Faktischer Bezugsrechtsausschluss [1 ed.]
 9783428543052, 9783428143054

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Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 257

Faktischer Bezugsrechtsausschluss

Von

Niels Maier

Duncker & Humblot · Berlin

NIELS MAIER

Faktischer Bezugsrechtsausschluss

Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 257

Faktischer Bezugsrechtsausschluss

Von

Niels Maier

Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Eberhard Karls Universität Tübingen hat diese Arbeit im Jahre 2013 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

D21 Alle Rechte vorbehalten

© 2014 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: Konrad Triltsch GmbH, Ochsenfurt Druck: buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 0582-026X ISBN 978-3-428-14305-4 (Print) ISBN 978-3-428-54305-2 (E-Book) ISBN 978-3-428-84305-3 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die Arbeit wurde im Wintersemester 2013/2014 von der Juristischen Fakultät der Eberhard Karls Universität Tübingen als Dissertation angenommen. Rechtsprechung und Literatur konnten bis Anfang 2014 berücksichtigt werden. Danken möchte ich an dieser Stelle zunächst Herrn Prof. Dr. Jan Schürnbrand, der vom ersten bis zum letzten Moment großes Interesse am „faktischen Bezugsrechtsausschluss“ bewiesen, mir jeden Freiraum in der Bearbeitung gelassen, die Arbeit mit wertvollen kritischen Anmerkungen begleitet und schließlich das Erstgutachten in Rekordzeit erstellt hat. Herrn Prof. Dr. Heinz-Dieter Assmann gilt für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens ebenfalls mein Dank. Besonders bedanken möchte ich mich bei meinen Eltern und bei Diana, deren Rückhalt und persönliche Unterstützung zu dem Gelingen der Arbeit ganz wesentlich beigetragen haben. Ihnen ist diese Arbeit gewidmet. Hamburg, im Februar 2014

Niels Maier

Inhaltsverzeichnis A. Einführung in den faktischen Bezugsrechtsausschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 I. Grundlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 II. Begrenzung und Konkretisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 1. Veräußerung eigener Anteile durch die Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 2. Faktischer Bezugszwang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 3. Kernproblem: Erschwerungen des Anteilsbezugs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 III. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 B. Entwicklung eines Aufgreifkriteriums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 I. Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 1. Fallgruppenbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 2. Festsetzung eines überhöhten Bezugspreises als Paradigma? . . . . . . . . . . . . . 29 a) Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 b) Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 aa) Vorzeichnung einer negativen Ausübungsentscheidung . . . . . . . . . . . . 32 bb) Konflikt mit den Schutzwirkungen des Bezugsrechts . . . . . . . . . . . . . 34 cc) Aufkeimende Zweifel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 c) Kritische Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 aa) Bedeutung des Bezugspreises für die Ausübungsentscheidung . . . . . . 38 bb) Gefahr einer Überdehnung des Bezugsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 cc) Fehlende Beeinträchtigung von Vermögensinteressen . . . . . . . . . . . . . 43 d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 3. Notwendigkeit einer tiefergehenden Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 II. Anknüpfung an den inneren Geltungsgrund des Bezugsrechts . . . . . . . . . . . . . . 48 1. Bedeutung des inneren Geltungsgrunds für die materiellen Anforderungen an den Bezugsrechtsausschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

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Inhaltsverzeichnis 2. Kontroverse um die innere Herleitung des Bezugsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . 51 a) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 b) Neuere Entwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 c) Vorläufige Bewertung und weiteres Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 III. Der Gleichbehandlungsgrundsatz als innerer Geltungsgrund des Bezugsrechts

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1. Treuepflicht und Gleichbehandlungsgrundsatz im Kapitalgesellschaftsrecht . 53 2. Schutz der Mitgliedschaft? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 a) Zweifelhaftigkeit der dogmatischen Grundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 b) Fragwürdigkeit einer verfassungsrechtlichen Parallelbewertung . . . . . . . . 58 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 3. Zum Verhältnis von Bezugsrecht, Treuepflicht und Gleichbehandlungsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 a) Zum inneren Geltungsgrund von Treuepflicht und gesellschaftsrechtlichem Gleichbehandlungsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 b) Das Verhältnis der Rechtssätze zum Bezugsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 c) Spezialität des Gleichbehandlungsgrundsatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 4. Rückführung des Bezugsrechts auf die Sicherung relativer Gleichbehandlung in der Kapitalerhöhung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 a) Regulative Wirkung gleichmäßiger Betroffenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 aa) Vorrang der Selbstregulierung vor externer Kontrolle . . . . . . . . . . . . . 68 bb) Wirksamkeit des Korrektivs gleichmäßiger Betroffenheit . . . . . . . . . . 70 b) Kein entgegenstehender Wille des Gesetzgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 aa) § 186 Abs. 3 S. 4 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 bb) § 186 Abs. 4 S. 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 IV. Ungleich wirkende Bezugsbedingungen als Aufgreifkriterium . . . . . . . . . . . . . . 79 1. Skizzenhafte Veranschaulichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 2. Verhältnis zu bisherigen Bestimmungsansätzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 3. Folgen für die Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 C. Faktischer Bezugsrechtsausschluss als Umgehungstatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . 83 I. Bedeutung der dogmatischen Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 1. Zivilrechtlicher Umgehungsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85

Inhaltsverzeichnis

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2. Einordnung des faktischen Bezugsrechtsausschlusses nach überkommener Auffassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 3. Alternative Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 II. Funktionen formaler Anforderungen an den Bezugsrechtsausschluss . . . . . . . . . 89 1. Die ausdrückliche Ankündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 2. Die Berichts- und Begründungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 3. Beschlussfassung und halbzwingende qualifizierte Mehrheitserfordernisse . . 92 III. Umgehungsspezifische Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 1. Information und Warnung als Aufgaben formaler Anforderungen an einen Bezugsrechtsausschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 2. Eingriffsschwellen und faktischer Bezugsrechtsausschluss . . . . . . . . . . . . . . . 95 a) Bedürfnis nach Umgehungsneutralisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 b) Überwiegendes Interesse an einem Gleichlauf von ausdrücklichen und faktischen Bezugsrechtsausschlüssen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 c) Keine Umgehung durch einfache Erschwerungen des Anteilsbezugs . . . . 99 IV. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 D. Ungeschriebene materielle Anforderungen an Erschwerungen des Anteilsbezugs 101 I. Allgemeine Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 1. Förderung des Gesellschaftsinteresses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 a) Grundlegendes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 b) Kontextbezogene Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 2. Ermessensspielräume der handelnden Gesellschaftsorgane . . . . . . . . . . . . . . . 104 a) Überkommene Lösungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 b) Die business judgment rule als Grundlage und Grenze freien organschaftlichen Handlungsermessens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 aa) Die funktionale Bedeutung der business judgment rule . . . . . . . . . . . . 107 bb) Zur Auslegung der Anwendungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . 111 c) Übertragung auf die Gestaltung von Bezugsbedingungen . . . . . . . . . . . . . 112 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114

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Inhaltsverzeichnis II. Besonderheiten bei faktischem Bezugsrechtsausschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 1. Gebot sachlicher Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 a) Die Anforderungen im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 b) Bedeutung im Vergleich zu den allgemeinen Anforderungen . . . . . . . . . . . 117 2. Reichweite richterlicher Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 III. Prozessuales . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 1. Überblick über die Rechtsschutzmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 2. Folgen unzulässiger Erschwerungen des Anteilsbezugs für den Kapitalerhöhungsbeschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 3. Verteilung der Darlegungs- und Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 IV. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123

E. Bestimmung faktischer Bezugsrechtsausschlüsse im Einzelfall . . . . . . . . . . . . . . . 125 I. Zum Vorliegen einer Ungleichbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 1. Formale Ungleichbehandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 2. Materielle Ungleichbehandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 3. Einbeziehung unechter Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 II. Rechtliche Erschwerungen des Anteilsbezugs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 1. Verknüpfung des Bezugsangebots mit der Übernahme besonderer Pflichten

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a) Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 b) Eigene Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 aa) Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 bb) Einordnung der Fallgruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 2. Nachteiliges Bezugsverhältnis und Erfordernis einer Mindestbeteiligungsquote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 a) Zum Vorliegen einer Ungleichbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 b) Ausschluss materieller Ungleichbehandlung bei funktionierendem Bezugsrechtshandel? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 III. Erschwerungen des Anteilsbezugs tatsächlicher Art . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 1. Festsetzung eines überhöhten Bezugspreises . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 2. Festsetzung eines exorbitanten Nennwerts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142

Inhaltsverzeichnis

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3. Fehlen eines funktionierenden Handels für konkrete Bezugsansprüche . . . . . 144 a) Fehlen einer erforderlichen Zukaufsmöglichkeit weiterer Bezugsansprüche 144 b) Eingeschränkte wirtschaftliche Verwertbarkeit des Bezugsrechts . . . . . . . 146 aa) Die Macrotron-Entscheidung des BGH als Fingerzeig? . . . . . . . . . . . . 146 bb) Die Delisting-Entscheidung des BVerfG und der Frosta-Beschluss . . . 147 cc) Schutz der Vermögensinteressen an einer Realisierbarkeit des Bezugsanspruchswerts kraft einfachen Rechts? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 4. Lieferung zunächst nicht börsenzugelassener neuer Aktien . . . . . . . . . . . . . . 151 a) Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 b) Die Argumentation im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 aa) Hinderung am Nachbezug aufgrund interner Anlagebestimmungen bei fehlender Börsenzulassung der jungen Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 bb) Die kapitalmarktrechtlichen Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 c) Abschließende Bemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 5. Benachteiligungen von Aktionären mit Sitz im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 a) Keine Berührung des gesellschaftsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 b) Kapitalmarktrechtliche Pflicht zur informationellen Gleichbehandlung? . 157 IV. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 F. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181

Abkürzungsverzeichnis a.A. abgedr. ABl. abl. Abs. Abschn. AcP ADHGB a.E. AG AktG Anh. Anm. ARUG AT Aufl. ausdr. ausf. BaFin BB Bd. BeckHdbAG Begr. Beschl. BGB BGBl. BGH BGHZ BörsG BörsZulV bspw. BT-Drucks. BVerfG BVerfGE bzw. ca. CML Rev DB ders. d. h. DNotZ

andere Ansicht abgedruckt Amtsblatt ablehnend Absatz Abschnitt Archiv für die civilistische Praxis (Zeitschrift) Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch am Ende Aktiengesellschaft; auch: Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift) Aktiengesetz Anhang Anmerkung Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie Allgemeiner Teil Auflage ausdrücklich ausführlich Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Betriebs-Berater (Zeitschrift) Band Beck’sches Handbuch der AG Begründung Beschluss Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungssammlung des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Börsengesetz Börsenzulassungs-Verordnung beispielsweise Bundestagsdrucksache Bundesverfassungsgericht Entscheidungssammlung des BVerfG bzw. circa Common Markets Law Review (Zeitschrift) Der Betrieb (Zeitschrift) derselbe das heißt Deutsche Notar-Zeitschrift (Zeitschrift)

Abkürzungsverzeichnis DStR EEC EG Einl. ESUG EuGH EuR EWiR f. ff. Fn. Fraktionsbegr. FS GbR gem. GG ggf. GmbH GmbHG GmbHR GroßKommAktG Hdb. Hervorh. HGB h.L. h.M. HV i.E. i.V.m. JW JZ KapRL

KGaA KölnKommAktG KonTraG KWG LG Ltd. LZ MAH mind.

13

Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift) European Economic Community Europäische Gemeinschaften Einleitung Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen Europäischer Gerichtshof Europarecht (Zeitschrift) Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) folgende fortfolgende Fußnote Fraktionsbegründung Festschrift Gesellschaft bürgerlichen Rechts gemäß Grundgesetz gegebenenfalls Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau (Zeitschrift) Großkommentar zum Aktiengesetz Handbuch Hervorhebung Handelsgesetzbuch herrschende Lehre herrschende Meinung Hauptversammlung im Ergebnis in Verbindung mit JuristischeWochenschrift (Zeitschrift) Juristenzeitung (Zeitschrift) Richtlinie 2012/30/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 54 Absatz 2 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten. Kommanditgesellschaft auf Aktien Kölner Kommentar zum Aktiengesetz Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich Kreditwesengesetz Landgericht Private company limited by shares Leipziger Zeitschrift für Deutsches Recht (Zeitschrift) Münchener Anwaltshandbuch mindestens

14 MoMiG

Abkürzungsverzeichnis

Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen MünchHdbGesR Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts MünchKommAktG Münchener Kommentar zum Aktiengesetz MünchKommBGB Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch MünchKommHGB Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch MünchKommZPO Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung MünchVertragsHdB Münchener Vertragshandbuch m.w.N. mit weiteren Nachweisen n.F. Neue Fassung NJW Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift) NJW-RR Neue Juristische Wochenschrift-Rechtsprechungs Report (Zeitschrift) Nr. Nummer NZG Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht (Zeitschrift) OLG Oberlandesgericht Orig. Original ProspektRL RL 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 betreffend den Prospekt, der beim öfentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist RegBegr Regierungsbegründung RegE Regierungsentwurf RG Reichsgericht RGZ Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen RL Richtlinie RNotZ Rheinische Notar-Zeitschrift Rs. Rechtssache Rz. Randziffer S. Satz; Seite SEC United States Security and Exchange Commission Slg. Sammlung des Gerichtshofes und des Gerichts Erster Instanz sog. sogenannt(e) u. a. unter anderem; und andere UMAG Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts UmwG Umwandlungsgesetz Urt. Urteil u. U. unter Umständen v. vom; von v. a. vor allem VermVerkProspGebV Verordnung über die Gebühren für Amtshandlungen betreffend Verkaufsprospekte für Vermögensanlagen nach dem Vermögensanlagengesetz VermVerkProspV Verordnung über Vermögensanlagen-Verkaufsprospekte vgl. vergleiche Vol. Volume WM Wertpapiermitteilungen (Zeitschrift) WpHG Gesetz über den Wertpapierhandel

Abkürzungsverzeichnis WpPG

WpÜG z. B. ZGR ZHR ZIP zutr.

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Gesetz über die Erstellung, Billigung und Veröffentlichung des Prospekts, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei der Zulassung von Wertpapieren zum Handel in einem organisierten Markt zu veröffentlichen ist Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz zum Beispiel Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht (Zeitschrift) Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) zutreffend

A. Einführung in den faktischen Bezugsrechtsausschluss I. Grundlegung Die Interessen von Kapitalgesellschaften an der Durchführung einer Kapitalerhöhung sind vielfältig1. Dazu steht den Gesellschaften zum einen der Weg über die reguläre Kapitalerhöhung nach §§ 182 ff. AktG bzw. §§ 55 ff. GmbHG offen, oder aber ein bereits in der Satzung oder später eingerichtetes genehmigtes Kapital wird von der Geschäftsleitung genutzt (§§ 202 ff. AktG bzw. § 55a GmbHG). Das Gesetz sieht in § 186 Abs. 1 S. 1 AktG in jedem Falle vor, dass den bisherigen Gesellschaftern im Rahmen der Kapitalerhöhung durch die Gesellschaft das Recht eingeräumt wird, die quotale Beteiligung an dem gezeichneten Kapital in dem bisherigen Umfang durch den Bezug junger Anteile aufrechtzuerhalten. Zwar fehlt für die GmbH eine entsprechende Norm ebenso wie ein Hinweis auf eine etwaige analoge Anwendung der aktienrechtlichen Vorschrift. Wegen der vergleichbaren Interessenlage ist aber die Existenz eines entsprechenden Erwerbsrechts im Grundsatz auch für das Recht der GmbH heute ganz überwiegend anerkannt2.

1 Barkapitalerhöhungen kommen sowohl als Einzelmaßnahme zur Rekapitalisierung der Gesellschaft sowie als Bestandteil eines übergeordneten Restrukturierungskonzepts in Betracht. Weiter kann ein Interesse an der Ausgabe von Belegschaftsaktien und an der Bedienung von Wandlungs- und Optionsrechten bestehen. Finanzinstitute können an der Erhöhung der Eigenkapitalquoten durch Aktienemissionen zwecks Ausbau oder Erhalt des Kreditgeschäfts interessiert sein (vgl. §§ 10, 10a, 13, 13a KWG). Ziel einer Kapitalerhöhung mag ebenso die Verfestigung einer strategischen Allianz durch gezielte Erhöhung des Anteils eines spezifischen Gesellschafters oder die Gewinnung eines neuen Ankergesellschafters bzw. außenstehenden Investors sein, etwa vor dem Hintergrund einer drohenden feindlichen Übernahme. Sachkapitalerhöhungen bieten sich insbesondere als Sanierungsinstrument an, etwa in Form eines debt equity swaps. Ebenso können Sachkapitalerhöhungen zum Zwecke eines Beteiligungserwerbs angestrebt werden („Aktien als Akquisitionswährung“); vgl. insg. Decher/Voland, ZIP 2013, 103 ff.; Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 6 Rz. 4; Martens, FS R. Fischer, S. 437, 452; H. Meyer/Degener, BB 2011, 846, 847; Reger/Stenzel, NZG 2009, 1210 ff.; Samson/Flindt, NZG 2006, 290, 295; Seibt/Voigt, AG 2009, 133; Servatius, Strukturmaßnahmen, S. 33 ff. 2 Vgl. BGH NZG 2005, 551, 552; Drygala/Staake/Szalai, Kapitalgesellschaftsrecht, § 15 Rz. 14 f.; Heckschen, DStR 2001, 1437, 1441 f.; Hermanns, in: Michalski, GmbHG, § 55 Rz. 39, 43; Inhester, in: Saenger/Inhester, GmbHG, § 55 Rz. 10, 37; MünchKommGmbHGLieder, § 55 Rz. 82; ders., DNotZ 2010, 655, 669 f.; Lutter/Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 55 Rz. 17; Priester, in: Scholz, GmbHG, § 55 Rz. 41 ff.; Zöllner/Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 55 Rz. 27a.

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A. Einführung in den faktischen Bezugsrechtsausschluss

Dieses bedeutsame mitgliedschaftliche Recht kann sich vom Standpunkt der Gesellschaft betrachtet indes als problematisch erweisen. Einer optimalen, d. h. marktangepassten Ausgabe der neuen Anteile mag bereits die den Gesellschaftern in § 186 Abs. 1 S. 2 AktG eingeräumte Zweiwochenfrist zur Bezugsrechtsausübung entgegenstehen. Wenn Mehrheit und Geschäftsleitung mit der Kapitalaufnahme die Aufnahme eines strategisch bedeutsamen Investors anstreben, der seinen Einstieg von der Erreichung einer bestimmten Beteiligungsquote abhängig macht, kann sich das Bezugsrecht ebenfalls als hinderlich erweisen. Bei reinen Sachkapitalerhöhungen schließlich liegt die Unmöglichkeit einer Bezugsrechtsemission regelmäßig bereits in der Natur der Sache3. § 186 Abs. 3 AktG sieht daher auch die Möglichkeit bezugsrechtsfreier Kapitalerhöhungen vor4. Weil ohne die Gewährung eines Bezugsrechts die bei Kapitalgesellschaften an die Beteiligungsquote geknüpften mitgliedschaftliche Rechte und Interessen der Altgesellschafter bedroht sind, sollen hierfür nicht allein die in § 186 Abs. 3 S. 1 – 3, Abs. 4 AktG (ggf. i.V.m. § 203 Abs. 1, 2 AktG) aufgeführten formalen Anforderungen an einen entsprechenden Beschluss der Anteilsversammlung gelten. Zusätzlich wird ganz überwiegend eine sachliche Rechtfertigung im Gesellschaftsinteresse am Maßstab des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes verlangt. Nach dieser ungeschriebenen materiellen Voraussetzung soll ein Bezugsrechtsausschluss auch bei Einhaltung der gesetzlich vorgegebenen prozeduralen Anforderungen nur dann zulässig sein, wenn das Ziel der bezugsrechtslosen Kapitalerhöhung im Interesse der Gesellschaft liegt, der Ausschluss des Bezugsrechts zur Erreichung dieses Ziels geeignet und erforderlich ist und das Finanzierungsinteresse der Gesellschaft nicht außer Verhältnis zu den Nachteilen einer bezugsrechtslosen Kapitalerhöhung für die Altgesellschafter steht (sog. Lehre vom sachlichen Grund). Dies hat in der Summe dazu geführt, dass reguläre Kapitalerhöhungen unter Bezugsrechtsausschluss wegen der mit den strengen inhaltlichen Anforderungen korrespondierenden Beschlussanfechtungsrisiken in der Praxis – mit Ausnahme von Sanierungsfällen – selten geworden sind5. Der Gesetzgeber hat sich – nach heftiger Kritik an dem Institut des Bezugsrechts wegen seiner den gesellschaftlichen Finanzierungsinteressen entgegenstehenden Wirkungen – einer Erleichterung von Bezugsrechtsausschlüssen gegenüber mit Einführung von § 186 Abs. 3 S. 4 AktG aufgeschlossen gezeigt. Auch insofern bestehen jedoch weiterhin zahlreiche Anforderungen wie etwa der in der Praxis ungeliebte Vorstandsbericht (§ 186 Abs. 4 S. 2 AktG). Ohnehin kommt ein sog. 3 Zur Möglichkeit einer gemischten Bar- und Sachkapitalerhöhung unter sog. gekreuztem Bezugsrechtsausschluss vgl. vorerst nur Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG, § 186 Rz. 76 m.w.N. 4 Vgl. auch § 203 Abs. 2 S. 1 AktG für das genehmigte Kapital bei der AG. 5 Vgl. Dryander/Niggemann, in: Hölters, AktG, § 186 Rz. 38. Anders verhält es sich für Kapitalerhöhungen aus genehmigtem Kapital ohne Bezugsrecht seit der BGH in Siemens/Nold (BGHZ 136, 133, 136 ff.) die formalen Beschlussanforderungen mit Blick auf die inhaltlichen Vorgaben an den Vorstandsbericht zurück genommen und den Fokus auf die Nachkontrolle der Verwaltungsentscheidung über die Ausnutzung des Kapitals gerichtet hat.

II. Begrenzung und Konkretisierung

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erleichterter Ausschluss des Bezugsrechts nicht in Betracht, sofern eine Sachkapitalerhöhung oder eine zehn Prozent des Grundkapitals überschreitende Barkapitalerhöhung in Rede stehen. Der Schutz mitgliedschaftlicher Rechte und Interessen befindet sich damit auch weiterhin in einem grundsätzlichen Spannungsfeld mit den Finanzierungsinteressen der Gesellschaft. Wie stets, so entfaltet auch dieses teils als zu rigide empfundene aktionärsrechtliche Schutzsystem eine Sogwirkung auf Ausweichstrategien6. Gerade durch die Gestaltung der Bezugsbedingungen können Gesellschafter davon abgehalten sein, von ihrem formal gewährten Bezugsrecht tatsächlich auch Gebrauch zu machen. Allerdings mag sich der jeweilige Altgesellschafter ebenso auf seine fehlende Nachschusspflicht berufen und einer Vertiefung seiner Investition bereits von vornherein innerlich eine Absage erteilt haben. Wann also überschreitet (allein) die Gestaltung der Bezugsbedingungen die Grenze zum Bezugsrechtsausschluss?

II. Begrenzung und Konkretisierung Ganz überwiegend werden faktische Bezugsrechtsausschlüsse umschrieben als ein Phänomen bei Kapitalerhöhungen mit Bezugsrecht, wobei sich der ausschlussgleiche Charakter aus der besonders nachteiligen Ausgestaltung des Bezugsrechts ergeben soll7. Eigen ist diesen Konstellationen damit die Einräumung zumindest einer formalen Rechtsposition. Daneben werden unter dem Begriff oder zumindest in engem Zusammenhang damit aber auch noch weitere Konstellationen diskutiert. 1. Veräußerung eigener Anteile durch die Gesellschaft Ein häufig genanntes Beispiel für einen faktischen Bezugsrechtsausschluss aus der Rechtsprechungspraxis bildet eine Entscheidung des OLG Oldenburg aus dem Jahr 19948. Das Gericht hatte darin über die Wirksamkeit von Beschlüssen zu entscheiden, die im Rahmen zweier in enger zeitlicher Folge abgehaltener Hauptversammlungen getroffen worden waren. Angegriffen wurde zum einen die beschlos6 Vgl. zu der Parallelproblematik um verdeckte Beherrschungsverträge im Konzernrecht Schürnbrand, ZHR 169 (2005), 35, 41 ff. 7 LG Düsseldorf AG 1999, 134 – Nordhäuser Tabakfabriken AG/AHAG; Groß, AG 1993, 449, 454; Hirte, Bezugsrechtsausschluss, S. 88; Krieger/Kraft, in: MünchHdbGesellschaftsrecht/AG, § 56 Rz. 100; KölnKommAktG-Lutter, § 186 Rz. 87; Langenbucher, Aktienrecht, § 10 Rz. 42; Marsch-Barner, in: Bürgers/Körber, AktG, § 186 Rz. 4; T. Raiser/Veil, Kapitalgesellschaftsrecht, § 20 Rz. 17; Seibt/Voigt, AG 2009, 133, 138; Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG, § 186 Rz. 75; Sickinger/Kuthe, in: Schüppen/Schaub, MAH Aktienrecht, § 33 Rz. 113; Vaupel/Reers, AG 2010, 93, 95; Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 176; Veil, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 186 Rz. 14; offener Hüffer, AktG, § 186 Rz. 43; MünchKommAktG-Peifer, § 186 Rz. 100; Rebmann, in: Heidel, Aktienrecht, § 186 Rz. 74. 8 OLG Oldenburg – Urt. v. 17. 3. 1994, Az. 1 U 151/93 = WM 1995, 924 = NJW-RR 1995, 1313.

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A. Einführung in den faktischen Bezugsrechtsausschluss

sene Veräußerung eines knapp acht Prozent des Grundkapitals umfassenden Pakets von der AG selbst gehaltener Aktien zu einem Preis von DM 1,009 und zwar „unter Umgehung des Börsenhandels“ an eine „Interessengruppe“10. Ferner richtete sich die Klage gegen einen mit den Stimmen zuvor von der AG selbst gehaltenen Aktien (nach deren Veräußerung) beschlossenen Kapitalschnitt. Ein Erwerbs- oder Bezugsrecht war den übrigen Aktionären jeweils nicht eingeräumt worden. Nach Ansicht des Gerichts lag in der außerbörslichen Veräußerung der Aktien nicht allein eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes11. Die AG habe vielmehr „durch die Veräußerung ihrer eigenen Aktien letztlich einen faktischen Ausschluss der Bezugsrechte für die jungen Aktien, die auf diesen Teil der Aktien entfielen, beabsichtigt und auch erreicht, ohne dabei die formellen Voraussetzungen für einen ,echten‘ Ausschluss der Bezugsrechte nach § 186 Abs. 3 und 4 AktG […] bei der Kapitalerhöhung einzuhalten“12. Unter dem Gesichtspunkt, dass die (analoge) Anwendung von § 186 Abs. 3 und 4 AktG auf die außerbörsliche Veräußerung eigener Aktien unter den in § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG n.F. genannten Voraussetzungen durch das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) vom 27. 4. 199813 erst nach der Entscheidung des OLG Oldenburg gesetzliche Anerkennung gefunden hat und die Frage, ob den Aktionären in diesem Fall ein Bezugsrecht zukommt, umstritten geblieben ist14, erscheint der Urteilstenor gerade auch aus heutiger Sicht zustimmungswürdig15. In der Tat nimmt die Abgabe solcher von der AG vorübergehend 9

Der Nominalbetrag lautete auf DM 1.288.350, die AG betrieb eine sich in finanzieller Schieflage befindliche Werft. Zu einer Börsennotierung der AG geschweige denn einem Börsenpreis der Aktien fehlen Angaben im Tatbestand, von ersterem kann aber wegen der im Urteil erwähnten Möglichkeit der Anteilsveräußerung über eine Börse ausgegangen werden. 10 Das Urteil enthält keine Angaben dazu, ob die vier Erwerber bereits als Aktionäre an der AG (maßgeblich) beteiligt waren oder in einem besonderen Verhältnis zu einzelnen Aktionären standen und ob ggf. einzelne Altaktionäre Sondernachteile durch die Übernahme der Aktien durch die Mitglieder der „Interessengruppe“ erlitten. 11 OLG Oldenburg WM 1995, 924, 926. 12 OLG Oldenburg WM 1995, 924, 927. 13 BGBl. I 786. 14 Dafür mit überzeugender Begründung – teilweise unter der Bezeichnung als „Erwerbsrecht“ ohne Unterschied in der Sache – Habersack, ZIP 2004, 1121, 1122 ff.; vgl. auch Baldamus, Kapitalrichtlinie, S. 185 f.; T. Bezzenberger, Erwerb eigener Aktien, S. 122 ff.; ders., in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 71 Rz. 40; Hirsch, KonTraG, S. 166 ff.; Kiem, ZIP 2000, 209, 214; KölnKommAktG-Lutter/Drygala, § 71 Rz. 177; GroßKommAktG-Merkt, § 71 Rz. 81; MünchKommAktG-Oechsler, § 71 Rz. 97; ders., AG 2010, 526, 528; Paefgen, ZIP 2002, 1510 f.; in diese Richtung auch OLG Hamburg NZG 2005, 218, 222; einschränkend dagegen Hüffer, § 71 Rz. 19 m; unklar Reichert/Habarth, ZIP 2001, 1441; a.A. Benckendorff, Erwerb eigener Aktien, S. 280 ff. Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71 Rz. 135; JohanssenRoth, Erwerb eigener Aktien, S. 199 ff.; Lüken, Erwerb eigener Aktien, S. 205 f. 15 Möglicherweise wäre die Veräußerung der Anteile indes heute nach § 186 Abs. 3 S. 4 AktG sachlich gerechtfertigt gewesen. Allerdings würde auch für den Fall, dass die Voraussetzungen von § 186 Abs. 3 S. 4 AktG gegeben sind, die Einhaltung der formalen Vorstandsberichtspflicht nach § 186 Abs. 4 S. 2 AktG nicht entbehrlich.

II. Begrenzung und Konkretisierung

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selbst gehaltener Anteile über den Entfall der Wirkungen nach § 71b AktG Einfluss auf die Stimmrechtsverhältnisse in der Gesellschaft. Es besteht ohne Bezugsrecht damit für die Gesellschafter dieselbe Verwässerungsgefahr wie bei der Kapitalerhöhung unter Bezugsrechtsausschluss16. Allerdings ist die Bezeichnung als faktischer Bezugsrechtsausschluss wenig glücklich gewählt. Überwiegend wird das Charakteristikum des faktischen Bezugsrechtsausschlusses und der insofern diskutierten Fallgruppen gerade darin erblickt, dass die Bezugsbedingungen den Erhalt der Beteiligungsquote unmöglich machen oder so erschweren, dass die negative Ausübungsentscheidung letztlich bereits vorgezeichnet scheint. Anders als z. B. für den Fall eines überhöhten Bezugspreises überwiegend angenommen, droht bei der Veräußerung eigener Anteile ein gesetzliches Bezugsrecht nicht nachgerade über die Gestaltung der Bezugsbedingungen ausgehebelt zu werden. Die Figur des faktischen Bezugsrechtsausschlusses wird denn auch – soweit ersichtlich – in der zu § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG n.F. ergangenen Literatur zur Beschreibung des umrissenen Problemkreises nicht aufgegriffen. Dies hätte nach der Entscheidung und der darin gelieferten Begründung des OLG Oldenburg eigentlich nahe gelegen. Die Notwendigkeit wird aber offensichtlich und zu Recht nicht gesehen. Für die Anerkennung ungeschriebener Erwerbs- oder Bezugsrechte der Gesellschafter bei der Veräußerung eigener Anteile durch die Gesellschaft steht die Frage im Mittelpunkt, ob diese „materielle Kapitalerhöhung“17 ein vergleichbares Schutzbedürfnis auslöst, wie die Ausgabe neuer Anteile18. Wird dies mit der wohl herrschenden Auffassung bejaht, ist die Gesellschaft vor die Wahl gestellt, ob das Erwerbs- oder Bezugsrecht unter Einhaltung der daran zu stellenden Anforderungen ausgeschlossen oder tatsächlich gewährt werden soll. Erst bei einer Entscheidung für letzteres kann sich dann die Frage stellen, ob die Ausgestaltung des Anteilsbezugs einen Erhalt der bisherigen Beteiligungsquote tatsächlich ermöglicht. Nur wenn formal ein Recht zum Nachbezug gewährt wird, wird die Frage nach einem faktischen Ausschluss virulent. Obwohl der Terminus fällt, bildet die Entscheidung des OLG Oldenburg aus diesem Grunde tatsächlich kein Beispiel aus der Rechtsprechungspraxis für einen faktischen Bezugsrechtsausschluss. 16

Habersack, ZIP 2004, 1121, 1122; Hirte, Bezugsrechtsausschluss,S. 32; Martens, AG 1996, 337, 342 f. Aufgrund der vergleichbaren Problematik kann trotz fehlender Regelung in § 33 GmbHG für das Recht der GmbH nichts anderes gelten. Auch hier besteht richtiger Ansicht zufolge – weil ein börslicher Handel zwangsläufig ausscheiden muss – stets ein Erwerbs- bzw. Bezugsrecht bei der Veräußerung von Seiten der GmbH gehaltener Geschäftsanteile für die bisherigen Gesellschafter, vgl. Habersack, ZIP 2004, 1121, 1127; Hohner/Paura, in: Ulmer, GmbHG, § 33 Rz. 88; Lutter, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 33 Rz. 39; im Ergebnis zustimmend auch H.P. Westermann, in: Scholz, GmbHG, § 33 Rz. 38; a.A. etwa Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 33 Rz. 28; Pentz, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 33 Rz. 52; Sosnitza, in: Michalski, GmbHG, § 33 Rz. 67. 17 Vgl. U. Huber, FS Kropff, S. 101, 118: „Materiell handelt es sich allerdings um eine Kapitalerhöhung: so wie der Rückerwerb der Aktien den Zweck verfolgt, das Kapital ,auf Zeit‘ herabzusetzen, verfolgt der Wiederausgabebeschluß den Zweck einer Wiedererhöhung des Kapitals“; zustimmend Lüken, Erwerb eigener Aktien, S. 193. 18 Vgl. die Nachweise unter Fn. 14.

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A. Einführung in den faktischen Bezugsrechtsausschluss

2. Faktischer Bezugszwang Eine Konstellation, die immer wieder im Zusammenhang mit dem faktischen Bezugsrechtsausschluss Erwähnung findet, ist die Festsetzung eines besonders niedrigen Aufgelds bzw. Agios für den Fall der Gewährung eines Bezugsrechts19. Den Ausgangspunkt der Diskussion bildet eine Entscheidung jüngeren Datums20. In dem zugrunde liegenden Sachverhalt wurde im Kapitalerhöhungsbeschluss einer GmbH ein Aufgeld von 700 Prozent auf den Nennbetrag festgesetzt, ohne dass zuvor für die Bestimmung der angemessenen Höhe des Aufgelds eine förmliche Bewertung des von der Gesellschaft betriebenen Unternehmens erfolgt war, obwohl nicht alle Gesellschafter ihre Bereitschaft zur Zeichnung der jungen Anteile signalisiert hatten. Das Gericht entschied, dass der sich aus Stammeinlage und Agio zusammensetzende Ausgabekurs bei der Kapitalerhöhung einer GmbH im Einklang mit dem wahren bzw. inneren Wert der Anteile stehen muss, sofern nicht feststeht, dass alle Altgesellschafter an der Erhöhung teilnehmen werden. Widrigenfalls bestehe zur Verhinderung von Verwässerungsnachteilen nachgerade ein Zwang zum Nachbezug, der sich mit dem Verbot einer Nachschusspflicht bei Fehlen einer entsprechenden satzungsmäßigen Bestimmung ebenso wenig vertrage wie mit gesellschafterlichen Treuebindungen21. In der Literatur sind diese Ausführungen überwiegend auf Zustimmung gestoßen22. Die Gemeinsamkeiten der Figuren des faktischen Bezugszwangs mit dem hier interessierenden faktischen Bezugsrechtsausschluss erschöpfen sich letztlich darin, dass ein Kapitalerhöhungsbeschluss unter bestimmten Voraussetzungen für angreifbar erachtet wird, weil er trotz Gewährung eines Bezugsrechts nachteilige Wirkungen für die Beteiligungsinteressen der Altgesellschafter zu zeitigen vermag. Anders als in den unter dem Schlagwort des faktischen Bezugsrechtsausschluss diskutierten Fällen ist der Erhalt der Beteiligung aber gerade nicht erschwert oder geradezu ausgeschlossen. Die Figur des faktischen Bezugszwangs kann daher nicht weiterhelfen, sofern es darum geht, festzustellen, was einen faktischen Ausschluss des Bezugsrechts charakterisiert und welchen rechtlichen Anforderungen er unterliegt. Sie ist für die vorliegende Untersuchung damit ohne Belang.

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Dryander/Niggemann, in: Hölters, AktG, § 186 Rz. 40; Heckschen, DStR 2001, 1437, 1443; Hermanns, ZIP 2003, 788, 790; MünchKommGmbHG-Lieder, § 55 Rz. 50; Lutter/Bayer in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 55 Rz. 11; Priester, in: Scholz, GmbHG, § 55 Rz. 27; Rottnauer, ZGR 2007, 401, 403, 433 ff.; Seibt/Voigt, AG 2009, 133, 138 f.; Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG, § 182 Rz. 53; Wagner, DB 2004, 293, 294; Zöllner/Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 55 Rz. 13. 20 OLG Stuttgart NZG 2000, 156. 21 OLG Stuttgart NZG 2000, 156, 157 ff. 22 Vgl. die Nachweise unter Fn. 19. Kritisch dagegen etwa Gätsch, BB 2000, 1158 f.; Schnorbus, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 55 Rz. 42; Vaupel/Reers, AG 2010, 93, 102.

II. Begrenzung und Konkretisierung

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3. Kernproblem: Erschwerungen des Anteilsbezugs Unter dem Schlagwort des faktischen Bezugsrechtsausschlusses werden vor allem diejenigen, im Folgenden ganz in den Mittelpunkt der Betrachtung gerückten Konstellationen diskutiert, in denen ein Bezugsrecht formal gewährt wird, die konkrete Durchführung der Kapitalerhöhung (der festgesetzte Erhöhungsbetrag, der Nennwert der neuen Anteile, etc.) und die an die Ausgabe der neuen Anteile geknüpften Bedingungen wie der Bezugspreis oder das Bezugsverhältnis eine Ausübung der konkreten Bezugsansprüche praktisch erschweren oder den Erhalt der ursprünglichen Beteiligungsquote trotz Bezugsrechts zu verhindern drohen23. Die um Voraussetzungen und Rechtsfolgen eines faktischen Bezugsrechtsausschlusses wegen Erschwerungen des Anteilsbezugs geführte Debatte ist dabei jüngst in Bewegung geraten. Bisher galt als überwiegend anerkannt, dass aufgrund der Schutzzwecke des Bezugsrechts das Wort „ausgeschlossen“ in § 186 Abs. 3 AktG einer Auslegung offen steht, nach der ein durch die Bezugsbedingungen verursachter „faktischer“ einem ausdrücklichen Bezugsrechtsausschluss gleichsteht24. Eine Kapitalerhöhung unter bestimmten Erschwerungen des Anteilsbezugs soll deshalb den formalen und materiellen Anforderungen eines ordentlichen Bezugsrechtsausschlusses zu unterstellen sein25. Neuerdings sind im Zusammenhang mit der Ausgabe junger Anteile zu einem überhöhten Bezugspreis Zweifel an der Gleichstellung besonderer Erschwerungen des Anteilsbezugs mit ausdrücklichen Bezugsrechtsausschlüssen laut geworden. War insofern in erster Linie der Maßstab zur Bestimmung eines „unangemessenen“ Bezugspreises streitig26, wird mancherseits nun gänzlich in Frage gestellt, ob die Gleichschaltung der formalen und materiellen Anforderungen jedenfalls in dieser Konstellation tatsächlich zu erstrebsamen Ergebnissen führt. Den Hintergrund bildet dabei die wiederaufkeimende Diskussion um die „Kosten des

23 Im Folgenden wird verkürzt von Bezugsbedingungen gesprochen, um sowohl (hinderliche) Bedingungen für die Ausgabe neuer Anteile zu beschreiben, als auch (nachteilige) Bestimmungen im Rahmen der Durchführung der Kapitalerhöhung. 24 LG Düsseldorf AG 1999, 134 – Nordhäuser Tabakfabriken AG/AHAG; Busch, in: Marsch-Barner/F. Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 42 Rz. 65; Groß, AG 1993, 449, 450, 454 ff.; Hüffer, AktG, § 186 Rz. 43; MünchHdbGesellschaftsrecht/AG-Krieger/Kraft, § 56 Rz. 100; KölnKommAktG-Lutter, § 186 Rz. 87; MünchKommAktG-Peifer, § 186 Rz. 100; T. Raiser/Veil, Kapitalgesellschaftsrecht, § 20 Rz. 17; Rebmann, in: Heidel, Aktienrecht, § 186 Rz. 74 ff.; Seibt/Voigt, AG 2009, 133, 138; Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG, § 186 Rz. 75 ff.; Sickinger/Kuthe, in: Schüppen/Schaub, MAH Aktienrecht, § 33 Rz. 113 ff.; Vaupel/Reers, AG 2010, 93, 95 ff.; Veil, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 186 Rz. 14; Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 176 – 179. 25 Vgl. die Nachweise in Fn. 24. 26 Vgl. einerseits etwa Busch, in: Marsch-Barner/F. Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 91; MünchHdbGesellschaftsrecht/AG-Krieger/Kraft, § 56 Rz. 100 (Maßstab: Börsenkurs), andererseits u. a. Hüffer, AktG, § 186 Rz. 43; KölnKommAktG-Lutter, § 186 Rz. 87 (Differenz zum wahren Wert der Anteile).

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A. Einführung in den faktischen Bezugsrechtsausschluss

Bezugsrechts“27. So halten es von Dryander und Niggemann für „äußerst fraglich“, ob nicht das Interesse der AG an einer möglichst erfolgreichen Kapitalaufnahme v. a. zu Sanierungszwecken „generell“ gewichtiger zu bewerten sei, als die Interessen der Altaktionäre an einem angemessenen Bezugspreis28. Die Autoren weisen auf den Umstand hin, dass das AktG nur ein Verbot der Unterpariemission (§ 9 Abs. 1 AktG) kenne und im Rahmen des § 255 Abs. 2 AktG Preisuntergrenzen normiere, eine preisliche Obergrenze dem Gesetz aber fremd sei. Noch einen Schritt weiter geht neuerdings Gehling, der bei einer Bezugsrechtsemission mit überhöhtem Bezugspreis bereits einen vergleichbaren Eingriff in die Rechtsstellung der zum Bezug berechtigter Altaktionäre verneint, womit zugleich der Anknüpfungspunkt für den Gleichlauf mit den formalen und materiellen Anforderungen des ausdrücklichen Bezugsrechtsausschlusses entfallen solle29. Stattdessen schlägt er in materieller Hinsicht vor, von einer Inhaltskontrolle nach Maßgabe der Lehre vom sachlichen Grund abzukehren zugunsten einer weitmaschigeren treuepflichtinduzierten Missbrauchskontrolle30.

III. Gang der Untersuchung Der am Beispiel des überhöhten Bezugspreises entwickelte Ansatz Gehlings31 hat bislang ein geteiltes Echo erfahren32. Eine vertiefte Auseinandersetzung mit den von ihm vorgebrachten Thesen ist bislang nicht erfolgt. Dabei bieten diese Thesen Anlass genug, nicht allein die herrschende Bestimmung faktischer Bezugsrechtsausschlüsse zu hinterfragen. Nicht erst seine Ausführungen legen nahe, dass sich ein Aufgreifkriterium zur nachvollziehbaren und damit verlässlichen Indizierung faktischer 27

So der Titel einer paradigmatisch für die (in der Vergangenheit) scharf geführten Debatte um Sinn und Nutzen des gesetzlichen Bezugsrechts stehenden Untersuchung von Kübler/ Mendelsson/Mundheim, AG 1990, 461 ff. 28 Dryander/Niggemann, in: Hölters, AktG, § 186 Rz. 45. 29 Gehling, ZIP 2011, 1699, 1701. In diese Richtung bereits zuvor Hermanns, ZIP 2003, 788, 790: nur bei Verstoß gegen Gleichbehandlungsgrundsatz; Vaupel/Reers, AG 2010, 93, 96: faktischer Bezugsrechtsausschluss denkbar nur bei Verknüpfung eines extrem ungünstigen Bezugsverhältnisses mit einem besonders hohem Ausgabebetrag; einschränkend auch Heckschen, DStR 2001, 1437, 1441 f. 30 Gehling, ZIP 2011, 1699, 1701 f.; mit ähnlichem Ansatz bereits zuvor Groß, AG 1993, 449, 454 ff. 31 Unklar bleibt, ob sich seine Ausführungen einzig auf die Fallgruppe des überhöhten Bezugspreises beschränken, ob die reduzierten Anforderungen auf alle bislang unter der Figur des faktischen Bezugsrechtsausschlusses diskutierten Fallgruppen anzuwenden sein sollen oder ob Gehling einen abgestuften Prüfungsmaßstab (formale und materielle Anforderungen wie bei ausdrücklichem Bezugsrechtsausschluss in den Fällen faktischen Bezugsrechtsausschlusses, treuepflichtinduzierte Missbrauchskontrolle im Übrigen) anlegen will. 32 Zustimmend Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 6 Rz. 48; Schnorbus, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 55 Rz. 41; ablehnend dagegen Hüffer, AktG, § 186 Rz. 43; Krause, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 7 Rz. 7.

III. Gang der Untersuchung

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Bezugsrechtsausschlüsse bislang noch nicht herauskristallisiert hat33. Nach einem ersten Blick über den erreichten Diskussionsstand fällt auf, dass den Schutzzielen des gesetzlichen Bezugsrechts bei den Bestimmungsversuchen ganz überwiegend nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird34. Die Frage drängt sich auf, ob die Konfusion um die Einordnung dieser oder jener Fallgruppe als faktischer Bezugsrechtsausschluss nicht zuletzt auf die fehlende Anknüpfung an den inneren Geltungsgrund des Bezugsrechts zurückzuführen ist. Dem wird im Folgenden bei der Entwicklung eines Aufgreifkriteriums nachzugehen sein (§ 2). Danach gilt es, die formalen (§ 3) sowie die ungeschriebenen materiellen (§ 4) Anforderungen an solche Gestaltungen des Anteilsbezugs herauszuarbeiten, die faktische Bezugsrechtsausschlüsse formen oder – als einfache Erschwerungen des Anteilsbezugs – dahinter zurückbleiben. Schließlich soll das entwickelte Aufgreifkriterium anhand häufig diskutierter Fallgruppen für den Einzelfall zur Anwendung gebracht werden (§ 5).

33

Vgl. die übrigen unter Fn. 29 aufgeführten Nachweise. Ausnahmen bilden Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 176: „Die Erschwerung braucht nicht den Grad praktischer Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit zu erreichen; sie muss jedoch das Teilhabe- und Anlageinteresse des Aktionärs betreffen“ und Gehling, ZIP 2011, 1699, 1700: Maßgebend, ob Festsetzung eines überhöhten Bezugspreises zu einem mit dem ausdrücklichen Bezugsrechtsausschluss vergleichbaren Eingriff in die Rechtsstellung des Aktionärs führt. 34

B. Entwicklung eines Aufgreifkriteriums I. Ausgangspunkt Verbreitet wird vom Vorliegen eines faktischen Bezugsrechtsausschlusses ausgegangen, wenn das formale Bezugsangebot so gefasst ist, dass die Ausübung des Bezugsrechts unangemessen erschwert bzw. wesentlich behindert wird35. Es geht insofern darum, Konstellationen herauszufiltern, in denen entweder eine Freiheit zum Nachbezug in Wahrheit nicht besteht, weil die Verzichtsentscheidung bereits in der Gestaltung des Bezugsangebots derart angelegt ist, dass die Nichtausübung des Bezugsrechts geradewegs „vorprogrammiert“36 erscheint oder zwar die Ausübungsfreiheit nicht berührt ist, die Gestaltung der Bezugsbedingungen den Erhalt der Beteiligungsquote aber von vornherein ausschließt. Teilweise wird überdies noch verlangt, dass die Entschließungsfreiheit der Mitglieder hinsichtlich des Bezugs neuer Anteile ohne sachliche Notwendigkeit bzw. aus sachfremden Erwägungen eingeschränkt ist37. Ein Grad tatsächlicher Unmöglichkeit der Bezugsrechtsausübung soll keine Voraussetzung bilden38. Die Erschwerung des Anteilsbezugs und 35 Vgl. Busch, in: Marsch-Barner/F. Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 42 Rz. 91; Gehling, ZIP 2011, 1699; Heckschen, DStR 2001, 1437, 1441; Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 6 Rz. 48; Hermanns, in: Michalski, GmbHG, § 55 Rz. 43; Hirte, Bezusgrechtsausschluss, S. 88; Hüffer, AktG, § 186 Rz. 43; Groß, AG 1993, 449, 454 f.; MünchHdbGesellschaftsrecht/AG-Krieger/Kraft, § 56 Rz. 100; Liebert, Bezugsrechtsausschluss, S. 46 f.; MünchKommGmbHG-Lieder, § 55 Rz. 43; MünchKommAktG-Peifer, § 186 Rz. 74; Priester, in: Scholz, GmbHG, § 55 Rz. 69; Rebmann, in: Heidel, Aktienrecht, § 186 Rz. 74; Seibt/Voigt, AG 2009, 133, 138; Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG, § 186 Rz. 75, 77; Sickinger/Kuthe, in: Schüppen/Schaub, MAH Aktienrecht, § 33 Rz. 113; Vaupel/Reers, AG 2010, 93, 95; Veil, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 186 Rz. 14; Wiedemann, in:GroßKommAktG, § 186 Rz. 176. Bernicken, JW 1927, 2970, 2971 verzichtet dagegen noch auf das wertende Merkmal der Unangemessenheit und will bei jeder Erschwerung des Rechts zum Anteilsbezug einen faktischen Bezugsrechtsausschluss in Betracht ziehen; ähnlich wohl auch Langenbucher, Aktienrecht, § 10 Rz. 42. 36 Rottnauer, ZGR 2007, 401, 429; vgl. auch (wenngleich insoweit mit anderem Ergebnis) MünchKommGmbHG-Lieder, § 55 Rz. 51: freie Entscheidung. 37 LG Düsseldorf AG 1999, 134 – Nordhäuser Tabakfabriken AG/AHAG; Dryander/Niggemann, in: Hölters, AktG, § 186 Rz. 39; KölnKommAktG-Lutter, § 186 Rz. 87; Vaupel/Reers, AG 2010, 93, 95. Damit wird auf einen Umstand abgestellt, der nach herkömmlicher Betrachtung erst im Rahmen der materiellen Anforderungen an einen ausdrücklichen Bezugsrechtsausschluss unter dem Aspekt der Erforderlichkeit des Ausschlusses Beachtung findet. Aus diesem Grunde insofern kritisch Hüffer, AktG, § 186 Rz. 43 a.; Rebmann, in: Heidel, Aktienrecht, § 186 Rz. 74. 38 Seibt/Voigt, AG 2009, 133, 138; Sickinger/Kuthe, in: Schüppen/Schaub, MAH Aktienrecht, § 33 Rz. 114.

I. Ausgangspunkt

27

die damit verbundene Reduzierung der Entschlussfreiheit müsse allerdings geeignet sein, Teilhabe- und Vermögensinteressen von Altgesellschaftern zu berühren39. Die Diskussion um die Figur des faktischen Bezugsrechtsausschlusses und die Identifizierung entsprechender Gestaltungen wird auch in der GmbH-rechtlichen Literatur geführt. Die Debatte verläuft hier ebenso wie in Teilen des älteren aktienrechtlichen Schrifttums auch unter der Bezeichnung als sog. verdeckter40, mittelbarer41, sachlicher bzw. materieller42 oder auch indirekter43 Bezugsrechtsausschluss, ohne dass damit in der Sache etwas anderes verbunden wäre. Unabhängig von diesen begrifflichen Differenzen befürwortet die ganz überwiegende Auffassung – sowohl für das Recht der AG wie im GmbH-Recht – faktische Ausschlüsse in ihrer Rechtsfolge ausdrücklichen Ausschlüssen des Bezugsrechts gleichzustellen und verlangt folgerichtig die Einhaltung derselben formalen wie materiellen Anforderungen44. 1. Fallgruppenbildung Wie bereits angeklungen, lautet die herrschende Einschätzung darauf, dass nicht jede durch die Gestaltung der Bezugsbedingungen hervorgerufene oder gesteigerte Erschwerung des Anteilsbezugs einen faktischen Bezugsrechtsausschluss zu begründen vermag45. Dabei steht eine abschließende Klärung noch aus, welcher Maßstab an die einschränkend herangezogenen Wertungsbegriffe einer „unangemessenen“ Erschwerung oder „wesentlichen“ Behinderung anzulegen sind46. Dieser Umstand gerät über den bunten Strauß zur Auswahl stehender Fallgruppen, die Beispiele faktischen Bezugsrechtsausschlusses formen sollen, allzu leicht aus dem 39

Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 176. Vgl. nur Hermanns, in: Michalski, GmbHG, § 55 Rz. 43; MünchKommGmbHG-Lieder, § 55 Rz. 82. 41 Lutter/Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 55 Rz. 25. 42 Schlegelberger/Quassowski/Herbig/Geßler/Hefermehl, AktG 1937, § 153 Rz. 13. 43 Bernicken, JW 1927, 2970, 2971. 44 Vgl. Dryander/Niggemann, in: Hölters, AktG, § 186 Rz. 39; Heckschen, DStR 2001, 1437, 1442; Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 6 Rz. 48; Hermanns, in: Michalski, GmbHG, § 55 Rz. 44; Hüffer, AktG, § 186 Rz. 43; Krause, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 7 Rz. 7; MünchHdbGesellschaftsrecht/AG-Krieger/Kraft, § 56 Rz. 100; MünchKommGmbHG-Lieder, § 55 Rz. 82; KölnKommAktG-Lutter, § 186 Rz. 87; Marsch-Barner, in: Bürgers/Körber, AktG, § 186 Rz. 4; Rebmann, in: Heidel, Aktienrecht, § 186 Rz. 76; Rieder/Holzmann, in: Grigoleit, AktG, § 186 Rz. 83; Schlegelberger/Quassowski/Herbig/Geßler/Hefermehl, AktG 1937, § 153 Rz. 13; Sickinger/Kuthe, in: Schüppen/Schaub, MAH Aktienrecht, § 33 Rz. 113; Veil, in: K. Schmidt/ Lutter, AktG, § 186 Rz. 14; Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 179. 45 Vgl. die Nachweise unter Fn. 35. 46 Vgl. etwa Sickinger/Kuthe, in: Schüppen/Schaub, MAH Aktienrecht, § 33 Rz. 114: „Welche Umstände die Wirkungen eines Bezugsrechtsauschlusses haben, ist nicht abschließend geklärt“; ebenso MünchKommGmbHG-Lieder, § 55 Rz. 82: „weitgehend ungeklärt“; ähnlich Hermanns, in: Michalski, GmbHG, § 55 Rz. 43: „Im Einzelfall schwierig zu beurteilen“. 40

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B. Entwicklung eines Aufgreifkriteriums

Blick. Zur Debatte stehen insofern ganz unterschiedliche Arten von Erschwerungen des Anteilsbezugs. Diese lassen sich grob in einerseits rechtliche Erschwerungen und andererseits tatsächlich – vor allem wirtschaftlich – wirkende Erschwerungen unterscheiden, ohne dass damit nach herrschender Betrachtung bereits eine Aussage über die Qualität als faktischer Bezugsrechtsausschluss verbunden wäre47. Häufig genannte Beispiele rechtlicher Erschwerungen des Anteilsbezugs bilden etwa das Erfordernis einer bestimmten zum Bezug neuer Anteile berechtigenden Mindestbeteiligungsquote48 oder die Verknüpfung des Bezugsangebots mit über die Entrichtung eines Bezugspreises hinausgehenden Leistungspflichten49. Unter den diskutierten tatsächlichen Erschwerungen findet sich neben der Lieferung (zunächst) nicht börsenzugelassener Aktien50 oder der fehlenden Weiterleitung des Bezugsangebots an im Ausland ansässige Aktionäre durch die entsprechend angewiesene Depotbank51 auch die Festsetzung eines besonders hohen Nennwerts der neuen Anteile52 oder die fehlende Einrichtung organisierten Handelns von Bezugsrechten53. Besonderes Augenmerk liegt schließlich auf der wohl schillerndsten aller Fallgruppen: die Festsetzung eines überhöhten Bezugspreises54. 47 Anders neuerdings MünchKommGmbHG-Lieder, § 55 Rz. 82, der bei Erschwerungen rechtlicher Art grundsätzlich, bei tatsächlichen Beeinträchtigungen dagegen nur ausnahmsweise von einem faktischen Bezugsrechtsausschluss ausgehen will. Zu dieser Kategorisierung noch im Folgenden unter E. IV. 48 Vgl. Hermanns, in: Michalski, GmbHG, § 55 Rz. 43; MünchKommGmbHG-Lieder, § 55 Rz. 82. 49 Rebmann, in: Heidel, Aktienrecht, § 186 Rz. 75 nennt beispielhaft Optionsrechte, Konsortial- und Stimmrechtsbindungen; vgl. ferner Groß, AG 1993, 449, 455; Hüffer, AktG, § 186 Rz. 43; MünchKommAktG-Peifer, § 186 Rz. 100. 50 Seibt/Voigt, AG 2009, 133, 141 f.; Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG, § 186 Rz. 77. 51 MünchHdbGesellschaftsrecht/AG-Krieger/Kraft, § 56 Rz. 74a; Vaupel/Reers, AG 2010, 95, 97. 52 Groß, AG 1993, 449, 455; KölnKommAktG-Lutter, § 186 Rz. 87 MünchKommAktGPeifer, § 186 Rz. 100; Rebmann, in: Heidel, Aktienrecht, § 186 Rz. 75; Hermanns, in: Michalski, GmbHG, § 55 Rz. 44; MünchKommGmbHG-Lieder, § 55 Rz. 82. 53 LG Hamburg AG 1999, 382 – Triton-Belco AG; Busch, in: Marsch-Barner/F. Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 42 Rz. 64 f.; Groß, AG 1993, 449, 456; Hüffer, AktG, § 186 Rz. 7; Kallmeyer, AG 1993, 249, 249 f.; MünchHdbGesellschaftsrecht/AG-Krieger/Kraft, § 56 Rz. 64; KölnKommAktG-Lutter, § 186 Rz. 13, 76; Marsch-Barner, in: Bürgers/Körber, AktG, § 186 Rz. 6; Rebmann, in: Heidel, Aktienrecht, § 186 Rz. 75; Schlitt/Ries, FS Schwark, S. 241, 258; Schlitt/Seiler, WM 2003, 2175, 2181; Seibt/Voigt, AG 2009, 133, 142; Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG, § 186 Rz. 77; Sickinger/Kuthe, in: Schüppen/Schaub, MAH Aktienrecht, § 33 Rz. 116; Vaupel/Reers, AG 2010, 93, 96 f.; Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 176. 54 Vgl. die Nachweise unter Fn. 44; ferner LG Düsseldorf AG 1999, 134 – Nordhäuser Tabakfabriken AG/AHAG; Aha, BB 2001, 2225, 2227; Busch, in: Marsch-Barner/F. Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 42 Rz. 91; Groß, AG 1993, 449, 455 ff.; Habersack, Mitgliedschaft, S. 267, Fn. 44; Hermanns, ZIP 2003, 788, 790; Immenga, Kapitalgesellschaft, S. 237 ff.; Inhester, in: Saenger/Inhester, GmbHG, § 55 Rz. 10; Liebert, Bezugsrechtsausschluss, S. 46 f.; Lutter/Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 55 Rz. 20; MünchKommAktG-Peifer, § 186

I. Ausgangspunkt

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Gleichwohl steht die Frage im Raum, ob Erschwerungen des Anteilsbezugs, die sämtliche Gesellschafter zumindest vordergründig gleichermaßen betreffen, tatsächlich als faktischer Bezugsrechtsausschluss zu bewerten sein können55. In neuerer Zeit ist in der Literatur eine merkliche Tendenz zu beobachten, tatsächliche Erschwerungen im Ergebnis nicht als faktische Bezugsrechtsausschlüsse zu qualifizieren56. Insbesondere im Vergleich mit dem ausdrücklichen Bezugsrechtsausschluss werden gravierende Unterschiede ausgemacht, sofern die Entschlussfreiheit zum Anteilsbezug und der Erhalt der Beteiligungsquote nur auf wirtschaftliche Weise beeinträchtigt werden. Die aufkeimende Diskussion lenkt den Blick auf Grund und Grenzen der Anerkennung faktischer Bezugsrechtsausschlüsse. Schon wird gänzlich in Frage gestellt, ob die „Lehre vom faktischen Bezugsrechtsausschluss“ mit der Gleichstellung bestimmter Erschwerungen des Anteilsbezugs mit ausdrücklichen Bezugsrechtsausschlüssen insgesamt einen interessengerechten Weg zur Behandlung des Problems weist57. Tatsächlich regen sich Zweifel an der Existenzberechtigung einer Figur wie der des faktischen Bezugsrechtsausschlusses und der ihr entnommenen formalen und sachlichen Anforderungen an bestimmte Erschwerungen des Bezugsrechts, solange ungeklärt ist, wann und warum von einer „Maßnahme gleicher Wirkung“58 auszugehen ist. 2. Festsetzung eines überhöhten Bezugspreises als Paradigma? a) Hintergrund Als prominentestes Beispiel für einen faktischen Bezugsrechtsausschluss gilt der unverhältnismäßig hohe Bezugspreis bzw. die Verpflichtung auf Zahlung eines überhöhten Agios59. Ein überzogener Bezugspreis wird dabei überwiegend dann angenommen, wenn der innere Wert der Anteile bezogen auf den wirklichen Wert des

Rz. 100; Priester, GmbHR 2008, 1177, 1180; T. Raiser/Veil, Kapitalgesellschaftsrecht, § 20 Rz. 17; G.H. Roth, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, § 55 Rz. 25; Rottnauer, ZGR 2007, 401, 428; Schlitt/Seiler, WM 2003, 2175, 2177 f.; Seibt/Voigt, AG 2009, 133, 138; Vaupel/Reers, AG 2010, 93, 95 f.; Wagner, DB 2004, 293, 294; Wiese/Schneider, in: Römermann, MAH-GmbHR, § 5 Rz. 187; Zöllner/Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 55 Rz. 27a. 55 Vgl. Groß, AG 1993, 449, 455; Hermanns, ZIP 2003, 788, 790. 56 Ausdrücklich MünchKommGmbHG-Lieder, § 55 Rz. 82; in diese Richtung auch Aha, BB 2225, 2227; Dryander/Niggemann, in: Hölters, AktG, § 186 Rz. 45 f.; Gehling, ZIP 2011, 1699; Heckschen, DStR 2001, 1437, 1442; Hermanns, ZIP 2003, 788, 790; Inhester, in: Saenger/Inhester, GmbHG, § 55 Rz. 10 (Fn. 1); Schnorbus, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 55 Rz. 41; Wagner, DB 2004, 293, 294. 57 Gehling, ZIP 2011, 1699 ff. 58 Dryander/Niggemann in: Hölters, AktG, § 186 Rz. 39; Hüffer, AktG, § 186 Rz. 43. 59 Vgl. die Nachweise unter Fn. 54.

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B. Entwicklung eines Aufgreifkriteriums

Unternehmens einschließlich des Geschäftswerts und stiller Reserven überschritten ist60. Die Fallgruppe betrifft vor allem Barkapitalerhöhungen61. Die Festsetzung des Ausgabebetrags obliegt zunächst der Anteilseignerversammlung62. Rechtliche und sonstige Bedingungen für den Bezug junger Anteile wie etwa der festgesetzte Ausgabebetrag (vgl. § 182 Abs. 3 AktG bzw. §§ 202 Abs. 2, 3, 204 Abs. 1 AktG für das genehmigte Kapital) gehören zum Inhalt des Kapitalerhöhungsbeschlusses63. Sie werden – auch beim genehmigten Kapital – vorrangig durch die Anteilseignerversammlung bestimmt, subsidiär zuständig ist die Verwaltung64. Setzt etwa bei einer Bezugsrechtsemission der Vorstand den konkreten Ausgabebetrag fest, weil eine Bestimmung im Kapitalerhöhungsbeschluss über einen Mindestbetrag hinaus (§ 182 Abs. 3 AktG) durch die Hauptversammlung unterblieben ist, handelt es sich insofern um die Wahrnehmung einer derivativen Kompetenz65. Verzichten die Mitglieder der Anteilseignerversammlung auf eine 60 Groß, AG 1993, 449, 455; Hüffer, AktG, § 186 Rz. 43; MünchKommGmbhG-Lieder, § 55 Rz. 51; KölnKommAktG-Lutter, § 186 Rz. 87; Seibt/Voigt, AG 2009, 133, 138; abweichend zur börsennotierten AG Busch, in: Marsch-Barner/F. Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 42 Rz. 91; MünchHdbGesellschaftsrecht/AG-Krieger/Kraft, § 56 Rz. 100, wonach die Überschreitung des Börsenpreises entscheidend für die Einstufung als überhöhter Bezugspreis sein soll. 61 Weil eine Sachkapitalerhöhung in aller Regel mit einem (teilweisen) ausdrücklichen Bezugsrechtsausschluss verbunden ist, bleibt noch die Konstellation einer gemischten Bar-/ Sachkapitalerhöhung, die dann ohne einen Ausschluss des Bezugsrechts auskommen soll, wenn neben der unterschiedlichen Einlageverpflichtung im Übrigen identische Bedingungen der Aktienausgabe gegeben sind, vgl. OLG Jena NZG 2007, 147, 149; Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 183. 62 MünchKommGmbHG-Lieder, § 55 Rz. 52; Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 182 Rz. 63. 63 Hirte, in: GroßKommAktG, § 202 Rz. 29; Hüffer, AktG, § 182 Rz. 11; Veil, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 182 Rz. 19 f ff. Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 182 Rz. 61 ff.; Zöllner/Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 55 Rz. 13 f. 64 Vgl. MünchKommAktG-Bayer, § 204 Rz. 5; Hüffer, AktG, § 204 Rz. 2; Martens, ZIP 1994, 669, 670; Schlitt/Seiler, WM 2175, 2177; Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 182 Rz. 63 f. (zur AG); Hermanns, ZIP 2003, 788, 789; MünchKommGmbHG-Lieder, § 55 Rz. 52; Rottnauer, ZGR 2007, 401, 422; Zöllner/Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 55 Rz. 13 (zur GmbH). Zu der Frage, inwiefern der Vorstand bei fehlender Festsetzung eines Ausgabebetrags trotz einer Verpflichtung zur Überpari-Emission im Kapitalerhöhungsbeschluss berechtigt oder gar verpflichtet ist, die neuen Anteile zu höchstmöglichen Kursen auszugeben besteht Streit, vgl. Hüffer, AktG, § 182 Rz. 25. Überzeugend erscheint eine Argumentation, die den Finanzierungsinteressen der Gesellschaft in diesem Fall den Vorrang einräumt, weil für den Fall des Bezugsrechtsausschlusses § 255 Abs. 2 AktG in diese Richtung deutet und sich die Aktionäre in jedem Fall selbst der Chance auf günstigere Bezugsbedingungen begeben haben, vgl. MünchKommAktG-Peifer, § 182 Rz. 54. 65 Klette, DB 1968, 2261, 2263: „hilfsweise Entscheidungsbefugnis“; ähnlich Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 182 Rz. 63 f., wonach eine Primärzuständigkeit der Hauptversammlung bestehe unter Ermächtigung der Verwaltung, den gegebenen Rahmen auszufüllen; vgl. auch KölnKommAktG-Lutter, § 182 Rz. 24; MünchKommAktG- Peifer, § 182 Rz. 50; T. Raiser/Veil, Kapitalgesellschaftsrecht, § 20 Rz. 5; Rottnauer, ZGR 2007, 401, 421. Für die GmbH kann trotz Fehlens einer § 182 Abs. 3 AktG entsprechender Regelung nichts anderes

I. Ausgangspunkt

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Festsetzung, liegt in der Konkretisierung der Kapitalerhöhung durch die Geschäftsführung über die Bestimmung des Nennwerts der Anteile, des Bezugspreises, des Bezugsverhältnisses oder sonstiger Bezugsbedingungen kein Verstoß gegen kapitalgesellschaftliche Kompetenzordnungen (§ 119 Abs. 1 Nr. 5, Nr. 6 AktG, § 53 Abs. 1 GmbHG) begründet66. Zwar verbietet sich danach außerhalb normierter Delegationsfälle wie etwa §§ 202 ff. AktG, § 55a GmbHG eine Übertragung von Entscheidungsbefugnissen über grundlegende Strukturmaßnahmen wie Kapitalerhöhungen von der Anteilseignerversammlung auf die Geschäftsführung67. Allerdings betrifft dies grundsätzlich nicht die Festsetzung offen gelassener Bezugsbedingungen, weil die Anteilseigner über den regulären Kapitalerhöhungsbeschluss oder die Schaffung eines genehmigten Kapitals die Kapitalzuführung als „essentialia“ bereits vorgegeben haben68. Vergleichbar mit der Ausnutzung eines genehmigten Kapitals unter Ausschluss des Bezugsrechts69 müssen den Anteilsbezug betreffende Festsetzungen durch die Geschäftsführung denselben materiellen Anforderungen genügen wie entsprechende Bestimmungen durch die Anteilseignerversammlung im Kapitalerhöhungsbeschluss70. Die Freiheit zur Festsetzung der Höhe des Ausgabebetrags begegnet einer ausdrücklichen Grenze sowohl bei der AG (§ 9 Abs. 1 AktG) als auch bei der GmbH nur in dem Verbot der Unterpari-Emission71. Solange ein Recht zum unmittelbaren oder mittelbaren (§ 186 Abs. 5 AktG) Bezug junger Anteile nicht ausgeschlossen ist, kann also grundsätzlich auch ein niedriger Anteilswert oder der gänzliche Verzicht gelten. Sofern der Kapitalerhöhungsbeschluss ein (korporatives) Agio vorsieht, über die Höhe des Ausgabepreises aber schweigt, kann der Geschäftsführer dieses nach pflichtgemäßem Ermessen festsetzen, vgl. Hermanns, ZIP 2003, 788, 789; Lutter/Bayer, GmbHG, § 55 Rz. 13; str., a.A. Priester, in: Scholz, GmbHG, § 55 Rz. 27. 66 Vgl. OLG Hamburg AG 2000, 326 ff. – Triton-Belco AG 67 Grunewald, AG 1990 , 133, 138; Priester, NZG 2010, 81, 82 ff. 68 Vgl. Rottnauer, EWiR 2000, 893, 894. Grundsätzlich kein Wahlrecht verbleibt dem Vorstand für die Gestaltung des Bezugsrechts als unmittelbares oder mittelbares, OLG Hamburg AG 2000, 326 – Triton-Belco AG. Das mittelbare Bezugsrecht bildet einen bei Einhaltung der in § 186 Abs. 5 AktG genannten Voraussetzungen gesetzlich für unerheblich erachteten Spezialfall des Bezugsrechtsausschlusses, vgl. Hüffer, AktG, § 186 Rz. 44. Zur Entscheidung über einen solchen Ausschluss wie auch zur Ermächtigung der Geschäftsführung zu einem Ausschluss sind allein die Gesellschafter berufen. 69 Vgl. MünchKommAktG-Bayer, § 203 Rz. 110; T. Bezzenberger, AG 2010, 765, 773; MünchHdbGesellschaftsrecht/AG-Krieger, § 58 Rz. 44; Schürnbrand, ZHR 171 (2007), 731, 739. 70 Mit Blick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz vgl. KölnKommAktG-Lutter, § 182 Rz. 24; MünchKommAktG-Peifer, § 182 Rz. 50; Priester, FS Wiedemann, S. 1161, 1163; Veil, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 182 Rz. 22. Nichts anderes kann für die Treuepflicht und die übrigen Schranken der Verbandsmacht gelten. 71 Hüffer, AktG, § 182 Rz. 23; MünchKommAktG-Peifer, § 182 Rz. 47 f. (zur AG); vgl. BGHZ 68, 191, 195; MünchKommGmbHG-Lieder, § 55 Rz. 48; Lutter/Bayer, in: Lutter/ Hommelhoff, GmbHG, § 55 Rz. 10; Zöllner/Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 55 Rz. 13 (zur GmbH).

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B. Entwicklung eines Aufgreifkriteriums

auf ein Agio durch eine Pariemission festgesetzt werden72; ebenso können Anteilseignerversammlung oder Geschäftsführung – ggf. mit Zustimmung des Aufsichtsrats – ein hohes Agio bestimmen. b) Problemstellung Gerade weil ein hohes Agio stets im Gesellschaftsinteresse liegen wird, da sich dadurch – sofern oder ggf. soweit die Kapitalerhöhung gelingt73 – die bilanzielle Kapitalrücklage und damit das gebundene Eigenkapital überproportional vergrößern lässt74, wird die mit einem überhöhten Bezugspreis verknüpfte Problematik nicht immer klar gesehen75. Dem Verständnis der sich hinter der Fallgruppe verbergenden Problemlage förderlich ist eine Rückbesinnung auf die beschränkte Wirkung des gesetzlichen Bezugsrechts. Dieses vermag die Altgesellschafter überhaupt nur dann vor der über die Kapitalerhöhung drohenden Verwässerung von Teilhaberechten zu schützen, wenn die Altgesellschafter finanziell in der Lage und willens sind, ihre aus dem Bezugsrecht erwachsenden konkreten Bezugsansprüche zu bemühen. Treffend spricht Zöllner von dem Bezugsrecht als einer zwischen den bedrohten mitgliedschaftlichen Rechten und Interessen der Gesellschafter und den ihnen gegenüberstehenden Finanzierungsinteressen der Gesellschaft vermittelnden „Näherungslösung“76. Die Funktions- oder Geschäftsgrundlage dieser Näherungslösung könnte zu Lasten der Altgesellschafter durch einen überhöhten Bezugspreis gestört sein und einen Schutz des Bezugsrechts durch Übertragung der formalen und materiellen Anforderungen an den ausdrücklichen Bezugsrechtsausschluss gebieten. aa) Vorzeichnung einer negativen Ausübungsentscheidung Gesellschafter, die die durch das Bezugsrecht gewährte Chance zum Erhalt des bisherigen Beteiligungsumfangs nicht wahrnehmen können oder wollen, müssen sich mit den Konsequenzen einer Kapitalerhöhung für ihre mitgliedschaftlichen Rechte und Vermögensinteressen abfinden. Allerdings können sie als Mitglieder eines Verbandes unter den Aspekten gesellschaftlicher Treuebindung und des 72 Vgl. aber die einführenden Anmerkungen zur Problematik des sog. faktischen Bezugszwangs oben A II 2. 73 Zur Möglichkeit der sog. bis zu-Kapitalerhöhung vgl. Holzmann/Eichstädt, DStR 2010, 277, 279 ff.; am Beispiel der GmbH etwa Leuering/Simon, NJW-Spezial 2005, 363 ff. 74 Vgl. Groß, AG 1993, 449, 456; MünchKommHGB-Reiner, § 272 Rz. 67. Zur Bedeutung des gebundenen Eigenkapitals vgl. nur MünchKommAktG-Peifer,Vor § 182 Rz. 11. 75 Vgl. etwa Zöllner/Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 55a Rz. 14, wonach die Geschäftsführer bei der Ausnutzung eines genehmigten Kapitals mit Bezugsrechts ohne weiteres „dessen Ausübung durch ein ungerechtfertigt hohes Agio praktisch unmöglich machen“ können dürften. Bei der regulären Kapitalerhöhung nennen Zöllner/Fastrich, a.a.O., § 55 Rz. 27 dagegen ein „übermäßig hohes Agio“ als Fallgruppe faktischen Bezugsrechtsausschlusses. 76 Zöllner, AG 2002, 585.

I. Ausgangspunkt

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Gleichbehandlungsgrundsatzes erwarten, dass ihre Beteiligungsinteressen respektiert werden und ihnen eine faire Chance zum Erhalt ihrer Beteiligung eingeräumt wird77. Kapitalerhöhungen ohne bestehenden Finanzierungsbedarf der Gesellschaft werden daher allgemein ebenso missbilligt wie die Durchführung einer solchen Strukturmaßnahme zu dem primären Zweck, Beteiligungsquoten illequider Gesellschafter zu verwässern78. Bereits bei einem überhöhten Bezugspreis stellt sich insofern die Frage, ob zu Gunsten der Altgesellschafter eine gerechte Ausgangslage attestiert werden kann, wenn die Vertiefung des Investments in Ansehung des objektiven Anteilswerts wirtschaftlich unvernünftig erscheint79. Diesbezügliche Einschätzungen gehen überwiegend dahin, dass die Entschlussfreiheit zur Aufrechterhaltung der Beteiligungsquote bei einem überhöhten Bezugspreis praktisch beseitigt würde, weshalb die Konstellation trotz formal gewährten Rechts zum Nachbezug einem ausdrücklichen Bezugsrechtsausschluss gleichzustellen sei80. Der aus wirtschaftlichen Erwägungen gegen eine Bezugsrechtsausübung optierende Altgesellschafter sei, so die gängige Betrachtung, in dieser Konstellation ebenso schützenswert wie im Falle eines vollständigen Bezugsrechtsausschlusses, erscheint seine Entscheidung gegen den Nachbezug unter dem Aspekt ökonomischer Vernunft doch bereits „vorprogrammiert“. Warum sollte er seine Beteiligung über die Ausübung des konkreten Bezugsanspruchs aufrechterhalten, wenn der dafür zu zahlende Preis übersetzt ist? Ein wirtschaftlich handelnder Anteilseigner werde bei einem den wahren Wert übersteigenden Einlagebetrag von seinem Bezugsrecht erwartungsgemäß keinen Gebrauch machen81. Der durch das vorhersehbar gewordene Ausbleiben der Bezugsrechtsausübung bewirkte „schwere Eingriff in die Mitgliedschaft“ sei im Eigentlichen nicht der Gesellschaftersphäre, sondern den die Bezugsrechtsbedingungen verantwortenden Gesellschaftsorganen zuzuschreiben. Mit der Ausschaltung der Investitionsbereitschaft werde das Bezugsrecht seiner Funktion beraubt und damit zur kernlosen Hülle. Eine solche Bewertung unterstellt, dass mit der Wahl des Bezugspreises ein vergleichbarer Einfluss auf die Beteiligungsstruktur der Gesellschaft genommen werden könne, wie mit einem ausdrücklichen Bezugsrechtsausschluss, weil stets nur 77

Vgl. Rottnauer, ZGR 2007, 401, 404 f., 428 f. Vgl. Fraktionsbegr. BT-Drucks. 12/6721, S. 10; LG Düsseldorf AG 1999, 134 f. – Nordhäuser Tabakfabriken AG/AHAG; Heckschen, DStR 2001, 1437, 1441 f.; Schnorbus, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 55 Rz. 41; Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 182 Rz. 47. 79 Rottnauer, ZGR 2007, 401, 428 f. 80 Groß, AG 1993, 449, 456; Hirte, Bezugsrechtsausschluss, S. 88; KölnKommAktGLutter, § 186 Rz. 87; MünchHdbGesellschaftsrecht/AG-Krieger/Kraft, § 56 Rz. 100; Seibt/ Voigt, AG 2009, 133, 138; Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 176. 81 MünchHdbGesellschaftsrecht/AG-Krieger/Kraft, § 56 Rz. 100; Rottnauer, ZGR 2007, 401, 428 f.: „Entscheidung für einen Teilnahmeverzicht vorprogrammiert“; vgl. auch Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG, § 186 Rz. 75: „vorhersehbar“. 78

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B. Entwicklung eines Aufgreifkriteriums

derjenige zur Zahlung einer den wahren Anteilswert übersteigenden Prämie bereit sei, der eigene Sonderinteressen verfolge82. Die Überbetonung der gesellschaftlichen Finanzierungsinteressen falle zusammen mit einer quasi zwangsläufigen, letztlich vorhersehbaren und damit zumindest in Kauf genommenen Verschiebung der Machtverhältnisse zu Gunsten der Mehrheitsgesellschafter oder bislang unbeteiligter Dritter. bb) Konflikt mit den Schutzwirkungen des Bezugsrechts Im Gefolge der Kali und Salz-Entscheidung aus dem Jahre 197883 ist heute das Verständnis ganz herrschend, Schutzzwecke des gesetzlichen Bezugsrechts seien auf der einen Seite die Sicherung der mitgliedschaftlichen Teilhabe- und Herrschaftsbefugnisse und zum anderen die gegen eine Verwässerung des Anteilswerts gerichteten Vermögensinteressen der Altgesellschafter84. Auf dieses Schutzregime beruft sich u. a. Wiedemann für die Identifizierung faktischer Bezugsrechtsausschlüsse im Allgemeinen und eine entsprechende Einordnung des überhöhten Bezugspreises im Speziellen85. Eine Beeinträchtigung der genannten Schutzziele erscheint denn auch als naheliegender Maßstab zur Qualifizierung faktischer Bezugsrechtsausschlüsse. Der über die Figur des faktischen Bezugsrechtsausschlusses vermittelte Schutz kann nämlich nicht über den Schutzumfang hinausgehen, den das gesetzliche Bezugsrecht vermitteln soll. Für letzteres spricht bereits das herrschende Verständnis vom faktischen Bezugsrechtsausschluss als Umgehungstatbestand86. Bei einem gegenüber dem objektiven Anteilswert überhöhten Ausgabepreis findet sich bei Licht betrachtet mit Blick auf die Beeinträchtigung mitgliedschaftlicher Teilhabe- und Vermögensinteressen indes überraschend wenig, was eine vergleichbare Gefährdung, wie sie der ausdrückliche Bezugsrechtsausschluss be82

Hirte, Bezugsrechtsausschluss, S. 88; ähnlich Servatius, in: Spindler/Stilz, § 186 Rz. 75. BGHZ 71, 40, 44 f. – Kali und Salz. 84 Vgl. Begr. RegE zum Gesetz für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts, BT-Drucks. 12/6721, S. 10; BGHZ 120, 141, 146 – Bremer Bankverein; Goette, ZGR 2012, 505, 506 f.; Groß, AG 1993, 449, 455; Habersack, Mitgliedschaft, S. 259 f.; Hirte, Bezugsrechtsausschluss, S. 8 f.; Hoffmann-Becking, ZIP 1995, 1, 9; Hüffer, AktG, § 186 Rz. 2; MünchHdbGesellschaftsrecht/AG, Krieger/Kraft, § 186 Rz. 61; Kübler/Mendelson/Mundheim, AG 1990, 461; KölnKommAktG-Lutter, § 187 Rz. 7; Liebert, Bezugsrechtsausschluss, S. 36; Münch, DB 1993, 769, 770; MünchKommAktG-Peifer, § 186 Rz. 1; T. Raiser/Veil, Kapitalgesellschaftsrecht, § 20 Rz. 14; Rebmann, in: Heidel, Aktienrecht, § 186 Rz. 2; Rieder/ Holzmann, in: Grigoleit, AktG, § 186 Rz. 1; Rottnauer, ZGR 2007, 401, 405; Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 56; zuvor bereits Zöllner, Schranken, S. 349 ff.; vgl. auch RGZ 132, 149, 160, 163 – Victoria; a.A. dagegen etwa Mülbert, Aktiengesellschaft, S. 339 ff. 85 Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 176 f.: „Die Erschwerung braucht nicht den Grad praktischer Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit zu erreichen; sie muss jedoch das Teilhabe- und Anlageinteresse des Aktionärs treffen“. Ferner heißt es: „Überschreitet der Bezugskurs den inneren Wert, so bedeutet dies einen Eingriff in die Teilhabe- und Anlageinteressen der überstimmten Gesellschafter, da diese mittelbar zu einer mitgliedschaftlichen Zubuße veranlasst werden sollen“. 86 Dazu noch unten C. I. 2. 83

I. Ausgangspunkt

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gründet, besorgen lässt. Das gilt zum einen für die mitgliedschaftlichen Teilhaberechte. Übersteigt der Ausgabetrag den wahren Wert der jungen Anteile, so ist die rechnerische Höhe des potentiellen Liquidationsanspruchs nicht gefährdet. Ganz im Gegenteil: Die Chancen auf einen Liquidationsüberschuss verbessern sich durch die prozentual dem gezeichneten Kapital gegenüber gestiegene Eigenkapitalquote. Wie bei einem ausdrücklichen Bezugsrechtsausschluss bleibt in dieser Konstellation auch der Dividendenanspruch unberührt, sofern das entsprechend erhöhte dieselbe Rendite erzielt wie das bislang eingesetzte Eigenkapital87. Besonders augenscheinlich ist die fehlende Beeinträchtigung mitgliedschaftlicher Stimmrechte. Im Gegensatz zur bezugsrechtsfreien Emission steht es dem bisherigen Gesellschafter gerade offen, seine relative Beteiligungsquote und damit sein Stimmgewicht zu erhalten88. Hierzu kann er zumindest bei einer gelisteten AG ggf. Aktien unterhalb des Bezugspreises an einer Börse erwerben89. Jedenfalls aber vermag er den aus dem formal gewährten Bezugsrecht resultierenden konkreten Bezugsanspruch zu bemühen90. Gleichwohl ist freilich einzuräumen, dass die mit einem faktischen Bezugsrechtsausschluss zu Ungunsten des betroffenen Gesellschafters verbundenen Beeinträchtigungen nicht ebenso offen zu Tage treten mögen, wie dies bei einem ausdrücklichen Ausschluss jedenfalls für die Stimmquote der Fall ist. Dieser Gedanke findet sich wieder in dem Ausspruch, Altgesellschafter würden bei der untersuchten Fallgruppe des überhöhten Bezugspreises „mittelbar zu einer mitgliedschaftlichen Zubuße veranlasst“91. cc) Aufkeimende Zweifel Am Beispiel der Kapitalerhöhung einer börsennotierten AG gelangt Gehling neuerdings zu dem Ergebnis, dass die Festsetzung eines überhöhten Bezugspreises keinen dem ausdrücklichen Bezugsrechtsausschluss vergleichbaren Eingriff in die Teilhaberechte und Vermögensinteressen der Gesellschafter zu zeitigen vermag. Hieraus will er den Schluss ziehen, dass den Gesellschaftsorganen bei der Festsetzung der Bezugsbedingungen grundsätzlich ein weiter Handlungsspielraum eingeräumt sei92. Die Finanzierungsinteressen der Gesellschaft rechtfertigten aufgrund möglicher gegenläufiger Beteiligungsinteressen der Altgesellschafter allerdings kein schrankenloses Gestaltungsermessen93. Eine Begrenzung sei unterhalb der Schwelle zum faktischen Bezugsrechtsausschluss aber nicht über die Anwendung 87

Vgl. Mülbert, Aktiengesellschaft, S. 192; ähnlich Cahn, ZHR 163 (1999), 554, 585 f. Gehling, ZIP 2011, 1699, 1700; MünchKommGmbHG-Lieder, § 55 Rz. 51. 89 Gehling, ZIP 2011, 1699, 1700 f. 90 So zutreffend MünchKommGmbHG-Lieder, § 55 Rz. 51. 91 Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 177. 92 Gehling, ZIP 2011, 1699, 1701; vgl. auch Dryander/Niggemann, in: Hölters, AktG, § 186 Rz. 45. 93 Gehling, ZIP 2011, 1699, 1701. 88

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B. Entwicklung eines Aufgreifkriteriums

der formalen und materiellen Anforderungen an einen ausdrücklichen Bezugsrechtsausschluss herbeizuführen. Mit der Möglichkeit, über die Ausformung der Bezugsbedingungen auf die Rechte und Interessen der Aktionäre Einfluss zu nehmen, korrespondiere aufgrund von Treuebindungen die Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Belange betroffener Aktionäre. Als ungeeignet zur Begrenzung des Handlungsspielraums und deshalb entbehrlich ordnet er die Einhaltung der formalen Anforderungen nach § 186 Abs. 3 S. 1 – 3, Abs. 4 AktG ein94. In Bezug auf die materiellen Kriterien betont Gehling die Flexibilität einer treuepflichtinduzierten Missbrauchskontrolle gegenüber einer am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz orientierten Inhaltskontrolle nach Kali und Salz. Nur der einzelfallbezogene Kontrollmaßstab der Treuepflichtverletzung werde dem Umstand gerecht, dass Erschwerungen der Bezugsrechtsausübung mitgliedschaftliche Rechte und Interessen der Aktionäre nur ausnahmsweise über Gebühr beeinträchtigten95. Gehlings Ansatz des Rückzugs auf die treuepflichtgestützte Missbrauchskontrolle befindet sich dabei auf einer Linie mit einer in der Rechtsprechung zu beobachtenden Tendenz, materielle Anforderungen an Beschlüsse über Strukturmaßnahmen zurückzunehmen. Anders als noch in Kali und Salz, wo der BGH die angegriffene Sachkapitalerhöhung mit Bezugsrechtsrechtsausschluss inhaltlich dem Gebot einer sachlichen Rechtfertigung im Gesellschaftsinteresse am Maßstab des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unterwarf96, lehnten BGH und Instanzgerichte gegenüber anderen Maßnahmen trotz vergleichbarer Intensität eine Anwendung der sog. Lehre vom sachlichen Grund wiederholt ab97. Die von Gehling vorgenommene Gegenüberstellung materieller Beschlusskontrolle durch Überprüfung auf Treuepflichtverstöße auf der einen und der Lehre vom sachlichen Grund auf der anderen 94

Gehling, ZIP 2011, 1699, 1701. Gehling, ZIP 2011, 1699, 1701. 96 BGHZ 71, 40, 45 f. – Kali und Salz. 97 BGHZ 70, 117, 121 – Mannesmann (Einführung eines Höchststimmrechts); BGHZ 76, 352, 352 und 103, 184, 189 ff. – Linotype (Auflösung der Gesellschaft); BGHZ 120, 141, 145 ff. – Bremer Bankverein (Ausschluss des Bezugsrechts auf Genussscheine nach § 221 Abs. 4 AktG); BGHZ 138, 71, 75 ff. – Sachsenmilch (Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung von Aktien, § 222 Abs. 4 S. 2 AktG); BGHZ 153, 47 – Macrotron (Delisting); BGH NZG 2009, 585, 587 (squeeze out, §§ 327a ff. AktG); OLG Düsseldorf AG 1994, 281, 282 (Änderung des Unternehmensgegenstands, §§ 179, 23 Abs. 3 Nr. 2 AktG); BayObLG BB 1999, 281, 282 – Magna Media (sog. übertragende Auflösung als Spezialfall des § 179a AktG); OLG Düsseldorf DB 2003, 1318, 1319 (formwechselnde Umwandlung nach §§ 194, 233 Abs. 2, 240 UmwG – nicht beanstandet von BGH NZG 2005, 722); OLG Frankfurt AG 2006, 249, 252 – T-Online (Verschmelzung); LG Frankfurt a.M. AG 2007, 48, 51 f. (Unternehmensvertrag). In Streit geraten ist die Bewertung von BGHZ 80, 69, 74 – Süssen (Abhängigkeitsbegründende Befreiung von einem Wettbewerbsverbot bei GmbH), vgl. einerseits etwa Habersack, in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, Anh. § 318 AktG Rz. 12 f., der mit der h.A. aus der Entscheidung für die GmbH eine inhaltliche Konzerneingangskontrolle ableitet; a.A. neuerdings Wandrey, Materielle Beschlusskontrolle, S. 72 f. (Beispiel für treuepflichtinduzierte Missbrauchskontrolle, weil die Abwägung der Interessen eher mit der Prüfung vergleichbar sei, ob der Beschluss im Gesellschaftsinteresse liege). 95

I. Ausgangspunkt

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Seite begründet für sich genommen noch keine Reduzierung der inhaltlichen Anforderungen. Auch die nach der Lehre vom sachlichen Grund praktizierte volle inhaltliche Überprüfung der angegriffenen Maßnahme auf eine Verfolgung des Gesellschaftsinteresses am Maßstab des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes wird heute überwiegend mit Treuepflichterwägungen begründet98. Was Gehlings Ausführungen aber letztlich nahelegen, ist ein Rückzug auf eine weitmaschigere treuepflichtinduzierte Missbrauchskontrolle unterhalb der Schwelle zum faktischen Bezugsrechtsausschluss. Darlegungs- und Beweislast gehen von der beklagten Gesellschaft auf den klagenden Gesellschafter über99. Eine geringere inhaltliche Kontrolldichte folgt neben dem Verzicht auf eine Abwägungsentscheidung daraus, dass zu Gunsten der handelnden Gesellschaftsorgane anders als bei der Frage nach der Angemessenheit der Maßnahme regelmäßig ein gerichtlicher Kontrolle weitgehend verschlossener Ermessensspielraum anzuerkennen sein könnte100. c) Kritische Würdigung Die für eine Einstufung als faktischer Bezugsrechtsausschluss angeführten Argumentationslinien sehen sich in der Tat Bedenken ausgesetzt101. Wie sonst gestaltet sich die Ausübung des Bezugsrechts auch bei einem überhöhten Bezugspreis als eine Ressourcenallokation, die von den privaten Einschätzungen und Interessen des jeweiligen Gesellschafters beherrscht wird102. Über das Bezugsrecht räumt das Gesetz den Altgesellschaftern allein die Möglichkeit ein, für den Erhalt der Beteiligungsquote zu optieren103. Entscheiden sie sich im Rahmen einer Kapitalerhöhung mit Bezugsrecht dafür, von der Ausübung ihres mitgliedschaftlichen Rechts abzusehen, so haben sie die damit verbundenen Nachteile grundsätzlich ohne weiteres zu erdulden104. Über den Umstand, dass die Bereitschaft zur Ausübung des Bezugsrechts bei erhöhtem oder überhöhtem Bezugspreis reduziert sein mag, darf nicht aus dem Blick geraten, dass die Wahl für oder gegen die Bezugsrechtsausübung als Investitionsentscheidung neben dem Bezugspreis noch von weiteren Faktoren beeinflusst wird105. 98

Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 136; ders., WM 2009, 1. Vgl. vorerst nur Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 305 f., vgl. ferner die Ausführungen unter D. III. 3. 100 Dazu vertieft unten D. I. 2. 101 Ebenso MünchKommGmbHG-Lieder, § 55 Rz. 51; Wagner, DB 2004, 293, 294; für börsennotierte Gesellschaften Groß, AG 1993, 449, 456 f.; Bedenken auch bei Klette, DB 1968, 2261, 2265: „Schaden der Altaktionäre nicht zu befürchten“; Sickinger/Kuthe, in: Schüppen/ Schaub, MAH Aktienrecht, § 33 Rz. 115; Vaupel/Reers, AG 2010, 93, 95 f. 102 Vgl. Hirte, Bezugsrechtsausschluss, S. 31; Zöllner, AG 2002, 585. 103 MünchKommGmbHG-Lieder, § 55 Rz. 51; Habersack, Mitgliedschaft, S. 261; MünchKommAktG-Peifer, § 186 Rz. 13; Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 54. 104 T. Raiser/Veil, Kapitalgesellschaftsrecht, § 20 Rz. 14; Zöllner, AG 2002, 585. 105 Vgl. Aha, BB 2001, 2225, 2227; Groß, AG 1993, 449, 455; Kallmeyer, AG 1993, 249. 99

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B. Entwicklung eines Aufgreifkriteriums

aa) Bedeutung des Bezugspreises für die Ausübungsentscheidung Die Annahme einer mittelbaren Einflussnahme der Gesellschaftsorgane auf die Beteiligungsstruktur über das Mittel des Bezugspreises ist keinesfalls so zwingend, wie regelmäßig suggeriert wird. Ein überhöhter Einlagebetrag mag sich am Markt nicht ohne weiteres durchsetzen lassen. Ohne entsprechende Absicherungen wird die Verwaltung einen über dem inneren Wert der Anteile liegenden Bezugspreis aber auch kaum je vorschlagen106. Sie müsste mit dem Scheitern der Kapitalerhöhung rechnen und würde sich Haftungsrisiken aussetzen107. Für einen beispielsweise über einen Zeichnungsvorvertrag (hard underwriting108) verpflichteten Investoren mögen gute Gründe für den Erwerb nicht bezogener Anteile auch zu einem den objektiven Wert der Anteile übersteigenden Preis bestehen. Darunter fallen vermutete zukünftige Geschäftschancen der sich ggf. in finanzieller Schieflage befindlichen Gesellschaft genauso wie die sich bietende Möglichkeit zum Aufbau eines bestimmten Beteiligungszieles. Daraus folgt aber noch nicht, dass eine überzogene Bezugspreisgestaltung zugleich dem Gesellschaftsinteresse abträglich wäre109. Im Gegenteil wird das Interesse der kapitalaufnehmenden Gesellschaft regelmäßig dahin gehen, einen möglichst hohen Ausgabeaufschlag zu erzielen, um die Kapitalrücklagen zu vergrößern110. Auch eine willkürliche Benachteiligung der Minderheitsinteressen111 und ein darin begründeter Eingriff in die mitgliedschaftliche Treuepflicht wegen Missachtung des Rücksichtnahmegebots liegt fern, wenn sich die Notwendigkeit des gewählten hohen Bezugspreises begründen lässt. Zudem mag man bereits darüber streiten, ob sich der „wahre“ Wert überhaupt objektiv über den Börsenkurs oder eine Unternehmensbewertung bestimmen lässt112. Jedenfalls aber erscheint unter diesen Gesichtspunkten nicht von vornherein ausgeschlossen, dass 106

Gehling, ZIP 2011, 1699. Auch beim mittelbaren Bezugsrecht bestimmt die Hauptversammlung und subsidiär der Vorstand den Bezugspreis, nicht die Emissionsbank, vgl. J. Ekkenga, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 21 Rz. 113. 107 Vgl. Holzmann/Eichstädt, DStR 2010, 277, 279; Hüffer, AktG, § 182 Rz. 12; Findeisen, ZIP 2009, 1647, 1649. 108 Schanz, Börseneinführung, § 9 Rz. 37; Seibt/Vogt, AG 2009, 133, 145 f.; Vaupel/Reers, AG 2010, 93, 98. 109 So aber wohl Hirte, Bezugsrechtsausschluss, S. 88; Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG, § 186 Rz. 75. 110 Vgl. Dryander/Niggemann, in: Hölters, AktG, § 186 Rz. 45. 111 Zu diesem Erfordernis vgl. MünchKommAktG-Hüffer, § 243 Rz. 66. 112 Vgl. Sickinger/Kuthe, in: Schüppen/Schaub, MAH Aktienrecht, § 33 Rz. 115: „Auch wenn ein unabhängiger Dritter, z. B. ein Private-Equity-Investor, bereit ist, einen über dem Börsenkurs liegenden Preis je Aktie zu zahlen, ist in der Regel davon auszugehen, dass dies ein angemessener Marktpreis ist, da der Dritte keinen Grund hat, zu viel zu zahlen. Damit liegt kein faktischer Bezugsrechtsausschluss vor“; ähnlich Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 6 Rz. 48:„Der Investor wird nicht einen Preis zahlen, der über dem inneren Wert der Aktie liegt“. Zu dem innerhalb der herrschenden Auffassung bestehenden Streit über die Maßgeblichkeit des Börsenkurses oder des inneren Wertes der Anteile zur Bestimmung eines überhöhten Bezugspreises vgl. die Nachweise in Fn. 26.

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bisherige Gesellschafter auch und gerade bei Zugrundelegung wirtschaftlicher Überlegungen von sich aus zur Leistung einer den objektiven Wert der Anteile übersteigenden „Überlebensprämie“ bereit sind, um die Gesellschaft z. B. vor dem wirtschaftlichen Kollaps zu bewahren. Dies gilt umso mehr, wenn fremd- oder eigenkapitalähnliche Finanzierungsinstrumente ausscheiden, eine bezugsrechtsfreie Kapitalerhöhung aus dem bestehenden genehmigten Kapital den vorhandenen Kapitalbedarf nicht zu decken vermag oder das Kapitalmarktumfeld grundsätzlich schwach ist113. Allgemein „vorprogrammiert“ erscheint die Entscheidung der Altgesellschafter gegen eine Bezugsrechtsausübung im Falle eines überhöhten Bezugspreises bei genauerer Betrachtung jedenfalls nicht. Ebensowenig vermag eine solche Erschwerung des Anteilsbezugs daher bereits für sich eine Vermutung für die treuwidrige Einflussnahme der Mehrheit auf die Beteiligungsstruktur zu begründen. Mit Blick auf die mitgliedschaftlichen Teilhaberechte erscheint ferner fragwürdig, ob es „mittelbar“ eine Rolle spielen kann, dass der Bezugspreis den inneren Wert der Anteile objektiv übersteigt. Besonders eine Beeinträchtigung der Entschlussfreiheit über den Nachbezug als überkommener Anknüpfungspunkt für das Vorliegen eines faktischen Bezugsrechtsausschlusses erscheint bei näherem Hinsehen weniger eindeutig, als die paradigmatische Stellung der Fallgruppe vorzugeben scheint. Dem Altgesellschafter bleibt es zunächst einmal unbenommen, seine Beteiligung aufrechtzuerhalten, wenngleich zu einem objektiv überzogenen Preis114. In das Kalkül seiner Ausübungsentscheidung wird der Altgesellschafter neben der Höhe des für die neuen Anteile zu entrichtenden Betrags allerdings auch einbeziehen, welche Bedeutung er dem Erhalt seiner Beteiligungsquote beimisst. Auch von einem solchen „subjektiven“ Anteilswert wird seine Entscheidung über eine Fortsetzung seines Investments abhängen, in die er neben dem Interesse am Erhalt seiner Stimmquote ferner wirtschaftliche Erwägungen wie Renditeerwartungen eines vertieften Investments oder – etwa im Zuge einer Kapitalerhöhung zu Sanierungszwecken – die Restrukturierungs- und Fortkommenschancen einer finanziell notleidenden Gesellschaft einstellen mag115. Mit Bezug auf die Beteiligungsquote darf konstatiert werden, dass die Bedeutung des tatsächlichen Bezugspreises im Rahmen der gesellschafterlichen Allokationsentscheidung umso mehr zurücktritt, je gewichtiger der vorhandene Einfluss und je geringer die Menge an objektiv überteuerten Anteilen ist, der es zum Erhalt einer relevanten Beteiligungsquote bedarf. Umgekehrt wird etwa für einen atomistisch beteiligten Gesellschafter der objektiv erhöhte Bezugspreis eine entscheidendere Rolle bei der (Nicht-)Ausübung seines Rechts zum Anteilsnachbezug einnehmen. Indes entspricht das Maß der Schutzbedürftigkeit mitgliedschaftlicher Stimmrechte

113 114 115

Vgl. Seibt/Voigt, AG 2009, 133 f.; Vaupel/Reers, AG 2010, 93. Heckschen, DStR 2001, 1437, 1442; MünchKommGmbHG-Lieder, § 55 Rz. 51. Vgl. in Ansätzen Zöllner, AG 2002, 585.

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B. Entwicklung eines Aufgreifkriteriums

von Klein- und Kleinstaktionären dem geringen Umfang ihrer Beteiligungsquote116. Diese Wertentscheidung klingt bereits in der Deutsche Bank-Entscheidung des BGH an117; sie hat den Gesetzgeber nachdrücklich bei der Einführung des § 186 Abs. 3 S. 4 AktG geleitet118. Danach muss der Aktionär einer börsennotierten Gesellschaft unter gewissen Umständen eine Minderung seiner Beteiligungsquote durch einen formal wirksamen Bezugsrechtsausschluss hinnehmen, wenn er keine spürbare Verwässerung seines Anteilswerts zu besorgen hat119. Einer sachlichen Rechtfertigung im Gesellschaftsinteresse am Maßstab der Verhältnismäßigkeit, bei der insbesondere die Angemessenheit der Maßnahme unter Berücksichtigung der mitgliedschaftlichen Beteiligungsinteressen auf dem Prüfstand steht, bedarf es dann nur für den Fall formaler Ungleichbehandlung der Gesellschafter120. Zu Recht betont wird zwar der Umstand, dass die gesetzliche Regelung auf der Vorstellung fußt, ein von dem erleichterten Bezugsrechtsausschluss Betroffener könne der Verwässerung seiner quotalen Beteiligung (durch Zukauf an der Börse) entgegenwirken121. Nichts anderes gilt aber für den Fall der Bezugsrechtsgewährung zu einem überhöhten Bezugspreis. Die Existenz der Regelung zum erleichterten Bezugsrechtsausschluss legt jedenfalls nahe, dass das Risiko einer quotalen Verwässerung – sei es durch den Ausschluss des Bezugsrechts in den Fällen des § 186 Abs. 3 S. 4 AktG, sei es aufgrund der einer positiven Bezugsentscheidung vordergründig abträglichen Gestaltung des Bezugspreises – im Grundsatz hinzunehmen ist, sofern überhaupt eine Möglichkeit zum Erhalt der Beteiligung besteht. 116 Vgl. Kübler/Mendelson/Mundheim, AG 1990, 461, 466; Martens, ZIP 1992, 1677, 1691 f.; sogar Zöllner, AG 2002, 585, 591 gesteht in Bezug auf die Stimmrechtsquote ein, dass der Schaden des Kleinstaktionärs durch eine Kapitalerhöhung unter Bezugsrechtsausschluss „zwar abstrakt konstatierbar, vielfach praktisch aber nicht konkretisierbar sein wird“; ähnlich i.E. auch Habersack, Mitgliedschaft, S. 265. 117 BGHZ 125, 239 (2. Leitsatz) – Deutsche Bank: Erweiterung der Präsenz an ausländischen Finanzmärkten rechtfertigt den Ausschluss des Bezugsrechts, wenn mit einer solchen Maßnahme der Aktionärskreis erweitert werden soll, die neuen Aktien breit gestreut werden und sich der Ausgabekurs an dem aktuellen Börsenkurs orientiert; vgl. auch Hirte, Kapitalgesellschaftsrecht, Rz. 6.33; Martens, ZIP 1994, 669, 673. 118 Vgl. Fraktionsbegr. BT-Drucks. 12/6721, S. 10: „Bei Kleinstbeteiligungen an einer Publikumsgesellschaft spielt die Frage des Einflussverlustes wirtschaftlich ohnehin keine Rolle. Sie wird erst ab einer Beteiligungsquote relevant, an die Minderheitsrechte gekoppelt sind“. Vgl. ferner T. Bezzenberger, ZIP 2002, 1917, 1925; Claussen, WM 1996, 609, 614; Hüffer, AktG, § 186 Rz. 39b; MünchKommAktG-Peifer, § 186 Rz. 84; insb. auch Lutter, AG 1994, 429, 440 a.E.: „Dieses durchaus verständliche Interesse der Gesellschaft an höchsten Kursen, also einem hohen Zufluss an Agio bei deutlich geringerer Anhebung des dividendenpflichtigen Grundkapitals wurde von einem Teil der Literatur als nicht so gewichtig angesehen, als dass deswegen allein schon das durch § 186 I AktG rechtlich geschützte Beteiligungsinteresse des Aktionärs zurückstehen musste. In diese Abwägung greift die Gesetzesänderung ein“ (Hervorhebung im Orig.). 119 MünchKommAktG-Peifer, § 186 Rz. 84; Röhricht, ZGR 1999, 445, 473. 120 Vgl. vorerst nur Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 461 f. 121 Habersack, Mitgliedschaft, S. 264.

I. Ausgangspunkt

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Gegen diese Ableitung spricht weder, dass der erleichterte Bezugsrechtsausschluss einen Ausgabebetrag in der Nähe des Börsenpreises verlangt122, noch die gesetzlich vorgesehene Begrenzung einer bezugsrechtslosen Kapitalerhöhung auf zehn Prozent des Grundkapitals im Zeitpunkt der Beschlussfassung. Der von dem Ausschluss des Bezugsrechts betroffene Gesellschafter soll über die Festsetzung eines den Börsenpreis nicht wesentlich unterschreitenden Ausgabebetrags vor einer drohenden negativen Wertverlagerung auf die jungen Anteile geschützt werden123. Wie noch auszuführen sein wird, droht eine solche „Queersubventionierung“124 bei einem überhöhten Bezugspreis gerade nicht125. Auch die Umfangsbegrenzung vermag nichts an der grundsätzlichen gesetzgeberischen Einschätzung zu ändern, dass nicht nur eine Beeinträchtigung, sondern gar der Ausschluss des gesetzlichen Bezugsrechts je nach Gestaltung der Kapitalerhöhung unter gewissen Umständen grundsätzlich akzeptiert werden muss. Die eingezogene Begrenzung spiegelt dabei die gesetzgeberische Wertentscheidung wieder, nach der dem Finanzinteresse der Gesellschaft gegenüber den Interessen am Erhalt der Beteiligungsquote von Kleinaktionären der Vorrang gebührt, solange daran interessierten Minderheitsgesellschaftern die wertverlustfreie Beibehaltung einer rechtlich relevanten Beteiligung offen steht126. Das wird innerhalb der gesetzlich vorgesehenen quantitativen Begrenzung vermutet127. Weil es die Altgesellschafter bei einem überhöhten Bezugspreis anders als bei einem erleichterten Bezugsrechtsausschluss unmittelbar in der Hand haben, ihre Beteiligungsquote aufrecht zu erhalten statt sich hierzu des Sekundärmarkts bedienen zu müssen, steht die Begrenzung des § 186 Abs. 3 S. 4 AktG der verallgemeinernden Ableitung nicht im Wege, dass das Gesetz das Interesse an einer ungehinderten Bezugsrechtsausübung gegenüber den Finanzierungsinteressen der Gesellschaft zurückzustellen bereit ist, sofern – wie im Falle des überhöhten Bezugspreises – die Gefahr einer Verwässerung von Teilhaberechten grundsätzlich gebannt werden kann.

122

In diese Richtung aber MünchHdbGesellschaftsrecht/AG-Krieger/Kraft, § 56 Rz. 100. OLG München NZG 2006, 784, 787; Habersack, Mitgliedschaft, S. 264; HoffmannBecking, ZIP 1995, 1, 9 f.; Lutter, AG 1994, 429, 442. 124 Habersack, Mitgliedschaft, S. 260. Dennoch wohl a.A. Lutter, AG 1994, 429, 442, der die Rechtsfolgen des § 186 Abs. 3 S. 4 AktG nicht zur Anwendung bringen will, wenn dem Aktionär ein „finanzielles Sonderopfer“ abverlangt wird bei einem börslichen Zukauf. Diese Auffassung findet in der Gesetzbegründung indes keine Stütze. 125 Siehe dazu unten B. I. 2. c) cc). 126 Vgl. die Nachweise unter Fn. 118. Goette, ZGR 2012, 505, 514 spricht von einer „die mitgliedschaftlichen Befugnisse vorsichtig relativierenden Sichtweise des Gesetzgebers“ und verweist zu Recht u. a. auf die Parallele zum Squeeze-Out (§§ 327a ff. AktG). 127 Fraktionsbegr. BT-Drucks.12/6721, S. 10; kritisch insofern T. Bezzenberger, ZIP 2002, 1917, 1921 f. 123

42

B. Entwicklung eines Aufgreifkriteriums

bb) Gefahr einer Überdehnung des Bezugsrechts Bei der Einstufung des überhöhten Bezugspreises als Anwendungsfall faktischen Bezugsrechtsausschlusses wird dem Aspekt einer lediglich begrenzten Schutzwirkung des gesetzlichen Bezugsrechts praktisch kaum Beachtung geschenkt. Dabei sind bei Wertungsentscheidungen wie der Einstufung von Erschwerungen des Bezugsrechts als faktischer Bezugsrechtsausschluss auch die Grenzen der vor einer möglichen Umgehung zu verteidigenden bezugsrechtlichen Schutzzwecke zu berücksichtigen. Über die Figur des faktischen Bezugsrechtsausschlusses droht anderenfalls ein Schutzniveau zu Gunsten der gesellschafterlichen Beteiligungsinteressen aufgebaut zu werden, das dem gesetzlichen Bezugsrecht selbst nicht entnommen werden kann. Angesprochen ist damit neben dem Hinweis auf die Wertungen des § 186 Abs. 3 S. 4 AktG auch der Umstand, dass § 186 Abs. 1 AktG nur die Möglichkeit, nicht aber einen Zwang zur weiteren Investition vorsieht128. Daneben verdeutlicht die Existenz allgemeiner Ausschlussmöglichkeiten in § 186 Abs. 3, 202 Abs. 2 S. 1 AktG, dass der Gesetzgeber um einen Ausgleich zwischen den Interessen von (Minderheits-) Gesellschaftern und Gesellschaft bemüht war129. Wie die Beschreibung als eine „Näherungslösung“ bereits andeutet, ist der gesetzlich vermittelte Schutz für die gesellschafterlichen Beteiligungsinteressen u. a. wegen der fehlenden Nachbezugspflicht und damit der Abhängigkeit der Bezugsentscheidung von den finanziellen Spielräumen und Erwartungen der Anteilseigner zwangsläufig begrenzter Natur130. In Gestalt des faktischen Bezugsrechtsausschlusses droht das Pendel zu Lasten der gesellschaftlichen Finanzierungsinteressen auszuschlagen, wenn durch die Festsetzung eines überhöhten Bezugspreises die Entschlussfreiheit des Gesellschafters zum Nachbezug als übermäßig verkürzt gelten soll. Der Umstand eines in Relation zum inneren Wert der Anteile objektiv übersetzten Preises festgesetzt kann nicht verhehlen, dass die Inanspruchnahme des konkreten Bezugsanspruchs und damit der Schutz der Beteiligung stets das Ergebnis einer positiven Allokationsentscheidung darstellt, die letztlich in den Risikobereich des Anteilsinhabers fällt131. Weitgehend unabhängig vom tatsächlichen Bezugspreis mag der Altgesellschafter einem Anteilsbezug ohnehin skeptisch gegenüber stehen, weil finanzielle Mittel fehlen, seine Beteiligung sich bislang nicht erwartungsgemäß „ausgezahlt“ hat und auch für die Zukunft nicht mit einer Entwicklung gerechnet wird, die eine Vertiefung 128

Vgl. die Nachweise unter Fn. 103. Goette, ZGR 2012, 505, 507. 130 Vgl. Kallmeyer, AG 1993, 249: „Das Bezugsrecht nützt dem Aktionär seinem Inhalte nach also nur etwas, wenn er auch zu einer entsprechenden Investition bereit und in der Lage ist. Ist er das nicht, so geht es ins Leere. Das wird bei der gesetzlichen Regelung erkennbar in Kauf genommen. Die Funktion des Bezugsrechts endet mit der fehlenden Investitionsbereitschaft des Aktionärs“; ähnlich Zöllner, AG 2002, 585; vgl. zudem auch Groß, AG 1993, 449, 455: „Das Bezugsrecht ist Teilhaberecht an der wie auch immer gearteten Kapitalerhöhung. Es ist kein Recht auf unbelastete Aktienzeichnung.“ 131 Zutreffend insofern MünchKommGmbHG-Lieder, § 55 Rz. 51. 129

I. Ausgangspunkt

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seiner Investition rechtfertigt. Die an der bloßen Höhe des Bezugspreises ansetzende Bestimmung faktischen Bezugsrechtsausschlusses setzt eine mit dem gesetzlichen Bezugsrecht gerade nicht verbundene Vorentscheidung für die Teilnahme an der Kapitalerhöhung voraus, die nun ausnahmsweise ausbleibe. So wie die Ermittlung des Anteilswerts einen subjektiven Einschlag durch die jeweils bestehende Beteiligungsquote erfährt – etwa bei vorhandener rechtlich relevanter Minderheits- oder Sperrposition132 –, erscheint auch die aufgestellte Gleichung, wonach ein überhöhter Bezugspreis eine Verzichtsentscheidung determiniere, voreilig und so nicht zutreffend. Nicht hinreichend gewürdigt wird dabei die Natur der Bezugsrechtsausübung als eine auch von den persönlichen Verhältnissen und Präferenzen des Gesellschafters abhängige Mittelallokation. Die Höhe eines für alle Gesellschafter geltenden Bezugspreises als eines von mehreren beachtlichen Faktoren bei der Ausübungsentscheidung ändert für sich erst einmal nichts an dem Bestehen einer im Grundsatz freien Entscheidung über den Erhalt der quotalen Beteiligung. Eine unangemessene Erschwerung oder wesentliche Behinderung der Bezugsrechtsausübung begründet ein am Anteilswert gemessen überzogener Bezugspreis für sich nicht, weil eine „mitgliedschaftliche Zubuße“ bei jeder Kapitalerhöhung mit Bezugsrecht zur Aufrechthaltung der Stimmrechtsquote verlangt wird. Eine mit dem ausdrücklichen Bezugsrechtsausschluss vergleichbare Beeinträchtigung des Stimmrechts wird man daher wohl nur in absoluten Ausnahmefällen anerkennen können, in denen selbst relevant beteiligten Gesellschafter die Ausübung des Bezugsrechts bei Einbeziehung von Aspekten wie dem wünschenswerten Erhalt von Beteiligungsschwellen, die zur Geltendmachung von Minderheitsrechten berechtigen, unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten schlicht unzumutbar erschwert ist. Weil aber ein derartiger Bezugspreis nicht festgesetzt werden kann, ohne Vorsorge für eine alternative Platzierung der Anteile zu treffen und so den angestrebten Erhöhungsbetrag in jedem Fall zu erreichen133, indiziert das Bereitstehen eines (außenstehenden) Investors ebenso wie z. B. Consensus-Empfehlungen von Analysten134 auch hier letztlich die Vertretbarkeit des festgesetzten Bezugspreises135. cc) Fehlende Beeinträchtigung von Vermögensinteressen Noch nicht gesagt ist damit, ob in der Festsetzung eines erhöhten Bezugspreises eine Beeinträchtigung des Vermögensinteresses der Altgesellschafter typischerweise 132

Vgl. z. B. §§ 93 Abs. 4 S. 3, 147 Abs. 2 S. 2, 309 Abs. 3 AktG, §§ 50, 61 Abs. 2 S. 2, 66 Abs. 2 GmbHG. 133 Eine Ausnahme bildet die sog. bis zu-Kapitalerhöhung, vgl. dazu oben Fn. 73. Auch eine solche Form der Kapitalerhöhung macht aber im Hinblick auf die mit ihr verbundenen Transaktionskosten nur dann einen Sinn, wenn sichergestellt ist, dass ein gewisses Volumen tatsächlich erreicht wird. 134 Vgl. Seibt/Voigt, AG 2009, 133, 138. 135 Vgl. Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 6 Rz. 48: „Der Investor wird nicht einen Preis zahlen, der über dem inneren Wert der Anteile liegt“.

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B. Entwicklung eines Aufgreifkriteriums

vermutet werden kann. Der Gesellschafter wird sich in dieser Situation selbst bei eingerichtetem Bezugsrechtshandel keinen finanziellen Ausgleich für den einer Teilliquidation seiner Beteiligung gleichstehenden Verzicht auf den Bezug junger Anteile verschaffen können136, weil dem konkreten Bezugsanspruch in dieser Konstellation kein realisierbarer positiver Wert zukommt137. Auf den fehlenden positiven Wert des Bezugsrechts zur Begründung einer Beeinträchtigung der Vermögensinteressen abzustellen, kommt zur Begründung eines faktischen Bezugsrechtsausschlusses allerdings schwerlich in Betracht138. Der Handel mit konkreten Bezugsansprüchen dient nicht allein der vermögensmäßigen Kompensation für die Verwässerung der Beteiligungsquote139. Dem bisherigen Gesellschafter wird hierüber auch der Erwerb zum Nachbezug je nach Bezugsverhältnis erforderlicher weiterer Bezugsansprüche ermöglicht140. Diese Funktion vermag ein börsenmäßiger oder von einer Zentralabwicklungsstelle gehandhabter Bezugsrechtshandel gleichfalls auch dann zu erfüllen, wenn der Bezugspreis überhöht ist. Zu einer Verwässerung des Anteilswertes kommt es bei Festsetzung und Erlös eines überhöhten Bezugspreises ebenfalls nicht141. Bei einem erhöhten Bezugspreis gilt dies sowohl für den Fall, dass der bisherige Gesellschafter sich für eine Teilnahme an der Kapitalerhöhung im Umfang seiner bisherigen Beteiligung entscheidet, wie auch dann, wenn er von einer Bezugsrechtsausübung absieht. Im erstgenannten Fall partizipiert der Gesellschafter von dem erhöhten Einlagebetrag über seine mitgliedschaftliche Stellung in der Gesellschaft, dessen Vermögen im Verhältnis stärker steigt als das gezeichnete Kapital142. Der absolut erhöhte Wert des Gesellschaftsvermögens spiegelt sich wider in der Werterhöhung der bei voller Ausschöpfung des konkreten Bezugsanspruchs aufrechterhaltenen Beteiligung143. Aber eben auch und gerade bei Verzicht auf das Recht zum Nachbezug droht den bisherigen Anteilseignern keine Beeinträchtigung des Anteilswerts. Eine „Queersubventionierung“ wie beim ausdrücklichen Bezugsrechtsausschluss ist hier nämlich nicht zu besorgen. Im Gegenteil erfährt der einem Nachbezug ablehnend gegen136

Vgl. Zöllner, AG 2002, 585. Seibt/Voigt, AG 2009, 133, 138. 138 Ebenso Groß, AG 1993, 449, 456; Kallmeyer, AG 1993, 249, 249 f.; KölnKommAktGLutter, § 186 Rz. 13; Seibt/Voigt, AG 2009, 133, 142. Mit Blick auf § 255 Abs. 2 S. 1 AktG überhaupt an einem Schutzauftrag des Bezugsrechts bzgl. der Sicherung des Anteilswert zweifelnd Habersack, Mitgliedschaft, S. 263; Hirte, Bezugsrechtsausschluss, S. 136 f.; ders., ZIP 1988, 477, 488. 139 Zöllner, AG 2002, 585. 140 Godin/Wilhelmi, AktG, § 186 Rz. 3; Busch, in: Marsch-Barner/F. Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 42 Rz. 64 f.; Seibt/Voigt, AG 2009, 133, 142. 141 Zu dem im Nachgang zu BGHZ 71, 40, 44 f. – Kali und Salz heute ganz herrschenden dualen Schutzverständnis des Bezugsrechts bzgl. der mitgliedschaftlichen Teilhabe und Herrschaftsbefugnisse einerseits, des Interesses am Erhalt des Anteilswertes andererseits vgl. die Nachweise unter Fn. 84. 142 Gehling, AG 2011, 1699, 1700; Groß, AG 1993, 449, 455 f. 143 Heckschen, DStR 2001, 1437, 1441 f. 137

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überstehende Gesellschafter einen „positiven Verwässerungseffekt“144, indem er ohne weiteres Investment an dem Wertzuwachs des Gesellschaftsvermögens partizipiert145. Diese Überlegungen zur fehlenden Beeinträchtigung von Vermögensinteressen beanspruchen unabhängig davon Geltung, ob die betreffende Gesellschaft börsennotiert ist146 und ob es gelingt, die neuen Anteile sämtlich zu dem hohen Bezugspreis zu platzieren. Die fehlende Börsennotierung ändert für sich nichts daran, dass das verhältnismäßig gegenüber dem Grundkapital stärkere Anwachsen des Gesellschaftsvermögens zu einer vermögensmäßigen Aufwertung der Beteiligung führt. Zudem spielt es keine Rolle, ob es tatsächlich gelingt, die neuen Anteile vollständig bzw. im gewünschten Mindestumfang147 zu platzieren. Zwar realisiert sich die Gefahr eines wirtschaftlichen Nachteils dann, wenn bisherige Gesellschafter ihr Bezugsrecht zu dem erhöhten Bezugspreis ausüben, auf diesem Wege aber nicht alle bzw. nicht genügend neue Anteile gezeichnet werden und die Nachplatzierung nur unter Unterschreitung des ursprünglich festgesetzten Bezugspreises gelingt. Eine solche Situation ist aber freilich ebenso denkbar bei einem innerhalb des inneren Werts liegenden Ausgabebetrag und damit kein Spezifikum eines überhöhten Bezugspreises148. d) Zwischenergebnis Bei einer näheren Betrachtung bereitet es erhebliche Probleme, in dem vorgeblich paradigmatischen Fall eines überhöhten Bezugspreises eine relevante Beeinträchtigung mitgliedschaftlicher Rechte oder rechtlich geschützter Vermögensinteressen festzustellen, die einen faktischen Bezugsrechtsausschluss nach herrschender Betrachtung indizieren soll. Wenn sich der bisherige Gesellschafter gegen eine Vertiefung des Investments entscheidet, droht ihm zwar wie beim ausdrücklichen Be144

Gehling, ZIP 2011, 1699, 1700. Heckschen, DStR 2001, 1437, 1441 f.; Inhester, in: Saenger/Inhester, GmbHG, § 55 Rz. 10; MünchKommGmbHG-Lieder, § 55 Rz. 51; Wagner, DB 2004, 293, 294. 146 So noch Groß, AG 1993, 449, 456, Fn. 76, 70; ihm insoweit folgend Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 176.; a.A. Hermanns, ZIP 2003, 788, 789 f. 147 Vgl. Seibt/Voigt, AG 2009, 133, 134 ff. zu v. a. in Sanierungskonstellationen bedeutsamen bis zu-Kapitalerhöhungen. 148 Gehling, ZIP 2011, 1699, 1701. Ohnehin wird zumindest eine börsennotierte Aktiengesellschaft schon wegen des drohenden negativen Signalling-Effekts einer gescheiterten Kapitalerhöhung einen erhöhten Bezugspreis nur dann anstreben, wenn sich einer oder mehrere bisherige Anteilseigner oder ein außenstehender Investor zur Zeichnung gegenüber der Gesellschaft verpflichtet haben. Nur so lässt sich zudem eine verlässliche Prognose über Emissionsumfang und erzielbaren Bezugspreis treffen, vgl. Seibt/Voigt, AG 2011, 133, 135. Insofern ist das Risiko einer Beeinträchtigung von Vermögensinteressen wegen Unterschreitung des angestrebten Bezugspreises über einen notwendig gewordenen Nachbezug geringer einzuschätzen als bei sonstigen Bezugsemissionen. Schließlich kann und ggf. muss die Gesellschaft auch Gesellschaftern, die ihr Bezugsrecht ausgeübt haben, sog. Nach- oder Überbezugsrechte einräumen, vgl. Gehling, ZIP 2011, 1699, 1701; Seibt/Voigt, AG 2009, 133, 137 f. Vgl. dazu auch noch unten E. III. 1. 145

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B. Entwicklung eines Aufgreifkriteriums

zugsrechtsausschluss ein Absinken seiner Beteiligungsquote. Wie u. a. § 186 Abs. 3 S. 1 AktG zeigt, kennt das Gesetz aber keinen absoluten Schutz des Bezugsrechts und steht im Sinne des § 186 Abs. 3 S. 4 AktG gar einer Voranstellung der gesellschaftlichen Finanzierungsinteressen offen gegenüber, sofern die Möglichkeit zum quotalen Erhalt der Beteiligung besteht. Die Bedeutung seines an den Beteiligungsumfang anknüpfenden Stimmgewichts wird der Altgesellschafter zudem in die Abwägungsentscheidung über die Ausübung des Bezugsrechts neben den Bezugspreis miteinbeziehen. Schon aus diesem Grunde fällt es schwer, einen Ausschluss der Freiheit zum Nachbezug bereits aus der Höhe des Bezugspreises zu folgern, die die Annahme einer wesentlichen Behinderung des Beteiligungserhalts und damit die Einstufung als faktischer Bezugsrechtsausschluss trüge. Im Gegensatz zur Kapitalerhöhung unter ausdrücklichem Ausschluss des Bezugsrechts besteht auch keine Gefährdung des Vermögensinteresses am Erhalt des Anteilswerts. Insofern kann der Altgesellschafter sogar ggf. eine Wertsteigerung seiner Anteile über das im Verhältnis zum gezeichneten Kapital stärker ansteigende Gesellschaftsvermögen verzeichnen. Eine generelle Gleichstellung von Bezugsrechtsausschluss und Kapitalerhöhung unter Festsetzung eines überhöhten Bezugspreises erscheint daher weder bei börsennotierten noch bei geschlossenen Gesellschaften unter dem Aspekt der Beeinträchtigung mitgliedschaftlicher Rechte und Vermögensinteressen geboten. Die für die Qualifizierung als faktischer Bezugsrechtsausschluss ins Feld geführte „Vorprogrammierung“ des Teilnahmeverzichts, ein „leer laufen“ der Entscheidungsbefugnis lässt sich so pauschal jedenfalls nicht feststellen. Die vorgestellte Fallgruppe weckt damit insgesamt Zweifel an den vorherrschenden Kriterien zur Bestimmung faktischen Bezugsrechtsausschlusses. Die Anknüpfung an die fehlende Entschlussfreiheit hat sich jedenfalls für den überhöhten Bezugspreis als wenig überzeugend erwiesen. Damit stellt sich jedoch die Frage, woran sich hier und bei den anderen bislang diskutierten Fallgruppen bemessen lassen soll, ob eine „unzumutbare Erschwerung“ des Anteilsbezugs vorliegt. Mit Gehling und Wiedemann gelangen zwei Autoren, die für eine Bestimmung faktischer Bezugsrechtsausschlüsse insofern ausdrücklich auf die Beeinträchtigung mitgliedschaftlicher Rechte und Interessen abstellen, für die wohl wichtigste Fallgruppe des überhöhten Bezugspreises zu unterschiedlichen Ergebnissen. Bei rein wirtschaftlichen Erschwerungen des Anteilsbezugs, die an die Person des Gesellschafters und seine Investitionsentscheidung anknüpfen, besteht vordergründig wenig Anlass, allein objektive Gesichtspunkte wie die Höhe des Bezugspreises in eine Gesamtbetrachtung einzustellen, ob das Bezugsrecht ausgeübt wird. Keine Berücksichtigung findet insbesondere, dass das Kalkül relevant beteiligter Altgesellschafters nicht vom Bezugspreis allein dominiert werden wird. Der Erhalt einer relevanten Beteiligung mag dem Minderheitsgesellschafter mehr wert sein als dem ohne besondere Einflussmöglichkeiten investierten Kleinstaktionär. Etwa mit Blick auf Kapitalerhöhungen zu Sanierungszwecken erscheint es aber auch sonst nicht von vornherein interessengerecht, den überhöhten Bezugspreis in eine Reihe mit der bewussten Beteiligungsmanipulation zu rücken, indem hier wie dort gesellschafts-

I. Ausgangspunkt

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fremde Sonderinteressen vermutet werden149. Etwas anderes gilt freilich, wenn Zeitpunkt und Durchführung der Kapitalerhöhung bewusst danach gewählt werden, den sich bekanntermaßen in finanziellen Nöten befindlichen Gesellschafter von einem fortgesetzten Investment über die Ausübung des Bezugsrechts abzuhalten150. Ein solches Verhalten erscheint zweifellos treuwidrig151. Im Gegensatz dazu sind aber große Zweifel angebracht, jede Festsetzung eines überhöhten Bezugspreises unter dem Schlagwort der wirtschaftlichen Sinnlosigkeit der Bezugsrechtsausübung einem ausdrücklichen Bezugsrechtsausschluss gleichzusetzen. Warum sollten hinter der Ansetzung eines hohen Einlagebetrags nicht tatsächlich finanzielle Interessen der Gesellschaft zu vermuten sein152 ; genügte dann zum Schutz der Gesellschafter nicht eine schlichte Missbrauchskontrolle? Wenn die Hauptversammlung einer börsennotierten AG der Kapitalerhöhung mit Bezugsrecht zustimmt, einen überhöhten Bezugspreis festsetzt bzw. eine solche Festsetzung durch den Vorstand ermöglicht, weil sich ein außenstehender Investor zur Übernahme nicht bezogener Anteile bereit erklärt hat153, wird man aufgrund der gleichmäßigen Betroffenheit aller Gesellschafter doch für den Regelfall darauf vertrauen können, dass die Veränderung des Aktionärskreises bewusst zum Wohle der Gesellschaft in Kauf genommen wird154. Trotz der anerkannten Nähe des Bezugsrechts zu dem gesellschaftsrechtlichen Gebot gleichmäßiger Behandlung spielt das „Korrektiv des Gleichbehandlungsgrundsatzes“155 bislang allerdings kaum eine Rolle in der Bestimmung faktischer Bezugsrechtsausschlüsse156. Hier könnte indes ein Ansatzpunkt für die Entwicklung eines konkreten und nachvollziehbareren Aufgreifkriteriums zu finden sein. 3. Notwendigkeit einer tiefergehenden Analyse Die aufkeimenden Zweifel an der Einordnung des bisherigen Paradebeispiels des überhöhten Bezugspreises verdeutlichen, dass ein belastbares Anknüpfungsmoment für die Bestimmung faktischer Bezugsrechtsausschlüsse noch nicht entwickelt werden konnte. Als Grund dafür ist vor allem die Unbestimmtheit des herrschenden Ansatzes zu vermuten. Bislang konnte keine befriedigende Antwort auf die Wer149

Vgl. Servatius, in: in Spindler/Stilz, AktG, § 186 Rz. 75. Vgl. die Nachweise in Fn. 78. 151 Heckschen, DStR 2001, 1437, 1442. 152 Vgl. Gehling, ZIP 2011, 1699: Bereitstehen eines sog. Backstop Investors, der sich zur Zeichnung übrig gebliebener Anteile aus einer Bezugsemission verpflichtet, weil er den Wert der Anteile subjektiv höher einschätzt als der ihren objektiv zukommende innere Wert; vgl. ferner Seibt/Voigt, AG 2009, 133, 134 f.; Vaupel/Reers, AG 2010, 93, 95 f., 98. 153 Beispiel nach Gehling, ZIP 2011, 1699. 154 Ähnlich Hermanns, ZIP 2003, 788, 790. 155 Fastrich, FS Kreutz, S. 585, 593; vgl. auch Bachmann, ZHR 171 (2007), 747, 748: Regulativ gleichmäßiger Betroffenheit der Gesellschafter. 156 In Ansätzen bereits Hermanns, ZIP 2003, 788, 790; ders., in: Michalski, GmbHG, § 55 Rz. 43; Schlitt/Seiler, WM 2003, 2175, 2176 f. 150

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B. Entwicklung eines Aufgreifkriteriums

tungsfrage entwickelt werden, wann eine Ausübung des Bezugsrechts „wesentlich“ behindert oder „unzumutbar“ erschwert ist. Der beispielhafte Verweis auf die Fallgruppe des überhöhten Bezugspreises ist aufgrund der gegen eine Einordnung als faktischer Bezugsrechtsausschluss sprechenden Argumente mit einer wachsenden Auffassung als nicht überzeugend abzulehnen. Die Bemühungen u. a. Wiedemanns, über eine Anknüpfung an die bezugsrechtlichen Schutzwirkungen eine tragfähige Konkretisierung zu entwickeln, sind in ihrer Intention beifallswürdig. Eine Rückführung faktischer Bezugsrechtsausschlüsse auf die Schutzfunktionen des Bezugsrechts verspricht vordergründig eine dogmatisch nachvollziehbare Anknüpfung. Allerdings bleiben dabei inhaltlich nicht allein die Wertungen des § 186 Abs. 3 S. 4 AktG für die hiesige Fallgruppe außer Betracht, vielmehr ermöglicht die Bezugnahme allgemein kaum eine rechtssichere Eingrenzung. Wie der Verweis auf die angebliche mitgliedschaftliche Zubuße bei der Fallgruppe des überhöhten Bezugspreises belegt, droht ganz im Gegenteil die uferlose Ausdehnung faktischer Bezugsrechtsausschlüsse, weil praktisch jede Erschwerung des Anteilsbezugs die Beteiligungsinteressen der Altgesellschafter zu berühren vermag. Andererseits gelangt Gehling mit der Frage nach einem „dem Bezugsrechtsausschluss vergleichbaren Eingriff in die Rechtsstellung der Aktionäre“ von einem sehr ähnlichen Ausgangspunkt insofern zu einem gegensätzlichen Ergebnis157. Es fehlt damit auch unter funktionalen Gesichtspunkten an einer gewissen Verlässlichkeit des Kriteriums. Neuere Entwicklungen im gesellschaftsrechtlichen Minderheitsschutz lassen nicht zuletzt fraglich erscheinen, ob der Schutz der Mitgliedschaft tatsächlich den inneren Geltungsgrund des Bezugsrechts formt und deshalb überhaupt den zutreffenden dogmatischen Anknüpfungspunkt zur Bestimmung faktischer Bezugsrechtsausschlüsse beschreibt158.

II. Anknüpfung an den inneren Geltungsgrund des Bezugsrechts Von ganz wesentlicher Bedeutung für die Qualifizierung faktischer Bezugsrechtsausschlüsse erscheinen Sinn und Zweck des Bezugsrechts selbst. Legt man die herrschende Auffassung zugrunde, wonach solche Erschwerungen des Anteilsbezugs, die die Qualität eines Bezugsrechtsausschlusses erreichen, als Umgehungen ausdrücklicher Bezugsrechtsausschlüsse zu bewerten sind159, kann die Systematisierung von Maßnahmen gleicher Wirkung erst angegangen werden, wenn die Frage nach dem „warum“ des Rechtsinstituts beantwortet ist. Erst in der Folge lässt sich nämlich eine valide Aussage dazu treffen, ob die Berührung des Schutzzwecks im Einzelfall materiell einem Ausschluss des Bezugsrechts gleichkommt160. Der innere 157

Gehling, ZIP 2011, 1699, 1700. Dazu im Anschluss. 159 Hierzu unter C. I. 2. 160 Ähnlich Schürnbrand, ZHR 169 (2005), 35, 41 für die Qualifizierung verdeckter Beherrschungsverträge im Aktien- und GmbH-Konzernrecht. 158

II. Anknüpfung an den inneren Geltungsgrund des Bezugsrechts

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Geltungsgrund des Bezugsrechts gibt das Aufgreifkriterium vor, welches eine Scheidung bestimmter Fallgruppen und Gestaltungen in faktische Bezugsrechtsausschlüsse oder bloße sonstige Erschwerungen des Anteilsbezugs ermöglicht. Nur wenn feststeht, warum das Bezugsrecht seiner Struktur nach die Chance zum Erhalt der Beteiligungsquote vermitteln soll, lässt sich vergleichen, ob die jeweilige Gestaltung der Bezugsbedingungen dahinter derart zurück bleibt, dass von einem faktischen Bezugsrechtsausschluss gesprochen werden kann. 1. Bedeutung des inneren Geltungsgrunds für die materiellen Anforderungen an den Bezugsrechtsausschluss Die Gefahren, die mit einem Ausschluss des Bezugsrechts verbunden und auf die Erfordernis und Maßstab materieller Beschlusskontrolle161 zurückgeführt werden, müssen bei konsequenter Betrachtung genau jenen Leistungen entsprechen, die mit dem gesetzlichen Bezugsrecht bei Kapitalerhöhungen verbürgt werden sollen. Die Anerkennung ungeschriebener materieller Anforderungen an den Bezugsrechtsausschluss durch den BGH in Kali und Salz bildet aus methodischer Sicht eine richterliche Rechtsfortbildung162. Letztere dienen ihrer Natur nach der Umsetzung gesetzgeberischer Wertentscheidungen163. Sie sind folglich der Verwirklichung des der Ausgangsnorm zugrunde liegenden Rechtsgedankens verpflichtet164. Auch die Begründung besonderer inhaltlicher Anforderungen an den Ausschluss des Bezugsrechts kommt aber ohne eine Rückführung auf den inneren Geltungsgrund des Bezugsrechts nicht aus. Hatte der BGH in seiner Minimax II-Entscheidung noch die Gefahren formaler Ungleichbehandlung betont, die ein nur teilweiser, nicht sämtliche der bisherigen Gesellschafter betreffender Ausschluss des Bezugsrechts begründe165, stellte er in Kali und Salz mit dem Schutz des Besitzstandes die Leistungen des Bezugsrechts klar heraus und stützte hierauf die gesteigerten inhaltlichen Anforderungen an einen Ausschluss166. Im Nachgang ist der Vorwurf erhoben worden, das Gericht sei eine vertiefte Auseinandersetzung über die „dogmatischen 161 Gemeint sind damit sämtliche auf den Ausschluss des Bezugsrechts gerichteten Entscheidungen von hierzu berufenen Organwaltern, also sowohl Mehrheitsbeschlüsse der Anteilseignerversammlung wie entsprechende Entscheidungen entsprechend ermächtigter Verwaltungsorgane beim genehmigten Kapital. 162 Cahn, ZHR 163 (1999), 554, 573; Kindler, ZGR 1998, 35, 54; Martens, ZIP 1994, 669, 674; Schumann, Bezugsrecht, S. 42; Wandrey, Materielle Beschlusskontrolle, S. 68, 291; H.P. Westermann, FS Zöllner, S. 607, 626; Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 135; ders., ZGR 1980, 147, 156. 163 Looschelders/W. Roth, Juristische Methodik, S. 226 ff.; vgl. auch dies., JZ 1995, 1034, 1045 f. 164 Vgl. BGHZ 2, 176, 187. 165 BGHZ 33, 175, 186 – Minimax II. 166 BGHZ 70, 41, 44 f. – Kali und Salz; vgl. auch BGHZ 120, 141, 146 – Bremer Bankverein.

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B. Entwicklung eines Aufgreifkriteriums

Grundlagen“ der postulierten Inhaltskontrolle schuldig geblieben167. In der Tat erscheint die fehlende Möglichkeit des Beteiligungserhalts – und damit die Funktionsaufhebung des Bezugsrechts – für sich betrachtet nicht geeignet, den Prüfungsmaßstab der Inhaltskontrolle vorzugeben. Wenig überraschend ist der Anwendungsbereich der Lehre vom sachlichen Grund denn auch bis heute umstritten geblieben. Neuerdings wird gar in Frage gezogen, ob eine allgemeine inhaltliche Überprüfung auf die Verfolgung des Gesellschaftsinteresses am Maßstab der Verhältnismäßigkeit selbst bei Kapitalerhöhungen unter Ausschluss des Bezugsrechts stets angebracht sei168. Die dogmatischen Defizite der Kali und Salz-Entscheidung scheinen durchgeschlagen zu haben auf die in der Literatur anzutreffenden Ansätze zur Bestimmung faktischer Bezugsrechtsausschlüsse. Zwar finden sich durchaus Anknüpfungen an die Funktion des Bezugsrechts169. Eine Verknüpfung mit dem inneren Geltungsgrund erfolgt gleichwohl nicht. Solange aber der mit den Funktionen des Bezugsrechts untrennbar verwobene innere Geltungsgrund des Bezugsrechts170 nicht feststeht, lässt sich kaum ernsthaft bestimmen, wann eine Erschwerung des Anteilsbezugs einem ausdrücklichen Bezugsrechtsausschluss gleichkommt. Ohne Antwort auf das „warum“ des Rechtsinstituts hängt die Bestimmung „unzumutbarer“ bzw. „wesentlich“ hindernder Bezugsbedingungen wie bisher im luftleeren Raum. Dabei sind Versuche zur dogmatischen Untermauerung materieller Beschlusskontrolle durchaus unternommen worden. Weil diese am Beschlussgegenstand des Bezugsrechtsausschlusses entwickelt worden sind, können entsprechende Ansätze auch für die hier interessierende Frage nach dem inneren Geltungsgrund des Bezugsrechts fruchtbar gemacht werden.

167 Tröger, Treupflicht, S. 254; vgl. ferner Fastrich, FS Kreutz, S. 585 ff.; Käpplinger, Inhaltskontolle, S. 84, 90; Mülbert, Aktiengesellschaft, S. 216, 229 ff; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 54 ff. m.w.N. 168 T. Bezzenberger, ZIP 2002, 1917, 1924 ff.; Stamatopoulos, Pflichtenstellung, S. 99 ff.; Tettinger, Bezugsrechtsausschluss, S. 106 ff.; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 54 ff.; skeptisch gegenüber der Lehre vom sachlichen Grund auch Boese, Anwendungsgrenzen, S. 15; Fastrich, Funktionales Rechtsdenken, S. 15 ff., 48 ff; ders., FS Kreutz, S. 585 ff.; Mülbert, Aktiengesellschaft, S. 216, 310 ff., 344 f., 356 ff.; Paefgen, Unternehmerische Entscheidungen, S. 66 ff., 111 ff., 568 f.; Röhricht, ZGR 1999, 445, 469 ff.; Wandrey, Materielle Beschlusskontrolle, S. 273 ff., 314 ff. 169 Vgl. Gehling, ZIP 2011, 1699, 1700; Groß, AG 1993, 449, 455; vgl. ferner Rieder/ Holzmann, in: Grigoleit, AktG, § 186 Rz. 83; Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 176 f. 170 Im Zusammenhang mit der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht Bachmann, Private Ordnung, S. 211, der zutreffend darauf hinweist, dass „sich die Frage nach dem ,warum‘ eines Rechtsinstituts ohne Blick auf die Leistungen, die es innerhalb des Rechtssystems erbringt, gar nicht beantworten lässt“.

II. Anknüpfung an den inneren Geltungsgrund des Bezugsrechts

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2. Kontroverse um die innere Herleitung des Bezugsrechts a) Überblick Als dogmatische Grundlage materieller (Schutz-)Anforderungen an den Ausschluss des Bezugsrechts stehen heute der Schutz mitgliedschaftlicher Rechte und Interessen vor schweren Eingriffen171, die Treuepflicht als Beschränkung der Verbandsmacht 172 sowie die Sicherung gleichmäßiger Teilnahme an der Kapitalerhöhung173 zur Diskussion. Diese Ansätze könnten auch zur Beschreibung des inneren Geltungsgrunds des Bezugsrechts fruchtbar zu machen sein. Nach herrschender Auffassung ist das gesetzliche Bezugsrecht Ausprägung des Gleichbehandlungsgrundsatzes, „geht aber in seinem Schutzcharakter deutlich darüber hinaus“174. Wiedemann beschreibt diesen weiteren inneren Geltungsgrund als den Schutz der Mitgliedschaft und schließt damit den Kreis zur (ursprünglichen) dogmatischen Begründung der Lehre vom sachlichen Grund175. b) Neuere Entwicklungen Die referierten Figuren und Rechtssätze – Schutz der Mitgliedschaft, Treuepflicht und Gleichbehandlungsgrundsatz – lassen sich nicht widerspruchsfrei zur Begründung des Bezugsrechts heranziehen176. Dies zeigt sich exemplarisch für den Fall eines Ausschlusses. Die Reichweite des Gebots sachlicher Rechtfertigung ist bei einer Rückführung auf den Schutz der Mitgliedschaft oder auf Treuebindungen größer als bei einer Rückführung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz. So verlangt die heute überwiegend auf gesellschafterliche Treuepflichten gestützte Lehre vom sachlichen Grund nicht nur für die Wirksamkeit selektiver Bezugsrechtsausschlüsse eine besondere sachliche Rechtfertigung im Gesellschaftsinteresse. Über die flächendeckende inhaltliche Kontrolle von Bezugsrechtsausschlüssen gerät der Min171 BGHZ 71, 40, 45 – Kali und Salz; BGHZ 141, 146 – Bremer Bankverein; Bayer, FS Ulmer, S. 21, 23; Habersack, Mitgliedschaft, S. 259 f.; Hirte, Bezugsrechtsausschluss, S. 31 ff. 138 ff.; Liebert, Bezugsrechtsausschluss, S. 82; MünchKommAktG-Peifer, § 186 Rz. 71; Rieder/Holzmann, in: Grigoleit, AktG, § 186 Rz. 44; Schumann, Bezugsrecht, S. 42 f. 172 MünchKommAktG-Hüffer, § 243 Rz. 53 f.; ders., AktG, § 243 Rz. 24; T. Raiser/Veil, Kapitalgesellschaftsrecht, § 16 Rz. 160 f.; Timm, ZGR 1987, 403, 406; Wandrey, Materielle Beschlusskontrolle, S. 202 ff., 296 ff.; Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 136; ders., WM 2009, 1, 5 f.; Zöllner, AG 2000, 145, 154. 173 Vgl. T. Bezzenberger, ZIP 2002, 1917, 1923 ff.; Tettinger, Bezugsrechtsausschluss, S. 103 ff., 120 f.; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 58. 174 KölnKommAktG-Lutter, § 186 Rz. 7. 175 Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 56; vgl. auch ders., WM 2009, 1, 8, 9. Auf den Gleichbehandlungsgrundsatz und die mitgliedschaftlichen Rechte und Interessen der Altgesellschafter bezugnehmend bereits BGHZ 71, 40, 44, 46 – Kali und Salz. 176 Vgl. T. Bezzenberger, ZIP 2002, 1917, 1923 ff.; Tettinger, Bezugsrechtsausschluss, S. 102 f., 120 f.; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 35 f., 54 ff.; a.A. Wiedemann, WM 2009, 1, 9.

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B. Entwicklung eines Aufgreifkriteriums

derheitsschutz zwar in ein besonderes Spannungsverhältnis mit dem privatautonomen Handeln der Mehrheit177. Konventionell wird einer Rückführung des Bezugsrechts allein auf den Gleichbehandlungsgrundsatz jedoch unterstellt, Schutzlücken für die Gesellschafter in Kauf zu nehmen178. c) Vorläufige Bewertung und weiteres Vorgehen Die bislang herrschende Ansicht erblickt den inneren Geltungsgrund des Bezugsrechts sowohl in der Sicherung einer gleichmäßigen Behandlung der Altgesellschafter bei Kapitalerhöhungen wie dem Schutz der Mitgliedschaft bzw. – nach neuerer Lesart – der Abwehr treuwidriger Eingriffe der Mehrheit in die mitgliedschaftlichen Rechte und Vermögensinteressen der Minderheitsgesellschafter durch eine Verwässerung der Beteiligung179. Innerhalb dieses „Kooperationsmodells“ büßt das Gleichbehandlungsgebot als teilpositiv verankerte Schranke der Mehrheitsmacht für den Bezugsrechtsausschluss nicht nur seine eigenständige Bedeutung nahezu vollständig ein180. Daneben droht ein an den Beschlussgegenstand anknüpfendes Gebot sachlicher Rechtfertigung die Verbandsautonomie über ein erforderliches Maß hinaus zu beschränken181. Beides wird bislang überwiegend anstandslos hingenommen182. Ohnehin, so der Einwand, habe der Gesetzgeber der Lehre vom sachlichen Grund als Ausdruck des Schutzes mitgliedschaftlicher Rechte und Interessen bzw. der Treuepflicht der Gesellschafter untereinander mittlerweile über die Einführung einer Berichtspflicht sowie eines erleichterten Bezugsrechtsausschlusses implizite Anerkennung verliehen. Es wird jedoch zunehmend bestritten, dass sich im Gesetz tatsächlich Ansätze für eine Anerkennung der Lehre vom sachlichen Grund finden lassen. Der Rückgriff auf Gleichbehandlungsgrundsatz und Treuepflicht wirft zudem die Frage nach dem Verhältnis der Rechtssätze zueinander auf. Die wohl entscheidende Frage lautet, ob das so häufig ins Feld geführte Schutzdefizit einer alleinigen Rückführung des Bezugsrechts auf den Gleichbehandlungsgrundsatz überhaupt besteht. Neuere Stimmen in der Literatur wollen die 177 Kritisch daher etwa Fastrich, Funktionales Rechtsdenken, S. 18 f.; ders., FS Kreutz, S. 585 ff.; Röhricht, ZGR 1999, 445, 447; Stamatopoulos, Pflichtenstellung, S. 102 ff.; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 55 ff. 178 Füchsel, BB 1972, 1533, 1555; Hirte, Bezugrechtsausschluss, S. 14 f.; Lutter, JZ 1976, 225, 229; Priester, DB 1980, 1925 f.; Schumann, Bezugsrecht, S. 35 f.; Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 56, 134 ff.; Zöllner, Schranken, S. 303 ff. Mit der wachsenden Anerkennung und Präzisierung materieller Ungleichbehandlungen gerät eine solche Argumentation allerdings zunehmend unter Druck. 179 Ausdrücklich Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 56, 135 f.; vgl. daneben etwa KölnKommAktG-Lutter, § 186 Rz. 64; MünchKommAktG-Peifer, § 186 Rz. 71; Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG, § 186 Rz. 40; Schumann, Bezugsrecht, S. 35 f. 180 Vgl. Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 35 ff. v. a. mit Blick auf die Lehre vom sachlichen Grund, die er als eigenständige bewegliche Schranke der Mehrheitsmacht versteht. 181 Vgl. die Nachweise unter Fn. 177. 182 Vgl. die Nachweise in Fn. 178.

III. Gleichbehandlungsgrundsatz als innerer Geltungsgrund des Bezugsrechts

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Notwendigkeit einer vollen inhaltlichen Überprüfung von Bezugsrechtsausschlüssen nur noch dort anerkennen, wo Verstöße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz im Raum stehen. Der Begriff der Ungleichbehandlung, wird dabei allerdings nicht mehr nur rein formal verstanden, sondern in begrenztem Umfang auch materielle Ungleichbehandlungen erfasst, bei denen einzelne Gesellschafter eine positive oder negative Sonderbehandlung erfahren183. Auf diese Weise soll sowohl dem Bedürfnis nach Minderheitsschutz als auch der Verbandsautonomie für den Bezugsrechtsausschluss angemessen Rechnung getragen werden können. Für die hier im Mittelpunkt stehende Untersuchung der Daseinsbegründung des gesetzlichen Bezugsrechts könnte dies bedeuten, dass es der von der überwiegenden Auffassung bislang angenommenen dualen Herleitung nicht bedürfte. Anders als bislang überwiegend vertreten könnte bereits die Gewährleistung gleichmäßiger Chancen zur Teilnahme an einer Kapitalerhöhung als maßgeblich einzustufen sein. Für die Frage nach dem Vorliegen eines faktischen Bezugsrechtsausschlusses wäre in der Folge daran anzuknüpfen, ob die Gestaltung der Bezugsbedingungen (formale oder materielle) Ungleichbehandlungen zeitigt. In diese Betrachtung ließen sich auch hergebrachte Indikatoren wie die „unzumutbare Erschwerung“ des Anteilsbezugs sinnvoll einflechten. Ein Aufgreifkriterium zur Bestimmung faktischer Bezugsrechtsausschlüsse würde der Umstand bilden, dass einem Altgesellschafter trotz formal gewährten Bezugsrechts aufgrund ungleich wirkender Bezugsbedingungen der Erhalt des bisherigen Beteiligungsumfangs unzumutbar erschwert wäre.

III. Der Gleichbehandlungsgrundsatz als innerer Geltungsgrund des Bezugsrechts 1. Treuepflicht und Gleichbehandlungsgrundsatz im Kapitalgesellschaftsrecht Die duale Herleitung des Bezugsrechts mit dem heute überwiegend aus der Treuepflicht abgeleiteten Einwirkungsschutz für mitgliedschaftliche Rechte und Interessen und dem Gebot gleichmäßiger Behandlung bei der Ausgabe neuer Anteile legt eine Auseinandersetzung mit dem Verhältnis beider Rechtssätze nahe. Während als Adressat des Gleichbehandlungsgebots ganz herrschender Ansicht nach nur der Verband in Betracht kommt, sind Treuebindungen heute im Verhältnis der Gesellschaft gegenüber ihren Gesellschaftern ebenso anerkannt184 wie zwischen Gesellschafter und Gesellschaft185 sowie im Verhältnis der Gesellschafter untereinander186. 183 Tettinger, Bezugsrechtsausschluss, S. 96 ff.; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 57 ff., 228 ff. 184 BGHZ 127, 107, 111 – BMW; BGH ZIP, 1584, 1585; Habersack, WM 2001, 545, 549; Henze/Notz, in: GroßKommAktG, Anh. § 53a Rz. 87 ff.; a.A. Kort, ZHR 166 (2002), 366, 368. 185 BGHZ 9, 157, 163; BGH 14, 25, 38 (zur GmbH); RGZ 146, 71, 76; BGH NJW 1952, 98, 99 (zur AG).

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B. Entwicklung eines Aufgreifkriteriums

Treuepflichten der Mitglieder gegenüber der Gesellschaft tragen „dafür Vorsorge, dass die Organe der Aktiengesellschaft ihre Maßnahmen ausschließlich im Interesse und zum Gedeihen der Gesellschaft träfen“187. Ferner haben Mitgesellschafter – aufgrund mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer Gesellschaft oder kraft Gesetzes (vgl. § 242 BGB)188 – auf die wechselseitigen mitgliedschaftsbezogenen Interessen untereinander „angemessene Rücksicht“ zu nehmen189. Und schließlich sei auch die Gesellschaft jedem Gesellschafter gegenüber verpflichtet „eine ungehinderte und sachgemäße Wahrnehmung seiner Mitgliedschaftsrechte zu ermöglichen“190. Der innere Geltungsgrund der Treuepflicht ist allerdings ebenso umstritten geblieben wie der des gesellschaftsrechtlichen Gleichbehandlungsgebots191. Auch wenn etwa der Gleichbehandlungsgrundsatz zu den Grundpfeilern von Recht und Gerechtigkeit zu zählen ist192, hat sich bislang keines der entwickelten Erklärungsmodelle193 durchgesetzt194. Dass der Gleichbehandlungsgrundsatz eine Schranke der Verbandsmacht verkörpert, ist indes seit langem anerkannt195. Das Verhältnis von dem Gleichbehandlungsgrundsatz im Recht der Kapitalgesellschaften zur gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht steht einer abschließenden Klärung noch offen. Ein Näheverhältnis liegt dahingehend auf der Hand, dass beide Rechtssätze anerkanntermaßen Grundlagen und zugleich Schranken legitimer Mehrheitsherrschaft bilden. Mancherseits wird gleichwohl noch die Eigenständig186

BGHZ 65 15, 18 f. – ITT (zur GmbH); für die AG zunächst verneinend: BGH JZ 1976, 561 – Audi/NSU; später den Gleichlauf mit dem GmbH-Recht herstellend BGHZ 103, 184, 194 f. – Linotype; vgl. auch BGH NJW 1992, 3167, 3171 – IBH/Scheich Kamel und BGHZ, 129, 136 – Girmes; insgesamt kritisch gegenüber dem Institut der Treuepflicht Flume, ZIP 1996, 161 ff.; Skibbe, WM 1977, 726 ff.; Wilhelm, FS Ulmer, S. 1019, 1027. 187 RGZ 146, 71, 76. 188 Der äußere Geltungsgrund der Treuepflicht ist umstritten. Herrschend ist eine Betrachtung, nach der die Treuepflicht einen Ausfluss der Mitgliedschaft bildet und aus der Satzung folgt, vgl. Lutter, AcP 180 (1980), 84, 102 ff., 122; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 588; M. Winter, Treubindungen, S. 63 ff.; nach a.A. ist die Treuepflicht in ihren unterschiedlichen Ausprägungen gesetzlichen Ursprungs, so etwa Bachmann, Private Ordnung, S. 211; Hennrichs, AcP 195 (1995), 221, 228 ff., 234; Wandrey, Materielle Beschlusskontrolle, S. 242 ff. 189 BGHZ 103, 184, 195 – Linotype; BGHZ 129, 136, 143 f. – Girmes; BGHZ 142, 167, 170 – Hilgers. 190 BGHZ 127, 107, 111 – BMW. 191 Bachmann, ZHR 170 (2006), 144, 161; Henze/Notz, in: GroßKommAktG, Anh. § 53a Rz. 13 ff.; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 67 ff., 76 ff. Dazu auch im Folgenden. 192 Vgl. Aristoteles, Nikomachische Ethik, Buch V, Kap. 5 ff.; Radbruch, Rechtsphilosophie, S. 35 ff.; Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, Rz. 347 ff., 352 ff. 193 Vgl. v. a. die Begründungsansätze von Cohn, AcP 132 (1930), 129, 152 ff.; G. Hueck, Gleichmäßige Behandlung, S. 2 ff., 96 ff., 106 f.; L. Raiser, ZHR 111 (1948), 75, 90 ff.; ders., JZ 1959, 421, 422. Vgl. aus neuerer Zeit Bachmann, ZHR 170 (2006), 144, 155 ff.; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 73 ff., 171 ff. 194 Vgl. nur Seibt, in: Scholz, GmbHG, § 14 Rz. 40. 195 So ausdrücklich Fastrich, FS Kreutz, S. 585; vgl. auch Zöllner, Schranken, S. 301 ff.

III. Gleichbehandlungsgrundsatz als innerer Geltungsgrund des Bezugsrechts

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keit beider Rechtssätze betont und folgerichtig eine klare Abgrenzung befürwortet196. Zunehmend setzt sich allerdings die Erkenntnis durch, dass der gesellschaftsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz zur Treuepflicht – genauer: zur Treuepflicht der Gesellschaft gegenüber ihren Mitgliedern197 – in einem Spezialitätsverhältnis steht198. Ebenso wie diese Form der Treuepflicht bindet der Gleichbehandlungsgrundsatz nur die Gesellschaft, nicht aber einzelne Gesellschafter199. Zudem wird die Geltung beider Rechtssätze heute mit ähnlichen funktionalen Erwägungen begründet. Beide dienten zumindest auch dem Schutz der Minderheitsgesellschafter vor einer „Ausbeutung“ durch mehrheitlich getroffene und damit legitimationsdefizitäre Entscheidungen200. Auch die dogmatischen Voraussetzungen einer Spezialität liegen vor201. Zum einen beschränkt sich die gesellschaftliche Treuepflicht nicht auf die Kontrolle von Ungleichbehandlungen, sondern gebietet dem Verband vielmehr, „alles zu unterlassen“, was die Wahrnehmung mitgliedschaftlicher Rechte beeinträchtigen könnte202. Weiter sind keine Fälle dergestalt denkbar, dass zwar der Gleichbehandlungsgrundsatz, nicht aber zugleich die Treuepflicht der Gesellschaft betroffen wäre203. Gleichwohl kommt dem Gleichbehandlungsgrundsatz in der Praxis gegenüber der allgemeineren Treuepflicht nur eine geringe Bedeutung als bewegliche Schranke der Mehrheitsherrschaft zu. Obgleich heute nach Ansicht von Rechtsprechung und 196

Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 13 Rz. 31; T. Raiser, in: Ulmer, GmbHG, § 14 Rz. 116 Fn. 256. 197 Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 88. 198 Vgl. OLG Stuttgart AG 2000, 229, 230; OLG Brandenburg ZIP 2009, 1955, 1957; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, § 14 Rz. 33; Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 53a Rz. 14; Grunewald, Gesellschaftsrecht, S. 17; Henze/Notz, in: GroßKommAktG, § 53a Rz. 7 f.; Lutter, AcP 180 (1980), 84, 122; Pentz, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 13 Rz. 96; Pläster, Mitgliedschaftliche Treuepflicht, S. 120 f.; Seibt, in: Scholz, GmbHG, § 14 Rz. 41; Timm, WM 1991, 481, 491; Solveen, in: Hölters, AktG, § 53a Rz. 3; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 88 ff.; ders., in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 14 GmbHG Rz. 73; Wandrey, Materielle Beschlusskontrolle, S. 137 ff.; Weiner, Gleichbehandlung, S. 37 ff., 41; Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 136; Windbichler, Gesellschaftsrecht, § 30 Rz. 33; zweifelnd Fleischer, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 53a Rz. 12. 199 OLG Celle DB 1974, 525; OLG Düsseldorf WM 1995, 756, 760 f.; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 13 Rz. 34; Hüffer, AktG, § 53a Rz. 4; KölnKommAktG-Lutter/ Zöllner, 2. Aufl., § 53a Rz. 18, 25. 200 Vgl. Bachmann, Private Ordnung, S. 212 f.; ders., ZHR 171 (2007), 747, 74; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 90 f. 201 Dafür bedarf es mindestens zweier Rechtssätze, bei denen der Anwendungsbereich der einen (spezielleren) Norm vollständig im dem der anderen (allgemeineren) Norm aufgeht; vgl. Larenz, Methodenlehre, S. 267. 202 Vgl. BGHZ 127, 107, 111 – BMW. 203 Auch rein objektive Benachteiligungen – d. h. Verstöße ohne entspechende subjektiv Motivation – werden heute unter dem Aspekt der Treupflichtverletzung diskutiert, vgl. BGHZ 142, 167, 170 f. – Hilgers; Lutter, JZ 1995, 1053, 1055; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 91 f.; M. Winter, Treubindungen, S. 109.

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B. Entwicklung eines Aufgreifkriteriums

Literatur nicht mehr allein darauf festgelegt204, wird er praktisch ausschließlich in Fällen rein formaler Ungleichbehandlungen herangezogen. Materiellen Ungleichbehandlungen wird dagegen überwiegend noch unter Rückgriff auf andere Schranken, namentlich der Treuepflicht, begegnet205. Welche Bedeutung die Abgrenzung zu dem Institut der Treuepflicht aber hat, belegt eindrucksvoll die unterschiedliche Intensität gerichtlicher Beschlusskontrolle. So bedürfen Ungleichbehandlungen nach herrschendem Verständnis einer sachlichen Rechtfertigung, d. h. sie müssen zur Förderung des Gesellschaftsinteresses geeignet, erforderlich und unter Abwägung mit den Interessen betroffener Aktionäre angemessen sein206. Dagegen fällt der Kontrollumfang bei der treuepflichtinduzierten Missbrauchskontrolle ab. Er beschränkt sich hier auf die Verfolgung des Gesellschaftsinteresses durch die angegriffene Maßnahme207. Insofern geht es grundsätzlich darum, im Einzelfall z. B. eine missbräuchliche Stimmrechtsausübung aufzudecken, eine Rechtfertigung der Mehrheitsentscheidung wird nicht verlangt208. Dies kommt auch in der veränderten Verteilung von Darlegungs- und Beweislast zum Ausdruck209. Ein gesellschaftsrechtlicher Grundsatz, wonach mehrheitlich gefasste Entscheidungen zu ihrer Wirksamkeit stets einem Gebot sachlicher Rechtfertigung genügen müssten, wurde im Nachgang an die Kali und Salz-Entscheidung zwar vereinzelt propagiert, hat sich jedoch bis heute nicht entwickelt. Die am Beispiel des Bezugsrechtsausschlusses begründete Lehre vom sachlichen Grund ist vielmehr – von der Konzerneingangskontrolle bei der GmbH einmal abgesehen210 – ein Spezifikum eben des Bezugsrechtsausschlusses geblieben211. Die Notwendigkeit für diese an den Beschlussgegenstand anknüpfende engmaschige Kontrolle könnte in dem inneren Geltungsgrund des Bezugsrechts begründet sein.

204 Vorerst nur BGHZ 70, 117, 121 – Mannesmann; BezG Dresden GmbHR 1994, 123, 125; Henze/Notz, in: GroßKommAktG, § 53a Rz. 66 m.w.N. 205 Vgl. BGH ZIP 1991, 1584, 1585: Obwohl eine Ungleichbehandlung vorlag, stellte der BGH lediglich fest, dass die Gewährung unberechtigter Vorteile an einen Gesellschafter zum Nachteil seiner Mitgesellschafter eine Verletzung der Treuepflicht begründe, vgl. des Weiteren BGHZ 142, 167, 169 ff. – Hilgers; BGHZ 111, 224, 227; OLG Köln NZG 1999, 1112, 1114; OLG Hamm NZG 2000, 1185, 1187; Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 53a Rz. 14. 206 Vgl. vorerst nur Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 14 Rz. 33; MünchKommAktG-Bungeroth, § 53a Rz. 15; Hüffer, AktG, § 53a Rz. 10. 207 Dazu unten unter D. I. 208 Vgl. BGHZ 76, 352, 353; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 614 f. 209 Vgl. dazu unten D. III. 3. 210 Zur Konzerneingangskontrolle bei der GmbH vgl. BGHZ 80, 69, 74 – Süssen; Habersack, in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, Anh. § 318 AktG Rz. 12 f. 211 Wiedemann, FS K. Schmidt, S. 1731, 1739 f.; ders., WM 2009, 1, 7, 9: „Der sachliche Grund als ungeschriebene Tatbestandsvoraussetzung wirksamer Mehrheitsbeschlüsse hat in der deutschen Rechtsprechung nur ein vorübergehendes Aufflackern erlebt, wurde sogleich eingedämmt und glimmt jetzt nur noch in der Kapitalerhöhung weiter“.

III. Gleichbehandlungsgrundsatz als innerer Geltungsgrund des Bezugsrechts

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2. Schutz der Mitgliedschaft? Anders als für die dogmatische Grundlage der Lehre vom sachlichen Grund, die heute überwiegend in der Treuepflicht zwischen den Gesellschaftern erblickt wird212, findet sich für den Geltungsgrund des Bezugsrechts noch der Hinweis auf eine Verhinderung von Nachteilen für mitgliedschaftliche Rechte und Interessen durch die Kapitalerhöhung213. a) Zweifelhaftigkeit der dogmatischen Grundlage Die Anknüpfung an die besondere Schwere des Eingriffs in die Mitgliedschaft bezugsrechtsloser Kapitalerhöhungen sollte eigentlich überraschen, hat sich doch jeder Gesellschafter freiwillig der Mehrheitsherrschaft durch seinen Beitritt unterworfen. Jeder Gesellschafter muss folglich damit rechnen, dass ein Beschluss zur bezugsrechtslosen Kapitalerhöhung ohne oder gegen seinen Willen getroffen werden kann, soweit und solange seine Beteiligung keine Sperrminorität begründet. Gleichwohl stößt die Hibernia-Entscheidung214, in der das Reichsgericht dem Primat des Majoritätswillens bei einer Kapitalerhöhung unter Bezugsrechtsausschluss nicht ernsthaft entgegenzutreten suchte und allein die Sittenwidrigkeit des Beschlussinhalts als vage Schranke der Mehrheitsmacht anerkannte, heute überwiegend auf Ablehnung215. Der als innere Geltungsgrund des Bezugsrechts und damit korrespondierender materieller Anforderungen an dessen Ausschluss angeführte Schutz der Mitgliedschaft erweist sich aber als nicht unproblematisch. Der auch für die Begründung gesellschaftsrechtlicher Treuepflichten von der herrschenden Auffassung herangezogene Einwirkungsgedanke führt für sich betrachtet nämlich nicht weiter216. Er vermag nicht zu erklären, warum die über das Mittel der Kapitalerhöhung der Mehrheit eröffnete Eingriffsmöglichkeit in die mitgliedschaftlichen 212 Henze, BB 1996, 489, 496 f.; Hüffer, AktG, § 243 Rz. 24; Timm, ZGR 1987, 401, 408 f.; Wiedemann, DB 1993, 141, 144; a.A. Mülbert, Aktiengesellschaft, S. 229 ff. 213 Vgl. ausdrücklich Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 56; vgl. auch KölnKommAktG-Lutter, § 186 Rz. 7. Dieses Ergebnis überrascht nur bedingt, weil die angeführten Treuebindungen nach herrschendem Verständnis letztlich auch auf den Schutz vor Eingriffen in die mitgliedschaftlichen Rechte und Interessen der Minderheitsgesellschafter gerichtet sind, vgl. MünchKommAktG-Hüffer, § 243 Rz. 54: „Weil und soweit der Beschluss in die Mitgliedsrechte der Minderheit eingreift, wird mit der Beschlusskontrolle die Treuepflichtschranke praktiziert, die von den Aktionären bei der Ausübung ihrer Rechte im Verhältnis zueinander zu beachten ist.“ 214 RGZ 68, 235, 245 f. – Hibernia. 215 Lutter, ZGR 1981, 171, 174: „dunkle Zeit des Korporationsrechts“; vgl. auch Wiedemann, ZGR 1980, 147, 155: „eigenartig wertblind“; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 614: „blanker Zynismus“; weniger streng dagegen neuere Stimmen: Fastrich, Funktionales Rechtsdenken, S. 21: Ansatz „durchaus richtig“; ähnliche Erwägungen auch bei Servatius, in: Spindler/Stilz, § 186 Rz. 40 Fn. 93; Wandrey, Materielle Beschlusskontrolle, S. 319 ff., 328. 216 Zu dem zur Begründung von Treuebindungen im Gesellschaftsrecht herangezogenen Einwirkungsgedanken vgl. noch unten B. III. 3. a).

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B. Entwicklung eines Aufgreifkriteriums

Rechte und Interessen der übrigen Gesellschafter die Notwendigkeit eines Bezugsrechts begründen soll. Denn das gesetzliche Bezugsrecht ist seiner Konzeption nach unter Einhaltung gewisser formaler Anforderungen gerade per Mehrheitsvotum – oder gar durch eine hierzu ermächtigte Geschäftsleitung – ausschließbar gestaltet217. Ebenso wenig beantwortet der Einwirkungsansatz, weshalb die Möglichkeit eines Eingriffs materiell nur ein Gebot sachlicher Rechtfertigung etablieren soll, während nach allgemeinen Grundsätzen des Gesellschaftsrechts Mitgliedsrechte sonst nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Rechtsinhabers verkürzt werden können218. b) Fragwürdigkeit einer verfassungsrechtlichen Parallelbewertung Gerade am Beispiel des Bezugsrechts ist der Versuch unternommen worden, die genannten Begründungsdefizite der Kali und Salz-Entscheidung über die Hervorhebung eines besonderen Subordinationsverhältnisses von Mehrheit und Minderheit sowie durch den Verweis auf die hervorgehoben Bedeutung der betroffenen Rechte zu kaschieren. Häufig verwiesen wird auf den besonderen Charakter des Bezugsrechts als „mitgliedschaftliches Grundrecht“ und „Besitzstandsgarantie“219. Mit den Termini soll offensichtlich dem Einfluss verfassungsrechtlicher Wertungen Bahn gebrochen werden220. Dies belegt die gezogene Parallele zwischen den Kontrollmaßstäben der öffentlich-rechtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung und der inhaltlichen Beschlusskontrolle nach der Lehre vom sachlichen Grund. Das sog. Übermaßverbot ist dabei im Staatsrecht vor allem aus der Erkenntnis über die überragende Bedeutung der Freiheitsrechte entwickelt worden221. Unter Verweis auf die Bedeutung des Bezugsrechts wird versucht, einen ähnlichen Weg für das Kapitalge-

217 Bezeichnend Habersack, Mitgliedschaft, S. 259: „Das AktG selbst bestimmt nicht nur in seinen §§ 186 Abs. 3, 202 Abs. 2 S. 1, dass das Bezugsrecht unter bestimmten Voraussetzungen durch Beschluss der Hauptversammlung ausgeschlossen werden kann; vielmehr begründet es in § 203 Abs. 2 auch eine entsprechende Befugnis des über ein genehmigtes Kapital verfügenden Vorstands. Dies überrascht, handelt es sich doch bei dem Bezugsrecht um das Paradigma eines auf Besitzstandswahrung gerichteten Mitgliedschaftsrechts“. 218 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 559; Wiedemann, in: GroßkommAktG, § 186 Rz. 135. 219 Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 13, 56; ebenso u. a. MünchKommAktGBayer, § 203 Rz. 49; ders., ZHR 163 (1999), 505, 508; Hermanns, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 186 AktG Rz. 7; Liebert, Bezugsrechtsausschluss, S. 85; Lutter/Bayer/ J. Schmidt, Europäisches Unternehmensrecht, § 20 Rz. 183; MünchKommAktG-Peifer, § 186 Rz. 55; Rieder/Holzmann, in: Grigoleit, AktG, § 186 Rz. 1; Zöllner, AG 1994, 336, 341; ders., AG 2002, 585. 220 Timm, ZGR 1987, 403, 410; Wandrey, Materielle Beschlusskontrolle, S. 293 ff. 221 Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 19 Abs. 4 Rz. 21; Grzeszick, in: Maunz/ Dürig, GG, Art. 20 Abschn. VII Rz. 107 ff.

III. Gleichbehandlungsgrundsatz als innerer Geltungsgrund des Bezugsrechts

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sellschaftsrecht zu beschreiten. Die Bedeutung des Rechts soll sowohl Notwendigkeit als auch Umfang gerichtlicher Kontrolle von Eingriffen begründen222. Allerdings bleibt die verfassungsrechtliche Parallelwertung argumentativ brüchig. Der Ansatz, über die Qualifizierung des Bezugsrechts als mitgliedschaftliches Grundrecht für den Bezugsrechtsausschluss einen vergleichbaren gerichtlicher Kontrollmaßstab zu entwickeln, obschon mit Blick auf das Verfassungsrecht ein „beträchtlicher Unterschied in der Ausgangslage“ besteht223, erscheint auch in der Sache wenig überzeugend. Damit der Bürger staatlichem Handeln nicht schutzlos ausgesetzt ist, formuliert der Grundrechtskatalog verfassungsrechtlich garantierte Abwehrrechte224. Auch im Verhältnismäßigkeitsgrundsatz kommt dieser Schutzaspekt zum Ausdruck, wonach die Freiheitssphäre des Bürgers eben nur so weit beschnitten werden darf, wie dies im Gemeinwohl erforderlich und unter Abwägung zwischen verfolgtem legitimen Zweck und subjektiver Rechtsposition nicht unangemessen erscheint225. Demgegenüber kann dem Verhältnis von Mehrheit und Minderheit im Kapitalgesellschaftsrecht kein vergleichbares Subordinationsverhältnis entnommen werden, das für sich ein entsprechendes Schutzniveau rechtfertigen würde. Anders als der Bürger hat nämlich der Gesellschafter echte „Entry“und „Exit“-Optionen226. Zwar sind die Organe der Gesellschaft an Gesetz und Satzung gebunden und haben mit ihrem Handeln ebenso wie die Mehrheitsgesellschafter als Organwalter das Gesellschaftsinteresse zu fördern227. Einem Gesellschafter, der im Rahmen einer Beschlussfassung in der Minderheit geblieben ist, steht es offen, die Einhaltung dieser Anforderungen gerichtlich überprüfen zu lassen. 222 Deutlich auf die Bedeutung des Bezugsrechts zur Begründung inhaltlicher Beschlusskontrolle abstellend auch Habersack, Mitgliedschaft, S. 258 ff, der aus der Qualität des Bezugsrecht als „Paradigma eines auf Besitzstandswahrung gerichteten Mitgliedschaftsrechts“ die Berechtigung der Lehre vom sachlichen Grund herleitet. Ähnlich auch MünchKommAktGHüffer, § 243 Rz. 57. Eine Parallele zu den Grundrechten für die Begründung einer generellen Inhaltskontrolle von Bezugsrechtsausschlüssen ziehen auch Liebert, Bezugsrechtsausschluss, S. 85 ff. und Natterer, Kapitalveränderung, S. 89. 223 Tettinger, Bezugsrechtsausschluss, S. 109; Wandrey, Materielle Beschlusskontrolle, S. 292 ff.; vgl. insb. auch Bieder, Verhältnismäßigkeitsprinzip, S. 101 ff. 224 Zu dem Doppelcharakter der Grundrechte als subjektive Abwehrrechte und objektiver Werteordnung vgl. nur Aulehner, Grundrechte, S. 7 f.; Katz, Staatsrecht, Rz. 568; Rensmann, Wertordnung, S. 99. 225 Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20 Abschn. VII Rz. 107. 226 Vgl. Bachmann, Private Ordnung, S. 183 f., 188 f. jeweils m.w.N.; Tettinger, Bezugsrechtsausschluss, S. 109; prägnant Bieder,Verhältnismäßigkeitsprinzip, S. 117 f.: „Die Verhältnisse, die beim Erwerb der Mitgliedschaft Bestand hatten, können sich nachträglich ändern. Mehrheiten und die Zusammensetzung des Gesellschafterkreises können wechseln. Auch hier ist jedoch Absicherung möglich […].Wer nicht in der Lage ist, diese Schutzvorkehrungen zu treffen und wem das Risiko zu hoch ist, dass sich die Verhältnisse nachteilig entwickeln, kann letztlich noch der Gesellschaft fernbleiben. Vergleichbare Möglichkeiten zum Selbstschutz hat der Bürger gegenüber dem Staat nicht: Dem durch Geburt oder Einbürgerung begründeten Machtgefälle kann nicht entgangen oder durch die Wahl anderer ,Anbieter‘ ausgewichen werden“. 227 Vgl. Schürnbrand, Organschaft, S. 148 f.

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B. Entwicklung eines Aufgreifkriteriums

Ebenso mag er nach dem Fehlschlag seiner „Voice“ entweder die durch die bewusste Unterwerfung unter das Mehrheitsprinzip eingetretenen Folgen zu tragen und sich der getroffenen Entscheidung zu fügen oder aber die Möglichkeit des Ausscheidens zu wählen und seine Mitgliedschaft zu beenden228. Die Situation des Bürgers, dem im Vergleich dazu nur eingeschränkte Gestaltungs- und Reaktionsmöglichkeiten zukommen, lässt sich mit der des (Minderheits-)Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft daher nicht ohne weiteres vergleichen. Die Möglichkeit, einer staatlichen Maßnahme durch Emigration zu entgehen steht qualitativ mit der Exit-Option des Gesellschafters nicht auf einer Stufe und verlangt für sich ein wesentlich höheres Schutzniveau, eben der Bindung rechtsverkürzenden staatlichen Handelns an das Übermaßverbot. c) Zwischenergebnis Die Rückführung des Bezugsrechts auf den Gedanken der Mitgliedschaftserhaltung vermag nicht zu überzeugen. Sie lässt sich mit der Struktur des Bezugsrechts nicht vereinbaren, wonach die Möglichkeit eines Ausschlusses und damit eines Verzichts auf Besitzstandswahrung (auch) zulasten der Minderheitsgesellschafter bei entsprechendem Mehrheitswillen gerade vorgesehen ist. Auch kann sie nicht die dogmatische Grundlage für materielle Anforderungen an einen Ausschluss begründen, ist doch das den Ausschluss des Bezugsrechts formal gestattende Mehrheitsprinzip als Teil der Verbandsordnung ebenfalls Inhalt der Mitgliedschaft229. Etwas anderes folgt auch nicht etwa daraus, dass das Gesetz besondere Anforderungen an einen Ausschluss auch dann bereithält, wenn zwar kein Bezugsrecht gewährt wird, aber bislang unbeteiligten Dritten die Zeichnung neuer Anteile ermöglicht werden soll. Weil § 186 Abs. 3, 4 AktG selbst nicht an das Vorliegen einer Ungleichbehandlung anknüpft, wird die Vorschrift heute überwiegend noch als Bestandsschutznorm verstanden230. Bei dieser Gleichsetzung von Funktion und innerem Geltungsgrunds des Bezugsrechts wird indes nicht nur konsequent ausgeblendet, dass die Ursprünge des Bezugsrechts in seiner heutigen Form darin lagen, Ungleichbehandlungen in der Kapitalerhöhung zu bekämpfen. Das Gesetz sah zunächst kein allgemeines Bezugsrecht vor, sondern entzog verwaltungs- oder mehrheitsnahen Personen statutarisch zugesicherten Rechten auf den Bezug junger Anteile die Wirksamkeit231. Der Umstand, dass die Gerichte nicht nur bei den „Kapi228 Zu dem Komplementärverhältnis von „Voice“ und „Exit“ vgl. Hirschman, in: Eatwell/ Milgate/Newman, The New Palgrave,Vol. 2, S. 219 ff.: „As noted, exit is paramount as a reaction to discontent in some circumstances and voice holds a similarly privileged position in others, but frequently both mechanisms are available jointly. In such situations they may either reinforce or undercut each other“. 229 Vgl. Habersack, Mitgliedschaft, S. 258. 230 Vgl. Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 56 (für die AG); Lutter/Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 55 Rz. 17; Priester, in: Scholz, GmbHG, § 55 Rz. 43 (für die GmbH). 231 MünchKommAktG-Peifer, § 186 Rz. 8; Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 2.

III. Gleichbehandlungsgrundsatz als innerer Geltungsgrund des Bezugsrechts

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talerhöhungsskandalen“ des frühen 20. Jahrhunderts232, sondern auch und gerade in Kali und Salz immer wieder mit Konstellationen befasst waren, in denen Kapitalerhöhungen unter Bezugsrechtsausschluss ungleiche Wirkungen auf den vorhandenen Gesellschafterkreis zeitigten, weist auf den wahren Kern des Bezugsrechts hin. Dass das Gesetz in § 186 AktG demgegenüber einen überschießenden Schutz gewährt, ändert daran nichts. Funktion (Schutz mitgliedschaftlicher Rechte und Interessen) und innerer Geltungsgrund des gesetzlichen Bezugsrechts überlappen sich, sind aber nicht deckungsgleich. Daher braucht auch ein Aufgreifkriterium für die Bestimmung faktischer Bezugsrechtsausschlüsse den Gedanken eines allgemeinen Bestandsschutzes nicht zu berücksichtigen. Der Kern des Bezugsrechts als Fixpunkt des Umgehungsschutzes über die Figur des faktischen Bezugsrechtsausschlusses verlangt eine derart umfassende Protektion nicht. Zuletzt ist der Verweis auf den angeblichen Status des Bezugsrechts als mitgliedschaftliches Grundrecht wie gezeigt nicht weiterführend. Es klafft eine nicht überbrückbare Lücke in der Begründungskette, die durch die gezogene Verbindung zwischen „Eingriff“ und „Mitgliedschaft“ nur unzulänglich kaschiert wird233. Die Verhinderung schwerwiegender Eingriffe in die mitgliedschaftlichen Rechte und Interessen kann den inneren Geltungsgrund des gesetzlichen Bezugsrechts nicht formen. 3. Zum Verhältnis von Bezugsrecht, Treuepflicht und Gleichbehandlungsgrundsatz Von einem wie auch immer gearteten Näheverhältnis zwischen gesellschaftsrechtlicher Treuepflicht und dem Recht zum Nachbezug in der Kapitalerhöhung gehen heute Rechtsprechung als auch Literatur aus234. Der Gedanke erscheint auch durchaus nicht fernliegend. Beide Rechtsinstitute bilden Schranken der Verbandsautonomie235, die sich im Gründungsstatut der Gesellschaft nicht allgemein abbe-

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Zöllner, AG 2002, 585, 586 m.w.N. Vgl. Bachmann, Private Ordnung, S. 210; Fastrich, FS Kreutz, S. 585, 587 f. 234 BGHZ 142, 167 – Hilgers; Rottnauer, NZG 1999, 158, 159; Wiedemann, FS Heinsius, S. 949, 960. 235 Dazu im Folgenden. Es ist im dogmatischen Ausgangspunkt streitig, ob die Treuepflicht und die heute darauf zurückgeführte materielle Beschlusskontrolle wie im Vertragsrecht als Eingriff in die Privatautonomie zu bewerten ist (so Fastrich, Funktionales Rechtsdenken, S. 18 f., ders., FS Kreutz, S. 585, 590; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 55: Beschränkung der Befugnis der Gesellschaft und der für diese als Organwalter handelnden Gesellschaftermehrheit, selbst zu entscheiden, ob Beschlussgegenstand das Gesellschaftsinteresse definiert) oder ob das Mehrheitsprinzip zusätzlicher Legitimation im einer Form Förderung des Gemeinwohls bedarf, was stets gerichtlich über eine treuepflichtgestützte Ausbeutungskontrolle überprüfbar sein müsse (vgl. Bachmann, Private Ordnung, S. 159 ff., 179, 194 ff., 208 ff.; ders., ZHR 171 (2007), 747, 748; ähnlich Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 53a Rz. 5; C. Schäfer, ZGR 2013, 237, 264; Wandrey, Materielle Beschlusskontrolle, S. 17 f.). 233

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B. Entwicklung eines Aufgreifkriteriums

dingen lassen236. Sowohl dem Bezugsrecht als auch der Treuepflicht wird die Aufgabe zugeschrieben, im Rahmen von Kapitalerhöhungen den Belangen von Minderheitsgesellschaftern Rechnung zu tragen237. Damit ist aber noch keine Vorentscheidung über den inneren Geltungsgrund des Bezugsrechts getroffen, weil der Treuepflicht wie gesehen mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz ein spezielleres Regulativ vorgeht. Wenn – wie allgemein angenommen – das Bezugsrecht zumindest auch auf den Gleichbehandlungsgrundsatz zurückgeführt werden kann, stellt sich die Frage, ob es daneben noch einer Verankerung in der Treuepflicht bedarf. a) Zum inneren Geltungsgrund von Treuepflicht und gesellschaftsrechtlichem Gleichbehandlungsgrundsatz Dass das Gesetz nur solche Beschlüsse für legitim erachtet, die dem Gemeinwohl dienen und so allen Gesellschaftern zum Nutzen gereichen sollen, folgt deutlich aus dem Verbot der Verfolgung von Sondervorteilen in § 243 Abs. 2 S. 1 AktG238. Dies entspricht auch der berechtigten Erwartungshaltung jedes Gesellschafters. Zwar willigt jedes Mitglied eines körperschaftlich strukturierten Verbandes mit seiner 236

Für das Bezugsrecht bei der regulären Kapitalerhöhung im Aktienrecht ganz h.M., vgl. Dryander/Niggemann, in: Hölters, AktG, § 186 Rz. 14; Gabrysch, in: Breitenhaupt/Ottersbach, Kompendium Gesellschaftsrecht, § 3 Rz. 807; KölnKommAktG-Lutter, § 186 Rz. 4; MünchKommAktG-Peifer, § 186 Rz. 18; ebenso Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 48 mit Verweis auf Art. 29 Abs. 4 S. 1 KapRL a.F. (Art. 33 Abs. 4 S. 1 KapRL n.F.). Bei der GmbH will die überwiegende Auffassung freilich anders entscheiden, vgl. MünchKommGmbHGLieder, § 55 Rz. 104; Lutter/Bayer, in: GmbHG, § 55 Rz. 20; Priester, in: Scholz, GmbHG, § 55 Rz. 70; Wiese/Schneider, in: Römermann, MAH-GmbHR, § 5 Rz. 187. Für das genehmigte Kapital wird für AG und GmbH ebenfalls von der Abdingbarkeit des Bezugsrechts in der Gründungssatzung ausgegangen. Verlangt wird aber von der h.A. die Zustimmung aller Gesellschafter, vgl. MünchKommAktG-Bayer, § 202 Rz. 37; Dryander/Niggemann, in: Hölters, AktG, § 202 Rz. 77; Inhester, in: Saenger/Inhester, GmbHG, § 55a Rz. 24; Lutter/Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 55a Rz. 23; Sickinger/Kuthe, in: Schüppen/Schaub, MAH Aktienrecht, § 34 Rz. 40. Zur Unmöglichkeit eines generellen satzungsmäßigen Verzichts auf die gesellschafterliche Treuepflicht vgl. Fleischer, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 53a Rz. 60; Verse, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 14 GmbHG Rz. 115; M. Winter, Treubindungen, S. 215 ff. 237 Vgl. BGHZ 103, 184, 194 – Linotype; BGHZ 129, 136, 142 – Girmes; BGHZ 142, 167, 170 – Hilgers; für das Bezugsrecht vgl. etwa Gehling, ZIP 2011, 1699, 1701. 238 Vgl. bereits RegBegr. AktG 1965, abgedr. bei Kropff, AktG, § 311, S. 408: „Der Grundsatz, daß die Ausübung des Stimmrechts keine Verantwortlichkeit begründet, gilt nur für den breitgestreuten Aktienbesitz. Bei ihm ist eine solche Verantwortlichkeit nicht sachgerecht, weil das Gesetz bei ihm davon ausgehen kann, dass alle Aktionäre das gesellschaftliche Interesse verfolgen. Wenn ein Aktionär dies ausnahmsweise nicht tut, genügt zum Schutze der übrigen anderen Aktionäre die Möglichkeit, den Hauptversammlungsbeschluß anzufechten (§ 243 Abs. 2)“; Bachmann, Private Ordnung, S. 209; ähnlich, wenngleich weniger pointiert bereits Dreher, ZHR 158 (1994), 151, 153; Lutter; ZHR 153 (1989), 445, 457; GroßKommAktG-K. Schmidt, § 243 Rz. 52. Dass § 243 Abs. 2 AktG kaum praktische Relevanz entfaltet, steht in Zusammenhang mit der mangelhaften Ausgestaltung der Norm, nicht ihrer Aussage, vgl. Geßler, FS Barz, S. 97, 101 ff.; MünchKommAktG-Hüffer, § 243 Rz. 31.

III. Gleichbehandlungsgrundsatz als innerer Geltungsgrund des Bezugsrechts

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Beitrittsentscheidung in die Einwirkung auf seine mitgliedschaftlichen Rechte und Interessen durch Mehrheits- und Organbeschlüsse ein, die allein über die Ausübung des Stimmrechts und damit für die Inhaber von Minderheitsbeteiligungen nur begrenzt beeinflussbar sind239. Seine mitgliedschaftliche Stellung gebietet damit eine prinzipielle inhaltliche Kontrollierbarkeit mehrheitlich getroffener Entscheidungen für sich ebenso wenig, wie die bestehenden Einwirkungsmöglichkeiten auf seine mitgliedschaftlichen Rechte und Interessen240. Dem Risiko einer Schädigung seiner Beteiligungsinteressen durch mehrheitlich getroffene Entscheidungen setzt sich jeder Gesellschafter vielmehr mit seiner Teilnahmeentscheidung bewusst aus241. Gleichwohl hat es sich nicht mit dieser Feststellung sein Bewenden; der Einwurf des volenti non fit iniuria greift für die Mitgliedschaft als „nach vorne offener“ Rechtsbeziehung in letzter Konsequenz zu kurz242. Treuepflicht und Gleichbehandlungsgrundsatz tragen bei der Mitgliedschaft als Dauerrechtsverhältnis die Anerkennung eines allgemeinen Wehrrechts. Inhalte der künftigen Mehrheitsentscheidungen – wie bereits die Mehrheitsverhältnisse selbst – bleiben zwangsläufig unkalkulierbar, stets kann jedoch von allen Mitgliedern erwartet werden, dass Einwirkungsmöglichkeiten nur zur Förderung des Gemeinwohls wahrgenommen und Gesellschafter dabei nicht ohne wirklich triftigen Grund schlechter gestellt werden als andere243. Beide Rechtssätze haben als Korrelat fehlender Zustimmung 239 Hiervon geht das gesetzliche Leitbild des AktG von Publikumsgesellschaften mit wechselnden Mehrheiten aus, vgl. hierzu Assmann in: GroßKommAktG, Einl. Rz. 344; Mülbert, Aktiengesellschaft, S. 5; Servatius, Strukturmaßnahmen, S. 199. 240 Dennoch ist die Rückführung der Treuepflicht auf den Einwirkungsgedanken ganz herrschend, vgl. BGHZ 71, 40, 44 – Kali und Salz; Hüffer, FS Steindorff, 1990, S. 59, 73 ff.; Lutter, ZHR 153 (1989), 446, 454 f.; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 89; Wiedemann, FS Heinsius, S. 949, 960; ders., WM 2009, 1, 9; insb. auch Zöllner, Schranken, S. 335 ff., 342 f.; mit Blick auf den faktischen Bezugsrechtsausschluss auch Gehling, ZIP 2011, 1699, 1701; für das Personengesellschaftsrecht vgl. C. Schäfer, ZGR 2013, 237, 266. Überzeugend dagegen Bachmann, Private Ordnung S. 210 f.; vgl. auch Wandrey, Materielle Beschlusskontrolle, S. 184; skeptisch ferner Fastrich, FS Kreutz, S. 585, 590. 241 Insofern zutreffend RGZ 68, 235, 245 f. – Hibernia; Fastrich, FS Kreutz, S. 585, 590: Verwirklichung eines mit dem Mehrheitsprinzip verbundenen Risikos; Wandrey, Materielle Beschlusskontrolle, S. 317: Fremdbestimmung der Minderheit als Wesensmerkmal des Mehrheitsprinzips. 242 Vgl. Janke, Gesellschaftsrechtliche Treuepflicht, S. 153 f.; T. Raiser in: Ulmer, GmbHG, § 14 Rz. 76; Schön, FS Ulmer, S. 1385 f.: „Es ist diese langfristige Perspektive des gesellschaftsrechtlichen Engagements, aus der die Unkalkulierbarkeit künftiger Mehrheitsentscheidungen folgt. Es lässt sich bei Aufnahme des Aktienengagements regelmäßig nicht erkennen, welche Vorteile und Nachteile sich aus der zufälligen Entwicklung der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens und seiner Mehrheitsverhältnisse ergeben. Dies schließt eine Kontrollfreiheit der Maßnahme unter dem Aspekt der pauschalen freiwilligen Unterwerfung aus“. Diese Argumentationslinie findet sich auch in BVerfGE 81, 242, 257 – Handelsvertreter. 243 Vgl. Bachmann, Private Ordnung, S. 210 f.; ders., ZHR 170 (2006), 144, 161; Dembski, Gesellschaftsrechtliche Treubindungen, S. 79; Fleischer, ZGR 2001, 1, 4 f.; Fastrich, FS Wiedemann, S. 251, 252; Janke, Gesellschaftsrechtliche Treuepflicht, S. 151 ff.; Jickeli, Langfristiger Vertrag, S. 299; Mehringer, Kapitalmarktrechtliches Gleichbehandlungsprinzip,

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B. Entwicklung eines Aufgreifkriteriums

mehrheitlich gefasster Entscheidungen zum Ziel, Einwirkungsmöglichkeiten der Gesellschaftsorgane und Organwalter als Treuhänder des Gemeinwohls244 zu begrenzen, um einer „Ausbeutung“ der Regelunterworfenen durch die Regelsetzer entgegenzuwirken245. Klarzustellen bleibt, dass anzuerkennende Wehrmöglichkeiten nicht der allgemeinen Überprüfbarkeit missliebiger Beschlussergebnisse Tür und Tor öffnen, sondern Legitimationsdefizite mehrheitlich gefasster Beschlüsse gegenüber der betroffenen Minderheit kompensieren sollen246. Die gegenteilige Auffassung247, wonach sich etwa der Aktionär durch den Beitritt zur Gesellschaft dem Primat der Mehrheit freiwillig unterworfen und damit seine antizipierte Zustimmung zu allen nicht sittenwidrigen Hauptversammlungsbeschlüssen abgegeben habe, lässt sich auf dem Boden des geltenden Rechts nicht aufrecht erhalten. Vielmehr ist es die Förderung des Gemeinwohls, die jedem nicht einstimmig gefassten Beschluss erst einen Geltungsanspruch gegenüber sämtlichen betroffenen Gesellschaftern verleiht248. Insofern lässt sich gerichtlich überprüfen, ob die Verpflichtung auf das Verbandsinteresse eingehalten wurde bzw. zusätzlich, ob zur Förderung des Gemeinwohls erfolgte Ungleichbehandlungen oder – nach bislang herrschender Auffassung auch „schwere Eingriffe in die Mitgliedschaft“– gerechtfertigt sind.

S. 61 f.; Ruffner, Ökonomische Grundlagen, S. 211, 258; Seibt in: Scholz, GmbHG, § 14 Rz. 41; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 78, 298 f., 303; ders., in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel, Bd. II, Kap. 13 Rz. 1; ders., in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 14 GmbHG Rz. 73.; M. Weber, Vormitgliedschaftliche Treubindungen, S. 140; M. Winter, Treubindungen, S. 17; Wandrey, Materielle Beschlusskontrolle, S. 184. 244 Vgl. insofern Bachmann, Private Ordnung, S. 207, 212; Schürnbrand, Organschaft, S. 149; Wiedemann, WM 2009, 1, 2 f. Gegen die Einstufung als Treuhänder dagegen etwa Pläster, Mitgliedschaftliche Treuepflicht, S. 113 f. 245 So deutlich Bachmann, Private Ordnung, S. 212. Dies widerspricht auch nicht der oben befürworteten Spezialität des Gleichbehandlungsgrundsatzes gegenüber der Treuepflicht. Für das Gesellschaftsrecht hat Verse überzeugend belegt, dass es sich bei dem Gleichbehandlunggrundsatz um ein Instrument zur Verwirklichung der iustitia commutativa handelt, vgl. Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 77 f., 81: „Verhaltensregel, die den Verbandsorganen untersagt, von ihrer Verbandsmacht ohne hinreichende Rechtfertigung zum Nachteil einzelner Mitglieder Gebrauch zu machen“. 246 Vgl. K. Schmidt, ZGR 2008, 1, 17; zustimmend Priester, DStR 2008, 1386, 1388; vgl. ferner Bachmann, Private Ordnung, S. 159 ff., 204 ff., 213; ders., ZHR 171 (2007), 747, 748. 247 RGZ 68, 235 – Hibernia; W. Horrwitz, JW 1930, 2637, 2639 m.w.N. In diese Richtung wohl auch BGHZ 14, 25, 37 f.; vgl. aus neuerer Zeit etwa Wandrey, Materielle Beschlusskontrolle, S. 318:„Grundsätzlich gilt in der Aktiengesellschaft auch heute noch: Mehrheit ist Mehrheit. Mit dieser Tatsache muss sich, um es in die Worte der ,Hibernia‘-Entscheidung zu fassen, jeder abfinden, der Aktien erwirbt“. 248 Eingehend Bachmann, Private Ordnung, S. 159 ff., 193 ff., 204 ff.

III. Gleichbehandlungsgrundsatz als innerer Geltungsgrund des Bezugsrechts

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b) Das Verhältnis der Rechtssätze zum Bezugsrecht Der skizzierte Gedankengang lässt sich auch für die Rückführung des Bezugsrechts fruchtbar machen. Ebenso wie die Verpflichtung von Gesellschaftern und Gesellschaft auf die Förderung des Verbandsinteresses und die Geltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes erscheint es „selbstverständlich“, dass den Altgesellschaftern in der Kapitalerhöhung ein Vorrecht zum Erwerb junger Anteile entsprechend ihrer Beteiligungsquote eingeräumt wird249. Die zutreffende These, dass es nicht die materielle Beschlusskontrolle als solche ist, die einer Rechtfertigung bedarf, sondern ihre Versagung250 lässt sich mutatis mutandis auch auf das Bezugsrecht übertragen. So kann nicht überraschen, dass trotz weiterhin fehlender gesetzlicher Regelung auch für das Recht der GmbH der Versuch unternommen wird, ein allgemeines Bezugsrecht zu Gunsten der Altgesellschafter herzuleiten251. Gleichzeitig lassen sich die in §§ 186, 202 f. AktG vorgesehenen Ausschlussmöglichkeiten zwanglos mit einem Bedürfnis des „nach vorne offenen“ Verbands, unter Hintanstellung der mitgliedschaftlichen Rechte und Interessen einzelner oder aller Gesellschafter zur Förderung des Gemeinwohls stets handlungsfähig zu bleiben, erklären. Wie die Treuepflicht und der Gleichbehandlungsgrundsatz kann auch das Bezugsrecht verstanden werden als spezielle Ausprägung eines allgemeinen „Ausbeutungsverbots“, wie es das Gesetz in § 242 BGB für bestehende Rechtsbeziehungen blaupausenartig bereithält252. Bei der Mitgliedschaft als unvollständiger, zukunftsoffener Rechtsbeziehung droht durch die Verwässerung von Teilhaberechten im Zuge von Kapitalerhöhungen eine Störung der Geschäftsgrundlage, die einerseits ein Bedürfnis nach rechtlichem Schutz hervorruft, andererseits aus wichtigem Grunde aber auch ausnahmsweise gerechtfertigt sein kann. Gesellschafter mögen bei der Gründung die Notwendigkeit einer Kapitalerhöhung zu Finanzierungszwecken oder zum Erwerb anderer Gesellschaften nicht voraussehen und bereits aus diesem Grunde keine entsprechende Regelung treffen253. Die fehlende 249 Wilhelm, Kapitalgesellschaftsrecht, Rz. 557; vgl. ferner Hüffer, AktG, § 53a Rz. 3: Auch bei fehlender ausdrücklicher Vereinbarung der Geltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes in der Satzung ist der Rechtssatz „ihr selbstverständlicher Inhalt“. 250 Vgl. Bachmann, Private Ordnung, S. 213 (zur Treuepflicht); ders., ZHR 171 (2007), 747, 748 (zu Gleichbehandlungspflichten). 251 Vgl. MünchKommGmbH-Merkt, § 13 Rz. 149; Pentz, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 13 Rz. 67 mit Rückführung auf die gesellschafterliche Treuepflicht; Schnorbus, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 55 Rz. 36 stützt sich dagegen ausdrücklich auf den Gleichbehandlungsgrundsatz; ähnlich zuvor bereits Hermanns, ZIP 2003, 788, 790: „Einen faktischen oder verdeckten Bezugsrechtsausschluss wird man nur dann annehmen können, wenn der Bezugspreis für die neuen Anteile nicht für alle Gesellschafter oder Bezugsberechtigte in gleicher Höhe festgesetzt wird. In diesem Fall indiziert der Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot zugleich das Vorliegen eines faktischen oder verdeckten Bezugsrechtsausschlusses“. 252 Bachmann, Private Ordnung, S. 212; ders., ZHR 170, (2006), 144, 160, 174. 253 Vgl. Janke, Gesellschaftsrechtliche Treuepflicht, S. 153; Fleischer, ZGR 2001, 1, 5.

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B. Entwicklung eines Aufgreifkriteriums

Möglichkeit, das gesetzliche Bezugsrecht jedenfalls im Rahmen regulärer Kapitalerhöhungen per (Gründungs-)Satzung auszuschließen oder darauf beim Eintritt in die Gesellschaft zu verzichten, bewahrt die Mitglieder letztlich aus allgemeinen paternalistischen Gerechtigkeitserwägungen heraus vor einer freiwilligen Selbstkasteiung, deren Folgen sich zum Zeitpunkt von Gründung oder Eintritt schwer überblicken lassen254. Stets besteht eine begründete Erwartungshaltung der Gesellschafter, entsprechend ihrer Kapitalbeteiligung zum Bezug neuer Anteile zugelassen zu werden, um die innerhalb der Gesellschaft durch den Beteiligungsgrad vermittelte Stellung in dem erreichten Umfang wahren zu können. Ebenso kann der Altgesellschafter verlangen, ohne seine Zustimmung nur dann auf dieses Recht verzichten zu müssen, wenn die Förderung der Verbandsinteressen eine solche Konsequenz gebietet und er im Falle einer Ungleichbehandlung nur aus wirklich trifftigem Grund stärker beeinträchtigt wird als andere Gesellschafter. c) Spezialität des Gleichbehandlungsgrundsatzes Seit Kali und Salz wird ganz überwiegend davon ausgegangen, dass mit Kapitalerhöhungen ohne Bezugsrecht stets die Gefahr einer „Ausbeutung“ der überstimmten Minderheit verbunden sei. Einbußen seien nicht lediglich im Verhältnis Minderheit zur Mehrheit, sondern auch dann zu besorgen, wenn die neuen Anteile unter Ausschluss des Bezugsrechts außenstehenden Dritten angetragen würden255. Folgerichtig wird bislang überwiegend eine Ableitung des Bezugsrechts allein aus dem gesellschaftsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz abgelehnt256. Es lässt sich aber durchaus bezweifeln, ob tatsächlich für jede bezugsrechtslose Kapitalerhöhung, in der nicht zugleich eine Ungleichbehandlung der Gesellschafter begründet liegt, auch tatsächlich ein besonderes Schutzbedürfnis besteht. Die Frage nach der gleichmäßigen Behandlung aller Gesellschafter in der Kapitalerhöhung könnte den Kontrollmechanismus für die Notwendigkeit materieller Beschlusskontrolle bilden. Einer treuepflichtinduzierten Kontrolle bedürfte es bejahendenfalls dann nur zu der Überprüfung, ob sich der sämtliche Gesellschafter gleichermaßen betreffende Bezugsrechtsausschluss wegen besonderer Umstände des Einzelfalls ausnahmsweise

254 Vgl. die Paralleldiskussion um Begründung fehlender Möglichkeit generellen Verzichts auf die Beachtung von Treuepflichten und Gleichbehandlungsgrundsatz: Bachmann, ZHR 170 (2006), 144, 161 f.; Fleischer, ZGR 2001, 1, 6 f.; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 329 f. jeweils m.w.N. Vergleichbare paternalistische Erwägungen sprechen für eine entsprechende Haltung und gegen die überwiegend angenommene satzungsmäßige Dispensierbarkeit des Bezugsrechts bei der GmbH und für das genehmigten Kapital, vgl. die Nachweise unter Fn. 236. Jedenfalls erscheint die häufig anzutreffende Begründung, wonach der Ausschluss hier „ohne weiteres“ zulässig sei, weil dieser schließlich dem Willen aller Gründer entspräche bereits mit Blick auf die gegensätzliche Haltung der h.M. bei der regulären Kapitalerhöhung der AG überaus zweifelhaft. 255 Füchsel, BB 1972, 1533, 1535; Henze, BB 1996, 489, 497; Zöllner, Schranken, S. 304 f. 256 Vgl. die Nachweise unter Fn. 174, 175.

III. Gleichbehandlungsgrundsatz als innerer Geltungsgrund des Bezugsrechts

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als missbräuchlich darstellt257. Wenn ein richtig verstandener Gleichbehandlungsgrundsatz dazu in der Lage ist, das Korrektiv zur Aussonderung der „wirklich kranken Fälle“258 zu bilden, wäre als innerer Geltungsgrund des Bezugsrechts allein die Sicherung relativer Gleichbehandlung anzuerkennen. Einer Herleitung aus Gleichbehandlungsgrundsatz und Treuepflicht der Gesellschafter bedürfte es dann nicht. Für eine Überprüfung auf die Einhaltung des Gebots sachlicher Rechtfertigung im Sinne einer inhaltlichen Überprüfung auf das Überwiegen der Gesellschaftsinteressen an der Durchführung einer bezugsrechtslosen Kapitalerhöhung wäre ebenfalls nur dann Platz, wenn eine ungleichmäßige Behandlung der Altgesellschafter im Raume stünde. Aus alldem würden sich auch Folgen für das Aufgreifkriterium zur Bestimmung faktischer Bezugsrechtsausschlüsse ergeben. Wenn das Bezugsrecht als besonderer Ausdruck des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu verstehen wäre und sich sein innerer Geltungsgrund auf die Sicherung der Möglichkeit gleichmäßiger Teilhabe an den neuen Anteilen reduzieren ließe, müsste eine Erschwerung des Anteilsbezugs immer dann als faktischer Bezugsrechtsausschluss eingeordnet werden, wenn über die Gestaltung der Bezugsbedingungen Altgesellschafter ungleiche Behandlung in der Kapitalerhöhung erfahren. 4. Rückführung des Bezugsrechts auf die Sicherung relativer Gleichbehandlung in der Kapitalerhöhung Auch wenn im Gefolge der Kali und Salz-Entscheidung mit einem gravierenden Bedeutungsverlust konfrontiert259, wird der Gleichbehandlungsgrundsatz doch allgemein weiterhin als tragende Säule in der Begründung des Bezugsrechts verstanden260 und – soweit ersichtlich – seine diesbezügliche Bedeutung nirgends grundlegend in Abrede gestellt261. Das Bezugsrecht kann neben der Sicherung gleichmäßiger Behandlung in der Kapitalerhöhung aber nur dann mit der Treuepflicht auf einen weiteren Geltungsgrund zurückgeführt werden, wenn eine Anknüpfung allein an den Gleichbehandlungsgrundsatz typischerweise kein ausreichendes Schutzni257

MünchKommBGB-G.H. Roth/Schubert, § 242 Rz. 482; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 46. 258 Vgl. Röhricht, ZGR 1999, 445, 474. 259 Vgl. Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 37 f., 41 f. m.w.N. 260 BGHZ 33, 175, 186 – Minimax II; vgl. ferner Bachmann, ZHR 170 (2006), 144, 146; MünchKommAktG-Bungeroth, § 53a Rz. 8; Bungert/Paschos, DZWIR 1995, 221, 232; Greitemann, in: Saenger/Inhester, GmbHG, § 13 Rz. 70; Henze/Notz, in: GroßKommAktG, § 53a Rz. 27; Gotthardt, in: BeckHdbAG, § 9 Rz. 36; G. Hueck, Gleichmäßige Behandlung, S. 48 f., 333 ff.; ders., FS Nipperdey, S. 427, 432 f.; Koehler, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 120; Lutter/U. Schneider, ZGR 1975, 182, 198; MünchKommAktG-Peifer, § 186 Rz. 80; Schlitt/Seiler, WM 2003, 2175, 2176; vgl. auch Grundmann, Europäisches Gesellschaftsrecht, Rz. 357: Bezugsrecht leiste Hauptbeitrag zur effizienten Durchsetzung des Gleichbehandlungsgebots; vgl. ferner implizit Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 457 ff. 261 Vgl. insb. Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 56, wonach sich das Bezugsrecht „nicht allein“ aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz ableiten lasse.

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veau für die berechtigten Belange der Gesellschafter verbürgt oder Entscheidungen des Gesetzgebers dem entgegenstehen262. Beides erscheint bei näherer Betrachtung indes fraglich263. a) Regulative Wirkung gleichmäßiger Betroffenheit aa) Vorrang der Selbstregulierung vor externer Kontrolle So wie das Bezugsrecht seiner Natur nach als „Näherungslösung“ auf die Verwirklichung eines möglichst schonenden Ausgleichs zwischen gesellschafterlichen Beteiligungs- und gesellschaftlichen Finanzierungsinteressen gerichtet ist, gilt überhaupt für selbstregulative Systeme wie dem Verband der Grundsatz, dass systembedingte Schwächen möglichst behutsam zu korrigieren sind264. Ausdruck dieses Grundsatzes ist der Vorrang der Selbstregulierung gegenüber korrigierenden Eingriffen von außen, etwa der gerichtlichen Kontrolle mehrheitlich gefasster Beschlüsse. Seit längerem findet sich in diesem Zusammenhang die These, wonach aus der mehrheitlichen Zustimmung zu einem Beschluss prima facie folge, dass der Beschlussinhalt das Gesellschaftsinteresse in sachgerechter Weise definiere, wenn alle Gesellschafter hiervon gleichmäßig betroffen sind265. Aus diesem Umstand leite sich eine Richtigkeitsgewähr der Entscheidung ab. Der Aspekt der Selbstbetroffenheit verbürge grundsätzlich „erträgliche“, das meint „sachgerechte, den Grundwertungen unseres Rechts entsprechende Ergebnisse“266. Dieser Ansatz kann sich auf eine Parallelbewertung im Vertragsrecht stützen. Dort wird den Vertragsparteien im Ausgangspunkt zugestanden, Regelungen zu treffen, die einer richterlichen Überprüfung nicht bedürfen, weswegen der Gedanke des pacta sunt servanda auch grundsätzlich Geltung beanspruchen darf. Die Parität der Vertragsparteien voraus-

262 Vgl. Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 53 ff. am Beispiel der am Bezugsrechtsausschluss entwickelten Lehre vom sachlichen Grund; ähnlich Bachmann, ZHR 171 (2007), 747, 748: „Richtig ist aber, dass für eine Inhaltskontrolle kein Bedarf besteht, wenn eine Ausbeutung von Minderheiten auf ,selbstregulative‘ Weise verhindert werden kann“. 263 Dazu im Anschluss. 264 Bachmann, JZ 2008, 11, 12 f.; Fastrich, Funktionales Rechtsdenken, S. 34 ff., 44 ff. ; ders., FS Kreutz, S. 585, 590, 592. 265 Fastrich, Funktionales Rechtsdenken, S. 19 ff., 48 ff.; ders., FS Kreutz, S. 585, 591 ff.; vgl. auch Bachmann, Private Ordnung, S. 213; T. Bezzenberger, ZIP 2002, 1917, 1924 unter Verweis auf BVerfG NJW 2001, 279, 280 – Moto Meter; G.H. Roth, FS Kramer, S. 973, 981; Servatius, Strukturmaßnahmen, S. 231; ders., in: Spindler/Stilz, AktG, § 186 Rz. 40; Stamatopoulos, Pflichtenstellung, S. 105, 128; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 55 ff.; Wandrey, Materielle Beschlusskontrolle, S. 17 ff. Skeptischer Flume, AT Bd.I/2, S. 209; MünchKommAktG-Hüffer, § 243 Rz. 48; ders., AktG, § 243 Rz. 23; Wiedemann, Gesellschaftsrecht Bd. I, S. 445. 266 Fastrich, FS Kreutz, S. 585, 592.

III. Gleichbehandlungsgrundsatz als innerer Geltungsgrund des Bezugsrechts

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gesetzt, erkennt die Rechtsordnung formal wirksam getroffene Vereinbarungen grundsätzlich an267. Im Anwendungsbereich des Mehrheitsprinzips kann dies für kapitalgesellschaftsrechtliche Beschlüsse wegen des fehlenden Konsenserfordernisses aber nur unter einer Ergänzung gelten. Eine Anknüpfung an das bloß formal-wirksame Zustandekommen des Beschlusses griffe zu kurz. Der mehrheitlich gefasste Beschluss benötigt wie oben erwähnt zusätzlicher Legitimation gegenüber der dissentierenden Minderheit, eben weil es – anders als im Vertragsrecht – an einer allseitigen Zustimmung gerade mangelt. Als dieses zusätzliche legitimierende Element wird die gleichmäßige Betroffenheit aller Gesellschafter durch den Beschlussinhalt begriffen. In der Tat lässt eine gleichmäßige Betroffenheit aller Beschlussunterworfenen das Bedürfnis nach eingehender inhaltlicher Kontrolle entfallen. Dafür besteht unter dem Aspekt des Minderheitsschutzes grundsätzlich keine Veranlassung, weil die Gesellschaftermehrheit als Regelsetzer von etwaigen negativen Folgen des Beschlusses für ihre Beteiligungsinteressen ebenfalls berührt ist und damit eine einseitige Verteilung von „Kooperationsgewinnen“ ausscheidet268. Der Gleichbehandlungsgrundsatz leistet so nicht nur einen wichtigen Beitrag zum Schutz regelmäßig an die Beteiligungsquote gekoppelter Minderheits- und Sperrpositionen. Er ergänzt für das Bezugsrecht auch den nur begrenzten Vermögensschutz nach § 255 Abs. 2 AktG über die materielle Beschlusskontrolle für den Fall einer Ungleichbehandlung269. Die Bedeutung des Gleichbehandlungsgrundsatzes erschöpft sich dabei nicht in der Sicherstellung formal-gleichmäßiger Behandlung bei der (Nicht-)Zulassung zum Nachbezug270. So wird heute für den Fall eines sämtliche Gesellschafter betreffenden Ausschlusses des Bezugsrechts für die Feststellung von Ungleichbehandlungen auch die nachfolgende Zuteilungsentscheidung in die Bewertung miteinbezogen271. Anderenfalls drohten durch die Mehrheitsentscheidung einseitige Benachteiligungen, weil eine teilweise Gestattung der Zeichnung neuer Anteile zu einer verdächtigen Verschiebung der Beteiligungsquoten führt, sofern sich eine entsprechende Zuteilungsentscheidung nur an ausgewählte Altgesellschafter richtet272. 267 Zur entsprechenden Beeinträchtigung der formalen Vertragsgerechtigkeit durch die Verwendung von AGB und der Kompensierung über eine materielle Kontrollierbarkeit vgl. etwa Canaris, AcP 200 (2000), 273, 320 ff. 268 Vgl. Bachmann, ZHR 171 (2007), 747, 748; Wandrey, Materielle Beschlusskontrolle, S. 18 f.; a.A. B. Meyer, Materielle Beschlusskontrolle, S. 216 ff. 269 Vgl. Martens, FS R. Fischer, S. 437, 443; Tröger, Treupflicht, S. 283; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 317; Vollmer/Lorch, DB 1991, 1313, 1315; ebenso letztlich auch Mülbert, Aktiengesellschaft, S. 358. 270 So noch RGZ 118, 67, 71.; RGZ 122, 159, 163. 271 Goette, ZGR 2012, 505, 514 ff.; G. Hueck, Gleichmäßige Behandlung, S. 336 f.; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 21, 461. 272 Diskutiert – und überwiegend bejaht – wird in diesem Zusammenhang v. a. die Möglichkeit einer materiellen Beschlusskontrolle bei formaler Ungleichbehandlungen im Rahmen

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bb) Wirksamkeit des Korrektivs gleichmäßiger Betroffenheit Ein regelmäßig wiederkehrender Einwand lautet, der Gedanke gleichmäßiger Betroffenheit könne sachgerechte Entscheidungen nur in einem sehr begrenzten Umfang verbürgen. Das Korrektiv müsse nämlich dort versagen, wo die Mehrheit Sonderinteressen verfolgt, die mit der Beschlussfassung verbundene Nachteile auch für die eigenen Beteiligungsinteressen zu kompensieren vermögen273. Damit wird die Qualität des Gleichbehandlungsgrundsatzes als für sich stehendes Regulativ zur Verhinderung von „Ausbeutungen“ freilich zur Gänze in Frage gestellt, weil das Bedürfnis umfassender judizieller Kontrolle ein Versagen effektiver Selbstkontrolle signalisiert274. Wenn sich nur vermittels einer Kombination mit dem Institut der Treuepflicht bestehende Einwirkungsmöglichkeiten zu Lasten der Gesellschafter wirksam begrenzen ließen, wäre die Bedeutung des Gleichbehandlungsgrundsatzes tatsächlich als gering einzuschätzen275. Der Rechtssatz käme als alleiniger Geltungsgrund des Bezugsrechts dann nicht in Betracht. Der Kritik ist zuzugeben, dass die Mehrheit sich auch bei Fehlen einer Ungleichbehandlung etwa darüber in einem Irrtum befinden mag, ob eine Maßnahme wie der Ausschluss des Bezugsrechts im Gesellschaftsinteresse liegt, oder dass aus sonstigen Gründen die Interessen der Gesellschaft durch den gleichmäßig wirkenden Beschluss ausnahmsweise nicht gefördert werden276. Allerdings verfängt der fundamentale Einwand gegen die regulierende Wirkung des Gleichbehandlungsgebots nicht, wenn – wie zunehmend anerkannt – dem Gleichbehandlungsgrundsatz nicht lediglich rein formal wirkende Ungleichbehandlungen, sondern ebenso materielle, d. h. bei den besonderen positiven oder negativen Wirkungen für den einzelnen Gesellschafter ansetzende Ungleichbehandlungen unterstellt und schließlich Zurechnungsregeln zur Erfassung unechter Dritter ernstgenommen werden277. Diesem von erleichterten Bezugsrechtsausschlüssen; vgl. Servatius in: Spindler/Stilz, AktG, § 186 Rz. 61; MünchKommAktG-Peifer, § 186 Rz. 88; Veil, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 186 Rz. 44; Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 150; a.A. wohl Hüffer, AktG, § 186 Rz. 39e; Rieder/Holzmann, in: Grigoleit, AktG, § 186 Rz. 74 ff. Der Wortlaut von § 186 Abs. 3 S. 4 AktG steht einer solchen Annahme nur scheinbar entgegen, weil der Gesetzgeber den Fall einer Zuteilung der neuen Aktien an einzelne Altgesellschafter nach einem allgemeinen Bezugsrechtsausschluss nicht erleichtern wollte, vgl. Fraktionsbegr. BT-Drucks. 12/6721, S. 10 f.; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 461. 273 Vgl. Fastrich, FS Kreutz, S. 585, 594; Kreß, Gerichtliche Beschlusskontrolle, S. 130; Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG, § 186 Rz. 41 f.; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, S. 430, 445; Zöllner, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel, Bd. II, Kap. 10 Rz. 48. 274 Vgl. Buck-Heeb/Dieckmann, Selbstregulierung, S. 277; Köndgen, AcP 206 (2006), 477, 523. 275 So letztlich für das Bezugsrecht Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG, § 186 Rz. 42; Vollmer/Lorch, DB 1991, 1313, 1314 ff.; Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 56. 276 Aus diesem Grunde bleibt eine treuepflichtgestützte Missbrauchskontrolle weiterhin möglich, dazu unten D. I. 277 Vorerst nur Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 58 f., S. 244 ff.; Weiner, Gleichbehandlung, S. 78 ff.

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Ergebnis entspricht auch der praktische Befund am Beispiel des Bezugsrechts. Mit einer zunehmenden Minderheitsauffassung ist ein Ausschluss nicht als ein der Inhaltskontrolle in jedem Fall bedürftiger Beschlussgegenstand zu verstehen278. So vermag beispielsweise für den Fall, dass bei einer Publikums-AG die Hauptversammlung das Bezugsrecht zum Zwecke einer Emission auf ausländischen Märkten ausschließt, nicht recht einzuleuchten, warum der Beschlussgegenstand ein Rechtfertigungserfordernis mit einer entsprechenden Darlegungs- und Beweislast für die AG begründen soll279. Alle Aktionäre trifft der Mehrheitsbeschluss zunächst einmal gleichermaßen; ihm mag die unternehmerische Ermessensentscheidung vorausgehen, dass einhergehende Nachteile durch die Verwässerung von Teilhaberechten durch die Förderung des Gesellschaftsinteresses mehr als kompensiert würden. Folgerichtig hat denn auch der BGH in seiner Deutsche Bank-Entscheidung einen Bezugsrechtsausschluss in einer ähnlichen Konstellation zumindest als sachlich gerechtfertigt eingestuft280. Zutreffend ist in der Literatur auf den Umstand hingewiesen worden, dass der BGH in Kali und Salz281 dagegen gerade über die Rechtmäßigkeit eines Ausschlusses in Zusammenhang mit einer Sachkapitalerhöhung zu entscheiden hatte, durch welche ein maßgeblich beteiligter Großaktionär besonders bevorzugt wurde282. Darüber – so der berechtigte Vorwurf – sei dem Umstand nicht genügend Aufmerksamkeit zuteil geworden, dass nicht jeder Bezugsrechtsausschluss solche ungleichen Wirkungen für Mehrheit und Minderheit zeitige. Mit der Anerkennung materieller Ungleichbehandlungen ist der Gleichbehandlungsgrundsatz nunmehr auch in der Lage, über die Merkmale der Selbstbetroffenheit und Interessengleichrichtung die Richtigkeitschance von Gesellschaftsbeschlüssen auf eine angemessene Definierung des Gemeinwohls gravierend zu er278 Vgl. Bachmann, ZHR 171 (2007), 747, 748; T. Bezzenberger, ZIP 2002, 1917, 1924 ff.; J. Ekkenga, AG 1994, 59, 64 ff.; Fastrich, Funktionales Rechtsdenken, S. 25 f.; ders., FS Kreutz, S. 585, 595 f.; Kübler, ZBB 1993, 1, 7; Leuschner, Vereins-Konzernrecht, S. 118 f.; Martens, ZIP 1992, 1677, 1692 ff.; Stamatopoulos, Pflichtenstellung, S. 99 ff.; Tettinger, Bezugsrechtsausschluss, S. 117; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 57 f. 279 J. Ekkenga, AG 1994, 59, 65; Stamatopoulos, Pflichtenstellung, S. 128; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 57; vgl. auch Fastrich, FS Kreutz, S. 585, 594, demzufolge „eine Sachkontrolle entgegen der Rechtsprechung nicht allein im Hinblick auf den Beschlussgegenstand geboten [erscheint], wenn von einer Interessengleichrichtung zwischen Mehrheit und Minderheit ausgegangen werden kann“. 280 Vgl. BGHZ 125, 239 – Deutsche Bank; vgl. insofern auch bereits die Entscheidung des Berufungsgerichts: OLG Frankfurt a.M. WM 1993, 373; ferner Martens, ZIP 1994, 669, 673. 281 BGHZ 71, 40 – Kali und Salz. 282 T. Bezzenberger, ZIP 2002, 1917, 1923 f.; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 58. Verse verweist neben Kali und Salz auch auf Entscheidungen des Reichsgerichts, denen ebenfalls Konstellationen zu Grunde lagen, in denen nach modernem Verständnis durch die jeweiligen Bezugsrechtsausschlüsse Ungleichbehandlungen innerhalb des Gesellschafterkreises bewirkten, vgl. RGZ 68, 235 – Hibernia, RGZ 105, 373 – Union; RGZ 107, 67 – Vereinigte Stahlwerke; RGZ 108, 322 – Leipziger Buchbinderei; RGZ 113, 188 – Bergbau Ilse; RGZ 119, 248 – Hamburg Süd. Zöllner, AG 2002, 585, 586 spricht mit Blick auf diese Entscheidungen gar von „Kapitalerhöhungsskandalen“.

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B. Entwicklung eines Aufgreifkriteriums

höhen283. Gleichzeitig droht dem Verband aber quasi eine Überregulierung von innen heraus, wenn das Merkmal der materiellen Ungleichbehandlung einer uferlosen Auslegung preisgegeben wird oder eine nachvollziehbare Abgrenzung schlicht nicht geleistet werden könnte284. Ohne „tatbestandliche Präzision“ droht die steuernde Wirkung des Korrektivs abhanden zu geraten285. Ein Vorrang des Gleichbehandlungsgrundsatzes gegenüber der allgemeinen Treuepflicht für die Herleitung des Bezugsrechts wäre kaum begründbar, wenn die Filterfunktion der Erfassung „wirklich kranker Fälle“286 über eine grenzenlose Ausdehnung materieller Ungleichbehandlungen aufgehoben würde. Die Entwicklung wirksamer Kriterien zur Erfassung und Begrenzung materieller Ungleichbehandlungen ist Gegenstand einer im Fluss befindlichen Diskussion287. Einen plausibelen Ansatz, der die Schwächen einer rein formalen Betrachtung behebt und zugleich die funktionale Bedeutung des Gleichbehandlungsgrundsatzes besonders berücksichtigt, liefert die von Verse entwickelte und konsequent an der Verfolgung von Sonderinteressen ausgerichtete Betrachtungsweise288. Danach ist vom Vorliegen einer materiellen Ungleichbehandlung zum einen dann auszugehen, wenn einem maßgeblich beteiligten Gesellschafter289 ein wie auch immer gearteter 283

A.A. B. Meyer, Materielle Beschlusskontrolle, S. 216 ff. Skeptisch daher etwa Boese, Anwendungsgrenzen, S. 83; Cahn/Spannenberg, in: Spindler/Stilz, AktG, § 53a Rz. 25 f.; Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 53a Rz. 13 f.; Huffmann, Schuldrechtliche Austauschgeschäfte, S. 222; Kreß, Gerichtliche Beschlusskontrolle, S. 130 f.; B. Meyer, Materielle Beschlusskontrolle, S. 210 ff.; Wandrey, Materielle Beschlusskontrolle, S. 126 ff., 129 f.; Zöllner, Schranken, S. 303 f. 285 Bachmann, ZHR 171 (2007), 747, 748. 286 Röhricht, ZGR 1999, 445, 474. 287 Vgl. dazu KölnKommAktG-Drygala, § 53a Rz. 14 f.; Henze/Notz, in: GroßKommAktG, § 53a Rz. 64 ff.; Fleischer, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 53a Rz. 27, 29; G. Hueck, Gleichmäßige Behandlung, S. 191 ff.; Hüffer, AktG, § 53a Rz. 9; Janssen, in: Heidel, Aktienrecht, § 53a Rz. 15; KölnKommAktG-Lutter/Zöllner, 2. Aufl., § 53a Rz. 11; MünchKommGmbHG-Merkt, § 13 Rz. 292; Tettinger, Bezugsrechtsausschluss, S. 98 ff.; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 232 ff.; Weiner, Gleichbehandlung, S. 78 ff.; Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 143. 288 Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 239 ff. Verse konstatiert, dass sich der Ansatz nicht durchgehend mit den Ergebnissen höchstrichterlicher Rechtsprechung deckt, vgl. etwa BGH ZIP 2005, 1318, 1321 (keine Ungleichbehandlung bei Formwechsel trotz steuerlichen Sondervorteils für den Mehrheitsgesellschafter). Weil aber die Anerkennung materieller Ungleichbehandlung als Untergruppe des Gleichbehandlungsgebots in der gerichtlichen Praxis nicht Schritt gehaltenen hat mit der Erarbeitung in der Literatur und der BGH sich bislang noch nicht genötigt sah, zu den Anforderungen an das Vorliegen einer materiellen Ungleichbehandlung dezidiert Stellung zu beziehen, vermag dieser Umstand die Bedeutung des von Verse entwickelten Ansatzes kaum zu schmälern. 289 Jedenfalls für den Fall einer Sperrminorität will Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 199 f., 240 f. von einem maßgeblichen Einfluss ausgehen; ähnlich bereits T. Bezzenberger, ZIP 2002, 1917, 1928. (Erst) Ab einer solchen Beteiligung kann die getroffene Entscheidung dem betreffenden Gesellschafter aufgrund seiner potentiellen Vetomacht zugerechnet werden und ist ein erlangter Sondervorteil deshalb „verdächtig“, weil die Einwirkungsmöglichkeit bei einer relevanten Beteiligung einer Einordnung als bloßen windfall profit entgegensteht. 284

III. Gleichbehandlungsgrundsatz als innerer Geltungsgrund des Bezugsrechts

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Sondervorteil durch die beschlossene Maßnahme zukommt. Potentiell jeden Gesellschafter treffende Sondernachteile können dagegen nur Beeinträchtigungen mitgliedschaftlicher Art sein, die regelmäßig rechtlichen Ursprungs sind. Bloße wirtschaftliche Expektanzen ohne gesicherte rechtliche Grundlage genügten nie, rein tatsächliche Beeinträchtigungen grundsätzlich nur dann, wenn sie mit rechtlichen Einschränkungen auf einer Stufe stünden. Festgemacht am Beispiel des ausdrücklichen Bezugsrechtsausschlusses bedeutet dies, dass bei einer Kapitalerhöhung ohne Bezugsrecht, die in der Folge für einzelne Gesellschafter290 das Abschmelzen der Beteiligungsquote unter rechtlich relevante Schwellenwerte bedeutet291, für die betroffenen Gesellschafter von einer materiellen Ungleichbehandlung auszugehen ist und infolge dessen der Kapitalerhöhungsbeschluss einer am Gesellschaftsinteresse orientierten Verhältnismäßigkeitsprüfung standzuhalten hat292. Dennoch wird dem Gleichbehandlungsgrundsatz von einigen Autoren, die einer Einschätzung als systemimmanenten Kontrollmechanismus zur Förderung sachgerechter Ergebnisse an sich nahestehen, nur eine eingeschränkte funktionale Bedeutung beschieden293. Bemängelt wird, dass über die Erweiterung auf materielle Ungleichbehandlungen zur Erfassung von Sonderinteressen die Bedeutung des Gesellschaftsinteresses aus dem Fokus gerate. Es komme nämlich nicht in erster Linie auf die Frage nach der Angemessenheit einer Bevorzugung der Gesellschaftsinteressen an. Vielmehr sei von vorrangiger Bedeutung, ob der Beschlussgegenstand – etwa der Ausschluss oder die Erschwerung des Anteilsbezugs – überhaupt das Gesellschaftsinteresse definiere und deshalb das die Beschlussfassung komplementierende Element legitimer Mehrheitsentscheidung vorliege294. Dieser Einwand ist allerdings kaum berechtigt. Dass jeder Beschluss einer treuepflichtinduzierten Missbrauchskontrolle offen steht, die den durch den Gleichbehandlungsgrundsatz verwirklichten Minderheitsschutz vervollständigt, wird etwa von Verse 290 Dass eine Gruppe von Gesellschaftern in ihrer Gesamtbeteiligung unter eine bestimmte Schwelle absinkt, soll – als ungeschütze Expektanz – dagegen unerheblich sein; vgl. Tettinger, Bezugsrechtsausschluss, S. 101; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 460 f. 291 Vgl. etwa die unter Fn. 132 genannten gesetzlichen Minderheitsrechte. 292 Henze/Notz in: GroßKommAktG, § 53a Rz. 65; Tettinger, Bezugsrechtsausschluss, S. 100 f.; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 243. In den Fällen des § 186 Abs. 3 S. 4 AktG kommt dagegen das Vorliegen einer materiellen Ungleichbehandlung nicht in Betracht, vgl. Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 461 ff. Zu Inhalt und Reichweite einer solchen materiellen Beschlusskontrolle vgl. unten D. II. 1. Der Gedanke des Sondernachteils spielt eine besondere Bedeutung für die Behandlung der hier interessierenden Erschwerungen des Anteilsbezugs, vgl. dazu noch unten E. I. 2. 293 Vgl. B. Meyer, Materielle Beschlusskontrolle, S. 192 ff., 220 Wandrey, Materielle Beschlusskontrolle, S. 127 ff.; implizit auch Fastrich, FS Kreutz, S. 585, 594: „Das Prinzip der Interessengleichrichtung versagt, wo die Mehrheit überwiegende externe Interessen hat, die mit dem Gesellschaftsinteresse kollidieren[…]. Bei einer solchen Konstellation ist daher die Richtigkeitsgewähr der Beschlussfassung von vornherein nicht gegeben. Dem muss das Recht Rechnung tragen.“ 294 Wandrey, Materielle Beschlusskontrolle, S. 129.

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B. Entwicklung eines Aufgreifkriteriums

ausdrücklich hervorgehoben295. Die Einhaltung eines richtig verstandenen Gleichbehandlungsgebots verbürgt aber gerade die Abwesenheit der dem Gesellschaftsinteresse widerstreitenden Partikularinteressen. Dass es neben dem regulativen Gleichbehandlungsgrundsatz einer Komplementierung über die allgemeine Treuepflicht zur Absicherung legitimer Mehrheitsentscheidungen gegen irrtümliche Verfehlungen bedarf, schmälert die funktionale Bedeutung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht. Letztlich gilt eine wesentliche, für den prinzipiellen Vorrang der Selbstregulierung sprechende Erwägung auch hier. Die Frage, ob z. B. der Ausschluss des Bezugsrechts aus ex ante-Sicht tatsächlich überhaupt im Gesellschaftsinteresse lag, kann ein zur Entscheidung berufener Richter sine ira et studio kaum besser beurteilen, als die Gesellschaftermehrheit oder – bei Ausnutzung eines genehmigten Kapitals – die Geschäftsleitung. b) Kein entgegenstehender Wille des Gesetzgebers Immer wieder findet sich der Hinweis darauf, der Gesetzgeber habe mit der Einführung der Berichts- und Begründungspflicht (§ 186 Abs. 4 S. 2 AktG) sowie der Ermöglichung eines vereinfachten Bezugsrechtsausschlusses (§ 186 Abs. 3 S. 4 AktG) der in Kali und Salz anerkannten Lehre vom sachlichen Grund implizite Anerkennung verliehen296. Träfe dies zu, hätte der Gesetzgeber damit zugleich dem als richterliche Rechtsfortbildung auf die Erfüllung des inneren Geltungsgrunds des Bezugsrechts verpflichteten Verständnis des BGH, wonach das Bezugsrecht nicht allein vor Ungleichbehandlungen, sondern überhaupt vor schweren Eingriffen in die Mitgliedschaft schützen solle, sein Plazet gegeben. Damit stünde der Wille des Gesetzgebers einer alleinigen Rückführung des Bezugsrechts auf den Gleichbehandlungsgrundsatz entgegen297. aa) § 186 Abs. 3 S. 4 AktG Wie bereits an früherer Stelle erwähnt, wollte der Gesetzgeber unter den in § 186 Abs. 3 S. 4 AktG genannten Voraussetzungen die Zulässigkeit von Bezugsrechtsausschlüssen bei Kapitalerhöhungen geringeren Umfangs aus einer wertenden Entscheidung heraus zur Abmilderung der Kali und Salz-Rechtsprechung prinzipiell

295 Vgl. nur Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 59 f., 304 ff. V.a. gegen ihn richtet sich die Kritik von Wandrey, Materielle Beschlusskontrolle, S. 127 ff. und Grigoleit/Rachlitz in: Grigoleit, AktG, § 53a Rz. 14. 296 Vgl. BGHZ 83, 319, 325 f. – Holzmann; Habersack, Mitgliedschaft, S. 264 f.; MünchKommAktG-Hüffer, § 243 Rz. 53; Liebert, Bezugsrechtsausschluss, S. 84 f.; Timm, Konzernspitze, S. 75; Wiedemann, WM 2009, 1, 8. 297 Auf die fehlende gewohnheitsrechtliche Anerkennung der Lehre vom sachlichen Grund verweisen Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG, § 186 Rz. 41; Tettinger, Bezugsrechtsausschluss, S. 117.

III. Gleichbehandlungsgrundsatz als innerer Geltungsgrund des Bezugsrechts

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gewährleistet wissen298. Dafür aber, dass für über den Anwendungsbereich der Norm hinausgehende Tatbestände aus dem Gedanken mitgliedschaftlicher Treuepflichterwägungen heraus eine Inhaltskontrolle nach der Lehre vom sachlichen Grund etabliert werden sollte, findet sich eine Stütze weder im Wortlaut der Vorschrift noch in den dazugehörigen Materialien299. Auch die Frage nach Sinn und Zweck von § 186 Abs. 3 S. 4 AktG wenn die Norm nicht als gesetzgeberische Berücksichtigung der heute überwiegend treuepflichtfundierten Lehre vom sachlichen Grund verstanden würde, stellt sich nicht. Sowohl die Lehre vom sachlichen Grund wie auch Beeinträchtigungen des Gleichbehandlungsgrundsatzes begründen nach herrschender Betrachtung ein Gebot sachlicher Rechtfertigung. Zu Recht wird deshalb daraufhin hingewiesen, dem sog. erleichterte Bezugsrechtsausschluss komme auch bei alleiniger Rückführung einer am Gesellschaftsinteresse und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz orientierten Inhaltskontrolle auf den Gleichbehandlungsgrundsatz eine eigenständige Bedeutung zu300. Liegen die Voraussetzungen für einen erleichterten Bezugsrechtsausschluss vor, fehlt es nach der gesetzgeberischen Wertung am Vorliegen einer materiellen Ungleichbehandlung, weil trotz der einzelnen Gesellschaftern drohenden Sondernachteilen über den Verlust einer rechtlich relevanten Minderheits- oder Sperrposition letztlich aufgrund der Möglichkeit börslichen Nachbezugs eine Verfolgung von Sonderinteressen durch die Mehrheit nicht zu besorgen sei301. Dagegen verbleibt es für formale Ungleichbehandlungen innerhalb wie außerhalb der Voraussetzungen des § 186 Abs. 3 S. 4 AktG bei einer entsprechenden materiellen Beschlusskontrolle302. bb) § 186 Abs. 4 S. 2 AktG Rechtsprechung und Literatur erblicken noch einmütig eine wesentliche Aufgabe des Vorstandsberichts darin, den Anteilseignern die durch eine Kapitalerhöhung ohne Bezugsrecht drohenden Nachteile ebenso vor Augen zu führen wie das bestehende Interesse der Gesellschaft an der geplanten Strukturmaßnahme und ihren Modalitäten, damit beide Gesichtspunkte im Rahmen der Beschlussfassung über den 298 Der Gesetzgeber beabsichtigte mit der Einführung den Finanzierungsinteressen der Gesellschaften entgegenkommen und Wettbewerbs- und Standortnachteile deutscher Gesellschaften zu unterbinden, vgl. RegE zum Gesetz für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts, BT.-Drucks. 12/6721, S. 10 f. 299 Ebenso Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 62: „nicht der geringste Anhaltspunkt“; Wandrey, Materielle Beschlusskontrolle, S. 274 ff., 277: „Missverständnis“; vgl. auch die unter Fn. 300 genannten Stimmen. 300 Marsch-Barner, AG 1994, 532, 533; Mülbert, Aktiengesellschaft, S. 316 ff., 320; Röhricht, ZGR 1999, 445, 472 f.; Tettinger, Bezugsrechtsausschluss, S. 65 ff., Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 60 ff.; Wandrey, Materielle Beschlusskontrolle, S. 274 ff.; offener Martens, ZIP 1994, 669, 674. 301 Vgl. Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 462. 302 Goette, ZGR 2012, 505, 516 f.; Hüffer, AktG, § 186 Rz. 39 g; Schockenhoff, AG 1994, 45 ff.; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 461 m.w.N.

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B. Entwicklung eines Aufgreifkriteriums

Ausschluss gegeneinander abgewogen werden können303. Der Bericht soll dazu dienen, gleichmäßigen Zugang zu asymmetrisch zwischen Verwaltung, Mehrheitsund Minderheitsgesellschaftern verteilter Information zu eröffnen304. Der Berichtspflicht kommt damit eine selbstständige (Informations-)Funktion zu305. Den Gesellschaftern sollen ebenso die möglichen Folgen für ihre mitgliedschaftlichen Rechte und Interessen aufgrund der drohenden Beteiligungsverwässerung vor Augen geführt werden306. Information und Warnung werden damit als Fundamente einer sachgerechten Entscheidung verstanden307. Nach Auffassung des BGH und ihm folgender Stimmen in der Literatur habe der Gesetzgeber allerdings mit der Implementierung dieser entscheidungsprozessbezogenen Anforderungen ein weiteres Ziel verfolgt. Die Einführung der Berichts- und Begründungspflichten sollte ferner dem in Kali und Salz entwickelten Gebot sachlicher Rechtfertigung von Bezugsrechtsausschlüssen gesetzliche Anerkennung verleihen308. Dem Begründungserfordernis komme nämlich nur dann ein eigenständiger Sinngehalt zu, wenn sich der Berichtsinhalt an den materiellen Kriterien der Lehre vom sachlichen Grund orientiere309. Der Gesetzgeber hätte damit über die Anerkennung einer allgemeinen Inhaltskontrolle für den Bezugsrechtsausschluss einem selbstregulativen Ansatz über das Gebot gleichmäßiger Behandlung den Boden entzogen. Dass Zweifel an dieser Auffassung angebracht sind, legt ein Blick auf die Binnensystematik von § 186 AktG nahe. So gilt nach herrschender Betrachtung auch für den erleichterten Bezugsrechtsausschluss nach § 186 Abs. 3 S. 4 AktG eine Be303 BGHZ 83, 319, 326 – Holzmann; OLG Stuttgart AG 2001, 200 f.; LG Heidelberg ZIP 1988, 1257, 1258; Hüffer, AktG, § 186 Rz. 23; Liebert, Bezugsrechtsausschluss, S. 51; KölnKommAktG-Lutter, § 186 Rz. 56; MünchKommAktG-Peifer, § 186 Rz. 65; Rebmann, in: Heidel, Aktienrecht, § 186 Rz. 36; Wandrey, Materielle Beschlusskontrolle, S. 275; Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 116 f. 304 Liebert, Bezugsrechtsausschluss, S. 51; Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 117; vgl. allgemein zu Informationsgefällen im Gesellschaftsrecht und rechtlichen Korrektiven: Fleischer, Informationsasymmetrie, S. 520 ff. 305 Vgl. BGHZ 83, 319, 326 – Holzmann; Hirte, Bezugsrechtsausschluss, S. 85 f.; Krämer/ Kiefner, ZIP 2006, 301, 305 f.; Kubis, DStR 2006, 188, 190; Liebert, Bezugsrechtsausschluss, S. 51, 227 f.; Litzenberger, NZG 2011, 1019, 1020; Paefgen, ZIP 2004, 145, 146; MünchKommAktG-Peifer, § 186 Rz. 65; Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 117; Wilsing, ZGR 2006, 722, 731 f. 306 Kübler/Mendelson/Mundheim, AG 1990, 461, 475: „Die Funktion des Berichts sollte vor allem darin gesehen werden, die Aktionäre vor sorgfalts- oder treupflichtwidrigen Machenschaften zu warnen“. Vgl. auch Liebert, Bezugsrechtsausschluss, S. 55; Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 117. 307 Vgl. Hüffer, AktG, § 186 Rz. 23; KölnKommAktG-Lutter, § 186 Rz. 56; MünchKommAktG-Peifer, AktG, § 186 Rz. 65; Schumann, Bezugsrecht, S. 29. 308 BGHZ 83, 319, 326 – Holzmann; Hüffer, AktG, § 186 Rz. 25. 309 Groß, EuZW 1994, 395, 399; Liebert, Bezugsrechtsausschluss, S. 109; KölnKommAktG-Lutter, § 186 Rz. 56, 60; Schockenhoff, AG 1994, 45, 50; i.E. auch Hirte, ZIP 1994, 356, 362; MünchKommAktG-Peifer, § 186 Rz. 78.

III. Gleichbehandlungsgrundsatz als innerer Geltungsgrund des Bezugsrechts

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richtspflicht, die neben dem geplanten Ausgabebetrag auch Angaben zum Grund des Bezugsrechtsausschlusses verlangt310, obschon eine Anwendung der Lehre vom sachlichen Grund dort ausgeschlossen ist311. Die Berichtspflichten in § 186 Abs. 4 S. 2 AktG lassen sich bereits deshalb schwerlich zugleich als deren gesetzliche Festschreibung verstehen312. Auch ein weiterer Blick auf das Institut des genehmigten Kapitals verdeutlicht den fehlenden unmittelbaren Zusammenhang zwischen Vorstandsbericht und etwaigen materiellen Anforderungen an den Bezugsrechtsausschluss. Im Anschluss an die BGH-Entscheidung in Sachen Siemens/Nold313 wird mit Blick auf den Berichtsinhalt für ausreichend erachtet, dass zumindest das Gesellschaftsinteresse an einer solchen Kapitalerhöhung unter Bezugsrechtsausschluss hervorgeht314. Heute wird überwiegend angenommen, dass der BGH damit nicht zugleich eine Rücknahme der überkommenen inhaltlichen Anforderungen an den Bezugsrechtsausschluss beim genehmigten Kapital bezwckt hat315. Gegen eine gesetzgeberische Bestätigung der Lehre vom sachlichen Grund über die Einführung der Berichts- und Begründungspflichten sprechen auch die mit der Implementierung von § 186 Abs. 4 S. 2 AktG verfolgten Absichten des Gesetzgebers, der in seinem Jandeln allein von dem Willen zur Umsetzung europarechtlicher Vorgaben der Kapitalrichtlinie geleitet war316. Auch hinsichtlich der Richtlinie selbst

310

Vgl. Fraktionsbegr. BT-Drucks. 12/6721, S. 10; Begr. Rechtssausschuss, BTDrucks. 12/7848, S. 9; LG München I, AG 1996, 138, 139; Hüffer, AktG, § 186 Rz. 39 f; MünchKommAktG-Peifer, § 186 Rz. 89; Rebmann, in: Heidel, Aktienrecht, § 186 Rz. 67; Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 129; a.A. Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG, § 186 Rz. 60; Veil, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 186 Rz. 43. 311 Vgl. Fraktionsbegr. BT-Drucks. 12/6721, S. 10; vgl. insgesamt bereits die Ausführungen soeben unter B. III. 4. b) aa). 312 Ebenso Mülbert, Aktiengesellschaft, S. 318, 332 f.; Schumann, Bezugsrecht, S. 29; Tettinger, Bezugsrechtsausschluss, S. 52 f., 67; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 61; Wandrey, Materielle Beschlusskontrolle, S. 275 f. 313 BGHZ 136, 133, 138 f. – Siemens/Nold. 314 BGH AG 2006, 246, 247 Rz. 5 (zur Ausschlussermächtigung); Frodermann/Becker in: Henn/Frodermann/Jannott, Hdb. Aktienrecht, Kap. 5 Rz. 247; Hüffer, AktG, § 203 Rz. 11; MünchHdbGesellschaftsrecht/AG-Krieger, § 58 Rz. 17 f.; Marsch-Barner, in: Bürgers/Körber, AktG, § 203 Rz. 10; Veil, in: K. Schmidt/Lutter, § 203 Rz. 23 ff.; differenzierend zwischen den inhaltlichen Anforderungen an die Berichtspflichten zwischen Ausschlussermächtigung und Direktausschluss MünchKommAktG-Bayer, § 203 Rz. 131, 145; ähnlich Natterer, ZIP 2002, 1672, 1678; vgl. auch Priester, in: Scholz, GmbHG, § 55a Rz. 37 f. 315 Vgl. MünchKommAktG-Bayer, § 203 Rz. 111 ff. m.w.N.; MünchHdbGesellschaftsrecht/AG-Krieger/Kraft, § 56 Rz. 79 jeweils unter (angreifbarer) Auslegung von BGHZ 164, 249, 255 – Mangusta/Commerzbank II; a.A. etwa Dryander/Niggemann, in: Hölters, AktG, § 203 Rz. 17 ff. 316 RegE BT-Drucks. 8/1678, S. 18, Lutter/Bayer/J. Schmidt, Europäisches Unternehmensrecht, § 20 Rz. 200; Mülbert, Aktiengesellschaft, S. 332 f.; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 60. Europarechtlich anerkannt ist nach Art. 33 Abs. 1 KapRL n.F. ein Bezugsrecht im Übrigen allein bei Barkapitalerhöhungen, vgl. Grundmann, Europäisches Gesellschaftsrecht, Rz. 358. Nach EuGH v. 19. 11. 1996, Siemens AG ./. Henry Nold, Rs. C-42/95, Slg. 1996,

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B. Entwicklung eines Aufgreifkriteriums

setzt sich dabei zunehmend die Auffassung durch, dass das Gemeinschaftsrecht über die in Art. 33 Abs. 4 S. 3 KapRL vorgesehenen Berichtserfordernis weder die Einhaltung bestimmter materieller Anforderungen im Allgemeinen vorgibt, geschweige denn eine am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz orientierte Rechtfertigung jeden Bezugsrechtsausschlusses verlangt317. Die Norm begründet lediglich Mindeststandards mit Blick auf unterschiedlichste nationale Rechtsordnungen318, denen materielle Anforderungen an den Bezugsrechtsausschluss zuvor gänzlich fremd waren319. Mit dem „Schutz durch Information“320 kommt den Berichts- und Begründungspflichten bereits eine eigenständige Bedeutung zu321. Das sog. Informationsmodell formt einen anerkannten Grundpfeiler des Minderheitenschutzes im europäischen Gesellschaftsrecht322. Eine prozedural und nicht final ausgerichtete Anforderung an den Bezugsrechtsausschluss bildet damit bereits eine schutzvermittelnde Funktion „an sich“. Mit den Zweifeln an einer gesetzlichen Anerkennung der Lehre vom sachlichen Grund ist gleichwohl nicht gesagt, dass zwischen materiellen Anforderungen an den Ausschluss des Bezugsrechts und den gesetzlichen Berichts- und Begründungserfordernissen überhaupt kein Zusammenhang bestünde. Das bliebe im Hinblick darauf, dass § 186 Abs. 4 S. 2 AktG selbst inhaltliche Vorgaben an den Bericht statuiert, auch schwer nachvollziehbar. Angebracht erscheint in diesem Zusammenhang aber nochmals der Hinweis, dass allein aus der Existenz der Berichtspflichten selbst noch keine konkreten materiellen Anforderungen an den Ausschluss des Bezugsrechts ableitbar sind. Vielmehr ist es die ihm eigene Informations- und I-6017, Rz. 18 steht es den Mitgliedsstaaten nach der KapRL frei, wie § 186 Abs. 1 AktG ein Bezugsrecht auch im Rahmen von Sachkapitalerhöhungen vorzusehen. 317 Bachmann, ZIP 2009, 1249, 1251; Bayer/J. Schmidt in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel, Bd. I, Kap. 18 Rz. 74; Grundmann, Europäisches Gesellschaftsrecht, Rz. 360; Habersack/Verse, Europäisches Gesellschaftsrecht, § 6 Rz. 83 (anders zuvor noch Habersack, Europäisches Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 6 Rz. 70 f.); Liebert, Bezugsrechtsausschluss, S. 139 f.; Lutter/Bayer/J. Schmidt, Europäisches Unternehmensrecht, § 20 Rz. 200; W. Meilicke, DB 1996, 513; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 60 f. 318 Vgl. EuGH v. 18. 12. 2008, Kommission ./. Spanien, Rs. C-338/06, Slg. 2008, I-10139, Rz. 26; Schmitthoff, (1978) CML Rev., 43, 53. 319 Vgl. etwa das Recht des Vereinigten Königreichs, dazu J. Schmidt, Societas Europaea, S. 434 f.; Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 33. 320 Lutter/Bayer/J. Schmidt, Europäisches Unternehmensrecht, § 20 Rz. 200. 321 Bachmann, ZIP 2009, 1249, 1251; Grundmann, Europäisches Gesellschaftsrecht, Rz. 360; Habersack/Verse, Europäisches Gesellschaftsrecht, § 6 Rz. 83; Lutter/Bayer/ J. Schmidt, Europäisches Unternehmensrecht, § 20 Rz. 200; Schumann, Bezugsrecht, S. 29; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 60 f. 322 Vgl. EuGH v. 9. 3. 1999, Centros Ltd. ./. Ervhervs- og Selskabsstyrelsen, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459, Rz. 36; EuGH v. 30. 9. 2003, Kamer von Koophandel en Fabrieken voor Amsterdam ./. Inspire Art Ltd., Rs. C-167/01, Slg. 2003, I-10155, Rz. 135; Lutter/Bayer/ J. Schmidt, Europäisches Unternehmensrecht, § 6 Rz. 29, § 18 Rz. 9, § 19 Rz. 4; Grundmann, Europäisches Gesellschaftsrecht, Rz. 193, 256, 360, der dem Informationsmodell zentrale Bedeutung beimisst: „Informationsphilosophie im europäischen Gesellschaftsrecht“.

IV. Ungleich wirkende Bezugsbedingungen als Aufgreifkriterium

79

Warnfunktion, welche eine reflexive Wirkung „anderweitig begründeter“ materieller Anforderungen auf den Beschlussinhalt zeitigt323. Es geht um eine Erhöhung der Richtigkeitschance des Entscheidungsergebnisses durch eine Regulierung des Entscheidungsfindungsprozesses324. Insofern kommt es zu Wechselwirkungen. So folgt etwa die inhaltliche Verpflichtung auf die Begründung eines im Gesellschaftsinteresse liegenden Ausschlusses materiell aus der Treuepflicht325; die ggf. erforderliche Darstellung der Angemessenheit des Ausschlusses kann aus einer Ungleichbehandlung rühren. Bestehende materielle Anforderungen an den Bezugsrechtsausschluss formen also den Inhalt des Berichts und konkretisieren so die ihm eigene Informations- und Warnfunktion. Die Festschreibung der Anforderungen nach der Lehre vom sachlichen Grund für jeden Bezugsrechtsausschluss lässt sich der Existenz einer Berichts- und Begründungspflicht dagegen nicht entnehmen326.

IV. Ungleich wirkende Bezugsbedingungen als Aufgreifkriterium Wie gezeigt, steht auch die Berücksichtigung des gesetzgeberischen Willens einer alleinigen Rückführung des Bezugsrechts auf den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht entgegen. Darf damit der Grundsatz gleichmäßiger Behandlung tatsächlich als innerer Geltungsgrunds des Bezugsrechts gelten, ist zugleich auch das Aufgreifkriterium zur Bestimmung solcher Erschwerungen des Anteilsbezugs umrissen, die trotz formaler Bezugsrechtsgewährung einem Ausschluss im Sinne von § 186 Abs. 3 S. 1 AktG gleichkommen. Abzustellen ist insofern darauf, ob Gesellschaftern über die Gestaltung der Bezugsbedingungen eine formale oder materielle Ungleichbehandlung droht. 1. Skizzenhafte Veranschaulichung Welche Erschwerungen der in der Literatur unter dem Aspekt des faktischen Bezugsrechtsausschlusses diskutierten Fallgruppen nach diesem Kriterium tatsächlich als Ausschluss im Sinne des § 186 Abs. 3 S. 1 AktG zu qualifizieren sind, wird in einem eigenen Abschnitt eingehendere Betrachtung erfahren327. Zu einer ersten Veranschaulichung soll aber bereits an dieser Stelle knapp auf die von Gehling

323 Vgl. Tettinger, Bezugsrechtsausschluss, S. 52 f.; Wandrey, Materielle Beschlusskontrolle, S. 275 Fn. 21; vgl. auch Binder, Regulierungsinstrumente, S. 343 ff., 351, 381 f. 324 Vgl. dazu Binder, Regulierungsinstrumente, S. 337 ff. 325 Siehe dazu oben B. III. 3. a). 326 Liebert, Bezugsrechtsausschluss, S. 140 spricht von einem „klassischen Zirkelschluss“. 327 Siehe unten E. I. 2.

80

B. Entwicklung eines Aufgreifkriteriums

in seiner Abhandlung zur „Lehre vom faktischen Bezugsrechtsausschluss“ angeführten Exempel eingegangen werden328. Beispielhaft nennt Gehling zum einen die Gestaltung der Bezugsbedingungen, die dem Inhaber einer Sperrminorität ermöglicht, auf Kosten anderer Gesellschafter seine Beteiligung im Rahmen der Kapitalerhöhung weiter zu vertiefen. Eine entsprechende Bevorteilung lässt sich nämlich freilich nicht nur dadurch bewirken, dass – wie in der Entscheidung in Sachen Kali und Salz329 – zur Übernahme der jungen Anteile eine Sacheinlage erbracht werden muss. Ein Bezugsangebot kann auch mit der Pflicht zur Erbringung einer weiteren Leistung neben der eigentlichen Einlage verknüpft werden, die selbst nicht nur gattungsmäßig bestimmt ist und daher nicht von jedem Gesellschafter erbracht werden kann330. Knüpft man zur Bestimmung an den Gleichbehandlungsgrundsatz an, liegt in der genannten Konstellation ein faktischer Bezugsrechtsausschluss. Grund dafür ist der Sondervorteil des über die Gestaltung der Bezugsbedingungen begünstigten maßgeblich beteiligten Gesellschafters, der eine materielle Ungleichbehandlung begründet331. Entsprechend allgemeinen Grundsätzen genügt der Anschein einer Bevorteilung332, der bei einem maßgeblich beteiligten Gesellschafter zu bejahen ist, weil es in dessen Hand liegt, die Bezugsbedingungen nach seinem Willen zu beeinflussen oder die Kapitalerhöhung scheitern zu lassen333. Weiterhin kann dann von einem faktischen Bezugsrechtsausschluss ausgegangen werden, wenn die Bezugsbedingungen die Erhaltung einer rechtlich relevanten Minderheitsposition vereiteln334. Welche Fallgestaltungen entsprechende Wirkungen zeitigen, wird an anderer Stelle noch vertieft werden335. Es genügt an diesem Ort der abstrakte Hinweis auf die damit verbundene materielle Ungleichbehandlung der in ihren mitgliedschaftlichen Rechten besonders berührten Minderheitsgesellschafter. Diese Sonderbenachteiligung im Verhältnis zu Gesellschaftern, die etwa in die Ungleichbehandlung durch Zustimmung zu den in der Kapitalerhöhung festgelegten Bezugsbedingungen eingewilligt haben, oder den nicht besonders betroffenen Klein328 Gehling, ZIP 2011, 1699, 1701; vgl. nunmehr auch Schnorbus, in: Rowedder/SchmidtLeithoff, GmbHG, § 55 Rz. 41. 329 BGHZ 71, 40 – Kali und Salz. 330 Vgl. Heckschen, DStR 2001, 1437, 1441; Hermanns, in: Michalski, GmbHG, § 55 Rz. 21. Vgl. auch unten E. II. 1. 331 A.A. Gehling, ZIP 2011, 1699, 1701: treuepflichtbedingte Gestaltungsgrenze; ebenso Schnorbus, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 55 Rz. 41; vgl. teilw. auch Groß, AG 1993, 449, 455 ff. 332 G. Hueck, Gleichmäßige Behandlung, S. 194; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 240; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, S. 429. Anders für das vorliegende Bsp. (allerdings unter Einordung als bloßen Treuepflichtverstoß) Gehling, ZIP 1699, 1701, der einen gezielten Einsatz der Kapitalerhöhung zur Bewirkung des Sondervorteils verlangt. 333 Vgl. Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 240 f. 334 Vgl. Gehling, ZIP 2011, 1699, 1701(wiederum eingestuft als Treuepflichtverletzung). 335 Vgl. dazu unten E. II. III.

IV. Ungleich wirkende Bezugsbedingungen als Aufgreifkriterium

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und Kleinstgesellschaftern mit Beteiligungen unterhalb relevanter Schwellenwerte ist es, die für die entsprechend beteiligten Minderheitsaktionäre das Vorliegen eines faktischen Bezugsrechtsausschluss indiziert336. 2. Verhältnis zu bisherigen Bestimmungsansätzen Insgesamt bedeutet die Anwendung des entwickelten Aufgreifkriteriums keine vollständige Abkehr von überkommenen Ansätzen zur Bestimmung faktischer Bezugsrechtsausschlüsse. Die Frage nach einer „wesentlichen Behinderung“ oder „unzumutbaren Erschwerung“ des Anteilsbezugs geht auf in der Identifizierung materieller Ungleichbehandlungen und erfährt so eine Präzisierung. Ein faktischer Bezugsrechtsausschluss liegt dann vor, wenn die Bezugsbedingungen nicht für alle Gesellschafter gleich lauten. Jenseits solcher formaler Ungleichbehandlungen sind aber auch Gestaltungen zu erfassen, die zu einem Sondervorteil maßgeblich beteiligter Gesellschafter führen oder für die übrigen Gesellschafter besondere Nachteile bergen. Letzteres ist der Fall, wenn rechtlich relevant beteiligten Gesellschaftern der Erhalt ihrer Beteiligungsquote trotz des gewährten Bezugsrechts aufgrund rechtlicher oder tatsächlicher Beeinträchtigungen durch die Bezugsbedingungen erschwert ist337. Für rein tatsächliche Erschwerungen (überhöhter Bezugspreis, hoher Nennwert der neuen Anteile, etc.) stellt sich die Frage, ob sie rechtlichen Erschwerungen wie etwa der genannten Verpflichtung zur Erbringung eines spezifischen, nicht gattungsmäßig bestimmten Agios vergleichbar und damit „wesentlich“ sind. Erreichen sie kein solches Niveau, scheidet die Annahme eines faktischen Bezugsrechtsausschlusses aus338. Die bislang herrschenden Ansätze zur Bestimmung faktischer Bezugsrechtsausschlüsse kranken dagegen in der praktischen Anwendung daran, dass den per definitionem aufgeworfenen Wertungsfragen nach einer Unangemessenheit oder Unzumutbarkeit mit der Koppelung an den dogmatisch fragwürdigen Ansatzpunkt eines schweren Eingriffs in die Mitgliedschaft kaum beizukommen ist339. Großes Manko bleibt, dass sich – trotz erkennbarer Konkretisierungsbemühungen – Kriterien wie die Verkürzung der Entschließungsfreiheit zum Nachbezug dogmatisch im luftleeren Raum bewegen und wenig vorhersehbare Ergebnisse bedingen. Dies belegen anschaulich die unterschiedlichen Stellungnahmen von Wiedemann und

336 Cum grano salis zutreffend erscheint daher die Einschätzung Gehlings, ZIP 2011, 1699, 1701, wonach das Maß individueller Betroffenheit der Gesellschafter den Ausschlag für die Behandlung der Bezugsrechtsgestaltung vorgebe. 337 Zu der Einschränkung des Absinkens unter rechtlich relevante Beteiligugsschwellen vgl. unten E. I. 2. 338 Zu den Anforderungen an solche einfachen Erschwerungen des Bezugsrechts vgl. D. I. 339 Siehe oben B. I. 2. c) zur Fallgruppe des überhöhten Bezugspreises.

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B. Entwicklung eines Aufgreifkriteriums

Gehling zur Einordnung des überhöhten Bezugspreises, obschon beide sich von vergleichbaren Ausgangspunkten der Problematik nähern340. Auch nach dem hier befürworteten Anknüpfungsmoment wird die Feststellung faktischen Bezugsrechtsausschlusses einer rein schematischen Betrachtung entzogen341. Sieht man aber mit der bislang überwiegend anzutreffenden Betrachtung zu Recht kein Bedürfnis, jede Erschwerung des Anteilsbezugs als faktischen Bezugsrechtsausschluss einzuordnen, wird man letztlich um die Beantwortung auch schwieriger Wertungsfragen kaum herum kommen. Insofern bietet sich mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz jedoch die Möglichkeit, diese im Einzelfall diffizilen Wertungen auf dem Boden eines für das Kapitalgesellschaftsrecht teilpositiviertes Prinzips vornehmen zu können, welchem zudem mit Blick auf den inneren Geltungsgrund des Bezugsrechts zudem eine besondere Bedeutung zukommt. 3. Folgen für die Untersuchung Welche formalen und materiellen Anforderungen an den faktischen Bezugsrechtsausschluss gestellt werden müssen, um solche die Beteiligungsinteressen der Altgesellschafter besonders berührenden Gestaltungen der Bezugsbedingungen zu rechtfertigen, ist damit noch nicht gesagt. Die bisherige Arbeitshypothese, wonach der faktische Bezugsrechtsausschluss einen Umgehungstatbestand formt, bedarf noch einer Überprüfung. Im Folgenden soll daher untersucht werden, ob die formalen Vorgaben nach § 186 Abs. 3, 4 AktG eine solche Bewertung gebieten. Nachdem geklärt ist, ob faktische Bezugsrechtsausschlüsse als Umgehungstatbestand in formaler Hinsicht den an ausdrückliche Ausschlüsse gestellten Anforderungen genügen müssen, bleibt zu erhellen, welche materiellen Anforderungen sowohl für dahinter zurückbleibende einfache Erschwerungen des Anteilsbezugs als auch für faktische Bezugsrechtsausschlüsse gelten. Dabei wird auch dem Umstand Bedeutung beizumessen sein, inwieweit zu Gunsten des jeweils handelnden Gesellschaftsorgans ein gerichtlicher Kontrolle weitgehend entzogener Ermessensspielraum bei der Gestaltung der Bezugsbedingungen anerkannt werden muss. 340

Gehling, ZIP 2011, 1699, 1700: Maßgebend, ob überhöhter Bezugspreis zu einem dem Bezugsrechtsausschluss vergleichbaren Eingriff in die Rechtsstellung der Altgesellschafter führt; Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 176 f.: Entscheidend sei Betroffenheit der Teilhabe- und Anlageinteressen der Altgesellschafter. 341 Wie die Beispiele RGZ 118, 67 und RGZ 122, 159 verdeutlichen – das Reichsgericht hatte jeweils in der Zuteilung junger Anteile an bevorzugte Aktionäre bzw. ihnen nahestehender Dritte (Tochtergesellschaft des Mehrheitaktionärs) nach einem Bezugsrechtsausschlusses keine Ungleichbehandlung erkannt, weil es die zum Bezug Berechtigten beliebigen Dritten gleichstellte –, lassen sich formale Ungleichbehandlungen scheinbar in der Praxis keineswegs stets so eindeutig herausstellen, wie manche Stimmen in der Literatur glauben machen wollen und die aufgrund der sich abzeichneden Anerkennung materieller Ungleichbehandlungen eine zunehmende Konturlosigkeit des Gleichbehandlungsgrundsatzes besorgen, vgl. etwa Grigoleit/ Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 53a Rz. 14; Pläster, Mitgliedschaftliche Treuepflicht, S. 289 f.; Wandrey, Materielle Beschlusskontrolle, S. 130.

C. Faktischer Bezugsrechtsausschluss als Umgehungstatbestand Ganz herrschend ist bislang die Einschätzung, dass faktische Bezugsrechtsausschlüsse zu ihrer Wirksamkeit denjenigen formalen und materiellen Anforderungen zu genügen haben, die auf den ausdrücklichen Ausschluss Anwendung finden342. Es existieren aber auch Auffassungen, die eine bloße Übertragung inhaltlicher Anforderungen nahelegen343. Die Frage, ob dieselben formal-gesetzlichen Bestimmungen zu beachten sind, ist jedoch von besonderer praktischer Bedeutung. Wird eine Gestaltung der Bezugsbedingungen erst nach Durchführung des Kapitalerhöhungsverfahrens – etwa im Rahmen einer gerichtlichen Überprüfung – als faktischer Bezugsrechtsausschluss enttarnt, käme wegen der Einheitlichkeit der Beschlussfassung (§ 186 Abs. 3 S. 1 AktG) ein nachträglicher formwirksamer Ausschluss nicht mehr in Betracht344. Anders herum widerstrebt es, die in der Praxis ungeliebten formalen Anforderungen an einen Bezugsrechsausschluss wie die Erstellung des Vorstandsberichts (§ 186 Abs. 4 S. 2 AktG) einzuhalten, nur weil eine Ungleichbehandlung der Gesellschafter durch die konkret festgesetzten Bezugsbedingungen nicht ausgeschlossen werden kann.

I. Bedeutung der dogmatischen Einordnung Sollte der faktische Bezugsrechtsausschluss tatsächlich als Umgehungstatbestand einzustufen sein, müssten konsequenterweise neben denselben (ungeschriebenen) materiellen Anforderungen345 auch die formal-gesetzlichen Voraussetzungen an den

342 Vgl. Dryander/Niggemann, in: Hölters, AktG, § 186 Rz. 39; Heckschen, DStR 2001, 1437, 1442; Hermanns, in: Michalski, GmbHG, § 55 Rz. 44; Hüffer, AktG, § 186 Rz. 43; MünchHdbGesellschaftsrecht/AG-Krieger/Kraft, § 56 Rz. 100; MünchKommGmbHG-Lieder, § 55 Rz. 82; KölnKommAktG-Lutter, § 186 Rz. 87; Marsch-Barner, in: Bürgers/Körber, AktG, § 186 Rz. 4; Rebmann, in: Heidel, Aktienrecht, § 186 Rz. 76; Rieder/Holzmann, in: Grigoleit, AktG, § 186 Rz. 83; Sickinger/Kuthe, in: Schüppen/Schaub, MAH Aktienrecht, § 33 Rz. 113; Veil, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 186 Rz. 14; Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 179. 343 Gehling, ZIP 2011, 1699, 1701 f.; Priester, in: Scholz, GmbHG, § 55 Rz. 69; Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG, § 186 Rz. 77. 344 Zu den sich hieraus ergebenden Konsequenzen für den Kapitalerhöhungsbeschluss vgl. unten D. III. 2. 345 Dazu unten D. II. 1.

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C. Faktischer Bezugsrechtsausschluss als Umgehungstatbestand

Ausschluss eingehalten werden346. Die Frage nach dem Vorliegen eines Umgehungsgeschäfts ist also nicht bloß theoretischer Natur. Sie dient dem praktischen Bedürfnis nach Klärung der formalen Anforderungen bei faktischem Bezugsrechtsausschluss347. Das oben ermittelte Aufgreifkriterium, wonach ein faktischer Bezugsrechtsausschluss dann vorliegt, wenn die Gestaltung der Bezugsbedingungen formale oder materielle Ungleichbehandlungen innerhalb des Kreises der Altgesellschafter bewirkt, besagt für sich noch nicht, ob solche faktischen Bezugsrechtsausschlüsse auch dogmatisch als Umgehungsgeschäft zu bewerten sind. Dazu bedarf es neben dem Vorliegen einer ausschlussgleichen Wirkung noch einer Auseinandersetzung mit der gesetzlichen Toleranz- oder Eingriffsschwelle der möglicherweise umgangenen Vorschrift des § 186 Abs. 3 S. 1 AktG348. Denn die Entwicklung von Umgehungsstrategien lässt sich als typische Reaktion des Rechtsverkehrs auf starre gesetzliche Regeln begreifen349. Nicht immer zwingen aber vergleichare Sachverhalte auch zur Anwendung derselben formal-gesetzlichen Restriktionen350. Manche „Sachverhaltsstrukturierung“ mag zweifelhaft anmuten und ist doch rechtlich unangreifbar351. Wertungsgefällen und Umgehungsanfälligkeiten entgegenzutreten, bleibt zuvörderst Aufgabe des Gesetzgebers352. Allerdings ist freilich auch der Rechtsanwender dazu berufen, eklatanten Fehlentwicklungen entgegenzuwirken und dem gesetzgeberischen Willen insbesondere durch eine richtige Auslegung zur Anwendung zu verhelfen353. Nur ist im Rahmen des Auslegungsprozesses stets zu beachten, dass es nicht allein genügt, eine trickreiche Konstruktion zu entlarven, sondern dass daneben auch geklärt werden muss, inwieweit die Umgehung von Buchstaben des Gesetzes und Willen des historischen Gesetzgebers hingenommen werden kann oder ob die

346 Zu dieser sog. Gleichstellung als Rechtsfolge der Umgehung vgl. Benecke, Gesetzesumgehung, S. 97 ff.; Schurig, FS Ferid, S. 375, 406. 347 Wie gezeigt, resultieren ungeschriebene materielle Anforderungen aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz als innerem Geltungsgrund des Bezugsrechts. Kommt es in der Folge eines ausdrücklichen Ausschlusses des Bezugsrechts zu einer formalen oder matriellen Ungleichbehandlung einzelner Altgesellschafter, muss diese Ausschlussentscheidung inhaltlich dem Gebot sachlicher Rechtfertigung genügen. Die Frage nach dem Vorliegen eines Umgehungstatbestandes hat damit keine Bedeutung für die materiellen, sondern allein für die Frage nach einer direkten oder zumindest analogen Anwendung formal-gesetzlicher Anforderungen an den Bezugsrechtsausschluss. Dazu auch im Folgenden. 348 Vgl. Benecke, Gesetzesumgehung, S. 215 f.; Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, S. 480 ff.; Schurig, FS Ferid, S. 375, 401 ff. 349 Vgl. Binder, Regulierungsinstrumente, S. 181 f.; Fleischer, ZHR 168 (2004), 673, 699. 350 Vgl. Schurig, FS Ferid, S. 375, 403. 351 Vgl. Fleischer, ZHR 168 (2004), 673, 699. 352 Schurig, FS Ferid, S. 375, 403; vgl. auch Binder, Regulierungsinstrumente, S. 182 unter Verweis auf den US-amerikanischen Sarbanes-Oxley Act 2002 für das Recht der Rechnungslegung. 353 Schürnbrand, ZHR 169 (2005), 35, 40 f.; Teichmann, JZ 2003, 761, 765 ff.

I. Bedeutung der dogmatischen Einordnung

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sog. gesetzliche Eingriffsschwelle bereits überschritten ist354. Hierzu ist zunächst das Schutzregime der umgangenen Vorschriften zu bestimmen und im Anschluss auch die Interessen des Umgehenden in die Abwägungsentscheidung mit einzubeziehen, um festzumachen, ob das Gesetz den „Einsatz der Umgehungswaffe“355 – hier also eine Gleichstellung in den formalen Anforderungen – auch tatsächlich verlangt. Der Feststellung von Umgehungstatbeständen liegt damit ein mehrstufiger Prozess zu Grunde. Um Stellung dazu beziehen zu können, ob Sinn und Zweck einer Regelung umgangen wurden, müssen zunächst deren Schutzziele herausgearbeitet werden356. Eine besondere Problematik scheint sich insofern zu ergeben, als bezüglich ausdrücklicher Bezugsrechtsausschlüsse sowohl formal-gesetzliche als auch ungeschriebene materielle Anforderungen Anwendung finden sollen. Dieser Umstand führt indes nicht zu einer anderen Vorgehensweise. Festzustellen ist allein, welche Schutzfunktionen den formalen Anforderungen an den Bezugsrechtsausschluss zugewiesen sind und ob diese beeinträchtigt werden. Ungeschriebene materielle Anforderungen an den Bezugsrechtsausschluss müssen dagegen wie gezeigt an den inneren Geltungsgrund des Bezugsrechts selbst anknüpfen. Ob faktische Bezugsrechtsausschlüsse auch den formalen Anforderungen ausdrücklicher Ausschlüsse unterliegen, ist dagegen abhängig davon, ob tatsächlich von einem Umgehungstatbestand ausgegangen werden kann. Dafür ist nach Feststellung der Schutzziele von § 186 Abs. 3 S. 1 – 3, Abs. 4 AktG auf einer zweiten Stufe eine wertende Betrachtung vorzunehmen357. Ausschlaggebend ist insofern, ob die Nichtanwendung der Normen als grob unangemessen einzustufen ist358. Ob die Toleranzschwelle der genannten Vorschriften überschritten ist, hängt insbesondere davon ab, ob Schutzziele der formalen Anforderungen an ausdrückliche Bezugsrechtsausschlüsse durch faktische Bezugsrechtsausschlüsse ausgehebelt zu werden drohen und welche anerkennenswerten Motive dem Umgehenden letztlich zugutegehalten werden können359. 1. Zivilrechtlicher Umgehungsschutz Unter einer Gesetzesumgehung wird allgemein ein Verhalten verstanden, bei welchem dem bloßen Wortlaut nach der Anwendungsbereich einer Norm eigentlich nicht eröffnet ist, eine Berücksichtigung der verfolgten Schutzzwecke aber eine 354

Vgl. die Nachweise unter Fn. 348. Schurig, FS Ferid, S. 375, 402. 356 Vgl. nur Benecke, Gesetzesumgehung, S. 215. 357 Benecke, Gesetzesumgehung, S. 215; Schurig, FS Ferid, S. 375, 401. 358 Eigentlich geht es also gleich um mehrere Wertungsfragen, vgl. Schurig, FS Ferid, S. 375, 402: „Nicht nur ob überhaupt die Nichtanwendung der umgangenen Norm als unangemessen erscheint, ist darum wichtig, sondern auch, in welchem Maße. Nicht jede Unangemessenheit rechtfertigt den Einsatz der Umgehungswaffe“ (Hervorhebung im Orig.). 359 Vgl. die Nachweise unter Fn. 348. 355

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C. Faktischer Bezugsrechtsausschluss als Umgehungstatbestand

Berührung ergibt360. Trotz der Möglichkeit einer solchen Umschreibung bildet die Gesetzesumgehung zutreffender Ansicht nach kein selbstständiges, eigenen Regeln folgendes Rechtsinstitut361. Weil die Gesetzesumgehung mangels methodischer Subjektsqualität keine eigenständigen Voraussetzungen wie etwa eine Umgehungsabsicht kennt, kommt es für eine Qualifizierung auf den zugrunde liegenden Sachverhalt sowie Sinn und Zweck des in Rede stehenden Gesetzes an362. Umgehungsschutz bedeutet demnach, durch Auslegung oder, bei Überschreitung des noch möglichen Wortsinns, im Wege der Analogiebildung dem Geltungsanspruch der umgangenen Norm zur Anwendung zu verhelfen363. Daneben findet sich vor allem in der Rechtsprechung auch der Ansatz, dem subjektiven Moment zur Einordnung von Umgehungsgeschäften eine gewisse Bedeutung beizumessen364. Nicht in Frage gestellt wird jedoch letztlich, dass es dem Nachweis einer Umgehungsabsicht nicht bedarf. Allerdings soll es für die Frage, ob ein Umgehungsgeschäft vorliegt, darauf ankommen, ob „der gleiche wirtschaftliche Erfolg angestrebt wird, dessen Eintritt die umgangene Vorschrift verhindern will“365. So geht der BGH etwa dann von einer Umgehung nach § 475 Abs. 1 S. 2 BGB aus, wenn das Rechtsgeschäft objektiv allein auf den Zweck rückschließen lässt, den Anwendungsbereich der für den Verbrauchsgüterkauf geltenden Vorschriften zu beschneiden366. Mit der Frage nach dem Umgehungszweck stehen aber auch bei dieser Herangehensweise letztlich objektivteleologische Gesichtspunkte bei der Bestimmung von Umgehungsgeschäften ganz im Vordergrund367.

360 Vgl. Bork, BGB AT, Rz. 1121; Gramlich/Zerres, ZIP 1998, 1299; Heerder, Fraus legis, S. 74 f.; M. Müller, NJW 2003, 1975. 361 MünchKommBGB-Armbrüster, § 134 Rz. 12; Benecke, Gesetzesumgehung, S. 208 f. Bork, BGB AT, Rz. 1121; Flume, BGB AT, Bd. II, S. 350; Medicus, BGB AT, Rz. 660; Schürnbrand, ZHR 169 (2005), 35, 40; Teichmann, JZ 2003, 761, 764 ff.; a.A. Heerder, Fraus legis, S. 83 f.; ebenso noch Larenz/Wolf, BGB AT, § 40 Rz. 31, anders nunmehr Wolf/Neuner, BGB AT, § 45 Rz. 27. 362 BGHZ 110, 47, 64; BGHZ 110, 230, 233 f.; BGH NJW 2006, 1066, 1067 Rz. 13; BAG NJW 2009, 2554, 2555 Rz. 17; Schürnbrand, ZHR 169 (2005), 35, 40; Teichmann, Gesetzesumgehung, S. 69 f. 363 MünchKommBGB-Schürnbrand, § 511 Rz. 7; Schurig, FS Ferid, S. 375, 399 f.; Sieker, Umgehungsgeschäfte, S. 8 ff. Teichmann, JZ 2003, 761, 765 ff.; dagegen stets auf einen Analogieschluss abstellend Benecke, Gesetzesumgehung, S. 38 f., 210 f. 364 Vgl. dazu Benecke, Gesetzesumgehung, S. 214 f.; Schurig, FS Ferid, S. 375, 403 f. 365 BGHZ 110, 230, 234; vgl. zu der hier interessierenden Problematik um die Erschwerung einer Bezugsrechtsausübung auch LG Düsseldorf AG 1999, 134 – Nordhäuser Tabakfabriken AG/AHAG. 366 BGH NJW 2006, 1066, 1067 Rz. 13. Vgl. zur hier interessierenden Problematik LG Düsseldorf AG 1999, 134 – Nordhäuser Tabakfabriken AG/AHAG. Das Gericht leitete ebenfalls aus objektiven Anhaltspunkten Rückschlüsse auf den Willen zur Erschwerung einer Bezugsrechtsausübung. 367 Vgl. Benecke, Gesetzesumgehung, S. 214 f.; M. Müller, NJW 2003, 1975 Fn. 7; vgl. auch Schurig, FS Ferid, S. 375, 404.

I. Bedeutung der dogmatischen Einordnung

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Zu beachten sind ferner die Grenzen des Umgehungsschutzes. Kommen weder eine Auslegung noch eine Analogiebildung in Betracht, bleibt nur noch eine gesetzesüberschreitende Rechtsfortbildung, um doch noch zu dem gewünschten Ergebnis zu gelangen. Wie bei Umgehungsgeschäften bedarf es zunächst einer Regelung, die einem Missbrauch nicht oder nur unzulänglich zu begegnen vermag368. Eine Rechtsfortbildung kommt allerdings nur dann in Betracht, wenn im Rahmen einer vorzunehmenden Abwägung mit der drohenden Unsicherheit für sämtliche Rechtsanwender gravierende Gerechtigkeitserwägungen im Einzelfall überwiegen und deshalb die Rechtsfortbildung sine legem gestatten369. 2. Einordnung des faktischen Bezugsrechtsausschlusses nach überkommener Auffassung In der Literatur herrscht überwiegend Einigkeit darüber, dass faktische Bezugsrechtsausschlüsse ebenfalls den an ausdrückliche Bezugsrechtsausschlüsse gestellten formalen und materiellen Anforderungen genügen müssen370. Ganz überwiegend wird dabei der Umstand betont, solche Erschwerungen der Bezugsrechtsausübung stünden einem ausdrücklichen Ausschluss des Bezugsrechts gleich371. Ebenso wie der Hinweis, der über die Vorschrift vermittelte Schutz würde anderenfalls leer laufen372, zielt diese Einschätzung erkennbar darauf ab, über eine Qualifikation als Ausschluss im Sinne von § 186 Abs. 3 S. 1 AktG zu einer direkten Anwendbarkeit der geschriebenen formalen und ungeschriebenen materiellen Anforderungen zu gelangen. Ob nun als Maßnahme gleicher Wirkung oder ausdrücklich als Umgehungstatbestand bezeichnet, die Einordnung wird in der Regel ohne weitere Problematisierung mit der Notwendigkeit einer Wahrung der an den ausdrücklichen Bezugsrechtsausschluss gestellten Anforderungen begründet. Wenn aufgrund nachteiliger Gestaltung der Bezugsbedingungen materiell ein Bezugsrechtsaus368

Benecke, Gesetzesumgehung, S. 212 f.; Larenz, Methodenlehre, S. 366, 371. Benecke, Gesetzesumgehung, S. 212. 370 Vgl. Dryander/Niggemann, in: Hölters, AktG, § 186 Rz. 39; Heckschen, DStR 2001, 1437, 1442; Hermanns, in: Michalski, GmbHG, § 55 Rz. 44; Hüffer, AktG, § 186 Rz. 43; MünchHdbGesellschaftsrecht/AG-Krieger/Kraft, § 56 Rz. 100; MünchKommGmbHG-Lieder, § 55 Rz. 82; KölnKommAktG-Lutter, § 186 Rz. 87; Marsch-Barner, in: Bürgers/Körber, AktG, § 186 Rz. 4; Rebmann, in: Heidel, Aktienrecht, § 186 Rz. 76; Rieder/Holzmann, in: Grigoleit, AktG, § 186 Rz. 83; Sickinger/Kuthe, in: Schüppen/Schaub, MAH Aktienrecht, § 33 Rz. 113; Veil, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 186 Rz. 14; Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 179. 371 Vgl. Dryander/Niggemann, in: Hölters, AktG, § 186 Rz. 39; Hüffer, AktG, § 186 Rz. 43; MünchHdbGesellschaftsrecht-Krieger/Kraft, § 56 Rz. 100; MünchKommGmbHGLieder, § 55 Rz. 82; T. Raiser/Veil, KapitalGesellschaftsrecht, § 20 Rz. 17; Rebmann, in: Heidel, Aktienrecht, § 186 Rz. 74; Veil, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 186 Rz. 14; Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 176; vgl. auch LG Düsseldorf AG 1999, 134 – Nordhäuser Tabakfabriken AG/AHAG. 372 Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG, § 186 Rz. 75. 369

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C. Faktischer Bezugsrechtsausschluss als Umgehungstatbestand

schluss vorliege, sollen diese zur Anwendung gelangen müssen. Einer Analogiebildung bedürfe es danach nicht373. 3. Alternative Ansätze Gleichwohl gehen nicht alle Beiträge zu den Anforderungen an die Wirksamkeit faktischer Bezugsrechtsausschlüsse in diese Richtung374. So verlangen etwa Priester für die GmbH und Servatius im Aktienrecht allein die Einhaltung der in Kali und Salz375 aufgestellten materiellen Anforderungen zur Rechtfertigung faktischer Bezugsrechtsausschlüsse376. Beide Autoren bleiben dabei für ihre von der herrschenden Betrachtung abweichende Auffassung eine Begründung schuldig. Servatius betont indes die Möglichkeit einer Umgehung der zum Schutz des Bezugsrechts in § 186 AktG enthaltenen formalen Anforderungen377. Damit ist letztlich ungewiss, ob das Vorliegen einer Umgehung tatsächlich in Zweifel gezogen wird oder Servatiuas trotz Vorliegens einer Umgehung aus praktischen Gründen der Anwendung der formalen Anforderungen Skepsis gegenüber steht. Letzteres erscheint nur auf den ersten Blick widersprüchlich. Denn das Recht kennt gewisse Toleranz- oder Eingriffsschwellen378. Die Feststellung einer Umgehung verlangt daher für sich noch nicht die Gleichstellung mit den Rechtsfolgen des umgangenen Gesetzes379.

373 Vgl. OLG Oldenburg WM 1994, 924, 927. Das Gericht problematisierte eine unmittelbare Anwendung der formalen Anforderungen an den Bezugsrechtsausschluss nicht einmal. In dem Fall ging es gleichwohl nicht um die Erschwerung eines formal eingeräumten Bezugsrechts. Die Entscheidung ist daher von eingeschränkter Bedeutung für die Behandlung des faktischen Bezugsrechtsausschlusses nach dem hiesigen Verständnis, vgl. oben A. II. 2. 374 Gehling, ZIP 2011, 1699, 1701 f.; Priester, in: Scholz, GmbHG, § 55 Rz. 69; Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG, § 186 Rz. 75. 375 BGHZ 71, 40 – Kali und Salz. 376 Priester, in: Scholz, GmbHG, § 55 Rz. 69: „Liegen in derartigen Fällen [scil.: faktischen Bezugsrechtsausschlüssen] sachliche Gründe nicht vor, sondern erfolgt die Erhöhung, um die betroffenen Gesellschafter von einer Teilnahme auszuschließen, ist gleichfalls eine Anfechtbarkeit des Erhöhungsbeschlusses gegeben“. Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG, § 186 Rz. 75: „Ist der Ausgabebetrag hiernach im Vergleich zum Nennwert der Aktien unangemessen hoch, hat sich die Gestaltung in analoger Anwendung der materiellen Beschlusskontrolle an den maßgeblichen Kriterien des Bezugsrechtsausschlusses zu messen“. 377 Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG, § 186 Rz. 75: „Der durch Abs. 2 bis Abs. 5 vermittelte Schutz kann auch bei Wahrung des gesetzlichen Bezugsrechts der Aktionäre leer laufen“. 378 Benecke, Gesetzesumgehung, S. 215 f.; Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, S. 480 ff.; Schurig, FS Ferid, S. 375, 401 ff. 379 Schurig, FS Ferid, S. 375, 402.

II. Funktionen formaler Anforderungen an den Bezugsrechtsausschluss

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II. Funktionen formaler Anforderungen an den Bezugsrechtsausschluss Zur Durchführung einer Kapitalerhöhung ist als Satzungsänderung (§ 23 Abs. 3 Nr. 3, Nr. 4 AktG bzw. § 3 Abs. 1 Nr. 3, Nr. 4 GmbHG) ein entsprechender Beschluss der Anteilseignerversammlung erforderlich380. Der Beschluss bedarf für die AG einer Mehrheit von drei Vierteln des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals sowie der einfachen Kapitalmehrheit (§§ 133 Abs. 1 Hs. 2, 182 Abs. 1 S. 1 AktG)381. Zudem sind ggf. Sonderbeschlüsse zu treffen (vgl. § 182 Abs. 2 AktG, § 141 Abs. 2 AktG)382. Bei der GmbH bedarf der Kapitalerhöhungsbeschluss in formaler Hinsicht einer Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen und muss notariell beurkundet werden383. Soll entgegen dem aktienrechtlichen Leitbild (§ 186 Abs. 1 Akt) eine Kapitalerhöhung unter Ausschluss des Bezugsrechts durchgeführt werden, hält das Gesetz in § 186 Abs. 3 S. 1 – 3 u. Abs. 4 AktG weitere formale Anforderungen bereit. Diese sind wegen der notwendigen Einheitlichkeit der Beschlussfassung über Kapitalerhöhung und Bezugsrechtsausschluss bereits im Kapitalerhöhungsverfahren zu beachten. Die Anforderungen nach § 186 Abs. 3 S. 1 – 3 u. Abs. 4 AktG finden im Grundsatz auch bei der bezugsrechtslosen regulären Kapitalerhöhung im GmbHRecht entsprechende Anwendung384. Sie gelten über § 203 Abs. 1 u. 2 AktG (ggf. analog in Verbindung mit § 55a GmbHG) auch für ein durch nachträgliche Satzungsänderung geschaffenes genehmigtes Kapital, bei dem das Bezugsrecht direkt ausgeschlossen ist oder der Geschäftsführung eine entsprechende Ermächtigung eingeräumt wird385. 380

Eine Ausnahme bildet das bereits in der Gründungssatzung eingeräumte genehmigte Kapital, vgl. § 202 Abs. 1 AktG bzw. § 55a Abs. 1 GmbHG. 381 Zur Berechnung der Kapitalmehrheit vgl. Hüffer, AktG, § 179 Rz. 14. 382 Vgl. hierzu Hüffer, AktG, § 182 Rz. 18 ff.; MünchHdbGesellschaftsrecht/AG-Krieger/ Kraft, § 56 Rz. 15 ff. 383 Hermanns, in: Michalski, GmbHG, § 55 Rz. 6 f., 13. Auch bei der börsennotierten AG ist der Beschluss durch eine notariell aufgenommene Niederschrift zu beurkunden, vgl. § 130 Abs. 1 S. 1 AktG. Bei der geschlossenen AG genügt dagegen außer bei der beabsichtigten Ausgabe stimmrechtsloser Vorzugsaktien eine Fixierung in der vom Vorsitzenden des Aufsichtsrats unterzeichneten Niederschrift, vgl. § 130 Abs. 1 S. 3 AktG i.V.m. § 182 Abs. 1 S. 2 AktG. 384 Heckschen, DStR 2001, 1437, 1439 f.; Hermanns, in: Michalski, GmbHG, § 55 Rz. 46; Lutter/Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 55 Rz. 21; Priester, in: Scholz, GmbHG, § 55 Rz. 61; Zöllner/Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 55 Rz. 25. Einzelheiten sind umstritten. Die formellen Anforderungen entfallen bei entsprechendem Einverständnis aller Gesellschafter, vgl. jeweils nur Zöllner/Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 55 Rz. 25 m.w.N. 385 Im zuletzt genannten Fall fehlt es an einem Verweis auf § 186 Abs. 3 AktG. Die in diesem Fall anwendbare (allgemeine) Regelung des § 202 Abs. 2 S. 2 u. S. 3 AktG halten aber übereinstimmende Anforderungen bereit, vgl. dazu MünchKommAktG-Bayer, § 203 Rz. 91. Diese Verweisungskette gilt auch für das bezugsrechtslose genehmigte Kapital im Recht der

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C. Faktischer Bezugsrechtsausschluss als Umgehungstatbestand

Wie aber verhält es sich bei faktischen Bezugsrechtsausschlüssen? Insofern könnte es bei den allgemeinen formellen Anforderungen an Kapitalerhöhungen sein Bewenden haben. Insbesondere Gehling hat sich jüngst explizit gegen eine Gleichstellung von Bezugsrechtserschwerungen mit ausdrücklichen Bezugsrechtsausschlüssen auf der Rechtsfolgenseite ausgesprochen. Allerdings betreffen seine Ausführungen wohl allein solche von den jeweiligen Gesellschaftsorganen beschlossenen Bezugsbedingungen, die unterhalb der Schwelle zum faktischen Bezugsrechtsausschluss verbleiben386. Wie erwähnt, finden sich aber auch Stimmen, die für den Fall faktischen Ausschlusses des Bezugsrechts allein die Einhaltung der für ausdrückliche Bezugsrechtsausschlüsse entwickelten materiellen Anforderungen verlangen387. Nach herrschender Betrachtung müssen dagegen als faktischer Bezugsrechtsausschluss einzuordnende Erschwerungen des Anteilsbezugs den strengen Anforderungen nach § 186 Abs. 3 S. 1 – 3 und Abs. 4 AktG genügen388. Diese gliedern sich in das Erfordernis einer expliziten Ankündigung des Bezugsrechtsausschlusses, besondere Mehrheitsanforderungen an den Kapitalerhöhungsbeschluss, sowie Berichts- und Begründungserfordernisse. 1. Die ausdrückliche Ankündigung Nach § 186 Abs. 4 S. 1 AktG hat zunächst eine ausdrückliche Ankündigung dahingehend zu erfolgen, dass die Hauptversammlung über den Ausschluss des Bezugsrechts beschließen möge. Diese Ankündigung hat in der Tagesordnung zu erfolgen, welche bei der AG nach §§ 121 Abs. 4, 25 AktG grundsätzlich vorab in den Gesellschaftsblättern bekannt zu machen ist389. Dabei statuiert das Gesetz mit dem Erfordernis einer „ausdrücklichen“ Ankündigung im Vergleich zu dem nach § 124 Abs. 1 AktG bzw. § 51 Abs. 2 GmbHG für sonstige Tagesordnungspunkte geltenden Gebot der einfachen Bekanntmachung gesteigerte Anforderungen. So genügt die schlichte Umschreibung nicht, vielmehr muss der Aktionär bei verständiger Würdigung – an die indes keine allzu hohen Anforderungen zu stellen sind – eindeutig erkennen können, dass eine Abstimmung über einen teilweisen oder vollständigen Ausschluss des mitgliedschaftlichen Bezugsrechts im Raume steht390. DementGmbH; vgl. Priester, in: Scholz, GmbHG, § 55a Rz. 4, 34. In Folge des fehlenden Verweises kann die Ermächtigung zum Bezugsrechtsausschluss ferner auch noch nach Schaffung des genehmigten Kapitals erfolgen, Rieder/Holzmann, in: Grigoleit/Rachlitz, AktG, § 203 Rz. 24. 386 Vgl. Gehling, ZIP 2011, 1699, 1701. 387 Vgl. die Nachweise unter Fn. 376. 388 Vgl. die Nachweise in Fn. 370. 389 Zur Bedeutung der Streichung des in § 186 Abs. 4 S. 1 AktG a.F. enthaltenen Verweises auf § 124 Abs. 1 AktG a.F. für die Ankündigungspflicht bei Abhaltung der Hauptversammlung als Universalversammlung nach § 121 Abs. 6 AktG im Zuge des ARUG vgl. Rebmann, in: Heidel, Aktienrecht, § 186 Rz. 35 Fn. 98 m.w.N. 390 Liebert, Bezugsrechtsausschluss, S. 48; KölnKommAktG-Lutter, § 186 Rz. 55; Rebmann, in: Heidel, Aktienrecht, § 186 Rz. 35.

II. Funktionen formaler Anforderungen an den Bezugsrechtsausschluss

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sprechend wird § 186 Abs. 4 S. 1 AktG generell eine spezifische Informations- und Warnfunktion im Interesse der Altgesellschafter entnommen391. Gerade hierauf kam es dem historischen Gesetzgeber des AktG 1937 bei der Einführung der Anforderung in § 153 Abs. 4 AktG a.F. auch an392. Zuvor war das Reichsgericht in ständiger Rechtsprechung davon ausgegangen, dass Aktionäre bereits dann mit einem Ausschluss des Bezugsrechts zu rechnen hatten, wenn in der Tagesordnung die Abstimmung über eine Kapitalerhöhung angekündigt war393. 2. Die Berichts- und Begründungspflichten In formaler Hinsicht verlangt das Gesetz ferner einen begründeten Bericht des Vorstands, § 186 Abs. 4 S. 2 AktG394. Die Pflicht zur Berichterstattung besteht auch für das genehmigte Kapital mit Direktausschluss und bei Ausschlussermächtigung (§§ 203 Abs. 2 S. 2 AktG, 186 Abs. 4 S. 2 AktG analog)395. Bereits an anderer Stelle ist darauf hingewiesen worden, dass dem Vorstandsbericht ebenfalls eine besondere Informations- und Warnfunktion zukommt396. Materielle Anforderungen an den Bezugsrechtsausschluss spielen insofern eine Rolle, als sie Einfluss auf den erforderlichen Inhalt des Berichts nehmen397, ohne dass bereits aus der Existenz der Berichtspflicht spezifische inhaltliche Anforderungen an den Ausschluss des Bezugsrechts wie das Gebot sachlicher Rechtfertigung nach der Lehre vom sachlichen Grund abgeleitet werden können398.

391 Liebert, Bezugsrechtsausschluss, S. 49; MünchKommAktG-Peifer, § 186 Rz. 64; Priester, in: Scholz, GmbHG, § 55 Rz. 61; Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG, § 186 Rz. 23; Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 112. 392 Vgl. Schlegelberger/Quassowski/Herbig/Geßler/Hefermehl, AktG 1937, § 153 Rz. 16. 393 RGZ 107, 72, 76; RGZ 108, 322, 325 – Leipziger Buchbinderei. 394 In der Universalversammlung (§ 121 Abs. 6 AktG) kann per einstimmigem Beschluss auf den Vorstandsbericht verzichtet werden, vgl. MünchKommAktG-Peifer, § 186 Rz. 65. Zur Lage bei der GmbH vgl. die Nachweise unter Fn. 384. 395 Die Berichtspflicht gilt zutreffender Ansicht nach ohne Abstriche für reguläre Kapitalerhöhungen wie auch beim genehmigten Kapital mit Direktausschluss/Ausschlussermächtigung im Recht der GmbH, vgl. in diese Richtung bereits Heckschen, DStR 2001, 1437, 1440; MünchKommGmbHG-Lieder, § 55 Rz. 84; Lutter/Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 55 Rz. 21; nachdrücklich Zöllner/Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 55 Rz. 25; offen Inhester, in: Saenger/Inhester, GmbHG, § 55 Rz. 34; a.A. Priester, in: Scholz, GmbHG, § 55 Rz. 61. 396 Die Funktionen der Berichts- und Begründungspflichten stimmen also mit den Schutzzielen des Gebots ausdrücklicher Ankündigung des Ausschlusses (§ 186 Abs. 4 S. 1 AktG) überein. 397 Stets ist daher auf das mit dem Ausschluss verfolgte Gesellschaftsinteresse einzugehen, auf ein Überwiegen des Gesellschaftsinteresses gegenüber den Beteiligungsinteressen ausgeschlossener Gesellschafter dagegen nur, wenn der Ausschluss eine formale oder materielle Ungleichbehandlung begründet. 398 Vgl. dazu oben B. III. 4. b) bb).

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C. Faktischer Bezugsrechtsausschluss als Umgehungstatbestand

3. Beschlussfassung und halbzwingende qualifizierte Mehrheitserfordernisse Schließlich stellt das Gesetz besondere Mehrheitsanforderungen an solche Kapitalerhöhungsbeschlüsse, durch den das Bezugsrecht ganz oder teilweise ausgeschlossen werden soll. § 186 Abs. 3 S. 1 – 3 AktG hält gegenüber dem einfachen Kapitalerhöhungsbeschluss ohne Ausschluss des Bezugsrechts (§ 182 Abs. 1 AktG) Verschärfungen bereit399, die über die Bezugnahme des § 203 Abs. 1 AktG auf §§ 185 bis 191 AktG auch für den Direktausschluss durch die Hauptversammlung bei Schaffung eines genehmigten Kapitals gelten, falls eine entsprechende Ermächtigung nicht bereits in der Gründungssatzung enthalten ist, vgl. § 202 Abs. 1 AktG400. Eine gewisse Lockerung erfährt diese Anforderung für die Ermächtigung des Vorstands zum Bezugsrechtsausschluss401. Dabei ist nach § 186 Abs. 3 S. 2 AktG bzw. nach § 202 Abs. 2 S. 2 AktG für den Fall der Ausschlussermächtigung neben den in Gesetz oder Satzung für die Kapitalerhöhung aufgestellten Erfordernissen eine Mehrheit erforderlich, die mindestens drei Viertel des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals umfasst. Eine wichtige Einschränkung halten §§ 186 Abs. 3 S. 3, 202 Abs. 2 S. 3 AktG insofern bereit, als die Satzung – wie im Recht der GmbH nach § 53 Abs. 2 S. 1 GmbHG stets – allein strengere Bestimmungen vorhalten kann402. Während die Satzung einer AG für einen einfachen Kapitalerhöhungsbeschluss grundsätzlich auch eine geringere Kapitalmehrheit vorsehen kann (§ 182 Abs. 1 S. 2 AktG), ist für eine Kapitalerhöhung unter vollständigem oder teilweisem Bezugsrechtsausschluss eine Mehrheit

399

Das deutsche Recht geht damit (zulässigerweise) über die Mindestanforderungen von Art. 44 KapRL hinaus, vgl. Lutter/Bayer/J. Schmidt, Europäisches Unternehmensrecht, § 20 Rz. 199, 202 (noch unter Bezugnahme auf Art. 40 KapRL a.F.). 400 Insofern wird § 179 Abs. 2 S. 1, S. 2 AktG verdrängt, vgl. Hüffer, AktG, § 179 Rz. 35 und § 182 Rz. 3, sowie § 202 Rz. 8. Im Recht der GmbH gelten diese halbzwingenden Mehrheitserfordernisse zwar ohnehin für jede Kapitalerhöhung, vgl. § 53 Abs. 2 GmbHG. Allerdings genügt dort eine Dreiviertel-Mehrheit der Stimmen, eine entsprechende Kapitalmehrheit wird nicht verlangt. Über § 186 Abs. 3 S. 2 AktG analog wird folglich ein zusätzliches Erfordernis statuiert; vgl. Zöllner/Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 55 Rz. 25; gegen sie mit zweifelhafter Begründung Priester, in: Scholz, GmbHG, § 55 Rz. 61; MünchKommGmbHG-Lieder, § 55 Rz. 83; ebenso (ohne Begründung) Lutter/Bayer, in: Lutter/ Hommelhoff, GmbHG, § 55 Rz. 21. 401 Weil § 203 Abs. 2 S. 2 AktG allein auf § 186 Abs. 4 AktG verweist, braucht der Ermächtigungsbeschluss herrschender Ansicht nach nicht zusammen mit dem Beschluss über das genehmigte Kapital erteilt zu werden, vielmehr soll auch eine nachträgliche Ergänzung möglich sein, vgl. Hüffer, AktG, § 203 Rz. 40; Maslo, Genehmigtes Kapital, S. 58; zweifelnd MünchKommAktG-Bayer, § 203 Rz. 92 m.w.N. Für den Fall einer solchen nachträglichen Ermächtigung sind allerdings hier wie sonst bei der Ermächtigung des Vorstands zum Bezugsrechtsausschluss die mit § 186 Abs. 3 S. 2, S. 3 AktG identischen Anforderungen nach § 202 Abs. 2 S. 2, S. 3 AktG zu beachten, vgl. MünchKommAktG-Bayer, § 203 Rz. 91 f. 402 Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 111.

II. Funktionen formaler Anforderungen an den Bezugsrechtsausschluss

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von drei Vierteln des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals als Minimalanforderung zwingend403. Wie eine Parallelbetrachtung verdeutlicht, sieht das Gesetz solche sog. halbzwingenden404 Mehrheitsanforderungen dann vor, wenn Aktionären die Tragweite einer bestimmten Entscheidung vor Augen geführt werden soll. Obschon ein genehmigtes Kapital auch unter Wahrung des Bezugsrechts geschaffen werden kann, stellt es die Vorschrift für jene Fälle nicht – anders als der bloße Vergleich mit der regulären Bezugsemission und § 182 Abs. 1 S. 1, S. 2 AktG nahe legen würde – den Aktionären anheim, in der Satzung auch eine niedrigere Mindestkapitalmehrheit für den Beschluss zu bestimmen. Die einseitige Beschränkung der Satzungsautonomie für die Einräumung eines genehmigten Kapitals mit und ohne Bezugsrecht in § 202 Abs. 2 S. 2, S. 3 AktG liegt darin begründet, dass sich die Hauptversammlung in jedem Fall der letztgültigen Bestimmung über die Durchführung der Kapitalerhöhung als einer ihrer Kernkompetenzen zu Gunsten des Vorstands begibt405. Der Gesetzgeber sieht es nach den Erfahrungen in der Vergangenheit406 zum Schutz der Aktionäre als erforderlich an, diese in formaler Hinsicht über die an403

Vgl. bereits Schlegelberger/Quassowski/Herbig/Geßler/Hefermehl, AktG 1937, § 153 Rz. 15. 404 Zu dem Begriff vgl. etwa Witt, AG 2000, 345, 346 405 Hirte, in: GroßKommAktG, § 202 Rz. 100; KölnKommAktG-Lutter, § 202 Rz. 5. 406 Der Gesetzgeber hat das Konfliktpotential widerstrebender Geschäftsleitungs- und Eigentümerinteressen lange Zeit unterschätzt. Tatsächlich fand sich in der ersten gesamtdeutschen Kodifikation des Aktienrechts in den betreffenden Regelungen der Art. 207 – 249 ADHGB 1861 überhaupt keine Aussage zu Kapitalerhöhungen, deren Zulässigkeit jedoch allgemein anerkannt war. Schnell entwickelte es sich zur geübten Praxis, bei der Gründung der AG ausgewählten Stakeholdern über die Satzung das Recht zuzuweisen, bei zukünftigen Kapitalerhöhungen ausgegebene Aktien beziehen zu dürfen. Durch die Ausübung dieses historischen Erwerbsrechts sollte es ihnen ermöglicht werden, selbst darüber zu entscheiden, ob sie die jeweilige Beteiligungsquote durch Einsatz weiterer Mittel wahren oder eine Verwässerung hinnehmen wollten. Während also bereits von Beginn an der durch Kapitalerhöhungen drohenden negativen Folgen für an die Beteiligung geknüpfte Mitgliedsrechte und Vermögensinteressen am Erhalt des Anteilswerts über die Schaffung von Erwerbsrechten durch ausdrückliche Satzungsbestimmungen entgegengewirkt wurde, zeigte sich beinahe ebenso schnell, welche Missbrauchsgefahren einem solchen unreglementierten, wenig austarierten System innewohnten. Vor allem die offenkundige Ungleichbehandlung einer statutarischen Gewährung von Erwerbsrechten an ausgewählte Aktionärsgruppen erwies sich als problematisch. Denn die bloß vereinzelte Zuweisung dieser Rechte zum Nachbezug wurde regelmäßig dazu eingesetzt, Leitungsbefugnisse des Vorstands durch Einflussnahme auf den Aktionärskreis abzusichern und Machtverschiebungen innerhalb der AG bewirken oder entgegenwirken zu können. Wegen des Fehlens zwingender Regelungen zur Kapitalerhöhung wurden Erwerbsrechte zudem zu Spekulationsgeschäften missbraucht, indem junge Aktien weit unterhalb ihres inneren Wertes ausgegeben wurden und die Differenz nicht etwa über einen Agio der Kapitalrücklage der Gesellschaft, sondern allein den Erwerbsrechtsinhabern zu Gute kam. Bereits zu einem frühen Zeitpunkt offenbarte sich damit die Problematik des Eingriffs in die mitgliedschaftlichen Rechte und Interessen der betroffenen Aktionäre durch Kapitalerhöhungen ohne ein gesetzlich verankertes Bezugsrechts; vgl. Begr. zu Aktenstück Nr. 21 v. 7. März 1884 (Entwurf eines Gesetzes betreffend die KGaA und die AG), abgedruckt bei Schubert/Hommelhoff, Modernes

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C. Faktischer Bezugsrechtsausschluss als Umgehungstatbestand

spruchsvollsten gesetzlichen Mehrheitserfordernisse abzusichern, die das deutsche Aktienrecht jenseits von Einstimmigkeitserfordernissen bereit hält407. Neben der allgemeinen Funktion qualifizierter Mehrheitserfordernisse wie der Vermeidung zufälliger Mehrheiten kommt den halbzwingenden Beschlussanforderungen nach § 186 Abs. 3 S. 2 AktG damit eine besondere Warnfunktion zu. Die besondere Bedeutung des Beschlussgegenstandes wegen der mit einem Ausschluss des Bezugsrechts regelmäßig auftretenden Gefahren für die Beteiligungsinteressen der Altgesellschafter soll hervorgehoben werden408. Das wird besonders deutlich bei regulären Kapitalerhöhungen in Fällen, in denen die Satzung der betroffenen Gesellschaft eigentlich eine geringere Kapitalmehrheit für den Erhöhungsbeschluss vorschreibt als § 186 Abs. 3 S. 2 AktG und damit die Einschränkung von § 186 Abs. 3 S. 3 AktG tatsächlich zum Tragen kommt. Auch bei der nachträglichen Einrichtung eines genehmigten Kapitals mit Direktausschluss des Bezugsrechts oder Ausschlussermächtigung führen die halbzwingenden Mehrheitserfordernisse nach § 186 Abs. 3 S. 2, S. 3 AktG bzw. § 202 Abs. 2 S. 2, S. 3 AktG den Anteilseignern die Bedeutung des Bezugsrechtsausschlusses vor Augen. Insofern besteht indes die Besonderheit, dass die Warnung vor drohenden Einbußen an Teilhabe- und Herrschaftsbefugnissen oder einer Verwässerung des Vermögenswerts der Beteiligung mit dem Schutz vor einer übereilten Abgabe einer der Hauptversammlung originär zukommenden Entscheidungsbefugnis zusammenfällt. Dem halbzwingenden Mehrheitserfordernis nach § 186 Abs. 3 S. 3 AktG eine besondere Warnfunktion beizumessen, steht schließlich auch nicht im Widerspruch dazu, dass der Beschluss der Anteilseignerversammlung das Bezugsrecht selbst nicht „ausdrücklich“ ausschließen muss409. Dies folgt bereits aus der Natur des Beschlusses als mehrseitigem, der Auslegung fähigem und bedürftigem Rechtsgeschäft410. Das Erfordernis eines ausdrücklichen Ausspruchs des Bezugsrechtsausschlusses ließe sich damit nicht vereinbaren411. Aktienrecht, S. 387, 435; vgl. ferner Hirte, Bezugsrechtsausschluss, S. 5; Mestmäcker, Konzerngewalt, S. 137 f.; Münch DB 1993, 769, 770 Fn. 16; Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 1 f.; Zöllner, AktG 2002, 585 f.; zur Gesetzeshistorie von § 186 AktG siehe ferner MünchKommAktG-Peifer, § 186 Rz. 7 ff.; Priester, DB 1980, 1925, 1927; Servatius, in: Spindler/Stilz, § 186 Rz. 5 ff. 407 Vgl. Witt, AG 2000, 345, 347 Fn. 12. Unbenommen bleibt den Aktionären freilich, in der Satzung noch strengere Bestimmungen für den Ausschluss des Bezugsrechts und die Errichtung eines genehmigten Kapitals vorzusehen, die bis hin zum Erfordernis eines einstimmig gefassten Votums der in der Hauptversammlung erschienenen Aktionäre reichen können, vgl. Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 111. 408 Auf diesen Aspekt zur Herleitung halbzwingender qualifizierter Mehrheitserfordernisse abstellend auch BGHZ 159, 30, 46 – Gelatine. 409 Wiedemann in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 110. 410 Vgl. Bartholomeyczik, ZHR 105 (1938), 293, 325 ff.; MünchKommHGB-Enzinger, § 119 Rz. 9 m.w.N.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 436; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, S. 179; zuletzt W. Ernst, Liber Amicorum Leenen, S. 1, 39 ff. 411 KölnKommAktG-Lutter, § 186 Rz. 53.

III. Umgehungsspezifische Bewertung

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III. Umgehungsspezifische Bewertung 1. Information und Warnung als Aufgaben formaler Anforderungen an einen Bezugsrechtsausschluss Die formalen Anforderungen an den Ausschluss des Bezugsrechts dienen dazu, Anteilseignern die mit der Erhöhung des Kapitals verfolgten Ziele vor Augen zu führen, damit sie auf dieser Grundlage in ihrer Stellung als Organwalter in der Anteilseignerversammlung unter Abwägung von Chancen und Risiken für die Gesellschaft wie für die eigene Stellung als Mitglied eine sachgerechte Entscheidung auf informierter Grundlage treffen können412. Insbesondere die hohen, nicht über die Satzung absenkbaren Mehrheitserfordernisse sollen dabei übereilte oder zufällige Entscheidungen verhindern. Dagegen kommt den im Folgenden näher beleuchteten ungeschriebenen materiellen Anforderungen an den (faktischen) Bezugsrechtsausschluss gerade für den Vorstandsbericht zutreffender Ansicht nach keine eigenständige Bedeutung zu413. Wie sonst auch (vgl. §§ 8 UmwG, 293a AktG), sollen die gesetzlichen Berichts- und Begründungspflichten bei Ausschluss des Bezugsrechts den Altgesellschaftern eine Plausibilitätskontrolle ermöglichen. Die Vereinbarkeit der Strukturmaßnahme mit dem Gesellschaftsinteresse, und – für den Fall formaler oder materieller Ungleichbehandlung – auch das Überwiegen der gesellschaftlichen Finanzierungs- gegenüber gesellschafterlichen Beteiligungsinteressen nach dem Gebot sachlicher Rechtfertigung soll einer Überprüfung durch jeden Gesellschafter zugänglich gemacht werden. Jedenfalls beschränkt sich die reflexhafte materielle Bedeutung des Vorstandsberichts darauf, „anderweitig begründete inhaltliche Anforderungen“ widerzuspiegeln414. Ganz im Vordergrund steht damit die prozedurale Informations- und Warnfunktion415. 2. Eingriffsschwellen und faktischer Bezugsrechtsausschluss Die Ausführungen zu den Zielen der formalen Anforderungen verdeutlichen das Gefälle zwischen den Voraussetzungen, die das Gesetz an Kapitalerhöhungen ohne 412

Vgl. ansatzweise Bayer, AG 1988, 323, 327; Hirte, Bezugsrechtsausschluss, S. 85 f.; Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 126. 413 In diese Richtung gehen auch die Ausführungen von Liebert, Bezugsrechtsausschluss, S. 51, die in materieller Hinsicht von einer „Annexfunktion des Vorstandsberichts“ spricht. Vgl. insgesamt bereits oben B. III. 4. b) bb). 414 Tettinger, Bezugsrechtsausschluss, S. 53. 415 Vgl. auch Binder, ZGR 2007, 745, 774: „Es liegt in der Natur der auch durch Wissensund Erkenntnisdefizite motivierten prozeduralen Normen, dass auf konkrete Inhaltsvorgaben für das Entscheidungsergebnis verzichtet wird. Sie sind jedenfalls konzeptionell ergebnisoffen und wollen reflexive Erkenntnisgewinnungs- und Entscheidungsprozesse unter den Beteiligten im jeweiligen Referenzgebiet ermöglichen, fördern und durch inhaltliche Mindestanforderungen gezielt beeinflussen, nicht zuletzt um so das in dem Referenzgebiet vorhandene Erfahrungswissen für Reaktionen auf künftige Entwicklungen und Risiken zu aktivieren, zu konservieren und – insbesondere – auszubauen und zu erweitern“ (Hervorhebungen im Orig.).

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C. Faktischer Bezugsrechtsausschluss als Umgehungstatbestand

und mit Bezugsrecht stellt. Vergegenwärtigt man sich darüber hinaus, dass sich im Rahmen regulärer Kapitalerhöhungen die Frage nach der Einhaltung von Berichtsund Begründungspflichten beim Bezugsrechtsausschluss zum bevorzugten Ziel entsprechender Anfechtungsklagen entwickelt hat416, bestehen ggf. starke Anreize dazu, über die Gestaltung der Bezugsbedingungen ausschlussgleiche Wirkungen herbeizuführen, ohne die formalen Anforderungen an einen ausdrücklichen Bezugsrechtsausschluss auszulösen. a) Bedürfnis nach Umgehungsneutralisierung Auf den ersten Blick scheint es eindeutig, Vermeidungstaktiken über die Gestaltung der Bezugsbedingungen als unangemessen einzustufen und als Umgehungstatbestand denselben Anforderungen zu unterwerfen, wie einen ausdrücklichen Ausschluss des Bezugsrechts. Dafür ließe sich bereits anführen, dass das – aufgrund der Formulierung rein formaler Anforderungen an den Bezugsrechtsausschluss – ohnehin als lückenhaft empfundene gesetzliche Schutzsystem zur Wahrung von Interessen der Altgesellschafter an einer Gleichbehandlung in der Kapitalerhöhung anderenfalls weiter ausgehöhlt zu werden drohte. Tatsächlich ist eine in der entsprechenden Gestaltung der Bezugsbedingungen zum Ausdruck kommende „Rücksichtslosigkeit“417 gegenüber dem Recht der Altgesellschafter auf Nachbezug ein starkes Indiz dafür, dass die bei jeder Bewertung möglicher Umgehungsgeschäfte einzubeziehende rechtliche Toleranz- oder Eingriffsschwelle bei einem faktischen Bezugsrechtsausschluss bereits überschritten ist. In die gebotene Gesamtbewertung sind allerdings mögliche Motivationslagen und Interessen der handelnden Gesellschaftsorgane bei der Festsetzung der Bezugsbedingungen ebenfalls miteinzubeziehen418. Am Beispiel des überhöhten Bezugspreises ist der Einwand geäußert worden, dass – weil alle Gesellschafter letztlich von dem überproportionalen Mittelzuführung im Verhältnis zu durch einen hohen Aufpreis profitierten – mit einer entsprechende Gestaltung der Bezugsbedingungen keine unangemessene Benachteiligung einherginge419. Nun begründet nach dem hier vorgeschlagenen Orientierungsmerkmal einer Ungleichbehandlung der Altgesellschafter durch die Gestaltung der Bezugsbedingungen ein überhöhter Bezugspreis ohnehin kaum je einen faktischen Bezugsrechtsausschluss420. Die Frage nach einer Anwendung der formalen Anforderungen nach § 186 Abs. 3 S. 1 – 3 und Abs. 4 AktG stellt sich nicht, weil ein „Ausschluss“ im Sinne der Norm insofern 416 Vgl. Martens, ZIP 1992, 1677; Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG, § 186 Rz. 34. Beim genehmigten Kapital hat sich die Lage im Anschluss an die Lockerung der Berichtspflichten durch den BGH in seiner Siemens/Nold-Entscheidung dagegen entspannt, vgl. Schürnbrand, ZHR 171 (2007), 731, 733. 417 Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, S. 482. 418 Benecke, Gesetzesumgehung, S. 215 f. 419 Vgl. Gehling, ZIP 2011, 1699, 1700 f. 420 Vgl. die Ausführungen unter B. I. 2. c) und E. III. 1.

III. Umgehungsspezifische Bewertung

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praktisch kaum in Rede steht. Der Einwurf, die Verfolgung des Gesellschaftsinteresses über die jeweilige Festsetzung der erschwerten Bezugsbedingungen komme letztlich allen an der Gesellschaft beteiligten Mitgliedern zu Gute, ist aber für die Einstufung des faktischen Bezugsrechtsausschlusses als Umgehungstatbestand dennoch nicht ohne Bedeutung. Denn damit ist letztlich die Frage aufgeworfen, ob es einer Umgehungsneutralisierung über eine Qualifizierung als Bezugsrechtsausschluss mit den damit verbundenen formalen Folgewirkungen überhaupt bedarf. Sofern die drohende Gefahr einer Verwässerung der Beteiligungsquote deshalb keinen Anlass zur Sorge gebe, weil die jeweilige Gestaltung zumindest die Vermögensinteressen der Altgesellschafter an einer Steigerung des Anteilswerts bediene421, mag dies vordergründig nicht der Fall sein. Gleichwohl filtert das Anknüpfungsmoment der formalen oder materiellen Ungleichbehandlung zur Bestimmung faktischer Bezugsrechtsausschlüsse gerade solche Erschwerungen des Anteilsbezugs heraus, in denen die konkrete Gefahr besteht, dass der Kapitalerhöhungsbeschluss vermittels der ihn begleitenden Bezugsbedingungen bereits nicht das Gesellschaftsinteresse definiert, etwa weil Sondervorteile für maßgeblich beteiligte Gesellschafter gegen eine Förderung des Gemeinwohls sprechen422. Für den Fall, dass die Erschwerung des Anteilsbezugs mitgliedschaftsbezogene Sondernachteile rechtlicher oder faktischer Art für einzelne Gesellschafter zeitigt oder bereits äußerlich an die Person einzelner Gesellschafter anknüpft, begründet auch dieser Umstand ein Bedürfnis nach besonderer Rechtfertigung einer Hintanstellung von Beteiligungsinteressen. In sämtlichen Fällen, die nach dem Aufgreifkriterium der Ungleichbehandlung über die Bezugsbedingungen als faktischer Bezugsrechtsausschluss einzustufen sind, kann also erst eine nähere inhaltliche Überprüfung am Maßstab des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zeigen, ob die Gestaltung der Bezugsbedingungen sachlich im Gesellschaftsinteresse liegt und das Interesse der Gesellschaft an einer Eigenkapitalzuführung das gewählte Vorgehen rechtfertigen kann. Den Gesellschaftern wird diese Prüfung über eine Berichts- und Begründungspflicht im Vorfeld erleichtert. Insofern bleibt es also bei dem Befund, dass grundsätzlich ein Bedürfnis nach Qualifizierung faktischer Bezugsrechtsausschlüsse als Ausschluss im Sinne von § 186 Abs. 3 S. 1 AktG besteht, weil eine Ungleichbehandlung nicht von vornherein eine Rechtfertigung in der vermeintlichen Förderung des Gesellschaftsinteresses findet.

421 Vgl. Gehling, ZIP 2011, 1699, 1701: „Selbst wenn der Aktionär sich gegen eine Teilnahme an der Kapitalerhöhung entscheidet, wird er nicht unangemessen benachteiligt. Er erleidet zwar eine Stimmverwässerung. Dieser steht aber der positive Verwässerungseffekt gegenüber, der ihm ohne eigenes Investment zufließt“. 422 Zur Definition maßgeblicher Beteiligung vgl. die Ausführungen unter Fn. 289.

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C. Faktischer Bezugsrechtsausschluss als Umgehungstatbestand

b) Überwiegendes Interesse an einem Gleichlauf von ausdrücklichen und faktischen Bezugsrechtsausschlüssen Dem Interesse an einer Nutzbarmachung der Informationsfunktionen prozeduraler Anforderungen seitens der Minderheitsgesellschafter steht gleichwohl das Interesse der zur Festsetzung der Bezugsbedingungen berufenen Mehrheit bzw. Geschäftsführung an der Nichtanwendung der formalen Anforderungen entgegen. Grundsätzlich können auch die Interessen des Umgehenden eine Erhöhung der rechtlichen Toleranzschwelle begründen und ein Umgehungsgeschäft ausschließen423. Für eine Gleichstellung der Anforderungen faktischer und ausdrücklicher Bezugsrechtsausschlüsse allein mit Bezug auf – insbesondere ungeschriebene – materielle Anforderungen424 mag die bislang herrschende Unsicherheit bei der Bestimmung faktischer Ausschlüsse sprechen. Werden die formalen Anforderungen an einen Bezugsrechtsauschluss prophylaktisch eingehalten, z. B. weil ein bislang überwiegend als faktischer Bezugsrechtsausschluss eingeordneter überhöhter Bezugspreis im Raume steht, ist damit im Rahmen regulärer Kapitalerhöhung wegen der gestrengen Anforderungen an die Berichts- und Begründungspflichten doch wieder ein erhöhtes Anfechtungsrisiko verbunden. Zudem werden der Gesellschaft durch eine vorsorgliche Einhaltung der formalen Anforderungen an den Bezugsrechtsausschluss ohne gesicherte Kenntnis über die tatsächliche Erforderlichkeit des Vorgehens erhöhter Aufwand und weitere Kosten verursacht. Erfolgt aber ein bewusster oder – für den Fall, dass die Problematik im Vorfeld überhaupt nicht gesehen wird – unbewusster Verzicht auf die Einhaltung der formalen Anforderungen nach § 186 AktG, ginge damit wegen der fehlenden Nachholbarkeit die Gefahr einher, dass ein mit der Sache befasstes Gericht bereits aus formalen Gründen zu dem Ergebnis einer Anfechtbarkeit der Kapitalerhöhung gelangen könnte425.Vergleichbare, in erster Linie praktisch orientierte Erwägungen waren es immerhin, die den BGH in Siemens/Nold zu einer Reduzierung der Anforderungen an die Berichts- und Begründungspflichten bei der Errichtung eines genehmigten Kapitals unter Bezugsrechtsausschluss bewogen426 und später die höchstrichterliche Absage an eine erneute Berichtspflicht vor der bezugsrechtsfreien Ausnutzung eines genehmigten Kapitals stützten427. Letztlich wird man gleichwohl von einem Überwiegen der gesellschafterlichen Beteiligungsinteressen an einem wirksamen Umgehungsschutz ausgehen müssen. 423

Benecke, Gesetzesumgehung, S. 216. So implizit Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG, § 186 Rz. 75 (am Beispiel des überhöhten Bezugspreises): „Ist der Ausgabebetrag hiernach im Vergleich zum Nennwert der Aktien unangemessen hoch, hat sich die Gestaltung in analoger Anwendung der materiellen Beschlusskontrolle an den maßgeblichen Kriterien des Bezugsrechtsausschlusses zu messen“; vgl. auch Priester, in: Scholz, GmbHG, § 55 Rz. 69. 425 Zu den Folgen für den Kapitalerhöhungsbeschluss vgl. unten D. III. 2. 426 BGHZ 136, 133 – Siemens/Nold. 427 BGHZ 164, 241, 245 ff. – Mangusta/Commerzbank I; a.A. nach wie vor Bayer, ZHR 168 (2004), 132, 154 ff.; MünchKommAktG-ders., § 203 Rz. 157 ff. 424

III. Umgehungsspezifische Bewertung

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Die Anknüpfung an die Gleichbehandlung bei der Bestimmung faktischer Bezugsrechtsausschlüsse als innerer Geltungsgrund des Bezugsrechts liefert die Begründung für die Notwendigkeit der Einordnung solcher Erschwerungen des Anteilsbezugs als Umgehungsgeschäft. Denn anderenfalls würde die gesetzlich vorgesehene Information und Warnung der Altgesellschafter über die Einhaltung der formalen Anforderungen an den Bezugsrechtsausschluss gerade für solche Konstellationen nicht zum Tragen kommen, in denen – genau wie bei Kapitalerhöhungen ohne Bezugsrecht – über eine formale oder materielle Ungleichbehandlung in der Kapitalerhöhung die mitgliedschaftlichen Rechte und Vermögensinteressen betroffener Altgesellschafter immerhin unangemessen verkürzt zu werden drohen. Für faktische Bezugsrechtsausschlüsse muss letztlich aus diesem Grunde gelten, dass die Bedrohung der objektiven Schutzziele entscheidungsprozessbezogener Anforderungen nach § 186 Abs. 3 S. 1 – 3, Abs. 4 AktG einer Berücksichtigung nachvollziehbarer praktischer Interessen an einer Nichtgeltung der formalen Anforderungen entgegensteht. Weil eine konsequente Anknüpfung an das Vorliegen einer Ungleichbehandlung durch die Gestaltung der Bezugsbedingungen geeignet erscheint, Unsicherheiten über das Vorliegen eines faktischen Bezugsrechtsausschlusses zumindest zu verringern428, verliert das Argument einer im Einzelfall unbilligen Überfrachtung der Gesellschaft mit prozeduralen Anforderungen bei Annahme eines Umgehungstatbestands an Gewicht. Für das befürwortete Ergebnis einer Einordung als Umgehungstatbestand streitet ferner die Pflicht richtlinienkonformer Auslegung, wonach der europarechtlich über Art. 33 Abs. 4 S. 3 KapRL jedenfalls für Barkapitalerhöhungen bei Aktiengesellschaften verankerten Berichtspflicht zu praktischer Wirksamkeit zu verhelfen ist429. Damit vertrüge es sich offenkundig schwerlich, es dem Belieben der zuständigen Gesellschaftsorgane anheim zu stellen, über eine geschickte Gestaltung der Bezugsbedingungen die Wirkungen eines ausdrücklichen Bezugsrechtsausschlusses herbeiführen und dennoch die für ein solches Vorgehen nach der gesetzlichen Konzeption vorgesehenen formalen Hürden unterlaufen zu können. c) Keine Umgehung durch einfache Erschwerungen des Anteilsbezugs Bislang wurde der Einordnung solcher Erschwerungen des Anteilsbezugs wenig Beachtung geschenkt, die hinter der Intensität eines faktischen Bezugsrechtsausschlusses zurückbleiben430. Im Zusammenhang mit der hier interessierenden Frage nach einer Anwendung der formalen Anforderungen an einen ausdrücklichen Bezugsrechtsausschluss in Konstellationen, in denen jedenfalls vordergründig ein Bezugsrecht gewährt wird, fehlt es nach diesseitigem Verständnis an einem Ausschluss i.S.v. § 186 Abs. 3 S. 1 AktG, solange die Gestaltung der Bezugsbedin428

Vgl. dazu die Ausführungen unter B. IV. 2. Zu dem Auslegungsgrundsatz des effet utile vgl. etwa Habersack/Verse, Europäisches Gesellschaftsrecht, § 3 Rz. 50 ff.; Potacs, EuR 2009, 465, jeweils m.w.N. 430 Vgl. aber neuerdings Gehling, ZIP 2011, 1699, 1701. 429

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C. Faktischer Bezugsrechtsausschluss als Umgehungstatbestand

gungen keine Ungleichbehandlung innerhalb des Gesellschafterkreises zur Folge hat. Nur für den Fall eines Ausschlusses hält das Gesetz die genannten formalen Anforderungen an den Kapitalerhöhungsbeschluss jedoch vor, nur bei einer Ungleichbehandlung der Altgesellschafter über die Gestaltung der Bezugsbedingungen ist eine Erschwerung des Anteilsbezugs als faktischer Bezugsrechtsausschluss und damit auch als Ausschluss im Sinne der Norm zu qualifizieren431. Erreichen Erschwerungen des Bezugsrechts dieses Niveau nicht, verbleibt es bei der Beachtlichkeit (ungeschriebener) materieller Anforderungen432.

IV. Fazit Der von der herrschenden Auffassung433 vorgenommenen Einordnung faktischen Bezugsrechtsausschlusses als Umgehungstatbestand ist im Ergebnis zuzustimmen. Die sog. Eingriffs- oder Toleranzschwelle, die unter den Aspekten der Sach- und Systemgerechtigkeit eine Interessenabwägung gegenüber dem Für und Wider eines „Einsatzes der Umgehungswaffe“ verlangt, ist bei Gestaltungen, die als faktischer Bezugsrechtsausschluss zu qualifizieren sind, überschritten. Der ausdrückliche Bezugsrechtsausschluss birgt das Risiko einer Ungleichbehandlung von Altgesellschaftern in der Kapitalerhöhung. Damit korrespondieren Informations- und Warnfunktionen der entscheidungsprozessbezogenen Anforderungen an den ausdrücklichen Bezugsrechtsausschluss. Einer ebensolchen Gefahr sind die Altgesellschafter aber auch dann ausgesetzt, wenn ein faktischer Bezugsrechtsausschluss droht. Das festgestellte Gefälle zwischen den Anforderungen an Kapitalerhöhungen mit und ohne Bezugsrechtsausschluss, das über die Gestaltung als faktischer Bezugsrechtsausschluss anderenfalls der Ausnutzung offen stünde, zwingt daher zur direkten Anwendung der gesteigerten prozeduralen Anforderungen nach § 186 Abs. 3 S. 2, S. 3, Abs. 4 AktG, weil die Bedrohung für die Altgesellschafter in Fällen ausdrücklichen wie faktischen Bezugsrechtsausschlusses identisch ist. Solche Erschwerungen des Anteilsbezugs, die keine formale oder materielle Ungleichbehandlung zur Folge haben, sind dagegen nicht als Ausschluss im Sinne des § 186 Abs. 3 S. 1 AktG zu werten. Für Kapitalerhöhungen mit solchen Bezugsbedingungen – Beispiel: überhöhter Bezugspreis – gelten damit auch keine gesteigerten formalen Anforderungen.

431 432 433

Im Ergebnis ebenso Gehling, ZIP 2011, 1699, 1701. Vgl. dazu D. I. 1. Vgl. die Nachweise unter Fn. 370.

D. Ungeschriebene materielle Anforderungen an Erschwerungen des Anteilsbezugs Nachdem feststeht, dass die formalen Anforderungen von § 186 Abs. 3 S. 2, S. 3, Abs. 4 AktG bei Kapitalerhöhungen mit solchen Erschwerungen des Anteilsbezugs Anwendung finden, die über die Gestaltung der Bezugsbedingungen Ungleichbehandlungen der Altgesellschafter in der Kapitalerhöhung zeitigen und so als faktische Bezugsrechtsausschluss einen Umgehungstatbestand formen, soll nunmehr die Frage nach den jeweiligen (ungeschriebenen) materiell-rechtlichen Anforderungen in den Mittelpunkt der Betrachtung rücken. Keiner näheren Ausführungen bedarf zunächst, dass die zuständigen Gesellschaftsorgane bei der Gestaltung der Bezugsbedingungen gesetzliche Schranken wie das Sittengebot (§ 138 BGB) oder das Sondervorteilsverbot (§ 243 Abs. 2 S. 1 AktG) zu beachten haben. Daneben sind freilich auch die aus der beweglichen Schranke der Treuepflicht rührenden Gestaltungsgrenzen zu beachten434. Welche positiven Anforderungen sich hieraus aber genau ergeben und inwieweit den zuständigen Gesellschaftsorganen ein nur eingeschränkt überprüfbares unternehmerisches Ermessen bei der Festsetzung der Bezugsbedingungen zukommt, erscheint bereits weniger eindeutig und im hier interessierenden Zusammenhang bislang kaum thematisiert worden435. Insofern gilt es zu unterscheiden zwischen den ungeschriebenen materiellen Anforderungen bei Eingriffen in den Gleichbehandlungsgrundsatz in den Fällen faktischen Bezugsrechtsausschlusses auf der einen Seite und den allgemeinen treuepflichtinduzierten Anforderungen, denen die dahinter zurückbleibenden sonstigen Erschwerungen des Anteilsbezugs zu genügen haben.

I. Allgemeine Anforderungen Besonders Gehling hat sich jüngst mit den treuepflichtbezogenen Anforderungen an solche Gestaltungen des Rechts zum Anteilsbezug befasst, die eine Erschwerung bedeuten, ohne zugleich das Gewicht eines faktischen Ausschlusses zu erreichen436. Ihm zu Folge soll in diesen Fällen ein Gebot sachlicher Rechtfertigung nach der 434

Vgl. Gehling, ZIP 2011, 1699, 1701 f. Vgl. mit Blick auf Gestaltungsgrenzen aufgrund von Treuebindungen Gehling, ZIP 2011, 1699 ff.; Groß, AG 1993, 449, 455; MünchKommGmbHG-Lieder, § 55 Rz. 82; Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 177. 436 Vgl. Gehling, ZIP 2011, 1699, 1701 f. Vgl. hierzu ansatzweise auch die übrigen unter Fn. 435 genannten. 435

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D. Ungeschriebene Anforderungen an Erschwerungen des Anteilsbezugs

Lehre vom sachlichen Grund ausscheiden, weil ein dem Bezugsrechtsausschluss vergleichbarer Eingriff in die Beteiligungsinteressen der Altgesellschafter unterhalb der Schwelle zum faktischen Ausschluss nicht zu besorgen sei. Allerdings begründeten die Einwirkungsmöglichkeiten der Gesellschaftsorgane eine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die mitgliedschaftlichen Rechte und Interessen437. Man kann darüber streiten, ob die Reduzierung materieller Anforderungen an den Kapitalerhöhungsbeschluss unterhalb der Schwelle zum faktischen Bezugsrechtsausschluss nicht tatsächlich darin begründet liegt, dass ein Gebot sachlicher Rechtfertigung nicht angezeigt ist, wenn eine Ungleichbehandlung nicht droht und damit der Gleichbehandlungsgrundsatz von vornherein nicht berührt ist. Eine „Ausbeutung“ der Altgesellschafter als Regelunterworfenen bleibt über die Gestaltung der Bezugsbedingungen indes ausnahmsweise möglich und begründet das Bedürfnis für eine weitmaschigere treuepflichtinduzierte Missbrauchskontrolle auch hier438. Dem von Gehling aufgegriffenen Ansatz439, gegenüber der Lehre vom sachlichen Grund zurückgenommene materielle Anforderungen unterhalb der Schwelle zum faktischen Bezugsrechtsausschluss in der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht zu verankern, kann damit jedenfalls im Ergebnis uneingeschränkt zugestimmt werden. Während im Ausgangspunkt folglich bereits festzuhalten ist, dass die Gestaltung der Bezugsbedingungen aufgrund der Treuebindungen der zuständigen Gesellschaftsorgane dem Gemeinwohl verpflichtet sein muss, bleibt zu klären, wie dieses Erfordernis für den Einzelfall zu konkretisieren ist und inwiefern zu Gunsten der zuständigen Gesellschaftsorgane bei der Gestaltung der Bezugsbedingungen ein gerichtlich nicht überprüfbarer Ermessensspielraum besteht. 1. Förderung des Gesellschaftsinteresses a) Grundlegendes Die Behandlung von Erschwerungen des Anteilsbezugs, die nicht die Qualität faktischer Ausschlüsse erreichen, ist ein Aspekt, der in der Diskussion bislang wenig Beachtung gefunden hat. Eine Auseinandersetzung mit der Frage schlägt eine Schneise zu der grundlegenden Problematik um die materielle Beschlusskontrolle im Kapitalgesellschaftsrecht, die bei der Frage nach dem Schutzregime des Bezugsrechts zur Bestimmung faktischer Bezugsrechtsausschlüsse bereits angeschnitten wurde. Heute ist der Gedanke ganz herrschend, dass die Treuepflicht eine Grenze privatautonomer Gestaltungsmacht innerhalb von Verbänden formt. Auf diesen Gedanken beruft sich auch Gehling, der die Treuepflicht als Schranke gegenüber weitgehenden Einflussmöglichkeiten auf das Gemeinwohl seitens der zur Festset437

Gehling, ZIP 2011, 1699, 1701. Zum inneren Geltungsgrund der Treuepflicht vgl. oben B. III. 3. a). 439 Vgl. MünchKommGmbHG-Lieder, § 55 Rz. 82. So zuvor bereits etwa Groß, AG 1993, 449, 455; Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 177. 438

I. Allgemeine Anforderungen

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zung der Bezugsbedingungen berufenen Gesellschaftsorgane in Stellung bringen will440. Mit Blick auf die Konkretisierung der Gemeinwohlverpflichtung hat sich als Überprüfungsmaßstab die Förderung des Gesellschaftsinteresses heute überwiegend durchgesetzt441. Zur Begründung wird meistens darauf verwiesen, dass der Verbandszweck – aus dem sich das Gesellschaftsinteresse ableitet – die Ausrichtung des Verbandes definiert. Nur was sich über diesen Verbandszweck definieren lässt, ist auch vom Einverständnis des einzelnen Gesellschafters zur Unterwerfung unter das Mehrheitsprinzip über den Gründungs- bzw. Beitrittsakt zu diesem Verband gedeckt. Etwas anderes kann sich daher – mag es sich im Einzelfall auch durchaus vorteilhaft auswirken – von vornherein nicht zur Beschlusslegitimierung bei fehlender Zustimmung aller Gesellschafter eignen442. Der Begriff des Gesellschaftsinteresses lässt sich zwar nicht unmittelbar subsumtionsfähig definieren, ist aber einer recht genauen Umschreibung zugänglich und bleibt damit nachvollziehbar. Abstrakt gesprochen liegt all das im Gesellschaftsinteresse, was die Erreichung des von den Gesellschaftern bestimmten Verbandszwecks fördert443. Damit ist die entscheidende Weichenstellung für eine konkretere Bestimmung geleistet – maßgeblich ist der jeweilige Verbandszweck444, der sich nach zutreffender Ansicht aus dem Unternehmensgegenstand sowie dem formalen Unternehmensziel zusammensetzt445.

440

Gehling, ZIP 2011, 1699, 1701 f. Vgl. BGHZ 71, 40, 44 – Kali und Salz; Grigoleit, Gesellschafterhaftung, S. 300; Koppensteiner/Gruber, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 47 Rz. 122 f.; Lutter, ZHR 153 (1989), 446, 453; Martens, FS Steindorff, S. 151, 159 f.; Tettinger, Bezugsrechtsausschluss, S. 78; Tröger, Treupflicht, 71 f.; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 253 ff.; Wandrey, Materielle Beschlusskontrolle, S. 183 f.; Zöllner, Schranken, S. 344 f; a.A. wohl Bachmann, Private Ordnung, S. 212. Zu dem nicht mit dem Gesellschaftsinteresse gleichzusetzenden sog. Unternehmensinteresse vgl. exemplarisch Grigoleit, Gesellschafterhaftung, S. 332 ff.; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 268 ff. 442 Vgl. Tröger, Treupflicht, S. 71 f.; Wiedemann, WM 2009, 1, 3. 443 So wohl auch BGHZ 71, 44, 46 f. – Kali und Salz; vgl. insb. Liebert, Bezugsrechtsausschluss, S. 88; Mülbert, ZGR 1997, 129, 141; Schockenhoff, Bezugsrechtsausschluss, S. 15; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 254 und S. 258 mit Fn. 31; Zöllner, Schranken, S. 23 f. 444 Anders Hirte, Bezugsrechtsausschluss, S. 27 ff.; gegen ihn mit ausführlicher Begründung Schockenhoff, Bezugsrechtsausschluss, S. 23 ff. 445 Umstritten ist insbesondere die Frage, ob neben Sachziel und Formalziel ein sog. Autonomieziel eine dritte Säule des Verbandszwecks bildet, vgl. Mülbert, Aktiengesellschaft, S. 157; Tröger, Treupflicht, S. 100 ff. m.w.N; Wandrey, Materielle Beschlusskontrolle, S. 145 f. Bei Fehlen eines ausdrücklich hierauf gerichteten Willens der (Gründungs-)Gesellschafter lässt sich jedoch die Annahme nur konstruieren, dass die Gesellschaft dauerhaft unabhängig geführt werden solle, vgl. Tröger, Treupflicht, S. 102 Fn. 13; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 262. Ein Autonomieziel ist daher richtigerweise nicht ohne weiteres als Gegenstand des Verbandszwecks anzuerkennen, vgl. Grigoleit, Gesellschafterhaftung, S. 328 f. 441

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D. Ungeschriebene Anforderungen an Erschwerungen des Anteilsbezugs

b) Kontextbezogene Beispiele Die Anknüpfung an das Gesellschaftsinteresse ermöglicht damit über das Zusammenspiel von statutarisch fixiertem Unternehmensgegenstand und (bei der AG dual ausgestaltetem446) Formalziel insgesamt eine präzisierte Bestimmung des Gemeinwohls für den Einzelfall447. So liegt die Festsetzung eines überhöhten Bezugspreises im Kapitalerhöhungsbeschluss448 stets im Gesellschaftsinteresse, wenn das in die Kapitalrücklage einzustellende Agio zur Erhöhung der Eigenkapitals notwendig ist, etwa um eine bilanzielle Überschuldung zu vermeiden oder ein bestimmtes Kreditrating aufrechtzuerhalten. Auch kann beispielsweise die Festlegung, dass Bekanntmachungen des Bezugsangebots im Ausland ausgeschlossen seien, dazu dienen, Prospektpflichten zu vermeiden und die Gesellschaft so vor hohen Kosten zu bewahren449. Es liegt dann an dem dissentierenden Gesellschafter, im Rahmen eines um die konkrete Festsetzung oder die Kapitalerhöhung insgesamt geführten Prozesses darzulegen, dass vermittels der Strukturmaßnahme als Ganzes oder der in ihrem Rahmen festgesetzten Bezugsbedingungen in Wahrheit (ausnahmsweise) gar nicht beabsichtigt wird, die Finanzierung des Unternehmens sicherzustellen oder Sanierungsbemühungen zu fördern, sondern Sonderinteressen verfolgt werden450. 2. Ermessensspielräume der handelnden Gesellschaftsorgane An die Bestimmung des Prüfungsmaßstabs einer treuepflichtinduzierten Missbrauchskontrolle, der jede Erschwerung des Anteilsbezug zugänglich ist, schließt sich unweigerlich die Frage nach der tatsächlichen Reichweite entsprechender richterlicher Kontrolle an. Denn in der Festsetzung konkreter Bezugsbedingungen kommt die Wahrnehmung eines unternehmerischen Gestaltungsermessens zum Ausdruck451. Regelmäßig wird aber für die Kontrolle derartiger Entscheidungen auf einen breiten Beurteilungsspielraum und eine damit korrespondierende verminderte 446 Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76 Rz. 38; Kort, in: GroßKommAktG, § 76 Rz. 54; Mülbert, FS Röhricht, S. 421 ff.; kritisch etwa Habersack/Schürnbrand, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel, Bd. I, Kap. 17 Rz. 74. 447 Ähnlich Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 260. 448 Diese Fallgruppe ist nach hier vertretener Ansicht wegen der grds. gleichmäßigen Beeinträchtigung sämtlicher zum Bezug berechtigten Altgesellschafter durch den überhöhten Preis in aller Regel nicht als faktischer Bezugsrechtsausschluss einzustufen, vgl. die Ausführungen unter B. I. 2. c) sowie E. III. 1. 449 Vgl. dazu noch unter E. III. 5. 450 Vgl. Zöllner, AG 2002, 585, 588 (zum Gesellschaftsinteresse an einem Bezugsrechtsausschluss). Zu den Verteilungen der Darlegungs- und Beweislasten bei treuepflichtindizierter Missbrauchskontrolle gegen einfache Erschwerungen des Bezugsrechts vgl. noch im Folgenden D. III. 3. 451 Vgl. Gehling, ZIP 2011, 1699, 1701; Wiedemann in: GroßKommAktG, § 182 Rz. 69; MünchKommAktG-Peifer, § 182 Rz. 35.

I. Allgemeine Anforderungen

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gerichtliche Kontrolldichte verwiesen452. Indes fragt sich, wenn durch die Beschlussfassung das Gemeinwohl konkretisiert werden soll, wie weit die Freiheit in der Bestimmung dessen, was im Gesellschaftsinteresse liegt, reichen kann, ohne dass dessen immanente Begrenzungs- und Steuerungsfunktion verloren geht. Ein Konflikt zwischen dem Interesse der jeweiligen Gesellschaftsorgane an einer sachgerechten Kompetenzwahrnehmung und dem Bedürfnis der Minderheitsgesellschafter nach einer effektiven Rechtmäßigkeitskontrolle erscheint geradezu vorgezeichnet453. a) Überkommene Lösungsansätze Das Problem wird unter anderem diskutiert bei der Frage nach der materiellen Kontrolle von Bezugsrechtsausschlüssen. Dabei lautet die Quintessenz herrschender Strömungen, dass aufgrund des Charakters des Kapitalerhöhungsbeschlusses als unternehmerischer Entscheidung der Verpflichtung auf das Gesellschaftsinteresse letztlich nur eine geringe Lenkungswirkung zuzuerkennen sei454. Traditionell wird hinsichtlich der Frage, ob der gefasste Kapitalerhöhungsbeschluss tatsächlich im Gesellschaftsinteresse liegt, von einem der richterlichen Kontrolle weitgehend entzogenen Ermessensspielraum des jeweils handelnden Gesellschaftsorgans ausgegangen455. Unter Betonung des unternehmerischen Entscheidungsfindungsprozesses verbleibe ein gerichtlich nicht überprüfbarer Kernbereich. Die Prüfungsintensität mindere sich von einer grundsätzlich in Betracht kommenden vollumfänglichen Überprüfung auf eine bloße Vertretbarkeits- bzw. Plausibilitätskontrolle456. Letztlich wird die Anerkennung eines Ermessensspielraums unter Rückgriff auf einen Gesichtspunkt begründet, der heute unter dem Schlagwort des sog. hindsight 452 Vorerst nur Koppensteiner/Gruber in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 47 Rz. 130. 453 Letztlich dreht es sich wiederum um das Verhältnis von Regelsetzer und Regelunterworfenem. Eine vergleichbare Debatte existiert im öffentlichen Recht, die sich am Spannungsverhältnis von gesetzgeberischem Ermessen und verfassungsgerichtlicher Kontrollbefugnis entzündet. Plastisch beschreibt Robert Alexy dabei die Einräumung gesetzgeberischer Spielräume als eine Kompetenz des Gesetzgebers, mit der zwangsläufig eine entsprechenden verfassungsgerichtlichen Nichtkompetenz korreliere, R. Alexy in: Sieckmann, Prinzipientheorie, S. 105, 118. 454 Deutlich: Servatius in: Spindler/Stilz, AktG, § 186 Rz. 54; Zöllner, AG 2002, 585, 588. 455 Vgl. BGHZ 71, 40, 50 – Kali und Salz; BGHZ 111, 224, 227; OLG Köln NZG 2002, 966, 968; OLG Düsseldorf DB 1996, 974 f.; Boese, Anwendungsgrenzen, S. 97; Hüffer, AktG, § 186 Rz. 36; Lutter, ZGR 1979, 401, 405, 407; MünchKommAktG-Peifer, § 186 Rz. 73; Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG, § 186 Rz. 53; Tettinger, Bezugsrechtsausschluss, S. 80; Zöllner, Schranken, S. 25. 456 Vgl. BGHZ 71, 40, 50 – Kali und Salz; BGHZ 111, 224, 227; OLG Stuttgart NZG 2003, 1025, 1027; OLG Stuttgart NZG 2000, 159, 161; OLG Stuttgart AG 1998, 529, 531; LG Heidelberg ZIP 1988, 1257, 1258; Boese, Anwendungsgrenzen, S. 97, 101; Dreher, ZHR 158 (1994), 614, 631 ff.; Lutter, ZGR 1979, 401, 407; Martens, ZIP 1992, 1677, 1695; Tettinger, Bezugsrechtsausschluss, S. 80; Timm, Konzernspitze, S. 82 f.; H. P. Westermann, ZHR 156 (1992), 203, 217.

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D. Ungeschriebene Anforderungen an Erschwerungen des Anteilsbezugs

bias auch die gesetzliche Anerkennung eines Geschäftsleiterermessens (business judgment rule)457 nach § 93 Abs. 1 S. 2 AktG legitimieren soll458. So bestehe zwangsläufig zum Zeitpunkt der Entscheidung nur unsicheres Wissen darüber, welche Handlung sich für die Zukunft als geeignet erweisen werde, das Gesellschaftsinteresse tatsächlich zu fördern. Vor Gericht drohe dieser Umstand – unter Kenntnis des wahren Verlaufs – nur unzureichend berücksichtigt zu werden. Flankiert wird dieser Begründungsansatz teils noch durch Verweis auf eine von judizieller Seite zu respektierenden Verbandsautonomie459. Mit der Befugnis privatrechtlich organisierter Verbände, in gewissem Umfang eigene Angelegenheiten selbst zu regeln, vertrage sich eine richterliche Überprüfung unternehmerischer Entscheidungen schwerlich460. Ganz im Vordergrund einer Verteidigung kontrollreduzierter Ermessensspielräumen finden sich aber epistemische Erwägungen wie die Berufung auf Erkenntnisunsicherheiten461. b) Die business judgment rule als Grundlage und Grenze freien organschaftlichen Handlungsermessens An dieser überkommenen, von einem Kernbereich unternehmerischen Beurteilungsermessens ausgehenden Auffassung ist richtig, dass sich die Frage, ob der Beschlussinhalt ex ante betrachtet das Gesellschaftsinteresse formuliert, überwiegend als unsichere Prognoseentscheidung darstellt und aus diesem Grunde das Bedürfnis nach einer gewissen Kontrollfreiheit begründet462. Hier wie für den originären Anwendungsbereich der Regel zum Geschäftsleiterermessen bestünde andernfalls ein prinzipielles Risiko dergestalt, dass Gerichte die Anforderungen an die getroffene Entscheidung unter Kenntnis des tatsächlich eingetretenen Kausalverlaufs überstrapazieren463. Der Verweis auf einen sog. hindsight bias ist berechtigt. Die mit einem Kontrollentzug korrelierende Anerkennung eines Bestandsschutzes für unternehmerische Entscheidung unter Unsicherheit erscheint ebenso wie der zunehmend vertretene Ansatz, der zunächst für die Geschäftsleiter entwickelten

457

Vgl. dazu BGHZ 135, 244 – ARAG/Garmenbeck; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rz. 59 ff. 458 Vgl. die Nachweise unter Fn. 455. 459 Fastrich, FS Kreutz, S. 585, 590; Liebert, Bezugsrechtsausschluss, S. 90; Schockenhoff, Bezugsrechtsausschluss, S. 17 f. 460 Liebert, Bezugsrechtsausschluss, S. 90. 461 Deutlich Wandrey, Materielle Beschlusskontrolle, S. 163: „Eine höhere Kontrolldichte lässt der Prognosecharakter unternehmerischer Entscheidungen schlicht nicht zu.“; zurückhaltender Grigoleit, Gesellschafterhaftung, S. 365 f. Zu dem Terminus epistemischer Unsicherheit vgl. Klatt/J. Schmidt, Spielräume, S. 2, 5. 462 Vgl. BGHZ 135, 244, 253 f. – ARAG/Garmenbeck; BGH NZG 2008, 389 Rz. 11 – UMTS; Fleischer, NZG 2008, 371; Krieger/Sailer-Coceani, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 93 Rz. 10. 463 Vgl. Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rz. 60; ders., NZG 2011, 521, 522; Paefgen, AG 2004, 245, 247 Fn. 21; Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG, § 186 Rz. 54.

I. Allgemeine Anforderungen

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business judgment rule (§ 93 Abs. 1 S. 2 AktG464) eine organübergreifende Geltung zuzusprechen und auch auf Entscheidungen der Anteilseignerversammlung zu erstrecken465, beifallswürdig. Denn für eine gerichtliche Missbrauchskontrolle besteht nach dem hier zugrunde liegenden Treuepflicht-Verständnis kein Bedarf, wenn insbesondere mangels Interessenkollision die Sachgerechtigkeit der von der Anteilseignerversammlung oder – subsidiär – der Verwaltung festgesetzten Bezugsbedingungen nicht zu besorgen ist466. Der Hinweis auf die Verbandsautonomie zur Begründung eines Ermessensspielraums führt dagegen nicht weiter, weil die Treuepflicht eine Ausübungsschranke (privat-)autonomer Betätigung bildet und gerade erst der Legitimierung mehrheitlich getroffener Entscheidungen dient467. Daher kann die über die Treuepflicht durchsetzbare Verpflichtung auf das Gesellschaftsinteresse nicht im Handstreich unter Verweis auf ein privatautonomes Bestimmungsrecht darüber, was denn im Gesellschaftsinteresse liege, einfach wieder abgetan werden. Dieser Gedanke einer Effektuierung der Treuebindungen ist es auch, der an der Anerkennung eines epistemisch begründeten Beurteilungsspielraums Zweifel aufkeimen lässt. aa) Die funktionale Bedeutung der business judgment rule Eine überzeugendere Begründung für Grund und Grenzen einer Zurücknahme gerichtlicher Kontrolldichte bei unternehmerischen Organentscheidungen liefert die organ- und gesellschaftsübergreifende Regel der business judgment rule, wie sie der Gesetzgeber für das deutsche Recht in § 93 Abs. 1 S. 2 AktG verankert hat. Eine 464 Nach ganz überwiegender Auffassung gilt die business judgment rule auch im GmbHRecht, vgl. etwa Begr. RegE BT-Drucks. 15/9092, S. 12: „nicht auf die Aktiengesellschaft beschränkt“; Fleischer, ZIP 2004, 685, 692; J. Koch, AG 2012, 429, 438; Leinekugel, in: Oppenländer/Trölitz, GmbH-Geschäftsführung, § 18 Rz. 5; vgl. ferner BGH NJW 2008, 3361, 3362 f. Rz. 11; kritisch dagegen Jungmann, FS K. Schmidt, S. 831, 850 f. 465 Vgl. Binder, AG 2012, 885; Birke, Formalziel, S. 228; Paefgen, Unternehmerische Entscheidungen, S. 171 ff., 183 f.; Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG, § 186 Rz. 54; Thole, ZHR 173 (2009), 504, 522 ff.; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 273 ff.; Wandrey, Materielle Beschlusskontrolle, S. 163 ff.; Zöllner, FS Kropff, S. 333, 343; ders., AG 2000, 145, 153 Fn. 85; ders., AG 2002, 585, 587 f. Insb. zur Doppelfunktion der business judgment rule – einerseits Haftungsreduzierung zugunsten von Organmitgliedern, andererseits Bestandsschutz zugunsten von Organentscheidungen – vgl. J. Koch, AG 2009, 93, 97 f.; ders., FS Säcker, S. 403, 411 ff.; Paefgen, AG 2004, 245, 249 f. m.w.N.; ders., AG 2008, 761, 762 f.; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 273, 276 f. 466 Zur selbstregulativen Wirkung der business judment rule vgl. J. Koch, FS Säcker, S. 403, 413: „Richtigkeitsgewähr, aus der sich die Auflockerung der gerichtlichen Kontrolldichte ergibt“; Paefgen, NZG 2009, 891, 892: „Rechtmäßigkeitsvermutung“; ders., Unternehmerische Entscheidungen, S. 167 ff., 176; ähnlich Fleischer, ZIP 2004, 685, 690 f.; Hüffer, AktG, § 93 Rz. 4d; Lutter, FS Canaris, 245, 247, 249 f.; U. H. Schneider, FS Hüffer, S. 905, 908; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 274 ff.; vgl. in diese Richtung auch Binder, Regulierungsinstrumente, S. 337 ff. 467 Vgl. die Ausführungen und Nachweise unter Fn. 235.

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D. Ungeschriebene Anforderungen an Erschwerungen des Anteilsbezugs

solche Anknüpfung ermöglicht den Rückgriff auf ein entwickeltes und international bewährtes gesellschaftsrechtliches Prinzip468. Auch wenn der Aspekt des Bestandsschutzes von Organentscheidungen weder in der deutschen noch in der angelsächsischen Rechtsprechung und Literatur dieselbe Aufmerksamkeit zu Teil geworden ist wie einer Enthaftung der Geschäftsleiter, kommt der business judgment rule gleichwohl ohne Frage eine dahingehende Doppelfunktion zu469. Bei konsequenter Anwendung zeigt sich allerdings mit Blick auf das skizzierte überkommene Verständnis von den Ermessensspielräumen der Gesellschaftsorgane bei unternehmensbezogenem Handeln am Beispiel des Bezugsrechtsausschlusses, dass sich die Hypothese der stets auf „Plausibilität“ gerichteten richterlichen Überprüfungsbefugnis470 auf dieser Grundlage nicht aufrechterhalten lässt471. Sie geht einerseits zu weit, weil bereits aus der Eigenschaft als Entscheidung unter Rechtsunsicherheit die Existenz eines im Kern nicht überprüfbaren Ermessensspielraums gefolgert wird. Dagegen greift sie zu kurz, wenn die Voraussetzungen der business judgment rule erfüllt sind und die Organentscheidung deshalb nicht einmal mehr auf ihre Plausibilität hin überprüft werden darf (safe harbor). Hat das jeweilige Gesellschaftsorgan bei der Beschlussfassung insbesondere frei von Interessenkonflikten und auf angemessener Informationsgrundlage gehandelt, so kann ein entsprechend gefasster Beschluss inhaltlich allein darauf überprüft werden, ob er „vernünftigerweise“ (§ 93 Abs. 1 S. 2 AktG) ergehen durfte. Damit kann unter Berücksichtigung des „angelsächsischen Rechtskreises“ und den „Ausführungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung in der ARAG-Garmenbeck-Entscheidung des BGH“ – auf beides nimmt die Gesetzesbegründung Bezug 472 – nur eine Anknüpfung an den sog. any rational business purpose-test gemeint sein: Erst wenn die getroffene Entscheidung schlechterdings nicht mehr nachvollziehbar erscheint, bleibt der Beschluss trotz vorausgegangenem fehlerfreien Entscheidungsfindungsprozesses angreifbar, wenn und weil dessen Ergebnis außerhalb des zugestandenen Ermessensspielraums liegt und einen Bestandsschutz damit nicht zu rechtfertigen vermag473 Im Gegensatz dazu ist, wie bereits der Wortsinn nahe legt, mit einer vollumfänglichen materiellen Kontrolle durch das Gericht außerhalb der business judgment rule nicht etwa gemeint, dass solche unternehmerischen Entscheidungen lediglich einer bloßen Vertretbarkeits- oder Plausibilitätsprüfung unterlägen. Der insofern 468

Zum herrschenden, über das Aktienrecht hinausgehenden Anwendungsbereich von § 93 Abs. 1 S. 2 AktG vgl. v. Falkenhausen, NZG 2012, 644, 646 m.w.N. 469 Vgl. die Nachweise unter Fn. 465. 470 OLG Stuttgart AG 1998, 529, 531; OLG Braunschweig AG 1999, 84, 86; Servatius in: Spindler/Stilz, AktG, § 186 Rz. 54. 471 Ebenso noch Wandrey, Materielle Beschlusskontrolle, S. 160. 472 Begr. RegE UMAG, BT-Dr. 15/5092, S. 11. 473 Vgl. Bachmann, ZHR 177 (2013), 1, 9; Berger/Frege/Nicht, NZI 2010, 321, 328; Fest, NZG 2011, 540, 541; Hopt/M. Roth in: GroßKommAktG, § 93 Abs. 1 Satz 2, 4 n.F. Rz. 32 ff.; J. Koch, ZGR 2006, 769, 788 f.; Lohse, Unternehmerisches Ermessen, S. 39; Paefgen, AG 2004, 245, 255; ders., NZG 2009, 891, 892; Wandrey, Materielle Beschlusskontrolle, S. 159 f.

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vorgebrachte Verweis auf den prognostischen Charakter dieser Entscheidungen kann eine andere Bewertung nicht rechtfertigen474. Eine bei Existenz mehrerer rechtmäßiger Handlungsalternativen mit Unsicherheit über das „richtige“ Vorgehen belastete Entscheidungsfindung belegt allein, dass ein grundsätzliches Bedürfnis für die Anerkennung gewisser Ermessensspielräume besteht. Sie erklärt für sich dagegen nicht, warum die Rechtsordnung jenseits der business judgment rule einer vergleichbaren Rücknahme der Kontrolldichte die Anerkennung verweigert, handelt es sich doch insofern um eine absolute Ausnahmeerscheinung475. Hier wie sonst birgt die Eröffnung von Ermessensspielräumen zunächst einmal ein erhebliches Gefahrenpotential, weil die Zurücknahme richterlicher Kontrolle zwangsläufig „Raum für Missbräuche“ schafft476. Die Anerkennung eines eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraums ist damit geeignet, die ohnehin begrenzte Lenkungsfunktion einer Verpflichtung auf die Förderung des Gesellschaftsinteresses weiter abzuschwächen477. Zutreffend ist darauf hingewiesen worden, dass die business judgment rule ihre berechtigte Existenz dem besonderen Interesse der Gesellschafter an einer unternehmerischen Betätigungsfreiheit und einer gewissen Risikoaffinität des zur Entscheidung berufenen Organs verdankt478. Damit steht die Verpflichtung auf das Gesellschaftsinteresse wie die Möglichkeit der Überprüfung, ob die angegriffene Maßnahme im Gesellschaftsinteresse liegt, in einem unvermeidlichen Spannungsverhältnis. Weil die Verpflichtung auf das Gesellschaftsinteresse ebenso wie die Kontrollreduzierung nach der business judment rule letztlich den Beteiligungsinteressen der Gesellschafter Rechnung tragen sollen, bedarf es eines schonenden Ausgleichs der miteinander konkurrierenden Prinzipien zur Erfüllung dieses Ziels. Der Ausgleich wird über die Verpflichtung des handelnden Gesellschaftsorgans auf die entscheidungsprozessbezogenen Anforderungen nach § 93 Abs. 1 S. 2 AktG geleistet479. Schließlich bliebe anders auch schwer erklärlich, warum die Anerkennung eines Ermessensspielraums nach § 93 Abs. 1 S. 2 AktG überhaupt noch vom Vorliegen bestimmter Tatbestandsmerkmale abhängig sein sollte480. Neben dem 474

Vgl. BGH NJW 2011, 2719, 2722 Rz. 32 f. – Telekom III; Jungmann, NZI 2009, 80, 81; ders., FS K. Schmidt, S. 830, 834 ff.; a.A. aber Grigoleit/Tomasic, in: Grigoleit, AktG, § 93 Rz. 28; Lutter, ZIP 2007, 841, 845 f.; Wandrey, Materielle Beschlusskontrolle, S. 161 ff., 163. 475 Insofern zutreffend v. Falkenhausen, NZG 2012, 644, 647 f.; Jungmann, FS K. Schmidt, S. 830, 836. 476 Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG, § 186 Rz. 54; vgl. ferner Thole, ZHR 173 (2009), 504, 522. 477 Zum Nachteil der Abschwächung der „Steuerungskraft des Rechts“ durch die Anerkennung epistemischer Spielräume vgl. Klatt/ J. Schmidt, Spielräume, S. 1. 478 Vgl. Fleischer, ZIP 2004, 685, 685 f.; Jungmann, FS K. Schmidt, S. 830, 838 ff.; Langenbucher, DStR 2005, 2083, 2084 f., 2088; Lohse, Unternehmerisches Ermessen, S. 37. 479 Grundlegend zu entscheidungsprozessgesteuerten Organentscheidungen: Binder, Regulierungsinstrumente, S. 336 ff. 480 Vgl. Hopt/M. Roth, in: GroßKommAktG, § 93 Abs. 1 Satz 2, 4 n.F. Rz. 17 m.w.N.: Unternehmerische Entscheidung kein zentrales Abgrenzungsmerkmal.

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D. Ungeschriebene Anforderungen an Erschwerungen des Anteilsbezugs

Vorliegen einer unternehmerischen Entscheidung wird danach gerade auch ein gutgläubiges Handeln zum Wohle der Gesellschaft auf angemessener Informationsgrundlage bei Fehlen von Interessenkonflikten verlangt481. Erst wenn alle formalen Voraussetzungen gegeben sind, verdient die Ermessensausübung der Geschäftsleitung grundsätzlich Schutz482. Nichts anderes kann für die unternehmerischen Entscheidungen anderer Gesellschaftsorgane gelten483. Bei einer Entscheidung auf Grundlage hinreichender Information und unter Abwesenheit von Interessenskonflikten kann auf eine Förderung des Gesellschaftsinteresses vertraut werden. Auch in der höchstrichterlichen Rechtsprechung etwa zum Ausschluss des Bezugsrechts war dagegen nie von einer voraussetzungslosen Einräumung von Ermessensspielräumen allein aufgrund des Charakters der Kapitalerhöhung als unternehmerischer Entscheidung die Rede. Vielmehr wurde auch hier eine hinreichende Informationsgrundlage sowie die Abwesenheit von Sonderinteressen verlangt484. Es ließe sich auch kaum begründen, weshalb eine richterliche Kontrolle dieser prozeduralen Voraussetzungen nach der Konzeption des § 93 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 2 AktG bei Entscheidungen der Geschäftsleitung möglich erscheint485, bei der Bestimmung des Gesellschaftsinteresses durch andere Gesellschaftsorgane dagegen ausgeschlossen sein sollte486. 481 Begr. RegE BT-Dr. 15/5092, S. 11 ff.; BGHZ 135, 244, 253 f. – ARAG/Garmenbeck; Paefgen, AG 2004, 245, 251 ff.; Lutter, ZIP 2007, 841, 843 ff. 482 Vgl. Krieger/Sailer-Coceani, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 93 Rz. 12 ff.; Paefgen, AG 2004, 245, 249. Zur Beschränkung dieser Rechtmäßigkeitsvermutung durch den sog. Irrationalitätstest vgl. Paeffgen, NZG 2009, 891, 892 m.w.N. 483 Paefgen, Unternehmerische Entscheidungen, S. 183 f., 222 ff.; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 276; Zöllner, AG 2002, 585, 587 f. 484 Vgl. BGHZ 71, 40, 50 – Kali und Salz; dazu Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 275; vgl. ferner BGHZ 125, 239, 246 f. – Deutsche Bank; BGHZ 136, 133, 139 – Siemens/ Nold; Wandrey, Materielle Beschlusskontrolle, S. 157. 485 Nach herrschender Auffassung obliegt den beklagten Vorstandsmitgliedern die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen für das Eingreifen der business judgment rule vorliegen, vgl. Begr. Reg BR-Dr. 3/05, S. 21 und BT-Dr. 15/5092, S. 12; BGH NZG 2011, 549, 550 Rz. 19 f.; BGH NJW 2008, 3361, 3362 Rz. 4; v. Falkenhausen, NZG 2012, 644, 651 f.; Fest, NZG 2011, 540, 541; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rz. 77; ders., NJW 2009, 2237, 2238; Hüffer, AktG, § 93 Rz. 16; Krieger/Sailer-Coceani, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 93 Rz. 31; a.A. Paefgen, NZG 2009, 891, 893 ff. 486 Auch insofern wird man nach dem Willen des Gesetzgebers von einer Abweichung der sog. Normentheorie ausgehen und der beklagten Gesellschaft die Darlegungs- und Beweislast für die Unbefangenheit der Gesellschaftermehrheit und das Vorliegen der übrigen Voraussetzungen der analog anwendbaren Regel über das Geschäftsleiterermessen aufbürden müssen. Zwar weist Wandrey, Materielle Beschlusskontrolle, S. 169, zu Recht darauf hin, dass mit der größeren Sachnähe ein Argument für die im deutschen Recht – entgegen dem US-amerikanischen Vorbild – statuierte Beweislastumkehr gerade entfällt. Gleichwohl erscheint es inkonsequent, insofern die business judgment rule deutscher Prägung nicht voll zur Anwendung kommen zu lassen. Auch lässt sich die Umkehr der Beweislast nicht allein mit einem Zuschnitt von § 93 AktG „auf die Besonderheiten des Schadensersatzprozesses gegen den Vorstand“ begründen. Vielmehr heißt es in Begr. RegE BR-Dr. 3/05, S. 21 und BT-Dr. 15/5092, S. 12 zu § 93 Abs. 1 AktG: „Da der Haftungsfreiraum des Satzes 2 als Ausnahme und Einschränkung

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Entscheidend ist letztlich dieser funktionale Aspekt der business judgment rule als Grundlage und zugleich Begrenzung einer Anerkennung gerichtlicher Kontrolle entzogener Ermessensspielräume bei der Verfolgung des Gesellschaftsinteresses. Würde mit dem Schutz der Organentscheidung eine Rechtsfolge der business judgment rule auf jede unternehmerische Entscheidung angewendet ohne die vorgeschaltete Prüfung, ob die entscheidungsprozessbezogenen Voraussetzungen nach § 93 Abs. 1 S. 2 AktG im Einzelfall überhaupt vorliegen, so würde es mit der Gewährleistung eines formal im Interesse der Gesellschaft liegenden Handelns gerade an dem die Beschränkung judizieller Kontrolle tragenden Elements fehlen487. Diese sich aus der Einhaltung der entscheidungsprozessbezogenen Voraussetzungen folgende Richtigkeitgewähr ist es aber, die innerhalb der business judgment rule eine Absenkung der Kontrolldichte auf das oben beschriebene Maß rechtfertigt488. Außerhalb von § 93 Abs. 1 S. 2 AktG fehlt es an einem Regulativ für die Bindung des zur Entscheidung berufenen Organs an das Gesellschaftsinteresse. Es muss in der Folge konsequenterweise bei der Anwendung von § 93 Abs. 1 S. 1 AktG und also einer freien richterlichen Überprüfbarkeit der Organentscheidung auf die Verfolgung des Gesellschaftsinteresses verbleiben489. Außerhalb der formalen Voraussetzungen der business judgment rule steht auch nur eine vollständige richterliche Kontrollierbarkeit in der Tradition des US-amerikanischen Rechtskreises, dem die Regelung letztlich entspringt. Liegen bei einer unternehmerischen Entscheidung die weiteren Voraussetzungen nicht vor, so kommt der Organentscheidung eine sog. presumption of fairness nicht zu. Richterlicher Kontrollmaßstab ist dann folgerichtig ein sog. entire fairness-test490. bb) Zur Auslegung der Anwendungsvoraussetzungen Für die Auslegung der an die Eingangsvoraussetzungen der business judgment rule zu stellenden Anforderungen ist neben dem Bedürfnis nach einem hinreigegenüber Satz 1 formuliert ist, liegt die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale beim betroffenen Organ. Der Grundgedanke eines Geschäftsleiterermessens ist nicht auf den Haftungstatbestand des § 93 AktG und nicht auf die Aktiengesellschaft beschränkt, sondern findet sich auch ohne positivrechtliche Regelung in allen Formen unternehmerischer Betätigung“. 487 Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 276. 488 J. Koch, FS Säcker, S. 403, 413; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 274, 276. Diesen Umstand vernachlässigt Grigoleit, Gesellschafterhaftung, S. 365 f. 489 Ebenso J. Koch, FS Säcker, S. 403, 413; Paefgen, Unternehmerische Entscheidungen, S. 176, 250 f.; ders., AG 2004, 245, 249; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 276; ferner wohl M. Roth, Unternehmerisches Ermessen, S. 87; Thole, ZHR 173 (2009), 504, 522 ff. Nach herrschender Auffassung enthält die Vorschrift eine Doppelfunktion auch in dem Sinne, dass sie einen Haftungsmaßstab und einen objektiven Verhaltensmaßstab statuiert, der über die Treuepflicht u. a. auf die Förderung des Gesellschaftsinteresses gerichtet ist, vgl. Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rz. 10; KölnKommAktG-Mertens/Cahn, § 93 Rz. 11; Paefgen, AG 2004, 245, 249; T. Raiser/Veil, Kapitalgesellschaftsrecht, § 14 Rz. 65. 490 Dazu Paefgen, AG 2004, 245, 249; Wandrey, Materielle Beschlusskontrolle, S. 162.

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D. Ungeschriebene Anforderungen an Erschwerungen des Anteilsbezugs

chenden Gestaltungsspielraum des Gesellschaftsorgans im Rahmen unternehmerischer Entscheidungen nach allem auch zu berücksichtigen, dass die regulative Wirkung der Regel nur Platz greifen kann, wenn die Voraussetzungen eine „Mindestgewähr für die Wahrung des Gesellschaftsinteresses“491 bieten können. Für einen Beschluss der Hauptversammlung wird man hinsichtlich des Merkmals der angemessenen Information zumindest für Gesellschaften mit einer Vielzahl privater und/ oder institutioneller Anleger (Publikums-AG) verlangen und gleichzeitig genügen lassen können, dass die Aktionäre als Organwalter einem formal ordnungsgemäßen Beschlussvorschlag der Geschäftsführung und/oder des Aufsichtsrats folgen, der selbst auf der Grundlage angemessener Informationen i.S.v. § 93 Abs. 1 S. 2 AktG entwickelt worden ist492. Dafür spricht weiter, dass der Gesetzgeber auch sonst an die Tatsachenbasis keine überzogenen Anforderungen gestellt hat und eine Konsultation sämtlicher in Betracht kommender Informationsquellen nicht verlangt493. Maßvolle Anforderungen sind auch insoweit angezeigt, als der Beschluss der Verfolgung des Gesellschaftswohls dienen muss. Hier beginnt bereits die Schnittmenge mit jenen Erwägungen, die das Bedürfnis für einen Ermessenspielraum begründen sowie der Frage nach einer Verfolgung des Gesellschaftsinteresses selbst494. Erforderlich bleibt eine tiefergehende Kontrolle dagegen, sofern in Frage steht, ob über den Beschluss Sonderinteressen einzelner Organwalter bzw. ihnen nahestehende Dritte gefördert werden sollen, wenn die Stimmen der Betroffenen die Beschlussmehrheit tragen oder dies zumindest nicht ausgeschlossen werden kann. c) Übertragung auf die Gestaltung von Bezugsbedingungen Unternehmerische Entscheidungen werden geprägt durch ihre Zukunftsbezogenheit. Sie beruhen auf prognostischen Erwägungen und bilden deshalb Einschätzungen unter Ungewissheit495. Der Begriff der unternehmerischen Entscheidung ist trotz reiflicher Diskussion unscharf geblieben und wird vor allem negativ bestimmt über die Abwesenheit rechtlich gebundener Entscheidungsfindung496. Die

491

Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 276. Vgl. Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 277 Fn. 127; Wandrey, Materielle Beschlusskontrolle, S. 166 f. 493 Begr. RegE BT-Drucks. 15/5092, S. 11; Fleischer, NJW 2009, 2337, 2339; schwankend die Rechtsprechung, so z. B. strengere Anforderungen postulierend BGH NJW 2008, 3361; den Wortlaut von § 93 Abs. 1 S. 2 AktG dagegen ernst nehmend BGH NZG 2009, 117. 494 Vgl. Bachmann, ZHR 177 (2013), 1, 10; Druey, FS Goette, S. 57, 65 (jeweils zur nachträglichen Überprüfung hinreichender Informationsbeschaffung). 495 Vgl. Begr. RegE BT-Drucks. 15/5092, S. 11; Binder, AG 2008, 274, 278 f.; Hopt/ M. Roth, in: GroßKommAktG, § 93 Abs. 1 S. 2, 4 n.F. Rz. 21 f.; MünchKommAktG-Spindler, § 93 Rz. 41; ders., FS Canaris, S. 403, 414. 496 Vgl. Begr. RegE UMAG, BT-Drucks. 15/5092, S. 11; Bachmann, ZHR 177 (2013), 1, 8; Binder, AG 2008, 274, 278 f.; ders., AG 2012, 885, 887 f.; Dauner-Lieb, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 93 AktG Rz. 20 f.; Lohse, Unternehmerisches Ermessen, S. 76; Paefgen, 492

I. Allgemeine Anforderungen

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angesprochenen Merkmale finden sich regelmäßig auch bei der Festsetzung von Bezugsbedingungen, sei es bereits durch die Anteilseignerversammlung oder subsidiär durch die Verwaltung. Wie das Beispiel der Festsetzung eines Agios verdeutlicht, geht es insofern um Gestaltungen, die im Zusammenhang mit der Kapitalerhöhung stehen und diese konkretisieren, wobei das Gesetz zwar äußere Grenzen setzen mag (vgl. §§ 9, 53a AktG, § 255 Abs. 2 AktG), den Inhalt aber in der Regel selbst nicht vorgibt497. Ferner trägt die Gestaltung der Bezugsbedingungen das Risiko in sich, dass die Bemessung etwa des Aufgelds den inneren Wert der jungen Anteile letztlich nicht korrekt wiedergibt oder aber die neuen Anteile nicht oder nicht in ausreichender Zahl gezeichnet werden und die Kapitalerhöhung überdies scheitert498. Der häufig anzutreffende Hinweis auf die innerhalb der gesetzlichen Grenzen bestehende „Gestaltungsfreiheit“499 bzw. ein „pflichtgebundenes Ermessen“500 der zuständigen Gesellschaftsorgane bei der Bestimmung des Ausgabebetrags kann sich folglich im Ausgangspunkt auf den Charakter als unternehmerischer Entscheidung zurückführen lassen und beansprucht über diese Fallgruppe hinaus Geltung für die Gestaltung sämtlicher Bezugsbedingungen, die nicht rechtlich bereits vorgegeben sind. Es handelt sich dann ganz im Sinne gebräuchlicher Umschreibungen von unternehmerischen Entscheidungen um die bewusste Auswahl prognosebehafteter Handlungsmöglichkeiten mit besonderer wirtschaftlicher Tragweite für die Gesellschaft. Zugleich lässt sich – wiederum am Beispiel der Festsetzung des Agios als potentieller Erschwerung des Anteilsbezugs unterhalb der Schwelle zum faktischen Bezugsrechtsausschluss – die Bedeutung der business judgment rule demonstrieren. Ob ein gerichtlicher Kontrolle entzogener Ermessensspielraum für die jeweilige Gestaltung der Bezugsbedingungen anzuerkennen ist, bemisst sich daran, ob die nach § 93 Abs. 1 S. 2 AktG an den Entscheidungsfindungsprozess gestellten Voraussetzungen erfüllt sind. Für den Fall etwa, dass der Mehrheitsgesellschafter einer AG gleichzeitig relevant beteiligt ist an dem zur Zeichnung der überteuerten Anteile bereitstehenden Backstop Investor und sich deshalb ein relevanter Teil der Anteilseignerversammlung bei der Beschlussfassung über die Aufgeldgestaltung in einem Interessenkonflikt befindet, besteht keine Gewähr dafür, dass die Gestaltung des Agios tatsächlich einer Förderung der Gesellschaftsinteresses verpflichtet ist. Insofern muss es daher auch bei einer vollen gerichtlichen Überprüfbarkeit verbleiben. Sind dagegen die Anforderungen nach § 93 Abs. 1 S. 2 AktG erfüllt, können AG 2004, 245, 251; kritisch dagegen – wie zur gesetzlichen Fixierung der business judgment rule insgesamt – Druey, FS Goette, S. 57 ff.; v. Falkenhausen, NZG 2012, 644, 646 f. 497 Eine Ausnahme bildet z. B. die zweiwöchige gesetzliche Mindestbezugsfrist nach § 186 Abs. 1 S. 2 AktG. 498 Vgl. Hunecke, Zeichnungsvertrag, S. 49 f. 499 MünchKommAktG-Peifer, § 182 Rz. 48; vgl. auch Hermanns, ZIP 2003, 788, 789; Hüffer, AktG, § 186 Rz. 22; Rieder/Holzmann, in: Grigoleit, AktG, § 182 Rz. 25. 500 Lutter/Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 55 Rz. 13; MünchKommAktG-Peifer, § 182 Rz. 48; vgl. auch Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG, § 182 Rz. 51.

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D. Ungeschriebene Anforderungen an Erschwerungen des Anteilsbezugs

die jeweiligen Bezugsbedingungen nur daraufhin kontrolliert werden, ob die Festsetzung unter keinem sachlichen Gesichtspunkt mit Blick auf die Durchführung der geplante Strukturmaßnahme nachvollziehbar ist501. Bei der Kapitalerhöhung einer sich in finanzieller Schieflage befindlichen Gesellschaft, die die Kapitalerhöhung zu Sanierungszwecken durchführt und aus diesem Grunde einen Bezugspreis wählt, der der Gesellschaft ein Höchstmaß an Eigenkapital zuzuführen verspricht, kann davon ausgegangen werden, dass die Aufgeldpolitik das Gesellschaftsinteresse beschreibt, wenn von den Altgesellschaftern niemand oder nur zufällig und in unwesentlichem Umfang an dem zur Zeichnung bereitstehenden Investor beteiligt ist. Ebenso verhält es sich, wenn der Investor bereits mit wenigen Aktien beteiligt ist oder nur einige von vielen Geschäftsanteilen hält502. Dann verbleibt es bei dem auf die Rationalität der Entscheidung verengten Kontrollmaßstab503. 3. Zwischenergebnis Festzuhalten bleibt, dass jeder mehrheitlich gefasste Beschluss inhaltlicher Überprüfung über seine Gemeinwohlverträglichkeit zugänglich sein muss. Als Maßstab treupflichtinduzierter Missbrauchskontrolle ist die Förderung des Gesellschaftsinteresses im Hinblick auf Unternehmens- und Formalziele bei profitorientierten Gesellschaften heute überwiegend anerkannt. Dabei kommt Gesellschaftsorganen auch bei unternehmerischen Entscheidungen wie etwa der Festsetzung regelmäßig nicht gesetzlich determinierter Bezugsbedingungen im Rahmen eines Kapitalerhöhungsbeschlusses oder bei Ausnutzung eines genehmigten Kapitals nicht in jedem Fall ein begrenzt überprüfbarer Ermessenspielraum zu. Maßgeblich ist die Erfüllung der Voraussetzungen der business judgment rule (§ 93 Abs. 1 S. 2 AktG), die nicht nur der Haftungserleichterung dient, sondern ebenso dazu bestimmt ist, Organentscheidungen bei der Einhaltung der entscheidungsprozessbezogenen An501 Z.B. Festsetzung eines Aufgeldes in solch überzogener Höhe, die im Zusammenspiel mit dem gleichzeitigen Fehlen der bindenden Verpflichtung eines Investors, auf nicht ausgeübte Bezugsrechte entfallene Anteile zu zeichnen, die Durchführbarkeit der Kapitalerhöhung von vornherein zum Scheitern verurteilen. 502 Unter dem Aspekt der Reichweite des Gleichbehandlungsgrundsatz ebenso T. Bezzenberger, ZIP 2002, 1917, 1929; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 196, 458 f. Verstanden als entscheidungsprozessbezogene Anforderungen mit dem Ziel einer mittelbaren Entscheidungsergebnisverbesserung kann im Rahmen der business judgment rule zum Fehlen eines Interessenkonflikts nichts anderes gelten. Bei bestehenden Beteiligungen von vernachlässigenswertem Umfang droht das Handeln – hier: die Festsetzung der Bezugsbedingungen, insb. überhöhten Bezugspreises – nicht von Sonderinteressen geleitet zu sein. Solche zufälligen Begleitumstände vermögen daher die Richtigkeitsgewähr der unternehmerischen Entscheidung bei Vorliegen auch der übrigen von § 93 Abs. 1 S. 2 AktG vorgegebenen Anforderungen nicht zu erschüttern. 503 An solcher Rationalität der Entscheidung mag es z. B. dann mangeln, wenn ein besonders hoher Bezugspreis festgesetzt wird, ohne dass das Gelingen der Kapitalerhöhungen sichergestellt ist, etwa durch die Bezugsverpflichtung eines Investors oder die Gestaltung als sog. bis-zu-Kapitalerhöhung.

II. Besonderheiten bei faktischem Bezugsrechtsausschluss

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forderungen in ihrem Bestand grundsätzlich zu schützen. Die Anerkennung gerichtlicher Kontrolle weitgehend entzogener Ermessensspielräume liegt indes nicht im epistemischen Charakter der zu treffenden Entscheidung unter Unsicherheit begründet. Die Abwesenheit gesicherter Kenntnis über die Zusammenhänge von Maßnahme und Wirkung bei zukunftsbezogenen Entscheidungen ist nur geeignet, ein Bedürfnis für gerichtlicher Kontrolle nur beschränkt offenstehender Ermessenspielräume aufzuzeigen, weil sich zwar eine nachträgliche Überprüfung wegen Kenntnis der tatsächlichen Entwicklung Befangenheitsvorwürfen ausgesetzt sieht, ein Irrtumsrisiko aber jeder ungewissen Entscheidung immanent ist und die business judgment rule gleichwohl eine Ausnahmestellung im deutschen Recht einnimmt. Begründung und Beschränkung anzuerkennender Ermessensspielräume liefert allerdings die Anknüpfung an das Regulativ der business judgment rule, innerhalb deren Anwendungsbereichs eine Vermutung für die Formulierung des Gesellschaftsinteresses durch den auf angemessener Informationsgrundlage und frei von Interessenkonflikten gefassten Beschluss spricht, die eine Reduzierung des Kontrollmaßstabs auf die Einhaltung bloßer Rationalitätsanforderungen hinsichtlich der Verfolgung des Gesellschaftsinteresses rechtfertigt. Außerhalb der business judgment rule fehlt es an dieser Richtigkeitsgewähr; die Verfolgung des Gesellschaftsinteresses muss einer Überprüfung vollständig offen stehen504, wobei etwa an das Handeln auf informierter Grundlage keine überzogenen Anforderungen zu stellen sind. Die Festsetzung von Bezugsbedingungen, über die die Ausübung des Rechts zum Anteilsbezug erschwert wird und die grundsätzlich auf ihre Förderung des Gesellschaftsinteresses hin überprüfbar sind, bleibt als unternehmerische Entscheidung damit einer weitgehenden Immunisierung gegenüber gerichtlicher Kontrolle nach Maßgabe der business judgment rule zugänglich.

II. Besonderheiten bei faktischem Bezugsrechtsausschluss 1. Gebot sachlicher Rechtfertigung Bei konsequenter Anwendung des zuvor herausgearbeiteten Aufgreifkriteriums müssen faktische Bezugsrechtsausschlüsse in materieller Hinsicht zwangsläufig denjenigen ungeschriebenen Anforderungen genügen, die an eine Rechtfertigung von Verstößen gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz gestellt werden. Dieser Anforderungskatalog beeinhaltet nach ganz herrschender Auffassung ein Handeln im Gesellschaftsinteresse als legitimen Zweck, das überdies erforderlich und angemessen sein muss505. Die ungleich wirkende Maßnahme darf also nicht außer 504

Die Gesellschaft bleibt im Prozess nach überwiegender Ansicht darlegungs- und ggf. beweisbelastet bzgl. der Einhaltung der Tatbestandsmerkmale von § 93 Abs. 1 S. 2 AktG, vgl. die Nachweise in Fn. 485. 505 Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 14 Rz. 33; T. Bezzenberger, ZIP 2002, 1917, 1929; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 13 Rz. 32; Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 53a Rz. 16; Henze/Notz, in: GroßKommAktG, § 53a Rz. 11; Verse, Gleichbehand-

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D. Ungeschriebene Anforderungen an Erschwerungen des Anteilsbezugs

Verhältnis zu den damit verbundenen Folgen für die betroffenen Gesellschafter stehen506. Damit deckt sich die materielle Rechtfertigung von faktischen Bezugsrechtsausschlüssen mit denjenigen Anforderungen, die nach der bislang herrschenden Lehre vom sachlichen Grund stets an einen ausdrücklichen Ausschluss des Bezugsrechts zu stellen sind507. a) Die Anforderungen im Überblick Jeder faktische Bezugsrechtsausschluss – das heißt jede ungleiche Behandlung von Altgesellschaften in der Kapitalerhöhung – muss wie überhaupt jede Gestaltung der Bezugsbedingungen im Gesellschaftsinteresse liegen508. Wird also etwa das formale Bezugsangebot verknüpft mit der schuldrechtlichen Pflicht zur Einbringung einer Sacheinlage, die nicht bloß gattungsmäßig bestimmt ist und nur von einem maßgeblich beteiligten Gesellschafter erfüllt werden kann509, muss die ungleichmäßig wirkende Bezugsbedingung zunächst einmal im Gesellschaftsinteresse liegen. Für den Beispielsfall, dass ein rechtlich relevant beteiligter Minderheitsgesellschafter aufgrund ihn bindender interner Bestimmungen daran gehindert ist, neue Aktien jenseits eines bestimmten Nennwerts oder wegen fehlender börslicher Zulassung zu beziehen und deshalb eine materielle Ungleichbehandlung vorliegt510, kann sich die Gesellschaft dabei ihm gegenüber mit Blick auf die Verfolgung des Gesellschaftsinteresses ggf. auf die Vermeidung kostenintensiver Prospektpflichten durch die gewählte Gestaltung der Bezugsbedingungen berufen.

lungsgrundsatz, S. 37; Wandrey, Materielle Beschlusskontrole, S. 134; H. P. Westermann, in: Bürgers/Körber, AktG, § 53a Rz. 6. Noch weitergehend etwa Schockenhoff, Bezugsrechtsausschluss, S. 62 f.; ders., AG 1994, 45, 52, dessen „vollständiges Unterschiedsprinzip“ die Anerkennung jedoch bislang zu Recht verwehrt geblieben ist. Gegen die Annahme eines bloßen Willkürverbots die ganz h.L., vgl. die Nachweise unter Fn. 505 – 507; a.A. Paefgen, Unternehmerische Entscheidung, S. 80 f., 122 f., 186 ff. (Rechtfertigung im Gesellschaftsinteresse genügend); gegen ihn überzeugend Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 284 f. Die Rechtsprechung ist zurückhaltender. Einer wiederkehrenden Formulierung des BGH zufolge soll eine Ungleichbehandlung der Gesellschafter dann gerechtfertigt sein, „wenn sie sachlich berechtigt ist und damit nicht den Charakter der Willkür trägt“, vgl. BGHZ 33, 175, 186 – Minimax II; BGHZ 71, 40, 44 – Kali und Salz; BGHZ 116, 359, 373; BGHZ 120, 141, 150 – Bremer Bankverein. Zur prozessualen Bedeutung mit Blick auf die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast siehe noch D. III. 3. 506 Vgl. MünchKommAktG-Bungeroth, § 53a Rz. 15; Cahn/Spannenberg, in: Spindler/ Stilz, AktG, § 53a Rz. 19; KölnKommAktG-Drygala, § 53a Rz. 17; Solveen, in: Hölters, AktG, § 53a Rz. 11. 507 Fleischer, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 53a Rz. 35; Hüffer, AktG, § 53a Rz. 10; MünchKommAktG-Peifer, § 186 Rz. 80; Tettinger, Bezugsrechtsausschluss, S. 103; Verse, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 14 GmbHG Rz. 108. 508 Vgl. die Ausführungen unter D. I. 1. a). 509 Vgl. dazu unten E. II. 1. 510 Vgl. dazu Ausführungen unter E. III. 4. b) aa).

II. Besonderheiten bei faktischem Bezugsrechtsausschluss

117

Die Verfolgung eines legitimen, im Gesellschaftsinteresse liegenden Zwecks mittels des faktischen Bezugsrechtsausschlusses ist aber nur eine notwendige und keine hinreichende Bedingung, um die damit verbundene Ungleichbehandlung der Altgesellschafter zu rechtfertigen. Wie erwähnt, muss die gewählte Gestaltung zur Verfolgung des Gesellschaftsinteresses nicht allein geeignet, sondern hierzu auch erforderlich und gegenüber den ungleich betroffenen Gesellschaftern angemessen sein. Von einer Erforderlichkeit der ungleich wirkenden Bezugsbedingungen kann dann keine Rede sein, wenn eine vergleichbare und ebenso geeignete Maßnahme zur Förderung des Gesellschaftsinteresses in Betracht kommt, durch die die Gesellschafter in ihren mitgliedschaftlichen Interessen weniger stark belastet würden511. Ferner müssen – um als angemessen eingestuft werden zu können – die Interessen der Gesellschaft an der Durchführung der Kapitalmaßnahme unter faktischem Bezugsrechtsausschluss die Beteiligungsinteressen der Gesellschafter wesentlich überwiegen512. Ausgenommen sind die mitgliedschaftlichen Interessen derjenigen Gesellschafter, die einem Kapitalerhöhungsbeschluss selbst zugestimmt haben, sofern dieser die angegriffenen Bezugsbedingungen bereits enthielt und nicht einer Konkretisierung durch die Geschäftsführung offen ließ. Durch die Zustimmung haben diese Gesellschafter ihr Einvernehmen mit einer Ungleichbehandlung positiv erklärt und durch diese aktive Zustimmung ist die Ungleichbehandlung ihnen gegenüber gerechtfertigt513. b) Bedeutung im Vergleich zu den allgemeinen Anforderungen Letztlich bleibt insbesondere die Entscheidung über die Angemessenheit stark einzelfallbezogen. Gleichwohl ist in der Literatur die Tendenz erkennbar, zur Erhöhung von Transparenz und Rechtssicherheit objektive Prinzipien für den Abwägungsvorgang zu entwickeln514. Jedenfalls kommt über die zusätzlichen Rechtfertigungsvoraussetzungen der Erforderlichkeit und Angemessenheit die gegenüber 511 Vgl. zum Kriterium der Erforderlichkeit Hüffer, AktG, § 186 Rz. 27; Liebert, Bezugsrechtsausschluss, S. 92; Rieder/Holzmann, in: Grigoleit, AktG, § 186 Rz. 54 (alle zur Erforderlichkeitsprüfung nach der Lehre vom sachlichen Grund). 512 Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 303. 513 Vgl. Boese, Anwendungsgrenzen, S. 98 f.; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 296 f.; a.A. wohl der BGH, der – allerdings für die Lehre vom sachlichen Grund – allgemein auf die Interessen der Aktionäre abstellt, vgl. BGHZ 71, 40, 44 – Kali und Salz; BGHZ 120, 141, 145 ff. – Bremer Bankverein; BGHZ 125, 239, 246 – Deutsche Bank. Dabei bliebe allerdings nicht recht nachvollziehbar, warum die Beteiligungsinteressen von rechtlich relevant beteiligten Gesellschaftern, die der Kapitalmaßnahme zugestimmt haben, zugunsten eines sich dieser Maßnahme widersetzenden Inhabers einer weniger schützenswerten Kleinstbeteiligung wirken sollten. 514 Vgl. Riesenhuber, in: Riesenhuber, Angemessenheit, 1, 3 (zur Frage der Angemessenheit im Urheberrecht): „Wo der Staat – wie im Grundsatz – keinen materiellen Maßstab aufstellt, rückt das Verfahren in den Blick“; für den hier interessierenden Kontext vgl. z. B. Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 283 ff., 293 ff. mit einer eingehenden Klarstellung und Rückführung einzelner Prüfungskriterien und des Gebots sachlicher Rechtfertigung insgesamt.

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D. Ungeschriebene Anforderungen an Erschwerungen des Anteilsbezugs

bloßen Willkürverboten und einfachen Treuepflichtberührungen dichtere und rigidere Kontrolle von Beeinträchtigungen des gesellschaftsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes zum Ausdruck. Weil sachliche Gründe nur ausnahmsweise die Ungleichbehandlung rechtfertigen, kann mit Blick auf das Erfordernis der sachlichen Rechtfertigung von einer wesentlich engmaschigeren Kontrolle gesprochen werden als der im Verhältnis dazu großzügigeren treuepflichtinduzierten Missbrauchskontrolle515. Bei Vorliegen einer Ungleichbehandlung geht es letztlich vor allem um die Wertungsentscheidung, ob durch die im Gesellschaftsinteresse liegende, aber ungleich wirkende Maßnahme der für die Gesellschaft insgesamt bewirkte Nutzen die Benachteiligung Einzelner tatsächlich wesentlich überwiegt. 2. Reichweite richterlicher Kontrolle Verbreitet findet sich der Einwand, ein etwa durch Ungleichbehandlungen ausgelöstes Erfordernis sachlicher Rechtfertigung begründe letztlich aus materiellrechtlicher Sicht keine bedeutsamen zusätzlichen Anforderungen gegenüber der treuepflichtinduzierten Missbrauchskontrolle516. Tragendes Argument dieser Nivellierung ist der angeblich den Gesellschaftsorganen bei der Verfolgung der Gesellschaftsinteressen zukommende umfangreiche Ermessensspielraum. Weil Durchführung und Ziele der Kapitalerhöhung unter Bezugsrechtsausschluss für die Frage der sachlichen Rechtfertigung zusammen auf dem Prüfstand stünden, sei mit Blick auf die Kontrollintensität zu berücksichtigen, dass die vorzunehmende Bewertung auch um eine unternehmerische Entscheidung kreise517. Eine über die Förderung der Gesellschaftsinteressen hinausgehende inhaltliche Überprüfung sei den Gerichten verwehrt518. Hier wie dort beschränke sich die Kontrolle letztlich auf eine bloße Vertretbarkeitsprüfung dahingehend, ob die Durchführung der Kapitalmaßnahme „zum Besten“ der Gesellschaft erfolge519. Diese Betrachtungsweise ist bei konsequenter Rückführung richterlich eingeschränkt überprüfbarer Ermessensspielräume von Gesellschaftsorganen auf die business judgment rule so nicht aufrechtzuerhalten. Bereits zuvor wurde herausgestellt, dass sich eine Beschränkung der inhaltlichen Kontrolldichte nicht allein auf den Aspekt der unternehmerischen Entscheidung stützen lässt. Bezüglich der Ver515

Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 305 f. Vgl. Cahn, ZHR 163 (1999), 554, 577 ff.; Rodloff, ZIP 2003, 1076, 1078; Tettinger, Bezugsrechtsausschluss, S. 94; Wandrey, Materielle Beschlusskontrolle, S. 135 f., 309 ff. 517 Cahn, ZHR 163 (1999), 554, 577; vgl. auch Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 53a Rz. 14. 518 So deutlich Wandrey, Materielle Beschlusskontrolle, S. 310: „Bei Anerkennung eines unternehmerischen Ermessens der Gesellschaftsorgane bleibt neben der Rechtsmissbrauchskontrolle für weitergehende Beschlussanforderungen kein Raum“; ähnlich Rieder/Holzmann, in: Grigoleit, AktG, § 186 Rz. 56: Beschränkung auf Plausibilitätsprüfung angezeigt. 519 Rieder/Holzmann, in: Grigoleit, AktG, § 186 Rz. 56; Rodloff, ZIP 2003, 1076, 1078; Wandrey, Materielle Beschlusskotrolle, S. 314. 516

II. Besonderheiten bei faktischem Bezugsrechtsausschluss

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folgung des Gesellschaftsinteresses ist die gerichtliche Überprüfungsbefugnis deshalb nur dann auf die Rationalität der Entscheidung begrenzt, wenn neben dem Merkmal der unternehmerischen Entscheidung auch die übrigen prozeduralen Voraussetzungen der business judgment rule nach § 93 Abs. 1 S. 2 AktG erfüllt sind. Nichts anderes kann hinsichtlich der über die Förderung des Gesellschaftsinteresses hinausgehenden Prüfungsbestandteile des Gebots sachlicher Rechtfertigung gelten, sofern diese als unternehmerische Entscheidungen zu qualifizieren sind. Das trifft zum einen bei der Erforderlichkeitsprüfung auf die Frage nach der mindestens entsprechenden Eignung einer Alternativmaßnahme zu520. Auch die Abwägung der widerstreitenden Interessen zur Überprüfung der Angemessenheit, bei der sich ein wesentliches Überwiegen der Gesellschaftsinteressen ergeben muss, bildet eine rechtlich nicht gebundene unternehmerische Entscheidung. Ruft man sich die Anwendungsvoraussetzungen der Regel über das Geschäftsleiterermessen in Erinnerung und geht man davon aus, dass § 93 Abs. 1 S. 2 AktG allgemein für die Entscheidung von Gesellschaftsorganen Geltung beansprucht, kann für die Frage der Erforderlichkeit dennoch nicht immer von einer bestehenden Beurteilungsprärogative ausgegangen werden. Sofern wegen der Verfolgung von Sonderinteressen eine konfliktträchtige Entscheidung vorliegt oder Alternativmaßnahmen nur auf unzureichender informationeller Grundlage erwogen worden sind, bedaf es vielmehr einer eigenständigen Beurteilung des Gerichts521. Gerade die Frage der Erforderlichkeit ist für die Festsetzung von Bezugsbedingungen, die einen faktischen Bezugsrechtsausschluss begründen, von besonderer Bedeutung. Werden z. B. das Bezugsverhältnis oder der Nennwert der neuen Anteile so festgesetzt, dass Altgesellschafter auch bei vollständiger Ausübung ihres Bezugsrechts eine für die Ausübung von Minderheitsrechten erforderliche Beteiligungsquote zu verlieren drohen, bedeutet dieser Sondernachteil eine materielle Ungleichbehandlung und damit einen faktischen Bezugsrechtsausschluss522. Liegen die Voraussetzungen der business judgment rule im Einzelfall nicht vor, kann und muss ein zur Entscheidung berufenes Gericht prüfen, ob statt der ungleich wirkenden Maßnahme nicht ein schonenderes Mittel der Verfolgung des Gesellschaftsinteresses ebenso gut oder besser gedient hätte523. Spätestens für die Angemessenheitsprüfung muss Ermessensspielräumen die Anerkennung in jedem Fall versagt werden524. Gesellschaftermehrheit wie Ge520

Vgl. Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 292; Zöllner, AG 2002, 585, 588. Ebenso Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 292 f., der auf die Möglichkeit zur Inanspruchnahme von Sachverständigen durch das Gericht zur Behandlung der wirtschaftliche Bewertungsfragen verweist. 522 Dazu unten E. II. 2. a) bzw. E. III. 2. 523 Zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast siehe im Folgenden unter D. III. 3. 524 Vgl. Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 278, 303; zustimmend Bachmann, ZHR 171 (2007), 747, 750. Ebenso für die Frage der Angemessenheit unter grundsätzlicher Bezugnahme auf die business judgment rule – wenngleich insofern ohne nähere Begründung – 521

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D. Ungeschriebene Anforderungen an Erschwerungen des Anteilsbezugs

schäftsleiter sind in ihrem Handeln grundsätzlich gelenkt von einer bestmöglichen Verwirklichung der Gesellschaftsinteressen525. Sie scheiden als objektive Instanzen zur Entscheidung über die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne aus, weil sie nicht Gewähr dafür bieten, die Beteiligungsinteressen der Minderheit ebenso versiert zu verfolgen und ihnen im Widerstreit mit den Gesellschaftsinteressen den Vorzug einzuräumen. Eine konfliktfreie Entscheidung ist ihnen auf dieser Stufe der Prüfung sachlicher Rechtfertigung nicht möglich. Damit ist die Anerkennung eines Beurteilungsspielraums nach den Grundsätzen der business judgment rule bei konsequenter Betrachtung für die Frage der Angemessenheit ausgeschlossen526. Mit anderen Worten steht die Abwägungsentscheidung in jedem Fall judizieller Kontrolle vollständig offen.

III. Prozessuales 1. Überblick über die Rechtsschutzmöglichkeiten Bezugsbedingungen sind als dessen Bestandteil zusammen mit dem zugrundeliegenden Kapitalerhöhungsbeschluss gerichtlich nach §§ 241 ff. AktG angreifbar, sofern dieser bereits die beastenden Bedingungen über die Ausgabe der neuen Anteile enthält. Bleibt der Beschluss insofern lückenhaft – wie regelmäßig der von der Anteilseignerversammlung getroffene Beschluss zur Schaffung eines genehmigten Kapitals –, muss sich der Gesellschafter gegen die Modalitäten der Kapitalerhöhung wenden, wie sie die hierzu subsidiär berufene Geschäftsführung bestimmt hat. Dazu stehen ihm gegen die Gesellschaft die Mittel der Unterlassungsklage bzw. der einstweiligen Verfügung und nach Eintragung der Kapitalerhöhung im Handelsregister die (nachträgliche) Feststellungklage zur Verfügung527. Dass die Altgesellschafter einzeln berechtigt sind, sich gegen die von der Geschäftsführung gestalteten Bezugsbedingungen zur Wehr zu setzten, kann im Ergebnis nicht zweifelhaft sein. Zur Begründung mag auf den Umstand verwiesen Zöllner, AG 2002, 585, 588: „Eine Beurteilungsprärogative des Entscheidungsorgans besteht insoweit nicht“. 525 Sind Sie es im Einzelfall nicht, weil Sonderinteressen verfolgt werden, kommt eine Berufung auf die business judgment rule wegen der fehlenden Abwesenheit von Interessenkonflikten bei der Entscheidungsfindung ohnehin nicht in Betracht. 526 Zutreffend Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 303. 527 Insofern ist vieles umstritten. Eine eingehendere Auseinandersetzung liegt außerhalb des Untersuchungsschwerpunkts. Hingewiesen werden soll jedoch auf die problematische Funktionsbestimmung der Feststellungsklage und die damit verbundene Frage, ob – parallel zur Problematik beim genehmigten Kapital – die Eintragung der Kapitalerhöhung bereits vor der richterlichen Überprüfung im Rahmen eines Freigabeverfahrens Bestandsschutzwirkungen entfalten kann, vgl. zum genehmigten Kapital Groß/Fischer, in: Heidel, Aktienrecht, § 203 Rz. 127 ff.; Schürnbrand, ZHR 171 (2007), 731, 737 ff. Ob eine analoge Anwendung von § 246a AktG bei der GmbH in Betracht kommt, ist ebenfalls noch nicht abschließend geklärt. Befürwortend insoweit Bayer/Lieder, NZG 2011, 1170, 1171 ff.; ablehnend Hüffer, AktG, § 246a Rz. 4 jeweils m.w.N.

III. Prozessuales

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werden, dass die Geschäftsführung bei der Festsetzung von Bezugsbedingungen nicht eine ihr zugewiesene Befugnis wahrnimmt. Hierzu ist die Anteilseignerversammlung als Herrin der Strukturmaßnahme zunächst einmal selbst aufgerufen528. Die Art und Weise der Wahrnehmung der derivativen Kompetenz durch die Geschäftsführung muss für die delegierenden Gesellschafter gerichtlich überprüfbar sein529. Ebenso erscheint denkbar, die außerhalb von Anfechtungsklagen erforderliche Klagebefugnis der Gesellschafter unmittelbar aus der Berechtigung zur Geltendmachung mitgliedschaftlicher Schutzansprüche gegen die Gesellschaft herzuleiten530. Jeder Gesellschafter hat nämlich aus seiner Stellung als Verbandsmitglied gegen die Gesellschaft u. a. Anspruch auf Achtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes im Allgemeinen und seines Bezugsrechts im Besonderen sowie darauf, dass gesellschaftliche Treuebindungen respektiert werden531. Dieser Anspruch droht bei einer Erschwerung des Anteilsbezugs durch die Geschäftsführung verkürzt zu werden. Bejaht man die umstrittene Frage, ob Gesellschafter bei rechtswidrigem Eingriff in die Mitgliedschaft auch gegen die Mitglieder der handelnden Gesellschaftsorgane persönlich vorgehen können532, wird man für das Vorliegen eines solchen Eingriffs zwischen einfachen Erschwerungen und faktischen Bezugsrechtsausschlüssen unterscheiden müssen. Bei einfachen Erschwerungen des Anteilsbezugs bestünde ein Anspruch dem Grunde nach dann, wenn die Gestaltung nicht im Gesellschaftsinteresse liegt. Für den Fall eines faktischen Bezugsrechtsausschlusses wäre ein Anspruch gegeben, wenn die formalen Anforderungen an einen Ausschluss des Bezugsrechts nicht eingehalten sind oder die angegriffene Bezugsbedingung dem Gebot sachlicher Rechtfertigung nicht genügt. 2. Folgen unzulässiger Erschwerungen des Anteilsbezugs für den Kapitalerhöhungsbeschluss Hat die Anteilseignerversammlung die unzulässige Bezugsbedingung im Kapitalerhöhungsbeschluss festgesetzt, ist dieser anfechtbar. Das folgt für solche einfachen Erschwerungen des Bezugsrechts, die nicht im Gesellschaftsinteresse liegen, aus dem Verstoß gegen Treuebindungen (§ 243 Abs. 1 AktG) und zusätzlich ggf. aus

528

Vgl. dazu oben B. I. 2. a). Vgl. BGHZ 83, 122 – Holzmüller; Maul, in: Beck’sches Hdb. AG, § 4 Rz. 96. 530 Vgl. Schürnbrand, ZHR 171 (2007), 731, 734. 531 Vgl. Schürnbrand, ZHR 171 (2007), 731, 734: Mitgliedschaft als Anspruchsgrundlage. 532 Vgl. dazu v. a. Habersack, Mitgliedschaft, S. 117 ff.; vgl. ferner Casper, in: Spindler/ Stilz, AktG, Vor § 241 ff. Rz. 15 ff.; MünchKommBGB-Wagner, § 823 Rz. 171 ff. Vgl. Habersack, Mitgliedschaft, S. 267 f. auch zu dem Verhältnis von Beschlussanfechtung und Ansprüchen nach §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB bei Verletzung des Bezugsrechts durch die Hauptversammlung (unter Bezug auf den ausdrücklichen Bezugsrechtsausschluss). 529

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D. Ungeschriebene Anforderungen an Erschwerungen des Anteilsbezugs

der Verfolgung von Sondervorteilen (§ 243 Abs. 2 AktG)533. Für Fälle faktischen Bezugsrechtsausschlusses verbleibt es als Umgehungstatbestand bei den zum fehlerhaften Ausschluss des Bezugsrechts entwickelten prozessualen Grundsätzen534. Die zwischenzeitliche Eintragung im Handelsregister begründet noch keinen Bestandsschutz. Hierzu bedarf es jedenfalls für die AG eines erfolgreich durchlaufenen Freigabeverfahrens nach § 246a AktG535. Bemüht man die naheliegende Parallele zur Ausnutzung eines genehmigten Kapitals, wird man unter Zugrundelegung der insofern herrschenden Bewertung bei Festsetzung der Bezugsbedingungen durch die Geschäftsführung dem Vollzug der Eintragung eine höhere Bedeutung beimessen müssen. Auch etwa eine Verletzung des Bezugsrechts durch die Ausnutzungsentscheidung soll nach diesem Zeitpunkt unabhängig von der Durchführung eines Freigabeverfahrens der Wirksamkeit der Kapitalerhöhung nicht mehr im Wege stehen können536. Entsprechendes müsste auch für unzulässige Erschwerungen des Bezugsrechts gelten, weil auch hier der Einwand verfängt, es handele sich bei der Ausnutzungsentscheidung mitsamt ihren Modalitäten um eine grundsätzlich ohne Wirkung auf das Außenverhältnis verbleibende Geschäftsführungsmaßnahme537. 3. Verteilung der Darlegungs- und Beweislast Nach der geltenden Normentheorie folgt die Beweislastverteilung aus dem materiellen Recht538. Liegt mangels Ungleichbehandlung kein faktischer Bezugsrechtsausschluss vor, kommt eine Überprüfung nur anhand der treuepflichtgestützten Missbrauchskontrolle in Betracht. Den Prüfungsmaßstab bildet dabei die Förderung des Gesellschaftsinteresses durch die Kapitalmaßnahme und die Gestaltung der 533

Vgl. zur Anfechtbarkeit von Verstößen gegen Treuebindungen MünchKommAktGHüffer, § 243 Rz. 44 ff. (AG); Koppensteiner/Gruber, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 47 Rz. 125 ff. 534 MünchKommGmbHG-Lieder, § 55 Rz. 101; KölnKommAktG-Lutter, § 186 Rz. 98; MünchKommAktG-Peifer, § 186 Rz. 104. 535 Hüffer, AktG, § 189 Rz. 4 f.; MünchKommAktG-Peifer, § 189 Rz. 17. Zur umstrittenen Frage nach einer Analogiefähigkeit der Vorschrift vgl. die Nachweise unter Fn. 527 536 Vgl. BGHZ 164, 249, 257 – Mangusta/Commerzbank II; Busch, NZG 2006, 81, 87; Hirte, in: GroßKommAktG, § 204 Rz. 21; Wamser, in: Spindler/Stilz, AktG, § 203 Rz. 50. Anders soll es sich dagegen verhalten bei Nichtigkeit des Ermächtigungsbeschluss oder wenn die gesetzlichen oder im Beschluss selbst vorgesehenen Grenzen durch die Geschäftsführung überschritten werden. Parallel dazu wird man von einer fehlenden Bestandskraft trotz Eintragung auch hier ausgehen müssen, wenn sich die Geschäftsführung über bereits im Kapitalerhöhungsbeschluss durch die Hauptversammlung festgelegte Bezugsbedingungen hinwegsetzt. 537 Vgl. MünchKommAktG-Bayer, § 203 Rz. 32; Hüffer, AktG, § 204 Rz. 8; KölnKommAktG-Lutter, § 204 Rz. 25; MünchHdbGesellschaftsrecht/AG-Krieger, § 57 Rz. 58. Gegen diesen Einwand und für einen Gleichlauf des Bestandsschutz bei regulärer Kapitalerhöhung und Erhöhung aus einem genehmigten Kapital vgl. Schürnbrand, ZHR 171 (2007), 731, 739 ff.; ferner etwa Liebert, Bezugsrechtsausschluss, S. 273 ff.; Paefgen, ZIP 2004, 145, 151. 538 Vgl. Hüffer, AktG, § 243 Rz. 59; MünchKommZPO-Prütting, § 286 Rz. 115.

IV. Fazit

123

Bezugsbedingungen539. Insofern muss die Darlegungs- und Beweislast bei dem klagenden Gesellschafter liegen, weil der formal ordnungsgemäß gefasste, Mehrheit und Minderheit gleichermaßen treffende Beschluss die Vermutung seiner Richtigkeit in sich trägt540. Handelt es sich um einen faktischen Bezugsrechtsausschluss, so verhält es sich umgekehrt. Es obliegt dem Kläger zwar, eine Ungleichbehandlung durch die Gestaltung der Bezugsbedingungen darzulegen und ggf. zu beweisen. Für die als Umgehungstatbestand erforderliche Einhaltung der prozeduralen Anforderungen folgt die Beweislast der Gesellschaft nach der Normentheorie dagegen bereits unmittelbar aus § 186 Abs. 3, Abs. 4 S. 1 und S. 2 AktG541. Diejenigen Tatsachen, die eine sachliche Rechtfertigung belegen sollen, sind ebenfalls von der Gesellschaft beizubringen542. Anders als bei der bloßen Missbrauchskontrolle muss die Gesellschaft daher auch den Beweis führen, dass die Kapitalerhöhung in ihrer konkreten Ausgestaltung der Förderung der Gesellschaftsinteressen dient. Allerdings ist auf dieser Stufe wie bei den übrigen Prüfungsvoraussetzungen ein gerichtlicher Kontrolle weitgehend entzogener Ermessenspielraum des handelnden Gesellschaftsorgans zu beachten, wenn die Voraussetzungen der business judgment rule sämtlich vorliegen543. Die Beweislast ist dann begrenzt auf den Nachweis der Rationalität („vernünftigerweise“) etwa der Entscheidung, eine mindestens gleichwertige Maßnahme komme nicht in Betracht544.

IV. Fazit Die von Gehling erneut ins Spiel gebrachte Anerkennung unterschiedlicher Prüfungsmaßstäbe je nach dem vorgefundenen Grad der Erschwerung des Anteilsbezugs ist im Ergebnis zuzustimmen. Sie erlaubt eine abgestufte Behandlung, die der jeweiligen Erschwerung nach Art und Umfang einzelfallbezogen Rechnung tragen kann. Zwar entspricht es bereits bislang ganz herrschender Ansicht, nicht jede Erschwerung des Bezugsrechts als faktischen Ausschluss zu begreifen und den

539

Vgl. Gehling, ZIP 2011, 1699, 1701; vgl auch die Beispiele oben D. I. 1. b). Vgl. Bachmann, ZHR 171 (2007), 747, 748; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 56, 305; im Ergebnis auch T. Bezzenberger, ZIP 2002, 1917, 1927, Fn. 75:„Fraus numquam praesumitur“; Wandrey, Materielle Beschlusskontrolle, S. 266 f. 541 Vgl. Wiedemann, FS Heinsius, S. 949, 964 f. für die Berichts- und Begründungspflichten. 542 Henze/Notz, in: GroßKommAktG, § 53a Rz. 155; MünchKommAktG-Hüffer, § 243 Rz. 67; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 37; a.A. Schnorbus, in: Rowedder/SchmidtLeithoff, GmbHG, § 55 Rz. 39. 543 Siehe dazu soeben unter D. II. 2. 544 Zur umstrittenen Frage, wer die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen der business judgment rule trägt vgl. die Nachweise unter Fn. 485. 540

124

D. Ungeschriebene Anforderungen an Erschwerungen des Anteilsbezugs

Anforderungen an einen ausdrücklichen Bezugsrechtsausschluss zu unterwerfen545. Die bisherige Diskussion dreht sich allerdings in besonderem Maße um das Herausfiltern einzelner Fallgruppen faktischen Bezugsrechtsausschlusses. Unter dem Eindruck der ohne Ausnahme für jeden (ausdrücklichen) Bezugsrechtsausschluss geltenden Lehre vom sachlichen Grund scheint der Blick dafür verstellt, dass im Angesicht gesellschaftsrechtlicher Treuepflichten ohnehin jedes Handeln der Gesellschaftsorgane dem Gemeinwohl verpflichtet ist und diese Gemeinwohlverpflichtung mittels der treuepflichtinduzierten Missbrauchskontrolle auf die Verfolgung des Gesellschaftsinteresses durchsetzbar ist. Daher stehen die Gesellschafter einer nachteiligen Gestaltung der Bezugsbedingungen auch dann nicht schutzlos gegenüber, wenn das Niveau eines faktischen Bezugsrechtsausschlusses mangels Ungleichbehandlung der Altgesellschafter in der Kapitalerhöhung nicht erreicht ist. Allerdings muss es für diesen Fall bei einer vergleichsweise grobmaschigen Kontrolle, gerichtet allein auf die Verfolgung des Gesellschaftsinteresses, verbleiben. Nicht nur obliegt es dem klagenden Gesellschafter, die fehlende Förderung des Gesellschaftsinteresses durch die angegriffene Bezugsbedingung darzutun und ggf. zu beweisen. Auch ist bei Vorliegen aller Anwendungsvoraussetzungen von § 93 Abs. 1 S. 2 AktG als organübergreifend geltender Regel ein Gestaltungsspielraum bei der Bestimmung dessen, was im Gesellschaftsinteresse liegt, anzuerkennen. Dagegen ist die Kontrollintensität in den Fällen faktischen Bezugsrechtsausschlusses deutlich erhöht. Das liegt nicht zuletzt daran, dass im Rahmen der notwendigen sachlichen Rechtfertigung die Voraussetzungen der business judgment rule jedenfalls für die Beurteilung der Angemessenheit der Maßnahme wegen konfligierender Interessen nicht auf jeder Prüfungsstufe gegeben sein können. Spätestens auf der Ebene der Angemessenheitsprüfung ist das Gericht zu einer eigenständigen Entscheidung aufgerufen, zu der es sich freilich den Rat kundiger Dritter (§§ 404 ff. ZPO) einholen kann. Insofern ergänzt hier die entscheidungsprozessbezogene business judgment rule die regulative Wirkung des Gleichbehandlungsgrundsatzes: Wo die Bezugsbedingungen keine ungleiche Wirkung zeitigen, genügt eine Missbrauchskontrolle. Liegt dagegen ein faktischer Bezugsrechtsausschluss vor, ist eine volle inhaltliche Kontrolle nur insofern ausgeschlossen, als die in der Kapitalmaßnahme samt Festsetzung der Bezugsbedingungen zum Ausdruck kommende unternehmerische Entscheidung auf angemessener Tatsachengrundlage erfolgt und keine Interessenkonflikte bestehen.

545

Siehe dazu oben D. I. sowie die Nachweise unter Fn. 439.

E. Bestimmung faktischer Bezugsrechtsausschlüsse im Einzelfall Mit den bisherigen Ausführungen wurde das Ziel verfolgt, ein abstraktes Kriterium für die Bestimmung faktischer Bezugsrechtsausschlüsse zu entwickeln und die formalen und materiellen Anforderungen an solche und dahinter zurückbleibende einfache Erschwerungen des Anteilsbezugs herauszuarbeiten. Beispiele haben dabei bislang nur vereinzelt Erwähnung gefunden. Eine einzelfallbezogene Konkretisierung des Aufgreifkriteriums steht noch aus. Im Folgenden sollen solche Fallgruppen und Beispielsfälle, die häufig mit dem faktischen Bezugsrechtsausschluss in Verbindung gebracht werden, darauf untersucht werden, ob eine Ungleichbehandlung der Altgesellschafter in der Kapitalerhöhung aus den jeweiligen Bezugsbedingungen tatsächlich folgt. Wo es möglich erscheint, soll darüber hinaus der Frage nach Gestaltungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Ungleichbehandlungen nachgegangen werden. Bevor aber der Blick auf rechtliche und sonstige Erschwerungen (vor allem wirtschaftlicher Art) schwenkt, soll zunächst herausgestellt werden, wann überhaupt von einer Ungleichbehandlung ausgegangen werden kann, deren Vorliegen das Aufgreifkriterium für einen faktischen Bezugsrechtsausschluss bildet.

I. Zum Vorliegen einer Ungleichbehandlung Mit der zunehmenden Überzeugung, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz ein Schutzregime formt, das neben rein äußerlich differenzierenden Maßnahmen der Gesellschaft auch materielle Ungleichbehandlungen einbezieht, sind Wertungen verbunden, die es aufzuschlüsseln gilt, damit eine darauf fußende Einordnung faktischer Bezugsrechtsausschlüsse in der Praxis gelingen kann. Bereits hingewiesen wurde auf den Umstand, dass sich die Diskussion um die Bestimmung insbesonderer materieller Ungleichbehandlungen noch in einem Entwicklungsstadium befindet. Nachvollziehbare Bestimmungskriterien sind insbesondere von Verse entwickelt worden. Ihre besondere Überzeugungskraft beziehen sie aus ihrem Einklang mit der auch hier befürworteten Einordnung gleichmäßiger Behandlung als eines Regulativs zur Förderung sachgerechter, dem Gemeinwohl verpflichteter Entscheidungen546. Zum besseren Verständnis der folgenden Untersuchung, welche Fallgruppen tatsächlich als faktische Bezugsrechtsausschlüsse einzuordnen sind, kann daher für die folgende skizzenhafte Veranschaulichung einer Bestimmung von Ungleichbe546

Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 56, 239 f.

126

E. Bestimmung faktischer Bezugsrechtsausschlüsse im Einzelfall

handlungen der Altgesellschafter durch die Bezugsbedingungen an die tiefschürfenden Vorarbeiten Verses angeknüpft werden. 1. Formale Ungleichbehandlungen Formale Ungleichbehandlungen bedeuten eine Differenzierung anhand äußerlich abgrenzbarer Kriterien. Sie sind grundsätzlich – von statutarischen oder gesetzlich vorgesehenen Besonderheiten abgesehen547 – durch die Anknüpfung an die Person des Gesellschafters oder die Modalitäten der Beteiligung (z. B. Großaktionär, Belegschaftsanteile) vergleichsweise einfach zu identifizieren. Kontrollgruppe für das Vorliegen formaler Ungleichbehandlungen sind die Gesellschafter derselben Gesellschaft; für das Gesellschaftsrecht bedarf es einer besonderen Vergleichbarkeitsprüfung nicht548. Dementsprechend sollten erst bei der Frage, ob die Ungleichbehandlung im Gesellschaftsinteresse liegt und einer Verhältnismäßigkeitsprüfung standhält, Elemente wertender Differenzierung zum Tragen kommen549. Eine Ausnahme bildet im Einzelfall die Frage nach der Zurechnung unechter Dritter in den Kreis der Gesellschafter550. 2. Materielle Ungleichbehandlungen Die Diskussion darüber, wann mitgliedschaftliche Rechte einzelner Gesellschafter durch eine Maßnahme so stark positiv oder negativ betroffen sind, dass von einer materiellen Ungleichbehandlung gesprochen werden kann, ist noch nicht abgeschlossen. Wie oben angeklungen, besteht eine plausible Eingrenzung in der Differenzierung danach, ob Gesellschaftern, deren Beteiligung eine Sperrminorität begründet (maßgeblich beteiligte Gesellschafter) durch die angegriffene Maßnahme ein bestimmter Sondervorteil erwächst oder sonstige Gesellschafter einen greifbaren Sondernachteil in ihren Beteiligungsinteressen erleiden551. Für einen Sondernachteil sollen mitgliedschaftlich veranlasste Expektanzen ohne gesicherte rechtliche Grundlage dabei ebenso wenig genügen wie rein tatsächliche Benachteiligungen, solange diese nicht das Niveau rechtlicher Beeinträchtigungen erreichen552.

547

Vgl. insofern Janssen, in: Heidel, Aktienrecht, § 53a Rz. 9 ff. Vgl. KölnKommAktG-Drygala, § 53a Rz. 24 ff.; Hüffer, AktG, § 53a Rz. 6 f.; Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 53a Rz. 11; Janssen, in: Heidel, Aktienrecht, § 53a Rz. 7 f.; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 215. 549 Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 216, 466. Vgl. auch Hüffer, AktG, § 53a Rz. 4: „Gebot, Aktionäre unter gleichen Bedingungen gleich zu behandeln, ist nichts anderes als Verbot, Aktionäre ohne genügende sachliche Rechtfertigung und in diesem Sinne willkürlich unterschiedlich zu behandeln“ . 550 Dazu im Folgenden. 551 Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 196 ff., 239 ff. 552 Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 241 ff. 548

I. Zum Vorliegen einer Ungleichbehandlung

127

Bei Erschwerungen des Anteilsbezugs kommt eine materielle Ungleichbehandlung wegen einer Sonderbenachteiligung dann in Betracht, wenn die Bezugsbedigungen zur Folge haben, dass einzelne Gesellschafter selbst bei bestehendem Ausübungswillen aller ihnen zukommenden konkreten Bezugsansprüche die bestehende Beteiligungsquote nicht aufrecht erhalten können und diese bislang eine Sperrminorität begründet oder die Ausübung gesetzlicher oder statutarischer Minderheitsrechte gestattet hat553. Über diese Anknüpfung an den gezeitigten Verlust solcher Minderheitspositionen, mit denen rechtlich bedeutsamer Einfluss verbunden ist, besteht ein klar umrissenes Abgrenzungsmerkmal für eine besondere Benachteiligung einzelner Gesellschafter554. Die verhältnismäßig deutlichen Konturen des Gleichbehandlungsgrundsatzes drohen über die Einbeziehung materieller Ungleichbehandlungen mit Blick auf den faktischen Bezugsrechtsausschluss nicht verwischt zu werden. Unterhalb dieser Schwelle fallen Benachteiligungen dagegen bereits nicht derart ins Gewicht, dass ein Bedürfnis für eine vollständige inhaltliche Kontrolle bestünde555. 3. Einbeziehung unechter Dritter Das Vorliegen von Ungleichbehandlungen droht über die Zwischenschaltung unechter Dritter verschleiert zu werden. So erhält etwa das von Gehling angeführte Beispiel ein gänzlich anderes Gepräge, wenn der sich zur Zeichnung nicht ausgeübter Bezugsrechte verpflichtende Investor einem maßgeblich beteiligten Gesellschafter zuzurechnen ist und eine solche Strohmann-Taktik gewählt wurde, weil die Gesellschaftermehrheit einer Kapitalerhöhung mit überhöhtem Bezugspreis und diesem Gesellschafter als bereitsstehendem Backstop Investor die Zustimmung mit Sicherheit versagt hätte.556

553

Vgl. insofern z. B. die unter Fn. 132 aufgeführten gesetzlichen Minderheitsrechte. Ebenso (mit Blick auf Kapitalerhöhungen unter ausdrücklichem Bezugsrechtsausschluss) für die Anerkennung einer materiellen Ungleichbehandlung daher Henze/Notz, in: GroßKommAktG, § 53a Rz. 65; Tettinger, Bezugsrechtsausschluss, S. 100 f.; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 243, 293, 460, 462; Weiner, Gleichbehandlung, S. 85 f.; vgl. auch Fraktionsbegr. BT-Drucks. 13/9712, S. 10. 555 Vgl. Fraktionsbegr. BT-Drucks. 12/6721, S. 10, wonach einem Einflussverlust durch Bezugsrechtsausschluss erst dann Bedeutung zukomme, wenn der Verlust einer Minderheitsrechte vermittelnden Beteiligungsquote drohe. 556 Es bedarf einer maßgeblichen Beteiligung im Sinne zumindest einer Sperrminorität, weil anderenfalls nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Festsetzung eines überhöhten Bezugspreises mit dem Willen des Gesellschafters bereits im Kapitalerhöhungsbeschluss erfolgte. Bei einer derartigen Beteiligung ist auch nicht davon auszugehen, dass die Geschäftsführung ohne Rücksicht auf die Interessen des Gesellschafters einen überhöhten Bezugspreis festsetzt und einen Vertrag zur Übernahme sämtlicher nicht gezeichneter Anteile mit einem diesem Gesellschafter zuzurechnenden Investor schließt. In beiden Fällen steht daher zumindest Anlass zur Sorge, „dass die Gesellschaftsorgane davon geleitet waren, nicht das Gesellschaftsinteresse, sondern die Partikularinteressen des begünstigten Gesellschafters durchzusetzen“, vgl. Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 240. 554

128

E. Bestimmung faktischer Bezugsrechtsausschlüsse im Einzelfall

In diesem Sonderfall begründet die Festsetzung eines überhöhten Bezugspreises eine materielle Ungleichbehandlung. Zwar ist die Entscheidung gegen die Ausübung des Bezugsrechts für die übrigen Gesellschafter nicht bereits „vorprogrammiert“. Es mögen, vor allem für die Inhaber von Beteiligungen, die bestimmte Minderheitsrechte gewähren, gute Gründe für eine Ausübung so vieler Bezugsrechte bestehen, dass jedenfalls der erforderliche Schwellenwert gehalten werden kann. Weil jedoch zu erwarten ist, dass sich insbesondere Gesellschafter mit Kleinstbeteiligungen von einem Nachbezug über den (überhöhten) Preis abschrecken lassen und weil möglicherweise die Bezugsentscheidungen insgesamt bei Kenntnis der wahren Lage anders ausgefallen, besteht in dieser Konstellation eine gesteigerte Chance zum Aufbau eines bestimmten Beteiligungsziels und damit eines Sondervorteils. Wenngleich die Vornahme von Zurrechnungen im Ausgangspunkt praktisch unumstritten sind, müssen die Kriterien, nach denen Dritte materiell Gesellschaftern gleichzustellen sein sollen und damit die für die Anwendung des gesellschaftsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes erforderliche tatbestandliche Vergleichbarkeit besteht, als nicht abschließend geklärt gelten557. Vertiefter Ausführungen bedarf es zu diesem grundsätzlichen Problem an dieser Stelle nicht. Es sei nur der Blick dafür geschärft, dass sich die Bewertung als gleichmäßig wirkende Bezugsbedingung ändern kann, wenn eingeschaltete Dritte in Wahrheit Gesellschaftern zuzurechnen sind.

II. Rechtliche Erschwerungen des Anteilsbezugs Die Differenzierung zwischen rechtlichen und tatsächlichen Erschwerungen des Anteilsbezugs entstammt der GmbH-rechtlichen Literatur558. Gemeint ist damit die Trennung von Festsetzungen, die zwangsläufig die Möglichkeit zum Erhalt der Beteiligungsquote trotz Gewährung eines Bezugsrechts einschränken, und solchen Bezugsbedingungen, die hierzu – wie der überhöhte Bezugspreis – allein ein besonderes Opfer verlangen. Soweit der Versuch unternommen wird, bereits über diese Einordnung zu einer positiven oder negativen Aussage über das Voliegen eines faktischen Bezugsrechtsausschlusses zu gelangen559, erscheint ein solcher Ansatz zweifelhaft. Auch rechtliche Erschwerungen des Anteilsbezugs begründen nur dann einen faktischen Bezugsrechtsausschluss, wenn eine formale oder materielle Ungleichbehandlung festzustellen ist560. Die Zurückhaltung gegenüber der Anerken557 Vgl. insofern KölnKommAktG-Drygala, § 53a Rz. 20 ff.; Fleischer, in: K. Schmidt/ Lutter, AktG, § 53a Rz. 19 sowie § 57 Rz. 30 ff.; Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 57 Rz. 28 ff.; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 244 ff. 558 Vgl. Hermanns, in: Michalski, GmbHG, § 55 Rz. 43 f.; MünchKommGmbHG-Lieder, § 55 Rz. 82. 559 Vgl. MünchKommGmbHG-Lieder, § 55 Rz. 82. 560 In diese Richtung auch Hermanns, in: Michalski, GmbHG, § 55 Rz. 43; vgl. auch ders., ZIP 2003, 788, 790.

II. Rechtliche Erschwerungen des Anteilsbezugs

129

nung faktischer Bezugsrechtsausschlüsse durch Erschwerungen des Anteilsbezugs, die wie die Festsetzung eines überhöhten Bezugspreises tatsächlicher, also vor allem wirtschaftlicher Art sind, ist dagegen zwar im Grundsatz zu begrüßen561. Allerdings bleibt nicht nur die Frage unbeantwortet, welches Prinzip diese Einordnung tragen soll. Ferner erscheint fraglich, ob sich eine derartige Abgrenzung bruchfrei durchhalten lässt. So müssen letztlich auch ihre Verfechter einräumen, dass in den persönlichen Verhältnissen der Altgesellschafter wurzelnde Erschwerungen des Anteilsbezugs durchaus die Schwelle zum faktischen Bezugsrechtsausschluss überschreiten können562. Mit der Scheidung zwischen rechtlichen und tatsächlichen Erschwerungen des Anteilsbezugs soll daher einer Einteilung in faktische Bezugsrechtsausschlüsse auf der einen und bloße sonstige Erschwerungen des Anteilsbezugs kein Vorschub geleistet werden563. Es handelt sich zunächst einmal um einen bloßen Gliederungsvorgang. Erst nach der Beleuchtung der jeweils angeführten Beispiele wird sich zeigen, ob – entgegen anderlautender Vermutung – der Einordnung als rechtlicher oder sonstiger Erschwerung des Anteilsbezugs eine präjudizielle Bedeutung zu entnehmen ist. Damit sei nunmehr der Blick gerichtet auf die Untersuchung einzelner Fallgruppen und Beispiele, die in der Literatur unter dem Aspekt des faktischen Bezugsrechtssauschlusses durch rechtliche Erschwerungen des Anteilsbezugs diskutiert werden. 1. Verknüpfung des Bezugsangebots mit der Übernahme besonderer Pflichten a) Ausgangspunkt Die Verknüpfung des Bezugsangebots mit der Übernahme weiterer, über den bar oder als Sacheinlage zu leistenden Bezugspreis hinausgehende Pflichten findet sich bereits im älteren Schrifttum als Beleg für die Möglichkeit eines tatsächlichen Ausschlusses des Bezugsrechts trotz formal gewährter Rechtsposition564. Dass diese Fallgruppe damit zu den klassischen Beispielen faktischen Bezugsrechtsaus561

Vgl. oben B. I. 2. b) cc). MünchKommGmbHG-Lieder, § 55 Rz. 51 nennt gerade den Fall ungleich wirkender Bezugsbedingungen am Beispiel einer formalen Ungleichbehandlung (uneinheitlicher Ausgabebetrag); ähnlich bereits Hermanns, ZIP 2003, 788, 790. 563 Einer solchen Scheidung haftet ferner der Makel an, dass die Grenzen zwischen rechtlichen und tatsächlichen Erschwerungen des Anteilsbezugs letztlich fließend sind. Worin unterscheidet sich etwa die Festsetzung eines überhöhten Bezugspreises (sonstige Erschwerung) in ihrer Wirkung von der Verknüpfung des Bezugsangebots mit der Übernahme weiterer Pflichten (rechtliche Erschwerung), wenn diese Pflicht konkret in der Bereitstellung eines Gesellschafterdarlehens und damit genauso wie die Festsetzung eines überhöhten Bezugspreises in einer finanziellen, im Ausgangspunkt von jedem Gesellschafter erfüllbaren Sonderbelastung mündet? 564 Vgl. Schlegelberger/Quassowski/Herbig/Geßler/Hefermehl, AktG 1937, § 153 Rz. 13. 562

130

E. Bestimmung faktischer Bezugsrechtsausschlüsse im Einzelfall

schlusses zählt, sollte allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass ihre Einordnung heute zunehmend kontrovers beurteilt wird. Zwar befinden sich diejenigen Stimmen, die bei einer Verknüpfung von Bezugsrecht und weitergehender Pflicht ohne jede Einschränkung vom Vorliegen eines faktischen Ausschlusses überzeugt sind, noch in der Mehrzahl565. Teile der Literatur wollen dagegen ihr Votum von der Art der Verpflichtung abhängig machen und bewerten nur weitergehende Pflichten nichtkorporativer Art kritisch566, andere unterscheiden danach, ob alle Gesellschafter von der festgesetzten Verpflichtung gleichermaßen betroffen sind567. b) Eigene Bewertung aa) Vorbemerkungen Gerade im Zusammenhang mit der behandelten Fallgruppe erscheint es geboten, nochmals die erforderliche Konsequenz in der Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes herauszustellen, der es zur Bestimmung faktischer Bezugsrechtsausschlüsse anhand von Ungleichbehandlungen in der Kapitalerhöhung bedarf. Von besonderer Bedeutung ist gerade hier, dass nicht unter dem Deckmantel der grundsätzlich berechtigten Einschränkung, Gesellschafter seien nur unter gleichen Bedingungen gleich zu behandeln, auf tatbestandlicher Ebene Wertungsmöglichkeiten eröffnet werden, die der Annahme einer Ungleichbehandlung entgegen gebracht werden könnten568. Richtig verortet sind entsprechende wertende Elemente grundsätzlich erst auf der Ebene sachlicher Rechtfertigung am Maßstab des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes569. Für den Fall, dass die mit dem Bezugsrecht verknüpfte Nebenpflicht etwa in der Einbringung eines Unternehmens besteht, lässt sich die Möglichkeit eines faktischen Bezugsrechtsausschlusses daher nicht vorschnell damit abtun, es mangele an einer Ungleichbehandlung, weil die relevante Vergleichsgruppe zur Feststellung von vornherein auf diejenigen Gesellschafter begrenzt sei, die die geforderte Sacheinlage erbringen können. Dem steht entgegen,

565 Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 6 Rz. 48; Krause, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 7 Rz. 7; MünchHdbGesellschaftsrecht/AG-Krieger/Kraft, § 56 Rz. 100; MünchKommGmbHG-Lieder, § 55 Rz. 82; MünchKommAktG-Peifer, § 186 Rz. 100; Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 177. 566 Vgl. Rottnauer, ZGR 2007, 401, 428 und KölnKommAktG-Lutter, § 186 Rz. 87, der bspw. Konsortial- und Stimmrechtsbindung nennt. 567 Vgl. Groß, AG 1993, 449, 455; Heckschen, DStR 2001, 1437, 1441 f.; Hermanns, in: Michalski, GmbHG, § 55 Rz. 43. 568 So aber wohl BGHZ 71, 40, 46 – Kali und Salz; LG Aachen AG 1992, 410, 412; Vaupel/ Reers, AG 2010, 93, 97. 569 Vgl. im Ansatz die Nachweise unter Fn. 549. Die Frage nach Zurechnung unechter Dritter zu dem Kreis der Gesellschafter ist dagegen ebenso eine bereits das Vorliegen einer Ungleichbehandlung betreffende Wertungsfrage auf tatbestandlicher Ebene, wie die Frage nach Vorliegen einer materiellen Ungleichbehandlung.

II. Rechtliche Erschwerungen des Anteilsbezugs

131

dass es einer Vergleichbarkeitsprüfung abgesehen von Fragen nach einer Hinzurechnung Dritter im Gesellschaftsrecht nicht bedarf570. Ebenso ist unbedeutend für das Vorliegen einer durch die Bezugsbedingungen verursachten Ungleichbehandlung und damit für die Annahme eines faktischen Bezugsrechtsausschlusses, ob eine „sachliche Notwendigkeit“ für die Bezugsgestaltung bestand571. Dieser Aspekt ist nicht schon auf tatbestandlicher Ebene zu berücksichtigen, sondern wiederum erst für die Frage der sachlichen Rechtfertigung des faktischen Ausschlusses im Gesellschaftsinteresse am Maßstab des Verhältnismäßigkeitsprinzips von Bedeutung572. bb) Einordnung der Fallgruppe Vollkommen zutreffend ist der in diesem Zusammenhang vorgebrachte Hinweis, das Bezugsrecht begründe ein Recht zur Teilhabe an einer „wie auch immer gearteten“ Kapitalerhöhung, aber kein Recht auf unbeschwerten Anteilserwerb573. Damit wird impliziert, dass für die Bestimmung, ob eine Aufbürdung bestimmter Pflichten zur Wahrnehmung des Rechts zum Anteilsbezug einen faktischen Bezugsrechtsausschluss begründet, der Blick auf den inneren Geltungsgrund des mitgliedschaftlichen Bezugsrechts zu richten ist. Nach den im Verlauf der Untersuchung getroffenen Feststellungen folgt das gesetzliche Bezugsrecht aus der Erkenntnis, dass Altgesellschaftern ein Anspruch auf relative Gleichbehandlung in der Kapitalerhöhung gegen die Gesellschaft zukommt. Hieran ist die Einstufung von Erschwerungen des Anteilsbezugs als faktischer Bezugsrechtsausschluss oder einfache Erschwerung des Anteilsbezugs auszurichten. Auch diejenigen Autoren, die eine Verknüpfung des Bezugsrechts mit der Übernahme weiterer Pflichten materiell stets als Ausschluss bewerten wollen, stellen nicht in Frage, dass für die Anerkennung eines faktischen Ausschlusses die Freiheit zur Ausübung des Bezugsrechts unzumutbar eingeschränkt werden muss. Hierfür liefert das Vorliegen einer Ungleichbehandlung einen greifbaren Anknüpfungspunkt. Wird für die Übernahme neuer Anteile die Einbringung einer solchen Sacheinlage als zusätzliches „Aufgeld“ verlangt, die nicht nur der Gattung nach bestimmt ist – z. B. Pflicht zur Einbringung eines Unternehmens, Einräumung eines spezifischen Nutzungsrechts gegenüber der Gesellschaft – kann darin die einen faktischen Bezugs-

570

Vgl. oben E. I. 1. Dieses Merkmal bemühen zur Aufdeckung faktischer Bezugsrechtsausschlüsse LG Düsseldorf AG 1999, 134 – Nordhäuser Tabakfabriken AG/AHAG; Dryander/Niggemann, in: Hölters, AktG, § 186 Rz. 49; KölnKommAktG-Lutter, § 186 Rz. 87; Vaupel/Reers, AG 2010, 93, 95. 572 Zutreffend Rebmann, in: Heidel, Aktienrecht, § 186 Rz. 74. 573 Groß, AG 1993, 449, 455; vgl. auch MünchKommAktG-Peifer, § 186 Rz. 15; Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 176. 571

132

E. Bestimmung faktischer Bezugsrechtsausschlüsse im Einzelfall

rechtsausschluss indizierende Ungleichbehandlung liegen574. Das ist zum einen dann der Fall, wenn rechtlich relevant beteiligte Altgesellschafter zur Erbringung der geforderten Leistung etwa mangels Eigentums an dem einzubringenden Betrieb oder fehlender Inhaberschaft der verlangten Lizenz individuell nicht ohne weiteres in der Lage sind. Sinkt in der Folge ihre Beteiligungsquote unter den zuvor gehaltenen, rechtlich bedeutsamen Schwellenwert ab, ist der jeweilige Gesellschafter daran gehindert, ihm bislang zukommende Teilhaberechte auch weiterhin wahrzunehmen und erleidet einen Sondernachteil575. Ebenso begründet der dann gegebene Sondervorteil eine materielle Ungleichbehandlung, falls die geforderte, nicht gattungsmäßig bestimmte Leistung insbesondere von einem maßgeblich beteiligten Gesellschafter erbracht werden kann, der so in die Lage versetzt wird, seine Stimmrechtsquote weiter auszubauen576. Die Aufbürdung von Pflichten über Nebenabreden, die mit der Wahrnehmung des konkreten Bezugsanspruchs verwoben sind, die jedoch alle Gesellschafter erbringen können, berührt mangels Ungleichbehandlung den Kern des mitgliedschaftlichen Bezugsrechts dagegen nicht. Über sie kann eine Gleichstellung mit den formalen und materiellen Anforderungen an den ausdrücklichen Ausschluss nicht gerechtfertigt werden. Exzessen durch derartige einfache Erschwerungen des Anteilsbezug über die Verknüpfung des Angebots zum Bezug neuer Aktien mit der Übernahme besonderer Pflichten durch das handelnde Gesellschaftsorgan sind die betroffenen Altgesellschafter dabei nicht schutzlos ausgeliefert. Ob eine die Gesellschafter gleichmäßig treffende Verpflichtung etwa zur Stimmrechtsbindungen oder der Leistung eines Gesellschafterdarlehens neben der Einlage tatsächlich im Einzelfall das Gesellschaftsinteresse formuliert, steht vielmehr einer gerichtlichen Überprüfung über die treuepflichtinduzierte Missbrauchskontrolle offen577. 2. Nachteiliges Bezugsverhältnis und Erfordernis einer Mindestbeteiligungsquote Weitere, seit langem als mögliche Fallgruppen eines faktischen Bezugsrechtsausschlusses diskutierte Gestaltungen sind die formale Bezugsrechtsgewährung 574 Weitergehend Heckschen, DStR 2001, 1437, 1441: Stets Fall eines faktischen Bezugsrechtsausschlusses. Im Ergebnis wie hier Groß, AG 1993, 449, 455: „Wenn das Bezugsrecht mit der Übernahme besonderer Pflichten verknüpft wird, die alle Bezugsberechtigten gleichermaßen treffen, liegt kein Bezugsrechtsausschluss vor“. 575 Etwas anderes muss freilich dann gelten, wenn der einen Sondernachteil erleidende Minderheitsgesellschafter dem Kapitalerhöhungsbeschluss zuvor zugestimmt hatte und dieser bereits eine Verknüpfung des Bezugsrechts mit der Übernahme ungleich wirkender Pflichten vorsah, denn dann ist die Ungleichbehandlung diesem Gesellschafter gegenüber durch seine Zustimmung gerechtfertigt. 576 Keiner näheren Ausführung bedarf, dass auch formale Ungleichbehandlungen (z. B. weitergehende Pflichten nur für einzelne Gesellschafter oder Gesellschaftergruppen) einen faktischen Bezugsrechtsausschluss begründen müssen. 577 Vgl. die Ausführungen unter D. I. 1.

II. Rechtliche Erschwerungen des Anteilsbezugs

133

unter nachteiligem Bezugsverhältnis sowie die Festsetzung einer zum Bezug berechtigenden Mindestbeteiligungsquote578. Neuerdings finden sich Stimmen, die das Erfordernis einer solchen quotalen Mindestbeteiligung ohne weiteres als faktischen Bezugsrechtsausschluss einzuordnen bereit sind579. Dagegen wurde bislang regelmäßig einschränkend eine „sachlich nicht veranlasste Mindestzahl“580 verlangt bzw. ein besonders hinderliches Bezugsverhältnis, bei dem nur „eine ungewöhnlich große Anzahl alter Aktien ein Anrecht auf neue“ gebe581. a) Zum Vorliegen einer Ungleichbehandlung Unter dem Aufgreifkriterium materieller Ungleichbehandlung der Altgesellschafter erscheinen solche Erfordernisse für eine Bewertung nachteiliger Bezugsverhältnisse oder Mindestbeteiligungsquoten als faktische Bezugsrechtsausschlüsse vorderhand unangebracht. Eine Benachteiligung erfahren zunächst einmal alle Gesellschafter, die trotz formal gewährten Bezugsrechts aufgrund ihres zu geringen Anteilsbesitzes überhaupt nicht (Erfordernis quotaler Mindestbeteiligung) oder jedenfalls nicht im Umfang der bisherigen Beteiligungsquote (ungünstiges Bezugsverhältnis) zum Nachbezug berechtigt und damit nicht ohne weiteres in der Lage sind, ihre bisherige Beteiligungsquote aufrecht zu erhalten582. Die Situation erscheint vergleichbar mit rechtlichen Beeinträchtigungen mitgliedschaftlicher Interessen durch Strukturmaßnahmen wie Kapitalherabsetzungen durch Zusammenlegung von Anteilen, die einen Minderheitsgesellschafter zum Ausscheiden zwingen583 oder der nachträglichen Einführung von Höchststimmrechten, die nur Gesellschafter mit einer bestimmten Stimmrechtsquote berührt584. Jeweils wendet sich die Maßnahme formal gleichermaßen an alle Gesellschafter, trifft diese jedoch in unterschiedlichem Ausmaß in ihrer mitgliedschaftlichen Stellung und begründet so eine materielle Ungleichbehandlung585.

578

Vgl. bereits Bernicken, JW 1927, 2970, 2971; Büschgen, AG 1964, 271, 307. MünchKommGmbHG-Lieder, § 55 Rz. 82. 580 Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 176; ähnlich Vaupel/Reers, AG 2010, 93, 97: grundlos unverhältnismäßiges Bezugsverhältnis. 581 Bernicken, JW 1927, 2970, 2971; ähnlich LG Hamburg AG 1999, 382 – Triton-Belco AG; Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 6 Rz. 66 mit Verweis auf BGHZ 142, 167, 170 f. – Hilgers; KölnKommAktG-Lutter, § 186 Rz. 87; MünchVertragsHdb/Gesellschaftsrecht-Hölters/Favoccia, Form V. 106 Anm. 8. 582 Sonstige – z. B. börsliche – Zukaufsmöglichkeiten begründen kein gleichwertiges „faktisches Bezugsrecht“, vgl. Zöllner, AG 2002, 585, 592. 583 RG LZ 1914, 273. 584 BGHZ 70, 117 – Mannesmann. 585 Mit Blick auf die genannten Beispiele ebenso KölnKommAktG-Drygala, § 53a Rz. 14; Henze/Notz, in: GroßKommAktG, § 53a Rz. 65; Hüffer, AktG, § 53a Rz. 9; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 242. 579

134

E. Bestimmung faktischer Bezugsrechtsausschlüsse im Einzelfall

In dem hier untersuchten Kontext begründet indes die Verknüpfung des Bezugsangebots mit einer Mindestbeteiligungsquote oder einem spezifischen Bezugsverhältnis für sich allein tatsächlich noch keinen Sondernachteil und damit keine materielle Ungleichbehandlung. Entscheidend für eine Einstufung als faktischer Bezugsrechtsausschluss ist aber nicht etwa – wie bislang überwiegend angenommen – die Gestaltung des Bezugsverhältnisses selbst, also z. B., ob sieben neue auf 19 alte Anteile kommen586. In den Blick gerückt werden muss vielmehr, ob es einzelnen Gesellschaftern aufgrund der gewählten Festsetzung versagt ist, eine rechtlich bedeutsame Beteiligungsschwelle allein über die Ausübung des Bezugsrechts halten zu können. Denn anders als in den Fällen einer Kapitalherabsetzung oder der Einführung eines nachträglichen Höchststimmrechts bleiben die betroffenen Altgesellschafter in jedem Falle Mitglieder der Gesellschaft. Es droht ihnen auch keine unmittelbare Entwertung der über die Beteiligungsquote vermittelten Herrschaftsbefugnisse. Die Knüpfung des Bezugsangebots an eine Mindestbeteiligungsquote ebenso wie die Vorgabe eines ungewöhnlichen Bezugsverhältnisses begründet daher für sich genommen keine materielle Ungleichbehandlung. Für das Vorliegen einer gleichwohl im Raum stehenden Sonderbenachteiligung ist zu untersuchen, ob etwa bei der Gestaltung „sieben auf 19“ zu Lasten einzelner Gesellschafter selbst bei vollständiger Ausübung des Bezugsrechts eine zuvor gehaltene, rechtlich relevante Beteiligungsschwelle nicht erreicht werden kann, weil im Zusammenspiel von Bezugsverhältnis und Kapitalerhöhungsgesamtbetrag zu viele freie Spitzen entstehen587. Sind die Gesellschafter danach daran gehindert, eine rechtlich relevante Beteiligungsquote allein durch Ausübung des Bezugsrechts aufrecht zu erhalten und so die ihnen bislang zukommende besondere mitgliedschaftliche Teilhabe- und Herrschaftsbefugnisse auch zukünftig wahrzunehmen, erleiden sie eine spezifizierbare Sonderbenachteiligung588. Die Existenz solcher Sondernachteile markiert eine materielle Ungleichbehandlung und begründet in diesem Falle die Bewertung als faktischer Bezugsrechtsausschluss. Ist dagegen keiner Altgesellschafter derart betroffen – etwa weil eine Mindestbeteiligungsquote zwar in den Bezugsbedingungen vorgesehen, aber so niedrig angesetzt ist, dass relevant beteiligte Minderheitsgesellschafter von dieser nicht betroffen sein können –, so verbleibt es bei der Möglichkeit einer treupflichtinduzierten Missbrauchskontrolle zur Überprüfung der gewählten Struktur auf die Förderung des Gesellschaftsinteresses. Ein faktischer Bezugsrechtsausschluss liegt dagegen nicht vor. Insofern kommt den handelnden Organen bei Vorliegen der 586

Bsp. nach Bernicken, JW 1927, 2970, 2971. Dagegen übersieht Groß, AG 1993, 449, 455, die den Gesellschaftern drohenden Gefahren bei entsprechendem „Zusammenwirken“ von Erhöhungsumfang und Bezugsverhältnis; zutreffend insofern KölnKommAktG-Lutter, § 186 Rz. 66; Zöllner, Schranken, S. 352, wonach unnötige Spitzen zu vermeiden sind. 588 Vgl. die Nachweise unter Fn. 554; vgl. auch Gehling, ZIP 2011, 1699, 1701: Erschwerung der Erhaltung einer Minderheits- oder Sperrposition eines Aktionärs als Treuepflichtverletzung. 587

II. Rechtliche Erschwerungen des Anteilsbezugs

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Voraussetzungen der business judgment rule ein gerichtlich allein auf die Rationalität der Entscheidung überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. b) Ausschluss materieller Ungleichbehandlung bei funktionierendem Bezugsrechtshandel? Im älteren aktienrechtlichen Schrifttum findet sich der Hinweis, dass die Entwicklung eines funktionierenden Bezugsrechtshandels trotz Fehlen eines entsprechenden Hinweises im Gesetzestext grundsätzlich notwendig sei, um eine Aufrechterhaltung der Beteiligungsquote zu gewährleisten589. Weil die Gestaltung des Umfangs von Kapitalerhöhungen selten so vorgenommen werden kann, dass sich freie Spitzen vollkommen vermeiden lassen, seien einzelne Gesellschafter auf die Möglichkeit zum Erwerb weiterer konkreter Bezugsansprüche zum Beteiligungserhalt angewiesen. Unter diesem Gesichtspunkt stellt sich die Frage, ob die fehlende Einrichtung eines solchen Handels einen faktischen Bezugsrechtsausschluss zu begründen vermag. Das Problem soll an anderer Stelle ausgeleuchtet werden590. Umgekehrt könnte jedenfalls ein organisierter Handel von Bezugsrechten trotz nachteiligem Bezugsverhältnisses zu Lasten rechtlich relevant beteiligter Gesellschafter gerade gegen einen faktischen Bezugsrechtsausschluss sprechen. Entsprechende Erwägungen finden sich im Zusammenhang mit der Figur des hier nicht näher vertieften faktischen Bezugsrechtszwangs591. Durch einen liquiden Handel soll die Gefahr einer Wertverwässerung durch Verzicht auf die Bezugsrechtsausübung bei Ausgabe der neuen Anteile zu einem weit unter ihrem inneren Wert liegenden Betrag gebannt werden können. Es fehle nämlich an einer faktischen Nachschusspflicht und damit an einem als Verstoß gegen gesellschafterliche Treuebindungen eingestuften faktischen Bezugsrechtszwang592. Derlei Erwägungen lassen sich indes nicht ohne weiteres auf die Situation eines nachteiligen Bezugsverhältnisses übertragen. So ändert sich an der Qualifizierung als Ungleichbehandlung nichts, wenn die Gesellschaft einen auf den Kreis der Altgesellschafter begrenzten Bezugsrechtshandel eröffnet und darüber relevant beteiligten Gesellschaftern eine reelle Chance vermittelt, trotz „krummer“ Bezugsverhältnisse die Anteilsquote aufrecht zu erhalten593. Die Bezugsbedingungen münden nämlich für sich betrachtet weiterhin in einen Sondernachteil für derart beteiligte Altgesellschafter. Es stellt sich dann, vergleichbar der Situation beim sog. gekreuzten Bezugsrechtsausschluss, allen die Frage, ob durch die Einrichtung des Bezugsrechtshandels der faktische Bezugsrechtsausschluss gerechtfertigt ist. 589

Godin/Wilhelmi, AktG, § 186 Rz. 3. Siehe dazu unter E. III. 3. 591 Siehe dazu oben A. II. 2. 592 Seibt/Voigt, AG 2009, 133, 139. 593 Vgl. Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 6 Rz. 107; Seibt/Voigt, AG 2009, 133, 142. 590

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E. Bestimmung faktischer Bezugsrechtsausschlüsse im Einzelfall

Etwas anderes könnte aber aus der Existenz des § 186 Abs. 3 S. 4 AktG abzuleiten sein. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll mangels Sonderbenachteiligung die Annahme einer materiellen Ungleichbehandlung dann ausscheiden, wenn eine börsliche Zukaufsmöglichkeit besteht und damit das Unterschreiten eines bedeutsamen Schwellenwerts für relevant beteiligte Gesellschafter verhindert werden kann594. Eine Parallelbewertung drängt sich geradezu auf für Fälle, in denen das Bezugsrecht aus bereits börsennotierten Aktien auf entsprechenden Antrag der Gesellschaft hin zum börslichen Handel zugelassen wird und so die Möglichkeit des Erwerbs weiterer Bezugsansprüche besteht, eine relevante Beteiligung trotz nachteiligen Bezugsverhältnisses also doch noch aufrecht erhalten werden kann. Es zeigt sich bereits nach einem Blick ins Gesetz, dass die Einrichtung eines Handels über eine zentrale Abwicklungsstelle dafür jedenfalls nicht genügt. § 186 Abs. 3 S. 4 AktG erleichtert seinem Wortlaut nach Bezugsrechtsauschlüsse ausschließlich im Rahmen von Barkapitalerhöhungen börsennotierter Aktiengesellschaften. Insgesamt lässt sich aus der also erforderlichen börslichen Zukaufsmöglichkeit schließen, dass der Gesetzgeber eine gewisse Liquidität des Marktes und tasächliche Fungibilität der Aktien vorausgesetzt hat. Der tatsächliche Eintritt von Sondernachteilen muss damit im Ermessen ehedem relevant beteiligter Gesellschafter stehen wegen der real existierenden Nachkaufsmöglichkeit. Eine solche sah der Gesetzgeber für Aktien nicht börsengehandelter Gesellschaften nicht als gegeben an. Entgegen anderslautender Stimmen ist daher mit der wohl herrschenden Auffassung im Schriftum davon auszugehen, dass die Wirkungen des § 186 Abs. 3 S. 4 AktG nur dann zum Tragen kommen können, wenn eine einfache Zukaufsmöglichkeit auch tatsächlich besteht595. Davon kann indes allein wegen der Existenz eines börsenmäßigen Handels von Bezugsrechten nicht sicher ausgegangen werden, so dass hierüber eine materielle Ungleichbehandlung durch ein besonders belastendes Bezugsverhältnis aufgewogen werden könnte. Kommt den konkreten Bezugsansprüchen aufgrund des gewählten Ausgabebetrags im Verhältnis zum Wert der alten Anteile und dem Bezugsverhältnis rechnerisch kein positiver Wert zu596, wird sich ein liquider Handel kaum entwickeln. Bereits aus Zeit- und Kostengründen (Stichwort: Prospektpflicht) wird die Gesellschaft in der Regel in einer solchen Konstellation unter Kosten-Nutzen-Gesichts-

594 Vgl. Fraktionsbegr. BT-Drucks. 12/6271, S. 10; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 462; vgl. ferner die Ausführungen unter B. III. 4. b) aa). 595 Hüffer, AktG, § 186 Rz. 39 g; MünchKommAktG-Peifer, § 186 Rz. 88; insoweit zutreffend auch MünchHdbGesellschaftsrecht/AG-Krieger/Kraft, § 56 Rz. 89; Lutter, AG 1994, 429, 442; wohl auch Claussen, WM 1996, 609, 614 f.; a.A. Liebert, Bezugsrechtsausschluss, S. 157 ff. 596 Zur Berechnung des Werts des konkreten Bezugsanspruchs vgl. Herfs, in: Habersack/ Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 6 Rz. 106; MünchKommAktG-Peifer, § 186 Rz. 25; Rottnauer, ZGR 2007, 401, 432; GroßKommAktG-Wiedemann, § 186 Rz. 222.

II. Rechtliche Erschwerungen des Anteilsbezugs

137

punkten von einem Bezugsrechtshandel ohnehin absehen597. Sind die konkreten Bezugsansprüche dagegen objektiv werthaltig, konkurrieren die von dem Bezugsverhältnis besonders betroffenen Gesellschafter dagegen nicht nur untereinander um den Kaufzuschlag. Zudem beträgt die Dauer des Bezugsrechtshandels regelmäßig nur zwei Wochen598. Der am Erhalt seiner relevanten Beteiligungsquote interessierte Gesellschafter muss dementspreched nicht nur das Glück haben, die erforderliche Anzahl an weiteren Bezugsansprüchen überhaupt erwerben zu können. Er muss sich dazu noch sehr beeilen. Eine Vergleichbarkeit der Situation mit § 186 Abs. 3 S. 4 AktG, die bei nachteiligem Bezugsverhältnis unter Einrichtung eines börslichen Bezugsrechtshandels grundsätzlich das Fehlen einer materiellen Ungleichbehandlung indizieren würde, kann damit im Ergebnis nicht bejaht werden. Gleichwohl tut die Gesellschaft stets gut daran, die Einrichtung eines Bezugsrechtshandels zu erwägen. Vermag ein solcher auch am eventuellen Vorliegen einer materiellen Ungleichbehandlung selbst nichts zu ändern, handelt es sich doch um eine beachtliche Ausgleichsmaßnahme, die den mitgliedschaftlichen Interessen der betroffenen Gesellschafter an einer Aufrechterhaltung ihrer Gesellschafterrechte im bisherigen Umfang Rechnung trägt. Vergleichbar mit der Situation, in der zu Gunsten von Beteiligungsinteressen der von einer Sachkapitalerhöhung ausgeschlossenen Gesellschafter eine begleitende Barkapitalerhöhung vorgenommen wird, zu der wiederum die Sacheinleger ausgeschlossen sind599, ist die Einrichtung eines Bezugsrechtshandels geeignet, die negativen Wirkungen der Kapitalmaßnahme für die betroffenen Gesellschafter zu lindern. Damit begünstigt die Einrichtung eines Bezugsrechtshandels eine Einschätzung der Kapitalerhöhung unter faktischem Bezugsrechtsausschluss als „angemessen“ auf der Ebene sachlicher Rechtfertigung600. 3. Zwischenergebnis Die Auseinandersetzung mit den behandelten Fallgruppen hat gezeigt, dass der Umstand einer Erschwerung des Anteilsbezugs rechtlicher Art tatsächlich für sich noch keine Ungleichbehandlung begründet. Dazu – und damit zu einem faktischen Bezugsrechtsausschluss – kommt es nur, wenn die Erschwerung etwa über die Verknüpfung des Bezugsangebots mit weitergehenden Pflichten oder die Bereithaltung eines bestimmten Bezugsverhältnisses in Verbindung mit dem Umfang der Kapitalerhöhung geeignet ist, eine formale oder materielle Ungleichbehandlung für 597

Vgl. Busch, in: Marsch-Barner/F. Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 42 Rz. 65; Seibt/ Voigt, AG 2009, 133, 139, 142; Sickinger/Kuthe, in: Schüppen/Schaub, MAH Aktienrecht, § 33 Rz. 86. 598 MünchKommHGB-J. Ekkenga, Effektengesch. Rz. 213. 599 Sog. gekreuzter Bezugsrechtsausschluss, vgl. OLG Jena NZG 2007, 149 ff.; Hüffer, AktG, § 186 Rz. 28; MünchKommAktG-Peifer, § 186 Rz. 79. 600 Zu den positiven Wirkungen von Ausgleichsmaßnahmen auf die Angemessenheitsprüfung vgl. etwa BGHZ 120, 141, 151 f. – Bremer Bankverein; Lutter, ZGR 1993, 291, 309 f.; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 300.

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E. Bestimmung faktischer Bezugsrechtsausschlüsse im Einzelfall

einzelne Gesellschafter oder Gesellschaftergruppen zu begründen. Fraglos sind damit im Einzelfall weiterhin Wertungsspielräume eröffnet. Nur lassen sich diese, gemessen an der die Figur des faktischen Bezugsrechtsauschlusses bislang durchziehenden Unsicherheiten, vergleichsweise nachvollziehbar ausfüllen. So ist das Kriterium des Verlusts einer relevanten Beteiligung von wesentlich greifbarerer Qualität zur Bestimmung eines Sondernachteils und damit eines faktischen Bezugsrechtsausschlusses aufgrund materieller Ungleichbehandlung als der unscharfe Verweis auf eine „sachlich nicht veranlasste“ Mindestzahl von Anteilen oder das Bedürfnis nach einer „ungewöhnlich großen Zahl“ zum Nachbezug berechtigender Aktien.

III. Erschwerungen des Anteilsbezugs tatsächlicher Art Mit der Festsetzung eines überzogenen Bezugspreises entstammt das mit Abstand am häufigsten zitierte Beispiel für einen faktischen Bezugsrechtsausschluss der Gruppe tatsächlicher Erschwerungen des Anteilsbezugs. Die Annahme einer bei formal gleichmäßiger Behandlung allein in Betracht kommenden materiellen Ungleichbehandlung durch solche Erschwerungen erscheint indes problematisch. Regelmäßig wird bei Bestimmungsversuchen materieller Ungleichbehandlungen hervorgehoben, dass Maßnahmen, die einzelne Gesellschafter nur persönlich – vor allem wirtschaftlich – nicht aber rechtlich in unterschiedlichem Maße beeinträchtigen, nicht geeignet seien, Sondernachteile für die betroffenen Gesellschafter zu begründen601. Nun ist diese Aussage ohnehin nicht unbedenklich, zumindest aber erscheint sie sehr ungenau. Zutreffend ist noch die ihr entnehmbare Ableitung, die Ungleichbehandlung müsse zwingend mitgliedschaftliche Interessen berühren602. Das wird man für die tatsächlichen Erschwerungen des Anteilsbezugs ohne weiteres bejahen können, betreffen sie doch ausnahmslos das Interesse am Erhalt der Beteiligungsquote in der Kapitalerhöhung und formen damit Belastungen causa societatis603. Nicht zugestimmt werden kann der Einstufung aber, sofern auch mitgliedschaftlich veranlasste Erschwerungen nur aufgrund ihrer rein tatsächlich hinderlichen Wirkung pauschal ausgenommen werden sollen. Denn wenn sich aufgrund einer solchen tatsächlichen Erschwerung ein rechtlich relevant beteiligter Gesellschafter an dem Erhalt seiner quotalen Beteiligung gehindert sieht, erscheint es wenig überzeugend, einen Sondernachteil allein an dem im Einzelfall teils bereits schwer abgrenzbaren 601 BezG Dresden, GmbHR 1994, 123, 125; Michalski, in: Michalski, GmbHG, § 13 Rz. 126; wohl auch Priester/Veil, in: Scholz, GmbHG, § 53 Rz. 56; in diese Richtung im Zusammenhang mit der Aufdeckung faktischer Bezugsrechtsausschlüsse tendiert auch MünchKommGmbHG-Lieder, § 55 Rz. 51, 82. 602 BGH AG 1997, 414; Fleischer, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 53a Rz. 18; Seibt, in: Scholz, GmbHG, § 14 Rz. 45a; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 193 ff. 603 Vgl. etwa Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 177 der im Zusammenhang mit einem überhöhten Bezugspreis von einer „mitgliedschaftlichen Zubuße“ spricht.

III. Erschwerungen des Anteilsbezugs tatsächlicher Art

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Charakter rechtlicher Beeinträchtigung festzumachen604. Der dahinter stehenden (berechtigten) Sorge um eine uferlose Ausdehnung materieller Ungleichbehandlungen muss auf andere Weise begegnet werden. Bei Anerkennung der gesellschafterlichen Ungleichbehandlung als Aufgreifkriterium zur Bestimmung faktischer Bezugsrechtsausschlüsse muss daher nicht voreilig der Stab nicht gebrochen werden über die herrschende Einordnung ausgewählter wirtschaftlicher Erschwerungen des Anteilsbezugs als ebensolche faktischen Bezugsrechtsausschlüsse. Maßgeblich für das Ergebnis ist allerdings, ob tatsächlichen Erschwerungen ein solches Gewicht zukommt, dass tatsächlich von einem Sondernachteil gesprochen werden kann. Bis auf die Frage nach einem faktischen Bezugsrechtsausschluss wegen bestimmter Benachteiligungen im Ausland ansässiger Gesellschafter scheidet mit Blick auf die untersuchten Fallgruppen eine formale Ungleichbehandlung von vornherein aus, wenn und weil alle Altgesellschafter vordergründig gleichermaßen betroffen sind. Entscheidende Bedeutung kommt damit der Bewertung zu, ob die jeweilige tatsächliche Beeinträchtigung auf einer Stufe steht mit den oben genannten rechtlichen Erschwerungen des Bezugsrechts und daher eine materielle Ungleichbehandlung begründet. 1. Festsetzung eines überhöhten Bezugspreises Die verlangte „mitgliedschaftliche Zubuße“605 löst keine formale Ungleichbehandlung aus, solange allen Altgesellschaftern derselbe Bezugspreis angetragen wird. Auch eine grundsätzlich denkbare materielle Ungleichbehandlung scheidet indes aus. Dafür müsste in der Festsetzung eines überhöhten Bezugspreises eine Sonderbenachteiligung von Altgesellschaftern begründet liegen, wenn und weil diese sich gerade wegen des aufgerufenen Agios gegen eine Teilnahme an der Kapitalerhöhung entscheiden und einen zuvor gehaltenen, rechtlich bedeutsamen Beteiligungsschwellenwert in der Folge nicht mehr erreichen können606.

604

So auch Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 237 f., 243 f., u. a. mit Verweis auf die rechtlichen Erschwerungen gleichstehenden faktischen Beeinträchtigungen betroffener Gesellschafter in RGZ 80, 385 und RGZ 88, 220. 605 Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 177. 606 Grundsätzlich kommt zur Begründung einer materiellen Ungleichbehandlung auch das Erwachsen eines Sondervorteils zu Gunsten maßgeblich beteiligter Gesellschafter in Betracht, vgl. oben E. I. 2. Ein Sondervorteil kommt durch den überhöhten Bezugspreis wegen des überproportionalen Anwachsens der Kapitalrücklage unmittelbar aber nur der Gesellschaft zu, lediglich mittelbar profitieren auch die Gesellschafter über ihre Beteiligung hieran. Das wird man aber für einen Sondervorteil maßgeblich beteiligter und damit mittelbar besonders stark profitierender Gesellschafter nicht genügen lassen können, weil eine solche mittelbare Begünstigung nicht den Anschein zu begründen vermag, mit der Bezugsbedingung würden Partikular- statt Gesellschaftsinteressen verfolgt. Das der Gesellschaft zugeführte Aufgeld ist sowohl bei der AG als auch bei der GmbH in erster Linie zum Ausgleich von Fehlbeträgen und Verlustvorträgen zu verwenden, vgl. MünchKommHGB-Reiner, § 272 Rz. 65.

140

E. Bestimmung faktischer Bezugsrechtsausschlüsse im Einzelfall

Die Begründung, zu Gunsten der Altgesellschafter bestehe die Möglichkeit, eine rechtlich relevante Beteiligungsquote durch Ausübung ihres Bezugsrechts aufrecht zu erhalten, mag zynisch klingen607. Allerdings ist anerkannt, dass die in der Sphäre des Altgesellschafters liegende finanzielle Leistungsfähigkeit eine Voraussetzung für den durch das Bezugsrecht vermittelten Schutz auf relative Gleichbehandlung in der Kapitalerhöhung bildet608. Die Einstufung eines überhöhten Bezugspreises als faktischen Bezugsrechtsausschluss begründet die überwiegende Auffassung denn auch nicht etwa damit, ein oberhalb des inneren Wertes der jungen Anteile befindlicher Bezugskurs mache dem Altgesellschafter unter finanziellen Gesichtspunkten eine Ausübung des Bezugsrechts unmöglich. Der Einwand lautet vielmehr dahin, ein solcher Bezugspreis berühre die Bereitschaft zur Vertiefung des Investments als Geschäftsgrundlage des Bezugsrechts609. Anders als bei der Fallgruppe eines hinderlichen Nennwerts der neuen Aktien bestehe zwar gerade die Möglichkeit, durch Ausübung des Bezugsrechts die bisherige Beteiligungsquote zu erhalten610. Jedoch sei das streng wirtschaftlich betrachtet nachteilige Investitionsangebot geeignet, die Ausübungsbereitschaft von vornherein auf Null zu reduzieren611. Wo es an einer freien Wahl über den Erhalt der Beteiligungsquote aber fehle, liege der Gedanke eines (gewollten) materiellen Ausschlusses nicht fern. Gleichwohl ist der hergebrachten Einschätzung die Gefolgschaft zu versagen. Der Schluss von der Gestaltung des Bezugskurses auf die beabsichtigte oder unbeabsichtigte Beschränkung der Freiheit in der Ausübung des Bezugsrechts trägt nicht. Bereits an anderer Stelle wurde ausgiebig auf den Umstand Bezug genommen, dass es sich bei der Ausübung des Bezugsrechts um eine Allokationsentscheidung des Altgesellschafters handelt, innerhalb welcher der Bezugspreis nicht den einzigen und v. a. nicht notwendig den entscheidenden Faktor bildet. Das Entscheidungsergebnis wird bei Auseinanderfallen von Anteilswert und Bezugspreis grundsätzlich nicht negativ vorherbestimmt612. Von maßgebender Bedeutung für die Entscheidung des Altgesellschafters ist ebenso der Umstand, ob und welche als relevant eingestuften Minderheitsrechte durch eine Verwässerung verloren zu gehen drohen und welche Entwicklungschancen der Gesellschaft und damit der Vertiefung des Investments eingeräumt werden. Es verbleibt im Ergebnis für den relevant beteiligten Altgesellschafter trotz objektiv-wirtschaftlich überhöhten Bezugspreises die freie Entscheidung darüber, ob die eingeräumte Möglichkeit zur Aufrechterhaltung der Be607 So gleichwohl MünchKommGmbHG-Lieder, § 55 Rz. 51; vgl. auch Heckschen, DStR 2001, 1439, 1442, der jedoch zutreffend darauf hinweist, dass die bewusste Ausnutzung dieses blinden Flecks des Bezugsrechts durch die Mehrheit als Treuepflichtverstoß angreifbar bleibt (hierzu im Folgenden). 608 Vgl. nur Zöllner, AG 2002, 585. 609 Besonders deutlich Rottnauer, ZGR 2007, 401, 428 f.; vgl. auch Hirte, Bezugsrechtsausschluss, S. 88. 610 Dazu im Folgenden unter E. III. 2. 611 Rottnauer, ZGR 2007, 401, 404 f., 428 f. 612 Siehe oben B. I. 2. c) aa).

III. Erschwerungen des Anteilsbezugs tatsächlicher Art

141

teiligungsquote wahrgenommen wird oder die Chance bewusst verstreichen soll613. Gesellschafter, deren Beteiligung sich bereits vor der Kapitalerhöhung unterhalb eines rechtlich bedeutsamen Schwellenwerts befindet, erfahren ohnehin keinen Sondernachteil, weil sie im Zuge der Kapitalerhöhung nicht davon bedroht werden, eine Stellung zu verlieren, an die zuvor besondere Rechte geknüpft waren. Die negative Beeinflussung ihrer Bereitschaft zur Ausübung des Bezugsrechts kann einen materielle Ungleichbehandlung begründenden Sondernachteil ohnehin nicht formen. Die Festsetzung eines überhöhten Bezugspreises steht mit einer rechtlichen Erschwerung des Anteilsbezugs damit insgesamt nicht auf einer Stufe, weil es mit Blick auf den betroffenen Altgesellschafter an einem vergleichbaren „Handlungsunwert“ fehlt. Der überhöhte Bezugspreis bildet folglich im Grundsatz keine Fallgruppe faktischen Bezugsrechtsausschlusses, solange der festgesetzte Bezugspreis für alle Gesellschafter gleich hoch ist und ein zum Erwerb nicht bezogener Anteile bereit stehender Dritter nicht einem maßgeblich beteiligten Gesellschafter zuzurechnen ist614. Gerade in dem diskutierten Kontext ist allerdings wiederum auf den subsidiär durch die Treuepflicht vermittelten Schutz unterhalb der Schwelle zum faktischen Bezugsrechtsauschluss hinzuweisen. Selbstverständlich wird es nicht angehen können, dass überhöhte Bezugspreise durch die Mehrheit gerade deshalb festgesetzt werden, weil dieser bekannt ist, dass einzelne Gesellschafter nicht in der Lage sind, zu den aufgerufenen Beträgen neue Anteile zu beziehen615. Daneben wird die Konstellation eines überhöhten Bezugspreises dann über die treuepflichtinduzierte Missbrauchskontrolle angreifbar sein, wenn die Situation von einzelnen Gesellschaftern dazu ausgenutzt wird, zunächst nicht bezogene und nunmehr von der Verwaltung zur Absicherung der Kapitalerhöhung zu einem geringeren Preis angebotene Anteile zu zeichnen, weil den Altgesellschaftern nicht von vornherein Nach- oder Überbezugsrechte eingeräumt worden sind616. Haben sich bereitstehende 613

Zu wohl nur theoretisch denkbaren Ausnahmefällen aufgrund der grds. bestehenden Bereitschaft eines Investors, zu dem völlig überhöhten Bezugspreis auch zu zeichnen, damit die Kapitalerhöhung wirksam wird, vgl. oben B. I. 2. c) bb). 614 Zum letztgenannten Gesichtspunkt vgl. die Ausführungen oben E. I. 3. 615 Vgl. Heckschen, DStR 2001, 1437, 1442. Selbst für den Fall einer Betroffenheit rechtlich bedeutsam beteiligter Gesellschafter wird man auch für den Fall eines überhöhten Bezugspreises unter bewusster Ausnutzung von Liquiditätsproblemen nicht von einer Sonderbenachteiligung ausgehen können. Fehlende finanzielle Spielräume stehen mit rechtlichen Erschwerungen des Bezugsrechts in ihrem Gewicht nicht auf einer Stufe. Für die Annahme einer Treuepflichtverletzung in dieser Konstellation wohl auch Gehling, ZIP 2011, 1699, 1701. 616 Vgl. Seibt/Voigt, AG 2009, 133, 137 f.: „Soll der von der Verwaltung ursprünglich festgesetzte Bezugspreis bei der Verwertung nicht bezogener neuer Aktien unterschritten werden, ist zuvor den bezugsberechtigten Aktionären allerdings ein erneutes Bezugsangebot zu dem niedrigeren Bezugspreis zu unterbreiten“; vgl. ferner Herfs in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 6 Rz. 112; MünchHdbGesellschaftsrecht/AG-Krieger/Kraft, § 56 Rz. 73; MünchKommAktG-Peifer, § 186 Rz. 44; Vaupel/Reers, AG 2010, 93, 96.

142

E. Bestimmung faktischer Bezugsrechtsausschlüsse im Einzelfall

Investoren außerhalb des Gesellschafterkreises nicht bereits bindend zur Zeichnung nicht bezogener neuer Anteile auch zu dem überhöhten Bezugspreis verpflichtet und werden Altgesellschaftern im Kapitalerhöhungsbeschluss keine Nach- oder Überbezugsrechte gewährt, erscheint eine über dem inneren Anteilswert liegende Gestaltung des Bezugskurses ebenfalls treuwidrig, sofern die Gesellschaft statt der mit Fristablauf (§ 186 Abs. 1 S. 2 AktG) formal nicht mehr bezugsberechtigten Altgesellschaftern nicht bezogene Anteile zu einem geringeren Kurs nur Dritten anbietet617. In beiden Konstellationen bildet also insbesondere das Fehlen von Nach- oder Bezugsrechten ein starkes Indiz dafür, dass mit der Festsetzung eines überhöhten Bezugspreises zumindest in Kauf genommen wurde, die Beteiligungsverhältnisse zum Nachteil der Altgesellschafter zu verändern. Unabhängig vom Grad der Beteiligung steht in diesen Situationen den betroffenen Gesellschaftern dann die treuepflichtinduzierte Missbrauchskontrolle offen, um den Kapitalerhöhungsbeschluss oder – bei nachfolgender Festsetzung – die Ausgestaltung der Kapitalerhöhung durch die Geschäftsführung anzugreifen. 2. Festsetzung eines exorbitanten Nennwerts Wird ein besonders hoher Nennwert der jungen Anteile festgesetzt, besteht für die Altgesellschafter nicht nur unter finanziellen Gesichtspunkten eine tatsächliche Hürde für den Erhalt der Beteiligungsquote durch Ausübung des Bezugsrechts618. 617 Vgl. KölnKommAktG-Lutter, § 186 Rz. 25: „Dritten dürfen vor den Aktionären Sondervorteile in diesem Zusammenhang ebensowenig eingeräumt werden wie einzelnen Aktionären vor allen“ (Hervorhebung im Orig.); ähnlich Gehling, ZIP 2011, 1699, 1701; Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 6 Rz. 113; Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 97. Nicht zuzustimmen ist letzterem allerdings, soweit der Verwaltung zugestanden wird, auch von einem im Kapitalerhöhungsbeschluss festgesetzten (Mindest-) Ausgabebetrag nach unten abzuweichen. Die Verwaltung ist zu der Bestimmung des Ausgabebetrags nämlich nur subsidiär befugt. Soweit die Anteilsinhaberversammlung diese Kompetenz ausgeübt hat, ist die Verwaltung daran gebunden, vgl. die entsprechenden Ausführungen unter B. I. 2. a); a.A. (faktischer Bezugsrechtsausschluss) dagegen Busch, in: Marsch-Barner/ F. Schäfer, Hdb. börsenotierte AG, § 42 Rz. 67. Dagegen spricht aber, dass im Rahmen gerichtlicher Kontrolle an die Festsetzung des überhöhten Bezugspreises durch das zuständige Gesellschaftsorgan anzuknüpfen sein wird. Die sich ergebende Bezugsmöglichkeit zu einem günstigeren Kurs für einzelne Gesellschafter oder Dritte vermag an der Bewertung, dass den Gesellschaftern zunächst ein Bezugsrecht gewährt wurde und der überhöhte Bezugspreis mangels materieller Ungleichbehandlung keinen faktischen Ausschluss begründet, als nachträglich eingetretener Umstand an der ursprünglich bestehenden Möglichkeit, über die Ausübung des Bezugsrechts die Beteiligungsquote zu erhalten, nichts zu ändern. und ist daher insofern ohne Bedeutung. 618 Einen faktischen Bezugsrechtsausschluss wollen bei sehr hohen Nennbeträgen der neuen Anteil annehmen etwa Hirte, Bezugsrechtsausschluss, S. 88; MünchHdbGesellschaftsrecht/AG-Krieger/Kraft, § 56 Rz. 100; Oltmanns/Zöllter-Petzoldt, NZG 2013, 489, 490; Wiedemann in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 176. Dagegen kann Lieder hierin keine „rechtlichen Beschränkungen der Ausübung des Bezugsrechts“ erkennen und lehnt mit dieser Begründung eine Einstufung der Fallgruppe als faktischen Bezugsrechtsausschluss im Grundsatz ab, vgl. MünchKommGmbHG-Lieder, § 55 Rz. 82.

III. Erschwerungen des Anteilsbezugs tatsächlicher Art

143

Zwar bleibt allen Altgesellschaftern unbenommen, die erforderlichen Barmittel aufzubringen. Wie in den Fällen eines ungünstigen Bezugsverhältnisses oder einer Mindestbeteiligungsquote hängt der Erhalt der Beteiligungsquote zugleich aber auch von der ungewissen Möglichkeit des Zuerwerbs weiterer Bezugsrechte ab. Die Fallgruppen lassen sich daher ohne weiteres vergleichen619. Einer rechtlichen Benachteiligung kann diese Beeinträchtigung gleichgestellt werden, wenn es auch Gesellschaftern mit einer Beteiligungsquote, die die Ausübung gesetzlicher oder statutarisch vorgesehener Minderheitsrechten erlaubt, nicht möglich ist, ohne den Hinzuerwerb weiterer Bezugsansprüche neue Anteile zu zeichnen620. Außergewöhnlich hohe Nennbeträge begründen dann einen Sondernachteil und die damit verbundene materielle Ungleichbehandlung bedeutet einen faktischen Bezugsrechtsausschluss621. Es verbleibt in diesem Fall also nicht bei einem bloßen Treuepflichtverstoß622. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung zur sachlichen Rechtfertigung der Ungleichbehandlung stellt sich insbesondere die Frage, warum eine entsprechende Gestaltung zur Förderung der Gesellschaftsinteressen erforderlich sein sollte. Dies wird man wohl nur in Ausnahmefällen bejahen können, etwa wenn über die Gestaltung des Nennwerts der neuen Aktien kostenintensive Prospektpflichten vermieden werden können, wie es nach § 3 Abs. 2 Nr. 3 WpPG dann der Fall ist, wenn die neuen Anteile auf einen Nennwert von mindestens EUR 100.000 lauten623. In dieser Konstellation mag die Festsetzung eines geringeren Nennwerts zwar schonender für die Beteiligungsinteressen der betroffenen Gesellschafter sein, vermag jedoch kein gleich geeignetes Mittel zur Verfolgung des auf eine effektive Finanzierung gerichteten Gesellschaftsinteresses zu bilden. Freilich bleibt auch in dieser Konstellation für den Einzelfall noch abzuwägen, ob die gewählte Festsetzung des Nennwerts als angemessen mit Blick auf die Beeinträchtigung der Rechte derjenigen Gesellschafter beurteilt werden kann, die nicht ihre 619 Ebenso Groß, AG 1993, 449, 455: Hoher Nennwert als Variante des hinderlichen Bezugsverhältnisses. Hier zeigt sich, wie dicht die Grenze rechtlicher und tatsächlicher Benachteiligung verläuft. Mit Blick auf eine wirksame Vermeidung von Umgehungsgestaltungen wird sich aus diesem Grunde eine Einordnung von Gestaltungen als faktische Bezugsrechtsausschlüsse anhand formaler Kriterien letztlich nicht konsequent durchführen lassen. 620 Auch für den Fall, dass die internen Anlagebestimmungen einen Bezug von Aktien zu einem eine gewisse Höhe übersteigenden Nennwert für einen relevant beteiligten (institutionellen) Altegsellschafter ausschließen und die Nennwertfestsetzung zwar ihn, nicht aber die Gesellschaftermehrheit betrifft und somit insgesamt vom Vorliegen einer materiellen Ungleichbehandlung wegen eines Sondernachteils in Form einer gravierenden faktischen Beeinträchtigung ausgegangen werden kann; vgl. in diesem Zusammenhang noch die Ausführungen unter E. III. 4. b) aa). 621 A.A. Groß, AG 1993, 449, 455; MünchKommGmbHG-Lieder, § 55 Rz. 82. 622 So aber für eine vergleichbare Situation BGHZ 142, 167 – Hilgers; gegen den BGH insoweit und für die Annahme eines Verstoß gegen § 53a AktG zu Recht Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 293; Wiedemann, Gleichbehandlungsgebote, S. 34. 623 Vgl. Oltmanns/Zöllter-Petzoldt, NZG 2013, 489, 490, die in diesem Fall einen faktischen Bezugsrechtsausschluss annehmen wollen, eine sachliche Rechtfertigung aber nicht diskutieren.

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E. Bestimmung faktischer Bezugsrechtsausschlüsse im Einzelfall

Zustimmung zum Kapitalerhöhungsbeschluss erteilt haben, sollte in diesem der Nennwert festgesetzt worden sein. 3. Fehlen eines funktionierenden Handels für konkrete Bezugsansprüche Vorwiegend in der aktienrechtlichen Literatur wird die Frage diskutiert, ob die fehlende Organisation eines funktionierenden Bezugsrechtshandels durch die Gesellschaft einen faktischen Bezugsrechtsausschluss begründet624. Verschiedentlich wird in der Debatte auf eine vorgebliche Pflicht börsennotierten Aktiengesellschaften zur Stellung eines Antrags auf Notizaufnahme (§ 69 Abs. 2 S. 2 BörsZulV) verwiesen, zumindest aber sei – etwa über die Errichtung einer zentralen Abwicklungsstelle – ein Bezugsrechtshandel zu organisieren625. Die Begründungsmuster variieren. Einerseits wird die widrigenfalls bestehende Schwierigkeit zum Erhalt der bisherigen Beteiligungsquote hervorgehoben, weil Bezugsverhältnis, Umfang der Kapitalerhöhung und ggf. Nennwert der neuen Anteile häufig so ausgestaltet seien, dass Altgesellschafter zum Erhalt ihrer quotalen Beteiligung weiterer Bezugsansprüche bedürften626. Eine Sonderbenachteiligung kraft faktischer Benachteiligung folge ferner daraus, dass rechtlich geschützte Vermögensinteressen an einer Realisierung des Bezugsrechtswertes innerhalb eines liquiden Marktumfelds sich für alle Gesellschafter nur bei Bestehen eines Bezugsrechtshandels durchsetzen ließen. a) Fehlen einer erforderlichen Zukaufsmöglichkeit weiterer Bezugsansprüche Der Hinweis auf das Bedürfnis für eine Möglichkeit, zum Erhalt der Beteiligungsquote benötigte Bezugsansprüche in einem organisierten Handel erwerben zu können, erscheint nach dem hier befürworteten Anknüpfungsmoment zur Bestimmung faktischer Bezugsrechtsausschlüsse durchaus relevant. Fehlt es an einem funktionierenden Bezugsrechtshandel und gelingt es in der Folge einem rechtlich 624

In diese Richtung Busch, in: Marsch-Barner/F. Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 42 Rz. 64 f.; Habersack, ZIP 2004, 1121, 1127; Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 6 Rz. 107; Rebmann in: Heidel, Aktienrecht, § 186 Rz. 75; Seibt/Voigt, AG 2009, 133, 142; Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 176; ablehnend dagegen LG Hamburg AG 1999, 382 – Triton-Belco AG (letztlich offen gelassen von OLG Hamburg AG 1999, 519, 520 – Triton-Belco AG); Groß, AG 1993, 449, 456; Kallmeyer, AG 1993, 249, 249 f.; Hüffer, AktG, § 186 Rz. 7; MünchHdbGesellschaftsrecht/AG-Krieger/Kraft, § 56 Rz. 64; KölnKommAktG-Lutter, § 186 Rz. 13, 76; Marsch-Barner, in: Bürgers/Körber, AktG, § 186 Rz. 6; Schlitt/Ries, FS Schwark, S. 241, 258 Fn. 111; Schlitt/Seiler, WM 2003, 2175, 2181; Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG, § 186 Rz. 77; Sickinger/Kuthe, in: Schüppen/Schaub, MAH Aktienrecht, § 33 Rz. 116; Vaupel/Reers, AG 2010, 93, 96 f. 625 Vgl. Rebmann, in: Heidel, Aktienrecht, § 186 Rz. 75; Seibt/Voigt, AG 2009, 133, 142; Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 176; mit Einschränkungen auch Busch, in: Marsch-Barner/F. Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 42 Rz. 64 f. 626 Vgl. die Nachweise unter Fn. 140.

III. Erschwerungen des Anteilsbezugs tatsächlicher Art

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relevant beteiligten Altgesellschafter nicht, trotz Geltendmachung sämtlicher Nachbezugsansprüche den Umfang seiner Beteiligung oberhalb eines erreichten Schwellenwerts zu halten, liegt eine materielle Ungleichbehandlung vor. Jener Gesellschafter erfährt eine gravierende Beeinträchtigung durch den Verlust der über die quotale Beteiligung bislang vermittelten Gesellschafterrechte und erleidet damit einen Sondernachteil. Der gegen eine Bewertung als faktischer Bezugsrechtsausschluss vorgebrachte Einwand, es fehle an einer gesetzlichen Verpflichtung zur Organisation eines solchen Bezugsrechtshandels, erscheint wenig überzeugend627. Weil es sich bei der Figur des faktischen Bezugsrechtsausschlusses zutreffender Ansicht nach um einen Umgehungstatbestand handelt, führt der Verweis auf die Lückenhaftigkeit des Gesetzes hier nicht weiter628. In die richtige Richtung gehen dagegen Ausführungen, die zugleich auf die geringen Belastungen für den einzelnen Gesellschafter hinweisen629. Die Frage nach einem faktischen Ausschluss lässt sich letztlich nur unter Beachtung des inneren Geltungsgrunds des Bezugsrechts lösen. Mit der hier befürworteten Anknüpfung an die Sicherung relativer Gleichbehandlung in der Kapitalerhöhung als Leistungsziel ist von entscheidender Bedeutung, ob das formal jeden Altgesellschafter treffende Fehlen eines organisierten Bezugsrechtshandels die Gesellschafter in unterschiedlichem Umfang berührt und daher das Aufgreifkriterium einer materiellen Ungleichbehandlung tatsächlich erfüllt ist. Die Diagnose scheint eindeutig. Wie aber kann der Gesellschafter seine relative Beteiligungsquote und die daran möglicherweise anknüpfenden mitgliedschaftlichen Rechte in bisherigem Umfang aufrechterhalten, wenn die zugewiesenen Bezugsanrechte angesichts des festgelegten Erhöhungsumfangs und des gewählten Bezugsverhältnisses dazu nicht ausreichen, ein Bezugsrechtshandel aber nicht eröffnet wird? Die Antwort lautet schlicht: Er kann es nicht. Dennoch begründet das Unterlassen der Einrichtung eines Bezugsrechtshandels letzten Endes keinen faktischen Ausschluss des Bezugsrechts. Denn das eigentliche Problem ist bereits auf Ebene der Gestaltung des Bezugsverhältnisses oder der Statuierung einer Mindestbezugsquote angesiedelt. Wenn diese Strukturierungen der Bezugsbedingungen dazu führen, dass Gesellschafter selbst bei Ausübung ihres Rechts zum Nachbezug rechtlich relevante Beteiligungsschwellen nicht mehr erreichen, erleiden diese einen spezifischen Sondernachteil630. Eine solche materielle Ungleichbehandlung kann zwar über die Einrichtung eines funktionierenden Bezugsrechtshandels als Ausgleichsmaßnahme möglicherweise gerechtfertigt werden631. Umgekehrt vermag die fehlende Einrichtung mit Blick auf das Bedürfnis nach Zukauf weiterer Bezugsrechte 627 So etwa Groß, AG 1993, 449, 456; MünchHdbGesellschaftsrecht/AG-Krieger/Kraft, § 56 Rz. 64; Vaupel/Reers, AG 2010, 93, 97. 628 Siehe dazu die Ausführungen unter C. I. 2. 629 MünchHdbGesellschaftsrecht/AG-Krieger/Kraft, § 56 Rz. 64. 630 Siehe oben E. II. 2. a). 631 Vgl. dazu oben E. II. 2. b).

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E. Bestimmung faktischer Bezugsrechtsausschlüsse im Einzelfall

selbst aber keinen faktischen Ausschluss zu begründen, liegt doch die Ursache für die fehlende Möglichkeit zum Erhalt der rechtlich bedeutsamen Beteiligungsquote bereits in der Gestaltung der Bezugsbedingungen selbst. Nicht das nachgelagerte Fehlen eines organisierten Bezugsrechtshandels ist deshalb als faktischer Bezugsrechtausschluss zu qualifizieren, sondern ggf. die entsprechende aktive Gestaltung der Bezugsbedingungen betreffend Bezugsverhältnis oder Mindestbeteiligungerfordernis. Auf das Unterlassen der Einrichtung eines Bezugsrechtshandels kommt es nicht an, weil der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit auf der vorgelagerten Gestaltung der Bezugsbedingungen liegt. b) Eingeschränkte wirtschaftliche Verwertbarkeit des Bezugsrechts aa) Die Macrotron-Entscheidung des BGH als Fingerzeig? Einen Begründungsbaustein für die Einordnung fehlender Organisierung eines Bezugsrechtsrechtshandels als Anwendungsfall faktischen Bezugsrechtsausschlusses lieferte bislang die Macrotron-Entscheidung632 des BGH aus dem Jahr 2002633. Entscheiden sich Altgesellschafter gegen einen Nachbezug und besteht in Ermangelung eines funktionierenden Handelsplatzes nicht die Möglichkeit, jederzeit innerhalb eines liquiden Umfeldes den in Abhängigkeit zum Ausgabekurs der neuen Anteile stehenden Wert des Bezugsrechts zu realisieren, sind ihre Vermögensinteressen berührt. Für die ähnlich gelagerte Situation nachträglich entzogener Fungibilität von Aktien im Falle eines Delistings634 erkannte der BGH in seiner Macrotron-Entscheidung auf eine ungeschriebene Hauptversammlungskompetenz zur Entscheidung über die von der Verwaltung angestrebte Beendigung der Zulassung von Anteilsscheinen zum Börsenhandel am regulierten Markt635. Darüber hinaus propagierte er eine Pflicht zur Unterbreitung eines Abfindungsangebots – und zwar in Höhe des inneren Anteilswerts – durch die Gesellschaft oder den Mehrheitsaktionär gegenüber dem bestehenden Aktionärskreis636. Seine Entscheidung begründete der BGH insbesondere damit, dass der Verkehrswert und seine jederzeitige Realisierbarkeit Eigenschaften des nach Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Aktieneigentums seien637. Gerade für Kleinaktionäre zeitige der Verlust des regu632

BGHZ 153, 47 Macrotron. Darauf bezugnehmend Busch, in: Marsch-Barner/F. Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 42 Rz. 65; Habersack, ZIP 2004, 1121, 1127; Seibt/Voigt, AG 2009, 133, 142; a.A. MünchHdbGesellschaftsrecht/AG-Krieger/Kraft, § 56 Rz. 64. 634 Zum Begriffsverständnis vgl. Groß, Kapitalmarktrecht, § 39 BörsG, Rz. 9 ff. m.w.N. Zum Zeitpunkt der Entscheidung in Sachen Macrotron waren geregelter Markt und amtlicher Markt noch nicht zum heutigen regulierten Markt fusioniert. Zum Unterschied zwischen Delisting und Downlisting vgl. Kiefner/Gillessen, AG 2012, 645. 635 BGHZ 153, 47, 53 – Macrotron. 636 BGHZ 153, 47, 57 – Macrotron. 637 BGHZ 153, 47, 55 – Macrotron. 633

III. Erschwerungen des Anteilsbezugs tatsächlicher Art

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lierten Marktes als Handelsplattform besonders nachteilige, anders nicht kompensierbare Folgen für ihre vorwiegend finanziellen Interessen als Anleger638. bb) Die Delisting-Entscheidung des BVerfG und der Frosta-Beschluss Bereits die obiter dictum geäußerte These eines erhöhten Liquiditätsrisikos außerhalb des regulierten Marktes erscheint zumindest in ihrer Allgemeinheit fragwürdig. Die in den Freiverkehrssegmenten (vgl. § 48 BörsG) bestehende tatsächliche Verkehrsfähigkeit steht der im regulierten Markt jedenfalls nicht in eklatanter Weise nach639. Bedeutsamer ist in dem hiesigen Kontext jedoch die jüngste verfassungsrechtliche Bewertung zum behaupteten Schutzumfang von Art. 14 Abs. 1 GG640. Das BVerfG ist der grundrechtlichen Implikation der vom BGH in Macrotron verfochtenen Sichtweise mit Bestimmtheit entgegen getretetn641. Das Gericht lässt durchscheinen, dass der BGH die Ausführungen des BVerfG in seiner DAT/Altana-Entscheidung642 zur Verkehrsfähigkeit als verfassungsrechtlich garantierter Eigenschaft des Aktieneigentums letztlich fehlinterpretiert habe643. In DAT/Altana hatte das Verfassungsgericht für die Bestimmung der angemessenen Abfindungshöhe für Eigentumseingriffe neben dem Börsenwert tatsächlich auch die besondere Verkehrsfähigkeit von Aktien betont644. Hieraus zog der BGH in Macrotron den Schluss, dass „der Verkehrswert und die jederzeitige Möglichkeit seiner Realisierung“645 Eigenschaften des grundrechtlich geschützten Aktieneigentums formen würden. Insofern hat das BVerfG nunmehr – im Einklang mit der DAT/Altana-Entscheidung – klargestellt, dass die besondere Verkehrsfähigkeit tatsächlich Teil des über Art. 14 638

BGHZ 153, 47, 54 – Macrotron. Franke, in: Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 2 Rz. 70; Habersack, ZHR 176 (2012), 463, 465 unter Bezug auf eine durch das Bundesverfassungsgericht in Auftrag gegebene Stellungnahme des Deutschen Aktieninstituts zu Delisting und Spruchverfahren; ebenso Heldt/Royé, AG 2012, 660, 664 m.w.N. Letztere weisen daraufhin, dass bestimmte Stellen sich auf den Handel von Aktien nicht-börsennotierter Gesellschaften spezialisiert hätten, so dass selbst die tatsächliche Verkehrsfähigkeit dieser Aktien etwa gegenüber GmbHGeschäftsanteilen erhöht sei. Zu beachten ist jedoch, dass Aktien- und Kapitalmarktrecht der Börsennotierung einen besonderen Stellenwert beimessen – vgl. in dem hiesigen Kontext: § 186 Abs. 3 S. 4 AktG – und aus diesem Grunde eine Abfindung der Aktionäre bei Entfall der Zulassung zum regulierten Markt angezeigt erscheint, vgl. Drygala/Staake, ZIP 2013, 905, 912; Habersack, ZHR 176 (2012), 463, 465; Wackerbarth, WM 2012, 2077, 2082. 640 Kritisch gegenüber dieser verfassungsrechtlichen Determinierung des BGH bereits u. a. Benecke, WM 2004, 1122, 1123 f.; J. Eckenga, ZGR 2003, 878, 882 ff.; Habersack, AG 2005, 137, 141; Krämer/Theiß, AG 2003, 225, 228 ff.; Schlitt, ZIP 2004, 533, 535; unklar K. Schmidt, NZG 2003, 601, 603. 641 BVerfG AG 2012, 557, 559 f. Rz. 52 ff. 642 BVerfGE 100, 289. 643 BVerfG AG 2012, 557, 559 f. Rz. 52 f., 62; ebenso Klöhn, NZG 2012, 1041, 1044. 644 BverfGE 100, 289, 305 – DAT/Altana. 645 BGHZ 153, 47, 55 – Macrotron. 639

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E. Bestimmung faktischer Bezugsrechtsausschlüsse im Einzelfall

Abs. 1 GG geschützten Aktieneigentums sei646. Dieses umfasse allerdings allein die z. B. gegenüber GmbH-Geschäftsanteilen mit Blick auf § 15 Abs. 5 GmbHG gesteigerte rechtliche Verkehrsfähigkeit647. Außerhalb des Schutzbereichs verbleibe die tatsächliche Verkehrsfähigkeit, der als mögliches „Liquiditätsrisiko“648 lediglich die Eigenschaft eines Faktors zur Bestimmung des Vermögenswerts der Beteiligung zukomme und die deshalb von der Warte des grundgesetzlichen Eigentumsschutzes aus auch nachträglich ohne weiteres beschränkt werden könne649. Die rechtliche Befugnis zur jederzeitigen Veräußerung in einem Markt650 lasse eine DelistingEntscheidung für sich gerade unberührt, die tatsächliche Beschränkung der Veräußerbarkeit sei jedenfalls verfassungsrechtlich ohne Bedeutung. Diese Überlegungen lassen sich – wie zuvor die Ausführungen des BGH in Sachen Macrotron – wiederum auf die Einordnung eines fehlenden Bezugsrechtshandels als (kein) faktischer Bezugsrechtsausschluss übertragen. So wie der Aktionär rechtlich keinen Anspruch auf die Börsenzulassung von Aktien hat und sich ein entsprechender Widerruf als „mit-erworbenes Risiko“651 darstellt, ist auch die tatsächliche Handelbarkeit konkreter Bezugsansprüche für den rechtlichen Bestand des mitgliedschaftlichen Bezugsrechts ohne Bedeutung. Wenn allein die rechtliche Befugnis zur jederzeitigen Veräußerung der Aktien verfassungsrechtlich bedeutsam sein soll652, wird mutatis mutandis für den konkreten Bezugsanspruch ähnliches gelten müssen. Bereits heute wird nach herrschender Betrachtung jede über § 68 Abs. 2 AktG hinausgehende rechtliche Erschwerung einer Übertragbarkeit konkreter Bezugsrechtsansprüche nur unter Einhaltung der formalen und materiellen Anforderungen an den Bezugsrechtsausschluss für zulässig erachtet, wenn nicht bereits die Aktien, aus denen die Bezugsrechte erwachsen, vinkuliert sind653. Ohne verfassungsrechtliche Stütze bleibt dagegen nunmehr die Auffassung, auch unterhalb dieser Schwelle, also der bloß tatsächlichen Erschwerungen einer Realisierung des

646

BVerfG AG 2012, 557, 559 Rz. 57; BVerfGE 100, 289, 305 – DAT/Altana. Nach einer aktuellen Studie sehen zudem 97 % aller GmbH-Satzungen mit mehr als einem Gesellschafter Vinkulierungen der Anteile nach § 15 Abs. 5 GmbHG vor, vgl. Bayer/ Hoffmann/J. Schmidt, GmbHR 2007, 953, 955 f. 648 Heldt/Royé, AG 2012, 660, 662. 649 BVerfG AG 2012, 557, 559 Rz. 53. 650 So die Definition der sog. rechtlichen Verkehrsfähigkeit in BVerfG AG 2012, 557, 560 Rz. 59. 651 BVerfGE AG 2012, 557, 560 Rz. 61 (Hervorh. im Orig.). 652 BVerfG AG 2012, 557, 559 Rz. 57; Habersack, ZHR 176 (2012), 463, 468 verweist insofern auf das Beispiel einer nachträglichen Anteilsvinkulierung. 653 Hüffer, AktG, § 186 Rz. 7; MünchHdbGesellschaftsrecht/AG-Krieger/Kraft, § 56 Rz. 63; KölnKommAktG-Lutter, § 186 Rz. 12; Seibt/Voigt, AG 2009, 133, 142. Sehr streng dagegen Wiedemann in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 63: über Vinkulierung der Bezugsansprüche hinausgehende Übertragungsbeschränkungen generell unzulässig. Zweifelhaft schließlich Kallmeyer, AG 1993, 249 f., sofern de lege ferenda ein Ausschluss der Übertragbarkeit konkreter Bezugsansprüche befürwortet wird. 647

III. Erschwerungen des Anteilsbezugs tatsächlicher Art

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Bezugsrechtswerts, über die Figur des faktischen Bezugsrechtsausschlusses zu einem vergleichbaren Ergebnis zu gelangen. Nach den jüngsten Ausführungen des BVerfG ist die BGH-Entscheidung in Sachen Macrotron zumindest in dieser Hinsicht dogmatisch überholt. Auf Macrotron lässt sich die Annahme eines faktischen Bezugsrechtsausschlusses bei fehlender Eröffnung von Marktchancen über einen börsenmäßigen oder von einer Zentralabwicklungsstelle geleiteten Bezugsrechtshandel deshalb nicht mehr stützen. Das gilt umso mehr, nachdem der II. Zivilsenat des BGH mit seinem Frosta-Beschluss654 in Ansehung der vorgenannten Erwägungen des BVerfG die Macrotron-Grundsätze (Beschluss der Hauptversammlung, Pflichtangebot) sowohl für das Downlisting wie auch das Delisting aufgegeben hat655. cc) Schutz der Vermögensinteressen an einer Realisierbarkeit des Bezugsanspruchswerts kraft einfachen Rechts? Auch ohne eine grundgesetzliche Verpflichtung steht es freilich dem Gesetzgeber offen, Gesellschaftern für den Entzug von Marktchancen einen Wertersatz zuzubilligen, wie er es ausdrücklich in § 29 Abs. 1 S. 1 Fall 2 UmwG n.F. für das verschmelzungsbedingte („kalte“) Delisting getan hat656. Der Gesetzgeber begründete seine Entscheidung damit, die Gesellschaft müsse betroffene Aktionäre die mit „Verlust der Börsennotierung“ einhergehende tatsächliche Erschwerung einer Anteilsveräußerung finanziell kompensieren657. Falls entsprechendes auch für die eingeschränkte Chance zur Realisierung des Bezugsanspruchswerts bei Fehlen eines organisierten Handels gelten sollte, könnte die unterlassene Markteröffnung letztlich doch als faktischer Bezugsrechtsausschluss zu bewerten sein. Damit käme nämlich zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber rechtliche und tatsächliche Veräußerungsmöglichkeiten der aus dem Bezugsrecht erwachsenden konkreten Bezugsansprüche für gleichermaßen schützenswert erachten würde. Wenn aber rechtliche Veräußerungsbeschränkungen von Bezugsansprüchen im Sinne einer Vinkulierung der Zustimmung aller Aktionäre bedürfen (vgl. § 180 Abs. 2 AktG), darüber hinausgehende Beschränkungen der Verfügungsbefugnis aber rechtlich wie ein ausdrücklicher Bezugsrechtsausschluss behandelt werden sollen658, läge letzteres auch für die mit solchen weitergehenden Beschränkungen vergleichbare tatsächliche Verwertungshinderung durch fehlende Schaffung eines organisierten Handels nahe. 654

BGH v. 08. 10. 2013 – II ZB 26/12 = NZG 2013, 1342 – Frosta. BGH NZG 2013, 1342, Rz. 3 – Frosta: Der Macrotron-Rechtsprechung sei durch die Entscheidung des BVerfG zum Schutzbereich von Art. 14 GG die Grundlage entzogen. Zu dem Frosta-Beschluss verteifend Kocher/Widder, NJW 2014, 127; Paschos/Klaaßen, AG 2014, 33; Rothley, GWR 2013, 493; Wasman/Glock DB 2014, 105; Wieneke, NZG 2014, 22. 656 Vgl. hierzu etwa Drygala/Staake, ZIP 2013, 905, 912 ff.; Habersack, ZHR 176 (2012), 463, 466 f.; Kiefner/Gillessen, AG 2012, 645, 655 ff.; Klöhn, NZG 2012, 1041, 1045 f.; Paschos/Klaaßen, ZIP 2013, 154, 158. 657 Begr. RegE BT-Drucks. 16/2919, S. 13. 658 Vgl. die Nachweise unter Fn. 653. 655

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E. Bestimmung faktischer Bezugsrechtsausschlüsse im Einzelfall

§ 186 AktG selbst hält für den Fall fehlender Handelbarkeit konkreter Bezugsansprüche eine Ausgleichspflicht der Gesellschaft nicht bereit659. Auch § 255 Abs. 2 S. 1 AktG sieht selbst für den Fall des ausdrücklichen Bezugsrechtsausschlusses keine vermögensmäßigen Ausgleichsansprüche vor660. Allerdings war die vom Gesetzgeber unter dem Eindruck der Macrotron-Entscheidung vorgenommene Wertung, der Wegfall der Börsennotierung löse eine Abfindungspflicht aus, dem Aktien- und Umwandlungsrecht zuvor überhaupt unbekannt661. Der Ansatz könnte jedoch für den Fall, dass es an einem funktionierenden Bezugsrechtshandel fehlt, in umgekehrt analoger Weise fruchtbar gemacht werden: Als Anknüpfungspunkt diente nicht der vollständige Verlust der Börsennotierung bzw. der Notierung in einem regulierten Markt, sondern die fehlende Schaffung eines liquiden Marktumfeldes. Und eine solche würde mit Blick auf das Bezugsrecht keine Abfindungspflichten auslösen, wohl aber eine Anwendung der formalen Anforderungen an den Bezugsrechtsausschluss und eine Anwendung des Gebots sachlicher Rechtfertigung gebieten, eben weil das Bezugsrecht einen Schutz der Vermögensinteressen durch Ausgleichsansprüche de lege lata nicht kennt. Ebenso könnte auf den Gedanken einer (partiellen) Gleichstellung der Strukturmaßnahmen des Delistings und des Formwechsels (§§ 190 ff. UmwG) – wie er für eine Beibehaltung der mit Macrotron erreichten Schutzstandards teilweise herangezogen wird662 – verwiesen werden, um zu einem faktischen Bezugsrechtsausschluss bei fehlender Ermöglichung eines Handels zu begründen, jedenfalls, wenn die Bezugsansprüche börsengehandelten Aktien entstammen. Anders als etwa dem Wechsel der Gesellschaftsform (AG zu GmbH) fehlt es aus Sicht der Altgesellschafter mit einem De- oder Downlisting vergleichbar gravierenden Änderung der Rahmenbedingungen für den Fall der fehlenden Eröffnung eines Bezugsrechtshandels663. So steht schon die insoweit erwachsende Schwierigkeit einer Realisierung des Vermögenswerts von Bezugsansprüchen nicht auf einer Stufe mit den drohenden finanziellen Nachteilen durch einen Kursverfall, den bereits die bloße Ankündigung eines Delistings oder Downlistings auszulösen vermag664. Ferner bemisst sich der Wert des konkreten Bezugsanspruchs in erster Linie nach der Differenz zwischen dem Wert der bestehenden Anteile und dem Bezugspreis665. Die 659

Vgl. MünchHdbGesellschaftsrecht/AG- Krieger/Kraft, § 56 Rz. 64; Vaupel/Reers, AG 2010, 93, 97. 660 Die gegenwärtige Konzeption des § 255 AktG wird überwiegend kritisiert. Stellvertretend für viele OLG Jena NZG 2007, 147, 150 f.; Hüffer, AktG, § 255 Rz. 2 m.w.N. 661 Klöhn, NZG 2012, 1041, 1043, 1044 a.E.; Mülbert, ZHR 165 (2001), 104, 137 ff. 662 Drygala/Starke, ZIP 2013, 905, 908 ff., 912; Staake, Hauptversammlungskompetenzen, S. 161 ff.; a.A. BGH NZG 2013, 1342 Rz. 5 f.; Kiefner/Gillessen, AG 2012, 645, 653, 658. 663 Habersack, ZHR 176 (2012), 463, 466 spricht von einer Störung der Geschäftsgrundage für das Downlisting von reguliertem Markt in den Freiverkehr. 664 Vgl. insofern Habersack, ZHR 176 (2012), 463, 466: drohende Verkaufswelle; relativierend dagegen Paschos/Klaaßen, AG 2014, 33, 35. 665 Vgl. die Nachweise unter Fn. 596.

III. Erschwerungen des Anteilsbezugs tatsächlicher Art

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Fungibilität des konkreten Bezugsanspruchs spielt für die Wertbestimmung also keine mit der wirtschaftlichen Verwertbarkeit von Aktien (zunächst) börsennotierter Aktiengesellschaften vergleichbare Rolle. Ein ebensolches Schutzbedürfnis des Altgesellschafters, dem es an einer Plattform zur Veräußerung seiner Bezugsansprüche mangelt, wie dem von einem Delisting/Downlisting betroffenen Aktionär, ist auch sonst kaum zu erkennen. Anders als beim vollständigen Widerruf der Börsenzulassung in einem regulierten Markt wird dem Altgesellschafter durch die fehlende Einrichtung eines Bezugsrechtshandels eine bestehende und eingepreiste Rechtsposition nämlich nicht nachträglich wieder entzogen666. Im Gegensatz zum regulären Delisting mit Blick auf § 29 Abs. 1 S. 1 Var. 2 UmwG n.F. oder § 207 Abs. 1 S. 1 HS. 1 UmwG (analog) findet sich für das Bezugsrecht letztlich auch kein rechtlicher Ansatzpunkt, der ein Abwägungsbedürfnis der bedrohten Vermögensinteressen an einer bestmöglichen Veräußerung konkreter Bezugsansprüche mit dem Gesellschaftsinteresse an der fehlenden Einrichtung eines organisierten börslichen oder außerbörslichen Handels begründen würde. Spätestens damit kann die tatsächliche Beeinträchtigung der Vermögensinteressen der zu einer Veräußerung ihrer konkreten Bezugsansprüche entschlossenen Altgesellschafter nicht ein Gewicht zugesprochen werden, wie es der rechtlichen Beschränkung bis hin zu einem Ausschluss der Veräußerungsbefugnis zukommt. Die Anerkennung eines faktischen Bezugsrechtsausschlusses scheidet damit letztlich sowohl unter dem Aspekt der Behinderung eines notwendigen Zukaufs zum Erhalt der Beteiligungsquote wie eben auch unter dem Gesichtspunkt der tatsächlichen Erschwerung wirtschaftlicher Verwertung von Bezugsansprüchen aus. 4. Lieferung zunächst nicht börsenzugelassener neuer Aktien a) Ausgangslage Bei Bezugsrechtsemissionen bestand nach Ansicht von BaFin und überwiegender Auffassung der Literatur bisher dann keine Prospektpflicht für das Bezugsangebot (vgl. § 186 Abs. 2, Abs. 5 AktG), sofern nicht ein (börslicher) Bezugsrechtshandel organisiert wurde, über den Dritte Bezugsrechte auf die jungen Aktien erwerben konnten. Anderenfalls mangelte es nach überkommener Ansicht an einem öffentlichen Angebots im Sinne von § 2 Nr. 4 WpPG667. Unter diesem Eindruck haben Seibt und Voigt die Frage aufgeworfen, ob es einen faktischen Bezugsrechtsausschluss begründet, wenn der Emittent bei einer 10 % des Grundkapitals überstei666 Zu den Regelungsgefällen zwischen börsennotierten und nicht-börsennotierten AG und zwischen reguliertem Markt und Freiverkehr Drygala/Staake, ZIP 2013, 905, 909 ff.; Habersack, ZHR 176 (2012), 463, 465 f. 667 BaFin, Präsentation v. 5. 11. 2005,S. 4; dies., Präsentation v. 4. 9. 2007, S. 5; Bloß/ J. Schneider, WM 2009, 879 f.; Ritz/Zeising, in: Just/Voß/Ritz/Zeising, WpPG, § 2 Rz. 103; Schlitt/S. Schäfer, AG 2005, 498, 500; Schnorbus, AG 2008, 389, 397; Vaupel/Reers, AG 2010, 93, 104.

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E. Bestimmung faktischer Bezugsrechtsausschlüsse im Einzelfall

genden Bezugsrechtsemission668 ohne börslichen Handel der Bezugsansprüche die neuen Aktien im Einklang mit § 69 Abs. 2 S. 1 BörsZulV zunächst nicht zum Börsenhandel zulässt und so von den Aktionären die Ausübung ihrer Bezugsrechte trotz kapitalmarktrechtlicher Informationsdefizite verlangt669. Denn bei Beschränkung des Bezugsangebots auf den Kreis der Altaktionäre und fehlender Zulassung der jungen Aktien an einem organisierten Markt konnte die Entstehung von Prospektpflichten nach bisheriger Lesart von § 3 Abs. 4 WpPG und v. a. § 2 Nr. 4 WpPG insgesamt vermieden werden670. Mit den jüngsten Änderungen in der Prospektverordnung und der Prospektrichtlinie hat sich allerdings auch in Deutschland der Wind für die Beurteilung der Prospektpflichtigkeit von Bezugsrechtsemissionen gedreht671. Eine Ausnahme wird für das Bezugsangebot in der Verwaltungspraxis der BaFin nicht einmal mehr für den Fall anerkannt, dass ein eingerichteter Bezugsrechtshandel auf den Gesellschafterkreis beschränkt bleibt672. Jede Bezugsrechtsemission begründet damit im Grundsatz ein öffentliches Angebot nach § 2 Nr. 4 WpPG. Sofern kein Ausnahmetatbestand erfüllt ist kommt ein Bezugsangebot ohne Prospekt damit auch dann nicht in Be-

668 Die Zahl ist wohl gewählt mit Blick auf den von einer Prospektpflicht insoweit befreienden Ausnahmetatbestand § 4 Abs. 2 Nr. 1 WpPG. 669 Seibt/Voigt, AG 2009, 138, 141 f. 670 Teilweise wird bestritten, dass das Vollzulassungsgebot aus § 69 Abs. 1 BörsZulV i.V.m. § 40 BörsG überhaupt für lediglich den bezugsberechtigten Altaktionären angebotene neue Aktien Anwendung findet, vgl. Heidelbach in: Schwark/Zimmermann, Kapitalmarktecht, § 40 BörsG Rz. 3. Das überzeugt nicht. Als Hauptargument wird angeführt, dass anderenfalls die fehlende Prospektpflicht der Bezugsrechtsemission über die Zulassungspflicht und die damit entstehende Prospektpflicht letztlich neutralisiert würde. Diese Prämisse erscheint indes unzutreffend. Es ist überzeugend dargelegt worden, dass für derart gestaltete Bezugsrechtsemissionen vielmehr von einer Anwendbarkeit des Ausnahmetatbestands § 4 Abs. 2 Nr. 7 WpPG i.V.m. § 3 Abs. 4 WpPG für die Zulassung neuer Aktien auszugehen ist, sofern diese allesamt der Ausübung von Bezugsrechten aus bereits zugelassenen Aktien entstammen. Für diesen Fall sollte deshalb nach bisherigem Verständnis weder die sofortige noch eine spätere Zulassung der Aktien eine Prospektpflicht begründen, vgl. Angersbach/Chevallerie/Ullbricht, ZIP 2009, 1302 ff.; Groß, Kapitalmarktrecht, § 2 WpPG Rz. 18a; Schlitt/S. Schäfer, in: Assmann/Schlitt/Kopp-Colomb, WpPG/VerkaufsprospektG, § 4 WpPG Rz. 51; a.A. Vaupel/Reers, AG 2010, 93, 104. 671 Nach Kopp-Colomb/Knobloch, in: Assmann/Schlitt/Kopp-Colomb, WpPG/VerkaufsprospektG, § 2 WpPG Rz. 39; Leuering/Stein, NJW-Spezial 2012, 591 beurteilten die Aufsichtsbehörden sämtlicher EU-Mitgliedsstaaten mit Ausnahme Österreichs die Rechtslage bislang bereits anders; diese Mehrheitsauffassung teilte danach ebenso das CESR (Comittee of European Security Regulators), so dass bei grenzüberschreiten-den Vorhaben gegenüber der deutsche Sichtweise schon bisher wenig Verständnis zu erwarten war. 672 Vgl. Henningsen, BaFin-Journal 09/12, 5, 7; ebenso Brocker/Wohlfahrter, BB 2013, 393, 394 f.; Groß, Kapitalmarktrecht, § 2 WpPG Rz. 18a; Lawall/P. Maier, DB 2012, 2443, 2444; Leuering/Stein, NJW-Spezial 2012, 591; R. Müller, WpPG, § 2 Rz. 7; Oltmanns/ZöllterPetzoldt, NZG 2013, 489; Schlitt/Wilczek, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Hdb. Kapitalmarktinformation, § 4 Rz. 36.

III. Erschwerungen des Anteilsbezugs tatsächlicher Art

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tracht, wenn auf einen organisierten Bezugsrechtshandel vollständig verzichtet wird673. Seibt und Voigt monieren – unter dem Eindruck der vormals in Deutschland herrschenden Rechtslage – bei zunächst unterbleibender Börsenzulassung der neuen Aktien aber nicht allein die erschwerte Bezugsrechtsausübungsentscheidung bei Fehlen einer prospektbasierter Informationsgrundlage. Ein faktischer Bezugsrechtsausschluss könne sich insbesondere auch daraus ergeben, dass durch eine solche Gestaltung die Bereitschaft zur Ausübung des Rechts zum Nachbezug von vornherein gemindert sei, weil für die jungen Aktien mangels börslicher Handelsplattform im Vergleich zu den fungibleren Altanteilen eine jederzeitige Veräußerbarkeit deutlich erschwert sei674. Als Folge könnten institutionelle Anleger aufgrund interner Anlagerichtlinien an einem Nachbezug nicht zugelassener Aktien sogar gänzlich gehindert sein675. b) Die Argumentation im Einzelnen Die von Seibt/Voigt für das Vorliegen eines faktischen Bezugsrechtsausschlusses beispielhaft vorgebrachten Argumente sind von durchaus beachtlichem Gewicht. Sie eignen sich auch dazu, die hier befürwortete Bestimmung faktischer Bezugsrechtsausschlüsse anhand des Vorliegens einer Ungleichbehandlung der Gesellschafter weiter zu veranschaulichen. aa) Hinderung am Nachbezug aufgrund interner Anlagebestimmungen bei fehlender Börsenzulassung der jungen Aktien Der Verweis auf mögliche Anlagerichtlinien oder Fondsbestimmungen, die einer Ausübung des Rechts zum Nachbezug bei fehlender sofortiger Zulassung der neuen Aktien zum Börsenhandel entgegenstehen können, lässt sich nicht bereits damit abtun, dass die Hinderungsgründe tatsächlicher Art seien und letztlich der Sphäre des bezugsberechtigten Aktionärs entstammten. Wie eingangs erwähnt, können auch tatsächlich wirkende Benachteiligungen einen materielle Ungleichbehandlung indizierenden Sondernachteil begründen, sofern sie das Niveau einer rechtlichen Erschwerung des Anteilsbezugs erreichen. Diese Voraussetzungen sind in der ange673 Henningsen, BaFin-Journal 09/12, 5, 7: „Da die neuen Anhänge XXIII und XXIV der EU-ProspVO n.F. jedoch durch ihre Existenz voraussetzen, dass es sich bei den betreffenden Fallgestaltungen um ein öffentli-ches Angebot handelt – sonst wäre kein Prospekt erforderlich –, erachtet die BaFin ab 1. Juli 2012 Bezugs-rechtsemissionen an Altaktionäre als öffentliches Angebot“; Groß, Kapitalmarktrecht, § 2 WpPG Rz. 18a; Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 6 Rz. 107, 119; Lawall/P. Maier, DB 2012, 2443, 2444; A. Meyer, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 36 Rz. 5; Oltmanns/ Zöllter-Petzoldt, NZG 2013, 489; a.A. Leuering/Stein, NJW-Spezial 2012, 591, 592. 674 Insofern besteht eine argumentative Schnittmenge mit der Rechtsprechung des BGH in Sachen Macrotron, vgl. auch MünchHdbGesellschaftsrecht/AG-Krieger/Kraft, § 56 Rz. 64. 675 Seibt/Voigt, AG 2009, 138, 141.

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E. Bestimmung faktischer Bezugsrechtsausschlüsse im Einzelfall

sprochenen Konstellation durchaus anzutreffen. Ist der institutionelle Aktionär relevant beteiligt, stehen ihm also spezifische Minderheitsrechte zu und ist von vornherein klar, dass die fehlende Zulassung ihn, mangels vergleichbarer Hinderungsgründe nicht aberdie Aktionärsmehrheit besonders treffen wird, ist ein Sondernachteil ausgemacht676. Das bewusste Abweichen von einer entsprechenden internen Anlagerichtlinie, um das formal-gewährte Bezugsrecht doch noch ausnutzen zu können, bildet bereits unter Haftungsgesichtspunkten für den betroffenen institutionellen Aktionär einen allenfalls hypothetisch beschreitbaren Weg. Wenn es aber nur einen theoretischen Unterschied macht, ob ein Aktionär mit einer rechtlich bedeutsamen Beteiligung vom Nachbezug ausdrücklich ausgeschlossen oder über den Umweg einer nur ihn bindenden Anlagerichtlinie der Beteiligungserhalt tatsächlich verwehrt ist, muss ein faktischer Bezugsrechtsausschluss aufgrund der materiellen Ungleichbehandlung bejaht werden. bb) Die kapitalmarktrechtlichen Erwägungen Die im Übrigen von Seibt/Voigt angesprochenen Punkte – Informationsdefizite bei Ausschaltung der Prospektpflicht, herabgesetzte tatsächliche Fungibilität der jungen Anteile – berühren das bereits mit dem Blick aufs Delisting gestreifte Verhältnis von kapitalmarkt- und gesellschaftsrechtlicher Schutzregimes677. Die tatsächliche Handelbarkeit von Aktien ist wie gezeigt kein Bestandteil des von Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Anteilseigentums678. Das einfache Recht erlaubt in § 69 Abs. 2 BörsZulV einen zeitlich verzögerten Antrag auf börsliche Zulassung der neuen Aktien für den regulierten Markt um bis zu ein Jahr. Durch das Gebot der Vollzulassung (vgl. § 40 Abs. 1 S. 1 BörsG, § 69 BörsZulV) soll zwar liquiditätsbedingten Kursverzerrungen entgegengewirkt werden679. Das Risiko eingeschränkter Verwertbarkeit mangels tatsächlicher Fungibilität ist aber von gesetzgeberischer Seite für die Dauer eines überschaubaren Zeitraums als hinnehmbar eingestuft worden. Die eingeschränkte wirtschaftliche Verwertbarkeit der jungen Aktien innerhalb dieser Zeitspanne kann deshalb zur Begründung eines faktischen Bezugsrechtsausschlusses nicht herangezogen werden.

676

Vgl. die den Entscheidungen RGZ 80, 385 und RGZ 88, 220 zugrunde liegenden Fallgestaltungen tatsächlicher Benachteiligung einzelner GmbH-Gesellschafter, die (anders als durch das RG) von G. Hueck, Gleichmäßige Behandlung, S. 192 f. jedenfalls teilweise und von Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 2236, 237, 243 vollständig als (materielle) Ungleichbehandlung eingeordnet werden, weil von vornherein feststehe, dass die jeweilige Satzungsänderung einen bestimmten Minderheitsgesellschafter benachteiligen würde. 677 Vgl. Habersack, ZHR 176 (2012), 463, 464; Schüppen, in: Schüppen/Schaub, MAH Aktienrecht, § 1 Rz. 33. 678 Dazu oben E. III. 3. b) cc). 679 Gebhardt, in: F. Schäfer/Hamann, Kapitalmarkt, § 7 BörsZulV Rz. 1; Heidelbach, in: Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrecht, § 40 BörsG Rz. 2.

III. Erschwerungen des Anteilsbezugs tatsächlicher Art

155

Es bleibt das Problem der fehlenden kapitalmarktrechtlichen Information, sofern bereits das Bezugsangebot keine Prospektpflicht begründet hat. Gleichwohl: Wenn das Gesetz die Verzögerung der börslichen Zulassung bis zu einem gewissen Punkt gestattet und damit den Zeitpunkt des Entstehens von Prospektpflichten (§ 3 Abs. 1, Abs. 4 WpPG) insoweit in das Belieben des Emittenten stellt, kann in der beabsichtigten Lieferung zunächst börslich nicht zugelassener Aktien keine Sonderbenachteiligung für relevant beteiligte Altaktionäre liegen, die sich in der Folge gegen einen Nachbezug entscheiden. Der Gesetzgeber misst einer prospektgestützten Anlagenentscheidung für zusätzlich ausgegebene Aktien über die Ermöglichung einer variablen Gestaltung des Zeitpunkts börslicher Zulassung offenkundig geringe Bedeutung bei. Diese Entscheidung erscheint auch gerade mit Blick auf solche Anleger vertretbar, die bereits an der kapitalerhöhenden AG beteiligt sind. Besteht insofern Interesse am Erhalt der Beteiligungsquote durch Zeichnung junger Anteile, können sie die ihnen als Aktionäre offenstehenden Informationskanäle vor der Beschlussfassung über die Kapitalerhöhung nutzen, um beurteilen zu können, ob es sich bei der Vertiefung des Investments um eine effiziente Kapitalallokation handelt680. Die Ausschaltung kapitalmarktrechtlicher Prospektpflichten ist daher mit der rechtlichen Erschwerungen des Anteilsbezugs nicht gleichstufig. Eine materielle Ungleichbehandlung im Sinne einer Sonderbenachteiligung erfahren Aktionäre mit rechtlich bedeutsamer Beteiligungsquote durch die bislang mögliche Suspendierung von Prospektpflichten und die verminderte Fungibilität der jungen Anteile bei zunächst fehlender börslicher Zulassung im Ergebnis nicht. c) Abschließende Bemerkungen Wie gezeigt besteht die Möglichkeit eines faktischen Bezugsrechtsausschlusses bei fehlender börslicher Zulassung der neuen Anteile, wenn feststeht, dass einzelne relevant beteiligte Gesellschafter etwa aufgrund entgegenstehender interner Anlagebestimmungen von der Ausübung ihrer Bezugsansprüche abgehalten sein wird. Außerhalb solcher Sonderkonstellationen verbleibt es bei der Möglichkeit einer treuepflichtinduzierten Missbrauchskontrolle gerichtet auf die Förderung des Gesellschaftsinteresses. Seibt und Voigt kann insofern nicht darin gefolgt werden, dass den Altaktionäre ein schützenswertes Vertrauen dahingehend zukomme, dass ihnen bei Bezugsrechtsemissionen erneut (bereits) börsenzugelassene Aktien angedient würden, weil die zum Bezug berechtigenden Aktien diese Eigenschaft aufgewiesen haben681. Das Bezugsrecht als Recht auf relativ gleichmäßige Teilhabe an der wie auch immer gearteten Kapitalerhöhung begründet anerkanntermaßen gerade keinen

680 Als den Altaktionären offenstehenden Informationskanäle kommen in Betracht u. a. Jahres- und Zwischenabschlüsse (§§ 264 ff. HGB), Auskunftsrechte in der Hauptversammlung (§ 131 Abs. 1 AktG) oder gesetzlich vorgesehene Mitteilungspflichten (vgl. §§ 20 ff. AktG, §§ 21 ff. WpHG). 681 Seibt/Voigt, AG 2009, 133, 141.

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E. Bestimmung faktischer Bezugsrechtsausschlüsse im Einzelfall

Anspruch auf Ausgabe von Aktien der gleichen Gattung682. Nichts anderes muss für die Frage nach einem Anspruch auf Börsennotierung gelten683. Der gesellschaftsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz und das Bezugsrecht nach § 186 AktG als besonderer Ausdruck dieses Gebots gleichmäßiger Behandlung sind nicht berührt, wenn allen Altaktionären im Verhältnis ihrer bisherigen Beteiligung zunächst börslich nicht zugelassene Aktien angedient werden. Das gilt freilich nicht nur mit Blick auf eine fehlende formale Ungleichbehandlung684. Wie soeben dargetan, scheidet auch eine materielle Ungleichbehandlung aus. Diese Bewertung darf nicht durch den Rückgriff auf subsidiär wirkende Treuepflichten unterlaufen werden. Diese rechtfertigen nur eine in ihren materiellen Anforderungen verminderte treupflichtinduzierte Missbrauchskontrolle. 5. Benachteiligungen von Aktionären mit Sitz im Ausland Ebenso wie bei dem vorstehend diskutierten Beispiel geht es auch für diese Fallgruppe im Kern darum, durch die Gestaltung der Bezugsrechtsemission den Anwendungsbereich von Anlegerschutzvorschriften zu beschneiden. Die bis vor kurzem in Deutschland vorherrschende Auffassung, nach der Bezugsrechtsemissionen unter Beachtung gewisser Usancen prospektfrei gestaltet werden konnten, wurde von finanzmarktbefassten Aufsichtsbehörden anderer europäischer Mitgliedsstaaten überwiegend nicht geteilt685. Ferner drohten und drohen insbesondere in den USA bei Bezugsrechtsemissionen komplexe Prospekt- und SEC-Registrierungspflichten auch für allein in Deutschland gelistete Aktiengesellschaften als ausländische Emittenten, sofern Aktionäre mit (Wohn-)Sitz in den USA zu dem Gesellschafterkreis zählen686. Um überhaupt keine Pflichten nach ausländischem Kapitalmarktrecht zu begründen, liegt demgemäß der Gedanke nahe, mit dem Beschluss über die Kapitalerhöhung das Bezugsrecht der im Ausland ansässigen Aktionäre auszuschließen687. Als milderes Mittel kommt allerdings in Betracht, außerhalb Deutschlands bereits überhaupt keine Informationen über die Kapitalerhöhung zu verbreiten bzw. das Bezugsangebot nur an institutionelle ausländische 682 Vgl. Groß, AG 1993, 449, 455; Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 6 Rz. 38; S. 68; KölnKommAktG-Lutter, § 186 Rz. 3. 683 Zutreffend Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 57: „Er (scil: der Aktionär) kann auch nicht fordern, dass neue Aktien mit mindestens gleicher Berechtigung ausgegeben werden, wenn die jungen Aktien schwerer verwertbar oder stimmrechtslos sind“ (ohne Hervorhebungen im Orig.). 684 Hierauf stellt insb. G. Hueck, FS Nipperdey, S. 427, 433 zum Parallelproblem der Ausgabe von Aktien unterschiedlicher Gattungen ab. 685 Vgl. die Nachweise unter Fn. 671. 686 Vgl. dazu Aha, AG 2002, 313 ff.; Vaupel/Reers, AG 2010, 93, 97 Fn. 44. 687 Aha, AG 2002, 313, 325 Fn. 169; Bungert/Paschos, DZWir 1995, 221, 232 f.; Henze/ Notz, in: GroßKommAktG, § 53a Rz. 104 f.; Herfs, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 6 Rz. 49; Vaupel/Reers, AG 2010, 93, 97; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 467 f.; Wiedemann, in: GroßKommAktG, § 186 Rz. 181.

III. Erschwerungen des Anteilsbezugs tatsächlicher Art

157

Anleger weiterzuleiten, sowie Depotbanken anzuhalten, Bezugserklärungen anderer ausländischer Anleger schlicht zurückzuweisen688. a) Keine Berührung des gesellschaftsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes Indes wird die Gefahr gesehen, dass solche Vorgehensweisen in Ermangelung eines ausdrücklichen Ausschlusses des Bezugsrechts zu Lasten ausländischer Aktionäre als faktischer Ausschluss des Rechts zum Nachbezug qualifiziert werden könnten689. Immerhin enthält § 186 Abs. 1 AktG die Verpflichtung an die Gesellschaft, „jedem Aktionär“ ein Recht zum Nachbezug einzuräumen. Gegen die Einordnung als faktischer Bezugsrechtsausschluss wird indes zu Recht eingewendet, aktienrechtlich sei eine Ungleichbehandlung nicht zu besorgen. Zum einen könnten Altgesellschafter die Bezugsaufforderung (§ 186 Abs. 2 bzw. Abs. 5 S. 2 AktG690) dem Bundesanzeiger und dem jeweiligen deutschen Börsenpflichtblatt entnehmen691. Ferner stehe es jedem Gesellschafter offen, börsennotierte Aktien in ein bei einer deutschen Bank geführtes Depot zu buchen und über diese das Bezugsrecht wahrzunehmen692. Schließlich begründet das Fehlen eines Prospekts für den ausländischen Altgesellschafter auch keine materielle Ungleichbehandlung693. b) Kapitalmarktrechtliche Pflicht zur informationellen Gleichbehandlung? Zu einer Diskriminierung kommt es freilich dennoch. Weist die AG Depotbanken694 dazu an, keine Bezugsrechtsinformationen an (bestimmte) ausländische Anleger zu erteilen, wird eine asymmetrische Informationsverteilung über die Möglichkeit zum Erhalt der Beteiligungsquote zwischen inländischen Aktionären und solchen mit Sitz im Ausland befördert. Damit ist zwar das gesetzliche Bezugsrecht als Ausdruck gesellschaftsrechtlicher Gleichbehandlung vordergründig nicht berührt, solange überhaupt Mitteilung über das Bezugsangebot auf den dafür vorgesehenen Informationskanälen erfolgt und die Möglichkeit zum Nachbezug in 688

Busch, in: Marsch-Barner/F. Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 42 Rz. 48; Dryander/ Niggemann, in: Hölters, AktG, § 186 Rz. 48; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 467 f. 689 Busch, in: Marsch-Barner/F. Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 42 Rz. 48; Dryander/ Niggemann, in: Hölters, AktG, § 186 Rz. 49; Henze/Notz, in: GroßKommAktG, § 53a Rz. 106. 690 Für das Bezugsrecht findet sich eine Bekanntmachungspflicht in § 186 Abs. 2 AktG. Allerdings wird bei der Publikums-AG das Bezugsrecht praktisch in aller Regel als mittelbares Bezugsrecht nach § 186 Abs. 5 AktG unter Einschaltung eines Emissionsunternehmens gewährt, vgl. Sickinger/Kuthe, in: Schüppen/Schaub, MAH Aktienrecht, § 33 Rz. 40. 691 Busch, in: Marsch-Barner/F. Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 42 Rz. 48; MünchHdbGesellschaftsrecht/AG-Krieger/Kraft, § 56 Rz. 74a. 692 Henze/Notz, in: GroßKommAktG, § 53a Rz. 106; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 468. 693 Vgl. dazu oben E. III. 4. b) bb). 694 Vgl. die für Depotbanken geltenden Wertpapier-Sonderbedingungen Nr. 15 Abs. 1 S. 1 und S. 2.

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E. Bestimmung faktischer Bezugsrechtsausschlüsse im Einzelfall

Deutschland tatsächlich auch gegeben ist. Allerdings ist die Bezugsrechtsausübung immer auch eine Anlageentscheidung und Kapitalallokation, faktische Bezugsrechtsausschlüsse damit grundsätzlich auch bei Konflikten mit kapitalmarktrechtlichen Gleichbehandlungsgeboten denkbar. Indes trifft die emittierende Aktiengesellschaft eine Pflicht zur allgemeinen informationellen Anlegergleichbehandlung nicht695. Neben dem Fehlen eines einheitlichen kapitalmarktrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes696, dem die AG gegenüber Kapitalmarktteilnehmern unterworfen wäre, wird es bei Bezugsrechtsemissionen auch an einer vertraglich zugesicherten informationellen Gleichbehandlungspflicht regelmäßig fehlen697. Dem aus der Mitgliedschaft herrührenden Informationsbedürfnis wird bereits durch die gesetzlich vorgesehene Bekanntgabe des Bezugsangebots in den Gesellschaftsblättern durch den Vorstand genügt698. Es droht damit auch kein Marktversagen, weil eine etwaige Informationsasymmetrie nicht von gravierender Bedeutung ist. Das Maß notwendiger Chancengleichheit der Marktteilnehmer zum Nachbezug wird bereits über die aktienrechtlichen Bekanntmachungspflichten gewahrt. Das Anlegervertrauen des ausländischen Aktionärs, der sich zu einem Investment in eine in Deutschland gelistete AG ientschließt, wird auch schwerlich dadurch erschüttert werden, dass es ihm obliegen soll, sich in deutschen Medien über anstehende Bezugsrechtsemissionen zu erkundigen699. Einer „Ausbeutung“ ausländischer Marktteilnehmer leistet die Entscheidung der Gesellschaft, im Ausland ansässigen Aktionären das Bezugsangebot nicht zuzuleiten, ebenfalls nicht in abwägungserheblicher Weise Vorschub700. Immerhin werden nicht ausgeübte Bezugsansprüche, die aus bei deutschen Depotbanken gehaltenen Aktien rühren, nach Nr. 15 Abs. 1 der Wertpapier-Sonderbedingungen grundsätzlich bei fehlender Ausübung zu Gunsten des Depotinhabers verwertet701. 695 Vgl. Wieneke, NZG 2005, 109, 112 im Zusammenhang mit sog. Research-Studien; ferner Mehringer, Kapitalmarktrechtliches Gleichbehandlungsprinzip, S. 170: „Es kann nicht gefordert werden, dass jeder Anleger die Information auch wirklich besitzt und sie rational verarbeitet. Eine solche Forderung ist unrealistisch“. 696 So Bachmann, ZHR 170 (2006), 144, 150; vgl. auch Habersack/Tröger, NZG 2010, 1, 6; Verse, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht, Bd. II, 13. Kap. Rz. 2, der den aktienrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz den „verschiedenen kapitalmarktrechtlichen Gleichbehandlungsgeboten“ gegenüberstellt; a.A. Mehringer, Kapitalmarktrechtliches Gleichbehandlungsprinzip, S. 141 ff., 239. 697 Vgl. Bachmann, ZHR 170 (2006), 144, 165 ff., der „zwischen ausdrücklich versprochenen, stillschweigend vereinbarten und ökonomisch motivierten Gleichbehandlungspflichten“ im Kapitalmarktrecht trennt. 698 Zu den Bekanntmachungspflichten nach § 186 Abs. 2 bzw. Abs. 5 S. 2 AktG vgl. Hüffer, AktG, § 186 Rz. 19 f., 52. 699 Vgl. Henze/Notz, in: GroßKommAktG, § 53a Rz. 106, wonach es im Ausland ansässigen Aktionären zumutbar sei, sich in deutschen Medien über Kapitalmaßnahmen zu informieren. 700 Zur Bedeutung des Ausbeutungs- bzw. Gemeinwohlgedankens vgl. Bachmann, ZHR 170 (2006), 144, 174; vgl. auch ders., Private Ordnung, S. 208 ff., 212 f. 701 Klanten, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Hdb. Bankrecht, § 72 Rz. 184.

IV. Fazit

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Zuletzt besteht auch kein „sektorspezifisches allgemeines Diskriminierungsverbot“702. Der im Zusammenhang mit der Behandlung von im Ausland ansässigen bezugsberechtigten Aktionären anzutreffende Hinweis auf § 24 WpÜG703 trägt eine kapitalmarktrechtlich gestützte informationelle Gleichbehandlungspflicht nicht, weil § 24 WpÜG eine Ausnahme zu dem in § 3 WpÜG normierten und an den Bieter gerichteten übernahmerechtlichen Gleichbehandlungsgebot bildet704, das insofern nicht betroffen ist. Die ausländischen Aktionäre können sich daher auch nicht auf eine etwaige stillschweigend vorausgesetzte marktrechtliche Gleichbehandlung im Rahmen der Bezugsrechtsinformation berufen. Die Fallgruppe der Benachteiligung von Aktionären mit ausländischem Sitz formt damit in summa keinen Anwendungsfall eines faktischen Bezugsrechtsausschlusses, sofern gesetzliche Bekanntmachungspflichten gewahrt werden und der Bezug neuer Aktien über deutsche Depotbanken auch ausländischen Altaktionären offen steht.

IV. Fazit Ausgehend von dem im Laufe der Untersuchung entwickelten Verständnis, wonach sich das Bezugsrecht als Ausdruck des gesellschaftsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes präsentiert, erweisen sich die Kriterien der formalen und materiellen Ungleichbehandlung als verlässliche Instrumente für eine vergleichsweise vorhersehbare Bestimmung faktischer Bezugsrechtsausschlüsse. Dass bereits formal ungleichmäßig belastende Bezugsbedingungen als Anwendungsfälle eines faktischen Bezugsrechtsausschlusses gelten dürfen, bedarf keiner weiteren Erläuterung. Regelmäßig wird eine Einordnung der jeweiligen Bezugsbedingungen allerdings dadurch erschwert, dass allein eine materielle Ungleichbehandlung einzelner Gesellschafter aufgrund von Sonderbenachteiligungen in Betracht kommt und damit tiefergehende Wertungsfragen aufgeworfen werden. Insofern besteht die für die Bewertung maßgebliche Leitlinie darin, ob der Erhalt der bisherigen Beteiligungsquote für rechtlich relevant beteiligte Gesellschafter durch die Gestaltung der Bezugsbedingungen unzumutbar erschwert wird. Dabei bietet die Unterscheidung in rechtliche und tatsächliche Erschwerungen des Anteilsbezugs durch die Bezugsbedingungen einen Fingerzeig, jedoch keine Vorentscheidung für das Vorliegen eines faktischen Bezugsrechtsausschlusses. Letzteres lässt sich für rechtliche Erschwerungen wie beispielsweise der Festsetzung eines nachteiligen Bezugsverhältnisses vergleichsweise einfach bejahen. Erwachsen Gesellschaftern – sei es aufgrund der für sie nicht erfüllbaren Bezugsauflage, sei es aufgrund der nicht erreichten Mindestbeteiligungsquote – letztlich keine Bezugsansprüche oder besteht 702

Bachmann, ZHR 170 (2006), 144, 175. Vgl. etwa Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 467 f. 704 U. H. Schneider, in: Assmann/Pötzsch/U. Schneider, WpÜG, § 24 Rz. 5; Süßmann, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 24 Rz. 3, 10. 703

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E. Bestimmung faktischer Bezugsrechtsausschlüsse im Einzelfall

für sie aufgrund des gewählten Bezugsverhältnisses nicht ohne weiteres die Möglcihkeit, einen bislang gehaltenen relevanten Beteiligungsschwellenwert auch nach Durchführung der Kapitalerhöhung zu erreichen, indziert die materielle Ungleichbehandlung den faktischen Bezugsrechtsausschluss. Aber auch tatsächliche Erschwerungen des Anteilsbezugs können eine Sonderbenachteiligung für einzelne Gesellschafter begründen. Sofern ohne den Erwerb weiterer Bezugsansprüche eine bedeutsame Beteiligungsquote verloren zu gehen droht, weil etwa der Nennwert der neuen Anteile so hoch angesetzt wird, dass das formal gewährte Bezugsrecht dem Erhalt der Beteiligung nicht dienen kann, steht die tatsächliche Erschwerung mit einer rechtlichen Beeinträchtigung des Anteilsbezugs auf einer Stufe. Selbiges gilt etwa für den Fall, dass einzelne Gesellschafter im Innenverhältnis rechtlichen Handlungsbeschränkungen unterliegen und ihnen der Erhalt ihrer Minderheitsrechte praktisch verwehrt ist, weil die Ausübung des Bezugsrechts durch eine scheinbar neutrale Ausgestaltung der Kapitalerhöhung nur eine hypothetische Option bleibt. Kein Beispiel für eine Sonderbenachteiligung bietet allerdings der überhöhte Bezugspreis. Es ist in dieser Konstellation grundsätzlich der Anlageentscheidung des Altgesellschafters anheimgestellt, ob ihm der Erhalt der aufgebauten Beteiligung und der damit verknüpften Rechte die Zahlung eines objektiv nicht gerechtfertigt erscheinenden Aufschlags wert ist. Anders als in den zuvor genannten Fällen hält der Gesellschafter die Möglichkeit zum Erwerb einer relativ seiner bisherigen Beteiligung entsprechenden Anzahl neuer Anteile selbst in Händen. Ihm verbleibt eine echte Option, die erreichte Bteiligungsschwelle zu halten. Ein Sondernachteil, der eine materielle Ungleichbehandlung bedeuten würde, ist nicht erkennbar. Damit scheidet die Annahme eines faktischen Bezugsrechtsausschlusses, wie ihn die herrschende Meinung hier erkennen will, aus. Neben Beeinträchtigungen des gesellschaftsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes bleibt noch in anderen Konstellationen ein faktischer Bezugsrechtsausschluss zumindest denkbar. So können gesetzliche Parallelbewertungen auch nach den aktuellen Entscheidungen von BVerfG und BGH in dem Themenkomplex „Delisting“ wieder aktuell werden, sollte sich der Gesetzgeber zukünftig stärker für einen vermögensmäßigen Ausgleich betroffener Gesellschafter bei Ausschluss des Bezugsrechts, vor allem aber bei fehlender Realisierbarkeit des Bezugsansprüchen teilweise zukommenden Vermögenswerts entscheiden. Ferner können auch Beeinträchtigungen kapitalmarktrechtlicher Gleichbehandlungspflichten einen faktischen Bezugsrechtsausschluss begründen, sofern solche Pflichten im Einzelfall tatsächlich bestehen und eine Ungleichbehandlung die Anlageentscheidung berührt, die eine Ausübung des Bezugsrechts als Vertiefung des bestehenden Investments formt. Es dürfte sich insofern um Ausnahmegestaltungen handeln. Im Fokus bleibt die dem inneren Geltungsgrund des Bezugsrechts Rechnung tragende Suche nach formalen und materiellen Ungleichbehandlungen gemäß den aufgezeigten Kriterien.

F. Zusammenfassung Das Bezugsrecht nimmt im Kapitalgesellschaftsrecht, obschon nur für die AG positiviert, eine besondere Stellung ein. Der drohenden Veränderung des erreichten Beteiligungsumfangs durch die Kapitalerhöhung begegnet das Recht mit der Einräumung einer Zuteilungsmöglichkeit, deren Eintritt im Ermessen des jeweiligen Gesellschafters selbst steht. Dieser kann „selbstverständlich“ die Einräumung eines solchen Rechts zum Nachbezug verlangen, weil eine Ungleichbehandlung in der Kapitalerhöhung geeignet ist, mitgliedschaftliche Rechte und Vermögensinteressen der Gesellschafter zu berühren, die an der relativen Beteiligung des gesellschafter am gezeichneten Kapital der Gesellschaft anknüpfen. Das Gesetz sieht zwar solche Ungleichbehandlungen befördernde Ausschlussmöglichkeiten des Bezugsrechts ausdrücklich vor, weil der Verband zur Verfolgung des Gemeinwohls den gesellschaftlichen Finanzierungsinteressen gegenüber gesellschafterlichen Beteiligungsinteressen im Einzelfall den Vorrang einzuräumen können muss. Stets verbunden sind damit aber jedenfalls formale Anforderungen, die die Mitglieder der Anteilseignerversammlung dabei unterstützen sollen, eine im eben beschriebenen Sinne sachgerechte Entscheidung über den Ausschluss des Bezugsrechts zu treffen. Daher ist es richtig und wichtig, Umgehungsversuchen entschieden entgegenzutreten, bei denen dieser prozedurale Schutz zu entfallen droht. Aus dieser in ihren Grundsätzen ganz herrschenden Betrachtung hat sich bislang gleichwohl kein in sich konsistentes System zur Bestimmung faktischer Bezugsrechtsausschlüsse entwickeln können. Dabei sind mit dem Verweis auf das Erfordernis einer unzumutbaren Erschwerung bzw. wesentlichen Behinderung des Anteilsbezugs bereits wichtige Grundsteine gelegt. Der Ansatz beschreibt das Bedürfnis nach Qualifizierung und damit Wertung, wie sie für Umgehungsproblematiken typisch ist. Nicht jede Erschwerung steht einem Ausschluss des Bezugsrechts gleich. Damit ist zugleich immerhin angedeutet, dass nicht nur faktische Bezugsrechtsausschlüsse der Erfassung bedürfen. Auch einfache Erschwerungen des Anteilsbezugs mögen für sich „zumutbar“ sein mit Blick auf die Wahrung des Bezugsrechts. In jenem Graubereich zwischen uneingeschränkter Ermöglichung des Anteilsbezugs und ausdrücklichem oder faktischem Bezugsrechtsausschluss bedarf die Gestaltungsmacht der zuständigen Gesellschaftsorgane ebenfalls gewisser Schranken. Denn über die Ausgestaltung von Kapitalerhöhung und Bezugsbedingungen sind die diesen Regelungen unterliegenden Gesellschafter der Gefahr einer „Ausbeutung“ ausgesetzt. Insofern wird bereits vereinzelt, jedoch ganz zutreffend auf die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht als eben jene zu berücksichtigende Schranke verwiesen.

162

F. Zusammenfassung

Gleichzeitig sind mit der „Unzumutbarkeit“ bzw. der „Wesentlichkeit“ einer Erschwerung des Anteilsbezugs aber auch die drängendsten Probleme des status quo angedeutet. Es besteht kein verlässlicher Bezugspunkt zur Bestimmung faktischer Bezugsrechtsausschlüsse im Einzelfall. Diese Krise des rudimentär gebliebenen Anknüpfungsmoments wurde lange Zeit von dem Konsens in der Behandlung des Paradebeispiels faktischen Bezugsrechtsausschlusses überdeckt. Mit den früher sehr vereinzelt anzutreffenden, heute lauter werdenden Zweifeln an der Einstufung des überhöhten Bezugspreises als Maßnahme gleicher Wirkung bricht sich die Erkenntnis zunehmend Bahn, dass dieses angebliche Paradigma einer Neubewertung bedarf. Dabei bildet das Vorliegen einer Ungleichbehandlung in der Kapitalerhöhung durch deren Ausgestaltung und die Formulierung der Bezugsbedingungen ein wertungsoffenes, zugleich aber vergleichsweise konturiertes Aufgreifkriterium zur Bestimmung faktischen Bezugsrechtsausschlusses. Insbesondere mit der zunehmend anerkannten Erfassung materieller Ungleichbehandlungen bildet der Gleichbehandlungsgrundsatz ein wirksames Mittel zur Aussonderung solcher Konstellationen, die ausdrücklichen Ausschlüssen des Bezugsrechts tatsächlich in ihrer nachteiligen Wirkung für die mitgliedschaftlichen Rechte und Interessen der Altgesellschafter gleichkommen. Regelmäßig werden alle Gesellschafter durch die in Zweifel stehende Gestaltung vorderhand gleich betroffen sein. Über einen Blick darauf, ob einzelne Gesellschafter indes einen Sondervorteil erfahren oder durch eine Bezugsbedingung besonders belastet werden, kann überprüft werden, ob das Regulativ gleichmäßiger Betroffenheit tatsächlich eine sachgerechte Entscheidung verbürgt. Widrigenfalls, also bei Aufdecken einer ungleich wirkenden Maßnahme, besteht ein besonderes Schutzbedürfnis, das nach der Anwendung der formalen Anforderungen an den Bezugsrechtsausschluss und einer inhaltlichen Überprüfung verlangt. Für das Vorliegen eines Sondernachteils ist im behandelten Kontext darauf abzustellen, ob einzelne Gesellschafter rechtlich relevant beteiligt sind, ihnen also statutarisch oder gesetzlich besondere Gesellschafterrechte aufgrund der Beteiligungsquote zugewiesen sind, und der Umfang ihrer Beteiligung trotz formal gewährten Bezugsrechts in der Kapitalerhöhung abzusinken droht. Mittels dieser Begrenzung wird das Kriterium der materiellen Ungleichbehandlung über eine plausible Anknüpfung vor einer drohenden Uferlosigkeit bewahrt. Zu diesem Zweck braucht die Art der in Betracht kommenden Benachteiligungen allerdings nicht auch noch beschränkt zu werden. Rein tatsächliche Erschwerungen können grundsätzlich ebenso eine materielle Ungleichbehandlung begründen, wie rechtliche Erschwerungen des Anteilsbezugs. Entscheidend ist, ob die Bezugsbedingungen es erlauben, bei Ausübung des Bezugsrechts die erreichte rechtlich bedeutsame Beteiligungsquote zu halten. Das ist in den Fällen eines überhöhten Bezugspreises möglich. Damit handelt es sich um eine einfache Erschwerung des Anteilsbezugs, die rechtmäßig vorgenommen werden kann, wenn die Festsetzung eines solchen Be-

F. Zusammenfassung

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zugspreises im Gesellschaftsinteresse liegt (treupflichtinduzierte Missbrauchskontrolle). Das ganz im Mittelpunkt stehende Aufgreifkriterium zur Bestimmung faktischen Bezugsrechtsausschlusses, das Vorliegen einer Ungleichbehandlung in der Kapitalerhöhung durch deren Ausgestaltung sowie die festgesetzten Bezugsbedingungen, stützt sich auf den inneren Geltungsgrund des Bezugsrechts selbst. Dieses bildet eine besondere Ausprägung des gesellschaftsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes. Erschwerungen des Bezugsrechts, die in einer Ungleichbehandlung der Gesellschafter münden, sind daher einem ausdrücklichen Bezugsrechtsausschluss gleichzustellen. In der Folge sind die formalen Anforderungen an einen Bezugsrechtsausschluss einzuhalten und die angegriffene Bezugsbedingung darauf zu überprüfen, ob sie dem Gebot sachlicher Rechtfertigung genügt. Insofern müssen sich triftige Gründe dafür finden lassen, dass gesellschaftlichen Finanzierungsinteressen der Vorzug gegenüber den Interessen des betroffenen Gesellschafters an einer gleichmäßigen Behandlung in der Kapitalerhöhung eingeräumt wird. Hierbei handelt es sich um eine engmaschige Kontrolle, weil den handelnden Gesellschaftsorganen jedenfalls auf der Ebene der Angemessenheitsprüfung keine Einschätzungsprärogative verbleibt. Ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbares Ermessen der Gesellschaftsorgane kann überzeugend nur auf die business judgment rule (§ 93 Abs. 1 S. 2 AktG) zurückgeführt werden. Bei der Frage nach einer Verhältnismäßigkeit der Maßnahme im engeren Sinne ist eine Bewertung der Organwalter, welchen Interessen der Vorrang gebührt, aber jedenfalls nicht frei von Interessenkonflikten. Die Mitglieder der Anteilseignerversammlung oder der Geschäftsführung bieten nicht Gewähr dafür, im Zweifelsfall die Gesellschaftsinteressen den Interessen der Außenseiter nachzuordnen.

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Stichwortverzeichnis Bezugsrecht – Ausübungsfreiheit 26, 29 – innerer Geltungsgrund 48, 51, 65 – mitgliedschaftliches Grundrecht 58 – positiver Verwässerungseffekt 45 – Ressourcenallokation 37, 39 – Schutz der Mitgliedschaft 57 – Schutzziele 34, 42 Bezugsrechtsausschluss, erleichterter 40 f. Bezugsrechtshandel 44 business judgment rule 106 DAT/Altana-Entscheidung 147 Delisting-Entscheidung 147 Deutsche Bank-Entscheidung 71 Erschwerungen des Anteilsbezugs – rechtliche Erschwerungen 28, 128 – tatsächliche Erschwerungen 28 f., 138 Faktischer Bezugsrechtsausschluss – Aufgreifkriterium 24, 34, 79 – Benachteiligung ausländischer Aktionäre 28, 156 – einfache Erschwerungen des Anteilsbezugs 99, 101 – fehlende Börsenzulassung neuer Aktien 28, 152 – fehlender Bezugsrechtshandel 28, 135, 144 – Festsetzung einer Mindestbeteiligungsquote 28, 133 – Festsetzung eines exorbitanten Nennwerts 28, 142 – materielle Anforderungen 115 – nachteiliges Bezugsverhältnis 133 – überhöhter Bezugspreis 23 f., 28 f., 33, 35, 139 – Umgehungstatbestand 87 – unzulässige Verknüpfungen 28, 129

Faktischer Bezugszwang Frosta-Beschluss 149

22

Gerichtlicher Rechtsschutz 120 Gesetzesumgehung im Zivilrecht – Eingriffsschwellen 95 – Umgehungsschutz 85 Gleichbehandlungsgrundsatz – als Korrektiv 47 – Bedeutung für das gesetzliche Bezugsrecht 66 – business judgment rule 118 – formale Ungleichbehandlung 126 – innerer Geltungsgrund 62 – kapitalmarkrechtliches Gleichbehandlungsgebot 158 – materielle Ungleichbehandlung 53, 71, 126 – praktische Bedeutung 55 – Selbstregulierung 68 – Verhältnis zur Treuepflicht 54 – Vorliegen einer Ungleichbehandlung 125 Hibernia-Entscheidung

57

Kali und Salz-Entscheidung 34, 36, 49, 56 Kompetenzordnungen, kapitalgesellschaftsrechtliche 31 Lehre vom sachlichen Grund – Berichtspflichten 75 – dogmatische Grundlagen 51 – erleichterter Bezugsrechtsausschluss

74

Macrotron-Entscheidung 146 Materielle Beschlusskontrolle – Darlegungs- und Beweislast 37, 122 – Inhaltskontrolle 24, 36, 50 – Lehre vom sachlichen Grund 18, 24, 36, 40, 50 f.

182

Stichwortverzeichnis

– Missbrauchskontrolle 24, 36 f., 102, 104 – Prüfungsmaßstäbe 56 Mehrheitsprinzip 59 Minimax II-Entscheidung 49

Treuebindung siehe Treuepflicht Treuepflicht 36 – innerer Geltungsgrund 62 – Pflichtadressaten 53

Rechtsfortbildung, richterliche

Vorstandsbericht, Funktion des

Siemens/Nold-Entscheidung

49 77

95