Festschrift für Benno Heussen: Der moderne Anwalt 9783504380656

Die Themen der Festschrift für Benno Heussen zu seinem 65. Geburtstag spiegeln die großen Schwerpunkte im Lebenswerk des

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German Pages 338 [331] Year 2009

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Festschrift für Benno Heussen: Der moderne Anwalt
 9783504380656

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Festschrift für Benno Heussen

FESTSCH Rl FT FÜR

BEN NO HEUSSEN ZUM 65. GEBURTSTAG

Der moderne Anwalt herausgegeben von

Jochen Schneider unter Mitarbeit von

Gerhard Pischel

2009

oUs

or.C:~midt Köln

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie1 detaillierte bibliografische Daten sind im Internet

über http://dnb,d-nb,de abrufbar, Verlog Dr, Otto Schmidt KG Gustav-Heinerrumn-Ufer 58, 50968 Köin

Tel 02 21/9 37 38-01, Fax 02 21/9 37 38-943 info®otto-schmidt,de www,otto-schmidt,de

ISBN 978-3-504-06040-4 ©2009 by Verlag Dr, Otto Schmidt KG, Köln

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt, Jede Verwe:rtung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustinnnuog des Verlages, Das gilt insbesoodere für Verv:ielfiiltigungen, Bearbeitungen, Ühersetztmgen, Mikroverlilmungen und die Einspeichetung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alterungsbeständig uod umweltfreundlich,

Einbandgestaltung: )an P Lichtenford, Mettmann Satz: A Quednau, Haan Druck und Verarbeitung: Kösel, Krugzell Printed in Gerrnany

Geleitwort Herr Rechtsanwalt Prof. Dr. Benno Heussen war in verschiedenen Funktionen und Ämtern der Arbeit des DAV verbunden und hat diese maßgeblich mitgeprägt. Von 1999 bis 2007 gehörte er dem Vorstand des DAV an. Im Jahre 1999 hatte er die Arbeitsgemeinschaft Informationstechnologie gegründet und so einem wichtigen Anliegen des Vorstands zur Realisierung verholfen. Die Thematik des Informationstechnologierechts aufzugreifen, lag angesichts der vielfältigen Aktivitäten von Herrn Prof. Dr. Heussen auf diesem Gebiet nahe. Die tatkräftige Umsetzung in Form einer Arbeitsgemeinschaft und deren erfolgreicher Start sind dem Organisationsgeschick und auch den vielfältigen Beziehungen von Prof. Dr. Heussen zu verdanken, nicht zuletzt auch seinen Veröffentlichungen in diesem Bereich. Zunächst übernahm Prof. Dr. Heussen in der Arbeitsgemeinschaft Informationstechnologie selbst den Vorsitz und sondierte zusammen mit ihr die Möglichkeiten, eine entsprechende Fachanwaltschaft auszubringen. Das Für und Wider wurde seinerzeit ausführlich diskutiert. Das Echo findet sich in Beiträgen dieser Festschrift. Nachdem Prof. Dr. Heussen so dieser Arbeitsgemeinschaft zum weiteren Durchstarten verholfen hatte, widmete er sich neben seinen Aufgaben im Vorstand selbst der Gründung einer weiteren Arbeitsgemeinschaft, nämlich der zum Anwaltsmanagement. Welches der Themen – Informationstechnologie und Anwaltsorganisation und -management neben Verhandlung und Mediation mehr eine Herzensangelegenheit von Prof. Dr. Heussen ist, ist sicherlich schwer zu entscheiden. Jedenfalls ist das Thema Anwaltsmanagement eines der wichtigen Themen des DAV und Prof. Dr. Heussen dessen Vorreiter und Förderer. Mit Prof. Dr. Heussen hat dem Vorstand einerseits ein Querdenker im positiven Sinne angehört, der seinen Standpunkt immer gut zu vertreten wusste, andererseits hat er sich aber durch seine Fähigkeiten in Verhandlung, Vermittlung und Veranschaulichung, die er auch in seinen bekannten Publikationen vielen Kollegen näher brachte, große Wertschätzung erworben hat. Und damit niemand meint, das sei alles Vergangenheit: aktuell sind von ihm immer wieder neue und originelle Anregungen zu erwarten. München, im März 2009

Hartmut Kilger

V

Vorwort des Herausgebers Ohne dem Jubilar vorgreifen zu wollen, erlaube ich mir als Herausgeber1, den Autoren dieses Werkes für ihre interessanten und zugleich auf das Wirken des Jubilars eingehenden Beiträge zu danken. Der Dank gilt auch der zeitlichen Anspannung, um das Werk rechtzeitig abschließen zu können. Ich glaube, dass die Beiträge die Bandbreite des Schaffens des Jubilars akzentuieren und diesem zugleich viele Gedanken zurufen, die diesen in seinem weiteren Schaffen bereichern können. Des weiteren möchte ich mich bei Herrn Dr. Gerhard Pischel aus der Kanzlei Heussen für die angenehme Zusammenarbeit mit intensiver Unterstützung gegenüber sowohl dem Verlag als auch mir herzlich bedanken. München, im März 2009

Jochen Schneider

__________ 1

VI

Also unter ausdrücklicher Ausklammerung meiner Eigenschaft als Mit-Autor.

Inhalt Seite

Geleitwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

V

Vorwort des Herausgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Verzeichnis der Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

IX

I. Anwalt und Mandant Peter Bräutigam Anwaltskunst jenseits der Paragraphen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3

Wolfgang Hartung Vom anwaltlichen Werbeverbot zum anwaltlichen Werberecht . . . . . .

7

Michael Streck Über die Unternehmenskultur einer Anwaltssozietät . . . . . . . . . . . . . .

25

Stephan Breidenbach Landkarten des Rechts – von den Chancen industrieller Rechtsdienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39

Hans Buschbell Time-Management für Anwälte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

51

II. Der Anwalt im Mandat Jochen Schneider Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

81

Brigitte Borgmann Der Vergleich als Haftungsrisiko für den Anwalt nach der Rechtsprechung des BGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83

Michael Karger Anwaltliche Beratung zu IT-Projekten: Ein Update . . . . . . . . . . . . . . . .

101

Thilo Weichert Der Anwalt und der Datenschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

117

Wolfgang Kilian Fachanwalt IT-Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

127

Thomas Lapp Mediation bei IT-Projekten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

135

VII

Inhalt Seite

Renate Dendorfer Vergleichsmanagement in Schiedsverfahren – Tradition oder Innovation schiedsrichterlicher Tätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

153

Michael Bartsch Sprachwelten und Streitkultur im IT-Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

177

Reiner Ponschab Wahrnehmung und Wirklichkeit oder das Meer in der Pipette . . . . . . .

183

III. Der Anwalt und rechtliche Rahmenbedingungen im Informationszeitalter Astrid Auer-Reinsdorff Zukunftswerkstatt der Anwaltschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

195

Thomas Hoeren Datenschutz- und haftungsrechtliche Fragen bei Social Networks im Web 2.0 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

207

Hans-Werner Moritz Der Handel mit „gebrauchter“ Software – Wolkenkuckucksheim ohne tragfähiges Fundament? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

221

Mathias Lejeune Softwareverträge nach US-amerikanischem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . .

233

Andreas Müglich Rechtsschutz bei der Verwendung von Einkaufs-AGB der öffentlichen Hand am Beispiel der BVB/EVB-IT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

261

Helmut Redeker Softwaremängel in der anwaltlichen Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

281

Jochen Schneider Rechtsnatur der Software im Zusammenhang mit § 651 BGB und Softwarevertrieb – was bleibt vom industriellen Produkt? . . . . . . . . . . .

299

Schriftenverzeichnis Prof. Dr. Benno Heussen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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VIII

Verzeichnis der Autoren Dr. Astrid Auer-Reinsdorff Dr. Astrid Auer-Reinsdorff ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Informationstechnologierecht in Berlin. Sie ist Vorsitzende der ARGE Informationstechnologie im DAV. Ihre Beratungsschwerpunkte sind das IT-Recht, Wirtschafts- und Vertragsrecht sowie die Gewerblichen Schutzrechte. Sie ist Mitglied des Redaktionsteams des IT-Rechts-Beraters und engagiert als Beirätin im Xinnovations e.V. sowie im Vorstand des FrauenComputerZentrumBerlin e.V. Zu Ihren aktuellen Themen gehört auch die Einführung des Elektronischen Rechtsverkehrs sowie der elektronischen Signatur in die Anwaltskanzleien. Sie ist Mitverfasserin des Lehrplans für den Fachlehrgang Informationstechnologierecht, wie er seit 2006 bei der DeutschenAnwaltAkademie vermittelt wird. Prof. Dr. Michael Bartsch Rechtsanwalt Prof. Dr. Michael Bartsch hat Jura studiert und wurde in Wirtschaftswissenschaft promoviert. Er ist Professor für Urheber- und Medienrecht an der Hochschule für Gestaltung Karlsruhe, unterrichtet Softwarerecht an der Universität Karlsruhe und arbeitet als Rechtsanwalt auf diesen Gebieten. Seine Liebe gehört der Literatur und der Musik. Dr. Brigitte Borgmann Dr. Brigitte Borgmann, Rechtsanwältin in München, von 1967 bis 1999 tätig in der Berufshaftpflichtversicherung der Anwälte und Notare, CoAutorin von Borgmann/Jungk/Grams, Anwaltshaftung, 4. Auflage 2005, C.H. Beck München. Zahlreiche Veröffentlichungen in AnwBl, BRAKMitt., NJW. Mitglied des geschäftsführenden Ausschusses der ARGE Anwaltsmanagement im DAV. Dr. Peter Bräutigam Rechtsanwalt Dr. Peter Bräutigam ist Partner in der Anwaltskanzlei NÖRR STIEFENHOFER LUTZ in München. Sein Beratungsspektrum umfasst u. a. alle Fragestellungen des IT-Rechts, insbesondere des IT-OutsourcingRechts. Neben seiner praktischen Tätigkeit publiziert und referiert er regelmäßig zu aktuellen Fragen des IT-Rechts. Er ist insbesondere Herausgeber des Handbuchs IT-Outsourcing sowie Mitherausgeber des Praxishandbuchs Online-Handel; ferner ist er Mitglied des Redaktionsbeirats bei der Zeitschrift Computer und Recht (CR). Dr. Bräutigam ist Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Recht und Informatik (DGRI) sowie Mitglied des geschäftsführenden Ausschusses der Arbeitsgruppe IT-Recht im Deutschen Anwaltverein (DAVIT). Als Lehrbeauftragter an der Universität Passau unterrichtet er zum Thema IT-Vertragsgestaltung.

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Verzeichnis der Autoren

Prof. Dr. Stephan Breidenbach Prof. Dr. Stephan Breidenbach ist Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Zivilprozessrecht und Internationales Wirtschaftsrecht an der EuropaUniversität Viadrina Frankfurt/Oder, Honorarprofessor für Mediation, insbesondere Wirtschaftsmediation, an der Universität Wien , Gastprofessuren und Lehraufträge u. a. an der Renmin Universität Bejing, der Alpen-Adria Universität Klagenfurt und der Universität St. Gallen. Seit 1996 ist er als Wirtschaftsmediator tätig. Forschungsschwerpunkte: Mediation, Konfliktmanagement, Entwicklung von rechnergestützten Visualisierungsmethoden für regelbasiertes Wissen Hans Buschbell Rechtsanwalt H. Buschbell ist seit 40 Jahren Anwalt in Düren und seit vielen Jahren in überörtlicher Sozietät auch in Köln. Tätigkeitsschwerpunkte sind: Straßenverkehrs-Haftungsrecht, speziell die Ansprüche für im Straßenverkehr schwer verletzte Personen, sowie Versicherungsrecht. Zu verweisen ist auf zahlreiche Fachpublikationen. U. a. ist RA H. Buschbell Herausgeber und Autor des Handbuches „Straßenverkehrsrecht“ im Verlag C. H. Beck, sowie des Handbuches „Rechtsschutzversicherung“, sowie weiterer Werke und zahlreicher Aufsätze zu den genannten Tätigkeitsschwerpunkten. Auch ist anzuführen das mit Herrn Prof. Dr. Seiwert zusammen bearbeitete Buch „Zeitmanagement für Rechtsanwälte“. Prof. Dr. Renate Dendorfer, LL.M. (Illinois) MBA (Maastricht) Partnerin bei der Heussen Rechtsanwaltsgesellschaft mbH sowie Professorin an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg. Sie hat in Bielefeld, Illinois (USA) und Maastricht (NL) studiert und ist in München, New York und bei den U.S. Federal Courts als Rechtsanwältin zugelassen. Prof. Dr. Dendorfer veröffentlicht in den Bereichen Arbeitsrecht, Internationales Recht und Alternative Dispute Resolution. Sie ist Dozentin bei zahlreichen in- und ausländischen Organisationen sowie Trägerin des Landeslehrpreises 2005 (Baden-Württemberg). Dr. Wolfgang Hartung Dr. Wolfgang Hartung, geboren 1933 in Sachsen-Anhalt, ist in Mönchengladbach als namensgebender Sozius der Kanzlei Gerats Hartung & Partner tätig. Literarisch ist er vor allem als Berufs- und Gebührenrechtler mit einer Vielzahl von Veröffentlichungen hervorgetreten – nur beispielhaft seien die weithin bekannten Kommentare zur Anwaltlichen Berufordnung und zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz genannt. Über seine wissenschaftlichen Beiträge hinaus hat sich Hartung als langjähriger Vizepräsident der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf auch ganz praktisch um die Belange der Anwaltschaft verdient gemacht.

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Verzeichnis der Autoren

Prof. Dr. Thomas Hoeren Dr. Thomas Hoeren ist Professor für Informationsrecht und Rechtsinformatik an der Universität Münster. Er ist geschäftsführender Direktor des dortigen Instituts für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht (ITM) und Richter am OLG Düsseldorf. Dr. Michael Karger Michael Karger, Jahrgang 1961, Rechtsanwalt seit 1992, ist Partner der Sozietät Wendler Tremml in München. Er ist Fachanwalt für Informationstechnologierecht und Fachanwalt für Verwaltungsrecht. Seine zentralen Tätigkeitsgebiete liegen im IT-Recht und im öffentlichen Wirtschaftsrecht. Michael Karger ist Redaktionsmitglied beim IT-Rechtsberater (www. itrb.de) und als Autor zu Themen des IT Rechts in zahlreichen Werken vertreten. Prof. em. Dr. Wolfgang Kilian Prof. em. Dr. Wolfgang Kilian ist Gründer und war langjähriger Leiter des Instituts für Rechtsinformatik der Universität Hannover. Außerdem ist er Präsident der Federation of International Research Institutes on Law and Information Technology in Europe (FIRILITE). Dr. Thomas Lapp Dr. Thomas Lapp ist seit 1991 als Rechtsanwalt zugelassen und namensgebender Sozius der IT-Kanzlei dr-lapp.de in Frankfurt am Main. Er verfügt über große Erfahrung in der Verhandlung von IT-Verträgen, auch mit internationalen Partnern. Er hat sich durch zahlreiche Vorträge und Veröffentlichungen zum Recht der Informationstechnologie bundesweit einen Namen gemacht. Dr. Lapp ist Mitgründer und Vorstandsmitglied des deutschen EDV-Gerichtstages e.V. Weiter ist er Mitglied in den geschäftsführenden Ausschüssen der Arbeitsgemeinschaft Informationstechnologie und der Arbeitsgemeinschaft Mediation im Deutschen Anwaltverein. Seit 2000 ist Dr. Lapp Anwaltsmediator. Dr. Mathias Lejeune Rechtsanwalt und Firmenjurist in München seit 1984; langjährige Erfahrungen im nationalen und Internationalen Geschäft (insbesondere USA); Mitglied des Vorstands und Sprecher des Fachausschusses Vertragsrecht der Deutschen Gesellschaft für Recht und Informatik e.V. („DGRI“); Mitglied der Association Literaire et Artistique International (ALAI); regelmäßige Vortrags- und Autorentätigkeit, u. a. Ullrich/Lejeune (Hrsg.), der internationale Softwarevertrag, 2. Auflage 2006, Verlag Recht und Wirtschaft Frankfurt„ und Lejeune (Hrsg.), der E-Commerce-Vertrag nach amerikanischem Recht, Band 10 der Schriftenreihe der DGRI, Verlag Dr. Otto Schmidt Köln, 2001 Dr. Hans-Werner Moritz Rechtsanwalt Dr. Hans-Werner Moritz ist auf die Bereiche Informationstechnologie, E-Com-merce, Datenschutz und Kartellrecht spezialisiert. Er XI

Verzeichnis der Autoren

verfügt über langjährige und weitreichende Erfahrung in der Beratung der Computer- und Software-Branche sowie in der Telekommunikations- und Internet-Branche. Seit 2003 wird Herr Dr. Moritz aufgeführt in Chambers Global „The World’s Leading Lawyers“. Prof. Dr. Andreas Müglich Prof. Dr. Andreas Müglich, geb. 1960, lehrt Internationales Wirtschaftsrecht und Rechtsvergleichung an der FH Gelsenkirchen. Seine Schwerpunkte sind hierbei u. a. Internet und Multimediarecht, gewerbliche Schutzrechte und Urheberrechtsschutz, und Logistikrecht. Er ist stellv. Geschäftsführer des Institut für Internet-Sicherheit sowie u. a. Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Recht und Informatik (DGRI) und der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht. Dr. Reiner Ponschab Nach über 25 Jahren Tätigkeit als Rechtsanwalt und Partner bei HEUSSEN auf den Gebieten Litigation, Handels-, Gesellschafts-, Steuer- und Vertriebsrecht sowie über 20 Jahren Fortbildung auf den Gebieten Transaktionsanalyse, NLP, Systemische Beratung u. a. konzentriert er sich seit 2004 als of counsel auf das Gebiet des Konfliktmanagements. Dabei versucht er, Konflikte in und zwischen Unternehmen/Sozietäten (Mediation) sowie bei Einzelpersonen und Gruppen (Mentoring/Coaching) zu lösen. Das so gewonnene Wissen vermittelt er durch Lehrveranstaltungen, Vorträge, Bücher, Aufsätze und als Präsident von EUCON Europäisches Institut für Konfliktmanagement e.V. und der EUCON Akademie. Dr. Helmut Redeker Rechtsanwalt Dr. Helmut Redeker, Fachanwalt für Informationstechnologierecht und Verwaltungsrecht hat auch den akademischen Grad des Dipl.Inform. erworben. Er arbeitet und publiziert seit fast drei Jahrzehnten schwerpunktmäßig im Bereich des IT-Rechts. Er ist u. a. Verfassers des Werks „IT-Recht“ in der Reihe NJW Praxis und Herausgeber des Handbuchs der IT-Verträge sowie zahlreicher Zeitschriften- und Buchbeiträge zu IT-bezogenen Themen. Prof. Dr. Jochen Schneider Prof. Dr. Jochen Schneider ist Rechtsanwalt in München, Partner der Kanzlei SSW Schneider Schiffer Weihemüller. Er hat sich auf IT-Recht spezialisiert und dazu veröffentlicht. An der LMU ist er Honorarprofessor für Rechtsinformatik. Dr. Michael Streck Dr. Michael Streck, geb. am 8.3.1941 in Bonn, wurde nach Studium in Bonn, Köln und Lausanne 1975 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Er ist Gründungspartner der Kölner Steuer- und Wirtschaftssozietät Streck Mack Schwedhelm. Der ehemalige Präsident des Deutschen Anwaltvereins ist nach wie vor als Mitglied des Präsidiums aktiv und Vorsitzender des Berufsrechtsausschusses im DAV. XII

Verzeichnis der Autoren

Dr. Thilo Weichert Dr. Thilo Weichert ist seit 2004 Landesbeauftragter für den Datenschutz Schleswig-Holstein und damit Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz (ULD) in Kiel. Zuvor war er als Rechtsanwalt, Politiker, Publizist, Dozent, Justiziar und Mitarbeiter bei Datenschutzbehörden sowie von 1990 bis 2004 als Vorsitzender der Deutschen Vereinigung für Datenschutz (DVD) tätig. Er publiziert seit über 20 Jahren v.a. im Bereich Datenschutz, u. a. als Autor im Computerrechts-Handbuch von Kilian/ Heussen.

XIII

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Peter Bräutigam

Anwaltskunst jenseits der Paragraphen Inhaltsübersicht I. Klausurtipps für das Assessorexamen II. Verhandlung, Strategie, Taktik, Vertragsmanagement

III. Umgang mit Mandanten IV. Kanzleiorganisation/-management V. Rettung des Privatlebens

Jenseits rechtlicher Publikation hat Professor Dr. Benno Heussen wie nur ganz wenige Kollegen mit seinen Veröffentlichungen dazu beigetragen, dass ganze Heerscharen jüngerer Kollegen erfuhren, worin die Kunst des Anwalts außerhalb juristischer Fertigkeit liegt. Hier blicken wir namentlich auf die Gründung einer einschlägigen Arbeitsgemeinschaft im DAV, der Arge Anwaltsmanagement und auf zahlreiche Veröffentlichungen und Vorträge, die dem Anwalt Hilfestellung für sein gesamtes Berufsleben bescheren:

I. Klausurtipps für das Assessorexamen Ja, Sie lesen richtig, Professor Heussen hat seine Spuren bereits für die Zeit vor der Zulassung zum Anwalt, nämlich bei der Ausbildungszeit hinterlassen. So dankt Andreas Wimmer in seinen Klausurtipps für das Assessorexamen1 Heussen im Vorwort ausdrücklich dafür, dass er ihn „in der anwaltlichen Praxis mit der Notizblatt-Methode vertraut gemacht“ und ihn „auf die Idee gebracht hat, diese Methode für die Klausurbearbeitung fruchtbar zu machen“.

Worin liegt nun das Geheimnis dieser „Notizblatt-Methode“? Es ist nichts anderes als ein geniales Strukturierungssystem, in dem jeweils ein Gedanke oder ein Gesichtspunkt zu einem Thema auf einen Zettel notiert wird. Kern der Methode ist: ein Gedanke – ein Notizblatt. Der Vorteil besteht darin, dass unterschiedliche Gedankengänge den eigentlichen Punkt nicht verwässern, sondern dass vielmehr bei dieser buchstäblich auf einer Seite vollzogenen Reduzierung auf das Wesentliche das Gehirn frei und die Struktur klar bleibt. Es lassen sich dann auch weitergehende vertiefende Gedanken leicht zuordnen. Dieses Zettelsystem2 eignet sich zur Vorbereitung von Büchern, Beiträgen, Schriftsätzen und eben auch zur Erledigung von juristischen Klausuren im Staatsexamen. Professor Heussen befindet sich freilich in sehr guter Gesellschaft. So haben viele Dichter und Denker in dieser Weise mit Zetteln gearbei-

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1 Vgl. Wimmer, Klausurtips für das Assessorexamen, Verlag C.H. Beck, 1991, aktuell 3. Aufl. 2009 2 Vgl. im Einzelnen hierzu Heussen, Time-Management für Anwälte (Time Management for Lawyers), C.H. Beck, 2. Aufl. 2002, Seite 151 ff.

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Peter Bräutigam

tet; man denke nur an den einschlägigen Titel von Arno Schmidt „Zettels Traum“.

II. Verhandlung, Strategie, Taktik, Vertragsmanagement Ist man dann endlich Anwalt geworden, fragt man sich, wie man nun all diese Fertigkeiten des Verhandelns, Taktierens und des strategischen Vorgehens lernen kann, die doch allesamt nicht an der Universität vermittelt werden. Ich selbst kann mich noch gut erinnern, wie ich in den ersten Jahren bei Nörr  Stiefenhofer  Lutz in der kanzleieigenen Bibliothek verzweifelt Bücher zur praktischen Fertigkeit des Anwalts gesucht habe und schließlich auf das von Heussen herausgegebene Buch zum Vertragsmanagement (damals in der ersten Auflage)3 gestoßen bin. Besonders schön werden all diese Fähigkeiten auch in seinem Werk „Machiavelli für Streithammel“4 veranschaulicht.

III. Umgang mit Mandanten Der ganz wesentliche Erfolg des Anwalts liegt in einem erfolgreichen Umgang mit Mandanten. Was der Junganwalt hier braucht, ist ein Insiderreport zum Know-how bei der Mandantenbehandlung. Auch hier bietet Heussen mit dem Werk „Anwalt und Mandant – ein Insider-Report“5 entscheidende Hilfestellung. Immer wieder lesenswert sind das Kapitel VI „Typen und Qualitäten“, das sich mit typischen Anwalts- und Mandantenfehlern auseinandersetzt. Heussen macht dort sehr deutlich – Seite 194 –, dass das Mandanteninteresse im Mittelpunkt der Anwaltstätigkeit steht: „Dahinter muss jeder persönliche Wunsch nach Glamour zurückstehen“. Ein Satz, der gerade angesichts der im Anwaltsmarkt etablierten Yellowpress, vornehmlich englischer und amerikanischer Provenienz, ganz besondere Bedeutung gewinnt. Auch Kapitel XV, das die Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit behandelt, liefert Balsam für die geschundene Anwaltsseele: Heussen beschreibt das außerordentliche Engagement, das ein Anwalt für seinen Mandanten und dessen Sache aufbringt wie folgt: „Jeder Einsatz ist ein Geschenk, das er (der Anwalt – Ergänzung des Verfassers) dem einzelnen Mandanten macht, das nicht mit Geld aufzuwiegen ist.“

Wenn man an all die schier unmöglich einzuhaltenden Fristen und Nachtschichten zurückdenkt, kann man nur eines sagen: Recht hat er! Weiter führt Heussen aus: „Jeder von uns (Anwälten – Ergänzung des Verfassers) macht immer wieder die Erfahrung, dass die Mandanten den totalen hingebungsvollen Einsatz des Anwalts für das

__________ 3 Handbuch Vertragsverhandlung und Vertragsmanagement, inzwischen 3. Aufl. 2007. 4 Machiavelli für Streithammel (Machiavelli for Quarrelsome Persons), Frankfurt am Main, Frankfurter Allgemeine Buch, 2007. 5 Anwalt und Mandant – Ein Insider-Report. Darstellung rechtlicher und tatsächlicher Beziehungen zwischen Anwalt und Mandant, Verlag Dr. Otto Schmidt KG, 1999.

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Anwaltskunst jenseits der Paragraphen Normalste auf der Welt halten und höchst selten einen realistischen Blick dafür entwickeln, was sie fairerweise erwarten können.“

Auch hier gilt: Recht hat er!

IV. Kanzleiorganisation/-management Gerade das Aufkommen überörtlicher Sozietäten und die Bildung großer Law Firms nach englischem oder angloamerikanischem Vorbild rückte das Thema der Kanzleiorganisation in den Blick des Wirtschaftsanwalts. Dies umso mehr, als unter den Großkanzleien in Deutschland die Mehrzahl nunmehr eben englische oder amerikanische Law Firms sind. Auch dieses Thema lag Professor Heussen am Herzen. So hat er im deutschen Anwaltsverein, dessen Vorstand er auch angehört, die Arbeitsgemeinschaft Kanzleimanagement aus der Taufe gehoben, die sich allen Fragen rund um die Kanzleiorganisation widmet. Zahlreiche Aufsätze zeigen die Bandbreite, mit der Heussen das Thema aufgreift. Die unterschiedlichen Aspekte reichen von der durchaus wesentlichen Frage, wen man zum Partner machen sollte, über die Problematik wie mit Wissensmanagement umzugehen ist, die anwaltliche Unternehmenskultur, den idealen Sozietätsvertrag bis hin zur Balanced Scorecard bei Anwaltskanzleien.

V. Rettung des Privatlebens Wenn man sich von den Tipps von Heussen hat leiten lassen, endlich den sprichwörtlichen anwaltlichen Erfolg erreicht hat und vor lauter Arbeit nicht mehr weiß, wo einem der Kopf steht, ist es wieder Heussen, der einem tatkräftig zur Seite springt: „Zeitmanagement für Anwälte“, so lautet das Werk6, auf das sich all die Hoffnungen des stressgeplagten Advokaten richten. In der Tat gibt es hier viel Wesentliches zur Selbstreflexion zu finden. So sei ein wesentliches Element, die Zeit, die ja geräusch- und folgenlos vorbeirennt, bewusst „wahrzunehmen“. Wie bei dem pragmatischen Autor nicht anders zu erwarten, findet sich ein ganzes Bündel wichtiger Tipps zum Thema Planen, Delegieren und Kontrollieren, zum richtigen Einsatz von Checklisten, des Zettelsystems und der Strukturierung des Tages. All dies soll verhindern, dass nicht die Situation eintritt, die Heussen mit dem treffenden Satz beschreibt (Seite 20): „Unstrukturierte Zeit dehnt sich unendlich“. Es bleibt Herrn Professor Heussen zu wünschen, dass er mit all diesen, von ihm selbst stammenden Tipps seine Zeit immer gut im Griff und damit mehr Zeit für sein Privatleben hat. Zu unserer Überraschung räumt er selbst allerdings ein, dass er die eigenen Ratschläge nur zu einem Drittel umzusetzen vermag. Hält man sich aber die schiere Masse seiner nützlichen Hinweise vor Augen, ist auch das eine beachtliche Quote, die es erst einmal zu schlagen gilt.

__________ 6 Time-Management für Anwälte (Time Management for Lawyers), C.H. Beck, 2. Aufl. 2002.

5

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Wolfgang Hartung

Vom anwaltlichen Werbeverbot zum anwaltlichen Werberecht Inhaltsübersicht I. Historische Entwicklung des Werbeverbots 1. Werbeverbot zum Schutz der Obrigkeit im 17. und 18. Jahrhundert 2. Werbeverbot zum Schutz der Standeswürde im 19. Jahrhundert 3. Fortbestand des Werbeverbots im 20. Jahrhundert 4. Ende des Werbeverbots 1987/1994 a) Aufhebung der Grundsätze des anwaltlichen Standesrechts durch das Bundesverfassungsgericht b) Gesetzliche Aufhebung des Werbeverbots II. Entwicklung des Werberechts seit 1987 1. Erste Anfänge anwaltlicher Werbung

2. Anwaltliches Werberecht und wettbewerbsrechtliche Rechtsprechung 3. Gesetzliche Verankerung des Werberechts III. Anwaltliche Werbemöglichkeiten 1. Druckerzeugnisse 2. Elektronische Werbeträger 3. Internet a) Werbung mit einer DomainAdresse b) Suchmaschinenwerbung 4. Preiswerbung 5. Werbetexte IV. Jüngste Entwicklung 1. Preiswerbung über eBay 2. Werbung mit Namen von Prozessgegnern V. Ausblick

I. Historische Entwicklung des Werbeverbots Die längste Zeit ihres Bestehens kannte die Anwaltschaft kein Werberecht. Ihr Standesrecht war im Gegenteil von einem uneingeschränkten Werbeverbot geprägt, wenn auch die Begründungen für seine Geltung sich mit der Zeit wandelten. 1. Werbeverbot zum Schutz der Obrigkeit im 17. und 18. Jahrhundert Im 17. und 18. Jahrhundert erlebten die Rechtsanwälte einen „Tiefpunkt ihres gesellschaftlichen Ansehens“1. Die Rechtsanwälte standen bei der Obrigkeit im Verdacht, „Leute aufzuwiegeln“, die Parteien zum leichtfertigen Führen von Prozessen zu überreden, was angeblich zu einem „drückenden Verschleiß der Justiz“ und zu „unverantwortlicher Vervielfältigung … der Prozesse zum

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1 Die nachfolgende Darstellung der historischen Entwicklung folgt der Kommentierung von Hartung/Römermann-Römermann, Berufs- und Fachanwaltsordnung, 4. Aufl. 2008, Vor § 6 BerufsO Rz. 9 ff. und Henssler/Prütting-Eylmann, 2. Aufl. 2004, § 43 b BRAO Rz. 2 ff.; vgl. auch Prinz, Anwaltswerbung, 1986 S. 85.

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Wolfgang Hartung

Ruin der Unterthanen“ führte, zumal den Advokaten „sehr daran gelegen [wäre], dass die Prozesse vervielfältigt und in die Länge gezogen werden“2. Zum Schutz der Untertanen vor dem wirtschaftlichen Ruin, vor allem aber zum Schutz der staatlichen Institutionen vor unnötigen Prozessen sahen sich manche Landesfürsten genötigt, gegen derlei „Advocatenmissbräuche“3 einzuschreiten. So stellte etwa die viel zitierte4 Fuldische Advocatenordnung von 1775 unter Strafe, „auf dem Lande herumzuziehen, Prozesse zu werben, die Bauern aufzutreiben und bei ihnen zu zechen. Ein jeder Beamter, der in seinem anvertrauten Gebiete einen solchen antrifft, und in derlei unerlaubten Beginnen betritt, soll den Advocaten kurzum arretieren …“.

Der König der Preußen, Friedrich Wilhelm I., schrieb 1739 in einem Brief an den damaligen Präsidenten des Kammergerichts Cocceji: „Wenn … ein Advocat oder Procurator sich unterstehen wird, … Leute aufzuwiegeln, um bei ihm alte abgedroschene Sachen anzubringen, so wird der König solchen Advocaten oder Procurator ohne Gnade aufhängen und zu mehrerer Abscheu einen Hund neben ihn hängen lassen.“

2. Werbeverbot zum Schutz der Standeswürde im 19. Jahrhundert Erst im 19. Jahrhundert konnte die Anwaltschaft neben einem erhöhten politischen Einfluss auch wieder einen Zuwachs an gesellschaftlichem Ansehen verzeichnen. Werben durfte sie trotzdem nicht, weil die Auffassung galt, das Werbeverbot beruhe auf der Würde des Anwaltsstandes5. Unterschwellig soll auch die Angst der etablierten Rechtsanwälte vor der Konkurrenz der nachrückenden jüngeren Rechtsanwälte eine Rolle gespielt haben6. Zudem hatte die Anwaltschaft andere Sorgen. Sie wollte die freie Advokatur durchsetzen und im Einklang damit die Bevormundung durch die staatliche Obrigkeit durch eigene Organisationen (Kammern) zur Wahrung der Disziplin ersetzen7. Als 1878 die Rechtsanwaltsordnung verabschiedet wurde, war die Anwaltschaft von einem einheitlichen Berufsbild noch weit entfernt. Das ist wohl der Grund, dass in ihr kein ausdrückliches Werbeverbot normiert, sondern in § 28 RAO nur generalklauselartig formuliert wurde, der „Rechtsanwalt ist verpflichtet, seine Berufstätigkeit gewissenhaft auszuüben und durch sein Verhalten in Ausübung des Berufs sowie außerhalb desselben sich der Achtung würdig zu zeigen, die sein Beruf erfordert“. Diese Generalklausel gab dem Ehrengerichtshof als höchste Disziplinarinstanz schon ab 1883 die Gelegenheit, in einer Reihe einschlägiger Entscheidungen festzustellen, dass Werbung mit der

__________ 2 Sämtliche Zitate aus Quellen aus dem 18. Jahrhundert bei Prinz, S. 86. 3 Gneist, Freiheit der Advocatur, S. 84. 4 Z. B. Prinz, S. 85; Breuer, Anwaltliche Werbung – Inhalt und Grenzen, Diss. Köln 1994 S. 42; Henssler/Prütting-Eylmann, a. a. O. (Fn. 1), § 43 b BRAO Rz. 1; Meyer AnwBl. 1992, 241 (242). 5 Breuer, a. a. O. (Fn. 4), S. 43; Prinz, a. a. O. (Fn. 1), S. 87. 6 Henssler/Prütting-Eylmann, a. a. O. (Fn. 1), § 43 b BRAO Rz. 3. 7 Breuer, a. a. O. (Fn. 4), S. 43.

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Würde des Rechtsanwalts unvereinbar und daher unzulässig sei8. Gleichwohl fiel es den damaligen Rechtsanwälten schwer, dieses strikte Verbot einzuhalten. Fast ein Viertel aller ehrengerichtlichen Verurteilungen der ersten zwölf Jahre betrafen Verstöße gegen das gesetzlich nicht normierte, aber von dem Ehrengerichtshof aus der Würde des Rechtsanwalts abgeleitete Werbeverbot9. Doch die Ehrengerichte verschärften das Verbot zusätzlich, indem sie unter Hinweis auf das Werbeverbot Rechtsanwälte bestraften, die bei anwaltlicher Berufsausübung den ihnen zustehenden Professorentitel führten10. 3. Fortbestand des Werbeverbots im 20. Jahrhundert Ab 1927 übernahm der Deutsche Anwaltverein (DAV) die Aufgabe, das anwaltliche Standesrecht zusammenzustellen. Das Ergebnis dieser Sammlung bildeten die ersten Standesrichtlinien von 1929, das sog. „Vademecum“, in dessen Ziffern 20 ff. sich detaillierte Regelungen des Werbeverbotes fanden. Spätere Neufassungen der Standesrichtlinien unter der Reichsrechtsanwaltsordnung (RRAO) vom 21. Februar 1936 und schließlich der BRAO vom 1. August 1959 änderten daran im Kern nichts11. § 2 Abs. 1 Satz 1 der RichtlRA vom 21. Juni 1973 stellte hierzu lapidar fest: „Der Rechtsanwalt handelt standeswidrig, wenn er um Praxis wirbt.“ Auch die Literatur zum anwaltlichen Standesrecht hielt an dem rigiden Werbeverbot fest. So schrieb Kalsbach 1956 in seinem damals hoch angesehenen Werk über das „Standesrecht des Rechtsanwalts“: „Mit der Pflicht zur Wahrung der Würde und der Unabhängigkeit hängt eng das Verbot der Werbung zusammen. Der Beruf des Rechtsanwalts ist ein Beruf der Leistung. Die Leistung bestimmt seine Stellung im freien Wettbewerb der Standesgenossen. Wer mehr leistet, soll auch größeren wirtschaftlichen Erfolg haben. Wer weniger leistet, darf nicht berechtigt sein, den Vorsprung der echten Leistung des Kollegen dadurch wettzumachen, daß er es versteht, die Rechtssuchenden anzulocken und ihre Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Das wäre ebenso unwürdig, wie es geeignet ist, Abhängigkeit zu schaffen.“12

Im Jahre 1976 schrieb Isele in seinem Kommentar zur Bundesrechtsanwaltsordnung13 „Sobald das Stichwort ‚Werben um Praxis‘ fällt, reagieren selbst Anwälte, die als konservativ gelten, geradezu allergisch, und man hört immer wieder die bösen Worte über die Kammervorstände und Ehrengerichte, die sich mit besseren und wichtigeren Dingen

__________ 8 Zuerst EGH 1, 28 (32); vgl. Prinz, a. a. O. S. 89; Henssler/Prütting-Eylmann, a. a. O. (Fn. 1), § 43 b BRAO Rz. 3; ausführliche Wiedergabe der früheren Rechtsprechung bei Isele, Kommentar zur Bundesrechtsanwaltsordnung, 1976, Anh. zu § 43 – Werbung. 9 Ostler, Die deutschen Rechtsanwälte 1871–1971, 2. Aufl. 1982, S. 55. 10 EGH 20, 116; kritisch dazu Görres JW 1923, 667; ebenso Friedländer AnwBl. 1927, 38. 11 Näher Breuer, a. a. O. (Fn. 4), S. 44 f.; Prinz, a. a. O. (Fn. 1), S. 90 ff. 12 Kalsbach, Standesrecht des Rechtsanwalts, 1956, S. 62; ders., Bundesrechtsanwaltsordnung, 1960, S. 404. 13 Isele, a. a. O. (Fn. 8), Anhang zu § 43, Stichwort Werbung (S. 802).

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Wolfgang Hartung beschäftigen sollten, als auszumessen, ob das Praxisschild des einen Rechtsanwalts zwei Zentimeter breiter und höher sei als das eines oder mehrerer anderer Rechtsanwälte.“

und weiter: „Das Werbeverbot hat auch eine Schutzfunktion. Es schafft gleiche Berufsbedingungen für alle Angehörigen des Standes. Es gibt dem neu zugelassenen Rechtsanwalt die gleiche Chance wie dem alteingesessenen. Der erstere verdient sich die Sporen durch seine Leistung, der sog. arrivierte Anwalt kann seinen Ruf nur durch die Beibehaltung seiner seitherigen Leistung behalten.“

Zwischen beiden Äußerungen liegen 20 Jahre und es dauerte noch einmal zehn Jahre, in denen das anwaltliche Werbeverbot weiterhin unumstritten blieb. 4. Ende des Werbeverbots 1987/1994 a) Aufhebung der Grundsätze des anwaltlichen Standesrechts durch das Bundesverfassungsgericht Es war reiner Zufall und nicht das Ergebnis einer Auflehnung der Anwaltschaft gegen das Werbeverbot, dass das Bundesverfassungsgericht im Jahre 1987 über eine Verfassungsbeschwerde zu entscheiden hatte, deren Gegenstand eine Rüge der Rechtsanwaltskammer Stuttgart war. Von ihr war ein Rechtsanwalt betroffen, der u. a. Selbstanzeige wegen Verletzung des Berufsgeheimnisses erstattet und Kopien dieser Strafanzeigen kommentarlos an die örtlichen Presseorgane gesandt hatte. Damit hatte der betroffene Rechtsanwalt nach Meinung der Rechtsanwaltskammer gegen das Werbeverbot verstoßen. Dieser aus heutiger Sicht an sich belanglose Tatbestand führte zur Aufhebung nicht nur des anwaltlichen Werbeverbots, sondern zur Kassation der Grundsätze des anwaltlichen Standesrechts schlechthin14. Damit war das Ende des Werbeverbots eingeläutet. b) Gesetzliche Aufhebung des Werbeverbots Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zwang den Gesetzgeber zum Handeln. Dennoch dauerte es sieben Jahre, bis mit dem Gesetz zur Neuordnung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und der Patentanwälte vom 2. September 199415 der § 43 b in die Bundesrechtsanwaltsordnung eingeführt wurde. Er erlaubt anwaltliche Werbung, soweit sie über die berufliche Tätigkeit in Form und Inhalt sachlich unterrichtet und nicht auf die Erteilung eines Auftrags im Einzelfall gerichtet ist. Diese gesetzliche Regelung anwaltlicher Werbung wurde anschließend durch die von der Satzungsversammlung (§§ 191 a ff. BRAO) im Jahr 1996 beschlossene Berufsordnung durch die Vorschriften der §§ 6–10 BerufsO konkretisiert. Damit war der Weg frei, außer durch Leistung auch durch Anpreisung zu werben.

__________ 14 BVerfGE 76, 196 ff. = NJW 1988, 193. 15 BGBl. I 2278.

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II. Entwicklung des Werberechts seit 1987 1. Erste Anfänge anwaltlicher Werbung Die Aufhebung des Werbeverbots fand in der Anwaltschaft ein durchaus unterschiedliches Echo. Die Mehrheit der Rechtsanwälte verhielt sich zunächst abwartend und stand dem neuen Werberecht skeptisch, vielfach sogar ablehnend gegenüber. Nur eine Minderheit nutzte die neuen Möglichkeiten. Diese schon bei den Abstimmungen in der Satzungsversammlung erkennbar gewordene Spaltung der Anwaltschaft in zwei Lager hatte mehrere Gründe. Zum einen: Die Anwaltschaft wird durchweg von einer konservativen Grundeinstellung geprägt. Deshalb steht sie Neuerungen grundsätzlich eher ablehnend gegenüber. Zum anderen: Werbung kostet Geld. Wer die Einkommenssituation der Rechtsanwälte kennt16, weiß, dass die Einkünfte es kaum erlauben, die ohnehin hohen Kosten mit zusätzlichen Ausgaben für Werbung noch zu erhöhen. Schon eher findet Werbung vermehrt dort statt, wo sie nichts kostet. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass die Anwaltschaft anfänglich Werbung vorrangig mit Praxisbroschüren und mit Eintragungen in Telefonbüchern und Branchenverzeichnissen betrieb. 2. Anwaltliches Werberecht und wettbewerbsrechtliche Rechtsprechung Bei den ersten zaghaften Versuchen im Umgang mit dem neuen Werberecht blieb es jedoch erwartungsgemäß nicht. Die Anwaltschaft erwies sich sehr bald sogar als überaus erfinderisch, stieß allerdings mit ihrem Einfallsreichtum auch sehr schnell auf heftigen Widerstand. Vor allem die ordentlichen Gerichte taten sich mit den Werbeaktivitäten der Rechtsanwälte in den ersten Jahren schwer und wiesen den Rechtsanwälten – aus späterer Sicht oft zu Unrecht – Einhalt. Das rief anwaltliche Konkurrenten auf den Plan, die versuchten, die aus ihrer Sicht berufswidrige Werbung als unlauteren Wettbewerb von den ordentlichen Gerichten untersagen zu lassen. Dabei waren sie häufig von Erfolg begleitet, da die Wettbewerbssenate unter Verkennung der eingetretenen Liberalisierung bislang unübliche Verhaltensweisen zum Teil als irreführend ansahen und verboten17. Durch diesen Erfolg restriktiver Bestrebungen ermutigt, gingen nun auch einzelne Rechtsanwaltskammern dazu über, wie ein gewerblicher Verband und wie die Anwaltsvereine gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG a. F. gegen (vermeintliche) Verstöße ihrer Mitglieder vor den ordentlichen Gerichten zu klagen. Hierbei kam ihnen die Möglichkeit einer raschen vorläufigen Entscheidung im einstweiligen Verfügungsverfahren entgegen. Bei einer rückschauenden Betrachtung kann man sagen, dass „sich der Schwerpunkt der Frage anwaltlicher Werbung vom Standesrecht zum Wettbewerbsrecht“18, mit anderen Worten von der Berufs- zur Wettbewerbsgerichtsbarkeit

__________ 16 Siehe hierzu Hartung/Römermann/Schons-Hartung, Praxiskommentar zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 2. Aufl. 2006, Einf. 12–16. 17 Vgl. Kleine-Cosack ZIP 1990, 1534 (1537). 18 Bornkamm WRP 1993, 643 (644).

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hin verlagerte. Eine große Anzahl der seit 1987 veröffentlichten Entscheidungen zum anwaltlichen Werberecht rühren somit von ordentlichen und nicht von Anwaltsgerichten her. 3. Gesetzliche Verankerung des Werberechts Die oft anwaltsfeindliche Rechtsprechung der ordentlichen Gerichte konnte den Einfallsreichtum der Rechtsanwälte nicht nachhaltig bremsen. Nachdem das Gesetz zur Neuordnung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und der Patentanwälte vom 2. September 199419 eine gesetzliche Grundlage für das anwaltliche Werberecht geschaffen hatte, galt es, sich an dem neuen § 43 b BRAO und den von der Satzungsversammlung beschlossenen §§ 6 bis 10 BerufsO zu orientieren. § 43 b BRAO besagt: Der Rechtsanwalt darf berufsbezogen werben, das heißt über seine berufliche Tätigkeit unterrichten, doch muss seine Werbung in Form und Inhalt sachlich und darf nicht auf die Erteilung eines Auftrages im Einzelfall gerichtet sein. In den §§ 6 bis 10 BerufsO wird diese gesetzliche Regelung zusätzlich spezifiziert. Eine Einschränkung des in § 43 b BRAO gesetzlich normierten Werberechts können die berufsrechtlichen Bestimmungen jedoch nicht begründen. Eine weitere Regelung, die vor allem der Bereinigung grenzüberschreitender Kollisionsfälle dient, findet sich in 2.6. CCBE. Das in § 43 b BRAO statuierte Sachlichkeitsgebot verhindert, dass der Rechtsanwalt in der Wahl seiner Werbemethoden gänzlich frei ist. Das ergibt sich eigentlich schon aus der Stellung des Rechtsanwalts als Organ der Rechtspflege (§ 1 BRAO) sowie daraus, dass er einen freien Beruf ausübt und kein Gewerbe betreibt (§ 2 BRAO). Die Frage nach der Zulässigkeit bzw. Unzulässigkeit anwaltlicher Werbemaßnahmen ist also anhand des Sachlichkeitsgebots zu beantworten. Demgemäß ist anwaltliche Werbung als unsachlich zu bewerten, wenn ihr Erscheinungsbild derart im Vordergrund steht, dass ihr Inhalt weit dahinter zurückbleibt20, ferner wenn sie anpreisend oder reklamehaft21, aufdringlich und belästigend22, vergleichend23 oder irreführend24 ist. Umgekehrt ist nicht jede Werbung, die sich nicht in diesen Negativkatalog einordnen lässt, berufsrechtlich zulässig, vielmehr kommt es immer auf eine Einzelfallbetrachtung an. Wer also als Rechtsanwalt vor der Aufgabe steht, eine von ihm geplante Werbemaßnahme anhand des § 43 b BRAO auf ihre Vereinbarkeit mit dem Sachlichkeitsgebot zu überprüfen, stößt auf eine kaum übersehbare Rechtsprechung und eine vielfältige Literatur.

__________ 19 BGBl. I 2278. 20 BGH NJW 2001, 2087; vgl. auch Fezer/Becker-Eberhard, Lauterkeitsrecht: UWG, Band 2, 2005, § 4-S 3 Rz. 65 ff. 21 Fezer/Becker-Eberhard, a. a. O. (Fn. 20), § 4-S 3 Rz. 65 ff.; Anh. §§ 1–7 H Rz. 6. 22 Fezer/Becker-Eberhard, a. a. O. (Fn. 20), § 4-S 3 Rz. 77. 23 Hartung/Römermann-Römermann a. a. O. (Fn. 1), § 6 BerufsO Rz. 92–96. 24 Fezer/Becker-Eberhard, a. a. O. (Fn. 20), § 4-S 3 Rz. 78 ff.

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III. Anwaltliche Werbemöglichkeiten Anwaltliche Werbung muss sich aufgrund des in § 43 b BRAO normierten Sachlichkeitsgebots von gewerblicher Werbung in Form und Inhalt unterscheiden und darf nicht auf die Erteilung eines Auftrags im Einzelfall gerichtet sein. In diesem Rahmen stehen dem Rechtsanwalt fast sämtliche Werbemöglichkeiten zur Verfügung. Wenn es um die Definition der einzelnen Werbemöglichkeiten geht, stößt man auf ein sehr unterschiedliches Begriffsverständnis. So findet man Begriffe wie Werbemedien, Werbeträger, Werbearten, Werbemethoden, Werbeformen und Werbemittel, ohne dass im Einzelfall klar ist, was mit diesen Begriffen gemeint ist. Nachfolgend werden nur die in der Anwaltschaft geläufigsten Werbemöglichkeiten kurz angesprochen. 1. Druckerzeugnisse Der in der Anwaltschaft wohl noch immer führende Werbeträger sind Druckerzeugnisse, auch wenn in jüngerer Zeit das Internet als Werbeträger mehr und mehr an Boden gewinnt. Allerdings gibt es zwischen beiden Werbeträgern einen grundlegenden Unterschied. Mit einem Druckerzeugnis können potentielle Mandanten unmittelbar und gezielt umworben werden, die Werbung im Internet ist darauf angewiesen, dass das rechtsuchende Publikum den anwaltlichen Internetauftritt sucht und die Website des Rechtsanwalts findet. Zu den Druckerzeugnissen gehören beispielhaft und ohne Anspruch auf Vollständigkeit Praxisbroschüren, Adress- und Telefonbücher, Anzeigenblätter, Branchenverzeichnisse, Bücher, Fachzeitschriften, illustrierte Zeitschriften, Publikumszeitschriften, Magazine, Plakate, Programmzeitschriften, Rundschreiben, Tages- und Wochenzeitungen, Visitenkarten sowie Weihnachts- und Geburtstagsgrüße. 2. Elektronische Werbeträger Elektronische Werbeträger sind Fernsehen und Hörfunk, aber auch Kabelfernsehen, Satellitenfernsehen, Bildschirmtext, Pay-TV (Bezahlfernsehen), Videotext und elektronische Medien wie Telefax, E-Mail und SMS. Elektronische Werbeträger sind grundsätzlich erlaubt, sofern nicht der Inhalt der übermittelten Informationen gegen § 43 b BRAO verstößt25. Unsachlich kann also nur das verwendete Werbemittel sein. So wurde eine Hörfunkwerbung, die aus der knappen Schilderung von Rechtsfällen bestand und einprägsam durch Musik und Crash-Geräusche unterlegt war, für unsachlich gehalten26. Wenn aber auf der Grundlage des Art. 12 GG dem Rechtsanwalt grundsätzlich jedes Medium offen steht, dann muss auch eine mediengerechte Wer-

__________ 25 BVerfG NJW 1996, 3067 (3068). 26 OLG München NJW 1999, 1409; zustimmend Hirte ZZP 116 (2003) 135 (151).

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bung erlaubt sein. Beim Hörfunk gehört deshalb auch die akustische Untermalung dazu27. 3. Internet Zu den sog. Online-Werbeträgern gehört neben den Online-Angeboten klassischer Content-Anbieter (Print, Funk, TV), den Suchmaschinen und Web-Katalogen und den Online-Diensten der Provider vor allem die Werbung im Internet über eine Domain-Adresse28. a) Werbung mit einer Domain-Adresse Die Domain identifiziert einen Computer im Internet, ist also praktisch die Adresse, unter der sich der Rechtsanwalt im Internet präsentieren und in diesem Medium für sich werben will. Ernst29 bezeichnet die Domain als Aushängeschild jeder Website und damit auch des anwaltlichen Internetauftritts. Besonders beliebt sind Gattungs- und Dienstleistungsbezeichnungen, weil die Verwendung solcher Bezeichnungen einen erleichterten und damit erhöhten Zugriff auf die Websites ermöglicht. Für Rechtsanwälte relevante Domain-Adressen haben die Gerichte schon mehrfach beschäftigt. Der Bundesgerichtshof hat die Adressen „presserecht.de“30, „rechtsanwaelte-notar.de“31 oder „ra-(Ortsname)“32 für zulässig gehalten, das Oberlandesgericht Celle hat die Zulässigkeit der Adresse „recht-freundlich.de“33 bejaht. Problematisch sind übertriebene selbstanpreisende oder gar eine Spitzenstellung behauptende Domainnamen34. b) Suchmaschinenwerbung Eine besondere Form der Werbung im Internet ist das Suchmaschinenmarketing (Search Engine Marketing, SEM). Es umfasst alle Maßnahmen zur Gewinnung qualifizierter Besucher über Websuchmaschinen. Ziel des Suchmaschinenmarketings ist es, dass die Webpräsenz auf den Ergebnisseiten der Suchmaschine bei einer Suchanfrage gut gefunden wird. Suchmaschinenwerbung erfolgt beispielsweise durch Kauf bezahlter Einträge (sog. AdWords). Eine solche Werbung (z. B. bei „Google“) mit Hilfe bezahlter Stichworte ist nicht generell unzulässig, kann aber den Rahmen der sachlichen

__________ 27 Hartung/Römermann-Römermann, a. a. O. (Fn. 1), § 6 BerufsO Rz. 120. 28 Zur Mandatsgewinnung über das Internet neuerdings Kraft ZAP Fach 23 S. 771 ff. 29 Ernst, Münchener Kommentar zum Lauterkeitsrecht, Band 2, 2006, Anh. §§ 1–7 H UWG Rz. 35. 30 BGH BRAK-Mitt. 2003, 82. 31 BGH BRAK-Mitt. 2003, 2003, 32 m. Anm. Dahns. 32 BGH NJW-RR 2003, 781 (782); weitere Beispiele finden sich bei Hartung/Römermann-Römermann, a. a. O. (Fn. 1), Vor § 6 BerufsO Rz. 230. 33 OLG Celle NJW 2001, 3133. 34 Ernst, a. a. O. (Fn. 29), Anh. §§ 1–7 H UWG Rz. 37; Hoß AnwBl. 2002, 377 (381).

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Unterrichtung über das Dienstleistungsangebot der Kanzlei überschreiten. Dies gilt insbesondere, wenn der Internetnutzer im Unklaren gelassen wird, dass es sich um Werbung von Rechtsanwälten handelt35. Wie in der Rechtsprechung anerkannt ist, richtet sich die Beurteilung, welche Werbeformen als sachlich oder übertrieben bewertet werden können, nicht danach, ob es bisher üblich war, sich eines bestimmten Mediums zu bedienen. So hat es das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich abgelehnt, in Bezug auf das Internet die Grenzen für die erlaubte Selbstdarstellung enger zu ziehen36. In seinen Entscheidungen hat es darauf abgestellt, dass es sich bei den beanstandeten Inhalten jeweils um eine im Internet als passive Darstellungsplattform geschaltete Selbstpräsentation handelte und die Internetwerbung typischerweise von solchen Personen zur Kenntnis genommen wird, die nicht unaufgefordert durch Werbung beeinflusst werden, sondern sich selbst aktiv informieren37. Von dieser Art der „passiven“ Internetpräsentation ist eine AdWord-Werbung zu unterscheiden, mit der sich ein Rechtsanwalt durch eine „gekaufte“ Platzierung an erster Stelle der Trefferliste ins „Blickfeld“ derjenigen Internetnutzer bringt, die sich zwar selber aktiv informieren wollen, deren Informationsinteresse jedoch nicht auf Rechtsanwaltsdienstleistungen gerichtet ist. Davon erfährt der Internetnutzer erst, wenn er auf die Homepage des Rechtsanwalts zugreift. In einem solchen Fall steht die Art der Präsentation im Sinne einer übertriebenen reklamehaften („marktschreierischen“) Herausstellung gegenüber einer Interessentengruppe, die sich nicht über anwaltliche Dienstleistungen informieren will, im Vordergrund38. 4. Preiswerbung Anwaltliche Preiswerbung ist schon seit längerer Zeit zulässig39, allerdings nur, soweit das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz in § 34 RVG eine freie Preisgestaltung zulässt. Die Anwaltschaft ist gut beraten, wenn sie sich durch die Freigabe der Vergütung im außergerichtlichen Anwendungsbereich des § 34 RVG nicht dazu verleiten lässt, anwaltliche Leistungen zu Billigpreisen anzubieten. Je billiger ein Rechtsanwalt seine Leistung anbietet, umso mehr verliert er an Ansehen. Eine Folge davon ist, dass die Anwaltschaft mehr und mehr ins wirtschaftliche Abseits gerät. Damit verbunden ist ein Ansehensschwund, wie er sich in einer Allensbacher Berufsprestige-Skala widerspiegelt. Der Arzt, der Pfarrer und der Hochschullehrer nehmen in dieser Prestigeskala die Plätze eins bis drei ein. Der Rechtsanwalt steht mit 27 % nur noch an sechster Stelle und nur vier Prozentpunkte hinter dem Unternehmer (31 %).

__________ 35 36 37 38 39

LG München BRAK-Mitt. 2007 39 (L) = CR 2007, 467. BVerfG NJW 2003, 2818 (2819). Ebenso OLG München NJW 2002, 760 (762). LG München BRAK-Mitt. 2007 39 (L) = CR 2007, 467. Vgl. Henssler/Prütting-Eylmann, a. a. O. (Fn. 1), § 43 b Rz. 26 ff.; aus der jüngeren Rechtsprechung siehe OLG Stuttgart AnwBl. 2007, 229; AGH Berlin AnwBl. 2007, 375; LG Ravensburg AnwBl. 2006, 677.

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Sorgt sich die Anwaltschaft nicht alsbald um ihr Ansehen, wird sie weiter an Ansehen verlieren. Wirtschaftliche Abhängigkeit vom Mandanten ist aber für die Stellung der Anwaltschaft ebenso schädlich wie Abhängigkeit vom Staat. Letztere gibt es im hergebrachten (politischen) Sinn nicht mehr. Doch weil der Staat die Höhe der Anwaltsgebühren bestimmt, sie jedoch der allgemeinen Preissteigerung immer erst mit großer zeitlicher Verspätung und nicht einmal ausreichend anpasst, trägt er seinerseits dazu bei, dass die Anwaltschaft an Ansehen und die Unabhängigkeit verliert40. 5. Werbetexte Im Mittelpunkt der Rechtsprechung stehen immer wieder die anwaltlichen Werbetexte, gleichgültig in welchem Medium der Rechtsanwalt wirbt. Ob Werbetexte mit dem Sachlichkeitsgebot des § 43 b BRAO vereinbar sind, hängt sehr vom Einzelfall ab. Unzulässig sind insbesondere reklamehafte, übertriebene und irreführende Formulierungen. Wertungen wie „renommiert“, „führend“, „sehr erfolgreich“ usw41. sind zulässig, wenn bei realistischer Einschätzung an dem Renommé der jeweiligen Kanzlei kein vernünftiger Zweifel besteht42. Dies gilt auch für die Aussagen „dynamische Entwicklung“ oder „zukunftsweisendes Dienstleistungskonzept“43. Das Bundesverfassungsgericht44 hat auch den Werbetext „S. Rechtsanwalt hat es zu seiner wichtigsten Aufgabe gemacht, die wirtschaftlichen Interessen seiner Mandanten optimal zu wahren und durchzusetzen“ unbeanstandet gelassen und ausgeführt, im Kontext des gesamten Werbeinhalts müsse eine solche Äußerung grundrechtsfreundlich ausgelegt werden. Der Bundesgerichtshof45 hielt den Werbetext „Heute stehen Ihnen acht Rechtsanwälte für die optimale Vertretung Ihrer Interessen in den verschiedensten Rechtsgebieten zur Verfügung. Eine moderne EDV, eine gut ausgestattete Fachbibliothek und der Zugriff auf umfangreiche juristische Datenbanken gewährleisten höchste Beratungsqualität.“ für berufsrechtskonform. Ebenfalls als zulässig wurde die Formulierung angesehen, eine Anwaltskanzlei biete „umfassende Rechtsberatung“46. In ähnlicher Weise ließ der Bayerische Anwaltsgerichtshof47 die Selbstbewertung einer Kanzlei von Anwältinnen als „Frauen mit umfassendem Wissen“ unbeanstandet48.

__________ 40 41 42 43 44 45 46 47 48

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Hartung/Römermann, ZRP 2003, 149. Vogelsang WiB 1995, 155 (156). Hartung/Römermann-Römermann, a. a. O. (Fn. 1), § 6 BerufsO Rz. 72. Gehre StBerG § 57 a Rz. 12. BVerfG BRAK-Mitt. 2003, 127. BGH AnwBl. 2005, 505 = BRAK-Mitt. 2005, 199. BVerfG NJW 2001, 3324 = AnwBl. 2002, 60 = WRP 2001, 1284. BayAGH BRAK-Mitt. 2003, 38. Weitere Beispiele finden sich bei Hartung/Römermann-Römermann, a. a. O. (Fn. 1), § 6 BerufsO Rz. 76.

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IV. Jüngste Entwicklung Wenngleich die Zeit, in der nach Abschaffung des anwaltlichen Werbeverbots die anwaltliche Werbung im Mittelpunkt der berufsrechtlichen Rechtsprechung gestanden hatte, vorbei ist und jeder Rechtsanwalt, der werben will, auf der Grundlage einer gesicherten Rechtsprechung die Zulässigkeit einer von ihm beabsichtigten Werbung prüfen kann, lässt sich nicht davon sprechen, dass die Entwicklung des anwaltlichen Werberechts abgeschlossen ist. Zwei Beispiele aus jüngster Zeit belegen dies. 1. Preiswerbung über eBay Mit einer völlig neuen Möglichkeit der Preiswerbung beschäftigte sich unlängst ein Fachanwalt für Familienrecht. Er bot bei eBay zwei „Beratungen bis 60 Minuten in familien- und erbrechtlichen Fragen“ mit Startpreisen von 1 Euro bzw. 75 Euro und einen „Exklusivberatungsservice (5 Zeitstunden)“ mit einem Startpreis von 500 Euro an. Auf die mit dem Startpreis von 1 Euro angebotene Beratung waren Gebote bis zu 12,50 Euro abgegeben worden. Die Rechtsanwaltskammer und auch das Anwaltsgericht hielten diese Preiswerbung für berufsrechtswidrig. Das Bundesverfassungsgericht war gegenteiliger Meinung. Durch Beschluss vom 19. Februar 200849 entschied es, die Versteigerung anwaltlicher Beratungsleistungen in einem Internetauktionshaus verstoße nicht gegen anwaltliches Berufsrecht, die zuvor vom Anwaltsgericht vertretene gegenteilige Auffassung lasse die Grenzen unberücksichtigt, die Art. 12 Abs. 1 GG nach der Rechtsprechung des Gerichts für ein berufsrechtliches Werbeverbot aufstelle. Im Einzelnen stützte das Bundesverfassungsgericht seine Entscheidung im Wesentlichen auf folgende Gründe: Die einschlägige Regelung in § 43 b BRAO schließe es nicht aus, einen potentiellen Mandanten zu umwerben, wenn noch kein konkreter, dem Rechtsanwalt bekannter Beratungsbedarf bestehe50. Die als solche erlaubte Werbung eines Rechtsanwalts würde ihres Zwecks beraubt und hiermit die Berufsausübungsfreiheit in nicht gerechtfertigter Weise beeinträchtigt, wenn es unzulässig sein sollte, dass der Mandant eine zuvor ihm gegenüber beworbene anwaltliche Leistung abrufe. Eine Werbemaßnahme könne auch nicht deswegen unzulässig sein, weil sie sich an Personen richte, zu denen zuvor kein mandantschaftliches Verhältnis bestehe oder bestanden habe51. Hiernach könne die Versteigerung anwaltlicher Beratungsleistungen in einem Internetauktionshaus nicht als Werbung um ein Mandat im Einzelfall behandelt werden. Zwar komme mit dem Meistbietenden ein Mandatsvertrag zustande, jedoch ziele die Werbung des Rechtsanwalts – schon mangels Kenntnis vom potenziellen Mandanten und dessen Beratungsbedarf und weil der Aufruf der Internetseite des Auktionshauses vom Willen des Rechtsuchenden abhänge52 – nicht auf die

__________ 49 50 51 52

BVerfG NJW 2008, 1298. Hartung MDR 2003, 485 (488). BGH NJW 2002, 2642 (2644). Vgl. Schopen/Gumpp-Schopen NJW-CoR 1996, 112 (115).

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Erteilung eines Auftrags im Einzelfall. Die Internetauktion solle vielmehr dazu dienen, aus dem zuvor nicht bekannten Beratungsbedarf ein konkretes Mandat zu gewinnen. Die Art und Weise der Informationsübermittlung sei bei Versteigerungen in einem Internetauktionshaus dadurch gekennzeichnet, dass nur derjenige, der die entsprechende Internetseite direkt oder über eine Suchmaschine aufrufe, davon Kenntnis nehme. Die Werbung über eine solche passive Darstellungsplattform belästige regelmäßig nicht und dränge sich keiner breiten Öffentlichkeit unvorbereitet auf. Die Wahl des Mediums Internet rechtfertigte es deswegen nicht, die Grenzen erlaubter Außendarstellung von freiberuflich Tätigen enger zu ziehen53. Auch die Wiedergabe der angebotenen Beratungsleistung mit einem niedrigen Startpreis oder dem aktuellen Höchstgebot sei nicht irreführend, obwohl bei Internetauktionen der Preis oftmals kurz vor Ende der Auktion ansteige und dies bedinge, dass im Zusammenhang mit dem Angebot zunächst ein Preis genannt werde, der letztlich nicht dem entspricht, für den die Leistung schließlich zu erhalten sei. Der angegebene Preis sei aber ausdrücklich als Startpreis oder aktuelles Höchstgebot bezeichnet und die Annahme einer irreführenden Werbung daher nicht gerechtfertigt. Für eine Beeinträchtigung dieses Gemeinwohlbelangs sei bei Werbung mittels Internetangebot nichts ersichtlich. Allein das Zustandekommen des Mandats über eine Internetauktion lasse keinen Rückschluss auf die spätere Bearbeitung der Sache durch den Rechtsanwalt zu. Die Versteigerung von Beratungsleistungen über ein Internetauktionshaus deute weder auf eine Vernachlässigung von anwaltlichen Berufspflichten hin noch gefährde es die ordnungsgemäße Berufsausübung. Entgegen der Ansicht des Anwaltsgerichts werde auch die gebührenrechtliche Bestimmung des § 14 RVG, wonach die Vergütung bei Rahmengebühren anhand gesetzlich festgelegter Kriterien vom Rechtsanwalt zu bestimmen ist, bei einer Versteigerung nicht konterkariert. Zwar sei bei einer Versteigerung eine Berücksichtigung der in § 14 RVG genannten Kriterien nicht möglich, weil sich der Preis – abgesehen vom festgelegten Startpreis als Mindestvergütung für die angebotene Beratungszeit – letztlich abhängig von Angebot und Nachfrage bildet. Dies begründe jedoch keinen Widerspruch zu den anwaltlichen Pflichten im Bereich des Gebührenrechts; denn dem Rechtsanwalt stehe es frei, nach Maßgabe des § 4 RVG eine von den gesetzlichen Gebühren und damit auch eine von § 14 RVG abweichende Honorarvereinbarung zu treffen. Nichts anderes geschehe bei einer Versteigerung, weil das abgegebene Höchstgebot zu einer Honorarvereinbarung führe, die allenfalls noch der Schriftform bedürfe. Davon abgesehen fehle es inzwischen in zahlreichen Fällen auch an einer Grundlage für die Anwendung des § 14 RVG, weil der Rechtsanwalt durch § 34 Abs. 1 RVG angehalten werde, für einen Rat oder eine Auskunft (Beratung) mit dem Mandanten eine Gebührenvereinbarung zu treffen.

__________ 53 BVerfG NJW 2004, 2656 (2658).

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Eine Versteigerung von Beratungsleistungen in einem Internetauktionshaus verstoße auch nicht gegen das in § 49 b Abs. 3 Satz 1 BRAO geregelte Verbot, das dem Rechtsanwalt untersage, für die Vermittlung von Aufträgen eine Provision zu zahlen. Die Vorschrift stütze sich auf die Erwägung, dass der Rechtsanwalt keinem Gewerbe nachgehe, in dem Mandate gekauft oder verkauft werden. Hiernach erfasse das Verbot nur Provisionszahlungen für ein konkret vermitteltes Mandat. Bei Internetauktionen erhalte das Auktionshaus zwar neben einer Angebotsgebühr auch eine vom Höchstgebot abhängige Provision, so dass die zu zahlende Provision der Höhe nach vom konkreten Auftrag abhängig sei. Die Provision werde jedoch nicht für die Vermittlung eines Auftrags geschuldet; denn das Internetauktionshaus stelle lediglich das Medium für die Werbung der Anbieter zur Verfügung. Seine Leistung durch das Überlassen einer Angebotsplattform sei vergleichbar mit den Leistungen der herkömmlichen Werbemedien. Entgegen der Stellungnahme der Bundesrechtsanwaltskammer sei die Versteigerung einer anwaltlichen Beratung in einem Internetauktionshaus auch nicht deswegen berufsrechtswidrig, weil der Rechtsanwalt die so gewonnenen Mandanten vor dem Wirksamwerden des Mandatsvertrags nicht persönlich kennen lerne und den genauen Gegenstand des Mandats nicht erfahre, was mit der durch ein spezifisches Vertrauensverhältnis gekennzeichneten Beziehung des Rechtsanwalts zu seinen Mandanten nicht vereinbar sei. Diese Ansicht überspanne die anwaltlichen Pflichten. Der Rechtsanwalt sei weder einfachrechtlich noch von Verfassung wegen verpflichtet, seine Mandanten vor dem Vertragsschluss persönlich kennen zu lernen und den genauen Gegenstand des Mandats zu erfragen. Das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen untersage nicht bereits den Abschluss des Anwaltsvertrags, sondern verbiete dem Rechtsanwalt tätig zu werden (§ 3 Abs. 1 BerufsO). Auch § 3 Abs. 4 BerufsO enthalte nur die Pflicht, unverzüglich den Mandanten zu verständigen und alle Mandate in derselben Rechtssache zu beenden, sobald der Rechtsanwalt erkenne, dass er entgegen § 3 Abs. 1 bis 3 BerufsO tätig ist. Internetauktionen über anwaltliche Beratungsleistungen seien auch nicht deswegen berufsrechtswidrig, weil der Rechtsanwalt sein Angebot wirksam nur an den Höchstbietenden richte und dadurch der Anschein erweckt werde, es handele sich um eine normierte Handelsware und ihm käme es auf die Erzielung eines maximalen Gewinns an. Der Gesetzgeber hat den Rechtsanwälten durch § 34 RVG im Bereich der außergerichtlichen Beratung den Preiswettbewerb eröffnet. Dem stelle sich ein Rechtsanwalt, der seine Beratungsleistungen ab einem bestimmten Preis anbiete und es dem Markt überlasse, ob hierfür ein höherer Preis zu erzielen sei. Durch die Versteigerung von Beratungsleistungen in einem Internetauktionshaus werde schließlich auch das Ansehen der Anwaltschaft nicht in verfassungsrechtlich relevanter Weise beeinträchtigt. Das Ansehen eines Berufs könne unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nur Bedeutung erlangen,

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wenn es über bloße berufsständische Belange hinaus das Allgemeininteresse berühre54. Dafür sei vorliegend jedoch nichts ersichtlich. Soweit die wesentlichen Überlegungen des Bundesverfassungsgerichts. Mit seiner neuen Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht den freien Werbemarkt für die gesamten rechts- und steuerberatenden Berufe einmal mehr stärker geöffnet als der Rechtsanwaltskammer und dem Anwaltsgericht lieb war. Ob die Anwaltschaft darüber glücklich sein kann, ist zumindest zu bezweifeln55. Beratungsleistungen des Rechtsanwalts werden zur Handelsware, wenn sie gegen Meistgebot versteigert werden können. Mit dem Berufsbild des Rechtsanwalts lässt sich das kaum vereinbaren. Eine ebenso bedenkliche Entwicklung ist im Gebührenrecht zu sehen. So hat die Rechtsprechung bereits Dumpinggebühren von 20,00 EUR inkl. MwSt für eine außergerichtliche anwaltliche Rechtsberatung als gebührenrechtlich zulässig angesehen56. Die Rechtsprechung führt also stufenweise zu einer immer größeren Werbefreiheit. Die Frage ist, ob sich diese nur durch das Sachlichkeitsgebot begrenzte Werbefreiheit als Vorteil zugunsten der Anwaltschaft oder als Nachteil zu ihren Ungunsten auswirken wird. Nicht ohne Grund hat Filges57 in seiner Eigenschaft als Präsident der Bundesrechtsanwaltskammer bereits unmittelbar nach Veröffentlichung der Entscheidung darauf hingewiesen, dass die anwaltliche Beratung keine normierte, sondern eine höchst individualisierte Leistung sei, zu der auch der persönliche Kontakt gehöre. Gerade weil das Ansehen der Anwaltschaft verfassungsrechtlich kaum geschützt ist, sollte die Anwaltschaft im eigenen Interesse darauf bedacht sein, ihr Ansehen nicht weiter zu verspielen. Aber angesichts der Überfüllung des Anwaltsberufes und des damit verbundenen verschärften Wettbewerbs wird sich eine hierfür erforderliche Solidarität kaum erreichen lassen. 2. Werbung mit Namen von Prozessgegnern Eine weitere Öffnung des anwaltlichen Werberechts brachte eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 12. Dezember 2007 zur Werbung im Internet mit einer sog. Gegnerliste. Eine überörtlich tätige Anwaltssozietät, die sich auf die Beratung und Vertretung von Kapitalanlegern spezialisiert hat, hatte im Internet mit dem Hinweis geworben: „In einem großen Teil der uns anvertrauten Mandate erzielen wir vergleichsweise Einigungen. Im Interesse unserer Mandanten ist dies häufig sinnvoller als der Gang durch die Gerichtsinstanzen. Ist es jedoch erforderlich, scheuen wir den Kampf ums Recht vor den Gerichten nicht. Die Vielzahl der von uns erstrittenen Urteile, gerade auch bis zum BGH, beweist dies. Unsere Kanzlei ist vor allen deutschen Landund Oberlandesgerichten vertretungsberechtigt. Nachstehend finden Sie eine Auswahl der Gegner, gegen die uns Mandat erteilt wurde oder Mandat erteilt ist zur außergerichtlichen oder gerichtlichen Tätigkeit.“ Anschließend wurden

__________ 54 55 56 57

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BVerfGE 66, 337 (354) = NJW 1984, 2341; BVerfGE 76, 171 (189) = NJW 1988, 191. Dazu Filges NJW-Editorial Heft 18/2008. OLG Stuttgart DStR 2007, 971. Filges NJW-Editorial Heft 18/2008.

Vom Werbeverbot zum Werberecht

die Namen von mehreren hundert gewerblichen Gegnern gerichtlicher oder außergerichtlicher Auseinandersetzungen – weit überwiegend auf dem Gebiet der Kapitalanlage tätige Unternehmen, darunter eine Vielzahl von Banken und Versicherungen – aufgeführt. Die in mehreren Instanzen mit dem Fall beschäftigten Zivilgerichte hatten der Klage eines von der Anwaltssozietät genannten Gegners stattgegeben und die Werbung untersagt. Die dagegen von der Anwaltssozietät eingelegte Verfassungsbeschwerde hatte Erfolg. Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass zu den von Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Tätigkeiten einer Anwaltssozietät auch die berufliche Außendarstellung einschließlich der Werbung für die Inanspruchnahme ihrer Dienste gehöre. Dies gelte ohne Einschränkung auch bei der Wahl des Mediums Internet und sei im Rahmen der Abwägung zwischen den Rechten der Rechtsanwälte und denen der in einer zu Werbezwecken veröffentlichten „Gegnerliste“ genannten Prozessgegner zu berücksichtigen58. Gegen die von den Zivilgerichten für die Unzulässigkeit der beanstandeten Werbung angeführten Argumente führte es aus, die Betätigung der Berufsfreiheit im Rahmen anwaltlicher Werbung sei als selbständige Grundrechtsausübung geschützt und bedürfe nicht einer Verstärkung durch Art. 5 Abs. 1 GG dergestalt, dass nur für den Meinungsbildungsprozess wertvolle Werbemaßnahmen dem vollen Schutz des Art. 12 I GG unterfielen. Werbung werde vorrangig mit der Absicht wirtschaftlicher Vorteile betrieben. Eine solche Zielrichtung sei mit jeder Werbung verbunden; denn es sei gerade ihr Zweck, Mandanten zu Lasten der Konkurrenz zu gewinnen59. Verboten seien lediglich irreführende und insbesondere aufdringliche Werbemethoden, mit denen ein rein geschäftsmäßiges, ausschließlich an Gewinn orientiertes Verhalten zum Ausdruck komme60. Dies sei nach der konkreten Ausgestaltung des beanstandeten Internetauftritts jedoch nicht der Fall, vielmehr beschränke sie sich auf eine in zurückhaltender Weise vorgetragene zutreffende Sachinformation. Zu der durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsausübungsfreiheit gehöre auch die freie Entscheidung über die Art und Weise der beruflichen Außendarstellung. Solange die gewählte Werbemethode nicht in zulässiger Weise verboten sei, müsse sich die Anwaltssozietät nicht auf eine andere Möglichkeit der Werbung verweisen lassen. Anderes könne nur gelten, wenn die von den Fachgerichten herangezogene „Geschäftsehre“ der namentlich genannten Gegner als Teil des unternehmerischen Persönlichkeitsrechts von Art. 2 Abs. 1 GG umfasst wäre und sich dieses auch bei einer zutreffenden Bestimmung des Gewichts der Berufsausübungsfreiheit der Anwaltssozietät dieser gegenüber in jedem Falle durchsetzen würde. Dies sei jedoch nicht der Fall. Dabei könne offen bleiben, ob das allgemeine Persönlichkeitsrecht auf juristische Personen des Privatrechts Anwendung finde61. Es fehle insoweit bereits an Feststellungen der Fachgerichte,

__________ 58 59 60 61

BGH NJW 2008, 838. Vgl. BVerfGE 111, 366 (378) = NJW 2004, 3765. BVerfG NJW 2000, 3195. Dazu BVerfGE 106, 28 (42) = NJW 2002, 3619 m. w. N.

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die die Annahme tragen könnten, dass durch die Aufnahme in die von der Anwaltssozietät zu Werbezwecken erstellte „Gegnerliste“ ein etwa gegebenes Persönlichkeitsrecht oder die allgemeine Handlungsfreiheit berührt werde. Die wahrheitsgemäße Information, jemand sei in eine gerichtliche oder außergerichtliche Auseinandersetzung involviert, sei nicht ehrenrührig. Mit der bloßen Nennung in einer Gegnerliste könne deshalb kein „Makel des Unlauteren“ verbunden sein. Der Gegnerliste lasse sich nur entnehmen, gegen welche Personen und Unternehmen der Anwaltskanzlei außergerichtliche oder gerichtliche Mandate erteilt wurden. Damit werde noch nicht einmal behauptet, dass die betreffenden Aufträge mit einem Erfolg für die eigenen Mandanten hätten abgeschlossen werden können. Noch viel weniger könne die Liste deshalb dahin verstanden werden, dass den dort aufgeführten Gegnern Unlauterkeit bei ihren Geschäften oder der Vertretung ihrer Interessen und Rechtspositionen unterstellt werden solle. Diese neuerliche Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Berufs- und Werbefreiheit liegt auf der Linie der höchstrichterlichen Entscheidungen der letzten Jahre. Sie bestätigt erneut, dass der Rechtsanwalt jedwedes erlaubte Medium wählen kann, um in sachlicher Weise auf seine Berufstätigkeit oder etwaiges Spezialwissen aufmerksam zu machen und dass er sich dabei auch besonders ausgefallener Werbemaßnahmen bedienen darf. Die Entscheidung darf allerdings nicht vergessen lassen, dass die Nennung von Mandanten im Rahmen anwaltlicher Werbung gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 BerufsO nur erlaubt ist, wenn sie ausdrücklich eingewilligt haben.

V. Ausblick Als das Bundesverfassungsgericht in seinen zwei berühmten Entscheidungen vom 14.7.198762 durch die Aufhebung der ehemaligen Grundsätze des anwaltlichen Standesrechts den Grundstein für die spätere Abschaffung des Werbeverbots gelegt hatte, ahnte niemand, welche Auswirkungen diese Entscheidungen für das Berufsrecht der Rechtsanwälte haben würden. Betrachtet man speziell die Entwicklung des anwaltlichen Werberechts seit diesem Zeitpunkt, so gelangt man zu der Feststellung, dass von dem einstigen Werbeverbot kaum etwas übrig geblieben ist. Von der Regelung des § 43 b BRAO abgesehen können Rechtsanwälte praktisch wie Gewerbetreibende werben. Und je mehr Rechtsanwälte es gibt, umso mehr sehen sie sich gezwungen, um Mandate zu werben. Dabei gerät allmählich in den Hintergrund, dass die beste Werbung die eigene Leistung ist. Einer Studie des Hans-Soldan-Instituts für Anwaltsmanagement zufolge gewinnen Rechtsanwälte neue Mandanten in mehr als 50 % aller Fälle durch die Weiterempfehlung zufriedener Mandanten. Demgegenüber ist Marketing, wozu die Werbung gehört, weit weniger Erfolg ver-

__________ 62 BVerfGE 76, 171 = NJW 1988, 191 und BVerfGE 76, 196 = NJW 1988, 193.

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Vom Werbeverbot zum Werberecht

sprechend. Nur 23 % der Mandate werden durch Werbemaßnahmen gewonnen. Mit zufrieden stellenden Leistungen kann aber nur der Rechtsanwalt werben, der in der Rechtsmaterie des jeweiligen Mandats über besondere theoretische Kenntnisse und praktische Erfahrungen verfügt. Diesen Anspruch kann nicht erfüllen, wer – und sei es aus wirtschaftlicher Not – jedes Mandat annimmt, das ihm angetragen wird. Die Zukunft dürfte deshalb den auf bestimmte Tätigkeitsschwerpunkte spezialisierten Rechtsanwälten63 und den Fachanwälten gehören, denen inzwischen zwanzig Fachanwaltsbereiche zur Verfügung stehen.

__________ 63 Zur Werbung mit dem Begriff „Spezialist“ siehe BVerfG NJW 2004, 2656; OLG Stuttgart NJW 2008, 1326; Hartung/Römermann-Römermann, a. a. O. (Fn. 1), § 7 BerufsO Rz. 32 ff.; Remmertz NJW 2008, 266.

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Michael Streck

Über die Unternehmenskultur einer Anwaltssozietät Inhaltsübersicht I. Was ist Unternehmenskultur? II. Unternehmenskultur in einer anwaltlichen Sozietät III. Abgrenzungen 1. Corporate Identity 2. Corporate Compliance 3. Tax Compliance 4. Corporate Governance 5. Berufsethik – Nachfolge der „Standesrichtlinie“ 6. Corporate Responsibility 7. Unternehmensführung 8. Marketing 9. Betriebsklima IV. Festlegung der Unternehmenskultur V. Der „Eintritt“ in eine Unternehmenskultur VI. Gegenstände der Unternehmenskultur 1. Gegenstände der Kultur, Klassifikation und Bewertung 2. Compliance/Gesetzestreue 3. Tax Compliance

4. Organ der Rechtspflege – Teilnehmer am Markt 5. Rang der Interessenvertretung 6. Unabhängigkeit des Anwalts 7. Verschwiegenheit 8. Qualität 9. Sprache 10. Risikoberatung 11. Verhalten der Partner untereinander 12. Gewinnverteilung 13. Mitarbeiter 14. Angestellte Anwälte/Freie Mitarbeiter 15. Rechtsanwältin 16. Arbeitsethik 17. Corporate Identity 18. Krankenvorsorge 19. Altersversorgung 20. Familienangehörige 21. Aktivitäten in Berufsorganisationen 22. Pro bono-Tätigkeit 23. Ausscheiden eines Partners 24. Eintritt in die Sozietät 25. Alumni-Kultur

I. Was ist Unternehmenskultur? „Die Unternehmenskultur … kann umschrieben werden als die Gesamtheit der in der Unternehmung bewusst oder unbewusst kultivierten, symbolisch oder sprachlich gradierten Wertüberzeugungen, Denkmuster und Verhaltensnormen, die sich im Laufe des erfahrungsreichen Umgangs mit den Anforderungen der unternehmerischen Existenzund Erfolgssicherung nach außen sowie der Sozialintegration nach innen entwickelt und bewährt haben und die deshalb den Unternehmensangehörigen als gültige Formen des Wahrnehmens, Denkens, Urteilens, Sprechens und Verhaltens vermittelt werden …“1

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1 Ulrich, Unternehmenskultur, Handwörterbuch der Betriebswirtschaft, 5. Aufl., 1993; ähnlich Mauer/Krämer/Becker, Kanzleiführung für rechts- und wirtschaftsberatende Berufe, 2. Aufl., 2000, 120; Römermann in Hartung/Römermann, Marketing- und Management-Handbuch für Rechtsanwälte, 1999, 21 ff. Etwas anders die Definition in der 6. Aufl. des zitierten Handwörterbuchs, 2007, Scholz: „Unternehmenskultur … als unternehmensbezogener Ausdruck für das allgemeine Konstrukt „Organisationskultur“ ist das implizite Bewusstsein eines Unternehmens, das sich aus dem Verhal-

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Michael Streck oder kürzer: „Unternehmenskultur, die von den Mitgliedern einer Organisation hinsichtlich deren Zweck gemeinsam getragenen Grundüberzeugungen, Werte und Einstellungen“2.

Benno Heussen3 bevorzugt folgende Definition: „… ein Muster gemeinsamer Grundprämissen, das die Gruppe bei der Bewältigung ihrer Probleme externer Anpassung und interner Integration erlernt hat, das sich bewährt hat und somit als bindend gilt und das daher an neue Mitglieder als rational und emotional korrekter Ansatz für den Umgang mit Problemen weitergegeben wird …“4.

Es geht um das Werte-, Vorstellungs- und Normengerüst, das alle Unternehmer und Mitarbeiter entweder als selbstverständlich erachten (weil es bei ihnen implementiert ist) oder von dem sie wissen, dass es im Unternehmen gefordert wird. Die Unternehmenskultur beschränkt sich nicht auf Rechtsregeln, sondern umschließt das gesamte System der die menschliche Handlung bestimmenden Faktoren. Wenn Heussen der wiedergegebenen Definition wegen der hier angesprochenen Emotionalität den Vorzug gibt, so ist dies verständlich. Denn die Einbindung der Unternehmer und Mitarbeiter in eine Unternehmenskultur ist in der Regel nur dann strapazierbar und tragfähig, wenn sie emotional akzeptiert wird. Menschliches Handeln wird weit mehr von Emotionen bestimmt als von rationalen Schlussfolgerungen.

II. Unternehmenskultur in einer anwaltlichen Sozietät Auch eine Anwaltssozietät muss von einer bestimmten anwaltlichen Unternehmenskultur bestimmt sein. Diese Kultur ist hergeleitet aus dem gesellschaftlichen Zweck der anwaltlichen Zusammenarbeit. Sie muss die anwaltliche Tätigkeit bestimmen und sie muss von den Werten der anwaltlichen Arbeit beeinflusst sein. Wenn ich meine Überlegungen auf die anwaltliche Sozietät einschränke, so heißt dies nicht, dass nicht auch der anwaltliche Einzelunternehmer eine Unternehmenskultur benötigt. Lebens- und Arbeitskultur entsteht jedoch auf Einzelunternehmerebene nicht in einem kommunikativen Prozess zwischen verschiedenen Anwältinnen und Anwälten, sondern – gewissermaßen – in dem Kopf eines einzelnen Anwalts. Die Unternehmenskultur wird kommunikativ allenfalls durch die Diskussion mit den Mitarbeitern erarbeitet und verfestigt.

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ten der Organisationsmitglieder ergibt und das über akzeptierte Normen sowie internalisierte Werte dieses Verhalten beeinflusst …“. Diese Definition ist mir zu abstrakt. Zur historischen Entwicklung weist Scholz darauf hin, dass sich die Betriebswirtschaft erst ab den 1980er Jahren mit dem Begriff und der Wirksamkeit der Unternehmenskultur befasst. 2 Vgl. Brockhaus, 21. Aufl., 2006, zum Stichwort „Organisationskultur, Unternehmenskultur“. 3 Siehe Benno Heussen, Gewinnverteilung – Strategie – Unternehmenskultur, AnwBl. 2007, 169, 172. 4 Heussen, a. a. O, zitiert hierzu Edgar H. Schein, Organisationskultur, EHP-Verlag, 2003.

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Über die Unternehmenskultur einer Anwaltssozietät

Die Unternehmenskultur in einer Sozietät ist im Hinblick auf die Abstimmung unter den Sozien komplexer. Ist sie erreicht, kann sie dort auch wegen der integrativen Elemente tragfester sein. Ein Einzelanwalt, der bei den kulturellen Grundentscheidungen nur vor einem „Gerichtshof“ – und der ist er selbst – steht, kann sich jede Abweichung und Wankelmütigkeit erlauben. Die anwaltliche Unternehmenskultur bewegt sich nicht nur auf sich selbst bezogen, fast autistisch im Rechtsberatungsmarkt. Immer dann, wenn sich Anwälte beruflich begegnen, berühren sich die jeweiligen Unternehmenskulturen. Das kann fruchtbar sein, problemlos, aber auch zu Schwierigkeiten bei der Mandatserfüllung führen. Benno Heussen weist zu Recht darauf hin, dass dies bei Vertragsverhandlungen unter Anwälten reflektiert, positiv eingesetzt und ggf. konfliktvermeidend oder -mindernd aufgelöst werden muss5.

III. Abgrenzungen 1. Corporate Identity Die Unternehmenskultur unterscheidet sich von der Corporate Identity dadurch, dass sich letztere in erster Linie auf das Erscheinen des Unternehmens am Markt konzentriert6. Bei der Corporate Identity geht es nicht um die interne Wertordnung, sondern um das einheitliche Auftreten am Markt. 2. Corporate Compliance Die Unternehmenskultur ist der Corporate Compliance ähnlich. Die Compliance bezieht sich auf die Befolgung des Rechts und gesetzlicher Normen7, während die Unternehmenskultur umfassender die Regeln, Normen und Richtlinien für das unternehmerische Verhalten der Mitarbeiter und der Unternehmensleitung bestimmt. Die Unternehmenskultur hat den Charakter eines Oberbegriffs. Sie kann sagen, dass Rechtstreue im Unternehmen angebracht ist, dass zur Unternehmenskultur die Corporate Compliance gehört. 3. Tax Compliance Tax Compliance ist die Anwendung der allgemeinen Compliance-Anforderungen auf die Steuergesetze. Dies bedürfte zwar keiner Erwähnung, wenn sich die Finanzverwaltung nicht einen eigenen Tax-Compliance-Begriff zu eigen gemacht hätte8. Sie versteht hierunter durchaus „egoistisch“ das steuerkorrek-

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5 Heussen in Heussen, Handbuch Vertragsverhandlungen und Vertragsmanagement, 3. Aufl., 2007, Teil 2 Rz. 96. 6 Vgl. Mauer/Krämer/Becker, a. a. O (Fn. 1), 120 ff., die allerdings auch die „Innenwirkung“ der Corporate Identity betonen. 7 Vgl. Hauschka in Hauschka (Hrsg.), Corporate Compliance, 2007, § 1 Rz. 2. 8 In diesem Sinn vgl. Seer StuW 2003, 40, 52; ders., FR 2004, 1037, 1043; ders., FS Klaus Korn, 2005, 707, 719; ders., DStJG Bd. 31 (2008), 7, 29; Schmarbeck (Kienbaum), Monatsbericht 12.2002 des Bundesministeriums der Finanzen; Nagel/Waza, DStZ 2008, 37, 41; Schmidt, DStJG Bd. 31 (2008) 37, 41.

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te Verhalten der Steuerpflichtigen zum Zweck der Vereinfachung der Steuererhebung. Nicht die Rechtstreue steht im Mittelpunkt, sondern ein schnöder Verwaltungszweck. 4. Corporate Governance Corporate Governance sind die in § 161 AktG angesprochenen Regeln, denen sich Vorstand und Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft unterwerfen. Corporate Governance bezieht sich auf die „Regierer“, nicht auf jeden Einzelnen im Unternehmen9. Es ist abermals ein engerer Bereich, eingeordnet in Corporate Compliance und diese wieder eingeordnet in die Unternehmenskultur. 5. Berufsethik – Nachfolge der „Standesrichtlinie“ Die Diskussionen um eine spezifische, auch in Normen formulierte Berufsethik der Anwälte ist nichts anderes, als die Frage, ob es einen spezifischen Corporate Governance Kodex für Anwälte geben sollte10. 6. Corporate Responsibility Corporate Responsibility bezieht sich auf die Verantwortung eines Unternehmens in der Gesellschaft11. Sie kann, sollte vielleicht Element der Unternehmenskultur sein. 7. Unternehmensführung Unternehmenskultur ist von der Unternehmensführung zu unterscheiden. Die Unternehmensführung verfolgt den gesellschaftlichen Zweck in einer Sozietät, d. h. die Gewinnerzielung durch anwaltliches Handeln. Die Unternehmensführung bezieht sich auf die Leitung der Sozietät durch die Partner. Sie kann die Regeln der Unternehmenskultur bestimmen. 8. Marketing Die Marketing-Regeln sind die Spielregeln der Sozietät und die an sie gestellten Anforderungen am Markt. Insofern ist Marketing Teil der Corporate Identity (oder die Corporate Identity ist Teil des Marketings). Hier geht es um den Erfolg der Sozietät am Anwaltsmarkt, nicht um die Bestimmungsregeln für das soziale Gefüge der Sozietät, ihre Mitarbeiter und ihre Partner.

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9 Vgl. Hauschka in Hauschka, a. a. O (Fn. 7). 10 Dazu Budras/Jahn, Rechtsanwälte brauchen berufsethische Richtlinien, FAZ, 11.6. 2008, 19; Aufsatzwettbewerb der Rechtsanwaltskammer Frankfurt a. M. „Die Ethik des Rechtsanwalts im Beruf – Ist auch in Zukunft an einem gemeinsamen Pflichtenkodex der Rechtsanwälte festzuhalten?“ Die Ergebnisse sind als Beilage im Heft 5 der NJW 2006 veröffentlicht. Vgl. auch Hommerich, Ethik des steuerberatenden Berufs als Freier Beruf, DStR 2008, 1161. 11 Vgl. hierzu Corporate Responsibility 2008, hrsg. v. ACC Verlag & Servos GmbH und FAZ – Institut für Management-, Markt- und Medieninformations GmbH, 2008.

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Über die Unternehmenskultur einer Anwaltssozietät

9. Betriebsklima Die Unternehmenskultur ist schließlich von dem „Betriebsklima“ zu trennen. Betriebsklima ist die mehr oder weniger subjektive Befindlichkeit der Mitarbeiter und der Unternehmensleitung. Betriebsklima kann sich sehr schnell ändern. Ein subjektiv gefühltes schlechtes Betriebsklima kann dadurch entstehen, dass strenge Regeln der Unternehmenskultur durchgeführt werden. Umgekehrt ist ein positives Betriebsklima, ein „Laissez-faire“-Klima, vereinbar mit einer schlechten Unternehmenskultur.

IV. Festlegung der Unternehmenskultur Unternehmenskultur ist zunächst – folgt man der Definition (s. o. I.) – ein formaler, ein inhaltsleerer Begriff. Er muss mit kulturellen Werten ausgestaltet, gefüllt werden. Dies ist Aufgabe der Unternehmensleitung, in einer anwaltlichen Sozietät der Partner. Das Normgeflecht der Unternehmenskultur wird mithin von der Unternehmensleitung gesetzt und ist zunächst ein autonomer Akt der Unternehmensführung12. Diese Setzung kann bewusst und normativ in Worte gefasst erfolgen13. Sie kann aber auch – und das dürfte viel häufiger sein – durch das tatsächliche Leben einer Sozietät geschaffen und implementiert werden. Die „anständige Behandlung von Mitarbeitern“ kann verbal postuliert werden. Sie kann aber auch im Unternehmen in tagtäglichen Entscheidungen in Personalfragen so realisiert werden, dass sie für die Unternehmensführung und die Mitarbeiter selbstverständlich ist. Die Normen und Regeln der Unternehmenskultur können nur dann das Unternehmen Sozietät bestimmen, wenn sie ernst genommen werden und gerade auch in Konfliktfällen befolgt werden. Außerdem müssen sie ständig im tagtäglichen Unternehmensleben bestätigt und fortentwickelt werden. Jede kulturelle Ausrichtung ist dynamisch. In vielen Einzelfällen muss überprüft werden, ob die Entscheidung der Sozietät richtig oder falsch war, ob sie zu ändern ist. Dies sind kommunikative Akte. Eine Sozietät hat nur dann eine starke Unternehmenskultur, wenn in Kommunikationsprozessen, in Gesprächen „zwischen Tür und Angel“, in Sozienkonferenzen, in Mitarbeiterrunden oder auch

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12 Vgl. hierzu Römermann in Hartung/Römermann, a. a. O. (Fn. 1), 81 Rz. 14 ff. 13 Heussen macht hierzu in einem nicht veröffentlichten Papier folgenden Vorschlag: „Ein interessanter Weg, den meines Wissens noch niemand ausgesprochen hat, wäre folgender: – In einem Workshop lässt man von allen Beteiligten das Büro so beschreiben, wie es wirklich funktioniert („Gewinn geht vor Qualität!“). – Dann diskutiert man in aller Offenheit, welche dieser Grundregeln eine Mehrheit finden und welche abgeändert werden müssen. – Dann fragt man, welche Punkte in der Aufbau- und in der Ablauforganisation geändert werden müssen, um den so definierten Werten zu entsprechen und schließlich – richtet man ein Controlling ein, mit dessen Hilfe überprüft werden kann, ob das Ganze klappt.“

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in harten Auseinandersetzungen Grundentscheidungen immer wieder bestätigt oder fortgebildet werden.

V. Der „Eintritt“ in eine Unternehmenskultur Die Neueinstellung von Mitarbeitern, Anwälten und die Aufnahme neuer Partner zwingt dazu, sie in die Regeln der Unternehmenskultur aufzunehmen. Bei angestellten Mitarbeitern wird das Weisungsrecht des Arbeitgebers lenken und leitend eingreifen. Werden neue Partner aufgenommen, kann dies zu Konflikten führen, wenn der neue Partner die Unternehmerebene betritt und den Anspruch erhebt, eigenständig Regeln zu setzen. Heussen weist zutreffend darauf hin, dass dies eines der zentralen Probleme von sog. „Quereinsteigern“ in Anwaltssozietäten darstellt14. Sie kommen aus anderen Unternehmerkreisen mit anderen Unternehmenskulturen, die sie geprägt haben. Sie sind in der Regel nicht bereit, zunächst in aller Bescheidenheit zu fragen, welche Unternehmenskultur herrscht in dem Unternehmen, in dem ich Partner werde, sondern gehen nicht selten wie selbstverständlich davon aus, dass sie ihre Kulturregeln auf das neue Unternehmen übertragen. Es ist daher nicht befremdlich, dass es Sozietäten gibt, die große Zurückhaltung bezüglich Quereinsteigern haben. Man bevorzugt junge Anwältinnen und Anwälte, die langsam in die eigene Sozietätskultur hineinwachsen.

VI. Gegenstände der Unternehmenskultur 1. Gegenstände der Kultur, Klassifikation und Bewertung Die Normen, Verhaltensweisen und Regeln der Unternehmenskultur beziehen sich auf bestimmte Gegenstände. Nachfolgend benenne ich die Gegenstände, zu denen sich die Unternehmenskultur in bestimmter Weise verhalten sollte. Sie sollte inhaltlich Stellung nehmen. Verzichtet die Sozietät bewusst darauf, bestimmte Gegenstände nicht in die Unternehmenskultur aufzunehmen, so ist dies nicht der sich enthaltenden Stimmabgabe vergleichbar, die nicht gezählt wird. Bewusst oder unbewusst, vorsätzlich oder fahrlässig einen der nachfolgenden Gegenstände nicht in die Unternehmenskultur aufzunehmen, lässt sie gleichwohl Teil dieser Kultur werden. Man kann zu den nachfolgenden Themenbereichen nicht eine Unternehmenskultur herausbilden15. Wenn die Sozietät sagt, die Krankenvorsorge ist privater Teil des Partners, wenn sie sagt, wir sind für die Steuerehrlichkeit der Partner nicht verantwortlich, so hat sie schon Regeln für die Unternehmenskultur gesetzt. Die nachfolgenden Gegenstände habe ich in diesem Beitrag nicht weiter gegliedert. Die Lehre von der Unternehmenskultur kennt eine „oberste“ Ebene, die sich mit Äußerlichkeiten, Objekten und formellen Verhaltensweisen be-

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14 AnwBl. 2007, 169, 173. 15 Heussen, „Man kann nicht ‚keine Unternehmenskultur‘ haben“ (AnwBl. 2007, 169, 173).

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Über die Unternehmenskultur einer Anwaltssozietät

fasst, eine „mittlere“ Ebene, in der emotional angenommene Werte dauerhaft angenommen sind und eine „untere“ Ebene, die über die Basiswerte entscheidet16. Heussen untergliedert17 in die Bereiche Mandate, Management, Partner/ Anwalt/Mitarbeiter und Finanzen/Kosten/Gewinn. Auch versuche ich, die nachfolgenden Regelungsgegenstände neutral (s. o. IV.) darzustellen. Auswahl der Gegenstände und Vorstellung können jedoch im Einzelfall der Versuchung nicht ausweichen, inhaltlich wertend Stellung zu beziehen. 2. Compliance/Gesetzestreue Die Sozietät wird sich – wie jedes andere Unternehmen – grundsätzlich zur Frage entscheiden müssen, wie hält man es mit der Gesetzestreue. Es ist das, was unter dem Begriff Corporate Compliance im Augenblick vielfältig diskutiert wird. Diese Rechts- und Gesetzestreue kann in verschiedener Weise auftreten. Man kann sie als selbstverständlich betrachten, weil eben Gesetze gelten und befolgt werden müssen. Man kann sie aber auch – so der Compliance-Gedanke – strategisch in die Unternehmenskultur implementieren mit dem Ziel, bewusst – vielleicht auch organisatorisch – dafür zu sorgen, dass nicht nur geltende Gesetze befolgt werden, sondern dass dies auch bewusstseinsmäßig bejaht wird. Hierbei verträgt es sich mit der Unternehmenskultur durchaus, dass diese Gesetzestreue auf die Zweckverfolgung der Sozietät beschränkt wird. Teil der Unternehmenskultur muss nicht sein, dass Partner ihren Pflichten aus dem Familienrecht nachkommen. Auf der anderen Seite wird die Corporate Compliance in einer Anwaltssozietät davon geprägt, dass es Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sind, die sich zur Gesetzestreue entscheiden. Die Partner der Sozietät müssen die Frage beantworten, ob sie nicht als Anwalt des Rechts in besonderer Weise der Compliance verpflichtet sind. Die Frage der Gesetzes- und Rechtstreue ist von außerordentlicher Bedeutung. Auch dann, wenn man glaubt, sie leicht mit „Ja“ beantworten zu können, ist sie im Einzelfall nur mit großer Kraft zu verfolgen. Denn jede Anwältin, jeder Anwalt kennt die Versuchung durch einen Mandanten, durch ein wenig Gesetzesuntreue diesem Mandanten zu dienen, um des Honorars, vielleicht auch um des hohen Honorars willen. Anwälte haben der Versuchung, um des Geldes wegen das Gesetz zu verletzen, nachgegeben. Anwältinnen, die in der Gesetzestreue hart geblieben sind, haben erlebt, wie Kollegen andere Entscheidungen gefällt haben. Anwälte haben aber auch schon dem Tag und der Entscheidung gedankt, da sie ein Mandat, das von ihnen Rechtswidrigkeiten verlangte, abgelehnt haben, als sie später erfuhren, in welche Strudel Mandanten und Anwälte geraten sind.

__________ 16 Scholz, a. a. O (Fn. 1). 17 In einer Korrespondenz mit mir.

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3. Tax Compliance Die Frage der Gesetzestreue in Steuerdingen ist Teil der allgemeinen Compliance. Dennoch führe ich ihn hier als besonderen Gliederungspunkt an. Für mich steht es außer Frage, dass jede Anwaltssozietät die Grundsatzentscheidung fällen muss, ob sie steuerehrlich ist oder nicht. Die Steuerehrlichkeit lässt sich nicht nur aus allgemeinen Überlegungen, aus der Funktion des Anwalts im Rechtssystem ableiten, sondern auch aus purem Egoismus. Die Vereinnahmung von Schwarzgeld zerstört das Vertrauen unter Sozien. Werden „gemeinsam“ Schwarzgelder bezogen, werden den Mandanten unrichtig steuerlich abzugsfähige Honorare in Rechnung gestellt, werden gemeinsam nicht abzugsfähige Ausgaben als abzugsfähig deklariert, wird über die Verbuchung nicht abzugsfähiger Ausgaben sogar – was ich erlebt habe – in Nebenabrechnungen Buch geführt, ist die Auseinandersetzung unter den Partnern vorprogrammiert und sind wechselseitige Erpressungsszenarien in der Grundstruktur angelegt. Ist man als Steueranwalt tätig, gilt diese Überlegung verstärkt. Ein Steueranwalt kann kaum mit großem Selbstbewusstsein und eindeutiger Kompetenz einem Finanzbeamten gegenübertreten, der irgendwann an ihn die Frage stellt: Wie halten Sie es denn, Herr Rechtsanwalt, mit der Lohnversteuerung ihrer Putzfrau? 4. Organ der Rechtspflege – Teilnehmer am Markt Über den Begriff „Organ der Rechtspflege“ kann man ohne Ende streiten. In diesen Streit will ich mich nicht hineinbegeben18. Hier will ich aussagen, dass der Anwalt in seiner Funktion Teil der Rechtsordnung ist und sich der Frage stellen muss, ob ihm diese Funktion besondere Pflichten auferlegt. Auf der einen Seite ist die Sozietät Unternehmerin. Sie will Gewinne erzielen. Sie nimmt am „merkantilen“ Markt teil. Damit ist ein viel diskutiertes Spannungsfeld vorgegeben: Wie verhält sich der Anwalt als Organ der Rechtspflege zu dem merkantilen Zweck seiner Sozietät, den höchstmöglichen Gewinn zu erwirtschaften? Jede Anwaltssozietät muss sich diese Frage stellen. Ist sie bereit, um des Gewinnstrebens willen die eigene Stellung im Rechtssystem berühren zu lassen? Folgt sie der Ansicht, dass die modernen Großkanzleien auf dem Weg der Merkantilisierung so weit fortgeschritten sind, dass sie kaum noch als Organ der Rechtspflege bezeichnet werden können? Und hier mag auch der Ort sein, darüber nachzudenken und zu entscheiden, wie man es mit dem Roben-Tragen hält und halten will19.

__________ 18 Positiv gefordert von Hassemer, AnwBl. 2008, 413, 416. 19 Wahrscheinlich hätte ich diesen Punkt nicht erwähnt, wenn nicht der Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts Hassemer jüngst auf dem Anwaltstag 2008 in Berlin ein Plädoyer für die Berufstracht gehalten hätte (AnwBl. 2008, 413, 415).

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Über die Unternehmenskultur einer Anwaltssozietät

5. Rang der Interessenvertretung Anwälte sind Interessenvertreter, sie sind dem Interesse des Mandanten verpflichtet. Der hohe Stellenwert dieser Verpflichtung sollte Teil der Unternehmenskultur einer Anwaltssozietät sein. Auch das scheint selbstverständlich, gleichwohl ist es in der Praxis gefährdet. Wie steht es um die Interessenvertretung eines Angestellten des Unternehmens, wenn das Unternehmen das Honorar zahlt? Wie steht es um die Interessenvertretung einer Mandantin, die aus irgendeinem Grund später „peinlich“ wird? Kann der Anwalt irgendwann dem Mandanten sagen, aus übergeordneten wissenschaftlichen Gesichtspunkten könne man diese und jene Meinung nicht vertreten? 6. Unabhängigkeit des Anwalts Über die Unabhängigkeit des Anwalts muss die Anwaltssozietät lebendige Vorstellungen haben. Diese Unabhängigkeit gilt unter den Partnern. Kann die Sozietät einen Sozius anweisen, ein bestimmtes Mandat anzunehmen, ein Mandat aufzulösen? Muss ein Partner bei der Mandatsführung dann, wenn er bestimmte Entscheidungen für richtig hält, erst die Sozienkonferenz befragen? Die Freiheit gilt auch gegenüber dem Mandanten: Hat der Partner das Recht, jederzeit ein Mandat zu beenden? Oder muss er das Mandat, das er beenden will, erst einem Sozius anbieten? 7. Verschwiegenheit Die anwaltliche Verschwiegenheit gehört zu den Grundwerten der anwaltlichen Profession. Ist dies in der Sozietät anerkannt? Auch hier lässt sich das schnelle „Ja“ wieder hinterfragen. Lässt die Anwaltssozietät den Stolz nach außen dringen, welche bedeutenden Mandate man hat? Lässt man es zu, dass am Telefon über Fremdmandate gesprochen wird? Wird mit Namensnennung auch im geselligen Beisammensein der Sozien und ihrer Familienmitglieder über diese Mandate gesprochen? 8. Qualität Jede Unternehmenskultur einer Anwaltssozietät muss der Qualität anwaltlicher Arbeit einen bestimmten Rang einräumen. Postuliert man einen hohen Qualitätsrang? Oder steuert die Sozietät den Weg, mit mangelhafter Qualität, dafür aber mit „Masse“ den angestrebten Gewinn zu erzielen? Was unternimmt man im Unternehmen zur Qualitätssicherung, wie man diese auch immer definiert?

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9. Sprache Welchen Rang hat die Sprache? Alles was Recht ist, ist Sprache20. Urteile sind Rechtsprechung. Gesetze sind Sprache. Welchen Rang – nochmals – hat die Sprache in der Sozietät? Sprache umfasst Stil, Orthographie, Schriftsätze, E-Mails. Sprache umfasst aber auch Sprachgebrauch in der Sozietät, am Telefon, mit Mandanten. 10. Risikoberatung Unter Risikoberatung verstehe ich die Annahme von Mandaten und die Führung dieser Mandate, die mit einem finanziellen, rechtlichen und haftungsrechtlichen Risiko verbunden sind. Wie risikofreudig ist insofern die Sozietät? Anwaltliche Tätigkeit ist unternehmerische Tätigkeit. Die Führung eines Unternehmens ist immer mit Risiken verbunden. Also kann es durchaus richtig sein, risikoreiche Mandate zu übernehmen. Auf der anderen Seite berühren diese Mandate die Grenzbereiche des Rechts, der Haftung und der finanziellen Möglichkeiten. Das spricht dafür, vorsichtiger zu sein. Aber auch die Vorsicht kennt Grenzen: Sie kann den Bestimmungsgrund dafür liefern, ein solches Mandat nicht zu übernehmen. Führt man aber das Mandat, so darf die Vorsicht nicht dazu führen, die Interessenwahrung aus Vorsichtsgründen hinten anzustellen. 11. Verhalten der Partner untereinander Zur Unternehmenskultur gehört die Antwort auf die Frage, wie gehen Partner miteinander um. Akzeptiert man normale Anstandsregeln? Fühlt man sich einem gemeinsamen Zweck verpflichtet? Oder aber: Ist die Sozietät letztlich nichts anderes als der Verbund von egoistisch arbeitenden Unternehmern? Auch hier scheint die grundsätzliche Antwort oft leicht zu sein. Gleichwohl hängen an ihr andere Entscheidungen. Eine Gewinnverteilung nach Umsatzzahlen der einzelnen Partner löst in der Tat den Partner aus dem Sozietätsverbund sachlich heraus und macht ihn zum Einzelunternehmer. Sind auf der anderen Seite die Partner eine „verschworene Gemeinschaft“ oder ein „kumpelhafter Verbund“, gehen wechselseitige Kontrolle und Kritik verloren. 12. Gewinnverteilung Es ist hier nicht der Ort, über die verschiedenen Systeme der Gewinnverteilung zu sprechen. Dass aber die Gewinnverteilung ein wesentlicher Teil der Unternehmenskultur ist, versteht sich. Und in die Hand der Unternehmenskultur gehen andere Werte der Sozietät ein. Ich habe vorstehend darauf hingewiesen, dass die Gewinnverteilung allein nach Umsätzen die Sozien trennt. Gewinnverteilung, die allein nach Köpfen erfolgt, führt zu ähnlich unglück-

__________

20 Vgl. hierzu jüngst Kirchhof, Justitia spricht deutsch, FAZ, 16.5.2008, 37.

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Über die Unternehmenskultur einer Anwaltssozietät

lichen Ergebnissen, da keiner irgendeinen Leistungsbezug zur Gewinnverteilung sieht. Wichtig scheint mir, dass die Gewinnverteilung reflektiert wird, dass sie nicht allein unter merkantilen Gesichtspunkten gesehen wird, sondern dass sie ein Teil des Sozietätsbundes ist, der die Sozietät zusammenhält (oder sprengt). 13. Mitarbeiter Mit den Partnern untereinander haben wir uns befasst. Dies darf nicht den Blick darauf verstellen, dass der Umgang mit den Mitarbeitern, mit der Anwendung von Arbeits- und Sozialrecht einen ähnlichen Stellenwert hat. Beherrschen „Kälte“ oder „Wärme“, „Zuwendung“ oder „Distanz“ das Verhältnis von Mitarbeitern, das alles – in jeder Kombination – verbunden mit der Frage, fordere ich Leistung oder lasse ich es gehen (und damit den Mitarbeiter allein). 14. Angestellte Anwälte/Freie Mitarbeiter Ein besonderes Problem der anwaltlichen Kultur ist die Antwort auf die Frage, stelle ich junge Anwältinnen oder Anwälte als Arbeitnehmer oder als freie Mitarbeiter ein. Die Berufsordnung erwähnt beide Möglichkeiten (§§ 9, 10 BO). Steuerrecht und Sozialrecht qualifizieren den freien Mitarbeiter oft, wenn nicht gar in der Regel als Angestellten. Geht das Unternehmen diesen „dubiosen“ Weg? Und darüber hinaus: Den Angestellten und freien Mitarbeiter darf der Anwalt auf dem Briefkopf „wie einen Sozius“ ausweisen. ScheinSozius nennt ihn das Recht. Auch dies erlaubt die Berufsordnung (§ 10 BO). Aber erlaubt die Unternehmenskultur diesen falschen Schein? 15. Rechtsanwältin „Rechtsanwältinnen (klarer ausgesprochen: Frauen) können bei uns nicht Partner werden“. So die öffentliche Aussage des Partners einer bekannten Sozietät. Wie eine Sozietät mit den – im Verhältnis zu den männlichen Kollegen – besonderen Qualitäten, Vorteilen, Schwierigkeiten und Problemen einer Rechtsanwältin, die Partnerin werden will, umgeht, ist wichtiger Teil der Unternehmenskultur. 16. Arbeitsethik Welche Anforderungen sind an die Partnerinnen, den Partner, was die Arbeitsleistung anbelangt, zu richten? Wenn im Sozietätsvertrag steht, alle Partner haben den gleichen Leistungseinsatz zu bringen, so gibt es eine Formel, die „unternehmenskulturverträglich“ ist, weil sie kommunizierbar und diskutierbar ist. Ist ein Partner nicht in der Lage, diese Arbeitsleistung zu erbringen, so kann darüber geredet werden, weil es einen Maßstab gibt. Schwierig wird es, wenn die Sozietät akzeptiert, dass die Partner mit unterschiedlicher Arbeitsethik Mitglied der Sozietät sind. Ein Anwalt, der seine ganze Arbeitsleistung 35

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dem Sozietätszweck zur Verfügung stellt, ist schwer zu verknüpfen mit einem Partner, der sagt, dass er einen wesentlichen Teil seines Lebens einem wie auch immer gestalteten Privatleben widmet. Diese Differenz mag man noch in einer Gewinnverteilung auffangen. Schwer ist jedoch, diese unterschiedliche Auffassung der Arbeit in einen Sozietätsverbund zu integrieren. Aber wenn das gewollt ist, so mag auch das möglich sein. 17. Corporate Identity Die Sozietät muss die Grundsatzentscheidung stellen, ob sie am Markt einheitlich auftritt. Wenn sie dies bejaht, muss sie die weitere Entscheidung fällen, ob sie auch dem Mandanten gegenüber, wenn er das Büro betritt, ein einheitliches Erscheinungsbild hat. Die Antwort auf die Frage, ob jeder Partner sein Büro einrichten kann, wie er will, ist Teil der Unternehmenskultur. Zu diesem Themenbereich zählen auch Fragen der Briefköpfe, der Praxisbroschüre, des Internetauftritts. Und was hilft die beste, hervorragend gestaltete Anwaltkanzlei, wenn am Empfang eine Dame mit beschriftetem T-Shirt, belöcherter Jeans und offenen Schuhen sitzt und der Anwalt den Mandanten im Sommer in Shorts begrüßt? Also gehört der Dress-Code in die Corporate Identity aufgenommen. 18. Krankenvorsorge Wie verhält sich die Sozietät zur Krankheit eines Partners? Die Antwort kann dahingehend ausfallen, dass dies Sache eines jeden Partners ist. Zu regeln ist, welche Rückwirkung eine Krankheit auf die Sozietät hat. Als Teil der Unternehmenskultur muss es aber auch ein Bewusstsein dafür geben, wie die Sozietät reagiert, wenn die Krankheit von solchen Auswirkungen ist, dass sie vertraglich nicht aufgefangen werden konnte, sondern dass Einzelfallentscheidungen zu treffen sind. 19. Altersversorgung Auch zur Altersversorgung muss sich die Unternehmenskultur äußern können. Auch hier tritt wiederum neben das Regelwerk der Grundentscheidungen die Frage, wie reagiert die Sozietät bei „Schicksalsschlägen“, die einen Partner treffen. 20. Familienangehörige Ist die Sozietät verpflichtet, den Ehefrauen von Partnern eine Beschäftigung zu geben? Haben Partner das Recht, dass ihre eigenen Kinder in der Sozietät bevorzugt behandelt werden? Versucht die Sozietät, die Familie dem Unternehmen gegenüber freundlich dadurch zu stimmen, dass Kinder von Partnern im Büro etwas verdienen können? Antworten auf diese Fragen sind Teil der Sozietätskultur. 36

Über die Unternehmenskultur einer Anwaltssozietät

21. Aktivitäten in Berufsorganisationen Wichtiger Teil der Unternehmenskultur ist die Frage, ob Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten ermöglicht wird, in der Berufskammer oder im Berufsverband Funktionen zu übernehmen. Lautet die Antwort dahingehend, dass das nur dann möglich ist, wenn der Umsatz nicht leidet? Oder ist die Sozietät bereit, einen Partner auch partiell freizustellen, ohne dass ihm Sozietätsrechte genommen werden? 22. Pro bono-Tätigkeit Zur Unternehmenskultur kann auch gehören, ob und in welcher Weise sich die Sozietät oder einzelne Partner einer pro bono-Tätigkeit zuwenden können (ein engagiert betriebenes Anliegen von Heussen). Dies kann in organisierter Form geschehen und ist insoweit in Amerika weit üblicher als bei uns. Zur pro bono-Tätigkeit gehört aber auch die Antwort auf die Frage, ob die Partner die Möglichkeit haben, „karitative“ Mandate zu führen, ohne dass hier über Umsatz und Gewinn Rechenschaft abgelegt werden muss. 23. Ausscheiden eines Partners Partner können friedlich aus einer Sozietät ausscheiden, oft geschieht es aber auch mit einem großen Streitaufkommen. Gestritten wird über die Schlussgewinnverteilung, die Höhe der Abfindung und die Behandlung übergehender Mandate. Bezüglich eines solchen Ausscheidens gibt es vertragliche Regelungen, gibt es gesetzliche Normen. Dies ist der eine Teil. Eine gute Unternehmenskultur hat jedoch den Fall des Ausscheidens eines Partners stets vorausgedacht und weiß, dass eine Sozietät nicht notwendig eine Lebensbindung darstellt. Zum Sozietätsleben gehört das Kommen und Gehen von Partnern. Dies muss rational abgehandelt werden. Kommt es zu einem übermäßigen Streit, so ist dies stets ein Beleg dafür, dass die Unternehmenskultur einen solchen Vorfall nicht aufgenommen hat. 24. Eintritt in die Sozietät Werden junge Anwältinnen oder Anwälte zunächst Angestellte einer Sozietät und später als Partner aufgenommen, wachsen sie langsam in die Unternehmenskultur hinein und können sie Schritt für Schritt selbst mit formen. Das Problem stellt sich bei Quereinsteigern. Sie kommen aus einer anderen Unternehmenskultur. Sie sind anders vorgeformt. Wie selbstverständlich übertragen sie dieses Regelwerk in die neue Sozietät. Dies führt zu Reibereien und Brüchen (s. o. V.). Das spricht nicht zwingend und notwendig gegen Quereinsteiger. Jede Sozietät muss jedoch wissen, dass man vertraglich das Quereinsteigen noch so präzise regeln kann, die Anpassung des Quereinsteigers in die vorhandene Unternehmenskultur ist kaum vertraglich aufzufangen, sondern ein eigenes Problem, das die Regeln der Unternehmenskultur eigenständig lösen muss. 37

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25. Alumni-Kultur Und wie verhält man sich zu Studenten, Referendaren, Anwälte und Partner, die ausgeschieden und heute in anderen Positionen, anderen Orten tätig und mit ihren Wurzeln dem eigenen, für sie ehemaligen Unternehmen verbunden sind? Mit einer gepflegten, klugen Alumni-Kultur vernetzt sich die eigene Unternehmenskultur, über sich selbst hinauswachsend, mit anderen Unternehmen und deren Kulturen. Sie wird ein Erinnerungs- und Bezugsfaktor, durchaus mit einem positiven Marketingeffekt.

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Landkarten des Rechts – von den Chancen industrieller Rechtsdienstleistungen Inhaltsübersicht I. Heute und Morgen: Anwaltsarbeit im Sozialrecht II. Heute und Morgen: Vertragsgestaltung in der Musikbranche

IV. Methoden von Gestern und Heute V. Methoden von Morgen VI. Ausblick

III. Zwischen Heute und Morgen

I. Heute und Morgen: Anwaltsarbeit im Sozialrecht Herr K. hat einen neuen Bescheid von der Agentur für Arbeit erhalten und sucht empört einen der wenigen Anwälte auf, die im Rechtsgebiet – Arbeitslosengeld II – überhaupt beraten und dabei von Beratungs- und Prozesskostenhilfe leben. Die Entscheidung der Behörde über das Arbeitslosengeld II ist aus Sicht von Herrn K. nicht in Ordnung. Sie sieht massive Kürzungen vor, weil er angeblich in einer sogenannten „Bedarfsgemeinschaft“ mit seiner Mitbewohnerin lebe, die mit ihm als Untermieterin die kleine Wohnung teilt. Statt nun aber zentimeterdicke Gesetzestexte zu wälzen, nutzt der Anwalt eine Software, die wesentliche Teile des Sozialgesetzbuchs, insbesondere eben auch die Problematik der Bedarfsgemeinschaft, visualisiert. Ausgehend vom gewünschten Ziel seines Mandanten – der Anspruch auf Arbeitslosengeld II – werden die einzelnen Tatbestandsmerkmale dieses Anspruchs, deren Voraussetzungen und Unter-Voraussetzungen exakt wie in einer klassisch juristischen Prüfung auf dem Bildschirm oder mit Hilfe einer Großbildprojektion vor den Augen Herrn Ks. und seines Anwalts in einer RegelLandkarte aufgefächert. Diese Landkarte sieht aus wie ein Entscheidungsbaum. Der Unterschied zum klassischen Entscheidungsbaum liegt aber darin, dass das Ergebnis am Anfang steht – in Form einer zu prüfenden Frage. Besteht ein Anspruch auf ALG II? Der Anwalt wandert nun gemeinsam mit seinem Mandanten Herrn K. durch diese Regel-Landkarte. Durch die Visualisierung kann der Mandant dem rechtlichen Prüfungsgang immer folgen. Er prüft die einzelnen Tatbestandsmerkmale, gelangt schnell zu der entscheidenden Frage der Bedarfsgemeinschaft und damit zu einem komplizierten, von der Rechtsprechung ständig weiter entwickelten Geflecht von Regeln. Mit den Farben grün und rot für Ja und Nein werden die Prüfungsergebnisse direkt in der Regel-Landkarte festgehalten. Nach ca. fünf Minuten hat er ein Ergebnis. Eine Bedarfsgemeinschaft liegt 39

Stephan Breidenbach

– unterstellt, die Angaben des Mandanten sind richtig – nicht vor. Der Bescheid ist fehlerhaft. Dann ruft der Anwalt ein Dokument auf – den Widerspruch gegen den Bescheid. Er wurde entlang der mit Farben festgehaltenen Prüfungsergebnisse semi-automatisch erzeugt. Semi-automatisch, weil schließlich der Anwalt mit seinem juristischen Verstand die Prüfung vorgenommen hat und automatisiert, weil der Widerspruch aus Textbausteinen entlang des gewählten Prüfungsweges automatisch zusammengesetzt wurde. An zwei Stellen ergänzt der Anwalt noch jeweils zwei Sätze zum Sachverhalt. Dann ist der Widerspruch versandfertig – ein präzises juristisches Schreiben in einem komplizierten Rechtsgebiet auf hohem Niveau.

II. Heute und Morgen: Vertragsgestaltung in der Musikbranche Mika betreibt ein kleines Hip-Hop-Musiklabel. Sie möchte einen vielversprechenden neuen Künstler unter Vertrag nehmen. Per Email hat sie sich mit ihrem Hausanwalt zu einem Skype-Telefonat über das Internet verabredet. Mit Hilfe einer Fernwartungssoftware wie z. B. „Teamviewer“ sieht sie gleichzeitig auf ihrem Bildschirm eine Anwendung, mit der ihr Anwalt auf seinem Rechner arbeitet, einen „Vertragsgenerator“. In einer baumartigen Struktur sind zu jedem Regelungspunkt eines Künstlervertrages eine Vielzahl von denkbaren Regelungsalternativen in einer intuitiv nachvollziehbaren Form durchstrukturiert. Aufgrund von Mikas ersten Angaben wählt der Anwalt eine von 10 Grundvarianten des Künstlervertrags aus. Sie sieht nun auf ihren Monitor, welche Regelung für den jeweiligen Regelungspunkt gewählt wurde, als Baum mit grünen Farbmarkierungen für die im Vertrag enthaltenen Regelungsvarianten und als Text auf der rechten Seite. Gleichzeitig sieht sie, welche Regelungsvarianten noch in Betracht kommen – die vielen nicht gewählten Alternativen im Baum auf der linken Seite. Ihr Anwalt geht mit ihr den Vertrag durch, vor allem an den Stellen, an denen sie Fragen oder besondere Interessen hat. An zwei Stellen sehen beide, dass wegen einer oben gewählten Regelungsvariante hier weiterer Regelungsbedarf besteht bzw. eine bestimmte Regelung nicht mehr möglich ist. Gemeinsam wählen sie aus der im Baum enthaltenen Regelungsbibliothek die besser passende Regelung aus und verändern und individualisieren so die Grundvariante des Künstlervertrages. Nach 15 Minuten haben sie den Vertrag durchgestaltet. Mika erhält ihn im gleichen Moment per Email. In einem kurzen Telefonat eine halbe Stunde später bittet sie noch um eine Ergänzung zu den Nutzungsrechten im Internet. Der nun endgültig fertig gestellte Vertrag geht ihr sofort wieder per Email zu.

III. Zwischen Heute und Morgen Beide Szenarien sind keine Zukunftsmusik, sondern heute schon Realität. In einem Pilotprojekt konnten etwa 85 % der Fälle im Bereich Arbeitslosengeld II in der beschriebenen Form bearbeitet werden. Der Künstlervertragsgenerator ist in einer Pilotkanzlei im Einsatz und wird ständig ausgebaut und verfeinert. Um einen individuellen, interessengerechten Vertrag zu erstellen, werden im 40

Industrielle Rechtsdienstleistungen

Schnitt etwa 10 Minuten benötigt – unter Mitwirkung des Mandanten. Beides sind industrielle Rechtsdienstleistungen – industriell im Sinne einer Standardisierung auf hohem Niveau.

IV. Methoden von Gestern und Heute Mit Vorlagen und Masken zu arbeiten, ist nicht neu. Formulare, Diktat- und Vertragsmusterhandbücher gibt es in praktisch allen Rechtsgebieten. Das „Text- und Diktathandbuch Mietrecht“ von Hinz/Junker/v. Rechenberg/ Sternel1 enthält auf 950 Seiten Schreiben, Klagen und Klageerwiderungen zu allen Facetten des Mietrechts, beispielsweise die „Klage des Mieters von Gewerberaum auf Erfüllung von Konkurrenzschutz durch den Vermieter“ etc. Vertragsformularbücher enthalten nicht nur Musterverträge als Ganzes, sondern auch Varianten zu einzelnen Klauseln. Die Vorteile liegen auf der Hand: Arbeitsersparnis durch rechtssicher formulierte Texte für Standardsituationen. Natürlich greifen Anwälte auch auf eigene Texte zurück. Häufig lautet die Überlegung, dass man das schon einmal in der Akte geschrieben hat. Das Wissensmanagement in großen Kanzleien – mittlerweile mit eigenen Knowledge Experts – erfasst in aller Regel ganze Verträge. Die Anwälte finden zwar hier z. B. schon unterschiedliche Geschäftsführerverträge in der Datenbank, die zu den jeweiligen Regelungsgegenständen dann auch häufig Varianten enthalten. In welchem Verhältnis die Varianten aber zueinander stehen und wann welche Variante passt, muss man noch selbst ermitteln. Wissensmanagement findet nicht auf Klauselebene, sondern auf Vertragstyp-Ebene statt. Notare dagegen verfügen häufig über anspruchsvolle Systeme zur Verwaltung von Klauselvarianten. Darüber hinaus gibt es Gerichte, gerade im Ausländerrecht, die ebenfalls mit einer Vielzahl von Textbausteinen arbeiten. Als Verbraucher kann man sich aus dem Internet vorformulierte Schreiben und Verträge mit der Möglichkeit, einige Varianten im Text zu wählen, für einige Euro herunterladen (z. B. www.janolaw.de). Häufig genügt das. Im Ergebnis helfen vorgefertigte Texte, die u. U. einige wenige Varianten enthalten, bereits heute dem Rechtsanwender oder sogar dem juristischen Laien. Sie sind die Vorläufer dieser beginnenden Industrialisierung. Selbst Standardsituationen enthalten jedoch bei genauerem Hinsehen meist eine kaum überschaubare Zahl möglicher Varianten. ALG II beispielsweise ist ein kompliziertes Rechtsgebiet, bei dem ständig neue Verwaltungsregelungen und Rechtsprechung zu berücksichtigen gilt. Das Dickicht möglicher Regelungen bei Verträgen ist sehr viel größer, als es wenige Varianten in einem Vertragshandbuch jemals abdecken könnten. Allein über die Möglichkeiten der Gewinnverteilung bei der GmbH lässt sich ein umfangreiches Buch schreiben.

__________ 1 Hinz/Junker/von Rechenberg/Sternel, Text und Diktathandbuch Mietrecht, 3. vollständig überarbeitete Auflage 2004.

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Für die Beteiligten gibt es zwei grundsätzliche Möglichkeiten. Entweder sie verwenden den Mustertext oder Mustervertrag in einer Situation, in der sie nur bedingt – oder womöglich gar nicht – passen oder sie verändern sie situationsgerecht. Dann sind sie jedoch auf ihre Erfahrung, das intensive Kommentarstudium oder Nachfragen bei Kollegen angewiesen. Klassisches Handwerk also, keine „industrielle Fertigung“. Zwar ist der Begriff „Industrie“ im Zusammenhang mit rechtsberatender und -gestaltender Tätigkeit geradezu ein Sakrileg, drückt aber eigentlich etwas sehr Positives aus: Standardisierung auf hohem Niveau. Nehmen wir ein Beispiel aus dem täglichen Leben: Sie kaufen Schuhe, vermutlich im Laden. Schuhe sind Industrieprodukte, standardisiert und zugleich auf hohem Niveau. Sie wissen, dass die handgefertigten Schuhe von einem guten Schuhmacher noch besser sind. Aber Ihnen reicht der von der Industrie gebotene Qualitätsstandard. Er ist auch deutlich preiswerter als das handgefertigte Luxus-Produkt. „Die Industrie (lat. industria: Betriebsamkeit, Fleiß) bezeichnet den Teil der Wirtschaft, der gekennzeichnet ist durch die Produktion und Weiterverarbeitung von materiellen Gütern oder Waren in Fabriken und Anlagen, verbunden mit einem hohen Grad an Mechanisierung und Automatisierung – im Gegensatz zur handwerklichen Produktionsform.“2 Natürlich ist das Bild schief. Rechtsdienstleistungen sind individuelle Beratungsarbeit mit sehr viel Verantwortung und keine Schuhe. Aber müssen Juristen aus diesem Grund immer „mit der Hand fertigen“? In jedem Schriftsatz finden sich im rechtlichen Teil Erwägungen, die schon hunderte Male so oder so ähnlich diktiert wurden. Immer wieder neu. Die Strickmuster der vorgefertigten Texte aus den Formularbüchern sind dagegen häufig zu grob. Sie müssen angepasst werden. Also keine Industrialisierung?! Im folgenden Teil wird am Beispiel der beiden skizzierten Pilotprojekte gezeigt, dass Industrialisierung Sinn ergeben kann.

V. Methoden von Morgen Beide oben beschriebenen Situationen, also die Herstellung eines Schriftsatzes für einen rechtlich wirksamen Einspruch gegen einen behördlichen Bescheid und die Gestaltung eines Künstlervertrages, haben etwas gemeinsam. Es geht um die Produktion von Texten entlang von auf den Einzelfall angewendeten Regeln. Bei dem Schriftsatz leuchtet das unmittelbar ein. Hier wird nach den von Gesetz, Verwaltungsprozessen und Rechtsprechung gestalteten Regeln ein Anspruch geprüft. Werden Verträge gestaltet, liegen jedoch gleichermaßen Regeln zugrunde. Sie bilden einen Rahmen und legen Mindestanforderungen fest. Die Rechtsprechung hat häufig den Gestaltungsbereich bereits durch eigene

__________ 2 Von: http://de.wikipedia.org/wiki/Industrie (Stand: 9.10.2008).

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Industrielle Rechtsdienstleistungen

detaillierte Vorgaben eingeschränkt. Insgesamt ist der Gestaltungsrahmen jedoch größer. Im Folgenden wird das Vorgehen in einem der Beispielfälle – Erstellung eines Schriftsatzes – skizziert. 1. Auch im juristischen Bereich gilt: Wissen ist Information im Handlungszusammenhang. Der Handlungszusammenhang in unserer Ausgangssituation ist die Prüfung eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld II. 2. Selbst wenn es sich um ein kompliziertes Rechtsgebiet handelt, lässt sich diese Prüfung mit zumindest einem großen Teil der Regelungsdetails visualisieren3. Ein abstraktes Beispiel zeigt die Visualisierungssprache: Ein Anspruch (A) hat drei Voraussetzungen: B, C und D. B

A

C

D

Für B wiederum gibt es drei Möglichkeiten, B', B'', B''' B'

B

B''

B''' A

C

D

__________ 3 Zur Visualisierung von Recht mit „KnowledgeTools“ und den daraus entstandenen Möglichkeiten vgl. Breidenbach in: Bachmann/Breidenbach/Coester-Waltjen/Heß/ Nelle/Wolf (Hrsg.): Grenzüberschreitungen. Beiträge zum Internationalen Verfahrensrecht und zur Schiedsgerichtsbarkeit, Festschrift für Professor Schlosser zum 70. Geburtstag, S. 83 ff.

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Stephan Breidenbach

B' hat vier Voraussetzungen E, F, G und H E

F B' G

H

B

B''

B''' A

C

D

Für E gibt es zwei sich ausschließende Möglichkeiten: E' und E'' E' E E'' F B' G

H

B

B''

B''' A

C

D

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Industrielle Rechtsdienstleistungen

Mit diesen drei einfachen Bestandteilen – der Und-Verbindung, der OderVerbindung und der exklusiven Oder-Verbindung – entfaltet sich die Visualisierung von links nach rechts und bildet einen Prüfungsweg in die Tiefe und Details des Regelungsgeflechts. 3. Prüfungsergebnisse werden mit grün (ja) und rot (nein) festgehalten4. 4. Jeder Prüfungspunkt der visuellen Oberfläche ist mit Textbausteinen verknüpft, die sich entlang der Prüfung zu einem Dokument aggregieren. Ein Beispiel im Rahmen der Prüfung, dass keine Bedarfsgemeinschaft vorliegt, ist der erste Punkt, ob eine „eheähnliche Gemeinschaft“ vorliegt: In unserem geschilderten Beispiel eines Anspruchs auf ALG II muss der Anwalt das negative Tatbestandsmerkmal „keine Bedarfsgemeinschaft“ prüfen5. Lebt der Antragsteller nicht allein, sondern mit einem Mitbewohner in einer Wohngemeinschaft, ist als erster (Unter-)Prüfungspunkt die Frage zu beantworten, ob – wiederum als negatives Tatbestandsmerkmal formuliert – „keine eheähnliche Gemeinschaft“ vorliegt. Wird dieser Punkt bejaht – durch Markierung mit nein – ist er mit folgendem Textbaustein verbunden: „(…) die Bindungen der Partner so eng sind, dass von ihnen ein gegenseitiges Einstehen in den Not- und Wechselfällen des Lebens erwartet werden kann. Nur wenn sich die Partner der Gemeinschaft so sehr miteinander verbunden fühlen, dass sie zunächst den gemeinsamen Lebensunterhalt sicherstellen, bevor sie ihr persönliches Einkommen zur Befriedigung eigener Bedürfnisse verwenden, ist ihre Lage mit derjenigen nicht getrennt lebender Ehegatten im Hinblick auf die Anrechnung von Einkommen und Vermögen vergleichbar (vgl. Valgolio in: Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB II, Stand November 2004, K § 7 Rn. 9; Peters in: Estelmann, Kommentar zum SGB II, Stand: Februar 2005, § 7 Rn. 20–22). Der Kläger lebt hier weder lange mit Frau Hoffmann zusammen, noch besteht eine innere Bindung oder eine gemeinsame Haushaltsführung. Frau Hoffmann erbringt keine Leistungen oder eine sonstige Unterstützung für den Kläger. Es handelt sich lediglich um reine Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft. Es lassen sich keine stichhaltigen Hinweise darauf finden, dass die Partnerschaft so eng ist, dass von den Partnern ein gegenseitiges Einstehen in den Not- und Wechselfällen des Lebens erwartet werden kann.“6

5. Werden die weiteren Unterpunkte – „getrennter Haushalt“ und „keine Leistungserbringung durch Mitbewohner“ – ebenfalls bejaht, ist der Ausgangspunkt unseres Ausschnittes aus der Gesamtprüfung ebenfalls bejaht. Die Farbe grün wird – automatisch – als Prüfungsergebnis am Oberpunkt festgehalten. 6. Während der weiteren Prüfung greift der Anwalt auf „Notizen“ zurück, die er an verschiedenen Punkten angehängt hat. An einem Prüfungspunkt ist durch ein Icon sichtbar, dass hier ein Beitrag im Forum eingestellt wurde. Ein anderer Nutzer im Intranet oder Internet hat einen kurzen Hinweis auf ein neues Urteil hinterlassen und die Datei mit dem Urteilstext und der markierten, für diesen Punkt wesentlichen Stelle des Urteils, verlinkt.

__________

4 Beispiele für eine einfache Fallprüfung – mit Video – finden sich auf www.juraTV.org. 5 Screenshots zu dem folgenden Beispiel finden sich unter www.knowledgetools.de/ download/arbeitslosengeld2.pdf. 6 Text entnommen: Pilotprojekt, Stand Juli 2007.

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1.1.1 .5.2.1 Bedarfsgemeinschaft liegt nicht vor

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Anspruth nath § 7 Abs.1 SGB II

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Anspnrth nath § 7 Abs. 2 SGB II

Mitglieder e iner Bedarfsgem einschaft m üssen ihr Einkommen und ihr Vermögen voll füreinand er einsetzen, w enn ihr Beda rf nach ALG II ber echnet wird. Da-s Einkommen alle r Angehörigen ei ner Bedarfsgemeinschaft w ird i hrem Bedarf geg enübergestellt. Zur Bedarfsgem einschaft g ehör e n gm dsätzlich a lle, d ie der g estei gerte n Unte rhaltspflicht unterliegen und in einem Hausha lt zusamm e nleben.

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Industrielle Rechtsdienstleistungen 1!1 Oocument Unnamed

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Der Antr agsteller lebt nicht in einer eheähnlichen Gemeinschaft. Es besteht ledglich eine Wohngemeinschaft, die k ein Bedarfsgemeinschaft i .S.d . § 7 Abs. 3 SGS ll dar stellt. Das Kriterium für eine Bedarfsgemeinschaft ist ausschließlich die gesteigerte Unterhaltspflicht. ~

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