon. Damit aber, du leser, die behendigkait diser schlangen, begreyffen mügest, so merck im eben auff die spor und schleüch im gemelich nach. Doch so wander nit zu vermessen zwischen seinen dorn und distelhecken und streüchen, damit er deine ferssen nicht haimlich mit todtlichem gifft besprenge. Dann so er allein von dir erkennet, wirt er gantz feyg unnd von seinem aygen gifft darnider fallen. [...P Also haben wir dem leser in disem buch unsers verhoffens klar gnug angezeigt, wie ungebürlich und unchristenlich Luther die sacrament gehandelt hab, dann ob wir gleich nit alles das berurt, daz sein buch in sich helt, haben wir doch unsers bedenckens daz yen, das die sacrament belangt (dann wir uns auch weyter nit unterstanden), dermassen gehandelt, das wir, wo wir im nit zuvil, ye1 nit zu wenig gethan, und derhalben nit von noten lenger hie zu harren, wiewol uns nit beschweren solt, die sach mit argumenten, geschriben rechten, vátersprüch und bewerter schrift weyter außzubreyten, wo es bey Luthern nit vergebens und bey dem leser überflüssig wer. Dann wo wir uns understeen wollen, Luthern mit unser leer zu bekeren oder zu verandern, so ist vil müglicher, daz ain morJ sein schwertz oder ain leopart sein mackel k verandere, wo wir aber allein anzeigen wollen, wie feischlich und boßlich er die schrift außlege, damit niemant von im betrogen werd oder glaube, das waz guts an im sey, verhoffen wir, das ungezweifelt gelerter leut gnug sein, die (ob wir auch stillschweigen) daz wol werden wissen zu thon, vil baß dann wir. Ob aber ainer auch ander leüt meinung in dem gern hören wolt, dem haben wir unsers verhoffens anzeigung gnug gegeben. Dann dieweil auß den, das wir hie oben gehandelt, meniglich annemen mag, wie unchristenlich ding Luter geschriben hab von dem zarten fronleichnam Cristi, auß welchen die andern sacrament alle herfliessen, welcher wolte dann gezweifelt haben, ob wir schon weiter

h) einziges

i) aber auch, jedenfalls

j) Mohr

k) Flecken

Luther setzt nit mer dann ein . . h einig sacrament

Luters meynung ist, di sacrament alle abzüthon. Luther ist wie ein schlang zu flihen

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nichtzit darzü gethan hetten, wie unbillicher weiß er mit den andern sacramenten umbgeen wurd. Wolche er (als ir gesehen) also gehandelt hat, daz er außgenomen die tauf (die er dannocht auch übel außgericht, aller gnaden beraubt und zünichten, dann der büß zu smach verlassen) die andern alle gar1 abgethon und verkert hat, in eim daz zeichen, in den andern die sach an ir selber tadeln. So er doch in so grossen sachen nicht beweren™ noch aufbringen mag, damit er sein meinung befeste und nichtzit kan dann neyn zu sprechen und zu negirn alles, daz die kirch angenomen, geordnet und gsetzt hat, dann alles, daz von meniglich glaubt wirt, darf er allein mit losen Ursachen verspoten und gibt für, wie er nicht zulassen wol dann allein die klaren offenbare schrift, welche er doch selber, wo im ein ander die fürhelt, eintweder mit eim erdichten swanck verwürft oder spricht, der hab es nit also gemeint oder gschriben, den man im anzeigt. Unter den lerern ist kainer so alt, so heilig noch so glaubwirdig in hantlung" der heiligen schrift, den diser newe doctor (bey im selbs der allerheiligst und allergelertest) nit mit grosser bracht verwerffe. Dieweil er dann alle weit verachtet und niemants glauben wil, sol er nit zürnen, ob im widerumb auch niemant glaubte. Mit welchem ich so gar wenig lust hab, weiter zu disputirn, daz mich schier verdriesset, daz ich so vil mit im geredt hab, dann waz sol man mit dem handeln, der es nit allein mit niemant, sonder auch mit im selber nit helt, im selber entgegen ist und daz er ytzt redt, dann wider leücknet und herwiderumb, daz er itzt verneint, so bald darnach wider bejahet, welchen, so du im den glauben fürheltst, so wil er mit argumenten fechten, schlahest du in mit eim argument, so wil er mit dem glauben versetzen, allegirest0 du im die philosophes, so appelliert er auff die gschrifft, legest du im die geschrifft für, so betreügt er dich mitt sophistrey, dann er sich gar nichtzit schemet, nyemant fürchtet und kainem gesatz, recht noch richter unterworffen sein wil. Die alten lerer der kirchen verschmehet er, die jungen verspottet er 33 , den obersten bischoff verfolget er mit lesterungen, der christenlichen kirchen gewonheiten, 1er, Übung, gesatz, glauben unnd die ganntzen kirchen vernichtet er so gar, das er meint, es sey gar kain kirch, dann allein etwan zweyer oder dreyer ketzer, derf haupt er sey. Derhalben und dieweyll er ain sollicher ist, der gar nichtzit zulassen will, darauß man bestendig unnd gewiß mit im disputirn mocht, sonnder alle ding frey haben will, also das er sie, wann und wie offt im gelibt, bekennen und wider leügnen müg und weder mit menschlichen noch gotlichen grund, schritten, gesatzen oder übunge gebunden oder gefangen sein wil, ist mein gmüt nit weiter wider in oder seine machtlossen ketzereyen mit macht zu streytten oder ferne darwider disputiem, sonnder will ich alle christenmenschen erinnert unnd vermandt haben, das sie in meyden unnd fliehen, als ain gifftig pestilentz, dieweil er sich understeet, uns so grewliche und unchristliche leer in die kirchen einzüfuren. Dann dieweil man mit fleyß außrichten q soll, die so auch allein in ainem stuck

1) ganz p) deren

m) beweisen n) Behandlung, Auslegung q) ablehnen, bekämpfen

o) zitierst, erläuterst

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zwitracht unnd schissmata erwecken, wie mit grossem ernst und fleyß sol man dann den mit der wurtzel außreüffen, der nit allein für und für zwytracht annricht, das volckh wider den bapst, die kinder wider den vatter, die Christen wider den stathalter Christi bewegt und die ganntzen christenliehe samlung (wolche Christus durch seyn todt mitt lieb unnd freunndtschaft züsamen gebunden hat) durch auffrür, gezenck und hader wider aufftrennet, sonder auch alles, das do heylig in der kirchen ist, mit seinem ketzerischen gemuet, unreynen zungen und boßhafftigen henden besudelt und beflecket, wolcher, wo einicher trost, hoffnung oder zeichen seiner besserung verhanden wer, wolt ich alle weit ermanen, das sie sich des armen gebrechlichen menschen annemen und sich understienden, so best sie imer mochten, artzney und wider ein gesund gut gemüet in in zu bringen, damit er sein ketzerey widerrueffte. Ich vermerck aber, das noch alle zaichen (die zum tod dienen) an im sein, wolches ich nit allein abnem uß seiner seüch, wie todtlich die ymer ist, sonder auch auß im selber, dann er gar kain artzney zu im nemen noch die hand des artztes in yendert anregen lassen will, wie sol oder mag man den heilen oder gesund machen, der sich nit will lassen anrören? Oder wie sol man mit dem handeln, der do, so du in waz lerest, dein spotet, so du in warnest, zürnet er, so du in gütlieh ermanest, stopft er die orn zü. Wilt du in versunen, so wirt er ye lenger ye mer angezind. Bistu wider in, so wirt er gar töricht und wietend. Dann wer im in einicherley weg zü raten oder zü helffen gewest, waz hat doch der allergütigiste stathalter Christi unterlassen, damit er nach dem exempel seines hirten daz irrende schaff suchen, finden, auf sein achseln nemen und wider in den schafstal tragen mocht? Aber in hat leyder der hellische wolff fürkomen r , daz schaf verschluckt und in sein bauch gestossen, in dem er noch halblebend am tod ligt und nit deßweniger auß gemeltem wolfes greülichen rächen so grausamlich schreyet und heület wider den gutigen hirten, der im riieffet und sein verderben beweinet, daz auch die schaff alle ein verdrieß und entsatzung s davon haben. Dann wiewol in niemant beleydiget noch im einicherley ursach geben, noch dann1 hat er erstlich etlich artickel von dem aplaß auf ainer zedel 34 außgeen lassen, damit er im unter aim schein, als ob er daz gar güetlich meinet, ein weg machte, den bapst zü schmehen. Darnach hat er, gleich als ob er daz ampts halben und dem bapst zü eren thet, gmelte artickel seiner heilikait zü noch mer schmach und uneer gen Rom hinein zügeschickt35, als ob er sich des bapsts erkentniß underwerffen wolt, wiewol er die züvor mit etlichen züsatzen und glosen, die vil erger gewest dann die artickel an in selbs, gemeret 36 , damit ein yeder versteen mocht, daz bapstliche heilikeit nit von eim güten fromen man rats gefraget, sonder von eim schalcksbrüder oder losen büben verschimfirt und so für alber gehalten wurd, daz er die sach nit mercken solt oder ein solich ungehorte injurien für ein eer achten und seinen spoter den bart darreichen wurd, biß er im den gar außreüfte. Wo nu der bapst solichs nit verschuldet, warumb hat dann der unartige sun

r) zuvorgekommen

s) Entsetzen

t) dennoch

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seinen vater mit solicher schmach und schäm begossen? Und ob gleich zu Rom etwas ungeschickts gewest, das anderung unnd bosserung" bedorfft hette, noch dan, wo Luther ain redlich man wer und im der christenhait Sachen so groß zu hertzen giengen (als er sich romet), solt er nit sein eer und glori mit der gantzen christenlichen gemain schaden gesucht und im durch solich loterisch affterkosen selbs ain rom v under dem gemeinen bofel gemacht, noch seines vaters (der do villeicht schlieffe) schäm spotlicher weiß vor allermeniglich entdackt und mit dem finger darauf gezeigt haben, sonder sich davon abwendende lieber bergen" wollen, und sein heilikait eintweders gegenwertig oder durch schlifft, erstlich haimlich unnd mitt zimlicher reverentz vermanet haben, nach dem gebot des apostels [Rom. 13, 1—7], der uns leret, daz wir die oberkait nit verspotten, nit straffen oder versprechen", sonder sie demütiglich und umb Gottes willen bitten sollen, wolches, wo das also von Luthern geschehen wer, bin ich ungezweifelt, unser allerhailigster vater, der bapst, als des gutigkait meniglich bekant ist, wer y davon erwachet, hette seinen sun Japhet gebenedeyet, im umb sein wolthat danckbar gewest und in nit so zorniglich vermaledeyt [ l . M o s e 9, 23—27]. Wolches dannocht dem spoter noch so bald nit geschehen, dann sich sein heilikait des armen menschens erbarmet und mer zu hertzen gefüert, das z er sein sun, dann daz er sein lesterer wer und derhalben erstlich durch erlich und glaubwirdige manner (die er2 nit wirdig was anzusehen) mit im handeln lassen 37 , das er von seiner boßhait absteen wolt, wolches hailsamen rat er nit allein nit volgen wollen, sonder auch den römischen legaten, der sich umb seinetwillen seer müehet, verschumpfirt und so bald ein new buch außgeen lassen, darinn er des bapsts macht und gewalt gar und gantz umbstossen wolt 38 . Darauff er dann gen Rom gefordert worden, das er eintweder ursach und grund anzeigte seiner schrifften oder das, so er vermessen und frevenlich geschriben het, widerriieffte mit gnügsamer Versicherung, daz er ungestrafft bleiben solt, ob er gleich straffwirdig befunden wurd, und darzü anbietung, kost unnd zerung auff dem weg hin und wider 39 . Aber der brüder, zu aim zaichen seines grossen gehorsams und demüetigen hertzens, hat solichs nit annemen noch änderst zu dem bapst komen wollen dann mit küniglichem gebreng und mit aim gantzen hauffen kriegsvolcks begleyt und umbgeben, sonder hat der listige man appellirt an ain zükiinfftig concilium und dannocht nit an ein yetlichs, sonder allein das so nechst in den heiligen gaist versamelt wurd 40 , damit er, in wolchem er verdamet wurd, alweg sagen mocht, das es nit in den hailigen gaist versamelt gewest wer, wolchen diser hailig und gaistlich man nit glaubt bey yemant andern zü sein dann allein in seinem büsen. Derhalben und dieweil er so offt und dick er erinnert worden, von seiner boßhait abzulassen, so offt unnd dick alwegen was ergers erfunden und ain boßhait mit der andern gehauffet hat, ist entlich der allergutigiste hirt bewegt worden, diß reüdig schaff, an dem alle artzney verloren, auß

u) Besserung sches verbreiten

v) Ruhm y) wäre

w) verbergen x) im Sinne: verunglimpfen, Falz) als ob a) d. h. Luther

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dem gemeinen schaffstal (damit es die andern nit auch verunreynete) ußzütreyben und seines sunns Absolons tod (dieweil er bey dem leben nit erhalten mocht) zu beweynen, do er den gesehen an aim bom hangend mit seinem schönen har, darinn er thorlich stoltzirt het [2. Sam. 18, 9. 32; 19, 1]. Als nu Luther vermarckt, das er auß der geselschafft der glaubigen außgeworffen 41 , hat er gethan, alsb die verstockten all pflegen, die, so sie genidert0 werden, sich so bald aller eer verwegen und verzeyhen. Dann er nit erseüfftzet noch sein fall beweynet hat, durch wolchen er wie Lucifer erhöhet gleich als der blitz wider darnider geschlagen und gefallen ist, sonder hat wie der teüffel verzweyfelt und selbs auch zu aim teüfel, das ist zu aim lesterer worden, dann er nit allein den bapst geschmehet und gelestert, sonder auch auß teüffellischen neyd, gleich wie die alte schlang den fromen Christen ain luder gelegt und strick des unglaubens und ketzerey fürgeworffen, damit sy das verboten holtz der schedlichen kunst kostende auß dem paradeiß (darauß er vertriben) sampt im Verstössen wurden auff die erden, die inen dorn und distel triege 42 . Nu ist mir fürwar dise grosse torheit und erbermlicher fal diß menschen treulich laid und wolt im wol gunnen, das im Got noch heüt bey tag gnad verlihe, sich selber zu erkennen, zu bekeren und zu leben, und das nit allein umb seinetwillen (wiewol ich auch sein unnd aller menschen hail gern, wo es müglich) erfaren wolt, sonder daz ich hoff, wo er sich bekert und wie der verloren sun seinen gutigen vater umb gnad bete, er mochte noch vil leüt widerbringen, die er in yrthumb gefüert. Wo er sich aber in seiner torhait so gar vertieft hat, das der brunn des unglaubens und Verzweiflung sein lid oder decke über in beschlossen und gar zügedackt hat, so blauder, sehend, lestere unnd wiet er, wie lang er woll, damit der, so im quat d ist, ye lenger ye mer besudelt werd. Aber die andern fromen Christen all bit ich umb Gots und der glider Cristi willen, des namen wir bekennen, das sie ire oren von seinen ketzerischen Worten abwenden und im nit helfen, zwitracht und unainikait zu machen züvoran diser zeyt, in wolcher groß von noten, das wir Christen wider die veind Christi eintrechtig seyen. Dergleichen das sy auch wider den stathalter Christi nit zuhören wellen den scheltworten, schmach und injurien, so diser zornig brüder dem bapst nachredet, und ire hertzen (die da Christo gehailiget sein) nit mit unchristenlicher ketzerey vermackeln 6 wollen, dann wolcher soliche ding seet oder außbreyt, der hat kain christenliche lieb bey im, sonder blaset auff sein eygne glori und eer, ist kalt an vemunft und brind vor neyd und haß. Entlich mit was gemüet sie sich wider die Türcken, Saracener und alle ungläubige stellen wölten, ains solchen gemüetes sollen sie auch sein wider disen eynigen brüder, der ob er gleich schwach an krefften, so ist doch sein gemüet erger unnd schedlicher dann alle Türcken, alle Saracener und alle ungläubigen, wo die immer sein oder wonen. Finis 43

b) wie

c) erniedrigt

d) Kot

e) beflecken

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Heinrich Vili.: Schutz und Handhabung der sieben Sakramente

A) Vorbemerkung Druckvorlage: Schutz vnd handtllhabung der siben Sacrament II Wider Martinum Luther/ vö dem aller vnüberwintlichi=llsten Künig zu Engelandt vnd Franckreych. vnnd herrn in II Hibernia/ herrn Hainrichen dem achten diß namens ausz=llgangen. II M:CCCCC.XXII. II [Wappen] II [Augsburg: Johann Schönsperger d. J. 1522.] 4° 68 Bl. Sign.: A - R 4 . - VD 16 H 2170. Köhler 1531. - SB München: 4° Polem. 1534. Zur Entstehung: Anlaß für die Schrift Heinrichs VIII. (geb. 1491, 1509-1547 König von England) war die im Oktober 1520 erschienene „De captivitate Babylonica ecclesiae praeludium" Martin Luthers (zu ihr R. Mau in: Delius, Luther, Bd. 2, S. 168ff. ). Der König war Ende Januar 1521 durch seinen Gesandten bei Kaiser Karl V., Bischof Cuthbert Tunstall, aus Worms über das Erscheinen der Lutherschrift unterrichtet worden. Am 16. April 1521 informierte der königliche Sekretär den englischen Kardinal Thomas Wolsey darüber, daß Heinrich VIII. gerade dabei sei, die „Babylonica" gründlich zu studieren und eine Entgegnung zu verfassen. Der König hatte bereits früher die Absicht geäußert, gegen Luthers Ablaßthesen von 1517 zu schreiben. Möglicherweise gehen die beiden ersten Abschnitte unserer Schrift, zu denen die „Babylonica" allein kaum Anlaß gegeben haben dürfte, darauf zurück. Aber erst die „Babylonica" gab den Anstoß zu scharfen Reaktionen. Heinrich beauftragte Wolsey mit der Bildung einer Kommission, die alle Schriften Luthers prüfen sollte. Am 12. Mai 1521 veranstaltete Wolsey in der Londoner St.-Pauls-Kathedrale eine Art Tribunal gegen Luther und exkommunizierte ihn und seine Anhänger. Am 21. Mai schrieben Heinrich VIII. und Wolsey gemeinsam an Papst Leo X. nach Rom, wobei der König sein Buch ankündigte. Am 12. Juli 1521 erschien in London der Erstdruck der „Assertio Septem Sacramentorum adversus Martinum Lutherum". Am 15. September übergab der englische Gesandte in Rom das Buch feierlich Papst Leo X., der dafür dem König am 2. Oktober 1521 den erblichen Titel „Defensor fidei" verlieh. Bereits im Dezember wurde Heinrichs „Assertio" zusammen mit der Rede des englischen Gesandten und einer Bulle Leos X. in Rom nachgedruckt (Edition in CCath 43, 1992); weitere Nachdrucke erschienen 1522 in Antwerpen sowie — wohl veranlaßt von Thomas Murner — am 9. August 1522 bei Johann Grüninger in Straßburg. Murner, der zuvor eine deutsche Übersetzung von Luthers „Babylonica" herausgebracht hatte, übersetzte danach auch die „Assertio", die unter dem Titel „Bekennung der sieben Sakramente wider Martinum Lutherum" am 8. September 1522 ebenfalls bei Grüninger herauskam. Doch bereits zuvor hatte Herzog Georg von Sachsen durch Hieronymus Emser eine erste deutsche Übersetzung unter dem Titel „Schutz und Handhabung der sieben Sakramente . . . " anfertigen lassen (Datum der Vorrede 10. Mai 1522), die Ende Juni 1522 bei Johann Schönsperger in Augsburg erschienen war. Aus ihr drucken wir Auszüge. Literatur: Doernberg, S. 1—26; Tjernagel, Henry VIII, S. 3—16; Einleitung von P. Fraenkel zur Neuedition der „Assertio" in: CCath 43, S. 1—48. Zu den Ausgaben auch WA 6, S. 494f.; WA 10 II, S. 175f.

B) Sacherläuterungen 1 Barbara (1478—1534), Tochter des Jagellonenkönigs Kasimir IV. von Polen, seit 1496 Gemahlin Herzog Georgs von Sachsen. Zu den folgenden genealogischen Andeutungen vgl. B. Sokop, Stammtafeln europäischer Herrscherhäuser, T. B, 2. Aufl., Köln/Graz 1989, Tafel 73.

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2 Hieronymus Emser (1478—1527); zu ihm vgl. oben Nr. 8 Zur Entstehung; Nr. 9 und 12. 3 Heinrich VIII. (1491 — 1547), seit 1509 König von England; vgl. auch oben Zur Entstehung. 4 Leo X. (1475—1. Dez.1521), Papst seit 1513. In der im folgenden genannten Bulle vom 11. Oktober 1521 erhielt Heinrich VIII. formell den erblichen Titel eines „Defensor fidei"; allen Lesern seines Buches wurde ein zehnjähriger Ablaß gewährt. Diese Angaben deuten darauf hin, daß Emsers Übersetzung die römische Ausgabe von Heinrichs „Assertio" vom Dezember 1521 zugrundegelegen hat. 5 Ein Zeitraum von 40 Tagen für Bußübungen. 6 Heinrich VIII. schwebte eine spektakuläre öffentliche Präsentation seines Buches durch den Papst vor. Darüber kam es zwischen dem englischen Gesandten und dem Papst in mehreren Privataudienzen zu zähen Verhandlungen, die schließlich zu einer Präsentation ausschließlich vor dem Kardinalskollegium führten (vgl. Doernberg, S. 17). 7 Gemeint ist wohl die Bannandrohungsbulle „Exsurge Domine" vom 15. Juni 1520 (ed. CCath 42, S. (317) 3 6 4 - 4 1 1 ; vgl. dazu auch oben Nr. 4), da die eigentliche Bannbulle erst nach der Abfassung von Heinrichs Schrift veröffentlicht wurde (vgl. dazu unten Anm. 25). 8 Luthers „De captivitate Babylonica ecclesiae . . . " (vgl. oben Zur Entstehung). 9 Der mehrköpfige Hund, der nach der griechischen Mythologie den Eingang des Hades bewacht. 10 Vergil, Publius Maro ( 7 1 - 1 9 v.Chr.), Aeneis. 11 Aurelius Augustinus (354—430), bedeutendster lateinischer Kirchenlehrer. Dem im 13. Jh. nach ihm benannten Bettelorden gehörte Luther an. Zum im folgenden erwähnten Widerruf seiner Irrtümer vgl. die „Confessiones", bes. Buch 10 (Migne PL 32, Sp. 659-868, bes. 779ff.). 12 Delius, Luther, Bd. 2, S. 173; WA 6, S. 497: Indulgentiae sunt adulatorum Romanorum nequiciae. 13 Vgl. z. B. Luthers Widmung an Papst Leo X., die er seinen „Resolutiones disputationum de indulgentiarum virtute" von 1518 vorangestellt hat (WA 1, S. 527-529). 14 Vgl. z. B. Luthers überzogene Reaktion vom September 1519 auf Emsers mehr versöhnlichen Brief an den Administrator des Prager Erzbistums Johann Zack „Ad aegocerotem Emserianum M.Lutheri Additio" (WA 2, S. 658—679; dazu auch oben Nr. 8). 15 Heinrich könnte sich hier auf die 95 Thesen Luthers beziehen (Delius, Luther, Bd. 1, S. 173ff.; WA 1, S. 233ff., z. B. Thesen 5 - 7 , 20, 34, 61, 69, 71), jedoch ausschließlich im Hinblick auf den Straferlaß; den Schulderlaß hat Luther bereits in den Thesen verneint (Th. 76). Im folgenden Sermon von Ablaß und Gnade ist Luther auch im Hinblick auf den Straferlaß zu weiterer Klarheit gelangt. Dort räumt er zwar noch ein, daß der Ablaß als „nachlaßung gutter werck und heylsamer peyn" verstanden wird, wendet sich aber gegen ihn, da eine Nachlassung verwirkter Strafe allein Gott zustehe, und rät dringend vom Ablaß ab (Laube/ Looß/Schneider, Bd. 1, S. 52; WA 1, S. 244. Vgl. auch die „Resolutiones" - wie Anm. 13 - WA 1, S. 522ff). 16 Vgl. Delius, Luther, Bd. 2, S. 172; WA 6, S. 497. 17 Vgl. Anm. 13; später auch Luthers Sendbrief an Leo X. im Zusammenhang mit der Übersendung des Traktats „Von der Freiheit eines Christenmenschen" (WA 7, S. 3 - 1 1 u. 4 2 - 4 9 ) .

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Heinrich VIII.: Schutz und Handhabung der sieben Sakramente

18 Vgl. z. B. den Sermon von Ablaß und Gnade, Art. 18 (Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 54; WA 1, S. 246); zuvor schon These 8 - 2 9 aus Luthers 95 Thesen (vgl. oben Anm. 15). 19 Sohn der Finsternis, Gott des Spottes und des Tadels. 20 Vgl. Delius, Luther, Bd. 2, S. 173; WA 6, S. 498. 21 Ebd.: Papatus est robusta venatio Romani episcopi. 22 Vgl. Luthers „Resolutio . . . super propositione . . . de potestate papae" vom August 1519 (WA 2, S. 180-240, bes. 217), wo das Papsttum als menschliche Einrichtung wie andere politische Ordnungen verstanden wird. Später (1520) auch in „Von dem Papsttum zu Rom" (WA 6, S. 300). Zu den Kontroversen um dieses Thema vgl. auch oben Nr. 2. 23 Vgl. Luthers Auslegung des 109. Psalms von 1518 (WA 1, S. 697), seinen Galater-Kommentar vom Frühjahr 1519 (WA 2, S. 605), seine Erklärungen auf der Leipziger Disputation vom 5. Juli 1519 (WA 2, S. 275, 278f.) sowie Verklärung etlicher Artikel in seinem Sermon vom heiligen Sakrament vom Januar 1520 (WA 6, S. 7 8 - 8 3 ) . 24 Vgl. Luthers „Sermo de virtute excommunicationis" vom Mai bzw. August 1518 (WA 1, S. 6 3 8 - 6 4 3 ; dazu auch Brecht, Luther, Bd. 1, S. 232f.); ferner Luthers Sermon von dem Bann von 1520 (WA 6, S. 6 1 - 7 5 , bes. 67f.). 25 Die Bannung erfolgte offiziell per Bulle „Decet Romanum Pontificem" vom 3. Januar 1521 (ed. CCath 42, S. (445) 457-467), die aber erst im Oktober 1521, d. h. nach Heinrichs Schrift, veröffentlicht wurde. Luther galt jedoch allgemein — wohl auch bei Heinrich VIII. — bereits zuvor als gebannt, nachdem er den in der Bannandrohungsbulle „Exsurge Domine" vom 15. Juni 1520 (veröffentlicht am 24. Juli in Rom, Ende September in Sachsen; vgl. auch oben Nr. 4) geforderten Widerruf verweigert und die Bulle am 10. Dezember 1520 in Wittenberg öffentlich verbrannt hatte. 26 Gemeint sind wohl Luthers „Adversus execrabilem Antichristi bullam", in deutscher Fassung „Wider die Bulle des Endchrists" vom Oktober 1520 (WA 6, S. 595—612, 613—629) sowie „Grund und Ursach aller Artikel, so durch Römische Bulle unrechtlich verdammt sind" (Januar/März 1521), ebenfalls in lateinischer und deutscher Fassung (WA 7, S. 9 1 - 1 5 1 , 299-457). 27 Anspielung auf die beginnende Amerika-Kolonisation, die gemäß einer Bulle Papst Alexanders VI. (1492—1503) von Beginn an auch von Mission begleitet war. 28 Heinrich greift hier offenbar auf eine Bemerkung Luthers in seinen „Resolutiones" (vgl. Anm. 13) zurück, wo dieser darauf hingewiesen hatte, daß die römische Kirche zur Zeit Gregors I. (um 540—604) keine Oberhoheit über die griechische Kirche besessen habe. Eck hatte das zum Anlaß genommen, um Luther des Angriffs auf den Primat des Papstes zu bezichtigen. 29 Der in der römischen Provinz Dalmatien geborene Hieronymus Stridonensis (um 347—420), einer der vier großen lateinischen Kirchenlehrer, der vor allem in seinen Briefen an Papst Damasus (366—384) diesem überschwenglich seine Ergebenheit bekundete und in dogmatischen Streitigkeiten dessen Urteil über alles stellte (Migne PL 22, z. B. ep. XV u. XVI, Sp. 355-359). 30 Heinrich bezieht sich wohl auf den Text der Bannandrohungsbulle, wo Luthers Reaktion auf die (nicht mehr erhaltene) Ladung nach Rom vom August 1518 gemeint ist (vgl. unten Anm. 37). 31 Delius, Luther, Bd. 2, S. 178; WA 6, S. 501. 32 Es folgt eine ausführliche (rd. 55 Bl.), aber nicht sehr tiefgründige Behandlung der sieben Sakramente (in der Reihenfolge Leib Christi einschließlich Messe, Taufe, Beichte oder Buße, Firmung, Ehe, Weihung oder Ordinierung, letzte

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Ölung) mit weiterer scharfer Polemik gegen Luther. Dabei zeigt Heinrich eine breite Kenntnis der Patristik, der Bibel und der scholastischen Literatur (rd. 100 Bibelverweise, fast 70 Zitate verschiedener Kirchenväter), was — besonders auch bei Luther und den Zeitgenossen — Zweifel an seiner Autorschaft genährt hat. Die neuere Forschung spricht sich jedoch entweder für den König als Autor aus oder für eine kollektive Autorschaft unter Federführung des Königs. Zur Unterscheidung von alten und neuen Lehrern vgl. oben Nr. 1, Anm. 3 und 14. Gemeint sind die 95 Ablaßthesen (vgl. oben Anm. 15). Die „Resolutiones" mit einer Widmung an Leo X. (vgl. oben Anm. 13) sandte Luther an Johann von Staupitz (um 1460—1524), den Generalvikar der Augustiner-Observanten, zur Weitergabe an den Papst. Der „Sermon von Ablaß und Gnade" (Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 51 ff.; WA 1, S. 239f¥.) sowie die „Freiheit des Sermons päpstlichen Ablaß und Gnade betreffend" (WA 1, S. 383ff.). Das folgende hat Heinrich VIII. der Bannandrohungsbulle entnommen (vgl. oben Nr. 4, S. 117 f.). Insofern können bei den erwähnten Ereignissen und Schriften nur solche vor Juni 1520 gemeint sein, hier wohl das Augsburger Verhör Luthers durch den päpstlichen Legaten Thomas de Vio (1469—1534), genannt Cajetan, vom 12. bis H.Oktober 1518 sowie die Unterredungen mit dem päpstlichen Kammeijunker Karl von Miltitz (ca. 1490—1529) am 5./6. Januar 1519 in Altenburg und am 9. Oktober 1519 in Liebenwerda, möglicherweise auch die Leipziger Disputation vom 27. Juni bis 15. Juli 1519 und Johann Eck, der damals aber noch nicht als päpstlicher Nuntius auftrat. Vgl. Anm. 22. Bezieht sich auf die erste (nicht überlieferte) Vorladung nach Rom, die Luther im August 1518 erhalten hatte. Luthers „Appellatio... ad Concilium" vom 28. November 1518 (WA 2, S. 3 4 - 4 0 ) . Vgl. oben Anm. 25. Vgl. die Antworten Luthers auf die Bannandrohungsbulle (oben Anm. 26) sowie die „Babylonica" als Anlaß dieser Schrift. In der von Murner übersetzten Grüninger-Ausgabe (vgl. oben Zur Entstehung; Expl. der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz, Berlin, Cu 3100 R) folgen zwei Briefe von Erasmus von Rotterdam an Erzbischof Warham von Canterbury und an Lord William Mountjoy, in denen Erasmus Heinrich VIII. als Beschirmer des Glaubens und Vorbild für andere Fürsten rühmt. Luther habe die Krankheit der Kirche gesehen, ihr aber die falsche Arznei verordnet, habe die Krankheit verschlimmert und die Welt aufrührig gemacht. Er weist das Gerücht zurück, Förderer Luthers zu sein.

Reformation

Paul Bachmann: Martin Luther, wie es ein Mann sei und was er führt im Schilde Paulus Amnicola wünschet seynem frund N. 1 vil heils und selikeit in Christo. Dein schreyben an mich gethan hab ich nach unser fruntschafft tzum besten angenommen, das du aber meldest, dich vorwunder, worumb ich schwacher und weniger mit schlifft gewappent mich understehe, den starckenn und vast a wol geharnsten b resen 0 Lutherum antzutasten, ßo under villenn umb unnd umb in den Universitäten gros gelarten und der schlifft hoch vorstendigen wenig befunden weder11 Martinum schreibende, und tzummal dyeweyl myr nicht vorburgen ist, wie Luther genigen e , ßo weder ohn schreyben, ausrichte und beschigke f , ab myr villeichte auch gelybe, Scheltwort und lesterung tzu entpfaenn, mich auch enthlich vormanende, ich wolt myr frede belieben lan und mit diesem thun stillestan etc. mit weyternn wortenn. Ich bedancke mich erstlich deyner vormanung ßo groß, wyevil dye selbige auß rechter warer fruntschafft, christlicher entzundunge und nicht vertzagunng ader unheyschliche blodykeyt entspringet und gehet, begerende diese meyne antwort von dyr auch an bestenn orth tzu stellen8. Szo h Luthers thun nicht ßo gantz tzu nachteylung were christlichem geßetze, tzu abtreybung frydes, eynigkeyt und loblicher bißher gehaltner observantz1 in der kirchen, achtet ich auch nicht allein überflüssig, unnutz, sunder vormessenlich, trotzlich und unweislich in den handel sich tzu gehen. Nu ist Luthers wergk eynn solches, das es billich vonn itzlichem christlichen menschen widderrede unnd widerstanth entpfahe. Wer sich meyn schemet und meyner wort (sagt Christus [Mark. 8, 38]), den weyß ich auch nicht noch hie noch dorte. Eyn itzlicher sal dorwidder erbeyten, und ob ers auch nicht brengen kan, dohin es kommen solt. Paulus sagt nicht, l.Corin. 17 (!) das er fruchtbarlicher den andern aposteln, sunder überflüssiger-' geerbet hab [1. Kor. 15, 10]. So wil Christus von itzlichem, das er unchristlich vornemmenn widderrede, widderspreche und dar keine erbeyte, ab ers auch gleich nicht möge verhindern. Sunder15 das du myr sagest, vil in der univerAd Philip 2 sitaten tzu Luthers thun schweigen, schtee an eynen ort. Paulus saget: Omnes querunt que sua sunt etc. Alle suchen was ir ist, nicht was Jhesu Christi [Phil. 2, 21], welche der prophet Ezechiel strafft am 13. ca. also sprechende: Ir habt nicht dargeigen ader darwider gestanden, auch nicht geleget eyne mauer vor daß hauß Ißrahel, das yr stund im streyth am tage des herren [Hes. 13, 5], In diesem vall den glauben betreifenden, hat itzlicher tzu bedencken, was ohm tzustehet, nicht was ander thun ader lassenn. Wer weiß, ob villeicht auch vonn wegenn unser sunde Luthers vorgiffte

a) sehr b) geharnischten c) Riesen, Reisigen (Bewaffneten) d) wider, gegen e) diejenigen f) abfertige, zurückweise g) im Sinne: wohlmeinend anzunehmen h) wenn i) Herkommen, Brauch, Achtung der Regeln j) mehr (als sie), übermäßig k) Aber

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lere durch schweigen der gelarten und vorseumligkeyt der prelaten ßo tiff gewortzelt hat. Der prophet Ezechiel ward umb sundt des volks von Gote gestrafft, seyne tzunge hingen am gaum, er wart stum, mochte widder 1 straffen noch scheiden [Hes. 3, 26]. Paulus sagt: Es muß ketzerey seyn [1. Kor. 11, 19] und gebeut doch Tito, das er den ketzer meide [Tit. 3, 10], Ab nu unser sunde solchen irthum hat verdynet, dennoch sal eyn itzlicher gotfurchtsamer mensch noch mogligkeyt darwidder stehen. Demnach, was mir vor scheltworten, vortutzunge™ und lesterunge ob meynem schreyben bekumpt, sal ich gleichmutig tragen. Altzeit haben die abtrynnugen und fluchtigen von dem glauben die rechtgläubigen vorvolget, vorspottet mit singen und sagen, des ich geschweige der heiden, ßo sich vilmals gein" dem israhelischen volcke mutwilliglich aufleinten on uffrucketen, vorwurffen. Ubi est deus eorum, in ecclesiastica historia tripartita 2 , dy Arriani 3 spotlich sungen und sagten von den rechtglaubigenn. Desgleychen auch dy Julianisten 4 sungen: nunc fabri filius quid putas agit, vi. histo. ecclesiastica 5 . Dorumb mussenn wir uns nicht verwundern nach tzuvil blind seyn, was woltenn wir thun, wan das schwert gein uns schimmerte, ßo wir, umb Scheltwort unnd lesterung tzu vormeyden, unß furchten und schemmen den glauben tzu bekennen. Von leychtfertigen, abtrynugen, ungelaubigen mensehen geschulden 0 , gelestert, geschent werden, ist nicht unerlich. Ja mhe erlich. Es ist ein tzeichen und getzeugnis, das wir ihrem sundtlichen, boshafftigen thun entgehn und widderstreben, widerstan. Szo ihr von der werlth weren (spricht Christus), werde die werlt lyben, das ihr ist, aber ihr seyt nicht von der werlt, darumb hast euch dye werlt [Joh. 15, 19]. Alle, dye do wollen christlich leben und Christum vestigklih bekennen, werden vil vorvolgung leyden, ßo wyr Paulo glauben, sunder boße menschen und vorfurer werden in boßheyt wachsen und tzunemen, irrende und in irthum furende. Wer auß Got ist, der wirt mit Thimotheo bleiben in dem, das er gelernet hat etc. [2. Tim. 3, 12—14]. Mir ist auch nicht vorborgen Luthers geschiglikeith. Ich weis wol, das er vast stargk geharnyscht und gewappent ist mit tugk, list und gifft der alden schlangen, dem heupt doch das weib zeknyrst und tzureybet [ l . M o s e 3, 1—7]. Goliad, mit pantzer unnd heim versichert, dy scharen Israhel schentlich vorsprechende und lesteynde, von David blos an p hämisch entlich erschlagen warth [1. Sam. 17]. Und ab der keyns Luthero von myr widdervhare, ßo wil ich doch noch christlicher pflicht den glauben, ßo yn myr ist, in diesem und andern schreyben bekennen, gleych eynem hundeleyn, daz dem wolfe nachleufft und anpilt, ab q es den wolf nicht beisset, ßo ist es ehn doch melden, domit ich entlediget sey und geschweyet von dem Scheltwort und straffung des propheten Esaie, es seint stumme hunde, mogenn nicht bellen, schlaffende und liebende den schlaff, unnd allerunschamhafftigiste hunde, können nicht vol und sath werdenn etc. [Jes. 56, 10. 11], Diß mein gemut hab ich dyr auff dein schreyben wollen tzu vorstehen geben, magt r das auffnemmen und richten

1) weder p) ohne 24'

m) Beschimpfung, Unterdrückung q) auch wenn r) (Du) magst

n) gegen

o)

gescholten

Ezechi. 3

Ad Titum 3

Johan. 17 (!)

2. Thimo. 3

Gene. 3

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nach deynem gefal, es ist myr vor das wenigste, ßo ich von dyr andern geurteylt ader genichts werde, der mich rieht ist eyn her. Domit Goth entpfolen etc. Gebenn eylende etc. Hören ir himmeln, hören erden, was will sich machen, was wil werden, eyn nauwer prophet ist erstanden, alhye bey unß in dießen landen. Er vahetz' seltzem an und treybt gwyr, macht manchen menschen im glauben ir. Er ghahet dye lenge und dye quere und sagt uns vil der nawen mere, welche die alden in der gschrifft nicht han gegrundt, wunder iß, von wan es yhm tzukümpt. Scorna" Ach wy hat Got dy kyrehe so lange vorlassen und sich tzu den altvettern nicht woln massen und ohnv dye warheyt ßo lange verborgen byß Luther erwacht ist, fru heut morgen. Ir moget euch freuwen umbiegende lande, werdt des propheten wenyger eer han denw schände. Dye Bhemen6 haben sehyr gebrauwen auß, schicken unß kessel und pfannen hyrauß. Wyr sollen auch eyn weyll syden und kochen, barmhertziger Got, laß nicht ungerochen", laß deyn gotlichen tzorn, ßo wyr vordyn han, vharenn, bißy unß in frede, eynigkeyt und rechten glauben bewaren. Ich wil dyr nach mhe von dem propheten sagen, sichz, er fert daher auff gumpels wagen7, er hat tyff in den sandt gesenckt, vill narren han sich an den wagen gehenckt. Darffst dich des nicht vast vorwundern Math. 18 Necesse est ut veniant scandala [Vg.: Matth. 18, 7] Ecclesiastici 1 Stultorum infinitus est numerus [Vg.: Eccl. 1, 15]

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bey diesen tzeitten und unssern stunden, so dye weit yhe mit boßheit beladen ist, warlich heut am meisten tzu dieser frist. Dorumb mags nicht seyn, sye muß ergernis han, aber w e e dem menschen, der es machen kan.

Ecclesiastes, der weyse, saget alsuß, untzelich ist der narren numerus, dorumb volgen vill den wagen noch, den tzu auffrur und nauwen meren ist joch. Sye werden noch wylde spyll machen, daß der boße geyst in der hellen wirt lachen, vil jammers und noth erwecken,

s) abgelehnt, evtl. auch Druckfehler für „gericht" t) fangt es u) spöttisch gemeint, Stichelei v) ihnen (den Vätern) w) denn, als x) ungerächt y) tue z) siehe

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wer weyß, wye fern sichs noch wirt streckenn. Luther mit Lotherer seynem frunde gut übet groß hoffart und treybet vil ubermut. Es ist ohm nicht gnung an dem geschwetz, daß er saget: bebstliche gwalt sei nicht von gotlichem gesetz8. Er hat christlich furstenthum mhe geschant, hat bebstliche bucher, decretales vorbrant, daß er ja seyns bedunckens ursach vorstellt9, er hat sye aber auß sathans register getzelt. Ich wenne3 seyn caput eteroclitumb und stultzen muth, auß welchem er dye schlifft frefflich beugen thut und noch seynem gefallen tzwingen, der alden schlangen lydleyn singen, darumb dye Ursachen, dye er geytc, seynt der warheyt ledig und queytd. Er nympt auß falschem gründe und vortzelt sye mit logenhaftigen munde. Daß salt du liephaber der warheyt ßo vorstan, sich6, wer nicht ist den christlichen glauben han, der mag das ewangelium leichtlich vordampnen, als denn thun dye ungelaubigen alle sammen. Also Luther ungläubig, daz oberkeit von Chr(isto) sei aufgericht, entzeuget er dem babst reverentz, gehorsam, christliehe pflicht. Dovon wil ich mit Luther reden eyn ander stundt, so myrs wirt nachgelassen' und vorgundt. Den grünt seyns unglaubens wil ich gar tzubrechen, dy ketzerischen artickeln, darauß flissende, schwechen. Auff dyß mal byn ich alleyn daß vortragen und von dem unchristlichen vorbrennen sagen. Solt es weltlicher oberkeyt haben gethan10, wye baldt wer om worden seyn vordynt Ion. Er ist aber vol tockheyit und der schlangen gyfft, weyß wol, wye er am sichersten antrifft. Luthers hoffart ist sich wol vorgleychen, Core, Dathan, under dem fusse dye erdt was weychen. Er macht auch mehr thoren und äffen, sagt alle getaufft seyn pfaffen 11 , yhm ist der glaub gnung und alsatt, acht nicht, was prelaten und kyreh geordent hat, vasten, betten, vota und ander ceremonias ist er vorlachen und gybett ohn den haß.

a) wähne, glaube b) Schwindelkopf f) zugelassen, erlaubt

c) gibt, angibt

d) quitt

Numeri XVI [4. Mose 16, 31—33]

e) sieh

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2 Jacobi 6. ca.(!) Fides sine operibus ociosa est. Sicut corpus sine spiritu mortuum est ita fides sine operibus mortua est [Vg.: Jak. 2, 20. 26]

Villeichte in Luthers ewangelio nicht stat, daß Christus tzu der kirchen prelaten gesprochen hat: Wer euch höret, der höret mich [Luk. 10, 16], wendt das blat umb Luther und das ansich, mag der glaube alleyne seylig machen, so hat der teuffei noch gutte Sachen. Der teuffei glaubt, es seynt S. Augustini wort 12 , hylfft ohn doch weder hye noch dort. Der glaub an g die wergk ist unnutz und todt, als der heylige apostel Jacobus gesaget hat [Jak. 2, 17. 20. 26]. Dorumb Luther hye nichtz anders macht, den tzubricht und tzustoret christliche andacht. Von gehorsam, underthennyheyt und demuth er schweyget und gar nichtz reden thut, er prediget christliche freyheit 13 und jubeljar, angenem nicht Got, sunder dem teuffei tzwar. Hat das eehweyb nicht genung an yrem man, noch Luthers freyheit mag sye tzu seynem bruder gan, wil der man das nicht vergönnen, sal sye mit eynem andern auß dem lande entrynnen und sich an fremden orth mit ohm vorvachen, auff das sye mag kynder machen 14 . Ist myr das nicht eyn seltzam geschieht, daß dye ehe, von Got gebaut, ßo werde tzunicht. Er spricht auch, dye ehe sey keyn sacrament 15 , das hat yhm Cacodemon*1, nicht dye schrifft tzubhent. Luther hatz bey dem sautroge hören sagen, darinnen er den schweynen daß spulicht ist vortragen. Der boßen artickell ist noch so vill, das ich sye nicht alle melden will, sunder ich bitt, christlicher mensch, bedenck mit ernst, sich dich umb, hye und dorth, nohe und fernst, comtemplire1 aller volcker und nacionen, dye sich rumen christlichenn namen, es seyn Grecken, Reussen, ander mit Machamett", unser nackbam, dye Bhemen, auch mitgetzelt, alle, dye sich haben vom babst haben gewant, seynt tzurissen und in vill secten tzutrant. Du darffst k nicht ober mehr1 tzyhen ader gan, sich unser nackbarn, dye Bhemen, an, wan eyner do lebet alleyn borgerlich, das ist, bewar das seyn, nichtz fremdes tzyhe an sich. Er glaub darnach, was er will ader nicht,

g) ohne 1) Meere

h) böser Geist (griech.)

i) betrachte

j) Mohammed

k) brauchst

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eß ist ohm alles vergeben und vortzycht, beycht ader nicht, communicyr ab er will, es gyllt ohm gleych und ist eben vill. Glybet m ohm tochter, schwester, muter zu tag ader nacht, mag tzu yhr gehen, hatz gutte macht. Es ist gar keyne busse tragen, nymant thut ohm eyn wort darumb sagen. Also seyn alle in freyheyt leben, dye den gehorsam haben vergeben und sagen, das alle priester gleiche gwalt han, wan eß alle pfaffen seyn, weyb ader man, dye do krychen auß der tauffe, Got behut uns allen vor dieser trauffe. Wye eß nun in andern nacionen tzughat, dennoch eß besser in latynischer kyrchen stad, do vindest tzucht, togent und alte erbarkeyt, wyewol auch vill mackeln" in yrem kleydt, dorvon wyr doch nicht sollen ergernyß han, wan hye keyn standt an gebrech mag bstan. Darumb dye kyrche genant das himmelreych, in ewangelio wirt dem fyschnetze gleych, dormit man fahet fische, boße und gut, demnach Luther auß argerlist falschlich thut, dy gebrech in der kirchen mit hoffart ungebuldiglich melden und im babst dye prelaten lesterlich scheldenn, und ab nun dye person straffwirdigk ist, sali das ampt vorschmet 0 werden tzu keyner frist. Höre, was Christus, deyn meyster, spricht, was sie sagen, das thut, was sye thun, das thuet nicht [Matth. 23, 3]. Ich Sprech nicht, daß man laster sail sopyren p , sunder gebrech mit vornunffit reformyrenn, durch die, den eß von recht tzustatt. Es seynt logen, das eyn itzlicher tzu thun macht hatt, als Luther wol mhe leuget und treuget q , vill mit der schlifft falschlich betzeuget. Er ist der schlangen list und tockheyt voll, hat vorstand tzum argen und weyß woll, daß das unadliche volck leycht ergernyß nympt inr gebrechen, dye es in den prelaten findt, dorumb tzu erweckenn mher auffrur, czeucht er deß romischen stuls sund erfur, durch welch argument er allermeist daß povelvolck weder dye oberkeyt reytzt

m) Gelüstet ihn (nach) n) Flecken q) lügt und trügt r) an

o) gemeint: geschmäht

p) schönreden

Mathei 13 [47] Simile est regnum celorum sagene m i s s e i n m a r e etc -

Mathei 23 [2] Super catedram M °y s i sederunt etc -

Eneas Silvius16 Feriunt summos fulgura montes et altissimas turres venti quaciunt

368 Ad Philip. 2 [8] Factus est obediens usque ad mortem mortem autem crucis

4. Regum 19. ca. Ponam itaque circulum in naribus tuis et chamum in labris tuis et reducam te per viam etc. [28]

Ecclesia. VI Ad Gala. II [2] Contuli cum illis ewangelium quod predico Li. IX. c. XIX Fran. Petra. Sicut modesta collacione veritas elucescit, ita garrula altercatione sepe omnititur

Sermone 65 Super cen.

Bachmann: Martin Luther

und den gehorsam also ist vorterben, welchen tzu erfüllen Christus hat wollen sterben [Phil. 2, 8]. Nun raspelt hynder myr her eyn thor, jochet mich und raumeths myr in eyn ohr, Luther habe gestrickt gar eyn pestnetze, wan er all artickel mit der schrifft vorsetze, er möge mit itzlichen davon disputyren, den acker der schrifft egen und quiren. Er sey geschyckt, kunne nach lauffen ober graß, ich wolt, er het den circkell in der naß und in1 Nynive gefurt wörde mit Sennacherib [2. Kön. 19, 28. 36], daß wyr tzu frede weren in unserm gesypp. Was thust du myr sagen gumppels man, wan eß yhe alle ketzer han gethan, haben auß dem text der byblien genommen, dadurch sye in yrthum seyn gekommen. Luther entpeut vil tzu disputiren, wil sich aber nicht lassen informiren. Er ist so frech und stat in solchem rumb", daß er eyn concilium thar straffen17 kurtzumb. Er acht nymant seynen gleychen, welchem wirt er dan wollen weychen. Was bist du dich vast berumen und gloriern der schrifft vorstandt und deß disputyren. In disputando seynt vill wort vanitatemY tragen, alß Ecclesiastes am VI capitell ist sagen [Pred. 6, 11], dorumb hat Paulus mit den aposteln conferyrt seyn ewangelium und nicht disputyrt [Gal. 2, 2], wan cismataw werden nicht geendt durch disputyren, sunder mhe tzutrent,

v) leeres Geschwätz, Eitelkeit y) Aussprache, Beratung

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daß vindest du in tripertita historia stan18, lyß es recht und sichs vlessig an. Franciscus Petrarcha19 hat gelesen dovon, dorumb sagt ee, daß durch garrula" disputation wirt die warheyt offt vorloren tzwar, dye man in vornunfftiger collaciony erkent offenbar. Demnach laß deyn disputyren vallen und enthalt dich deyns hoffartigen kallen, eß seyn schweynßfedern, domit du umbgast, wan du hoffartigkich auff sauwenborsten stast. Bernhardus20 spricht, diese orsache alleyne haben gehabt alle ketzer in gemeyne, daß sye durch nauwe und sunderliche lere

s) raunt t) nach u) Ruhm spaltungen x) geschwätzige

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w) Kirchen-

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wolden scheppen rumb und eytell ere. Daß erscheynt im ertzketzer Arno 21 , von dem öffentlich steth geschriben also, ohm was dye gestalt der fromykeyt altzeyt ehe dan dye togent bereyt, czeytlicher eer was er begerig wunderßam, darumb in den vordampten yrthum kam. Dye eer, Luther, thut dich auch tzuvil kluck machen und bewegen tzu diesen bösen Sachen. Der tzorn bleybt nicht dohinden, wil auch mit, wie dan bey allen hoffartigen ist syt, doher kommen dye honischen spottischen wort deyn, daß du umb dich hauest wye eyn eberschweyn23, daß schafft der geyst, der in dyr ist wonen, mit storm doher prausen, nymands schonen. Benignus autem est spiritus sapientie [Vg.: Sap. 1,6]. Luther steyg auff den esell, thu ohm nicht we, ich wolt dyr rathen, du thetzt gemach und bedochst dich recht, was do sey der sach. Hastu lust tzu frede und eynickeyt, darinne du magst erkennen dye warheyt, so höre, was dyr der apostolus Paulus saget, volg ohm mit rechter andacht, schmecke nüchtern und messig dye schafft, anders nympst du vor honig gyfft. Ich forcht, ich synge dem tauben eyn lydleyn, er ist der wort vornemmen keynz, warumb sal ich dye leyer lenger slan, so ich den esell tantzen nicht machen kan, er bleyb in seynem vorstochten mut, alß er ist gewest, byß lange er komme in des teuffels nest. Bylta er noch und ist ohm joch, den gumpels man, will sich mit myr tzancken, mag nicht frede han, er spricht, eß sey offenbar und schlecht, Luther gesche gewalt und unrecht, er sey vordampt und nye uberwunden24, weder heut noch gestern, tzu keynen stunden. Höre, gumpels man, was Paulus ist schreyben, du salt den ketzer noch anderb vormanung meyden. Er sagt nicht, noch uberwindung der0 disputation, wan der ketzer sich nümmer wil uberwindung lan. Ich meyne doch er sey gnuglich uberwunden, der in uberflussigkeitd seyns vornemmens wyrt bfunden

z) d. h. er vernimmt, beachtet kein Wort durch die d) Übermut, Unmäßigkeit

a) Bellt

b) nach zwei

Eccle. histo. li. X. ca. I 22 Arrius vir specie et forma magis quam virtute religiosus sed glorie laudisque et novitatis improbe cupidus prava quaedam proferre et que antea in questionem nunquam venerunt cepit sapiencie positio

Ad Ro. 12 [3] Dico enim per gratiam que data est michi omnibus qui sunt inter vos, non plus sapere quam oportet sapere sed sapere ad sobrietatem

Ad Titum 3 [10] Hereticum hominem post primam et secundam correptionem devita

c) in der,

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Mathei 18 [17] Si ecclesiam non audierit Eccle. 19 [Vg.: Sir. 19, 4] Qui credit cito lev(i)s est corde et minorabitus

Marsilius Ficinus25 Qualis quisque in se est talia cuique sunt que accipit

Mathei XI Confitebor tibi pater domine celi et terre quia abscondisti hec a sapientibus

Psalmo XCin [Ps. 94, 12] Prima Chorinthios XI [19] Oportet hereses esse ut qui probati sunt manifesti fiant in vobis etc.

Philipp, n [21] Omnes que sua sunt querunt non que Jhesu Christi

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und in der heyligen schlifft ein ander vorstant wil han, den orthodoxi patres, dye heyligen veter, haben gethan, auch uns vorgeben nauwe leer, welche dye kyrche nicht hat angenommen bißher. Wer dye kyrch nicht höret, sagt Christus, der sey dyr als eyn heyde und publicanus. Er ist eyn unsteter mensch, vol leychtfertigkeyt, sagt dy schrifft, wer baldt glaubt und annimpt nauheit. Sich an dye heyde, do stat eyn blümleyn inne, darauff sitzet dye bene, auch dye spinne, den safft, den dye bene handelt, in susszhonig seym balde wandelt, aber dye spinne macht dorauß gyfft, wye denn yre natur betryfft. Also seynt sich gein der schryfft han, der glaubigen mensch und der ketzer man, hoffartig gemut thut auß der schrifft scheppen, darvon sich tzangk, hader ist erwecken, wer aber wandert in demutigkeyt, dem wirt gegeben erkantnyß der warheyt. Höre nicht mich, höre den, der nicht leuget, Christum, deyn hern, er hatz selber betzeuget. Ich bekene dyr vater, du hasttz vorborgen den, dye bey sich weyse seyn, des obentz und morgen und hastz offenbart den wenygen und kleynen [Matth. 11, 25], warlich dye demutigen ist er meynen. Dyeweyl den heut vill menschen in hoffart leben, was wunders, so sich tzangk, hader, irthumb geben. Beatus homo quem tu erudieris domine [Vg.: Ps. 93, 12], sagt der prophet David, höre mhe. Eß ist von notten, daß sich erheb ketzerey, auff das kundt werd, welcher im glauben bstandig sey. Doch sal man den ketzer meyden, in keyner gemenschafft leyden, aber es seyn leyder arme sachen, eß wil sich erst bose machen. Dye hyrtten haben des weyns tzu vill genossen, seynt faull, trege worden und vordrossen, sye schloffen den schloff deß eygennutz, haben die schaff Christi in geryngem schütz, darumb ist der wolff gantz korre e geworden, gehat frey hyn und her umb dye horden, er daß maull offent und dye tzene blecket, domit hat er hunde und hyrten erschrecket.

e) kühn

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Daß bedeut schwachen in dem glauben und blodigkeyt, daß wenig festiglich lyben dye warheyt und ist eyn bewerung, auch argument, warumb unß solche hirten und hunde seynt tzubehent f , ich wenne der menschen sund und missetat, als den Got den propheten gedrawet hat. Daß volck reytzet tzorn, dorumb wirstu seyn stum, dye tzunge wirt hangen an deynem gum, du wirst seyn ein man, der® strafft noch schilt [Hes. 3, 26], wye eyn stummer hund, der garnichtz pilt. O, ihr hyrten dießer tzeyt, das ist ewer lan, das ier mit den schaffen vordynet han, darumb keret weder*1 und wendt euch tzu Got, lath vharen eygennütz, geytz, hoffart, fru und spot, nemmen der schaff Christi, ewer selbst, eben war in diesen bösen tagen und schalckjar. Man mag dye schoff Christi nicht schedlicher berawen, denn so man sie entplost im glauben, dorumb ketzerey dye schedligste vorvolgung ist, dye dem christlichen volck wederferth tzu aller frist. So du pastor wilt schloffen, nicht der wederstan, wyrstu warlich mit den irrenden schoff tzur hellen gan. Ich wil bescheyden thun und vharen schon, vill, daß tzu sagen weer, dohinden Ion, sunder wollen Got den herren bitten, er wolt unß behalden in christlichem sitten und in dem rechtem glauben bewaren, den unser veter gehabt han vor tausent jaren, und dye heyligen merterer betzeuget mit iherem blut, daß er recht sey, war und gut. Got behut unß vor deß teuffels ßammen, das wyr nicht sterben in ungelauben. Amen. Daß lidleyn, Luther, byn ich dyr tzur vasnacht singen, du magst darnach tantzen ader springen, ich will dyr gar baldt dye drummel schlahen, dan Luther tzeug den harnysch an, du bist nicht weniger dan Golyadt, der agnimibus1 Israhel exprobrirer^ that, aber ich getrawe dem geyst, in k David was, und forcht nicht, ob dyr helff der meyster deß getzangks Sathanas, eß ist der kampff domini Sabaoth, deß herren, darin jeder sich brauchen sali und manlich weren. Wer sich mein schemmet,

f) zuerkannt, auferlegt g) der weder fordern, strafen k) der in

h) um

i) Opferlamm

j) heraus-

Ezechie. ffl [26] Linguam tuam adhere(sce)re faciam palato tuo et eris mutus nec quasi vir obiurgans quia domus exasperans est

Ezechie. III [18] Sanguinem eius de manu tua requiram

I. Regum XVII [ l . S a m . 17]

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spricht Christus [Mark. 8, 38], und meiner wort, den weß ich auch nicht, weder hie noch dorth. Darumb, Luther, laß frey eynhergan, eß seynt noch milia milium1, dye dyr wederstan. Helyas wente, er wers alleyne, so doch VII tausent in gemeyne ire knye nicht hatten gebeüget vor Baall [1. Kön. 19, 18], Got hat öhmm heut behalden vill eyn grosser" tzall. Du magst wol dye unden° deß mers erwecken, aber nit Petri schyffleyn domit bedecken. Uff dyß mall hab domit gute nacht, Got, der alle ding vormag, gebe dyr rechten bedacht, daß du von deynem frevelichen thun wolst abstan und Christi porcionem utcumque agentem bey frede lahn. Dyeweyl oben gemelt, daß Luther die schlifft beuge und tzwynge auff meynunge, welche orthodoxi patresp und dye kyrche byßher nicht angenommen haben, auch die Ursachen, so er vorgybt, daß er billich bebstlich recht vorprent habe26, tzyhe auß falschem gründe etc. Wyewoll das an vill orten ßeyner schlifft tzu vormercken ist, wyl ich auff dyßmall von tausenten eyns antzeichen. Mercke erstlich und schawe eben an, ab Luther in diesem seynem torstigen, frevelichen, unchristlichen vornemmen nicht grade nachgehe den fußstapfen der alden schlangen, so unßer ersten eidern betrog und umbwarff. Dye schlänge voll tucke, nicht bald offenbarlich, sunder mit list und behendigkeyt unsser ersten eidern angynge, Evam fragende, warumb hat Got euch gebotten, das yhr nicht est von allem holtz des paradeises, und durch den tzweyffel Eve, alß durch bereyten weck, neher nan tratt und dye gyfft außschuttet, in Got eyn falschen neytt tychtet, daß Got nicht wolt den menschen gleych vorstendigk werden den gottern, schprechende, mit nicht wert ihr sterben, wan Got weyß, in welchenn tage ihr werdet essen, auß dem werden auffgethan ewer äugen und werdt seyn, alß dye gotter, wissende guttes unnd böses [1. Mose 3, 1—5]. Also Luther vor vill jaren, böses trachtende in seynem hertzen und begyr habende, domit auff den platz tzu kommen, aber bequemheytq nicht befunden, so lange biß vil ablas und gnade ins landt gebracht und villeicht tzu myld gebraucht, in welchs Luther alß in eynn bereytt badt steygende erstlich weder den ablas schreybe27, darnach den geytz, sunde unnd laster, so in Roma seyn mögen, grawlich, unschamhafftigklich unnd weder vornunfft meldet28, welchs, als er vomam dem unadlichen volcke gefellig und angenem, schüttet er gyfft der ketzerey kunlich auß, den clerum, priesterschafft und heylige sacrament antastende29. Und also war machende, daß er vor etzlichem jare gesaget hatte weder1 eynen seyner gutten frunde, der ohn erinnern was, warumb so mochte weder bebstliche heylikeyt schreyben, welchem Luther antwort: Lyber, ich habe nurn mit eynem tzwicker

1) Abertausende, Unzählige m) sich, d. h. Gott n) eine viel größere gen p) alten Väter, Kirchenväter q) Gelegenheit r) zu

o) Wo-

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ins faß gebort, wan ich dem faß werde dem bodem außschlagen, waß wollen sye denn sagen30. Ich acht, Luther hab nun dem faß den bodem außgeschlagen und doch dye gyfft nicht aller hyrauß gegossen. Ja, Luther hat nicht alleyn dem faß den bodem tzuschlagen, hat auch die reyffen tzuhawen, dyeweyl er thar gerechtfertigen dye vordampten artyekeln Hussitarum31, und straffen das Concilium Constanciense32 unnd alle concilia, dye nicht noch seynem wyrbellsuchtigen kopff determinirens, was mag hoffartygers seyn diesem menschen, was frevelichers, was trotzlichers? Wu ist nun Luther deyn leugen, deyn abschlahenn, domit du tzu Leyptz in der disputation deynem wederpart Eccio vorneyntzt und nicht woldest tzulassen, daß deyne lere der Behemen patrocinium' were, mit grosser bewegung und ungedult sprechende: Inpudentissimum mendacium, das ist aller unschamhafftigste lugen33. Du bist nun nicht allyen eyn patron, sunder eyn öffentlicher helffer und besehyrmer der hussytysehen ketzerey. Darumb mercke leßer, was underscheyd tzwyschenn Luthers vornemmens und der alden schlangen thun seyn möge, wye war dye schlänge gesaget hat tzu unssern ersten eidern, mit nicht" werd ihr sterben, befinden wyr, wan sichv, wyr sterben alle und alßw daß wasser hynfallen, hynflissen II. Re. x m i ca. in dye erde, daß nicht weder kumpt [2. Sam. 14, 14], also erscheynt auch die warheyt in Luthero, daß er tzu Leyptz hat geleugent und abgeschlagen, bekent er nun offenbarlich. So sollen herkrychenn, herschleiffen dye reformirer sattnyscher Synagogen. Erstlich mit dem tzwicker inß faß boren, darnach den bodem außschlahen. Czum ersten eyn lere vorgeben, die nicht von allen mag gestrafft" werden, und darbey ligen und trygen, byß eyn räum gemacht, dye gyfft gary außtzuschotten. Daß ist der weck, den dye schlangen erstlich getretten unnd gemacht hat, dem volgen alle qui diligunt vanitatem et querunt mendacium ad propositum [vgl. Vg.: Ps. 4, 3]. Luther hat nicht auß liebe der warheyt, sunder auß argelist tzu czornygem neit, wolbedachter rachung, tzu lesterung christlichs furstenthumbs, ergernyß der schwachen im glauben und tzu vordampnung seyner eygen seien daß geistliche recht verprent. Were Luther durch liebe der warheyt tzu solchem thun erwecket, solt ers gethan haben, ehe dan man seyne bucher vorprent hette. Nu sage ich das vor Gotte, der do syhet in dye wynckel aller hertzenn, daß ich, ehe Luther bebstliche bucher vorprent, hab hören sagen, daß Luther sich berumbt bey etzlichen deß ordenß, wo man ohm seyne bucher worde vorprennen (als er sich wol lyß duncken gescheen mochte, wan itzlicher kan geachtenz daß Ion seyner erbeyt), wolt er weder bebstlich bucher vorprennen. Auch im ende, auß welchen alle ding underscheydlicha erkant werden, er daß betzeuget unnd war macht sprechende: Sicut fecerunt michi feci eis Judicum X (!) [Vg.: Jud. 15, 11], daß ist, als sy myr haben gethan, so hab ich öhn getan

s) beschließen t) Schutz, Schirm x) verurteilt, als strafwürdig erkannt terscheidbar, differenziert

u) keinesfalls v) denn siehe y) ganz z) erachten, erwarten

w) wie a) un-

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[Rieht. 15, II] 3 4 , welche wort seynt der rachung, wye man auß der historien erkennet, darauß sye genommen seynt. Waß aber auß rachung unnd nicht lauther liebe der warheyt gesehyt, wye es fruchtbar sey, gebe ich itzlichen andechtigen menschen tzu orteyllen. Sunder daß Luther dye schlifft adulteryrt b und nach seynem gefallen beuget, ja frevelich tzwinget, byn ich von villen daß vortragen. In dem ersten artickel, ßo er antzeyget, warumb er bebstliche recht voprennet habe, saget er, darumb, daß der babst und dye seynen nicht wolten gótlichen gebotten underthan seyn unnd gehorsam 35 . So nicht der geyst der hoffart unnd frevelkeyt, der sich auch trotzlich understundt, den herren Christum antzufechten, von dem geschriben stehet, sich, er wirt den flyß vorschlyngen und sich nicht vorwundern, unnd hat getraw, daß auch der Jordan in seyn hals flysse [Hiob 40, 23], erfüllet hette Lutherum, ja gantz bestandenn, wor er sich baß besunnen und bedacht haben, dann solche grosse, klare, helle, unbeschemte logen an tag tzu geben. Er sagt, der babst wolt nicht underthan seyn Gots gebotten und ist daß betzeugen, aber falschlich, mit dem capittel Solite, de majoritate et obediencia 36 , wan daß selb capittel sagt nicht von gótlicher, sunder menschlicher gwalt, welcher menschlicher gewalt der babst nicht sali noch will underworffen seyn, darumb daß er ist und wyrt bewert auß dem heyligen ewangelio eynn vicarius und stathalder Christi. Wer wolt den auch vor eyn Christen halden, ich geschweyge vor eyn babst, der nicht Gottes gebottenn wolde underthan seyn. Eß ist unchristlich tzu gleuben, daß ye solche meynung in eyns babstz hertze gefallenn sey, wenyger in das hertze deß hochgebreysten, heyligen babstz Innocency des dritten 37 , so das c. Solite geschriben hat, der vonn hohem vorstandt der heyligenn schryfft und grossen christlichen thun gelobt und gerumet wirt in den cronicken. Er hat tzu Rom eyn concilium gehalten 38 , vorsammelt von tausent und dreyhundert prelaten, mit den patriarchen Jerosolomitano 0 und Constantinopolitano, sybentzig ertzbyschoffe, vyrhundert byschoffe, tzwelff epte priores conventuales, achthundert greckyschen und romyschen gepytz legatenn, der konigenn vonn Jherusalem, Franckreych, Hispanie, Anglie und Cypern oratores. Dyeßer Innocentius hat auch erstlich den augustiner orden 39 in bebstlichen schütz genommen, dorvoi 4 er und vor seyne grosberumpte christliche werck von Luther, genantz ordens monch, solchen danck entpfaet, daß er von óhm eyn ketzer werde gescholden. Was iß anders geßaget, der babst will nicht seyne Gots gebot, den der babst ist eyn ketzer? So vor eynen heyden sali gehalden werden, der die kirch nicht höret, forderlich der Got nicht höret und gotlichen gebotten nicht will underthan seyn. Aber daß c. Solite, von gemelten babst Innocencio beschreiben, sagt nicht von gotlicher, sunder menschlicher gewalt. Darumb Luther auß hinderlist, frevelicher torscht® daß wort Gottes geboth dartzu tzeugt und mit gewalt tzwinget und drynget.

b) verfälscht c) Jerusalem g) Kühnheit, Frechheit

d) wofür

e) (untertan) sein

f) folglich

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Und auff das du Luthers argelist und falscheyt mhe vernemst, will ich dyr dye historien und inhalt vilgedatz capittels weyter melden. Babst Innocencius schreybet dem keyßer Constantinopolitano 40 , warumb er" den patriarchen von Constantinopell, so eyn groß glyd der kyrchen, lyß tzu seynenn fussen sitzen etc. Weichs schreybens der keyßer sich vorwundernde dem babst antwort, worumb er torschte keyßerliche majestat umb solchs straffen, so doch Petrus geschreyben hab: Seyt underthan aller menschlicher creatur, umb Got, eß sey dem konige, als dem allerubertreffligsten, ader den hertzogen, als von ohm gesandt etc. [l.Petr. 2, 13. 14], Auff diesem geigenworff sagt der babst, daß Petrus sich in diesem worten nicht begriffen will, sunst het eyn itzlicher knecht daß gebith in1 dye priester, dorumb daß Petrus sagt, aller menschlicher creatur. Nu syhest du, daß in dießem c. gar nichtz, weder vill noch wenig gütlicher oberkeyt gewenneti wirdt, sunder menschlicher, wan Petrus exemplificirt mit dem konige und hertzogen. Auch mag Luther nicht deuten mit dem wort, umb Got, daß Petrus spricht: Seyt underthan aller menschlicher creatur umb Gott, wan daß ist die schryfft uberstandenn, ubernammen k weyter den dye heyligen veter haben gethan. Man bit und vormant vill umb Got, daß man doch ane sunde vorsaget. Und daß schyr1 ubergangen hette, Luther vorkert dy wort falschlich und spricht, Petrus habe gesagt, ir solt aller oberkeyt underthan seyn, daß du in Petro nicht findest, auch nicht in gedachten c. Solite, sunder also: seyt underthan aller menschlicher creatur. Nu ist eyne grosse underscheydt tzwyschen diesen worten, aller menschlicher creatur und aller oberkeyt, wan eß ist gotliche oberkeyt, dye wol mochte mit berurt seyn, ßo Petrus spreche: Seyt underthan aller oberkeyt. Nu Petrus spricht nicht, aller oberkeyt, sunder aller menschlicher creatur, durch welchs er außschleust unnd nicht betryfft gotliche oberkeit, wan Got ist nicht ein creatur. Diesen vorstanndt bedeut auch Petrus, in dem das er nachvolgende spricht: dem konige alß dem oberstenn ader den hertzogen alß von ohm gesandt. Diesem allem noch ist der erste artickell in der warheyt nicht gegrundt, sunder auß hinderlist falschlich durch Lutherum commentysyrt unnd erdacht. Ja, dye andern artickel alle, so Luther antzeigt, warumb er decretales billich vorprent habe, flyssen als wol als der erste auß diesem ketzerischen gründe, daß er vorneynd und leugendt vonn Christo oberkeyt auffgericht, welche artickelnn volkomlich umbtzuwerffenn muß man den grundt undergraben und tzubrechen, daz ich spar auff ander tzeyt, so Got will. Auff diß mal byn ich wenig melden, daß etzlicher maß kundt werde der alden schlangen tuck und list, dye in Luther ist, daß nangehengkt"1. Im X. artickell41 strecket und dennet Luther dye wort deß h. ewangely weitter, dan sye nach christlichem vorstandt reychen. Daß will ich klar, hell und war machen tzu beweren, daß der babst von Christo keyn oberkeyt habe, sunder underthan sey, und tzu richten von den menschen, tzeugt Luther

h) d. h. der Kaiser i) Gebot über (ich) fast m) angehängt, hinzugefügt

j) erwähnt

k) überzogen

1) was

Bachmann: Martin Luther

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neben andern spruchen herfur dye wort Christi, Luce XXII, do er sagt: Welcher der groste under euch ist, werde alß junger, qui major est in vobis, fiat sicut junior, und der vorgeher alß eyn dyner, et qui processor est sicut ministrator [Luk. 22, 26]. Matheus am XX. spricht minister [Matth. 20, 27], Marcus am X. sagt auch minister unnd servus [Mark. 10, 43. 44]. Diese wort alle, dye knecht ader dyner außgeleget werden, deutet Luther in daß wort unterist, welche deutung sye hye nicht habenn noch christlichenn vornemmen, wann diß wort knecht ader dyner nicht uberal den unteristen bedeutet. Daß bewere ich und betzeug erstlich mit vorgetragener auctoritet. Sich, in den das Christus spricht, welcher der groste under euch ist und vorgeher, bekent er oberkeyt, indem daß er nachvolgende saget, werde als dyner, knecht, lernet er dye weyse und gestalt, wye man dye oberkeyt ader gewalt brauchen sali und ausuben, das ist in demuth, und das daß wort dyner ader knecht hye nicht laute unteristen, underworffen ader underthan, als eß Luther ketzerlich ausleget, bewere ich mit Christo dem herren, der von sich selbest spricht, Luce XXII: Ich byn in euernn mitteil als der do dynet [Luk. 22, 27]. In welchen wortenn Christus nicht deutet sich underthan unteristen, ader underworffen seyn den discipellnn ader apostelnn. Wann Joannes XIII sagt Christus also: Ihr heysset mich meyster und herre, und sagt wol n , wan ich byns [Joh. 13, 13]. Sich, do bekennet er dye oberkeyt und meysterschafft, indem aber daz er spricht: Ich byn in euwerm mittell als der do dynet, lernet er dye weyse, forma und gestalt, wye man dye oberkeyt außuben sali und gebrauchen. Demnach sagt er auch an gnanter stat Johan. XIII: So ich, ewer herre und meyster, hab gewaschen ewer fusse, und ir sollet eyner des andern fussze waschen. Wan ich habe euch eyn exempell gegeben [Joh. 13, 14. 15], vornym der demuth. Darumb ist demuth von notten in aller oberkeyt, sye sey wertlich ader geystlich. Eß ist keynen fursten von Christo geordent ader nachgelassen, das er in ubermut, hoffart, vorschmeung, underdruckung der armen regyren solle, sunder eyn ytzlicher furste, wertlicher ader geystlicher, sal sich erkennen eyn dyner seyn deß gemeynen nutz. Der gemeynnutz ist nicht umbs fursten willen, sunder wederumb der fürst umbs gemeynen nutz. Wer waß der fürst ader edellmann, do Adam grub und Eva span 42 . Doher ist der spruch des weysen mans Ecclesi. XXXII. Sie haben dich gesatzt eyn regyrer, wyrd nicht hoffartig, byß ohn gleych als eyner auß ohn und byß vor sye sorgen [Vg.: Sir. 32, 1.2]. Vorwar eyn dynst und nicht eyn kleyner dynst, tzu sorgen vor eyne gemeyn und vor eyn itzlichen auß der gemyn. Sye dovon kommetz, daß Luce am XIIII., der hoffartige, begeryg der gwalt tzu hyrschenn, nicht tzu dynen, presit Sanctum Augustinum non prosit, von dem grossen obentessen sich entschuldigende spricht: Ich hab eyn dorff gekaufft, myr ist nochtzugehen, daß selbige tzu besichtigen [Luk. 14, 18], Ab er wolt sagen, ich habs dorff gekaufft, vronym 0 , das ich hyrschen will, habs nicht im befell entpfangen, daß ich dynen, amptflegenn ader nutz seyn wolt. Dorumb ist myr nott tzu besichtigen daß dorff, nicht dye menschen, ich

n)

richtig

o) vernimm

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achte und suche dye ere, gewalt, oberkeyt, hyrschung, nicht dye siytten der menschen, wye sye noch gerechtigkeit sollen und mögen regyrt werden. Ich beger den tzeytlichen nutz, gewyn, tzynß und renth, frage nicht nach heyll und gerechtykeyt der untern. Demnoch welcher der demut vorgessende regirt in ubermut, noch begyr eygens willens, keyne auge habende auff gedey ader wolfar des gemeynen nutz, alleine daß seyne suchende, der regyret nicht noch christlicher, sunder heydenyscher weyse, dovon Christus sagt, dye konige der heiden hyrschen über sye, ihr aber nicht also etc., wer der groste und vorgeher under euch ist, werde als eyn dyner [Luk. 22, 25. 26], das ist gesagt acht sich unnd erkenne sich eyn dyner der gemeyne, welche wort den wertlichen regyren als wol gesagt seynt als den geistlichen, sunst, wo die wertlichen nicht betryfft die lere Christi, seynt sye nicht in der schul Christi. So sye nicht seyn in der schul Christi, seynt sye in der sinagogenn Sathane. Dorumb die teylung, die Luther gibt unnd spricht, eß sey wol war, das der wertliche gewalt nicht underthan sali seyn ohren unttern, ist eyn comment seyner hynderlist und der schlangen gyfft. Christus sagt von dem regiment der heyden, den Christen tzu vormeyden, nicht nachtzuvolgen, dovon ich balt weyter sagen will. Dorumb daß demut ist die form, weyse und gestalt der außubunge christliches furstenthumbs, hat der heylige babst Gregorius Erst 43 den tytell genommen und sich geschryben servus servorum Dei, eyn knecht der dyner Gottis, welchen titteil byßher alle bebste brauchen und tzu gebrauchen sich keyner nummermhe schemenn wirt. Auß welchem allem clerlich scheynet orstlich, das das wortlin knecht oder dyner hie nit dewtet understen, sonder meldet die form unnd gestalt der oberkeyt, tzum anndern erscheynet das demuit nit leugent etc., daß demut nicht leugent ader tzubricht dye oberkeyt in der kyrchen, ßunder ihr die rechte gestalt, forma und weyse gybt. Und ab nu demut in der oberkeyt, sye sey geystlich ader wertlich, nicht worde befunden, dennoch ist sye nicht von itzlichen tzu urteylen ader tzu vorschmeen, so lang sie nicht schafft ader ordent weder Gottes gebot, sunder geduldigklichen tzu dulden, umb Christi willen, der do gepeut, was sye sagen, das thut, was sye thuen, das thut nicht etc. [Matth. 23, 3]. Ich wenne, dyr sey nu etzlicher maß kunth, wye Luther tzu befestygen seynen ketzerischen grunnd, das vonn Christo keyn oberkeyt sey auffgericht in der kirchen, mit gwalt tzeugt und beuget, drynget, tzwinget, tzerret und dennet die wort des h. ewangely auff meynung, do sye sich noch christlichem vomemmen ader vorstandt nicht hynstrecken ader gelangen. Dye andern auctoritaten 44 , in genanten X. artickell vortragenn, thun auch nichtz weder dye oberkeyt, als ich weyter sagem wyll, wen ich Luthers resolution de potestate pape 45 tractyren werde 46 . Sunder mercke, ich wyll dyr mhe antzeychen, wye Luther vom geyst des schwyndels und gyfft der alden schlangen truncken und vol ist, daß er selbst nicht vornimpt, wovon er saget ader schreybet. Er spricht in ehegedachtem X. artickell, eß sey war, wertliche gewalt solle ihren unttern nicht underthan seyn 47 . Daß ich vornem sali regyren noch gefal eygens willens, so wolde ich von dyr hören Luther, welchs dye selb wertliche gewalt sey 25

Reformation

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Bachmann : Martin Luther

ader von wan dye komme. Dyese distinction und teylung, daz eyne gewalt solle nicht underthan seyn ihren unttern, dy ander solle underthan, diese distinction der gewalt vinde ich in der kyrchen nicht, ich bekenne ja tzwu gewalt in der kirchen, bedeuth durch die tzwe schwert, bey den h. aposteln befunden, aber das eyne solle underthan seyn, die ander nicht, das ist der schlangenn sibylus p , nicht dye lere Christi. Christus hat von beyden gesagt, welcher der groste und vorgeher in euch ist, der werden als eyn dyner, daß ist erkenne seynenn standt, eynn dynst deß gemeynen nutz. Demnoch so mit dyr Luther nicht ist, der von anbegin eyn logen und vatter der logen ist, vonn wan gibst du hye underscheyt der gewalt, die du doch im buch ann den christlichen adell deutscher nacion vorneynst, vorwyrffst und abschlaest, sagende: Eß seynt alle geystlich und pfaffen, die getaufft seyn 48 , wer seyn den nu dye wertlichen in der kirchen, dem gewalt nicht sali underthan seyn? Eß ist die tuck der alden schlangenn, der du durch all deyn schreyben brauchest, wo eyn dyngk vor dich ist, nymst du eß an, wo nicht, kanst du eß meysterlich vorneynnen und leügen. Du bist eyn hemmischer feynd christlichs friedes. Czanck, hader und auffrur, wederspennikeyt, ungehorsam und vorschmeung tzu erwecken hastu fleiß, hye machstu tzwu gewalt, im buch an den christlichen adell deutscher nacion nurn eyne, und an beyde orthen bistu heucheln, schmeychen und liebkosen der wertlichen 6berkeyt. Hye ist sye nicht underthan, dorth ist sy alleyne. Mercken alle, die vornumfft haben, wye Luther der schlangen wegk so gerade ist wandern und ghan. Auch sali Luther nicht gehört werden, ab er walt sagen, er rede hie von der gewalt der heyden, wan daß ist den wagen ubers czyl getreiben, waß darfP er unß sagenn, wye eß die machen, die außwendig r uns seynt. Christus hat gesagt, dye konige der heyden hyrschen über sye [Luk. 22, 25], solch regiment in der kyrchen tzu vormeyden, nicht tzu brauchen. In allem regiment, eß sey bey den Christen ader heyden, straffet Gott hoffart und tyranyschkeit. Doher ist, daz Got auch die nacionen, den er gewalt gab, daß israelsch volck tzu straffenn, umb sund in Gott vorbracht weder straffet, dorumb daß sie sich der gewalt übernommen und nicht Gott tzuschreyben. Also auch Luther, alle wertliche, durch dich entzundt in begyr, dye geystlichen tzu vorvolgenn, werden sovill mhe und schwerer sundygen, wyevill grossem wollgefallen und froluckunge sye darinne haben. Aber alle, in den do wyrt seyn die forcht Gottes, werden weder radt noch that dartzu legenn, sunder ersufftzenn unnd mit beklagen dye sunde der geystlichen, domit sie straff bey Gott vordynet hann. Gleycherweyß als do Christus in eygener person wolt leyden und von sunden vordammen dye sunde, hatte kein gotforchtsammer mensch domit tzu schaffen, sunder mitleydung. Aber dye boßhafftigen waren sich frewen, das ohn dye tzeyt gäbe, ihrenn bösen willen außtzuuben. Also wen Christus anderwert will leyden in seynen dinem, vornym, die priesterschafft, wirt sich keyn frommer frewen

p) Zischen

q) braucht

r) außerhalb (der Christenheit)

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noch domit tzu schaffen han, sunder dye boßhafftigen werden dartzu geryg und emsyck seynn und nachdem ihre sunde fordert, mit solcher böser that beschliessen, das sye auch entlich belonung entpfaen, wye dye Christum creutzigten. Der vexillifer 8 wyrst du werden, Luther, an tzu vorghan an dye 5 statt, dohyn alle gehören, dye ubergehen daß geboth Gottes: Nolite tangere christos meos et in prophetis meis nolite malignari [1. Chr. 16, 22].

Summa Summarum

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Luther ist eyn veister ketzer, gemast vonn fetykeyt des ackers, den dye alden vordampten ketzer bepfercht und getunget haben, welcher acker ja fruchte traget, aber nicht brauchlich den schaffen Christi, sunder den sauwen, von deßern sauwen oß', treber" und spulicht Luther incrassatus v , inpinguatus w , dilatatus". Ist er nicht alleynn hinder sich schlaen, wederspennigk geworden, den gehorsam vorworffen. Auch das uberauß ist und dem fursten der hoffart tzustatt Gott lestem und sehenden in seynem Statthaider. Den babst, Christi vicarium, enthehrist scheiden, auß dem gründe, auß welchem dy Juden daß heylige ewangelium und alle christlich observantz vorlachen, vorspotten und blasphemyren. Und wywoll der christengelauben auß den propheten und gesetze der Judenn betzeugeth wyrt, dennoch darumb, daß die Juden durch neytt und boßheyt vorblent, dye schryfft beugen und tzwingen auff adulterinum y unerlichen vorstandt, mögen sye von yrem lestern nicht abstan und tzu dem Christenglauben greyffen. Also Luther dye wort Christi tzu Petro gesprochen: Tibi dabo claves regni celorum [Matth. 16, 19] et Pasee oves meas [Joh. 21, 15—17], falschlich unnd ketzerlich tzyhen auff fremden synn, ist er gantz eyn lesterer und sehender christlichs furstenthumbs, eyn betruber des friedes, eyn auffrichter tzangks, haders und alles ungemachs. Gesandt von dem, der do eylet und vleyß thut, alle ding vorterben, nicht von Gott, als Moyses, der nahe vor seynem todt bath vor das furstenthum, Gott wolde seyn volck nicht vorlassen als schaffe ane hyrtten, welcher beth Moyses von dem hern getzweyget, Josue an sein stat, auß gotlichem befell ordent unnd schaffte eyn fursten des volckes, Numeri XXVII [4. Mose 27]. Diesem allem Luther gerade entgeyn erbeyt, christlich furstenthum gar tzustoren und gantz wecktzunemmen, dye menschen frey tzu machen, daß ist unvorpflicht, der der gerechtigkeyt, welche gerechtikeyt tzu erfüllen Christus gehorsam ist geworden, biß in den todt des creutzes. Behut uns Gott vor dießer freyheit, mach uns durch außubung deß gehorsams knechte der gerechtigkeyt und ledig von den dynste des eygen willens, daß wir-auch nicht ßein als schaff ane hyrtte, unß selbest weydenn. Amen.

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s) Fahnenträger t) Auswurf u) Abfall, Schweinefutter w) dick x) ausgedehnt, aufgeplustert y) gefälschten 25*

v) gemästet, fett

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Bachmann: Martin Luther

Luther rumet sich, er fechte mit schrifften, er ist aber das waffen und pfeyl vorgyfften. Demnoch, wiltu mit ohm kempfen ane vhar, so nym Luthers tuck und argelist eben war. Sye ohm nicht auffs maull, als man sagt, sunder auff dy hende, wye er dye schrifft tzerre, beuge und wende. Er nympt der veter sprach noch glosaz nicht an und will doch, seyne deutung der schrifft sali bestan, gleych ab er in des h. Geysts rathe were, daß wyr alle musten volgen seyner lere. Es ist aber vormessenheyt und ubermut, domit er dye veter voracht, selbst3 breysen thut. Er spricht, dye veter waren menschen, mochten irren 49 , so er der teuffei dye gantze kyrche ist vorwyrren. Wo aber dye veter daß vor ohnb ist haben gesetzt, nympt er an, stryckt und büstc domit seyn netz, ist aber ire schrifft ohm weder und entgen, so wyll er der wort und auctoritet keyne. So ist Luther eyn feyner krygesman, der daß fortell so waydlichen suchen und brauchen kan. Dieser faullen tzotten braucht er noch vill, als ich eyn andermall weytter antzeychen will, auß welchem tzu vormercken, daß Luthers schrifft nicht eytell honig, sunder auch vill hat der gyfft. Er sagt, er wolde mit schrifften uberwunden seyn, domit er seyner lere gibt färbe und scheyn. Er ist aber dye schrifft weytter tzerren und dennen, dan sie die veter und kyrche ist vornemmen. Darumb lath sich Luther mit schryfften nicht erreychen, wan hoffart harret nicht, ist stetz vorbaß weychen. Paulus gbeut nüchtern und messig tzu schmecken dy schrif(t) [Rom. 12, 3; vgl. Marg. zu S. 369], so honigsmagk sal bestan, unvormyscht der gyfft. Was wennestu, das Jeronimus50 unnd Beda51 mit andern vetern, wye ich sye sali nennen ja, nicht auch die byblien haben gelesen, sye seynt aber anders, dan Luther, geschickt gewesen, sye haben ihren intellectum in captivitatem d redygyrt, dorumb sye solchen irthum nicht haben ingefurt. Solt eyn itzlicher die schryfft außlegen noch seinem gefal, czuletzt worde vortunckelt dye warheyt uberall. Hoffartig gemut und tzu vill klugk seyn, hat alle ketzerey und irthum gefuret yn,

z) Glossen, Erläuterungen a) (sich) selbst b) für ihn, in seinem Sinne c) flickt d) gemeint ist wohl: in Gefangenschaft der Kirche, des rechten Glaubens

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wer bey sich selbest weyse und klugk ist, der will gesehen seyn tzu aller frist, mag im hauffen nicht bleyben noch bestan, auß sich erfurthun durch nawe lere, saltzem6 opinion. Solt er gleyche vordampte ketzerey vornauwen, so will er sich lassen sehen und anschauwen. Sunder dye kyrche hat angenommen der veter lere, darumb dich an Luthers blatyryren f gar nichtz kere. Lucas nach ander ewangelist weer 8 bei mir kein glauben han, wo dye kyrch yr schrifft nicht hette genommen an 52 . Wer dye kyrche nicht höret, sagt Christus, der sey dyr als eyn heyde unnd publicanus [Matth. 18, 17]. Dorumb halt den verstandt, den dy veter und die kyrche ist han, und laß Luther tzum teuffeil vharen, reyten ader ghan. Was sali man vill schreyben ader sagen, es ist ja wunder und hertzlich tzu beklagen, daß so vill meyster besolt in den universitatten, solchen offenbarlichen irthum und ketzerey gestatten. Sye brauchen ihre pfrund mit sunden, dorumb vorgleycht sye dye schryfft den stummen hunden, sy schweygen stille und geben gar keyn lauth, lyben eygennutz, friede, furchten der hauth [Jes. 56, 10. 11]. Eß hat lange geschlaffen der pastor und hyrdt, nymantz erbarmtz, daz dye herdt Christi ßo vorfurt wirt. Herr Jhesu Christ, gutter hyrdt, laß dychs erbarmen, sye auff deyne vorlassene schaff, dye armen, gybe ohn deynen trost, schütz, hulff und beystandt, daß sye des wolffs queyt und loß werden tzu hanth. Amen.

A) Vorbemerkung Druckvorlage: Martin9 lu=llther Wy eß eyn man sey Vnnd II was er fürt im schylde Das II vindest du in desem Spruch II hy bey Gleych wye in eynem bylde. II Omnis caro ad similem sibi cölliungetur et omnis homo simili II suo sociabitur Ecclesiastici terllcio decimo capitulo II .15.22. II [TE] [Leipzig: Martin Landsberg 1522.] 4° 16 Bl. Sign.: A - D 4 . - Panzer DA 1539. Claus La-102. VD 16 B 19 (fälschlich: [Wolfgang Stockei]). - SB PK Berlin: Cu 290 R. Zur Entstehung: Paul Bachmann (Amnicola; f 1538) stammt aus Chemnitz, hatte in Leipzig studiert und war bereits vor 1514 in der Verwaltung des Zisterzienserklosters Altzelle tätig gewesen. In dieser Eigenschaft hatte er wohl mehrmals Citeaux besucht. Erstmals am 1. Oktober 1522 erscheint er urkundlich als Abt von Altzelle. Im selben Jahr beginnt sein publizistischer Streit gegen Luther und die Reformation. Die vorliegende ist seine erste gedruckte Schrift, datiert 1522. Sie erschien nach den

e) seltene

f) Faseleien, Geschwätz

g) würden

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Bachmann : Martin Luther

Ermittlungen von Claus bei Martin Landsberg in Leipzig in zwei Titelvarianten (La102 und 103; VD 16 nennt fälschlich Wolfgang Stockei). Mehr als in der Vorrede mitgeteilt, ist über ihre Entstehung nicht bekannt. Literatur: Clemen, Bachmann, S. 10—40; Smolinsky, S. 356—367 (nichts über die vorliegende Schrift).

Alveldt

und

Emser,

B) Sacherläuterungen 1 Das Exemplar der Berliner Staatsbibliothek Cu 290 R hat hier von zeitgenössischer Hand den Vermerk „Emser". Mit Emser hatte Bachmann tatsächlich freundschaftliche Kontakte. Hier ist er als Adressat aber wohl nicht anzunehmen, da sich aus der Diktion des Briefes ergibt (vgl. auch den Schluß), daß dieser „Freund" (möglicherweise aus Parteinahme für Luther) Bachmanns Schrift widerraten hat. Auch Clemen (siehe Literatur) kann keine Zuweisung vornehmen. 2 Cassiodori-Epiphanii Historia ecclesiastica tripartita, hrsg. v. W. Jakob/R. Hanslik, in: CSEL 71, Wien 1952, vgl. S. 595f. 3 Auf Arius (Areios) von Alexandrien (um 260—336) zurückgehende Strömung, die Christus als Geschöpf Gottes, nicht als Gott wesensgleich, betrachtete; auf dem Konzil von Nicäa 325 als Häresie verdammt. 4 Anhänger des Flavius Claudius Julianus (331—363), seit 361 römischer Kaiser; fiel vom Christentum ab und wurde deshalb Apostata genannt. 5 CSEL 71, S. 368. 6 Die Böhmen als Synonym für Hussiten, d. h. Ketzer. 7 Gumpel kann nach unterschiedlichem landschaftlichen Sprachgebrauch ein Narr, aber auch ein Trödler sein; also wohl Narrengefährt oder Trödel wagen, vergleichbar Sebastian Brants Narrenschiff. 8 Vgl. z. B. Luthers „Resolutio . . . super propositione . . . de potestate papae" (WA 2, S. 180-240, bes. S. 217); „Von dem Papsttum zu Rom" (WA 6, S. 300). Mit Lotherer dürfte der Wittenberger Drucker Melchior Lotter d. J. gemeint sein. 9 Gemeint ist Luthers Schrift „Warum des Papstes und seiner Jünger Bücher von D. Martin Luther verbrannt sind" (WA 7, S. (152) 161-182), wo er die Ursachen für die öffentliche Verbrennung des Kanonischen Rechts, eines Druckes der Bannandrohungsbulle „Exsurge Domine" sowie mehrerer Schriften seiner Gegner am 10. Dezember 1520 in Wittenberg darlegt. 10 Gemeint ist wohl: Sollte Luther es der weltlichen Obrigkeit angetan haben. 11 Vgl. Luthers „An den christlichen Adel deutscher Nation" (Laube/Looß/Schneider, Bd. 2, S. 635; WA 6, S. 408f.), „De captivitate Babylonica ecclesiae praeludium" (Delius, Luther, Bd. 2, S. 249; WA 6, S. 564), auf die sich Bachmann im folgenden mehrfach bezieht. 12 Augustin (354—430), bedeutendster lateinischer Kirchenlehrer; vgl. z. B. De civitate Dei, lib. XI, cap. 13-15, in: Migne PL 41, Sp. 3 2 8 - 3 3 1 ; CSEL 40, S. 531-535. 13 Luthers „Babylonica" (wie Anm. 11), bes. das Kapitel über die Taufe, sowie „Von der Freiheit eines Christenmenschen" (Delius, Luther, Bd. 2, S. 168—259, bes. 209ff.; 2 6 0 - 3 0 9 ; WA 6, S. 4 9 7 - 573, bes. 526ff.; WA 7, S. 2 0 - 3 8 ) . 14 Vgl. die „Babylonica" (ebd., Delius, S. 243, bzw. WA 6, S. 558). 15 Ebd., S. 235 bzw. 550. 16 Aeneas Sylvius Piccolomini (1405—1464) war wegen seiner Liebschaften und seines Lebenswandels, über die er in seinen Briefen berichtete, verrufen; wurde 1458 als Pius II. Papst.

Bachmann: Martin Luther

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17 Gemeint ist Luthers Kritik am Konstanzer Konzil (vgl. dazu oben Nr. 5; in der „Babylonica" die betr. Stelle bei Delius, Luther, Bd. 2, S. 246; WA 6, S. 561. 18 CSEL 71, S. 523ff. 19 Francesco Petrarca (1304—1374), italienischer Dichter. 20 Der heilige Bernhard von Clairvaux (um 1090—1153), Sermones in cantica 65: „Omnibus una intentio haereticis Semper fuit captare gloriam, de singularitate scientiae" (Migne PL 183, Sp. 1089). 21 Vgl. oben Anm. 3. 22 Vgl. die hist. eccl. Rufins, in: Migne PL 21, Sp. 467. 23 Das Bild geht zurück auf die Bannandrohungsbulle (vgl. oben S. 110), Bachmann verwendet es später im Titel seiner Schrift „Wider das wild geifernde Eberschwein Luther" (vgl. unten Nr. 36). 24 In diesem Sinne äußert sich Luther bereits in seinem Sermon von Ablaß und Gnade, Art. 20 (vgl. Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 54; WA 1, S. 246). Vgl. auch „Warum des Papstes . . . Bücher . . . verbrannt sind" (wie Anm. 9), S. 181. 25 Marsilius Ficinus (1433—1499), Philosoph (Piatonrezeption) und Theologe in Florenz; sein Hauptwerk, die „Theologia platonica", erschien 1482. 26 Vgl. oben Anm. 9. 27 Vgl. Luthers Ablaßthesen (Delius, Luther, Bd. 1, S. 173-185; WA 1, S. 229—238) und den Sermon von Ablaß und Gnade (vgl. Anm. 24). 28 Vgl. Anm. 8 u. 11. 29 Gemeint ist wohl vor allem die „Babylonica" (vgl. Anm. 11). 30 Eine solche Äußerung Luthers ist für den in Frage kommenden Zeitraum nicht nachweisbar.. 31 Gemeint ist wohl die Leipziger Disputation vom Nachmittag des 5. Juli 1519 (WA 2, S. 279). 32 Vgl. ebd., S. 288, u. oben, Anm. 17. 33 Vgl. WA 2, S. 280 u. 284. Johann Eck war Luthers Kontrahent auf der Leipziger Disputation. ^ 34 Schluß von Luthers „Warum des Papstes . . . Bücher . . . verbrannt sind" (vgl. Anm. 9; WA 7, S. 182). 35 Ebd., S. 165. 36 Decretales Gregorii Di., Hb. 1, tit. 33, De maioritate et obedientia, cap. 6: Solitae (CorpIurCan, Bd. 2, Sp. 196ff. ). Die Stelle bei Luther WA 7, S. 165. 37 Papst Innozenz III. (1198—1216); Theologe und Jurist; Befestiger der päpstlichen Macht. 38 Die IV. Lateransynode von 1215. 39 Der nach Regeln des Kirchenvaters Augustin (354—430) im 13. Jh. gegründete Bettelorden, dem auch Luther angehörte. 40 Der byzantinische Kaiser Alexios IH. Komnenos (1195—1203); der Brief ist von 1201. Zum folgenden vgl. CorpIurCan, Bd. 2, Sp. 196f. 41 Zum folgenden WA 7, S. 168f. 42 Bachmann greift hier einen Spruch auf, der seit dem englischen Bauernkrieg von 1381 zur Parole antiherrschaftlicher Bauembewegungen wurde. 43 Papst Gregor I., der Große (um 540, Papst 590-604). 44 Luther nennt außer Luk. 22, 25f. noch l.Petr. 5, 5; Rom. 12, 10; Matth. 20 u.ö.; Gal. 2, l l f f . ; Apg. 8, 14. 45 Vgl. Anm. 8. 46 Eine solche Schrift ist nicht bekannt. Die nächsten gedruckten Schriften Bachmanns stammen von 1524 (vgl. unten Nr. 36 und 37). 47 WA 7, S. 168f.

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Bachmann: Martin Luther

48 Vgl. Anm. 11. 49 Vgl. u. a. WA 2, S. 289. 50 Hieronymus Stridonensis (um 347—420), einer der vier großen lateinischen Kirchenlehrer; auf ihn geht die Vulgata zurück. 51 Beda Venerabiiis (um 672—735), englischer Benediktiner, bedeutender Kirchenschriftsteller. 52 Die Auffassung, daß die Kirche der Bibel übergeordnet ist, findet sich z. B. auch bei dem päpstlichen Hoftheologen Silvester Prierias. Bachmann vertritt sie prononciert in seiner Schrift „Wider das wild geifernde Eberschwein Luther", unten Nr. 36, S. 750. Sie wird gemeinhin mit Augustin belegt, der geäußert hatte, er würde der Bibel nicht glauben, wäre sie nicht durch die Kirche bestätigt (Augustin, Contra epistulam quam vocant fundamenti, in: CSEL 25, S. 197; vgl. dazu auch Luther, Von Menschenlehre zu meiden, in: WA 10 II, S. 89f.).

Matthias Siegel: Was Nutzen entspringt von den falschen lutherischen Katzen als Franz von Sickingen und seinem teuflischen Bündnis, die das Evangelium mit Rauben, Morden, Brennen 5 verfechten wollen Was nutzung entspringen von den faschn" luterischen katzen und seinen anhanger.

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Ann euch falschen gehörten der schwartzen teuflischen luterischen katzenn, zestreurer b aller frömmer hertzen, zertrenner unnd Unterdrücker aller Ordnung des christenlichen gelaubens, verachter und nydertreter gewalt° und macht aller frümen fursten und herm, unnd nemlich auff ewer des verderblichen bundtschüchs ann euch selbst gemachten falschen propheten, vor den uns der gütig Got so getreülich gewarnet hat und gesprochen: Sy werden zü euch kumen in einer gütn gestalt und in der klaydung der schaff, aber inwenndig sein sy zerrende wolff. Aber ir werden sy an den wercken erkennen [Matth. 7, 15f. ]. Hie die werck und nütz der falschen luterischen katzen mit iren herodischen und chayscher d kinder, der blutdürsstigen ungehorsamen adls, alle vergifft von dem luterischen kather, von dem unns schreibt der naturlich maister Liechtenberg 1 , der dann ytzo wol ein prophet mag gnandt werden, diser unchristlicher geschichten, der uns so klerlich vorlangst dise unselige zeit benandt hat, wie sich sol erheben ein schwarzer teuflischer münich zü ainer grossen irrunng des guten christnlichen glaubens und zü einer erstorung viler der frumen 2 . Das ist der falsch schwartz kather, von dem dise newe ketzer gesand sein, als zü vorpoten des verachten entechrist6 unser falschen ewangelisten, die do entsprungen sein aus verlauffen f mänaydigen erlosen münchen unnd aus verlaugneten hürnwirrischen 8 pfaffen, die do ytz kumen in der kläidung der schaff, mit gewaltigen Worten predigen und mundlich auferheben das heilig ewangelium, aber im hertzen schreyen sy und röeffen: Bereyt den weg des buntschüchs 3 mit dem luterischen kather zü dem blützapffen des mutwilligen adls, wann das eberbürgisch reich 4 thüt sich nahen, und damit sollichs reich mog gewaltig werden zü dem dienst des entechrists, muß vorhin11 der gut gelaub unnd andacht eines tails der frumen getruckt werden. Darumb durch dise falsch gesanten ewanngelisten werden verachtet alle lobliche Ordnung der gotlichen kirchenn, alle kleydung, gebrauch und ziere der tempel Gottes mit Verachtung der sacramenten, den loblichen und menig der messen, und damit auch claine andacht der messen und verdriessung des heiligen sacraments mocht erwachsen, so bringen sy für teutzsch messen zü lessen, daran fürwar claine andacht erfunden mocht werden, auch teg-

a) falschen e) Antichrist zuvor

b) Zerstörer c) der Gewalt d) wohl abgeleitet von Kaiphas f) ausgelaufenen (aus dem Kloster) g) hirnwirren h) vorher,

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Siegel: Was Nutzen entspringt von den falschen lutherischen Katzen

lieh das heilig wirdig saerament von jüngen und alten enpfangen zu werden, auff das sollichs aus teglicher brauchung zu einem verdrüß und unwilln und also zü einer teglichen speyß, als retich und ruben, unerlich gehalten und gar verachtet werde, damit dy andacht, püeß, beicht, rew und gleit in den christnlichen kirchen gar mocht erleschen. Sollich und andern vil unerzelich ketzerische maynung bringen, durch die veracht werden das gantz himelisch here, Marie, dy räyne milte müter Gottes, alles lob der lieben heiligen frevenlich und falschlich verworffen und gar veracht. Auch durch dise luterische und capitaniste kather und katzen sein vergifft worden die hoff der fursten, als des frümen furstenhoff zü Mäintz zü einem grossen schaden 5 , auch durch dise falsch gesandten, auff das die Ordnung des buntschüchs unnd des eberburgisch reich volmechtig werden und raüben, mordn, prennen ewangelisch werck genant werden, haben die offt genanten falschen gesandten des entechrists mit hilff der ungehorsamen morden und raüber fürgeben, wie daz heilig ewangelium mueß erneuert werden mit ainem scharpffen furgang und als1 mit dem schwert bestetiget, wann es sey lang verporgen gelegen und doch allezeit reichlich erschinen vor den äugen der christenmenschen. Darnach der luterisch kather durch den hüttenischen maister 6 , ein tichter aller falscheit, schreyen zü den plützapffen als zü dem christlichen adl, wann sy allzeit gemert haben den christenlichn glauben mit morden, raüben und prennen, darumb sy ytz von disen falschen ewangelisten genant werden ewangelische knecht, darnach frevenlich ein bunt, mer ein buntztag, züwider allen fursten, unnd in der versamlunng der plützturstigen in der stat Landaw 7 hat der feit und hausflüchtig Hartman, veijagter von Cronburg 8 , doctor der hecken geschrifft, begert sandbrieff von den oberstn der plützapffen an dy sinagoga aller raüber, wo er funde von baider geschlechten, geistlich oder weltlich, die damit disen ketzerischen luterischen namen nit genant wolt werden, dieselbigen hertigklichen schlahen unnd peynlich straffen. Darumb ytz laider dy gemein frag ist: Bistu gut luterisch, damit der güt selig christlich namen ganntz und gar züruck getrungen, hat auch diser Hartman, veijagter von Cronberg, wol erfam dise ding und erlernt in der ketzerschul zü Mäintz 9 im gelthauß bei den selbigen falschen ewangelistn mit irem jüdischt anhang, wie ir unchristlich buntschüch Ordnung ytzo ein furgang kündt unnd mocht haben under der gestalt des heiligen ewangeli. Darumb was ytzo als raüben, morden, wirt alles der armen einfaltigenn durch falsch gesandten eingepildet, als zü ainer auffpawung des heiligen ewangeli, auff das diser katerkatzen ketzer irer poser unchristlicher mütwil mog furtringen. So haben sy auffgeworffen einen hauptman, den rachhungrigen Frantzen von Sicking 10 , einen konig des eberburgischen reichs, und damit die obgenanten falschen gesandten und ire ewangelisch lere und des buntschüchisch reichs meren und bestetigen möge, hat er erwekt und auffgemant alle buntzgenossen und do mit gewaltiger handt die armen christenmenschen unter dem schein des heiligen ewangelium an* alle barmhertzigkeit mit raüben, morden, prennen an unterloß ver-

i) alles

j) ohne

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folgt und verhort k , n Got muß erbarmen, das und dy heiligen werck der falschen gesandten, daran man sy hat lernen erkennen. Geben zu Trier von mir, Matheisen Siegler, der dn verbrant und verliert ist worden von den plützapffen und ewangelischen knechten. Holl, Teufl, holl sybald. 5 kather Schlag todt katzen luterisch ketzer falsch gesantn

A) Vorbemerkung Druckvorlage: Waß nützung enntspring von den II faschen Luterischen Catzen/ Als von Frantze II von Sicking vn seiner Teuflischer bundtllnuß/ Die das heylig Ewangelium II mit Raiiben/ Morden/ Prennen II wollen verfechten rc. Ge=llmacht durch Mathi=ll as Siegel von II Trier [Sonderzeichen] II [Landshut: Johann Weißenburger 1523?] 4° 3 Bl. Sign.: a3. - Panzer DA 2073. VD 16 S 6643. Köhler 4215. - SB PK Berlin: Cu 6000 R. Zur Entstehung: Der Autor, über den nichts weiter bekannt ist, schreibt als einer der Leidtragenden der Sickingen-Fehde. Wie er am Schluß der kurzen Schrift mitteilt, wurde sein Besitz in Trier „verbrannt und verheert". Der erfolglose Abbruch der Belagerung Triers und die Gegenaktionen werden nicht erwähnt, was auf eine Entstehung zwischen dem 7. und 14. September 1522 hindeuten würde (vgl. unten Anm. 11), wäre da nicht die Bezeichnung Hartmuts von Cronberg als „feld- und hausflüchtig" bzw. als „veijagt". Da das letztere erst im Oktober 1522 geschah, ist die Erwähnung im Zusammenhang mit dem Tag von Landau zwar falsch (vgl. Anm. 8), läßt aber im Hinblick auf die Entstehungszeit nur die Folgerung zu, daß die Schrift erst im oder nach dem Oktober 1522 geschrieben worden ist, aber doch wohl vor der im April 1523 beginnenden Strafexpedition gegen Sickingen.

B) Sacherläuterungen 1 Der Astrologe Johannes Lichtenberger (gest. 1503). 2 Lichtenberger hat in seiner erstmals 1488 und danach immer wieder gedruckten „Pronosticatio" das Kommen eines „Kleinen Propheten" angekündigt, der das Volk verführen wird. Zur Deutung auf Luther vgl. Kurze, Lichtenberger, bes. S. 57ff. 3 Der Bundschuh als Sinnbild von Verschwörungen gegen die Obrigkeit, wie sie 1493, 1502, 1513 und 1517 aufgedeckt worden waren und großen Widerhall gefunden hatten. 4 Die Feste Ebernburg (bei Kreuznach) des Franz von Sickingen (1481 — 1523) war zeitweise Zufluchtsstätte Ulrichs von Hutten (1488—1523) und bedrohter Lutheranhänger wie Martin Butzer (1491 — 1551), Johannes Oekolampad (1482—1531) und Johannes Schwebel (um 1490—1540). Von hier gingen die Aktivitäten zu einem „Pfaffenkrieg" der Reichsritterschaft aus.

k) verheert

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Siegel: Was Nutzen entspringt von den falschen lutherischen Katzen

5 Im Mainzer Kurfürstentum wurde zunächst das Eindringen der Reformation geduldet, so in Mainz selbst, in Miltenberg und Tauberbischofsheim. Kurfürst und Erzbischof Albrecht (1513/14—1545) stand zu dieser Zeit noch unter dem Einfluß seines Ratgebers Wolfgang Capito (1471 — 1541), dem späteren Straßburger Reformator. Erst ab September 1523 ging er zu einer konsequenten Unterdrükkung der Reformation in seinen Landen über. 6 Ulrich von Hutten galt als Anführer und Sprachrohr des national gesinnten Adels gegen Rom und war zusammen mit Luther gebannt worden. 7 Am 13. August 1522 trafen sich Gesandte der Ritterschaft in Landau und bildeten eine „Brüderliche Vereinigung" mit Sickingen als Hauptmann. 8 Der Ritter Hartmut von Cronberg (1488-1549) stand seit 1520 in Sickingens Umgebung auf Seiten der Reformation und propagierte diese in Flugschriften und Sendbriefen. Während Sickingens Feldzug gegen Trier hütete er die Ebernburg. Im Oktober 1522 wurde er durch den Landgrafen Philipp von Hessen und den Erzbischof von Trier, Richard von Greiffenklau, aus seiner Herrschaft vertrieben und flüchtete nach Basel. Zur Zeit des Bundestages von Landau war er also noch nicht „feld- und hausflüchtig" bzw. „verjagt" (vgl. Laube/Looß/Schneider, Bd. 2, S. 748—759 und die dort angegebene Literatur). 9 Wohl Anspielung auf die Beziehungen Cronbergs zu Capito (vgl. Anm. 5) und Caspar Hedio (1494—1552), die zu dieser Zeit noch in Mainz als Hofkaplan bzw. Domprediger wirkten. 10 Vgl. Anm. 4 u. 7. 11 Am 27. August 1522 hatte Sickingen dem Trierer Erzbischof den Fehdebrief übersandt und am 7. September den Feldzug gegen Trier begonnen. Die Belagerung Triers mußte jedoch bereits am 14. September erfolglos abgebrochen werden.

Johannes Cochläus: Glosse und Kommentar auf 154 Artikel, gezogen aus einem Sermon Dr. Martin Luthers Gemeinem folck tütscher nation wünsch ich, Johannes Dobneck Coch5 leus, genad, frid und einikeit in Christo. Ich hab vor einem jar von der heiligen meß und hochwirdigstem sacrament wider vernüwte hussereyen" Doctor Marti. Luthers, latinisch und tütsch, wie er dan auch gethon hat, geschriben 1 in getreu wer meinung, den heiligen gottesdienst, christenlichen brauch und alte gewonheit 10 vor den nüwen hussen b zu vertedingen. Nun ist es bißher so wild durcheinander gangen, das ich niendert füg haben mocht, einichen büchstaben an daz liecht zu geben. Dieweil aber jetz so ein gemein gerücht erschallet von dem buntschüh 0 , dunckt mich hohe zeit sein, nit lenger zu schweigen, dieweil unß alle hystorien anzogen 0 , was ubels uß solchen rumoren 15 und emborungen ye und ye entstanden und erwachsen ist. Noch dan e ist Luther so vermessen und gantz unverschempt, daz er solchem ubel ein fürzug und geschmuck darnemen uß der geschrifft f , als wol es Christus also haben, so er gesprochen hat Math. 10 [34]: Ich bin nit kumen frid zu senden, sunder das schwert, und trutzt nun uff seinen buntschüh, nit 20 allein dem babst und allen bischoffen und priestern, sunder auch den keiser mit allen künigen und fürsten, als er jetz geschriben hat wider den künig von Engelland 2 , wer hat aber solche unfür und unzucht ye gehört von einem bettelmünch? Dunckt euch aber, das Luther rechte 1er fürgeb, warumb nemen ir sie nit an? Warumb loben ir die wort und schämen 25 euch so bald des neuwen gebrauchs, so jeman seine wort stellet zü werck? So ir von ußgelauffnen® münchen und nüwen eepriestern h nichtz halten, was mügt ir dan gütz halten von dem Luther, der solch und noch vil grober ding schreibt und lert? Warumb lesen die Wittenberger noch das geistlich recht offenlich in der schul, so es Luther alda vor mengk30 lieh1 verbrent hat 3 ? Ach, lieben lantzlüt, was groser schand zücht diser münch uff tütsche nation bei frembden folekern, so sie darfür achten, wir thüen mit den wercken, wie Luther fürgibt in Worten. Fürwar ich het nun lenger dan anderthalb jar 4 mein haut an in* gewagt, solche schand und uffrur zü vorkumen k und niderzütrucken, hab auch innerhalb diser zeit vil 35 arbeit gethon in latinischem schreiben 5 , damit frembde nationes nit sollen achten, das alle tütschen seyen zü hussen worden, wolt sunst meiner person halben umb Luthers bücher nit uffston, wolt sie auch nit ansehen etc. Nemen hiemit dise mein arbeit in gütem uff, so wil ich weiter zü tütsch

a) erneuerten Hussitismus b) Hussiten, Anhängern von Hus c) Bundschuh, d. h. Sinnbild des sich verbindenden Bauern, auch Synonym für Volksaufstand d) anzeigen e) Dennoch f) im Sinne: auf Grund der Bibel rechtfertigen g) aus dem Kloster entwichenen h) verheirateten Priestern i) öffentlich j) ihn k) zuvorzukommen, zu verhindern

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Cochläus : Glosse und Kommentar auf 154 Artikel

wider die neuwen hussen disputieren, hoff damit gegen Got wol gethon. Der heilig geist erleucht unß alle in rechtem glauben und gütlicher warheit. Amen. Gloß und comment Doctor Johan Dobneck Cochleus uff CLIIII artickel, gezogen uß einem sermon Doctor Mar. Luthers von dem nüwen testament, 5 das ist (wie er sagt) von der heiligen meß 6 etc. Der erst artickel. Luther

Das lert unß die erfarung aller cronicken, darzü die heilig geschrifft, das ye weniger gesetz, ye besser recht, ye weniger gebot, ye me guter werck etc.7 Cochleus Reim dich buntschuch, ein böser anfang, noch ein böser end. So du beschlüst dises büchlin, das wir unß hüten sollen vor sünden, aber vil me vor gesetzen und guten wercken 8 . Sag an, lieber Luther, welche cronica oder welche heilig geschrifft lert unß also? Ja, wolcher heid, Türck, Jud oder ketzer lert so grob, ubel und ungeschrifft 1 , als du hie thüst? Schamstu dich nit, uff ein solch ungeschickte red so gar kein geschrifft oder spruch darzulegen? Haltestu unß so gar für stocknarren, das wir solche red wider alle vernunfft von stundan glauben sollen, on alle beweisung? So dan deine wort nit oracula, das ist gotteswort oder propheceyen sein, wer ye billich, wa sie also nüwe und unerhörte ding fürgeben, daz sie mit einchem spruch der lerer oder geschrifft bewert würden, darumb acht ich es für ein unmeßliche hoffart, hie und an vil andern orten. Obwol das einfaltig gut folcklin nun dahin verfürt ist, zü dem grasten teil, das es gnüg daran hat, waz du sagst, Got geb, es sei bewert oder unbewert, dieweil du in m es so süßlich uff den buntschüh ynstreichst, darumb sie dir offenlich den heiligen geist über den kopff malen 9 und du selbs offenlich schreibest, bin ich Im buch grund nit ein prophet, so bin ich ye doch gewiß für mich selbs, das daz wort und ursach A. in Gottes bei mir und nit bei inen ist10. Ja, hast mir selbs offenlich vor dem ertzbischoff von Trier zü Wurms bekant, es sei dir geoffenbart, und da ich dich weiter fragt, in was gestalt oder wunderzeichen, damit wir dir glaubten, es mocht sunst ein yeder sprechen für seine yrtumb, es wer im geoffenbart, hastu gleichwol kein wort daruff geantwurt 11 . Mocht auch noch gern dein antwurt hören, doch vil lieber gegenwürtig zü reden dan abwesen in geschrifften, dieweil man dir mit schreiben nit so leichtlich als mit reden und disputieren mag in zaum greiffen und dich zü dem rechten zil der warheit treiben. Du flehtest seer hübsch und scheinbarlich" von ferren 0 vor dem folek, mit allegiernp, mit schonen worten und mit vil buntschühischer 1er. Mir ist aber ongezweifelt, soltest du vor den geleiten in disen Sachen schülrecht thün und nahe herbei tretten, das schwert würd dir uß der handt fallen. So du den gelerten nicht so leichtlich als dem gemeinen folek mit vil allegieren der geschrifft mochtest ein gepler für dy äugen 1) ohne schriftliche (biblische) Grundlage m) ihnen Wahrheit o) von ferne p) zitieren, belegen

n) mit dem Anschein der

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machen, da du müßtest auch widerred hören und auch also bald die uberrichter darauff lassen erkennen, welcher theil die geschrifft rechter und besser verstünde, würden deine unerhörte und schendtliche Scheltwort und lesterungen nichts helffen, du müßtest an den rechten rigel der warheit, des du dich dan wol besorgest, und schämest dich nun nit mer offenlich zu schreiben und bekennen, das du dein sach nit hast zu Wurms wollen stellen uff erkantniß des keisers noch der churfürsten noch anderer fürsten und aller stend des Heiligen Romischen Reichs, wiewol dir nit unwissen was, wie vil und grose fründ und günner du da hettest. Ja, schamstu dich auch nit zu bekennen, das du dein sach nit stellen woltest uff ein zukünfftig concilium 12 , für welches du so offt dich erbotten und appelliert hast. Kanst auch selbs kein andern weg furschlagen, dan das man es gon laß wie lang es gat, kurtzumb du wilt ein buntschü haben, darin alles recht, eer und gesetz ein end hab, daruff gat dises büchlins anfang und ußgang. Sagst hie, ye weniger gesatz, ye besser recht, und sprichst, das 1er alle cronicken und heilige geschrifft, und zogest doch nit ein wörtlin an q , wie wol es wider alle vernunfft ist. So alle gesetz (als dan bekennen nicht allein die juristen, philosophy und die theologen, sunder auch die poeten, hystorien, Juden, Türcken und heiden) sein geordnet uff das recht. Dan wa etwas uffgesetzt würt wider recht (als dan auch zü zeiten durch die tyrannen geschieht), das heisset man nicht ein gesatz, sunder ein mißbrauch des gesatz, wan das gesatz ist ein glid des rechtens. So es nichtz anders ist dan ein geschriben recht. Ach, lieber Luther, ich wolt, das du die gotliche geschrifft von dem gesatz besser ansehest, nicht allein in den psalmen an vil orten, sunder auch in den Sprüchen des künnigs Salomonis, da die weißheit spricht: Durch mich regieren die künig und die gesetzmacher rechte erkennen [Spr. 8, 15]. Es haben die alten heiden vil schons dings von den gesetzen geschriben als Plato, Xenophon, Aristoteles, Demoschenes, Chrisippus, welche auch in keiserlichen rechten werden dick fürgewent 13 . Nemlich das das gesetz sei ein fund und gab Gottes. Ja, das es sei aller gotlicher und menschlicher dingen erkantniß. Und du meinst, das best recht sei in einem buntschü, da wenig oder gar kein gesetz gehöret würt. Scham dich doch für deinen poeten, die on zweifal in Cicerone gelesen haben, das das gesatz nichtz anders ist, dan ein recht vernunfft, gezogen von heiligkeit der gotter, die da gebüt das eerlich und verbüt das widerwertig 14 , item an vil andern orten, als de legibus, de republica, de oratore, de inventionibus etc. vil schons dings von gesetzen, sunderlich von römischen gesetzen (welcher on zweiffal vil gewesen sein), bei dem selben hochgelerten und wolberetten heiden gelesen haben. So er nit allein ein hochverstendiger rechtspreeher gewesen ist, sunder auch seer ein hübsch weiß fürgeben hat, wie man die recht und gesetz leichtlich dargeben und leren sol. Hab auch in Virgilio wol gelesen, das andere volcker, als Kriechen, in künsten und hantwercken mochten den Romern obligen, aber nit in regieren und gesetz geben. Sie wissen auch, wie engstich ist gewesen der hochgelobt keiser Augustus von

q) belegst es mit keinem Wort

Psal. 18 [19, 8ff.] et 16 [17, 2ff.] Pro. 8

ff. de leg. et se. 2.2

Philip. 11

Enei. 6 Tu regere imperio populos romane memento15

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Augustus impera. Frangatur potius legum veneranda potestas

Cochläus: Glosse und Kommentar auf 154 Artikel

Virgilius testamentz wegen, darin er1 geschafft hat, das man seine bücher Eneidos noch nit corrigiert verbrennen solt, und wie eerlich er5 wider solch gesetz handlet und sprach: Es ist besser, das gebrochen werd der gesetzen eerwirdiger gewalt, dan daz so vil züsamen getragner bei tag und nacht arbeit uff ein tag verschluckt werd, und also dispensiert er für gemeinen nutz wider das testament. 16 So haben sie auch in manchen schonen hystorien, sunderlich im Tito Livio, Valerio Maximo, Cornelio Tacito, Suetonio Tranquillo etc. 17 gelesen, was neigung, fleiß und eererbietung die romischen keiser und hauptlüt uff die gesetz gehabt haben. Haben auch im Tucydo, Plutarcho, Appiano etc. 18 wol gefunden, was gütz in allen landen uß dem buntschüh ye erstanden sei, wa das gemein folck wider die gesetz und oberkeit rumort hat. Ich wil hie von kurtz wegen ußlassen den grosen huffen der juristen, alter und nüwer, in beiden rechten, die mir allein me dan ein buch wider disen deinen spruch angeben mochten. Deßgleichen laß ich auch anston und rügen' die grosen menig der heiligen lerer als Ambro., Bern., Augusti., Chrisostomum, Gregorium, Hieronimum, Thomam, Bonaventuram etc. 19 , die disem spruch an vil orten gantz wider sein. Ich nim allein für mich den loblichen künig Theodoricum, den man (meins bedunckens) nent Dietrich von Bern, so er bei Bern durch vil grusamer schlachten den künig Odoacer daz gantz welsch land abgewunnen hat, daher villeicht die lieder und gedieht von im und andern risen" kumen sein. 20 Des selben künig Dietrichs cantzler ist gewesen der edel und hochgelert Cassiodorus vil jar und bei im uffgewachsen zu den höchsten eren und wirdikeiten nach dem künig, der doch zületst ein heiliger münch worden ist.21 Diser Cassiodorus hat uß der cantzlei der künigs missiven und gebot in etlich bücher züsamengetragen, daruß ich yetz ein exempel oder zwei kurtzlich erzelen wil.

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Aber daz ist ye ein schand meins bedunckens, daz sich sol ein bettelkutten also uffblasen wider alle bäbst, keiser und künig, die vor äugen und 30 in eren gehabt haben die gesetz, sie weren gotlich oder menschlich. Die Mat. 22 auch Christus selbs für gut und doglich v gehalten hat, da er sprach: Geben Got, waz Gottes ist, und dem keiser, was des keisers ist [Matth. 22, 21]. Desgleichen Sant Paulus an vil orten in seinen epistlen und Sant Peter in seiner epistel eben der meinung gewesen sein, daz man nit sol menschliche 35 gesetz verwerffen, wie du an vil orten lerst. Darumb du vil billicher uff dises büchlin hettest lassen malen ein karsthansen w mit einem buntschüh, dan Christus mit dem heiligen erütz 23 , wan solch 1er reimet sich gar nit zü der demütikeit des erütz. Ich kan mich nit genüg verwundern solcher widerred, du weissest", daz gesatz uff das recht und die gebot uff gute werck 40 gestellet ist. Noch darffestu hie reden, als weren sie wider einander und beweisest doch nit ein büchstaben.

r) d. h. Virgil s) d. h. Augustus t) ruhen u) Riesen v) tauglich w) Karsthans, d. h. Sinnbild des bewaffneten, wehrhaften Bauern x) weißt

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Der sechst artickel.

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Das Christus nit Ursachen den secten und zerteilungen geb, hat er widerumb nit me dan ein weiß oder gesetz yngesetzt seinem gantzen folck, das ist die heilig meß. 25 Item tütscher nation zu lieb, so muß ich disen sechsten artickel auch mit seinem comment trucken. Es ist, als ich hoff, oben genugsam angezógt, daz das gesetz Moysi nit für zerteilungen geben sei, so es vil me zu eintrechtikeit alzeit gedient hat, als wir durch geschrifft und hystorien, auch exemplen beweißt haben. Ob y die Juden mancherlei underscheid und zertheilung under andern gehabt haben, ist nit uß den gesatzen Moysi kumen, sunder uß menschlichem fund und ynsatz, so sie die gesetz Moysie müsten alle gleich halten, yeder nach seinem stand. Es ist auch nit als boß, wie du fürgibst, vil secten zu haben in ußerlichem wesen, wa man sunst in brüderlicher liebe und einikeit des glaubens früntlich lebt, wer wolt sagen, das es gut wer, das wir alle uff ein weiß lebten und durcheinander giengen wie ein hert kü oder schaff? Es wil in allen dingen ein ordenung sein, wie Sanctus Paulus den Corinthern gebüt, das alle ding erlich und nach Ordnung under inen geschehen sollen [1. Kor. 14, 40], wie auch die heilige müter christenliche kirch, ein gespons Christi, sagt in Canticis 26 , der künig hab in ir geordnet die liebe und sie ist erschrecklich wie ein geordnete spitz der herßgezelt2, wan wir aber alle uff ein weiß wandleten, so wer kein ordenung under unß, wie du dan gern in einem buntschü sehen woltest, das wir alle gleich weren, wie die schaff oder kü in einer hert, damit du uß christlicher ordenung ein hussische chaos und Vermischung machest. So du uß dem gemeinen Sprichwort wol weist, daz under den gesellen oder gleichen nit ordnug ist.27 Wir sehen doch, daz in allen samlungen der menschen Ordnung und underscheid gesucht und erfordert würt. Exempli gratia. In dem huß muß es nit gleich zúgon, sol anders ein güt regiement sein, der her müß über die knecht sein, die fraw über die megt, ja ein knecht über den andern, ein magt über die ander, wie daz gar schon in digestís legum 3 und in den historien der Romer ist ußgetruckt. Item in dem kloster weistu selbs, wie ein münch über den andern ist, wie wol sy gleiche kleidung antragen, wie die novitzen so mancherlei óberherren haben nach Ordnung der regel und gehorsame, wie lang und fer zu steigen ist uß dem korstal in das paterstüblin. 28 Item in allen Stetten ist Ordnung und manigfaltigs wesen, nit allein in dem rat, sunder auch under der gemein, in allen hantwercken und zünfften, und ye bessere Ordnung und theilung aller stend, yeglichen nach seinem ampt, ye mer nutz und loblicher regiment. Wa aber deiner karsthansen buntschü überhand nem, so würd uß bürgerlichem regiment ein wolffisch hußhalten, on gesatz, on recht, on Ordnung, mit reissen, mit zerren und mit morden, wie dan in Bohemen durch deins Hussen 29 1er geschehen ist. Item

y) Wenn chern 26

Reformation

z) Schlachtordnung von Heerhaufen

a) den römischen Rechtsbü-

Luther

Cochleus

l.Co. 14

Can. 2 Can. 6

Inter socios non est ordo

'

ff'J

394

Vir. 4 Geor. Vir. 4 Enei

Pli. Ii. 11 Pro 6 et 30 ' Ec. 11

Exo. 18

Nu. 16

Exo. 6

Nu. 16

Cochläus: Glosse und Kommentar auf 154 Artikel

in allen fürstenhoffen ist mancherlei zertheilung und underscheid rittern und graffen und des gantzen hoffgesinds. Ob du aber menschliche exempel verachtest, wil ich dir natürliche exempel anzogen, von den unvernünfftigen thieren, under welchen die natur selbs und Ordnung und gesatz gibt, mit mancherlei underscheid, auch under einem huffen einerlei natur. Ich muß des Aristoteles geschweigen, dieweil du in so uppiklich verachtest, frag aber deine poeten uß irem Virgilio von den binlin in Georgicis 30 und von omeißlin, in Eneide 31 , wie ein schone ordenung, arbeitsame und unschuldige regiment sie fieren, so sie in gleicher natur ungleiche arbeit, ampt und wesen tragen. Frag Plinium in Naturalibus 32 und Basilium und Sanctum Ambrosium in Hexemero 33 , die werden dir es noch vil klerlicher sagen, wie ordenlic en s e ^ ' leben und ire werck theilen. Und frag auch die heiligen geschrifft in Proverbiis [Spr. 6, 6ff.; 30, 24ff.] und Ecclesiastico [Sir. 11, 3], ob b du alle menschen verwürfest. Wiltu dan auch natürliche exempel nit zulassen, so nim aber an exempel uß der heiligen geschrifft. Moises uß rat seins schwehers Jetro, damit er die burd des regiments nit allein trüg, sunder teilt under andere, erweit er ußrichtig man zu oberherren des folcks, hauptlüt über tusent, über hundert, über fünfftzig und über zehen [2. Mose 18, 21 ff. ]. Damit ein ordenung wer im folck und nit alle durcheinander gleich weren als dein anhang im buntschü sein wil, wiewol sie alle gleich Juden waren, gleich beschnitten, gleich glaubten in ein Got, dannocht so müsten sie vil gotlicher gesetz und vil menschlich Ordnung und uffsatz über dasselb annemen, wie dan der text nachfolgend ußweißt, und müsten oberherren haben und leiden. Item in dem geschlecht Levi, wie wol sie al eins glaubens, einer beschneidung und eins stamens waren, yedoch müsten sie ein Ordnung annemen und etlich hohers stands lassen sein dan die andern, müsten die werck ußteilen lassen, yeglichem nach seinem stant. Und da sich wider solche Ordnung emborten Chore, Datan und Abyron mit iren anhangen, da gebot Got Moysi, daz er das gehorsam folck von disen uffrürigen abscheidet, damit daz folck sehe, das den buntschühern ein solche pen und dot zugehört. Und also thet sich uff daz ertreich und verschluckt dieselben rumorer lebendig mit weiben und kinden und mit aller irer hab und gut [4. Mose 16, lff. ]. O, Luther, dis exempel solt dich billich abweisen von deinem hussischen fürnemen, sihe durch gotzwillen. Chore was mit Moyses und Aaron geschwistrigt kind, als die geschrifft in Exodo ußweißt [2. Mose 6, 20f.], wan ire vetter waren gebrüder, Amran und Isuar, und sie waren gleiche uerencklen Levi [2. Mose 6, 18]. Auch was Chore zu derselben zeit der allerreichest under allen Juden, als die Juden im thalmud sagen. Noch dan so verdient er den grusamen zorn Gottes, daz er Moysi und Aaron wolt gleich sein, wider die Ordnung, da er sprach: Es sol euch nun gnüg sei, wan die gantz menig ist der heiligen und in inen ist der her, warumb erheben ir euch über daz folck des herren [4. Mose 16, 3]? Also sprichstu yetz auch, ja noch vil lesterlicher, in dem das du alle leyen

b) falls

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zügleich mit unß geweichten 0 zu priestern machest, so sie nit von dem priesterlichen stamen sein, wie der Chore was, und sagst zu dem tütschen adel, daz alle Christen sein warhafftig geistlichs stands und sei under in kein underscheit, dan des amptz halben allein. 34 Und waz uß dem tauf krochen ist, daz mög sich riemen, das es schon priester, bischoff und babst geweicht sei, also daz wir alle gleich priester seien. 35 Und über daz gibstu ser vil schmachwort uß (daz Chore doch nit thet) wider unsern obersten priester und fluchst im grewlich darzü und sprichst mit vollem maul: Horestu es, babst, nit der allerheiligst, sunder der allersündigst, das Got deinen stul vom himel uff daz schirest zerstör und in abgrunt der hei senck, wer hat dir gewalt geben, dich zu erheben über deinen Got, daz zu brechen und losen, daz er gebotten hat?"36 Aber noch grober und wütiger sprichstu in dem büchlin deiner artickel: Der babst, erger dan alle tüfel, 1er solchs als recht und gute 1er, sitz an Gottes stat und verdam den glauben, das kein tüffel nie gethon hab. O, es wil am end mit dir sein, du kind des Verderbens und endcrist, hör uff, babst, du machst es zu grob und zu vil.37 Ja, du riemst dich auch deins kriegs wider deinen obersten, daz doch Chore wider Moisés und Aaron (denen er nach geburt und stamen gleich waz) nit gethon hat und sprichst: Ja, hiemit ist der krieg gar gewunnen, dem babst der kopff abgeschlagen, weil diser sprach stercker wider in gat, dan für in. Da ligstu, lieber babst, wan du dich redlich heruß erretest und die lügen zu der warheit machst, wil ich sagen, du seiest von Got babst gemacht. 38 Ach, du verzweifelter münch, waz zorn Gottes hettestu nun langest über daz gantz Tütschland erweckt, wan Got yetz nit barmhertziger wer durch unsern mit1er Jesum Christum, dan er zu Moyses Zeiten waz. Gedenck, wievil glimpffiger sein gewesen die wort Chore, dan deine flüch und schmachwort. Noch dan d so wart er mit al seinem anhang lebendig verschluckt von dem erdtreich in die hei [4. Mose 16, 31 ff. ]. Auch den andern tag, so daz folck darumb wider Moysen und Aaron murmlet, da gieng wider uß der zorn Gottes und die gehe 6 plog, dardurch dotbliben XIIII tusent und siben hundert menschen, ir weren auch noch vil me verdorben, wer Aaron nit so bald mit dem rauchfaß uß dem tabernackel gelauffen und gestanden zwischen lebendigen und doten, hat Got für das folck gebetten [4. Mose 17, 6ff. ]. O, du arms einfaltigs folcklin tütscher nation, wievil schwerer hastu nun drü gantze jar mit dem heißzornigen tütschen Chore wider deinen obersten priester nit allein murmlest, sunder auch gestot und geflucht. Ker ab durch Gottes willen, ee der zorn Gottes über dich kum, thüstu es nit, so besorg ich warlich, es werd die räch Gottes so vil schwerer sein, wievil sie langsamer kumpt, als auch der heid Valerius Maximus 39 lert, und sovil schwerer dein sünd ist, dan des Moyses folcks da was, und wie hoher und warhafftiger unser oberstes priesterthüm ist dan der Juden gewesen ist, als Sant Pauls ad Hebreos mit vil worten anzöget [Hebr. 7ff. ]. Ob du aber hie sprechest, Aaron sei frumer gewesen dan unser babst, daz stot dir nit zu urteilen, du hast auch noch nit gehört, daz dir unser babst ein guldins kalb

c) Geweihten 26*

d) dennoch

e) jähe

An tütschen adel. K. I

Grünt und ursach. G. II

K. IUI

Nu. 16

Ad He. 7. 8. 9. et 10. ca.

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Dani. 7 Esai 6 Mat. 26 >oc 5 et 7

Ro. 12

1. Cor. 12

Cochläus : Glosse und Kommentar auf 154 Artikel

für ein Got hab fürgesetzt, wie Aaron da gethon hat. So hast du auch wol gehört, daz David nie fluch oder hant anlegen wolt an den gesalbten des herren, an künig Saul, wiewol er sein dotfint f was und er selbs an sein stat schon gesalbt was. Nun ist dein Chore weder cardinal noch bischoff, noch dan lobstu in, das er uß unerhörter Verzweiflung also rumort, schilt und lestert, nit dir zu gut, sunder zu errettung seins lebens. Es wil zü lang werden, mit vil exemplen mancherlei Ordnung des folcks und sunderlich der priesterschafft des alten testamentz, begriffen in vil büchern der geschrifft, zü voruß in den büchern Regum [Sam.; Kg.], Paralipomenon [Chr.], Esdre [Esra], Hernie [Neh.] und Machabeorum [Makk.], daruß zü mercken ist, daz vil ußerlicher underscheid eins folcks in einem glauben nit streflich ist, so in güter Ordnung ein yeglichs thüt nach seinem stand, wan Got wil in mancherlei weiß und gestalt gelobt sein, wir sehen, das natürlich ein wiß lustiger anzusehen ist, darin mancherlei blümen ston, dan ein bloß feit oder santhuffen. Item es ist ein lieblicher gesang, wa mancherlei stimen züsamen stimen, dan wa vil in einer stim schlechthin singen. Deßgleichen sehen wir auch in der weit beschaffung, wie mancherlei creaturen Got der her beschaffen hat, als stern am himel, fisch im wasser, thier uff erden und fogel im lufft. Also das es unmüglich 8 ist, yeman uff erden zü erzelen, wie manigfaltig seyen allerlei thier, krüter, gestein, beum und frucht des ertreichs. Ich wil geschweigen des mers und des himels, darin on die stem so vil hundert tusent engel sein in mancherlei Ordnung, wie Daniel, Esaias, David, Paulus und Dionisius sc h°n erkennen geben, ja, Christus sprach selb zü Petro: Meinstu nit, ich mog bitten meinen vatter und er würd mir yetz ußhalten mer dan zwolff legionen der engel [Matth. 26, 53]. Darvon noch vil me geschriben J ° h a n n e s in der himelischen Offenbarung [Offb. 5, 11; 7, 11]. So dan in allen dingen in himel und uff erden (es sei gotlich, natürlich oder menschlich regiment) mit vil teilung und underscheid Ordnung ist, warumb solt die heilig christlich kirch allein fyhisch, uff hussische weiß, on secten und ordenung sein. Lieber Luther, du hast Paulum nit recht angesehen in der epistel zü den Romern, da er spricht: Ich sag euch allen, nit me zü verston, dan sich gebürt, sunder verston zü messikeit eim yeglichen als Got geteilt hat dy maß des glaubens, wan eben als wir in einem corper vil glider haben, aber alle glider haben nit ein werck. Also unser vil sein ein corper in Christo, aber yeglich einer des andern glid und haben gab nach der gnad, die unß geben ist underscheidlich [Rom. 12, 3—6]. Dise wort sagt Paulus und erklert sie da mit fil schöner 1er. Aber noch klerer sagt er das den Corinthern, wie teilungen sein der gnaden, der diensten und der wirckungen, wie wol ein geist, ein her, ein Got würckt alle ding in allen. Es würt aber eim yeglichen geben die Offenbarung des geists zü nutz, wie

er da erzelt und sagt weiter, das alle ding würck eben ein geist, der da ußteilt yeglichen wie er wol, wan der corper ist nit ein glid, sunder vil glider, wan der gantz corper ein aug wer, da blib daz gehör? Und wan er

f) Todfeind

g) unnötig

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gantz gehör wer, da blib daz riechen? Nun hat aber Got gesetzt die glider, ir yeglichs im corper, als er hat gewolt aber ein corper [1. Kor. 12, 4 ff. ]. Lieber gesel, ob du den babst und concilia nichtz wilt gelten lassen, so vergün unß doch, daz unß Christus und Sant Pauls etwas gelten. Christus Jo. 14 spricht: In meins vatters huß sein vil wonungen [Joh. 14, 2]. Sant Pauls sagt: In einem corper Christi sein vil glider, nit allein das aug, nit allein daz gehör, sunder es sein teilungen der gnaden, der diensten und der wirckungen [1. Kor. 12, 12ff.], was gauckelstu dan mit deinem hussischen buntschü, daz wir gleich seyen und uf ein weiß leben sollen als die kü? Wan wir dir daz züliessen (das doch unmüglich ist) so woltstu fileicht darnach gar gröbenheimer 40 uß unß machen, daz wir huntzhochzeit hielten und alle durcheinander gleich gülten, es wer schwester oder dochter, sprechst, wir weren alle gleiche Christen und schwester und brüder in Christo uß dem tauff, züchst herfür die alten wort Gottes, wachsen und meren euch [1. Mose 1, 28], das wer ein lust deins jungen anhangs. Du hast auch selbs Genn. 1 schon angefangen in deiner Babylonia, so du sprichst: Wa ein ee usserthalb des andern h grads des geblütz yngangen würt, so sol es in keinem weg zertrent werden. 41 Woluß zu den Reussen und Tactern1, mit solchen huntz und hußhochzeiten, es laufft mir alles zu weit uß under der federn. Ich wil deine kühert und huntzhochzeit faren lassen, damit ich dir antwurt uff das principal. So du sprichst, das Christus nit me dan ein weiß und gesetz heb yngesetzt seinem gantzen folck, das ist die heilige meß. Sag an, Luther, wa stot das geschriben? Dein huff beriempt sich alweg, du fürest ein ytel heilig geschrifft. Ich wolt aber ye gern einen hören, der mir diser artickel einen und noch vil anderer (daruff mit dir zu disputieren wer) in geschrifft anzogt. Du selbs in fil büchlin beklagst dich, man wol dich von der geschrifft tringen, hast auch gegen fürsten und herren zu Wurms im reichßtag geret und geschriben, du wollest gern thtin, waz sie begerten, allein daz heilig gotzwort mogstu nit widerrieffen. 42 Also gauckelstu vor den leyen und vor etlichen juristen und poeten, die dir glauben, kemstu aber uff ein disputation für oberrichter zu alten und wolbeleßnen theologen, du würst on zweiffei solcher wort müssig gon. Ich bin der schlechtes^ und der wenigst11, da ich dich aber zu Wurms an dreien orten vor dem ertzbischoff von Trier, vor deinem huffen im huß und in deiner kamem zületst allein trülich ermant und gebetten hab, das du wollest widerrieffen, nit me, dan daz wider den glauben und wider die christlichen kirchen offenlich sei, hastu mir solcher antwurt kein geben, ich wer dir auch keiner gestanden, so ich weiß, das ir keine war ist, was du mir aber zületst in deiner kamern daruff geantwurt hast, des haben wir kein gezügen dan Got allein, der würt auch dise sach noch wol urteilen. 43 Du sagst hie, Christus hab nit me dan ein gesatz, das ist die meß, yngesetzt, aber anderßwa sagstu wider unß an vil orten, das alle sprüch Christi in ewangeliis seyen gesetz und niendert kein rat. 44 Verwürffest auch deinen eignen meister Johan Huß, das er zwolff rät in der geschrifft bekant

h) zweiten

i) Russen und Tataren

j) Schlichteste, Einfachste

k) Geringste

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1. Co. 7

De ca. Babyloni. B. III

Mat. 4

Cochläus: Glosse und Kommentar auf 154 Artikel

hat. 45 So du nit me dan einen rat zulassest, darzü dich dringen dise wort Sant Pauls: Von den junckfrawen ein gebot des herren hab ich nit, ich gib aber ein rat [1. Kor. 7, 25], wer wil dir aber glauben, das in allen ewangelien und epistlen Pauli und in andern büchern des nüwen testamentz nit me sei dan ein gesatz Christi und das von der heiligen meß? Wie darffestu so unverschampt wider alle geschrifft, ja wider dich selbs also liegen1? Zog mir, bistu so ein groser Apollo der geschrifft, wa stot in dem alten oder in dem nüwen testament das wort meß? Wan nun das nüw testament nur ein gesatz wer und daz selbig die meß, wie du sagst, so wer es ye billich, du zogst an, wa die meß geschriben stünd. Item du sagst auch selber, die meß sei ein sacrament. Nun bekenstu ye in deiner Babylonia, yetz zwei, yetz drü (deiner gewonlichen wanckelmütigkeit nach) sacrament 46 , warumb sagst du dan hie von einem einigen"1 gesatz? Item ist die meß ein gesatz, warumb heißtu sie dan ein sacrament? Und warumb leucknestu dan hie und in der Babilonia, das die heilig meß ein gut werck sei 47 Ist es aber nit zu erbarmen, das du Christo, unserm erlöser, und der gantzen Christenheit solche uneer anthün magst, so du sagst, das Christus nit me dan ein gesatz (das ist die meß) hab yngesetzt, und es sei doch kein gut werck? Wie mochtestu doch den heiligen christlichen glauben grober und herter schmehen? Fürwar solt ein Jud also reden under unß, wir zerrissen in mit den zenen. Aber was du sagst, daz muß alles ewangelium sein, we dir, we unserer blintheit, daz wir solche schand über unß, wider Cristum, bei andern nationen der Christen, ja auch der Juden und hussen, durch dein tüflisch schreiben kumen lassen, wie ist im, wan ich dir zog, daz du die meß für kein gesetz haltest? Du sagst hie, sie sei kein gut werck. Nun ist ye alles gesetz uff gute werck, nit uff bose, geordnet. Item in deiner Babylonia sagstu, daz Christus nit gebotten hab einerlei gestalt (daz ist des brotz oder des weins) zü bruchen, sunder er hab es frei gelassen den wilkorn eins yetlichen, da er spricht: Als offt ir daz thün werden, zü meiner gedechtniß werden ir es thün [1. Kor. 11, 24] 48 Sihe, wie reimpt sich dein buntschüh daruff, du keerst, in dem buntschü ist ein oder kein gesatz. Nun sagstu hie, Christus hab ein einich gesatz (und das sei die meß) uffgesetzt. Und in der Babilonia sagstu, er hab es nit gebotten, sunder wilkorung den freien willen gelassen, damit der gantz Christenglauben nichtz anders sei, dan ein buntschüh. O, du tüflischer blindenfürer, wie lang wiltu Got lestern, den glauben schmehen (züvoruß Tütschland) betriegen? Hastu ein ederlin eins mänlichen mans in dir, so kum mit mir für die gelerten, von disen dingen zü disputieren, leib und leben wil ich gern wagen, tütscher nation zü güt, daz dein buntschü uff ein end kum, nit durch schreiben und büchlin, sunder durch red und widerred. Kurtzumb, es ist erlogen, das Christus nit me dan ein gesatz, die meß, hab yngesetzt, wan in anfang seiner predig in dem ewangelio Mathei sprach er: Würcken büß, wan es würt zünehen daz reich der hymeln [Matth. 4, 17]. Spricht aber niendert, halten meß, wan meßhalten gehört nit

1) lügen

m) einzigen

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allen Christen zu, sunder allein den priestern, darumb mag die meß nit ein einig und gemein gesatz sein für alle Christen. Item bald darnach erzelt er vil gesetz, darin er der meß mit keinem wortlin gedenckt. Sagt auch, er sei nit kumen zu brechen daz gesatz oder die propheten, sunder zu erfüllen [Matth. 5, 17]. Nun hastu selbs bekant, in dem gesatz Moysi seyen vil gebot und gesetz. Weiter sagt Christus, wer der kleinsten gebot eins uffloß und 1er also die menschen, der werd der kleinst geheissen in dem reich der himel. Item es sei dan sach, das euwer gerechtikeit uberfließ me dan der phariseyer und schrifftweisen, so werden ir nit yngon in daz reich der himel [Matth. 5, 19f. ]. Gibt also bald exempel daruff und spricht: Ir haben gehört, daz den alten gesagt ist, du solt nit doten, wer aber dotet, der würt schuldig des gerichtz. Aber ich sag euch, daz ein yeglicher, der da zürnt wider seinen brüder, der würt schuldig des gerichtz etc. [Matth. 5, 21 f. ]. Deßgleichen sagt er von dem eebruch, von ergernüß, von eescheidung, von schweren, von rachsal, von hassen, von almüsen, von betten etc. [Matth. 5, 27—6, 15]. Sihe an, so vil gesetz Christi in einem oder zweyen capitlen eins ewangelisten, wievil meinstu aber, daz ich ir mocht züsamen klauben uß allen capitlen aller fier ewangelisten? Wievil darnach uß XIII episteln Sant Pauls? Fürwar er sagt selbs zu den Corinthern, was ich euch schreib, daz sein gebot des herren [1. Kor. 14, 37], wa kumstu dan her mit einigen gesatz der meß? Wievil zületst uß den süben andern epistlen und Apocalipsi? Es ist ye ein grobe vermessenheit, so vil geschrifft züruck werffen und sagen, daz doch in keiner geschrifft funden würt, wan du ye (dem buntschü zü lieb) woltest ein gesatz schrifftlich uffbringen, so hetstu uß ewangelio Johannis ein schein mögen machen, da Christus spricht: Das ist mein gebot, das ir einander liebhaben, als ich euch geliebt hab [Joh. 15, 12], Aber du weist, das in disem gemeinen gebot gar vil sunderlicher gebot begriffen werden. Und Christus selbs zünechst darvon spricht, wa ir werden halten meine gebot, so werden ir bleiben in meiner lieb etc. [Joh. 15, 10] [ . . . ] 49 Nun folgt widerumb, als zü dem ersten, gloß und comment uff yeglichen artickel.

Mat. 5

Mat. 5

l.Co. 14

Joh. 15

[XX.] Das sein aber die wort Christi: Nemen hin und essen, das ist mein 35 leichnam, der für euch geben würt. Nemen hin und trincken daruß allesamen, das ist der kelch des nüwen und ewigen testaments. 50 O, Luther, wie machstu mich so ungedultig mit so vil bösen stücken und argen listen, die du gegen dem gemeinen folck bruchest. Wa du dich solcher dück underzügst vor gelerten in gegenwürt, so hastu mich in den 40 hämisch gebracht. Hie muß ich patientz haben dem folck, daz gütlich zü endecken dein büberei und faule fisch. Sag an zü dem ersten, welcher ewangelist schreibt dise wort, wie du sie fürgibst? Wa stot in Matheo: der für euch gegeben würt? Wa in Marco, wa in Johanne? Zü dem andern, wa stot in Luca: Nemen hin und essen?

Luther

Cochleus

Mat. 26 [26—28] Mar. 14 [22—24] Joh. 6 [50—58]

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Cochläus : Glosse und Kommentar auf 154 Artikel

Luc. 22 [19f.] Item wa stot in Luca widerumb oder im Paulo: Nemen hin und trincken l.Cor. 11 [24f.] daruß allesamen? Zu dem dritten, in welchem ewangelio findstu: des nüwen und ewigen testamentz? Nun wolan, du lieber nüwer Messia, mit deiner nüwen form und mit deiner nacketen hundßmeß. Sag an, wer hat dir gewalt geben, ein nüwe form der Wandlung und ein nüwe weiß der meß fürzügeben oder ynzüsetzen? Warumb gibstu einem und nimpst dem andern? Fürwar das hat Deu. 4 doch die geschrifft nit gelert, da Got spricht: Ir sollen nit hinzu thün zu dem wort, das ich euch red, sollen auch nichtz daruß hinweg thün Deu. 12 [5. Mose 4, 2], wie dan auch Moyses spricht: Was ich dir gebüt, das soltu allein thün dem herren, solst weder hinzü thün noch mindern [5. Mose 13, 1]. Und Salomon gibt ein schonen spruch wider disen deinen frevel und Prover. 30 vermessenheit, in Proverbiis: Alle red Gottes ist feürig, ist ein schilt allen, die darin hoffen. Thü nichtz hinzü seinen Worten, das du nit gestrafft werdest und lügenhafftig erfunden [Spr. 30, 5f. ]. Deß gleichen beschlüßt Sant Apo. ul. Johannes sein Offenbarung und spricht: Würt einer etwaz züsetzen zü disen worten, so würt Got über in züsetzen die plag, geschriben in dem büch. Und würt ein vermindern von den worten des büchs diser prophetzei, so würt Got uffheben seinen teil von dem büch des lebens [Offb. 22, 18f. ], Dieweil dan dise form, die du uß eignem mütwillen stoltz und hoffart durcheinander putert" hast und als ein betlers mantel züsamen gestückelt und geflickt, in keinem ewangelisten, in keiner epistel Pauli und gantz in keiner geschrifft also verfaßt und begriffen ist, so werstu wol wirdig, das man dir deinen Ion darumb geb. Got weiß, das ich kein frod oder lust hab in doten oder blütvergiessen, so ich auch metzigern und kochen nit gern züsihe, wan sie unvernünfftige thier abthün. Aber du ubermachst dein ketzereien so gröblich, das ich mocht sprechen in warheit, wan man mit dir (so du also verC. de here. ex. de stockt bleibst und dein sach zü nieman stellen wilt) handlet nach ußweihere51 sung geistlicher und weltlicher rechten, daz man in acht hundert jaren keinen ketzer nie rechter gethon het, des züg ich mich uff alle hystorien und cronicken. Mir wer aber tusent mal lieber, du stündest ab solichs frevels, yrthüms und mütwillens und gebst dich in gnad und büßvertikeit. Du siehst wol, was obgemelte geschrifften wider dich sagen, so ist noch ein andere vorhanden, vil klerer, und die dich in vil me stücken betrifft: Wer Deut. 17 da stoltziert und wil nit gehorsam sein dem gebiet" des obersten priesters, der sol uß urteil des richters sterben, und würst das ubel uffheben uß Israel, und daz gantz folek, so es hört, würt forchten, das keiner darnach uffgeschwel in hoffart [5. Mose 17, 12f. ]. Ich beger nit Luther, das man dich dot, ich sag aber, daz unsere fürsten und bischoffen bei irer seel selikeit schuldig sein, deine bücher abzüthün, zü verbieten und zü vertilcken in allen iren landen, und dir kein hilff, rat, gunst noch that weiter zü geben, dich nit behausen noch beschützen, des hab ich gnüg schlifft, hystorien, recht, exempel und urteil.

n) gebuttert

o) Gebot

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Du weist uß gewonlichem landßbruch (wie auch keiserliche recht uffsetzen) was penen und straff einer leiden sol, der müntz oder brieff felscht, so du dan vil grober hie handelst und felschst, nit zeitliche müntz oder brieff, sunder die heiligen form der meß, die bei christlicher kirchen me dan XIIII hundert jar in stetem bruch gewesen ist. Wie meinstu, sol man sprechen: Gnad juncker? Warlich erwel mich hie zu keinem richter, ich würd dir ein ernstlich urtheil (ob schon wider mein natur und neigung) in bart werffen, du müst under den zweyen eins thün. Entweders alle deine yrtumb widerrieffen und alle vergiffte bücher in ein roten huffen p geben oder du müst wein wein lassen sein, fleisch fleisch, malfaseir malfaseir, fisch fisch und so lang wasser und brot versuchen in einem thum, biß du dich erkenst, daz du nit me dan ein mensch seyest, kein prophet, kein Messias, kein heiliger geist, damit dein uffgeblaßne hoffart nidersünck, und du glaubst, das der heilig geist me sei bei gemeiner kirchen, dan bei dir allein. Ich hab solchen trutz und ubermüt, als mir Got helff, nie gehört oder gelesen. Von den heiligen Worten der Wandlung schreib ich ungern, sunderlich tütsch, daz sie nit geuneert werden von den groben und unverstendigen leyen, als leider vil geschieht. Doch gieng es ee hin, ob sie schon für unser gemeine leien kumen. Das sie aber auch under hussen, Juden, Türcken und ander ungleubig kumen, und zu merer uneer und gespot mit grosern büchstaben verlesen werden durch dein tüflisch angeben, daz grimpt q mir mein hertz, und wolt Got, ich solt es unsern fürsten und bischoffen under äugen sagen, mit was recht, eer, billicheit und gotzforcht sie hie durch dy finger sehen, das du verzweiffelter münch die heiligen gotteswort, über welche nichtz heiligers uff erden ist, so unwirdiklich verbutterst, felschst und verkerst, und darzü gibest sie für allem folek, wider Paulum, Dionisium 52 , Cyprianum 53 , Ambrosium etc., ja wider die wort selbs, so es heißt ein heimlicheit des glaubens, und wider alle religion, gotzdienst und bruch der mensehen, dieweil in allen hystorien, von drii tusent jaren her, bei allen folckern, die priester waz heimlichs gehabt haben vor gemeinem folek, darumb sie auch myste r a mysterio fidei genant werden. Ja, gibst sie auch für den hussen und Juden wider das gebot Christi: Ir solt das heilig nit geben den hunden, sollen die berlin nit werfen für die sew [Matth. 7, 6]. Und zu merer schmacheit lastu sy mit groser geschrifft trucken 54 , als weren es bannbrieff, und daz noch schimpflicher ist, sagstu sie anders dan alle priester thün, ja anders hie, dan du thüst zu latyn in deiner Babylonia 55 , das es nit wunder wer, das eitreich verschluckt dich und alle deine anhanger und verhenger.

1. Cor. 4 [1] Colos. 1 [26] 1. Tim. 3 [16]

Mat. 7

Der XXI. artickel. Dise wort muß ein yeglicher christen in der meß für äugen haben und Luther 40 fest daran hangen, als an dem hauptstück der meß. In welchen auch die recht grund gute bereitung zu der meß und dem sacrament gelert würt. 56

p) ins Feuer

q) ergrimmt

r) Priester bei den Mysterien

402 Cochleus

Ex. de celeb. mis. c. cum Mart.57

1. Reg. 7

Pro. 19 [Spr. 19, 15]

Cochläus: Glosse und Kommentar auf 154 Artikel

Almechtiger Got, wie ein verdroßne arbeit ist mir das, so es mir alles under den henden zu lang würt, und wan es mir erst recht züfelt, die matery weiter zu ergründen, so ist es schon zeit uffzühoren, wir sehen, wan ein pferd recht in lauff kumpt, daz es ungerner stil stot, dan in dem ersten anfang. Darumb wolt ich hundert mal lieber dise sach mit disputiern ußtragen vor den gelerten, da vil leichter und kürtzer zu dem zil der warheit zu kumen wer, dan mit umbschweiff des schreibens. Ich hab noch nit den fierden teil dises tüflischen und ketzerischen büchlins examiniert und wer schon zeit uffzühoren für gemeinem folck. Nun wolan, ich wil mir kürtzere zil fürnemen, wiewol noch vil grober ketzeryen hernachfolgen. Wa stot es aber geschriben, daz eben dise wort ein yeglicher Christen sol in der meß für äugen haben? Gesel, es ist noch weit dahin zu probieren, das alle Christen meß halten. So hab ich oben beweißt, daz dise nüwe form der wort niendert geschriben stot, es hat sie auch bißher nieman gebrucht, wir haben die rechten form (als sie Christus den apostlen und nachfolgend die apostel den andern gegeben haben, wie unß daz geistlich recht anzogt) in unsern meßbüchern, die du hie gefelscht hast, eins teils hinzugeben und eins teils darvon genumen, das man dir billich das hantwerck (uff das aller gnedigst zu reden) darumb verbüt und niderlegt. Aber die selben rechten form der wort Christi, die wir in der Wandlung bruchen, zu wissen und vor den äugen zü haben, ist wol not den priestern, die meß halten, aber nit den leyen, die herumb ston und nit meß halten. So in s gnüg ist, mit andacht sich da der meß und geistlichen opffers teilhafftig zü machen und mit festem glauben nach den gesprochnen worten zü halten, daz die Wandlung geschehen sei, das nit me brot und wein da sei (wie du ketzerisch lerst), sunder fleisch und blüt Jhesu Christi, daz selb wirdiklich anzübetten und darin betrachten sein heiligs leiden, das er für unß gethon hat, zü unser erlosung und zü ablaß der sünd. Recht grund güte bereitung zü der meß und zü dem sacrament würt in deiner nüwen form nit gelert. Behüt Got alle Christen vor der bereitung, die du lerst an dem end dises büchlins. So aber die rechte form der wort Cristi daz hauptstück ist der meß, solt billich die bereitung vor gelert und gehalten werden, ee dan man daz hauptstück und die wandelung angreifft. Ich wolt auch gern hören, in welchen Worten diser newen form gelert würt die bereitung, und so darrin die recht bereitung zü der meß ist, welchs ist dan die meß? Es ist ye nit ein ding, meß und bereitung zü der meß, und warzü sol dan so vil Vorbereitung in psalmen, in beichten, in betten, in lobgesang, in epistel und ewangelien etc., wan die recht bereitung in deiner form gelert würt? Samuel sprach: Bereiten euwere hertzen dem herren und dienen im allein [1. Sam. 7, 3]. Aber du sprichst da hinden, die best bereitung sei ein arm eilend gewissen (daz von seinen sünden gemartert und getriben würt) zü haben und das also zü der meß darbringen 58 , wa lert aber daz die geschrifft? Wa Christus? Wa Paulus? Ja, wa stot es in deiner form? Ach es reißt sich yn und wil wider zü lang werden. Die geschrifft spricht, den men-

s) ihnen, den L^ien

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Cochläus: Glosse und Kommentar auf 154 Artikel

403

sehen gebürt zu bereiten die seel, der her ist ein ermesser der geist. Du solt offenbaren dem herren deine werck, so werden gelegt deine gedencken. Item die da forchten den herren, die werden vorbereiten ire hertzen und in seinem angesicht werden sie opffern ire seien. Wer mag aber Got opffern mit unreuw des gewissens? mit beladung der sünd? mit unbereiten hertzen? Meinstu, Johannes der Teuffer hab dem herren den weg also bereit etc.

Eccle. 2 [Sir. 2, 4. 17] Mat. 11 Mar. 1 Luce 7

Der XXII. artickel.

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Wan der mensch sol mit Got zu werck kumen und von im etwas empfahen, so muß es also zügon, daz nit der mensch anfahe und den ersten stein leg, sunder Got allein on alles ersuchen und begeren des menschen muß zuvor kumen und im ein züsagung thün. 59 Welche gschrift, welcher prophet, welchs ewangelium oder epistel sagt daz? Wir wissen wol, daz wir on hilff und gnad Gottes nichtz gütz thün mögen, wan Christus spricht: Nieman mag kumen zu mir, nur dan mein vatter ziehe in [Joh. 6, 44] oder dan es werd in gegeben von meinem vatter [Joh. 6, 65]. Des gleichen spricht Sant Paulus: Ein solch vertrawen haben wir durch Christum zü Got, nit daz wir gnügsam seyen, etwas zu gedencken von unß, eben als uß unß, sunder unser gnügsamkeit' ist uß Got [2. Kor. 3, 4f. ]. Wir wissen wol Luther, daz die gnad Gottes da sein muß, wa man gute werck zü dem ewigen leben verdienstlich thün sol. Wir wissen auch wol ex Aristotele, daz alle unser krafft zü würcken von dem ersten beweger (das ist von Got) kumpt. Uff solchen sinn lassen wir dein red zü, daz du aber frembde verborgen red fiirgibst, die vor gemeinem man luten, als sollen wir nit anfahen gütz zü thun, biß Got züvor kum und züsagung thü, das lut wol uff deinen trutzigen buntschü, daz ein jeder frei sei von allen gesetzen und güten wercken, biß Got selbs kum als ein nachbuer oder güter fründ und thü unß ein züsagung dis oder jens zü thün oder zü lassen. Eben als weren dy buren nit schuldig, rent und zinß zü geben oder in fronen und dienen, dan er thü in for ein züsagung und schenck in den wein oder bach" inen küchlin. Ich wil auch grob darvon reden, so du kein geschrifft, kein ewangelium, kein doctor der kirchen uffbringst. Es ist ein her nit schuldig, so er seinen eignen knecht etwaz gebüt oder heissen wil, daz er im ein züsagung darvor thü, sunder (als der hauptman im ewangelio sagt) spricht kurtzumb, gee hin, so gat er, kum, so kumpt er, thü daz, so thüt er es [Matth. 8, 9]. Macht nit vil wort von züsagung oder verheissung. So wir dan alle sein knecht Gottes, warumb solten wir unß hochbartzenv uff ein züsagung, im zü dienen und seine gebot zü erfüllen? Meinstu, wir seyen landßknecht, daz wir im nit sollen dienen, er sag unß dan ein monat oder drei sold zü? Lieber, halt Got, deinen herren, schopffer und erloser in grosen eren, boch nit mit im uff ein züsagung, wie du newlich mit k[aiserlicher] majestat und churfürsten gethon hast, so du nit kumen

t) Vermögen, Fähigkeit plustern

u) backe

v) umgangssprachlich: hochschaukeln, auf-

Luther

Joh. 6 Ibidem 2. Co. 3

8. Phis. 1 de celo. 60

Mat. 8

404

Judi. 13 Esa. 10 Ro. 9

Psal. 2 Psa. 99

1. Par. 22

2. Pa. 15

BS?

Mat. 7

Cochläus: Glosse und Kommentar auf 154 Artikel

woltst on züsagung. 61 So doch ein kriegßknecht (als ich oben gemelt hab) kumpt, wan sein hauptman spricht, kum, wir sein Got hoher verpflicht, dan ein kriegßknecht seinem hauptman, oder dan ein leiblicher knecht seinem herren, so wir von im haben nit allein essen und trincken, kleid, gelt und alles gut leiblicher narung, sunder auch leib und seel. Es ist zumal grob und schentlich zü hören, daz du Got also müssigst und notigst, als müß er vor kumen on alles unser ersuchen und begeren und müß unß ein züsagung thün. Wer wil doch zwingen den almechtigen? Und was bedarff Got unser? Got wil frei und ungenotigt sein, dieweil auch seiner engel einer spricht zü Manue: Wa du mich notigst, so wil ich nit essen dein brot [Richter 13, 16]. Es lut ubel, wan das beihel sich rümen wil wider den meister und die seg wider den seger [Jes. 10, 15] oder der laimen wider den haffner und Sprech: Mach ein weinkrussen w uß mir und nit ein brützkachel", ich wil mich sunst nit dreien lassen [vgl. Rom. 9, 20f. ]. Es stot niendert geschriben, dienen Got uff sein züsagen, stot aber offt geschriben, dienen dem herren in forcht [Ps. 2, 11], in frod, in hoffnung [Ps. 100, 2]. Es gilt nit bochens oder tratzens gegen Got, den auch die engel forchten, zü zittern vor im die gewalt der himeln und engein, wie man teglich in der prefation y der meß lißt und singt. Fürwar solchs bochen hat dich David nit gelert noch Paulus. David als er die matery des tempels bereit het, sprach er zü den fürsten Israel: Geben euwere hertzen und euwer seien, uff daz ir süchen Got, euwern herren [1. Chr. 22, 19], sagt von keinem züsagen Gottes. Desgleichen der prophet Azarias und der frum künig Asa. Ermanten das folck zü süchen den herren uß gantzem hertzen und uß gantzer seel [2. Chr. 15, 12]. Sprachen aber nit, als du, daz sie solten warten biß Got vor kern und thet inen ein züsagen oder biß in ein taub in daz maul flüg. Sunder setzt der künig auch pen daruff und sprach: Welcher nit sücht den herren Got Israel, der sol sterben, von dem kleinsten biß uff den grasten, von dem man biß uff die frawen [2. Chr. 15, 13]. Und des ist schier alle geschrifften vol, zümal die psalmen, das wir sollen Got ersüchen und betten, nit er unß, wan wir dorffen z sein, er unser gar nichtz. Darumb sprach der her Christus: Bitten, so würt man euch geben, süchen, so werden ir finden, klopffen an, so würt man euch uffthün [Matth. 7, 7]. Hie sichstu, daz wir vor bitten sollen, vor ersüchen, vor anklopffen, dan so gibt man unß und thüt unß uff. Aber dein geist (als vil ich noch gemerckt hab) wolt unß gern abziehen von allen güten wercken, wie du dan offenlich dis büchlin beschlüst. Und anderßwa sagstu, alle unsere güte werck, auch uff daz best gethon, seien sünd, es sei kein verdienst, die werck seyen alle gleich und Got acht der werck nichtz. 62

Der XXIII. artickel. Luther

x) Nachttopf

y) Eingangsworte

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Das selb züsagen Gottes ist das erst, der grund, der felß, daruff sich hernach alle werck, wort, gedancken des menschen bauwen. 63 w) Weinkrug

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z) bedürfen

Cochläus: Glosse und Kommentar auf 154 Artikel

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Ich mein, du wöltest gern symonei 3 machen uß al unsern wercken, und das noch frembder ist zu hören, uß al unsern worten und gedancken. Du weist ye wol, das es simony ist, er wol im ein pfund zu Ion geben. So wir dan alle unsere werck, wort und gedancken stil halten, biß Got vor kum und thü ein züsagung und dan erst bawen wir uff solche züsagung und dienen im daruff, besorg ich, es sei nit allein simony, sunder auch wüchery, als wan ein jud einem hundert guldin leihet und wil vor ein zusagen haben, das man im zweihundert guldin widergeb. Aber die geschrifft lert unß vil anders, nemlich das wir Got dienen sollen, in loben und eren, darumb das er gut, süß, milt und barmhertzig ist, luterlich b uß lieb, demütikeit und umb Gottes willen, nit umb Ions, nutz oder züsagens willen. Also sprach der alt Tobias zü seinem sun: Zu aller zeit benedy Got und bit von im, das er leite deine weg [Tob. 4, 19]. Und also sprach Delbora: Mein hertz liebt die fürsten Israel, die sich uß eignem willen haben dargeben gegen ferlicheit, benedeiet Got [Richter 5, 9], Item Anna, die heilig müter Samuelis, als sie unberhafftig waz, wartet sie nit, bis Got vor kern und sagt ir zü, das sie solt geberen, sunder sie gieng in tempel mit bitterm gemüt, mit vil zehern und bat da Got und gelobt im, wa er ir gedecht und geb ir ein sun, so wolt sie denselben im geben. Und als sie geboren het, opffert sie Got iren sun und lobt Got mit lobgesang und dancksagung [1. Sam. 1, 9ff. ]. Lieber gesel, es ist nit uff eitel zusagen zü buwen und zü warten, biß Got vorkum. Wir sein schuldig, Got zü loben und eren, seine gebot zü halten, in zü lieben und zü forchten, in zü bitten und anzürieffen, im dancksagen, benedeyen etc., wie dan die geschrifft und exemplen der lieben heiligen ußweisen. Und Christus spricht selbs: Vatter, ich bit dich, ist es müglich, so gang von mir diser kelch [Matth. 26, 39. 42], was waz da für züsagung? Maria sprach zü im: Sie haben nit wein [Joh. 2, 3], bat in also, het aber darvor kein züsagung, daz er wasser solt zü wein machen. Und daz heidnisch freuwlin sprach zü im: Erbarm dich mein, her, ein sun David, mein dochter würt von dem bösen geist ubel geplagt. Der her antwurt ir kein wort und sein disciplen giengen hinzü und batten in sprechende: Laß sie gon, wan sie schreit nach unß. Da antwurt er und sprach: Ich bin nit gesant dan nur zü den schaffen, die verlorn sein des huß Isarel. Da kam das frewlin und bettet in an und sprach: Her, hilff mir [Matth. 15, 22—25]. Hie sichstu, daz Got dem frewlin vor nit zügesagt het, ir dochter zü erledigen, noch dan so bat sie und baten die jüngern und das frewlin zü dem andern mal, bis ir ein züsagung geschähe. Und zü seinen jungern sprach er in dem passion: Wachen und betten, daz ir nit yngon in versüchung [Matth. 26, 41]. Und das wir alzeit sollen betten und nit ablassen, gibt er ein gleichnis von einem bösen richter, der weder Got noch die menschen forcht, und erhört doch zületzt dy witfrawen, darumb das sie in so offt ersücht und angelauffen het [Luk. 18, 2—5]. Gedenckt auch keins züsagens, spricht auch: Nit ein yeglicher, der mir sagt, her her, würt yngon in daz reich der hymeln, sunder wer da thüt den willen miens vatters [Matth. 7, 21].

a) Simonie, Ämterkauf

b) lauter

Cochleus

4 Judi. 5 l.Reg. 1

Math. 26 Joh. 2 Math. 15

Math. 26 Lu. 18

Mat. 7

Cochläus: Glosse und Kommentar auf 154 Artikel

406

Nun lerstu das arm folck, es sol nit vor kumen, vor bitten, vor ersuchen, sunder Got muß vorkumen und muß im ein zusagen thün, wer wil es in notigen? Und wer sol daruff warten? Lieber, es muß nit also zügon. Psal. 4 [2] et 11 Christus lert unß anders und die geschrifft, zu voruß in psalmen, me dan [13, 4] an tusent orten, des gleichen Sant Pauls. Es würd aber hieher zu lang, w i e 5 Psal. 26 [27, 7] o f f t spricht der psalmist: Erhör mich, erhör mein gebet, erhör mein stim? l.The. 5 [17] Und Paulus sagt: Betten on underlaß. Item ich wil, das die man betten an l . T i . 2 [8] allen orten etc. Wan wir aber uff züsagung, die vor geschehen sein solt, bawten, bedorfften wir nit bittens, weinens oder almüsengebens etc. Wer gnüg zu sprechen: Her, ich erman dich deins züsagens. Ja, mochten mit

10

Got bochen und sprechen: Her, halt mir, waz du mir hast zugesagt, wiltu anders ein biderman sein und nit lügen gestrafft werden. P f e y dich mit solcher 1er, schäm dich vor dem heidnischen frewlin, vor der büsserin M a Luc. 7 ria Magdalena und vor dem ritter Cornelio, welcher, dieweil er schon noch [37f., 44ff.] ein heid waz, gab vil almüsen und bat Got alzeit. Und het da kein zusagen

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Act 10 kiß hernach, da im der engel erschein und sprach: Corneli, deine gebet [Apg 10 l f f ]

ur)d

deine almüsen sein uffgestigen in gedechtnis für angesicht Gottes

[ A p g . 10, 31],

Der C L I I I I . arti. Luther

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Darumb lassen unß hüten für sünden, aber vil me für gesetzen und guten wercken, und nur w o l warnemen gütlicher züsagung und des glaubens, so werden die guten werck sich w o l finden. 65

Cochle.

Ein feine beschlußred dises heiligen sermons, und reimt sich uß der massen w o l uff den buntschü, wa kein güt anfang noch mittel ist, da kan 25 kein güt end sein. In dem anfang sagstu, ye weniger gebot, ye me güter werck, in dem mittel, es füg sich nit, daz wir ein güt werck oder verdienst solten machen uß der meß. Nun stostu an dem end allen güten wercken den boden gar uß, so du beschlüst, wir sollen unß hüten vor sünden, aber vil me vor gesetzen und güten wercken, wolt ich doch gern hören, w i e der 30 tüffel selbs übler reden und leren mocht. Sag an, du heiliger prophet, wa stot dise beschlußred geschriben? Welcher lerer hat es me gesagt? Waz hastu für Ursachen daruff? W i r wissen wol, daz wir unß vor sünden hüten sollen. A b e r wir verston y e nit, warumb wir unß vor gesetzen und güten wercken vil me hüten sollen, vor sünden hüten wir unß darumb, das sie nit 35 güt sein, w i e mögen aber güte werck nit güt sein? Für sünden hüten wir unß, darumb das sie wider Got sein. W i e künen aber güte werck wider Got sein? Waz güt ist, daz ist y e nit wider Got, wan Got ist güt und die güti-

Mat. 19 [17] Ro. 2 [4] De dininis omnibus (!) 66

keit selbs, w i e Christus, Paulus und Dionisius leren, für sünden hüten wir unß, darumb daz sie in dem alten und newen testament verboten sein, aber 40 güte werck sein in keiner geschrifft verboten, in keinem lerer, in keinem rechten, weder geistlichen noch weltlichen, sunder sein gelobt, gebreißt, yngesetzt und gebotten, warumb sollen wir unß dan darfür hüten? Warumb sollen wir unß aber vil me hüten vor gesetzen dan vor sünden? Antwurt: Luther wil ein buntschü haben, als dan zü Wurms, als in k[aiserliche] 45

Cochläus : Glosse und Kommentar auf 154 Artikel

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mfajestät] für ein offenlichen ketzer abfertigt und erkant, in der nacht angeschlagen ward ein absagbrieff, underschriben mit buntschü, buntschü, buntschü. 67 Nun ist ye einem buntschü vil leidlicher vil sünden dan vil gesetzen, darumb sagt Luther: Lassen unß hüten für sünden, aber vil me vor gesetzen. Die ander ursach, Luther wil die hussen vertedingen und den grübenheimern zu Behem liebkosen, nun achten die hussen der gesatz vil weniger dan der sünden, und die grübenheimer mögen in iren grüfften gar kein gesatz leiden, weder gotlichs noch menschlichs, dan allein daz crescite et multiplicamini 68 . Sie mögen aber wol alle sünd da leiden, darumb spricht Luther: Lassen unß vil me vor gesetzen dan vor sünden hüten. Die drit ursach: Luther lügt dem folck für, Christus hab unß in der tauf von allen gesetzen frei gemacht, aber nit von allen sünden, sagt, es mog nieman locknen, daz noch sünd sei in allen getaufften und heiligen menschen uf erden, ja, auch in newgebornen kindlin bleib noch der tauff noch sünd 69 , darumb wil er, wir sollen unß vil me für gesetzen hüten dan vor sünden, dieweil unß die tauf (als er sagt) freimacht von allen gesetzen, aber nit von allen sünden. Die fiert ursach, Luther lert in seiner Babylonia, daz kein sünd mögen den menschen verdamen, dan allein ungleubikeit, die andern alle, wan der glaub widerkumt oder stot in gotlicher züsagung, die den getaufften geschehen ist, werden in einem augenblick verschlunden durch den selben glauben. 70 Aber die gesatz lassen sich nit also verschlinden. Darumb meint Luther, man sol sich me vor gesetzen dan vor sünden hüten. Die fünfft ursach, Luther het gern ein grosen anhang, nun weiß er wol, wie den menschen die freiheit lieb, süß und wolgefellig ist und die gesetz aber schwer, bitter und feintselig, wan sie verbieten die sünd, zu welchen der mensch von jugent uff (wie die geschrifft gesagt) geneigt ist Genn. 8 [1. Mose 8, 21]. So dan sünden sanfft thüt, und under dem gesatz leben wider ist und we thüt, gibt Luther meisterlich für, man sol sich vil me für gesetzen hüten dan für sünden. Die sechst ursach: Luther gibt kurtze weg für, wie man der Sünden bald m6g abkumen und ledig werden, nemlich als bald der mensch nur gedenckt und glaubt, er sei getaufft, oder laufft bald in sünden hin zü dem sacrament. Aber der gesetz mag man nit so bald loß werden, sie weren c jar und tag, dieweil dan sünden vil leichter ankumt dan gesatz zü halten, spricht Luther, man sol sich me hüten für gesetzen dan für sünden, daz hört der gemein huff gern und hofft daruff, des Luthers buntschü werd für sich gon, darin al sünden frei sein und alle gesetz ab. Wie meinstu Luther? Bin ich aber nit güt lutherisch? Thü ich nit wie ein glosierer thün sol? Du sagst allein den text, so bring ich Ursachen daruff, daz es nit so bloß stand und ubel laut. Ich mein, es sei genüg an sechsen, wer es aber not, ich wolt uß deinen bücheren vil me uffbringen, die deine buntschügnossen und grübenheimer nit ungern solten hören. Dieweil ich aber in der warheit ein crist bin (Got sei lob und danck), kein Huß, kein grüffter, kein ketzer, wil mir nit bezimen mit hussen reden uffzühoren, muß auch christlich ein wenig darvon reden, wir sollen unß hüten vor

c) währen, dauern

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Cochläus : Glosse und Kommentar auf 154 Artikel

Mat. 10 sünden und schänden und vor allem, was boß ist, wie Christus spricht zu

Mat. 16 Mat.(!) 12 Luc. 12 1. The. 4 Eo. c. 5 Tobie. 1 1. Cor. 9

Psal. 35 Psal. 118

Eodem

Mat. 5

Mat. 5 Luc. 10 Joh. 14

Mat. 23

Jaco. 2

den apostlen: Hütten euch vor den menschen, wan sie werden euch verraten in samlungen und werden euch geißlen in Synagogen [Matth. 10, 17]. Item hüten üch vor dem suernteig der gleißner [Matth. 16, 6]. Item hüten euch vor den gschrifftweisen, die da gon wollen in stalend und gegrüßt werden an dem marckt [Mark. 12, 38]. Item lügen und hüten euch vor allem geitze [Luk. 12, 15]. Also spricht auch Paulus: Enthalten euch von unküsch, enthalten euch von aller bösen gestalt [l.Thess. 4, 3; 5, 12ff. ]. Also lert auch der heilig Tobias seinen sun von kintheit uff Got forchten und enthalten von aller sünd [Tob. 4, 5], Und Paulus spricht zu den Corinthern: Die kempffer enthalten sich von allem, uff das sie ein zergencklich krön empfahen, aber wir ein unzergencklichen [1. Kor. 9, 25], Uff die weiß sagstu recht Luther, lassen unß hüten vor sünden. Das du aber hinzusetzest, aber vil me vor den gesetzen und guten wercken, daz heißt dich dein geist reden, nit der geist Christi, die geschrifft sagt vil anders. David spricht durch den heiligen geist: Neig ab von dem bösen und thü das gut [Ps. 37, 27]. So dan gesetz nit boß ist (wie er auch sagt: Mir ist gut das gesatz deins munds [Ps. 119, 72 u.ö.]) sol man sich nit darvor hüten, dieweil er widerumb spricht: Verflücht seyen, die da abneigen von deinen geboten [Ps. 119, 118]. Des gleichen weißt der namen uß, das güte werck nit boß seyen, warumb sollen wir unß dan darvor hüten? Christus spricht doch selbs: Also sol lüchten euwer liecht bei den menschen, daz sie sehen euwer güte werck und loben euwern vatter, der in dem hymel ist [Matth. 5, 16]. Solt ich hie alle geschrifft uffbringen, die wider dise ketzrische beschlußred lert, ich müst wol zwei oder drü bücher volschreiben, es gat doch alle geschrifft, authoritet und vernunfft darwider, aber von kürtz wegen weiß ich dich uff das Deutronomium [5. Mose], uff Psalterium, uff Proverbia [Spr.] und Ecclesiasticum [Pred. bzw. Sir.] in dem alten testament, in dem newen uff die sermon des herren an dem berg, uff die ußsendung der aposteln, uff die süssen predig nach dem abentessen. Er spricht aber nit, wie du, hüten euch vor gesetzen und guten wercken, sunder haben ir mich lieb, so halten meine gebot [Joh. 14, 15], wa sol ich dich aber uff daz kürtzst hinschicken in Paulo, Jacobo, Petro, Johanne, so fast alle ir epistlen uff gesetze und güte werck gon? Ich hoff, daz under den Christen kein mensch so grob oder boß sei, der dir in disem spruch recht geb, ob ich schon gar nichtz darwider sagt. Sprichst weiter, wir sollen nur wol warnemen gotlicher züsagung und des glaubens. Ich sag auch, wir sollen diser wol warnemen, ich setz aber kein nur hinzu. Christus spricht, man sol eins thün und das ander nit underwegen lassen [Matth. 23, 23]. Wir sollen gotlicher züsagung warnemen, das wir unß derselben nit unwirdig machen, und des glaubens, das wir in durch sünd nit ungestalt machen, sunder das wir in kleiden und gestalt machen mit guten wercken, wan der glaub on güte werck ist dot (wie Jacobus spricht) in im selbs [Jak. 2, 17], wan wir aber nur diser zweier ding warnemen und hüten unß vor gesetzen

d) Stolen, Talaren

e) Habgier

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und guten wercken, so werden unß die zwei auch nichtz nütz werden, warzü sol ein doter glaub on die werck? Warfür sol züsagung denen, die das gesatz und gebot Gottes nit halten, sunder hüten sich (wie du lerst) vor gesetzen und guten wercken? Hat nit Got allem folck Isarael me dan sechßmal tusent mannen zugesagt daz gelobt land? Dieweil sie aber murmerierten wider den herren, kam uß inen allen nieman daryn, dan nur zwen man Josue und Caleph. Darumb sprach der her: In diser wüstin werden ligen euwere oß, ir alle, die ir sein von XX jaren und darüber und haben gemurmeriert wider mich, werden nit yngon in daz land, über welche ich uff gehebt hab mein hand, daz ich euch machen darin wonen, ußgenumen Coleph und Josue [4. Mose 14, 29f. ]. Also ist es auch mit Christus zusagen: Wer da glaubt und getaufft würt, der würt selig [Mark. 16, 16]. Dis zusagen exponiert Christus selbs an einem andern ort, so er spricht: Der aber behart bis an daz end, der würt selig [Matth. 10, 22], darumb welche nit bleiben in unschuld und reinigung der tauff, die dorffen nit füssen und bochen uff dise züsagung, der sie sich unwirdig machen durch ire sünd. Ob sie lang daran gedencken und glauben deinen worten, sie werden darumb nit selig, waf sie die sünd durch büß und guter werck nit hinlegen, dein glaub ist ein luter träum. Du mochst glauben, Got würd dich über alle heiligen erheben, es würd darumb nit geschehen, du gibst auch erdichte züsagung für, zü betriegen das gemein folck, wie oben gesagt ist von dem bescheiden Christi, wilt das arm folck uberreden, wer empfahe dis sacrament in Sünden und unrü des gewissens, den werd dardurch die sünd vergeben, daz gewissen zü frid und frod gesteh und das ewig leben zügesagt, und lügst doch als dieff dir dein hals ist, wan kein geschrifft sagt also. Dein biegender geist erdicht solch züsagen wider die geschrifft Sant Pauls, wer es unwirdig empfahe, der eß und trinck im das gericht und werd schuldig an leib und blüt Christi [1. Kor. 11, 27], wider Cyprianum und alle heilige lerer, wider die christlichen kirchen, die da singt in dem sequentz 72 , das dis sacrament sei ein dot den bösen und ein leben den güten. Du bist eben der gesellen einer, die vil kunst züsagen und fallen von dem glauben, wie Sant Pauls sagt [l.Tim. 6, 20f. ]. Der auch gar zü war und klar von disen zeiten weißgesagt hat, so er schreibt, das in den letsten tagen werden kumen ferliche zeit und werden menschen sein, sich selbs liebhabende, hochtragen, stoltz, gotzlesterer, den eitern ungehorsam, undanckbar, schalckhafftig, on lieb, on frid, sehender und holhipper etc. [2. Tim. 3, 1 ff. ]. Solch wesen hastu mit deinen ketzereien und lasterbüchlin yetz wider unß Christen zügericht, hast ein anhang gewunnen von poeten und schonschreibenden 73 , die das folck mit glatten worten zü in ziehen und widerston mit dir dem babst und christlicher kirchen, eben wie Jamnes und Mambres Moysi in Egypten widerston der warheit, menschen (wie Paulus sagt) zerrüt in dem gemüt, verirt oder verworffen bei dem glauben [2. Tim. 3, 8], werden aber darüber nichtz schaffen. Wir haben vil schöner und trostlicher züsagung Gottes in der geschrifft, züvoruß in dem

f) wenn, falls 27

Reformation

Nu. 14

Marc. ulti.

Mat. 10

l.Cor. 11 Cyp. in ser de lapsis71

l.Ti. ul. 2. Ti. 3

Exo. 8 ubi sup.

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Mat. 1 Luc. 1

Luc. 2 Eodem

Joh. 1 Eodem

Luc. 19

Ro. 11 l.Ti. 2

Ro. 4

Pro. 3

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newen testament, dieweil auch der süß und heilig namen Jhesus hebreisch, zu latin salvator, zü tütsch ein seligmacher heißt. Darumb sprach der engel zü Joseph: Du würst heissen seinen namen Jhesus, wan er würt selig machen sein folck von iren Sünden [Matth. 1, 21], Item Zacharias sprach in dem heiligen geist zü seinem newgebornen sun: Und du kind würst geheissen werden ein prophet des allerhöchsten, wan du würst gon vor dem angesicht des herren zü bereiten seine weg, zü geben kunst des heils seinem folck, zü Vergebung irer sünd [Luk. 1, 76f. ]. Item der engel sprach zü den hirten: Forchten euch nit, nemen war, ich verkünd euch grose frod, die da würt sein allem folck, wan hüt ist euch geboren der salvator, der da ist Christus, der her, in der stat Davids [Luk. 2, 10f.]. Item der heilig alt Symeon nam daz kindlin in seine arm und sprach: Nun laß, her, deinen knecht nach deinen Worten in frid, wan meine äugen haben gesehen dein heil, das du bereit hast vor angesicht aller folcker, ein liecht zü Offenbarung der heiden und ein glori deins folcks Israel [Luk. 2, 29—32], Item Johannes Ewangelista spricht: Er was daz war liecht, das da erlücht yeglihen menschen, der da kumpt in dise weit [Joh. 1,9]. Item Johannes Baptista sprach: Von seiner folle haben wir alle genumen und gnad für gnad [Joh. 1, 16]. Und als er Jhesum sähe zü im kumen, sprach er: Nemen war das lamb Gottes, nemen war, der da hin nimpt die sünd der weit [Joh. 1, 29]. Item Christus selbs sprach zü Zacheo: Hüt ist heil geschehen disem huß, darumb das er auch ist ein sun Abrahe, wan es ist kumen der sun des menschen zü süchen und selig zü machen, was verloren was [Luk. 19, 9f. ]. Item Paulus spricht zü den Romern: Die blintheit ist uß einem teil geschehen in Israel, bis die folle der heiden yngieng und also daz gantz Israel ward selig [Rom. 11, 25f.]. Item zü Timotheo: Got unser seligmacher wil, daz alle menschen selig werden und kumen zü erkantnis der warheit, wan es ist ein Got und mitler Gottes und der menschen, der mensch Christus Jhesus, der sich selbs gegeben hat ein erlosung für alle [1. Tim. 2, 3—6]. Dise und andere dergleichen züsagung sollen unß hoffnung und trost geben, zü erlangen das ewig leben, wan Paulus spricht: Alles das, waz Got verheissen hat, daz ist er auch mechtig zü thün [Rom. 4, 21], Wir sollen aber unß nit daruff lassen 8 , als müß unß Got selig machen, ob wir schon nichtz gütz thüen, es leugth wol unser hergot nit in seinen züsagen, wir müssen aber trachten, das wir unß derselben verheissung und gnaden wirdig und teilhafftig machen, daz unß nit geschehe, wie den kindern Israel in der wüstin, denen Got het zügesagt das gelobt land. Wa wir aber deiner 1er folgten, Luther, so würd unß eigentlich solche gnedige züsagung Gottes unnütz, wan wir unß wolten hüten vor gesetzen und güten wercken, du gast mit ytel triegery umb, ich rat unserm folck, das es glaub, nit wie du ketzer, sunder wie die heilig christlich kirch, als ire eitern bisher gethon haben, daz es auch die geschrifft nit nach deinem schwindelkopf understand ußzülegen, sunder nach bewerter gloß christlieher kirchen und der heiligen lerer. Es sol sich nieman verlassen (wie Salo-

g) verlassen

h) lügt

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mon spricht) uff sein kunst und verstand [Spr. 3, 5], zu voruß in der heiligen geschrifft, darin alle ketzer irren und abfallen uß hoffart, daz sie allein me wissen wollen, dan die gantz cristlich kirch und alle heiligen gewüßt haben, wir sollen gedencken, daz Cyprianus, Hieronimus, Ambrosius, Augustinus und andere heiligen lerer die geschrifft und gotliche züsagung vil besser verstanden haben, dan diser einiger* tütscher junger hussenprediger ymerme (ob er schon noch hundert jar leben solt) verston mocht. Denselben heiligen lüten sollen wir folgen, gute exempel der 1er und des lebens von in empfangen, nit von hussen, nit von grubenheimern, nit von disem verzweiffeiten münch, der nichtz dan uffrur, ungehorsam und buntschü für sich nimpt. Daruff wil ich wider seinen ketzerischen beschluß also ein christliche beschlußred thün. Ir lieben, meine brüder in Christo und in dem vatterland, ir frumen und werlichen Tütschen, bleiben in Sant Peters schaffstal, springen nit uß mit disem verstockten münch in die wolffßgrüben der hussen, die unsern voreitern so wider gewesen sein. Lassen unß hüten vor Sünden und schänden, aber nit vor gesetzen und guten wercken. Lassen unß warnemen gütlicher züsagung, dieselben durch gute werck mit hilff Gottes zu erlangen, aber mit nichtz nit daruff bochen und trotzen. Lassen unß bleiben in unserm glauben, den wir und alle unsere eitern in der tauff empfangen, bekent und geschworen haben. Das verleihe unß die ubergebenedeite dreifaltikeit der almechtig, ewig und barmhertzig Got. Amen. Dises büchlin hab ich geschriben gemeinem folck zu underichtung, darzu mich bewegt hat ein frumer mitburger von Nürnberg, mein besunderer lieben fründ. So er aber durch schmaltzige wort Luthers und seiner mithelffer uberret ist worden, das er in Luthers sermon und predigen von der meß gut gefallens hat, hab ich im und seins gleichen zu widerkerung gloß und comment darüber gemacht. So dan in demselben sermon, der doch vil glantz und scheins hat, so vil böser artickel erfunden, wie vil (hilf almechtiger Got) mochten angezogt werden in andern luthersen büchern, welche auch den lutherischen selbs zu grob gesehen werden. O, lieben Christen, betrachten euwer end und urteil Gottes, verschonen euwer seien und schawen, wes ir euch selbs und euwern kindern und nachkumen schuldig sein. Ir wissen, wie es nun lenger dan hundert jar in Behem Zugängen ist, fürwar Luther ist vil grober, wie er selbs bekent 74 , dan Huß ye gewesen ist. Got geb im gnad etc. Getruckt von Johannes Grieninger in dem jar der geburt Christi 1523 uff Sant Mathis abent j [23. Februar],

A) Vorbemerkung Druckvorlage: Glos vn II Cöment II Doc. Johänes II dobneck Cochll leus von Wendelstein/ vff II CLIÜI. Articklen gezogllen vß einem Sermon II Doc. mar. Luterß II von der heiligen II meß vn nüem II Testamet. II [Blättchen.] II [TE] [Straßburg:] (Am

i) einzelne 27'

j) Vorabend

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Cochläus: Glosse und Kommentar auf 154 Artikel

Ende:) Getruckt von Johannes Grieninger in de iar der II geburt Christi. 1523 vff sant Mathis abent. II 4° 152 Bl. Sign.: A - Z 4 a - p 4 . - Schmidt, Répertoire 200. VD 16 C 4319. Köhler 569. - UB München: 4° Theol. 2104: 1. Zur Entstehung: Johannes Cochläus (eigentlich Dobeneck) (1479—1552) war nach dem Studium in Köln (ab 1504) seit 1510 als Leiter der St.-Lorenz-Schule in Nürnberg Mitglied des dortigen Humanistenkreises, bevor er 1515 erstmals nach Italien ging (Bologna, Ferrara, Rom). Dort zum Doktor der Theologie promoviert, erhielt er 1518 die Priesterweihe. Zum Dekan des Liebfrauenstifts in Frankfurt a. M. ernannt, verließ er 1519 Rom und traf im Januar 1520 in Frankfurt ein. Ursprünglich Martin Luther mit vorsichtigem Wohlwollen begegnend, wurde er nach dessen Hauptschriften von 1520 und einem Disput mit ihm auf dem Wormser Reichstag (vgl. unten Anm. 11 und 43) zum erklärten Gegner Luthers. Nach eigenen Angaben hat er die vorliegende Schrift gleich nach seiner Rückkehr aus Worms — im Sommer 1521 — geschrieben. Das äußert er in einem Brief an Aleander vom 27. September 1521 (Spahn, Cochläus, S. 94) sowie in der Vorrede zu der am 18. September 1523 datierten Schrift, in der er nachträglich den 13. Artikel seiner Polemik separat druckt (vgl. Anm. 49). Er teilt dort mit, daß seine nach der Rückkehr aus Worms geschriebene Polemik gegen 154 Artikel Luthers im vergangenen Winter gedruckt worden sei (vgl. das Druckdatum am Schluß: 23. Februar 1523), wobei allerdings — zu seinem Ärger — einige Artikel ausgelassen wurden, unter denen er den 13. Artikel für besonders wichtig halte und deshalb den Drucker mit einem Separatdruck beauftragt habe, zumal der Druck der 154 Artikel bereits vergriffen sei. Die Vorrede zu den 154 Artikeln muß jedoch nachträglich — frühestens im Spätsommer 1522 — hinzugefügt worden sein. Darauf deuten die Erwähnung von Luthers Schrift gegen König Heinrich VIII. von England (vgl. Anm. 2) sowie die Angabe, er habe nun länger als eineinhalb Jahre seine Haut an Luther gewagt (vgl. Anm. 4). Die zeitliche Differenz zwischen Entstehung und Druck erklärt sich daraus, daß Cochläus lange keinen Drucker finden konnte, zumal ihm der Frankfurter Rat den Druck seiner Schriften verboten hatte. Erst die Beziehung zu Johann Grüninger in Straßburg eröffnete ihm seit Ende 1522 Druckmöglichkeiten. Wir bringen Auszüge. Literatur:

Spahn, Cochläus, S. 94; Iserloh, Kampf, S. 3 1 - 3 9 .

B) Sacherläuterungen 1 Das könnte sich auf die vorliegende Schrift beziehen (vgl. Zur Entstehung); eine lateinische Fassung ist allerdings nicht bekannt. Gemeint sein könnte ferner die nicht gedruckte und nicht erhaltene Verteidigung der katholische Eucharistie-Lehre in drei Büchern, die sich gegen Luthers Babylonica richtete, aber auch der „Articulus de Missa", erstmals in den Miszellen 1545 veröffentlicht (vgl. Spahn, Cochläus, S. Iii.). 2 Luthers Polemik vom Juli 1522 „Antwort auf König Heinrichs Buch" (WA 10 II, S. 2 2 3 - 2 6 2 - dt. - , S. 175-222 - lat. - ) , deren deutsche Fassung um den 1. August, die lateinische gegen Ende September 1522 erschienen war; vgl. unten Nr. 20 Zur Entstehung. Die im folgenden für Luther gebrauchte Bezeichnung Bettelmönch, später auch Bettelkutte bezieht sich auf dessen Zugehörigkeit zum Bettelorden der Augustiner. 3 Luthers Verbrennung der kanonischen Rechtsbücher am 10. Dezember 1520 beim Elstertor in Wittenberg. 4 Da die erste, ungedruckt gebliebene Streitschrift Cochläus' gegen Luther im Dezember 1520 entstand, deutet diese Angabe auf eine Entstehungszeit der Vorrede im Spätsommer 1522 hin.

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5 Die betreffenden Schriften bei Spahn, Cochläus, S. 96ff. 6 Martin Luther, Ein Sermon von dem Neuen Testament, das ist von der heiligen Messe, in: Delius, Luther, Bd. 1, S. 2 8 8 - 3 1 1 ; WA 6, S. (349) 353-378. 7 Ebd. S. 289 bzw. S. 353. 8 Ebd. S. 311 bzw. S. 378. 9 Erstmals 1521 erschien ein Lutherporträt mit einem Glorienschein, verbunden mit einer über Luthers Haupt schwebenden Taube, die den Heiligen Geist symbolisiert (Hans Baidung Grien, Holzschnitt). Insbesondere nach dem Wormser Reichstag fanden derartige „Heiligenbilder" Luthers großen Absatz. 10 Martin Luther, Grund und Ursach aller Artikel, so durch römische Bulle unrechtlich verdammt sind, in: Delius, Luther, Bd. 2, S. 317; WA 7, S. 313. 11 Während des Wormser Reichstages kam es am 24./25. April 1521 zu Verhandlungen einer reichsständischen Kommission unter dem Erzbischof von Trier, Richard von Greiffenklau, mit Luther. Am Vormittag des 24. April nahm Cochläus als Berater des Erzbischofs daran teil, wobei sich die erwähnte Szene abspielte (RTA JR, Bd. 2, Nr. 87, S. 625f.; vgl. auch Laube/Looß/Schneider, Bd. 2, S. 1304f.). 12 Das geschah bereits in seiner Schlußerklärung auf dem Wormser Reichstag und in seinem Rechtfertigungsschreiben an die Reichsstände vom 28. April 1521 (Laube/Looß/Schneider, Bd. 2, S. 131 lff.). 13 Die griechischen Philosophen Piaton (427—348 v.Chr.), Xenophon (um 440—um 354 v. Chr.), Aristoteles (384-322 v.Chr.), Demosthenes ( 3 8 4 - 3 2 2 v. Chr.) und Chrysippus (280—209 v.Chr.). Über ihre Verwendung als Quellen des Römischen Rechts (besonders in 1. 2 D 1, 3) vgl. Heumanns Handlexikon zu den Quellen des römischen Rechts, 9. Aufl. Jena 1914; F. Schulz, Geschichte der römischen Rechtswissenschaft, Weimar 1961. 14 Marcus Tullius Cicero (106—43 v.Chr.), römischer Gelehrter und Staatsmann; das Zitat stammt aus seiner Elften Philippinischen Rede (28). Im folgenden werden weitere Schriften Ciceros genannt. 15 Vergil (Publius Virgilius Maro, 7 0 - 1 9 v.Chr.), Aeneis, VI, 851. 16 Als Vergil im Jahre 19 v. Chr. schwerkrank von einer Reise aus Griechenland zurückkehrte, bestimmte er testamentarisch, die noch unvollendete Aeneis solle verbrannt werden. Der römische Kaiser Augustus (30 v. Chr.—14 n. Chr.), der in dem Werk verherrlicht wird, verbot jedoch den Nachlaßverwaltern Tucca und Varius, diesen Wunsch zu erfüllen. Sie gaben das Werk unverändert heraus, wie Vergil es hinterlassen hatte. 17 Gemeint sind die römischen Geschichtsschreiber Titus Livius (59 v. Chr. bis 17 n. Chr.), Valerius Maximus (1. Jh. n.Chr.), Publius Cornelius Tacitus (um 54—nach 117 n. Chr.) und Cajus Suetonius Tranquillus (um 70—140 n. Chr.). Im Druck sind die Namen und Vornamen fälschlich durch Virgeln getrennt. 18 Die griechischen Geschichtsschreiber Thucydides (um 460—nach 400 v. Chr.), Plutarch (um 40—um 120 n. Chr.) und Appian aus Alexandrien (2. Jh. n. Chr.). 19 Die alten lateinischen bzw. griechischen Kirchenlehrer Ambrosius (339—397), Augustin(us) (354-430), Chrysostomus (344/354-407), Gregor der Große (um 540—604), Hieronymus (um 347—419/420) sowie die Scholastiker Bernhard von Clairvaux (um 1090—1153), Thomas von Aquino (1215 — 1274) und Bonaventura (eigentlich Johannes Fidanza) (1221 — 1274). 20 Der Ostgotenkönig Theoderich der Große (um 4 5 5 - 5 2 6 ) besiegte 4 8 8 - 4 9 3 den Usurpator des weströmischen Kaiserthrons Odoacer (f 493); in der deutschen Heldensage Dietrich von Bern genannt. 21 Magnus Aurelius Cassiodorus Senator (um 485—um 580), von ca. 507 bis 511 Quaestor in der Kanzlei König Theoderichs, danach Konsul und von 523 bis zu

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Theoderichs Tod Magister Officiorum. Um 554 gründete er das Kloster Viviarum; ob er selbst Mönch wurde, bleibt unsicher. Cochläus referiert auf Grund von Briefen aus den Variae Cassiodors Begebenheiten, in denen König Theoderich — obwohl von Geburt Gote — unterworfene Völker angehalten hat, römische Gesetze und Gebräuche zu übernehmen, bzw. ihm unterstellte Richter und Amtsträger anwies, die unterworfenen Gebiete nach Recht und Gesetz zu ordnen (es handelt sich um die Briefe in, 17; IV, 10, 12, 32, 33. Vgl. Corp. Christ. SL 96, S. 109f., 149f., 150f„ 162f.). Beiläufig verweist er auch auf berühmte Gesetzgeber im alten Ägypten und Griechenland. Das deutet darauf hin, daß Cochläus den Leipziger Druck aus der Presse Valentin Schumanns benutzt hat (WA 6, S. 350, Druck E). Bl. B3a—Ela bringt eine Aufireihung von Belegen aus dem Alten Testament für die gesetzliche Regierung der Gemeinden; auch alte Philosophen und Geschichtsschreiber sollen die positive Rolle der mosaischen Gesetze belegen. Die folgende Artikelzählung stimmt nicht mit der Luthers überein; letzterer hat 40 Artikel, Cochläus macht daraus 154. Luther, Sermon (wie Anm. 6), S. 290 bzw. S. 354. Bei Luther steht es im 3. Artikel. Die Cantica waren Psalmen oder psalmenähnliche Gesänge, die nicht im Buch der 150 Psalmen stehen. Ihre Zählung differiert; während des Mittelalters bildete sich eine Reihe von 7 oder 8 alttestamentlichen und 3 neutestamentlichen Cantica heraus. Bei Wander nicht nachgewiesen. Anspielung auf den kanonisch geregelten Gesangs- und Gebetsdienst der Mönche im Chor der Kirche, den höhere Geistliche im Hause verrichten durften. Jan (Johannes) Hus (um 1371 — 1415), Reformator Böhmens, 1415 vom Konstanzer Konzil verurteilt und verbrannt. Vergil, Georgica, IV, lff., bes. 149ff. Vergil, Aeneis, IV, 402ff. Caius Plinius Secundus (um 24—79 n. Chr.), Naturalis Historiae (in 37 Bänden), bes. Bd. 11. Basilius von Caesarea (um 329—379); seine Hexaemeron-Homilien (in: Migne PG 29, Sp. 2ff.) wurden von Ambrosius (339—397) verarbeitet (Exameron, in: CSEL 32, 1, S. 1 ff.) und wegen ihrer naturkundlichen Beobachtungen auch später immer wieder benutzt. Martin Luther, An den christlichen Adel deutscher Nation, in: Laube/Looß/ Schneider, Bd. 2, S. 634; WA 6, S. 407. Ebd. S. 635 bzw. S. 408. Ebd. S. 672 bzw. S 453. Luther, Grund und Ursach (wie Anm. 10), S. 355 bzw. S. 373. Ebd. S. 379 bzw. S. 413/415. Vgl. oben Anm. 17. Gemeint ist eine adamitische Sekte in Böhmen, 1501 entdeckt, die die Kirche und Sakramente verachtete, sich nachts in Höhlen traf und sexuellen Libertinismus trieb. Martin Luther, De captivitate Babylonica, in: Delius, Luther, Bd. 2, S. 240; WA 6, S. 555. Vgl. oben Anm. 12. Vgl. oben Anm. 11. Nach den Verhandlungen im Rahmen der reichsständischen Kommission suchte Cochläus am Nachmittag des 24. April Luther in dessen Herberge auf, wo er zunächst unter Zeugen mit Luther sprach und eine Disputation auf Feuer und Schwert unter Aufsagung des Geleits forderte. In einer folgenden

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Unterredung unter vier Augen in Luthers Schlafraum soll Luther zu Tränen gerührt gewesen sein, was dieser später bestritt. Vgl. Luther, De votis monasticis, in: WA 8, S. 582. Luther, Assertio omnium articulorum, in: WA 7, S. 136. Vgl. Luther, Babylonica (wie Anm. 41), S. 178, 258 bzw. S. 501, 572. Ebd. S. 192ff. bzw. S. 512ff. Ebd. S. 184 bzw. S. 507. Die Sätze 7—19, bei Luther der Rest des 3. Artikels bis einschließlich Beginn des 5. Artikels, blieben unkommentiert. Cochläus machte dafür den Drucker verantwortlich und war darüber so verärgert, daß er den 13. Artikel nachträglich — im September 1523 — separat drucken ließ: „Glos vnd Comment auff den XIII. Artickel von rechtem Meß halten . . . ", 1523 (vgl. Spahn, Cochläus, Nr. 7; auch oben Zur Entstehung). Luther, Sermon (wie Anm. 6), S. 291 bzw. S. 355. Luther zitiert die Einsetzungsworte nach dem Meßkanon, der sich aus verschiedenen Stellen der Schrift zusammensetzt. Gemeint sind wohl das Buch V, 7 „De haereticis" aus den Decretalen Gregors IX., in: CorpIurCan, Bd. 2, Sp. 778ff., sowie das Kapitel I, 5 „De haereticis" aus dem Codex Justinianus, in: CorpIurCiv, Bd. 2, S. 50ff. Wohl Dionysius Areopagita gemeint, der vom Apostel Paulus zum Christentum bekehrte angebliche erste Bischof von Athen. Die ihm zugeschriebenen, aber frühestens Ende des 5. Jh. verfaßten Schriften fußen im Piatonismus und förderten das Mönchswesen und die Mystik. Thascius Caecilius Cyprian(us) (um 200—258), Bischof von Karthago; bedeutendster lateinischer Kirchenvater vor Augustin. Luther druckt die Einsetzungsworte in Versalien. Vgl. Luther, Babylonica (wie Anm. 41), S. 193 bzw. S. 512f. Luther, Sermon (wie Anm. 6), S. 291 bzw. S. 355f.; bei Luther im 5. Artikel. Decretal. Gregor. IX., lib. 3, 41 De celebratione missarum, c. 6: Quum Marthae, in: CorpIurCan, Bd. 2, Sp. 636-639. Vgl. Luther, Sermon (wie Anm. 6), S. 310 bzw. S. 376. Ebd. S. 291 bzw. S. 356; bei Luther Beginn des 6. Artikels. Aristoteles, gemeint ist das 8. Buch der „Physica" und das 1. von „De caelo". Anspielung auf Luthers Forderung nach freiem Geleit für die Reise zum Wormser Reichstag (vgl. WA Br 2, S. 253-255). Von Luther in aller Schärfe bereits in den Heidelberger Thesen (bes. Th. 3, 7, 8) vom 26. April 1518 formuliert (vgl. Delius, Luther, Bd. 1, S. 201ff.; WA 1, S. 353). Vgl. auch oben S. 114, Pkt. 31 f. mit Anm. 46f. Luther, Sermon (wie Anm. 6), S. 291 bzw. S. 356; bei Luther noch im ersten Satz des 6. Artikels. Die folgenden 130 Artikel (Bl. H3a—o3a) kommentieren fast Satz für Satz die folgenden 34 Artikel Luthers, bringen aber im wesentlichen nur Variationen der bereits vorgetragenen Argumente zu Luthers Rechtfertigungslehre, ihrer angeblich fehlenden Begründung in der Schrift, zu Abendmahl, Messe, Verhältnis von Altem und Neuem Testament, zum Priesteramt etc., jeweils mit scharfer Polemik und Aufruhrvorwurf gegen Luther. Luther, Sermon (wie Anm. 6), S. 311 bzw. S. 378; es ist der letzte Satz von Luthers Schrift. Gemeint ist wohl Dionysius (vgl. Anm. 52), De divinis nominibus, in: Migne PG 3, Sp. 586ff. Der betreffende Zettel war in der Nacht zum 20. April 1521 am Rathaus zu Worms angeschlagen worden (vgl. RTA JR, Bd. 2, S. 559, Anm. 2).

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Cochläus: Glosse und Kommentar auf 154 Artikel

68 Anspielung auf das „Seid fruchtbar und mehret euch" von 1. Mose 1, 22. 28 u. ö; vgl. oben Anm. 40. 69 Die Sätze sind zusammengetragen aus Luther, Grund und Ursach (wie Anm. 10), S. 327ff., bes. 331, bzw. S. 329ff, bes. 335. 70 Luther, Babylonica (wie Anm. 41), S. 211 bzw. S. 529. 71 Cyprian (vgl. Anm. 53) hielt den Sermon de lapsis 251 in Karthago. Cochläus meint wohl Kap. 15ff. (Corp. Christ. SL, Bd. 3, S. 228ff.). 72 Eine Gattung alter Lobgesänge, die den Meßgesängen als Fortsetzung des Halleluja vor dem Evangelium beigefügt wurden. 73 Gemeint ist wohl vor allem Ulrich von Hutten (1488—1523), der durch eine von ihm glossierte Ausgabe der Bannandrohungsbulle, in Klagschriften, Schmähbriefen und Gedichten für Luther und gegen die römische Tyrannei auftrat. Im Begleitschreiben zur Bannbulle gegen Luther wird er als einer der engsten Anhänger Luthers genannt, ebenso wie die Nürnberger Willibald Pirckheimer (1470-1530) und Lazarus Spengler (1479-1534), die Cochläus ebenfalls gemeint haben dürfte, obwohl er mit Pirckheimer lange befreundet war. Zu Spengler, Hutten und weiteren für Luther schreibenden Autoren vgl. Laube/Looß/ Schneider, Bd. 1, S. 501 ff. 74 Vgl. Luther, Grund und Ursach (wie Anm. 10), S. 389f. bzw. S. 431.

Wolfgang Redorffer: Arzneibüchlein von den Früchten des neuen evangelischen Lebens

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Wolfgang Redorffer etc., priester. Seinem grosgunstigen freundt Esculapio Securino 1 zu Wittenbergk mit erpietung seiner dinste, die waren eines cristlichen namens, glaubens und gehorsams erkenthnus. So denn 3 undanckbarheit ein gros laster ist, were ich nit unpillig zu scheiden, so ich dir, Esculapi, mein sunderlicher frundt, deiner mir jungst zcu Wittenbergk ertzeigten woltat vergesslich sein und meines Vermögens, so stat haben mochte, nicht widergelten worde. Dyweill du mir meiner kranckheit, die mich fast b lange zceitt beschweret, guten rath, auch ertznei gutwilliglichn mitgteilet. So ich aber nach weytter reyßen aus geselschafft unnd alter kuntschafft bey dir, so du ein artzt bist, darnebn auch bey andem mer meins gebrechens trost und rath gesuchet, hab ich dich doch selbst so krank und unschicklich befunden, das ich vermercket, du vil mer denn ich eins guten artztes notturfftig. Hette wol zu dir sagen mögen das wort Cristi: Artzt mach gesundt dich selbst [Luk. 4, 23]. Bin nicht wenig L u c 4 erschrocken, so ich dich an der höchsten macht des lebens so gantz schwach geprufet, das ich auch zweyfelte, ob dir zu helffen sein mochte. Wan c so ich bedacht die schrifft, das der gerechte aus dem glauben lebet Abac. 2 [Hab. 2, 4; Hebr. 10, 38], und dich im glauben so hochlich vergifftet ge- Heb. 10 spüret, das du auch wie die pestilentzischen vergifften bereyt anrasest und dich nit mer einen cristen sunder einen evangelischen nennest, was nichts gewissers, dem so das hitzige süsse gyfft das hertze, welchs es bereytt itzund entpfüncket d , gantz umschleichen, worde der schnelle todt unerrettlich gar palde zu vormuthen sein. Widerumb aber, so ich verstünde, das du gesynnet, dich kurtzlich von Wittenbergk an andere ortter zu fugen, hab ich deinenthalben etwan guten trost entpfangen, verhofflich die verendrung des vergifften lufftes dir widerumb heyl und gesundt bringen mag, das ich auch deinenthalbn die gnade des almechtign, damit du zu warem des cristlichen namens, glaubens und gehorßams widerumb kommest, mit emsigem fleys zu bitten nit unterlasse. Und darneben, so ich in dergleichn kranckheitten hievor etwan lang, wie dir bewust, ein artzt und apoteker, vernym ein prediger und selsorger gewest, mag mir nit unpillig behorn, kanst mich des auch nit verdencken, so ich dir im widergelt auch meinen rath und ertzney mitteyle, trostlicher zuvorsicht, du werdest aus alder kuntschafft und erbarlicher guter gesellschafft, darinne wir uns nit hewtt eines tages, sunder etwan er 6 gesehen und bekandt, mich disser meiner gutmeynung nichts verargen, wan als willig ich dir das jhenne, das in zceitlicher habe meins Vermögens, so du notturfftig werest, ungewegert mitteyln, also auch

a) Da

b) sehr

c) Denn

d) entzündet

e) eher, früher

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Redorffer: Arzneibüchlein von den Früchten des neuen Lebens

was bey mir, das zu geistlicher gesuntheit dinstlich, dir und einem itzlichen soll unvorhalten pleiben. Nicht soltu achten, das ich hiemit allen yrtumb, den ich zu Wittenbergk, jungst do ich dar was, bey dir und andern gespüret, gar auszurewten und insgemeyn gegen ydermeniklich zu schreiben understen gedencke, wann solchs einer vil sterckern purgation f bedarff. Aber dismal allein gegen dir und zcum höchsten darumb, das du dich in unser jüngsten Unterredung zu Wittenbergk so stracks ewangelisch nennest, darneben auch auff dein jungst schriben an mich, welchs du dermas und also lautend gethan. Du meynest, die lere Cristi und das evangelium eyns sey, auch der unbetrieglich volkummen wegk des lebens, wie denn Cristus saget Johan. XIIII [6]: Ich bin der wegk, das leben und die warheit, auch die thüer in das ewig lebn, was bedorffen wir denn zusatz dem wort und lere Cristi, den wir bekennen unsern getrewen vater sein, Math, am VI., der uns, seinen kindern, in ine hoffend und vertrawend, aus veterlicher libe nichts zu dem ewigen lebn nützlich hat verhalten 8 . Wir wissen auch, das Cristus die ewige weyßheit Gottes, seines vaters, ist, derhalbn er nichts unvolkummens und unwarhafftigs geleret hat. An uns ist der mangel und gebrechen, glaub ich sicherlich, die wir es nit gantz und im gründe vorsteen, annehmen und halten, sunder daraus zcyhen, was uns gefellet. Die summa wie wisslich, das evangelium stet in einem glauben, das ist vertrawen in Gott. Und in einer rechten liebe gegn Gott und den nehsten, die do des glaubens frücht ist, und darauß mer gute werk fliessen und also gefordert werdn, den ich von wenig oder gar keinem menschen vollnbracht erkandt habe etc. Aus solchem deinem schriben, darinne ich nicht wenig irsalls vermercke, verursacht und bewagen worden, mein gutdüncken in dem gegn dir guter meynung zu eroffen. Ob noch etwan nach vil verloffen jaren eins teils der alden species bey mir verpliben, mit denen dir in solcher sewche ein wenig mochte geholffen werden, damit aber selbst auch nit abschlage, von dir und einem itzlichen etwas guts zu lernen, so du dich dergleichen gegn mir understundest, und willig bereit sein, nützliche und selige underricht auch mit dancksagung anzunehmen.

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Von den evangelischen fruchten zcu Wittenbergk. Schier dergleichen 3 hab ich die fruchte eur evangelische lere zu Wit- 35 tenbergk jungst auch eins teils vermercket. Aus dem zcum höchsten ersprossen, das du und die andern zu Wittenbergk mer achten die sunderliche und ungewonliche lere eurs lermeisters 4 , den h aller hochberumbten heilign doctor und lerer der cristlichen kirchn, denen einsteils auch Got irer guten warhaftigen und getrewen lere im lebn und darnach mitt sunderlichn 40 gnadn und mirakeln zceugnus gegeben, die solin dennoch itzt alle nichts,

f) Reinigung, hier im Sinne: Widerlegung Lehre)

g) vorenthalten

h) denn, als (die

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allein was eur lermeister, der doch noch keinen toten erwecket, aber vil sehender understanden plindt zu machen, aus seinem hirnsuchtigen kopff allein findet, saget und bevilhet, das soll stracks zu halten sein, ob es auch wider die vernufft, wider ere und redlikeit, wider die heilign schlifft und aller hochberumbten doctor lere sey. Allein so dargegn in dem geschähen evangelio und in Paulo nit gefunden, ob eß etwan wider Jacobum oder der andern apostell schrifft were, sol nit geachtet sein, wan er derselbn schlifft, wie ich bericht bin, an allen orttern und sunderlich, wo sie seiner meynung zuwidder, nit annehmet 5 . Nu merck, ob ich auch die kurtze zceit, die ich zu Wittenbergk was, die evangelische fruchte eines solchen evangelischen lebens recht eingenommen habe, czum teil selbst mit angesehen, czum teil aber aus viler unterredung, so ich mich aus allen orttern mit geleiten und ungelerten, auch mit meyden und knechten derhalben untersprechen und von inen nit one disputation hab kommen müssen, als denn ist aller krancken eigentschafft, die sich gegn iderman ires gebrechens hom lassen und alzceit mer von der ertzney denn die gesundten reden und wissen wollen. Also mir auch von inen begegent, daraus ich vil solcher fruchte erlernet. Erstlich das kein gut werk aus gebothe, besunder* auß freyem willn gescheen mag. Item das die gebott der romischen kirche nit solln zu halten sein. Item das die romische kirche nit die oberst und der babst der kirchen hopt nit sey, aber er der wäre endtkristJ sey. Item alle cardinel, bischoff und priester, die ir die papisten und zophisten nennet, des endkristes junger und verfurer des volks sein. Item das noch k Cristo kein priester mer sey, der bey dem volk gewalt habe, besunder aber zu den geistlichen ampten diner und one gewalt sein solln, auch wie ander zceitliche diner, von dem volk uffzunehmen und zu allerzceit wider zu vorurlauben sein mügen. Item das alle getauffte menschen priester sein. Item das die messe, metten, vesper, complet etc. und dergleichen gesenge in der kirchen unnutze geplerre, auch Got nit angenehm sein. Item das die messe kein opfer sey für die sunde der menschen. Item das die messe nit nach Ordnung der cristlichen kirchen, besunder gestummelt und verkurtzt, als nemlich one canon soll gehalten werden. Item das priester, glocken, kirchen, kertzen, wurtze, wasser, saltz etc. zu weyhen nichts ist. Item das fasten, bethen und dergleichen werck, so der mensch an sich selbst zu castien1 thut, zur selikeit nichts dinstlich, wan m die selikeit allein aus den gnadn Gottes und nit auß unserm verdinst ist. Item keinen fasttag zu halten not sey, aber fritags und ander gebothen fastage fleisch und was einem itzlichen gefellig zu essen nit sunde sey. Item keinen heiligen, auch nit Marien, umb furbethe" bey Got anzulangen, derhalbn auch keinen derselbign abend oder tag zu fasten noch zu feyern. Item das nymants gewisse sein noch sagen möge, das irgents ein heilig sey, vil weniger das heilign solten im hymmel sein. Item ein ewangelische freyheit zu habn sey die lere Cristi, in crafft der selbign keinen gehorsam zu halten. Item priestern, monnichen, weiber und nunnen menner zu neh-

i) sondern

j) Antichrist

k) nach

1) kasteien

m) da

n) Fürbitte

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Virg. Eney. 4 Luca. Phars. 1

Ecc. 32

Ecc. 27

Redorffer: Arzneibüchlein von den Früchten des neuen Lebens

men, den orden zu vorlassen, kein gelobte der keuschheit zu halten etc. sey ein evangelische freyheit. Derhalbn Got oder seinen geistlichn prelaten meyneidig zu werdn, kein sund sey. Item den geistlichn das ire zu nehmen, die durch einen rath der Stadt zu vormundern 0 und inen etwas jerlich nach des raths gutduncken zu vorreichen, sey loblich, und also die testament und letzte willn der vorstorben zcu vorhindern oder gar zu brechen, sey keine sunde. Item Christi und der heiligen pildtnus zu haben, sey abtgotterey, derhalbn die alle wegkzuthun sein. Item kein geistlich recht zu habn, wan p solchs die geistlichen mit dem babst umb ires nutzes und vorteyls willen ertichtet. Item das nit die gesippe oder gradn zcum elichen stände nach Ordnung der cristlichen kirchn, aber vil mer nach dem gesetz der Juden, wie das Moyses dem israhelischn volk gelernet oder etwan, so eß noturftig, noch einer wittenbergischen und nit romischer dispensation zu halten etc. Dis sind, Esculapi mein lieber freundt, die fruchte des newen ewangelischen lebens zu Wittenbergk. Aber versehlich, so ich lenger dapliben, worde nach Unterricht, wie mir gescheen, noch vil mer solcher lere und fruchte erkundet habn. Wiewol dennoch auch in solcher kurtzer zceit ich gar vil widerwertiger lere und gebrauchs zu Wittenbergk befunden, und so mit vylen ich des verhandelt, so manigen sunderlichen gebrauch und glauben ich gespuret, hab daraus wol abnehmen mögen, als wie die lere an sich selbst wackelt und ungegrundet, also auch der gebrauch und die fruchte daraus gantz unbestendig gewachsen. Als wie der poet von dem posen gerächt schribet, wie das pose schnell und unstet also auch geende sein macht bekommet und untzellige zcungen aufloset in das falsche lob etc. 6 Also wil ich achten, mag es zu Wittenbergk auch wol gescheen. So ein krummer und fauler grundt geleget unnd ob der mit gold, silber oder den allerschonsten farbenn getzyret, worden dennoch die gebew daruff nit gleich pleibn, auch keinen bestandt habn konen, und ist ein solche lere zu vorgleichen deme, so etwan vil geldes unter einen hauffen strewet, wan als wenig sie alle gleich ufflesen, als wenig auch sie alle, das inen wirdt, gleich gebrauchen, kans auß dem auch abnehmen, das ich von eurm 1ermeister in seiner predig selbst gehöret hab, das er gesaget: So ich euch predig, was ir thun sollet, so habt ir kein uffmerckung. Sag ich euch den von der evangelischen freyheit, so wolt ir nichts guts thun. Ich weys schyr nit, was ich bey euch thun soll und muß es Got bevelhn, der wirdt es etwan wol machen etc. Auß dem ich zu bedencken habn mag, das gemelter eur lermeister, wie er in seinem furnehmen nit gantz verirret, jo uffs wenigst ser bekümmert sein mag, und were aus menschlicher mitleidn villeicht zu beclagen, aber dennoch in keynen wegk zu entschuldigen, wan es ist geschriben: Du solt nit wandern in den pawfelligen wegen, so werdest dich an die steyne nit stossen. Und furder: Du solt nit vertrawen einem erbeitsamen wegk etc. [Sir. 32, 20f. ]. Unnd am andern ortt: Wer den stein in die hohe wirfft, feilet ime uff den kopff [Sir. 27, 25]. Ist wol abzuneh-

o) bevormunden

p) da, weil

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men, ein solche newerung einzufuren und zu erhalten, dyweyll noch vil hochgelerter und vorstendiger, auch festglaubiger menschen sein, ist einem man zu wichtig und nit nach dem rathe Horacii Flacci, do er schribet: Prüfet lang, was die schuldern zu tragen wegern oder vermögen 7 . Aber bey den unbesunnen und leichtfertigen leutten kan solcher samen pald bekleyben q und aufwachsen. Aber das ich nit zu weyt in furgenommener meynung umschweyff, wil ich wider in den angehaben wegk lencken. Ich habe geredet von den fruchten des newen evangelischen lebens zu Wittenbergk, aus denen ich auch die lere, aus welcher solche fruchte wachsen, mag wol zu erkennen habn. So kan ich aus den allen, die ich hieroben vertzellet, nichts gutes spüren, aber vil poses und unzcellige ergernus mus ich mich und ein itzlicher, dem volgig, zu vormuthen habn, wan so der gehorsam uffgehabn und die Ordination der gestentte geistlicher prelaten zerrissen, die priester nit mer sein, auch keinen gewalt mer habn zu hutten die schaffe Cristi, gelobte1 Got und den menschen nit gehalten, Cristi und der heiligen pildtnus, auch die lobgesenge, ere Gottes und der heiligen uffgehabn, also Got und die heilign auß dem gedechtnus der menschen gebracht, dadurch entlich Gottes vergesse und eins itzlichen freyer wille allein, aber nit aus gebott, gutes thun möge, allen fleischlichen begyrden, den geistlichen als den weltlichen, nachzuhengen, loblich sein soll etc. Was kan anders den ein vyhisch, unbesunnen, unredlichs leben und wesen der menschen zu vormuthen sein, des sich auch die unvorschembte Lauffela 8 mit den allerschentlichsten puben entsehen und entsetzen mochte, auch die unvornunfftigen thyre ein redlicher anzceigung geben und worden also die irrigen, elenden, verlassen schafe Cristi on alle hüte dem wutenden feynd unnd vervolger der christlichenn seien mutwilliglichenn in den rachenn geworffenn und entlichen alle laster, schände und missetat on alle schue s uffsten. Ein solche institution oder unordnung verinnert mich des frides, so etwan (wie in den fabulen vermeldet) die wolff mit den schaffen machten, do alle schuld des Widerwillens zwischen inen den hunden zugemessen, und damit die hunde furbas des zwitrachts kein ursach gebn, ist beschlossen, die hunde alle wegkzuthund und bey der hertte nit mer zu habn, welchs so die albern schaf in Vertröstung gutes frydes annahmen, hatten demnach die wolffe dester mer bequemikeit on alle fare, die schafe zu uberfallen 9 . Dyweill aber geschribn, das die synne und gedancken des menschen hertzens zcum posen geneygt sein von jugent an [ l . M o s e 8, 21], ist wol not und nutze, die freche jugent mit gebothen zcum guten zu treiben, wie geschriben: Der weyse hasset nit dye gebot [Sir. 33, 2]. So aber ein solche institution aus allem evangelio nicht befunden, aber gleich' dargegen, kan ich nit glauben, das solche eur lere oder leben evangelisch sey, vil weniger, das ir euch solchen fruchten nach pillig evangelisch nennen sollen oder mügen.

q) keimen

r) Gelübde

s) Scheu

t) wohl aber

In de ar. poe.

Juvena Sat. 6

Genn. 8

Ecc. 33

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Redorffer: Arzneibüchlein von den Früchten des neuen Lebens

Von der evangelischn lere zu Wittenbergk. Aber dir, Esculapi, als einem arczt ist unvorborgenn, das etwan, so ein syrup zu herbe sein will, honig zugsetzt wird, damit der dester süsser und linder dem menschen eingebracht und der czucker offtmals verguldet wirdt, nicht das er darvon süsser, sunder dem kauffer dester gevelliger und annehmer sein mag. Also ist nit one ursach einer solchenn wittenbergischen lere der evangelisch namen angehangen, damit ein solche ongewonliche einfurung dennoch einen redlichen namen hette, uff das die ploden äugen im ansehend eines solchen newen lichtes nit wancken oder schewen mochten, wan wol abzunehmen, so der lermeister gesaget hette, das sulche species aus der waldenser, Wicleffs unnd Hussen puchsen genommen und solche lere auß iren puchem (welche hievor als uncristlich und verfurisch verdümet) geczogen10, were on czweifel im nymants anhengig worden. Dyweill er sich aber solcher seiner schulmeister nit hat berumen dorffen, ist wol zu vormercken, mit was listikeit und rath der alden schlangen er solche seine lere evangelisch getaufft hat. Mercke, Esculapi, bruder, was listiger anfechtung und Versuchung der feindt des cristlichen glaubens unnd namens furbringt. Wer konde glauben oder abnehmen, das eß unrecht were, das evangelium zu leren, zu glauben und zu halten, das Christus, unser herr und seligmacher, selbst geleret, welchs hemachmals beschriben die cristliche kirche uns als zur selikeit dinend vorgelegt hat. Das ist jo dasselb evangelium, davon Paulus so tapfar Ro. 1 schreibet: Ich scheme mich nit des evangelien [Rom. 1, 16]. Und furder: Ich thue alle ding umb des evangeliumbs wegen, uff das ich sein teilhafftig l.Cor. 9 werde etc. [1. Kor. 9, 23], wie er denn das an vilen orttern fast hoch berumbt. Ja, Esculapi, mein sünderlicher guter freundt, das evangelium, dovon Paul[us] so vil gutes redet, ist ein grosser schätz, darauß die höchsten reichtumber, die kein schabe verderbet, auch kein dieb stein mag, geteylet werdn, so die in rechter hüte und guter verwarung gehalten, auch rechter und redlicher weyse gebraucht, aber ich befurchte, das es nit dasselb evangelium sey, darnach ir Wittenbergischn eur lere und euch evangelisch nennen. Wan jo die fruchte eurs evangelischen lebens den fruchten des hochgemelten evangelien nit gemes, wie hieroben verstanden, und hat solch evangelium ein lange zceit bas anher vil ander und besser fruchte gewircket, und muß villeicht ein ander evangelium etwan sein, nach dem ir in disser newerung euch so stracks wider den gbrauch aller cristglaubigen evangelisch nennen wollen. So aber in der schrifft das evangelium in manigerley gestalt angezogen und vermeldet wirdt, mochte villeicht nit unütze sein, und ob es nit spotlich were zu fragen, welchs doch dasselbig evangelium sey, daruff ir eure so ongewonliche lere und solche wercke pawen. Genugsam ist offenbar, das von vylen das evangelium geschriben worden, aber die cristliche kirche, durch den heiligen geist regiret, der nit irret, hat uns allein vier evangelia, die Matheus, Marcus, Lucas, Johannes geschriben, furgelegt, darinne die menschwerdung Gottes, die lere der warheit zur selikeit, die erlosung durch das leiden, sterben und begraben, die unsterblikeit in der

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urstand" und die gloria des gelobten Vaterlandes zu besitzen in der gewaldigen hymmelfart Cristi angetzeygt, das er Gottes son, durch die schrifft und propheten verheischen, und durch ine und sunst nit anders das ewige lebn zu erlangen und zu besitzen haben, begriffen und ausgetruckt, als vil zur pflantzung und einfurung des cristlichen glaubens mit erfullung des gesetzes im anfangk zu gründen not und schicklich gewest. So wirdt doch befunden, das Paulus, wie hoch er daz evangelium berumbt, dennoch von dissen vier geschriben evangelien in allen seinen epistoln nyrgents meldet, ist wol abzunehmen aus was ursach, wan auch die seiner zceit an inen nit habn gelangen konen. So hat auch Paulus selbst mancherley weyß von dem evangelio geredet. Etwan heist er eß das evangelium Gottes, etwan Cristi, etwan sein evangelium, etwan das evangelium preputii der nichtbeschneidung, etwan circumcisionis der beschneidung etc. Item, so hat Christus auch selbst vom evangelio geredet, do er sagt: Thut pues und glaubet dem evangelio [Mark. 1, 15], so doch dazumal der obgeelten vier evangelien noch keins geschriben, auch Cristus noch nit gestoren, ufferstanden oder gen hymmel gestigen was etc., welchs jo alles auch zcum evangelio gehorn soll. Derhalben nit one not sein mocht, euch zu eroffen, nach welchem evangelio ir euch und eur lere evangelisch nennen. Du woltest aber villeicht sagen, das evangelium sey ein grekisch wortlein, zu teutsch bedeuttend ein gute potschafft 11 , worde damit die gute potschafft der menschwerdung, der lere der erlosung und der grossen gnaden und freyheitn, von Got der armen menscheit ertzeiget und eingefüret, verstandn, welchs in den vier obgemelten evangelien zur gnüge ausgetruckt, das aus denen die cristglaubigen an den artikeln des glaubens und wie sie an sytten leben solten genüglich unterweiset, wan Cristus, die ewige Weisheit seines vaters (wie du an mich geschriben), nichts unvolkomens oder unwarhafftigs geleret, worumb solte denn ein evangelische lere pos oder nit gnug sein, oder vorumb soll sich der, so nach dem evangelio lebet, nit fuglich evangelisch nennen. Wiewol, Esculapi, der verstand des worttleins evangelium, wie du teuttest recht, auch Cristus die Weisheit seines hymmelischn vaters etc. ist, daraus aber kan sich nit ervolgen, so evangelium ein gute potschafft heist, das darumb alles, was den cristglaubigen zu glauben oder in sitten zu halten, in den vier obgemelten evangelien zur gnüge ausgetruckt sey. Wan so dem alßo was v , was den not, das Paulus und die andern aposteln mit so viler mühe und erbeit epistel geschriben und über oder neben den geschriben evangelien noch vile lere und Ordnung gesatzt, die so in den geschriben evangelien genüglich begriffen, mus ir arbeit unützlich und nit noturftig gewest sein. Wiltu aber sagen, das zu solcher guten potschafft auch die schrifft, lere und Unterweisung Pauli, Petri, Jude, Johannis etc., dyweil die alle zu dem vernem des evangelien arbeiten, gehorn und eingeleibt sein, so frag ich widerumb: Gib mir bescheyd, wer hat uns gesaget, das Paulus, Petrus etc. zu dem evangelio gehorn und das denen als dem evangelio

u) Auferstehung

v) Wenn dem so wäre

1. Cor. 9 [12] Philip. 1 [27] Ro. 2 [25ff.] 2. Cor. 4 [3f.] Gal. 2 [7] Mar 1 -

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glaubn geben solin. Wirdestu mir villeicht sagen, die cristliche kirche, so sag ich weytter, so uns denn die cristliche kirche die vier geschriben evangelia, auch Paulum, Petrum, Jacobum etc. also anzunehmen furlegt und bevilhet, worumb aber, so mir die selbige cristliche kirche auch Hieronimum, Augustinum, Hilarium, Crisostomum etc. 12 oder einen andern noch heut furleget und anzunehmen bevelhn worde, ich heutte weniger denn hievor gehorsam leysten soll. Du must etwan sagen, das die cristliche kirche nymmer sey oder ir gewalt uffgehoret habe, oder wirdest mich jo in gehorsam und einikeit derselben, ausserhalb der ich nit kan selig werdn, pleibn lassen. Und dyweyl auch nit ein itzlicher nach seinem kopff das evangelium oder die schrifft auszulegen habn mag, besunder der kirchen angehöret, die als ein sorgfeldige mutter uns iren kindlein reicht und furlegt, was uns zur selikeit nutz und not ist, solln wir uns pillig der selbsten Unterricht halten. 2. Co. 12 Wan so Paulus, dem sein evangelium, das er geprediget, von Cristo offenbaret und bas w in dritten hymmel entzücket worden [2. Kor. 12, lf.], vil heymlikeit, die sunst vylen menschen verporgen, erkundet, sich nit gescheAct. 15 met, mit Barnaba von Antiochia gen Jherusalem zu reysen, in der anfechtung des artickles der beschneidung, der kirche, die zur selben zceit zu Jherusalem, umb der aposteln willn daselbst, als die höchste angesehen worden, rath und underweysung zu holen [Apg. 15, 1 ff.], vil weniger kan es einem andern zymen, der so hoch wie Paulus nit begnadet, allein nach seinem synn und nit mit rath der kirchen etwas in cristlicher Ordnung und was den glaubn betrifft, zu machen, vernewen oder abzulegen. Szo aber Paulus mit rath der kirchen die irsall im glauben und sytten seiner zceit und auch die aposteln und derselbn nachkommenden hirtten und versorger der schaf Cristi zu itzlicher zceit in Sachen des glaubens und Ordnung des cristlichn lebens, wo eß im evangelio nit ausgetruckt oder nit so klar angezceigt, zu setzen und bevelhn macht gehabt, worumb denn soll noch heutt die cristliche kirche, auch in teglichen, zufelligen anfechtungn, darvon im evangelio, Paulo, Petro etc. nichts entlichs entflossen, nicht macht habn zu ordnen, setzen und zu bevelhn, dyweil syder* derselbn zceit vil anfechtung und ketzereyen entstanden, die im anfangk der kirchen durch die frommen festglaubigen menschen nye bedacht noch uffbracht wordn sein. Sag mir, Esculapi, wo stet im evangelio oder Paulo gschriben, das wir den sontag und nit den saboth feyern solln, welchen sontag ir Wittenbergischen jo noch etzlicher maß wollen feyerlich gehalten habn, so ir doch evangelisch und im y evangelio noch Paulo des keynen bevelh haben. Sag mir, wo stet im evangelio, das die fyrmung und verhandelung des heiligen fronleichnams und pluts Cristi in gstalt des prots und weyns nüchtern gescheen soll, wie den der gebrauch in der cristlichen kirchn, auch noch zu Wittenbergk, wie ichs gesehn, gehalten wird von den evangelischen, so doch im evangelio gleich dem entgegn, das Cristus solchs nach dem abendessen gethan und in seinem gedechtnus zu gescheen ange-

w) bis

x) seit

y) (weder) im

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setzt, befunden wirdt. Sag mir, wo stet im evangelio, das Cristus in die helle abgestygen, so es doch ein artikell des cristlichen glaubens ist etc., und dergleichen vil. So ir denn evangelisch sein wollen und die gepott und Ordnung der kirchen nit achten, worumb den ir allein in dissen und derglei5 chen etzlichen und nit so wol auch in andern, die zur ere Gottes und selikeit der menschen dinstlich sein, der cristlichen kirchen gehorsam halten, kan daraus abnehmen, das ir in keinen wegk der cristlichen kirchen leren, Ordnungen, Satzungen und gebothen, so ir anders cristglaubigen sein wollen, wiewol ir euch evangelisch nennen, entflyhen oder euch der eusern 10 mögen 2 .

Von dem evangelischen leben zcu Wittenbergk.

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Nach dem allen, wie oben vermeldet, du dich neben den andern gantz unschicklichen eines evangelischen lebens annehmen, nennen oder berumen magst, wan alle notturfft eins cristlichen lebens allein im evangelio nit ausgetrucket, besunder noch vil Petro unnd seinen nachkomenden hyrtten der schafe Cristi nach gestalt einer itzlichen zceit zu ordnen bevolhn wordn, welchs uns Cristus gantz offenbar zuvorsten gegeben, do er sprach zu seinen jungern: Ich habe euch noch vil zu sagen, ir kond es aber itzund Joh. 16 nit tragen, so aber kommet der geist der warheit, der wirdt euch leren alle warheit [Joh. 16, 12f.], wan Cristus, dem nichts verporgen, wol erkanthe, das nach seinem abschyd die kirche, so er pflantzet, vil anstosse und anfechtung habn worde, derhalben auch nach gestalt der zceit und sachen noch vil zu ordnen und zu bevelhn von notten, welchs alles bey seinem leben, dyweil er bey inen selbst personlich was, nach nit zceitlich a , hat er derhalben die an Got den heiligen geist geweiset, aus des b gotlichen gnadn und mitwirckung sie alle warheit erkennen und zu ordnen habn worden, welchs uns Cristus auch zu vorsten gegeben in den wortten, do er sprach: Müget ir auch die sone des breutigams, dyweil der breutigam bey inen ist, Luc. 5 thun c fasten, aber es werden kommen die tage, wenn der breuttigam von inen genommen wirdt, den werden si fasten in den selbigen tagen [Luk. 5, 34f. ]. Aus dem wir lernen, das die zceit des evangelischen lebens, do Cristus, der breuttigam, in selbst person bey der weit was, und die zceit des evangelischen lebens in der verkundung, do Paulus und die aposteln das evangelium predigten, fast unterscheidlichen sein. Wan Christus aus volkummenheit gotlichs gewalts bey vylen allein den glauben ansahe, die gesundt machte und die sunde vergäbe, wan er ein erkenner was der hertzen und wüste wie eins itzlichen glauben und andacht gegn ime formirt und gegründet was, bey etzlichen aber allein aus uberschwenklicher gütlicher barmhertzikeit gnad ertzeiget. Aber hernachmals, als er die schlussel Mat. 16 des hymmels Petro nach im zu habn bevolhn [Matth. 16, 19], dem, unnd

z) könnt a) noch nicht zeitgemäß muß wohl „nicht" heißen 28

Reformation

b) dessen

c) anscheinend ein Fehler,

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Joh. 20 so fordt d den andern, gewalt gegeben, die sunde zu vorlassen e [Joh. 20, 23], welche, seine apostel und diner, allein menschen und nit Got, habn sie solche gewalt nit änderst denn mit bescheidenheit zcu gebrauchn gehabt. Aus dem die peichte eins itzlichen sunders, auch die püß, aus noturftigen und guten gründe entsprossen und geordent, welche nebn vil mer andern noturftigen artikeln bey dem personlichen leben Cristi nit schicklich noch bequemb sein mochten, und solten die darumb, das sie so klar im evangelio nit außgetruckt, nicht gehalten werden, were uncristlich und nach ergangem bevelh der kirchen verdumlich f . Darumb so du allein leben woltest nach der evangelische lere, wie zur zceit der menscheit Cristi, uff welche zceit die geschähen evangelia gestymmet sein, were itzund zu unser zceit ein irtumb und hette Cristus mit Joh. ul. so grossem fleys, seine schaff zu weyden oder hutten, Petro nit bevelhn dorffen® [Joh. 21, 15ff.], so keine hüt, sorg und macht mer bey deme und den nachvolgenden hyrtten sein solten, derhalbn er gesaget: Ich habe euch noch vil zu sagen, ir kond es aber itzund nit tragen [Joh. 16, 12], als solt er sagen, es konde sich auch iczund nit alles schicken. So aber kommen wirdt der geist der warheit etc. [Joh. 16, 13], dyweill denn Cristus mit leiblicher person der menscheit sichtiglich von der werlt abgescheiden und der heilig geist, von dem vater und dem sone in ewikeit ausgangen, gekomen und alle warheit eingegeben, auch die cristliche kirche furder und furder inh vermerung des volks, in vervolgung der tyrann, in Versuchung der ketzer und sunst in mangerlei wege probiret1 unnd angefochten worden, ist dennoch alweg durch trost und eingebn des heiligen geistes, die* also verteidingt, geordent und erhalten worden, das die so in manigfeldiger unstumikeit nach dem willen Gots, wiewol umbgetriben, aber dennoch unvorsenckt pliben und pleibn wird bas zcum ende der trubsaln weldt, nicht allein aus dem bescheid des heiligen evangelii, welchs Got, der son, geleret, besunder auch aus der almechtigen gewalt Gottes, des vaters, und trost Gottes, des heiligen geistes, wan die almechtikeit, Weisheit und gnade Gottes sein kirchen in iren anstossen zu aller zceit mit hilff, rath und trost nit verlossen, dyweil die cristliche kirche nicht allein Gote, dem son, besunder auch Got, dem vater, und Got, dem heiligen geist, zustendig, und kan derhalben Cristo als der weysheit des vaters kein unvolkommenheit seiner lere zugemessen werden, wan so der vater, son und heilig geist ein Got und eyns sind, kan ir hilff, lere und trost, durch wen unnd zu welcher zceit das geschiet, nit als vilspeldig oder unvolkommen geachtet, besunder als von einem gnedigen und barmhertzigen Got gescheen auch nit anders angenommen und verstandn werden. Vil weniger kanstu aus dem die almechtikeit Gotes, des vaters, die Weisheit Gottes, des sones, und die gnade Gottes, des heilign geistes, ob dich etwan beduncket, das zu einer zceit das bevoln, geleret und geordent worden, welchs einer andern zceit nit oder anders gescheen, als betrieglich

d) im folgenden, nach ihm e) vergeben f) verdammenswert h) durch, wegen i) geprüft j) sie, d. h. die Kirche

g) brauchen

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scheiden, dyweill der mangel zu aller zceit nit bey Got, sunder aber bey uns armen unschicklichen creaturen gespüret. Dir ist unvorporgen, mit was fleisiger erinnerung, hocher beteurung, starckem bevelh und fester einbildung dem volk Israhell das aide gesetz gegebn und vilmals nit anders, denn wie Got durch Moysen gebothen hat, zu halten bevolhn worden [5. Mose, pass.], welche gesetze itzund, so kummen ist die volkummenheit der zceit, das Got gesandt hat seinen son, der geworden aus einem weib, unterworffen dem gesetze, uff das er, die unter dem gesetz waren, erloset etc. [Gal. 4, 4f.], in solcher erfullung fast scheinparlichen k verendert, eins teils auch gantz uffgehabn und wegkgenommen sind, wie du denn mit der beschneidung, mit essen des osterlambs, mit der feyr des sabots etc. und was die gerichtlichen und zur observantz der sunderlichn ere Gottes belanget, wol zu vormercken hast, welche ding also bey dem israhelischn volk als den hertsynnigen und groben köpfen irer zceit durch Moysen, aber hernachmals den jungern Cristi und Juden als denen, die durch vile schlifft der propheten bequemer wordn, durch den son Gottes, so vil es sich auch bey denen hat schicken und leiden mögen, volkümlich furgelegt, also zu itzlicher zceit aus gnedigen und mylden bedenk Gottes, einer solchn maß angebracht, als wie die schwache und plode menscheit das habn dulden und erleidn mögen. Aus dem wir nit anders, den die uberschwencklichen gnadn Gottes zu uns elenden sundigen menschen (als wie er uns nit aus unserm vordinst, aber aus seiner grossen barmhertzikeit des schweren fals Ade, rath geschafft, ertzney gericht und zur pesserung gefuret [Tit. 3, 4—7]) erkennen und erlernen mögen, dem wir derhalbn pillig danck und gehorsam thun, aber in keinen wegk unbestendig, unvolkommen oder betrieglich scheiden konen. Und wiewol das aide und newe testamentt, darumb das es nit einerley weys angesetzt und furgelegt wordn, etwan als widerwertig und gegeneinander sey (den doch so nit ist) angesehen, so hat es doch allenthalbn uff das evangelium gearbeit, das der grundtstein und fundament Cristus mochte geleget und befestiget werden, der denn itzund gelegt ist und nymants ein ander fundament legn wirdt [1. Kor. 3, 10f.], wan durch ine werdn wir glaubend zu bekommen habn das ewig lebn [Joh. 20, 31]. Dyweill aber Cristus der grundtstein und fundament ist, daruff wir uns zu bawen habn geistliche hewser [1. Petr. 2, 5], so kan es nit gnug an dem schlechten1 glauben sein, wan auch der tewfell glaubet und erpebet vor dem gewalt Gottes, darumb gehorn auch darzu die gebewe uff dem grund Cristum, die nit one arbeit und mit grosser fursichtikeit gescheen müssen, in der liebe Gottes und des nechsten [1. Kor. 13, 1—8], one die sunst alle gepewe und arbeit verlorn sein worden. Darumb so ich pawen wil in der liebe, sol ich pillig die liebe Gottes vor allen dingen aus gantz meinen krefften etc. habn [5. Mose 6, 5], so ich aber darbey auch meinen nechsten lieben soll, ist mir ein gleichnus gesetzt, wie ich meinen nehsten lieben sol, vemym: als mich selbst [Luk. 10, 27]. Sol ich nu meinen nehsten

k) sehr sichtbar 28'

1) schlichten, einfachen

Deutr. per tot.

Gal. 4

ad Ti. 3

1. Cor. 3 Joh. pe l.Pe. 2

l.Co. 13 Deut

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Luc. 10

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liben als mich, so muß ich zuvor mich lieben, aus solcher lieb an mir kan ich erst abnehmen und erlernen, wie mein nechster zu liben sey. Wie ich mich aber erstlich und nachvolgig meinen nechsten als mich liebn und wie in solcher liebe und im glauben uff das fundament Cristum zu bawen sein soll, sind ir gar vyle von solchem pawe zu aller zceit abgestanden, eins teils gantz irrig und zu narren worden, die sich ires bedunckens und nit nach rath der kirchen zu pawen understandn, wan wiewol uns die liebe Joh. 12 not, auch durch Cristum selbst als ein new gepott bevolhn, so hat doch Cristus auch selbst gesaget, wer do übet sein sele, der verlieset dye, und wer hasset sein sele in disser weit, der beheltet die im das ewige lebn [Joh. 12, 25]. Sol ich nu mein sele hassen und nicht lyebn in disser werlt und soll doch meinen nechsten lieben als mich. Ist guter Unterweisung, als wie zu halten unnd formlich zu pawen sein mag, sere nutzlich. Aus dem grund sind ersprossen und von notten gewest noch etzliche cristliche leren neben dem geschriben evangelio und bey der lere Cristi zu setzen und zu verordnen, wie denn durch Paulum, Petrum etc. und ander erleuchten lerer sunderlich auch durch die concilien der cristlichn kirchn, mit hilff und gnadn Gottes, des heilign geistes, so eins teils zcum vernem des geschriben evangelien, eins teils zu guten cristlichen sytten, als wie in einem beschewlichen oder wircklichem leben zu wandren ader zu pawen sey, alles zur selikeit dinend, gescheen und noch, so not were, gescheen mochte, welche, wywol in der lere Cristi und den geschriben evangelien nit so klerlich ausgetruckt noch befunden, aber dennoch der lere Cristi und dem geschriben evan[ge]lio so dinstlich und zutreglich, ob die auch nit stracks die lere Cristi oder das evangelium gheissen nicht dester weniger aber als ein cristliehe selige lere genennet, angenommen und gehalten solin werdn. Aus dem du wol, wie die lere Cristi und das evangelium, wie du mir geschriben, eins sein, und was ein cristliche lere, wie ich dir geschriben habe, sey, zu vornehmen habn magst. So du dich aber allein dem geschriben evangelio vertrawen und allein der lere in den begriffen zu volgen, die zu halten, für dich nemen und als gnugsam schätzen, wordest du pald (wie nit bereyt gescheen) in der wiclefisten, waldenser und lugduner 13 irsall fallen, die dergleich alle und itzliche gebott und Ordnung der kyrehen verachten, sagend, das nach der hymmelfartt Cristi kein gepott der kirchen krefftig m noch zu halten sey, aus deme andere vyl und untzellige irrung und ketzereyen wider den gewalt der kirchn, wider die ampt der geistlichen, wider die sacrament etc. unnd entlich auch den gebothen Gots stracks entgegn fliessn und volgen müssen, wie ich denn der vil jungst zeu Wittenbergk selbst gesehen und gehört habe, das ich und menigklich pald zu vornehmen habn mögen, aus welchem köcher solche pfeyle eur wittenbergischen lere genommen, gefiddert und geschossen werden, dargegn denn" und wider ein itzliches einer sunderlichen purgation und schlifft wol not were. Dyweil ich aber von dir noch nicht entlich wissen habe, was du in den selbigen allen angenommen

m) in Kraft

n) gegen die

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oder heltest, auch so ferre mit dir in rede noch nit kommen, hab ichs noch zur zceit wollen umbgen. Allein aber von dem evangelischen nahmen, lebn, lere und fruchten, der du dich neben den andern etzlichn zu Wittenbergk so hoch berumest, hirinne mein meynung dir zu eroffen bedacht. Was wir aber aus dem evangelio lernen sollen, bezceugt uns Johannes klerlich, do er schreibet: Vil und ander zceichen mer hat Jhesus gethan, in Johan. penult. dem ansehend seiner junger, die nit geschriben sein in dissem puch. Disse aber sind geschriben, uff das ir glaubet, das Jhesus ist der son Gottes, und das ir glaubend, das lebn haben in seinem namen [Joh. 20, 30f. ]. Nicht spricht der evangelist, das disse geschriben sein darumb, das sie gnugsam sein, darnach allein zu lebn oder uns darnach zu nennen, besunder das wir daraus glauben sollen, das Jhesus sey der son Gottes, durch den die selikeit zu bekommen. Wan wol zu achten ist, das im anfangk der cristlichen kyrchen die graste mühe gewest, dem ungläubigen volck einzupilden 0 , das Jhesus Gottes son und durch ine allein das ewig leben zu bekommen were, darumb auch zcum höchsten die evangelia, die mit- vilen mirakeln Cristi erfüllet, geschriben wordn, als mit solcher newen guten potschafft den grundt des glaubens zu befesten, daruff hernachmals, was zu einem cristlichen leben nütz unnd not sein worde, nach lere und anweysung Gottes, des heiligen geistes, den Cristus zukunfftig vertröstet, wie den itzunder gescheen, gepawet und geordent werden mochte. Eß schreibet auch Johannes im beschlus seins evangelien, das noch Joh. ul. sein vil ander dingk, die Jhesus gethan hat, welche so eintzellig beschriben, meynet er, die werlt nit begreiffen mochte die pucher, die davon geschriben worden [Joh. 21, 25], welche ding aber, so sie geschriben wem, müsten jo onzweyfell auch zcum evangelio gehorn, so wol als die ding, die bereyt geschriben sein, und zu vormuthen sein mus, das in den selbigen noch vil außgetruckt worde, das in den, die geschriben sind, nicht bemeldet, die alle zu einem evangelischen lebn nach deiner und der andern evangelischen meynung behorn und gehalten werden müsten. Aus dem aber sich ervolget, das in dem evangelio, das uns furgelegt und doch die evangelischen lere unnd werk nit alle begreyfft, nit mus zur selikeit gnug sein, allein darnach zu lebn, dyweill alle evangelische lere nit geschriben wordn. Derhalbn wol zu vornehmen ist, das die heiligen apostoln vil derselbn lere und geschycht bey sich in gedechtnus gehabt und hernachmals den andern, den sie das evangelium geprediget, und sunderlich den, die sie priester und bischoffe, den andern vorzusten, geordent, klerlichn angezceigt haben, welche zu itzlicher zceit der anfechtung in versamlung der kirchen durch eingebung Gottes, des heilign geistes, wie zu leben und zu halten were, zu ordnen macht gehabt, auch geordent und gesetzt haben, denen die cristglaubigen mit schuldigem gehorsam gevolgig gewest, wie wir alle, die wir uns zur eynikeit der cristlichen kirchen bekennen wolln, noch heut gehorsam und gevolgig sein müssen und sunderlichn in den Sachen, so den glauben und ein cristlich lebend belangen, Weichs dem heiligen evangelio

o) einzuprägen, zu vermitteln

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Mat. 19 [17] Mar. 10 [19] Luc. 18 [20]

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nichts zu widder ist. Also habn wir daz evangelium, als do der grundt des glaubens befestiget, pillig in eren und vor äugen zu halten, aber allein darnach zu leben wer es nit gnugk clar noch offenbar, wie uns auch Cristus antze i g t ' do er spricht: Thut pus und glaubet dem evangelio [Mark. 1, 15], nicht spricht er: Und lebet oder nennet euch allein nach dem evangelio, sunder glaubet dem evangelio. Vernym wie Johannes sagt ultimus, das Jhesus der son Gottes und durch ine glaubend das ewige leben zu bekommen sey [Joh. 21, 31]. Eß hat auch Cristus selbst den jhennen, der in fraget, was er thun solte, uff das er hette das ewig leben, aus dem evangelio an die gepott geweist, sprechend: So du wilt eingen in das lebn, halt die gebott etc. Nicht spricht er, leb noch dem evangelio. Dyweill ich aber befinde, das zu Wittenbergk itzund weniger den zuvorn die gepot Gottes gehalden werdn, kan ich nit abnehmen, das ir euch des bevelhs, durch Cristum im evangelio gescheen, halten, derhalben eur leben meyns bedunckens nit mus evangelisch sein, wan die gebot halten p , man soll nit frembdes gut begern [5. Mose 5, 21], So werd ich bericht, daz zu Wittenbergk das nit allein begeret, besunder auch den geistlichen genommen und nach eines rats erkenthnus ander leutten gegeben wirdt 14 . So befinde ich doch im evangelio nyrgents, das ein commun die geistlichen gutter dispensirn soll nach irem gefallen, oder wo inen der geistlichen vormunder zu sein Cristus in dem evangelio bevolhn het. Ich befinde auch in den gepotten und in dem evangelio, das man nit soll eebrechen [5. Mose 5, 18]. Aber zu Wittenbergk, wie ich bericht, so einem sein elich weyb entgangen, sofordt ime vergönnet wirdt, bey der ersten lebn ein andere zu nehmen, und nach widerkunfft der ersten, ob sie sich eines pessern gehorsams widerumb erpeutet q , dennoch bey der andern und nit bey der ersten zu pleibn, so doch geschriben ist, die Got versammelt hat, der mensch nit scheidet etc. [Matth. 19, 6] und dergleichen vil, so zu vorzcellen zu langk were, die alle stracks wider das heilig evangelium, auch wider Paulum unnd Petrum sein, nach denen ir euch doch evangelisch zu leben berumen.

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Von dem evangelischen nhamen. Demnach ist nit wenig zu vorwundern, worumb und aus was grund ir zu Wittenbergk euch allein wider den gebrauch der gantzen cristenheit evangelisch nennen, so ir doch nit evangelisch lebn und auch ein evange- 35 lisch lebn aus dissen wenigen angetzeigten Ursachen (der noch mer zu vorzcellen weren, aber dismal und sunderlich gegen dir nit not) zur selikeit nit genugsam. Hetten es die apostoln und volger des hera Cristi, die erstlich discipuli oder jungern genennet waren, für gnugk und behorlich angesehen, das sie die evangelischen heyssen solten, hetten sich furwar des anzumas- 40 sen nit geschemet noch geeusert. Aber wie wir lesen, als in Antiochia die kirche gemanigfeldiget und gemeret worde, sind sie, die vor jungern gep) beinhalten, legen fest

q) erbietet

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heissen, cristen genennet worden [Apg. 11, 26] und onzweyffell nicht one Act. 11 gnugsam bewege und sunderliche wirckung Gottes, des heiligen geistes, dyweill sie vil ursach gehabt hetten, sich anders als nach Jhesu die jhesuiter oder nazareni, dyweill Cristus auch Nazarenus hyes, oder auch evangelisch, dyweil alle predig der aposteln uff das evangelium stymmeten, oder anders etc. zu nennen. Aber so wir ansehen die wunderliche geschicke und Ordnung Gottes bey seinen creaturen, so befinden wir, das in allen gotlichen wirckungen, auch von anbegyn der werlt, die namen der personen, stete oder volker, auch den geschichten und art.r, so bey inen waren oder sein worden, mithellig sein und eben kommen s , und sunderlich der jhennen, bey welchen solche wirckung, aus den gnaden oder Ungnaden Gottes gescheen und verhangen, bey dem menschen in gedechtnus pleiben solte. Bedenck, das Adam als vil als ein yrdischer oder eynwoner, Eva wee oder angst, Abell weynend oder erbermlich, Sodoma unfruchtbar, Gomorra oder Acmorra blintheit, Jherusalem fridlich oder ein gesicht des frides, Judei bekenner, pharisey dy abgeteylten, Samaritani die halter des gesetzes, Israhell ein gotsehender etc. geheyssen sein. Bedenck, wie Got Abram den namen, do er ine mit vermerung seines samen gebenedeyet, verendert, das er furder Abraham solte genennet werdn. Bedenck, das etzlichn im alden, etzlichen im newen testament ire namen, als wie sie solten genennet werden, ehr sie entpfangen oder geborn, bevolhn und verkündiget worden sein, daraus zu betrachten, das die ansetzung der nahmen auch bey Got nit verachtet sein. Also magstu wol abnehmen, das der namen der junger Cristi aus gutem grund und Verordnung Gottes, das sie cristen und nit anders solten genennet werden, angesatzt, uff das sie den namen Cristi, nach dem sie cristen hyessen, mitbrechten, in dem antzeigten, das sie die gesalbten weren zcum koniglichn priesterthumb, zu einer wonung des heiligen geistes, in betrachtung solches ires namens sie auch der wirde und gnaden, das sie kinder Gottes weren, unnd sich dester fleisiger bereithen mochten, ein heiliger tempel Gottes zu sein, ingedenck weren. Worumb aber nit nach Jhesu, ist abzunehmen, so Jhesus ein heyland oder seligmacher ist, worde der namen allen, die sich zcum cristenglauben bekennen, nit eben kommen, wan ir vil nit seligmacher oder heyland, aber vil mer verdumlicher1 unseliger, seiner selbst und der andern verfurer sind. Worumb den nicht Nazareni? So doch Cristus auch Nazarenus geheissen und die jungern Cristi vilmals von den Juden nach dem flecklein Nazareth, darinne Christus erzcogen, als zur Verachtung Nazareni geheyssen worden. Aber Nazarenus ist sovil als ein reyner oder heiliger gesprochen, aber vil, die sich zcum evangelio und dem cristenglauben bekennen, nit reyn noch heilig sein noch pleibn, mag ine disser nahmen nit eben sein. Worumb denn nit evangelisch, hastu hiroben verstanden, wiewol das evangelium zu glauben und zu halten not ist, aber allein darnach zu lebn nit gnugsam ausgetrückt, darumb sichs nit schicken kan, einem cristglaubigen

r) Artikeln (?)

s) angemessen sein

t) strafwürdiger

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Ro. 13 vlat 18

Apo. 3

Luc. 2

Ps. 5 Ps. 19

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menschen evangelisch zu nennen. Wan zu einem cristen mer gehört, denn das evangelium öffentlich austrucket, zu hören, glauben und zu halten, als nemlich der kirchen und den oberern, die uns zu regiren verordent sein, pilligen gehorsam zu leysten, und was uns die zur selikeit nützlich gebiethen, zu halten. Wan wie Paulus schreibet: Wer dem gwalt widerstrebet, der widerstrebet der Ordnung Gottes [Rom. 13, 2], und Cristus selbst gesa8 e t ; : W e r die kirchen nit höret, sey dir als ein heyd und ketzer [Matth. 18, 17] etc. So aber Cristus als vil gesprochen wirdt als ein gesalbter, und nach Cristo alle cristen in der tawffe des wassers und den geyst gesalbet werden, wie denn anstat Cristi der prophet Esaias schreibet, der geist des herrn über mich, darumb er mich hat gesalbet und mich gesandt, die guten potschafft zu vorkundigen [Jes. 61, 1] etc., werdn demnach die cristglaubigen alle, sie sein oder pleibn hernachmals reyn oder nit, bos oder gut, dennoch nit unpillig cristen, das ist die gesalbten, genennet, nach Cristo, der nach der tauff damit als mit einem newen nhamen Cristus genennet wordn, davon Johannes schreibet: Und ich werd über in schriben den nhamen meines Gottes etc. und meinen newen nhamen etc. [Offb. 3, 12], Das ist aber der new nhamen des hern, der in der beschneidung ward geheissen Jhesus [Luk. 2, 21], aber nach der tauffe Cristus. Also auch ich arme sundige creatur Gottes soll mich nit Schemen des nhamen meins herrn und seligmachers Cristi, will gerne und mit grossen frewden ein cristen viel lieber denn ein evangelischer genennet sein, so ich newr u auch dem namen mit den wercken volg thete, were ich onzweiffell in der eynigung der cristlichn kirchn befunden. Mocht mich der gemeynschafft der heilign und des ewigen lebens aus den gnadn Gottes gewisse zu vortrosten haben, als wie geschriben: Sy werdn geeret in dir, alle die do lieben deinen namen [Ps. 5, 12]. Und furder: Wir werdn uns frewen in deinem heyl, und in dem namen unsers Gottes werdn wir gros gemacht [Ps. 20, 6] etc. Darumb Esculapi, mein sunderlicher freundt und geübter bruder in Cristo Jhesu, so du itzund aus obgemelter ungegrundter lere unvorsichtiglichen in disse hyrnseuche und schwacheit deines verstentnus gevallen, das du dich auch nebn etzlichn andern wittenbergischen hast evangelisch nennen wollen und ein evangelisch leben als gnugsam, unserm schwachen verstentnus von Cristo ausgedruckt, geachtet, und allein darnach, one weitter auslegung zu lebn angenommen. Betrachte, wie so gantz one rath du so pald ein solche frembde ungewonliche lere, der sich die aposteln und vil hochberumbter gelerter leutte bas an her v nit angemast, angenommen, wie so leichtlich on allen widerstand du dich hast aus der einigung der heilign cristlichn kyrchn trennen und leyten lassen. Betrachte, wie ein gantz böser same das sein muß, daraus so bose schnöde fruchte, die ich eins teils hiroben vertzellet, wachsen und noch erger zu vormuthen sein müssen, so der gewalt der hyrtten und die hunde von den schafen genommen worden, und nymants mer guts, denn so vil eines itzlichen freyer wille erheischet, gescheen soll und ein evangelische freyheit das heyssen soll, das ein itzlicher

u) nur

v) bisher

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thun mag, was er will. Gott und den menschen meyneydig zu sein, priestern und monnichen keinen gehorsam zu halten gegonnet, und allen fleischlichen bewegen nachzuhengen ere und lob sein soll, sein fleisch dem geyste mit fasten, bethen etc. nit zu unterwerffe, den geistlichn erstlich und hernachmals einer dem andern das sein zu nehmen etc., wie du denn teglich dergleichn fruchte solcher evangelischn lere und freyheit zu Wittenbergk findest. Kere widder und betrachte, das solche fruchte in dem evangelio Cristi nit gepflantzet wordn und Paulus an vil orten uns klerlich zu vorsten gibt, das wir unser fleysch zemmen und sunderlich, das ein cristliche freyheit in dem geist sein soll, do er spricht: Brüder, ir seyt in die Gal. 5 freyheit gevordert, aber vor allen dingen, das ir nit gebet die freyheit in bewegung des fleisches, und furder: Wandert in dem geist, so werdt ir die begirde des fleisches nit verbringen [Gal. 5, 13. 16] etc. Auß dem du wol versten magst, ob die priester und monnich, die weyber nemen und doch geistlich sein wolln, mer in dem geyst oder in dem fleysch gewandert haben, dyweil die fruchte des geystes als enthaltung und keuscheit etc. [Gal. Gal 5 5, 22] nach den wortten Pauli bey inen nit gespüret. Was glauben aber denselbigen, die an Got und an sich selbst trewlos und meyneidig worden sein, zu geben oder irer lere und predig zu volgen sein mag, welche die hand an den pflugk geschlagen und unbestendig so leichtlich wider zu rukke gesehen habn, ist woll abzunehmen. Wan so deme, der in czeittlicher habe eines unbestendigen handels vermercket wird, kein vertrawen zu gebn sein soll, vil weniger deme, der in dem höchsten schätz des glaubens zur selikeit wancket und uff gutwillige vereydte gelobte" unbestendig befunden, ehr" er sich widerumb erkennet und pessert, zu vortrawen sein mag. Derhalben befleisige dich, Esculapi Securine, widerumb die einikeit der cristlichen kyrchen zu suchen, darinne du den rath deiner seuche zu finden habn magst, unnd hab ein fleisige merckung uff den hefell der gleißner, und hutte dich vor den falschen propheten. Gedenck an die schrifft, die do Pro. 16 saget: Eß ist ein wegk, der von den menschen als recht angesehen wirdt, aber seine letzte und ende leyten zu dem tode [Spr. 16, 25], und so du teglichn nor ein wenig zu dissen linden recepten (wan ich dich mit starcker purgation nit habe ubereylen wolln) rychen werdest und, das dir die schmecken und angenehm sein wolten, mir zu vorsten gebest, wolt ich dich furpas mit pessern und tapfern conditen y versorgen, zcu Got trostlicher zuvorsicht, dir an so schwyndem houptwee z kurtzlich pesser werdn und dich pald bas gehaben werdest.

Dieta. So den dir, Esculapi, als einem artzt unvorporgen, das den krancken 40 nicht alleyn ertzney wider dy sewche, besunder auch ein gute dyeta und heylsam regimen zu ordnen ist, damit die ertzney ire krafft wircken, auch

w) Gelübde

x) ehe

y) Gründen

z) Kopfschmerz

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Luc. 11

Genn. 18

Luc. 11

l.Tess. 5 Pro. 6

Redorffer: Arzneibüchlein von den Früchten des neuen Lebens

der krancke, so er sich etwan bas haben worde, nicht recidivire 3 oder wider einfalle, daraus zu beforchten were nach den wortten Cristi, sein letzte ding erger denn die ersten sein wordn [Luk. 11, 26 ?], hab ich dir derhalbn hiebey etzlich artickell eines guten regiments, wie dir zu halten nutzlich und not sey, nit one ursach verzceichent. Czum ersten ist dir nutz und not, das du den wittenbergischen lufft enderst, dich an andere gesundte ortter fugest, ingedenck der warnung Gottes, die Loth geschae [1. Mose 19, 12ff.). Damit dich die räch Gottes neben andern nit fynde und du nicht mit den andern verderbest in der posheit der Stadt. Erhaltt deine sele unnd syhe nit zurücke, auch stee nit yrgents in einem ortt des gleges b oder kreysses, do solcher vergiffter lufft sein mag, so kan dir heyl gescheen. Czum andern mustu die Ursachen disser kranckheyten flyhen und meyden, derhalbn dir solche verfurische lere und puchlin, daraus solch gifft eingeflosset wirdt, gantz unmer sein sollen, dyweil onzweifel zu Wittenbergk noch vyle frommer festglaubiger cristen, die mit solchem yrtumb nicht behafft, den auch verachten, sein, mit den du die kurtze zceit noch, so du do pleiben mochtest, sicher handel haben magst, dich der leichtfertigen und wanckelmutigen im glauben eusern, welchs du leichtlich thun kanst, so du bereyth itzund weyst und teglich aus iren fruchten erkennest, das sie der lere Cristi, in dem evangelio gepflantzet, nit eynhellig noch zutragend seind. Welche denn mit Cristo nit sammelln, die zerstrewen [Luk. 11, 23], und die mit ime nit pawen, die zerbrechen. So aber dergleichn dir etwan furkommen und die zu hören nit eusem kondest, so halt den spruch Pauli: Alle ding beweret, was gut ist, das haltet [l.Thess. 5, 21]. Und sunderlich vor allen dingen, hab nit gemeynschafft mit den apostatenc und abtrünnigen menschen, von den geschriben stet: Der abtrünnig mensch, ein unützer man, get mit verkertem munde, winckt mit den äugen, stützet mit dem fuß, redet mit dem finger und mit einem untüchtigen hertzen, pawet er poes und allezceit seet er zwitracht, dem selbigen wird pald der verlust und schnell wird er zerstöret und wird furder kein ertznei haben [Spr. 6, 12-15], Czum drytten als mit grossem fleys du basher solche verfurische puchlin und lere unbesunnen gehört und gelesen hast, so gantz embsig und mer bedechtlich soltu auch lesen und hören die pucher und lerer, die uns die cristliche kirche zur pesserung furgeleget. In denen du gnugsam finden wirdst, was dir zu vornem des evangelien und wie nach der lere Cristi seliklichen zu lebn und zu nennen notturftig und bequem sey, in den selbigen du auch alle solche verfurisch artickell als wie sie hievor langest und etwan mer uff der pane gewest, aber aus gnaden und hilff Gottes, des heiligen geistes, in eintrechtigem rath und versamlung der cristlichn kirchn gnugsam bewagen, erforschet und als uncristlich und ungegrundet befunden und erkanth, verdümet und abgethon wordn, zu lernen hast. Demnach auch wider solche ungegrundte artickell und lere durch vil hochberumbte

a) einen Rückfall erleide

b) der Gegend

c) von der Kirche Abgefallenen

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erleuchte veter onzcellige pücher geschriben worden, in denen der grundt der warheit so klerlichen ausgetruckt und eroffent worden, das gar nichts in dem verpliben. f...]'5 5 Czum vierten. Gelaub nicht leichtlich noch zu vyl den newen translatorn oder tulmetschern, die sich understen, aus hebreyscher, grekischer, lateinischer oder dergleichen zungen in teutsche oder andere sprach zu tulmetschen und zu teutten und sunderlich in Sachen des glaubens, wan ir vil seyn, dy hebreysch, grekisch, lateinisch oder andere sprach gelernet haben, 10 reden und schreiben, aber dennoch nit so geschickt und fertig, das sie derhalbn das gantz vermögen und art solcher zungen hetten. Darumb so etwan aus dem ein irsall in der heiligen schrifft entspreuset, wer sol uns pilliger denn die cristliche kirche die auslegung geben, bey 15 der so vyl Greken und Hebreyscher etc. gewest, die der zungen artt ser wol gewust, so vil des not und nutz klerlich beteutet habn.

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Czum funfften. Soltu die gewalt der cristlichen kyrchen mer denn aller doctorn, wie hochberumbt oder heilig die bey den lewtten geacht sein, vor äugen habn und halten, wan die cristliche kirche ist nit gebawet uff die grammatica, loyca, rethorica etc., auch nit uff hebreisch, grekisch, lateinisch oder dergleichn zcungen wesentlich, besunder uff den festen grundtstein Cristum, welcher sich selbst als den wegk der selikeyt verkündiget [Joh. 14, 6] und sich selbst auch den grundtstein des cristlichen gebewes geleget, darneben die aposteln nach notturfft einer itzlichn zceit und Sachen an Got, den heiligen geist, den er inen zu senden versprochn und gesandt hat, alle warheit zu leren und zu ordnen, geweiset. Als wie wir lesen, so im anfangk der kirchen etwan irsall entstunden, haben sich die aposteln und die eldesten von den dingen zu sehen versammelt [Apg. 15, 1 ff.], und von Paulo geschriben ist, das er Siriam und Ciciliam durchwandert [Apg. 15, 41], bestetiget die kirchen und bevelhend zu halten die gebot der aposteln und der alden, und aber weitter: Sie giengen durch die stete, sagten denen, zu halten die leren, die beschlossen und gesetzt wordn von den aposteln und den alden, die zu Hierusalem waren etc. [Apg. 16, 4]. So denn erstlich die cristglaubigen alle Ordnung und erkenthnus der Sachen im glauben, als die kyrche noch geringe zu Jherusalem, do das heil der menscheit durch Cristum leiplich gewürckt und die aposteln zur zceit waren, und hernachmals zcu Antiochia, do Petrus, der grosser oder merer unter den aposteln was, dem die schlussel des hymmels bevolhn. Aber entlich zu Rome, do Petrus 18 und Paulus gepliben, nit one gnuglich ursach mit grossem rath und bewege, auch nit one mitwirckung Gottes, des heiligen geistes, zu holen geweist worden sind, will uns nit anders, den derselbigen erkenthnus in dergleichn sachen zu gewartten und gehorsam zu sein gebüren. So uns aber nu weitter aus beweglichen gnugsam Ursachen die cristlich kyrche mit guter einikeit mit dergleichn sachen und dem gehorsam anderswohin weisen worde, wer pillig aber zu volgen. Dyweill wir aber gen Wittenbergk noch nit geweiset sein, wil nymants

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behornd, sich einen sunderlichen aptgot aufzuwerffn, dem allein gegen alle cristliche Ordnung volgig und gehorsam zu leysten. Demnach so du etwan hörest die wortt des heiligen evangelii, Pauli oder eines andern in der heiligen schrifft, wie itzund teglich geschiet, auslegen und teutten, hab achtung vor allen dingen, ob auch die cristliche kirche solche teuttung und auslegung angenommen. Wan wie nit, so las dir keynen, er sey hebreysch, greksch, lateinisch oder einer andern zcungenn so hoch berumbt sein, das du ime wider die teuttung der cristlichen kirchen glauben gebest, wan du findest dergleichn in teglichen hendln, das missiven, brieff, schrifft und geredte wordt vilmals zweyspeldige oder widerwertige synn und vernehm bewegen, und so es uffs euserst gehandelt, so mag deijhenne, der gschriben oder geredet hat, seine wort auslegen und mit der andern redlichem vernehm, dem zu glauben sein mag, teutten. Also auch die cristliche kirche, dyweil sie uns die evangelia und schrifft, daraus wir die selikeit zu erforschen haben, furlegt, one welcher anzceigung der kirchen wir auch nit wüsten noch glauben konden, das dis oder jhenns Mathei oder Johannis evangelium, Pauli oder Petri etc. episteln weren. So denn aus den selbigen etwan bekummernus entspriessn, sol und mag pillig die selbige kirche, die uns die furlegt, die auslegung gebn, und wie anzunehmen und zu halten, ordnen und bevelhn. Czum sechsten. Sollest dich der geistlichen und werntlichen regentten und underthanen verseumnus unnd böser wergk nit ergern, besunder irer verwurckung und böser handlung aus cristlicher liebe hertzlichs mitleidn tragen, Got für die sie mit genaden zu pessern bitten. Auch so dir bey etzlichen gehom mochte mit gutiger underricht, aber nit mit ungestumb oder unvornunfft, zur erkenthnus und besserung leyten, aber nit sehenden, in dem der lere Cristi ingedenck sein, do er spricht: Uff dem stul Moysi sind gesessen die schrifftweisen und besunder die gelertten. Alles, was sie euch sagen, haltet und thuet, aber nach iren wercken sollet ir nit thun [Matth. 23, 2f.], wan es müssen schand gescheen, wee aber durch wen. Und: Vil sind ir geruffen, aber wenig auserwelt [Matth. 20, 16]. Aber umb mißbrauchung der gewalt der obersten und sunde der andern dein rechter glaub, lieb und gehorsam nit werden verlorn sein. Got kan es mit einem itzlichn pald endern. Hast auch wol zu bedencken, so alle evangelischen mit irem lermeister sambt dem gantzen anhangk zu Wittenbergk, oder wo die sind, zusammen ruckten und ires bedunckens ein Ordnung aller gestentte, als wie sie es gerne habn wolten, ordenten, schriben, auch bey hengen verpeneten 6 , ehr f ein jar verlyeff, worden vil solcher irer gesetze zerbrochen, auch durch ire vyle als unschicklich und unleidlich geachtet, auch durch manchen, der die selbst het machen helffen, nit gehalten befunden etc. Solche dyett, so du, Esculapi mein sunderlicher freund, in guter achtung habn unnd dich darnach halten, wirdest onzweiffel dein schwacheit

d) zustehen, gestattet sein

e) bei Strafe des Hängens (zu halten) geböten

f) ehe

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auch selbst erkennen und mit der gnadn gottes der seuchen kurtzlich genesen. Volendt zu Franckfurt am Sontag Reminiscere [ l . M ä r z 1523] durch 5 Johannem Hanaw

A) Vorbemerkung Druckvorlage: ERtzney Puchlein Uon II den Früchten/ des Newen Ewangelllischen Lebens/ Lere/ vnnd II nahmens Czu Witlltenbergk. II [Lateinischer und deutscher Spruch.] II Frankfurt [Oder]: Hans Hanau 1523. (Am Ende:) Volendt zu Franckfurt am Sontag Reminiscere/ durch Johann Hanaw. 4° 50 Bl. Sign: A—L4M6. — Panzer DA 2039. - SB PK Berlin: Cu 5280 R Zur Entstehung: Wolfgang Redorffer aus Herzogenrauch (Oberfranken), Doktor beider Rechte, studierte 1488 in Leipzig, war 1500 Kanonikus am Domkapitel Lebus, 1513 Rektor der Universität Frankfurt/Oder (Viadrina) mit einem gut dotierten Altarlehen, 1523 Propst des Nicolaistifts Stendal (als solcher wird er 1530 auch unter den Teilnehmern des Augsburger Reichstages verzeichnet). In seinen Schriften bezeichnet er sich als Priester. Insgesamt liegen uns außer dieser noch drei weitere Schriften von ihm vor (vgl. unten Nr. 40), außerdem „Des verdächtigen Auszugs päpstlicher Rechte . . . " (1530). VD 16 verzeichnet nur diese letztere, Klaiber außer ihr noch die Stellungnahme gegen Luthers Bekenntnis von 1530 (WA 30 III, S. 186—193). Das Arzneibüchlein ist lt. Nachwort im Dezember 1522 abgeschlossen worden und wurde von Johann Hanau in Frankfurt/Oder gedruckt. Literatur:

Delius, Gegner Luthers, S. 41f.

B) Sacherläuterungen 1 Der Adressat ist Blasius Axt aus Frankfurt/Oder, der am 21. Mai 1520 in Wittenberg immatrikuliert worden war (WA Br 3, S. 588, Anm. 2). 2 Auf den folgenden Blättern (A3a—Blb) behandelt R. in einem besonderen Abschnitt die Notwendigkeit, gegenüber ungewöhnlicher Lehre vorsichtig zu sein. Der Arzt leide an einer schweren geistlichen Krankheit, die geistlich kuriert werden müsse. Er bedürfe zu allererst der Wachsamkeit gegenüber falschen Propheten, Standhaftigkeit gegenüber Versuchungen und Anfechtungen. Die Wittenberger sollten sich das Beispiel der Böhmen vor Augen halten, die sich leichtfertig durch einen einzelnen Ketzer, Hans Hus, zu schwerem Irrsal haben verführen lassen. 3 D. h. wie im hussitischen Böhmen. 4 D. h. Martin Luthers. 5 Wohl Anspielung auf Luthers Vorrede zur Erstfassung seiner Übersetzung des Neuen Testaments (Septembertestament) von 1522, in der er insbesondere die Bedeutung des Johannesevangeliums und der Paulusbriefe betont, hingegen den Jakobusbrief u. a. aus dem biblischen Kanon aussondert, da er sie nicht für Apostelschriften hält (vgl. WA DB 8, S. 344, 384, 404). 6 Vergil (Publius Virgilius Maro, 70—19 v.Chr.), Aeneis, IV, 173ff.; M. Annaeus Lucanus (39-65 n.Chr.), Pharsalia (Belli civilis), I, 469ff.

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7 Horaz (Quintus Horatius Flaccus, 65—8 v.Chr.), Ars poetica (Epistula ad Pisones), 39f. 8 Gemeint ist wohl Saufeia; vgl. Decimus Junius Juvenalis (um 60—140 n.Chr.), Satiren, VI, 318ff. 9 Aesopi Fabulae, Nr. 217. 10 Waldenser, um 1170 von Petrus Valdes aus Lyon begründete Strömung, die das apostolische Armutsideal und einen strengen Biblizismus vertrat, sich rasch ausbreitete und vom Konzil zu Verona 1184 als häretisch verurteilt wurde. John Wiclif (um 1325-1384), Jan (Johannes) Hus (um 1371-1415); ihre Lehren wurden 1415 vom Konstanzer Konzil verdammt (vgl. Denzinger-Schönmetzer, Nr. 760f„ 1151-1197, 1201-1234, 1247-1289). 11 Anspielung auf Luthers Vorrede zum Neuen Testament (WA DB 6, S. 2). 12 Die großen lateinischen bzw. griechischen Kirchenlehrer Hieronymus (um 347-419/420), Augustinus (354-430) und Chrysostomus (344/354-407) sowie der hl. Hilarius von Poitiers (um 320—368). 13 Vgl. Anm. 10; mit Lugdunern sind die „Armen von Lyon" gemeint, ursprünglich ein Kern der Waldenser, 1184 als Ketzer verurteilt. 14 Vgl. die Ordnung der Stadt Wittenberg von 1522, in: Laube/Looß/Schneider, Bd. 2, S. 1033-1037. 15 Bl. Fla—F2b erörtert R., weshalb so wenige Gelehrte gegen Luther schreiben: Viele erlägen dem Neuen und Luthers List. Diejenigen, die es wagten, den alten Glauben zu verteidigen, würden von Luther so unflätig beschimpft, daß sie den Streit scheuten, zumal bei diesem keine Einsicht und Besserung zu erwarten sei. Außerdem hätten altgläubige Schriften auf dem Wittenberger Markt keine Chance, obwohl deren Lektüre gewiß heilsam sein würde. 16 Im folgenden verweist R. auf die Schwierigkeiten, selbst im Deutschen Begriffe zu finden, die für alle Deutschen gleichsinnig verständlich wären; wievielmehr sei es schwierig, Begriffe aus fremden Sprachen adäquat zu deuten. 17 Auf den folgenden 17 Bll. (F3b—K4b) handelt R. anhand von Beispielen die Problematik des unterschiedlichen Verständnisses und der Übersetzung bestimmter Begriffe ab (paraclitus, presbyter, minister etc.) und polemisiert gegen deren wittenbergische Auslegung (z. B. allgemeines Priestertum, Amts Verständnis, geistliche Obrigkeit, Glauben und Werke). 18 Für das Wirken des Petrus in Rom und sein angebliches Bischofsamt gibt es keinen historischen Beleg (vgl. Haller, Papsttum, Bd. 1, S. 17ff., 345ff.). 19 Um zu belegen, daß die Wittenberger Lehre mit verurteilten Ketzereien übereinstimmt bzw. von diesen entlehnt ist, bringt R. im Anhang (Bl. L3a—M5) eine Aufstellung von Artikeln der Waldenser, „Lugduner" (vgl. Anm. 13), von Wiclif und Hus.

Matthias Blochinger/Balthasar Hartzer: Klage an königliche Majestät von Ungarn und Böhmen wider einen lutherischen Mönch Administrator zü Präge. 1 5

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Durchleüchtigster, großmechtigister herr künnyg. 2 Ich klage von wegen meynner Jurisdiction, des styffts hye zü Prag, sampt aller priesterschafft Behemerlands, das der edel herr Hans von Salhausen, hie im land zü Behemen auff Tetzschnn gesessen 2 3 , ainen münch prediger ordens 4 bey im b hatt unnd predignn laßt denn gift unnd ketzerey luterischer lere, durch welche verdampte lere gedachter Herr Hans von Salhausen, mit sampt seynen gebrudern, fromme, erliche und cristliche priester verfolgen und zü vertreyben understeet, denen aber, die der lutherischen lere anhengig seind, leihet er pfarren und fodert c sy noch vermügen d , wie wir dann weyter in unser klag fürbringen werdnn, das aber künigkliche majestat sehen, lesen und erkenne müg die vergüffte, unchristliche leer des verleügneten e münchs, prediger ordens, Überraichen wir hie künigklicher mejestat viertzig artickel, die da Herr Balthaser Hartzer 5 zü Tetzschnn von im gehört und auß seinen predigen stuckweyß abgeschriben, auch hernach mit aigner handtgeschrifft sich der münch dartzü bekant hat. Hat gedachter Balthaßer Hartzer ainen yetlichen artickel seyn urteil unden an verzaichnet, das etliche ketzerisch, etlych pickardisch 6 , etliche verfiirisch, auffrürisch und ungelert seind. Die weyl künigkliche majestat der cristlichen kirchnn und dem hailigen evangelio geschworn, ayn beschützer zü seyn, biten wir, künigkliche majestat woltt sollych ketzerische unnd verfürische leer ernstlich verbieten unnd straffen, damit sich ander darfür entsetzen und in furchten absteen.

Der erst artickel. Christliche kirch ist zwayerlay, ain gaistliche oder innerliche, und ain eüsserliche. Die gaistliche ist, die da onn alle mackel, runtzeln und sünde 30 ist, zun Ephesi. 5 [27], Dyser kirchen glidmaß seind alle, die da glaubnn inn Christum, so ir auch nycht meer, dann zehen oder zwaintztig weren auff erden, so machen sy ainen gaistlichen leyb, weliches leybs haupt Christus ist, wie Paulus sagt l.Cor. 3 [11]: Ain andern grund kan niemants legen ausser dem, der gelegtt ist, welcher ist Christus Jesus. 35 Die eüsserliche kirch ist von bapst, bischoff, pfaffnn, münch, nonnen und allen menschen versamlet. Und diße eüsserliche kirch, wa sy in der ersten nicht ist, so ist sy tod vor Got, ain gleyßnet^, und des teüffels gelid-

a) ansässig b) sich haftigen f) Heuchler

c) fördert, begünstigt

d) nach Kräften

e) lügen-

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Blochinger/Hartzer: Klage wider einen lutherischen Mönch

massz, der ir haupt und vater ist, Johanis 8 [44], und ist ain lange zeit vom verfürischen regiert worden. Urttayl: Der letst punct dises artickels ist pyckardisch.

Der ander artickel. Der bepstlich bann ist nichts anders, dann ayn eüsserliche straff, kan 5 die seele von Gott nicht schaiden, dye da glaubtt in Christum, zün Romern am 7 [vgl. Rom. 8, 38f. ]. Die aber nytt glawben, die scheydt der unglaub, zün Romern am 14 [vgl. Rom. 14, 23]. Unnd so ich unrechttlich verbanndt wurde, es wer vom bischoff von Meyssen 7 oder Hertzog Jorgnn 8 oder durch wen das were, so ich inn ainem solchnn bann sturb, solts meiner 10 seelen nit schaden, sonder nutz und gut sein, wie Christus sagt Math. 5 [11]: Selig seydt ir, so euch die menschen verfluchen. Und Johannis am 16. [2f.]: Sy werdenn euch verfluchen und auß der gemain 6 werffen, umb meines namens willen. Darumb zu ainer bewerung des glaubnns sol der bann oder der gleychen straff willig getragen werden, l.Petri 4 [12—19] 15 unnd Hebre. am 11. Urtail: Dißer artickel ist für das erst teil pickhardisch, für daz ander teil auffrurisch.

Der drit artickel. Der gehorßam des bapsts, byschoff und ire gaystlichen recht 9 , ist we- 20 nig zu achten, sonder vil mer zu verschmehen, so sy endtgegen seind Gottes wort, gepoten, glauben unnd liebe, wie vast alle seinnd, wie Actu. am 5. geschryben Stadt: Wyr sollen Got meer gehorsam seyn dann den menschen [Apg. 5, 29], Und Gal. 1 [10]: Wer der weit gefallen wil, kan nit Gottes fraind seyn, und dem bapste heüchlen, der müssz Christum verleüg- 25 nen. Urtail: Hie laufft der pyckhard mit.

Der vierdtt [Artikel], Eüsserlyche kyrch, als bapst mit allz seinem anhang, wie im ersten artickel gesagt, hat lennger dann vyerhundert jar geyrret, secten unnd 30 ordnn auffgerichtet 10 , für welchen uns Christus unnd Paulus treulich gewarnet haben Mathei am 24. capitel [5. 11.24], Marci am 13. [6.22], Luce am sibentzehenden [20—37], und in Thessalo [2. Thess. 2, 1 — 12]. Urtail: Disen artyckel hat er wollnn leügnen, aber ich hab in auß seynem munnd abgeschriben. 35

g) Gemeinde

Blochinger/Hartzer: Klage wider einen lutherischen Mönch

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Der fünfft [Artikel], Pfaffen unnd münch haben mit der hell, feegfeüwr", beycht, büssz 12 unnd menschen gesetzen daz arm volck erschreckt, gleich wie die oltern ire kinnder erschrecken mit dem popel h hinnder der thür, auff das sy dester 5 leychtter gelt überkommenn 1 , das bedarfff kayner bewarunng, ir habt das alles inn erfarung unnd mit schaden müssen erleyden, wie Psal. 52 [53, 6]: Sy haben eüch fürchten gemacht, das kaine forcht ist. Urtail: Diser artickel ist ayn Doctor J aines leychtfertigen lebens.

Der sechst [Artikel]. 10

Der bapst mit allem seynem anhang unnd alle, dye etwas güts thün, darumb, das sy wellen selyg dadurch werden, die suchen das ire und seind verdampt, wie S. Paulus sagt l.Corin. 13 [5]: Die lyebe sucht nichtt, das ir ist, sonder Christi und des nechsten. Urttail: Diser arttickel setztt sich wider Ordnung christlicher kirch.

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Der sybentt [Artikel],

Ich solt eüch sagenn vom neüwen priester, nach der weyß, wie vormalß gepredyget ist wordenn, so fynde ich inn der schlifft kainen priester unnd mitteler denn Chrystum, der allain im altten testament angezaigt und figuriert ist, von dem die propheten geschriben haben, Psal. 109 [110, 4]: 20 Du bist ainn priester inn ewygkayt, nach der ordenung Melchisedech. Unnd im newen testament ist er auch klar auß getruckt, Mathei am sibentzehennden [5]: Daz ist mein lieber sun, in herent, als solt er sagnn, kaynen anndern, dann er ist unnser fürsprecher bey Gott, 1. Johannis 2 [2], und uns fürgestellet zu ainem gnadnn stül k 13, zun Romern am 3. [25], ain 25 mal eyngangen in daz aller heiligste, sich geopffert für unser sünd, zun Hebre. am 9. [28], aber unnser priester seynnd nicht mitler zwischen Got und den menschen, wie sy sich rumen, sonndern diener unnd hauß knecht des wort Gottes, so sy die krafft des gesetzes und evangeli recht predigen, 1. Cor. 4 [1], 30 Urttail: Der artickel zaiget an vermessenhait unnd das evangelyum übel überleesen 1 .

Der achtt artickel. Der da glaubt inn Christum, dem seind vergebnn alle seyne sünde, unnd wirt selig, Marci 16 [16]. Im wirtt auch von Got kain ander büß 35 auffgelegt, dann nimmer thün, Johannis am 8. [11], unnd glauben in Chri-

h) böser Hausgeist, Butzenmann (DWB 13, 2000) i) erhalten, erlangen meint: Lehrer k) Sitz der göttlichen Gnade 1) durchgelesen 29

Reformation

j) ge-

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stum, dann dem glaubigen und rainen seind alle ding rain, Titum 1 [15], und denen, die da seind in Cristo, ist nichts verdammlichs, zun Römern am 8. [1]. So sprichstu: Wz ist dann der glawb, der da allain selig macht? Antwurt. Es ist ain ungedichter111 vertrauen unsichtlicher ding, mit ainer Übergebung aigens willens, mit sampt lebenns, leyb, gut und eere, vatter, 5 müter, ecker, wyßen unnd alles, was der weit ist, Luce am 14. [26f.] und Math, am 19. [29]. Ain solicher mennsch, der da gantz vertrawet und Got glaubt, hatt kainen wyllen und kan nicht sündigen. Dann an stat seynes willens, den er Got im vertrawen oder glawben hat übergeben, hat er Gottes willen, der nicht sündigen kan, wie ich eüch in allen meinen predigen 10 gelert hab. Urtail: Ketzerisch. Der neyndt artickel. Ir verschmecht und verachtet eür christliche herren von Salhausen, die so christlich zu der eere Gotes und ewer seelen seligkait eüch treülich 15 lassen predigen das raine wort Gottes, und darüber ketzer und pickard gescholten werden, das sy dann alles gedultklich aussz christlicher liebe leyden, auff das sy eüch mochttenn zu Christo bringen. Werdt" ir nicht straffens wert leibs und güts?, wie Sant Paulus sagt Ro. 13 [2]: Wer der oberkeit widerstrebt, der widerstrebt Got, sonderlich, so sy den gepoten 20 Gottes gemeß ist, wie auch zun Ephe. 6 [1—9] und ann vil andern orten die gschrifft uns leeret. Urtail: Diser artickel ist wider Christum. Der zehent artickel. Die hell ist verheckt unnd vertzeünet0, der teüffel ist gebunden, der 25 tod ist erwürget, dann die da glauben, wyder die selben vermag nicht, weder todt, teüfel noch hell, Mat. 16 [18]: Die pfortten der hell vermügen sy nychtt überweltigen, unnd 1. Corinnt. 15 [54f.], Osee 13 [Hos. 13, 14]: Der todt ist verschlunden inn der Überwindung Cristi, welche unser ist durch den glawben inn Christum, nicht auß unsrem verdienst und wercken, 30 sonder auß gnaden, Ephe. 2 [8f.]. Urttail: Unbeschaiden von der sache geredt. Der aylft artickel. O ir nerrischen menschen, die ir Christum woldt stürmen mit seel messen14, und eüern gleyssendenp wercken den hymel ersteygen. Mich ma- 35 net eür gleychq, als wenn ainer ain voste maur mit taigen, birenr oder faum) ungekünsteltes, wahres (DWB 24, 640) n) Wäret o) mit Hecken und Zäunen umgeben p) heuchlerischen q) etwa: mich erinnert euer Tun r) Birnen

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len ayrn woldt umwerffen. Nicht, nicht, lieben bruder, nit aussz unsern wercken, sondern auß gnaden, durch den glauben inn Christum, Ro. 3 [24], Gal. 2 [16], Ephe. 2 [8], wellicher glaub ist inn rechter absterbung seinselbs, Mat. 16 [25] und Luce am 9. [24] (nicht ain erdychter glaub, als 5 münche und nonnen haben), werden wir selyg. Inn ainem solchen glauben will Got geert sein. Urttail: Diser artickel schleysts sich abe vom alten gebrauch christlicher kirch. Der zwelffte [Artikel], 10

Ain vatter unser [vgl. Matth. 6, 9—13], recht gebetet, treybt münnich und nonnen auß den klostern zu der arbait und dyenstparkayt ires nechsten unnd in eelichen stand zu begebenn. Denn so rechte liebe inn inen ist, so süchenn sy nycht das ire (wie dann gesucht wirt von allen pfaffen, münchen und nonnen), sondern suchen die eere Gotes durch rechten vertrawen 15 in Christum, liebe gegen dem nechsten durch wilfarung und dienstparkait, 1. Cor. 13. Und daz haylige creütz suchen sy züsamen iren alten Adam und aygne liebe, die da alletzeyt das ire sucht, der kains im kloster geschieht, on allain müssyggang, so doch der mensch zur arbait geporn ist, wie der vogel zum fliegen, Job. 5 [wohl Hiob 7, 1] unnd Gene. 3 [1. Mose 20 3, 17-19], Urtail: Der artickel ist ain Zerstörer Gots lob und nachlassung' der boßhait. Der dreytzehend [Artikel]. Das gepet der priester an Stadt derselben gezeiten15 ist von menschen 25 eyngesetzt, für müssiggenger erdachtt, im evangelio nicht gegründet, dann das evangelion saget nicht siben mal, sondern onn underlaß und on auffhoren sollen wir beten, Luce am 18. [1] und 1. Thessa. am 5. [17], und in dem spruch Septies in die" (Psal. 118 [Ps. 119, 164]) nicht verstanden. Dann da steet gewyssev zal für unngewisse zal. Wye dann die gschrifft offt gebraucht. 30 Fragstu, was ist dann recht beeten? Antwurt. Christus16 beten ist ain erhebung und überliverung des hertznns unnd willens in Got mit fürtragungw unser not und gebrechen, also, das dieselbig fürtragung auß gantzem, warhafftigem hertzen gestolt* werd inn den wyllen Gottes, on alle furschlege oder anzaigung, zeyt, stel, zal, oder weiße. Ain sollich beten 35 fodert Got von uns onn underlaß unnd alletzeit, kan auch nichtt sein on glauwbe, glawbe kan auch nit seyn on solch beten. Aynem solchen betten weycht der teüffel, todt und hell, alle angst, nodt unnd widerwertigkait wirt mit überwundnn, das ist, wirt gedultiklich getragen, so lange es Got gefel-

s) schließt t) Begünstigung, Zulassung u) siebenmal am Tage stimmte w) Vortragen, Vorbringen x) vollbracht 29*

v) be-

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let. Ain solch gebet bedarf? kaines klosters, kirchen noch Capelle, platten17 noch kappen, sondern ainen armen gaisty, vergißt sein selbst und sucht Gottes eere und seines nechsten nott z und dienstparkait. So bald du aber wülest und welest oder suchst zeit, zal, stelle oder das es Got höre, wann du wildt, so ist dein gebet falsch, one glaube und sünde. 5 Urttail: Diser artickel machtt boße unnd durchlöcherte gewissen unnd ist langschleffern und tregen gut. Der XIIII. artickel. Ir solt meyn predyg nicht horenn, so ich doch eüch das klare wort Gottes sage. Werdt ir aussz Gott, wye Christus Johannis 10 [27] sagt, so 10 hortenn ir auch Gottes wort [hier wohl Joh. 8, 47], Wann ich aber eüch vom aplas 18 des bapsts sagte, seelmessen unnd andere der gleychen betrieglichen dyng, so horten ir mich geren a . Nun ich aber das nitt thü und eür hipocritische b werck verdamme unnd sage, was daz gesetz Gottes, verheyschung c und glaub vermag, muß ich ain ketzer und pickhard sein. 15 Urtail: Diser artickel zaiget an unvorsichtige rede. Der fünffzehend [Artikel]. Die gnügthüung für die sünd ist nicht eüsserlich, sondern gaistlich. Der glawb inn Christum thüt allein genüg. Aber zu dem nymmerthün gehört nichtt allaynn glawb, sonnder creützigung des flaisch, vernaynunng 20 aigner liebed. Die eüsserlichen werck, die unserem nechsten züstendyg seind, müssen on alles gesüch sein selbs6 geschehen. Unnd wie uns Christus umb sunst erloßt unnd dye sünd vergibt, zun Romern am 3. [24], also müssen wir auch unserm nechsten frey umb sunst dienen, Philip. 2 [4], Johannis am 13. [35]: Durch das werden sy erkennen, das ir meyn junger 25 seyt, wa ir ainander lieb habt. Urtail: Ainmal spricht er, es sey kayne gnügthüung, das annder mal laßt er sich vernemen, es sey ainn gaistliche. Der sechzehent artickel. Der teüfel fleücht f nichts, dann den glauben in Chrystum Jhesum, zü 30 den Philipenß. 2 [10f.]: Dem namen Jhesu müssen sich byegen alle knye auff erden unnd darunder, so er bekandt wirt im glauben. Er fleucht nicht geweyhet wasser, palmen, saltz, wurtz, weyrach, liecht und dergleichen, dann der teüffel gebraucht gemainngklich dyße ding in zauberey. Urttayll: Diser artickel beweyßt nyt gnügsam die bibel geleßen. 35 y) gemeint: einen von nichts anderem eingenommenen Sinn z) Notdurft, Bedürftigkeit a) gern b) (griech.) heuchlerischen c) Verheißung d) Eigenliebe e) d. h. ohne Eigennutz f) flieht

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Der sibenzehent [Artikel] Ich woldt eüch gern etwas sagen von den sectenn und orden der münch, ich hab alle pletter im evanngelio umbkert unnd fynde nichts gütts von inen, dann das die gschrifft unns trewlich warnet, das wir uns vor inen 5 sollen fürsehen, als Mathei am 24. [24] steedt. Das auch die gerechten, so es müglich wer, durch sy betrogen werden mochten. Urtail: Wiewol daz wortlin münch im evangelio nicht funden wirt, so findt man doch darinne leüte, die ain münchisch leben haben gehabt. 10

Der achzehenndt [Artikel].

Wiewol der, der da ain rechten glauben hatt, müssz etwas giffts trinckens von menschen gesetzen, die durch langwirige zeit seind eingewurtzelt, yedoch werden sy dem glaubigen nit schaden, dann er setzt kain vertrawen darein. Unnd der herr legt im sein hand under, Psal. 36 15 [37, 24], wie auch S. Paulus zun Ro. am achten [28] sagt: Dem glaubigen kommen alle ding zum besten, unnd seynd im alle ding rain, zu Tito am ersten [15]: Das ich ain kappe trag, hilfft mich nich[t]s zur seligkait, schadet mir auch nychtts, dann ich setz kain vertrawen darein. Wiewol vil menschen dardurch betrogen werden, und zü betriegen der subtilist 20 gifft ist, da hüt dich vor. Aber ich trage eüch zü gefallen meyn kappen (das betriegliche klayd), dareynn die menschen grossen vertrauwen gesetzt habenn, auch den todten anngetzogen. 19 O blindthait über blindthayt, ir wellet sunst nicht predgnn von mir horenn, so ich nit ayn kappen an hette. 25 Urttail: Der artickel nimpt weg alle menschliche gesetzt, und laßt nach 8 aynem yetlichenn zü thünn, was im wol gefalle.

Der XIX. artickel. Etlich hundert jar haben eüch münch und pfaffen lugen, geschwetz unnd menschen geßetz gepredigett, dye gschrifft auff eüsserliche kirche 30 gezogen, ir geprenge und gewalt zü erheben, wie denn geschehen ist nichtt allayn auff disem predig stül, sonder auff fylen andern meer, als Christus sagt Math, am 24 [5f.]: Es werden vil kommen in meinem namen und vil verfüren unnd sagen, hye ist Christus, hütet eüch, glaubt inen nicht. Es muß also geschehen, aber es hat noch kain ende. 35 Urttail: Diser artickel ist aufrurisch und beweißt Lucifers gemudt.

g) erlaubt

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Der XX. artickel. Der da glaubt unnd getaufft ist, der wirtt selig [Mark. 16, 16]. Hye saget Christus nicht, das, wer da fastet, plappert h , platen oder kappen tregt. Marci ult. Urtail: Die summa des gantzen evangelii steet nicht inn disen 5 wortten, wer da glawbt, es gehôrdt meer dartzû.

Der ainundzwaintzigest [Artikel] Under hundert oder tausent pfaffen und münchen seind koum zehen, die da gewißt haben, was Gotes gesetz, evangelium, verhaischung, glaub, sünd und gnugthuung sey. Denn das wider spyl1 haben sy euch geprediget. 10 Urtail: Schendung unnd teüffelische vermessenhait.

Der XXII. artickel. Vil haben grosse bûcher geschriben von dem freyenn willen des schen, die da geschriben, gepredigett oder gelert haben, das unser gûttes vermag, haben alle geyrret und Christum mit fussen getretnn, wir seind nicht gnugsam*, etwas zû gedencken, vil wenyger zû 2. Corint. 3 [5]. Urtail: Der artickel entpricht sychk von allen lerem christliches glaubens und Sprüchen der biblien.

menwille denn 15 thun,

Der XXIII. artickel.

20

Alle menschen, die da fasten, plappern, barfuß geenn, den hailigen Stetten nachlauffen 20 , aplaß losen, gesträng leben haben, sich martern lassen, nit flaisch essen, wasser trincken, inn zwaintzig jaren nit reden, und der gleychnn, und thün das darumb, das sy wellen Got den himel ab verdienen, fürchten, das feür der hellen môcht inen dye har absengen, die sûchen 25 das ire und seind verdampt, daz die rechte liebe nicht thût, 1. Corint. 13. Urtail: Es seind vil sprüch inn der geschrifft wider disen artickel. Der vyerundzwaintzigst [Artikel]. O Got, steyg herab von himel, zerschlag, verbrenne unnd zerreyssz alle menschen leere und bucher, [die] Gotes gesetz und verheyschung ent- 30 gegen [sind]. Denn Christus spricht: Vergeblich dienen sy mir, die weyl sy leeren solche 1er, die nichts dann menschen gepot seind, Math. 15 [9]. Urttayl: Diser artickel wolt unns gerenn brinngen zû ainem thierischnn leben. h) betet (abwertend)

i) Gegenteil

j) etwa: nicht imstande

k) wendet sich ab

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Der fünfundzwainczigest [Artikel]. Der verfyerer ist der ant[i]christ [2. Joh. 7], der aller hoffertigest auff erden, wonet in der syndtflut aller bosszhait. Sein gaistlich recht21 ist nichts anders, dann ain stürtze1 unnd deckel seyner lugen und sünde. Unnd 5 die im folgen, werden nicht selig, es sey dann, das sy sein gesetz, dem evangelio entgegen, verleügnen, wie uns Christus Mat. 24 [23—25] warnet, Lucas unnd Paulus an vil ortten. Wann sy sehen werden (spricht Christus) den wüstenn greüwel, da von Daniel sagt 9. cap. [27], das er steet ann der hayligenn Stadt unnd überhebt sich über alles, das Gottes dienst haißt, sytzt 10 im tempel, gibt für, er sey Got, 2. Tessa. 2 [4]. Das ist klar vom bapst gesaget, der sich ain yrdischenn got nennen laßt.22 Urttayll: Dißer artickel leugnet, daz der mensch nit gesetze zu gebnn hab. Der sechsundzwayntzigest [Artikel]. 15

Der herr Jhesus Christus, mit dem adem seins mundes wirt er todten, one schwert, den verfyerer [2. Thess. 2, 8], das ist bapst, bischoff, nonnen, münch und pfaffen, das man nicht wirt wissen, wa sy hyn kommen seyn, es hebtt sich an, wie ir sehet, 2. Tessa. 2, Daniel 8. Urtail: Rachunge™ nolo mortem peccatoris".

20

Der sybnnundzweintzigist [Artikel].

Die faste23, die da geschieht in erwelunge der tage und speyse, hat der antechrist erdacht durch verwürckung des teüffels, darvor uns Christus mit klaren Worten gewarnet hat [vgl. Matth. 15, 11]. Unnd Paulus 1. Timo. 4 [1-3] unnd Galla. 4 [richtig: Kol. 2, 20-23]: In letsten tagen werden 25 kommen verleügner des glaubens und euch verbieten die speyß etc. Urttail: Ya° geedt es also zu, ich maynett, Got hette sy erfunden. Der achtundzwaintzigst [Artikel], Der teüfel kan auch wunderwerck thün und mag ayn menschnn ins wasser werffen aber ain treppen herab, in ain stunde oder zwü erhalten, wenn es 30 im gefeldt, wider leben lassen, als wer er gestorben geweßt, alsp denn sagen die klainglaubigen menschen, das der hailige aber diser hab in geholffen. Von wunnderzaichen des teüffels, durch die zauberer, leßen wir vil inn der geschrifft, alls Exo. 10 [vgl. 2. Mose 7, 8—13] unnd in Actis Apostolorum vom zauberer Symone [Apg. 8, 4—25], auch in beywesen Petri etc. 35 Urteil: Man lißt wol in der gschrift, daz der teüffel dem menschen geschat hat, aber nicht geholffen. 1) Deckel

m) Vergeltung

n) (lat.) keinem toten Sünder

o) fürwahr

p) wie

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Der XXIX. arttickel. Die verfurischen seind des entchrists, 2. Thessalo. 2 [3], die vier bettel orden seine evangelisten, 1. Johannis 2 [18]. Es werden vil anntechrist sein, dann niemandts hatt den verfurischen also hoch erhaben, geprediget und auff geputztt, als die bettel orden. Die appostel und junger des verfu- 5 rischen seind alle die andern pfaffen und münch, die dem bapst anhangen. Gebend in nichtts, sy betriegen eüch, gebet den, die eüch Christus befolhen hat. Seynnd aber die nit verfurisch, so seind sy in doch gantz geleych und eynlich q , als wernndt sy natürlich bruder unnd des teüffels erbnemen r . Urttail: Diser artickel nimpt weg die oberkait der christlicher 10 kirche. Der XXX. artickel. Ich verneyne das fegfeür nichtt, sondern ich sage, das der bapst kayne gewalt hat im fegfeür über dye seelen in Gottes gerechtigkait überhalten s , als vil ich hab gewalt, die kirchen hie zu Tetzschen auff meyner hand zu tragnn, als vil hat auch der bapst die seelen auß dem fegfeür zü nemen. Dann der aplas, da durch der bapst sich understanden hat, die seelen zü erlosen, ist lauter lugen und Gotes lesterung, das wellen wir sehen. Die hayligen vetter (ists also, wie ich sage), die von applas geschriben hon, als Tomas von Aquin 24 , prediger münch Alexander de Ales 25 , barfüsser münch Anthonius 26 und ander aplas und lugenschreyber sagen, aplas ist das überflüssige leiden Christi und verdienstnus der hailigen. So frage ich eüch, ir lieben vetter, kündt ir auch das beweysen mit gschrifften der biblien? Antwurt S. Tomas: Ob wyr das nicht beweysen künnen im evangelio, unnd inn der biblien nicht gegründt ist, so habens doch vil hailiger bepst und vetter also geschriben, auch und etlichen connciliis beschlossen, und das hailige gaystlich recht also inn gschrift verfaßt, in ainer extravagant, Unigenitus dei filius genant, das es war muß seyn, und die romische kirch hat es auch so angenommen. 27 Do.: Sage mir, ist der bepstliche aplas auch allezeyt geweßt? Antwurt S. Tomas: Neyn. Im anfang der h. kirch, wie auch Alexander de Ales schreibt, wäre daz blüt Cristi noch warm inn den hertzen der menschen, bald, wann sy inn sünde gefallen waren, demutigeten sy sych, unnd theten büß, das sy des aplas nit bedürfften. Aber yetzunder seind die menschen kalt inn der liebe Gottes, darumb bedürffen sy nitt des aplas. 28 Do.: Was kan der aplas, vergibt er auch die sünde? Tho[mas]: Nain, er nympt allein die peyn weg, die der mensch schuldig ist zü leydnn für die sünde. 29 Do.: Verdienet auch der mensch ettwas, so er aplas loset? Tho[mas]: Nain. So ainer ainem nottürfftigen ain trunck wassers gibt oder den weg weyset, verdienet er meer, dann das er ablas loset. 30 Do.: Höre, du ungütiger Thomas, mitt allen deinen aplas Schreibern unnd gaistlichem recht, wie du deynen erloser Christum mit deinem ertich-

q) ähnlich

r) Erben

s) erhalten

15

20

25

30

35

40

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ten, erlogen unnd erstuncken aplas unnd verdienst der hailigen schmechst, lesterest und mit fussen tritest. Du sprichst mit deynenn gesellen (die das fewr wol verdienet hetten), applas sey das leiden Christi und sey nit gegründt in der gschrifft. Syhe, ich mein, das haißt die gschrifft ins maul geschlagen. Das bitter leiden Christi ist nicht gegrünt in der schrifft. Höre. Der applas ist das bitter leiden Cristi, und der aplas ist nicht gegrünt in der hailigen gschrifft, volget klar. Darumb ist das leyden Christi nicht gegrüntt in der gschrifft, nimm das leiden Christi auß der gschrifft, sich1, was dir bleiben wirt. Zu dem andern. Der aplas sey nicht alltzeyt geweßt, sy haben in nit bedürfft im anfang der h. kirchen. So folget, daz sy one aplas, das ist on daz bitter leyden Christi, seind selig worden. Ich gebe es auch haim u zu bedencken die groß Gotes lesterunng diser tollen aplas schreyber und erheber der verfurischen. Zu dem driten. Der aplas neme nit die sünde weegk, sondern allain die peyn für die sünde. Und der aplas ist das bitter leyden Christi, und nimpt nicht die sünde, allain die peyn weg. So müßtt ir applas schreyber noch ainen Christum haben, der eüch die sünde weg neme etc. Die hailige gotliche gschrifft hat nicht meer dann ainen Christum, der vergibt denen, die inn in glawben, synde und peyn. Und weiß von dem nichts, der allein die pein vergibt, und nit die sünde. Zu dem vierdten. Sprichstu, wer applas loset, der verdienet nichts. Ist applas das leiden Christi, wie verdyenen wir denn nichts, so er doch uns alles verdienet und geschenckt hat, und Christus unser ist, durch den glawben. Und ir schreibt, das der da applas losen wil, muß inn der gnade Gotes sein. Wie kann der inn der gnade Gottes seyn, der nit glaubt. Wie kan der nicht das leyden Christi haben, der da inn Christum glawbet. Auß disen allen wirt ain yetlicher weiter trachten", waz aplas ist. Urttayl: Diser artickel ist wider alttenn gebrauch christlicher kirchenn.

Der XXXI. arttickel. Nach der tauff ist das kind voller sünde, wie sich S. Paul beklaget Ro. 7, der doch vol des hailigen gaystes was. Da von wil ich ain ander zeit sagen. Urtail: Unbeschniten von der sache geredt. 35

Der zweyunddreissygest [Artikel]. Die hailigen leerer Hilarius, Athanasius] und ander meer 31 , so sy zu unsern zeytten schreiben solten, sy wurden annders zü der sache reden, denn sy zü iren gezeitenn gethonn haben. Denn das gebrenge w des bapsts

t) sieh u) d. h. ich überlasse es jedem pränge, Prunken

v) nachdenken, überlegen

w) Ge-

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und seiner evangelisten und aposteln, der bettel münch, ist zu iren zeitten nit geweßt etc. Urttayl: Diser artickel macht den hailigen gaist zu ainem lugner. Der dreyunddreisygest [Artikel]. Die priester inn alten testament32 waren nit wie unser priester, mit 5 uneelichen weibern beladen, wie ain betler mit secken, sonder gute, fromme burger, eeliche menner, im gesetz Gottes gelert, hieltnn auch nit das gauckelwercks, wie unser äffen thün, mit irer olschmirbung, platen und weyhung33, die im evangelio kain grund haben. Urttail: Diser arttickel gesellet sich mitt den pyckarden. 10 Der fünfundreysygest [Artikel]. Am Sunnttage, so ir nach tysche nicht woldt zu der predigen geen und hören das wort Gottes, sonder dem byer, spylen, tantzen und andern sündtlichen wercken nach lauffen, so were es besser, ir erwürbet euren kindern daz brot unnd dienet eürn nechsten, so ers bedarff. Die andern 15 feyrtage woldt ir frü predigen horenn, wyll ich eüch gerne predigen, darnach geedt an eür arbait, was aber evangelische feyer ist, schreybet Esa. [Jes.] 58 und Zach, am 7. [Sach. 7, 1—6]. Feyeren und fasten ist nichts anders, denn ain absterbung des altten Adams inn uns. So sprichstu, hat doch Got geruwet von seynen wercken den sibenden tag. Antwurt. S. Paul. 20 Col. 2 [11 f. ]. Die feyer des alten testa[ments] sind ain figur geweßt unser feyer, die im gaist sein muß, wye auch die fasten sein sol, nit ainen hungerygnn bauch, sonder ain hungerige seel oder gaist will Christus, die will er speißnn, Joh. 6 [22ff], und trencken, Joh. 4 [5—15], die matten und kranckenn erquicken, Mathei 11 [28]. 25 Urtail: Got hat gerubet von seinen werckenn. Der sechsunddreisygest [Artikel]. Alle, die sich wider Gottes wort gelegttx haben, müssen verderbet unnd geschendt werden, als wir vil historyen im newen unnd alten testament haben, und wirt auch noch geschehen bey den, die sich yetzunder 30 understeen, daz evangelium zu verbieten und verprennen. Got gebe in erkantnus und sein gnade. Urttayl: Wer in himel speyhet, dem fallet der speichel wider under sein äugen.34

x) d. h. widersetzt

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Der sybenunddreysygest [Artikel], Meinn liebes volck, menschen gesetz betryegenn eüch. Ich sage euch fiirwar, ir solt eüch freüwen unnd eüwer haupt auf hebnn und frolocken (wie Christus saget) Lu. 21 [28], das eüch der antechrist yetzunder geof5 fenbart wirt, und von menschen gesetzen erloßt werdt, und wie ir der eüsserlichen dinge gebrauchen solt. Urttayl: Der bickhard laßt sych aber y hören. Der XXXVffl. artickel. Die hailigen künnen uns nichtt helffen. Sy mügenn aber uns wol helf10 fen, Got den herrnn loben, lieben unnd dancksagen. Cristus ist allain der, der sich selber für uns geopffert hat, für uns bit, und unser mitler vor dem vatter ist wie offt gesagt, Ro. 8 [34]. Urtail: Disen artickel halten die pyckard auch. Der XXXIX

arttickel.

15

Die pyckharden haben vil artickel, die gemäß seinnd dem evangelio. Aber ich waiß nit, ob sy sich auch recht evangelisch versteen unnd in ire werck nit vertrawen. Alle geschlecht der menschen auff erdnn haben etwas von evangelio, das ist gewiß. Urtail: Ja, biß Suntag fru.

20

Der XXXX. artickel. Die messz ist kain opffer 35 , sonder ain erynnerung des opffers und der züsagung Gottes durch seinen sun Jesum Christum. Das beten in der messz, so es im glauwben geschieht, mag es ain opffer genent werden. Antwurt Herr Hansen von Salhausen.

25

Durchleüchtigister Großmechtigister Herr Kfönig]. Ich bekenne, das ich meynem volck zu Tetzschen mit grossem fleyß (wie ich denn zu tun schuldig byn) ainen prediger des wort Gottes verordnet habe. Uber den hat der pfarner seynen neyd und ungunst geworffen, wider in geprediget, ainen ketzer unnd pyckhard gescholten, mit vil unnweysen unnd ungeleertenn 30 worten, darauß sich das volck wenig gepessert. Daz hab ich wellen fürkommen21 und nach dem pfarrer geschickt, inn gebeten, er wolt von solcher lesterung abesteen, von wegen des armen volckes. So er aber wysse, mit gschrifftnn den prediger ainen ketzer zu überwinden, so schreybett er die

y) erneut, wieder

z) verhindern wollen

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artickel auff, ich wil den münch ain Widerspruch lassen thün, und in gebürliche straff legen. Also hat der w[ürdige] herr pfarrer mit sampt Herr Balta[sar] Hartzer angezaigte XL artickel mir überraichtt, wye sy dann K[önigliche] M[ajestät] auch gethon haben, one alle widerlegunge der schlifft, das sye doch billich (meynes bedunckens) nyt gethon solten haben. Versehe mich gentzlichnn, der münich müge wol leyden, ja auch bittende begeren, das ire gefellete urteil mit hailiger schrifft behertiget 3 und beweyßt werden. Dise und andere klagnn, über mich und meyne bruder gethon, stelle ich K[öniglicher] Mfajestät] gnedigklich zu hertzen, wie gantz unrain sy K[öniglicher] M[ajestät] fürgetragen seind worden, daz befylch ich Got und Königlicher] Genaden mit underthenigklichem gehorsam. Die ander klage, das ich vertreybe fromme, redlyche priester, verhoff und weiß, das sy das mit waren Worten nit beweysen noch erhalten mügen. Es haben der pfarrer zu Tetzschen und Herr Balthasar] Hartzer auß aignen willen ir lehen übergeben, gebeten umb Gotes willen, ich wolt sy von inn annemen, das ich in nichts hab gewyßt zu vorsagen. Das ich aber den pfarrer von Bensaw verbürgt b hab, bit ich, K[önigliche] M[ajestät] wolt das ain gut underricht gnedigklych anhören. Es hat gedachter herr pfarrer von Bensauw ainer armen frawen kind, ain junckfrauw, zu ainner dienerinn gehabt, der nach getrachtet, sy zu betryegenn. Zu ainer zeit hat er sy inn sein keller geschickt unnd ir haimlich nach gegangen, den keller nach im c zugeschlossen, das meydlin mit gewalt gezwungen, nachmals schwanger gemacht, des hat sich des meidlinn mit samptt irer fraindtschafft d vor mir beklaget, hilff und radt, als von irem erbherren, gebeten, das ich in dann unnbillych versaget hette. Also hab ich nach dem pfarrer geschickt und zu myr gefodert, inn gefragt in gegenwürt der dyernen e , und ir fraindtschafft, ob er sich zu der that erkenne. Hat er geantwurt: Ja, er sey als wol ain mensch als ain ander, dieweil er sich dann so trutzlich zu solchen böser missethatt bekandt hat, habe ich in sich lassen verbürgenn, das er sich mit mir unnd der dyemen vertrag. Und als denn mit listigen, unwaren wortten sich von mir entbrochen f . Dye bürgen haben angelobett, in in 14 tagen wider zü Stollen. Inn der zeit ist er haimlich endtrunnen, der gleichen büben stuck 8 hat er vormals mer geubet h gegen meinen leüten. Verhoffe gentzlich, K[önigliche] M[ajestät] werde das nit für unnbillich ansehen. Ich habe vormals (so die priester übel gehanndelt haben) dem achtparn herren administratori solch übeltheter zugeschickt, und im zü straffen heym gebenn 1 3 6 , aber es ist kain besserung geschehen, ungestraft seind sy wider haim kommen, wil ich im fürohinn kaynen meer schicken, sonder meinem volck und leüten gebyeten, daz sy priesterliche würde in eeren halten. Unnd widerumb mein arme leüte vor in ungeschmehet, ungeschendt und unge-

a) bekräftigt b) festgenommen und nur auf Bürgschaft freigelassen (DWB 25, 184) c) hinter sich d) Verwandtschaft e) Magd, Dienerin f) gelöst, befreit g) Untat h) begangen i) überlassen

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schlagen wil haben. Hiemit K[öniglicher] M[ajestät] undertenigklich zu dienen bin ich willig. Dem gestrengen und eerentfestnn Herrn Wolffen von Salhausen, Ritter, entpeüte ich, Matheis Blochinger 37 , gnad und fride in Christo. 5 Gfnädiger] herr, gottlicher warhaytt zu eeren hab ich mich nie künnen enthalten (dieweil myr die christlichen X L artickel zuhanden wurden, die von dem papistischen pfaffen Behemer lands so unchristlich verdampt sein worden), ich müßte der warhait zu gütte sy lassen trucken. Bit E[uer] G[naden] mit sampt eürn gebrudernn, Herr Hans und Herr Fridrich, ir wolt 10 das inn christlycher wolmainung annemen und eüch das hohe hailtum, das hailige creütz, lassen befolhen seyn. Hyemit Gott befolhen. Geben im 23. jar am Palm Suntage [29. März].

A) Vorbemerkung Druckvorlage: Klag an künig=llkliche Maiestat Vngern II vn Behem wid' ainen Lutherischen II münch prediger ordes über viertzig II artickel von jm geprediget/ zu II Tetzschen in Behemer lad II Jm Jar 1522. II M. Matheis Blochinger. zum leser II Christlicher leser. Zu Eeren den vö Pallriß/ Coln vnd Louen/ das sy nit allayn II vngelerte leüte/ vnd grobe gesellen/ erkät II werden. Habe ich lassen drucken viertzig II artickel/ über welche die pfaffen/ Behemller lands/ geurtaildt haben/ vnd wie dye II äffen/ von denen von Pariß gelert/ wye II du am ende aines yetlichen artickel lesen II wirst. II Wittemberg. II [Augsburg: Melchior Ramminger 1523] 4°. 12 ungez. Bl. (letzte Seite leer). Sign.: A-C 4 . TE. - VD 16 B 5734. Köhler 300. - EKU: 547. Zur Entstehung: Seit dem Jahre 1522 wurde im nordböhmischen Tetschen (Decin/ Tschechien) evangelisch gepredigt. Herr von Tetschen und einigen umliegenden Orten war der sächsische Adlige Hans von Salhausen. Als eifriger Beförderer der Reformation verlieh er dem ehemaligen Mönch Dominikus Beyer eine Predigerstelle. Die Verkündigungen des alsbald schon verheirateten Beyer erregten den Widerspruch des Tetschener Pfarrers Balthasar Hartzer (1485—1544). Die von ihm als ketzerisch gekennzeichneten Thesen des einstigen Mönchs sollte er aus der Bibel widerlegen. Diesem Verlangen Hans von Salhausens konnte er nicht entsprechen. So dienten die Artikel dem zuständigen Administrator des Prager Domkapitels als Wahrheitsbeweis für seine an König Ludwig (1516—1526) gerichtete Klagschrift über Hans von Salhausen und dessen Brüder. Die daraufhin vom König erbetene Stellungnahme nutzte der Adlige zur Darlegung der kirchlichen Mißstände in seiner Herrschaft. Die Dokumente der Auseinandersetzung (Brief des Administrators an den König, Zusammenstellung der Artikel, Brief des Adligen an den König) wurden mit einem Aufruf des evangelischen Herausgebers versehen und Ende März 1523 in der Wittenberger Offizin von Nickel Schirlentz zum Druck gegeben (VD 16 B 5735). Die Titelzeile „Wittenberg" behielt, vielleicht aus Gründen der Tarnung, der noch im selben Jahr veranstaltete Nachdruck Melchior Rammingers in Augsburg bei. Literatur: Rudolf Wolkan: Studien zur Reformationsgeschichte Nordböhmens, in: Jahrbuch der Gesellschaft für die Geschichte des Protestantismus in Österreich 4 (1883), S. 8 2 - 8 4 ; WA 15, S. 2 2 2 - 229.

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B) Sacherläuterungen 1 Das von 1431 bis 1561 unbesetzte Prager Erzbistum wurde von Administratoren des Domkapitels versehen (LThK 2, Sp. 561 f.). 2 Ludwig von Ungarn und Böhmen (1516—1526) (vgl. im einzelnen Palacky, Geschichte 5, 2, S. 345-586). 3 Hans von Salhausen stammte aus einem alten sächsischen Adelsgeschlecht; mit seinen gleichfalls reformatorisch gesinnten Brüdern Friedrich und Wolf erwarb er 1515/1516 Besitz in Nordböhmen, der 1522 derart geteilt wurde, daß er Tetschen (Decin/Tschechien) und umliegende Orte erhielt. Wolf von Salhausen war zeitweise (1524) Briefpartner Luthers (vgl. Zedier, Universal-Lexicon 33, Sp. 8 9 0 - 8 9 3 ; WA 15, S. 222-229). 4 Dominikus Beyer aus Chemnitz, Dominikanermönch in Freiberg/Sa., verließ mit seinem Bruder Stephan 1522 das Kloster und erhielt bei Hans von Salhausen eine Predigerstelle; 1528 war er Prediger in Leisnig, 1530 Pfarrer in Mühlbeck bei Bitterfeld (vgl. Grünberg, Pfarrerbuch 2. 1, S. 54; Enders 4, S. 370, Anm. 3, Nr. 811 ; WA 15, S. 222—224; zu den von Beyer in Tetschen gepredigten, von evangelischer Seite kritisierten Auffassungen über die Geltung des Gesetzes vgl. ebd. S. 226f.). 5 Balthasar Hartzer (Resinarius) (* 1485 Tetschen [Decin/Tschechien] f 1544 Böhmisch Leipa [Ceskä Lipa/Tschechien]), 1515 Immatrikulation an der Leipziger Universität; später Pfarrer in Tetschen; vermutlich infolge der Auseinandersetzung mit dem reformatorisch gesinnten Dominikanermönch Dominikus Beyer (vgl. Anm. 4) gelangte Hartzer nachmals selbst zu evangelischen Einstellungen; seit 1534 evangelischer Pfarrer in Böhmisch Leipa; mit zahlreichen Kompositionen, vor allem in den letzten beiden Lebensjahren, hervorgetreten (vgl. MGG 11, S. 308f.). 6 Vgl. oben Nr. 3, Anm. 69. 7 Gemeint ist der energisch gegen die lutherische Reformation einschreitende Bischof Johann VII. von Schleinitz (1518-1537) (vgl. LThK 7, Sp. 244). 8 Als zuständiger Landesherr ist Herzog Georg der Bärtige von Sachsen (1500—1539) von Anbeginn energisch gegen die Reformation eingeschritten (vgl. TRE 12, S. 385-389). 9 Gemeint sind die im Corpus iuris canonici zusammengefaßten kirchenrechtlichen Sammlungen (vgl. Friedberg, Lehrbuch, S. 140—146). 10 Zum reformatorischen GeschichtsVerständnis, für das der Verfallsgedanke konstitutiv ist, vgl. TRE 12, S. 6 3 0 - 6 3 3 ; vgl. auch unten Art. 29. 11 Zur Lehre vom Fegfeuer vgl. E. Fleischhack, Die christlichen Vorstellungen vom Geschick der Verstorbenen geschichtlich dargestellt, Tübingen 1969. 12 Zur katholischen Lehre vom Sakrament der Beichte und Buße vgl. LThK 2, Sp. 8 3 2 - 8 3 8 ; Adam, Lehrbuch 2, S. 3 4 - 4 0 . 13 Zu Luthers Wortschöpfung „Gnadenstuhr' vgl. DWB 8, Sp. 591. 14 Gemeint sind die aus verschiedenem Anlaß immer wieder gehaltenen Totenmessen (vgl. Jungmann, Missarum sollemnia 1, S. 285-287, 2, S. 295-308). 15 Gemeint ist die Verpflichtung zum Breviergebet, das siebenmal am Tag erfolgt (Hören) (vgl. LThK 2, Sp. 679-684). 16 Die „Correctur" hat an dieser Stelle „Chrystlich". 17 Die vom Haar befreite kahle Stelle auf dem Kopf des Geistlichen (Tonsur) (vgl. LThK 10, Sp. 250f.). 18 Zur spätmittelalterlichen Ablaßlehre vgl. Adam, Lehrbuch 2, S. 40—43. 19 Ein verbreiteter, durchaus mit Kosten verbundener Brauch (vgl. Ulman Weiß, Die frommen Bürger von Erfurt. Die Stadt und ihre Kirche im Spätmittelalter und in der Reformationszeit, Weimar 1988, S. 73).

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20 Angesprochen werden die im Spätmittelalter besonders verbreiteten Wallfahrten zu heiligen Stätten (vgl. LThK 10, Sp. 942-946). 21 Vgl. oben Anm. 9. 22 Die Auffassung vom Papst als Antichrist wird, unter Berufung auf 2. Thess. 2, 3 - 1 0 ; l.Joh. 2, 18.22; 4, 3; Offb. 13, von Luther seit 1520 vertreten (WA 6, S. 411). 23 Zur katholischen Fastenlehre vgl. TRE 11, S. 5 0 - 5 5 . 24 Zu Thomas von Aquino (um 1225-1274) vgl. LThK 10, Sp. 119-134. 25 Zu dem als „Doctor irrefragabilis" bezeichneten Franziskaner Alexander von Haies (um 1185-1245) vgl. ebd. 1, Sp. 306-308. 26 Zu Andreas Anthonius (f um 1320) vgl. ebd. Sp. 671 f. 27 Hier und im folgenden wird nicht wörtlich zitiert, vgl. Thomas von Aquin, Summa Theologica III Suppl. qu. 25, 1 (Die deutsche Thomas-Ausgabe, Bd. 32, Graz, Wien, Köln 1985, S. 117-122). In der Bulle „Unigenitus" wird die Auffassung vom Thesaurus ecclesiae zur offiziellen Kirchenlehre erhoben (vgl. Extrav. com. 1. 5, tit. 9, c. 2, in: CorpIurCan 2, Sp. 1304-1306). 28 Dieses Zitat ist bei Thomas nicht nachzuweisen. 29 Thomas von Aquin, Summa Theologica (wie Anm. 27), besonders S. 121 f. 30 Ebd. qu. 25, 2 (besonders S. 130). 31 Zu Hilarius (315-367) vgl. LThK 5, Sp. 337f„ zu Athanasius (295-373) vgl. ebd. 1, Sp. 976-981. 32 Zum alttestamentlichen Priesteramt vgl. Bibellexikon, Sp. 1403-1405, 1407f. 33 Bei der Priesterweihe wird mit Balsam vermischtes Olivenöl (sacrum chrisma) verwendet (vgl. im einzelnen Friedberg, Lehrbuch, S. 581; LThK 2, Sp. 1095). 34 Vgl. Wander 2, Sp. 653, Nr. 168, 176. 35 Zur katholischen Auffassung vom Opfercharakter der Messe vgl. Adam, Lehrbuch 2, S. 5 2 - 5 4 , 163; Denzinger-Schönmetzer, Nr. 793, 802, 822 passim. 36 Delikte der Geistlichen dürfen grundsätzlich nur vor dem geistlichen Gericht behandelt werden (Friedberg, Lehrbuch, S. 331). 37 Matthias Blochinger (Plöchinger) aus Wittenberg, Studium daselbst; 1544 Magister; 1571 Propst in Remberg; f 1581 (vgl. DBA 108/182f.).

Hieronymus Emser: Wider den falsch genannten Ecclesiasten und wahrhaftigen Erzketzer Martin Luther An den allerdurchlewctigisten und unuberwindtlichisten konig unnd kayßer Carolum den funfftenn 1 . Allerdurchlawchtigster, großmechtigster und unüberwindlichster kayßer Carole. Dir sey nach meynem innigen gebeth und wünsch gnad, gluck und heil, sig unnd triumph, von Got, dem allmechtigen, tzu gewaltiger und gluckseliger regierung der heiligen christenheyt und aller deyner keyßerthumb, konigreych, lewt und landen. Amen. Allergnedigster herr und keyßer. Nachdem deyner keyßerlichen majestat vorfaren, ur und anherren", keyßer Friderich 2 und keyßer Maximilian 3 , hochseliger gedechtnis (wie ich bey ir beider tzeyten von juget auff gehört, gesehen und erfaren hab), tzu allen geleiten, tzu voran christlichs gemuets und wesens, sonderliche gnad und gunst getragen und sie für ander b geliebt und gefordert, stell ich bey mir in keynen tzweyfel, daz die selbig hochlobliche tuget von dem adelichenn blut deyner eidern sampt dem keyßerthumb ouch erblich auff dich geflossen sey. Derwegen ich gehertziget c worden, dis meyn kleynes buchlin (das ich tzu sterck der heiligen christenlichen warheyt wider den ertzketzer und vorfurer deynes volckes, Martinum Luter, mit hilff des oberstend angefangen und (Got lob) seliglich volenndt) deyner keißerlichen majestat öffentlich tzutzuschreyben. Und wem wolt es auch billicher tzugeeiget werden dann dir? Dem Got das schwert tzu beschutzung der heiligen Christenheit und außrodung aller ketzerey und schismata e von oben herab vorlihen hat. Auß wolcher ursach ouch der erwirdige prister Fulgentius dem konig Trasimundo 4 und der heylig Ambrosius dem keyßer Gratiano 5 ire bucher wider die ketzter tzugeschriben haben. Derhalben so geruche f deyn keyßerliche majestat dises buchlin nach dem alten sitten ehegemelter® deyner vorfaren gnediglich von mir antzunhemen. Wolches ich dir nit wie Virgilius Augusto 6 umb einicherley genieß willen, sonder auß pristerlicher pflucht unnd mercklicher obligender not der christenheyt tzugeschriben hab. Dann wir Christen nit mher Christen, sonder papisten von den ketzern genent, und die hohen gelider deynes adlers h , churfursten, ertzbischoff, bischoff und fursten des heiligen reychs, die sich der romischen kirchen und deynes gehorsams halten, schmelich vorschumpfirt, voracht, vorvolget und auff einander vorhetzt werdenn. Wie deyn keyßerliche majestat dis alles auß gemeltem meynem buchlin grundtlich erkunden und als ein oberster patron und schutzherr der heiligen christenheyt ungezweyvelt gnediglich behertzigen, ernstlich straffen und schleynig abschaffen wirt, darmit dißer

a) Ur- und Ahnherren b) vor anderen, d. h. bevorzugt c) beherzt, mutig d) d. h. Gottes e) Schismatiker, Kirchenspalter f) geruhe g) vorher erwähnter h) d. h. des Reichswappens

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mutwil und jamer nit yhe lennger yhe tieffer eynreyß, in wolchem der allmechtig deyner keyßerlichen majestat sterck, crafft und macht vorleyhen woll, der ich mich ouch hiemit undertheniglich bevelhen thue. Geben tzu Dreßden in Meyßner Land am dritten tag Januarii nach Christi unsers liben 5 herren gepurt tawsetfunffhundert und im drey und zwentzigsten jaren. Deyner keyßerlichen majestat underthaniger caplan Magister Hieronymus Emßer, priester.

Vorred und ursach, was den schreyber tzu diesem buchleyn bewegt hab

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Dieweyl auß vormogen des heiligen ewangelion inurien und schmach, so dem vater tzugemessen werdenn, sich ouch die kinder anmassen1 und ires vatern ehr vortedigen mögen, wie Christus gethan Joannis VIII [50. 54], do er spricht: Ich such nit meyn, sonder meynes vatern ehr, et Joannis II [16]: Ir solt meynes vaters hawß nit machenn tzu eym kouff- Joannes hauß, und aber die ehrwirdigen bischoff unser geystliche vater und wir ire geistliche kinder seyn, die sie durch die heiligen sacrament und ewangelion Christi von nawem geberen, Gal. IUI [19]: Ir kinderiche, die ich widerumb Paulus gebere, so lang bis Christus in euch formirt wirt, und der bapst darumb papa heist, das er ein vater ist aller vater, wie dan ouch ein romischer keyßer pater patrie und ein itzlicher fürst seynes landes vater genent werden mag, darumb, daz sie für ire underthan, gleych wie ein vater für seyne kinder, sorg tragen müssen, so sollen alle christglewbige kynder und des Heiligen Reychs getrewe underthan billich tzu gemut tzyhen die grawsamen, unchristenliche schmach und injurien, damit das lestermaul tzu Wittenberg (das sich selber für ein ecclesiasten, propheten und ewangelisten außgibt) 7 unsere hochwirdigen liebe vater und herren, bepstliche heilickeit, keyßerliche majestat, des Heiligen Romischen Reychs fursten und bischoven, gröblich vorletzt, beladen und belestiget hot. In etzlichen seynen jungst außgegangen buchern, darinnen er sich vormessenlich romet, wie er bepstlicher und keyserlicher majestat ungnad wol so ser erschrocken, als ein eßel, dem eyn sack entpfallenn wer, unnd die ehrwirdigen bischoff all in gemeyn eßel, larven, mawlaffen und selmorder, die fursten des keyßerlichen regiments tzu Nurengerg 8 lesterer Gottes unnd narren heißt und öffentlich außrufft, Claws Narr hette dye sach gleich so wol als sie mögen außrichtenn, ich geschweyge der andern groben und schantlicher wort, damit dis unvorschempte maul die schemigen oren und kewsche hertzen vorwundet hat. 9 Auß wolchem gut tzu vormercken, das er keyn rechter ecclesiastes noch prophet, sonder deren eyner, von wolchen Christus spricht: Hut euch vor den falschen propheten, die tzu euch komen in scheffin kleidern Mathei Matheus

i) annehmen, zumessen 30

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VII [15], dartzu nit Christi, sonder des tewfels ewangelist und apostel sein muß, dann die heiligen ewangelisten und tzwolffboten Christi haben uns nit gelort soliche vorletzung der majestat und oberkeiten (ob sie' gleych gebrechlich erfunden wurdenn), sonder wie das der will und Ordnung Gotes sey, das wir inen in aller underthenickeyt gehorsam und gewertig seyn und sie ehren und wirdigen sollen. So wir dann all schuldig seyn, unser lieben herren und vatern ehr tzu vortedigen, bin ich Jeronimus Emßer unwirdiger prister bewegt, obgemelte seyne ketzerische bucher und beßonderlich das, so er wider den falschgenanten geistlichen stand getewfft hat, darin er der oberkeyt gewalt, stand unnd ampt, ehr unnd glympff wider Got, ehr und recht frevenlich antastet und das gemeyn volck tzu vorachten irer prelaten erwecket, frey antzugreyffen und mit hilff des obersten (von dem Paulus aller gewalt und oberkeyt herflußt, Ro. XIII [Rom. 13, 1]) bestendiglich tzu vorlegen unnd antzeigen, das seyn 1er nit auß Got, sonder dem wort Gotes und seynen heiligen ewangelio, dartzu ir selber1', öffentlich entgegen ist und die furgestelte schrifft 1 von denen, so das volck tzu den letsten getzeyten vorfuren werden, nit auff bapst unnd bischoff, sonder auff Lutern selber und seyne anhangende ketzerische monch unnd pfaffenn gestympt haben. Unnd damit Luter nit sprechen mog, Emßer fecht alleyn mit spiessen und degen, aber das schwert greyff er nit an 10 , bring nichtzit auff die ban dann bepstlich recht und veterspruch, will ich in dißem buchlin mit dem schwert, das ist mit dem wort Gotes und bewerter canonischer schrifft, wider in fechten und spies und degen dieweyl auff eyn seyten legen. Doch mit bedingung, das ich die heiligen canones und der alten veter 1er und schrifft domit nit gentzlich ubergeben, noch einichen tzweyvel (tzu vorauß an den orten, do sie von der kirchen bewert und angenomen) dareyn gestalt haben will.

Entschuldigung unnd Vorlegung etzlicher argument, die man dem schreyber furwerffen mocht.

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Ob nu yemants sprechen wurd, was gehet Emßern dißer handel an, ist er doch weder bapst noch bischoff, weder keyßer, konig noch fürst, dartzu Johannes I [27] antwurt ich und bekenn frey mit dem heiligen Joanne, das ich nit wirdig, iren yendert eynem den ryemen seyner schuhe aufftzuloßenn m , aber nicht dester weniger, gleych wie in schiffes noten, so ein fortun" und ungestum- 35 keyt des mores dem patron" das rudel p auß der hand schlahet, nit aleyn die schifflewt mit iren riemen, sonder ouch ein itzlicher, der im schiff sitzt und nit mit vorderben will, tzugreyffen muß, unnd der so nit ein rudel hat, den nechsten bom q oder bret erwuschen, eyner die locher tzustopffen, der ander wasser außgiessen und al einander helffen müssen, damit sie auß der not 40

j) d. h. die Obrigkeiten k) d. h. in sich selbst widersprüchlich 1) d. h. Matth. 7, 15 m) zu lösen, aufzubinden n) Welle o) Herrn, Kapitän p) Ruder q) Baum, Balken

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komen. Also beduncket mich, das ouch in gegenwertiger ferlikeit, so Sant Peters schiffleyn erleyden muß, von den ungestumen anstossen der ketzer (wolche nit aleyn dem obersten patron, sonder ouch den andern schiffherren, geistlichen und weltlichen, ire rudel abhenndig machen und das schifflin ersewffen wollen) ein itzlicher schuldig sey, inen womit er kan und mag tzu hilff komen, damit sie gemeltes schifleyn widerumb tzu land und an sicher port bringen mögen, dann ir ungefell unnd vorderben anr unser aller mercklichenn schaden nit gesehen mag. Spricht aber eyner weyter, Luter hab wider bapst unnd bischoff in vil 10 stucken die warheyt geschriben, was sie für ein unbischoflich leben füren. Dartzu antwurt ich, das gleych wie denen, so in eynem schiff faren, nit von noten ist tzu fragenn, ob die schiflewt from oder unfrom, sonder ob sie irer kunst gewiß und sie sicher uberfuren mögen. Also sollen wir uns ouch nit ser bekomern umb der bischoff leben, ob das gut oder boß sey, 15 sonder umb die 1er, dann uns Christus nit an ire werck, sonder an die 1er geweyßt hat Mathei X X I I I [3]: Alles, das sie euch sagen, solt ir thon und halten, aber iren wercken solt ir nit nachvolgen. So hat Luter unlang selber von im s geschriben 11 , das er nit von leben, sonder von 1er handeln wolt, dann ein boß leben nit so vil schaden bring als boße 1er. Dartzu so seyn on 20 allen tzweyvel noch gar vil ehrwirdiger bischoff, denen man weder am leben, noch an kunst keyn tadel geben mag. Im fall aber, das gleych keyner seyn stand recht hielte, gepurth dannocht Lutern in keyn weg sie darumb tzu straffen, dieweyl er seyn stand selber ouch nit helt, wie er den halten solt, und seyner gethonen gelubd, profession, pflucht und eid vor 25 Got und der weit meyneyd, trewluß und erloß worden ist, und aber der, der do annder lewt straffen will, nach der 1er Christi orstlich den tramen' auß seynem oug tzihen soll, Luce V I [Luk. 6, 41] und ein guter artzet orstlich sich selber gesund machen, eiusdem IUI [Luk. 4, 23]. Wie dann ouch der heilige Paulus sein leyb casteygete und im u den gehorsam macht, 30 damit er nit annder lewten predigte unnd selber (wie itzo Luter) strefflich befunden wurd [1. Kor. 9, 27]. So dann öffentlich am tag, das Luters werck und leben nit weniger gotsloß, vorkerlich und ergerlich, dann der bischoven (wann er gleych in etzlichen feilen die warheyt von inen geschriben hett), muessen wir die 35 sach tzu beiderseyt Got heimstellen, der eyn itzlichen richten wirt nach seynem werck, Mathei X V I [27], und ein scharffe rechnung von inen nhemen, wie sie uns vorgestanden, Luce X V I [2], Das aber wir Luters oder der bischoff leben richten oder straffen wollen, ist bey Lutern ein vorgeb e t arbeit, dann er nit aleyn vonn keinem menschen, sonder ouch von 40 keynem enngel gericht seyn will 12 . So gepurt uns ouch nit, unsere vater und prelaten, die ehrwirdigen bischoff oder anndere unsere hewpter, frevelich tzu straffen, dann Paulus ouch dem bischoff Thimotheo vorbewt, das er die eidern nit straffen, sonder als vater flohen unnd bitten soll [1. Tim. 5, 1. 20],

r) ohne 30*

s) sich

t) Balken

u) sich, d. h. den eigenen Leib

v ) vergebliche

Matheus Luter

wider

sich

selber

Lucas Lucas Paulus I Cor. I X

Matheus Lucas

Paulus I Thimot. V

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Luter wider sich Das aber Luter disen spruch Pauli auff die alten grawhewptigen und selber nit auff die prelaten gedewt haben will 13 , ist er im selbs aber contrari und widerwertig, dann er in seynem betbuchlin (do er von den tzehen geboten schreybt) leret, wie das Vierde nit aleyn von den leyplichen eidern, sonder von aller oberkeit vorstanden werden soll, und das ein itzlicher das gebot dann ubertrette, wann er seyn herschafft unnd oberkeit nit ehr, nit getrew unnd gehorsam sey, sie seyn gut oder boß 14 . Damit aber der listige man diser contradiction oder widerspeltigkeyt entfliehen mog, feit er noch vil in ein grossere, dan so er spricht, das geistlich gewalt und oberkeit nit von Got und derhalben frey tzu straffen sey, widerspricht er nit im selber, sonder Christo, Paulo und der gantzen christenlichen kirchen. Et sie incidit in Scyllam qui vult vitare Charybdim, dann dem hern Christo von seynem hymelischenn vater aller gewalt eyngerompt ist in hymel und auff erden, das ist geistlicher und weltlicher, Matheus pristerlicher und königlicher, Mathei ultimo [Matth. 28, 18]: Data est mihi omnes potestas in celo et in terra, wolcher den geistlichen sampt dem pristerthumb den bepsten und bischoven und den weltlichen dem keyßer Matheus sampt dem Heiligen Reych bevolhen und gesprochenn hat: Gebet dem keyßer, was dem keyßer, unnd Got, was Got tzugehort, Mathei XXII [21]. Paulus wolchem ouch Paulus stymmet w , Ro. XIII [Rom. 13, 1], do er sagt: Aller gewalt (keyn außgeschlossen) ist von Got. Also haben ye und ye gehalten, gelert und geschriben alle heilige veter sampt der gantzen chriJo[hann]is XIX stenlichen kirchen, dann wolcher (der do seyn vornunfft het) wolte spre[11] chen, das Pilatus gewalt von Got, und der kirche oder irer prelaten gewalt nit von Got wer. Luter wider sich Darumb so ubertrit Luter nit aleyn das obgemelte vierde gebot Gotes, selber sonder ouch seyn selbs eigen 1er, in dem, das er die oberkeyt also unehret unnd weder geistlichenn noch weltlichen gewalt underworffen seyn will. Und hilfft in" gar nichtzit, das bapst und bischoff ein boß leben fieren, dann er (wie gehört) selbs geschriben, man sol sie ehren, gehorsam und gewertig seyn, sie seyen boß oder gut. Also duldet Christus Judam, gebrauchet in tzu dem apostolat unnd schickt in auß zu predigen, wie wol er wol bapst und bischoff wust, daz es ein dieb und ein schalck was, dann apostel, propheten, bapst sind nit namen und bischoff nit nhamen sind eins heiligen lebens, sonder eins heiligen eins heyligen amptes, und so man die bischoff sacrosanctos oder den bapst sanetissilebens sonder eins m u m ; das ist den allerheiligisten nennet, geschihet nit ir person, sonder ires heiligen amptes a m p t s halbenn, das so heilig und wirdig ist, das sie ouch in Apocalipsi Joannes Joannis [Offb.] nit alein heilig, sonder ouch engel Gotes genent werden. So vil aber die 1er und das wort Gotes (darin aleyn unser selickeit stehet) antrifft, darff man (wo sie selbs euch ketzern oder uns änderst leren wolten, dann ire vorfaren die apostel und annder heilige veter oder christenliche bewerte lerer gethan haben) weder bapst noch bischoff vorschonen, und mag sie dis falß als umb falscher 1er oder ketzerey willen nit aleyn frey straffen, sonder ouch ires ampts, standes und wirdy gar entset-

w) übereinstimmt

x) ihm

y) Würde

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zen. Das gepurt aber ouch nit einem itzlichen, sonder aleyn einem gemeynen concilio, das sie tzuvor furheischen z , vorhoren und, wo sie sich nit davon abweyßen lassen wolten, als dann orst innhalt 3 der heiligen canones mit urteil und recht vordamen und ires standes öffentlich entsetzen soll. Derhalben und dieweyl des bapsts und der bischoff 1er noch tzur tzeyt durch kein concilium vorworffen oders vordampt wordenn, muessen wir uns von irem gehorsam nit so leychtlich abfieren oder so mit blossen Worten uberreden lassen, das sie uns ichtzitb unchristeliches gelert haben, dann des bapsts und der bischoff 1er und regiment nu bey funfftzehenhundert jaren bewert und vormeniglich bestanden ist, soc Luters 1er naw, frombd unnd tzum teil ungehort, ich geschweyge, unchristenlich. Dartzu so ist uns Christen gar vil mher gelegen an den bischoven dan an Lutern, dan wir on die bischoff weder prister, meß, touff noch einich sacrament haben mögen, aber tawset und etzlich hundert jar ist die kirch von den bischoven seliglieh und wol regirt, ehe dann Luters oder ouch seynes gantzen ordens d ye gedacht worden. Derhalben so muessen wir die ehrwirdigen bischoff und anders unser geistlich unnd weltlich oberkeyt nit so gar lassen undertrukken oder irem schennder so leychtlich glouben geben, sonder vorhin6 wol behertzigen, mit was fug und recht disser vormessen bruder sich selber also erhohen und die unsern ernidern, sich selbs loben und die unsern schennden thue, dan er seyn stul darumb in Aquilon 15 auffgericht hat, das er nit aleynn bapst und bischoff, keyßer, konig und fursten, sonder ouch die engel Gotes richten unnd sich also (gleych wie Lucifer) Got selber vorgleichen und kurtzumb ein ecclesiastes tzu Wittenberg (das ist ein winckelprediger) seyn will, es sey bapst, keyßer, fürst oder bischoven lieb oder leid, damit die schrifft erfult werd: Diser ist gemacht, das er nyemant forchte, Job XLI [Hiob 41, 25], und von dem Aquilon wirt sich erogen alles ubel, Jerimie primo [Jer. 1, 14], Jeremias

Luters clag wider bapst und bischoff. 30

Luter beclagt sich orstlich über bapst und bischoff, das sie in unvorhort, unerkundter sach und unuberwunden frevenlich für ein ketzer vordammen wollen und sich nit Schemen, einen menschen so offt lassen tzu recht drotzen f etc. 16 Also vorgessen wirt der arme mensch tzusehenlich, Luter wider sich daz er im ouch am orsten blat selber contrari und widerwertig ist®, dann an selber 35 der ersten columnen claget er, wie er die bischoff nit tzu recht bringen mog h , und so bald darnach an der andern romet er sich, wie er vor keynem auff erden tzu vorhor komen unnd sich weder menschen noch engel richten lassenn woll. Nu wolt ich geren hören, vor wem mann mit dem1 tzu recht furkomen solt, der keyn richter, weder in hymel noch auff erden,

z) vorladen a) gemäß b) irgendetwas c) während d) d. h. der Augustiner e) zuvor f) (auf sein Recht) pochen g) daß er sich auf dem ersten Blatt selbst widerspricht h) dazu zu bringen vermag, das Recht einzuhalten i) demjenigen

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Emser: Wider den falsch genannten Ecclesiasten

erleyden will? Der ouch änderst nye hat furkomen wollen, dann mit eynem freyen sichern geleit, nit aleyn für gewalt, sonder ouch für recht, dann er selber recht nit erleyden kan? Das er aber spricht, sie wollen in vordamen unvorhort und unerkundter sach, ist gar ein unvorschemate lugen, dieweyl offenbar am tag, das Luter orstlich vonn dem bapst Leo durch seinen legaten tzu Augspurg 17 und nachmaln tzu Wormus 18 von keyßerlicher majestat und des Heiligen Reychs churfursten and fursten gnugsam vorhort worden, aber sich keynem recht noch richter nye underwerffen wollen. Zu dem, so sint seyne ketzerische bucher und 1er nit aleyn in eyner provintz, sonder durch die gantze weit lantkundig, das ouch die kynder auff der gassen und die alten weyber in spitaln davon wissen tzu singen und tzu sagen, wie kan dann der vorlogen monch sprechen, das man ine unvorhoret und unerkundter sach für eyn ketzer vordammen woll. Das er aber sagt, er sey noch unuberwunden, will ich yn mit seynem eigen mund ubertzewgen und uberwinden, dann er spricht in seyner assertio 19 offenbarlich, wo Huß 20 ein ketzer gewest, so bekenn er frey, das er tzehen mal ein erger ketzer sey. Dieweyl dann Huß von allen Stenden der gantzen christenheyt für ein ketzer vordampt und derwegen vorbrant worden ist21, so solte der hochgelerte man ye billich wissen den gemeynen spruch des rechten qui confessus habetur pro convicto und das er sich mit diser seyner eigen bekentnus also selbs uberwunden und tzu eynem ketzer gemacht hat. Zu dem, so ist vor vii hundert jaren von der kirchen beschlossen und geortert, das ein yeder, der sich understehe, ein alt vordampte ketzerey wider auffwechen> oder vortedigen (als Luter nit aleyn Wickleffs 22 und Hussen, sonderlich ouch der alten ketzer 1er in all seyn buchern herfurtzihet und vortediget) an k all weyter declaration ipso facto, das ist mit der that, in schweren banfall unnd für ein öffentlich erclerten ketzer gehalten werden soll. Aus wolchem allem clerlich erscheinet, wie unbillich dyßer lesterer die ehrwirdigen bepst unnd bischoff im eyngang des buchlins 23 wider sie außgangen beschuldiget, das sie in für ein ketzer vordammen wollen, unvorhort und unuberwunden. So er sich doch (wie gehört) selber dartzu bekennet, seyner eigen boßheyt und schand romet unnd aller alten und nawen ketzer lang vordampte 1er vortedigenn will. Furter laßt sich Luter hören 24 , dieweyl er auß bapstlicher und keyßerlicher ungnad seynes titels beroubet, mueß er dannocht nit on ein titel und namen seyn, auff das er das ampt, wort und werck, das er von Got hab, tzymlich1 breyße. Darumb so nennet er sich von Gotes gnaden ein ecclesiasten, daz ist ein prediger tzu Wittenberg, vormeynt aleyn auß disem blossen titel macht tzu haben, die hewpter"1 antzutasten" und tzu straffen wie Ezehiel, Jeremias, Jonas und ander propheten, deren schrifft er hie eynfuret 25 .

j) wieder aufzuwecken n) anzugreifen

k) ohne

1) geziemend

m) d. h. die Obrigkeiten

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Nu ist es nit ein kleyns (wiewol er das leychtlich in wind schlecht), daz er aus bepstlicher und keyßerlicher macht seynes titels und nhamens beraubt ist. Dann on allen tzweyvel, so thon die beyde hewpter der Christenheit on wichtige Ursachen nyemant seyner Privilegien oder gerechtikeit entsetzen. Das er aber noch 0 solicher entsetzung im selbs p orst so ein erlichen titel gibt wider die 1er des apostels, der do sagt, es soll im keyner die ehr selber nhemen, er werde dan dartzu beruffen wie Aaron, Heb. V [4], ist Paulus im fulleycht von noten gewest, dann wer nit gute nachpawrn hat (als Luter über seyne nachpawrn claget), muß sich selber lobenn. Dieweyl dis aber nichtzit nawes, sonder vorhin"1 ouch falsche ecclesiasten, falsche ewangelisten, falsche propheten und falsche apostel sich in der kirchen auffgeworffen habenn, auß wolchen die falschen ewangelisten sampt irem ewangelion von gemelter kirchen vordampt worden als das ewangelium Nicodemi 26 und ander. So warnet uns Christus vor falschen propheten, Mathei VII [15], und Paulus vor falschen apo stein, II. Cor. XI [2. Kor. 11, 13—15]. Derhalben, so darff diser hohen titel nyemant erschrecken, nyemant glouben, das Lutem gepure das, so Ezechieli, Hieremie und den andern propheten gepurt hat. Er beweyße dann, wie er sich romet, daz im solich ampt, wort und werck von Got sonderlich bevolhen worden, wie das die warhafftigenn prophetenn entweder mit schrifft oder bestendigen wundertzeichen beweyßt habenn. Mit schrifft, als der heilig Joannes auß dem prophetenn Esaia, das er wer ein stymme des raffenden in der wustnis, Esaie XXXX [Jes. 40, 3], mit wundertzeichen, als Moyses mit der raten, Exo. III [= 2. Mose 4, 2—5], Jonas mit dem walfisch, Jone I [= Jona 2], Ezechiel mit dem buch, das aussen unnd ynnen vol geschrien was, Ezechielis II [Hes. 2, 9—3, 4], und einer mit diesem, der ander mit jehenen. Im fall aber, das er sich gleych das mit schrifft oder mit mirakeln tzu beweyßen understiende, wie er sich bereit etzlicher maß vornhemen lassen hat, er konde der kleynen tzeichen ouch wol eins thon, wo es von noten, noch wer im so leychtlich nit tzu glouben, und gehört ein grosser cautel r und fursichtikeit dartzu, dann wann es genug s wer, die schrifft tzu allegirn', weren alle ketzer gerecht, die all auff die schrifft gebocht haben, ja es hetre ouch der tewfel Christum eyngetriben, do er im allegirt auß dem newntzigsten psalmen [= Ps. 91, 11. 12], Got hat seynen engein von dir gebotten, das sie dich auff den hendenn tragen, wann wir ouch den mirackeln so bald glouben muesten, hette uns Christus nit davor gewarnet unnd vorkundet, das ouch die falschen propheten wunder und seltzame ding stifften wurden, Mathei XXIIII [24]: Surgent .n.[enim] pseudo Christi et pseudo prophete, et dabunt signa magna et prodigia, ita ut in errorem ducantur (si fieri potest) etiam electi. Es werden aufstehen falsche Christen und falsche propheten und werden grosse tzeichen und wunder furgeben, also, das ouch die außerweltenn (wo es möglich) vonn innen vorfurt werden.

o) nach chend

p) sich selbst q) früher, zuvor t) zu zitieren, auszulegen

r) Vorsicht, Zweifel

s) ausrei-

Paulus

Matheus Paulus

Joannes Esaias Moyses Jonas Ezechiel

Psal. LXXXX

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Emser: Wider den falsch genannten Ecclesiasten

Derhalben und damit itzo und hinfurt in tzukunfftige tzeyten die frommen christenliche hertzen nit so leychtlich verfurt und betrogen werden mögen, will ich inen mit der hilff Gotes nit eins, sonder tzwentzig gewisser und warhafftiger tzeychen auß bewerter schrifft vormelden und antzeigen, durch wolche sie die rechtfertigen propheten, ecclesiasten und predi- 5 ger auß den falschen erkennen mögen, wolche ein itzlicher vorstendiger darnach bey im selber weyter betrachten, extendirn" und außstrecken mag.

Von der zweyer apostel schrifft und denen, so das volck tzu den letsten getzeyten vorfuren werden. Es haben die beid apostel Petrus und Paulus und nach inen Judas Tatheus in seyner canonica 28 die kirchen vorwarnet, wie tzu den letsten getzeiten falsche lerer komen, das volck vorfuren und gar ander frucht in inen Paulus pflantzen werden, wie die selbigen frucht Paulus nacheinander ertzelet, II. Timoth. III [1—9], wiewol nu Luter gern dasselbig alles auff die bischoff schieben und sich selber weyß brennen wolt, so reymet es sich doch bey den vorstendigen gar nichtzit, dann bischoff nit orst itzo tzu disen letsten getzeytenn tzu uns komen, sonder von anbegyn allweg in der kirchenn gewest. Dortzu so pflegen sie, wie Luter selber bekennet, tzuvoran bey disen getzeyten, in eigner person nit so vil tzu leren oder predigen, daz man sie beschuldigen mocht, sie vorfurten die lewt mit ierer predig und 1er, unnd ob sie gleych selber predigen wolten, wer Luter aber hie und vorkeret inv das tzu dem ergisten, wie er nawlich ir eynen tzu der banck gehawen 29 , das er seynen schaffen seyn seel tzu pfand hat setzen wollen, das der christenlichen kirchen 1er und gloub gerecht wer. So doch der frome prelat in dem nichtzit anders gethan, dann das im Christus bevolhen, der do spricht: Joannes Ein guter hirt setzt seyn seel vor seyne schaff, so er den wolff sihet komen, Jo[hann]is X [11 — 15], doch so wollen wir das fallen lassen, dann es meyns vormutens nichtzit dann ein alter gram ist und im der tzedler w noch im kropff ligt, an dem er vor tzeyten (do er dem herren keyn schuld noch tadel geben mocht) seyn tzorn außstossen must 30 . Damit wir aber tzu der houptsach komen, wollen wir die vil genanten stell Pauli vor uns nhemen und Lutern das tzuvor geben, das er die wort seyns gefallens und tzu seynem besten selber vordolmetscht, dartzu nit auß eynem text aleyn, sonder hyn und wider tzusamengeklawbet hat also lautende: Luter: Widerumb hat Sant Paulus nit vorgessen, was für ein leben solch gesellen füren werden unter solchen schonen spitz und roten hüten, mentelln, steben, platten creutzen unnd andern obgenanten formen, da er sagt II. Timoth. III [1—5]: Du solt wissen, das in den letsten tagen werden seynn ferliche tzeit, denn da werden menschen seyn, die viel von yhn selbs halten, geytzig, hohmutig, hochfartig, lesterer, den eitern ungehorsam, unu) ausbreiten

v) ihnen

w) Zettelschreiber (vgl. Anm. 30)

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danckbar, ungeystlich, die sich keynß menschen annhemen, storrige, sehender, unkewsch, die tzu keynem guten lust habe, vorrether, frevel auffgeblassen, blindt, die mher lieben die wolust denn Got, haben eyn scheyn eyns gotlichen lebens, aber seyne krafft vorleugken sie, die soltu meyden etc. Da sihe, das heyßt unßere bischoff unnd geystsiche junckern recht contrafeyet. 31 Emßer: Ey nayna, Luter, das heißt nit recht contrafeyhet, do eyner aleyn den leyb oder daz corpus außstreychet* und das hewpt oder angesicht (da bey man ein orst recht erkennen mag) im penßel stecken laßt, wie du die rechten hewptstuck, damit Sant Paul die (von denen er redt) sonderlich antzeygt, in der feder gelassen und aleyn etzliche gemeyne wort tzusamen getzogen, die für sich selber auff nyemant sonderlich dewten und gleych so wol von dir und ander lewten als von bischhoffen vorstanden werden mögen. Dann an wolchen ort oder in wolchen stand findt man nit hoffertige, geytzige, unkewsche, sterrige, ungeistliche und ungotsforchtige lewt etc. Oder wo hat man von anbegynn der weit ye einen gefunden, der mher von im selber und weniger von allen andern gehalten dann du, der die lewt also jemerlich geschendet, gelestert, vorraten und auff den fleischbanck geopfert und vorkoufft het als du? Noch machest du deiner boßheit allenthalb ein guten scheyn unnd wilt für ein geistlichen man gehalten seyn. Lieber, meynst du nit, wann Sant Paul unnd Sant Peter diße prophecy aleyn auff die bischoff geredt, sie hetten gleych so bald öffentlich schreyben können, tzu den letsten tzeyten werden komen falsche bischoff, als sie gesagt haben von falschen propheten und lerern, die scheffln kleyder antragenn, wolches von den bischoven, die mher in marderin schawben, Scharlach, samat und seyden eynhergehen, ouch nit vorstanden werden mag, derhalben so muß unnd will ich deynem halb contrafeyten strumff orst das hewpt (das ist das jhen, das du dem volck feischlich hast bergen y wollen) gantz ansetzen, recht außstreychen oder contrafeyen und meniglichen kund und offenbar machen, das Sant Paul hie nit von bischoffshuten, spitzen oder steben, sonder von monchs kugeln und kappen geredt hat. Wie dann ouch seyd der tzeyt durch ander frome lewt geprophetzeyt und vor viertzig jaren ein monch öffentlich in eyn buch getruckt worden, der die Tewtsche Nation tzu disen getzeyten im glouben vorfuren wurd. 32 Ich protestier aber hie vor allen dingen, das ich die fromen monch, die ir profeß und regel getrewlich halten, sie seyen was ordens sie wollen, hiemit in keyn weg beschwert haben wil, sonder aleyn die, so wie Sant Paul hie sagt ein scheyn haben eins geistlichen lebens und die crafft desselbigen vorleucken, das ist, die weder beten, fasten, meßleßen noch ander geistliche ubung halten und ir glubd und eid vorleugknen, als hetten sie die nit Got, sonder den menschen geschworen. Contra illud Mathei XXIII [21]: Quicunque iuraverit in templo, iurat in illo et in eo, qui habitat in ipso, wolches aber die fromen nit entgelten sollen, dann gleych wie auß

x) d. h. nur den Körper malt

y) verbergen, verheimlichen

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allen choren der enngel etzlich gefallen und dannocht der mher teyl bestendig beliben, also ist ouch keyn wunder, das itzo auß allen orden etzlich umbfallen und auß den clostern louffen, dann so der tewfel was groß außrichten will, muß er dem alten Sprichwort nach ein monch oder ein alt boß weyb dartzu brauchen33, und werden dannocht ungezweyvelt der mher teyl 5 in den clostern bestenndig bleyben. Was Luter (do er Sant Pauls wort handelt) listiglich außgelassen hat. 2

Orstlich so hat Luter hie feischlich vorhalten , das Paulus tzu eynem Paulus: Ex his n.[enim] erunt qui sondern tzeichen und erkentnis der jhenen, von denen er redt, so bald nach 10 penetrant domos den obgnanten worten angehangen hat, wie sie auß denenn3 seyn werden, die den lewten ire hewßer durchkriechen und durchschlieffen, von wolchen Matheus ouch Christus sagt Mathei XII [= 23, 14], wie sie armer lewt hewßer auß-

Paulus: Et captivas ducunt mulierculas oneratas peccatis que ducuntur variis desideriis [Vg.: 2. Tim. 3, 6]

Salomon

Paulus

essen und inen ir langes gebet dafür vorkewffen, wolches ye nit von den bischoven vorstanden werden mag, die nit also von hawß tzu haws umblouffen betein, sonder wie Luter selber sagt, auff hohen hengsten reyten und als dye warhafftigen hyrten und regenten der kirchen irem stand nach mit jerlichen renten und eynkomen erlichen vorsorget seyn. Zum andern hat Luter ouch nit onb tag komen lassen wollen, wie Sant Paulus noch klerer auff in und seyne anhenger stymmet, in dem, das er sagt, wie sich die selben gesellen tzu den weyberichen (die do mit sunden beschwert unnd vol furwitz seyn) halten und die selben gefangen nhemenn werden. Darauff die glosa ordinaria34 (so von der gantzen kirchen angenomen) sagt, das gleych wie der tewfel im anfang der weit Adam durch ein weyb betrogen, also worden ouch dise knaben in den letsten tagen orstlich die weyber und darnach durch die weyber ire mennere eynnhemen und vorfuren, das ist, sie werden sie von dem gehorsam der kirchen und irer prelaten auff ire nawe 1er füren, durch wolche sie inen ir sund billichen, ir gewissen laß und locherig machen und sie aleyn irem rat volgen heissen, wie wir dann teglich vor ougen sehen, das sich soliche weyberiche Luters ler tzumal gern annhemen, und fulleycht nit on ursach, darumb sie dann der apostel ouch nit vorgebens weyberiche oder (auff gut swebisch) weyblach unnd nit weyber genent hat. Dann ein starck weyb wie die was die Salomon beschreybet, Sapientie ultimo [Spr. 31, 10ff.], bleybt auff irem alten glouben und nhemet sich diser ketzerischen ler gar nichtzit an, dann sie weist, das ir gewissen reyn unnd ir solicher buben trost oder ratt gar nit von noten ist. Zum driten hat Luter under die banck gesteckt0, das Paulus die vilgemelten falschen lerer den zweyen tzoubern Pharaonis vorgleycht unnd spricht: Gleych wie Jannes unnd Mambres Moysi widerstrebt und widerstanden haben, also werden ouch diße vorfurer widerstreben der offentliz) vorenthalten, verschwiegen a) d. h. aus den Reihen derjenigen den c) unter die Bank fallen lassen, verschwiegen

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chen warheyt [2. Tim. 3, 8], das ist der christenlichen kirchen und irer prelaten (die do durch Moyßen bedewt werden) warhafftigen 1er, gewalt und oberkeyt, wolches abermals von den bischoven (die irem oberstenn dem bapst gehorsam leysten) nit vorstanden werden mag. Zum Vierden hat Luter außgelassen, das Paulus hie sagt, wie die genanten vorfurer eins vorkerten oder vorworffens gloubens seyn werden, tzu Paulus lateyn circa fidem reprobi, wie er ouch I. Timoth. IUI [1] öffentlich spricht, das tzu den letsten getzeyten etzlich vom glouben abtreten und nachvolgen werden dem geist des irthumbs und 1er des tewfels etc. Nu sehen wir vor ougen, das die bischoff, ob sie gleych an irem leben mancherley mißbrauch und gebrechen haben, dannocht noch vhest stehen bey irem alten glouben. Aber Luter will uns nit aleyn ein andern glouben, sonder ouch ein naw ewangelium eyndringend, sagt, wer seyn ewangelium nit annhem, der möge nit selig werdenn. So doch der heilige Paulus tzu den Galathern Paulus spricht: Wann uns ouch ein engel vom hymel ein ander ewangelium leren wolt dann er geprediget, der soll vormaledeyt seyn, Gal. 1 [8]. Was aber Lutern und seyne gesellen in dem glouben irrend und abtrynnig mache, ertzelt gemelter Paulus I. Timoth. I [18. 19], do er den Paulus heiligenn Timotheum ermanet, sich ritterlich tzu üben nit aleyn im glouben, sonder ouch myt guten gewissen, wolches etzlich vorachtende (spricht Paulus) im glouben undergegangen und vordorben seyn, als wolt er sprechen, sie haben sich aleyn an glouben halten und nit darnach fragen wollen, [ob] das gewissen wer reyn oder nit, wie Luter und seyne anhangenden winckelprediger dem volck itzunder ouch sagen, das uns der blosse gloub aleyn selig mach und so vil seliger, so vil das gewissen und die werck unreyner seyen. Alßo erscheynet clerlich, das Sant Paul mit disen funff hewptstucken (wolche Luter hinderlistiglichen außgelassen) nit die bischoff, sondern Lutern und seyns gleychen ketzerische außgeloffen monch und falsche lerer abcontrafeyet hat und geschickt6 Lutern gleich wie dem, von wolchem Horatius schreybet: Tantale quid rides, mutato nomine de te fabula narratur35. Aber gleych, wie redlich Luter mit Sant Pauls schlifft umbgegangen, also bidermennischf handelt er ouch Sant Peters epistel, id est, alles das, so Sant Peter auff in und seyns gleychen geschriben, wendet er (als eyner, der den eßel gerne furter vorkeuffen wolt36) auff die bischoff, macht auß dem erwirdigen namen papa ein priapen37, auß papisten priapisten, auß pfaffen maulaffen, auß fursten gecken, auß menschen eßel unnd auß Sant Peters epistel eyn tzauberey, gleych wie Ovidius in methamorphosi38 und Lucius in seynem guldin eßel39 geschriben haben, so ein langschampper8 coment schreibt er über das einigh capitel Petri, so er doch tzuvor vilmaln gesagt, wie die schrifft allenthalb so clar und hell an ir selbs sey, das sie keyner außlegung bedorffe. Dieweyl dann diße ding alle nit aleyn bapst und bischoven, sonder ouch der gantzen christenlichen kirchen unnd tzuvorauß'

d) eintrichtern, einflößen e) geschieht f) rechtschaffen (wohl ironisch gemeint) g) langen h) einzige i) vor allem

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dem heiligen Petro tzu schmach und lesterung reychen, gleych als ob Sant Peter die Christen soliche leychtfertige ding gelert und geschriben hett, will ich tzu sterck der christenlichen warheit das vil gemelt capitel Petri mit der hilff Gots änderst handeln, dann Luter gethon hat, unnd tzu klaren underscheyd allwegen von orsten die wort Petri, darnach Luters außlegung und tzuletst den rechten christenlichen vorstand furtragen, auß wolchen meniglich vorstehen wirt, daz Luter Sant Peters gleych wie vorhin Sant Pauls schrifft feischlich vorkert unnd auff ein frombden syn gezwungen hat. Petrus, 2. Pet. 2 [1]: Es waren vortzeyten ouch falschen propheten ym volck, alßo werden under euch ouch seyn falsche lerer, die da neben eynfüren werden vorderblich secten und stende und werden vorleucken den heim, der sie erkaufft hat etc. Luter: Diße wort mögen yhe nit, denn von den bischoven unnd geistlichen regenten ym volck vorstanden werden. So sehen wir, wie sie neben der leere Christi auch menschen lere, secten, orden, mancherley stend auffgericht und ym die weit gefurt haben, wolche alle auß dem gemeynen wege christlichs gloubens sondere werck und weyse tzu leben furgeben, damit wirt Christus vorleucket, der uns erkaufft hatt. 40 Emser: Diße wort mögen' in keyn weg von den bischoven vorstanden werden. Dann die, von wolchen Sant Peter hie saget, die bischoff und regenten vorvolgen und vorachten werden, wie kurtz hie nachvolget, do sie Sant Peter nennet contemptores dominationum, über wolche wort Erasmus von Roterdam 41 also schreibet: Agit enim Petrus hic de prefractis et intractabilibus, qui non obtemperant prefectis suis et episcopis. Das ist Sant Peter handelt hie von hartsynnigen eigenwilligen lewten, die iren prelaten und bischoven nit gehorsam seyn wollen. Dartzu so furkomet k Sant Peter Luters außlegung auff die bischoff, so bald im anfang, das er sie nit bischoff, sonder falsche doctores unnd magistros nennet. Erasmus enim doctores vetus autem inter pres magistros transtulit 42 . Das aber Luter den bischoven ouch aufleget, wie sie die vil unnd mancherley sect unnd orden sampt iren weyßen und wercken eyngefurt haben, ist ein offenbare lugin, dann Luter der selben sect oder ordenslewt ouch einer ist 43 . Er kan aber mit warheit nit sprechenn, das der heilig Augustinus 44 oder yendert ein ander bischoff die selbigeen seyn sect und orden eyngesetzt hab, sondder ist es wie Joannes andere beweyßt [2. Joh. 7—11], ein gesamelt schwartz hör, das do (gleych wie die howschrecken on ein konig) also on ein sondern patron oder houptman, auß mancherley orden tzusamen geleßen. So sint Dominicus 45 und Franciscus 46 ouch nit bischoff gewest, aus wolchem Wickleff bewegt, das er dise wort Petri vonn den secten, ouch gleych wie itzo Luter, auff die betelorden gedewt hat, lib. 1 de divisione religionum 47 , do er schreybt, dieweyl die apostel etwan tzu Antiochia allen Christen aleyn ein regel unnd ein namen gegeben, das sie nach Christo Christen heissen und sich nit nennen sollen einer nach Paulo, der ander nach Cephe, der drit nach Appoll etc. So habe nyemant dann der tewfel die gemel-

j) dürfen

k) baut vor

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ten orden eyngefurt, die ires Gotes vorleucken und sich nit nach Christo, sonder nach Francisco, Augustino, Dominico etc. nennen thuen. Sehet ir lieben Christen, wie ungleych stymmen diße zwen ertzketzer tzusamen. Luter sagt, die bischoff haben uns vil genente orden und secten eyngefurt, so sagt Wickleff, der tewfel hab es gethan. Wer will sie nu concordirn? Sollen sie nit billich beid komen tzu ir muter, der christenlichen kirchen, und von der selben den rechten vorstand der schrifft empfahen. Die sie fulleycht leren wirt, das sie beid geirret und Sant Peters wort nit recht vostanden, der nit von den orden der geistlichen (wo sie änderst recht gehalten werden) geredt hab, sonder von vorderblichen secten oder partheyen der ketzer und falschen lerer, die das volck teilen und trennen auß der einikeit Christi und der kirchenn, wolche ob sie gleych iren Got bekennen mit dem maul, so vorleucken sie in doch mit der that, Ti. 1 [Tit. 1, 16], Confitentur se nosse Deum, factis autem negant, ad omne bonum opus reprobi, wie wir sehen, das sie fasten, beten, meßleßen und alle gute werck vorwerffen unnd vorspoten, wie Paulus oben ouch gesagt, das sie ein scheyn haben eins gotlichen lebens und doch seyn crafft vorleucken II. Timoth. III [5], unnd von solchen secten sagt er ouch Gal. V [21], das sie das reych Gotes nit besitzen werden. Herwiderumb so seyn die geistlichen orden, wo sie irer auffsatzung 1 nach recht gehalten, nichtzit dann eyn schul aller gotlichen tugeten und nit vorderblich, sonder seligliche secten, non perditionis inquit sed salvationis, in quibus vocati a domino conmodius salvare id est custodire possunt animas suas ab hoc seculo nequit ut infra latius excutiam. Petrus [2. Petr. 2, 1.3]: Die werden über sich selber ein schnell urteil holen. Et infra: Dann ir urteil sich nit sewmet und ir verdamnis nit schlefft etc. Emßer: Zu diser clausel Petri schweyget Luter stockstill, dann dieweyl er weist, das der bischoff stand und wesen nu bey den funfftzehenhundert und die betelorden bey drey oder vierhunder 48 jaren ungeferlich bestendig und unvorruckt bliben, kan er diße wort Petri, so von schnellem undergang oder vorderben sagen, mit gutem fug weder auff die bischoff glosirn, noch auff die geistlichen orden in gemeyn, und mögen gemelte wort von nyemant vorstanden werden, dann von den ketzern1", es seyen nu eintzel monch oder pfaffen, wolche wie offt sie ein nawe ketzerey erticht haben, seyn allweg von der kirchen durch gemeyne concilien mit urteil und recht verdampt worden und hat ir sach keyn bestand gehabt, wie bisher ein gemeyne red gewest, das keyn ketzerey über hundert jar bestehen mog. Es sey dann, das der jüngste tag mit gewalt hertzu dringen und meniglieh" von dem gehorsam der kirchen abtretten woll, wie Paulus II. Thess. II Paulus [3] und Daniel eiusdem XII [7] sagen, das vorhin das volck gar tzerstrowet D a n i e l unnd von dem alten glouben abtrynnig werden soll, wolchen ouch Christus getzeucknis gibt, Luce VIII [= Luk. 18, 8], do er sagt: Meynstu, so der

1) Satzung, Regel m) d. h. auf niemanden beziehen selbst n) ein jeder, alle

als auf die

Ketzer

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Lucas Matheus

Der alts berg ober Dreßden

Lucas Mat. XVI [27]

Emser: Wider den falsch genannten Ecclesiasten

son des menschen komen wirt, das er ouch gloube auff erden finden werd? Aber nach meynung unnd weyssagung etzlicher heiliger menner und weyber 4 9 , so wirt diße itzige ketzerey durch den grossen adler noch ouch tzerstort, und nit aleyn die Behem, sonder ouch Turcken, Saracener und alle secten der ketzer oder ungelewbigen widerumb mit der kirchen voreynt, und alsdann frid in der Christenheit werden bis auff tzukunfft 0 des entchrists, wolches alles bey Got stehet, der tzeyt und ougenblick in seyner gewalt hat, Act. I [Apg. 1, 7], und uns weyter nit geoffenbart, dann daz wir vleyssig wachen sollen, dann uns der selbig tag gleych wie ein dieb in der nacht uberschleichen werd, Mathei XXIIII [42—44], Petrus [2. Petr. 2, 2]: Und vil werden volgen irem vorderben. Emßer: Hie tzu schweyget Luter aber still, dann er weist wol, das dise wort nit von den bischoven und prelaten der kirchen gesagt seyn, sust wer Sant Peter im p selber entgegen, dann er tzuvor I. Pet. II [18] geboten hat, den selben tzu volgen und gehorsam tzu seyn, sie seyen gut oder boß. Darumb so redt Sant Peter diße wort hie nit von den alten guten Christen, die irer vorordneten prelaten und bischoven 1er nachvolgen, sonder von denen, die der nawen falschen lerer vorderblichen sect und 1er anhangen und inen nachvolgen, deren leider, wie Sant Peter sagt, vil seyn, ja ich weyß schier keyn stat noch flecken im reych oder ye gar wenig als die fromen lewt auff dem Aldenberg 50 oberhalb Dreßden gelegen, do noch gar keyn mensch, weder jung noch alt, weder man noch weyb, weder regenten noch underthan, geistlich oder weltlich, ir knye vor disem abgot gebogen, sonder iren alten glouben mit mund und hand vorfechten, deren ritterlich und bestendig gemut im glouben billich tzu breyßen und in ein chronick tzu schreyben ist. Petrus [2. Petr. 2, 2]: Und der weg der warheit wirt von inen vorlestert werden. Luter: Dann sie leren durch werck from und selig werden, darüber sie den weg der warheyt lestern und vormaledeyen. So doch aleyn Christus unser selikeit ist etc. 51 Emßer: Die christliche kirch weist wol, das keyn ander nham in hymel und auff erd, in dem wir selig werden mögen, dann der gebenedeyte nam Jesu Christi, Actuum IUI [Apg. 4, 12], Sie gloubet aber doneben ouch, das Christus die warheyt nit gelestert, do er gesprochen hat, wie er ein itzlichen richten, das ist seligen oder vordammen woll nach seynem wercken, wie oben auß dem achtzehenden tzeichen, dadurch man die falschen Ecclesiasten erkennen mag, gnugsam vortzelt worden 52 . Derhalben obgleych die christenlich kirch oder ire bischoff uns tzu guten wercken treyben und anhalten, geschieht tzu unserm besten unnd wirt do mit der weg der warheit nit gelestert. Die lestern aber die warheyt, die durch den glouben und touff orstlich von ir schuld gereyniget worden, sich darnach widerumb mit sunden beflecken und dannocht dasselbig alles mit dem blossen glouben schützen und vortedigen wollen, von wolchen Sant Peter

o) Ankunft

p) sonst wäre Sankt Peter sich

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hienyden am ennd dis capitels [2. Petr. 2, 20] schreybet, also sprechende: Petrus Wo sie aber, nach dem sie durch erkentnis unsers herren Jesu Christi (das ist durch den glouben) der unreynikeit diser weit entflohen, sich widerumb damit vorwickeln und uberwinden lassen, werden ire letsten ding erger dann die orsten. Also ist geschehen Ananie unnd Saphyre, Actuum V Lucas [Apg. 5, 1 — 11], Hymeneo und Alexandra, I. Timoth. I [20], item dem Paulus Chorinthier, I. Cor. V [5], und andern, wolche alle ir gloub und touff nit helffen mocht, dan sie die apostel nit umb unglouben, sonder umb ir werck unnd sund willen gestrafft haben. Petrus [2. Petr. 2, 3]: Und auß geytz q werden sie mit erdichten worten umb euch jarmarckten r . Luter: Ouch sehen wir, wie sie voll geytz alle predigt unnd lere dahin richten, das man in nur gebe etc. 53 Emßer: Wo Sant Peter gesprochen het, sie werden umb ewer hab und guter jarmarckten, mochten diße wort fulleycht nit aleyn auff bischoff, sonder ouch auff ander geistlich monch unnd pfaffen gedewt werden, die all woll erleyden können, das man inen nu vil gebe, wolches ouch, on Luters außlegung, ein yeder pawer vorstehen mocht. Dieweyl aber Sant Peter spricht, sie werden mit erdichten worten umb euch selber jarmarckten, kan das von den bischoven unnd pfarrern, deren kinder, schaff und underthan wir vorhin s seyn, nit vorstanden werden, dann keyner kouffschlaget umb daz, so vorhin seyn ist. Derhalben so muessen dise wort Petri, meyns bedenckens, ein hohem vorstand haben und auff die ketzer lawten, die der hinderlistikeit seyn, daz sie gleych wie die gelthuren orstlich aleyn der person begern und sprechen: Kom ich im in das hertz, ich will im darnach wol in den beytel komen. Also fragen die ketzer orstlich ouch nit nach dem gut, sonder handeln und jarmarckten aleyn umb die personen, die selbigen der christenlichen kirchen abtzutzihen und auff ir sect tzu füren, wie Luter sich teglich vleysset' ein nach dem andern eyntzunhemen, seyn hawffen tzu mhern u unnd dem unsern abtzubrechenn. Ja, er laßt sieht nit benugen an uns Tewtschen, sonder jarmarckt itzo ouch umb die Bohem, wolchen er ein brieff geschri- Luters brieff an ben 54 und sie hoch ermant hat, von Hussen 1er nit abtzustehen und sich dem die herren tzu bapst in keyn weg underwerffen, mit erbiettung, wo sie Galather, so woll er Bohem ir Paulus seyn und selber tzu inen komen. Ich laß mich aber beduncken, sie werden im den rock nit ser tzureyssen und keyn andern Paulum mher annhemen, dann den die christlich kirch angenomen und Christus im selber tzu eynem vas der der ausserwelung erkorn hat, Actuum IX [Apg. 9, 15]. Lucas Petrus [2. Petr. 2, 4. 5. 6]: Dan so Got der enngel nit vorschonet hat. Et infra: Unnd der gantzen weit, da sie noch naw war. Et infra: Und die stet Sodoma und Gomorra hat er tzu aschen gemacht etc. Luter: Drey schrecklich exempel mit harten starcken wortenn bildet er disen tyrannen fur v von den engein, von der weit, von Sodoma. Aber es hilfft nit, unsere junckhern gloubenn nit, das von inen gesagt sey 55 .

q) Habsucht r) feilschen u) mehren v) hält er vor

s)

von

vornherein,

ohnehin

t)

befleißigt

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Emser: Wider den falsch genannten Ecclesiasten

Emßer: Werlich, liber Luter, ich besorge, daz diße wort Petri ouch mher auff dich, dann auff die bischoff geredet seyen. Dann warumb Warden die engel auß dem hymel vorstossen, dann umb hoffart willen? Warumb ist orstlich die nawe weit und nachmaln die funff stet Sodoma, Gomorra etc. undergegangen, dann umb unkeusch, volbretikeit, muessig 5 Ezechiel gehen unnd fawlkeit willen? W i e der prophet sagt, Ezechelis X V I [Hes. 16]. Nu ist orstlich deyn hoffart nit vil weniger dann Lucifers ceteris paribus. Dann Lucifer sich dem allerhöchsten aleyn vorgleychen und seyn stul Esaias neben in auff die seyten des aquilonis oder nordens setzen wolt, Esaie X I I I I [Jes. 14, 13. 14]. So wilt du dem allerhöchsten auff erden, unserm heiligen vater, dem bapst, obersten priestern und nachgelassen stathalter Christi, nit aleyn gleych, sonder weyt über in seyn und dich nit settigen lassen, das deyn stul neben im stehe, sonder den seynen gar vortilcken, dann du in bannest und vorfluchest, ermanest, bittest und gebietest meniglich, sich seyns und der bischoff gehorsam tzu ewssern w und dir nachtzuvolgen. Derhalben tzu befahren", das gleych wie deyn anfang und furnhemen mit Lucifern übereinkommet, also werd ouch daz ennd fasty gleych Esaias seyn, wolches ouch ewer beider nahmen stillschweygend antzeigen, dann Luter und Lucifer den buchstaben nach im anfang unnd ennd ouch gleych miteinander ubereynstymmen. Moisés Zum andern so sagt uns die schrifft Genesis V [= 1. Mose 6, 2. 4. 5] die ursach, warumb Got über die nawe weit also ertzornet worden und spricht: D o die kinder Gotes sahenn, das die kinder der menschen sewberlich und schon waren, nahmen sie die tzu der ehe, auß wolchenn ungehewre grosse rißen geporn wardenn, die Got vorachten etc. Diße ursach vornewest z du itzo und bewegest Got widerumb tzu tzorn, das du die kinder Gotes, monch, pfaffen und nonnen, treybst und reitzest, irem prewtigam Christo urloub tzu geben 3 und sich mit den menschenkindern vorheyratenn, wider alle christenliche ubung, dadurch Got und seyn heilige kirch gröblich voracht werden. Zum dritten ermanest du daz gemeyne volck ouch tzur volbretikeit und vorachtung der abstinentz und geboten fasteltag und gedenckst nit, wie es Adam ergangen, der er von dem vorbotten apfel aß, Gen. III [1. Mose 3, 17—19], noch an den koch Nabuzardan, der Jerusalem tzerstort und das hawß Gotes vorbrent hat, IUI. Re. X X V [2. Kön. 25. 8. 9], Dartzu machest du fawl und loße Christen, das du inen furbildest, die werck seyen inen nit nutz, ouch nit von noeten, wie du itzo aber in der vorred über das nawe testament56 sprichst, das ewangelium ervordere keyn werck, sonder aleyn gloubenn, sey ouch keyn gesetz noch gebot und dring die lewt nit, sonder lock, erman, flehe und bitt, dergleychen die apostel etc. Nu ist oben in dem achtzehenden tzeychen 57 , dobey man die falschen ecclesiasten erkennen mag, gnugsam bewert, wie das ewangelium allenthalben weyst, dringt und treybt uns tzu guten wercken. Ja, es gebewt sie ouch so gar an vil

w ) entäußern

x ) anzunehmen

lassen, sich von ihm abzukehren

y ) sehr

z ) erneuerst

a) d. h. ihn zu ver-

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orten, das du vorhin b selber gelert und geschriben, es sey keyn rat im Luter wider sich ewangelio, sonder eytel gebot 58 , derhalben ich änderst nit gedencken kan, selber dann daz dise drey obgenante exempel Petri dich als ein falschen und vorkerten lerer selber betreffen, wie wol du das selbs ouch nit glouben noch behertzigen wilt. Petrus [2. Petr. 2, 9. 10]: Also kan Got die gotsforchtigen von der anfechtung erloßen und die ungerechten bis auff den tag des gerichts tzu peynigen behalten. Vil mher diße, die dem fleisch volgen und wandeln in den begirden der unreynikeit, vorachten die herschafften, sint kien° und durstig, vil von in selber haltende unnd haben keyn schawen d secten tzu machen und die majestaten an ire ehrn tzu vorletzen. Luter: Aber sihe, wie feyn er stymmet mit Sant Paulus, das er ir unkewsch unreyneß frey leben beschreybet unnd spricht, sie sint durstig unnd frevel, halten vil von sich selb so gar ser, das sie ouch die weltlichen herschafften und alles, was hoch und majestaten sint, vorachten. Dann der bapst hat sich lang understanden, konig unnd fursten under die fies tzu treten, absetzen, bannen, vormaledeyen etc. Et infra: Dartzu helffen die bischoff und alle geistlichen und sint die rechten contemptores dominationis et blasphematores majestatum, die keyner herschafft underthan seyn wollen, weder mit leyb noch mit gut. Sag mir, hat nit Sant Peter unsere junckhern hie recht troffen etc. 59 Emßer: Wie meisterlich kan sich diser sathan in ein engel des liechtes transfigurirn unnd seyn boßheyt einem andern anschmincken. Dann wer hat bapst, keyßer, fursten, bischoff und alle hohe stend oder majestaten ye leychtfertiglicher gehandelt, voracht, vorschumpfirt und vorletzt dann Luter? Der den bapst ein entchrist, den keyßer ein tyrannen, die fursten tilcker des ewangelions und die bischoff seelmorder, eßel und narren nennet, der sich ouch weder den bapst noch den concilien, weder geistlicher noch weltlicher gewalt underwerffen und gar keyn herren, keyn richter, noch keyn recht dulden will. So die bischoff den mherteil all regalia und lehen vom keyßer haben und im, so offt er sie vordert, tzu hoff reyten, mit leyb, gut, land und lewt dinen und tzu gebot stehen. Derhalben diße wort auff nyemant dann auff Lutern selber lawten mögen. Dann daz der bapst und die bischoff etzliche konig und fursten tzuweylen gebannen oder gar abgesetzt habenn, ist nit geschehen auß vorachtung, sonder auß priesterlicher oberkeit unnd ordenlicher macht, die inen Got gegeben hat tzu binden unnd tzu entbunden in hymel und auff erden, unde spricht nyemant, das Gregorius Mauricio 60 , Ambrosius Theodosio 61 , Constantinus Philippico 62 , Stephanus Leoni 63 oder Adrianus Constantino 64 unrecht gethan, das sie gemelte keyßer gebannen und tzum teil abgesatzt, vormaledeyt und für ketzer mit urteil und recht erkennt haben, wie in meynen vorigen buchern wider Lutern 65 und Carolstaten 66 ouch vormeldet ist. Mit waz recht oder fug aber Luter bapst und bischoff ires ampts, gewalts und standes entsetze, vormaledey und in abgrund der hell vorfluche, will ich in vorantwurten lassen.

b) zuvor, früher 31

Reformation

c) frech

d) Scheu

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Warumb die ketzer schwerer sunden dann der tewffel

Jacobus

Warumb Luter den geistlichen und den geleiten so gram ist

Emser: Wider den falsch genannten Ecclesiasten

Petrus [2. Petr. 2, 11]: So doch die enngel, wolcher crafft und macht grosser ist, nit wol erdulden mögen das gericht irer vormaledeyung. Emßer: Suma Summarum, wiewol Luter hietzu aber schweyget, so ist doch daz Sant Peters meynung, daz der ketzer straff und gericht vil schwerer werd (wiewol sie der natur schwecher) dann der enngel, ursach, das die ketzer nit aleyn die sund thon, umb wolcher willen die engel gestrafft worden, als hoffart, ungehorsam, undanckbarkeit, lesterung etc., sonder laden ouch auff sich die sund des ungloubens, dann sie, wie oben gehört, eins vorkerten gloubens seyn, derhalbenn sie billich schwerer dann die enngel (wolche doch wie Jacobus sagt glouben [Jak. 2, 19]) gepeyniget werden, wie sie aber soliche schwere peyn ertragen mögen, do laß ich sie umb e sorgenn, wiewol sich Sant Peter hie vorwundert, das sie so gar vorwegen und so gar nichtzit darnach fragenn, derhalben er sie ouch vorgleychet den unvornufftigen thieren [2. Petr. 2, 12], die do tzu fahen und tzu wirgen naturlich geporn seyn. Petrus [2. Petr. 2, 13]: Sie achten für ein wollust, gute tag tzu haben, prassen von ewern gutern und ist ir sund keyn end noch auffhoren etc. Luter: Liber wer sint sie, die von der ander guter wol leben? Wer sind sie, die da meynen, es sey gnug, das sie gute tag haben? Et infra: Weyßt man nit, daz bistumb, stifft, kloster, hohe schulen eytel schmaltzgruben sind, darinn fursten und aller weit guter sich samlen und sie von eigen gutern nichtzit haben etc. 67 Emßer: Ich will nit glouben, das bischoff, stifft oder gestiffte closter auff ander lewt gut prassen, dann was man eynem gibt, das ist seyn. Ob mann inenn aber tzu vil oder tzu wenig geben hab, laß ich in seynem werd. Dergleychen muessen doctores und magistri in den universiteten umb das, so man in gibt, ouch arbeiten und das vordinen. Derhalben sie ouch nit auff ander lewt gutter, sonder auff iren sold und vordintten Ion tzeren oder prassen. Die ursach aber, warumb Luter den bischoven, pfaffen, monchen, universiteten, doctoribus unnd magistris so gram, ist gut tzu riechen, wer die schnoppen f nit hat, dann also sind ouch die wolff den hyrten und den hunden gram, wie wol es leider dartzukomen, das unsere schaffriden® schier all stumb worden und lassen den wolff under den schaffen umbgehen wie er selber will. Petrus [2. Petr. 2, 15]: Sie volgen dem weg Balaam von Basor, der das Ion der ungerechtikeit liebet, vorlassen den rechten weg und gehen irr etc. Luter: Gleych wie Balaam vom eßel ward gestrafft, also sehen wir itzo ouch, das der geytz so unvorschempt bey in regirt, das der gemeyn man ouch ein Sprichwort darauß macht etc. 68 Emßer: Dis ist ein alt ketzerisch argument, daz gleych wie der eßel seyn herren Balaam gestrafft hab, also mugen ouch die underthanen ire oberkeyt straffen. Es ist inen aber vor lang vorleget, dann der eßel lestert und vormaledeyet seyn herren nit, wie Luter itzo der oberkeit mitfert, son-

e) (selbst) darum

f) Schnupfen

g) Schafhirten

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der sprach mit senften worten: Lieber, was tzeyhest du mich, bin ich nit deyn thier, darauff du stets pflegest tzu sitzen etc. Also mögen ouch die underthanen ire herren mit guetigen worten anreden und bruederlichen straffen, wo sie ein redliche ursach wider sie haben, wolche bruderliche straff ein itzlicher Christ dem andern schuldig ist, doch das die orstlich heimlich geschehe zwuschen inen beyden, in der guete und nit mit scheltworten, wie uns Christus gelert hat, Mathei XVIII [15]. Das aber die underthanen einicherley gewalt oder richterlicher straff über ire herren haben, als die ketzer das dewtenn, ist wider des eßels (den sie antzeigen) handlung, dartzu wider alle schlifft und Ordnung Gotes. Cum .n.fenim] neque pari in parem ius sit quanto minus subditis in eorum prefectos? Petrus [2. Petr. 2, 17]: Diße sint brunnen on wasser, wolckenn, die der wind hin unnd her treybt etc. Luter: Er gibt ouch den bischoven ire rechte titel, waß ist ein brun an h wasser? und wolcken on regen? dann ein bischoff an predig. 69 Emßer: Es hat wol ein scheyn1, daz Luter hie sagt, es gehört aber hie her nit, dann Sant Peter hie nit redt von denen, die gar nichtzit predigen, als die bischoff bey unsern getzeyten, sonder von denen, die falsch predigen und leren, wie er dis capitel von falschen doctoren und meistern angefangen. Wolche er hie widerumb durch zweyerley gleychnis ebenbildet. Orstlich vorgleichet er sie eim brunnen, do vol schlam, frosch und krotten, aber keyn lawter wasser inn gefunden wirt. Dann alleyn die warhafftig christenliche 1er und schrifft eynem reynen lawteren bronnen wasser vorgleycht wirt, von wolchem Christus spricht, Joannis IUI [Joh. 4, 14]: Woleher trinckt von dem wasser, das ich im gib, das wirt ein bronne in im eins springenden wassers in das ewig leben. Item von dem wasser stehet ouch geschriben, Ecclesiastici XV [Vg.: Eccl. 15, 3; Sir. 15, 3]: Du hast in getrenckt mit dem wasser der heilsamen weyßheit. Zum andern vorgleycht Petrus die falschen prediger und lerer den wolcken, die der wind hin unnd wider wehet. Unnd ist gleycW ein gleychnis als die, von der Christus sagt, Luce VII [24] und Mathei XI [7]: Warumb seyt ir außgegangen in die wustin tzu sehen ein ror, das von dem wind hin und wider geschlagen wirt. Dann durch diße beyde gleichenis wordenn vorstandenn die falschen propheten und ketzer, die auff keyner meynung bestendig fussen, sonder stets von eym auff daz ander fallen. Wie Luter über an hundert orten selber contrari und widerwertig erfunden wirt k , wolches ein gewiß tzeichen, das er nit von dem geist der sterck (sonder von dem boßen geist, der von anbegynn ein lugner und in der warheit nit bestanden ist) also hin und wider geschutelt und gerutelt wirt. Petrus [2. Petr. 2, 18. 19]: Sie lawten von grossen dingen, da doch nichtzit hinder ist, und reitzen damit tzu den begirden des fleisch, die so vorhin der sund entflohen und nu im irthumb wandern, vorheissen in freyheit, so sie doch selber knecht sint der sunden.

h) ohne i) Anschein (der Wahrheit) j) ebenso selbst entgegen und widersprüchlich gefunden wird 31*

k) an über 100 Stellen sich

Vorlegung des alten ketzerischen arguments von Balaams eßel

Matheus

Joannes

Lucas

Luters geist Jo[hann]is VIII [44]

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Luter: Hie gibet er ursach, warumb er sie vorgleychet dem Balaam unnd beschreybt die art irer 1er etc. Et infra. Ich besorg ouch, das Sant Peter hie nit ein ungluck aleyn treffe, sonder sag ouch von der elenden kewscheit der geistlichen, die inen tzu halten nit möglich etc. 70 Emßer: Wer dem Balaam billicher vorgleycht werd, will ich hienyden von handeln. Aber dis ist Luters art und eigenschafft, das er selber sagt von grossen dingen, do doch nichtzit an ist, und reitzt die fromen geistlichen lewt, man und weybs bilder, die der weit entrunnen waren, widerumb tzu weltlicher wollust und begirden des fleisch, locket sie widerumb auß iren clostem, vorheißt inen freyheit etc. So sie doch aller weit knecht seyn muessenn, dann sie eins teils steyn an die maur tragen, eins teils die heimlichen gemach außfegen, eins teils die hund auff der gassen schlahen, und was nyemant gern thon will, muessenn die arme lewt annhemenn, gleych wie die Juden in Egypto den quat1 außtragen muesten [2. Mose 1, 11. 14], in wolchen jamer und irthumb sie der vorfluchte monch gefurt hat mit seyner ketzerischen 1er, der do sprechen darff: O fliehe nor geistlichen stand, wer do fliehen kan. 71 Ich erman aber alle die selbigen außgeloffen geistlichen, beiderley geschlecht, in dem namen unsers lieben herren Jesu Christi, das sie tzu gemuet füren den sprach Apocalypsis II [Offb. 2, 5]: Memor esto unde excideris et age penitentiam et fac priora opera, item an den gemeynen sprach: Humanum est peccare, diabolicum vero perseverare, und erheben sich eylent widerumb in ire closter, bitten gnad und thuen bus, mit wolchenn ire prelaten ein mitleyden haben, barmhertzikeit ertzeigen und sie wie der vater den vorloren son mit aller guetikeit widerumb auffnhemen sollen, dann (wie oben ouch gemelt) so will Got nit den tod des sunders, sonder daz er sich beker und lebe. Dartzu wer nye fiel, der stiend nye auff. Wiewol sie fulleycht nit so gar auß eigner boßheit gefallen, sonder mher von der tawsetkunstigen schlangen, gleych wie Adam und Eva, hinderlistiglich betrogen worden seyn und do frowd suchen wollen, do nichtzit ist dann labor et dolor, mhue und arbeit, kommer und jamer, sorg, not, angst unnd elend. Derhalben keret wider, keret wider ir vorirreten unnd vorloren braeder und schwestern und tzihet an ewer orste stolen, damit nit aleyn wir, sonder ouch die enngel im hymel vonn ewer Lucas widerfart erfrawet werden. Dann ein grosser frowd im hymel ist über ein sunder, der sich bekert, dann über newn und newntzig gerechten, Luce XV [Luk. 15, 7], [..•P Dem allem nach so erman, flehe unnd bit ich euch tzur letz und end dis buchlins noch einmal, o ir werden Tewtschen und fromen alten Christen, umb das bitter leyden Christi willen, das ir bey dem glouben ewer eidern vhest stehen und euch disen nawen Hieroboam [vgl. 1. Kön. 12, 28—14, 20] in keyn weg vorfuren lassen wolt. Dann all seyn anschlag darauff gehtt, daz er euch und ewere kinder von disen zweyen christenlichen ertztugeten, nämlich von ewerm alten glouben und von dem gehorsam

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ewer oberkeit, abwenden mocht, wie er bereit ein michelteil"1 an sich gehangen und iren naturlichen herren abgetzogen hat. Wolches Got ungestrafft nit bleyben lassen wirt, dann in der gotlichenn warheit so ist keyn gewisser tzeichenn des jüngsten tages und aller der grossen pflagen unnd straff, die Got nach meynung der heiligen apostel tzu den letsten getzeyten über die weit senden wirt, dann die abweychung von unserm lang herkomen glouben und dem romischen gehorsam, wie ich oben auß Daniele und Paulo clerlich beweyßt unnd die heiligen veter über das wortlin discessio, II. Thess. II [3], all eyntrechtiglich betzewgen. Darnach sich ein yeder richten mag, dann ehe, das die, so itzo (Luters beger nach) auff rumor, einborung" unnd ungluck gedenckenn iren mutwillen vorbringen, wirt inen die straff über den hals komen und Got seyn ernst also ertzeigen, das sie wollen solten, sie weren nye geborn worden. Wiewol es nu (leider Got erbarmes) öffentlich am tag, daz daz arm volck beyderseyt mercklich geergert und vorursacht wirt, von der geistlichen boß exempel oder leben an einem und von der ketzer falschen 1er am andern teile. So ist uns doch tawset mal nutzer, die geistlichen leren uns recht und leben gleych für sich selber, wie sie wollen, dann daz sie ertichten scheyn eins guten lebens furgeben und uns mit falscher 1er daneben vorfurtenn, wie die ketzer thon, die unns mit irer 1er nit aleyn ergern, sonder ouch listiglich betriegen und vorfuren. Das mercke aleyn bey dem: Die ketzer bilden dem volck eyn, man soll den geistlichen, bapst, bischoven, pfaffen und monchen weder opfer, tzins, decem° noch ander gerechtikeit mher geben, unnd dartzu nhemen, was sie haben. Lieber, warumb ratten sie das? Sie können freylich wol bedencken, wann die priester nichtzit mher haben solten, daz sie ouch nit mher betten, predigen, sacrament reichen und ander sachen, so irem ampt tzustendig und dem christenlichen volck tzur selikeit vonn noten, außwarten konden, dann wer kan des heiligen grabes umbsust hietten? Oder ist nit ein itzlicher arbeiter, wie Christus sagt, wirdig seynes lones [Luk. 10, 7]. Wie mochten aber die ketzer ein Luce X subtilem weg erdacht habenn die Christenheit tzu tilcken, dann das priester, meß, kirchen, altar, sacrament unnd alle christenliche ubung gestört und abgethan, dadurch uns aller trost unnd hoffnung unser selikeit enttzogen wurd und darnach ein itzlicher lebte, wie er selber wolt, und wolcher bas p mochte, den andern in sack stiesse. Aber das nerrische volck weist nit änderst, dann wann sie aleyn die priester vorvolgen unnd vortreyben, so sey es alles außgericht.Und gedenck nit, wie ein eilender jamer es umb sie werdenn wurd, wann der ketzer anschlag ein furgang hett q und sie der priester meß, altar, sacrament und ander ceremonien unsers heiligen gloubens beraubt und als die vorirrten schaff weyßloß r under ein ander umbgehn wurden, wie denn Juden geschehen unnd uns Got ouch gedrewet hat, wo wir seyne vorordneten diner vorachten und den falschen propheten volgen werden, wie oben gnugsam ertzelt ist.

m) einen großen Teil n) Empörung das Vorhaben der Ketzer vorankäme

o) Zehnt p) besser (leben) r) ohne Weisung

q) d. h.

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Derhalben, o ir fromen Tewtschen, gedenckt an dise getrewe Vorwarnung und danck Got, das er euch die hat lassen tzukommen, dann tzu besorgen, das ich und annder, die euch die warheit gern berichten und vor schaden vorwarnen wolten, eintweder durch naturlichen abgang s oder vorvolgung der luterischen daran vorhindert und ir ein tzeyt lang wenig geterewr1 lerer mher finden werdet, dann ich wol weyß, waß anfechtung, drow u und ferlikeit ich alein bisher umb diser sach willen erlitten hab, ouch von denen, die vorhin meyne besten frund gewest. Doch wie dem allen, bin ich ir keinem gram, hab ouch ir keynen nye leides noch arges gethan, der gleychen ermane ich euch all, daz ir keyn gram noch neyd tzu inen Joannes tragen, dann wolcher seyn bruder neydt, der ist ein todschlaer vor Got I. Matheus J ° a n n ' s [15], und schuldig des gerichts Mathei V [22], Tzu dem so werden iren der mherteil auß Unwissenheit, das sie die sach bisher nit recht vorstanden, vorfurt und betrogen, die ungezweyvelt, wo sie mit der tzeyt der warheit recht undenicht, die hand wider von Lutern obtzihen werden. Das aber ir und sie und alle, die mit falscher 1er nit vorgifft werden wollen, sich Luters bucher meyden, ist gar meyn getrewer rat. Dann ob er gleych was gutes tzuweylen undergemenget, so ist doch des gifftes so vil, das es das gut toedt und außlescht, und hilfft ein" dieb nichtzit, das er vil gutes gethann, dann er gleych wol hangen muß. Wie Judam ouch nit geholffen hat, das uns seyn vorretrey gut oder tzum besten erschossen w ist, dann die weyl seyn meynunng boß gewest, muß er gleych wol ewiglich vorlorn seyn. Hiemit will ich euch dem allmechtigen getrewlich bevolhen und doneben vleyssig gebetten haben, meyn als eins armen sunders widerumb in ewerm andechtigen gebet nit tzu vorgessen, dann ich keyn ander belonung umb meyn mhue und arbeit tzu hoffen hab, dann das furbit aller gotsforchtigen, und beschlies dis buchlin also mit der heiligen christenlichen kirchen bettende. Participem me fac deus omnium timentium te et custodientium mandata tua. Got mache mich teilhafftig aller, die dich forchten und deyne gebot halten. Amen.

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Beschlus red an keiserliche majestat 73 Auß obgeschribem buchlinn wirt deyn k.m., o allerdurchlawchtigister konig und kayßer Karole, wol erkunden, wie wir Tewtschen auß Luters falscher 1er, frevel und durstikeit durcheinander vormenget und nicht aleyn 35 von unserm alten glouben, sonder ouch von deynem und allem christenlichen gehorsam abgefurt werdenn, also das alle stend wancken und tzuttern und uns deyn tzukunfft" nicht weniger von noeten, dann die ougen dem leyb oder die son dem erdtboden. Der allmechtig ewig Got woll uns deyn frowliche widerfart mit gnaden bescheren, des alle getrewe underthan des 40 Heiligen Reichs nit weniger begerig dann notturfftig seyn. Hiemit ich mich s) d. h. Tod t) verdruckt: getreuer u) Bedrohung gangen x) Ankunft, d. h. Anwesenheit (im Reich)

v) einem

w) ausge-

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deyner keiserlichen durchlewchtikeit widerumb undertheniglich bevolhen thue. Datum ut in litteris supra [3. Januar 1523]. Gedruckt tzu Leyptzck durch Martinum Herbipolensem im M. D. und 5 XXIII jar.

A)

Vorbemerkung

Druckvorlage: Wyder den falsllchgenäten Ecclesiasten/ vn warllhafftigen Ertzketzer Martinum II Luter Emßer getrawe vn nawe Vorwarnung mit bestendillger Vorlegung auß bewerter/ vn canonischer schlifft II [Emserwappen] II [lat. Spruch] II (Am Ende:) Gedruckt tzu Leyptzck durch Martinum Herbi=llpolensem [Landsberg] im M. D. vnd xxiij Jar II 4° 68 Bl. Sign.: A-R 4 . - Claus La-117 (Variante 2). VD 16 E 1138. Köhler 913. - EKU: 759. Zur Entstehung: Die seit 1519 andauernde Serie von Schriften gegen Martin Luther (vgl. oben Nr. 8 und 9, jeweils Zur Entstehung) setzt Hieronymus Emser hier fort, nachdem ihm Luthers im Juli 1522 geschriebene heftige Polemik „Wider den falsch genannten geistlichen Stand des Papsts und der Bischöfe" (WA 10 II, S. (93) 105—158) bekannt geworden war. Luther hatte sich darin bereits im Titel als „Ecclesiastes tzu Wittemberg" von Gottes Gnaden bezeichnet. Dagegen wendet sich Emser mit Vehemenz, wiederholt den Ketzervorwurf gegen Luther und versucht, Kaiser Karl V. zum persönlichen Einschreiten zu bewegen. Im Vorbeigehen bezieht Emser auch noch weitere Lutherschriften in die Polemik ein. Die Widmung an den Kaiser ist vom 3. Januar 1523 datiert, dieses Datum wird am Schluß der Schrift nochmals bekräftigt. Dazu im Widerspruch steht die Einbeziehung von Luthers Deutung des „Mönchskalbs" zu Freiberg (WA 11, S. (357) 380-385), die vermutlich erst Anfang März 1523 erschien. Emser hat also den letzten Abschnitt „Von dem Kalb zu Freiberg" möglicherweise erst während des Druckes eingefügt. Die Schrift erschien bei Martin Landsberg in Leipzig, nach Claus in zwei Varianten (Untersuchungen, S. 108). Ein Nachdruck erschien 1524 in der Emserpresse in Dresden. Wir drucken Auszüge aus der Landsberg-Variante 2, und zwar neben Einleitungsund Schlußreden vor allem die eigentliche Auseinandersetzung mit Luthers Schrift „Wider den falsch genannten geistlichen Stand ...". Einen Überblick über die insgesamt behandelten Themen gibt das folgende Inhaltsverzeichnis, das Emser an den Schluß der Schrift gestellt hat: Ein kurtz summarium der artickel, so in disem buchlin gehandelt und begriffen werden. Vorred und ursach, was den schreyber tzu disem buchleyn bewegt hab, A 1. Entschuldigung unnd Vorlegung etzlicher argument, die man dem schreyber furwerffen mocht, A 2. Luters clag wider bapst unnd bischoff, B 1. Zweyntzig gewisse tzeichen, do bey man ein falschen ecclesiasten (als Luter ist) erkennen mag, B 3. Von der zweyer apostel schrifft und denen, so das volck tzu den letsten getzeyten vofuren werden, D 4. Das eym menschen möglich sey, kewscheit tzu halten, G 2. Von Balaam und seynem rat, G 4. Ursach, warumb Luter selber der ander Balaam sey, G 4. Von menschen 1er, H 2. Von den tzehen gebotten und orstlich von dem orsten, J 2. Von den monchs kappen und kleidern, K 1. Von milch, eyr, fleisch, buter, K 1. Von singen und orgeln, K 2. Von dem reuchen, K 2. Von dem lewten, K 2. Von

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feyren, K 2. Von dem aplas, K 2. Von der bischoff tugeten, die inen Luter tzuschreybt, K 3. Von der orsten tuget des bapsts und der bischoff, K 4. Von der andern tuget der bischoff, L 1. Von der dritten tuget, L 3. Von der Vierden tuget, L 3. D. Luters bulla und reformation, L 3. Emßers breve wider Luters bullen, M 2. Von der funffte tuget des bapsts und der bischoff, M 3. Von den gelubden der geistlichen closterlewt, M 3. Von den pristern und irem weyb nhemen, O 3. Von dem ehelichen wesen, P 1. Von Luters buchlin von der heiligen messe, P 3. Von der nawen ewangelischen secten, P 3. Von dem betel, P 4. Von dem antichrist, Q 1. Von der allerheiligistenn junckfrawen unnd muter Gots Maria, Q 2. Von dem kalb tzu Freyberg, Q 3. Beschlusred an K. M., R 4. Literatur:

Smolinsky, Alveldt und Emser, S. 275—289.

B) Sacherläuterungen 1 Karl V. (1500-1558), seit 1519 Kaiser. Mit Aufständen in Spanien konfrontiert und in europäische Auseinandersetzungen verstrickt, hielt er sich zum Zeitpunkt der Abfassung dieser Schrift nicht im Reich auf. Wenn sich Emser dennoch an ihn wendet, dann wohl deshalb, um die höchste Reichsautorität zu einem schärferen Eingreifen gegen Luther zu drängen, nachdem der 1. Nürnberger Reichstag vom März 1522 nicht die von der altkirchlichen Seite erwartete Bekräftigung des Wormser Edikts gebracht hatte und der seit November 1522 und zur Zeit der Abfassung der Schrift noch immer tagende 2. Nürnberger Reichstag mehr die Notwendigkeit der Kirchenreform als die Bekämpfung Luthers behandelte. Emsers Motivation wird im folgenden und auch am Schluß deutlich. 2 Friedrich III. aus dem Hause Habsburg (1415—1493), seit 1440 deutscher König, seit 1452 Kaiser. 3 Maximilian I. (1459-1519), seit 1486 deutscher König, seit 1508 Kaiser; Sohn Friedrichs in. und Großvater Karls V. 4 Fulgentius (467—533), Bischof von Rüspe. Vgl. Ad Trasimundum Regem Vandalorum libri tres, in: Migne PL 65, Sp. 223-304. Thrasamund (469-523), König des Vandalenreiches in Nordafrika. 5 Ambrosius (um 340—397), seit 374 Bischof von Mailand, lateinischer Kirchenlehrer. Vgl. De fide ad Gratianum Augustum libri quinque; De Spiritu sancto libri tres ad Gratianum Augustum, in: Migne PL 16, Sp. 549—726; 731—850. Gratian (367—383), römischer Kaiser, seit 375 auch im Westteil des Reiches. 6 Virgil/Vergil, Publius Maro (70—19 v.Chr.), römischer Dichter, vergalt das Mäzenat durch Kaiser Augustus (30 v.Chr.—14 n.Chr.) mit dessen Verherrlichung, insbesondere in dem römischen Epos „Aeneis". 7 Gemeint ist Martin Luther und dessen Schrift „Wider den falsch genannten geistlichen Stand . . . " (vgl. oben, Zur Entstehung), in der sich dieser bereits im Titel als „Ecclesiastes tzu Wittemberg" bezeichnete (WA 10 II, S. 105). Die Bezeichnung „Evangelist" ebd.; zur Bezeichnung „Prophet" vgl. Grund und Ursach aller Artikel, so durch römische Bulle unrechtlich verdammt sind, in: WA 7, S. 3 1 1 - 3 1 3 ; Delius, Luther, Bd. 2, S. 316f. 8 Gemeint ist das seit November 1521 in Nürnberg etablierte Reichsregiment, das die Stellvertretung des abwesenden Kaisers in den Reichsangelegenheiten wahrnehmen sollte. 9 Vgl. WA 10 II, S. 106 u.ö.; zum Regiment in Nürnberg und Claus Narr ebd., S. 21.

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10 Zur Bedeutung der Begriffe Schwert, Spieß und Degen in der Auseinandersetzung zwischen Emser und Luther siehe oben, Vorrede zu Nr. 9, S. 232—235. Vgl. auch Smolinsky, Alveldt und Emser, S. 250f. 11 Vgl. WA 7, S. 4f. 12 WA 10 II, S. 107. 13 Ebd., S. 110. 14 Vgl. ebd., S. 382, 386. 15 Wittenberg wird hier in Anspielung auf Jer. 1, 14 mit den Reichen des Nordens (Luther übersetzt: Mitternacht) verglichen, von denen alles Übel ausgeht. In der Vulgata: „Ab aquilone pandetur malum super omnes habitatores terrae". 16 WA 10 II, S. 105. 17 Gemeint ist das Augsburger Verhör Luthers durch den Legaten Papst Leos X. (1513-1521) Thomas de Vio, genannt Cajetan (1469-1534), vom Oktober 1518. 18 Der Wormser Reichstag mit Luthers Verhör am 17./18. April 1521. 19 Assertio omnium articulorum M. Lutheri per bullam Leonis X., 1520, in: WA 7, S. (91) 94—151; die von Emser gemeinte Stelle S. 135. Vgl. auch Grund und Ursach (wie Anm. 7), S. 431 (WA) bzw. 389f. (Delius). 20 Der böhmische Reformator Jan (Johannes) Hus (um 1371 — 1415). 21 Die Verurteilung und Verbrennung von Hus erfolgte durch das Konstanzer Konzil am 6. Juli 1415 (vgl. Denzinger-Schönmetzer, Nr. 1201 — 1234). 22 Der Oxforder Reformprediger John Wiclif (um 1325—1384), ebenfalls vom Konstanzer Konzil postum als Ketzer verurteilt (vgl. Denzinger-Schönmetzer, Nr. 1151-1197). 23 WA 10 II, S. 105. 24 Zum folgenden ebd., S. 106. Luther bezieht sich auf die Aberkennung des Titels Doktor der heiligen Schrift. 25 Luther beruft sich auf Hes. 3, 1 7 - 1 9 ; Micha 6, 1.2; Jer. 1, 10. 18. 19; vgl. WA 10 II, S. 108f. 26 Gemeint sind die apokryphen Schriften, die nicht in den biblischen Kanon aufgenommen wurden. Nikodemus war nach Joh. 3, 1—21; 19, 39 ein jüdischer Pharisäer, der zum Jünger Jesu wurde. Nach ihm heißen die apokryphen „Acta Pilati" auch „Evangelium Nicodemi". 27 Eine Zusammenstellung der folgenden 20 Zeichen, an denen man laut Emser einen falschen Ekklesiasten (wie Luther) erkennen kann, gibt Smolinsky, Alveldt und Emser, S. 279-282. 28 Gemeint ist der Judasbrief des NT. Der Name Judas Thaddäus erscheint erst in der späteren kirchlichen Literatur für den in Matth. 10, 2 ff. genannten Thaddäus, der mit dem Verfasser des Judasbriefes gleichgesetzt wird. 29 Jemanden zur Bank hauen bedeutet nach Wander (Bd. 1, Sp. 228, Nr. 31), alle seine Handlungen zu verleumden (vgl. auch ebd., Sp. 229, Nr. 51). Die Stelle ist bei Luther nicht nachzuweisen. 30 Gemeint ist Luthers „Antwort auf die Zettel, so unter des Officials zu Stolpen Siegel ist ausgegangen", von 1520. Der Offizial wird als „Zettler" bezeichnet; die Anspielung auf den Herrn, dem Luther keine Schuld geben konnte, meint Bischof Johann von Meißen. Vgl. WA 6, S. 135-141. 31 WA 10 II, S. 114. 32 Gemeint sein könnte die 1488 erstmals erschienene Pronosticatio Johann Lichtenbergers (f 1503), in der er das Kommen eines „Kleinen Propheten" ankündigt, der mit großer Geisteskraft und Verstellungsgabe das Volk verführen wird. Der Angabe Emsers „vor viertzig jaren" zeitlich näher liegt die „Prenostica" des Paul von Middelburg, erschienen in Köln 1484, deren einschlägige Stellen Lichtenber-

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ger als Vorlage benutzte. Die Deutung der Prophetie vom „Kleinen Propheten" auf Luther ging aber vor allem von Lichtenberger aus (vgl. Kurze, Lichtenberger, bes. S. 57fT.). Wander, Bd. 4, Sp. 1105, Nr. 1063; vgl. auch Nrn. 940, 1041f„ 1052, 1054, 1056 u.ö. Vgl. TRE 13, S. 452ff. Seit 1481 zahlreiche Ausgaben. Horaz (Quintus Horatius Flaccus, 65—8 v.Chr.), Sermones I, 1, 69f. Als Sprichwort bei Wander nicht nachgewiesen. Vgl. WA 10 II, S. 119-124. Ovid (Publius Ovidius Naso, 43 v.Chr.—17 n.Chr.), Metamorphosen. Lucius Apuleius Madaurensis (um 125—um 180), Metamorphosen; der Titel „Der Goldene Esel" stammt von Augustin. WA 10 II, S. 114. Erasmus von Rotterdam (1466/1469—1536), bedeutendster Humanist. Zum folgenden vgl. seine Annotationes zum Neuen Testament (Opera omnia, Bd. VI, Nachdruck London 1962), Sp. 1063 zu 2. Petr. 2, 10. Vgl. ebd., Sp. 1062, 2. Petr. 2, 1. Luther lebte als Angehöriger des Augustinerordens auch nach seinem Wartburgaufenthalt noch im Wittenberger Kloster; die Invocavitpredigten hatte er in Mönchskutte und mit frisch geschnittener Tonsur gehalten; seine Professur lief offiziell noch immer unter dem Namen des Augustinerordens. Aurelius Augustinus (354—430), hier als Patron des Augustinerordens. Dominicus Guzmän (1170—1221), Stifter des Dominikaner- bzw. Predigerordens. Franz von Assisi (1181/1182—1226), Stifter des Franziskanerordens. Vgl. John Wiclif's Polemical Works in Latin, ed. by Rudolf Buddensieg, vol. 1, London 1883: De Fundatione Sectarum, bes. S. 21—25, 29—33. Die bedeutendsten Bettelorden wie Dominikaner, Franziskaner, Augustiner entstanden im 13. Jh. oder wurden wie die älteren Karmeliter im 13. Jh. in Bettelorden umgewandelt. Gemeint sein könnte — wie diese Formulierung nahelegt — die 1521 erschienene „Practica auszgezogen von Sybilla, Brigitta, Cirilli, Joachim, Methodii, unnd Bruder Reinharts, wirt weerenn noch ettliche Jar, und sagt von wunnderlichen dingen". Sie ist weitgehend Lichtenberger entlehnt, der seinerseits die sybillischen, brigittischen etc. Weissagungen über den großen Adler, d. h. den Kaiser, übernommen hat. Sie wurden auch von anderen Astrologen der Zeit aufgegriffen (dazu Kurze, Lichtenberger, bes. S. 21f., 66f.). Die Bergstadt Altenberg im Osterzgebirge, entstanden um die Mitte des 15. Jh. Am 4. Januar 1523 schrieb Herzog Georg von Sachsen an den in Rom weilenden Bischof von Meißen, er möge beim Papst die Erneuerung eines Fastendispenses, ein Jubeljahr und Ablässe zugunsten der Einwohner von Altenberg erwirken, „in ansehung, das dieselbtigen noch bisher keynen mit dem Lutterischen gift befleckt bey ynen haben dulden ader leyden wollen" (Geß, Akten, Bd. 1, Nr. 424, S. 424). WA 10 II, S. 114f. Als 18. Zeichen für wahre oder falsche Ekklesiasten legt Emser dar, daß die wahren Ekklesiasten zu guten Werken anhalten, während Luther als falscher Ekklesiast allein den Glauben lehrt. WA 10 n, S. 115. Gemeint ist der Brief Luthers an die böhmischen Landstände vom 15. Juli 1522, in: WA 10 II, S. (169) 172-174. WA 10 II, S. 115.

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56 Luthers Sermon von dem Neuen Testament, das ist von der heiligen Messe, 1520, in: WA 6, S. (349) 353-378, vgl. bes. S. 353, 364, 378; auch Delius, Luther, Bd. 1, S. 288-311. 57 Vgl. Anm. 52. 58 Vgl. Luther, De votis monasticis, in: WA 8, S. 582. 59 WA 10 II, S. 115f. 60 Papst Gregor I., der Große (590—604), hatte zunächst ein positives Verhältnis zum römischen Kaiser Mauritius (582—603). Gemeint sein wird wohl die Auseinandersetzung um den Anspruch des Patriarchen von Konstantinopel, oberster Bischof der Christenheit zu sein, worin ihn Mauritius gegen den heftigen Widerspruch Gregors unterstützte. Seitdem kam es zu Spannungen zwischen Papst und Kaiser. 61 Ambrosius (vgl. Anm. 5), als Bischof von Mailand zu dieser Zeit dem römischen Bischof mindestens ebenbürtig, verhängte über Kaiser Theodosius I. (379—395) die Kirchenbuße wegen der grausamen Niederschlagung eines Aufstands gegen den römischen Statthalter von Thessalonike. 62 Papst Constantinus I. (708—715) versagte dem byzantinischen Kaiser Philippikos (712/713) wegen dessen Bekenntniswechsels die Anerkennung und behandelte ihn als Ketzer. 63 Es gibt keine chronologische Deckung zwischen einem Papst Stephan und einem Kaiser Leo. Auch bei Piatina, dem sonstigen Gewährsmann Emsers, findet sich keine Angabe. 64 Chronologisch können nur Papst Hadrian I. (772—795) und Kaiser Konstantin V. Kopronymos (741—775) gemeint sein; das Ereignis ist nicht nachweisbar. 65 Vgl. oben Nr. 8 und 9, jeweils Zur Entstehung. 66 Vgl. oben Nr. 12. 67 WA 10 II, S. 116. 68 Ebd., S. 117. 69 Ebd. 70 Ebd., S. 118; 126. 71 Vgl. Luthers „De captivitate Babylonica ecclesiae praeludium" (Delius, Luther, Bd. 2, S. 251; WA 6, S. 566). 72 Zu den Themen der folgenden Auslassungen vgl. das Inhaltsverzeichnis der Schrift, oben Zur Entstehung. 73 Vgl. oben Anm. 1. 74 Es folgen das oben, Zur Entstehung, wiedergegebene Inhaltsverzeichnis der Schrift sowie eine Druckfehlerberichtigung. In unserem Text wurden die von Emser bezeichneten Fehler stillschweigend korrigiert.

Heinrich VIII./Herzog Georg: Ein Brief des edlen Königs aus England; Herzog Georgs aus Sachsen Antwort Heinrich 1 von Götz gnaden, künig zu Engelandt und Franckenrich, ein herr zu Hibernien etc. Durchluchtigen und ubertreffenliche fürsten 2 , hechtende herren, unsere mögen 3 und ohem, weyt vor allen, innigs heyl und seliger züfele b ein stete merung. Wo sichs begebe, dorm mich nützet gewarnet zu sein von wegen der erfundenen 0 giete euwers gemiets, hab ich ein fast d sichere hoffnung entpfangen, das mir nimmer manglen würde die güttadt euwerer warnung. Welches so ich ewer gemiet bey dem meinen ermeß, bin ich ungezweifflet und duncket mich, das ich fast undanckpar were, so ich in solchen hendlen nit allein zu euweren eren dienend, sunder auch zu euveren glücken hefftiklich und allermeyst gehörig ist, das ich uch e dergleichen versäumet wider zu warnen. Den was mag euch so mechtigen und der erebietung Christi so begebenen f fürsten zugehöriger sein oder sol uch hefftiger bewegen, den ernst und fleiß des lutherischen understandts 8 zu verbieten, deren gleichen nie böser geist uff erden ye schedlichers eingefieret und fürhar brocht hat, oder die ouch kurtzlicher dag grosseren schaden bringen mocht, es widerstanden dan alle guten und miltgleubigen menschen und vorab die fürsten, die solches vermögen und sollent. Nit das ich den Luther für ein solchen achte, der frum und weise mann betriegen möge, und ich sein schreiben nit also unmilt wißte, das aller guten menschen eren dorab schüheten h und inen dorab gruwlete, sunder das ich weyß, das nimmer mangel ist unfrummer menschen unfletige versamlung, denen der am allerungeschicktsten ist der geschicktst meister erachtet wurdt, und das am aller ungehortsten ist also mit grosserer freiden und höchstem fleis zu zancken erweitere. Den so fil den Luther betrifft, ist er vor nit ungelorten noch bossen menschen erachtet gewesen, wie er fil wenig gut also auch etlichs nit gar übel geschribben hab. Doch hat er so bald in boserung zügenummen, das fil doruß ersehen haben, waz er je angenems oder leidlichs geschribben hab, uß keinem andren radt gethon hat, den das er mit erzeigens der besseren ding anleitung gebe der böseren und mit dargegebenem honig das gifft dest1 keufflicher erbütte'. Das er auch mit steter nachvolge schedlicherer leren so fast bezeuget und bekantlieh hat gemacht, das ich nit meine, jetzt jendert sey ein mensch, der ein funcken der erberkeit oder him seins haupts hab, der erberen miltigkeit in seiner brüst und seinem gemiet, der ink nit gantz und gar mit allen seinen schelligkeiten uß seinem hertzen verwerffe. Den er anefengklich zu beiden deilen disputieret, nochgonds sich erzürnet, ein wenig domach sich entzün-

a) uns Gewogenen, Verwandten b) Beistand, Beifall, Besitz c) bewiesenen d) sehr e) euch f) ergebenen g) Vorhabens, Unternehmens h) scheuten i) desto, umso j) annehmbarer darböte k) ihn

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det, zületst anfing zu schelligen und jetzet in dem buch, in dem er wider mich unsinniget 3 , die hellischen schelligkeiten mit grim und wieten übertroffen hat. In welchem buch, wo er etwas gemiets seinem unmietigen doben vermischet het und im nit so gar ungehorts und undoglichs ußgeflossen were alß etwa den schelligen pflegt zu widerfaren. Wiewol ich es nit fast zierlich acht, dermaß zu vergleichen, das ich mit einem solchen menschen offenlich vergleichet würde oder disputierete, doch so der künig und prophet David das nit unzierlich erschetzet hat, mit mencklichem nacket vor der archen Gottes zu springen [2. Sam. 6, 14. 16], het ich sicher auch niemans unwürdig geachtet, mit dem ich in genad des glaubens von wegen christlicher worheit mich beredte. Nun aber so er nüt zu der Sachen dienend antwurtet, sunder anstat vernünfftiger Ursachen lutere dorheiten fürbringt, wil ich die andren, so mit im dorumb angreiffen wellen, weder warnen noch verbieten, aber sicher ich wurd mit im nit angreiffen, das ich mit dem unsinnigen welle unsinnig sein. Den ein jeder billich betrachtender und weiser leser, der mein buch 4 mit dem seinen durchliset, wurdt vorlich lichtlich erkennen, das des Luthers lutenley1 gnügsam geantwurt ist. Wo aber jemans im so unbillich günstig were, der nit duldet meine worter anzusehen, oder so treffenlich erstarret were, das er sy in ermessung beider biecher noch nit verstünde, das weyter zu antworten nit not ist, dem wurd ich mit keiner antwurt nimmer genügthün. Denn waz vermocht ich denen, die antweders nüt lesen wollen oder nüt verston mögen den m des Luthers biebsche zenck, der mir ein grossen lust geben hat, das er disse sach dermassen handlet, den ich anefengklich sicher bin gewesen, das disse sach, so ich understanden hat zu beschirmen, von eigner art unde natur unbestreitlich were, wider die ouch die hellischen porten nit mochten uberhandt nemen und fürtreffen. Doch meiner schweche bekant zweiflete ich meiner woffen und meins behilfs. Aber nun hat unß der find" selbs dohine bracht, das der gantzen weit deren eins bekant, antweders das er gantz on behilf und schwach ist oder das meine dargethone Ursachen gnügsam vermocht, wider die er nüt anders het mögen finden dan ungesaltzene Scheltwort und luter unsinnige schmehungen, durch welche wen° er meint mich zu bewegen, worlich wurdt er dapffer betrogen. Dan wie fast er mich ein schelligen p nennet (das er, alß ich mein, mer thüt dan dusent mal) 5 , wil ich doch nimmer also schellig werden, das es mich verdriesse und ichs in übelem uffneme, das ich von einem schelligen schellig genant und gescholten würde. Dorum mich antweders meine meinung betrügt oder des Luthers wider mich und meinen künigklichen zierlichen namen scheltende schnöde uch nit wenig mere dann mich selber, ir durchleüchtigen menner, bewegt, denn es pflegen die wolgebornen gemiet der edelen ein erebietung zwischen inen zu verbinden, domit sy auch in den fi[n]den, ob sy schon hasseten und den menschen vervolgten, ereten sy doch und schüheten q die person und das ampt zu

1) wohl: Litanei m) denn, als n) Feind Text hat „insanus", d. h. Wahnsinnigen, Tollen

o) wenn p) der lateinische q) scheuten (sich)

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letzen1, und wurdt kume under den wolgebornen einer also unhofflich und ungeschickt erfunden, der mit eincherley feindtschafft dahyn sich bringen ließ, daz er mit biebscher weiß und oder zungen ein edling verletzte. So ferr ist es, das yemans mit solchem adel und angeborner dugendt, deren gleichen ich euwer ein jeden schetze, der das billichs gemiets gern hab, das der namen eins fürsten und frindes von den schnöden büben verspottet sey, welchen meinen glauben von uch erstlich mein gunst bestetiget, den ich in mir selbs entpfi[n]de. Den wie fast es mich gar nüt beweget hat, alles waz er wider mich geschwetzet hat, hab ich dennocht nit destminder das fast in übelem uffgenummen die lesterung, damit er den keyser und die anderen fürsten des dütschen lands mit gifftiger zungen begossen hat, welche er alle in anefang des büchs, das er wider meinen nammen mit lesterlicher schmehung ußgegeiffret hat, dan er spricht: Ich bin gon Wormß kummen, so ich dennocht wißte, das mir der offenlich glauben von dem keiser nit gehalten was. Den es habendt die deutschen fürsten erlernet, des beriempten und gelobten volcks ires glaubens, jetz zu dienst und zu gfallen des ramschen abgots nur mere denn den glauben zu verachten, zu ewiger schänden der Deutschen Nation. 6 Disse so gifftige wyder den keyser und die deutschen fürsten schmehung, wie feischlich und lesterlich er lugt, das unschamhafftig lugenmaul und ein stet fliessender brun der lugen, zeigt doch das gnügsam an, wenn er daz jetzundt nit luge, wer nit der das liegen mocht. Dan wer zweifflet, wie leichtlich er verdiente straff mocht hingetragen und entpfangen haben, wo das der keyser geweit het und die fürsten. Oder welcher, nit sag ich allein der keiser oder yemans uß den fürsten, sunder sunst erlicher geburt erboren, jendert s ein christenmensch, mocht das in seinem gemiet glauben, das der keyser offlich truw und glauben nit hielte, das er jo den Luther, wiewol eins offenlichs gemeinen glaubens einem gemeinen find, durch meineydt hynneme und durch haß (wie man sagt) des schuldigen unschuld verderbet, das so nit der keyser seiner verheissung ein truwer halter noch sunst kein fürst die nüt vor eren hoher achten, ouch nit sunst ein erlicher geborner Christ yendert, der seinen glauben vor alle ding zu setzen erkennet, je mocht gedencken. Wer lebt doch yndert' der worhafftigen deutschen ader und art, der do dulden mag das biebsch briederlein" in denen dingen, die zu ewiger schmehung synt der Deutschen Nation, das so unschamlich und lugenhafftig yemans seins gleichen einem deutschen zuzulegen, sunder allen fürsten des deutschen lands und auch dem fürsten der deütschen, dem keyser, mit schelten solches uffzüheben. Es wundret mich, wo das die deutschen duldeten. Dorumb wir fil mere für ubel uffnemen, das wider solche und so großmechtige fürsten einem briederlein so fil gestattet wirt. So fil minder werdent wir seiner lügen bewegt, die er eins deils latinisch alß wir lesen, des andren deutsch als wir hören 7 , schellig wider mich ußgestosßen hat. Den wo er etwas solchen boßhafftigen reden vermischet hat, doran yemans were, der das nit wißte und mochte doran zweifflen, sol jetzt den leseren disses brieffs zu

r) verletzen

s) irgendein

t) innerhalb

u) d. h. bübischer Mönch

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gemiet fallen, das deß übelen reden nit zu glauben ist, des er v seinw stetes fürnemen erkent und sühet, gentzlichen wider alle fürsten und auch den keiser zu liegen. Den das ist dem Luther nüt nuws, alle ding zu vermischen und miteinander zu erdichten, dadurch er zu haß den fürsten lesterlich erwecke und reytze das gemein volck. Welches geschefft zu fürdren, er vorlengest lesterlicher menschen ein menig und schar versamlet hat und hat im sy vereiniget. 8 Und dorumb ist nie kein böserer understant uffrieriger, schedlicher und lesterlicher je geweßen, der also understanden hab, allen glauben hynzünemen x , alle gesatz verwerffen und alle gute sitten und gewonheiten zü zerstören und allen gemeinen nutz umbzükoren, alß jetzt das luterisch zammenschweren y , das alle heyligkeiten enteret und enteret befleckt, das also Christum prediget, uff das es sein sacrament zerdrette, also Gottes genad uffblaset, das sy den freyen willen zerstören, also den glauben uffwürfft und erhebt, das sy ein abzug diegen z den guten wercken und ein frey nachlassung zü Sünden, also Gots barmhertzigkeit erhebt, das sy Gots gerechtigkeit underdrucke und aller bösen ding ein unvermeidlich ursach, nit in etwa einen bösen Gott, alß die Manicheyer 9 doch erdichtet hant, sunder in denselbigen einigen 3 worhafftigen guten Gott werffen. Welche so sy dermassen unmiltigklich die gotlichen ding gehandlet hat, alß von dem hymmel ein abgeworffener schlang seyn gifft ußgeusset uff das erdtrich, bewegt in der kirchen zwitrachten, düt ab alle gesatz, schwechet alle oberkeiten, reitzet die leyen wider die priester und sy beide wider den babst, die volcker wider ire fürsten und obren und worlich nüt anders understat, den (das Gots genad abwende) das erstlich das deutsch volck alß von irer freiheit wegen ein krieg ansage den fürsten, und nachgonds die Christen wider Christen mit zusehen und verspotten der finde Christi, umb des glaubens willen kriegen und fechten. Wo das aber yemans nit glauben wolt, daz von einem so zenichtigen menschen also grosser schaden erwachsen mochte, bit ich, das im zü gedechtnis kum daz dürckisch wieten, das so es jetz durch so fil land und mere sich ußgegossen hat und den grosseren und schönsten deyl der gantzen weit besessen hat, und hat dennocht von zwenen büben 10 ein ursprung und ein anefang genummen. Das ich dozwischten verschweig die bohemisch uffrür 11 , die auch, alß mengklich weis, uß einem kleinen würmlein in einen grausamen drachen nit on grossen schaden des deutschen lands bald erwachsen und uffgangen ist. Alß leicht ist es einer bösen ernen b on abschneiden zü erwachsen, den niemans je zü schedigen gesellens mangel 0 gehabt hat. Es ist auch niemans also schwach, so er sicher ist alß ob er schimpffte, dem züseher ein dotliche wunden zü geben. Welches alles, das es uns destminder wyderfare und beriere, in gegenwärtigen sachen sollent alle fürsten fleis ankoren, und mag das der grost fleiß erachtet werden, wo sy dissen handel nit für schlecht und leicht verachten und sollen erschetzen, das disser handel al-

v) d. h. der Leser w) d. h. Luthers x) hinwegzunehmen, auszumerzen y) Zusammenschwören, Verbündnis z) Abbruch täten a) einzigen b) Ähre c) Mangel an Gesellen, Gehilfen

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lein under den gelorten und schülerisch seyd, sunder, so er Got und die menschen betrifft, notwendig schetzen, dem christliche fürsten sollent hend anlegen, das jedermans ampt zugehört und allermeist, mein allerliebsten ohem unnd mögen, euwerem ampt, den ir dem schaden die nechsten sint und (alß man sagt) leichtlich entgegnen mögen, wo ir dem uffgonden 6 bosen ding eylents entgegenen würden, ee und die unfrummen durch ire boßheit und die einfeltigen durch irrung in solche zal erwachsen und stercke und zünemen, das sy leichtlich nit mere mögen hindertribben werden. Doran ich ungezweifflet bin, ir werdent das versehen nach euwerer fürsühtigkeit und euwerem fleiß zu dem christlichen glauben. Den so kein ketzerey entston mag und uffgon, die ir gleubigen in Got fürsten nit hefftig hassen und vervolgen, doch mag nit sein, das ir die luterisch ketzerey nit mit sunderem haß vervolgten. Den wiewol sich der od schwetzerisch mensch nit an einem ortf schreibt, das er dorzü von Got erwelet sey, das er disse lere, die er allein evangelisch nennet, dermassen, wie er angefangen hat, ußspreitet und in der weit prediget, wurt nit dest minder euwer weißheit leichtlich verston, das er nüt ursachlichs fürwent, warumb er sol gelaubet werden, die evangelischen wort bas verstanden zu han, dan die alten der heiligen kirchen, alle heiligen lerer, deren er alles ußlegen verwürfft und verachtet von der seinen wegen, und wißlich ist, das uns fil durch die hend der apostelen vorzeiten gegeben sint, allenthalben byßhar behalten ewigklich, die er alle alß nüt lesterlichers verspottet. Daby ir auch warnempt und verstond, wie ferre underscheidet sey der hoffertig betlend und boßhafftig geiste des menschen von dem heiligen geist Gottes, der do pflegt seinen außerweiten einzügeben die worheit, senfftmiete, messigkeit und mit sein selbs Verachtung liebe und ererbietens yedermans. Zületst sehend ir und mercken, das seine lere under dem deckmantel und schein der evangelischen predig lauter wicklefisch 12 ist, dorab ich nit zweyfel, ir mein allerliebsten ohem und mögen ein gantzen gruwel und scheühe haben, als die teütschen fürsten und vorab, als ich hör, ewere vorfaren und elter hefftigklieh gearbeytet haben underzüdrucken. Aber als sie daz ein wenig zü spat beginnet hatten, habent sye die selbige nit gantz ußreütten und vertilcken mögen, doch habent sye also fil gethon, das sye die selbig als in ein hüte beschlossen 8 haben und gezwungen 13 . So dem nun also ist, mag ich fürwor nit zweifeien, das ir emßig vorsehen werden, das nit solch unthier, so eüwere elter beschlossen haben, durch eüwern unfleiß ein solchen ußganck erfünde, das es durch Sachssen ritschende das gantz Teütschlandt durchlauff, und mit schedlichen uffblasen das hellisch fewr ußspuwe und den brunst anzünde, den die Teütschen so offt mit irem blütvergiessen habend wollen verloschen. In welcher Sachen, wiewol ich von mer giete wegen uch also geflissen nit zweifei, das uch keins ermaners oder anbringers not sey, hab ich dennocht mich von wegen meines gunstes gegen uch nit mo-

d) d. h. ein Gelehrten- bzw. Schuldisput e) aufgehenden f) nicht nur an einem Ort, d. h. öfter g) in einen Hut eingeschlossen (als Sprichwort bei Wander nicht nachweisbar)

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gen enthalten, denn das ich zü dem fleissigen ernst eüwers willens auch meine ermanunge darzü thete. Denn fürwor so ich keinen fürsten mir so frembd erschetz, dem ich nit schuldig sey, warinn ich mag und kan seiner eren zü radten, zwingt mich doch uch auch, ir würdigsten menner, solchs fleisßiger zü beweisen, ohemlichs gebliets angeborne freündtschafft, so ich verstand, das eüwere durchleüchtigen elter von dem kloren stamm der engellendischen künig meiner voreitern erboren seind 14 , welche gemeinschafft des stammens unnd geselschafft des gebliets, auch angeborner funcken der gesypten freündtschafft mein gemiet also gegen uch bewegt hat, das nichts nützlichs oder schädlichs uch mog zühanden gon, ich achte denn das mir und uch gemeyn zü freyden und leyde, welches so ich mirs ye mer und mer geraten hab, binn ich auch ye mer und mer bezwungen worden uch zü ermanen und warnen. Jo auch uch bey allen heiligkeyten zü erbitten, das uff das schnellist ir mögen zeitigen fleiß und ernst ankeren, das die lesterlich sect und lutherische gemeinschafft bezwungen werd on schlachten menglichs und blütvergiessens. Wo aber das zü hindren die frevel gedorstigkeit entgegnet11, sollent ir dennocht, in was maß und weg ir mögen, sye bezwingen und nit lassen uffgon, das nit alle gesatz, meysterschafift und oberkeit, fürsten, gemeyne nutz und domit alle gottliche und menschliche ding (wo sie züneme) von tag zü tag verrüdt, zertretten und abgethon werden, uff das nit durch zünemung der unfrummen und hienlessigkeit der güten die sach zületst dahien kumm, das ein theil seiner verkerten boßheit, der ander seiner unbillichen gedult, Got für ein recher und straffer überkumme', welchem schaden, so im eüwer fürsichtigkeit entgegnet, werdent ir des befrideten vatterlands, vertribenen zwitrachten, widergegebener einigkeit des gezierten unnd geriempten glauben bey den menschen ein Übertreffelichs lob und bey Gott ein untodtlich glory unnd ere erlangen. Lebendt wol ir durchleüchtigen menner. Als ich dise brieff verzeichnen unnd underschreiben wolt, fiel mir in gedechtnüß, das der Luther in seinem geschwetz wider mich sich entschuldiget, wie er zü meynen Ursachen dest minder antwurten möge gehindert sey, die bibel zü verdeutschen hab15. Hett mich güt duncket, uch zü ermanen vor allen dingen darvor seyendt und im das nit zülassen. Denn wiewol ich es güt zü sein nit verleückne, in yeder sprachen die heilige geschafft zü lesen, so ist es doch sicher schädlich und sorgsam^ uß des verdalmetschen zü beschehen, deß böser glauben jeder man ein glauben macht, und das sein fleiß sey, das er die wolgeschribene ding mit boßlicher dalmetschen verkere, das das volck meyne, es lese die heilige geschrifft, so lißet es, was der lesterlich mann von den lesterlichen ketzeren erschöpffet und helernet hatt. Lebt wider wol, ir durchleüchtigen menner und meines gemüts weyt die allerliebsten.

h) d. h. die Frevler Blutdurst entgegensetzen über sie komme j) zu befürchten

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Reformation

i) d. h. Gott als Rächer und Strafer

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Des durchleüchtigen fürsten unnd herrn, herm Jorgen, hertzogen zu Sachßen, landtgraven zü Thüringen und marggraven zu Myssnen antwurt uff die vorgonden k künigklichen sendbrieff. Dem großmechtigsten und unüberwündtlichsten fürsten und herren, herrn Heinrichen, künig in Engelandt und in Franckenreich, einem herren zü Hybernien, unserem lieben mögen. Großmechtigster und unüberwündtlicher künig, herr und mog, vor allen geeret, heyl und beyder reich, so auch des irdischen, ewige Seligkeit unnd alle meine vermügliche dienst. Under filen, die den tag, uff welchen deiner künigklichen hohe bott kummen ist, denn er kummen ist ein tag vor dem meyen 16 , ist uns nüt begirlichers noch frolichers widerfaren denn der brieff deiner küniglichen gnaden, meinen vetteren17 und mir zammenthafftig zügeschriben. Einsteils darumb, das der brieff anzeiget gedechtnüß zü sein bey dem künig, der do eins gemeynen stammes und geschlechts mit uns vereiniget unnd vergeselschafftet were, welche fründtschafft ye elter sie ist (ist sie unserem geschlecht dest eerlicher), dem in macht, glauben, bestandt, gewalt, fürsichtigkeit, gerechtigkeit, in stercken, auch so mit erfarender wissenheit des kriegs und des fridens keinem christlichen künig nachgadt. Des andern theils, das der brief innhielt, das einem künig des christlichen fridens geflissen zü warnen zierlich ist und wol anstodt, denn solchem also mit hohen freiden nachzüvolgen unnd halten den fürsten zügehorig ist, die mit nammen und den wercken Christen erachtet wollen sein, inn welcher zal so ich mich nach meinem vermügen alle zeyt geflissen hab geachtet zü sein, auch darinn zü verharren, hab ich die brieff deiner majestadt darzü radten und dienende mit grossem wollust durchlesen. Zü dem ersten klagst du nit unbillich über die faction und das fürnemmen der lutherischen leeren, das sie uß einem kleinen anefang dahyn erwachssen sey, das durch iren fleiß und inbruch nit allein des christlichen glaubens innigkeit allenthalben gelesteret würdt, sunder alle heyligen unnd auch heilige ding und alle uffsatzungen der alten, wie fast sie doch notdürfftig und eerwürdig seindt, abgethon werden und zertretten, welches ding on zweyfel ersehen würdt endtlich ußzügon in ein sicheren undergangk des christlichen volcks, ob schon der Luther den nammen der evangelischen leren mit uffrierigem fürnemmen allenthalben fürwende. Nachgonds bezeügst du dich worlich nach der grossen deines künigklichen gemiets, das du die besundere schmehunge, damit er deine künigkliche würden in einem biechlin foller laster und schelten geschmehet hat, nit achtest, doch schwerlich zü hertzen nemest, daz der frevelich mensch mit gleichen schmehenlichen mütwillen auch des keisers und der anderen teütschen fürsten sich nit enthalten hat, durch welchen frevel er genügsam anzeiget, das er solches fürnemmens ist, aller Ordnungen, gesatz und härkummen, gottliche unnd menschliche ding verachte, durch hilff der gemein mit stetsten und hußlichen1 kriegen der"1 Christenheit bek) vorhergehenden „die" gemeint

1) wohl abgeleitet von Hus, d. h. hussitischen

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kümmeret unnd benotiget werde, und mit eigenem blütvergiessen sich selbs verderbe. Schreibst nachgonds, wie es dich nit ein wenig verwundre, wo die teütschen fürsten ein so namhafftige schände des teütschen landß duldeten, zületst so daz übel uns neher anrieret warnestu uns nit minder lieblich dann ernstlich, so noch statt der artzeny were, den uffgonden bresten zu entgegnen mit hohem fleiß, daz Gott angeneme sein würde und der christlichen kirchen heilsam, würde auch uns und unserer herrschafft eerlich zükünfftig erachtet. Darzü wo ich filleicht ein lengere antwurt geben würde, so fil mich betritt, denn" die küniglichen geschefften erfordret, würt dein künigliche hohe solchs mir verzihen, erstlich meinen fleiß by deinen würden, mit deren brieflich zu reden mir ein grosser wolust ist, auch kan die große diser sachen nit mit wenig worten erortret werden. Denn so die sach schwer ist und schier mit aller menschen (also zu sagen) schaden verwicklet, kan kume solchs mit einem kurtzen brief so zü eim mechtigen künig beschriben werden. Denn wie in langen jaren in christlichem glauben nie kein uffrür gewesen ist, die mit eerlicher gestalt erstlich fil betrogen hat, unnd nochgonds fürtrütschende auch in gelort und behertzte menner on alles vermeynen schneller seine wurtzlen schier in alle christliche herrschafften erstrecket hat, also hat auch nye kein sorg unserem gemiet horter angelegen und geenget, denn solche luterische faction (so bald sie uns argwenig ersehen ward) zü verbieten, und als sie sich erweitret, zü bezwingen. Denn es ist jetz in dem Vierden jor, das ich Johanni Eck, dem Luther und Karolostadt, den ersten des unseligen kriegs hauptleüten, von etlichen stucken der lutherischen leren, platz in unser statt Lyptzigk uß keinem andern radt gegeben hab, denn das nach ermessung der Ursachen beyder parthen die warheit eröffnet und erortret würde und diße ding durch die schulen Paryß und Erdtfurt mit richterlichem gewaldt gesprochen, aller somen der zwitracht hyndan gethon würde. 18 Aber der Luther, als sich das nachgonds wol angezeigt hat, setzt wenig hoffnung in das urteil unnd sententz der richter und brandt in begirden, alle ding zü verkoren, hat vor gesprochenem urteil und vor der Überwindung mit mancherley gemachten biechlin seinen triunph hochfertig erzeyget. 19 Worlich, wer er in meinem gewalt gewesen nach den gemachten und gedruckten biechlin, ich wolt in ungestraffet nit gelassen haben. Denn ich bald mercket, was der uffrierig mensch understunde und wohyn er begeret, wo im nit widerstanden wurde. Denn als er gesehen hatt, das alle güten menschen einhellig begerten, das etliche mißbreüch der geistlichen zü vordriger geistlicheit ordenung gebesseret wurden, hatt er mit solchem deckmantel mit grosser freüden filer züseher schier in aller weit den anefang seiner traurigen leren gegeben. Aber unlangs darnach, als er understünde vil ding ußzürupffen oder abzüthün, die one letzunge unsers glaubens nit mochten abgethon werden, habent weise menner under der schaffsheüt ein verborgenen fuchs leichtlich erfunden. Nun aber nachdem der ungehort frevel des menschen bitz

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dahyn kummen ist, das er nit allein mittelmesßige 0 menner, der kunst unnd ires lebens beriemet, mit seiner mutwilligen federen anrennet, sunder auch, das nit leichtlich yemants von im geglaubet oder erwartet hett, wider ein künig uß Engellandt, aller menschlichen zyerden eerlich gelobet, den zaum seiner boßredenden zungen henget, domit er seyner unschamhafftigen styrnen und seines bösen gemietes sichere anzeigung gegeben hat allen menschen. Darumb ichs mit keinen worten gnugsam sagen kan, wie ich des unschamhafftigen büchs beschreibung so in grossem übelen uffgenummen hab. Denn sobald mir daz ist zu wissen worden, hab ich in meiner herrschafft verbotten, das sye weder verkaufft noch gelesen würden, und hab den buchverkeüffer, der sye erstlich verkauft hat, mit schwerer gefengknüß gestraffet. 20 Denn wie fil mere ich dein buch lobte, darinn du den sacramenten von der kirchen entpfangen wider den Luther mit schwere der worhafftigen synn und auch mit geziertem latin zu hilff kumpst und sye bekennest 21 , so vil mere hab ich in übelem uffgenummen das widersprechen des uffrierigen münchs wider die sichere worheit. Wie fil mir aber deine beschreibung gefallen hat und ich sie yederman nützlich erachtet hab, mag daruß wol verstanden werden, das ich sie uß latinischer sprach in teütsche mit meinem kosten hab lassen verdalmetschen und noch einmol drucken. 22 Ich hab aber hie worhafftig erfunden das gemeyn Sprichwort, das nie kein buch ye so boß were, das nit etwa zu nützet. Denn so des Luthers buch mit allerley unschamhafftiger schmehungen als foller eysßen und geschweren gantz stincket, aber so es uff kein feste Ursachen gefundieret ist, zeigt es gnugsam an (das auch dein majestadt schreibt), das sein macher on schelliges übelreden nüt hab, domit er sich beschirme. An welchem ort ich muß dein besundere fürsichtigkeit und deins gemiets messigung loben, das du mit einem solchen schnöden und allerfesten wafTen anzeigungen lere und allein mit mutwilliger zungen gerüst weyters mit in zu fechten weder künigklichen nammen würdig achtest noch zu Überwindung der sachen nit notdürfftig schetzest. Es hat auch deiner küniglichen hohen vermeynung dein genad nit betrogen, die du auß gemiet hast gegen den teutschen fürsten, als du dann schreibst, denn wie von angeborner tugend und auß künigklichem gemiets gieten die bösen reden wider künigkliche hohe zusammen tragen du starcklichen verachtest, aber des Romischen Reichs fürsten und auch den keyser selb für oflichen gegebens glaubens von im gescholten zu werden unleidlich achtest, also hargegen widerumb die deutschen fürsten, nachdem und ein yeder dest adlicher erboren ist, nit minder trauren und in übelem uffnemen die bewisenen schmehung deiner künigklichen Würdigkeit, denn als ob es ynen selb beschehen were. Aber so fil mich betrifft, eracht und schetz ich, das die pfeil der schmehung, so wider einen fürsten gebraucht werden, nitt allein wider eins menschen person, sonder wider den obersten fürsten unnd darumb auch wider die ordenung des gantzen adels gebrauchet erachtet werden sollen. Dorumb ich, durchleüchtiger künig, bewegt, wo ich vermocht het, gern die beschreibung des

o) gemeint: mittelrangige

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schmachbiechlins hindertriben het. Wiewol mein gemiet nit ein wenig tröstet, so ich doch vor andren teütschen fürsten in den luterischen geschafften und predigen, so offenlich, so heimlichen verachtet und fiirher gezogen würde, geschieht mir doch das nit allein, sonder gemein mit hochberiempten und sunst hochgelobten fürsten, das ist mit Karolo dem fünfften 23 , in wolches worter zü schweren ich mir erlichen achte und für kein schmach erkennen kan, und mit Henrichen dem achtsten, einem mechtigen künig uß Engelandt und Franckenreich, mitt denen ich lieber will gescholten werden und verachtet 24 , dann mit der lutherischen versamlung gelobet und am höchsten gebreiset. Denn er würdt mit seinem trewen p und schelten es darzü nit bringen, das ich dest minder thete, was einem frummen christlichen fürsten zugehörig ist. Und wolte Gott, das es nitt zü besorgen oder zü erwarten were, das q dein künigkliche hohe zü forchten besorget, von Mahumet 25 und dem Hussen 26 ein exempel und ebenbild nymmet, das ist, wo dem uffgang des schedlichen somens mit angesetzter sichelen nitt entgegnet würdt, nachgonds nit mog, in stercke erwachsen, außgereutet oder ußgewurtzlet werden, sonder ye stercker einwurtzlen würdt. Und wie einer uß inen beyden das gantz Asiam und damitt ein grossen teil Europe an sich bracht hat und geweltigklich erobert, der ander Bohem von dem glauben und der kirchen abgesundert, also auch der Luther erstlich daz teütsch volck und bald darnach die überigen volcker zü dem nydergang mit newer ingebrochter tyranny unnd durch uffrüren dermassen verfassen werd, das solches nachgonds nit wyter mog vertribben werden, wiewol ich aber sicher nit wissen kan, was die andren teütschen fürsten thün werden, doch in hoffnung binn, ein yeder werd thün, was im gebüret, und dises fewr, so weyt sich ußgespreitet hat, es auch ußlendische volcker verkeret hat, will ich dennocht für meinen theil nymmer nachlassen nach vermügen zü loschen, daz ich mit recht mocht beklagt werden yendert mangel oder sümnüß an mir were gewesen. Denn so der Luther in den lendern, meynem gebiet underworffen, kein wonung noch behusung hat, und sye weyt und breyt flühet und uß meinen gebieten wonet, gebürt sich mir nit, etwas wider im zü sprechen. Aber des menschen geschriften, wo sich das begibt, vertreib ich uß meinen Stetten und lendren als die schädlichen feinde. Und thün das also geflissen, das vergangener zeyt, so on mein vertruwen was ußgangen das verdalmetschen oder verdeutschen des nüwen testaments 27 , des auch dein brieff gedenckt, hab ich die selben biecher all, so fil in mein land getragen und verkaufft woren, mit meinem eignen gelt von denen erlößet, die sie gekaufft hatten 28 . On Zweyfel, das mir mein gemiet das schon ingab unnd mein fleiß die biecher zü durchlesen anzeiget, daz die arbeit zü verdeütschen der Luther darumb understanden hat, das er durch solchen list die gantze geschrifft seins gefallen verdeutschet, koretr seine leren zü bestetigen. Denn do er sähe, das es nit mocht sein, das sein ungehorten und zwyfelhafftigen leren mit den leren der alten, von denen er weyt ist mit leren und mit

p) Drohen

q) was

r) dazu bestimmt

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leben, und mit der geschrifftten einfaltigkeit nit überkame s , het er die geschrifft dorumb in ein frembden und widerspennigen synn gezogen und im fiirgenummen, sye dermassen zu biegen und sich ir also zu mißbrauchen. Wie kündt er aber ein lüstigern und geschickteren radt fürgenummen haben, die einfeltigen gemiet zu betriegen, denn das er die gantz geschrift des nüwen testaments in nüwer gestalt so mit verdeutschen, so auch mit beymerckung uff seinen synn gezogen, als ein angel mit der speisen bedekket, dem gemeinen Christen erbütte'. Denn er sunst antweders niemants oder allein denen, die eins dummen verstandts seindt, etwas het mögen radten, das güts so auch des bösen notdürftigkeit von Gott härkeme. Welche lere so auch die heiden in iren philosophis nit handt wollen dulden, warumb wolten dann wir Christen, die wir mit klarer leren des glaubens und dem liecht der worheit bescheinet sint, solche leren leiden und von dem Luther annemmen. Dann wo wir es einmal mit dem Luther hielten, das alle ding notdurfftig geschehenn, so würd alle macht menschlicher vernunfft, alle redt, alles rechtsprechen, darinn antweders die belonung den guten oder straff den boßen züerkandt würdt, uffgehebt sein unnd nüt mere gelten. Denn so fil ichs verstand, so ist das der überfliessend brunn der lutherischen irrungen, Gotts fürordenung nach etlicher philosophen meynung übel verstanden, die dermassen von Gotts fürsichtigkeit reden. Von dannen die andren leren als die flüßlin härußgeflossen seindt, von keinem freyen willen zu halten, von der blinden verrünfft der menschen, von verseumnüß der guten werck und kurtzlich von hynwurff aller breüchen und cerimonien, auch allen andren, von menschlichen redten uffgesetzet. Welche ding, so sie dermasßen seint, das sie dem gemeinen nutz der gantzen weit und nit allein des teütschen lands umbkoren mögen unnd schon vorzeiten in den philosophen unnd wicklefischen verworffen und verdammet seint und mit gemeynem aller weldt mißfallen abgethon, ermanest du recht, du guter künig, das sie mit allen sorgen verbotten bleiben oder uff daz mynst in dem bohemischen gebürg beschlossen bezwungen werden. Denn es stunde uns schendtlichen an, das unsere vorfaren und eiteren inen zu den eeren dienend erachtet hatten, die befleckung der wicklevischen leren mit allerley waffen und mit kriegsschaden und ferlicheiten zu vertreiben und abzuwenden, wir, die wir in ire herrschaft und tugent inen nachvolgen sollen, durch unsere versumnüß das obgenant übel widerumb erwachsen und bliegen Hessen, vorab so es klarer am tag ligt dann die mittägig sonn, nüt minders gleublich ist, den des, so sich die berümen durch den heiligen geist, den Luther bewegt zu schreiben. Und uff das ich nit etwas herters wider in schreib, was ist gemein dem geist Christi und dem geist des Luthers. Christus prediget allenthalben senfftmütigkeit und gedult, aber der Luther, on das" er seins zorns und Übelredens und dergleichen begirlicheiten kein masß halt, spreytet er in daz volck des widerspans und uffruren seinen somen. Darumb dein kü-

s) d. h. nicht mit der Einfachheit, Einlinigkeit der Bibel übereinstimmt u) nicht nur, daß

t) darböte

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niglich hohe nit zweyfle meynes undertenigen fleiß gegen deinen künigklichen gnaden oder dise schedliche zammenrottung zu verbieten unnd zu bezwingen sorgen zu tragen, denn von besonder meiner achtung wegen deiner tugent, auch von wegen unsers alten harkommens und geschlechts, 5 will ich zu gefallen sunderlich geflissen sein, in allem, das ich selb verstand, zu ruw und friden dienende der christlichen kirchen oder durch dich oder deins gleichens ermaneren unnd warneren gelernet würde, will ich das empsig mit meinem höchsten fleiß underston zü förderen. Und die sach nem, was end sie woll, will ich doch sicher das schaffen. Wo es anders 10 gon würde dann zü nutz der kirchen, sol mengklich und yederman verston, das mir an macht und willen gebrosten hat. Domit leb wol deine künigliche hohe, mir under den künigen der allerliebste, inn Jhesu Christo unserem behalter, der dich alle zyt vor allem leyd ungeletzt beware und behiet mit aller zyerden gehauffnet. Und hab deiner künigliche genad mich befol15 hen uß unser statt Quedelnburg, uff den sybenden des Meyen, von der geburt Christi unnsers herren M. D.XXII [1523!]. Doctor T. Murner 29 hats verteutscht.

A) Vorbemerkung Druckvorlage: C Ein brieff des Edlen Künigs vß Engelandt/ zü II den Fürsten von Sachßen/ von dem Luther. II [Holzschnitt] II C Hertzog Jorgen vß Sachßen antwurt. II [Straßburg: Wolfgang Köpfel] 1522 [1523 !]. 4° 12 Bl. Sign.: A - C 4 . - VD 16 E 1316. Köhler 1530. - SB München: 4° Polem. 1526n/2. Zur Entstehung: Nachdem Martin Luther Emsers Übersetzung von Heinrichs VIII. „Assertio Septem Sacramentorum" bekanntgeworden war (vgl. oben Nr. 13 Zur Entstehung), schrieb er im Juli 1522 seine scharf polemische „Antwort auf König Heinrichs Buch" in einer deutschen (WA 10 II, S. 223—262) und einer lateinischen (ebd., S. 175—222) Fassung. Die deutsche erschien um den 1. August, die lateinische Ende September 1522 (ebd., S. 177). Am 6. August schickte Herzog Georg von Sachsen die deutsche, am 3. November 1522 die lateinische an das Reichsregiment in Nürnberg und forderte — insbesondere wegen Verunglimpfung des Kaisers — die strenge Bestrafung Luthers (Geß, Akten, Bd. 1, Nr. 356 u. 396). Mit einem vom 20. Januar 1523 datierten Brief, den er durch einen Boten im April überbringen ließ, beschwerte sich Heinrich VIII. bei den sächsischen Fürsten über Luthers Polemik. Nach einigen Zwischenstationen erreichte der Bote am 27. April Kurfürst Friedrich in Colditz (Wülcker/Virck, Nr. 172, 173, 174, 176), der seinerseits seinen Bruder Herzog Johann unterrichtete, wurde aber von diesen höflich auf ein künftiges Konzil verwiesen. Am 30. April traf er in Leipzig ein und wurde von Herzog Georg empfangen, mit der Antwort aber vertröstet (Wülcker/Virck, Nr. 178). Diese erfolgte in Georgs Brief vom 7. Mai 1523 (im Druck fälschlich 1522), verfaßt in Quedlinburg. Bereits am 23. Mai 1523 ließ der Herzog Heinrichs Brief zusammen mit seiner Antwort durch Hieronymus Emser bei Wolfgang Stockei in Leipzig zum Druck bringen (Geß, Akten, Bd. 1, Nr. 500 mit Anm. 1, 508). Im selben Jahr erschien ein weiterer Druck bei Peter Quentel in Köln. Thomas Murner, der bereits 1522 für Johann Grüninger in Straßburg eine deutsche Übersetzung von Heinrichs „Assertio" angefertigt und eine Verteidigungsschrift für den König unter dem Titel „Ob der König aus England

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ein Lügner sei oder der Luther" verfaßt hatte (ed. Pfeiffer-Belli, Berlin 1928), wird alsbald nach dem Erscheinen der lateinischen Ausgaben die hier vorliegende deutsche Übersetzung besorgt und bei Wolfgang Köpfel in Straßburg zum Druck gebracht haben. Die Jahresangabe am Schluß der Schrift (1522), die auch in alle Bibliographien übernommen wurde, ist offensichtlich ein Druckfehler. Literatur:

Becker, Herzog Georg, S. 161 ff., bes. 183f.

B) Sacherläuterungen 1 Heinrich VIII. (1491 — 1547), seit 1509 König von England, zweiter aus der neuen Tudor-Dynastie, bekämpfte zunächst Luther und das Luthertum entschieden, näherte sich ihm aber seit den dreißiger Jahren wegen seiner vom Papst abgelehnten Ehescheidungsabsichten und aus bündnispolitischen Erwägungen an. 2 Gemeint sind Kurfürst Friedrich III., der Weise (1486-1525, geb. 1463), sein Bruder und späterer Nachfolger als Kurfürst Herzog Johann der Beständige (1425—1532, geb. 1467) aus der emestinischen Linie sowie ihr Vetter Herzog Georg (1500—1539, geb. 1471) aus der albertinischen Linie. Die im folgenden behauptete Blutsverwandtschaft mit Heinrich VIII. existiert nicht. Die weiter unten gemachte Angabe, die sächsischen Fürsten stammten vom englischen Königshaus ab, kann sich eigentlich nur auf das alte angelsächsische Königtum beziehen. 3 Luthers „Contra Henricum Regem Angliae", Wittenberg 1522. Zum Text und den verschiedenen Ausgaben vgl. WA 10 II, S. 175—222; siehe auch oben Zur Entstehung. Heinrich scheint sowohl die lateinische wie die deutsche Fassung benutzt zu haben, wie eine Bemerkung im folgenden Text (vgl. Anm. 7) und auch Textbezüge belegen. 4 Heinrich VIII., Assertio Septem Sacramentorum . . . , 1521; deutsch: Schutz und Handhabung der sieben Sakramente . . . , bzw. Bekennung der sieben Sakramente . . . , beide 1522 (vgl. oben Nr. 13 Zur Entstehung). 5 Der Begriff „schellig" kommt in der deutschen Ausgabe von Luthers Schrift nicht vor. Dort dominieren Lügner, Lügenmaul, Lügenkönig, aber auch Narr, grober Eselskopf usw. In der lateinischen Fassung herrschen alle möglichen Ableitungen des als Schimpfwort gebrauchten Begriffs Thomist vor, daneben häufig die Kennzeichnungen stolidus, stultus, stupidus. 6 Martin Luther, Contra Henricum Regem Angliae, Vorrede an den Grafen Schlick (WA 10 II, S. 180); kommt in der deutschen Fassung nicht vor. 7 Gemeint sind die beiden Fassungen von Luthers Schrift gegen Heinrich (vgl. Anm. 3). 8 Worauf Heinrich VIII. hier anspielt, ist nicht klar ersichtlich. Gemeint sein könnten Luthers Invocavitpredigten in Wittenberg, aber auch Ereignisse auf seinen Predigtreisen 1522. Heinrich ließ sich durch Mittelsmänner laufend über die Vorgänge um Luther unterrichten. 9 Häretische Strömung, benannt nach Mani (216—277), einem aus Persien stammenden Gnostiker; sie lehrte einen von strenger Askese geprägten Dualismus von einem guten und einem bösen Gott und wurde seit dem Ende des 3. Jh. scharf bekämpft. 10 Gemeint sind wohl Mohammed (571—632), Stifter des Islam (so interpretiert es auch Herzog Georg in seiner Antwort), und Osman Al-Ghazi (1259—1326), Begründer des Osmanischen Reiches. Zur Zeit der Abfassung des Briefes herrschte Suleiman II. (1494—1566), Sultan seit 1520, unter dem das Reich eine besondere Expansionskraft entfaltete.

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Die hussitische Bewegung in Böhmen, die sich nach dem Feuertod des vom Konstanzer Konzil verurteilten Jan Hus (um 1371—6. Juli 1415) entfaltete. Im folgenden wird auf die Kriegszüge der Hussiten gegen deutsche Territorien — besonders auch Sachsen — und auf die Verluste angespielt, die deutsche Kreuzfahrerheere gegen die Hussiten erlitten. Die auf den Oxforder Professor und Reformprediger John Wiclif (um 1325—1384) zurückgehenden Lehren, die vom Konstanzer Konzil 1415 als häretisch verdammt wurden und allgemein als eine Quelle Hus' und Luthers galten. Gemeint ist die Zurückdrängung der Hussiten auf ihr Ursprungsland Böhmen. Vgl. Anm. 2. Vgl. WA 10 II, S. 220 u. 261. 30. April 1523. Das stimmt überein mit den Angaben des kursächsischen Rates Hans von der Planitz (Wülcker/Virck, Nr. 178). Vgl. dazu und zum folgenden Anm. 2. Gemeint ist die Leipziger Disputation vom 27. Juni bis 15. Juli 1519 zwischen Johann Eck einerseits und Martin Luther und Andreas Karlstadt andererseits, über deren Ergebnis die Universitäten Paris und Erfurt urteilen sollten. Noch vor dem Urteil nahmen die Kontrahenten und ihre Parteigänger Einfluß auf den öffentlichen Meinungsbildungsprozeß über das Ergebnis der Disputation. Luther fühlte sich ebenso wie Eck als Sieger und publizierte Erklärungen zu seinen Leipziger Thesen zusammen mit einem Disputationsbericht sowie — nach einer Entgegnung Ecks — einen offenen Brief gegen Eck (WA 2, S. 391—435, 700-708). Das betreffende Verbot geht indirekt auch aus Georgs Anzeige der Lutherschrift beim Reichsregiment in Nürnberg hervor (Geß, Akten, Bd. 1, Nr. 356). Über die Bestrafung des Buchführers ist nichts weiter bekannt. Bereits 1521, also vor den fraglichen Ereignissen, waren in Dresden zwei fremde Buchführer, Andreas Reyßner aus Naumburg und Lorenz Trosche aus Erfurt, wegen des Vertriebs lutherischer Schriften gefangengesetzt worden. Heinrichs Assertio (vgl. Anm. 4). Hieronymus Emsers Übersetzung unter dem Titel „Schutz und Handhabung der sieben Sakramente . . . " (oben Nr. 13). Kaiser Karl V. (1500-1558, Kaiser 1519-1556). Diese resignative Haltung des Herzogs dürfte auf die Erfolglosigkeit seiner Bemühungen zurückzuführen sein, Luther wegen vorangegangener Schmähungen seiner Person zur Rechenschaft zu ziehen. Im Dezember 1522 hatte Georg einen Druck von Luthers Missive an Hartmut von Cronberg erhalten, in der der Herzog scharf attackiert und verunglimpft wurde. Georg fragte bei Luther an, ob er sich dazu bekenne. Luther nahm nichts zurück (Geß, Akten, Bd. 1, Nr. 412, 417, 420, 422). Obwohl seine Räte dem Herzog in einem Rechtsgutachten davon abrieten, rechtlich etwas gegen Luther zu unternehmen, da dieser der Jurisdiktion des Kurfürsten unterliege (ebd., Nr. 423), wandte sich Georg beschwerdeführend an Kurfürst Friedrich (ebd., Nr. 433). Nach dessen ausweichender Antwort (ebd., Nr. 437) richtete der Herzog am 4. Februar 1523 seine Beschwerde an das Reichsregiment und gleichlautend an die Reichsstände in Nürnberg (ebd., Nr. 450). Das Reichsregiment riet gleichfalls davon ab, den Rechtsweg zu beschreiten (ebd., Nr. 468). In den Vorgang schaltete sich auch Graf Albrecht von Mansfeld als Vermittler ein (ebd., Nr. 467, 469, 476). Nach weiteren Demarchen Georgs bei Kurfürst Friedrich (ebd., Nr. 470, 485, 486) sah der Herzog erst am 8. April 1523 die Erfolglosigkeit seiner Bemühungen ein und verzichtete auf den Rechtsweg gegen Luther (ebd., Nr. 489, 492). Vgl. Anm. 10.

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26 Vgl. Anm. 11. 27 Im September 1522 war die erste Ausgabe von Luthers Übersetzung des Neuen Testaments bei Melchior Lotter d. J. in Wittenberg erschienen; schon im Dezember folgten der erste Nachdruck bei Adam Petri in Basel und gleichzeitig eine Wittenberger Neuauflage. 28 Am 7. November 1522 erließ Georg ein Mandat, das den Vertrieb von Luthers Ubersetzung im Herzogtum Sachsen verbot und anwies, bereits gekaufte Exemplare gegen Erstattung des Kaufpreises bei den Ämtern abzuliefern (Geß, Akten, Bd. 1, Nr. 400; über den geringen Erfolg der Aktion vgl. ebd., Nr. 416, 435, 444, 454). Das Verbot wurde Anlaß für Luthers Schrift „Von weltlicher Obrigkeit, wie weit man ihr Gehorsam schuldig sei" (WA 11, S. 245—281; Laube/Looß/Schneider, Bd. 2, S. 830-864). 29 Thomas Murner (1475—1537), einer der einflußreichsten Schriftsteller der Zeit und Verteidiger des alten Glaubens. Vgl. oben Nr. 6 und 7.

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[...]• Zum andern, was man doch halten sol für die ewangelisch leer, yetz will man yea streng sein, in Worten mer ligenb dann im verstand der wort, wollen etlich ye so streng sein, man sol yn nicht0 predigen, dann das ewangeli, dann Got hab sunst kein leer befolhen zu predigen, spricht der herr, predigt das ewangeli [Mark. 16, 15], wil man versteen nur das zu predigen, was die ewangelisten schreiben, mag nit besteen die vier ewangelisten als Matheus, Marcus, Lucas, Johannes. Matheus beschreibt das eusserlich lebenn Christi, Marcus die urstendd Christi, Lucas die diemüttigkait Christi, Johannes die gothayt Christi, wiewol ein yegklicher die ding alle beschreibt, aber yedoch einer mer dan der ander. Matheus hebräisch sprach, Marcus, Lucas, Johannes in kriechischer sprach, Matheus in der judischayt gepredigt, Marcus in Alexandria ein junger Pauli, Lucas ein junger Petri in Achia, Johannes in Asia, wer will so aynfeltig sein, das ausserhalb der6 kain geschrifft ewangelicklich genent sol werden, wo kerne hyn die zwolfpoten, auch Paulus und ander, wer zweifelt, yeglicher zwolfpot hab predigt, sein predig auffgeschriben, aber durch durchachtungf christenliches glaubens verdempfft, unterdruckt, des sich die kirch mer beklagt dann des sterben der heyligen. Jedoch so sein durch Lucam, des ewangelisten, die wirckung der junger aller miteinander in ein buech [Apg.], das selbig buech in XXVII. capitel getailt3, sust ausserhalb der sein von funff zwelfpoten geschrifft, von Petro, Johan, Matheus, Jacobo unnd Juda, ausserhalb der ewangeli siben epistel, Petrus beschreibt® II, Johannes III und Apocalipsi, Jacobus I, Judas I, Judas Thadeus 4 , einn bruder Jacobi. O, lieber bruder, laß die auch ein ewangeli sein5, was wil man den Paulum zeihenh, sol des geschrifft nit ewangelisch sein, der da schreibt zu siben großen ortten der weit, zu den Romern, zu den Ephesios, zu den Colonisenses, zu den Corinthern, zu den Thessaloniern, zu den Hebräischen, zu den Philippenses, wer sehen wil, wer die all gewesen sein, pesech1. Sollen die epistel, die Paulus zu zwayen sein) jungern schreibt, Titum und Thimotheum, nit ewangelisch sein, so bekenn ich öffentlich, das ich nit zu predigen waiß, Paulus ein veind der christnlichen kirchen, auß dem nit werd sich schätzt ein apostl, besecht sein leer, sein fleiß, wy er von einer stat zu der andern umbzogen, ander prediger haymgesuecht, über al besehen k , das recht zugeht. Darumb werden die all von der kirchen mitsampt den ewangelisten zugelassenn in ewangelischer leer, der ye so streng will sein des fumemens, wie oder was wiltu sagen von dem alten testament. War1 ist,

a) ja, besonders b) an Worten mehr hängen c) nichts (anderes als) d) Auferstehung e) deren (Schriften) f) Ächtung, Verachtung g) schreibt h) bezichtigen i) besehe j) seiner k) darauf geachtet 1) Wahr

Marci 16

Jeroni. 1 in prologo ewange. 2

Jeroni. 1 in prologo 6

Actuum [Apg.] 15 et 16

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Deutro. 6

Freiberger: Eine brüderliche Ermahnung

wir sein dem pedagogen nach dem gesetz nit unterworfen, weder mit beschneidung nach m cerimoni, auch prophetenn etlich gar nit angenumen werden, noch" nichtz minder gebraucht man sie in ewangelischer untherrichtung der 1er der geschrifft, unangesehen daz Salomon schreibt, von des seligkait vil gezweiflt wirtt. Es ist geschriben im alten testament von frawen als Judith, Hester. Dieweil die aber all gute nütze 1er geben, sol man sie darumb außschlagn? Cayphas, den dürst nach dem plut Christi, gab ein rath, besser wer, ein mensch sturb, dann das die gantz judischayt verdurb [Joh. 18, 14], Im ward gefolgt, rath wol, mit dem wil ich den strengen menschen geantwurt haben, die nur streng ligen auf dem wort. Item wer zweifelt, daz das new testament, auch ploslich 0 die vier ewangelisten, lernten 1er genug, der yn nur folgt, mann bedarff gar wenig geschrifft, das aber alle ding in ewangeli beschriben sein, das ist nit, dann der her selbs spricht, vil ding unnd zaichen hat der her than in gegenwertigkait seiner jungern, die nit beschriben sein inn dem buech. Meer spricht er zu seinen jungern: Ich hab euch vil zu sagen, ir mügtz aber yetz nicht tragen [Joh. 16, 12]. Auch zaigt der her etlich zaichen an, die sein jungern nachfolgn sollen [Mark. 16, 17—20]. Der da besieht die ewangeli find vil mer und ander zaichn [Apg. 3], als es geschieht offt, das ein ewangelist schreibt und schreibt nit gar p , also das ein ander ewangelist das erfult q . Darumb irren sich die ewangelischen offt, es ist offt ein klaine geschrifft, bedarff eines grossen verstandts, darumb secht, stet also geschriben: Ein geschrifftweiser kam zu Christo und versuecht yn sprechent, maister was ist zu thun, damit das reich der himel erlangt werd, dieweil er den herm versuecht, versuecht in der her auch und sprach, bist du ein maister des gesetz, wye lernestu. Er antwurt, hab Gott lieb auß gantzen deinem hertzen, auß gantzem deinem gemut und dein nechsten alls dich selbs, der herr antwurt ym, du hast recht geantwort, das thue, so wirstu leben [Luk. 10, 25—28]. Mer stet geschriben, das ein maister des gesetz kam, fragt den heren, was mit weniger leer zu thun wer, daz man den himel erlanget, ym sagt der herr, du soltst Got lieben, dein nechsten als dich selbs. In disen zwayen gebotten ist begriffen das gesetz alle geschrifft [Matth. 22, 36—40]. Auch, so stet geschriben allein ein gepot Got ze lieben [5. Mose 6, 5], und es ist ein Überfluß, zway gepot ze nemen, dieweil sie also sein, das Got nit geliebt mag werdenn ausserhalb der lieb des nechsten, noch der nechst geliebet mag werden ausserhalb der lieb Gottes. Secht, lieben kinder, das sein allsr kleine wort, bedorffen eines grossen verstandts, wie und warumb Got geliebt sol werden, was wider den nechsten sey etc. Wenn mann ye also reden wolt, so wer gar keiner geschrifft nit not, dann Gott hat unns das gesetz der natur in das hertz geschriben, aber so die natur irret, muß man die zaumen s , und damit der gemain mensch, der geschrifft unverstendig, recht bericht würde, hat Christus in parabolis daz in gleichnuß gelernt', zaigt nit an, wo die geschehen seint. Also haben vil heiigen apostel uns die

m) noch n) dennoch, nichtsdestoweniger o) bloß, nur q) füllt, ergänzt r) alles s) zügeln t) gelehrt

p) ganz, alles

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geschafft geben, uns" darnach wissen zu richten, hat dan Christus der höchst prediger sich exempeln gleichnus praucht, darmit die warhait an tag kern, den volgen pillich die apostel und ander, zu den Got spricht, der euch hört, der hört mich, wer euch verschmecht, der verschmecht mich [Luk. 10, 16]. Die junger haben vil leer geben, der sie von Christo nit al zu wort gehört haben, auß eingebung des heyligen geists, und also wirdt billich zugelassen ein ygliche geschrifft für ewangelisch, nutzlich, die nit ist wider guete sitten, die ursacht zu der lieb Gottes und des nechsten. Noch v mercket eins, yr die streng ewangelisch genent wolt sein, wie wolt ir das ewangeli Johan verantwortn, darin der herr bekent, der vatter ist meer dan ich, unnd wie mir mein vatter ein gepott geben hatt, also thue ich [Joh. 14, 28. 31]. Auch spricht der her: Vater, ist es dein wil, nim den kelch meins leidens hyn, yedoch nit mein will, aber dein wil geschech [Luk. 22, 42]. Mer spricht der herr, mir sein alle ding vom vater geben [Luk. 10, 22], wiltu ye starck sten, mues Christus ytz minder sein, wer gibt den verstand, daz ewangeli nit nach dem text, aber Simbalum Niceni und Athanasi 7 , die lernen, das der vatter mer ist, dan ich der menschayt halben, aber der gothayt halben gleich, also mueß dem buechstaben geholffen werden mit dem verstand. Die geschrifft ist nit eines ydermans verstand unterworffen, nit einem ydn calefactor w erlaubt, ires wildens verstand darauff zu machen, wie sich ytz calefactores Paulum 8 untersten zu predigen. Wir haben vier doctores Jheronimum 9 , Gregorium 10 , Ambrosium 11 , Augustinum 12 , zu der* geschrifft ist zu fliehen, auch zu den vier concilii 13 , die dan die kirchen nichtz minder als die ewangeli annimpt 14 , und in allen zweyffel ist der bäbstlich stüel zu erfragen 15 . Dise regel wollet ungezweifelt halten, das der beschluß y aller gepot aller geschrifft dy lieb ist, das end aller 1er, bezeugt Christus, waz da ist ausserhalb der lieb ist tod, man predig, man sing, yr solt nit boß umb boß geben. Darumb beschleuß 2 ich den andern thayl diser predig, das kain leer nit ewangelisch genent sol werdenn, dy nit ist auß der lieb. Dyweil das war 3 durch angezaygte geschrifft ist, so ist auß not b das war, was0 1er oder geschrifft ursach zu boesen siten wider die lieb Gottes und des nechsten, das die nit wirdig ein leer genent zu werden, wie dann ytz ein gemain geschray ist, das ein neu ewangeli ist ye ein torhayt, die sich des worts gebrauchen. Dann sod ein newes ewangeli wer, wer hets ze machen gewalt gehabt, unnd was muest doch das alt ewangeli sein, aber ich wil euch sagenn, was das new ewangeli ist. Yetz untersten sich jung prediger, predigen, was sie luste, suechen mit fleiß, was zu unnlust ist, verhoffen sich etlichen zu gefallen, einer predigt Paulum, der ander Petrum, der drit Matheum etc., welches ist wider die Ordnung des heyligen Jeroni. Dann da kayser Theodosius 16 zu seiner zeyt ketzerey warn, mer dan bey kainem

u) (damit wir) uns v) Doch w) lat.: Einheizer, einer der sich unberufen in fremde Angelegenheiten mischt x) deren y) der letzte Sinn z) schließe a) wahr, bewiesen b) notwendigerweise, folglich c) welche d) wenn, falls e) gelüstet

Luce 10

Johan. 14 Luce 22 Lucg

Dis. 15 Djs j j Luce 10 [27] Levitici 19 [3. Mose 19, 18] Deutro. 6 [5. Mose 6, 5] Mathei 22 [37] Paulus ad Co. 1 und 13 [l.Kor. 13, 1-13] Jaco. 14 [wohl 2, 8]

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Freiberger: Eine brüderliche Ermahnung

kayser, die tilget er auß, und als er zu rue kam, schrib er zu dem babst Damaso 17 , damit er mit den cardinalenn ein gute gleiche Ordnung zu betten, meß lesen macht in die priesterschafft und in die christenlichen kirchen, da schickt der babst zu dem heyligen Jeronimo und er pat in, sich der mue anzunemen, denn er west eines heyligen leben, derselbig alls ein gehorsamer mit unmenschlicher mue über den psalter sich setzt 18 , den außtailt in dy tag der gantzen wochen, in all bethzeyt 19 , metten, preym etc., vesper, completori, nachvolgent das alt und new testament treulich vatterlich in die meß eingethaylt. Und als das gar vollent ward, schickt ers dem babst, der ein groß gefallen daran nam und gepot solichs in der kirchn für und für zu halten, secht ob sich calefactoribus ander Ordnung ze machen gezimm. Gott sey mein zeug, das ich nit auß neid noch zorn predig, so ich mit fleiß besieh, das yetz genent wurt daz new ewangeli, leutert es sich als zu unlust, aufruer, Unwillen und wider gute sitten, behertziget umb Gottes willen, warzu die wort auff den cantzelen nutz seint, das mann sich erfrewen sol des newen ewangeli, als wer die warhayt unnd das recht ewangeli von unns alten predigern vor den layen verporgen oder nit recht gepredigt, dient zu nicht, dann unns in unlust, veintschafft ewer aller einzufueren, wes wolten wyr unns unnd euch gezihen haben, secht ob yr ewangeli dienen zu frydt, nemlich nit, der vatter ist wider den sun, herwiderumb der sun wider den vatter etc. Wo sechs an einer zech sein, so kriegen die drey, secht das mann sich nit fürcht schentbrieff zu machen, das bey dem leben verpoten ist, man schreybt, man singt, man malt menschlich gesicht mit äffen, esel, seu oren, mann het vor zeitten, wo es einem seuhirten geschehen war, die straff nit underlassen, yderman wil frey sein, die burger ratherrn wollen den populum herr omnes f überhandt lassen nemem, wirt zuletzt hart niderzudrucken, am ersten soll mann darzuthun. Das mir ein mensch sagt, in was endt doch solichs geschach, unnd wens alls yres begerens erhabt g wer, noch so wayß ich kain gewinnens daran, ist es darumb closter unnd pfaffen zu vertilgen von guettes h wegen, ist nie ein guet endt oder ursach, wurde noch ein schlechter" raub in gemayn pofel kaum ein creutzer, so geleich zehen capitänet geacht wurden, wurde zulegen wie andere raub gueter, und wen wyr gleych heynt^ all erschlagen weren, man würd hart warten biß ander würden, wurde on rew nit zugeen, gleicherJudith 20 weiß wie die aylff geschlecht sich untherstunden das geschlecht Beniamin zu vertilgenn, das geschach biß ann ein clains volck, besecht wie sie das bereuten demselbigen geschlecht wider aufhulffen [Richter 20; 21]. O nit, lieben brueder, lasset unns lenger miteinander haußhalten. Ermann k ein yegkliche pfarr mennig 1 yren seelsorger, in dem das sie mißfallen haben, bruederlich, unnd inn der gemayn all anrueffen bäbstliche heyligkayt, kayser, fursten etc., darmit ein reformacion beschech"1, es ist in glauben not, in gaystlichen unnd weltlichen Stenden, nicht das beschech

f) Herr Omnes, d. h. das Volk, der Pöbel g) nach ihrem Begehr durchgesetzt h) Gut, Besitz i) schlichter, einfacher j) heute k) (Es) ermahne 1) Menge, Angehörige der Pfarre m) geschehe

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aygenes gewalts, sunder durch dy, welche das zu thun haben und daz schuldig sein. Besecht umb Gottes willen, wo ist das ye christenlich erhört worden, das man babstlich heyligkait so graußam nachredt und schreybt, benennen in ein antechrist, vergessen der 1er Pauli: Ir solt ewrn obern gehorßam sein [Rom. 13, 1], nit allein den guten, sunder auch den boßn. Nun ist ye aller gewalt vom himl, Paulus schreybt ad Titum, daz er dy christlichen heyligen menschen darzu halt untherdenig zu sein den fursten [Tit. 3, 1]. Es spricht auch der her selbs, der gewalt sey vom himel, zu Pilato: Du hest kain gewalt in mich, nur allain er wer dir von oben herab geben [Joh. 19, 11]. Darumb wer dem gewalt und sein obern widersteet, der widerstet der Ordnung Gottes. Im himel ist ein engel über den andern, als lang die weit steet ein mensch über den andern. Der her spricht zu Sant Peter und allen sein nachkomen, alles, das du aufbindest auf erdtrich, wirt gepunden im himel, und was du auflost auf erdrich, wirt aufgelost im himel [Matth. 16, 19]. Die wort verstet, wie ir wolt, so werdt ir es nit unterdrukken, ee wirt himel und erden zergeen [Luk. 21, 33; Matth. 24, 35; Mark. 13, 31], also seind die wort Gottes bestett". Almechtiger Got, weß wirtt geschont, niemant, zu erparmen ist, wie dem christnlichen hochgelerten kunig von Engellandt schimpflich geschriben wirt 20 , vil hochgelerten doctoribus, vil geystlichen vatter allen orden, mocht mann al closter umbstössen, ist das ein newes ewangeli. Ich gelaub, schimpflich zu reden, der teuffei sey aufkummen, die christenlichn churfursten und ander furstn haben ein maß geben, nach dem wirt nit gelebt, kaiserliche mayestat wirt veracht, der da gepotten hat die geschrifft 0 al hynweg zu thun 21 , guet und boß, damit nit das gifft unter der suessigkait einge, als sich dan al ketzer befleissn, dy in iren schreiben ein lustig anlaß, ist das ewangelisch, dy glider vom haupt abzewenden. Nun hat doch Got selbs er p erpotten, dem kayser verschafft zu geben, was dem kayser zugebürt, dann on ursach tregt der fürst das schwert nit, und ich besorg bey meiner seel die practica, die da sagt von grossen gewässer 22 , werd verkeil in menschlichs pluetvergiessen, sol es dan als klein sein so grosse Verachtung, trost euch erber stendt nit, wann kayserliche mayestat nur die äugen wenckt dem vertriben adel oder sunst man ist bald nit als landrayssig, alls kayser Friderich auch gethon hat, da er befand ungehorsam im reich vom adel unnd steten, confirmirt er die wastvalischen recht etc. 23 Bedenckt mit vernunfft, was das für ewangelische leer sollen sein, laß gar nymant rue zu lassen biß in die gemälq in kirchen, biß in die gotzheuser, die seint zu hübsch, al eererpietung christenlicher Ordnung ist zu vil. Nit benuegigt r auf dem erdtrich rumor, aufruer zu machen, der toedten wirt nit verschont, die gestorben doctores 24 , die yr leben in studieren verzert haben, die Got im leben, im sterben, nach dem sterben geert hat, die muessen yetz nit recht geschriben haben, all ketzerey vor8 genugsam in concilii überwunden, verdampt, die macht man al lebentig, setzt mer hynzu, sollen so torhayt sein, in ein menschen mer

n) bestätigt o) Schriften reits zuvor, früher

p) Ehre

q) Gemälde

r) Nicht genug

s) be-

Ad Titum 3

Luce 19

Mathei 16

Luce 21 Mathei 24 Marci 13

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Johan. 19 Luce 2

Mathei 7 [15. 16] et 24 [5] 2. Petri 2 [ 1 - 3 ] Ad The. 3 [l.Thess. 3, 5] 1. Corin. 15 [33] Marci 13 [5. 6] 5. Sapi. in multi capituli [Vg.: Sap. 5] 23. Ezech. 15 [?]

1. Corin. 11 [18. 19] Ad Ro. 8 [Rom. 16, 17. 18] Mathei 13 [54-58]

Freiberger: Eine brüderliche Ermahnung

glauben zu setzen, dann in vil tausent, der verfluecht ketzer so fräflich al christenlich Ordnung und zier, auch allen concilen widerspricht, fräflich die christenlichen sacrament beschneit, so er sich flux umthon hat auf erdtrich unnd unter dem erdtrich, in kirchen steigt er in, daz purgatorium 1 wil keins lassen sein sol ketzerisch, widerspricht dy heyigen als furpitter nit anzurueffen, noch Maria nit günnen der eren, damit sie dy christenlichen kirchen eret, die Got, der her, am creutz sein muter erkent sprechent: Fraw, sich dein sun [Joh. 19, 26). Maria trostlich spricht zu dem herren: Sun, was hast du uns gethan [Luk. 2, 48]. Nun ist je war, Christus ist unser fursprecher und furpitter bey Got, dem himelischen vater, wirt ye nit anders verstanden, der menschayt halben gar nichtz der gothait halben, darumb sprechen wir: Criste audi nos, salvator mundi adiuva nos. Beyleib sag, du feind Marie und aller heyigen unnd aller christenlichen sacrement, von wem ist der versprech Christus, ist er nit auß dem pluet Marie durch mitwürckung des heyligen geysts. Darumb forcht euch nit, alle die eer, die euch müglich ist, die beweist Marie, außgenomen sie anzubetten oder eer, die Got allain zugehört, das alles hatt Christus wol gewist, das vil falsch ketzerisch leer erstheen würden in dem christenlichen volck, auch seine jungern darumb sy manifeltig in ewangeli gewarnt, secht mit fleiß auf die falschen propheten, die zu euch kummen in klaydern der scheflin, seind inwendig raubent wolff. O, mein volck, huet dich vor den. Ich hab si nit gesent, sie verfueren dich. Nit allain ist sich vor den zu hüten, sunder auch vor yren gehilffen, in der etlich sein, sich mit dem mundt ewangelisch benennen, inwendig raubent wolff, das gifft im hertzen tragen, ir hertz ist verplent, benennen sich vernünfftig, seind narren worden, fliehen das liecht, dan den krancken äugen ist das liecht häslich, und wie wol sie nit kranck äugen haben, noch" sein sie plint im glauben, dann der glaub berayt den menschen zu liecht, ist nit not verr zu sehen, so man die an der hand hat. Ir wert sie erkennen auß yrenn fruchten, thuent die äugen der Vernunft auff, flux werdt irs auß iren fruchten erkennen, es gepürt sich auf denn cantzellen niemant zu nennen, mocht aber leyden, das mann bedacht die plindenfuerer und das volck, das in nachfolgt als munich, die hart an kutten tragen, ir gelub und ayd vergessen, wollen doch, daz man den menschen gelub und ayd halt, bei in sol man Got nit halten, besecht selbs ir anheng, ist das dan ein ewangelische leer, so verstee ichs nit, die weit ist nie anv ketzerei gestanden, wirt noch an ketzerey nit sein, darmit die warhayt dester Rechter ann tag kum, widerpart zu halten. Es sein auch vor zeitten wol grosser ketzerei unnd irr gewesn im glauben, als nemlich in der person Christi, doch gar vil, ee man yn zu hat gelassen ein Got zu sein, noch vil mer irr in der person des heyligen geysts unnd sunst aber nit mit dem schwert uberwunden durch Augustinum, Jeronimum, Ambrosium, Gregorium 25 , aber w mit der 1er. Yetz enthelt sich die irr umb disen artickl christenlichs glauben: Ich glaub die christenlich kirch. Vor dem artickel und dem geschloß x ligt man, mocht mann den gar umbstossen. Nun ist

t) Fegefeuer

u) dennoch

v) ohne

w) sondern

x) Beschluß

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war, wer einen artickel des glauben widerred, der widerredt den andern allen, nun sol ewer lieb sich nitt beschweren, als sei die irr im gantzen christenlichen glauben, wol Got nit wider y in Italia, Franckreich, Engellandt etc. auch noch in unsern landen, sie doch gar der merer frumer thayl den Sachen veint ist, die sich in Aquilonia 26 nahent den behemischen lufft 27 hat erhebt, der ort vil ketzerey auch vor2 sich erhebt, man leßa alle die ketzerey, die ye gewesen sein, so haben die menschen nie so leichtfertig nerrisch gethan, auf eins menschen geschrifft sich wider vil tausent doctores zu settzen, wo irr aufgestanden sein, so hatt man die angestelt für den babst oder auf zukunfftig concilii, wie dan yetz auff dem reichßtag zu Nürnberg 28 auch angestelt ist worden, da wolln dy nur mit gewalt, mit zorn, der ein veint ist der vernunfft, wollentz bei dem anstandt bleiben lassen. So b ein engel von himel kummen war, geschoben und gepredigt het, noch so sol man sich nit als leicht zu fallen begeben haben. O, ir unvernunfftigen, wer hat euch zwunngen vom weg der warhayt, was sol ein unversuechter gelobt werden, der nit widerstet [Gal. 3, 1—4], seyt ir roer worden, die vom windt hyn und her bewegt werden [Matth. 11, 7], stett starck, dan niemant wirdig ist, ritterliche eer oder krön zu entpfahen, dann der ritterlich streyt, und last euch nit taylen, besteet beyeinander, dann ein yegklichs reich, so es sich ertaylt, wirt zerstrat [Matth. 12, 25], auch daz groß reich der Juden [Josua], alsbald sy sich zutrennen Hessen, da warden sie überfallen unnd ir reich zurstrayt andern untherworffen. Barmhertziger Got, solten die lieben heyligen zwelfpoten unnd ander heylige prediger yren gepflantzten Weingarten yetz darinn sehen raubent wolff unther den christenlichen scheflin, sie also zertrent, glaubt, yr lieb gegenn unns ist nit gestorben. Darumb so erman ich euch als glider Christi, disenn sachen zu widerstehen, nit mit dem schwert, nempt ein mißfallen in der leychtvertigkayt. Ich bin ein Christ unnd ir seyt Christen, ist für uns und unser gevättem in der tauff versprochen, dem teuffei und aller seiner hoffart unnd wercken widerstandt zu thun, verleucht c in ewere oren nit noch geselschafft, die sach wirt mit der zeyt aufhören, ist nit mit gewalt zu handien, dann ist die von Got, wer wil darwider stehen, wir sein etlich schwach Christen, ob der herr ein straff über uns geen lassen wirt, leytd die mit geduldt, ist die sach von menschen, wirt von menschen wol gestrafft werden [Apg. 5, 38. 39], Got mag niemant widerstand thun, beleybt in der ervoderung, darinn yr seyt [1. Kor. 7, 17. 20. 24], wenckt euch nit auf die recht oder linck seitten, das ist euch erbarlicher und nutzlicher, erberlich pleibt in dem weg ewr elter, der6 guet und er yr besitzt, peleybt und gedenckt dahyn zu kummen, da vil tausent und aber tausent hynkummen seind, seint ye ewer elter auch frum unnd redlich leut gewesen, wolt ir euch besser achten, ewer elter darmit verachtn. Es ist nützlicher, auch gewiser, also zu peleiben mit dem furgesetzten willen, was euch ein concilii werd lernen dem volg zu thun. Ein exempel, ein priester heldt meß, so er

y) weder z) vorher, früher det e) deren 33

Reformation

a) lese

b) Selbst wenn

c) verleiht

d) lei-

Ad Gala. 3

Mathei 11 Paulus Josue biß in das 13. cap. [!]

Judith 12 [Richter 12]

Actuum 5

1. Corin. 7

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Luce 71 (!) [21, 12—19] Mathei 25 [26] Luce 10 [16. 23. 24] et 14 [33] et 19 [22] Daniel 13 [23] Ad Gala. 4 [6. 7] Ad Ephe. 6 [5—9] Luce 12 [4.5. 11. 12] et 21 [12—19]

Freiberger: Eine brüderliche Ermahnung

die hosti auffhept, wir betten die an, und ich setz, das der priester die wort der meß nit gesprochen hette, solt ich oder die anbetten nit von des gueten glaubens, die hosti wer consecriert, nit behalten sein. Wil aber ye einer seines sinnsf sein, so laß die anderen unbekümmert, lauff nit hyn unnd her zu betriegen, pleibt in bruederlicher lieb unnd frid, darmit uns Got auß dem zeytlichen frid uns den ewigen frid geb. Das mir aber verwisen wil werden, als solt ich zwir 8 ketzer ketzer geredt h haben, bekenn ich nit zwir, ja sechs mal wil ich mit unwidersprechlichen geschrifft war machen, unnd ob ich geleich hunndert mal ketzer gesaget hedt, so ich die newen bibel, die man yetzt druckt 29 , besieh, wenig bißher der gerecht, aber noch ob hundert ketzerischen red darinn gefunden, darvon die zu kauffen ich ein ygklichen christenlichen menschen bruederlich gewarnt will haben. Und als mir verwisen wil werden, als hab ich laud geschrien, die kirch ist hoch und groß, hab gewont in grossen kirchen zu predigen vor vil volcks, so betrifft die sach die seel der menschen, darinn ye nit still geschwigen sol werden, den aposteln ward durch die fürsten der Juden verpotten zu predigen, sagten die junger, sie woltens nit unterlassen, man muest Got meer untherdenig sein dan den menschen [Apg. 5, 28. 29], so lernt der prophet, schrey, hör nit auff, erheb dein stimm als ein busaun [Jes. 58, 1], dann wer den herren erkent, der wirt vom heim auch erkent. Ich förcht den herrn, der spricht, du schalckhafftiger knecht, warumb hastu mein vertrawen in ¿ich n j t angelegt, man sol das liecht nit verpergen etc. Sol ich dan ye zu unlust darumb sein, sprich ich wie Susanna, besser ist in die hendt der menschen zu fallen, dann in dy hend Gottes. Ich setz mein trost in Got, nit in die menschen, trost mich Paulus, wer mich strafen will, besech mein angezaigte geschrifft, wer es besser waiß, warumb Stent sie nit herfur, recht gut prediger sollen nit rue haben, ist in hundert jaren noet zu predigen gewest, so ist es yetz noet, darzu die bischoff geflissen sollenn sein, und die groß pfarr haben, wo nit mit worten, sollen die werck mer predigen dann die wort. Got helff uns allen. Amen. Gedruckt zu Landßhut.

A) Vorbemerkung Druckvorlage: Ein bruderlich ermallnung zu den die sich nenen Ewan=llgelisch/ wie der Christenlich Glauben sein anfang hab II von dem haupt Christo/ vnd durch das Ewangeli II Vnd was ein Ewangelische leer billich genent II vn erkent werd/ vnd was kein Ewangelische II leer sey. Durch Johan Freyberger d' geyst=llliehen recht Licenciât/ ein Prebëdari des II Thomstifft Gottes vnd Marie/ vn II sant Corbinian der erst Bischoff II zu Freysing im Thö gepredigt II vor dem Bischoff vnd Doc=lltoribus/ Auch gemaynner II Priesterschaft/ auch anlldern Christenlichen II volck. II Am Auffartag. Anno. 1523. Jar. II [Spruch] II [Blatt] II (Am Ende:) Gedruckt zu Landßhut. [Johann Weißenburger 1523.] 4° 8 Bl. Sign.: AB4. - VD 16 F 2710. Köhler 1192. SB München: 4° Polem. 670/3.

f) eigensinnig, seines eigenen Sinnes

g) zwei

h) genannt

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Zur Entstehung: Von Johannes Freiberger ist wenig bekannt. VD 16 verzeichnet von ihm außer der vorliegenden noch sieben weitere Schriften, davon zwei mit je zwei unterschiedlichen Drucken, alle in Latein. Darin bezeichnet er sich als aus Vohburg (an der Donau) stammend, als früheren Kanonikus in Regensburg und Passau sowie Pastor von St. Martin in Landshut, nunmehr als Pastor in Vohburg, Licentiat des kanonischen Rechts sowie Kanoniker und Pfründner des Domstifts zu Freising. Im Dom zu Freising hielt er am Himmelfahrtstag 1523 diese Predigt, die wohl bald gedruckt wurde, und zwar von Johann Weißenburger in Landshut. Auf sie bezieht sich eine ausführliche lutherische Gegenschrift von Martin Reckenhofer „Ein Urteyl . . . über ein Sermon gepredigt am auffertag deß 1523. iars zu Freysingen . . . " von 1524, in der Freiberger — wohl nicht ganz zu Unrecht — als „ungelerter papist" bezeichnet wird, „der doch unwirdig ist, daz er auff die cantzel tretten soll" (Bl. Dia). Argula von Grumbach nennt ihn 1523 als Beispiel für einen reichen Pfründner, der „mer dann acht hundert guidein von pfründen (hat) unnd thut ein gantz jar kein predig" (Laube/Looß/Schneider, Bd. 2, S. 921).

B) Sacherläuterungen 1 Im ersten Teil der Predigt interpretiert F. die Schöpfungsgeschichte in dem Sinne, daß Gott zwei Geschlechter unter den Menschen besonders geliebt hat, die Juden und noch mehr die Christen. Ausgehend von Mark. 16, 15 skizziert er die Missionsgeschichte von den Aposteln bis zu Bonifatius und sieht die bestehende Kirche in deren Tradition als Kirche Christi. 2 Das dem Vulgata-Text vorangestellte Vorwort des Hieronymus enthält die betreffenden Passagen nicht. Gemeint ist wohl sein Vorwort zum Matthäus-Kommentar, in: Migne PL 26, Sp. 18f. F. ordnet allerdings fälschlich Markus dem Paulus und Lukas dem Petrus zu. Bei Hieronymus: „Secundus Marcus, interpres apostoli Petri, et Alexandrinae Ecclesiae primus episcopus... Tertius Lucas medicus, . . . qui et ipse discipulus apostoli Pauli, in Achiae" (d. h. Griechenland). 3 Auch hier wieder eine Flüchtigkeit F.s; Apg. hat 28 Kapitel. 4 Im Judas-Brief nur als Bruder Jakobs bezeichnet. Der Name Judas Thaddäus erscheint erst in der späteren kirchlichen Literatur als Bezeichnung für den in Matth. 10, 2ff. genannten Thaddäus, der mit dem Verfasser des Judas-Briefes gleichgesetzt wird. 5 Die Zielrichtung dieser Polemik ist unklar, da doch Luther die Einheit des Neuen Testaments betont: „Evangelium und Neu Testament ist ein Ding". Genau dagegen polemisiert Emser unten Nr. 22, S. 512f. 6 Gemeint ist hier wohl das Vorwort zu den Epheser-Kommentaren des Hieronymus (wie Anm. 2, Sp. 470). 7 Das auf dem Konzil von Nicäa 325 beschlossene Glaubensbekenntnis, das in Auseinandersetzung mit den als ketzerisch verurteilten Lehren des Arius (um 260—336) die Formel von der Wesensgleichheit von Gott-Vater und -Sohn festschrieb, als „Nikänisches Symbol" aber erst 381 unter Kaiser Theodosius I. durchgesetzt wurde. Das nach seinem angeblichen Verfasser Athanasius (295—373) benannte, aber viel später entstandene Symbol ist das dritte grundlegende Glaubensbekenntnis der katholischen Kirche, das die Trinitätslehre präzisiert. 8 Anspielung auf die konstitutive Bedeutung der Paulus-Exegese für Luther. 9 Hieronymus Stridonensis (um 347—419/420), wie die drei folgenden einer der großen lateinischen Kirchenlehrer. 10 Gregor I., der Große (um 540-604). 11 Ambrosius (339-397). 12 Augustin(us), Aurelius (354—430). 33!

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Freiberger: Eine brüderliche Ermahnung

13 Die vier grundlegenden Konzilien von Nicäa 325, Konstantinopel 381, Ephesus 431 und Chalcedon 451 (vgl. die folgende Anm.). 14 Vgl. Decr. prima pars, dist. 15, in: CorpIurCan, Bd. 1, Sp. 34—36. 15 Ebd., dist. 11, Sp. 23. 16 Theodosius I. (379—395), römischer Kaiser; im folgenden wird auf seine Verfolgungen des Arianismus und heidnischer Kulte angespielt. 17 Damasus (366—384), Papst, machte Hieronymus zu seinem Sekretär und theologischen Berater. 18 Gemeint ist das sog. Psalterium romanum des Hieronymus, eine Vorstufe zur Vulgata. Hieronymus soll zuvor von Damasus beauftragt worden sein, die sog. Itala für den Zweck der Liturgie zu revidieren. H. übergab D. zuerst den revidierten Psalter, den dieser sogleich in die Liturgie eingeführt haben soll. Belege fehlen. 19 Die kanonischen Bet- bzw. Andachtszeiten; die im folgenden genannte Mette ist die Andacht vor Tagesanbruch bzw. die einem Festtag vorangehende Nachtmesse, die Prime ist die erste Betstunde in Klöstern bzw. die Morgenandacht, die Vesper das Nachmittagsgebet bzw. der Nachmittagsgottesdienst, das Completorium die Abendandacht. Die ältesten Bestandteile des sog. römischen Breviers sollen nach Meinung der mittelalterlichen Liturgiker von Hieronymus auf Wunsch des Damasus zusammengestellt worden sein. 20 Anspielung auf Luthers Polemik gegen König Heinrich VIII. von England (vgl. oben Nr. 20 Zur Entstehung). 21 Anspielung auf das Wormser Edikt vom Mai 1521. 22 Gemeint ist eine der Schriften aus dem großen Streit in der astrologischen Literatur, den Johannes Stöffler 1499 mit seiner Voraussage einer Sintflut für 1524 ausgelöst hatte. 59 Autoren mit über 136 Drucken beteiligten sich an der Auseinandersetzung (vgl. E. Zinner, Geschichte und Bibliographie der astronomischen Literatur in Deutschland zur Zeit der Renaissance, 2. Aufl., Stuttgart 1964, S. 19). Allein bei Wolfgang Stockei in Leipzig erschienen in den Jahren vor unserer Predigt mehrere solcher Schriften, u. a. „Ain Warnung des Sündtflus . . . odder erschrecklichen Wassers des XXIIII. Jars . . . " (1521) mit mehreren Nachdrucken, eine „Prognosticatio und Erklerung der grossen Wesserung" von Johann Carvin (1522), ebenfalls mit Nachdrucken, Joseph Grünpecks „Spiegel der natürlichen himlischen und prophetischen Sehungen aller trubsalen" (1522), alle durch Stöfflers Vorhersage veranlaßt. 23 Gemeint ist wohl Kaiser Friedrich III. von Habsburg (1415 — 1493), der 1442 in der sog. Reformation Friedrichs III. zur Eindämmung des Fehdewesens die westfälischen Freigerichte in ihrer reichsrechtlichen Stellung anerkannte. Daß das gemeint sein könnte, geht auch aus der Formulierung hervor, mit der Reckenhofer (siehe oben Zur Entstehung) diese Feststellung wiedergibt: „Darnach . . . zeucht (er) an kayser Friderich, der das westvalisch gericht zugelassen hat, wider adell und die stett" (Bl. Dia). 24 Gemeint sind neben den alten Kirchenlehrern (vgl. Anm. 7—10) wohl auch die von Luther als „neue Lehrer" abgelehnten Scholastiker des Mittelalters. 25 Vgl. oben Anm. 7 - 1 0 . 26 In Anspielung auf Jer. 1, 14 die Reiche des Nordens bzw. von Mitternacht, von denen alles Übel ausgeht; wird in der katholischen Polemik auf Wittenberg gedeutet (vgl. auch oben Nr. 19, Anm. 15). 27 Anspielung auf das Sachsen benachbarte hussitische, d. h. ketzerische Böhmen. 28 Von 1522 bis 1524 fanden in Nürnberg drei Reichstage statt. Hier ist der zweite vom November 1522 bis März 1523 gemeint, auf dem der neugewählte Papst Hadrian VI. die Abstellung der von den Reichsständen vorgelegten „Gravamina" und eine Reform der Kirche in Aussicht stellte. 29 Das von Luther übersetzte Neue Testament, in erster Auflage im September 1522 erschienen; erreichte noch 1522 insgesamt 12 Nachdrucke.

Hieronymus Emser: Aus was Grund und Ursach Luthers Dolmetschung über das Neue Testament dem gemeinen Mann verboten worden sei 5

Mit scheynbarlicher* anzeygung, wie, wo und an wolchen stellen Luther den text vorkert und ungetrewlich gehandelt oder mit falschen glosen und vorreden auß der alten christelichen ban auff seyn vorteyl und whan gefurt hab. Von dem ordinario loci, meynem gnedigen heim, herrn Adolpho 1 , 10 bischoven tzu Merßeburg und fursten zu Anhalt etc. ubersichtiget und zugelassen. Far hyn, mein bock 2 , in Gots geleyt. Laß dir die reyß nit wesen b leydt. Forcht dich nit vor des tewfels kindem, 15 dich mag ir schelten nit vorhindern, kompst aber zu eym christenman, dem sag meyn grüß und dienst voran, sag wie ich in c durch Got erman, das er im glouben vhest woll stan, 20 Got wirt die seinen nit vorland, Sanct Peters schiff nit underghan, obs gleych ein tzeyt gedult muß han. Allde, nu mach dich auff die ban.

Vorrede 25

Wiewol etzlich, die sich selbs ewangelisch rhumen, ein grossen vordrieß, murmel und klag haben, das Luthers dolmatschung über das nawe testament dem gemeynen man zu lesen oder bey im zu haben vorbotten, so werden sie doch (wan gleich sust nitzit wer) alleinn auß disem stuck öffentlich vormarcktt unnd gebenn sich selber schuldig, das sie nicht rechte 30 evangelische lewt sein. Dann gleych wie Christus den Judenn (die sich Joan. VIII selber ouch rometen, das sie Abrahams kinder weren) zu antwort gab, wo sie seine kinder weren, so thetten sie seine werck [Joh. 8, 39], also mag man ouch zu disen sprechen, wo sie evangelisch weren, so thetten sie ouch die werck des heyligen evangelions, das ist, sie vorkertenn das jhenig, so ir 35 von Got vorordnete herrschafft im besten thon und schaffen, nit tzum ergisten, und sagten nit, das die fursten, die Luthers ketzerische unnd falsche bucher nit annhemen wollen, das evangelion oder den glouben darumb tilcken oder mit dem schwert außloschen wolten, sonder weren ir oberkeyt, R0. Xin et I. on allen murmel oder nachred, gehorsam und gewertig, wie sie das evan- Petri II

a) augenscheinlicher, sichtbarer

b) werden

c) ihn

d) verlassen

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Luter wider sein eigen lere

codice de hereticis extra eodem titulo Augustinus contra epistolam Parme[niani], lib. 1, cap. 7. Et de correctione donaris m, cap.

Emser: Aus was Ursach Luthers NT verboten worden sei

gelion und die rechten evangelischen prediger, nämlich die heyligenn zwelffboten, in sonderheyt Petrus und Paulus gelerth haben [Rom. 13, 1 - 7 ; 1. Pet. 2, 13. 14]. Unnd tzuvoran, dieweyll beyde hewpter der christenheyt, bâbstliche heyligkeyt und keyßerliche majestat, Luthers bûcher vorlangist, all in gemeyn, nicht allein zu leßen, sonder ouch zu drucken, kewffen und vorkewffen, bey schweren penen 6 vorbotten 3 , solten sie sich desselben als die gehorsamen gehalten und auch dise dolmatschung vormidten haben, unangesehen Luthers falsch verwenen f , das die weltlich ôberkeyt der gleichen bucher und Sachen den glouben oder die seel antreffend, nit zu vorbieten noch sich der antzumassenn hab 4 . Dieweyll doch der unbestendige mônch zuvor in seiner reformation selber gelerth und geschriben hat, das ein itzlicher, der auß der touff gekrochen, sich des gloubens Sachen annemen môg, unnd das ein itzliche seel (ouch des babsts seel) der weltlichen ôberkeyt underworffen sey und yr® schwert und rut frey durch außgeen sol, es betreff wen es wolle 5 . Also kan der man h keiner sach ihr maß oder mittel geben, sonder thut ym eintweder zuvil oder zu wenig. Dan das sich die weltlich ôberkeit weder umb des gloubens Sachen noch umb ir underthanen seelen seligkeyt anmassen oder bekômern soll, ist vil zu stumpff und eng davon geredt. So ist das ouch vil zu mild, das ir schwert und ruth über des babsts oder ouch des allergeringsten priesters person, leyb, gut oder seel einicherley straff oder gerichtßtzwang hab, außgenommen die feil, so im rechten 1 außgedruckt und nachgelassen^ sein. Das ist aber war, das die weltlich ôberkeyt gut fug und recht hat, nit allein zu vorbieten die bûcher, so von denen gemacht oder gefelscht werden, die von der kirchen fur ketzer öffentlich erklert sein, sonder ouch sie unnd yr anhenger an leyb und gut straffen mag. der zweyer tittel in beyden rechten darüber begriffen, von gemeyner christenheyt angenommen und mit der that bekrefftiget 6 , nit allein zu Costentz mit Hussen 7 , sonder ouch zu den gezeyten Arrii 8 und der andern nachvolgendenn ketzer, wie der heylig Augustinus an vil orten betzeuget 9 und die weltlichen ôberkeyt (wôlche ouch dotzumal der gleichen unutze r e d e n von den ketzern darumb hören must) auß der schrifft entschuldiget. Derhalben und damit menigklich k vormercke, das obgemelte klag, m u r m e j u n ( j n a c h r e d der evangelischen ein lauter mutwill sey und das die hochlöblichen christenlichen furstenn, die Luthers testament vorbotten, das nit zu tilckung, sonder zu eren, schütz und hanthabung des warhafftigen evangelions und testaments Christi gethan haben (wôlches Luther in allen bûchern und schier in allen capiteln gefelscht und bey den viertzehenhundert ketzerlicher irthumb und liegen1 darunder vorborgen und vormenget hat), wil ich, Jeronymus Emßer, unwirdiger priester Gottes, dem gemeynen einfeltigen volck (wôlches Luther mit sein gleyssenden und sewberlichen worten also vorblendet hat, das sie gemelter irthumb nit warnemen) dersel-

e) Strafen f) Annahme i) d. h. im kanonischen Recht

g) d. h. der Obrigkeit h) Mann, d. h. Luther j) zugelassen k) jedermann 1) Lügen

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ben doch ein teyl öffentlich für die ougen stellen und mit gütlicher hilff und gnaden grund und ursach antzeygen, warumb vilgemelte dolmatzschung von den frommen christenlichenn fursten billich vorbotten worden sey. Zum ersten, nachdem das hochwirdig nawe testament Christi und zuvoran sein heyliges evangelion der rechte grund ist, darauff der christenlich gloub als auff den felßenn Christum selber gebawen unnd niemant ein , , , , . ,,, , r, andern grund setzen oder legen sol oder mag [1. Kor. 3, 11], so kan ein jeder vorstendiger wol ermessen, wie hoch und groß gemeyner christenheyt daran gelegenn, das gemelt testament (so es in teutsche oder ander gezung vordolmatscht werden sol) reyn und ungefelscht bleyb. Dan so der heydnisehe kónig Ptolomeus so vil vleyß, mhüe und kost allein auff das alt testament gelegt, das er tzwenundsibentzig die allergelertisten rabi auß den Judenn von Jerusalem gen Alexandria beruffen und mit reycher begabung ein lange zeyt bey im m underhaltenn hat, damit sie im auff erlewbtniß und bevelh des obersten priesters Eleazari gemelt alt testament auß hebräischer sprach in die kriechischen zungen gloubwirdig außtzugen und transferirten 10 , warumb solten dan wir Christen des nawen testaments dolmatschung von einem jeden und sonderlich von einem offenbaren erklerten ketzer so bald annemen? Dieweyl sie noch von der kirchen unbewerth" und nit allein on des obersten priesters bevelh, wissen und willen, sonder im ouch zu vordrieß, schmach unnd vorletzung mit lesterlichen schándtlichen figuren, gemeld, Worten und dewtungen öffentlich außgangen ist? Zum andern, so ist gemeiner Christenheit ouch was daran gelegen, das die canonische schlifft nicht alleyn ungefelscht bleyb, sonder ouch allenthalb gleichförmig und eins lawts° erfunden werd, damit die, so zu zeyten außwandern und an frómbde ort kommen, das wort Christi nit änderst hören leßen, singen oder predigen, dan sie doheymen in yrer kirchen gelernet haben. Auß welcher ursach, do vorzeyten manicherley translationes und dolmatschungen in der kirchen waren, als der obgenanten zwenundsibentzig, item Aquile 11 , Theodotionis 12 , Symmachi 13 , Origenis 14 und ander raeher, und man in einer kirchen die, in der andern jhene laß und sang, darauß zwitracht und uneynikeyt erwuchsse, ist der babst Damasus vorursacht worden (soliche zwitracht hinzulegen) auß allen obgenanten dolmatschungen ein glaubwirdige bestendige und bewerte außerleßen zu lassen, wolches ampt er dem heyligen Jeronymo nit allein umb seiner kunst und erfarung in vil sprachen, sonder ouch umb seines heyligen lebens willen vortrawet und bevolhen und Hieronymus auff bevelh des obersten priesters die gantze bibel dermassen ubersichtiget, emendirt p und gerechtfertiget hat, das sie von dem obgenanten babst Damaso bestettiget, von der gantzenn christenlichen kirchen angenommen und von der selben zeit biß auff disen tag, das ist nu lenger dan tawßet jar, einhelligklich durch die gantzen Christenheit in der kirchen geprediget und in den schulen gelesen worden 15 . Es ist ouch von der zeyt an biß auf uns nye keyner so vormessen gewest, der

m) ihm, d. h. sich p) verbessert, berichtigt

n) unbestätigt, ohne Zustimmung

o) gleichlautend

I. Cori. i n Fundamentum aliud

nemo potest poneid quod e s t p 0 S ¡ t u m qUOCj e s t Christus Jesus [Vg.] ptolomeus Philadelphus

r e preter

Damasus papa

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Luce XVI

paraphrasten heissen die, so ein buch dolmatschen nit wie es an im selber lawt, sonder zu unnd abthon

Ezech. I Apocalypsis 4

Luther der funfft evangelist

Luthers logica

Emser: Aus was Ursach Luthers NT verboten worden sei

ein buchstaben oder wort daran vorandert het, es were dan auß unfleyß oder unwissenheyt der abschreyber zu weylen etwas vorruckt worden, das in eyner so langen zeyt kein wunder und dem kriechischen text gleich so wol als dem unsern widerfaren ist. Zum drittenn, dieweyl uns Christus selber vorwarnet und gesagt hat, es sey leychter, das hymel und erd vorgehen, dan das ein buchstab oder pünctlin am gesetz falle [Luk. 16, 17], so mustenn die, so gemelt testament oder gesetz Christi ye von nawem auß einer zungen in die andern ziehen unnd vordolmetschen wolten, nit allein ein syn auß dem andern ziehen, wie die paraphrasten thon, sonder ouch auff ein itzlich wort, büchstabenn, titel oder pünctlin achtgeben und nit irem eygen, sonder des heiligen geystes vorstand nachgehen und volgen, wolches Luther in seiner translation alles voracht und nit allein etzliche wort und buchstaben, sonder ouch gantze reden gar außgelassen, ander an die stat gesetzt und also den alten gloubwirdigen text der christenlichen kirchen zu mercklichem nachteyl an vil orten fursetzigklich vormenget, vorstrumpfft und vorkert, doneben ouch mit ketzerischen gloßen und vorreden vorgifft hat, und nit des heyligen geistes, sonder seinen eigen syn und gutdunckel nachgegangen ist. Das aber dem also sey, wil ich orstlich beweysen auß seiner unchristenlichen vorred, in wolcher er der alten heyligen vater vorreden und dewtung so bald vornicht unnd spricht, wie diß buch keiner andern vorred bedorff, dan das allein der einfeltig man auß seinem alten whan auff die rechte ban gefurt werd 16 . So er doch gleich das widerspil übet und sich understehet, den gemeinen man auß der alten christenlichen ban auff sein pickhardischen 17 falschen whan abzufuren und der kirchen zu entpfrombden, wie ich auß newn oder zehen artickeln, auß gemelter seiner vorred summarie außgezogen, klerlich anzeygen will. Zum orsten so vorwurfft Luther im eingang seiner vorred und thut ab die alte Ordnung der heyligen christenlichen kirchen, die (auß Offenbarung der prophecey Ezechielis [Hes. 1, 5ff.], item Joannis in Apocalypsi [Offb. 4, 6—8] und eingebung des heyligen geystes, von den vier evangelischen thieren) vier evangelisten und vier evangelien angenommen und bestettiget hat, auß wolchen Luther allein eins machen will unnd vileicht das funfft, damit er für den funfften evangelisten gehalten werd, dann er spricht ye drotzlich, man solle wissen, das nur ein evangelium sey, gleich wie nur ein buch des nawen testaments, nur ein gloub, nur ein Got etc. 18 Wo nun im nawen testament nit mehr dan ein evangelium sein sol, so hat Luther nerrisch gethan, das er viere vordolmetscht hat. Damit aber sein betrug und logica an tag kom, ist zu wissen, das dise red, nämlich das nur ein evangelium sey, zwispletterig und auf zweierlei weg vorstanden werden mag, orstlich das nur ein evangelium sey im grud und der sach an ir selber, und in disem fall ist es war, das es alles ein evangelium, ein gute botschafft, ein meynung und ein ding ist, was sie al vier von Christo geschriben haben, das darfP uns aber Luther nit orst (als was nawes) furbringen,

q) braucht

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dann uns das der prophet Ezechiel vorlangest vorstendiget hat, da er sagt, wie die obgemelten vier thier itzlichs vier angesicht haben und einander mit yren flugein vhest halten und umbfahen, das ist, wie der heylig Gregorius vorkleret 19 , das sie alle viere der sach eintrechtig unnd was Matheus von Christo helt, das halten ouch Marcus, Lucas und Joannes, item was Marcus, das bezewgen ouch Matheus, Lucas und Joannes etc. Wan man aber den buchern des nawen testaments nachrechnen und von den selben reden wil, so ist es nit war und commitiert Luther fallatiam equivocationis, das er spricht, es sey nur ein evangelium und vorfurt die armen leyen mit seiner sophistrey, wolches er sich (wo er ein getrewer lerer sein wôlt) billich enthalten und sein meynung nit so tunckel und mit zwifacher zungen, sonder klar, simpel, schlecht und gerecht an tag geben solt. Mit gleycher logica vexirt Luther ouch (wie man spricht) populum, das er sagt, wie das gantze nawe testament nur ein buch sey, dan das lateynisch wôrtlin liber, zu tewtsch buch, in seiner bedewtung ouch zwispeltig, und wo man das so mild und improprie nemen wil, mag man nit allein das naw testament, sonder ouch die gantze bibel nur ein buch nennen, wie der jurisconsultus Ulpianus 20 in libris digestorum davon redt und spricht, wan einer dem andern bescheide hundert bûcher, sol man das nit vorstehen von eintzeln tractaten, sonder von gantzen buchern und Homeri bûcher nit fur achtundviertzig, sonder fur ein buch rechen. Aber proprie und eygetlich, wie Laurentius Valla21 der latheynischen zungen scharpffrichter davonn redt, so heyßt Homerus gedieht nit ein buch, sonder achtundviertzig bûcher, Eneis Virgilii nit ein buch, sonder zwôlff bûcher, Georgica ouch nit eyns, sonder viere, wolcher meynung nach das nawe testament ouch nit eins, sonder vil bûcher sein, wie die selben bûcher alle Luther selber itzo eins, itzo vil bûcher genent hat. Zum andern, so tadelt und vorwûrfft Luther in gemelter seiner vorred ouch der christenlichen lerer alte bestendige vorgleichnuß und abteylung beyder testament in libros legales, historiales, prophetales und sapientiales etc. 22 , das er meins bedenckens allein darumb thut, das in gemelter abteylung das nawe testament dem altenn in dem vorgleycht, das sie beyde gesetzbûcher genent werdenn, eins von dem gesetz Moysi, das ander von dem gesetz Christi. Wôlche gleichniß Luther widerficht und spricht, wir sollen vhestiglich halten, das gleich wie das alte testament ein buch sey, darinnen Gottes gesetz und gebot geschriben, also sey das nawe testament eygetlich kein gesetzbuch, sonder allein ein predig von Christo, darin das evangelion und Gottes vorheyschung s begriffen sein 23 . Wie kan aber Luther leucken1, das das nawe testament ein gesetzbuch sey? Dieweyl Christus sein heylig evagelion selber so an vil stellenn itzo ein gesetz, itzo ein gebot genent hat? Als nämlich Mathei quinto: Wolcher eins von disen kleynisten gebotten bricht oder auffloset und leert die lewt also, der wirdt der kleynist geheyssenn im hymelreych, wer sie aber thut unnd leert, der wirt groß geheyssen etc. [Matth. 5, 19]. Aldo er ouch of-

r) schlicht

s) Verheißung

t) leugnen

Ezech. I

Ulpianus in lege librorum ff. de 'eS- 111 paragra. II

Beweysung auß der schrifft, das das evangelion auch ein gebot oder gesetzbuch genent werden mog

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Emser: Aus was Ursach Luthers NT verboten worden sei

fentlich protestirt und bedinget, das er nit kommen sey, das gesetz aufzuheMatheus ben oder abzuthon, sonder zu erfüllen [Matth. 5, 17], Item Mathei 19: Wilt du eingehn zum lebenn, so halt die gebot [Matth. 19, 17). Item Joannis Joannes 14: Habt ir mich lieb, so haltet meine gebot [Joh. 14, 15]. Item Mathei ultimo bevalh er seinen jungern: Gehet hin, tewffet und leret alle weit nit Matheus allein den gloubenn, sonder ouch, das sie thon und halten alles, das ich gebotten hab [Matth. 28, 19. 20], Auß wolchen stellen allenn klerlich erscheynet, das Christus leer und evangelion ein gebot und gesetz sey, wolLuther wider sich ches Luther vorhin so für gewiß und vhest gehalten, das er nit allein in selber etzlichen seynen vorigen buchern, sondern ouch in disem gegenwertigen, in einer gloß 24 , die hernach kommen wirt, mit den papisten gruntzet, das Math. 5 sie das evangelion teylen in gebot und rette, dan seiner meynung nach, die er do seibist helt, kein rat sonder eytel gebot im evangelion vorleybt sein 25 . Also ruhet er auff einer meinung so lang als ein erbiß" auf eym ey stehen oder ligen mag. Das aber das evangelion ein vorheischung sey, laß ich wol geschehen. Darumb das uns vorgebung der sund und das hymmelreych darinn vorheyschen werden, wo wir änderst darnach leben und streben. Aber Luthers beweysung und allegatenv nach (nämlich, das es darumb ein vorheischung Genesis 3 heyß, das Christus der schlangen auß eins weybes somen gedrowet und dem David, Abrahe und andern auß irem somen vorheyschen worden etc. 26 ) mocht es billicher ein leystung heyssen, dan ein vorheyschung, darumb das diß und anders, so den alten vätern im alten testament von ChriPaulus sto vorheyschen, im nawen geleyst worden ist, wie Sanct Pauls spruch, den Luther hie ouch wider sich selbs einfürt, klerlich außweyßet, nämlich, ich bin außgesondert zu predigen das evangelion Gottes, wolches er zuvor vorheyssen hat durch seine propheten in der heyligen schrifft von seinem son etc. Ro. 1 [Rom. 1, lff. ]. Also wan der gute man whenet, er fure die schrifft für sich, so füret er sie gestracks wider sich und fallet selber in die gruben, die er andern lewten gemacht het, Psalmo 7 [16]. Zum dritten legt uns Luther auß (gleych als ob wir das vor nye gehört hettenn) was das wortlin evangelion bedewte. Und spricht, es sey ein kriechisch wortlin, das tzu tewtsch heyß gute mehr w , gute botschafft unnd nawe zeyttung von dem rechten David, der selber für uns sund, tod und hell uberwunden hab, der halben alle, die so mit sunden gefangen, mit dem tod geplagt, vom tewfel ubergeweltiget seyen (wan sie das allein glewben) so mögen sie singen, springen und frolich sein und dorffen sich weder umb ir sund, tod, noch hell bekümmern. Dan inen Christus al sein gut testaments weyß bescheyden und zu eygen geben hab. Nämlich sein leben, damit er den tod vorschlunden, sein gerechtigkeyt, damit er die sund uberwunden und sein seligkeyt, damit er die ewigen vordamniß vortilcket hab. 27 Wiewol es nun war ist, das das heylig evangelion ein gute botschafft und frewliche nawe gezeytung ist von dem rechten David Christo, der die sund, tod und hell uberwunden und uns all sein gut bescheyden testirt

u) Erbse

v) Bibelzitaten

w) Mär

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unnd tzu miterben gemacht hat [Rom. 8, 11. 17], so ist doch noch ein grosser knoden darhinder vorborgen und der knittel neben den riden* gelegt, also das wir nit so bald singenn, springen, noch jhu schreyen dorffen, wir seyen dan vorhin über den graben kommen. Disen knoden (den Luther dem einfeltigen volck vorhalteny und inen ein äffen frewd gemacht hat) muß man inen ouch auffloßen und sie vorwarnen, das ein itzlicher, der do ein miterb sein wil, vor allen dingen des testierenden willen, geschefft und bevelh ouch muß mit helffen außrichten und bezalen. Derhalben die recht im die willkur heymstellen, ob er sich des erbfals anmassen wol oder nit. Gleych also helt es sich ouch mit dem testament Christi. Dan wiewol er alle, die an in glewben, zu erben seines todes und aufferstehung und aller seiner guter benent und beschriben, so hat er uns doch in gemeltem testament doneben ouch was auffgelegt und eingebunden, das alle, die sich dises erbfals underziehen wollen, vorhin müssen mit helffen bezalen und außrichten, das ist sie sein schuldig und müssen im vorhin ouch das crewtz helffen nachtragen und ein itzlicher selber ouch wider sund, tod und tewfel, darzu wider sein eygen fleysch und blut streytten und die mit seiner hilff uberwinden, wie er spricht Luce 14 [27], wolcher nith sein crewtz auff sich neme und im nachvolge, er mog nit sein junger sein. Item 1. Petri 2 [21]: Christus hat für uns gelidten und euch ein exempel hinder im vorlassen, das ir nachvolget seinen fußtritten. Luther vorwenet 3 das volck, sie dorffenn b nichtzit thon dan singen, springen und frowlich sein. Aber Christus sagt tzu seinen jungem, die weit wirt sich wol frowen, aber ir werdt weynen und trawren, wiewol alle betrubniß und trawren der außerwolten entlich in frowd vorkert wirt, Joan. 16 [20]: Tristicia vestra vertetur in gaudium, et psalmo 125 [126, 6]: Sie giengen unnd weyneten außwerffend iren somen, aber so sie widerkommen, werden sie kommen mit frowden tragende ire garben. Derhalben ouch die mutter der heiligen christenlichen kirchen ir gebet, cerimonien und gesenge also durcheinander gemenget hat, das sie itzo mit frowden begehet die gnadenreyche vorheischung und gute botschafft des evangelions, als die menschwerdung, aufferstehung unnd das werck der erlosung ires prewtigams Jhesu Christi, itzo mit weynen und trawren bedenckt an yr selbs eilend, betrubniß, anfechtung und ferligkeyt, die sie von iren feinden, nämlich irem eygen fleysch, der werft, dem tewfel und itzo ouch von des tewfels knechten den ketzern erwarten muß. Darumb sie sich des jars c vil mher betrübet, dan in frowden auffspringt oder jubilieret. Uber das so hanget noch ein hack an disem testament, der uns das erb ouch wol entzihen und das lachen, singen und springen vortreyben mag. Dan gleich wie ein vatter seine kinder, die doch naturliche erben sein zu all sein güttern (wo im deren eins oder meer ungehorsam sein und sich bubischer unerlicher hendel vleyssen wollen) mit recht enterben kan. Also

x) Rohrstock (oder ist Rüde gemeint? Vgl. Wander, Bd. 2, Sp. 1432f.) y) vorenthalten z) Wahl a) macht glauben b) brauchten c) in diesem Jahr, gegenwärtig

Ro. 8

In autentica hoc amplius Codice de fideicomiss.28 Codice de iure deliberandi, lege Sci29 mus.

Lucas Petrus

Joannes

In autentico ut cum de appellationibus cognoscitur paragra. causas. 30

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Roma. 8 wiewol uns Christus all zu erben gemacht und benent hat [Rom. 8, 17], noch dann d , wo er uns findet in eim sundtlichen leben als die ungehorsamen und ubertretter seiner gebot, dórffen wir uns seines erbes und testaments gar nichtzit trösten. Dann wie er selber spricht, so wirdt nit ein itzlicher, der itzo zu im spricht herr, herr, eingehn in das reych der hymmel, infra capite. 7 [Matth. 7, 21]. Und sein vil beruffen aber wenig außerleßen, Mat. 22 [14], darumb so mögen wir das tantzen, singen und springen noch wol ein weil lassen anstehen, und darff sich keyner so gar gewiß darauff vorlassenn, das Christus durch sein bitter leyden die sund, tod und hell vorschlunden und uberwunden hat, dan sein bluth wol für vil, aber nit für all vorgossen worden, Marci 14 [24]. Fragest du nu weyter, wer sein dan die, für welche er das vorgossen und die do selig werden. Antwort: Die kennt allein Got, und kan ich dir nit sagen, ich wil dir aber wol nennen, wer die sein, die kein teyl an disem erb haben, und sein nemlich alle ehebrecher, schlemmer und dhemmer, haderer, todtschleger, ketzer und ander ungehorsamen der christenlichen kirchen. Dan (es sey dan, das sie widerkeren, ire sund rewen, beychten und büssen) so wirt irer keiner eingehn in das reych der hymel wie Paulus sagt zu den Galathern am funfften [21]. Zum vierdten vorwarnet uns Luther in obgedachter seiner vorred, das wir eben auffsehen, das wir nit auß Christo ein Moisen machen, zwuschen wolchen zweyen (seiner meinung nach) diser underschid befunden wirt, das Moisés in seinen büchern treibt, dringt, dröwet, schlecht und grewlich strafft. Aber Christus herwiderumb in dem nawen testament durch sich selb und seine aposteln fruntlich locket, ermant, flehet und bittet etc. 31 Wie wol nu das alte gesetz Moysi den mheren teyl durch forcht treybt, dringet, drowet, strafft und schlahet und das newe gesetz Christi furnemlich durch lieb und gnad fruntlich lockt, ermant, flehet und bit, nicht dester weniger wo die kinder des evangelions solich lieb, gnad, gunst, fruntschafft und wolthat als die undanckbarn in vergessen stellen, die gebot Gottes vorachten und im eintweder mit Unwillen und unfleyssig oder gar nichtzit dienen, so wirt auß Christo ein Moisés und treybt, dringet, drowet, strafft unnd schlahet er die seinen, ouch die jhenen, die er zu der Seligkeit vorsehen hat, nicht weniger dann Moisés, außgenommen das Christus treyben, drow und straff inen nit vorderblich, sonder seliglich und ein artzney ist, durch die sie purgirt und gereynigt werden. Dann die stein, darauß Jerusalem gebawen wirt, müssen vorhin al geschlagen, behawen, quadrirt und auff das aller reinist polirt werden, damit sie wie ein spigel gleyssen unnd kein runtzel oder mackel an inen gespürt werd, Eph. 5 [27]: Ut exhiberet ipsi gloriosam ecclesiam non habentem maculam aut rugam etc. Et candidiores nazarei eius nive, Trenorum 4 [Vg.: Lam. 4, 7].

d) dennoch

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Von treyben und dringen. Das aber Christus ouch im nawenn testament nicht alwegenn als ein frändt oder vatter fruntlich locke, erman, flehe und bitte, sonder ouch doneben als ein herr gewaltiglich treyb, dring, drow, straf und Schlahe und als 5 der recht warhafftig samarithan nit allein oel, sonder ouch weyn in unsere Luce 10 wunden giesse [Luk. 10, 34], so lesen wir orstlich von dem treyben Lu. 14 Lucas [23]: Ubi dicitur, compelle eos intrare, treybe sie hynein, damit mein hawß erfüllet werd. Et verissime Seneca in tragediis scripsit: Ducunt volentem Seneca fata, nolentem trahunt. 32

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Von drowen.

Gleycher weiß drowet ouch Christus im nawen testament manigfaltiglich, nicht allein bey leyb und leben wie Moyses, sonder ouch bey vorlust der ewigen seligkeyt, Math. 10 [28], Ir dorffet die nit forchten, die alleyn Matheus den leyb unnd nit die seel todtenn, sonder forcht den, der leyb und seel 15 vorderben und in die hell stossen mag. Item Luce 13 [3]: Werdet ir euch Lucas nit besseren und büß thon, so werdet ir alle vorderben und vorloren sein. Aber under allen seinen drowngen ist keine so erschreckenlich als die, so er den sundernn (die in iren sunden vorharren und sterben) gedrowet hat, wie er zu inen sprechen werd am jüngsten gericht: Gehet hin von mir ir 20 vormaledeyten in das ewige fewer, das do bereyt ist, dem tewfel und sei- Mat. 25 nen engein etc.[Matth. 25, 41].

Von straffen und schlahen. Wie hart und ernstlich Christus nicht allein mith wortten gestrafft, sonder uns ouch vorwarnet hab, das ein knecht, der seines herrn willen 25 weyßt und nit thut, vilfeltig geschlagen werd, Luce 13 [Luk. 12, 47], ist Lucas freylich kein Christen mensch, dem das vorborgen sey. Ja, er hat ouch selber mit zugeschlagen, die wechsselbenck umbgestossen und die kewf- Marcus fer und vorkewffer mit gewalt auß dem tempel getriben, Mar. 11 [15]. Dergleichen haben ouch gethan die heyligen apostel, wie Paulus zu den Paulus 30 Corinthiern schreybt und spricht, was wollet ir, sol ich mit der ruten zu euch kommen oder in senfftmutikeyt des geysts, 1. Cor. 4 [21] und 1. Timoth. 1 [20] sagt er, wie er Hymeneon und Alexandrum dem tewfel geben hab, das sie lernen nicht mher also zu sehenden und zu lestern, wie er ouch einem andern umb seiner unkewscheyt willen mit gefarenn, 1. Cor. 5 35 [5], wie ouch Ananias und Saphiras umb einer lugin willen vor dem angesicht Petri mit dem gehen 6 tod gestrafft und geschlagen worden sein, Act. Lucas 5 [Apg. 5, 1 — 11]. Wolchem nach die alten canones die penitentz f und büß so hart gespannen, das sie offt für ein todsund einen funff, siben, tzehen

e) jähen

f) Strafe

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Distinctione jar oder al sein leben lang mit wasser und mit brot zu fasten auffgesetzt 35. Ante omnia und einen priester, der sich nur einmal vol und auß der vornunfft gesoffen, in dreyssig tagen nit wider zu dem altar zugelassen haben 33 . Auß wölchem allem gar klerlich erscheynet, das der christenlichen lerer alte ban und gleichniß zwüschen dem alten und nawen testament im grund gar vil bestendiger ist dann Luthers newer whan, damit er das einfeltige volck vorwenet, wie das naw testament Christi nith treyb, dring, drow, straff oder Schlahe wie Moses, sonder allein fruntlich lock, erman, flehe und bitte, auf wolches sie sich vorlassen, iren prelaten und heim nicht mehr gehorsam sein, kein zucht noch straff leyden oder annehmen, sonder Semper® frey und ir selbs herren sein wollen, in wolchen irthumb und blindtheyt sie Luther mit seiner zarten leer gefurt hat. Ob aber soliche Luthers nawe leer und des volcks mutwill und frevel der Christenheit gedeyen sey oder nit, kan ein itzliche redliche vornunft bey ir selber wol ermessen, dann das es nit evangelisch noch christenlich, sonder wider das evangelium und Christum sey, ist auß ob angezeygten stellen des newen testaments gnugsam bewert worden. Zum funfften wil uns Luther in seiner vorrede ouch uberreden und einbilden, wie das evangelion eygetlich kein werck von uns vordere, dadurch wir from und selig werden mögen, sonder vordamme soliche werck und vordere nur glouben, wie er dann in andern seinenn buchern ouch von sich geschribenn, das wir uns umb unsere werck gar nichtzit bekümmern dorffen, sie seyen gut oder boß etc. 34 Wer wil aber Luthern das glouben? So wir doch für den gestrengen richter Christum änderst nichtzit bringen können dann unsere werck und den selbigen nach selig oder unselig geurteilt werden, wie er selber bezewMatheus get, Mathei 25 [31—46], und Joannis 6 [5, 29] spricht er: Sie werden herfur gehen, die do gutes gethan haben, zur aufferstehung des lebens, die aber böses gethan, zur aufferstehung des gerichts und vordamniß. Das aber das evangelion die guten werck von uns vordere, haben wir ein klaren text, Matheus Math. 5 [16], das uns Christus dartzu anhalt und spricht: Also sol scheinen ewer liecht, das sie sehen ewere gute werck und loben den vatter, der im hymel ist. Ja, es vordert sie nit allein, sonder lobt und breyst sie ouch. Dann also wirt gelobt und gebreyßt im evangelion die alte fromme wittib Luce 2 Anna, die so vil jar aneinander mit fasten und mit betten im tempel tag und nacht gewonet het, damit sie ouch vordinet, das sie sampt dem alten Symeon Christum vor irem end sehen und mit iren henden umbfahen mocht [Luk. 2, 25 ff. ]. Also wirt ouch gelobt im evangelio Maria MagdaleActuum 9 na, Martha [Luk. 10, 38ff.], item in Actibus apostolorum [Apg. 9, 36ff.] Tabitha oder Dorcas und andere fromme gotsforchtige weyber umb ir wolthat und gute werck, die sie bey Christo und seinen jungern ertzeygt haben, durch wolche sie nit allein dort ewig selig worden, sonder ouch hie Joan. 11 vordient, das Christus umb Maria und Martha willen iren bruder Lazarum [Joh. 11, 43f.], Petrus Tabitham [Apg. 9, 40f.] und Joannes Drusianam

g) immer

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vom tod widerumb aufferweckt haben. Darumb es falsch und ketzerisch ist, das Luther sagt, wie das evangelion kein werck von uns vordere, das wir from und selig damit werden, sonder die vorwerff und vordamme. Das ist aber war, das unsere werck, wie gut sie immer außwendig gleyssen und scheinen, Got nit beheglich und uns zur seligkeyt nit dinstlich sein, wo die gnad Gotes nit dobey und sie nit ouch inwendig den safft haben christenlicher lieb unnd andacht oder nit geschehen auß guter meynung und willen, sonder auß geytz h , hoffart, gleyßnerey oder andern boßheyt, dann auß diser Ursachen warde die thür des hymmelreychs vor den funff thörichten junckfrauen vorspert und zugeschlossen, das sie disen safft und oel nit hetten in iren lampen [Matth. 25, 1 ff.], das ist in iren guten wercken. So spricht Christus von denen, die do fasten mit Vorstellung1 der antlitz, und denen, die do ir alemusen außruffen mit bußaunen, domit sie vor den lewten gesehen und gerombt werden, das sie iren Ion hie empfahen [Matth. 6, 2. 16], wie zu vormuten, das Luthers sach und werck, das er angericht hat, ouch auß keinem guten fursatz oder hertzen entsprungen sey, und er sich nit auß lieb oder andacht, sonder hochmut, drotz und neyd understanden, die geystlichen also zu vorvolgen und dem babst die Tiber, den pfaffen den Reyn, die Thonaw, Elb und Ader-i außtzubrennen, damit yederman weyt und breyt von im wüste zu singen und sagen und er imk ein ewige gedechtniß machte, gleych wie Herostratus, der den allerkostlichisten tempel der abgotin Diane zu Epheso allein darumb anzündet unnd tzu pulver vorbrennet, das sein nach seinem tod ouch gedacht wurde 35 . Hierauß volget, das nit allein der weltlichen gute werck, sonder ouch der geystlichen werck, weyß und cerimonien, so sie in klostern inhalt irer regel und profeß thon und halten, wo sie vormittelst gotlicher gnaden der massen geschehen, wie itzo davon geredt ist, nämlich auß lieb, andacht und guter meinung und willens, von dem evangelio nit vordampt, sonder gevordert, gelobt und gepreyßt werden, wolche ouch Got hochlich belonen wil, wie er uns zugesagt hat, Mathei 6 et 25 [34—40]. Derhalben sie Luther ouch nit vordammen kan, wann inen der werckmorder gleich noch so gram und gefer1 wer. Zum sechsten, so greyfft Luther auß solicher seiner hoffart unnd vormessenheyt ouch dem heyligen alten vater Sanct Hieronymo in seyn bart und straffet seyne vorreden, darumb, das er das evangelion ein lerbuch genent hat 36 , dann als Luther sagt, so ist es weder ein gesetz noch leerbuch, sonder allein ein predig vonn der wolthat Christi etc. 37 . Dawider schreybt aber Paulus Roma. 15 [4] unnd spricht, das alle ding, die do geschriben worden, uns zu einer leer geschriben sein. So sagt das buch von den geschichten der apostel, das Jesus hab angefangen nith allein zu thon, sonder ouch zu leren, Actuum 1 [Apg. 1, 1], cepit Jesus facere et docere. Der gleychen bezewgen die evangelisten alle vier, wie Christus alle castell durchtzogen, gelerth und prediget hab. Warumb strafft dann Luther den heyligen Jeronymum so vormessenlich, das er das evange-

h) Habgier

i) Verstellung

j) Oder

k) sich

1) feindlich

Infra Mathei 25 Die lampen bedewten dy werck und das oel den saft gotlicher lieb und andacht Mat. 6

Herostratus

1. Corin. 13

Matheus

Paulus

Lucas

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lion ein lehrbuch genent hat? Aber was solt der nit straffen oder tadeln, der ouch dem heyligen apostel Sancto Jacobo sein epistel vorsthumpffirt und spricht, es sey ein rechte ströerin epistel, die kein evangelische art an ir hab 38 ? Wolche blaßphemien und lesterung ich dan vorantworten wil, so wir auff dieselben epistel kommen werden. Zum sibenden singt Luther palinodiam"1 und kert das, so er oben vonn dem glouben gesagt hat, gleich umb. Dan oben hat er das volck vorwhenet, sie dorffen nichzit thon dann allein glowben und sich umb kein werck bekommern, dann das evangelion ervordere glouben und nicht werck. Aber hie am end seiner vorred spricht er, wie inenn ouch von noten sey, den glouben mit den wercken zu beweysen. Ja, wo der gloub ist (spricht Luther), kan er sich nit enthalten, er bricht herauß und waget sein leben dran, wo aber die werck und liebe nit herauß bricht, da ist der gloub nit recht etc. 39 Das sein andere wort, dann Luther oben gesagt hat, nämlich wer alleinn glowb, das Christus die sund, tod unnd hell uberwunden, der mog so bald tantzen, singen und springen unnd dorff sich umb die werck nit bekommern. Das aber Luther am letsten anhengt, wo die werck und lieb nith herauß brech, sey der gloub nicht recht, darff" einer gutenn lewterung. Derhalben zu merckenn, das der gloub ouch für sich selbs und on die werck oder liebe ein sonderliche gnad Gottes ist, und ein itzlicher, der do vhestiglich gloubt in° Got vatter, son und heyligen geyst, das es ein Got und drey person sey, item das Christus, der son Gotes, mensch worden, für uns gelidten und gestorben, sampt den andern artickeln des heiligen christelichen gloubens etc., der gloubt recht und ist seyn gloub war, ob er gleich sust nichts guts dobey thut. Proprius enim actus fidei est credere que sunt credenda. Darumb so kan niemant sprechen, das ein solcher unrecht gloub oder in auß der zcal der gloubigen außschliessen. Das ist aber war, das der gloub also bloß an im selbs und on das hochtzeytlich kleyd der lieb und guten werck nit gnugsam ist zur selikeit. Dann wo uns der gloub selig machen sol, gehören vier stuck dartzu, mit wolchen er getziert und gekleydet werden muß.

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Hie nach volgen vier stuck, so zu einem christenlichen glouben von notten sein. Orstlich ervordert diser gloub, das der glewbende vor allen dingen 35 getewfft werd. Marci ultimo: Wer do glewbt und getewfft wirt, der wirdt Marcus selig [Mark. 16, 16]. Zum andern muß er solichen sein glouben, wo und wann das von noten, ouch mit dem mund frey unnd unerschrocken bekenPaulus nen, es treff gleich leyb oder leben an, Ro. 10: Das ist das wort vom glouben, das wir predigen, denn so mit deinem mund bekennest Jesum für 40 ein herren und in deinem hertzen glewbest, das in Got vom tod erweckt hat, so wirstu selig, dann mit dem hertzen glewbt man zur gerechtikeyt m) (griech.) Widerruf

n) bedarf

o) an

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und mit dem mund geschieht die bekentniß zur selikeyt [Rom. 10, 8—10]. Zum dritten müssen wir disen glouben ouch mit der liebe und guten wercken, so auß der liebe fliessen, bezewgen, damit wir nit auß denen seyen, die Christum mit dem mund bekennen und mit den wercken vorlewgnen, von wolchen Paulus sagt, Ti. 1: Confitentur se nosse Deum factis autem negant [Tit. 1, 16]. Zum Vierden ist uns von notten, in solicher bekentnuß des gloubens, lieb und guten wercken biß an das end bestendigklich zu vorharren und damit zu beschliessen, Mat. 10 [22] et 24 [13]: Qui perseveraverit usque in finem hic salvus erit. Wolcher aber vorharret biß an das ennd, der wirt selig. Auß disen vier stücken sampt gotlicher gnaden (die ich nyendert außgeschlossen haben wil) wirt bereyt das hochzeytlich kleyd, das uns zu der hochzeit des gloubens (wo uns änderst der gloub selig machen sol) von noten ist, und ane wolches wir von dem nachtmal des gloubens, dartzu wir all beruffen sein, widerumb außgetriben und in die außwendige finsterniß vorstossen werden, wie dem geschach, der sich ane diß kleyd zu tisch gesetzt het, Mathei 22 [11 - 1 3 ] . Auß wolchem volget, das der spruch Christi, nämlich, wer in mich glewbt, der hat das ewig leben, Joan. 6 [40] und wer in mich glewbt, der wirt den tod nit sehen, eiusdem 8 [51] et 12 [46], nit von dem blossen, sonder von dem bekleydten, lebendigen und wirckenden glouben vorstanden werden sol, von wolchem Paulus sagt Gal. 5 [6], das bey Christo allein der gloub gelte, der durch die lieb würcke, und spricht Jacobus, das der gloube on die werck tod sey, Jacobi 2 [17]. Ob nu jemant das anfechten und sprechen wolt, das ouch der blosse gloub on alle werck den menschen selig mache, darumb das Christus zu Maria Magdalena und andern gesprochen hat: Gehe hyn, deyn gloub hat dich selig gemacht etc. [Luk. 7, 50], zu dem antwort ich, das der selbigen gloub, zu wolchen Christus also gesprochen hat, nit so gar nackent und bloß, on alle werck oder zeichen der liebe gewest ist. Dan das weib, das Christus von dem blutfluß reyniget, dränge sich nit allein mit der that durch alles volck, das sie zu im kommen mocht, sonder het den herrenn ouch so lieb, das sie all iren trost auff in setzet und sprach bey ir selbs, wann ich nur sein kleyd mocht anruren, so würd ich gesund [Mark. 5, 25 ff. ]. So bezewget Maria Magdalena iren glouben gar mit einbrünstiger lieb und wercken, einer bittern büß unnd rew für ire sund, Luce 7 [37ff. ]. So vorharret das cananisch weyblin in irem gebet und glouben bestendiglich und hette gedult so lang, biß sich Christus ab irer bestendikeyt vorwundert und sich über sie erbarmete, Mathei 15 [22ff. ]. Dergleichen der blind, der ye meer mann im das weret, ye lenger, ye mher er mit lauter stymm den herren anruffet, Luce 18 [3 5 ff. ]. Auß wolchem gut zu mercken, das diser aller gloub nit gantz bloß oder on werck gewest. Dann wiewol die orste rechtfertigung des menschen durch die touff und glouben geschieht auß eytel gnaden und nit auß unserm vordinst oder wercken, wie Paulus bezewget Ti. 3 [5], so sein doch die werck der büß alwegen außwendig öffentlich als mit Magdalena oder inwendig im hertzen als mit dem schecher am krewtz mit geloffen und hat Joannes, der vorlewffer Chri34

Reformation

Paulus

Matheus

Matheus Joannes

Paulus Jacobus

Marci 5

Lucas

Matheus Lucas

Paulus

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sti, item Christus selber und darnach die heyligenn apostel ire predig mit Matheus der büß angefangen, Mathei 3 [2] et 4 [17]: Penitentiam agite et baptizetur unusquisque in nomine domini nostri Jesu Christi etc. Und Act. 5 [Apg. 5, 31] sagt Petrus, das Gottes rechte hand Christum erhöhet hab zu einem hertzogen und heyland zu geben Israel die büß und ablaß der sund. Atque ideo baptismus Joannis qui fuit baptismus penitentie Act. 19 [Apg. 19, 4. 5], Christi baptismum precessit. Nichtdestweniger so ist dannocht der blosse gloub nit zu vorachten und dienet uns dannocht so vil, das ein itzlicher, der in hat, in der zal der glewbigen und der christenlichen kirchen gezelt wirt. In wolcher nit allein Mat. 25 die klugen, sonder ouch die thorichten junckfrauen gezelt werden [Matth. 25, unc isdem 13 ' das unkrawt neben dem weytzen auffwachsset [Matth. 13, 29f. ]. Zum andern, wiewol der gloub in dir tod ist, so lebt er doch in der gemeinen christenlichen kirchen, die teglich für dich und alle todsunder bit, das sie für die heyden und ander unglewbigen im jar nur einmal thut. Das aber Marcus solich furbit bey Got gehört werd, haben wir ein bestendigen text, Marci am andern, do man den armen gichtbruchtigen menschen durch das tach hinabließ fur p Christum und für in bat, aldo geschriben steht: Et respiciens Jesus fidem illorum. Jesus sähe an iren glouben, das ist der jhenen, die für in batten [Mark. 2, 5], Zum dritten, wiewol der gloub on die werck tod, so wirt er doch wider lebendig, so offt wir von sunden abstellen, beychten und büß thon. Wolchen vorteyl die Juden und ander unglewbige ouch nit haben und hilft sie nit, was sie gutes thon, dieweyl sie nit glewben an Christum, Heb. 11 [6]: Sine fide impossibile est placere Deo. Zum achten ortert Luther, nach gethaner vorred, wolche bucher in dem nawen testament die besten und nutzlichisten sein, und spricht, wie nit allein Sanct Joannes evangelion, sonder ouch Sanct Pauls und Sanct Peters episteln die andern drey evangelien, nämlich Mathei, Marci und Luce, weyt ubertreffen und furgehen. Darumb, das Sanct Joannes evangelion unnd die gemelten episteln wenig sagen von den wercken Christi und vil vom glouben etc. 40 Wann wir aber das blat umbkeren, so finden wir in Joanne vil werck Christi, die der andern dreyer nye keyner gedacht hat. Dann wolcher auß den vieren beschreybt die red Christi mit Nathanael [1, 47ff.], item die disputation mit Nicodemo [3, 2ff.] oder das wunderberlich werck von der erweckung Lazari, der bereyt vier tag im grab gelegen was [11, 39ff.], dann allein Joannes? Wolcher, dann allein Joannes, schreybet die gnadenreiche ertzeygung, die Christus Sanct Thomas gethan, da er in seine wunden greyffen unnd die finger darein legen ließ [20, 24ff.]? Das unserm glouben gar ein grosse gezeugniß gibt. Wolcher sagt von dem, der blind geborn und von Christo sehend gemacht ward, wolches werckes sich die Juden nit gnug vorwundem künden [9, 1ff.]? Wolcher schreybet, wie Christus seine schaff Sanct Petern bevolhen und in zu eim hyrten darüber gesetzt hab, dann allein Joannes [21, 15ff.]? Ich wil hie geschweygen der

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ehebrecherin im tempel [8, 3ff.], item des samaritanischen weibes bey dem bronnen [4, 6ff.] und ander werck mehr, die keyner dann Joannes berurt hat. Warumb spricht dann der werckmôrder Luther, Sanct Joannes hab wenig werck geschriben? oder warumb wil er der aposteln schrifften den heyligen dreyen evangelien, das ist dem wort Gottes, furziehen? und den knecht über den herren setzen, weist er nit, das Christus gesprochen hat, der knecht oder jünger sey nit über den meyster, Math. 10 [24], Also blaw- Matheus dert der arme mensch eins durchs ander, das er schier selber nit weist, was er sagt. Und gehet im gleich wie denen, von wôlchen Sanct Paul sagt, 1. Timoth. 1 [7], sie wollen der schlifft meyster seyn unnd vorstehen selber Paulus nit, was sie sagen oder setzen. Zum newnden, so registrirt unnd ordnet Luther die bucher des nawenn testaments änderst, dann sie die christenlich kirch geordnet unnd unser bibel (die er zu dolmatschen furgenommen) inhelt unnd außweyset 41 , wôlches ouch nit ein kleine vormessenheit und ein anzeygung ist, das wir sein dolmatschung billich vordâchtig halten mögen, dieweyl uns Paulus Paulus vorwamet hat, das wir uns vor einem itzlichen brader, der wider die gemein Ordnung der christenlichen kirchen handelt oder thut, hüten sollen, 2. Thess. 3 [6]. Zum zehenden unnd letsten vorkurtzt Luther ouch das nawe testament und vorwurfft und vorstôst etliche bucher darauß, als nämlich die epistel zu den Ebreern, die epistel Jacobi, die epistel Jude und die heimlich Offenbarung Joannis 42 , wôlche doch die christenliche kirch vor tawßet jaren canonizirt und dem testament Christi eingeleybt hat, wôlcher mher zu glouben, dann tawßet Luthern. Das aber Luther furwendet, wie etzlich auß den alten ann disen vier buchern selber gezweyfelt haben 43 , ist gar ein loß argument. Dann solte der gantzen christenlichen kirchen eintrechtige Ordnung und bewerung der canonischen bucher nit mher stat oder gloubens bey uns haben, dan etzlicher eintzeln personen whan oder zweyfel? Ja, wan man ein ding darumb vorwerffen solt, das etzlich darann zweyfeln, solten die ketzer zuletst nit allein die canonische bucher, sonder ouch wol Christum selber vorwerffen wollen, darumb das vil Juden und heyden an im gezweyfelt und in nit fur den son Gotes oder den warhafftigen Messiam gehalten haben. Auß wôlchem allem ein jeder vorstendiger bey im selber wol behertzigen mag, ob q Luther in seiner dolmatschung gleych nichtzit geyrret, dann das er sie mit einem solichen unchristenlichen lugenhafftigen prologon und vorred vorleymbdet und vormackelt het, das allein diser prologus den christenlichen fursten ursach gnug gegeben und von nôten gewest, vil gemelte sein dolmatschung zu vorbieten, irthumb under dem gemeinen volck zu vormeyden. Ich geschweyge, das er über das ouch die andern nachvolgenden vorreden unnd gloßen vorgifft, den text an vil orten unfleissig vortewtscht, an vilen zustuckt, vorruckt und gefelscht hat, dartzu weder unser gloubwirdigen noch des hochgelerten hern Erasmus von Roterdamß

q) selbst wenn 34'

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translation 44 , allenthalben nachgegangen, sonder eins durch das ander gemenget und (als zu vormuten) ein sonderlich wickleffisch oder hussisch exemplar 45 vor im gehabt, in wólchem, was den glouben und die heyligen sacrament antrifft, mit vleyß vorkert oder gar außgelassen worden ist, wie auß den nachvolgenden stellen klerlich erscheynen und sich also erfinden 5 wirt.

Beschlußrede Nach dem ich nu (Got lob) diß buch zum end gebracht und nit ein kleynen hawffen irthumb, lugin und falscher lere daryn angetzeygt hab, wirt on zweyfel ein itzlicher vorstendiger leßer auß den selbigen allen bey im selber wol ermessen können, das vil gemelt Luthers testament (dem gemeynen man irthumb zu Vorhuten) nit unbillich vorbotten sey oder, wo das nit geschehen, noch billich vorbotten werden sol. Es sind ouch die underthanen schuldig, sich solichs vorbots gehorsamlieh zu halten, bey vorlust leyb und gut, und sollen und mögen die fursten die ubertretter frey angreyffen und straffen, unangesehen, das die lesterer und mißbietter der majestet (vor wölchen uns Petrus [2. Pet. 2, 1 ff.] und Was ein tirann sey Judas in iren episteln vorwarnet haben) sie darumb schelten und tyrannen heyssen, dann der ist nit ein tyrann, der do strafft und rieht nach Ordnung und inhalt der recht, sonder der do mit eygner gwalt handelt unnd thut widerrecht. Das aber nach Ordnung beyder recht die ketzer und apostaten r sampt iren anhangern und nachvolgern, schutzern und auffhaltern nach gestalt der sach an leyb und gut gestrafft werden sollen und mögen und ir lehen vom reych und der kirchen, sampt allen privilegien und freyheyten damit vorwurcken, wil ich mich auff beyde recht und auff dy zwen obgenante titel de hereticis et apostatis referirt und getzogen haben 47 . Wiewol mir nu etzlich lutherisch schuld geben, ich schreyb das auß neyd oder haß wider Luthern, so weyßt doch Got mein hertz und wirt freylich ein itzlicher biderman, der diß buch lißet, bey im selber wol erkennen, das ich nit auß mutwillen, sonder auß mercklicher notturfft disen last auff mich geladen hab. Darzu mich ouch änderst nichtzit dann Gottes ehr, gehorsam und selikeit meines nechsten vorursacht hat, wiewol leyder etzlich so blind sind, das sie es vorhin vordammen, ehe dann sie das lesen werden, und lieber die lüginbucher umb zwey gelt keuffen, dann das die helfft umb sust. Derhalben sie ouch Got in krefftig irthumb fallen lassen wirt, darumb, das sie der lugin glewben und nit der warheyt, wie Paulus geweyßsagt hat, 2. Ephe.(!) 2 [2. Thess. 2, 1 lf.] et 1. Timoth. 4 [lff.] Das aber Luther in der vorred über das alt testament seinen irthumben patrocinirn s und die sach furbawen wil und spricht, er wisse wol, das sich das quat an die reder legen werd, dann es sey besser eins bucher zu straffen, dann im nachzuthon etc. 48 beger ich für mein person, im sein ketzer) Abtrünnigen

s) bekräftigen, schützen

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risch dolmatschen nit nachzuthon, ouch hab ich in disem seinem nawen testament den quat nit an die reder getragen, sonder vorhin daran gefunden und mit der hacken christlicher 1er und warheyt widerumb davon abgeschlagen und bin ungezweifelt, es werde seinem alten testament dergleichen ouch mher von noten sein ein Emßer dann ein Virgilius49. Das ist mher einer, der im den quat ab den redern klopffe, dann einer, der vil goldes daran finden oder darauß (wie Virgilius auß Ennio) leßen werden kond, und ist wol erbermlich, das die Romer, do sie noch heyden waren, Ovidium umb ein eynich buchlin, das von der bulschafft sagt, auß ir stat vortriben und in Pontum vorweyßet haben 50 . Und wir Tewtschen, die do Christen sein wollen, können erleyden, das diser monch so vil ehebrecherischer ketzerische bucher außgehen läßt, in denen er ouch den ehebruch öffentlich erlewbet 51 und vil frommer junckfrawen zum fall bringt. So doch (wie der weyße Plato 52 sagt) vil schedlicher ist boße 1er, dann jendert ein gifft zu sich nemen. Dieweyl es aber nit weniger, das Luther oder diejhenigen, die im (als er sagt) geholffen 53 , beyde testament an den orten, do dem text gestracks nachgegangen und kein gifft darunder vormenget ist, etwas zierlicher und sießlawtender vortewtschet haben, dann die alte translation war (derhalben ouch das gemein volck mher lust hat, darynn zu leßen und under den siessen worten den angel schluckt, ehe sie des gewar werden), so ist meyn getrewer rat und diemutig bit, unsere prelaten, die teutschen bischoff, wollen inen das gelt (das in zu underhaltung gemeyner christelichen notturfft, nutz unnd frommen so reychlich gestifft ist) nit zu lieb sein lassen, und doch umb Gottes ehr und irer underthan selikeyt willen halb so vil thon bey dem wort Gottes, als der heyd Ptolomeus gethan hat 54 , und ob sie nit zwenundsibentzig, so wollen sie doch ein oder zehen gelerter, erfarner und gotßforchtiger menner zusamen beruffen und vorordnen, das auß der alten und nawen translation ein gloubwirdige, bestendige und gleichlawtende tewtsche bibel vorsamelt und getruckt werde, unnd alsdann Luthers beyde testament zu eim rottenhawffen' machen, wie er iren canonibus" ouch gethan hat, damit das volck wiß, waran es sich halten sol, und nit so vil seelen so jemerlich vorgifft und vorfurt und als zu besorgen ewig vordampt und vorloren werden. Zum beschluß, nachdem mich der drucker zuweylen ubereylet hat, das ich meynem gnedigen herrn, dem ordinario 55 (der drey meyl wegs von mir wonend und ouch nit alwegen anheym gewest) nit alle quatern zuvor hab mögen zuschicken, ist an alle, die diß buch leßen oder hören leßen, mein fleyssig und fruntlich bit, ob sie was ungeschickts darynn funden oder das ich im jendert zu vil oder zu wenig gethan hette, sie wollen das selbig nit seinen gnaden, sonder mir zumessen, dann ich bin, der sich zu disem buch bekennt, und wil das jhen, das ich geschriben habe, mit der hilff Gotes vor dem Luther oder Lucifer feyn und wol vortedigen, oder wo ich als ein mensch nit auß boßhey, sonder auß unwissenheyt jendert was

t) Scheiterhaufen

u) kanonischen Rechtsbüchern

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vorsehen oder geyrret het, mich meine prelaten gern lassen weysen und davon abstehen. Hiermit Got bevolhen. Volendet und geben zu Leypßgk am 21. tag Septembris nach Christi unsers lieben herren geburt 1523. Got sey lob, ehr und danck ymmer und ewig. Amen. 5 Getruckt zu Leypßgk durch Wolffgang Stockei.

A) Vorbemerkung Druckvorlage: Auß was grund II vnnd vrsach II Luthers dolmatschung/ vber das II nawe testament/ dem gemeine man II billich vorbotten worden sey. II Mit scheynbarlicher anzeygung/ wie/ wo/ vnd II an wolchen stellen/ Luther den text vorkert/ vnd II vngetrewlich gehandelt/ oder mit falschen glo=llsen vnd vorreden auß der alten Christelichen ban/ II auff seyn vorteyl vnd whan gefurt hab. II Von dem Ordinario Loci/ Meynem gnedige II Herrn/ Herrn Adolpho Bischouen tzu Mer=llßeburg vnd Fürsten zu Anhalt rc. vbersichti=llget/ vnd zugelassen. II (Am Ende:) Getruckt zu Leypßgk durch Wolffgäg Stockei. [1523.] 4° 158 Bl. Sign.: a-z 4 A-P 4 Q 2 R 4 . Claus St-143. VD 16 E 1089. Köhler 888. - SB PK Berlin: Lib. impr. rar. Quart 183 R (am Schluß mit eigenhändiger Unterschrift Hieronymus Emsers). Zur Entstehung: Um den 21. September 1522 erschien bei Melchior Lotter in Wittenberg Luthers erste Übersetzung des Neuen Testaments (Septembertestament). Unter dem Verdacht, eine häretische Verfälschung zu sein, und gestützt auf das Wormser Edikt wurde sie im Herzogtum Sachsen durch Mandate Herzog Georgs (Geß, Akten, Bd. 1, Nr. 400) und seines Bruders Herzog Heinrich am 7. bzw. 9. November 1522 verboten. Das brachte diesen den Vorwurf ein, sie verfolgten das Wort Gottes. Luther selbst wurde dadurch zu seiner Schrift „Von weltlicher Obrigkeit, wie weit man ihr Gehorsam schuldig sei" (Laube/Looß/Schneider, Bd. 2, S. 830—864; WA 11, S. 245—281) veranlaßt, deren Vorrede am Neujahrstag 1523 datiert ist und die im März 1523 erschien. Darin erwähnt Luther derartige Verbote auch in Bayern und der Mark. Hieronymus Emser (vgl. oben Nr. 8 Zur Entstehung), mit Herzog Georg eng verbunden, übernahm es, das Verbot zu rechtfertigen und auch andere Landesherren von der Notwendigkeit eines solchen zu überzeugen. Er muß sofort mit der Arbeit begonnen haben, denn das umfangreiche Buch lag bereits im September 1523 (von Wolfgang Stockei in Leipzig) gedruckt vor. Die „Beschlußrede" kann aber erst kurz davor fertiggeworden sein, da sie bereits auf den erst ca. Juli 1523 erschienenen ersten Teil von Luthers Übersetzung des Alten Testaments Bezug nimmt. Im Mittelpunkt der Kritik Emsers steht weniger die eigentliche Übersetzung Luthers als vielmehr dessen Vorrede und die Glossen. Literatur: S. 325 f.

Strand, Reformation Bibles, S. 35—60; Smolinsky, Alveldt und Emser,

B) Sacherläuterungen 1 Adolf II. (1458—1526), Fürst von Anhalt, seit 1514 Bischof von Merseburg, war das für Leipzig zuständige Kirchenoberhaupt. 2 Emsers Wappentier; vgl. auch oben Nr. 6 Zur Entstehung. 3 Gemeint sind die Bannbulle Papst Leos X. vom Januar 1521 und das Wormser Edikt Kaiser Karls V. vom Mai 1521.

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4 Vgl. Luther, Von weltlicher Obrigkeit, in: Laube/Looß/Schneider, Bd. 2, S. 831, 844, 849. 5 Vgl. Luther, An den christlichen Adel deutscher Nation, in: ebd., S. 635. 6 Vgl. Decretal. Gregor. IX., 1. 5, t. 7, bes. c. 4, 9 - 1 3 , in: CorpIurCan, Bd. 2, Sp. 779ff.; vgl. auch ebd., Sp. 1069ff., 1181 ff. 7 Die Verurteilung und Verbrennung von Johannes Hus am 6. Juli 1415 durch das Konzil von Konstanz; die verurteilten Artikel sowie die betr. Bulle Martins V. bei Denzinger-Schönmetzer, Nr. 1201-1234, 1247-1289. 8 Die Verurteilung des Arius (Areios) von Alexandrien durch das Konzil von Nicäa 325 (ebd. Nr. 130). 9 Die in der Marginalie genannten Stellen in: Migne PL 43, Sp. 41 ff., bzw. 33, Sp. 808ff. 10 Der ägyptische König Ptolemäus Philadelphus (285—247 v.Chr.) soll nach der Überlieferung 72 alexandrinisch-jüdische Gelehrte mit der Übersetzung der fünf Bücher Mose ins Griechische beauftragt haben. Im Verlaufe des 3. und 2. vorchristlichen Jh. wurden auch die übrigen Schriften des Alten Testaments ins Griechische übertragen, in der Folgezeit Septuaginta genannt. 11 Ponticus Aquila (um 130 n.Chr.) fertigte eine von der Septuaginta abweichende griechische Übersetzung des Alten Testaments aus dem Hebräischen an. Auf ihn und die im folgenden genannten Symmachus und Theodotion beruft sich auch Hieronymus in seinem Vorwort zur Evangelien-Übersetzung (Vulgata). 12 Theodotion, über den nichts weiter bekannt ist, gilt als Autor einer weiteren griechischen Bibelübersetzung aus der Zeit um Christi Geburt; nach anderen Angaben aus dem 2. Jh. n.Chr. 13 Symmachus aus Samaria verfaßte gleichfalls im 2. nachchristlichen Jh. eine griechische Übersetzung des Alten Testaments, die von Hieronymus sehr geschätzt wurde. 14 Der Kirchenvater Origenes (185—254) schuf mit der monumentalen „Hexapla" ein Werk, in dem er spaltenweise den hebräischen Text, eine griechische Transkription, die Übersetzungen von Aquila, Symmachus, der Septuaginta und Theodotion nebeneinanderstellte. 15 Nach der mittelalterlichen Überlieferung, auf die sich E. stützt, hat Papst Damasus (366—384) den hl. Hieronymus (um 347—419/420) beauftragt, die vorhandenen Bibelübersetzungen zu revidieren und eine lateinische Übersetzung herzustellen. Die von Hieronymus geschaffenen Texte wurden Grundbestandteil der Vulgata, die seit dem 7. Jh. in der römischen Kirche allgemein gebräuchlich wurde. 16 Luther, Vorrede von 1522 auf das Neue Testament (in der Ausgabe letzter Hand nicht mehr enthalten), in: WA DB 6, S. 2. 17 Verallgemeinert für hussitisch, ketzerisch gebraucht; zum Begriff vgl. oben Nr. 3, Anm. 69. 18 Wie Anm. 16; in der Ausgabe letzter Hand stark verkürzt. 19 Gregor I., der Große (um 540—604), vgl. seine Homilien zu Ezechiel (Hesekiel) II, 18; m , 1; IV, 1, in: Migne PL 76, Sp. 803, 806, 814f.; vgl. auch Bd. 79, Sp. 1137. 20 Domitius Ulpianus (um 170—228 n.Chr.), berühmter römischer Rechtsgelehrter; in den Digestenausgaben von Krüger (CorpIurCiv) bzw. Mommsen (Digesta Iustiniani Augusti) ist weder eine lex librorum noch die angegebene Stelle auffindbar. 21 Laurentius (Lorenzo) Valla (1407—1457), italienischer Humanist; die betr. Stellen in Werkausgaben nicht enthalten. 22 Wie Anm. 16.

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23 Ebd. 24 Luther in einer Glosse zu Matth. 5, 19: „Also thut der Papisten hauff, sagen, dise gepott Christi seyen nicht gepott sondern redte" (ebd., S. 28). 25 Vgl. Luther, De votis monasticis, in: WA 8, S. 582. 26 Luther verweist in seiner Vorrede auf 1. Mose 3, 15 und sieht Christus als „same dises weybs, der dem teuffei seyn h e u b t . . . zertretten hatt"; ferner auf 1. Mose 22, 17f. und 2. Sam. 7 (bei Luther 17), 1 2 - 1 4 (WA DB 6, S. 4 u. 6). 27 Vgl. ebd., S. 2 u. 4. 28 Vgl. CorpIurCiv, Bd. 1, S. 26f. (II, 23); S. 665ff. (XL, 5). 29 Ebd., Bd. 2, S. 264 (VI, 30. 22). 30 Vgl. ebd., Bd. 1, S. 873ff„ bes. 878. 31 WA DB 6, S. 8. 32 Lucius Annaeus Seneca (um 4 v.Chr.—65 n.Chr.), die Stelle in: Ad Lucilium epistulae morales, 107, 11, 4. 33 Decreti prima pars, d. 35, c. 9, in: CorpIurCan, Bd. 1, Sp. 133. 34 WA DB 6, S. 8. Vgl. auch Luthers Resolutiones disputationum de indulgentiarum virtute, in: WA 1, S. 608, sowie seine Antworten auf die entsprechenden Punkte der Bannandrohungsbulle (vgl. oben Nr. 4, S. 114, Pkt. 31 f. mit Anm. 46f.). 35 Die Verbrennung des Dianentempels durch Herostratus in Ephesus geschah 356 v. Chr. 36 Vgl. die Vorrede des Hieronymus zu den Paulusbriefen in der Vulgata. 37 WA DB 6, S. 8. 38 Ebd., S. 10 (in der Ausgabe letzter Hand nicht mehr enthalten). 39 Ebd., S. 8, 10. 40 Ebd., S. 10. 41 In der Anordnung der Episteln folgt Luther nicht der Vulgata; vgl. die folgende Anm. 42 Luther sondert die drei genannten Episteln sowie die Offenbarung Johannes' aus dem biblischen Kanon aus, da er sie nicht für Apostelschriften hält. Die Begründungen liefert er in den jeweiligen Vorreden (WA DB 8, S. 344, 348, 404). 43 Das äußert Luther besonders in bezug auf Jak. und Offb. (ebd., S. 384 u. 404). 44 Erasmus von Rotterdam (1466/1469—1536); von ihm stammt die erste, für die Reformation grundlegende Ausgabe des Neuen Testaments in griechischer Sprache sowie eine lateinische, von der Vulgata abweichende Übersetzung, erschienen bei Froben in Basel 1516. Der folgende Vorwurf trifft insofern nicht, als Luther — unter gelegentlichen Rückgriffen auf die Vulgata — die zweite Auflage des Erasmus (Basel 1519) seiner Übersetzung zugrundegelegt hat. 45 Von Wiclif bzw. Hus beeinflußte Bibelübersetzungen gab es. Wiclif gab den Anstoß zur sog. Lollard Bible, einer Übertragung der Vulgata ins Englische (erste Fassung um 1384, danach revidierte Ausgaben), in deren Vorreden sich lollardische Auffassungen spiegelten. Hus revidierte 1406 das Neue und Teile des Alten Testaments, 1413/1414 nochmals die ganze Bibel; 1475 erschien erstmals ein tschechisches Neues Testament im Druck, 1488 eine erste tschechische Vollbibel. Auch die Böhmischen Brüder fertigten eigene Bibelübersetzungen; ihre erste Fassung des Neuen Testaments lag 1518 vor. Dennoch gibt es für Emsers „Vermutung", die er auch im späteren Text wiederholt (zu Apg. 2, 1), keinerlei Beleg. 46 Von Bl. 17 bis Bl. 156 folgen die einzelnen Stellen, die Luther lt. Emser verfälscht hat, mit Kommentaren E. s. Im Mittelpunkt der Kritik stehen allerdings weniger die Übersetzung des Textes als vielmehr die Glossen Luthers. E. hat sich dann auch in seiner eigenen Übersetzung von 1527 stark an Luthers Text angelehnt. 47 Vgl. oben Anm. 6.

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48 Vgl. Luthers Vorrede über das Alte Testament (erschienen Mitte 1523), in: WA DB 8, S. 32. 49 Publius Virgilius Maro (70—19 v. Chr.), römischer Dichter. Hier in Anspielung auf dessen „Aeneis" (in der Rom und Kaiser Augustus verherrlicht werden) im Sinne von Lobredner gebraucht. 50 Publius Ovidius Naso (43 v. Chr.—17 n. Chr.), römischer Dichter, wurde im Jahre 8 n.Chr. wegen eines unbekannten Vergehens von Kaiser Augustus nach Tomi (Constanza) am Schwarzen Meer verbannt; Ovids „Ars Amatoria", auf die E. anspielt, diente wohl nur als Vörwand. 51 Wohl Anspielung auf Luthers „Babylonica" (vgl. Delius, Luther, Bd. 2, S. 235, 243, bzw. WA 6, S. 550, 558). 52 Der griechische Philosoph Plato (429-348 v. Chr.). 53 Bei der Übersetzung des Neuen Testaments halfen Philipp Melanchthon und Georg Spalatin, beim ersten Teil des Alten Testaments (der ca. Juli 1523 vorlag) wohl außer diesen auch noch der Hebräist Matthäus Aurogallus. 54 Vgl. oben Anm. 10. 55 Vgl. oben Anm. 1.

Johannes Dietenberger: Antwort, daß Jungfrauen die Klöster und klösterliche Gelübde nimmer göttlich verlassen mögen Der wirdigen und andechtigen junckfrawen Magdalena Kressin 1 , closterfrawen zu Pillnreüt, embeüt ich, Jo. Cochleus 2 , gnad, frid und heil yn Christo. Wirdige junckfraw, ich hab euch und allen frumen unnd geistlichen klosterlüten zu trost verteütscht ein gut, redlich und mit schrifften wolgegründt büchlin des erwirdigen und hochgelerten vatters Doctor Johan Dietenbergers von gelübdnus der closterlewt, welchs ich dem trucker schon uberantwort hab. So aber etliche leychtfertige personen, durch Luthers verfürische lere, yrer ere, gelübdnus und Seligkeit vergessen und wider hindersich in die weit gesehen, hab ich den obgemelten doctor gebetten, wider unerliche entschuldigung, so Luther hat lassen außgeen 3 , ein klein büchlin zu schreiben, wie ir hie sehen werdt. Wie wol aber sein meinung nit ist, daz seine bücher außgeen, so treibt mich doch mein gewissen und die not, daz ich auch wider seinen willen solch nützliche büchlin laß außgeen, dieweil ich so vil schand und ergernus höre von außgeloffnen münchen und nunnen, welchs euch on zweifei hertzlich leid ist. So dan ewer wirde bruder seliger Doctor Antonius Kreß 4 , vor Zeiten bropst und pfarherr S. Lorentzen zu Nürnberg, mir sovil gütz gethon hat, als ir wisset, wolt ich gern widerumb den seinen, wo ich künt, dienst und früntschafft erzeigen. Bit darauff, ewer wirde wolle diß büchlin in bester meinung uffnemen, dieweil es nicht umb rums willen, sunder allein zu trost und underweißung der geistlichen geschriben. Geben am 18. tag Septembris. Im 1523 jar.

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Vorrede in disz büchlin. Genade unsers lieben herren Jesu Christi sey mit allen den, die dises kurtz christlich büchlin, yren seien zu nutzen, lesen oder hören lesen. Amen. 1. Re. 13 Es hat der Luther mitt hilff der seinen ein werck gethon [1. Sam. 13, 30 11 — 14], davon landt und leüt singen unnd sagen werden, welcher Gottes kindt und der mit Got helt, der es hören wirt, dem werden beide oren erklingen, aber die es nit mit Got halten unnd des teüfels kinder sein, Werdens für grossen frummen preyßen. Was ist das? Das der auffrürig gotzlosig münch Luther, über ander ubel er" der Christenheit zügewendt hat, unnd 35 vorhin ursach gewesen, als er noch ist, vil eidbrüchigen münchen und nunnen, auch jetzunt neün nunnen auff ein mal auß dem kloster gefürt 5 , hilfft yn, yr gelübdt unnd klosterlich leben zu verleucknen und zu verlassen, wider Gotes ere, glauben und gebot. Berümbt und freudt sich auch diser

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boßheit vor aller weit 6 , nach dem spruch der schlifft [Spr. 2, 14]. Reytzet auch andere frumme klosterkinder zu disem verdampten exempel. Im ist nit genüg, das er yn irrung geet, muß auch ander yn irtumb bringen, wie Sant Pauls sagt [wohl l.Tim. 6, 3—5], Wil nit yn himel, hindert auch unnd laßt andere nit dareyn kummen, wie Christus redet [Matth. 23, 13]. O, wie lachet des spyls der teiiffel. Das aber alle weit möge seinen betrug verston, sein listige entschuldigung vermercken, durch sein kluge betrugliche antwort niemants verfürt, durch sein listigs fürbringen nit gefangen werden, so hab ich Got zü eren und allen geistlichen zu trost diß büchlin geschriben, mit schrifft b und der warheit nidergelegt0 das ketzerische büchlin, welches der gotzverleuckneter münch Luther, Got zu uneren, der geistlichkeit zu schmehe, dem klosterlichen volck zu verzweyfflung und verdampnus, denen die ein glitten willen haben die weit zu lassen 0 und Got sicherlichen dienen zü hindernus, dem andern gemeinem christlichem volck zu ergernus, erdicht hat. Sein wort hab ich züfürgesetzt unnd mein antwort darnach, wie nachfolget. Luther: Der titel des lutherischen büchlins, Ursach und antwort, das junckfrawen kloster gotliche verlassen mögen. 7 Nach anfang desselbigen büchlins: Ich wil hiemit kürtzlich für Got und aller weit rechenschafft und antwort geben, wiewol ich sunst yn andern büchlen redlich gethon hab, daz alle christliche hertzen mercken sollen, wie wir nicht das unser, sunder zuvor Gottes ere und des nechsten bestes gesucht haben. 8 Antwort: Das du hie nit war sagst für Got und ander aller weit, wil ich hie kürtzlich und klerlich anzeigen, wie redlich aber du in andern deinen büchlin disen fürschlag fürbracht hast, züg ich mich auff diejhenen, die dir dein unchristliches schreibens christlich vor Got und aller weit redlich widerlegt und nidergelegt haben, darfp nit weytters gezügnus. Das du nun hie schreibest, suchest nit dein ere, glaub ich das gentzlichen, denn du merckest, das alle dein auffrürig schreibens dier zü nichts den zü grossem nachteil, schandt, unere unnd schmehe kumpt unnd weitter, ob Gott wil, kummen wirt. Darumb glaub ich wol, das du dein eigen ere nit suchest. Ob du sie auch sunst hochlichen begerest, laß ich den urteilen, dem nichts verborgen ist. Wie öffentlichen aber nit war sey, das du in disem teüffelischem rath Gottes ere und des nechsten bestes suchest, sol ich in disem büchlin klerlichen aller weit fürbringen, als ich auch in andern meinen büchlin gethon hab. 9 Luther: Auffs erst, das die kinder züvor selbst yr eitern und frünschafft auffs aller demütigst ersuchet und gebetten haben umb hilff herauß zü kumen, mit vernüfftigen genügsamen Ursachen angezeigt, das ynen solich leben, der seien Seligkeit halben, nicht lenger zü dulden sy, sich darneben erbotten zü thün und zü leiden, was frum kinder thün und leiden sollen, welches ynen alsf abgeschlagen und versagt ist, und also von

b) mit Schrift-, Bibelbelegen e) bedarf f) alles

c) widerlegt

d) d. h. ins Kloster zu gehen

Prov. 2 1. Timm. 2 Luc. (?) (im Nachdruck: Luc. 2)

die erst lugen

Die ander und drit

Die vierdt Die fünfft Die sechst

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Die sibend yederman verlassen seind, damit sie recht und redlich ursach gehabt, ya Die acht genottiget und getrungen seindt, yr sele und gewissen zu erretten, anderßwo, wie sie haben künden, hilff und rath suchen etc. Ecc. 4 [Sir. 4, 25] Antwort: Es ist geschoben: Du solt nit widerstreben dem angesicht Job. 9 des gewaltigen, als Gott ist, dem niemants mag gewaltiglichen widerstre[Hiob 9, 2ff.] ben, den kein gewalt, kein fürschlag, kein weißheit, kein rath ist wider Genn. 50 Got, darumb was von den kindern wirt an yre eltem gesünnen, das Got [1. Mose 50, 19f.] zuwider ist, sollen sie das selbig lassen unnd yren kindem nit behüfflich, Prov. 21 sunder mer Got gehorsam sein, als sie Sant Peter leret, auch Christus Jesus [Spr. 21, 30] selbst, also sagend: Welcher sein sun oder tochter lieber hat dan mich, der Act. 5 ist mein nit wirdig. So nun die armen außleuffigen klosterloßen nunnen, [Apg. 5, 29] du g hie mit namen schmelichen anzeigest, von yren eitern nichts, denn das Mat. 10 [37] Got und yrer seien Seligkeit zuwider gewesen ist, gebetten haben, als das sie mochten mit yrer hilff an Got eidbrüchig, an menschen trewloß, am nechsten ergerlich, an yrer sele Seligkeit geferlich*1 werden, auß dem standt der eren zu uneren, von Gott zu der weit, von engelischem zu teüffelschem leben, von dem ort der Seligkeit zu Ursachen der ewigen verdamnus tretten mochten, wie solten sie von yren frumen christlichen eitern in diser bit nit verlassen werden und von niemants kein hilff oder rath haben, dan allein von dier und andern, die Got, der eren unnd aller zucht zuwider sein. Wie mochtest doch du böser schandvogel die eitern erlicher verantwort und dise abtrünnigen nunnen hochlicher beschempt und schentlicher vor Got und aller weit getadlet haben. Ja sagstu, sie haben damit recht und redliche ursach etc. Sag doch, du blinder doller kopff, was kan doch recht und redlich sein, das Got zuwider, gegen dem nechsten ergerlicher und inen selber verdamplich ist. Ist das Mat. 18 [7] Gotts eer unnd des nechsten bestes gesucht? Es saget ye Christus Jesus: Mat. 10 [33] We dem, durch welchen ergerniß kumpt. Und widerum: Welcher mich vor den menschen verleugnen wirt, des wird ich auch verleugknen vor Got, meinem vatter in dem himel. Wie kan man aber Gottes und Christi hochlicher verleugknen, dan das man sein gelübde unerlichen, unredlich auffsaget, mütwilligklichen zürucken schlecht1 und seinen eyd auß lauterer boßheit nit haltet? Das aber klosterliche gelübde auch Gottes gelübd seyen, als in ewangelischem gotlichem radt gegründet, magstu klarlichen sehen in dem heiigen ewangelio, hab das gnügsam in meinen anderen büchern angetzeigt, wil es jetzunt darbey lassen beleiben, dan ich hab deren noch keins befunden nidergelegt. 10 Nun sehend doch auch, ir blinden, verstopfften J , außleuffigen, gotsloßen nunnen, von wem und was rat ir haben gepflegt, wer hat euch genotiget und getrungen, unerlichen zu lassen, das ir erlichen Got gelobt haben? Schampt ir euch nit diser offenlicher lügen? Also schreibt ewer patron, der Luther, von euch, ir sein getrungen worden, anderßwo wie ir habt künden hilff und rat gesucht. Ach Got, was kan uß eim lügenmaul war gesagt werden, wie der ratschleger, also ist auch der rat, von denen geschriben ist,

g) die du

h) gefährdet

i) schlägt

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die weißgeachten k ratschleger Pharaonis haben ein unweisen rat geben. Als wie? Also: Die lutherischen haben mit Got, eren und fromkeit kein erlichen rat oder ursach zu irer boßheit mögen haben, das arm schwache weyberfolck auß den klostern zu bringen, darumb haben sie anderßwo, das ist, auß und wider Götz ere und fromkeit, wie sie haben künden und mügen, hilff und rat gesucht, funden vorgeschlagen und nachkumen uß den klostern gefiert, gerissen, gestolen, geraubt, wie sie haben künden, als dan sie selbs schreiben, unangesehen ob taußent eyde und gelüpt geschehen weren. Sihe, das heißt bei Luthern recht und redlich ursach, die gewissen zu erretten, thün, was frumen kindem sey zu thün. Ich wil aber den fromen züchtigen klosteijunckfrawen am ersten zu errettung irer gewissen und seien ein andern rat geben, dem sie sollen seliklichen folgen, mit dem heiligen apostel Paulo, der also schreibt: Ein jeglicher sol bleiben in der berieffung, in welcher er beriefft ist [wohl Eph. 4, 1], Darumb sagt Sanctus Augusti 11 : Bistu zu einem klostermenschen beriefft, soltu nach dem rat Sancti Pauli ein klostermensch bleiben. Es ist kein ander mittel, bistu ein klostermensch, so müst du ein klostermenschen selig werden oder wirst nit selig werden. Aber die abtrinnigen verlauffnen nunnen, eerlosen weyber sollen horen, was inen die schrifft saget. Es ist euch nit gut, Gottes gesatz, eyd und gelüpt zu lassen, dan niemants, wie Christus sagt, wirt des ewigen lebens würdig sein, der sein hand schlecht an den pflüg, verstand1 der gelüpte Gotts, und darnach wider hindersich sieht, vergisset Gottes und aller gelobter trew. Weiß darumb euch kein besseren rat jetzunt zu geben, denn Christus Jesus den verstopfften glaubloßen Juden gab, da er also sagt: Es sy dan sach m , das ir büß wircket über euwer sünd, so werdent ir alle zü gleichem verderben und verdampt werden. Luther: Zu dem andern ist das ein hochwigliche ursach unnd not, das man leider die kinder, sunderlich daz schwache weybervolck und junge megt, in die kloster stossent, reytzt und geen laßt, unnd da doch kein täglich ubung ist gotlichs worts, ya selten oder nymmermer das evangelium einmal recht gehört wirt, [ . . . ] dan wissentlich ists, das sunderlich in nunnenklostern Gottes wort täglich nit geet und an meisten orten nymermer. Darumb kein gelübt vor Got gelten oder halten k a n . [ . . . ] Dise ursach ist allein gnüg, uns allen zü entschuldigen, ya zü loben unnd zü preißen vor Got und der weit, das man auß klostern lauffen, helffen und ratten sol, das die seien heraußgerissen, gefürt, gestollen und geraubt werden, wie man kan etc. 12 Antwort: Es stot geschriben, was kan warhafftigs von einem lugenhafftigen menschen gesagt werden? Als wolt die schrifft sagen, kain oder klein warheit. Nun ist hie ein groß teil deins schreibens nichts denn yttel° lügen, was sol man denn warheit darinen süchen? Ist das nit öffentlichen gnüg gelogen, das in klostern selten oder nymmer das evangelium ein mal

k) als weise geachteten 1) versteht:, das heißt: und im folgenden: die 9. usw. Lüge o) eitel

m) falls ihr nicht

n) hier

Esa. 19 [Jes. 19, 11]

l.Cor. 2 "=&n

1. Mach. 2 [1. Makk. 2, 20—22] L u c g ^2]

Luc. 13 [3.5]

Die 9" Djg D i e 11

Die 12 Die 13

Ecc. 34 [Sir. 34, 1—8?; v 8'- 20, 24—26]

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Genn. 3 [1. Mose 3]

Psal. 105 [Ps. 106, 37] Mat. 19 [14]

Mat. 10 [32f.]

Joan. 10 [10]

Dietenberger: Daß Jungfrauen Klöster nimmer verlassen mögen

recht gehört werd, kein täglich ubung sy gütliches worts? Es ist ye ein hochwigliche ursach und not, ob sunst kein andere were, dein schlifft zu verdilgken, yr kein glauben zu geben, yr nymmermer nachzükummen, das sie mit lügen fast p wol gespickt, behenckt, geschmückt oder besudlet ist. Was eilenden jomers ist, daz du eben wie der teüffel unsern ersten eitern gethon hat, die armen kinder, sunderlich das schwach weybervolck und junge megt, wilt wider Got, glauben und ere auß den seligen klostem, darinnen sie sich Got durch gotliche gelübd ergeben haben und Got seliglich hetten mögen dienen, mit liegen, triegen, Stelen, rauben, reissen, reitzen, wie du kanst, zwingen. Sag an, du unverschemptes lügenmaul, ist das Gottes ere und des nechsten bestes gesucht? Wie vil hastu doch in unseren landen kloster gesehen, darinnen nymmermer das evangelium ein mal recht gehört sy? Ist diß dein antwort, das du schreibest, in nunnenklostern am meysten orten? Phu, phu dich stinckenden, heiloßen lügner. Ist aller weit wyßlich und kuntlich, das kein nunnenkloster bey uns ist, darinnen das evangelium nimmermer gehört werd. Ich geschwieg, das vil kloster gestifft prediger bey in stets halten, weltlich und ordenspriester, die das gantze jar das evangelium in gestifften dagen biß hieher recht, wol unnd christlich verkündet haben und noch verkünden. Schern dich doch vor der weit, von welcher du preiß und ere suchest, diser öffentlichen lügen, wilt du dich vor Got (bey dem du kein ere oder verdienst hast) nit Schemen. Villeicht meinest du dein neuwes lutherisch ewangelium. Aber ich weiß, das auff das selbig kein kloster gebawen ist, kein christenlich kindt deßhalben zu dem kloster kumpt, Gott sein genad nit darauff gestellet, ist niemants gebotten, ja niemants gut zu hören, er sey geistlich oder weltlich, wirt darumb niemants christenlicher, gottsfürchtigs, umb diser deiner blapperey wegen sein kinder Gott entziehen unnd dem teuffei schencken. Als von etlichen der heilig prophet David schreibet: Sie habend yre sün unnd dochteren dem teuffei geopfferet, darvor alle frommen Christen der herr Jhesus behüten well, welcher gebeutet, man sol auch die kleinen kinderlin zu im lassen kummen, nit von im reissen, Stelen, rauben, wie man kan, sunder zu im lassen kummen, on zweiffei nit das sie an im solten eydbrüchigk werden, bald wider von im weichen, mit lüginen im abgeztogen und gestolen werden, sunder bey im zu beleiben, denen er allein das himelreich geben will, nit denen, die von im leichtvertigklichen abtrettend. Sihe nun, wie öffentlichen hast du alhie gelogen und durch logen unchristenlich fürgewendet, es soll kein gelübdt vor Gott gelten oder gehalten werden, ich solte dich loben unnd preyßen, das du auß den klosteren die seelen von Gott reitzest, fürst, stilst, raubest, wie du dan kanst etc. Ja, wan liegen die warheit ist, so ist es auch war, was du schreibest. Du bedarffest dich auch nicht berümen oder loben, das du Got die armen seien, so er durch sein heiliges blüt erloßet und erkaufft hat, im abzühest mit liegen und triegen, wie du kanst, als dan vor dier und deines gleichen Christus vorgesagt hat: Der dieb kumpt zü nichten, dann zü Stelen, zu

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würgen, zu verderben. Solst darumb dich mer schämen dann preißen, das du von Christo als ein wissenlicher dieb gescholten wirst, dieweil du im sein seien unnd gelübde schalckhafftiglichen und lesterlich abstilst. Christus leret unns anders von den gelübden, also redend: Ir sollent Got geben das Gott züstet. Nun stet ye Got des menschen halben nichts nehers zu, den welches im verheissen und gelobt wirt, als dan seind die klosterliche gelübden, wie in andern meinen büchern ich genügsamlich beweißt hab. Wil nun Christus haben, das man sie halt unnd Gott geb, so müssen sie auch bey Gott on zweifei gelten und halten, darwider kan niemants, dan welcher Got, dem glauben, der warheit, der eren zuwider ist, von welchem Christus sagt: Welcher ist nit mit mir, der ist mir zuwider, unnd welcher nit mit mir versamlet, einiget unnd in einigkeit behalt, der zerstrewet und verteilt. Als wolt er sagen, der da verteilt und zerstraut, das ich vereiniget und versamlet hab, der selbig ist, der mir zuwider ist. Hat Christus dich, Luther, hie nit troffen, laß ich die andern urteilen, meines bedunckens het man dich mit dem finger nit baß und sicherlicher mögen deüten, bezeügest das selbst, dieweil du kummest, die armen seien zu verderben, zu urteilen, zu verteilen, zu verjagen, zu stelen, zu rauben auß den geistlichen klostern, die Got der heilig geist darinnen hat seliglichen vereiniget unnd versamlet. Deßhalben sagt Got von deiner lere: Den weg, den du wanderst oder geest, ist verkeret und mir zuwider. Darumb we, we, we dier und allen denen, die Got widersprechen, sein gelübd verachten, sein gesatz verlassen und darinnen verstopfft bleiben, sollen Gottes genad unnd reich nymmer erwerben. Luther: Auffs drit vor Got und yn Gottes dienst sol unnd kan kein werck noch dienst gezwungen und ungern geschehen [ . . . ] , wie vil meynstu aber, das nunnen in klostern sein [ . . . ] , die freulich und mit lust on gezwungen yren Gottes dienst und orden tragen? Frey lieh under tausent kum eyne etc. 13 Antwort: Sag an, du grosser geistweger und hertzenerkenner, wie vil klosterhertzen hastu durchsehen, daryn du befunden hast unlustigen gezwungen Gottes dienst? Hastu keins durchsehen (denn es ist Gott allein behalten), wie darffstu dan es schreiben und frey herauß liegen? Ich hoff under tausent klosteijungfrawen sol man kum eine finden, die gezwungen, nit mit lust, Got diene und iren orden tragen. Seind yr aber also vil, warumb nennestu nit eine auß den selbigen tausenten? Vileicht meinestu die neün außgelauffnen schelckin, welche du hinden an dynem büchlin in zu kleinen eren mit eigenem namen dütest. 14 Ach, du unverschempter lügener, sichq, daz du dich nit selbst hie bey der nasen greiffest und auß deiner schalckhafftigen geschicklichkeit alle andern frummen klosterleüth frevelieh urteilest. Es sagt Christus: Wes das hertz vol ist, redet der mundt. Darumb auß deinem mund und schreiben magstu wol geurteilt werden. Wie schreibestu nun von dier selbst? Also: Mein klosterliche gelübdt ist mit Unwillen und nit auß Got geschehen. 15 Was geet aber diß nun andere

q) siehe

Mat. 22 [21]

Luc. 11 [23]

Nu. 22 [4. Mose 22, 32] Esa. 45 [Jes. 45, 9f.] Osee. 7 [Hos. 7, 13] Ecc. 41 [Sir. 41, 8] Mat. 21 [43]

Die 14

l.Re. 16 [1. Sam. 16, 7] 2 Par 6 ^ ehr 6 30]

Mat. 12 [34] Luc. 19 [22]

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3. Reg. 19 [1. Kön. 19, 18] Romm. 11 [Rom. 11, 4]

Mat. 10 [22]

2. Cor. 9 [6]

Phil. 1 [6] Mat. 11 [30?]

Mat. 19 [14]

Dietenberger: Daß Jungfrauen Klöster nimmer verlassen mögen

frumme klosterleüth an? Bistu auß der kutten unnd in der kappen an Got unwillig, unrüwig, warumb urteilstu die andern deines gleichen, der' hertz du nit sehen kanst, und last sie Gott nit rüelich dienen, die mit güttem willen auß rath Gots des heiligen geists yre gelübde gethon haben, sunder zwingst sie, yr leben, glauben unnd werck zu verlieren unnd darzü die hell verdienen. Ob schon etlich wenig deinem teüffelischen rath folgeten, auß seligen englischen klosterlichem leben zu dem heiischen, verdampten dretten, so hat im s doch Got, als die schrifft sagt, noch 7tausent, daz ist, den grossem hauffen behalten, die yre knye nit gebogen haben vor Baal, das ist, die deinem verdampten rathschlag nit gefolgt haben, auch nymmermer folgen werden. Dieweil nun Got dein rath nit gefeit, so ists genügsamlich ursach einem jeglichen gütten Christen, den nit anzünemen oder zu erfolgen', gelübd und kloster zü lassen, sunder auffmercken den worten Christi, da er also sagt: Der bleiben wirt biß in das ende, der wirt selig werden. Sol auch yederman bey disem artickel, am ersten, wissen, das besser ist, Gots dienst unnd gebot werd mit willen unnd unlust volbracht, den gantz underwegen blieben, dan durch das erst versündiget man sich sunderliehen nichts, wiewol man auch wenig damit verdienet, wie Sant Paulus sagt. Aber durch das ander verdienet man die hell und versündiget sich an Gottes gebotten unnd diensten, welche Gott zü eren solten beschehen, und gantz underwegen bleiben, verhoffen doch, wie obgeschriben ist, sollen in klosteren wenig gefunden werden, die mit gezwang, traurigkeit, Unwillen Gottes gebot, dienst und gelübde halten, denn Gott der heilig geist, der den klosterleüthen gibt den willen, ynns kloster zü kummen, in klostern Gott zü geloben, wirt yn auch nit enziehen den willen, lust und krafft zü Volbringen, als dann Sanctus Paulus bezüget. Denn einem liebhaber Christi ist sein bürde unnd joch der gelübde nit schwere, sunder fast süße unnd leicht, als er selbs sagt: Dann die liebe macht alle ding leicht. Auffs ander sol man auch wissen, das nit eins ist, als Luther meinet, Götz dienst thün gezwungen und thün mit unlust. Denn vil gütter werck als fasten, betten, leiden umb des glaubens willen und der geleichen geschehen dick mit unlust, on freude, doch mit güttem willen, ungetzwungen. Also mag man auch die gelübde thün on getzwungen, mit gütem willen, wiewol darzü etwan ein unlust feit", ist kein schaden, auch kein redliche ursach, die gelübde zü brechen, man findet bei den frommen geistlichen noch genügsamlich rat und hilff. Wil auch mit disem schreiben nit verantwurtet y haben, die yre kinder in die kloster zwingen und notigen wider allen willen der kinder. Lob das nit, es kumpt selten gütes darauß. Christus sagt nit, zwingend euwere kinder mit Unwillen zü mir, sunder lassent sie selbs, das ist mit freyem güten willen zü mir kumen. Ist es doch güt, das man die kinder zü Got in jungen tagen ziehe und sie laß bei den fromen closterlüten in züchten, dugenten,

r) deren rechtfertigt

s) sich, d. h. Gott

t) befolgen

u) fällt, hinzukommt

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lere und gotsforcht eitzogen werden, wie bei den heiligen aposteln besehehen ist, als Sanctus Dionysius betzeüget. 16 Saget auch die schlifft: Der junger bleybet bei seinem weg, auch wan er alt würt, weicht er nit darvon. Und Sanctus Crisostomus 17 : Welcher wirt würdig sein oder sich vertrösten, Christo zu nahen, wan die einfaltigen kintheit von im getriben wirt? Dan seind die kinderlin zükünfftig heiligen, warumb hinderen und verbietend ir inen zu irem vatter zu kummen. Seind sie aber zu sünder zükünfftig, warumb feilen ir das urteil der verdampnis über sie, so ir doch kein sünde noch an inen gesehen haben? Also soll man kein jungen knaben oder dochtern hinderen, Gott in den klostern zü dienen. Aber die armen genotigeten und getzwungnen, die on allen iren willen, allein auß forcht, not, getzwang der eiteren in die kloster gestossen und gewaltiget seint, keinen willen nie gehabt, auch noch nit haben, ire gelübd zü thün oder zü halten, sollen dißen trost nemen. Sie mögen on alle hinderniß irer Seligkeit, doch mit erlichen getzeugnis irer oberkeit und der klosterleuth, bey denen sie wonend, aber wo es inen abgeschlagen würde, von anderen frommen, erlichen, gotsforchtigen leuthen, sunderlich eines bischoffs oder anderer oberckeit, under der sie gelegen seind, auß dem kloster gon und sich in einen anderen erlichen stand ergeben. Were doch besser, sie mechten auß der not ein dugent und folgeten dem rat Sancti Pauli, bliben als sie weren. Sehe doch yederman zü, das niemants auß dißem erberen rat im ein mentelein mach der teuffelischen freyheit, wie Sanctus Paulus leret. Es wirt fürwar Gott niemants betriegen. Welcher Gottes gelübd und glauben verleugknet, den wirt Gott selber in seinem letsten urteil auch verleugknen. Luther: Auff das Vierde, das unmüglich ist, die gäbe der keuscheit so gemeine sey, als die kloster seind. Dan ein weibsbild ist nicht geschaffen, junckfrawe zü sein, sunder kinder zü tragen, wie Got Genesis an dem ersten capi. sprach: Seyent fruchtbar und merend [ . . . ] euch, wider welches wort kein gelübde, kein bunde gelten noch halten sol, den wen Got selber außnimpt, nit unser gelübdt oder freyen willen [ . . . ] , dan damit gebe ich mich on not unnd ursach in verlichkeit unnd versuchte Got, seytmal wol ein ander gotlich stand da ist, da ich der ferlichkeit und versüchung nit bedarff etc. 18 Antwort: Es ist ye ein wunder, das du uns alle also verblendt meinst, daz wir dein grossen gotzlesterigen lügen nit sehen, verston oder greiffen, sunder unns mit öffentlichen lügen solten lassen uberreden. Diß ist nit die weiß zü bezügen, was der seien Seligkeit antrifft. Mit der warheit ist zü zogen, das man wil globlich unnd bestendiglich leren, nit mit tadlen unnd lügengeschwetz die leüth uberreden, es kan ye nit auß Gott oder der warheit sein, auch kein bestandt haben, das mit lügen befestiget und besudelt ist. Laß nun sehen, was lügen du einfürest zü befestigen, daz klosterkappen, gelübdt, klosterliche junckfrawschafft sollen gelassen werden. Ich mein, du werdest dich der selbigen etwan Schemen oder andere leüth nit dahin zü bewegen vermögen, das sie obberürte stuck deiner lügen halben lassen würden. Die erste lügen: Es ist unmüglich, das die gäbe der küscheit so gemeine sy als die kloster seindt. Sag an, du gotzloßer münch, wie kan die gab 35

Reformation

In ult. c. cel. ier. Pro. 22 [Spr. 22, 6]

1. Cor. 7 [20. 24]

Gal. 5 [13]

Die 17 lg

Joan. 8 [44] j joan ^ ^ ^ j ]

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Hie. 17 [Jer. 17, 7.14—18] Judit 13 [4ff]

Mat. 7 [7ff.] Joan. 14 [13f.] Mat 19 [12] Jac. 1 [5 f.]

1. Jo. 3 [22] Psal. 9 et 7 3. Re. 6 [wohl 2. Kön. 6, 17ff.] Mat. 4 [7]

Mat. 19 [12] 1.Cor. 7 [1. Vf.] Jac. 1 [12—15] Jac. 1 [5] 2. Cor. 13 [7—9] Phil. 1 [9—11] 2. The. 3 [2] Sap. 8 [Weish. 8, 21] 1. Cor. 7 [38] 1. Cor. 7 [40]

Dietenberger: Daß Jungfrauen Klöster nimmer verlassen mögen

der küscheit nit also gemein sein als kloster, so doch Gott die selbige sampt andern gaben dem menschen zü seiner sele Seligkeit forderlich zugesagt unnd verheissen hat, nit allein klosterleüthen, sunder allen, die yn darumb anrüffen, yr hoffnung zü im setzen, nit in sich selbst oder in eignen krefften getruwen. Was es nit unmüglich, menschlich zü reden, das die kusche fraw Judith dem mechtigesten fairsten Holofernem also schentlich umbbringen solt? Aber ir frummes hertz, starcker glaub, gütte verhoffnung, demütiges gebet zü Got macht ir müglich, welches iren eigenen weybischen krefften unmüglich was. Wie bettet sie aber? Also: O herr Got Israel, sterck mich und sich in diser stund zü den wercken meiner hende, das du auffrichtest und erloßest die stat Hierusalem, wie du verheissen hast, und das ich gedacht hab und glaub durch dich beschehen möge, volbringen künde [Judit 13, 5], Dieweil nun Christus uns ermanet und gebeüt zü bitten von im, das wir in unseren krefften nit haben, hat auch verheissen zü geben alles, das man in seinem namen bittet. Wie solt er denn abschla8 a b der küscheit, welche er selbst anzünemen und zü halten geratten hat? Es stat ye geschriben: Welcher under euch bedarff der weißheit, w e r z w e yffelt auch andere gotzgab uns nütz sein zü Got, der begere sie von Got, der allen in bitten gibt uberflüssigk und niemants seiner bit verweyset und sol im geben werden. Bit aber das selbig in einem rechten starcken glauben unnd güttem gewissen, den wirt dich Got nit lassen, auch in den dingen, welchen dein krefften unmüglich seind, doch dier zü Gott fast nutz unnd behilfflich sy, dan er selbs verheissen hat, sein volck in solichen notten zü im schreyen nit zü verlassen. Das aber du hie in tadlest, Got wöl unversücht sein, sol darumb nit gebetten werden umb die gab der küscheit. Das erst laß ich zü, Gott sol niemants versüchen, das man aber deßhalben Got nit bitten solt umb die gab der küscheit, ist öffentlich gelogen, den Got mag nit versücht werden durch das, welches, als da ist die gab der küschheit, er unnd seine heiligen aposteln uns zü bitten, anzünemen und zü behalten geratten haben, von welchen weytters zü lesen, weiß w ich dich zü meinen andern büchern, dainnen genügsamlichen disem deinem leichtfertigen geschwetz geantwort ist. Jetzunt sey dier gnüg hie mit. Das Got mag on alle versüchung und sol gebetten werden nit allein in notigen dingen, sunder auch in anderen uns gebrechen und doch nützlich oder behilfflich sein zü Gott, als mit namen ist die gab der küschheit, bezeüget das die schlifft und Sanctus Paulus. Die ander lügen. Weybsbilde seind nit geschaffen, junckfrawen zü sein, sunder kinder zü tragen. Das diß gelogen sey, bezüget Sanctus Paulus, da er sagt, das die yhenen, die junckfrawenschafft wollen behalten, recht und wol thün, die sie aber behalten und nit zü der ee greiffen, noch vil besser thün. Werden auch seliger sein, die also junckfrawen bleiben nach dem rath des heiligen geists. Wie kan aber nun Got der heilig geist weybsbilden rathen, zü dem er sie nit geschaffen hat? Es müß ye ein unweysser schopffer sein, dem das ende seines geschopffs verborgen ist und

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nit weyßt, zu welchem ende er sein geschopff geschaffen hab. Was ist es nun anders gesagt, weybsbild seind nit geschaffen junckfrawen zü sein, sunder zü tragen, den sagen, Got ist ein unwißer schopffer, der nit so vil weißheit by im hat, das er wissen mog das ende seines geschopffs, den er wentx, er hab weybsbilder zü kinden tragen geschaffen, so rath er yn, das sie sollen junckfrawen bleiben. Ist aber das nit ein grosse gotteslesterung, genügsamliche ursach zü verwerffen und zü vertilken dise deine unbilliche antwort, mit lügen besudelt unnd mit Gottes lesterung befestiget. Die dritten lügen, wie Gott sprach.19 Es ist doch mer dan clerlichen erlogen, das Got hab gesprochen, weybsbild seien geschaffen, nit junckfrawen zü sein. Es ist wol geschriben, Gott hab gesagt, yn der zeit, da noch wenig menschen waren und menschlichs geschlecht solt gemeret werden, zü unsern ersten eitern Adam und Eva und andern als Noe etc.: Seyt fruchtbar und meret euch [1. Mose 1, 28]. Hat doch yn disen worten nit gebotten allen weybern, die immer geboren sollen werden, kinder zü tragen, auch nit verbotten, zü seinen Zeiten junckfrawen zü bleiben, sunst het Christus nit zü der junckfrawschafft geratten, auch den junckfrawen den himel nit verheissen. Het auch S. Pauls durch den heiligen geist nit geratten, junckfrawschafft zü behalten, nit gesagt, es sy erlicher, besser, zü Gott behilfflicher undy seliger, uß der ee in der junckfrawschafft bleiben. Bistu mansbild, sagt er, entlediget von einem weyb, soltu keines me süchen. Des gleichen: Bistu weybsbild entlediget von einem man, soltu keinen süchen. Wie kan den Got alle man und weyb geschaffen haben, das sie ymmer züsamen solten, dieweil der heilig apostel auß dem heiligen geist rattet: Welcher man eins weybs entlediget ist, sol keins süchen. Welches weyb eins mans entlediget ist, sol kein süchen? Kanstu nun mercken, daz Gotes gebot obberürt nit dahin reicht, daz junckfrawenschafft verbotten sy, dahin doch du es wider Götz meinung und willen notigen und zwingen wilt und doch selbst bald hienach junckfrawschafft zülassest? Sihe, daz küsch junckfrewlich volck ist, die Got selber außzeügt, die durch Gottes gnad, rat und hilff iren freyen willen mit gelübden verdienstlich zü ewiger junckfrawschafft schlahen, sunder2 alle geferlikeit und Gottes versüchung. Ich hoff nun, Got der heilig geist werd mit seinen gnaden und rat stercker sein, sein außerweiten in der gab der küscheit, den dein katige antwort und lügengeschwetz vermögen, die da dienen zü der unküscheit, Gottes gebot, eid und gelübd zü brechen. Luther: Hie thün sy zwo einred, die ersten, man sol die gelübd halten, daz ist warlich war, wan du gotlich gelobest, das dein ist und in deiner macht steet. Antwort: Dise einred ist gut und götlich, als die Got selbst einredet, darumb soll man auch klosterliche gelübd halten, dieweil sie gotlich sein, und von dem daz unser ist und [in] unser macht steet. Denn gehorsame ist ye von dem unsern und daz in unser macht steet. Des gleichen williglichen

x) wähnt, meint z) trotz 35'

y) hier steht: unseliger; der Nachdruck hat richtig: und seliger

"Sa

Mat. 19 [12] 1. Cor. 7 [37ff.]

Sap. 8 Romm. 11 [Rom. 11, 7] Hie. 51 [Jer. 51]

Numra. 3 [?] Psal. 75 [Ps. 76, 12]

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Luc. 20 [?] umb Götz willen sich entschlahen alles eigenthümbs, auch kein haußfrawen oder elichen man zu nemen, sunder also junckfraw bleiben, ist von den unsern, daz in unserm willen und macht steet, als Sanctus Paulus of1. Cor. 7 fentlich sagt. Folget nun auß disen deinen worten wider dich, daz junckfrawen kloster und klosterliche gelübd nymmer mer gotlich verlassen mögen, dieweil sie gotliche geloben, daz ir ist und in irem freyen willen steet. Welches du auch weitter mit solichen worten bestetigest: Welche aber geistverstendig seind unnd klosterey nützlich wissen zu brauchen und gern darinnen seind, die laß man bleiben im namen Gotes. 20 Hastu doch ein wenig darvor darwider geschriben und geratten, gelübd und kloster zu lassen und jederman herauß zu helffen, wie man künd. Luther: Die ander einrede ist, das es ergerlich sy, wider den gemeinen alten brauch und [l]ere und der schwachen gewissen sy zu schonen. Antwort: Ergernus hin, ergernus her, not bricht eysen und hat kein ergernus. Ich sol der schwachen gewissen schonen, so fer es on gefär meiner seien Die 20 geschehen mag. [ . . . ] Nun lygt hie der seien gefär yn allen stucken, darumb sol niemant von uns begeren, daz wir yn nicht ergern, sunder wir sollen begeren, daz sie unser ding billicher und sich nit ergern, daz fordert die liebe. 21 Antwort: Dise einred ist götlich, christlich, erlich, besserlich, darumb festiglich zu halten. Aber deine antwort ist unchristlich, unerlich, ergerlich, Got und brüderlicher liebe zuwider. Bezeüg daz also. Christus leret uns Mat. 18 [7] ergernus zu vermeiden, du sagst darwider: Ergernus hin, ergernus her, als woltest du sagen, ergernus darff man nit achten. Christus sagt: We dem, durch welchen ergernus kumpt. Du sagst: Lieber her Christe, ergernus hin, ergernus her, we hin, we her, ergernus sol man nit achten, das ewig we nit glauben. Christus sagt aber: Es wer besser, das der, durch welchen ergernus kumpt, im mer mit einem grossen mülstein ertrenckt würd, ee daz ergernus erwüchße [Matth. 18, 6]. Wolt Got, man het an dier disen rat b®" Christi vor dreien jaren volbracht, es wer on zweifei alle weit auff disen tag fridlicher, im glauben stercker, von ergernus reiner. Du sagst, ergernus hin, ergernus her, es gilt ye nit wider mich und meinen rath und fürschlag, Mat. 22 (!) ob schon Christus selbst darwider sy. Christus sagt: Der nit mit mir ist, der ist wider mich [Matth. 12, 30]. Nun bistu ye Christo gantz zuwider, darumb bistu sampt deiner schlifft nit mit Christo. Welches hertz oder schlifft nit ist mit Christo, daz muß uß und mit dem teüfel sein. Also ist dein schreiben gewißlich nit uß Got, sunder uß dem teüffel, der allein leret, ergernus geben zu verachten. Ja, ya, sagstu, not bricht eysen etc. Was not ist doch, daz ich uß meinem fryen willen zur ee greiff, so ich uß der ee Mat. 19 [12] wol, ya vil besser, seliger und verdienstlicher, als Christus und S. Pauls 1 Cor 7 [37ff ] b e z ügen, bleiben mag? Hab dier in meinen andern bücher vil daruff geantwort und dein fürnemen christlichen darnider gelegt, laß jetzunt bleiben. Ist öffentlichen gelogen, daz der seien gefarlig in behaltung der junckfraw1. Cor. 7 [38] schafft, den S. Pauls sagt: Es ist besser, junckfraw bleiben, den zü der ee greiffen, ist auch zü Got behilfflicher und erlicher. Was wiltu mer? Es kan ye nit der seien gefär sein, daz besser ist, daz zü Got behilfflicher, erlicher ist. Ich mein, man sol Got und dem heiligen apostel mer glauben, den

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einem abtrünigen münch, da auch die heiligen apostlen Christo antworten also sagten: Geet es also mit weyber zu, so ist es gut, daz man auß der ee bleib. Christus verwarff dise antwort nit, das er doch nit underwegen gelassen het, wen uß der ee zu bleiben were der seien gefär. Weytter sagt er zu seinen aposteln: Es seind etliche, die sich der ee enthalten umb Gottes willen [Matth. 19, 12]. Wer diß wort annemen mag, daz ist annemen wil, der thü daz, als wolt er sagen, es steet zu eines jeglichen freyen willen, küschlich auß der ee bleiben, wirt von Got dise gab niemant abgeschlagen, der sein willen zu Got und diser gab schlecht. Wie kan aber Christus unser seligmacher uns ratten, das der seien gefar ist? Es muß ye gantz erlogen sein, was du hie schreibst, Got und der warheit zuwider. Wer wolt es dan als du begerst billichen? Wirt darumb alle weit recht und redlich an dier in diser antwort geergert. Solt auch von niemans begeren, sich in diser antwort nit zu ergern, wen es ist wider Got und der seien Seligkeit, Gottes gelübdt mütwilliglich auffloßen, eidbrüchig werden, keiner gewissen schonen, wider den alten gemeinen christlichen brauch, ergernus under aller weit erwecken etc. Soliche und der gleichen stuck kan kein frumer Christ gebillichen, fordert auch nit christliche und gotliche, sunder des teüfels liebe, des willen du in disen stucken volbringst, wie Christus von den verflüchten Juden uff ein zeit sagt: Ir seind uß ewerem vatter, dem teuffei, des willen ir wellen Volbringen [Joh. 8, 44], Luther: Das wil ich uff dißes mal kurtzlich zu verantwurten gegeben haben für mich und für diße junckfrawen, auch für alle, die dißem exempel wellen nachfolgen, bin auch gewiß, daz wir damit vor Got und der weit unvertedlich beston wellen. 22 Antwurt: Ja, Luther, du bestest vor Got und der weit, wie die Rincklerin zu Nürenberg die oren am pranger ließ 23 . Wie kanst du doch mit deinem selbs widersprechen vor Got und der weit unvertedlich und wol beston? Du meynest dan hie dich selber und die yenen, die deinem unchristlichen rat gefolgt oder weitter folgen werden. Bin des gewiß, das die vor Got und der weit unvertedelich beston, die disem deinem rat nit folgen. Welche aber im nachkumen, werden des kein entschuldigung, sunder an Gots reich kein teil haben, sie thüen dan Got angneme büß über ire sünd. Got geb den guten bestendigkeit, den boßen sein barmhertzigkeit und besserung, inen beiden gnad, nachzüfolgen dem rat des heiigen apostels Pauli, also lautende: Laßen uns einander helffen zü gütlicher liebe und guten wercken und nit verlassen unsere versamlung, als ir ein teil thün, sunder einander trösten, also vil me, so vil mir sehen sich fast nehen den dag unsers tods oder Urteils. Dan so wir mütwilligklich sündeten nach entpfangner und erkanter warheit, wirt uns kein opffer helffen für die sünd, sunder müsten erwarten des grausamen urteil Gotes unnd des hellischen fewers zü straff. Ir wissen, welcher Moyses gebott nit hielt und des ward ubertzüget, müst on alle barmhertzikeit sterben. Wie vil meint ir, wirt dißer schwerer straff verdienen, der den sun Gots under die füß trit, sein heiligs blüt verunreint, in welchen er geweschen ist und dem geist der gnaden solich schmacheit anthüt, mir wissen, welcher gesagt hat, laß mir den räch der straff, so werd ichs vergelten. O, es ist schwer zü fallen in die hend

Mat. 19 [10]

Die 21

Heb. 10

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und straff des lebendigen Gots, darumb solt ir nit verlieren ewern guten hoffen, welcher große Vergeltung hat bei Got. Gedult ist euch fast not, daz ir Gots willen Volbringen und also erlangt daz ewig leben. Leiden uch ein klein zeit, er wirt bald kumen, sich nit sumen, der zükiinfftig ist, der recht richter, welcher also sagt: Mein gerechter mensch, der da lebt auß seinem 5 gelübd oder glauben, w o er aber sich würd abziehen von seiner glübd mir zugesagt, würd eidbrüchig werden, so wirt er mir nit wol gefallen. Aber wir sein nit kinder des eydbruchs zu der verdamnis, sunder des festen glaubens der bestendigen gelübd gelobter trew, zu erwerbung der selickeit unserer seien [Hebr. 10, 2 4 - 3 2 . 3 6 - 3 9 ] 2 4 , zu welcher uns wol helffen Got 10 von hymel, gebenedeit in ewigkeit. Amen. Von keyserlicher und hispanischer mayestat gnaden erlangt privilegia, diß büchlin niemans nachtrucken oder feil sol hon in jars frist. Getruckt von Jo. Grieninger uff Sant Wolffgangs tag [31. Oktober] im jar 1523.

A)

Vorbemerkung

Druckvorlage: Antwurt/ das II Junckfrawë die klôster II vn klosterliche glübd II nümmer gôtlich II vlassen möge. II D. Johannes dietenberger. II [Straßburg:] (Am Ende:) Gelltruckt vö Jo. Grieninger vff sant wolffllgangs tag im iar. 1523. II 4° 14 Bl. Sign.: AB 4 C 2 D 4 . - Schmidt, Répertoire 201. VD 16 L 6887. Köhler 737. - UB München : 4° Theol.2373:2. Zur Entstehung: Johannes Dietenberger (um 1475—1537), promovierter Dominikaner in Frankfurt a. M. und mehrfach Prior seines Konvents, stand in freundschaftlichen Beziehungen und enger Kooperation mit Johannes Cochläus (vgl. unten Nr. 28 Zur Entstehung). Nach dessen Mitteilungen schaltete er sich frühzeitig in die schriftliche Auseinandersetzung mit Luther ein, scheute sich aber — nach dem Urteil Cochläus' und anderer Zeitgenossen (vgl. Wedewer, Dietenberger, S. lOOf.) aus übergroßer Bescheidenheit — , seine Schriften drucken zu lassen. Als Überredungsversuche nichts fruchteten, übergab Cochläus heimlich im September 1523 mehrere Schriften Dietenbergers seinem eigenen Drucker, Johann Grüninger in Straßburg (vgl. dazu die jeweiligen Vorreden des Cochläus). Grüninger druckte vom 27. Oktober 1523 bis 5. Januar 1524fünf dieser Schriften, und zwar in der Reihenfolge 1. „Ob die Christen durch ihre guten Werke . . . " (vgl. unten Nr. 25, 27. Oktober 1523), 2. die vorliegende „Antwort, daß Jungfrauen . . . " (31. Oktober 1523), 3. „Von Menschen Lehre" (10. November 1523), 4. „Wider 139 Schlußreden Martin Luthers von Gelübden . . . " (20. Dezember 1523) und 5. „Der Laie . . . " (vgl. unten Nr. 24, 5. Januar 1524). In dieser Reihenfolge werden seine ersten Schriften auch in der Literatur (gestützt auf Wedewer und Ch. Schmidt, Répertoire bibliographique Strasbourgois jusque vers 1530. 1. Jean Grüninger, Strasbourg 1894) gezählt, doch spiegelt sie nicht die Reihenfolge der Entstehung. Aus den Vorreden des Cochläus und einem Textvergleich stellt sich uns die Entstehungsreihenfolge so dar: Als erste der genannten Schriften entstand „Wider 139 Schlußreden . . . " gegen Luthers entsprechende Thesenreihe vom Herbst 1521, also wohl bald danach. Dietenberger schrieb sie in Latein, Cochläus übersetzte sie — in gekürzter Fassung — ins Deutsche. Entgegen sonstigen Gewohnheiten beruft sich D. auf keine vorhergehende Schrift; sie könnte also seine erste gewesen sein. Cochläus teilt in der Vorrede mit, Dietenberger habe noch eine

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zweite lateinische Schrift gegen Luthers zweites Buch zum Thema geschrieben, die er — Cochläus — noch nicht übersetzt habe, dies aber bald tun wolle. Als zweite (von den fünf genannten) entstand „Von Menschen Lehre"; die entsprechende Lutherschrift war ca. Juni 1522 erschienen. Ob es sich um die ebenerwähnte zweite Schrift handelt, wird nicht klar, da von einer Übersetzung keine Rede ist; der inhaltliche Bezug könnte dafür sprechen. Gemeint sein könnte aber auch der zweite Teil der 1525 in Latein gedruckten „De votis monasticis . . . " (Wedewer, Dietenberger, Nr. 9, Inhaltsangabe ebd. S. 303—308). Die dritte Schrift Dietenbergers dürfte dann die hier vorliegende „Antwort" gewesen sein. Cochläus teilt in der Vorrede mit, daß er selbst dazu die Anregung gegeben habe. Sie richtet sich gegen Luthers „Ursach und Antwort, daß Jungfrauen Klöster göttlich verlassen mögen" (WA 11, S. 387ff.), erschienen wohl noch im April 1523. Sowohl in Cochläus' Vorrede als auch im Text wird auf vorangegangene Bücher Dietenbergers zum Problem der Gelübde Bezug genommen, womit die beiden genannten gemeint sein könnten. Noch kein Bezug findet sich auf seine Schriften über Glauben und Werke, die also danach entstanden sein werden. Da die zweite von diesen „Ob die Christen . . . " mit „Quarta Augusti" (1523) datiert ist (vgl. unten Nr. 25 Zur Entstehung), davor also auch noch „Der Laie" geschrieben wurde (vgl.unten Nr. 24 Zur Entstehung), dürfte die „Antwort" etwa im Mai/Juni 1523 entstanden sein. Daß die Schrift Absatz fand, ergibt sich aus der Tatsache, daß Grüninger noch einen — undatierten — Nachdruck herausbrachte. Offen bleibt, ob es vor 1524 noch weitere, ungedruckt gebliebene oder verschollene Schriften Dietenbergers aus diesen frühen Jahren gab (vgl. Wedewer, Dietenberger, S. 112). Literatur: Schrift).

Wedewer,

Dietenberger,

S. 95—108,

225—233

(Inhaltsangabe

der

B) Sacherläuterungen 1 Über die Adressatin ist nichts weiter bekannt (vgl. auch Anm. 4); der Ort ist Pillenreuth bei Nürnberg. 2 Vgl. Zur Entstehung. 3 Martin Luther, Ursach und Antwort, daß Jungfrauen Klöster göttlich verlassen mögen, in: WA 11, S. (387) 394-400. 4 Dr. Anton Kreß wurde nach einer juristischen Ausbildung in Italien 1504 Propst von St. Lorenz in Nürnberg, starb aber bereits 1513. Die folgende Anspielung bezieht sich auf die Zeit, da Cochläus (seit 1510) Leiter der St. Lorenz-Schule in Nürnberg war. 5 Luther hatte den Torgauer Kaufmann Leonhard Koppe veranlaßt, am 4. April 1523 in seinem Kaufmannswagen versteckt 12 Nonnen aus dem Kloster Marienthron in Nimbschen bei Grimma, d. h. im Herrschaftsbereich Herzog Georgs, herauszuholen. Neun von ihnen brachte er in Wittenberg unter, darunter seine spätere Gattin Katharina von Bora. 6 Das bezieht sich auf die in Anm. 3 genannte Schrift, in der Luther über die Aktion berichtet und sie rechtfertigt. 7 Wie Anm. 3. 8 Ebd., S. 396. 9 Vgl. dazu oben Zur Entstehung. 10 Die letzte Bemerkung könnte darauf hindeuten, daß die vorangegangenen Schriften veröffentlicht waren; wie sonst hätte man sie widerlegen sollen? Davon ist aber nichts bekannt, und dem widersprechen auch die Aussagen von Cochläus in seinen Vorreden. D. scheint aber für die Verbreitung seiner Manuskripte gesorgt zu haben.

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11 Der Kirchenlehrer Aurelius Augustinus (354—430). D. zitiert ohne Quellenangabe; vgl. Sancti Aurelii Augustini Sermones . . . , Sermon 355, in: C. Lambot, Stromata Patristica et Mediaevalia 1, 1950, S. 130. 12 Luther, wie Anm. 3, S. 396f., mit Auslassungen und Umstellungen durch Dietenberger. 13 Ebd., S. 397, mit Kürzungen. 14 Ebd., S. 400. 15 Luther, De votis monasticis, in: WA 8, S. 573f. 16 Gemeint ist das dem Dionysius Areopagita zugeschriebene, aber später (frühestens 5. Jh.) entstandene Werk. Die in der Marginalie genannte Schrift „De caelesti hierarchia" enthält die angegebenen Passagen nicht. Gemeint ist wohl der letzte Abschnitt des letzten Kapitels von „De ecclesiastica hierarchia", in: Migne PG 3, Sp. 582f. 17 Der griechische Kirchenlehrer Johannes Chrysostomus (344/354—407). D. zitiert ohne Quellenangabe in eigener Übersetzung. Die Stelle konnte nicht ermittelt werden. Sinngemäß vgl. den Brief des Chrysostomus an den Mönch Theodor (Jean Chrysostome, A Théodore, hrsg. v. Jean Dumortier, Sources Chrétiennes, Nr. 117, Paris 1966). 18 Luther, wie Anm. 3, S. 398f., mit Auslassungen und Umstellungen. 19 Gemeint ist Luthers Bezug auf 1. Mose 1, 28. 20 Luther, wie Anm. 3, S. 400. 21 Ebd. 22 Ebd. 23 Der Vorgang ist nicht nachweisbar; für Hilfe bei der Nachprüfung danke ich Rudolf Endres. 24 Die letzten Verse sind von Dietenberger frei übersetzt und auf Eid und Gelübde zugespitzt.

Johannes Dietenberger: Der Laie. Ob der Glaube allein selig macht

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Dem erwirdigen und hochgelerten herren Her Johan Sschlupff, pfarrer unnd pastor zu Uberlingen 1 , embüt ich, Joh. Cochleus. Erwirdiger her, ewer gut gerüch a und bestendikeit in dem alten glauben christlicher kirchen bewegt mich, ewer wirden züzeschreiben dieses wolgegründet und christlich buchlein von dem glauben, welches doch nit ich, sunder Doctor Johannes Dietenberger, ein frum gotforchtig und hochgelert man gemacht hat, wiewol er aber vil hübscher und gruntlicher bewerter b materien hat, zu latein und zu teutsch, ist er doch nit des willens, eynchs 0 buchlein ußgeen zu lassen, wiewol ich sein wirde offt darumb gebetten hab. 2 Es ist aber wol zu gedencken, das ers on merckliche Ursachen nit underwegen laß, er hat sie freylich nit für sich allein gschriben. Als ich aber zületst, nach vil bittens, hab gemercket, das er die buchlein wil ligen lassen, hab ich etliche hinder imd in gutem stilschweigen meinem trucker 3 zügestelt in bester meinung, dem gemeinen volck zu gut und rechter underrichtung, nit mir oder im zu rum. Dann es weißt hie yderman, daz diser man nit rüm retig, sunder stil und gotforchtig ist und eytler ere gar nichs begert. Und ich bin nun lange zeit also mit im verwont6, das ich im meyner büchlein keins verhalte oder verbergi. Deßgleichen hat er auch mir seyner newgemachten bucher keins (als ich achte) verhalten. Dan er auch auff mein bit und anregung am meysten solche bucher geschriben hat. Hoff zu Got, ich hab nit unrecht daran gethon. Sölten disse nutzlichen und wolgegrünten buchlein dahinden bleiben in der finsterniß verborgen, so besorgte ich, Christus wurd ein mal zu im oder zu mir sprechen: Du böser und trege/ knecht, warumb hastu mein gelt nit den wechßlern gegeben, das ichs, so ich käme, mit wücher 8 empfienge [Luk. 19, 23]. Bit daruff, ewer erwirde wolle solchs mein züschreiben und abstelen in guter meynung versteen und auffnemen. Gegeben zu Franckfurt. An dem 17. tag Septembris. Anno M.D.XXIII. Vorred.

In disen färlichen Zeiten wirt den gemeynen christlichen leyen nichts ergers oder schedlichers fürbracht dan falscheit unsers glaubens. Es ist ye der glaub daz hauptstuck (als Christus daz selbig auch Paulus sagt), an 35 welchem kein fei sein wil, welcher daran feit, wirt in sein sünden sterben und an Gots reich kein theil nymmer haben. Ist darumb nütz und not eynem yeglichen christenmenschen zu wissen, in was glauben er möge und muß selig werden, ob und wie der christlich glaub allein die Christen selig mach, als dan jetzundt leider weyt und breit in aller weit Got zu schmach, a) Leumund, Ruf ter seinem Rücken

b) belegter, bewiesener c) auch nur ein einziges d) hine) gut bekannt, befreundet f) träger g) Gewinn, Zinsen

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Dietenberger: Der Laie

dem teüffel zu gut, zu nachteil der gemeynen Christenheit unchristlich geschriben, feischlich unnd frevelich gepredigt wirt, deßhalben sich etlich wol lassen beduncken, seyen besser Christen, so sie irriger im glauben und weyter von Christo, seinen gnaden und dem liecht des waren rechten seligen glaubens, ir" vorvatter zü nutz irer selikeit gehabt, durch frevelisch 5 unutz menschengeschwetz abgetzogen und in newen unseligen teuffelischen glauben gefeit 1 und bracht werden. Von welchen red Sanctus Paulus: Es wirt die zeit kumen, das die menschen die heilsamen warhafftige gesunde lere des glaubens nit leiden werden, nit hören mögen, sunder als die jhenen, welche die oren kitzelen, zü iren lüsten und wolgefall meyster 10 suchen, von der warheit ire gehord abwenden und sich ire fabeln und leichtfertigen geschwetz keren [ l . T i m . 6, 3—5]. Von dissen redt Jesus Christus, unser lieber her und Got: Welicher nit glaubt, der ist schon geurteilt, und der zorn Gotes bleibt über im [Joh. 3, 36], welchen zorn zü fürkumenJ, hab ich diß büchlein, Got zü ere, dem gemeinen einfeltigen 15 fromen christlichen leyen zü underweisung, nutz und Seligkeit geschriben. Got gebe allen sein gnad, die es in und zü güter meinung leßen.

Underred des leyen und des beichtvaters. Der leye: Lieber, erwirdiger geistlicher vater, wolest mir nit für ubel haben, daz ich mein anligen, mein selikeit betreffen, dir als meinem geistliehen vater, dem ich mein seel bevolhen hab, fürhalt, sunder mich gütlichen berichten, uß was Ursachen doch ir geistlichen, schrifftkindigen, schülgelerten so vil irtumbs yetz im christlichen glauben macht in disen letsten geferlichen zeiten und laßt uns leyen wie biß her nit bleiben bey dem alten glauben und ewangelischer klarheit. Der beichtvater: Liebes kind, zü niderlegung aller zwitracht müß man auff das erst ein verstendigen, ordenlichen geschickten richter haben, der gehort k beide partheyen, mog weißlich 1 entscheiden und zü friden setzen. Darumb verschaff fürhin" 1 solchen unpartheyschen richter zwischen uns, dan solt du unvertzügliche antwurt von mir haben. Der leye: Ich bin nit zü kriegen, zancken, spotten oder zü urteilen, sunder als ein beichtkind zü seinem geistlichen vater und richter kumen, zü hören und lernen auß deynem mund meiner seelen nutz und gnüglich auß der schlifft in meinem anligen bericht werden. Denn es ist geschriben: Du solt erfragen deinen vater, der wirt dich es leren und die eitern werden dirs sagen [5. Mose 32, 7]. Und an einem anderen ort: Ir solt uß dem mundt des priesters (nit der gestyffelten leyen) fragen und süchen das gesatz [Hagg. 2, 11], dan er ist ein engel und bot Gotes. Wil also von dir, als ein unverstendiger leye, demütiklich fragen, zü meynem nutz hören und meiner besserung leren", deß ich beger von dir zü wissen, wollest auch mir gütiglich und christenlich antwurten, das beger und bit ich. h) den ihre i) gefallen j) zuvorzukommen, zu vermeiden 1) weise m) zuvor n) lernen

k) hört, anhört

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Der beichtvater: Wol ist das geredt nach der meynung Sancti Pauli also sagen: Du solt nit zancken mit worten [2. Tim. 2, 14], dan unser christliche versamlung hat nit solliche gewonheit [1. Kor. 11, 16] und leidet das nit, sunder einer sol den anderen früntlichen underweysen in christenlicher weyßheit, das wir alle mögen volkumen werden in Christo Jhesu. Der leye: Das ist das, das ich beger von dir als demjhenen, der verpflicht ist nach dem wort Sancti Pauli, dem wissenden und unverstendigen, den glaubigen und ungläubigen, die auß guter meynung des glaubens halb fragen, und yederman zu berichten in den dingen, die den glauben antreffen. Aber den hunden, spricht Christus, das ist den verspottern, sol man das heilig nit geben und die kostlichen perlin nit für die sew werffen [Matth. 7, 6], wollest nun unverzüglich mir antwurten, warumb ir geistlichen und schrifftkündigen yetzunt also vil irtumbs machent in dem glauben, macht uns armen leyen irrer dan wir nie gewesen sein. Der beichtvater: Sag an uff das erst, was yrtumbs die geistlichen jetzunt gemacht haben, so mag ich dir dester besser antwurten. Der ley: Hilff Got, ir° sein so vil, das sie nieman erzelen mag. Ich wil dir doch einen, der mich bedunckt, ein wurtzel sein aller ander irtumen, auff diß mal furbringen unnd welest mich des wol berichten. Ir geistlichen welt p unß leien ye ein neüwen glauben machen und laßt unß nit bei der geschrifft und alten herkummen bleiben, bedunckt mich, yr thünt vastq thorlich, und werd eüch nit zum besten kummen. Der beichtvater: Du müst mir es klerlicher sagen, ich verhoff, du solt bey der geistlicheit solich unchristlich stuck mit der warheit nitt finden. Der ley: Es leitr am tag wie ein baur an der sunnen, das ir der geschrifft und anderen evangelschen leren widersagent, der glaub sei nit genüg zü der Seligkeit und macht unß nit gerecht, man muß auch gütte werck haben, die werck sein uns vor behilfflicher dan der glaub und deßgleichen vil. Sey mit disem yetzunt gnüg. Der beichtvater: Das wir und andere von anfang des glaubens biß zü disen unsern Zeiten von dem glauben gelert und geprediget haben, ist weder der geschrifft, noch keiner ewangelischen warheit zuwider, sol sich mit der warheit finden, mocht doch wol etlichen abtrinnigen von dem glauben, welche mit irem unchristlichen lügenhafftigen schreiben und predigen gar nahe die gantze weit vergifft, betrogen, verfürt und in irtumb bracht haben, züwider sein. Durch solich on zweyfel bist auch du betrogen worden, als leider manch frum Christen hertz, durch ir schreiben verfurt, in irtumb und entlich zü der ewigen verdamnis bracht wirt, wo du diß gedultiglich woltest hören, wolt ich dich gnügsamlich berichten. Der leye: Gedultiklich wil ich es hören, allein bezüg s dein meynung nit mit unützen menschen geschwetz 4 , sunder mit schlifft, wie das widerteil sein meinung klerlich uß den schrifften beybringt.

o) ihrer (d. h. der Irrtümer) gründe

p) wollt

q) sehr

r) liegt

s) bezeuge, be-

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Dietenberger: Der Laie

Der beichtvater: Was nit schlifft oder in schrifften gegründet ist, wil ich lassen rüwen, bedarff auff dißes mal keins menschen geschwetz, man hat schrifft gnüg. Das aber du sagest, das widerteil beweyß seine lügen mit schrifften, wirst du sehen, das dem nit also ist, sunder lauter betrug und feischlich fürbringung der schrifft, damit sie ire lügen beschönten und euch armen leyen verfüren. Der leye: Beger, wollest das mit der schrifft beweysen. Beichtvatter: Dein zweyfel ist, ob der glaub allein uns möge selig und gerecht machen vor Got. Ursach dises zweifeis ist, wir haben biß zu disen zeiten gelert und gepredigt, man muß zu dem glauben, so man zu dem brauch der vernunfft kumen ist', auch gute verdienstlich werck haben, on welche der gelaub nit selig mach. Darwider schreiben, leren und predigen die andern, als die lutherischen, es sey gnüg mit dem glauben, bedürffe der werck nit zu der Seligkeit, ist das dein meinung. Der leye: Ja, wirdiger vater, wellest nun auß grünt der schrifft mich des zweifeis mit kurtzen worten berichten. Der beichtvater: Du soltest dich nit so bald und leichtlichen haben lasen irr machen. Es ist ein zeichen eins leichtfertigen hertzens, bald einem yeglichen glauben. Darumb Sant Johannes, der heilig apostel, sagt: Ir solt l.Joh. 4 [1] nicht einem yeglichen geist glauben, sunder erfarent vorhin die geist, ob Joh. 14 [17] sie uß Got seyen. Was uß Got ist, der die warheit ist, muß war sein, was auß Got nit ist, muß gelogen sein, welches aber Gott und seiner schrifft zuwider ist, daz kan ye nit auß Got seyn, wie bedunckt dich hie? Mat. 22 Der leye: Ich gib das zu, verdreußt mich doch, das du mich eins leichtfertigen hertzes schiltest, so ich doch on schrifft nicht glaubt hab. Der beichtvater: Ich hab dir gesagt auß dem heyligen apostel Sant Johans, man sol die geist und schrifft erfaren und erlernen, ob sie auch auß Got seyen. Es hat kein ketzer nie so weit geirret, der nit etwas auß der schrifft, doch in unrechtem verstand, für sich gehabt het. Soltest in disen newen meren nit den leichtfertigen Karsthansen, reiterfolck, poetischen geschwetz 5 also bald angehangen, sunder die schrifftkündigen gotsforchtigen priester, als Got bevolhen hat, erfragt haben, ich laß das nun beleiben. Es ist nit genüg, das man sagt, das oder jhens ist in der schrifft gegründet, stet also gschriben, man muß auch sehen, wie und was meinung die schrifft rede und beybracht werde. Darumb laß dich es nit verdriessen, das ich dir dein wanckelmütikeit im glauben und das du so bald von dem rechten glauben zü irtumen gefallen bist, verwissen" hab. Der leye: Ich sag nein darzü, verhoff, ich sey erst von dem irtumb zü rechtem glauben kumen, wirst mir das mit solichen worten nit ußschwetzen, wird v auch nit anders glauben, wo ich auß der schrifft nit anders bericht wird. Der beichtvater: Es gschehe nach deinem wort, wirst du uß schrifften nit anders bericht, solt du bleiben als du bist, wo aber ich dir wird anzeigen mit schrifften dein irtumb, wirdest du mir auch glauben und folgen.

t) zu eigener Vernunft gekommen, d. h. alt genug geworden ist v) werde

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Der leye: Von hertzen gern, bin darumb, wie obgesagt ist, zu dir kumen.

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Der beichtvater: Ich hab dir gesagt, was Got und seyner schrifft zuwider ist, das mog nit uß Got sein, es muß gelogen sein. Das du aber sagst, das der glaub allein ein yederman selig und gerecht mach, bedorff keiner guten werck, sol keins ußerlichen wercks achten, ist Got und seiner schrifft zuwider, darumb kan es nit uß Got, sunder muß gelogen sein. Der leye: Wan du diß mit schrifften und der warheit bezeugst, mochtest du mich uberreden und wider zu deinem, das ist der heiligen christlichen kirchen glauben bringen. Der beichtvater: In der schrifft findet man, das der christenlich glaub, 1. Cor. 12w welcher uß Gotes gnaden dem menschen gegeben wirt, erfunden werde in 2 zwyfaltiger gestalt. Uff das erst in seiner bloß oder bloßheit und wirt genent der bloß glaub, in dem latein von den schriftkündigen fides informis. Auff das ander mit seinem geschmück, und wirt genant der gschmückt glaub, in latein fides formata. Der leye: Hilff Got, kumest du nun mit den alten tromen herfür, ich meint, du soltest mich uß der heiligen schrifft berichten, so bringstu erdichte menschen 1er, die kein grünt in gotlicher warheit hat, als daz ein blosser und gschmickter glaub sei, wer hat daz in der schrifft ye gesehen oder gelesen. Beichtvater: Es ist geschriben, welcher bald laufft, der wirt sich etwan stossen [Spr. 19, 2], soltest meiner red biß zu end erwarten, ich hab ye gesagt, in der schrifft findet man, was von glauben geredt ist, nit in traumen und erdichten menschen lere, kanstu nun so lang warten, solt du auß der schrifft gnügsamlich bericht werden. Der leye: Verzeihe mir, früntlicher vater, ich hab geredt, wie ich von andern gehört und gelert hab, wil nun fürter gern deiner berichtung erwarten. Bedunckt mich doch, es sollen nit zweyerlei glauben, als Sant Paul Eph. 4 [13] sagt, bey uns Christen sein, ein blosser glaub, wie du fürgibst, und ein geschmückter glaub. Der beichtvatter: Ich hab dir nit gesagt von zweyerlei, sünder von einem christlichen glauben, welcher doch in zweyerlei gestalt funden wirt, bloß und geschmückt, ist und bleibt doch ein gelaub, gleich als du ein einiger" mensch bist und bleibst, magst doch in zweyerleien gestalt erfunden werden, bloß oder nackend, als im bet oder im bade, geschmücket und gekleidet, als vor den leuten, yetzund vor meinen äugen. Bleibest doch bloß eben der selbig mensch der y geschmückt, bist aber anders gestalt und geschickt bloß dan geschmückt oder gekleidet, kanst auch gekleidet ander arbeit thün, dan mit blossem leib und nackender hand. Also auch der glaub ist ein einige gab Gots, die etwan bloß, etwan geschmückt erfunden wirt, bleibt doch ein glaub, hat aber geschmucket andere ußwirckung, dan so er

w) im Nachdruck wird hier verwiesen auf Rom. 12, Phil. 1, 1. Kor. 1, Eph. 2. Die Stellen beziehen sich allgemein auf den Glauben aus göttlicher Gnade. x) einziger, einzelner y) wie, als

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l.Cor. 13 [2]

Gal. 5 [3, 26]

Eph. 3 [17] 1 Joh 4 [16]

1. Cod. 13

Math. 22 [11 f.]

Dietenberger: Der Laie

bloß ist. Geschmückt macht er den menschen ein kind der genaden, ein erben des himelreichs und gerechtfertig. Bloß aber scheidet er den menschen nit ab von den teuffein, hilfft nichs zu dem himelreich, bringt zu keiner gerechtfertigkeit, als du solt hören. Der leye: Ich wolte gern hören, wo man das in der geschrifft fände. Der beichtvater: Auff das erst solt du es hören uß dem heiligen apostolo Paulo, darnach auch uß andern. Sant Paul schreibt also: Wan ich allen glauben hab also hochlich, das ich die berg durch die stercke und krafft des glaubens hin und her bewegen mocht, und hab doch nit die liebe darbey, so ist mir der glaub nicht nutz. Sihe, hie horestu us Sant Paul, das der glaub etwan erfunden wirt on die liebe, und ein solchen glauben nennen wir Christen ein blossen oder nackenden glauben. Auffs ander schreibt der selbig apostel an eim andern ort: Ir seit alle sampt kinder Gotes durch den glauben, der da ist in Christo Jesu, was er aber wil verstanden haben durch den glauben, der da ist in Christo, zeigt er an, da er also nachvolgent sagt: Der selbig glaub, der da durch die lieb wirckt [Gal. 5, 6], als wolt er sagen, der glaub in Christo Jesu ist der glaub geschmückt mit der liebe und guten wercken fliessen uß der liebe, dan durch solchen glauben wonet Got (als der apostolus sagt) in unsern hertzen, welches doch on die gschehen mag, als Sant Johannes sagt: Welcher bleibt in der liebe, der bleibt in Got und Got in im. Aber durch den blossen glauben wonet Got mit seinen genaden nit bey uns, als da bezügt Sant Jacobus also schreiben: Die teuffei glauben auch mit blossem glauben und erzitern [Jak. 2, 19], hilfft sie aber diser gelaub nit, dieweil sie, als Christus sagt, sollen ewiglich verdampt sein [Matth. 25, 41. 46]. Der leye: Warumb heistu den glauben on liebe den blossen glauben und mit der liebe den gesmuckten glauben. Der beichtvater: Nach der meinung Sancti Pauli spricht die gloß über das wortlin deß XX. Psalmen [Ps. 21, 1], der künig wirt dein Schönheit oder seuberlicheit begeren, die liebe ist ein Schönheit oder seuberlicheit, geschmuck oder zyrde oder tugent und gaben Gotes, darumb sie von unserm lieben herren Jhesu genant wirt daz hochzeytlich kleidt nach der meinung der heiligen Johannis Chrisostomi, Augustini, Gregorii 6 und anderer. Wie nun das hochzeitlich kleid deß menschen gschmuck ist und zyrde, also ist die liebe deß glaubens und anderer gaben Gots gschmuck und zyrde, deßhalben der glaub on liebe wirt bloß genant, dieweil er sein gschmuck, das ist die liebe, nit hat und mit der lieb und guten wercken nit geschmückt ist. Der leye: Was biß hieher von blossen und gschmicktem glauben geredt ist, hab es alles für dantelred' gehalten, vermeint, in schrifften nichts gegründt, bin fast yr mit vil andern und weyt von dem rechten weg gangen, die sonne der weißheit Gotes hat uns nit gescheinet, wir haben in finsterniß bliben, ein blind den anderen verfürt [vgl. Matth. 15, 14] und in geferlicheit unser seien einer den andern bracht, bit dich, du wollest mir

z) im Nachdruck: „dantmer", d. h. Tandmäre, Posse, Narrheit.

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weyter anzeigung geben auß der gschrifft von dem geschmückten und blossen glauben, yr beider underscheid klerlichen fürbringen und sagen, welcher genügsam und not sey zu rechtfertigung des menschen und der ewigen Seligkeit. Beichtvatter: Got sey lob und danck, das daz liecht seiner genaden bey dir anhebt zu scheynen, hastu aber woll auffgemerckt den obgeschriben worten Sancti Pau., so bistu diser ding gnügsamliche berichtet. Zu dem ersten sagt er, der glaub sey etwan" on die liebe, denn b wir, alß obgeschriben ist, nennen den blossen, etwan mit der wirckender liebe, der genent wirt der geschmückt gelaub, den ersten nennet Sanctus Augustinus 7 den glauben christlicher veijehung 0 , durch welchen ein yeglicher Christen mensch weißt, kan erzelen und bekennen die stuck oder artickel christliches glaubens, den andern nennet er den glauben christlicher genaden, und Sant Paulus den glauben, der da ist in Christo Jhesu, durch welchen ein yglicher Christ weiß die stück des glaubens, und über das d , durch disen glauben, gnade uns Christus, werden gerechtfertigt, selig und erben des ewigen lebens. Von dem ersten saget Sant Paulus, er sei nicht nütz, von dem andern sagt er, werden wir Götz kinder, des reich Gottes erben unnd miterben Christi, der erst wirt auch bey bösen menschen, yn todsünden lygen, erfunden, als die heiligen aposteln sagen, aber der ander ist allein in frummen, gotzgnad reichen Christen auff erden, durch denn ersten ist kein underscheit under den bösen und guten, durch den andern werden allein gotzkinder begnadet, gezeichnet und von bösen abgescheiden, vil, die den ersten glauben haben, sollen mit irem glauben verdampt werden, als da bezügt Christus, und S. Pau. also sagen: Wißt ir nit, daz die, welche süntlich leben haben under euch, das ist under den glaubigen, werden Gots reich nimer besitzen? Ir solt nitt yrren, dann kein unkeuscher, kein ebreeher, kein dieb, kein drunckner, kein geitziger, kein flücher, kein rauber, werden Götz reich besitzen [1. Kor. 6, 9f. ]. Aber welcher den geschmuckten glauben wirt haben und behalten, soll von Got nimermer gescheyden werden [Rom. 8, 35. 39], syhe uß disen allen kanstu vermercken, das der geschmückt glaube allein uns not ist, allein auff erden uns gerechtfertiget und nach dissem leben seligk macht. Von disem sagt Christus: Welcher wirt glaubig und getaufft sein, der sol selig werden, welcher aber nit gelaubt, wirt verdampt werden [Mark. 16, 16]. Und bald das niemans uß disen worten im neme ein betrüglichs hoffen, meynend durch blossen glauben on die liebe und güte werck selig zu werden, gibt er klerlichen zü verston, von was glauben er geredt hab, also sagende: Aber den glaubigen werden solche zeichen nachkumen [Mark. 16, 17f.], als wolt er sagen, diß werden sein die zeichen des rechten selgen glaubens, in meinem namen werden sie ußwerffen die bösen feyend, werden reden mit newen zungen, die schlangen und gifftige würm vertreiben, so sie etwas gifftiges trincken, sol in nichts schaden, wo sie über die krancken ir hend legen, werden sie es besser haben, als wolt er

a) zuweilen

b) den, welchen

c) bejahen, bekennen

d) darüber hinaus

Johan. 2 [23-25] 1. Cor. 6 [5—8.11] j a c o ^ [i4ff ]

Mat. 7 [21]

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sagen, ich red nit von dem blossen glauben, sunder von dem, welcher mitt disen zeichen geschmückt ist. Uber dise wort redt also der heilig Bernhardus 8 , wie uß obgesagtem wort von dem glauben die Christen ein grosse hoffnung, also 6 mochten sie durch diß ein ursach nemen der Verzweiflung. Dan welcher ist yetzunt uff erden, der diße zeichen des rechten glaubens habe, on welche niemant mag selig werden, so der her sagt, der da nit glauben wirt, sol verdampt sein. Und on den glauben ist es unmüglich Got wolgefallen. Mag nun niemans on den glauben und dise zeichen, den glauben bezügen, selig werden, wie redt der heilig Paulus von Gott dem rechten richter, ja Christus von im selbs, er werd eim yeglichen geben nit nach dem zeichen er uff erden volbracht hat, sunder nach den wercken er gelebt hat. Aber hie ist zu wissen, das die verdinstlichen gute werck, durch den glauben und liebe beschehen, werden hie die rechten zeichen der Seligkeit bedeutet, und also die zeichen hie berüret, welche die christliche kirch im anfangk des glaubens, lieblich durch die heiligen aposteln volbracht, halt und volbringet sie noch yetzund deßglichen, doch geistlich. Durch die frumen Christen in dem anfangk, spricht der heilig Gregorius 9 , waren sy von noten, leiblich zu bezeugen den glauben, aber yetzund, so der glaub verwachßen ist, sein sie not zu halten in geistlichem verstand. Das erst werck des geschmückten glaubens, welcher durch die liebe wirckt, ist hertzlich rew über die sünd, durch welche rew on zwyffel die bösen feind außgetriben werden, so die sünde werden von den hertzen genumen, uß disem kumpt man zu neuwen zungen, das ist zu der erkantniß der sünde durch ein rechte, wäre, lautere beicht, und so dan durch disse zwey die sünd vergeben sein, das man nit wider in die gebüßten sünd falle und werd das letßte böser dan daz erst, so muß man die gifftigen würm, das sein die sündliche züfell f vertreiben, und ob schon ein anfechten so bald nit wird weychen, sunder reitzet durch leibs lust zu dem bösen, soll man den nit verwilligen, als den, so sie werden etwas gifftigß trincken, das ist, ein bose bekerung fülen oder empfinden, sol es inen nit schaden, wen sie nit darinen verwilligen, und wie wol schwerer ist in disem schwachen leib, also zu toten und uberwinden die bösen lust oder anfechten, wirt yn doch hilff beschehen, so sie uff dissen krancken legen ire hend, das ist, so sie disse anfechten bedecken mit guten wercken, denn sollen sie gesunt werden. Hie horstu, das der glaub, welcher l.Co. 12 [7—11] uns sol selig machen, ist nit der bloß, sunder der mit geistlichen zeichen im ewangelio bestimet, das ist mit guten verdienstlichen wercken in der liebe beschehen, welche ein anfang und brunn ist aller guten werck, geMat. 18g schmückt ist. Darumb sagt Christus zu seinen heiligen aposteln: Wan ir die [28, 19f.] lewt zu dem gelauben bracht und getaufft habt, solt ir sie leren halten, alles das euch gebotten ist, als wolt er sagen, es wirt weder tauff noch bioser glaub, die zum dapffern h alter kumen sein, helffen, wo gotliche gebot nit gehalten sein, es muß mit dem tauff der geschmückt glaub sein, mit der

e) ebenso, zugleich f) Vorfälle, Heimsuchungen XXVIII h) d. h. zum vernunftfähigen

g) im Nachdruck richtig:

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liebe und guten wercken. Diß bezügt Christus weyter, da er dem glaubigen jungen, welcher Got, Gots gebot und das ewig leben glaubt und fragt, was er mer thün mußt, das er selig wurd, also antwurt: Wiltu in das ewig leben kumen oder eingon, so halt die gebot [Matth. 19, 17], was ist aber das anders gesagt, dan es ist nit genüg der bloß glaub, es wellen mit dem glauben auch Gotes gebot gehalten sein, man muß ein geschmückten glauben haben mit den wercken uß der liebe fliessen, welche das erst und das grost gebot ist. Deßgleichen, da die Juden Christum, den heren, fragten: Was müssen wir thün, das mir wircken Gotes werck, das ist, das mir zü Got und dem ewigen leben kumen, antwurt Christus: Das ist das werck Gotes, das ir glaubt in im oder in den selbigen, welchen Got, der vater, gesant hat, ist, mit erkantniß des glaubens sich zü Got oder Christo ziehen (als zü unserm letsten end) und dem höchsten güt, welches on die liebe nit geschehen kan, durch welche wir uns zü Got als zü dem höchsten güt schwingen, darumb hat Christus in seiner obberurten antwurt, den Juden geben, nichs anders wollen deuten, dan daz sie müsten haben den geschmukten glauben, der durch die liebe wirckt, dan also sagt die gloß daselbst, das werck Gotes, von welchem Christus hie redt, ist der glaub wircken durch die liebe, welcher wirt ein werck genent. Uffs erst, das er ein brunn unnd anfang ist aller güten werck, die Got angenem und uns verdienstlich sein, uffs ander, das Got nichs anders sücht, dan den güten willen und hertz also geschmückt mit dem liebenden glauben, wo nit vermüglicheit ist, die werck zü Volbringen. Also so sihestu klerlichen, wie Christus mit dem heiligen Sant Paulo einmütiklich redet, das allein der geschmückt glaub, den mir von Gots barmhertzigkeit haben, uns möge selig machen, von welchem doch nit geredt wirt, so man yetzund sagt, der glaub mach allein selig, sunder, als ir selbß eigene wort bezeugen, von dem blossen glauben, welchs doch wider Got und die geschrifft ist, als du offenlichen gehört hast, betriegen sich und ander menschen, fürt ein blind den andern, biß sie beide in die gruben der ewigen verdamniß fallen, dan on den geschmückten glauben mag niemans selig werden, nieman Got beheglich sein. Der leye: Dise gezeugnis auß dem mund der warheit und Got dem heiligen geist geflossen, sein (als da sagt der heilig David) mer dan fast gleubigj, kan sie nieman verwerffen, dan welcher Got mütwiliklich wil zü wider sein, als S. Steffan von Juden sagt, by welchen weder schlifft noch prophetisch red helffen wolt, sunder widerstrebten alzeit hartneckig dem heiligen geist, als auch yetzund alle thun, die da wider gotliche warheit sagen, leren, schreiben, allein der bloß glaub sei einem yeden genugsam zü der Seligkeit. Ach Got, wie vil seien werden durch dise ketzerische 1er verdampt, aber das nimpt mich wunder, das die selbigen, auch schrifftkundigen, nit haben yn schrifften den bloßen und auch den geschmückten glauben mögen sehen. Beichtvater: Solchs ist yn widerfaren yrer boßheit und hoffart halben, als geschriben ist in dem büch der weißheit. Es hat sie ir eigne boßheit

i) im Nachdruck richtig: XXII 36

Reformation

j) sehr glaubhaft

k) im Nachdruck: Psal. IX

j2> ¡22 37—40]

M

6 [28f.]

Psal. 92k Actu. 7 [Apg. 7, 51]

isaie. 6 [Jes. 6, 10]

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Mat. 13 [13]

Jaco. 2 [14—26]

Mat. 7 [21]

Luc. 13 [27f.]

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verblendet, sagt auch Esaias, es hat inen Got yre äugen verblendet und hertz erhertet, das sie mit iren äugen nit sehen und mit dem hertzen nit verston die schrifft und Christus, sie werden (sagt er) mit iren äugen sehen und doch nit sehen, mit iren oren hören und nit verston, dan der recht verstant der schrifft wirt den hoffertigen, bey yn selbs weiß geachten1, entzogen und offenbaret den demütigen [1. Pet. 5, 5]. Aber zu weyterem gezeuckniß der abgesagten ding von dem blossen und geschmückten glauben solt du auch der andern apostelen schrifft und meinung vernemen. Uff das erst, schreibt Sant Jacobus also: Mein lieben brüder, waz wirt euch nütz sein, wen ir allein den glauben habt und nit auch die werck des glaubens, meint ir auch, daz euch solcher glaub mag selig machen. Yr solt wissen, das der glaub on die werck ist im selbs tod. Du glaubst, daz ein Got ist, thust wol da mit, die teuffei glauben das auch, haben auch den glauben und erzitern. Wilt du aber wissen, unützer mensch, das der glaub on die werck unütz und müssig sy? Ist dem nit also, das unser vater Abraham ward auß den wercken gerechtfertiget, da er seinen sun Isaac opfert auff dem altar. Sichstu nun, das der glaub hat mit gewircket in wercken, und auß den wercken ist der glaub volkumen worden und die schrifft uberfult m , also sagen, Abraham hat Got geglaubt und ist im der glauben zu gerechtigkeit oder rechtfertigung geachtet und er Götz fründ genant worden. Sehet ir nun, das auch auß den wercken der mensch gerechtfertiget wirt und nit allein uß dem glauben. Deß gleichen die gemein fraw Raab, ist sie nit auch durch yr werck gerechtfertiget worden, da sie die boten, von Josue geschickt, auffnam und in sicheren weg bescheydet zu gon. Den als der leib on den geist oder on die sele ist tod, also ist auch tod der glaub on die werck. Hie horestu, das Sant Jacob den glauben klerlichen in zweierley geschicklicheit beschreybet. Uff daz erst, als on werck, den wir den blossen, Sant Paulus on die wirckende liebe nennet, von welchen Christus sagt: In dem jüngsten tag werden vil kumen und zu mir sagen: O her, her, haben wir nit in deinem namen gelert und geweissaget, vil wunderß getriben etc. Alß wolt er sagen, vil werden da erscheynen in dem blossen glauben, sich darauff steüren, aber ich werd yn sagen, weycht auß von mir und meinem reich, ir wircket der boßheit in das ort, da ewig weinen und zenklappern sein wirt. Auff das ander vermerck Sant Jacob den glauben geschmückt mit wercken, welchen Sant Paulus den glauben durch die liebe wirckende und Christus den glauben in yn nennet. Von dem ersten blossen glauben sagt S. Jacob sampt Christo und Sant Paul, er sey unütz, unwert, unmüssig, das ist unverdienstlich und in ym selber todt, aber von dem geschmückten glauben sagen sye, er sey von noten, nütz", fast wert, verdienstlich, gerechtfertigen und selig machen. Nun fürter soltu auch hören, was Sant Peter darvon leret. Auff das erst von dem geschmückten glauben schreybt er also: Ir Christen solt mit

1) die sich selbst als weise erachten der Nachdruck hat richtig: nütz

m) erfüllt

n) hier steht fälschlich: unütz;

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euwerm glauben auch haben krafft, gute werck zu wircken, in fürsichtiger bescheidenheit eüch abziehen von allen an der Seligkeit schedlichen dingen, in gedult leiden widerwerdigkeit, barmhertzig sein gegen euwerm nechsten und behalten brüderliche und gotliche liebe [2. Pet. 1, 5—7]. Sihe, was kanstu doch klerlicher haben von dem geschmückten glauben, den das Sant Peter gesaget, ir solt mit dem glauben haben krafft oder sterck, gute werck zu wircken etc. mit brüderlicher und gotlicher liebe, was ist das anderß, dan ir solt den glauben geschmückt haben mit der liebe und guten wercken, diß bezeuget er also hernach schreibende: Deßhalben ir brüder, kert grossen fleyß an, das ir euwer gotliche berieffung und erwelung, in dem glauben geschehen, sicher macht durch gute wercke, den so ir euch in guten wercken werden üben, wert ir nimmer sünder, den durch solchen geschmückten glauben wirt euch uberflüssigk gegeben werden der eingang deß ewigen reichß unsers herren Jesu Christi [2. Pet. 1, lOf. ]. Uß welchen Worten du hast, daz der gelaub uns zu der Seligkeit not ist, der glaub mit guten wercken in brüderlicher unnd gotlicher liebe geschmückt, durch welchen niemant sich versündet, sunder einem yeden gegeben wirt freyer yngang zu dem ewigen reich unsers heren Jesu Christi, diß stimpt zü gleichem mit dem, das S. Paulus oben sagt, der glaub unß selig macht, ist der da wircket durch die lieb, und mit dem, das Christus sagt, durch welchen man glaubt in mich, und mit dem, das Sant Jacob schreybt, der da mit wercken volkumen, wa ein solcher glaub, saget Sant Peter, erfunden wirt, der wirt uns nit belonung bringen an dem jüngsten tag bey der erkantniß unsers herren Jesu Christi, sunder mir werden durch den hintragen das ende des selbigen glaubens die ewige Seligkeit unser seelen, also sagt auch Christus, welcher in mich glauben wirt, der soll nit in der finstemiß bleyben, sol auch nit verderben, sunder haben das ewig leben. Auß aller obberüter schlifft soltu dise 1er nemen, das alle schrifft, die da saget, der glaub mach gerechtfertig oder selig, sol verstanden werden von dem geschmückten glauben, dieweil die schrifft dir 0 selbß nit kan widersein. Aber von dem blossen glauben schreibt weiter Sant Peter also, welcher aber dise obgeschriben ding mit seinem glauben nit hat, der ist ein blinder, yrriger, fandestiger p mensch und stet in vergessung der reinigung seiner alten sünden [2. Pet. 1, 9], daz ist, er weiß nit, wie er sich seiner sünde reinigen sol, welches allein geschieht durch den geschmückten glauben, der allein darzü doglich ist, also sagt auch S. Pau. von disem blossen Mat. 6 glauben, es sey ein unütz glauben. S. Jacob, es sey ein unverdienstlicher glaub, in im selber tod, Christus saget, es sey ein unwerder glaub bei im, durch welchen er nimant zü gnad und Seligkeit erkenne. Nun soltu noch ein klein wort auß S. Johans schrifften hören, zü festigen die vorgesagten 1. Joh. 2 [4] ding. Diser schreibt also von dem blosen glauben, welcher sagt, er kenn Got, verstand durch den glauben, und helt nit sein gebot, der ist ein lugner.

o) wohl gemeint: ir, d. h. sich selbst nicht widersprechen kann risch 36*

p) zänkisch, när-

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1. Joh. 3 [23]

1. Joh. 5 [1]

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Was ist diß anders, dan welcher den blossen glauben hat on die liebe und gute werck, trost sich disses glaubens, vermeint, er ere und gefal Got fast wol, hab Gots gnügsam erkantnis im notürfftig zü der Seligkeit, der ist ein lugner, dan durch dissen blossen glauben gefeit niemans Got wol, hat Gotes kein selige erkantniß, dan solichs geschieht allein, als du bald wirst hören, durch den geschmückten glauben. Sihe, wie die andern obgeschriben den blossen glauben unnütz, in im selbs tod, untoglich zü Vergebung der sünden, also beschreibt in auch Sant Johans, er sei on Gots selige erkentniß und darumb nicht nutz. Weyter von dem gschmuckten glauben schreibt er also: Diß ist das gebot Gotes, das wir glauben in dem namen seines suns Jhesu Christi. Was er aber damit meyn, zeigt er fürter an also schreiben: Wir sollen einander lieben wie uns Got geboten hat, als wolt er sagen: Got hat uns mit dem glauben auch die liebe, welche nymer ist on werck, das ist den geschmückten glauben geboten, als dan fürtan Sant Johannes schreibt: Ein yeglicher, der uß Got geboren ist, hat Got lieb. Aber ein yeglicher, der da glaubt, daz Jhesus ist Christus, ist uß Got geboren. Darumb ein yeglicher, der da glaubt, daz Jhesus ist Christus, hat Got lieb, also ist der recht glaub in Christo Jhesu nymmer on die lieb, über welche wort sagt Sant Augustin 10 : Welcher ist doch, der da nit glaubet, das Jhesus sey Christus? Das ist der, welcher nit also lebt, als Christus geboten hat, vil sein, die do sagen, ich glaub. Aber das sol man wissen, das der glaub on die werck nit selig macht, aber das werck des glaubens ist die liebe in iren wercken, als das bezügt Sant Paul. Darumb der recht selig machend glaub ist der geschmückt glaub mit der liebe Gottes und des nechsten, in erzeigung der werck. Der leye: Ich bin yetzundt der schlifft gnüg und wol bericht, sag mir, haben auch die heiligen angezeigte schlifft in sollicher meynung gehandelt. Der beichtvater: Gentzlichen und manigfaltigklich, wil dir das zum teil fürbringen. Auff das erst spricht Sanctus Augustinus 11 , vor allen dingen sol auß den christgleubigen hertzen geschlagen werden, das sie ir Seligkeit durch bose Sicherheit nit verlieren, so sie den blossen glauben zü erwerbung der Seligkeit genügsam vermeinten und versaumpten güts christenlichs leben und den weg Gottes in güten wercken zü halten, dan zü den zeyten der heiligen aposteln, uß bösem verstand etlicher dunckelen sprüch des heiligen apostel Pauli, haben im etliche zügemessen, er solt gesagt haben, lassent uns ubel thün, das wir das ewig leben und Gotes barmhertzigkeit erwerben. Dweil er het gesagt, das gesetz hat sich einzogen, das die sünd des da grossere were, wo aber die sünd grosser, da ist auch die genad Gotes uberflüssiger gewesen. So nun der apostel spricht, das der mensch gerechtfertigt werd durch den glauben on die werck des gesetz, ist das nit sein meinung, das die werck der gerechtigkeit, uns gebotten, solten veracht werden, sunder das ein yederman wiß, er mog durch den glauben gerechtfertigt werden, ob er schon in güten wercken des gesetz sich fürhin nit geübet het, dan die güten werck volgen, so man gerechtfertig worden ist, gon nit für, so man sol gerechfertiget werden. Dweil aber diß irtumb, das der bloß glaub allein genügsam wer zü der grechtferi-

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gung und Seligkeit, in den Zeiten der aposteln angefangen ward, so haben die andern aposteln S. Peter, Johannes, Jacobus und Judas in iren episteln am meisten ir schlifft dahin gericht, das der bloß glaub, der ist on die werck, nichs nutz sey, als auch der heilig Paulus nit ein yeglichen glauben genügsam bekent zu der Seligkeit, sunder allein den, welchen er den ewangelischen glauben beschreibt, welches werck uß der liebe fliessen. Der glaub, saget er, zu der selikeit ist, der durch die liebe wirckt, aber den blossen glauben, den etliche allein gnügsam vermeinet, hat der apostel also öffentlich unütz verjehen, das er sagt: Wan der glaub so groß bey mir wer, das ich dardurch mocht die berg verrücken, und het die liebe nit damit, so bin ich doch nichs wert, dan wo die glaubig liebe oder der liebender glaub nit ist, da lebt man on zweifei nit wol, dweil die volkumenheit alles gesatz ist die liebe. Darumb da Sant Peter in seiner andern epistel klerlichen zu gutem leben und heiligen wercken ermant hat und weißgesagt, wie dise weit solt vergen unnd solten die christglaubigen andere newe hymel und erden erwarten, die den gerechten einzewonen solten gegeben werden, das sie mochten wissen, wie sie leben solten, das sie zu solicher wonung kumen mochten, so er wißt, das etlich uß den duncklen Worten Sant Pauli ursach würden nemen yres irtumbs, nit achten wol zu leben, allein uff dem blossen glauben stüren, hat er berurt, wie etliche wort seyen in den episteln Sancti Pauli schwer zu versten [2. Pet. 3, 16], welche die menschen doch zu irer verdamnis verkeren würden und verkerten, als auch andere schlifft, so doch Sant Paulus von der ewigen Seligkeit, welche allein gegeben wirt, die da wol leben, eben das selbig, das die andern aposteln geschoben haben. Aber Sant Jacob ist den selbigen also ser gefät^1, die den blossen glauben on werck zü der selikeit gnügsam vermeinen, das er sie auch den teuffein vergleicht. Du glaubst, sagt er, das ein Got sey, thüst wol damit, die teuffei glaubens auch und erzitern deßhalben, was mochte warhafftigers kürtzer, hefftigers gesagt werden, so wir auch im ewangelio lesen eben das selbig von den teuffein veijehen, da sie Christum, Gotes sun, bekanten und von im gestrafft wurden, welches in Sant Peters veijehung hochlich von Christo globt ward? Was wirt es nutz sein, sagt Sanctus Jacobus, ob yemand sagte, er het den glauben und het die werck nit, meint ir, das sollieher glaub in selig mach? Wissent, das der glaub on die werck ist tod, wie lang wollen nun die sich selber betriegen, die vermeynen, der bloß glaub sey genügsam zü der gerechtfertigung und der Seligkeit?12 Die schlifft bezeugt ye klerlichen solichen glauben gantz unnütz und allein den geschmückten glauben mit der liebe und güten wercken dem menschen selig. Darumb sag ich öffentlich auch mein meinung. In dem geistlichen bawe christenlicher kirchen ist Christus die grundtfeste. Dann es ist geschriben: Es mag nyemants ein anderen grund setzen oder legen on den, der da gelegt ist, daz ist Christus Jesus. Ist nun Christus die gruntfeste, so ist es auch der glaub Christi on zweyffel, dan durch

q) entgegen

Gal. 5 [6]

1. Cor. 13 [2]

2. Pet. 3 [13]

Jaco. 2 [19]

Mar. 1 [23—26. 34] M a t 1 6 ^3]

l.Cor. 3 [11]

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den glauben wonet Christus in unsern hertzen. Aber den glauben Christi Eph. 3 [17] nenne ich den, welchen Sant Paulus beschreibt, er wirck durch die lieb, dan der bloß glaub, welcher auch by den teufein erfunden wirt, kan nit die gruntfeste sein. Warumb? dweil er nit ist der geschmückt glaub durch die liebe wircken, sunder ein blosser glaub, außgepreit und ußgeschwungen durch die forcht. Also der glaub Christi, der glaub christlicher gnaden, das ist der mit der liebe geschmückt ist und durch die liebe wirckt, ist der recht gruntfeste unsere Seligkeit, die niemans laßt verderben 13 , als Christus im ewangelio bezeugt, also sagend: Nit ein yeglicher, der mir wirt sagen: Mat. 7 [21] herr, her, wirt in das himelrich gon, sunder, der da volbringt den willen meins vaters, der im himel ist, der selbig wirt in den himel kumen. Darumb sein die heiligen aposteln Sant Paulus und Sant Jacobus nit wider einander, so einer spricht, man wirt gerechtfertigt durch den glauben on die werck, der ander schreibt den glauben on werck on nütz, dan Sant Paulus redt von den wercken, die dem glauben fürkumen, Sant Jacobus von den, welche dem glauben nachkumen, als auch Sant Paul an vil orten schreibt, darumb der geschmückt glaub mit der liebe und guten wercken ist der glaub, durch welchen man recht und seligklich glaubt in den heren, welcher gerechtfertigt den ungerechten, diß ist der glaub, durch welchen der eytel rum des gesatz wirt ußgeschlossen, welcher hungerig und durstig ist nach der gerechtikeit, durch welchen glauben wir hoffen gerechtfertig Johel. 2 [13.17ff.] und selig werden, durch welchen wir die ewigen Seligkeit erwerben, in welchem ein yeglicher, der da wirt anrieffen den namen des heren, wirt selig werden. 14 Vil ander schöner wort, hieher dienen, schreibt Sant Augustinus, wil sie umb der kürtze underwegen lassen und auch anderer heiligen meinung ertzelen. Der wirdig lerer Origenes 15 schreibt also, es ist nit fast nutz, so man hat ein ernst zu Got on die bescheidenheit. Dan die Juden, da sie vermeinten, sie heten grossen ernst zü Got, Warden sie todMat. 9 [20—22] Schlager an dem sun Gotes, also wie der apostel sagt. Etlich haben wol den ernst zü Got, aber nit mit bescheidenheit, mocht er auch sagen, etlich haben den glauben, aber nit mit bescheidenheit, wan sie nit wissen, das der glaub on die werck tod ist und das der glaub nit allein in Worten, welche auch von einem anderen gedieht und geschriben werden, sunder im hertzen ist, wie dan die frawe het, die da sagt, wan ich den saum seynes kleids anrären würd, so wird ich gesund, darumb welcher nit ein solchen glauben hat, das er den glauben mit den wercken gut beweyß, zü dem mag man wol sagen, er hab den glauben, aber nit mit rechtem wissen oder guter bescheidenheit. Dissen glauben mit wercken begerten die heiligen aposteln, Luc. 17 [5] da sie den heren baten: Herr, wolst uns den glauben meren, das ist, das wir den glauben yetz und on die werck mit wercken haben. Sanctus Gregorius 16 schreibt deßgleichen, auß den worten (spricht er) des heiligen ewangelii mocht villeicht yemants bey im selber sagen: Ich hab schon den glauben, ich kan nit verderben, ich müß selig werden. Ein solicher sagt war, wo er den glauben mit den wercken hat. Dan der recht glaub ist, der das mit wercken erzeigt unnd bezeügt und mit leben nit zuwider ist dem, welches er in worten bekent. Darumb redt an eim ort Sanctus Paulus von den falschen glaubigen. Sie veryehen in den worten

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des glaubens sie kennen Got, aber in den wercken verlougnen sie Got. Und Sant Johannes: Welcher spricht, er kenn Got und helt nit seyne gebot, der selb ist lügenhafftig. So dem nun also ist, so müssen wir den rechten waren glauben durch auffmerkung unsers lebens erkennen, dan sein wir aber rechtglaubigk, wann mir das mit wercken erfüllen, das wir mit Worten veijehen, yn dem tag unsers tauffs haben wir alle Got gelobet zu verleucknen alle bose werck des teuffels und allen Sünden. Darumb ein yglicher bring für die äugen seines hertzen sein leben, und findet er, das er nach dem tauff halt, das er vor dem tauff gelobet hat, so sey er gwiß und frewe sich deß, daz er warlich glaubig ist, und an eim anderen ort 17 sagt er also: Ein yeder, der da von seinem schopfer wicht durch mißglauben oder bose werck, ist ein abtrinniger von Got. Es kan keinß on das ander nütz sein, noch r der gelaub on die werck, noch die werck on den glauben. Und Sanctus Chrisostomus 18 spricht, das die christglaubigen nit sollen verhoffen, das sie durch den bloßen glauben allein selig mochten werden, so helt yn Christus auch für die pein der boßen menschen, das also die ungläubigen zu dem glauben und glaubigen zü guten wercken vermanet oder erwecket wurden. Santus Hieronimus 19 sagt also, durch die zehen junckfrawen im ewangelio werden alle glaubigen bedütet, die daz ole in ampeln haben, bedeuten die den glauben mit wercken geschmückt haben, die aber kein oel in iren ampeln haben, bedeuten die den blossen glauben haben und die werck der liebe und anderer tugent versaumpt haben, zü welchen der her sagt, fürwar, ich kenn eüwer nit etc. Wen ich solt schreyben alle wort der heiligen, hie her dienen, müßt ich fast vil zeit haben und ein ser groß buch machen, mein doch, du solst mit disem dich auff diß mal lassen genügen. Der leye: Wen du mir allein einen auß disen heiligen hettest anzeigt, wolt ich gentzlichen sein züfriden gewesen, ich danck dir deiner guten lere und underweysung, durch welche ich wider auff den rechten weg zü dem waren christlichen glauben kumen bin, verhoff ich wol, auch vil andere gute Christen machen und sie deß berichten, daz der glaub, zuvor einen yeglichen menschen not, zü zweierley gestalt in gütlicher schlifft erfunden werd. Auff das erst, geschmückt mit der genaden Christi, welcher von Sant Pau. der wirckender glaub durch die liebe, von Christo der glaub in Got, von den heiligen der glaub christlicher gnaden, der glaub Christi, der ewangelisch glaub, der grundt deß baweß christlicher kirchen, von gemeiner Christenheit der geschmückt glaub genent würt. Diß ist der glaub, der auff erden gerechtfertiget und nach dißem leben selig macht, von etlichem Abac. 2 [4] gschriben ist, der gerecht lebet in seinem glauben, on disen glauben mag Heb. 11 [6] niemant Got wolgefallen, mit dissem kan niemant verdampt werden, nach dem wort Christi also lautend: Welcher glaubt und getaufft wirt, sol selig werden, den welcher bald nach christlichem tauff verscheidet und stürbt, wirt als bald selig, gerechtfertiget durch den glauben. Wirt er aber sein tauff uberleben und zü gutem brauch seiner vernunfft kumen, er thü dan s

r) weder

s) gemeint: falls er nicht . . .

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Mat. 7 [21]

Gal. 2 [16]

l.Pet. 1 [5.9] Mat. 7 [14]

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eygenen verdienst zu dem glauben und zu Volbringen denn willen Gotes deß hymelischen vaterß, so wirt er, alß Christus sagt, niemer zu Gotes reich kumen. Auff daz ander, wirt der glaub bloß erfunden, on den geschmück der liebe und guter werck, welcher nichts nütz ist zu der gerechtfertigkeit, nichts behilflich zu Got, der auch in teuffeln und in allen getaufften Christen todsündern erfunden wirt, der bloß glaub genenet und christlicher versehung, durch welchen man sich Christen bekennet, dieweil man christlichen tauff und sacrament entpfangen hat, welcher doch todt ist und nichts dienet zu dem ewigen leben, ja wan disser bloß glaub allein zü dem himelreich genügsam were, dorfft' man kein Götz gebot halten, Got und dem nechsten mit" lieben, keiner oberkeyt weder geistlich weder weltlich gehorsam, niemant kein recht oder billichs thün, kein eer, kein zucht, kein tugent, kein erbärmkeit v halten, dan weren alle sünd, alle schand, ergernüß und ubel yederman freyhe erlaubt, wer also das gantz ewan[ge]lium falsch und der glaub nichts anderß dan ein gemeyner urlaub w zü allen uneren, untugenden, Sünden, schaden, schänden, lästeren und schalckheyten. Darumb kan ich nun wol verston und mercken, eß müßte erlogen sein, das der blossen glauben allein selig mach, aber der recht christlich glaub sey, durch welchen die menschen hie gerechtfertigt und entlichen sollen selig werden, es muß unser glaub, wie ich den auß der schrifft gehört hab, anders geschickt, das ist mit gütlicher und deß nechsten liebe und guten wercken geschmückt sein, diß ist der recht christenglaub, von welchem Sant Paulus sagt, ir sein nu gerechtfertiget durch den glauben Jesu Christi, er sagt nit, durch den blossen glauben, sunder durch den glauben Jesu Christi, das ist, als er sich selber erklert, durch den geschmückten glauben mit der wirckender liebe, dises glaubens ende ist, als Sant Peter sagt sampt Christo, die ewige Seligkeit. Aber das ende deß bloßen glaubens ist die ewige verdamniß, als Christus bezügt, hab ich nun die meinung recht verstanden, woltest mich des underweysen, wil dich fürter erlassen und yetzund danckbarlich von dir scheiden. Beichtvatter: Gantz volkumlich und woll hast mich verstanden, nach christlicher meinung, der rechten ewangelischer warheit, denn also sagt Sanctus Augustinus 20 : Es soll sich niemant vertrösten des blossen christlichen namens, sunder glauben, das er mer verdampt werde, wa er solchen namen feischlichen an im trage. Ist aber yemant also ungleubig, unseligk, kün, frevel, verstopfft", das er sich Gottes zukünfftiges zornß nit erschreckt, der schem sich doch vor den menschen, bei welchen grosse nachteil geacht ist, so yemants anders genent wirt, dan er ist, als das einer solt ein advocat oder fürsprech geheissen sein, der keinen büchstaben kennet oder nit reden künde, oder ein ritter genent, der kein waffen brauchen kündt, aber y ein schuster, Schneider, goltschmidt, kauffman oder anderß, der nit hab, daß zü dem namen gehört.

t) brauchte y) oder

u) gemeint: nit

v) Erbarmen

w) Erlaubnis

x) verstockt

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Auß solchem exempel mögen wir lernen, das kein namen wil sein on sein werck, sunder ein yeglicher nam entspringet unnd wirt geben von wercken. Wie wiltu nun Christen genent werden, so kein Christen werck in dir befunden werden. Christen namen ist ein namen der gerechtigkeit, gütikeit, gedult, demütikeit, reynikeit, barmhertzigkeit, andechtigkeit zu Got, und du wilt Christen genent werden, so du doch disser ding keyns oder wenig hast? Der ist warlich Christen, welcher nit mit dem namen allein, sunder auch mit wercken Christen ist, der rein, keusch, heilig, gerecht, unschuldigk bleibt, in welches hertzen keyn boßheit, sunder allein tugent stat hat, der niemat beleydiget oder schedigt, sunder yederman behilflich ist, der niemant haßt, sunder auch seine feindt liebet, ynen güts günnet und thüt und für sie bittet, denn welcher yemant beschediget und sich doch Christen nennet, der leügt sicherlicher, Christen ist, welcher den weg Christi wandert und Christo nachvolget, in allen dingen nachzüvolgen gebotten, als geschriben ist, 1. Joh. 2 [6] der da sagt, er bleib in Christo, sol auch wandern wie Christus gewandert hat. Niemant betrieg sich oder andere, welcher nit zu dem namen auch recht wirt sein in wercken, sol das ewig leben nit haben, welcher Gotes gebot nit helt, sol kein teyl haben mit Christo. Es fraget auff ein zeit den herren ein junger, was er thün müßt, daz er selig würd. Antwurt Christus, halt die gebot, er sagt nit, halt den blossen glauben allein, den wan blosser glaub allein genügsam wer, so het Got vergebens und unützlich gebotten sein gebot zu halten. Was wer es von noten, das wir sein gebot hielten, wan unß der bloß glaub allein selig mecht? Aber das sey weyt von mir, das ich Got meinem herren zugebe, er hab etwas unützlichs und vergebens gebotten, diß zeigt Sant Augustinus mit weyter unnd viler schlifft an, wil sie umb kürtz willen underwegen lassen. Genüg ist, das du verstest, kein schedlicher yrthum mog sein in der Christenheit, den das man meinet, der bloß gelaub möge uns allein selig machen und bey Got nütz seyn, halt dich und bleyb in dem geschmückten glauben biß an dein ende, so wirst du sicherlichen, als Christus verheyßen Mat. 10 [22] hat, selig werden, das wol dir und allen recht christgleubigen genedigklichen günnen Jhesus Christus, unser lieber Got und her, welchen mit Got, dem vatter und dem heiligen geist, sey lob, eer unnd danck ymmer unnd ewig. Amen. Getruckt zu Straßburg durch Johannem Grienynger uff der heiigen drey Künnig abent [5. Januar], als man zalt nach der geburt Christi, tausent fünffhundert und vierundzwentzig jar.

A) Vorbemerkung Druckvorlage: Der leye. II Obe der gelaub II allein selig mache. II D. Johannes dietenberger. II Mathei. 7. II Nit ein yeder der mir wirt sa=llgen her her / wirt in das hymelllreich gen/ sunder welcher vol=llbringt den willen meynes vatllters der im himel ist/ der II selbig wirt eingen II in den hymel. II (Am Ende:) Getruckt zu Straßburg durch Johannem II Grienynger vff der heiigen drey Künnig II abent/ als man

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zalt nach der Geburt Christi/ II tausent fünffhundert vnd II viervndzwentzig iar. II [TE] 4° 18 Bl. Sign.: A-C 4 D 6 . - Panzer DA 2535. VD 16 D 1496. - SB München: 4° Polem. 1324 o/4. Zur Entstehung: Von den fünf ersten gedruckten Schriften Johannes Dietenbergers (vgl. oben Nr. 23 Zur Entstehung) wird diese die vierte gewesen sein. Im Unterschied zu den vorangegangenen Schriften über die Klostergelübde, in denen sich D. jeweils eine Lutherschrift vornahm und diese punktweise widerlegte, nutzt er hier die Gattung des Dialogs, um einen fiktiven Gesprächspartner, den lutherischen Bauern, von der Unrichtigkeit und Unbegründetheit der Rechtfertigungslehre Luthers zu überzeugen. Die Schrift über den Glauben steht in engem Zusammenhang mit dem nachfolgenden Dialog über die Werke. Als Entstehungszeit kommt ca. Juli 1523 in Frage (vgl. oben Nr. 23 Zur Entstehung). Der Druck erfolgte allerdings erst nach dem später geschriebenen Werke-Dialog (unten Nr. 25) am 5. Januar 1524; jedenfalls ist ein früherer Druck nicht bekannt. Das in VD 16 unter D 1495 mit dem Druckdatum Simon-Jude-Abend 1523 (27. Oktober) verzeichnete Exemplar Wolfenbüttel 127.4 Theol.(6) ist falsch gebunden. Es hat am Schluß den letzten Bogen des Werke-Dialogs und damit dessen Druckdatum (Korrektur wurde veranlaßt). Von der Schrift existiert ein weiterer Grüninger-Druck, der mit dem Hl.-Petri-und-PauliAbend 1524 (28. Juni) datiert ist. Wir drucken abweichend von der Druckfolge in der Reihenfolge der Entstehung. Literatur:

Wedewer, Dietenberger, S. 241—244 (Inhaltsangabe).

B) Sacherläuterungen 1 Über den Adressaten ist nichts weiter bekannt; der Ort ist Überlingen am Bodensee. 2 Das gleiche bezeugen 1524 der Dominikaner Ambrosius Pelargus in Mainz und noch 1532 Johannes Rudelius in Frankfurt — zwei weitere Herausgeber von Dietenbergerschen Schriften —, die gleichfalls erst den Widerstand des Autors gegen die Veröffentlichung überwinden mußten (Wedewer, Dietenberger, S. 1 OOf.; vgl. auch oben Nr. 23 Zur Entstehung). 3 Cochläus hatte ursprünglich selbst Probleme, seine Schriften drucken zu lassen, da er keinen Drucker fand. Erst Ende 1522 wurde ihm Johann Grüninger in Straßburg vermittelt (erster Cochläus-Druck am 5. Dezember 1522), den er dann als „seinen" Drucker bezeichnete (vgl. oben Nr. 16 Zur Entstehung). 4 Gemeint sind die von Luther abgelehnten kirchlichen Lehren, soweit sie nicht biblisch begründet sind. 5 Karsthans als Synonym für den wehrhaften Bauern und Titelgestalt zeitgenössischer Flugschriften (vgl. oben Nr. 11, Anm. 16); gemeint sein könnte aber auch der Laienprediger Hans Maurer, der 1522 als „Karsthans" in Straßburg gepredigt hatte, Anfang 1523 von dort ausgewiesen worden war, danach in der Neckargegend auftrat und am 4. März 1523 gefangengenommen worden war. Noch 1525 ist er als Gefangener bezeugt (vgl. Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 252 und 262, Anm. 2). Reitervolk spielt wohl auf den „Pfaffenkrieg" der Reichsritter um Franz von Sickingen (1481 — 1523) gegen den Erzbischof von Trier an. Wenn die vorliegende Schrift im Juli 1523 entstanden ist, lief gerade die Strafexpedition des Schwäbischen Bundes gegen die beteiligte Ritterschaft. Poetisches Geschwätz meint wohl vor allem Ulrich von Hutten (vgl. oben Nr. 16, Anm. 73). 6 Die griechischen bzw. lateinischen Kirchenlehrer Johannes Chrysostomus (344/ 354—407), Aurelius Augustinus (354—430) und Gregor I., der Große (um 540-604).

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7 D. zitiert Augustin ohne Angabe der Quelle in eigener deutscher Übersetzung; sinngemäß vgl. De fide et operibus in: CSEL 41, S. 69—72. 8 D. zitiert auch Bernhard von Clairvaux (um 1090—1153) ohne Quellenangabe in eigener Übersetzung; im Nachdruck verweist eine Marginalie auf „Bernh. in ser I". Gemeint sein könnte Sermo I zu Ascensione Domini, in: Migne PL 183, Sp. 299-301. 9 D. zitiert auch Gregor I. ohne Quellenangabe. Wegen der Vielzahl der Stellen, an denen dieser zum Thema Glauben und Werke Stellung nimmt, muß auf Einzelnachweise verzichtet werden. 10 Vgl. Anm. 7; gemeint sein könnte In epistolam Joannis . . . , Tract. X, in: Migne PL 35, Sp. 2054. 11 Das folgende ist ein Zitat Augustins aus: De fide et operibus, Kap. 14, in: CSEL 41, S. 6 1 - 6 4 . 12 Hier endet das Zitat aus Kap. 14; das folgende ist aus Kap. 16, ebd. S. 69f. 13 Ende des Zitats aus Kap. 16. 14 Vgl. Augustin, De spiritu et littera, Kap. 29, in: CSEL 60, S. 208. 15 Der griechische Kirchenlehrer Origenes (185—254), ohne Quellenangabe. 16 Vgl. Anm. 9. 17 Vgl. Anm. 9. 18 Chrysostomus (vgl. Anm. 6), ohne Quellenangabe. 19 Der lateinische Kirchenlehrer Hieronymus (um 347—419/420), ohne Quellenangabe. Vgl. Migne PL 25, Sp. 1479. 20 Vgl. Anm. 7. Außer der dort genannten Stelle siehe auch ebd. S. 86f., 96.

Johannes Dietenberger: Ob die Christen durch ihre guten Werke das Himmelreich verdienen mögen. Dem wirdigen vatter Antonio Spendt 1 selig, lectori der heiligen schrifft, prediger ordens zu Costentz etc. Jo. Cochleus gnad und frid Christi. Wirdiger vatter, als ich vernomen hab, wie ewer wirde so trewlich und unverdroßlich, auch unerschrocklich yn disen farlichen zeiten das gemein volck underweyßet im rechten und alt herkumen glauben christlicher kirchen und abziehet von den mermals verdampten und schedlichen ketzereien der groben walteseln 2 und hussischen Taboriten 3 , hab ich den hochgelerten und wirdigen vatter Doctor Johan Dietemberger etlich büchlin, so er zu tütsch gemacht hat, in guter meinung abgestolen, auff daz sy aber gemeinem volck zu nutz und besserer underrichtung fürgebracht werden, hab ichs meinem trucker 4 , mitsampt etlichen meiner wercklin zu trucken geben, niemants zu leid oder zu schaden, sunder gemeinem volck zu gut und gruntlicher underweysung, dan in rechter warheit bedunckt mich diser doctor fast 3 recht und gruntlich auß der schrifft von Sachen und irrungen diser zeit reden und schreiben, on welches urteil und erkentnus ich bißher noch b hab lassen außgeen in disem handel. Er hat es alles vor uff mein begern und bit besichtiget und uberlesen 5 , dan es waißt hie die gantz stat wol, daz er ein frumer, gotforchtiger und hochgelerter man ist, Got geb, daz er solcher arbeit noch vil thün mog. Ewer würde nem diß büchlin zügüt an, biß grossere hernach kumen. Geben zu Franckfurt am 17. tag Septembris im 1523. jar.

Vorrede Ob die Christen mögen durch yre gute werck den hymel verdienen.

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Wiewol der weg zu dem hymelreich fast eng ist, als Christus Jesus unser lieber herr sagt [Math. 7, 14], und wenig den selbigen finden, wollen doch etlich, die evangelischen, mochten baß endchristisch 0 sich nennen, 30 lutherische knaben mit namen, den selbigen weg wider Christum unnd wider das heilig christlich evangelium ser breit und weit machen, alle selig machen, die den blossen glauben haben. So doch Christus vil im glauben hat berüfft und wenig außerweit [Matth. 22, 14], sagen, man dürff 1 keiner guten werck zu der selikeit, mog durch gute werck nichts by Got verdie- 35 nen, alle unsere guten werck seien sünd, in allen guten wercken auch zum besten geschehen. Es seyen keine werck so ungüt, die uns mögen an dem urteil Gottes beklagen oder verdammen, auch kein so gut, die uns mögen daselbs zu Got behilfflich sein, der glaub acht keiner eusserlicher werck

a) sehr

b) gemeint ist wohl: nichts

c) antichristlich

d) bedürfe

Dietenberger: Ob die Christen durch ihre Werke das Himmelreich verdienen 5 6 5

unnd der gleichen vil, durch welche manchß christenmensch geergert ym glauben, irrig in seiner conscientz 6 , zweifelhafftig im guten, verdrussig im bösen, gestyfft und halßgesterckt f , Got unert, sein gebot veracht unnd mit freiden yn die ewige hell gesprungen. Es ist leider jetzunt dahin kumen, 5 das man undern Christen mer fragt, lieber hört, fleissiger lißt, was der gotzloßig, glü[b]dbrüchig monch Luther lert, den was Christus, unser Got, herr, erloser und seligmacher gebotten und gelert hat, achtet mer auff das luterisch geschwetz, den auff Gottes wort oder gesatz, man wil lieber lutherisch leben und lutherisch lere halten, den Christum Jesum hören und mit 10 im selig werden, und wiewol vil verstopter 8 sein, welchen Got, ir her, hoffart halben yr hertz erblendet hat, die sich mit nicht lassen von dem irrigen, verdampten lutherischen weg abweysen, seind doch darneben vil guter einfeltiger, welche durch Unwissenheit oder einfeltikeit oder in fürwitz betrogen send, wen sie anders wissen, lebten sie auch anders, den selbigen 15 armen schwachen Christen zu nutz, allen glaubigen leyen zu trost, Got zu ere und lob, hab ich diß büchlein geschriben, von Got gnade, von guten mittel yres verdiensts, von bösen gewonlichen Ion erwarten.

Underrede des priesters und des bauren. Bauer: Früntlich bit hab ich, lieber herr, zu euch, wolt yr brüderliche 20 lieb halten und die nit versagen. Der priest[er]: Was müglich und erlich ist, soltu gewert sein. Bauer: Ich wolt geren die schlüssel zu dem hymelreich von euch ein klein weil entlehet haben, yr priester solt ye die selbigen, als ir sagt, allein haben. 6 25 Priester: Ich hab dir vor gesagt, du soltest nichtz unmüglichs begeren, die schlüssel des hymelreichs kanstu nit haben, seind mir unmüglich einem andern zu geben, dier unmüglich zu nemen. Bauer: Wie kern das? Bin ich nit auch Christen als wol als ein priester? Warumb mag ich den auch des hymelreichs schlüssel nit haben, mir 30 und andern den hymel offnen, müst ich darumb auß dem hymel bleiben, dieweil ich ein buer bin? Priestfer]: Es hab die Christen nit alle gleiche gnad, gleichen gewalt, l.Cor. 12 [4ff.] wie Sant Paulus leret, seind doch alle Christen, d a r u m b magstu wol gut chri- g ^ 4 [ l f f ]

sten sein, ob du auch die schlüssel zü dem hymelreich nit hast, als zu glei35 chen h . Es seind vil guter burger hie zü Franckfurt, gehören al in die stat, haben doch nit alle darumb die schlüssel zü den porten, ist gnüg, das in1 die stat geöffnet ist, sie ir schütz und beschirmung darinnen haben, also laß dich benügen, das dier der himel geöffnet durch das leiden Christi, dier durch den glauben unnd heilige sacramenta, von priesterlicher handt, darzü von Got Ro. 7 [24—8, 1] 40 verordnet, mitgeteilt ist, wiltu selbs, magstu nun selig werden, müst dar- l.Cor. 4 [15ff.] umb nit auß dem himel bleiben, das du des himelreichs schlüssel nit hast. e) Verständnis, Bewußtsein gleich i) ihnen

f) halsstarrig

g) Verstockter

h) zum Ver-

5 6 6 Dietenberger: Ob die Christen durch ihre Werke das Himmelreich verdienen

Ephe. 2 [19f.] Luc. 10 [ 5 - 9 ]

Col. 2 [lff.] Heb. 7 [25] Esa. 64 [Jes. 64, 4] Romm. 6 [3ff.] Titum 3 [5] Gal. 2 [16]

Bauer: Wie soll ich das verston. Ich möge nit selig werden, was hindert mich selig zü werden? Ich main, ich möge nit verdampt, sunder muß selig werden, dieweil mir der himel (als du sagst) auffgeschlossen ist. Priest[er]: Du sihest bey uns das, welche auch angeschribne burger seind in einer stat unnd sich der stat freyheit gebrauchen wollen, müssen eerlich, vertreglich, bürgerlich mit den andern leben, sunst, onangesehen ir burgerschafft, verweißt man sie irer boßheit halben mit recht der stat. Also auch mir sein, als S. Pauls schreibt, haußgenossen Götz und burger des himelreichs, durch den glauben Christi in die burgerschafft der außerweiten angeschribnen, müsse darumb mit den heiligen bürgerlich und irer himelreicher burgerschafft gemessen leben, sunst werden mir des himelreichs mit recht verwißen. Bauer: Es bedunckt mich nichtz gleich' sein, den es mag niemants durch seine werck das ewig leben verdienen, sunst bedürfften wir des glaubens zü nicht, so nun die werck on den glauben onnützlich sein den himel zü verdienen unnd der glaub den himel auffschlüßt, was seind den von notten ander gütte werck? Es müß erdicht sein, das mir den himel sollen mit gütten wercken verdienen, welchen uns Christus vorhin k verdienet und geöffnet hat, der auch den himel niemants guter werck halben, die vor seinen äugen als kat1 und unflat geacht sein, sunder durch sein gnad und barmhertzigkeit gibt, als S. Pauls schreibt, darumb halt ich nichts auff unsern verdienst, glaub nit, das mir mögen durch unsere werck selig werden, verhoff, Got werd nichts anders den sein glauben an uns m erfordern, derselbig ist unser verdienst gantz, hilfft uns kein werck zü dem himelreich, als S. Paulus öffentlich schreibt. Gott hat unns selig gemacht, sagt er, nit durch unser werck der gerechtigkeit, sunder durch sein barmhertzigkeit, unnd weitter: Es wirt kein mensch gerechtfertiget durch die werck, was mocht doch klerlicher sein? Wirt niemants gerechtfertiget durch güte werck, wie kan man den etwas dardurch verdienen? Priest[er]: Bistu dan kranck, so müstu warlich ein gütz heilpflaster haben, wil dir eins auffschmyren mit verhoffnung, es sol dier helffen. Wie aber der glaub allein selig mach und die güten werck gerechtfertiget, hab ich yn andern meinen büchern 7 vil auß der heiligen geschrifft erklert und bezügt, wil dier jetzunt allein anzeigen, wie mir mit unsern güten wercken den himel, als mit den bösen die hell verdienen mögen, sunst wer unser glaub nichts anders denn ein gemeiner urlob", ubel zü thün. Bauer: Es ist ein gemein Sprichwort, durch gegenrede wirt kein argument redlich entbunden oder hyngelegt 0 , 8 kuntlich ists, das unser glaub niemants urlob gibt ubel zü thün. So glaub ich mer an S. Pauls schrifft, oben angezeigt, den auff aller pfaffen geschwetz, die yn der weit sein. Priest[er]: Das Sant Paulus und andere geschrifft nit wider unser verdienstliches werck sy, will ich dier am letsten p beweren, vor soltu hören, das unser glaub müß urlob geben ubel zü thün, wen mir durch unsere

j) nicht das Gleiche k) vorher, zuvor 1) Kot von uns n) allgemeine Erlaubnis o) widerlegt

m) gemeint: Glauben an ihn p) am Schluß

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werck nichts mögen verdienen oder verschulden. Darnach wil ich dier beweysen auß grünt der schrifft, das unsere gütten werck des hymelreichs verdienstlich seind. Bauer: Das wil i[c]h gern hören, würst mir doch den hymel nit beschliessen, den mir Gott geöffnet unnd gefreyhet hat. Priester: Wil dier den hymel nit schliessen, sunder dich ein kind unnd erb des hymelreichs machen. Bauer: Lieber, laß die unnützen wort underwegen, du weist, das mich Christus ein erben des himelreichs hat gemacht, als Sant Paulus spricht. Wie darffstu so vermessen sein, das du sagest, wollest mich ein kind des hymels machen, bistu Got? Warumb hilffst du dier selbs nit, auch andern so vilen ungläubigen, bistu so kunstreich. P[riester]: Hör mich gedutiglich, soltu aller diser ding gütten bescheid haben. Bauer: Gern, aber mit vorbehaltnus underzüreden q nach meinem lust. Priest[er]: Gefalt mir wol. Uff daz erst soltu verston als verheissen ist, das unser glaub müß nichtz anders sein den ein gemein urlob ubel zu thün, wenn mir durch unsere werck nichtz verdienen oder verschulden und also der werck nichtz achten süllen, den welchs gesatz kein sünd und ubel verbüt, hindert, strafft, acht keiner eusserlichen werck, leßt sie alle gemeinlich zu, in was gestalt sie beschehen, ist nichtz anders den ein gemeiner urlaub aller werck, guter und böser. Nun sprichstu, unser christenlich gesetz unnd glaub acht keiner eusserlichen werck etc. Was ist dan änderst unser glaub, dan ein gemeiner urlob ubel zu thün, darumb sagen, der glaub geb niemants urlob ubel zu thün und acht doch keiner eusserlichen werck, ist stracks widereinander, mögen alle beide nit war sein. So nun der glaub verbüt ubel zü thün, als klerlichen in der schrifft und zehen gebotten anzeigt ist, müß er von notten auch euserliche werck achten, auß welchem den volgt, daz wir mit unsern wercken auch etwas verdienen oder verschulden mögen, den wo das nit were, so würd Got ein unrechter richter sein, der1 eim yeglichen nit nach seinem glauben, sunder nach sein wercken urteilen wil. Als Christus selbs und Sant Pauls an vil orten schreiben, deshalben S. Joannes sagt, den todten folgen nach nit ir glaub, sunder yre werck, wie folgen sie aber, den in verdienst zü bezeugen, was man dardurch verdient oder verschult hab. Würd auch kein aufferstentnus sein nach disem leben, welche allein darumb geschehen sol, das eim yederman nach seinen wercken, im leib auff erden volbracht, belonet sol werden, wird also unser glaub gantz falsch, on alle hoffnung sein der ewigen Seligkeit, kein ursach haben, Got weytter zü lieben, den andere unglobigen heiden, Juden, Türcken etc. Darumb welcher sagt, daz der glaub nit achtet eußerliche werck, mögen nichts mit eusserlichen wercken verdienen oder verschulden, der verleugnet den glauben und ist deshalben für ein wißlichen ketzer zü halten, kanstu dises verston. Bauer: Wol. Ich gib es zü, ist onzweifel ein grosser irtumb, sagen, der glaub acht keiner eusserlicher werck, ist heimlich nichtz anders, dan den

q) zu unterbrechen, zwischenzureden

r) gemeint: da er

Romm. 8 [17]

Ecc. 15 [Sir. 15] isa Mat. 16 [27] Joan. 3 [21] Ro. 2 [6] Apo. 14 [Offb. 14, 13] 2. Cor. 5 [10]

"So

5 6 8 Dietenberger: Ob die Christen durch ihre Werke das Himmelreich verdienen

Mat. 19 [17] Mat. 22 [37] eiusdem 10 [ebd. 10, 38] Gal. 4 [ 5 - 7 ] 1. The. 5 [12ff.] Romm. 12 [9. 21] Psal. 36 [Ps. 37, 27] Ecc. 15 [Sir. 15, 1 4 - 1 7 ] 2. Cor. 9 [7] Mat. 6 [ 1 - 5 ] 1. Pe. 5 [2]

Ecc. 15 [Sir. 15, 20]

Eze. 18 [Hes. 18, 4ff.] Mat. 7 [14]

Luc. 17 [10] Eph. 2 [8. 9] Titum 3 [5]

glauben im grünt zu schänden machen und verleugnen, doch soltu mir klerlicher beweysen, das wir mit unsern wercken mögen den hymel verdienen. Priest[er]: Gibstu zu, das man mit bösen wercken mog die held s verdienen? Bauer: Gentzlichen. Priester: Warumb leucknest du den mit guten wercken den himel zu verdienen? Bauer: Dieweil es nit geschriben ist. Priest[er]: Wie, so ich dier mit waren schrifften das beweysen würd? Bauer: Wolt ich mein urlob lassen faren. Priest[er]: Got sy gelobt, das du dich irrig erkenst, ich hoff, es sol besser werden. Nun höre uff, es ist kuntlich, das mir mögen gute werck thün. Bauer: Ich laß zu, den Got gebüt niemants etwas unmüglichs. Nun hat er uns gebotten, gute werck zu thün als' sein gebot zu halten, yn über alle ding zu lieben, im nachzufolgen, betten, Gottes reich auffs erst suchen, ub sein gerechtigkeit, gerecht und barmhertzig sein, unser sünde beruwen" und des gleichen vil, wie Sant Paulus sagt. Übt euch in gütten, hüt euch vor allem bösem. Und der heilig prophet David: Weich ab vom bösen und thü das gut etc. Priest[er]: Diß bezügt die schrifft klerlichen, also sagen: Got hat von anfang den menschen geschaffen, yn gelassen in der handt seines freyen willens unnd rathschlags, hat im fürgeschlagen wasser und fewer, das leben und den todt, gut und boß, zu welchem er wil, mag er sein handt schlagen. Und Sanctus Paulus: Man sol gut/, thün, nit auß traurigkeit oder mit gezwang, sunder mit freuden und williglich, wie auch Christus leret und S. Peter bezeügt, auß disem folget, das es müß gelogen sein, das der gerecht mensch sündiget in allen seinen gütten wercken, auch in dem besten geschehen, den wie du hast selbs auß der schrifft anzeigt, Gott gebeüt gütte werck. Nun hat er ye niemants gebotten zü Sünden oder ubel thün, als die schrifft öffentlichen sagt. Darumb ists wider Gott und die warheit, das der grecht in allen seinen gütten wercken sündet, sunst künden mir den himel mit schalckheit und Sünden eben als wol als mit gütten wercken verdienen, wider Gottes wort also lautende: Der da wirt recht thün, sol des lebens leben, welcher ubel thüt und sündiget, wirt in seinen Sünden sterben. Ist auch Christo zü wider, der also sagt: Der weg zü dem hymelreich ist fast enge und wenig finden yn. Bauer: Ich hab solchs auch selbs für lügen gehalten. Aber das mir mit unsern wercken den himel nit mögen verdienen, halt ich noch für ein gantze warheit. Dieweil Christus, unser herr, sagt: Wen yr volbracht hat alles euch gebotten, solt yr euch nichts vertrösten der selbigen euwer gütten werck, sunder sagen: Wir seind unnütz diener, was wir schuldig seind geweßt zü thün, haben wir gethon. Und S. Paulus: Nit unser werck halb,

s) Hölle

t) das heißt

u) bereuen

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sunder durch sein barmhertzigkeit hat er uns selig gemacht, aber far jetzunt für, ich wil gern hören, ob du mich des mit der warheit berichten mogst. Das weiß und glaub ich festigklich, die schrifft mog nit widereinander aberv yr selbst zuwider sein. Priestfer]: In disem ist dein glaub recht, nach laut der schrifft. Aber dich weiter zu berichten im verdienst gütter werck soltu wissen, das die guten werck, durch uns beschehen, nit allein unser, sunder Gottes zuvor sein, der die selbigen in uns wirckt. Bauer: Wo ist daz geschriben? Priestfer]: Der heilig Esaias sagt: Alle unsere werck hastu, her Got, in uns gewirckt, und klerlicher S. Pauls: Gott ist, der nach seinem willen, auß seiner gütigkeit in üch wirckt, ewern guten willen und gute werck, den mir sein nit gnügsam zü gedencken als auß uns, sunder unser gnügsam w ist uß Got, der ist, welcher daz gut in uns anhebt und volbringt, den alle, die Gottes kinder seind, werden durch den geist oder gnad Gottes bewegt zü yren wercken, es stat nit in des menschen gwalt etwas zü wollen oder zü Volbringen, sunder in der barmhertzigkeit und gnade Gottes, der sich erbarmbt über wen er wil und thüt deßhalben niemants unrecht, darumb sagt der apostel von im selbst: Ich hab über* alle andere apostel gearbeit, doch ich nit, sunder Gottes gnad mit mir, und Christus: Niemants kan zü mir kumen, daz ist, als S. Aug. außlegt 9 , den glauben haben yn mich mit würckender lieb, es werd im den geben von meinem vatter, und weitter: Yr seind nit die yhenen, die da reden, sunder der geist ewers vatters, der redt in euch. Auch weitter: On mich kündt ir gantz nicht thün, kein nutzlich oder verdienstlich werck zü dem ewigen leben Volbringen on mich. Auß allen disen schafften hörst du klerlichen, das unsere gütte werck, die uns zü dem obersten gütt fordern, seind nit fiirnemlich, ursprünglich unser, sunder Gottes, der sie durch unns zü unserem nutz oder verdienst, yn uns auß seinen gnaden würckt, unser hertz zü güttem willen erweckt und zü güten wercken bewegt, den wiewol, als S. Augustinus sagt 10 : Got vil güts in dem menschen thüt on den menschen, so kan doch der mensch nichts güts gethün on Got, es müß Got das güt im menschen würcken. Darumb sagt Christus: On mich kündt yr nichts thün. Und Sant Paulus: Mir seind nit gnügsam etwas zü gedencken on Gots hilff, sunder unser gnügsamheit ist auß Got. Das aber die schrifft hie redt von güten wercken unnd nit von bösen, bezügt der herr durch den propheten Osee, also sagen: Dein verdampnus ist dein, o Israel, das ist, kumpt von und auß dier selbst, aber dein hilff ist allein in mir. Und wiewol geschriben ist, es sy in des menschen gewalt, sein hertz zü bereiten, wil doch die schrifft damit Gots hilff nit entschlagen, sunder des freyen willens ongezwungenheit, freiheit, frey beweglichkeit und mitwürcklichkeit angezeigt haben. Dieweil auch geschriben ist, die bereitung des hertzen sey von Gott, yn welches gewalt der frey will eins jeglichen menschen stet zü bewegen den selbigen, in aller freyheit on gezwengnus, wo yn er wil, darumb unser gütten werck, die fürnemlich

v) oder 37

w) Vermögen, Kraft

Reformation

x) mehr als

Prov. 6 [Spr. 6?] ^

Mat

Esa. 26 [Jes. 26, 12] Phil. 2 [13] Phil. 1 [6] 2. Cor. 8 [5] Romra. 8 [11 — 14] Romm. 9 [16] Exo. 32 [2. Mose 32] 1. Cor. 15 [10] Jo. 6 [44] Mat. 10 [20]

Jo. 14 [6] et 15 [4.5]

Osee. 13 [Hos. 13, 9] Pro. 16 [Spr. 16, 1.9] Prov. 21 [lf.]

5 7 0 Dietenberger: Ob die Christen durch ihre Werke das Himmelreich verdienen

1. Cor. 15 [10] Thre 6 [Klagel 5 21] Eze. 18 [23]

Esa. 64 [5] Psal. 18 [Ps. 19] et 70 [Ps. 71, 15ff.]

durch Gots gnad und mitwürcklich durch unsern freyen willen geschehen, werden in der schrifft etwan der genaden Gottes, etwan dem freyen willen zügegeben, anzuzeigen, das sie auß uns durch Gottes gnad entsprüssen, als S. Pauls sagt: Ich hab mer gearbeit den andere apostel, on zweyfel in guten wercken, aber nit ich allein, sunder Gottes gnad mit mir, den mir se nc * * Gottes mithelffer, also sagt die schrifft an eim ort: Beker uns zu dier, s o wer d e n mir herwider zu dier kumen, als wolt sie sagen, on dein hilff mögen mir nit widerkeren. An eim andern ort: Mein wil ist nit, spricht Q o t d e r t oc jt des sünders, aber das er sich beker unnd leb. Hie wirt angezeigt, das die bekerung beschicht durch den freyen willen, sunst sagt Got nit: Ich wil haben, das sich der sünder beker, so doch dise bekerung in obgemelter schrifft auch Got zügegeben wirt, zü bezeugen notturfft der gnaden in allen unsern güten wercken. Bauer: Ich kan diß nit wol verston, das ein werck sol unser und auch Gots werck sein, den von unsern wercken stet geschriben: All unser gerechtigkeit oder gerechten werck seind vor den äugen Gottes geachtet als ein unflat, aber Gots werck seind in yn selbs gerecht. Erfreuwen die hertzen und machen selig etc. Priester: Nem des ein gleichnus. Das werck eines züchtigers wirt dem züchtiger und auch der gerechtigkeit y zügeben, als ein dieb hencken, der züchtiger henckt, die gerechtigkeit hencke auch, die gerechtigkeit durch das urteil, der züchtiger durch die tadt, kan doch der züchtiger kein dieb mit recht hencken, er sy den im mit urteil der gerechtigkeit ubergeben, also das ursach der gütigkeit z oder billichkeit dises wercks ist gantz und allein auß der gerechtigkeit und auß nichts, das im züchtiger sy, den so der züchtiger ein tottet unverurteilt mit recht, wirt im das für unbillich unnd ubel that zügemessen, so doch eben das selbig werck recht und wol gethon geacht ist, wen es mit recht geschieht, darumb mag man mit der warheit sagen: Alle gütte werck eines züchtigers, sein ampt anbetreffen, seind auß der gerechtigkeit, wiewol der züchtiger sie handelt mit der that, den in solcher rede wil man nit allein den außwircker, sunder am ersten anzeigen, woher solche werck yr güttigkeit und billigkeit haben. Also ist ein werck des züchtigers und der gerechtigkeit, der gerechtigkeit, als von welchem das werck sein billichkeit hat und von welchen der züchtiger anfenglichen redlich bewegt wirt mit der that zü handeln, des züchtigers, als des außwirckers unnd mithelffers yn der that. Also auch unser gütte werck, wiewol sie mit der that durch uns beschehen, werden mir doch darzü anfenglich bewegt und forderlich zü der that der selbigen bracht durch Gots hilff, also das ursach der güttigkeit sampt der that solicher werck allein anfenglichen entspringt durch Gots gnade, unnd yn uns auß uns nichts ist, das uns darzü bewegen mocht, deßhalben seind solche werck nit allein unser, sunder auch züvor Gottes, mögen also Gottes und unsere werck geheissen werden, Gottes als der uns darzü erwecket und gibt zü Volbringen, unser als der außwircker und mit-

y) Gericht, Rechtsprechung

z) Gültigkeit, Zulässigkeit

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helffer mit der that. Solche werck, wen mir sie wollen ansehen allein der that halben, so seind sie eigentlichen allein unser werck unnd vor Got als kat und unflat geachtet, wie Esaias sagt, dieweil nichts yn und auß uns ist, das sie mocht vor Got gut machen, denn mir seind der natur halben kinder des zorns. Wen sie aber geschätzt werden nach der hilff Gottes, auß welcher sie anfenglichen entspringen, so seind sie mer Gottes den unser werck, unnd deßhalben Gott hochlich unnd angenem unnd wol beheglich, auch uns forderlich, wie David schreibt, zu der Seligkeit. Darumb sagt Sanctus August 11 : Gott gefeit nichts yn dier, den was du auß Got hast. Was du aber auß dier selbs hast, mysfelt Got. Wiltu dein selbs güts bedencken, was hastu denn güts yn dier, das du von Got nit empfangen hast? Was wiltu dich des selbigen den also berümen, also ob du es nit empfangen hettest? Und an eym andern ende 12 : Diß ist seinen, das ist des menschen geyst, halten mit Gott, glauben, das seiner geist nichts rechts oder güts vermögen on Gott, sunder allein mit Got, als Christus sagt: On mich künt yr nichts thün [Joh. 15, 5]. Bauer: Wen das war ist, so würd kein güt werck bey den unglobigen erfunden, welches doch öffentlichen erlogen ist, denn man findet bey yn friden, barmhertzigkeit, trew, keüscheit, gerechtigkeit unnd der gleichen. Priestfer]: Solchs argument warff der ketzer Julianus Pelagianus 13 dem heiligen Augustino für, als er schreibt in dem Vierden büchlin wider den selbigen 14 , da zeigt er an mit vilen schrifften, das kein werck mag warlich güt genent werden, den welches auß dem geschmückten glauben geschieht und zu Got als zü dem höchsten end gericht und gehandelt wirt, den ein yeglichs werck wirt ubel gethon, wen es nit geschieht als es geschehen sol. Nun sol ein yeglichs güt werck geschehen, wie Sant Paulus leret, umb des endes willen, welches Gott ist, darumb was sich dahin nit zeugt, kan nit sein, deshalben sagt Sant Paulus: On den glauben mag man Gott nit wol gefallen. Nun mag Got, der das höchst güt ist, nicht güts mysfallen, darumb wen die werck der unglebigen güt weren, würden sie auch Got on zweifei wol gefallen on den glauben, welches klerlichen wider Christum und die geschrifft ist, deßhalben sagt der herr: Es kan kein böser bäum gütte frucht bringen, als wolt er sagen: Es kan kein böser wol güte werck Volbringen, nun müß der wil eines yeglichen ungläubigen boß sein, als die schlifft sagt, darumb so kan kein unglebiger warlichen gütte werck, als wir denn hie von gütten wercken reden, Volbringen. Deßhalben sagt S. Augustinus 15 : Wo Gottes erkantnus nit ist, da kan kein warliche tugent sein, sunder der rechten tugent falscher schein, auch yn den allerbesten wercken, hast diß öffentlichen anzeigt im evangelio bey dem glyßner, welcher sich viler gütten werck hochlich berümpt, doch ungerechtfertiget von dem tempel abstyg. Diß wolt auch Sant Pauls, da er sagt: Ich bin mir nichs gewiß strefflichs in meinem leben, bin doch deßhalben nit gerechfertiget, als wolt er sagen, wiewol ich nichts strefflichs weiß in meinem leben, so seind doch mein gütte werck, mein güt leben, on Gots gnad warlieh nit güt, dan sie künnen mich nit güt oder gerecht machen, solchs ist allein der gnaden Gottes unnd dem geschmückten glauben behalten, yn solcher meinung sagt Sanctus Augusti 16 : Alle gütten werck der menschen 37*

1. Cor. 4 [7]

l.Cor. 10 [31] Heb. 11 [6] Mat. 19 [17] Romm. 2 [7.10. 26] Eph. 6 [8] Mat. 7 [18] Psal. 72 [Ps. 73, 4 ff. 17ff.]

Luc. 18 [9ff.]

1. Cor. 4 [4]

Romm

- 6 [14ff.] Gal. 5 [6]

5 7 2 Dietenberger: Ob die Christen durch ihre Werke das Himmelreich verdienen

Ro. 14 [23]

Mat. 19 [13]

Mat. 6 [1—3] et 7 [21—23]

Psal. 14 [15, lff.] Psal. 16 [17, 15]

Psal. 102 [103, 17f.]

seind verdampte werck, wo sie on Gots gnad geurteilt werden, der uns selig macht allein durch sein barmhertzigkeit, nit unser guten werck halben, das ist dem liecht der vernunfft gemessen 3 , doch on Gots liebe unnd gnad beschehen. Also wiewol die unglobigen etliche werck thün, die gut in ir art und vor den menschen geacht werden, sein sie doch warlich nit gut, sunder falscher schein rechter guter werck, dieweil sie nit kumen auß einem guten bäum, das ist auß güttem willen, welcher mag nit gut sein unnd Gott wol beheglich on den rechten geschmückten glauben Christi. Darumb hab ich oben gesagt, das unser gütten werck beschehen anfenglichen durch Got, sein Gottes und unser werck miteinander. Bauer: So hör ich wol, das alles leben der unglobigen ist nichts anders den ein ubelthat, welches mich bedunckt fast schwer, den es wer besser, sie theten nichts güts. Priest[er]: Wiewol diß schwere, ists doch war, als Sant Pauls sagt: Alles, das da geschieht außwendigs glaubens, ist ubel gethon, darumb künden sie nicht güts thün, das warlich güt sey. Aber durch ir güten, das ist rechtlicher natürlicher vernunfft gemessen werck, seind sie weniger böser und den recht gütten gleicher, so sie mer sich üben in solichen wercken, werden auch weniger straff leiden, den wen sie solche hetten underwegen gelassen unnd ander ubelß dargegen volbracht. Ist darumb besser, das sie in solichen wercken sich üben, folget doch nit auß diser, das die unglobigen sündigen in allen yren wercken, sunder das sie in allen iren wercken ubel thün, das ist auch war, denn eigentlichen zü reden findt man, so etwas geschieht oder underwegen bleibt, das wider Götz gebot ist. Aber ubel thün ist etwas hoherß, also das nit alles ubel thün ist sünd. Die heiligen aposteln schalten die menschen, welche yr kinder zü Christo brachten, theten ubel damit, aber sündeten nichts. Sant Peter verbot dem herren zü leyden [Matth. 16, 22], thet auch ubel damit, sündt aber nichts. Er schlüg mit dem schwert, da der herr gefangen wardt [Joh. 18, 10], thet auch ubel, aber sündet nichts etc. Also mag auch vil gütz uß ubel geschehen, wie Christus anzeigt. Ist darumb nit von notten, das alles güts angenem sey Got dem herren. Ob nun die unglobigen etwas menschlichs gütz thün, doch thün sie das ubel und darumb unnutzlich zü der Seligkeit, wiewol sie nit deßhalben in allen wercken Sünden. Bauer: Es ist gnüg von disem. Sag nun weitter, wie wir mögen durch unsere werck den himel verdienen. Priest[er]: Den himel hat Got für ein Ion verheissen, welche sein willen mit gütten wercken Volbringen, diß zeigt die schrifft manigfeltig an. 17 Der heilig David sagt: O herr, welcher wirt wonen oder bleiben in deinem tabernackel? On zweyffel, sagt er, der güts thüt, der do wircket daz recht ist. Ich werd yn der gerechtigkeit oder durch recht güt werck erscheinen deinem angesicht und den gesetiget, so dein gloria mir entscheinen wirt. Gottes barmherzigkeit wirt denen widerfaren, die in forchten und gedencken seiner gebot in wercken zü halten. Ezechiel der prophet sagt: Die

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gerechtigkeit des nechsten sol über in bleiben, in seiner gerechtigkeit, die er hat volbracht, sol er leben, den welcher Gots gebot helt, sol das leben darinnen finden. Salomon: Die gerechtigkeit erloßet den menschen von dem todt, denn wie die frucht des unmilten bringt zu Sünden, also das werck des gerechten bringt in zu dem leben. Welcher sich erbarmbt eines armen wirt selig werden, denn die almüßen, als Tobias spricht, erloßt von dem todt und macht das leben finden, welche mich werden erkleren (sagt die weyßheit) sollen das ewig leben haben. Wiltu Götz gebot halten, so werden sie dich auch behalten. Dan also sagt Christus, unser lieber herr: Welcher Volbringen wirt den willen meines vatters, der wirt in das himelreich geen. Welcher sich üben wirt in guten wercken und also die andern leren, wirt groß geheissen werden yn dem himelreich [Matth. 5, 19]. Selig seind, die sich üben in den wercken der barmhertzigkeit, denn sie werden barmhertzigkeit erwerben [ebd., 7]. Selig seind die willigen armen, yr ist das himelreich [ebd., 3]. Selig seind die reinen hertzen, sie werden Got sehen [ebd., 8]. Im end der weit werden die rechten als die vor scheinen in dem reich ires vatters [Matth. 13, 43]. Wiltu in das himelreich gon, so halt die gebott Gottes [Matth. 19, 17], es werden endtlich die gerechten gon in das ewig leben [Matth. 25, 46]. Das reich Gottes wirt von euch unglobigen hyngenomen werden und gegeben einem volck, welches würckt sein barmhertzigkeit [Matth. 21, 43]. Welcher bestendig bleibt biß an das end wirt selig werden [Matth. 10, 22]. Darumb ist der sun des menschen kummen selig zu machen, das verdorben was. Welcher umb meines namen willen sein hauß, sein bruder, schwester, vatter, mütter, kinder oder anders verlaßt, sol das ewig leben besitzen. Welcher sein leben umb meinet willen verlürt, wirt es selig machen, welcher hasset in diser weit, verwart es in das ewig leben [Joh. 12, 25]. Mein vatter hat ein wolgefallen, euch zu geben das himelreich. Es werden vil kumen von uffgang und nidergang der sunnen und ruwen yn dem reich Gottes. Welcher wirt glauben in den sun Gottes, sol das ewig leben haben, welches ich euch bereit. Ein jeglicher, der durch mich wirt yngon, sol selig werden. Welcher mir nachfolgt, wirt haben das ewig liecht, denn ich gib meinen schäfflin das ewig leben. Welcher wirt glauben und getaufft, sol selig werden, den die gerechten sollen mit Gott ewig leben, besitzen nach disem leben das himelreich ynen von ewigkeit bereit. Sant Pauls gloria, eer unnd frid wirt sein einem jeglichen, der etwas güts thüt, und ob man schon etwas leiden müst, sol mit gedult geschehen, so wirt man dardurch erlangen das ewig gewicht der ewigen glorien, darum sol ein iderman mit forcht wircken sein seligkheit, denn also hat uns Got berüfft in sein reich, der alle menschen wil selig haben, sunderlich die globigen, welche seinen willen Volbringen, dienen Got fleißlich in heilikeit ires lebens, in gütten wercken, welcher werck ende ist das ewig leben. Schicket euch, das Gottes gnad yn euch regnier, durch gütte werck in das ewig leben durch Jesum Christum unsern herren, welcher kumen ist, die sünder selig zu machen, allen denen, die im gehorsam seind, ein ursach worden ist der ewigen Seligkeit. Dan so wir durch sein gnade gerechtfertiget werden, seind wir erben des ewigen lebens.

Eze. 18 [5—9] Levi. 18 [3. Mose 18,5] Prov. 10 [Spr. 10, 2] Pro. 14 [Spr. 14, 21 f.] Tbo. 12 [Tob. 12, 9] Ecc. 24 [Sir. 24] Mat. 7 [21]

Luc. 9 [56] Mat. 19 [29] Mar. 10 [29] Luc. 18 [29] Luc. 9 [24] Luc. 12 [32] Luc. 13 [29] Joan. 3 [16] Luc. 22 [29] Joan. 10 [9] Mar. 16 [16] Sap. 5 [Weish. 5, 15] Mat. 25 [34] Romm. 2 [7] 2. Cor. 7 Phil. 2 [12] 1. Timm. 2 [8ff.] Heb. 10 [22ff.] Romm. 6 [18f.] 1. Timm. 1 [7—10] Heb. 5 [9] Titum 5 [wohl 3, 4ff.]

5 7 4 Dietenberger: Ob die Christen durch ihre Werke das Himmelreich verdienen 2. Pe. 1 [7] 1. Pe. 1 [ 3 - 9 ] 1. Pe. 3 [1 Iff.] Joan. 2 [wohl 3, 21] Jaco. 1 [12; 2, 5] Act. 15 [Apg. 15, 11] 1. Timm. 4 [12. 16]

2. Par. 19 [2. Chr. 19, 11] Genn. 15 [1. Mose 15, 1] Pro. 11 [Spr. 11, 4ff.] Prov. 21 [Spr. 21, 21] Sap. 10 [Weish. 10, 10] Eccl. 2 [Sir. 2, 8] Merck auff

US' Hie. 31 [Jer. 31, 16] Mat. 16 [27] Luc. 10 [7] Mat. 5 [12]

Sant Peter: Wen ir euch üben wert in gottlicher und brüderlicher lieb, wirt euch überflüssig gegeben werden ein zügang in das himelreich, wert das ende ewers glaubens hinnemen, die Seligkeit ewer seien, dan darumb ist Christus ufferstanden und zu himel gefaren, das er den todt verschlünde, unnd wir wurden erben des ewigen lebens. Sant Joannes: Welcher Gottes willen volbringt, bleibt ewiglich. Sant Jacobus: Gott hat verheissen, die yn lieb haben, die krön des lebens, hat die armen erweit, sie erben gemacht des himelreichs, die sich üben in den gebotten seines gesatz. Sant Peter: Deßhalben glauben wir auch selig zu werden durch die gnad unsers herren Jesu Christi Also lert Sant Paulus seinen junger Timotheum: Du solt den globigen ein exempel sein im wort, im leben, in der liebe, im glauben, in der küschheit. Solche ding lere auch die andern, den also wirstu dich sampt den anderen selig machen. Bauer: Ich hör vil geschrifft uns antzeigen das hymelreich, saget doch keine von dem verdienst oder das es uns in loneß weyß verheissen sey. Priester: In angetzeigten schrifften wirt genügsam berürt das hymelreich in lones weyß verheisen, so es versprochen und zugesagt wirt allen denen, die Gottes willen in guten wercken Volbringen, dan was ist es anders gesagt: Thun solliche werck oder arbeit, so wil ich dir das geben, dan für solliche arbeit solt du belonet werden? Künnen wir durch unsere bose werck Gotes zorn und die held verdienen. Warumb künnen wir nit auch durch unsere guten werck den hymel verdienen, den selbigen guten wercken durch Got als den bösen die held verheissen? Doch solt du auß der geschrifft diß auch mit ußgetruckten worten hören. Also sagt Got zu dem heyligen Abraham: Ich selbs bin dein seer grosser Ion, warumb aber anders, dan des glaubens und der gehorsame halb? Dan es ist ein getreu wer Ion einem yegklichen behalten, der die gerechtigkeit seyetb, das ist, der sich übet in den werken der gerechtigkeit als geschriben ist. Welcher nachfolget der gerechtigkeit und der barmhertzigkeit, wirt das leben und ewige gloria finden, welcher etwas gütz thüt auch seinem feindt, Got wirt es im wol vergelten, welcher den gerechten alle yr arbeit belonet, sie werden ewiglich leben und bey Got ieren Ion haben. Ir sollen, sagt die geschrifft, Got gelauben, so wirt euwer Ion nit verderben, alle werck der barmhertzigkeit machen stat eynem yegklichen nach dem verdienst seyner guten werck. Darumb schäm dich nit, gerechtfertig zu werden biß in den tod, dan der Ion, dir von Got verheyssen, bleibt ewigklich, dweyl Got dem menschen belonen wil, einem yegklichen nach seiner gerechtikeit, darumb arbeiten euwer werck vor der zeit, so wirt euch Got den Ion geben zu seiner zeit. Es kan nit sein, als der heilig Jeremias sagt, das euwer gute werck bey Got seyen on Ion, welcher verheissen hat einem yegklichen zu Ionen nach seinen wercken. Es ist ye ein jegklicher arbeiter seines Ions wert. Darumb sagt der herr zu seinen apostelen und anderen, seinen0 geboten und lere nachfolgten: Erfreuwet euch seer, denn euwer Ion ist fast

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groß in dem himelreich. Welcher einem gerechten menschen güts thüt oder in auffnimet in dem namen eines gerechten, sol auch den Ion entpfahen des gerechten, welcher Ion durch Christum also bestimpt wirt. Die gerechten werdend gon in das ewig leben, wan der herr berieffen wirt die arbeiter und inen geben yren Ion, dan niemant sol seiner guten werck Ion verloren haben. Deßhalben lert uns der her, wie mir unser guten werck sollen thün, das wir den Ion in dem hymel bey Gott nit verlierend, dardurch offengklichen antzeiget gütter werck belonung in dem hymelreich, welche der herr auch weyter beweyßet also sagend: Der meyne gebot hat, verstand durch den gelauben, und haltet sye mit den wercken, wirt von meinem vater und mir lieb gehabt, werd im endtlichen mich selbs offenbaren [Joh. 14, 21], Diß bezügt Sanctus Paulus, also schreibend: Meyne lieben brüder, ir sollen bestendig und onbeweglich in dem guten beleyben, überhand nemen zu allen zeiten, in allen guten gotlichen wercken, wissen das euwer arbeit nit on Ion ist bey dem herren, dan durch soliche werck verdienet man Got selbs. Deßhalben ermanet Sanctus Johannes: Sehent euch selbs für, das ir nit verlieren, welches durch arbeit und werck gewunnen ist, sonder volkumnen Ion empfahen mocht, durch den herren in dem ewangelio verheissen. Ich mein, du habest nun schrifftliche antzeigung genüg, beweysend, des hymelreichs verheissung in loneß weyß für unser güte werck. Bauwer: Genüg und mer dan genüg, auß dem reichen schätz der geschlifft des alten und newen testaments. Aber was dienet diße schrifft dahin, das hie zü beweißen ist? Ich hör noch nit in der schrifft bemelt, das wir das hymelreich durch unsere güte werck verdienen. Diß soltest du herbey haben bracht, so schweigest du dißes fürnemlichen stucks und sagest mir vil von verheissung des hymelreichs, welches niemants im zweyffel hat, dan wir begerend das allen tag, wan wir beten, zükum uns dein reich. Priest[er]: Es ist nichts vergessen, das solt auß schrifften bezeugtt werden, wil dir uß angetzeigter schrifft klerlichen beweißen, das wir den hymel durch unser güte werck verdienen mogent. Auff das erst frag ich dich, ob wir durch unser gebett, in welchem wir den hymel begeren, etwas verdienen oder nit, verdienen wir etwas, was kan das anders, dan das hymelreich sein, das wir begeren. Verdienen wir aber nichtz, so geschieht das gebet ummsunst und umb nichtz willen, wider Christum und den heiligen Paulum, daugt auch nit, so man sagt, Got gibt auß züsag und gibt nicht, was wir betten und nit auß verdienst, er hat es ye nit zugesagt denen, die darumb thün, das ist bitten, als er bevolhen hat, was ist aber das anders dan verdienen? Weyter ist dir oben gesagt, das wir gütte werck mögen Volbringen. Zü dem anderen, das soliche werck yren anfang haben nit auß uns, sonder auß Gotes gnaden und barmhertzigkeit, auß welches stercke, beystand und mithilff sye auch durch uns beschehen. Zü dem dritten, das den selbigen wercken verheissen sei das himelreich in Ions weiß. Nun ist es kuntlich, das ein yegklicher verheyssener Ion hat vorhin seinen verdienst, dan was nit verdienst halben gegeben wirt, ist nit Ion, sonder ein gäbe, genad, früntliche schenck oder liepniß unnd deßgeleichen. Alles aber, das

Mar. 9 Mat 6

[i_4]

=sa

Heb. 13 [wohl 1. Kor. 15, 58] ^ 2 johan

Luc. 6 [45ff.]

Mat. 21 [22] l.Tim. 2 [1. 8]

5 7 6 Dietenberger: Ob die Christen durch ihre Werke das Himmelreich verdienen

Ruth 2 [12] als ein Ion gegeben wirt, muß vorhin verdienet und darumb nit allein auß Mat. 20 [ 1 ff.] gnaden, sonder auß gerechtigkeit gegeben sein, als die geschrifft sagt. Dieweyl nun verdienen nichtz anders ist, dan arbeiten und bedingte arbeit thün umb einen gedingten oder bestimpten und verheissenen Ion, und unsere guten werck mit Gott durch uns beschehen seind bedingte arbeit, die wir in Gottes weyngarten sollend thün umb bestimpten und gedingten Ion des deglichen pfennigs des ewigen lebens, folget von noten auff das erst, das solliche werck nichts anders seyen dan verdienst des ewigen lebens. Auff das ander, das soliche werck thün umb Gotes willen ist nichts anders, dan verdienen das hymelreich, nichts anders den umb das himelreich als verheißnen lone gedingte arbeit thün, wie Sant Paulus schreibt: Ir solt brüderliche lieb under euch halten, die bilgerin auffnemen, züchtig und keüschlich leben, on alle geytzigkeit bleiben, gedencken euwer obern, yrem glauben und leben nachfolgen, euch nit lassen abweysen durch mancherley fremde lere, sunder Got alzeyt loben, nit vergessen, den andern gütz zü thün, das euwer mitzüteilen, denn durch sollich werck unnd Ecc. 16 opffer wirt Got selbs verdient [Zusammenfassung von Hebr. 13]. Alle [Sir. 16, 14] werck, sagt die schrifft, der barmhertzigkeit machen einem yeglichen stat Mat. 6 [lf.] nach dem verdienst seiner werck. Deßhalben Christus uns ermanet, als obgesagt ist, die gütten werck also zü thün, das wir yren Ion im hymelreich nit verlieren, welche ermanung und lere gantz unnütz were, so wir durch gütte werck im himel nichts verdienten, wie künden wir den Ion im himel verlieren, wen wir kein mochten im hymel verdienen. Darumb sagt Sant 1. Cor. 3 [8f.] Paulus: Ein yeglicher wirt sein eigen Ion empfahen nach seinen wercken oder seiner arbeit, den wir seind Götz mithelffer. Also horestu in obgemelter schrifft gnügsam bezügnus, das wir den himel durch unsere gütten werck verdienen mögen. Ist nit von notten die wider zü bemeiden. Bauer: So höre ich wol, wir bedürffen Gots gnad und barmhertzigkeit gantz d nicht, dieweil wir selbs durch unser werck mögen zü himel kumen. Priester: Nit also. Oben ist gesagt, das unser gütten werck seind mer Gottes den unser werck. Darumb als wir nit künden on Gottes gnadreiche hilff und barmhertzigkeit warlich gütte werck thün, also künnen wir auch nit on sein gnad den himel verdienen, denn unser gütten werck seind seiner gnaden werck, welche er allein krönet und belonet, durch welche wir yn uns zü eim schuldener machen, als der heilig Chrisostomus 18 sagt. Unnd Sanctus Augustinus 19 , da er fraget, ob allein den gütten wercken oder allein der gnaden Gottes werd das ewig leben geben, antwort er also: Dise frag mag nymmer hingelegt werden, es sei dan sach, das wir bekennen die gütten werck, welchen das ewig leben sol gegeben werden, auch Joan. 15 [5] der gnaden Gottes seyen zügehorig, als Christus sagt: On mich kündt yr nichts thün. Und der heilig apostel Paulus, da er hat gesagt: Wir seind auß Ephe. 2 [8f.] Gots gnaden durch den glauben selig worden unnd das nit auß unns, denn es ist Gottes früntliche gab, nit auß unsern wercken, das sich niemants erhebe, hat er wol gemerckt, wie das etliche auß disen Worten wurden

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vermeynen, der bloß glaub sy allein not on alle gütte werck. Auch widerumb etliche, die sich allein yrer werck trösten würden, on Gottes gnade, umb deß willen hat er alsbald darauff gesagt: Wir seind Gottes creatur, geschaffen yn gütten wercken, welche Gott unns hat bereit, das wir darein sollen gon [Eph. 2, 10]. Was ist das, so der apostel hat Gots gnad gepreyset, also sagen: Nit auß den wercken, das sich vileicht nyemants selbs erheb. Warrumb der apostel diß hab geredt, gibt er ursach, den wir seind, sagt er, sein creatur, geschaffen in gütten wercken, wie sagt er dan, nit auß den wercken, das sich niemants erheb. Aber hör und verstee, was sie nit auß den wercken, nit auß den wercken als auß dier selbst, sunder als Gottes werck, in welchen dich Got geschaffen hat, nit da du bist mensch worden, sunder da er in dier ein newes hertz geschaffen hat, wie David begert, der yetzunt mensch was. Ein rein hertz, sagt er, schaff o Got in mir, von welchem auch Sant Paulus sagt: Die alten seind hingangen, alle ding seind durch Gott ernuwert worden, also werden wir geschaffen yn gütten wercken, nit die wir bereit haben, sunder die Got in uns geschaffen hat, darin zü wandlen. Umb des willen sagt der heilig David: Got krönet dich in seiner barmhertzigkeit und erbermde, dan von im kumen gütte werck in die gütten menschen, als geschriben ist. Got ist welcher in euch verschafft den gütten willen und gütz wirckende auß seiner barmhertzigkeit. Deßhalben sagt David: Er krönet dich in barmhertzigkeit, denn durch sein barmhertzigkeit thün wir gütte werck, welchen die krön des ewigen lebens wirt geben werden. Dieweil nun unser verdienst unnd gütte werck seind Gottes gab, so belonet und krönet Got dein verdienst und gütte werck nit als dein, sunder als sein gab, nit deßhalben, das sie auß dier, sunder auß seinen gnaden entspringen, sollen unser gütten werck darumb unveracht sein, dieweil einem yeglichen nach seinen wercken von Gott gelonet wirt, sunder mer Got eeren, durch welchen wir haben die gütten werck, die er allein belonen und bezalen wil, das sie seine werck in uns seind, on welches hilff wir nichts güts vermog auch zü gedencken. Darumb bit der heilig David: Hilff mir, o Gott, so wurd ich selig werden. Auß disem horstu, das unser gütten werck mögen, wie obgesagt ist, in zweierley gestalt genomen werden. Auffs erst als menschen werck, allein auß unserm eignem fryem bloßen willen geschehen, also werden sie eigentlichen unser werck genant, haben kein verdienst bey Got. Auffs ander als Götz werck, auß Gots gnaden und barmhertzigkeit durch uns beschehen unnd zü Gott gewandt, also werden sie unser verdienst unnd unser gütten werck genant, yn solicher gestalt werden sie von Got belonet, als sein werck auß seinen gnaden geflossen und auß seiner barmhertzigkeit zü dem ewigen leben, als verdienst zü dem Ion verordnet. Bauer: Ich merck jetzund, das der unrein Luther oder unerber Lother 20 nichs dan lauter lügen, falcheit unnd betrügerey fürgibt, verfürt unnd macht yrr uns einfeltigen bawren, schwechet Gottes ere, krenckt den glauben, verdampt die seien, durch das heilig blüt Jesu erloßet. Het der eselskopff den underscheidt gesehen zwüschen unsern wercken unnd unsern gütten wercken, het vileicht nit also geyrt. O, wie vil werden jetzunt durch

Psal. 50 [51, 12] 2. Cor. 5 [17] Psal. 109 [wohl 103, 4] Phil. 2 [13]

Roram. 2 [6]

2. Cor. 3 Psal. 118 [119?]

5 7 8 Dietenberger: Ob die Christen durch ihre Werke das Himmelreich verdienen

Heb. 11

Esa. 64 [Jes. 64, 5] Luc. 18 [9-14] Mat. 7 [21-23]

Romm. 6 [3ff.] Titum 3 [5] Gal. 2 [16]

disen verflüchten irtumb verdampt, kein eusserlicher werck achten, allein uff den blossen glauben sich steüren, verfiirt auß lutherischer ketzerey. Es ist doch warlich sein lere nach seinem namen luterisch, das ist katig, unfletigk, stinckend, verlogen und falchheit, nimpt mich nit wunder, dieweil er allen seinen handel, wie er sagt, nit in Gottes, der die warheit ist, sunder in des teüfels namen, der ein vater der lugen ist, angefangen hat 21 , laß das faren. Eins stet noch auß. Ich hab die warheit mit freuden gehört unnd zu gütter notturfft verstanden, gib dem gantzen glauben, das wir mögen mit unsern gütten wercken den himel verdienen. Bedunckt mich doch, etliche schlifft sy disem christlichen verstandt zuwider, hab sie dier oben im anfang unser red fürgeworffen, wolst mich auch der selbigen berichten. Priest[er]: Ich bin der unvergessen, wil sie nach ordenung erzelen und dich der selben mit warem verstant christlicher meinung berichten. Auffs erst ist gesagt, wen unser guten werck uns mochten selig machen, so bedürffen wir keins glaubens. Antwort: Ja, wen unser werck und unser gütten werck ein ding weren, het diß gegenrede ein gütten schein. Es ist aber, als gesagt ist, grosser underscheidt under diesen zweien, darumb ist nit von notten, ob wir eins on den glauben, das wir auch daz ander on den glauben vermögen. Wiewol auch oben gesagt ist, das der anfang aller gütten werck in unns sie6 Götz hilff, welche on den glauben nit ist, als Sant Paulus sagt. Darumb folgt nit auß unsern Worten, das wir des glaubens nit bedürffen, auß dem, daz wir mit gütten wercken künnen den himel verdienen, sunder folget mer, daz wir müssen den geschmückten glauben haben, der ein anfang ist alles unsers verdiensts, der alle unser werck güt und Got wol beheglich macht. Also sol man auch verston, das man sagt, aller unser verdienst ist der glaub. Got erfordert nichts anders von uns denn den glauben, ist allein war von dem geschmückten glauben, welcher nymmer by denen eins dapfern altersf, on güt werck und verdienst ist22, was ausser disem glauben geschieht, ist Got onbeheglich, vor seinen äugen als ein unflat geacht nach der meinung Esaie, dan es ist als unangenem, als die scheinbarlichen guten werck bezeügen des glyßners. Er gieng in die kirchen, bettet, sagt Got lob, fastet, gab sein zehend etc. Was doch alles unnütz, dieweil es außerhalb dem geschmückten glauben geschach. Also auch der herr vil des ewigen lebens verweißet und verdampt, die den glauben gehabt, doch in verdienstlichen wercken sich nit geübt haben oder nit bliben seind. Das aber Sant Paulus sagt, das ewig leben werd auß Gottes gnaden geben, nit auß verdienst, durch barmhertzigkeit mach uns Gott selig, nit auß unsern wercken, auß welchen niemants gerechtfertigt wirt, ist disem nichts züwider, den unser gütten werck, wie offt gesagt ist, schliessen oder schiessen Gots gnade nit auß, sunder haben sie mit in, geschehen auß Gots barmhertzigkeit, seind nichts anders den auß wircklichkeit 8 seiner gnaden in uns, darumb wil der apostel in obgemelten worten verdienstlich und gütte werck nit außschlahen, sunder unser vermessenheit, daz niemants

e) sei

f) d. h. zu eigener Vernunft fähigen

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sich auff sich selbs trost, auff sein eigen werck verlaß, sunder allein auff Götz barmhertzigkeit, auß welcher wir unser gütten werck und nit auß uns selbs haben, die wir auch in unsern wercken allein loben unnd preysen sollen. Auch in obberürter schrifft redt Sant Pauls nit eigentlich von guten verdienstlichen wercken, zu welchen er uns so offt ermanet, sunder von des alten gesetz wercken, durch welche etliche in anfang des glaubens vermanten h Seligkeit zu erlangen, wider welche sagt Sant Paulus: Nit auß den wercken, sunder auß barmhertzigkeit hat uns Got selig gemacht, ist deßhalben kein underscheidt under Juden oder heiden, bedürffen alle der gnaden Gottes etc. Ist auch nit in Sant Paulo geschriben, Got geb den himel nit umb verdienst. Zu dem dritten ist gesagt, hat Christus uns den himel verdinet, was bedürffen wir den weitter den selbigen verdienen? Ist sein verdienst gnügsam, so bedürffen wir keins weittern verdiensts, müssen al selig und niemants verdampt werden. Ist er aber nit gnügsam, so ist er nit unser warlicher seligmacher. Antwort: Christus hat uns den himel gnügsamlich seinthalben verdient, wirt uns auch nit enzogen, wen uns sein verdienst mitgeteilt und by uns behalten wirt, welche mitteilung beschicht, wie Sant Pauls sagt, durch zufügung seins leidens und den geschmückten glauben, welcher nimmer on verdienst ist, durch welchen auch wir gerechtfertigt werden, und nit auß unsern selbs eigen wercken, darumb ist unser verdienst auch nit, nach dem wir zum brauch unser vernunfft kumen, zü dem leiden und verdienst Christi, nit on gnügsamheit halben seins verdienst, sunder mitteilung halben des selbigen, on welche mitteilung niemants selig oder gerechtfertigt wirt, deßhalben hat er gebotten uns den tauff und den glauben, dan durch die heiligen sacrament und den glauben wirt uns, wie gesagt ist, sein verdienst, der alles unsers verdiensts ein ursach ist, zugefügt und mitgeteilt. Zum letzsten ist fürgeworffen das wort Christi: Wen wir alle ding, uns gebotten, Volbringen, sollen wir sagen, wir seind unnütz diener etc. Antwort: Christus in disem wort hat kein verdienstlich werck wollen verwerffen, sunder leren, das wir uns nit auff unser werck, sunder Götz barmhertzigkeit trösten und verlassen sollen, denn wen wir Götz gebot alle halten, seind wir doch deßhalben Got nichs nütz, als die schrifft sagt, aber uns seind wir seer nütz, den als Christus bezügt, werden wir dardurch zü dem ewigen leben kumen. Ursach ist, welcher thüt, was er schuldig ist, volbringt Gots willen unnd gebot, der ist Gots fründt, sol deßhalben in Gottz gnaden ewiglichen bleiben und nit verlorn werden, er enziech sich den seiner genaden. Darumb folg dem rath Sancti Pauli. Werd nit verdrossen oder faul gütte werck zü Volbringen, denn solichen wercken auß gotlicher unnd brüderlicher lieb, Got zü eren, dem nechsten zü güt und nutz geschehen, ist das zeitlich und auch ewig leben verheissen, solt darumb ser arbeiten, vil güts thün, auch vil ubels gedultiglich lyden unnd also hoffen yn den leben-

h) vermeinten

1. Cor. 10 [wohl Tit. 3, 5 - 8 ]

Romm. 3 [24]

Romm. 3 [21 ff.]

Gal. 2 [20]

Luc. 17 [10]

Psal. 15 Job. 35 [Hiob 35, 2 - 8 ] Joan. 14 [6. 21] Joan. 15 [4. 5. 8] 1. Joan. 2 [3-6] 1. Thes. 3 [wohl 2. Thess. 3, 13] 1. Timm. 4 [8-10]

580 Dietenberger: Ob die Christen durch ihre Werke das Himmelreich verdienen digen Got, seligmacher aller menschen, doch sunderlich der christglobigen. Gal. 6 [10] Dieweil du zeyt hast, brauch dich yn gütten wercken gegen allen menschen, am meysten dich bey den globigen, dan es wirt die zeyt kummen, das wir schneiden werden, was wir hie auff erden haben geseet. Laß dich niemant irr machen oder verfüren, niemans wirt Gott betriegen. Was der 5 mensch hie seyet, wirt er nach disem leben schneiden, welcher seyet allein Gal. 5 [16—26] leibs lust, wirt sein arbeit mit vergenglichem leib verloren haben, welcher aber seyet inn krafft des heiligen geistes unnd der genaden, übet sich in den wercken des geschmückten glaubens und gerechtigkeit, wirt von dem Ephe. 2 [10] heiigen geist empfahen das ewig leben, zu welchem uns helff, der uns 10 geschaffen hat zu guten wercken, von ewigkeit die selbigen uns versehen zu geben, das wir sollen darin wandlen, die selbigen Volbringen, uns zu nutz, im zu eren, Got dem vatter, sone und heiligen geist gebenedeit in ewigkeit. Amen. 1523. Quarta Augusti. 15 Getruckt mit Privilegien keiserlicher unnd hyspanischer majestät, durch gnaden erlangt, das in jars frist nemen' nachtrucken sol dis büchlin ußgangen von Jo. Grienynger uff Sant Simon Jude abent [27. Oktober], im jar 1523.

A) Vorbemerkung Druckvorlage: Obe die Christen II mügen durch II iere gûtê werck dz hyllmelreich vdienê II Joannes dietemberger. II Galatas: 6. II [Bibelvers] II Joa. 4. II [Straßburg:] (Am Ende:) Getruckt II . . . II von Jo. Grienynger vff sant II Simon Jude abent II Im iar 1523. II [TE] 4° 17 Bl. Sign.: A-C 4 D 5 . - Panzer DA 2029. Schmidt, Répertoire 202. VD 16 D 1498. Köhler 742. - UB München: 4° Theol. 2373:4. Zur Entstehung: Diese erste — bei Johann Grüninger in Straßburg — gedruckte Schrift Dietenbergers (vgl. oben Nr. 23 Zur Entstehung) ist nach Entstehungszeit und -Zusammenhang (soweit bekannt) seine fünfte. Sie folgt direkt dem Dialog über den Glauben (vgl. oben Nr. 24 Zur Entstehung), auf den sie sich im Text (vgl. Anm. 7) bezieht und auch die dort gegebene Erläuterung über den Unterschied von bloßem und geschmücktem Glauben als bekannt voraussetzt. Ihre Entstehungszeit ist mit Quarta Augusti 1523 angegeben. Von der Schrift existiert ein Grüninger-Nachdruck unter dem Titel „Der Bauer. Ob die Christen ...", datiert vom Kreuzauffindungsabend (2. Mai) 1524. Literatur: Wedewer, Dietenberger, S. 221—225 (Inhaltsangabe); Maxcey, Dietenberger, S. 9 3 - 1 1 2 ; Hütter, Luther and Dietenberger, S. 127-152.

B) Sacherläuterungen 1 Über den Adressaten ist nichts weiter bekannt. 2 Gemeint sind die nach dem Lyoner Kaufmann Valdes benannten Waldenser oder pauperes Christi, die um 1170 entstanden waren und das apostolische Armuts-

i) niemand

Dietenberger: Ob die Christen durch ihre Werke das Himmelreich verdienen 581

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ideal sowie einen strengen Biblizismus vertraten. Trotz Verdammung (erste Bannbulle gegen sie 1184) und strenger Verfolgung breiteten sie sich über weite Gebiete Europas aus. Radikaler Flügel der hussitischen Bewegung in Böhmen, benannt nach der von aufständischen Hussiten im März 1420 gegründeten befestigten Siedlung Tabor. Vgl. oben Nr. 24, Anm. 3. Gemeint ist die Durchsicht der Schriften Cochläus' durch Dietenberger. Über die Kooperation zwischen beiden vgl. Laube, Cochläus/Dietenberger. Der Bauer bezieht sich hier und im folgenden auf Luthers Lehre vom Priestertum aller Gläubigen (vgl. Luther, An den christlichen Adel deutscher Nation, in: Laube/Looß/Schneider, Bd. 2, S. 634f.; Delius, Luther, Bd. 2, S. 9 9 - 1 0 1 ; WA 6, S. 407-409). Gemeint ist vor allem: Der Laie, Ob der Glaube allein selig macht, oben Nr. 24. Vgl. auch Nr. 23 Zur Entstehung. Bei Wander nicht nachgewiesen. D. zitiert Augustin hier und im folgenden (mit einer Ausnahme) ohne Angabe der Quelle in eigener deutscher Übersetzung. Sinnentsprechende Äußerungen finden sich bei Augustin mehrfach. Es wird deshalb, wo ein genauer Nachweis nicht gegeben werden kann, auf „De spiritu et littera" (CSEL 60, bes. S. 196, 205-220), „De fide et operibus" (CSEL 41, S. 6 9 - 7 2 , 86f„ 96) sowie auf die erwähnte „Contra duas epistulas Pelagianorum" (CSEL 60, S. 476f., 480f., 552f.) hingewiesen. Vgl. auch „De natura et gratia" (ebd. S. 259). Hier dürfte gemeint sein: De gratia Christi, in: CSEL 42, S. 133f. (11). Vgl. Anm. 9; hier wohl: De perfectione iustitiae hominis, in: CSEL 42, S. 9 (IV, 10).

11 Vgl. Anm. 9; hier wohl: ebd. sowie Sermo 338, in: Migne PL 38, Sp. 1478f. 12 Vgl. Anm. 9; hier wohl: De gratia Christi, in: CSEL 42, S. 149 (30.) 13 Pelagius (f um 420) verwarf die Erbsündenlehre und erklärte die natürlichen Kräfte des Menschen als ausreichend zur Erlangung der Seligkeit; er wurde auf dem Konzil von Ephesus 431 als Ketzer verdammt. 14 Vgl. Augustin, Hypomnesticon contra Pelagianos et Coelestianos, in: Migne PL, 45, Sp. 1639ff. 15 Vgl. Anm. 9. 16 Vgl. ebd. 17 Es folgt eine exzessive Aneinanderreihung von Bibelversen, auch wo sie nicht durch Marginalien nachgewiesen sind. 18 Der griechische Kirchenlehrer Johannes Chrysostomus (344/354—407); ohne Quellenangabe. 19 Vgl. Anm. 9. 20 Über die zeitgenössischen Deutungen des Namens Luther vgl. Haug Marschalck, Von dem weit erschollenen Namen Luther, in: Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 563ff„ vgl. auch S. 498. 21 Dietenberger spielt hier auf eine Äußerung Luthers gegenüber Emser anläßlich der Leipziger Disputation von 1519 an (vgl. oben Nr. 8, S. 222f. mit Anm. 15); er wird also die betr. Emser-Schriften gekannt haben. 22 Vgl. dazu oben Nr. 24.

(Johannes Cochläus:) Ein Spiegel der evangelischen Freiheit Vorred.

Joh. 4 [wohl 1. Joh. 4, 1] Eph 5 [14f]

Eph. 4 [18ff.]

Dieweil ferlichers nichts ist, dan in den dingen zü irren, die der seelen Seligkeit belangen, und yetzunder der selbigen irthüm teglich sovil an den tag gebracht, die selbigen auch dem gemeinen man (wie dem fuchs in der tod, under dem schmer 1 ) in gutem schein beygebracht werden, wil mercklich von noten sein uns gar weit umzusehen, ee und wir das lüder 3 annemen, und wie der heilig Johannes schreibt: Er sey dan uß Got, und zuvor probiert einem yeden geist nit glauben zü geben. Derhalben uns auch der Paulus gewarnet und sunderlich die trägen und lässen menschen ermant hat, von dem tod (daz ist von den Sünden) uffzüsten, so sie anders b in gnaden erleucht werden und in den bösen tagen klüglich wandern werden, derhalben strafft er an eim andern ort die jhenen, so durch Unwissenheit und Verblendung irer hertzen von den wegen Gotes abgesündert und an der warheit verzweifelt sein, sich auch in unreinikeit und wirckung aller unküscheit zü der unordenlich begird des zeitlichen güts yngelassen haben, aber die nachvolger Christi und die so in Christo gelert underweißt Paulus an dem selbigen ort, was die warheit in Christo und das die selbig nichts anders sey, dan den alten menschen uß c und den newen anzüziehen, erklert volgende, was der alt mensch sey und wie man den ußziehen, also daz wir die warheit herfürziehen und die lügen abwerffen sollen, den gefaßten zorn wider unsere nechsten (dieweil wir in Christo der warheit gebildet all gelyder in einem leibe sein) nicht ubermechtig werden lassen und also wider versünen. Deßgleichen uff daz wir dem teüfel kein stat geben, sollen wir mit unsern henden arbeiten und die, so züvor gestolen haben, hinfür nicht mer stelen, uff das sie ein ußkumen und den notürftigen auch zü geben haben, bose wort sollen wir vermeyden und zü besserung christlichs glaubenß uns güter red fleyßen. Auch under uns (wie uns Christus vorgethon hat) gütig und barmhertzig erscheynen, diß ist warhafftig den alten menschen uß und den newen in dem geist und innerligkeit angezogen, welcher nach Got gebildet und in der gerechtigkeit, heiligkeit und warheit (wie Paulus auch daselbest anzeigt) gegründet ist. Das wir aber yetz leider geschickt sein, mer der lügen dan der warheit nachzüvolgen, kumpt auß keinem andern grundt, dan das wir in dem alten menschen in massen, wie der heilig Paulus hie oben anzeygt, so hefftig verknipfft und in unser eigen erkantnitß nicht sein, also das wir die sucht und eigenschafft des alten menschen in unß nicht erkennen, derhalben wir es dahin nicht bringen mögen, den selbigen von uns zü werffen, und darzü bindet und helt nun fest (allerliebste freind), die jhenigen, so glauben und nachvolgen den weg zü der unwarheit, den Martinus Luther under einer

a) den Köder

b) damit sie

c) aus- (zuziehen)

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gestalt christlicher freiheit mit Worten, schrifften und wercken gelernet und fürgeben hat, geleich alß were bißher nach dem wege der warheit und dem heiligen ewangelio in der cristlichen kirchen (das aber fer von unß sei) nicht gewandert und darmit, Got sei es geklagt, bißher vil leut in 5 yrthung, ungehorsam und ketzerey gefiirt, wie wol es nach den Worten Pauli von noten ist, ketzereien zu ensten d , auf? das die bestendigen offen- l.Cor. 11 [19] bar werden. Noch dannocht uff das die frumen gehorsamen schefflin Christi, so bißher bestendig blyben und, ob Got wil, hinfür mit der hilff Gotes bestendig bleiben, in dissen bösen tagen und den wolffen nicht trostloß 10 gelassen werden, hab ich für mich genumen 6 vermittelst gütlicher hilff, was underscheidt zwüschen der waren christlichen und Luthers freiheit sei und wie man die uß einander erkennen und auch nach den heiligen ewangelien Christi und der lere seiner heyligen apostelen richten sol, anzuzeigen. 15

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Das erst teyl diß büchlinß, was Lutherß freiheit seye. Luther gibt syner freiheit ein solchen außgetruckten namen in einem seiner büchlein. Cuius est titulus: Iudicium Marthini Lutheri de votis, repertis propositione prima, in ordine autem 1412 also sprechent: Evangelica libertas divini est, et iuris et doni. Ea est nulli operi, loco, rei, persone adherere necessario. Sed usum horum omnium, ut sese obtulerint, liberum habere, nec potest horum copiam f proprie sese dedere, alia abdicare, sed pro(r)sus absque electione communem et indifferentem Omnibus sese prestare.3 Almechtiger Got, hört zü, wie listiglich, falsch und tieffgründig, uß verkerten hertzen, der verkert heutig teüffel die antechristenlichen under gestalt christenlicher freiheit, durch sein werck gering eim verlauffnen münch vorgebet, sprechende: Es sie nicht not, daz ewangelische freiheit yrgend einem werck, stat, ding oder person anhang, sunder sol diser ding aller, wie sich die halt begeben, ein frei gebrauchung haben. O Luther, Luther, was ist das für ein freiheit, der du so gar milte und doch der nicht bist, der sünden zü erlauben hat, fürwar sie ist nit evangelisch, sunder luterisch und antechristisch, nit engelisch, sunder tüfelsch, nit erlich, sunder lasterlich, darzü nit warhafftig, sunder falschlich erdicht und gelogen, dan solt sie nit erlogen sein, so müste Christus die ewigen warheit (das weit von uns sei zü gedencken, wil geschweygen zü reden) die warheit selbs verletzet haben und das alt, dergleichen das new testament falsch sein. Das aber Luther dise sein freiheit wider daz heilig ewangelium verreterlich erdicht und von eytel lügen züsamen gesetzet hab, wil ich in vier stucken probieren, beweysen und an den tag bringen.

d) entstehen

e) mir vorgenommen

f) bei Luther: cuiquam

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Das erst stuck von Lutherß freyheiten.

Mat. 5 [3ff.]

Mat. 25 [41 ff.]

Joh. 13 [15] Mat. 16 [24] Jaco. 1 [22. 25]

Zu dem ersten ist unbestendig 8 , das Luther setzt, der ewangelischen freiheit sei nicht von noten, einigen werck anzuhangen. Dan wa daz wer, so wer alles das falsch, das Christus unser schopffer und seligmacher Mathe. gelernet hat. Nemlich daz die menschen selig, welche im geist arm, senfftmütig und betrübt sein, deßgleichen die hungerigen und dürstigen nach der gerechtigkeit, auch die erbärmigs h und eins reinen hertzen, darzü die fridsamen und die umb der gerechtigkeit und Christus willen leyden, vermaledeyt, verspot und verfolgt werden, welche andre ursach sagt Christus, daz er am jüngsten gericht zu den verdampten sprechen werd, get hin von mir ir vermaledeyten in das ewig fewer, das dem teufel und seinen engein bereit ist, dan daz sie under andern guten wercken die hungrigen nit gespißt die dürstigen nit gedrenckt und die nackenden nit gekleit haben, deßgleichen meint er auch an dem selbigen ort kein ander ursach für sich, darumb die ußerwelten daz reich der himel besitzen werden, dan daz sie die selben guten und barmhertzigen werck gewirckt und geübt, haben wir doch in dem heiligen ewange., das Christus der heiligen Magdale. selbs gezückniß gegeben, daz sie in dem das sy in salbet ein gut werck gethon hab [Joh. 12, 3—8], wie vil müe und arbeit, fasten und beten und andre gute werck hat der Spiegel aller tugent selbs geliten und volbracht und darzu gesagt, daz er uns in dem selbigen ein exempel geben, wie er gethon hab, daz wir auch also thün, und darüber gewarnet, welcher zu im ze kumen gedenck, daz er sich selb verleucken, sein eygen kreutz uff sich nemen und im nachvolgen sol, der heilig apostel Jaco. het auch vergebenlich gschriben, daz wir nit allein horer, sunder wircker und nachvolger syn sollen, und des nachvolgende spruchs an dem selbigen cap. frolich schwigen, da er also sagt, welcher sich aber in der volkumen, daz ist in der ewangelischen freiheit, recht beschawen und darin blyben und also nit ein vergeßner oder versumlicher horer, sunder daz mit den wercken angreiffen, der wirt in den selbigen wercken selig. Ist es nun nit von noten, daz die christenlich freiheit yrgen einem werck anhang, so muß Christus ubel und vergebens gelert haben (daz zu trucken weit von uns sei) als1 daz Math, von dem achten biß in daz fünffundzwentzigst cap. geschriben, welchs Christus gelert, geraten, geboten und verboten hat, deßgleichen so müssen die andern ewangelisten und apostel, auch Paulus zu den Romeren, Corinth. und den Grekken in Gallicien, des so sie von den räten und geboten Christi geschriben, gelogen haben, auch nicht wenig Esaias, Hieremias, Ezechiel, Daniel und ander wol zwolff propheten in dem geist geirret, die daz volck so manigfaltiklich von sünden zu der büß und von boßheit zu der gerechtikeit gereitzt und von bösen zu guten wercken ermant haben. Darüber wirt in der gantzen newen eeJ kein solliche freiheit befunden, waruß halt anders sein freiheit züsamen gelesen, ungezweifelt mer auß unverschempter boßheit, dan uß bewerter und gütlicher schrifft, dan disse Luthers freyheit nicht allein von gotlicher, sunder auch aller menschlicher geschrifft unbindlich were. g) unhaltbar

h) barmherzig

i) alles

j) dem Neuen Testament

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Das ander11 stuck von Luthers freyheit. Zu dem andern ist untauglich, das Luther setzt, der ewangelischen freyheit nicht von noten sein, einiger stel oder stat anzuhangen. Dan so diß war sein solt, so het christliche freyheit kein stat, weder im himel noch uff 5 erden, in seel noch im leib, derhalben unmüglich, das ein solche christliche freyheit ye geweßt, oder noch auß dem abzunemen, das gantz vergebens gewesen wer alles, das Christus gepredigt, geübet und gebotten het, deßgleichen alles das verloren, das die heiligen aposteln und freund Gotes, auch der heilig Paulus, vermitelst grosser nutz und arbeit hauffen, fasten, 10 betten und wachen, gepredigt und gelernt. Deßgleichen umbsunst die hart und grausame zeit, so Hieronimus, Paulus, Anthonius und andre einsidel in "Sa der wüstney gefürt, und darüber alle die pein und marter, so die lieben marterer in der manigfeltigen vergiessung ires blüts geliten, warumb haben die lieben apostel dan so ein lange zeit von einer stat zu der andern, von 15 einem land in das ander und schier von eim end der weit in das ander den heiligen glauben zu verkünden gerent und geloffen, dieweil noch1 Luthers torechte meinung die christlich freyheit keiner stat anhangen und also von allen dingen frey sein sollen.

Das drit stuck von Lutherß freyheit. Zu dem dritten, so kan mit der warheit nicht besten1", das Luther sagt, ewangelische freiheit sey auch nicht von noten, irgent an einem ding zu hangen. Dan wan diß war wer, so were auch dise nit erlogen, daz kein mensch im glauben steen, keiner den andern oder auch Got den herren (wie es Got gebotten) beleihen" oder im anhangen, und daz diß auch war 25 sein müßt, so einer Luthers ewangelische freyheit gestracks halten wolt, so müst er weder essen, trincken, schlaffen noch wachen, darzü weder leben noch sterben und also gar nichs sein. 20

Das viert stuck von Luthers freyheit. Zu dem vierten, so ist unerfindlich das, so Luther sagt, daz ewange30 lisch oder christenlich freyheit nicht von noten irgent einer person anzuhangen, dan wo sich solchs in warheit erfunde, so wurd diß auch ware, das kein christenmensch schuldig wer, gehorsam zu sein, weder Got, dem vater, noch Got, dem sun, noch Got, dem heiligen geist, welches drey person sein und ein Got in dem wesen, dieweil er keiner person anhangen, 35 derhalben ein solcher freyer christe dem teuffei nit gar ungleich sein solt, der im willen war, sein stül über Got zu erheben und dem selben nicht underworffen zu sein, derhalben er auch uß dem himel geworffen ward.

k) zweite lieben 38

Reformation

1) nach

m) bestehen

n) wohl Druckfehler für: belieben, d. h.

Esa. 14 [Jes. 14, 13f.] Apoc. 12 [Offb. 12, 9]

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(Cochläus:) Ein Spiegel der evangelischen Freiheit

Sölten disse freyheit gehalten, welchem fürsten würden sein undersäß 0 , welchem herren seine diener, ja welchem man sein weib, auch welchem vater sein kinder gehorsam sein oder bleiben werden. Auch uff daz sie dise teuffelsche freyheit ja nit verlieren mochten, keins dem andern in gehorsam noch christlicher liebe anhangen, wie wolt man alsdan künigreich, land 5 und leut in einikeit behalten, wie stet und dorffer regieren, wie auch zucht und redlicheit in gemeinen p und den hantwercken erhalten, so wenig auch stifft, kloster und universiteten im wesen bleiben mögen, und uff daz Luther sein verkerte meinung diser bübischen freyheit recht ußtruckte, so hat er den namen des selben mit nachvolgenden Worten ußgetruckt und be- 10 schlössen.

Die beschlußred Luthers freyheit. Es kan auch (der soliche freyheit halten wil) der angezeigten ding keinen sich selbs gentzlich geben, noch einem andern abziehen, sunder solt er sich allen dingen on erwelung und underscheid gemein und unverschidlieh geben und züeygnen. O, ein verdampte freyheit, die auch den teuffei gefangen helt, o, ein erschrocklich ynfürung, die uns mit der zeit Ursachen wird zu leben erger dan daz vihe und schnöder dan die hund uff der gassen. O, ewiger Got und schopffer, wem sol ich zumessen, der diß bübische freyheit erdacht hab, dan dem teuffei selbs, welch ire frucht mit schmertzen lang gefült, erkant und schmertzlich getragen, derhalben er die dissem seinem werckgzüg (allein dem christlichen volck zu schaden) der maß einzuleiten vorgeblat und yngeblasen, derhalben Salomon alda der warheit nit gefeit, da er [Vg.:] Pro. 6 schreibt: Homo apostata vir inutilis graditur ore perverso, annuit oculis, [12—15] terit pede, digito loquitur, pravo corde machinatur malum, et [in] omni tempore iurgia seminat. Was aber eim solchen abtrinnigen für ein Ion gegeben wirt, daz zeigt Salomon auch an und sagt: Huic illico veniet perditio sua, et subito conteretur: nec habebit ultra medicinam. O Luthere, olim frater membrum nostrum in Christo, redi redi in ovile pastoris tui omnium fidelissimi, expende modullitus et amplectere istam Salomonis sententiarum, non ea mentis levitate quoque et sinceram et christianam super iactas perpetratur: sed eo animi iuditio que timore infalibilis omniaque scientis Dei proficiscatur cogitando que tua istac factione nihil nisi inanem aure popularis rumorem capteis, cum tarnen interim honoris, proprie, cupiditati semper Christum pretexas, et ita sub humili Christo, leviculus homuncio, mirum immodum superbias moveat te extremi iudicii rigida sententia, qua omnes cum Christo non colligentes, at dispergentes perpetuo in inferis cruciabuntur, cuius damnationis tu cum tue factionis hominibus, nisi resipueritis (id quod vobis in Christo opto et precor) non minima pars eritis. Quare redi in unitatem fidei et ecclesie, extra quam non est ullam sperare salutem. o) Untersassen, Untertanen

p) Gemeinden

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Aber allerliebsten fründ, diß ist ein freyheit, die nicht Got, sunder dem teuffei, nit frumen und waren Christen, sunder wancklenden in dem glauben und in dem zeitlichen verwickelt wolgefelt, was du bißher frucht getragen, das habt ir wol erfarn, die kirchen, so von unsern eitern zu der eer Gotes uffgericht sein, wolten sie gern ynbrechen, und uß allen iren krefften fürdern sie, daz man alle gotzdinst, orden, meß und ander gute werck gar zerstören und zerreyssen möcht, die bilder, so zu reyssung q der andacht den andechtigen und einfeltigen gemacht werden, die werffen sie auß den templen, kopffen und hawen sie 4 , und wißten sie in r noch me schmaheit zu beweisen, so theten sie es doch gern, uff daz die ußgeleste lieb in den verkerten (dieweil es gegen den bestendigen nicht hilfft) durch den gegenwurfP der bilder sich nicht mochten wider zu Got und der fürbit seiner heiligen keren, was macht yetz nunnen und münch (und auch der Luther selbs) uß den clostern lauffen, münch und nunnen züsamen heireten, auch pfaffen ire kochin und andere zu der ee nemen, nichs dan dise bübische freiheit, was macht, das yetz alle boßheit und sünde frey, und das sicher weder gotlich noch briederlich lieb, auch kein boßheit mer zu vil ist, dan diß verdampt freiheit, die Luther fürgibt, waz macht dan, das solche boßheit in der Christenheit so lang geduldt und gelitten wirt, das machen vier schmück oder färben, die Luther seiner boßhafftigen für ein gab' angestrichen hat, darmit er nicht allein die boßhafftigen in irer boßheit bevestigt, sunder auch vil der einfeltigen uß der verhenckniß Götz umb der sünd willen verfürt hat. Die erst färb, damit Luther sein lüge verstreicht, die ist schwartz und ist der mißbrauch der geistlichen", welcher dan wenig leuten und denen auß der geistlichkeit eins teyls selbs nicht gefeit, wan er es christlich und wol meint, so würd er des mißbrauchs der werlichen v , so von dem nidersten biß zu dem obersten (Got sey es geklaget) yetz an vil orten eingewurtzelt ist und wol so notig zu bessern und reformieren wer, als daz geistlich, nit geschweigen, sunder auch rüren. Er weiß aber wol, was er straffen oder loben sol, nach dem es im eingegeben ist, was den kindern der weit annemlich und süß ist. Die ander färb, damit Luther seyn gifft einmüscht, die ist grün und ist der glaub, welchen er über alle ding erhebt und fürgibt, das man in dem selbigen allein und on alles, das darzü gehört, selig werden mag (daz der glaub vor allen dingen von noten sei) das ist war, wan Sant Paulus spricht, Heb. 10 das Got on den glauben zü gefallen unmüglich, und den zutreten zu Got, [Heb. 11, 6] der er selbs, zü glauben von noten sei, dieweil aber, als Jacobus spricht, daz der glaub on die werck todt sy, und welcher ein rechter freyer Christen sei, das der selbig des, so er in dem ewangelio hört, nicht vergeß sunder in nachvolgung der werck erfüllen sol [Jak. 2, 17—26], so will mirw darzü gehören, dan Luther fürgibt, der mag dem heiligen Jaco. uff nachvolgende

q) Anreiz r) ihnen s) Beispiel t) das unverständliche „für ein gab" von zeitgenössischer Hand korrigiert in „freiheit" u) d. h. von Geistlichen geübte Mißbrauch v) Weltlichen w) gemeint: mehr; der Nachdruck hat: mer 38 :

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wort selbs antwurten: Tu fidem habes, et ego opera habeo, ostende mihi fidem tuam sine operibus, et ego ostendam tibi ex operibus fidem meam. Tu credis quoniam unus est Deus, bene facis, et demones credunt et contremiscunt [Vg.: Jac. 2, 18f. ]. Dan dieweil" der glaub on die werck zu der selikeit gnügsam sein, so solt ja der teüfel (welcher auch glaubt) auch selig 5 Titum 2 [11 — 14] werden. Derhalben sagt Pau.: Die genad Gotes, unser seligmachers, ist allein (den y ) menschen erschynen uns zu lernen, das wir all unchristelich und zeitlich begyrde verleucken und in diser weit messig, gerecht und christlich leben sollen, dan uff das uns Christus von aller boßheit erloßt, hat er sich für uns gegeben, das er im ein beheglich und rein volck mach- 10 te, welches gut werck üben und in dem glauben nit müssig gen solt. Darwider bringt aber Luther auch den heiligen Paulum herfür, da er spricht, was achten es dan mir, das der mensch durch den glauben on die werck des gesetzes mog gerechtfertigt werden [Rom. 3, 28], 5 und wil das gesetz also uff die newen ee und also für das ewangelisch gesetz deüten, welches 15 aber erdicht und Sant Paulus meinung nicht geweßt ist, sunder hat er, wie man in dem selbigen capitel vor und nach findet, dasselbig auch nicht anders verneinen kan, solchs von dem gesetz Moisi und der alten ee geschriben, wie der text daselbst klar mitbringt, und ist war, das wir on die werck des gesetz Moisi künen gerechtfertigt werden. 20 Zu dem dritten ferbet Luther sein lügen mit blawer färb und spricht, daz der mensch kein freyen willen hab, etwaz gütz zu thun, daz im zu der Seligkeit dienen mocht, on die genad Gots 6 , der anfang dises spruchs ist wol war, aber der eingang verfürlich, daz wir on die gnad Gotes nichs [Vg.:] 2. Cor. 3 gütz thun künnen, das lert auch Paulus also: Non quid sufficientes simus 25 [5] cogitare aliquid a nobis, quasi ex nobis sed sufficiencia nostra ex Deo est. Das aber der mensch derhalben gentzlich kein freyen willen haben solt, daz ist gedieht und nit war, auch verretrisch geredt und wider all gotlich schrifft des alten und newen testaments erlogen, warin wer doch ein mensch, der nit ein freyen willen het, mit einem unvernünfftigen thier 30 ^ underscheiden, waz wer uns auch die heilige gotliche schrifft nutz, darinen uns Got so vil gelert, so vil gebotten und verboten, darin uns auch so vil geraten, gewarnet und gestrafft. Darmit er nit ein kleinen uberfluß unützlich geübet, so er gewißt, das er den menschen yngebunden und nit ein freyen willen geben het, wie wer es dan müglich, das Got der her den 35 menschen mit recht künt verdamen, plagen oder toten, als den, der kein freyen willen, daz gut zu wircken, gehabt, wie het auch Christus in dem Luc. 13 [34] heiligen ewange. nachvolgende klagwort mit gutem gewissen mögen von Mat. 23 [37] sich reden, do er gesprochen hat: O, Jerusalem, wie offt wolt ich dein kinder wie ein henn ire jungen under ir flügel versamlet und du hast nit 40 gewolt, dieweil sie nit wolten und heten es mögen thun, erfolgt daruß, daz sie ein freyen willen gehebt, darzü haben wir an vil orten in der heiligen gschrifft, da von dem freyen willen des menschen geredt und gehandelt wirt.

x) falls

y) so der Nachdruck

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Zum vierten vermenckelt Luther sein lügen von der ewangelischen freiheit mit einer verblichen färb und daz ist die, daz er schreybt, daz Christus nit allein menschlich gebrestlichkeyt, sunder den tod für uns gelitten, für uns gebet, gefastet und gewachet, in den tempeln gegangen, für uns auch keuscheit, armüt und gehorsam gehalten, deßgleichen so vil guter werck für uns geübt und gthon hab, derhalben uns nun zurzeit nit von noten sei weder zu leiden, zu betten etc. So wenig auch in die kirchen zu gen, auch keuscheit, armüt oder gehorsam zu halten. Demnach es Christus zuvor alles für uns gethon hab, das es Christus für uns geliten hat, daz ist war, das aber der mensch darumb Christum in den selbigen stucken nicht nachvolgen, sunder in dem glauben müssig gen sol, das volgt nit daruß und ist darzü falsch und gedieht, auch wider das ewangelium Christi und Sant Paulus 1er, wie hie vor auch angezeigt und weiter erklert ist. Nun mögend ir wol mercken, wie eerlich und züchtig, loblich und christenlich des Luthers freyheit, welch, als ich sorg, bereit vilen ein ursach gewesen ist der ewigen verdampnis, welche auch ein zerstorerin der keuscheit und den pfaffen sich mit weibern zu vermengen ein ursach ist, auch so vil krafft in ir, das sie münch und nunnen auß den klostern gelockt und an sich gezogen hat, also dem teuffei mit büben und bübin gar ein angenem schencke gethon. Es ist ein wunder, das er dise freyheit auch nicht weiter erstreckt, dieweil Christus die menschlichen gebrestlichkeit und auch den tod für uns gelitten hat und wir ime in den selbigen dingen allen nicht nachvolgen dorffen, das er uns auch für menschliche gebrechlichkeit deßgleichen für den tod nicht freyheit gegeben, villeicht wan er unsers heren Gots volmacht gehabt, hette er es auch gethon.

Was christenliche und ewangelische wäre freyheit sey. Das ander teil disses büchleins. Christenliche fryheit, wie die Christus selber gelernt und durch seine 30 heiligen zwölff boten in schrifften gelassen hat, ist nicht anders, dan das wir Got im glauben dienen, liebe und gerechtikeit üben, auch alle sünd von uns legen sollen und in allen guten wercken üben, nach dem uns daz selbig das heilig ewangelium, die heiligen propheten und apostel leren, darzü sagt Christus: So ir in meinen Worten beleiben, so wert ir meine jünger und die war- Joh. 8 [31—36] 35 heit erkennen, und die warheit wirt euch frey machen. Diß wort haben die Juden nit vernumen, derhalben Christo geantwurt, daz sie von dem somen Abrahe und mit eigenthümlicher dienstbarkeit niemant underworffen geweßt weren, derhalben sie diß wort Christi seltzam gedaucht, daz sie solten frey werden, als die, so nie eigen geweßt weren, derhalben antwurt inen Christus 40 weiter und sagt: Fürwar, fürwar, sag ich euch, ein yeder, der da sündet, der ist ein knecht der sünden, und der knecht wirt im hauß nit ewig beleiben, aber der sun wirt ewig darin bleiben, wan euch aber der sun von den Sünden frey machet, so wert ir warlich frey werden, derhalben allein der jhenig frey, welcher on sünd ist. Welcher aber in eim sündigen leben wandert er doch nit

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Rom. 12 [4f.]

1. Cor. 12 [14—26]

Eph. 4 [11]

Rom. 3 [Rom. 13, lf.]

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frey (und ob er ein künig oder fürst wer), sunder ein knecht der sünd, des lasters, der untugent und des teuffels. Welcher sich aber in einem christlichen, tugentsamen und züchtigen leben vor sünden bewart, und ob er ein eigner und verkauffter knecht, so were er doch warhafftig frey, wan under keyser, künig, fürsten, heren oder ander oberkeit zu sein, macht einen der christlichen freyheit nit manglen und unfrey, sunder der sünd macht einen zu eim knecht und gar eigen, und ein solcher knecht wirt (wie Christus sagt) in dem hauß Gotes nit ewigklich beleiben. Daruß entspringt ein frag, was doch daz hauß Gotes sey, darinen dan kein knecht der sünd beleiben wirt? Anders ist es nicht, dan der corper und leib Christi, daz ist die heilig christliche kirchen, dan Sant Paulus spricht: Zu gleicher weiß, als wir in einem corper vil glider (wiewol die selbigen alle nit gleiche wirckung haben), also sein auch unser vil under dem haupt Christo ein corper, und ein yetlicher des andern glidmaß, wan ein corper ist nit ein glid, sunder vil glider, wan der füß macht nit die hand, darumb bin ich nicht in dem corper, deßgleichen das aug nit sagen, darumb das ich nicht daz or, darumb bin ich nit in dem corper, dan wan das aug ein gantzer leib, wo wer dan daz gehordt. Und also wan auch das gehord ein gantzer corper, wo wer dan daz riechen, dan alle glider künnen nit ein glid sein, auch ein glid nit all glide. Nun aber hat Got die gelider in den leib gesetzt nach seim wolgefallen und willen ein yetlichs an sein stat, wan alle glider ein gelidmaß weren, wie künt es dan ein corper sein. Es ist aber nun also, das vil glider ein corper machen. Derhalben mag das aug zü der hand nit sagen, dein werck sein mir nit von noten, deßgleichen das haupt zü den füssen nicht sprechen, ir seit mir nit nutz, uff das in dem corper nit ein scisma, daz ist ein zerteilung oder zwyspaltikeit werd, sunder das die glider in dem selben corper für einander sorgfeltig sein, also so ein glidmaß leidet, daz die andern deß mitleiden, und so sich auch eins frewt, daz sich die andern alle mit im frowen sollen, dise worter alle sein des heiligen Pauli, die er auch an dem selben ort selbs erklert sprechend: Ir seit der corper Christi, von glider zü glider [1. Kor. 12, 27], diser corper ist die heilig christliche kirch, welcher kirchen Ordnung in iren glidern S. Paul an obgezeigtem ort, auch zü den Ephesi., beschreibt und sagt: Got hat gegeben in die kirchen, daz ist in die christlich samlung, etlich zü aposteln, etlich aber zü propheten und etlich zü ewangelisten, ir etlich zü lerern, auch etlich zü hirten und regierern, zü erfillung der heiligen, in das werck des sacraments und in die bawung des corpers Christi, dan welche nit apostel, die sein propheten, die aber nit apostel noch propheten, die sein doctores, welche aber disser keins, die sein hirten oder regirer der underthon, und ist also, wie Paulus spricht, aller gewalt und oberkeit von Got gesetzt und all menschen pflichtig, den selben underworffen und gehorsam zü sein, dan welcher der oberkeit widerstrebt, der ist züwider der gotlichen Ordnung, und der sich gotlicher Ordnung widersetzt, der wirt belonung der ewigen verdamniß darfür entpfahen. Diß sein die klaren wort Pauli. Secht nun zü, ir lutheranen und ewer patron Luther neben euch, was ir zü Ion haben, daz ir so frevelich wider alle heiligen schlifft gar frei und under keiner oberkeit sein weit, Gotes Ordnung so jemerlich zerreissen, ir schin-

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den, martern und plagt den corper Christi mit ewern schantbüchern und falschen propheten, welche yr hin und wider gesant und zu predigen angericht, wo man ewer schantbüchlin öffentlich zu haben gewert z hat. Disperiam si id unquam ex sacris litteris probabitis esse licitum, so doch alle gotliche schlifft nicht lernt, sunder verbeut yemants, wil geschwigen eim Christen menschen, zu lestren, sehenden oder verspoten, aber wie es leider vor äugen, ringt ir nit nach christlicher, sunder nach bübischer und teufflischer freiheit. Heruß wil aber ein frag enspringen, wer warhafftig christenlich und ewengelisch frei sei und diß die antwurt sei. Das allein der, so in dem corper Christi, das ist in der heyligen christenlichen kirchen, ein glidmaß, frei sey, also kein sünd uff im lygen und ein tugentlich leben an sich genomen, wie uns Pau. angzeigt hat, da er spricht: Diß solt ir wissen, daz unser alter mensch gekreutzigt sein sol, uff daz die sünd zerstört und in uns der wil fürter zu sündigen ußgeleschet werde, derhalben sol in eüwerm sterblichen leib die sünd also nit herschen, daz ir ewren bösen begirden gehorsam sein wollet, demnach wir von der ee Moisi erloßt und nun in der zeit der gnaden sein, diß solt ir wissen, den ir euch wie die knecht in gehorsam gebet, den müßt ir auch wie die knecht gehorsam leysten, eintweder der sünde zu dem tod oder der underdänigkeit zu der gerechtikeit, und spricht weyter: Ach, lieben brüder, ir seyt in ein freyheit berüffet, doch also das ir nit ein fleischliche freiheit daruß machen, sunder einander durch die lieb des geistes dienen solt, deßgleichen spricht der fürst aller apostel und der heilig Pet.: Ir solt umb Götz willen allen creaturen underworffen sein, dem künig als dem fürtrefflichsten und dem fiirsten als denen, die von im gsant sein. Quasi liberi, et non quasi velamen habentes maliciae libertas, sed sicut servi Dei [Vg.: 1. Pet. 2, 16]. Das ist, als die freyen, und nit als die jhenigen, so sie die vermenckelte freyheit haben der boßheit, sunder als die diener Gotes, als ob er Sprech, nicht als meins ubelrederß und schmehers, der lutherschen freiheit, welchem eim yede sünd und boßheit frei ist. Wan wir nun wissen, das der ewangelisch frey, welcher on sünd ist, und das der ewangelisch frei ewig in dem huß Gotes blybt, und daz das huß Gotes der coiper Christi ist und also die heilig christliche kirch, und volgend wer der massen frei und er den selbigen corper, das ist der kirchen, christenlicher gelider sei, so wil auch fürter von noten sein zu wissen, wer in dem selbigen corper ein war glidmaß sei, das ist zu vernemen ein war gelidmaß in der heiligen christlichen kirchen. Solchs muß man uß zweierlei eygenschaft erkennen, nemlich ob er lebendig und also nit ein tod glidmaß sei. Zum andern, ob er auch lebendig werck wircke, daz ist gewyß, welcher corper natürlich leben sol, der muß die zeichen dez lebens an sich haben und sich doch ertlicher maß bewegen, deßgleichen essen und trincken zü sich nemen, ob dan gleich ein corper in solcher gestalt, das leben, was wer im das nütz, wan er auch nicht darbey lebendig wir-

z) öffentlichen Besitz verwehrt, verboten

Ro. 6 [6.12—

Gal. 5 [13]

l.Pet. 2 [13. 14. 16]

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ckung het, als sehen, hören, reden, gen und sten, ein solich leben wer wenig nütz und mer der tod dan das leben, zu gleicher weiß ist es auch mit dem geistlichen corper Christi, das ist mit der heiligen kirchen, darinnen kein tod gelidmaß blyben kan, das ist ein todsünder, und ob sollich gelydmaß dan wie obstet lebendig und also nicht in todsünden wer, aber doch keyn lebendige wirckung het, das ist dan glauben on die liebe und gtte wirckung, so ist im ein sollich leben wenig oder gar nicht nütz. Oportet enim ut vitam et vite motum habeant. Anders were es gar verloren. Auß dissem erwachßet abermals ein färb 3 und will uns von noten sein zu wissen, was doch das selbig leben sey, der glidmaß des corpers Christi, deßgleichen ire lebendige wirckung. Dise frag loßen uff und erkleHeb. 10 [38] ren uns der prophet Abacuck und der heilig Paulus sprechende: Der geGal 3 [11] r e c ' l t lebet auß dem glauben [Rom. 1, 17 u.ö.; Hab. 2, 4], Auff dissen sprach bauwen alle lutheranen mit sampt irem principal und sagen, der glaub sey das leben und genügsam zu der Seligkeit on ander zu thun, darumb hassen und verwerffen sie alle gute werck, sie verneinen aber disen sprach nicht, Got geb, das sie in b eins teyls nicht vernemen wollen, ir eins teyls greiffen darnach, wie der blinde nach der färb, und gen nicht auff den rechten verstant disser wort, dan der prophet und auch deßgleichen der apostel Jaco. [wohl Paulus gemeint] spricht nicht in dissen worten, des gerechfertigen menschen leben ist der glaub, sunder sagt er also: Iustus ex fide vivit [Vg.: Gal. 3, 11], das ist, der gerecht lebt auß dem glauben, das ist anders nichts, dan wie ein mensch lebt, also glaubt er auch, und wie er glaubt, also lebt er auch. Lebt er nun in fügenden, wie ein gerechter frummer Christen, so ist sein glaub auch recht, lebt er auch in boßheit und wie die kinder diser weit nach der sinligkeit, so ist nicht müglich, das sein glaub recht sey. Ein glauben kan er wol haben, wie dan die teüfel auch haben, der glaubt auch, das ein Got und treyfeltig in der person sey, der hymel und erden geschaffen, das auch Christus die menscheit an sich genumen und uns an dem kreutze erloßt hat, das er auch zu hymel gefaren sei, und zu dem jüngsten gericht zükünfftig zu richten erscheynen werd, das auch Vergebung der Sünden und das ewig leben den rechten, wie die boßhafftigen der ewig tod zükünfftig sei, dieweil aber sein leben nit güt, so ist im auch diser glauben nicht nütz, dann er ist hoffertig, neydisch, verlogen, arckwenig und verkert und wie er zü allem bösen geneigt. Gleich wie yetz die neüwen antechristen ein glauben, welche zü keinem güten, züchti^ gen, keuschen, gestrengen, nüchtern, gütigen, barmhertzigen, fridsamen und christenlichen leben, sunder zü allem, dem das dissem entgegen, fleischlich und teüfflisch ist, lust haben und allein dem toten glauben genüg, und also des tüffels glauben und eygenschafft an in, dan sie sein hoffertig, neydisch, verlogen, selbrechig 0 , arckwenig und verkert, derhalben sein ire werck wie ir glaub und ir glaub wie die werck, es kan auch mit disser weiß nicht anders sein.

a) wohl gemeint: frag

b) ihn

c) selbstgerecht

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Was des glauben leben sey. Darausz entspringet aber einmal ein frag, was das leben sei, das auß dem glauben entspringe, das ist, was des glaubens leben sey. Das selbige ist nun nichts anders, dan die liebe Gotes und des nechsten, dan es ist 5 unmüglich, das einer Got lieb hab, er glaub dan zuvor, das Got sey, und also ist auch unmüglich, das einer recht in Got glaub und in nicht lieb habe, deßgleichen seynen nechsten menschen, derhalben sprach Christus: Du solt Got lieb haben uß gantzem deinem hertzen, uß gantzer deiner Mat. 22 seien und uß gantzem deinem gemüt, diß ist nichts anders geredt, dan du [37. 39. 40] 10 solt nicht mit deinem willen, mit deiner sinligkeit und vernunfft ichts d thün, das wider Got sey. Du solt auch wie dich selber deinem nechsten belieben, in dissen zweyen geboten hangen alle gesetz und propheten. Paulus spricht, die liebe des nechsten wircket nichts args, dan sie ist die warheit des gesetz [Rom. 13, 10]. Auch wircket der glaub durch die liebe 15 [Gal. 5, 6], spricht Sant Paul. Daruß kumpt es, daz hie nit alle den rechten glauben haben (wie Paulus auch sagt), wan sie haben nicht die liebe, daz ist das leben des glaubens.

Was die lebendig wirckung sey. Auß dissem wechßt aber nun ein frag, waz doch die lebendig wir20 ckung sy, darbey zu erkennen, wer ein glidmaß Christi sey. Das ist der jhenig, der Christo in seim leben nachvolgt in massen, wie er uns uff ertereich in seinen wercken vorgegangen. Wie uns dan der heilig Petrus l.Pet. 2 [21] gelernt hat, sprechend: Zu disem seit ir erweit, dem nach Christus für uns geliten, das er euch ein exempel darmit gelassen hat, das ir im in 25 dem selbigen nachvolgen solt. Gleich auch also leret Paulus: Ir solt nachvolger Gotes sein, wie die liebsten kinder, also auch in der liebe wandern, als uns dan Christus selbs geliebet hat, und wie heiligen leuten gezimpt, sol weder unküscheit, unreinigkeit oder geitz von euch gesagt, vermerckt noch getriben, dergleichen auch kein schentlich noch bübisch 30 wort von euch gehört werden, sunder mer dancksagung. Diß solt ir wissen und vernemen, das kein unkeüscher, kein unreyner, gleich also auch keiner, der da das gelt oder zeytlich gut über Got beliebet, in dem reich Christi und Gotes erbteil haben wirt. Laßt euch niemans unnütze wort verfüren, dan von wegen der selben kumpt der zorn Gotes über 35 die ungehorsamen und zweyfelhafftigen kinder [Eph. 5, 1—6]. Auch spricht der her selber: Ich bin das liecht der weit, der mir nachvolgt, wandert nicht in der finsternuß, sunder er sol haben das liecht des lebens [Joh. 8, 12].

d) irgendetwas

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Wie man Christo nachvolgen sol. Darausz entsteet aber ein frag, warinnen man doch Christo dem heren l.Joh. 2 [6] volgen sol. Dise antwurt gibt der heilig apostel Johannes also: Welcher sich rümet, das er in Christo beleih, der sol auch wandern, wie Christus gewandert hat. 5 Wie Christus gewandert hat. Dis wil nun aber ein frag haben, als nemlich dise wie Christus gewanActu. 1 dert hab. Das hat ein kurtze antwurt. Wie er gelernt, also hat er auch ge[Apg. 1,1] wandert und gelebt. Cepit enim Jhesus facere et docere. Das ist, alles, das Christus mit seinem heiligen mund gelert, das hat er auch mit den wercken Mat. ul. [28, 20] volbracht. Er hat gelert arm zu sein, betrübt, senfftmütig und barmhertzig, M 7 eins reinen hertzens und fridsam. Auch umb Gots willen vervolgung, Verspottung6, zu narren oder frevenlich urteilen noch verdamen, zü vasten und sich doch nit entstellen, für essen, trincken unnd kleider nicht unordenlich und zü vil sorg tragen, für die feyent biten, kein weibs bild unordenlich Luc. 18 begern, und herwiderumb on underlaß betten, das man besitzet zü verkauften und armen leuten zü geben, kein schätz samelen. Videte ait et cavete ab avaricia, quia non in abundantia cuiusquam vita est, ex his quae possidet [Vg.: Luc. 12, 15]. Merck, das ist ein scharpff wort, er hat uns den engsten weg gelemet zü der porten des himels, nicht den weiten, wolgeMat. 6 banten und fleischlichen weg, den Luther jetz lernt, welcher zü der helle fürt, sprechend: Contendite intrare per angustam portam [Vg.: Matth. 7, 13], das ist, tringet euch durch die engen port, das ist durch angst, not und trübselikeit, durch peinliche werck und abziehung leiplichs wolusts. Nicht wie Luther lernt, das aller leiplicher lust frey, und nicht von noten sey sich Act. 14 zü castigierenf, wie auch in dem büch der apostel werck geschriben stet, [Apg. 14, 22] das uns gebür, durch vil widerwertikeit, angst und not in den himel ze kumen, was leret Christus mer. Er leret, man sol die gebot Gots halten [Matth. 19, 17], er leret, wan man ein convivium 8 habe, das man nicht die reichen und gefreunten, sunder arm und gebrechlich leut dartzü bite [Luk. 14, 12f. ]. Er verheißt auch, so einer umbs Gotes willen einem armen ein kalten wassers trunck gibt, das der selbig von Got unbelont nicht beleiben sol [Matth. 10, 42]. O ewiger Got, wie milt ist dein gotliche genad, wie bereit bist du, ein geringes so hochlich und reilichen zü belonen, und auff das des selbigen miltikeit niemants solt beraubet, so sprichstu, ein kalten trunck wasser, dan der müst ja arm sein, der nit ein kalten trunck wasser nicht von sich zü geben het, und darumb spricht er, ein kalten trunck, den mag yederman haben, dan ein warmer trunck künde einem armen dannocht zü zeiten gebrechen, einem anderen umb Gotes willen zü reichen. O, Luther, wo gedenckst du dan hin, das du für unnot und nit allein für unnot, sunder auch für unmüglich heltest, auß barmhertziger oder ander guter wir-

e) unvollständiger Satz?

f) kasteien, züchtigen

g) Mahl, Festmahl

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ckung dem almechtigen wol zu gefallen, der du doch in anfang deins schreibens den romischen ablaß darumb so hefftig verdamet und underfechtet hast, das der selbig allein faule leut machte, die sich in guten wercken nicht übten und auff den ablaß verliessen7, und schreiben also eins wider den andern, das aber nicht allein in disem val, sunder in vilen orten deiner büchlein geschehen, deßhalben diß wol ein war Sprichwort, das dem lügner von nöten ist, ein gute gedechtniß zü haben 8 . Uber obstends alles leret Christus unnd vermanet uns hertzlich, das kreutz des leidens zü tragen, sprechend: Der sein kreutz nicht uff sich nimpt und mir nachvolget, der ist mein nicht wirdig? Wie kan nun unß armen geprechlichen mensehen ein schwerer kreutz sein, dan umb Gottes willen die weit verlassen, in einem jungen leib, die reinigkeit zü halten und sich an wenig und geringer speiß, kleidung, schlaffung und getrenck genügen lassen. Als uns der heilig apostel Paulus gelernet und selber gethon hat sprechend: Habentes alimenta et quibus tegamur, his contenti simus [Vg.: 1. Tim. 6, 8]. Die aber wollen reichlich gespeyßt, gekleidet und wolgehalten, die sein in ferligkeit der strick des teüfels, dise kreutz Christi erklert uns auch Paulus weyter sprechende: Wir sollen uns in allen dingen erzeigen wie die diener Gotes in grosser gedult, nottürftigkeit und in angsten, in schlagen, in gefeckniß, in uffrur und in arbeit, in wachen, in fasten, in keuscheit und in erkantniß, in bestendigkeit, in süssigkeit, in dem heiligen geyst und ungedichter liebe, in dem wort der warheit und der krafft Gotes, und das selbig durch die waffen der gerechtikeit zü rechter und lincken seytten, das ist in glückseligkeit und betrübniß. O, brüder in Christo, wer sich also hielt, der mocht wol ein christenlicher und ewangelischer freyer sein und ein lebendig gelidmaß Christi, das ist der heiligen christenlichen kirchen, dan ein lebendig glidmaß wircket, aber Luthers glidmaß wollen nicht güts wircken, darumb sein sie law und nicht lebendig, nicht glidmaß Christi, sunder des tüffels, der almechtig ewig Got wolle sie durch sein gruntlose h barmhertzikeit widerumb lebendig machen und seynen heiligen corper widerum einleiben, amen. Das wirt aber nicht geschehen, sie nemen dan das kreütz Christi auff sich, welchs sie aber noch fliehen wie der teuffei das kreutz Christi, als auch Paulus demüttigklich beklagt und spricht: Lieben brüder, seyt mein nachvolger und halt euch zü denen, so also wandern, wie sie des ein regel von uns empfangen haben, dan es wandern iren vil, wie ich euch offt gesagt hab und yetz weinende sag, das sie feinde sein des kreütz Christi, ir end ist nichts dan verdamniß, ire got der bauch, ir ere nichs der verschmehung, dan sie versten nichts, dan das weltlich und fleischlich, also ist auch leider unser Luther (Got wolt, er wer unser, das ist der heyligen kirchen) auch also sein bose rädt, geschickt, wenig güts zü thun oder nichts, das dem leib we thut, sunder gestracks nach dem fleisch zü leben und also nicht das kreütz Christi, sunder des teüffels joch (welches doch in dem grundt vil schwerer ist zü tragen) und darin schwerer, dan yede sündliche wollust, tregt ir eigen pein auff dem rucken, hie zeitlich und dort ewig,

h) grenzenlose

Mat. 10 [38] Mar. 8 [34] Luc. 9 [23]

2. Cor. 3 [2. Kor. 6, 4—8]

Phil. 3 [17—19]

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und darumb streben sie also hefftig wider die guten werck, das ja das kreütz Christi nydergelegt und das kreütz des teuffels auffgericht werden mocht, und die biß her geistlich gelebt hetten, nun hinfür weltlich leben [Vg.:] Gal. 3 [3] mochten, als auch Paulus spricht: Sic stulti, inquit, estis, ut cum spiritu ceperitis, nunc carne consumamini. Und darumb ist Luthers freiheit stoltz und uffgeblosen, widerspotig, freffel und kien gegen Got, seinen lieben Job. 15 heiligen und der gantzen heiligen schrifft. Darvon stet auch geschriben, er [Hiob 15, 25f.] hat sein handt gegen Got gespannen und streckt sich gegen dem, der almechtig ist, mit auffgerichtem halß ist er gegen Got gelauffcn und hat sich mit einem uffgeblossnen halß wider yn gesetzt, und darumb volget er weytter mit disen Worten, wer ist diser almechtig, dem wir dienen sollen, wir wollen frey sein und nach unserm eigen willen leben, was ist es nütz, das wir in anbeten. Es ist doch mit den guten wercken alles verloren. Laßt uns nur den glauben haben, den auch der teuffei hat, der ist unß genüg zu dem ewigen tod. Hec cogitaverunt et erraverunt. Dan ire eigne boßheit hat sie blindt gemacht. Et nescierunt sacramenta Dei, neque mercedem speraverunt iusticie nec iudicaverunt honorem sanctarum animarum. Dise ist des losen Luthers ewangelische und christenliche freiheit, welche uns1 mancherlei ketzerbücher, wie am tag, genumen und wider gantz heilige schrifft und villicht umb unser sünd willen über uns arme menschen verhenckt ist, darumb wir den ewigen barmhertzigen Got mit geneygtem haupt und zu Got erhaben hertzen und das neben uns zü thun die hochgelobten künigen Marien sampt allem hymlischen here hitzig und demütiglich anfallen und bitten, daz er dem Luther und seinem anhang ire hertzen genediglich erleuchten und widerumb in die schoß der heiligen christenlichen kirchen füren oder wider ynzükeren dringen wolle, Got zü einem lob und den armen sündem zü gnaden, auch uns allen zü besserung. Das verlyhe die ubergebenedeyte dryfaltikeit Got vatter, Got sun und Got heiliger geyst, einig in dem gotlichen wesen, dem sey lob, eer und dancksagung von ewigkeit zü ewigkeit. Amen. Getruckt zü Straßburg durch Johannem Grieninger auff den Weyhenacht abent in dem jar, als man zalt nach der geburt Christi. M.D.XXIII.

A) Vorbemerkung Druckvorlage: Ein Spiegel der II Ewägelischen freyheit/ wie die II Christus warhafftiklich gelert/ II vn Martin Luther yetz in II vnserë zeyten die selbige II vnnützlich fürgellben hat. II D.J. K. II [Blatt] II [TE] (Am Ende:) Getruckt zü Straßburg durch Johannem II Grieninger auff den weyhenacht abent II in dem iar als man zalt nach der ge=llburt Christi. M.D.XXIII. II 4° 15 Bl. Sign.: A - C 4 D 3 . - Panzer DA 2028. Schmidt, Répertoire 206. VD 16 C 4399. Köhler 580. - UB München: 4°

Theol. 2060:10.

i) wohl gemeint: aus

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Zur Entstehung: Die Schrift wurde von Johann Grüninger am Weihnachtsabend 1523 gedruckt, ein Nachdruck folgte 1524. Der Verfasser wird nur mit den Initialen D. J. K. angegeben, schon von zeitgenössischer Hand als Cochläus aufgelöst. Unser Münchener Exemplar hat außerdem auf Bl. B l b die handschriftliche Marginalie eines Zeitgenossen: „O wy fein hat diß der fromme Dr. Johann Dittenberger erraten". Das führt uns zu der Annahme, die Schrift dem Konvolut älterer Schriften zuzuordnen, die — aus der wechselseitigen Übersetzung von Schriften Cochläus' und Dietenbergers erwachsen — seit Ende Oktober 1523 von Grüninger gedruckt wurden (vgl. Nr. 23 Zur Entstehung). Nachdem Cochläus heimlich und gegen den Willen Dietenbergers Mitte September 1523 mehrere Schriften des letzteren übersetzt und zum Druck befördert hatte, könnte Dietenberger sich nach der Abreise des Cochläus nach Rom (vgl. unten Nr. 28 Zur Entstehung) mit einer ersten Übersetzung und Indruckgabe der vorliegenden Schrift revanchiert haben. Weitere Übersetzungen wie z. B. Nr. 27 und 28 brachte er danach mit voller Namensnennung. Die Entstehung der Schrift dürfte auf etwa Ende Januar/Anfang Februar 1522 anzusetzen sein. Sie könnte — wie Anspielungen im Text nahelegen (vgl. unten Anm. 4) — durch die Wittenberger Unruhen veranlaßt worden sein und wendet sich gegen die beiden ca. Oktober 1521 gedruckten Thesenreihen von Luthers „Iudicium . . . de votis" (vgl. unten Anm. 2). Luthers im Februar 1522 gedrucktes Gutachten „De votis monasticis" (WA 8, S. (564) 5 7 3 - 6 6 9 ) wird aber noch nicht erwähnt.

B) Sacherläuterungen 1 Das Bild ist sonst nicht überliefert; bei Wander auch als Sprichwort nicht nachgewiesen. Der Nachdruck hat anstelle von „tod" „radt". 2 Martin Luther, Iudicium . . . de votis, in: WA 8, S.(313) 323-335. 3 Ebd. S. 330 (zweite Thesenreihe 1—5). 4 Das könnte auf die Wittenberger Unruhen hindeuten, wo im Januar 1522 ein erster Bildersturm stattfand. 5 WA 8, S. 324 (erste Thesenreihe 17-21). 6 Ebd. 7 Vgl. Luther, Ein Sermon von Ablaß und Gnade, in: Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 53 (Pkt. 14); WA 1, S. 245. 8 Vgl. Wander, Bd. 3, Sp. 278, Nr. 30.

Johannes Cochläus: Ob St. Peter zu Rom gewesen sei, verdeutscht durch J. Dietenberger Es wer ye genüg, wen es nit züvil, das du Martin Luther hie uff erden unfridlich, unrüig, auffrürig machest vil frummer, erlicher, dapfferer, hochgelerter mann, nach deinem mütwillen (als dein gewonheit) taderst", müst auch die lieben Götz heiigen, welch ytzund bey Got im himel die stat des ewigen fridens rulichen besitzen, unzüchtiglich und leichtfertiglich schmehen. Waz Übels hat dir doch Sant Peter gethon, daz du in b so schmelich angreiffest 1 , als ob er nit Gots freündt, ja auch kein heiig were. Vermeinest du auch immer (ich sag nit in himel), Weichs dir nimmer gedeyen wirt, du kerest denn wider zü christlicher einigkeit, sunder bey den himel zu kummen, daselbst anzüklopffen, welches portner du also lästerlichen mit ungehorten schmehworten schendest. Beduncket dichs ein kleinß, bäbstliche wird0 von dier in deinem barbarischen uffrürigen zum deutschen adel geschriben büchlin 2 also hochlich verflüchen, daz du auch mit schrecklichen wünschen begerest, sie vom himel herab biß in abgrundt der hellen zü stürtzen, meinstu diß ein leichte schmach, das im anderen buch zum deutschen volck 3 (welches du gern zü auffrur bewegen woltest) mit frechem stoltz und hochfertigem gemüt schreibst, wen Sant Peter selbs auff disen dag zü Rom were, woltest nicht destminder in ein babst verleugnen, für kein babst halten oder erkennen, auch nit glauben, das er durch Gotes Verordnung über andere bischoff were, sey auch nie über, sunder under den andern aposteln und keiner stat bischoff gewesen, kein haupt der kirchen, hab keinen gewalt weder über das himelisch oder über das erdisch keiserthumb. Ich geschweig viler anderer unzälichen unrüigen d , welche du besunder im deutschen büchlin 4 wider die heiigen babst, Sant Peters nachkümling, und wider die gantzen romsche kirch, als ein unsinniger, mit unglobiger roserey uß deinem rächen speyest, und todtlich gifft weyt und breit, nit allein in ein ort der weit, als die poeten von dem cerbero sagen 5 , sunder in alle deutsche land, stet, flecken, dorffer und haußgeseß mit vergifftung christlichs volcks ser schedlich außgeussest, so du auß deinem lutherischen unreinen mund nichts anders so offt abschaumest, denn wie das christlich babstumb so sie nichts denn ein tyrannerey, ein babilonisch rych, ein nimbrotisch legereyE, ein gemeiner schad der seien, verderbung christlichs volks und ein seer weyt dieffe grüb aller Sünden und schänden, der babst sey ein unmilter grosserer tirann dan der Türck, der allergrost morder uff erden, ein brunquell und wurtzel aller ketzerey, der allerhöchst gütz und blützdürstiger, der wäre antechrist, der verloren sun, der mensch der sünd,

a) schnatterst, schwatzt b) ihn c) Würde d) verdruckt für Injurien (?) e) Jägerei, Jagd (mit Bezug auf eine entsprechende Formulierung in Luthers Babylonica)

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der krauelf in der heilden stat, sey on tugendt, on kunst, on glauben etc. Sihe, mit solchen und der gleichen schmach pfilen g fechtest du grausamlichen für11 dem ungelerten armen folcklin bewegen1 auff unverschembt alle papisten mit dir zu fechten, als ob sie for dir müsten erschrecken und dir nit starck genüg weren, so du doch nit hast dürffen im nechst vergangenen reichstag zu Wormbs, undern richtern solten beyd gegeben werden, mit mir allein dretten zum kampff der disputation. 6 Ach Got, mit was forcht und schäm schlügstu mier kampff ab, nun waz ich doch allein, du hettest aber bey dir doctores, poeten, graven, edlen sampt andren deinen fründen, du weist, daz ich dazumal (noch kleiner kurtzer red von dem heiigen hochwirdigen sacrament des altars zwischen uns zweien gehabt) als bald bewegt und bot dir an zu disputieren, auch mit underwerffung gleiches perickelsJ, sententz und Urteils der richter, uß k von keyserlicher majestat und anderen deutschen fürsten solten gegeben werden. Gedenckstu auch noch, wie du dich da selbst keinem perickel, keiner geferlicheit woltest underwerffen. Als bald darnach, hab ich dir ein freye disputation angemüt on alle geferlicheit, wa du woltest den richtern gewilliget sein, hab doch dich nit dahin bringen mögen, wie wol ich allein under den deinen und in deiner herberg waß. 7 Alle deine anhenger schwigen da stil, welche doch vorhyn mir (als welcher dein friden unnd Widerspruch oder widerüff geraten het) seer hart mit ernstlichen worten begegnet waren. Du auch als ein gantz erschrockner hast mir (der dich so offt zu disputieren bewegt) nie kein antwort geben. Auffs letst, da ich dir hefftiger anlag, soltest mit mier disputiern und richter vom keyser und andern fürsten nemen, antwortest du öffentlich mit unverschemptem angesicht: Ich wils yetzund nit thün. Wie darffestu doch nun ein redlichen gelerten menschen weyter bewegen zu disputieren. Ja, du darfsts wol noch thün, aber heimlich, hinderwertig, hinder ruck, weybisch, durch schmachred und Scheltwort, nimmer vor den leuten am dag, nimmer manlich durch offenlich disputation under christlichen richtern, nimmer under äugen, im angesicht mit redlichem züsamendreten, mit erbarem angreiffen eins offenlichen erlichen kampffs. Itzund müst du, sampt deinen anhengern, dich meiner erbietung Schemen, bringt mich darumb mit vil schmachworten und übel erlogenen nachreden für den gemeinen man, damit yr ewer schand durch mein schmach bedecken mocht, aber es ist als1 umbsunst, wert mich nit abschreken, denn ich bleyb noch des gemüts, der wort, der erbietung, welcher ich zü Wormbs gewesen bin. Erbeut mich noch wie vor, allein mit dir umbs glaubens und christlicher kirchen willen offenlich zü disputieren under obgemelten richtern, setz dargegen mein leib williglich mit grossen freuden, wa bleibstu nun? Ach güter man, du flüchst"1 nit anders daz urteil der gelerten,

f) gemeint ist wohl: grewel, d.h. Greuel; vgl. Luthers Formulierung vom Papst als „grewel . . . ynn der heilige stat" (Delius, Luther Bd. 2, S. 385; WA 7, S. 423) g) Pfeilen h) vor i) um es zu bewegen (?) j) Protokolls k) wohl gemeint: uns 1) alles m) fliehst

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denn der böß (das ich nit sag dyner) geist daz kreutz, bist nit lieber dem urteil der geleiten underworffen, den der teufel dem krütz, frevelst bey den einfeltigen mit schmeichlen und falscher beybringung der schrifft, sûchst ein knopff (als Sprichwort ist8) an der bintzen", aber in redlichen Ursachen und rechtem verstandt der schrifft, uß den heiigen doctorn beibracht, bist so blint, daz du selten oder nimmer antwortst, uff Weichs du antworten soltst, als man klerlich sieht in dyner unzüchtigen deutschen antwort wider den erbern Emser9, in welcher du nit anrürst, daruff du billich antworten soltest, ich geschweig, daz du etwaz redlichs antwortest, lauffst hyn und her weyt umbschweiffig als ein unsinniger, uß fürgeschlagner red würffst uns ein strôin knoden für mit frevenlicher Verachtung unserer schützwaffen, aber wart ein kleine zeyt, der edel gehörnt bock wirt dir frey on alle forcht und schrecken begegen, angezogen mit unüberwintlichen waffen, als einem gütem Christen gebürt. Hie zwischen will ich dein schrifft 10 mit leichtem mût antasten, in welcher du nit allein dem babst und bistumb schmelich injuriirst, sunder auch alle (wie du sie nenst) pabisten sampt allen sterblichen Christen ußrüfst zû verantworten bäbstliche wird, und daz solch injurien deßda trefflicher geacht werd, so züchstu unverschempt in disen streit die jhenen im himel sein, und wie ein ander Pentheus 11 zwingstu mit hohem veracht in disen kampff sunderlich den fürsten der heiigen abosteln S. Pet., verwyssest uns, wir sollen all unsere starcken risen wapen, waz wir vermögen uffbringen, zü behalten, daz S. Peter sey zü Rom gewesen, pfuch, wie ein verzweyfelter unglaub ist daz, deßgleichen nie gehört ist worden, welchs nit Celsus 12 noch Porphi. 13 , weder Juli. 14 , Augu. 15 noch kein abtrinniger vom glauben, nie kein ketzer, nie kein zertrenner christlicher einigkeit, wie unsinnig oder unglöbig je gewesen, hat also lesterlich dürffen reden. Du bist ein einiger 0 , welcher Got und die menschen veracht, daz dir itzund nit mög fürgeworffen werden, welchs bey dem Virgi. im affricanisen über der schiffbrüchig Eneas zu den barbarischen, die yn wider daz gemein recht der heiden nit wolten zü herberg nemen, sagt: Ist es sach, daz yr des menschen geschlecht und sterbliche wapen verachtet, sölt yr doch die gôt vor äugen haben und verhoffen, sie bedenken auch, waß erbar oder unerbar sey. 16 Es sey dann sach, daß du nit glaubest S. Peter heilig p , daz du also schrybst in der teutschen bemeldung deiner verdampten artickel: Daß ich glaub, S. Peter und S. Jacob heiigen seyen, zwingt mich daz ewangelium. 17 Ach, du elend mensch, waz glaubens kans doch syn, der gezwungen ist? Wa werdens doch im ewan. heiigen genent, daß Got müß solchen spötlichen glauben zerbrechen. Denn also bald schreibstu also hönisch unnd spötisch daruff: Daß Sant Peter zu Rom und Sant Jacob zu Compostel vergraben sey und daselbst lig, ist nit von nöten zu glauben, dieweil die geschrifft daz nit sagt. 18 So hör ich wol, man muß nichts glauben, denn was die geschrifft sagt, warumb glaubstu dan, die heiigen dryfaltikeit gütlicher personen in einikeit der natui 4 ?

n) Binse o) einzelner, einziger q) Wesenseinheit

p) wohl gemeint: daß St. Peter heilig sei

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Warumb glaubstu Got den vatter ungeboren, der auch nit mog geborn werden oder von eim andern entspriessen? Warumb glaubstu Got den sun dem vatter gleich und einweßlich? Warumb glaubstu Got den heiigen geist von den beyden entspriessen? Warumb glaubstu die edel müter Gottes Mariam ewige jungfraw auff erden und nach yrem sterben uffgenummen in den himel über alle chor der engel erhocht? Welche schrifft sagen uns dise unnd dergleichen stuck? Sag, du grosser Apello der neuwen theology, welche geschafft sagt klerlich, das gotliche einigkeit in der heiigen dryfaltigkeit und die dryfaltigkeit in der einigkeit soll als Got geeret und angebetten werden? Welche geschrifft leret uns mit außgetruckten worten, das der sun allein vom vater nit gemacht, nit geschaffen, sunder geboren sey, welche geschrifft sagt, das Got der heilig geyst von dem vatter und dem sun nit gemacht, nit geschaffen, nit geboren, sunder entsprossen, sihe wa lißt man ußgetrukt, das ein andrer sey des vatters person, ein andrer des suns, ein andrer des heiigen geysts. In welcher schrifft findt man, daß diser dryfaltigkeit sey nicht von oder nach dem andern? Warumb bringstu all dise ding nit auch in ein zweifei bey den lüten, dieweil sie in keiner heiigen geschrifft klerlich befunden werden? Bedunckt dichs aber in der schrifft außgetruckt, so brings herbey, thü sie an tag, das man es sehen mog. Aber diß ist deß verloren ketzerischen hauffen, als der waldenser 19 , pigharter 20 , wickleffischer 21 , hussiter 22 und der andern, alt geschrey, alter sprach und sententz, welchen du als ein newer ketzer understest zu erneuwern, umb daz du alle ding mochtest in zweifei bringen, welche mit ußgetruckter schrifft nit mögen bezeugt oder anzeigt werden. Sihest du nun, daz ich dich ee hab zu boden gestossen, ee der kampff mit dir angehaben ist. Sag an, du blinder Luther, warumb solt es doch ein zweifei sein, das Sant Peter wer zu Rom gewesen. Ja sagstu, dieweil es kein canonische schrifft sagt. 23 Fürwar, wenn das genügsam ursach were, so müst auch zweifei sein, das in der gotheit weren drey personen in einikeit der natur, dieweil diß kein schrifft mit solchen worten außdrucket. Aber das sey weit von allen christlichen hertzen. Unnd das du mochtest dein frecheit fast wol r verston, so wollen wir in rechter Ordnung deine pfyl im schilt des glaubens (nach der lere Sant Pauls [Eph. 6, 16]) starcklichen empfahen und mit manlicher krafft und gewer durch Gots hilff wider in dich schiessen. Uffs erst sagst du, es sey ein grosse dorliche lügen, das Sant Peter seye fünf und zwentzig jar zu Rom gewesen, und als wer diß ein kleine schmach in die gantzen christlichen kirchen, so setzstu darbey, Sant Hieronimus sey auch in solchem irtumb gewesen 24 , aber ich sihe nichts, darmit du diß beweisest. Darumb wollen wir auch kurtzlich auff diß also antworten. Dis ist die grosse narheit, auch vilen andern narren gemein, das du nit wol zelen kanst. Sihe doch die zeit, auch geschick der zeit an, das du mochst erkennen, daz Sant Hieroni. sampt den andern christlicher kirchen lerern nit gelogen hab, sunder du als

r) sehr gut, sehr genau 39

Reformation

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ein rosener unsinniger huß s , von deinem bösen geyst in ketzerlicher irtumb gezogen und gefeit seyest. Nun gang hyn, lieber Luther, der du deins stadts' halben ein abgesünderter mensch, ein münch bist, deinß alters halb ein man, im kleid ein geystlicher, in der lere ein theologus, der profession halb ein betler", deß namens halb ein glaubiger, deins und deins hauffens rum und meinung halb ein prophet, und disputier, daz Sant Peter nie sey zu Rom gewesen, und wann er noch auff erden lebte, lognen, das er babst were. Sag nun, daß daz babstumb ein starcks gejag 26 , ein erdisch ding, vermaledeye (als du uß deinem gotzdiebschen halß düst) den apostolischen stül, das er vom himel biß in abgrundt versenckt werd, wir wollen doch nichts destweniger durch exempel sovil erlicher fiirsten und heiigen eben den selben glauben halten und mit unserm blüt, wa es not erfordert, biß in tod verfechten, welche S. Pet. der heiigen romischen kirchen geben und geschriben hat. Sihe nun hast du zwei schwert 27 , dir entgegen geworffen, eins der schlifft, daz ander keyserlicher majestat, welche on zweifei einem jeglichen guten Christen zu beschützung der warheit gnüg sein mögen, dieweil Christus Lu[c]e 22 [38] selbs (da syn jünger sagten, her, nim war, hie sein zwei schwert) gesagt hat, es ist genüg, ists dan genüg, so hüt dich Luth. vor S. Peters schwert, daz rat ich dir, hüt dich vor dem keyserlichen schwert deß hochloblichsten fürsten, großmechtisten keyser Caroli des fünfften 28 , denn fürwar dise zwei schwert mochten auch etwan auch uberflüssig genüg sein wider alle deine gotlosse irtumb und ketzereyen. Zu noch weiter beschützung des ramschen S. Peters stül, wie künnen wir dir lenger spieß bieten oder entgegen werffen, denn die aller gemeinste sicherste red aller güten Christen, in gemein durch die gantze weit, diß zügleichen, sagen mer den vor fierzehen hundert jaren her. Glaubstu, Christus hab fierdhalb jar predigt, gemeiner sag und rede halb, warumb glaubstu dan nit auch der gemeinste red, von so vil jaren gewert, sunder widersprichst frevenlich der selbigen, wer hat ye (on dich) solche ding in zweifei bracht? Fürwar weder Marcion 29 , weder Montana 30 noch Manich. 31 oder ymans anders, wievil noch bißher ketzer gewesen, haben sich solcher ding vermessen in zweifei zü bringen und zü disputieren. Es habens auch kein abtrinnige vom glauben, als Celsus apu. Porphi., auch kein historicus, heid oder Jud, die ich hab mögen sehen, solchs je vermessen, wie Corneli. Taci.32, sunst vom christlichen glauben, da er vom brant der stat Rom uß bevelch (alß man glaubt) des keyser Ner. 33 gschehen, ser hoßlich in solcher meinung gschriben hat: Abzuwenden von im daz boß gerücht des römsen brantz, hat der keiser Nero die schuldigen dargeben und mit ußersüchten penen getot, welcher ire laster und schalkheit halb unkündig vom gemeinen folk Christen genant waren, der haupther dises namens ist Christus, welcher under dem keyser Tibe. durch sein stathalter Pilatum getot ward,

s) rasender, unsinniger Hussit (vgl. Anm. 22) her eines Bettelordens

t) Standes

u) d. h. Angehörig-

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wiewol solcher schedlicher aberglaub christlicher sekt biß hieher undertrukt waz, so kroch er doch wider herfür, nit allein durch daz jüdisch land, dises ubels ein anfang, sunder auch durch Rom, da gemeinlich alle schand und laster züsamen fliessen und gehalten werden. 34 Aber solch schmach dises ungläubigen Corne. wirt gar schon hyngeworffen v durch seins fründs zu synen tagen gelebt Plinii Secundi 35 , einige Plini. in epistula epistel zu dem keyser Traj. 36 , von denen, welche peyn und marterhalb ad Traia. christlichen glauben verlognet haben, gschriben hat, lautend: Sie haben veijehen w , wie daz diß sei ires missethats oder irtumbs ursach, sie hetten in gewonheit in bestimptem tag morges frü bey einander zu kummen und Christo als Got ein sunderlich lob zu singen, sich auch mit eid verbinden, nichts Übels zu thün, nit stelen, nit morden, kein ee zu brechen, iren glauben und Christum nit verlognen, wenn aber dise ding waren, sein sie von einander gwichen, ire spyß doch inen zugelassen zu nemen. Darumb hab ich dir zwo dynerin, welche inen, als man sagt, gedient hatten, pynlich gefragt, doch nichts anders bey yn funden, den yren grossen bösen mißglauben, hab darumb solch erkantniß uffgeschlagen und umb rath zu dir geschikt 37 , bitz hieher Plini., daz waß syn, nun, o Corneli, die sünd und ubelthat, mit welchen du die unsern also unerlich schmechst. Aber du bist mer zu erbarmen denn zu straffen, dieweil du nit uß boßheit, sunder uß lieb der heidnischen gotter und exempel der keyser Domicia. 38 und Traja., auch uß angebornem irtumb, in den haß des waren Gots und rechten glaubens als ein blinder elender entzünt gewesen bist, wie wol du sunst ein ser trefflicher dapfferer veijeher bist historischer warheit und getruwer zeug, hat dich doch boß lieb des heidnischen glaubens von dem weg der warheit in irtumb falscher schmähe gezogen, durch mitwirkung des fürsten diser weit. Doch nemen wir uß diser Corne. historien, daz under dem keyser Nero zu Rom auch Christen gewesen sein, wer kan aber glauben, daz sie nit seyen on ein bischoff? Darumb eintweder glaub du, Luter, daz S. Pet. sey derselb bischoff zu Rom oder zeig ein andern an durch glaublich schrifft. Corne. lognet, daz die Christen zu Rom frum seyen, aber lognet nit, er bekent auch nit, S. Pet. sey zu Rom gewesen, warumb züchstu den allein in ein zweifei (uß schalkhafftigen unfrummen lust, ander menschen umbzütryben) solche gmein red und glauben von so vil jaren heer angnumen. Du ubertritst x fürwar mit disem deinem willen, andre zu ergern, alle verkerte bose feint des christlichen glaubens. Eß hat nie kein Verfolger des glaubens, kein poet, kein philosophus, kein abtrinniger vom glauben, kein ketzer also hochlich als du, wider gemein rede und gerücht aller menschen, genarret. Das ist doch war, daz dein meister, die walden, pauperes de Lugduno 39 , pigharder, Wikleff und dein nachbauer (villeicht auch gesibter y fründ) Huß, vil grosser irtumb und ketzerey geseet haben. Aber disen unsinnigen zweifei hat keiner nie fürbracht. Also in summa, das wir auch zu dem kurtzen degen kummen, nach den schwerten stoß ich dir entgegen die

v) überwunden, widerlegt w) bejaht, bekannt triffst y) wohl Druckfehler für: geliebter 39*

x) wohl Druckfehler für: über-

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langen spieß. Uffs erst die allergemeinste red (bey welcher du oben hast veijahet zu bleiben) aller Christen. Uffs ander die ehesten kirchen zu Rom, S. Peters und Pauls, ir heiltumb und greber, die aller gewißsten stet und zeichen yrs leydens, darnach daz klein kirchlin in dem weg Appia genant, da Christus Sant Peter erschin, als er von Rom wolt fliehen sein lyden, und sagt also zu im: Ich gang gen Rom widerumb gekrützigt zu werden, ist also Sant Peter wider gen Rom gangen, so er biß zu dem ersten stein uß Rom kummen waz. Diß bezügt Plati. 40 uß dem alten trefflichen lerer Egesip. 41 , der nahe bey den zeiten der heiigen aposteln gelebt hat. Noch mer die aller ehesten staciones der stat Rom, von sovil jaren heer in steten brauch mit grosser menig deß folcks gehalten, darzü die bewerte durch alle christliche schlifft nachkummung der romischen babst, under welchen alweg Sant Peter die erste stat geben wirt, in büchern, Worten, gemeeltz z und bildwerck, als das schon zü sehen ist in der kirchen zu Senis, weyter auch den glauben und Gots ere zü Rom von Sant Pet. an, durch alle vorgangne jar unser Seligkeit unverbrüchlich gehalten biß zü unseren zeiten mit grosser eer, S. Pet. da selbst erzeigt. Zum letsten auch die aller bewertsten von alterher walfart der Christen zü den kirchen S. Peters und S. Paulus, welche etlichen, auch heiigen, von weiten landen heer mit grosser andacht folbracht haben, etwan uß gelübt, etwan uß uffgesatzter büß, etwan uß andren andechtigen guten Ursachen. Nun zum letsten, ob du wellest dise lange spieß mutwillig verwerffen und durch Verachtung abschlahen, wil ich (durch dein heilosse Verspottung gezwungen) dich auch mit kurtzen degen angreiffen, durch welche du aller deiner waffen solt entblößt werden, durch dise kurtze degen soltu nach der meinung Emseri 42 der heiigen altvetter sprüch verston, und wiewol ich dich hab oben angriffen mit solchem gewer uß den jhenen, welche geschriben haben von den zeiten und geschichten der keyser und der bäbst, welche du on dein grosse schand nimmer verwerffen kanst, daz doch die groß unsinnikeit dyner disputation öffentlicher werde, will ich noch mit meer kurtzen degen zü beschützung S. Peters dich kecklich und manlich antasten. Uffs erst laß ich underwegen 3 daz büchlin itinerarium Clemen. 43 genant, darin vil herlicher schlifft ist, daz du es nit als ein ungläubige schlifft und rostigen degen verspotest, laß auch underwegen S. Dyonisi 44 , welcher daz leiden S. Peters und Pauls (alß man sagt) zü Rom geschriben hat und nach iren leyden von S. Clemens 45 gen Paryß geschickt, den du in dyner Babilonen 46 unerlich schmehest, waz sagst du aber zü den Worten des heiigen marters S. Ignacii 47 , des dritten nach S. Peter in Anthiochia bischoffs, des heiigen apostels Johan jünger, welcher also in seiner epistel zü den Romern schreibt: Ich gebeut euch, doch nit als S. Peter oder S. Paulus, wen die selbigen seind apostel unsers herren Jesu Christi, aber ich der aller kleinest des selbigen herren diener. Were nun S. Peter nit zü Rom gewesen, so het er den Romern nichts gebotten, dieweil man kein schrifftlich anzeigung findet, den Romern durch in beschehen, wie bedunckt dich auch

z) Gemälden

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umb den erbern Papian 48 , welcher auch Sant Joh. des apostéis discipel waz In Eccle. hist. Ii. 3 und bischoff in Theropo. Diser (als Euse. 49 sagt) schrybt, das S. Marx, der ca. 31 heilig ewangelist, S. Peters dolmetsch gewesen sey und hab alles, daz er hat mögen von S. Peters worten gedencken und behalten, doch nit alle ding so ordenlich, als sie von dem herren geredt und geschehen seind, beschriben, dieweil er nit waz uß den disci. Christi, sunder auch Sant Peters jünger, den er am letsten angehangen hat den glauben zu predigen und nit zu schryben die red des herren, diß sagt diser heilig bischoff. Nun frag ich dich, Luther, wa doch Sant Marx hab am letsten S. Petern angehangen? Ist es nit zu Rom geschehen, so sag du uns ein andre stat, doch uß bewerter schrifft. Fürwar S. Peters schrifft sagt als auch auch oben gemelt 1. Pe. ulti [5, 13] ist: Es grüsset euch die kirch oder die Christen in Babilone, daz ist in Rom versamlet, und Marcus, mein sun. Wie wirstu dörffen verachten Hireneum 50 , deß wir auch oben gedacht haben, ein jünger Policar 51 , des discipels der heiigen aposteln, ein bischoff in Lugduno b in Gallia, diser nennet nacheinander die romischen bischoff 52 , welche der heiigen aposteln nachkummen seind (als Eusebius bezügt), biß auff Zotheran, den zwelfften nach den apostlen, under welchen er geschoben hat, den 0 er nennet Cletum und Anacletum für einen 53 , darzu setz ich dir entgegen den alten historicum Cajum, welcher in seiner disputación wider Proculum Cathaphrigum, als den Eusebi., Hiero, und Plati. bezügen, also schrybt: Ich weiß die sighafftige stet der heiigen aposteln, welche ich auch zeigen will. Eintweders du gangest den küniglichen weg, der da fürt ad vaticanum, oder den weg ostiensem, so wirstu yr syghafftige zeichen sehen, die dise kirch oder christliche versamlung gegrünt d und befestigt haben 54 , diß hat er geschriben zu Rom under dem babst Zepherino 55 , dem sechzehenden von den apostlen, under welchem auch Orígenes 56 (als Eusebi. schreibt 57 ) ist gen Rom kummen, zu besichtigen die aller edelste kirchen der Romer, warumb nennet er sie die aller edelste, wen sie Sant Peter nit gegrünt hett. Wen du aber dise aller bewertiste und edelste zügen® wilt verwerffen, so züch ich ein andern degen über dich, Cypria. 58 , welchen du auch allein mechtig und starck gnüg erkant hast wider alle romanisten. 59 Diser schrybt also zu dem heiigen Corne., romischen bischoff, dem zweiundzwentzigsten von S. Peter: Nach dem dürffen sie schiffen und von den abtrinnigen des glaubens bryff tragen zu Sant Peters stül und fürnemlichen kirchen, daher priesterliche einikeit entsprossen ist, und bedenken nit, daz die Romer seien die jhenen, der glauben durch apostolische predig gelobt worden sey, zu welchen kein mißglaub kummen mag 60 , wirff nun disen (den du selbß zü zügen hast genummen) auch hynweg, daz gantz nichts erbers in dir mög erfunden werden, du wirst auch gezwungen, Euse. (velchen du wider uns etwan mißbrucht hast) zu verlognen, welcher also schrybt: Als bald zü den zeiten Clau. hat die gnad gütlicher fürsichtikeit dem aller bewertesten und grósten in großmütikeit des glaubens und verdienst der tugent, den ersten

b) Lyon

c) denn

d) gegründet

e) Zeugen

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fürsten Pet. gen Rom bracht, ein hertzogen und meister seiner riterschafft, der Gotes streit volfüren und die gezelt der tugent wol uffrichten künde, diser ist kummen vom orient als ein himlischer kauffman, des himlischen liechts kauffmanschatz allen, die sie wollen kauften, bereit zugfürt, und durch die wort syner heilsame predig der erst in der stat Rom, mit den schlüsseln des ewangeliums die thor des himelreichs geöffnet. 61 Sihe diß sein unser kurtzen, alten, doch unrostige degen, welcher scharpfen spitzen dein irtumb nimmermer erlyden f wirt. Wie wirstu aber weyter mögen lyden den starcken gewalt der fier doctor der heiigen christlichen kirchen 62 , welche an vil orten bezügen und befestigen, daz die romisch kirch S. Peters stul sey, will ein wenig von Amb. de sacris iren Worten dir fürwerffen. Ambro, von dem fuß waschen nach dem tauff, Ii. 3, capi. 1 wie er denn es in seiner kirchen braucht, schrybt also: Für war, der ist selbs unsers spruchs beweriger meister S. Pet., der apostel, welcher ein priester geweßt ist der romischen kirchen. 63 Sant Hiero, hab ich oben fürbracht, welcher nach 8 vil andrer süberlicher sprüch von disem hat, sunderlich doch schrybt er zü dem babst Damaso: O heiigster babst, diß ist der recht glaub, welchen wir in gemeiner christlicher kirchen gelernt und alweg ghalten haben. In welchen, ob es sach wer, daz wir etwaz zü wenig fürsichtiglich hielten, begeren wir deß von dir, als der S. Peters glauben und stül besitzt, bericht zü werden. 64 Grego. laß ich farn, daz du in nit als ein verdachten zügen in eigner sach ungütiglich verwerffest. 65 S. Augu. aber wirff ich dir fry entgegen an vil orten, sunderlich in den episteln, der einen, zweien und dryundzwentzigsten, und in dem büchlin von den ketzeryen 66 , wenn ich solt hie alle mein kurtzen degen yßziehen, wólt ich mit vil büchern dein unwerde disputación, auch dein ungschikte antwort verschlahen. Doch uß disen wenigen beybrachten schrifften mag ein jeglicher, der vernunfft hat und brauchen will, lychtlichen nemen, wie du mit so blinder unsinigkeit in disen irtumb gezogen werdest, daz du frevenlich lognest oder on ursach zweifelst, ob S. Pet. je sey zü Rom gewesen, wider die heiige schlifft, wider die bewerte sprüch der vátter, wider keyserlich gesatz, wider gmeine red aller Christen, wider sovil globliche anzogung biß auff disen tag zü Rom erschinen wider die alten lerer christlicher kirchen, wider die bewertsten bábstlich und keyserlich geschieht und zeitsehyber, kürtzlich wider al vernunfft und billicheit, so du doch für dich, und dyn irtumb zü bestetigen, gantz nichts und niemans hast, den ein einigs orth Pauli, uff welchs du dich so unwißlich nach dynem dollen kopff, in unrechtem verstant, wider sovil redlicher veijeher der warheit steürest, das S. Pau. hab S. Pet. zü Hieru.1 gesehen im achzehenden jar nach der uffart Christi 67 , allein uß disem grünt züchst du dein vermessen disputación und sagst, daz S. Peter sey vorhyn nit zü Rom gewesen, wie folget aber daz? Ich hab dich zü Wormbs geschweige im einunzwentzigsten jar 68 , müß darumb uß disem fliessen, daz du im zwentzigsten nit seyest zü Wittenberg

f) widerstehen g) noch h) eine einzige Stelle Schweigen gebracht, verstummen lassen

i) Jerusalem

j) zum

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gewesen. Es haben mich vil zü Rom gesehen im achzehenden jar, folgt darumb nit, daß ich vor nit zü Koll oder Nürnberg gewesen sey, meinstu, es sey wol arguiert, im achzehenden jar hat Petrus Paul, zü Hieru. gesehen, darumb ist Paul, vorhyn nit gewesen in Anthiochia, nit in Cipro, nit in Pamphilia und Cici. Die aposteln seyn nit faul und müssig an einer stat gesessen, sunder mancherley land durchwandert und den Christenglauben ußgebreit, seind auch offt gen Hieru. züsamen kummen, mit namen k die ehesten und fürnemlichsten, eintweder österliche zeit nach alter weiß deß gesatz zü halten, oder zü handien treffliche ding, sich in der newe erst entsprossen christlichen kirchen erhüben. Drumb muß S. Peter nit stetigs die achzehen jar seyn zü Hierusalem gesessen, sunder ist dar und anderßwa hyn und wider dar gangen, nach erforderung der Ursachen der kirchen, hat darzwischen durchgangen vil andre nahe und weyt gelegne landtschafft, als die jüdische, Galile, Samari, Anthioch., Pontum, Capa., Galaciam, Bithini. und Asiam, waß ists den wunder, obe er auch darzwischen etwan offt sey gen Rom kummen? Hat er nit, meinstu, ursach gehabt, gen Rom zü kummen? On allen zweifei grosse ursach, mit namen ußzüfechten oder ußzütreiben den feindt christlichs glaubens Simonem, den zauberer, welchen er auch vorhyn in Samaria (als Lucas in acti. aposto. schreibt) Actu. 18 beschembt hett, welcher zü Rom also ein grossen namen het uberkumen, [Apg. 8, 9ff.] daz er für ein got gehalten ward, wider disen hat er ursach gehabt gen Rom zü kummen, als daz bezügen Cajus, Euse., Hiero. und vil ander alter, trefflicher, bewerter lerer.69 Meinstu nun, das wir solten mit dir verlognen, daß Sant Peter sey zü Rom gewesen, dieweil es Luc. nit schreibt? 70 Das sey weit von uns, Lucas schrybt nit alle ding, wa schrybt Lucas, daß Sant Peter sey gewesen in Ponto oder Bithinia? Dennest ist er da gewesen, als er selbs in - seiner ersten epistel im anfang bezügt [1. Pet. 1 , 1 ] und Euse. und Hiero. klerlich schryben. Darumb müß man nit bald lognen, was Lucas oder die schlifft nit klerlich anzogt, denn es sein nit alle ding klerlich geschriben, wiewol wir auch uß schafften oben bezügt haben, Sant Peter sey zü Rom gewesen. Darumb dein grundt, o Luther, ist fast schwach und gantz frevelich, von welchem du in deinen Galatern (als du es nennest) nicht gesagt hast. 71 Soll es nun nach deiner meinung ein fabel sein, die historia der zerteilung der heiigen aposteln, welche doch die gantz Christenheit biß uff disen tag für war helt und eeret, wie ist im denn, daß etlich die fierzehen jar, von welchen Paulus redt, rechnen nit von der ersten zükunfft 1 Pauli gen Hierusa., sunder von dem leyden und uffart Christi. Doch lassen wir das faren, den es hat Sant Peter wol mögen im eilfften oder zwolfften jar gen Rom kummen und im fierzehenden oder achzehenden wider zü Hieru. syn. So sagstu auch selbs in deinem büchlin von dem gewalt des babsts: Also sehen wir, daß die romischen bischoff alle zeit seind geert worden als die nachkümling Petri, und sie für andern in der höchsten stat gehalten. Diß ist geschehen und geschieht recht, wol und loblich, soll alweg also on allen

k) namentlich, besonders

1) Ankunft

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yntrag oder widersprechen geschehen 72 , ist das nun war, das die romischen bischoff als Sant Peters nachkümling recht, wol und loblich geeret werden, wie sagstu denn, es seye am meisten sicher, das mans underm zweifei laß, ob Sant Peter je sey gen Rom kummen? Wie kan das bey den Christen zweifei sein, welches christlich kirch durch so vil zeit on alle widersprechung mit sovil gschrifften, weltlichen und geystlichen gesatzen, leipliche anzeigung und historien befestigt, gehalten hat und noch bißher uff disen tag festiglich gehalten. Daß du aber weiter sagest, wir seyen nit schuldig zu glauben, dem allein, waz uns Got in schrifften klerlich gboten hat, ist on zweifei erlogen und ketzerisch, dann wa daz war wer, so dürfften wir nit glauben die heiige gemeine christliche kirch, nit daz Got der vater ungeboren, nit daz Got der sun dem vatter einweßlich were, nit daß Got der heilig geyst von yn beiden entsprüsse, nit daz die müter Christi (pfuch des grossen lasters) wer Götz gebererin. Aber daz sy weyt von uns, den wir sein schuldig all dise ding und noch vil mer zu glauben, wiewol sie Got in schrifften nit hat klerlich und mit ußgetruckten worte gebotten, drumb sol man den für einen gewißlichen keßer"1 halten, der frevelich und mütwilig nit glauben wil, daß S. Peter sey zu Rom gewesen, umb des willen, das er der schlifft kein Mat. 18 [17] glauben gibt und hört nit die christlich kirch, soll uns drumb nach der 1er Christi sein als ein unglobiger und offner sünder. Es ist auch weder Moyses noch Paulus meinung gewesen, welche du auß iren worten feischlich züchst. Es ist war, sie wollen haben, wir sollen nichts verandern, diser im neuwen, jhener im alten testament. Nun hat unser keiner noch etwaz verändert. Sie wollen, und das billich, man sol der schlifft nicht zusetzen, nicht entziehen. Nun haben wir auch nicht zügesatzt, nichts entzogen den texten beider testament. Doch glauben wir vil ding, welche in disen schrifften mit ußgetrukten worten klerlich nit geschriben seind, weren alle ding den glauben betreffent klerlich beschriben, wer es nit von noten, daz man het züsamen bracht und ußgetruckt die stuck deß glaubens im Symbolo Nice und Athanasii. 73 Die heiigen veter hetten umbsunst sovil arbeit wider den ketzer Arnum 7 4 angenummen. Het die kirch vergebens sovil urteil der heilsten concilien des christlichen glaubenß halb müssen halten. Also setzt der babst oder die kirch nicht zu dem texte der schlifft. Thüt doch darzü klerlich durch yr urteil, waß nit klerlich darin geschriben ist, es treff eintweder den glauben oder gute sitten an. In solcher meinung thüt die kirch wol und recht hynzü die gesatz und decret der heiigen concilien. Der babst gesatz und Ordnung deß geystlichen rechtens, die hochgelerten doctorn, glossen und ußlegung der schlifft, der keyser gesatz des weltlichen rechten, sein underthan zu underweisen in bürgerlichem züchtigem dugentlichem leben, ein jegliche stat und land seyne statuta, wirt darumb nicht verändert die heiige schlifft. In dem fal haben die Juden on daz alt testament vil ander schlifft angenummen, als im thalmud und in andren, welche ir schlifft erkleren oder außlegen.

m) Druckfehler für: Ketzer

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Daß du fürter sagst, das babstumb sey in sand, kat und lauterm dreck gegrünt 75 , daz redtstu nach deinem schalkhafften gotlossen mütwillen, wir haben hie und anderßwa gnügsamlich (als ich verhoff) bewisen, wie daz babstumb sey in zweien starken felssen gegrünt, der erst Christus, der ander Sant Peter, als deß bezügen die christlichen unüberwintlichsten doctorn. Und wenn nun daz babstumb in schrifften nit mocht klerlich bewisen werden, so müsts doch drumb nit im kat gegrünt sein. Es sein je vil andre grosse ding, oben zum theil angezeigt, in schrifften nit klerlich geschriben und doch nit deßhalben im kat gegrünt, als ist die hohe dryfaltigkeit gótlieher personen in einigkeit der natur. In Christo zweyerley natur, in personlicher einigkeit, ewige jungfrauschafft Marie der muter Gottes, und deßgleichen andere, welcher wolte doch also gotzlesterig sein, der sagen dürfft, dise ding drumb in kat gegrünt, dieweil mans in schrifften nit klerlich findet? Wenn alle ding, der wir hie auff erden bedürffen, klerlich geschriben weren, waß weren dann von noten gótliche Offenbarung, concilia, geystlich und keyserlich recht und ander etlich gesatz, durch welche menschlich geschlecht redlich und erberlich geregiert wirt. Wir geben dir auch nit zu dein schalkhafftige freyheit, welche du listiglichen als ein uffrüriger mensch erdicht hast, durch welche du on alle gezügnißen der schlifft nidertruckst und verdampst alle menschliche gebot, gesatz gemeiner gewonheit und Ordnung. Sag mir doch Luther, ist darumb das hochloblich hertzogthumb in Sachsen im kat gegrünt, dieweil es mit geschrifften nit mag bewisen werden? Soll es deßhalben undertruckt und verdampt werden? Eben als weren menschlich recht, guter rechter vernunfft gemessen nit zü achten, und der gewalt der kirchen, auch gemeine verwilligung aller Christen, gantz nichts. Darumb muß nit deßhalben daz babstumb im kat gegrünt seyn, wenn auch kein büchstaben darvon in schrifften mocht angezogt werden. Es hat doch grundt genug in gemeiner aller Christen verwilligung, in gemeinem gwalt christlicher kirchen, in unzerbrochner gewonheit durch sovil jar stets gehalten.Doch über daß alles ist eß, wie wir haben oben bewisen in ewangelischer und apostlischer schlifft, festiglich und warlich gegrünt in Sant Peters glauben, veijehung und leiden und an vilen andern gantz gewissen gezügniß, geschriben und ungeschriben, bábstliches stüls, dise allesampt beschützen und verwaren unüberwintlich daß babstumb von dem katt und lutherschen dreck deines unchristlichen irtumbs. Alles daß du fürter blauderst und daderst am ende deiner schlifft ist alß falsch und erlogen, als wir es oben bezügt und verworffen haben, ist nit von noten weyter antwort, wir haben in andern schrifften manigfeltiglieh zerbrochen den sandigen ketzerischen grund, daruff du dein unnütz gotloßig geschwetz bauwest, wir geston dir auch nit der rechenschafft der jare, die du am letsten zusamen bringst, welche nit weniger zu lachen (ich geschweig zu straffen) ist, denn dein spotisch, kindisch, nerrisch rechnung, im anfang durch dich beschriben. Hiemit sey genug diser deiner undoglieher disputación geantwort, wiltu aber dise unsere waffen verspotten und verwerffen, soltu es thün mit bewerten schrifften und redlichem beweisen neuwer beschützung. Bedunckt aber dich die macht unser warheit sey so

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krefftig und mechtig, daß du yr nit mochst zuwider seyn, so straff dich selbs, widerrüff deinen unchristlichen irtumb und verschaff unverschempt", daß ergerniß, du aller weit geben hast, bald durch ander schlifft hynweg genummen werd. Amen. 1524.

A) Vorbemerkung Druckvorlage: OB SANT II PETER ZV II Rom sey geweßen. II Anwort Doctor Jo. II Cochlei. Auff Martin Luth. dis=llputatiö / Ob Sant Peter zü Rom II sey gewesen. Durch Doct. II Johan. Diete. vtütscht. II [Straßburg: Johann Grüninger] 1524.4° 24 Bl. Sign.: A-F 4 . - Weller 2838. Spahn 24. VD 16 C 4255. Köhler 571. - SB PK Berlin: Cu 1535 R. Zur Entstehung: Die 1524 — ohne genaueres Datum — von Johann Grüninger gedruckte Schrift des Johannes Cochläus ist ein weiteres Produkt der Zusammenarbeit mit Johannes Dietenberger (vgl. oben Nr. 23 Zur Entstehung). Vom Autor lateinisch verfaßt und nicht zum Druck gegeben (die lateinische Fassung erschien erst 1545 in einem Sammelband), wurde sie von Dietenberger übersetzt und z. T. bearbeitet. Wenn unsere Annahme im Hinblick auf Entstehung, Übersetzung und Drucklegung von „Ein Spiegel der evangelischen Freiheit" (vgl. oben Nr. 26 Zur Entstehung) zutrifft, dann ist es die zweite von Dietenberger übersetzte und zum Druck beförderte Schrift des Cochläus, diesmal mit voller Firmierung. Die Entstehungszeit lag allerdings noch vor der des „Spiegels"; sie ist im lateinischen Original mit Frankfurt, 6. Juni 1521, angegeben. Das deckt sich mit den im Text vorhandenen polemischen Bezügen auf Lutherschriften, von denen alle vor diesem Datum erschienen sind (vgl. unten Anm. 1—3, 9, 26). Wir bringen Auszüge. Literatur:

Wedewer, Dietenberger, S. 110, 284—287 (Inhaltsangabe der Schrift).

B) Sacherläuterungen 1 C. bezieht sich vor allem „Auf das überchristlich . . . Buch Bocks Emsers zu Leipzig Antwort" von 1521 (WA 7, S. (614) 621-688, bes. 660ff.), ferner auf die Leipziger Disputation von 1519 (WA 2, S. (250) 254-383), auf die darauf bezüglichen Erläuterungen „Resolutio . . . de potestate papae" (WA 2, S. (180) 183—240) sowie auf „Von dem Papsttum zu Rom wider den hochberühmten Romanisten zu Leipzig" (WA 6, S. (277) 285-324; vgl. dazu auch oben Nr. 2). 2 Luther, An den christlichen Adel deutscher Nation, in: Laube/Looß/Schneider, Bd. 2, S. 646, 672; Delius, Luther, Bd. 2, S. 114f„ 149; WA 6, S. 421, 453. 3 Das folgende stammt aus Luther, Grund und Ursach aller Artikel, so durch römische Bulle unrechtlich verdammt sind, in: Delius, Luther, Bd. 2, S. 381f., 390; WA 7, S. 419, 433; vgl. auch „Von dem Papsttum" (wie Anm. 1). 4 Gemeint ist „Von dem Papsttum" (ebd.). 5 Der Höllenhund der altgriechischen Mythologie, bei Hesiod, Homer, Virgil u. a. 6 Anspielung auf die Szene vom Vormittag des 24. April 1521 während des Wormser Reichstages; vgl. oben Nr. 16, Anm. 11.

n) veranlasse ohne Scham

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7 Der Besuch Cochläus' in Luthers Herberge am Nachmittag des 24. April 1521; vgl. ebd., Anm. 43. 8 Vgl. Wander, Bd. 2, Sp. 1439, Nr. 48. 9 Hier ist wohl gemeint „Auf das überchristlich Buch" (vgl. Anm. 1); zu Luthers Streit mit dem „Bock" Emser vgl. oben Nr. 8 Zur Entstehung. 10 Gemeint ist wohl ebenfalls „Auf das überchristlich Buch" sowie „De potestate papae" (vgl. Anm. 1). 11 Pentheus, nach der griechischen Mythologie König von Theben, der von den Mänaden zerrissen wurde, weil er sich dem Dionysiuskult widersetzte. 12 Celsus (um 180), Kritiker des Christentums aus platonischer Sicht; bekannt durch die gegen ihn gerichteten Widerlegungsschriften des Origenes (185—254). 13 Der Neuplatoniker Porphyrius (f 304) hat eine Kritik des Christentums in 15 Büchern vorgelegt, die unter Kaiser Theodosius II. 335 verbrannt wurden und verloren sind. Seine Auffassungen sind aus Widerlegungen der Kirchenväter bekannt. C. stützt sich vor allem auf die Kirchengeschichte des Eusebius (vgl. Anm. 49). 14 Flavius Claudius Julianus (361—363), römischer Kaiser, wegen seines Abfalls vom Christentum Apostata genannt. 15 Wohl der römische Kaiser Augustus (30 v.Chr.—14 n.Chr.). 16 Publius Virgilius Maro (70—19 v.Chr.), römischer Dichter. Vgl. seine Aeneis I, 540-543. 17 Luther, Grund und Ursach (wie Anm. 3), Delius, Luther, Bd. 2, S. 402; WA 7, 5. 453. 18 Ebd. 19 Nach dem Lyoner Kaufmann Valdes (um 1170) benannte Strömung, die 1184 und danach öfter als häretisch verdammt wurde und — wie die folgenden — einen strengen Biblizismus vertrat. 20 Bezeichnung für verschiedenartige häretische Gruppen, u. a. in Böhmen (vgl. oben Nr. 16, Anm. 69). 21 Anhänger des Oxforder Professors und Reformpredigers John Wiclif (um 1325—1384), durch das Konstanzer Konzil 1415 grundsätzlich verdammt. 22 Anhänger des böhmischen Reformators Jan (Johannes) Hus (um 1371 — 1415), durch das Konstanzer Konzil 1415 grundsätzlich verdammt und wegen der hussitischen Bewegung in Böhmen und deren Folgen als schlimmste vorlutherische Ketzerei gebrandmarkt. 23 Luther, Auf das überchristlich Buch, in: WA 7, S. 673; vgl. auch De potestate papae, in: WA 2, S. 227, 232. 24 Luther, Auf das überchristlich Buch, in: WA 7, S. 671. 25 C. argumentiert im folgenden (Bl.Blb—D4b) gegen Luthers Berechnungen (ebd. S. 671 f.), Luther glaube und schreibe selbst, daß Christus „vierthalb Jahre" gepredigt habe, und zwar ohne Schriftbeleg, allein auf der Grundlage „gemeiner Rede". Warum akzeptiere er dann die „gemeine Rede" von St. Peters Romaufenthalt nicht auch, zumal sie viel „gemeiner" sei als die von der Predigt Christi. C. macht gegen Luther eine Rechnung auf, wo sich Christus und Petrus zu welchen Zeiten befunden hätten, und er verweist auf die allgemeine Akzeptanz Roms als Wirkungsstätte und Grab des Apostels. Er bringt zahlreiche Belege aus Kirchenvätern, Heiligenviten, Geschichtsschreibern etc., stützt sich dabei weitgehend auf die Kirchengeschichte Eusebs (vgl. unten Anm. 49) und wirft Luther vor, keinerlei Belege für seine Auffassung beizubringen. 26 Vgl. Luther, De captivitate babylonica . . . , in: Delius, Luther, Bd. 2, S. 173; WA 6, S. 498. 27 Mit Schwert, im folgenden auch Spieß und Degen, verwendet C. Begriffe, die der von ihm verehrte Hieronymus Emser in die Auseinandersetzung mit Luther

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eingeführt hatte. Zu ihrer Bedeutung vgl. oben, Vorrede zu Nr. 9, sowie Smolinsky, Alveldt und Emser, S. 250f. Kaiser Karl V. (1519—1556), Unterzeichner des Wormser Edikts gegen Luther. Marcion gründete um 150 in Rom eine eigene Kirche und ist fast nur aus den antihäretischen Schriften der Kirchenväter bekannt. Montanus (2. Hälfte des 2. Jh.), Begründer einer sich rasch verbreitenden Sekte, die von den Kirchenvätern heftig bekämpft wurde. Mani (216—277), aus Persien stammender Gnostiker, dessen dualistische Lehre (Manichäismus) seit Ende des 3. Jh. scharf bekämpft wurde. Publius Cornelius Tacitus (um 54—nach 117), römischer Geschichtsschreiber. Lucius Dominus Nero (54—68), römischer Kaiser, soll selbst den Brand Roms im Jahre 64 veranlaßt haben, nahm diesen aber dann zum Vörwand für harte Christenverfolgungen. Tacitus, Annalen, XV, 44. Plinius Secundus, Gajus Caecilius (um 61 — 113), römischer Schriftsteller und Staatsmann. Marcus Ulpius Trajanus (98—117), römischer Kaiser. Plinius, Epistularum, X, 96, 7 - 9 . Titus Flavius Domitianus (81—96), römischer Kaiser. Die „Armen von Lyon", ursprünglich ein Kern der Waldenser (vgl. Anm. 19), 1184 als häretisch verdammt. Die Waldenser leugneten übrigens bereits, was C. nachfolgend bestreitet, daß Petrus jemals nach Rom gekommen sei. Bartholomäus Piatina (1421 — 1481), Geschichtsschreiber. Von Hegesipp (um 160) stammt die erste Bischofsliste von Rom; sie ist weitgehend legendär. Zur historischen Kritik — auch der erwähnten Märtyrerstätten St. Peters und St. Pauls - vgl. Haller, Papsttum, Bd. 1, S. 17-24, 345-352. Vgl. oben Anm. 27. Die Schrift war nicht zu ermitteln. Gemeint ist Dionysius von Korinth, der um 170 als erster davon berichtete, daß Petrus und Paulus in Rom gepredigt und die dortige Gemeinde gegründet hätten. Der folgende Bezug auf Luthers Kritik ist insofern unzutreffend, als Luther Dionysius Areopagita, den Anhänger des Paulus (Apg. 17, 17—34) meint; das diesem zugeschriebene Werk ist allerdings frühestens Ende des 5. Jh. entstanden. Clemens I. (927—101?), der Dritte in der Bischofsliste des Hegesipp. Luther, Babylonica (wie Anm. 26), in: Delius, Luther, Bd. 2, S. 247; WA 6, S. 562. Ignatius von Antiochien (um 110); sein Brief an die Römer in: Migne PG 5, Sp. 801 ff., die im folgenden zitierte Stelle Sp. 807/810. Papias (um 75—um 150), Apostelschüler, Bischof von Hierapolis in Kleinphrygien. Eusebius von Caesarea (um 264—um 340); das folgende Zitat aus seiner Kirchengeschichte, III, 39 (nicht 31), in: Migne PG 20, Sp. 299 (dt. in: Bibliothek der Kirchenväter II, 1, S. 153). Irenäus, nach 177 Bischof von Lyon. Der Apostelschüler Polycarp, Bischof von Smyrna. Gemeint ist die Bischofsliste des Hegesipp, die Irenäus übernommen hat. Soteran ist der Elfte in dieser Liste; C. zählt ihn als Zwölften, da er in dem an zweiter Stelle genannten Anencletus zwei Personen (Cletus und Anacletus) sieht. C. zitiert hier aus dem Disput zwischen dem Presbyter Cajus und dem Montanisten Proclus aus Karthago nach Eusebius, Kirchengeschichte, II, 25; das Original ist nicht erhalten. Zephyrinus (nach 199?), Papst.

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56 Origenes (185—254), Kirchenlehrer in Alexandria, berühmter griechischer Kirchenvater. 57 Eusebius, Kirchengeschichte, VI, 14. 58 Thascius Cäcilius Cyprianus (um 200—258), bedeutendster lateinischer Kirchenvater vor Augustin. 59 Vgl. Luther, De potestate papae, in: WA 2, S. 230f. 60 Brief Cyprians an Papst Cornelius (251—253) vom Sommer 252, in: CSEL 3, 2, S. 683 (Brief 59, 14). 61 Eusebius, Kirchengeschichte, II, 14. 62 Die vier großen lateinischen Kirchenlehrer Ambrosius (339—397), Hieronymus (um 347-419/420), Augustinus (354-430) und Gregor I. (um 540-604). 63 Ambrosius, De Sacramentis, III, 1 (6), in: CSEL 73, S. 41. 64 Hieronymus an Papst Damasus (366—384); sinngemäß in Brief 15 (Migne PL 22, Sp. 355). 65 Vgl. dazu Luther, De potestate papae, in: WA 2, S. 232. 66 Augustin, Epistulae, 2 1 - 2 3 (Migne PL 33, Sp. 8 8 - 9 8 ) ; De Haeresibus (Migne PL 42, Sp. 21-50). 67 Vgl. Luther, Auf das überchristlich Buch (WA 7, S. 672), Disputatio (WA 2, S. 276) sowie De potestate papae (ebd. S. 190); Luther beruft sich auf Gal. 1, 18 und 2, 1. 68 Vgl. Anm. 6 und 7. 69 Das ganze ist legendär; vgl. Haller, Papsttum, Bd. 1, S. 18. 70 So Luther in: Auf das überchristlich Buch, in: WA 7, S. 671. 71 Vgl. Luther, In epistolam Pauli ad Galatas commentarius, in: WA 2, S. 472; vgl. dazu WA 7, S. 670. 72 Luther, De potestate papae, in: WA 2, S. 209. 73 Die grundlegenden Glaubensbekenntnisse der alten Kirche, benannt nach dem Konzil von Nicäa 325 sowie (fälschlich) nach Athanasius von Alexandrien (295—373), die die gültige Trinitätslehre formulierten bzw. präzisierten (vgl. Denzinger-Schönmetzer, Nrn. 75f., 125f., 150). 74 Arius (Areios) von Alexandrien (um 260—336) lehnte die Wesensgleichheit von Gott-Vater und Gott-Sohn ab und verursachte damit den Arianischen Streit, der durch das Nicänische bzw. das Athanasianische Symbol gegen Arius entschieden wurde. 75 Luther, Auf das überchristlich Buch, in: WA 7, S. 673.

Johannes Cochläus: Eine christliche Vermahnung der heiligen Stadt Rom an Deutschland, verdeutscht durch J. Dietenberger Vorred Adriano dem sechsten 1 , allerheiligesten vatter dem bapst, entbeüt Johannes Cochleus seinen demütigen grüß. Wiewol ich mitt grossem schmertzen beleydiget 3 werd (allerheylgester vater) in disem unsers gemeinen b landts betrubnüß, in welcher daz ober Teutschland auß lutherischer ketzerey und zwitracht hochlich behafftet ist, so muß ich doch im mittel0 dises meines leyds mich (deiner heiligkeit zu eeren) sehr erfrowen der höchsten wird d halb bapstlicher heiligkeit, du e allein durch mittel der tugent (als alle weit bezeugt) yetzund erobert hast, auch grosses glücks und eer halb deinem vatter landt dardurch widerfaren. Weichs landt istf, das auff disen tag nit muß weychen dem nidern Teutschlandt 2 in eeren und in reichtumb. Ist es nit also, das es zu einer zeit durch Gottes Verordnung über alle weit erhebt ist, durch die allergroste wird beyder allerhöchsten oberkeit? Es ist ye auff erden niemants hoher in wirden denn 8 romischer bapst und romischer keyser 3 . Wie mocht nun deinem vatterlandt grosser er" widerfaren, denn das es dise beyde haupter hab, welchen auß gottlichem und menschlichen rechten die gantz weit underworffen ist? Wie mocht es mehr gelobt werden, denn das es selbs in der warheit sagen darff: Sehet, ir Christen, die zwey höchsten aller weit häupter, den1 alle menschen auß dem gebott Christi und Pauli sollen underworffen sein, hab icW empfangen, ich hab sie euch geborn, erneret und in tugenden, welch sy so großlich erhocht hat, erzogen. Ich hab sie in christlichem glauben, den sie yetzundt also mochtiglich beschützen, underweysen. Ich hab sie also unschuldig und eins rechten hertzen, als ir alle veijehen k , eüch geben, welchen ich nun selbs als den häuptern des christlichen glaubens gehorsam bin. Durch welcher schütz und gewalt der glaub und christlich brauch der heyligen altvätter mir bleybt unzerrisen. Sie seind die edlen hirten, die durch fleyß und sorg die reüdigen mißglaubigen schaff verdreyben, das sie durch iren mißglauben die andern guten Christen nit zu schänden machen, sie seind, welche die reyssende hussische1 wolff weyt veijagen, daz ich ir unerbar unchristlich geschrey nit höre. Deßhalben allerheilgester vatter erfrow ich mich dir zu eren, wie wol ich gentzlich glaub, es sey deinem hertzen grosser freüd, daz christlich glaub und brauch in deinem vatterland onzerbrochen bißher blyben sey, dein"1 erlich und loblich erlangte

a) leide, schmerzlich betroffen bin b) gemeinsamen c) inmitten d) Würde e) die du f) Was für ein Land gibt es g) als h) Ehre i) denen j) d. h. „Niederdeutschland" k) anerkennen, zugestehen 1) hussitische, hier im weiteren Sinne: ketzerische m) (erfreue ich mich an) deiner

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bäpstliche wird. Wie groß aber sey das leyd ich" drag über des gemeynen unsers landts teütschen volcks lutherische verfurung, mag dein heilikeit, die noch in weiten von unß landen des auch großlich beleidiget gewesen, ee sie zu bäpstlicher wird kommen ist 4 , auß diser nachfolgende ermanung wol 5 ermessen, welch ich under dem namen Rom dem teütschen land geschriben hab. Darumb, ob es sach were, das ich als dein bekümmerts und beleydigets° schaflin auß leyd und betrubnüß schärpffer, denn ich solt, geschriben hett, beger ich von dir als dem obersten hirten, wider in den rechten weg gefürt werden, wil auch nit anders aber p mer geschriben haben denn deiner 10 höchster apostolischer wird wolgefellig. Hiemit biß q gesegnet, allerheylgster vatter, müssest leben die jar Adriani des ersten 5 , und den du mit leben, sitten und heyligkeit volkommlichen anzeygst r , in der leer und weyßheytt übertrifft, müssest auch gleych werden in glück unnd langweriger Seligkeit. Auß Franckfurt am Meyn, auff den drey und zweintzigsten tag des Mert15 zen in dem jar unser Seligkeit fünffzehen hundert drey unnd zweyntzig.

Roma durch botschafft Doct. Jo. Cochlei entbeut allem teütschen landt iren grüß.

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Mein liebe dochter, hör und sehe und beüg dein oren [Ps. 45, 11] zü den zuchtworten deines vatters, umb daz du villeycht nit verlassest das gesatz deiner mütter [Spr. 1, 8], wo s du würdst fürter an lenger anhengig sein den sündern mit namen die Lutherischen genant, welche dich mit schedlicher und neüwer freyheit listiglich verfüren unnd betriegen, also sagende: Selig ist yetzundt Kriechenlandt, selig daz Bohemerlandt, selig sein alle, sich® von Rom abziehen 6 , komm mit uns, du edles, bißhor noch unbefleckts Teutschlandt, mir wollen nach blüt und gut der geistlichen arglistig gedencken [vgl. Spr. 1, 11 — 13]. Ja sagen sie, alle cardinäl, alle bäpst und das gantz romisch zodomitisch geschnür, welchs die kirchen Gottes on underlaß zerbrechen, mit wapen anlauffen, unser händ in irem blüt waschen 7 , ir band züreissen, von uns ire oberkeit, gebüt" und joch abwerffen 8 . Denn daz evangelium und die kirch lassen kein gwalt oder oberkeit zü, alle menschen gesatz sind nichts denn menschen und tyrannische gedieht 9 . Es hat weder bapst noch bischoff oder ander leüt gewalt einer syllaben v groß gesatz über die Christen menschen zü setzen, on ir selbs verwilligung 10 . O wie selig weren die Christen, wenn sie allein dem romischen antichrist nit underworffen weren 11 , darumb komm mit uns, du schönes Teütschlandt, laßt uns verfolgen den konig der antlitzt oder angesichten 12 , das ist, laßt unns die kirchen zerbrechen, die kloster umbkeren, die kelch und ander kirchenkleynet w hynwegnemen, der heyligen bild abthün, die glocken von thürnen nemen, alle güldene, sylbere unnd ander kostlich geschir, siex in der kirchen brauchen, corporal y , altar, mit allem kirchengeschmuck abthün,

n) das ich o) leidtragendes falls t) die sich u) Gebote weihte Meßtücher

p) oder v) Silbe

q) sei r) gleichst s) wenn, w) Kleinode x) die sie y) ge-

Psal. 44 Pro. 1

Luth. in Sylvest.

Pro. 1 Psal. 2 Luth. in Cathari. Luth. in capt. Babylo. Luth. in Sylvest.

Luth. in Cathari.

Luth. de abro, mis.

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Pro. 1 Rom an Teutschlandt

Esai. 3

Psal. 57

Esai. 46 1. Cor. 4

Tertul. de perser.14

Rom. 1

Luc. 22 Heb. 5

Heb. 13 l.Thi. 1

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denn dise ding sein nichts anders denn angesicht des antichrist 13 . Last uns alle pfaffen und münch ermorden, das mir zü iren gutern kommen mugen, denn es sein nichts anders denn beschorn ölgotzen und lauter menschen larven. Nun komm doch her, du teütsches folck, laßt unns alle dise lebendig (gleych wie hell z ) verschlinden 3 , mir werden bey inen fynden allen edlen schätz, unser heüser mitt raub erfüllen, darumb werff dein loß mit uns und laß uns ein b seckel haben [Spr. 1, 12—14]. Mein liebe dochter, mit disen leüten solt du nit geen, verbeut dein fuß von iren wegen, denn ir fließ lauffenn zum boßen und eylen daz blüt zü vergiessen. Aber man würfft das fogell garn vergebeß für die äugen der fogel, also auch sein sie arglistig irem eygen blüt unnd erdichten betroglichkeyt wider ire eygene seien [vgl. Spr. 1, 17. 18]. Darumb solt du inen nit zü willen sein, denn also spricht der herr durch den propheten: O, mein liebeß, welche dich selig sagen, betrigen dich und machen den weg züschanden deines wandelß [Jes. 3, 12], denn inn iren hertzen wirckenn sie schalckheit uff erden und ir hend verschaffen die ungerechtigkeyt, dise sünder haben von irer müter leib an frembde und müge c weg gangen und falsch geredt, ir tobung ist der seer gifftigen schlangen gleich, welch ire oren bestopfft [Ps. 58, 3—5], zü welchen ich in vergangenen zeytten vergebeß gerüffen hab: Höret mich, o ir werden teütschen, ir die von meinem bauch enthalten, von meinem leib gedragen sein [vgl. Jes. 46, 3]. Ich bin euwer wäre müter, denn ich hab eüch in Christo Jesu durch das evangelium geboren [vgl. 1. Kor. 4, 15], ich selbß, sag ich, hab eüch solichß güts than, nit Bohemer, nit Kriechenlandt. Bit darumb, wellet zür danckbarkeit und euwerm nutz mein nachkumling bleiben [1. Kor. 4, 16], daz d ich des herren Christi. Ich hab den rechten beseß e im glauben von altters her, ich hab die rechten festen ursprung, auch von den jhenen, welchs anfenger deß glaubeß gewesen sein. Ich bin der recht erb der heyigen aposteln, wie sie eß durch ir testament verlassen', bevolhen und zü halten hochlich uns ermant haben, also halt ichs, meinen glauben hat auch Sant Paulus gelobt, do er also zü meinen burgern den Romern schreib: Ich sag euwert halben lob und dancken Gott meinen herren durch Jesum Christum, das euwer glaub verkündet wirt in aller weit [Rom. 1,8]. Auch hat Christus für mich in Sant Peters stat gebetten, das mein glaub sol nymmer zergann [vgl. Luk. 22, 32], welcher er auch seiner euwerd halb erhört ist und mich in so vil jaren nie kein ketzerey überwunden hat. Darumb solt ir meinen glauben, im dauff entpfangen, fest und starck halten, wie denn in fürgangenen jaren euwer farfarn den selbigen mit grossenn eren und lob behalten haben, laßt eüch nit durch mancherleye frembde lere abweyssen [vgl. Heb. 13, 7—9], leret auch nyemandts anders denn wie ir von mir entpfangen habt, zieget eüch nit auch ytell geschwetz und tantelrede 8 von den geburten h , welche kein ende nit nemen [1. Tim. 1, 3. 4. 9].

z) die Hölle a) verschlingen rechte d) so wie e) Besitz therbibel : Geschlechtsregister

b) einen (gemeinsamen) f) überlassen, vererbt

c) im Sinne: ung) Fabeln h) Lu-

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Aber die lutteri sehen haben auß hochprächtiger hoffart mich verachtet, wie wol ich sie manigfeltigklich etwan durch hochgelerten, etwan durch ordeliche richter, auch durch mein legaten und geschickten botten gütigklich ermanet hab15. Sein auch nit begnüget gewesen mit Verachtung meiner ermanung wider daz wortt Christi, welcher eüch verachtet, der verachtet mich [Luk. 10, 16], unnd welcher die kirchen nit hört, den haltet als ein ungläubigen unnd offnen sünder [Matth. 18, 17], sonder haben auch meinen ordenlichen gewalt, durch welchen ich die schlüssel deß hymmelreichs in der person Petri von Christo hab entpfangen [vgl. Matth. 16, 19], mit erschrocklichen scheltworten, grausamer schmachworten für aller weit gehandelt, ee das sie meines gewalts eynige straff oder zwang ye entpfunden hetten 16 . Was het ich doch wider sie gethan, das sie wider mich also heff- Luth. in Silvest. tigklich mit solichen worten schreiben: Nun gesegnen dich Gott (sagten sie) du unselig, verloren, gotzßlesterische stat Roma, Gottes zorn (den du verdienet hast) ist1 dich biß zu end überfallenn. Bist nach allem gutem, dir geschehen, als erger unnd böser worden, mir haben die Babylon gesunt gemacht, aber sie ist nit gesunt worden. Darumb wollen mir sie faren und bleiben lassen ein wonung der drachen, larven und anderer teüffelßkopff und nach irem namen ein ewige lesterung, erfült biß an den mundt mit abgotterey deß geytz, mit glaublosen, abtrinnigen, verleückneten Christen, mit unkeuscheit, morderey, symoney und vil anderer der gleichen ungezifer, ist ein sunderlicher tempel aller gotlosykeit. 17 Solch und deßgleichen vil in manch tausent büchern öffentlich in lateinischer und teütscher sprach haben sie wider mich in alle weltt lassen außgann, ee sie von mir durch einigen beschloßlichen sententzJ angetast worden sein. Solich bücher sein (o Teütschlandt) durch alle deine stet freye gedragen, mit grossem spot der unfrummen, mit hohem zorn der frummen hyn und her verkaufft, ee das sie ein büchstaben inen zuwider von mir in meinen bullen gesehen hetten. Nun stell ichs zu dir, mein liebe dochter. Sag doch, was wollest du thün, wenn eine deiner geschwyster in Christo als Italia oder Gallia oder ein ander lanndt oder reich ließ der gleichen schmachbüchlin, dir zu uneren gemacht, frey in allen iren Stetten, eins umb drey haller, verkauffen. Nun bin ich ye dein müter in Christo durch die heylsame widergeburt und ein meysterin deins glaubes, deiner geistlicheit und christlicher zuchtt. Wie kanst du mitt eren lenger dulden oder leyden, das solich dein stieffbruder wider mich, dein müter und meysterin, so öffentlichen mit solicher schmähe und lesterung wieten? Bin ich nit dein Mala. 1 müter, wo bleibt denn mein eer [vgl. Mal. 1, 6]? Bin ich deines glaubes meysterin, mit waz eer vererest du denn mich? Bedenck doch, so etwan einer deiner fürsten in einem offenem spiel oder schimpffrede ist unerlich gerurt worden, mit waz hohem zorn du seyst offt bewegt worden? Wie vil ist aber solich injurien treglicher, denn das ich nun also vil jar durch so manch schmehebüch in allen deinen enden und orten von unerlichen über11 alle schälck und büben, über alle unerlich weyber geschmecht, geunert,

i) hat 40

j) einen einzigen Urteilsspruch

Reformation

k) mehr als

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Exo. 20 Matth. 7 Lampridius in vita Alexandri

2. Tim. 4

Ro. 1

2. Pet. 2 de pe. dis. I.e. homicidiorum

6. q. I.e. deteriores eadem c. seq. 1 Joh 1 Jac. 4

Psal. 100

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getantelt werd, zu mercklichem nachteyl des gantzen christlichen stands? Es hatt ye nye kein Jud, kein Heyd, kein Sarracener, kein Türck soliche schmähe wider mich geschriben oder geredt. Eerest du also (wie Gott gebotten hatt) dein mütter [2. Mose 20, 12]? Diss sag ich dir, mein liebe tochter, das du fürterhyn fürsichtiger seyest unnd fleyssiger haltest das evangelich gebott: Das du nit haben wilt, daz dir geschehe, solt du auch nit einem andern thün [Matth. 7, 12]. Weichs gebot vorzeiten mein strenger fürst Alexander 18 , wie wol er nit Christen waz, also hochlich gehalten hat (wie Lampridius 19 schreibt), das er es in seinem fürstlichen hoff und andern öffentlichen orten schreiben ließ. So du nun nit würdest leyden dein oder deiner fürsten schmähe und unerlich nachrede von andern, so würdst du es auch mit güttem hertzen nit mögen weitter leyden, wiltu du anders1 Christen geacht sein und bleiben, daz ich, aller christlichen kirchen muter, und mein bischoff, aller Christen vatter, wider gotlich, natürlich, menschlich recht von solichen gotslosen menschen also lesterlich, unerlich, schmehlich durch alle deine stette fürter an unstrefflich gerupfft, gezupfft unnd übel gehandelt werd. Sihe, daz du nit in der zal der jhenen begriffen werdest, welch (als der Apostolus sagt) kein gute gesunde lere leiden oder annemen, sonder nach iren begirden und guckenden"1 oren erwolen und bringen sie züsamen meyster [2. Tim. 4, 3], hut dich, daz du nit auch habst (als der groß Gregorius 20 ermanet) guckenden oren, das ist, das du den andern selbs nit übel nachredest oder gern hörest andern übel nachreden, denn übel nachreden ist nit ein kleine sünd, als daz Sant Paulus bezeügt, welcher nach andern erzelten Sünden, do er zu den nachrednern kommen was, vermerckt er sie mit sollicher übergeschrifft: Sie seind von Gott verhaßt [vgl. Rom. 1, 29—32]. Deß gleychen Sant Peter. Sie seind (sagt er) brunnen on wasser unnd nebel durch ungewitter großlich bewegt, welchen die dunckelheit der finsternüß endtlichen behalten ist [2. Pet. 2, 17]. Der bapst Clemens 21 sagt deßgleychen also: Es seind dreyerley todtschlager, wie Sant Peter etwan leret, welche gleycher straff verfallen seind, denn wie die morder, der leüt todtschlager, also seind auch, die den nechsten übel nachreden aber" sie hassen, todtschlager 22 , ja noch vil böser, wie Anacletus 23 sagt, welche der gelerten leben und sitten durch nachreden zürbrechen, denn die° zeitlich gut hynweg nemen, deßhalben erloß, der gemeinschafft der kirchen vertreiben 24 , darumb sagt Alexander 25 , der bapst: Es ist, o ir bruder, ein groß un erec g htikeit, nachreden, denn es statt geschriben, ein yeglicher, der seinem bruder übel nachredt, der ist ein menschenmorder, solicher morder hat kein teyl an dem reich Gotes 26 . Deßgleichen schreibt Sanct Jacobus: Mein lieben bruder, keiner soll dem andern übel nachreden, welcher seinem bruder übel nachredt oder in unbillich verdampt, der redt dem gesatz Gottes übel nach und verdampt das selbig [vgl. Jak. 4, 11]. Hatt nun der heilig geist recht geredt durch den heyigen David: Welcher seinem nechsten nachredt, den hab ich verfolget [Ps. 101, 5]. Wie vil mehr solt du verfol-

1) überhaupt als

m) juckenden

n) oder

o) als die, die

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gen dein stieffkinder, welche nit allein heymlich, sonder auch öffentlich an allen strassen und gassen allem geistlichen folck übel nachreden mit ungehorten falschen schmeheworten. Sihe dich für, mein tochter o Teütschlandt, das dich Gottes räch und straff nit verfolg oder treff, so du dise böse nachklaffer, übel nachreder der christlichen kirchen nit verfolgen würdst. Weystu nit, daz Maria p , Moises schwester, des übel nachredens halb mit außsatz gestrafft warde [4. Mose Num. 12 12, 1 — 10]? Darumb ward auch den vättern, auß q Egypten giengen, das g o ^ gelobt landt entzogen [4. Mose 14, 22. 23], was hetten Chore, Dathan unnd Abiron anders than, welch die erd lebendig verschlicket [4. Mose 16]? eo. 16 Wievil leichter 1 aber was der selbigen nachreden, denn daz mir heüt von den lutherischen durch alle steet und ort geschieht? Man findt nit anders, denn das Maria dise wort geredt hab. Meynt ir, das der herr allein durch Moysen geredt hab? Hat er nit auch mit uns geredt? Deßgleichen woren kein ander wort, durch welche Chore, Dathan unnd Abiron mit irer geselschafft dem schweren zorn Gottes verfielen, denn sie wider Moysen und Aaron sagten: Laßt eüch gnuge, daz alle diß folck der heyligen versamlung sey unnd der herr sey auch bey inen. Warumb erhebt ir eüch über das folck des herren [4. Mose 16, 3]? Nun kan dir ye nitt unwissig sein deiner abtrünniger Christen groß schmachred und lasterwort, wider mich beschehen, dweyl es andern frembden außlendigen lantschafften kundt und wissig ist, auch den abtrünnige Christen zum dickern mal sich des berumen, das man auch in der Türckey die lutherische bucher feyl fynde. Darumb sihe dich für, mein liebe tochter, das dich nicht mitt inen Gottes zorn straff, wo du lenger wurdest durch die finger sehen, du solt dich vil mehr besorgen, das du nit etwan mit grosser neüwer ungehorter straff von Gott geschlagen werdest (welchs Gott alle zeit von dir woll gnediglich wende) solicher neüwer ungehorter grausamer schmachred halb, wo du die selbigen nachklaffer würdest lenger unstraff lassen hyngeen und inen mit der that nit zu wider sein. Fürwar du würdst nit als unschuldig geacht werden, wo du mit ernstlicher gerechtigkeit die münder sollicher übelreder nit stopffest, denn also Ro. 1 sagt S. Paulus, welche übel thün, seind dem todt verpflicht oder haben den tod verwirckt, nit allein die übel thün, sonder auch welche den übelthattern verwilligen und züschlagen s [Rom. 1, 32]. Dweyl nun du nit mit der thatt darwider strebst, so würdst du on allen zweyfel als verwilliger geachtet, nach der gemeinen regel des rechten von Innocencio 27 im buch der geist- dis. 83. c. Error, liehen recht beschriben 28 . Irthumb, dem nit widerstanden, wirt zugelassen und bestetiget, als die warheit wirdt underdruckt, wenn sie nit beschirmt wirdt, denn so man den übelthattern kan mit straff begegnen und strafft sie nit, was ist daz anders, denn übelthat beschützen? Der ist auch nit on argwon heymlicher böser geselschafft', welcher öffentlicher übelthat nit entgegen kompt". Deßhalben wilt du, o Teütschlandt, dich von solichem bösen

p) Miijam q) die aus r) geringer Mittäterschaft u) entgegentritt, -wirkt 40'

s) zugesellen

t) Komplizenschaft,

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argwon für v Gott und den menschen reynigen und erlichen entschuldigen, solt du solichen gemeynes frides und aller erbarkeit Zerstörern mit alle krefften widerstreben, iren mund stopffen, ire unchristliche, voll aller ketzerey schmachbuchlin underdrucken, außreütten w , ja auch gantz vertilcken und zu pulver verbrennen, ire kunheit und vermessenheit dempfen, alles, das im weg der erbarkeit hindernüß ist, abthün und all übel von deinem mittel* gäntzlich hynweg nemen. Sollichs leret dich Gottes gesatz, desy ewangelion Christi, die lere S. Pauli, geystlich recht, keyserlich gebott und gemeinlich aller heyigen vatter lere. Denn also redt das gottlich gesatz: Ist es sach, das mitten under dir etwan wurd entstan ein propheta oder der sich berumbt traums gesicht und wurd zu befestigen seinen irthumb etwas wunderlichs zukünfftigs fürsagen, welches auch also, wie er geredt hette, beschech und würd zü dir sagen: Laß uns hyngeen und dienen frembden gottern, welche du nit kennest, solt du solichs propheten oder traumsehers wort nit hören, denn es versucht eüch Gott, eüwer herr, daz er will offenbar machen, ob ir in auch liebet oder nit, in gantzem eüwerm hertzen und in gantzer eüwer seien, ir solt folgen Gott, ewerm herrn, denselbigen forchten, sein gebot halten und sein stymm hören oder der selbig propheta oder traumßdichter soll getodtet werden, dweyl er geredt hat, euch abzuwenden von Gott, ewerm herren, der eüch auß Egyptenlandt gefürt hat und erloset von dem hauß der dienstbarkeit. Es hat solicher falsch propheta eüch wollen irr machen in dem weg, den dir Got, dein herr, gebotten hat zü geen, diß sol darumb geschehen, daz von deinem mittel das übel werd hynweg genommen [5. Mose 13, 2—6]. Diß sind die wort gotliches gesatz, horestu auch dise wort, mein liebe tochter? Nun war yetz undt ist im mittel under dir entstanden ein apostatischer2, glaubloser, christlichs glaubes abtrinniger propheta, ketzerlicher traumerdichter, Luther genant, welcher mit erschrocklichem getontz der schmachrede, mit hochtrabenden wunderlichen 3 stoltzen wortten dir verkündet unnd dich also leret, laß uns hyngeen und dienen frembden gotten, die mir bißher nie erkant b haben, Wyckleff 29 , Huss 30 , Rockenzan 31 , Zischa 32 und der gleichen schlangen geschmeyß der bohemischer ketzerey, den Egyptiern, in rechter warheit frembden und falschen gottern, laßt uns nun den selbigen dienen, laßt unß die romanisten als S. Peter und sein nachkommen, den die papisten als den grosten apostel und gruntfesten felssen christlicher kirchen feischlichen rumen, verachten, sampt andern heyigen vattern, als den hochwirdigen Anacletum 33 , welches gesatz gantz unnütz seind, Victorem 34 , der des antichrist fürtraber gewesen ist, Silvestrum 35 , der durch übergifft 0 des romischen keysers Constantini 36 die kirch zerbrochen hat, Pelagium 37 , der sich in geystlichen rechten so hoffertiglichen mit unverschempten mund auffblaset, Gregorium 38 , welcher christlicher ubung zü vil anhengig ist gewesen, und alle andern hernach kommen

v) vor w) ausrotten x) aus deiner Mitte, aus deinem Umkreis y) das z) abtrünniger a) wunderbaren b) gekannt c) Übergabe, (überhöhtes) Geschenk

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romische bischoffen, die rechten waren antichrist, die konig der angesicht, Luth. in de abro. die larven, die abgotter diser weit, die teüffelisch gespenst, die thier der missa. unnkeuscheyt, die untrügliche beschwemüß aller weit, welcher gesatz nichts anders denn erdichte lugen, ir priesterthüm larven und puppen werck, ir messen, welche sie für ein opffer halten, die höchste abgotterey und gotlosykeit ist.39 Sihe solich und der gleichen noch vil ander ketzerisch und gotßlesterige lere sagt und schreibt dir dein treuwer propheta Luther durch all dein landt, stett, ort und flecken, das er dich von erlichem alten gebrauch und herkommen, loblichen gotsdienst abzihe, von christlichem glauben deiner fürfar d abtrynnig und in dem weg christlicher warheit von mir entpfangen irr mach, in welchem glauben doch du so vil jar erlichen erwachßen und gestanden bist, zugenommen hast, den selbigen auch so offt und manchmal mit deinem leib und blüt errettet unnd also dick nit mit kleinem lob dein hämisch angezogen hast zu beschützung unnd beschirmung des selbigen glaubes 40 . Wie magst du doch disen, aller deiner eren und deines keyserthümbß, ja auch deines großloblichen, des teütschen namens, sehender und schwecher, nit alsbald von deinem mittel hinnauß werffen. O Teütschlandt, das du doch sehest und erwogest mit waz lachen, spotten, Verachtung andere menschen dises deines traumerß unsinnikeit mehr den bucher lesen, würdst onzweyfel bewegt, solich unere von dir abzüdilcken, den alsbald nach oben angezeigter schrifft lißt man also im text, welcher freveln wirdt und des priesterß gebot, der zu der selbigen zeyt Gott deinem herren dienet, nit wolt gehorsam sein, solicher mensch sol auß urteil des richters gedotet werden und würdst also das boß hynn e nenem von Israhel. Dardurch wurdt das ander volck, so es diß höret, sich in forcht halten, das keiner darnach sich durch hoffait auffblaß oder durch frevel auffwerff [vgl. 5. Mose 13, 10-12]. O Teütschlandt, wolt Gott, du hettest diß Gots gesatz vor disen vier jaren zu hertzen genommen, do der einig Luther mit so grossem hoffertigen frevel wider des höchsten priesters gebot sich offenlichen erhebt, auffwarff unnd widerstrebt 41 , so er doch fürhinn f sich selbs unnd alles sein schreiben den selbigen underworffen het 42 . Fürwar hettest du solichs inn im selbs unbestendigß übel dazumal hinnweggenommen, weren durch luttherische zweyung nit so vil seien verlorn worden. Es het der teüffel in dir nit so vil fridspaltiger, nit so vil des glaubes abtrinniger, nit so vil ketzer, nit so vil schantlicher eepriester6, nit so vil ußgelauffner münch, nit so vil in unzüchtiger ee geschwechter11 nünnen, nit so vil auffrür under dem adell, fürsten und gemeinen volck, nit so vil bürgerlicher inheymischer und außwenniger krieg. Dieweil aber du diesen kleinen funcken nit alsbald (nach dem geheiß Gottes) hast außgeleschet, so erwechßt nun inn dir weiter schadtlicher, mercklicher brandt diser lutherischen ketzerischen sect. Dardurch all recht, eer und billichkeyt wirdt nider gelegt und von dir alle

d) Vorfahren schwängerter

e) hinweg

f) vorher

g) verheirateter Priester

h) ge-

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Apoca. 2

3. Reg. 18

Hiere. 7

Mat. 5

Jo. Cris. ome. 17

Cochläus: Eine christliche Vermahnung Roms an Deutschland

christliche und keyserliche eer genomen wirdt, darzü alle deine ding vermischet mit hussischem auffrür. Darumb bit ich dich, o Teütschlandt, allerliebste dochter, wollest nachzümal1 meinen, deiner mütter, radt annnemmen. Es bedunnckt mich, dir werdt durch denn herrenn gesagt, welchs ettwann durch Johannem gesagt worden ist Epheso: Ich hab etwas wenigs wider dich, du hast dein erste liebe verlorn, darumb bedenck, warvon seyest gefallen und thü büß und dein erste werck. Wo das aber nit geschieht, so komm ich dir und werd den leüchter von seiner Stadt rucken, es sey denn sach, du würdest büß würcken [Offb. 2, 4.5]. Sehe, liebe tochter, so du disem rath folgen würdst, so würdst du in deinem herren gesterckt und syg haben wider alle deine feyndt. Denn hat ein einige^ heiiger propheta Isaias neünthalbhundertk baals und teüffels propheten mügen oblygen1 [l.Kön. 18, 22.40], wie vil mehr würdst du obligen, so du mit so vilen weysen räthen der hochloblichen fürsten, der bischoffen, doctoren und universiteten bewart"1 bist, wenn du mit ernst dich legest wider die irrigen glaublosen lutherische ketzer, welch allen iren hoffen gesteh haben in das ongezogen, auffrurig, karsthansig", ungotsforchtig volck, welchs von tag zü tag sich des raubs oder bettels oder unseliger handtarbeit erneren muß, bey denen kein statt, kein gebot, kein Ordnung gilt, kein wird ist, sonder als° durcheinander babylonisch vermischet mit stinckendem urlaub p und freyheit zü Sünden und die leüt zü schänden und schadigen, mit krufftischer q lesterlicher Vermischung aller schalckheit und mütiger r büberey. Dweyl dir nun zeit und ziel geben ist, so handel dapfferlichen, ee das dir der herr im zorn sag durch den propheten Hieremiam: Dweyl ir Teütsehen alle dise ding volnbracht habt (sagt Gott, der herr) und ich bin fru uffgewesen und euch zeitlich ermanet und ir habts nit wollen hören, ich hab euch geruffen, ir habt mir nitt geantwort, so werd ich disem hauß, inn welchem mein namen ist angeruffen worden, thün, wie ich hab gethan Silo und werd euch von meinem angesicht werffen, wie ich alle eüwer bruder verworffen hab, das gantz geschlecht Effraim [vgl. Jer. 7, 13—15], das ist die orientalischen Aphroß, Kriechen unnd Bohemen, welche wider alle billigkeit und erberkeit, durch lautter hoffart veracht haben Sant Peters kirchen und neuwe güldene kelber anzübetten auffgericht. Auch bezeugt das heylig evangelium, soliche widerspennige ungehorsame ketzer nit lenger zü dulden, denn also sagt der herr: Ergert dich dein recht aug, brechs uß und werffs hinweg. Es ist ye dir besser, das ein glid deins leibs Verderb, den der gantz leib in das ewig feuwer geworffen werd [Matth. 5, 29], über welche wort schreibt also Johannes Crisostomus 43 , dise wort des heim sein nit von lyßs glidern, sunder von leutten unns etlieher gemeinschafft halb zügehorig zü vorstan, also, wenn du yemandts als lieb als dein aug hettest oder der dir als wert und nutz als dein recht hant

i) nachträglich, verspätet j) einziger k) 450 1) besiegen m) bewehrt n) abgeleitet von Karsthans, dem Sinnbild des wehrhaften Bauern o) alles p) Erlaubnis q) ruchloser r) mutwilliger s) losen, unverbundenen

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und doch deiner seien schädlich were, solt du disen von dir hinnweg werffen 44 . Nun vermerck eben die wortt Christi. Er sagt nit, weich ab vonn solicher geselschaft, sunder gebeüt dir der selbigen gentzliche verwerffung und abschneydung also sagende, stechs auß unnd würffs hinweg. 5

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O Teütschlandt, wie so gantz unselig würdstu sein, so du fürter hören würdst disen keppischen münchischen Hieroboam' den Luther, dich feischlichen mit solichen und der gleichen worten in verdrosts weiß verfüren: Selig bist du, o Bohemerlandt, selig seind alle, sich entziehen der gehorsam romischer kirchen 46 . Denn ich sag und weissag dir fürhyn, wo du wurdst frevelich von deiner müter weichen, so werden also vil großer betrubnuß, mer denn die Bohemer, dich überfallen, als vil dein landtschafft grosser ist, glaub mir, dein fürsten seind nit alle dem Wentzeßlao 47 geleich, und ob schon einer den lutherischen anhengig ist, sie wider alle recht und billicheit als ein ketzerischer patron beschützet 48 , doch seind die andern und auch (Gott sey lob) der merer teil also vil deßdo böserer lutherisch, so vil sie besser Christen und so vil den lutherischen zu wider als vil sie gotsforchtiger seind. Denn welcher ist under andern geistlichen oder weltlichen fürsten oder bischoffen, der do wolt ein einige, auch die geringeste statt also haben, als yetzundt ist die gotsloß ketzergrüb Wittenberg? Do nichts christlichs, kein glaub, kein andacht, kein gotsdienst, kein bürgerlich zucht, kein erbarkeit erfunden wirdt, man sihet und höret nichts do denn ein halb münchisch kalp 49 , den Luther, welches die neüwen hussen mit grossen eren, als sie bedunckt, hören von dem pulpet" oder predigstül abher plerren und bläen, nit anders denn wie etwan die Egyptier horten iren abtgott Apim und Anubim. Sihe dises sachßisch halb münchisch kalp umbstan vil treflicher seines lybs verwarer mit namen etliche teütschen poeten, Greculi, Hebreoli, die geckischen oder greckischen unnd hebreischen wolschwatzische, auch vil meineydiger, verlauffner, abtrünniger von orden münch, die sachssischen bier zapffen, follen bauwem, die wilden zweykoppischen ochsen, halb lutherisch, halb, noch iren beduncken, Christen, lutherisch indem sie ein frey stracks urlaub haben von irem wittenbergischen halbmunchischen kalp, kirchen und klostern zu berauben, münch und pfaffen zu veijagen, das sie, wie die Bohemer, ire rent, gült und gut haben mochten, halb Christen nach irem beduncken, daz sie dem kalpsgeplerr kein glauben geben als sie vermeint wider die heilige sacramenta, wider die heiligen concilia gemeiner christlicher kirchen, und als under disen zühorern mancherley leüt, sinn und begird seind, also weiß diß halb munchisch kalp sie mit mancherley weiß, 1er, radt und furschlag meisterlichen zu überreden. Bey disen stot auch unnser her, der probst 50 , sampt andern klugen canonicken, mit großer schar der eelichenn pfaffen, under welchen am ersten erfunden wirt (des man sich billich verwundren mocht) Andreas Carolstadius 51 , eines heßlichen unbartigten angesichtes mit tolpischen augenn,

t) Jerobeam (vgl. 1. Kön. 12ff.)

u) Lehrstuhl, Katheder

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bleychen, schmalen, yngefallen backenn, rüntzlichter stirn, der new breutgam mit seiner hausfrauen 52 , ein ertzdracken, ein alter kärlin, hart, blaich, kalt, ein alter theologus, aber gantz unstät und alweg beweglich, eben als v das kalb jetzundt ein scolasticus, denn ein ecclesiasticus, jetzundt ein biblicus, denn ein Paulinus, jetzundt ein erasiner 53 , denn ein lutterischer, alleweg wanckelmütig, zanckisch, buwerisch, hoffertig, nydisch, der weder im selbs noch dem kalb noch seiner haußdirn unnd beyschläfferin sich vertrauwen darff, dißen und dergleichen leuten blerret das halb münchisch kalb solche heilsame lere. Die priester sollen nit mehr keuschlich leben, allein 3. Regum 1 schlaffen, sunder nach dem exempel David warme junge meidlin bey sich Eccle 4 n e m e n [1- Kön. 1, 2] noch dem spruch der schlifft, wen tzwey beieinander ligen, macht eins das ander warm [Pred. 4, 11], Die prister sollen nit mehr lesen aber murmeln ire gezydt w , man sol kein meß mehr halten, die gezyt und meßpriester sint nichts anders denn lebendige abgot, man sol keinem bischoff, keinem babst gehorsam syn, der babst sye der wäre antichrist, die münch und pfaffen syen syn aposteln und geölt und geschoren abgotter. Diß und derglychen leret diß halb münchisch kalp, diser sachsiß apis 54 , syne unkeusche unzuchtige pfaffen. Doher kompt, das in hertzog Friderichs landt 55 die eewyber werden pfaffenbüleryn, byschlafferyn, eebrecherin unnd das ichs klar sag, nichts denn gemein huren, die jungfrauwen antweder wenig keusch, aber der unkeüscheit hochlich verdacht. Aber wo erwirdige züchtige fraüwen und jungfraüwen syn, die wirt niemants disen kelberischen pfaffen zübrengen, was sol man aber darzü sagen, diß sihet der fürst des lands und schweyget still darzü, sihet durch die finger, villycht darumb, dwyl er selber kein gewiße haüßfraw hat und nie keyner einiger elichen haüßfrawen haüßwirt gewesen ist 56 . Darnach stün auch bye dises kalbß geplerr die Studenten hoher schul mit irem meister Philippo Melanchtone 57 , diser leret das kalp verfluchen alle wysen heiden, mit namen in sünderheit den hochberumbten Aristotelem 58 , verbeüt zü lesen alle natürliche künst, am meinsten die, in welchen man leret tügentlich, sitlich und erlich leben, gebeüt zü verachten die schülgelerten theologos, zu verspotten die statuta der gemeinen concilien, verwerffen und fryhe übertreten gesätz und gebot der hailigen christlichen kirchen, verbrennen brieff, büllen, schrifft und alle rechtsatz der babst 59 . Auß diser unchristlicher lere dises kalbs und magisters Melanchtonis wirt gehertzt und gesteifft die frech jügent, deß halbenn sie sich frey stürtzet in alles übel, lestert unnd verachtet Gott sampt synen hailigen, verunreiniget die kirchen, thüt ab Gottes und der hailigen bildnüß, zerbrichet die altar 60 , achtet keines hailigen fiertags, verspottet die fasten, fressen fleisch, wenn ander leüt noch christlicher Ordnung fasten, fressen, saussen, tryben yre hürerye und fresserye unnd andere büberye, am meisten an den heiligen tagen. Dise Studenten (als wissig der hebreischen und kriechischen Zungen), dweyl sie haben gesehen annotationes Erasmi 61 sampt andern unchristlichen lutherischen und melanchthonischen schrifften, lassen sich be-

v) ebenso wie

w) Gebete zu vorgeschriebenen Tageszeiten

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duncken unnd halten sich auch gelerter denn alle doctores der heiligen geschrifft, sie seyen zu Paryß, Coln, Loven oder anderßwo 62 , die den Luther nit gleich stymmen*, on alle schäm fürziehen y sie sich in iren irthumben den heiligen Ambrosio, Hieronymo, Augustino unnd andern 63 , dürften auch dem kalp zülieb sagen, das solich und andere heiligen, dweil sie im nit gleich schreiben, haben alle geirret, sey auch nichts wäre auff erden denn was daz halb münchisch kalb blerret. Diß seind die jungen venten, knaben, Studenten, yetzundt von iren altern als kindsmordern in die ketzergrub gen Wittenberg zu disem sachssischen kalp, sein gifft, ketzerey und irthumb zu lernen, geschickt werden, über welch sich Gott von hymmel sehr beklagt durch Hieremiam, den heiligen propheten also sagende: Sie Hiere. haben gebauwet hohe altar in dem ort Tophet, welchs ligt in dem tall des kinds Ennon, das sie ire sun unnd dochter verbrenten in dem fewer, welches ich nit gebotten auch in meinem hertzen nit gedacht hab [Jer. 7, 31], und durch den psalmisten: Sie haben ire sün und dochter den teüfeln geopffert, vergossen und züschanden gemacht das unschuldig blüt irer kinder Psal. etc. [Ps. 106, 38], Ach wer kan es gnügsamlichen beschreiben wie so groß sünd und übel thüen yetzund die altern, welch ire kinder, bey inen wol erzogen in gutem glauben, erlichen sitten, züchtigem leben, besserlichen künsten unnd schrifften, schicken nun gen Wittenberg, das sie von dem Philippo Melanchthone unnd dem Luther eintrincken das todtlich gifft aller ketzerey und irthumb, wie denn solich alter sehr gyrig ist aller neüwer lere unnd mehr zu dem bösen denn zü dem besten geneigt, damit sie nit allein sich, sonder auch andere jungen durch erlerte ketzerey vergifften, wenn sie wider heimkommen, leren sie denn der oberkeit nit gehorsam sein, alle christlich gebot freyhe übertretten, christliche kirch nit achten, keines erlichen lebens oder glaubes bleiben etc. Diß und dergleichen irthumb schopffet daselbs yetzundt die jugent, betrogen durch Schönheit der wort, wol reden und geschmückt geschwätz, auch durch falsch beybringen der schlifft und fürschlag evangelischer (doch mer teüffelischer) freyheit, welches die juget yetzundt in ire hertz fasset und also fest inbildet, daz sie ire lebtag nymmer darab lassen, wie man im gemeinen Sprichwort sagt, was zü dem ersten in ein neüwen hafen z gegossen wirt, darnach reücht er auch, so er alt wirt 64 , saget auch Horatius 65 , wenn ein hafen ein geroch an sich gezogen hat, verlieret in nit bald, auß welchem ein yeder man wol nemen mag, das die altern, irea kinder in die ketzergrub gen Wittenberg schicken da selbs von ketzern zü lernen, vil übeler unnd grosser sünd thün, denn wenn sie mit iren eigenen henden ire aigene kinder erwürgen, warumb? Darumb, das sie mit diser that allein den leib, oder b mit dem schicken gen Wittenberg ertodten unnd ermorden sie auch die sele, welche über alle leib besser und edler ist. Darumb schein« es, das die weniger gesündet haben, die ire kinder leiblichen dem teüffel geopffert, denn welch sie gen Wittenberg ge-

x) nicht mit Luther übereinstimmen y) ziehen sie sich selbst vor, stellen sie sich über z) Topf a) die ihre b) aber

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schicket haben oder noch schicken, das also durch ketzerische irthumb ire seien ewiglichen verdampt werden. O, ir altern solicher that schuldig, ir seytt antweder sehr thorichtig oder sehr unmildt gegen ewerm eigenen blütt, als unmenschlich seelmorder ewerer eygener kinder unnd solicher kinder fürwar unwirdig. Auß ewerer grossen sünd halb wirdt (als es scheint) gerechtfertiget daz übel Hiere. 19 derjhenigen, zu welchen Gott erzürnet durch den propheten Hieremiam also redt: Nem war, ich werd über dise statt soliche betrubnuß senden, das einem yegklichen, der es höret, seine oren ersausen, das sie mich verlasse hant und dise Stadt frembd gemacht, darinnen geopffert den frembden gottern, welche noch sie, noch ire väter, noch die konig Juda ye erkant haben. Sie haben dise stat erfült mit dem blüt der unschuldigen und gebaüwen hohe altar dem teüffel Baalim, zü verbrennen darauff ire kinder zu einem gebranten opffer dem selbigen teüffel Baalim, welches ich nit gebotten aber geredt aber auch in mynem hertzen gedacht hab. Darumb nem sie acht die doch fromen, spricht Gott, der herr. Es soll diß ort nit mehr Tüget unnd das dall des sünß Ennon, sünder das däll des todtschlags und mordts genant werden etc. [Jer. 19, 3—6], Sihe, wie schwer dise kindsmorder gesündet haben, ist doch zü besorgen, sie werden ein leichter urteyl tragen diser übelthat am jüngsten tag, denn welch ire kinder wissiglichen dem sachsischen kalp gen Wittenberg itzundt schicken und opffern, dwyl sie nit den lyb, als die vorigen, sünder die seien am ersten ermorden. Syn deßhalben nit allein schuldig an iren kindern und seien, sünder auch an allen andern, welch durch ire kinder in nachkummender zyt durch sollich lütterisch ketzerisch irthumb, mit schonen reden geblümet und geferbet, verfüren und ewiglichen verdammen. Also werden die altern nit allein irer und anderer kinder seelmorder, sünder auch landßverretter und verderber, welches durch woll ertzogen jügent sölt gebessert und ersatzt werden. In diser kelberschül syn auch viel anderer edel und unedel jünckern, reuther, fürstlich amptleüt und hoffgesind, unter welchen wirt der arm elend fraterculus Georgius Spalatinus 66 am höchsten angesehen, als sehr eins erhebten, hoffartiges gemuts, als viel er syns lypß kürtzer ist denn ander leüt. Diser ist syner lar halb auffgenommen in des fürsten hoff, des fürsten radt und secretarien, hat also stat fünden zü schaden den andern, den fürsten also verblent, das er0, der für kurtzer zyt ein loblichen stifft der priester von gründt auffgericht und mit renten und gölten erlichen versehen hat, laßt nün in synem landt uberall mehr denn hüssisch ketzeryen erwachsen, durch ketzerisch lere, leben und predig der verlaüffnen münch unnd des obgemelten Georgi, der dem fürsten angibt und lobet alles, was für das lütterisch kalp dienet, was aber widder das ist, verachtet und verspottet er und legts zum ergsten auß. Diß ist der boß listig fogel, der dem allerschedlichsten ichneunioni d durch lügen und listige umbredt den mündt des fürsten also gekratzt hat, biß das der Lüther gantz hin yn e gefaren ist. Darumb

c) d. h. der Kurfürst

d) Ichneumon, Pharaonsratte

e) in ihn

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er in allem synem landt alles, das gut christlich geberd aber leben antrifft, verderbt, entblost sich syner väterlicher fürstlicher tügent und hat syn hertz und gemüt gegen Got als ein todtß bloch f gantz verstopffet. Wyter, diß kalp erwecket auch das hertz diser zühorer mit synem ketzerischen geplerr, zu berauben die kirchen, zu entblossen die kloster, zu schmeltzen alle güldene und silberin kirchen geschmück und geschirr, als kelch, monstrantzen, rauchfaß und des glychen, leret auch zu enteren® die gewychten h kleider, den münchen all ir rent, gült, gütter faren und ligen1 zu nemen, inen selbs das selbig zuwenden und besitzen, zerbrechen alle stifft, clüsen j und kirchen, das k die priesterschafft nit etwan widder do hyn kum und mit recht erforder, das1 man inen widder Gott, ere und recht mit ketzerlichem gewalt genommen hat. Noch disen stän auch do zu schull das ungeschickt volck der halbgelerten, der gestraifften leien, als schriber, advocaten, fiirsprechen, Schaffner, sampt andern, die in latinischen aber teütschen büchern leßen künnen, deßhalb sie sich beduncken etwas wyters wissen, denn der gemein leie. Disen redt das wittenbergisch kalp, das sich ein ecclesiasten 67 nennet, wie das die hailig schrifftt nit mehr denn ein sinn hab, noch dem büchstab, deßhalben hab Sanctus Hieronymus, Ambrosius, Origenes 68 und andere heilige vater nichts gethan, die doch außlegung der schrifft noch mancherley sinn angezeigt haben. Auch unser doctores der heiligen schrifft (sagt das kalp) wissen nichts von dem glauben, von der gnaden Gottes, von den sacramenten, von Sünden unnd andern dingen die heilige schrifft betreffen. Der einig"1 Taulerus 69 hab in seinen teütschen predigen mehr, besser und christlicher lere, denn alle doctores der heiligen schrifft in vierhundert jaren, gelebt. Es sey der bapst der recht antichrist, die concilia sampt den heiligen vattern haben geirret, kein bischoff sey geleret, die universiteten seyen des teüfels schul, gemein hürheüser der jungen knaben, ein weiter Schlund der hellen, die doctores zu Collen, Loven und Paryß seyen sophisten, betruger, esel, gomorrisch unnd sodomitisch leüt. Sihe auß disen teüffelischen leeren ist nun herkommen, das die selbigen gestreifften leyen bey dem wein, wenn sie auch gnüg sat getruncken haben, den buchstäblichen sinn der heiligen schrifft fürziehen der außlegung durch Thoman 70 , Albertum 71 , Richardum 72 , ja auch S. Hieronymum, Ambrosium und ander heiligen geschehen, deßhalben sie von einem irthumb in den andern fallen, ir ein teil sagen Gots müter, die hochwirdigste ewige jungfrawe Maria, sey nit ewiglich jungfrawe bliben, hab auß manlichem samen mehr kinder (pfuch der schänden) nach Christo gehabt, die andern sagen, Sant Peter sey nie zu Rom gewesen, sey auch den andern aposteln nit fiirgezogen. Die andern leücknen, daz Sant Paulus sey zu Rom umb des glaubens willen gemartert und getödt worden, die andern verleücknen etlich bucher auß der heiligen schrifft als die epistel Sancti Jacobi sampt andern buchern und schrifften der doctoren als Dionysii 73 etc. dem Luther zuwider.

f) Block, Klotz, auch Loch g) entehren h) geweihten liegende (Güter) j) Klausen, Klöster k) damit 1) was

i) fahrende und m) einzige

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Auch findet man in diser kalbsschül die schlechten" ungelerten leyen, welch auß inen selbs unzweifel nit boß, sonder dem glauben und aller erbarkeit hochlich geneigt seind. Aber das kalp, listiger über alle schlangen und fuchs, dise zu verfüren, schlecht 0 er für christliche (als er es nennet) fryheit, durch welch ein itzlicher getauffter christ ist fryhe von allen mensehen gesätzen und oberkeit, darumb syen nichts zu achten der kirchen gebot, der bischoffen bann, ablaß, büllen, romischer bischoff gebot und verbot, fasten, walfart, closterlich gelübd, brüderschafften, mitteilung gütter werck, begencknuß, gedechtnuß, jargezyt, diß sye alles nichts nütz, sye auch vergebeß unnd umbsünst, wenn man etwas diser ding halb außgibt münchen, nünnen, pfaffen, bilgeryn, bethlern etc. Man soll auch kein zinß mehr geben, kein rent, gült, zehen, zoll, kein christenmensch sye menschen gesatzen underworffen, denn es p viel unnd lang er woll. Man soll kein geistlich oberkeit lyden, sey kein underscheid under priestern und leien, alle getaufften syen warlich priester, bäpst, bischoff. Sye alsq erdicht, waz man dem hailigen sacrament der wyhung saget. Alle menschen mogenn meß thün, auff dem feld unnd in der schlaffkammer eben als wol als in der kirchen. Diß und der glych viel anders plerrt diß kalp. Welchem aber einfeltigen leien wolten dise ding nit wolgefallen? Welcher nit auß gütter, christlicher, alter, aufferzogener zucht wird darvon gezogen. Also fallen ir viel, ein teil stän noch, ein teil wanckelen gar sehr, denn wo einer erfunden wirt, der sich von disen ketzerlichen stucken und leren abwenden wolt, alsbald syn dargegen Luther mit synen gesellen durch Scheltwort, fluchen, spotten, verachten, belachen, lutherisch schrifft, dardurch sie die einfeltigen erschrecken, hindergan unnd mit inen zum teüfel bringen. Bey diser kalbsschl sihet man auch das schonr, aber doch schwach wybervolck, in welchenn das wittenbergisch kalp nit als ein propheta aber In histo. Eccle. Ii. ecclesiastes aber evangelist, Sünder als ein keiser sighafftiger überwindet, 7 c. 2675 wie ein ander Paulus Samosatenus 74 syn angesicht fruntlich wendt, sie mit frolichen und der liebe geschickten äugen zum dicker mall ansihet, merckt flissig auff ire roten wenglin, gibt inen ursach, sich anzusehen durch syn geberd, zelet und sihet mit freuden ire zarte münder etc. Under disen sitzen die zanckischen wyber, die kein friden mit irem haußwirt halten kunnen. Auch die unzüchtigen ebrecher, dise leret diß kalp, die ee sey kein sacrament, es mog ein eebrecherin nach ires manß dot den eebrecher zü der ee nemen, man mog sich noch gebrauchen des schaidbüchlynß, welche eeleüt zü bett gescheiden syn, mögen ein iglichs frye zü der ander ee griffenn, nach dem zweitten glid sye kein magschafft s aber geblütß früntschafft hindern an der ee, vil weniger andere grad durch keiserlich recht aber durch die sacrament erwachsen. Hie bey sitzen auch jungfraüwen und witwan, welche dis kalp leret, sie sollen nit also' blybenn, sünder zü elichem stat dretten, es sye kein verdienst der jungfraüwschafft aber witwenschafft, es syen auch nichts denn menschen redt darzü geben. Aber Got hab gebotten

n) schlichten wandtschaft

o) schlägt p) so q) Es sei alles t) so, solche (d. h. Jungfrauen oder Witwen)

r) schöne

s) Ver-

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eelich zu leben und das menschen geschlecht zu meren. Hiebey synt auch die neüwen priester wyber, und das kein standt underwegen blyb, die außgelauffenen nünnen sampt andern unzüchtigen wybern. Dise bestetiget, verdeidiget und leret diß kalp, auß unzuchten Virgil» 76 und unzüchtiger lere und fleischlicher lieb Ovidii 77 nach irer art, und radt inen, dise sol den unkeuschen münch, jhene sol den reichen pfaffen nemen etc. Auß disen newen kalpßleren syn herkommen die wittenbergischen gesätz, die sie in dem vergangenem jare auch anderen statten habenn mitgeteilet78, also lautende: Aller kirchen und kloster rent und gült solt man in einen gemeinen seckel legen, darvon erneren die armen krancken burger. Den priestem und münchen itzundt weren auch etwaz wenigs zu errettung ires lebes, doch also, wenn die gestürben, solten kein ander an ire stat angenommen werden, man solt auch alle altar zerbrechen, verdilcken aller hailigenn bild, kein ablaß verkünden, kein stationireru, kein frembden münch, kein pilgeryn, kein bettler, kein armen schüler ynlassen. Solt auch das hailig sacrament nit mehr für die krancken halten, sünder v dargegen bey den krancken in iren heüsern, wenn es not were, ein gut stück brods gesegnen. Auch solt die meß on alle zierde und gewychte kleider, on geseng, on introituw, offertorio", prefationy, on den canon z , wie sie Christus gestifft hat, gehaltenn werden. O Teütschlandt, sehe doch nun, was frucht, gesatz, lere und Ordnung diser neüw prophet dir gebe in einer einigen kleinen statt, darinnen er wirt als ein neüwer vom himmel aber 3 gefallen Gott geeret. Fürwar, fürwar lernest du disen falschen propheten nit kennen auß sölichen synen fruchten Math. 7 [Matth. 7, 15. 16], so bist du doch nerrischer über alle narren und unverstendiger denn ein unentpfindtlichß bloch. Es hat der Hieroboam auß Prag, der Huß 79 , nit so viel schedlicher irrthumb geleret, do er die aller edleste hauptstatt Pragam von dem hauß David absündert. Waz doch grosses jamers und Übels sollicher statt darauß kommen ist, ich mein, du habst verstanden auß oben angezeigter historien 80 . Nun volget doch diser statt nach in boßheiten, ja gat ir auch in etlichen stücken vor, das elend, arm, katticht b statlyn Wittenberg, gegen Prag kaum ein statt dryer heller wertt, ja nit wert, das sie sol in teütschem landt ein statt genannt werden, welche vor zwaintzig jaren gelerten und ungelerten unbekant was, ein ungesunt, unlieblich erd, on wyngarten, on baumgarten, on fruchtbar bäum, ein bierische kamer, rauch0, frosthalb, on freid, gantz kotticht, waz ist doch in Wittenberg, wenn das schloß, stifft und schul nit weren. Sehest on zwyfel nichts anders do denn lutherische, daz ist kottichte heüser, unrein gassen, alle weg, steg und strassen vol kotß, ein barbarisch volck, die kein ander denn bierische hendel dryben und dryerhellerische kauffmanschafft, ir marckt ist on volck, S t a d t on burger, kleinbürgerliche kleidung do, grosser mangel und armut aller ynwoner. Soll nun dise unwert S t a d t sich in solcher

u) Bettelmönche v) sondern w) Eingangsgesang x) Opfergesang y) die Opferung begleitender Lob- und Dankhymnus z) Konsekration und Opfer a) herab b) kotig c) rauh

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Cochläus : Eine christliche Vermahnung Roms an Deutschland

hoffart, stoltz und frevel erheben, daz sie vermeint new Rom zu werden aber ein neüwen glauben der weit geben. O unverschempte barbarye, was meinst du, das mir gebrechen werd, ob auch Wittenberg von mynen alten gesätzen und Ordnungen unchristlich sich abziehe. Was hat mir geschadet durch ire abscheiden von mir das gantz landt Aphrica? was Egiptenlandt? was das gantz landt in auffgang der sonnen? was Rriechenlandt? was zu dem letzten das Bohemerlandt? muß darumb die romisch kirchen verderben, wenn das stinckend loch, das kottig Wittenberg von ir abfeilt, aber sie mit grossen bochischen worten anfechtet? Pfui der stinckenden nerrischen hoffart, muß ich aber eines barbarischen wittenbergischen kalpß geschrei halb verandern aber faren lassen myn alten gesatz, selige Ordnung, christliche gewonheit, die ich und Sanct Peter und synen nachkommen entpfangen hab, nein ich on allen zwyfel. Haben die romischen keiser, antweder in dem gewalt die grósten, als Traianus 81 , Anthonius 82 , Severus 83 , aber in dem grimm und her tirannye die grülichsten, als Nero 84 , Domicianus 85 , Galienus 86 , Dioclecianus 87 , disen apostolischen stül nit mögen umbstossen, was grosser vermessenheit ists denn, das ein armer elender bettelmünch, ein abtrünniger synes ordens, das wittenbergisch kalp, sólchs darff understän, hat die romisch kirch auch Rom selbs in synen höchsten krefften nit künnen verdilckenn, solt sie denn das unmechtig stetlyn Wittenberg verdilcken. Ist die ere romischer bischoff bliben unverseret, do Rom ward gestürmbt durch die Vißgother 88 , durch die Wandaloß 89 und Hunoß 90 , Ostrogothoß 91 , Longobardos 92 , Sarracenos 93 , Normannos 94 , Ungaros 95 und durch die Türcken 96 , wie solt sie denn umbstürtzen aber außtilcken das unkrefftig dryhallerwert stetlyn Wittenberg und disem gekugelten aller betruglichsten hauptman, dem Luther. Glaub mir myn tochter o Teütschlandt, es wirt romische kirch ire Wirde unnd der apostolische stül syn gewalt halten, noch wie vor, ob auch das gantz Teütschlandt (daz Got versehen und verhüten wòl) sampt den bickhardischen 97 wittenbergern von ir abfielen, durch ein erlösen, abtrünnigen, verleuckneten Christen verfurt, warumb das? Darumb, das den apostolischen stül gegrünt und auffgericht hat nit teütsch ober11 Bohemer aber6 Math. 16 Kriechenlandt, sünder Christus, der herr, selbs, der also sagt: Du bist Petrus und auff den selbigen Petram werd ich myn kirchen baüwen, und die porten aber krefft der hellen sollen sie nümmer überweltigenn [Matth. 16, 18]. Also dise myne ermanung zu dir o Teütschlandt geschickt, nit auß forcht, angst aber sorgen, sünder auß früntlicher lieb unnd mütterlicher sorgfeltigkeit, ich forcht mir nichts für dem unsinnigen ketzergeschrei, welches sie vergebes widder mich auffrorig erheben. Aber dir radt ich das best, ich besorg mich dyn, dynes jamers und elends dir widderfareen würd, myn stül ist von Christo erbaüwet, myn hirten hat Christus selbs yngesetzt. Christus hat für myn glauben gebetten, Christus hat die schlüssel des himmelrichs Sanct Petern geben [Matth. 16, 19]. Christus hat Sanct Peter bevolhen, er sol die andern bruder stercken, hat solichs nit dem Luther aber

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dem Hussen aber dem Wickleff 98 bevolhen. Disen stül hat nit künnen überwältigen Wickleff in Engellandt, nit Huß in Bohemerlandt, es wirt in auch nit überwältigen der Luther in teütschem landt. Es erfreüwet sich auff disen tag Engellandt der gehorsam under bäpstlichem bischoff, derhalb sie außgraben hat des ketzers lyp Wickleffs und in verbrant, syn eschen in das wyt tieff meer zerspreit". Es erseufftzet und beweinet auch synen schaden Bohemerlandt biß auff disen tag, das es sich myner gehorsam entzohen und nit wider ergeben hat. Es het sich langest gantz ergeben (wiewol das grosser teyl widderkert hat, denn es ist nie dem verdampten Hussen gantz anhengig gewesen) allein der gytzf etlicher mechtiger hinder® hellt sie, die wollen mehr on den Christen glauben und on gehorsam der kirchen leben, denn mit gehorsam und glauben widdergeben die gütter der kirchen sie unredlichenn besitzen 100 . Doch mocht mit der zyt disem ein gut wyß erfunden werden, wer villiecht langest geschehen, wenn die neüwen hussen, die lutterischen, sich nit hetten mit irem kalpßgeschrei darzwischen gelegt, die allein mir zü schaden auch dynen friden unnd rüwe zerstören. Aber glaub mir, o Teutschland^ ich sag dir, würdst du den Luther und synen gotßloßen hauffen lenger bey dir behalten und hören, wirt niemants gefärlicher syn denn dir selbs. Ich aber würd den auß mütterlicher zü dir güttigkeit h , mir nit mögen lassen nit leid syn dyn unglück, so ich sehen würd (Got wol es vorkommen1), das dyn glidder sich selbs auß zwitracht einander ermordeten, verbrenten, vertierten, einander an lyb, güttern unnd eren züschanden mechten. Diß ist das ich dir besorg, deßhalben ich dich ermanen, daz du nit lenger bey dir lassest blyben die hussische wurtzel alles kriegß, unfrides, Uneinigkeit anfang, das du den zorn Gottes nit widder dich erweckest, und wie geschriben ist, dein hertz mitten in dir anhebe welck zü werden [Ps. 102, 5], und schick dir Got zü räch und straff der zweiung solichen unfriden, das ein teütsch den andern jämerlichen erwürg, ein bruder den andern ermord, ein nachbaüwer und freundt den andern umbreng, ein fürst sich wider den andern erheb, ein Stadt wider die ander, biß das dein krafft in deinen gliddern erschwechet, gekrencket und gantz vernichtet werde. Diß synt die ding, welch ich sehr besorg dir zükünfftig. Helff dir selbs, volg mynem radt, das villycht dyn kinder noch dir kommen unnd andere frembde pilgeryn dyn landt durchwandern, sich der plagen und straff verwundern, durch Gottes zorn dir widderfaren und sagen also: Warumb hat Gott Teütschlandt also gestrafft? Was ist ursach solichs grausameß zorns? Und werd inen denn dise antwort, darumb ist diß beschehen, das sie verlassen haben das gelübd Gottes des herren unnd einigkeit christlicher kirchen. Hörest du nit itzundt deß glychen von pilgeryn auß Kriechenlandt, aus Asia der kleinern, auß Siria, auß Judea, auß Egipten, auß gantzer Aphrica? Du aber, o Teütschlandt, haltest noch in dir disen dynen ketzer, den Luther, der von also vielen schweren ketzerischen artickeln von gantzer

f) Habgier g) hinter, im Hintergrund zuvorkommen, es verhindern

h) aus mütterlicher Güte zu dir

i) ihm

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Persius112

Cochläus: Eine christliche Vermahnung Roms an Deutschland

christlicher kirchen verklagt, überwunden, bekant und durch redlich urtheil götlichs und menschlicher gesätz verdampt 102 , du last in frye, dyn edle glider also zu schänden machen, allen geistlichen Stenden, ja auch der gantzen Christenheit so schmelichen übel nachreden und schryben, fürstlichem standt und aller óberkeit auffrur erwecken, den christlichen konig von Engellandt also unzüchtiglichen schmehen 103 , des romischen keiserß Caroli gebot verachten 104 , phuch der schänden, wer wirt doch hernach immer solichs glauben, das Teütschlandt verhenckt hab und gelitten sollich stück von einem abtrünnigen außgelauffnen münch, der syns ordeskleider etwan außgeschut, itzundt wider hat angenommen 105 . Wer will das unsern nachkumlingen schryben, das etwan zu den zyten zweier bápst nacheinander, Leonis des zehenden 106 und Adriani des sechsten 107 , under zweien nacheinander romischen keisern Maximiliano 108 und Carolo dem fünfften 109 , sey gewesen ein armer beschlepter bettelmünch Augustiner orden in teütschem landt, in dem kleinen unachbaren státlyn Wittenberg, under dem chürfürsten hertzogen Friderich von Sachsen 110 , under welches schütz unnd schirm der obgenant münch durch mißbrauch des ablaß und haß der weltlichen priesterschafftJ also ein groß theil des volcks, priesterlichs guts dürstig, teütschen landtß hab verfürt in alle ketzerye, nach synem wolgefallen und nachdem er im k ein mercklichen anhang gemacht hab des lychtfertigen volcks, aller menschen schembde 1 und gotßforcht zurucken geschlagen, sich aufferblasen, gescholten, verachtet, verfluchet, verdampt und verbannet den apostolischen stul, bischoffliche und bápstliche wird und römischer kirchen gewalt und mit gantzer roserye m und unsinnigkeit frye geschrien: Selig ist Kriechenlandt, selig Bohemerlandt, selig syn alle sich entziehen der gehorsam romischer kirchen 111 . Auß disem geschrey haben sich gegen der priesterschaft auffgeworffen die unzuchtigen, wilden, vollen bierzappen, die auffrurigen karsthansen, nit anders dann etwan die unsinnigen weiber des abtgotß Bachi, die in die krummen hórner bliesen, das es herwider schallet, disem volck alles, waz auß Rom kommen, ist veracht worden, haben verhasset die apostolischen legaten mehr denn wenn sie von Turcken aber Tattarn aber Moscabiten geschickt weren, haben lieber wollen under den Turcken denn under dem bapst leben, syn der priesterschafft an etlichen orten vil gefárlicher denn den Juden gewesen. Sich also vereidet" mit dem Luther 113 , daz nachdem sie sich haben außgetzogen aller christlicher güttikeit und zucht, verachtet alle gebot christlicher kirchen, verspottet allen christlichen gebrauch, auch alle sacrament, verleugnen sie nun zu ewiger Unehre teütschem landt Gots mütter ewiglichen jungfraüw bliben, Sanct Peter zü Rom gewesen, die sieben sacrament der kirchen, vernichtigen alle keuscheit aller geistlichen, fresser eyer und fleisch in der fasten, leren kein fyertag zu halten, verspotten gutte werck, vernichtigen auffgesätzte fasten, verbieten und mißraten die orenbycht, hetten lust und begird zubrechen alle gotßheüser, kir-

j) d. h. wegen Mißbrauchs des Ablasses und Hasses auf die Verweltlichung der Priesterschaft k) sich 1) Scham m) Raserei n) verschworen

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chen und klôster, verbieten in der kirchen zu singen die sieben gezyt, die messen gebieten sie abzüthun, kein fürbit vor die todten thun, alle priesterschafft und geistlicheit verdilcken, kein haiigen oder hailthum eren, der bild der haiigen sampt allem gütlichem dienst abthun. Dise ding hat der Luther durch syn wort und schryben synen vereidten und geschwornen lutherischen geleret und frey unstrâfflich durch alle landt und stätt zügeschickt, welche im mehr haben glauben geben, denn allen bischoffen, doctoren, haiigen vâtern ye gewesen, als sey der haiigen Hieronimi, Augustini, Ambrosii und der anderer schrifft, lere und außlegung der schlifft nichts wert, soi und muß all ir urtheil sampt bâpstlicher bullen und bann, auß ketzerlichem edict unnd gebot des Luthers halb verachtet syn. O Teütschlandt, was werden dyn nachkommen darzû sagen? Meinstu auch, das sie sôllichen dingen sollen werden glauben geben? Meinstu nit, sie werden mit füsten 0 und spiessen schedigen, welch sôllich stück von iren alten sagen oder schryben würden? Wie viel mehr denn sie sich Schemen werden, wenn sie dise dinge werden sehen und lesen in öffentlichen historien mit der warheit bezeuget? Warumb woltst du sôllich schand dynen nachkommen zü unerlichem erb lassen, der sie sich müsten ewiglichen schämen? Warumb schnydst du denn nit alsbald ab dise böse wurtzel sôllicher schand? Weß warttest du lenger? Waz zwyfelst du? Wie viel syn noch gutter frummen Christen in dir, die diß begeren und heimlich klagen und weinen, also sprechen: Diß geschehe on alle zwyfel, wo doch ein ader Persius114 unser väterlicher erbarkeit in uns were, darumb sôlt stu starcklich rechen den glauben dyner alten, und christlichen glauben und leben, du von dynen vättern entpfangen hast, onverseret, on mackel, on runtzeln dynen nachkommen lassen, wer p auß von dir dynen betruber, veijag die grindige schaff, schnyd ab die gifftige wurtzel, verbrenn den lebendigen zünner aller boßheit, die lutherischen bucher, das deinen nachkommen nit entblôst werden die schäm deiner vâtter [Hes. 22, 10]. Fôrcht Gott, den gewissen straffer aller uneinikeit, eer den römischen bischoff, den waren hirten der gotßschâfflin, welches stimm die frembden schaff, Got unbekant q , nit hören, so auch der ungläubig keiser Aurelianus 115 gebotten hat, im gehorsam zu thun, wie oben ist anzeigt. Darumb sôltest du viel mehr geacht haben und gehorsam gehalten haben dem christlichen deinem keiser Carolo in seinem gebot, das er hat zu Worms lassen außgan mit verwilligung aller fürsten, stätt und stend 116 . Warumb last man noch allenthalb des Luthers verdampte bucher frey feil haben, kauffen und verkauffen? Wie laßt er noch also viel neüwer bucher drücken und in alle weit zerstraüwen? Wer wirt also viel seien, durch dise ketzerische lere verderbt, wider selig machen, auß welches henden wirt Got ir blut ersuchen? O, wie unseliger zwei jar 1 1 7 hast du itzunde gehabt, in welchen so offt ist gesundiget worden wider Got, christliche kirchen, apostolischen stul, geistlich und weltlich recht, wider das alt christlich herkommen leben, wider den Christenglauben der alten, wider alten gutten

o) Fäusten 41

Reformation

p) wehre

q) denen Gott unbekannt ist

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Hist. eccle. lib. 5 ca. 27 24. q. c. fi.

Pia. de viris pontifi.

1. q. c. Convenientibus

Hiere. 2

Math. 16

Cochläus: Eine christliche Vermahnung Roms an Deutschland

gebrauch, wider alle gutte sitten durch erlaubung einer fürgeschlagen teüfelischen freiheit. Fürwar hat Got der mechtigen stat Antiochia nit geschonet 118 , wirt auch dir nit schonen, du reutest denn bald gründtlich auß den lutherischen unflat und irrthum, der dich hundert mal zu viel schwerlichern Sünden bracht hat, denn Paulus 119 die Antiocener, denn Arrius 120 , Nestori- 5 us 121 oder Macharius 122 die seinen. Dise ketzer haben auch etlich verfürt, aber doch ein iglicher in einigem irrthum, als Paulus, do er sagt, Christus were nit war Got, sunder ein pur mensch, welch ketzerey vor im erwachsen was von den ketzern Artemone 123 und Theodoto 124 zu den zeiten des bapsts Victoris 125 , under dem römischen fürsten Severo 126 verdampt, wie 10 denn Eusebius schreybt 127 . Arrius sagt, Christus wer nit einer natur mit Gott, dem vatter. Nestorius meinet, es weren zwo personen in Christo, eine were Got, die ander were mensch, wie denn Gratianus 128 auß Isidoro 129 sagt 130 . Deßhalben wolt er Mariam nit erkennen für Gottes gebereryn eines menschen. Diser, wiewol er was ein constantinopolitaner bischoff, was er 15 doch darvor ein antiocener priester unnd prediger, zü welcher zeyt er viel bücher schryb unnd das gifft seines irrthumß dem gemeinen volck eingoß, wie das bezeugt Ennadius de viris illustribus 131 . Macharius, der ketzer, was ein antiocener patriarch unnd hing an dem irrthum Monotelitarum und sagt, Christus het allein ein willen und ein wirckung. Diser ward under 20 dem bapst Agathone 132 zü Constantinopel in dem sechsten concilio (als Piatina schreybt 133 ) von zweyhundert unnd neunundachtzig bischoffen verdampt und abgesatzt, und Theophanius, ein abt, an sein statt erweit. Do aber Macharius seines bistumbß verdriben ward und gen Rom kam, gab im der bapst Benedictas der ander 134 viertzig tag frist, das er solt von seynem 25 irrthum abstan. Hat diß aber nit thun wollen, diß beschreybt Gratianus auß den geschichten des siebenden conciliumß 135 . Was ist aber alles diß, o Teütschlandt, gegen der grossen lutherischen mancherley ketzerey? Fürwar Antiochia hat sich viel redlicher gehalten gegen iren ketzern, welche sie alßbald veijagt und außgetrieben hat, denn du 30 dich gehalten hast gegen dem ketzer Luther, der doch in so vielen ketzereyen von der gantzen kirchen verdampt und verbant ist, laßt in mitten under dir frey sicher bleiben zü ewiger verdamnuß mancher tausent seien. Du besorgst dich nit, das dir Gott sag durch den propheten Hieremiam: Betrübt und verändert doch euch, o ir ober und under himmel, über diß 35 mein volck, hat sein eer verwandlet in ein abtgot, haben mich, den brunnen des lebendigen wassers, verlassen und ingegraben locherichte cisternen, die kein wasser behalten mögen [Jer. 2, 11 — 13], wie diser münch nichts wares behalten kan, der im selbs züwider in so mancherlei wideriger lar auß synes gemüts unbestendigkeit zerflußt. Syn denn die wort Christi 40 war, die er sagt zü S.Peter: Dir werd ich geben die schlüssel des himmels, was du würdst binden auff erden sol gebunden syn in himmeln [Matth. 16, 19], wie viel meinst du nun, das seien mit ewiglichen banden gebunden syen durch disen teüfelischen münch, welchen der nachkommender Sancti Petri, der bapst Leo der zehend, hat für zweien jaren verbant und ver- 45 dampt136 mit allen im anhangen, in hausen und herbergen, inen schützen und schirmen, syn bücher lesen, hören, loben, bey inen behalten. O Gott,

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wie viel syn in dryen jaren verdampt worden, vil getodtet worden, viel noch leben lyplich, an der seien todt durch disen bann? Ir syn vil, die bäpstlichen bann verachten und in nennen die kalt dunner ackßr. Aber Christus sagt uns, mir sollen die selbigen als die ungläubige und offne sünder halten [Matth. 18, 17]. Auch ist kein zwyfel, es werd am jüngsten tag im letzsten urtheil den ungläubigen viel gnediglicher ergan, denn disen falschen Christen, dürren glidern, abgeschnitten von dem lyp Christi, wie denn Christus an vielen orten bezeugt als mit namenn s , do er sagt: Wee dir, Chorozaim, wee dir, Bethsaida etc. [Matth. 11, 21; Luk. 10, 13] und do er sagt: Die mann von Ninive werden am jüngsten tag aufferstan wider diß geschlecht etc. [Matth. 12, 41], viel von auff und nidergang der sonnen werden kommen und rüwen im himmelrych mit Abraham, Isaac und Jacob, aber die kinder des rychs werden außgeworffen werden in eusserliche finstemuß [Matth. 8, 11. 12]. Der knecht, welcher weißt den willen synes herren etc. [Luk. 12, 47]. Fürwar, wenn solich wunderwerck geschehen weren bey den Zodomiten, weren villicht biß auff disen tag bliben. Aber doch sag ich dir, es wirt den Zodomitern am jüngsten tag baß' dann dir ergan, was würdst du nun, o Teütschlandt, zu disen und deß gleichen wortten Christi sagen? Hast du nit über funfftzehenhundert jar in dir erfaren die wunderwerck Christi? Warumb last du den Christum und hängst dem Luther und den seinen an wider Christum, welche dir doch erger sein denn kein ungläubiger nie gewesen ist, deren keiner nie geschriben oder gehandelt hat als die luterhischen? Welch die christlich kirch also verachten, S. Peters schlüssel belachen, den apostolischen stul schmehen, lestern und underdrücken, nit in außwendigen landen, sonder mitten in dir, o Teütschlandt. Was würdst du doch Christo antworten, was würdst du im geben für all so viel verdampter seien, für welche er gestorben ist und sein haiiges blut vergossen hat? Hast du kein zweyfel an dem bäpstlichen bann wider die lutherer, warumb schweigst du denn still und sihest durch die finger und haltest nit, das dir darinnen verbotten ist? Wiewol auch ungerechter bann gedultiglich zü leiden und nit zu verachten ist, als denn Luther selbs, ehe das die hell inen verschluckt het, gelert hat 137 , denn das verachten macht schuldig und der straff verfallen 138 . Aber glaub mir, o tochter, diser bäpstlicher bann und urtheil wider die lutherischen, von dem bapst Leone dem zehenden gefeit, ist also auffrichtig, der vernunfft unnd allen gesätzen gemeß, das in niemants christlich verwerffen wirt oder verachten, denn wie oben bewysen, ist er gemeß gotlichem gesätz, evangelischer und apostolischer lere, gegrundt in prophetischen buchern, einhellig den conciliis und geistlichen rechten, bestettiget durch keiserlich gesatz, historien und episteln der haiigen vatter, befestiget mit exempeln und gebotten der haiigen aposteln Petri und Pauli und Joannis des evangelisten, denn also sagt S. Peter zü dem ersten ketzer Simone dem zauberer: Du must mit deinem gelt verdampt

r) Donneraxt (als Sprichwort bei Wander nicht nachgewiesen) t) besser 41

s) namentlich

Math. 18

Math. 11 Luce 10 Math. 12

Math. 8 Luce 12

1. Corin. 8

11. q. 3. c.

Num. [4. Mose] 16 Deut. [5. Mose] 13 et 17

Actuum 8

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sein, dweil du vermeint hast, Gottes genaden durch gelt zu überkommen, du hast kein teil in diser red, dweil dein hertz nit recht ist für Got [Apg. 8, 20. 21], Nun het diser Simon weniger gesündiget denn Luther mit den seinen itzundt durch funff jar gesündiget hat, denn Simon het nur ein sünd volnbracht, aber des Luthers sünd, wer wilß alle ertzelen? S. Paulus über1. Timo. 1 liffert dem teufel Alexandrum und Hymeneum, das sie nit mehr Got lesterten [1. Tim. 1, 20], wie viel grösser aber und viel mehr sein der Lutherer gotßlesterung und ketzereyen, denn diser zweyer. Sanct Paulus ergab ein l.Corin. 5 Corinthier umb einer sünd willen dem teufel [1. Kor. 5, 5], wie viel aber grösser sünd und schand hat der Luther mit den seinen durch alle Christenheit gemacht? Auch do Sanct Paulus in Epheso auff ein zeyt gepredigt het, und die Act. 19 Christen worden waren, verbranten Got zu ehr ire fürwitzige bûcher, mit den sie vorhyn waren umbgangen, welche wol funfftzig tausent groschen wert waren [Apg. 19, 19], nun sein Luthers bûcher nit allein fürwitzig, sonder auch gottlosig, unchristisch, auffrûrig, gotßlesterich, schentlich, unzüchtig, verfurig, gutter frummer leut ergerlich, warumb verbrenst du sie denn nit alle zusammen in einen hauffen? Wie wilt du dich gegen Got, den menschen unnd den haiigen verantworten, das du den noch bey dir leydest, der für dreyen jaren ir haiige schrifft, lere und ermanung also schentlich verbrent hat 1 3 9 ? Sihe du haltest in noch, druckst im noch sein ketzerlich bucher, last sie noch öffentlichen on zall verkauffen, kauften, lesen, singen, loben, predigen, on die, welch man hinder halt" heimlich zu verfurung der nachkommender. Ach, Teütschlandt, warumb bedenckst du nit Gottes straff und räch, dein letztes und des jüngsten tags urtheil? Was werden doch die elenden erlosen tropffen Gott dem herren denn antwortten, welch dieselbigen verbanten bûcher itzundt dichten und verkauffen, die itzundt sich nit mögen gegen den menschen verantworten? Bedunckt aber sie, der bâpstlich sententz sey unrecht, warumb beweysen sie das nit mit schrifften oder redlichen Ursachen? Warumb belachen und verspotten sie es on ursach? Was soll aber dise unsinnige weyß? Es were in ye besser, das sie kein menschen weren und mit der gewalt Sancti Petri hie auff erden nit also gebunden wurden, das sie auch darnach zü ewiger pein kommen müssen? Ja, môchst du sagen, warumb bindet denn der bapst also hert und schonet nit den armen? Hör zu, wie kan der bapst schonen, welchen noch Christus noch sie selber inen selbst nit schonen? Denn sie sündigen on zweyfel auß eigener boßheit, was were inen besser, denn sie Hessen den ketzer vor sich, behalten ir gelt, welchs sie umb sein verdampte bûcher unnutzlich außgeben, behielten auch iren gutten alten Christenglauben, das sie nit etwan zu der ewigen verdampnuß brengen die bucher, das gelt und mißglaub miteinander. Das aber der bapst hat sölichen sententz gefeit, ist er gezwungen worden auß erforderung seines ampts, auß Gotß gebot, auß gewalt gotlichs unnd menschlichs rechts, hat disem nit können entweichen, darffst auch nit gedencken, das ein bapst ymmer mehr disen sententz wi-

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derruffen oder den bann abthun werde wider Gottes gesätz, wider alle schlifft und alten brauch der kirchen mehr denn funfftzehenhundert jar gewert, welches ich dir durch nachvolgens exempel wil beweysen. Zu den zeyten des keisers Anastasii 140 und des konigs Gothorum Theoderici 141 was ein bapst mit namen Anastasius der zweyt 142 , von dem zohen sich viel auß der geistlichen umb deß willen, das er het gemeinschafft gehabt mit dem diacken Photino von Thessalonica 143 , welcher het geselschafft gehabt mit dem constantinopolischen abt Achacio 144 , einem verdampten ketzer in der ketzerey Enthicetis, welchen die vorigen bapst Felix der drit 145 und Gelasius der erst 146 verbant hetten. Dweil aber der bapst wolt dem keiser zu lieb den selbigen Achacium wider zu genaden nemen heimlich und vermocht es doch nicht, ist er durch Got mit dem jehen todt gestrafft worden, diß schreibt Gracianus 147 . Deßgleichen sagt auch Piatina 148 : Es sein etlich, Dis. 19. c. fi. die sagen, sein gedermß sey im auß seinem leyb in das heimlich gemach gefallen, so er nothalb der natur do hin gieng, ist ein jar bapst gewesen, zehen monat, vierundzwaintzig tag, blib der romisch stul lehr biß an den vierdten tag, do wart erweit an sein statt Simmachius 149 , ein Sardus. Hörest du wol diß, o Teütschlandt? Ach, das alle lutherischen diß zü hertzen nemen, wie diser bapst, ein Romer von geburt und landt, so hochlieh geschmecht wirt, das er mit einem verbanten het gemeinschafft gehabt, mir haben itzundt den zweyhundert und dreyssigsten romischer kirchen bischoff Adrianum den sechsten, welcher der geburt halb ein Teütscher ist, von nidderem teütschen landt, einer herrlichen S t a d t , Masterych genant 150 , in die S t a d t Leonis des zehenden 151 in vergangenem jar, durch Gotß sonderlieh genad, als alle frummen Christen bezeugen erweit, der nit zü Rom was in der zeit seiner erwelung, sonder in Hispaniis regiret 152 , der sich diser hoher wird gantz nichts versehen oder verhofft het. Nun ließ von dem ersten bapst an biß auff disen letzten und sehe, ob du auch deßgleichen findest, wie oben ist gesagt von dem zweiten Anastasio. Gracianus trifft in schwerlich, Piatina schonet sein nichts noch seins vatters landts Rom, noch seiner wird, noch seiner lere, die mit grosser ere anzeigt wirt in fragmentis. Welcher bapst wirt sich nun nit erschrecken dises exempels und deßhalben kein gemeinschafft ymmer mehr mit den lutherischen haben? Denn des Luthers ketzerey ist viel böser, denn des ketzers Achacii. Darumb ob schon würden für in bitten keiser, churfursten, fürsten, werden nichts schaffen denn in selbs ein unerlichs werck. Es wirt on zweifei kein bapst die obentheüwer bestan, als Anastasius der zweit dem keiser Anastasio zü lieb gethan hat, und ob ein bapst würd, der Gotß, sein selbst und des apostolischen stuls vergessen würd und dem Luther und den seinen anhangen, der wirt on zweyfel also schwerer räch Gots über sich leiden, als viel das lutherisch übel und ketzerey das irrthum Achacii übertrifft. Es was gar ein kleiner irrthum Photini, mit dem der bapst gemeinschafft hett, gegen den gotßlesterischen lutherischen ketzereyen, darumb durffen die lutherischen nichts hoffen auff ein zukünftigen bapst, denn es wirt kein bapst den sententz Leonis des zehenden, für Got und den menschen gerecht, ymmer mehr widerruffen, wie auch der anderer bapst sententz, wider die ketzer geben, fest und unverruckt bleyben.

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Nun denck, o Teütschlandt, was du dem unkeuschen Luther schencken solst, der dir deines Christen glaubes jungfraüwschafft am ersten genommen hat, denn vor im hast du kein sollichen ertzketzer, auffrurigen, schalckhafftigen, erlosen landtßverretter gehabt, du hast dich in deynen alten fürfarn redlicher gehalten wider die hussischen ketzer, welch itzundt diß lutherisch ketzerey rechtfertiget, denn das du durch disen erlosen ketzer soltest vom rechten glauben abgezogen, wider gehorsam des romischen stuls und wider die gantzen kirchen etwas frevelichs handeln, wie du auch gnugsam auß oben angezogen historien ermanet bist, und das du disen dingen auch grossem glauben gebest, will ich hie einziehen des Luthers Luth. in Cath. Ii. 2 eigen wort, die er schreybt wider Catharinum also lauten: Es hat nie keiner glückseligen dem bapst widerstrebt, wie denn all historici der Walen sich rümen und war v damit sagen, wenn man unglück heist, gefarlicheit und schaden des lobesw, der ehren und anderer zeytlicher ding 153 , diß sagt Luther, was wardst* du nun guttes, o Teütschlandt, von disem schalckhafftigen landtßverretter, deßgleichen die sonn nit hat Überschinnen? Er sagt selbs, es hab niemants dem bapst glucklichen widerstrebt, und dameben treybt er auff keiser und fürsten nit allein dem bapst zuwider, sonder das sie in sampt allen romischen geistlichen erschlagen unnd ire hend waschen in irem blut 154 . Er bekent, man verfall durch ungehorsam des bapsts y gefarlicheit und schaden an leben, ehr und gut und hört doch nit auff, die deinen zu bewegen wider den bapst. Er schreybt auch über die epistel ad Galathas, das die zweiung und abtrünnigkeit der Bohemer von romischer kirchen mog mit keiner redlichen ursach entschuldiget und verantwort werden, das sie nitz sey unerlich und zuwider allen gesatzen Christi, denn sie ist und bleibet wider die lieb, darinnen alle gesatz eins sein 155 , und doch bald darnach schreyb er dargegen. Selig ist Kriechen und Bohemerlandt, selig alle, sich von romischer gehorsam entziehen 156 . Wie meinst du nun, o Teütschlandt mein liebe tochter? Bedunckt dichs gut sein, das du disem unstetten abtrünnigen volgest wider die romisehe kirch, und also unseligklichen, das du auch ehr, gut gerucht3, zeytlich gut unnd das leben entlichen verlierest? Woltest du auch also vermessen sein, das du im wider Gott dein herren volgest? Also redt b dir diser dein prophet, der schalckhafftig landtßverreter und seelmorder. Aber das gesatz Gottes, die prophetische redth, das evangelium Christi, die apostolische lere, gebot keiserlicher und geistlicher gesatz, gewalt christlicher kirchen, die werck und exempel der haiigen und das christlich leben deiner fürfahr leret dich anders, als ich oben geschriben hab. Gang nun in dein hertz und frag dein eigen conscientz c , ob es auch nütz oder billich oder zimlich sey, das du einem sollichen leichtfertigen unstetten ketzer anhangest, zu Verlust deiner ehre, guts geruchts und lebeß. Aber das ich das end gleich dem

v) wahr w) des Lebens, Leibes (im Original Luthers: vitae) x) erwartest y) gegenüber dem Papst z) steht hier wohl fälschlich; im Original: quiu sit impium et Christi omnibus legibus contrarium a) guten Leumund b) rät c) Gewissen

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anfang schließ, so erman ich dich mit der weyßheit, die also redt: O, ir Prover. 1 kleinen kinder, wie lang wolt ir das unsprechen lieb haben, und ir narren begeren, was euch schedlich ist, und ir thorichten hassen die kunst und das wissen? Bekeret euch zu meiner straff, welcher mich höret, der wirt ruwen 5 on erschrecken, und wirt von in genommen werden die forcht alles Übels und leids und wirt haben allen friden und alles gut überschwencklich [Spr. 1, 22. 23. 33]. Das geb uns Gott von hymmel. Amen.

A ) Vorbemerkung Druckvorlage: Ein Christliche verllmanung der heyligen stat II Rom an das Teütsch=lllandt/ yr Tochter im II Christlichen glau=llben. Durch Jollhannem Co=ll chleum. II Verteütscht durch Doctor II Johannem Dietenberger. II [TE] [Tübingen: Ulrich Morhart d. Ä. 1524.] 4° 46 Bl. Sign: A-J 4 K 6 L 4 . - Weller 2385. Spahn 18. VD 16 C 4363. Köhler 551. - SB PK Berlin: Cu 1524 R. Zur Entstehung: Johannes Cochläus (vgl. oben Nr. 16 Zur Entstehung) war seit 1521 Gegner Luthers, ohne selbst die Reformbedürftigkeit der Kirche zu übersehen. Nach der Papstwahl Hadrians VI. (9. Januar 1522, Krönung erst nach seiner Ankunft in Rom am 31. August 1522) erhielt er von diesem ein Berufungsschreiben zur Mitarbeit an Reformüberlegungen in Rom, das er am 20. September 1523 seinem Kapitel vorlegte. Bereits einen Tag später trat er die Reise nach Rom an, offenbar ohne zu wissen, daß der Papst am 14. September gestorben war. Die Entstehungszeit der vorliegenden Schrift läßt sich auf den März 1523 eingrenzen. Dafür spricht nicht nur das Datum der Vorrede (23. März 1523), sondern auch der indirekte Bezug auf Luthers Deutung des „Mönchskalbes" von Freiberg (vgl. unten Anm. 49), die erst Anfang März erschienen war. Geht man davon aus, daß er die Schrift tatsächlich an Hadrian VI. geschickt hat, könnte der Ruf nach Rom auch eine Reaktion auf sie gewesen sein. Die von Johannes Dietenberger (zu ihm vgl. oben Nr. 23 und Nr. 26 Zur Entstehung) angefertigte Übersetzung erschien erst 1524 (bei Ulrich Morhart in Tübingen — vgl. Spahn, Nr. 18), allerdings noch vor dem lateinischen Original (1525 - ebd. Nr. 29). Literatur: Bäumer, Cochläus (zu Cochläus allgemein; zu dieser Schrift nur die unbelegte und falsche Mitteilung, sie sei „im Februar 1523 publiziert"); Spahn, Cochläus, S. 105-108; Wedewer, Dietenberger, S. 2 8 7 - 2 9 5 (Inhaltsangabe mit Zitaten).

B)

Sacherläuterungen

1 Hadrian VI. wurde als Adrian Floriszoon Boejens 1459 in Utrecht geboren (Adrian von Utrecht; Cochläus nennt Maastricht als Geburtsort), wurde 1491 Theologieprofessor an der Universität Löwen, ab 1507 einer der Erzieher des späteren Kaisers Karl V. (vgl. unten Anm. 3). Seit 1516 Bischof von Tortoga in Spanien und seit 1517 Kardinal, wurde er am 9. Januar 1522 zum Papst gewählt. Auf dem Reichstag von Nürnberg 1522/1523 ließ er ein Schuldbekenntnis der römischen Kurie an den Zuständen in der Kirche vortragen und bekundete die Bereitschaft zu Reformen. Sie blieb wegen des bereits am 14. September 1523 erfolgten Todes des Papstes wirkungslos.

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2 C. tituliert hier und im folgenden die Niederlande als Niederdeutschland. 3 Kaiser Karl V. (1519-1556, f 1558) war 1500 in Gent geboren worden und seit 1516 König von Spanien. Als Enkel Kaiser Maximilians I. (1493—1519) galt er als „edles deutsches Blut". 4 König Karl hatte, als er im Mai 1520 als Kaiser nach Deutschland aufbrach, Hadrian als seinen Statthalter in Spanien eingesetzt. Das gab den letzten Anstoß zu dem großen Aufstand der Comunidades (Communeros), der sich u. a. gegen den ausländischen Statthalter richtete. Darauf spielt C. hier an. 5 Papst Hadrian I. (772—795); sein Geburtsjahr — und damit die Lebenszeit, auf die C. anspielt — ist nicht überliefert. Der Wunsch erfüllte sich nicht. Hadrian VI. starb wenige Monate später. 6 Martin Luther an Sylvester Prierias, in: WA 6, S. 329; vgl. auch Luthers Babylonica, ebd. S. 505. 7 Ebd. S. 347. 8 Luthers Antwort an Ambrosius Catharinus, in: WA 7, S. 705—778, vgl. die Vorrede an Wentzeslaus Linck, S. 706. 9 Ebd. S. 721. 10 Luther, De captivitate Babylonica . . . , in: WA 6, S. 536; Delius, Luther, Bd. 2, S. 219. 11 WA 6, S. 347. 12 WA 7, S. 730. 13 Luther, De abroganda missa privata, in: WA 8, S. 419 u.ö.; vgl. auch die Babylonica, in: WA 6, S. 512; Delius, Luther, Bd. 2, S. 193. 14 Quintus Septimus Florens Tertullianus (um 160—um 220); gemeint ist wohl De praescriptione haereticorum, in: Corp. Christ., Bd. 1, S. 185ff. 15 Anspielung auf die erste Vorladung Luthers durch Cajetan, das Gutachten Prierias' und die Anklageerhebung vor dem Richter Ghinucci, das Verhör durch Cajetan in Augsburg und die Mission Miltitz' im Vorfeld des Ketzerprozesses (vgl. Brecht, Luther, Bd. 1, S. 232ff.). 16 Anspielung auf Lutherschriften gegen das Papsttum wie die bereits mehrfach erwähnten gegen Prierias, gegen Catharinus und die Babylonica (vgl. Anm. 6, 8), aber auch solche gegen Alveldt (vgl. oben Nr. 2 Zur Entstehung), die Adelsschrift u. a., die alle vor der Veröffentlichung der Bannandrohungsbulle erschienen. 17 WA 6, S. 329. 18 Alexander Severus, römischer Kaiser (222—235), galt als besonders gerecht, auch gegenüber Christen. 19 Aelius Lampridius, römischer Geschichtsschreiber des 4. Jh., gilt als einer der sechs „scriptores historiae Augustae" (Erstdruck 1475 in Mailand, eine von Erasmus besorgte Ausgabe erschien 1518 in Basel); ihm wird die Vita des Alexander Severus zugeschrieben, die (um 325) dem Kaiser Konstantin (306—337) gewidmet ist. Die Autorschaft wird in der Altertumswissenschaft angezweifelt. 20 Papst Gregor I., der Große (590-604). 21 Papst Clemens I. (927-101?). 22 Vgl. De penitencia, dist. I, c. 24, in: CorpIurCan, Bd. 1, Sp. 1164. 23 Papst Anacletus (797—91?), historisch nicht zu verifizieren. 24 Decreti secunda pars, C. VI, qu. 1, c. 15, in: CorpIurCan, Bd. 1, Sp. 557. 25 Papst Alexander I. (1097-119?). 26 Wie Anm. 24, Sp. 558. 27 Papst Innozenz I. (4017-417). 28 Decreti prima pars, dist. 83, c. 3, in: CorpIurCan, Bd. 1, Sp. 293f. 29 Der englische Reformprediger John Wiclif (um 1325—1384); eine Anzahl seiner Lehrsätze wurde bereits zu seinen Lebzeiten als ketzerisch verurteilt; eine grundsätzliche Verdammung erfolgte durch das Konstanzer Konzil 1415.

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30 Der böhmische Reformator Jan (Johannes) Hus (um 1371 — 1384), vom Konstanzer Konzil am 6. Juli 1415 als Ketzer zum Feuertod verurteilt und noch am selben Tag verbrannt. 31 Jan (Johannes) Rokyzana (1435—1471), geistiges Haupt der böhmischen Utraquisten, des gemäßigten Flügels der Hussiten. 32 Jan (Johannes) Ziska (f 1424), Heerführer der Hussiten. 33 Vgl. Anm. 23. 34 Papst Victor I. (189-199?). 35 Papst Sylvester I. (314-335). 36 Der römische Kaiser Konstantin (306—337, geb. 274) trat zum Christentum über und machte es zur Staatsreligion. Angespielt wird wohl auf die Konstantinische Schenkung, durch die die Kirche zu weltlichem Besitz und Reichtum gelangte und dadurch einen tiefen Einschnitt in ihrem Charakter erfuhr. 37 Wohl Papst Pelagius II. (578-590); vgl. CorpIurCan, Bd. 1, Sp. XXVIII-XXX. 38 Vgl. Anm. 20. 39 Vgl. Luther, De abroganda missa privata (wie Anm. 13); das Vorangehende ist — mit polemischen Einschüben — aus verschiedenen Stellen der Schrift zusammengetragen, vgl. besonders S. 429. 40 Anspielung z. B. auf die Kriegszüge gegen die Hussiten. Gemeint sein könnte die Leipziger Disputation von 1519 und der folgende 41 Streit über das Papsttum. Vgl. z. B. Luthers Widmung an Papst Leo X. zu seinen „Resolutiones disputa42 tionum de indulgentiarum virtute" von 1518 (WA 1, S. 527—529). Johannes Chrysostomus (um 347—407), griechischer Kirchenlehrer. 43 Chrysostomus, Matthäus-Kommentar, Homilie 17, in: Migne PG 57, Sp. 258f. 44 45 Auf den folgenden Bll. Cl—E4 variiert C. das soeben Ausgeführte weiter und gibt einen Rückblick auf die hussitische Bewegung und den ihr geschuldeten Niedergang Prags. 46 Vgl. oben Anm. 6. 47 König Wenzel IV. von Böhmen (1378—1419), Marionette in der Hand der großen, untereinander zerstrittenen Adelsgeschlechter, unter dem die Ausbreitung des Hussitismus begann. 48 Anspielung auf Kurfürst Friedrich III., den Weisen, von Sachsen (1486—1525), Landesherr Luthers. 49 Anfang März 1523, also kurz vor dem Datum der Vorrede dieser Schrift, war eine Deutung Luthers auf die Mißgeburt eines Kalbes bei Freiberg in Sachsen als „Mönchskalb" erschienen (Philipp Melanchthon/Martin Luther, Deuttung der zwo grewlichen Figuren Bapstesels zu Rom und Munchkalbs zu Freyberg in Meyssen funden, Wittenberg [Johann Grunenberg] 1523, in: WA 11, S. 369—385), die hier und im folgenden auf Luther gewendet wird. 50 Justus Jonas (1493—1555), Humanist aus Erfurt, seit Juni 1521 Propst des Allerheiligenstifts in Wittenberg und Mitarbeiter Luthers. 51 Andreas Bodenstein von Karlstadt (1486—1541), während Luthers Aufenthalt auf der Wartburg Führer der Wittenberger Bewegung. Zum Zeitpunkt der Abfassung der vorliegenden Schrift war er aber von Luther wegen theologischer und taktischer Differenzen in Wittenberg bereits kaltgestellt worden, hatte sich zeitweise auf sein Gut in Wörlitz zurückgezogen und seit Frühjahr 1522 um die Pfarrei in Orlamünde bemüht, die er allerdings erst im Frühsommer 1523 übernahm. 52 Karlstadt heiratete am 19. Januar 1522 die damals etwa fünfzehnjährige Anna von Mochau.

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Cochläus: Eine christliche Vermahnung Roms an Deutschland Erasmianer, Anhänger des Erasmus von Rotterdam (vgl. Anm. 61). Heiliger Stier der Ägypter. Das Kurfürstentum Sachsen (vgl. Anm. 48). Kurfürst Friedrich der Weise war unverheiratet und blieb ohne leibliche Erben. Philipp Melanchthon (1497-1560), seit 1518 auf dem Lehrstuhl für Griechisch, seit 1519 auch Baccalaureus biblicus an der Wittenberger Universität, mit engen Wechselbeziehungen zu Luther. Aristoteles (384—322 v.Chr.), altgriechischer Philosoph. Seine Rezeption durch die scholastische Theologie des Mittelalters wurde von Luther bekämpft. Anspielung auf die öffentliche Verbrennung eines Druckes der Bannandrohungsbulle gegen Luther, der kanonischen Rechtsbücher und altkirchlicher Streitschriften am 10. Dezember 1520 in Wittenberg, zu der Melanchthon mittels Anschlag eingeladen hatte. Anspielung auf die Wittenberger Unruhen vom Dezember 1521/Januar 1522. Vgl. Anm. 53. Erasmus wurde vor allem wegen seiner Ausgabe des Neuen Testaments, versehen mit umfangreichen „Annotationes", von altkirchlichen Theologen in jenen Jahren noch Luther gleichgesetzt. Ende 1519, im Februar 1520 veröffentlicht, hatten die Universitäten Köln und Löwen eine Reihe von Lehrsätzen Luthers verdammt, im April 1521 in Nachfolge der Leipziger Disputation auch die Sorbonne in Paris. Den großen lateinischen Kirchenlehrern, hier Ambrosius (um 340—397), Hieronymus (um 347-419/420) und Augustinus (354-430). Vgl. Wander, Bd. 2, Sp. 252, Nr. 49. Der altrömische Dichter Quintus Horatius Flaccus (65—8 v.Chr.), vgl. Epistularum I, 2, 69f. Georg Spalatin (1484—1545), geistlicher Berater und Kammersekretär von Friedrich dem Weisen; Vermittler zwischen Luther und dem Kurfürsten; unterstützte die Reformation und die Universitätsreform. Anspielung auf Luthers „Wider den falsch genannten geistlichen Stand wo er sich als Ecclesiast bezeichnet (WA 10 II, S. 105); vgl. auch oben Nr. 19. Die im folgenden wiedergegebenen Auffassungen Luthers sind — z. T. polemisch verkürzt — aus Lutherschriften, insbesondere denen des Jahres 1520, zusammengetragen. Auf einen Nachweis im einzelnen wird verzichtet. Origenes (185—254), Kirchenlehrer in Alexandria; zu den anderen vgl. Anm. 63. Johannes Tauler (1290—1361), deutscher Mystiker, von Luther seit 1516 sehr geschätzt; zum folgenden WA 1, S. 557, vgl. auch S. 298, 674. Thomas von Aquino (1215—1274), berühmtester unter den scholastischen Theologen des Mittelalters, wie die beiden folgenden von Luther als „neue Lehrer" (im Unterschied zu den alten — vgl. Anm. 63) abgelehnt. Albertus Magnus (1193—1280), maßgeblich für die Aristotelesrezeption in der scholastischen Theologie. Richard von St. Victor (f 1173), bekannter Scholastiker und Mystiker; vgl. seine Verspottung durch Heinrich von Kettenbach in: Laube/Looß/Schneider, Bd. 1, S. 202. Gemeint sein könnte auch Richard von Middletown (a Media Villa), berühmter Scholastiker des 13. Jh. Gemeint ist wohl Dionysius Areopagita, vom Apostel Paulus zum Christentum bekehrt. Die ihm zugeschriebenen Schriften förderten das Mönchswesen und die Mystik, sind aber nicht vor dem Ende des 5. Jh. entstanden; ein Erstdruck erschien 1516 in Florenz, könnte also C. vorgelegen haben. Die folgende Anspielung auf Luther meint wohl dessen in der Babylonica ausgedrückten Zweifel an Dionysius.

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74 Paulus von Samosata, seit 262 Bischof von Antiochia, Antitrinitarier. 75 Vgl. Eusebius, Kirchengeschichte, Buch 7, der Textbezug ist in Kap. 30 (nicht 26), Bibliothek der Kirchenväter, II, 1, S. 356-361. 76 Publius Virgilius Maro (70— 19 v.Chr.), römischer Dichter. 77 Publius Ovidius Naso (43 v.Chr.—17 n.Chr.), römischer Dichter; hier Anspielung auf seine „Ars amatoria", die Liebeskunst. 78 Vgl. dazu und zum folgenden die Ordnung der Stadt Wittenberg vom Januar/ Februar 1522, in: Laube/Looß/Schneider, Bd. 2, S. 1033-1037. Weitere Kastenordnungen ebd. S. 1051 ff; 1078ff; Sehling, Kirchenordnungen, Bd. 1.1, 1.2, 3, 11.1.

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Vgl. oben Anm. 30. Vgl. oben Anm. 45. Marcus Ulpius Trajanus (98—117). Gemeint ist wohl Antonius (Marc Aurel) (161 — 180). Lucius Septimus Severus (193—211). Lucius Domitius Nero (54—68). Titus Flavius Domitianus (81—96). Publius Licinius Gallienus (260—268). Cajus Aurelius Valerius Diocletianus (284—305). Belagerung Roms durch die Westgoten unter Alarich im Jahre 408, danach 410 Einnnahme und Plünderung. Plünderung Roms durch die Vandalen unter Geiserich im Jahre 455. Ein geplanter Romzug des Hunnenkönigs Attila im Jahre 452 nach der Eroberung Oberitaliens kam nicht zustande. Gemeint sein dürfte das Ostgotenreich unter König Theoderich (um 455—526), das ab 493 die Herrschaft über ganz Italien einschloß. Im Jahre 771 erschien der Langobardenkönig Desiderius vor Rom, wo er Papst Stephan III. (768—772) zur Unterwerfung unter die römische Langobardenpartei zwang, was von Hadrian I. (772—795) aber wieder — durch Bündnis mit den Franken — aufgehoben wurde. Eine sarazenische (arabisch-moslemische) Flotte erschien 846 vor Ostia; der Vorstoß auf Rom blieb ohne Folgen. Ein zweiter Angriff wurde 849 abgewehrt. Süditalien blieb jedoch von den Sarazenen besetzt, die in den folgenden Jahrzehnten mehrfach Mittelitalien und den Kirchenstaat verheerten. Gemeint sein dürften die Normannenzüge des 9. Jh. (da vor den Ungarn genannt), insbesondere wohl aber die Erstürmung Roms durch den Normannenherrscher Robert Guiscard 1084 zugunsten Papst Gregors VII. gegen Kaiser Heinrich IV. Gemeint sind wohl die Ungameinfälle in Italien seit 899. Gemeint ist wohl allgemein die Bedrohung der christlichen Kirche durch das Osmanenreich seit dem 15. Jh.; zu einer direkten Invasion kam es nur in den siebziger Jahren, als türkische Truppen in Apulien landeten. Vgl. oben Nr. 3, Anm. 69. Vgl. oben Anm. 29f. Auf Befehl Papst Martins V. wurde Wiclif 1427 exhumiert, verbrannt und die Asche verstreut. In den Verhandlungen der römischen Kirche mit den Hussiten auf und nach dem Baseler Konzil ab 1431, die schließlich nach der Ausschaltung der Taboriten und anderer radikaler Gruppierungen 1436 zu einer Teilanerkennung der utraquistischen (gemäßigt hussitischen) Kirche in Böhmen führten, waren die Enteignungen von Kirchengut einer der Hauptstreitpunkte; der Versuch, sie rückgängig zu machen, scheiterte.

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101 Es folgen (Bl. Ci4a K4a) eine Schilderung des Niedergangs der Kirche in Afrika, ein Abriß der Ketzergeschichte mit Vergleichen zu Luther, die diesen immer als schlimmsten aller Ketzer zeigen, dabei abschließend auch eine abwertende Darstellung des Auftretens Luthers auf dem Wormser Reichstag und eine Verurteilung des Kultes um die Person Luthers. 102 Gemeint sind der Ketzerprozeß gegen Luther, dessen schließliche Verurteilung durch die Bannbulle „Decet Romanum Pontificem" vom Januar 1521 (ed. CCath 42, S. (445) 457—467) sowie der Wormser Reichstag und das Wormser Edikt vom Mai 1521. 103 Luthers Antwort auf das Buch König Heinrichs VIII. von England zum Schutz der sieben Sakramente (WA 10 II, S. 175ff., 223ff.); vgl. oben Nr. 20 Zur Entstehung. 104 Anspielung auf die Unwirksamkeit des Wormser Edikts, das die Unterschrift Kaiser Karls V. trägt. 105 Auf der Wartburg trug Luther zum Schutz seiner Anonymität weltliche, ritterliche Kleidung; nach seiner Rückkehr nach Wittenberg zog er wieder ins Kloster und legte die Mönchskleidung an. 106 Papst Leo X. (1513—1521) setzte den Ketzerprozeß gegen Luther in Gang bis zum Erlaß der Bannbulle. 107 Vgl. oben Anm. 1. 108 Vgl. oben Anm. 3. 109 Vgl. ebd. 110 Vgl. oben Anm. 48. 111 Vgl. oben Anm. 6. 112 Aulus Flaccus Persius (34—62), römischer Satiriker. 113 Das folgende ist im wesentlichen eine komprimierte Wiederholung des oben S. 628f. Gesagten. 114 Vgl. Anm. 112. 115 Cajus Domitius Aurelianus (270—276), römischer Kaiser. 116 Vgl. oben Anm. 102, 104. 117 Die zwei Jahre seit Erlaß des Wormser Edikts. 118 Die Geschichte der reichen christlichen Stadt Antiochia, die wegen der Ketzereien des Paulus von Samosata, Arius, Nestorius und Makarius (vgl. die folgenden Anm. 119—122) von Gott vernichtet wurde, erzählt C. unter Bezug auf Eusebius (vgl. Anm. 127) und Piatina (vgl. Anm. 133) auf Bl. Kl. 119 Paulus von Samosata (vgl. oben Anm. 74) wurde 272 von Aurelian (vgl. Anm. 115) vertrieben; zu ihm ausführlicher im hier weggelassenen Abriß der Ketzergeschichte (vgl. oben Anm. 101). 120 Arius (Areios) von Alexandrien (um 260—336) bestritt die Wesensgleichheit von Gott und Christus; 325 auf dem Konzil von Nicäa als Ketzer verdammt. 121 Nestorius (f 440), Mönch und Presbyter in Antiochia, ab 428 Patriarch von Konstantinopel, vertrat die Lehre von zwei getrennten Naturen in Christus, einer göttlichen und einer menschlichen; 431 auf dem Konzil von Ephesus verdammt. 122 Makarius von Antiochien vertrat die monotheletische Lehre von einem einzigen Willen in Christus; 680 auf dem Konzil von Konstantinopel verdammt. 123 Artemon, Haupt einer Sekte der Antitrinitarier Anfang des 3. Jh. in Rom; über ihn schreibt Eusebius (vgl. Anm. 127). 124 Theoret, Lederarbeiter aus Byzanz, der gegen Ende des 2. Jh. nach Rom kam und Begründer einer als ketzerisch verdammten Christologie wurde; über ihn ebd. 125 Vgl. oben Anm. 34.

Cochläus: Eine christliche Vermahnung Roms an Deutschland

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126 Vgl. oben Anm. 83. 127 Eusebius (um 260—um 340), Bischof von Cäsarea, Autor einer zehnbändigen Kirchengeschichte; die Stelle in: Buch 5, Kap. 28 (wie Anm. 75, S. 257—261). 128 Franciscus Gratianus verfaßte um 1150 den ersten Teil des Corpus Iuris Canonici. 129 Isidorus Hispalensis (um 560—636), Bischof von Sevilla, einer der bedeutendsten Gelehrten des frühen Mittelalters (vgl. Migne PL 81—84). 130 Die betreffende Stelle in Decreti prima pars, d. 15, c. 1, in: CorpIurCan, Bd. 1, Sp. 34. 131 Magnus Felix Ennodius (473/474-521), vgl. Opera omnia, in: CSEL, Bd. 6, S. 441. 132 Papst Agatho (678-682). 133 Bartholomäus Piatina (1421 — 1481), Liber de vita Christi ac pontificum omnium, Ausgaben u. a. Basel 1479, Nürnberg 1481 u. 1482; spätere Ausgaben unter dem Titel Platinae de vitis Pontificum historia. Neuausgabe: Rerum Italicarum Scriptores, Bd. 3, 1, Mailand 1964. Zur Sache ebd. S. 112. 134 Papst Benedikt II. (684/685). 135 Decreti secunda pars, c. I, qu. 7, cap. 4, 9, in: CorpIurCan, Bd. 1, Sp. 429. 136 Vgl. oben Anm. 106, 102. 137 Vgl. Luthers Sermo de virtute excommunicationis von 1518, in: WA 1, S. 638—643; ferner Sermon von dem Bann von 1520, in: WA 6, S. 61—75, bes. 67 f. 138 Vgl. CorpIurCan, Bd. 1, Sp. 642ff. 139 Vgl. oben Anm. 59; eine Heilige Schrift wurde allerdings nicht verbrannt. 140 Der byzantinische Kaiser Anastasios I. (491—518). 141 Vgl. oben Anm. 91. 142 Papst Anastasius II. (496-498). 143 Photinus, Diakon von Thessalonica. 144 Akakios (f 489), Patriarch von Konstantinopel; 484 wurde er von einer römischen Synode für abgesetzt erklärt und aus der Kirche ausgeschlossen, u. a. weil er mit erwiesenen Ketzern Gemeinschaft hielt. 145 Papst Felix III. (483-492). 146 Papst Gelasius I. (492-496). 147 Decreti prima pars, d. 19, c. 9, in: CorpIurCan, Bd. 1, Sp. 64. Zu diesen Vorgängen vgl. auch Haller, Papsttum, Bd. 1, S. 162ff., bes. 174. 148 Wie Anm. 133, zum folgenden S. 83. 149 Papst Symmachus (498-514). 150 Vgl. oben Anm. 1. 151 Vgl. oben Anm. 106. 152 Vgl. oben Anm. 1 u. 4. 153 WA 7, S. 748. 154 Vgl. oben Anm. 7. 155 Luther, In epistolam Pauli ad Galatas, in: WA 2, S. 605. 156 Vgl. oben Anm. 6.

Ein christlicher Abschied der Eidgenossenschaft wider den Luther Abschaid gemainer 2 aydgnossen auff jüngst gehallten tag zu Lucern auff den XXVI. tag Jenners b imm XXIIII. jar. Zu wissen seye menigklichem 0 , wer der sey, jung oder allt, gaystlich oder welltlich, das zu lob und eer Gott dem herren, seiner lieben müeter allweg d junckfraw Maria und allen außerwolten Gottes hayligen und gemaines 6 christenlichen glaubens nutz und eer unnsere gnädigen herren gemain aydtgnossen aus christenlichem hertzen angesehen f die nachgeenden® artigkel. Wollent auch, das die h strenng und vesst in ir und ir verwonnten1 landtschafft gehallten werden, so lanng, bis weytter bericht und beschaid kommen wirt von concilien der heyligen christenlichen kirchen.1 Item, das sich nyemandt, wer der sey, jung oder allt, weyb oder man, frembd oder heymisch, gaistlich oder wellt[l]ich, unndersteen, weder mit wortten oder wercken, das heilig gotzwort (so inen ir pfarrer verkünden und nun obi XIIII hundert jaren verkündt worden ist) ze hindern, zu verachten noch zu verspotten. Item, es sol auch nyemandt unndersteen, die heyligen mess Gottes, darinn sein heyliger fronleichnam k unnd rosenfarbes plüet consecriert1 wirt im zu lob und eer, den lebendigen und todten zü trost, zu verachten, zu verspotten, oder zü vernichten. Item, das yetlicher"1, wer der ist, der das heilig sacrament Christi Jesu empfangen hat, oder mit rat seines pfarrers, hellffers", solhes füran° empfahen p wirt, der sol inn der vasten zwaymal peychten und das heylig wirdig sacrament empfahen von seinem pfarrer, unnd dartzü thün nach loblichem prauch, was bißher gehallten und gewon q ist.2 Item, das alle allte lobliche gute bräuch unnd gewonheit der hailigen christlichen kirchen, so bißher gehallten sein, hinfür gehallten und gehanndthabt r werden sollen von gaystlichen und weiblichen. Item daz ain yeder seinem pfarrer gehorsam sey, dartzü die heiligen sacrament der heiligen kirchen allss tauff, peicht, püeß, das heilig sacrament Christi, das heilig ol, das sacrament der heiligen ee 3 , von im empfacht oder von dem, so ers bevilcht'. Item, das ain yeglich, so zü dem heiligen sacrament Christi ganngen ist, seinem pfarrer auff die vier hochzeitliche vesst der heiligen kirchen die vier opffer geben und bezalen sollen, dartzü seelgerecht4, banschatz 5 und annders, so bißher gewon ist gewesen, sollen on alle einred außgericht und bezallt werden.

a) aller, der gesamten b) Januar c) jedermann, allen d) immer e) allgemeinen f) beschlossen g) nachfolgenden h) diese (Artikel) i) zugehörigen j) über k) Leib 1) heilig gehalten m) jeder n) Vikar o) künftig p) empfangen q) gewohnt, üblich r) geschützt s) wie t) befiehlt

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Item, das man die priester und pfarrer der heiligen christenlichen kirchen für priester hallten, in auch zimmlichen eer, Gott zu lob, beweisen, sol sy auch nit verspotten oder verachten. Es soll sich niemandts unndersteen, amm freytag, sambßtag oder anndem gebannen vastagen" der heiligen kirchen, flaisch zu essen oder anders davon gekochts. 6 Item, sol sich auch niemandt unndersteen, in der heiligen vasten flaisch, ayer, käß oder dergleichen verpotne speiß zu essen, wie dann bißher auch christenlicher Ordnung gehallten und verpotten gewesen ist. Es sol sich khainer unndersteen, weder gaistlich noch welltlich, jung oder allt, nichts neüwes noch luterisch wider den allten lanng gehallten brauch der heiligen christenlichen kirchen in den wincklen v weder heymlich noch offennlich zu leeren noch zu predigen. 7 Item, es sol auch nyemandt in den würtzheüsern oder sonnßt hinder dem wein von luterischen oder neüen Sachen nichts reden, sagen oder disputieren, dann vil unrüe oder ettwo w erstochen leben darauß kommen möcht. Es sol sich nyemandt unndersteen, die pildnussen des heyligen crucifix, unnser lieben frawen, noch der lieben heyligen weder in den kirchen, Capellen, pildheüsern oder pildstocken ze schmähen, die zerprechen, zerwerffen, zerhawen oder sonßt uneere anzüthün. 8 Es sol auch nyemandt den andern an dem gotzdienst verspotten, hinderreden" oder verachten. Item, das ain pfarrer umb sein predig unnd leer nyemandt schuldig sein sol antwort ze geben, dann vor seinem obern, da es zymmlich unnd pillichy ist. Er soll auch predigen das heilig evangelium und christenlich leeren nach alltem loblichem brauch und gewonheyt der kirchen. Seine unndterthan sollen seiner leere gehorsam sein, inz schützen und schirmen, handthaben bey seinen predigen, ob m widerwertigs ze handen wolt geen a . Item, ob weytter artigkel erstuenden, so yetz nit gemellt b seyen und wider allte lobliche christenliche gewonheit wären, sollen hyemit verpotten sein. Es sol auch nyemandt verspotten die gepeet des heyligen grüeß unnser frawen gen Costnitz Sannt Anthoni weder in kirchen noch darvor. Item, es sol nyemandts meins gnädigen herren von Costnitz mandat nit unndersteen ze hindern, ze verspotten noch zu verachten, sonder es soll dem trewlich nachkommen werden. 9 Item, auff das, so sol ainem yeden poten c sein bey dem aydt, wer der sey, jung oder allt, weib oder man, der sollich artigkel oder meer dergleychen sach übertretten, der sol soliches meinem herren landtvogt oder seinen knechten anzaygen unnd äfferen d . Man wirt auch sollichs annderen bevelhen, die ain besonder auffmercken haben werden, auff dise und annder artigkel.

u) Fastentagen v) d. h. im Verborgenen w) sogar x) y) rechtmäßig, angemessen z) ihn (den Pfarrer) a) zustoßen erwähnt c) geboten d) hier: vorbringen, melden

verleumden b) genannt,

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Dem hochwirdigen Fürsten und Herren, Herrnn Haugen, bischove zu Costentz6, unnserm besondern gnädigen herrn, und bundtgnossen. Hochwirdiger Fürst, gnädiger Herr, E[euern] F[ürstlichen] G[naden] sein unnser gütwillig und fründtlich dinst, auch was wir eeren und güts vermögen, allzeyt berayt, zuvor etc. Gnädiger Herr, unser vogt zu Baden in Ergaw f 10 hat uns auff disen tag geschriben und aines handels 8 bericht. Wie das ain pfaff, ain helffer zu Zürch gewesen 11 , vil ungeschickter11 unchristenlicher ketzerischer wort geredt und außgestossen, besonder von der hochwirdigen junckfrawen Maria, der müeter Gottes, und undter annderm geredt, sy sey ain fraw wie ain anndere fraw, und hab drey sün geporn etc. Darumb dann diser büb1, nit wirdig zu nennen ain preister, zu KlingenawJ in E[euer] F[ürstlichen] G[naden] statt angenommen11 und gefanngen ligt. Unnd wiewol wir ermessen und bedacht den vertrag, so zwischen E[euer] Fürstlichen] G[naden] und uns, den acht orttern 12 , auffgericht unnd verhannden1, das villeycht nach innhallt unnd vermöge derselben diser pfaff in Eüer Fürstlich Genad straff erkennt™ und gewesen. Wir werden aber bericht und vernemen täglich, daz Eür Fürstlich Genad sollich ketzerisch büben nach irem grossen beschullden" nit straffe, ob sy das nit woll° oder bedörffP thün, mögen wir nit wissenn, daran wir aber besonnder beschwärt und mißfallen tragen. 13 Angesehen, das dardurch die unchristlich hüßisch q prophecey sich mertr und zünympt. Nun seyen wir des willens und ernnstlichen fürnemens s , solh büben und ketzer zu straffen und außzüreytten'. Darumb so ist unser sonnder u hoch ernnstlich und gantz demuetig ansüechen und pitt an die selb, Eüer Fürstlich Gnad wolle disem büben und schmäher der junckfrawen Marie verschaffen v und züelassen, unserm vogt gen Baden fründtlich zu überanntwortten, doch in allweg den vertrag yetzo unnd hinnach w on nachteylig" und unverletzlich, sonnder alles daz, so er vermag und innhallt, wir uns erpieten ze hallten. Aber allain diss mals Eüer Fürstlich Gnad unns diser unnser pitt bewilligen. So wollen wir den büben, nach seinem beschullden, deßgleychen annder understeen zu straffen, daz menigklich spüren und sehen müeß, unns dise ketzerey layd und widerwertig seinn. Und Eüer Fürstlich Gnad wolle unns diss unser pet y nit abschlahen, alls wir unns zu ir versehen, damit wir spüren mögen, das ir solich ketzerey auch laydt seinn, das begeren wir umb sy zu aller zeyt sonnder gütwillig in vil grosserm zu verdienen. Datum und mit unnser lieben aydgnossen von Lucern secret in aller unnserr namen besygellt. Auff Dornnstag nach Martini des heyligen bischoffs, anno etc. imm XXIII. Allzeyt gütwillig. e) Konstanz f) Aargau g) Vorkommnisses h) ungebührliche, tadelnswerte i) böser Mensch j) Klingnau k) festgenommen, verhaftet 1) vorhanden, hier: in Kraft ist m) verurteilt n) Verschulden o)will p)darf q)hussitische r) vermehrt, wächst s) Absicht, Vorhabens t) auszurotten u) besondere v) bestimmen, anordnen w) hier nach, d. h. künftig x) unnachteilig y) Bitte

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Von Stetten und lannden der zwelff ortten 14 unnser aydtgnoßschafft rat und sandtpotten z , yetz zu Lucern versamellt.

A) Vorbemerkung Druckvorlage: Ein Christlicher ab=llschaid/ durch vil Artigkl bellgriffen / d' loblichen aydllgnosschafft/ wid' den II Luter/ vnnd seiner II anhenger geyeb=llte jrrtungen. [!] II Derselbigen Aydgnosschafft II Sandtbrief/ an den Bischof II zu Costentz gleyche Cristliche II erberkait anzaygendt. II M. D. XXiiij. II [TE] [München: Hans Schobser] 1524, 4° 4 ungez. Bl. Ohne Sign. - Weller 2757. Schottenloher, Schobser 44, Nr. 78. Köhler 876. - SB München: 4° Polem. 10. Zur Entstehung: Auf den Tagsatzungen der Eidgenossenschaft wurden seit Mai 1522 Glaubensfragen erörtert und reformatorische Neuerungen verworfen. Zürich versagte sich dieser Politik und geriet dadurch in eine besondere Position. Der Einladung zur zweiten Zürcher Disputation im Oktober 1523 blieben die Eidgenossen fern. Zur Tagsatzung im Januar 1524 luden sie Zürich nicht mehr ein. Unter sich wollten die Eidgenossen das fernere Verhalten gegenüber dem Bündnispartner festlegen. Der Abschied verrät davon nichts. Angesichts der auch in der Eidgenossenschaft zunehmenden evangelischen Umtriebe wird in einzelnen Artikeln die Geltung der Kirchengebote und -gesetze angemahnt. Der Abschied ist die erste offizielle, in Druck ausgegangene antireformatorische Verlautbarung der Eidgenossenschaft — ohne Zürich. Über die näheren Umstände der Veranlassung zum Druck ist nichts bekannt. Literatur: Eidgenössische Abschiede 4, la, S. 346, 348, 360—368; Egli, Reformationsgeschichte, S. 246—249; Handbuch der Schweizer Geschichte, Bd. 1, S. 467f.

B) Sacherläuterungen 1 Der Konzilsgedanke wurde weithin, etwa auch im Nürnberger Reichsmandat vom 6. März 1523, vertreten (vgl. im einzelnen Schmidt, Reichsstädte, S. 109-112). 2 Hierzu vgl. Feine, Rechtsgeschichte, S. 429. 3 Zur katholischen Sakramentenlehre vgl. Denzinger-Schönmetzer, Nr. 1309—1327. 4 Abgabe, die dem zuständigen Pfarrer im Todesfall zu geben ist (Friedberg, Lehrbuch, S. 563). 5 Gemeint sind Opfergaben an gebannten — zu Feiertagen — erklärten Tagen (DWB 1, 1115f.). 6 Zur katholischen Fastenlehre vgl. TRE 11, S. 50—55; zum gegebenen Zusammenhang vgl. Salat, Chronik, S. 67. 7 Diese Forderung, konform dem Wormser Edikt, war bereits im Mandat Hugo von Hohenlandenbergs vom 2. Mai 1522 (von Muralt, Disputation, S. 7f.) und in der Tagsatzung der Eidgenossen am 15. Dezember 1522 (Eidgenössische Abschiede 4, 1 a, S. 255) erhoben worden. 8 Über entsprechende Vorfälle wurde auf der Tagsatzung gesprochen (vgl. ebd. S. 360).

z) Gesandte 42

Reformation

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9 Bischof Hugo von Hohenlandenberg (1496-1529, 1531-1532) (zu ihm unten S. 691 Anm. 1) hat zuerst am 2. Mai 1522, dann am 10. August 1522 und noch einmal am 10. Juli 1523 in Mandaten gegen die Reformation Position bezogen und damit dem Wormser Edikt und dem Nürnberger Reichsmandat vom 6. März 1523 für die Schweiz Geltung zu schaffen versucht (von Muralt, Disputation, S. 7f„ 9f., 11). 10 Heinrich Fleckenstein aus Luzern (Egli, Reformationsgeschichte, S. 254). Der nachfolgend genannte Brief, mit Datum vom 3. November 1523 (Druck: Eidgenössische Abschiede 4, la, S. 348), ist von der Tagsatzung in Luzem am 10. November 1523 beraten worden (ebd. S. 346). 11 Im Brief Fleckensteins (vgl. vorige Anm.) wird der namentlich nicht genannte Geistliche als „helfer (zuo) Zurzach" bezeichnet. 12 Gemeint sind Schwyz, Uri, Unterwaiden, Luzern, Zürich, Glarus, Zug und Bern. 13 Diese Klage schon in dem oben, Anm. 10, genannten Brief Fleckensteins (vgl. gleichsinnig Salat, Chronik, S. 67). 14 Gemeint sind neben den oben, Anm. 12, genannten Orten (mit Ausnahme von Zürich) noch Basel, Freiburg, Solothurn, Schafthausen und Appenzell (vgl. Eidgenössische Abschiede 4, la, S. 360, mit namentlicher Nennung der Gesandten).

Simon/Wolfgang Blick: Verderben und Schaden der Lande und Leute an Gut, Leib, Ehre und der Seelen Seligkeit aus Luthers und seines Anhangs Lehre Vorrede ina dis buchlein.

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Meinstu, mein buchlein, mit warheit sovil außtzurichten, als Luther mit lugen, sehenden und lestern der obersten biß auff den understen zuwegen bracht. Ich wil dir sagen, solche seine lugen, lesterunge empfangenb haß der leyhen wider die alten Christen, unnd das frey fleischlich der marti10 nischen leben ist so groß und den martinischen so liebe, das mann dich nicht lesen noch hören, sondern vorpfugen0 und vorspotten wirt, darumb so mochstu woll doheim pleiben. Aber doch dieweil Jesus Christus dein hoffnung, trost und Seligkeit, Maria sein werde mutter ewige jungkfrawe und alle seine lieben heiligen, der Christus ein haubt und sie sein leichnamd 15 und gelider, auch von Luthern und seinem anhang des kein vertragk gehabt und mit verpfugen, spotten, angst, noth und mord, welche zum reich der himel gehören, in das reich Gottes gegangen, so scheuch6 du solche auch nicht, fahr hin in die zeene der reissenden tobenden hunde, die werden dir in eynigkeit christlicher kirchen, gewopent mit dem Schilde des glaubens, 20 ßo in den heuten deines hertzen fest heldest das durchdringende schwert Ephe. VI [11 — 16] christlichen vorstant gotlichs worts, gar nichts abreissen, und sag offent- ^ j T e s s a y ^ lieh, was dir befoln ist. [***]

Dieweil in dissen ferlichen getzeiten ich seliglich acht, das ein yglich 25 Christ, was er im hertzen gleubt mit dem munde offenbar vor Got und der weit und yderman zu erkennen gebe, wem er anhange, der mutter der heiligen christlichen kirchen ader Martino Luther ader seinem evangelio, und kurtz, ob er martinisch ader dermassen evangelisch sey, dem also nach wil ich alle leuthe wissen, daz ich nit martinisch noch evangelisch, auch also 30 nicht genant werden und diß namen vormittelst der gnaden Gottes zu ewigen getzeitten schewen und nicht annhemen wil, dovon ich öffentlich betzeuge. Und solichs umb volgender christlichen ursach willen: Luther Apostataf noch kein außgelauffen monch hat mich erlost, kan mich auch nit se35 ligk machen. So hat und kan das auch der vier evangelisten (wiewol sie in Christo als seine glidmas heiligk) keiner thun, derhalben wil ich disse zwen namen veracht und nit haben wil. Zum andern, wer also vormessen und töricht ist, der sich nennet, ich bin martinisch ader evangelisch, der thu Got, seinem erloßer Christo una) an b) wohl: entfachen der) Luther, der Abtrünnige, 42'

c) auspfuien

d) Leib

e) scheue

f) (we-

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Blick: Verderben und Schaden der Lande und Leute

serm seligmacher, ein mißbietung, blasphemirt und lestert yne, dann er Actu. 11 nimbt die ehr und den namen, die er Got Christo, unserm seligmacher, [Apg. 11, 26] zulegen, dovon er sich ein Christen nennen sol, und leget die purn lauthern menschen zu als Martino Luthern und den andern außgelauffen apostaten. Derhalben einem yeglichen frommenn Christen zu rathen, das er disse lesterliche namen sich also zu nemen mit allem vleiß vormeide. Sonderlich dieweil Luther sich selbst vormessenlich ein evangelisten tauffet 1 , yme ein eygen newe evangelium, auch newe kirchen macht und Galla. V [19—21] auß pfui aller ketzerei zu hauffen tregt, auch mit allen sunden unnd boßheiten als mit unkeuscheit, ehebrechenn, meineyden, incesten, rauben, sacrilegium, sauffen, vervolgung, ungehorsam und allen lästern, wie dann solichs eher® und sein anhang durch yr leben außweißen und solchs sein evangeliEphe. V [3f.] um unnd kirche mit zurstorung und Unterdrückung alle Gottes ehre, lobe, dinste und dangksagung durch grosse furschube erheben wil, welchs alles ehr dem wort Gottes unnd evangelio zumist, Got im himel geclagt. Des namens aber, das ich ein Christen geheissen unnd mich also nenne, wolde Got, ich wer ein Christ mit den wercken, wil ich mich zu ewigen getzeiten nit Schemen und auß gnade meins hertzen Christum, mein erloßer und seligmacher, und den namen von Christo öffentlich bekennen und tragen. Das ich aber nicht evangelisch sein noch heissen wil zu dissen geferlichen getzeitten und der meinung nach, wie sich die lutherischen selbs I. Pe. II [7f.] evangelisch nennen, hat diß ursach. Dan das evangelium auch ein felß ist Luce II (!) c ' e r ergerniß und ein stein der vorserung, vorfurt, ergert unnd vorseert die [wohl 20 17f] schwachen hertzen, des zu einem warhafftigen exempel: So hat sich der tewffel understanden mit dem wort Gottes Jesum Christum, unßern hern Mat. IUI [1—4] s e i b s ^ j n der wustung zu bewegen unnd zu verfuren, domit haben auch alle ketzer yre ketzerey auffgebracht. Derhalben nicht wunder, das ytzunder durch außgelauffene mónich unnd apostaten schwache hertzenn der menschen, die do bewegt werden wie ein rohr vom winde [Matth. 11, 7], in dissen leufften mit dem wort Gottes verleyttet und von christlicher einigkeit und vorstände vorfuert werden, dann mann sieht augensichtig, darff*1 keiner beweysunge, das das wort Gottes unnd evangelium ytzunder aller der außgelauffen apostaten unnd abtrinniger von christlicher einigkeit schentlichs ergerlichs leben bedencken' muß. Das war sey, wil einer auß einem gestrengen tugentlichen und seligliMat. XI [11. 18f.] chen leben des closterß (welchs gestrenge tugentlich lebenn Christus in Johanne dem Teuffer über aller menschen leben auff erden gelobt unnd erhaben) außtretten unnd apostatiren unnd in ein fleischlich, weltlich, verthumlich' leben tretten, so leßt er ein buchlein trucken voller des worts Gottes und evangelii2, domit sein laster und bosheit bedecket und die leuth bethoert, eben als dienet es zu schalckheit. Ein anderß, wil der selben außgelauffen apostaten einer unsers seligmachers Jesu Christi brauth eine, als ein jungkfrawe unnd nuhnne auß

g) er tigen

h) bedarf i) wohl Druckfehler für: bedecken, d. h. begründen, rechtferj) verdammenswertes

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einem closter, damit er sein fleischlich wollust verbrenge, so nimbt er zu hulffe das wort Gotes unnd evangelium, nemlich ein christenmensch sey frey unnd geschaffen, das er one gehulffe nit leben, und getzwungen Got nicht dinen sol etc. 3 Also bedeckt er sein laster, sacrilegium unnd incestum, lest die recht schreyen unnd sagen: Wer sich understeht, ein jungkfrawe auß einem closter zu nhemen, den sol man den kopff abschlagen. Hie straffe das recht conatum k , das ist den willen zu der that furgenommen, obgleich solche thet kein furgangk gewint. Aber die apostaten unnd außgelauffen haben die gewalt unnd uberhendt1, die das schwerth tregt zur straff solcher bosheit, also mit dem wort Gottes unnd evangelium beqwelmet unnd bethoret, das sie nit allein1" straffen, sonder verhenges und thun furderniß dartzu, vormeinen, es sey ein ehe, helffenn alle, das sie ligen yn yrer unkeuscheit, incestuose, wie zu der zeit in Sodoma und Gomorra gescheen ist. O, du christlichs hertze, ich bit dich, halt und acht nit, das die außgelauffen ein ehe besitzen mögen, sonder halt und acht es dafür, als es auch in warheit ist, das sie zu ewigen tzeiten nuhmer kein ehe haben können. 5 Eben als wenig unnd noch viel weniger, als ein ehefrawe odder eheman vonn einander gelauffen, des gemahel noch lebt, ein andern zur ehe magk nehmen. Solichs alles sol hirunden weytter angetzeigt werden. Noch eins, es ist am tagk unnd unlaugkbar, das Luther ein buchleinn hat lassen außgehenn 6 , so wirt es auch vonn seim anhangk nicht allein gesagt, sonder auch gethan unnd verhangen: Wan der man das weib nit settigen unnd kinder mit yr haben kan, das sie zu einem andern heimlich gehen magk. Item dergleichen, wann ein weib der hurerey halben vom manne ist, so ferth Luther unnd sein anhangk zu, rathen und erleuben dem manne ein ander weib zu nemen. Ist der man ein ehebrecher und die fraw weiß es, so rathen unnd erleuben sie der frawen ein andern manne zu nemen, gebrauchen hirtzu das wort Goetes und evangelium, domit sie solche laster und ehebruch zuwegen brengen. Es sol kein manne sein weib vorlassen, dann allein umb unkeuscheit willen, darauß (yrem eigen menschlichen, fleischlichen vorstandt nach) schliessen sie, das alsdann keins des anderen ehegenos sey, wann eins in ehebruch feit, wiewol auß den worten der vorstant nicht fleust, es hat auch dennoch nye kein ketzer so boß, also fleischlich unnd tierlich darauß getzogen. Es ist auch der vorstant der heiligen christlichenn kirchenn nicht 7 , sonder ist eigenwilligk, vormessen menschliche fleischliche vornehmen, dartzu die leuth von natur geneigt, das Luther vorgibt. Auch Luthers unnd seins anhangs vormeinte ursach, warumb sie solchs in solchen feilen zulassen, sein alle menschlich unnd fleischlich, nemlich gebrechligkeit des fleischs beyder eeheleuth, welche gebrechligkeit des fleisches gesunth zu machenn Christus nicht kommenn ist, derhalbenn

k) strafwürdige Absicht, Versuch nicht allein nicht

1) Oberhand, d. h. Obrigkeit

m) gemeint:

1. Si quis non dicam rapere, c. de episco. et cleri.4

Genn. XVIII [1. Mose 18, 20ff.] Luce XVI [18] Ro. VII [2] I. Cor. VII [11]

A contrario sensu I. Cor. VII [2ff.] Mar. X [ l l f f . ]

Genn. VIII [1. Mose 8, 21]

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Blick: Verderben und Schaden der Lande und Leute

I. Cro. (!) VI so thun sie öffentlich unnd handeln widder ein seligen christlichen vor[wohl 1. standt des wort Gottes: Weichs Got zusamen gefuget hat, sol der mensch Kor. 7, 10] nicht teilen. Hirauß kanstu selber ermessenn die ehebruch unnd laster, die Mat. V [wohl auß lutherischer unnd seins anhangs lehr kommen. Math. 19, 6] Und wie offt sie eheleuthen, so miteinander yrrich, rathen und helffen, 5 Mar. X [9] das die frawe von dem manne kompt, uff das sie yrn wollust mocht setti-

gen.

Ro. ü [1] Mat. Vn [1] I. Cor. i m [4] Ibidem X [12] Ecclesia IX [?]

Mathei XVIII [15. 35]

I. Pe. II [13f.] Ro. x m [lf.] Sapi. VI [Weish. 6, 3]

Dieweil dann nuhn mit dem wort Gottes unnd evangelio solche und tausentmael mehr laster, als werent sie tugent und gut werck, eingefuert unnd zuwegen gebracht werden, so wil ich vormitelst der gnaden Gottes yn ewigen getzeiten dem nicht anhangen noch glauben und davon noch viel weniger, die solchs der gestalt predigen, sagen adder singen, sonder in meinem hertzen darfur halten festiglich, es sey das wort Gottes unnd evangelium, das Juden, ketzer, ungleubige, auch der tewffel kann unnd Christo vorgeprediget hat. Bit auch ein yglichen frommen Christen unnd vormann yne umb das bittern leiden Jesu Christi willen, wolle dem wort Gottes unnd evangelio, wie es von Luther und seim anhangk dargeben wirt, nicht anhangen noch glauben unnd sich damit so yemmerlich von dem selbigen wege, den sein vatter gewandert, nicht leiden" und bethoren lassen, und bit, niemant wolle sich selber yn ynem selbst rechtfertigen unnd dokegen seine veeter, als hetten sie geirret, urteln0 unnd vorthummen. Dann der ein andern mit worten adder wercken urtelt unnd sich selber yn yme rechtfertiget, der ist algereid vorthumbt, unnd ist mein rath, er thue wie Sanct Paul: Ich bin nichtes in mir wissenhafftigk, bin aber yn dem noch nicht gerechtfertiget unnd volget yme weither, do er saget: Der do steht, der sehe, das er nit falle, dann es weiß kein mensch, ab er des haß ader der genade wirdig ist. Solchs sich selber zu rechtfertigen, dokegen andere leuth zu urteln unnd zu verthumen, steht in dem gericht Gottes unnd keins menschen. Dabey unnd auß dem merck ein yeder, behertzige wie frevel die apostate unnd abtrinnige bisher alle leuth, den höchsten biß auff den nidersten, gelestert, gescholten, geurtelt unnd vortumbt haben. Solchs alles dem wort Gottes und evangelio vermenteltp zugemessen. Ich setzq, das babst, cardinal, bischoff, pfaffen, monchen, nuhnnen unnd alle geistliche und auch alle angetaste stende, von dem grostenn biß auff den kleinsten, ubel gehandelt, das ich nit sage. So hat doch kein apostata und außgelauffner monch machr, auch dem wenigsten vonn denen der gestalt zu schmehenn, unehrn, urtelnn, verthumen unnd dem teuffei zu geben, nach christlichem verstände des worts Gottes, sondern sein dem selben allen schuldig, ehre und gehorsam zu leisten, dann der furgesatzt ist, wan er gleich boß, sol mann yme gehorsam sein unnd alle leuth ehrenn, so viel widder Got nicht ist, dann alle gewalt unnd Ordnung ist von Got. Zum andern, hastu sollichs christlich nit thun künden, der ursach, sein sie so boß unnd haben dir boß unnd nichts guts, wie du sagest, gethan,

n) leiten, abführen o) richten, verurteilen mal an, setze voraus . . . , sage das aber nicht

p) bemäntelt q) Ich nehme einr) wohl gemeint: macht

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dich umb gelt unnd gut betrogenn, deine kinder verermeth s unnd geschent, welchs deiner grossen argument eins ist, die geistlichen also zu handelnn (das ander, das du sagen wilt, sie haben dir das wort Gottes nicht geprediget unnd dich zu der ehre Gottes und deiner seien Seligkeit nit geweist, sondern vorfuert, darynnenn du sie anleugest, dann ich hoff selber auff dem wege seligk zu werden), so soltu sie dannoch nicht geschmeht, geunehrt, geurtelt und darumb dem teuffei gegeben haben. Auch noch nit thun, wiltu anders1 Christo dem seligmacher nachvolgen unnd seine wort christlich vorstehen, dann er sagt dir, thue dem gut, der dich hasset unnd boß thut, bit vor die dich vervolgen, das bistu zu thun schuldig gewest, in dem wurden deine werck leuchten, die der himlisch vatter gut wurde ansehen. Solch argument, das die apostate dem armen volck vorsagen, wan es gleich were u , die geistlichen haben dich umb gelt und gut betrogen etc., füren darauff ein schentlich boß leben, welchs ynen zu verantworten und nicht dir zusteht, domit und dadurch schwache hertzen boßelich zu vervolgung der geistlichen bewegt und vorfuert, also das ytzunder yres leibs und guts nicht sicher und dartzu jhemerlich geschmet, geschent, geschlagen und an leib und gut verfolget werden, ist ein unchristlich boß argument, ein adulterationv und lesterung Gottes wort. Das mag ein ydes christlichs hertz darauß abnehmen. Christus hat reichtumb und gut disser weit alletzeit geschmet und gescholten, domit yme nachtzuvolgen kein mensch mhe bewegkt, dan es ist eben antichristus argument eins, der mit gelt und gut disser weit, als were es es kegen Got gut, die leuth reitzen und verfuren wirt. Ya, Christus hat reichtumb unnd gelt also argk geheissen, das den nicht ein abgunstiger hessiger name auff erden gegeben magk werden. Er hat es gescholten mammonam iniquitatis, das ist ein teuffei der boßheit. Item Christus hat gelerntw, was hilfft den menschen, wann ehr die gantze weit gewunne unnd thet schaden seiner seele. Sich" nuhn alles, was unser seligmacher verschmet, boß fliehen hat heissen, das nimpstu zu einem grundt und argument, heist also was boß ist gut, als ein vorbot des entenchristi y bewegstu domit den armen leyhen zu aufflauff, schlagen, morden und vervolgen die diener Gottes und zu niderlegung aller ehre, lobe, dancksagung und dinsten Gottes, predigst und sagst öffentlich, eben als dienet gelt, gut und reichtumb disser weit zu dem ewigen leben, wider die gantze lehre Christi, die Christus mit allen seinen wergken bestetiget und uns zu einem exempel und zu untterweisung in höchster reinigkeit und armut gelebt. Hirauß vernimbstu clar, das die außgelauffen apostaten und abtrinnigen das wort Gottes und evangelium adulteriren und boßlich die schlifft unnd Got blasphemirn, die sie zu yrer unchristlicher meinung gebrauchen. Dergleichen hat auch einer ein buchlein gemacht, des namen unwirdig genant wirdet, De celibatu 8 , darynnen er alle diener Gottes lestert unnd

s) verarmt y) Antichrist

t) überhaupt

u) wahr wäre

v) Bruch

w) gelehrt

x) Siehe

Mat. V [44] Luce VI [27 f.] Ro. XII [14]

Mat. VI [19]

Luce XVI [9] Mat. XVI [26] ^^

Mar

Y[s]a. V [Jes. 5, 5ff.]

Jo. Xin [?] ^qj

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Deu. XXIII (!) schendet, darynnen er sich auch understet, alle fromen witwen unnd jungk[wohl 5. Mose frawen, auch ewige breuthe Christi, die keuscheit gelobt unnd gereth und 22, 23ff.] nit über sechtzigk jare seint, zu überreden, das sie alle ehlich werden solI. Ti[m]o. V [9ff.] len, lestert an dem selbigen ort Sanctum Paulum und sein wort und sagt, Philip. IUI

I. Thimo. V [9ff.]

Gala. V [13. 16ff.]

Deutero. XXVni [wohl 5. Mose 27, 22]

Germana sey sein fleischlich ehweib gewest 9 , wirt schier sagen, Christus, ein Spiegel der reinigkeit, habe auch ein fleischlich weib gehabt, und yme heist soror uror2, wie es den leuthen gethan ist zu der unreinigkeit und sodomitischen wercken, also ehbrechen sie das wort Gottes, auch vormeinen villeicht, das wort Gottes und Christus sey kommen in dise weit selig und gesunt zu machen das fleischs und ynen zu erfüllen yre fleischliche unreinigkeit. Hie merck ein christlich hertz, wer das wort Gottes lestert und blasphemirt. Sanctus Paulus ad Timo., den der fleischlich lesterer Gottes in dem buchlein De celibatu zu einem getzeugen seiner falscheit furstelt, sagt unnd underweist an dem selbigen ort Timotheum den bischoff und sein junger nicht, das er alle witwen under sechtzigk jarn sagen sol, ehlich zu werden, sonder des orts schreibet Sanctus Paulus zu Timotheo, die zeit mit kranckheit beladen, thut yme ein underweisung, welche witwen, als nemlich die jungen, ehe vermeiden und was er in seiner kranckhett trincken sol, das nit ergerniß darauß kerne, und stelt da an, was seine meinung und wil sey, von den witwen, die noch jung und geyhel sein, denselbigen sagt er, es sey nutzer, dieweil sie yo den ersten glauben gebrochen, das sie ehlich werden, und es ist sein meinung nicht, das alle witwe under sechtzig jaren sollen ehlich werden. Luther hat auch etzliche bucher von der ehe und sonderlich an den deutschen orden 10 gemacht, das er die hern des selbigen ordens auch zu fleischlichen wercken bringen mocht, pfeift yne darynnte gar suß, macht argument von gelt und gut, das sie dartzu haben, wan er nuhr auch gesagt het von guten Priapis 11 , eben wie man den vogeln thut, wann man sie gefangen hat, so schlecht man sie zu todt. Lestert an dem selbigen ortern Gottes wort, do Got im paradiß zu Adam, ein eintzlichen erst geschaffen menschen, gesagt: Es ist nit gut, daz der allein sey, wir wollen yme ein gehulffen machen [ l . M o s e 2, 18], und dieweil des orts Got Eva formirt und Adam zugefugt, so schleust er, Got woll, das alle menschen sollen ehlich werden, und an einem andern ort 12 darff er sagen, das ein yglicher so wenig der werck der ehe empern kunne, als essen und trincken etc. Es ist den leuthen alles umb ein rauck 3 stuck fleischs zu thun. Got hat Adam, do er allein gewest, ein gehulffen zugefuhet, auff das das paradiß erfult wurde, das er nicht erwartet, und hat im anfang den leuthen umb mehrung der werlt nachgelassen, das er selbst hemach verbotten, nemlich das sich bruder und schwester ehlich zu hauffen gefugt. Item, das sich die tochter zum vatter gelegt, welchs Got alles hernach verboten, do die werlt mit leuthen erfult, derhalben muß Luther nicht auff die gantze werlt zihen und von allen leuthen vorstehn, das Got die zeit, do die werlt nich erfult

z) ihm heißt Schwester (Nonne) eine in Liebe Brennende ren Text)

a) rauhes (so im späte-

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und sein gebot der merung noch nicht vorbracht, zu Adam im paradiß gered. Sunst hat Got unrecht, umb der ehe und unkeuscheit willen, das ynen die kinder Gottes eheweiber namhen, die werlt mit der sundfluß außgetilget. Hie findestu, das Got die ehe der kinder Gottes, als do ist die ehe der monchen, nuhnnen und pfaffen, gehast hat. Derhalben hat er durch den propheten Daniel gesagt: Der namen des herren sey gebenedeyt, von einer zeit biß zu der andern, dan sie sein seine weißheit und stercke, und er verwandelt die zeit und alter. Hie hastu, das Got zu allen zeiten und von allen nicht wil haben ehelich zu werden. Es hat auch Christus hernachmals im newen testament und Sanct Paul gar ubel gelernet jungkfrawschafft und keuscheit zu halten, nemlich do er sagt: Etzliche haben yne abgeschnitten die unkeuscheit umb des reichs Gottes, welchs Luther mit einer gloß, die yme das fleisch eingegeben, also glosirt 13 : Solchs sey ein sonderliche gnade. Beweist solchs domit, dieweil Christus do bey gesagt, ders fassen kan, der faß es, der arme fleischlich pfuhel aller unfletigkeit bedenckt nit, das eben an dem selbigen ort Christus von dem ehelichen leben zu seinen lieben jungernn unnd discipeln auch solche worth geredt hat: Non omnes capiunt verbum illud sed quibus datum est [Vg.: Matth. 19, 11]. Auß welchen worten vielmehr ein sunderliche genad zu zigen, elich zu werden, nach Luthers meinunge ist es dan nuhn auch ein sonderliche genade, ehlich zu werden. So leugkt er und schreibt lesterlich unnd boßlich, das alle leuth auff Gottes wort sollen ehlich werden. Hie sieht man, wie Luther Gottes wort handelt, lestert und blasphemirt, allein fleischlich zu fleischlichem sodomittische leben, dem ehr ein hudlein aufsetzt 6 , das ein ehlich leben sol sein, wan außgelauffen munch und die jhenigen, die keuscheit geschworn und ynen durch den eyd unkeuscheit abgeschnitten umb des reichs Gottes willen, zu fleischlichen wergken greiffen. So bleiben sie lasterhuren und buben, dieweil eich und erden stet. Dan haben sie yre unkeuscheit abgeschnitten durch eide und gelubde und yre fleisch ein mael vorgeben, so sollen sie die gnade Gottes zu hulff nemhen, bitten, das sie solchs halten umb das reich Gottes willen, thun sie hirwider, besitzen sie noch vil weniger ein ehe, dan wan ein ehfrawe yren ehman verlest und ein andern nimbt. Hirmit wil ich angetzeigt haben, das alle die jhenigen, die do außgelauffen, apostatas, abtrinnigen, die das pur wort Gottes und evangelium außschreien, zur ehe unnd sunst furdern, ehren, ynen helffen ader rathen, das sie nichts anders thun, dan sie zu allen sunden, schänden, lesterung, alle diener unnd heiligen, auch Gottes selber beholffen sein und sich in allen ubeln und boßheiten, die bißher gescheen und noch darauß gescheen, teilhafftig machen und vor dem jüngsten gericht darfur antwort geben müssen. Das aber nach langer digression c , welche die feder, Got gebe, zu genaden gegeben, entlich meim bekentniß, wem ich anhange und gleube, dieweil ich dem wort Gottes und evangelio nicht anhange und gleub, aller

b) einen Hut aufsetzt, d. h. bemäntelt

c) Abschweifung

Genn. VI [ 1. Mose 6, 1 - 7 ]

Dann. II [20f.]

I. Cor. VII

[32-34] Mat. XIX [12] I. Cor. VII

Deut. XXIII [5. Mose 23, 18f.] Luce XVI [18] Mat. X [wohl Mark. 10, 11 f.]

[Vg.] cum saneto sanctus eris, cum perverso perverteris Psal. XVI [17, 26f.]

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Ro. Vin [35—39]

Johan. VI [63] II Cor in [6]

Jo. Xim [6]

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weit auch kunth sey, so wil ich mit dem munde auch bekennen, was ich im hertzen gleube und bekenne, das ich in dem glauben, darynnen ich getaufft bin, auch sterben wil, die selbigen zwelff artickel14 vestiglich mit und in der mutter, der heiligen christlichen kirchen, glauben, der sich also anhebt: Ich glaub in Got vatter, almechtigen schöpffer himelreichs und erdtrichs, und in Jesum Christum, sein eingeborn son etc., dorynnen und in dem glauben wil ich anhangen und gleuben, allein dem christlichen, geistlichen, gotlichen verstant, den das wort Gottes und evangelium in yme hat, wie dan die mutter der heiligen christlichen kirchen angenommen und bißher vorkundigkt, zu der ehr Gottes und heiligung seines gütlichen namens, auch unserer sein Seligkeit, der gantzen weit, welchen kein ketzer, Turck, Jude noch ungleubiger, auch der teuffei nit hat nach finden kan, und wil also dem wort Gottes unnd evangelio gar kein glauben geben, das Luther unnd all sein anhangk predigt lesterlich. Mich sol auch von solchem christlichem verstandt das wort Gotes, dieweil dadurch die lieb Gotes und des nechsten gewirckt wirt, und nit durch das wort Gottes an yme selber, vormittelst hulffe und gnade Gottes, widder erden, wasser, lufft, fewer, kein schwert, kein todt, auch die helle unnd der tewffel selber nicht scheiden, des ich entlich alle weit zu getzeugnyß raff unnd bit. Das ich auch damit, vermittelst der hulff und gnaden Gottes, vor Got meinem schöpffer und Christo meim erloßer, auch vor allen christgleubigen ein Christ und der denselbigen namen bekent erfundend und bestehn wil, hoff ich, sey gnugsam durch Christum gelernt, do er redt, meine wort se n ' Seist> das fleisch ist nichts nutz, der geist ist, der lebendig macht. Item der buchstab todt, der geist macht lebendig. Auß dem volget, das der christliche, geistliche, gotliche verstant des worts Gottes und evangelii, den die mutter der heiligen christlichen kirchen unnd yre kinder haben, niemants von dem rechten wege des ewigen lebens, das do ist Christus Jesus, furt noch ableit, und das das pur wort Gottes und lauther evangelium die leuth ergert und blendet, domit alle ketzer alle ketzerey und sunst mit nichts anders außgericht. Sonderlich ergert und plendet das wort Gottes die hertzen der menschen, wan das auß menschlichem fleischlichen vorstant außgelegt wirt, wie dan leider alle außgelauffen apostate und abtrinnigen yren eigen fleischlichen vorstant des worts Gottes den besten achten und den leuthen das evangelium also außlegen und vorkundigen, wie yne das, und was sie dartzu auß den schrifften zusamen tragen, treumet, und sie den buchstaben nach fantesiren ergerlich und lesterlich über den christlichen geistlichen seligen vorstant, den die mutter der heiligen christlichen kirchen und die heiigen lehrer auß eingebung des heiligen geists bißher gehalten und noch6, verwerffen sie und verschmehen den auff das höchste, dieweil der ynen zu yren menschlichen vornemen und boßheit nit dient, stehn also auff yren dunckenf und eygener menschlicher außlegung und rechtfertigung.

d) befunden werde

e) noch halten

f) Gutdünken

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Und in dem, das sie wehren, menschliche gebot nit zu halten, heissen sie und gebieten nicht allein menschliche, sonder yr fleischliche teufelische außlegung, Satzung und ordenung, der itzunder die gantze weit vol ist, zu halten und anzunemen, der doch keyne mit der andern überein kommet, welchs alles ein gespens 8 ist des teuffels, der do ist ein fürst solcher fleischlichen menschlichen außlegunge, Uneinigkeit und zweitracht. Und es sein solche arme leuth (Got erbarms) also blindt und geergert worden an dem wort Gottes, das yr eins teyls gantz wurbelsuchtig und eins teyls also in yrer boßheit verstockt, welchs alles antzeigt yr mergklicher neyd und haß, den sie zu den rechten Christen tragen, das sie nicht mehr erkennen noch wissen, was boß ader gut ist. Eyde und gelubde, Got dem almechtigen geschworn, dergleichen den menschen furder zu halten, auch beten, fasten, almusen geben, gotliche ampt zu hören, in die kirche, das hauß Gottes, zu gehen, zu singen, messe und die sieben getzeith, Got zu lobe unnd dancksagung, das leben der lieben heiigen zu verkundigen, uns zu einer underweisung unsers lebens, und der ding viltausent, die do seint tugentlich christliche selige werck, welche alle, so sie gutter meinung gescheen, one die gnad Gottes nicht kunnen noch mögen verbracht werden, dergleichen junckfrawe zu bleiben, gestrenge, gehorsam leben in clostern zu volenden, ist in' alles boß, dan es ist wider fleischliche freiheit und yrem freien leben entkegen und denen allen peinlich*. Aber eyde und gelubde zu brechen, Got und den menschen nicht glauben zu halten und alle obangetzeigte stuck und gute werck nachzulassen ist ynen gut, ursach, dadurch gewint yre fleischliche freiheit und yr leben ein vorgangk. Wer hat yhe solch boßheit und Verblendung erfaren? Ein heyde und ungleubiger, auß naturlichen erkentniß gefraget, welchs der obertzaltek stuck besser sey, wirt urteln, es sey besser, eyde Got und den menschen zu halten, Got mit singen, beten und andern zu loben, ehren und dienen, dann solchs nachzulassen. Die leuth aber künen zu der wirtschafft nicht kommen, dan sie haben weiber genommen. Solchs alles wundert mich irer nichts, dan es ist nicht müglich, das der zweick, der von der warhafftigen Weinreben Christo abgeschnitten, und das das gelidt, das von dem leichnam der christlichen kirchen, des Christus ein einfliessendt heupt ist, sich absundert, kan und mag grüne und gute frucht bringen und das leben haben. Dieweil dan außgelauffene apostaten abtrinnig und abgeschnittene zweick von der Weinreben und abgesundert gelider sein, so kunnen sie auch mit dem wort Gottes und evangelio, wan sie gleich noch zehenmal so vil das wort Gottes und evangelium dartzu nummen, keine gute frucht bringen, welche die leuth zu dem reich Gottes weißen aber1 den leuthen einige andacht adder hertzliche lieb zu Gott unnd dem nechsten bringen mochten. Nuhn wissen wir ye, das wir bawm sein geschaffen und den vergleicht gute frucht zu brengen unnd das uns Christus also gesagt: Ein ygli-

g) Gespinst h) Betzeiten i) ihnen, den Lutherischen schwer zu ertragen k) oben erzählten 1) oder

j) schmerzhaft,

Gal. V [6.13. 19ff.]

Lu. Xim (!) [wohl Luk. 6, 43] joh x v ^

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Luce VI eher bawm, der nicht gute frucht bringet, sol abgehawen und in das fewer [wohl 3, 9] geworffen werden. So nuhn schlecht unfruchtbar bäum in das fewer geworffen sollen werden, wie sol man den bawmen mitfarn (das ist menschen), die nicht allein unfruchtbar sein, sonder die boße frucht tragen und bringen, wan ich davon weither antzeigen thet, wurden die außgelauffne apostaten unnd abtrinnigen sagen, ich wer yrs bluts begirrich, reitzet die gewalt und oberhandt, sie zu vervolgen, zu thoten und merterer zu machen. Das aber die zu ewigen getzeiten nicht vervolget noch merterer werI. Pe. IUI [12—19] den kunnen, zeige ich an auß dem gründe: Unschuldige und die do leiden Actuum V williglich von den ungleubigen ader auch gleubigen umb der warheit und [Apg. 5, 40f.] des christlichen glaubens willen, die werden merterer, aber die do umb yrer ubelthat, vorstockung, falscher lehr unnd außlegung des Gottes wort leiden, als wan man ein dip henckt, eim todschleger den kopff abschlet, ein morder redert, ein mordbrenner brent, die leiden von rechts wegen, Luc. XXII (!) werden kein merterer. Also sagt auch der schecher am creutz: Forchstu [23, 40f.] auch Got nit, wir leiden recht, dan wir leiden wirdige straff unserer that, der"1 hat nichts boß gethan. In dem gibt er zu erkennen, das er kein merterer sey und Christus ein haubt aller merterer. Also auch, wan gleich die außgelauffene apostaten und abtrinnige kegen" yrer verstockung, lesterung Gottes und aller seiner heiligen umb die ubelthat, auffruhr, ungehorsam unnd zwitracht, die sie im christlichen volgk gemacht, und also umb yr eigen Verhandlung0 willen yrn vordienten Ion, das nit grossere lesterung und ubels darauß qwem, entpfingen, wie zuvor falschen ketzern gescheen, weren sie nicht merterer, sonder als ubeltheter gestrafft zu achten. Das aber auß lutherischen lehrn obangetzeigte laster und ubelthat, auch ergerniß kommen, so muß ein yglich from christlich hertz erstlich in der gemein bekennen, das darauß noch nichts guts erwachsen, welchs die furnemlichst antzeigung, das der bawm boß ist, one das wer nicht muglich, muste nicht allein im wort und buchstaben sein plieben, wie bißher geII. Cor. III [6] scheen, der die hertzen gethot, sonder muste gute selige frucht gebracht haben und brengen, dann ein yglicher gutter bawm brenget gute frucht. Furtan in Sonderheit antzutzeigen die ubelthat und also den Verderb und schaden der landen und leuthen an gut, leib, ehrn und der sein Seligkeit zugefugt, ungeverlich in vier jaern, dieweil lutherische lehr dem christliehen hauffen vorkundiget und in sie gebildet. Erstlich, alle landt und stet haben sider des ermerung p und beschwerung erliden mit Schätzung, kriegk, auffsatz, unfrid, vervolgung, uberfallung und andern beschwerung, die sie noch teglich tragen und noch grosser zu forchten q . Ey, wan kompts her? Hat man doch gepredigt, kum deme zu hulff und zu stewer, liebe dein nechsten, thu im guts. Es kompt daher, der liebe, ehre und lobe Gottes ist vergessen worden, und yre eigener menschlicher, fleischlicher, tother verstant zu menschlicher freiheit und

m) d. h. Jesus n) wohl gemeint: wegen o) Handlung, Verhalten mung q) noch größer wird, wie zu befürchten ist

p) Verar-

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boßheit und die allenthalben zu rechtfertigen und gut zu machen, ist und wirt gepredigt, der wircket dise frucht. Es ist auch nicht müglich, das er ander frucht wircke künde, disteln tragen nicht feygen. Item es sein kirchen, closter, stifft, von unsern vornfarn (die one zweyffel solche gebeude zu erheben reich gewest und dabey reich genug gepliepen) erbawt, ytzunden in soliche armut unnd noth kommen, also auch das soliche gepewde schwerlich erhalten künden werden, also übt sich die lieb des nechsten, die man ytzunder prediget, kegen den heußern unnd dienern Gottes. Die lieb des nechsten wechst auch gantz seher, also das alle spende, selbader zu erqwickung armer leuth, gestifft almußen, dy auch zu gotlichen ampten und diensten verordent und vieler christgleubigen letzster wil gewest, faln und undergehn, den dienern Gottes, die umb die Seligkeit aller christgleubiger leuth Got zu tage und nacht bitten, den wirt das almußen enttzogen. Sie werden von den selbigen martinischen leuthen veracht, geschmet, als weren sie nicht Christen. Sein nuhn verachter und schmeher anderrer christenmenschen rechte Christen, so erbarm es Got. Auch bleibt die lieb des nechsten nit verborgen mit fasten s schlemmen, sauffen, spyln bey den selben außgelauffen apostaten und martinisehen, also das sie vor solcher unmüssigkeit' auch yre wilkurlechs angenommen vorheischen gebet Got dem almechtigen vor sich, yrn nechsten und vor den stand der gantzen Christenheit nit thun kunnen. Ach, habe ich aber geyrt" und nicht auff der banne geplieben zu sagen von dem verderbe und schaden etc., man muß mirß vortzeihen, dann der boßheit ist sovil, das sie mich offt davon qwinckt. Das auch stedenv von der lutherische lehr vorderben, Scheden genommen, teglich grosser verderben und Scheden nemen werden, tzeige ich also an gotliche einigkeit des christlichen glaubens, des vorstants des worts Gottes, christlicher ordenung. So weit die Christenheit gegangen, auch einmutige keißerlicher und geistlicher recht, haldung, die do ein regel unsers gebrechlichen lebens, dadurch der frum und unschuldig von dem boßen sicher gewest, die und dise stuck alle, die uns auch in einigkeit zu lieben gebunden, und alles, das uns zu der liebe Gottes und des nechsten weist, sein durch lutherische lehr und seins anhangs, dartzu er das wort Gotes und evangelium gebraucht, zurtrant, zurteilt, zurstort und gantz darnider geschlagen, also auch das nicht muglich noch zu hoffen ist, das ein stad oder communion w gedeyen kan ader muge, darynnen nit einigkeit christlichs glaubens, christlichs verstand des worts Gottes, christlicher ordenung und einigkeit, keißerliche und geistleche recht zu halten, dan ein yglich reich, in sich zurteilt, wirt vorwustet. Ehr diß falsch solt werden, ehr muste himel und erden zurgehn, was hirauß verderbe und schaden steten zugewant und noch widerfarn wirt, das mag ein yder bey sich bedencken.

r) Seelenbäder s) wohl gemeint: während der Fasten u) (vom Thema) abgeirrt v) Städte w) Kommune

t) wohl: Unmäßigkeit

Mat. VII [16] Luce VI [44]

Eccle. [Sir.] in [30f.] et im [1—5] et XXIX Dann 1111 24

t ] Luce XI [41]

Mar. in [24] Luce XI [17]

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Gala. V [24] II. Cor. VI [4—10] Mat VII [13f]

Nunc sequitur fructus Lutheric

Blick: Verderben und Schaden der Lande und Leute

Wie kan es in einem regiment wol zustehn, der martinisch man fordert ein außgelauffen monch zuwidder dem andern, hulff zu einer pfarre, der ehr nach außweisung christlicher lere quia non vocatus neque missus* und Satzung der recht nicht vorstehn kan noch haben sol, die besitzt ehr, es sey lieb, wem es wol, dan er nent sich ein freyhen christenman und meint gnug zu sein, wan yne sein martinische leuthe dartzu erwelen, er darff mehr keins rechtlichen eingangs und investur, predigt darnach frey das wort Gottes und evangelium, also das die leuth alle ewighellisch 7 werden. Dokegen muß der alt pfarrer, der christlichen verstand das wort Gottes angesagt und nicht fleischliche freyheit gepredigt unnd der dem fleisch mit fasten, bethen, christlichen ubungen und guten wercken ein zaum ein' e 8 e t u r ) d den wegk zum himelreich eng macht, mit gewalt entsatzt werden, ader wirt yo also tractirt, das er von der pfar entlauffen muß. Alß dan wirt das wort Gottes und evangelium von den außgelauffen apostaten, die do sive crux sive lux, ane platten, cresam b und tauff das wort Gottes und evangelium pur lauther verkundigen, also geprediget, das die leuth darnach yre eygen herren stürmen, schlagen und fahen, macht die leuth in die closter lauffen, wegknehmen, was do ist, treibt die nonnen auß ynß hurhauß, sturmpt pfarheußer und closter, raubt unnd nimpt, was do ist, auß grosser lieb zu dem nechsten. Es macht, das alle cleinot, vorrath und schetze, do in notten landt und stethe ein trost an mochten haben, undergehn und zurstraut werden, dise verderbe und schaden kommen den leuthen offenbar in die hand, dan wan es über ynen außgeht und sie solche gehabte nutze verloren haben und an höchsten bedorffen. Was vorderbe und schaden, eintzliched leuth zugewandt, der volgenden steten und landen schaden wirt, begreifflich also angetzeigt wirt. Erstlich so hat die ewigkhellische lehr vorderbt und vorarmut bildtschnitzer, moler, goldtschmidt und goldtschlager, welche zuvor zu der ehr Gottes und seiner liebe heiligen und zu einem gedechtniß des bittern leiden Jesu Christi, dartzu die leuth durch anschawung der bild zu erhebung yrer andacht und ynigkeit bewegkt, gemel e und bildniß gemacht, sich und yre kinder zu dem dienst Gottes davon ehrlich und seliglich ernert, die selbige seint yrer handwergk halben fast alle zu betlern worden ader müssen sich der ytzund schendtlich und sundlich erneren, gemehel und bild machen zu lesterung Gottes, seiner heiligen, der diener Gottes, von dem höchsten biß auff den nidersten, mit solchen und der gleichen unverschempten gemehel und bildtniß, das nit christlich zu sehen noch zu sagen, vormeinen dise dorfftige leuth, also jhemmerlich vorfurt, sie haben Got ein willigen dinst ertzeigt. O, Got im himel sey es geclagt, an den bilden und gemehel, do zuvor ynnige hertzen und kinder mit frage und forschung, was bedeut das, wer ist das? sein underweist und auffgewachsen zu erkentniß Gottes, yrs herren Jesu Christi, aller seiner lieben heiligen und aller oberkeit, anstat des selbi-

x) ohne Berufung oder Auftrag y) bedarf z) Verballhornung von evangelisch a) der nach christlichem Verstand b) Chrisam, Salb-, Weiheöl c) Nun folgen die Früchte Luthers d) einzelnen e) Gemälde

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gen werden ytzunder an den lesterlichen bilden und gemeheln die jungen hertzen verleidet* und bewegt zu aller untzucht und zu erkentniß priapischer werck, dovon sie ergerniß, underweisung und boße antzeigung zu lesterung und blasphemirung Gotes, seiner heiigen, seiner unbefleckter braut, der christlichen kirchen, aller sacrament und diener Gottes haben und empfahen. Solchen schaden und verderb nempt yr fromme vetter zu hertzen. Es ist ein alt Sprichwort: Man darff den teuffei on 8 die want nit maln, er kompt wol seibist.15 So wist yr auch, was man kinder in der jugent lernt, das gehn sie im alter selten abe. Was unaussprechliche handwerck, die mir unbekant, hat die ewigkhellische lehre mehr verderbt, fromme drucker, die sich der büberey zu drukken enthalten, dergleichen buchfurer, illuministen, verarmen und verderben in grundt, zu schaden yrn armen weibern und kindern, die villeicht auch darüber verderben. Item alle stifftkirchen und closter, auch alle yre cleinot und schetze vergehn und zustiben, das niemant weis, wo es hinkompt, zu schaden land und leuthen, des doch (auch one zweiffei nach dem willen Gottes) niemants reicher wirt. Item alle universitet mit lutherischen lehren und seins anhangß werden zu bodem geschlagen und verderben. Sie können auch nit bestehn noch in wesen bleiben, dieweil Luther unnd sein anhange die universitet also jhemmerlichen sehend und lestert. Sie sein yme des teuffels sinagoge, des babsts huerheußer und noch greulicher. 16 Item heidenische kunste und philosophey und alles, was Aristotiles 17 (ein liecht der natur) geschrieben, seint bey ynen in höchster vorachtung, dorffen sagen, ein topher bey eim topfe habe mehr kunst dan in allen Aristotilis buchern geschrieben. Item die Satzung der recht, die auß eingebung des heiligen geystes eintrechtiglich zusamen getragen, die aller boßheit und ubelthat ertzney seint, die selbigen sehenden sie nit allein, sonder verbrennen sie 18 , geben antzeigung, wie man allen außgelauffen apostaten und abtrinnigen wider thun sol, noch wil es die oberhandt nicht verstehn, also seint sieh mit Gottes wort und dem evangelio geplent. Nuhn ist es nicht muglich, daz die werlt ane Satzung der recht bestehn muge, dan sie steht in boßheit, unnd was darynnen ist, ist vorweit und vorweicheret, darum es auch die werlt I. Jo. V [19] heist, müssen also die frommen under der boßheit gesichert und geschützt, die boßheit gestrafft, die so also uneins und verwihrt, durch regulirte vernunfft, im rechten außgetruckt, entschieden werden. Auch undergehn durch solche lutherische lehre gemeine schulen und verderben, die zu zucht, lehr und weißheit der jugent auffgericht sein, was verderbe und schade den jungen itzunden und zukunfftig landen und leuthen hirauß erwachsen wirt, ermeß ein iglichs christlichs hertz, dem teuffei ist das ein fein spyl, dan die jugent, die zuvor zu der ehr und dienst Gottes und wie sie sich kegen yren eitern und nechsten, auch allen leuthen halten sollen und in guthen sitten und kunsten underweist und das fleisch dartzu

f) verleitet

g) an

h) d. h. die Obrigkeiten

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Prover. [Spr.] XI [9. 14] Ibidem XXIIII [3]

Prover. [Spr.] XXIIII [3]

Ecclesi. [Sir.] XXXIII [wohl 38, 1-15]

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mit gerten getzogen1, die kommen ytzunden zu eyttel leichtfertigkeit, fleischlicher wollust und erwachsen darynnen wie augensichtig, feit und vergeht teglich alle ehr und Gottes dienst, alle kunst, weißheit und gehorsam. Eben als solt die weit zufallen und vergehn, alß auch gescheen muß, so die leuth, die uns zu tugententen(!), guten leben, rechten verstant der schrifft und zu der seien Seligkeit weisen und zihen solten, fallen und abgehn, was ewiger schade vil landen und leuthen zukunfftigk darauß volge, dieweil die meinung vieler weisen leuthe gesuntheit des erdrichs ist. Was sollen nuhn furht die vetter yre kinder lernen lassen? Dieweil tzucht, kunst der heiden tugent und weißheit, auch in der ertzney und im rechten, furder zu stören, boß nach lutherischer lehre sein sol? Dartzu sagen sie, besser sey ein handwerck zu lernen, dan der faulen leuth einer zu werden, ader schlecht zu studirn latinisch, hebreisch, greckisch, auff das sie Gottes wort und evangelium kunnen außlegen, das den menschen zu Got bringet und justificird, Weichs besser sol sein, dan die zeit mit heidnischen, teuflischen kunsten zubringen und faule mussigkgehr und fraßbeuch in den clostern zu sein etc. Sich bruder Nolhart 19 , solich dein argument, das du den leuthen also furblauderst, das hat ein gutten schein, domit bewegstu sie auch, deiner falschen lehr anzuhangen. Aber ich sage in warheit, es ist fleischlich, ergerlich und eyetel gyfft, das erkenne also. Wan einer ytzunder den andern betriegen wil, so nimpt er Got und Gotes wort zu hulffe. Nemlich er schwert adder stelt sich sunst so gotforchtigk und thut, sam k habe er Got vor äugen, das niemants änderst meint und ein yeder schwur zun heiligen, es wer also, im grund aber findet der ander, das ehr betrogen. Also thut hie Luther und sein anhangk auch, dan er weiß, das der leyhe die gelarten und geistlichen hast1, derhalben sagt er in von handwercken unnd lobt die, das gefeit den leyhen wol. Zum andern sagt ehr ine von Gottes wort, das in greckischer, lateinischer, hebreischer zunge geschrieben, dadurch der mensche selig wirt. Aber nicht, das das wort Gotes, das Luther redt und sagt, also eins teils die warheit geschweiget und verhelt den andern teil der warheit, nemlich das den leuthen in diser weit vier stuck von noten sein, daran sie gebrechlich"1 und die sie lernen und haben müssen. Erstlich, so muß man mit weißheit, kunst und tugent sich selber heußer, stet, landt und leuth regiren, welchs keiner thun kan, ehr wiß dan und habe es auß kunst oder erfarung, die dan noch auß der kunst fleust. Darumb ist von noten, das wir hie in disser werlt mit solchen kunsten underweist werden und das junge gesellen die studiren, auff das die kunst pleiben und der gebreche der Unwissenheit hinweck genommen werde. Zum andern, so seint alle leuth in dreien dingen geprechlich und nit volkomlich. Item sie seint nit stets gesunth, darumb muß die weit ertzt haben, die man auch umb der notturfft ehren solle, die auch, do Christus

i) d. h. mit Ruten gezüchtigt nen es ihnen gebricht

j) rechtfertige

k) als

1) haßt

m) an de-

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auch gewandert, gewest sein, von welchen Sanctus Lucas einer ist, derhalben das den leuthen diser gebrechen erleichtet und ynen zo Zeiten der kranckheit ader verderbung seiner gelider wider geraten und geholffen werde. So ist von noten, das man in kunsten zu der ertzney dinstlich, also ist heidenische philosophey, und darnach in der ertzney an yre selber, studir und lerne. Item zum dritten, so seint die leuth gebrechlich unnd unvolkommen an yrer vernunfft also auch, das dieselbige offt yrt, wann sie gleich meint, sie treffs gar wol, die zu reguliren und das sie ym guttuncken nit nachgehe, sondern den regeln des rechtens unnd ym menschen ein steter wil sey, eim yglichen zu zweigen, was yme geburt, und sich nicht wende zu dem boßen. Derhalben so ist von notten, das man die rechtsatzung wol lese, darynne studir unnd lehrne, ane welche, wie auch oben berurth, die weit nit bestehn kan. Uns hat auch Christus selbst gelernt: Alle ding, die yr wolt, das sie die leuth euch thun, die thut ynen wider. Dobey manchfeltig die vornunfft yrren künde, wan yr die recht nicht zuhulff kernen. Zum Vierden, so seint die leuth gebrechlich und unvolkomlich in yren gewissen, die zu rechtfertigen, und das ynen die leut nit gewissen machen, do keine zu machen ist, auch nit das ubergehen, do sie gewissen haben sollen, welchs sie auß rechtem christlichen verstant das wort Gotes underweist, domit auch zum teyl dissens gebrechens unvolkommenheit hinweg genommen wurt. Derhalben ist von notten, daß man lese und lerne die heiligen schlifft und yr seligliche außlegunge. Auß welchen volget, das man obangetzeigte kunst und weißheit in universiteten haben sol und muß und dobey noch vil ander, die uns zu dem dinstlich, die ich itzunder zu nennen umb kurtz willen underwegen lasse, und das also die unnutzen leuthe, Luther mit seinem anhang, den armen leyhen betriegen mit yrem vorgeben und argumenten, auch Got und Gottes wort zu eim betrieg den leuthen furhalten. Welche kunst die vier facultet müssen in universiteten in allen ehren gehalten, gelesen und gelernet werden, so den änderst geschieht, so wirt ein blintheit und ein Unwissenheit under den Christen erwachsen und das gescheen, der nichts weiß, von dem wirt man auch nichts wissen. Es kunnen auch alle leuth nit handwerck lernen, viel die dartzu nicht geschickt sein ader das sunst nit thun wollen. Sölten auch zugleich alle leuth handwerck lernen, wu wolt man dan leuth nehmen, die in die whar abekeufften. Es ist allewendt der handwercks leuth so vil, das sich einer schier vor dem andern nit ernehren kan, als sie selber clagen, davon ich wenig wissen habe.

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Ein frage Wie kompt es dan, das die leuth zu dem wort Gottes und evangelio, wan es ytzunder die außgelauffen und abtrinnigen apostaten predigen, also zulauffen und die selbige ein also groß gehöre haben und die andern nicht, unnd das sie so wenigk des bessern und frommer werden. 43

Reformation

Mat. IX [12] Co1q

J J J J

Mat. VII [12]

I. Corin. XIII [wohl 14, 38?]

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Ephe. II [5ff.] Ro. x m [wohl 12, 3ff.]

Genn. IHI [1. Mose 4] desideria carnis non persicietis

Mathei XXIffi

[12] Lu. V m [ 4 - 1 5 ]

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Erstlich, das sich wenig des bessern und frommer werden, ist vorhin vorantwort und ein gewisse zeichen, das es des heiligen geists werck nit ist. Das aber ein solcher zulauff und gehoer ist, das macht die newigkeit, die eim ydern geliebt zu erfaren. Zum andern, so pflegen soliche außgelauffen apostaten babst, cardinal, bischoff, pfaffen, monch, nuhnnen und all geistlichen, auch die hohen andern stende, die nicht irs teils sein, zu scheiden, schmehen und lestern und gantz ubel außzurichten, welchs nit geschehen solt, wan sie gleich heiden wem. Dorffen auch wol sagen, das dieselbigen geistlichen die rechten Türcken sein, und welcher under den außgelauffen die am ergsten kan außrichten, das ist der gelertest. Solchs alles hören die leyhen auß hasse, von lutherischer lehr entpfangen, der sie nuhe zu der geistlichen und gelarten tragen, sere gehn und lauffen derhalben mit hauffen zu, und ein yeder flucht in sich: Ey, das sie Got sehende, wie haben sie uns bißher betrogin, der ander, der kan ynß sagen, das ist ein rechter gesel, der sagt die warheit und nimpt kein plat vor das maul. O liebe frunde, ermest bey euch selber, ob das des heiligen geists wergk und christliche lieb sey und ob es wolgetue, yr allesampt seyt von einem Christo Christen, habt ein tauff, solt auch ein glauben, ein hern, ein christliche lieb haben, nuhn gefeit euch wol, das ewere bräder der Christenheit, die ewer veeter in ehren gehalten und yr auch in ehren halten solt, also jemmerlich gelestert und geschendet werden, welchs yr auch selber nicht underlast antzutzeigen ewer liebe. Zum dritten ist yederman von natur geneigt zu dem boßen. Dieweil nuhn das der außgelauffen apostaten, abtrinnigen predigen und schreien boß ist und alles boß darauß kommet, wiewol sie daz alles gut anstellen, dan darauf volget fleischliche freyheit, sauffen, fressen, fleisch und alles, was der mensch wil, an underschid freitag und fastag und die gantzen fasten alle zulassunge, die dem fleisch wolthut, do ist nichs mehr sundt, do kan der mensch leichtlich durch trawen und glauben zu himel faren, darff gar keiner peinligkeit des fleisch, mehr fasten und bethen und alle gute wergk, die doch ane gnad die" Gotes nit gescheen künden, macht den menschen nit selig, und in summa: Kein christ ist verbunden, ordenunge und satzunge der kirchen zu halten. Er darff niemant beichten nach 0 zu dem sacrament gehn, welchs alles und noch vil mehr fleischlicher freiheit den ewighellischen leuthen geprediget wirt, der halben so laufft ein yderman zu, hört das gern, ursach, es ist dem fleisch lustig und gar ein fein dingk, also in himel zu faren. Auß welchen allen die lieb kegen Got und dem menschen erkalde, hören also nuhn das wort Gotes und evangelium, lassen den pfarher und prediger stehn bleiben, yne hört niemant ader gar wenig, der in prediget den christlichen seligen vorstant des wort Gottes, thune wie das volgk thet, do Christus ynen saget das parabel von dem menschen, der außgegangen was zu sehen p ein guten samen. Da sie das selbige parabel gehört hatte, ginge daz volgk von yme und hört die selbige außlegunge nicht, Hessen

n) wohl: ane die gnad

o) noch

p) säen

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sich beduncken, sie hetten genug an den wortern. Aber seine liebe junger, die es yo so bald verstehn hetten sollen, als das gemein volgk, hetten kein genüge an dem wort Gottes, das Christus in dem parabel des sames gesagt het, sonder do er allein was, do fragten sie und batten den hern, ynen das parabel und wort Gotes selig außzulegen. Do antwort ynen der herre und saget: Euch ist gegeben zu wissen die heimligkeit des reich Gottes, den ist aber nit gegeben, und leget ynen das parabel von dem samen seliglich auß, alles zu einem exempel und underweisunge unser, das die nit selig werden nach wissen haben des reich Gottes, die das wort und evangelium hören. Also thete der groß hauff des volcks, sonder*1 die, die do hören die seligliche christliche außlegunge des wort Gottes, als thet die deine tzal seiner junger. Domit wil ich auff die angestalte frage, hoff, christlich geantwort haben und wil Luther und sein anhangk gestehnr, auch gern nachlassen, das er das wort Gottes und evangelium bißher reyn, pur, lautter gepredigt habe und dem gegeben seinen eygen menschlichen, lauthern, purn verstant, und das er auch den andern schrifften, die er bey dem evangelio und wort Gottes eingefurt, dergleichen ein menschlichen fleischlichen verstant gemacht. Darumb so sein auch der meyste teil leuth von natur also dartzu geneigt. Es kann auch, also außgelegt menschlich und fleischlich, kein andere frucht dan fleischliche, weltliche frucht bringen. Dan ein yglicher mensch vornimbt nicht die ding, die do sint des geists Gotes, und die do fleisch seind, vornemen was fleisch antrifft. Aber die nach dem geists sein, Ro. XIII (!) fuln was des geists werk ist, und es begert das fleisch wider den geist und [8, 5—9] der geist wider das fleisch. Ursach, sie sint abgesagte findes, und die wergk G a l a v des fleisch sein offenbar unkeuscheit, unreinigkeit, untzucht und unverschemheit, gelligkeit, der abgotterey dienst, vorgifftunge fruntschaff, zangk, vervolgung, zorn, hader, zwitracht, zurteilung, neyd, todschlege, trunckenheit, fresserey und der gleichen. Dan warumb alle die, die die dinge thun, werden das reich Gottes nicht besitzen, also hat uns Sant Paul gelernet. Aber dokegen die frucht des geistes ist liebe, freide, frid, gedult, wolwoln, gutigkeit, langmutigkeit, senftmutigkeit, glaube, sitigkeit, enthaltung, kuscheit, den allen kan man kein gesetz machen nach do wider, und alle, die do seint Christi, die haben yr fleisch gekreutziget mit allen lästern und begirligkeit [Gal. 5, 2 2 - 2 4 ] , Nuhn merck ein yeder, ob die martinische leuth yr fleisch auch gekreutziget haben mit allen lästern und begirligkeit und ob auß lutherischer lere wergk des fleisch können' sein ader wergk des geistes, der frey bleibt im glaube, wan auch gleich das fleisch und der mensch im thurn sitzt, vilmehr im closter, sonderlich zu den wercken des geistes, derhalben den monchen und nuhnnen nicht von nötten, freiheit des geistes zu füren, das sie darumb auß den clostern lauffen, dan in der weit bey den menschen werden sie werck der weit, des fleischs und des teuffels finden, die sie vorhindern an den wergken des geistes, sonder ynen ist vil mehr von notten zu suchen die wergk des geystes in ein closter zu gehn und daryn das

q) ausgenommen 43*

r) zugestehen

s) Feinde

t) wohl: kommen

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Ro. VIII [17]

[Vg.] Si vixeritis secundum carnem morfemi. Ro. VIII

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Mat. XI [18]

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fleisch zu kreutzigen mit seim laster und begirlicheit durch ein gestrenge, hart, bußfertiges, gehorsams leben. Dan sie sollen thune frucht, wirdig der büß, das gesetz und alle satzunge (die die armen verstogkten außgelauffen apostaten menschliche gesetz heissen, ynen dartzu ergerniß an dem wort Gotes genommen), die sint dem fleisch und nit dem geist zu tragen, uff das das fleisch dem geist gehorsam sey, auffgelegt und sein auß rechten christlichen verstant des worts Gottes noch herter und schwerer zu der seien Seligkeit außzulegen, dan alle passiones und leiden diser werlt sein nichts kegen der ewigen glorien. Darauß volget, das die gebot der heiligen christlichen kirchen, die dich weisen und füren zu den gebotten Gottes, zu der lieb Gottes und des nechsten, alles daz dich zu der seien Seligkeit weist, ist Gottes wort, und das du den glauben Gottes und allen denjhenigen, das dich Christus und die heilige schlifft lernt, gehorsam solt sein und seiner lehr solt volgen, und das du solst daz fleisch dem geist gehorsam machen, und das der geist, frey von allen gesetzen entbunden, Got loben, dancksagen unnd dienen sol auß rechter christlicher liebe. Aber dokegen befindestu, das die lutherische lehr und alles seins anhangs im grund der warheit (wiewol soliche vormentelt und listig, wie der teuffei kan angeben) dem fleisch sein willen und freiheit, auch alle wollust (dan bey ynen sein keine gute wergk nit seliglich) nachlest und verhengt, welche fleischliche freiheit alle weit vorfurt. Derhalben so lauffen monch und nuhnnen auß den clostern antzunemen das selbige fleischlich frey wollustig wesen. Die kap, laß ich mir sagen, truck den gesellen auch. 20 Er ist vil lieber und lernt malen vor die lange weil, dan im closter, do er von den bilden konth freud haben und do im verdrißlich, das fleisch zu peinigen mit bethen, fasten und andern christlichen ubungen. Ich bin aber von der materien kommen zu sagen vonn dem vorderb unnd schaden, doch hoff ich, ich habe underwegen nicht deinen vorderbe und schaden angetzeigt, unnd dieweil die universitet also undergehn unnd nidergeschlagen sein durch lutherische lehr und seins anhangs, wer wil den schaden der landt, leuthen und steten, auch der heiligen christenlichen kirchen, domit zugewant gnugsam antzeigen. Item ich wil dovon reden und sagen, wie die bawrn, gantz teutsche stet und leuthe macht nichs an zeitlichen guttern reicher dan leuth, die in stets gelt und gut zutragen unnd geben, nichs wider hinweg nehmen, daz sint die Studenten, die zihen mit gelt und gut in die stedt, daryn universitet sein, wo nuhn in einer stat tausent Studenten sein, die müssen haben des jars über, dan es ist lang, vil wonunge, vil bett, vil tucher, vil leinwoth, viel cleider, rock, hoßen, wammes, pyreth", kappen, hut, hendtschuch, schue, wein, bier, brot, keße, milch, fleisch, fusche, wurtze, saltz, schmaltz, buttern, ruben, kolen, kraut, messer, taschen, gurtel, wetzken, beltz, schlosser, nagel, bandt, thure, fenster, eyßen, schusseln, kanden, gleser, kruge, topfe, liecht, leuchter, kock, keller, holtz, kein, stro, hew, botten,

u) Barette

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tageloner, bucher, papyr, dinten, feder, welchs als mit baren gelt betzalt wirt, dan es sint gute gesellen, man borget ynen nit, derhalben kunnen sie nit auffstehn mit vil tausent gülden und den leuthen schaden zufugen. Wievil frembder leuth zihen wol des jars der Studenten und gelarten halben in die stat, die daryn zern, handeln, keuffen und vorkeuffen, die sunst yr leben lang nit dar kernen, do kompt der vatter ader die mutter, sieht was der son macht, do der bruder ader ander freunth, welchs alles der stat nutz bringt. Und es mag in warheit kein mensch in der stat, daryn ein universitet, sagen, auch in allen umbligende dorffern und wirtzheußern, das er der Studenten nit genieß, gibt im der Student nit, so gibt und kan imß der geben, derß vom Studenten hat, so nuhn einer dem andern zuhulff des jarß zweentzig gülden vortzert, so macht es funff jare langk hundert und tausent gülden, die auß frembden landen in ein stat kommen, hat nuhn ein universitet lang gestanden, so kan yderman wol abnemen, das sich die stat merglich gebessert, fulet ymand ytzunder den vorderb und der stat schaden noch nicht, so wirt er in kurtzen jaren den leuthen zu hauß und hoff kommen. So man dan gern rathen und helffen wolt, ist zu forchten, wirt alles verlorn sein. Wo berckwerck ader berckleuth sein, do gehört gelt zu. Also auch, wo Studenten und universiteten sein, do muß auch gelt sein, ist gelt do, so macht sich der kauffman und handelt baldt dar, dan er muß gelt haben, also erwechst ein nutz auß dem andern, eben wie auß einem boßen viel boß kompt. Luther hat daz ubel und boß gethan, die universitet darnider geschlagen. Darauß volgt, das der arme burger boßlich und jhemmerlichen von den ehrlichen nutz und der grossen ehr, die er von der universitet gehabt hat, kommen ist. Sich nuhn, du armer burger und handwercksman, in was Verderb und schaden dich Luther und sein anhang gesatzt, du wirst teglich ermer, dein handwerg gilt nichs, dein wahre und was du hast, kanstu nicht zu gelt machen, dein hauß zufeit dir. Sich zu, du stat, wie dir dein heußer wüst werden, du verlest dein burger, du verleust dein geschigligkeit, do du vor hast gehabt reiche burger, do hastu ytzunder arme, die dir haben können in notten vorstrecken, den thut noth, das du ynen vorstreckest, der dir vor hundert gülden zu jare rend gegeben, gibt dir ytzunder nit funfftzig, der zuvor erlich gelebt, lebet ytzunder in sunden und schänden, dartzu sie eingefurte armut und lutherische lehr tringt. Du kanst auff erden das niemant schuld geben nach zeihen, dan der lutherische lehr und den außgelauffen apostaten, die alle obangetzeigte Scheden und verderbe (das mir ein yglicher bekant muß sein) eingefurt, und wer nicht wunder, wann es der arme burger verstünde und in Got widerumb erleuchtet, das er auß hitziger christlicher liebe, dieweil soliche Scheden ime an seinem gut, leib, ehren und seien Seligkeit, auch Got zu lestern, zugewant, zu vorkommen^ hinfurt soliche alle ausgelauffen apo-

v) zuvorzukommen, die Schäden zu beheben

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staten, sonderlich die jhenigen, die do so unsynnig schreien das wort Gottes und evangelium, mit yrer ewighellischer lehr zu der stat außsteupten. Hie sich zu, du regent, wie wol du landt, leuth und stet regirt hast, das du solchs gescheen hast lassen, zu den oben angetzeigten verderb und schaden allenthalben vorhengnuß gegeben, darynnen ein wolgefallen gehabt unnd noch teglich zusiehst, das die universitet zugrun gehn, die du mit grossem gelt und gut erlangt und schwerliche auffrichts, die dir und deinen leuthen, auch deinen kindern nutzlich und ehrlich, die allen steten, landen unnd leuthen geleerht, cluge leuth mitgeteilt, die dein stat getzirt, die dich und deine kinder zu tugenden, ehr und aller redligkeit und dich selbst den weg der Seligkeit und zu dem dienst Gottes gehalten, geleert und underweyst, hastu auch deinem eyd, den du zu gemeinem gut und nutz geschworn, genung gethan. Ist das gemeiner nutz gefordert, wan du die land, stet und leuthe also boßlich und ergerlich an leib, gut, ehr und der seelen Seligkeit vorderben lest, dein landen, stethen und leuthen wer nutzte, das sie an grund vorherth und vertzert weren worden, künden sich solichs schadens, ynen allein ein w gut zugefugt, er* dan des ergangen wider erholen. Du magst dich auch entschuldigen, ob es gleich der arme gemein hauff nit verstanden, das du es auch nicht besser gewust, dann mann habe dir ye das wort Gottes geprediget, das habst du gehört, und noch, des sey die schult und nicht dein. Darauff sage ich dir, du bist es schuldig zu wissen gewest und hast nicht soln das wort Gottes hören von außgelauffen apostaten und abtrinni1.1. c. de sum. tri. gen, das do sein nach außweisunge gotlicher schlifft unutze leuth, nach et fi. cat.21 ordenung der recht meineydig, ehrloß, rechtloß, und der selben außlegunge glauben geben und dich sollen setzen und abtrennen auß und von der einigkeit deiner mutter, der heiligen christlichen kirchen, die dich durch den tauff und selige horunge des wort Gottes und außlegunge des selben gleubig und lustig gemacht, hast gethone, eben als ich mich zu wissenlichen dieben und mordern hielt, mit den selbigen gemeinschafft het und entschluge mich erlicher frommer leuth, als wenig ich dißfals ein entschuldigunge haben mocht, noch vil weniger kanstu entschuldigung haben, das du das wort Gottes von solchen wissentlichen außgelauffen apostaten gehört und dein pastor und seelsorger vorachtet. Hetestu bedencken soln, das sie yr seel nit setzen vor die scheflen Joan. I (!) Gotes, dan sobald ein wolff, daz ist ein dein anfechtstung kumpt, so ent[wohl Joh. 10, 12] lauffen sie, wie ytzunder ein Trach von Miltenburg 22 gethan. Du mochst leiden, du regent, das die universitet in den landen und steten wol stunden und reformirt wurden, thetzt villeicht dartzu, was du thun solst. Ich sage dir aber, nym dir nicht in syn, das du zu ewigen getzeitten ein universitet erhalten, noch vil weniger wider auffrichten wurdest, dieweil du außgelauffen apostaten und abtrinnige predigen lest, forderst und ehrest. Gedenck nich, das dir ein morder das leben gebe.

w) wohl gemeint: am

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Gedenck auch nicht, das außgelauffen apostaten die universiteten, die sie getötet, widerumb lebendig macht, distel tragen nicht feygen, du must erstlieh distel und dorn auß dem acker außrotten, darnach in agker guten samen sehen, feit aber ein guter same in die distel und dorn, so der stickt er. Also muß es auch zugehn, wiltu daz universitet sein und wider auffgericht werden. Glebstus nicht, so wirstu und dein kinder mit vorderben und schaden erfarn, Got wol allein der seien gnedig sein. Wie vil leuthen hin und wider in steten ist vorderbe unnd schaden an leib und leben auß lutherisch und seins anhangs lehr zugewant. Sich doch an, wie es vil armen leuthen hin und wider in steten gegangen, wie sie gestrafft, das in Got und dir, dem es noch nicht widerfam, zu einer warnunge zugefugt, von solcher verdampter lehr abtzulassen. Und es hilfft dich nicht, du abtrinniger Trache, das du sagest, dann gehe es recht zu, dan werden die Christen zunehmen, wan man sie also vervolget wie zu Miltenburgk geschehn, umbe das wort Gottes wilen. 23 Du hast vor vornummen, heiden, diebe, morder und rauber, so geschieht recht, sein darumb kein merterer. Also auch leiden boße Christen umb des wiln, das sie ungehorsam den leuthen unnd dienern Gottes schaden zufugen, auch gleich umb des wort Gottes und evangelii willen, solichs zu krefftigen, das es ein vorgangk gewinne, wie den ynen, daz fleischlich und menschlich, änderst dan es die mutter der heiligen christlichen kirchen vornimpt und auß eingebunge des heiligen geists verstanden hat. So leiden und entpfahen sie die straff, das ynen die recht geben, sein darumb nit merterer, und heist nich geliden umb des christlichen seligen gütlichen Verstandes willen, den das wort Gottes unnd evangelium in sich hat. Sich, du bannerfluchtiger Trache, wie du die armen scheflen Christi zu Miltenburg in angst und noth gefurt und selber davon gelauffen. Darauß sol man erkennen dein bestendigen glauben, dich hilft bey mir nicht dein schand und unwarhafftigs buchlein 24 , das du zu bedecken deiner ubelthat gemacht hast, dan es ytzunder leyder also, wan einer was boß gehandelt, so macht einer ein buchlein, nimbt das wort Gottes und evangelium zu hulff, bedeckt domit sein boßheit, betreugt landt und lauth. Wievil leuthe seint erloß worden und in schände gefallen auß lutherischer lehr. Ist es nicht also, alle meineydige außgelauffen monch und nuhnen, alle abtrinnige pfaffen und leyhen, das selb seint nach außweywsunge gotlichs vorstants der schrifft alle unnutze leuth und nach ordenunge der recht (die kein ketzer umbstossen kan) ehrloße, rechtloße leut, die zu ewigen getzeitten in schänden leben müssen. Hilfft dich nicht, das du sagst, du forchst umb Gotes worts willen kein schaden, nach kein unehr, wollest sie darumb gern leyden. 25 Ich habe dir vor gesagt auß gotlicher schrifft, Apostata est vir inutilis, und das eben das wort Gottes und evangelium, das du predigest, das wort Gottes ist, das ketzer und teuffei kan, und hast vor verstanden, das du nicht umb das selbigen christlichen vorstants das wort Gottes wiln dich in disser unehr und schand gesetzt, sonder umb deiner fleischlichen freiheit wiln, daryn du frey und wollustig lebst, wie vor äugen, die du mit dem wort Gottes bedeckst.

Mat. VII [16] Hebr. VI [8] Lu. VIII [7]

Joan. X [12]

[Vg.] Prover. VI [Spr. 6, 12]

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Du meinst, du besitzt ein ehe und habst nuhn ein besser und seliglicher leben dan vor.26 Lieber, frag erstlich dein gewissen, erkenne dich selber, wie feige und zitterlich du bist, daz hilfft nicht, das du außwendig auß vorharten und verstegktem gemuth trutzig und unverschembt bist. Gibt mir ein antzeigunge deins boßen gewissens, dan ein rechtfertigunge. War ist es, die ehe ist im paradiß auffkommen, die form ader und ordenunge derselbigen fleust auß beschrieben rechten. Nuhn hastu die verbrent 27 und heldest der nicht, wie kanstu dan nach ordenunge der recht, dawider du gesundi[?] gest, der du auch nicht heldest, ein ehe besitzen, dieweil du zuvor auch ein Mat V [32?] v e r l ° b t e r und ein mael vorgeben und durch dein ayd ein kind Gottes worden bist, und wiltu nuhn widerumb die tochter der menschen gefallen lassen. Es ist zu forchten, Got der almechtig geb uns sein gnade und Jesus Christus sey unser miteler, das Luther und sein anhang mit solichen tierlichen, fleischlichen, untzuchtigen leben, das sie und ander, die ynen nachvolgen under der gestalt, als wer es ein ehe, treiben und füren. Sie werden Got dem almechtigen auch ertzornen, wie die kinder Gottes nach dem anGenn. VI [1—3.7] fang der weit theten, do steht also von Got angegeben: Als sich angefangen hetten die menschen zu mehren auff dem ertrich und tochter getzeugt, [da sahen] die kinder Gottes, das die tochter der menschen schon waren, do namen sie ynen weiber auß allen, die sie ynen erweiten, und do hat Got gesprochen: Mein geist sol ewiglich in dem menschen nit pleiben, dan warumb, er ist fleisch. Domit haben die kinder Gottes Got also ertzornet, das er gesprochen hat: Mich reut, das ich sie gemacht hab, unnd hat sie wider alle mit der sundflut vortilget. Wir arme sunder haben ytzunder auch antzeigung genung und eben solich straff, dieweil soliche fleischliche werck der kinder Gottes und untzucht vor äugen und uberhandt nimbt, zu forchten. Und es sey dan, das wir uns keren, und die oberhand strafft und nicht gestat den kinden Gotes, monchen, nuhnnen und pfaffen und andern abtrinnigen, der gestalt in fleischlichen wergk zu ligen und solche ehebrach, incest und sacrilegia zu verbrengen. So werden wir fast der gleichen straff des wassers erleiden müssen und nicht unbillich. Dan wan wir also in den pfulen der unfletigkeit ligen, so ersauffen wir darinne auch billich. Wo ist die gloria und ehr hinkommen, die die burger von den universiteten gehabt in yrer stat unnd frembde landen. Wo bleibt die furderunge und ehre, die ynen an frembden enden ertzeigt, von redlichen leuthen, die in yren universiteten sein auffgetzogen, wo kompt die ehr hin, das sie landen und steten geleite cluge leuth haben zugeschickt, wo bleibt die ehr, auch from und nutz, das fursten, graven und hern, edel und unedel, bischoff und prelaten in die stat getzogen, rath und hulff bey den gelarten gesucht, wo pleibt die ehr deiner kinder, die dadurch zu redlichen Stenden und wirden kommen sein. Wen wil es mehr gescheen, summa summarum ein außgelauffen monche hat das alles umbgestossen. Was verderb und schaden den leuthen an der seien Seligkeit durch lutherische lehr und seins anhangs zugewant, kan kein mensch außsprechen, das wort Gottes und evangelium, das Luther geprediget, ist also geweitig, das auß frommen closter jungkfrawen und andern hurn gemacht,

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und noch teglich macht dieselbige arme bedörte hurn, understeht er sich, zu machen fromme ehefrawen under dem hudlen y der ehe. Es macht auch fromme munch zu fleischlichen, boßen, unkeuschen menschen. Auch fromme Christen macht es boße ketzerische hunde, die ander leut hassen und vervolgen und ynen das yr nehmen, wider Got und recht. Es zurstort alle andacht und ynigkeit der leuth, anstat gutter werck brenget es boße fleischliche werck, vor die freiheit des geists gibt es uns freiheit des fleisch, vor ein gestrenge tugentsam gehorsam leben gibt es uns ein frey wollustig und ungehorsam leben, vor die lieb Gottes den haß zu dem nechsten christenmenschen, vor die messigkeit sauffen, schlemmen und fressen, Summa summarum, alle tugent macht es zu lästern, alle laster macht es zu tugent, was boß ist heist es gut, was gut ist heist es boß, und gibt es also subtil ane, das der martinische man zu Got schwüre, es were alles gut. Es zurstort alle christliche ordenung, es zurtrent alle christliche ynigkeit, alle christliche gebot stest es umb, alle sacrament vernicht es, es macht auß dem gotlichen ampt der heiligen meß ein abgotterey, es macht in der gantzen Christenheit, in allen landen und steten auffruhr, es undertruckt alle gute werck, bethen, fasten, singen, Got loben und dancksagen, dan warumb, sie seint dem menschen nit seliglich, wie es sagt, jungkfraweschafft und keuscheit haßt es, frid des nechsten kan es nit leiden, das wil ich antzeigen mit der stat Mulhaussen, wie es do ergangen. Das rathauß hat es sich zu stürmen understanden, die rathern erwürgen woln, fromme kinder unnd jungkfrawen auß dem closter gegagt, yne das yr genommen, monche closter gesturmbt und eingefaln, geraubt, was darynnen gewest, das ander zu schänden gebracht, den fessern reiff und boden außgeschlagen 28 , nicht vil wenigers hat es zu Zwickaw gewirckt 29 , daz sint martinische und ewighellische werck. Noch ist die oberhand also geergert an dem wort Gottes und plint, das sie nit sieht. Sie hat aber dokegen zu forchten, das ynen Got wider mit der maß messen wirt lassen, damit sie ytzunde den leuthen messen lassen. Sich zu, es thut noth. Wer das heubt werwirfft unnd voracht, ist nit wirdig ein heubt zu sein, darum hat auch kein ketzer kein heubt. Ach Got seyß geclagt, dieweil Luther unnd sein anhangk nicht z mehr in der weit gefunden, das er lestern hat mögen, dan alle stende, alle christliehe ordenunge, alle sacrament Gottes haben mit lästern beschlagen müssen werden, do hat er sein lestermaul auch in himel gestossen, Jesum Christum unsern seligmacher, Maria voller gnaden seine gebenedeyte gebererin, ewige jungkfrawe, alle lieben heilige plasphemirt und gelestert, das yo im himel und auff erden nichts unverscheimt 3 bliebe von den außgelauffen monchen. Das es war und kein lugen sey, das wil ich dir antzeigen also. Christus ist das war heubt der jungkfrawen Marien und aller seiner lieben heiligen, do er ist, do sein sie auch und seint der corper und sein glidmaß und in grosser verbintnuß und eynigkeit, dan unser leichnam unnd glider in

y) Hütlein, Deckmantel

z) nichts

a) unversehrt, unverschont

Mat. XXV [?] y

Ga]a

[2.] Cor. XIII [lff-] Ysa. V [Jes. 5, 5ff.]

Mat. IIII L UC£ ^

Jo. XIII [13] Ephe. I [22f.]

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Colo. I [ 1 6 - 2 0 ] yrem heubt sein, das kanstu noch kein ketzer nymermehr vorneinen. So

mustu auch bekennen, leid ein glid, so hat das ander auch ein mitleiden,

II. [P]etr. ffl (!) [wohl 2. obgleich die hand der fueß und das auge das ohr nicht ist, schetzt man Pet. 1, 17] dich auff eins, das ander hat ein mitleiden. Also auch blasphemirstu den [1.] Cor. XII

[12ff.]

Mat. XXV [40. 45] Jo. XIII [16]

[Vg.] Dann. VII [25] Et putabit quod possit mutare

waren leichnam Christi, das ist das heubt, war Got und mensch, wie du dan gethan hast in dem buchlein wigklefisten 30 , die noch leidlicherb ketzer sein, dan du, darynnen du den heiligen waren leichnam Jesum Christum zu ehrn und antzubetthen in yren gefallen gestelt hast, der doch hie und dort antzubethen, und anderß zu thun in keins menschen gefallen steht. So hastu gelestert auch den leichnam und alle sein gelider, das ist Mariam und alle lieben heiligen, die sein leichnam und gelider sein. Hastu die mutter Gottes unnd den anhang nit gelestert in dem, das du sie genant hast vorachtlich und lesterlich ein graßmeyd und schusselwascherin 31 , ya ich sage dir auch, lesterstu den allerwenigsten im himel, der do grosser ist, dan auch der allerheiligst auff erden, so hastu gelestert die glid Christi und domit das haubt, Christum selber, vorschmeht, dan was du dem wenigsten gethan, das hastu Christo gethan. Noch weitter antzeigunge zu thun, du hast Marie, der müder Gotes, ir ehr der jungkfrawschafft nach der geburt geschwecht und auch angetast, in dem selbigen buchlein, dergleichen in vil sermonen. Item auß deiner angebunge und lehr sein vorbrant und gelestert worden die wappen unnd bildeniß Jesu Christi, Marie und seiner lieben heiligen, die crucifix und ander bildniß gekopt, mit dreck geworffen, geschlagen, vorbrent und wegkommen, das hochwirdig sacrament auß den kirchen abgethan, darfur an etlichen enden sewekot eingelegt. 32 Auß deiner lehr underlest man uns die legenden aller lieben heiligen zu sagen, die doch christlicher seliger meinunge uns armen zu besserung unsers lebens, zu ynigkeit und andacht, und uns zu einem exempel gelebt, ynen in Christo nachzuvolgen vorkundiget und geprediget sein worden, welchs alles von dir gescheen zu vorgessen der ehr Gottes unnd seiner lieben heiligen, die sie in Christo haben, und außzutilgen des bittern leidens Jesu Christi, auff das ya aller leuth andacht und inigkeit mit der zeit, die zuvor durch die crucifix und bildniß erhalten und gemehrt worden, vorgehn soln, auff das du, als ein vorbot antichristi, ime den weg dester baß bereittest, welchs alles ein frome christlich hertz mit mir bekennen muß. Derhalben gibstu an, der babst sey der endechrist und sey algereid kommen 33 , auff das man solche dein boßheit und schalckheit nit mercken sol. Dan wan du sagest, der entichristus solt noch kommen, so vornehm ein yglicher dein boßheit, nemlich das du seiner vorboten einer werst. Derhalben ist dir von noten, das du das wort Gottes zu deinen lugen wol herauß streichst, sagest, der babst ist entichrist und algereid, es ist auff kein zu harren, uff das yderman in summa sagen künde mit warheit, das ist der außgelauffen monch, von dem nichts guts kommen, der do himel und ertlich betrübt und in eine ander ordenunge reformirn wil. Und wie Maria,

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die mutter Gottes, ewige jungkfraw, als gelid in Christo geschendet und gelestert und damit Christus selber gelestert ist worden. Also dokegen und noch vil tausentmal hoher sein sie zu ehren in Christo, und alle ehr, die den lieben heiligen, ya dem wenichsten geschieht, mit anruffen, fasten, 5 ansagunge yres lobes, ist Christo, unserm selichmacher, gescheen, verhoff derhalben, sollest hinfurder bey christgleubigen leuthen mit solcher deiner schalcheit vermittelst der gnaden Gotes nicht mehr schaffen 0 , und hoff, vil menschen werden sich widerumb selber erkennen, an yr hertz schlagen, Jesum Christum iniglichen bitten, ynen yr missenthat zu vergeben, das sie 10 solcher deiner falscher lehr und boßheit angehangen, und widerumb Christo, seiner lieben mutter, allen lieben heiligen lobe, ehr und dancksagunge thun. Dartzu uns allen helff die heilige dreyfaltigkeit. Amen. Auff das du zu erynnerunge unnd zu erkentniß dein selber widerumb dester ehe kommen kunst und magest, so betracht volgende underwei15 sunge. Kanstu nicht wissen auß obangetzeigten stucken, welcher teil dich recht ader unrecht lernt, so sich an erstlich der außgelauffen apostaten leben, sich auff yr frucht, so wirstu auß den fruchten den bawm erckennen und augensichtig befinden, das sie außlauffen und apostatiren nicht umb 20 besserung yrs lebens, sonder umb eins rauchen stuck fleisch willen. Welcher aber sich noch des enthelt, der kan eintzwer d , das in niemant wil haben, aber6 sunst armuts halben nit dartzu kommen, ader thut es, das er dadurch from geacht und sein buberey am lengsten bedecke, der selb ist der warhafftig tewffel selber, das wirstu im gründe der warheit also finden. 25 Zum andern, so gehe in dein gewissen, frage darynnen und bericht dich selber, ist der ein christ, der nichts guts vonn seim nechsten christglaubigen sagt, nichts guts von im red, alles arges und laster von im außschreyt, der yne vervolgt, schlecht', seme g das sein nimpt, stesth im thurn, fenster entzwey, verwundt sein bruder, sturmbt heußer und closter, macht 30 hurn und buben, als mit nuhnnen und monchen geschieht, der aller ungehorsam unnd auffrur wider die obersten erweckt, ergerniß allen Stenden gleubigs volcks gibt. Bericht dich darauff selber also. O selig sein die, in der* mund kein betrieg befunden, die schrne* und vervolgunh leiden umb der gerechtigkeit 35 und bestendigkeit willen, und die den guts thune, helffen und rathen, die sie gehast und ubel gethan haben, und die do bitten für diejhenigen, die sie vervolgen. In dem wirdestu finden, das die leuth, die nichts guts irem nechsten nachsagen, ynen nichs guts gunnen, sie hassen, ynen das yr nemen, schlagen, wunden und auffs ergst vervolgen, boße unchristlich und 40 unselige leuth sein, auß welchen du dein gewissen eryndern kanst. Heldestu k aber, das solche leuth, die obangetzeigt unchristliche hendel treiben und yr bruder einer tauffe, eins glaubens, eins hern also vervolgen, from und rechtfertig sein, so mustu auch halten, das die Juden, die Chri-

c) nichts mehr erreichen d) entweder e) oder f) schlägt h) stößt i) deren j) Schmach, Schmähung k) Meinst du

g) jemand (?)

tempora et leges etc. Et sermones contra excelsum '°q u e t u r e t s a n c t o s

altissimi contcrct

Luce IX [39—42] Mar. IX [29]

Luce VI [44]

Psal. XIIII [15, 2f.] j Mat y

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stum vervolget, gemartert und gethot, auch from leuth und das Christus boß gewest. Hirtzu gedenck also, der geist Gottes ist fridsam, an1 haß und neid, macht einigkeit, was einer wil, das wil der ander auch, also ist es in gantzer christlichen kirchen gewest, darinnen ein tauff der selbigen, ein weiße, ein vorstant des wort Gottes, ein glaube, einmutige christliche ordenunge, so weit die Christenheit gegangen, welchs alles werck und frucht des heiligen geistes sein, und gedenck furder, dieweil solichs alles durch lutherische lehr zurtrent, aller haß und neyd in seine kinder gebracht, alle einigkeit und andacht und inigkeit zu Got gefallen, so muß es gewiß des teuffels werck sein. Es wol auch hirneben ein andechtlich christlich hertz zu hertzen füren, das es nicht menschlich werck ist, solich obangezeigte einigkeit zu erhalten und soliche lange zeit zu pleiben, dan menschliche unnd leipliche. So kunnen selten leuth in eim hauß einig pleiben und uberein kommen, auß welchen niemandts änderst beschliessen warhafftig kan, dan das solche auß ordenunge Gottes, eingebunge und regirunge des heiligen geistes kommen sey. Darkegen wirdestu auß lutherischer lehr und aller seiner anhanger predig solich fridsamkeit und einigkeit zurtrant finden und mercken, wan yr lehr nicht so bald ein furgangk gewinnet, das sie alsdan ein neyd und haß gefast haben zu yrn obersten in der geistlichkeit, und das ymmer das ein wider das ander und sie selber nit undereinander eins gewest und noch, wilche dy gewist antzeigunge aller ketzerey, zu erkennen solichs, so macht der die ordenung, der ander ein ander, der taufft latinisch, der helt also meß, der also, der helt gar kein, bey solicher Uneinigkeit und zwitracht ist gewiß der teuffei und sein mutter ursach, der heilige geist wirgkt einigkeit, fridsam, kein neid nach hasse. Wiltu ferner erinnerunge des rechten erkentniß suchen, so frage dich selber also: Ist es auch möglich, das ein fleischlich mensch, davon niemandes weiß, er hatte auch das wider"1 mit worten nach wercken, auch keine wunderwerck, nach mit briffen nach getzeugen, zum letzsten auch mit heiligkeit seines lebens nicht angetzeigt nach beweist, ein newe christliche kirch, darynnen die leuth mugen selig werden, kan machen und auffrichten, die aide christliche kirche, durch Got den heiligen geist bißher regirt, müge abthun, und gantz und gar, als hetten alle leut geyrret und unchristlieh gehandelt, verthumen und außtilgen, und das Got der almechtig so lange jaer die jhenigen, die Christum Jesum als ein mitler zwischen Got und dem menschen, durch Christus wiln, an gnade bißher uff zeit des außlauffen monchen gelassen solt haben. Bericht dich darauff also. Solichs wer Gott, auch seiner grundloßen" barmhertzigkeit und auß seim bittern leiden Jesu Christi, dieweil sein gotlicher nam von den Christen geheiliget, geehrt und nach seinem willen, seins gütlichen wortes und gebotes erfult, unmuglich, und sage furder, das keinen menschen ein newe christliche kirche, die zuvor nye gewest, die

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auch der gestalt keine ketzer aufzurichten furgenommen, antzufahen und aufftzurichten möglich. Das aber Luther und sein anhang in der alten christlichen kirchen nicht pleibt, auch der nicht anhengt, bewer ich also. Er helt es mit keinem Christen, der ytzunden lebt, so helt erß auch mit keinem ketzer ader ketzerischen sect (ob er gleich soliche secten Christen halten wolde). Er nehm auch auß allen secten der ketzer yrgen ein ketzer ader sect, so wirt er nit kunnen finden, der es mit yne in allen stucken unnd puncten helt, das wirt er aber wol finden, daz kein ketzer so boß ist, der do ye auff erden gelebt ader noch, yme gleich wer, der es gantz und gar durchauß also gehalten als Luther. Dem wicklefisten ist er am nechsten, aber dennoch so kumbt er mit dem selbigen auch nicht uberein, daz weist auß sein buchlein zu dem selbigen geschrieben. 34 Und wirt beschließlich befunden bey im selber, das er nicht macht hate, ein christliche kirche auffzurichten und ein ander fundament zu legen, dan algereid gelegt ist Jesus Christus, unser her, und das er alle ketzerey und lehr, die von anbegin der Christenheit bißher gewest und zuvor erhaben, in ein pfui eingesenckt und über ein hauffen geschlagen. So diß alles zu ynnerunge dein selbst nit genug, so gedenck: Ewiger herr und Got, du hast durch Jesum Christum, dein eingebornen son gesagt: Die euch hassen, die solt yr lieben, die euch ubels thun, den thut gutes, bittet für die, die euch vervolgen, und bericht dich darauff selbst. Thun auch solchs die martinische leuth, findestus an yren reden und predigen, das sie den lieben, der sie hast, dem gut thune, der yne ubels thut, und bitten vor den, der sie vervolget, so halt viel darvon, vindestus aber in deinem gewissen nit, so erynder dich und bedenck, das ist ein boßheit über alle boßheit, die man mit dem wort Gottes und Got selber bedeckt, und gedenck, das sint leuth, die sich und yre büberey selber rechtfertigen, uns und unser verstorben eitern, dy yren falschen lehrn nicht anhengich, vertummen und urteiln. Ich wil aber hie den unstreflichen apostolum Paulum auß der selbigen lehr Christi reden lassen: Also der sich rechtfertiget, der ist algereid vorthumbt [Rom. 2, 1 ?]. Luther, das du dein hertzlichen freund erkennest deiner sele zu einer ynnerung dein selbst, so betracht. Ich hoff, der barmhertzig Got, Jesus Christus unser seligmacher, wil dich auch selig haben, und sage mir wolebedacht antwortsweyße, nicht auß dem fleisch, nicht auß behendigkeit ader subtiligkeit deiner rede. Was ist der vorstant und die außlegunge, die du dem wort Gottes und dem evangelio, auch allen schrifften dobey eingetzogen, gegeben hast und noch gibst. Ist der vorstant und außlegunge dein, so thet ich dir mitten drein, das du also auß menschlichem fleischlichem vorstandt predigest und außlegest, du solst auch noch wol ein finden, der wischet den hindern daran. Wiltu sagen, der vorstant und außlegunge, die du vormessen thust und dem wort Gottes zulegst und gibest, sey der heiligen lehrer, so leugstu. Ursach, dan du und deiner boßer anhang vorwurffest alle lehr der heiligen christlichen kirchen, dich hat daz wort Gottes also thol und unsinnig gemacht, das du nicht anderß weist, was du thust, und wie duß anschlegst,

I. Cor. II [2]

Mat. V [44] I. Co. Villi [wohl 2. Kor. 9]

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sey alles wol gethan, dan du hast den tzufal" des arme vorfurten volcks, auch hat es dich so thol gemacht, das dir dein dolores, sage ich doctores, die du in deiner sinagog sathane und prostíbulo pape zu Witenburg (der creatur, der du auch eine bist, wie du die universitet selber nennest) verschweren haben müssen, die vier lehrer 35 der heiligen schlifft der christlichen kirchen zu leßen, auß welchen offenbar, das der vorstand und außlegunge, die du dem wort Gottes gibest, der heiligen lehrer nit ist, als auch war. Sagest aber, der vorstandt und außlegunge, wie du zum teil vorgibst, sey der schrifft an yr selber, das wort Gotes brenge den auch selber mit, derhalben so bedarfstu keins weitter Vorstandes nach außlegunge, so bistu noch ein grosser lugener und lesterst Got und sein wort, legest den buchstaben und dem wor[t] ime selbst die gnade und gäbe zu, die du Got und Jo. Xin [wohl dem heiligen geist zulegen solst, der von Christo verheischen ist den junJoh. 14, 26] gern, sie alle dinge zu lernen. Du weist auch wol, das sein wort geist sein und auß eigenem außleJo. VI [63] gen nicht gescheen sol, auß welchen volget aber dein ergerlich fleischliche außlegunge, die nichts nutz, domit auch die hertzen der menschen und mit dem wort Gottes und evangelio geergert und gethótet hast. Bistu aber so vermessen und kune (dan dir ist als eim außgelauffen apostaten nichs zuvil) und darfst p sagen, das du den vorstand und die außlegunge, die du dem wort Gottes gibest, von dem heiligen geist habest, so sage ich dir, das du der ergeste lesterer Gottes bist, der ye auff erden kommen, und noch mehr, wan gleich ein engel von himel herabe kóme und ich yne als ein engel kenthe und er nuhr das sagte, das er die außlegunge, die du dem wort Gottes gibeß, vom heiligen geiste het, so wolt ich im dennoch nit glauben. Derhalben wil ich dir tausentmal weniger glauben, dan du bist ein mensch und lugener. Es sey dan, du beweist und antzeigst, das dir der heilige geist disen vorstandt und außlegunge eingegeben. Ich hal[t] es aber dofur, du sollest mehr ehr am teuffei, dan die wenichsten federn der tauben des heiligen geists antzeigen. Uber das hastu dich algereyd an tag geben unnd geoffenbart, das der vorstand und die außlegunge, die du dem wort Gottes gibest, der christlichen kirchen nit sey (die bißher in eynigkeit durch den heiligen geist erhalten, hoffen zu Got, das sie und yr glaube nochmalß nit gebrechen werden), dan kirch, concilia sein in deiner achtunge hurheußer und menschliche satzunge, wiewol du doch dreyer person versamlunge in dem namen Christi ein kirchen, darynne der heilig geist ist, wist [Matth. 18, 20]. Must also nothalben bekennen und sagen, als auch ist, das du und dein anhang dem wort Gottes und evangelio gegeben hast und gibst ein eygen vorstant und außlegunge aus dem fleischlichen menschlichen außsinnen, solichs wil ich dir auff diß mael, wie du dich an dem wort Gotes geergerst, daran ich mich erstlich auß deiner lehr auch gestossen, zu erynnerunge dein selbst, auß christlicher liebe angetzeigt habe.

o) Zuspruch, Zulauf

p) wagst zu

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Und auff das niemant sagen sol, davor ich auch menniglich bitte, als sucht ich hiemit Lutherß verdiente straffe unnd pein, so bit ich euch und erynnere ein ydern umb die bittern leiden Jesu Christi willen, das mann Luthern sein verdiente straff und pein nicht wol mitteiln, sondern im die aufftzihen domit vorham, uff das er die auß vorhengniß Gottes (so ehr sich nit bekeert, wie Judas und ander) ane menschlich zuthun entpfahe und nehme. Und das darumbe, das der greulich unsinnig hauff, die ihr alle mit dem wort Gottes umb seiner eygener fleischlichen außlegunge desselben zu haß und gram der andern christglaubigen bethort und wurbelsuchtig gemacht, nicht zufal und handel, wie im land zu Behem 36 , sage, Luther ist ein merterer umbe das wort Gottes wiln und halde den dannoch vor ein merterer, wie die Behem mit Hussen 37 , Rockentzan 38 und andern gethan haben und noch thun, wiewol solichs, auß solicher warheit (wan gleich Luther umbe seiner verstogkten ketzerey wegen, auch gemachte sunde, boßheit und ergerniß vorbrent wurde ader sein würdige straff entpfynge) nicht gesaget mocht werden, das im unrecht geschee ader er ein merterer Gottes werde, sich Luther und sein anhangk algereid, wan apostate und ketzer yrer straff nehmen, zu reden und zu schreiben vormessentlich understehn, dieselbige vordampte ketzer sollen martinische ewighellische merterer und nich christglaubigen menschen sein. Domit und wie Got gelernet hat das israhelische volgk, ein falschen propheten zu erkennen, wil ich beschlissen, do er sagt: Propheta autem qui [Vg.] Deutero. arrogantia eodis(!) depravatus voluerit loqui in nomine meo, que ego non XVIII [20—22] praecepi Uli, ut diceret, aut ex nomine aliorum(!) deorum, interficietur. Quod si tacita cogitatione responderis, quomodo possum intelligere verbum quod dominus non est locutus, hoc habebis signum. Quod in nomine Domini propheta ille predixerit et non evenerit, dominus non est locutus. Sed per timorem(!) animi sui propheta confinxit. Iccirco(!) non timebis eum. Dieweil nuhn Luther und sein anhang in den namen des herren Jesu Christi dem volck geprediget und angesagt, das auß dem glauben und lehren, dartzu er die leuth geweist, volgen und gescheen sollen erstlich iustificatio q und lieb des nechsten, auch alle gute werck, der bißher keins darauß ervolgt noch gescheen, sonder gantz oppositum und ein yder sagen muß, das an der stat der iustification iniustificatio, an stat der liebe die liebe Gottes in den hertzen der menschen erkaldet, aller Gottes dinst und gute werck gefaln und dokegen lesterunge Gottes und aller seiner heiligen, auch an stat der liebe kegen dem nechsten neyd unnd haß erwacht. Demnach so muß menniglich sagen, das der her Jesus durch Luther, disen propheten, nit gered hat und der prophet solichs erticht hat durch auffschwellunge seins gemuts und gar nicht zu forchten. Das uns Jesus Christus, Maria, sein ewige mutter, unnd das gantz himelische her vor solchem wort Gottes und evangelio und eigener menschlicher fleischlicher außlegunge behut, sollen wir inniglichen die hei-

q) Rechtfertigung

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ligen dreyfaltigkeit bitten, der ewiglich lobe, ehr und dancksagunge thun, welchs uns allen komme zu unser seien Seligkeit. Dartzu uns helff die gnade des almechtigen Gottes, die lieb des sonß, die mitteilung des heiligen geystes. Amen.

Wie lutherische lehr mit christlicher eins ist. Christus hat mit seinem leiden und wort Zurbrochen den ewigen todt. Luther hat mit seinem leben und wort Die leuth gefurt zur hellen noth. Was Christus durch das evangelium hat gestifft Hat Luther mit dem evangelio gar zu nicht. Wir haben das leben von dem wort Gottes in Christo Den todt aber auß dem wort Gottes von Luthero. Das sol sich kein christ befrembden Von einem plümlein des cleeß an allen enden Thut die byne das honig außsaugen Die spynne aber den gifft her außclauben. Also ist das wort Gottes und evangelium Ein felß der ergerniß und ein stein der vorserung Den glaubigen Christen, christlich außgelegt, ist es selig Den evangelischen, also außgelegt, ist es todlich. Davon uns sal das leben herkommen Das hat Luther zu betriegk, lugen und todt genommen. Christus und sein wort ist das warhafftige liecht Von Luther außgelegt ist es der ergste gifft Dan distel kunen nit feygen tragen So kan Luther apostata, der boß bawm, nichts guts sagen Mit dem wort Gotes, dieweil Luther im anfang dy warheit sagt Die mißbreuch, laster und sunde der pfaffen aufgejagt Hat er die arme leyhen in tantz gebracht Den sie nuhn tantzen, unsinnich und unbedacht. Es ist der recht griff zu disem spil Betriegen mit der warheit und liegen vil Also hat Luther mit dem wort Gottes und evangelio gethan Das er gedeutet und gelernt auff fleischliche ban Erstlich domit die warheit von geistlichen zu sagen angefangen Darnach die mit lugen vormischt und behangen. Christus ist ein artzt des geists Luther ist ein artzt des fleischs Christus legt auß sein wort geistlich Luther (das war sey) fleischlich Christus hat gelt und die weit gehast Luther hat die leut mit gelt und der weit bewegkt und angetast Christus heist sein scheflein gelt und weit fliehen

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Luther heist alle geistliche in die weit zihen Christus lernt bethen, fasten und messigkeit Luther lernt schelten, in der fasten und freitag fressigkeit Christus lernt und ist seins hertzen demutig Luther muß sein ein wenig hoffertig Christus lernt halten die zehen gebot Luther trugt r sie under und schlecht sie todt. Dan kein gut werck macht Luther selig Darumb lost Luther hend und fueß und vorzweiffelt. Christus lernt in anfechtung leben Luther lernt wollust und freyheit dem fleisch geben Christus wil alle gute werck belonen Luther wil aber dohine nit kommen Luther wirt nehmen seinen verdienten Ion Auch alle die jhenige, die im beystan. Got sey barmhertzig uns allen Das wir nicht mit yn vorsuchung fallen. Die kinder Gottes, monch, nuhnnen und pfaffen Kunen zu yrer boßheit davon listiglich claffen Nehmen menner und weyber Das kan Got nicht erleiden In reuth, das er den menschen erschaffen hat Wirt schier vortilgen alles leben, das auff erden stat Warnunge sehen wir vor äugen altzu viel. Es ist Got erbarmß niemants, der es behertzigen wil Man treibt das gespot darauß Ich sage, du wirst nit wissen, wo hinauß Thu büß, thu büß, es ist grosse noth Ehe kompt der ewighellisch todt. Davon erloß uns Christus unser Seligkeit Des namen sey gebenedeyt und gelobt in ewigkeit Finis.

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A) Vorbemerkung Druckvorlage: Verderbe vnd schaden der Lande II vnd leuthen am gut leybe ehre vnnd II der seien Seligkeit auß Lutherischen vn seins anhangs/ lehre II zugewant/ durch Simonem Apt zu Begawe mit einhelli=llger seiner Bruder vorwilligüg/ hirinne Christlich angetzeigt II vnd außgedruckt. II [zwei Bibelsprüche] II Leipzig: Wolfgang Stockei 1524. 4° 24 Bl. Sign.: A - F 4 . - Claus St-157. V D 16 B 5732. Köhler 298. HAB Wolfenbüttel: 114.4 Theol. 4° (6). Zur Entstehung: Die Schrift firmiert unter dem Namen des Pegauer Benediktinerabtes Simon Blick (nachweisbar 1504: Immatrikulation in Leipzig, bis 1542: Erwäh-

r) drückt 44

Reformation

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nung durch Luther WA Br 10, S. 103ff.), stammt aber wohl von dessen Bruder, dem Erfurter Stadtsyndikus Dr. Wolfgang Blick (1503 Immatrikulation in Leipzig, 1517 Dr. iur. ). Daß der Abt nicht der eigentliche Verfasser war, vermuteten auch Zeitgenossen, die diesem nachsagten, er sei nicht einmal in der Lage, einen Brief zu schreiben. Für die Entstehungszeit ist die Polemik gegen Johannes Drach (siehe im Text mit Anm. 22ff.) von Interesse. Sie deutet darauf hin, daß der Autor einerseits nur den ersten, Ende 1523 erschienenen Sammeldruck Drachs kennt, andererseits wohl direkte Auseinandersetzungen mit Drach reflektiert. Der Aufenthalt Drachs in Erfurt (auf seiner Flucht aus Miltenberg über Wertheim und Nürnberg nach Wittenberg) läßt sich aber auf ca. Dezember 1523/Anfang Januar 1524 eingrenzen. Daß die Schrift in dieser Zeit entstanden sein wird und bald danach von Wolfgang Stökkel in Leipzig gedruckt wurde, ergibt sich auch aus der Tatsache, daß noch im selben Jahr, 1524, nicht nur eine Gegenschrift von Ursula Weida gegen Blick, sondern auch noch eine Polemik gegen die Weidin (vgl. unten Nr. 38 Zur Entstehung) im Druck erschienen. Außer unserer gibt es noch eine zweite, gleichfalls von Stockei firmierte und 1524 datierte Ausgabe (Claus St-158). Literatur:

Clemen, Schösserin von Eisenberg, S. 74f.

B) Sacherläuterungen 1 Vgl. Luther, Wider den falsch genannten geistlichen Stand des Papstes und der Bischöfe, in: WA 10 II, S. 105. 2 Evtl. Anspielung auf Luthers „Ursach und Antwort, daß Jungfrauen Klöster göttlich verlassen mögen" (WA 11, S. 387ff.) und „De votis monasticis" (WA 8, S. 564ff.). 3 Vgl. Luther, Ursach und Antwort (wie Anm. 2), S. 397; evtl. auch Anspielung auf Luthers „Von der Freiheit eines Christenmenschen" (Delius, Luther, Bd. 2, S. 260ff.; WA 7, S. 12ff.). 4 De penitencia, d. 1, c. 6, in: CorpIurCan, Bd. 1, Sp. 1159f. 5 1541 ging der Abt selbst eine Ehe ein, nachdem er zuvor ein anderes Eheversprechen gegenüber einer langjährigen Lebensgefährtin gebrochen hatte; er wurde dafür gerichtlich belangt (vgl. Luther, WA Br 10, S. 103ff.). 6 Im folgenden wohl gemeint: Luther, Vom ehelichen Leben, in: WA 10 II, S. 278, 287f.; vgl. auch Luthers Babylonica, in: Delius, Luther, Bd. 2, S. 235ff„ bes. 243ff.; WA 6, S. 550ff„ bes. 558ff.; Luther, Das siebente Kapitel S. Pauli zu den Corinthern, in: WA 12, S. (88) 9 2 - 1 4 2 . 7 Zum katholischen Eherecht vgl. Decretal. Gregor IX., 1. 4, in: CorpIurCan, Bd. 2, Sp. 661 ff.; die hier angesprochenen Ehehindernisse bes. in t. 15, ebd., Sp. 704ff. 8 Vgl. zum folgenden Andreas Karlstadt, De coelibatu, monachatu, et viduitate, Wittenberg 1521, Bl. A l - D 4 a . 9 Ebd. Bl. C4b. 10 Vgl. Anm. 6; zum Orden: Luther, Ermahnung an die Herren deutsches Ordens, daß sie falsche Keuschheit meiden und zur rechten ehelichen Keuschheit greifen, in: WA 12, S. (228) 2 3 2 - 2 4 4 . 11 Priapus, Sohn des Bacchus und der Venus, Gott der Fruchtbarkeit; Sinnbild der Geilheit und Unzucht. 12 Vgl. Luther, Vom ehelichen Leben (wie Anm. 6), S. 276. 13 Ebd. S. 279. 14 Die 12 Artikel des Apostolischen Glaubensbekenntnisses (vgl. Denzinger-Schönmetzer, Nr. 30).

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15 Vgl. Wander, Bd. 4, Sp. 1086, Nr. 633, 637f. 16 Luther bezeichnet z.B. die Theologische Fakultät der Pariser Sorbonne als „grossist geysthure", als „des Bapsts, des rechten Endchrists, große hurkamer" (WA 8, S. 292). Seine grundsätzliche Stellung zu den Universitäten und zur Notwendigkeit von deren Reform findet sich vor allem in der Adelsschrift, Pkt. 25 (Laube/Looß/Schneider, Bd. 2, S. 6 7 6 - 6 8 0 ; Delius, Luther, Bd. 2, S. 154-158). 17 Aristoteles (384—322 v.Chr.), dessen Lehren in der scholastischen Theologie des Mittelalters christlich gedeutet weiterwirkten, wurde von Luther scharf bekämpft. Das folgende Zitat stammt aus Luthers Adelsschrift (ebd. S. 676 bzw. S. 154). 18 Gemeint ist die Verbrennung der kanonischen Rechtsbücher am 10. Dezember 1520 in Wittenberg. Vgl. dazu auch Luthers Rechtfertigung „Warum des Papsts und seiner Jünger Bücher . . . verbrannt sein", in: WA 7, S. 161 — 182. 19 Zeitgenössischer Begriff, der auch von Thomas Murner, Hans Sachs, Pamphilus Gengenbach u. a. verwendet wird im Sinne von Müßiggänger, einfältiger Mönch; wohl abgeleitet von den Lollarden, den Anhängern John Wiclifs. 20 Als Sprichwort bei Wander nicht nachgewiesen. 21 Sexti Decretal. 1. I, t. 1: De summa trinitate et fide catholica, in: CorpIurCan, Bd. 2, Sp. 937. 22 Johannes Drach (Draconites) (1494—1566), nach seinem Geburtsort auch Karlstadt genannt, war im Frühjahr 1522 als erster lutherischer Pfarrer ins kurmainzische Miltenberg berufen worden; noch im selben Jahr hatte Johannes Cochläus 14 Artikel aus seinen Schriften als ketzerisch firmiert, worauf ein Ketzerprozeß gegen Drach eröffnet wurde. Schließlich 1523 mit dem Bann belegt, mußte Drach dem seinetwegen auf die Stadt ausgeübten Druck weichen und Miltenberg verlassen; d. h. er ist wohl nicht freiwillig „entlauffen" (vgl. Laube/Looß/Schneider, Bd. 2, S. 1323-1342). 23 Vgl. ebd. Drach schrieb neben einer Supplikation an den Mainzer Erzbischof insgesamt drei Sendbriefe an seine ehemalige Gemeinde. Da in keiner dieser Schriften eine derartige Formulierung enthalten ist, könnte das „du s a g s t . . . " auch wörtlich gemeint sein, da sich Drach Ende 1523 in Erfurt, dem Wirkungsort Wolfgang Blicks, aufhielt (vgl. oben Zur Entstehung). Er verließ die Stadt wohl am 2. Januar 1524 (U. Weiß, Die frommen Bürger von Erfurt, Weimar 1988, S. 155, Anm. 242). 24 Blick kennt anscheinend nur den ersten, 1523 erschienenen Sammeldruck Drachs (vgl. Druckgeschichte von H. Claus in: Laube/Looß/Schneider, Bd. 2, S. 1338). 25 Das „du s a g s t . . . " könnte sich wiederum auf unmittelbare Diskussionen in Erfurt beziehen; sinngemäß finden sich derartige Aussagen auch in den Schlußpassagen von Drachs Supplikation an den Mainzer Erzbischof (Laube/Looß/ Schneider, Bd. 2, S. 1337) sowie in seinem aus Erfurt geschriebenen und Anfang 1524 gedruckten Sendbrief. 26 Wenn sich das noch auf Drach bezieht, ist darüber aus seinen frühen Schriften nichts bekannt, könnte also auch aus der unmittelbaren Auseinanderstzung in Erfurt resultieren. 27 Vgl. oben Anm. 17. 28 Der Aufstand von Anfang Juli 1523 in der Reichsstadt Mühlhausen in Thüringen, inspiriert durch Predigten der früheren Mönche Heinrich Pfeiffer und Matthäus Hisolidus. Nach längeren Unruhen, Formulierung von 55 Artikeln und Organisierung der oppositionellen Bürgerschaft stürmte diese das Rathaus, die Klöster und Pfarrhäuser. Die Schilderung Blicks deckt sich mit dem Bericht der Mühlhäuser Chronik (vgl. G. Franz, Quellen zur Geschichte des Bauernkrieges, München 1963, S. 476f.). 44*

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29 Was in Zwickau gemeint ist, läßt sich nicht ausmachen. Dort hatte die lutherische Reformation mit Unterstützung des Rates früh Eingang gefunden. Gewaltsame Aktionen waren untergeordneter Art (z. B. Mißhandlung von Priestern am 26. Dezember 1520 und im November 1521) oder wurden vom Rat durch präventive Maßnahmen im Keim erstickt (Festsetzung von Müntzeranhängern nach dessen Entlassung am 16. April 1521, Ausweisung der „Zwickauer Propheten" im Dezember 1521). 30 Anhänger des als Ketzer verurteilten englischen Reformpredigers John Wiclif (um 1325—1384). Welche Schrift Luthers hier gemeint ist, läßt sich nicht ausmachen. 31 Dafür gibt es keine Belege. Offenbar wurden solche Anwürfe gerüchteweise verbreitet, denn Luther antwortet darauf in „Daß Jesus Christus ein geborener Jude sei" (WA 11, S. 314ff.); vgl. auch das Ave Maria in seinem Betbüchlein (WA 10 II, S. 407—409). 32 Anspielung auf die Bilderstürme der Reformation, deren erster bedeutender am 6. Februar 1522 in Wittenberg stattfand. 33 Vgl. z. B. Luthers Adelsschrift (Laube/Looß/Schneider, Bd. 2, S. 672; Delius, Luther, Bd. 2, S. 149) sowie die Schrift gegen Prierias (WA 6, S. 328-348). 34 Vgl. Anm. 30. 35 Die vier großen lateinischen Kirchenlehrer Ambrosius (339—397), Hieronymus (um 347-419/420), Augustin (354-430) und Gregor I. (um 540-604). 36 Anspielung auf die Hussitenbewegung in Böhmen. 37 Der böhmische Reformator Jan (Johannes) Hus (um 1371 — 1415), dessen Verbrennung durch das Konstanzer Konzil die Hussitenbewegung auslöste. 38 Jan (Johannes) Rokyzana (1435—1471), geistiges Haupt der Utraquisten, des gemäßigten Flügels der Hussiten

Hugo von Hohenlandenberg: Christliche Unterrichtung, die Bildnisse und das Opfer in der Messe betreffend Christenlich underrichtung des hochwirdigen fürsten unnd herren, 5 hem Hugo 1 , bischoffen zu Costantz, die bildtnüssen und das opfer der mess betreffend, burgermeister und rhat zu Zürch uff den ersten tag Junii diß vierundtzweintzigesten jars übersendt. Wir, Hugo von Gottes gnaden bischoff zu Costantz, empietten den eerwirdigen, wirdigen, hochgelerten, ersamen unseren lieben andechtigen 10 allen unnd yeden prelaten, probsten, decan, pfarrer und seelsorgern unnsers bistumbs Costantz und anderen, denen diß ußschreyben fürkompt, heil in Christo und zu vernemen. Wiewol bey allen christenlichen Stenden der artickel halb, die bildtnüssen und mess betreffend, und sunder 3 von wegen der mess bißher nye kein mißverstand gewesen oder so die der bildtnüssen 15 halb erwachsen, von der heiligen kirchen (wie uß nachvolgenden conciliis oder versamlungen gehört wirt) allweg als irrig erkennt und verworffen seind, auch gemeyn b Christenheit die selbigen, wie uß grund gütlicher geschrifft bevestnet0 ist, in einmüttiger vergleychung d gehalten, deßhalb billiche darwider nunmals kein zweyfel gestattet noch einicherf gestalt als 20 zweyfelig geacht werden solten. Noch dann® dieweyl bey den strengen, fürsichtigen, weysen unseren lieben freünden burgermeister und rhat zu Zürch oder den iren (unangesehen gegründt h schrifft, Ursachen und haltung) der bildtnüssen und mess ein zweyfel sein wil, unnd dieselbigen von Zürch unns umb bericht1 innhalt ires schreybens 2 ernstlich angesucht, ha25 ben wir uß begirigem vetterlichem gemüt, fürgefaßten' zweyfel bey inen oder den iren sovil müglich ußzereüten k und die nachteyl und schaden, so mit weyterem abfall christenlichs Verstands und haltung der geschrifft erwachsen würden, zu fürkommen 1 , obgemelter artickel halb ein bericht uß grundt der gottlichen geschrifft und dero bewertem1", angenommen! ver30 stand, uff rhat etlicher universiteten und anderer der heiligen geschrifft verstendigen verfassen, denselbigen gedachten burgermeister und rhat zugesandt, und dieweyl obangetzeygter artickel halb auch bey anderen (wie wir leider vor äugen sehen) gleychermaß zweyfel unnd irrungen entstanden seind, seyen wir wie obgemelt uß vetterlichem gemüt bewegt, dise unser 35 underrichtung in offenlichem truck lassen ußgon", der hoffnung, mengklich°, so sie wirt lesenn, werde bericht empfahen p , die bildtnüssen unnd meß in der heiligen geschrifft gnügsam gegründt unnd deßhalb von der kirchen bißher christenlich und wol gehalten und braucht sein. Nach dem

a) besonders b) allgemeine c) festgesetzt d) Gemeinschaft e) rechtmäßig f) irgendeiner g) dennoch, trotzdem h) begründeter i) Belehrung j) unbegründeten, aus Voreingenommenheit erwachsenen k) auszureißen 1) zu verhindern m) wahrem, bewiesenem n) ausgehen o) jedermann p) empfangen

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auch diser bericht allein uff gottlich geschrifft und dero von der heiligen kirchen unnd christenlichen lerern gemeynem vereintem verstand und von anfang der kirchen unnd Christenheit allweg herkomner haltung gegründt ist, so wollen wir auch den selbigen der heiligen kirchen und allen christenlichen lerern underworffen haben, der Zuversicht, das sunderer selb ge- 5 troster unnd unerhörter verstand der geschrifft unnd annder neüwerung dawider nit statt haben sollen. j-* * Ob die bildnüssen, so uns anzeygent oder bedeütent die heiligiste menscheit Christi unnsers erlosers und seligmachers, seiner alltzeyt gebenedeyten q mütter und junckfraw Marie, auch aller ußerwolten heiligen Gottes (bißher vil hundert jar in der heiligen kirchen geweret) wider die heiligen geschrifft des neüwen und alten testaments (und deßhalb abzüthün seyent). Zu ufflosung und entschliessung 1 diser frag wollent notwendig sein syben puncten. Zu dem ersten wirt vasts not sein zu wissen, wie und wofür idola symulachra' etc. bey heiden unnd Juden gehalten seyen worden. Zu dem andern, wie und in was gestalt idola simulachra etc. oder die abgotter, wie dann dise wortlin bißher allweg" verteütscht worden seind, Juden unnd heiden vereret haben. Zu dem dritten, ausz was bewegnüß oder ursach die heilig kirch die bildtnüssen zugelassen, angenommen und uffgesetzt hab. Zu dem Vierden, wie lanng die bildtnüssen in der christenlichen kirchen geweret haben, nämlich von der zeyt der aposteln. Zu dem fünfftenn, was grossenn underscheids sey zwüschen den idolis oder abgottern bey den heiden unnd Juden, und den bildtnüssen bey uns Christen, der antzeygung v und bedeütung halb. Zu dem sechsten, was sie auch habenn für ein underscheid zwüschen inen der vererung halb. Dann wir dienen inen nit, wir setzen kein vertrauwen in sie, wir betten sie nit an, wir fragen sie nit rats umb verborgne ding etc. Zu dem sybenden werden kurtz verantwurt w die argumenta unnd inreden" dereny, so zu unsern zeyten mit der geschrifft (als vermeynen 2 ) die bildtnüssen der heiligen abzüthün unnderstond", wiewol doch kein geschlifft nyendert b meidung thüt von unsern bildern. Zu dem letsten wirt auff die frag ein endtlich0 schlußred geben.

q) gesegneten r) Erklärung, Beantwortung s) sehr t) Götzenbilder u) immer v) Erklärung, Darlegung; d. h. was die Bilder erzählen w) beantwortet x) Einwände y) deijenigen z) wie sie denken a) unterstehen b) nirgends c) vollständige

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Auß allen erzelten puncten habenn ir nun gnügsam underrichtung, wie die heiden und Juden ire gotzen für gotter gehalten und vereret, darneben den waren lebendigen Gott verlassen haben, herwiderumb uß was christenliehen fruchtbaren Ursachen die gemeyn kirch die bilder der heiligen zugelassen und uffgesetzt hab, auch das unnsere bild durch kein geschrifft (wol euch vil ortd verzeichnet sind) verbotten worden. Als wenig uns yemants die geschrifft und legenden der heiligen zu lesen verbietten mag, sunder wo geschrifft meidung thüt von idolis simulachris etc., wirt sie allein verstanden von den abgottern der heiden unnd Juden, welche gantz kein gemeynsame mit unsern bildern habent, auch inen nyener* inngleych seind, dann in der materi, wie vilmal gehört ist. Hierumb vermanen wir eüch in der liebe unnsers herren Jesu Christi, ir wellent dise unser vetterliche underrichtung (wie sich gehorsamen sünen wol gebürt) zu hertzen fassen, eüch in den und andern artickeln von christenlichem verstand und einigkeit nit so leychtigklich trennen und absündern lassen, die geschrifft statf nit im lesen, sunder im verstand, nit im büchstaben, aber im geist [vgl. 2. Kor. 3, 6]. Darumb wann die geschrifft von yemants anders darthon g und inzogen h wirt, dann sie von anfang der kirchen biß uff uns der heilig geist durch die lieben christenlichen lerer ußgelegt und in gemeinem brach1 gehalten hat, sol sie nit alsJ eylend angenommen, sunder vorhin k wol ersucht1 und bewert m werden, ob diser geist uß Gott sey oder nit [vgl. 1. Joh. 4, 1], dieweyl dann die heilig geschrifft (so sie recht ermessen und ergründt wirt) nach altem christenlichem verstand nitt wider unsere bild, sunder mit inen ist (wann sie nicht anders seind dann der leyen geschrifft). So ermanen wir eüch nochmals als eüwer geistlicher vatter und oberer, ir wollent sie lassen beleyben und also behalten, wie sie christenlich und wol von der gemeynen kirchen geordnet seind. Und ob yemants über dise unser treüw vetterlich underrichtung und ermanung von seinem frevel nit würde abston, die bilder mit worten oder mit der that zu verspotten oder schmehen, wollent dasselbig nit gestatten, sunder mit allem ernst verhütten und wören", dann wie die vererung vor dem bild dem geschieht 0 , der durch das bild bedeüt wirt, also auch die enterung p , spott und schmach gegen inen ist von Gott nit minder geachtet, dann ob sie im oder seinen heiligen selbs geschehe, wie die historien gnügsam anzeygen, auch die mirackel q der bild an vil orten teütscher nation offenlich zeügknüß geben. Wollent auch mit den priestern (so in eüwern gebietten und oberkeiten das gotswort verkünden) vermügen und verschaffen, wölche wir auch uff das höchst ermanen, daz sie ire underthon treüwlich underrichten und inen antzeygen, waramb und uß was ursach die christenlich kirch die bilder zugelassen, geordnet und uffgesetzt habe, wartzü sie dem gemeynen mann

d) Stellen e) durchaus nicht f) steht g) ausgelegt h) herangezogen, zitiert i) Brauch j) so k) zuvor 1) untersucht m) geprüft n) verwehren o) geschieht, gilt p) Beschimpfung q) Wunder

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dienen und nütz seyen, wie und warfür sie gehalten sollent werden, wohin die vererung und das gebett vor den bildern miteinander reiche etc. Seyen wir ungetzeyfelt, das nit allein Gott und seine heiligen nit dardurch erzürnt oder geschmecht, der gemeyn mensch im glauben, hoffnung, liebe und andern tugenten etwas gehindert oder abgewendt [vgl. 1. Kor. 13, 13], sunder 5 daz Got und seine heiligen vilfaltigklich dardurch gelobt und gebreyßt werden. 5 Wir aber alle (wie unser altfordern) dardurch mercklichen nutz und besserung empfahen mügen.

Beschluszred. Also wollen wir auch hiemit beschlossen haben disen anndern artikkel, das Christus unnser erloser unnd seligmacher diß heilig brot des ewigen lebens [vgl. Joh. 6, 35. 48] unnd den kelch des ewigen heiles nit allein wie ein testament oder widergedechtnüß am letstenn nachtmal uffgesetzt, sunnder auch zu einem reinen heilsamen unnd unvermackelten r opffer, für lebendig unnd todt der christenlichen kirchen habe zu letzes gelassen. Wie wir ungetzweyfelt seyend, ir selbs gründtlich vinden unnd erlernen werden in diser unser underrichtung, so sie eüch treüwlich unnd wolbedacht verlesen, die geschrifften (darinn antzeygt 7 ) auß den originalien nach rechtem verstand erclert werden. In summa, ir werden bericht darauß empfahen. Zum ersten, das weder die priester (wie gesagt wirt) noch kein mensch oder commun' auff erdtrich das opffer erdacht unnd erfunden hat, sunnder, wie gnügsam gemeldet, das es im natürlichen unnd geschriben gesatz vor langest also bedeüt unnd figuriert" ist. Das die propheten, nämlich Malachias 8 unnd David 9 , also darvon geweyssagt haben, das es Christus uffgesetzt 10 und Paulus" also beschriben hat nach ußlegung der heiligen lerer. Das die gemeyn kirch (ecclesia catholica) (wolche doch im glauben nit mag irren) von uffgang der sonnen biß zu nidergang, wo der nam des herren groß ist [Mal. 1, 11], allweg diß sacrament ein opffer glaubt, gehalten unnd stetigs gebraucht hat. Das es nyendert wider die ewangelisch geschrifft, ja nit wider den wenigsten büchstaben ist, sunnder ir gantz gemeß, gleychformig unnd wol darinn gegründt. Zum andern werden ir vernemen, das sich die priester (wie ettlich fürgebenn v ) nit darfür außthündt, als ob sie Christum opfferen für andere menschen etc. Dann vil mer antzeygt ist, das der recht war ewig priester unnd opfferer inn der mess Christus sey, unnd nachgendigs w sein ußerwolte einige gesponß" die heilig kirch. Die priester aber thügendt y auß inen z , auß irem gewalt oder verdienen (so vil es das opffer an im selbs antrifft) überal nichts, dann allein das sie als diener Christi unnd der kirchen (zü dem ampt verordnet) da volstreckenn den letsten willenn des herren Jesu 12 , wie er dann den jungern am nachtmal

r) reinen, unbefleckten s) Erquickung, Labung t) Gemeinde u) gestaltet v) einwenden, als Vorwand angeben w) nachfolgend x) einzige Braut y) tun z) aus sich

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unnd in inen allen priesteren bevalch a zu thün, do er sprach: Thünd das in meiner gedechtnüß [Luk. 22, 19]. Solte das ein frevel sein oder ein vermessenheit, wann die priester, wie yetz gemeldet ist, mess haltendt unnd opfferendt als diener der kirchenn, so müste das auch ein frevel sein, wann sie taufftendt, da die erbsünd nachgelassen 0 [wird], item wann sie inn der beycht absolvierten, da die todtsünd vertzigend werden, das aber nyemandt sagenn mag, dann sie thündt die ding allein wie diener, nit auß inen oder irem gewalt. Zum dritten, das Gott durch das opffer nit allein nit geschmecht werde (wie antzeygt würdt), sunnder auff das höchst breyßt 6 und gelobt, auch all weg als ein wolgefelligests opffer annemen wolle. Dann also betzeüget er es selbs durch den propheten Malachiam: An allen orten wirt mir geopffert ein rein opffer etc. [Mal. 1, 11]. Item Marci am ersten capitel unnd Luce am dritten capitel spricht Gott, der vatter, zu seinem eingebornen sun: Du bist mein lieber sun, in dir hab ich ein wolgefallen [Mark. 1, 11; Luk. 3, 22]. Wie mochte Gott dem hymelschen vatter wolgefelligers unnd anngenemers beschehen, dann so im die heilige kirch durch ire diener, die priester, auffopfferet und fürhelt seinen eingebornen sun Christum, wie er von iren wegen sich ein mal am creütz hat auffgeopffert und gestorben ist. Hat es Gott, dem vatter, wolgefallen unnd ist im angenem gewesen zu betzalen die sünd der gantzen weit, do sein eingeborner sun am creütz gestorbenn ist, wie mocht er dann yetzundt geschmecht werden, so die kirch (wolche imf auch selbs nit mag mißfallen) eben das selb opffer (doch inn einer anndern gestalt) zu einer gedechtnüß des sterbens Christi Gott uffopfferet im sacrament des altars. Zum Vierden werden ir bericht empfahenn, das wir Gott wol ettwas hohers mügenn auffopfferen, dann uns oder unnsere leychnam g . Warumb. Christus ist unser haupt, wir seine glider. Von Christo, dem haupt, fleüßt das leben und alle gnad. On das haupt seind und vermügen die glider gantz nichts [vgl. Joh. 15, 5], Was die glider seind, was sie thündt, kompt alles von dem haupt. In ipso et cum ipso et per ipsum sunt omnia. In im, mit im unnd durch in seind alle ding. Die gantz ewangelisch geschrifft bezeügt, das nyemandts wirt oder mag es laugnen. Darumb so vil das haupt übertrifft die glider, so vil es edler, hoher und besser ist, so vil mer wolgefellig ist Gott, dem hymelschen vatter, so im der geistlich leyb (corpus mysticum ecclesia sciliceth)13 für sich unnd seine glider ir haupt uffopffert. Paulus ermant unns, wir sollen unnsere leychnam auffopfferen etc., das hat nye nyemanndts gescholten oder verworffenn. Es ist auch not, das wir es alle thüegen1. Aber darneben sollen wir das annder nit unnderwegen lassen, dann durch das leyden Christi (wolches die kirch im opffer der mess am höchsten antzeüchtJ und betrachtet) miessen wir alle selig werden. On das seyen weder wir noch unsere werck nichts vor dem angesicht Gottes. Das yemants die mess hat mißbraucht oder noch thüt, geistlich oder weltlich, wollen wir nit verfechten14, a) befahl b) Beweis auf Grund von Ähnlichkeiten/Gleichheiten c) vernachlässigt, nicht beachtet d) verziehen e) gepriesen f) sich g) Körper, Leiber h) natürlich der geistliche Leib Kirche i) täten j) heranzieht, anführt k) verteidigen

Argumentum a simili b

Ephe. I [22f.] et V [30] I. Cor. VI [15. 19] et VII [23] Collo. I [ 1 6 - 2 0 ] Johan. I [3] Ro. VII [18f.; = 8, 14f.?] II. ad Timo. I [7] Actuum XVII [27f.] I. Johan. V [1-12] Johan. XV [5] Ro. XII [1]

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lassen es beleyben wie oben von mißbrauchung der bilder geredt ist. Die kirch braucht das opffer der mess allweg wol, ist ir allweg fruchtbar unnd erschießlich1 gegen Gott. Ob es diser oder jhener mißbraucht, irret nit.14 In allen dingen sind mißbreüch, wie im ersten artickel gehört ist. Hierumb vermanen wir eüch nochmals uff das allerhöchst unnd freüntlichest, ir 5 wollen diß rein, unbefleckt unnd fruchtbar opffer (durch wolches teglich der zorn Gottes versonet, alles hymelsch heer erfrowet unnd vereret wirt, den lebendigen und todten unußsprechenlicher geistlicher nutz unnd vilfaltiger trost entspringt) nit unnderlassen oder abthün, auch nyemants, es sey geistlich oder weltlich, sollichs zu thün gestatten oder bewilligen, sunder 10 mit allem ernst (wie ir auch zu thün schuldig seind) darob halten und verschaffen"1, damit die alten loblichen stifftungen unnd letsten willen", so sich auff die mess ziehen0 (von keysern, herren, auch eüwern altfordern, Gott zü lob, den lebendigen und todten zu trost, fundiert unnd vil hundert jar christenlich und wol bey eüch gehalten seind worden), durch die prie- 15 sterschafft für unnd für mit allem andacht gehalten unnd volstreckt wordenn. Daran werdenn ir thün, das den abgestorbnen trostlich, eüch unnd eüwern nachkommen gegen Gott und der weit loblich, erschießlich und unverweyßlichp wirt sein.

A) Vorbemerkung Druckvorlage: Christenlich vnderllrichtung des Hochwirdigen Fürllsten vnnd Herren herrn Hugo Bischoffen zü Costantz II die Bildtnüssen vnd das opffer d' Mess betreffend/ Bur=llgermeister vnd Rhat zü Zürch/ vff den ersten tag Junij II diß Vierundtzweintzigesten Jars übersendt. II [HS] [Freiburg/Br.: Johann Wörlin 1524] 4° 64 ungez. Bl. Sign.: A 4 -Q 4 . - VD 16 K 2015. Köhler 1646. - SB PK Berlin: Cu 3383 R. Zur Entstehung: Den Hintergrund der Schrift bilden die Vorgänge um die zweite Zürcher Disputation im Oktober 1523. Die auch an Bischof Hugo von Hohenlandenberg (vgl. Anm. 1) ergangene Einladung zur Disputation wurde nicht angenommen. Gleichwohl wurde ihm der vorläufige Ratsentscheid in Gestalt der von Huldrych Zwingli (1484—1531) erarbeiteten „Kurzen christlichen Einleitung" im Januar 1524 zugesandt. Die endgültige Entscheidung über Messe und Bilder sollte Pfingsten 1524 fallen. Zu diesem Zweck holte der Zürcher Rat noch einmal ein Gutachten beim zuständigen Konstanzer Bischof ein. Dieser hatte Zwingiis „Einleitung" von verschiedenen Personen und Universitäten beurteilen lassen und aufgrund dessen seinen Generalvikar Johann Fabri (1478—1541) beauftragt, eine betont sachliche Stellungnahme auszuarbeiten. Sie wurde dem Zürcher Rat am 25. Mai angekündigt und ihm am 1. Juni in handschriftlicher Fassung übersandt. Als offizielle Verlautbarung des Bischofs sollte sie aber auch allen Geistlichen der Diözese bekannt werden. Deshalb wurde umgehend für die Drucklegung gesorgt. Noch im Sommer dürfte der vielleicht von Fabri veranlaßte Wörlin-Druck vorgelegen haben. Später erschien auch

1) nützlich, verdienstlich d. h. die Messe betreffen

m) dafür sorgen p) nicht verführlich

n) Testamente

o) beziehen,

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eine Straßburger Ausgabe. — Auf den Fortgang der Ereignisse in Zürich hat die „Unterrichtung" keinen erkennbaren Einfluß nehmen können. Zwar ließ der Rat die „Unterrichtung" zweimal vor offiziellen Gremien verlesen, aber belehrt fand man sich nicht. So wurde Zwingli lediglich mit einer in „früntlichen worten" gehaltenen Entgegnung beauftragt (Aktensammlung, Nr. 545). Sie lag im August vor. Erkennbaren Einfluß indes hatte die „Unterrichtung" auf spätere altgläubige Schriften zum Thema. — Wir drucken die Vorrede und die Schlußreden zur Bilderverehrung (Teil 1 der „Unterrichtung") und zur Messe (Teil 2). Literatur: Willburger, Bischöfe, S. 50—52; Aktensammlung, Nr. 545; Z Bd. 3, S. 146-229; Handbuch der Schweizer Geschichte, Bd. 1, S. 450f., 454f.; CCath 36, S. XIX—XXII; Helvetia sacra, Bd. 1, 1, S. 380f.; Köhler, Bibliographie, Nr. 1646-1647; Locher, Reformation, S. 136-146.

B) Sacherläuterungen 1 Der aus dem Kanton Zürich stammende, humanistisch gebildete Hugo von Hohenlandenberg (1496—1529, 1531 — 1532) war schon vor 1487 Kanoniker in Konstanz; 1496 wurde er zum Konstanzer Bischof gewählt, als der er sowohl für die kirchliche Reform als auch für die Gesundung der wirtschaftlichen Verhältnisse in der Diözese wirkte. Der Reformationsbewegung trat er seit 1522 mit Mandaten entgegen, ohne sie freilich wirksam behindern zu können. 1530 resignierte er, wurde jedoch nach dem überraschenden Tod seines Nachfolgers noch einmal gewählt, starb aber bereits Anfang 1532 (vgl. Helvetia sacra, Bd. 1, 1, S. 376-385). 2 Hierzu Willburger, Bischöfe, S. 50. 3 Im folgenden ersten Teil (Bl. Bla—H4a) werden die vorstehenden sieben Fragen im einzelnen beantwortet. 4 Schlußrede (Zusammenfassung) zum ersten Teil. 5 Zur Sache vgl. Aktensammlung Nr. 436 und 458: Der Zürcher Rat erlaubte im Oktober 1523 (erneuert im Dezember 1523) die Entfernung von Bildem aus den Kirchen durch ihre Stifter (zum endgültigen Beschluß in der Bilderfrage vgl. ebd. Nr. 543 [Juni 1524]). 6 Der folgende zweite Teil (Bl. Il a —Ql b ) handelt von der Messe, speziell vom Abendmahl. Sein Inhalt erschließt sich durch die folgende Zusammenfassung. 7 Außer Bibelstellen werden zahlreiche Belege aus Kirchenvätern, Scholastikern, von Märtyrern und Päpsten gebracht. 8 Vgl. Mal. 1, 11 und im einzelnen auch den Hauptteil der Schrift (Bl. K2 b -L3 b ), die Ausführungen von Kretz (unten Nr. 35, S. 734 bei Anm. 25) sowie Johannes Eck, De sacrificis missae (CCath 36, S. 19—25); zur Sache auch Jungmann, Missarum sollemnia, Bd. 1, S. 237 und 249. 9 Zu denken ist wohl an Ps. 40, 7 - 1 1 ; 50, 7 - 1 3 ; 51, 18f.; vgl. auch Bibellexikon, Sp. 1266f. 10 Vgl. Matth. 26, 2 6 - 2 8 ; Mark. 14, 2 2 - 2 4 ; Luk. 22, 19f. 11 Vgl. 1. Kor. 11, 2 3 - 2 6 , ergänzend Bibellexikon, Sp. 1267f. 12 Ausführlich zu dieser im Spätmittelalter herrschenden Auffassung Jungmann, Missarum sollemnia, Bd. 1, S. 239-241. 13 Vgl. hierzu Denzinger-Schönmetzer, Nr. 493, 870. 14 Zum angesprochenen Sachverhalt vgl. unten S. 738, Anm. 14.

Entschließung der Fürsten zu Regensburg zu Handhabung christlichen Glaubens und evangelischer Lehre Von Gotes gnaden, wir, Ferdinandus, kayfserlicher] maye[stät] im Hayligen Romischen Reych stathalter, printz und infant in Hispanien etc., als" ertzhertzog in Osterreych und gubernator b der ober osterreychen landt und fürstenthumbs Wirtenberg etc. 1 , Matheus, der hayligen romischen kirchen cardinal, ertzbischoff zu Saltzburg etc. 2 , Wilhelm und Ludwig, gebruder, pfaltzgraven bey Reyn, hertzogen in obern und nydern Bayern 3 , Bernhardt, bischoff zu Triendt 4 , Johann, administrator des stiffts zu Regenspurg, pfaltzgraven bey Reyn, hertzog in Bayern 5 , und wir, der hochwirdigen, durchleuchtigen, hochgebomen fürsten unnd herrn, herrn Weygandt, bischoff zú Bamberg 6 , herrn Jorgen, bischoff zu Speyer, pfaltzgraven etc. 7 , herrn Wilhelm, bischoff zu Straßburg 8 , herrn Christoffen, bischoff zu Augspurg 9 , herrn Hugen, bischoffen zu Costentz 10 , herrn Christoffen, bischoffen zu Basel 11 , herrn Philip, bischoff zu Freysing, pfaltzgraff bey Reyn, hertzog in Bayern 12 , herrn Ernst, administrator zü Bassaw, auch pfaltzgrave bey Reyn, hertzog in obern und nydern Bayern etc. 13 , und herrn Sebastion, bischoff zú Brixen 14 , hierinn mit sonderm c gwalt und bevelch d verordent rate, bekennen öffentlich mit disem brieff und thun kund aller manigklich 6 . Als der durchleuchtigist, großmechtigist fürst und herr, herr Karl, römischer kayser etc., unser lieber herr und brüder, aller gnedigster herr und vetter, auch aller gnedigster herr 15 , auf dem jüngsten reychstag zu Wormbs mit radt und gehellung f des Hailigen Romischen Reichs churfürsten, fürsten und Stenden auff weyland® Bapst Leo des zehenden vorausßgangen bull 16 und ersuchen wider die verfurischen und ketzerischen leeren, so vorlang verschyner11 zeytten von den hayligen vátern und christlichen concilien verdampt, aber newlicher zeyt durch Martin Luther, seine nachfolger 1 und ander widerumb auferweckt und zu verderbung vil christglaubiger seelen außgebrait seyen worden, ain edict und mandat auß geen lassen 17 , darauff auch in den gehalten reychstágen zú Nürnberg des 1523. und yetz des 24. jars beschlossen und in denselben abschyden begriffen J ist, das dem kaiserlichen edict obgemelt k , so vil den reichsstenden müglich sey, gehorsamlich gelebt und nachkommen werden solle 18 . Wolches edict wir und unser principal1 nit allain für christenlichen herkommen, sonder auch zu abstellung allerlay auffruren und boßhaiten, so auß den angerurten verfurlichen und verdampten leeren erfolgen" 1 und taglich zu besorgen seyn, zum höchsten notdürfftig achten. Darumb so haben wir auff des hochwirdigisten herrn Laurencii Compegii, der hayligen romischen kirchen des titels Sanct Anastasie cardinal, bápstlicher hayligkait legaten 19 ersuchen, der auch seyn auctoritet, willen und bestetung" an stat der bápstlichen hayligkait hierin-

a) wie auch b) Statthalter f) Zustimmung g) vormals k) oben genannten 1) Herren

c) besonderer h) vergangener m) sich ergeben

d) Befehl e) jedermann i) Anhänger j) enthalten n) Bestätigung, Bekräftigung

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nen gegeben hat, uns entschlossen und vergleycht 0 , das wir und unser principal oftgemelt kaiserlichen edict zu Wormbs, auch die abschid auff bayden reychßtägen zu Nürnberg, deßhalben beschlossen und außgangen, in unsern und unserer genedigen herrn fürstenthumben, oberkaitten und gebietten, soweyt sich unser gaystlich und weltlich oberkait samentlich p erstrecken, halten, volziehen und wider die verbrecher q der selbigen edict unnd abschid, die uns mit gaystlicher unnd weltlicher oberkait samentlich unnd on mittelr underworffen seind, mit straff handien und fürfaren s wollen, in massen', wie hernach folgt. Erstlich, das wir und unser principal Got dem almechtigen zu lob, der mütter Gottes und allen lieben hayligen unnd auch hymlischen hor u zu eeren, bepstlicher hayligkait und kay[serlicher] mayfestät] und derselben außgangen edicten, mandaten und abschid zu billicherv gehorsam, dartzü unsern und unserer principal underthonen und verwandten w seelen hayl zu gut, das haylig evangelium und ander gotlich geschrifft nach gemaynem" christlichem verstand, wie das die hayligen lerer, so von der kirchen angenommen y seind, außlegen 20 , die auch ir leer mit gütten, erbera z sitten und wesen, darzü mit irem blütvergiessen besteet", also annemen und halten, auch kains wegs leyden b noch gestatten wollen, solchs evangelium zü verhinderung der loblichen christlichen herkommen und gebrauch gütter wort und wercken und warer christlicher bruderlicher lieb zü predigen noch in ander verkert synn außzülegen, und ob yemandt verdampte ketzereyen oder lesterung, von Christo unserm säligmacher, seiner hochgelobten mütter, der junckfrawen Maria, und der lieben hayligen, oder anders, das offenbare ergernuß under den gemayn christglaubigen menschen oder auffrür gebern 0 mocht, predigen oder sonst außbraiten und halten, und des durch aygne bekandtnus d oder glaubwirdige kundtschafft und erfarung 6 überwunden unnd schuldig erfunden f wirt, der soll darumb inhalts kaiserlichen edichts und nach gestalt seynes Verschuldens, Verbrechens und überfarens 8 gestrafft werden, und damit das haylig gotswort also nach rechtem warem verstand und außlegung on auffrür und ergernuß, sonder mit beschaydenhait gepredigt werd, so wollen und sollen wir in unserer und unsern gnedigen herrn fürstenthumben und bisthumben, oberkait, landen und gebietten, wie obsteeth, bestellen1, das kainer in den kirchen zü predigen zügelassen werden solle, er seye dann von seinen gaistlichen Ordinarien vor examiniert und dartzü taugenlichen und gnügsam k erkandt, und hab des glaubwirdigen schein fiirzübringen. Dergleychen sollen die prediger, so bißher gepredigt haben, ob sy taugenlich sein, auch examiniert und kain winckel predig1 gestat werden.

o) verständigt p) zusammen q) Übertreter, Verletzer r) unmittelbar s) gerichtlich vorgehen t) in der Weise u) Heer v) gebührlichem, rechtmäßigem w) zugetanen x) allgemeinem y) hier: anerkannt, approbiert z) ehrbaren a) bestätigt b) dulden c) gebären, hervorbringen d) Bekenntnis e) Erforschung f) gefunden g) Übertretens (d. h. des Verstoßes gegen das Edikt) h) oben steht i) anordnen, bestimmen j) zuvor, vorher k) hier: geeignet 1) heimlich gehaltene Predigt

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So hat auch der bápstlich legat mit radt, züthün m unnd bewilligen unser und der gesandten an statt unser principal zu abstóllung der mißbrauch und auffrichtung erbern, züchtigen wandels oder wesens in der gaistligkait ain Ordnung hyneben fürgenommen und beschlossen, die wollen und sollen wir in den truck bringen 21 und in unsern und unserer gnedigen herrn fürstenthumben, stifften, archidiaconaten und capiteln, wie vor gemelt, verkünden lassen und darob halten", damit sollicher Ordnung also gehorsamlich unnd zu güttem ebenbild 0 durch die gaistlichen und priesterschafft gelobt, damit die widerwertigen p zu gehorsam gebracht und nach gebür gestrafft werden. Wir und unser principal wollen auch in der hailigen mess und raychung des sacrament auch andern christlichen Ordnung unnd gebreuchen, mit fasten 22 , betten, beichten und opfferen, nichts verendern lassen, sonder es soll damit gehalten werden, wie des alles von den hayligen váttern und unsern voróltern loblich q an uns kommen ist. Darumb so wollen wir und unser gnedig herren auch all laysch personen r ernstlich straffen, die zu dem hochwirdigisten sacrament des altars on vorgeende8 beycht und absolution nach form der kirchen 23 zu geen, oder das selb sacrament under bayder gestalten wider Ordnung der hayligen kirchen begern oder zu nemen sich underfahen' 24 . Dieweyl auch der alt brauch mit flaysch essen und ander verbotten speysen in der fasten und andern tagen, auß guten, vernünfftigen und christlichen Ursachen durch die hayligen väter unser vorfaren auffgesetzt und nach yedes lands gebrauch biß an uns loblich herkommen ist, so wollen wir die ergernus, so auß übertrettung der selbigen auffsatzung" und gebreuch entsteet, in unser und unsern gnedigen herren landen und gebietten, wie vorsteet, nitt einfuren lassen, sonder die übertretter ernstlich darumben straffen. Wir wollen auch die außgeloffen v ordenslewt, weybs und mans personen, auch die priester, diacones und subdiacones, die zu der ee greyffen w , in unsern landen und gebietten, wie obbegriffen, kains wegs leyden oder gedulden, sonder die in unser oberkait und gebietten darumben notdürfftigklichx straffen. So wir auch befinden, das bißher die verdambten und verfürischen leeren, schmach unnd schandtschrifften aller maist durch die truckerey außgebrait, unnd ob der fürsehung des kay [serlichen] edicts 25 nit allenthalben, als doch billich geschehen seyn solt, gehalten ist worden, so haben wir fürgenommen und wollen, das nu füran y in unser und unser gnedigen herrn lande, gebietten und bistumben, wie offt gemelt, kain büchtrucker ainich buch noch gemel z zu trucken understeen, es sey dann zuvor solchs uns und unsern gnedigen herren oder unsern oder iren gnaden darzu ver-

m) Beihilfe, Unterstützung n) daran festhalten o) Beispiel, Vorbild p) d. h. die der Ordnung sich widersetzenden Geistlichen q) lobenswürdig, feierlich r) Laien, Personen nichtgeistlichen Standes s) vorangehende t) unterstehen u) Bestimmungen v) ausgelaufenen w) d. h. sich verheiraten x) notwendigerweise y) künftig z) Gemälde

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ordenten fürgetragen, mit fleyß examiniert und ime zu trucken zugelassen worden. Wollicher aber ausserhalb sollicher erlaubnuß zu trucken understeen wurd, der soll darumb nach Ungnaden und nach vermog des kay[serlichen] edicts gestraft werden 26 . Es soll auch des Luthers und seyner anhänger, auch andern ketzerischen verfürischen und verbotten bucher, schand und schmach schrifften und gemel in unser, unser gnedigen herrn landen, bistumben und gebieten durch niemandt kaufft, verkaufft, verschenckt noch in ainich ander weyß außgebrait werden. Darauff wollen wir unser fleyssig auffmercken bestellen und gegen den Übertretern nach außweisung der geschoben rechten und kay[serlichen] edicts 27 und ander straf widerfaren lassen. Wir haben uns auch mit zuheilen", beystand und auctoritet des bäpstlichen legaten obgemelt veraint und wollen, das alle die jhenen, so auß unnsern unnd unnsern gnedigen herrn landen und gebietten geboren seyn und yetzo zu Wittenberg zu schul steenb, inhalt0 dreyer monat nach verkündung diser vergleychung d sich von dannen anhaym oder in ander universiteten, da die ketzerischen, verdampten und verfürischen leeren nit gehalten werden, verfugen, und studierens halben gen Wittenberg widerumben nit kommen sollen, bey verlierung aller irer benefitia 6 , gottesgaben f unnd erbfall®. Das auch kain einlender*1 noch frembder, so noch füran zü Witenberg studiert, in allen unsern landen und gebieten, wie obsteet, zü kainer gaystlichen gotsgab noch pfrüend, weder auf bäpstlicher hailigkait der ordinanten oder ainiches patrons versehung1 zugelassen werden, noch davon genyeßi haben, sonder deren gentzlich unfähig seyn soll. Wir wollen auch denselben in unsern hohen schulen zü leesen k nit gestatten. Damit aber diser unser christlicher verstand dester statlicher exequiert1 und volzogen werde, so wollen wir etlich commissarien in unser yedes landen und gebietten, wie obgemelt, sonderlich dartzü verordnen, die züsampt"1 unsern stathaltern, regimenten, hoffraten, haubtlewten, vitztumben, vogten, pflegern und andern unsern amptlewten, ir fleyssig auffmercken und kundtschafft haben und bestellen, die wissenlich" Verbrechern zü erkündigen und die selben, sy seyen gaistlich oder weltlichs stands, uns oder den gemelten unsern stathaltern, raten unnd amptlewten anzüzaygen, die sy auch alßdann fencklichen annemen 0 und wol verwart enthalten p sollen, so lang und damit wir die selben Verbrecher nach irem verschulden straffen mögen, das wir und unser gnedig herren auch also thün und nyemandt darinn verschonen wollen noch sollen. Und damit diß unser fürnemen und verstand q also gehalten, gehandhabt und notdürfftig volzogen werde, so haben wir für uns selbst und von

a) Zustimmung b) gemeint: die Universität besuchen c) innerhalb d) Übereinkunft e) Ämter, Lehen f) Stiftungen, Pfründen g) anfallendes Erbe, hier: Stipendien h) Bewohner des Landes, Einheimischer i) (Amts-)Verwaltung j) Nutzen, Einkünfte k) d. h. die Lehrtätigkeit 1) ausgeführt m) gemeinsam mit n) bekannten, offenkundigen o) gefangennehmen p) behalten q) Verständigung, Übereinkunft

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wegen unsern principal all mit ainander freündtlich vergleychtr, vergleychen uns auch hiemit wissentlich8 in kraft ditz brieffs, das wir ob den vilgemelten kay[serlichen] edict zu Wormbs, auch den abschiden der reichstege zu Nürnberg außgangen 28 und den obbeschriben artickeln vestigklich halten und die Verbrecher darumb ernstlich straffen, und so yemandt umb der lutherischen und ketzerischen handlung verbrechung gestraft und des lands verwisen wirt, den soll nit allain des fürsten land oder gaystlichen ordinarii bistumb, darinn er sträflich gehandelt hatt, sonder unser aller unnd unser yedes fürstenthumbs, land, provintz, bistumb, oberkait und gebiet verbotten werden, und die, so auß sorg der straff außtretten1 und flüchtigen fuß setzen, sollen bey unser kainen zu sicherhait auffgenommen noch enthalten, sonder auf des andern zuschreiben" in straff angenommen werden. Und ob unser ainen oder mer, von wegen ditz unsers christlichen fürnemens, icht widerwertigs oder ainich ungehorsam oder emborung von seinen underthonen, die uns mit gaystlicher und weltlicher oberkait samentlieh und on mitel underworffen seind, wie obgemelt zustünde, als dann wollen wir, die andern, ain ander hilflich und rädtlich v sein, doch hierinn außgeschlossen all aynigung, bündtnus und vertreg, so wir mit andern fürsten oder yemandts andern haben mochten, mit disem sonderm w vorbehält, ob x ainicher fürst oder yemandts von andern Stenden ausserhalb unser und unserer gnedigen herrn, die obgemelt seynd, über kurtz oder lang in disen unser christenlichen verstand kommen und sich mit und neben uns ob angezaygter massen y vergleichen wolten, das soll inen zu jeder zeytt bevor steenz, wir unnd unser gnedig herrn sollen und wollen auch den oder die selben fürsten oder ander also zü uns annemen. Es soll die Satzung und benennung, wie wir und unser gnedig herrn hie oben bey ainander gesetzt und benennt seyn, uns auch bevelch unser gnedige herrn an unsern und irer gnaden ernwirden, stand, tittel, namenn, freyhayten noch gerechtigkaiten gantz unvergriffenlichen a on schaden unnd nachtayl seyn, getrewlich und one gefar. Urkundt ditz brieffs mitt unserm ertzhertzogen Ferdinandum, Mattheussen, ertzbischoffen zü Saltzburg, yedes besonder, unnd unserm, Wilhelms unnd hertzog Ludwigs gewonlichen, des wir uns, baid gebruder, samentlich mit ainander gebrauchen für uns selbst und ander gegenwärtigen fürsten, auch unser, Johannsen, administrators zü Regenspurg, pfaltzgraffen etc. anhangenden secreten b , den wir yetzgenanter administrator und pfaltzgraff für uns, unser stifft selbst, auch an statt und von wegen der obgemelten gesandten rechten principal, auff ir fleyssig bett c an disen brieff angehangen haben lassen, verfertigt. Der geben ist zü Regenspurg, am VI. tag des monats Julii. Nach Christi unsers lieben herren geburt 1524 jar.

r) verständigt s) öffentlich t) d. h. das Land verlassen u) schriftliches Ersuchen v) mit Rat zur Seite stehen w) besonderen x) wenn y) auf die genannte Weise z) d. h. unmittelbar möglich sein a) unangreifbar b) Siegel c) Bitte

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A) Vorbemerkung Druckvorlage: Entschliesung der hierinn benannllten Fürsten/ vnd Fürsten Botschofften vff II sant Johanns Baptisten tag. Anno etc. II xxiiij. zü Regenspurg versameli/ II zühandthabung Christenlichs II glaubens/ vnd Euangelillscher leere. Wider die II vndertrucker vii II anfechter der II selben. II [Augsburg: Philipp Ulhart 1524], 4° 4 Bl. Sign.: A 4 - Weller 2866. Schottenloher, Ulhart 84a. VD 16 E 1371. - SB München: 4° H ref 287/7. Zur Entstehung: Der dritte Nürnberger Reichstag hatte für November 1524 ein Nationalkonzil in Speyer erhofft. Das widersprach den Interessen der Kurie in Rom. Deren Bevollmächtigter, Lorenzo di Campeggio (1517—1539), bemühte sich deshalb angelegentlich um ein Bündnis der päpstlich gesinnten Fürsten im Reich. Gemeinsam mit Erzherzog Ferdinand (1556—1564) verständigte er sich über eine Fürstenversammlung. Auf ihr sollte über die einvernehmliche Durchführung des Wormser Edikts und über Reformen verhandelt werden. Diese beiden Punkte nennen die am 8. Mai 1524 von Straßburg aus ergangenen Einladungsschreiben des päpstlichen Legaten und des habsburgischen Erzherzogs (Pfeilschifter, Acta, Bd. 1, S. 301—305, Nr. 111 — 112). Am 27. Juni trat die Versammlung in Regensburg zusammen. Am nächsten Tag setzte sie ihre Beratung in Ausschüssen fort. Schon nach einer Woche fand die Schlußsitzung statt. Am 8. Juli wurde der Konvent beendet. Sein eigentliches Ergebnis ist die „Entschließung". Sie ist aufgrund einer Vorlage Ferdinands im Ausschuß causa fidei et religionis vereinbart worden und zeigt die Form eines Erlasses. Im Unterschied zu anderen zeitgleichen, im Titel durchaus abweichenden Drucken (vgl. VD 16 E 1374—1377) bieten die von Philipp Ulhart in Augsburg veranstalteten Ausgaben der „Entschließung" (vgl. VD 16 E 1371 — 1373) die authentische Fassung. Schottenloher (Ulhart 84a, 84b) spricht freilich von einem „Nachdruck in zwei Ausgaben". Die Drucklegung dürfte bald nach Abschluß des Konvents erfolgt sein. Über die Initiatoren und die näheren Umstände ist nichts weiter bekannt. Ausgabe:

Pfeilschifter, Acta, Bd. 1, S. 329-334, Nr. 123 (nach Originalurkunde).

Literatur: Friedensburg, Convent, S. 502—539;Hofmann, Konzilsfrage, S. 107—111; Pfeilschifter, Acta, Bd. 1, S. 2 9 4 - 3 4 6 ; Muralt, Disputation, S. 1 6 - 2 0 ; Bauerreis, Kirchengeschichte, Bd. 6, S. 37f.; Spindler, Handbuch, Bd. 2, S. 347f.; Winkler, Konvent, S. 4 1 3 - 4 2 5 ; Schmidt, Reichsstädte, S. 225.

B) Sacherläuterungen 1 Ferdinand I. (1556—1564), auf dem Wormser Reichstag (1521) von Kaiser Karl V. (1519-1556) als Statthalter im Reich eingesetzt, 1522 mit der Herrschaft über die österreichischen Erblande und das habsburgisch okkupierte Herzogtum Württemberg betraut. 2 Matthäus Lang (1519-1540), seit 1511 Kardinal, seit 1512 Koadjutor des Salzburger Erzbistums (vgl. W. Hauthaler, Cardinal Matthäus Lang und die religiössoziale Bewegung seiner Zeit (1517—1540), in: Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde 35 [1895], S. 149-201, 317-402). Lang war vom 25. Juni bis 8. Juli persönlich in Regensburg anwesend (vgl. Pfeilschifter, Acta, Bd. 1, S. 314, Nr. 118; Friedensburg, Convent, S. 516, 526f.). 3 Wilhelm IV. (1508-1550) und Ludwig X. (1514-1545) von Bayern. Vom 26. Juni bis 7. Juli waren beide Herzöge in Regensburg anwesend (Pfeilschifter, Acta, Bd. 1, S. 314f„ Nr. 118). 45

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4 Bernhard von Cles, Bischof von Trient (1514—1539). Nach Friedensburg (Convent, S. 516) war er „einer der vertrautesten Räthe Ferdinands", der den Erzherzog bei der Ankunft in Regensburg am 23. Juni begleitete (vgl. auch ebd. S. 526f.). 5 Pfalzgraf bei Rhein Johann in., Administrator von Regensburg (1507—1538) war persönlich anwesend (vgl. Friedensburg, Convent, S. 516; zu seinem Auftreten ebd. S. 522f.). 6 Weigand von Redwitz, Bischof von Bamberg (1523—1556). Ihn vertrat sein Suffragan Andreas Hanlin (Friedensburg, Convent, S. 516, Anm. 5). 7 Pfalzgraf bei Rhein Georg, Bischof von Speyer (1513—1529). Ihn und den Bischof von Straßburg (vgl. Anm. 8) vertrat der Speyerer Dompropst Georg von Schwalbach (Friedensburg, Convent, S. 516, Anm. 5). 8 Wilhelm von Hohnstein, Bischof von Straßburg (1506—1541) (vgl. oben Nr. 6, S. 170, Anm. 115; vgl. auch Anm. 7 und Schwalbachs Bericht bei Pfeilschifter, Acta, Bd. 1, S. 3 2 0 - 3 2 2 , Nr. 120). 9 Christoph von Stadion, Bischof von Augsburg (1517—1543). Ihn vertrat der Generalvikar Dr. Jakob Henrichman (Pfeilschifter, Acta, Bd. 1, S. 322, Nr. 120). 10 Hugo von Hohenlandenberg, Bischof von Konstanz (1496-1529, 1531-1532) (zu ihm oben S. 691, Anm. 1) wurde durch seinen Suffragan vertreten (vgl. Friedensburg, Convent, S. 516, Anm. 5). 11 Christoph von Utenheim, Bischof von Basel (1502—1527). Er wurde durch den Dechanten von Colmar vertreten (Friedensburg, Convent, S. 516, Anm. 5). 12 Pfalzgraf bei Rhein Philipp, Bischof von Freising (1499—1541). Ihn vertraten der Weihbischof Dr. Augustin Marius und der Kanzler Melchior Seitter (Pfeilschifter, Acta, Bd. 1, S. 322, Nr. 120; zur Beurteilung seiner Haltung auf dem Regensburger Konvent vgl. Hofmann, Konzilsfrage, S. 111). 13 Ernst von Bayern (1517—1554), 1517—1540 Administrator von Passau, 1540—1554 Administrator des Erzbistums Salzburg (vgl. K. Schrödl, Passavia Sacra. Geschichte des Bisthumes Passau bis zur Säkularisation des Fürstenthums Passau, Passau 1879, S. 325—331). Ihn vertraten der Offizial und zwei Domherren (Friedensburg, Convent, S. 516, Anm. 5). 14 Sebastian Sperantius, Bischof von Brixen (1521 — 1525). Er wurde durch den Generalvikar Dr. Georg Stamler vertreten (Pfeilschifter, Acta, Bd. 1, S. 322, Nr. 120). 15 Kaiser Karl V. (1519-1556). 16 Gemeint sind die Bullen „Exsurge Domine" (15. Juni 1520) (vgl. oben S. 110-126) und „Decet Romanum Pontificem" (3. Januar 1521) (vgl. CCath 42, S. 4 5 7 - 4 6 7 ) von Papst Leo X. (1513-1521). 17 Gemeint ist das Wormser Edikt (8. bzw. 26. Mai 1521) (vgl. CCath 42, S. 510-544). 18 Zum Abschied des ersten Nürnberger Reichstages (17. November 1522-9. Februar 1523) vgl. RTA JR 3, S. 117, zum Abschied des zweiten Nürnberger Reichstages (14. Januar—18. April 1524) vgl. ebd. 4, S. 149. Die Formulierung „so v i i . . . müglich sey" ist dem 1524er Reichsabschied entlehnt, mit dem die „Entschließung" auch sonst konform geht. 19 Lorenzo di Campeggio (1517—1539); zu seiner Haltung auf dem dritten Nürnberger Reichstag und dem Regensburger Konvent vgl. Hofmann, Konzilsfrage, S. 107 f. 20 Die Betonung der von der Kirche angenommenen Lehrer, gemeint sind Thascius Cäcilius Cyprianus (um 200—258), Johannes Chrysostomos (344/354—407), Ambrosius (339—397), Hieronymus Stridonensis (um 347—419/420), Aurelius Augustinus (354—430) und Gregor I. (590—604), entspricht dem Wormser Edikt

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(vgl. CCath 42, S. 528) sowie dem im Nürnberger Reichsabschied von 1524 gesetzten Maßstab, womit die Konsensformel „Evangelium" „in Richtung auf die römische Kirche verschoben worden" ist (Schmidt, Reichsstädte, S. 151). Gemeint ist die „Ordnung und Reformation" (vgl. unten S. 700—714). Zur katholischen Fastenlehre vgl. TRE 11, S. 50—55. Zur spätmittelalterlichen Beichtpraxis vgl. Feine, Rechtsgeschichte, S. 429. Luthers Kritik hieran wird in der Bannandrohungsbulle verurteilt (vgl. oben S. 112f., Art. 8 - 9 , 15). Das Konstanzer Konzil erlaubte 1415 nur den Geistlichen die communio sub utraque, den Laien nur sub una (vgl. Denzinger-Schönmetzer, Nr. 1198f.). Luthers Eintreten für das Abendmahl unter beiderlei Gestalt wird in der Bulle „Exsurge Domine" ebenfalls verdammt (vgl. oben S. 113, Art. 16). Vgl. die entsprechenden Bestimmungen im Wormser Edikt (CCath 42, S. 538, 540, 542). Vgl. ebd. S. 542. Vgl. ebd. Vgl. Anm. 18.

Ordnung und Reformation zur Abstellung der Mißbräuche und Aufrichtung eines ehrbaren Wesens und Wandels der Geistlichkeit, zu Regensburg aufgerichtet Wir, Laurenntz 1 von Gottes gnadenn, des titels Sancte Anastasie, der heiligen romischen kirchen briester, cardinal, durch ganntz Germanien, auch künigreych Hungern, Behem und Bolin 3 und alle anndere ort unnd endt, dahin wir uns verfugen werden, unnsers allerheyligsten vater des babst unnd bebstliches stuels legat a Latere b 2 , zu ewiger gedechtnus. Aus dem ampt unser legation c und bevehl des bebstlichen stüls seyn wir schuldig zu gedencken, den standtt der gaystlichen an enden und ortten unser legation in pesser wesen ze bringen, unnd denjhenigen, so wir hierin von Ordnungen und Satzungen der heiligen vater irrig befunden, widerumben durch gebürliche reformation ersprießliche hilff zü beweysen. Als aber hievor unser allerheyligster vater, Babst Clemens der sybent 3 , nit allain von seynes babstlichen ampts wegen, sonder auch auß der lieb und naygung, so sein hayligkayt zü der loblichen Teutschen Nation tregt, der bemelten nation ungestümigkeyt und der ketzerischen verfurungenn, die da teglichen nur mer wachssen, wargenommenn hat, uns die selb in die gantz Teütsch Nation als seyner bebstlichen heyligkait legaten de Latere gesanndt, umb kaine andern ursach willen, dann damitt sein heyligkayt Teütscher Nation zü ainikait und hail der seelen, so durch die obbemeltd jungst erstanden ketzereyen in geferlichayt gesetzt, zü hilff kommen mocht, welche burd, wiewol die unsern krefften etwas ungeleich 6 , so wir aber seiner heylikayt bevehl unnd gebotten (als wir dann schuldig) nachkomen wollen. Haben uns demnach mit hilff des almechtigenn, unsers behaltersf (des Sachen hierinn gehandelt werdenn), solche purdt angenomen und beladenn, alda gantz nichtt uns selbß zülegundt, noch ichts 8 anders begerundt, dann daz yenig, so zü glücklicher volziehung dises handels dienstlich sein mocht. Nachdem wir aber etliche monat her die Sachen durch vilerlay erfarung, mer als wir vermaint, vol irrungen gemerckt und gespürt, haben demnach mitt sampt dem durchleüchtigen fürsten, herren Ferdinanden 4 , printzen in Hispanien, ertzhertzogen zü Österreych, kayserlichen stathalter, nach gehaltnem rat durch einhelligen beschluß ain sondern tag gen Regenspurg außgeschriben 5 , auff wolchen bey uns erschinen sein bemelter printz und ertzhertzog zü Österreych, der hochwirdig Matheus, der hayligen romischen kirchen, des titels Sancti Angeli, priester, cardinal, ertzbischof zü Saltzburg, auch die hochgebornen Wilhelm und Ludwig, gebruder, phaltzgraven bey Rhein, hertzogen in obern und nidern Bairn, unnd die erwirdigen in Gotvater, Bernhart, bischoff zü Trient, Johans, administrator des stiffts Regenspurg, phaltzgrave bey Rhein, hertzog in Bayrn, auch gesandten und botschafften, all mit volmechtigem gwalt, der erwirdigen in Gotvatter und hochgebornen für-

a) Polen b) Gesandter am Lateran e) unverhältnismäßig, gemeint: zu schwer

c) Gesandtschaft d) oben genannten f) Erlösers (Jesus Christus) g) etwas

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sten Weiganden zu Bamberg, Georgen zu Speyr, phaltgraven, Wilhelmen zu Straßburg, Cristoffen zu Augspurg, Haugen zu Costentz, Cristoffen zu Basel, Philipsen zu Freysing, phaltzgraven bey Rhein, hertzogen in Bayrn, bischoven Ernsten, administrator des stiffts Passaw, phaltzgraven bey Rhein und hertzogen in obern unnd nidern Bairn, und Sebastian, bischoffen zu Brichsen, mitt denen, nach vilerlay fürtragen und erwegungen und sonderlich wollicher mas und gestalt obgedachter Teütscher Nation, die in mercklicher gefferligkait steet, zu hilff kummen werden mocht, durch ainhellig stymm gefunden wordenn ist. Nemlich das der verdambten ketzerey (die dem gemainen man zu erlangung aines freyen willens angenem und im schein der evangelischen lieb falschlich fürgehalten oder außgelegt) nit ain klaine ursach gegeben worden ist, zum tayl durch das unordenlich Wesen und leben der gaistlichen, zum tayl das die mißbreüch der hayligenn gesetz unnd Ordnungen der gaistlichait nit lenger haben zugesehen werden mügen. Und dem nach zu außstillung h der lutheranischen ketzerischen sect und der selben nachvolger' nit ain klainer oder schlechter^ weg sey, das die gaistlichen widerumb zu ordenlichem leben und durch gebürliche straff zu dem wesen gebracht, so der hailig Sant Paul lernt [vgl. 1. Tim. 3, 1 — 13; Tit. 1, 6—9], auch die mißbreych, die zu böser ergernus der layen dienen, hinfüro abgesteltt wurden. Auff solchs hatt uns mit notturfftiger vorbetrachtung und zeittigen rat der obgenanten Ertzhertzog Ferdinanden, cardinals, der hertzogen und bischoven, auch ir gesandten botschafften für notturfftig angesehen, etlich hernach begriffen11 hailsam gesetz zu notturfftiger reformation der priesterschafft, ordensleüt und pfafhait zu beschreyben, zu setzen, auffzerichten und außgeen zu lassen. Demnach auß dem bäbstlichen gewalt, des wir uns hierinn gebrauchen, wollen wir, das die Ordnungen und Satzungen, so durch uns, wie obangezaigt, auffgericht sein, von allen und yeden ertzbischoffen, bischofen, abten, bropsten, techanten, ertzpriestern und andern personen, so in gaistlichem standt, auch den pharkirchen und andern gaistlichen beneficien fürgesetzt sein, briestern, ordensleüten unnd pfaffen in der gantzen Teütschen Nation wonhafft, als vil sy und ir yeden betrifft oder betreffen mocht, nun hinfüro zu ewigen zeytten unverprechenlich1 gehalten werden. Ob sich aber darüber änderst oder dysem zuwider, von wem oder auß was gwalt das beschehe, wissentlich oder unwissentlich ichts zütrueg, das achten und erkleren wir hiemit für nichtig und eyttel. Und nicht destminder gebietten wir hiemit allen und yegklichen ertzbischoffen, bischoffen, abten und andern personen, so in gaistlichen standt gesetzt, auch der ertz und ander thumbstifften vorgeer"1 sein und derselben ertzbischoff oder bischoff officialn" und stathaltern generaln, daz sy und ir yegklicher, ob oder wann sy von wegen der andern (die die hernachvolgund Ordnung betrifft oder künfftiglich betreffen mochte) ersucht wurden, die obangezaigten Ordnungen und Satzungen in allen dingen unverprechen-

h) zum Stillmachen, d. h. Abtötung 1) unverbrüchlich m) Vorsteher

i) Anhänger j) einfacher k) enthaltene n) Vertreter in weltlichen Gerichtssachen

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lieh halten und voltziehen, auch die widerspenigen 0 durch den gaistlichen pann und ander rechtmessig mittel und ob von noten sein wurd mit hilff und ersuchen der weltlichen oberkait zu gehorsam pringen, unangesehen weylendt p Babst Bonifaci des achten ditz namens seliger gedechtnus Constitution, darinn fürgesehen, daz niemants ausserhalb seiner stat und bistumbs in recht erfordert werden sol, oder aber daz die lichter, so von bapstlichen stül oder seinen gwalt geordent sein, ausserhalb der stat oder bistumb, darein sy verordent, wider wen daz were nit procediern q oder yemants andern ire gwalt zu geben understeen sollen. Auch in den gemainen r concils, von zwayen tagraisen und personen, die über ein gesetzte s zal zu rechten nit berufft' werden sollen. 6 Auch unverhindert ander bapstlichlen Constitution, gesetz und Ordnungen oder aber ander, so hie wider sein" mochten. Dieweil aber beschwerlich sein wurde, disen unnsern brieff an all und yede ort, dahin die notturfft erfordern mocht zu bringen. Demnach setzen und wollen wir auß bäbstlichen gwalt, daz den transsumpten v oder abschriefften von disem brieff, so durch ainen offnen w notari underschriben unnd mit ainer gaistlichen person insigel" verfertigt werden, dermassen gelauben gegeben, als were ditz unser original selbst gezeigt oder fürbracht y . Und damit die selben Satzungen und Ordnungen ainen yeden kundt und zü wissen gemacht werden. Emphelhen wir allen ordinarien z auß obangezaigten bebstlichen gwalt in krafft der hailigen gehorsam, daz sy die offtgemelten Satzungen und Ordnungen durch sich oder yemants andern in iren kirchen oder Stetten verkünden lassen und nach sollicher verkündung diejhenigen, so solch Satzungen und Ordnungen betreffen mochtenn, dermassen darzühalten, als were iren personen selbst soliche verkündung beschehen. Nachdem die seel am maysten vonn dem wortt lebt, so auß dem mund Gotes kumpt, aber das selb nit allenthalben oder von allen zü predigen nutz bryngt, wie dann der Apostel Paulus sagt, der da spricht: Wie werden sie predigen, nur allain sy werden dann gesandt [Rom. 10, 15]. Demnach setzen und ordnen wir, das niemandts (er sey ain ordensman oder aber wolcher gestalt exempt 3 ) gebürn soll, das evangelium zü lernen b , nur allain, er sey dann züvor von dem ordinari oder seinen vicari 0 in seinem leben und wesen, gleycherweyse als in seiner kunst d probiert 6 . Und so die prediger briefflich urkundt, durch offen brieff, die inen (ausserhalb des schreybers belonung) gantz umbsonst gegeben werden sollen, erlangt unnd also gesandt unnd probiert sein, sollen sy das evangelisch werck hanndien, recht, maßlich 8 unnd lautter, die puneten, so etwas verborgenn und unlauter11 oder den verstandt zü begreyffen beschwerlich sein mochten, nit auff ain newen oder falschen sinn, sonder nach leer und außweysung der hayligen väter, die von der kirchen angenommen sein, und sonderlich Cipriani 7 , o) Widerspenstigen, Ungehorsamen p) vormals q) vorgehen r) allgemeinen s) bestimmte t) berufen u) die dem entgegenstehen v) beglaubigte Abschrift w) öffentlichen x) Siegel y) vorgebracht z) Bischöfen a) befreit b) zu lehren c) Stellvertreter d) hier: Wissen, Kenntnisse e) geprüft f) mit Ausnahme g) angemessen h) unklar

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Crisostomi 8 , Ambrosii 9 , Hieronymi 10 , Augustini 11 , unnd Gregorii 12 , lernen und außlegen, auch allen fleyß fürkeren, damit sy nit für die warhayt träum oder fabeln, an stat der sichern unsicher, für angenommen unangenommen, vorlongst1 außgetilgt und durch die recht glaubig kirchen verdampt Sachen sagen und predigen, unnd solch ir predig mit aller beschaidenhait thün, damit sy nit in schmachwort oder lesterung fallen, auch die statJ ir predig, durch des volck ergernuß, nit geunert k werde. Demnach soll der ordinari etlich, treffenlicher leer verstendig, verordnenn, die sich durch das gantz bistumb erkundigen, wollich am teuglichisten sein, die evangelisch leer zü predigen unnd den lutherischen mißglaubenn außreütten1, auch fürsehung" 1 thün, damit das volck inn dem christenlichen gesetz recht underweyst und der, so davon stunde" (damit er ander nit auch an sich ziech°), gebürlich abgewendet werd. Dann der gotsdienst sol gehalten und volbracht werden dermassen und in der Ordnung, wie der durch hend der hayligen vätter uns gegeben und durch unser vorfordern p gehalten worden, mit meßhalten, seelamptern, siben tagzeytten 13 und andern gütlichen lobgesangen und loblichen diensten. Demnach ermanen und ersuchen wir all und ainen yeden, die in gaistliehen standt getretten sind, damit sy daz leben füren, so inen ir orden auflegt und Christus unnser seligmacher begert, da er spricht: Also erleücht ewr liecht vor den menschen, damit sy ewre werck gut sehen und glorificiern ewrn vatter, der da ist in hymeln [Matth. 5, 16], auch das sy in ainer zymmlichen q kläydung geen, die da Paulus beschriben hat [vgl. 1. Kor. 4, 11], deßhalben sol ain yeder prelat sich sonnderlich befleyssen, damit die, denen er in gaystlichem orden fürgesetzt, nit klayder tragen mit prämen r oder färben, sonder sich langer klaydung gebrauchen, kain waffen tragenn, nur allein, so sy über land ziehen,\ ire pärt oder har nit züglen s , ir coron' oder platten" geschorn tragen, und mit allen fleyß sich hieten, damit sy den layen durch ungebürliche klaydung nit ergernuß geben, wie dann in den gaistlichen rechten auch fürgesehen ist. 14 Weytter sollen sy die offnen tafern v meydenn, nur allain, sy müsten die, uberlandt ziehendt, eyngeen w , doch da selbst als woll als dahaimbd* unnd anderstwo, sich vor fraßhait, füllerey und allem spil, in den gaistlichen rechten verbotten 15 , dergleychen vor scheltenn, fluchen, kriegen und allen andern Übertretungen und ergernussen gentzlich enthalten, tentz, offen spill und offen geselschafften meyden, damit von ires mutwilligen lebens wegen irem gaistlichen namen nit ubel geredt werde. Und nach dem, als Paulus spricht, nyemants (der Got streyten ist) sich mit weltlichen geschefften beladen sol [vgl. 2. Tim. 2, 4], demnach soll kainen gaystlichen gezymi) vor langer Zeit j) der Stand k) in Unehre falle 1) ausreißen m) Vorsorge n) der davon abstünde, d. h. der das nicht tut o) ziehe p) Vorfahren q) angemessenen, standesgemäßen r) Verbrämung s) mit Aufwand pflegen t) (lat. Corona) Haarkranz des Geistlichen u) die für den Geistlichen verpflichtende kahle Stelle auf dem Kopf, Tonsur v) öffentlichen Gaststätten w) einkehren x) zuhause

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ben, wider ertz unnd ander bischofflich Satzungen in seiner behausung, ainicherlay tafern oder trinckstet y den layen auffzüthünn, dann es feltt z gar selten, das krieg, schleg oder dergleychen laster (die dye priesterlich wirdikeit beflecken) der trunckenheit nit nachfolgen, der gleichen sollen sy sich vor kauffmanns handlungen, der sich die kaufleüt gebrauchen, auch enthalten. Dann die priester, so seelsorger sein, oder aber ir vicarien, sollen ire underthanen oder pfarrleüt in seelgerätten 3 unnd andern pharlichen gerechtigkaiten b , über das sy inen von rechts wegen zu thün schuldig, nit beschweren 16 und sy über die erst begengknus 0 oder leibfeil, den sybenden dreyssigisten oder jartäg zu halten, nit dringen 17 , dergleychen die opflfer ausserhalb der hochtzeitlichenn fest, nach dem die nach aines yeden gütten willen geraicht werden sollen, nit suchen. Auch von den begrebnussen, raichung der hailigen sacrament und andern gaistlichen dienstbarkaiten wegen, sol noch mag nyemants kain dingnuß d oder vertrag machen oder aber vorgedings weyß e ichts erfordert oder ersucht werden. Auch von der pharleüt versaumnus oder nit außrichtung der obertzelten f gerechtigkaiten sol nyemants gebürn, der sacramenten ains oder mer zu versagen oder aber von schuld wegen yemants die begrebnus zu verbieten, doch die pharlichen gerechtigkaiten, wye die der gebrauch hergebracht unnd der kirchen dienern billichen züstenn, wollen wir durch die vorgemelt Satzung nit entzogen haben. Nach dem aber in den bistumben ain unngeleycher gebrauch gehalten wirdet und under dem pharrer und seynen pharleüten vil und manigerlay yrrungen erwachsen, nemlich durch die pharrer, die züvil zu haben begeren, und die pharleut, die von armüt oder unvermüglichait wegen sich des zü raichen widern®. Demnach setzen und ordnen wir, das ain yeder Ordinarius innerhalb sechß monat nach Verkündigung diser reformation, nach genügsamer unnd fleissiger erinderung aller Sachen der obangezaigten yrrungen halben mit rat der fürsten oder weltlichen oberkait, die solch Sachen betreffen, gesetz und Ordnungen machen und auffrichten sollen, damit witwen, waisen und ander arm leüt nit zü vast h über ir vermügen wider die billigkeit beschwert werden, des wir (wo hierinn nachlassichait gespürt) so ferr wir anders in teütschen landen sein oder aber unser nachkommen legaten, so sy des gnü[g]samlich bericht empfahen, zü thun zugesagt haben, oder aber die sachen an unsern heiligisten vater babst bringen wollenn, der hierauff zü nottürfftiger fürsehung richter oder commissari verordnen wirdet. Weitter, landschafften 1 der briester, die in zeit der begrebnussen und bruderschafften bißher offenlich in tafernen gebraucht sein worden, heben wir hiemit gantz auff, dann sy bringen den layen vil ergernus. 18 So aber ain ladschafft gehalten werden soll, auß alter gewonhayt oder aber von y) Trinkstätten, Gaststuben z) fehlt a) zum Seelenheil verfügten Messen b) Rechten c) Totenmesse d) Bedingung, Zahlungsverpflichtung e) in Form einer vorhergehenden Abmachung f) oben genannten g) widersetzen h) sehr i) d. h. die Versammlungen der Priester eines bestimmten Bezirks

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wegen weytte des wegs, so beschehe solchs in aines briesters hauß maßlich, nit zu uberfluß, sonder der notürft nach, dann es getzimbt den briestern kain uberflüssikayt zu treyben, damit sy nit hören, der pauch sey ir Got [vgl. Phil. 3, 19], züsampt dem, das irem standt züstet, dem almächtigen mesigklich unnd keüschlich für die sünnd ire gotzdiennst zu opffernn. Weytter, damit die geystlichenn nicht geachtt werdenn, sich mer des gelts, dann hayl der seelen zu befleyssen, sonderlich wenn si di layenn, so die schweren sündt inn irer beicht bekennen, nit mit klainen unstattenJ an ain oder mer ort weysen. Demnach setzen und ordnen wir, das hinfür ain yeder peychtvater müg absolvieren ain yegklichen layenn, der rew hat, und gebeycht ist, von allen haymlichen sündenn, wie schwer oder groß die sein mochten, unnd die ordinari bißher yren gewalt vorbehalten haben 19 , allain außgenommen todtschleger, ketzer unnd die in pann sein, die selben sollen dem bischoff oder seinem vicari zügeschicktt, aber für Vergebung oder nachlassung der sündt, die man absolution nent, sol gar nichts mit oder durch ein vorgedinng k genomen werden. Aber der briesterschafft oder geystlichen personen halben beschicht durch dise Constitution kain verenderung. Wir setzen auch, neben Sandt Paulus leer, die da spricht, das kaynem gezymb, zu bald sein handt auffzülegen, da mit nit yemants die seelsorg leichtfertigklich bevolhen werde [vgl. l . T i m . 5, 22]. 20 Demnach sol ein yeder (und ob er gleich aynn ordensman were), ehe der zugelassen, durch den bischoff oder seinen vicari bewert 1 werden. Es soll auch den pharern nit gezymben, noch den pharmenigen" 1 gnüg gethann sein, das die pharrer vicari an irer stat setzen, oder ainicherlay fruchtmessung" absentzweyß 0 nemenn, on erlaubnus des bischoff oder seines vicari, dann als den tritundenn p ochsen sein maul nit anzebinden ist [vgl. 5. Mose 5, 24; 1. Kor. 9, 9 u.ö.], also stellen wir obanzaygt der frucht niessung q und der absentz satzungenn zu des bischofs oder seines officials messigung r . Item die gestifften heüser und gründt s , so in abpaw kummen', sollen die inhaber widerumb pessem unnd der notturfft nach bey pewlichem" wesen erhaltenn, die aber hierinnen ungehorsam oder saumig erscheinen, sollen durch die ertzbriester und techant oder ander (denenn solchs von recht oder gewonhayt zusteet) mit enziehung etlicher irer gülten v , in krafft unsers gewalts, ernstlicher darzü gebracht werden. Unnd sonderlich ist fürgesehen, das die pharrer und seelsorger kaynem ordensman (was Ordens oder regel der sein mocht), auch kainen exempten (ob etlich bißheer zugelassen oder angenomen weren) on willen und gunst irer obristen und on redlich ursachenn ausserhalb irer closter ze wonen gestatten sollen. Dann wir wollen, j) Mühen, Beschwerungen k) Vorbedingung 1) geprüft m) Pfarrgemeinden n) wohl verdruckt für: fruchtniessung, d. h. Nutznießung, Verwendung der Pfarreinkünfte o) aufgrund der Abwesenheit p) tretenden, d. h. arbeitenden q) vgl. oben n) r) Ermessen, gemeint: er soll darüber entscheiden s) Grundstücke t) verfallen sind u) baulichem, d. h. gutem v) Einkünfte

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das solch umbschwayffer w nun hinfür mit abstrickunng* irer zeytlichen narung oder in ander gebürlich weyse iren obern zugeschickt werdenn. Prelaten der closter, die incorporirt y kirchen haben, sollen hinfiir kainen bestendigen vicari, oder denn sy nach irem willen zu verkeren haben, in die selbenn eingeleibtenn kirchen verordnen, nur allainn die selbenn sein dann durch die ordinari oder vicarienn, ob sy teüglich oder geschickt, zuvor zugelassen, doch den kirchen, die so nahennt bey incorporierten clostern ligen, das die ordensleüt denselben vor2 sein und dannocht irem orden in klostem außwarten und undter der gehorsam steen mugen, so fer sy darzü taugennlich und geschickt sein, geben wir zue, das die selbigen jetzt gemelter massen versehen werden, dergleichen soll es den verstandt haben von clostern, die unvermüglich seyn, also das sy ir narung nit gehaben 3 mügen, doch wollen wir, daz die ordensleüt und exempten, in was gstalt die exempt sein mochten und seelsorger zu versehen haben, dem ordinario desselben orts unterworffen sein sollenn. 21 Und nach dem vil hailsamer ist, in dem tempel Gottes wenig uf[e]nn rumb b , auch gelert, dann ungelert, unnd ungeschickt diener zu haben, und solches zu unsern zeytten die notturfft erfordert. Demnach sollen hinfüro in die weich c nit zugelassen werden, nur allain die, so mit guten sitten, züchtigem leben unnd erfarner kunst für ander erkentd und durch gezeugknuß aines ordenlichen unnd gewonlichen examen bewert sein. Dann betreffendt die, so zu Rom oder in ainem andern bistumb geordiniert oder geweycht, setzen wir, daz die selben ir weyhungbrieff und tittel zaigen, dergleychen sollen sy zu volbringung e der gotlichen ämpter nitt ee zügelassenn werden, nur allain sy seyen dann vom bischoff oder irem vicari zuvor ordenlich angenommen. Und nach dem sich in allen dingen nichts füglicher gezymbt, dann das diejhenigen rain sein, die da tragen und würcken in dem schreyn des herren f , wollich priester Gott der herr selbst gesetzt, die da täglich die hayligkaiten handien und wandlen. Demnach wollen, und nach außweysung der gaistlichen gesetz von den hayligen vättern geordent, gebieten wir, das die priester ain keüsch leben fiuren, und die, so mit weybern und also in unrainigkait leben, durch straff nach vermügen der gaistlichen rechten gebessert werden, dawider sy kain brauch noch ainicherley 6 der prelaten übersehen11 helffen soll.22 Dann betreffendt die stationierer1 oder kirchen Sambier23 setzen wir, das sich der selben kainer auß ainicherlay gewalt oder brieflichen schein^ zu predigen oder hülffgelt und almüsen zu samlen unnderstee (er berum sich, vil oder wenig ablaß zu haben), nur allain er hab dann der ordinari oder vicari zülaß k und bewilligbrieff zuvor gezaygtt unnd fürbracht, wir wollen aber, das die ordinari dye jhenigen zulassen, so ires erbern lebens w) Umherziehende x) Wegnahme y) eingegliederten z) davor, d. h. ganz nah a) haben b) auf Ruhm (bedachte Geistliche) c) Weihen d) vor anderen anerkannt e) Ausübung f) d. h. am Altar g) irgendwelchen h) Hingehenlassen i) die mit Reliquien im Land umherziehenden Bettelmönche j) d. h. mit einem legitimierenden Brief k) Zulassung

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zeugknus oder anzaigen haben, unnd von iren predigen (wo es von notten) antwort 1 geben mügen, auch die, die almüsen und ander gotzgaben durch iren aignen wolust nit myßbrauchenn, auch mit ayd bestetten, das sy solch allmüsen weder umb halben, dritten oder vierdtenn thayl nit besteen m noch der gleychen vertrag bestandts weiß machen wollenn. Doch behalten wir bevor den petlorden all ir gnad unnd gaben, damit sy von bäbstlichem stül fürgesehen 11 sein. 24 Unnd damit der hirt erkenn die stym seines schafs, und das schaff widerumb hör die stymm ires hirtens [vgl. Joh. 10, 3] 25 , unnd also all ursachen der landtfarung 0 auffgehebt werden, ordnen wir, das die priester, so über landt ziehen und unbekanndt seinn, meß zu lesenn nitt zügelassenn noch über ayn monat lanng p undter gemaynschafft der briester gelitten werden, nur allain sy bringenn denn für zülaß oder bewilligbrieff von dem ertzbischoff oder bischoff, in des bistumb sy sich also gefugt, auch brieflieh urkundt ires thün und lassens von irem ordinari, auß des bistumbs sy sich gethan, damit nit yemants ungestrafft und nach begangener posen that in ain ander bistumb entweiche. Damit aber almüsen der cristglaubigen dahin, umb des willen sy vermayndt, gewendt q werden, demnach soll kayn kirchmayster oder kirchennpfleger vonn der kirchen pawgelt nichts außgeben oder zu aynicherlay der gebew notturfft wenden, on vorwissen des pfarrers, sondern in die lad r oder truhen, darein das gelt und der gebew s notturfft verwart, gelegt werdenn, wie dann bißher der gebrauch gewest, und darzü zwen oder drey schlüssel nach gewonhayt desselben orts gemacht, der ain dem pfarhern zügestelt, und sunst soll es mit den schlüsseln und rayttungen' gehalten, wie von den fürsten und obrikaytten der ende" gebrauch gewest und bißher gehalten worden. Wir setzen und ordnen auch, das durch die weichbischof von weyhung der kirchen und altaren, wie dann die gaystlichen rechten wollen, ausserhalb der procurationn v gar nichts genommen werde, dann es gebürt sich, das die ordinari von iren bischofflichem einkommen die weichbischoffe nach Ordnung des bäbstlichen stuls und ires standes gelegenhayt versehen und zu unwirden bischofflichs stands nichts unzymlichs fürgenommen werde. 26 Weitter haben wir nit on redlich und erhafftenw Ursachen für nutz und gut bedacht, menig x der feyertag abzustellen. Demnach ordnen und setzen [wir], das hinfür der sonntag, der dann zu eer und glori der urstend y Christi von anfang der kirchen bißher an uns geert, auch die teg der geburt Cristi 27 , Sand Steffans 28 , Sand Johans 29 , der unschuldigen kindlein 30 , der beschneydung Christi 31 , der hayligenn drey konig 32 , Ostertag allain mit dem montag und afftermontag z , der auffart 3 , Sant Jorgen 33 , die Pfingsten allayn mit dem montag und affte[r]montag, 1) Rechenschaft m) erhalten n) versehen o) gemeint: des Umherziehens p) länger als einen Monat q) verwendet r) Lade, Kasten s) Gebäude t) (Ab-)Rechnung u) an dem betreffenden Ort v) Verwaltung w) ehrenhaft x) viele y) Auferstehung z) Dienstag a) Himmelfahrt Christi

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Gotzleichnamstag b , die vier unser Frawentag, benantlich 0 der Liechtmeß 34 , irer Verkünndigung 35 , irer Hinschiedung 36 , unnd irer Geburt 37 , die zwolffbottentag 38 , Sant Johans Gots tauffers 39 , Sannd Magdalena 40 , Sand Laurentzen 41 , jeder kirchen kirchweyhen, Sannd Michahel 42 , Allerheyligen 43 , Sand Martin 44 , Sannd Katherina 45 , und durch daz saltzburgisch ertzbistumb Sant Rueprechten tag 46 , so ferr es bißher also gehalten, gefeirt werden sollen. Aber die andern feyertag, auß was ursachenn die auffgesetzt, gebotten oder angenommen worden sein, stellen wir zu aynes yeden freyen willen und gefallen, also das mann ain meß hör und nachmals ain jeder seinen geschefftenn, damit er sein und der seynigen narung suchen muß, außwarten d müg, aber wir wollen den tagen der sondern 6 patron oder kirchweyhen, doch allain, sovil den gotzdiennst betrifft in den thumbkirchen f oder endt und stettenn der bischoff, hiemit nichts abgenomen haben. Unnd nachdem unter den pfarrern und pfarrleüttenn, die hochzeyt halten, von wegen der kirchganng vil irrungen und mißbreüch entsteen 47 , declarieren 8 und setzenn wir, daz die hochzeytlichen kirchgeng in anngesicht oder offenlich in den kirchen mügen gehalten werden, on ersüchung der ordinari bewilligung und ainicherlay außgab, außgenomen in der vasten, in der letzten wochen des Advents, in Oster unnd Pfingstfeyern, Weyhennachten, den achtisten 48 und in der Creützwochen 49 . Die auffgesetzten vastegh sollen hinfür bey gehorsame der heyligen cristenlichen kirchen verkünndt oder gebottenn, doch das wort des pans außgelassen, damit die gewissen der ploden1 oder krancken nit geergert werden. 50 Unnd nach dem bey unsern zeytten die eer Gottes gantz erlegen^ und die briesterschafft wenig in eeren gehaltenn wird, damit aber abfal solicher ererpiettung widerumb erweckt k , setzen wir, das von todtschleg der geweichten personen allain die person und nit die stat in gütlichen amptern verbotten werden sollen, nur allain die that hett sich von gemainer aufrur des volcks begeben. 51 Wir verbieten auch, das hinfüro den bischoffen der eelich geborn briester (so on geschefft abgeenn1) erbgüetter oder die sy durch ir aigen khunst m oder arbayt erobert haben, nit mer züsteen sollen. Und nachdem auß den newen und vorlengst verdampten ketzereyen sich die zal der abweichunden vom irem orden und briesterlichen standt unauffhorlich meret, und vill auß inen weyber zü der ehe nemen, damitt aber solch der geistlichen verprechungen" nit ungestrafft bleyben, geben wir zü und vergönnen allen weltlichen fürsten, Stenden und geweiten, auch iren stathaltern und ambtleütten, das sy solch verprecher vahen° mügen, wann sy nur die selben innerhalb der gebürlichen zeit on peinlich frag p oder dergleichen peinlichen handt anlegung irenn ordinarienn der gebür nach zü b) Fronleichnamstag c) genannt d) pflegen e) besonderen f) Stiftskirchen g) erklären h) Fastentage i) schwachen, einfachen Menschen j) niederliegt k) gemeint: daß die Ehrerbietung wieder wachse 1) sterben m) Kenntnisse, Wissen n) Verbrechen, strafwürdige Handlung o) fangen p) d. h. Verhör unter Anwendung der Folter

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straffen uberantworten. Wolichen Ordinarien wir ernstlich gebieten, das sy (hindan gesetzt ainicherlay verzug oder gunst) mit mererm fleiß (dann bißher beschehen) die selben ubertretter nach vermügen der gaystlichen recht straffen, also das der bischoff, nach außweysung solicher Verhandlung, müg ainen in kercker werffen oder aber sein leben lang in gefäncknus legen, doch daz hierinn Ordnung des gaistlichen rechtens gehalten werd. Aber wann der Ordinarien unfleißq dem bäbstlichen stül angezaigt, so werden auff der fürsten und andern weltlichen anlangenr gaistlich richter gesetzt, die nach erkantnus der nachlassigkait sonderlich die ketzer irem verschulden nach straffen. Das etlich bischoff (als wir bericht) von beneficien s (die absentz geben') zehendtu nemen, so doch solchs dem rechtenv gantz wider unnd aber vil hailsamer ist, die bösen eyngefurten gebreuch abzüthün, dann ichts ungewondlichs zuzulassen, deßhalben so verbietten wyr solch zehendt hinfiir eynzünemen oder zü bezalen, und der selben gebrauch, in was gestalt der auffkommen ist, stellen wir ab und wollen, das der gantzlichen abseyen. Weytter vernichten und achten wir gantz für unbillich, das halber tayl der frücht, so beneficien züstendig ist, den bischoffen geraicht werden soll, sonderlich wollich beneficia selbst kaum ain außkummen haben mügen, als die sich über zwenunddreyssig guldin nit lauffen, davon zü Rom halber tail der frücht nit genommen wirdet. Wir gebieten auch, das des also, wie yetzgemelt, durch die Ordinarien gehalten, allain es werde dann in vertregen änderst aussgedruckt oder aber etwas mit zymmlichen ursachenn, on merckliche beschwerung, genommen. Weytter, damit ain bestendiger gemüt und aynigkayt unter den mitverwandten in bistumben befestigt unnd gemacht, wollen wir den alten brauch in bistumben hiemitt vernewet haben, nemlich also, das alwegen in dreyen jarn nach Ostern ein ertzbischofflich concil gehalten werde. 52 Und als die beneficia, nach Satzung der alten vätter von wegen der ampter gegeben, und hart sein mag, das under den, so mit pfrunden versehen, meniger w gefunden werde, der seines ampts vergist unnd die tagzeytten 53 versaumpt, demnach setzenn, wollen unnd or[d]nnen wir, daz di ordinari auff die selbigen nachlässigen priester durch ire ertzpriester und techant ir fleissig aufsehen haben, und nach aines yeden saumfäll" oder unfleyß seine frücht aintweder zü nutz der kirchen oder zü außtaylung under die armen leüt wenden. Und ob yemandts nach gebürlicher ermanung und erster straff widerumben inn die nachlassigkait (die anzaigen gibt aines leychtfertigen lebens) fallen wurdt, der sol auch seiner gaistlichen pfrundt oder Gots gab beraubt werden, unnd dem lehenßherren sey hiemyt zügeben y , das er ainem andern teuglichen leyhen und presentiern müg. Der altvätter gesetz (durch wolliches ainer seyner begrebnus beraubt wirdet, der zü der österlichen zeyt nytt gepeycht und das hochwirdig sacrament nit empfangen hat 54 ) wollen wir, das dasselbig unzerprochenlich ge-

q) Nachlässigkeit r) Verlangen s) Lehen t) d. h. Gebühr wegen Abwesenheit u) Zehnt v) d. h. dem geistlichen Recht w) mancher x) Versäumnis y) gestattet

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halten werd, doch wo yemants unversechner dingz ungepeycht mit tod abgieng, wollen wir nitt, das dem selben dye begrebnus verzigena sey, wann nur seinem seelsorger wissent ist oder bericht wirdet, das der gestorben nach vermügen der obangezaigten Satzung gepeychtt unnd das sacrament empfangen hab, und das kain andere rechtmessige ursach verhanden. Und zu abstellung der greülichen lesterung des gütlichen namen und der hailigen (die nit zu verachten sein) setzen unnd ordnen wir, wolicher priester oder sunst gaistliche person Gott dem almechtigen offenlich ubelreden oder in Scheltwort fallen, und dardurch Got unsern herrn Jesum Christum oder sein hochgelopte mütter, die lobsam junckfrawen, oder ander hailigen schmehen oder uneeren wurdt, der sol der früchte seines beneficiums oder deßselben seines beneficium beraubt oder aber ime ain ander straff nach g[e]legenhait seiner Verhandlung13, auffgelegt werden. Wider den gaistlichen wücher, den man symoney55 nent, wollen wir von gesetz der alten vätter nit weychen, sonder gebietten, dasselb bey den peenenc, darinn begriffen0, zu halten. Wider die gaistlichen personen, so warsager oder zaubrer sein, und die hailigen gleicherweyse als der alten vätter gesetz verdammen, setzen und wollen wir, das sollich nach der obrigkait willen eerloß sein sollen, wollich aber ermant und darüber davon nit lassen, die sollen von iren orden gethan und ain zeyt lang, nach willen der obern, in ain ander kloster verschickt, auch irer gaistlichen pfrunden und ämpter entsetzt werden. Dann die anndern falsch Christen, die vom christenlichen glauben wenig halten, und die judischen oder ander sect eynmüschen, sollen von der hailigenn christenlichen gemainschafft außgeworffen und wider die selben mit fleyssiger erforschung gehandelt, dann die sich nit bekeren wollen, sollen durch die ordinari oder ir vicari oder durch die, so zu erkundigung der ketzereyen fürgenommen, oder die richter, so von bäbstlichen stül oder durch uns verordent, mit gebürlichen peen gestrafft werden. Wir verbieten auch den gaistlichen gleycherweyse als den layen, das sy von unserm hailigen glauben leychtfertigklich (sonderlich under dem weyn unnd bey den wirtschafften) nit disputiem. Legen auch der priesterschaft hiemit auff, dass sy sich aller messigkait gebrauchen und sonderlich sich mit lesen des newen und alten testaments (wie dann billich ist) befleyssen, damit sy durch den müssiggang nit in laster und wollust fallen. Wir setzen und ordnen auch, das ain yeder bischoff mit fleyß eynsehung thue, damitt die vicarien, die auff leben lang geordent oder aber auff wolgefallen eing[e]setzt sein, von einkommen sollicher ir vicariaten ain zymmlichs ausskumen haben, damit inen nit ursach und weg gegeben werde, ire underthanen von irer heußlichen armüt oder täglichen notturfft wegen zu dringen und zu beschweren. Unnd auff das den gesetzen der hailigen zwölffpoten6 [vgl. Apg. 3, 2—6. 10; 9, 36; 24, 17], auch dem prauch der ersten kirchen am nechsten

z) gemeint: ohne Krankensalbung a) entzogen, verweigert c) Strafen d) enthalten e) Apostel

b) Vergehens

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zükumpt, ermanen wir die prelaten, auch ander gaistlichen unnd priester, das sye des almüsen geben ingedenck sein und sich befleyssen, ainer den andern, mit dem almüsen gebenn zu ubertreffen. Es sein auch vil ander Satzungen, von den bäbsten und den hailigen gemainen und sonderlichen concilien auffgericht, die den priesterlichen standt unnd ir lebenn hoch eeren und zieren, und nitt weniger den ergernussen (dye Christus allenthalben verbotten) entgegen sein, wollen wir, das die selben als hailig geacht und gehalten und die Übertreter nach außweysung der gaistlichen rechten und der yetzermeltenf Satzungen, gestrafft werden. Gebietten darauff allen und yeden vicarien und officialen, auch ertzbriestern und techanten unnd andern, den zu straffen gebürt und züsteet, oder wolichen solchs durch die ordinari bevolhen wirdet, das sy in die Übertretungen ainicherlay der obbemelten Ordnungen, Constitution und Satzungen von gelts wegen oder auß andern Ursachen nitt hellen®, sonder gegen den straffmessigen nach gelegenhait der Verhandlung und irer ampter, wie recht und gewonhait ist, mit straff verfaren. Und damit dem allem also nachkummen werde, dann nichts nutz ist, Ordnung und Satzung zu machen nur allein, es seyen dann die nach den selben leben und die volziehen, auch unnser christlicher glaub widerumb in auffnemen kumm und die priesterlich wirdigkait durch außtilgung der ketzereyischen wurtzen h widerumben iren standt erraichen müg, und aber solchs hart ander gestalt noch mit besserem füg beschehen mag, dann die alten gebreüch, die durch Versandungen in bistumben, die man synodos nent, wurden dann auffgericht, gehalten und widerumben vemeüt1, demnach setzen unnd ordnen wir, das alle jar zu fugl[i]cher zeyt durch ain yeden bischoff, sampt den treffenlichern von prelaten, techanten unnd andern tapffern' personen, in iren bistumben, versamblunngen, die man synodos diocesanos nent, gehalten, auß denen verordent werden sollen richter, die in yedem viertailk fleyssigklich auffmercken, ob die obangezaigten, auch alle andere Ordnungen und Satzungen, so durch die versamblungen in bistumb mit vorwissen des bischoff auffgesetzt, gehalten werden oder nit, mit ersüchung (obs von noten seyn wolt) der weltlichen obrigkait. 56 Und gebietten darauff, das dise unnsere Constitution gleycherweyse in ertz, als in den bistumblichen versamlungen, so man synodos nent, allweg in anfanng gelesen werden, damit nit yemants kunfftigklich die unwissenhait fiirwerffen1 mochte. Geben zü Regenspurg, nach Christi geburt im tausend fünffhundert unnd vierundzwayn[z]igisten jar, am sibenden tag des monats Julii, des bapstumbs unsers aller hayligisten vater des bapst im ersten jare.57 Visa"1 Jul. Flo. Montinus. D. De Paternina. G. Prego. f) d. h. den hier genannten j) bedeutenden, wichtigen m) gesehen

g) decken, verheimlichen h) Wurzel i) erneuert k) Viertel, gemeint: Amtsbezirk 1) geltend machen

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A) Vorbemerkung Druckvorlage: Ordnung II Vnd Reformation zu ab=llstellung der Mißbreüch/ vn II auffrichtung aines erberen II wesens/ vnd wandels in der II gaistlichait/ durch Bäbstll licher hayligkait Legate II etc: zu Regenspurg II aufgericht. II [TE] [Augsburg: Heinrich Steiner 1524] - 4° 10 ungez. Bl. (letzte S. leer). Sign.: A 4 B 2 C 4 . Weller 3084. VD 16 C 621. Köhler 486. - SB München: 4° Polem. 1350/4. Zur Entstehung: Neben der „Entschließung" (vgl. oben S. 692—699) ist die „Constitutio" des Kardinallegaten Lorenzo di Campeggio (1517—1539) ein Ergebnis des Regensburger Konvents. Über sie ist anfangs im Ausschuß beraten worden. Doch dessen „ratschlag" hat Campeggio ein eigenes „mandatum reformationis" entgegengesetzt (vgl. Pfeilschifter, Acta, Bd. 1, S. 317, Nr. 119). Das wiederum fand nicht die Billigung des Ausschusses. Im kleinen Kreis wurde daraufhin aus beiden Entwürfen und dem Mühldorfer Reformmandat vom 31. Mai 1522 (ebd. S. 67—75, Nr. 14) die dann angenommene und erlassene „Constitutio" erstellt. Sie berücksichtigt in bestimmten Punkten den Regensburger Reformantrag der bayerischen Herzöge Wilhelm IV. (1508-1550) und Ludwig X. (1514-1545) (ebd. S. 324-328, Nr. 122). Nach Monatsfrist, wie angekündigt, trat die „Constitutio" in Kraft. Der Kardinallegat fertigte die auf den 7. Juli 1524 datierte Originalurkunde aus und sorgte gemeinsam mit Erzherzog Ferdinand (1556—1564) für die Drucklegung der authentischen Fassung (vgl. VD 16 C 615). Gleichzeitig gelangte die deutsche Übersetzung in Druck. Am 14. August kündigte der Erzherzog das baldige Erscheinen an (vgl. Pfeilschifter, Acta, Bd. 1, S. 364, Nr. 138). Ende des Monats schickte Campeggio Druckexemplare der Reformordnung in lateinisch und deutsch an die am Regensburger Konvent persönlich oder durch Gesandte vertretenen Bischöfe und ersuchte sie um Publikation. Das geschah in den Bistümern Freising, Augsburg, Passau, Salzburg und Speyer im Laufe der Monate September bis November (ebd. S. 362, Nr. 137; Schottenloher, Schobser 188). Vorher, bereits am 1. September, erschien die „Ordnung und Reformation" als Anhang eines erzherzoglichen Generalmandats (vgl. VD 16 C 624) und wurde alsbald überall in den österreichischen Erblanden verbreitet (vgl. Pfeilschifter, Acta, Bd. 1, S. 364, Nr. 138). Anfang Oktober wurde die Reformordnung als dritter Teil einer landesherrlichen Verordnung auch im Herzogtum Bayern bekannt gemacht (vgl. Schottenloher, Schobser 187). Im Unterschied zu all diesen amtlich veranlaßten Drucken erschienen im selben Jahr noch verschiedene inoffizielle Ausgaben unter abweichendem Titel (vgl. VD 16 C 626—628). Sie trugen zur weiten Verbreitung der „Ordnung und Reformation" bei. Bemerkenswert ist die rasche, satirisch geprägte publizistische Resonanz auf reformatorischer Seite. Ausgabe: Pfeilschifter, Acta, Bd. 1, S. 334—344, Nr. 124 (lateinische Originalurkunde); Mansi, Collectio 32, Sp. 1039-1092 (lateinischer Druck). Literatur: Friedensburg, Convent, S. 527—534; Hofmann, Konzilsfrage, S. 107—110; Muralt, Disputation, S. 16—20; Bauerreis, Kirchengeschichte, Bd. 6, S. 37f.; Zöpfl, Bistum, S. 32f.; Spindler, Handbuch, Bd. 2, S. 347f.; Winkler, Konvent, S. 413-425.

B) Sacherläuterungen 1 Lorenzo di Campeggio (1517-1539) (vgl. LThK 2, Sp. 909f.). 2 Zum Lateranpalast vgl. ebd. 6, Sp. 813—815. 3 Zu Papst Clemens VII. (1523-1534) vgl. ebd. 2, Sp. 1226.

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4 Ferdinand I. (1556-1564) (vgl. TRE 11, S. 83-87). 5 Hierzu und zum folgenden vgl. oben S. 692ff. mit Anm. 2—14. 6 Zu Papst Bonifatius VIII. (1294—1303) und seiner Tätigkeit auf kirchenrechtlichem Gebiet vgl. LThK 2, Sp. 589—591. Zu den genannten kirchenrechtlichen Bestimmungen vgl. Sex. Decr. 1. 1, tit. 16, c. 5, in: CorpIurCan, Bd. 2, Sp. 988; ebd. tit. 14, c. 1 - 1 5 (ebd., Sp. 978-983). 7 Thascius Cäcilius Cyprianus (um 200-258) (vgl. LThK 3, Sp. 115-117). 8 Chrysostomos (Johannes von Konstantinopel) (344/354—407) (vgl. RGG 1, Sp. 1818f.). 9 Ambrosius (339-397) (vgl. LThK 1, Sp. 427-430). 10 Hieronymus Stridonensis (um 347-419/420) (vgl. ebd. 5, Sp. 326-329). 11 Aurelius Augustinus (354-430) (vgl. ebd. 1, Sp. 1094-1101). 12 Papst Gregor I., der Große (590-604) (vgl. ebd. 4, Sp. 1177-1181). 13 Gemeint sind die Hören (Matutin, Laudes, Prim, Terz, Sext, Non, Vesper) (vgl. LThK 2, Sp. 679-684). 14 Verwiesen wird auf Decr. Greg. IX., 1. 3, tit. 1, c. 2, 7, sowie auf Sexti Decr. 1. 3, tit. 2, c. 1, in: CorpIurCan, Bd. 2, Sp. 449f„ 1021; zur Tonsur vgl. auch LThK 10, Sp. 250f. 15 Erneuter Verweis auf Decr. Greg. IX., 1. 3, tit. 1, c. 15—16, in: CorpIurCan, Bd. 2, Sp. 453f. ). Hierzu und zum folgenden auch gleichsinnig die auf dem Wormser Reichstag 1521 vorgetragenen Gravamina (vgl. RTA JR 2, S. 691 und 692, Nr. 96) und der auf dem Regensburger Konvent eingereichte bayerische Reformantrag (vgl. Pfeilschifter, Acta, Bd. 1, S. 326f., Nr. 122). 16 Vgl. auch hierzu den entsprechenden Gravamina-Passus (RTA JR 2, S. 685f., 690, Nr. 96) und den Reformantrag der bayerischen Herzöge (Pfeilschifter, Acta, Bd. 1, S. 326, Nr. 122). 17 Gemeint sind die aus verschiedenen Anlässen gehaltenen Totenmessen (Jungmann, Missarum sollemnia, Bd. 1, S. 285—287), \lie Gegenstand verbreiteter Kritik sind, da sie, wie Luther urteilt, „auff gelt, fressen und sauffen gericht sein" (vgl. WA 6, S. 444). 18 Zum Kai and vgl. LexdMA 5, Sp. 864f. 19 Gegen die kirchenrechtlich verankerten vorbehaltenen Fälle (casus reservati) (vgl. u.a. Decr. Greg. IX., 1. 5, tit. 39, in: CorpIurCan, Bd. 2, Sp. 889-913) richtet sich allgemein die zeitgenössische Kritik (vgl. etwa WA 6, S. 431f.). 20 Der Sachverhalt wird auf dem Wormser Reichstag 1521 im Gravamina-Artikel „Wie man zuvil und oft ungelärt, ungeschickte priester weicht" (RTA JR 2, S. 688f., Nr. 96) behandelt und im bayerischen Reformantrag angesprochen (Pfeilschifter, Acta, Bd. 1, S. 328, Nr. 122). 21 Zur Kritik an den durch die Inkorporationen bedingten Übelständen vgl. Friedberg, Lehrbuch, S. 212, 352f. und RTA JR 2, S. 675, Nr. 96. 22 Zur zeitgenössischen Kritik an dem aus der Verpflichtung zum Zölibat (vgl. Friedberg, Lehrbuch, S. 172f.) erwachsenen Konkubinenwesen vgl. RTA JR 2, S. 691, Nr. 96 und den bayerischen Reformantrag (Pfeilschifter, Acta, Bd. 1, S. 326, Nr. 122). Der Einschärfung des Zölibats widerspricht die reformatorische Position (vgl. z. B. WA 6, S. 442f.). 23 Vgl. auch hier den Gravamina-Passus (RTA JR 2, S. 678f., 684f., 688, Nr. 96) und den bayerischen Reformantrag (Pfeilschifter, Acta, Bd. 1, S. 327f., Nr. 122). 24 Luther rät bereits in seiner Schrift „An den christlichen Adel deutscher Nation", verschiedene Orden aufzuheben (WA 6, S. 438f.; vgl. auch WA 7, S. 456f. und zur zeitgenössischen Kritik an den Bettelorden Störmann, Gravamina, S. 61—63). 25 Vgl. zum folgenden auch die Ausführungen im bayerischen Reformantrag (Pfeilschifter, Acta, Bd. 1, S. 327, Nr. 122). 46

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26 Vgl. das Gravamen „Von uncosten, so man die kirch weihet" (RTA JR 2, S. 687, Nr. 96). 27 25. Dezember. — Gegen die Vielzahl der Feiertage wendet sich Luther in der Schrift „An den christlichen Adel deutscher Nation" (WA 6, S. 445f. ). Auch der bayerische Reformantrag spricht sich für eine Neuordnung der Feiertage aus, die, von drei Ausnahmen abgesehen, der folgenden Aufführung entspricht (vgl. Pfeilschifter, Acta, Bd. 1, S. 324, Nr. 122). 28 26. Dezember. 29 27. Dezember. 30 28. Dezember. 31 1. Januar. 32 6. Januar. 33 23. April. 34 2. Februar. 35 25. März. 36 Das Fest Compassio Mariae wird regional unterschiedlich, gewöhnlich an bestimmten Tagen im Juli begangen. 37 8. September. 38 15. Juli. 39 24. Juni. 40 22. Juli. 41 10. August. 42 29. September. 43 1. November. 44 11. November. 45 25. November. 46 27. März. 47 Hierzu vgl. die entsprechenden Ausführungen im bayerischen Reformantrag (Pfeilschifter, Acta, Bd. 1, S. 325, Nr. 122). 48 Jeweils der achte Tag nach einem Fest (octava). 49 Die Woche nach dem Sonntag Vocem jocundatis (5. Sonntag nach Ostern). 50 Auch dieser Punkt findet sich im Reformantrag der bayerischen Herzöge (Pfeilschifter, Acta, Bd. 1, S. 325, Nr. 122). 51 Zum Unterschied zwischen interdictum locale und personale vgl. Friedberg, Lehrbuch, S. 322f. Luther kritisiert die Unangemessenheit des Interdikts („Wirt ein priester erschlagen szo ligt ein land ym Interdict, warumb auch nit wen ein bawr erschlagen wirt?" — WA 6, S. 410) ebenso wie die auf dem Wormser Reichstag 1521 vorgetragenen Gravamina (RTA JR 2, S. 686f., 702, Nr. 96) und der bayerische Reformantrag, dessen Vorschlag hier berücksichtigt ist (Pfeilschifter, Acta, Bd. 1, S. 325, Nr. 122). 52 Auch dies entspricht einer Forderung des bayerischen Reformantrags (Pfeilschifter, Acta, Bd. 1, S. 328, Nr. 122). 53 Vgl. oben Anm. 13. 54 Vgl. Friedberg, Lehrbuch, S. 409. 55 Zur Simonie vgl. LThK 9, Sp. 774-776. 56 Damit wird einem weiteren Vorschlag des bayerischen Reformantrags entsprochen (Pfeilschifter, Acta, Bd. 1, S. 328, Nr. 122). 57 Papst Clemens VII. (vgl. oben Anm. 3).

Kaspar Schatzgeyer: Wahre Erklärung und Unterrichtung die Ehescheidung betreffend Ob, so zway eeliche gmahel auß ursach gschaiden werden, ine zymm5 lieh unnd erlaubt sey, mit anndern sich zu vermäheln. Lutherische außtruckte maynung und fesste halltung. Der man, so von seinem eeweyb gschayden wirt, hat macht und gwallt, ain anndere zu der ee zu nemen. Deßgleychen die fraw, die vomm eeman gschaiden wirt, hat gleychen gwallt. Es war dann, daz man solichs 10 verpot dem, das solicher eeschaidung ursach geben hett.1

Außtruckte christliche veijehung" Gaspars Schatzgers wider gmellte b luterische maynung

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So zwischenn zwayen eeleüten eeschaydung geschieht, zymmet sich keym tail, sich mit ainer anndern person zu vermäheln, außgenommen ainn fall betreffend den unglauben, alls hernach gemelt wirt imm anndern argument. Dise cristliche leer bewart0 zum ersten der heylig Paulus, sprechend: Die fraw, die undter dem mann ist, die ist dem gsatz (verstandt, dem eelichen gsatz und verpflicht) verpunden, dieweyl der selb man lebt. Stirbt aber ir man, ist sy entpunnden vomm gsatz des mans. Darumb ist das sy sich zu eym andern mann thüt bey ires manns leben, so wirt sy ain eeprecherin genennt. Auß disem spruch des aposteln zeücht d man zway d[in]g oder zwo leer. Zum ersten, das die unzertrennlichkait der eelichen verpindtniß ghort der ee wesenlich zü, allso das on solich verpindtniß (die da steet in Verpflichtung zü laysten eelichs rechts oder werckhs, so es erfordert wirt) die ee nit bstan e mag und weret das gantz leben lang, biß das ains aus inen stirbt. Zum andern, das solche fraw nach gemellter schaydung, obf sy sich veraynet oder gsellt zum anndern mann, ist sy ain eeprecherin. Deßgleichen ist es auch mit dem mann. Dann in den dingen, die eelichem recht zügehorn, werden sy gleich gschätzt und gehallten. Darumb ist keym auß solchen eegmaheln erlaubt, sich mit eym anndern zü vermäheln, wie vast 8 sy ymmer geschaiden werden. Die ander [Bewährung], Der heylig Apostel Paulus spricht: Der herr und nit ich gepeüt den, die eelich verainet sein, das die fraw vomm mann nit weychen sol. Weycht sy aber, so sol sy also bleiben oder sich mit irem

a) Bestätigung, Bejahung stehen f) wenn, falls 46*

b) genannte g) sehr

c) beweist

d) zieht

e) be-

Die erst bewirung Roma. Vn [2f.]

Die erst leer

Die ander [Lehre]

Die ander [Bewährung]

1. Corin. 7 [10f.]

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Die dritt [Bewährung]

Die vierdt [Bewährung]

Die fünfft [Bewährung]

Die sechßt [Bewährung] 1. Corint. 7 [4]

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mann wider versonen. Nymm war, das der herr hye nit nachlaßt, das, die sich Schaidt vomm mann, mog mit eym andern zu der ee greyffen. Und nympt schlechtlich b kain sach auß, inn der es erlaubt sey. Die dritt [Bewährung], Wann den eeleüten, nach dem sy umb eepruchs wegen von einander gschayden seinn, erlaubt war, sich mit andern zu verheyraten, volget darauß, das nämlich der oder die eeprüchig worden war, von seiner schand unnd lasster grossen nutz prächt, dann yetzundt durch den eepruch würd es erlediget vomm eelichen gsatz und verpundtniss. Ob du sprichst, söllichs wird fürkommen 1 und abgeschlagen durch züsatz diser wort in der lutherischen maynung, allso lauttend: Es war dann, das man solichs verpüt dem, das solicher eeschaydung ursach geben hett. Anntwort. Ich frag von dir, ob solliche person, die der schaydung ursach geben hat, mog auß gottlichem recht unnd gsatz ainem anndern sich vermäheln oder nit. Sprichstu, ja, es sey ir erlaubt, so volgt darauß, das irs nyemandtz verpieten mag, und allso bleibt die yetzgemellte bewärung in krafft. Sprichstu, nain, es sey ir durch Gottes gsatz nit erlaubt, so volgt darauß, das der Luther solche wort vergebens hinzu gesetzt hatt, dann sy schaffen oder hellffen nicht zu der sach. Die vierdt [Bewährung]. Solliche freyhait oder erlaubniss, nach der eeschaydung ainn anndern zu nemen, wirt vilen nit ain leychte, sonder starcke ursach geben, ir ee zu übertretten. Dann wann ain weyb irem mann veindt würd unnd seinj gern ledig wäre, so präch sy ir ee, auff das sy vomm gsatz ires manns entpunden werd. Oder herwiderumb, so der man der frawen gern ledig wär und sy hasset, richtet er sovil buberey zu, das sy zü fall kam unnd dann scheyd er sich von ir und näm ain anndere. Als auch zü zeytten ains dem anndern umb sein leben stelltk auß solcher ursach, das im ain annder lieber ist. Zum fünfften. Es ist ain hässige und unträglich sach, das ains, so mit eym eelich vermähelt ist, sich mit eym anndern vermähell, dieweyl sein erster gmahel noch lebt. Dann das ist wider das eelich gsatz und recht, das under andern puncten auch innhelt1, daz die ee unzertrennlich weren sol und verpinden das ganntz leben lanng. 2 Deßhalb mag man nit erkennen noch sprechen, das es zymmlich sey, man find dann offennlich m in der heyligen gschrifft, das es zugeben" sey. Oder aber das man es nemen mog krefftigklich auss dem, das in der heyligen gschrifft begriffen ist. Solichs ist dise sach nit. So findet mans auch nit inn wortten unnsers seligmachers oder des heyligen Pauli. Zum sechßten. Sant Pauls spricht: Die fraw hat nit den gwallt ires leibs, sonnder der man hat in. Deßgleychen, der man hatt nit gwallt seins leibs, sonnder die fraw. Auß dem volgt, das kains auß den eelichen gemaheln sich mit eym anndern verheyreten mag, dann dasselbig geb yetzündt hin seinn leib, deß° es doch nit gewallt hat, dann er ist nit sein, und daz wär ain raub oder diebstall. h) schlechthin, einfach i) k) nach dem Leben trachtet o) dessen

verhindert, verhütet j) seiner 1) enthält m) deutlich, klar

(des Mannes) n) gestattet

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Zum sibenden. Gemellter gwallt des leibs, den ain gemahel über des anndern leib hatt, wirt nicht hingenommen p oder entpunden durch eeschaydung. Das bewar ich zum ersten auff lutherische weiss. Dann man vindt es inn kainer gschrifft, weder in den wortten Christi oder des heyligen aposteln Pauli. Zürn andern. Es ist ain underschaid under eeschaidung und gwallt haben, sich eym anndern zü vermäheln, und das annder ist vil swärer, dann das erst, so hanngen die zway auch nit aneinander. Dann der heylig Paulus spricht: Ist es sach, das ain weyb sich abschaidt vom mann (das ist das erst), so sol sy on vermähelet bleiben (daz trifft das ander an) oder sol sich wider mit irem mann versonen [1. Kor. 7, 11], Darumb ob eym schon das erst die eeschaydung nachgeben und erlaubt würd, ist im darumb das ander und das schwärest nit erlaubt. Zum achten. Soliche Übergebung leyplichs gwallts, so inn der ee gschicht, da ains dem andern seins leibs gwallt gibt, ist befestnet und besterckt von Gott. Als q unser lieber Herr Christus selb urtailt unnd spricht: Was Gott verayniget, soll der mensch nit zertrennen. Darumb mag kein sach sich begeben, von der wegen eeliche aynikeyt zertrennt werd on sonderliche nachlassung oder dispensierung r Gottes, der man doch kain inn gotlicher gschrifft vindt. Deßhalb, so solich sach zweyffelhafftig ist, soll man pillicher hallten, das mit der ee dran ist, dann das darwider ist. Die neündte bewärung, das die eeliche verknüpffung nit auffloslich sey und in kainerley sach mog entpunden werden daz gantz leben lang, gschicht umb gmaines nutz willen. Dann durch solche onzertrennliche verpündtnuss wirt ratts vilen swären verwüreten henndellen', und vil verzweyffeiten sachen und verknüpffte strick", die sonnst widerfaren mochten, werden geendet unnd fürkommen. Bleiben auch vil poßhafftige argelist underwegen, die man sonst süechen und prauchen würd, das man eeschaydung erlanngen mocht. Es trachten auch bayde tail, so sy gschayden seinn, vil meer, wie sy sich versonen und wider züsamen kommen mögen, so sy erkennen, das sy sich nit verheyreten gthürren", unnd hüetten sich deßter basw, das sy sich nit schayden. Aber erlaubtnuß und nachlassung, sich mit eym andern zü vermahelen, trifft allain aygnen nütz an, der ettwan ir eym x widerfaren mocht. Der gmain nutz sol aber meer betracht werden dann aygner gsüechy, unnd was gemaynen nutz fürdert, nach dem selben soll man urtailen, so man widerpart 2 nit klärlich auß der gschrifft bewären kan. Eintrag3, widerred oder argument, so wider obgemellt christlich leer auff die lutherische maynung geschehen mocht.

Die sibend [Bewährung]

Mercks wol

Die acht [Bewährung] Math. 19 [6]

Die neündt [Bewährung]

Die ursach der unauffloßlichayt eeliches pandts des gemaynen nutz halben

Das erst luttensch Züm ersten. Unnser säligmacher spricht: Ain yeder, der seyn hauß- argument 40 fraw verlaßt, dann allain von unkeüschait oder eepruchs wegen, und nympt Math. 19 [9] p) aufgehoben, ungültig q) wie r) Befreiung s) wird Rat zuteil t) Streitsachen, Vorfällen u) gemeint: schlimme Verwirrungen v) dürfen w) um so mehr x) einem von ihnen y) Eigennutz z) Gegenteil a) Einwand, Widerspruch

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im b ain andere, der pricht sein ee, und der ain solche verlaßne fraw im vermähelet, der ist auch ain eeprecher. Auß disem spruch nympt man zwen puncten, die in diser sach ain eeprecher machen. Zu erst, der da verlaßt sein haußfraw, der ander, und nympt ain andere. Zwischen disen zwen setzt der herr ain außzüg 0 , der entschulldiget gmellten eepruch, und spricht: Es geschehe dann von unkeüschait oder eepruchs wegen [Matth. 19, 9]. Voigt darauß, daz anzaygter außzug zu den andern bayden gehört, inn solicher mass, das sy bayde gschehen müessen, sol anders ainer ain eeprecher geschollten werden. Das ist, er muß die seine verlassen, die nit ein eeprecherin ist, und darüber ain andere nemen. Wo er sy aber von eepruchs wegen verlaßt und ein andere nympt, sol er nit ain eeprecher geschollten werden. 3 Anntwort. In den wortten des herren seinn zwo verpietung d . Die erst, das der man das weyb nit verlass, von der sagt Paulus: Den, die eelich veraynigt sein, gepewt 6 nit ich, sonnder der herr, das weyb sol nit abtretten 1. Corint. 7 [10f.] vomm mann, und der man sol das weib nit verlassen. Das ander verpot ist, das, der sein weib verlaßt, sol kain anndere nemmen oder einlayten f , dann zway oder meer weyber haben ist auß dem gottlichen gsatz unpillich. Math. 19 [4f.] Dann der herr spricht: Der da bschaffen g hatt imm anfang den menschen, hat sy ain man und ain fraw gmacht, unnd die zway werden ains imm leib oder flaysch sein. Er spricht nit, drey in ainen flaysch, sonnder zway. Dann so der man durch flayschliche veraynigung oder eeliche werck ain flaisch wirt mit der frawen, wenn er dann zwo hett, mit den er ain flaisch worden war, die noch bede lebten, so waren sy bede veraynigt imm mann, und allso wären ir11 drey in aym flaisch. So nun in den obgemellten wortten des herren zway verpott sein, unnd die außnemunng oder außzüg, do er spricht, dann allain vonn unkeüschhayt oder von des eepruchs wegen [Matth. 19, 9], volgt allain nach der ersten verpiettung, so müßs man dann ye versteen, das sy denselbigen puncten allain entschuldiget und schwecht das erst verpott und erlaubt das widertail. Daz ist, wer sein weyb verlaßt on iren begangen eepruch, thüet wider daz gepott Gottes. Hat sy aber [die Ehe] prochen und deßhalb verlaßt er sy, denn ist er entschulldiget, wann umb solicher sach willen ist dem gmahel, der sein ee ghallten hat, erlaubt, das eeprüchig ze lassenn1. Also volgt auß dem evangelischen text und kraffi der wort Cristi, so gemellter außzug allain zu eym tail gsetzt ist, das er nit gehört zum andern tail des spruchs Christi, und man mag in^ auch nit dahin strecken k , das er erlaub oder dispensier oder nachlass, sich mit eym andern zü vermaheln, das (wie oben gemellt ist in der sybenden bewarung) dasselbig urlaub1 ist ettwas grossere und swärers dann die eeschaydung. Darumb auß erlaubung und nachlassung des mynndern"1 volgt nit erlaubung des merern und grossem. Dann das grosser wirt nit begriffen imm klainern. Es ist ye mynnder, vergönnen die schaydung, dann vergünnen ain

b) sich c) hier: Ausnahme, Vorbehalt d) Verbote e) gebiete f) verführen g) geschaffen h) ihrer i) den ehebrüchigen Partner zu verlassen j) ihn (den Spruch) k) fälschlich auslegen 1) Erlaubnis m) Geringeren

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anndere zu nemmen. Das aber ainer eeprüchig sey, ist nit gnüg" allain verlassung seiner eeprüchigen frawen, es sey denn, das er über das ain anndere einlaidt. Dann die ee nit prechen, ist ain verpott Gottes oder ain gepot, das ettwas verput 0 , das man nit thün sol, und sol sich ainer an solichem verpott verschulden, so muß er ettwas thün, daz er lassen solt, darumb der sein eeprüchige fraw allain verlaßt und thüt nit weytter, ist darumb kain eeprecher. Nit allso ist es mit dispensierung und vergynnung ein anndere zu nemmen. Wann zu dispensiern imm gottlichen gesetz wil haben klaren unnd gwissen gwallt Gottes, in der gschrifft außgetruckt, das da nit ist. Darumb mag auß oben erzellten wortten des herren nit gnügsam anzaygt werden, daz eym solchen erlaubt sey, sich zu vermaheln mit ainer anndern, die weyl die sein noch lebt, und das daz evangelium solichs nachgeb. Das ander argument. Sant Pauls spricht: Der ungläubig gemahel, wil er nit bleiben, sonnder abweychen, so weych er und gee hin. Dann der glaubig gemahel ist inn dem fall nit underworffen der dienstbarkait. Auß disem wort volgt, das so der ungläubig haußwirt oder haußwirtin sich vomra glaubigen Schaidt, ist dem glaubigen erlaubt, sich zu eym anndern vermaheln. Sant Pauls spricht: Er sey der dienstbarkeyt nit underworffen. Das ist: Er ist ungefangen und ungepunden. Ist er dann nit punden, so mag er unverhindert zur ee greyffen. Und man versteet hye (als sy wenen p ) bey dem ungläubigen nit allein den ungetaufften, sonnder ain yeden falschen, posen Christen.4 Darumb das wortlein (ungläubig) streckt sich auß und bedeüt alle abtrinnigen, aus was ursach sy auch nit rechten glauben hallten. 5 Anntwort. Hye müßs man dreyer ding warnemen. Das erst. Wen Sant Paulus hye ungläubig nennt. Das ander. Was die ursach sey des abweychens oder schaydens. Das dritt. Was da sey die dienstbarkeyt unnd dagegen die freyheyt. Zum ersten muß man der wort des heyligen Pauli mit iren umbstenden q wol war nemen. Nun lawt der text also: Den andern sag ich und nit der herr. Ist es, das ain prüder (daz ist ain christglaubiger) ain ungläubig weyb hat, und sy verwilliget, bey im zü wonen, sol er sy nit verlassen. Und ob ain fraw ain ungläubigen man hett, der sich verwilliget, bey ir zü wonen, soll sy in nit verlassen. Dann der ungläubig man ist geheyliget oder wirt geheyliget durch das glaubig weyb, und das ungläubig weyb ist geheyligt durch den glaubigen man. Sonst waren eüre sün r unrain, aber yetzundt seinn sy heylig. Ist es aber, daz der ungläubig abweicht, so far er hin. Dann der brüeder oder die schwester in dem fall ist nit underworffen der dienstbarkeyt. Aber Gott hat eüch berüefft imm friden. Dann wo waißt du, weyb, ob du den man mochst selig machen. Oder von wannen waißt du, man, ob du die fraw selig machest [1. Kor. 7, 12—16]. Das sein Sant Pauls wort. Auß disen wortten ist klar und offennbar, das Sant Pauls bey dem unglauben versteet ain ungetaufften. Dann zü der selbigen zeyt imm

n) gemeint: kein ausreichender Grund verhalt r) Söhne

o) verbietet

p) meinen

q) Sach-

l.Corin. 7 [15]

ungläubig

Hye merck drey ding

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Math. 7 [1]

1. Corint. 5 l.Corint. 10 Gal. 5 [19—21] Ephe. 5 [3—15]

Schatzgeyer: Erklärung die Ehescheidung betreffend

anfang der predig der heyligen zwelffpotten s ist es offt beschehen, das die weyber zum glauben bekert worden, und die menner ungläubig bliben, und widerherumb'. Und nit allain blib das ain tail ungläubig, sonder auch zu zeytten müehet, belaydiget oder nottiget das ander, den angenommen glauben zu lassen und abgotterey wider anzünemen. Sonßt wann das der heylig Paulus von ainer yeden todtsünde redte (die ainen menschen zu ainem posen und falschen Christen macht, dann er lebt nit alls eym Christen zugehört), warumb Sprech er dann: Den andern (das ist, den", die nit bekert sein zum glauben) sag ich unnd nit der herr, so doch der herr offenlich sagt: Es zympt sich dem man nit, das er sein fraw verlass, dann allain von eepruchs wegen [Matth. 19, 9]. Es wolt dann ainer mainen oder sagen, das bey dem eepruch oder unkeüschait auch alle todsünd, da durch die seel ir ee wider Gott pricht, verstanden werd. 6 Das war aber ain seltzamer, ungehorter verstand^. Und wann das war war, so war zymmlich, das ain yeder sich schaiden mocht von seiner haußfrawen umb ain yeglich todtsünd. Item man mag das auch mercken auß dem, so Sant Pauls spricht: Und er oder sy ungläubig, verwilligt zu wonen bey dem andern [1. Kor. 7, 12], So sy aber bayde Christen seinn und getaufft, bedarff solicher verwilligung nit wartten, sonder sein veipflicht und schulldig, bey einander zu wonen, unnd war yetzundt nit Sant Pauls rat, sonnder ain gepot des herren Jhesu Christi. Weytter nympt man es auß dem, das naher volgt, so er spricht: Der ungläubig man ist geheyligt durch die glaubige fraw, und die ungläubig fraw ist geheyligt durch den glaubigen man [1. Kor. 7, 14], Wer wolt hye erkennen w den glaubigen von dem ungläubigen. Wann daz Sant Pauls allain von getaufften Christen redte und von allen todtsünden, so uns doch unser seligmacher lernet: Ir solt nit urtailnn, so wert ir nit geurtaylt. Ir solt nyemandt verdammen, dann es ist wider die lieb. Zum andern, von der sach der eeschaydung zu wissen. Unnser behauter" melldet und gibt nur ain redliche ursach der eeschaydung. Das ist unkeüscheyt oder eeprüch, die soll verstannden werden nach gemainem geprauch der heyligen gschrifft. Aber die heylig gschrifft bey der unkeüscheyt versteet zwayerley. Zum ersten leypliche unkeüscheyt, als offt der heylig Paulus davon redt. Zum anndern abgotterey, als offt Moyses in den büechern des gsatz, und die propheten davon reden [vgl. 3. Mose 17; 20; Hes. 6; 7; 20 u.ö. ]. Auß dem ist klar, das man nit versteen kan oder sol für ain abtretten aus ainer yeden ursach willen, wie sy fälschlich oben imm argument vor y geben. Das mag man auch wol nemen unnd versteen auß frag der gleychßner 7 unnd anntwort unsers herren. Sy fragten in, ob eym mann zymmet, sein fraw ze lassen aus yeder ursach willen. Der herr anntwort: Nayn. Und bewäret das auß der gschrifft [vgl. Matth. 19, 3—9]. So nun der herr allein ain aynige 3 ursach erzelt, die gnügsam sey, die eeleüt zu schayden, wirt gewiss, das der apostel Sant Pauls auch kain anndere

s) Apostel t) umgekehrt u) denjenigen v) Sinn, Auslegung w) unterscheiden x) Erlöser (Jesus Christus) y) zuvor z) Heuchler, hier: Pharisäer a) einzige

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zulaßt oder nachgibt. Sonnßt war er wider des herren leer und Satzung, und sein nachgeben war nicht, dann mit urlaub b Sünden, so doch das new testament nicht poß zugibt als daz alt testament. Voigt weytter, das die auch erdicht und falsch ist, do sy sprechen, das Sant Pauls eeschaydung zügeb umb zorens 0 willen aines gmahels über das annder. Dann wiewol er spricht: Sy sollen sich wider versonen [1. Kor. 7, 11], maint er nit allain vomm zorn, sonder maint, sy sollen ainmüttiglich unnd fründtlichem willen sich wider veraynigen und beyeinannder wonen und gmainklich d alle sach des zoms und eeschaydung hinlegen, sy seyen gnügsam oder nit. Zum dritten von der dienstbarkait und freyhait. Es ist gwiß und kundtpar, das eelichs pandt oder verknüpffung auff im tregt ein grosse knechtlich dinstparkait. Unnd nemlich zwifache dinstparkait. Die erst kompt auß der beywonung, durch die er bezwungen wirt zu leyden und tragen alle pürde und beschwärnuss seins gemahels. Und anndere, so auß dem eestandt kommen, er muß heüßlich sorg haben, alle zeytliche6 ding versehen, da durch sein gemüet von hymmlischen abzogen unnd inn die irrdische versennckt wirt. Wie Sant Pauls bezeugt und spricht: Der da ain weyb hat, 1. Corint. 7 [33f.] ist sorgfelltig f in welltlichen geschafften und wie er seiner haußfrawen gefall, und allso ist er zerstrewet. Und die fraw, die vermähelt ist, betrachtet ding, die der wellt züsteen, und wie sy dem mann gefall, und allso seyen sy bayde leyplich und gaystlich gefangen unnd gepunden. Die anndere dinstparkeit kompt auß verwechsselter® Übergebung irer leybe, durch und umb wellicher Übergebung willen ir yegklichs recht und gwallt hat zum anndern, dieweyl h sy leben, als oben erzelt ist auß der meynung des heyligen Sant Pauls inn der ersten bewärung. Dise zwo dinstparkeyt und gefengknus haben unnderschaid von einannder. Und mag ayn on die annder sein. Dann sy seinn nit unzertrennlich zusammen verknüpft, darumb ist nit von noten, das wo aine ist, das da die annder auch sein muß, oder so ainem mann die aine nachgelassen wirt, das im darumb die annder auch nachgelassen sey. Deßhalb, so der obgemellt sprach des heyligen Sant Pauls inn warheyt bstan1 unnd verstannden wirt von der ersten gefengknuss oder dinstparkeyt und erledigung oder freyhait von der selben, orf alle verkerung oder byegung des texts, mag man nit darauß krefftigklich nemen oder beschliessen, das er von inen bayden verstannden werd. Unnd allso wil der ungläubig gmahel nach eegemellter^ weiß nit bleyben, sonnder abweychen, wil nit beywonen dem anndern on schmach und Gottes lesterung, ey, so far er hin und verlaß in. Dann der bröeder oder die schwester (das ist der glaubig) ist der dinstparkeyt nit underworffen in sollicher mass, das er verpflicht sey, im nachzüvolgen oder die versonung von im zü ersuechen, so auff sollicher beywonung im gferlichait stat1 seiner seelen. Dann villeicht mag der glaubig vomm ungläubigen verfüert unnd verkert werden, das melldet auch der heylig Sant Pauls, allso sprechend: Wo her

b) Erlaubnis betreffenden i) bestehen

c) Zorns d) gemeinsam f) eifrig bemüht, besorgt j) ohne k) schon genannter

e) weltlichen, das leibliche Leben g) wechselseitiger h) während 1) steht

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l.Corint. 7 [12]

Ein apostolischer gayst, eyn trewer ratgeb

Das dritt lutherisch argument

Schatzgeyer: Erklärung die Ehescheidung betreffend

waißtu, fraw, ob du deinen man selig machest (das ist) zürn glauben bringest, oder aber von im verkeret werdst und verderbest [1. Kor. 7, 16]. Deßgleichen redt er auch von dem glaubigen mann und ungläubigen frawen. Von solicher sach wegen ist vor zeytten den Juden verpoten gewesen, sich zu verheyreten mit den hayden, das sy deßtmynnder in abgotterey vielen. So hatt auch die christliche kirch die ee verpotten den christglaubigen mit allen ungläubigen. 7 Das alles, hievor gesagt, sol also verstannden werden, daz der spruch des heyligen Sant Pauls nit weitter notet"1 oder auch krefftigklich bewäret und man auch dar auß nit gwalltiglich anzaygen mag, das umb solicher eeschaydung willen inen erlaubt sey, mit andern zu wandern. Jedoch, so Sant Pauls vomm unglauben redt nach aigentlicher bedeütnuss, alls der text anzaygt, mögen wir wol hallten, das obgenanntem glaubigen gmahel, so der ungläubig von im weicht, erlaubt sei und zimme, eym andern sich zu vermäheln, und daz der unglauben, aygendtlich darvon zu reden, auffloset unnd zertrennt bayde pandt und bayd gemellte dienst[b]harkeit. Dann das trifft an die grundtvesst des glaubens und Seligkeit, so steet dem glaubigen grosse gferligkait auff solcher beywonung, dann er mocht verkert" werden. Unnd diser verstandt ist auch gleychformig christlicher Ordnung, nach der da verpotten ist dem christglaubigen, zu der ee zu greyffen mit eym ungläubigen. Und ob solchs gschäch 0 , sol man soliche ee wider schayden und zertrennen. So nun die cristlich kirch nit bestättigt, sonder verwürfft und schaydt, die sich in sollicher mass verpünden haben, wirt auch nit wider christliche Ordnung sein oder geschätzt, das man soliche schaydt, ob sy vormals in solicher mass sich zusammen verheyret hetten, angesehen die geferlichait, die dem glaubigen darauff steet, dann aynerley oder gleyche ursach entschulldiget sy bayde. Wil aber der ungläubig bleyben unnd wonen bey dem glaubigen on schmach des glaubens und Gottes losterung und on zümüttung des unglaubens, dann, so ratt Sant Pauls und laßt zu, das sy beyeinander bleyben, und spricht: Ich sag und nit der herr. Ist es, das ain brueder ain ungläubige haußfraw hat, und sy verwilliget zu wonen bey im, soll er sy nit verlassen. Merck, das er spricht: Ich und nit der herr etc. Darbey wir versteen sollen, das er redt auß apostolischem gaist, der selb, wiewol er auch der gayst Gottes ist, so gep e üt er doch in dieser sach nit alls ain herr. Darauß wir auch versteen mögen, das der heilig apostel offt auß dem apostolischen und gottlichen gayst als ain trewer leerer und ratgeber alles guts, haylsam und gute leer gibt zu eym tugentreychen leben, die doch nit allesambt in pots weyß p verpinden. Dann der gayst Gottes und Christus, der in und auss im redt [vgl. Joh. 3, 34], wil uns unverpunden dartzü haben. Es wolt dann ainer auß eegemellten wortten Pauli wänen und sagen, er hab sich zwayerlay gayst gepraucht in seiner leer, das war aber nit gemäss cristlichem glauben und der warheyt. Die dritt einred. Christus erlaubt eeschaydung von wegen beschehens eepruchs, so hat er nit gepotten, keüschait zu hallten, so verpeüt er nit, zu

m) nötigt n) umgekehrt, d. h. vom Glauben gebracht f>) d. h. im Sinne eines Gebotes

o) geschehen würde

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der ee zü kommen. Darumb mag bayde parthey, so sy geschayden seinn, sich mit eym anndern vermäheln. 8 Anntwort. So man schon das erst stücklein nachgibt, daz Christus die eeschaydung erlaubt hab von eepruchs wegen (dann das hat man klarlich imm evangelio [Matth. 19, 9] noch dann reymen sich die anndern zway tail ungeschicklich q dartzü. Dann wann du sprichst, Christus hat nit pottenr, keüschlich zu leben, ich anntwort und sag, das Christus aygentlich stracks, on mittls, nyemandt gepotten hat, keüsch leben, so der selb gentzlich frey ist und gwallt hat, sich zu verheyraten oder nit. Willtu aber gemelte wort ziehen in alle züfellige sachen, die sich begeben mögen, so fälet' es und wirt falsch und dem evangelio widerspenstig. Dann unnser seligmacher setzt selbs etlich sachen, in den er verpindt zü keüschait und spricht: Der aine, die (wie oben erzelt ist) von irem mann verlassen ist, einlaytet, der ist ain eeprecher. Auß dem nympt man, das solche firaw unverheyret bleyben müss, sy sey verlassen von irem mann auß was ursach es sey, und leyd u flayschlich anfechtung, wie vil sy woll, unnd allso muß ir ye keüschait potten sein. Item Paulus spricht: Nit ich, sonnder der herr gepeüt, das die fraw vomm mann nit abweychen soll. Weycht sy aber, so sol sy unverheyret bleyben. Weytter vindt man, das yetzgemellt stücklein falsch ist imm gelübd der keüschait. Dann der keüschait gelobt, dem ist keüsch leben gepotten von Gott. Dann er spricht: So du ain glübd globest Gott, deinem herren, soltu nit verziehen oder seümig sein, das selb zü laysten, dann Gott, dein herr, erfordert es von dir. Solich gepott, so es antrifft gut sytten, verpindet es in allen gsetzen. Auch spricht der heylig David: Globt und layßt Gott, eürm herren. Von solichem hab ich gnügsamlich und volkommenlich gschriben im büechlein vomm christlichen leben. 9 Das ander stücklein, das auch darbey steet, das Christus nit verpiet, sich eelichen verendern, ist auch falsch, als man mercken kan in eegemellter gschrifft. Der vierdt eintrag. Sant Pauls spricht: Es ist weger v oder pesser, man greyff zü der ee, dann geprennt, (das ist) von flayscher anfechtung überwunden werden. Darumb ob nach der eeschaydung ains den prannt und anfechtung forcht oder entpfinde, mag es sich verendern, so dasselb pesser ist. Item, er spricht auch: Ein yeglicher sol haben sein weib und ain yede iren man [1. Kor. 7, 2], 10 Anntwort. Sant Pauls braucht das wortlein (wäger oder pesser), so er spricht: Die ee ist wäger dann verprennt oder von anfechten überwunden werden [1. Kor. 7, 9], nit in aygner krafft. Wann solt das nach dem büchstaben war sein, so müßt verprennen oder überwunden werden auch gut sein, sonst war die vergleichung der zwayer khain nütz. Nun ist verprennung oder überwunden werden vomm flayschlichem lüst nit gut. Darumb sprich ich, Sant Pauls braucht die wort nit in ir aygnen krafft, und sy haben ayn andern verstandt. Doch laß ich das fürgeen w und anntwort anders allso.

q) unpassend v) vorteilhafter

r) geboten s) unmittelbar t) mißlingt w) vorübergehen, gemeint: beiseite lassen

u)

erleide

Mat. 19 [9] Mar. 10 [ l l f . ] Luc. 16 [18]

l.Corin. 7 [10f.]

Deut. [5. Mose] 23 [22] Psal. 75 [76, 12]

Das vierdt lutherisch argument l.Corin. 7 [9]

Merck den rechten verstandt diß worts. Es ist pesser heyraten dann geprennt werden

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Ain einred

Das fünfft lütterisch argument

Deüt. [5. Mose]

24 [1-4]

Schatzgeyer: Erklärung die Ehescheidung betreffend

Wann diß ir argument krefftig und gut war, so war auch der, von der der herr und Sant Pauls oben gesagt haben (sy sol unveränndert bleyben), erlaubt, sich zu mähein, wenn sy anfechten entpfinde, und alls dann hetten der herr und Sant Pauls der menschen seelen strick gelegt durch ir verpiettung, oder aber hetten unpillich gepotten, das sy unveränndert bleyben sollt. Mochtestu sagen, do Sant Pauls spricht, sy sol unverändert beleyben, redt er von den, die auß andern Ursachen dann eepruchs halben, gschayden seinn. Anntwort. Das ist ain unnütze und untügliche außred und hilfft nit. Ich setz aber, es sey war. Noch dannocht müßtu zügeben, das die eeprüchig person, wie groß ir anfechtung ist, unvermähelet bleib. Darumb hat ye die vorige antwort noch ir krafft. Darumb wirt das obgemellt wortlein Sant Pauls: Es ist wäger etc. [1. Kor. 7, 9], verstanden von denen, die volkommen freyhait haben, sich zu vereelichen oder zu enthallten. Do er aber spricht, das yederman sein fraw sol haben etc. [1. Kor. 7, 2], redt er von den, die yetzund eelich zusammen veipunden seinn, die sollen eelich bey einander wonen und eeliche trew zusammen hallten. Dann er spricht nit: Ein yeglicher und ein yegliche sol zur ee greyffen, es getorst" sonst nyemand keüschait hallten, die doch der herr und Paulus selbs geraten haben. Sonder er spricht: Er sol haben seyn weyb [1. Kor. 7, 2], Er spricht: Sein weyb. Das ist, die yetzund sein ist. Auch ist in diser sach meer der gmain nutz dann aygnes gsüch anzusehen. Derselb nutz steet darinn, das eelich verpindtnuß vesst gehallten werd, und sovil müglich ist, der eeschaidung thür verschlossen werd, ob sy aber gschaiden würden, das sy ernnstlich trachten, sich wider zü versonen. Dann ob schon daz ain eeprüchig würd, ist doch daz ander nit genöttet, es außzujagen oder von im zü schaiden. Und ob es sich schaiden ließ, mag es doch das ander wider annemen. Auß dem wir auch gwisse urkund y haben, das die unkeüschait, so ain eegmahel eeprüchig wirt, nit zürtrennt die eeliche verpindtnuß. Dann wann diß pandt auffgelößt war, so mocht der ander und unschulldig gmahel, so er des andern eepruch wißt2, eelich werckh an insa weder vordem noch laysten. Dann es war kain ee zwischen inb, es war denn, daz sy von neüem sich miteinander versprechen, das stüend zü irer bayder freyen willen, wie züm ersten mal, da sy züsamm heiraten. Darumb, so durch eepruch eelich verknüpffung nit prochen wirt, volgt darauß, daz ir keym° auch nach der eeschaydung erlaubt sey, sich mit eym andern zü vermäheln, sonder müß unvermahelt bleiben oder sich wider versonen. Zum fünfften. Man sol nit wänen, das unser herr Christus in anderlay weiß die eeschaydung erlaubt hab dann Moyses imm allten gsatz. Aber dazümal ist inen, die gschayden würden, bayden erlaubt gwesen, sich mit andern zü verheyraten, darumb zympts inen yetzund auch. 11 Anntwort. Auß Moyses thün, hendeln und nachlassung mag man nicht krefftigklich bewären wider die leer Christi. Dann das allt gsatz ist

x) gedürste y) Beweis, Zeugnis b) ihnen c) keinem von ihnen

z) wüßte

a) ihn (den

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unvolkommen gwesen, alls Sant Pauls spricht: Das gsatz hat nichts zu Hebre. 7 [19] volkommenhait pracht. Aber die leer Christi ist die aller volkommest, die nicht krumms d noch unrecht geschehen läßt, sonder solichs alles bringt und hellt sy gegen der schnür oder winckelhaggen e der gerechtikait. Uber daz haben wir aus dem text des allten gsatz nit, das der man, so er sich hat lassen schayden vomm weyb, mocht ain anndere nemen. Dann Moyses spricht also: Nympt der man ain weib, und so er sy Deüt. [S.Mose] hat, wirt er ir ungünstig oder gewinnt ain Unwillen an ir, umb eins wüsts f 24 [1—4] willen oder umb ettwaz schendtlichs, sol er bekennen durch gschrifft oder zettel, das er ir urlaub g geben hab, und geb ir den zettel der frawen in ir handt, und also laß er sy auß seinem hauß. Ist es aber, das sy ain andern nympt, so sy also verlassen ist, unnd der selb sy auch hassen wird, gibt ir auch solich gschrifft und verlaßt sy auß seinem hauss, oder aber das er stirbt, mag der erst man sy nit wider zü ainer haußfrawen nemen. Dann sy ist befleckt und veindtselig oder graussam worden vor dem herren, das du nit machst daz erdtrich sünden, das dir Got, dein herr, geben hat zü besitzen [5. Mose 24, 1—4]. Sichstu hie, das dem mann, der sein weib ausschlecht und verwirfft, nit erlaubt wirt, ain andere zü nemen. Und ist das pillich, auff daz die menner nit leychtlich die weiber außjagten. Uber dass alles, da durch bewäret ist die christliche und wider lutherische leer, hat sy grossen grundt und sterck auß Satzung der christlichen kirchen, der auß alltem herkommen inn geprauch kommen ist, die auch regirt wirt vomm heiligen gaist. Dieselbig christlich kirch bestymmet und ordnet, daz (so eeschaydung zwischen zwayen gschicht) ir keym erlaubt ist, sich mit eym andern zü vermäheln. 12 Soliche der kirchen Satzung in dem und dergleychen hendln ist ain außlegung und entschaydung der gschrifft inn zweyffelhefftigen sachen, und so der verstandt der gschrifft verdunckelt und verporgen ist13, sol solich underrichtung der christlichen kirchen eym yeglichem christglaubigen begnügig h und glaubwirdig gsetz sein. Nemlich so es auß vast1 allten prauch kompt, der in zweyfelhafftigen sachen ain allerbesster außleger der recht ist.

Volgent hernach etlich irrsal, so sich verlauffenJ und erzaygt haben bey disem artigkel. Der erst irrsal. Irrent, die da sprechen, das der eepruch schayd die 35 eeleüt, und geb dem unschuldigen (das ist) dem, der nit brachen hat, gwallt, sich mit eym andern zü vermäheln. 14 Dann auß dem irrsal volgt, das der eepruch schlechtlich alle eeliche verpindtnuß zürtrennte. Und wann das wäre, so wär ink bayden erlaubt, mit eym andern zü verheiraten, mit wem es wolt. Item wenn ains eeprüchig worden wär und es das ander 40 wißt, mocht ir kains an1 daz ander eeliche recht vordem oder die selben im d) Schlechtes e) Winkelmaß f) Häßlichen g) den Abschied, die Erlaubnis, zu gehen h) genügendes, ausreichendes i) sehr j) zugetragen k) ihnen 1) ohne

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Schatzgeyer: Erklärung die Ehescheidung betreffend

Roma. 7 [2] auch laisten, dann sy wären nymmer eeleüt. So aber Paulus anzaygt, das eelich pandt unzertrennig ist zwischen zwayen eeleüten, bis das ir ains stirbt, dann sy sein ain leyb und flaysch worden, so volgt darauß. Ist es sach, das ir ains mit eym andern sich vermahelt, es sey gleych die eeschaidung geschehen aus was ursach sy woll, so hat dasselbig zwen gmahel miteinander oder auf ain zeit. Das war wider die Satzung Gottes. 1. Corint. 7 [15] Der ander irrsal. Die irrent, die da sagen, das dise wort S[ankt] Pauli (Ist es, daz der ungläubig abweyche etc., wie sy oben erzelt seinn) sich ausstrecken und verstanden werden von allem abweychen, es gschehe gleich aus waz ursach es woll, und das daz wortlein ungläubig nit allain den glauben und tauff begreiff. 15 So klärlich aus dem text daz widertail bewart und anzaigt wirt, das Sant Pauls allain von den, die mangelhalb des glaubens und tauffs ungläubig seinn, geredt hat. Der dritt irrsal. Die irrent auch, die sagen, daz Sant Pauls (da er spricht: Nit ich, sonder der herr gepeüt dem weyb, das sy voram mann nit weych, weycht sy aber, sol sy unvermähelt bleyben oder sich mit irem mann wider versonen [1. Kor. 7, 10f.]) erlaubt oder nachgelassen hab, eeleüt zu schayden allain umb zorns unnd unaynigkeyt willen. Angesehen, das er darnach spricht: Oder sy sol sich mit irem mann wider versonen. Gleich, als ob versonen nicht annders anträff, dann den verfaßten zorn. Sollicher verstandt der wort Sant Pauls war wider die Satzung unnsers seligmachers, der die unkeüschhait oder eeprüch allain alls ain redlich ursach der eeschaydung bestymmet hat und zugibt, so man doch annder ursach vindt, die zomn machen zwischen eeleüten. Wer kan sy all erzelen etc. Der vierdt irrsal.

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Der vierde. Nit mynnder irrent, die sprechen türffen, das die eeprüchig person, so sy nach der eeschaydung begert, sich wider zu veraynigen mit irem gemahel, und mag das nit erlanngen, frey sey und ir erlaubt, das sy sich zu eym anndern eelich versprechen mag. 16 Gleych, als ob die herttigkait™1 der andern unschulldigen person schafft und züwegen bring, das 30 fürbas" khain eeliche verpündtnuss zwischen in sey. Dann dieweyl daz eelich pandt zwischen in krefftig besteet, mag ir keins sich anders versprechen, so es nit hin geben kan, das nit sein ist. Sein leyb ist aber nit sein, sonnder seins gmahels.

Der fünfft irrsal. Der fünfft. Zü letzt irrent, die sagen, ob ain gmahel vomm anndern genottet werdt ze sünnden, so mag er weychen und sich eym anndern vermaheln. 17 Das ist falsch. Zum ersten. Dann kainer mag den anndern strackts on mittel und, aygentlich zü reden, zwingen zun Sünden, so die

m) Härte, Hartherzigkeit

n) weiter, künftig

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Schatzgeyer: Erklärung die Ehescheidung betreffend

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sünd ursprünglich entsteet auß ainer freyer willkorung 0 . Zum anndern. Es mocht vil und mangerley trügk und argerlist sich in sollichem hanndel verlauffen. Zum dritten. Das die gezwungene person durch andere mittel sich behellffen mag, alls das sy hilff begert von den gwalltigen unnd der ober5 keyt. Zum vierdten. Dann soliche ungnügsame nottigung zertrennt die eeliche verpündtnuß. Zum fünfften. Es ist kain vergleychung des unglaubens (so man aygentlich darvon redt, wie oben gesagt ist) gegen anndern Sünden, sy sein gleych wie sy seyen. Dann durch den unglauben wirdt der mensch verplendt unnd von christlicher warheyt verfuert unnd allso der 10 grundt seins hayls umbstürtzet. Aber die anndern sündt streytten allain wider den guten willen unnd begird, ob der selb schon zu zeytten umbstürtzt wirt unnd feilt, verdirbt er doch nit gar. Dann Gott hellt sein handt dar undter umb der christlichen warheyt und glaubens willen. Amen.

Allain Gott und Marie sey lob, und warheyt b[e]hallt den sygk.

15

Gedruckt und volenndet inn der fürstlichen stat München durch Hannssen Schobsser. D o man zallt von Christi gepurdt M. D. XXIIII, an dem XXVII. tag Augusti.

A) Vorbemerkung Druckvorlage: Ware erklärung vnd II vnderrichtung ains Artickels/ II die Eeschaidung betreffend II auß heyliger gschrifft be=ll wäret/ durch Gaspam II Schatzger/ barfusser II ordens wid' falsche II erdichtüg Lüteri=llscher leer/ in solllicher matery II Jm jar M. D.XXiiij. II [TE] München: Hans Schobser 1524. 4° 9 Bl. Sign.: A 4 B 5 . Paulus, Schatzgeyer 145 Nr. 11. VD 16 S 2353. Köhler 4065. - SB PK Berlin: Cu 5680 R. Zur Entstehung: Der Franziskanerpro vinzial Kaspar Schatzgeyer (1463/ 1464—1527) wandte sich erstmals im Herbst 1522 gegen Luther und dessen Lehre. In zwei Schriften verwarf er die evangelischen Auffassungen über die Gelübde und die Messe. In den nächsten Jahren widmete er sich weiteren Themen der traditionellen Dogmatik. Zu ihnen zählt auch das Ehesakrament. Den reformatorischen Positionen stellt der Franziskaner die Lehrmeinung der römischen Kirche entgegen. Dabei bemüht er sich erklärtermaßen um Zeugnisse „auß heyliger gschrifft" (vgl. Druckvorlage). Ihm ist also zuerst und vor allem um Einwirkung auf den lesekundigen, dem Evangelium zuneigenden gemeinen Mann zu tun. Dazu fühlt er sich offenbar auch als Mitglied der Glaubenskongregation der bayerischen Herzöge aufgerufen. Allerdings ist über den unmittelbaren Anlaß seiner „erklärung" nichts bekannt. Vermutlich ist sie auch nicht die Replik auf eine ganz bestimmte Publikation. Denn die von Schatzgeyer monierten Meinungen werden weithin von den Neuerern geteilt. Gleichwohl ist sein Traktat eine erste Antwort auf Martin Luthers Schrift „Das siebente

o) Wahl

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Schatzgeyer: Erklärung die Ehescheidung betreffend

Kapitel St. Pauli zu den Corinthern" (anders aber WA 12, S. 89f. ). Der Druck wurde am 27. August 1524 beendet. Danach fand die Schrift Verbreitung. Im nächsten Jahr erfolgte noch eine lateinische Ausgabe (vgl. VD 16 S 2354). Über Schatzgeyers Anteil hieran ist nichts bekannt. Literatur: S. 9 5 - 9 9 .

Paulus,

Schatzgeyer,

S. 145,

Nr. 11,

14;

Brecht,

Luther,

Bd. 2,

B) Sacherläuterungen 1 Vgl. Martin Luther, Vom ehelichen Leben, in: WA 10, 2, S. 2 8 7 - 2 8 9 . 2 Vgl. Decr. Grat. See. P. C.XXIX, qu. 1, in: CorpIurCan, Bd. 1, Sp. 1091; zur Bedeutung des Kirchenrechts im Verhältnis zum Schriftprinzip in Schatzgeyers kontroverstheologischen Arbeiten vgl. Schatzgeyer, Schriften, S. 4—6 (in CCath 37). 3 Vgl. Anm. 1. 4 Vgl. Martin Luther, Das siebente Kapitel St. Pauli zu den Corinthern, in: WA 12, S. 123f. 5 Ebd. 6 Zur Beurteilung der Todsünden vgl. Friedberg, Lehrbuch, S. 314, 409; Adam, Lehrbuch, Bd. 2, S. 34f„ 165. 7 Vgl. Decr. Grat. See. P. C.XXVIÜ, qu. 1, c. 1 - 1 7 , in: CorpIurCan, Bd. 1, Sp. 1078-1089. 8 Vgl. WA 12, S. 124f.; vgl. auch WA 10, 2, S. 288. 9 „De vita christiana et monastici instituti ad eam optima quadratura"; im selben Jahr, 1524, auch unter dem deutschen Titel „Von dem waren Christlichen leben" (vgl. Paulus, Schatzgeyer, S. 145, Nr. 8 - 9 ) . 10 Vgl. WA 12, S. 119. 11 Ebd. S. 118f. 12 Vgl. Decr. Grat. See. P. C. XXXII, qu. 1, c. 2, in: CorpIurCan, Bd. 1, Sp. 1116. 13 Gegen diese traditionelle Auffassung steht das reformatorische claritas scripturaPrinzip (vgl. TRE 6, S. 70f.). 14 Vgl. oben S. 718 mit Anm. 3. 15 Vgl. oben S. 719 mit Anm. 4. 16 Vgl. WA 12, S. 119. 17 Ebd. S. 121.

Matthias Kretz: Von der Messe und wer der rechte Priester sei Von erst" ist zu wyssen, das zwaierlay opffer seind. Ain sonderlichs b opfer, das der mensch f ü r sich selbs in sunderhait 0 auffopffert. Unnd ain 5 gemain d opffer, das nit allain nutz ist dem auffopfferenden, sonder allen jenigen, f ü r wolche es geopffert wirt.

Der sonderen opffer seind mengerlay 6 , als: Abtotung des aigen flaischs, zu dem ermant Paulus: Ich pit euch, lieben bruder, durch die barmhertzikait Gottes, das ier ewer leyb dar wolt geben f , 10 Got dem herren, zu ainem lebendigen, hailigen und angenemen opffer. Rewe des gaists, Psal 50, daz ist ain opffer Got dem herren, ain berewter® gaist. Werck der gerechtigkait, Psal. 4. Opfferend auff, ain opffer der gerechtigkait. 15 Gots lob, mit singen, lesen und peten, Psal. 29. Du solt Got auffopfferen ain opffer des lobs.

Roma. 12 [1]

Psal. 50 [51, 19] Psal. 4 [6] Psal. 29 [30, 5]

Außvolgend h leeren:

20

25

30

35

Dise opffer seind paider testament, dann wie die kirch ainig ist under paiden testamenten, altem und newem, also hat sie in paiden ainerlay gaistliehe opffer. Unnd wie dise opffer innerlich und gaistlich seind, also hond 1 sie ain innerliche gaistliche priesterschafft, inen züverordnet und gemes, dann wa> opffer ist, muß auffopfferer oder priester sein. Paide testament haben ain gaistlich priesterambt. Also seind all from Apoca. 1 [6] geleubig menschen, priester und künig. 5 [10] Wie das allt testament, on k und über ietzgemelte sonderliche opffer, E x o ¡9 hat gehabt auch ain außwendig 1 gemain opffer, also hat auch und soll ha- ¡2. Mose 19, 6] ben das new testament über seine innerliche opffer ain ander außwendig gemain opffer. Wie das alt testament über das innerlich sonder priesterambt hat gehabt auch ain außwendig aaronisch priesterambt 2 , also auch das new testament hat oder soll haben über das innerlich priesterambt ain anders außwendigs. Jetzt secht m ir, w a n n " etlich bey unser zeyten betrogen werden, das wir all priester seien, dann was in der geschrift geredt wirt, das verstanden sie von der außwendigen priesterschaft, und also irrend sie, und erkennend nit den hailigen gayst im sacrament des ordens. 3

a) zuerst b) besonderes c) im Besonderen d) allgemeines f) hingeben wollt g) bereuender h) hier: sich daraus ergebende j) wo k) ohne 1) äußerliches m) seht n) worin 47

Reformation

e) mehrere i) haben

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Kretz: Von der Messe und wer der rechte Priester sei

Also haben wir verlieht 0 das erst sonder p opffer, sambt etlichen außgezogen q leren. Nun von dem andern opffer. Das ander opffer ist ain gemayn hochzeytlich r eüsserlich opffer. 4 Das ist nichts anders, dann das opffer der meß, unnd das lauts auch 5 das wortlin [TQDH], welchs hebreisch ist, un[d] als vil bedeut als opffer, die Kriechen nennents XeixauQyiav oder leQOTJQyiav welchs wortlin auch nichts anders heyßt dann opffer. 5 Hie wollen wir von erst sehen, welcher der recht fiimämlich' priester sey, der meß hab, oder dyß gemayn opffer selb auffopffer, und zum an- 10 dem, wer diser meß altardiener sey, daz ist, der dises opffer auffopffere, nur als ain diener.

Bey dem ersten ist zu mercken: In dem newen testament ist nit mer dann ainer, der recht und aygentlich zu latein hayßt sacerdos, unnd zu teu[t]sch priester, und der fürnem- 15 lieh und recht diß gemayn yetzgemelt" opffer auffopffert oder meß helt, nemlich Christus, an welchem außgangen ist unnd in welchem auch volendt und volbracht ist unnd würt alle alte priesterschafft des alten gesatz.

Diser opfferet auff seynem hymlischen vatter oder helt meß in zwayerlay weyß.

20

Von erst, in sterblichem leyb, leydlichv, das ist geschehen, als er gelytten hat für uns am kreütz, und da selbst sein marter und tod für uns auffgeopfferet Got seynem vatter, dise opfferung ist ain mal geschehen unnd geschicht w dermassen fiiran* nimmer, wie Petrus sagt: Christus ist ain mal für unser sünd gestorben [1. Petr. 3, 18]. Item Paulus: Er stirbt hynfürt 25 nicht, der tod würt hynfürt über in nicht herschen [Rom. 6, 8. 9]. Zum andern, unleydlicher weyßy, und das geschieht in dem grossen mynster 2 des hymels, da selbst helt er stetz meß und opffert auff für uns, byß zu volbringung" der weit. 6 Wie geschieht das meßhaben oder auffopfferen. Also, den tod, den der son Christus ain mal gelitten hat am stammen des kreütz, zaygt er für und für an und helt in für Got, seynem hymlischen

o) berichtigt, unterwiesen (DWB 25, 1011) r) festliches s) bedeutet t) vorzügliche w) geschieht x) künftig y) nicht leidend

p) besondere q) gefolgerten u) eben genannte v) leidend z) Münster, Dom a) Ende

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vatter, für alle sünder. Als wolt er sprechen: Herr, hymlischer vater, ich hab ain mal geliten für aller menschen sünd, und sie erloset. Nun fallen aber die menschen nach der erlosung für und für wider in die sünd, und kündenb dich durch sich selbs nit wider versunen, dann sie seynd unrayn 5 vor dir, darumb bit ich dich, du wellest0 nit sie ansehen, sonder sehen in das angesicht deines Christus, das ist, mich ansehen, der ich dein son bin, unnd ansehen dye marter, die ich ain mal gelitten für sie, inen verzeyhen ire sünd, es gebürt sich nit, das ich, so sie wider gesündt haben, widerumb für sie leyd, aber die selb marter und tod, ain mal für sie überwunden, 10 sichd an, unnd nymm die selb für ire missethat, ich hab kayn köstlichem werd, den ich dir bezalen kinde, für die schuld der menschen. Von disem meßhaben oder allwegf werenden opffer redet die geschrifft an vil orten. Im psalter: Der herr hat geschworen, und es würt in nit gerewen, du bist ain ewiger priester, nach der Ordnung Melchisedechs. Paulus: 15 Er sitzt zu der gerechten seins vattern, wellicher auch bit für uns. Und das ist die maynung schier der gantzen epistel Pauli zu den Hebreern durch auß8.7

Psal. 83 [84, 10]

Psal. 109 [110, 4] Roma. 8 [34]

Hebre. 7 [17.21.25]

Außvolgende leer In dem newen testament haben wir nit mer dann ayn priesterambt, nemlich Christi, gleich wie vor11 gesagt, das wir nur ain priester haben, das 20 verste, wann man aygentlich redt von dem wort sacerdos, priester. Dise außvolgende 1er ist lautter1, dann die zway ding, priesteramt und priester, lauffend mit ainander und halten sich gleich.

Nun hör weyter: SeytmaP aber die christenlich kirch Christi gaistlicher leib ist, und * 25 auch die gesponsk Christi, und deßhalb auß den zwayen, daz ist, auß dem leyb und dem haubt, auß der braut und dem breitigam, ain ding wirt, wie daz die geschrift offt anzaigt10, so volget herauß, das, waz ain tail hat, das selb hat auch daz ander tayl, dann (wie gehört) seind sie ain ding worden. Auß dem volgt weyter, daz dise bayde ain aynigs rechts1 priesterambt 30 haben, und nit zwayerlay, und wie daz haubt oder breytigam priester ist und auffopffert, also auch der leyb oder die braut.11

* Christus sacerdos in seternum quotidie offert in sponsa sua, in membris suis, in sacerdotibus, per regulam auream Augustini de membris et capite, quae regula est optima clavis ad intelligendum plures obscuros locos scripturae.8 Hac qua demon caruit, non intellexit psalmum que allegavit Christo angelis suis mandavit de te. Tanta est unio Christi ad suam ecclesiam, ut totum dicatur unus Christus mysticus, utque utrinque communicentur idiomota. 9 b) können c) wollest d) sieh zen h) zuvor, d. h. weiter oben richtiges 47'

e) könnte f) stets, immer i) klar j) da k) Braut

g) im gan1) einziges

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Außvolgende leer: Wie die braut die kirch, in m , Christum, ain mal auffgeopfert hat am kreutz (laut des spruchs Esaie): Er ist auffgeopffert worden, dann also hat er gewolt" [Jes. 53, 7], also opfert sie in auch auf für unnd füran°, unleydlicher weyß. Das ist, sie helt hynfüran ewige gedechtnüß der auffopfferung, 5 ain mal am kreütz geschehen, das ist, sie helt solichen tod dem vatter allwegen p für. Mag also wol gesagt werden, das sie für und füran meß halte. Wie kombt aber nun dyses opfferen auff den menschen, den priester? Und das würt yetz seyn der ander punct, von dem ich hab wollen sagen. 10 Nit anders dann als auff ain purlauteren q knecht und diener der kirchen. Hierauß volgend drey leren. Die erst. Der verordnet mensch zu dem opffer, der priester genent würt, opffert nit auff, in der meß, als ain sondere person für sich selbs oder in aygner 15 person, sonder als ain gemayne person 12 , als ain gemayner kirchenknecht, in der gesponß namen oder in person der gantzen kirchen, darumb spricht der priester in der meß vor der empfahung r des sacraments also: Herr Jesu Christe, sich s nit an meyne sünd, sonnder den gelauben deyner kyrchen etc. 13 20 Die ander. Dannen her kombt, das in dem newen testament, die, so wir geweychten1 hayssen, nyendert u sacerdotes, das ist aygentlich fürnem auffopfferer oder priester genent werden, sonder allain purlauter knechtdiener oder außgeber etc., in latein ministri, dispensatores. 25 Die dryt. Dannen her kombt, das die meß ir gleiche wirckung hat (verstand v als vil als an der meß ist an ir selbs), Got geb, der priester sey from oder boß. 14 Seytenmal w er nit auffopfferet in seinem namen 15 , für sich selbs, sonder (wie gesagt) in der braut namen, so würt auch nit er für sich selbs 30 angesehen, sonder die jenig person, welcher knecht ist. Nun haben wir gehört von dem fürnemlichen aynigen priester, und auch von desselben diener. Nun wollen wir hören von dem opffer an im selbs, was es nutz bring, oder wie es geopfferet werd.

m) ihn n) gewollt reinen, unschuldigen nicht v) versteh

o) für und für, immer wieder p) immer q) ganz r) Empfang s) sieh t) Geweihte u) überhaupt w) da, zumal

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Dyß gemayn hoch opffer würt auffgeopffert in dreyerlay weyß.

5

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Von ersten, wie das frydopffer in dem alten testament, zu dancksagung umb alle gütthayt" 16, so der braut von des breytigams vater durch den breytigam mitgetaylt seind, dannenher ist vileicht disem opfer geben der nam euxoiQigia.17 Zum andern, wie in dem alten testament das opffer, daz man hyeß für die sünd 18 , also auch würt das opffer auffgeopffert von dem gaystlichen leyb Christi für alle seine gelyder, die da schwach seind und mit sünden befleckt. Zum drytten, wie in dem alten testament (holocaustum) das brinnend opffer, also ist auch unsers ayn brynnends opffer, gantz angezint y und außgebrent mit dem feür der liebe, und würt auch auffgeopffert zu bekennung und anzaygung der aller hytzigsten liebe, mit welcher der breytigam und seyn vatter die braut geliebt haben und lieben. Auch widerumb zu bekennung der hitzigen gegenliebe der braut gegen dem breütigam, mit welcher liebe sie, die braut, so fast2 brint, das sie vor liebe nidersinckt in extasim, daz ist, in akrafft" oder unmacht b feit, wie dann sie von dem überschwanck irer liebe gar offt redt in Canticis 19 , und der massen opffert auff der leyb Christi das opffer, nämlich für seyne volkomne glyder. Mir ist nit unwissend, das im alten gesatz andere opffer mer geweßt seind, und nit allayn die trey, und wie der brinnenden opffer mangerlay 0 warend, nämlich ain geschlecht der selben ist gewest iuge sacrificium, das teglich opffer Nu. 28, auch wie geweßt das opffer des osterlambs, das erst Nu. 28 [4. Mose und das letst under den opffern des alten gesatz, in sich begreyffend alle 28, 2—8] geschlecht aller opffer, und wie dise opfer alle ain ügur warend unsers aller höchsten opffers der meß, welliches alle Juden opffer unnd ir wirckung überschwencklich in sich begreyfft. Aber die ding gehören nit aygentlich hieher, sonder betreffend ain aygne materi de unitate oblationis novi testamenti, et eius eminentia d . Außvolgend leeren.

Bey dem sieht man hüpsch, wie das alt testament außgeet und erfollet würt in dem newen, unnd wie die bayde testament in ain ander seynd unnd Ezech. 1 [15f.] steckend, wie ain rad mitten in ain andern rad. 35 Die gemayn auffopfferung ist nutz — schwachen sundern allen glydern des gaystlichen leybs: — anfengern — volkomnen Ob aber die gelaubigen sünder auch gelyder seyend diß leibs, gehört hieher nit. Ich acht6, von diser manigfaltigkayt der glider Sprech der leib in Canci. 1 [Hoheslied 1, 5] 40 Canticis: Ich bin schwartz, aber hüpsch. x) Guttat y) angezündet z) sehr a) Kraftlosigkeit, Ohnmacht b) Ohnmacht c) mehrere d) von der Einheit des Opfers des Neuen Testaments und seiner Erhöhung e) meine

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Kretz: Von der Messe und wer der rechte Priester sei

Man besech f über das® Augustinum, de doctrina christiana. 20 So die braut, die kirch, der massen auffopffert und stellet oder fürhelt den breytigam, den son, Got dem hymlischen vatter, so würt widergemelt h , widergeefert 1 , und gleich als vernewertj die erst auffopfferung, am kreütz geschehen 21 , auch seyn marter und seyn tod. 5 So werdent auch nachvolgend ernewert alle wirckungen, frücht und nutzbarkayten des selbigen leydens unnd tods Christi, facht also an k das haubt von newem eynzüfliessen in seyne glider, verzeyhung der sünd unnd hymelisch gaben. Das handlet unnd thüt die braut, die kyrch, in der meß, durch den 10 priester, als schlechten 1 diener, dann sie helt fiirgengklich unnd förderlich™ meß, der priester ist zu schetzen geleych schyer wie das schülerlin, das zu altar dient, gezimbt acht 0 also zu reden exempli causa p . Soll nun die meß nichts seyn und diß opffer also abgethon und verworffen werden, dise frucht also verhyndert und underlassen werden, so sey es Got geklagt ym- 15 mer 22 , ich het warlich sorg, der jungst tag wer nit weyt, unnd der sun der Apoca. 20 verderbung, der endchrist [2. Joh. 7], hab sich schon herfür gelassen, dann [Offb. 20] der prophet Daniel schreibt ye q von im, wann er kom, so werd er wollen Danie 12 [11] hynlegen r das gemayn opffer, wer oren hab, der hör [Matth. 11, 15].

Augu. de doc chri. Ii- 3.

Ain gegenwurff, darauf? die feind der kirchen fast all ir grund s setzen.

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Wann Christus wider geopfferet würd, so wers ain zaichen, das die erst auffopfferung am kreütz unnd seyn tod nit genügsam were. 23

Ain kurtze Verantwortung'. A[u]gustinus Sprüch der geschafft von dem gemainen opfer des newen testaments. Malachie. 1 [6—14] Esaie ulti [Jes. 66, 3] Danie. 2 [46] et 12 [11]

Mit der weyß wer Christus nit ewiger priester, seytenmal er aynest" 25 priester ist gewesen am kreütz für uns, so het im Got, seyn vatter, ain falschen ayd geschworen, das er solt ewiger priester seyn. Sehend zü, wa hyn wütend die kirchen feind. Hieher fugt sich gar wol der spruch Augustini: Das opffer geschieht täglich wider, wie wol Christus nun ain mal gelytten hat, so wir täglich wider fallen, wirt Christus teglich wider für uns 30 auffgeopffert. 24 Besieh von dysem opffer gar ain hellen spruch Malachie I. Diser spruch ist dem frommen mayster Martin, pfarrer zü Schaffhausen, noch nit verantwort v worden, zü Zirch. 25 Vil ander schöner heller sprüch haben wir in der schrifft von dysem opffer, welche der widertayl w nit würt mügen verantworten, nemlich Esaie 35

f) besehe g) darüber h) wieder verkündet i) wiederholt j) erneuert, wiederholt k) fängt an, beginnt 1) einfachen m) fortdauernd erfolgreich n) fast o) Achtung p) Anlaß des Beispiels q) doch (DWB 10, 2277) r) abschaffen s) Begründung t) Verteidigung, Rechtfertigung u) einst v) beantwortet w) Gegner, Gegenseite

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am letsten, Danie. 3 und 12, Sophonie. 3, 1. Regum 2, Levitici 21, Nume. 28, Psal. 49 und 71. Dise schrifften all wil ich mit der hylf Gots etwan x in andern predigen weyter einfüren unnd nach der leng handlen y . 26 Item ermiß und hynderdenck z fleyssig die wort Christi, so er sagt: 5 Das thünd in meiner gedechtnüß [Luk. 22, 19]. Was sollen wir thün, Herr Christe, zü deiner gedechtnüß? Was? Nemlieh das, das ich thü. Was thü ich? Ich gib euch zü essen meyn flaysch und zü trincken mein blüt, und auffopffer meyn flaysch und mein blüt am kreütz für euch und für vil, sollichs thünd ir auch, biß ich zum andern mal 10 kom am jüngsten tag, wie Paulus sagt. Das thünd aber wir, nach befelch a Christi, so wir den leychnam unnd das blüt Christi empfahen für uns in sonderhayt, und darzü in der gemayn, für alle andere gelyder das selbig flaysch und das selbig blüt auffopfferen Got dem vatter. Item so der herr sagt (wie yetz gehört) wir sollen seyn gedencken oder gedechtnüß halten, 15 kan die gedechtnüß nit verstanden werden vom nachtmal, dann das wer ain schlechts, das wir des mals gedechten, Sant Pauls legt auß, wie Christus die gedechtnüß gemaynt hab: So offt yr von dysem brot esset (spricht er) unnd von dysem kelch trincket, solt ir des herren tod verkündigen, biß daz er kombt. 20

Beschlußred.

Damit wir der marter und des tods des herren fôllige b gantze gedechtnüß haben, sollen wir die bayde thün, inn° empfahen, und in auffopfferen, Got dem vatter, daz hayßt er in den vorigen wortten, so er spricht: Thünd das in meyner gedechtnüß [Luk. 22, 19]. 25 PRONOMEN HOC, demonstrat sumptionem et mox sequentem oblationem, quod et verba Christi insinuant, dicentis, Hoc est corpus meum quod pro vobis tradetur. Ecce pro vobis (ait) tradetur, hoc facite etc., facite ergo hoc, nem pe sumite et offerte in perfectam et plenam mei memoriam. 27 Eynred des widertayls. 30

Das wortlin hoc zayget nit die auffopfferung am Karfreytag, geschehen am kreütz, sonder allain die empfahung am Grünen Donerstag, am abentessen geschehen, darumb würst du die auffopfferung nit darein brocken d . 28 Antwort.

Ja es zayget auch und schleüßt in sich6 die hernach gevolgt auffopffe35 rung, ursach, mit disen Worten, am nachtmal geredt (das thünd in meyner x) später einmal b) vollkommene begreift

y) ausführlich behandeln z) überdenke a) Befehl c) ihn d) gemeint: damit verbinden e) schließt ein, ein-

Sophonie 3 [Zeph. 3, 9] 1. Reg. 2 [l.Kön. 2, 3] Levi 21 [3. Mose 21, 6. 8. 17—22] Nume. 28 [4. Mose 28] Psal. 49 [50] et 71 [72] l.Corint. 11 [24—26] Lu. 22 [19] 1. Corint. 11 [26]

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Kretz: Von der Messe und wer der rechte Priester sei

gedechtnüß [Luk. 22, 19]), hat der herr s e y n testament gemacht, w i e der widertayl selbs sagt und nit g n ü g sagen kan, und s e y n d die wort verba testamentalia, testamentwort, darumb m ü s s e n sie in sich schliessen unnd Hebre. 9 [16f.] begreyffen den tod des andern tags, a m kreütz gelitten, dann das testament ( w i e Paulus sagt) würt bestet f und v o l z o g e n durch den tod des testators, 5 schliessen sie nun in sich den tod des testators, so schlissends auch in sich des auffopfferenden, dann diß ist durch den tod g e s c h e h e n , sein auffopfferung unnd tod ist ain ding, darumb so der herr befilcht: D a s thünd in meiner gedechtnüß [Luk. 2 2 , 19], ist sein mainung, wir sollen in e m p f a h e n und auffopffern, das erst geschieht v o n layen und priestern, für sich selbs, 10 das ander allain v o n den priestern, für alle glyder des gaystlichen leibs Christi, w i e yetz o f f t gehört. Wilt g du der materi volligklicher a n z a y g u n g und erklärung haben, so b e s i e h ander gelerter, die v o n der materi rey[c]hlicher h und klerer' geschriben haben, besonder den erwirdigen, andechtigen und recht gaystlichen 15 vatter Casparn Schatzger 2 9 , yetz zumal wil ichs b e y d e m bleiben lassen. Got hab lob. Gedruckt in d e m A u g s t m o n a t M. D . XXIIII.

A ) Vorbemerkung Druckvorlage: Von der Meß/ vnnd II wer der recht priester sey/ II der Meß habe/ auch zum II tail ob sie ain opffer sey/ II durch D. Mathiä Kretz II zu Augspurg zu vnser II frawen im thüm II gepredigt II Jm jar.M.D.xxiiij. jn der antlas II wochen. [TE] [Augsburg: Simprecht Ruff] 1524. 4° 6 Bl. (Titelrückseite und letzte Seite leer) Sign.: A 4 B 2 . - Paulus, Kretz 5 Anm. 4. VD 16 K 2367. Köhler 2092. - E K U : 1557. Zur Entstehung: Im Oktober 1521 kam der Doctor theologiae Matthias Kretz (um 1480—1543) (vgl. LThK 6, Sp. 604) nach Augsburg und übernahm die Dompredigerstelle des weggegangenen Urbanus Rhegius (1489—1541). Er enthielt sich zunächst antireformatorischer Artikulationen. Erst 1523 entfaltete Kretz eine Anstoß erregende Predigttätigkeit. Im Folgejahr trat er auch publizistisch hervor. Zwei in der Fastenzeit gehaltene Predigten über das Fegfeuer und die Beichte konnte er später zum Druck befördern. Die dritte Predigt widmete er der Messe. Kretz hielt sie „in der antlas wochen", also in den Tagen nach Palmarum 1524, und überarbeitete sie in der nächsten Zeit für den Druck. Im August war sie unter der Presse. In Zürich fand sie die Aufmerksamkeit Huldrych Zwingiis (1484—1531) und seiner Mitstreiter. Vermutlich bewirkte dies die Anspielung auf die Zürcher Disputation im Oktober 1523 (vgl. S. 734 mit Anm. 25). Auf jeden Fall nahmen die Zürcher den Einwurf von Kretz ernst und hielten eine eigene Entgegnung für nötig. Sie ist das Werk Leo Juds (1482—1542) und richtet sich namentlich durch Zwingiis vorangestellte „Epistel" unmittelbar an die Christen in Augsburg (vgl. Anm. 1). Hier erlebte die „widerfechtung" 1525 auch einen Nachdruck (vgl. VD 16 J 1000; Köhler 1794). Im selben Jahr wurde auch der „Meß"-Traktat in der Freiburger Offizin Johann Wörlins nachgedruckt (vgl. ebd. 2093; VD 16 K 2368). Das könnte durchaus auf Kretz' Betrei-

f) bestätigt

g) willst

h) ausführlicher

i) klarer

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ben hin geschehen sein. Auf jeden Fall zeugte es vom Interesse katholischer Kreise an einer systematischen Darstellung zum „Zentralgeheimnis des katholischen Glaubens" (Iserloh, Kampf, S. 11). Mit einer eigenen publizistischen Antwort auf Juds „widerfechtung" reagierte Kretz anscheinend nicht. Allenfalls setzte er sich mit der Gegenschrift auf der Kanzel auseinander (vgl. aber Paulus, Kretz, S. 6, Anm. 1). Literatur: Roth, Reformationsgeschichte, Bd. 1, S. 130, 3 0 1 - 3 0 3 ; Paulus, Kretz, S. 5f„ 17f.; Z, Bd. 3, S. 4 9 4 - 5 0 2 ; Liebmann, Rhegius, S. 146f.

B) Sacherläuterungen 1 In den folgenden Ausführungen sieht Jud (vgl. Zur Entstehung) den ersten „houpt articklen", dem er eine ausführliche Entgegnung zuteil werden läßt (Eiu(!) Chrstenlich(l) widerfechtung II Leonis Jud/ wider Mathyß Kretzen zu II Ougspurg/ falsche/ Endchristische II maß. . . . II Ein Epistel Huldrich Zwingiis an alle II Christenliche bruder zu Ougspurg II Zürich: J. Hager 1524 [VD 16 J 999; Köhler 1793] Bl. A 4 a - B 4 a ) . 2 Hierzu vgl. 2. Mose 4, 1 4 - 1 7 ; 7, 1; 2 8 - 2 9 ; 39; 3. Mose 8 - 1 0 ; zur neutestamentlichen Sicht auf das unzulängliche aaronitische Priestertum vgl. Hebr. 5, 1 - 1 0 ; 7, lf. 3 Vgl. l . P e t r . 2, 9; Rom. 12, 5—8. Zur reformatorischen Lehre vom Priestertum aller Gläubigen vgl. u. a. Martin Luther, Ein Sermon von dem neuen Testament, das ist von der heiligen Messe (WA 6, S. 353—378, bes. 370), ders., An den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung (ebd. S. 407—410). Den Abschnitt „Jetz s e c h t . . . ordens" zitiert Jud und repliziert darauf (widerfechtung [wie Anm. 1 ], Bl. B4 b f.). 4 Für Jud ist das Folgende der zweite Hauptartikel Kretz', in dem dieser sowohl den Opfercharakter der Messe als auch die Institution des Meßgeistlichen erhalten wolle. Aus methodischen Gründen hält Jud eine Widerlegung in Form von Rede und Gegenrede für sinnvoll, wodurch die Struktur seiner Schrift geprägt wird (widerfechtung, Bl. B4 a ). 5 Im Freiburger Nachdruck der Kretz-Schrift (vgl. Köhler 2093) sind die hebräischen und griechischen Wörter in lateinischen Buchstaben wiedergegeben („vnd dz lut auch das wortlin Missa wölchs Hebreisch ist" [Bl. a2 a ], vgl. unten Anm. 17). Jud zitiert diesen Absatz und widmet ihm eine ausführliche, stellenweise spöttische Entgegnung (widerfechtung Bl. Cl a —C2 a ): „wir sind übel verfaren mit den dryen hebreischen büchstaben/ du [sc. Kretz] hettest vns vil arbeit erspart/ hettest du die pün[c]ten drunder gesetzt/ dan wie wol ich ein Jud bin/ so bin ich doch nit Rabi/ so aber du on puncten lesen kanst, merck ich wol, dz du Rabossenu Maigster [!] noster bist" (Bl. C l a ) . — „Magister noster" ist die viel verwandte Schmähbezeichnung für Scholastiker (vgl. etwa WA 7, S. 698; 10. 3, S. 353). — Jud verweist mit Recht darauf, daß man „müsse das [hebräische] wort vmbkeren/ so heysse es dann missah. Du hast villicht gemeint, man läse dz hebreisch ouch wie dz latin/ dz hat dich betrogen. Doch es ist an zwyfel des truckers schuld" (widerfechtung, Bl. C l a ) . Außerdem bemängelt Jud unter Hinweis auf Johannes Reuchlin (1465—1522) die falsche Bedeutungserklärung (missah heiße im Hebräischen „stür vnd pflicht"), die er auch bei den griechischen Äquivalenten feststellt. — Da der Freiburger Wörlin-Druck genau dem Text der Augsburger Erstausgabe folgt, ist nicht anzunehmen, daß die Transkribierung in Kenntnis der Judschen Kritik geschehen ist. 6 Diesen Abschnitt, den dritten Artikel des Traktats, zitiert Jud in geraffter Form („Christus opferet vnd haltet m i ß in zweyerley wyß. Ein mol sterblich/ lydlich/

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am crütz/ zum anderen vnlidlicher wyß/ im grossen münster im himel/ da haltet er stäts maß") und setzt sich mit ihm grundsätzlich auseinander (ebd. Bl. Dlb—D3a). Diesen Abschnitt gießt Jud in einen Satz („Diß würt als verstanden von dem opffer am crütz/ aber yetz opferet er sich teglich/ so er vor dem vater stat vnd für vns bettet") und konfrontiert ihn mit seiner ausführlich dargelegten Position (ebd. Bl. D3a—D4a). Vgl. zu diesem von Jud zitierten Teil der Marginalie die Entgegnung (ebd. Bl. C4 b ). Christus, der Priester, bringt sich in Ewigkeit jeden Tag dar in seiner Braut, in seinen Gliedern und in den Priestern durch die goldene Regel des Augustinus hinsichtlich der Glieder und des Hauptes. Diese Regel ist der beste Schlüssel, um mehrere dunkle Stellen der Schrift zu erkennen. Eben diesen Schlüssel hatte der Teufel nicht, er versteht nicht den Psalm, mit dem die Schrift Christus entsendet und seine Engel mit der Sorge um dich beauftragt (vgl. Ps. 91, 11). So groß ist die Einheit Christi mit seiner Kirche, daß man das ganze als einen „Christus mysticus" bezeichnet und daß die Begriffe wechselseitig miteinander vereint werden. Vgl. z. B. Rom. 12, 4 - 8 ; 1. Kor. 10, 16f.; 12, 1 2 - 3 1 ; Eph. 1, 10. 22. 23; 2, 16; 4, 4 - 1 6 ; 5, 2 3 - 2 7 ; Kol. 1, 15. 20. 2 4 - 2 7 . Diesen Abschnitt zitiert Jud mit eigenen Worten („Die brut/ der lyb/ die kilch Christi/ thüt alles das, dz der brütgom vnd dz houpt Christus thüt/ vnd darumb so muß sy ouch wie jr houpt opferen") und bezeichnet ihn in seiner Erwiderung als nicht schriftgemäß (widerfechtung, Bl. C2 a f.). „Der verordnet... gemayne" wird von Jud zitiert und als „luftred" bezeichnet, da es nicht mit der Schrift bewiesen wird (ebd. Bl. Dl a ). Das im Rahmen der Kommunionvorbereitung zu sprechende Gebet des Priesters (Friedensgebet) wird sinngemäß zitiert; es handelt sich hier um Allgemeingut des mittelalterlichen Meßordo (vgl. Dominik Daschner, Die gedruckten Meßbücher Süddeutschlands bis zur Übernahme des Missale Romanum, Frankfurt/Main 1995, S. 160f.). Daß die Wirksamkeit der Messe nicht von der sittlichen Beschaffenheit des Meßpriesters abhänge, ist im Spätmittelalter allgemeine Ansicht (vgl. etwa Gabriel Biel, Canonis missae expositio. Hrsg. v. H. A. Oberman/W. J. Courtenay, Wiesbaden 1963, Bd. 1, S. 244f.). An dieser Stelle verlangt Jud den Schriftbeweis, daß Gott den Priester „erwellet zu opfren" (widerfechtung, Bl. Dl a ). Zum Dank- bzw. Heilsopfer vgl. die Bestimmungen 3. Mose 3; 7, 11-18. 2 8 - 3 6 . Der Wörlin-Druck hat hier das lateinische Wort „Eucharistia" (Bl. a4 a ; vgl. oben Anm. 5). Zum alttestamentlichen Sündopfer vgl. 3. Mose 4, 2. 13. 22. 27; 5, 2. 3; 4. Mose 15, 2 2 - 3 6 . Vgl. Hoheslied. Vgl. Augustinus, De Doctrina Christiana libri IV, 1.3, c. 32 (Migne PL 34, Sp. 82f.) mit Verweis auf Hoheslied 1, 5. Zu diesem Zitat („So die b r a u t . . . am kreütz") und Juds Entgegnung vgl. widerfechtung, Bl. D l ' f . In dieser Stelle sieht Jud offenbar den Kern der Ausführungen von Kretz: wenn das Meßopfer wegfalle, habe das „müssig fulleben" der Geistlichen ein Ende (ebd. Bl. Dl b ). Gegen den Opfercharakter der Messe, worin er die „tertia captivitas . . . sacramenti" sieht, wendet sich Luther bereits 1520 (vgl. WA 6, S. 512, vgl. auch S. 364).

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24 Auf dieses Augustinus-Wort bezieht sich auch Johannes Eck (1486—1543) und belegt es — unzutreffend — mit „Ad Ianuarium" (vgl. Erwin Iserloh, Die Eucharistie in der Darstellung des Johannes Eck. Ein Beitrag zur vortridentinischen Kontroverstheologie über das Meßopfer, Münster 1950, S. 339). 25 An der zweiten Zürcher Disputation (26.-28. Oktober 1523) nahm „meister Martin Stainlin", Leutpriester an St. Johann in Schaffhausen, teil und verteidigte mit vier Argumenten den Opfercharakter der Messe: An der Spitze steht der Bezug auf Mal. 1, 10f., worauf sich sowohl Jud als auch Zwingli in ihrer Erwiderung beziehen (vgl. Z 2, S. 684, Anm. 6, S. 7 4 2 - 7 5 8 , bes. 742, 747f., 750). Die „Acta" der Disputation, auf die sich Kretz stützt, verließen bereits im Dezember 1523 die Presse (ebd. S. 668). In der Vorrede zur „widerfechtung" betont Jud, daß er Kretz' Bemerkung über „meister Martin" nicht unwidersprochen lassen könne; da er, Kretz, sich „vngenot vnd fräuenlich" in die Disputation mit dem Schaffhäuser Pfarrer in Zürich eingemengt habe, werde Jud, weil es ihn zum Teil berühre, verursacht, Kretz' „vngegründte/ kindliche/ ja gottlose predig zú widerfechten"; im übrigen wolle er „meister Martin", sofern er es begehre, auch „ein antwort schriben" (widerfechtung, Bl. A3 b , D4 b ). 26 In publizistischer Form ist das in der nächsten Zeit offensichtlich nicht geschehen. Erst 1535 veröffentlicht Kretz eine „Brevis et plana Sacratissimae missae Elucidario", in der er Predigten des Voijahres verarbeitet hat (vgl. Paulus, Kretz, S. 17f.; Klaiber 1713). 27 Das Fürwort „hoc" deutet auf den Tod und die baldige Wiederauferstehung hin, was auch die Worte Christi nahelegen, der sagt: Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird, seht, für euch wird er hingegeben, tuet dies usw., tuet also dies, nehmt es und bringt es dar in der vollkommenen und vollständigen Erinnerung an mich (vgl. 1. Kor. 11, 24). 28 Kretz bezieht sich offensichtlich auf die Debatte zwischen Stainlin und Jud während der zweiten Zürcher Disputation, auf der Jud dieses Argument vortrug (vgl. Z 2, S. 755). Jud seinerseits verzichtet auf eine Entgegnung; er merkt lediglich an, daß Kretz vom „pronomen hoc" „gar schonding vnd formaliter" gesprochen habe, was so „vnuerschampt erdicht vnd offenlich vnwar" sei, daß es seines „verantwortens" nicht bedürfe (widerfechtung, Bl. D4 b ). 29 Der Franziskaner Kaspar Schatzgeyer (1463/1464—1527) (vgl. oben Nr. 34 Zur Entstehung) nimmt in den 1522 erschienenen Schriften „Scrutinium divinae Scripturae" (Klaiber 2762; Edition: CCath 5) und „Replica" (Klaiber 2763; Edition: CCath 37) sowie in dem 1523 verlegten ,Examen novarum doctrinarum" (Klaiber 2764; Edition: CCath 37) auch zur Messe und zum Meßopfer Stellung (vgl. besonders CCath 37, S. 4 3 - 8 8 , 110-116), seine Darstellung bleibt „reichlich matt" (so Iserloh, Kampf, S. 40, mit Verweis auf „Scrutinium"). Auf diese Schriften, die Jud keiner Entgegnung für wert hält (widerfechtung, Bl. D4 b ), bezieht sich Kretz.

Paul Bachmann: Wider das wild geifernde Eberschwein Luther Herre, der du regirst Israel, hab auffmerckunge unnd erbarme dich, der du hyndan fürest Joseph, das ist deynen gerechten [1. Mose 39ff.]. Erwecke deyne gewalt unnd komme, auff das du uns schützest ader behaltest3. Du hast uns gegeben, yn widersprechung unsern nackwern b , und unser feynde haben uns verspottet. Eyn weyngartten, daz ist deyne kirche, hast du gefuret aus Egypto [2. Mose 14], aus dem finsternis diser werlt, unnd hast den weyngartten gebawet. Das wild eberschweyn hat den weyngarten verterbet und die eygenhyrnige bestia ynn abgeweydet ader verwüstet. 1 Deyne handt sey über den man deiner rechten unnd über das menschen kindt, das du dir hast bestetiget. 2 Herre der krefften, gib gnedigen schütz deyner kyrchen und behald Luce 22 [32] den stulerben Petri, tzu dem du hast gesagt: Ich hab vor dich gebeten Petre, das deyn glaube nicht gebreche, und wen du dermaleins dich bekerest, so bestetige deyne bruder. Laß uns hewtte entpfyndlich sporen deyne verheyschung, auff das unser feynd, das wild geyffernd eberschweyn und eygenhyrnige 3 bestia sich nicht durffe rumen und sprechen: Ich hab obegelegen c wyder yhn. Mit deyner gotlichen hülffe wollen wyr das lestermaull und besuldten russel diser eygenhyrnigen bestien tengeln d und zustossen. Erstlich, yn seyner bedyngung 4 sagt Luther, die toden seyn nicht zu richten, denn so vil Got offenbaret durch seyn wort und durch zeichen. Sihe, hy bekennet er unnd lasset zu, das die zeichen gezeucknis geben den heyligen, und bald hirnach vorwyrfft er alle zeychen. So wyrwelt 6 dich, Luther, und vordreet der schwyndelgeist, das du balt in eynem kleynen buchlein wider dich selbst redest. So thatest du auch in dem buchleyn, do du woldest entschuldigen die ix. ausgelauffen gotlossen nonnen 5 , im anfang sprachest du, were es dir möglich, du woldest alle kloster ledig machen. Im beschlysz sagst du, doch welche bleyben wolten, solt man lassen bleyben. So man etzlich sal lassen bleyben, warumb woldest du sy den alle veijagen? Item, geben die zeichen nach dem wort Gottis gezeucknis der heylikeyt, warumb vertadelst du so balt alle zeichen? Dyses und der gleichen vill mher gibt argument und bewerung deynes bestendigen und tapffern geists. Meldest furth: Es habe keynen heyligen geliebt seyne erhebung et cetera. 6 Wo bist du in dem radt der heyligen gewest, das du dich dyser irer

a) erhältst wirrt

b) Nachbarn

c) gesiegt

d) hämmern, draufschlagen

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meynung so gantz gewisz tharest sagen, ader mit waser5 schlifft bezeugist du das? In materia fidei ist ursach ane grund der schlifft wenigk ader nichts schlyssen. Wy bistu hie des grundes der schlifft so gantz vergessen? und doch sustg dich der schlifft rumest. Es ist aber eyn comment unnd gedieht deynes kopfs, darumb magstu hie gegruntte schryfft nicht vorbringen, sunder gibst uns eyne geferbte und von hynderlist deyns geists geschmockte ursach, nemlich wy das durch erhebung der heyligen die zuvorsicht der lewt auff Gots genaden und Christo sich abwendet und feilet auff verdienst und vorbit h der heyligen. Item durch den schmuck der kirchen und zyrheit der bilder werde armen lewthen abgezogen unnd werden do von nur faule freslinge und müssige mastsew in der kirchen, styfften, clostern geweydet et cetera.7 Das ist das lydleyn, das du vor und vor singest und domit gerne all weit bewegen woldest auff hassz und neyd der dyner Gots und seyner lieben heyligen. Höre aber, was wyr zu dyser ursach, dy du nicht aus grund der schlifft, sunder aus deynem wyrwelsuchtigen kopffe vortragest, antwortten. Sagst, die zuvorsicht der leut auff Gots gnaden und Christo werde durch erhebung der heyligen abgewandt und falle auff verdienst und vorbit der heyligen. 8 Wie du allhie die kirche, so noch im kampff stehet und streyttet, vleys thust zureyssen, heubt und glydmas von einander zu zerren, den bapst, meyn ich, und dy samlung der gleubigen, welche Christus zusammen hat gefugt, do er Petro sagt: Weyde meyne schaff et cetera, so wilt du nu auch dy kyrehe, so itzt in der belonung gekronet hyrschet, von Christo reyssen unnd von einander spalden, gleich ab die ehre der heiligen und anruffung bey ynn gesucht nicht Christi were, so doch alles, was den heyligen gesehyet, Christus im1 selbst zurechent, und ist auch die meynung der kyrchen, was man den heiligen thut, Christo selbst geschee. Denn das heubt ist nicht gesundert von den glydmassen, und was ich bey den glydmassen suche und erlange, ist aus einflus des heubts, Luther. Der neyd und hoffart hat dir das gedechtnis benommen. Weist du nicht, das Christus gesagt hat: Was ir dem geringsten aus den meynen thut, habt irs mir gethan. Und ab du woldest sagen: Das ist geredt von den noch auff erden seyn. Antwort ich: Auch von den, so ytzt mit Christo hyrschen. Höre, was Christus sagt: So mir ymantz dynet, den wirt eren meyn hymlischer vater. Fragest du mit waser ern? Antwort dir Christus auff das: Wo ich bin, sey auch meyn dyner. Sihe nun, du besudeltes geyffermaul, die hie Christo gedynet haben, sagt er wirdigk der ehr seynes hymlischen vaters und daz sie seynt, do er ist, die bist du berauben der ehr der menschen und die menschen der vorbit der lieben heyligen. Die zeyt gibt mir es itzt nicht. Ich wolt dir sunst aus dem alten und nawen testament uberflussiglicW schlifft vorbringen, das die heiligen bil-

f) was für einer, welcher nug

g) sonst

h) Fürbitte

i) sich

j) mehr als ge-

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Mathei 23 (!) [25, 45] Joan. 12 [26]

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lichk von den menschen auff erden geeret, gewirdiget und angeruffen werden. Sunder ich wende mich zu dem andern teyll deyner errichten geferbten ursach, do du sagst, es werde szo vill guts auff kirchen gewandt, das dy guten wergk der libe gegen den nechsten gar nach bleyben et cetera.9 Ja, Luther, wo dem also were, hettest du eyn rechten kampff. Sage mir aber eynen menschen, der umb mangels des, so man an kirchen ader bylder der heyligen gelegt hat, ist hunger gestorben. Wan du sprichst, die gutten werck der libe gegen den nechsten bleyben gar nach, es ist ye eyne offene lugen, und du straffest die kirche frevelichen mit heller unwarheit. Seynt nicht uberall spitall, gescheen nicht in allen Stetten teglich almossen et cet. Warumb sagst du den gutte werck gegen den nechsten bleyben gar nach? bis1 auch eyn mall dich Schemen. Das man aber kirchen schmücket und die bilder zyret, geschyet umb der eynfeldigen schwachen glydmassen willen, das die selben da durch gereytzt, erinnert werden und in gedechtnis den liben heyligen nachtzufolgen gefuret werden. Denn es ist jo nicht erlogen, obiecta movent sensum.10 Darumb hettest du all hie den geifferrussel auch woll mögen wegk wenden. Ja auch wil ich das von dir lernen, ab es nutzlicher und mher verdinstlich sey, des menschen andacht zu erwecken, neren und meren, wy es nur gescheen kan auch durch eusserliche gestalt und bildnis, aber™ ob es besser ist, den sterblichen leyb zu speysen und zu kleyden? Sunder dein geyfferrussel stincket dir so fern, das menniglich riehen magk, wy du meher suchest vertylgung gütlicher ehr und dinst seyner heyligen, den" erhalttung armer lewth. Man sihet dich über das jar nicht vil armen lewten geben, du verzersts liber mit ausgelauffen nonnen und bubin11 und luckest ehe eyn teyl mit gelde und gaben aus den clostern et cetera. Darumb deyne beschlys, aus gemelten Ursachen eingefurt, nemlich, das an Gots Stadt die heiligen kommen und anstat der nechsten holtz und steyne et cetera12, ist gleich so war, als der beschlus des, der unsern ersten eidern sagt: Mit nicht werd yr sterben, sunder werd seyn als die gotter [1. Mose 3, 4f.]. Sunder das du weyter meldest von den faulen firesszlingen unnd müssigen mastsewen, so man in kirchen, styfften, clostern weydet et cetera, ist mir nicht noth zu verantwortten. Man weys deyne meynung, sitten und leben wol, du achst alle leuth nach dir. Wy du der casteyung des leybes brauchest ist offenbar. Freytags und sonabents und aller fastentage, so die kirche umb casteyung willen und zemmung des fleysch hat geordent und ausgesatzt, frist du fleysch und starrest vor starckem weyne et cetera. Ordensleben, was dir nicht eben0, sunst werest du darinne blyben, sunder nu 3 Regum 29 (!) thust du nach apostatenp art und verfolgest neben deynem orden all orden [1. Kön. 19, und dyner Gottis. Bist du den heyliger ader hast mher des geysts Gottis, 10.18] den Elyas, der doch feite und nicht tzutraff, do er sagt: Herre, deyne alltar

k) mit vollem Recht 1) tue recht p) Abtrünnigen

m) oder

n) denn, als

o) war dir nicht

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haben sy zubrochen, deyne propheten ertodtet unnd ich bin alleine et cetera. Was sagt zu im gotliche antwort? Ja, Elya, ich hab mir behalten vii tausent, die ire knye nicht haben gebeuget vor Baal. Also noch heutte seint siben tausent yn kirchen, styfften, clostern, die Gote dynen ynn casteyung ires fleisches. Ist denn die hant unnd gewalt Gottis verkortzt? O, du frevelicher, trotziger, hoffertiger, hessyger mensch, bist du anders q ein mensch und nicht ein eyngeleibter teuffei. Wy tharst du so gewaldiglich greyffen in die gericht Gotis und urteylen nicht alleyne eyn frembden knecht, sunder alle inn gemeyne unnd sprechen, ynn kirchen, stifften, clostern weydet man nur faule freszlynge und mussige mastsewe. Du hast, nach dem der herre sagt zu Job, den flysz vorschlungen, und tragest votrawen ader hoffnung, der Jordan werde auch in deynen rächen flyssen. Es ist wenig bey dir geacht, das du die weltlichen verfurest, understehest dich auch alle ordenspersonen und priesterschafft umbzustossen. Das du nachfolglich sagst, Got hab Moyses grab wollen verborgen seyn, auff das er nicht geeret und angeruffet worde et cetera 13 , thut nichts wider uns. Ursach, denn Christus was noch nicht von hymmel gestygen, hat sich noch nicht voreynet noch vortrewet mit der christlichen kyrchen. Das wort was noch nye gelesen ader gehört: Ich bin der weynstock unnd ir seyt die reben. Der weynstock und die reben seynt eyner natur, und das Paulus zu den Romern sagt: Unser vil seyn eyn leichnam r in Christo, demnach solten die veter des alten testaments nicht geehret noch angeruffen werden gleich den heiligen des nawen testaments, denn sie waren Christo nicht also eingeleibet. Auch was es von notten dem fleischlichen volcke Israel, welches newlich war aus Egipten gefurt, do so vil der abgotterey gesehen und gepfleget hatten, und noch nicht vasts in Gots forcht gewortzelt, das Moyses grab yhn unbekant bleybe, denn sie hetten yhn angebetet unnd die wunderwerck, durch yhn gescheen, ym zu vil zugelegt, nicht als eynem dyner Gottis, durch welchen Gott gewyrcket hette, sunder ab' er sie von sich selbst und aus eygener gewalt gethan hette. Die eren u schlangen, durch Moysen aus befelich Gottis auffgericht, zu bedewten die krafft Christi des gecreutzigeten, und durch den konigk Ezechiam zubrochen, thun auch nichtz wider unns, denn wyr vil ander meynung diev bilder der heiligen halten, den die Juden die eren schlangen. Die Juden thatten denn schlangen opffer, und was bey den schlangen gescheen was, legten sie den schlangen zu und nicht Gotte, der do gewircket hatte. Wyr aber brauchen der bylder nicht ander meynung, denn das sie uns gedechtnis geben der heyligen und der dinge, so Got durch die heiligen geubet, es sey yn tugentlichen leben ader wunderwercken, wyr wissen wol, das die bylder holtzer und steyne seynt, mögen uns nicht helffen et cetera. Es sein fraszken w , domit du umbgehest, wirst uns nicht zu heyden machen, die abtgotter anbeten, den wyr die heyligen auch nicht Christo gleich eren ader anruffen, sonder wie glydmassen Christo eingeleibt, von welchen er

q) überhaupt r) Leib s) sehr die w) Fratzen, Zerrbilder

t) als ob

u) eherne

v) von den, über

Deut. 34 (!) [Hiob 40, 23]

Johan. 15 [5] Ro. 2 (!) [Rom. 12, 5]

Nume. 21 [4. Mose 21, 8f.] 4 Regum 18 [2. Kon. 18, 4]

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Est Augustinus contra Pelagianum15

[Vg.] Roma. 12 [3]

[Vg.] Psal. 78 (!) [Sept.: 73, 23]

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selbst sagt: Was ir dem wenichsten an den meynen habt gethan, habt ir mir gethan [Matth. 25, 45], Darumb wendt hynweg dein geyfferrussel, bis" uns nicht mher vordrislich. Das du nun weytter verfurest y , den babst und divum Bennonem scheidende 14 , acht ich unwirdig der antwort. Man ist solches von dir gewonet. Du undernympst dich mher und grosser gewalt, den jhe ein apostel ader ewangelist gethan hat, welche du wilt, sagst du heyligk, welche du wilt, seynt vertumet, was dir gefeit, das ist gut, was dir mishaget, das ist bose und vordamlich. Unnd solches thustu aus eytelm frevel unnd eygem trotz, die schlifft darzu zwingen und radbrechen, wy den alle kettzer gethan haben. Aus dem ewangelio haben sie gestritten wider das ewangelion, haben aus der schlifft arma 3 genommen wider die schlifft. Den es ist kein sprach so klar gesatzt, er mag von eygenhyrnigen menschen auff frembden synn gebeuget werden. Darumb wiltu den rechten wegk des glaubens halden, so mustu den wagen nicht treyben über das zyll. Must bleyben in der grentz, welche die vetter gestecket haben, unnd nicht ubergehen terminos patrum, höre nicht mich, höre Paulum: Non plus sapere quam oportet, sed sapere ad sobrietatem. Du bist aber des schwindelgeists so voll und truncken, das du hewt nicht weyst, was du gestern geschryben hast. Hye rechest du unnd achtest divo Bennoni vor gros arg und missetadt, das er es mit dem babst gehalden hat, so du doch zuvor vil mall geschriben hast, nemlich in prima ratione resolutionis tue contra auctoritatem pape 16 , das man bey vormeydung eyner todtsund und pena scismatis sich nicht solle wenden von bebstlichem gehorsam. Ja, du hast zugenommen und dich gebessert, gleych wy die reyffe gerste, die jhe mher ausfeilet, ye lenger sie stehet. So bist du in has und neyd, zorn und hoffart teglich gewachssen, daz du nur dem bapst nicht alleyne ungehorsam bist geworden, sonder auch seyne heylikeit lestern, sehenden, und so es möglich were, gerne woldest alle menschen von yhm wenden, daz du auch in der zallb magst begriffen werden, von den David saget: Superbia eorum qui te oderant, ascendit Semper. Nach vil lesterung, Schandflecke dem bapst unnd divo Bennoni angelegt, auch nach vilfaldigem frevelichen urteyl und vorthutzung 0 des wercks der canonizacion, farest du zu, gleich ab du es nu hettest erstritten, so do dich selbst mher geschendt hast, wan du singest, wye dich die aide schlänge gelernet hat, und prollest d hoffartiglich: Also so sollen sich stossen und anlauffen unszere tzornige junckern, die Gots wort verfolgen. 17 Sage, du besodelte saw, wu ader wer seynt die tzornigen junckern, die das wort Gottes vorhyndern? Es wird an keynem orth Dewtzscher Nacion von ymantz vorhindert das wort Gots, wue es treulich und rechter weys gebrauchet wird und dem volcke nach christlichem verstand, welchen der heilige geist gelernet hat, verkündiget. Eyn text der biblien, syns inhalts der wort gleychen Vorstands,

x) sei y) fortfährst z) verdammt ter denen c) Ablehnung, Lästerung

a) Waffen d) brüllst

b) in der Zahl derer, un-

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haben wyr Deutzschen bis zu deynen gezeytten gehabt mit den Italern, Frantzosen, Hispaniern, Portugalern, Schotten, Engelischen, Dennern, Polen, Ungarn und mit allen andern christlichen nacionen, sonder du hast nu den text der biblien, zu grossen schänden Deutscher Nacion und verdamnis deyner seien, mehr den hundert mall mit falschen glosszen, mit verkerung der wort gefelschet 18 und felschest noch teglich, als in disem deynem büchleyn erscheynet, do du daz futurum wandelst in preteritum, dicero pro dixi, durch welchs du wilt ketzerlich einfuren (als wol zu schmecken ist), der heilige geist hab nichts gelernet, das nicht yhm ewangelio stehe, und also entlich beschliessen, das der kirchen ordenung, Satzung und der heyligen vetter deutung ader auslegung nichts sey. Dieweyll du dan das wort Gottis also myszbrauchest, uneelich handelst und ketzerlich vorkerest, geschydt dir billicher widerstandt und ist die gnade und wille Gottis, das noch seynt fursten und herren, die do hindern dein frevelich unchristlich unnd teuffellisch vornemen 19 , das mher seynt den vii tausent, die yhre knye nicht bygen vor Baal, dem abtgotte, den du itzt wider auffrichst. Menschliche vernunfft ader verstendnisse mus gefangen werden (wie Paulus sagt Roma XII [3. 16]), das nicht yeder die schlifft vorneme in ubermuth und mher schmecke, denn von notten ist. Es sali nicht eynem itzlichen frey sein ader nachgelassen werden, das er nach seynem wyrwellsüchtigen kopff, schwindellhyrne und tolle synne das wort Gottis rathbreche, man sali es yhm weren, auch mit gewalt, wo anders nichts helffen wil, als denn die schlifft gebeuth, Deutro. XIII [5. Mose 13, 6], do klerlich geschriben steht, das man eyn falschen propheten, der sich yhm volcke auffwyrfft und das volck abzeugt von der ehr unnd dinst Gottis, sali man ertodten unnd nicht leben lassen, welchs ich nicht darumb sage, daz mir dein todt liebte6, sonder beger mher deyner busse. Doch gleichwol spricht Paulus: Auffeile malum ex vobis. Wy es nun gescheen sali, hat Paulus nicht gesagt, sonder der kirchen heym gestellet. Demnach wen du sagst, man verborne f die ketzer mit unrecht, redest du gewalt, mocht man sie mit ander weysze stillen, dorfft 8 man des fewers nicht. Ich mag mit warheit dir woll zulegen die wort Pauli zu den Romern, do er spricht also: Du vermist dich zu seyn eyn leitter der blinden, eyn licht deren, die yhm finsternis seyn, eynen lerer der unweysen. Nu lerest du andere und lernest dich selber nicht. So gros ist deyne hoffertige vermessenheit und vermessene hoffart, daz du dein synn aller menschen syn vorsettzest. Alle heylige vetter, ja die gantze kyrche straffest du. Ist dan nun daz wort Gottis von dir alleyne auszkommen ader ist es alleyne zu dir kommen? Allhie gewonliche sattzung der kirchen in canone sanctorum straffende, bist du lernen, wie man die heyligen erheben solle, nemlich man solle sich von den vorstorben heiligen im hymmel wenden unnd zu den heyligen auff erden keren et cetera. 20

e) lieb wäre 48

Reformation

f) verbrenne

g) bedürfte

3. Reg. 19 [1. Kön. 19, 18]

[Vg.] [1.] Corin. 5 [13]

Roma. 2 [19

-21]

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Das man die lebenden heyligen, die frommen Christen, ehre und wirdige und guts thue, ist recht, aber daz man sich darumb solt abwenden von der ehr der heyligen, so itzt bey Gote seynt, ist falsch und kettzerisch, comment und erticht vom teuffei, eyn vater aller lugen, der ungesparten vleis brauchet, alle creaturen (wo es möglich were) von Gots ehre und seyner heyligen zu reyssen. Er hat vor*1 nichts geschafft, do ers auch hat vorgenommen durch Vigilantium 21 , ja Dormitantium1, wie in Jero.J nennet 22 , und durch ander kettzer mher. Es ist biszher an uns in der kirchen geblyben, ehre, reverentz und anruffung der heiligen, wirt auch durch dich, o Luther, nicht auszgeleschet werden, ab du noch so sere thobest, wuttest und blassphemirst. Ist dan verdinstlich und Gotte angneme (als ja verdinstlich ist), so man alhie den sterblichen menschen ehr und guts thüt inn ansehung Gotis, ander meynung ist es Got nicht angenem. Worumb solt es auch nicht Gote beheglich seyn, so man die, welche itzt bey yhm seynt und von seynem hymlischen vater glori und ehre entpfangen haben, ehret und wyrdiget in seynem namen. Item ist es christlich, das man den vorrucklichen leychnam der lebenden kleyde, speyse et cetera, warumb ist es nicht auch christlich, das man das gebeyne der seien, so itzt mit Gote hyrschen und beytten k , der verderung irer leichnam, bequeme ehr und reverentz thun? Es ist eyne kirche, die nach hie im kampffe ist und streyttet und die so itzt mit Christo in glorii und ehre hyrschet. Was yederm glid geschydt, nympt Christus selbst an als yhm gescheen. Ja, was es Gotte beheglich ym alten testament, szo das gefesse, hantgeczeu des tempels, auch des tabernackels, erlich gehalten wäre, ader straffte die, so es unerlich handelten, wie du den vom konigk Balthazar list in Daniele quinto. c. [Dan. 5], Item wolt nicht vorgunnen jemantz andern, Numeri 4 dann den priestern und leviten1, das tabernackell zusammenlegen, tragen, [4. Mose 4, 4ff.] wer sich sust understund, die ding alleyn zu besichtigen, straffte Got. Was nun solche ere dem unfulenden 1 " dinge, so man zum dinste Gottes brauchete, an sund der abtgotterey, warumb bist du die kirche straffen des lasters der abtgotterey, so sie eret mit billicher11 ere das gebeyne der lieben heiligen, die do seynt tempel Gottis gewest, in welchen Got gewonet hat, wie Paulus spricht [1. Kor. 3, 16]. Es ist unnutz, von diser sache mit dir, o Luther, zu disputiren, du hast gnug gelesen, wie und was die heyligen vetter wider solche kettzerey, die der heyligen ehre wolten ablegen, geschriben haben. Darumb ist es vergeblich, gegen dir vil wort zu machen ader auch schrifft zu gebrauchen, du bist vorhart 0 wie Naball [1. Sam. 25, 37], dieweyl du die vetter nicht annympst, ja die gantze kirche vorachst, was soldest du den mir ader meynem gleychen Stadt geben. Die schrifft, die man auch rechter gestalt auff

h) zuvor, früher i) Träumer, Faselhans j) Hieronymus k) warten 1) Priester vom Stamme Levi (2. Mose 6, 25; 1. Chron. 9, 17ff.) m) gefühllosen n) rechtmäßiger, gebührender o) verhärtet

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dyse meynung füret, legst du krum aus und beugest sie von billichem verstand Laudate dominum in sanctis eius [Vg.: Sept.: Ps. 150, 1], das leukkest du von den heyligen im hymmel gesprochen sein, dann zu der zeyt, do diser versickel p gemacht wart, als du sagst, was noch keyn heylige erhoben. 23 Ey ein schone glose von dem grossen schrifftverstendigen, warlich, du hast dis troffen. Nach diser deyner glose must es alles falsch und erlogen sein, was die psalm von Christo und seynem leydem sagen, dan Christus war die zeyt noch nicht geboren. Ey, du feyner schrifftkempffer, wie starck hast du dich mit dem wort Gottis gewopent. Mehr sagest du, dyser spruch rede nicht von heyligen personen, sonder von heyligen Stetten.24 Wyr lassens zu, daz diser spruch von heiligen Stetten ader vom heilgenthum sage. Was ist das wider uns? Nichts. Sal ich Got loben in dem materlichen unsynnigen dingen, tempel ader anderm, und wirdt das heylgenthumb genandt, warumb lobe ich nicht billigk Got in den lebenden und die der genade begreifflich seynt und lebende tempel Gottis, warumb heyssen die nicht billicher heylgenthumb? Was wilt du mir antworten, so ich sage ja, auch zugelassen, das diser spruch gesagt sey von dem heilgenthum des alten testament, es sey aber gewest eyn figur und vorbyldung der dinge, szo wyr itzt vorhanden haben. Paulus stehet neben mir und heysset das mich kunlich reden und gar nichts an deyn lallen, kallen, plaudern keren. Du hast deyne zungen gelernet unnd gewenet q lygen und trygen. Deynem lygen, trygen und falschen vorgeben nach brengest du uns eyn ander sophisterey vor unnd sagest, solt das gelten, das die heyligen darumb weren zu erheben unnd anzuruffen, so muste man die schellen, cymbeln, paucken und harffen auch erheben und anbetten, denn es folgt dem obgesagten spruch nach yhm psalm: Loben den herren in hellen cymbeln, paucken und seyttenspill et cetera [Ps. 150, 3—5].25 Ey, du schöner volfistz, sophist wolt ich sagen, wie klar und hell kanst du es an tag geben. Hye lernen wyr eyns, das wyr nicht gewust haben, mit gleychem argument kan ich beweren, das das wasser fusse hat, denn was do laufft, das hat fussze, daz wasser laufft, darumb hats fussze. So seynt die antichristischen theoligen, yhre lere gründen in sophisterey und gefelschte argument. So das lob Gote in seynen heyligen und yn den cymbeln gethan allenthalben gleych were und eyner meynung geschee, so schlösse deyn argument etwas. Nun brauchest du fallaciam equivocationis r , daz nicht denn eynem anthichristischen theologen gehöret, welcher zu liegen, triegen und die menschen zu vorfuren gesand ist, anders wirt Got gelobet und ander meynung in seynen heyligen, anders in cimbeln, paucken, harffen et cetera. In den heyligen wirt Got gelobt als in dem tempel, in welchem der geist Gots gewonet hat, als in den gliddemassen des geistlichen corpers Christi, als in eynem lebenden hantgezewg des heyligen geists, das der gnaden Gottis begreiflich gewest und itzt bey Got mit glorii, ehre und selikeit gecronet. Solches must du den cimbeln und paucken nicht zulegen,

p) Vers 48*

q) gewöhnt an

r) trügerische Verwendung gleichlautender Worte

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darumb ist das lob in cimbeln und paucken so fern von dem lob in den heiligen ungleich, wie ferner die dinger ungleich und von einander seynt, keyne vergleichung ist dem vernufftigen, Gots gnaden begreifflichen, unsterblichen, ewigem dinge mit dem materlichen s , unfülenden, verrucklichen dinge. In cymbeln, paucken, harffen lobet man Got nicht, das Got durch das gedone, schalle ader lauth diser instrument gesenffmütiget worde, freude ader wolgefall dorinne hette, sonder das unsere kreffte in hitziger andacht zu Got gereytzet werde und uns in solchem lob an Got zyhen, gleych den schyfflewten, so sich mit dem stricke auff den uffer geworffen an das landt zyhen. Harffen gesangk, cymbeln und paucken gedone ist umb unsere trege leychnam willn, die durch wertlich handelung offt beschwerdt und nyder gezogen werden, in sulchem instrument wider erquicket, und das wyr auch unszere menschliche freude und erquickung sollen zu Got wenden etc. Sonder in den heyligen wirt Got selbst gelobt als in seynen glydmassen, und ist yhm eyn angenem beheglich lob, wie er selbst spricht: Was ir dem wenigsten aus den meynen habt gethan, habt yhr mir gethan, wie oben weytter angezeyget ist. Darumb brengst du mit dysem deynem argument nichts zu margkt denn anzeygung deynes hynderlistigen betriglichen gemutz und willen, und bleybt der vorstand dis versickels: Lobt Got in seynen heyligen, zu erebittung, erhebung, anruffung der heyligen unumbgestossen. Die betriglicheit, falsche dewtung, frevel und radtbrechung, so du brauchest in auslegung der schlifft, legst du den papisten zu, gleycher weysz eynem besudelten befleckten, der sich an eynen andern reybet, yhn auch zu besülen ader zu beflecken. Du sprichst, die papisten seynt blindt und freveln, wo sie daz wortleyn heylige fynden, wolten sie gerne der heyligen ehr und vorbit gründen', gleich wie sie das fegefewer bestetigen, wo sie das wort fewer in der schrifft erschnappen et cetera. 26 Wyr haben vorlangst aus deyner schrifft vermarckt, das du tzautterst unnd weyst nicht, was du gewiszlich vom fegefewer halten salt, aus dem, das der teuffei vil mall gegen dir gerastelt, getobet und gewuttet hat (als du selbst bekennest), voijaest du und sagest ein fegefewer seyn 27 , beweylen leugkest du das fegefewer 28 , so bistu wyrwelsüchtig und vol des schwindelgeists. Das aber in jhenem leben sey ein ablegung und vorgebung der sunde, das wyr nennen durchs fegefewer gescheen, und nicht alle mal bald volge ader wyderfare ewyge freude ader ewige peyn, das ist ewige selikeit ader ewige verdamnis, sunder sey dorth auch Vergebung der sunden, bewere ich dir mit dem wort Christi, das Sant Bernhart 29 bey seynen zeytten eynem kettzer, dir in disem irthum gleich, aber in andern irthum fern von dir, ubertretten, antwort und vorhylt, sprechende: So in dem zukunfftigen leben

s) materiellen

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nicht ist Vergebung, sonder folget bald entzwer" ewyge selikeyt ader verdamnis, warumb hat denn Christus gesagt, es ist ein sunde, die weder hie Matthei 12 [32] nach dortte vergeben wirt. Es were denn dorth auch eyn ablegung und Vergebung der sunde, hette Christus nicht nangehefft v : auch nicht dort vorgeben wirt, dann Christus hat keyn vorgeblich wort geredt. Syhe hie bezeugen wyr das fegefewer an w das wort fewer. Also gründen wyr auch in der schlifft die ehre und vorbit der heyligen, nicht alleyn, wo wyr das wortlein heyligen fynden, sonder auch aus den wortten Christi, do er spricht: So mir ymantz dynet, den wirt mein hymlischer vater voreren unnd wo ich werde seyn, wirt auch seyn meyn dyner [Joh. 12, 26], Was peyniget dich die ehre, den heyligen von menschen gescheen, so sie von dem hymlischen vater geeret werden? Es ist alleyne der hassz unnd neyd, den du tragest zu allen gutten wercken. Den spruch Job am V. [Hiob 5, 1] bistu auch nach deyner ketzzerischen meynung frevelich zyhen und zwyngen von der ere und anruffung der heyligen, dann du kerest die wort anders, denn sie im text stehen. Sagst Eliphas hab gesprochen: Nenne mir eynen und sich dich umb nach den heyligen 30 , dise wort stehen im text nicht, sonder also: Voca ergo si est qui tibi respondeat et ad aliquem sanctorum convertere [Vg.: Job 5, 1], das ist, darumb ruffe so, do ist der dir antwort gebe und kere dich zu eynem der heyligen, das ist die meynung der schlifft nach verstand der kirchen. Elyphas hilt Job vor in vorgehenden wortten, wy das Got die bösen straffet und nicht die gerechten, wolt domit Job in vortzagung, ungedult und murmulung füren, und brauchet Elephas nachfolglich diser wort und sprach: Darumb ruffe so, do ist der dir antwort gebe et cetera. Als wolt er sagen, vornympst du nicht, was ich gesagt habe, darumb ruff zu Gote, der do ist und kan dir antwort geben und kere dich zu eynem der heyligen, der vor dich bitte, und wirt also diser spruch allenthalben nach der kirchen verstand ausgelegt auff anruffung der heyligen. Luther lalle, kalle und plauder, was er will. Der aller hoffertigste freveil Luthers, aus welchem er nach seynem hessigen willen alle schrifft tzuzerret, tzureysset, felschet, stucket und flikket, ist durch den erwyrdigen hern Jeronymum Emser, vor den waren christlichen vorstand der schrifft starcken kempffer, klar unnd hell gnug an tag gegeben im buch, des titel ist: Aus was grundt und ursach Luthers naw testament billich verbotten sey et cetera.31 Darumb ist mir nit von notten zu vorantworten alle felschung der schrifft, so Luter auch in dysem kortzen büchleyn einbrenget. Es ist öffentlich, das es vergeblich sey, vil wort darwyder zu brauchen. Den spruch Proverbiorum: Ruina est proximi devotare sanctos, radt- [Vg.] Prover. XX brechet er so schewslich, das er devorare settzet pro devotare. 32 [25] Offenberliche lugen seynt nicht wirdig der antwort, und eyn klare helle falscheit darff* nicht der Vorlegung. Auch ist Luther so vorstockt und

u) entweder

v) angefügt

w) ohne

x) bedarf

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vorwymmert in eygemhyrnigen syn, das er nichts annympt. Es sey denn nach seynem wyrwelsuchtigen kopff. Wen wyr vorstellen die vetter, zeygen die Statuten, ordenung und sattzung der concilien, gründen und stewern uns auff der kirchen auctoritet und gewalt, die doch grosser ist, den y der ewangelisten Mathei, Luce, Marci, Joannis, auch sie all vier in eins gezelt, so lachest du und spottest unser unnd sprichst honiglich: Patres, patres, patres, concilia, concilia, concilia, kirche, kirche, kirche, ich forder schrifft, schrifft, schrifft. Antworten wyr und sprechen: Ketzer, ketzer, ketzer, dan verbum Dei in ore tuo non est 3. Regum 17 verum, der vorstand des wort Gotis ist nicht war in deynem munde, denn [l.Kön. 17] du hast der warheit kein gezeugnis, deyn behelff, den du nympst aus der schrifft, ist vordechtig, jo falsch und nicht anzunemen, daz bezeug ich mit schrifften, I. R. III. c. [1. Sam. 3, 20] list du. Das Samuel gezeugnis hab gehabt des gantz israhelischen volck von Dan bis gen Bersabee, das er was ein warer getrawer prophet des herren. So must du auch haben gezeugnis der warheit deyns Vorstands der schrifft von der kirchen, ader wyr geben ein fyst z auff deyne dewtung. Höre, ich wyl dirs klerer zeygen, auch aus dem nawen testament. Paulus verzogkt in dritten hymmel und durch Offenbarung Christi daz evangelium gelernet, hat dennoch, seyner lere krafft unnd stercke tzu geben, sein evangelium confeGal. 2. c. [2] rirt mit den heubtern der kirchen, mit den ersten aposteln, mit weme conferirst du dein ewangelium, daz du hoffertiglich deyn nennest, denn du sprichst frevelich yn dysem deynem lasterbüchlein wyder die erhebung divi Bennonis, es hab denn bapst Adrianus gebüst und sey deynem evangelion holdt geworden, so ist er gewiszlich eyn kyndt der vordamnis. 33 Sonder du hast von der kirchen nicht gezeugnis der warheit deyner lere, als Samuel und Paulus wie oben gesagt, darumb keren wyr uns an deyn selig machen und vortummen gar nichts. Welcher meynung die heyligen von den glewbigen werden geeret und angeruffen.

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Wiewoll Got mechtig ist, alle creaturen, vornunfftige und unvernunfftige, zu erneren, auch an alle unszere subvencion ader hulffe, dennoch hat er uns gepotten, den armen zu speysen, zu trencken et cete. [Matth. 19, 21; Luk. 14, 13 u.ö.], nicht darumb, das er die armen an unser zuschöbe" nicht mocht erhalten ader erneren, wie gesagt, sonder das wyr uns durch 35 mildickeit und ubung der wercke der barmhertzigkeit Gote vergleychen soldten und enlich machen, wie er uns lernet Luce VI [36]: Seyt barmherzig als ewer hymlischer vater barmhertzig ist. Also auch in proposito, wiewol Got seyne lieben heiligen ym hymmel mher den reichlich und überflüssig belonet, eret und mit selikeit cronet, so das sie unsers lobs 40 unnd preyses gar nichts bedorffen, dennoch wil Got seyne gaben und gnaden, szo er an die heyligen gelegt hat, von uns auch in dancksamkeit, mit y) als (die Gewalt)

z) Furz

a) Zuschuß

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freude und frolockunge geeret und gewirdiget haben, und wil daz wir in dem, so wyr bey Gotte suchen und von Gote begeren, uns demütigen, auch bis under seyne glidmassen, die heyligen, die selben anruffen und zu yhn schreyen umb hulffe, furderung, vorbit, gleich als die, so aus bewoster und erkanter durfftikeit blodeb sich unwirdig erkennen vor Got, in bitte zu erscheynen, und sollen also yn demut neben uns zyhen die lieben heyligen als geliebte freunde Gottis, ja als glydmasse Christi. Solcher meynung werden von den gleubigen die heiligen angerufft, und das Christo dem herren angenem und beheglich, und mit nichte nicht ist die ere den heiligen gethan, so sunderlich und eygen den heyligen, das sie Christo entzogen worde ader das die heyligen ane Christum geeret worden, sunder in Christo und Christus in yhnen. Das zu beweren mit schlifft, haben wyr gnung auff dis mall am Paulo, der sagt zu den Romern am XII. [5], das alle ausserwelten glydmassen seynt Christi. Was nun den glydmasszen geschyd in ere ader unere, geschyet dem heupt, und Christus nymptz an als ym gescheen. Item höre auch dem evangelium, das die ere, den heyligen gescheen, Christi sey, und nicht also der heyligen, daz Christus ausgeschlossen were, wy denn die eynfeldigen zu betoben Luther hie kettzerlich vorgibt. Wyr bekennen eynen erloser und behalter, eynen mitler, eynen advo- l.Joan. 1 [9—18] cat ader sachen treyber des thuns unser selikeit, Christum Jhesum, der interpellirt und schreyet vor uns, auch yn seynen glydmassen auff erden, yn den gerechten, ym hymmel, yn den heyligen, den eren wyr auff erden in den gerechten, ym hymmel, yn den heyligen, und das es Christi ere sey, die man den heyligen thuet, vornym aus dem ewangelion, Johan. III [13]: Nymantz steyget auff tzu hymmel, denn der ernyder gestygen ist, des menschen kynt, der ym hymel ist. Nun ist es ye war, das die lieben heyligen auch zu hymel kommen, aber als glydmosze Christi, und Christus yn yhn steyget alleyn zu hymmel. Also ist alle glorien, ere, lob und preysz, auch den gerechten und heyligen gescheen, alleyne Christi, dan Christus in yn und sie in Christo, daz ist die intention und meynung der kirchen yn der erhebung und anruffüng der heyligen und nicht, wie es Luther nach seynem neydischen gemut boszlich auslegt, tyrannisch und frevelich vorkeret. Denn der beschlus alles gebetz in gotlichem ampt, von den heyligen gethan ader gehalten, ist per Christum dominum nostrum, das ist durch Christum unsern herren et cete., abc die kirche wolt sagen, in dem hern Christo opffern wir dir, hymlischer vatter, alle unsere gebet, begyr unnd andacht et cetera. Ja, auch aus dem beschlus, so Luther in seynem lasterbuchleyn thut, kanst du ermessen, das yhn seyne eygene gewissen naget und peysset, ym nicht zulassende, daz er denn dienst, ehrerbittung ader anruffung der heyligen gantz vorwerffe, dann er do selbst eyne weyse gibt, wie man der heyligen gebet gedencken solle und in klage, yn danck, die gnaden, gutter, den heyligen von Gotte gegeben, eynfuren. Als Moyses thet Exo. XXXIII

b) schwach, verzagt

c) als ob

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(!) [2. Mose 32, 13] sprechende: Herre, gedencke an Abraham, Isaac, JaPsal. 131 [132, 1] cob, welchen du geschworen hast et cetera, und ym Psalm: Herre, gedencke an David und aller seyner senffmütikeit et cet. 34 Hye kanst du klerlich mercken, das es eyttel hynderlist ist, und aus hessygem neydischem gemüth geferbte vorgebung d . Luther hat durch das gantz büchleyn die ere und anruffung der heyligen vorfolget und sich understanden, die selbe gantz auffzuheben. Nun gibt er sich wyder herzu und lernet, wye man die heyligen sole eren etc. Das ist der schwyndelgeist, der bestehet wie ein peltz auff sein ermelin. 35 Oben hast du hartte gestrytten wyder den versikel: Lobt Got yn seynen heyligen, hie lest du yn zu, dan du sagst, man solle Got loben yn seynen heyligen. Was ader6, o Luther, wie seyn wyr der sachen uneyns ader entzwey? Warlich alleyne der balcken yn deynen äugen vorhyndert dich, das du die sach nicht magst recht ansehen. Der kirchen meynung, die heiligen zu eren unnd anzuruffen, ist deynem beschlüsz nichts entgegen, wenn du es alleyne vor neyd, hoffart und eygenhyrnigem synnen kondest recht ansehen. Du sprichst, man solle ym gebet ader danck ader klagen vor Got die gnade und gutter, den heyligen von Gotte gegeben, eynfuren f , yn meynung uns zu erwecken, auch solche gnade bey yhm alleyne mit aller zuvorsicht zu suchen. Das thut die kirche, alleyne du hefftest daz hynnan, man solle die heyligen nicht anruffen, auch rufft die kyrche die heiligen nicht an, als abs sie von sich selbest was vormochtenn, sonder in Christo Jhesu, yn dem sie seyn und der in yhn, heupt und glidmasse eyn geystlicher leichnam et cetera. Das kanst du seer wol vornemen, sunder deyn geist, der nichts denn auffrur, ergernis, Gots und seyner heyligen lesterung und alles args suchet, last dir nicht anders nach. Got, der alle dinge vormag, gebe dir gnade und wils thun, szofera du der begeren bist und darzu thust, daz dir geburet. Amen. Sunder 8 zu dir, o leszer, ist nach christlicher liebe meyne vormanung, du woldest dich nicht ergern yn diszenn gotloszen tagen, yn welchen umb unser und unser vetter sund willen dyse anfechtung zukompt, sonder den glauben, von deynen vettern und der kirchen auff dich gebracht, bestendiglich behalten. Das deyn glaub bewert sey als das goldt, Paulus lernet dich, du salt dich durch nawe lere nicht lassen abwenden, noch eynen itzlichen wynd lassen weben [Eph. 4, 14]. Es mochte morgen ein ander kommen yn eyner behendem listikeit, denn Luther, der auch die schlifft kunt zerren und denen, bey gen und radbrechen auff seynen synn, wordest du aber voryrret, das du entlich nicht wüst, wo der glaube blybe. Dann es ist nicht gnug, so man sagt: schlifft, schlifft, es gehöret darzu eyn recht gesunder vorstand, den salt du suchen bey der kirchen und nicht von einem itzlichen hoffertigen eygenhyrnigen betriglichen menschen annemen, denn hoffart vorkeret und umbwent alle ding, macht auch alleyneh ketzer, daz lernet dich auch der prophet Samuel

d) Vorspiegelung

e) aber

f) einholen

g) Aber

h) nichts anderes als

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sprechende: Nicht wollen folgen ader nicht gehorsam seyn, ist gleich der sund der abtgotterey und zewbernis [1. Sam. 15, 23]. Darumb behalt dich in denn zeunen der vetter und ubertrit nicht die grentz, so die alten gesatzt haben. Denn wer die kirche nicht höret, den halt, nach Christus gebot, vor eynen heyden und offenbaren sunder [Matth. 18, 17]. Du erkennest öffentlich, daz Luther nymantz gehöret1, alle werld vorspricht, doctores, concilia, kirche, und folget alleyne seynem eygenhyrnigem schellichem kopffe, das gnugsame bewerung ist, yhn zu meyden, gleube gentzlich, Got ist nicht so unbarmhertzig und ungnedig gewest, das er seyne kirche habe vorlassen bis auff Luthers zukunfft k , den Got ist trew und gerecht. Er hat gesagt, er sey mit seyner kirchen bis ins endt der werldt [Matth. 28, 20], das hat er nicht gebrochen ader seyne kirche ye vorlassen. Darumb stercke dich und bis gehertzt1, deynen glauben nicht tzu vorlassen. Ab auch noch eyne grosser anefechtung queme, so wirst du auch hören mit den heyligen aposteln: Yhr seyt, die yhr mit mir seyt geblyben yn meyner anfechtung, und ich schaffe euch daz reich der selikeit [Luk. 22, 28f. ]. Das verley uns allen Christus, unser heyland, welchem ehre, lob, breys und dancksagung in allen seynen lieben heyligen, nun und zu allen gezeytten. Amen. [Vg.] Primo Paralippomenon. XV. c. [27f.] [1. Chron. 15, 27f.] David indutus erat ephot lineo, universusque Israel deducebat, archam foederis Domini in iubilo et sonitu buccine et tubis et cymbalis et nablis et citharis concrepantes. Cave ne tibi irridenti hac in re ecclesiam eveniat sterilitas in anima, qua, Michol filia Saul, David despiciens, punita est in corpe. Secundo Regum VI [2. Sam. 6, 23], Finis.

A) Vorbemerkung Druckvorlage: Wyder II das wild Geyffernd Eberllschwein Luthern/ II So ynn II dem weyngartte des Her=llren der krefften wület/ gra=llbet/ vn sich vnderstehet mit II seynem besodeltenn Rüssel II vmbzustossen die Canoni=llzacion Diui Bennonis vnd II aller heyligen ehr erbietung II zu vertilgen. II Paulus Amnicola Kemnici=ll anus. A L. M.D.XXiiij. II [TE] [Dresden: Emserpresse.] 4° 12 Bl. Sign.: A - C 4 . Weller 2762. VD 16 B 27. Köhler 208. - SB PK Berlin: Cu 298 R. Zur Entstehung: Nach langem Bemühen hatte es Herzog Georg von Sachsen, sekundiert von Hieronymus Emser (vgl. oben Nr. 8 Zur Entstehung), erreicht, daß der ehemalige Bischof Benno von Meißen (1010—1106, Bischof seit 1066), insbesondere wegen seiner Verdienste um die Slawenmission, heiliggesprochen wurde. Am 16. Juni 1524 fand die feierliche Erhebung der Gebeine und ihre Neubestattung in Meißen statt. Luther, der von dieser Absicht im April 1524 erfahren hatte, schrieb dagegen „Wider den neuen Abgott und alten Teufel, der zu Meißen soll erhoben

i) auf niemanden hört

j) widerspricht

k) Ankunft

1) sei beherzt

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Bachmann : Wider das wild geifernde Eberschwein

werden" (WA 15, S. (170) 183—198). Die Schrift erschien spätestens Anfang Juni 1524. Luther nutzte den Anlaß, um sich generell mit der Heiligenverehrung auseinanderzusetzen. Das provozierte mehrere Erwiderungen, darunter die vorliegende von Paul Bachmann, dem Abt von Altzelle (vgl. oben Nr. 14 Zur Entstehung). Sie wird also wohl im Sommer 1524 geschrieben worden sein und erschien noch im selben Jahr in der Emserpresse in Dresden. Weitere Erwiderungen veröffentlichten Hieronymus Emser (Antwort auf das lästerliche Buch wider Bischof Benno zu Meißen Emserpresse 1524; Nachdruck noch im selben Jahr bei Wolfgang Stockei in Leipzig; zum Inhalt vgl. Smolinsky, Alveldt und Emser, S. 293—296) und Augustin Alveldt (ed. CCath 11). Literatur: Clemen, S. 2 9 6 - 2 9 9 ; 356f.

Bachmann,

S. 15f.;

Smolinsky,

Alveldt

und

Emser,

B) Sacherläuterungen 1 Anspielung auf die Bannandrohungsbulle Papst Leos X. „Exsurge Domine" vom 15. Juni 1520 gegen Luther. Sie beginnt mit einer Anrufung Gottes gegen den wilden Eber, der den Weinberg des Herrn zerstört. Vgl. oben S. 110. 2 Gemeint ist Christus; vgl. Ps. 110, 1; Matth. 22, 44 u.ö. 3 Der Vorwurf der Eigenwilligkeit ist ein zentraler Punkt der Kritk Bachmanns an Luther. Vgl. „Zu Errettung den schwachen Ordenspersonen" Nr. 37, S. 758. 4 Gemeint ist Luthers „Wider den neuen Abgott und alten Teufel" (vgl. oben Zur Entstehung); die folgenden Stellen in: WA 15, S. 183 u. 194. 5 Luther, Ursach und Antwort, daß Jungfrauen Klöster göttlich verlassen mögen, in: WA 11, S. 394ff.; die folgenden Stellen S. 395 u. 400. 6 Luther, Wider den neuen Abgott (wie Anm. 4), S. 183. 7 Ebd. 8 Ebd. 9 Ebd. 10 Vgl. Wander, Bd. 4, Sp. 573, Nr. 43. 11 Anspielung auf die neun Nonnen, die Luther nach der Befreiungsaktion vom 4. April 1523 (vgl. oben Nr. 23, Anm. 5) in Wittenberg untergebracht hatte; u. a. durch Geldsammlungen sorgte er für ihren Unterhalt. 12 Luther (wie Anm. 4), S. 183. 13 Ebd., S. 184. 14 Ebd., S. 184ff.; zu Benno vgl. oben Zur Entstehung. 15 Augustin (Kirchenvater, 354—430), Hypomnesticon contra Pelagianos et Coelestianos, in: Migne PL 45, Sp. 1114. 16 Luther, Resolutio . . . super propositione . . . de potestate papae, in: WA 2, 5. 185 f. 17 Luther (wie Anm. 4), S. 187. 18 Bachmann bezieht sich wohl auf Emser (vgl. oben Nr. 22), wie auch der spätere Text bezeugt. 19 Anspielung auf die Verbote von Luthers Übersetzung des Neuen Testaments (vgl. ebd. Zur Entstehung). 20 Luther (wie Anm. 4), S. 192. Zu den canones sanctorum vgl. z. B. Decretai. Gregor. IX., 1. 3, t. 45, in: CorpIurCan, Bd. 2, Sp. 650. 21 Vigilantius (geb. um 370) wurde wegen seiner Ablehnung der Verdienstlichkeit guter Werke, des Reliquienkults, des Zölibats und der mönchischen Askese vom Kirchenvater Hieronymus (um 347— 419/420) als Ketzer bekämpft.

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Hieronymus, Contra Vigilantium, in: Migne PL 23, Sp. 355 u.ö. Luther (wie Anm. 4), S. 195. Ebd. Ebd., S. 196. Ebd. Vgl. z.B. Luthers 95 Thesen, in: Delius, Luther, Bd. 1, S. 176ff.; WA 1, S. 233ff. (These 16, 17 u.ö.); Sermon von der Betrachtung des heiligen Leidens Christi, in: WA 2, S. 138. Vgl. dazu Luthers Stellungnahme in: Grund und Ursach aller Artikel, so durch römische Bulle unrechtlich verdammt sind, in: Delius, Luther, Bd. 2, S. 4 0 1 - 4 0 4 ; WA 7, S. 4 5 1 - 4 5 5 . Bernhard von Clairvaux (um 1090—1153); Bachmann zitiert im folgenden ohne Werkangabe in eigener Übersetzung. Luther (wie Anm. 4), S. 196. Vgl. oben Nr. 22. In der Vulgata heißt es: devorare. Vgl. dazu Luther (wie Anm. 4), S. 196f. Ebd. S. 184. Papst Hadrian VI. (1522/1523) hatte Benno heiliggesprochen. Ebd., S. 198. Bei Wander nicht nachgewiesen.

Paul Bachmann: Zu Errettung den schwachen Ordenspersonen eine tröstliche Rede Paulus Amnicola Kemnicianus A. C. N. seynem guten freunde. 1

1. Regum 15 [l.Sam. 15, 22f.]

Matthei 16 [19] Matthei 22 [21] Paulus 13 [Rom. 13, 1] Ad Titum 2 (!) [Tit. 3, 10f.]

Hasz und neydt und das schwerdt, szo Christus, unser Got, yn dyse weldt kommende, hat eyngesatzt zuvoran. N. du hast vilmals von Luthers sect mit mir commentirt unnd rede gehabt, entlich durch schrifft betlich angelangt", dir etwas zu schreyben, domitte du dich mochtest erredten yn dysen schwynden leufften und gezeytten der anfechtung. Es ist ja wunder, dieweyl du sagst, Luthers lere dir entgegen sey, unnd doch Luthers ader seyner schuler tractat und bochleyn zu handen nympst. Entschuldige dich, wy du wilt. Es stehet dennoch geschryben: Besser ist der gehorsam, denn daz opffer, und als sunde der zaubernis, nicht wollen gehoren b . Du weyst, das Luthers schrifft verdammet ist von gewalt ader oberkeyt, beyder bapsts unnd keysers 2 , ab du villeicht als ein pfaffenfeynd nicht achst des bapst mandat, so halt doch des keysers geboth, wiewol von beyden im ewangelio geschryben ist, vom bapst, was du wyrst bynden auff erden, wird gebunden in dem hymmel, vom keyser, gebt dem keyser, was dem keyszer geburet, welchs du nicht weniger von dem gehorsam sah vorstehen, denn von dem zinspfennige. Dan Paulus gebeuth am XIII. cap. zu den Hebreern [wohl gemeint: Römern]: Wyr sollen unsern prepositen ader vorgesetzten gehorsam seyn und yhn underlegen c . Auch lernet Paulus Titum, seyn stulerben, das er den ketzer nach eyner und der andern straff meyde, dan der ketzer gantz vorkarth ist, unnd seyne rede schneidt ader umb sich frist wy der krebs. Wyvil mal ist Luther gestrafft, nicht alleyne vom bapst, sunder auch vom keyszer? Als von den heubtern der christlichen gewalt. Auch seynt yn allen volckern, die Luthern widersprechen, und hochgelertte, erleuchte menner, die sich mit schreyben wyder Luthern eynlegen und wyder yne geschriben haben, als nemlich:

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In welschen landen. 3

Der cardinal Cajetanus. Der bischoff zu Corcyra. 4 Marlianus, der bischoff Thudensis 5 Silvester Prieris. 6 Thomas Thodiscus. 7 Thomas de Vio.8 Catherinus. 9

a) bittend angefordert b) Nicht hören wollen, nicht gehorsam sein, ist Sünde wie Zauberei c) unterordnen, Untertan sein

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In deutzschen landen. Doctor Joan Fabri. 10 Doctor Cocleus. 11 Doctor Joan Dietenberger. 12 5 Doctor Eck. 13 Doctor Hôchstat. 14 Licenciât Emszer 15 , welcher alleyn aus allen tewtschen bestendiglich vom anfang bis hie her wyder Lutern geschrieben und stets nachgevolget hat. Augustinus Alveld. 16 10 Herr Wolff Keferberger. 17 Der abt zu Pegaw. 18 Cunradus Treberius Augustiner. 19 Doctor Nate Augustiner. 20 Rimacius des keysers secretarius.21 15 Symler. 22 Doctor Lemp 23 und ander. Im Niderland und zu Lôven. 24

Latomus. Johannes Thurenholtz. 25 20 Eustachius. 26 Vincentius. 27 In Franckreych. Die gantze hoheschul Parysz. Justinianus Augustiner. 29 25

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In Hispanien. 30

Stunica. Taranza. 31 In Engelland. Der konig selbest. 32 30 Johannes Episcopus Roffensis. 33 Noch eyner, seyn name ist mir entpfallen. Es seyn noch vil mher, ungetzweyfelt, der namen myr unbekant, die wyder Luthern schreyben unnd noch schreyben werden und (als man sagt) gleych mit dem finger Luthers yrthum zeygen. Demnach radt ich dir treu35 lieh, halt dich des gehorsams bapsts und keysers und lasz dir lutherische lere nicht mher zuhanden kommen. Dan warlich, sie macht dich nicht besszer. Wer mit bech handelt und umbgehet (spricht der weyse man), der wirdt dovon beflecket. Als vil du bist meyden und flyhen die leyplichen aussettzigen menschen, so vil hutte dich vor der kettzer lere, welche in 40 dem gesetze durch die aussetzikeit bedeuttet wart [vgl. 3. Mose 14], In solcher meynung wünsche ich dir anstadt des grus has und neyd und das

[Vg.] Ecc[l]esiastici 13 [Sir. 13, 1] Qui tanglt Plccm nc u na tur a b Ci > l > k'

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Bachmann: Zu Errettung den schwachen Ordenspersonen

schwerdt, das du dich salt sundern unnd abschneyden von den ketzern, ja sie meyden unnd hasszen, dan so ich sal meynem vatter, mutter, bruder, schwester, ja auch meyne eygene sele hasszen, wue sich mich hyndern yn dem wege der selikeyt, wie Christus saget Luce am XIIII. cap. [26]. Billicher d unnd mit weniger sund neyd ich den kettzer. Die sich itzt ewangelisch nennen, aber in warheyt eygen willigs seynt, wünschen im anfangs yhrs schreybens gnade und fryde, szo sie gnade und [Vg.] Jeremie 6 fryde, liebe und eynickeit der kirchen zubrechen und zustoren, das wyr mit [14] Pax pax et dem propheta Jeremia billich schreyen: Fride, fride und ist keyn fryde. non est pax. Darumb halt erstlich dysen meynen radt, ja mher Pauli unnd der kyrchen geboth, und flyhe unnd meyde ketzerische buchleyn, sonst ist meyn und eyns itzlichen lere, rad, underweysung all umbsust und vorloren. Ich vorhoffe aber, du werdest bedencken und zu hertzen fassen straff und peyn des mutwillens und Ungehorsams, auch belonung des demütigen eynfeldigen gehorsams, und werdest volgen unnd alszo dir selbst nicht vorhynderung thun an dem wege der selikeyt. In solcher ansehung hab ich deyner begir gnug gethan, unnd als ich anfinge, eyn sendtbrieff zu schreyben, flosses mir under der federn unnd ist eyn buchleyn daraus geworden. Nym es in solchem gemuth auff, wie es geschryben ist. Findest du etwas in dysem buchleyn, das dich bessert, so gib Gothe die ere, von dem alles gut kompt, was du aber ungeschicktzs fyndest, das ist meyn, doch bin ich ungezweiffelt, du werdests zum besten wenden, dan meyn mühesam ampt, und zu mall yn dysen auffruryrschen tagen 34 , dir wol bekant ist. Domit Gothe entpfollen und bithe vor mich. In dysem nachvolgende spruch hastu alszo zu sagen gleych eynen klump ader menge, massam, der lere nachvolgends buchleyns. Also seynt wyr gutte werck loben Das wyr sie erkennen Gottis goben 6 An welche der glaub keyn vordinst tragt Wy uns denn Jacobus der apostel sagt[ Jak. 2, 14ff.] Und Christus meldet durch dy talentf So er uns aus gnaden zubehendt® Dy sollen wyr legen auff gewyn Das wyr der belonung wyrdig seyn [Luk. 19, 13ff.]. Darumb acht nicht, man sage, was man wil Brauche gutter werck und übe der vil Luthers lere hat so eyn bösen grundt Das sie stincket wy ein fauler hundt Vil menschen haben so gar vorloren den roch h Das sie nicht riehen, wo es stincket im loch. Was ich sagen will, fleissig anhöre Luther leucket des menschen frey wilkore1 So das er" nichts vordinstlich wyreken kan

d) Noch mehr zu billigen e) als Gottes Gabe f) Pfunde g) übergibt, überläßt h) Geruch, Geruchssinn i) freien Willen j) d. h. der Mensch

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Daraus volgt auch, das er keyn sundt mus han So doch williglich geschiet alle sundt Was undancksam wyderfert, ist sund zu keiner stund. Darumb wo Luthers schrifft recht were Sölten alle fleischliche menschen sich frawen sere Wan der zaum ist yhn frey gelassen Nach begyr zu kauffen auff allen strassen Und nach synlichkeit leben yn aller wollust O, Jhesu, herre, wo bleibt, das du gesagt hast: Meyn borde ist leichte, süsse meyn joch, Darumb nym deyn creutz, volge mir noch. So der mensch die frey wilkor nicht ist han Wy mag er sein creutz nemen und dyr nach gan Solt yeder frey nach gefall leben auff erden Von keyner sund zum gutten gedrungen werden Wörde die weit vorirret, vorwyrret uberall Keyn orden, keyne massz, keyne tzall. Felix necessitas que ad meliora compellit Des spottet Luther und acht seyn nit. Darumb wek der zeit, we disen tagen In den so grobe ketzerey wirt vortragen Das macht alleyn der menschen sundt, Die gewachssen hat bis zu dyser stundt. Darumb lath Goth straffunge uberghan Ketzerey, theurung, wasser han schaden gethan Dyse straffung kommen alle zugleiche Doch wenig menschen von sunden weichen Sye seynt so gar yn sunden vorstocket Und ym eygen willen vorzocket Das dye weit an1 yrthum nicht kan seyn So lange die sonne gibet yhren scheyn Darumb heyst uns Paulus vorsichtiglich wandern Das wyr nicht in irthum fallen, wie die andern Die do wandern in hoffart und uppykeit Und wenen, mit yhn sey geboren die weiszheit Sye müsse auch mit yhn wyder sterben Solche seynt yn yhrm eygen syn verterben Sunder wer do messig schmecket die schrifft Den bewart Got vor der ketzer gyfft. Der heilig Augustinus lernet uns alsos Im buch wyder die ketzer Pelagianos 35 Dan halten wyr und schuttzen den glauben So wir über die grentz der vetter nicht thoben Sunder seyt den vorstandt der schrifft umb vhanm

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k) wehe

1) ohne

m) umfassen

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Matthei 11 [30]

Ad Ephe. 5

Augustinus contra Pelagianos. Tunc a nobis limes fidei sane defenditur, quando termini quos posuerunt patres, non transferuntur a nobis, ymo observantur et defensantur. 36

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Idem contra eosdem: O dogma, cui nephanda sunt nomina mille, mille nocendi artes. Arma contra legem sumit ex lege, inpungnat evangelium ex evangelio pungans (!) et in sui perniciem de veris mendacia fingens, hec Augustinus. 37 1. Corin. 13 [2]

Genn. 14 [1. Mose 14, 14ff.] Genn. 22 [1. Mose 22, 2ff.]

Matthei 25 [24ff.]

Bachmann: Zu Errettung den schwachen Ordenspersonen Den sie uns mit wercken, wortten deuttet han. Darumb höre, was ich dir sagen will Warlich, ich weysz dir das rechte zyll. Du sihest vor äugen die zweyspeldikeit Welche der meyster des getzangs" zubereyt Czwyschen guten wercken und dem glauben Das er die glaubigen der belonung mog berauben Und machen, wie das pferdt und maulthier Das do lebet an forcht nach synlicher begyr So alle die sich stewern auff den glauben alleyne Die vorschwynden yn thierlichkeit alle gemeyne. Het Paulus so starcken glauben, daz er berg umbkerdt An° wyrckende liebe wer er nichtz und unwerdt Was der glaub lob yn der schrifft ist han Das saltu nicht vom blossen glauben vorstan Sunder vom glauben, der mit wercken gezyret ist Als du yn Jacobo dem apostel list Der glaub ane wercke ist unnutz und todt [Jak. 2, 17] Dan er hat keyne belonung vor Got Der teuffei gleubet auch, sagt die schrifft [Jak. 2, 19] Vorstarret in hoffart und sundtlicher gifft Wiltu vor dyser gyfft vorwaret seyn So mercke, was do sagt dis büchleyn Furchte Got, halt die gebot, so bistu Abrahams kind Der gehorsam was und uberwandt seyne fyndt Nicht alleyne im glauben entpfingk Abraham die krön Auch yn wercken, daz er opffert seynen son. Dem sollen wyr ym glauben und wercken volgen nach So uns zu der belonung ist gach p Der unnutze knecht nichts vordynet hat, Den straff, wie ym ewangelion stath. Glaub und werck ist das recht christlich leben Darumb ist uns Abraham eyn Vorbild gegeben Alle volcker seynt gebenedeyet in Abrahams samen Das ist Christus, der helff uns in dyser zeyt. Amen.

Argumentum. Das glaube unnd werck, ytzliches alleyne, unnutze sey, müssen beyde beynander stehen. Capitulum Secundum. Jacobi 2. ca. [17] Fides sine operiDer glaub an die wergk ist eyn unfruchtbar bäum, ane bluthe und ane bus et ce. fruchten. Darumb nennet yhn die schrifft unnutz unnd todt. Dye werck ane n) Gezänks, d. h. Luther

o) ohne

p) drängen, heftig erstreben

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glauben seynt als wilde fruchte, der man nicht brauchen kan, die zu nicht nutze seynt, als Jeremias der propheta am XXIIII. und XXIX. capitel meidet bey den feygen, bosze sere und gar bosze, die man nicht essen kundt, darumb das sie bytter waren, sunder die beyde zuszammen, glaub und werck, das seyndt die gutten feygen, szere und gar guth, als gnanter propheta saget an gemelter Stadt. Das parabal ader beyspil der feygen, vomym also bey der zeyt des propheten Jeremie, do er prophezeitte die zustorunge der Stadt unnd gefencknis des volcks, warn etzliche, die dem propheten glaubten und sich dem konige von Babilonie undergaben als eyner rutten und geyssell von Gotte gesandt, zu straffe der sunde des volcks. Darumb das sie nun glaubten dem propheten und den glauben mit den wercken des gehorsams bezeugten, sich williglich undergebende dem kónige Babilonie, darumb sage ich, das sie den glauben und die werck zusammen satztten, nennet sie der propheta gutte feygen, dye sere und gantz gut seyn. Das ander teyll des volckes, das den glauben und werck sunderten ader voneynander teyllten und sich nicht wolde undergeben dem konige Babilonie, nennet der propheta bosze feygen, sere und gar bose, der keyne nutz ist. Demnach wiltu seyn von den guten feygen, die do teglich seynt zu essen und wyrdigk eyngeleybet werden dem geystlichen leychnam q Christi, daz ist der samlunge der glaubigen, so settze die zwey, glauben und werck, tzuszammen, der keyns alleyne ist dyr gnugk, dieweyl du hast brauch und ubunge der vornunfft. Anders von unschuldigen kyndern, die yhm glauben der mutter selig werden. Höre mher. In den beyden, glaube und gutte werk, zusamengesatzt, stehet die rechtfertunge und selickeit des menschen. Ja daz ich dirs deutlicher sage, durch die zwey, glaube und gutte werck, rechtfertiget Gott und macht selig den menschen, wan wyder glaube noch werck ist aus menschlichen krefften verdinstlich, sunder aus barmhertzigkeyt, gnaden und gaben Gottis. Es ist beydes von Gotte, das man yn yhn glaubet und das man gutte werck thut. Höre nicht mich, sonder Paulum, der zu den Philippensibus am ersten capi, spricht also: Euch ist von Christo gegeben, nicht alleyne, das ihr yn yhn glaubet, sonder auch, das yhr umb seynt willen leydet. Es sey nun eusserlich von menschen zugefügt ader aus freyen willen angenomen. Als Paulus gethan hat, wen er saget: Ich castey meynen corper und zwinge yhn yn die dinstparkeyt. Szo du dich nun bist stewern alleyne auff den glauben und bist dye gutten werck vorachten, vorlestern und verthammen, so bist du die gaben Gottes nicht gantz erkennen und dynest Gotte nicht von gantzem menschen. Von dem ynnern menschen bistu Gotte dynen durch den glauben, den eussersten menschen zelestu frey, ane dynstparkeyt, wyder das exempel Pauli, der seynen leyp casteyet und zwangk yn dynstparkeyt. Du wilt nicht beten, du wilt nicht wachen, du wilt nicht fasten noch yrgent abstinentz halten, sunder freytags, sonabendes fleysch essen, wye dirs gefellet, und wilt gar kein gehorsam tragen, auch keyn

q) Leib 49

Reformation

Jeremie 24. [2ff.] et 29. [17f.] capit u l i s ficus etc -

[Vg.] Ad Philippenses 1. c. [29] Vobis donatum est n o n so um ut ' eum credatis, sed etiam ut pro ilio paciamini.

[Vg.] 1. ad Corinthices 9. c. [27] Sicut Paulus fecit 1 u a m dicebat: Cas ög° corpus me u m et in servitutem redigo.

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[Vg.] Ecclesiastes 12. ca. [13] Deum time et mandata eius observa, hoc est omnis homo.

r,, , . j ^ [Vg.] Ad Galla. 5 [24] Qui autem sunt Christi carnem suam crucifixerunt cum viciis et concupiscentiis.

Bachmann: Zu Errettung den schwachen Ordenspersonen

geboth der kyrchen halten, wilt seyn als eyn yrrende schaff ane hyrten, dich selbst weydende. Darumb hastu Gots dinst von halbem menschen, ist deyn dinst Gott nicht angeneme, Gott hat dir gegeben sele unnd leyp, das du yhm von beyden dynen salst. Als den Ecclesiastes saget am XII. capitteil Forchte Gott und halt seyne geboth, das ist der gantz mensch, ab er w o l t sagen, darumb ist beyde, sele und leyp, dem menschen verlyhen, das e r Q 0 (t e darvon dynen sali. Ja, sage mir, so der glaub alleyne selig macht, w a s ¡ s s z > ,j a s s j c h Paulus rämet, es rawe yn nicht, das er die Corinther, nach dem sye das ewangelion und glauben hatten angenommen und wyder yhn r sund gefallen waren, betrübet hab zu der pussze? II. Corint. VII [8 f. ]. Und zu den Romern am andern [2.] capitel [4] sagt Paulus: Wey st du nicht, das dich die guttikeit Gottis tzu der pussz beyttet s . Und Petrus am dritten capitel seyner andern [2.] epistel [9] spricht: Gott wil nicht, das ymands vorloren werde, sunder will, das sye sich alle zu der pussze keren. So nun der glaub ane wergk selig macht, was ist pussz von notten? Ader ist pusse den gleubigen, so yn sund gefallen seynt, von notten, wie denn die gemeide schrifft anzeygt. Wie macht der glaub selig an wergk? Das aber eusserliche und leipliche wergk zu der pussze gehören, hast du klare und helle schrifft. Am dritten capittel des propheten Jone [5] hast du, das die Nynevyten neben dem glauben sich zu der pusse gaben yn vasten, yn harter kleydung et cet., welche pussze der herre Christus preyset und lobet, Mathei am XII. capittel [41], und Luce am XI. [30]. Welches uberaus gnungsam ist zu bezeugen, das eusserliche und leipliche wergk, tzu der pussze gehorendt, von notten seynt den gleubigen, szo yhn sundt gefallen et cetera. Darumb mit dem argument, domit du mir die gutten wergk wilt umbstosszen, stossz ich dir auch den glauben tzu bodem. Du sagest, gutte wergk verfuren den menschen, wen der mensch verlest und stewert sich darauff und wenet, er werde dardurch seligk, so doch die selikeit nit yn wercken stehet, wan so sie yhn wercken stunden, were die selickeit von vordinstnisse des menschen und nicht von gnaden und barmhertzickeit Gottis et ce. 39 Gleych mit dysem argument mach ich dyr auch deynen glauben zunicht. So du wenest, deyn glaub sey aus deynen eygen krefften unnd du konst darynnen selig werden, so bawest du auff dich selbest unnd gibst dir, nicht Gotte, die ehre, so ist deyn glaub unnutz, ja umb deyner hochfertigen undancksamkeyt, yhn welcher du faull und trege bist zum gutten, der begyrde des fleyschs ader dem leychnam nachgebende mit gnug schaffen, mit sath esszen unnd trincken, unnd alszo yhn lessickeyt unnd tragheyt vorschmehest du alle andechtige ubunge und christliche observantz, dich , , , . ° , , „ , keynem brauchende Christo nachzuvolgen ader deyn creutz aurf dich zu nemen 1 - Sunder die seligen, wie Paulus spricht zu den Gallatern am V. capitel, haben yhr fleysch gecreutziget mit den lästern und begyrden. Umb solcher deyner hochfertigen undancksamkeyt, sage ich, ist deyn glaub nicht alleyne unnutze, sunder auch vordamplich.

r) in

s) wohl Druckfehler für: leyttet

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Das der glaube nicht alle mall selig mache, höre nicht mich, höre Paulum zu den Corinthern yhn der ersten epistel am XIII. capitel sprechende: Und wan ich hette gleych allen glauben, so das ich berge vort setztte, hab ich der liebe nicht, so bin ich nichtzs. Aus dem beschleust man starcke und veste, das der glaube yhn der gestalt, als du die werck vordampst, so wenig selig machet, als die werck, wan wyder glaub noch werck, zu der Seligkeit gehörende, ist ane gnade und barmhertzigkeyt Gottis. Es ist beydes von Gotte, glaub und werck, wie den Paulus saget, als oben auch gemelt, zu den Philippensern am ersten capitel [29]: Es ist von Christo gegeben, das man yn yhn glaube und daz man umb seynet willen peynlich leyde ader wircke. Auch zu den Corynthern yn der erstenn epistel am XII. capitel spricht: Gott wyrcket alles yn allen, und der prophet Esaias am XXVI capi. spricht: Herre alle unszere werck hast du uns gewircket. Demnach bekennen wyr, das alle unser heyl und Seligkeit kommen (an alle unser vorgehende vordinstnis) aus mylder barmhertzigkeit unnd gutigkeit Gottis. Nichts weniger erkennen wyr, loben und breysen überflüssige11 libe Gottis, durch welche reytzende ader bewegende er uns wil werd e t seyne mitwyrcker ader mithelffer (wie wol er alle ding durch sich selbst vormag und wyr yhm unnotten seyn), sunder darumb, das er ursach habe, uns zu Ionen und zu bezalen, wye Paulus sagt am IUI. capitel der ersten epistel zu den Corynthern: Als denn wirt eynem itzlichen lob von Gotte, und am dritten capitel genanter epistel [9]: Wyr seint mithelffer Gottes. Solches vornym, das wyr uns nennen mithelffer Gottis, zyhet nichts ab gotlicher ehre, denn wyr vorwar wissen, das auch die gutten wercke von Gotte gegeben und vorlyhen werden, wye ytzt durch den propheten Esaiam gesagt. Und also yhn hoffnung gegrundt harren wyr und beytten w der selikeyt, nichts zweiffeinde: Spe enim salvi facti sumus. Welche selikeyt uns aus gnaden und vordinstnis wirt tzukommen. So wyr sagen aus gnaden, breysen wyr unermessene gotliche barmhertzikeit, so wyr sagen aus vordinstnissz, umbfahen wyr und fassen yhn unns die mylde und aller suste gnedikeit ader nachgebung Gottis, durch welche Got wirdiget uns zu belonen, auch die wercke, so er yn uns wircket. Darumb vill meldet die schrifft tzu lob unnd breys dem glauben als dem gruntfest, vil saget sie von den gutten wercken als von dem gebeude, was ist der grund ane gebeude? und wie stehet gebeude ane grundt? Darumb mus es beynander seyn, grundt unnd gebeude, keynes alleyne ist nutze. Was die schrifft saget von vortylgunge und verleschunge des gesetzes, saget sie von dem judischen gesettze, welches die menschen der ersten kyrchen wheneten auch zu halten seyn, durch welchs sie das vordinstnis und krafft des leyden Christi mynnerten et cetera. Und saget nicht wyder ordnunge der kyrchen. Darumb ist es eyn gefelscht argument, das Luther mit den spruchen Pauli, wyder das judische gesetze geschryben, will umbstossen die ordnunge der kyrchen und der heyligen vetter, als menschliche

u) die überströmende 49*

v) machen zu

w) erwarten

[Vg.] 1. ad Corin. 13. c. [2] Si habuer0 omnem fidem lta ut m o n t e s transf e r a m et cetera -

j j ad corjn i2. ca. [6] Deus operatur omnia in omnibus etc. [Vg ] Esaie 26 ca Omnia opera n0 stra operatus es in nobis.

[Vg.] 1. Corinte. 4 [5] Tunc laus erit unicuique a Deo.

[Vg.] Roma. 8 [24]

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[Vg.] Luce 21 [34] Attendite vobis ne graventur corpora (!) vestra etc '

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gesetze verdammen. Die schlifft wirt frevelich mit den hären gezogen, dahyn sie gar nicht gehöret. Vasten, beten, wachen ader vigilien" halten casteyung des leybs et cetera seynt nicht von menschlichem, sunder von gotlichem gesettze, wan Christus, unser herre Got, hat selbst uns zu eynem exempel gevast, gebet, 5 über nacht ym gebeth gewacht, uns auch der casteyung des leychnams vormanet, sprechende: Sehet euch vor, das ewer leychnam nicht beschwerdt werden mit fresserey ader trunckheyt et cetera. Darumb was nun die heyligen vetter Basilius 40 , Benedictus 41 , Augustinus 42 , Dominicus 43 , Franciscus 44 und andere mehr yn yhren regeln beschiyben haben, ist alles 10 gegrundt auff das leben Christi, unsers herrn Gots, und eyn untherweysung, wye wir Christo sollen volgen, demnach die regeln der heyligen vetter unbillich, ja sundtlich, vordampt, vorlasszen, veracht unnd verschmehet werden. Die regel, von den vettern beschryben, werden nymantz mit gezwang auffgelegt. Nymmet sie aber ymantz williglich an, der sehe, wie er 15 darnach lebe et cetera.

Beschiis ader kurtzer begreyff gehabter rede mit inhalt funfferley ertzneyen wyder alle anfechtung und vorsuchung.

[Vg.] Esaie 29. ca. [13] Timuerunt me mandato hominum et doctrinis.

Dyeweyl du vill worth nicht wol behalten magst, szo mercke dyse kurtze underrichtung. Luthers geruste ader bolwergk, ordenszucht, closterlich leben, gutthe werck umbzuwerffen, stehet auff disem wacken ader grundsteyn, das menschliche gesettze, haltung, ordenung ader observantz nichts sey, darumb mag sich nyemantz darzu vorbynden, nach vorbunden ader vorpflicht werden. 46 Solchs zu befestigen, eynfuret Luther etliche spruche der geschrifft, aber feischlich mit betrigung, und das es hell unnd klar werde, sah du mercken, was menschliche gesetze seyn, die eynen menschen frey lassen und nich zwyngen. Eyttel ader pur menschen gesettze ist, das alleyne den corper oder leyp betrifft, zu der seien heyll unnd selickeyt gar nichts thut ader fordert. Solchs was der Juden gesetze, das man nicht solt essen mit ungewaschen henden, welches gehalten der seien heyl nichts fordert, ubergangen auch nichts hyndert, darumb es der herre Christus vorwyrfft und seyne junger davon entschuldiget und freysaget, sprechende: Was yn mundt gehet, vorunreynet nicht den menschen et cetera, Matthei am XV. capitel [11], und Esaie am XXIX. capitel [13] saget der herre von dysen mensehen gesettzen: Sie haben mich geforcht yn der menschen geboth und jere Aber gesettze der menschen, die den leyp betreffen und doch anfengklieh und beschlislich fördern unnd thun zu heyll und selikeyt der seien, sollen unnd mögen nicht pur menschen gesettze gnant werden, wan sye x) Nachtmesse, Nachtgebet

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haben yhre ankunfft, grundt, krafft unnd stercke aus gotlichem gesettze, dan Got eynem itzlichem gepotten hat von seynem nechsten. Demnach, was die heyligen vetter, so ordensieben beschryben haben und gesatzt, vasten, bethen, vigilien halten, den leyp casteyen et cetera, ist nicht eyttell ader pur menschen gesettze, sunder Gots durch den menschen. Grunde und erforsche das ewangelion, so fyndest du, das dich Christus selbst zu dysem allen heysehet und fordert. Marci am XIIII. [38] spricht Christus: Wachet und betet, das yhr nicht eyngehet yn anfechtung. Luce am XXI. [34]: Sehet, das ewer leybe nicht beschweret werden mit vollerey ader trunckenheyt. Matthei am XVII cap. [21]: Das geschlecht der teuffei, das ist der todt sunden, wirdt nicht ausgeworffen, dan durch fasten und bethen et cetera. Szo dan nu ordensieben gegrundt ist unnd seyne wurtzel hat yn dem ewangelion, wyrd es von Luther unbillich, ja kettzerysch vordammet, unnd alles, was von den menschen gesatzt, dye sele tzu Gotte fordert, ist krefftigk unnd sali unvorworffen seyn. Sunst hetten die aposteln gesundiget und die erste kyrehe unbillich beschwerth mit yhren gepotten, Statuten ader Satzungen, welch doch Paulus lernet zu halten, als du list am buch der schichte [Apg.] im XV. und XVI. capittel. Dan solche menschliche gepoth entsetzen y ader benemmen nicht den gleubigen christlicher freyheyt, sunder behalten yhn darbey, ader fordern yhn wyder darzu, wo er die vorloren hat. Christus hat uns erloset unnd frey gemacht nicht von dem gehorszam, sunst hette Christus vorgeblich unnd unnutz gepotten Matthei am XXIII. capittel [2f.]: Auff der kathedra Moysi haben gesessen die schrifftgelartten und gleyssener, unnd darumb alles, was sie euch sagen, das haltet und thuts, item Paulus zu den Ebreern am XIII. capittel [Hebr. 13, 17; wohl aber gemeint Rom. 13, 1]: Seyt gehorsam denen, so euch vorgesettzet seynt, und gebet euch under sye et cetera, auch andere geschrifft mher, die uns saget von dem gehorsam den menschen zu pflegen. Sunder Christus hat uns erloset von den sunden, deren knechte wyr waren vor der tauffe, als Christus selbst saget: Wer sunde thut, der ist eyn knecht und dyner der sunden [Joh. 8, 34], vor dyszem dinst warnet Paulus die Romern, zu yhn schreybende am VI. capitel [12] seyner episteln yn dyse wordt: Bruder, sund soll nicht herschen yn ewerm sterblichen leychnam, gehorsam zu pflegen seynen begyrden et cetera. Und darumb die ceremonyen, Satzungen, gepotten, Statuten, von menschen gesatzt, die do benemmen ursach zu sunden ader abzyhen von sunden, fordern ader treyben zu dem gutten, seynt z christliche freyheyt nicht zu brechen, sunder seynt mehr den menschen yn die freyheit settzen, wan sye yhn benemmen ursach zu sunden, von deren dinst uns Christus erloset hat und gefreyhet, wie er selbst saget Joannis am VIII. capitel [36]: So der son Gottis euch erloset, so werdt yhr warlich frey. Wyr sagen ja und bekennen öffentlich, das aller 2 Christen menschen sey eyne freyheyt, eyne observantz ader haltung, eyn orden, eyn gotlicher

y) entlassen aus

z) sind dazu angetan

a) für alle

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dinst, eyn ewangelische regel, eyn ewig leben, und gemeinlich tzu reden, alle ding seyn allen gemeyn, das keyne zweytrechtikeyt werde ader sey yn den glidmassen des geistlichen leychnams Christi. Nichts wenyger b sagen wyr und bekennen, das ym closterlichen leben mher und grosser bequemheit sey, ewangelische volkomenheit zu erlangen. Auch sey darynne grosser ehnlichkeit ader vorgleychung zu den hymlischen burgern, das ist zu den heyligen engel. Es ist auch yn closterlichem leben mher geschicklickeit tzu entpfahen gotliche gaben, denn yn wertlichem leben. Ich sag erstlich, yn closterlichem leben ist mher und grosser bequemheit, ewangelische volkommenheit tzu erlangen. Dan wo wirdt dem mensehen entzogen Ursache zu sunden, welche Ursache auch (als man sagt) eym diep macht, und wyrdt gegeben furderung zu dem gutten und zu reformiren den eussern menschen, welches reformacion von notten ist, den ynnern menschen wyderumb zu seyner rechten gestalt tzu brengen, des hastu eyn exempel, bildnysz ader figur ym ersten buch der konigen am XIIII (!). ca. [wohl 1. Sam. 19, 9] von Saul, welcher durch den bösen geist voryrret und bekümmert leichterung uberquam, erquickung und erfryschung erlangte, szo David vor yhm die harffe schlugk. Des gleychen list du am Vierden buch der konigen am dritten ca. [2. Kön. 3, 15], do der prophet Elyzeus hortte den psalten, das ist den lobsenger, wart yhm gegeben Offenbarung des geists. So wyrdt noch heute zu tage yn closterlichem leben gefordert durch eusserliche leibliche observantz zu reformation und besserung des ynnern menschen. Czum andern sag ich, daz yn closterlichem leben ist grosser ehnlikeit ader vorgleichung zu den hymlischen burgern, dan closterlich leben ist bequem und geschyckt zu beschawlykeit ader zu begyrlicher vorsuchung gotlicher sussykeyt, weiszheyt, welche den ausserwelten (dye weil sie alhie seynt ym gast leben) vorlyhen wyrdt, bis sie mit den hymlischen burgern, mit den heyligen engein, Gotte sehen von angesicht zu angesicht. In closterlichem leben ist auch stetter vleissiger lob und dancksagung Gottis, mher erquickung ader frolockung ym heyligen geyste und vleyssiger vorbrengung ader ubung gotlichs willens, denn yn der werldt, do lauffen und waltzen die unden c des meres, tumult und ungestumykeyt werltlicher handelung, czangk und hader umb das deyn und meyn, welches ym closter ist hynweggenommen, darumb das alle ding gemeyn seynt. Czu dem dritten, yn closterlichem leben gesehydt ader wyrdt vorbracht eyn volkommen gantz entzund opffer, holocaustum perfectum, dan do wyrdt durch den gehorsam mactyrt d ader getodtet der eygen wyll, eyn wurtzel alles arges, aller laster unnd tyran, welcher alleyne uns wyder unnderwyrfft dem schnöden dynst der sunden, wye oben klerlich gesagt. Yn dyszem opffer wirdt auch fleyschliche begyrde sundtliche entzundung getodtet durch keuscheyt, der geytz und lybe yrdischer gütter durch willige6 armut, aus welchem allem eyner ordenspersonen grossze geschycklykeyt f zukumpt, zu entphaen gotliche gaben und gnaden.

b) Dennoch schick

c) Wogen

d) geopfert, hingeschlachtet

e) freiwillige

f) Ge-

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Hye must du abgonner und hasser des ordensieben ader geystlichen standtz deyn auge nicht krummen auff die person des standts, sunder syhe an mit offen und geraden äugen den stand der personen. Ich höre dich nicht, nyms auch nicht an, szo du sagest, wue seynt solche ordenspersonen ader solche geystliche? Paulus antwort vor uns und spricht zu dir: Wer bist Ad Roma. 13 du, das du eynen frembden knecht richtest? Er stehet ader feilet seynem [Rom. 14, 4] herren. Er wyrt aber stehen, Got ist mechtig yhn auffzurichten. Sage mir, neyder, der ehren abreysser, affterkoszer, natterstecher, berichte mich, was settzen die heyligen vettern Benedictus, Augustinus, Franciscus, Dominicus ader ander, so der ordenspersonen regeln beschryben haben, das ym evangelion nicht seyne wurtzel hat ader darynne nicht gegrundt ist? Ader womit ist eyn ordenperson beschwerdt, dozu eyn gemeyner christenmensch durch das ewangelion nicht gefordert wyrdt ader yhn als das beste 8 nicht angetzeyget wyrdt? Meldest du die kleydung, das sie kutten tragen ader allzeyt eynerley form ader gestalt der kleydung brauchen? Das ist kleyne beschwerung, auch dem ewangelion gar nichts entgegen, das ewangelion breyset und entpfellet uns die eynfeldyckeyt*1 und harttyckeyt der kleydung, Matthei am dritten [4], Marci am ersten capitteln [6] wirt Joannes gelobet, das er hab eyn heren' kleyd getragen, und Luce am XVI. capitel [19ff.] wirt unreyne^ ursach des reichen mans vordampnis angezeyget die kosperlichkeyt seyner kleydung. Darumb haben die heyligen vettern solche form ader gestalt der kleydung eingesatzt, die ordenpersonen zu erynnern yhres standes eynfeldyckeyt und vorschmeung der werlt unnd das man kleydung alleyn zu leybs notturfft brauchen sali, nicht zu eytelkeyt und hoffart, als die werldlichen, dye yn seltzen und nawen färben und schnytten behecglykeit haben und wollen darynne gesehen werden. Bistu aber sagen, daz die ordenspersonnen beschwerd seynt mit schweygen, daz sie nicht zu itzlicher zeyt unnd an itzlicher Stadt reden, o, daz ist keyne beschwerung, auch dem ewangelion nicht entgegen. Christus, der herre, der von dir rechenschafft fordert eyns itzlichen unnutzen vorgeblichen worts, erlaubt dir nicht, was du wilt und wo du wilt zu reden, Matthei XXI [13], do der herre sagt: Meyn haus ist eyn bethausz, vorwar er hat nichts anders dorynne wolt geredt werden, den das gebet, darumb itzlicher, der du dich zu dem ewangelio bekennest, wenn du redest unnutz vorgeblich yn der kyrchen, ja auch aus der kyrchen, ich geschweyge affterkosen, scheltword, fluchen, schweren ander sundliche wort, so hast du wyder daz ewangelion deyn schweygen gebrochen. Darumb wer Gots gericht vor äugen hat, den beschwerdt daz schweygen nicht, dieweyl auch am X. ca. [19] des buchs der spruche deutlich geschryben ist, in vill reden ist sund gegenwertig, und der apostel Jacobus sagt am ersten ca. [26] seyner episteln, welcher seyne zunge nicht zemet ader zwinget, der ist eyn unnutzer, vorgeblicher Christen, dann seyn religion ist umbsunst. So du nun sagest,

g) ihm zum Besten, als Bestes druckt für: uns eine

h) Einfachheit

i) härenes

j) wohl ver-

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dem menschen sey frey nach seynem gefall kleydung zu tragen, nach seynem gefall wu und was er will zu reden, sagest du unwar. Die ewangelische regel lest keynem menschen nach zu reden, denn k was noth unnd nutzbarlich ist, des gleychen kleydung tzu bedeckung des leybs, eytelkeit, uberflussigkeyt1, zertlichkeyt m , hoffart gantz abgethan und auszgeschlossen. Was anders ist denn den ordensperson über das evangelion beschweMatthei 2 [11] ren. Wilt du sagen von inclinyrn", venien 0 nemmen ader von bücken, so man under dem gebeth brauchet? Ist inclynyrn, bücken under dem gebeth sundt, so haben die heyligen drey konig von Orient kommende unrecht gethan, das sie nyderfallent den herren haben angebettet. Ja, straff auch Matthei 26 [39] Christum, den herren, das er ym ollberge bethende auff seynn heyligs antlitz gefallen ist, Matthei XXVI. Was wilt du nun mher anzeygen, domit nonnen ader monche über das ewangelion beschwerdt seynt? Wenest du vasten, wachen, bethen, disciplyn nemmen, casteyung des leibs? Czu dysen stucken wirst du manchfaldiglich vormanet und gefordert ym evangelion und andern schrifften der heyligen aposteln, wye oben clerlich angezeyget. Nicht weniger sagst du unrecht, so du sprichst, das die drey selbstendigen p dinge geystlichs lebens, gehorsam, armuth, keuscheyt, den menschen über das evangelion beschweren 47 , dan Christus sich selbst yn dysen dreyen stucken eyn exemplar 4 und vorbildt erzeyget hat, vormanet und fordert darzu, als zu dem besten, Matthei am XIX. [12. 21 ff.], Marci am VIII. capiteln [34] und an andern orthern mher. Darumb summa summarum, das ichs mit eynem wort sage: Es ist nichts yn aller geystlichen observantz, yn closterlichem leben, ordenszucht ader yn den regeln der heyligen vettern, das nicht getzogen wirt aus dem ewangelion, ader des sich eyn frommer christenmensch billich beschweren mag, sunder yn ordensieben ist mher unnd grosszer bequemheit ewangelische volkommenheit zu erlangen, wie oben angetzeyget. Dysem allem nach, höre auff, Luther, die orden secten zu scheiden und der vetter regeln als eyttel und pur menschen gesetze zu vorwerffen und zu vorthutzen1.48 Schleus deyn lesternden mundt, schluck yn dich tzurucke deyn faulen stynckenden odem, domit du so unbeschempt closterlich leben schendest und vorlesterst. Gleycher weyse die este und zweyge des baums eyns seynt yn der wortzell und eynerley fruchte tragen, so seynt alle regeln der heyligen vettern eyns yn der wurtzel des ewangelion und tragen eynerley fruchte der forcht Gottis und haldtung der gebot. Und darumb las dich wyder5 Luthers nach keyner creaturn machinacion, nachstellung, argelist ader bose anschlege betriegen, vorfuren und umbwerffen. Bys groszmütig, vorzage nicht, nym kein ergernis yn der anfechtunge, so ytzt vorhanden ist unnd durch Luther eyngefurth wyrdt, vhasse zu hertzen den spruch Sant Jacobs des aposteln ym ersten capittel

k) als das 1) Überfluß m) Üppigkeit, Schwelgerei o) Vergebung, Gnade erflehen p) selbstverständlichen r) unterdrücken s) weder . . . noch

n) sich Verneigen q) Exempel, Beispiel

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[2] seyner episteln, do spricht er also: Yhr solt es vor eyttel freude achten, bruder, so yhr yn mancherley anfechtung fallet. Item Jacobus an gnanter Stadt [12]: Selig der mensch, welcher anfechtung duldet, wan so er bewert ist, entpfahet er die crone des lebens, die Goth vorheyschen hat den, so „ . , . . . 5 ^ Vg.] 1. Conn. 3. 5 Jyhn heben. ron IT ca. [8] Unusquis-

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Liebe Goth, halt die gebot, szo kompst du aus aller noth, wyrd nicht lessig, treg ader faull yn ordensieben, brauche dich gestrenge yn closterlicher zucht, vor äugen habenden den spruch Pauli, prima ad Corintheos III. cap. [8]: Eyn itzlicher wyrt eygene belonung nemmen nach seynen wercken, und am XV. cap. [58] gnanter episteln: Liebe brudern, seyt bestendig und unbeweglich, überflüssig ader reich yhn dem wercke des herren allzeyt, wyssende, das ewer arbeyt nicht unnutz, unfruchtbar ist yn dem herren. In dem herren, der uns krefftiget und stercket, sagt Paulus, vormogen wyr alles. Darumb ist Luthers gepler", damit er von der junckfrawschafft ader keuscheyt schrecket7, nicht anders zu halten, denn der alten schlangen sibulusw, wyspelung ader susung\ und wy gespenst y des teuffels, dem da liebet die unreynickeyt unnd wonung hat yn unkeuschen hertzen. Demnach setze deyne hoffnung und glauben gantz yhn Goth und thun darneben, was du magst, unnd brauch ader übe dich mit demuth yn casteyung deynes leybs, wye denn Paulus sich selbst eyn exempel und vorpild gibt yn der ersten episteln zu den Corinthern am IX. capi. [27] sprechende: Ich castey meynen leyb unnd zwynge yhn yn dinstparkeyt, und zu den Colloser am dritten capitel [5]: Todtet ewer glidmasse, die auff erden seynt. So du wenest, yn gnug schlaffen, ubergem z essen und trinken, tzertlicher weycher kleydung, beywonung der personen keuscheyt zu behalten,

so yrrest du unnd bist gleych deme, der fewer wil leschen und ummer mher holtz darleget. Sal fewer vorleschen, mus man dye brende von eynander werffen, nicht mher holtz darlegen. Also wilt du reynickeyt behalten, 30 must du mit der genaden Gottis wyrcken und deyne erbeyt auch thun und seyn (als Paulus spricht) eyn mitwyrcker Gottis, sunst bistu eyn vormessener und Gots vorsucher und beschuldigest Gott unbillich, das er dir nicht keuscheyt gebe, wan du thust nicht das deyne. Nym eyn exempel. Springest du vom thurm durchs fenster rab a und entpfahest schaden, unbillich 35 schuldigst du Goth, das er dich nicht vorwareth hat. Warumb gyngest du nicht die treppen errab, alszo bist du yn vollerey, leychtfertigen leben, beywonung der personen et cetera keuscheyt vorlysen, es ist deyne schult, warumb meydest du nicht ursach. Du salt dich nicht also auff deynem Gott stewern, das du das deyne 40 lassest anstehen yn mussiggang, unachtsamkeyt, ablegung gutter wercke, wan Gott hat dir nicht vorgeblich ader umbsunst vornunfft, leyb und sele vorlyhen. Du salt die selben pfundt brauchen zu gewyn, nicht yn die erden begraben [Matth. 25, 14ff.], wyrst du das thun, so wirdt Got dir auch nicht t) werde y) Gespinst

u) Geplärr v) abschreckt, abrät z) übrigen, übermäßigen a) herab

w) Zischen

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Säuseln

q Ue p r0 pri a m merce dem accipiet secundum suum laborem. j y g ] Eisdem epis to. 2.c. (!) [15,58] Fratres mei dilecti, stabiles estote et ce. [Vg.] Philip. 4. ca. [13] Omnia possum >n e o 1 u i m e con f° r t a t j-yg j j c o r j n g [27] Castigo ca corpus meum et in servitutem redigo. [Vg.] Ad Collosen 3. ca. [5] Mortificate membra vestra u e s u n t su 1 ~ ppf* tcrrsm F

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[Vg.] Apocalip. 3. seyne gnade vorsagen, wie er denn selbst bezeuget Apocalip. III [Offb. 3, ca. [20] Ego sto ad 20] sprechende: Ich stehe an der thoer und poche, thut mir ymantz auff, zu ostium et pulso. dem werde ich eyngehen et cetera. Und ab du yn deyner erbeyt, keuscheyt zu behalden, noch grossen wydderstandt, hartte anfechtung befindest, salt du doch nicht vortzagen 5 unnd von deynem kampff abe stehen, sunder vor äugen haben den spruch [Vg.] 2. ad Thi- Pauli: Nyemantz wirdt gekronet, er fechte denne redlich, das ist bestendigmo. 2 [5] Non co- lieh, und salt schreyen zu Gotte, deynem herren, mit dem andechtigen koronabitur nisi qui n i g e Ezechia [wohl Hiskia: Jes. 38, 14]: Herre, ich leyde gedrangk, gib legittime certave- a n t w o r t V or mich, das ist, hilff mir yn anfechtung, temperyre ader messige 10 nt " die vorsuchunge, an deyne hulff magk ich nicht bestehen unnd bleyben yn J [Vg.] Esaie 58 (!) a n ,e c , t ,u n _f ' , . 6 . , , „ [38 14] Domine f " § - Darumb gib antworth vor mich, nym meyn gebrechen auff vim pacior respon-

^ich.

de pro me et cetera

Das aber Luther entgegensettzet den spruch Sapientie am VIII. capittel: Ich kan nicht anders keusch seyn, es gebe denn Goth, und wil daraus schlissen, es sey dem menschen unmöglich, keuscheyt zu halden 49 , und die ordenspersonen also vorzaget machen yn yhrem kampff, ist eyn sophistisch und gefelscht argument und der aldten schlangen sibulus. Es ist ja war, wyr können nicht keusch seyn, Goth gebe es denn. Darumb aber sali yhm nyemantz die genad Gottis selbst absagen und von seynem vorsatz ader gelobnis vallen, dan aus gleychem argument ader gleycher ursach musten wyr von allen togenden ablassen, dan wyr keyne tugent ader etwas guts von uns ader aus eyteln menschlichen krefften konnen üben und thun, wie Christus selbst sagt Joannis am XV. capitel [5]: An mich konth yhr nichts thun, ja auch den glauben und die liebe musten W y r lassen fallen, dan der keyns haben wyr von unns selbst. Es ist beydes von Gotte, das wyr yn yhn glauben und das wyr durch die liebe vordinstlich wyreken, wye oben clerlich vormeldet. Darumb Goth, der dyr gibt, das du yn yhn gleubest, der wyrdt dyr auch geben (so du es begerest und darzu thust, was dyr geboret) keuscheyt zu halten, wan Got ist getrew, warhafftig und gerecht. Er lest dich nicht versucht werden, als Paulus sagt, über deyn vormogen, sunder macht mit der anfechtung eyn ubertrag ader furkommung b , das du es magest erdulden. Demnach salt du nicht lestern den gutigen almechtigen Got und an y gnaden vorzagen ader dyr die selbst absagen, dan wer yhm selbst Gots gnaden vorsaget, der hat nicht starcken glauben nach c rechte liebe zu Gotte, sunder durch misztraw und zweyffel wenegert d er und setzet eyn tzyll gotlicher barmhertzickeyt, die doch unermessen ist, darumb nicht wunder, so ym Gots gnade bricht und feiet. Deutronomii am XI. capi. [5. Mose 11, 24] hat uns Got vorheyschen, alle stelle ader itzlicher orth, den ewer fusz wyrdt treten ader raren, der wyrdt ewer seyn. Die fusze in der schlifft bedeuten die begyrdt, liebe etc., wan gleicher weyse wyr mit den fusen gehen von Stadt zu stad, so gehen wyr zu Gotte ader von Gotte durch die begyrde, liebe, darnach wyr sie wenden ader keren. Nu spricht

[Vg.] Joannis 15 [5] Sine me nihil potestis facere.

[Vg.] l.Corin. 10 [13] Fidelis autem Deus est, qui non pacietur vos tentan et cetera.

s e

n e n

b) d. h. er baut vor

c) noch

d) verringert

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der herre, alle stelle ader itzlicher Orth, den ewer fusz wyrdt raren, der wyrdt ewer seyn. Das ist, als vil begyrdt, liebe, getraw und glawben yhr werdt tzu Gote tragen, so vill werdt yhr auch erlangen, das deutet und meldet der herre klerlicher Marci am XI. cap. [24], do er spricht: Also was yhr betlich werdt bitten, glewbet, das ist, seyt nicht zweyffeln, habet starcken getraw und hoffnung, dan yhr werdt es nemen und es wyrdt euch wyderfaren ader gescheen. Warlich in closterlichem stände ader ordensieben ist nichtz so gros ader schwer zu thun, het man so vill begyr und liebe daz selbe zu üben, wie vill unlust unnd trackheyt, es worde nicht alleyne leychte, yha auch kortzweylig, lustparlich und susze. Die liebe schafft alle ding treglich®, leychte, frolich und wonsamlich, neyd aber macht alle dyngk schwer und untreglich. O wunderliche kraft der liebe, welche auch den todt nicht mit beschwerung annympt. Darumb, o ordensperson, der du trarende f erseuftzest under deynem creutze, schreye zu Gotte unnd bith bestendiglich, das Gott deyn hertze entzünde in gotlicher liebe. In liebe entzundt, wyrst du gar keyne beschwerung fulen, sunder wyrst mit dem propheten jubiliren sprechende: Herre, ich hab gelauffen den wegk deyner geboth, als du hast auszgebreittet meyn hertze durch liebe [vgl. Ps. 119, 32]. Und darumb, so du yn bestendykeyt andechtigs demutiges gebets dy gnade Gots wyrst suchen, wyrst du sye an allen zweyffel erlangen und uberkommen, Got hatz vorheyschen 8 , wirt es auch halten und war machen, doher ist der sprach Sant Bemhart 50 , das er sagt, nymant solle seyn gebet gerynge achten. Ehe dan es gehet aus unserm munde, hat es Goth lassen schreyben yn seyn buch, und under zweyhen geschyet eyns gewyszlich, eyns, wyr erlangen, was wyr bitten, so es nutzlich ist zu der seien selikkeyt, wo nicht, erlangen wyr etwas bessers uns seliglicher, denn das wyr gebetten haben. Daz gebet mit rechter andacht yn trawe ader hoffnung zu Gotte ist nymmer mher vorloren ader unnutz. Sunst hette uns Christus, der herre, vorgeblich so vill mall und durch parabel tzu dem gebethe vormanet. Luce am XVIII. capitel [1 ff.] hast du von der witwen, welche den unrechten lichter mit bestendiger beth beweget, der sunst wyder Gots forcht nach ergernysse der menschen achtet et cete. Und Luce am XI. capi. [5—8] lyst du von dem, der durch bestendig gebeth aus seyner schlaffkammer warth getryben, seynen freunde drey broth zu geben. Matthei am XVII. capitel [21] sagt Christus, das ein geschlecht der teuffei nicht wirdt ausgetryben, denn yhn vasten und bethen. Darumb salt du deyne gebethe (wye gesagt) nicht gerynge wegen*1, zu dem du so vill mall wyrst erynnert und vormanet. Und nicht alleyne das gebeth salt du nicht gerynge wegen, sunder alle gutte wercke grosz achten, dich darynne üben und überflüssig1 seyn, wan deyne erbeyt ist nicht vorgeblich ader umbsunst yn dem herren (spricht der h. Augustinus contra Pelagianos 51 ), noch sich also auff den glauben ader genad stewern unnd vortraw haben, gleich ab Got die wercke der freyen

e) erträglich strebt

f) traurig

g) verheißen

h) wägen

i) über alle Maßen be-

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wilkore nicht fordertte ader nicht achtet. Ja, der mensch sal vom bösen lassen und das gutte thun unnd der gleychen vil sagt der H. Augustinus an gnanter Stadt von der freyen wilkore 52 , liberum arbitrium, das es mit genaden Gottis wyrcken sali und mussz, Weichs Luther gerade vor den kopff stost, der sich alleyn auff den glauben stewerth und durch tragheyt gantz 5 welck unnd krafftlosz wirdt yn guten wercken, unnd ab nu der mensch durch freye wylkore ist eyn mitwyrcker Gottis, wye Paulus sagt: Wyr seyn Gottis gehulffen, prima ad Corintheos III [9], so sali doch der mensch nit yn sich selbst, sunder yn Gotte rumen, der uns vorleyhet, das wyr guts wollen und thun und sal sprechen mit Paulo [1. Kor. 15, 10]: Durch Gots 10 gnad bin ich, das ich bin, und seyne gnade ist yn mir nicht mussigk, unnutz ader ane gutte wercke gewest, dan ich hab überflüssiger geerbet, nicht ich, vornym, aus eygen krefften, sunder dye gnade Gottis mit myr, welche gnade die freye wilkore leyttet und regiret, wye der reutter das pferdt, unnd also bleybst du stets yn warer demuth und rechter bekentnysse Gots, dich 15 übende yn guten wercken, auff das Gots gnade nymmer yn dir vorgeblich, umbsunst ader unfruchtbar sey. Es seyn aber VI stucke, welche die gnade Gottis yn dir wyrcket, zu stercke allen anfechtungen zu wyderstehen. Das erste.

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Andechtige betrachtunge des leydens Christi. Das ander. Casteyung des leybes ader tódtung fleyschlicher begyrd. Das dritte. Nutzbarliche ubunge zu vormeyden mussiggehen.

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Das vierde. Sich abzyhen und hueten vor ursach zu sunden. Das funffte. Dempffen ader zunicht machen anfang der vorsuchung. Das sechste.

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Bestendickeyt yn andechtigen vleyssigem gebethe. Latine sic.

Sex remedia contra tentationes

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Memoria dominice passionis Mortificacio carnis Utile exercicium Declinatio occasionum peccandi Conculcatio principii tentationis Frequentia orationum devotarum.

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Dyse sechs stucke, ytzt gemelt, seynt krefftige und starcke vorkommung ader ertzeney wyder alle anfechtung ader vorsuchung, darumb salt du mit andacht und demuth dich darynne bestendiglichen brauchen und üben. So entpfahest du die crone, die Paulus vorheyschet denJ, die ritterli5 chen fechten, unnd wirt yn dir erfüllet, das der herre Christus gelobet und vorheyschen hat, sprechende: Wer do wirt bestendig seyn bis yn daz ende, der wyrdt seligk [Matth. 10, 22 u.ö. J . A M E N Emser 53 . Wir schreyben all itz yn gemeyn Gelert und unglert, gros und kleyn Menner und weyber, jung und alt Schuster und schneyder manigfalt Machen der bucher also vil Das schyer nyemants mher lesen will, Weichs mich dann nit gar sehr vorwundert Dieweyl der bucher etzlich hundert Noch teglich ausgehen hewt und gestern Daraus man nichtzit lernt dan lestern Die leuth zur banck hawen und sehenden Wie man itzt hört an allen enden, Und billich tzu erbarmen ist, Das man solchs von den Christen list, Weichs von den heyden nye erfaren Und schandtbucher nye so gmeyn waren Als sie bey uns ytzt worden sint Vor tzeyten het man eim den grind Darumb vorstrumpt und abgehawen, Itzt thut man durch die finger schawen, Last schreyben, trucken und umbtragen, Got geb, was bapst und keyser sagen, Zuvoran yn den grossen steten Der1' eidern sich geschemet hetten Solch hendel unnd unerber that Wyder keyserlich majestat, Der sie all haben müssen hulden, Czu gestatten oder zu dulden, Und stehet warlich wol zu besorgen Der keyser kom hewt oder morgen Das wyr des all müssen entgelten, Dann hoffart und frevel gar selten Ja nymmer ungestraffet bleyben Doch kom ich wyder auff das schreyben

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j) denen

k) deren

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Und gib dem leszer dysen radt So offt hynfurt was naws ausghat Darynn sich der schreyber thut schämen Und nit bekennen will seyn namen Das las ein yeder nur furtraben Ouch sint etzlich beschoren knaben, Die ob sie gleych yrn namen setzen Noch thund sie den leszer vorletzen Mit yr lehr und apostasey1 Die nichts dan gifft und ketzerey Darumb so lasz sie auch hinfaren Und thu das gelt ym bewtel sparen Wilt aber etwas nutzlichs lesen Und yn der bösen zeyt genesen Oder den hymel nachmaln hoffen So lisz des bischoffs buch von Roffen54, Fabrum55, Cocleum56, Diettenbergk57, So ist das dasigm ouch ein werck, Das itzt gemacht der abt zur Czell58, Daraus du findest clar und hell, Wie Luther monch und nonnen betrogen Und sie aus yrn clostern gelogen Dagegen werden die getrost Die sich ir ehr noch nit entblost Und nit also haben genarret, Sonder bestendiglich vorharret In yr profesz und geistlich zucht, Mher bringt das buchlin gmeyne frucht, Eim yeden, der das list, ald hört, Got sey gelobet und geehrt. A M E N Gedruckt zu Dresden ym tausent funff hunderten und ym XXIIII. jar.

A) Vorbemerkung Druckvorlage: Czuerrettung Ii den schwachen Ordens personen/ so ytzt II yn dysen ferlichen/ Bosen Gotlossen zeytllten/ schwerlich betrübt/ vnd angefochte II werden durch falsche vorfurliche lere ad' II schlifft/ eyn Trostlich Rede. II Paulus Amnicola Kemnicianus. II A.C. II [Bibelsprüche] II M.D.XXim. II [TE] (Am Ende:) Gedruckt zu Dresden ym tausent funff II hunderten vnd ym xxiiii. iar. II [Emserpresse.] 4° 51 Bl. Sign: A-M 4 N 3 . - Weller Suppl. 280. Pegg 125. VD 16 B 29. - SB PK Berlin: Cu 295 R. Zur Entstehung: Paul Bachmann, der Abt von Altzelle (vgl. oben Nr. 14 Zur Entstehung), wurde zu dieser Schrift wahrscheinlich durch Vorgänge in seinem eigenen

1) Abtriinnigkeit

m) dieses, das vorliegende

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Kloster angeregt. Der Dominikaner Johann Lindner aus Pirna verzeichnet in seinem „Onomasticum historicum" zum Jahre 1524 den Austritt des Priors und mehrerer Mönche aus dem Kloster Altzelle. Das könnte der unmittelbare Anlaß zu dieser Schrift gewesen sein. Darauf deutet auch die Bemerkung Bachmanns am Ende der Vorrede über sein „mühsames Amt, zumal in diesen aufrührerischen Tagen". Eine genauere zeitliche Eingrenzung ist nicht möglich. Clemen und Klaiber setzen sie ohne Begründung nach dem „Eberschwein" (vgl. Nr. 36) an. Die Nennung des Pegauer Abtes (Blick, vgl. oben Nr. 30) als Autor einer antilutherischen Schrift, die erst 1524 erschienen war, sowie die Konrad Tregers (vgl. unten Anm. 19) könnte für diese Reihenfolge sprechen. Der Druck muß dann aber alsbald erfolgt sein, da er ebenfalls noch 1524 datiert ist. Auch hierfür stellte Hieronymus Emser seine Hauspresse zur Verfügung und steuerte dem Text am Schluß ein eigenes Gedicht bei. Wir drucken Auszüge. Literatur: 363.

Clemen, Bachmann, S. 16f.; Smolinsky, Alveldt und Emser, S. 358 bis

B) Sacherläuterungen 1 Der Adressat ist unbekannt. 2 Gemeint sind die Bannung Luthers durch Papst Leo X. (Bannandrohungsbulle vom 15. Juni 1520, Bannbulle vom 3. Januar 1521) und das Wormser Edikt Kaiser Karls V. vom Mai 1521. 3 Cajetan, eigentlich Thomas de Vio (1469—1534), verhörte als päpstlicher Legat Luther 1518 in Augsburg; schrieb 1521 „De divina institutione pontificatus Romani Pontificis" (ed. in: CCath 10, 1925). 4 Christofen) Marcello, Erzbischof von Korfu (Corcyra), schrieb 1521 „De autoritate summi pontificis 5 Aloisius Marlianus, Bischof von Tuy in Spanien und kaiserlicher Sekretär, veröffentlichte im November 1520 eine Rede gegen Luther. 6 Silvester Prierias, eigentlich Mazzolini (1456—1523), päpstlicher Hoftheologe und Gutachter im Prozeß gegen Luther, veröffentlichte 1518 einen Dialog über die Macht des Papstes gegen Luthers Thesen. 7 Thomas Rhadinus, auch de Todisco oder Todiscus genannt, Professor an der Universität Rom, schrieb eine „Oratio ad principes et populos Germaniae in Martinum Lutherum", von der eine deutsche Übersetzung im Oktober 1520 in Leipzig erschienen war. 8 Vgl. Anm. 3; Bachmann zählt ihn doppelt. 9 Ambrosius Catharinus (1487—1552), italienischer Dominikaner, veröffentlichte im Dezember 1520 eine „Apologia pro veritate cath. et apost. fidei ac doctrinae adversus impia et valde pestifera M. Lutheri dogmata" und 1521 eine „Excusatio disputationis contra Lutherum ad universas ecclesias". 10 Johann Fabri, eigentlich Heigerlein (1478—1541), aus Leutkirch, Generalvikar des Bischofs von Konstanz, engagierte sich seit 1523 vornehmlich gegen die Reformation in der Schweiz. Bereits 1522 hatte er in Rom eine lateinische Schrift „adversus nova . . . dogmata Martini Lutheri" veröffentlicht, die 1523 in Leipzig nachgedruckt worden war. 11 Vgl. oben Nr. 16 Zur Entstehung, ferner Nr. 2 6 - 2 8 . 12 Vgl. oben Nr. 23 Zur Entstehung, ferner Nr. 24 f. 13 Vgl. oben Nr. 5 Zur Entstehung. 14 Gemeint ist wohl der Kölner Dominikaner und Inquisitor Jakob Hochstraten (um 1460—1527), der im April 1519 Luthers Papstthesen scharf zurückgewiesen und

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Leo X. zum Einschreiten gegen Luther aufgefordert hatte; 1521/22 veröffentlichte er in Köln ein zweibändiges Werk „Cum divo Augustino colloquia contra enormes et perverses Lutheri errores". Vgl. oben Nr. 8 Zur Entstehung. Vgl. oben Nr. 2 Zur Entstehung. War nicht zu identifizieren. Simon Blick, vgl. oben Nr. 30 Zur Entstehung. Wohl Konrad Treger, Augustinerprovinzial in Straßburg, veröffentlichte am 12. März 1524 „Paradoxa centum de ecclesiae conciliorumque auctoritate", die einen heftigen Streit mit den reformatorischen Predigern Straßburgs auslösten. Wenn er gemeint ist, kann die vorliegende Schrift Bachmanns erst danach entstanden sein (vgl. oben Zur Entstehung). Gemeint sein könnte Luthers ehemaliger Lehrer im Erfurter Augustinerkloster und späterer scharfer Gegner Johann Nathin (gest. 1529), der allerdings keine theologischen Schriften hinterlassen hat. War nicht zu identifizieren. Der 1518 von Luther (WA Br 1, S. 173 mit Anm. 3) erwähnte Jacob Symler aus Durlach? Jakob Lemp, Theologieprofessor in Tübingen. Jacobus Latomus, eigentlich Jacques Masson (um 1475—1544), Professor in Löwen, begründete in einer Schrift vom Mai 1521 das Löwener Gutachten gegen Luther vom November 1519/Februar 1520. Johannes Driedo aus Turnhout (Turenholtius), ein weiterer Löwener Theologe, der eine Schrift gegen Luther herausgab. Eustachius van der Rivieren veröffentlichte 1520 in Antwerpen eine Errorum M. Luther Brevis Confutatio. Der Dominikaner Vincentius wird von Erasmus als einer seiner Feinde (neben Stunica — vgl. Anm. 30 — u. a.) erwähnt. Gemeint ist das Gutachten der Pariser Sorbonne vom April 1521, in dem 104 Sätze Luthers verurteilt worden waren. Vgl. oben Nr. 10. Wohl Augustin Justiniani (1470-1536), Bischof von Nebbio (Korsika). Jacob Lopez Stunica, Theologe der Universität Alcala, schrieb mehrere Streitschriften gegen Erasmus und ist nur durch diese bekannt (vgl. Opera Omnia Desiderii Erasmi Roterodami, IX, 2, Amsterdam/Oxford 1983). Sancho Carranza de Miranda aus Alcala, seit 1520 in Rom, schrieb zur Verteidigung Stunicas gegen Erasmus (vgl. ebd.). Heinrich VIII.; vgl. oben Nr. 13 Zur Entstehung. John Fisher (1469—1535), Bischof von Rochester; 1523 war von ihm in Antwerpen eine Assertionis Lutheranae Confutatio erschienen, die noch im selben Jahr in Straßburg in deutscher Übersetzung herauskam; weithin galt er auch als Verfasser bzw. Inspirator von Heinrichs VIII. Assertio. Das könnte eine Anspielung auf die aktuellen Klosteraustritte in Altzelle sein (vgl. oben Zur Entstehung). Anhänger des Pelagius (gest. um 420), der die natürlichen Kräfte des Menschen als ausreichend zur Erlangung der Seligkeit ansah; 431 auf dem Konzil in Ephesus als ketzerisch verdammt. Augustin (vgl. unten Anm. 42), Hypomnesticon contra Pelagianos et Coelestianos, in: Migne PL 45, Sp. 1629. Ebd. Sp. 1614. Im folgenden l.Kap. (Bl. Blb—Dlb) wird breit ausgeführt, daß Luther den Menschen in Sinnlichkeit und Fleischesbegierde verstrickt, ihn von Gott abfuhrt und zum Knecht des eigenen Willens macht. Ein Abschnitt mit Bezug auf Lu-

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thers Schrift über das Mönchskalb zu Freiberg deutet dieses auf Luther selbst. In der Priesterschaft sieht B. die Augen des Leibes Christi, d. h. der heiligen Kirche, deshalb richte Luther seinen Kampf vor allem gegen diese. Der Adressat wird immer wieder beschworen, nicht wankelmütig zu werden; zahlreiche Bibelstellen dienen als Mahnung. So Luther an vielen Stellen seiner Schriften; in De votis monasticis, gegen die B. im folgenden polemisiert, durchzieht die Kritik der Werkgerechtigkeit fast die ganze Schrift (vgl. WA 8, S. 573-669). Basilius von Cäsarea, der Große (um 329—379), griechischer Kirchenvater; hier vor allem gemeint als Ordner des Mönchswesens, dem er die drei Gelübde der Keuschheit, Armut und des Gehorsams vorschrieb; die auf ihn zurückgehenden Regeln in CSEL 86. Benedikt von Nursia (um 480—um 555), Begründer des nach ihm benannten Benediktinerordens; die Benediktusregel in CSEL 75. Aurelius Augustinus (354—430), einer der vier großen lateinischen Kirchenlehrer; hier als Verfasser einer Regel (vgl. CSEL 57, S. 359—371), auf die sich später mehrere Orden beriefen, insbesondere die Augustiner Chorherren (seit 11./12. Jh.) und die Augustiner-Eremiten (seit dem 13. Jh.). Dominicus Guzmän (1170—1221), Stifter des Dominikaner- bzw. Predigerordens, der von der Regel Augustins ausging. Franz von Assisi (1181/1182—1226), Stifter des Franziskanerordens (ursprünglich sog. Minderbrüder; ab 1223 veränderte Ordensregel als Grundlage für Franziskaner im weiteren Sinne). Es folgen sechs weitere Kapitel (Bl. D4b—L3a): 3.: Ordnung und Gebote der Kirche halten und gute Werke tun. 4.: Wahre Freiheit entspringt aus der Liebe und dem Dienst am Nächsten und führt zum Gehorsam. 5.: Ohne Gehorsam kann niemand selig werden; Gelöbnisse adeln das gute Werk, sie stärken das in der Taufe vollzogene Verbündnis mit Gott; wer durch das Gelöbnis den eigenen Willen aufgegeben hat, ist der allerfreieste Mensch, denn er hat dem größten Tyrannen, dem eigenen Willen, abgesagt; insofern stehen Ordenspersonen über anderen Christen, sie folgen den Fußstapfen Christi unmittelbar. 6.: Obrigkeit und Gewalt sind von Christus aufgerichtet; ihnen ist zu gehorchen und zu folgen. 7.: Die in der Bibel gebotenen guten Werke haben große Wirkung vor Gott. 8.: Die Horas Canonicas, die sieben Gebetszeiten und ihr Sinn. Das im folgenden abgedruckte Schlußkapitel faßt alle wesentlichen Gedanken noch einmal zusammen. Das folgende richtet sich gegen Luthers De votis monasticis (wie Anm. 39); zum hier genannten Aspekt vgl. S. 578f. Vgl. ebd. S. 616f„ 641ff. Ebd. S. 579, 627. Eine solche Aussage findet sich weder in Sap. 8 noch diese Bibelstelle in De votis monasticis. Zur sachlichen Aussage Luthers vgl. WA 8, S. 611, 649ff., bes. 658. Der Zisterzienserabt und Kirchenlehrer Bernhard von Clairvaux (um 1090—1153); B. zitiert ohne Quellenangabe in eigener Übersetzung. Vgl. oben Anm. 36, Sp. 1631. Ebd. Sp. 1621 ff. Vgl. oben Zur Entstehung sowie oben Nr. 8 Zur Entstehung. Vgl. oben Anm. 33. Vgl. oben Anm. 10. Vgl. oben Anm. 11. Vgl. oben Anm. 12. Altzelle, d. h. Bachmann.

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Henricus P. V. H. (Pseud.): Antwort wider das unchristliche Lästerbuch Ursula Weidin, der Schosserin zu Eisenberg An den evangelischen leszer. Meyn fruntlicher leßer yn Christo, der fryd Gotes sey mit dir. Es ist yn kurtzen tagen 3 eyn buchleyn von der Schosseryn tzu Eysenbergk außgangen 1 , yn welchem sie schendet, lestert, schmehet yren nehesten christenmenschen, den abt tzu Pegaw 2 , welchs doch ist wider das gesatz, prophetenn, auch wyder das heylige ewangelium, wie wol daz sie eynfuret den spruch Johelis am 2 ca. [Joel 3, 1], das yn den letzten tagen wil Got außgießen seynen geyst und die tochter sollenn weyssagenn etc. Aber du wirst yn yrem buchleyn nit vil etwas vom geyst finden, dan sehenden und lestern yderman, das heyst nit geweyssagt, wie Paulus schreybt tzu den Cor. 1 ca. 14 [1. Kor. 14, 26]: Wan yr tzußamen komet, ßo hat eyn iglieher eyn psalm. Er hat eyn lere, er hat eyne tzungenn, er hat eyn uffenbarung, er hat eyn außlegung, last es alles geschehen tzur besserung. Auch ßagt er further Paulus [1. Kor. 14, 33f.]: Denn Got ist nitt eynn got der tzwitrachtt, ßonder des frydes. Ewer weyber last schweygen under der gemeyn, denn es ßal ynen nit tzugelassen werden, das sie reden. Aber diße Schosserin hat denn geyst Pauli nit, ßonder11 hielte sie sich anc tzweyffel nach der lere des apostels und were underthan als das gesetz saget Gen. 3 ca. [1. Mose 3, 22] und tzu den Ephe. am 5 ca. [Eph. 5, 21]. Aber hie ist tzu mercken, wie Johannes 1 capit. 4 [1. Joh. 4, 1]: Yr lieben, glaubt nit eynem yglichen geyst, ßonder pruffet die geyster, ob sie von Got seynt, dan es seyntt vil falscher propheten außgangen yn dye weit etc. Auch sehet mich das buchleyn nitt an, alßo das eyn weyb gemacht hab.d Nun es sey also, das die Schosserin hab lassen dasselbig buch außgehen, so solthe sie sich durch demut und otmudigkeyt 6 des geyst (welchs sie sich rhumett) die ere yrem man geben habenn, gleich als eynem hern des haußes, wie Sara yren haußwirt Abraham vertzoch als eynen hern, Gene. 17 ca. [1. Mose 17], auch als eynem haubtt des weybs, wie Paulus 1. Cor. 11 [3] ca. sagt. Ich halte aber, das villeycht der man ein weysch f man muß seyn, darumb, das er seynn weyb so schentlichen lest von solchen Sachen schreyben, dan yn disen geystlichen Sachen ist das weyb nit anderß tzu vormeiden gleych als das fewrblaßige thier Chimera 3 , dan altzeyt ist die flam am nehesten dem rauche, dan gleycherweyß als eyn weyb ist eyn anheber yn der sunde gewest [1. Mose 3, 6], alßo wirt sie alweg bleyben eyn grundloße 8 anreytzung der bösen sunde, das hat ser wol gewist Origenes 4 , das er sagt: Eyn

a) kürzlich b) sonst c) ohne d) Das Büchlein sieht mir nicht so aus, als ob es ein Weib gemacht hat. e) Sanftmütigkeit f) weich, weibisch g) abgrundtiefe

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Henricus P. V. H.: Antwort wider das Lästerbuch Ursula Weidin

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fraw ist eyn heubt der sunde, eyn waffen des teuffels, eyn außtreyberin des paradiß, eyn mutter der boßheyt, eyn tzurbrechung des alten gesetz. Es ist keyn glid in eynem weybe also klein, daz nit in sich hette girigkeyt, morderey, saufferey, unkeuscheyt und machen ye tzu tzeytten die menschen tzu unvernunfftigen thieren und tzu Volbringen solchen unlust, ob das ist wider billicheyt und recht, do fragt eyn weyb nichts nach, dan es gilt ir gleych vil. Aber ich finde auch yn disem buchleyn\ das solch schreyben ist tzuvor auch uff der bann1 gewest und dem Appollini 5 ubergeben, welch diß weyb heimlich gestollen hat und damit yr schreybenn gemeret, ich lobte solche, wan sie etwas machte auß yren eygen crefften und verstentniß des geysts, auff das nit eyn solch gleychniß vonn yr mocht gesagt werden, wie der Horacius 6 schreybt yn seyner III. episteln Ii. I von der kreyj, welch sich getziret hatte mit allerley feddern der vogeln, were auch gerne schone gewest, als die andern vogeln, aber die vogeln worden solchs gewar, und eyn iglicher kam unnd holte seyne feddern wider, do bleyb sie schwartz gleich als vorhin und die andern vogeln spotten yr darnach, also wirt diser Schosserin auch geschehen, dan wen ein iglicher seynen artickeln wider holt, welchen er yn diß buchlelin gesetzt hat7, wirt sy furwar bloß und kalt stehen und als dan der leutte spot seyn, das sie sich mit andern leutten schreiben getziret hat. Auch, lieber leßer meyn, es muß auch hyr alßo tzugehen, gleich als yn der schopffung der weit, da unßer ersten elthern von Got yn die lustbarliche wonung des paradiß worden gesatzt Gene. 2 ca. Do vergund der teuffei dem menschen solche guthat, auch das der mensch dahyn solt komen, von dannen er war gestossenn, derhalben vermerckt der sathan wol, das er den man nit gefeilen kund und gynck das weyb Evan an, mit seuberlichen und gifftigen Worten, durch welch weyb der arm Adam wartt betrogen unnd außgejagt durch sein ungehorsam. Itzundt aber kan der bose geist nit geschaffen11 durch falsche predigern und sihet, das die menner widerstehen seiner argenn lyst, keret er sich nun tzu den weybern, dadurch er furgibt1 sein schlangen tucke, welch doch nit wollenn verborgen sein und gehet an eyn newe Eva, gnant die Schosserin von Eyssenbergk, welch suße wort furgibtt den verlauffen munchen, trewlosen nunnen unnd abtrinnigen pfaffen, das sie aufloßen sollen yr gelubdniß und aus den clostern gehen, yn welchen sie nit kunnen selig werden, sonder vorterben leyb und sele. Sehe, sein das nit der vergifftige schlangen wort, als sie sprach tzu Eva Gene. 3 [4] ca., yr werdet mit nicht des tods sterben, gleich sagtt dise fleyschliche Eva solche wort tzu den ordensleutten, aber meyn leser, solt ich ir antwort geben auff alle ire unnutz wort, wurde mir tzeyt gebrechen, aber auff die furnemlichsten puncten wil ich antwortten, als vil mir Got vergunnet und ich auch tzeyt hab. Hyrmit, meyn freuntlicher leßer, biß m Gott befolhenn unnd liebe das heylige ewangelium. Datum etc. Henricus: Gleich als eyn mausz hastu dich itzunt selbst verraten, dann der apt tzu Begaw hat yn gemein geschrieben vonn sundenn, boßheyt, lah) das bezieht sich wieder auf die Schrift der Weidin i) Bahn, d. h. bereits unterwegs, im Entstehen j) Krähe k) nichts erreichen, ausrichten 1) entblößt m) sei 50'

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Henricus P. V. H.: Antwort wider das Lästerbuch Ursula Weidin

Stern und schänden, welch auß den newen evangelischen predigern komen, und hat darneben auch angetzeigt, waz für sunde sein, so ferestu herfur, gleich" het er dich auch mit eynem stein getroffen, das du also bellest wider ynen. Was gehet dich die Sachen an, meynstu daz sie dir tzu verfechten sey dargelegt? Warlich neyn, es müssen andern leutte thun, dan frawen, ob sie gleich den geist haben, wie du selbst antzeigts, so müssen sie doch der gemeyn weichen, wie Paulus sagtt 1 Cor. 14 [34f.] ca. Auch bistu gleich so vil nutze yn disen Sachen, als eyn hund ym bade ist, dan tzu christlichen redlichen dapfferlichen Sachen bedarff man nit eyn weyb umb radt fragen, dann tzehen frawen seyn wol ßo klugk als eynn gans ist etc., dan ich vornem wol deyn groß weyßheyt ym anfangk des buchleyns. Fraw Schosserin: Es hat der abt tzu Pegaw, meyn leßer, eyn lesterbuch lassenn außgehen, wider Christum unnd sein apostel, darin er nit alleyn das gotliche wort verleugnet, sonder auch 0 , so Christo folgen, allesampt apostatas, abtrinnig, meyneydigk, verlauffene schilt, gleich als die Juden theten, so von Christo gestrafftt wurden Johannis 8 capi.8 Henricus: Dartzu sag ich fraw Schosserin, das es falschlich erlogen ist, und bit dich durch Christum und des heyligenn evangeli, du wollest des abtts buchleyn etwa baß p besehen, dan es stehet vor an seynem tytell, Verderb und schaden der landt und leutten an gut, leyb, ere und der seien Seligkeit auß lutherischen und seyns anhangs lere tzugewant, durch den abt tzu Pegaw, wie bistu dan so kun unnd vormessen, das du schreibst, er hab lassen außgehen eyn buchlein wider Christum und sein aposteln, meynstu, das verlauffen munche, abtrinnige pfaffen, trewloße nunnen seynt aposteln Gottes? Weyt geyrret, wie stehet ym evangelio Matth. 12 [30] ca., als der her sagt tzu seynem jungern: Wer nitt mit mir ist, der ist wider mich, unnd wer nit mit mir samlet, der verstrewett. Nu sich, welch seynt wider Christum unsern hern? Seyn das nith die verlauffenn munche und trewloße pfaffen, die do predigen unnd sagen, was man Got globt q , ist unmöglich tzu halten, aber was man den menschen gelobt, das kan wan wol gehalten, nun mercke, ob sie Christo mehr gehorsam seyn ader den menschen, unnd auch, ob sie die schaff Christi ßamlen ader verstrewen mit solchen vorkerten worten und leben, und du wilt die selbigen vorthedingen, alsr sie gerecht weren und doch nit seynt. Fraw Schosserin: Also nerrisch dingk bringt er tzum marckt, ist doch keyn wort dariynnen, das einen geyst unnd warheyt yn sich helt, alleyn lesterung, schmewort und ligen wider denn fromen Luther unnd alle C h r i sten. Henricus: Kegen dir ist es nerrisch dingk, wie dan Paulus 1 Cor. 1 [21] sagt: Den dieweil die weit durch ire weyßheyt godt in seyner weißheit nicht erkante, gefiel es Got wol, durch thorichte predigt selig tzu machen, die dran glauben, und sagt weytter 1 Cor. 2 [14] ca.: Der thyrliche mensche aber vernymbtt nichts vom geyst Gottes, es ist ym nerrisch und kans nit erkennen, den es muß geystlicher weiße gericht sein. Das aber Luthers

n) als ob

o) auch diejenigen

p) besser, genauer

q) gelobt

r) als ob

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lesterung darynne ist, des ist er ein ursach, dann auß seynen eigenn worten wirt er gericht. Er hat das angefangen yn seynen buchern, lestern, sehenden und schmehen yderman, und dasselbigk hatt ynen seyn geyst und die warheytt gelernt, wan nun eyner des Lutters schreyben angetzeigt, muß dan des selbigen buchleyns vol lesterung unnd schmehewort seyn? Hat doch der abt alleyn angetzeygt den christenmenschenn die schmehewortt, welch in Lutters buchern bfunden werden, tzur warnung und tzu verhüten, auff das der arm und eynfeltiger man mit s gifft für honigk schopffe etc. Schosserin: Er forcht seyns bauchs, des grossen abgots unnd liebstenn frundes, dem er alles guttes gan, das dem jo nit sein ere enttzogen mocht werden und must also dan not und abbruch leiden etc. Henricus: Ich glaub nit, das der abtt also liebet seinenn bauch, er weyß an tzweyffel wol, das essen und trincken nit ererben das reych Gottes, ad Roma 14 [17], aber die evangelischen leuthe, die meynen, es stehe in fressen und sauffen und in andere untugent, die sie leider itzunt furnemen, als mit fleisch fressen etc., unnd wissen nit, das die speyse uns nith beheglich macht dem hern Christo, wie Paulus sagt 1 Cor. 8 [8f.]: Dan essen wir, ßo werden wir drumb nicht besser sein, essen wir nit, ßo werden wir darumb nichts weniger sein. Sehet aber tzu, das dise ewer freyheit nit geraten tzu eynem ergernis der schwachen. Was aber für ergerniß auß den newen evangelischen predigern komenn, das ist für äugen, wie wol Paulus auch sagt 1 Cor. 6 [12f.]: Ich habs alles macht, es nutzt mir aber nit alles, die speise dem bauche und der bauche der speyse, aber Got wirt dißen und jhenen hinrichten. Fraw Schosserin: Es mocht etwan sich die tzeyt verlauffen, das die fursten zum theyl auch Christen wurden und des unreynen geystlichenn lebens yn yren landen eyn endt machten, hat er wollen furkomen' und den selben die handt brauchen", das er sie verstock machte mit seyner logen und eynen gelimpff [bei] ynen erlangen etc. Henricus: O welch eyn groß schmaheyt thustu denn christlichen fursten, das du hoffest, sie sollen balde Christen werdenn. Seyn nit alle fursten itzundt in teutschen landen christenleut? und von christlichen elthern auff uns ererbet? Aber dieweyl das sie dir und deynes gleychen logen thedingen nit annemen wollen, werden sie von dir auch tyrrannen gescholtenn, aber ich halte, das die fursten itzundt tzur tzeit rechtschaffne Christen seynt und auch thun werdenn, als yr vorfam, großelthern und vettern 7 gethan haben, tzu verfechten den Christenglauben und das unkraut außrotten und vertilgen, dan yre elthern haben leyb und leben dargeben, auff das sie die christliche kirchen beschützt haben 9 . Aber du und deyn anhangk macht leyder itzundtt vil getzancks unther denn christlichen fursten, dan welchen ir wollet, den nennet yr eynen christlichen loblichenn fursten, die ander aber, welch euch mißfellig seynt, die lestert und schmehet yr und heyst sie tyrannen, darumb das sie ewer buberey nit wollenn anhangen. Auch solch

s) wohl Druckfehler für: nit heißt es: krauhen v) Vater

t) zuvorkommen, verhindern

u) bei der Weidin

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ubel, wie du furgibst, seyn wol figurirtt yn dem buch Judicum am 16. [Richter 16, 17ff.] durch sieben har Samsonis, die das heubt der Teutschenn Nacion an sich sal haben, die selbigen har understehen abtzuscheren die evangelischenn, freyenn Christen, verlauffen munche, abtrinnige pfaffen, trewloße nunnen unnd solch unkraut, das itzundt wechsset, unther dem edelsten weytz des glaubens. Auch verlassen sie yre herren und verbynden sich tzu den sie getrawenn gehabt habenn, unnd understehen die ungläubigen tzu füren wider das volck des herren und das heubt des glaubens, so es seyn har, das ist krafft und machtt, verleust, wirt es schwach, gleich als Samson wart, und derhalben, yr lieben fursten unnd hern, die weyll das Romisch Reich stehet, wirt der endtchrist nitt komen, und darumb ermant der apostel die von Tessalon. 2 ca. 2 [2. Thess. 2, 3], das tzuvor der abffal komen muß, auch der do helt der halte, welch wort das Romisch Reich bedeuten, dan so es tzubrochen und tzurstort wirt, so kompt der endechrist. Aber das die newen predigern sagen, er kombt nit, sonder er sey tzuvor w hie und das sey der babst, und der geistliche standt sey des endechrist regiment, das ist ynen eyn gut spiel, dan solchs verstehett der arm gemeyn man nit, dan wan sie sagten, der endtchrist solt noch komen, so wer das gewiß, das sie seyn vorlauffer werenn, wie sie doch seynt nach antzeygung gütlicher und apostolischer schrifft. Fraw Schosserin: Pilatus und Herodes müssen freund werden, wan man Christum todten sal, hat er diß buchleyn lassenn außgehenn, groß weyßheit hatt er hyryn gebraucht. Henricus: O wie eyn freuntschafft ist tzwischen Jhesu und Belial, den was hat die gerechtigkeit für geniß mit der ungerechtigkeyt? was hat das leychtt" für gemeynschafftt mit dem fynsterniß? wie Paulus 4 (!) Cor. 6 [2. Kor. 6, 14] sagt, ader waz für eyn theil hat der gleubige mit dem ungläubigen? was ist für eyn freuntschafftt der kirchen und deyn dyner des teuffels? des wolffs unnd des schaffs? Dan mit ungleychen pferden tzeucht man nymmer recht den wagen, und machst furwar eyn seltzam gleichniß alhie, du darffst nicht gedencken, das alle evangelischen lerer Christo seyn tzu vergleichen, ob man ynen yr recht theten hie auff erden, auff daz der geyst Gottes mocht behalten werden, 1 Cor. 5 ca., derhalben leyden sie nit wie Christus unßer heyland gelitten hat, und du wilt sie Christo vergleychen, der her Jhesus kennet alleyn die seynen wol, auch hat die gotliche erwelung nit erweit predigers des streytts ader streyttpar menner, als leyder vorhanden ist, dißen yrthumb der ketzerey yn das volck tzu bringen mit gewalt, und sagen noch dartzu, das wort Gottes wil es also haben, davon spricht der prophet Abakuck nu y 2 [12] ca., we den, die bawen stette ym blut, davon hat die erdenn verschlungen Dathan und Abiron vonn dem tzom Gottes, so sie noch irer hoffart und ungestumigkeyt woltenn nemen die höchste pristerschafft, als Numeri [4. Mose] am 16 [31 ff.] ca. stehet. Fraw Schosserin: Warlich von solchen leuthen hat Paulus 2 Timot. 3 [1—9] geweyssagt, das in denn letzten tagenn geytzig, ußettigs, fressigks

w) bereits

x) Licht

y) wohl Druckfehler für: im, am

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volcks vil werden wurde und die weit erfüllen, welchs nun reichlich vyrdhalb z hundert jare geistlich und unßetlich hauff erfult hat etc. Henricus: Fraw klugelin, weytt gefeelt, hie wer dir vonn nottenn eynes brylles, das du die schrifft und wort Pauli baß kündest verstehen, ich wolt dich auch wol itzunt schelten, wie du dem abtt tzu Pegaw thust, so schone ich doch deyner weyblichen unnd unwissende worte, welch du eynfurest, und wil dich derhalb bruderlich und christlich vermanen, dan der heylige Paulus hat sere wol gewust, das etlich nach im wurden die Christen abwenden vom glauben, und derhalb schreib er tzu Timotheo an der obgnanten Stadt 2 Timo. 3 und tzeigt an, was für gesellen seynt, die do körnen werden in den letzten tagen, und sagt also, es werden menschen seyn, die von sich selbst halten, geytzig, stoltz, hoffertig, lesterer, den eidern ungehorsam, undanckbar, ungeistlich, sehender, unkeusch, die mer lieben die wollust dan Godt. Sich3, fraw Schosserin, wer seyn die leuthe änderst dan die evangelische predigern? halten die nit von sich selbs? Wan sie sagen, sie haben das evangelium Christi funden, das unther der banck gelegenn hat, unnd seyn darbey so stoltz, das sie keynem menschen wyechen ader hören wollen, die doch auch das evangelium wissen, yst daz eyn new evangelium herfurgebracht, sehenden und lestern seynen nehesten christenmenschen, so hat es jo der sathan herfurgebracht. Seyn itzund nit die kynder yren elthern ungehorsam? und die scholer stehen auff kegen iren meystern? wovon kombt das? dan alleyn auß evangelischer freyheyt, undanckbar und ungeistlich folget im selben text, wer seyn die? dan verlauffe munche, pfaffen und trewloße nunnen, die wollen Got nit dancken umb der wolthat und groß guttigkeyt, welch er ynen beweyst hat, und lieben itzundt auch mer die wollust dan Gott, tzuvor haben sie Got gedienet, aber itzundt nemen sie weyber unnd gehen vom geyst tzum fleysch. O, welch prediger seyn das yn unßern tzeytten, uns vorelthern hetten solchen buben und bubin tzum lande außgestuppett b , auch sagt Paulus weytter, die da haben das geperde eynes godtßeligen wandels, aber seyn krafft verleukken sie, da werden sie aber hübsch außgestriechen von S. Paulo, das sie sagen, es ist unmöglich keuscheyt tzu halten, was ist das änderst, dan das sie die crafft Gotes verleucken, welch sie billich solten anruffen und begeren, so wurde ynen an tzweyffel die selbige krafft und gnade von Godt gegeben, mit welcher sie kunthen uberwinden alle betrugniß des teuffels, was sal ynen aber Got helffen, wan sie es nit begeren. Von solchen leuthen vermantt Paulus Timotheum, daz er sich sal abwenden, faren hin und her mit mancherley lusten, lernen ymmer dar und können nit tzur erkentniß der warheit komen. Sich, du Schladecka 0 , werdenn nit deyne prediger, verlauffen munch und nunnen, trewloße pfaffen durch Paulum yn dißem capitel angetzeygt, welchs du tzihest auff den abtt tzu Pegaw alleyn. O, du vergifftige schlänge, wie tzerrestu an der schrifft, wan Paulus deyn unnd deynen verlauffen munche, abtrinnige pfaffen und trewloße nunnen schandecker 0

z) dreieinhalb a) Siehe b) gestäupt c) schlampiges Frauenzimmer, unsaubere Dirne d) Schanddeckel, Bedecker deiner Schande

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wolthe seyn, so stundestu mit ynen sere wol, aber Paulus spricht, wyr sollen ynen widerstehen, es seynt menschen von tzurutten synnen, unthuchtig tzum glauben, aber sie Werdens nit außfuren. Fraw Schosserin: Hastu doch die schlifft durchwuelet als eynn unfletige saw und tzurissen, sie mocht zether schreyen haben, keynen spruch, den du eynfurest, seyner naturlichen verstand gelassen etc. Henricus: Sich, freuntlicher lieber leßer, wie das weyb so fleischlich mitt der schlifft handelt und schlehet hie Paulum an eyn ore, welcher geschrieben hat tzu denn 1 Cor. 2 ca. Bytt dich, liber leßer, gutlich, du wollest dasselbig capittel mitt fleyß durchlesenn und sehen, ab man die schrifft geystlich ader naturlich sal handeil, als dise vascharra e furgibt, ye wie feyn tzeygtt sich deynn geist abermals an yn dem spruch, denn du tzu deyner eynfurung gethan hast, ist das geweissagt, wie der prophett Johel spricht am 2 [3, 1] ca., hastu eynen solchen geist, der darff sagenn, man ßal der schrifft eynen naturlichen verstandt lassen, pfue ymmer pfue, scheme dich, du rechter unflat, wiltu die gotliche schrifft außlegenn naturlich, ist nit das naturlich verstentniß vergencklich und das geistlich ewig? Derhalben spricht S. Paulus 1. Cor. 2 [14], das sie haben die schrifft naturlichen verstanden (gleich wie du) nach der weit, darumb haben sie den herren der herlichkeyt gecreutziget, du magst wol damit außen bleybenn, die weyl du solch ding schreybst, redest offenlich wider das heylige evangelium Joan. am 6 [63]. Da spricht der here Jesus: Die wort, die ich rede, die seynt geyst und seynt lebenn. Sich da, sal mann die auch naturlich verstehen, bleyb nur daheym und wartte des rocken und spyndel, laß die schrifft mit friden, dan wan Paulus itzunt lebt nach dem fleisch^ er wurde an zweiffei tzu dir schreyben, wie er tzu den Corinthern that, das man geystlichen richten ßal und nit naturlichen, ich mag von recht wol ßagen, wie du dem abtt tzuschreybst, itzundt auch vonn dir, das mich furwar deyner unwissenheytt und groben anlauffens sere erbarmet. Auch wie der prophet spricht: Oren hastu und hörest nit, äugen und sehest nit [Jer. 5, 21], etc. Fraw Schosserin: Es solt dich ye billich Eccius 10 unnd seyn anhangk verstendig gemacht habenn. Sehestu nit, das der bock 11 seyn horner Verstössen hast und nichts mer dan blecken kan, das machtt das im saltz in mund geben wirt, sunst were er langst auch stum worden. Henricus: Hye gibstu dich feyn an tagk, was du ym schilt fürest, wo kombstu her mit deynen faulen stichlingen. Ich halt, du habst eynen egelln 8 gefressen, das dir die stichling noch ym maul hangen, was hat dir der bock gethan? das du ynen alßo hinderruck beschmeists. Ich glaub, daz ist die ursach, gleich als du selbs schreybst, er hab seyn horner Verstössen und dartzu ist er aldt, villeicht wan jungk und die horner noch scharff weren, hette man ynen vil lieber dann itzundt, dieweyl er die horner Verstössen hat. Ich halt, die newen evangelischen weybern wolten auch gern saltz lecken (wie die tzigen thon), aber es will ynen nymant geben, derhal-

e) bei Grimm nicht nachgewiesen (Wascherdime?) g) Igel

0 d. h. jetzt fleischlich lebte

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ben müssen sie auch buchleyn schreyben und daryn loben verlauffen munche, abtrynnige pfaffen, ob yrgen etliche unther den selbigen weren, die ire horner noch nit Verstössen hetten, die wurden gute, das sie yren verfechterynne saltz tzu lecken gebenn. Wo bleybt itzundt deyne gespan, Argula von Crumbach 12 , die wolt gantz die universitet vertilgen umb eyns jungleyns wyllen, Got weyß woll warumb, ich halt, yr wyl nimant mer saltz tzu lekken geben, darumb kan sie auch nit mer blecken. Sehet, lieben freunde in Christo, seyn daz nit tzwey hübsche lichter des evangeli newlich auffgangen. Eyne schreybt wider das collegium, die ander wider den abt unnd seyne bruder tzu Pegaw, wer weyß, was dißen tzweyen schwestern mangelt. Auch der bock, welchen du schmehest, der leckt recht saltz, damit er wol bestehen kan mit seynem blocken für Godt und der weit, aber deyn saltz ist hinfurt nit nutz (wie Mattheus am 5 [13], Marcus 9 [50], Lucas 14 [34] ca. schreyben), den das man es hynaußschutte und las die leutte tzutretten. O we dem man, der eyn solch weyb hat, hie sihet man wol, was du für ein vogell bist, dan hutte dich, es werden etliche komen und dir die fawlen fysche saltzen, dann wiltu pfeyl außwerffen, so mustu sie widerum auff fangen etc. Schosserin: O we euch, yn h falschen propheten, die yr uns stelet und verkert dy wort des lebending Gotes, dy ir daz wort des hern verlerstert und nit annemet, die es aber annemen, hindert yr etc. ir propheten, pfaffen und munch vom dem kleinsten biß auff den grosten, dy ir alleyn handelt mit eytel lauther liegen und triegen etc. Henricus: Hie tustu aber gewalt und unrecht unsern vorfarn, welche dy uns tzuvor auch haben das wort Gottes gepredigt und gesagt, und leugst falschlich, daz die schlifft, welch du antzeygstt, auff sie lauttenn, dan sie haben auch besser das wortt Gottes dem volck verkündigt und nit verkert, wie leider itzunt du und deyn anhang thut, weistu nit, daz uns unser vorfarn gelernt haben allen gehorsam, auch den weg tzur seligkeyt enge gemacht? wie der her Jesus selbem sagt Mat. 7 [13f.] und Luce 13 [24] ca.: Gehet ein durch dy enge pforten, den dy pfort ist weyt und der wegk ist breit, der do abfurt zu der verdamniß, und ir sein vil, die da durchgehen, und dy pfort ist enge und der weg ist schmal, der da zum leben füret, und wenig ist ir, dy in finden. Sich nun tzu, wer seyn dy itzunt den weg tzur Seligkeit auch enge machen, wie jhenen thete, keren aber dise nit umb die wort Cristi? Was der her Jesus hat enge gemacht, daz machen sie weyt, gleych wie der prophet sagt, sy werden boß dingk gut heissen und gut dingk boß [Jes. 5, 20], wie es auch leider ist, das schände ist ere worden und ere yn schände verkert. Sich da, für solchen propheten ßal man sich huttenn, wie der her Jhesus sagt Matthei 7 [15] unnd Marcus am 8 [?] ca: Dann sie werden zu uns komen in schaffskleydern, inwendig aber seynt sie reyssende wolffe. Das seyn itzundt unser evangelische predigern, welch gehen auff der gassen mit grossen byrrethen 1 , mit rothen und bunthen rokke, außgeschnitten schuch, lang messer, gleich als dy landtsknecht, aber

h) Druckfehler für: yr (so auch bei der Weidin)

i) Baretten

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wan sie wollen predigen, so tzihen sie graw rocke an, auff das der einfeltige man yn guttem scheyn betrogen wirt, aber Christus hat unns gewarnet und eyn tzeychen geben und gesagt: An iren fruchten solt yr sie erkennen [Matth. 7, 16]. Sich nun, was für fruchte darauß komen, gleich als sie leben nach dem evangelio, also bringen sy auch fruchte des evangelii, sagt weytter der her Jhesus Mat. 7 [18]: Eyn böser bawm kan mit* gutte fruchte bringen. Sich, das redt der mund der warheit, wan ich nun das selbige lobte, was der her Jhesus schilt, ßo machtt ich Jhesum tzum logner. Sage myr doch eyns, welcher unther den newen evangelischen predigem ist doch eynn gutter bawm? der alleynn eynn gutt wurtzeln hette, dyweyll das du sie gutte prophetenn unnd from menner nenest, und Jhesus ßagtt, sie seyn falsche prophetenn, wie kombst über eyns mitt dem wortt Gottes, du elender armer ßagk, dye newenn Christen werdenn wol vergleychtt dem feygenbawm, darvon der her Jhesus sagt ym evangelio Mat. 21 [19] und Marci 11 [13] ca., welcher schon bletter von sich gab, aber der her Jhesus kam tzu ym und fand keyn frucht yn ym. Sich, gleubstu auch, das der herr Jhesus yn dißen evangelischen leuthen solt groß fruchte finden? dan allein, das sie tragen disteln und dornen, Mat. 7 [16], we den armen schaffen, die solch dysteln essen und mit solchen dorn gekratzt werden etc. Fraw Schosserin: Ich muß urlaub nemen, dir die kappen baß außsteuben, weyll du für mussiganck unnd faulen tagen nit gewust bessers tzu schaffen, den ergernis under dem volck antzurichten, narren muß man mit kolben laussen 13 etc. Henricus: Hie komen die evangelische fruchte, do ich tzuvor von gesagt habe, als seyn kappen außtzusteuben, narren mit kolben laußen, sehenden und lestern yderman, das ist das beste auff der evangelische karten, gehorent solche lesterwort eyner evangelischenn lererin tzu? Ich gleub nit, das eyn funckleynn guttes geysts in dir sey, dan es stehet ym evangelio Math, am 19 [19] und 22 [39], Marci 12 [31] ca., das eynn iglicher evangelischer mensch ßal seynen nehesten lieben als sich selbem, aber du wilt deinem nehesten die kappen steubenn, ist das christlich, gotlich, bruderlich? Neyn warlich, auch heystu ynen eynen eyn narren, wie sagt der herr Jhesus Matt. 5 [22] ca.: Wer mit seynem bruder tzurnet, der ist des gerichts schuldig, wer aber tzu seynem bruder sagtt, racha, der ist des todts schuldig, wer aber sagtt, du narr, der ist des hellischen fewrs schuldig. Sich, fraw klugelin, welch eynen gutten geyst hastu, der die leut schendet unnd lestert und ßagt, man ßal narren mit kolben laußen, wann du wollest gut evangelisch seyn und deynen nehesten straffen, so sollestu du leßen, was Mattheus am 18 [15] und Lucas am 17 [3f.] ca. schreyben: So deyn bruder an dyr sundiget, so straff ynen, und wen er gleich sieben mal des tages an dir sundigen wurde etc. Da schreibt Lucas nit, das mann ynen sal mit kolben laussenn. Auch Paulus tzu denn Gal. am 6 [5, 25—6, 1] ca. sagt: So wir ym geyst lebenn, so last uns auch ym geist eynher trettenn, last uns nitt eyttel ergeytzig seyn, unthereynander tzu entrustenn unnd tzu hassen,

j) Druckfehler für: nit

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und ßagt weytter: Lieben bruder, so eyn mensch etwa von eynem feel ubereylt wurde, ßo underweysset ynnen mitt ßanfftmutigem geyst, die yr geystlich seytt. Warumb straffest du denn abtt nit auch also, die weyl du doch auch denn geyst hast, darvon der prophet Johel am 2 [3, 1] cap. sprichtt, Gott will außgissen yn denn letzten tagen von seynem geyst auff alles fleysch, unnd ewere tochter sollen weyssagen, und derhalben weyssagstu loß dyngk, ist keyn ander geyst von Godt yn dich gegossen, dan als deyn schreyben außweysset, das erbarm Gott, ich meynte, Gott wurde außgießen seynem geyst, welcher ist eyn geyst des frydes, der eynigkeit, der liebe, der warheyt, wie der herr Jhesus sagt Johan am 15 [26] unnd 16 [13] capittel: Wan der komen wirt, der wirt euch in alle warheyt leytten. Schosserin: Auch wil ich dyr nit auß eygnem gutduncken, sonder auß der schrifft antzeygen, das nit der falschen teuffelischen bebstlichen kirchen tzu gleuben sey und alter gewonheyt nit tzu folgen (den hirin ist wartzunemen die regel Pauli 1 Tessa 5 [21] capittel: Altzeyt pruffet alles unnd das gutte haltet), ßonder alleynn der schrifft und reynem gütlichen Worten etc. Henricus: Hye ßagt Paulus nit 1 Tessalo. 5 capitel, das der kirchen nit tzu glauben sey, wie du lugenmaul vorgibst, aber das er spricht, pruffet alles unnd das gutte haltet, damit will Paulus nitt, das man der kirchen nit solle gehorsam seyn, ßonder vill mer acht darauff haben, was die kirche gebeut, yn Bolchen yr gehorsam tzu seyn, wo es nit wider Gott ader seyn gesetz ist, derhalben sagt der her Jhesus Matthei 23 [2f.]: Auff Moses stuel haben sich gesetztt die schrifftgelerten, alles nun, was sie euch sagenn, das yr haltenn sollett, das haltet unnd thutt das, aber nach yrenn werckenn sollett yhr nith thun, dann yrer werck, die seyntt boße, darumb das gutte, das sie ampts halben euch gebittenn, das haltet, unnd darumb stimbt Paulus drauff und sagt, das gutte haltet, wan ir es gepruffet, aber du verstehest Paulum nit, daz mercke ich wol, dan du tzenhest k herauß, was für dich dyenet, gleich als der schneyder, wan er etwas flicken wil, sucht er alle winckel auß, stehet nit auch ym selbigen capittel, das Paulus spricht [1. Thess. 5, 12—18]: Wir bitten euch, das yr erkennet, die an euch erbeytten und euch furstehen yn dem hem, unnd vermane euch, haltet sie dester mer yn der liebe umb yres wercks willen und seyt frydsam mit ynen, wir ermanen euch, lieben bruder, vermanet die ungetzogen, tröstet die kleynmutigen, vertraget die schwachen, ßeyt langmutig gegen yderman, sehet tzu, das nymant boßes mit boßem ymant vergelte, sonder altzeyt jaget dem gutten nach, undereynander und gegenn yderman, seyt altzeyt frolich, bettet ann untterlaß, seyt danckbar allenthalben, den das ist der wille Gottes yn Christo Jhesu an euch. Sich, also schreybt Paulus ym selbigenn capitel, das wil aber dir und deynes gleichen nit schmecken, dan es ist dir geystlich, du aber bist gantz fleyschlich, und solchs reymet sich nit zusamen. Schosserin: Nach dem klarenn sprach Esa. 40 [8], das wort Gottes bleybt ewiglich, menschen und gewonheyt seyn vergencklich, unnd das daz

k) klaubst

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Henricus P. V. H.: Antwort wider das Lästerbuch Ursula Weidin

weltlich leben, von Godt eingesetzt, christlich, aber ewer mimische1 unelich leben, von menschen erdicht, teuffelisch sey. Henricus: Wer ist doch, der eyn solchs nit gleubt? das wort Gottes nit solle nit ewiglich bleyben? er were auch nicht recht synnigk"1, ya recht Christen, welcher wider Gottes wort unnd das heylige evangelium redet. Der abtt weyß an tzweyffel wol, das Math. 24 [35], Marcus 13 [31], Lucas 21 [33] ca. schreyben: Hymel und erden werden vergehen, aber meyn wort wirt bleyben. Aber das du schreybst, menschen unnd gewonheyt seyn vergencklich, das ist war, aber darauß folget nit, das man sie verachten unnd nitt halten sal, dan gutte gewonheyt sal man halten, aber boße laß man faren, darvon schreybt der abtt auch, das man das heylige evangelium hören sal, wie es die christliche kirche hat angenomen und nit wie es itzundt buben und bubin außlegen, dan das wort Gottes ist auff eynen hartenn fels gebawt wie Matth. 16 [18] stehet, da Petrus das grosse bekentnis thatt, darumb sagt der her Jhesus tzu ym: Du bist Petrus und auff disen fels wil ich bawen meyn gemeyn, und die pforten der helen sollen sie nit uberweltige. Von der" kirchen seyn alle menschen, die do glauben yn eynen Got, haben eyn tauff, eyn glaubenn, hoffnung unnd liebe des geysts, diße samlung der kirchenn wirt teglich gemeret durch die hochwirdigen sacramenten und ym wortt Gottes, und yn eyn solche kirche komenn ubereyn 0 der reych und der arm, der from und der sunder, der selig und der verdambte, das kyndt der gnade und das kindt des trubsals, und darumb nennet sich auch der her ein breutigam solcher kirchen und vereynet sich mit yr, als eyn man unnd und weyb thun yn der ehe, yn der kirchen wonet Christus und ist yr eynigs fundament, 1 Cor. 3 [11] ca., und yn der kirchen bleybt das wort Gottes ewiglich, wie wol daz sich vil da wyder gesatzt haben, als poeten, von Christus geburtt biß herP, und das seynt nit gewest from Christen, auch nit von dißer kirchen, wie wol das sie sagtenn, sie predigiten recht das wort Gottes, und war doch ketzerisch erlogen, allein das sie die eynfeltigen menschen betrogen, als waren die Albigenßes 14 , Arriani 15 , Cherintiani16, Helvidiani 17 , Hebionitani 18 , Manichei 19 , Marciani 20 , Nestoriani 21 , Taboritani22, Pelagiani 23 , Pickardiani 24 , Wickleffitani 25 , Hussitani 26 , Luciferiani27 etc., und dergleychen ketzer halten eyn kirche, aber es ist nit die recht christlich kirch geweßen, darin Christus eyn brauttigam ist, dan sie haben nit den rechten glauben gehabt. Auch itzundt leyder die Lutheriani machen eyn rotte und gemeyn und nennen yre kirche die evangelische kirche, man gibt wol für, das daryn das heylig evangelium gepredigt wirt, aber wan man es beschawet, so eytel ketzerey dahynden, und machen, das der gemeyn man nit weiß, ob es graw oder blaw ist, unnd wo solch versamlung ist, die sich austzihen von der christlichen gemeyn und nitt reynen glauben haben, wie die gotliche schlifft leret, unnd sich nitt wollen underrichten lassenn, furwar das seyn ketzer, abtrinnigk Christo unnd seyner brautt, der christlichen kirchenn, wider solche geßellenn sollestu schrey-

1) mönchisches m) sich p) hierher, jetzt

bei

Sinnen

n)

dieser,

deijenigen

o)

vereinen

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benn, fraw Schosserin, das sie über eyns q predigeten das evangelium, auff das sich ewer reych yn sich selbst nit tzuteylt (wie Mathei am 12 [25] ca. stehet), tzuletzt wust wurde. Schosserin: Zu dem ersten ßagestu, das der kirchen tzu gleuben sey und mitr dem waren lauttern Gottes wort, wie es vom laudier1 und andern von Got erleuchten menner gepredigt wirtt. Henricus: Der abt schreybt billich und recht, derhalben das er alle cristenmenschen vermant, das sie sich nit sollen lassen verleytten von dem wege, daryn unßer vetter gewandertt haben, unnd bit auch nymant, wolle sich selbem yn ym selbst rechtfertigen, wie Paulus ad Roma. 2 [1] ca. spricht, und dakegen seyn eidern, als hetten sie geyrret, urtheylen unnd verdammen, wie Mattheus am 7 [1] ca. sagt, und warnett uns auch für der fleischlichen außlegung des wort Gottes, welch itzundtt durch die newen evangelisten gepredigt wirtt. Ich frage dich eyns, wo ist das wort Gottes gewest, eher Luther ist geborn wurden? Da seynt doch auch christennleuth gewest unnd besser dann itzundt, we meynner armen seien, wan sie nit ehr' das wort Gottes gehortt hett, dan biß die erleuchten mennern seynt auffgestanden, sie scheynen gleich als eyn lyecht yn eyner finstern lattern, das eynen grossen schnuppen gewunnenn hat, es gehört aber eyn scharffe leichtscherc" tzu eynem solchenn leychte reyne tzu machen. Es werden villeychtt die erleuchte menner seynn, da Paulus vonn schreybt 2. Cor. 11 [12—15] ca. und sagt: Was ich aber thu und thun wil, das thu ich drumb, das ich die ursach abhawe denen, die ursach suchen, das sie rumen mochten, sie seyn wie wir, den solche falsche aposteln und trugliche arbeytter verstellen sich tzu Christus aposteln, und daz ist auch kein wunder, dan der teuffei selbst verstellet sich tzum engel des liechts, darumb ist nit eyn großes, ob sich auch seyn diener verstellen tzu dyener der prediget von der gerechtigkeyt. Schosserin: Ist hie tzu fragen, wer die kirch ist, die den heyligen geist hat und nit irren magk, ir nennet die kirche den babst, bischoff, pfaffen und munche, wan des volcks vil tzusammen kombt, ja wen damach v den babst getreumet etwas und auff denn abend eyn bulla des abendfressens drauß macht, was dann das volck beschleust, so balde eyn artickel des glaubens sein und dy kirche gethan habe, wen es gleich aller schlifft entkegen ist etc. Henricus: Libe frau Schosserin, vonn wem hastu dyß argument ader wer hat dir solchs gesagt, redestu es von dir selbst? Ich halte es aber dafür, daz villeycht angefer deyn mutter ist mit gewest in solchen collacionw, do man solch abendfressen bullen macht, als du selbenn schreybst, von der selbigenn hastu es gehortt? Dann wie der Horacius schreybtt, was mann guttes geust yn eynen newenn topff, denn roch behelt er altzeytt.28 Auch fragestu, welch die christliche kirche sey, und gibst dir auch selbem ant-

q) übereinstimmend r) Druckfehler für: nicht (so auch bei der Weidin) s) Luther (so auch bei der Weidin) t) eher, früher u) Licht-, Dochtschere v) Druckfehler; bei der Weidin heißt es: die nacht w) Versammlung

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Henricus P. V. H.: Antwort wider das Lästerbuch Ursula Weidin

worttenn, unnd das deyn kirch gewyßlich den heyligen geyst habe, unnd das sey eyn geystlich leyb, nemlich dye tzal aller außerweiten, warumb wyltu dann den babst und bischhoff, pfaffen und monche nit auch lassen yn der kirchen? welche doch an tzweyffel bekennen, das sie gleubenn yn die christliche kirchen, aber du sollest von recht außlassen dy ketzer, welch sich nit erkennen als die kinder yrer mutter, der christlichen kirchen, welch sie doch geporen hat yn der widergeburt der tauff, und thun gleich wie der prophet sagt [Jes. 1, 2]: Ich hab meyn kinder erhöhet, aber sie haben mich verschmehett. Auch machstu hie eyn seltzam kirchen mit deynen außerwelthen, dan wen alleyn die, welch versehen seynt und außerwelthen, solten gesagt werden die christliche kirche, so wirstu handeln wider alle heylige schlifft, dan darauß wurde folgen, das keyn mensch (an gewisse Offenbarung Gottes) erkenne mocht, ob er gleubtt ader nitt, wie dann der heylige Augustinus 29 gar ßeuberlich darvonn schreybtt, auch Ecclesiasti. am 9 capi. [Pred. 9, 1], keynn mensch weyß, ob er der liebe ader des hasses wirdig sey, ßonder es werdenn alle ungewyß gehaltenn, byß yn tzukunfftiger tzeytt, darauß kenne dann auch, das nith alle mensche wurdenn wirdig seyn des ewigenn lebens, welcher doch were ynn der gnade gratificante*, das doch wyder den aposteln ist tzu denn Romern am 6 [23] capittel, da er spricht, das der todt ist der sunden soldt, aber die gnade Gottes ist das ewig leben yn Christo Jhesu, unserm hern, welch gnade doch eyn underscheyt unter den kindern des tzorns und des reichs macht, aber vil seyn außerweit in der tauff und erlangen dy gnaden, welch doch zuletzt von den fischern hinaußgeworffen werden, wie Christus sagt Mat. 13 [47—49] ca.: Das himelreich ist gleich eynem netz, das yns mer geworffen ist, damit mann allerley gathung fahet, wen es aber vol ist worden, so tzihen sie es herauß an daz lant, sitzen unnd leßen die gutten yn eyn faß etc., also wirtt es auch am ende der weit gehen, die engel werdenn außgehen unnd die boßen von denn gerechten scheyden etc. Und sich, die heylige kirche wirt gegleychtt y eym netz, das itzundtt boß und gut fahet, also die kirche auch hatt mancherley gattung des glaubens, aber am ende wirt mann wol sehenn, was das netz des glaubens für fische bringet. Auch Math. 3 [12] ca. wirt dy kirche gegleicht einer schewr, datzu gleich weiß 2 und sprew inne ist: Aber er wirt mitt seyner wurschauffel fegen seyn tenne und den weiß yn seyn schewr ßamlen, aber die sprew wirt er verbornen mit ewigem fewr, und derhalben sollen wir nimands verurtheilen, wie uns Christus leret Luce am 6 [37] capitel. Fraw Schosserin: Wer wil nun sagen, das dis adder das concilium die kirche geweßen und denn heyligen geyst gehabtt, ßo alle, die drynne gesessen, vil mal wider gotlich wortt gelert und gebotten haben, ja offenbarlieh gantz artickel des glaubens verdampt. Henricus: Lieber, ich frage dich, bistu auch mit daryn gesessen, das du so eygentlich darvonn schreybst? Tzeyge mir an eynen artickel, daryn die concilia wider gebott Gottes und das heylige evangelium gehandelt

x) (von Gott) selbstlos geschenkte Gnade

y) verglichen

z) Weizen

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haben ader welchen artickeln des glaubens sie verdampt haben, so du solchs nit gethun kanst, was leugstu dan mit deynem falschen ketzerischen logenmaul, du rechter sackt, das du die selbigenn concilia auch wiltt beruchtigen, schendenn unnd lestern, als solt man sagen, sehet tzu, dye schosserin tzu Eyssenbergk kan auch die concilia sehenden, weystu doch nith, was concilium ist, hast auch keynenn verstandt ynn der schlifft unnd wilt auch deyn logennmaul yn die christliche unnd erliche concilia werffen, pfey den unflat, wann du für solche unnutze wortte deynem man die hembde wußhets 3 , spulest die schussel reyn yn der kuchen unnd sehest, das es recht mit dir tzugynge, das were vil besser, auch christlich, gehören solch wort eyner frommen frawen tzu? also tzu schmehen yre uberkeyt, geystlich und weltlich, dieweyl du also gut evangelisch bist, hastu nit geleßen Johan. 8 [7] ca.: Wer an ßund ist under euch, der werffe denn erstenn steynn. Wann du wilt die concilia verachtenn, ßo nym vor dich das grekkische worttleyn, erkenne dich selbernn. Auch sollenn wir (die rechtt C h r i sten seyn wollenn) alle gehorßam haltenn unßern ubersten, ob sie gleych boße seynt, wie Math. 23 [2], 1 Petri 2 [13f.] ca. unnd Hebre. ultimo [13, 17]: Gehorcht ewern vorgenger und thut euch under sie, den sie wachen über ewer seien, als die da rechenschafft darfur geben sollen. Aber ich verwunder mich nit geringe, das du meynst, du wilt mit deynem schreyben er und lob erlangen, furwar neyn, dann deyn vorfarn, die es auch versuchtt haben, daz sie etwas grosses kegen den menschen erlangen wolthen, aber tzuletztt trugenn sie schände unnd laster darvonn, das wartt ynnenn tzu lone, darumb das sie die schrifft ßo wol kunthenn außlegen, wie es dann yderman gern hortte etc., aber Paulus 1 Corinth. 11 [18f.] capitel sagt: Ich höre, das Spaltung seynn unther euch, und tzum theyl gleub ichs, dan es muß tzwitracht under euch seynn, auff das die, so bewert seyn, offenbar under euch werden, darumb sagt Christus ym evangelio Math. 18 [7] und Luce 17 [1] capitel: Wee der weit der ergerniß halbenn. Es muß ja ergerniß komenn, doch wee dem menschenn, durch welchen ergernis kombt. Sich, Schosserin, ßolch wort nym tzu hertzen, da bit ich dich umb fruntlich. Schosserin: Dye kyrehe aber, welch gewyßlich denn heyligen geyst hatt, ist eynn geistlich leyb, nemlich die tzal aller außerwelthen, welch nit gesehenn werdenn mag, sonder geglaubt, wie unser glaub yn sich helt: Gleub eyn heylige christliche kirchen 30 etc. Henricus: Hie redestu von der christlichen kirchen, gleich als du es verstehest, dann du schreibst, wy du gleubst gemeinschafft der heiigen, wan dan deyne kirchen unsichtbar ist, wo bleyben dann die yrdischen heyligen hie auff erden? Villeychtt verachtest du die selbigenn, aber tzu vor hab ich gnugsam antzeigung geben, was die christliche kirche ist, derhalb ist nyt not solchs noch eyn mal tzu sagen, dan dieweyl es alles eyn gemeynschafft und eyn corper ist, was dem heubtt Christi anhengig, es sey yhm hymel ader auff erden, wie dan unser glaub außweißet, nemlich ich

a) wohl gemeint: wäschst

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Henricus P. V. H.: Antwort wider das Lästerbuch Ursula Weidin

gleub die heylige christliche kirche, gemeynschafft der heyligen etc., wie kan dan eyn glyd das ander verlassenn oder sich an verruckung und tzurbrechung des gantzen corpers von ym abscheyden? und mengest hir mit yn b ketzerische artickeln, als nemlich, das der heylig geyst nichts [lehrt], dan das er vormals auch gelert hat und ym selbem nit wider ist, das ist wol war, das der heylig geyst nichtzit leret, daz der schrifft ader wortten Christi widerwertig sey, daz er aber sunst nichts lere, dan was Christus gesagt ader ym evangelio außgedruck sey, ist eyn offenlich ketzerische logen deyns boßen vergifftigenn mauls, dann wo hat Christus ym evangelio gesagt, das wir uns nit mer sollen beschneyden lassen, so wir doch eyn außgedruck gebott Gottes haben Gene. 17 ca. [1. Mose 17, 10—14], das die beschneydung ewiglich stehen sal, aber der heylige geyst hat das die aposteln geleret und geheyssen aufftzuheben, wie auch geschriben stehet Actu. am 15 ca. [Apg. 15], das eyn auffrur wart under den gleubigen der beschneydung halben, aber die aposteln kamen tzusammen und sandten brieffe auß (den heyden, die tzu Anthiochia, Siria unnd Cilicia waren) also lautten [Apg. 15, 24—29]: Dieweyl wyr gehortt haben, das etliche von den unsern seyn außgangen und haben euch mitt wortten yrre gemacht und ewer sele bekümmert unnd sagen, yr solt auch 0 beschneyden lassen und halten das gesatz, welchen wir nichts bevolhen haben etc., so haben wir gesandtt Judam und Sylan, welche euch mit wortten dasselbigk verkundigen werden, den es gefeit dem heyligen geyst und uns, euch keyn beschwerung mer aufliegen, dan mir d diße nottige stucke, das ir euch enthaltet vom gotzenopffer und vom blut und vom erstickten und von hurerey, von welchen so yr euch enthaltet, thut yr recht (aber deyn geyst lernt das widerspiel mit dißem geyst, was diser geyst verbeut, das erleubt dein geist zu thun). Sich, damit der heylig geyst der schrifft nit entgegen gehandelt, sonder den rechtenn syn der schrifft angetzeygt hatt, nemlich das die judisch und leiplich beschneydung alleyn eyn figur und tzeichen gewest, unnd die ynwendigk geystlich beschneydung des hertzens gleich wol ewigk bleybenn sali, dergleichen hat der heylig geyst die kirchen unnd yre Vorsteher auch volgend vil dyngs gelert und leret uns noch teglich, daz wider 6 Christus noch in eynicher schrifft gefunden wirt, und derhalbenn weystu nichts drumb, was der heylig geyst lerntt adder thut, dan wo er wil, da wirckt er etc. Schosserin: Paulus warnet unns gar fleyssig, das wir unns für solchem volck und falschen propheten sollen hutten. 31 Henricus: Bytt dich freuntlich, wollest das capitel baß leßen und auch verstehen, sagt das nit, wie yn der geschieht der aposteln stehet (Actu. 15 ca.) von der beschneydung, das wir yn Christo Jhesu beschnittenn seynt, mit der beschneydung anf hende, durch ablegen des sundlichen leybs ym fleysch, nemlich mit der beschneydung Christi yn dem, das yr mit ym begrabenn seytt durch die tauff, als der apostel sagt Collo. 2 [11. 12. 16] ca. und weytter warnet, das sie solten nymand lassen gewissen machenn

b) hinein c) Druckfehler für: euch (bei) f) ohne

d) Druckfehler für: nur

e) weder

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über speiß und tranck ader neunmonden und sabather etc. Sich, da ßagt Paulus von den Juden, die da wandelthen ja der gewonheyt der Judden, aber du tzufest 8 hie Paulum mitt macht wider pfaffen unnd munchen, hettenn h sie dir etwas auffgelegt ader gebotten, das wider Gottes gebott ader seyn evangelium gewest were, welch doch nit ist und du es auch nit beweyßen kanst mit allen deinen verlauffen munchen und nunnen, die deyne orenbleßer seynt. Schosserin: Auch leret der apostel Actu. 20 ca. [Apg. 20, 28f.] und gepeut allen predigern und bischoffen, das sie acht haben sollen auff die gantzenn heyden1, under welche sie vom heyligen geyst tzu bischoffen gesetzt seynt, und sollen weyde die gemeyn Gottes, welch er mitt seynem blut erworben hat, unnd für denn reyssendenn wolffenn behutten etc. Henricus: Du weyst hübsch die schryfft tzu gloßiren und beheldest etwas yn der feddern, dann der apostel sagt am obgnanten capitel [Apg. 20, 29—31]: Den das weiß ich, das nach meynem abscheydt werden under euch komen schwere wolffe, die der herde nit verschonen werden. Auch auß euch selb werden auffstehen menner, die do verkerte lere reden, die junger nach sich selbs tzu tzihen, darumb seyt wacker etc. Seynt das nit deyn predigern? welch woP betzeychent werdenn durch diße wortt? wie auch Christus sagtt Math. 7 [15f.] und Mar. 8 [15] ca.: Sehet euch für den falschen propheten, ynwendig seyn sie reyssende wolffe, an yren fruchten solt yr sie erkennen, als Lucas antzeygt 6 [44] ca., auch hab ich dir vormals gnugßam tzu erkennen geben, was für falsche propheten der her Jhesus yn seym gotlichen wort antzeygtt, aber mir ist seltzam, das du also gauckel gehest mit der schlifft, ich halte, wer deyn name nit vor ann am buchelin, so woltt ich sagen, eynn weyb mit eynem boßen kopff hette das gemachtt, wie kombtt deyn schreyben ubereyn? Dan tzuvor sagestu, das bischoffen, pfaffen etc. seyn nit von der christlichen kirchen, itzundt aber tzeygestu an den spruch Actu. 20 ca., da er lernet und gepeut allen bischoffen, das sie acht habenn sollen auff die gantze herde etc. O, rewme dich, buntschue, du wiltt die bischoffe nit hab yn der gemein, hie sprichstu, sie sollen weiden die gemeyn Gottes, welch er mit seynem blut erworben hatt, auch hernah sagestu, das der babst, bischoffen, pfaffe und monche, auch der geystliche standtt gar hab auffgehorett, Christen und gemeyn Gottes tzu seyn, wie sollen sie dan die gemein Gottes weyden, wie der apostel sagt? Hie verwandelst du dich wie der Protoeus 32 und gibst süsse und sawer auß eynem mundt, aber was ist unbestendiger, dan das gemut eyner frawen, als Vergilius33 schreybt, das eyn fraw ist eyn wunderlich und unbestendigk ding, dan solch togent werden ir angeborn als seint leichtfertigkeit und begirlgkeyt der rachung, daz merckt man wol an dißer Schosserin, dieweil sie den geistlichen und dem abtt die schauben k wol außgesteubt hat, ist sie nun tzu fryde, aber der abt wirt stehen als eyn stahel1

g) wohl: zupfest h) als hätten i) Druckfehler für: herden (bei der Weidin: herdt) j) gut, genau k) mit Pelz gefütterter oder besetzter Oberrock/Mantel 1) stählerne 51

Reformation

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Henricus P. V. H.: Antwort wider das Lästerbuch Ursula Weidin

mawr und sich eynn solch schladecka nitt lassen bewegen, dan frawen kunnen nymant wider schelten noch loben. Schosserin: Darauß folget auch, das man nit predigen sal yn der kirchen den m Gottes wort an allen tzusatz, den dasselbigk macht alleyn burger der hymelischen gemeyn, wie Paulus klerlich sagt tzun Romern 1 [16] ca.: Das evangelionn ist eyn krafft Gottes, die do kan selig machen alle, die dran glauben. Henricus: Warumb predigen dan nit deyn erleuchten und from menner von God auch das reyn evangelium, wie es von den aposteln ist gepredigt worden? an allen tzusatz, warumb mischen sie wasser unther weyn? Darnach, das sie tzuhorer haben, also fuchsschwentzen" sie, ist das nit ein tzusatz gemacht von den newen evangelisten, das man nit gehorsam sal sey der uberkeyt? und Christus ist gehorsam gewest seynem hymmelischen vatter biß yn todt, ja tzum tod am creutz, wie Paulus sagtt Philip. 2 [8] ca. Thun sie nit eyn tzusatz dem evangelio, wan sie sehenden unnd lestern yren nehesten? welchen sie doch liben soltenn, als Math. 19 [19] unnd 22 [39] ca. schreybt. Stehet auch ym evangelio, das man eynen sal das seyne nemen? wie itzundt die freyen cristen thun, das sie auffrichten eynen buntschue°, unnd welcher mer hat den keßen brot, demselbigen wil man das seyn nemen wider Godt unnd recht, stehenn solche ym wort Gottes? Sich, wer thut mer datzu, dan deyn verlauffene munche, abtrinnige pfaffen, welch ir eygen tauffnamen nit kunnen decliniren, die selben wollen das evangelium und die kirchen reformiren, aber Paulus schreybt weytter ad Roma 1 [16] ca., welch du in der feddern gelassen hast, das er sich des evangelion von Christo nit scheme, aber unßer newe predigern, die sehemen sich des, wan sie solten alßo gehen und auch predigen, als das evangelium antzeygt, alsdann wurden die leutte an tzweyffel nitt auff eynander erbyttern, wie leyder itzundt thun, das macht, das sie predigen, was der gemeyn man gern horett, dann wer den babst, bischoff unnd pfaffen schelten kan, der ist eyn gutter evangelicher man, dartzu ym buntschue eynn dapffer heubtman, und darneben achten sie nit, ob solchs das evangelium lerne, das doch öffentlich sagt und schreybtt, man sali Godt lieben über alle ding und seynen nehesten als sich selbst, aber wan die newen Christen keyn gewissen nit machen, ist es nit sunde, aber Paulus redt tzu den Romern 1 [21—32] ca., gleych wie si nit haben geacht, das sie Gottes eyn gewissen trugenn, hat sie Godt auch dahyn geben yn verkerten syn tzu thun, das ungeschickt ist, vol alles unrechten, hurerey, arges, boßheytt, voll haß, mords, haders, gifftig, orenbloßer, freveler, hoffertig, stoltz, den elthern ungehorsam, den Godt feynd ist, trewloße, unverstendig, unbarmhertzig, die Gotes gerechtikeit wissen (daz, die solchs thun, des todts wyrdig seyn), thon sie es nit alleyn, sonder haben auch lust dartzu, an den, die es thonn. Sich, wer seynt die änderst dan die evangelische leutte, welche sich nith gnugen lassen an dem ergerniß, das sie thon, sonder reytzenn und

m) nichts denn (als) n) schmeicheln, nach dem Munde reden o) Bundschuh als Sinnbild des sich (gegen die Obrigkeit) verbindenden gemeinen Mannes

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tzwyngen die andern auch solchs tzu thunn, als nemlich von der ehe, welch Christus hat frey geben eynem iglichenn, aber die evangelische keren das umb unnd nottigen die leutt, elich tzu werden, und tzuvoran munch und pfaffen, gleych als wolt die weit vergehenn, unther welchen ist eyner, der ßere arbeytt, nemlich der schosser von Eyssenbergk 34 , welcher seynen pfaffen alle weyber gibt ader ynenn die pfar nymmet, eynn solchen regenten solt man über sawen Betzen (unnd nitt über christenmenschen), welch wider gatzen noch eyer legen kunnen, aber solch maulaffen muß itzundt das volck haben (wie der prophet sagt [Jes. 3, 11 f.]) tzu regenten, dan solchs habenn wir umb Godt verdienet mit unßern grossen sunden. Auch haben die elthern nit macht, die kynder tzu tzwingen, elich tzu werden, vil weniger hat das eyn frembd tyran machtt tzu ubenn an denn, welch nit seynt unther seyner gewalt, wiewol das er auch nitt macht hat, gewaltt tzu thun yn christenmenschen dem gotlichen gesetz nach und sonderlich ym elichenn lebenn, welch eyn geheymniß Gottes ist, wie Paulus tzu denn Ephe. am 5 [31 f.] ca. sagt, da er repetirt die wort Gene. 1 ca. [1. Mose 2, 24]: Umb des willen wirt eyn mensch verlassen vatter und mutter und seynem weybe anhangen und werden tzwey eyn fleych seyn, das geheymniß ist groß, von welchem der schosser nit vil weiß tzu sagen, aber wan man wolthe die leuthe tzwyngen tzum elichen leben, ßo must man tzuvor yn die schole gehen und lernen, waz für eyn geheymniß das elich leben ist und nit ynher farenn als eyn tzurbrochen schyff und sagen: Sehet, ich byn schosser, was ich gebytte, das ßal man halten. Wan du deyner frawen gebortest, das sie sulch buchleyn vol lesterwort nit ließ außgehen, das were wol eyn feyn stuck und vornemen eynes weyßen mans und list pfaffen und munche ehe p anstehen, das were meyn getrewer radt. Schosserin: Sich billich auch tzu hutten ist vor alle dem, das nit auß dem mund Gottes gehet, wie Jere. 23 [16] leret, und nit Gottes wort selb bistq, mit dem selbigen wirt allein dy gemein Gotes versandet etc. Henricus: Das du hyr eynfurest Jeremiam am 23 ca., welchs doch nit für dich ist. Der prophet sagt im selben capitel von gutten unnd boßen propheten, und billich hettest mögen deutten auff deyne falsche propheten, derhalb, daz alleyn der eyn gutter prophet ist, welcher redt die warheit Gottes offenlich, nit heucheln, nit schmeicheln ist den forsten ader den reychen, und darumb sagt er weytter: Was ist sprew kegen weyß [Jer. 23, 28]? als solt er sagenn, was seyn logen kegen der warheyt, als auch Paulus schreibt 2 Cor. 6 [14]: Was hat das liecht für gemeynschafft mit dem finsterniß? Sich, da vergleycht auch Jeremias die sprew der logen und den weytz der warheyt, wie dann auch Mattheus sagt am 3 [12] ca.: Den weytz wirt er samlen, aber die sprew wirt er verbrennen. Schosserin: Das betzeugett gnugßam manchfeltiglych die schrifftt durch und durch. Deutro. 4 [5. Mose 4, 1] stehet geschrieben: Höre nun, Israel, die sitten und rechte, die ich euch lere, das yr sie thon solt, auff das yr lebet und hyneyn komet etc.

p) ließest Pfaffen- und Mönchsehe 51

q) Druckfehler für: ist (so auch bei der Weidin)

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Henricus: Das meynet Moses yn dißem capitel, das Israhel nitt thun solle, gleych als die schryfftgelertenn und gleyßner, welch mehr acht hatten au ff yre dann auff Gottes Satzung, derhalb ßaget Matheus am 15 capitel, das der herr Jhesus antwortt und sprach: Warumb ubertrettet yhr Gottes gebot umb ewer auffsatz r willenn? unnd allegirtes ynen denn spruch Levitici 20 [2. Mose 20, 12]: Du ßaltt vatter unnd mutter eren etc. Hye mitt ist nith verbottenn, das mann nith dye warheytt tzu der warheytt thun ßal, aber falsch unnd boße lere ßal mann nitt annemenn, wie auch geschryeben stehet Apoccalip. 22 ca. [Offb. 22, 18f.]: So ymant dartzu setzet, das ist falsche lere (wie itzunt die newen evangelisten thun), so wirt Got tzusetzenn auff ynen dy plagen, dy yn disem buche geschrieben stehen, und so ymant darvon thut von denn wortten des buchs, ßo wirt Got abthon seyn theyl vonn dem buch des lebens. Schosserin: Mercke hie, das uns das lant nit geben wirt, so wir nit nach der Satzung unnd 1er, die uns Gott, unßer herr, gebenn hatt, thunn werdenn etc. Henricus: Zu dem verheyssen lande, da die Judden itzundt hyn wollen, da wil ich nitt mitt, du schreybst furwar loß dingk, ich weyß nit, ob du den Judden tzuschreybst ader den Christen, eyn solch gewyrtt machstu mitt der schryfftt, aber yhn das landtt, das wyr christenn sollenn ynkomenn, seynn vil wege, aber kurtzlich' wil ich ettwas ßagenn. Wyr habenn eynenn eyngangk, ynn unßer vorheyssenn landtt tzu komenn, welcher ist ynn der hoffnung, unnd alßo gehe eynn die glaubhafftigen" menschen, welche nemenn seyn die gnade Gottes, volv welcher sie doch fallen durch eyn todt sunde, welch Godt verhengett und der sathan solchs tzu wegen bringt, und als dan ir zu tzeitten die menschen also fallen und werden dan geworffen von der erden der lebedingen und als dan gefangen, auch darneben knecht der laster und sunde, werden sie tzuletzt, wie Joan. 8 [34] ca. sagt: Wer sunde thut, der ist der sunde knecht, auch Paulus zum Romer am 6 [16] ca.: Wisset yr nit, welchem yr euch begebt tzu knecht yn gehorßam, des knecht seytt yr, dem yhr gehorßam seydtt, es ßey der sund tzum tode ader dem gehorßam tzur rechtfertigkeytt etc. Darumb sagt Moßes tzu den Israhelitten Deutro. 4 [5. Mose 4, 23—26], sie soltenn keyn byldnyß machenn, auch nit anbetten, aber w wurdenn bald vertilget werden, unnd das landt wurden ynen auch wider genomen, so sie nit halten wurdenn die sitte unnd lere Gottes. Derhalb seynt auch vil sund unnd mancherley laster, welcher christmensch nunn dyenett solcher lastemn unnd sund, der dyenett denn frembdenn gottern, als nemlich der geytzige" dyenet dem golt, silber unnd edelgesteyn als seynen gottern, wie dan der apostel ad Collo. 3 [1.5] ca. schreybt: Seyt yr nun mitt Christo aufferstanden, so suchet, was droben ist, da Christus ist sittzende tzu der rechten handt Gottes. So todtet nun ewer glider, die auff erdenn seynt, hurerey, unreynigkeytt, luste, unkeuscheytt unnd denn geytz (welch ist abgotterey) etc. Also dienet auch der

r) Satzungen s) führte an t) kurz von w) oder x) Habgierige

u) gläubigen

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frassige mensche seynem bauch, darvon sagt Paulus Philipen 3 [19] ca., unnd dennen der bauch eyn godtt und yre ere tzu schänden wirt, der die auff yrdisch gesynnett seyntt, alßo solt man daz capitel außlegen und nit alleyn tzyhen, wo man es tzu schaden seynen nehesten wil verklereny. Fraw Schosserin: Wyr erkennen, daz gewyßlich erlogen ist, daz wir sollen den lebendigen brunnen verlassen und uns selbst cistern und pfuel machen, dy wasser nit gehalten kunnen, wie Jere. am 2 [13] ca. ßagt. Henricus: Wiewol das sich der herr beklagt ym obgenanten capitell, das sie ynen als eynenn rechtenn brunnen verlassenn habenn, welch auch stehet Exodi am 20 [3] ca., das Got gebott Israheli, du salt keyn ander gotter neben wyr2 haben, aber sie verachten solchs und suchten cistern, das war, das sie ym abwesen Mosi eyn kalp machten und drumb gesprungen, sprachenn auch, sich, das seyn deyn gotter, welch uns auß Egipten gefuret haben [2. Mose 32, 8], darumb vergleycht sich Got dem brunnen des lebendinge wassers, dan yn ym wirt alle erquickung erfunden, aber die gotter vergleycht er den cistern, welch nichts seynt, dan allein, was für mißglaub ynen gethann wirtt von denn menschenn, wie dann der prophett weytter ßagtt, aber du tzuhest es auff den geystlichen standt alleyn, welch doch nit recht von dir ist, aber ich wil dyr es wol änderst außlegen unnd denn rechtenn grundt sagen. Gott mocht itzundt auch wol klagen durch den propheten, dan bißher seyn yn grosse wyrde gehalten wurden die studia juris (und solchs nit unbillichen), dan sie haben tzeytliche narung gnug und grossen pracht der weit, darumb wolt yderman darin studiren und nymant lernen wolthe dy heyigen schlifft, yn welcher doch ist der rechtt brun unnd die ewige weyßheyt, derhalb spricht Godt: Sie haben mich verlassen, das ist die heyligen schlifft, yn der enthalten wirt das lebendinge wasser, aber di cistem, die nit mag halten wasser, ist das geystliche und weltliche recht, wan man feischlich damit handelt, wann sie aber recht gebraucht werdenn, das ist christlich und bruderlich, urtheilet dem armen als dem reychen, so halten sie recht wasser und seyn dan nit wyder Gottes Satzung ader heylige schlifft, das meyn der prophet am 2 ca. Aber itzundt klagt der her Christus im evangelio und spricht: Meyn volck hat mich verlassen als eynen brunnen des lebendige wassers (das seyntt leyder verlauffen munch, abtrinnige pfaffen, trewloße nunnen), auch der ich byn eyn erquickung yn allen yren anfechtung, von mir haben sie nit begert hulff und beystandt yn yrer widerwertigkeyt und wollen vil lieber eygen cistern graben, das ist yr hertze und gewissen trostenn mitt menschen, die ynen a selbst nitt gehelffen kunnen, dann sie seynt (wye Pet. 2 ca. 2 [17—22] sagt) brunnen an wasser und wolcken von wyndwerbel umbgetrieben, welchen behalten ist eyn tunckell finsterniß yn ewigkeyt, dan sie lautten von schwulstigen worten, da nichts hynder ist, und reytzen durch geylheyt tzur lust des fleyschs, diejhenigen, die recht entrunnen waren und nun ym irthum wandeln, und verheyssen ynen freyheit, ßo sie selbst knechte des Verderbens seynt, dan von welchem ymandt uberwunden ist, des knecht ist er worden, den so sie entflo-

y) wohl Druckfehler für: verkehren

z) Druckfehler für: mir

a) sich

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Henricus P. V. H.: Antwort wider das Lästerbuch Ursula Weidin

gen seint der unreynigkeyt der weit durch die erkentniß des herren und heylands Jhesu Christi, werden aber widerumb yn dieselbigen gewickeltt und uberwunden, unnd derhalben widerfert ynen das wäre Sprichwort: Der hund frysset wider, das er gespeyet hat 35 . Solchs wirt als gesagtt von denn ordensleuthe, welch yr fleysch sampt den lusten creutzigen solthen, wie Paulus sagt [Gal. 5, 24], dießelben tretten vom geist und gehen tzum fleisch, dan wirt das best b erger dan das erst, warumb lauffen sie nitt tzum warhafftigen brunnen? wie Esa. 55 ca. [Jes. 55, 1] spricht: Alle, dy yr durstet, kombt tzum wasser, und welche, die nit gelt haben, eylet, keufft und esset etc., aber es stehet ym capitel, die da begeren die gerechtigkeyt und daryn wandeln, derhalb sprichtt der herr Jhesus Matth. 5 [6] ca.: Selig seyn, die do hungert und durstet nach der gerechtigkeyt, dan sie sollen sat werden (wo aber unser verlauffen munch und trewlose nunnen nach durstet unnd hungert, das ist für äugen, mag eyn iglicher christmensch behertzigen). Weytter sagt der herr Johan. am 6 [35] ca.: Wer an mich gleubt, den wirt nymmer mer dursten, wo ist dan nun yrer grosser glaub, des sich die vorlauffen buben und bubin rhumen? Auch spricht der herr Jhesus Johan. 4 [14f.] ca.: Welcher des wassers trynckenn wirt, das ich im gebe, denn wirtt ewiglich nit durstenn, sonder das wasser, das ich ym gebenn werde, das wirt yn ym eyn brun des wassers werden, das yn das ewige leben quillet, spricht das weyb drauff: Her, gib mir dasselbige wasser. Sich, also solthen alle menschen bitten umb eyn solch wasser tzu erquickung yre seien, auch yn der Apoc. 22 ca. [Offb. 22, 16f.]: Ich byn dye wurtzel David, eyn klarer morgenstern, und der geist und die braudt sprechen, kom, unnd wer es höret, der spreche, kom, unnd wen durstet, der kome, unnd wer da wil, der neme das wasser umbsunst, tzum solchen wasser solthen die ordensleutte gehen, aber sie lauffen tzu den leuthenn, das ist, sie verlassen den brunnen und suchen cistern, thun gleych, wie Judas thet, der vorließ auch den brunnen und gynck tzu seynen gesellen, welchen thet er seyn beycht sprechende Mat. 27 [4] ca.: Ich hab das unschuldige blut verkaufet, sie sprachen, was gehet uns das an? Da sich du tzu, sich, fraw klugelin, gleych als er beychtvetter und troster sucht, als uberkam er auch eyn absolucion, das er nachmals vertzweyffelt an der gnade Gottes und erwürgt sich selbem, were er blyeben bey dem lebendige wasser, were ym eyn solchs nit widerfaren, aber er wolt auch eygen cistern graben unnd vil tzuletzt gar dreyn, also thunn itzundt auch alle verlauffene munche, abtrinnige pfaffen und trewloße nunnen. Sich, wie gefeit dir das, dieweyl ich eynen solchen spruch des propheten außlege vonn verlauffenn buben unnd bubin etc. Schosserin: Zum andern betzeuget das auch die schrifft Prover. 30 ca. [Spr. 30, 5f.], daz nichts dan Gottes wort yn der kirchen tzu predigen sey, spricht Salomon alßo, alles Gottes wort ist lautter wie durchs fewr probyrt unnd eyn schyrm allen denn, die drauff bawen 0 , unnd solts yhr nichts thunn tzu seynem worttenn, du wirst sunst streffelich erfunden etc.

b) Druckfehler für: letzt

c) bei der Weidin heißt es: trauen

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Henricus: Und so nichts meer tzu hören ist, dan alleyn das wort Gottes yn der kirchen, warumb ermant dan der apostel die christgleubigen menschen Actu. 15 ca. [Apg. 15, 28f.], die sattzung der aposteln und eltisten tzu halden? welch doch nit geschrieben warenn unther den reden Christi, wie dan auch Actu. 16 ca. [Apg. 16, 4f.]: Als die aposteln durch die stedt tzogen, uberantwortten sie ynen tzu halten den satz, welcher von den aposteln und eltisten tzu Jerusalem beschlossen war, da wurden die gemeyn ym glauben befestiget und namen tzu an der tzal teglich. Aber das wort Gottes, das von deynem verlauffen munch gepredigt wirt, nymbt auch teglich tzu yn schalckheyt und buberey. Du hast auch diß capitel nit recht verstanden, du must eynen bryll haben, dann er ist dir von notten, das du sehest, was voran ym capitel und hernach stehet: Du salt nit tzuthonn, damit meynt Salomo, was falschlich und lesterlich ist, gleich als die ketzer thonn und verkerte Christen, die da felschen die heyligen schrifft nach yrem gemuet, auff das sie nit uberwunden werdenn mitt der schrifft auff erden, aber tzuletzt werden sie fanden werden als lugener, für dem richte stuel Christi (wie Paulus 2 Cor. 5 [10] ca. sagt), wan eyn iglicher entpfahe wirt an seynem leybe, nach dem er gehandelt hat, es sey gut oder boß. Stehet nitt auch ym selben capitel Prover. 30 [Spr. 30, 17]: Das auge, welch seynen vatter verspottet und veracht die geburtd seyner mutter, dasselbig werden die raben außgraben und die ßone des adlers werdens fressen? Warumb schreibstu solchs nit auch? Ja, es ist nit für dich, dan du bist das awge, welch verspottende ist seynem vatter, das ist mitt deyner ketzerischen lugen verhonest du Christum mit seyner lere und bist belachende seyn herligkeyt, welch yhm tzu eren geschieht, auch darnebenn schmestu die gepurt deyner mutter, das ist, die kynder der christlichen gemeyn, welch du doch lieben sollest nach evangelischer lere und du auch von derselben mutter bist herkomen, aber du bist itzundtt von uns gegangen, wie Johan. 1 ca. 2 [1. Joh. 2, 19]: Sie seynt von uns außgangen, aber sie waren nitt von uns, dan wo sie von unß gewessen weren, so weren sie ja bey uns bleyben, aber das sie offenbar wurden, das sie nit alle von uns seynt. Aber hut dich für den raben, das sie dir die äugen nit außbicken. Fraw Schosserin: Der dritte Spruch ist Matth. 15 [7f.] ca. Sagt Got tzu den phariseer und schrifftgelerten: Ir heuchler, es hatt wol Esaias von euch weissaget, diß volck nahet sich tzu mir mit seynem munde etc. Henricus: Das du solchs eynfurest, ist nit allein auff munche und pfaffen tzu tziehen, ßonder reymet sich wol von den evangelischen leutten tzu sagen, welch alleyn mit dem mund gud evangelisch seynt, aber mitt den evangelischen fruchten bleybenn sie dahynden und thun gleych wie die Judden thetten, sagtenn tzu Christo Joa. 8 [33] ca.: Seyn wir doch Abrahams kynder, aber der herr antwort und sprach [Joh. 8, 39]: Warumb thut yr dan nit Abrahams wercke. Also thun wir auch, wir rhumenn uns kynder des evangeli unnd thun nit werck des evangeli etc. Darumb sagt der herr (Matth. 16 [6] ca.) tzu seynen jungern: Hut euch für dem sawrteig

d) Druckfehler für: gebot

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der phariseer unnd Saduceer, das ist, für yrer falschen lere, als die war von der stewer des tempels, auch mit unerung der elthern und das alleyn gnugsam were die eusserliche arbeyt und tzeyt, welch Christus alle verwirfft und sagt Matth. 15 [7f.] ca.: O, yr gleyßner, es hat wol Esaias (capi. 26 (!) [29, 13]) von euch gesagt, diß volck nahett sich tzu mir mitt dem munde, yr hertz ist ferne vonn mir etc., hiemitt verbeutt Christus nit, das man nit hören unnd annemen solle gutte gebott, die uns halten e , Godt und unßern nehesten tzu liben etc. Auch suchestu hyn und her in der schlifft und argumentirest alleyn wider den geistlichen standt, und darneben wiltu mitt solcher schlifft die verlauffen munch und trewlose nunnen verthedingen, wirt dich nit helffen. Schosserin: Auß disem all, so du ein trewlicher und fleyssiger leßer der schrifftt gewessen werest, hettestu wol mercken mögen, wie die schlifft so hart wider mensche lere ist und das nitt dan gotlich eynig wort antzunemen sey, als den auch die Tessalonicenßes theten. Noch der gehörten predig vonn Paulo hetten sie eyn fleyssigk forschung yn der schlifft, ob es sich auch also hiltt, wie Paulus leret etc. Henricus: Sich da, wie feyn kombstu über eyns mit der schlifft, du schendest und lesterts denn abtt tzu Pegaw, das er eyn buchleynn hat lassen außgehen, tzu warnen den schaden, der vonn denn newen evangelisehen predigern kombt, und itzundtt schreybstu, wir sollen thun wie die Tessalonicenses unnd forschung haben auff das evangelium. Nun finden wir (ich für meynn person), das die verlauffen munche, abtrinnig pfaffen predigen und handel wider Gottes wort und die heiligen schlifft, dan wir forschen auch teglich yn der schrifftt, ob es euch f alßo sey, wie sie predigen, aber es findet sich yn der schlifft nit alßo, wer seyn die itzundt mer kretzmar 8 mit dem wort Gottes anrichten dan die newen propheten? Gleich wie der schenck thut, als er geste hat, also menget er byer und covent h durcheynander, gleich thun die newen evangelisten auch, darnach als sie tzuhorer haben, also krawen sie ynen die oren und alsdan felschen sie das wort Gottes, wie Paulus 2 Cor. 2 [17] ca. sagt, wan sie aber predigten wie die gutten propheten, auch was Christus hat enge gemacht, das sie solchs auch theten, wie Matth. 7 [13. 21] ca. schreybt: Gehent yn durch die enge pforten etc. Auch werden sie nit alle yns himelreich komen, die do sagenn, herr, herr, sonder die da thon den willen meynes hymellischen vatters etc., darumb wer dise rede höret und thut (Luce 6 [47] ca.), denn vergleich ich eynem klugen man. Sich, da muß das thun, thun, bey dem glauben sey etc., aber wan man solch ding predigt, so hat man nit vil leutt, und die newen wolthen gern vil volcks haben, das ynen tzuhoret, derhalben müssen sie sagen, was der gemeyn man gern hört, auff das die schlifft Pauli 2 Timo. 4 [3—5] ca. erfüllet werde: Den es wirt eynn tzeyt seyn, da sie die heylsam lere nit werden vertragen, sonder nach yren eygen lusten werden sie ynen selbst lerer auffladen, nach den in die oren jucken, und werden

e) dazu anhalten h) Dünnbier

f) wohl Druckfehler für: auch

g) Kramerei, Panscherei

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die oren von der warheytt wenden unnd sich tzu den fabeln keren, du aber sey nüchtern allenthalbenn, leyde dich, thu daz werck eynes evangelischen predigers, nicht1 deyn ampt redlich auß. Sich, thun das auch unßer newen evangelisten? Wie Paulus Timotheum lernet, sich tzu halten yn der gemeyn Gottes, aber was eyner gernn hortt, mag er leychtlich gleuben und daselbst tzulauffen, das ist itzundt unser fruchtt des evangelii, das sie erger davon gehen dan sie seynt hyntzugegangen. Welcher auß den evangelischen predigern kann doch von recht sagen, wie Paulus 2 Cor. 4 [lf.] ca. antzeygt: Dyweyl wir eyn solch ampt haben, nachdem uns barmhertzigkeyt widerfaren ist, so werden wir nit bas, sondernn weyßenn von uns ynnerliche schände und wandeln nit yn bloß tuckerey, felschenn auch nit Gottes wort, sonder offenbarn die warheyt und beweyssen uns wol gegen aller menschen gewissen für Godt. Aber unßer predigern haben eyn new evangelium herbracht, das helt nichts dan sehenden und lestern yderman (und tzuvoran, welche sich yrer buberey nit wollenn annemen), welcher das am besten kan, der ist wol gelert ym selben evangelio etc. Schosserin: Aber du bringst eyn laussigk munischJ argument herfur, tzeygest an, warumb der schlifft nith tzu gleubenn sey, als sie vom lautherk gepredigt wirt etc. Henricus: Daran hat der abtt nit unrecht gethon, das er gesagtt hatt, man sal der schlifft, als sie vom lauther gepredigt wirt, nit anhangen, auch damit nit wider das evangelium gehandeltt, dan alleyn, das er christliche menschen dafür warnett, nith das man darumb Gottes wortt solle verachten, das sie1 ferne, wiewoll das du alhye sere unnutz machst wyder denn abtt unnd bringst furwar auch eynn recht laussigk gut munnisch argument an tag, aber mann muß eyner frawenn vil tzu gutte haltenn, dann vettelnn seyn vetteln, dye nith mehr kunnenn dann unnutz klaffenn, unnd sunst nith vill guttes schaffenn, das aber yrenn worttenn (der newen predigern) nith tzu gleuben sey, das macht der unbestendige geyst, der in ynen wonet, heutte predigenn sie weyß, morgenn sagen sie schwartz, unnd alsdann werden die tzuhorer gleych wie das ror, da der herr von sagt Matth. 11 [7] ca., welch der windt hyn und her treybt. Lieber, was hastu guttes gelernt vom evangelio newen evangelio? Ich halte nitt änderst dan schelten, sehenden und lestern, wie dan deyn geyst yn deynem buchleyn das wort Gottes verfechten, so sagestu vom lauther, was gehet er uns an, ich haltt von dem, welcher sagt Johan. 8 [12] capittel: Ich byn das liecht der weit, wer mir nachfolgett, der wirtt nith wandelnn yhm fynstemiß, ßonder wirtt das liechtt des lebens haben, auch Johan. am 14 [6] capittel: Ich bynn der wegk unnd dye warheytt unnd das lebenn, dem wyll ich folgen (ob Gott wil). Gehe du aber lauther unnd denn erleuchten menner nach, von welchenn du gelernt hast, wye deynen nehesten liebenn soltt, ich gleub, du bist beynn ynnenn yhn dye scholenn gangen, dan du bist marter"1 ßere gelertt, an dysem ort vermischt du lateyn under theutsch unnd rewmett"

i) Druckfehler für: rieht j) mönchisch m) höchst (Steigerung zum folgenden: sehr)

k) Luther (so bei der Weidin) n) reimt

1) sei

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Henricus P. V. H.: Antwort wider das Lästerbuch Ursula Weidin

sich auch wie raffeile 0 ann der wandtt. Der prophett Ezechiel am 16 capittell sagtt vonn verschmehunng der huren durch eyn veränderte rede, unnd drumb sagtt der text klerlich [Hes. 16, 1]: Du sonn des menschenn, tzeyge uffenlich ann die missethatt Jerußalems, aber ßolchs wirtt geßagtt denn prelattenn, geystlich unnd welthlich, welchenn tzugehortt ampts halbenn, dye boßenn tzu straffen, aber der selb sal yndenckenn p seyn, das er eyns menschen son ist, und sali tzuchtiglich vernunfftlich straffen, wie der apostel ad Gal. 6 [1] ca. sagt: Untherweißet sie mit sanfftmutigem geist etc., und derhalb spricht der prophet Ezechiel [Hes. 16, 49]: Sich, das ist dy boßheyt gewest Sodome deyner schwester, hoffart, uberflussikeit des brodts etc. Dyß ca. ist dir tzu schwer tzu verstehen und wirstq nit, was diße tzwey bedeuttens als Sodama und Samaria, welch zwo schwestern genant werden durch den propheten, aber dy yn r ist uns bedeutten die abtrinnige weltliche pristerschafft, und die ander betzeichet die geystlichen ordensleuthe, welch doch itzunt alle yr prelatten ubertretten s yn boßheit und schalckheit, aber sie sagen' itzund an dy boßheyt yrer uberkeyt und verachten, verspotten dieselben, aber was für buberey sie thon, das ist alles wolgethan, da darff man nit vil von sagen, wer ein freund des buntschuchs wil seyn etc., darumb spricht der weyße Salomo Pro. 30 [15] ca.: Das blutsuchende thier hat zwo tochter, die da sprechen: bringe, bringe her. Solchen sprach hastu nit geleßen und stehet doch ym selben capitel, aber was sal eyn kue mit muschaten" machen, wan sie habberstro hat, ist yr gleich gutt. Schosserin: Also sagestu, das der schlifft nith tzu gleuben sey, derhalb das sich nymant der bessert, sal sie darumb falsch seyn, ist ir drumb nit tzu glauben? muß unßers unglaubens halben Gottes wort erlogen sey? Gröbers esels hab ich kaum gehört. Henricus: Fraw Schosserin, thu gemach mitt der sachenn, bis v nith tzu stoltz, merck, wye der abtt schreybtt, unnd hab achtt drauff, er sagtt nith, das der schlifft nit glaubenn sey, wie du lester und logenn maul furgibst mitt deyner vergyfftigenn schlangenntucke. Der abtt hatt geschriebene mann sali nitt gleubenn der schlifft, welch falschlich von deynen verlauffen munchenn und pfaffen gepredigt wirtt. Er sagt nith von der heyligen schlifft, das man der nit gleuben sal. Das evangelium ist war, dy schlifft und gesetz sein recht, aber lesterlich, fleischlich, bubisch, spottisch wyrtt sie außgelegtt, derhalb schreibt der abtt wie Christus sagte Matth, am 7 [ 15f.] ca.: Sehet euch für den falschen propheten, unnd darbey wir sie erkennen sollen, tzeygt er auch an unnd sagt, an yren fruchten sal man mercken, was für gesellen seyn, das ist, für yrer falschen außlegung sal mann sich behuttenn. Auch tzeygest du an Esaiam am 10 ca., welch sich gar nichts hiher tzihet, dan der prophet bedrawet (im selben capitel) Samman und hellelw, auß welchen die schrifftgelerten und gleyßner yren ankunfft genomen haben, darumb das sie yre Satzung grosser hielten, dann die ge-

o) Klapper, im übertragenen Sinne auch Klappermaul, zänkisches Weib denk q) weißt r) eine s) übertreffen t) klagen u) v) sei w) verdruckt für Samaria und Israel?

p) eingeMuskaten

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bot Gottes, derhalb spricht der prophet [Jes. 10, lf.]: We euch, die yr falsche gesatz machtt, und die schreyber haben ungerechtigkeyt geschriebenn, auff das sie die armen niderdrucktenn. Ich halt, deyn schosser solt auch wol eyn solch gesel seyn, aber eyn solche außlegung dyenet ym nicht, wer plaget den armen man mer (wie der prophet sagt), dan schosser und solch ampts gesellen 36 , die ym keyn rew lassen wider tag nach nacht, wiewol das solchs des fursten unnd landsherren meynung nit ist, aber auff eynn andermall wil ich etwas klerlicher davon schreyben etc. Auch tzeuhestu den sprach Pauli an tzu den Romern am 3 ca. 37 , welchs alle woll von dir und deynes gleychen mag werden gesagt, meynstu ab der glaub falsch sey, den uns die christliche kirche gelemet hat? Das aber itzundt etliche abtrettenn, ßolte drumb yre ketzerische glaub Gottes glauben auffheben? Das sie ferne, die pforten der hellen werden ym nichts thun, vil weniger du schladecka mit deynem anhange, was hastu doch für eynen glauben gehabtt, eher die erleuchten menner komen seynt? und yn was namenn bistu getaufft worden? Das wundert mich, schreibst gleich darvon, als hettestu gelebt das lange jar Piatonis 38 unnd kembst itzundtt wiederumb und bringst eynen newen glaubenn, liebe Schosserin, kom morgen wider etc. Auch schreybstu, das wenigk Christo geglaubt haben, ist auch erlogen, dan es stehett Joan. am 4 [39—42] ca.: Es gleubten aber vil an ynen der Samarither auß der selben Stadt, nit umb des weybs rede willen, sonder das sie selben waren hören und erkennen, das er war Christu was. Sich, die wolthen den weyb nit glauben geben, mit welchem der herr Christus redet, meynstu dan, ich solt dir glaubenn deynem ketzerischen artickel, neyn warlieh, es wirt dise wache nit drauß etc., auch schreybt Joan. 8 [29f.] ca., da der herr disputirte mit den Judden und sprach: Der vatter lest mich nit alleyn, dan ich thon altzeyt, was im gefallet, do er solchs redet, gleubten vil an yn, weytter Joan. am 10 [41] ca.: Johannes thet keynn tzeychen, aber alles, was Johannes von dißem geßagtt hatt, das ist war, und gleubten alda vil in yn, am 11 [45] ca. Joan.: Vil nun der Judden, die tzu Maria komen waren und sahen, was Jhesus thet, und gleubten an yn, auch ym 12 [10f.] ca. Joan.: Das die hohen prister woltenn Lazarum todtenn, den umb seynen willen gyngen vil Judden hyn und gleubten an Jhesum, es stehet auch ym selben capitel [42], das vil von den ubersten gleubten ann ynn. Sich da, was leugestu, das du schreybst, wenigk volcks hab yn ynen gegleubt, sere wol bistu bekant yn der schrifft als eyn saw ym juddenhauß, ich halt, man wirt von dir auch sagen eyn Sprichwort: Die Schosserin wolt gern feysten", wan sie nur dreck hette 39 . Schosserin: Von den gelubdnißen der geystlichen ist vil von gelerten leutten geschrieben worden und angetzeygt mit gütlichem wortt, das gelubdniß, so wider Gottes gebot gethan, keyn gelubdniß sey, sonder eyn verlassung Gottes, unnd so es gethan, nit tzu halten bey verlierung der seligkeyt. Henricus: Wer seynt doch die gelerten leuth, die darvon so vill geschrieben haben? dan alleyn verlauffen munch, abtrinnige pfaffen und

x) schlemmen, feist werden

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Henricus P. V. H.: Antwort wider das Lästerbuch Ursula Weidin

trewloß nunnen, welch nit reynigkeytt wollen halten, welch sie doch gelobt haben, aber gelerte und godtfochtige leutt schreyben und sagen, was man Godt gelobt, sal yderman halten, dan es ist besser, du gelobst nit, dan das du das gelubdniß wilt schwechen, derhalb wan die munch und nunnen der kappen gern wolthen loß seyn, machen die buchleyn vom elichen leben und tzihen dartzu das heylig evangelium, welch itzundt yr schandtdeckel muß seyn, dan keyn buberey ist tzu vil eynem evangelischen Christen, und tzyhen herfur den sprach Matth. 19 ca., wie du unflat itzunt auch thust yn deynem schreiben, das nymant mag begreyffen keusch tzu lebenn, den welchen es von Godt geben wirt? Da stehet nit yn dem capitel, das es unmoglieh sey, wie du logenmaul darvon schreybst, dan die junger Christi sprachen tzum hern (Matth. 19 [10f.]): Stehet die sach eyns mans mit seynem weyb also, so ists nitt gutt, elich tzu werden, der her sprach tzu ynen, das wort fassett nitt yderman, sonder den es geben ist. Damit hat Christus nitt gesagt, das sie nit kunnen keuscheit halten, sonder nit ydermann fasset das wort, das ist, alle menschen kunnen das wort gefassen, aber sie wollen das nit thon, das Christus aber sagt, sonder den es geben ist, damit wil er nitt, das es etlichen gegebenn wirt und etlichen nit, sonder ertzeygt uns damitt, es sey dann, das wir hulffe der gnade haben, so kunnen wir von uns selbem nichts schaffen, wie Paulus sagt 2 Cor. 3 [4f.]: Eyn solch vertrawen aber haben wir durch Christum tzu todty, nitt das wir tüchtig seyn, von unß selbem etwas tzu gedenckenn als vonn uns selber, sonder das wir etwas tugen z , ist von Godt, auch tzu Philip. 2 [13]: Dan Godt ists, der yn euch wirckt beyde, das wollen und das thon. Derhalben welch solche gnade begerenn, denn wirt sie nit geweygert, wie dan der her ym evangelio Mat. 7 [7f.] ca. sagt: Bittet, so wir euch geben, sucht, so werdet yr finden, klopffet an, so wirt euch auffgethan, dan wer da bytt, der entpfahet, wer da sucht, der findet, und wer anklopffet, dem wirt auffgethon. Aber der wylle sal vorgehen2, so folget dan dy gnade, dan die gnade schaffet nichts an den willen, widerumb, so ist der wille nichts an die gnade, auch, was sal ich vil mitt dir davon reden. Es ist nit beheglich den boßhafftigen menschen die lere der gerechtigkeytt, also ist es auch schwerlich, denn die hurerey treyben vil sagens von der reynigkeyt, dan sie horenn es nit gerne, also solt mann das capitel verstehen und nit alßo fleyschlich und hurisch außlegen. Schosserin: Auch wie die schlifft sagt unnd die erfarung tzu verstehenn gibt, das der mensche vonn Gott geschaffenn sey, nitt keuschheytt tzu haltenn etc. Henricus: Wiewol das ym alten gesetz gebotten war, elich tzu werden, wie dan die schlifft Gene. 1 capi. [1. Mose 1, 28] antzeygt und auch repetirtt wirt Gene. 9 [1.7] cap., welch gebot doch ist auffgehobenn durch Jhesum Christum unßem heylandt, welcher frey gegeben hat das elich und keusch lebenn, derhalb er auch eynenn radt gab Matth. 19 [12] ca. von der keuscheit, als er sprach: Es seyn etliche verschnitten, die sich selbs ver-

y) Druckfehler für: Gott

z) taugen, tun

a) vorangehen

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schnitten haben umb des himelreychs wyllen, wer es fassen mag, der fasse es, sich, da merckstu, das es nit unmöglich ist, sonder frey tzugelassenn, wer es thun wil, mag keuscheit halten, furwar es b wirt seyn lonn wol darumb entpfahen, derhalb spricht Paulus 1 Cor. 7 [25f.] ca.: Von den junckfrawen hab ich kein gebot des heren, ich sage aber meyn gutduncken, als ich barmhertzigkeit erlangt habe vom herren, trew tzu seyn, so meyne ich nun, solchs sey gutt umb der gegenwertigen nodt willen, das es dem menschen gut sey, also tzu seyn etc. Sich, wie Christus und Paulus so trewlich von der reynigkeit sagen, aber du kombst mit deiner natur herfur, ja wol troffen, libe Schosserin, hie wolt ich dir wol vil sagen von der natur, aber die tzeyt wil solchs nit dulden, wo man wil der natur folgen, unnd das auch die natur yre wirckung recht behielte, so wurden wir tzuletztt von dem erkentniß unsers heylands komen, woan erkennen wir änderst unser seligmacher ader die krafft Gottes? dan alleyn, wan sie nitt nach der natur eynhergehen, wo bleyb die natur in der tzeyt Helie 3 Re. ca. 17 [1. Kön. 17, 1.7], da der regen nitt auff erden kam yn dreyen jaren unnd sechs monat? und die natur ist doch, das es regenn sal nach gelegenheyt der tzeyt, aber man muste auch auff die tzeyt erkennen, welcher war und ist über alle natur, das ist der schepper hymmels und erden, unser troster und Godt, welcher seyn genade uns teglich mitteylt, den, die yr begeren. Schosserin: Es haben vormals offt eyde gethan heylig leutt und nit gehalten, darumb darffestu dichs nit verwundern, denn David uffenlich geschworen hatt 1 Reg. 55 (!) ca. [1. Sam. 25, 22], das er denn Nabal wolt todtschlagen, und wäre doch verhindert. Henricus: Ey, welch eyn listyg argumentt ist das tzu dißen sachenn, wie hübsch kan der teuffei argumentirenn durch die Schosserin, gleich als David nit volbracht hat das gelubdniß, also sollen wir auch nit unser gelubdniß halten, reyme dich ader fall treppe hinab, du lose vettel. Sichstu nit, das David nit wolt Volbringen das gelubdniß des todtschlags Nabais, welch war wider Gottes gebot gehandelt, Exo. am 20 ca. [2. Mose 20, 13], du salt nit todten, solchs war ym gesetz und itzundt ym evangelio Matth. 19 [18], Luce 18 [20] ca. verbotten. Aber keuscheyt ist nit verbotten, auch ist sie nit wider Godt, wo man sie willigk helt, und kombst mit eynem tzottigenn argument, auch schreybstu, das vil heyliger leut gelobdniß gethan haben und nit gehalten, du tzeygst aber nit an, wer sie seyn, dan alleyn David, damit kanst nit probiren c , das man nit solt keuscheyt halte, so man es gelobtt hette, aber ich wil dir antzeygen, welch gelobdniß gethon haben und nitt gehalten und solchs ist nit wider Godt gewest, auch darneben wil ich antzeigen, welch gelobdniß gethan haben und auch gehalten, welchs doch ist wider Godt ist gewest, tzum erstenn Actu. 23 ca. [Apg. 23, 12f.] die virtzigk menner, welch sich hatten tzusammen verbunden, nit tzu essen ader tzu trinckenn, biß das sie Paulum todtt hettenn, welch bundniß auch wäre wider das heylige evangelium Matth. 19, Luce 18, Exo. 20. Sich, seynt das dy heylige menner gewest, da du von

b) wohl Druckfehler für: er

c) bestätigen, beweisen

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Henricus P. V. H.: Antwort wider das Lästerbuch Ursula Weidin

schreybst? tzum ander: Also het Herodes auch wol seynem eydt mögen auflossen, dieweyll das er handelt wider gotliche gesetz, das er den unschuldigen und rechten Johannem umbbrachte des eyds halben Marci 6 [16ff.] ca., das der konigk tzum metteleyn d , das do tantzett, sprach: Bit von mir, was du bilte, ich wil dirs geben, und schwur ir eynen eydt, das mettleyn gyng hynauß, sprach tzu yrer mutter: Was sal ich byttenn? Sie antworth: Das heubt Johannis. O, welch eyn gifftigk radt des boßenn weybs. O, du allergroste boßheyt und scherffste pfeyl des teuffels bistu weyb, dan ein unschamhafftigk weyb schonet keyns menschen, sie achtet des diacon nit, sie eret den prister nit, sie gibt nit ere eynem propheten. O, boßheyt aller boßheyt, ist eyn weyb erger und boßer. Auch die trachen, schlangen, vergiffte unnd hornechte thier ließen Johannem yn der wustung leben und forchten ynen, aber Herodias, die nam ym seyn heubt und entpfing den tod eynes solchen heyligen mannes tzu Ion der tantzung, auch 3. Regum ca. 17 [1. Kön. 17, 6] die raben nereten Heliam auff dem berge und die Jesabell [1. Kön. 19, 2] verfolgete ynen, umb der gnaden willen, das er dem lande erlangte durch seyn gebett regen und wasser. Sich da, was doch frawen guttes anrichten. Es ist keyn boßheyt, die da ubertrette die boßheyt eyns boßen weybs. Ich rede alhie alleyn von boßen frawen, from und redliche weyber seynt aller ere und togent wyrdigk, und derhalb sich ich dich auch für eyn Herodias an, wiewol das ich deyner keyn kund habe, so höre ich doch am lauttenf, was du für eynn topff bist. Sich, Herodes wolt das gelubdniß nit auffloßen, welch er doch an sund wol hette thon mogenn, was meynstu, wann munche, pfaffen, nonnen eyde thun, sollen sie dan dieselbigen nit auch halten? geloben sie doch nit eynem menschen, sonder yrem hern Christo, welcher an tzweyffel helffen kan, das sie solchs halten und Volbringen, aber leider es feylet an Godt nicht, sonder der gebroch ist ans uns, wir wollen es nitt thon. Auch wann du alßo vil schreybst vom gelubniß, daz man es halten solle, villeycht gynge es änderst tzu, dieweyl aber du und deyn anhang nicht darvon haltet, so hören sie es auch gerne, dan wer gern tantzet, mag man leycht pfeyffen. Schosserin: Item am Vierden buch Mosi am 30 [6. 9. 13] ca. lesett, das man etliche gelubde aufflosset, als wen eyn kyndt etwas gelobett und der vatter wil das gelubdniß nit gestatten. Henricus: Das ist aber eyn hübsch argument vonn frawen klugeleyn, dynet doch dyser Spruch nit für dich, dan was voran ym capitel stehet, das wiltu nitt schreiben, das muß ich dir sagen und schone nachmals deyner weyblichen leychtfertigkeit, ich wolt dich sunst hübsch mit deyner eygenn färb außstreychen, sagtt Moses tzu den ubersten von Israhel sprechende also [4. Mose 30, 3]: Wann ymandt dem hern eyn gelubde thut ader eydtt schwert, das er seyn sele verbyndett, der sal seyn wort nit schwechen, sonder alles thun, wie es tzu seynem mund ist außgangenn. Sich, ist daz nit eyn klarer spruch Nume. 30 ca. [4. Mose 30, 4f.]: Wan eyn weybsbyld dem hern eyn gelobde thut und sich verbyndet, weyl g sie ynn yres vatters

d) Mägdelein

e) willst

f) Klang

g) während

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hauß und ym magdthan h ist, und yre gelubd und verbundniß, das sie thut über yre sele, kombt für yren vatter und er schweygt dartzu, so gilt alle yre gelubde und alle yr verbundniß, des sie sich über yre sele verbunden hat. Sich da, sal man nun die gelubde auflossen der verlauffen munch, pfaffen und nunnen? als du logenmaul davon schreybst, haben wir yre elthern sie nit dartzu getzogen? und auch yr gut dargeben? und solchs gelubde mit verwilligt unnd dartzu geschwigenn, wie wiltu dan hie handel wider die schlifft, du kanst nitt beweyßen, das yrgen eyn munch, pfaffe und nunne ist geystlich worden ader gelubdnuß gethan, das yr elthern und freuntschafftt nit verwilliget haben dasselbig, dan es seynt noch heuttzutag vil elthern, den solchs leydt ist, das itzundt yre kynder das gelubdniß und eyde auffloßen. Aber das wil ich tzur sachen sagen, wan eyn munch ader nunnen wolthe gut evangelisch seyn, so solten sie gehorßam seyn yren vatter unnd mutter, wan sie gleych auß dem closter lauffen wolthen, und gedachten, daz eyn christmensch sal seyn creutz trage und nemen solchs willigk ann unnd ereten dann also yre elthern, wie Exo. 20 [2. Mose 20, 12], Luce am 18 [20] ca., unnd behertzigetten auch bey, das man hie nit alle tzeyt bleyben ist, sonder wir müssen eyn ander Stadt suchen, wie der apostel sagt, und solchs were vil besser, dann das sie außlauffen, yren elthern tzu hon unnd spotte, yrem nehesten christenmenschen tzu ergerniß, ynen selbst tzu schänden und laster des verdamniß, ich meyne die weit sey vol gnung, munch, pfaffen, nunnen dorfften nith tzulauffen, gleych als weren huren unnd buben tzu wenigk. Schosserin: In summa, das gelubdniß von der keuscheyt tzu halten gethan ist wider Gottes wortt Gene. I und II ca. [1. Mose 1, 27f.; 2, 18. 24], Henricus: Solchs wundert mich, das keuscheyt ist wider Gottes gebot, welch doch yhm evangelio frey gegebenn ist, aber dyeweyll Christus ßo grosse lust hath yn merung des volcks, warumb hat er dan solch wort nit repetirt ym evangelio? wie er dann die ander gebot Gottes außsprach, da sihestu, daz Got nit fraget noch der menige des volcks, ßonder ynen gelustet, der liebe seyner außerwelthen, wie dann auch Joan. am 14 (!) [13, 34] ca. der herr sagtt tzu seynen jungern: Eyn new gebott gebe ich euch, das yhr euch under eynander liebet, wie ich euch geliebtt habe, dabey wyrtt ydermann erkennenn, das yhr meyn junger seytt, ßo yhr liebe undereynander habtt. Sich, da gibtt der eyn new gebott, unnd das ist dye lyebe, dann dabey werden dye christenmenschenn erkandtt unnd nith bey dem worthleyn meret unnd wachssett etc., wie du stinckeloch furgibst, weystu nith, was Johan. am 1 [11 — 13] capitel sagt: Er kam yn seyn eygenthum etc., wie vil ynen aber auffnomen, denn gab er machtt, Gottes kynder tzu werdenn, denen die an seynen namen glauben, welch nit von dem geblutt, noch von dem willen des fleisch noch vonn denn willenn eyns mannes, ßonder vonn Gott geborenn seyndt etc. Schosserin: Da sihestu, das deyn maul ist logenhafftigk und werest darzu eyner gutten straff wirdig, weyl du ßagest, das die geystlichen kunnen keyn ehe besitzen yn ewigkeyt etc.

h) ledig

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Henricus P. V. H.: Antwort wider das Lästerbuch Ursula Weidin

Henricus: Des geschwetz ist so vil, das ich nitt mag drauff antworttenn, und fürest darneben keyn schlifft, die sich dartzu schicken wil, das eyn schanthutleyn kunnest gemachen den verlauffen munchen und erloße nunnen, und schreibst, der abt sey eyner straff wirdigk, das er solchs sage. Sich, bistu nit alhie eyn huchelereyn? Du meynst, der abtt sal auch heucheln und loben, das munch und nunnen außlauffen, dieweyl er solchs nit thut, so ist er eyner straff wirdigk. Alßo thun die freyen Christen, wan man nith wil loben yre buberey, alßbalb wollen sy ynen straffen, nit mit wortten (als das evangelium antzeigt), sonder mit der that, das sie eynem daz seyne nemen, und als dan wollen sie ynen gut evangelisch darzu lernen, daz ist der new glaub etc. Aber du tzeigst Paulum an 1 Cor. 7 [2] ca., daz wil ich dir verantwortten, das umb unkeuscheit willen eyn iglicher hab seyn weyb, da schreibt Paulus nit, welche gelubdniß gethan haben Got dem hern, daz man solch eyde sal schwechen, aber einen solchen fleischlichen geist hat Paulus nit gehabt wie du, waz sagstu aber zu den ander puncten, dy im selben ca. [34] stehen: Ein weib und ein junckfrau, dy on ee ist, die sorget, was den herrenn angehöret, das sie sey heylig beyde am leyb unnd auch am geist. Sich, wan solchs die closterleutt auch thetten, wie Paulus leret, so hetten sie so vil tzu schicken mit dem, das den herren belanget, das sie dem teuffei keyn Stadt geben mochten, aber itzundtt sorgen sie mer, was dem sathan tzugehortt dan Christo, derhalben habenn sie auch eynn solche ehe. Ich wolt gerne eyn from fraw hören sagen, das keuscheit nit von Godt solt belonet werde und dartzu auch nitt angenem seyn? welch recht nach dem fleysch unnd geyst (als Paulus sagt 1. Cor. 7 ca.) gehalten wirt. Es folget auch yhm capitel [34]: Die aber freihet, die sorget, was die weit angehet, wie sie dem manne gefalle. Wo bleybt dan yre gelubdniß? damit sie sich verpflicht hat, daz sie wil eyn auffsehen hab, was den hern angehet? Hie thut man hübsch wider das evangelium, Matth. 6 [24] ca.: Nymantt mag tzweyen herren dienen. Entw[e]der er wirt eynenn hassen und den andern lieben, aber die verlauffenn munch, trewloße nunnen kunnen wol tzweyen herren dyenen (ja hinder sich drey kocheloffel) als Godt mit eym gelubdniß unnd dem menschen mit dem andern gelubdniß etc. Schosserin: Aber ewer unelich leben, das yr füret an Gottes wort und Ordnung von menschen erfunden, gebet für grosse keuscheyt und reynigkeyt, lobet und erhöhet sie über alle tugent etc. Henricus: Thut gemach, fraw Schosserin, dan Paulus sagt tzun Romern am 2 [lf.] ca.: Woryn du eynenn andern richtest, verdampstu dich selber, seyntemal du ebenn das selb thust, das du richtest, den wir wissenn, Gottes urtheil ist nach der warheyt, über die so solchs thun. Schreybst auch, must dich schäm halben enthalten, warlich es ist tzeyt, das du dich entheltest, hettestu solchs yn der tzeytt gethann, wer eyn feyn tzuchtt gewest vonn eyner Schosserin, aber du tzeygst auch Paulum 1 Timot. 4 [1], das yn den letzten tagen etc. Diß capitel ist nit tzu tzihen auff den geistlichen standt ader auff die, welch schreiben wider munch und pfaffen ehe. Dan S. Paulus sagt nemlich [ l . T i m . 4, 3], sie werden die ehe vorpiten, dasselbig ist auch geschehen für vier hundert jar 40 , da kamen die falsche propheten und gebotten allen menschenn, das sie nit solthen tzu der ehe

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greiffen, welch unchristlich war, dan wan alle menschen nit solten greyffen tzun elichen standt, was wurde für eyn volck werde yn der gemeyn Gottes? Auff die tzeyt hat gelobt1 S. Bernhardus 41 , der hat wider solch gesellen und ketzer geschrieben und ist seyner sermon eyner über die hohen lyes-i Salomonis, welcher lust hat, mag dar leßen, dan er fyndet auch mer artickel, die sie hatten auff tzeyt. Sich, wir verbitten nit allen menschen elich tzu werden, wie jhenige theten, derhalb, allegirste hie falschlich diß capitel, aber Paulus schreibt auch 2 Timot. 3 [lf.]: Das saltu aber wissen, o Timothee, das ynn den letzten tagen werden grewliche tzeyttung eyntretten, den es werden menschen seyn, die von sich selbst halten etc., wie ich tzu vor berurt hab. Seyn das nit, die itzunt wollen gut evangelisch sey? Die haben solche stucke an ynen, ym obgenanten capitel hatt Bernhardus wider die gesellenn geschriebenn, wer schreibt aber kegen dise, ach leyder, es darff nymant thun, dan die vom regiment halten bey solchenn leuthenn, gleub furwar, das die weyssag Pauli itzundt erfüllet ist. Schosserin: O, wolt Gott nun, das solchs der adel tzu hertzen fassett und so kynder und freund yn klostern haben, die mit grosser gefar der seligkeyt diynnen seyn etc. Henricus: Ich wolt auffgehortt haben, dir nit mer tzu antwortten, aber eyns, das ich fynde, das du nit alleyn den abtt tzu Begaw und die geystlichen person schmehest, sonder auch den christlichen adell antastes und sagts, wolt Godt, das sie tzu hertzen fassent. O, du armes elendes weyb, meynstu, das der adeliche standt, welcher bißher groß that yn theutschen landen volbracht hat, sich solt von eynem loßen weyb mit schreiben bewegen lassen? und solten umb der verlauffen munch und pfaffen verworffen den geystlichen standt? und tzu verachten die pristerschafft? gleich als du thust, neyn, furwar, es seyn nit solche unbestendige leuth, als du und deyn anhang (auch haben sie eynen rechten namen, das sie seyn vom adell, derhalb sollenn sie auch yn christlichen Sachen eyn adelich gemutt gebrauchen). Es seyn auch noch vom adel ßo kluge und weyße menner und bestendig ym glauben, die dyr unnd deynem anhang werden noch die lust tzum theyl vertreyben, dorff wol sagen, das Godtt yhm hat behalten vom adel mer dan VII tawsent, welch yre kny noch nit gebeugt haben für dem abgott Baal [1. Kön. 19, 18] und noch nit baugen werden, dan sie seyn nit wie das ror Matth. 11 [7] capitel, das sie solten all bald verwerffen, was für langst ist gehalten worden bis auff unßer tzeyt, und nit solthen forschung haben nach dem geyst, der diße sachen treybtt unnd wodurch solch dyngk wirtt angefallen. Nun es sey alßo, das der adel seynn kynder auß den clostern neme, waß ßal er mit ynen machen? furwar etwas christlichs und redlichs. Auch schreystu, hilff, hilff, es ist tzeytt, was meynstu damit? villeicht, wann sie auß den clostern komen, ßo sollen sie die senden tzu deyner mutter, welch an tzweyffel sie wol lernen kann, was sie nitt wissenn, welche wol gegleicht wirt der frawen, von welcher Salomo schreibtt Prover. 9 [13—18] ca., die do vol lasters ist unnd gar nichts weyß, dann

i) wohl Druckfehler für: gelebt 52

Reformation

j) Hohelied

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Henricus P. V. H.: Antwort wider das Lästerbuch Ursula Weidin

das sie sitzet yn der thor yres haußes auff eynem stuell und rufft den, die furubergehen wollen (dan der weg ist weyt, der tzu eynem solchen weyb gehett) und wandeln yn yrem eygen wege und spricht den tzu, die keyn hertz habenn, wer ist kleyn, der kom tzu mir, dan die gestollene wassere seyntt süßer und das dibische brodtt schmackhafftiger, unnd weyß dann nit, das da die reeßen k seyntt unnd yhm abgrundt seynn yre geselschafftt etc. Schosserin: Derhalben, du junger munch und nunne, entpfindestu brennen deynes fleysches unnd kanst nith keuscheytt haltenn, so spring mitt freyenn sichern gewissenn auß unnd laß closter, platten, kappen liegenn etc. Henricus: Freuntlicher lieber leßer, hie kombtt die rechtt Jeßabell [1. Kön. 18ff. 1 unnd schüttet yre gifftige tuck gar auß, darbey kanstu mercken, waz das für eyn weyb sey unnd was sie für eynenn geyst hab, der solchs lernt. Wan man sich yn anfechtunge funde, so solt man lauffen tzum almechtigen Godt, der da spricht ym evangelio Marci am 11 [24] ca.: Alles, was yr bittet yn ewerm gebet, glaubtt nur, das yrs empfahen werdett, so wirts euch werdenn, auch Matthei am 21 [22] ca. stehen dieselben wort, wie auch Jacobus 1 [5f.] ca. sagt: So ymand aber under euch feel hat an weyßheyt (ader etwas änderst), der bytte von Godt, der da gibt eynfeltiglich1 und nichts"1 nymant auff, so wirt sie ym geben werdenn. Er bytte aber ym glauben und tzweyffel nit, und sich" derhalben, so du nith wilt Christum unnd seyn aposteln tzu logener machen, so mustu gleuben, das es möglich ist, mit Gottes hulff das gelubdniß der keuscheyt tzu Volbringen, gleich als Paulo möglich war, das er die stacheln des fleysch uberwan vermittelst gotlicher gnade, wie er sagt 2 Cor. 12 [8f.] capi., das er dafür dreymal dem herren geflehet habe, das er von ym trete, unnd der herr sagt, laß dir genügen an meyner gnaden, dan warumb, die gnade ist starcker dan die natur, wie auch Paulus antzeigt, alle dyngk kan ich Volbringen, ynn dem der mich sterckt [Phil. 4, 13], also solt man die leut underweyßen und nit reytzen tzur schalckheit und buberey, als du thust, dan ich weyß woll, das leyder der eynfluß des hymmels itzundt auch sere hilfft yn dißen Sachen, dan er verkertt die gewonlichen begerde und natur, die eyngbylthen und angeborn wollust und der schnöden begirlicheit mit boßer unreyner lust des gemuts und aller unmessigkeytt macht er geyl und unreyn, altzeyt fressen und sauffenn unnd vol seyn und dan yn unkeuscher liebe leben, stynckede und unlustigk. O, wie vil unreyner libe üben die menschen itzunt, wie vil stette werden vol buben und bubin, auch dartzu vil jemmerlicher gemeyner huren werden, wie vil junckfrawen schwecher unnd betrieger der untzimlichen liebe halbenn, dartzu auch vil ebrecher und geystlicher lesterung, und also seyn leyder itzundt yn allen Stenden gebrechen, die junckfrawen beytten 0 itzundt nit, biß das man sie bittet. Die nunnen in clostem, da hilfft wider mawer noch schloß für die selbenn, bey

k) bei Grimm nicht nachgewiesen; die Lutherübersetzung hat: Toten redlich m) drängt es n) siehe o) warten

1) einfach,

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denn eheleutten, da der man an eym, die fraw am ander theil bricht, und die wytwefrawen nemen eynen abtrinnigen pfaffen ader verlauffen munch, und man weys das wol und bleybt doch ungestrafft, das die menschen itzundtt gleych wie die unvernunfftigen thier yr leben tzubringen, und du wilt mit deynem schreyben auch dartzu helffen, man solt eynem solchenn weyb das land verpitten, das alßo lesterlich mit der gotlychen und heyligen schlifft umbgehet. Schosserin: Seyn auch alle geystliche tzwifechtigk trewloß leut Got, yrem herren, worden, beyde an tauff und glauben etc. Henricus: Du meynst die geystlichen leutt, die gelobdniß thun tzu halten reynigkeyt, die ßelbenn nennestu trewloß an yrer tauff, welch doch feischlich erlogen ist unnd kanst solchs nitt beweyssen, mich wundert alleyn, das du dich nit schemest, das eyn gelerter man deyn buchleyn leßen sal und fyndet solch lam tzotten daryn, aber ich wil dir sagenn, das sie nitt trewloß seyn an der tauff, dan Godt hat mancherlei stende verordnet, in welchem man sich üben und leyden lernen sal, etlichen denn elichenn, die andern den geystlichen, den andern den regirende standtt, und allen bepfellen muhe und arbeyt tzu haben, das man daz fleischs todte und gewene tzum tode, dan allen den, die getaufft seynt, den hat die tauff dißes lebens rewe gemacht und gnuge etc., die tauff aber mit yrer bedeutung allen eyn gemeyn maß gesetzt, das eyn iglicher seyns stands sich pruffe, welch weyß ym am besten forderlich sey, der tauff gnug tzu thunn, das ist, die sund tzu todten und sterben, auff das also leicht und ßanfft werde die purde Christi und nit mit engsten und sorgen tzugehe, wie von den Salomo sagt, die werck der unweyßen marteret sie nur, darumb, das sie den weg tzur Stadt nit wissen etc. Nun ist hie tzu merckenn, was für eyn underscheit ist yn dem gelubdniß der tauff und der keuscheyt, dan yn der tauff geloben wyr alle gleych eyn dingk, die sund tzu todten und heylig tzu werden durch Gottes krafft unnd gnadenn, dem wir uns dargeben und opffern, und ist da keyner besser dan der ander. Aber derselben tauff folge tzu thun, das die sunde ertodtet werde, darumb stehet eyn iglicher, pruffe sich selbem, yn welchem standt er die sund am besten möge todten und die natur dempffen. Aber über diß gelubniß der tauff mag sich eyns wol verpynden yn eynen standtt, der ym fuglich unnd forderlich sey tzu seyner tawff volbringung, also wee p sich an elichen standt byndet, der wandelt yn des selben stands muhen und leyden, daryn er seyn natur beladet, das sie liebes und leyds gewone, sund meyden und sich tzum todt dester bas bereyt, das er nith so wol vermocht außer dem selben standt. Wer aber mer leyden sucht und durch vil ubung wil kurtzlich sich tzum todtt bereytten und seyn tauff werck bald erlangen, der byndett sich an die keuscheyt ader geystlichen ordenn, dann eyn geystlicher, wan er recht stehet, so sal er vil leyden und marter seyn, das er mer ubung seiner tauff hab dan der elich standtt, und durch solche marter sich bald gewene, den todt frolich tzu empfahen und also seyner tauff ende uberkomen über di-

p) Druckfehler für: wer 52*

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ßen standt, ist nun eyn hoher, der regirende standt yn geystlichem regimentt als bischoff, pfarffer etc., die sollen alle stund gantz wol durch übet mitt leyden und wercken fertig seyn tzum todt, nit alleyn umb yrer willenn, sonder auch umb denn willen, die ynen untherthenig seyn tzu sterben, doch yn allen disen stendenn muß man dennoch die maß nit vergessen (wie droben gesagt), die ubung alßo halte, das alleynn die sund werde außgetriebenn. Sich da, Schosserin, also solt mann die gelobdniß halten der tauff und der keuscheit, da merchstu, das die geystlichen nitt trewloß seyn an yrer tauff, aber du bist eyn verkererin der schlifft, verstehest nitt, was tauff gelobde und keuscheyt gelobde ist, aber wie deyne verlauffen munch, pfaffenn unnd nunnen trewloß werdenn ann yrer tauff, da sagestu nit von etc. Schosserin: Sich nun, du grober ungelerter aptt, wie du mit der schrifftt umbgehest und sie außlegest, hynter die kue mit dir, do acht ich dich tüchtiger tzu, dan die schlifft außtzulegen. Henricus: Du hast vorhyn gesagt, du must dich schäm halben enthalten, sunst wollest du weytter redenn, ist das frawenn Schosserin tzucht? Lernt man das ym frawen tzymmel, das man die leutte hynder die kue weyßet, das ist furwar eynn stuck von eyner fromen frawen, scheme dich, du rechter sack, wan doch eyn gut glid yn dir were, hettestu dich billich solchs wol kunnenn enthalten, hab ich all meyn leben lang solch wort nie gehortt von eynem weyb als itzund die Schosserin furgibt, aber wan man dich auch alhie sere lesterte, wie wolthe dirs gefallen, du hast villeycht ym frawen hymmel gestudirtt, da man die fettein auffhengt, die kunnen auch solche Spruche, ist das nit seltzam, das eyn fraw wil yren eben Christenmenschen hynder die kue weyßen, ist solch schreiben nit tzu erbarmen etc. Schosserin: Wyr seyn wider besucht auß ewer fynsterniß von Gott erlediget11, der hunger ist von uns genomen, wie Arnos am 8 [11] capi., wir dorffen r keyn brodt mer bey euch borgen etc. Henricus: Der prophet Arnos am 8 [11 — 14] ca. sagt, Godt wirt sendenn (yn die, welch yrdisch seyn) den hunger des wort Gottes, welch dan geschieht umb der sund wil des volcks, als dan wirt mangel die 1er yn der gemeyn Gottes und dan werden sie gehen von eyner bytter 1er tzu der andern, dan die brunnen der gemeyn Gottes werden ynen nit tzu hulff komen, als dan werden vil thorechte junchfrawen seyn (Matth. 25 [3] ca.), welch yre lampen nit mit oel werden tzyren, das ist, das beycht der togentt werden sie nit achten, und dan wirt keuscheyt, reynigkeyt und andere tagende undergehen, unnd die jungen knaben, welch die weit hertiglich uberwunden habenn, die werdenn widerumb schwach, dan tzuletzt bleyben sie festiglich yn der 1er des mißglaubens und settzen yre getrew daryn und fallen also von der warheyt, und durch büß werden sie nit auffstehen, Godt sey es geklagt. Sich da, du meynst, wir dorffenn nit mer brodt borgen, sich tzu, es ist noch nit, da du von schreybst, aber als der prophet sagt, wie seyn hunger senden wirt etc. Seynt nit also itzundtt die leutt geschickt?

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welch togent wirt doch itzundtt lieb gehabt? ist doch ere schand unnd schand ere worden, wie ich dan tzuvor auch gesagt hab. Schosserin: Myr wer von hertzen leyd, wen der frome Lauther seyn tzeyt nit nuttzer solt tzubringen, den solchen eßeln tzu anttwortten, dartzu so weyß ich, das Christus gleich als wol tzu mir als zu allen bischoffen gesagt hat etc. Henricus: Dasselbig hab ich auch gedacht, das es nit billich, myr auch leyd were, das der abt nit mer tzu schaffen hette, dann das er eyner solchen schladecka antwort geb, wiewoll ich hab nitt vil tzeyt tzubracht, das ich dir antwort, dan solch ding ist mir nit unbekantt yn meynem gemuet, derhalb sag ich nitt, das es mir sey sawr worden tzu verantwortten, aber kombstu wider, so hut dich, dann furwar ich wil mich kegen dich settzenn als eyn mawr, wie der prophet Ezechiel [Hes.] sagtt am 13 [5] ca. Du weyst die stelle nit tzu fynden, darumb muß ich dir sie antzeygen, diß capitel sagt nitt, das du dich wider deynen nehesten menschen settzen solt, sunder mann sal sich stellen als eyn mawr wider die falschen propheten als du und deyn anhenger seyt, dann Gott sagt durch den propheten [Hes. 13, 4—6]: O, Israhel, deyn propheten seyn ynn der wustung gleych als die fuchse, sie sehenn unnutze ding und sagen lugen, sprechen, der herr habs gesagt, und der herr hat sie nit geßant, und bleyben gleich wol also hin yre rede tzu beste[t]igen, und derhalb spricht der prophet Ezechiel: Ir gutten propheten, warumb hat yr nit widerstandt gethann? und euch als eyn mawr vor das volck nit gesetzt? auff das yr stundet ym streyt am tage des hern, und also solthen alle christenmenschen settzen wider falsche propheten und loße Christen. Schosserin: Aber eyns ist nitt tzu verschweygen, das er ßo gröblich leugtt, Gott hab eynen groß mißfal ob dem elichen leben, daz munch unnd pfaffen anfahen, unnd spricht, es sey denn leutten umb eyn rauchstuck fleyschs tzu thun 42 etc. Henricus: Furwar, fraw Schosserin, es ist euch nith tzu vorschweygenn, dan du hast tzuvor wol so grob gespunnen, als das wortleyn ist, wie wol du dich abermals sere unnutz machts, was ist dir von notten, das du solch dingk verfechten, ist es nit war? wie der abtt darvon schreibt, aber solch laut noch schentlicher von dyr, das du es antzuhest, aber ich halt, der abtt hab dich auff eynen schweren51 troffen, das es den wee thut, ich wolt wol etwas anders sagen, was für eyn elich leben ist tzwischen denn verlauffen munch unnd nunnen, aber ich will deyner unnd yrer Unwissenheit auff dißmal schonen, aber lern du von Paulo 1 Timot. 2 [11 f.] ca.: Eyn weyb lerne yn der stylle mit aller underthenichkeyt. Eynem weyb aber gestatte ich nitt, das sie lerne', auch nit, das sie des mans herr sey etc.

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Zum leßer Sich, freuntlicher lieber leßer, laß dich nit eyn solch weyb mitt behenden wortten verfuren, dan durch eyn fraw ist der allerguttigste David vers) Geschwür

t) lehre

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fürt worden yn eynem todtschlag seynes unschuldigen ritters Urie Ethei" durch die episteln, welch er selbem trage muste, 2 Regum ca. 11 [2. Sam. 11, 15—17], Durch eyn fraw ist der allerweysete Salomo yn mißglauben gefurt worden, 3 Regum ca. 11 [1. Kön. 11, 4ff. ]. Durch eyner frawen willen ist der allerkeuscheste Josep yns gefenckniß geworffen worden 5 [1. Mose 39, 7ff.], umbs eyns weybs willen ist der recht evangelische prediger der gantzen weit, Johannes der Teuffer Christi, entheubtt wordenn, Marci 6 [17—29]. Sich, welch eynn unleydliche unnd unheylßam gifftt ist eyn boße w e y b und tzuvoran, wan sie y e tzu tzeytten sal unrecht leiden, aber wan sie tzur herschung kombt, ßo genade Gott denen, die etwas ke- 10 gen sie verschult haben, und tzuvoran, wan sie eynn eweyb eyns amptmans wirt, alsdann höret sie nitt auff, tag unnd nacht tzu flohen, schmeicheln yrem manne, biß ßolang das sie seyner mechtig wirt und ynen gleych macht yrer boßheit, tzu w e m sie dan haß und neydt tregt, solchs muß der man auch thun, unnd horett dan nit auff, boßenn radt tzu geben, gleych als 15 Herodias that dem konigk Herodi, Marci 6 [24f.]. Gedruckt tzu Leyptzick durch Jacobum Thanner M D und XXIIII.

A) Vorbemerkung Druckvorlage: Antwurt wider das vnchristlich II Lesterbuch Vrsula Weydyn der Schosserin tzu II Eyßebergk Auch vom glauben vnnd II Tauff Eyn gegrundt Schlifft II Göttlichs wort Belangenllde Durch Henricum II P.V.H. II [drei Bibelsprüche] II (Am Ende:) Gedruckt tzu Leyptzick durch Jakobum Than=llner M D vnd XXiiij. II 4° 28 Bl. (letztes leer) Sign.: A - F ' G 3 . - Weller 2908. Claus TH-55. VD 16 A 3009. Köhler 1538. - SB München: 4° Polem. 634/7.. Zur Entstehung: Nachdem 1524 — wohl Anfang des Jahres — die Schrift Blicks (vgl. oben Nr. 30 Zur Entstehung) erschienen war, veröffentlichte die Ehefrau des Schössers von Eisenberg, Ursula Weida, eine scharfe Entgegnung „Wyder das unchristlich schreyben und Lesterbuch des Apts Simon zu Pegaw unnd seyner Bruder" (vgl. Köhler, Microfiches 5/30). Von lutherischen Positionen aus und teils in direkter Anlehnung an Lutherschriften vertrat sie — nach einleitenden rüden Anwürfen gegen den Abt — die Auffassung, daß allein dem Gotteswort in der Bibel, nicht aber der Kirche zu glauben sei; daß das weltliche Eheleben von Gott eingesetzt sei, nicht aber das ehelose teuflische Leben der Mönche; daß deshalb schließlich diejenigen, die sich des Mönchtums entäußern, keinesfalls abtrünnig und meineidig geworden seien. Diese Schrift gab den Anlaß für die vorliegende Polemik, die gleichfalls noch 1524 — bei Jakob Thanner in Leipzig — erschien. Der unbekannte Vf. versteckt sich hinter dem Pseudonym Henricus P. V. H. Es konnte wohl auch von den Zeitgenossen nicht entschlüsselt werden, denn bald erschien eine weitere Schrift eines sich Contz Drometer von Nikiashausen nennenden Autors (Weller 2768) zur Verteidigung der Schosserin gegen Henricus. Darin wird das Pseudonym als Heinz Pfeyffer von Hümpelbach verballhornt, aber nicht aufgelöst. Einige Formulierungen und Belege zeigen Anklänge an Hieronymus Emser. Literatur:

Clemen, Schosserin von Eisenberg, S. 73—81.

u) Uria, der Hethiter

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B) Sacherläuterungen 1 Ursula Weida (nachweisbar 1524—1541), Ehefrau des kurfürstlichen Schössers zu Eisenberg (vgl. Clemen, oben unter Literatur). Der Titel des Büchleins oben Zur Entstehung. 2 Der Benediktinerabt Simon Blick von Pegau (vgl. oben Nr. 30 Zur Entstehung). 3 Feuerspeiendes Ungeheuer der griechischen Mythologie. 4 Der griechische Kirchenvater Origenes (185—254). Der Vf. zitiert ohne Quellenangabe. 5 Wohl gemeint Apollinaris d. J. (um 315—vor 392), Bischof von Laodicea, unter Anspielung auf dessen Vorstellung vom „Gott im Fleisch". 6 Der römische Dichter Horaz (Quintus Horatius Flaccus, 65—8 v.Chr.). Das folgende Zitat in Epistularum I, 3, 18—20. 7 Die Vfn. lehnte sich z. T. wörtlich an Lutherschriften an, z. B. an die Auslegung des 7. Kapitels des 1. Korintherbriefes (WA 12, S. 92-142). 8 Dieses und die folgenden mit „Schosserin" bezeichneten Zitate stammen alle aus der oben (Zur Entstehung) angegebenen Schrift der Weidin; sie sind im wesentlichen wortgetreu, z. T. mit Auslassungen. Auch im Text indirekt wiedergegebene Auffassungen der Schosserin sind sinngemäß zutreffend. 9 Wohl vor allem Anspielung auf die Hussitenkriege. 10 Johann Eck (1486—1543), Ingolstädter Professor und einflußreicher Kontrahent Luthers (vgl. oben Nr. 5 Zur Entstehung). 11 Das bezieht sich nicht auf Eck, sondern auf Hieronymus Emser (1478—1527), dessen Wappentier Luther polemisch gegen den „Bock Emser" nutzte (vgl. oben Nr. 8 Zur Entstehung). 12 Argula von Grumbach, geb. von Stauf (1492—nach 1563); im folgenden wird auf ihren Einsatz für den von der Universität Ingolstadt verurteilten jungen lutherischen Prediger Arsacius Seehofer angespielt (vgl. Laube/Looß/Schneider, Bd. 2, S. 918ff., bes. 923; S. Halbach, Argula von Grumbach als Verfasserin reformatorischer Flugschriften, Frankfurt am Main 1992). 13 Vgl. Wander, Bd. 3, Sp. 898, Nr. 460. 14 Katharisch-waldensische Strömung in Südfrankreich seit dem 11. Jh., 1119 und 1139 als häretisch verdammt, nach Kreuzzugsaufruf durch Papst Innozenz in. (1198—1216) in der Albigenserkriegen 1209—1229 weitgehend zerschlagen. 15 Anhänger des Arius (Areios) von Alexandrien (um 260—336), der die Wesensgleichheit von Gott-Vater und Gott-Sohn ablehnte; auf dem Konzil von Nicäa 325 als häretisch verdammt, wirkte die arianische Bewegung noch über Jahrzehnte fort. 16 Anhänger des Kerinth, der in der altkirchlichen Überlieferung als Hauptgegner des Paulus und Verursacher des Johannesevangeliums und der Johannesbriefe gilt. 17 Anhänger des Helvidius, eines Häretikers des 4. Jh., der von Hieronymus bekämpft wurde. 18 Ebioniter; Judenchristen vom Ende des 2. Jh. bis ca. 4./5. Jh., die sich am Alten Testament orientierten und Teile des Neuen Testaments verwarfen; von der katholischen Kirche als Häresie verdammt. 19 Manichäer; auf den persischen Gnostiker Mani (216—277) zurückgehende Strömung, die einen konsequenten Dualismus vertrat und seit Ende des 3. Jh. als Häresie scharf bekämpft wurde. 20 Auf Marcion, um 150 Gründer einer eigenen Kirche in Rom, zurückgehende Strömung, bekannt aus den antihäretischen Schriften der Kirchenväter.

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21 Auf den Patriarchen von Konstantinopel Nestorius (f 440) zurückgehende Strömung, die die Lehre von zwei getrennten Naturen in Christus vertrat und 431 auf dem Konzil von Ephesus als häretisch verdammt wurde. 22 Taboriten; nach der Festung Tabor benannter radikaler Flügel der böhmischen Hussiten (vgl. Anm. 26). 23 Nach Pelagius (f um 420) benannte Strömung, die die Erbsündenlehre verwarf und die natürlchen Kräfte des Menschen als ausreichend zur Erlangung der Seligkeit betrachtete; auf dem Konzil von Ephesus 431 verdammt. 24 Seit Äneas Sylvius auf einen französischen Mönch namens Picard oder aus der Picardie stammend zurückgeführt, ist der Begriff wohl von den Begharden — einer Bezeichnung für verschiedenartige Gruppierungen wie Brüder vom freien Geist, Flagellanten u. a. — abgeleitet und wurde auf eine radikale Sekte innerhalb der böhmischen Taboriten bezogen. 25 Anhänger des englischen Reformtheologen John Wiclif (um 1325—1384), 1377 vom Konzil in London und besonders 1415 vom Konstanzer Konzil als häretisch verdammt. 26 Anhänger des böhmischen Reformators Jan (Johannes) Hus (um 1371 — 1415), dessen Verbrennung durch das Konstanzer Konzil die Hussitenbewegung in Böhmen auslöste. 27 Anhänger des Bischofs Lucifer von Cagliari/Sizilien (f 371), der zum Schismatiker wurde, weil die Kirche nach seiner Auffassung den Arianern zu viele Zugeständnisse machte. 28 Horaz, Epistularum I, 2, 69f. 29 Der Vf. zitiert den Kirchenvater Augustin(us) (354—430) ohne Quellenangabe. Die betr. Gedanken äußert Augustin vor allem in seiner Auseinandersetzung mit Pelagius. 30 Artikel 9 des Apostolischen Glaubensbekenntnisses. 31 Die Vfn. verweist hier auf Koll. 2 und Apg. 20. 32 Proteus; bei Homer ein wahrsagender Meeresgreis, der sich in alle Gestalten verwandeln konnte; vgl. Odyssee IV, 385ff. 33 Publius Virgilius Maro (70—19 v.Chr.); das Zitat in Aeneis IV, 570. Zum Frauenbild bei Vergil vgl. Enciclopedia Virgiliana, Bd. 2, Rom 1985, S. 488f. 34 Schösser, d. h. Ehemann der Vfn., war bis 1533 Johannes Penzold aus Weida, genannt Weida. Über die hier angeführten Vorgänge ist nichts weiter bekannt. 35 Vgl. Wander, Bd. 2, Sp. 827, Nr. 189, 191. 36 Der Vf. reflektiert hier eine allgemeine, bald darauf auch im Bauernkrieg verbreitete Auffassung, wonach die fürstlichen bzw. grundherrlichen Amtleute die eigentlichen Bedrücker des Volkes sind. 37 Die Vfn. betont, daß Gottes Wort nicht falsch ist, auch wenn nur wenige daran glauben, und verweist dazu auf Rom. 3, 3f. 38 Nach dem griechischen Philosophen Plato (429—348 v.Chr.) benanntes Jahr, das eine Periode von ca. 26000 Jahren umfaßt, in der die verlängert gedachte Erdachse einen Umlauf um den Pol der Ekliptik vollendet. 39 Bei Wander nicht nachgewiesen. 40 Gemeint sind wohl katharisch-albigensische Strömungen, denen solche Auffassungen unterstellt wurden, evtl. abgeleitet vom absoluten Asketismus der Auserwählten, der perfecti. Auf den Konzilen von 1139 und 1184 wurden pauschal alle Häresien verdammt, die u. a. die Rechtmäßigkeit der Ehe bestritten (vgl. Denzinger-Schönmetzer, Nr. 761). 41 Bernhard von Clairvaux (um 1090—1153), scharfer Kritiker der Albigenser; zum folgenden vgl. Sermones in Cantica, in: Migne PL 183, Sp. 779ff. 42 Vgl. oben S. 656.

Sebastian Feibaum: Eine nützliche Rede, Frage und Antwort von drei Personen in lutherischen Sachen Der würst buob 1 fragt Ich, Hans spring in kle, far daher Und hab bey mier vil newer mer3. Die hab ich gehört in allen landen. Kumen manchen Christen zû schänden, welcher ich auch einer bin. Hab mier fürgesetzt b in meinen sin, zü erfaren rechte warheit, darin stee meiner seel Seligkeit. Da ich solchs gedacht in meinem müt°, kam ich zû einer speluncken güt. Darin fand ich ein alten greysen, gedacht, der solt dich wol weysen den weg, den du begerst zû wissen. Und thet ind gar hertzlich grüssen : Du alter greyß, was sitzstu hie, grésers Wunders gesahe ich nie. Ich bit dich hertzlich, mich berichte, so ich dich würd fragen ichtf.

Altvatter Sag an, sune, das hertze dein 8 , warumb du seiest kummen herein, mich zü fragen, ich bin bereit, dich zü berichten und geben bescheit. Sag mier, wes sich yetz helt die weit, das sie dier so gar mißfeit.

Der würst buob Vatter, das bericht ich kürtzlich dich, so du würst hören fleissig mich. Jetzo ist ein irtumb in der weit,

a) Berichte, Nachrichten b) vorgenommen f) etwas g) gemeint: was bedrückt dich

c) Sinn

d) ihn

e) belehre

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Luc. 8 [4-15]

Felbaum: Frage und Antwort in lutherischen Sachen

der manchem menschen wol gefeit, und hat daran ein grosse freyde. Es darff imh selbs wol werden leide. Ein münch in eim schwartzen kleit2, der hat geworffen weit und breit ein somen, da von Christus spricht, im ewangelio Luce, bin ich bericht. Der gett schier* uff in allen hertzen. Vatter, daz klag ich dier mit schmertzen. Altvatter

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Sune, sag mier des somens art, der da ist geworffen also hart in das volck und menschlich hertz. Das bericht du mich on allen schertz. Wurst buob

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Vatter, den haben sie weit uß gespreit^. Einer spricht, des menschen Seligkeit ste im vertrawen gots und glauben. Vermeint, die kirchen alles gützk berauben, aller dienst der kirchen sey büberey und nichts anders dann ein schinderey, auch darzü als ein äffen spil,

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dardurch der armen Christen vil

fallen in grossen spot und schand. Das ist jetzo in allem land, geystlich orden und müncherey sey nichts me dann ein gleißnerey1. Die ding beweren m sie uß den schrifften", als sie dann mich berichten.

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Altvatter

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Sune, zeig an yr geschrifft, so würstu mercken daz grosse gifft, das sie giessen in die weit, dardurch mancher in ergerniß feit.

h) ihm i) ganz, völlig j) ausgebreitet weisen, belegen n) gemeint: aus der Bibel

k) Güter

1) Heuchelei

m) be-

Feibaum : Frage und Antwort in lutherischen Sachen

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Würst buob

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Ich bin sunders nit wol gelert, dann wie ich das von in hab gehört, das Paulus zu den Romern sagt, uß dem glauben sey der gerecht vertagt0 3, und in sein briefen auch vil meen, laß ich hie umb kürtze steen, und uß den heiigen ewangelischen ordenp, also sey Magdalena gereinigt worden, darzü auch das heydnisch frewlin, als uns Matheus das thüt schinq, auch des frumen Centurionisr knecht bericht mich anders Matheus recht, und gar an vil andern endens, daruß sie die guten werk thün sehenden.

Rom. I [17]

Luce 7 [36—50]

Math. 15 [21-28] Mat. 8 [5—13]

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Sun, du müst mich mercken1 recht. Du bist den sachen vil zu schlecht. Darumb so nim hie eben acht, wie der glaub den menschen selig macht. Der glaub, der da steet in der bloßheit, der bringt den menschen kein siligkeit, wanu er ist todt, wie Sant Jacob spricht, im andern capitel er uns bericht. So er aber wirckt lieb on traumus, so bringt er uns ein grossen nutz, als Paulus zu den Galatern schreibt und uff der selben meinung bleibt, wie ich dir jetzund erzelen wil uß andern wort und schrifften vil. Der glaub ist gantz das fundament, alle werck in der liebe ungeschentv. Am ersten frey, so hör mir zu, was geschrifft von wercken sagen thü. So wirstu leren die warheit wol, darin die Seligkeit der seelen ston sol. So Christus am letsten urteilw erscheint, wirt er wol anzeigen seine freind.

o) hier: gerechtfertigt p) gemeint: aus den heiligen Evangelien q) sichtbar machen, zeigt r) Anführer einer Hundertschaft s) Stellen des Neuen Testaments t) verstehen u) denn v) ungeschändet w) zum Jüngsten Gericht

Jaco. 2 [17]

Gal. 5 [6]

1. Cor. 3 [11]

Math. 25 [31—46]

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Mat. [7, 21]

Math. 20 [ 1 - 1 6 ]

Marc. 10 [ 2 8 - 3 1 ]

[1.] Cor. 15 [58] Titum 3 [8]

Feibaum: Frage und Antwort in lutherischen Sachen

Wer da gute werck hat gethon, laßt er gon zur grechten in obersten thron, und der kein gut werck hat gewirkt, gat zur lincken und ewig verdirbt. Er sagt nit, es ist gnüg, du hast glaubt. Ich bsorg, sie werden des himels beraubt, die also trawen" uff den glauben allein setzen. Sie mochten sich selb wol verletzen. Er spricht auch, die mir speiß, kleidung geben, vergütet er mit ewigem leben. Er lasset hie auch den glauben ston. Zeigt auch zu Got kein vertrawen an. Auch nit einer, der spricht: Herre meyn, wirt gen gleich in himel neyn, der aber meins vatters willen thüt, der selb soll sein wolgemüt. Dann er wirt da selig werden, nicht allein uff diser erden, sunder auch im himelreich, als Matheus schreibt gleich, wie Christus selber hat gesagt dem, der ine ernstlich fragt, was er soll thün auff erden, das er selig mocht werden. Wiltu geen ins ewig leben, so halt meine gebot gar eben [Matth. 19, 16f.] Daramb ist kein gut werck verloren, als du dan weiter würst hören in der gleichniß, die Christus ret vom haußvatter, der arbeitter het. Die hieß er al bezalen bar, da es abent ward, das ist war. Petrus fragt auch umb den Ion, als du in Marco findest ston. Christus im auch die antwort gab: Dieweil du hast verlassen deine hab, hundertfeltig belonung wirt dier geben ja dort imm ewigen leben. Paulus hat auch das wol gewißt. Sprach, ewer arbeit nit unnütz ist. Titum hat er auch vermant, das die globigen anschlügen yr hanty, und das sie gute werck theten, so sie doch ere und tugent hetten.

x) Vertrauen, Zuversicht

y) sich regen, etwas tun

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Feibaum: Frage und Antwort in lutherischen Sachen

Zu den Hebreera thüt er sagen, die arbeit, die yr habt getragen umb des naman Christi willen, die wil er euch selb erfüllen. Weiter er auch gesprochen hat: Bewegen euch zu lieb und guter that, und wer euch gütz thün lert vermeiden, der soll für euch das urteil leiden. Wie Paulus zu den Galatern hat gesprochen, es soll nit bleiben ungerochen. Timotheo hat er botten von den reichen: Von den guten wercken solt yr nit weichen. Ein jeglicher nach seiner arbeit belonung hat, wie dann zu den Corinthern geschriben stat. Petrum, aller zwelffbotten fürsten, det auch nach guten wercken dürsten. Sprach: Under den heiden wandert erlich, das sie ewer werck schawen sichbarlich und Christum dardurch loben. Wie ich dann geschriben hab daroben, dann er dadurch wirt geert. Wer hat Cornelium zum glauben bekert? Sein almusen unnd das gut gebet, als dann das geschriben stet. Durch gebet erlengert Ezechias sein leben. 4 Den kindern von Israel ward sig geben durch das gebet des Moysi. Also geschähe auch dem künig Davidi 5 , da er dann für sein volck badt. Thobie, dem geschähe auch radt in seinem almusen unnd gebet, die er zu Got, unserm herren, thet. Er det der doten corpel vil begraben, als wir in seinem buch gelesen haben. 6 Das was 2 Got ein angenemer dinst, als du dann geschriben finst. Er gab den armen auch die speyß, das bracht im gar ein grossen breyß. Darumb solln wir glauben und gute werk thün, damit zu verdienen ewigen Ion. Auß dem allen magstu wol verston, Got will es nit unbelonet Ion. Ich dier jetz auch sagen wil von der kirchen schinderey und äffen spil.

821 Heb. 6 [10]

Hebre. 10 [24. 28f.] Gal. 5 [ 1 9 - 2 1 ] [1.] Timm. 6 [17-19] I. Cor. 3 1. Pet. 2 [12]

Act. 10 4. Reg. 2 [2. Kön.

20, 1-11] Exodi 17 [2. Mose 17, 8 - 1 6 ] 2. Regum 12 [2. Sam. 12]

Thobi. 12 [12]

822

Feibaum: Frage und Antwort in lutherischen Sachen Got im alten testament David gebot, wie das buch der künig in im hat, der da weiset vols zum endt, kostlichen zieret er da seine wendt mit silber unnd dem besten golt. Darum im dann Got was holt, gab im kunst unnd auch weißheit, damit er det seinem volck bescheit unnd sagt yn da guter lere vil, was da were Gottes wil. Da er nun den baw volendet het, fiel er nider unnd sprach sein gebet mit hertzen unnd grossem andacht, das doch Got ermant und nit verschmacht". Unnd ist angesehen der tempel wol, darin der Christ unnd priester betten sol. Was dann das ein äffen spil, so hat Got im gethon zu vil. Er sagt, sein nam solt angerüfft werden von allen menschen hie auff erden. In noten solten sie fliehen zu im, unnd das nit gar zu lang verzihn b , es wer pestilentz oder hunger oder sunst vil anderer kummer. Dann da solten seine oren sein geneigt [vgl. 2. Chron. 7, 12-15], wie er Salomon het angezeigt, das er setzte in den tempel knecht, die Got dienten fleissig unnd gantz recht. Unnd denen gab er da yren Ion, das sie mochten speyß unnd leben hon [vgl. 2. Chron. 8, 14], Paulus hat dem auch nit vergessen. Er sprach, das die da solten essen von dem altar, unnd das ist schlecht0, zu den Corinthern, verston in recht. Der tempel dienst, der Juden kiben d det Christus selbs darauß vertriben, alle unordenliche kauffman schätz. Ließ uns darin ein ander gsatz, kauffmanschatz nit bringen darein. Mein tempel sol ein bethauß sein, darin zu dienen mit ernst unnd fleiß

2. Re. 7 [2. Sam. 7]

3. Regn. 7 und 8 [1. Kön. 7—8]

[1.] Cor. 9 [4. 6—14] Joh. 2 [13—25]

a) verschmäht schäftemachen

b) aufschieben

c) einfach

d) Zanken, Streiten, hier: Ge-

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und da niessen 6 die gotliche speiß, darvon er dann selber hat geret, wer die selben nit bey im het, der wirt ewiglich sterben unnd sein gnad nit erwerben. Dann er den tempel selb geziert hat mit dem opffer, wie geschoben stat, welches Maria, das reine hertz, in der reinigung bracht on allen schertz. Solt der dienst nun sein büberey, so wer Christus des lasters auch nit frey, das er den tempel dienst het gethon, darauß du wol magst verston, wie sie die schlifft radbrechen f thünd, auch mit neyd und haß wend g haben pfründ 7 , des altars opffer ist in verschmecht. Wann mans aber darzü brecht, das man yrem predigen geb groß golt, jedem 4oo güldin jars darzelt h unnd zu vesper noch metten gangen, auch nimmermer kein büß empfangen, nit fasten, beichten oder betten, nur das sie all weyber hetten, mag das sein mit Christo unnd mit Got, so ists uns armen eeleuten vil zü grob, so sie daz verdien nur mit iren gsprech1 unnd wir uns arbeiten schir zü recW, das wir uns kum mögen erneren. Wer wil uns nun darvor sein und weren, so Got uns den freyen willen hat geben, das der mensch regier wol sein leben nach gütlichem willen und gebot. Ist dann das also ein spot, das einer annimpt ein orden k , darin er dann sein fleisch wil morden, wie der heilig Sant Paulus da heyßt unnd ine weyset sein geyst. Soll das sein gleißnerey, so sein die heiigen altvetter frey1, groß gleißner all gewesen, als man dann von inen thüt lesen. Sein in der wüstin gesessen, haben wurtzlen und gekreuter gessen 8 ,

e) verzehren f) verfalschen g) wollen h) verheißt i) hier: Predigt j) etwa: sich abarbeiten k) gemeint: ins Kloster geht 1) sorglose

Joh. 6 [50f.]

Luc. 2 [22f.]

2. Cor. 2 [14—17]

Gene. [l.Mose] I [27—31]

Gal. 3

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Feibaum: Frage und Antwort in lutherischen Sachen

als Johannes Teufer und andre mer [vgl. Matth. 3, 4], dero groß lob, breyß und eer Christus selber heruß spricht, im ewangelio, bin ich bericht. Also wil ye einer dem andern urteil feilen, sie sein wol yre gesellen und mögen selb wol gleißner sein, als sich gibt der äugen schein, und sind gar groß ewangelisten, wie sie brechten gelt in yr kisten. Dund mit list das ewangelium bewern, alle menschen wollen sie abkeren von allem yren fürnemen güt, darauß schôpffen sie ein mût. Wollen also mit Got thûn schertzen, als ob sie erkenten der menschen hertzen aller menschen in gemein, welches doch Got zugehört allein. Paulus hat yr auch nit vergessen, da er bey den Thessalonicen ist gesessen, in gesagt von eim, der kummen werd unnd sich erheben uff diser erd, im m lassen thün solche große eere, als ob er selber Got were. Dem thun ich sie wol vergleichen. Darumb von inen thût Got weichen, dann sie sein gifftiger dann ein schlang [vgl. Ps. 58, 5]. We dem, der inen anhang.

Luce 7 [24—35]

2. Tes. 2 [1 — 12]

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Wurst buob Vatter, hast mich underwisen wol, darumb ich dir billich folgen soi. Noch meer haben sie vorhanden, das dann auch bringt vil schänden, also fleisch fressen uff verbottene zeit, doch ob die schrifft yn das zugeit", ist mir auch nit wolbekant. Des gib mir auch ein gûten verstant.

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Altvatter Sun, hör mich auff deine frag, darauff ein antwort mich zû geben wag, m) sich

n) zugibt, erlaubt

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Feibaum: Frage und Antwort in lutherischen Sachen

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die du hie begerst zü wissen, unnd bist gantz darzü geflissen, ob fleisch essen in verbottener zeit sey ein schand in allen landen weit. 9 Es ist vil schand darauß entsprangen. We dem, der darnach hat gerungen. Die schand steckt nit in der spyß, sunder in des nechsten ergerniß, welchs Christus und Paulus thün verbieten, unnd sagen, sich darvor zu hüten. Paulus zu den Corin[thern] mit scharpffen worten, darzü an vil andern orten. Da lise in mit rechtem verstand, so wirt dir uffgethon das band, darmit du des gebunden bist unnd lebst hie wie ein böser christ, darzü auch als ein böser sun, der sein[e]r müter nit ist unde[r]thon, so sie im verbeut unbillicheit, das er dadurch nit kum in leit. Dein müter, die kirch, hat verbotten fleisch, zü vermeiden, das dich der todt nit heisch. Das achtstu nun alles gar nicht. Du sagst, es sey ein menschen gdicht 0 . Ist nit Paulus ein mensch gewesen als die andern, die du hast gelesen, die dir erlauben, fleisch zü essen, als du thüst dich hie vermessen? Glaubstu in meer dann der müter dein, so magstu wol ein bastart sein. Sie sind doch yers herkummen vernicht p leüt, unnd yr wesen geet gantz uff nüt q . Wilt in mer dann deiner müter glauben, ich mein, du weist mit inen taubenr, so es doch leit gantz an dem tag, das d[ie] müter, die kirch, nit irren mag, wan sie ist ein ju[n]gkfraw sauber und rein, die im Christus hat vertrawet allein, wirt sie auch behüten vor leit, darzü vor aller irrikeit, deren s volg nach in trewen. Es wirt dich nit gerewen.

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o) hier: Erfindung p) für nichts zu achtende werden (DWB 21, 169) s) ihr (der Kirche)

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Reformation

q) nichts

r) unsinnig, toll

Mat. 18 [6—9] 1. Cor. 8 [7—13]

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Felbaum: Frage und Antwort in lutherischen Sachen

Würst buob Vatter, du sagst die sach gar schlecht. Ich forcht, du verstandest sie nit recht. Die Lutherschen zeigens im Paulo an, jeglicher pfaf soll ein eeweyb han.10 Vil haben es auch understanden, seind darob worden zûschanden. Sie mechten gern ir unkeusch on sünd, auff das sie der feind nit verschlünd'. Aber so sie inen es selbs erloben, han ich sorg, es sey erlogen, wa es auch geschriben stee, das pfaffen greiffen zû der ee. Das ist mir nit wol wissen. Das blat ist villeicht zerrissen. Das weiß ich aber ser wol, das vil ort seind des lasters fol, die gond" zû kirchen unnd zû strassen unnd ist frod in allen gassen. Das aber pfaffen seind emanv worden, ey, wie ein seliger orden haben da die lutherschen kind erdacht, das münch, nunnen, pfaffen tag und nacht stellen nochw, fastx darein zû kummen. Es wirt yn bringen keinen frummen. Darumb mich vatter des recht bescheit, ob es sey yrer seel Seligkeit.

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Altvatter Sölten nun die pfaffen weyber hon, so hetten vory die apostel übel thon, das sie auß rechtem gûten mût verlassen hetten weyb, kind unnd gût unnd hetten gevolget Christus rat, wie im ewangelio geschriben stat: Wer verlaßt weyb, kind, vatter und müter, brüder unnd Etile zeitliche güter, wirt hundertfeltig belonung hon in meins vatters ôbersten tron. Er spricht nit, welcher im ein weyb nimpt, das der selb auch da hine kimpt, sunder welcher ein reines hertz hat,

Marci 10 [28--31] Luc. 18 [28--30] Math. 19 [27--30]

t) verschlinge y) einst, vorher

u) gehen

v) Ehemänner

w) danach trachten

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x) sehr

Feibaum: Frage und Antwort in lutherischen Sachen

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der selbig beschuldt dise statz, darumb yr Seligkeit nit in weyben3 ist. Das sag ich dier zu diser frist. Mögen sie sich dann nit enthalten, das müß der teufel walten. Liessen sie yr güt fressen und trincken, der hund wurd yne auch bald hinckenb n . Und hielten yr gesatz mit betten und fasten, sie wurden nit also umb sich dasten und zügen das holtz fer von dem feiir0, so weren sie auch nit alßd ungeheiir. Sant Paulus zwang sein leib in dienstbarkeit unnd ward erloßt auß solchem leit. Er bat Got drü mal auß hertzen grundt, das er in von dem wee mecht gesundt. Er sprach: Paule, so du hast mein gnad, so ist dir die kranckheit nit schad. Also thü auch, der sey münch oder pfaff. Ja, wann im nit lieber wer der schlaff, bei seiner frawen al nacht ligen, so wer er wol ein frummer pfaff bliben. Noch bit er Got von himelreich, das er im wie Sant Paulus verleich6 ein solch gemüt unnd gutes hertz unnd mit Got nit also schertz, was du im verheißen hast, das halt, wann er hat doch allen gewalt im himel unnd uff ertereych, in allen menschen und creaturn gleych. So du dich dann hast wol besunnen und hast dich Got dem hern verbunden, sag an, du lieber bruder mein, wer soll losen das bände dein, so du dich hast Got verbunden hart.12 seiner gnad zu aller zeit wart. Dann von keinem menschen uff erden magstu nit endtbunden werden, das du mogst nemen ein weyb unnd deren geben deinen leyb, den du Got geheiliget hast. Laß die Lutherschen sagen fast, weyb nemen sey nit übel thon.

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z) verdient diese Würde a) im Heiraten b) gemeint: Der Teufel käme nur schwer hinterher c) gemeint: Mit viel Essen und Trinken (dem Holz) wird das Feuer (der Begierde) geschürt d) solche e) verleihe 53*

Mat. 5 [8]

1. Cor. 9 [27]

I. [2.] Cor. 12 [8f.]

Math, am letsten [28, 18—20]

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Feibaum: Frage und Antwort in lutherischen Sachen

Ist war, wa es füg f mag hon, welchs im geystlichen hat kein stat, dweil er sich Got verbunden hat. Unnd was sie für geschrifft dar wenden, darmit wollen sie d[ie] menschen blenden. Hüt dich, es seind botten des entchrist, der dann auch zükiinfftig ist, alle menschen zu verfüren, so es im dann mag gebüren [vgl. 2. Thess. 2, 9f.]. Es seind des teufels zwelffbotten, die er gsandt g in seinen rotten, wann sie seind im nütze knecht unnd thün sein Sachen gar recht. Sie wissen sein willen wol, wie man die menschen fangen soll mit den teuflischen stricken [vgl. 1. Tim. 3, 7] und mit der weit rickenh. Da seind sie geschickt und klug, wa es dan mag haben fug, so machen sie uns all ding frey, damit der gmein went1, yr sag war sey, dann es uns gar fast leicht wer, wann es uns zületst nit brecht bschwer. Icht wolt in gern selber folgen nach, wann ich nit forcht Gottes räch, dann das himelreich muß uns werden saur. Nit das ein jeglicher baur, der nun glaubt, darein kum. Er muß auch sunst sein frum mit betten, fasten, als Got selb hat thon. So gibt er uns den ewigen Ion. Drum, frummer Christ, nim eben war, der verfürer ist ein grosse schar in allen landen jetz so weyt. Mancher von in groß schände leyt. Muß die tragen mit gedult, dardurch erwerben Gottes huld.

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Der verlauffen-i münch Was sitzt yr hie allein verborgen? Düt yr euch nit besorgen, das die frummen Christen gut

f) Recht g) gesandt h) Fesseln, Seile j) aus dem Kloster ausgetretene

i) der gemeine Mann wähnt, glaubt

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Feibaum: Frage und Antwort in lutherischen Sachen

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werden vergiessen euwer blüt, dann sie nimmer leiden werden alhie auff diser erden der geystlichen gleyßnerey. Das sag ich euch hie frey. Drumb laßt dar von, das ist mein radt, unnd thüt verandern euwern stadtk.

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Wurst buob Kein spil mag nit zergon, es muß ein verlauffnen münch hon. 13 Wa kumst her in disen orden, bist als gar zu eim büben1 worden. Lieber, ist das, dasselb gewandt, drin Christus sein aposteln hat gsandt? So kan ichs im ewangelio nit finden. Ich müst mich erst anders besinden, wa es doch geschriben wer. Lieber, kum, sitz auch zü uns her. Sag uns von lutherschen dingen, darnach du dan auch thüst ringen.

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Der münch Lieber, was machstu vil wort. Es ist geschriben an allem ort der geystlichen bschiß und betrug. Darumb sich m eben zü unnd lug", was du dust bey dem alten greysen. Er düt dich von der selikeit weysen, als mir unnd manchem ist gescheen. Das darff ich bey der warheit jehen°. Wir seind überredt mit süssen worten, die uns bracht hat in allen orten. Der teufel den orden gemachet hat, dann nicht davon geschriben stat im ewangelio, noch in anderer gschrifft, das es Got selbs hab gestifft. Darumb ich darauß bin gangen, unnd solt ich werden erhangen, so will ich müncherey müssig gon

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k) Stand nen

1) zuchtlosen Mensch

m) siehe

n) schau

o) bejahen, beken-

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Feibaum: Frage und Antwort in lutherischen Sachen

unnd gantz unnd gar darvon abston, auch kein glübt nit betrachten unnd des babsts bann nit achten, damit er die menschen verdampt unnd sich auch des nit schampt, als er vermeint unnd auch iep den selben gwalt het auch hie über all menschen hie auff erden. Es soll im noch wol leydt werden, im unnd seinen grossen pfaffen, die nichts dan mort den seelen schaffen durch yren grossen Übermut. Es mag die leng nit als thün güt. Sie haben pfriinden also vil, Got es nimmer vertragen wil. Darzû yr grosse bûberey. Kein weib ist schir vor inen frey. Sie thün sie bescheissen unnd beliegen unnd umb yr ere betriegen. Das treiben sie durch alle land. Pfuch, sie an der grossen schand ! Sie verzeren in geystlichem schein Christo das vâtterlich erbe sein, mit andrer mißbrauchung vil, der ich jetzund gschwygen wil, dann sie selber ligen am tag, unnd niemant anders sagen mag. Darbey wil ichs lassen ston. Schaw, ob ich hab unrecht thon, das ich von mir hab glegt den orden unnd also zu eim buben worden, als du sagst unnd der greyß. Ir seit beyd nit seer weyß. Dût mich dem teufel geben, so ich kan fristen mein leben, unnd ich arbeit mit meinem leyb unnd in der weit nim ein weyb, mit der ich kinder gewinne, welchs dann ist Gottes sinne, im büch der geschôpffe, da er spricht: Wachßt unnd wert manigfeltiglich [1. Mose 1, 28]. Ich hab es gewagt mit frey den. Ich hoff, es soll mir auch nit leyden.

p) doch

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Wurst buob Münch, du hast vil verkerter wort, wann einer wißt die selben ort, daran sie geschriben weren, so mocht sich einer wol daran keren. Ein ding wil ich dich bitten. Hör disen Alten mit sitten, der wirt von deinem hertzen wenden solchen schmertzen unnd wirst anders geneigt, so er dir die gschrifft anzeigt, unnd wurst die weit dann faren Ion unnd in dein orden wider gon. Darumb, lieber vatter mein, sag im auch das hertze dein.

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Altvatter Sune, ich dich recht bericht. Dein wort seind al erdicht, haben in der geschrifft kein grundt. Er sucht allein darmit ein fundt, das er auß der kutten kerne, ob in schon der teufel neme. Das acht er gar gering. Er lüg, das im nit misseling, darin er in nit wirt btriegen. Er ist ein vatter aller lügen, welchs der münch klein q acht. Spricht, der teufel hab die münch gmacht, so doch Got alle menschen bschaffen hat, wie im buch der geschopff emstlich stat. Johannes hat auch meer gesagt. One Got sey nicht gemacht. Widers ewangelium soln sie nicht lebn. Die andern gschrifft merck auch gar ebn. So die orden halten in verpflicht, so sein sie nit boßwicht, leben in armüt unnd reinigkeit, darzü in grosser ghorsamkeit, die Christus selbs hat getragen. Welcher wolte dann sagen, das es nur alte büberey wer

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q) gering

Joh. 8 [44]

Gene. [1. Mose] I [27] joh j ^

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Feibaum: Frage und Antwort in lutherischen Sachen

unnd darzü nit Christus 1er, so er doch selber spricht, Mathei am fünfften bin ich bericht: Selig seind die armen im geyst [Matth. 5, 3]. Den reinen er auch verheißt zu geben ewiges leben. Von gehorsame merck mich eben Christus, die er seim vatter erzeigt hat, wie zun Philipensern geschriben stat. Esaias auch darvon sagt. Ghorsame Christum in todt bracht umb erlosung menschlichs geschlecht. Ist jetzund diser zeit unrecht, das einer Christus füßtrit wil gan. Er zeig, wa es geschriben stan. Die trit seind im vil zu weit, darumb er wider die gschrifft schreit, will in der weit ein eeweyb hon, wie du oben findst gschriben ston, das im dann gar nicht zimpt. Wie er es im r dann fürnimpt, es ist ein grosse hurerey. Das soltu mir glauben frey. Auß Paulus 1er ich das bewer. Zun Corinthern on als gefer5 er das verbeut1 on argen list, keiner seins vetters weyb haben ist. So dann der münch verdraut ist Got, so sag ich hie on allen spot, das die ein grosse dorm wer, die sich geb in solche gfer, den münch nem zü einem man. Pfuch, pfuch der grossen schan! Münch, laß ab, das radt ich dir, schlag vom hertzen solch begir. Ker dich zü Got, dem schöpffer deyn, dasselb ist gantz die lere meyn, die ich dir gib zü diser stund. Got mag uns alle machen gsund an der seel und auch am leyb. Hüt dich, münch, und nim kein weyb, vermeid den gotlichen zorn, der dich doch hat auß erkorn, das dich haltest in reinigkeit.

Phil. 2 [8] g s a j gg [Jes 53 4f ]

1. Cor. 5 [1]

r) sich

s) ganz aufrichtig

t) verbietet

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Feibaum: Frage und Antwort in lutherischen Sachen

Sun, das ist alzeit mein bscheit, den ich gib auff die bitte dein. Ich mein, es soll damit gnug sein zû eins irrigen scheflins bkerung unnd auch zu unser besserung. Er zogt auch geystlichen mißbrauch an, geb warlich ein guten hippen man 14 , der schent ein jeglichen an sein eren. Wolt Got, das man dasselb det weren. Vil mißbreuch in allem Stadt abzuthûn, das wer mein radt, unnd het gefangen an einem an, nit das also ein yederman die reichen unnd pfaffen haßt unnd die meuler mit dem babst wast u . Ich geschweig aller oberkeit, die jetz auch wirt verleitv, auch darzû gar seer veracht. Das hond als die Lutherschen gmacht mit grosser unbescheidenheit. Es môcht in noch wol werden leit, dann Christus hat nit also gelert, wie du dann vom münch hast gehört, findsts im ewangelio an kein enden. Wie vil wolt ich mit unwarheit sehenden grosser fürsten, graven unnd hern, wann es nur mir wer von ern. Das verbiet mir Christ, der herre mein, das ich wôll ein solcher sehender sein. Aber ich will nit verbergen die warheit unnd darmit nemen ein abscheit. O heiiger vatter, wach uff vom schlaff! Der lutherisch wolff frißt uch w die schaff unnd laßt den gar kein rû. Ir cardinel, bischoff, secht auch zû, die wollen hat es gar verlorn, milch, buttern habt yr außerkorn unnd laßt das scheflin in nôten ston. Wie meynt yr, das es euch werd gon, so euch Got die bevolhen hat, die er erloßt hat durch sein dodt und durch sein blût vergiessen. Euwer unfleiß dût in verdriessen, auch euwer grosser übermüt

u) d. h. gegen den Papst redet

v) verleidet

w) euch

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Feibaum: Frage und Antwort in lutherischen Sachen

unnd das groß unfertig gut, darzü euwer grosser simoney15. Hüten euch, das er nit schrey, dem erterych uch zu straffen. Dann so wert yr schreien, waffen, als Dathan unnd Abyron geschach, wie David spricht durch Gottes plag.16 Man darff nit vil darvon disputiern. Ein jeglicher thü sich selbs reformiern. Das ist der beste rathe meyn. Keyser Karle17 sihe auch dareyn mit all dein fiirsten gut. Behüt der frummen christen blüt, das in kurtz mocht werdn vergossen, wirt die lutherisch sect nit ausgestossen. Dann sie haben ein bösen grundt, dardurch sich manch hertz verwundt, das ist haß unnd grosser neyd, damit er* in die weit schreyt, dardurch er begert blüt vergiessen mit schwertschlegen unnd mit spiessen. Er hebt al sünd unnd boß spil an. Wer weiß, über wen es mocht gan. Ich forcht, es sey nit allein die pfaffheit, sunder auch euwer fürsten herlichkeit, die understeet er nider zü legen. Ir fürsten, das laßt euch bewegen unnd secht mit gantzem ernst darzü, das es nit werd bringen unrü. Unnd bleibt in euwerm regiment, das yr nit von euwerny werdt gschendt. Hiemit wil ich hie beschliessen. Leser, das laß dich nit verdriessen. Was du findst, das da irrig ist, das besser on all arge list. Ich darmit niemans hab geschmecht. Mein meinung ist güt unnd grecht. Laßt unns bitten Got von himelreich, das er uns allensamt gleich geb sein gnad unnd barmhertzigkeit nach disem leben ewig Seligkeit etc. Amen. Jn spe erit fortitudo mea18 1524

x) d. h. Luther

y) gemeint: euern Untertanen

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Felbaum: Frage und Antwort in lutherischen Sachen

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A) Vorbemerkung Druckvorlage: Ein nutzliche II rede frag vnd antwort II von dreye personen sich vben in lutrischen II Sachen/ Gezoge vß ewägelischer/ apostolisch II er leer/ durch Sebastion felbaum vö Brete. II Ein Würstbub ein Altuater vn ein münch II [Titelbild] II Hienach volgt wiemä die heilige eere soll. II [Straßburg: Johann Grüninger] 1524. 4° 38 ungez. Bl. Sign. A 4 - D 2 b (danach mit fortlaufender Pag. bis J 4 ein Dietenberger-Dialog). - VD 16 F 694, Köhler 1130. - HAB Wolfenbüttel: 114.4 Theol. 4° (11). Zur Entstehung: Die vorliegende Schrift des nach eigenem Bekunden aus der Kraichgau-Stadt Bretten stammenden Sebastian Felbaum ist offenbar seine einzige Veröffentlichung. Über den Autor und die Entstehung seines bislang wenig beachteten Werkes ist nichts Näheres bekannt. Wie zuvor bereits Johannes Dietenberger (vgl. oben Nr. 24, 25) nutzt er das Genre des Reformationsdialogs zur Darlegung der altgläubigen Position. Sie entspricht, namentlich in dem an die geistliche und weltliche Obrigkeit gerichteten Aufruf zur Reform, den auch von Thomas Murner (1475—1537) seit einigen Jahren vorgetragenen Gedanken. Darüber hinaus haben die Ausfuhrungen zum Zölibat und zum Ordensstand ein Seitenstück in zeitgleichen, durch Vorgänge im Straßburger Franziskanerkloster veranlaßten Veröffentlichungen Murners. Auch die sprachliche Nähe, etwa hinsichtlich sprichwörtlicher Wendungen, ist auffällig. Nicht zuletzt scheint die Drucktätigkeit Johann Grüningers einen möglichen Anteil Murners am Dialog nicht auszuschließen und auf jeden Fall einer genaueren Untersuchung wert zu sein, doch weist die Koppelung mit einem Dialog Dietenbergs (vgl. Einleitung S. 48f.) auch in diese Richtung. Literatur:

Iserloh, Murner, S. 28f.

B) Sacherläuterungen 1 Der Begriff Wurstbube, gewöhnlich den umherziehenden, schmarotzenden Bettler bezeichnend (vgl. DWB 30, 2311), wird hier positiv benutzt. 2 Gemeint ist Martin Luther; die Augustinereremiten tragen als eigentliches Ordenskleid eine schwarze Kutte mit Kapuze. 3 Zur reformatorischen Bedeutung von Rom. 1, 17 vgl. Martin Brecht, Iustitia Christi. Die Entdeckung Martin Luthers, in: ZThK 74, 1977, S. 179-223. 4 Ezechias (Hiskias), König von Juda (725—697 v.Chr.) (vgl. Bibellexikon, Sp. 463). 5 David, König von Juda (1004-965 v.Chr.) (vgl. ebd. Sp. 316-318). 6 Zu Tobias und dem nach ihm benannten apokryphen Buch vgl. ebd. Sp. 1759-1761. 7 Dies und das Folgende ist ein gängiger, später auch von nonkonformistischer Seite wiederholter Vorwurf (vgl. etwa Christoph Freisleben, Von der wahren Taufe . . . , in: Laube/Schneider/Weiß, Bd. 2, S. 873). 8 Zu denken ist namentlich an Antonius den Großen (um 251—356) (zu ihm LThK 1, Sp. 667f.; im einzelnen hierzu Handbuch der Kirchengeschichte, Bd. 2, S. 347-380). 9 Zu den Fastenvorschriften der katholischen Kirche vgl. TRE 11, S. 50—55. 10 Im Gegensatz zu den Zölibatsbestimmungen (vgl. hierzu Hinschius, Kirchenrecht, Bd. 1, S. 144-163). 11 Vgl. Wander, Bd. 2, Sp. 825, Nr. 149. 12 Zur Unlösbarkeit geleisteter Gelübde (Profeß) vgl. Eichmann-Mörsdorf, Kirchenrecht, Bd. 2, S. 169f„ 187f.

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Feibaum: Frage und Antwort in lutherischen Sachen

13 Vgl. Wander, Bd. 4, Sp. 698, Nr. 94 (mit Verweis auf Murner, Vom großen lutherischen Narren). 14 Der Hippenverkäufer ist ob seiner Schlagfertigkeit und seines frechen, die Leute schmähenden Mundwerks im 16. Jh. sprichwörtlich (DWB 10, 1353f.). 15 Zu den auch nach Ausgang des Investiturstreits die Simonie begünstigenden strukturellen Bedingungen vgl. LexdMa 7, Sp. 1922-1925, 1924f. 16 Zur Auflehnung Abirams und seines Bruders Datan gegen die Ansprüche Aarons auf das Priestertum vgl. 4. Mose 16; 26, lOf.; 5. Mose 11, 6; zum Bezug auf David vgl. Ps. 106, 17. 17 Kaiser Karl V. (1519—1556) betrieb und unterzeichnete 1521 das Wormser Edikt gegen Luther. 18 In der Hoffnung wird meine Starke sein (vgl. Vg. Jes. 30, 15: In spe erit fortitudo vestra).

Wolfgang Redorffer: Von der heiligen gemeinen christlichen Kirche Credo sanctam ecclesiam catholicam. Von der hailigen gemeynen cristlichen kirchen: gegen der lutterischen 5 ketzerey nutzlich Unterricht. Dis puchlein zum leser.

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Wer an dem wege bawen thut und ob ers macht seins dunckens gut, mus sich zeum höchsten kümmern nicht ob im manch man sein baw verspricht3. Eym yden gefeit sein weise wol, damit das land ist narren vol. Der torheit leser mich nit verstet, darumb sein gericht mich nichts anget. Des ketzers gericht ich gantz veracht, gegen im bin ich zeum straws gemacht. Ob mich derselb fast schelten dhar, mich nit bewegt als umb ein har. Der hailign schlifft warhafft verstand vertraw ich mich durch alle land. Dem wirdigen hochgelarten hern Wolffgang Redorffer, doctori etc., seinem lieben hern und oheim. Mein willige dinste zuvornn, wirdiger hochgelarter lieber herr und oheym. Teglich werd ich von vilen angeredet, von wegen der zusage, so eur. w.b ethwan guter meynung gethan, mir ein verzeichnus von der cristlichen kirchen mussiger zeit0 zu geben. Dieweyle denn von vylen gantz wunderlichen und weitleufftig one guten bescheit in der itz umbschweifenden luterischen ketzerei von der kirchen geredet und geschribn wird. Ist derwegen nochmals mein gantz fleisige bethe, solchs, so es ymmer möglieh, unnd uffs kurtzt, so leidlich, begreiffen d geruche, damit ich die embsigen anreger6 stille, mich selbst dester gruntlicher darnach zu halten. Und andern, ethwan so in dem irren, auch zur besserung Unterricht thun möge, das will ich stetes freuntlich zu vordienen willig unnd fleissig befunden werden. Datum freitags nach omnium sanetorum anno etc. XXIIII [4. November 1524], Lorentz Newper1

a) kritisiert, abfällig beurteilt b) Euer Würden hat) d) in Angriff zu nehmen e) Nachfrager

c) gelegentlich (wenn er Zeit

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Redorffer: Von der heiligen gemeinen christlichen Kirche

Wolfgang Redorfer, priester etc., seinem freuntlichen lieben oheym Lorentzen Newper und allen cristlichen lesern dis püchleins hayl.

1. Joh. 4 [1] Val. Ii. 8

Johan. 5 [39. 47]

Malac. 2 [7] Math. 13 [11] Luc. 8 [10] Mar. 4 [11] Rom. 12 [ 4 - 8 ]

1. Cor. 12 [28]

Vil sein disser zceit der furbitzigen im glauben, die allerley schlifft, so itzund inn allen winckeln gedruckt und umbgefuret werden, one fursichtikeit lesen, nach irem selbst gutduncken versten wollen und nach irem torreiheiten eygensyn, gantz unbesunnen, on allen grund, nach angebung ires geystes, den sy den hayligen geist achten, sich unterwynden, auch in Sachen des glaubens zu teutten, zu predigen, und noch muthwillig darüber haltenf, iren selbst trawm, gutduncken und irsall, nit one grossen schimpff, auch mit schaden an sele, leib, erhe und gut zu vorteidingen und zu vorfechten. So doch geschribn steth: Du soltt allen geisten nit glauben, und ein gemein Sprichwort ist: Kein meister wird geborn.2 Wir lesen, das die Athenienser Minerve, der gottyn der weyßheit, einen wunderbam altar, der mit seiner maß unnd schicklicheit anzceigung geben solte der gottlichen weyßheit, furnhomen zu bawen, haben sie den hochweisen Plato zu rath gevordertt, der, wiewoll hochverstendig und in allen kunsten erfam, auch der allerweysest seiner zeit berumbt was. Dennoch hat er die baumeister zu Euclide, der in der kunst geometria, des zyrckels und messens geleret und berumbt was, geweiset, seiner selbst weißheit nit getrawen wollen und zu rathen nicht understanden.3 Itzund aber bey unsern dissen ferlichen zeyten hat es bey vylen gantz keynen bedenck, und darff ein itzlicher seinem schwyntel nach, wie inen bedunckt, die schrifft, auch in Sachen des glaubens, zu teutten und predigen sich unterwynden. Ist über alle umbesunnen furgeben aller ketzer, die ye gewest, die höchste torheit, auch gantz schimpfflich zu hören. So doch Christus bevilhet und spricht: Erforschet die schrifft. Das itzund pawren und hantwercksleut, die auch eins teils nit puchstaben kennen, die heilige schriftt leren und außlegen wollen, und ob wol etzliche der selbigen zcum teil schreiben und lesen können, ist inen doch die heymlickeyt der schrifft vorporgen aus ursach, das sie die nit gelemet, der schrifft vormogen noch nit erforschet, nit geübt, inen auch nit zusteet, wie geschriben: Die lefftzen des priesters behüten die kunst, und das gesetz Gottis werden sie aus irem munde erforschen. Also auch unser herr Christus zu den jungern gesagt: Euch ist gegeben zu erkennen die heymlickeit des reichs der hymmel, aber den andern in beyspylen etc. Demnach Paulus öffentlich bekennet zu den Romern schreybende, das alle glyder in eynem leyb zu allen wercken nit dinstlich. Dieweil wir die gaben der gnaden underscheidlich haben, als die prophecien, nach verstandt des glaubens oder den dinst in der dinstbarkeit. Oder der do leret etc. Und furder, do er schreibt zu den Corinthern: Etzliche hat Got gesetzt in der kirchen. Erstlich aposteln, zum andern propheten, zum dritten lerer etc. Ist mit warhafftigem verstand der schrifft wol abzunemen, als wie ein itzlicher zu apostel oder zu einem propheten von Got nit geordent, als wenig auch

f) daran festhalten, darauf bestehen

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ein itzlicher zu solchem ampt oder ein lerer zu sein tuglich. Darumb der weyß im puch der Spruche sagt: Sun sey nit weys bey dir selbst etc. Aus dem grund auch, damit nit ein itzlicher seines bedunckens glauben oder leren solte, ist der cristlich glaub artickelsweis in schrifften vorfasset worden, welcher angesatztem maß mit dem glauben ein itzlicher anhengen muß, nach rechtem und warhafftigem verstand der schrifft und nicht nach seinem selbst gutduncken, so er anders8 cristglaubig wil genennet und erfunden werden. Weichs aber der rechte cristliche glaub nach rechtem und warhafftigem vorstandt der schrifft sey, wirt itzundt von vylen, wiewol one not, in zweyffel gesetzt und gfragt. Aber entlich muß zu halten sein, das der11 glaub recht und der schrifften warhafftig verstandt der sey, der mit eynickeit der cristlichen kirchen geteuttet und angesatzt worden. Wan als wie ausserhalb der eynigen1 archen Noe nyemandts erhalten wardt, also auch ausserhalb der einichen cristlichen kirchen nymandts selig werden kan, wan die ist allein die eynige vertrautte und beliebte braut Cristi, on alle runtzel und mackel, die auch mit Cristo, dem heupt, einen leib machen. Soll aber nu ymandtsJ in der eynigen cristlichen kirchen sein, mus er nach der lere Pauli in gleichem syn und vorstandt der schrifft bey der kirchen pleiben. Als wie er zu den Corinth. schreibt und die bittet gantz fleissig durch den namen unsers herrn Jhesu Cristi, das sie unter inen nicht machen sollen ßundrungk. Aber1 in gleichem syn und eynerley kunst pleiben sollen. Demnach abermals welchs die selbige cristliche kirche sey, die den rechten und waren verstandt der schrifft habe, wirdt itzundt gezweiffeltt und von vylen gefraget. Darauß hievormals bey den waldensern4, wiclefisten5, hussiten6 und pickarden7, auch itzund durch Mertin Lutters anhangk, solche irsall und ketzereyen erwecktt sein und emporung gescheen aus dem eynigen grundt, das sie die warhafftigen heiligen gemein cristlichen kirchen nit kennen, die auch nit mit warhafftigem verstand der heiligen schrifft, besunder™ aber aus eygener meynung, als wie sie die schrifft nach irem selbst gutduncken haben vernemen wollen, gesucht und nit haben finden können, und also aus einem kleinen wortlein ecclesia, das ist kirche, so sie das nit recht mit teuttung" der kirchen verstanden, in so schweren irtumb und aus der einikeit der heiligen gemeinen cristlichen kirchen gefallen, vill andere unfursichtige und fürwitzige menschen mit sich in die teuffe der sinthflus zum ewigen verterb gezogen und vorfuret, und ist wol hochlich mit grossem jammer zu beclagen, das ire vyle, den es ampts halben woll gebürt, die der elenden schafe Cristi so scheinparliche hirten und hütter gevordert und verordent sein, so gar nichts oder gantz wennig trSstlichs darbey thun, denn grymmigen reysenden wolff so offentlieh unnd erbermlich on widerwere in den schaffstal des hern Cristi wülen lassen, und so die puchlein und schriffte Hansen Hussen, die er von der kirchen geschriben8, darynne solcher ketzerischer yrtumb öffentlich furgetragen wirt, itzund unvorporgen gedruckt und umbgefuret, auch ander mher

g) überhaupt h) derjenige i) einzigen j) jemand tung 1) sondern m) sondern n) nach Auslegung

k) Sonderung, Spal-

Prover. 3 [Spr. 3, 7]

Gene. 7 [1. Mose 7, 21 ff.] Ephe. 5 [23] Coli. [1, 18] l.Corint. 1 [10]

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des anhanges schrifft unnd predig außghen lassen, damit manch unvorstendiger leser vorleitet wirdt, nymandts in dissem artickel der kirchen, der doch der anfangk und grünt ist aller disser ketzereyen, rettung furwendet und dem armen unvorstendigen cristlichen volck antzeigung thet, mit erklerung, wie sich des artikels cristlichen und seliklichen zu haben. Wan so disser grundartickel eroffent und dem gemeinen volck mit warhafftigem vorstandt eingepildet, worden sich alle andere irsall, so vil der die sacrament, priesterschafft, pildtnuß der kirchen und was fasten, beten, fleisch oder fisch essen zu berambten 0 tagen sampt andern gutten wercken etc. belanget, selbst weisen und stopffen. Dieweil wir aber, als wie der bere p , allein die newsten wunden rechen, aber den spiss nit brechen, wirt des jegers gewalt mit abweisung eines oder zweyer Scheden zugrunde nit verkommen'1. Solchs aber klar an tag zu bringen ist nit einer stundt arbeit, kan auch, wie du villeicht vermeynest, in so kurtzem begreiff nit gnugsam gescheen. Damit aber ich dennoch deiner und der anderen bitte, den ich auß angeboraer freuntschafft und cristlicher pflicht unnd sunderlich in dem, das zur selickeit dinstlich, zu wilfarn mich schuldig erkenne, stadtgebe, wiewoll ich sunderlich disser zeit (dir bewust) mit ander viler muhe beladen, darzu nit woll gemussiget, hab ich dennoch in dissem puchlein, welchs ich dir hiemit ubersende, den vorstand disses wortleins kirchen, mit antzeigung der unterscheid mancherlei kirchen in der schrifft, bemeldet, daraus entlich die heilige cristliche gemeyne und romische kirche erstanden und gegründet, ein wenig und aus beweglichen Ursachen in teutzscher zungen zu vorzeichnen nit unterlassen wollen. Damit ich den anderen hochverstendigen, derer standt und ampt solchs sunderlich erfordert, ursach gebe, durch sich oder andere weiter darzu zu thun, so vil inen die erhe Christi und seiner schwer erbauten kirchen belibet, disse meine schrifft allein auff das new unnd altt testament gegründet, mit keinen doctorn der kirchen leren noch spruchen verblumet, nicht derhalben, das ich mich derselben scheme, besunder aber, das sie bey den furwitzigen und ketzerischen lesern Vorrechtlichr, derhalben solchs alles uff eines itzlichen rechtgläubigen gehorsammen Christen nach rechtem und warhafftigem verstandt der schrifft erkentnus und besser Unterricht stelle, aus eygem syn mit frevell nichts zu vorfechten.

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Eynen leib der kirchen mit dem haupt Christo machend, wie Paulus 35 Rom. 12 [5] saget zu den Romern: Wir sein ein leib in Cristo, ein itzlicher aber des andern glydmas. In dissen wortten Pauli werden uns zweyerlei geruret, die solcher verleybung anzceygung und verstandt geben. Erstlich in dem, so er sagt, wir sind ein leib in Christo, gibt er zuvorsten ein eynigung oder einikeit, di do sein muß in der cristlichen kirchen 40 mit allen gliddern unter dem heupt Cristo. Dieweil Cristus das haupt und alle cristglaubigen die glidder, welche glidder mit dem heupt Cristo vereiniget, den eynigen leib der kirchen geistlich machen und bedeutten.

o) wohl Druckfehler für: benamten, d. h. benannten grundlegend beseitigt, verhindert r) verächtlich

p) der Bär

q) nicht

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Welcherlei gestalt aber die boßhafftigen unnd sunder in der cristlichen kirchen, neben den guten versammelt, mögen unter dem haupt Cristo in dem geistlichen leib der kirchen vereyniget und eingeleibt sein, welchs die ketzer gantz unmöglich beduncket, ist nochvolgiger weis zu vormercken. Wisszlich ist und offenbar, das in einem itzlichen menschlichen corper, so der in wesen soll erhalten werden, müssen die glider ir leben und wirckunge haben aus dem eynfluß des heupts, welchs aus den krefften des hertzens begnadet, allen glidern furder das lebend und enthaltung s mytteylet. So aber ethwan ein glid aus überflüssiger feuchtnus, geschwulst oder ander zufelliger ursach beschweret oder unschicklich wird, dadurch die ädern unnd genge des lebens von dem haubt in das selbig glid verstopfet unnd der krefften des hertzens aus dem einflus des haupts nit mitteylig sein noch geniessen kan, wird solch glid lam, unutz und kan sein wirckung, darzu es die natur verordent, nit haben, und bleibt dennoch am leib, wiewoll unnutzlich unnd ungebreuchlich, hangen. Also mancher mensch mit eynem lamen, dorren oder ungebreuchlichem arm oder beyn vermercket wird. Dergleichen auch manch cristglaubiger, der Cristum bekennet und getaufft ist, in der cristlichen kirchen befunden, der, wiewoll am leib der kirchen hanget, ist aber doch unnutzlich, von wegen der vylen überflüssigen feuchtnus unnd geschwulste der sunden, und sind ime die wege der gnaden Gottes also verstopfet und verhindert, das der des einflusses von dem haupt Cristo nichts genyssen, der auch nit teilhafftig sein kan und mus also dorren, unnd wie' im nit ertznei mittgeteylet und rath geschaffet, muste der ewig also verdorret pleiben und gleich wie ein dorrer, lamer arm am menschlichen leib hangend, obu er dorr und lam ist, dennoch ein arm ist und heist, wiewol unutze. Also auch ein sunder, der getaufft und Cristum bekennet, ob er ein sunder, dennoch in einikeit des cristlichen glaubens henget, so ist er ein crist unnd ein glydmas der cristlichen gemeynen apostolischen kirchen eingeleibet, erkennet und darfur gehalten, wiewoll im selbst unutzlich, der doch entlich, so im ertznei gereichet und rath geschafft, dieweil er am leib ist, widerumb den einflus des haupts erlangen und die kreffte des lebens bekommen mag. So pald aber ein solch glid am leib nit mer ist oder von der gemeinschafft des leibs gesundert oder abgeschnitten, ob solchs mit den kostlichen salben geschmiret, worde es doch das leben nicht wider bekommen, dieweil es des trostlichen einflusses vom haupt am leib nit zu gewarten haben kan. Also auch die kettzer und abgesunderte secten ausserhalb des leibs der cristlichen gemeynen apostolischen kirchen. Ob die alle ertznei der kirchen mit tauffen, entpfahunge des fronen leichnams Cristiv, der ee, des ordens der oligung, auch gestrenge püß ausserhalb der eynigen kirchen thun und gebrauchen, dieweil sie in eynikeit der apostolischen kirchen unter dem haupt Cristo nit befunden, sie als die abgesunderte oder abgeschnitten glidder des gnedigen einflusses vom hauptt des lebens nit genys-

s) Unterhalt 54

Reformation

t) wenn, falls

u) wenn

v) d. h. des Abendmahls

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Math. 7 [22f.]

Rom. 12 [5]

Ro. 12 [4] Rom 12 [4]

Redorffer: Von der heiligen gemeinen christlichen Kirche

sen können. Wan w dieweil solche gnad allein in der eynigen kirchen zu gewarten, ist inen alles unutz, wan der teuffei auch seine merterer sunderlich hat, und müssen, so sie in eynikeit der kirchen nit widerkommen, vertorben und tod pleiben. Und ob sie todten erwecken und sunst wunder trieben, were inen doch zur selikeit nit nutzlich. Und worde inen gescheen, als dennjhennen, die zu dem hern rumretig sprechen werden: Herre in deinem namen haben wir außgetriben die bose geist etc. Den der herr antwortten wirdt: Ich hab euch ny gekennet, weicht von mir alle, die ir wircken die boßheit etc. Czum andern aus den obgemelten worten Pauli, so er spricht, ein itzlicher aber des andern glidmas, wird uns verstanden ein dinstbarkeit in eyner gemein aller glydder, die an einem leib sein, also das ein itzlich glid, als wie es ein glid am gantzen leib ist, also auch eins dem andern dinstlich, hilfflich und trostlich sein sol. Als wie wir sehen in einem corper vill glydmassen, und doch kein glid des ander zu entpern haben mag, wan soll der corper sich bewegen und gen, mus er fuesse haben. Das aber die fuesse nit irren, sind die äugen nutze zu sehen den wegk, unnd sollen die fusse und äugen in irer macht pleiben, müssen die hende die narung und speis nhemen etc. Damit also ein itzlich glid dem andern und so furder zu erhaltung des gantzen leibs in schuldiger und notturfftiger dinstbarkeit sey. Dieweil aber ein itzlich glid zu allen Sachen nit dinstlich, auch zu e nem ' itzlichen dinst nit schicklich, wie Paulus sagtt: In einem leib sind vil glidder, aber ein yedes zum itzlichen werck nit tuglich, mus derwegen ein Ordnung und unterscheid zcwischen den gliddem und eines itzlichen glides ampt sein, pleiben unnd gehalten werden, wann so der fus sehen wolte und der leib uff dem haupte geen, die hende hören und die äugen essen, wurd sich nyrgents reymen und ein glidd das ander verderben unnd konde der gantze leib also entlich nit zu erhalten sein noch pleiben. Also auch so die fursten und regenten solten ackern, das regiment verlassen, sich mit der arbeit bekommern, die geistlichen pfaffen und monnich solten streitten, fechten und schützen die underthonen, die ungelarten pawren und handtwerksleutte solten predigen, die schlifft außlegen, die sie selbst nit können, were wunderlicher unnd lecherlicher ding kaum gehöret, worde frid, einikeit, ere Gottes und redlikeit der menschen, auch die heilsame und eintrechtige lere der cristlichen kirchen nit zu erhalten sein, konde auch keinen bestandt haben. Ist derhalben not, das ein itzlich glid in seiner Ordnung, in geburlicher ere, stat", wirde geachtet, verhalten und geschonet werd. Darumb die natur das haubtt in die hohe gesetzt, darynne das vemhemen y , gedechtnus und cellen der vernufft sein, welchs mit den innersten und eusersten synnen des gesichts, des gehores und schmeckens etc. so tzartlich geordent, gesetzt und erhaben hat, das die aus pillikeit und notturfft müssen sere geschonet und von wegen ires edlen ampts in grosser verwarung gehalten werden. Die hende aber und fues sampt andern glidmassen des coipers, wiewoll die

w) Denn

x) Stand

y) die Wahrnehmung

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zu erhaltung des gemeynen leibes alle notturfftig, so sind sie doch nicht in so grosser hut und achtung zu halden, als das haubt, darynne die vernufft und edle ubung der synne sten, wann die hende und fues sambt andern groben glidmassen begreiffen z und ruren können, grobe, herte unnd gantz unsaubere ding, die so dergleich ein aug, or oder die zcungen beruren solte, were im fast unleidlich und zcerstorlich. Auß solcher vergleichnus wirdt angenommen und gelernet, wie die gliddmassen der kirchen, das sein alle cristglaubigen, in einem leib der cristlichen kirchen unter Christo versammeln, sollen underscheidlichen geordent unnd aus grosser notturfft itzlichs an seinem ampt geachtet, geschonet unnd verhaltten werden, wan diejhennen, so in die hohe an stat des haupts zur gubernirung a der andern glidder gesetzt, müssen in meren wirden b erkennet, und aber die andern, so zu erhaltung der obrikeit notturfftig und nütz sein, ein itzlichs nach seines ampts unnd Ordnung bequemikeit nicht desterweniger, auch wie im geburtt, verhaltten werden. Darauß paldt zu vornhemen ist, das alle menschen, ob sie in gleicher tauff gewest sein, dennoch von wegen des ampts alle nit gleich sein, wie die ketzer sagen. Dieweil aber nu der mensch nit allein ein geist, auch nit allein ein corper, besunder aber aus geistlicher seien unnd irdischem corper vermisehet ein menschlich creatur ist, welche auch nicht allein am geist, besunder mit leib und sele hie zceitlichen und dort ewiglichen leben sol, ist den menschen auch zweyerlei narung zu seiner erhaltung an sele und leib, als eine geistliche von wegen der geistlichen sele und eine leibliche von wegen des corpers, von notten. Als wie geschahen: Nicht allein aus dem prote lebet der mensch, besunder auch aus allem wort, das do get aus dem munde Gottes. Szo aber nu einem menschen nit möglich (wiewol es Got wol möglich sein kan, der doch alle tag nit übernatürliche mirackell thun wil) sich zugleich in geistlicher als in corporlicher narung zu bemuhen. Wan ein itzlichs teil notturfftig zu vorwesen, einem sunderlichen menschen gnug und überflüssig zu schaffen gibt, nach anzeigung der schrifft, die leret: Du solt nit zugleich ackern mit dem ochsen und dem esel. Demnach auch Paulus sagt: Wisset ir nit, das diejhenne, so in dem tempel arbeiten, vom tempell essent, und die dem altar dienend, mit dem altar teilhafftig sein. Also hat der herr geordent denjhennen, die das evangelium verkünden, von dem evangelio zu leben etc. Aus dem klerlich zu vorsten, so diejhennen, die mit dem tempell, altar und evangelien bemuhet sein, davon essen sollen, ist gnugsam ursach angezeigt, das sie sich bey der leiblichen narung zu befleissen verhindert werden. Aus dem grund müssen etzliche glidder der gemeynen kirchen zu der zceitlichen, leiblichen, auch etzliche zu der geistlichen, ewiglichen erhaltung des menschen sunderlich verordent sein. Also zweyerlei stende als der geistlich und der werntlich in der gemeynen kirchen aus grosser notturfft ersprossen und eingefuret werden, welche beyde stende in der gemeynen cristlichen kirchen so hoch von noten sein, wo die

z) greifen, anfassen 54*

a) Regierung

b) höheren Würden

Johan. 3 [?]

Deutro. 8 [5. Mose 8, 3] Math. 4 [4]

Deutr. 22 [5. Mose 22, 10] 1. Cor. 9 [13f.]

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Math. 22 [21]

Rom. 12 [13, 1]

Math. 22 [21]

Exo. 28 [2. Mose 28, 1] Heb. 5 [1] Romm. 1 [1]

Redorffer: Von der heiligen gemeinen christlichen Kirche

one underscheit verworren oder einer aus den abgethon, worde der leib der kirchen zugleich wie am menschen, so leib und sele von eynander gescheidet werden, in lebn und wesen nit pleiben konen und entlich gar nit zu erhalten sein. Derhalben bevilhet auch Cristus, sprechend: Gebet dem kayser, was des keysers ist, und Got, was Gottes ist. Und wiewol beyderlei als die geistliche und zceitliche oberkeit von Got sein, wie Paulus sagt: Es ist kein gewalt anders den von Gott, so wirdt doch die weltliche gewalt, obwol sie auch von Got und zu Got geordent ist, dennoch als ein myndere und geringere unter den geistlichen gewalt gesetztt, von wegen des furnhembsten und besten teils am geiste des mensehen, welcher in der geistlichen hut und besorgung stet deijhennen, den 0 die geistliche oberkeit und sorge bevolhn, welche von wegen der Verhandlung geistlicher ding, welchs ir ampt ist, geistlich genennet werden, und darumb, das sie den geist des menschen mit Got, der ein geist ist, ires regiments vereinigen und zuleitten, werden solche ire ampt und dinste gottlich geheissen, welchs den weltlichen (wiewol ir ampt auch von Got ist) nicht geschiet aus ursach, das die one mittel*1 nit als die geistlichen zu Got, besunder aber als die bey zceitlicher notturfft mer verfurdern und beflissen sein. Also auch Cristus den weltlichen zceitlichen zeinß des keysers heist, aber was die geistlichen enthaltung anlanget Gottes anhorung e nennet, sprechend: Gebet dem keyser, was dem kayser, und Got, was Got gehöret, wan disse beyde stende, der geistlich und der werntlich, als wie sie in iren ampten unterscheidlich, also auch der wirden, wesens, nhamens unnd lebends sollen unterscheidlichen verordent und gehalten werden. Darumb Got zu Moysi sprach: Nem zu dir aus dem volck Aaron zu meinen ampten etc. Und Paulus antzeigt zu den Hebreern, spricht also: Ein itzlicher bischoff aus den menschen genomen, für die menschen gesetzt etc. Und Paulus auch von sich selbst bekennet, das er abgesundert sey zu dem evangelio Cristi etc. Und wiewol disse beyde stende des ampts, namens unnd wirden underscheidlich sein, so seint sie doch nit widerwertig noch unleidlich in einem leib der kirchen, besunder aber in einer Ordnung, wan als wie sele und leib versammelt ein mensch ist und doch der leib unter dem geist, also auch der geistlich und weltlich stand versamelt einen geistlichen leib der gemeynen cristlichen kirchen machen, und kan der geistlich des weltlichen, von wegen des schutzes und zceitlicher enthaldung, und der weltlich des geistlichen stands, von wegen der enthaldung der geistlichen speis, am glauben, lere, hut und ertznei etc., nit entpern, wan solche geistliche hut und Versorgung Petro, aber nit dem kayser bevolhn. Aus dem abermals beschlieslich ervolget, wenn alle leyenstands cristglaubigen kayser, kunig, fursten, edeln, burger, paurn beyeinander versammelt weren, so machten sie doch keynen volkummen leib der cristlichen kirchen unter dem haupt Christo. Sie hetten auch kein macht, in sachen des glaubens zu erkennen, ordnen oder die heilige schrifft etc. zu teutten

c) denen

d) unmittelbar

e) zugehörig, Anspruch

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oder außzulegen nach irem beduncken und gevallen, one die geistlichen glidder, und wurden nit anders denn ein totter corper, dem die geistliche sele entzcogen, geachtet werden, wan, wie hoch und scheinbarlich der weltlich stand ist, das auch Cristus selbst dem keyser sein behor zu geben bevolhn, auch Paulus an vil ortern den gwalt des schwerts preiset, auch den die ere, schos, tzoll etc. zu geben vermonet, ist aber dennoch weder im evangelio, in Paulo noch in andern puchern der waren heiligen schrifft befunden, das dem kayser oder eynichem weltlichen gewalt die schlussel des hymmels vertrawet oder die macht gegeben oder bevolhn were zu weiden, hutten oder die sunde zu vergeben, wie allein und vor andern Petro gescheen ist und bevolhn worden. Und wiewoll hier oben vermeldet, das der weltlich stand als der wenigst unter den geistlichen geordent ist, kan derhalben nit vernommen werden, das aus dem grundt und darumb die geistliche obrikeit auch weltliche gewalt nit haben solte, als wie sich dy ketzer vememen lassen, das die geistlichen weltliche, zeitliche gutter und gewalt nit haben solten. Hie von abermals zu notturfftiger erklerung ein sunderlich puch zu schreiben woll not were, aber umb kürtz willen, damit wir dennoch des ein kleinen verstand haben, so müssen wir sagen: So Cristus uff erden beyderlei gwalt ghabt, als die geistliche und weltliche, wann der hymmelische vater hat alle ding geben in die gewalt des sones etc., der so nu einen vicarien oder stathalter nach sich gelassen, mus on zweiffei der stathalter uff disser zeitlichen weltt, in krafft seines ampts, an stad und von wegen seines hern, des stat er helt, solch gewaltt haben, wiewol er solchs durch sich selbst seiner person nit gebraucht, nicht desterweniger andern aus volkummenheit des gewalts beveln mag. Derhalben spricht der heilige Paulus: So andere teilhafftig sein ewers gewalts, worumb nit vylmher wir, wir haben uns aber solches gewalts unter euch nit gebraucht etc. So aber nhu die geistliche über die weltliche oberkeit von wegen ires wirdigen amptes als an die stelle des houpts, zu regyrend die andern glidder an dem leib der kirchen, geordent in den geistlichen dingen, die furnemlich die sele des menschen belangen, furzusten und doch alle glidder in einer Ordnung sein unnd verhalten sein müssen, ist palde zu ermessen, so die geistlichen das wirdigste teil am leib der kirchen sein, das der wirdigst und höchst unter den geistlichen an stat des haupts pillig mus geachtet sein. Derhalben und aus dem grund der babst, den wir den obersten und geweidigsten unter den geistlichen, auch als den waren vicarien und stathelter Cristi haben, an die stelle des haubts in disser zceitlichen gemeynen cristlichen apostolischen kirchen geachtet und das haubt genennet wirdt. Hie erhebt sich aber ein ungestumb gros geschrey von den ketzern und arguirnf also. Eß sagt Paulus: Er (vernym Cristus) ist das haubt der kirchen etc. Wie kan den der babst das haubt der kirchen sein, und mus sich also ervolgen, daz die kirche, die nur ein leib ist, wie ein ungeheur monstrum zwey haupt habe etc.

f) argumentieren

Rom. 13 [1—7]

Math. 11 [27] Luce 10 Jo11

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l.Cor. 9 [12]

Col. 1 [18]

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Hiruff und damit solchs recht zu vornehmen ist zu mercken. Als 8 wie Cristus Gott und mensch ist, also auch wie er ein heupt sey der kirchen underscheidlichen zu vornehmen ist. Wan so Cristus allein als Got verstanden wirdt, so ist er von wegen des einflusses der gottlichen gnaden, damit er die seinen alle in eyner eynigung zusammen heltet, in eweiger liebe zur ewigen selikeit ein gottlich und furnembst houpt der gemeynen weitbegriffen kirchen, welche Catholica geheissen ist, wie obn darvon vermeldet 10 , und werden also unter Cristo als dem haupt alle teil der gemeynen kirchen, als die seligen im reich der hymmell, die schlaffenden in dem fegfewr und die streittenden predestinirten cristglaubigen in disser zceitlichen weit sambtlich begriffen. Und aber Cristus nach der menscheit von wegen der einförmigen natur mit uns, dieweil er ein leidlich sterblich mensch gewest, aber dennoch das allerwirdigste teill an menschlicher natur, von wegen seiner allerhöchsten wirde der menscheit, unser aller cristglaubigen menschen haupt ist und nit unpillig, dieweil er uns vermittelst solcher seiner menscheit aller gottlichen gnaden und entlichen der ewigen selickeit teilhafftig gemacht hat und noch teglich teilhafftig macht, das wir also in eynigung des leibs der kirchen von dem haupt Cristo den gnedigen einflus haben, und entpfinden unser enthaltung in trostlicher hoffnung des itz zceitlichen und darnach ewigen lebens, uns allenthalben vermittelst seiner menscheit etc. eingefurt, und werden also unter dem haupt der gotheit und menscheit Cristi alle glaubigen menschen, die von anbegynne bas zum ende der weit gewest oder noch sein und sein werden, die in dem warhafftigen glauben der zukunfftigen und ytz gescheen erlosung gestanden, sie sind boß oder gut gewest, begriffen, so sie alle den gottlichen trost der hochwirdigsten menscheit Cristi gewartet, entpfunden und noch teglich genyessen, zugleich wie alle glidder des leibs eines gesunten und wolmugenden haubtes trost und besserung entpfinden. Also und disser zweyerlei gestalt ist allein Cristus das haubt der kirchen geheissen und kan kein mensch, weder babst noch cardinel etc., in solcher gstalt der kirchen haupt sein noch geheissen werden, wan h sie den einflus der gotlichen gnaden, als von sich selbst zu thun, nit vermögen. Auch das wirdigste teil über alle andre menschen, weder in schicklickeit der menschlichen natur, noch in einfurung des trostes disses zceitlichen noch jhennes ewigen lebens, aus irem menschlichen verdinst nicht sein. Das aber der babst das haupt der kirchen sey, ist zu vornhemen ein dinstbarlich oder stathaltend haubt allein disser gemeynen cristlichen apostolischen streittenden kirchen, die durch Cristum Petro als dem vicario, diener oder stathalter nach ime und seinen nachkommen vicarien bevolhn. Dieweil der babst von wegen der oberkeit des geistlichen ampts in der hohe des haupts als ein amptman und stathalter Christi geordent, dadurch der' anstat des haupts am leib der gemeynen cristlichen kirchen in Sachen des glaubens, und die Seligkeit der seien zu vorfurdern, macht hat zu er-

g) Ebenso

h) da, denn

i) d. h. der Papst

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kennen, zu ordnen, zu setzen etc., in krafft der hüte und sorge der kirchen, ime durch Cristo bevolhn, und pleibt nichts desterweniger Cristus Got und mensch das furnembst haubt disser gemeynen cristlichen apostololischen streittenden kirchen. Aber der babst als der diener und stathalter Christi, ein dinstbarlich oder zceitlich stathaltend haupt unter dem haupt Cristo, damit die kirche, von der Cristus leiblichen geschiden, one sichtiglichen trost nit plibe. Unnd kan derhalben die einige kirche nit als ein monstrum oder ungeheur mit zweyen haupten verstanden werden, dieweil die haupt nit widerwertig, besunder aber in einer Ordnung unter und miteynander gesetzt und verordent sein. Dem gleich spricht Paulus: Der man ist das haupt der frawen, als Cristus ist ein haupt der kirchen. So aber die fraw selbst ein leiblich haupt hat und ob der man auch ir haubt ist, wird sie derhalben nit zweyhouptig genennet. Also wirdt auch der kayser oder konnig das haubt seines volcks. Also word Saul geheissen das haubt unter dem volck Israel. Also ward Moisés, von wegen des hohen gewaltts, nicht allein ein haubt, besunder auch ein gott geheissen, wie geschriben: Ich habe dich gesetzt eynen Gott Pharaonis. Dergleichen auch die priester des alten testaments gote sind genennet worden und sunderlich do geschriben: Du solt nit abekosenJ den góten (vernym den priestern), und den fursten deines volckes soltu nicht maledeyen etc. Ist sich aus dem allen der torheit der ketzer nit wenig zu vorwundern, so doch die bekennen müssen, das auch die gemeynen menschen gote genennet werden, wie geschriben: Ich habs gesagt, gote seit ir und erhóchete sone etc., von wegen ires gotlichen wandels und gemeinschafft, worumb den auch nicht haubter, von wegen des erhóchten und obersten gewalts bey den menschen, der sich auch in die geiste und vergebunge der sunde, welchs ein gottlich ampt ist, erstreckt. Szo doch der man seines weibes unnd ein kónig seines volcks haupt, wie hie oben vermeldet ist. Czu gleicher weis, obwoll der babst ein haupt der geistlichen und der kayser ein haubt der wertlichen uff meynung, wie obn gesagt wird, in einem leib der cristlichen kirchen, so wird doch derhalben die kirche abermals nicht zweyheuptig erkennet. Dieweill disse beyde haubtt mit gleicher macht noch gewalt nit in einem ampt, besunder aber in geteilten ampten untereinander verordent. Also das der babst als das geistlich haubt über den kayser, aber der kayser als der minder seynes ampts unter dem geistlichen haubt, das ist unter dem babst, befunden und verordent, wan das kaysertumb nach Christo, dieweil der allerlei gewalt und oberkeit gehabt und einen stathalter hinder sich gelassen, nhu itzund am stathalter henget, das der, wiewoll nit durch sich selbst aus ursach wie obn, besunder durch einen andern verwaldet unnd bestellet, wiewoll es ethwan und vor Cristo, dieweil das Romisch Reich noch bey den heyden was, ein andere gestalt gehabt hat, der wir uns itzund als die verwanten Christo dermaß als wie die heyden nit mer zu halten haben. Aus dem grund auch die bebste der keyser und konigen etc. richter sein, aber nit widerumb. In solcher gewalt

j) lästern

Eph. 5 [23]

l.Reg. 15 [l.Sam. 15, 17] Exo. 7 [2. Mose 7, 1] Exo 2i Exo

"

22

Psalm 81 [82, 6]

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Heb. 7 [7]

Exo. 28 [2. Mose 28] Deut. 17 [5. Mose 17, 8ff.] 1. Reg. 12 [1. Sam. 12, 1] 1. Reg. 10 [1. Sam. 10, 1] 1. Reg. 16 [1. Sam. 16,' 13] 3. Reg. 1 [1. Kön. 1, 34] 1. Para. 23 [1. Chron. 23, 1] Genn. 14 [1. Mose

14, 17-20] 1. Cor. 6 [3]

Joh. 14 [27]

Redorffer: Von der heiligen gemeinen christlichen Kirche

und oberkeit hat Gelasius, der babst, den kayser Anastasium und Innocentius der ander den kayser Archadium, und Ambrosius, wiewoll der nit babst was, dennoch Theodosium den grossen, verbannet. 11 In solcher gewalt Zacharias, der babst, hat den konnig von Franckreich Hildericum ensetzt und das reich gegeben Pipino, der ein vater was Karoli des ersten etc. 12 Solchs alles wiewoll es vylen weltlichen oberkeitten gantz schwerlich unnd verdrislich zu hören, das die geistlichen über sie eynigen gewalt haben sollen, so kan es doch im grund der warheit, auch mit antzeygung der heiligen schlifft, nit anders sein, auch nit mit gutem gründe angefochten werden, so aller ding Ordnung bestandt haben und pleiblich sein sol, und gibt der heilige Paulus des klerlich antzeygung, do er spricht: Der ist der grosser oder merer, der do benedeyet k , und der weniger, der do gebenedeyet1 wirt. Derhalben auch der kayser dem babst nit unpillig huldet und gehorsam thut, wan die priesterliche oder geistliche gwalt die königliche ubertrifft und sunderlich in dreyen stucken, als im alter, in der wirde und im nutze. Im alter, wan aus bevelh Gottis ist erstlich das opfer und priesterlich ampt außgesetzt. Darnach aber auch aus dem bevelh Gottes ist außgesetzt die königliche gewalt durch die priesterschafft. In der wirde, wan der höchste priester muste benedeyen und salben den konig. Alßo hat Samuel gesalbet den konnig Saull aus bevelh des heim, unnd nach verliesung des reichs hat aber Samuel gesalbet David zu einem konig. Also hot auch Sadoch, der prister, aus bevelh des herrn gesalbet Salomonem zum konnig etc. Und Abraham, als der von der schlacht der dreyer konnig umbzog, hat er den zeheten geopfert dem priester Melchisedech, der ime da als der grosser und merer auch gebenedeyet. In dem nutz, wan die geistlich gewalt ist allein genugsam zu regirung des volcks, dieweil sie nit allein geistliche, besunder auch weltliche Sachen zu richten hot, wie Paul, sagt: Wisset ir nicht, das wir werden die engell richten, vil mer die weltlichen ding, solchs ist auch offenbarlich angezeigt in dem volck Israhel, Weichs bas zur zeit Saull one konnigliche gewaltt loblichen regiret worden. Aber die cristliche kirche durch die weltliche oberkeit allein, one geistlichen gewalt zu regiren, ist nit möglich. Wan die weltliche gwalt allein macht den zeitlichen frid mit dem schwert, daran es nit gnug ist. Aber der geistlichen gewalt behort zu machen den fride des geistes, welchs ist der fride Cristi, den er vor seinem abschid bevalh, sprechend: Den frid las ich euch, meinen frid gib ich euch, nicht aber wie in die weit gibt etc. Wo aber der geistlich frid Cristi ist, da ist der zeitlich frid bereidt gemacht, wo aber der geistlich frid Cristi nit ist, da wirdt fride mit dem schwert gesucht, wie in der hussischen 13 und andern vilen ketzereyen öffentlichen erfunden ist und in disser itzumbschweiffenden lutterischen ketzerey entlich nicht nachpleihen m wirdt, so die allen gewalt und obrikeit allein den weltlichen, aber den geistlichen nit zulest, wirdt sich demnach

k) segnet

1) gesegnet

m) am Ende nicht ausbleiben

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aus not also schicken müssen. So die geistlich gewalt nymmer sein solt und das evangelium, darynne die geistliche liebe und fride uns angezeigt, durch pawrn und ungelerte leute, die zwischen der freyheit des geistes und freyheit des fleisches kein unterscheid haben, soll geprediget werden, wird der geistliche frid Cristi und die freyheit des geistes uffhorn und der frid des kaysers oder disser weit, sambt der freyheit disses zeitlichen lebens, mit dem schwert und plutvergiessn gesucht werden, in welchen dennoch der geistliche fride Christi nit wirdt gemacht nach erhalten sein. Mer und fast" hoche nutzbarkeit sind des priesterlichen standes, die in der cristlichen kirchen so hoch von notten, daz die auch nit zu entpern sein und one die daz cristliche wesen nit kan noch mag erhalten pleiben nach aussetzung Cristi, nach der antzeigung Pauli und gemeyner Ordnung der cristlichen apostolischen kirchen, aus ingebung des heiligen geistes angerichtet, als von wegen der mittlung zwischen Got und den menschen, von wegen der Opferung für die sunde, von wegen der trostung, von wegen der hüte, von wegen der lere, von wegen des exempels etc., welche disse alle und andere nutzbarkeiten und notturfft des priesterlichen und geistlichen standes zu volfuren und mit gegrundter schlifft anzuzceigen hie vil zu lang wörde. Aber darauß soltu wissen und mercken, daz die cristliche kirche one priesterlichen stand mit geistlichem gewalt in cristlichem wesen nit bestandt haben noch pleiblich sein mag. Wan zu dissen allen die weltliche gewalt nit gnugsam ist, und muß derhalben ein hohe und ubrikeit des gewalts der geistlichen sein, die dennoch auch unter sich, als 0 bey den geistlichen, mus geordnet sein, aus welchem grund die romische kirche entsprossen, von der hiernach geredet wirdt.

Von der lutterischen kirchen. Die lutterische kirche und ir ursprung ist nicht frembd, aber in den kronicken und historien seer woll bekant. Auch in der heiligen schlifft, 30 durch die cristlichen lerer gantz klar gemacht, durch Cristum im evangelio, durch Paulum und andere apostoln in iren episteln nit vergessen, besunder gnugsam angetzeigtt, das nymandts sagen mag, das es ein newe oder frembde lere, die vor nye gehöret were, itzund von hymmel geholet, wan aus den historien gantz woll wislich, in was meynung Petrus Waldo 15 erst35 lieh bey den frantzosen in gestalt einer willigen p armut den anfangk disser secten angehaben, welcher die Lugduner 16 , wie woll pald uneyns und unter sich selbst widerwertig, anhengig, vill irsall in cristlicher eynikeit einfurten. Derhalben solch ir ungegrunte lere und ketzereyen von der römischen kirchen verpotten, sie ketzer erkennet und verdammet worden sein. 17 Dem40 nach und in verdries, das inen solch ir muthwillig furnemen durch die geistliche römische oberkeit gestopfet und verhindert worden, haben sie, so

n) sehr

o) das heißt

p) freiwilligen

Exo. 28 [2. Mose 28] Lev. [3. Mose] 1.4.5 etc. Heb. 5 Luce 22 Joh. ult. [21, 15—17] Malac. 2 Judith 8 [11 ff.] Luce 11

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vill inen möglich altzeit bas an her, der römischen kirchen unnd derselben heiligen gewaltt widersprochen, unnd was sie nit öffentlich vermugt, heymlich und in winckeln unterstanden, bas entlich Johannes Wicleff 18 in Engellandt unnd Hans Husse 19 zu Behem solche ire ungegrundte meynung auch in lateinischen puchern geschriben haben und all ir thundt gegründet allein zu glauben eine gemeyne cristliche kirche, Catholica genennet, wie die in den artickeln des glaubens durch die aposteln außgesetzt worden. Darneben alle ir lere gestymmetq allein auff den glauben, damit sie ausserhalb der artickel des glaubens kein apostolische römische kirche zuzulassen mochten gedrungen werden, das zu leren und einzupilden haben sie auch alle gute werck der menschen verechtlich und unutz sagen müssen. Und daz das leiden Cristi allein alle sunde der menschen abgewaschen het, uff das jo bey der apostolischen romischen kirchen kein Vergebung der sund mochte gesucht werden etc., und dergleichen vill irsall von fegefewr, von den heiligen, von teuttung und auslegung der schlifft, keinem doctor der kirchen, auch keyner universitet, allein aber bey dem text des evangelien anzuhengen, welche ein itzlicher, der die lese oder höret, nach eingebung des heiligen geistes, den er bey sich hette, selbst versten, teutten und auslegen mochte, wan sie alle heilige, erleuchte doctores der kirchen und alle universiteten irem furgeben r zuwidder fanden. Aus dem grund sie auch die geistlichen recht verachten etc., wie denn solche irrige und verfurisch artikkel in iren schrifften nochmals befunden. Dieweil aber uff das bevelh Cristi, Petro gescheen, das er hutten solte Joh. ult. sein schaff mit dem gewaltt oder schlüsseln des hymmels, welche beyde in [21, 15—17] dem gwalt und erkentnus sten disser ritterlichen oder streittenden kirchen, angehaben in der zceit der gnaden mit verkundigung des evangelien etc., nit gnug was, allein zu glauben eyne gemeyne heilige cristliche kirche, welche Catholica genennet worden, besunder aber ein apostolische kirche, die nach anrichtung der aposteln muste gehalten sein, damit nit itzlicher seines gevallens die schrifft und evangelia teutten mochte, haben derhalben die heiligen und hocherleuchten dreyhundert und XVIII veter in dem concilio zu Nycen 20 aus cristlicher notturfft zugesetzt und geordent zu halten Apostolicam, das ist ein apostolische kirche, welche aus ursach, wie oben vermeldet, die romische kirche gehalten, und ist die auch furder und bas noch anher5 ein meisterin und regirerin aller kirchen pliben, welche auch obgemelte der Waldenser irsall vor dreyhundert jaren zu Rom 21 , aber Wicleffs vor drithalbhundert' jarn zu Lunden 22 und Hussen vor hundert jaren zu Costnitz 23 nach gnugsamer und gruntlicher erforschung ketzerisch erkennet und verdumet hat. Der halben ein solche lutterische anrichtung, aus den obvermelten irsalnen ersprossen, nicht so gar unkentlich" ist, besunder bey den fleissigen lesern der pucher und alden geschichten gantz woll wislich, wiewoll solchs villeicht an den gemeynen man, wie itzund durch die truckerei geschieht, so statlich nit hat gelangen konen.

q) ausgerichtet u) unbekannt

r) Auffassungen, Lehren

s) noch bisher, bis heute

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Ein solche lutterische kirche ist auch durch Cristum im evangelio klerlich angezeigt, in dem do er sagt: Gett ein durch die enge pforten, wan breit ist die pforte und ein gerawmer weg, der do füret zu dem verderb. Wan Cristus, dem nichts verporgen, woll erkante, daz solche ketzer uffsten, die nach aller fleischlicher wollust furnehmen worden zu leben, sich verlassend uff sein erlosung und sterben, der meynung, so sie allein getaufft weren und glaubten in Cristum mit den worten, worden sie gewiß selig, theten was sie wolden etc. Das aber solchs nit gnug sey, hat Cristus darneben auch gelernet, die puß gesagtt: Thut puß und glaubet dem evangelio. Und am andern ort: Nit ein itzlicher, der do sagt, herr, herr, wird eingen in das reich der hymmel, besunder aber, der do thut den willen meines hymmelischen vaters etc. Darumb gehört mer darzu, den allein zu sagen: Ich glaub, wan der glaub one die werck tod ist. Und ob sie woll sagen, wenn ich den rechten formirten glauben hab, so pleiben die werck nit nach. Als denn auch erst die werck des menschen Got angenemb sein. War ist es, das kein werck one den glauben vor Gott bestandt hat. So ist dennoch ein gut werck, ob es auch nit all mit formirtem glauben geschiet, nit gantz unutz noch verlorn, darvon ich in einem andern puchlin weitter geschriben hab 24 , derhalben solchs alles zu vorlegen. Damit Cristus zu versten gebe, daz er in dem von solchen ketzern geredet het, spricht er pald daruff: Habt uffmerckung uff die falschen propheten, die zu euch kommen in scheffen kleydern etc., und beschlieslich saget er: Aus iren fruchten werd ir sie erkennen. Ist solche lere und warnung Cristi gantz klerlich von der lutterischen ketzerei, irem anhang und der selbsten kirchen zu vornhemen, die den engen weg dis lebens nit suchen, aber den breitten und rawmen weg in fresserei, in sofferei, in unkeuscheit, ungehorsam, unvorpunden und alle gleich sein wollen und nach eins itzlichen selbst gevallen erwelen zu wandern, darfT keynes beweises mer, ist an iren fruchten schein was guts aus sollicher irer lere an den orttern, do sie angenommen, entsprossen.25 Dan augenscheinlich und offenbar ist, das all ir anrichtung und furgeben der lere Cristi stracks entgegen. Cristus spricht: Thut puß. Der ketzer sagt, es ist nit not, Cristus hat vor all unser sunde gnug gethan. Cristus saget, glaubet dem evangelio. Der ketzer sagt, lebet nach dem evangelio. Cristus saget: Erforschet die schrifft. Der ketzer sagt, dein geist wird dich leren teutten die schrifft. Cristus saget von den schrifftweisen: Was sie euch sagen, das thut. Der ketzer saget, volget den nit, sie sind verfurer des volcks. Cristus saget zu Petro und zu seinen jungern: Wem ir werd verlassen" die sund, dem sein sie verlassen. Der ketzer spricht: Allein Got vergibt die sund.

v) bedarf

w) erlassen

Math. 7 [13]

Mar. 1 [15] Math. 4 [17] Math. 7 [21] Jaco. 2 [17]

Math. 7 [15] Math. 7 [16]

Mar. 1 [15] Math. 4 [17] Mar. 1 [15] Joh. 5 [39] Math. 23 [3] Math. 16 [19] et 18 [18]

852 Luce 6 [47f.]

Math. 22 [14] Luce 17 [10]

Joh. 22(!) [12, 8]

Math. 21 [13] Math. 19 [12]

Math. 5 [24]

Mar.(!) 5 [Matth. 5, 22]

2. Tymo. 3 [lff.]

Redorffer: Von der heiligen gemeinen christlichen Kirche

Cristus saget: Wer meyne wort hört unnd thut die, den vergleich ich einem weisen mann, der sein haus bauwet auff den fels. Der ketzer saget, wer allein glaubet, der wird seligk. Cristus saget: Vill sein ir gevordert, aber wenig ausserwelt. Der ketzer saget, wer getaufft ist und den glauben bekennet, wirt seligk. Cristus saget: Wenn ir alles gethan hat, das euch gepoten ist, so sprecht noch, das ir sein unutze knechte Gottes. Der ketzer sagt: Got hot mir das hymmelreich vorsprochen, er mus mir es geben, unnd mag derhalben mit im puchen. Cristus sagt: Die armen werd ir stets bey euch haben, und aber: Gebent, so wird euch wider gegeben. Der ketzer sagt: Gebt allein ewrn armen, aber nit den frembden, so doch Cristus klerlich antzeigt, daz auch ein samaritan unser nechster sey. Cristus saget: Mein haus ist ein haus des gebetes. Der ketzer macht daraus allein ein predighaus. Cristus saget: Es sein etzlich krafftlosen, die sich enthalten von wegen des reichs der hymmel. Der ketzer sagt, es sey unmmoglich dem menschen keuscheit zu halten und als wenig als essen unnd trincken etc. zu entpern. Cristus sagt: Vertrage dich erstlich mit deinem bruder und denn kom und opfer dein gab uff den altar. Der ketzer sagt, man soll uff den altar nichts opfern, uff das die pfaffen nit reich werden. Cristus saget: Ein itzlicher, der do zu seinem bruder sagtt, du narr, der ist schuldig des ewigen fewrs. Der ketzer heist geistliche und weltliche regenten, babst, cardinel, bischoff, kayser, konig, fursten etc. nit allein narren, besunder auch äffen, esell, gotzen, henger und hengers knechte etc. Ist zu betrachten, was dem für ein pein dafür behorn will. Aus dissen und andern vyl mer widerwertigen leren disser lutterischen kirchen und ketzer, die der lere Cristi gantz entgegen sein, ist wol zu ermessen, wie solche fruchte Gott angenem sein konen. Darauß aber sie als aus iren fruchten nach dem wort Cristi eben zu erkennen sein. Ein solche lutterische kirche ist auch dem heiligen Paulo unvorporgen gewest. Darvon er zu Tymotheo schreibt sprechende: Das soltu wissen, daz in den letzten tagen werden ersteen ferliche zceit und werden die menschen sich selber libend, begirlich, homutig etc., welche eygenschafft von disser lutterischen kirchen und der selben meistern stuckweis verstanden werden, wie hernach volget. Sich selber libend: Das ist, mer nachhengen der fleischlichen wollust, denx geistlicher bescheulikeit, darumb itzund die monnich und nunnen angehalten werden, sich von dem geistlichen leben in unlust des fleisches zu vorsammeln. Begirlich: Allein zu haben zu fleischlicher wollust und weltlichem geprenge, darumb sie auch anhalten, den geistlichen nit mer opfer nachy narung zu lassen.

x) denn, als

y) noch

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Homuttig: Das ist, grosse ere suchend, darumb sie sich itzund babst, bischoffe zu sein selbst erheben. Hoffertigk in unterdruckung der andern: Wan so vill an inen ist, sie nit allein alle geistlichen, bsunder auch alle cristglaubigen, so ires anhanges nit sein, wenn es bey inen stunde, zu unterdrucken understenen. Lesterer Gottes, der heiligen und der menschen: Mit Got puchend, die heiligen verachten, die menschen allerlei stands unerlich schympfen und scheiden. Den eitern ungehorsam: Den geistlichen vetern wider2 ere noch eyde halten, die naturlichen von wegen der weiber, den sie mer anhengen, verlassen. Undanckbar Got und den menschen: Die gnade Gottes kunst und verstentnus böslichen gebrauchen, aller gutthat von menschen sich wirdig achten, sagend, ein itzlicher sey inen das seine mithzuteilen aus bruderlieher liebe schuldig, also nemen sie woll, geben aber selber nichts. Boßhafftig: In grossen ubertrefflichen sunden und ubelteten kein gewissen machen, diebe und ubeltethers entschuldigen und verteidingen, allerlei fleischlicher untzucht, unvorschembte ubers ( . . . ? ) . One gut gemuet: Wan als sie gegen nymants freymutig und getrewlieh handeln, also auch können sie nymants vertrawen. One frid unter sich selbst, auch mit andern: Darf keines beweis, ist augenscheinlich, als wie sie der lere widderwertig und nit eins sein. Etzliche wollen messen haben, etzliche aber sagen, die messe sey ein lesterung Gottes. Etzliche wollen pilthnus haben, etzliche nit. Etzliche wollen, das unter der gestalt des brot und weyns der warhafftig leib und plut Cristi sey. Etzliche sagen: Neyn, es bedorfP auch das nymants eren noch anbethen. Etzliche wollen das unter eyner, etzliche aber unter zweyerlei gestaltt entpfangen. Etzliche sagen, es sein heiligen im hymmel und zu erenb von Gottes wegen. Aber andere sagen, es sey ungewiß, das heiligen sein, und obc sie weren, so were es ein grosse unerhe Gottes, die umb hilff bey Got antzuruffen. Etzliche sagen, es sey kein fegfewer, die andern sagen, es mochte villeicht eins sein, sey in der schlifft nicht zu beweysen. Etzliche sagen, die furbettd messe und vilgen6 vor die verstorben sey unutz. Die andern sagen, sein sie nit nutz, so sein sye auch nit schade. Sind uffs wenigst den pfaffen nutze. Etzliche sagen, sie sein alle priester. Aber ander sagen, sie konen nit lesen noch predigen und haben auch der schafft keinen verstand. Etzliche sagen, sie sein alle gleich. Die andern sagen, in wollen die herrn nit alsof, als wie sie inen zeins geben. Darumb konen sie nit glauben, das sie alle gleich sein, wan die reichen uberall besser tag haben, den die armen etc. Und der gleichen torheit und zweispeltikeit unter inen one zall teglich ersprissen, das sie auch bey und unter sich selbst nit fridlich bleiben können. Was unfrid auch sie bey andern erwecken, ist bey allen communen und flecken, do solch ir lere angenommen, offenbar mit

z) weder a) darf bitte) Vigilien

b) diese, die Heiligen, zu ehren c) selbst wenn f) d. h. die Herren erkennen sie nicht als gleich an

d) Für-

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manngerlei emporung und ungehorsam, darff 8 keines beweis, bedorffte vil mer einer ernsten besserung. Sehender, so sie allen andern tadeil und ubell ufflegen: Den babst den endkrist, die romische kirche die babilonische hure, die priester verfurer des volcks, den kayser ein kind und einen madensack, die forsten narren etc., und sich allein volkummen schätzen. Unkeusch mit wortten und wercken: Nit daran, was sie thun, gesettiget, auch die unschuldigen zuchtigen hertzen mit radt und that darzu bringen. Ungutig: Haben kein schew, unter geistlichen und weltlichen zwidracht und emporung zu erwecken, damit sie ire selbst furnemen, auch mit plutvergissen, durchdringen mochten. Verreter der seien des armen unvorstendigen volcks, welchs sie mit unwarhafftigem verstand der schrifft in zceitliche uffrhur, unheil und ewige verdumnus leiten. Freveller: Keyne unterweysung duldend, keynen richter uff erden leiden wollen, allein uff die schrifft sich beruffend, die sie doch nach irem selbst duncken außlegen und teutten, auch mit Got umb das ewig leben puchen dorffen. Rumretig: Sich allein klug und weis bedunckend, keinen lerer der kirchen, wie heilig oder hoch erleucht der sey, stat geben, sich berumend, den hayligen geist zu haben, der inen den rechten verstand der schrifft gegeben, welcher so lange zeeit bas anher verporgen pliben. Liebhaber der wollust mer den Gottes: Derhalben alles, das zu einem pußfertigen leben gehöret, als fasten, bethen, wachen, casteyen den leib, sambt andern guten wercken, sie verachten und abthun, oder zum höchsten, sollichs alles einem itzlichen in sein gefallen stellen. Habend ein gestalt der gutikeit: Aber die tugent verlaugend, reden teglich und gegen idermeniglich von cristlicher lieb, von grund des volkummen glaubens, von dem vermögen des evangelien, von der lere Pauli etc. Aber die tugent aus dissen allen ersprieslich, welchs sein die gute werck, die verlognen sie, wollen allein im glauben selig werden etc. Syhe und merck, wie eben und gantz klerlich der heilige Paulus solche lutterische kirche und ire furer gekennet und beschriben hat, welche alle solche eygenschafft, so du oder ymants villeicht dencken wollest, ich hettes mit unwarheit ertichtet. Lese Paulum und forsche an den orttern, do solche lutterische lere angericht und angenommen ist, so wirdstu im grund alles das finden, das Paulus schreibt und wie itzund nach der lenge verzellet worden. Derhalben entlich beschleust Paulus, lerennd und warnend Tymotheum sprechende: Die selbigen meyde, und verzeltt weiter ursach, wan warumb: Es sein unter den, die durchstreichen die heuser und gefangen füren (vernym mit irer unzucht) die weiblin, die mit sunden beladen sein und durch furwitz

g) bedarf

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oder mangerlei begir gefuret werden, allezeit lerend, aber nummermer zu der erkentnus der warheit kommen. Und wie Jamnes und Mambres widerstrebeten Moisi, also auch widerstreben die selbigen der warheit, sind zerstrewte menschen irer synne, untuchtig bey dem glauben, aber furder werden sie nichts vermögen, ir torheit wird offenbar werden iderman, wie auch der jhennen was etc. [2. Tim. 3, 5—8]. Dis alles ich dir also in der kurtz, so vill möglich, als in einem summario hab verzeichen wollen, damit du der ketzer ungegrund und weitleufftig angeben von der cristlichen kirchen, die sie doch nit kennen, ein wenig zu vornhemen und dich daraus dester gruntlicher zu richten haben magst. Und were villeicht nicht unutz gewest, von allen anhengigen irsaln, die auß dissem artickel des glaubens der kirchen ersprissen, der auch eins teils oben bemeldet, lenger und gruntlicher zu schreiben, habs aber umb kurtz willen, dieweil doch dis puchlein sunst one meinen willen und fursatz vill zu lang geworden, pleiben lassen. Wils den andern, der11 ampt und stand solchs mer erheischet, die auch mer den1 ich darzu gemussiget, bevolhn haben, zu pessern und weiter zu volfuren. Du aber, so du solcher zufelligen artickell ethwan bekummernus haben wurdest, will ich dich nach der lere Cristi, der gesagt hat: Erforschet die schlifft, auch an die schrifft und derselbigen warhafftigen verstand, den dir die cristliche apostolische romische kirche gibt, geweist haben. Darynne du alles, so zur selikeit gut und nutzbar und des gnugsam Unterricht finden wirdst. Derhalben so du erhalten wilt dein sele, lerne und befleissige dich, in der eynigen heiligen cristlichen gemeynen apostolischen und romischen kirchen zu pleiben, der erkentnus und teuttung, so du heltest, werden dich die irrigen einfurung der ketzer nichts bekümmern noch verleiten könen, wan in der allein die selikeit aus Verordnung Gottes zu bekommen, der gelobet und gebenedeyt sey ewiglichen. Amen. 23 Decembris. Anno Christi M. D.XXIIII Gedruckt zu Franckfurt durch Jo. Hannaw.

A) Vorbemerkung Druckvorlage: Credo sctäm ec=llcliäm catholicä II Von der hailigen Gemeynen Crillstlichen kirchen: gegen der II Lutterischen ketzerey II nutzlich vnterricht II [Spruch] II (Am Ende:) 23 Decembris. II Anno christi. M.D.XXIIÜ. II Gedruckt zu Franckfurt durch Io. Hannaw II 4° 70 Bl. Sign.: A - 0 4 P 2 Q - S 4 . - Köhler 3837. Staatl. Bibl. Regensburg: 4° Theol. syst. 650/1. Zur Entstehung: Über Wolfgang Redorffer vgl. oben Nr. 17 Zur Entstehung. Die Schrift ist vom 23. Dezember 1524 datiert und wie die vorige bei Johann Hanau in Frankfurt/Oder gedruckt. Wir bringen Auszüge. Literatur:

h) deren

Delius, Gegner Luthers, S. 41 f.

i) denn, als

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B) Sacherläuterungen 1 Über ihn ist nichts weiter bekannt. 2 Vgl. Wander, Bd. 3, Sp. 580ff, Nrn. 48 u. 88. 3 Valerius Maximus (1. Jh. n. Chr.), Factorum et dictorum memorabilium. Libri IX, 1. VIII, 12, Ext. l . D e r erwähnte griechische Mathematiker Euklid (Hauptwerk „Elemente") lebte allerdings um 300 v. Chr., etwa ein halbes Jahrhundert nach Piaton (429-348 v. Chr.). 4 Nach dem Lyoner Kaufmann Valdes (um 1170) benannte Strömung, die 1184 und danach öfter als häretisch verdammt wurde und — wie die folgenden — einen strengen Biblizismus vertrat. 5 Anhänger des Oxforder Professors und Reformpredigers John Wiclif (um 1325—1384), durch das Konstanzer Konzil 1415 grundsätzlich verdammt. 6 Anhänger des böhmischen Reformators Jan (Johannes) Hus (um 1371 — 1415), durch das Konstanzer Konzil 1415 grundsätzlich verdammt. 7 Bezeichnung für verschiedenartige Gruppierungen waldensischen Ursprungs; in Böhmen radikale Sekte innerhalb des Hussitismus (vgl. oben Nr. 3, Anm. 69). 8 Gemeint ist die Schrift von Jan Hus (vgl. Anm. 6) De ecclesia (hrsg. v. Harrison Thomson, Cambridge 1956), die Luther nach der Leipziger Disputation 1519 übersandt, aber erst im März 1520 von ihm gelesen worden war. Im Ergebnis vertiefte Luther seine bereits in Leipzig geäußerte positive Meinung über Hus (vgl. Grund und Ursach aller Artikel, so durch römische Bulle unrechtlich verdammt sind, in: Delius, Luther, Bd. 2, S. 389f.; WA 7, S. 431). Hus war vornehmlich wegen dieser Schrift vom Konstanzer Konzil zum Feuertod verurteilt worden (vgl. Denzinger-Schönmetzer, Nr. 1201ff. ). Ein Nachdruck wurde 1520 von Johann Schöffer in Mainz herausgebracht. 9 Es folgen lange Ausführungen (Bl. Bla—Llb) über den Kirchenbegriff: In der Schrift gibt es zwei Kirchen, die der Gläubigen (Christen) und die der Ungläubigen (Juden, Heiden und verschiedene Sekten). Kein Ungläubiger, auch kein Ketzer, kann Mitglied der christlichen Kirche sein; wer die Einheit der christlichen Kirche verläßt, verliert den Anspruch auf Seligkeit. Auch die christliche Kirche wird unterschiedlich aufgefaßt, als Versammlung aller Christen der ganzen Welt, als Römische Kirche, als geistliches Reich, als christliche Gemeinde usw. Das richtige Verständnis ist die zweigeteilte christliche Kirche: 1. als materielle, 2. als geistliche. Die materielle Kirche (Gebäude, Besitzungen) wird von vielen Ketzern abgelehnt, die Gott nur im Geist anbeten wollen. Die materielle Kirche ist jedoch notwendig; sie ist das Haus Gottes, eine Figur der geistlichen Kirche. Die geistliche Kirche als Versammlung der christgläubigen Menschen ist wiederum zweigeteilt: 1. als ecclesia catholica (universell, gemein), 2. als ecclesia particularis. Die erstere ist in den Glaubensartikeln definiert. Zu ihr gehören die Christen aller Zeitalter und aller Völker, auch die Seelen im Fegefeuer. Ihren Kern bildet die ecclesia militantium, die apostolische Kirche. Sie ist die von Christus begründete und Petrus und dessen Nachfolgern übertragene Kirche, die Kirche des Nicänums, die zeitliche oder ritterliche Kirche. Ihre Grundlage ist die Einigkeit des Glaubens im Sinne Petri. Deshalb verläßt derjenige, der diesen Glauben verläßt, auch die Kirche. Im folgenden behandelt R. die Eigenschaften der Kirche: einig, heilig, christlich gemein, apostolisch, ohne Runzel und Makel, ein Leib unter dem Haupt Christi. Jeder dieser Eigenschaften ist ein eigener Unterabschnitt gewidmet; wir bringen im folgenden den über Leib und Haupt. 10 Vgl. Anm. 9. 11 Papst Gelasius I. (492—496) betonte 494 in einem Schreiben an den byzantinischen Kaiser Anastasius I. (491—518) seinen Vorrang gegenüber diesem, was als

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klassische Formulierung in das Kirchenrecht aufgenommen wurde (vgl. Decr. prima pars, d. 96, c. 10, in: CorpIurCan, Bd. 1, Sp. 340). Die folgenden Beispiele von der Exkommunizierung des byzantinischen Kaisers Arcadius (395-408) durch Papst Innozenz I. (402-417) - nicht Innozenz II., wie R. schreibt — und des Kaisers Theodosius I. (379—395) durch Ambrosius, seit 374 Bischof von Mailand, hat R. offensichtlich von dort übernommen. Der fränkische Hausmeier Pippin d. J. ließ sich 751 in Soissons nach voraufgegangener Verständigung mit Papst Zacharias (741—752) anstelle des von ihm selbst 743 eingesetzten Merowingers Childerich III. zum König erheben und von Bonifatius als Vertreter des Papstes nach dem Vorbild der Könige des Alten Testaments salben. Sein im folgenden genannter Sohn war der spätere Karl der Große (768-814). Die Hussitenbewegung in Böhmen, die nach der Verbrennung von Jan Hus (vgl. Anm. 6) aufflammte, sich ab 1427 auch auf Reichsgebiete ausdehnte und nach verlustreichen Kämpfen erst 1436 — auf Kompromißbasis mit den gemäßigten Kräften — niedergeschlagen werden konnte. Der folgende Abschnitt (Bl. N2b—Rlb) handelt von der Römischen Kirche: Aus der ecclesia militantium, der zeitlichen, ritterlichen Kirche, hat Christus die Kirche der auserwählten Seligen, den wahren Schafstall Christi, ausgesondert. Da die weltliche, zeitliche Kirche ständigen Versuchungen zur Sünde ausgesetzt ist, hat Christus Petrus als seinen Statthalter eingesetzt, dessen legitime Nachfolger die Päpste sind. Sie setzen die notwendige Ordnung dieser apostolischen Kirche fest, formieren deren Hierarchie und legen die Schrift aus; nur sie dürfen allgemeine Konzilien einberufen. Das Amt des Papstes ist unfehlbar (auch wenn die Person irrt), Amt und Gewalt sind unanfechtbar, ebenso wie die Lehre der Römischen Kirche. Die Römische Kirche ist Lehrerin und Herrscherin über alle anderen Kirchen; der Papst ist Herr über die ganze Christenheit. Wenn die Ketzer behaupten, St. Peter sei nie in Rom gewesen, so ist das falsch. Wo der Papst ist, dort ist Rom. Die Römische Kirche ist einig, heilig, christlich, katholisch, apostolisch, eine Braut Christi, ohne Runzel und Makel, ein Leib unter dem Haupt Christi (zu jeder Eigenschaft gesonderte Ausführungen). Diejenigen, die in der Vergangenheit gegen die römische Gewalt gefochten haben, auch die heidnischen Kaiser und die Ketzer, sind von Gott hart gestraft worden. Das wird auch der lutherischen Ketzerei geschehen, von der der letzte Abschnitt handelt. Vgl. Anm. 4. Die Armen von Lyon, ursprünglicher Kern der Waldenser, verfochten das apostolische Armutsideal. Die erste Bannbulle gegen sie wurde 1184 vom Konzil in Verona durch Papst Lucius III. erlassen (vgl. Decr. Greg. IX., I. V, t. 7, c. 9, in: CorpIurCan, Bd. 2, Sp. 780—782). Eine Aufzählung der Glaubensartikel der Waldenser und „Lugduner" sowie der im folgenden angeführten von Wiclif und Hus gibt R. als Anhang zu seinem „Arzneibüchlein" oben Nr. 17. Vgl. Anm. 5. Zur folgenden Aufzählung der „ketzerischen" Auffassungen vgl. die verdammten Artikel Wiclifs bei Denzinger- Schönmetzer, Nrn. 1151 — 1195. Vgl. Anm. 6 und 8. Die verdammten Artikel von Hus bei Denzinger-Schönmetzer, Nrn. 1201-1230. Das „Konzil der 318 Väter" vom 19. Juni bis 25. August 325 in Nicäa arbeitete u. a. die Grundzüge einer Kirchenverfassung aus, allerdings vornehmlich für die Ostkirche; die Westkirche war gering vertreten, doch wurde eine Vorrangstellung des Bischofs von Rom anerkannt (vgl. CSEL 65, S. 150ff, bes. 155ff.). Reformation

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21 Das IV. Laterankonzil von 1215 verdammte eine Reihe von Häresien, u. a. auch die der Waldenser (vgl. Decr. Greg. IX., 1. 5, t. 7, c. 13, in: CorpIurCan, Bd. 2, Sp. 7 8 7 - 7 8 9 ; Denzinger-Schönmetzer, Nr. 809). 22 Zwei Londoner Synoden verurteilten 1382 bzw. 1396 einmal 24, danach nochmals 18 Lehrsätze Wiclifs als häretisch. Vgl. Mansi, Sacrorum Conciliorum nova . . . collectio, Bd. 26, Sp. 6 9 5 - 6 9 7 , 8 0 9 - 8 2 0 ; vgl. auch Denzinger-Schönmetzer, Nr. 1 1 2 1 - 1 1 3 9 . 23 Vgl. Anm. 19. 24 Von Redorffer ist bislang nur eine voraufgegangene Schrift bekannt, unser „Arzneibüchlein" Nr. 17. Sie dürfte nicht gemeint sein. 25 Das dürfte sich eindeutig auf das „Arzneibüchlein" beziehen.

Verzeichnis der Personennamen B. Eb. Ehg. Gf. Hg. Kard.

Bischof Erzbischof Erzherzog Graf Herzog Kardinal

Abaelardus, Petrus 219 Accolti, Pietro, Kard. 123 Adolf II., Fürst v. Anhalt, B. v. Merseburg 22, 87, 91, 106, 509, 526 Agatho, Papst 634, 645 Akakios, Patriarch v. Konstantinopel 637, 645 Alarich, Kg. der Westgoten 643 Albergatus, Vianesius 122, 126 Albertus Magnus 627, 642 Albrecht von Brandenburg, Eb. v. Magdeburg u. Mainz, Kard. 21,68,213,388 Aleander, Hieronymus, Kard. 123, 125, 412 Alexander I., Papst 618, 640 Alexander VI., Papst 360 Alexander Severus, röm. Ks. 618, 640 Alexander von Haies 70, 448, 455 Alexios HI. Komnenos, byzant. Ks. 383 Altenstaig, Johann 38 Alveldt, Augustin 5, 22, 23, 26, 27, 45, 72, 75, 8 7 - 9 0 , 105-109, 132, 140, 166, 213, 640, 754, 757 Ambrosius, St. 69, 79, 89, 104, 145, 183, 240, 2 4 3 - 2 4 5 , 249, 250, 2 5 3 - 2 5 5 , 265-267, 286, 287, 293, 312, 332, 337, 392, 394, 401, 411, 413, 414, 456, 473, 480, 483, 501, 504, 507, 606, 613, 625, 627, 633, 642, 684, 698, 703, 713, 848, 857 Amnicola siehe Bachmann, Paul Anacletus (Anencletus), B. von Rom 86, 90, 243, 265, 605, 612, 618, 620, 640 Anastasius I., byzantin. Ks. 637, 645, 848, 856 Anastasius II., Papst 637, 645 Anselm von Canterbury 60, 70 Anthonius, Andreas 448, 455 Antonius (Marc Aurel), röm. Ks. 630, 643

Kf. KgKs. Lgf. St.

Kurfürst König Kaiser Landgraf Sankt

Antonius d. Große 835 Apelles 271, 290 Apollinaris d. J., B. v. Laodicea 779, 815 Appian 392, 413 Aquila, Ponticus 511,527 Arcadius, byzantin. Ks. 848, 857 Argula von Grumbach (Stauf) 40, 47, 507, 785, 815 Aristoteles 221, 226, 287, 288, 307, 322, 337, 340, 391, 394, 403, 413, 415, 624, 642, 663, 683 Arius (Areios) 77, 88, 95, 108, 224, 228, 252, 263, 267, 271, 290, 337, 338, 369, 382, 507, 510, 527, 608, 613, 634, 644, 815 Arnulf, Kg. 251, 267 Artemon 634, 644 Äsop 438 Athanasius, St. 230, 263, 315, 321, 322, 338, 340, 449, 455, 507, 608, 613 Attila, Kg. d. Hunnen 643 Augustinus, St. 5, 51, 55, 57, 58, 61, 66, 69, 70, 79, 88, 89, 104, 115, 125, 129, 130, 132, 139, 145, 163, 183, 222, 224, 226-228, 234, 236, 242, 244, 253, 255, 2 6 4 - 2 6 7 , 272, 279, 282, 285, 286, 290, 293, 307, 312, 3 1 4 - 3 1 7 , 323, 329, 331, 337-340, 342, 347, 359, 366, 376, 382-384, 392, 411, 413, 415, 424, 438, 468, 469, 482, 501, 504, 507, 510, 533, 544, 550, 551, 556, 558, 5 6 0 - 5 6 3 , 569, 571, 576, 581, 606, 613, 625, 633, 642, 684, 698, 703, 713, 731, 734, 738, 739, 744, 754, 759, 760, 764, 767, 771, 776, 777, 790, 816 Augustus, röm. Ks. 259,268,391,392, 413, 456, 480, 529, 600, 611 Aurelianus, röm. Ks. 633, 644

860

Verzeichnis der Personennamen

Aurogallus, Matthäus 529 Axt, Blasius 417, 437 Bachmann, Paul (Amnicola) 5, 31, 45, 46,362, 3 8 1 - 3 8 4 , 7 5 3 - 7 5 6 , 7 7 4 - 7 7 7 Badius, Jodokus 289 Baidung Grien, Hans 220, 413 Barbara, Gemahlin Hg. Georgs 344, 358 Bardesanes 224, 228 Basilius von Cäsarea, St. 104, 108, 234, 264, 313, 315, 338, 394, 414, 764, 777 Beda Venerabiiis 104, 108, 219, 243, 246, 265, 313, 338, 380, 384 Benedikt von Nursia, St. 132, 764, 767, 777 Benedikt II., Papst 634, 645 Benedikt XIII., Gegenpapst 89 Benno von Meißen, St. 44, 45, 753, 754, 755 Berengar II., Kg. 267 Berengar von Tours 108 Bernhard von Clairvaux, St. 104, 108, 129, 132, 286, 293, 368, 383, 392, 413, 552, 563, 748, 755, 771, 777, 809, 816 Bernhard von Cles, B. v. Trient 692, 698, 700 Bernhardi, Johannes (Feldkirch) 22, 88, 106, 140 Beyer, Dominikus 448, 453, 454 Beyer, Stephan 454 Biel, Gabriel 291 Blick, Simon 5, 46, 681, 757, 775, 776, 7 7 8 - 7 8 0 , 783, 785, 800, 809, 814, 815 Blick, Wolfgang 682, 683 Blochinger (Plöchinger), Matthias 453, 455 Bodenstein, Andreas siehe Karlstadt Bonaventura (Johannes Fidanza) 69, 70, 221, 226, 392, 413 Bonifatius, St. 857 Bonifatius VIII., Papst 702, 713 Bora, Katharina von 543 Brant, Sebastian 382 Butzer, Martin 41, 387 Cajetan, Thomas de Vio, Kard. 125, 361, 481, 640, 756, 775

123,

Cajus 605, 607, 612 Capito, Wolfgang 41, 388 Carranza de Miranda, Sancho 757, 776 Carvin, Johann 508 Cassiodorus 392, 413, 414 Catharinus, Ambrosius 615, 638, 640, 756, 775 Catilina, L. Sergius 24, 171-173, 212 Celsus 600,611 Childerich IH., Kg. d. Merowinger 848, 857 Christoph von Stadion, B. v. Augsburg 692, 698, 701 Christoph von Utenheim, B. v. Basel 692, 698, 701 Christophorus, St. 323, 340 Chrysippus 391, 413 Chrysostomus, St. 104, 108, 129, 246, 247, 250, 251, 266, 267, 306, 336, 337, 392, 413, 424, 438, 537, 544, 550, 559, 562, 563, 576, 581, 622, 641, 698, 703, 713 Cicero 391,413 Clemens I., Papst 604, 612, 618, 640 Clemens VII., Papst 700, 712, 714 Clemens, B. 86, 90 Cochläus, Johannes (Dobeneck) 5, 29, 32, 33, 3 6 - 3 8 , 47, 48, 318, 320, 339, 340, 389, 390, 393, 399, 402, 405, 406, 4 1 1 - 4 1 6 , 530, 542, 543, 545, 562, 564, 581, 597, 610, 611, 614, 615, 639-642, 644, 683, 757, 774 Constantinus I., Papst 473, 483 Cornelius, Papst 605, 613 Cranach d.Ä., Lukas 343 Cronberg, Hartmut von 32, 386-388, 497 Cyprianus, St. 48, 103, 107, 116, 125, 129, 183, 231, 247, 254, 263, 266, 267, 318, 339, 401, 409, 411, 415, 416, 605, 613, 698, 702, 713 Cyrillus von Alexandria 323, 341

Damasus, Papst 86, 90, 360, 502, 508, 511, 527, 606, 613 Demosthenes 391, 413 Desiderius, Kg. d. Langobarden 643 Dietenberger, Johannes 5, 32, 36—38, 49, 542-545, 562-564, 580, 581, 597, 610, 639, 757, 774, 835 Diocletianus 630, 643

Verzeichnis der Personennamen Dionysius, B. v. Alexandria 104, 108, 331, 342 Dionysius Areopagita, B. v. Athen 139, 233, 243, 246, 249, 264, 266, 288, 293, 401, 406, 415, 537, 544, 612, 627, 642 Dionysius von Korinth 604, 612 Dolcino 224, 228 Dominicus, St. 69, 132, 468, 469, 482, 764, 767, 777 Domitianus, Titus Flavius 603, 612, 630, 643 Donatus, B. 77, 88, 230, 263, 318 Drach, Johannes (Draconites) 670, 671, 682, 683 Driedo, Johannes (Turenholtius) 757, 776 Drometer, Contz (Pseudonym) 814 Dungersheim, Hieronymus 40 Duns Scotus, Johannes 69

Eberhard V. im Bart, Gf. 215 Eberlin von Günzburg, Johann 32 Ebion 271, 273, 290 Eck, Johann(es) 5, 2 2 - 2 5 , 28, 31, 40, 42, 89, 106, 123, 126, 127, 136-141, 161, 166, 168, 213, 225, 227, 289, 327, 328, 341, 360, 361, 373, 383, 491, 497, 691, 739, 757, 784, 815 Eck, Michael von 22 Eckart, Johannes 5, 28 Emser, Hieronymus 5, 24—30, 32, 3 4 - 3 6 , 4 4 - 4 6 , 132, 166, 213, 221, 2 2 5 - 2 2 7 , 229, 232, 2 4 0 - 2 4 2 , 244, 245, 247-249, 2 5 1 - 2 5 9 , 263, 264, 268, 269, 303, 305, 311-316, 318, 321-332, 335-338, 340-342, 344, 358, 359, 382, 457, 458, 465, 4 6 8 - 4 7 6 , 4 7 9 - 4 8 3 , 495, 497, 507, 510, 525, 526, 528, 581, 600, 604, 611, 749, 753, 754, 757, 773, 775, 814, 815 Ennodius, Magnus Felix 634, 645 Epiphanios von Salamis 318, 320, 339 Erasmus von Rotterdam 80, 90, 176, 195, 214, 233, 264, 316, 325, 338, 341, 361, 468, 482, 523, 528, 624, 640, 642, 776 Ernst von Bayern, Administrator v. Passau, Eb. v. Salzburg 692, 698, 701 Euklid 838, 856

861

Eusebius, B. v. Cäsarea 104, 108, 240, 265, 315, 338, 605, 607, 611-613, 634, 6 4 3 - 645 Eustachius van der Rivieren 757, 776 Fabian, Papst 170 Fabri, Johann (Heigerlein) B. v. Wien 40, 41, 690, 757, 774, 775 Faustus von Mileve, B. 224, 228, 307, 312, 337, 340 Feibaum, Sebastian 48, 835 Feldkirch siehe Bemhardi, Johannes Felix m., Papst 637, 645 Femelius (Femel), Johannes 5, 32 Ferdinand, Ehg., dt. Ks. 43, 692, 6 9 6 698, 700, 701, 712, 713 Ficinus, Marsilius 370, 383 Fisher, John, B. v. Rochester 36, 757, 774, 776 Fleckenstein, Heinrich 650 Formosus, Papst 251, 267 Franz von Assisi, St. 132, 468, 469, 482, 764, 767, 777 Freiberger, Johannes 35, 506, 507 Freisleben, Christoph 835 Friedrich I., Barbarossa, dt. Kg. u. Ks. 239, 265 Friedrich II., dt. Ks. 124, 239, 265 Friedrich in., dt. Kg. u. Ks. 456, 480, 503, 508 Friedrich der Weise, Hg. v. Sachsen, Kf. 22, 123, 137, 336, 4 9 5 - 4 9 7 , 624, 632, 641, 642 Friedrich (VI.), Burggf. von Nürnberg 134 Fritzhans, Johannes 88 Froben, Johannes 22, 90, 528 Fugger 21, 154, 169 Fulgentius, St. 264, 456, 480 Gallienus, Publius Licinius 630, 643 Gebwyler, Hieronymus 39 Geiserich, Kg. d. Vandalen 643 Gelasius I., Papst 637, 645, 848, 856 Gengenbach, Pamphilus 683 Georg von Sachsen, Hg. 5, 25, 30, 35, 44, 225, 289, 303, 305, 335, 336, 358, 440, 454, 482, 490, 4 9 5 - 4 9 8 , 526, 543, 753 Georg, B. v. Speyer, Pfalzgf. bei Rhein 692, 698, 701

862

Verzeichnis der Personennamen

Ghinucci 640 Gran, Heinrich 141 Gratian, röm. Kaiser 290, 291, 340, 456, 480, 728 Gratianus, Franciscus 634, 637, 645 Gregor I., Papst 55, 69, 70, 79, 89, 104, 129, 145, 230, 235, 243, 254, 258-260, 263, 264, 267, 268, 275, 291, 306, 311, 315, 316, 318, 324, 328, 337-339, 360, 377, 383, 392, 413, 473, 483, 501, 504, 507, 513, 527, 550, 552, 558, 562, 563, 613, 618, 620, 640, 684, 698, 703, 713 Gregor VII., Papst 643 Gregor IX., Papst 213, 216, 265, 267, 383, 415, 527, 682, 713, 754, 857, 858 Gregor XII., Gegenpapst 89 Grimm, Sigmund 28, 38, 44 Grüninger, Johann 23, 27, 32, 33, 36, 37, 39, 48, 49, 164, 211, 212, 216, 339, 340, 358, 361, 411, 412, 495, 542, 543, 561, 562, 580, 596, 597, 610, 835 Grünpeck, Joseph 304, 508 Grunenberg, Johann 641 Guido von Spoleto, Ks. 267 Guiscard, Robert 643 Hadrian I. Papst 251, 267, 473, 483, 615, 640, 643 Hadrian VI., Papst 508, 614, 632, 637, 639, 640, 750, 755 Hager, Johann 737 Hanau, Johann 437, 855 Hanlin, Andreas 698 Hartzer, Balthasar 439, 453, 454 Hauer, Georg 39, 40 Hausmann, Nikolaus 343 Hedio, Caspar 41, 388 Hegenwald, Erhart 41 Hegesipp 89, 90, 265, 604, 612 Heinrich IV., Ks. 643 Heinrich VIII., Kg. v. England 30, 340, 344, 3 5 8 - 3 6 1 , 412, 484, 490, 493, 495-497, 508, 644, 757, 776 Heinrich, Hg. v. Sachsen 526 Helvidius 815 Henneberg, Wilhelm von, Gf. 134 Henrichman, Jakob 698 Herakleon 291 Herostratus 519,528

Hesiod 267, 610 Hieronymus, St. 65, 66, 69, 71, 79, 86, 89, 90, 104, 110, 111, 129, 132, 145, 147, 198, 218, 228, 234, 238, 245, 260, 2 6 4 - 2 6 6 , 268, 276, 291, 312, 316, 318, 323, 325, 329, 337, 338, 341, 351, 360, 380, 384, 392, 411, 413, 424, 438, 4 9 9 - 5 0 2 , 504, 507, 508, 511, 527, 528, 559, 563, 601, 6 0 5 - 6 0 7 , 613, 625, 627, 633, 642, 684, 698, 703, 713, 746, 754, 755, 815 Hieronymus von Prag 24, 98, 106, 107, 112, 124, 133-136, 141, 153, 168, 209, 220 Hilarius von Poitiers, St. 233, 264, 424, 438, 449, 455 Hisolidus, Matthäus 683 Hispanus, Johannes 123 Hochstraten, Jakob 757, 775 Höltzel, Hieronymus 43 Homer 2 3 3 , 2 6 4 , 5 1 3 , 6 1 0 , 8 1 6 Horaz 332, 342, 421, 438, 467, 482, 625, 642, 779, 789, 815, 816 Hrabanus Maurus 243, 265 Hugo von Hohenlandenberg, B. v. Konstanz 42, 649, 650, 685, 690-692, 698, 701 Hus, Johannes (Jan) 21, 22, 24, 26, 29, 45, 50, 51, 56, 61, 69, 70, 74, 7 7 - 8 0 , 8 8 - 9 1 , 93, 95, 98, 104, 106, 107, 114, 124, 133-136, 141, 153, 168, 209, 213, 220, 223-225, 227, 271, 285, 290, 305, 325, 335-337, 389, 393, 397, 407, 411, 414, 422, 437, 438, 462, 471, 481, 490, 493, 497, 510, 527, 528, 603, 611, 620, 629, 631, 641, 679, 684, 816, 839, 850, 856, 857 Hutten, Ulrich von 32, 387, 388, 416, 562 Ignatius von Antiochien 604, 612 Innozenz I., Papst 619, 640, 848, 857 Innozenz II., Papst 857 Innozenz m., Papst 61, 70, 374, 375, 383, 815 Innozenz IV., Papst 265 Innozenz VI., Papst 65, 71 Irenaus, B. v. Lyon 89, 605, 612 Isidorus Hispalensis, B. v. Sevilla 246, 266, 634, 645

Verzeichnis der Personennamen Jacobellus von Mies 77, 79, 89, 98 Johann von Bayern, Hg. 134 Johann von Sachsen, Hg., Kf. 495, 496 Johann XII., Papst 251, 267 Johann III., B. v. Regensburg, Pfalzgf. bei Rhein 692, 696, 698, 700 Johann VII. von Schleinitz, B. 440, 454 Johann von Bayern, Hg. 134 Johann von Meißen, B. 481 Johannes XXIII., Papst 89 Johannes IV., Patriarch v. Konstantinopel 258, 268 Johannes von Damaskus 288,293,313— 315, 338 Johannes von Gerson 257, 260, 268 Jonas, Justus 641 Jovinianus 291 Jud, Leo 7 3 6 - 7 3 9 Julianus Apostata, röm. Ks. 230, 263, 310, 339, 382, 600, 611 Julius II., Papst 118, 125, 176, 214 Justinian, byzant. Ks. 169, 215, 216, 219, 337, 415 Justiniani, Augustin, B. v. Nebbio 757, 776 Juvenalis 421, 438 Karl V., Ks. 34, 43, 167, 171, 212, 214, 217, 239, 265, 358, 456, 4 7 8 480, 493, 497, 526, 602, 612, 632, 639, 640, 644, 692, 697, 698, 775, 834, 836 Karl der Große, dt. Ks. 251, 267, 848, 857 Karlstadt (Andreas Bodenstein) 22, 29, 30, 38, 131, 138, 305-318, 3 2 0 332, 334-342, 473, 491, 497, 623, 633, 641, 682 Kasimir IV., Kg. v. Polen 358 Katharina, St. 328, 342 Kettenbach, Heinrich von 642 Keferberger, Wolf 757 Kerinth 815 Knappe, Hans 32 Koch, Konrad siehe Wimpina Konrad von Thüngen, B. v. Würzburg 129, 138 Konstans II., byzant. Ks. 230, 263 Konstantin I., röm. Ks. 195, 217, 218, 230, 251, 257, 261, 263, 268, 331, 620, 640, 641

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Konstantin V. Kopronymos, Ks. 473, 483 Köpfel, Wolfgang 495, 496 Koppe, Leonhard 543 Kreß, Anton 530, 543 Kressin, Magdalena 530 Kretz, Matthias 44, 691, 736, 7 3 7 739 Lactantius 329, 342 Lambert von Spoleto 267 Lampetius 224, 228 Lampridius, Aelius 618, 640 Landsberg, Martin 23, 2 6 - 2 8 , 73, 75, 77, 82, 8 5 - 8 8 , 105, 136, 137, 141, 225, 226, 262, 263, 303, 335, 336, 340, 381, 382, 479 Lang, Johannes 223, 227 Lang, Matthäus, Eb. v. Salzburg, Kard. 692, 696, 697, 700 Latomus, Jacobus (Jacques Masson) 757, 776 Laurentius, St. 248, 266, 328, 342 Lemp, Jakob 757, 776 Leo X., Papst 21, 110, 122, 125, 126, 129, 176, 214, 344, 348, 358, 359, 361, 462, 481, 526, 632, 634, 635, 637, 641, 644, 692, 698, 754, 775, 776 Lichtenberger, Johann 263, 269, 304, 385, 387, 481, 482 Linck, Wentzeslaus 640 Lindner, Johann 775 Linus, B. 86, 90 Livius, Titus 392, 413 Locher, Johann 304 Lonicer, Johannes 22, 26, 88, 107, 109, 140 Lorenz von Bibra, B. v. Würzburg 129, 138 Lorenzo di Campeggio, Kard. 43, 692, 697, 698, 700, 712 Lotter d.J., Melchior 498, 526 Lotter d. Ä„ Melchior 21, 68, 69, 72, 74, 77, 79, 8 4 - 8 6 , 88 Lucanus, M. Annaeus 420, 437 Lucifer, B. v. Cagliari 816 Lucius III., Papst 857 Lucius Apuleius Madaurensis 467, 482 Lucretia 153, 168 Ludwig, Kg. v. Ungarn und Böhmen 453, 454

864

Verzeichnis der Personennamen

Ludwig X., Hg. v. Bayern 692, 696, 697, 700, 712 Ludwig (DI.), Pfalzgf. 134 Luther, Martin 1 - 6 , 2 1 - 4 0 , 4 3 - 4 8 , 51, 52, 61, 66, 6 8 - 7 1 , 87, 88, 9 0 - 9 5 , 9 8 - 1 0 9 , 113, 117-125, 1 2 7 131, 133-144, 146-150, 152-175, 177, 182, 184, 186, 192, 194, 196, 204, 207, 2 1 0 - 2 2 1 , 224-228, 2 3 0 233, 236-242, 244-265, 268-275, 277-279, 287, 289-291, 294-304, 307, 312, 324, 334-337, 339-344, 347-353, 356-369, 371-384, 3 8 7 391, 393, 394, 396, 397, 399-401, 403, 404, 4 0 6 - 4 0 8 , 4 1 0 - 4 1 6 , 437, 438, 4 5 4 - 4 5 6 , 4 5 8 - 4 8 7 , 4 8 9 - 4 9 8 , 507-510, 512-516, 5 1 8 - 5 2 0 , 5 2 2 533, 535-537, 539-544, 562, 565, 577, 581-590, 594-599, 6 0 1 - 6 0 3 , 605, 607, 609-613, 615, 617, 620, 621, 623, 6 2 5 - 6 2 8 , 630-642, 644, 645, 651-654, 656-658, 6 6 2 - 6 6 5 , 667, 669, 672, 673, 677, 679-684, 692, 695, 699, 713, 714, 716, 727, 728, 737, 738, 740-742, 746, 749, 7 5 1 - 7 6 0 , 764, 765, 7 6 8 - 7 7 0 , 772, 7 7 4 - 7 7 7 , 780, 781, 789, 801, 813, 815, 834-836, 839, 856 Lutz, Andreas 28, 31, 39

Makarius (von Antiochien) 634, 644 Manberger (Mannberg), Johannes 28 Mani 77, 88, 108, 228, 271-273, 290, 496, 602, 612, 815 Mansfeld, Albrecht von, Gf. 497 Marcellinus, Papst 170 Marcello, Cristofero, Eb. v. Korfu 756, 775 Marcianus, byzant. Ks. 261, 268 Marius, Augustin 698 Markion 271, 290, 602, 612, 815 Marlianus, Aloisius, B. v. Tuy 756, 775 Marschalck, Haug 581 Martin I., Papst 230, 263 Martin V., Papst 70, 89, 90, 527, 643 Martin von Tours, B. 310, 337 Maurer, Hans 562 Mauritius, röm. Ks. 230, 258, 259, 263, 268, 473, 483 Maxentius, röm. Ks. 342

Maximilian I., dt. Kg. u. Ks. 173, 214, 215, 456, 480, 632, 640 Maximilla 272, 290 Mazochius, Jacobus 123 Mazzolini, Silvester siehe Prierias Melanchthon, Philipp 38, 40, 223, 227, 289, 290, 529, 624, 625, 641, 642 Middelburg, Paul von 481 Miltitz, Karl von 361,640 Mochau, Anna von 641 Mohammed 73, 77, 88, 273, 290, 366, 493, 496 Montanus 272, 290, 602, 612 Morhart d.Ä., Ulrich 639 Mosellanus, Petrus 223, 227 Mountjoy, Lord William 361 Murner, Thomas 4, 5, 2 3 - 2 7 , 30, 31, 164-170, 212-220, 304, 340, 358, 361, 495, 498, 683, 835, 836 Nathin, Johann 757, 776 Nero, röm. Ks. 602, 603, 612, 630, 643 Nestorius, Patriarch v. Konstantinopel 108, 319, 340, 634, 644, 816 Nicolaus von Lyra 246, 266 Nikolaus, St. 329, 342 Ockham, Wilhelm von 69 Odoacer 392, 413 Öglin, Erhard 168 Oekolampad, Johannes 387 Origenes 233, 235, 244, 247, 255, 260, 264-266, 268, 511, 527, 558, 563, 605, 611, 613, 627, 642, 778, 815 Osman Al-Ghazi 496 Otmar, Silvan 165 Otto I. dt. Kg. u. Ks. 251,267 Ovid 467, 482, 525, 529, 629, 643 Papias, B. v. Hierapolis 605, 612 Paulus von Samosata, B. v. Antiochia 132, 628, 634, 643, 644 Pelagius II., Papst 620, 641 Pelagius 108, 224, 228, 571, 581, 776, 816 Pelargus, Ambrosius 562 Pelayo, Alvaro 218 Penzold, Johannes 816

Verzeichnis der Personennamen Persius, Aulus Flaccus 632, 633, 644 Petrarca, Francesco 368, 383 Petri, Adam 498 Petrus Comestor 246, 266 Petrus Lombardus 51, 52, 69, 70 Pfeiffer, Heinrich 683 Philipp, Pfalzgf. bei Rhein, B. 692, 698, 701 Philipp von Hessen, Lgf. 388 Philippikos, byzant. Ks. 473, 483 Philippus Arabs, röm. Ks. 239, 265 Photinus (von Thessalonica) 637, 645 Picard 104, 108, 816 Piccolomini, Aeneas Sylvius siehe Pius II. Pico della Mirandola, Giovanni 233, 264 Pippin d. J., Kg. d. Franken 251, 267, 848, 857 Pirckheimer, Willibald 223, 227, 416 Pius II. (Aeneas Sylvius Piccolomini), Papst 118, 125, 367, 382, 816 Planitz, Hans von der 497 Piatina, Bartholomäus 259, 267, 268, 483, 604, 605, 612, 634, 637, 644, 645 Plato(n) 288, 391, 413, 525, 529, 803, 816, 838, 856 Plinius Secundus, Gajus Caecilius 394, 414, 603, 612 Plutarch 392, 413 Poggio Bracciolini, Giovanni Francesco 153, 168 Polycarp, B. v. Smyma 71, 605, 612 Porphyrius 110, 123, 600, 611 Prierias (Silvester Mazzolini) 23, 132, 140, 265, 384, 615, 617, 640, 684, 756, 775 Priscilla 272, 290 Proclus 605, 612 Prüß, Johann 217 Ptolemäus Philadelphus, ägypt. Kg. 511, 525, 527 Quentel, Peter 122, 123, 289, 495 Quintilla 291 Ramminger, Melchior 40, 49, 453 Reckenhofer, Martin 507, 508 Redorffer, Wolfgang 5, 33, 34, 49, 417, 437, 438, 837, 838, 8 5 5 - 8 5 8 Reuchlin, Johannes 233, 264, 737 56

Reformation

865

Reyßner, Andreas 497 Rhadinus, Thomas (Placentinus) 223, 226, 227, 756, 775 Rhau-Grunenberg, Johannes 340 Rhegius, Urbanus 736 Richard von Greiffenklau, Eb. v. Trier 388, 413 Richard von Middletown 642 Richard von St. Victor 627, 642 Richental, Ulrich von 141 Rimacius 757 Rokyzana, Jan, Eb. v. Prag 98, 107, 620, 641, 679, 684 Rolevinck, Werner 217 Rubius, Johannes 22, 341 Rudelius, Johannes 562 Rudolph von Sachsen, Hg. 134 Ruff, Simprecht 43, 736 Rufinus von Aquileja 268, 383

Sabellius 271, 290 Sachs, Hans 683 Salhausen, Friedrich von 453, 454 Salhausen, Hans von 439, 451, 453, 454 Salhausen, Wolf von 453, 454 Sánchez de Arévalo, Rodrigo 218 Schatzgeyer, Kaspar 39, 43, 44, 715, 727,728, 736, 739 Schirlentz, Nickel 339, 453 Schlupff, Johann 545 Schmid, Konrad 77, 88, 89, 91, 93, 95, 104, 108 Schobser, Hans 39, 44, 649, 727 Schöffer, Johann 856 Schönichen, Georg 40 Schönsperger d.J., Johann 340, 358 Schürer, Matthias 165 Schumann, Valentin 123,264,336,341, 414 Schwalbach, Georg von 698 Schwebel, Johannes 387 Sebastian, St. 328, 329, 342 Secundinus 272 Seehofer, Arsacius 40, 815 Seitter, Melchior 698 Semeca (Johannes Teutonicus) 321, 340 Seneca, Lucius Annaeus 517, 528 Serenus, B. v. Marseille 318, 320, 338, 339

866

Verzeichnis der Personennamen

Severus, Lucius Septimus 630, 634, 643 Severus, Sculpitius 337 Sickingen, Franz von 32, 386-388, 562 Sigmund (Sigismund), dt. Ks. 78, 89, 193, 217 Silvester II., Papst 266 Siegel, Matthias 387 Soteran, B. 605, 612 Spalatin, Georg 38, 123, 126, 529, 626, 642 Spendt, Antonio 564 Spengler, Lazarus 26, 165, 167, 169, 170, 216, 416 Sperantius, Sebastian, B. v. Brixen 692, 698, 701 Stainlin, Martin 734, 739 Stamler, Georg 698 Stapulensis, Jakob Faber 233, 264 Staupitz, Johann von 361 Steiner, Heinrich 712 Stephan, Papst 321, 340 Stephan I., Papst 170 Stephan II., Papst 251, 267 Stephan in., Papst 643 Stifel, Michael 31, 32 Stockei, Wolfgang 23, 36, 40, 44, 105, 137, 381, 382, 495, 508, 526, 681, 682, 754 Stöffler, Johannes 508 Stunica, Jacob Lopez 757, 776 Sueton 392, 413 Suleiman II., Sultan 496 Sylvester I., Papst 620, 640 Symler, Jacob 757, 776 Symmachus, Papst 637, 645 Symmachus 511,527 Tacitus 312, 338, 392, 413, 602, 603, 612 Tauler, Johannes 287, 627, 642 Tertullian(us) 312, 338, 616, 640 Tetzel, Johannes 5, 21, 22, 51, 6 7 - 7 1 , 132, 160, 169, 213 Thanner, Jacob 814 Theoderich der Große, Kg. d. Ostgoten 392, 413, 414, 637, 643 Theodosius I., röm. Ks. 240, 265, 473, 483, 501, 507, 508, 848, 857 Theodosius II., röm. Ks. 611 Theodotion 511,527 Theophanius 634

Theoret 634, 644 Thomas von Aquino, St. 52, 65, 66, 6 9 - 7 1 , 221, 226, 392, 413, 448, 455, 627, 642 Thrasamund, Kg. d. Vandalen 264, 456, 480 Thucydides 392, 413 Tiberius, röm. Ks. 259, 268 Trajanus, röm. Ks. 603, 612, 630, 643 Treger, Konrad 41, 757, 775, 776 Trosche, Lorenz 497 Tunstall, Cuthbert, engl. B. 358 Ulhart d. Ä„ Philipp 40, 42, 697 Ulpianus, Domitius 513, 527 Urban III., Papst 265 Urban IV., Papst 65, 71 Urban V., Papst 71 Urban VI., Papst 96, 107 Valdes (Waldes), Petrus 166, 271, 273, 290, 438, 580, 611, 849, 856 Valentinian I., röm. Ks. 310, 337 Valerius (Valerian), Ks. 107, 342 Valerius Maximus 392, 395, 413, 838, 856 Valla, Laurentius (Lorenzo) 218, 513, 527 Vergil (Virgil) 233, 240, 264, 265, 347, 359, 391, 392, 394, 413, 414, 420, 437, 456, 480, 513, 525, 529, 600, 610, 611, 629, 643, 793, 816 Victor I., Papst 620, 634, 641 Vigilantius 224, 228, 312, 325, 337, 341, 746, 754, 755 Vincentius 757, 776 Vincentius von Saragossa, St. 248, 266 Virdung von Haßfurt, Johann 304 Waldensis, Thomas 337 Warham von Canterbury, Eb. 361 Weida, Ursula 47, 682, 7 7 8 - 7 8 7 , 7 8 9 815 Weigand von Redwitz, B. v. Bamberg 692, 698, 701 Weißenburger, Johann 42, 387, 506, 507 Wenzel IV., Kg. v. Böhmen 623, 641 Wiclif, John 21, 22, 29, 45, 47, 50, 51, 56, 61, 69, 74, 7 7 - 8 0 , 8 8 - 9 1 , 9 3 - 9 5 , 104, 107, 112, 124, 135, 213,

Verzeichnis der Personennamen 224, 228, 271, 290, 305, 325, 335-337, 422, 438, 462, 468, 469, 481, 482, 497, 528, 603, 611, 620, 631, 640, 643, 683, 684, 816, 850, 856-858 Wideford, Wilhelm 47 Wilhelm von Hohnstein, B. v. Straßburg 165, 169, 170, 211, 220, 692, 698, 701 Wilhelm IV., Hg. v. Bayern 692, 696, 700, 712 Wimpina, Konrad (Koch) 21, 68,70,71, 166 Wirsung, Marx 28, 38

56*

867

Wolsey, Thomas, engl. Kard. 358 Wörlin, Johann 41, 690, 736-738 Wulffer, Wolfgang 2 8 - 3 0 , 303, 304 Xenophon

391, 413

Zacharias, Papst 848, 857 Zack, Johann von, Administrator v. Prag 225-227, 359, 439 Zell, Matthäus 41 Zephyrinus, Papst 605, 612 Ziska, Jan (Johannes) 620, 641 Zwingli, Huldrych 41, 42, 690, 691, 736, 737, 739

Verzeichnis der Aachen 167 Albi 290 Alcala 776 Alexandria 342, 613, 642 Altenberg 470, 482 Altenburg 361 Altzelle, Kloster 31, 46, 381, 754, 7 7 4 777 Antiochia 644 Antwerpen 125, 358, 776 Appenzell 650 Augsburg 21, 22.28, 38, 40, 4 2 - 4 4 , 49, 154, 165, 168, 218, 340, 358, 361, 437, 453, 462, 481, 640, 697, 712, 736, 775 Baden (Aargau) 648 Barcelona 228, 337 Basel 81, 90, 340, 388, 498, 528, 640, 643, 645, 650 Bensau (Bensen) 452 Bern 392, 650 Böhmisch Leipa (Ceskä Lfpa) 454 Bologna 126, 340, 412 Brandenburg 122, 126 Bretten 835 Chalcedon 261, 268, 508 Chemnitz 381,454 Citeaux 381 Colmar 698 Dresden 28, 43, 303, 305, 336, 457, 470, 479, 753, 754, 774 Durlach 776 Ebemburg, Feste 387, 388 Edessa 228 Eilenburg 40 Eisenberg 47, 814, 815 Ephesus 108, 228, 340, 508, 519, 528, 581, 644, 776, 816 Erfurt 32, 33, 138, 141, 168, 170, 227, 289, 491, 497, 641, 682, 683, 776 Ettal, Kloster 40 Feldkirch 88, 140 Ferrara 412

Ortsnamen

Florenz 124, 291, 383, 642 Frankfurt/Main 29, 36, 318, 339, 412, 542, 545, 562, 564, 565, 610, 615 Frankfurt/Oder 21, 33, 67, 68, 70, 166, 437, 855 Freiberg 454, 479, 480, 639, 641, 777 Freiburg/Br. 41, 650, 690, 737 Freising 35, 507, 712 Gent 640 Glarus 650 Hagenau 141 Heidelberg 415 Herzogenrauch 437 Hirschau 134 Ingolstadt

22, 28, 31, 39, 40, 815

Jerusalem

374

Karthago 108, 228, 337, 338, 416, 612 Remberg 455 Klingnau 648 Köln 112, 122-125, 132, 141, 215, 289, 412, 453, 481, 495, 607, 625, 627, 642, 776 Konstantinopel 374, 375, 508, 634, 644 Konstanz 24, 51, 53, 61, 69, 81, 89, 90, 95, 106, 107, 112, 114, 124, 133-137, 141, 153, 168, 209, 213, 220, 227, 228, 336, 340, 373, 383, 414, 438, 481, 497, 510, 527, 564, 611, 640, 641, 647-649, 684, 685, 690, 691, 699, 816, 850, 856 Kreuznach 387 Landau 3 8 6 - 3 8 8 Landshut 42, 387, 506, 507 Lebus 437 Leipzig 2 1 - 2 3 , 2 5 - 2 8 , 30, 31, 36, 40, 44, 68, 69, 72, 87, 88, 92, 105, 123, 125, 129, 133, 136-138, 141, 161, 166, 170, 213, 221, 225-227, 229, 262-264, 289, 290, 302, 303, 327, 335, 336, 340, 341, 344, 360, 373, 381-383, 414, 437, 454, 479,

Verzeichnis der Ortsnamen 491, 495, 497, 508, 526, 581, 610, 641, 642, 681, 682, 775, 814, 856 Leisnig 454 Leutkirch 775 Lieben werda 361 London 47, 358, 816, 850 Löwen (Louvain) 112, 124, 125, 132, 141, 453, 625, 627, 639, 642, 776 Lüttich (Liège) 125 Luzern 646, 6 4 8 - 6 5 0 Lyon 144, 166, 275, 291, 438, 580, 605, 611, 612, 856, 857 Maastricht 639 Magdeburg 21 Mailand 640 Mainz 125, 215, 386, 388, 856 Marienthron, Kloster 37, 543 Meißen 23, 44, 122, 126, 753 Merseburg 122, 126 Miltenberg 388, 671, 682, 683 Mühlbeck b. Bitterfeld 454 Mühldorf 712 Mühlhausen 673, 683 München 31, 39, 44, 649, 727 Münster 1, 3 Naumburg 497 Nicäa 88, 95, 108, 228, 251, 257, 267, 268, 382, 507, 508, 527, 613, 644, 815, 850, 857 Nürnberg 36, 43, 48, 165, 334, 411, 412, 457, 480, 495, 497, 508, 530, 543, 607, 639, 645, 650, 682, 692, 693, 6 9 6 - 6 9 9

263, 608, 342, 505, 649,

Orlamünde 641 Ostia 643 Oxford 88, 228, 336, 481, 497, 611, 856 Paris 28, 71, 133, 141, 170, 214, 270, 274, 288-290, 293, 453, 491, 497, 604, 625, 627, 642, 683, 776 Passau 507, 712 Pegau 681 Piacenza 227 Pillenreuth b. Nürnberg 530, 543 Prag 89, 220, 439, 454, 629, 641 Quedlinburg

495

869

Regensburg 42, 43, 507, 696-698, 711-713 Rom 21, 38, 45, 62, 65, 68, 71, 82, 83, 86, 89, 90, 93, 98, 106, 108, 121-123, 126, 129, 154, 195, 208, 218, 223, 226-228, 259, 267, 338, 342, 358, 360, 361, 374, 412, 435, 438, 482, 529, 597, 598, 600-608, 6 1 0 - 6 1 2 , 627, 630, 632, 634, 639, 643, 644, 697, 706, 775, 776, 815, 850, 857 Salzburg 712 Sangerhausen 77, 80, 89, 93, 95, 105, 108 Schaffhausen 326, 341, 650, 734, 739 Schieitheim 3 Schneeberg 303 Schwyz, Kanton 650 Soissons 857 Solothurn 650 Speyer 43, 48, 697, 712 Stendal 33, 437 Straßburg 23, 27, 30, 32, 33, 36, 37, 39, 40, 41, 48, 49, 154, 164-167, 212, 214, 216-218, 220, 264, 339, 340, 358, 388, 411, 495, 496, 542, 561, 580, 596, 610, 691, 697, 776, 835 Tabor 108, 816 Tauberbischofsheim 388 Tetschen (Decin) 439, 448, 451, 454 Tomi (Constanza) 529 Torgau 543 Trier 32, 215, 263, 387, 388 Tübingen 639, 776 Tyrus 263 Überlingen 545 Ulm 218 Unterwaiden, Kanton Uri, Kanton 650 Utrecht 639

650

Verona 438, 857 Vienne 283, 292 Viviarum, Kloster 413 Vohburg (a. d. Donau) 507 Wartburg (b. Eisenach) 482, 641, 644

29, 303, 342,

870

Verzeichnis der Ortsnamen

Weida 816 Weiden 134 Wertheim 682 Wittenberg 27, 29, 31, 33, 34, 38, 40, 45, 105, 127, 140, 227, 263, 294, 299, 303, 305, 335, 336, 339, 341-343, 360, 382, 412, 4 1 7 - 4 2 2 , 424, 425, 4 2 8 - 4 3 0 , 4 3 5 - 4 3 8 , 453, 455, 461, 462, 4 8 0 - 4 8 2 , 496, 498, 508, 526, 543, 597, 606, 623, 625, 626, 629, 630, 632, 641-644, 682-684, 695, 754

Wörlitz 641 Worms 5, 33, 40, 43, 48, 339, 358, 390, 391, 397, 415, 462, 480, 481, 486, 599, 606, 610, 612, 633, 650, 692, 693, 696-699, 775, 836

126, 412, 508, 644, 713,

215, 413, 526, 649, 714,

Zug 650 Zürich 41, 42, 648-650, 685, 690, 691, 734, 736, 737, 739 Zwickau 673, 684

Verzeichnis der

Bibelstellen

Altes Testament 1. Buch Mose 1. 201, 333, 397, 415, 537, 539, 544, 804, 807, 823, 830, 831 2. 656, 779, 795, 807 3. 86, 363, 372, 443, 472, 514, 528, 534, 742, 778, 779 4. 295, 300, 666 6. 472, 657, 672 7. 839 8. 407, 421, 653 9. 356, 804 14. 99, 760, 848 15. 574 17. 778, 792 18. 653 19. 434 21. 189, 255 22. 528, 760 39. 814 39 ff. 740 50. 532 2. Buch Mose 1. 3. 4.

476 99, 320 463, Til 6. 394, 746 7. 99, 100, 447, 737, 847 8. 409 11. 199 12. 199 14. 740 17. 821 18. 394 19. 729 20. 83, 99, 155, 199, 313, 329, 331, 332, 618, 796, 797, 805, 807 21. 847 22. 847 24. 99, 101 25. 327 28. 100, 193, 737, 844, 848, 849 29. 180, 737 32. 569, 751, 752, 797

37. 39.

327 737

3. Buch Mose 1. 3. 4. 5. 7. 8. 9. 10. 14. 17. 18. 19. 20. 21.

849 738 738, 738, 738 100, 737 327, 757 720 573 349, 720 216,

849 849 216, 737

501 735

Smc/i Mose 3. 245, 539 4. 746 8. 245 12. 57, 619 14. 409, 619 15. 738 16. 251, 365, 836 17. 100, 320, 20. 243 21. 321, 327, 22. 189, 255, 23. 327 26. 836 27. 379 28. 733, 735 30. 806

394, 395, 619, 635, 782, 395 743 535

5. Buch Mose 4. 5. 6.

7.

400, 430, 427, 330,

795, 796 705 500, 501 331

872

Verzeichnis der Bibelstellen

8. 11. 13. 17. 18. 22. 23. 24. 25. 27.

843 770, 836 400, 620, 621, 635, 745 329, 352, 400, 635, 848 99, 679 656, 843 657, 723 724, 725 55, 99 349,656

28.

162

32.

541, 546

Buch Josua

6.

179, 241, 272

10.

262

13.

505

Buch der Richter

5. 6. 12. 13. 15. 16. 20. 21.

405 320, 330 505 404 373, 374 782 502 502

6. 7. 11. 12. 14. 18. 24.

576 99

485, 753 314, 338, 528, 822 55, 814 55, 821 373 55, 357 55

1. Buch der Könige

1. 2. 6.

7. 8. 10. 11. 12. 13. 14. 16. 17. 18. 18 ff.

624, 735 308 822 310, 100 214, 214, 476 476 272 750, 622

848

822 814 476, 623

805, 806

810

19. 148, 180, 372, 536, 742, 745, 806, 809 2. Buch der Könige

3. 6. 17. 18. 19.

Buch Ruth

2. 4.

2. Buch Samuel

766 538 330 321, 743 368

20.

821

1. Buch Samuel

25.

472

1. 2. 3. 7. 8. 10. 12. 13. 15. 16. 17. 19. 24. 25. 26.

1. Buch der Chronik

405 298 750 402 312 848 848 530 352, 535, 363, 766 209 746, 209

9.

15. 16. 22. 23. 753, 756, 847 848 371

805

746, 822 753 379 404 848

2. Buch der Chronik

6. 7.

82, 310, 535 822

8.

822

11. 15. 19.

214 404 574

Verzeichnis der Bibelstellen Buch Esther 13.

309

Buch Hiob 5. 7. 9. 15. 35. 40. 41.

749 443 532 596 579 374, 743 461

Psalter 2. 4. 5. 7. 9. 13. 15. 17. 18. 19. 20. 21. 27. 30. 36. 37. 40. 45. 50. 51. 53. 58. 71. 73. 74. 76. 80. 82. 84. 86. 89. 91. 92. 93. 99. 100. 101.

404, 615 373, 406, 729 432 110, 296, 514. 538, 553 406 572, 579, 675 391, 572, 657 162 391, 433, 570 432 550 406 729 111 408, 445, 568 691 615 691, 735 280, 577, 691, 441 616, 824 570, 735 95, 571, 744 110 539, 723 110 245, 847 322, 731 110 56, 110 463, 738 553 370 99 404 618

102. 103. 106. 110. 119. 121. 124. 126. 132. 150.

631 572, 577 534, 625 99,441,731,754 142, 352, 408, 443, 577, 771 322 302 515 752 747

Sprüche 1. 2. 3. 6. 8. 9. 10. 11. 14. 16. 19. 20. 21. 22. 24. 30. 31.

98, 615, 616, 639 531 410,411,839 394, 434, 569, 586, 671 391 809 573, 767 574, 664 573 433, 569 402, 549 749 532, 569, 574 235, 537 664 394, 400, 798, 799, 802 466

Prediger 1. 4. 5. 6. 8. 9. 12.

Solomos

235, 733, 738 110, 135

Prophet 1. 2. 3. 5. 6.

Salomo

364 624 95 368 94 74, 654, 790 762

Hoheslied 1. 2.

Solomos

Jesaja

162, 239, 300, 329, 790 328 616, 795 86, 655, 673, 785 396, 553

873

Verzeichnis der Bibelstellen

874 10. 14. 18. 19. 26. 28. 29. 30. 31. 38. 40. 42. 44. 45. 46. 48. 53. 55. 56. 57. 58. 61. 62. 63. 64. 66.

404, 802, 803 472, 585 328 533 569, 763 328, 341 764, 800 836 328 770 463, 787 321, 329 326, 327, 329 535 616 295 732, 832 798 87, 231, 363, 381 222, 255 450 432 240 110 566, 570, 578 302, 734

Prophet Jeremia 1. 2. 5. 6. 7. 8. 17. 19. 23. 24. 29. 31. 32. 51.

461,481,508 634, 797 784 295,758 622,625 118 312, 538 626 795 761 327 574 330 539

Klagelieder

3. 6. 7. 13. 14. 16. 18. 20. 22. 33.

363, 371, 463, 481 329, 720 720 231, 362, 813 326 329, 342, 472, 802 55, 568, 570, 573 720 295, 633 55, 118, 297

Prophet Daniel 2. 4. 5. 7. 8. 9. 12. 13.

657, 661 746 340, 304, 447 469, 506

735

396, 674 447 734, 735

Prophet Hosea 2. 7. 9. 13.

329 329, 535 310,311 312, 442, 569

Prophet Joel 2. 3.

295, 558, 784 778, 787

Prophet Arnos 5. 8.

295 812

Prophet Jona 2. 3.

463 262, 762

Jeremias Prophet Micha

4. 5.

516 570

5. 6.

318, 328 292, 481

Prophet Hesekiel 1. 2.

512, 513, 733 463

Prophet Habakuk 2.

318, 328, 417, 559, 592, 782

875

Verzeichnis der Bibelstellen Prophet

Zephanja

Prophet

1. 295 3. 735

7.

450

Prophet Prophet

2.

Haggai

Sacharja

Maleachi

1. 617, 688, 689, 691, 734, 739 2. 245, 255, 838, 849 3. 102

546

Apokryphen

Buch Tobias

13. 15. 16. 19. 20. 24. 27. 29. 32. 33. 34. 38. 41.

4. 405, 408 12. 573, 821

Buch Baruch

Buch Jesus Sirach

1. 3.

2. 3. 4. 11.

1. Buch der

Buch Judith

8. 13.

849 538

Weisheit

1. 5. 6. 8. 10.

Salomos

369 504, 573 654 538, 539, 770 574

403, 574 661 532, 661 394

2.

757 300, 475, 567, 568 576 370 533 573 296, 303, 420 661 376, 420 421 533 664 535

316 297 Makkabäer

533

Neues Testament 6.

Evangelium nach Matthäus

1. 301,410 2. 768 3. 52, 522, 573, 668, 767, 790, 824 4. 97, 100, 147, 398, 522, 538, 673, 843, 851 5. 100, 102, 128, 132, 205, 221, 295, 399, 408, 440, 478, 513, 518, 528, 573, 574, 584, 622, 672, 675, 677, 703, 785, 786, 827, 832, 852

795, 652, 283, 514, 655, 798,

195, 202, 399, 418, 443, 519, 555, 568, 572, 575, 576, 594, 655, 808 7. 84, 85, 150, 230, 300, 385, 401, 404, 405, 457, 458, 463, 504, 516, 538, 547, 551, 554, 558, 560, 561, 564, 568, 571-573, 578, 594, 618, 629, 654, 659, 661, 662, 665, 671, 720, 785, 786, 789, 793, 800, 802, 804, 820, 842, 851 8. 167, 302, 403, 635, 655, 819 9. 52, 301, 558, 665 10. 130, 145, 231, 250, 389, 408, 409, 481, 507, 517, 521, 523, 532, 534,

Verzeichnis der Bibelstellen

876

536, 561, 568, 569, 573, 594, 595, 773 11. 155, 189, 255, 273, 370, 403, 450, 475, 505, 536, 635, 652, 668, 734, 759, 801, 809, 845 12. 505, 535, 540, 635, 749, 762, 780, 789 13. 157, 205, 233, 241, 296, 367, 504, 522, 554, 573, 790, 838 15. 405, 446, 447, 521, 550, 764, 796, 799, 800, 819 16. 54, 77, 80, 81, 90, 107, 110, 113, 114, 152, 189, 231, 349, 379, 408, 425, 442, 443, 459, 470, 503, 557, 567, 572, 574, 584, 617, 630, 634, 655, 756, 788, 799, 851 17. 99, 100, 441, 765, 771 18. 68, 76, 79, 160, 161, 179, 190, 203, 206, 250, 254, 260, 272, 364, 370, 381, 432, 475, 532, 540, 608, 617, 635, 654, 678, 753, 786, 791, 825, 851 19. 79, 80, 83, 97, 199, 200, 406, 430, 442, 514, 534, 536, 5 3 8 - 5 4 1 , 553, 568, 569, 5 7 1 - 5 7 3 , 594, 654, 657, 717, 718, 720, 723, 750, 768, 786, 794, 804, 805, 820, 826, 852 20. 247, 376, 383, 436, 576, 820 21. 309, 310, 535, 573, 575, 767, 786, 810, 852 22. 31, 233, 392, 460, 500, 501, 516, 521, 535, 548, 550, 553, 564, 568, 593, 754, 756, 786, 794, 844, 852 23. 83, 325, 367, 377, 408, 436, 459, 465, 466, 531, 588, 765, 787, 791, 851 24. 206, 234, 264, 300, 326, 440, 445, 447, 463, 470, 503, 504, 521, 666, 788 25. 76, 301, 506, 5 1 7 - 5 1 9 , 522, 550, 573, 584, 673, 674, 741, 760, 769, 812, 819 26. 75, 101, 152, 396, 399, 405, 691, 768 27. 798 28. 115,259,325,460,514,552,594, 753, 827 Evangelium nach Markus 1. 2.

403, 423, 430, 557, 689, 767, 851 290, 522

3. 661 4. 838 5. 521 6. 806, 814 7. 97 8. 362, 372, 595, 655, 768, 785, 793 9. 575, 675, 785 10. 376, 430, 573, 653, 654, 657, 723, 820, 826 11. 5 1 7 , 7 7 1 , 7 8 6 , 8 1 0 12. 408, 786 13. 440, 503, 504, 788 14. 2 6 0 , 3 9 9 , 5 1 6 , 6 9 1 , 7 6 5 15. 75 16. 160, 325, 409, 441, 446, 499, 500, 507, 520, 551, 573 Evangelium nach Lukas 1. 410 2. 324, 410, 432, 504, 518, 531, 823 3. 659, 660, 689 4. 417, 459 5. 254, 425 6. 459, 575, 655, 659, 661, 675, 750, 790, 793, 800, 852 7. 52, 139, 403, 406, 475, 521, 819, 824 8. 666, 671, 818, 838 9. 80, 443, 533, 573, 595, 675 10. 83, 84, 130, 366, 408, 427, 477, 500, 501, 506, 517, 518, 566, 574, 617, 635, 845 11. 36,64,434,535,661,762,771,849 12. 408, 506, 517, 573, 594, 635, 673 13. 57, 97, 300, 302, 517, 533, 554, 573, 588, 785 14. 376, 442, 506, 515, 517, 594, 750, 758, 785 15. 118,476 16. 322, 459, 512, 653, 655, 657, 723, 767 17. 54, 149, 167, 179, 440, 558, 568, 579, 786, 791, 852 18. 80, 405, 430, 443, 469, 521, 571, 573, 578, 594, 771, 805, 807, 826 19. 410, 503, 506, 535, 545, 758 20. 241, 652 21. 84, 451, 503, 506, 764, 765, 788 22. 75, 102, 103, 188, 268, 3 7 6 - 3 7 8 , 383, 400, 501, 573, 602, 616, 689, 691, 735, 736, 740, 753, 849

877

Verzeichnis der Bibelstellen

23. 24.

92, 193, 660 97

Evangelium nach Johannes

1. 100,410,458,689,807,831 2. 405, 457, 551, 822 3. 97, 162, 250, 290, 295, 297, 478, 481, 546, 567, 573, 574, 722, 751, 843 4. 327, 450, 475, 580, 798, 803 5. 838, 851 6. 97, 157, 233, 316, 319, 327, 339, 399, 403, 450, 518, 521, 553, 569, 658, 678, 688, 784, 798, 823 8. 52, 110, 143, 208, 273, 274, 299, 440, 441, 444, 457, 475, 509, 521, 537, 541, 589, 593, 765, 780, 791, 796, 799, 801, 803, 831 9. 57 10. 73, 75-77, 96, 97, 193, 444, 464, 534, 573, 670, 671, 707, 803 11. 518, 803 12. 311,428,521,573,584,741,749, 803, 852 13. 87, 376, 444, 584, 655, 673, 674, 807 14. 397, 408, 418, 435, 501, 514, 538, 548, 569, 575, 579, 658, 678, 801, 848 15. 83, 97, 119, 363, 399, 569, 571, 576, 579, 659, 689, 743, 770, 787 16. 296, 425, 426, 440, 500, 515, 787, 845 17. 118,142,188,208 18. 193, 500, 572 19. 77, 78, 103, 193, 460, 481, 503, 504 20. 81, 182, 189, 426, 427, 429 21. 74-77, 80, 81, 90, 96, 98, 100, 101, 107, 233, 250, 379, 426, 429, 430, 741, 849, 850 Apostelgeschichte

des Lukas

1. 97, 470, 519, 594 2. 86, 528 3. 78, 500, 710 4. 323,470 5. 78, 196, 202, 440, 471, 505, 517, 522, 532, 660 6. 108, 198, 248

7. 553 8. 246, 383, 447, 607, 635, 636 9. 56,78,471,518,710 10. 299, 406, 821 11. 431, 652 12. 57 13. 245, 246 14. 247, 323, 594 15. 86, 188, 190, 191, 256, 424, 435, 499, 574, 765, 792, 799 16. 435, 499, 765, 799 17. 243, 331, 612, 689 19. 522, 636 20. 72, 73, 793, 816 22. 262 23. 805 24. 710 Brief des Paulus an die Römer

1. 77, 84, 97, 306, 307, 332, 422, 514, 592, 616, 618, 619, 794, 819, 835, 844 2. 299,301,406,423,567,571,573, 577, 654, 677, 745, 762, 789, 808 3. 292, 441, 443, 444, 556, 579, 588, 803, 816 4. 292,410 5. 352, 556 6. 83, 566, 571, 573, 578, 591, 730, 765, 790, 796 7. 292, 449, 565, 653, 715, 726 8. 156,440,442,445,451,515,516, 551, 567, 569, 658, 667, 668, 689, 731, 763 9. 290, 297, 304, 404, 569 10. 160, 231, 297, 301, 520, 521, 702 11. 148, 157, 297, 302, 410, 536, 539 12. 111, 135, 149, 177-179, 184, 283, 310, 369, 380, 383, 396, 549, 568, 590, 655, 666, 689, 729, 737, 738, 743-745, 751, 838, 840, 842 13. 184, 185, 310, 312, 356, 432, 442, 458, 460, 503, 509, 510, 590, 593, 654, 756, 765, 844, 845 14. 440, 572, 767, 781 15. 150, 151, 157, 206, 235, 519 16. 157, 504 1. Brief des Paulus an die

1. 2.

Korinther

157, 549, 780, 839 255, 533, 677, 780, 784

878

Verzeichnis der Bibelstellen

3. 4 2 7 , 4 3 9 , 5 1 1 , 5 5 7 , 5 7 6 , 6 6 0 , 7 4 6 , 763, 769, 772, 788, 819, 821 4. 85, 231, 299, 401, 441, 517, 565, 571, 616, 654, 703, 763 5. 85, 202, 204, 316, 471, 517, 636, 720, 745, 782, 832 6. 8 3 , 8 5 , 5 5 1 , 6 8 9 , 7 8 1 , 8 4 8 7. 85, 199, 252, 398, 505, 537-540, 653, 654, 657, 689, 7 1 5 - 7 2 4 , 726, 727, 805, 808, 815 8. 635, 781, 825 9. 151, 245, 408, 422, 423, 459, 705, 761, 769, 827, 843, 845 10. 59, 316, 319, 571, 654, 720, 738, 770 11. 73, 110, 113, 319, 363, 370, 398, 400, 409, 504, 547, 583, 691, 735, 739, 778, 791 12. 177, 178, 180, 299, 300, 396, 397, 549, 552, 565, 590, 674, 738, 763, 827, 838 13. 84, 85, 301, 352, 427, 441, 443, 446, 501, 519, 550, 557, 688, 760, 763 14. 253, 297, 393, 399, 665, 778, 780 15. 362, 442, 504, 569, 570, 575, 769, 772, 820

4. 5.

427, 457, 506, 568 86, 302, 316, 433, 469, 516, 521, 537, 550, 557, 571, 580, 591, 593, 652, 656, 659, 662, 667, 673, 720, 762, 786, 798, 819, 821 6. 299, 580. 802 Brief des Paulus an die Epheser 1. 2.

157, 162, 673, 689, 738 157, 326, 442, 443, 549, 566, 576, 577, 580, 666, 738 3. 157, 244, 550, 558 4. 157, 162, 177, 299, 549, 565, 590, 738, 752 5. 91, 157, 271, 439, 516, 582, 652, 689, 738, 759, 778, 795, 847 6. 232, 442, 506, 571, 601, 651

568,

582, 593, 839,

Brief des Paulus an die Philipper 1. 2.

423, 536, 538, 549, 569, 761, 763 139, 362, 368, 370, 444, 569, 573, 577, 794, 804, 832 3. 296, 595, 705, 797 4. 656, 769, 810 Brief des Paulus an die Kolosser

2. Brief des Paulus an die Korinther 1. 157 2. 139, 294, 296, 300, 800, 823 3. 99, 233, 310, 315, 403, 446, 577, 588, 658, 687, 804 4. 423, 801 5. 567, 577, 799 6. 595, 662, 782, 795 7. 573, 762 8. 157, 569 9. 157, 536, 568, 677 10. 144 11. 142, 171, 253, 290, 296, 463, 789 12. 299, 424, 810 13. 95, 538, 673

1. 2. 3. 4.

139, 401, 674, 689, 738, 839, 845 447, 450, 566, 792, 816 223, 769, 796 665

1. Brief des Paulus an die Thessalonicher 3. 4. 5.

504 408 253, 406, 408, 434, 443, 568, 651, 787

2. Brief des Paulus an die Thessalonicher 2.

Brief des Paulus an die Galater 1. 2.

203, 300, 327, 440, 467, 613 118, 144, 188-190, 246, 327, 368, 383, 423, 443, 560, 566, 578, 579, 613, 750 3. 229, 505, 550, 592, 596, 823

140, 230, 440, 447, 448, 455, 469, 477, 524, 782, 824, 828 3. 151, 204, 523, 538, 579 1. Brief des Paulus an Timotheus 1.

136, 198, 203, 283, 467, 471, 517, 523, 573, 616, 636

Verzeichnis der Bibelstellen 2. 3. 4.

271,406,410,573,575,813 197,218,401,701,828 198, 271, 447, 467, 524, 574, 579, 808 5. 63, 64, 459, 656, 705 6. 84, 409, 531, 546, 595, 821

879

2. Brief des Johannes 7. 8. 9. 10. 11.

447, 468, 734 468, 575 468 204, 468 468

2. Brief des Paulus an Timotheus 1. 2.

198, 290, 689 87, 93, 198, 271, 290, 547, 703, 770 3. 85, 204, 363, 409, 464, 466, 467, 469, 782, 783, 852, 855 4. 111,230,618,800 Brief des Paulus an Titus 1.

197, 218, 231, 247, 324, 442, 445, 469, 521, 701 2. 73, 74, 588 3. 119,204,363,369,427,503,521, 566, 568, 573, 578, 579, 756, 820 1. Brief des Petrus 1. 2.

560, 574, 607 83, 181, 182, 185, 244, 310, 375, 427, 470, 509, 510, 515, 591, 593, 652, 654, 737, 791, 821 3. 177, 178, 231, 574, 730 4. 440, 660 5. 383, 554, 568, 605

Brief an die Hebräer 3.

99, 100

5. 463, 573, 616, 737, 844, 849 6. 671, 821 7. 9 9 , 3 9 5 , 5 6 6 , 7 2 5 , 7 3 1 , 7 3 7 , 8 4 8 8. 395 9. 74, 100, 101, 395, 441, 736 10. 82, 395, 417, 541, 542, 573, 592, 821 11. 440, 522, 559, 571, 578, 587 12. 247, 300 13. 616, 765, 791

Brief des Jakobus 1. 2.

309, 538, 574, 584, 7 6 7 - 7 6 9 , 810 297, 299, 366, 408, 474, 501, 521, 550, 551, 554, 557, 574, 587, 588, 758, 760, 819, 851 3. 110 4. 618 5. 97

2. Brief des Petrus 1. 2.

297, 555, 574, 674 110,230,251,468-471,473-475, 504, 524, 618, 797 3. 557, 762 1. Brief des Johannes 1. 156, 618, 751 2. 81, 140, 448, 455, 537, 555, 561, 579, 594, 799 3. 239, 295, 349, 538, 556 4. 253, 327, 455, 548, 550, 582, 687, 778, 838 5. 556, 663, 689

Offenbarung des Johannes 1. 2. 3. 4. 5. 7. 12. 13. 14. 19. 20. 22.

100, 108, 432, 512 181, 396 585 455 567 323 244, 400,

182, 729 476, 622 770 244, 396, 729

323, 340, 734 796, 798

Lieferbare Literatur SIEGFRIED W O L L G A S T

Vergessene und Verkannte

Flugschriften vom Bauernkrieg zum Täuferreich (1526 - 1535)

Zur Philosophie und Geistesentwicklung in Deutschland zwischen Reformation und Frühaufklärung

In 2 Bänden. ADOLF LAUBE (Hg.) In Zusammenarbeit mit A . SCHNEIDER und U. WEISS. Erläuterungen zur Druckgeschichte

1993. 388 S„ DM 128,-/ öS 934,-/ sFr 1 2 2 ISBN 3-05-001968-9

1992. 1778 S., DM 480,-/ öS 3.504,-/ sFr 450,ISBN 3-05-000936-5

Siegfried Wollgast holt die Denker der „zweiten Reihe" aus dem Schatten des Vorurteils der Aufklärung und eröffnet dem Leser in seinen Aufsätzen eine unverstellte Sicht auf die Geistesgeschichte einer bewegten Zeit.

Die 90 Flugschriften gehen auf den Abendmahlstreit und das Verhalten der weltlichen Obrigkeit sowie von oppositionellen Gruppen (Spiritualisten, Täufer) ein, präsentieren Stellungnahmen zu den Täufern in Münster und berichten ebenso über Reformationsereignisse.

v o n H . CLAUS

AGRIPPA VON NETTESHEIM SIEGFRIED W O L L G A S T Über die Fragwürdigkeit, Philosophie in Deutschland ja Nichtigkeit der Wissenschaften, Künste und Gewerbe zwischen Reformation und Aufklärung 1550 -1650 SIEGFRIED WOLLGAST ( H G . )

Aus dem Lateinischen von

G . GÜPNER

2. Auflage

1993. 388 S„ DM 164,-/öS 1.197,-7 sFr 152,ISBN 3-05-001930-1

1993. 1037 S., DM 128,-/ öS 934,-/ sFr 122,ISBN 3-05-002099-7

Agrippa von Nettesheim(1486-1535) unterzieht sein Zeitalter einer schonungslosen Kritik. Sein furioses Sittengemälde von nicht zu überbietender Schärfe und Ironie wird hier erstmals vollständig in neuer deutscher Übersetzung präsentiert.

Aus dem Inhalt:

Repertorium edierter Texte des Mittelalters aus dem Bereich der Philosophie und angrenzender Gebiete

Deutschland in der zweiten Hälfte des 16. und der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts - Von der Naturphilosophie zur modernen Naturwissenschaft - Die Schulphilosophie in Deutschland von 1550 bis 1650 - Das philosophische Weltbild Johannes Keplers - Johann Valentin Andreae. Versuch eines Überblicks - Der Sozinianismus in Deutschland - Joachim Jungius - Friedrich von Spee und der Kampf gegen den Hexenaberglauben - Valentin Weigel - Zur pantheistisch-mystischen Entwicklungslinie in der deutschen Philosophie Jakob Böhme - Werk und Wirkung - Auf dem Wege zur Frühaufklärung

ROLF SCHÖNBERGER u n d BRIGITTE KIBLE ( H G . )

1994. 900 S., DM 198,-/ öS 1.445,-/ sFr 184,ISBN 3-05-002258-2 Das Repertorium erfaßt in ca. 9000 bibliographischen Einträgen die edierten philosophischen Texte des Mittelalters und ist damit das bisher umfangreichste Nachschlagewerk zu diesem Thema.

50 Jahre Akademie Verlag