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German Pages 36 [39] Year 1923
STAATL. MUSEEN ZU BERLIN
FÜHRER DURCH DIE RUINEN VON PERGAMON HERAUSGEGEBEN VON DER GENERALVERWALTUNG
SECHSTE AUFLAGE
BERLIN UND LEIPZIG 1922 VEREINIGUNG
WISSENSCHAFTLICHER
WALTER DE GRUYTER k CO.
VERLEGER
Druck der Vereinigung wissenschaftlicher Verleger Walter de Gruyter & Co., Berlin W. *©.
INHALT
Zwei Pläne
Seile 4. 5
Zur Reise
7
Modernes
9
Aus der Geschichte
9
Drei Rundgänge: I. Ausflug in die Flufltäler
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II. Ruinen der Unterstadt
1$
III. Ruinen des Stadtberges
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ZUR REISE. Der Reisende wird in der Regel von Smyrna oder von Mytilini aus Pergamon aufsuchen. Von Smyrna gehen Lokaldampfschiffe nach dem kleinen Hafenort Dikeli. Die Abgangszeiten, zuweilen wechselnd, sind zu erfragen. Wenn die Schiffchen vormittags früh abgehen, erreichen sie nach kurzem Anlegen in Phokäs (dem alten Phokäa) Dikeli nachmittags. Die Fahrt ist bei günstigem Wetter erfreulich, bei erregter See und nachts ist sie weniger zu empfehlen. Auch von Mytilini fahren diese kleinen Dampfer in etwa zwei Stunden bis Dikeli. Die Abgangszeiten sind auch da erst zu erfragen. Zu Zeiten ist auch eine private Dampfbarkasse in Mytilini zur Überfahrt zu haben, kostspieliger natürlich. In Dikeli findet man Wagen nach Pergamon oder gelegentlich Einzelplätze in einem Wagen, ebenso in Pergamon zur Rückkehr nach Dikeli. Von Dikeli gehen im Sommer die von Mytilini ankommenden Schiffe alsbald weiter nach Smyrna; die • o n Smyrna ankommenden gehen mit etwa zweistündiger Fahrt weiter nach Mytilini. Die Abfahrtszeiten dieser Dampfer von Dikeli sind aber immer etwas unsicher. Von Smyrna aus kann man auch den Landweg nach Pergamon wählen, am bequemsten, indem man mit dem täglich, letzthin gegen Mittag, von Smyrna abgehenden Eisenbahnzuge in etwa acht Stunden bis Sorna f ä h r t Will man von dort nicht sofort bis in die Dunkelheit hinein den etwa fünfstündigen, nicht immer
8 guten Weg nach Pergamon zu Wagen antreten, so findet man leidliches Nachtquartier im Gasthause dicht bei der Station. Man macht dann die Fahrt am anderen Morgen. Infolge der durch den Weltkrieg eingetretenen Verhältnisse können vorstehende Angaben nur mit allem Vorbehalt gemacht werden.
MODERNES. Besondere Sehenswürdigkeiten hat die Stadt außer einer Anzahl höchst malerischer Landschafts- und Architekturansichten nicht aufzuweisen. Außer den bei der Beschreibung der Ruinen zu nennenden sind von solchen Ansichten besonders zu empfehlen: der Blick von der Musluk-köprü (der Brücke oberhalb der Flußüberwölbungen unweit dpr sogenannten Basilika) (Plan II, 44), der Baktschewan-basar (Gemüsemarkt) (56), die Moschee Abbadschilar-dschamissi beim römischen Theater, der Blick von der Ütsch-kemer-köprü (Dreibogenbrücke (57) auf die sogenannte Basilika und den Stadtberg. Ein Gang durch den an den Gemüsemarkt sich anschließenden Basar lohnt namentlich am Montage, als dem T a g e des Wochenmarkts.
AUS DER GESCHICHTE. Pergamon tritt erst spät, dann aber mit großem Glänze, in der griechischen Geschichte hervor. Bis zum Anfang des dritten Jahrhunderts vor Chr. hatte es keine größere Bedeutung erlangt als die eines der Vororte der nächstliegenden Landschaft. Nur die K u p p e des Berges war damals mit einer befestigten Ansiedlung, einer Burg, besetzt, als einer der Nachfolger Alexanders des Großen, K ö n i g Lysimachos, einen er-
8 guten Weg nach Pergamon zu Wagen antreten, so findet man leidliches Nachtquartier im Gasthause dicht bei der Station. Man macht dann die Fahrt am anderen Morgen. Infolge der durch den Weltkrieg eingetretenen Verhältnisse können vorstehende Angaben nur mit allem Vorbehalt gemacht werden.
MODERNES. Besondere Sehenswürdigkeiten hat die Stadt außer einer Anzahl höchst malerischer Landschafts- und Architekturansichten nicht aufzuweisen. Außer den bei der Beschreibung der Ruinen zu nennenden sind von solchen Ansichten besonders zu empfehlen: der Blick von der Musluk-köprü (der Brücke oberhalb der Flußüberwölbungen unweit dpr sogenannten Basilika) (Plan II, 44), der Baktschewan-basar (Gemüsemarkt) (56), die Moschee Abbadschilar-dschamissi beim römischen Theater, der Blick von der Ütsch-kemer-köprü (Dreibogenbrücke (57) auf die sogenannte Basilika und den Stadtberg. Ein Gang durch den an den Gemüsemarkt sich anschließenden Basar lohnt namentlich am Montage, als dem T a g e des Wochenmarkts.
AUS DER GESCHICHTE. Pergamon tritt erst spät, dann aber mit großem Glänze, in der griechischen Geschichte hervor. Bis zum Anfang des dritten Jahrhunderts vor Chr. hatte es keine größere Bedeutung erlangt als die eines der Vororte der nächstliegenden Landschaft. Nur die K u p p e des Berges war damals mit einer befestigten Ansiedlung, einer Burg, besetzt, als einer der Nachfolger Alexanders des Großen, K ö n i g Lysimachos, einen er-
8 guten Weg nach Pergamon zu Wagen antreten, so findet man leidliches Nachtquartier im Gasthause dicht bei der Station. Man macht dann die Fahrt am anderen Morgen. Infolge der durch den Weltkrieg eingetretenen Verhältnisse können vorstehende Angaben nur mit allem Vorbehalt gemacht werden.
MODERNES. Besondere Sehenswürdigkeiten hat die Stadt außer einer Anzahl höchst malerischer Landschafts- und Architekturansichten nicht aufzuweisen. Außer den bei der Beschreibung der Ruinen zu nennenden sind von solchen Ansichten besonders zu empfehlen: der Blick von der Musluk-köprü (der Brücke oberhalb der Flußüberwölbungen unweit dpr sogenannten Basilika) (Plan II, 44), der Baktschewan-basar (Gemüsemarkt) (56), die Moschee Abbadschilar-dschamissi beim römischen Theater, der Blick von der Ütsch-kemer-köprü (Dreibogenbrücke (57) auf die sogenannte Basilika und den Stadtberg. Ein Gang durch den an den Gemüsemarkt sich anschließenden Basar lohnt namentlich am Montage, als dem T a g e des Wochenmarkts.
AUS DER GESCHICHTE. Pergamon tritt erst spät, dann aber mit großem Glänze, in der griechischen Geschichte hervor. Bis zum Anfang des dritten Jahrhunderts vor Chr. hatte es keine größere Bedeutung erlangt als die eines der Vororte der nächstliegenden Landschaft. Nur die K u p p e des Berges war damals mit einer befestigten Ansiedlung, einer Burg, besetzt, als einer der Nachfolger Alexanders des Großen, K ö n i g Lysimachos, einen er-
9 heblichen Schatz auf ihr in Sicherheit brachte und zum Kommandanten des Platzes einen gewissen P h i l e t a i r o s ernannte. Diesem gelang es, im Wechsel der Kriegsläufe sich dort oben zu halten und schließlich unabhängig zu machen. Auf ihn folgte sein Brudersohn E u m e n e s 1. (263 — 241 v. Chr.), auf diesen A t t a l o s I. (241—197 v. Chr.), welcher sich namentlich gegen die syrische Königsmacht, in deren Solde auch die damals in Kleinasien ansässigen Gallier standen, behauptete und den Königstitel annahm. Eine erhebliche, bis zur halben Höhe des Berges hinabgeschobene Erweiterung des Mauerringes der Stadt mag unter ihm erfolgt sein (S. 13. 23). In dem großen Gegensatze, welcher im zweiten Jahrhundert v. Chr. die ganze Welt am Mittelmeer in seine Kreise zog, wurde A t t a l o s gegen die Partei der Karthager auf die Seite Roms geführt, und im Anschlüsse an diese Macht erreichte unter seinem Nachfolger E u m e n e s II. (197 —159 v. Chr.) das pergamenische Reich seinen ansehnlichsten Umfang. Die Stadt wurde zur Hauptstadt fast ganz Kleinasiens und umfaßte mit einer neuen gewaltigen Befestigungsmauer den ganzen Berg bis an die Flüsse Selinus und Ketios hinab. Die Überlieferung, durch die Untersuchung der Ruinen bestätigt, nennt König E u m e n e s II. als den Hauptbauherrn der Stadt. Auf sein einheitliches Schaffen wird ganz besonders die große Wirkung zurückzuführen sein, welche heute selbst aus den Ruinen heraus sich noch geltend macht. Auf Eumenes folgten noch A t t a l o s II. (159—138 v. Chr.) und A t t a l o s III. (138—133 v. Chr.). Dann gingen Reich und Stadt im römischen Weltreiche auf, und in dessen innerem Frieden breitete sich die Stadt Pergamon frei in die Ebene, namentlich weit über den Selinus hinaus, bis zu größerem Umfange noch als die heutige Ansiedlung.
IO Über die Wechselfälle des Rückgangs der Stadt in spätrömischer, byzantinischer und türkischer Zeit mag hier so viel genügen, daß die Bewohnung des ältesten Stadtteils auf dem Berge sich in wechselnder Gestalt enger zusammenzog und auch wieder ausdehnte, unter türkischer Herrschaft aber schließlich ganz aufhörte, während in der Niederung eine immerhin blühende Ansiedlung aus dem Ruin wieder emporkam. Zu den verschiedenen Befestigungsanlagen, hinter welchen man sich oben zu schützen versucht hatte, gehört eine gewaltige Notmauer, welche im Beginne des achten Jahrhunderts unserer Zeitrechnung errichtet sein wird. Dabei wurden vorwiegend Werkstücke der antiken Prachtbauten verwendet und blieben in der Mauer zum großen Teil geborgen, bis sie bei den preußischen Ausgrabungen gerettet wurden. Zu diesen preußischen Ausgrabungen gab ein Geschenk Carl Humann's den ersten Anlaß. E r schickte im Jahre 1 8 7 3 die ersten Stücke großer Hochreliefs von der pergamenischen Burg nach Berlin. Darauf wurde mit Genehmigung der Kaiserlich ottomanischen Regierung und letzthin unter besonderer Mitwirkung de; Generaldirektion des Kaiserlichen Museums in Konscantinopel die Untersuchung planmäßig unternommen. Call Humann hat sie unter Oberleitung der Königlichen M»seumsverwaltung seit dem Jahre 1 8 7 8 mit Unterbrechungen bis zum Jahre 1886 mit glücklicher Hand geführt, und unter einer ganzen Reihe mitwirkender Kräfte hat namentlich Richard Bohn sich dauernd und erfolgreich an ihr beteiligt. Später ist die wissenschaftliche Untersuchung noch mehrfach weitergeführt worden. Es ist vor allem das Verdienst Alexander Conzes, immer wieder für Pergamon eingetreten zu sein und die Fortsetzung der Ausgrabungen erwirkt zu haben. Seit 1900 setzte das Kaiserlich deutsche archäologische Institut unter Wilhelm Dörpfeld's Leitung die Ausgrabungen bis zum Ausbruch des Weltkrieges fort.
II
D u r c h alle bisherigen U n t e r s u c h u n g e n sind erhebliche Überreste der alten K ö n i g s s t a d t w i e d e r ans L i c h t getreten und m a c h e n den Platz, wenn a u c h die wichtigsten b e w e g l i c h e n F u n d s t ü c k e in den Museen zu Berlin und K o n s t a n t i n o p e l in Sicherheit g e b r a c h t w e r d e n mußten, in gesteigertem M a ß e sehenswert und lehrreich. D a n e b e n m a g P e r g a m o n seine alte Anziehungskraft für B e s u c h e r als die Stätte einer der sieben a p o k a l y p t i s c h e n K i r c h e n K l e i n a s i e n s unvermindert behaupten.
DREI RUNDGÄNGE. Wir nehmen an, d a ß der R e i s e n d e über drei T a g e in P e r g a m o n zu verfügen hat, und sondern danach die Sehenswürdigkeiten in drei T e i l e . Jeder derselben kann bei beschränkter Z e i t auch in einem halben T a g erledigt werden. W e r g a n z eilig ist, b e v o r z u g e d e n B e s u c h des Stadtberges (III). j. AUSFLUG IN DIE FLUSSTÄLER. (Plan II.) V o n den b e i d e n Tälern, w e l c h e sich unter d e m S t a d t b e i g e im Westen und Osten hinziehen, ist das westliche das weitere, sein F l u ß der größere. E r wird heute Bergama-Tscha'i, an einer Stelle in der S t a d t b e z e i c h n e n d e r Weise B o k l u k t s c h e ( S c h m u t z l o c h ! ) genannt und h i e ß im A l t e r t u m S e i i n u s (35). D a s östliche T a l ist e n g e r u n d zumal nahe am S t a d t b e r g e felsig; sein F l u ß ist der K a s t e l Tscha'i, der K e t i o s der A l t e n (36). B e i d e Wasserläufe, im Winter oft h o c h a n g e s c h w o l l e n , im S o m m e r fast versiegend, erreichen erst am jenseitigen R a n d e der großen T a l e b e n e den Hauptfluß, den Bakir-Tscha'i, den K a ' i k o s d e r Alten, welcher zwischen der S k a l a v o n K l i s s e - K ö i ( E l a i a , d e m alten H a f e n p l a t z der p e i g a m e n i s c h e n K ö n i g s stadt) und d e m S t ä d t c h e n T s c h a n d a r l y ( P i t a n e ) mit versandeter M ü n d u n g ins M e e r fließt.
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D u r c h alle bisherigen U n t e r s u c h u n g e n sind erhebliche Überreste der alten K ö n i g s s t a d t w i e d e r ans L i c h t getreten und m a c h e n den Platz, wenn a u c h die wichtigsten b e w e g l i c h e n F u n d s t ü c k e in den Museen zu Berlin und K o n s t a n t i n o p e l in Sicherheit g e b r a c h t w e r d e n mußten, in gesteigertem M a ß e sehenswert und lehrreich. D a n e b e n m a g P e r g a m o n seine alte Anziehungskraft für B e s u c h e r als die Stätte einer der sieben a p o k a l y p t i s c h e n K i r c h e n K l e i n a s i e n s unvermindert behaupten.
DREI RUNDGÄNGE. Wir nehmen an, d a ß der R e i s e n d e über drei T a g e in P e r g a m o n zu verfügen hat, und sondern danach die Sehenswürdigkeiten in drei T e i l e . Jeder derselben kann bei beschränkter Z e i t auch in einem halben T a g erledigt werden. W e r g a n z eilig ist, b e v o r z u g e d e n B e s u c h des Stadtberges (III). j. AUSFLUG IN DIE FLUSSTÄLER. (Plan II.) V o n den b e i d e n Tälern, w e l c h e sich unter d e m S t a d t b e i g e im Westen und Osten hinziehen, ist das westliche das weitere, sein F l u ß der größere. E r wird heute Bergama-Tscha'i, an einer Stelle in der S t a d t b e z e i c h n e n d e r Weise B o k l u k t s c h e ( S c h m u t z l o c h ! ) genannt und h i e ß im A l t e r t u m S e i i n u s (35). D a s östliche T a l ist e n g e r u n d zumal nahe am S t a d t b e r g e felsig; sein F l u ß ist der K a s t e l Tscha'i, der K e t i o s der A l t e n (36). B e i d e Wasserläufe, im Winter oft h o c h a n g e s c h w o l l e n , im S o m m e r fast versiegend, erreichen erst am jenseitigen R a n d e der großen T a l e b e n e den Hauptfluß, den Bakir-Tscha'i, den K a ' i k o s d e r Alten, welcher zwischen der S k a l a v o n K l i s s e - K ö i ( E l a i a , d e m alten H a f e n p l a t z der p e i g a m e n i s c h e n K ö n i g s stadt) und d e m S t ä d t c h e n T s c h a n d a r l y ( P i t a n e ) mit versandeter M ü n d u n g ins M e e r fließt.
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Um beide Täler und die im Rücken des Stadtberges gelegenen antiken Wasserleitungen zu besuchen, nimmt man seinen Weg von Westen zuerst den Ketios hinauf. Der Weg führt auf dem rechten Ufer, anfangs bald auf, bald neben den letzten Überresten der großen S t a d t m a u e r E u m e n e s ' II. (37) hin; weiterhin begleitet ihn der aus Mörtelmauerwerk gebaute Kanal einer r ö m i s c h e n W a s s e r l e i t u n g , welche weiter talaufwärts auf einem Bogen über den Fluß setzt; sie kommt von den Ka'ikosquellen oberhalb Sorna her. Bei einigen Pappeln erreicht man das schöne Trinkwasser des A g i o s S t r a t i g ö s (38), mit antiker, etwas höher als der heutige Brunnen gelegener Quellkammer. In einer Talgabelung wird sodann die Kirche der A g f a K a s t e l l i a n i (39) mit ihren wohlgepflegten Gärten sichtbar. Es lohnt, sie zu besuchen; nimmt man nicht den Weg zu ihr hinab, so wendet man sich links, um den Sattel zu erreichen, welcher den Stadtberg mit den nordwärts gelegenen Bergen verbindet. In den beiden Einsenkungen dieses Sattels stehen noch Bogenruinen r ö m i s c h e r W a s s e r l e i t u n g e n (40), während auf dem zwischenliegenden Gipfel ( 4 1 ) und auf der nördlich zunächst liegenden Höhe je ein gewaltiger durchbohrter Steinblock durch Ausgrabung freigelegt ist. Es sind die Wahrzeichen einer W a s s e r l e i t u n g a u s d e r K ö n i g s z e i t , welche unterirdisch in Metallröhren das Wasser bis zur Höhe des Stadtberges brachte (siehe S. 32). Die Höhe der Druckhebung betrug von der Sohle der tiefsten der eben erwähnten Einsenkungen ab reichlich 1 5 0 m, die größte Leistung der Art, die wir aus dem griechisch-römischen Altertume kennen. Wir verdanken diese Kenntnis der im Auftrage der Berliner Akademie der Wissenschaften von Fr. Gräber geführten Untersuchung, auf welche im Jahre 1 8 9 6 eine abermalige Untersuchung durch Carl Giebeler folgte, bei welcher die Wasserkammer der Leitung nordwärts am Agios-Georgios-(türkisch Sudschak-)
13 Berge in etwas größerer Höhe als die Burg, gefunden wurde. Das System der römischen Aquäduktleitungen haben nach Gräber auch Ernst Fabricius und eingehend im Jahre 1898 Karl Schuchhardt untersucht, welcher letztere bereits im Jahre 1886 die Herleitung des Wassers vom Madarasgebirge nachgewiesen hatte. Eine Gesamtrevision nahm Gräber noch einmal im Jahre 1906 vor. J e weiter man den Linien der Wasserleitungen bis zum Agios-Georgios-Berge nachgeht, desto übersichtlicher und schöner erscheint das Bild des Stadtberges, wie erzwischen den beiden Nebenflußtälern und vor der Ka'ikosebene aufsteigt. Wer nur einen halben T a g auf diesen Ausflug verwenden kann, nimmt zur Rückkehr den Pfad, welcher unter dem größeren römischen Aquädukt hindurch gegen das Selinustal hin um die westliche Seite des Stadtberges führt. E r durchschneidet hart an deren Nordwestecke die E u m e n i s c h e S t a d t m a u e r (37), deren zwei Tore auf dieser Seite weiter bergaufwärts liegen. Dann erreicht man unter der gewaltigen S c h u t t h a l d e (42) her, welche durch die Ausgrabungen auf der Burghöhe entstanden ist, die Stadt in der Gegend der sogenannten G u r n e l l i a (43) (s. S. 18). Sehr lohnend ist aber eine Verlängerung des Ausflugs, indem man den eben erwähnten Weg auf der Ostseite längs der Wasserleitung nordwärts zum A g i o s G e o r g i o s verfolgt, einer Kirche, die bei einer Quelle in einem noch reichlich mit Nadelholz bestandenen Tale liegt. Um die vorher erwähnte Wasserkammer der Druckleitung zu sehen, verläßt man den Weg, wo er in das Tal des Agios Georgios einbiegt, bei dem Brunnen Ak-Tscheschmé und wendet sich links hin. Nachher kann man, auf demselben P f a d e zurückkehrend, an der Agios-Georgiosquelle mitgenommenen Mundvorrat verzehren und dann den Abstieg westwärts zum Felsentore der K a p u - k a j a nehmen. Weiter im Selinustale hinunter gelangt man wieder nach
14 Pergamon zurück. Es ist aber ratsam, für diesen ganzen Ausflug einen Führer mitzunehmen. Für Reisende, welche länger, als hier angenommen ist, in Pergamon verweilen, darf ein Ausflug nach P a s c h a - L u d s c h a , nordöstlich von Pergamon gelegen, empfohlen werden. Man erreicht es zu Wagen oder zu Pferde in etwa 2 1 / t Stunden. Durch die Fürsorge des Kaimakams K e m a l Bey ist eine in der römischen Kaiserzeit reich ausgebaute Badeanlage an den warmen Quellen des Platzes in ihren ansehnlichen Resten wieder freigelegt und für heutige Benutzung einigermaßen hergerichtet worden. Auch ein Besuch der südwestlich von Pergamon in der Ebene aufsteigenden Felshöhe des Prophet Elias bei dem Dorfe Kalerga ist als landschaftlich und der historischen Erinnerung wegen lohnend zu erwähnen. Auf der Höhe lag T e u t h r a n i a , der in der Sage als ein ältester Vorort der Gegend hervortretende Herrschersitz. Man erreicht die Stelle zu Wagen oder zu Pferde in etwa drei Stunden. II. DIE RUINEN DER UNTERSTADT UND IHRE UMGEBUNG. (Plan II.) Das an Größe hervorragendste Bauwerk in Pergamon ist die sogenannte K i s i l - A w l i (rote Halle) (44), deren ursprüngliche Bestimmung noch nicht endgültig erkannt ist. Sie besteht aus einem Langhause und jederseits daneben einem überwölbten Rundbau, deren einer heute als Kapelle des Evangelisten Johannes dient. Das Ganze war von einer noch weiter greifenden großartigen Anlage umgeben, von welcher die zur Herstellung eines ausgedehnten Platzes aufgeführten Ü b e r w ö l b u n g e n des S e l i n u s f l u s s e s und beträchtliche Teile der U m f a s s u n g s m a u e r , diese namentlich längs der Basarstraße und an der Südseite in einem Garten, erhalten sind. Der Hauptbau ist größtenteils aus Backsteinen mit zum
15 Halt einer vollständigen Marmorverkleidung eingelegten Marmorschichten aufgeführt, die Umfassungsmauern aus Mauerwerk von kleinen Steinwürfeln, die Flußüberwölbung an ihre Fronten aus gewaltigen Quadern und aus Gußmauerwerk. Alles gehört der römischen Kaiserzeit, wahrscheinlich dem zweiten Jahrhundert n. Chr., an. Drei andere römische Ruinen umgeben die Höhen des türkischen Kodscha-Mesarlik (großer Friedhof) (45) im Westen der Stadt. Es sind die Ruinen des T h e a t e r s (46), des A m p h i t h e a t e r s (47) und des C i r c u s (48), letztere sehr unansehnlich. Von der Kisil-Awli kann man den "Weg am besten zuerst zum T h e a t e r (46) nehmen. Die Rundung seines Zuschauerraumes ist am Bergabhange noch deutlich; vom Bau steht am südlichen Ende noch ein auf zwei Pfeilern ruhender Bogen, Waran-Kapu, das zerfallene Tor, genannt. Von hier aus genießt man eine besondere gute Aussicht auf den Stadtberg und die Unterstadt Vom Theater geht oder reitet man an der türkischen Kaserne (49) vorüber, wenn man zunächst eine Örtlichkeit von großem Rufe im Altertume, die heute allerdings unansehnlich geworden ist, aufsuchen will, den T e m p e l d e s A s k l e p i o s (50). Als in römischer Zeit hier ein gewiß besonders glänzender Stadtteil sich hinauszog, war der Weg zum Asklepieion mit einem auf Pfeilern ruhenden Überbau versehen, etwa wie heutzutage der Weg zur Madonna di S. L u c a vor Bologna; den Weg entlang bemerkt man noch hier und da die Überreste der Pfeiler. Man gelangt in etwa einer Viertelstunde bis zu den Ruinen des Heiligtums, die einen Rundbau erkennen lassen, über dessen Bestimmung man noch nichts weiß. Eine Untersuchung hat hier noch nicht stattgefunden. An den alten Badeort erinnert nur eine ganz neue offene Zisterne mit gutem Wasser im Gartengelände. Westwärts sieht man am Bergabhang den W a s s e r f a l l einer aus dem Ge'ikliDag (Hirschberg) kommenden, ihrer ersten Anlage nach
i6 antiken, aber noch heute das Tiirkenquartier der Stadt mit Wasser versorgenden Leitung. Der Platz an diesem Wasserfall verdient um seiner Aussicht willen einen Besuch. Wer aber auf kürzerem Wege zurückkehren will, kann ihn über die Anhöhe des D i k e l i - B a a wählen, um dort wieder einen lohnenden Aussichtspunkt zu gewinnen. Bei der Rückkehr vom Asklepieion auf dem einen oder andern Wege nehme man seinen Weg durch das Zigeunerquartier nach dem A m p h i t h e a t e r (47), das noch in sehr ansehnlichen Resten im T a l hinter dem großen Friedhofe aufrecht steht. Unter der Arena her nimmt das Talwasser überwölbt seinen L a u f ; von diesen Wölbungen rührt der heutige Name der Ruinen her Güngörmes (der T a g schaut nicht hinein). Beim Austritt aus dem Tale des Amphitheaters gegen den Selinus hin gewahrt man einen Felsen mit antiken Nischen, den sogenannten M e r a k - T a s c h i (Stein der Betrübnis) (51). Von hier weiter aufwärts im Selinustale liegt auf dem rechten Ufer eine s p ä t r ö m i s c h e R u i n e (52), in deren Mauerwerk die Überreste einer Inschrift enthalten sind, die Buchstaben aus Ziegelsteinen hergestellt. Eine andere, gleichfalls r ö m i s c h e R u i n e ( s 3 ) von stattlichem Quaderbau liegt etwas abwärts von da gegenüber am linken Flußufer. Noch weiter abwärts am Flusse entlang zurückkehrend erreicht man die Ruine einer Brücke, der C h a s a n d s c h i - K ö p r ü , die im Jahre 1842 durch das Hochwasser des Selinus zerstört wurde. Sie ist interessant, weil in den Überresten auf dem linken Flußufer unter späterem Gemäuer noch ein vollständig erhaltener Bogen des Baues aus der Königszeit zutage liegt. Noch weiter flußabwärts, wieder mit einer Brücke, liegt am linken Ufer die U l u - D s c h a m i (große Moschee) (54), der erhaltenen Inschrift nach erbaut im Jahre 801 des Hedschra (1398/99 n. Chr.) von Bajesid Jilderim, sehenswert in ihrer nur von einzelnen Schmuckteilen belebten Ein-
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fachheit. Sie ist jüngst unter dem Kaimakam Kernal Bey gründlich restauriert, ihr Minareh auf altern Fundament ganz neu aufgeführt. Geht man von dieser Moschee in das Griechenviertel hinauf, so gelangt man zu den G u r n e l l i a (43) am Fuße des Stadtberges. Ausgedehnte Unterwölbungen, deren Räume heute als Magazine dienen, I 9 1 1 aber zum Teil eingestürzt sind, tragen den vorspringenden Teil einer Terrasse, die größtenteils als freier Platz liegt. Von ihrem vorderen Rande aus genießt man eine besonders ansprechende Ansicht der Stadt. In der weiteren Umgebung der Unterstadt ziehen mehrere gewaltige, künstlich aufgeschüttete Grabhügel die Aufmerksamkeit auf sich. Einen Besuch verdient namentlich der eine von ihnen, der der Entstehungszeit nach jüngste, der M a l - T e p e (Schatzhügel) (55), dicht an der Fahrstraße nach Dikeli. Man erkennt noch, daß eine nicht sehr hohe Umfassungsmauer, die ihrer Verkleidung jetzt beraubt ist, den Fuß des Erdhügels umgab. Auf der Nordseite ist die im Innern befindliche Grabkammeranlage zugänglich. Man gelangt durch einen hohen Gang in einen quer vorliegenden Raum, hinter dem drei Kammern nebeneinander liegen, alles aus höchst solidem Quadermauerwerk mit Hinterfüllung aus Bruchsteinen mit Kalkmörtel und überwölbt. Den Schlüssel zur neuen Gittertür hat der Wächter am deutschen Hause. Man muß sich zu dem Besuche mit Licht versehen. Ein anderer, der größte Grabhügel, der J i g m a T e p e , ist in den letzten Jahren durch einen bis in den Mittelpunkt geführten Stollen untersucht worden, ohne daß von der Bestattung irgend etwas gefunden ist. Wohl aber ist der gewaltige, 500 Meter lange umlaufende Steinring ganz freigelegt, der den Ursprung der ganzen Anlage in der Königszeit sicherstellt. Vom Mal-Tepe aus ist in einer halben Stunde in südwestlicher Richtung das sogenannte T a b a k - L u d -
i8 s c h a (Gerberbad) zu erreichen. Eine warme Quelle ist dort im Altertume zu einer Badeanlage ausgebaut gewesen ; ihr festes Quadergemäuer ist unter dem türkischen Überbau des noch heute in Gebrauch stehenden Bades sichtbar. Man kann von hier aus über das Asklepieion (50) zurückkehren, die ganze bisher beschriebene Besichtigung aber auch in folgender Reihenfolge vornehmen: KisilAwli mit Zubehör (44), Mal-Tepe (55), Gerberbad, Asklepieion (50), Theater (46), Amphitheater (47), MerakTaschi (51) und die andern im Selinustale (52. 53), große Moschee (54), Gurnellia (43). Zumal wenn man Pferde nimmt und sich sonst beeilt, reicht dafür ein halber T a g aus: kann man einen ganzen T a g verwenden, so macht man eine Mittagsrast am besten an dem Wasserleitungsfalle oberhalb des Asklepieions. In der Unterstadt sind noch zahlreiche römische Bauüberreste vorhanden, aber meist stärker zerstört oder weniger leicht zugänglich, als die genannten. III. DIE RUINEN DES STADTBERGES. (Plan I.)
Zum Beginne der Besichtigung wählt man am besten vom Griechenviertel aus den Aufstieg über die Treppe an der Kirche der Agii Theodori zu den leicht kenntlichen Häusern der deutschen Ausgrabungen, das Haupthaus hineingelegt in den Hof eines ansehnlichen antiken Privathauses. Man überblickt von da unmittelbar ostwärts abwärts die ansehnlichen, im Jahre 1900 aufgedeckten Ruinen eines M a r k t b a u e s (2), welcher in der Königszeit nach der Stadterweiterung Eumenes' II. entstand. Einen freien Platz von etwa 80 zu 50 Metern Größe umgab eine Säulenhalle mit Verkaufsräumen und andern Gemächern dahinter, in zwei Stockwerken, welche wenigsten auf der Nordseite in Teilen noch erhalten sind. An
19 der sonst zerstörten Südseite sind die unter Niveau liegenden, nur von außen zugänglichen Zimmer mit einer ebenfalls nach außen gerichteten Halle in Resten kenntlich. Auf dem Markthofe liegen die Fundamente einer altchristlichen Kirche, welche hier eingebaut war. Von den Verkaufsräumen des Marktes sind auf der Westseite vier in ihren Mauern erhaltene zur A u f b e wahrung antiker Fundstticke wieder ausgebaut worden. Die Schlüssel befinden sich bei dem Vorsteher der Altertümer, Herrn Sophianos (S. 8). Bei dem Wächter am deutschen Hause findet man die Schlüssel zu dem Haupttore der Königsstadt (i). Es liegt, südöstlich von dem Markte, unmittelbar unterhalb des armenischen Friedhofes und wurde in den Jahren 1898 und 1 9 0 1 in seinen ansehnlichen Resten einer höchst eigentümlichen Anlage freigelegt und durch umher aufgeführte Mauern geschützt. Vor diesem Tore führte die antike Hauptstraße zunächst in der Lücke zwischen dem aimenischen und griechischen Friedhofe aufwärts. Sie tritt heute wieder zutage auf der Ostseite des bereits beschriebenen Marktes, verläuft dann weiter mit einer scharfen Biegung oberhalb der Nordseite des Marktes und nimmt dann, abermals mit einer scharfen Biegung, weiter aufwärts die Richtung nach Nordosten. Ihr zur Seite liegen, bevor sie ihren stumpfen Winkel noch einmal ein wenig biegt, kleine antike Privatbauten, wohl Werkstätten und Kaufläden, nordwärts auf höherer Terrasse über ihnen aber lag ein stattliches Wohnhaus aus der Königszeit, dessen Hof und dessen in den Resten kenntlicher, einst zweigeschossiger Säulenumgang im Jahre 1904 freigelegt wurden (3). Leider ist es während der Kriegszeit stark geplündert worden. In der Nordwestecke stand an ihrem Platze die Porträtherme (leider aber ohne Kopi), wie die Inschrift besagt, eines römischen Konsuls Attalos, der im zweiten oder dritten Jahrhundert 2*
20 ii. Chr. der Bewohner des Hauses gewesen sein muß, weshalb wir es das H a u s d e s K o n s u l s A t t a l o s nennen. In diesem Hause wird auch die im Jahre 1903 abwärts gestürzt aufgefundene K o p i e des Hermes Propylaios des Alkamenes gestanden haben, welche jetztim Ottomanischen Museum in Konstantinopel sich befindet. Bemerkenswert ist auch ein 13 Meter tiefer Z i s t e r n e n b a u , dessen obere Mündung im H o f e des Attaloshauses liegt, und aus welchem durch einen Stollen in römischer Zeit das Wasser hinunter auf den Marktplatz geführt worden ist. Der Stollen ist, ebenso wie die Zisterne, vollständig wieder ausgeräumt und von unten her zugänglich gemacht. Den Schlüssel hat der Wächter. Man kehrt zur Hauptstraße zurück, setzt auf ihrem Pflaster den W e g aufwärts fort, läßt die Eingänge zu zwei steil hinaufführenden Seitengassen links liegen und hat dann die Einfassung der Straße als eine mächtige, ihrer Konstruktion nach aus der Königszeit stammende Quadermauer zur Linken. Diese Mauer stützte die unterste von drei, von hier ab übereinander sich erhebenden Terrassen. A u f der untersten Terrasse (4) wurde, noch an seinem Platze stehend, ein Verzeichnis der K n a b e n gefunden, welche im Jahre 147/6 vor Chr. unter Attalos II. unter die Epheben aufgenommen wurden; die oberste Terrasse (6) ist durch dort gefundene Inschriften als der Platz des Gymnasiums der jungen Männer (véoi) gesichert, so daß man die mittlere Terrasse (5) für den Platz des Epheben^ymnasiums halten wird, die unterste für den des K n a b e n Gymnasiums. Gegen das Ostende der mittleren Terrasse liegen die Fundamente eines kleinen Tempels, auf dessen Wänden Listen von zahlreichen Epheben-Namen standen; der Terrasse auf ihrer Nordseite entlang läuft eine lange Halle. D i e Gesamtanlage dieser Gymnasien ist aus der Königszeit, auf der obersten Terrasse aber gehören dié
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augenfälligsten gewaltigen Baureste einer Erneuerung in römischer Kaiserzeit an. Wo die nach Osten hin sich verengende unterste Terrasse endet und ihren Zugang hatte, liegen, links an der Hauptstraße, zwei bemerkenswerte Anlagen, ein B r u n n e n h a u s , dessen Wasserbassin durch eine von einer Innenreihe von zwölf Stützen getragene Steindecke geschützt war, und links davon der T r e p p e n a u f g a n g zur m i t t l e r e n G y m n a s i u m s - T e r r a s s e , ein lehrreiches und nach einiger Nachhülfe wohlerhaltenes Beispiel einer überwölbten griechischen Wendeltreppe. Auf dieser Treppe erreicht man also die mittlere und von deren Ostende aus auf einer wiederhergestellten Stiege die oberste Terrasse. Auf dieser findet man einen auf der ganzen Südseite der Bauten sich entlang ziehenden, einst bedeckten und durch Kellerfenster beleuchteten Gang und oben eine um den großen Hof verlaufende Säulenhalle mit stattlichen Sälen hinter ihr, diese auf der Nord-, West- und Ostseite am besten zu erkennen. Alles der Anlage nach aus der griechischen Königszeit, aber so gut wie neu hergerichtet in der römischen Kaiserzeit. Inmitten der Nordseite ist noch eine Exedra des ursprünglichen Baues erhalten, auf der Namen der Besucher des Gymnasiums eingemeißelt sind. Darauf folgt nach Osten hin ein großer Saal mit einer Halbrundnische auf jeder Schmalseite. Neben anderen Architekturteilen ist auch ein Rest der Weihinschrift des Raumes, den Kaisern und dem Vaterlande, erhalten. Daran stößt nach Osten ein anderer großer Saal, anscheinend mit Wasseranlagen versehen, und von der NO-Ecke aus wie von der übrigen Ostseite geht man zu ausgedehnten und hochstehenden Resten wieder freigelegter römischer Thermen. Nach Westen dagegen von dem Mittelraum mit der Exedra, vor dem, bereits im Hofe vor der Säulenhalle, das Fundament einer zweiten Exedra, diese aus römischer Zeit, freiliegt, stößt ein theaterförmiger Raum des römischen
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Baus an, Sitzstufen, aber keine Bühne, wohl ein Saal zu Vorlesungen. Umbiegend von ihm an der Westseite folgen hinter der Säulenhalle andere Räume, davon einer mit Badevorrichtungen. Hinter dieser Westseite des oberen Gymnasiums sind noch verschiedene Räume ausgegraben die zum Teil in spätrömischer Zeit zu Wasserreservoiren umgebaut worden sind. Hoch oben aber liegt hier, in den Fundamenten und zahlreichen Bruchstücken aufgedeckt, ein Tempel aus der Königszeit, nach Dörpfeld's Beobachtungen merkwürdiger Weise Umbau eines Baues dorischen Stiles in einen ionischen Stiles, mit Wiederbenutzung derselben Werkstücke. Auch hier stehen auf den Wandquadern des Tempels zahlreiche Namenlisten von Epheben ebenso wie auf denen des kleineren Tempels auf der Mittelterrasse. Beide Tempel sind also, nicht nur ihrer L a g e nach, als zum Gymnasium gehörig gekennzeichnet, beide bisher ohne die Möglichkeit eines gesicherten Nachweises der Gottheit, der sie galten. Kehren wir zu dem Brunnenhause und dem anstoßenden Treppenaufstiege unterhalb des Gymnasions zurück, so ist der Weitergang des Besuchers auf der Hauptstraße, welche am Ostende des Brunnenhauses um die Ecke der Gymnasiumsunterbauten umbiegt und eine nördliche Richtung einschlägt, zurzeit durch die vorübergehend hier aufgehäuften Schuttmassen unserer Grabungen versperrt Man gelangte sonst auf der Straße an einem zum Gymnasion gehörigen, aber noch nicht völlig freigelegten Wölbtore und an einem antiken Aborte vorüber zu einem Tore (7), das der spätrömischen Befestigungsmauer angehört, und innerhalb dieses Tores nach Westen umbiegend führt die Straße abermals zu einem nur in den Fundamenten noch kenntlichen Toreingange (8). Dieser gehört zu einem bis auf geringe Spuren und Reste zerstörten Mauerringe, welcher die Stadt umfaßte, bevor Eumenes II. die Ringmauer bis an den Fuß des Berges hinabrückte (S. 1 0 .
23 1 3 ) ; wir nennen sie, als etwa von Attalos I. erbaut, die Attalische Mauer. Von dem Tore führt dann nach innen und aufwärts die alte Hauptstraße (g) ununterbrochen, wenn auch in später Umpflasterung, bis zur Hochburg, mit weiten Ausblicken auf die Unterstadt und die Ebene gegen das Meer hin, bis immer mehr der Gesamtüberblick über die höchstgelegenen Baureste des Stadtberges sich bietet und man endlich zum obersten Burgtore kommt Aber heute nimmt man weniger häufig diesen Weg, sondern wählt den Weitergang von der Nordwestecke des Gymnasions und dem oberhalb derselben gelegenen Tempel aus, um zunächst die neu ausgegrabene H e r a t e r r a s s e zu besuchen, die hoch über dem Gymnasium belegen ist. Der Bezirk ist, wie ein ins Gymnasium hinabgestürzter Tempelarchitravstein schon früher lehrte, der Hera Basileia geweiht, und zwar, wie sich dann ergab, von Attalos II., dem Sohne Attalos' I. Der Bezirk umfaßt zwei Terrassen, die durch zwei Treppen miteinander in Verbindung standen. Die Haupttreppe war zugleich Freitreppe zu dem in der Mitte der oberen Terrasse liegenden Tempel. In diesem hat sich die breite Basis der Kultbilder erhalten, von der sich die eine der Kultstatuen, vielleicht einer der pergamenischen Könige als Zeus, in Sturzlage fand (jetzt im Museum zu Konstantinopel). Das schöne Mosaik ist in römischer Zeit des Mittelbildes beraubt worden. Östlich des Tempels lag eine Halle, westlich eine ebenfalls mit Säulen ausgestattete Exedra. Wir wenden uns nun wieder westwärts, an einem noch unbestimmten großen Bau, vielleicht dem Prytaneion, vorbei zur Demeterterrasse (10). Schon als diese noch als eine verschüttete Fläche dalag, am vorderen Rande gestützt von einer gewaltigen, mit Strebepfeilern versehenen Mauer, hatte man sie nach einem beim Versuchsgraben gefundenen Inschriftstücke
24 mit Weihung an Demeter nach dieser Gottheit benannt. D i e Ausgrabung im Jahre 1909 hat diesem Namen dann volles R e c h t gegeben. V o n dem T e m p e l westlich vom Gymnasion (S. 23) gelangt man jetzt an einem Brunnenbau vorüber zum Eingange des Demeterheiligtums. Über dem P r o p y l o n stand die vollständig wiedergefundene Weihinschrift: „ D i e K ö n i g i n Apollonis der Demeter und Kore, den Thesmophoren". Durch das Propylon gelangt man in den Bezirk, der, von Hallen umgeben, an seiner Nordseite übereinander aufsteigende Sitzreihen für die Zuschauer bei den heiligen Handlungen zeigt. Der Tempel, in den Fundamenten und gefallenen Werkstücken aus Trachyt aufgedeckt, trug, ebenso wie der Altar vor ihm, die W e i hung an Demeter für Boa, die aus einem Schriftstellerzeugnisse uns bekannte Mutter des Philetairos, des Stifters der Attalidendynastie. V o n ihm und seinem Bruder wurde der Bau, damals noch außerhalb der Stadtmauer, aufgeführt. Zu der Anlage dieser Zeit gehört auch bereits das T h e ater im Norden und die daran stoßende untere Stoa. Apollonis, die Gattin Attalos' I., erbaute, wie schon bemerkt, das Propylon, ferner die obere Stoa im Norden, die Stoa und OIKOI im Westen, desgleichen die südliche Säulenhalle und die eindrucksvolle Stützmauer. Das Heiligtum stammt, wie der Fund älterer Mauern lehrt, bereits aus altgriechischer Zeit, und zahlreiche Weihinschriften, sowie eine römische Marmorvorhalle vor dem Tempel, bezeugen, daß der Kultus bis in die römische Zeit frequent blieb. V o m Westende des Demeterbezirks kann man einen jüngst angelegten Fußpfad unterhalb oder den zunächst steileren oberhalb der am westlichen Bergrande weiter verlaufenden Attalischen Mauer wählen, um zu den Bauten der H o c h b u r g zu gelangen, deren A u f d e c k u n g durch die K ö n i g l i c h e n Museen den Namen Pergamon zuerst bei uns allgemein bekannt gemacht hat. Es treten beim
25 Aufstiege die modernen Wächterhäuschen ( 1 2 . 1 2 ) hervor, und durch eine in nordwestlicher Richtung verlaufende Quadermauer, vorüber an den Fundamentresten einer einst nach außen gekehrt ihr entlang liegenden doppelten Gemächerreihe, führt der Weg auf den alten M a r k t p l a t z der ersten Königszeit ( 1 3 ) . Rechts am Eingange liegt das erste W ä c h t e r h a u s , wo man gelegentlich die landesübliche Erfrischung mit Kaffee oder wenigstens einen Trunk Wasser erhalten kann. Der jetzt vor uns liegende Markt bildet einen Platz in Gestalt zweier, in rechtem Winkel aneinander stoßender Rechtecke. Am Ende des einen nach Westen hin, also zu unserer Linken, lag der Tempel des Dionysos (14), eines der Hauptgötter von Pergamon, in dessen Landschaft noch heute die köstlichsten Trauben gedeihen. Das Fundament des Tempels, dessen Benennung wenigstens wahrscheinlich ist, hat man neuerdings durch Säulentrommeln, welche auf die vier Ecken gestellt sind, kenntlich gemacht. Am Ende des andern nach Norden sich erstreckenden Rechtecks lag ein kleines, nicht näher zu benennendes Denkmal, von dem nur ein geringer Teil des schon profilierten Postaments (15) noch am Platze steht. Die Eingrenzung des Marktplatzes vom Wächterhause ab rechter Hand ist ganz neuen Ursprungs; die hier zusammengestellten kleineren Fundstücke sind wie der ganze Ausgrabungsplatz dem Schutze der Besucher wie der Wächter empfohlen. Die Unterlage des P l a t t e n p f l a s t e r s ist auf dem Marktplatze an verschiedenen Stellen erhalten. S ä u l e n h a l l e n umfaßten den Platz namentlich im Süden und Osten, sind aber bis in die Fundamente hinein zerstört. Von dem erwähnten Postamente ( 1 5 ) links steigt man auf jüngst wiederhergestelltem Wege in der Richtung der antiken Hauptstraße weiter hinauf und gelangt zunächst von der Straße ab linker Hand auf ein künstlich geebnetes Plateau. In seiner Mitte ragt, aus Quadern
26 gelblichen Trachyttuffs aufgeführt, der Fundamentkern des Hauptdenkmals von Pergamon empor, d e s g r o ß e n A l t a r s (16). V o n dem gesamten, einst prachtvoll mit Skulpturen geschmückten Marmoraufbau wurden schon bei der Ausgrabung nur noch zwei Stufensteine auf der Ostseite an ihrem Platze gefunden. Alles übrige war längst herabgerissen, verschleppt, verbaut; verbaut namentlich in der vier Meter dicken M a u e r a u s b y z a n t i n i s c h e r Z e i t (17), welche den Marktplatz im Süden und Osten umzog und v o n da weiter bis zum steilen Obstabhang des Stadtberges verlief, w o ihr Endstück noch steht. Bis auf dieses östliche Endstück wurde sie in jahrelanger schwerer Arbeit bei den Ausgrabungen ganz und gar abgebrochen; am Eingange des Marktes steht das größere der beiden Wächterhäuschen auf ihrer Sohle. Namentlich aus dieser Mauer, aus dem zwischen ihr und dem Altarfundamente sich erstreckenden Terrain, auch zum Teil von der westlich unter der Altarplattform gelegenen Terrasse sind die Trümmer wiedergewonnen, welche jetzt in den K ö n i g l i c h e n Museen zu Berlin sich befinden und aus denen eine Vorstellung von der ursprünglichen Gestalt des ganzen Baues sich hat wieder gewinnen lassen, wie nebenstehende A b b i l d u n g zeigt. Nur von der Architektur sind ziemlich zahlreiche Stücke auch noch am Orte zurückgeblieben und namentlich in der Nähe des Altarfundaments und auf dem Markte zu finden. Der ganze Bau bildete eine 6 m hohe, ungefähr 30 m im Geviert messende Plattform, zu welcher eine auf der Westseite rd. 20 m breit einschneidende T r e p p e emporführte, und welche oben ringsum von einer niedrigen ionischen Säulenhalle bekrönt war, während auf ihrer oberen Fläche der eigentliche Opferaltar stand. D i e Außenwand des Unterbaus war ringsum von einem Hochrelief umgeben, welches den K a m p f der Götter und Giganten darstellt; obenauf um den eigentlichen Altarplatz lief nach innen gekehrt ein zweiter kleinerer Reliefstreifen mit Dar-
28 Stellungen aus der pergamenischen Heroensage. Erbaut wurde das Prachtwerk zur Zeit der höchsten Macht des pergamenischen Königtums unter Eumenes II. ( 1 9 7 — 1 5 9 v. Chr.). Man hat gemeint, daß dieses Prachtdenkmal in der Offenbarung Johannis (II, 1 3 ) in der Ansprache an den Engel der Gemeinde von Pergamon als der „Thron des Satan" bezeichnet worden sei. Von den Bauten, welche vor Errichtung des Altars an dem Platze standen, sieht man im Süden Reste eines Hauses, westlich den Verlauf der alten Stadtmauer und, von besonderem Interesse, im Fundamente des Altars selbst auf der Ostseite Teile eines halbrunden Baues mit gewölbten halbrunden Nischen. Bei Besichtigung des Altarplatzes gewahrt man von dessen Westrande bergabwärts bereits andere Teile der Ruinen, zu welchen wir später führen. Zunächst kehre man zu dem bisher verfolgten Wege zurück und gehe ihn, zum Teil noch auf dem ursprünglichen Pflaster, weiter aufwärts zur höchsten Krone des Stadtberges, dem Platze der ältesten Burg, welche in der Königszeit zur H o f b u r g d e r A t t a l i d e n geworden war. Auf den Fundamenten ihrer Befestigungsmauern ist bis in die byzantinische Zeit immer noch neues Gemäuer aufgesetzt, welches vor den Ausgrabungen fast ringsum noch hoch aufrechtstand, jetzt nur noch zum Teile unabgetragen belassen ist. Bevor man oben anlangt, läßt man zur Rechten, etwas tiefer als der Weg gelegen, die Reste einer g r o ß e n B a u a n l a g e (18) aus der Königszeit, welche bisher nur zum geringen Teile durch eine Versuchsgrabung freigelegt ist. Mit einer scharfen Wendung nach links tritt der Weg in das T o r ein, dessen i n n e r e n H o f (19) man noch mit seinem ganzen Pflaster erhalten findet. Dem Pflaster folgend nimmt man die Richtung links und gelangt über schwer erkenntliche Spuren eines E i n g a n g s t o r e s hinweg auf einen sehr weiten, abermals noch mit
29 großen Stücken seines alten Pflasters versehenen Platz, in das H e i l i g t u m d e r s i e g r e i c h e n S t a d t g ö t t i n A t h e n a (Äftijvä vix7):popo{ xai itoXidt) (20). Geht man westwärts auf ein einzeln aufragendes unförmliches Gemäuer zu, so entdeckt man nahe dem vordersten, nach Südwesten gekehrten Felsvorsprunge das Fundament des T e m p e l s in oblonger Gestalt, von Norden nach Süden gerichtet. Umher gefundene Trümmer lassen erkennen, daß der Bau aus Trachyt in dorischem Stile aufgeführt und von verhältnismäßig hohem Alter war. Man versäume nicht, bis nahe an den Rand des südlichen Felsens zu treten; denn man hat von dort eine sehr weit reichende Aussicht und übersieht unmittelbar unter sich besonders deutlich das Fundament des großen Altars. Im Nordosten berühren die Fundamente des Athenatempels die dem Boden gleichgemachten Reste einer b y z a n t i n i s c h e n K i r c h e , kenntlich an der charakteristischen Ornamentik der an ihrer Stelle neuerdings zusammengetragenen Architekturteile; die Apsis steht auf Teilen eines antiken Rundbaus, ursprünglich des Siegesdenkmals Attalos' I. über die Gallier. Erst in der Königszeit wurde um den Athenatempel, auf welchen damals als auf eines der ältesten und vornehmsten Heiligtümer der Stadt neuer Glanz fiel, ein P l a t z m i t S ä u l e n h a l l e n neu hergerichtet. Die Hallen auf der Nord- und Ostseite hatten zwei Stockwerke; hinter dem Obergeschosse der nördlichen lag, in den Umfangmauern ihrer Gemächer auf dem höheren Hinterterrain noch erhalten, die berühmte pergamenische B i b l i o t h e k (21). Kehrt man aus dem Athenaheiligtume wieder zum inneren Vorhofe (20) der Hochburg zurück, so führt von da die Spur des alten ziemlich engen Hauptweges weiter nördlich hinauf, indem er das Athenaheiligtum und die Bibliothek links läßt. Er bildete den Zugang zu einer Reihe ansehnlicher Wohngebäude auf der K u p p e der Burg,
30 wo ihre spärlichen Überreste, meist bis in die Fundamente hinein zerstört, den ganzen östlichen Rand entlang zu erkennen sind. Hinter einer in verschiedenen Zeiten überbauten Q u e l l z i s t e r n e , auf welche man angesichts der links bleibenden Bibliotheksmauern hart am Wege stößt, wende man sich rechts ab, um das verhältnißmäßig b e s t e r h a l t e n e d e r W o h n g e b ä u d e (22) zu finden. Es ist ohne Zweifel ein königlicher Palast, wahrscheinlich unter Eumenes II. erbaut. V o n der Anordnung des Grundrisses versteht man leicht so viel, daß um einen Hof ein Korridor lief, von dem aus eine Reihe von zum Teil ansehnlich großen Räumen zugänglich war; in dem einen auf der Nordseite und einem kleineren auf der Nordostecke sind Reste von Mosaikfußböden gefunden. Die Wände sind noch mit Marmorverkleidung versehen. Ältere Mauern, vermutlich von Häusern, sind unter den Palastresten erhalten. Südwärts sieht man von diesen Palastbau auf einen in bedeutend tieferem Niveau gelegenen, unten unmittelbar (rechts) vom Torhofe der Hochburg aus zugänglichen Baukomplex. Nach, einzelnen dort gemachten Funden darf man in ihm d i e k ö n i g l i c h e n W i r t s c h a f t s g e b ä u d e (23) erkennen. In einem Räume stehen, allmählich leider zerfallend, noch große tönerne Vorratsgefäße, und an einer anderen Stelle sind zahlreiche Scherben von Weinamphoren gefunden. Von den übrigen Bauten verwandter Bestimmung, welche auf immer noch steigendem Terrain an den besterhaltenen Palast sich anreihen, auch von zwei dazwischen liegenden Baufundamenten anderer Art, ist bis auf die Grundrisse äußerst wenig noch zu sehen. Gut erhalten ist nur ein mit Quadern ausgemauerter, kreisrunder W a s s e r b e h ä l t e r (24), dessen eingestürzte Steinbalkendecke von einer noch aufrecht stehenden Mittelsäule getragen wurde; er faßte gegen 80 Kubikmeter Wasser und ist die stattlichste unter äußerst zahlreichen Zisternen,
3i welche über den Stadtberg zerstreut liegen. Man findet die Stelle nahe bei einem jetzt durch Erdbeben niedergeworfenen Stücke der spätbyzantinischen Mauer, dicht unter der höchsten Erhebung des Felsens. Das Plateau endlich, welches das n ö r d l i c h s t g e l e g e n e d e r z u r k ö n i g l i c h e n R e s i d e n z zu r e c h n e n d e n G e b ä u d e (25) trug, ist nach Nordwesten von hochstehendem spätbyzantinischen, aber auf antiker Unterlage ruhendem Gemäuer, nach Nordosten durch eine gewallige, außen arfi Bergrande noch etwa 1 4 m hoch anstehende Quadermauer begrenzt. Eine Ansicht dieser Mauer, unterhalb der sich noch andere ansehnliche, aber noch nicht genügend untersuchte Mauern der Königszeit hinziehen, gewinnt man, wenn man durch die Mauerlücke in der Nordecke auf die letzte nordwärts vorspringende Zunge der Hochburg hinaustritt, einen stillen Rasenplatz mit Aussicht auf die beiden Flußtäler und diö umliegenden Gebirge; das Volk nennt ihn den G a r t e n d e r K ö n i g i n (26). An seinem äußersten Ende ist ein sehr unansehnliches Fundament aufgegraben, welches einen T e m p e l , wahrscheinlich der F a u s t i n a (27), der Gemahlin Kaiser Marc Aurels, trug. Die Architekturteile sind großenteils gleich daneben im Nordwesten in der Festungsmauer verbaut ; um deren merkwürdige Aufschichtung in der Mauer zu sehen, muß man auf den äußeren Abhang hinaussteigen. Am Ostrande des Gartens der Königin ragen zwei Felsgruppen auf. Wenn man um die größere von beiden ostwärts nach außen hinuntersteigt, so stößt man auf die höchstgelegenen, jetzt aber nur mit sehr geübten Augen zu findenden Überreste der bereits erwähnten D r u c k W a s s e r l e i t u n g (28) (S. 13). Durch Ausgrabung sind von ihr Reihen durchbohrter Steine aufgedeckt, welche der Metallröhren, die in ihnen lagen, beraubt und dabei meistens oben zerschlagen gefunden wurden. Die höchstgelegene Reihe dieser Steine führt in gerader Linie auf-
32 wärts auf eine schräg zu der Felsgruppe ansteigende Mauer zu, auf welcher die Leitung weiter zur Höhe hinan stieg, wo Spuren von ihr indessen nicht gefunden sind. Von diesem äußersten Punkte aus übersieht man zugleich besonders gut die Linien des weiteren Verlaufs der Leitungen gegen die nördlichen Gebirge hin. • Wir kehren nunmehr nach der Hochburg hinter die große Stützmauer zu dem Platze des nördlichsten Palastbaus (25) zurück; südwärts fällt der Platz in Absätzen, welche durch Gemächer und Hallen überbaut waren, und zuletzt mit einer Quaderstützmauer zu einer ausgedehnten Plattform ("29) ab, von der aus man den weitesten Ausblick über Land und Meer genießt. Diese Plattform war bereits zur Zeit der Könige vorhanden, aber nicht so weit südwärts vorgeschoben wie jetzt, was erst durch Unterwölbung in römischer Zeit geschehen ist. Inmitten des so gewonnenen Platzes wurde ein Tempel in korinthischem Stile dem Zeus Philios und dem K a i s e r T r a j a n ( 9 8 — 1 1 7 n. Chr.) erbaut, von dem das Fundament, vorn von mächtigen Quadergewölben getragen, noch in ansehnlicher Höhe steht, die gewaltigen Bauglieder aus weißem Marmor liegen in großer Zahl umher. Zur Vollendung der ganzen Anlage wurden wahrscheinlich unter Kaiser Hadrian ( 1 1 7 — 1 3 8 n. Chr.) um den Platz her S ä u l e n h a l l e n hinzugefügt. In der Nordostecke des Platzes bemerkt man die zusammengefallenen Werkstücke einer Exedra, die, ebenso wie e i n e z w e i t e , welche an entsprechender Stelle in der Nordwestecke liegt, zugleich Statuenbasis und Sitzbank war. Der Inschrift nach war sie von Attalos II. noch vor seiner Regierungszeit errichtet. Sie wurde in die Königlichen Museen nach Berlin gebracht; nur das Fundament ist noch am Platze. Beide Exedren rühren noch von der Ausstattung des Platzes in der Königszeit her, wenn auch die zuletzt genannte erst nachträglich in ihre dem Ganzen der Anlage des Kaiserheiligtums angepaßte Aufstellung
33 gebracht worden ist. Vom vorderen Rande des Plateaus, wo man auf den Gewölben aus Gußmauerwerk mit einiger Vorsicht sich bewegen mag, zeigt sich besonders tibersichlich die ganze W e s t s e i t e d e s B u r g a b h a n g s , welche jetzt zu besuchen noch übrig bleibt. Östlich vom Trajaneum dehnt sich bis hinter die Mauern der Bibliothek ( 2 1 ) ein ziemlich rechteckiger P l a t z aus, an dessen Nordseite, unterhalb der an den Königspalästen hinaufführenden Straße, Reste der Mauerabteilungen von W o h n u n g e n o d e r L ä d e n (30) noch erhalten sind. Von diesem Platze aus geht man südwestwärts an der Südostecke des Trajaneums über die Platten eines W a s s e r a b z u g s k a n a l s hin wieder zum Athenaheiligtume ( 2 1 ) ; man läßt dabei zur Linken die etwa ebenso hoch wie pompejanische Hauswände erhaltenen Reste von W o h n h ä u s e r n aus griechischer Zeit. Neben der Nordwestecke des Fundaments des Athenatempels findet man dann den Eingang zu einer schmalen a n t i k e n T r e p p e , für welche abwärts der Gang in rechtem Winkel umbiegend durch den Felsen gehauen ist; das Ganze einst ein Nebentor der ältesten Burg. Die Treppe steigt man hinunter. Vor dem Austritte bietet sich durch die enge Umrahmung der vorderen Öffnung des Ganges ein überraschender Blick in die Tiefe des Selinustales. Tritt man hinaus, so steht man über den obersten Sitzstufen des T h e a t e r s (31), welche, von den üblichen Quergängen nnd Treppen durchschnitten, zur halbkreisförmigen ebenen Fläche der Orchestra sich hinabziehen. Quer vor der Orchestra liegt das Fundament des Bühnengebäudes auf einer nach beiden Seiten lang hingedehnten Terrasse (32), an deren nördlichem Ende (rechts) eine Tempelruine (33) mit einer Freitreppe davor sichtbar wird. Darüber steigt der Fels steil an und hoch oben ragt die gewaltige Stützmauer des Trajaneums, während der Blick nach links bis auf ferne Bergreihen jenseit des Meerbusens von Tschandarly reicht. 3
34 Beim Hinabsteigen über die Theaterstufen findet man in der Mitte über dein untersten Quergange eine L o g e , vermutlich die königliche, zum Teil noch von ihrem Marmorgewände umgeben. Ein ähnlich ausgeweiteter Stand, an dessen Rückseite in später Zeit eine Statue aufgestellt war, liegt weiter unten unmittelbar über der Orchestra. Das Bühnengebäude, welches die Orchestra nach Westen geradlinig abschneidet, gehört einem UmJ)au des Theaters an, wie durch einen Umbau auch der größere Teil der Sitzstufen einmal vollständig verändert worden ist. Das ursprüngliche Bühnengebäude war ein Holzgerüst, dessen Masten in die noch heute vorhandenen Löcher im Fußboden eingesetzt wurden; nahm man das Gerüst fort, so wurden die Löcher durch Deckel geschlossen, und die Terrasse lag wieder in ihrer ganzen Ausdehnung frei. Sie mißt von Südende, wo jetzt, in spätrömischer Zeit umgebaut, die Ruine eines T o r b a u s den Eingang bildet, bis zum Nordende, wo man die Freitreppe zu dem eben erwähnten Tempel (33) hinansteigt, 2 1 6 m, war also ein volles Stadion lang. Der gewaltige Bau dieser T e r r a s s e (32) rührt, samt Theater und Tempel der ersten Anlage nach, aus der Königszeit her; er ruht auf einem System mächtiger Quaderstützmauern in fünf Stockwerken übereinander. Die eine Reihe in diesem Unterbau liegender Räume war von einer dort noch weiter vorgeschobenen Terrasse aus zugänglich. Ein jetzt gänzlich zerstörter T r e p p e n z u g a n g verband unmittelbar hinter dem erwähnten Eingangstore im Süden die Terrasse durch eine oben neben dem Dionysostempel ausmündende Gasse mit dem Markte. Die Hauptverbindungsstraße mag dagegen von der Terrasse unterhalb der Siidwestecke des Marktes hin zu dessen Haupteingang geführt haben. Auf diesen beiden Örtlichkeiten, M a r k t u n d T h e a t e r , pulsierte gewiß, zumal an Fest-, und Markttagen, das regste Leben der alten Königs-* Stadt.
35 Wir suchen jetzt den am Nordende der Terrasse gelegenen i o n i s c h e n T e m p e l (33) auf. Vor ihm ist der längliche Unterbau eines A l t a r s erhalten. Auf 25 Stufen steigt man zum Tempel selbst empor, betritt den Marmorfußboden der einst von sechs Säulen getragenen Vorhalle, dann neben dem einen noch aufrechtstehenden, reich verzierten Türpfosten her das Innere des Heiligtums. An dessen Rückseite inmitten springt der Platz für das Götterbild in die Augen. Am Tempel sind, an den Resten noch deutlich sichtbar, zwei Bauperioden zu unterscheiden. Errichtet wurde er in der Königszeit, wir wissen nicht für welche Gottheit, vielleicht für Dionysos und etwa den Kultus der Könige. Von diesem ursprünglichen Bau stehen außer dem Fundament mit der Treppenanlage nur noch drei Mauern mit dem auf der Rückseite besonders gut erhaltenen, außerordentlich schönen Sockelprofil; außerdem rühren von ihm auch noch einzelne andere Bauglieder her, die unter den Marmortrümmern umherliegen. Der überwiegenden Mehrzahl nach, wie bei den meisten schon an der groben Ornamentik zu erkennen ist, rühren diese Glieder aber von einem sich namentlich auf die ganze Fassade erstreckenden römischen Umbau her, durch welchen der Tempel, wie die nur in den Befestigungslöchern der verschwundenen Bronzebuchstaben auf dem Architrav erhaltene Inschrift sagt, dem Kaiser Caracalla ( 2 1 1 — 2 1 7 n. Chr.) geweiht wurde. Zum guten Teile sind es aber auch von oben vom Trajaneum herabgestürzte Werkstücke. Von der Vorhalle des ionischen Tempels aus sieht man die Theatersitze ( 3 1 ) von der Terrasse ab aufsteigen, und über ihnen in der Höhe fällt ein von spätem Gemäuer überhöhtes Stück einer Pfeilerstellung auf, welche den oberen Rand des Zuschauerraums umgab. Dahinter liegt das Athenaheiligtum (20). Weiterhin etwas tiefer gelegen ist die Altarterrasse ( 1 6 ) an dem einen der modernen
36 "Wächterhäuser, das auf ihrer vorspringenden Südwestecke erbaut ist, kenntlich. Wenn man die Tempelstufen wieder hinab und die Terrasse südwärts zurückgeht, so sind jenseits des Theaters linker Hand am Abhänge die Überreste eines antiken Baus, welcher wahrscheinlich der Schauspielergesellschaft der Attalisten angehörte, und einer b y z a n t i n i s c h e n K i r c h e (34) zu bemerken. Auf dem schon erwähnten, tiefer gelegenen Terrassenabsatze liegt eine in den Felsen hineingearbeitete christliche Grabanlage. Endlich erreicht man unter der S ü d w e s t e c k e d e s M a r k t e s ( 1 3 ) hin, wo die Stützmauern verschiedener Epochen in schönem Quadergefüge noch besonders gut erhalten stehen, und weiter auf schmalem Pfade längs dem Hange der modernen Schutthalden wieder den Bergfuß und das deutsche Haus.