Fackel in der Finsternis: Der Historiker Carl Erdmann und das "Dritte Reich". 2 Bände 9783534274031, 9783534747122, 9783534747139, 3534274032

Carl Erdmann (1898-1945) gilt als einer der bedeutendsten deutschen Mediävisten des 20. Jahrhunderts, sein Hauptwerk &qu

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German Pages 880 [934] Year 2022

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Table of contents :
Cover
Band 1: Die Biografie
Cover Band 1
Titel
Impressum
Inhalt
Fackel in der Finsternis
Tod eines Mediävisten
Vom Gelehrten zum Rekruten
Der schönste Tag
Sterben wie ein Philosoph
Fremde Heimat Livland
Deutschbalten unter den Zaren
Familiengeschichten
Alma Mater Dorpatensis
Russifizierung, Nationalisierung, Unifizierung
Das Glück im Winkel
Ausgerechnet Blankenburg
Fünf auf einem Ast
Pensionopolis am Harz
Schule im Krieg
Lissabon
Ein »preußischer Jude«
Am europäischen Rand
Kreuzzugsgedanken in Portugal
Geheimrat Chroust
Römische Jahre
Paul Fridolin Kehr
Kampagne in Portugal
Mussolinis Rom
Der Forschung hingegeben
Ein allzu selbstständiger Schützling
Die Entstehung des Kreuzzugsgedankens
Würzburg oder Berlin?
Militia sancti Petri
Wie ein Klassiker entsteht
Am Anfang einer akademischen Karriere?
Der Fall Kantorowicz
»Onkel Tauts Hütten«
30. Januar 1933
Berufungsverfahren unter nationalsozialistischer Herrschaft
Ernst Kantorowicz, Stefan George und Friedrich II.
Debakel in Frankfurt
Asyl in Berlin
Berliner Intrigen
Unter Beobachtung und Kontrolle
Ausgrenzung durch Gutachten
Das Ende einer Laufbahn
Carl Erdmanns Feinde
Willy Hoppe, Karrierist
Hermann Christern, Opportunist und Profiteur
Wilhelm Krüger, Rektor auf vier Beinen
Ludwig Bieberbach, Mathematiker auf Abwegen
Oskar von Niedermayer, Freibeuter
Wenzeslaus von Gleispach, Strafrechtler
Werner Reese, Hoffnungsträger
Carl Erdmann dagegen
Kämpfende Wissenschaft
Walter Franks Rede
»Karl der Sachsenschlächter«
»Der Tag von Erfurt«
Heinrich I., Heinrich Himmler und die SS
Forschung als Refugium
Vom Frieden zum Krieg
Von Präsident zu Präsident
Stiller Direktor
Im Wettlauf gegen die Zeit
Mit der von ihm gewohnten Schärfe
Herr und Knecht
Theodor Mayer
Den Präsidenten verbrauchen, wie er ist
Zum zweiten Mal vertrieben
Über den Tod hinaus
Untergänge
Neuanfänge
Nachleben
Gegen den Strom
Verschlossenheit und Eigensinn
Forschung als zerbrechliches Glück
Im Rachen der Welt
ANHANG
Anmerkungen
Register (Personen, Orte)
Abbildungsnachweis
Rückcover Band 2
Band 2: Briefe 1933–1945
Cover Band 2
Titel
Impressum
Inhalt
Einleitung
Carl Erdmann als Briefschreiber
Zur Ausgabe der Briefe
Anmerkungen
Briefe (1933–1945)
1933
1934
1935
1936
1937
1938
1939
1940
1941
1942
1943
1944
1945
ANHANG
Quellen- und Literaturverzeichnis
Danksagung
Register (Personen, Orte)
Abbildungsnachweis
Die Subskribenten
Rückcover Band 2
Rückcover
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Fackel in der Finsternis: Der Historiker Carl Erdmann und das "Dritte Reich". 2 Bände
 9783534274031, 9783534747122, 9783534747139, 3534274032

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Folker Reichert

Der Historiker Carl Erdmann und das »Dritte Reich«

Die Biographie

Fackel in der Finsternis

Fackel in der Finsternis

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Fackel in der Finsternis Der Historiker Carl Erdmann und das »Dritte Reich« Band 1: Die Biographie Band 2: Briefe 1933–1945

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Folker Reichert

FACKEL IN DER FINSTERNIS Der Historiker Carl Erdmann und das »Dritte Reich« Band 1 Die Biographie

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Folker Reichert, geb. 1949, war von 1994 bis 2012 Inhaber des Lehrstuhls für mittelalterliche Geschichte an der Universität Stuttgart. Gastprofessuren in Shanghai, Yokohama und Bangkok; Fellow am Alfried-Krupp-Wissenschaftskolleg in Greifswald 2011/12; Mitglied der Kommission zur Erforschung der Kultur des Spätmittelalters bei der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen und der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg. Er publizierte vor allem zur Geschichte des Reisens, der Entdeckungen und der Kartographie im Mittelalter sowie zur Geschichte der Mediävistik im 20. Jahrhundert.

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in und Verarbeitung durch elektronische Systeme. wbg Academic ist ein Imprint der wbg. © 2022 by wbg (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt Die Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der wbg ermöglicht. Lektorat: Dirk Michel, Mannheim Satz: Arnold & Domnick GbR, Leipzig Einbandgestaltung: Andreas Heilmann, Hamburg Einbandabbildung: Carl Erdmann in den frühen 1930er-Jahren Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier Printed in Europe Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-wissenverbindet.de ISBN 978-3-534-27403-1 Elektronisch sind folgende Ausgaben erhältlich: eBook (PDF): ISBN 978-3-534-74712-2 eBook (epub): ISBN 978-3-534-74713-9

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INHALT Fackel in der Finsternis

7

Tod eines Mediävisten

12

Vom Gelehrten zum Rekruten – Der schönste Tag – Sterben wie ein Philosoph

Fremde Heimat Livland

32

Deutschbalten unter den Zaren – Familiengeschichten – Alma Mater Dorpatensis – Russifizierung, Nationalisierung, Unifizierung – Das Glück im Winkel

Ausgerechnet Blankenburg

50

Fünf auf einem Ast – Pensionopolis am Harz – Schule im Krieg

Lissabon 68 Ein »preußischer Jude«– Am europäischen Rand – Kreuzzugsgedanken in Portugal – Geheimrat Chroust

Römische Jahre

87

Paul Fridolin Kehr – Kampagne in Portugal – Mussolinis Rom – Der Forschung hingegeben – Ein allzu selbstständiger Schützling

Die Entstehung des Kreuzzugsgedankens

115

Würzburg oder Berlin? – Militia sancti Petri – Wie ein Klassiker entsteht – Am Anfang einer akademischen Karriere?

Der Fall Kantorowicz

133

»Onkel Tauts Hütten« – 30. Januar 1933 – Berufungsverfahren unter nationalsozialistischer Herrschaft – Ernst Kantorowicz, Stefan George und Friedrich II. – Debakel in Frankfurt – Asyl in Berlin

Berliner Intrigen

164

Unter Beobachtung und Kontrolle – Ausgrenzung durch Gutachten – Das Ende einer Laufbahn

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Carl Erdmanns Feinde

179

Willy Hoppe, Karrierist – Hermann Christern, Opportunist und Profiteur – Wilhelm Krüger, Rektor auf vier Beinen – Ludwig Bieberbach, Mathematiker auf Abwegen – Oskar von Niedermayer, Freibeuter – Wenzeslaus von Gleispach, Strafrechtler – Werner Reese, Hoffnungsträger – Carl Erdmann dagegen

Kämpfende Wissenschaft

224

Walter Franks Rede – »Karl der Sachsenschlächter« – »Der Tag von Erfurt« – Heinrich I., Heinrich Himmler und die SS

Forschung als Refugium

265

Vom Frieden zum Krieg – Von Präsident zu Präsident – Stiller Direktor – Im Wettlauf gegen die Zeit – Mit der von ihm gewohnten Schärfe

Herr und Knecht

309

Theodor Mayer – Den Präsidenten verbrauchen, wie er ist – Zum zweiten Mal vertrieben

Über den Tod hinaus

325

Untergänge – Neuanfänge – Nachleben

Gegen den Strom

346

Verschlossenheit und Eigensinn – Forschung als zerbrechliches Glück – Im Rachen der Welt

ANHANG Anmerkungen 365 Register (Personen, Orte)

417

Abbildungsnachweis 424

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FACKEL IN DER FINSTERNIS Berlin, am 1. Januar 1939: Wie zu jedem Jahreswechsel schreibt Carl Erdmann seinem Freund Gerd Tellenbach einen Brief.1 Von der Post, die er seinerseits bekam, ist nichts erhalten geblieben. Man muss (und kann) sich deren Inhalt erschließen. Immer ging es um persönliche Dinge, berufliche Aussichten, wissenschaftliche Pläne, gute Wünsche trotz lastender Sorgen. Zunehmend kam die Politik ins Spiel; schon bald überwog das Öffentliche das Private. Im Januar 1939 steht sie – buchstäblich – an erster Stelle. Denn Erdmann hatte Grundsätzliches mitzuteilen. Zu viel war gegen Ende des abgelaufenen Jahres geschehen: Ein europäischer Krieg wurde mit knapper Not noch einmal vermieden; mit der Reichspogromnacht kündigten sich weitere, immer schärfere Judenverfolgungen, aus heutiger Sicht: der Holocaust, an. Alle Aussichten trübten sich ein. Erdmann wagte keine Prognose, sah aber ein »Zeitalter der Finsternis« anbrechen. Der Begriff hat seine Geschichte. Seit dem 14. Jahrhundert, seit Francesco Petrarca verstand man darunter jenes mittlere Zeitalter zwischen Antike und Neuzeit, das Humanisten und Aufklärer als verlorene Zeit diffamierten, als eine Epoche des Stillstands und der Dunkelheit, aetas tenebrarum, saeculum obscurum, nichts weiter.2 Weder Erdmann noch Tellenbach hätten sich den Begriff, das Schlagwort oder gar die Auffassung zueigen gemacht. Beide hatten sich der Erforschung des Mittelalters verschrieben, um dessen Eigenart und Wert noch deutlicher hervortreten zu lassen, als es die Romantiker, die Philologie und die Geschichtsschreibung schon getan hatten. Doch hatte der Begriff seine Berechtigung, wenn man ihn auf die Gegenwart projizierte, erst recht, wenn man bedachte, was die Heilige Schrift mit dem Wort Finsternis verbindet: die Herrschaft der »Fürsten und Gewaltigen […] mit den bösen Geistern unter dem Himmel« (Eph 6,12 in Martin Luthers Übersetzung). Auch das stand dem studierten Theologen Carl Erdmann sicher vor Augen, und sein gelehrter Freund hat sicher verstanden, was er meinte. Die nationalsozialistischen Machthaber (die »Gewaltigen«) hatten ein Reich der Finsternis aufgerichtet, das ihnen beiden den Atem verschlug. Es blieb nur der Rückzug ins Private, und beide werden gewusst haben, was das im Wortsinn bedeutete: privatus, »abgesondert vom Staate«, abgesondert von diesem Staat.3 Erdmann rechnete nicht mit des-

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8 Fackel in der Finsternis sen Dauer, auch nicht im Januar 1939, als sich manch einer durch wirkliche oder scheinbare Erfolge noch beeindrucken ließ. Es kam also darauf an, einen unbestimmten Zeitraum zu überbrücken und jenseits der Gegenwart für die Zukunft aufzubewahren, was von der Vergangenheit wertvoll erschien. Erdmann sprach von einer Fackel, die man durch das gegenwärtige Zeitalter der Finsternis hindurchtragen müsse. Damit meinte er seine Wissenschaft, der er zutraute, den Anmaßungen der Mächtigen zu widerstehen. Fackel in der Finsternis, lux in tenebris: Sein Selbstverständnis hätte Erdmann nicht anspruchsvoller zum Ausdruck bringen können. Eben davon handelt dieses Buch: von Politik und Wissenschaft im nationalsozialistischen Herrschaftssystem, von intellektuellen Zumutungen und deren Abwehr, von Bildung, die sich nicht mit Unbildung verträgt, von Selbstbehauptung und persönlichem Mut, aber auch von Rückzug, Resignation und der Würde des Scheiterns, vom Untergang des Protagonisten. Was konnte Wissenschaft im nationalsozialistischen Unrechtsstaat ausrichten? Was konnte die Geschichtswissenschaft ausrichten? Welche Rolle konnte die Erforschung des Mittelalters, akademisch gesprochen: die Mediävistik, dabei spielen? Gab es Handlungsspielräume, die nur Wenige nutzten, richtiges Leben im falschen? Carl Erdmann gehörte zu der kleinen Zahl von Fachhistorikern, die sich den Forderungen der nationalsozialistischen Wissenschaftspolitik beharrlich widersetzten und ihr öffentlich widersprachen. Die Folgen nahm er – sehenden Auges – in Kauf. Er riskierte viel, verlangte wenig und verlor alles. Darin liegt das Faszinosum seines Falls. Es gilt mittlerweile als aussichtslos, jemandes Leben so erzählen zu wollen, dass es als kohärente, »auf etwas zulaufende Folge von Ereignissen« erscheint. Man spricht von der »biographischen Illusion« und unterstellt dem Biographen eine gewisse Komplizenschaft mit seinem Helden. Kein Individuum verfüge von der Wiege bis zur Bahre über eine konstante Identität, die über den Besitz des Eigennamens hinausgeht. Eine teleologische Sichtweise verbiete sich, kein Lebensweg ergebe als solcher einen ›Sinn‹, schon gar nicht in der Art eines Entwicklungsromans. So gesehen, sei es sinnvoller, Biographien nicht chronologisch, sondern thematisch anzulegen.4 Immerhin bleibt es also möglich, sich methodisch kontrolliert einer historischen Persönlichkeit anzunähern und sie aus unterschiedlichen, auch zeitlich definierbaren Blickwinkeln einzukreisen, um schließlich zu einem genauen und differenzierten Gesamtbild zu gelangen.

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Vier Gesichtspunkte bieten sich nicht nur für Carl Erdmanns Biographie an. Erstens seine natürlichen Anlagen: Erdmann war zweifellos ein schwieriger Mensch, und zwar für alle, die mit ihm zu tun hatten, zu Zeiten mehr, zu Zeiten weniger. Als er wissenschaftlichen Aufwind verspürte, wurde sein Ehrgeiz geweckt. Als es abwärts mit ihm ging, wehrte er sich heftig und zeigte sich reizbar. Später, in seinen letzten Lebensjahren, wurde er milder. Immer konnte er sich auf seine hohe Intelligenz, seine rasche Auffassungsgabe und ein blendendes Gedächtnis verlassen. Erdmann gehörte zweifellos zu den Hochbegabten, nach denen jede Wissenschaft Ausschau hält. Hinzu kam ein ausgeprägter Eigensinn, der sich im persönlichen Umgang als Sturheit, in Lebensführung und Lebensplanung als Selbstbeschränkung, in der wissenschaftlichen Arbeit als Fleiß und Hingabe ausdrückte. Davon vermitteln vor allem die Kapitel über seine fachlichen Leistungen einen Eindruck. Sie zeigen ihn als einfachen Mitarbeiter, aber »stillen Direktor« der Monumenta Germaniae Historica sowie als Autor eines mediävistischen Klassikers von mittlerweile weltweiter Wirkung.

Carl Erdmann um 1932.

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10 Fackel in der Finsternis Zweitens Prägungen und Einflüsse, was sich vor allem auf Erdmanns frühe Jahre bezieht: Obwohl man ihn nicht als Familienmenschen bezeichnen kann, haben ihn familiäre Traditionen und die Herkunft aus dem »Baltikum« nachhaltig beeinflusst. Dadurch wurden ihm deutsche Sprache, Kultur und Bildung als identitätsstiftende Werte vermittelt. Gleichzeitig nahm er als Deutschbalte überall eine Sonderstellung ein, die zwischen zugehörig und außenstehend changierte. Das Schicksal seines früh verstorbenen Vaters als dezidiert deutschsprachiger und deshalb entlassener russischer Staatsdiener stand ihm zeitlebens vor Augen. In Blankenburg am Harz verbrachte er im Schoß einer vaterlosen Familie eine behütete Jugend; aber offenbar wurde schon dort dem Außenseitertum der Boden bereitet, das er bis ans Ende seiner Tage kultivierte. Was er vom Gymnasium mitnahm, war das Interesse an den klassischen Sprachen sowie eine persönliche Beziehung zum Direktor Ernst Witte, die mit den Jahren so eng wurde, dass sie ihm den fehlenden Vater ersetzte. Im Studium fand er den Weg von der Theologie zur Geschichte und ließ sich durch das persönliche Beispiel des »preußischen Juden« Paul Joachimsen beeindrucken. Gleichwohl brachte ihn auch die Universität nicht davon ab, hartnäckig seine eigenen Ziele zu verfolgen und sich, wo immer es ging, als Autodidakt zu versuchen. Erst Paul Fridolin Kehr hat ihn so sehr gefordert, dass er sich ein zunächst leuchtendes, dann ambivalentes und schließlich abschreckendes Beispiel an ihm nahm. Drittens die Schauplätze: Hält man sich die Orte, an denen Erdmann lebte, mithilfe einer Landkarte vor Augen, dann bekommt man einen Eindruck von der europäischen Dimension seiner Biographie: frühe Kindheit in Livland, Jugend in Blankenburg, Studium in Berlin und München, später in Würzburg, Tätigkeiten in Lissabon und Rom, schließlich wieder in Berlin. Hinzu kamen Forschungsaufenthalte erneut in Portugal, dann in Spanien und Paris, wo er ebenfalls Spuren hinterließ. Die erforderlichen Sprachkenntnisse brachte er mit oder sie »flogen« ihm zu. So gesehen, vervollständigte der Kriegseinsatz auf dem Balkan das Spek­trum seines Erlebens. Auch dort nutzte er die Zeit, so gut es eben ging. Nur das Albanische setzte ihm zu. Herausragend wichtig waren die Stationen in Lissabon und Rom. In Portugal fand er den Weg zum Mittelalter und mit der Kreuzzugsgeschichte das Thema, durch das er eines fernen Tages berühmt werden sollte. In Rom öffnete sich sein Blick zur Geschichte des Papsttums und von da zu den klassischen Themen der Kaisergeschichte, die ihn in Berlin beschäftigen sollten. Reisen bildet: so sagt man.

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Nicht immer trifft der Satz zu. Erdmanns Biographie gehört zu jenen Beispielen, die zeigen, was er wert ist. Viertens die äußeren Umstände, vor allem Zeitgeschichte und Politik: Krieg, Nachkrieg, Unruhen in Portugal, der Faschismus in Italien – das alles hat Erdmann erschüttert, bewegt oder betroffen. Damit musste und konnte er umgehen. Aber bedrängt, gequält und letztlich in den Untergang getrieben hat ihn die nationalsozialistische Diktatur, mit deren Funktionsträgern und Repräsentanten er sich mehrfach angelegt hatte. Davon handeln die Berliner Kapitel. Denn dort, in der Reichshauptstadt, befand er sich gewissermaßen im Auge des Orkans, inmitten eines politischen und weltanschaulichen Furors, den er nur in seinen Schriften und Briefen überlebte. Auch die Zu- und Wechselfälle seines Nachlebens gehören zu den erhellenden Bestandteilen einer eigensinnigen Biographie.

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TOD EINES MEDIÄVISTEN Ende Mai 1944 erhielt Heinrich Sproemberg ungewöhnliche Post, keinen Brief, keine Büchersendung, nur eine Postkarte, abgeschickt in Straßburg, zugestellt durch die Feldpost. Absender war der Schütze Carl Erdmann, »Dolmetscher eines Sonder-Lehrgangs für Italiener«.1 Sproemberg wird sich gefreut haben. Denn die beiden kannten sich seit längerer Zeit, tauschten ihre Publikationen und verstanden sich auch persönlich recht gut. Ihre Arbeitsschwerpunkte lagen in der Geschichte des Mittelalters, unterschieden sich aber so weit voneinander, dass sie nie miteinander konkurrierten. Beide gehörten zum Umfeld des emeritierten Berliner Ordinarius Robert Holtzmann und beide waren Außenseiter im akademischen Betrieb, der eine als Privatgelehrter ohne Habilitation und ohne feste Anstellung, der andere als schlecht bezahlter Mitarbeiter im »Reichsinstitut für ältere deutsche Geschichtskunde«. Sproemberg ging es damals nicht gut. Mit Holtzmanns Emeritierung hatte er einen Förderer und Fürsprecher verloren. Mit Fritz Rörig, dem anderen Mediävisten an der Friedrich-Wilhelms-Universität, verstand er sich nicht. Aus einer Tätigkeit für den »Hansischen Geschichtsverein« wurde er hinausgedrängt, einmal auch wegen »jüdischer Versippung« denunziert. Dass er gläubiger Protestant war und der Bekennenden Kirche angehörte, erleichterte seine Situation nicht. Ende 1943 – in einem der nun zahlreichen, verheerenden Luftangriffe auf die Reichshauptstadt – wurde Sproembergs Familie ausgebombt. Im Klostergut Badersleben nördlich von Wernigerode fand sie Zuflucht. Auch Sproembergs Bücher wurden gerettet. Doch abgeschnitten von fachlichen Gesprächen und der Bibliothek des Reichsinstituts, musste er seine Arbeitsmöglichkeiten als »beschränkt« empfinden.2 Schon eine schlichte Postkarte, geschrieben von einem Vertrauten, konnte seinen Alltag ein wenig aufhellen. Sproemberg hatte sich Sorgen gemacht und wollte wissen, wo Erdmann steckte. Hatte es ihn etwa nach Italien verschlagen? Das aber war jetzt – nach Mussolinis Sturz, der Invasion durch die Alliierten im Süden und der Besetzung des restlichen Lands durch die Wehrmacht – »auch keine ruhige Gegend mehr«.3 Sproembergs Sorgen wurden durch die Postkarte zerstreut, durch den kurzen Text auf der einen, mehr noch durch das Foto auf der ande-

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ren Seite: Es zeigt den gesamten Lehrgang in Straßburg, 30 Mann in Uniform, locker aufgestellt für den Fotografen, Italiener, die zu »Gerät-Unteroffizieren« ausgebildet wurden, deutsche Dolmetscher, die den schwierigen Unterrichtsstoff übersetzten. Kaum einer macht einen martialischen Eindruck, am wenigsten Carl Erdmann. Man erkennt ihn sofort: lang, schlaksig, die Arme etwas linkisch gestreckt, freundlich lächelnd, der einzige Brillenträger in der Gruppe, sichtbar ein Gelehrter. Auch die Stelle, an der er steht, scheint charakteristisch für ihn: in der zweiten Reihe ganz links, Außenseiter auch hier.

Vom Gelehrten zum Rekruten Carl Erdmann war ganz sicher nicht für den Krieg geschaffen, sondern als Soldat deplatziert. Das wusste jeder, der ihn kannte, und als er eingezogen wurde, musste man sich Sorgen um ihn machen. Nach dem Abitur – das war 1916 – war er als untauglich ausgemustert worden.4 Jetzt, 27 Jahre später, sollte er den »Endsieg« erringen helfen. Nur einmal in seinem Leben hatte er mit

Dolmetscherkompanie, Straßburg Mai 1944 (Erdmann hinten links).

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14 Tod eines Mediävisten militärischen Dingen, politischer Gewalt oder Ähnlichem zu tun gehabt. In Lebensläufen und Fragebögen hielt er fest, dass er sich 1919 an den »Anti-Spartakus-Kämpfen« in Berlin beteiligt habe.5 Da war er 20 Jahre alt und hatte einige Semester Theologie studiert. Genaues erfahren wir nicht. Worin seine Rolle bei den Berliner Straßenkämpfen bestand, wie aktiv er an den blutigen Geschehnissen im Januar und den noch blutigeren im März 1919 mitwirkte, ob er gar selbst gewalttätig wurde, das alles bleibt völlig unklar. Man kann sich aber nicht vorstellen, dass er dabei irgendwelche militärische Kenntnisse erwarb. Die ganze Angelegenheit dauerte jeweils nur wenige Tage und danach kam Erdmann mit Waffen nicht mehr in Berührung. Martialischer Geist blieb ihm grundsätzlich fremd.6 Als er im Herbst 1943 zur Wehrmacht eingezogen wurde, stand er kurz vor der Vollendung seines 45. Lebensjahrs und war im Grunde zu alt für den Krieg. Der Bildhauer Ernst Barlach erlebte im Ersten Weltkrieg, dass Rekruten über 40 wie »Lausbuben« traktiert wurden, und der Komponist Arnold Schönberg verlor alle Illusionen, als er – 42 Jahre alt, aber militärisch ein »Lehrbub« – »sich von Idioten befehlen lassen« musste.7 Im Zweiten Weltkrieg war das nicht anders. Doch nach dem Desaster von Stalingrad, weiteren schweren Verlusten an der Ostfront und der Landung der Alliierten in Süditalien wurden die letzten legalen Reserven mobilisiert und immer höhere Jahrgänge eingezogen, bis schließlich der sogenannte Volkssturm noch die 16und 60-Jährigen in sinnlosen Abwehrkämpfen verheizte. »Heldenklau« sagte man im Volksmund dazu. Bei der Musterung »kv«, also »kriegsverwendungsfähig«, geschrieben, aber bei der Einstellungsuntersuchung als »z. u. Feld«, also für den Felddienst »zeitlich untauglich«, klassifiziert,8 setzten Erdmann die ungewohnten körperlichen Belastungen, verbunden mit Drill und Schikanen, erheblich zu. In dienstfreien Zeiten fühlte er sich so müde, dass er nicht einmal mehr Briefe schreiben konnte. Arthritische Beschwerden machten ihm nach Abschluss der Grundausbildung zu schaffen.9 Vielleicht hätte er das alles leichter ertragen können, wenn er sich früher sportlich oder anderweitig körperlich betätigt hätte. Doch beruflich hatte er sich nur mit geistigen Dingen beschäftigt und Sport kam für den langen, ungelenken, immer auch kränkelnden Mann überhaupt nicht infrage. Das sprach sich schnell bei den Vorgesetzten und Kameraden herum. Er galt als »Gelehrter«, als »Professorchen« gar, und wurde mit »Herr Doktor« angesprochen. In der Männerwelt einer Kompanie verschafft man sich damit keinen Respekt,

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bei den Vorgesetzten vielleicht noch weniger als bei den einfachen Soldaten. Ein Professor in der Grundausbildung wurde immer als eine Mischung aus Ärgernis und Gaudium betrachtet. Am Schießstand, wo das Geschrei des Ausbilders mit der Unfähigkeit des Anfängers kollidierte, konnte die Situation leicht eskalieren. Wehe dem, der einem Schleifer in die Hand fiel!10 Auch Erdmann schoss schlecht und mit zittrigen Händen, in der Gefechtsausbildung versagte er völlig und stellte sich beim Putzen des ihm anvertrauten Gewehrs ungeschickt an. Doch er nahm es gelassen und wunderte sich, wie wenig es ihm ausmachte, in fortgeschrittenem Alter »vom zerstreuten Professor zum Rekruten« zu avancieren. Es amüsierte ihn, dass der »tierische Ernst«, mit dem er alle Dienstanweisungen befolgte, jeden noch so grimmigen Unteroffizier zu beruhigen vermochte. Er legte sich ein dickes Fell zu und ertrug so das »Geschimpfe«.11 Dass er zum Soldaten nicht taugte, war ihm dabei schmerzlich bewusst. Er war – in seinen eigenen Worten – ein »miserabler Soldat«,12 den Vorgesetzten ein Ärgernis und für die Kameraden eine Last. Er bemühte sich, »bescheiden in der Menge zu verschwinden«, aber es gelang ihm nicht, den ihm eigenen »gelehrten Habitus« zu unterdrücken. Den »militärischen Kram« (Exerzieren zum Beispiel) konnte er beim besten Willen nicht ernst nehmen.13 Als er schließlich bei der kämpfenden Truppe zum Einsatz kam, wurde er gleich am ersten Tag wegen seines unmilitärischen Auftretens »angeknurrt« und ein andermal vor versammelter Mannschaft als »Idiot« beschimpft, den man vor ein Kriegsgericht stellen müsste, wenn er nicht »so dämlich« wäre. Bei den Kameraden hat ihm der ›Anschiss‹ »weniger geschadet als genützt«. Damit konnte er sich trösten und die öffentliche Demütigung als »interessante« Erfahrung verbuchen. Aber gewurmt hat sie ihn doch.14 Es hätte schlimmer kommen können. So wenig Erdmann zum Soldaten taugte und sich nie mit seiner Leistung zufriedengeben wollte, so hat er doch auch Verständnis, Sympathie und sogar Anerkennung erfahren. Schließlich war er nicht der Einzige in seiner Einheit, der in höherem Alter noch in der Grundausbildung dienen musste. Entsprechend langsam ging es deshalb zu. Die ganze Kompanie zeichnete sich durch ihre geringe Leistungsfähigkeit aus und im Dolmetscherlehrgang hieß es, dass es »so einen Haufen wie diesen nicht zum zweiten Mal gibt«. Sogar Erdmann, der ja als untauglich galt, konnte »einigermaßen« mithalten. An einen Einsatz an der Front war nach seiner Meinung nicht zu denken. Im Nahkampf würden sie alle versagen.15

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16 Tod eines Mediävisten Auf ihn selbst wurde sogar besondere Rücksicht genommen, was er mit ungläubigem Staunen verfolgte. Das ging so weit, dass er den Auftrag erhielt, seiner Kompanie historische Vorträge zu halten. Selbstverständlich hatten die Themen, die ihm gestellt wurden: »Kämpfe bei Lyck 1914«, »Stürme aus dem Osten«, »Reichsgedanken«, nichts mit seinen früheren Forschungen zu tun und die Vorträge erfüllten nicht einmal einen allgemeinbildenden Zweck, sondern sollten die Erinnerung an die Vergangenheit für das Handeln in der Gegenwart aktivieren. Denn so wie 1914 ging es gegen zahlenmäßig überlegene Russen, angeblich im Namen eines Reichs, das seiner europäischen Verantwortung gerecht wird. Wie Erdmann sich aus der Affäre zog, wissen wir nicht. Aber immerhin erhielt er auf diese Weise Gelegenheit, sich militärisch nützlich zu machen und sogar etwas Ansehen bei der Truppe zu erwerben. Am Ende der Grundausbildung kam er zu dem für ihn ganz unerwarteten Ergebnis, »dass auch der rein-geistige und unpraktische Mensch«, für den er sich hielt, »selbst bei einer Einrichtung wie dem Kommiss Respekt und Sympathie erfahren kann« (nicht muss).16 Alles sprach gegen seinen Einsatz an der Front. Erdmann hatte sich vorsorglich für die Dolmetschertruppe gemeldet und dabei auf die Italienischkenntnisse hingewiesen, die er in Rom während seiner sechsjährigen Tätigkeit am Preußischen Historischen Institut erworben hatte. Tatsächlich wurden Italienischdolmetscher zu diesem Zeitpunkt geradezu händeringend gesucht. Denn man brauchte sie, um nach dem Ausscheiden Italiens aus dem Krieg mit der Konkursmasse des Bündnisses umgehen zu können. Die Kommunikation mit den unter deutschem Kommando verbliebenen Streitkräften stellte ihre wichtigste Aufgabe dar. Dass Erdmann trotzdem wie alle anderen Rekruten auch an der Waffe ausgebildet wurde, hielt er für »unglaublich«.17 Für die Zeit danach aber hatte er die Aussicht, als Dolmetscher einen besonderen Status einnehmen und vielleicht sogar geistig anspruchsvollere Aufgaben übernehmen zu können. Zeitweise hat sich seine Hoffnung tatsächlich erfüllt. Erdmanns militärische ›Karriere‹ war kurz und unspektakulär. Auf die infanteristische Grundausbildung in Lyck in Ostpreußen (dem heutigen Ełk in Polen) folgten ein Dolmetscherlehrgang in Berlin und schließlich ein paar Monate später der erste »Einsatz«: jener Ausbildungslehrgang für italienische Unteroffiziere, zu dessen Abschluss das Foto entstand, das Heinrich Sproemberg erhielt. Mit einiger Zufriedenheit blickte er gerade auf die Zeit im Elsass zurück. Denn die Italiener waren für seine Übersetzungen des schwierigen

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Vom Gelehrten zum Rekruten 17

Stoffs dankbar (das Foto scheint ein unausgesprochenes Einverständnis zum Ausdruck zu bringen) und am Ende wurden die Unterrichtsmaterialien für weitere Verwendung von den Dolmetschern schriftlich ins Italienische übertragen. Erdmann fand das eine »geradezu akademische Beschäftigung«, die ihn beglückte.18 Fast war er wieder bei sich und auf vertrautem Terrain. Nur seine eigentliche Aufgabe, das Dolmetschen, stellte ihn nicht wirklich zufrieden. Schon in der Ausbildung litt er an Selbstzweifeln, die er im ersten Einsatz bestätigt zu sehen glaubte. Die verschiedenen italienischen Dialekte machten ihm zu schaffen und das militärisch-technische Vokabular fehlte ihm völlig. Seine Leistungen fand er denn auch sehr »ungleich«: Im Schriftlichen übertraf er fast alle, selbst den Durchschnitt der Italiener. Auch mündlich konnte er sich noch helfen; doch im Hörverständnis hatte er Defizite (dass er unter fortschreitender Schwerhörigkeit litt, erfährt man hier ganz nebenbei). Einer schnellen Unterhaltung konnte er kaum folgen. Offenbar rächte es sich, dass in seiner Schulzeit mehr auf die toten als auf die lebendigen Sprachen Wert gelegt worden und er selbst in seinen sechs römischen Jahren einer rein akademischen, fast ausschließlich schriftgebundenen Tätigkeit nachgegangen war. Sprache wurde hier wie dort vor allem als Schriftsprache verstanden. Mangelnde (nach Erdmanns anspruchsvollem Selbstverständnis mangelhafte) Sprachfertigkeit war dafür der Preis. Immerhin ermöglichte ihm die Dolmetschertätigkeit, so unvollkommen er sie auszufüllen glaubte, den Rang eines »Sonderführers« zu erlangen. »Sonderführer« waren Soldaten im Sinne des Wehrgesetzes, die aber keine oder nur eine unzureichende militärische Ausbildung erhalten hatten und auch nicht zum Dienst mit der Waffe vorgesehen waren, sondern wegen besonderer fachlicher Kenntnisse als Ingenieure, Ärzte, Verwaltungsfachleute, Kriegsberichterstatter oder eben auch als Dolmetscher in der Wehrmacht dienten. Sie hatten Offiziers- oder Unteroffiziersrang, wurden aber nicht mit ihrem Dienstgrad, sondern als »Herr Sonderführer« angesprochen und trugen eigene Rangabzeichen (Kragenspiegel, Mützenkordel und Ähnliches mehr), die sich von denen der Offiziere und Unteroffiziere deutlich unterschieden.19 So besonders war ihre Stellung, dass sie – später – sogar zur literarischen Verwertung einlud.20 Sonderführer genossen bestimmte Privilegien, standen aber außerhalb der militärischen Hierarchie und zogen nicht unbedingt die Sympathie der kämpfenden Truppe auf sich. Erdmann erhielt einen Eindruck davon, als er bei seinem ersten Einsatz in Frontnähe zunächst »sichtlich mit

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18 Tod eines Mediävisten Missfallen« betrachtet wurde. Eine Dienststellung mit Offiziersrang (Sonderführer Z = Zugführer) war für ihn nie infrage gekommen, was bei den Offizieren seiner Einheit Verwunderung erregte. Vielmehr wurde er als Sonderführer G = Gruppenführer eingestuft; dadurch aber war er Unteroffizieren und Mannschaften suspekt. Wieder einmal saß er zwischen den Stühlen.21

Der schönste Tag Erdmann durfte damit rechnen, in Italien als Dolmetscher eingesetzt zu werden. Doch dazu kam es nicht. Er wurde auf den südosteuropäischen Kriegsschauplatz geschickt, wo noch Reste der italienischen Truppen, nun als Teile der Wehrmacht und der Waffen-SS, stationiert waren. Sie galten als »Hilfswillige« oder »Bündniswillige«, was aber nur eingeschränkt zutraf. Da man sie als potenzielle »Verräter« beäugte, kamen sie nur in untergeordneten Tätigkeiten oder in der Partisanenbekämpfung zum Einsatz.22 Dass es mit der deutschen Herrschaft auf dem Balkan nicht mehr lange weitergehen würde, ließ sich ohnehin immer deutlicher erkennen. Erdmann geriet in den Sog des allgemeinen Untergangs hinein und wurde selbst ein Teil des Verderbens. Wir erfahren davon durch eine Serie von Feldpostbriefen, die er an seine Schwester Yella und an seinen besten Freund Gerd Tellenbach schickte. Es müssen noch mehr gewesen sein. Erdmann spricht einmal von mehreren Freunden, denen er schrieb. Die Berliner Professoren Robert Holtzmann, Friedrich Baethgen und Eugen Meyer gehörten zu ihnen.23 Manche Briefe gingen verloren, als die Balkan-Front implodierte, andere im Laufe der Zeit. Doch auch die erhaltenen zeichnen – dank der Regelmäßigkeit ihres Eingangs – das Bild einer unaufhaltsamen Bewegung nach unten. Die Stationen seiner »Reise« durfte Erdmann nicht unverhüllt nennen. Sie unterlagen der militärischen Geheimhaltung. Er umschrieb sie so deutlich, wie er konnte, ohne einen der Namen aussprechen zu müssen. Das Land, in das er geschickt wurde, sei klein und liege östlich von Italien. Seine Dienststelle sei im ehemaligen Königspalast untergebracht. Das Land muss also vor nicht allzu langer Zeit ein Königreich gewesen sein. Italienisch werde dort »sozusagen als zweite Landessprache« gebraucht.24 Gemeint war Albanien, das sich seit 1926 eng an Italien angeschlossen hatte und schließlich – als König Zogu nicht mehr spurte – von faschistischen Truppen besetzt worden

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war. Einen ganzen Tag verbrachte Erdmann bei einem See an der östlichen Grenze in einer Stadt gleichen Namens, in der eine gemischt muslimischorthodoxe Bevölkerung lebe. Deren Name erinnere ihn an Eduard Mörikes Gedicht »Du bist Orplid, mein Land! Das ferne leuchtet« (den Namen des Märchenlandes hatte er durch drei Punkte ersetzt).25 Nahm die Adressatin einen Atlas zur Hand, konnte sie leicht sehen, dass es Ohrid am Ohrid-See war, das den Schreiber so sehr fasziniert hatte. Deutsche Dichtung fungierte hier als eine Art Geheimcode. Deren Kenntnis half dabei, die militärischen Vorschriften zu unterlaufen. Später beim fluchtartigen Rückzug nach Norden kam Erdmann zu einer größeren Stadt, deren Name man aus bestimmten Buchstaben im Vor- und Familiennamen seiner anderen Schwester, Veronika Czapski, zusammensetzen könne.26 Folgt man der Anweisung, ergibt sich: Sarajevo, damals im deutschen Schutzstaat Kroatien gelegen. Dort konnte man sich noch im Januar 1945 einigermaßen sicher fühlen. Die Stadt besaß strategische Bedeutung für die Front im Südosten und sollte laut ›Führerbefehl‹ unter allen Umständen gehalten werden. Noch im Februar 1945 wurde sie zur Festung erklärt und erst Ende März von deutschen und kroatischen Truppen geräumt.27 In den Monaten zuvor hatte Erdmann sich wie ein »Wanderer zwischen zwei Welten« gefühlt. Er zitierte ein Kultbuch seiner Generation, um seine unwirkliche Situation zwischen Bangen und Hoffen, zwischen Erinnerung, Zusammenbruch und Flucht zu beschreiben. Hatte man sich am Anfang des Krieges bevorzugt auf die heroisch-mitreißenden Elemente des Buchs bezogen, so erinnerte man sich am Ende der melancholischen Stimmung, die in ihm vorherrscht.28 Eine solche Stimmung konnte empfinden, wer wie Erdmann die desaströse Niederlage auf dem Balkan als Augenzeuge erlebte. Es war eine Reise durch den Krieg in seiner finalen Phase. Von Berlin nach Tirana in sieben Tagen: Das war – gemessen an den Umständen – eine ordentliche Leistung. Nur in Wien wurde Erdmann durch »Papierkrieg« und das damit verbundene »organisationelle Herumstehen« aufgehalten. Bürokratie und Organisation funktionierten also noch. Feindliche Flieger machten sich am Tag bemerkbar, vom Partisanenkrieg war noch wenig zu spüren. Nur »gelegentlich fiel ein Schuss«.29 Erdmann fand sogar Zeit und Muße, sich für den äußeren Rahmen seiner Reise, für die Landschaften, die Siedlungen und die Bevölkerungsverhältnisse, zu interessieren. Er wunderte sich über die sanften Hügel in Nord-

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20 Tod eines Mediävisten serbien, die fruchtbaren Felder und mäßig hohen Berge, »niemals felsig, schroff oder kalt«. Vom »Balkan« hatte er anderes erwartet, nämlich unwirtliche Landschaften und kriegerische Völker in einer grausamen Natur. Karl Mays enorm einflussreiche Bücher, von den »Schluchten des Balkan« bis zum »Schut«, hatte wahrscheinlich auch Erdmann gelesen. Das durch sie verbreitete Bild eines europäischen Orients stand sicher auch ihm vor Augen. Doch Vorstellung und Wirklichkeit stimmten nicht überein. Erst in Mazedonien kam der Reisende auf seine Kosten und sah zerklüftete Gebirge mit kahlen Hängen, tiefe Schluchten und »Dörfer, seltsam gedrückt in der Landschaft, die Leute vielfach noch in Tracht«: »echter Balkan«, wie Erdmann meinte. In Skopje bestieg er eine Anhöhe und zählte 14 Minarette sowie einen griechisch-katholischen Kirchturm. An das Europa, das er kannte, erinnerte nicht viel. Umso mehr faszinierten ihn die kulturell-religiöse Vielfalt und die Dichte der Eindrücke, die er auf der Durchreise erhielt. Er genoss die abenteuerlichen Nachtfahrten durch eine »hochromantische Landschaft« und bedauerte es, von ihr so wenig zu sehen.30 Geradezu glücklich wurde Erdmann am Ohrid-See, in jener Gegend, die er als sein »Orplid« ausgab. Denn sie erschien ihm »traumhaft schön«. Seiner Unterkunft, von der er auf den See blicken konnte, hätte er, stünde sie im »Baedeker«, zwei Sterne geben wollen. Wie ein »Vergnügungsreisender« kam er sich vor. Vom heiligen Clemens (Kliment) von Ohrid, einem Schüler der Slawenapostel Method und Kyrill, dessen Reliquien in der jetzt nach ihm benannten Kirche aufbewahrt werden, hatte er noch nie etwas gehört. Denn mit der Geschichte der Orthodoxie hatte er sich nicht näher beschäftigt, schon gar nicht mit der christlichen Mission in Mazedonien und der Berufung des Missionars zum »ersten Bischof bulgarischer Zunge« im späten 9. Jahrhundert, von der sich daraus entwickelnden bulgarischen Autokephalie ganz zu schweigen. Nichts davon gehörte zu seinen bisherigen Arbeits- und Interessengebieten, nicht einmal die Via Egnatia, die von Dyrrhachion (Durrës) an der Adria-Küste über Ohrid nach Konstantinopel führte und in der Geschichte der Kreuzzüge eine gewisse Rolle gespielt hatte. Doch neu- und wissbegierig, wie er war, empfand er die Lücke. Er hatte Neues erfahren und unvergessliche Eindrücke empfangen. Unter die »schönsten Reisetage« (wenn nicht sogar zu den »schönsten Tagen«) seines Lebens wollte er diesen einen rechnen. Dieser Heilige habe ihn durch seinen Brunnen erquickt; ihm wolle er künftig seine Devotion widmen. Das historische Ensemble in einem fremdartigen Am-

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biente, die sommerliche Stimmung in einer Bilderbuchlandschaft: Das alles hat ihn dermaßen inspiriert, dass er ins Schwärmen geriet. Keiner der Kameraden verstand, was er meinte.31 Auch in Tirana, dem Ziel der »Reise«, ging es Erdmann nicht schlecht. Das »Land der Skipetaren« war nicht so wild, wie er es sich vorgestellt hatte, und mit kriegerischen Geschehnissen kam er zunächst nicht in Berührung. Das hatte mit der besonderen Situation des Landes zu tun. Albanien war sofort nach der italienischen Kapitulation von zwei deutschen Divisionen besetzt worden. Es sollte im deutschen Machtbereich bleiben, erhielt aber formell die Unabhängigkeit zurück, die es durch die italienische Besatzung verloren hatte. Man einigte sich auf eine »relative Neutralität«: Die deutschen Truppen genossen »Gastrecht«, ansonsten wurde die Eigenständigkeit der nationalen Regierung betont – gegenüber dem Deutschen Reich wie gegenüber den Alliierten. De facto freilich war Albanien ein deutscher Satellitenstaat, der durch ein Kollaborationsregime verwaltet wurde. Spürbarer Widerstand blieb vorerst auf entlegene Bergregionen beschränkt.32 Erdmanns Stellung in Tirana war – wie er selbst schrieb – »sehr wechselnd und zwiespältig«: Mal musste er im Geschäftszimmer aushelfen und hatte »minderwertige Schreibarbeit« zu erledigen, mal wurde er mit der Rechnungsführung beschäftigt. Sein Hauptmann hatte ihn gar als seinen Stellvertreter während einer bevorstehenden Abwesenheit auserkoren. Doch da hätte er mit dessen Damenbekanntschaften flirten müssen, was sich Erdmann überhaupt nicht vorstellen konnte. Er war froh, dass dieser Kelch an ihm vorbeiging. Als Dolmetscher, der eigentliche Zweck seines Daseins, hatte er nur gelegentlich zu tun. Im Grunde gab es keine Verwendung für ihn. Er kam sich deshalb überzählig, überflüssig und nutzlos vor und war mit der ganzen Situation nicht zufrieden. Am Ende landete er in der Abteilung »Verwaltung« und konnte so wenigstens im Verkehr mit dem »Publikum« einige interessante Eindrücke gewinnen. »Ich werde mir Mühe geben wie immer«, schrieb er in für ihn charakteristischer Weise.33 Wahrscheinlich galt das am wenigsten für die eigentlich soldatischen Belange. Obwohl es nicht zu seinen Aufgaben gehörte, musste Erdmann an Schießübungen teilnehmen und sogar an schweren Waffen sollte er ausgebildet werden.34 Doch ein Soldat wurde auch jetzt nicht aus ihm. Ein Foto zeigt ihn in der »Tropenuniform«, die man ihm in Tirana verpasst hatte:35 ungelenk und linkisch, wenig sportiv, in guter Stimmung immerhin. Doch die

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22 Tod eines Mediävisten Kameraden neben ihm machen ebenso wenig den Eindruck, dass sich mit ihnen ein Krieg gewinnen ließe. Erdmanns Stärken lagen auf einem anderen Gebiet. Wo immer sich ihm die Möglichkeit geistiger Betätigung bot, nahm er sie bereitwillig an. Als solche verstand er seine Ausbildung zum Dolmetscher und die Übersetzung deutscher Texte ins Italienische hatte ihm ein geradezu akademisches Vergnügen bereitet.36 Später, auf dem Rückzug von Albanien nach Norden, wurde er als Funker eingesetzt. Das verschaffte ihm nicht nur das Privileg, die nasskalten Dezembertage in einem trockenen Raum verbringen zu können, sondern befriedigte ihn zugleich intellektuell.37 In Tirana aber war es die albanische Sprache, die ihn anzog. Auch damit konnte er sich nützlich machen und gleichzeitig seinen Heißhunger auf geistige Nahrung stillen. Freilich war die Mühe erheblich. Er kaufte ein kleines Heft, um Vokabeln zu notieren, und trieb ein albanisch-italienisches Wörterbuch auf, um mit dessen Hilfe die örtliche Zeitung lesen zu können. Noch nie habe er mit so primitiven Hilfsmitteln eine Sprache erlernen müssen. Außerdem sei das Albanische »abscheulich schwer«, mit keiner anderen Sprache verwandt, schon gar nicht mit einer von denen, die er gelernt hatte, weder mit Französisch, Englisch, Latein oder Griechisch noch mit Spanisch, Portugiesisch, Italienisch

Carl Erdmann in Tirana (zweiter von rechts), im Sommer 1944.

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oder Hebräisch. Nur langsam kam er voran, hatte aber Freude an den Fortschritten. Nicht ohne Stolz ließ er die Familie wissen, er habe nun seine zehnte Sprache erlernt.38 Der Aufwand hat sich gelohnt. Schon nach sechs Wochen konnte Erdmann gelegentlich als Dolmetscher in der Landessprache aushelfen und die albanische Zeitung mithilfe seines Wörterbuchs lesen. Dafür investierte er einen Teil seines Solds, und da in Albanien die Inflation galoppierte, war die Zeitung so teuer, dass er sich deren Anschaffung nicht alle Tage leisten konnte. Aber auch so verschaffte er sich einen merklichen Vorteil. Da Albanien formell einen neutralen Status beanspruchte, wurden in den Zeitungen nicht nur die deutschen, sondern auch die alliierten Heeresberichte publiziert. Erdmann war also über den Kriegsverlauf und die internationale Politik besser informiert als alle anderen Soldaten, die nur die deutschen Verlautbarungen kannten. Sogar der Nachrichtenoffizier ließ sich täglich durch ihn unterrichten und auch die einfachen Kameraden dürften an seinem Wissen partizipiert haben. Sein Ansehen bei ihnen wurde dadurch merklich gesteigert.39 Beharrlichkeit und Scharfsinn, Fleiß und Pfiffigkeit gehörten zu seinen persönlichen Stärken und machten sich – das wird ihn überrascht haben – sogar im Krieg bezahlt. Erdmann wusste also, was an den Fronten und in der Heimat geschah. Er erfuhr von den schweren Niederlagen im Osten, hatte Kenntnis von den Bombenangriffen auf die deutschen Städte und machte sich Sorgen um seine Schwestern, deren Kinder und die anderen Familienmitglieder. Das Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 nahm er »verwirrt«, aber schweigend zur Kenntnis. Dazu wollte er sich brieflich nicht äußern. Seine Feldpostbriefe nahmen auf die Zensur nicht allzu viel Rücksicht. Aber dieses Eisen war ihm zu heiß und seine eigene Lage wurde durch das Geschehen in der Wolfsschanze nicht berührt. Er ahnte, dass der »Kessel« um Tirana bald platzen, dass aber der Abzug der Deutschen kaum gelingen würde, weil die Schlinge um Albanien sich langsam zuzog. Alles, was er sah und erlebte, fand er »hochinteressant«, aber gesetzt »den Fall, dass die Ereignisse hier ins Rollen kommen: werden wir dann noch von hier wegkommen?«40 Auch der Partisanenkrieg rückte näher heran. Immer weniger ließ sich Albanien als »die letzte romantische Ecke Europas« bezeichnen.41 Zweimal kam Erdmann in den Bergen bei Tirana zum Einsatz, einmal als Dolmetscher in der Landessprache (!), einmal zur sprachlichen Betreuung italienischer Milizionäre (»Schwarzhemden«), mit denen er sich ausgezeichnet verstand.

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24 Tod eines Mediävisten »Carlo« nannten sie ihn der Einfachheit halber und gebrauchten damit eben jene Namensform, die sich in Familie und Freundeskreis längst eingebürgert hatte. Erdmann empfand diese eine Woche als den »Höhepunkt« seiner Zeit in Albanien: »beschwingte Tage, inmitten einer herrlichen Natur«, Tage, »die ich nicht vergessen könnte, und wenn ich 80 Jahre alt würde«. Wie in einer »Sommerfrische« kam er sich vor. Schließlich aber wurde das Zeltlager nachts von Partisanen überfallen. Ein langer, »interessanter« Brief, den Erdmann nebenher für seine Schwester geschrieben hatte, ging ebenso verloren wie seine Brille. Da er aber ohne Brille nicht schießen und mit den italienischen Maschinengewehren sowieso nicht umgehen konnte, versteckte er sich im Gebüsch und überstand so die Gefahr. Wenn nicht vier Kameraden ums Leben gekommen wären, hätte er auch dieses Erlebnis als »dankenswerte Bereicherung« angesehen. Obwohl er sich wenig soldatisch verhalten und sich auch nicht weiter aufgeregt hatte, betrachtete er das Gefecht als seine »Feuertaufe«, als seine erste militärische Bewährung.42

Tirana, Sommer 1944 (Erdmann ganz rechts).

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Sterben wie ein Philosoph Mitte November war es dann so weit. Am 3. Oktober hatte die Heeresgruppe E den Befehl erhalten, das besetzte Griechenland und die gesamte südliche Balkanhalbinsel zu räumen. Eine zweite »Anabasis« hat man den Abzug im Rückblick genannt und so ohne Not heroisiert. Auch Albanien ließ sich nun nicht mehr halten. Die dort stationierten Truppen hatten zunächst die südwestliche Flanke des Rückzugs abzusichern und setzten sich dann von Süden, von Vlora her, nach Norden ab. Tirana wurde im Häuserkampf aufgegeben.43 Erdmann erlebte hautnah, wie sich eine »planmäßige Räumung« vollzog: keineswegs planmäßig und geordnet, sondern unter chaotischen Umständen und ständigem Beschuss. Zahlreiche Fahrzeuge blieben im Feuer liegen. 2000 Mann verloren ihr Leben. Erdmann verließ nachts zu Fuß die Stadt, konnte dann aber einen Platz auf einem Lastwagen ergattern und traf nach 30-stündiger, immer wieder unterbrochener Fahrt in Shkodra (Skutari) an der albanisch-montenegrinischen Grenze ein, wo sich die geschlagenen Reste der Besatzungstruppen einfanden. Vor ihnen lagen noch 300 Kilometer Berg- und Talfahrt durch zwar »wildromantisches«, aber eben auch unwegsames Gelände. Denn erst in Sarajevo bestand Aussicht, Anschluss an die deutschen Linien zu finden. Immer drohte Gefahr, durch jugoslawische Partisanenverbände abgedrängt und abgeschnitten zu werden. Dessen war sich auch Erdmann schmerzlich bewusst. Längst hatte er sich damit abgefunden, Heimat und Familie nicht wiedersehen zu können. Das Leben in der Wissenschaft, früher die ihm allein angemessene Existenz, hatte sich zur fernen Erinnerung verflüchtigt. Mit einem Schreiben an seine Schwester Yella gab er seiner Haltung Ausdruck. Jedes Wort war ihm wichtig. Alles erscheint auf die grundsätzlichen Fragen gerichtet. Nichts Nebensächliches stört den stoischen Duktus. Denn es geht um letzte Dinge, um den Abschied von der Familie, von den Freunden und auch vom eigenen Leben. Er machte sich Sorgen um seine zwei Schwestern und seinen Neffen und er bedauerte es, nicht mehr von sich selbst preisgegeben zu haben. Er hänge an seiner Familie, habe aber seine »Gefühlskälte« nie verbergen können. Selten sprach er so offen von seiner Person. Für Deutschland sah Erdmann »eine sehr schwere Zeit« anbrechen. Das war ihm »seit Jahren« bewusst. Aber selbst die Ereignisse des letzten Kriegsjahrs, das Desaster an allen Fronten, hatten ihn nicht völlig entmutigt. Mit

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26 Tod eines Mediävisten einem »Gefühl der Hoffnung« nehme er Abschied und dafür sei er dankbar; denn »mehr als die Möglichkeit einer Hoffnung darf man vom Schicksal wohl überhaupt nicht verlangen«. Damit meinte er sicher nicht den Ausgang des Krieges, sondern das Leben danach. Er für sein Teil habe »abgeschlossen« und stehe »für den noch verbleibenden Lebensrest schon jenseits von Furcht und Hoffnung«. Mit einer Rückkehr nach Deutschland rechne er nicht. Tod und Gefangenschaft wären für ihn »annähernd das Gleiche«. Sibirien werde er schwerlich überstehen. Wenigstens könne er »mit Befriedigung« auf seine wissenschaftliche Arbeit zurückblicken. Jetzt komme es nur noch darauf an, die letzten Tage zu bestehen: »Als rechter Humanist muss man ja auch das Lebensende zu bejahen vermögen und ›en philosophe‹ zu sterben wissen.« Letztlich zeige es sich nur »dem Tode gegenüber, ob man an seine Ideale wirklich glaubt oder nicht. So will ich denn ohne Hass in aller Heiterkeit scheiden, das Schicksal wenigstens für meine Person bejahen.«44 Carl Erdmann war mit sich und seinem Leben ins Reine gekommen. Die Zeit auf dem Balkan, in Albanien, in Tirana betrachtete er als Gewinn. Er hatte – bei allen Widrigkeiten – viel Interessantes gesehen und dabei immer den Blick auf das große Ganze gerichtet. Die wissenschaftliche Neugier war ihm nicht abhandengekommen. Aber er wusste: Hier kommst du nicht mehr heraus! Zweierlei spendete ihm Trost: zum einen der Rückblick auf die eigene Leistung, seine Beiträge zu der Wissenschaft, mit der er sich identifizierte; zum anderen die Beispiele der Philosophen und Dichter. »Philosopher, c’est apprendre à mourir«: So hatte Michel de Montaigne einen seiner »Essais« überschrieben; denn »das Ziel unserer Laufbahn ist der Tod« und es komme darauf an, mit ihm Umgang zu pflegen, sich an ihn zu gewöhnen. Novalis nannte das Sterben einen »echtphilosophischen Akt«, den Tod »eine Selbstbesiegung, die, wie alle Selbstüberwindung, eine neue, leichtere Existenz verschafft«. Und Schiller, den Erdmann sehr schätzte, hielt das Leben für »der Güter höchstes nicht«.45 An all das mag er gedacht haben; doch mindestens ebenso gut kannte er die antiken Philosophen: Sokrates, der die Befreiung der Seele von ihrer körperlichen Existenz zum Geschäft der »wahrhaft Philosophierenden« erklärt hatte; Marc Aurel, der dazu geraten hatte, den Tod nicht zu verachten, sondern sich mit ihm zu befreunden, »da auch er eines von den Dingen ist, die die Natur will«; Seneca, der es für »ein unschätzbares Gut« hielt, »sein eigener Herr zu werden«, und deshalb vom Weisen verlangt hatte, stets darauf zu achten, »von welcher Art sein Leben ist, nicht, wie lange es

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währt«; Boëthius, der, von der Philosophie getröstet, gelassen in den Tod ging.46 Erdmann folgte ihrem Beispiel, dachte über den Tod nach und fasste sein Ende ins Auge. Aber er berief sich auf Friedrich Schiller, vielleicht weil es in dem von ihm zitierten »Reiterlied« um Soldatentum geht, sicher weil auch hier Tod und Freiheit einander bedingen.47 Erdmann akzeptierte sein Schicksal und fand sich mit ihm ab. Mit dem Leben hatte er abgeschlossen. Nur auf ein würdiges Sterben kam es noch an. Dadurch gewann er eine innere, geistige Freiheit, eine heitere Gestimmtheit, über die keiner seiner Kameraden verfügte. Diese meinten, er habe das seinem Junggesellentum zu verdanken. Das ließ er nicht gelten. Auch er sorgte sich um seine Familie. Vielmehr war es der geschulte Blick auf die Realitäten, der ihm Seelenruhe bescherte. Sie half ihm, Schikanen und Demütigungen zu ertragen, und sie half ihm, auch die Anerkennung, die ihm schließlich zuteilwurde (sogar vom Kriegsverdienstkreuz war die Rede!), nicht weiter wichtig zu nehmen. Sie half – paradoxerweise – sogar dabei, die Strapazen des Rückzugs zu überstehen und wider Erwarten sein und seiner Kameraden »fernes Ziel« Sarajevo zu erreichen.48 Mit stoischem Gleichmut ertrug er nämlich all die Widrigkeiten, die sich ihm und der Truppe in den Weg stellten. Im Oberkommando der Wehrmacht fand man schöne Worte dafür: »Mit verbissener Energie arbeitet und kämpft sich der deutsche Soldat dennoch weiter vorwärts.«49 Doch die Wirklichkeit war alles andere als heroisch, sondern ein Desaster, keine gelungene Absetzbewegung, wie es hieß, sondern ein fluchtartiger Rückzug unter Bedingungen, die gerade dem einfachen Soldaten ein Übermaß an Leistungs- und Leidensfähigkeit abverlangten. Es ging auf den letzten Kriegswinter zu. Die Nächte waren kalt und nass, die Pässe vereist. Starke Schneefälle lösten Hochwasser aus. Quälend langsam ging der Rückzug voran. Die ursprünglich vorgesehene Route in Küstennähe über Mostar war in feindlicher Hand, man musste sich also in nordöstlicher Richtung mühsam durch das Karstgebirge durchschlagen. Nur Erdmann genoss den Anblick der »wildromantischen« Berglandschaften in Montenegro, Bosnien und im Sandschak und nahm alle Eindrücke »gierig« in sich auf.50 Vor Angriffen englischer Flieger musste man auf der Hut sein; doch in Bodenkämpfe wurde seine Einheit nicht verwickelt. Überhaupt kam er mit dem Feind so gut wie nie in Berührung. Seine »Feuertaufe« in den albanischen Bergen war soldatisch ein Fiasko, bei dem er keinen einzigen Schuss abgab

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28 Tod eines Mediävisten und einen Teil seiner Ausrüstung verlor. Auch später hat er offenbar niemals ernsthaft von der Waffe Gebrauch machen müssen. Hätte er auch nur einen einzigen Feind erschossen, hätte er es sicher in seinen Briefen erwähnt. Er nahm in den verschiedensten Funktionen am Krieg teil und wurde von der einen Einheit zur anderen geschickt – »fünftes Rad am Wagen« nannte er sich einmal.51 Weltfern, aber schrittsicher wie der brave Soldat Schwejk bewegte er sich durch die Kriegsläufte und begleitete die Geschehnisse eher als ein allzeit interessierter Beobachter denn als Akteur. Neu und lehrreich war fast alles, was er erlebte. Doch Erdmanns Geschichte nahm kein gutes Ende. Seine wundersame Errettung aus dem Wirrwarr des Rückzugs kommentierte er – ganz Bildungsbürger – mit einem Zitat aus »Faust I«: »Die Träne quillt, die Erde hat mich wieder.«52 Wie zu neuem Leben erweckt kam er sich vor. Eine Leihbibliothek mit Werken von Theodor Storm, Theodor Fontane, E. T. A. Hoffmann, Knut Hamsun befriedigte seinen geistigen Nachholbedarf. Er fischte heraus, was er gebrauchen konnte, die politischen und Kriegsbücher ließ er liegen.53 Sogar die Rückkehr nach Deutschland schien wieder möglich. Aber alle Hoffnungen zerschlugen sich. Der Krieg ließ ihn nicht mehr aus seinen Fängen, und nachdem er die Strapazen des Rückzugs überraschend gut verkraftet hatte, ereilten ihn nun auch gesundheitliche Probleme. Zunächst klagte er über eine »gewöhnliche« Erkältung und »leichte« Frosterscheinungen an den Füßen, dann über Fieber und geschwollene Unterschenkel mit großen roten Flecken. Er konsultierte mehrere Militärärzte und erhielt mehrere Diagnosen, von »Purpura rheumatica« bis zum »Marschödem«. Nichts davon wollte er glauben. Seine Nichte, eine angehende Ärztin, sollte sich kundig machen und ihm das Ergebnis durch die Feldpost mitteilen. Auch unter diesen Umständen ließ er sich nicht jenen Eigensinn nehmen, der ihn immer auszeichnete und oft genug in Schwierigkeiten gebracht hatte. Einer der Ärzte wollte ihm einen längeren Kuraufenthalt verschreiben, wenige Wochen vor Kriegsende und nachdem die meisten deutschen Soldaten sich schon weiter nach Norden abgesetzt hatten. Erdmann redete es ihm aus, weil er – mehr denn je – Realist war. Immerhin tat es ihm gut, ein paar Tage in der »Krankensammelstelle« zu verbringen. Die roten Flecken waren ohnehin fast verschwunden. In seinen Briefen gab er sich Mühe, das Problem herunterzuspielen. Niemand sollte sich Sorgen um ihn machen.54 In Zagreb, wohin Erdmann seiner Einheit gefolgt war, wurde er zunächst zu einem Durchgangs-

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lager für Kriegsgefangene abgeordnet und dann an das örtliche Lazarett ausgeliehen, das dringend einen Dolmetscher für Italienisch brauchte.55 Es war das letzte Lebenszeichen, das er von sich gab. Acht Tage später war Carl Erdmann tot. Niemand kennt die Ursache seines Todes. Todesanzeigen und Nachrufe gehen nicht darauf ein oder sprechen ganz allgemein von einer Krankheit.56 Nur ein kurzer Nachruf, der in der Neuen Zürcher Zeitung erschien, nennt sie mit Namen: »Typhus«.57 Gemeint war wohl »Flecktyphus«. Der medizinisch korrektere Begriff »Fleckfieber« findet sich erst in Friedrich Baethgens Lebensbild von 1951.58 Er hat seine Logik: Die roten Schwellungen an Erdmanns Beinen lassen sich vielleicht damit erklären, und dass Fleckfieber (Typhus exanthematicus) gerade in Kriegszeiten grassierte, lehrt schon ihr zeitweiliger Name: Pestis bellica, Kriegstyphus oder ähnlicher Schmutz, Verlausung und überhaupt der kriegsbedingte Mangel an Hygiene boten den idealen Nährboden dafür.59 Unter den chaotischen Umständen des Rückzugs durch Montenegro und Bosnien gab es auch für Erdmann genügend Gelegenheit, sich mit dem Erreger zu infizieren. Mit der üblichen Inkubationszeit von acht bis zwölf Tagen und anschließenden vier bis sieben Tagen, nach denen die Krankheit sichtbar wird, könnte man ebenso wie mit der Jahreszeit argumentieren: Fleckfieber tritt bei kalten Temperaturen eher auf als bei warmen. Zu all dem passt jedoch nicht, dass Erdmann augenscheinlich nicht unter Hals-, Kopf- oder Gliederschmerzen litt und auch nicht von so auffälligen Symptomen wie aufgedunsenem Gesicht (»Fleckfiebergesicht«), Benommenheit, Bewusstseinstrübung oder Verwirrungszuständen berichtet. Oder hat er das alles verschwiegen, um seinen Verwandten Aufregung zu ersparen? Vollends wäre schwer zu erklären, weshalb die Krankheit zunächst abklang und dann erst nach sechs bis sieben Wochen zu seinem Tod geführt haben soll. Als Yella Vulpius-Erdmann die Nachricht erhielt, stellte sie Vermutungen an: »Ob er sich nun dort mit irgendeiner Krankheit angesteckt hat oder ob sein Herz die schweren Strapazen des Rückzuges doch nicht hat aushalten können, oder ob er womöglich in Agram von einem Partisanen angeschossen worden ist, weiß ich nicht.«60 Genaueres lässt sich auch (oder gerade) im Abstand von mehr als 70 Jahren nicht sagen. Sogar der genaue Ort seines Sterbens – im Lazarett, im Gefangenenlager oder anderswo – bleibt völlig im Dunkeln. Yella Vulpius-Erdmann erfuhr vom Tod ihres Bruders nicht durch eine militärische Dienststelle, sondern durch die »Abteilung für Familienunterhalt«

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30 Tod eines Mediävisten beim »Bezirksbürgermeister des Verwaltungsbezirks Zehlendorf der Reichshauptstadt Berlin«. Denn Carl Erdmann hatte eine Mietbeihilfe von monatlich 12 Reichsmark erhalten. Diese kam nun – mit Wirkung zum 30. April 1945 – »in Fortfall«.61 Es wird der Tag sein, an dem sich Adolf Hitler das Leben nahm; im Rundfunk hieß es, der »Führer« sei »in seinem Befehlsstand in der Reichskanzlei, bis zum letzten Atemzug gegen den Bolschewismus kämpfend, für Deutschland gefallen«.62 Ein »tausendjähriges« Reich schnurrte zusammen, die Rote Armee stand an der Oder. Doch die Bürokratie in Zehlendorf tat unerbittlich ihr Werk. Nach Erhalt der Nachricht verständigte Yella die Verwandten, Freunde und früheren Kollegen und sie setzte eine Anzeige in die Zeitung, die unter der Rubrik »Für Führer, Volk und Reich gaben ihr Leben« erschien und den Leser wissen ließ, ihr Bruder sei irgendwo »im Südosten« gefallen.63 Ein Ort wird nicht genannt. 22 andere Tote umgeben, dicht gedrängt, den Namen Carl Erdmann, acht Soldaten, vierzehn Bombenopfer, Frauen und Kinder. Die Zeitungen hatten kein Papier mehr, auch wenn der Bedarf für die Traueranzeigen zunahm. Sie mussten sich auf das Nötigste beschränken. »Wie in einem Massengrab lagen die Toten in einem einzigen schwarz umzogenen Viereck eng zusammengepackt.« Anzeigen wie diese gehörten zur Lingua Tertii Imperii in dessen finaler Phase.64 Außerdem schrieb Yella eine »Totenklage« in 14 reimlosen, stilistisch eher anspruchslosen Versen nieder. Familiäres Leid ist ihr Thema. Denn auf den

Todesanzeige in der Deutschen Allgemeinen Zeitung.

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Sterben wie ein Philosoph 31

Tod der Mutter war nun der des einzigen noch lebenden Bruders gefolgt: »Verschwistert schweben nun die Schatten beide, der Mutter und des Sohnes, durch den Raum, den sie so liebten.«65 Mit dem einen hatte man rechnen müssen, den anderen befürchten. Die folgenden 13 Kapitel werden zeigen, dass der Verlust nicht nur Carl Erdmanns Familie betraf.

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FREMDE HEIMAT LIVLAND Carl Erdmann wurde am 17. November 1898 in Dorpat, dem heutigen Tartu, geboren. Es war das Jahr, in dem das Deutsche Kaiserreich – auf dem scheinbaren Höhepunkt seiner weltpolitischen Geltung – eine Kolonie an der ostchinesischen Küste erwarb und das erste Gesetz zum Ausbau der Kriegsflotte den Reichstag passierte. In Wien und Prag erhitzte der Sprachenstreit, in Paris die Dreyfus-Affäre die Gemüter. In Faschoda gingen sich die Kolonialmächte England und Frankreich aus dem Weg. Die Vereinigten Staaten von Amerika schlugen Spanien aus dem Feld und nahmen mit Kuba und den Philippinen erstmals Kolonien in Besitz. In China scheiterte eine Reform zur Modernisierung des Kaiserreichs nach nicht mehr als 100 Tagen. In Dorpat gab es andere Probleme.

Deutschbalten unter den Zaren Tartu/Dorpat gehört heute zu Estland. Doch das war nicht immer so, sondern ergab sich erst aus den Nachwehen des Ersten Weltkriegs, als die drei baltischen Staaten entstanden und die Grenzen neu festgelegt wurden. Estland wurde nach Süden, Lettland nach Osten erweitert. Ethnische Zusammengehörigkeit wurde zum Thema. Davon war früher nicht keine, aber nicht so grundsätzlich die Rede. Vielmehr lebten in dem Raum, der seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gemeinhin als Baltikum bezeichnet wird,1 verschiedene ethnische Gruppen, die miteinander auskamen, ohne sich zu nahe zu treten. Dafür sorgte nicht nur deren unterschiedliche Rechtsstellung und politischer Status, sondern auch das soziale Gefälle, das sich daraus ergab. Man lebte beieinander und trotzdem getrennt. Die Gemeinsamkeit hatte Grenzen. Die Geschichte des nordöstlichen Europa ist auch als eine Geschichte ungleicher Chancen und ethnischer Spannungen zu begreifen.2 Den schwersten Stand hatten die alteingesessenen Völker, die Esten, Liven, Kuren, Semgallen und Letten. Einwanderung und Landnahme, rechtliche, wirtschaftliche und sprachliche Verdrängung, Krieg, Eroberung und häufige Herrschaftswechsel ließen sie bis weit ins 20. Jahrhundert hinein zu Objekten

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Deutschbalten unter den Zaren 33

fremder Mächte werden. Den Anfang machten Dänen, Schweden und Russen; aber dauerhaft, über 700 Jahre hinweg, hatten vor allem die Deutschen Erfolg. Gewaltsame Eroberung, christliche Mission und ökonomische Überlegenheit (sichtbar etwa in der Gründung von Städten) griffen dabei Hand in Hand. Der Schwertbrüderorden, eigens dazu ins Leben gerufen, schuf im »Land der Liven« ein Territorium, das aber schon bald im werdenden Deutschordensstaat aufging. Bistümer bzw. Erzbistümer entstanden in Riga (1201), Dorpat (1224) und Kurland (1251). Regelmäßig war der Amtsinhaber ein Deutscher. Die Städte Riga, Dorpat und das dänische Reval wurden Mitglieder der Hanse, später auch Pernau, Wolmar und andere, kleinere Orte. So eng waren die Beziehungen zu Deutschland im ganzen Mittelalter und sie blieben es bis ins 20. Jahrhundert hinein. Auf den Deutschen Orden und seinen livländischen Zweig folgten wenige Jahrzehnte polnisch-litauischer Herrschaft, ein langes schwedisches Jahrhundert, zunächst nur in Estland, dann auch in Livland und Kurland, und schließlich die Einverleibung des gesamten Raums in Gestalt der drei (als getrennt anerkannten, aber als zusammengehörig behandelten) Ostseeprovinzen in das Russische Reich nach dem Nordischen Krieg (1721). Doch (fast) immer behaupteten die Deutschen ihre bevorzugte Rechtsstellung, der ritterliche Adel seine ererbten, angeblich auf ewig verbrieften ständischen Rechte. Er entwickelte eine Geisteshaltung, die auf unbedingter Wahrung des Status quo bestand. Den einen erschien sie konservativ, den anderen reaktionär. Man verstand sich als doppelt peripher: als Vorposten der deutschen Kultur im Osten und gleichzeitig als westlichen Außenposten des zarischen Regimes. Man hielt an deutscher Sprache und Tradition fest (auch die protestantische Konfession spielte eine Rolle, zumal in Abgrenzung von der Orthodoxie) und wahrte gleichzeitig eine unverbrüchliche, dienstethisch begründete Loyalität gegenüber der herrschenden Dynastie (weniger gegenüber dem Russischen Reich oder gar der russischen Nation). Deutsches Nationalgefühl, liv- oder kurländisches Provinzialbewusstsein und die Treuebindung an die Romanows gingen eine merkwürdige Verbindung miteinander ein. Zumal den Baronen wurde nachgesagt, sie ließen sich in ihrer Verachtung der Russen und ihrer Verehrung des Zaren von niemandem übertreffen.3 Konzessionen an die Interessen der unteren Schichten, also an Esten, Liven, Letten usw., kamen schon gar nicht infrage. Das sprach sich herum und rief sogar in Deutschland Kritik hervor. Max Weber soll einmal einer Besucherin

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34 Fremde Heimat Livland aus dem Baltikum den unsanften Umgang ihrer deutschen Landsleute mit der einheimischen Bevölkerung vorgehalten haben, als sie über den »lettischen Pöbel« herzog. Sie aber bestand auf dem zivilisatorischen Abstand zu diesem und hielt an der historischen Mission der Deutschen als »Kulturträgern« fest.4 Überhaupt besaßen die Deutschbalten einen zweifelhaften Ruf in Deutschland. Zwar bemühten sie sich, den Kontakt zur alten Heimat aufrechtzuerhalten; die Söhne wurden zum Studium oft an deutsche Universitäten geschickt. Dort aber wurden sie für unzuverlässig und spitzfindig, für intrigant und übertrieben selbstbewusst gehalten. Dass sie sich selbst ganz anders sahen, nämlich als liebenswürdig und gewandt, geistreich und aufgeschlossen, das liegt auf der Hand, hatte jedoch auf die allgemeine Meinung keinen Einfluss.5 Gerade von den deutschen Universitäten sind zahlreiche Zeugnisse überliefert, die maßloses Befremden zum Ausdruck bringen. Paul Fridolin Kehr sprach von einer »baltischen Camorra«, die ihr Beziehungsnetz auswerfe, Fritz Hartung von »aristokratischer Anmaßlichkeit«.6 Friedrich Meinecke ereiferte sich über »Typen wie [Theodor] Schiemann und [Johannes] Haller«: Erst vor Ort, in diesem Fall in Riga, lerne man Bescheidenheit und »rührende Gastlichkeit« kennen. Die nach Deutschland ausgewanderten »Balten« dagegen hätten »oft einen Zug zu abenteuerlichem Strebertum«, verbänden »Herrenbewußtsein« mit Egozentrik und neigten zu überheblicher Härte in ihren Urteilen.7 Von Haller hieß es, er sei der Meinung, »die Welt müßte ihm zu Füßen liegen oder müßte froh sein, ihm zu Füßen liegen zu dürfen«; das aber sei baltische Art. Selbst wer ihm nahestand, führte sein scharfes und kantiges Wesen nicht auf persönliche Eigenarten, sondern auf seine Herkunft zurück.8 Noch in den 1950er-Jahren wurde geraunt, dass man sich vor »Balten« (also vor Deutschbalten) in Acht nehmen müsse.9 Man hielt sie für »Giftmichel«, mit denen man nichts zu tun haben wollte.10 Dabei handelte es sich um ein Stereotyp, das auf der persönlichen Beobachtung einzelner Beispiele beruhte, dann auf eine ganze Volksgruppe übertragen wurde und den Anspruch erhob, deren Wesen zu erfassen, ein Stereotyp freilich, das so weit verbreitet war, dass es sich scheinbar plausibel auf historische Ursachen (Isolation, Randlage, bedrängtes »Volkstum«, Elitenbewusstsein oder Ähnliches) zurückführen ließ11 und in der akademischen Konkurrenz zur Grundlage harscher Urteile werden konnte. Wir werden sehen, dass auch Carl Erdmann damit konfrontiert wurde.

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Familiengeschichten 35

Familiengeschichten Die Familie Erdmann gehörte keineswegs zu den seit langer Zeit in Livland ansässigen Deutschen, schon gar nicht zu den vornehmen Geschlechtern. Erst ganz zu Ende des 18. Jahrhunderts ließ sich Johann Wilhelm Erdmann, Carl Erdmanns Urgroßvater, hier nieder. Er stammte aus Lyck in Masuren, sein Vater war dort als preußischer Steuereinnehmer tätig. Der Sohn studierte in Königsberg und legte die Grundlagen dafür, dass seine männlichen Nachkommen über mehrere Generationen hinweg eine akademische Ausbildung erhielten und einige davon Professoren an verschiedenen Universitäten werden konnten. Was ihn von Preußen nach Livland verschlug, wissen wir nicht. Er selbst hinterließ nur undeutliche Angaben dazu: »Vaterland, Verwandte, und was Alles überwiegt, einen Freund« habe er verlassen müssen, um sich »in fremden Gegenden Brod und Freunde und Gönner« zu suchen, um also eine berufliche Stellung finden und neue soziale Verbindungen aufbauen zu können. Religiöse Auseinandersetzungen in der Familie scheinen eine gewisse Rolle gespielt zu haben.12 Wolmar (heute: Valmiera) nordöstlich von Riga mit damals nur ein paar Hundert Einwohnern betrachtete er nicht als das Ziel seiner Wünsche; aber er nahm die kleine Landstadt als den Endpunkt seiner »Wanderschaft« hin. Zunächst fand er eine Stelle als Lehrer, dann wurde er von der evangelischen Gemeinde zum Pastor primarius gewählt und es gelang ihm, durch die Eheschließung mit Elisabeth Walter in das örtliche Honoratiorentum einzuheiraten. Zwar gingen die Meinungen über den Schwiegersohn auseinander (man hielt ihn für »nett, aber unbedeutend«); doch der Erfolg seiner Nachkommen gab ihm recht. Die Familien Walter und Erdmann gehörten zu jener schmalen Schicht zwischen Adel und städtischer Oberschicht einerseits, (deutschen) Handwerkern und (nichtdeutscher) Unterschicht andererseits, die sich durch Bildung, Selbstdisziplin und Leistungsbereitschaft definierte und familiären Zusammenhalt mit politischer Loyalität verband. Man kann darin eine frühe, spezielle Form von Bildungsbürgertum sehen. Zeitgenössisch sprach man in den baltischen Ländern von den »Literaten«. Dazu zählten Pastoren, Ärzte, Juristen, Lehrer an höheren Schulen und alle, deren berufliche Tätigkeit eine akademische Bildung voraussetzte, die also ihren Lebensunterhalt mit geistiger Arbeit bestritten.13 Um bei den Familien Walter und Erdmann zu bleiben:14 In Johann Wilhelms Generation exzellierten die Walters. Einer seiner Schwäger brachte es

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36 Fremde Heimat Livland zum Generalsuperintendenten der evangelischen Kirche und Bischof in Livland, zwei andere wurden Professoren in Dorpat. In der nächsten Generation zogen die Erdmanns gleich: Johann Wilhelms ältester Sohn, Johann Eduard, wurde einer der prominentesten Philosophen des 19. Jahrhunderts, Hegelianer in Halle und »preußischer Staatsphilosoph«, von dessen Schriften allerdings nur ein Essay über die Dummheit noch zeitlose Gültigkeit besitzt.15 Dessen jüngerer Bruder Johann Julius Friedrich studierte Medizin und wurde zum ordentlichen Professor der Therapie und Klinik an der Universität Dorpat berufen. Auch in der dritten Generation gab es herausragende Karrieren. Eine davon durchlief Carl Eduard Erdmann, der Vater Carl Erdmanns. Auch er führte die Traditionen des Literatentums in den beiden Familien fort. Juristischen Studien in Dorpat und Heidelberg folgte eine Tätigkeit als erster Stadtsekretär in Mitau (Jelgava/Lettland), bevor er – nun auf Dauer – an seine Heimatuniversität zurückkehrte. Er amtete als deren Syndikus, lehrte als Privatdozent und wurde schließlich zum ordentlichen Professor »des in den Gouvernements Livland, Estland und Kurland geltenden Provinzialrechts und der gerichtlichen Praxis« berufen, und zwar »sowohl wegen seines hervorragenden Lehrtalents als auch wegen seiner schriftstellerischen Leistungen«.16 Nur Letzteres lässt sich überprüfen: Erdmann publizierte nicht nur in Fachzeitschriften und bei Fachverlagen, nicht nur für den kleinen Kreis jener Leser, die sich für die akademisch-systematische Behandlung juristischer Fragen interessierten. Doch in seinen mittleren Jahren, als es darum ging, sich Stellung, Rang und Ansehen zu erwerben, musste er – neben seinen Vorlesungen – gerade darin seine Hauptaufgabe sehen. Provinzialrecht, also das in den russischen Ostseeprovinzen geltende Recht, seine Ursprünge, Systematik und praktische Anwendung, war der Gegenstand, den zu behandeln er berufen worden war. Dafür hatte er sich schon mit seinen Qualifikationsschriften ausgewiesen und gleichzeitig deutlich gemacht, worum es ihm und der ihn vorschlagenden Fakultät ging: um den Nachweis, dass die baltischen Länder ein eigenständiges Rechtsgebiet darstellten, das auf den Traditionen des älteren deutschen Rechts aufruhte. Andere, »fremde« Rechtssysteme hätten zwar ihre Spuren hinterlassen, aber am »Wesen« der einzelnen Rechtsinstitute nichts ändern können. Denn »trotz der frühen Ablösung vom deutschen Reich und der mannigfachen politischen Veränderungen und Einflüsse« habe das baltische Provinzialrecht »die Grundsätze der ältesten deutschen Rechtsperiode bis in unsere Tage treu bewahrt«.17 Daraus geht hervor, wie wichtig die Profes-

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sur für die Region, die Stadt und die akademische Korporation war: Sie brachte die Besonderheit der Ostseeprovinzen im russischen Reichsverband zur Anschauung und das Selbstverständnis der Universität Dorpat als einer deutschen und deutschsprachigen Universität zum Ausdruck. Als Instrument im politischen Streit wurde die Erforschung und Vermittlung des Provinzialrechts bezeichnet.18 Über die Jahre erweiterte Erdmann seine Expertise und konnte am Ende seiner akademischen Tätigkeit ein monumentales »System des Privatrechts der Ostseeprovinzen Liv-, Est- und Curland« vorlegen. Er sah die vier Bände als sein »Lebenswerk« an.19 Da sich aber die Rechtsverhältnisse in wenigen Jahrzehnten vollständig änderten, war ihnen keine dauernde Geltung beschieden. Bald hatten sie nur noch antiquarischen Wert. Doch vorerst wurde Erdmann viel Anerkennung zuteil. Schon 1874, nach nur fünfjähriger Tätigkeit an der Universität Dorpat, durfte er bei der Stiftungsfeier die Festrede halten und dabei für sein Fach werben, für dessen Schönheit, Sinn und praktischen Nutzen.20 Zweimal wurde er zum Dekan der Juris-

Der Vater: Carl Eduard Erdmann (1841–1898).

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38 Fremde Heimat Livland tischen Fakultät gewählt, von den weniger wichtigen Ämtern ganz zu schweigen. Von Staats wegen bekam er drei Orden verliehen: den des heiligen Stanislaus, den der heiligen Anna und den des heiligen Wladimir. Nebenher wurde er zum Wirklichen Staatsrat ernannt.21 Lange also genoss er das Vertrauen der kaiserlichen Regierung. Das sollte sich ändern. Erdmann war mit dem Erreichten zufrieden, und zwar in dreierlei Hinsicht: mit Blick auf die Universität, die Stadt und auch sein persönliches Dasein. Dorpat besaß keine alte und auch keine Universität von hohem Prestige.22 Eine erste, schwedische Gründung war im Nordischen Krieg untergegangen. Die Neugründung von 1802 hatte andere Aufgaben und Ziele. Der Modernisierung des Russischen Reichs sollte sie dienen. Aus bescheidenen Anfängen entwickelte sich eine leistungsstarke Lehr- und Forschungsanstalt, die sich – was Ausstattung und Studentenzahlen angeht – nicht mit Berlin, Wien, Leipzig oder München, wohl aber mit mittelgroßen Universitäten wie Göttingen, Heidelberg oder Jena messen konnte. Allerdings konnte sie schon deshalb nicht mit diesen konkurrieren, weil es nicht als besonders attraktiv galt, einem Ruf an eine deutschsprachige Universität auf russischem Boden zu folgen. Wer es tat, verließ sie wieder, sobald sich die Möglichkeit dazu bot. Deutschland blieb das Maß, an dem man sich orientierte, und Dorpat nahm eine Mittlerfunktion zwischen Ost- und Mitteleuropa wahr. Reichsdeutsche Professoren hielten eine solche Tätigkeit nicht für ihr vorrangiges Ziel, sondern betrachteten die Universitas Dorpatensis als eine Anfänger- oder Durchgangsstation. Bei der Besetzung von Lehrstühlen gab es daher immer wieder Diskussionen, ob deutschbaltische Kandidaten den reichsdeutschen nicht grundsätzlich vorgezogen werden sollten. Nur von ihnen konnte man erwarten, dass sie lange Zeit blieben.

Alma Mater Dorpatensis Dabei hatte Dorpat nicht wenig zu bieten. Die Erinnerungen einiger Wissenschaftler, die hier ihre erste Professur erhielten, geben davon einen lebendigen Eindruck. Sie machen aber auch deutlich, was ihnen fehlte und weshalb sie es vorzogen, Livland nach ein paar Jahren wieder zu verlassen. Sowohl der klassische Philologe Ludwig Schwabe als auch der später berühmte Nationalökonom Karl Bücher und schließlich der nicht weniger erfolgreiche Psychia-

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ter Emil Kraepelin (dem wir den Begriff des »manisch-depressiven Irreseins« verdanken) nutzten ihre Tätigkeit in Dorpat als Sprungbrett, um ihre Karrieren an anderem, prestigereicherem Ort fortsetzen zu können.23 Was ihnen allen sehr zusagte, war die Überschaubarkeit der Verhältnisse. Denn dadurch lernte man sich rasch kennen und trat in engen persönlichen Verkehr miteinander. Die Hilfsbereitschaft der Dorpater Kollegen war notorisch und wurde gerade von Neuankömmlingen sehr geschätzt. Rangunterschiede – etwa zwischen Ordinarien und Extraordinarien – spielten offenbar weniger eine Rolle als an den Universitäten in Österreich oder Deutschland. Der Umgang miteinander war »frei von allem Formel- und Titelkram«.24 Orden und Titulaturen wurden »mit bewusster Missachtung« behandelt,25 die Vielzahl der russischen Rangstufen – vom Kaiserlichen Hofrat bis zum Wirklichen Staatsrat – eher als Kuriosum betrachtet. Karl Bücher glaubte, einen »demokratischen Zug« erkennen zu können, hatte allerdings nur die sogenannte bessere Gesellschaft und davon vor allem die Universität im Auge. Dort aber komme man sich vor wie in einer »großen Familie« und lebe »wie auf einer einsamen Insel«.26 Dass sich Adel und Kaufleute »wie die Hindus« separierten und die estnische Unterschicht von all dem wie durch eine »chinesische Mauer« getrennt war,27 hat auch Bücher nicht thematisiert. Zum Wohlbefinden trugen auch die Lebensverhältnisse in der immer noch kleinen Stadt bei. 1881 zählte sie 30 000, 1897 wenig mehr als 42 000 Einwohner. Zwar entsprach die Kanalisation nicht dem europäischen Standard und die Fäkalwirtschaft spielte noch lange eine Rolle (was Karl Bücher zu amüsierten Kommentaren veranlasste);28 aber die schmucken Holzhäuser hatten nicht nur großen ästhetischen Reiz, sondern erwiesen sich mit ihren mächtigen, die Temperatur tagelang konservierenden Öfen als ideale Behausung im ungewohnt strengen Winter. Die Küchenschaben (in Dorpat »Preußen«, in Berlin »Russen« genannt) musste man als natürliche Beigabe verstehen.29 Die Wege am Embach (dem heutigen Emajõgi) luden zu Spaziergängen ein und die Ruinenschönheit der (1624 ausgebrannten) Domkirche glaubten zumindest die Einheimischen irgendwie mit Heidelberg vergleichen zu können. Auch die wuchtige Steinbrücke aus dem späten 18. Jahrhundert trug dazu bei. Wirtshäuser, Kneipen mochte man vermissen. Ludwig Schwabe beklagte deren Fehlen.30 Doch umso reger war das gesellige Leben. Man lud sich gegenseitig ein, speiste in Klubhäusern, traf sich zu Musik, Theater und Tanz.31

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40 Fremde Heimat Livland Die Universität hatte ihre Eigenheiten. Es gab fünf Fakultäten, Lehrfreiheit und korporative Autonomie, sogar in disziplinarrechtlichen Fragen. Doch anders als in Deutschland wurden die Professoren nicht auf Lebenszeit berufen, sondern mussten sich nach 25 Jahren zwei Abstimmungen (zunächst in der Fakultät, dann im Plenum, dem sogenannten Conseil) stellen, um eine Verlängerung um jeweils fünf Jahre zu erhalten. Das Verfahren konnte wiederholt werden, sodass eine Dienstzeit von maximal 35 Jahren heraussprang. Wem sie nicht verlängert wurde, der musste ein spürbar geringeres Ruhegehalt hinnehmen. Man mochte das sachdienlich finden, weil es – theoretisch – zu dauernder Leistung anspornte und einer Überalterung der Professorenschaft entgegenwirken konnte. Aber dass die Lehre trotzdem gravierende Mängel aufwies, wissen wir durch Carl Erdmanns späteren Kontrahenten Johannes Haller, der in Dorpat studierte und kein gutes Haar an den Vorlesungen ließ, die er dort hörte.32 Außerdem wurde der kollegialen Intrige ein weiter Spielraum eröffnet. Schwabe sprach von »Quertreibereien« und »Schikanen«. Er erlebte, wie verdiente Gelehrte auf demütigende Weise nicht »abgewählt«, sondern »abgeschlachtet« wurden. Das hat ihn empört.33 Diese drei aus Deutschland stammenden, nach Dorpat berufenen Professoren kamen zu je eigenen, aber auch nicht völlig verschiedenen Resultaten. Sie alle machten sowohl angenehme als auch weniger erfreuliche Erfahrungen. Allein der Mediziner Kraepelin beklagte sich über sprachliche Schwierigkeiten, die er mit polnischen und russischen Studenten hatte (von den estnischen Patienten ganz zu schweigen). Da er das Leben in Dorpat als eintönig empfand, weit entfernt von ernst zu nehmenden Anregungen, betrachtete er die fünf Jahre, die er hier verbrachte, bis er endlich nach Heidelberg wechseln konnte, als »eine Art Verbannung«.34 Schwabe hatte der Universität Dorpat viel zu verdanken: erste berufliche Anerkennung und persönliches Glück. Doch da zur gleichen Zeit das Zweite Deutsche Kaiserreich entstand und die patriotischen Empfindungen hochflogen, zog es ihn mit Macht in die Heimat zurück. Außerdem schreckte ihn die Aussicht, nach 25 Jahren von seinen Fakultätskollegen »abgeschlachtet« zu werden. Nur Bücher konnte sich vorstellen, auf Dauer in Dorpat zu bleiben. Er lernte sogar etwas Russisch, um die Verhältnisse besser zu verstehen. Doch die Prominenz, die er sich erwarb, nachdem er Rufen nach Basel, Karlsruhe und vor allem Leipzig gefolgt war, wäre ihm in Dorpat, der »einsamen Insel«, versagt geblieben.

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Für Carl Eduard Erdmann kam eine Berufung ins Ausland nicht in Betracht. Sein Fach, das baltische Provinzialrecht, konnte nur in Dorpat gelehrt und studiert werden; nur in den russischen Ostseeprovinzen hatte es gesellschaftspolitischen Sinn, nämlich die Aufrechterhaltung des rechtlichen Status quo. Erdmann hatte in Deutschland studiert und Reisen bis nach Italien unternommen. Zeitlebens schwärmte er von ihnen, von den romantischen Wanderungen in den deutschen Mittelgebirgen wie vom Kunstgenuss in italienischen Museen. Doch zu Hause war er in Livland, in Dorpat, am Embach. In einem späten Vortrag beschrieb er, wie sehr es ihn reizte, ins Ausland zu reisen und von dort – als einem »Jungbrunnen« – neue Anregungen und Einsichten mitzubringen. Neulich in Nürnberg habe sich ihm und seiner Tochter die Welt des Mittelalters, die Kunst Albrecht Dürers und Peter Vischers erschlossen. Doch er bestand darauf, dass nur derjenige richtig reise, der stets die Heimat mit sich führe, der den »Wandertrieb« als »Heimattrieb« verstehe und die unterwegs erworbenen Kenntnisse nicht nur zur Veredelung des eigenen Ichs, sondern auch zur Verbesserung der heimatlichen Zustände verwende. Nur so verstanden, seien Reisen »das höchste rein irdische Geschenk, das wir hier empfangen«.35 Er hätte auch sagen können: Reisen bildet, aber wirklicher Nutzen stellt sich erst nach der Heimkehr ein. Heimat war für Carl Eduard Erdmann zunächst einmal das eigene Heim. Gleich nach Antritt seiner ersten festen Stelle heiratete er Aurelie Neander aus Mitau, um mit ihr zusammen eine eigene, bald vielköpfige Familie zu gründen. Die Braut entstammte einer ursprünglich hessischen, aber schon zu Anfang des 17. Jahrhunderts in Kurland nachgewiesenen Familie, die ebenfalls – wie die Walters und die Erdmanns – zum baltischen Literatentum gehörte. Schon der Name Neander, eine Gräzisierung von Nauwmann bzw. Neumann, machte eine höhere, das heißt humanistische Bildung sichtbar. Vor allem Pastoren und Juristen gingen aus den Neanders hervor.36 Aurelie schenkte in 21 Ehejahren zehn Kindern das Leben, starb aber bald nach der Geburt des jüngsten im Alter von nur 41 Jahren. An Aurelies Stelle trat schon nach wenigen Jahren deren jüngere Cousine, Veronika Neander. Ein Ehehindernis stellte die enge Verwandtschaft nicht dar, auch nicht im baltischen Provinzialrecht, dessen Eigenheiten der Ehemann selbst dargelegt hatte.37 Aber der Altersunterschied zwischen den Ehepartnern betrug jetzt immerhin 22 Jahre. In sieben Ehejahren brachte die junge Frau fünf Kinder zur Welt. Wie schon bei Eltern und Großeltern der Fall, wurde auch in Carl Eduard Erdmanns Generation

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42 Fremde Heimat Livland eine große Kinderschar nicht als Last, sondern als Segen, jeder neue Erdenbürger als »göttliches Geschenk« betrachtet.38 Denn Kinder verbanden die Gegenwart mit der Zukunft und erfüllten das Haus der Eltern mit Leben. Leider wissen wir nur wenig darüber, wie dieses aussah, und noch weniger, wie es im Inneren genutzt wurde. Es lag in der Peplerstraße nahe beim Domberg, wo auch andere Professoren (und zumal die prominenteren von ihnen) ihr Domizil hatten. Die große räumliche Nähe gab den engen Zusammenhang der Dorpater Professorenschaft wieder. Auch nachbarschaftliche Hilfe gehörte dazu.39 Erdmann stand nicht an, seine Kenntnisse und Fähigkeiten seiner Wahlheimat, der Stadt Dorpat, zugutekommen zu lassen. Als 1877 die reformierte russische Stadtordnung auch in den Ostseeprovinzen in Kraft trat und den Kommunen völlig neue Gestaltungsspielräume eröffnete,40 ließ sich Erdmann in die Versammlung der Dorpater Stadtverordneten wählen. 18 Jahre gehörte er ihr an. Sechs Jahre amtierte er als Stellvertreter des Stadthaupts, beteiligte sich also an der Regierung der Stadt. Sein Heimatbegriff ging von dem »Orte unserer Ansässigkeit« aus. Zu dessen Verbesserung etwas beizutragen, hielt er für seine selbstverständliche, wenn auch anstrengende Pflicht.41 Wie weit sein Verständnis von Heimat darüber hinausreichte und welche Loyalitäten sich damit verbanden, geht aus einem allgemeinverständlichen Vortrag hervor, den er kurz vor seinem Tod erneut publizierte. »Das Wesen der Heimat« lautet sein programmatischer Titel.42 Er beschreibt das Selbstverständnis der Deutschen in Livland, ihre Bindung an ein Land, in dem sie nicht von Anfang heimisch waren, dessen Namen sie aber seit dem späten 16. Jahrhundert gerne als »Blivland«, »Bleibeland«, interpretierten.43 Zu ihm habe sich über die Jahrhunderte eine emotionale Beziehung entwickelt, die man auch als Verpflichtung zur »Treue« verstehen konnte. Gleichzeitig blieb eine feste Bindung an Deutschland als »Mutterland« und dessen Kultur erhalten, eine Bindung, die sich vor Ort als leidenschaftlicher Patriotismus artikulierte, aber im »reichsdeutschen« Alltag regelmäßig enttäuscht wurde.44 Davon ist hier nicht ausdrücklich die Rede. Aber die Bezugnahmen auf die deutsche Literatur sprechen eine deutliche Sprache. Hier sind es Ludwig Tieck, Adelbert von Chamisso und – seitenlang – Willibald Alexis, den heute kaum noch jemand kennt, dessen »vaterländische Romane« aber seinerzeit sehr viele Leser ansprachen. In anderen von Erdmanns Vorträgen und Schriften werden E. T. A. Hoffmann, Matthias Claudius, Joseph von Eichendorff, Jean Paul, Georg

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Russifizierung, Nationalisierung, Unifizierung 43

Büchner, Goethe, Schiller und natürlich Martin Luther angeführt. Seine Zuhörer und Leser werden es zu schätzen gewusst haben. Klassiker und Romantiker standen bei einem konservativ gestimmten Publikum hoch im Kurs. Deren Werke wurden von ihm aufgenommen, als wären sie eben erst erschienen.45 Zitate aus den Schriften englischer, französischer oder gar russischer Autoren hätten es wohl weniger erfreut. Deutschsein war für die allermeisten Deutschbalten zuerst und vor allem eine kulturelle Option.

Russifizierung, Nationalisierung, Unifizierung Erdmann ließ aber auch keinen Zweifel daran, dass das von ihm beschriebene Idyll in Gefahr war. Sogar dessen Untergang hielt er für denkbar. In diesem Fall müsse man seine Penaten (also sein Heim) an einen anderen Ort tragen und sich dort eine neue Heimat aufbauen. Eine gewisse Resignation scheint beim späten Erdmann anzuklingen. Anlass dazu gaben ihm sowohl die allgemeine politische Situation als auch die eigene, ganz persönliche Erfahrung. Er wurde nämlich als Jurist und Universitätsprofessor in den Streit um die sogenannte Russifizierung hineingezogen, die nicht nur, aber doch in erheblichem Maße und schließlich mit gravierenden Folgen die Deutschbalten und die Universität Dorpat in Unruhe versetzte. Es ging dabei um die Angleichung jener Provinzen, in denen nichtrussische Minoritäten lebten, an russisches Recht, russischen Sprachgebrauch und russische Kultur. Denn Russland schickte sich an, ein nationales Selbstbewusstsein zu entwickeln, das sich an der begrifflichen Trias Orthodoxie, Autokratie und »Volkstum« (narodnost’) orientierte. Überlieferte Ansprüche auf Autonomie, Selbstverwaltung und religiöse Eigenständigkeit wurden zunehmend als unpassend empfunden. Hinzu kam, dass in Europa Nationalstaaten entstanden, deren Vorbild auch jene Völker animierte, die in übernationalen Reichsverbänden wie dem russischen lebten. Je mehr sich dort die nationalen Empfindungen regten, umso größer wurde der russische Druck. Der Verdacht des Separatismus machte sich breit und gerade in den Ostseeprovinzen wurde der Aufstieg Preußens und des Deutschen Kaiserreichs ebenso aufmerksam wie sorgenvoll beobachtet. Man sprach von Russifizierung (obrusenie) und schuf damit einen Kampfbegriff, der von beiden Seiten verschieden interpretiert wurde: hier als notwendige Reform, die dem Reich und der Nation zugutekommen sollte,

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44 Fremde Heimat Livland dort als willkürlicher Eingriff in erbliche Rechte. Auf staatlicher Seite war vom reichsweiten Nutzen die Rede. Bei den Betroffenen dagegen ging die Furcht um, ihr kulturelles Umfeld zu verlieren, also einer förmlichen Dekulturalisierung ausgesetzt zu werden. Statt von Russifizierung sollte man von Nationalisierung oder Unifizierung sprechen, also von dem Versuch einer Vereinheitlichung der Rechts- und Lebensverhältnisse in einem gegebenen imperialen Rahmen, der die Züge eines Nationalstaats annehmen sollte.46 Man kann das ganze, höchst vielgestaltige Verfahren als eine damals notwendige und auch zeitgemäße Modernisierung begreifen. Würde man eine Skala der Maßnahmen erstellen, dann würden Weißrussen, Ukrainer und Polen (die sich erneut gegen die russische Herrschaft erhoben hatten und deshalb einer forcierten Integration unterworfen wurden) am oberen Ende, Finnländer (bei denen die Unifizierung allmählich verebbte) und zentralasiatische Muslime (die weitgehend in Ruhe gelassen wurden) am unteren Ende zu stehen kommen. Die Deutschbalten würden einen Platz unterhalb der Mitte einnehmen.47 Obwohl ihnen gegenüber das Misstrauen zunahm, wurden sie weniger als andere behelligt. Aber auch sie bekamen die Veränderungen zu spüren. Wurden sie lange Zeit als kulturelles Vorbild und als Brücke nach Europa betrachtet, so sah man sie jetzt als einen Fremdkörper an und setzte auf die angebliche Verwandtschaft von Russen, Letten, Esten und Liven. Dort, in den Ostseeprovinzen, wurde die Debatte, eben weil sie sich um kulturelle Fragen drehte, zunächst nicht politisch, sondern publizistisch ausgetragen und die Familie Erdmann war von Anfang an daran beteiligt: Carl Eduards Großonkel Ferdinand Walter, Generalsuperintendent und evangelisch-lutherischer Bischof, hatte sich in einer Predigt zur Eröffnung des livländischen Landtags dafür ausgesprochen, Letten und Esten (»aus der Geschichte verschwindende Volksstämme«) auf die Seite der deutschen Kultur zu ziehen, diese also zu germanisieren. Da zur gleichen Zeit noch in Polen gegen die Herrschaft des Zaren gekämpft wurde, wurde die Rede in der russischen Presse als Versuch bewertet, die Stellung der Deutschen in den Ostseeprovinzen zu stärken und deren Bindung an den Reichsverband zu lockern. Der Vorwurf des Separatismus stand im Raum und verband sich mit der Abwehr eines überheblichen Anspruchs: Wenn Letten und Esten in eine andere Kultur überwechseln sollten, dann könne das nur die des Reichsvolks, also die russische, sein. Die Staatsnation fühlte sich diskriminiert. Die Reaktion fiel so

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Russifizierung, Nationalisierung, Unifizierung 45

heftig aus, dass Ferdinand Walter von seinen kirchlichen Ämtern zurücktreten musste. Er war das erste Mitglied der Familien Erdmann–Walter–Neander, das eine Amtsstellung aus politischen Gründen verlor.48 Carl Erdmanns Vater und er selbst sollten diese ›Tradition‹ einmal fortsetzen. Wenige Jahre später kam die Universität Dorpat ins Spiel. Dieses Mal ging die Initiative von der russischen Seite aus. Wieder wurde den Deutschbalten vorgeworfen, Esten und Letten germanisieren zu wollen. Die drei Provinzen seien aber kein Vorposten Deutschlands, sondern ein Teil Russlands. Die Privilegien des Adels seien keine dauerhaft gültigen Rechte, sondern Gunsterweise, die mittlerweile als antiquiert und wertlos betrachtet werden müssten. Die Antwort gab Carl Schirren, Professor für russische Geschichte an der Universität Dorpat. Er gab sie in Form einer Kampfschrift, die einerseits mit historischen Argumenten die besondere Rechtsstellung der drei Provinzen zu erweisen versucht, andererseits der russischen Seite jeden Anspruch auf Herrschaft bestreitet: Denn dort finde man »nichts, was zu herrschen berechtigte, weder Ernst, Maaß, Ausdauer, noch eine gewisse Übung, Erfahrungen zu nutzen«. Das russische Volk sei »nicht reif und nicht werth, über uns zu herrschen«; es solle erst einmal lernen, »sich selber zu beherrschen«.49 Schirrens »Livländische Antwort« war so polemisch formuliert und so sehr von antirussischem Ressentiment durchtränkt, dass sie mehr dadurch als durch ihren sachlichen Gehalt Aufsehen erregte. Ihre Wirkung in Dorpat soll »tiefgreifend« gewesen sein und ganz wesentlich zur ideologischen Versteinerung unter den Deutschbalten beigetragen haben.50 Lange blieb sie in der Erinnerung präsent. Das »Festhalten« und »Ausharren«, das sie beschwor, wurde, wie Schirren verlangt hatte, zur »Summe« deutschbaltischer Politik. Doch die Strafe folgte auf den Fuß. Beide Seiten wurden zensiert und gerügt, aber nur die deutsche sanktioniert. Schirren musste seinen Lehrstuhl räumen und tat, was später auch andere taten: Er ging nach Deutschland, wo er wenige Jahre später eine historische Professur erhielt. Carl Eduard Erdmann war zur gleichen Zeit schon Syndikus in Dorpat. Die ganze Affäre spielte sich vor seinen Augen ab. In besonderem Maße sah sich die Universität in den 1880er- und 1890erJahren herausgefordert, als nämlich staatlicherseits durchgeführt wurde, was 20 Jahre lang in Presse und Öffentlichkeit diskutiert worden war. Alexander III. wurde zum Feindbild der Deutschen, weil er Maßnahmen verfügte, die deren Vorrechte beschnitten und sich an der symbolisch bedeutsamen

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46 Fremde Heimat Livland Sprachenfrage festbissen. Die russische Kultur wurde zur »Leitkultur des Imperiums« erhoben, die russische Sprache als alleinige Verwaltungs-, Gerichtsund Unterrichtssprache im Bildungswesen durchgesetzt.51 Bis dahin hatte sie in Dorpat nur eine ganz untergeordnete Rolle gespielt. Von den deutschbaltischen Professoren wurde sie möglichst gemieden, von manchen gehasst. Wer längere Zeit in Sankt Petersburg gelebt hatte, galt als »verrusst«.52 Karl Bücher erinnerte sich an den Besuch des russischen Revisors, bei dem eine ganze Reihe von Professoren ihre durchaus vorhandenen Russischkenntnisse einfach verleugnete und es vorzog, mit dem hohen Gast über einen Dolmetscher zu kommunizieren. Er fand es befremdlich, dass Professoren an einer russischen Universität behaupten durften, die Landessprache nicht zu beherrschen. In Deutschland sei dergleichen nicht denkbar.53 Etwas von der »versteinerten« Haltung der Deutschbalten kam dabei zum Vorschein. Bücher selbst versuchte – wie schon erwähnt – Russisch zu lernen, machte sich damit aber keine Freunde unter seinen Kollegen. Carl Eduard Erdmann dürfte zu denjenigen gehört haben, die sich eines Dolmetschers bedienten. Er verfügte zwar über »sehr gute« bis »ziemlich gute« Russischkenntnisse,54 weigerte sich aber beharrlich, seine Vorlesungen auf Russisch zu halten. Er stellte sich also auf die Seite derer, die alle Aufforderungen der Regierung in den Wind schlugen. Mit deren Wortführer, Johannes Engelmann, stand er auf gutem Fuß und dieser mit Carl Schirren. Erdmann musste erleben, wie sein Fach zurückgefahren wurde und schließlich ein Dasein als Nebenfach fristete. Seine Kollegienhefte wurden noch Jahre später für Privatkurse in seiner Verbindung verwendet. Stattdessen wurde den Bedürfnissen russischer Studenten Rechnung getragen, vor allem durch die Berufung russischer Professoren, die an die Stelle der deutschen traten. Die Juristische Fakultät änderte zügig ihr Gesicht, bald auch die ganze Universität. Im Februar 1893 wurde ganz offiziell aus der deutschsprachigen Universität Dorpat die russische Universität Júrjev.55 In einer Münchener Zeitung erschien ein »Nekrolog«.56 Im selben Jahr beendete Erdmann seine Lehrtätigkeit. Seine letzte Vorlesung hatte noch einmal die Rechtsgeschichte Livlands, Estlands und Kurlands zum Gegenstand, in deutscher Sprache versteht sich.57

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Das Glück im Winkel 47

Das Glück im Winkel Erdmann zog sich ins Privatleben zurück, zu alt, um anderswo eine neue Laufbahn zu beginnen, zu jung, um den Ruhestand zu genießen. Dass ihm durch Nichtbestätigung auch noch sein Amt als Stadtrat entzogen wurde, hat ihn schmerzlich getroffen. Selbstzweifel nagten an ihm. Die ihm verbliebenen Tätigkeiten hielt er für »bloße Geschäftigkeit« in einem »zerrissenen Leben« und konnten ihm den verlorenen Beruf nicht ersetzen.58 Er wirkte als Anwalt und in Wohltätigkeitsorganisationen weiter, engagierte sich in der evangelisch-lutherischen Universitätsgemeinde und hielt Vorträge, oft zugunsten des »Dorpater Hilfsvereins«. Eine seiner Töchter meinte, er habe ein »wundervolles Organ« besessen, mit dem er »fortreißende, oft erschütternde Wirkung« zu erzielen verstand; er sei einer der glänzendsten Redner jener Jahre gewesen, »eine mächtige, schwer zu vergessende Persönlichkeit«.59 Eine gedruckte Sammlung seiner Vorträge gliederte er in einen ersten Teil »aus dem Grenzgebiet zwischen Rechts- und Empfindungsleben« und einen zweiten mit dem vielsagenden Titel: »Was uns bleibt«. Auch die Überschriften der einzelnen Vorträge sprechen für sich: »Die Familie« – »Das Wesen der Heimat« – »Ewige Personen« – »Die Ehre« – »Das Glück im Winkel«.60 Ihr bevorzugter Druckort war die »Baltische Monatsschrift«, in der sich eine »überprovinziale [also nicht mehr nur estländische, livländische oder kurländische] Öffentlichkeit« artikulierte.61 »Das Glück im Winkel« erlebte Erdmann senior auch selbst. Eine im Studio eines professionellen Fotografen aufgenommene, also repräsentative Fotografie zeigt Carl Eduard Erdmann inmitten seiner vielköpfigen Familie: ein kräftiger, ja korpulenter Mann in nicht allzu hohem Alter, »schubertschöpfig« mit »Kindergesicht« und »Elefantenkörper«; dahinter, hochgeschlossen auf die Schulter des Mannes gestützt, die junge Ehefrau, kaum älter als die älteste (Stief-)Tochter, aber mit gebietendem Blick aus »übergroßen, feurigen Augen«;62 ein erwachsener Sohn, sonst nur Töchter, zwei mit ihren Partnern, die jüngsten noch als Kleinkinder gekleidet. Das Bild muss um 1895/98, nicht lange vor Erdmanns Tod, entstanden sein. Es strahlt eine gewisse Behäbigkeit und familiäre Geschlossenheit, »Glück im Winkel« eben, aus. Doch das Glück hielt nicht lange. Erdmann ereilte kein plötzlicher, aber ein rascher Tod. »Herzlähmung« – so heißt es in der familiären Tradition. Letzte Worte sind überliefert.63 Der Leichnam wurde in der Universitätskirche aufgebahrt, dann

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48 Fremde Heimat Livland zum Marienfriedhof (Maarja kalmistu) gebracht und dort zur letzten Ruhe gebettet. Das Grab scheint es nicht mehr zu geben. Alle Professoren wurden durch ein »Cirkulär« informiert.64 Die Witwe mit fünf eigenen und sieben Stiefkindern musste von da an allein zurechtkommen. Das jüngste Kind war zu diesem Zeitpunkt noch nicht geboren und fehlt auf dem Bild. Es kam vier Wochen nach dem Tod des Vaters zur Welt und erhielt dessen ersten Vornamen: »Carl Erdmann, posthumus« (nachgeboren) heißt es auf dem Geburts- und Taufschein.65 Es verbrachte nur die ersten drei Lebensjahre in Dorpat und wuchs dort nicht auf. Eine seiner Schwestern und seine Mutter kehrten zeitweilig nach Livland zurück, er selbst nie. Was also hatte Carl Erdmann junior mit der Heimat seiner Eltern und Geschwister zu schaffen? Was nahm er von dort mit in sein künftiges Leben?

Carl Eduard Erdmann im Kreis seiner Familie, hinter ihm seine zweite Frau Veronika.

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Bestimmt nicht eine spezifische »baltische« Mentalität, wie sie anderen und auch ihm später zugeschrieben wurde. Diese Unterstellung hat weder Hand noch Fuß, nicht in seinem Fall und auch sonst nicht. Nicht einmal seine ausgeprägte Individualität, sein Eigensinn, lässt sich damit erklären. Da er seinen Geburtsort im Grunde nicht kannte, können nur solche Einflüsse dauerhaft auf ihn eingewirkt haben, die familiär vermittelt wurden. Zweifellos gehörte ein ausgeprägtes Familienbewusstsein dazu, bei den Deutschbalten bekanntlich kein seltener Fall. Es war über mehrere Generationen geschärft worden, hatte sich unter schwierigen Umständen zu bewähren und wurde deshalb weiterhin gepflegt, auch an völlig anderem Ort. Nur ein Beispiel: Als ein befreundeter Kollege später einmal etwas Unzutreffendes über einen Großonkel (jenen preußischen Philosophen) publizierte, widersprach ihm Erdmann vehement. Er berief sich dabei auf die familiäre Überlieferung und machte damit deutlich, wie präsent und verlässlich diese ihm war.66 Damit verband sich zweitens die Verpflichtung zur höheren Bildung, die dem Selbstverständnis des deutschbaltischen Literatentums entstammte, also jene Vernunftorientierung, die auch den geistigen Habitus Carl Erdmanns bestimmen sollte. Der Vater und weitere Familienmitglieder waren Universitätsprofessoren geworden. Warum sollte nicht auch der Sohn eine solche Laufbahn anstreben? Die Wahl einer bestimmten Fachrichtung war damit nicht präjudiziert. Aber folgte er familiären Vorbildern, dann studierte er Theologie oder Jura, vielleicht Medizin. Drittens schließlich wurde ihm sicher vom Schicksal des Vaters, von dessen beharrlichem Festhalten an der deutschen Unterrichtssprache und von den beruflichen Konsequenzen, erzählt. Ein emphatisches Bekenntnis zur deutschen Kultur ließ sich davon herleiten. Man kann es als familiär begründeten Kulturpatriotismus bezeichnen. Jahre später erklärte Erdmann einmal, wie sehr es ihn ärgere, wenn zwischen »reichsdeutsch« und »deutsch« nicht unterschieden werde. Ihm als »Balten« sei eine solche Unterscheidung »gewissermaßen angeboren«. Er sah sich als Deutschen, dessen Wurzeln außerhalb Deutschlands lagen.67 Dies alles – Familienbewusstsein, akademische Orientierung und eine deutsch-patriotische Grundstimmung – ist für die Biographie Carl Erdmanns von Belang. Es wurde ihm durch die familiäre Erinnerung vermittelt und ist darüber hinaus in der komplexen Geschichte seiner fernen, zunehmend fremden Heimat Livland zu verorten.

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AUSGERECHNET BLANKENBURG Der Streit um die Umwandlung der Universität Dorpat in eine russische Hochschule hatte einen Exodus zur Folge. Nicht nur reichsdeutsche, sondern auch deutschbaltische Professoren verließen Russland und bemühten sich um eine Anstellung im Deutschen Reich. Einer nahm sich im Embach das Leben. Denn man sah sich nicht mehr als Vorposten der deutschen Kultur, sondern auf einem verlorenen Posten im Russischen Reich. Begabte Studierende zogen es vor, ihr Glück in Deutschland zu versuchen. Dort entstand eine baltische Diaspora, Russland dagegen musste einen intellektuellen Aderlass hinnehmen.1 Auch Carl Eduard Erdmann fasste die Emigration ernsthaft ins Auge. Finanzielle Erwägungen und Rücksichten auf die Familie sprachen dagegen. Doch auf dem Sterbebett soll er seine Frau gedrängt haben, mit den Kindern nach Deutschland zu ziehen. Auch über den Ort sei man sich einig gewesen.2 Wenige Jahre später erfüllte die Witwe den Wunsch ihres Mannes und ließ sich mit ihren fünf eigenen Kindern in Blankenburg am Harz nieder. Die Kinder aus Erdmanns erster Ehe blieben in Livland. Sie hingen an dem Land, hatten schon ihre eigenen Familien gegründet oder waren im Begriff, das zu tun. Als Untertanen des Zaren erlebten sie die bald einsetzenden Wirren der russischen Geschichte, zwei Revolutionen und zwei Kriege, unmittelbar. Die älteste Tochter, Helene, verbrachte den Ersten Weltkrieg in Moskau, beteiligte sich – zusammen mit ihrer jüngeren Schwester – an der Betreuung deutscher Kriegsgefangener und fasste ihre Erlebnisse in einem Buch mit dem Titel: »Vier Jahre in russischen Ketten« zusammen.3 Eine andere ihrer Schwestern, Mary, musste, als ihr Mann als Arzt am Russisch-Japanischen Krieg teilnahm und zu Hause die Revolution ausbrach, nach Blankenburg fliehen, wo sie für eine Weile Unterschlupf fand. Nach wie vor und ungeachtet der räumlichen Entfernung hielt die so weit verzweigte Familie zusammen.4 Als im Gefolge des Hitler-Stalin-Pakts die Deutschbalten in die soeben eroberten polnischen Gebiete umgesiedelt wurden, mussten die noch verbliebenen Familienmitglieder die Heimat verlassen. Damit war »viel Schmerz und Sorge« verbunden. Hilfe und Trost fanden die Betroffenen bei den Verwandten in Deutschland.5

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Fünf auf einem Ast Die verwitwete »Wirkliche Staatsrätin Frau Professor« Veronika Erdmann und ihre fünf unmündigen Kinder führten in Blankenburg ein auskömmliches Leben. Sie bezogen zunächst eine Mietwohnung, dann ein eigenes, für sie erbautes Haus im vornehmen Westen der Stadt, bestehend aus Parterre, erstem Obergeschoss und einem Dachgeschoss darüber, umgeben von einem Garten.6 Die Ostseite schmückt eine gemütliche Loggia mit einem Altan darüber. Es gibt imposantere Gebäude in der Umgebung; doch vor keinem musste sich die erdmannsche Villa verstecken: bürgerliche Gediegenheit, die man ihr heute noch ansieht. Die Adresse: Sedanstraße 4 gibt zu erkennen, dass die Familie in einem Neubauviertel wohnte. Der Straßenname erinnerte – so wie die jährliche Sedanfeier – an den Sieg im Deutsch-Französischen Krieg und die Reichsgründung von 1871. Patriotische Begeisterung steckte in ihm. Zweimal wurde er geändert: nach dem Zweiten Weltkrieg in Walter-Hartmann-, 1990 in August-Winnig-Straße. Jedes Mal kam der Zeitgeist zum Zug, zuletzt um an einen sozialdemokratischen Arbeiterführer zu erinnern, der einmal einen

Wohnhaus der Familie Erdmann in Blankenburg.

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52 Ausgerechnet Blankenburg Maurerstreik in Blankenburg organisiert hatte, mittlerweile aber ebenfalls in die Kritik geraten ist.7 Womit Veronika Erdmann die Kosten für Hausbau und Lebensunterhalt bestritt, ob sie ein Vermögen mitbrachte, wie viel Pension oder Rente sie aus Russland erhielt, ob sie über Einkünfte in Deutschland verfügte – das alles wissen wir nicht. Insgesamt ist die Quellenlage sehr spärlich, sodass sich nur wenig über die Lebensverhältnisse der Familie und über Carl Erdmanns Kindheit aussagen lässt. Der Mangel wird ausgeglichen durch ein besonders reizvolles, weil literarisches Zeugnis. 1936, also drei Jahrzehnte später, publizierte Erdmanns älteste Schwester ein schmales Büchlein mit dem merkwürdigen, aber auch ansprechenden Titel: »Fünf auf einem Ast«. Die Verfasserin gebrauchte nicht ihren bürgerlichen Namen als mittlerweile verheiratete Vulpius, sondern ihren Mädchennamen, zudem in Verbindung mit ihrem zweiten Vornamen Yella. Sie wählte also – wenn man so will – ein doppeltes Pseudonym. Der Verlag, K. Thienemann in Stuttgart, bewarb das Buch zusammen mit anderen, die sich an junge Mädchen als Leserinnen wandten: Erzählungen einer dänischen Schriftstellerin Erna Heinberg und der Berliner Adligen Eleonore von Heeringen. Schon die Titel ihrer Bücher sind bezeichnend: »Estrid und Karen«, »Das Wunderkind«, »Die fünf Dehn und ihre Mutter«. Sie wenden sich an die heranwachsende weibliche Jugend und thematisieren deren Probleme. Man spricht von »Backfischliteratur«.8 »Fünf auf einem Ast« handelt von der Kindheit der fünf Erdmann-Kinder, umsichtig behütet von ihrer treu sorgenden Mutter. Alle Namen wurden geändert; aber es fällt nicht schwer, die Personen zu identifizieren: − A  urelie, geboren 1893, hatte ihren ersten Vornamen nach der verstorbenen ersten Frau ihres Vaters erhalten, wurde aber von ihren Geschwistern nur Yella genannt. In ihrem Buch heißt sie Isa. − Ihre nur ein Jahr jüngere Schwester Veronika, benannt nach der leiblichen Mutter, hatte den Spitznamen Lalli. Daraus wurde jetzt Anni. − Der älteste Bruder Guido, geboren 1896, trug einen in der Familie seltenen Namen, der sich leicht zu Günther abändern ließ. − Eberhard, Jahrgang 1897, hatte einen noch selteneren Vornamen; er wurde zu Erhard verkürzt. − Carl schließlich, der Nachgeborene, der den Namen des Vaters weitertragen sollte, heißt im Buch seiner Schwester: Alfred. Als Nesthäk-

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chen ruft man ihn »Dachs«. Da kein einfacher Weg von Carl zu Alfred führt, kann man nur vermuten, welche Assoziationen hier am Werk waren. Als das Buch publiziert wurde, beschäftigte sich Carl Erdmann – wie noch zu zeigen sein wird – geradezu leidenschaftlich mit Karl dem Großen. Das gleiche Attribut wird dem angelsächsischen König Alfred zuerkannt, der ein halbes Jahrhundert später regierte. Von Karl dem Großen zu Alfred dem Großen war es – vielleicht – nur ein gedanklicher Sprung. Auch einen anderen Familiennamen ließ sich die Verfasserin einfallen: Aus Erdmann wurde Ebeling. Der Vater habe als Arzt und Naturforscher die Tropen bereist, sei aber (nicht vor, sondern) kurz nach der Geburt des Jüngsten verstorben. Er spielt nur als »fernes, liebes Bild« eine Rolle. Die Mutter dagegen hält die Fäden der Erziehung in der Hand, lässt jedem der Kinder zuteilwerden, was ihm zusteht, und rückt zurecht, was sie anrichteten, wenn sie beim Spielen über die Stränge schlugen. Sie steht für ein pädagogisches Ideal: Unmerklich finden die Kinder ihr Maß.

Yella (Vulpius)-Erdmann, Fünf auf einem Ast (1936).

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54 Ausgerechnet Blankenburg Die fünf Geschwister bilden eine Spielgemeinschaft, die auch altersmäßig zusammengehört. Außenstehende haben es schwer, in sie aufgenommen zu werden. Im Mittelpunkt der Gemeinschaft und auch der Erzählung steht Isa/Yella. Die Autorin spricht von sich selbst, von ihrer Entwicklung vom Kind zum »Backfisch«, wie man damals sagte. Sie ist die temperamentvollste, leidenschaftlichste, unternehmendste unter den fünf Geschwistern. Sie denkt sich Spiele aus, verteilt die Aufgaben und nimmt für sich selbst die beste in An-

Veronika Erdmann mit ihren fünf Kindern (zweiter von rechts: Carl).

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spruch. Sie besitzt einen »Flitzbogen« und ist es gewohnt, über die anderen zu herrschen. Das macht sie erpressbar, wenn diese nicht mitspielen wollen. Aber ob als Amazonenkönigin, als Raubritter oder Polizist: Immer fällt ihr die interessanteste Rolle zu. Sie liest viel, lebt in ihren Büchern und entnimmt ihnen Anregungen für ihre Streiche. Später wolle sie selbst einmal ein Buch schreiben. Außerdem hat sie vor, Griechisch und Latein zu lernen und dann einen Brotberuf zu ergreifen. In ihren Taten wie in ihren Wünschen scheint sie mehr ein Junge als ein Mädchen zu sein. Besorgt und geduldig beobachtet die Mutter die Entwicklung ihrer ältesten Tochter und nimmt kaum merklich Einfluss auf sie. Am ehesten kann der älteste Bruder Günther/Guido mit Isa mithalten. Auch er besitzt einen »Flitzbogen«, verfügt über einen wachen und klaren Verstand und ist bereit zu jedem abenteuerlichen Spiel. Die Schwester Anni/ Lalli dagegen ist eher träumerisch veranlagt, spielt gerne mit Papierpuppen, die sie aus den Modeheften der Mutter ausschneidet, und gilt für Isa als die »geborene Squaw«. Die beiden Jüngsten schließlich nimmt keiner für ernst. Sie haben sich mit Nebenrollen zu bescheiden, müssen die Überlegenheit der älteren Geschwister hinnehmen und heulen viel. Alfred/Carl erscheint als ängstliches und weinerliches Kind, das sich gelegentlich auflehnt, sich dann beleidigt zurückzieht und nie recht mithalten kann. Als Schauspieler ist er linkisch, draußen hilflos, mit den Händen ungeschickt. Nicht einmal ein Buchzeichen kann er richtig kleben. Doch er hat feste Gewohnheiten und einen klaren Berufswunsch: Pfarrer will er werden. Das scheint ihm ein würdiger, ein »heiliger« Beruf. Wir erinnern uns, wie oft er in den Familien Erdmann–Neander–Walter schon vorkam. Alle Kinder genießen eine fürsorgliche Erziehung: Sie gehen zur Schule, wohnen in einem geräumigen Haus mit »vielen Zimmern«. Wohnzimmer, Wirtschaftszimmer, Kinderzimmer, Schlafzimmer werden erwähnt, im Garten gibt es eine Laube. Der Mutter geht ein Dienstmädchen zur Hand. Sie sprechen Hochdeutsch (Dienstboten und einfache Leute Dialekt); man sieht ihnen die Herkunft aus gutem Haus an. Es wird gelesen und vorgelesen, was man damals für wertvoll, kindgerecht und förderlich hielt: »Robinson Crusoe«, »Lederstrumpf«, Karl May, Walter Scotts »Ivanhoe«, »Die Hosen des Herrn von Bredow« von Willibald Alexis usw. usf. Der Trojanische Krieg und die griechische Götterwelt sind allzeit präsent. Gustav Schwabs »Schönste Sagen des klassischen Altertums«, damals als »Vorschule der höheren Bildung« be-

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56 Ausgerechnet Blankenburg trachtet,9 standen wahrscheinlich auch bei den Erdmanns im Bücherregal. Der bildungsbürgerliche Horizont einer gut situierten Familie im wilhelminischen Deutschland setzte die Traditionen des livländischen Literatentums umstandslos fort. Der Inhalt des Buchs verweist auf eine bestimmte Zeit und einen bestimmten Ort. Es hat keine fortlaufende Handlung, sondern setzt sich aus Szenen und Anekdoten zusammen, die jeweils Licht auf Heranwachsen und Erziehung der Kinder werfen. Es setzt im Herbst 1905 ein, widmet sich ausgiebig dem Winter und endet mit den Sommerferien 1906. Das Leben der Kinder spiegelt sich im Lauf eines Jahres. Eng umgrenzt ist auch der Schauplatz: ein Städtchen mit einem Marktplatz, zu dem eine Breite Straße hinführt; ein Schloss, bei dem man rodeln kann; Wald und Teiche in der Nähe; eine Eisbahn, die im Sommer als Badeanstalt genutzt wird, auf einem Gelände namens »Thie« – es fällt nicht schwer, die Stadt Blankenburg als Schauplatz zu identifizieren. Einige Namen wurden nur geringfügig verändert oder lassen sich leicht ergänzen. Den Pächter der Eisbahn im Winter, der Badeanstalt im Sommer, den bärbeißigen »Herrn Klaus«, gab es tatsächlich!10 Man kann also davon ausgehen, dass Yellas Erzählungen aus ihrer und ihrer Geschwister Kindheit nicht völlig fiktiv, sondern in ein reales Ambiente gestellt sind und die familiären Verhältnisse widerspiegeln. Der bildungsbürgerliche Hintergrund, die Zukunftswünsche der Kinder und deren charakterliche Eigenheiten geben die Wirklichkeit wieder: Willibald Alexis hatte schon der Vater gerne gelesen, Carl wollte tatsächlich zunächst Geistlicher werden und seine jüngere Schwester, die verträumte »Lalli«, schrieb später Gedichte. »Alles fällt mir nach innen«, sollte sie einmal von sich sagen und sprach sich »schwerflüssig Blut«, also Schwermut von Geburt an, zu: »Am Allerseelen-Morgen / Kam ich zur Welt. / So sind mir meine Sorgen / Schon zugezählt.« Sie nannte es einen »Defekt im Motor«.11 Viel später veröffentlichte sie selbst einen autobiographischen Schlüsselroman, der allerdings keine heile Welt abbildet, sondern das gerade Gegenteil davon: familiäre Konflikte und eine »vielbelastete Heredität«. Die Mutter erscheint dort als strenger »Kirchenfürst«, über alles in der Welt klagend und richtend, die Schwester Yella (hier Marthe) als gefallsüchtige, immer geschäftige Konkurrentin. Carl (hier Walter) versuchte offenbar zu vermitteln. Die schwermütige Veronika (hier Caroline) nahm aber Reißaus, zuerst nach München, dann nach Jena. Je nach Standpunkt nahm sich das Innenleben der Familie

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Erdmann ganz unterschiedlich aus. Als dann noch politische Zerwürfnisse dazukamen, wurde der Zusammenhalt brüchig.12 Doch zurück zu »Fünf auf einem Ast«. Das Buch wurde in großem zeitlichen Abstand von den Geschehnissen geschrieben und verklärt sicher manches. Die Absicht, ein vorbildliches Familienleben vorzustellen, trug dazu wesentlich bei. Es ist eine »gute alte Zeit«, die vor den Augen des Lesers ersteht. Die Empfindungen von Behaglichkeit und Sicherheit ließen sich – wenigstens im Rückblick – mit ihr verbinden. Dennoch hat sich die Verfasserin, schon um glaubwürdig zu wirken, nur wenig von den tatsächlichen Umständen entfernt. Eine Frage jedoch, eine Frage von Bedeutung, kann auch das sonst so gesprächige Buch nicht beantworten: Was hat die Familie Erdmann überhaupt dazu gebracht, nach Blankenburg zu ziehen? Blankenburg, ausgerechnet Blankenburg! Zwar werden Verwandte in dem Buch erwähnt. Aber entweder können sie nicht ermittelt werden oder sie sind erst später zugezogen. Es gibt keinen einzigen Hinweis, kein Argument und erst recht keinen Beleg dafür, dass Veronika Erdmann mit ihren fünf Halbwaisen nach Blankenburg zog, weil hier schon andere Familienmitglieder lebten. Im Gegenteil: Lange blieben sie fremd. Die Vermutung geht also ins Leere. Andere Gesichtspunkte müssen den Ausschlag gegeben haben. Sie sind nicht in der Verwandtschaft, sondern in der Biographie des Ehemanns zu suchen. Offensichtlich kannte er die Gegend. Noch kurz vor seinem Tod erinnerte er sich begeistert an die Bergwanderungen, die ihn, den Berliner Studenten, nicht nur in Schwarzwald, Riesengebirge und Spessart, sondern auch in den Harz geführt hatten: »Mit dem Eintritt in das Bergland« lasse man »die Erde hinter sich« und betrete ein Land der romantischen Märchen und Mythen.13 Damit kann er verschiedene Örtlichkeiten gemeint haben. Aber er hätte sich nicht mit seiner Frau auf Blankenburg als deren künftigem Wohnsitz verständigt, wenn er die Vorzüge des Städtchens am Harz nicht gekannt hätte, vermutlich aus eigenem Erleben.

Pensionopolis am Harz Blankenburgs Geschichte reicht bis ins Hochmittelalter zurück. Die Burg »auf dem blanken Stein« wird 1123 zum ersten Mal erwähnt. Ein gräfliches Geschlecht nannte sich nach ihr, ebenso die ansässige Ministerialität (aus deren

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58 Ausgerechnet Blankenburg Reihen Jordan von Blankenburg, Truchsess Heinrichs des Löwen, besonders bekannt wurde). Unterhalb des Burgbergs entstand eine Siedlung, die nach einer ersten Zerstörung planmäßig (kreisförmig, das Leitersystem der Straßen bis heute erkennbar) wiederaufgebaut und folglich als Stadt (civitas) bezeichnet wurde. Stadtmauer, Stadtsiegel und ein städtischer Rat sind allerdings erst im 14. Jahrhundert bezeugt.14 Die Grafen waren Vasallen der Welfen. Nach dem Aussterben der Familie wurde die Grafschaft als heimgefallenes Lehen behandelt. An die Stelle der mittelalterlichen Burg trat ein weitläufiges Renaissanceschloss, das den Wolfenbütteler Welfen als Nebenresidenz oder als Residenz einer Nebenlinie diente. Damit waren eine aufwendige Hofhaltung, umfangreiche Baumaßnahmen, glanzvolle Jagden und Feste verbunden. Eine Äbtissin von Quedlinburg soll die mittlerweile zum Fürstentum erhobene Grafschaft als »Sonnenkönigtum en miniature« bezeichnet haben.15 Sogar eine Hofkapelle (bestehend aus zwölf Musikern), ein Theater (in dem die berühmte »Neuberin« öfters auftrat) und eine Bibliothek (die auch der Bürgerschaft offenstand) beherbergte das Schloss.16 Im 19. Jahrhundert verblasste der höfische Glanz. Gleichzeitig mauserte sich die bescheidene Residenzstadt zu einem aufstrebenden Zentrum des Fremdenverkehrs. Schon Goethe, Herder, Klopstock und Gleim hatte der Aufenthalt in Blankenburg gefallen,17 später kamen Touristen in wachsender Zahl. Denn das Klima zwischen Berg und Ebene galt als frisch, mild und gesund. So gesehen, durfte man sich mit Baden-Baden vergleichen. Durch den Ausbau des Eisenbahnnetzes wurde die Anreise erleichtert und die Fahrt über Blankenburg hinaus in den Harz ermöglicht. Um die Jahrhundertwende gab es 21 Hotels und mehrere Sanatorien. 3500 Sommergäste wurden verzeichnet. Die Stadt mit ihrem reizvollen Umland war ein beliebtes Ziel all jener geworden, die es sich leisten konnten, während der Sommermonate vor der Hitze, dem Lärm und der Enge der Großstädte in die sogenannte Sommerfrische auszuweichen. Dass sie nach wie vor abseits der Verkehrsströme lag und als ein Stück »winkliges Welfentum« die Geschehnisse im Reich »immer im Nachtrab« mitbekam, hat ihr mehr genützt als geschadet.18 Andere wollten Blankenburgs Annehmlichkeiten nicht nur für wenige Wochen, sondern auf Dauer genießen. Wurden 1873 nur 4000 Einwohner gezählt, so waren es 30 Jahre später schon mehr als 10 000. Vor allem zahlungskräftige Rentiers und Pensionäre ließen sich für Blankenburg als Ruhewohnsitz ein-

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nehmen. Die Stadt gehörte zu jenen Gemeinden im kaiserlichen Deutschland, die um eine solche Klientel warb, weil sie sich davon ein höheres Steueraufkommen, eine Hebung des Bildungsniveaus und eine Steigerung ihres Ansehens versprach. Nicht nur demo-, sondern auch topographisch veränderte sich dadurch ihr Gesicht: Das Schloss mit den zugehörigen Anlagen blieb das herrschaftliche Zentrum der Stadt, auch wenn der Herzog meistens nicht anwesend war. In der pittoresken Altstadt mit Marktplatz und Rathaus waren wie bisher die Geschäfte, das Handwerk und überhaupt die sogenannten kleinen Leute präsent. Doch hinzugekommen war ein eigenes, weiter westlich gelegenes Viertel mit den großzügigen Villen der Zuzügler. Es veränderte so sehr den Charakter der Stadt, dass sie von den Zeitgenossen als »Stadt der Pensionäre«, als »Pensionopolis« bezeichnet wurde. Was Blankenburg für vermögende Neubürger attraktiv machte, geht aus einer schmalen, im Namen des »Vereins zur Hebung des Fremdenverkehrs« geschriebenen Broschüre aus dem Jahr 1907 hervor: − D  ie Schönheiten der Landschaft, die man sich auf weiten Spaziergängen oder mithilfe moderner Verkehrsmittel erschließen könne. − Das angenehme Klima, dessen heilsame Wirkungen durch die große Zahl von Kur-, Bade- und Heilanstalten unterstützt würden. Industriebetriebe gebe es nur in geringfügiger Zahl. − Gute Geschäfte, in denen man standesgemäß einkaufen könne. − Trinkwasserversorgung direkt aus den Bergen, eine moderne Kanalisation sei im Bau. − Günstige Steuerverhältnisse, zumal im Vergleich mit dem benachbarten »Ausland« (also Preußen). − Reichlich vorhandener Wohnraum bei relativ wenigen Bewohnern je Wohnhaus. − Freundliche Gärten und Parkanlagen im Villenviertel, große Grünflächen und einen üppigen Bestand an Obstbäumen, was zur Zeit der Obstbaumblüte zahlreiche Besucher nach Blankenburg locke. Braunschweig und Wolfenbüttel, die eigentlichen Zentren des Herzogtums, würden in dieser Hinsicht weit übertroffen. − Und schließlich: ein reges Kulturleben, das sich in einer großen Zahl von Konzerten, Vorträgen und Theateraufführungen manifestiere. Die vielfältigen Aktivitäten der wissenschaftlich-künstlerischen Ge-

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60 Ausgerechnet Blankenburg sellschaft »Literaria«, des »Harzer Geschichtsvereins« und des »Harzklubs«, aber auch das »Harzer Volkswetturnen« würden für jedermann, selbst für den gehobenen Geschmack, jederzeit etwas bieten.19 Summa summarum: Der Leser konnte erfahren, »welch ein prächtiges Fleckchen Erde unser Blankenburg ist«. Wer sich dauerhaft hier niedergelassen habe und das Privileg genieße, »in Muße die weiten Buchenwälder durchwandern, an den murmelnden Bächen der stillen Täler träumen, den Vögeln lauschen und das Wild im Freien und an den Futterplätzen beobachten« zu können, der werde sich »schwer entschließen, sich nach einer anderen Heimat umzuschauen«.20 Zahlreiche vermögende Neubürger hätten deshalb beschlossen, ihren Ruhewohnsitz in Blankenburg zu nehmen. Der Verfasser zählt auf, wer in den letzten Jahren zuzog, und macht gleichzeitig deutlich, welcher Art Zuzug er – in charakteristischer Rangfolge – für eine gutbürgerlich-kleinstädtische Gesellschaft für erstrebenswert hielt: »77 inaktive Offiziere, 32 höhere Staatsbeamte a. D., 32 pensionierte Professoren, Oberlehrer, Geistliche, Sanitätsräte, Militärärzte, Apotheker etc., 14 Volksschullehrer a. D., Subalternbeamte usw. Ferner 130 Rentner, Privatbeamte, Ingenieure usw., 81 Witwen von höheren Beamten und Offizieren, 98 Witwen von Rentnern etc. etc.«.21 Zu den Witwen gehörte auch Veronika Erdmann aus Dorpat in Livland mit ihren fünf unmündigen Kindern. Ein angenehmes Klima in einer reizvollen Landschaft, steuerliche Vorteile, die (an Dorpat erinnernde) Überschaubarkeit der Lebensverhältnisse, die Aussicht auf ein standesgemäßes gesellschaftliches Umfeld – das alles sprach für Blankenburg und hatte den Entschluss herbeigeführt, sich am Harz anzusiedeln. Hinzu kam der Wunsch der Eltern, den Kindern eine schulische ­Bildung in Deutschland zu ermöglichen. Auch in dieser Hinsicht konnte Blankenburg »punkten«: Sieben öffentliche Schulen zählt die Broschüre auf, an der Spitze das Herzogliche Gymnasium, das auf eine mehrhundertjährige Tradition zurückblicken konnte.22 1537 als gräfliche Lateinschule gegründet, wurde es nach der Mitte des 17. Jahrhunderts zur Schule primi ordinis ausgebaut, die ihren Absolventen die Studierfähigkeit bescheinigen konnte. 1877 erhielt das Gymnasium, das bis dahin in der Altstadt bei der Bartholomäuskirche untergebracht war, ein neues, prächtiges Gebäude am »Thie«, dem ehemaligen Festplatz und jetzigen Kurpark im Norden der Stadt. Die von Linden gesäumte Promenade führt direkt zu ihm hin. Hoch über dem Eingangsportal

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inmitten antikisierenden Ornaments ist die Devise »Humanitati [et] sapientiae« zu lesen. Denn man bekannte sich zu den Zielen der humboldtschen Bildungsreform und des sogenannten Zweiten Humanismus. Dem Studium der Antike wurde überragende Bedeutung zugeschrieben, dem Erwerb der klassischen Sprachen Latein und Griechisch breiter Raum gegeben. Französisch wurde ebenfalls als Pflichtfach, Englisch zunächst (wie Hebräisch) nur als Wahlfach gelehrt. Die Naturwissenschaften spielten keine große Rolle. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts besuchten weniger als 300 Schüler (Schülerinnen waren nicht vorgesehen) das Gymnasium »Am Thie«. Aus Adel und gehobenem Bürgertum stammend, verstanden sie sich als die schulische Elite der Stadt. Mit den Schülern der ersten und zweiten Bürgerschule (die von den Kindern der Mittel- und Unterschichten besucht wurden) kam es regelmäßig zu Prügeleien.23 Eine Fotografie aus dem Jahr 1905 zeigt die drei Erdmann-Brüder im modischen Matrosenanzug, also nicht in irgendeinem präsentablen Gewand, sondern einem »Gesinnungskleid«, das Teilhabe an den viel beschworenen Tugenden der »blauen Jungs« symbolisierte und Zustimmung zu den Zielen des Deutschen Flottenvereins signalisierte.24 Ein Bekenntnis (nicht der Söhne, sondern der Mutter) zur Machtpolitik des Kaiserreichs war damit verbunden. Deren nicht bezweifelter Zweck, Deutschlands »Platz an der Sonne«, wurde dadurch den Kindern vermittelt. Das Bild bezeugt eine Erziehung im Sinne des wilhelminischen Zeitgeists. Um dieselbe Zeit traten alle drei Brüder in das Blankenburger Gymnasium ein: Guido zu Ostern 1905 (durfte aber die Sexta wiederholen), zwei Jahre später der erst neunjährige Eberhard und gleichzeitig der noch jüngere Carl. Gemeinsam und nur durch einen Jahrgang getrennt, strebten sie dem Abitur entgegen. Als es dann so weit war, fielen zwei von ihnen »in den Rachen der Welt«.25

Schule im Krieg Zwischen dem 1. und dem 12. August 1914 erklärten die europäischen Großmächte einander den Krieg und es begann jener massenmörderische Konflikt, der in Deutschland schon seit Langem, später allgemein als Weltkrieg bezeichnet wurde. Schon wenige Tage darauf wurde – wie überall in Deutschland – auch im Blankenburger Gymnasium fast die gesamte Oberprima durch

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62 Ausgerechnet Blankenburg eine beschleunigte Reifeprüfung geschleust, um umgehend an die Front geschickt werden zu können. Sogar die Abituraufgaben standen unter dem Eindruck des Krieges: Hatten sich frühere Jahrgänge im deutschen Aufsatz mit so zeitlosen Fragen wie: »Wer mit dem Leben spielt, kommt nie zurecht; wer sich nicht selbst befiehlt, bleibt immer ein Knecht« auseinandersetzen müssen (1914) oder »Tasso und Antonio – Dichter und Weltmann« miteinander verglichen (1913), so lautete jetzt die martialische Aufgabe: »Arma, virtus, opus sind die Mittel, mit denen der Römer seine Feinde besiegt hat«. Denn in der glorreichen römischen Geschichte sollte sich die nicht weniger glorreiche Gegenwart spiegeln.26

Guido, Eberhard und Carl Erdmann (links) im Matrosenanzug.

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Auch Guido Erdmann meldete sich freiwillig an die Front und wollte zum vermeintlich sicheren Sieg seinen Teil beitragen. Schon in den ersten Tagen gründlich desillusioniert, kam er in Nordfrankreich zum Einsatz, wurde aber im Oktober 1914 bei Arras verwundet und nach Hause gebracht. Drei Wochen lag er in der müller-rehmschen »Kuranstalt für Nervenleidende und Erholungsbedürftige«, die jetzt als Lazarett diente. Fast schon genesen, erlitt er einen Rückfall und starb – 18 ½ Jahre alt – an Wundstarrkrampf. Sein Name erschien in der örtlichen Zeitung und auf der »Ehrentafel der ehemaligen Schüler des Gymnasiums«. Kurz vor seinem Tod meinte er, durch sein »Blut« habe die Familie endlich Heimatrecht in Blankenburg erworben. Denn nach wie vor galt sie als zugezogen und fremd. Auf dem neu angelegten Ehrenfriedhof erhielt Guido Erdmann ein schlichtes Grab in der ersten Reihe.27 Keine zwei Jahre später wiederholte sich das Drama. Im Gymnasium lösten Trauer- und Feierstunden einander ab. Der Gefallenen wurde gedacht, bei großen Siegen fiel der Unterricht aus. Der nächste Jahrgang trat in die Fußstapfen der vorigen. Eberhard Erdmann legte wie Guido ein Notabitur ab und

Das Grab des Bruders auf dem Friedhof in Blankenburg.

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64 Ausgerechnet Blankenburg kam ebenfalls an der Westfront zum Einsatz. Er brachte es bis zum Fahnenjunker-Unteroffizier, kam aber als Führer einer Patrouille unweit von Arras im gleichen Alter wie sein Bruder ums Leben. Sein Grab ist nicht bekannt. Der Familie Erdmann, der Mutter wie den Geschwistern, wurde ein Übermaß an Leid abverlangt, Leid, das am weltanschaulichen Konsens in der Familie nagte. Doch in der Öffentlichkeit blieb der patriotische Schein gewahrt, war von den »für Kaiser und Reich gefallenen Kriegern« und dem »Felde der Ehre« die Rede. Eine Blankenburger Poetin versprach dem vergossenen »Heldenblut« ewiges Angedenken und dem »deutschen Geist« die Weltherrschaft.28 Bekanntlich entstanden Millionen solcher Gedichte im Ersten Weltkrieg. Von den drei Brüdern legte nur Carl eine reguläre Reifeprüfung ab. Für den Krieg taugte er nicht, weder damals noch später. Doch auf intellektuellem Gebiet, hier: in der schriftlichen Prüfung, konnte er immer bestehen. Nicht einmal theoretisch wurde ihm ein Bekenntnis zum Krieg abverlangt. Die Sprache auch der deutschen Aufsätze hatte sich – verglichen mit August 1914 – längst normalisiert, von Krieg, Todesmut, Deutschtum oder dergleichen war nur noch gelegentlich die Rede. Erdmann hatte die schwierige Frage zu beantworten: »Warum werden große Menschen von der Nachwelt richtiger beurteilt als von der Mitwelt?« Gerne wüsste man, wie sich der 17-Jährige aus der Affäre zog. Außerdem hatte er einen Text aus dem Deutschen ins Lateinische, einen anderen aus dem Griechischen ins Deutsche zu übersetzen (nur auf die alten Sprachen kam es an) und vier knifflige mathematische Probleme zu lösen (eines davon war ballistischer, also potenziell martialischer Natur). Die Ergebnisse waren so überzeugend, dass er vom mündlichen Teil der Prüfung befreit wurde.29 Zwar gab es nur zwei Konkurrenten; alle anderen standen im Feld. Aber Erdmann bestätigte, ja übertraf die Erwartungen, die man aufgrund seiner bisherigen schulischen Leistungen auf ihn setzen konnte. Zensuren sind nur aus Unterprima, also Erdmanns vorletztem Schuljahr, erhalten.30 Doch die jährlich publizierten Schülerstatistiken ermöglichen es, seine schulische Entwicklung über neun Jahre hinweg zu rekonstruieren. Denn jeder Schüler wurde in eine Rangliste eingetragen; daraus ergab sich sein Sitzplatz in der Klasse: Vorn saß der Beste, der Schwächste ganz hinten. Klassenprimus ist Carl nie gewesen und zeitweilig schwamm er nur im Mittelfeld mit. Doch in den ersten Jahren und dann wieder, als es auf das Abitur zuging, gehörte er dem Spitzentrio an. Nie gelang es ihm, seinen Bruder Eber-

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hard zu übertreffen. Doch der war ein Jahr älter und hatte einen natürlichen Vorsprung. Insofern ist es erstaunlich, wie nahe ihm der Jüngere kam. Er lernte fünf Sprachen, eine davon (Hebräisch) als Wahlfach, und war auch in Mathematik und Naturkunde ein guter Schüler. Sogar beim Turnen schlug er sich wacker. Nur in Zeichnen und Singen musste er passen: Keine Note wurde in das Tableau der Zensuren eingetragen. Er fehlte selten, zeigte gutes Betragen und noch mehr »häuslichen Fleiß«. In keinem einzelnen Fach wurde ihm die Spitzennote zuerkannt. Doch die wurde sehr selten vergeben. Über eine Inflation der Noten konnte sich im alten Blankenburger Gymnasium niemand beklagen. Ein Notenschnitt bei 2.0 galt als glanzvolles Ergebnis. Schule und Lehrerschaft verschwanden nach der Reifeprüfung aus Erdmanns Blickfeld. An der Einweihung der Gedenktafeln für die 167 gefallenen Lehrer und Schüler im Oktober 1920 nahm er nicht teil, auch nicht an der Jubelfeier 1927, als man ein doppeltes Jubiläum beging und gleichzeitig die Umwandlung in ein Realgymnasium betrieb, schon gar nicht an der 400-JahrFeier 1937, als die Umstellung schon vollzogen war. Dadurch blieben ihm einige Festreden, Festkommerse und ein Fackelzug erspart. Die Veranstaltung von 1920 stand noch ganz unter dem Eindruck des verlorenen Krieges. Einer der Redner hielt das ganze Land für ein »Schuttfeld«, mit der Fahne SchwarzRot-Gold bedeckt. Die drei Farben stünden für: Zentrum, Sozialdemokratie und Geldgier. Auch in Blankenburg war die junge Republik mit Hypotheken belastet.31 1927 (die Zeiten hatten sich schon ein wenig geändert) wurde mehr »Dienst am Volke« angemahnt und deshalb die Vergangenheit eher kritisch gewürdigt. Nun aber gelte es, »neue Waffen für neue Kämpfe zu schmieden«. Mathematik, Naturwissenschaften und moderne Sprachen könnten dabei helfen. Der »alte Humanismus« habe sich an der deutschen Sprache und damit am »Deutschtum« »versündigt«. Das Lateinische werde immerhin dazu beitragen, das Niveau hoch zu halten und damit das gerade jetzt benötigte Führungspersonal – »Männer mit eigener Initiative und eigenem Verantwortungsbewußtsein« – zu erziehen.32 1937 war das Griechische schon aufgegeben. Carl Erdmann, der in Studium und Berufsleben von seiner Kenntnis der alten Sprachen massiv profitierte, hätte in den allgemeinen Jubel schwerlich einstimmen können. Die klassische Antike ist ihm »durch den Albdruck eines bleiern öden Schulbetriebs« keineswegs so verekelt worden wie vielen anderen in seiner und früheren Generationen.33

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66 Ausgerechnet Blankenburg Zu einem einzigen Lehrer erhielt er den Kontakt aufrecht: Dr. Ernst Witte, seinerzeit Oberlehrer, später Direktor des Gymnasiums, zwischenzeitlich mit dem Professorentitel gesegnet.34 Er unterrichtete die Fächer Deutsch, Latein, Griechisch und – vielleicht vor allem – Turnen, war also ein Mann von vielen Facetten. Seine Dissertation hatte er in Jena noch auf Latein geschrieben: »Ammianus Marcellinus quid indicaverit de rebus divinis« (1891). Danach verdingte er sich als Turnlehrer nach Sankt Petersburg, um schließlich an verschiedenen Braunschweiger Schulen das »Ideal des Bewegungsspiels« zu propagieren. Man zählte ihn zu den »Spiel-Enthusiasten«, die sich für Faustball, Fußball und dergleichen engagierten. 1896 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern von Hannover 96. 1901 nach Blankenburg versetzt, prägte er über ein Menschenalter hinweg das schulische, das kulturelle und als Stadtverordneter auch das politische Leben der Stadt. Die zitierte Broschüre über Blankenburg als touristische Destination und Ruhewohnsitz stammt aus seiner Feder, ebenso die Geschichte des Gymnasiums bis 1914. Er schrieb ein Schauspiel über einen Müller in Posen und befasste sich mit örtlichen Zelebritäten: Die Frauenrechtlerin Elisabeth Gnauck-Kühne war ihm ebenso wichtig wie der Dichter Wilhelm Raabe oder der »gelehrte Robinson« und preußische Generalfiskal Johann Tobias Wagner, dem er eine kleine Monographie widmete.35 Lange, bis 1933, stand er der Gesellschaft »Literaria« vor, die sich die »Pflege der Wissenschaften« zum Ziel gesetzt hatte, später »gemeinverständlich« wurde und schließlich »Kulturarbeit im Dienste deutschen Volkstums« leisten wollte. So wie die meisten ihrer Mitglieder gehörte Witte zum besitzund bildungsbürgerlichen ›Establishment‹ in Blankenburg. Die Sorgen der kleinen Leute betrafen ihn nicht. Mit den Anliegen der Sozialdemokratie konnte er nicht viel anfangen. Als er in hohem Alter mit August Winnig zusammentraf (jenem Sozialdemokraten, dessen Namen die frühere Sedanstraße jetzt trägt), da wusste er nicht, wo er ihn einordnen sollte. Die Distanz war beiderseits spürbar. Winnigs Versuch, der »Literaria« beizutreten, war schon viel früher gescheitert.36 Erdmann erlebte Ernst Witte als Ordinarius (Klassenlehrer) in der Grundstufe, dann als Turnlehrer und schließlich als Griechischlehrer bis zum Abitur. Die Vielseitigkeit des Mannes scheint ihn beeindruckt zu haben. Umgekehrt fand Witte an der Ernsthaftigkeit seines Schülers Gefallen. Über die Jahre verwischte sich der Abstand zwischen den beiden. Wenn Erdmann sich später in Blankenburg aufhielt, dann wohnte er bei seinem früheren Lehrer in

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der Rübeländer Straße, spielte Schach oder Skat mit ihm. Indem er sich im persönlichen Kontakt eher spröde und zurückhaltend zeigte, gab es außerhalb der Familie nicht viele, die sein Vertrauen genossen. Ernst Witte gehörte zu diesen. Wir werden ihm deshalb immer wieder begegnen.

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LISSABON Nach dem Abitur ließ Erdmann die kleine, umgrenzte Welt Blankenburgs hinter sich und schrieb sich zuerst an der Berliner, zwischenzeitlich an der Universität Jena ein. Als Berufswunsch hatte er – wenig überraschend – »Theologie« angegeben.1 Seine mangelnde Tauglichkeit für den Krieg kompensierte er durch einen einjährigen Hilfsdienst bei der Eisenbahndirektion in Berlin. Er studierte zügig und wäre ein sehr jugendlicher Geistlicher geworden. Ernst Troeltsch und der junge Paul Tillich machten ihm Eindruck.2 Doch mitten im Examen überkamen ihn Selbstzweifel. Konsequent und eigensinnig, wie es schon damals seine Art war, brach er die Prüfung ab und verdingte sich als Hauslehrer in Pommern. Damit trat er in eine Tradition ein, die in der Kultur der Deutschbalten fest verwurzelt war und auch auf Erdmanns Familie sich auswirkte. Bei den Neanders, der Familie seiner Mutter, finden sich gleich mehrere Beispiele.3 Damit war keine Geringschätzung verbunden. Während der Hauslehrer oder Hofmeister im Alten Reich als »lehrender Domestik«, in Russland sogar als »vollkommener Niemand« betrachtet wurde, galt er in den baltischen Ländern oft als »der belebende Mittelpunkt und das Orakel des Hauses«. Denn man rechnete ihn zum Stand der Gelehrten und der genoss erhebliches Ansehen. Glanzvolle Karrieren konnten sich an eine solche Tätigkeit anschließen.4 Meistens freilich verstand man sie als Sprungbrett für eine andere Anstellung, ging man also von einer nur vorübergehenden Beschäftigung aus. So auch Carl Erdmann. Sein Engagement in Pommern dauerte drei Vierteljahre; dann zog es ihn an die Universität zurück, nicht nach Berlin oder Jena, sondern nach München, wo er zwei Semester verbrachte, um sich ein neues Studienfach zu suchen. Er nahm sich ein Zimmer im aufstrebenden, aber immer noch »stillen, grünen«, ja idyllischen Stadtteil Bogenhausen nahe beim »Herzogpark«, einem ehemaligen Jagdrevier, das eine Aktiengesellschaft zum Nobelviertel umgestalten wollte. Intellektuelle, Künstler und andere Kulturschaffende ließen sich bevorzugt hier nieder, Bruno Walter zum Beispiel, der Operndirektor, die Historiker Erich Marcks und Karl Alexander von Müller, der Komponist Walter Courvoisier, die Schriftstellerin Helene Raff und – am prominentesten – Thomas Mann, der »zermürbt von Konversation« mit sei-

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nem Hund Bauschan die Isarauen durchstreifte, um sein »Bedürfnis nach Einsamkeit« zu befriedigen. Doch in und nach dem Krieg kam die Entwicklung ins Stocken, die Rechnung ging nicht auf. Bogenhausen und der Herzogpark blieben Ausflugsziele, zu denen die Münchener an schönen Sonntagen in Scharen strömten – für einen fleißigen Studenten wie Carl Erdmann vielleicht doch nicht die richtige Adresse. Zusammen mit Mutter und Schwester, die jetzt ebenfalls in München lebten, zog er in eine Etagenwohnung im Stadtteil Schwabing, also ganz nahe bei der Universität.5 Yella unterhielt offenbar eine nähere Beziehung zu einem Kommilitonen, Franz Friedländer-Röhn, Sohn des Musikwissenschaftlers Max Friedländer, später im amerikanischen Exil ein mäßig erfolgreicher Schauspieler. Auch Erdmann scheint sich mit ihm angefreundet zu haben. Sonst wissen wir gar nichts von seinem persönlichen Leben in München. Fast alles bleibt hier im Dunkeln.

Carl Erdmann als Student an der Universität München 1920/21.

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Ein »preußischer Jude« Offenbar schwankte der Student Erdmann noch eine Weile, welche Studienrichtung er einschlagen sollte. Er besuchte Vorlesungen aus verschiedenen Fächern und mutete sich einen anspruchsvollen Stundenplan mit zuerst 19, dann sogar 32 Wochenstunden zu. Da er sich seit seiner Auszeit in Pommern für Mathematik interessierte, hörte er Vorlesungen zur Philosophie der Mathematik, über Integralrechnungen und – bei Thomas Manns Schwiegervater Alfred Pringsheim – über Funktionentheorie, was zu dessen Spezialgebieten gehörte. Ob er jemals das Palais Pringsheim in der Arcisstraße betreten durfte, wissen wir nicht. Aber seine Mutter, »Frau Professor Erdmann«, kam der Herrin des Hauses, Hedwig Pringsheim, immerhin so nahe, dass sie keine Scheu hatte, sie daheim aufzusuchen und um Hilfe bei der Wohnungssuche zu bitten.6 Daneben setzte Erdmann seine theologischen Studien fort, nun aber mit eher religionsgeschichtlichem Schwerpunkt. Sogar eine Einführung in »Grundlagen und Grundlehren des Buddhismus« hörte er sich an. Am Ende aber blieb er bei der allgemeinen Geschichte hängen. Immerhin schien der Weg von der Kirchen- zur Profangeschichte nicht allzu weit zu sein und seine theologischen Kenntnisse, nicht zuletzt die Sprachen, die er im Blankenburger Gymnasium gelernt und für sein erstes, das theologische Studium gebraucht hatte: Latein, Griechisch, Hebräisch, sollten sich für seine weitere wissenschaftliche Laufbahn als nützlich erweisen. Dass er sich dabei immer entschiedener der mittelalterlichen Geschichte zuwandte, hat vielleicht damit zu tun, vielleicht aber auch mit persönlichen Eindrücken. Von allen Münchener Historikern, deren Vorlesungen er besuchte, haben ihn weniger die Koryphäen Erich Marcks, Hermann Grauert oder Walter Otto beeinflusst, auch nicht die jüngeren Professoren Rudolf von Heckel und Siegmund Hellmann, sondern ein Außenseiter im Fach: der damals viel weniger bekannte Gymnasiallehrer und Honorarprofessor Paul Joachimsen. Sogar ein Dissertationsthema habe er schon mit ihm vereinbart. Joachimsen soll er später als »seinen eigentlichen, aber auch einzigen Lehrer« bezeichnet haben, »bei dem er vor allem in methodischer Hinsicht viel gelernt habe«.7 Auf die historischen Methoden im engeren Sinn, die Arbeitsweisen des Historikers, in denen Erdmann später brillierte, kann sich diese Aussage nicht beziehen. Joachimsen war kein Paläograph, kein Diplomatiker, kein Epigraphiker oder dergleichen. Das alles konnte man nicht bei ihm lernen, schon

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gar nicht in so kurzer Zeit. Auch mit den Themen, die er vorzugsweise behandelte – Humanismus, Renaissance, Reformation, Historiographie und Staatsgedanke an der Epochenschwelle vom 15. zum 16. Jahrhundert –, hat er Erdmanns wissenschaftliche Arbeit nicht beeinflusst. Überschneidungen gibt es so gut wie keine. In keiner seiner Veröffentlichungen hat sich Erdmann jemals auf Joachimsen berufen. Seine Anregung hatten vielmehr grundsätzlichen Charakter: Joachimsen machte ihn auf die fundamentale, also wörtlich: grundlegende Bedeutung der mittelalterlichen Geschichte aufmerksam und wirkte durch die Richtung, die er seinen Forschungen gab. Sein geistesgeschichtlicher Ansatz befähigte ihn, die Kontinuitäten und Diskontinuitäten der deutschen Geschichte in origineller Weise zu erfassen und bis an die eigene Zeit heranzuführen. Sein besonderes Augenmerk galt dabei der Reformation als prägender Vorgeschichte der Gegenwart, dann der Epoche von Klassik und Idealismus. Aber auch die Erfahrung des Weltkriegs wurde von Joachimsen als Fluchtpunkt einer langen Entwicklung kritisch und schonungslos gegenüber der eigenen nationalen Tradition reflektiert. Denn auch in der Geschichte des deutschen »Staatsgedankens« könne man jene »tumultuarische Diskontinuität« erkennen, die die deutsche Geschichte insgesamt kennzeichne. Geistesgeschichte verstand er dabei nicht als besondere, isolierte Disziplin, sondern als Fragerichtung, die die politischen, sozialen und kulturellen Gesichtspunkte einschließe.8 Carl Erdmann, der im Sommersemester 1920 Joachimsens Vorlesung und Übung zur »Vorgeschichte der Reformation« besuchte, hat davon profitiert, indem er die Möglichkeiten eines geistesgeschichtlichen Zugangs vorgeführt bekam.9 Nimmt man Erdmanns von Friedrich Baethgen kolportierte Aussage über seinen wissenschaftlichen Werdegang ernst, wird man Joachimsens Einfluss nicht hoch genug einschätzen können. Er steht damit in einer Reihe mit Theodor Schieder, Herbert Grundmann, Ludwig Petry, Rudolf Stadelmann und Alexander Mitscherlich, die später alle in ihrem Fach etwas wurden und sich zu Joachimsen als ihrem Lehrer bekannten. Er konnte durch Strenge begeistern und durch Genauigkeit zur Verantwortlichkeit anregen.10 Außerdem gab Joachimsen ein persönliches Beispiel. In der Zunft war und blieb er ein Außenseiter, der zu keiner der akademischen »Cliquen« gehörte.11 Aber durch die Unbedingtheit, mit der er seinen wissenschaftlichen Interessen nachging, verschaffte er sich Respekt. Die Studierenden nannten ihn einen

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72 Lissabon »preußischen Juden«, der viel verlangte und aus seiner patriotischen, deutschnationalen Haltung keinen Hehl machte.12 Auch bei den Kollegen genoss er deshalb hohes Ansehen. Er galt als »gelehrt, präzis, kritisch und streng«, sein Werk als »eindringend und klar«.13 Dem Primat des wissenschaftlichen Denkens gab er damit Ausdruck. Einen »sich wissenschaftlich gebärdenden Dilettantismus« in der Art Oswald Spenglers wies er weit von sich. Mit einfühlender »Wesensschau« konnte und wollte er nichts anfangen.14 Nicht nur die Vorgehens-, sondern auch die Herangehensweise faszinierte also an ihm: das gelehrte Ethos des Gymnasiallehrers, der sich mit Haut und Haar der Wissenschaft verschrieben hatte und konsequent ein sachliches Ziel verfolgte. Ein Œuvre von »seltener Konsistenz und Geschlossenheit« ergab sich daraus. Alles andere schien demgegenüber nachrangig. 1925, im Alter von nur 58 Jahren, gab er sogar seinen Brotberuf auf. Erdmanns späteres, ähnlich unbedingtes Verhalten lässt sich besser verstehen, wenn man auch dieses Vorbild bedenkt.

Am europäischen Rand Doch Erdmann blieb nur zwei Semester in München. Wie Hermann Heimpel und George (Wolfgang) Hallgarten scheint die Alma Mater Monacensis mit ihrer Mischung »aus Koryphäen und Subalternen« auch ihn nicht sonderlich beeindruckt zu haben.15 Da er mit dem, was München einmal hatte »leuchten« lassen – das schöne Leben der Bohème und die letzten Reste von »Wahnmoching« –, nichts anfangen konnte und da er sich auch für die Turbulenzen im »politischen Brutkasten Bayern«16 nicht weiter interessierte, gab es nichts, was ihn hier festhielt. Er war jetzt 23 Jahre alt und zu einem gewissen Abschluss seiner persönlichen Entwicklung gekommen. Hatte er als Student noch mit Stehkragen, Mittelscheitel und Pomade experimentiert, so gehörten von nun an Jackett, Krawatte und Einstecktusch unverzichtbar zu seinem Outfit. Konnte er früher fast dandyhaft wirken, so strahlte er nun Gediegenheit aus. Zuerst eine Nickel-, dann eine Hornbrille unterstrich seinen Anspruch auf »Geistigkeit«, den er zeitlebens hochhielt. Sein Studienfreund Franz Röhn machte sich deshalb über ihn lustig. Auf den frühen Fotografien schaute Erdmann oft verlegen zur Seite, alle späteren bringen sein gewachsenes Selbstbewusstsein zum Ausdruck.

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Erneut nahm Erdmann eine Stellung als Hauslehrer an, dieses Mal jedoch nicht aus eigenem Antrieb, sondern durch die äußeren Umstände veranlasst. Nach dem Tod seiner älteren Brüder sah er sich in der Pflicht, für seine Mutter zu sorgen. Von den wirtschaftlichen Verhältnissen der Familie erfährt man nicht vel. Aber offenbar gehörte sie zu denjenigen in Deutschland, die in Krieg und Nachkriegszeit Vermögen und Einkünfte verloren hatten. Sie musste deshalb ihre Lebensverhältnisse neu ordnen. Die beiden Schwestern konnten noch am Blankenburger Gymnasium das Abitur ablegen, extern zwar, aber als erste weibliche Schüler überhaupt.17 Danach, seit 1920, sind die Erdmanns in Blankenburg nicht mehr zu finden. Die Töchter heirateten, Yella ergriff einen Beruf, Veronika wurde mit ihren Gedichten mäßig erfolgreich. Carl konnte zum Unterhalt der Mutter beitragen, da die Hauslehrerstelle offenbar gut dotiert war. Allerdings musste er sich dafür ins Ausland verdingen. Er trat in den Dienst einer deutsch-jüdischen Familie, die sich zunächst in der Schweiz und in Spanien aufhielt, dann in Portugal in Lissabon lebte. Drei Jahre, von 1921 bis 1924, verbrachte er dort. ­ arauf Den Namen seines Dienstherrn erfahren wir nicht. Doch alles deutet d hin, dass die Familie Weinstein ihn engagierte, eine bedeutende Unternehmerfamilie, die in der Geschichte der deutsch-portugiesischen B ­ eziehungen eine überragende Rolle spielte und sich – beispielsweise – maßgeblich an gemeinsamen Infrastrukturprojekten in Portugals afrikanischen Kolonien beteiligte. So groß waren die Räder, an denen sie drehte.18 Doch der Weltkrieg machte ihr einen dicken Strich durch die Rechnung. Erst 1921 kehrte Benno Weinstein nach Lissabon zurück. Sein einziger Sohn, Hans Bernhard Weinstein, war damals elf Jahre alt. Ein Privatlehrer aus Deutschland sollte die Verbindung zu Sprache und Kultur der alten Heimat aufrechterhalten. Carl Erdmann scheint derjenige gewesen zu sein, der diese Aufgabe übernahm und aus dem täglichen Umgang mit seinem Schüler entwickelte sich eine persönliche Beziehung. Erst in den frühen 1930er-Jahren, als der junge Weinstein sein eigenes Leben organisierte, schlief die Korrespondenz ein.19 Das alles wäre nicht weiter erheblich, würde es nicht etwas über die mit Erdmanns Tätigkeit verbundenen Möglichkeiten aussagen. Sicher lebte er im Haus seines Dienstherrn und nahm in gewissen Grenzen am Alltag der Familie teil. Er erhielt einen Eindruck von den Schwierigkeiten, in Portugal erneut Fuß zu fassen, hörte von Restitutionswünschen und den Hindernissen, die ihnen im Weg standen, und lernte im Haus Weinstein wohl auch die führen-

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74 Lissabon den Mitglieder der deutschen Gemeinde in Lissabon kennen, zum Beispiel Ernst Arthur Voretzsch, den Gesandten des Reichs in Portugal. Ein paar Jahre später sollte dieser ihn tatkräftig bei seiner wissenschaftlichen Arbeit unterstützen, indem er ihm Türen aufschloss und Kontakte vermittelte. Voretzsch galt nämlich nicht nur als der bestaussehende deutsche Diplomat, sondern hatte auch für Kunst, Kultur und Wissenschaft viel übrig.20 Wurde er schon damals auf den jungen, intelligenten Hauslehrer aufmerksam, dann konnte dieser später daran anknüpfen. Zweifellos hatte es Vorteile, in einem so vornehmen Haus wie dem der Weinsteins eine Stellung zwischen Personal und Familie einzunehmen. Darüber hinaus lassen sich über diese Phase von Erdmanns Leben nicht einmal Vermutungen anstellen.21 Man muss sich ihr von außen annähern und versuchen, sich durch die Beschreibung der politischen und kulturellen Verhältnisse einen Eindruck von seinen Lebensumständen in Portugal zu verschaffen. Lissabon war mittlerweile ein schwieriger Ort ungeachtet seiner reichen Geschichte, ungeachtet seiner früheren Bedeutung. Den Glanz der Vergangenheit überdeckten die Zeichen des Niedergangs und das schon seit Langem. Als das große Erdbeben von 1755 die Stadt in Schutt und Asche legte, richteten sich noch einmal aller Augen auf sie, danach nicht mehr. Ein König von Siam, der von Europa lernen wollte, fand nichts, was ihn beeindrucken konnte: Wasser und Klima – sehr schlecht, Pünktlichkeit – unbekannt, der Königshof – desolat, der allgemeine Zustand – konfus; mit einem Wort: »Alles ging schief.« Ein schlimmeres Land habe er auf seiner ganzen Reise nicht gesehen. Ein deutscher Diplomat, der von Bukarest nach Lissabon versetzt wurde, zog nicht Interesse oder gar Neugier, sondern Mitleid auf sich.22 Immer mehr war Portugal ins Hintertreffen geraten, immer weniger nahmen das karge Land und seine theatralische Metropole an den Entwicklungen in Europa teil. Längst hatte man sich an die Rolle des unbeteiligten Zuschauers und indolenten »Eckenstehers« gewöhnt.23 Wenn aber doch etwas geschah, dann wurde der Abstand noch größer. Der gebürtige (Deutsch-)Balte Carl Erdmann war nicht nur geographisch am anderen Ende des Kontinents angekommen. Schon die politischen Verhältnisse forderten Bewohner und Besucher, Residenten und Reisende gleichermaßen heraus: Ab 1910 besaß Portugal eine republikanische Verfassung. Diese wurde aber so extensiv ausgenutzt, dass die Republik nur 16 Jahre lang bestand. In diesem Zeitraum wurden acht Staats-

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präsidenten gewählt und 44 Regierungen gebildet. 21 Koalitionsregierungen brachen auseinander. Einparteienregierungen überlebten nur unwesentlich länger. Allein im Jahr 1920 folgten sieben Kabinette »in fast schwindelerregenden Tempo« aufeinander.24 Die Regierungen kamen und gingen, die Probleme des Landes blieben ungelöst liegen: der übergroße Anteil des landwirtschaftlichen Sektors und die geringe Zahl von Fabriken, überhaupt der Mangel an exportfähigen Produkten, ein niedriges Urbanisierungsniveau und eine miserable Infrastruktur, die Armut auf dem Lande und daraus folgend die Abwanderung in andere Länder (nicht wie offiziell gewünscht in die eigenen Kolonien), der Verfall der Landeswährung und der desaströse Zustand der staatlichen Finanzen, um nur die gravierendsten Missstände zu benennen. Dass Portugal pro forma immer noch über ein Imperium verfügte, dürfte eine bessere Entwicklung weniger begünstigt als erschwert haben. Denn längst waren die Kolonien zum Ballast oder zum bloßen Vorwand für die Eliten geworden, um auf den Vorzügen der Vergangenheit zu bestehen. Ökonomische Rückständigkeit und politische Unruhe blieben nach wie vor miteinander verquickt. Extreme Instabilität charakterisierte die Lebensverhältnisse in Portugals Erster Republik. Da diese unfähig schien, die Situation spürbar zu verbessern, wurde immer wieder der Ruf nach dem Eingreifen des Militärs und/oder eines starken Mannes laut. Mit der Diktatur des ehemaligen Diplomaten, Majors und Universitätsprofessors Sidónio Pais erlebte Portugal als erstes Land in Europa die Herrschaft eines charismatischen »Führers«. Sie dauerte aber ebenfalls nur zwölf Monate und endete mit der Ermordung des Präsidenten. Revolten, Revolutionen, Staatsstreiche, Aufstände und andere Formen politischer Gewalt gehörten in jenen Jahren zum portugiesischen Alltag. Deren Höhepunkte bildeten die »Blutnacht« (noite sangrenta) vom 19. Oktober 1921, als sich radikale politische Ziele mit persönlichen Motiven zu einem Ausbruch kollektiver Mordlust verbanden, sowie der Militärputsch vom 28. Mai 1926, mit dem die Republik zu Ende ging und der »Neue Staat« (Estado Novo) des professoralen Diktators António de Oliveira Salazar auf den Weg gebracht wurde. Immerhin hielt Salazar das Land aus den Konflikten der 30er- und 40er-Jahre heraus, sodass sich die Rolle des »Eckenstehers« sogar als vorteilhaft erwies. Wenn sich irgendwo im West- oder Mitteleuropa der 1920er-Jahre jemand nach einem attraktiven und einigermaßen sicheren Reiseziel umsah, wäre er nicht so leicht auf Portugal gekommen. Für deutsche Besucher kam er-

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76 Lissabon schwerend hinzu: Portugal hatte im Ersten Weltkrieg gegen Deutschland gekämpft, nicht von Anfang an und auch nicht mit allgemeinem Applaus. Einwände und Vorbehalte gab es immer. Deutschfreundliche und antideutsche Stimmen hielten einander die Waage. Die einen meinten das Deutschland Goethes und Heines, die anderen den preußischen Militarismus. Daran änderte auch ein erster militärischer Schlagabtausch zunächst nichts. Denn er fand in Südwestafrika, also an entlegenem Ort, statt. Beschädigt wurde das deutsche Ansehen durch den »Aufruf an die Kulturwelt«, den 93 Professoren und andere Intellektuelle unterschrieben. Eigentlich sollte er den deutschen Standpunkt rechtfertigen, vor allem gegenüber den neutral gebliebenen Staaten. Doch das Gegenteil war der Fall: Auch in Portugal wurde der »teutonische Vandalismus« immer lauter attackiert. Zwei Solidaritätsadressen, die eine Gruppe republikanischer Intellektueller publizierte, um den preußischen Militarismus als atavistische Verirrung eines verfehlten Bildungswesens zu brandmarken, wurden in Deutschland als offizielle Stellungnahmen der Lissabonner Akademie der Wissenschaften missverstanden. Eine polemische Übersetzung verschärfte noch den Ton. Seitdem waren die Wissenschaftsbeziehungen zwischen den beiden Ländern schwer belastet.25 Nach langem Zögern ließ sich schließlich auch das politische Portugal auf die Seite der Alliierten ziehen. 70 deutsche und zwei österreichische Handelsschiffe, die in portugiesischen Häfen Unterschlupf gefunden hatten und bis 1916 dort ankern durften, wurden beschlagnahmt und an England ausgeliefert. Die deutsche Kriegserklärung folgte auf dem Fuß. Ab 1917 kämpfte ein portugiesisches Expeditionskorps unter englischem Kommando in Flandern, ein zweites in Nordfrankreich. Die junge Republik erhoffte sich davon nicht nur die Sicherung der überseeischen Kolonien, sondern auch, wenn nicht noch mehr eine Aufwertung ihrer Stellung gegenüber den europäischen Mächten. Die in Portugal lebenden Deutschen mussten das Land verlassen, ihr Eigentum wurde beschlagnahmt und versteigert. Die deutsche Kolonie in Lissabon löste sich auf. Nach dem Ende des Krieges und der allmählichen Normalisierung der Beziehungen kehrten die Deutschen nach und nach zurück. Sie mussten aber lange Wartezeiten in Kauf nehmen, bis das Leben am Ort so wie früher funktionierte.26 Im Zuge dieses Neuanfangs kam Carl Erdmann in die portugiesische Hauptstadt. Worauf er sich eingelassen hatte, wird deutlich, wenn man sich vor Augen führt, was es damals hieß, nach Portugal zu reisen. 58 Stunden war man von

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Berlin nach Lissabon unterwegs, und gibt man dem Baedeker recht, dann konnte das Land nur als ein Anhängsel Spaniens gelten: fünf Tage für Lissabon, Porto, Coimbra und Sintra – das musste genügen. Alles andere lohne sich nicht. Randlage und Rückständigkeit bestimmten die Erwartungen der Besucher. Selbst wer wie der große Romanist Ernst Robert Curtius mit der portugiesischen Literatur und Sprache (abgesehen von den »schreckenerregend[en]« Nasalen) etwas anzufangen wusste, konnte sich des Eindrucks eines zivilisatorischen Stillstands nicht erwehren, glaubte »Urformen des Menschendaseins« in einer »pastoralen Idylle« zu sehen.27 Erst recht der gewöhnliche Besucher nahm an der Einfachheit der Lebensverhältnisse und den damit verbundenen Einschränkungen Anstoß. Auch die Warnungen vor geldgierigen Bootsleuten, minderwertigem Kolonialgeld, bescheidenen Unterkünften und – siehe oben – einer befremdlichen Sprache verhießen nichts Gutes. Offenbar gab es nicht viele, die für längere Zeit und ausschließlich nach Portugal reisten. Zu weit schien der Weg, zu gering der Ertrag.28 Zu denen, die es trotzdem taten, gehörte Reinhold Schneider, damals – 1928/29 – ein unbekannter Schriftsteller, der noch nichts publiziert hatte. Mehrere Monate hielt er sich fast ununterbrochen in Portugal auf. Ein Aufsatz des spanischen Philosophen Miguel de Unamuno hatte ihn dazu gebracht, sich auf den Weg zu machen und die portugiesische »Seele« zu suchen. Doch auch er musste zugeben, dass das Land es dem Reisenden nicht leicht machte. Eine Unterkunft oder ein Restaurant zu finden, konnte sich schwierig gestalten; manchmal gab es schlicht keines. Auf viele Besucher war Portugal damals nicht eingestellt. Wenn einer ankam, dann erregte er Aufsehen. Schneider hatte die Rolle des Fremden einzunehmen und »wie fremd, wie fremd!« erschien ihm alles. Doch gerade darum lohne die Reise an den fernen Rand des Erdteils und den Anfang des Meers.29 Denn die Erfahrung der Fremdheit sei der Preis für die Suche nach der »Seele« des Landes, seiner Einmaligkeit und seines Schicksals. Deren Kern sei saudade, jene »Sehnsucht nach allen liebenswürdigen Dingen«, die ein Dichter des 17. Jahrhunderts den Portugiesen unterstellt hatte.30 Schneiders »Reisetagebuch« wimmelt von Begriffen, die saudade umspielen: Wehmut, Melancholie, Trauer, Müdigkeit, Traum, Illusion, Verfall, Morschheit, Tod. Keine Symphonie (wovon es ohnehin nur eine einzige gebe), sondern die Fados, jene wehmütigen Lieder, deren Name sich von einem kollektiven »Schicksal« (lat. fatum) herleitet, brächten die nationale Eigenart zum Ausdruck. Denn zwei-

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78 Lissabon mal habe das Schicksal Portugal ins Unglück gestürzt. Weit müsse man in die Geschichte zurückblicken, um das fatale Geschehen zu begreifen. Zuerst habe der unaufhaltsame Niedergang des Kolonialreichs seit dem 16. Jahrhundert die »Seele« des Landes beschädigt; das große Erdbeben von 1755 habe sie vollends ruiniert. Fassaden, Trümmer, Fragmente, Halbfertiges und nur Erdachtes prägten seitdem das Bild: im Stillstand pittoresk, ein »tragisches Idyll«. Darauf aber sei dieses Volk stolz. Denn »wie jedes gestürzte Volk« hänge es »an nichts mehr als an seiner Geschichte«, Glück und Bürde zugleich. Deren Folgen, die realen wie die mentalen, waren für Schneider allenthalben präsent. Die Vergangenheit töne herauf »wie die Glocken Vinetas«.31 Carl Erdmann hätte sich anders ausgedrückt, weniger schwülstig und nicht so bedeutungsschwer, sondern mit nüchternen Worten. Aber er kam zu einem ähnlichen Ergebnis: nämlich dass es sich lohnt, die eigentümliche portugiesische Geschichte zu studieren. Mit deren Wirkungen auf die Gegenwart wurde er ohnehin ohne eigenes Zutun konfrontiert. Als Hauslehrer und kaum schon ortskundig, erlebte er die »Blutnacht« in Lissabon und bei einem zweiten, kürzeren Aufenthalt die Revolution vom Mai 1926, die das Ende der Republik herbeiführte. Später, als in Spanien Unruhen ausbrachen und Kirchen und Klöster in Brand gesetzt wurden, bemerkte er einmal, er habe so viele Erfahrungen mit Revolutionen machen können, dass ihn auch die spanischen Ereignisse nicht von einer geplanten Forschungsreise abschrecken könnten.32 Man gewöhnte sich an Revolutionen, wenn sie so oft wie in Portugal vorkamen. Reinhold Schneider hatte sogar den Eindruck, dass die Leute anfingen, sich über dergleichen lustig zu machen. Denn es ging sie nichts an.33 Erst bei seinem zweiten Aufenthalt, als er längere Zeit im Land unterwegs war, erhielt auch Erdmann einen Eindruck von den Mängeln der touristischen Infrastruktur, von verwanzten Betten in schäbigen Pensionen. Er nahm es hin und führte nächtliche Kriege mit ihnen.34 Denn »die Flöhe und die Wanzen / gehören auch zum Ganzen« (angeblich Goethe) – damit konnte man sich trösten. Doch anders als Schneider hatte er kein grundsätzliches Problem mit der portugiesischen Sprache. Nie hätte er ihren Klang mit dem der russischen verglichen, nur um seinen Eindruck von deren Randständigkeit in Europa zu erklären.35 Nie hätte er sie als unverständlich, merkwürdig oder sonstwie exotisch charakterisiert. Vielmehr lernte er Portugiesisch und verstand es, sich damit im Alltag zu behaupten. Es war die siebte oder achte Sprache, die zu beherrschen er beanspruchen konnte.

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Das hatte zweifellos Grenzen. Als Erdmann einmal für zwei Ärzte, einen Spanier und einen Portugiesen, dolmetschen sollte, scheiterte er an den medizinischen Begriffen. Für ein solches Gespräch reichten seine Kenntnisse nicht aus. Die beiden unterhielten sich lieber in gebrochenem Französisch.36 Doch immerhin: Man traute es ihm zu und daran änderte nichts, dass sich seine sprachlichen Fertigkeiten auf die portugiesische Geschichte und den Gedankenaustausch über sie konzentrierten. Später schrieb er einmal, er habe

Carl Erdmann in Lissabon.

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80 Lissabon sich damals Archivbesuche in der Mittagszeit »erschlichen« und dafür sogar Verstimmungen bei seinen Arbeitgebern in Kauf genommen. Offenbar hat er seine freie Zeit am liebsten in den Lissabonner Archiven und Bibliotheken verbracht.37 Die Aussage ist glaubhaft, nicht nur weil sie viel später von einem Lissabonner Kollegen bestätigt wurde,38 sondern auch weil sie sich mit Erdmanns frühen Publikationen veranschaulichen lässt. Sein erster wissenschaftlicher Aufsatz überhaupt (eher eine Miszelle) geht der Frage nach, ob Frankreich tatsächlich erheblichen Einfluss auf das mittelalterliche Portugal ausgeübt habe, ist also breit thematisch angelegt und behandelt ein umfassendes Thema auf knappstem Raum aus verschiedenen Perspektiven.39 Seine Dissertation, die er bald nach seinem Aufenthalt in Lissabon fertig vorlegen konnte, basiert auf Material des portugiesischen Nationalarchivs (Torre do Tombo) sowie auf Editionen und Forschungsliteratur, die er in dieser Dichte nur in Portugal vorfinden konnte. Er bewegte sich also von außen auf die Geschichte seines Gastlandes zu und erschloss sich nach und nach deren Spezifik, bis sich ihm ein unbearbeitetes, dissertationstaugliches Thema auftat. Daraus ergaben sich dann weitere, noch speziellere Fragestellungen, sodass er im Laufe seines Forscherlebens immer wieder auf die portugiesische Geschichte zurückkam. Denn hier gab es für den Historiker das, was ihn zeitlebens am meisten beglückte: neues Material erschließen und auf diesem Wege »jungfräulichen Boden« betreten zu können.40

Kreuzzugsgedanken in Portugal Es gab drei Schwierigkeiten, mit denen sich Erdmann auseinandersetzen musste. Alle drei waren mit Einblicken in grundlegende Defizite der örtlichen Verhältnisse verbunden. Doch aus dem Ungenügen heraus entstand seine erste, allerdings nie gedruckte Monographie.41 Erstens die Quellenlage: Selbst für eine für das portugiesische Selbstverständnis so wichtige Epoche wie das 12. Jahrhundert standen der Forschung keine modernen oder gar kritischen Editionen, sondern nur verstreute und veraltete Ausgaben zur Verfügung und auch in den Archiven stieß der Benutzer an Grenzen. Bezeichnend ist, was Erdmann ganz beiläufig von seiner Arbeit mit einer Edition von 1771 berichtet: Diese beruhe auf fehlerhaften Abschriften des 16. Jahrhunderts; die Originale selbst seien im Nationalarchiv

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»noch nicht« aufzutreiben gewesen. Dieses stehe der Forschung zwar »in gastfreier Weise« offen, befinde sich aber in so wenig geordnetem Zustand, dass manche Bestände »ein kaum entwirrbares Tohuwabohu« darstellten.42 Zweitens die Rolle der portugiesischen Geschichtsschreibung: Erdmann vermisste eine Geschichtsforschung, die sich »unparteiisch« mit der Historie des Landes befasste. Portugiesische Historiker verstünden sich vielmehr als Patrioten, die im Kreuzzugsgedanken, dem espirito da cruzada, den portugiesischen Nationalcharakter erkennen zu können glaubten. »Um jeden Preis« seien sie bestrebt, der Nation einen prominenten und möglichst frühen Anteil an der Kreuzzugsbewegung zuzuschreiben. »Fabeleien« würden gerne geglaubt und selbst die neueste Geschichtsschreibung sei nicht frei von Schönfärberei.43 Ein nach deutschem Vorbild initiiertes Unternehmen exakter Quellenforschung und -edition, die »Portugaliae Monumenta Historica«, war in den Anfängen stecken geblieben (hat aber später, nach Erdmanns Aufenthalt, eine Fortsetzung gefunden). Drittens das portugiesische Geschichtsbild: In Portugal dachte und denkt man gerne vom 15. und 16. Jahrhundert her. Man nimmt also die Glanzzeit der nationalen Geschichte zum Maßstab, jene Epoche, in der das portugiesische Kolonialreich in Südamerika, Afrika und Asien entstand. Das hohe Mittelalter erschließt sich in der Retrospektive. Gerade die Kreuzzugsgeschichte schien so eng mit der Geschichte des Königtums verbunden, dass man glaubte, die Wirksamkeit des Kreuzzugsgedankens schon ins 12. Jahrhundert datieren zu können. Die Annahme stützte sich aber ausschließlich auf späte chronikalische Quellen und nahm die urkundliche Überlieferung nicht in den Blick. Erdmann spricht von »nachträglichen Übermalungen«, mit denen man »aufräumen« müsse.44 Man kann es auch so sagen: Wer sich wissenschaftlich mit der frühen portugiesischen Geschichte befasste, der musste zunächst einmal Quellenkritik betreiben, dann einige geläufige Vorstellungen beiseiteschieben und schließlich auf neuer Grundlage ein anderes, angemesseneres Gesamtbild entwerfen. Es war also Pionierarbeit zu leisten, originell und mühsam zugleich. Erdmann war für das eine wie das andere zu haben und nahm dankbar die Herausforderung an. Als er seine Ergebnisse in Form eines Aufsatzes zusammenfassen sollte, wählte er ein Diktum Leopold von Rankes über die Wirksamkeit des Kreuzzugsgedankens auf der Iberischen Halbinsel zum Ausgangspunkt.45 Das war

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82 Lissabon nicht als Reverenz an den Übervater der wissenschaftlichen Geschichtsschreibung in Deutschland gemeint, sondern als Anspruch. Denn anders als Ranke sah er kein Kontinuum von der sogenannten Reconquista bis hin zu den Entdeckungen der Portugiesen, sondern kam zu einem sachlich, räumlich und zeitlich differenzierten Ergebnis. Er konnte zeigen, dass die Kreuzzugsidee in Portugal nur allmählich Fuß fassen konnte und mit den Maurenkriegen zunächst nichts zu tun hatte. Erst im 13. Jahrhundert, seit den Kämpfen um Alcázer do Sal (1217), als das Wort cruzada erstmals auftauchte, könne überhaupt die Rede davon sein. Verantwortlich seien dafür auch keine eigenständigen Impulse gewesen, sondern Einflüsse aus den spanischen Reichen Kastilien und León, aus Frankreich und von der Kurie in Rom her. In Portugal habe man vorerst nur Nutzen aus der Kreuzzugsbewegung gezogen, sie aber nicht durch eigene Initiativen befördert. Auch die Rolle der Ritterorden sei in diesem Zusammenhang immer maßlos überschätzt worden. Erdmann ging dabei noch von einem eng gefassten Kreuzzugsbegriff aus. Nur jene Unternehmungen, die nach Palästina führten oder führen sollten, um das Heilige Land und die Heilige Stadt Jerusalem zu befreien, ließ er als »eigentliche« Kreuzzüge gelten. Sie seien durch »Kreuzpredigt, Kreuzgelübde, Kreuznahme und […] Kreuzablaß« gekennzeichnet gewesen und somit immer von einer religiösen Gesinnung, keinesfalls von weltlichen Absichten inspiriert worden. Erdmann geht so weit, den wirklichen Kreuzzügen ein »Moment der nationalen Uninteressiertheit« zu unterstellen. Da aber Portugal so spät in die Kreuzzugsgeschichte eingetreten sei und den Kreuzzugsgedanken dann dazu benutzt habe, sein Kolonialreich auf- und auszubauen, müsse man diese Unternehmungen zu den zahlreichen »Ablenkungen und Abirrungen« rechnen, die die Geschichte der Kreuzzüge seit dem 13. Jahrhundert gekennzeichnet hätten.46 Das muss man nicht so sehen und die neuere, vor allem die englische und amerikanische Forschung bevorzugt einen erweiterten Kreuzzugsbegriff, der ohne die Unterscheidung von eigentlichen und abgelenkten, verirrten oder gar pervertierten Kreuzzügen auskommt. Dabei beruft sie sich auf Erdmanns jüngere Arbeiten. In seiner Dissertation hielt er noch an dem klassischen Begriff fest, bekannte sich aber bereits zu einer konsequent geistes- bzw. frömmigkeitsgeschichtlichen Interpretation der mittelalterlichen Geschichte. Seine späteren Arbeiten sollten darauf aufbauen. Außerdem gab sie ihm die Gelegenheit, zu erproben, was ihn weiterhin auszeichnen sollte: die Erhellung eines bedeutsamen Gegenstands durch

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die quellenkritisch informierte Detailanalyse, die sich nicht in Quisquilien erschöpft, sondern die Grundlagen für weitreichende Folgerungen legt. Eine solche Untersuchung hätte ohne genaue Ortskenntnisse nicht geschrieben werden können. Sie lebt geradezu von den persönlichen Erfahrungen des Verfassers und reicht dessen Einsichten als lebendige Anschauung weiter. Doch sie musste von einer deutschen Universität approbiert werden. Erdmann schrieb sich also für zwei Semester an der Universität Würzburg ein und legte dann die erforderlichen Prüfungen ab. Für das Rigorosum wählte er die nicht ungewöhnliche und doch bemerkenswerte Fächerkombination: Geschichte – Alte Geschichte – romanische Sprachen. Geschichte hatte er ganze vier Semester studiert, Portugiesisch und Spanisch nicht an einer Universität, sondern im Alltag vor Ort erlernt. Eine solche Prüfung wäre heute nicht mehr möglich.47 Doch auch, wenn man die damaligen Bedingungen in Rechnung stellt, zeigt das Würzburger Verfahren, dass Erdmann unter allen Umständen seinen eigenen Weg ging.

Geheimrat Chroust Begutachtet wurde die Dissertation durch »Geheimrat Prof. Dr. A. Chroust«, Vertreter einer Spezies, deren Tage gezählt waren. Denn nur in Bayern wurde nach 1918 noch der Titel eines Geheimrats vergeben, um schließlich nach zähem Widerstand selbst dort zu verschwinden. Was Erdmann dazu bewogen hat, sich ausgerechnet in Würzburg einzuschreiben, ist noch weniger leicht zu beantworten als die Frage, weshalb sich seine Familie ausgerechnet in Blankenburg niedergelassen hatte. Doch mit Anton Chroust scheint er sich auf Anhieb verstanden zu haben. Das war nicht selbstverständlich. Mit der – privaten wie öffentlichen, also ernst gemeinten – Aussage, von diesem »nichts als Gutes« erfahren zu haben, stand er ziemlich allein.48 Denn Chroust war ein eigenwilliger und streitbarer Mann, ein »alter Unruhestifter«, der es seiner Umgebung nie leicht gemacht hat.49 Heftige Auseinandersetzungen mit den Kollegen durchziehen seine akademische Laufbahn, die ihn über Graz und München nach Würzburg führte. Eine davon schlug so hohe Wellen, dass ein Minister darüber zu Fall kam, eine andere trug ihm ein Dienststrafverfahren ein und hätte beinahe zu seiner vorzeitigen, zwangsweisen Emeritierung geführt. Am Vorsitz der von ihm gegründeten »Gesellschaft für fränkische Ge-

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84 Lissabon schichte« hielt er unbeirrt fest, obwohl ihm öffentlich bescheinigt worden war, dazu nicht »die menschlichen Voraussetzungen« zu besitzen und »andere Menschen als Werkzeuge [zu] betrachten, die man auf die Seite stellt, sobald man sie nicht mehr braucht«. Abweichende Meinungen wurden als »Majestätsverbrechen« betrachtet. Lange Jahre hielt »im Fränkischen« der »Kriegszustand« an.50 Mit dem Inhaber der zweiten Würzburger Geschichtsprofessur, Max Buchner, kam Chroust nie zu einem auskömmlichen Verhältnis. Als dieser sich höflich für sieben Jahre gemeinsamen Wirkens bedankte und dabei scherzhaft auf den Siebenjährigen Krieg anspielte, antwortete Chroust, indem er auf sein eigentliches Spezialgebiet hinwies: den Dreißigjährigen Krieg.51 Selbst im Ruhestand nahm das »Stänkern« kein Ende52 und in hohem Alter legte Chroust sich sogar mit der Bayerischen Archivverwaltung an. Im Kollegenkreis wurde sein aus dem Tschechischen stammender Name deshalb als »Mistkäfer« übersetzt.53 Man mag es nicht aussprechen: Aber erst mit seinem Ableben bald nach Kriegsende war das »Problem Chroust« gelöst.54 Offenbar verstand Chroust es nicht, seine eigenen Interessen denen der Korporation unterzuordnen, und diese ließ den Sohn eines steirischen Handwerkers spüren, dass er nicht zu ihr passte. Beides zusammen, die Vorbehalte der Kollegen und sein eigenes leicht entflammbares Temperament, sorgte dafür, dass er in Würzburg weitgehend isoliert blieb, und auch in der Zunft der Historiker gehörte er nicht zu den zentralen Figuren. Erneut – wie schon Joachimsen in München – war es ein Außenseiter, der Erdmann anzog. Tatsächlich hat er von Chroust in vielfacher Hinsicht profitiert, sowohl wissenschaftlich als auch persönlich. Schließlich gab es in Deutschland nicht viele professionelle Historiker, die sich für die Geschichte der Kreuzzüge interessierten. Chroust gehörte zu ihnen und war gerade dabei, eine Sammlung von Texten zum Kreuzzug Friedrich Barbarossas für die Monumenta Germaniae Historica (MGH) zu edieren.55 Von der Stauferseligkeit des 19. Jahrhunderts führte ein Weg zu einem Gegenstand, der der deutschen Nationalgeschichtsschreibung eher fernlag. Erdmanns in Portugal entwickelte und durch ihn nach Deutschland importierte Fragestellung konnte daran anknüpfen. Auf diese Weise hatten Doktorvater und Doktorand ein Thema, das sie miteinander verband, und Erdmann kam erstmals mit den MGH in Berührung. Einig wussten sie sich auch darin, dass der Historiker, zumal wenn er sich mit dem Mittelalter befasste, über solide hilfswissenschaftliche Kenntnisse verfügen musste und insbesondere einer paläographischen Ausbildung

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bedurfte. Chroust hatte dafür ein opulentes Tafelwerk publiziert, das seinen Namen berühmt machte,56 und Erdmann sollte sich wenig später als begnadeter Paläograph erweisen. Die Grundlagen dafür hatte er allerdings in Lissabon als Autodidakt, nicht erst in Würzburg gelegt. Erdmann hat sich einmal als Chrousts akademischen »Schüler« bezeichnet. Das muss man nicht wörtlich verstehen. Anlass war der 75. Geburtstag des »Lehrers« und Erdmann gratulierte ihm mit der biographischen Einleitung zu einer Sammlung seiner Aufsätze.57 Indem er dessen charakterliche Eigenschaften hervorhob, gab er nicht nur wieder, wie er den Geehrten, sondern auch wie er sich selbst sah: »Achtung vor der Kleinarbeit am Quellenstoff«, Wertschätzung selbstständiger Interessen, Vorrang »eigene[r] Leistung« vor »fremde[r] Protektion«, des Sachlichen vor dem Persönlichen. Mit anderen Worten: Beide lernten einander schätzen und kamen sich bei der wissen-

Anton Chroust (1864–1945).

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86 Lissabon schaftlichen Arbeit näher. Vor allem die Ausgabe der Kreuzzugsberichte profitierte davon.58 Chroust zögerte nicht, Erdmann nach nur wenigen Monaten zu seinem Assistenten zu machen, und hätte ihn gerne in Würzburg gehalten. Denn dieser habe sich – die Formulierung ist bezeichnend – »schon sehr« in seine »Gedankengänge […] eingelebt«.59 Das glaubte er von seinem »Schüler« erwarten zu dürfen und war seinerseits bereit, dessen weitere berufliche Entwicklung zu unterstützen. Für eine Weile konnte er ihn mit einem Forschungsprojekt zur fränkischen Landesgeschichte versorgen. Erdmann wäre freilich nicht Erdmann gewesen, wenn er sich nicht – hinter Chrousts Rücken – bei einem früheren Bearbeiter nach dem Nutzen eines solchen Vorhabens erkundigt hätte. Die Antwort fiel nicht sehr verheißungsvoll aus.60 Es blieb daher bei zwei Aufsätzen, die zeitlich und sachlich völlig aus Erdmanns sich entwickelndem Forschungsprofil herausfallen – Fingerübungen, wenn man so will, und außerdem vergütet.61 Alle Versuche, ihn an Würzburg zu binden, schlugen fehl. Ein weiteres Mal ergaben sich bessere Aussichten im Ausland. Dem Doktorvater blieb nur die schmerzliche Einsicht, dass »ein Mann wie Erdmann nicht so leicht wieder zu finden sein« wird.62

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RÖMISCHE JAHRE Zehn Jahre später, im April 1937, schrieb Carl Erdmann seinem Freund Gerd Tellenbach ein paar tröstliche Worte. Denn dieser war soeben nach Würzburg versetzt worden, wo er – nach Heidelberg und Gießen – ein weiteres Mal einen vakanten Lehrstuhl vertreten sollte. Er war es leid, von Universität zu Universität herumgeschickt zu werden und nannte sich einen magister peripateticus, der ein unstetes Leben zu führen hatte, da er nirgends seinen Platz finden konnte.1 Erdmann hatte Verständnis für den Unmut des Freundes, musste aber zugeben, dass er die Universität Würzburg »in netter Erinnerung« behalten habe.2 Mit Chroust vertrug er sich, dessen Konflikte betrafen ihn nicht. Finanziell hatte er ein Auskommen, sodass er sogar seine Mutter nachziehen lassen konnte. Mit seinem älteren Kollegen (und Konkurrenten) Erich von Guttenberg, zur gleichen Zeit in Würzburg promoviert, entwickelte sich ein höflich-vertrauensvolles Arbeitsverhältnis um der Wissenschaft willen. Noch Jahre später, als Guttenberg zum Ordinarius in Erlangen avanciert und Erdmann auf einer einfachen »Hilfsarbeiter«-Stelle sitzen geblieben war, verband sie gegenseitiger Respekt miteinander.3 Chroust sah sich weiterhin in der Verantwortung für seinen »Schüler«. Gerne hätte er dessen Dissertation in Druck gehen gesehen und zeitweilig stand auch eine Würzburger Habilitation im Raum. Doch nichts davon ließ sich realisieren. Denn Chroust beging einen schweren strategischen Fehler. Er machte seinen Schützling mit jemandem bekannt, der ganz andere Möglichkeiten besaß als ein umstrittener Professor an einer mittelgroßen fränkischen Universität: mit einem begnadeten Organisator von Großforschung, der über Stellen und Mittel wie kein zweiter Historiker in Deutschland verfügte, mit einem akademischen Machtmenschen zudem, der keine Hemmungen kannte, seinen Einfluss auf möglichst viele Institutionen auszudehnen und wissenschaftliche Talente via Patronage auf seine Seite zu ziehen – er machte ihn bekannt mit Paul Fridolin Kehr.

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88 Römische Jahre

Paul Fridolin Kehr Heute ist der Name nur mehr in mediävistischen Kreisen ein Begriff, darüber hinaus vielleicht noch eine ferne Erinnerung, wenn nicht völlig vergessen. Doch seinerzeit gehörte Paul Fridolin Kehr zu den Stützen der Weimarer Gesellschaft und zählte zweifellos zu den einflussreichsten Historikern in Deutschland.4 So weit kommt man nur, wenn man frühzeitig Ansprüche anmeldet, Konflikten nicht aus dem Weg geht und zunächst den Ärger, dann den Neid der Kollegen aushalten kann. Kehr ließ sich auf keinem dieser Felder etwas vormachen. Schon als junger Professor galt er als enfant terrible. Mit seinem akademischen Lehrer Theodor Sickel überwarf er sich, mit großen Namen in der Zunft legte er sich an. Mit den Monumenta Germaniae Historica stand er damals auf Kriegsfuß. Vielleicht lässt sich damit das Vorhaben erklären, das er – kaum auf einen bedeutenden Lehrstuhl an der Universität Göttingen berufen und schon Mitglied der dortigen Akademie – eben dieser vorschlug: Man möge für eine Sammlung aller bis zum Jahr 1198 ausgefertigten Papsturkunden die erforderlichen Mittel bereitstellen. Zuerst sollten Regesten (also knappe Inhaltsangaben) erstellt, irgendwann einmal auch die vollständigen Texte publiziert werden. Da aber das Papsttum eine Institution von europaweiter (dem Anspruch nach sogar universaler) Ausstrahlung darstellte, war von vornherein ausgemacht, dass die Überlieferung der Urkunden nicht beim Aussteller, der Kurie in Rom, sondern aufseiten der Empfänger, der zahllosen Bistümer, Klöster, Könige, Fürsten etc., erhoben und die Recherche nach Ländern bzw. Regionen durchgeführt werden musste. »Papsturkunden in …«: So lauteten die Titel der ersten publizierten Ergebnisse und das Gesamtwerk, die »Reges­ta pontificum Romanorum«, wurde in »Italia Pontificia«, »Gallia Pontificia«, »Hispania (bzw. Iberia) Pontificia« usw. gegliedert. Die MGH hatten es auf das deutsche Mittelalter (in bisweilen großzügig ausgelegten Grenzen) abgesehen und sollten dessen Geschichte umfassend dokumentieren. Das Göttinger Papsturkundenwerk dagegen war als Unternehmen mit europäischem Horizont konzipiert. Eine Abteilung der MGH (für Kehr die zentrale Abteilung) blieb den Urkunden der deutschen Könige und Kaiser vorbehalten. Dass Kehr mit seinem Antrag im Begriff war, ein Konkurrenzunternehmen, eine Art »Gegen-Monumenta«, ins Leben zu rufen, war ihm sicher (und wohl auch der das Projekt bewilligenden Göttinger Akademie) bewusst.5

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Als die MGH gegründet wurden und die ersten Mitarbeiter ans Werk gingen, glaubte man, in wenigen Jahren zum Abschluss kommen zu können. So sehr hat man die schiere Masse des Quellenmaterials unterschätzt, von den Problemen der Quellenerschließung ganz zu schweigen. Ähnlich erging es Paul Fridolin Kehr. Laufzeit, Arbeitsaufwand, Finanzbedarf – das alles war haarsträubend illusionär kalkuliert. So seltsam es klingt: Am leichtesten ließ sich die Kostenfrage lösen. Denn Kehr besaß zeitlebens großes Geschick, zahlungskräftige Geldgeber zu finden und für seine Zwecke einzuspannen. Schon nach wenigen Jahren stand das Unternehmen auf einem finanziell soliden Fundament und verfügte über Mittel, die bis zu der durch den Ersten Weltkrieg ausgelösten Krise ausreichen sollten. Schon schwieriger schien es, geeignete Mitarbeiter zu finden. Kehr hatte hohe Ansprüche an sie und war selten zufrieden. Nimmt man seine oft wüsten Urteile zum Maßstab, dann hatte er nicht immer eine glückliche Hand. Als weitere Schwierigkeit stellte sich heraus, dass das Vorhaben an seinem eigentlichen Mittelpunkt, in Rom, nicht vertreten war und keine institutionellen Verbindungen dorthin unterhielt. Kehr ließ sich in Göttingen beurlauben (die »alte Bruchbude« langweilte ihn6) und ging in seinen Forschungen für die »Italia Pontificia« auf. Konflikte mit seiner Alma Mater nahm er billigend in Kauf. Doch auf lange Sicht kam nur die Leitung eines Forschungsinstituts für ihn infrage. Er nahm das seit 1888 bestehende, aber wenig effizient arbeitende Preußische Historische Institut ins Visier und führte einen dreijährigen »Kampf um Rom«.7 Dabei bediente er sich nicht nur lauterer Methoden: Er ging mit einem anonymen Zeitungsartikel an die Öffentlichkeit, intrigierte hinter den Kulissen und pries sich selbst als den künftigen Direktor an – »falsche Bescheidenheit war ihm fremd«.8 Als ihm ein anderer vorgezogen wurde, setzte er diesen beständig unter Druck und gab ihm hinterhältige Ratschläge. Privat nannte er ihn einen »Hanswurst«.9 An dem mächtigen Ministerialdirektor im Preußischen Kultusministerium Friedrich Althoff hatte er eine Stütze. Aber bei den Fachgenossen (ein Wort, das er nicht mochte) erregte er Aufsehen und Ärger. Doch der Erfolg gab ihm recht. Sein Kontrahent trat zurück und seitdem hatte Kehr die Direktion des Preußischen Historischen Instituts inne. Dieses war der erste Streich. Als im August 1914 der Große Krieg ausbrach, waren Kehrs römische Tage gezählt. Die Monate bis zum Kriegseintritt Italiens erlebte er zunächst als »große Enttäuschung« und »bittere Erfahrung«, dann gar als »Martyrium«.10

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90 Römische Jahre Neun Jahre, bis 1924, war das Preußische Historische Institut geschlossen. Doch nach Deutschland zurückgekehrt, blieb Kehr nicht lange ohne Amt. Noch im selben Jahr wurde er zum Generaldirektor der preußischen Staatsarchive ernannt, obwohl er den Archivbetrieb bislang nur als Benutzer kannte und vom Archivwesen im Allgemeinen und Grundsätzlichen, von dessen Aufgaben, Organisation und Funktionieren, »völlig ahnungslos« war.11 Kurz vor Kriegsende wurde er außerdem mit der Leitung des neu gegründeten Kaiser-Wilhelm-Instituts für Deutsche Geschichte betraut. Die Pläne dafür reichten weit in die Vorkriegszeit zurück und Kehr hatte sich frühzeitig in Stellung gebracht. Doch vor allem mit den »Berliner Herren« (also den Professoren an der Universität) hatte er es sich nun vollends verscherzt. Friedrich Meinecke ereiferte sich über den »ekligen Kehr«, den man – wie den nicht weniger verhassten Karl Lamprecht – zwar als »Klingelbeutelgenie« gut gebrauchen könne, dessen Persönlichkeit man aber »zum Teufel« wünsche. Lebenslang blieben sie Antipoden.12 Doch damit nicht genug. Zwei Jahre später übernahm Kehr bei den Monumenta Germaniae Historica den Vorsitz der Zentraldirektion. Dass deren Leitung und die Archivdirektion in einer Hand lagen, hatte es auch vorher schon gegeben. Trotzdem waren die Widerstände gerade gegen Kehr erheblich. Man fürchtete um das kollegiale Prinzip, keiner wollte einen »allgewaltigen Diktator«. Aber die Monumenta waren in die Krise geraten und der Ausgang des Krieges hatte diese noch weiter verschärft, nicht nur weil die Gelder ausblieben, sondern auch weil die allgemeinen Erwartungen an Geschichtsforschung und Geschichtsschreibung sich zugunsten Letzterer verschoben hatten. Ein der Quellenforschung und -edition verpflichtetes Unternehmen wie die MGH geriet unter Druck. Die gelehrten Editoren sahen daher ein, dass das straffe Regiment eines erfahrenen, in finanziellen Dingen kundigen und mit der Politik vernetzten Leiters in der aktuellen Situation mehr Vorteile als Nachteile mit sich bringen würde. Es war das erste Mal in der Geschichte der Monumenta, dass die Zentraldirektion ihren Vorsitzenden nicht mehrheitlich, sondern einstimmig wählte.13 Kehr hielt also in den 1920er-Jahren vier herausragende Positionen in seiner Hand. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte er noch weitere Funktionen übernommen, etwa die Oberleitung der deutschen Kulturinstitute in Rom. Doch obwohl er sich bei den entsprechenden Dienststellen ins Zeug legte und überall »seine Bosheiten über seine römischen Kollegen verspritzte«,

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gelang ihm das nicht.14 Es blieb bei der Vierzahl. Die Archivdirektion stellte ein hohes staatliches Amt dar und trug ihm den Titel eines Geheimen Oberregierungsrats ein. Der Vorsitz der Monumenta Germaniae Historica muss ihm besondere Genugtuung verschafft haben, zumal er sich schon einmal vergeblich um ihn bemüht hatte.15 Das Kaiser-Wilhelm-Institut hielt ihm die Option auf ein historisches Zentralinstitut offen und das römische Institut machte Kehrs Bedeutung über die Reichsgrenzen hinaus sichtbar. Es lag ihm besonders am Herzen, da er von hier aus seine Forschungen zu den Papsturkunden vorantreiben konnte. Ob eine solche »beinahe schon unanständige« Ämterhäufung16 den vier von ihm repräsentierten Institutionen auch guttat, steht auf einem anderen Blatt. Kehr versah seine Amtspflichten auf geradezu lässige (um nicht zu sagen: fahrlässige) Weise. Die Staatsarchive (immerhin fast 20 an der Zahl) fertigte er an zwei Vormittagen ab, in Rom ließ er sich zweimal im Jahr für längere Zeit blicken und die Leitung der Monumenta betrachtete er lange Zeit nicht als seine Hauptaufgabe, sondern als Nebenamt, als »Zugabe« zu seinen eigentlichen Aufgaben.17 Später meinte er einmal, zwei Staatsämter gleichzeitig innezuhaben, sei eine Art Bigamie, wovon er ein Lied zu singen wisse. Doch die Einsicht kam spät. Jahrzehntelang lebte er sozusagen polygam und hielt daran fest, dass die von ihm geleiteten Institutionen, vor allem die drei Forschungsinstitute, dem gleichen Zweck dienten. Daraus ergab sich – seines Erachtens zwingend – die Forderung einer einheitlichen Leitung. Andernfalls habe man eine »Hydra mit drei Köpfen«.18 In jedem Fall blieb Kehrs Arbeitsleistung immens. Man muss nur seine Spuren in den Archiven verfolgen, um zu ermessen, wie er mit einer Unzahl von handgeschriebenen Briefen und schnell hingeworfenen Postkarten in seinem Reich regierte. Da war viel Improvisation im Spiel. Aber immer behielt Kehr die Zügel in der Hand und das Ganze seiner Ämter und Funktionen im Auge. Außerdem sah er seine Hauptaufgabe noch immer in der Forschung. Darunter verstand er nicht die Rekonstruktion und Interpretation geschichtlicher Verläufe, sondern nur die Bereitstellung und Erschließung der Quellen. Regesten und Editionen sah er als das Ziel seiner wissenschaftlichen Arbeit an. Die synthetische, den ausufernden Stoff gleichsam beseelende Darstellung blieb ihm zeitlebens fremd. Er hielt sie für historische Belletristik, wenn nicht für völlig entbehrlich. Insofern blieb er reiner Positivist, fest verwurzelt in den Traditionen der deutschen Geschichtsforschung vor dem Ersten Weltkrieg.

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92 Römische Jahre Doch auf diesem seinem Forschungsgebiet leistete er Bedeutendes. Seine Arbeitskraft schien unerschöpflich, ja typisch »deutsch«. Ein Augenzeuge in der Schweiz berichtet: »Es war erstaunlich, wie der bereits 68jährige Gelehrte ohne Unterbruch von morgens 8 ½ bis abends 6 Uhr, einzig ausgerüstet mit einem kleinen Paket Zwieback, sich seiner Arbeit hingeben konnte. Nach 6 Uhr gab’s noch einen einstündigen Höhenspaziergang, von welchem Kehr ohne Anzeichen irgendwelcher Ermüdung zurückkehrte.«19 Das war um 1928. In jüngeren Jahren scheint er noch exzessiver geschuftet zu haben.20 Systematisch nahm er die »archivalische Eroberung Italiens« in Angriff.21 Acht Bände »Italia Pontificia« waren das Ergebnis. Die MGH wurden mit drei Bänden »Urkunden der deutschen Karolinger« und einem Band »Urkunden Heinrichs III.« bedacht. Wie getrieben kam er sich manchmal vor; denn auf der »Kutsche seines Lebens« sitze ein Teufel, »der unablässig die Peitsche« schwinge; nicht einmal zum Atemholen bleibe ihm Zeit.22 Ein Kardinal nannte Kehr einmal »einen zweiten Mommsen« (»un altro Mommsen«) und stellte ihn damit auf dieselbe Stufe wie den (trotz Ranke) bis heute wohl prominentesten Historiker in Deutschland.23 Das Diktum wird nur durch Kehr selbst bezeugt und man darf sich fragen, wie viel davon zutrifft. Soll man Kehr mit dem späten Mommsen vergleichen, der das »Corpus Inscriptionum Latinarum« fertigbrachte, spätantike Autoren für die MGH edierte und die bis heute gültige Darstellung des »Römischen Staatsrechts« verfasste, oder mit dem frühen, der für seine »Römische Geschichte« den Literaturnobelpreis erhielt? Bedenkt man Kehrs ganz auf die Urkunden fixierte wissenschaftliche Einseitigkeit, dann ist der Vergleich zu hoch gegriffen. Kehrs Persönlichkeit hatte viele Facetten. Selbstironie und Selbstbewunderung lagen dicht beieinander. Einen neuen »Proteus« hat man ihn denn auch mehr als einmal genannt.24 Sein Selbstbewusstsein und seine Durchsetzungsfähigkeit waren enorm. In jungen Jahren äußerten sie sich als Keckheit und Besserwisserei,25 später im Vollgefühl seiner überragenden Stellung. Er verstand es, Menschen für sich einzunehmen und Förderung für seine Ziele zu gewinnen. Althoff, Harnack, Otto Braun, der preußische Ministerpräsident, und der Präsident der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft, Friedrich Schmidt-Ott, gehörten zu seinen Unterstützern. Papst Pius XI. nannte ihn gar seinen Freund, einen von angeblich nur dreien.26 Kehr gelang es, ihn zur Errichtung der »Pius-Stiftung für Papsturkundenforschung«

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zu bewegen und damit das Urkundenwerk dauerhaft, nach menschlichem Ermessen sogar endgültig zu sichern. Kehrs Denken und Verhalten wurzelten in der Welt des 19. Jahrhunderts. Wo der kleine, korpulente Geheimrat auftrat, war die Kaiserzeit präsent. Früher einmal ein Musterbeispiel des selbstbewussten deutschen Professors, wirkte er noch im hohen Alter wie »ein wandelndes Denkmal wilhelminischen Lebensstils«, nun aber wie ein Relikt aus vergangenen Zeiten.27 Er dachte in Hierarchien und fest gefügten Ordnungen. Frauen hatten darin nichts zu suchen. Auf einer Bergwanderung bemerkte er zu seinem Begleiter: »Es ist doch überall schön, wo die Weiber nicht hinkönnen. Wenn wir im Mittelalter gelebt hätten, wären wir wohl beide Mönche geworden, wie damals alle klugen Leute.«28 Auch seine (deutlich jüngere) Ehefrau konnte daran nichts ändern. Erst seine Tochter Gudila sollte ihn eines Besseren belehren. Sie erwies sich – so Kehr in seiner sarkastischen Art – »aus einer seltenen, geradezu bizarren erblichen Veranlagung heraus als eine geborene Diplomatikerin« und ging ihm bei seinen letzten Arbeiten zur Hand.29 In den von Kehr geleiteten Institutionen hatte nur einer das Sagen. Kollegial besetzten Gremien traute er grundsätzlich nichts zu: »Sitzungen abhalten, Beschlüsse fassen, Berichte machen ja, mehr aber auch nicht«.30 Als Johannes Haller, selbst ein Egozentriker von Graden, am römischen Institut eigene Rechte beanspruchte, ließ er ihn klipp und klar wissen: »Wenn die Herren des Instituts, hoch oder niedrig, das formelle Recht haben, mit dem Curatorium und dem Beirat des Instituts in Berlin direct amtlich zu verkehren, so kann der Director sich auch gleich einen Strick kaufen, an dem er sich aufhänge.«31 Vielleicht hatte Kehr auch deshalb mit den Universitäten und dem in den Fakultäten peinlich beachteten kollegialen Prinzip so große Probleme, dass er bei jeder sich bietenden Gelegenheit über sie herzog: Er hielt sie für »Klippschulen«, die sich – »so sicher wie das Amen in der Kirche« – zu »höheren Volksschulen« weiterentwickeln würden; »Klageweiber«, also Studentinnen, seien dabei »die unentbehrlichen Statisten«.32 Vorlesungen betrachtete er als Veranstaltungen, in denen der Professor »zwölf Hohlköpfen« aus einem (aus deutschen, englischen und französischen Büchern zusammengestoppelten) Kollegheft vorliest.33 Er selbst hatte sich immer gelangweilt und zog es deshalb vor, sich als Autodidakten zu bezeichnen, der »aus Versehen oder Zufall in den Kreis erlauchter Geister geraten« sei.34 Er nannte sich einen »gelehrten Bauersmann, dessen Leibessen Thüringer Käse und Schwarzbrot ist«, einen »Reges­

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94 Römische Jahre tenschuster«, in dem »der gelehrte Stumpfsinn geradezu phänomenale Höhen erklommen« habe, und erklärte jedem, der es hören mochte, wie wenig ihm an »Prätension und Pose« des universitären Geschäfts lag.35 Es genügte ihm, wenn er mit seinen Editionen vorankam und »im Bett vor dem Einschlafen statt der Bibel« die letzten Korrekturen erledigen konnte: »Es hat eben jeder seinen Modus vivendi.«36 Deutsche Professoren machten es ihm offenbar leicht, Spott und Häme über sie auszugießen. Den Berliner Ordinarius Max Lenz nannte er einen »Historiker für den Wurstelprater«, den verdienten Mediävisten Adolf Hof-

Paul Fridolin Kehr in Salerno 1934 (hinter Kehr seine Tochter Gudila).

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meister empfahl er mit den Worten: »kein Denker, kein Mann von Horizont. Also der geborene Professor einer mittleren Universität«. Die ganze »wissenschaftliche Welt« hielt er für »Gesindel«.37 Seine Widersacher in der Zentraldirektion der Monumenta beschrieb er als überaltert oder desinteressiert; sein Vorgänger habe mit »müdem Szepter« regiert.38 Die meisten Äußerungen dieser Art stehen in Briefen, waren also nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Aber wer dergleichen in einem Privatschreiben las, der konnte sich ausmalen, welche Sottisen in anderen Privatschreiben über ihn selbst zu lesen waren. Außerdem scheute Kehr sich nicht, seine gewollte Distanz zum akademischen Betrieb auch in seinen Publikationen zum Ausdruck zu bringen. Auch deshalb wurde er gehasst und gefürchtet. Das wusste keiner so gut wie er selbst. Erst recht die Mitarbeiter (oder »Hilfsarbeiter«, wie sie lange Zeit hießen) mussten mit einem Vorgesetzten zurechtkommen, der kleinlich und herrisch, unberechenbar und zynisch sein konnte. »Ich stelle um 1h ein und entlasse um 4h« – so sagte er von sich selbst. Er betrachtete seine Untergebenen als »Inventar« oder gar als die »Wurmfortsätze« seiner wissenschaftlichen Arbeit.39 Einen »Tyrannen« nannte ihn einer von ihnen.40 Andere dachten genauso. So berüchtigt war Kehrs Regiment, dass man sich Anekdoten erzählte, die das Zeug hatten, literarisch zu werden.41 Gleichzeitig konnte er unterhaltsam, gewinnend und fürsorglich sein. Die Rechnung war einfach: Wer etwas leistete und sich fügte, der durfte mit Förderung rechnen, mit einem Stipendium, einer Stelle oder Empfehlungen für höhere Weihen. Wer das nicht tat, wurde fallen gelassen. Es war ein Geschäft auf Gegenseitigkeit: Ergebenheit gegen Hilfe, Unterordnung unter der Bedingung wechselseitiger Loyalität. Man kann von wissenschaftlichem Paternalismus sprechen. In dessen Mittelpunkt stand Kehr; er verteilte aus seinem »Gnadenschatz«, was sich die ihm Untergebenen durch ihr Wohlverhalten verdient hatten. Das System funktionierte meistens, aber nicht immer. Gerade ein eigenwilliger Mensch wie Carl Erdmann musste sich fragen, wie viel davon er hinnehmen konnte und woran er nicht mitwirken wollte.

Kampagne in Portugal Irgendwann im Winter 1925/26 müssen sich Kehr und Erdmann zum ersten Mal begegnet sein. Chroust hatte bei der Notgemeinschaft der Deutschen

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96 Römische Jahre Wissenschaft ein Stipendium für seinen »Schüler« beantragt, Kehr ein Gutachten verfasst. Er fand sogleich Gefallen an dem »jungen, sehr intelligenten, eifrigen, durch und durch der Wissenschaft zugewandten Mann« und bot ihm an, in den Dienst des Papsturkundenwerks zu treten.42 So kam es, dass Erdmann zwar sein Stipendium erhielt, aber nicht um sich in Würzburg zu habilitieren, sondern um in portugiesischen Archiven nach Papsturkunden zu suchen. Beide Seiten hatten den Nutzen: Erdmann konnte sich weiter auf einem Feld tummeln, mit dem er sich auskannte, und Kehr war dabei, so wie Italien jetzt auch Spanien »archivalisch zu erobern«. Portugal (das er wohl ebenfalls als eine spanische Appendix ansah) wollte er mitnehmen. Dafür aber gab es keinen Geeigneteren als Erdmann. Nur der Doktorvater hatte das Nachsehen. Mit leicht vorwurfsvollem Unterton schrieb er einmal an Kehr, er habe ihm Erdmann »ausgespannt«.43 Doch gleichzeitig wusste er, dass er seinem »Schüler« nichts Gleichwertiges bieten konnte und musste geschehen lassen, was geschah. Es war auch nicht das erste und letzte Mal, dass Kehr in fremden Revieren wilderte. Walther Holtzmann, für zwei Jahrzehnte sein engster Vertrauter, hatte er bei Karl Hampe in Heidelberg abgeworben und auch Erich von Guttenberg, Chrousts zweiten begabten Schüler, zog er wenigstens zur Hälfte auf seine Seite, indem er ihn in ein Großprojekt des Kaiser-Wilhelm-Instituts, die Germania Sacra, einband.44 Seitdem hatte dieser gleich zwei »Patronen« zu dienen.45 Auch in diesem Fall kannte Kehr keine Scheu. Ein halbes Jahr lang hielt sich Erdmann erneut in Portugal auf und besuchte nicht nur Nationalarchiv (Torre do Tombo) und Nationalbibliothek in Lissabon, sondern auch die Archive und Sammlungen in Evora, Coimbra, Viseu, Porto, Braga und Viana do Castelo. Sogar eine örtliche Zeitung berichtete über den Aufenthalt des »deutschen Gelehrten« und brachte alles durcheinander. Über Wochen und Monate war er der Forschung hingegeben und damit, wie selbst im fernen Würzburg vermerkt wurde, »ganz in seinem Element«.46 Er war anfangs »aufs höchste gespannt«, dann in die Arbeit versunken und schließlich völlig erschöpft. Selbst »der wütendste Urkunden-Fanatiker« müsse eine solche Archivreise auf die Dauer als Strapaze empfinden.47 Niemand half ihm; vielmehr drohte er im Material zu ersticken und selbst ein »Aktenbündel« zu werden.48 Zusammengehörige Archivalien lagen über verschiedene Fonds verteilt und wurden durch Findbücher nur unzureichend erschlossen. Das Provenienzprinzip sollte erst später im portugiesischen Archiv-

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wesen eingeführt werden. Alles schien noch »im Fluß«.49 Doch Erdmann ließ sich von den labyrinthischen Verhältnissen nicht entmutigen, ging jeder Spur nach und strich nur einmal die Segel.50 Hinzu kamen die alltäglichen Probleme:51 Probleme mit verwanzten Betten in schäbigen Pensionen und Probleme mit Archivaren, die ihre Schätze nicht herausrücken wollten, angeblich nichts finden konnten oder darauf bestanden, dass keine Tinte, sondern allein Bleistift benutzt werden durfte (Erdmann hielt das Reglement für »abscheulich«, empfand es als »Fessel«!). Doch das eine konnte man aushalten und das andere ließ sich regeln, indem Erdmann mithilfe des deutschen Gesandten einflussreiche Unterstützer gewann, vom Bibliotheksdirektor bis hin zum soeben ernannten Kultusminister, einem Professor der Literaturwissenschaft. Selbst als dieser schon nach wenigen Wochen wieder gestürzt wurde, behielt Erdmann das Heft in der Hand. Sogar »Triumphgefühle« stellten sich bei ihm ein, als er die offizielle Erlaubnis erhielt, besonders wertvolle Bestände selbst ordnen zu dürfen, sogar unter Verwendung von Tinte! Er knüpfte Kontakte, antichambrierte bei den maßgeblichen Stellen und verteilte »Trinkgelder« unter den Archivaren. Er gewann Mitarbeiter, initiierte Kooperationen und behielt für sich, was diesen im Weg stand. Geistlichen gegenüber verschwieg er, dass er Protestant, also ein »Ketzer«, war, in staatlichen Archiven, dass hinter dem ganzen Unternehmen der Papst in Rom stand. Dessen Empfehlungsschreiben hatten im revolutionären Portugal keineswegs den gleichen Effekt wie in Spanien. Sogar diplomatische Gesichtspunkte mussten bedacht werden. Denn die Beziehungen Portugals zum Deutschen Reich waren nach wie vor belastet, Restitutionswünsche standen im Raum. Einer davon bezog sich auf 448 Holzkisten, angefüllt mit spektakulären Fundstücken, die von deutschen Archäologen im antiken Assur ausgegraben und auf dem Seeweg von Basra nach Berlin geschickt worden waren, dort aber erst mit zwölfjähriger Verspätung eintrafen. Der Hapag-Dampfer mit dem sehr deutschen Namen »Cheruskia« gehörte nämlich zu jenen 70 deutschen Schiffen, die bei Kriegsbeginn Zuflucht in Lissabon gesucht hatten und zwei Jahre später beschlagnahmt worden waren. Die wertvolle Fracht – darunter als wohl auffälligstes Stück eine stelengeschmückte Brunnenanlage aus dem frühen 7. Jahrhundert v. Chr. – befand sich mittlerweile in Porto. Über deren Rückgabe wurde jahrelang verhandelt.52 Die deutsche Gesandtschaft versprach sich von einem gemeinsamen Vorhaben der Akademien in Göttingen und Lissabon Rückenwind für ihr An-

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98 Römische Jahre liegen.53 Allerdings gab es immer noch Vorbehalte gegen die Deutschen. Diplomatisches Geschick und einiges Fingerspitzengefühl waren also erforderlich, um die Unterstützung der Lissabonner Akademie zu gewinnen. Dass darüber hinaus die Verhandlungen über den Verbleib der assyrischen Funde zu einem erfolgreichen Abschluss gelangten und diese endlich nach Berlin expediert werden konnten, wo sie bis heute den Besucher des Vorderasiatischen Museums beeindrucken, lag bestimmt nicht an Erdmann. Aber er konnte sein Scherflein dazu beitragen. Das alles besorgte Erdmann allein, umsichtig und so selbstbewusst, dass ihn Kehr gelegentlich zurückpfiff. In seinem gedruckten Bericht ging er nur indirekt und in höflichen Worten auf die vielfältigen Hemmnisse und Beschwernisse ein, ließ nur durchblicken, wie sehr sie ihm zusetzten, und hob hervor, dass ihm auch viel Unterstützung zuteilwurde. Kehr dagegen nahm wie immer kein Blatt vor den Mund und gab – teilweise wörtlich – weiter, was sein junger Mitarbeiter ihm mitgeteilt hatte: »[…] das eigentliche Prinzip in diesem Lande ist Unordnung nicht nur in der politischen, auch in der wissenschaftlichen Verwaltung; das andere Indolenz und Gleichgültigkeit gegen die historische Tradition. Vom Mittelalter wissen die dortigen Historiker und Archivare fast nichts mehr; sie beschäftigen sich nur noch mit den neueren ›seculos gloriosos‹ der portugiesischen Geschichte. Das große Nationalarchiv der Torre do Tumbo [sic!] in Lissabon ist ein wüstes Magazin von zum guten Teil noch ungeordneten Fonds, an die die Archivare Niemanden heranlassen.«54 Doch die Ausbeute war reichlich, die Jagd nach den Inedita erfolgreich. Ausdauer und »heroische« Selbstüberwindung vorausgesetzt, konnte man in Portugal noch »Archivabenteuer« bestehen, für die man mit Entdeckerfreuden belohnt wurde. Erdmann schwelgte in Funden und teilte gerne von seinem Finderglück etwas mit. Er nannte sich einen »eroberungsfreudigen Forscher«, für den die Arbeit mit unbekannten Schätzen »geradezu eine Lust« sei.55 Er machte sich damit Kehrs »kulturimperialistische«, auf nationale Befindlichkeiten keine Rücksicht nehmende Wortwahl56 zu eigen. Man sollte aber die Begriffe nicht auf die Goldwaage legen. Schließlich handelte es sich um eine friedliche Form der ›Landnahme‹ (so wie einst Richard Wagner »das wunderbare Venedig musikalisch in Angriff nahm« und Thomas Mann sich einmal vornahm, Jean Pauls »Flegeljahre« durch die Lektüre zu »erobern«57). Außerdem kam es Kehr nicht auf den nationalen Aspekt an, sondern ausschließlich auf den wissenschaftlichen Ertrag.

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Der aber war erheblich. Fast 160 von ihm aufgefundene und komplett edierte Papsturkunden stellte Erdmann in seinem Arbeitsbericht zusammen. Ein Großteil von ihnen war bis dahin völlig unbekannt gewesen. In einer Abhandlung für die Preußische Akademie der Wissenschaften unterzog er sie einer ersten Auswertung und führte vor, welche Aufschlüsse sich aus einem so aufwendigen Unternehmen gewinnen ließen.58 Neues Licht fiel auf die Entstehung des portugiesischen Königtums und dessen Bemühungen um Abgrenzung von den spanischen Reichen (Kastilien, León), auch und gerade in kirchlicher Hinsicht. Die schmale Monographie traf auf einen Nerv im Selbstverständnis der Republik Portugal und wurde sofort ins Portugiesische übersetzt. Die »Portugalia Pontificia« dagegen, der portugiesische Teil des Göttinger Papsturkundenwerks, ist auch heute noch ein ganzes Stück weit von ihrer Vollendung entfernt. Kehr hatte also allen Grund, zufrieden zu sein. Seine Erwartungen an den »jungen, sehr intelligenten, eifrigen, durch und durch der Wissenschaft zugewandten Mann« waren nicht nur nicht enttäuscht, sondern weit übertroffen worden. Er hatte sich vortrefflich bewährt und das verworrene portugiesische Material in eine Ordnung gebracht. Stolz nahm er für sich in Anspruch, der einzige Zeitgenosse zu sein, »der die komplizierte Geschichte der geistlichen Archive Portugals im 19. Jahrhundert im Ganzen kapiert hat«.59 Als Erdmann sich noch in Lissabon aufhielt und sich gerade intensiv mit den ungedruckten Akten des Konzils von Sahagún von 1121 befasste, bot Kehr ihm deshalb eine Stelle als »Wissenschaftlicher Hilfsarbeiter« am Historischen Institut in Rom an, die soeben frei geworden war. Er zierte sich ein wenig und nahm schließlich doch an.60 Sechs reiche römische Jahre sollten daraus werden.

Mussolinis Rom »Rom ist eine Welt«, wenn nicht die »Hauptstadt der Welt«, ein »Meer der gewaltigen Eindrücke«, denen sich kein Besucher entzieht. Da waren Goethe und Marianne Weber sich einig.61 Als Erdmann im November 1926 seinen Dienst in Rom antrat, tauchte er in ein historisch-politisches Umfeld ein, wie weltweit kein zweites zu finden war, damals noch weniger als heute. Wenige Jahre vorher hatten faschistische Milizionäre mit dem sogenannten Marsch

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100 Römische Jahre auf Rom (der so wie später behauptet gar nicht stattfand) das liberale Italien überrumpelt und die Staatsgewalt an sich gerissen. Benito Mussolini übernahm die Regierung. Binnen Kurzem baute er seine Befugnisse aus und begründete eine ganz auf seine Person zugeschnittene, schon zeitgenössisch als »Mussolinismus« umschriebene Diktatur. Gerade in den Jahren 1925/26 wurden dafür die Weichen gestellt. Gesetze und Verordnungen, die die Organisationen der Opposition auflösten, Sondergerichte einsetzten und die Verfolgung von Regimegegnern legalisierten, wurden kurz vor und nach Erdmanns Ankunft erlassen.62 Mussolini besaß Charisma (das er inszenatorisch quasi permanent unterstrich), er gab sich volksnah und hatte durchaus auch Erfolge, sowohl in der Außenpolitik als auch auf wirtschaftsund sozialpolitischem Gebiet. Dadurch erwarb er sich Zustimmung bei der Bevölkerung und Ansehen im Ausland. Hier wie da begann sich ein »Mythos« um seine Person zu legen, besonders in Deutschland. Vor allem dort ertönte der »Schrei nach dem Führer«, dem Charisma unterstellt und Größenwahn verziehen wurde.63 Das mochte ein Philosoph sein wie Martin Heidegger oder ein Dichter wie Stefan George mit ihren heimlichen Reichen. Doch am Ende richteten sich die Erwartungen auf die Politik oder etwas, was man so nannte. Die Wirren der frühen 20er-Jahre wurden als Versagen der parlamentarischen Demokratie wahrgenommen, Mussolini und der italienische Faschismus als »Nemesis für die liberale Idiotie«.64 Man verlangte nach einer »italischen Tat«65 und ahnte nicht, wie rasch und wie radikal Begriffe wie »Führer« und auch »Tat« umdefiniert würden, um schließlich die Zerstörung der deutschen Demokratie zu besiegeln. Zudem verstand es Mussolini, die Ansprüche konkurrierender Machtzentren gegeneinander auszubalancieren. Obwohl er (ebenfalls seit 1925) den Titel des »Duce« führte, blieb der König formell und protokollarisch das Staatsoberhaupt in einer konstitutionellen Monarchie. Einen spektakulären Coup aber landete Mussolini mit dem Abschluss der Lateranverträge mit dem Vatikan. Da die italienischen Zeitungen über den Verlauf der Verhandlungen nicht berichten durften, war der Effekt umso größer. Sechs Jahrzehnte, seit der Beseitigung des Kirchenstaats 1870, hatten die Päpste in stummem Konflikt mit dem italienischen Staat ausgeharrt. Durch die Schaffung des Vatikanstaats wurde die »römische Frage« gelöst, Staat und Kirche waren miteinander versöhnt. Die italienischen Katholiken (also nahezu die gesamte Bevölkerung) sahen sich von einem lastenden Dilemma befreit. Erst durch die Verträge

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wurde es wieder möglich, »zugleich ein loyaler Italiener und ein guter Katholik zu sein«.66 Ein begeisterter Beobachter aus dem Ausland hob darüber hinaus die symbolische Bedeutung des Geschehens hervor: »die ästhetisch grossartigste Verwirklichung der konservativen Idee […], die sublimste Vergeistigung des ­Territorialprincips«. Dass »das ›Tempo‹ besiegt wird von der Dauer, die Börsen- und Jazzwelt von einer spirituellen Macht, die materialistische Politik von einem Priester«, fand er »erhebend und mitreissend«.67 Mussolini hatte sich in nächtelangen Sitzungen persönlich für das Vertragswerk engagiert, weil er gerade diesen Erfolg brauchte. Der Papst glaubte, in ihm einen Mann zu erkennen, den die »Vorsehung« geschickt habe.68 Die drei Machtzentren kooperierten also und belauerten sich. Zudem lagen sie dicht beieinander. Der »Duce« residierte zunächst im Palazzo Chigi, dann im Palazzo Venezia an der gleichnamigen Piazza, der König im Quirinalspalast über der Altstadt, der Papst auf der anderen Seite des Tibers. Die römische Topographie gab sozusagen den von Mussolini eingerichteten und geschickt moderierten »Herrschaftskompromiss«69 wieder. Carl Erdmann hatte sechs Jahre Zeit, sich in die Verhältnisse einzuleben. Es waren jene Jahre, in denen dem »Duce« zu gelingen schien, was immer er anpackte: Die Krise des Jahres 1924, als die Ermordung des sozialistischen Oppositionsführers Giacomo Matteotti das politische Italien erschütterte, erlebte Erdmann nicht, und als Mussolini mit dem Überfall auf Äthiopien seinen Untergang einleitete, hatte er das Land längst verlassen. Gerne wäre er länger geblieben. Keineswegs haben ihn die politischen Zustände belastet. Vielmehr war er bereit, zwischen dem »Duce« auf der einen und den faschistischen Milizen auf der anderen Seite zu unterscheiden. Als er Jahre später als Dolmetscher in Albanien eine Abteilung mit italienischen Soldaten zu betreuen hatte, wunderte er sich, wie gut er sich mit ihnen stellte, »obwohl es sich um eine Schwarzhemden-Truppe handelte«.70 Den Sturz des »Duce« dagegen hielt er für eine »echte Tragödie«; denn dieser habe sich »vor seinem Lande und vor der Geschichte« einen »guten Namen« erworben.71 Dabei standen ihm sowohl die eigenen Eindrücke wie die allgemeine Meinung über Mussolini in den 20er- und frühen 30er-Jahren vor Augen. Gerade in Deutschland bestand großes Interesse an dem Mann, der ein alternatives und sogar überlegenes Regierungssystem zu vertreten schien.72 Auch für die korporative Wirtschaftsverfassung, die ab 1925 in Italien wenigstens theore-

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102 Römische Jahre tisch bestand, konnte man angesichts eigener desaströser Erfahrungen Sympathien aufbringen.73 Begeisterte Zustimmung, vorsichtige Skepsis und entschiedene Ablehnung hielten einander die Waage. Doch gerade bei den Intellektuellen überwog Faszination.74 Wer also über genügend Ansehen und die entsprechenden Verbindungen verfügte, bemühte sich um eine Audienz beim »Duce«, um Klarheit zu gewinnen und sich womöglich einen authentischen Eindruck von dessen »Genie« zu verschaffen. Ausgerechnet ein Mediävist, der Berliner Privatgelehrte Ferdinand Güterbock, eröffnete den Reigen. Schon 1923 hatte er ein euphorisches Büchlein über Mussolini und den Faschismus geschrieben und sich damit ein persönliches Gespräch verdient.75 Zu seinem Glück emigrierte er 1937 nicht nach Italien, wo er als Jude schon ein Jahr später die neuen Rassegesetze zu spüren bekommen hätte, sondern in die Schweiz, wo er 1944 unbehelligt verstarb.76 Carl Erdmann stand also nicht allein mit seinem positiven Urteil über den »Duce«. Es ging ihm umso leichter über die Lippen, als es sich mit seiner eigenen politischen Haltung in Einklang bringen ließ. Man kann sie als nationalkonservativ bezeichnen: national, weil die Nation in Erdmanns persönlichem Wertekanon hoch oben rangierte. Wenn es sein müsse, würde er sich für sie »totschießen lassen«, schrieb er einmal in einem ungewohnten Anflug von Pathos.77 Das hatte er in seiner Familie, also durch Herkunft und Erziehung, gelernt. Gerade bei den Deutschbalten wurden, wie gezeigt, die Bindungen an das deutsche, das »theure« »Mutterland« rational und emotional gepflegt. Erdmanns Großonkel Johann Eduard hatte sich gut mit Bismarck verstanden und dessen Politik mitgetragen, worauf die ganze Verwandtschaft stolz war.78 Konservativ, weil er Traditionen nicht nur erforschte, sondern ihnen auch anhing. In seiner Familie sei es »von jeher Lehre gewesen, nur das Bewährte zu lieben«.79 Revolutionen hat er erlebt, aber sie blieben ihm fremd, sei es, dass er an ihrer Niederschlagung mitwirkte (Berlin im Januar 1919) oder vor dem »rebellischen Münchner Geist« warnte (Frühjahr 1919), sei es, dass er die Rolle eines distanzierten Beobachters einnahm (in Portugal). Was sich in Spanien ereignete, berührte ihn nicht – Hauptsache, seine Forschung wurde nicht weiter behindert.80 Ansonsten hielt er sich von der Politik fern. Wie viele andere gebildete Zeitgenossen, die den Traditionen des deutschen Idealismus folgten, suchte er einen Standpunkt jenseits der Parteien und über den Niederungen des politischen Alltagsgeschäfts und so wenig wie diese sah er ein Risiko darin. Sich mit

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Politik zu befassen, hätte auch Erdmann als Zeitverschwendung betrachtet.81 Da er sich so selten in Deutschland aufhielt, bekam er von den Turbulenzen der Weimarer Republik wenig oder nur indirekt etwas mit. An Wahlen nahm er offenbar nicht öfter als zweimal teil: an den Wahlen zur Nationalversammlung 1919 und am zweiten Wahlgang der Reichspräsidentenwahl 1925, als er den Kandidaten des »Reichsblocks«, das Kriegsmonument Hindenburg, wählte. Die Warnung eines Namensvetters, dass ein großer Feldherr nicht auch ein bedeutender Staatsmann sein muss, hat ihn offensichtlich nie erreicht. Umso weniger traute er den politischen Parteien zu; er hielt sie je länger je mehr für »bankrott«.82 Dass sie in Italien (mit Ausnahme einer einzigen) von der Bildfläche verschwunden waren, wird ihn nicht sonderlich gestört haben.

Der Forschung hingegeben Erdmann empfand für Mussolini Respekt, fühlte sich aber zu den Schätzen des Vatikans hingezogen. In Archiv und Bibliothek hatte er regelmäßig zu tun und genoss mit der Zeit dort so viel Vertrauen, dass er auch Informationen aus informellen Kanälen erhielt. So war er über die Verhandlungen, die zu den Lateranverträgen führten, besser unterrichtet als die römische Bevölkerung; denn die Zeitungen durften nicht darüber berichten.83 Auseinandersetzungen zwischen dem Vatikan und dem Palazzo Venezia nahm er aufmerksam zur Kenntnis und behielt sie lange im Gedächtnis.84 Er nahm an den Geschehnissen Anteil, ließ sich aber nur nebenher auf sie ein. All die Jahre blieb er so, wie es Kehr prognostiziert hatte: durch und durch der Wissenschaft ergeben. Erdmanns dienstliche Aufgaben waren vielfältig. Dazu gehörten: projektgebundene und eigene Forschung, Recherchen für auswärtige Wissenschaftler, Betreuung von Gästen, Literaturberichte für die hauseigene Zeitschrift und deren Drucklegung, Pflege der Institutsbibliothek, zunehmend auch die allgemeine Verwaltung des Instituts. Manchmal schrieb er ganze Urkunden für andere ab oder er ließ Fotografien von den Originalen anfertigen. Die Recherchen konnten aufwendig ausfallen, viel »undankbarer Kleinkram« war zu erledigen.85 »Man wandelt nicht ungestraft unter Palmen«: So wog ein jüngerer Mitarbeiter die offenkundigen Vorzüge des Instituts gegen die lästigen Verpflichtungen ab.86 Die Kontakte zum Vatikan und zu den beiden deutschen

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104 Römische Jahre Botschaften, der »schwarzen« beim Vatikan, der »weißen« beim Quirinal, mussten ebenso gepflegt werden wie die Verbindungen zu den anderen wissenschaftlichen Instituten in Rom. Auf Letzteres legte Kehr keinen Wert; es hinderte ihn nur an der Arbeit. Mit Argwohn beobachtete er, was sich in anderen Instituten alles tat. An geistreichen Gesprächen, wie sie bei Tee-Empfängen in der Bibliotheca Hertziana geführt wurden, hatte er keinerlei Interesse.87 »Hier wird nicht repräsentiert«, soll an der Pforte des Historischen Instituts gestanden haben.88 Aber die Mitarbeiter veranstalteten sogenannte Adunanzen, bei denen zahlreiche Gäste erschienen (Kehr jedoch fernblieb), und sie beteiligten sich an den Treffen der »Camerata degli Istituti di Roma«, zwanglosen Zusammenkünften, bei denen die Mitglieder der Institute ihre Forschungsergebnisse austauschten. In diesem Kreis referierte Erdmann über die Geschichte der päpstlichen Fahne, in jenem über die Politik Papst Julius’ III.89 Eine begrenzte Öffentlichkeit wurde damit erreicht. Offenbar verstanden sich die Mitglieder des Instituts nicht schlecht miteinander. Als Kehr sich weigerte, die Kosten für die »Camerata« aus dem Institutshaushalt zu bestreiten, da legten sie zusammen, um die Gäste bewirten zu können.90 Natürlich gab es Nähen und Distanzen, persönliche Vorbehalte und wohl auch Konflikte. Aber wenn ein prominenter Gast wie der Berliner Rechtshistoriker Ulrich Stutz unter ihnen weilte, saß man heiter beisammen, gemeinsame Ausflüge führten in die nähere oder fernere Umgebung und von einem Zechgelage in der Nähe des Trajansforums schickten die Mitarbeiter ».C. G. O.« (d. i. Carl Erdmann, Gottfried Wentz und Otto Vehse) einen lateinischen Gemeinschaftsbrief in künstlicher Urkundenschrift an den verehrten Direktor in Berlin: »Tag und Nacht würden sie über der Wissenschaft schwitzen« (litteris die nocteque insudantes), jetzt aber hätten sie »die Freuden des Falerner-Weins« für sich entdeckt (Falerni vini invenimus gloriam).91 Das eine wie das andere traf wohl mehr oder weniger, nicht unbedingt wörtlich, aber der Sache nach, zu. Für einen gewissen Ausgleich sorgten regelmäßige Dante-Abende, bei denen die »Divina Commedia« rezitiert wurde.92 Als Erdmann im Institut anfing, gehörten außer ihm und dem Kustoden des Hauses, dem unverwüstlich treuen Federico (»Ferruccio«) Serafini, nur Friedrich Baethgen als Kehrs Stellvertreter und Otto Vehse als »Wissenschaftlicher Hilfsarbeiter« zum Personal. Mit den Jahren kamen weitere Mitarbeiter und Stipendiaten hinzu. Ende 1929 war man zu sechst.93 Die meisten blieben

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nicht lange, sondern erlebten ihre römische Tätigkeit als Sprungbrett in eine akademische Laufbahn. Baethgen wurde Professor in Königsberg, Karl-August Fink zuerst nach Braunsberg, dann nach Tübingen berufen, Leo Just habilitierte sich in Bonn, Otto Vehse in Kiel, Hans-Walter Klewitz in Göttingen, Gerd Tellenbach in Heidelberg. Carl Erdmann hatte mit ihnen zusammengearbeitet und blieb mit den meisten in Verbindung. Zwei von ihnen sollten ihm einen Nachruf widmen und an Gerd Tellenbach gewann er sogar einen Freund. Überrascht stellte er einmal fest, dass er nun der »Zunft« angehöre. Das fand er »paradox«.94 Damit war kein Anspruch auf eine Karriere verbunden. Aber er wusste, dass er Anschluss an ein Netzwerk von ungefähr Gleichaltrigen gefunden hatte, mit denen er konkurrierte, von denen er aber auch profitieren konnte. Gegen Ende seiner Dienstzeit bedankte er sich mit einer Publikation, die er »dem Kreise der Arbeitsgefährten« widmete.95 Alles Weitere musste sich zeigen. Anfangs hatte Erdmann Sorge, nicht leisten zu können, was er leisten sollte. Sein Italienisch ließ zu wünschen übrig, weder geographisch noch historisch kannte er sich in Italien gut aus. Er wollte das nachholen, sah aber mit einer gewissen Belustigung dem »Unsinn« entgegen, den er anrichten werde.96 Die Dinge sollten sich anders entwickeln. Als häufiger, ebenso fleißiger wie gründ-

Lateinische Grußkarte der Institutsmitarbeiter C. Erdmann, G. Wentz und O. Vehse an den Direktor, Rom 1927.

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106 Römische Jahre licher Benutzer erwarb er sich Ansehen in Archiv und Bibliothek des Vatikans. In gelehrten Abhandlungen erschloss er neues Material und entwickelte ein ihm eigenes Forschungsprofil. Bei seinem Weggang wurde ihm eine »ungewöhnlich fruchtbare Tätigkeit« bescheinigt und schon bald musste man feststellen, dass es nicht gelungen sei, ihn adäquat zu ersetzen.97 Kennzeichnend für seine Arbeitsweise ist eine kleine Studie, die von einer begrenzten Fragestellung ausgeht, aber weiter reichende Perspektiven ermöglicht. Sie behandelt die Karriere eines französischen Klerikers namens Mauri-

Carl Erdmann und der Kustos des Preußischen Historischen Instituts Federico Serafini.

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tius, der als Erzbischof von Braga in Konflikte mit seinen Nachbarn geriet, sein Recht bei der Kurie suchte, sich dann aber zum Gegenpapst von Kaisers Gnaden wählen ließ und deshalb den Spottnamen »Burdinus«, »kleiner Esel«, erhielt. Schon nach drei Jahren versank er im Nichts. Gregor VIII., wie er sich nannte, blieb eine Randnotiz in der Geschichte der Päpste, für Erdmann eine »Null«.98 Noch vernichtender beurteilte ihn die kirchliche Tradition. Da er sich im Investiturstreit gegen den päpstlichen ›Mainstream‹ gestellt hatte, wurde er im Nachhinein mit den wüstesten Beschimpfungen bedacht: Ein »Götzenbild« (idolum) des Kaisers, »Pseudopapst« (pseudopapa) und »Verräter des Glaubens« (apostata), »Untier« (bestia), »Ketzermeister« (aeresiarcha) und »zweiter Arius« (alter Arius) sei er gewesen. Zur Strafe habe man ihn nackt (oder in Schafs- bzw. Bocksfellen) auf einen Esel (ein Kamel, eine alte Mähre) gesetzt, unter Schmähungen durch Rom geführt und schließlich in ein Kloster gesteckt, dessen Name (La Cava) an ein Höhlengefängnis erinnert. Denn ein »Idol« durfte die Kirche nicht regieren, konnte den Stuhl Petri nicht einnehmen. Erst für ihn wurde die Bezeichnung »Gegenpapst« (antipapa) kreiert.99 Doch dafür, für Absetzung, Entehrung und Schandrituale, interessierte Erdmann sich nicht. Alle Details sind spät bezeugt und wurden erzählerisch immer weiter ausgeschmückt. Ihm ging es vielmehr darum, den kurzen Pontifikat eines Gegenpapstes zu rekonstruieren, die Stationen seiner Laufbahn hervorzuheben, die Hintergründe und Zusammenhänge zur Anschauung zu bringen. Dazu griff er möglichst auf die Originale zurück, zog die weitere Überlieferung heran und stellte die Aufenthalte und Handlungen des »Burdinus« (mediävistisch: sein Itinerar) zu einem plausiblen Gefüge zusammen. Größtmögliche Genauigkeit war das Ziel. Den Urkunden und Briefen wurde daher immer der Vorzug vor den erzählenden Quellen gegeben. Einmal kam es sogar auf die richtige Auflösung einer Abkürzung an, um die Geschehnisse neu und zutreffend interpretieren zu können. Erdmanns mittlerweile etabliertes Netzwerk half ihm dabei, in Madrid die entsprechenden Auskünfte einzuholen.100 Man fühlt sich an Max Webers Forderung an den Wissenschaftler erinnert, »Scheuklappen anzuziehen und sich hineinzusteigern in die Vorstellung, daß das Schicksal seiner Seele davon abhängt: ob er diese, gerade diese Konjektur an dieser Stelle dieser Handschrift richtig macht«; wer dazu nicht das Zeug habe, »der bleibe der Wissenschaft nur ja fern«.101 Zweifellos hatte Carl Erdmann das Zeug dazu.

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108 Römische Jahre Freilich beließ er es nicht bei der Klärung paläographischer oder chronologischer Fragen, sondern öffnete seinen Gegenstand hin zu den allgemeinen Aspekten. Die Konflikte, die Mauritius als Erzbischof von Braga mit seinen Nachbarn auszutragen hatte, führten zur Bildung einer eigenständigen Landeskirche mit Braga als Sitz des Metropoliten.102 Er war also an der Formierung des Königreichs Portugal und dessen Abgrenzung von Spanien beteiligt und in Rom geriet er nicht nur in die stadtrömischen Rivalitäten, mit denen alle Päpste zu rechnen hatten, sondern auch in jene säkulare Auseinandersetzung, die man als Investiturstreit bezeichnet, bei der es aber um mehr ging als nur um kirchliche Investituren. Auch die Wahl von Gegenpäpsten gehörte zu den Erscheinungsformen des Konflikts. Sechs waren es, die sich dem Reformpapsttum in den Weg stellten.103 Indem Erdmann sich mit einem von ihnen befasste, verließ er den begrenzten Rahmen der portugiesischen Verhältnisse und betrat eines der zentralen Felder der mittelalterlichen Geschichte. Als Mitarbeiter Paul Fridolin Kehrs und Kenner des päpstlichen Urkundenwesens verfügte er über einen privilegierten Zugang dorthin. Die Sammlung der Papsturkunden gehörte nicht zu den Aufgaben des Preußischen Historischen Instituts in Rom. Aber es liegt auf der Hand, dass das Hauptarbeitsgebiet des Direktors auf die Tätigkeit der Mitarbeiter abfärbte. Carl Erdmann wurde mit kleineren und größeren Aufträgen behelligt und war auch an der Kampagne zur »archivalischen Eroberung« Spaniens, Kehrs »iberischem Feldzug«, beteiligt. Mehrere Wochen war er in spanischen Archiven unterwegs.104 Ermöglicht wurde das ganze Unternehmen erst durch die Unterstützung des Papstes, der sich gerade für Spanien besonders interessierte und durch ein empfehlendes Zirkular persönlich eingriff.105 Kehr selbst erlernte während seines Sommerurlaubs die spanische Sprache, repetierte bei Bergwanderungen »los verbos irregulares« und ließ sich ausnahmsweise von seiner Frau begleiten, die ihm als gelernte Fotografin in den Archiven assistierte.106 Das spektakulärste Ergebnis der Kampagne stellte jedoch nicht Kehrs gedruckte Berichterstattung für die Göttinger Akademie dar,107 sondern eine Sammlung der päpstlichen Papyrusurkunden aus dem 9.–11. Jahrhundert: 15 Diplome, im Lichtdruckverfahren auf 43 Tafeln faksimiliert und diplomatisch ediert, das Ganze im Imperial-Folio-Format (64 x 88 cm) präsentiert, Papst Pius XI. zu seinem 50. Priesterjubiläum gewidmet – ein Rekord, wie er selbst

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sagte.108 Kehr hatte dazu die Anregung gegeben, nachdem er zehn der 15 Stücke in spanischen Archiven hatte auffinden können. Wie zwei italienische und zwei deutsche Exemplare wurden sie nach Rom gebracht und dort von einem Berliner Restaurator konserviert. Carl Erdmann wird im Vorwort eher beiläufig als Bearbeiter der Texte genannt; aber aus den Briefen, die er damals verschickte, geht hervor, dass er mit der Prachtausgabe alle Hände voll zu tun hatte. Sogar um einen Käfer, der sich unter einem wellig gewordenen Papyrus aus Barcelona »eifrig tummelte«, musste er sich kümmern.109 Am Ende wurde er, Carl Erdmann, mit einer Papstaudienz und einer goldenen Medaille belohnt, wie sie Jubiläumsbesucher erhielten. Auf der einen Seite kann man den Papst als Missionum Pontifex sehen, auf der anderen die heilige Theresia vom Kinde Jesu (Thérèse von Lisieux) als Patronin aller Missionen. Er hielt sie zeitlebens in Ehren, auch wenn er sich gelegentlich über die Umstände amüsierte.110

Gedenkmedaille, wie sie Carl Erdmann von Papst Pius XI. erhielt.

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110 Römische Jahre Allen Bemühungen zum Trotz blieb die prunkvolle Ausgabe nur Stückwerk. Denn aus Frankreich waren die dort erhaltenen Papyri (immerhin zehn an der Zahl) nicht zu bekommen. Erdmann hielt sich schadlos, als er auf einer Dienstreise nach Paris einen von ihnen näher in Augenschein nahm. Es gelang ihm, was bis dahin für unmöglich gehalten wurde, nämlich den stark verblassten Text so weit zu lesen, dass die beiden erhaltenen Fragmente zu einem plausiblen Ganzen zusammengefasst werden konnten: Papst Formosus bestätigt der Abtei Saint-Denis jene Besitzungen, die ihr schon Kaiser Karl der Kahle und ein anderer Papst (Nikolaus I.) bestätigt hatten – im Jahr 893 am 15. Oktober. Das Ergebnis war so überzeugend, dass Erdmanns »scharfsinnige Studie« sofort ins Französische übersetzt und in der traditionsreichen Hauszeitschrift der École des Chartes abgedruckt wurde.111 Jahre später erinnerte sich ein früherer Stipendiat des römischen Instituts, wie Erdmann als vergleichsweise junger Mann im Kreise ausgewiesener und erfahrener Experten »fördernd in die Besprechungen eingreifen und schwierigste Entzifferungen vornehmen konnte«.112 Die wohl überzeugendste Probe seines paläographischen Könnens gab er mit der Entzifferung des Pariser Papyrus. Damit hielt er auch nicht hinter dem Berg. Erdmann wusste, was seine Mühe wert war. Vier Vormittage hatte er für diese eine Papyrusurkunde geopfert.113 Da er gleichzeitig eine wichtige Handschrift einer kurialen Formelsammlung (Marinus von Eboli), einen später nach ihm benannten Krönungsordo sowie eine Gruppe von 36 hochmittelalterlichen Briefen aus Bamberg entdeckte, die er für den »glücklichste[n] Fund« hielt, der »seit geraumer Zeit […] für die mittelalterliche deutsche Geschichte gemacht« worden sei, war er vom Finderglück berauscht, mit Stolz auf seine Leistung erfüllt.114 Die drei Monate, die er in Pariser Bibliotheken und Archiven verbringen durfte, betrachtete er als ein »Zeitalter der Entdeckungen«, das er in kürzester Zeit, aber umso intensiver durchlebte.115 Rückhaltlos teilte er auch seinem Vorgesetzten mit, was ihn bewegte. Denn noch war ihr Verhältnis zueinander von wechselseitigem Respekt und einem gewissen Vertrauen bestimmt. Größere oder kleinere Meinungsverschiedenheiten haben es freilich immer belastet. Wir erinnern uns: Kehr hielt Erdmann für eifrig und tüchtig und machte in all den Jahren an seinem Urteil keine Abstriche. Er schrieb ihm Gutachten und Zeugnisse, verschaffte ihm zunächst ein Stipendium, dann eine Stelle. Erdmann hatte bestimmte Aufgaben zu erledigen, durfte aber daneben seinen

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eigenen wissenschaftlichen Neigungen nachgehen und war deshalb stets mit Feuereifer bei der Sache. Als otia diplomatica, »diplomatische Mußestunden«, bezeichnete er einmal seine Arbeit im Vatikanischen Archiv. Damit zitierte er Kehr, der sich ebenfalls zu einer solchen Form selbstbestimmter Arbeit bekannt hatte.116 Man war sich also grundsätzlich einig. Und die gemeinsame Arbeit trug Früchte. Nicht ohne Stolz konnte Kehr in jährlichen Berichten vermelden, was sein Schützling erreicht hatte,117 und dieser war dabei, sich in der Zunft einen Namen zu machen. Als er in die Dienste eines »Wissenschaftsmagnaten«118 eintrat, hatte sein Außenseiterdasein ein Ende. Dass er seine ersten großen Werke an so noblen Druckorten wie in den Abhandlungen der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen oder der Preußischen Akademie der Wissenschaften in Berlin veröffentlichen konnte, wäre ohne Kehrs Zutun sicher nicht möglich gewesen. Wie ein »Passe-Partout« soll dessen Name gewirkt haben.119

Ein allzu selbstständiger Schützling Selbst als er in existenzielle Not geriet und monatelang als Arbeitskraft ausfiel, stand ihm der Direktor zur Seite. Kaum aus Spanien zurückgekehrt, wurde Lungentuberkulose bei Erdmann diagnostiziert, jenes »romantische Fieber«, das überhaupt nichts Romantisches an sich hatte und damals medikamentös nicht behandelt werden konnte, immer noch eine Krankheit zum Tode. Eine erbliche Belastung schien durchzuschlagen, zwei von Erdmanns Tanten waren an »Schwindsucht« gestorben.120 Anfangs schien denn auch sein Lebenswille gebrochen.121 Vier Monate lang musste er sich einer Liegekur in Arosa unterziehen – (fast) ganz ohne Arbeit, was ihm sichtlich schwerfiel. Kein »Zauberberg« und keine »nach innen gewandte Leidenschaft« (Klabund), weder ­Vergeistigung noch Selbstfindung, sondern »dauerndes Nichtstun«: Als Zeitvernichtung empfand Erdmann das Kuren und Liegen.122 Ein »Talent zum Kranksein« (Thomas Mann) verspürte er nicht; eher hätte er sich als »Lungensträfling« (Katia Mann) bezeichnet. Zum Glück dauerte sein Aufenthalt nicht lange. Obwohl immer bestritten wurde und bis heute nicht erwiesen ist, dass eine Höhenkur überhaupt etwas nützt,123 so schlug sie doch in Erdmanns Fall an: Das Husten hörte auf, er wurde gesund. Da er aber über keinen ausreichenden Versicherungsschutz für eine Behandlung in der Schweiz verfügte,

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112 Römische Jahre setzte sich Kehr dafür ein, dass er – »ein hochbegabter und ungewöhnlich fähiger Mensch« – für die Dauer der Kur in Rom beurlaubt wurde und trotzdem sein Gehalt einschließlich der Auslandszulage erhielt.124 Sogar die letzte Korrektur seines mehrere Hundert Seiten starken Archivberichts aus Portugal wurde durch den Direktor persönlich erledigt – »keine geringe Buße« sei das gewesen. Und zu einem Krankenbesuch in Arosa nahm er sich die Zeit. Auch das war keineswegs selbstverständlich und von Kehr schon gar nicht zu erwarten.125 Als Erdmann schließlich – zur »Nachkur«, wie er sich ausdrückte – in Rom wieder eintraf und meinte, Versäumtes nachholen zu müssen,126 wurde er noch eine ganze Weile von Kehr mit Schonung behandelt und zum Beispiel von anstrengenden Archivreisen dispensiert. Er hatte ihm unendlich viel zu verdanken. Trotzdem mischte sich von Anfang an ein unguter Ton in ihr Verhältnis. Das lag zunächst an Kehr, dem »Patron«. Er hatte die Eigenart, neue Mitarbeiter einer strengen Prüfung zu unterziehen. Das konnte halb scherzhaft geschehen. Aloys Ruppel zum Beispiel wurde auch »kulinarisch« geprüft und musste bei einem gemeinsamen Abendessen vor allem die Weine identifizieren. Denn das hatte Kehr bei seinem Lehrer Theodor Sickel gelernt: »Wer einen guten Wein nicht von einem schlechten, wer einen Rheinwein nicht von einem Mosel unterscheiden kann, der kann auch eine gefälschte Urkunde nicht von einer echten unterscheiden.«127 Erdmann erlebte nur den wissenschaftlichen Teil einer solchen Prüfung und zog sich auf seine Art aus der Affäre: Kehr zeigte ihm, »wie eine Papsturkunde paläographisch abzuschreiben sei und schrieb die ersten Zeilen. Als er den jungen Doktor aufforderte, mit der Abschrift fortzufahren, erwiderte dieser die Feder nehmend: und ich darf wohl auch gleich korrigieren, Herr Geheimrat?« Seitdem galt er als paläographisch versiert, und dass er sich das selbst beigebracht hatte, war in Kehrs Augen kein Manko. Man kann sich gut vorstellen, wie Erdmann augenzwinkernd seinem Freund Tellenbach die Anekdote erzählte und ihm damit vor Augen führte, welch »unbegrenzten Mißtrauens gegen die paläographische Wissenschaft der jungen Leute« ihr »verehrter Chef« sich erfreute.128 Er selbst dagegen genoss fürs Erste das Vertrauen des Direktors. Als er nach Paris auf einen weiteren »Feldzug« geschickt wurde und dort erneut reiche Funde machen konnte, sollte er einen jungen Stipendiaten beaufsichtigen und über dessen Arbeitsleistung schriftlich (»eingehend und präzise«) berichten. Erdmann wies das Ansinnen zurück, weil er mit Johannes Ramackers auf

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freundschaftlichem Fuß stand und die Beurteilung des Nachwuchses nicht als seine Aufgabe ansah. Die Reaktion war geharnischt; aber der Dritte im Bunde, Erdmanns römischer Kollege Gerhard Laehr, hatte weniger Skrupel und übernahm das unrühmliche Geschäft.129 Ramackers überwarf sich später nach Jahren des Leidens unter den Launen seines Vorgesetzten völlig mit Kehr. Er gilt als Beispiel dafür, wie wenig Verständnis dieser für die Situation seiner Untergegebenen aufzubringen vermochte. Er wusste wenig von ihnen und wollte auch nicht viel von ihnen wissen.130 Erdmanns Briefe lassen den Leser verfolgen, wie sein Verhältnis zu Kehr allmählich erodierte. Das spanische Unternehmen (vor allem, dass es liegen blieb und zu »vermodern« drohte) gab zu kritischen Nachfragen Anlass; und über die Repräsentanz wie die künftigen Aufgaben des römischen Instituts gingen die Meinungen weit auseinander.131 Auch dass Erdmann Manuskripte, die Kehr zum Druck angenommen hatte, einer scharfen Kritik unterzog oder ihn gar über einzelne Worte belehrte, dürfte das Wohlwollen des Direktors strapaziert haben.132 Nicht immer traf der »Hilfsarbeiter« den richtigen Ton. Einmal kam es zu einem Zusammenstoß und Erdmann musste sich entschuldigen, weil er wieder einmal seine »leidige Gewohnheit, jeden Widerspruch immer gleich auszusprechen«, nicht zu zügeln vermocht hatte; »einigermaßen unverschämt« sei er dabei geworden.133 Er nahm mit der Zeit eine Stellung am Institut ein, die auf die Stellvertretung des Direktors und eine gewisse Eigenständigkeit, auch in der inhaltlichen Ausrichtung der am Institut betriebenen Forschungen, hinauslief. Das ging nicht ohne Reibungen ab. Erdmann konnte von verletzendem Stolz sein und mit beißender Kritik über die Thesen anderer herfallen. Die »Sensation« (also der Tratsch) war ihm wichtig und dafür steckte er seine Nase in Dinge, die ihn nichts angingen. Als Tellenbach sich habilitiert hatte und seine Habilitationsschrift gedruckt vorlag, träumte ihm, dass Erdmann viele Fehler finden würde, und zwar nicht im Obertext, sondern in den Fußnoten!134 Das sagt eigentlich alles über ihr nicht immer spannungsfreies Verhältnis und Erdmanns zuweilen lastende Dominanz im Institut. Gleichwohl wurden »sein überragender Scharfsinn und seine Charakterstärke […] von allen bewundert«.135 Einer leitenden Hand bedurfte er nicht, der Aufsicht schon gar nicht. Einem Autokraten wie Kehr konnte das nicht gefallen.136 Für sich selbst nahm er »grenzenlosen Eigenwillen« in Anspruch; der »Wissenschaftsmagnat« entpuppt sich als »Wissenschaftsimperator«.137 Er sah aber keinen Anlass, anderen (schon gar nicht einem

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114 Römische Jahre Untergebenen) ähnliche Vorrechte zuzugestehen: Quod licet Iovi, non licet bovi. Gerne wäre Erdmann in Rom geblieben, gerne hätte er die Stelle des Zweiten Sekretärs eingenommen. Er warb für seinen Standpunkt, machte Interessen des Instituts geltend und war sich auch nicht zu schade, bei der Deutschen Botschaft und im zuständigen Berliner Ministerium zu antichambrieren. Zeitweilig schien sogar seine Verbeamtung möglich.138 Doch der »verehrte Geheimrat« war dagegen. Er beanspruchte ihn als seine »Entdeckung« und hatte Größeres mit seinem Schützling vor. Dass dieser auf dem Königsweg Karriere machen und alsbald einen Lehrstuhl erklimmen würde, hielt er für sicher.139 Erdmann dagegen gewann den Eindruck, Kehr habe nur ein einziges Ziel, nämlich zu verhindern, »dass ich zu stark die Fäden der Institutsgeschäfte in die Hand bekomme«.140 Die Gründe, die ihm genannt wurden, hielt er für »grotesk« und nur insofern für durchsichtig, als sein langjähriger Vorgesetzter nichts mehr mit ihm zu tun haben wolle. Nach seinem Weggang aber werde er »irgend einen Schwachmatikus« als Sekretär am römischen Institut einsetzen.141 Meister und Meisterschüler verstanden sich nicht mehr und redeten wenigstens zeitweise aneinander vorbei. Natürlich setzte der Direktor sich durch. Erdmann musste das Feld räumen. Den »Schwachmatikus« gab Friedrich Bock, ein Gymnasiallehrer aus Berlin-Falkensee, den Erdmann zwar wegen seines Fleißes und seiner physischen Belastbarkeit schätzte, aber intellektuell nie ernst nehmen konnte. Das ließ er ihn wissen, indem er eine von Bocks Publikationen zerpflückte und auch noch scheinheilig fragte: »Ärgert Sie so etwas?« Und als Bock als Redakteur der Institutszeitschrift auf ein mangelhaftes Manuskript hereinfiel, meinte Erdmann hämisch dazu: »Sowas wäre zu meiner Zeit nicht vorgekommen.«142 Genau zehn Jahre später rief er sich die Geschehnisse noch einmal in Erinnerung und trauerte seiner römischen Vergangenheit nach. Nach wie vor war er der Meinung, man habe ihn damals gewaltsam vertrieben.143 Die Wunde ging tief und wollte sich nicht schließen.

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DIE ENTSTEHUNG DES KREUZZUGSGEDANKENS Erdmanns römische Tätigkeit ermöglichte ihm nicht nur ein bescheidenes, aber auskömmliches Leben, sondern bot ihm auch alle Voraussetzungen für ein reiches wissenschaftliches Dasein. Nicht einmal die römischen Kunstschätze konnten ihn davon abhalten. An den Rundgängen und Ausflügen der Mitarbeiter beteiligte er sich zwar; immer aber stand die wissenschaftliche Arbeit im Mittelpunkt seiner Interessen. Einmal soll er sogar einen Urlaub »zwischen den Jahren« abgebrochen haben, um in der Institutsbibliothek »seinen Lastern zu frönen«.1 So sehr identifizierte er sich mit den Forschungen, denen er dienstlich und »privat«, also aus eigenem Antrieb, nachging. Dem Institut, der Bibliothek, seinen dienstlichen Aufgaben galt seine ganze Energie. Er arbeite für zwei, meinte Chroust, sein Würzburger Lehrer, dem er von seiner Tätigkeit erzählt hatte.2 Dass er in Rom eine dauerhafte Beschäftigung anstrebte, lässt sich gut verstehen.

Würzburg oder Berlin? Gleichzeitig verfolgte Erdmann das Ziel, sich an einer deutschen Universität zu habilitieren und jenen akademischen »Hasard« zu riskieren, von dem Max Weber vor nicht allzu langer Zeit in einem berühmten Vortrag gesprochen hatte. Allerdings kam er offenbar nicht selbst auf diese Idee, sondern wurde von Chroust dazu gedrängt. Denn auch damals ehrte eine gelungene Habilitation nicht nur den Habilitanden, sondern auch den Betreuer. Förderung und Vereinnahmung greifen dabei ineinander. Im Herbst 1926 (Erdmann war noch für Kehr in Portugal unterwegs) ist davon erstmals die Rede und bis in den Sommer 1928 galt Würzburg als die »sichere« Variante. Erdmann hielt sich die Option offen, indem er dem zweiten Würzburger Ordinarius, Max Buchner, Sonderdrucke seiner Publikationen zuschickte.3 Dann aber geriet die Aussicht auf eine Berliner Habilitation in den Blick. Kehr, der über Chrousts und Erdmanns Überlegungen immer informiert war, trat dafür ein. Da die

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116 Die Entstehung des Kreuzzugsgedankens damalige Friedrich-Wilhelms-Universität unbestritten und mit Abstand den ersten Rang unter den deutschen Universitäten einnahm und Würzburg nur einen Platz im Mittelfeld belegte, sprach für diese Variante das größere Prestige. Denn auch Erdmanns persönlicher Ehrgeiz spielte eine Rolle. Chrousts Warnungen vor den höheren Ansprüchen in der Hauptstadt fruchteten nichts.4 Würzburg verlor rasch an Attraktivität, Berlin setzte sich durch. Freilich waren beide Optionen, Würzburg so gut wie Berlin, mit Risiken verbunden. Erdmann und seine beiden »Patrone« mussten sich daher genau überlegen, wie man vorgehen sollte. Denn erstens waren die Konstellationen in den betreffenden Fakultäten zu bedenken. Chrousts Streitereien mit Buchner standen einer Förderung Erdmanns im Wege. Er sah sich sogar mit der ›Zumutung‹ konfrontiert, zuerst einen Kandidaten der Gegenseite, »einen ganz unbedeutenden Gymnasiallehrer«, passieren lassen zu müssen.5 Es wäre nicht ungewöhnlich gewesen, wenn die Rivalität der Ordinarien auf dem Rücken der Kandidaten ausgetragen worden wäre. Das gab es und gibt es bis heute. Glücklicherweise sollte es nicht dazu kommen. In Berlin lagen die Dinge günstiger, zumal die Neubesetzung mehrerer Lehrstühle anstand. Kehr hatte großen, aber keinen unbegrenzten Einfluss. Er wollte daher abwarten, bis einer seiner Göttinger Schüler, Karl Brandi, den Ruf erhalten würde. Dieser aber zog es vor, in Göttingen zu bleiben.6 Schließlich bekam Erich Caspar aus Freiburg den Lehrstuhl und das erwies sich als Glücksfall für Erdmann. Denn Caspar hatte sich vor Jahren als Kehrs Mitarbeiter in Süditalien bewährt, sah sein Hauptarbeitsgebiet in der Geschichte der Päpste und pflegte einen ähnlichen Arbeitsstil wie Erdmann: quellenorientiert, exzessiv gründlich, systematisch vom Einzelfall zur Darstellung voranschreitend. Seine unvollendete, bis zur Mitte des 8. Jahrhunderts reichende »Geschichte des Papsttums« (2 Bde., 1930/33) ist auf ihre Art bis heute unübertroffen.7 Caspar nahm sich also des Habilitanden Erdmann an, drängte ihn, endlich eine Habilitationsschrift einzureichen, und unterstützte ihn bis zum erfolgreichen Abschluss des Verfahrens. Dass der junge Mann einmal eine forsche Rezension über eines seiner Bücher geschrieben hatte, übersah er großzügig (oder er hatte es vergessen).8 Doch Erdmanns Absicht, sich zu habilitieren, rief nicht nur akademische, sondern auch ganz profane, praktische Probleme hervor: Wie sollte er eine Lehrverpflichtung in Würzburg oder Berlin mit seiner Tätigkeit in Rom verbinden? Chroust meinte, er könne sich jeweils für drei Monate in Rom be-

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urlauben lassen, und wunderte sich, dass Kehr widersprach.9 Außerdem und vor allem: Wovon sollte Erdmann seinen Lebensunterhalt bestreiten und dazu noch seine Mutter unterstützen? In Rom hatte er ein Einkommen. Weder in Würzburg noch in Berlin konnte ihm jemand etwas Vergleichbares anbieten. Mit einer gewissen Penetranz wies er regelmäßig darauf hin, dass er einer »Fütterung«10 bedürfe, sei es in Form eines Stipendiums, sei es durch eine Anstellung an einem Forschungsinstitut oder durch zu erwartende Kolleggelder. Herkömmlich hatte der habilitierte Dozent sich selbst zu finanzieren und musste unter Umständen eine längere Durststrecke in Kauf nehmen. Das gehörte eben zum akademischen »Hasard«. Doch Erdmann verfügte weder über eigenes noch über elterliches Vermögen und konnte sich das sprichwörtliche Elend des Privatdozenten nicht leisten.11 Nur Kehr hatte er es zu verdanken, dass er zunächst mit kurzfristigen Mitteln, dann bescheiden, aber wenigstens kalkulierbar über die Runden kommen konnte. Erneut stand er tief in dessen Schuld.

Militia sancti Petri Erdmann trug sich also früh mit dem Gedanken an eine Habilitation, er machte sich aber nicht sogleich an die Arbeit. Als das Manuskript der Habilitationsschrift endlich komplett vorlag, blickte er auf 5 ½ Jahre intensiver, aber immer wieder unterbrochener Forschung zurück, kein gutes Beispiel, wie er fand. Anfang 1929 hatte er mit der Arbeit begonnen und der Gegenstand stand von Anfang an fest: »Militia s. Petri, alias das Papsttum und der heilige Krieg im 11. Jahrhundert«.12 Wie in der Dissertation ging es um die frühe Geschichte der Kreuzzugsidee, nun aber auf den Anteil der Päpste bezogen. Erdmanns jetzt schon mehrjährige Beschäftigung mit der Papstgeschichte schlug sich darin nieder. Er hat zwar immer penibel zwischen seinen dienstlichen Pflichten und seiner »Privatarbeit« unterschieden; aber Kehr ließ ihn gewähren, weil er eigenständige Forschung durchaus schätzte, und von den Bedingungen in Rom hat die Arbeit zweifellos erheblich profitiert: von der (nicht nur räumlichen) Nähe zum Vatikan, von den Forschungsmöglichkeiten am Ort sowie von der Atmosphäre im Institut. Gerd Tellenbach hat später erzählt, dass es der Traum der Mitarbeiter gewesen sei, das verschollene Register der Briefe und Urkunden Urbans II. zu finden, also jenes Papstes, mit dessen Auf-

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118 Die Entstehung des Kreuzzugsgedankens rufen der Kreuzzugsgedanke Wirklichkeit wurde. So sehr beschäftigte das Thema sie alle. Freilich vergebens: Bis heute konnten nur Spuren des Registers identifiziert werden und dabei wird es wohl bleiben.13 Durch Tellenbach weiß man auch, dass Erdmann das Buch ursprünglich zweien seiner Vorbilder widmen wollte: Friedrich Meinecke (vielleicht weil er mit ihm die geistesgeschichtliche Fragestellung teilte) und Paul Fridolin Kehr.14 Aber da sich sein Verhältnis zu Kehr immer mehr eintrübte und sich die Drucklegung immer weiter verzögerte, zog er mit Bedacht eine andere Widmung vor, die zu den mittlerweile völlig veränderten äußeren Umständen Stellung nehmen sollte. Doch dazu später. Das Buch wurde schließlich unter dem Titel »Die Entstehung des Kreuzzugsgedankens« publiziert. Vermutlich ging der neue Titel auf die Wünsche des Verlags zurück. Denn fremdsprachige, vollends elitär lateinische Titel schienen im Jahr 1935 nicht mehr opportun.15 Auf Titelblatt und Einband machten sich also die Zeitverhältnisse geltend. Aber schlecht gewählt waren die Worte nicht, wie der über Jahrzehnte hinweg anhaltende Erfolg des Buches zeigt. Dass ein lateinischer Titel den gleichen Effekt gehabt hätte, darf man bezweifeln. Das Buch bewegt sich zwischen zwei Brennpunkten: dem Gedanken des heiligen Kriegs und der Kirchenreform des 10. und 11. Jahrhunderts. Dass es einen Zusammenhang gab, hätte auch damals, als es publiziert wurde, wohl niemand bestritten. Aber dass sich Erdmann dafür auf Ranke berufen konnte, ließ ihn nicht nur erneut seine Wertschätzung des Altmeisters bekunden; schließlich habe der schon alles Wesentliche gesagt.16 Es gab ihm gleichzeitig Gelegenheit, einen unzureichenden Forschungsstand zu konstatieren: Nur »irgendwie« sei der Zusammenhang erfasst und schon gar nicht begründet worden.17 Es gehe um das Thema »Kirche und Krieg«, also um eine Grundfrage der spätantik-mittelalterlichen Geschichte. Entsprechend weit müsse man ausholen, um die Weichenstellungen des 10. und 11. Jahrhunderts erklären und angemessen einordnen zu können. Deren Abschluss bildete der Kreuzzugsgedanke. Aber von Anfang an stand für Erdmann fest, dass die »eigentlichen« Kreuzzüge mit ihrer Zielrichtung auf Jerusalem und das Heilige Land nur eine besonders augenfällige, aber keineswegs die einzige Form des christlich legitimierten Heidenkriegs darstellten. Christliches Rittertum musste sich nicht ausschließlich in Palästina vollenden. Die Ketzerkreuzzüge des 13. Jahrhunderts seien keine »Abirrungen« oder gar »Entartungen«, son-

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dern von Anfang an mitgedacht worden.18 Der enge Kreuzzugsbegriff, der noch der Dissertation zugrunde gelegt war, hatte sich mit der Erweiterung des Gegenstands und der Perspektive erledigt. Die Vorgeschichte des Kreuzzugsgedankens, von der Erdmann einleitend handelt, reicht somit weit zurück. Sie hat auch zunächst nichts mit heiligen Kriegen, schon gar nichts mit Kreuzzügen zu tun, sondern nahm vom Begriff des »gerechten Kriegs« (bellum iustum) ihren Ausgang. Der heilige Kirchenvater Augustinus hatte die Weichen gestellt, weitere prominente Autoren ergriffen das Wort. Sie alle trieb eine Grundfrage christlichen Denkens und Handelns um: Durfte ein Christenmensch Waffengewalt ausüben und in welchem Umfang sollte die Kirche an Kriegen teilnehmen können? Gab es für Kriegerheilige wie Georg, Demetrius oder Mauritius überhaupt einen Platz im christlichen Glauben? Oder sollte man dem Beispiel der Thebaischen Legion folgen, die den Gehorsam verweigert und deshalb komplett das Martyrium ­erlitten hatte? In dem Maße, in dem die Kirche zur Reichskirche wurde und sich das Christentum mit den weltlichen Notwendigkeiten arrangierte, trat der zweite Standpunkt hinter den ersten zurück. Ein Konsens schälte sich allmählich heraus: Ein Krieg durfte als gerecht, die mit ihm verbundene Gewalt als legitim gelten, wenn er ausschließlich zu Zwecken der Verteidigung diente, und wenn er zur Verteidigung des Christentums bzw. der Kirche diente, dann konnte er als bellum Christi oder als ein bellum deo auctore bezeichnet werden. Als Gotteswerk wurde ihm eine gewisse geistliche Weihe zuteil. Erdmann operierte mit einem weit gefassten Begriff vom heiligen Krieg. Als ein solcher könne »jeder Krieg gelten, der als religiöse Handlung aufgefaßt oder sonst zur Religion in eine direkte Beziehung gesetzt wird«. »Gewaltanwendung um der Religion willen« sei sein entscheidendes Merkmal.19 Das kann man als undifferenziert bemängeln und obendrein einwenden, dass es lange Zeit im lateinischen Schrifttum keine Bezeichnung für den heiligen Krieg gab. Erst im späteren und ausgehenden 11. Jahrhundert wurden sancta bella, und zwar immer gegen die Feinde der römischen Kirche, in Erwägung gezogen.20 Wie später im Fall der Kreuzzüge klaffte die Kluft zwischen Phänomen und Benennung weit auseinander. Als wenige Jahre später Otto Brunner verlangte, mittelalterliche Verhältnisse allein mit den zeitgenössischen Begriffen zu beschreiben, hätte auch Erdmann sich herausgefordert fühlen müssen. Doch dazu hat er nie Stellung bezogen. Ihm war es darum gegangen, all jene Faktoren zu benennen, die zunächst auf die Rechtfertigung, dann die

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120 Die Entstehung des Kreuzzugsgedankens Heiligung der Kriegführung hinwirkten und schließlich in die gedankliche Begründung der Kreuzzugsbewegung einmündeten. Erdmanns Untersuchung bricht dort ab, wo die Kreuzzüge im herkömmlichen Sinn einsetzten. Sie nimmt nicht nur deren schriftliche Begründungen in den Blick, sondern auch die Symbole und Praktiken, die den religiösen Charakter eines Kriegs für jedermann sichtbar machen sollten – Fahnen zum Beispiel. Damit betrat er ein Forschungsfeld, das von der Mediävistik bis dahin wenig beachtet worden war, aber seinerzeit Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen begann. Man denke nur an Percy Ernst Schramms Studien zu den Bilddenkmälern und Herrschaftszeichen der römisch-deutschen Kaiser, die durch seine engen Verbindungen zu Aby Warburg und seinem Kreis angeregt worden waren.21 Erdmann zitierte Schramm eifrig, ließ sich von ihm beraten und wusste, dass er sich auf einem ungewöhnlichen Weg befand: »Fahnen […] mal was anderes!«, schrieb er an einen ihm nahestehenden Kollegen.22 Schon früher hatte er über Fahnen als Feld- und Herrschaftszeichen geforscht, etwa indem er das Aussehen der alten Kaiserfahne bestimmte und diese mit den päpstlichen Fahnen verglich.23 Dadurch wurde er nicht zum Vexillologen, wie man die Vertreter einer hilfswissenschaftlichen Subdisziplin nennt. Vielmehr nutzte er deren Potenziale, um zu zeigen, wie weltliche Zeichen mit geistlichem Sinn aufgeladen werden konnten. Schließlich stand am Anfang der christlichen Reichsgeschichte eine Fahne: Konstantins Labarum, das das Christusmonogramm trug. Erst recht, nachdem sich das Christentum im Römischen Reich und den Nachfolgereichen konkurrenzlos durchgesetzt hatte, wurden Fahnen gesegnet, Kirchenfahnen in die Schlacht getragen, geweihte Fahnen erbeten, Heilige als Fahnenträger dargestellt und deren Zeichen wundertätige Wirkungen zugeschrieben. Erdmann ging so weit, nicht in gelehrten Erörterungen oder kirchlichen Vorschriften, sondern »im Reiche der Symbole« den »entscheidende[n] Schritt zur Ausbildung des heiligen Krieges« zu erkennen.24 Als dann die Teilnehmer an den Kreuzzügen sich unter eine Kreuzesfahne (vexillum crucis) scharten, durften sie sich in einer weit zurückreichenden und deshalb selbstverständlichen Tradition sehen. Die Kirche konnte sogar selbst in Kriegen aktiv werden, nämlich dann, wenn es darum ging, den allgemeinen Frieden zu sichern, so geschehen im Verlauf der Gottesfriedensbewegung in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts. Erdmann spricht von »Friedenskriegen«, die mit »Friedensmilizen« gegen »Friedensverweigerer« geführt wurden.25 Der Geistlichkeit ging es vor allem

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darum, den weltlichen, zum Kriegshandwerk berufenen Adel auf eine christlich definierte Ordnung zu verpflichten und normierenden Einfluss auf sein Handeln zu nehmen. Die Kirche erstrebte eine »vertiefte Durchdringung der Welt mit [ihren] sittlichen Grundsätzen« und zeigte sich ihrerseits bereit, ihre Haltung zum Krieg und zum Kriegerstand einer weiteren »Revision« zu unterziehen.26 Das weltliche Ritual der Schwertleite wurde in eine geistliche Ritterweihe überführt, das Ideal eines christlichen Rittertums nahm allmählich Gestalt an. Erdmann zitierte einen französischen Autor, der schon am Ende des 10. Jahrhunderts verlangt hatte, dass christliche Krieger sich nicht untereinander bekämpfen, sondern »ihre Waffen gegen die Feinde der Kirche kehren« sollten.27 Der Heidenkrieg wurde hier also gefordert, und zwar mit ausgesprochen offensiver Zielsetzung. Ein Überblick über die dafür infrage kommenden Schauplätze (Spanien, Italien, östlich der Elbe) ergab jedoch kein geschlossenes Bild: »Von einem gleichmäßigen christlich-kriegerischen Expansionsdrang gegen das Heidentum« sei »noch keine Rede«. Erst das Reformpapsttum habe in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts Heidenkrieg und frommes Rittertum zusammengeführt.28 Man kann Erdmanns Buch in zwei ungleiche Hälften aufteilen. Die erste handelt von den Grundlagen, deren der Kreuzzugsgedanke bedurfte, um in Erscheinung zu treten, die zweite vom Wirken der Reformpäpste, das den Gedanken in die Wirklichkeit überführte. Drei von ihnen ziehen alle Aufmerksamkeit auf sich: Leo IX., mehr noch Gregor VII. und natürlich Urban II., mit dem die kanonisierte Kreuzzugsgeschichte beginnt. Leo kommt immerhin das Verdienst zu, als erster Papst über eine eigene Truppe verfügt zu haben, die unter päpstlicher Flagge für die Reform der Kirche kämpfte. Ihre Toten wurden als Märtyrer betrachtet. Den Lebenden wurde der Erlass von Bußstrafen, also Ablass, in Aussicht gestellt. Für Erdmann war Leo ein »kriegerischer Hirte« und »Eiferer für die Reform« zugleich, »der erste Papst, der grundsätzlich seine Kriege aus der Religion herleitete, sie mit den Geboten der Kirche in Einklang brachte und den kriegerischen Geist des Heeres mit kirchlichem Sinn durchdrang«.29 Aber Leo regierte nicht lange, sodass die weiteren Schritte auf dem von ihm eingeschlagenen Weg von seinen Nachfolgern gegangen wurden. So wurde ein spanischer Feldzug in Formen geführt, die ihm in der Forschung das Attribut eines »Vorkreuzzugs« eintrugen.30 Denn es handelte sich um einen Heidenkrieg mit päpstlicher Unterstützung, gefördert durch den Erlass von Bußstrafen.

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122 Die Entstehung des Kreuzzugsgedankens Mehr noch trieb Gregor VII. die Entwicklung voran. Welche Rolle er spielte, gibt Erdmanns Buch schon in den Proportionen wieder: Vier von zehn Kapiteln sind seinem Pontifikat vorbehalten. Dabei gehörte Erdmann nicht zu Gregors Verehrern. Er nannte ihn den »kriegerischste[n] Papst, der je auf Petri Stuhl gesessen hat«,31 und ließ nie einen Zweifel daran, dass er das für ein Übel hielt, nicht für eine Tugend. Bis in seine Sprache hinein habe sich Gregors streitbares Denken bemerkbar gemacht. Das Bibelwort: »Verflucht, wer seinem Schwerte das Blut missgönnt« (Jeremia 48,10) habe er besonders gerne zitiert.32 Die wenig früher formulierte Zwei-Schwerter-Lehre, deren eines der Papst, das andere der Kaiser zu führen habe, stand ihm zwar vor Augen; aber er wollte notfalls beide gebrauchen, das geistliche und das weltliche zugleich. Erdmann hielt das alles für überspannt, und dass eine Frau, die Gräfin Mathilde von Tuszien, sich rastlos in Kriegen für die Kirche verzehrte, schien ihm geradezu »unnatürlich« zu sein.33 Doch ungeachtet der weltanschaulichen Distanz, die Erdmann an den Tag legte: Seine symbol- und ideengeschichtlichen Untersuchungen zeigen, worin Gregors Beitrag zur Entstehung des Kreuzzugsgedankens bestand. Denn einerseits setzte er fort, womit seine Vorgänger begonnen hatten, als sie verbündeten Herrschern »Petersfahnen« verliehen. Erdmann nimmt sogar an, dass Gregor schon als Archidiakon Hildebrand daran »hervorragend beteiligt« war.34 Andererseits verstand er das Feldzeichen als Symbol einer »Ritterschaft des hl. Petrus« (militia sancti Petri), die er dem weltlichen Adel empfahl. Für Erdmann war das »der zentralste Begriff«.35 Denn mit ihm kam völlig Neues zum Ausdruck. Hatte bis dahin nur das certamen spirituale des Asketen, der geistliche Kampf im Kloster, als militia Christi gegolten, so propagierte Gregor auch und vor allem den wirklichen Krieg im Namen und Interesse der römischen Kirche als Dienst an Gott. Er dachte dabei vor allem an deren Feinde im Inneren, an Schismatiker und Ketzer. Aber auch ein Feldzug gegen die Muslime im Nahen Osten war geplant. An Gregors Unbedingtheit schieden sich die Geister. Seine Gegner warfen ihm vor, die Belange von Kirche und Welt zu vermischen. Der Papst habe den Menschen »ein Fenster der Bosheit« geöffnet.36 Seine Anhänger dagegen hielten einen Krieg gegen Ketzer und Schismatiker für legitim. Einer von ihnen verstieg sich sogar dazu, ein Bibelwort (Matthäus 5,10) in sein genaues Gegenteil zu verkehren und dafür die Autorität des Kirchenvaters Augustinus in Anspruch zu nehmen: »Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen Verfolgung

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ausüben.«37 So tief und so radikal hatte sich der Gedanke der Gewaltausübung durch und für die römische Kirche in die allgemeine Debatte eingegraben. Erdmann sprach – wiederum in Anlehnung an Ranke – von einer »hierarchischen Kreuzzugsidee«.38 Gleichzeitig habe sich das »populäre«, ritterliche Verständnis eines heiligen Kriegs weiter verfestigt. Das zeige sich etwa in der zunehmenden Verehrung von Ritterheiligen (Georgs vor allem) oder in Heldenepen wie dem Rolandslied, das den Heidenkrieg christlich verklärte und dafür geistlichen Lohn versprach. Der Krieg gegen die Heiden stand denn auch im Fokus des sich entfaltenden ritterlichen Ethos. Der innerkirchliche Kreuzzug, den Gregor favorisierte, spielte hier allenfalls marginal eine Rolle. Mit dem Heidenkrieg aber ließ sich zwanglos die Wallfahrt ins Heilige Land verbinden: »Der Gedanke eines abendländischen Kriegszugs auf Jerusalem war im 11. Jahrhundert nichts Unerhörtes.«39 Für Gregor VII. war ein solches Unternehmen nicht wirklich von Belang. Über ein Planspiel ging sein Interesse nicht hinaus. Aber sein Nachfolger Urban II., weniger dogmatisch veranlagt und zu Konzessionen an die Kritiker bereit, fasste militia sancti Petri und Heidenkrieg zu einem allgemeinen Kreuzzug zusammen. Seine Herkunft aus Frankreich, wo die Gottesfriedensbewegung entstanden war und schon die spanischen Heidenkämpfe viel Zuspruch erhalten hatten, habe ihn für den Kreuzzugsgedanken geradezu »prädestiniert«.40 Mit »unvergleichlicher Geschicklichkeit«41 habe er den Zeitgeist erfasst und auf ein besonders attraktives Ziel hingelenkt. Indem er die Jerusalemsehnsucht der Wallfahrer ansprach und sie mit der Gewaltbereitschaft der Kreuzfahrer verband, sei die Heilige Stadt zum »Marschziel« geworden; aber »Kriegsziel« sei der Sieg über die Muslime geblieben.42 Indem er einen von P. F. Kehr bei seiner »Eroberung« der spanischen Archive entdeckten Kreuzzugsaufruf neu datierte und erstmals interpretierte, hob er die Gleichwertigkeit der Kriegsschauplätze Spanien und Palästina hervor.43 Hier wie dort seien jene Kernelemente zu finden, die die Kreuzzüge in ihrer kompletten Form kennzeichnen sollten: geistliche Führung, innerer Friede, Ablass, Kreuznahme und Fahnenweihe. Urban hatte also an Traditionen angeknüpft und gleichzeitig etwas Neues geschaffen. Daraus habe sich ein »Ineinander von historischer Kontinuität und Revolution« ergeben, »wie es den bewegenden Ereignissen der Weltgeschichte eigen ist«.44 Mit diesen lapidaren, fast schon banalen Worten endet das Buch.

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Wie ein Klassiker entsteht Es fällt nicht leicht, den komplexen, facettenreichen und detailgesättigten Inhalt des Buchs auf wenigen Seiten wiederzugeben. Noch schwerer muss es dem Autor gefallen sein, dieses in wenigen Zeilen zu tun. Aber auch damals mussten Bücher beworben werden, wurden Kurz- und Paratexte geschrieben, um Käufer für die Neuerscheinung zu gewinnen. Erdmann verfasste also einen Werbetext, der aus nur fünf Sätzen besteht und anderen Publikationen des Verlages beigegeben wurde. Er enthält in konzentriertester Form die Sachverhalte, auf die es ihm ankam: − d  ie Öffnung des Kreuzzugsbegriffs über Jerusalem und das Heilige Grab hinaus, − »die Ausbildung einer christlichen Ritterethik und die kirchliche Heiligung des Waffenhandwerks«, sichtbar gemacht durch den »Gebrauch heiliger Fahnen«, − Gregors Nutzbarmachung der »Bewegung« als militia sancti Petri (für Erdmann »der zentralste Begriff« und – wir erinnern uns – der ursprünglich vorgesehene Titel), − Urbans Umbiegung des Kreuzzugs von innen nach außen − und schließlich die apodiktische Feststellung: »Der sogenannte erste Kreuzzug war also kein Anfang, sondern ein Höhepunkt der Entwicklung.«45 Damit wurde der Käufer angesprochen, vielleicht der Leser angeleitet, nicht aber die Lektüre erleichtert. Immer noch handelte es sich um eine akademische Qualifikationsschrift, eingereicht bei einer deutschen Universität und den Gepflogenheiten folgend, die dort galten. Der Text ist reichlich mit »deutschen« Fußnoten versehen, die noch nichts von ihrem künftigen »tragischen« Schicksal ahnen können.46 Ungeniert werden lateinische Quellen in ihrem originalen Wortlaut wiedergegeben. Die Argumentation schreitet beharrlich von Einzelfall zu Einzelfall fort, um daraus ein Gesamtbild zu gewinnen. Fünf Exkurse befassen sich mit noch spezielleren Fragen. Das ganze Werk steht in einer Tradition gelehrter Exegese, für die die deutsche Geschichtswissenschaft nach wie vor als maßgeblich galt. Der Anspruch auf Objektivität, Beweisbarkeit und sogar Wahrheit war ihr eigen. Das Publikum für sich einzunehmen

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oder gar zu unterhalten, lag ihr fern. Auch Erdmann hat seine Leser gefordert und ihnen stete Aufmerksamkeit abverlangt. Immerhin kam er ihnen insofern entgegen, als er eine klare, unprätentiöse, streckenweise sogar noble Schreibweise pflegte, die sich bis heute sehr gut liest. Das Werk wurde also für eine wissenschaftliche Leserschaft geschrieben. Die Auflage dürfte niedrig gewesen sein, prohibitiv (in Erdmanns Worten: »für den Absatz natürlich tödlich«)47 war der Preis: Für 24 Reichsmark konnte man mehrere Romane von Werner Bergengruen oder dem »Barden« Hanns Johst, acht Bände Karl May oder einen vom Kleinen Brockhaus in Halbleder erwerben, von Bestsellern wie Alfred Rosenbergs »Mythus des 20. Jahrhunderts« und diversen Sammlungen von »Führerworten« ganz zu schweigen.48 Erdmanns Buch wendete sich eben nicht an ein breites Publikum, sondern an die Spezialisten für mittelalterliche Geschichte im Allgemeinen, für Papst- und Kreuzzugsgeschichte im Besonderen. Dass und wie es von der »Scientific Community« aufgenommen wurde, geht aus den Besprechungen in den wissenschaftlichen und halbwissenschaftlichen Journalen hervor. Andere sind mir nicht bekannt. Dreierlei verdient einen Kommentar: Erstens kannte Erdmann die meisten der deutschen Rezensenten auch persönlich sehr gut. Offenbar hatte er auf die Auswahl hier und da sogar Einfluss nehmen können.49 Mit Friedrich Bock hatte er in Rom, mit Johannes Ramackers in Paris, mit Peter Rassow in Madrid zusammengearbeitet. Mit Walther Holtzmann stand er seit Langem in enger Verbindung, dessen Vetter Robert war an Erdmanns Habilitation beteiligt und gab mittlerweile die Reihe heraus, in der das Buch erschienen war. Percy Ernst Schramm erteilte ihm briefliche Ratschläge und Karl Hampe schrieb die Besprechung, nachdem er mit dem Verfasser in Heidelberg zusammengetroffen war. Darüber sind wir durch Hampes Tagebuch genau informiert. Theodor Schieffer schließlich, der unter Pseudonym eine späte Rezension nachschob, zählte zu Erdmanns Schülern.50 Fundamentale Kritik war von keinem zu erwarten. Sie alle gehörten der gleichen Zunft an und gingen kollegial miteinander um. Nur Walther Holtzmann stellte die Frage, ob man nicht doch an einem spezifischeren, auf Jerusalem und das Heilige Land zugeschnittenen Kreuzzugsbegriff festhalten sollte. Aber auch er stimmte mit den Urteilen Karl Hampes und Peter Rassows überein: »eine Leistung von hohem Rang«, »die Wirkung des Buches muss stark und nachhaltig sein«.

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126 Die Entstehung des Kreuzzugsgedankens Zweitens konnte ein Buch über die Kreuzzüge von vornherein mit internationaler Aufmerksamkeit rechnen. Die europäische Dimension des Gegenstands spiegelt sich in den Besprechungen wider. Dass dabei auch kritische Stimmen laut wurden, spricht nicht gegen das Buch, sondern zeugt von persönlicher Distanz und vielleicht sogar Objektivität. Aus Wien etwa war zu hören, dass zu viel von Gregor und Urban, zu wenig von den »überpersönlichen Gedankenströmen«, zu viel von der kirchlichen, zu wenig von der »laizistischen Wurzel« des Kreuzzugsgedankens die Rede sei.51 Der französische Kirchenhistoriker Augustin Fliche (dem wir den Begriff der »gregorianischen Reform« verdanken) warf Erdmann vor, Gregor VII. falsch eingeschätzt und bei der Beurteilung des Ersten Kreuzzugs die Geschehnisse im Reich zu wenig berücksichtigt zu haben.52 Ganz ungnädig und weltanschaulich keineswegs neutral ging der junge, später hoch angesehene amerikanische Kreuzzugshistoriker John L. La Monte mit dem Buch um: Es verdiene einen anderen Titel; denn es handle vom »Militarismus«, den die Bekehrung der »Deutschen« (!) der frühen Kirche eingebrockt habe. Im Übrigen sei es ein typisches Produkt deutscher Gelehrsamkeit: eher den Stoff durchdringend als brillant im Stil, mehr Detailarbeit als große Linien (was dem Verfasser bewusst war). Auch ein Seitenhieb auf die deutsche »Festschrift« fehlt nicht. Inhalt und Schreibweise würden verhindern, dass das Buch jemals »populär« oder einflussreich werden könne.53 Die Besprechung erschien an herausragendem, die amerikanische Geschichtswissenschaft repräsentierendem Ort und trug nichts dazu bei, Erdmanns Namen in den dortigen Fachkreisen bekannt werden zu lassen. Wir werden sehen, dass es mehrerer Jahrzehnte bedurfte, bis sein Werk auch in der englischsprachigen Forschung ankam. Wir werden aber auch sehen, wie grob der Rezensent das Buch unterschätzte. Drittens fällt auf, dass es verschiedene Fachrichtungen ansprach. Es besaß – avant la lettre – transdisziplinären Charakter. Rezensenten aus der Theologie vermerkten, was sie darin fanden und was sie vermissten (Gottes Wirken zum Beispiel).54 Ernst Robert Curtius regte an, von Erdmann ausgehend die französischen Ritterepen neu zu interpretieren,55 und den Byzantinisten Louis Bréhier beschäftigten die vielen Verbindungen der Kreuzzugs- mit der byzantinischen Geschichte.56 Auch die Islamwissenschaften hätten sich herausgefordert sehen müssen. Allerdings hat nur ein Journal für berberische und marokkanische Studien reagiert.57 Erdmann selbst verstand sich zweifellos als Historiker mit mediävistischer Ausrichtung. Aber durch seinen langen Auf-

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enthalt im Ausland ging die herkömmliche ereignis- und politikgeschichtliche Orientierung der deutschen Forschung an ihm vorüber. Auch deren landes-, verfassungs- und dann volksgeschichtliche Neuausrichtung blieb ihm vorerst erspart. Einmal bekannte er freimütig sein »völliges Versagen in der Verfassungsgeschichte«.58 Hier hatte er tatsächlich einen blinden Fleck, der ihm einige Fehlurteile und begriffliche Unschärfen eintrug. Stattdessen hatte er von Paul Joachimsens geistesgeschichtlichen Untersuchungen profitiert und sich in Lissabon ein so vielschichtiges Thema wie die Kreuzzugsgeschichte erschlossen, das er im Dienst Paul Fridolin Kehrs ganz auf die Papstgeschichte hin umbog. In Rom hat er wohl auch die Macht der Zeichen und Symbole entdeckt, ohne sich in den eigentlichen Theologica zu verlieren. Für sein Interesse an Liturgien und Ritualen dürfte dort ebenfalls der Grund gelegt worden sein. Hinzu kommt ein ganz persönlicher Aspekt. Erdmann hatte nicht viele Freunde, damals wahrscheinlich nur einen: Gerd Tellenbach. Sie hatten in Rom mehrere Jahre lang zusammengearbeitet, verstanden sich nicht nur wissenschaftlich, sondern auch weltanschaulich-politisch und blieben dauerhaft in Verbindung bis hin zu Erdmanns tragischem Ende. Hätte Tellenbach nicht die Briefe des Freundes aufgehoben, wüssten wir sehr wenig über dessen Leben, Denken und Tun. Diese Biographie hätte nicht geschrieben werden können. Immer blieb man beim förmlichen »Sie«. Das entsprach dem Usus der Zeit, mit dem man differenziert umging. Max Weber und Karl Jaspers hatten jeweils einen einzigen Duzfreund, Thomas Mann nicht viel mehr,59 Carl Erdmann gar keinen. Nur einmal rutschte ihm ein vertrauliches »Du« heraus. Doch es handelte sich um ein Versehen, um einen Kopierfehler sozusagen, weil Erdmann den Satz aus einem Feldpostbrief an seine Schwester Yella übernommen hatte. Aber Tellenbach verstand den Lapsus zeitlebens als Zeichen der Freundschaft, vielleicht nicht völlig zu Unrecht. Denn Zeichen einer persönlichen Nähe hatte er erhalten: hier eine Widmung »in Freundschaft«, dort die »herzlichsten Freundesgrüße«. Aus »lieber Herr Tellenbach« war »lieber Tellenbach« geworden, »caro dottore« geradezu scherzhaft in »caro amico« übergegangen. Dabei sollte es bleiben. Vertraulichkeit in den Zwischenformen der Anrede oder hinter der Fassade einer anderen Sprache und einmal aus purem Versehen: Mehr durfte man von Erdmann nicht erwarten.60 Vor allem wissenschaftlich standen sie sich nahe. Ungefähr gleichzeitig beschlossen sie, sich zu habilitieren. Beide Habilitationsschriften wurden in Rom begonnen und in Deutschland eingereicht, die eine in Berlin, die andere

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128 Die Entstehung des Kreuzzugsgedankens in Heidelberg. Lange Zeit blieb offen, wer zuerst zum Abschluss kommen und sein Werk zum Druck bringen würde. Am Ende hatte Erdmann die Nase vorn. Beide Bücher erschienen in derselben Schriftenreihe beim Verlag Kohlhammer in Stuttgart. Einmal wurden sie auch gleich nacheinander besprochen, in einem Atemzug sozusagen.61 Wie im römischen Institut üblich, versprachen die beiden Autoren, sich niemals gegenseitig zu rezensieren. Bis auf eine – als Hilfe in der Not verstandene – Ausnahme hielten sie das auch durch.62 Sie wollten nicht als Zunftgenossen, sondern als Freunde miteinander umgehen. Beide Werke behandeln die gleiche Epoche, spannen einen europäischen Horizont auf und gehen von ähnlichen Fragestellungen aus: In welchem Verhältnis stehen Kirche und Welt zueinander und wie wirkte sich die Fundamentalkritik der sogenannten gregorianischen Reform aus? Tellenbach fasste deren Anliegen unter dem Begriff der »Freiheit« (libertas) zusammen: Freiheit der Kirche von der Herrschaft der Laien und Freiheit der Kirche zur »Ausübung ihrer Mission«, also auch zur »Leitung der Welt«. Das Ziel der »Weltgewinnung« habe damals die Oberhand über die Neigung zur »Weltabkehr« gewonnen.63 Erdmann und Tellenbach, beide Protestanten, verfolgten fasziniert den Aufstieg des Papsttums in Kirche und Welt und deuteten ihn als tiefgreifenden Umbruch von revolutionärer Gewalt. Der herkömmliche Begriff »Investiturstreit« verkürze das Geschehen auf seine (kirchen)politischen Aspekte. Es ging aber – so Tellenbach – um nicht weniger als »die rechte Ordnung in der christlichen Welt«.64 Da sie aber immer als »Idee von großer historischer Wirkungskraft« auftrat, niemals »vollendete Wirklichkeit« wurde,65 schien es geboten, sie auf ideen-, also geistesgeschichtlicher Grundlage zu erfassen. Erdmann und Tellenbach taten das, indem sie die patristische, dogmatische und kanonische Überlieferung der Kirche sowie die Streitschriftenliteratur des Investiturstreits systematisch durchgingen. Unterschiede ergaben sich teils aus den jeweils behandelten Gegenständen, teils aus den Vorlieben der Verfasser: Tellenbach ließ sich viel mehr auf die eigentlich theologischen und ekklesiologischen Fragen ein, während Erdmann sich in diesen Dingen »Interesselosigkeit« attestierte – für jemanden, der beinahe ein Geistlicher geworden wäre, ein bemerkenswertes Bekenntnis.66 Otto Gerhard Oexle hat einmal den »kulturwissenschaftlichen Aufbruch« der deutschen Mittelalterforschung skizziert und dafür fünf Buchtitel aus den Jahren 1929 bis 1946 in Anspruch genommen.67 Deren Verfasser stammten aus

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der Generation um 1900 und hatten sich alle an dem »Zusammenhang von Politik, Gesellschaft und Religion« abgearbeitet. Unter ihnen befinden sich auch Gerd Tellenbach und Carl Erdmann mit den beiden hier besprochenen Werken. Erdmann habe einer anderswo aufkommenden Mentalitätengeschichte am nächsten gestanden. Ob er damit zufrieden gewesen wäre, als Kulturwissenschaftler und Mentalitätenhistoriker etikettiert zu werden, steht dahin. Wahrscheinlich hätte er sich damit begnügt, als Mediävist mit geistesgeschichtlicher Ausrichtung ernst genommen zu werden. Alles andere gehört zur Wirkungsgeschichte seines Buchs und wird uns noch weiter unten beschäftigen. An deren Anfang steht ein ganz normales Habilitationsverfahren an der Berliner Universität. Wir kehren damit in das Jahr 1932 zurück.

Am Anfang einer akademischen Karriere? Niemand hätte damals auch nur ahnen können, dass aus dem Verfahren einmal ein bedeutendes und irgendwann sogar erfolgreiches Buch hervorgehen würde, die Mitglieder der Fakultät so wenig wie der Autor. Die Arbeit an ihm zog sich beträchtlich in die Länge, und als Erdmann sich schließlich in Berlin habilitierte, hatte er gerade die ersten drei Kapitel sowie zwei Exkurse (also nicht einmal die Hälfte des keineswegs voluminösen Werks) fertigstellen können. Chrousts Befürchtungen, an der Friedrich-Wilhelms-Universität würden strengere Maßstäbe als anderswo angelegt, sollten sich als unbegründet erweisen. Erdmann hatte ein wenig antichambriert und sich der Unterstützung der »Berliner Herren« versichert.68 Offenbar war die Fakultät an dem jungen Gelehrten so interessiert, dass niemand ihm und seinem Betreuer Erich Caspar Steine in den Weg legen wollte. Geradezu überschwänglich fielen die Gutachten der Fachvertreter aus. Man war sich einig: Die eingereichte Arbeit stelle »eine ausgezeichnete geistesgeschichtliche und symbolgeschichtliche Untersuchung« dar. Sie beruhe auf »breiteste[m], ganz umfassende[m] Quellenmaterial« und gelange dadurch zu einem überzeugenden »Gesamtbild«. Indem sie sich einem Gebiet zuwende, das sonst eher »unbeachtet« oder »schlecht bearbeitet« worden sei und auch nichtschriftliche Quellen in den Blick nehme, die früher »nur gelegentlich« und »unsystematisch« herangezogen worden seien, ergebe sich ein erheblicher Erkenntniszuwachs aus ihr. Dabei bleibe der Verfasser immer auf dem

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130 Die Entstehung des Kreuzzugsgedankens sicheren Boden der historischen Methode. Von »konstruktiver Phantastik« halte er sich vollkommen fern. Die ganze Arbeit zeuge von »großer Gelehrsamkeit, kritischem Verständnis und einem […] wohltuenden historischen Sinn«. Einwände fehlten nicht völlig – das war man sich schuldig. Gutachter haben Flagge zu zeigen und mit ihren Vorbehalten einen eigenen, letztlich überlegenen Standpunkt sichtbar zu machen. Aber hier wurden sie so formuliert, dass sie in Lob umschlugen: Erdmann hätte seine Quellen weniger skrupulös, sondern pointierter auslegen können, um seine bedeutenden Ergebnisse »noch plastischer« hervortreten zu lassen, und das Fehlen der zweiten Hälfte müsse man schon deshalb bedauern, weil das Thema so interessant sei. An der Qualifikation des durch weitere Publikationen ausgewiesenen Habilitanden gebe es überhaupt keinen Zweifel, und Hermann Oncken fügte seinem Votum einen eher ungewöhnlichen Akzent hinzu: »mit besonderer Empfehlung der gediegenen Persönlichkeit des Herrn Dr. Erdmann«.69 Damit war das Verfahren im Grunde gelaufen. Der Kandidat hatte den wesentlichsten Teil seiner Leistung erbracht, das dann noch zu absolvierende Kolloquium (ein Probevortrag über ein von ihm vorgeschlagenes, von der Fakultät ausgewähltes Thema mit anschließender Aussprache) sollte die Prüfung abrunden. Doch auch dieser zweite Teil des Verfahrens verlangte umsichtige Planung und gründliche Vorbereitung. Erdmann ließ es an beidem nicht fehlen. Er bot drei Themen zur Auswahl an, eines, das so nahe am Gegenstand der Habilitationsschrift lag, dass es nicht infrage kommen konnte (»Die Entstehung der Ritterorden«), ein zweites aus dem Gebiet der Herrschaftszeichen und -liturgien (»Die Kaiserkrönung in salischer Zeit«), aber an erster Stelle jenes, das er selbst präferierte: »Grundfragen der Forschung über die mittelalterlichen Briefsammlungen«. Dieses wurde denn auch gewählt. Ungeschriebene Regeln wurden befolgt.70 Für Briefsammlungen interessierte sich Erdmann spätestens seit seinem aufsehenerregenden Fund in der Pariser Nationalbibliothek. Die Beschäftigung mit ihnen zählte er nun zu seinen Hauptarbeitsgebieten. Ein Aufsatz über die von ihm entdeckten Bamberger Briefe befand sich im Druck.71 Er bewegte sich also mit seinem Probevortrag auf sicherem Grund. An der Aussprache beteiligten sich sechs Mitglieder der Fakultät, allerdings nur Historiker, niemand aus einem benachbarten Fach. Vielleicht war die Materie denn doch zu speziell. Wenn zum Beispiel Erich Caspar auf den »Liber diurnus Romanorum pontificum« zu sprechen kam und sich mit dem Kandidaten

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darauf verständigte, dass es sich dabei um eine Formelsammlung zu bloßen Schulzwecken, also für die Ausbildung der päpstlichen Notare, handelte,72 dann konnten wahrscheinlich schon die Neuzeithistoriker nicht mehr mitreden, von den anderen Mitgliedern der Fakultät ganz zu schweigen. Erdmann hielt außerdem eine öffentliche Antrittsvorlesung (über »Gregor VII. und Urban II.«), bekam die Lehrbefugnis und gehörte nun, ab dem Wintersemester 1932/33, der Philosophischen Fakultät der Berliner Universität als Privatdozent an. Er durfte von nun an derselben Institution lehren, an der so prominente Historiker wie Fritz Hartung (seit 1923), Hermann Oncken (seit 1928), Erich Caspar oder Robert Holtzmann (beide seit 1930) aktiv und so berühmte Emeriti wie Otto Hintze (bis 1921), Erich Marcks (bis 1928) und Friedrich Meinecke (bis 1932) noch präsent waren. Gemeinsam gaben sie so etwas wie das »Gravitationszentrum der deutschen Geschichtswissenschaft« ab.73 Das gereichte dem jungen Mann nicht nur zur Ehre, sondern eröffnete auch Aussichten auf eine eigene Karriere. Zwar gab es damals kein förmliches Ranking der Universitäten in Deutschland, auch weil es keinen Bedarf dafür gab. Doch jeder Dozent und vielleicht sogar jeder Student wusste, wo seine Alma Mater stand: dass Rostock und Greifswald kleine Hochschulen waren und wie Tübingen als Anfangsstationen einer akademischen Karriere galten, dass Heidelberg weiter oben rangierte und zum Beispiel auch Freiburg hinter sich gelassen hatte, dass die Technischen Hochschulen noch weit entfernt davon waren, als gleichrangig, wenn nicht gar gleichwertig anerkannt zu werden, dass Neugründungen wie Hamburg, Frankfurt oder Köln sich schwer taten, ihren Platz zu finden, vor allem aber, dass die Berliner Universität über allen anderen thronte und unbestritten den Spitzenplatz einnahm. Den Studierenden wurde eine »weit gefächerte akademische Speisekarte« präsentiert, den Lehrenden ein stabiles elitäres Selbstbewusstsein vermittelt. Man verstand sich als Nationaluniversität, die man ohne Not nicht mehr verließ. Zweifel oder gar Selbstzweifel prallten an einem »schimmernden Eispanzer gletscherhafter Erhabenheit« ab. Sogar dem, der dazugehörte, lag der Spott über das »berühmte Berliner Format« auf der Zunge.74 In Berlin zu lehren, war also das logische Ziel fast eines jeden Hochschullehrers in Deutschland. Und umgekehrt konnte sich jeder Privatdozent ausrechnen, dass man von hier aus leichter wegberufen werden konnte als von anderen Hochschulen. Es schien nur eine Frage der Zeit. Auch Erdmann gab

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132 Die Entstehung des Kreuzzugsgedankens sich solchen Hoffnungen hin. Er konnte sich ausrechnen, eines Tages zu jenen 2000 Auserwählten zu gehören, die damals einen Lehrstuhl innehatten, und nicht zu den anderen 3000, die im akademischen Glückspiel verloren hatten und deshalb kostenlos lehrten.75 Dass schon wenige Monate später auch an den Universitäten ein grundstürzender Wandel eintreten sollte, konnte er im Herbst 1932 nicht ahnen. Mit seiner Habilitation kurz vor dem faktischen Ende der Weimarer Republik vertauschte er sein erfülltes römisches Dasein mit dem »ewige[n] Grau einer Berliner Privatdozentur«76 und geriet am Ende in politische Turbulenzen, die er bei der Übersiedlung in die Reichshauptstadt nicht bedacht hatte. So fiel auch er – wie schon seine beiden Brüder – »in den Rachen der Welt«.

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DER FALL KANTOROWICZ

»Onkel Tauts Hütten« Carl Erdmann lebte ab Juli 1932 in Berlin, sah also den Niedergang der ersten deutschen Republik und den Übergang der politischen Macht an die NSDAP. Zusammen mit seiner Mutter bewohnte er eine Dreizimmerwohnung in einem Neubaugebiet: der »Onkel-Tom-Siedlung« (oder »Waldsiedlung«) in Berlin-Zehlendorf, die von den »Star-Architekten« Bruno Taut, Otto Rudolf Salvisberg und Hugo Häring im Auftrag zweier gemeinnütziger Gesellschaften (GEHAG, GAGFAH) geplant und erbaut worden war. Dort – mit Bad, Balkon und Einbauküche, zudem im Grünen – lebte es sich wahrlich nicht schlecht. Die Siedlung (spöttisch »Onkel Tauts Hütten« genannt) galt als Paradebeispiel des sozialen Wohnungsbaus und sollte hohe Wohnqualität mit bezahlbaren Mieten verbinden.1 Die Widerstände im Zehlendorfer Bürgertum legten sich, als sich herausstellte, dass doch weniger unerwünschte »Proletarier« als Angehörige der (unteren) Mittelschicht einzogen. Auch Erdmanns Nachbarn kamen aus ihr: Kaufleute, ein Lagerverwalter, ein Bankbeamter, ein Komponist und ein Pfarrer, ein paar Hausnummern weiter sogar ein Professor. Nur wenige Mieter verfügten über einen Telefonanschluss, darunter Carl und Veronika Erdmann. Das namengebende Ausflugslokal »Onkel Toms Hütte« dagegen soll sogar von Prominenten wie Joseph Goebbels und Hermann Göring frequentiert worden sein. Der Inhaber, Arthur »Willi« Kannenberg, machte zwar Pleite, war aber eine Art Stimmungskanone und avancierte später zum Hausintendanten Adolf Hitlers.2 Doch das spielte für Erdmann ebenso wenig eine Rolle wie das vielfältige Angebot an Kabaretts, Varietés, Tanzlokalen und Vergnügungsparks, die es in Berlin – ungeachtet der schwierigen ökonomischen Lage – nach wie vor gab.3 Selbst von Theater-, Konzert- oder Museumsbesuchen weiß man nichts. Das hat wahrscheinlich mit seiner finanziellen Situation zu tun. Er lebte von einem Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft (wie die Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft jetzt hieß). Das aber musste für zwei Per-

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134 Der Fall Kantorowicz sonen ausreichen. Tagsüber hielt er sich in der Bibliothek der Monumenta Germaniae Historica auf, wo er sein »Arbeitsquartier« aufschlug.4 Die Wohnung in Zehlendorf passte dazu: Sie war relativ preisgünstig und hatte zwei weitere für Erdmann wesentliche Vorzüge: Durch die Verlängerung der UBahn-Linie war das Neubaugebiet an das Berliner Verkehrsnetz angeschlossen worden. Universität und Bibliotheken konnten also leicht erreicht werden. Die Fahrzeit soll sich Erdmann mit der Lektüre von Horaz-Gedichten verkürzt haben.5 Zweitens war seine Schwester Yella mit ihren beiden minderjährigen Kindern in die nahe gelegene Gemeinde Kleinmachnow gezogen. Die Eltern hatten sich getrennt. Onkel »Carlo« beteiligte sich an der Erziehung und übernahm Verantwortung für seinen Neffen. Die wissenschaftliche Arbeit und etwas Familienleben: An diesen beiden Fixpunkten glaubte er, seine Berliner Existenz orientieren zu können.

Berlin-Zehlendorf, Onkel-Tom-Str. 141.

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30. Januar 1933 Dass die Rechnung so nicht aufging, lag an den politischen Ereignissen seit dem 30. Januar 1933. Am Ende wurde Erdmann von ihnen überrollt und beiseitegeschoben. Er war nicht ganz unvorbereitet, als er nach Deutschland zurückkehrte. Bis nach Rom hatten sich die Wahlerfolge der Nationalsozialisten herumgesprochen. Im Institut werde viel politisiert, schrieb er einmal nach Hause. Und da die Meinungen weit auseinandergingen, kam es darauf an, sich kundig zu machen, am besten durch das Studium der Quellen. Erdmann las also in Hitlers »Mein Kampf« und fand auch einiges »Richtige« darin. Gleichzeitig kam er zu der festen Überzeugung, »daß dieser Mann uns nicht regieren kann«. Davon wich er nicht mehr ab. Hätte er damals an der Wahl des Reichspräsidenten teilnehmen können (Briefwahl gab es noch nicht, Urlauber ließen sich an die Grenze transportieren), dann hätte er – wie schon sieben Jahre zuvor – selbstredend nicht Hitler, sondern Hindenburg gewählt.6 Als sich dieser dazu überreden ließ, den »böhmischen Gefreiten« zum Reichskanzler zu ernennen, unterschätzte Erdmann die neue Regierung. Wie so viele andere nahm er an, dass Hitler mit seinen zwei nationalsozialistischen Ministern durch die konservative Mehrheit eingerahmt, gezähmt und gleichsam in die Ecke gedrückt würde (Franz von Papen: »daß er quietscht«). Der sogenannten Regierung der nationalen Konzentration, dieser »Mischung einer Harzburger Hexensabbatküche«, werde es so wie den anderen vor ihr ergehen: Sie werde nicht lange bestehen.7 Allzu lange nahm Erdmann auf die leichte Schulter, was in den nächsten Monaten – Schlag auf Schlag – geschah. Als beispielsweise erzählt wurde, in Halle seien am (neu eingeführten) Maifeiertag Rektor, Professoren und Studenten vom Führer der Studentenschaft angeherrscht worden: »Ganze Universität – stillgestanden!«, fragte Erdmann amüsiert nach, ob das wirklich so stimme. Überall sprach sich die Szene herum, bei den Monumenta Germaniae Historica habe man »Tränen gelacht«.8 Auch außenpolitisch blieb Erdmann optimistisch. Er war sogar bereit, Hitlers Friedensbeteuerungen im Reichstag (seiner inszenierten »Selbstverharmlosung«9) Glauben zu schenken; denn – und da lag er richtig – wenigstens für den Augenblick habe die Innenpolitik Vorrang. Tellenbach, dem er seine Ansicht erläuterte, nahm offenbar einen anderen, einen skeptischeren Standpunkt ein. Erst für die Zukunft erwartete Erdmann eine »expansive Machtvermehrung« des Reichs. Aber sie werde

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136 Der Fall Kantorowicz friedlich verlaufen und Österreich könne eine Schlüsselrolle dabei spielen. Das war einerseits hellsichtig; doch immer noch unterschätzte er die nationalsozialistischen Machthaber. Wie viele andere, gerade in bürgerlichen Kreisen, nahm er allzu lange den Furor nicht ernst, den jene entfachten.10 Was Hitlers Innenpolitik angeht, so hätte er die handstreichartige, spektakuläre »Gleichschaltung« der Länder im März anführen können. Es gab nicht wenige, gerade national denkende Deutsche, die darin einen Fortschritt, einen Gewinn an nationaler Geschlossenheit erblickten. Aber für die Universitäten war das »Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums« vom 7. April 1933 »das einzig praktisch Wesentliche«.11 Denn es schloss den berüchtigten »Arierparagraphen« ein, mit dem zahlreiche Gelehrte jüdischer Abstammung aus dem Amt gedrängt wurden. Seitens der Universitäten und Hochschulen wurden keinerlei Einwände erhoben. Bei einer Konferenz der Rektoren wurde lange diskutiert, aber nichts unternommen.12 Man ließ die Dinge geschehen. Universitäten wie Hamburg, Heidelberg oder Göttingen verloren dadurch und durch die nachfolgenden gesetzlichen Regelungen ungefähr ein Viertel, Berlin und Frankfurt sogar mehr als ein Drittel ihres Lehrkörpers.13 Doch Erdmann blieb zuversichtlich: Von den Berliner historischen Ordinariaten sei keines betroffen, von den Privatdozenten nur einer: Hans Baron, der zuerst nach Italien, dann nach England, schließlich in die Vereinigten Staaten emigrierte. Ein weiterer Privatdozent, Martin Weinbaum, wolle im Wintersemester die Lehre wieder aufnehmen (was er aber dann doch nicht tat, weil er die Emigration vorzog). Hedwig Hintze, Dietrich Gerhard und Gustav Mayer – von Erdmann übersehen – sollten bald folgen.14 Bezeichnend ist, was Hans-Walter Klewitz, mit Erdmann seit gemeinsamen römischen Tagen verbunden, erlebte: Ihm wurde nachgesagt, nicht rein »arischer« Abstammung zu sein. So wurde gemunkelt. Der Verdacht ging weit über üble Nachrede oder Rufschädigung hinaus, konnte vielmehr existenzielle Folgen nach sich ziehen. Die Perfidie bestand darin, dass dem Beschuldigten, nicht dem Beschuldiger die Beweislast auferlegt wurde. Nicht einmal tote Dichter und überzeugte Nationalsozialisten blieben von solchen Gerüchten verschont.15 Panische Beteuerungen waren oftmals die Folge. Doch wer so reagierte, ließ sich auf die Spielregeln der neuen Machthaber und auf deren falsches Spiel ein. Im Fall Klewitz ließ sich der Verdacht umgehend entkräften. Aber der Vorgang wirft Licht auf das mittlerweile herrschende Klima. Er zeigt, wie bedrohlich die Situation schon im Sommer 1933 war.16

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Erdmann war kein Beamter, also von vornherein nicht von dem Gesetz betroffen. Aber er hätte einer werden können, wenn er nämlich an eine deutsche Universität berufen worden wäre. Einmal musste er tatsächlich einen Fragebogen ausfüllen und konnte die dafür erforderlichen Nachweise nicht auftreiben. Er zog sich aus der Affäre, indem er auf eine Beteiligung an den Berliner »Anti-Spartakus-Kämpfen« im chaotischen Januar und März 1919 hinwies. Er nannte sogar die Einheit, der er sich als Freiwilliger angeschlossen haben will: das Jäger-Regiment zu Pferd Nr. 6.17 Nachgeprüft hat man das nicht. Da aber laut 3. Durchführungsverordnung zum Beamtengesetz »die Teilnahme an den Kämpfen im Baltikum, in Oberschlesien, gegen Spartakisten und Separatisten […] der Teilnahme an den Kämpfen des Weltkrieges gleichzustellen« war,18 konnte er die Frontkämpferklausel für sich in Anspruch nehmen und lästige Nachfragen vermeiden. Es war hilfreich, seinen Lebenslauf mit etwas antirevolutionärem Engagement aufzuhübschen und das Wenige als wichtig erscheinen zu lassen. Fragebögen provozieren Selbstauskünfte, die die Wirklichkeit im Auge behalten müssen und gleichzeitig zu deren Maskierung verhelfen. Was damals, 1919, tatsächlich geschah, steht auf einem anderen Blatt. Vielleicht wird es deutlicher, wenn man ein, zwei vergleichbare Fälle heranzieht, vergleichbar, was Alter und persönliche Entwicklung der Akteure betrifft. Der Münchener Schüler Hermann Heimpel beteiligte sich an der Niederschlagung der Räterepublik und bekam auch Waffen in die Hand, stand aber meistens Wache und konnte sein Engagement im Nachhinein nur als »Spielerei« verstehen. Die Zeitfreiwilligen wurden verachtet.19 Der 17-jährige Gerhard Masur wäre wegen seiner Unerfahrenheit beinahe nach Hause geschickt worden; nur weil er darauf bestand, gegen »die Kommunisten« zu kämpfen, durfte er an Razzien, nicht aber an den Kämpfen teilnehmen. Es blieb beim »Soldatspielen«.20 Ähnlich dürfte es dem Studenten Carl Erdmann ergangen sein. Auch er gehörte zu den »ungedienten Rotzbuben« (Hermann Heimpel), unsportlich und ungeschickt, zu keiner Form des Kriegsspiels geeignet, auf dem Rücken eines Pferdes schon gar nicht. Dass er sich trotzdem darauf berief, hat mit seiner und der allgemeinen Situation seit 1933 zu tun. Immerhin zeigt sein Verhalten, dass es immer noch Möglichkeiten und Wege gab, die Lücken der Gesetzgebung auszunutzen und die Zumutungen der Politik zu umgehen. Kehr soll sogar in seinen Fragebogen eingetragen haben, »daß leider keine seiner Großmütter jüdisch gewesen sei. Sonst wäre er gewiß noch gescheiter als

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138 Der Fall Kantorowicz ohnehin schon.«21 So weit konnte Erdmann nicht gehen; aber er leistete sich seinerseits den Spaß, unter der Rubrik »Orden und Ehrenzeichen« ausgerechnet die Medaille anzugeben, die ihm seinerzeit Papst Pius XI. überreicht hatte. Allerdings war ihm da schon bewusst, dass das Regime keine Späße verstand. In der Nacht vom 30. Juni auf den 1. Juli 1934 (der »Reichsmordnacht«, wie man auch sagte) sowie in der Woche darauf (der »Reichsmordwoche«) waren unsagbare Dinge geschehen, Dinge, »über die man schweigen muß«. Das darf man wörtlich verstehen. Oder man traf sich auf freiem Feld, wenn niemand zuhören konnte. Was bis dahin geschehen war, sollte sich im Lichte der weiteren Entwicklung – um ein Wort Hannah Arendts zu gebrauchen – geradezu als »unerheblich« erweisen.22 Die Liquidierung der innerparteilichen Opposition und anderer politischer Gegner, von Hitler nachträglich zur »Staatsnotwehr« erklärt und von Carl Schmitt als legale Maßnahme gefeiert (»der Führer schützt das Recht«), öffnete vielen und auch Erdmann die Augen. Für Illusionen gab es keinen Raum mehr. Resigniert fügte Erdmann hinzu: »Möge das, was jetzt noch kommen muß, rasch kommen und rasch überstanden werden.«23 Auch damit sollte er sich täuschen. Hätte es Alternativen gegeben? Kam die Emigration für Erdmann infrage? Nach Italien zum Beispiel, wo er sich so wohlgefühlt hatte und mit den politischen Verhältnissen durchaus sympathisierte? Allerdings war die Stelle am Historischen Institut, um die er sich bemüht hatte, mittlerweile mit einem Parteigenossen (Friedrich Bock) besetzt worden. Oder nach Portugal, wo sein Name unter den Historikern einen guten Klang hatte? Erdmann hat die Emigration gelegentlich erwogen, aber den Gedanken gleich wieder verworfen. Nicht weil er Wurzellosigkeit und Sprachverlust, »Herzasthma« und ein »beschädigtes Leben« im Exil gescheut hätte, sondern weil sich die Flucht oder auch nur ein Ausweichen ins Ausland nicht mit seiner nationalkonservativen Grundhaltung hätte vereinbaren lassen. Lieber wolle er »sich im Falle selbst des törichtsten Krieges eben mit totschießen« lassen »und die Folgen selbst der falschesten Politik« mittragen.24 »Absolute Solidarität mit der Nation«: Darin wusste er sich mit Tellenbach einig und dieser konnte zeitlebens die »Pharisäerhaftigkeit« des prominentesten deutschen Emigranten, Thomas Manns, nicht verstehen.25 Was also blieb zu tun übrig? Wie sollte man mit der schubweisen, immer spürbareren Verrohung des Alltags umgehen? Das Regime behauptete, die

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Volksgemeinschaft zu repräsentieren, und verlangte von jedermann »Zuordnung«.26 Selbst wer nicht in jeder Hinsicht überzeugt war und wenigstens partiell einen kritischen Standpunkt bewahrte, fühlte sich aufgefordert, seine Position zu überdenken und sich mit den neuen Verhältnissen zu arrangieren. Man stellte sich auf den »Boden der Tatsachen« und bemerkte zu spät, dass man auf einer schiefen Ebene stand.27 Für Carl Erdmann kam dergleichen nicht infrage. In seinem Fall ging die »Forderung nach Zuordnung« ins Leere. Sein Urteil stand fest. Was er hörte und las, bestätigte ihn in seiner Ablehnung. Oswald Spenglers Kritik der »Machtergreifung«, 1933 publiziert und äußerst erfolgreich, von den Machthabern notgedrungen geduldet und gleichzeitig als »zersetzend« und »menschenfeindlich« zurückgewiesen, am Ende totgeschwiegen, »verschlang« Erdmann »mit großem Interesse«, nicht wegen ihrer »Raubtier-Philosophie« und ihres »Hyper-Machiavellismus« (und schon gar nicht, weil er den gebürtigen Blankenburger als Landsmann ansah), sondern wegen ihres elitären Standpunktes und ihrer unverhohlenen Ablehnung des nationalsozialistischen Rassegedankens.28 An einem Machwerk »über den kommunistischen Umsturzversuch am Vorabend der nationalen Revolution« dagegen erprobte er das Besteck der historischen Kritik, um »das echte Material, das verfälschte und die reinen Fälschungen« voneinander zu unterscheiden. Das nämlich hatte er als Mediävist und Urkundenforscher gelernt.29 Doch dabei handelte es sich um ganz private Äußerungen, nicht um publizierte. Am Ende des Jahres 1933 gab es nicht viel, was zur Zuversicht berechtigt hätte; aber solange man hoffen durfte, dass der Spuk nicht mehr lange weitergehen würde, konnte man sich guten Gewissens der Alltagsarbeit zuwenden. Dabei »zerbricht man sich nicht viel den Kopf über das Kommende und macht eben einfach weiter«. Außerdem hatte Erdmann ein anspruchsvolles Ziel: Er wollte mit seinen Mitteln »an der Hebung des Gefühls für Gesinnung und Zivilcourage« mitwirken.30 Schließlich lehrte er an der größten und bedeutendsten deutschen Universität und hatte nach wie vor Aussicht, auf einen Lehrstuhl berufen zu werden. Es lohnt sich, die Berufungsverfahren durchzugehen, bei denen Erdmanns Name im Spiel war. Denn an ihnen zeigt sich, wie seine Existenz allmählich, aber folgerichtig auf eine abschüssige Bahn geriet. Auf die chronologische Reihenfolge kommt es dabei nicht an. Jedes Verfahren sagt auf seine Weise über akademische Konstellationen und die Wirkungen der politischen Verhältnisse etwas aus.

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140 Der Fall Kantorowicz

Berufungsverfahren unter nationalsozialistischer Herrschaft Zunächst gab es keinen Grund, pessimistisch in die Zukunft zu blicken. Der Privatdozent Carl Erdmann achtete auf frei werdende Stellen, betrachtete gleichaltrige Kollegen als Konkurrenten und verständigte sich mit wenigen Vertrauten über deren und die eigenen Aussichten. Vor allem Gerd Tellenbach kam dafür infrage. Ihre in Rom gewachsene und sich zusehends festigende Freundschaft hielt auch die Belastung durch die Konkurrenz um eine akademische Position aus. Freilich konnte sich damals niemand bewerben. Vielmehr wurden die Universitäten von sich aus aktiv. Sie waren – wie ein Betroffener sich einmal ausdrückte – »keine Liebhaber, denen sich unsereiner wie ein liebendes Mädchen an den Hals werfen kann, sondern […] jeder von uns muss warten, bis sich ein Freier einstellt«.31 So war es lange Zeit Brauch. Bis 1918 war der Zeitpunkt, zu dem eine Stelle frei wurde, kaum zu berechnen. Ein Professor schied aus dem Amt, wenn er starb. Sein letztes Semester konnte für alle Beteiligten zur Qual werden. Zwar zeichnete sich seit Langem ein Wandel in Status und Selbstverständnis des Hochschullehrers ab, ein Wandel, den man als Übergang »vom Gelehrten zum Beamten« beschreiben kann.32 Doch erst mit der Revolution von 1918 kamen die Reform der Universitäten und die Einführung einer Altersgrenze für Professoren auf die politische Agenda. Indem sie auf 68 bzw. (auf Wunsch) 65 Jahre festgesetzt wurde, fiel sie immer noch gemäßigt aus. Seitdem war die Laufbahn des Hochschullehrers nicht einfacher, aber bürokratischer, ihr Ende kalkulierbar geworden. Der akademische Nachwuchs konnte sich ausrechnen, wann eine Stelle frei wurde, weil ihr Inhaber in den Ruhestand ging. Carl Erdmann nahm den frühen Tod eines Professors (Fedor Schneider in Frankfurt) und den bevorstehenden Abschied eines anderen (Johannes Hallers in Tübingen) zum Anlass, seiner Mutter eine bessere Zukunft auszumalen: »Das verbessert die Berufungsaussichten für die nächsten Jahre (noch nicht für jetzt).«33 Das war 1932. Ein Jahr später, gleich nach der »Machtergreifung«, wurden weitere Lehrstühle frei. Dafür sorgte eben jenes »Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums«, das die Entfernung rassisch verfemter und politisch missliebiger Hochschullehrer bezweckte. Gleichzeitig wurden Neuberufungen an den Nachweis nicht nur »arischer« Abstammung, sondern auch nationaler und überhaupt politischer Verlässlichkeit geknüpft. Auch früher hatten außer-

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wissenschaftliche Gesichtspunkte eine Rolle gespielt. Katholische Wissenschaftler galten als autoritätsgläubig und dem kirchlichen Dogma verpflichtet, jüdische bekamen die Folgen eines unreflektierten, aber gerade an den Universitäten endemisch verbreiteten Honoratiorenantisemitismus zu spüren und diskret, aber regelmäßig wurden Auskünfte über die weltanschauliche Zuverlässigkeit eines Kandidaten eingeholt.34 Das Kooptationsrecht der Fakultäten, ihr Privileg, sich selbst zu rekrutieren, führte oft zu Entscheidungen, die auch durch konfessionelle, politische, landsmannschaftliche und persönliche Präferenzen beeinflusst wurden, aber eben nicht ausschließlich mit der wissenschaftlichen Dignität der infrage kommenden Kandidaten zu tun hatten. Der herkömmliche und grundsätzlich stets aufrechterhaltene Anspruch, dabei nur objektiv und »voraussetzungslos« zu agieren, erweist sich bei näherem Hinsehen als Schimäre. Nun aber, 1933, wurde die stillschweigende Praxis zur Maxime des Handelns erklärt und sogar gesetzlich normiert. War es bisher schon schwierig, als ein selbstständiger Charakter nicht nur Achtung, sondern auch eine Stelle zu finden, so jetzt erst recht. Offen politische Besetzungen wurden zur Regel. Die wissenschaftliche Leistung musste demgegenüber in den Hintergrund treten. Wer wie Carl Erdmann auf sie allein gesetzt hatte, zu jeder politischen Betätigung auf Distanz gegangen war und auch keinerlei Bereitschaft zeigte, sich den neuen Verhältnissen anzubequemen, dem schwammen die Felle davon. Ebenso irritiert wie besorgt (manchmal auch amüsiert) registrierte er, dass Parteigenossen (»Pg.s«) mittlerweile bessere Aussichten besaßen, eine Professur zu ergattern, dass die neue Regierung »die militärische Leistungsfähigkeit höher einschätzt als die kulturelle«, dass die Ableistung eines Arbeitsdienstes zur Voraussetzung einer Berufung erklärt wurde, dass von künftigen Professoren wenigstens Sympathien für den Nationalsozialismus erwartet wurden. Was durfte man dann noch erwarten, wenn man sich selbst als »ausgesprochen abseitsstehend« verstand?35 Geradezu als Menetekel oder auch als Sündenfall betrachtete er es, wenn an der Universität Rostock die Professur für mittelalterliche Geschichte nicht mit einem ausgewiesenen Fachmann, sondern mit einem der wissenschaftlichen Welt bis dahin völlig unbekannten Regionalhistoriker besetzt wurde.36 Die Philosophische Fakultät hatte in ihrem Berufungsvorschlag zunächst nur drei Namen genannt: Paul Kirn aus Leipzig, der vor allem über sächsische Kirchenpolitik publiziert hatte, Walther Kienast/Berlin, ausgewiesen durch seine For-

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142 Der Fall Kantorowicz schungen zur deutsch-französischen Geschichte, und Martin Lintzel/Halle, der mit seinen Forschungen zur Geschichte des Sachsenstamms sogar öffentliches Aufsehen erregt hatte. Das mecklenburgische Ministerium für Unterricht dagegen wollte den Hamburger Privatdozenten Heinz Maybaum zum Professor berufen. Denn dem Lehrstuhl für mittelalterliche Geschichte komme für die Erziehung der Jugend im nationalsozialistischen Sinn besondere Bedeutung zu. Maybaum hatte zwar über seine Dissertation zur nordwestmecklenburgischen Siedlungsgeschichte hinaus kaum etwas publiziert; denn über eine »schnelle Feder« verfügte er nicht. Aber für ihn sprachen zum einen das Votum des Vorgängers im Lehramt, seines Doktorvaters Hans Spangenberg, zum anderen und vor allem seine Mitgliedschaft in der NSDAP seit November 1932. Er genoss also, wie man Erdmann erzählte, das Prestige des »alten Kämpfers«, der der Partei beigetreten war, bevor sie die Macht an sich riss und von der Welle der bloßen Opportunisten überschwemmt wurde. Das Verfahren zog sich über zwei Jahre hin und war mit mancherlei Schmähungen und Anfeindungen verbunden (etwa gegen Kienasts Frankreichschwerpunkt oder gegen Maybaums regionale Begrenzung). Die Fakultät wollte auch mit einer zweiten Vorschlagsliste den Wünschen des Ministeriums nicht folgen und warnte vor einer Provinzialisierung der mittelalterlichen Geschichte an der Universität Rostock. Maybaum mobilisierte seine Parteiverbindungen, gewann die Unterstützung der nationalsozialistischen Dozentenund Studentenorganisationen für ihren »Kameraden und Führer« und wurde schließlich zum zunächst außerordentlichen, dann ordentlichen Professor für die allgemeine Geschichte des Mittelalters in Rostock berufen. Erdmann verfolgte das skandalöse Geschehen bis zum Ende, wusste aber schon bei den ersten Gerüchten, dass unter diesen Umständen eine Gelehrtenexistenz an einer deutschen Universität nicht mehr möglich sein würde. Eine ganze Reihe von Erfahrungen in den Jahren 1933 und 1934 habe ihn zu dieser Einsicht gebracht. »Es wäre also eine reine Illusion, wenn man durch Kolleglesen seine Zukunft sichern wollte.«37 Erdmanns Abkehr von der Universität und der Universitätslaufbahn lässt sich nicht auf einen bestimmten Zeitpunkt datieren. Aber die Causa Maybaum ließ Befürchtungen zu Gewissheiten werden und hat den Prozess der Desillusionierung offenkundig beschleunigt. Es hätte ganz anders kommen können. Als im Sommer 1931 am ehrwürdigen Österreichischen Institut für Geschichtsforschung (IFÖG) in Wien, der nach der Pariser École des Chartes zweitältesten Institution zur Aus-

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bildung von Historikern und Archivaren, der Lehrstuhl (in Österreich: die Lehrkanzel) für Geschichte des Mittelalters und Historische Hilfswissenschaften neu besetzt werden sollte und die Kommission tagte, wurde vom Institutsvorstand Hans Hirsch auch der Name Carl Erdmanns kurz erwähnt.38 Das war insofern überraschend, als Erdmann zu diesem Zeitpunkt noch nicht habilitiert war, den Institutskurs nicht absolviert hatte und zur selben Zeit an Untersuchungen arbeitete, die mit einem Unternehmen des Wiener Instituts konkurrierten.39 Möglicherweise hatte Paul Kehr, der mit Hirsch in enger Verbindung stand, auf die Fähigkeiten seines römischen Mitarbeiters hingewiesen. Doch wie auch immer – in Wien entschloss man sich (wie so oft) zu einer internen Lösung und der nur wenige Monate ältere Otto Brunner wurde zum außerordentlichen Professor am Institut berufen. Seine ebenso glanzvolle wie problematische Karriere nahm hier ihren Anfang. Hätte man Erdmann berufen, wäre er einer der ganz wenigen Lehrkräfte in der Geschichte des Wiener Instituts gewesen, die nicht aus dem eigenen Haus hervorgegangen waren. Er war kein MIFÖG, wie man die Mitglieder des Instituts immer schon nannte, trug keine Nummer nach dem Zeitpunkt der Aufnahme und hatte nichts vom Korpsgeist des traditionsbewussten »Institutlers« aufgesogen. Auch hier wäre er also Außenseiter und Solitär geblieben. Umso bemerkenswerter und ehrenvoller war schon die bloße Erwähnung seines Namens in einem solchen Kontext. Als wenig später ein Nachfolger für den verstorbenen Fedor Schneider gesucht wurde, war Erdmann nach wie vor nicht habilitiert – »leider«, wie der zweite Frankfurter Mediävist, Ernst Kantorowicz, bemerkte. Gerne hätte er ihn an den Main geholt.40 Da sich aber sogar befreundete Prominenzen wie Percy Ernst Schramm oder Friedrich Baethgen nicht gewinnen ließen, wurde er schließlich selbst zum Ordinarius ernannt und musste an ungeliebten Fakultätssitzungen teilnehmen. Eine »geistige ›circumcisio‹«, eine mentale Beschneidung, nannte er die »Aufnahmezeremonie«: Das »beste Stückchen Hirn« sei ihm »abgezwickt« worden.41 Attitüde und Selbstverständnis des deutschen Professors gingen ihm vollständig ab. Der große Marc Bloch, der die deutsche Universität aus eigenem Erleben gut kannte, hat ihn so beschrieben: »intelligent, lebhaft, keineswegs Herr Professor«.42 Erdmann hatte unterdessen die formale Qualifikation erworben, kam als Kandidat in Betracht und konnte bei den folgenden Lehrstuhlbesetzungen ernsthaft in Erwägung gezogen werden. Karl Hampe in Heidelberg dachte im

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144 Der Fall Kantorowicz Winter 1933/34 an seinen Abschied. Zwar hätte er noch drei Jahre anhängen können. Aber seine Versuche, sich in die in den letzten Jahren erschienene und nun maßgebliche völkische Literatur einzulesen, blieben erfolglos. Insbesondere das Feld der Rassenkunde und Rassengeschichte blieb ihm völlig verschlossen. Für »einfach unbegabt« hielt er sich auf diesem Gebiet.43 Da es üblich war und oft genug immer noch ist, dass Professoren sich um ihre Nachfolge kümmern und möglichst den Nachfolger selbst aussuchen, holte auch Hampe Erkundigungen ein. Über Erdmann ließ er sich durch einen Freund aus Berliner Studienzeiten, den jüdischen Privatgelehrten Ferdinand Güterbock, unterrichten. Dessen Urteil fiel allerdings zwiespältig aus. Einerseits bescheinigte er dem jungen Mann eine scharfe Intelligenz und sagte ihm eine große Zukunft voraus; gleichzeitig aber nannte er ihn »persönlich kühl berechnend«, ein »echter Balte ohne Wärme«. Auch habe er »noch zu wenig Erfahrung«.44 Abgesehen vom Baltenstereotyp, das hier Erdmann ereilte, spricht auch ein persönlicher Vorbehalt aus Güterbocks Worten. Offenbar waren er und Erdmann einander nicht grün. Als Erdmann wenige Jahre später gefragt wurde, wen man zum nächsten Historikertag einladen solle, nannte er verschiedene Namen, schloss aber Güterbock ausdrücklich aus.45 Dessen halbherziges Urteil blieb allerdings völlig folgenlos für Erdmann. Angesichts der politischen Radikalisierung auch in Heidelberg zog sich Hampe enttäuscht und verbittert aus der Universität zurück, der er mehr als 30 Jahre lang angehört hatte. Es gab weder eine Abschiedsvorlesung noch kümmerte er sich um die Auswahl eines Nachfolgers. Schließlich musste er es hinnehmen, dass mit Günther Franz ein bekennender Nationalsozialist berufen wurde, der sich in seinen nur drei Heidelberger Semestern denn auch entsprechend verhielt. »Verkehr mit ihm untunlich« trug Hampe in sein Tagebuch ein.46 Als Hampe noch schwankte, wurde in Tübingen über die Nachfolge seines lebenslangen akademischen Rivalen und habituellen Antipoden Johannes Haller entschieden. Erdmann spielte auch hier nur eine Rolle am Rande; aber es ist höchst anschaulich und bezeichnend, nach welchen Kriterien er wie auch die anderen Kandidaten beurteilt wurden.47 Die erste Vorschlagsliste war noch im Sommer 1932 entstanden und hatte sich ganz an fachlichen, allenfalls auch an persönlichen Gesichtspunkten orientiert. Doch als das Verfahren sich hinzog, geriet es in den Strudel der politischen Ereignisse. Der neue, seit März 1933 amtierende nationalsozialistische Kultminister in Württemberg, Christian Mergenthaler, intervenierte und verlangte, den Tübinger Extraordinarius

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Heinrich Dannenbauer zu berücksichtigen. Denn dieser war seit 1932 Mitglied der NSDAP und galt als »unbedingt zuverlässiger Nationalsozialist«.48 Unterstützung erhielt er außerdem durch seinen Lehrer Johannes Haller, der die wissenschaftlichen Qualitäten seines Schülers anpries. Fakultät und Senat wehrten sich mit allen Mitteln gegen den Wunsch des Ministers, bezeichneten Hallers Urteil als »Fehlurteil« und erstellten eine neue Liste, die Dannenbauer ausdrücklich überging. Genüsslich wurde aufgezählt, was gegen ihn sprach: seine dürftigen, unoriginellen, wenig inspirierten Publikationen und deren zum Teil äußerst kritische Aufnahme durch die Fachwelt, sein geringer Erfolg in der Lehre sowie die Umstände bei seiner Ernennung zum außerordentlichen Professor, die der Kleine Senat wegen unzureichender Leistungen zunächst abgelehnt hatte – auch in Tübingen »ein seltener Fall«. Gerade für eine bedeutende Professur »vom Range der Hallerschen« sei er nicht geeignet. Das war nicht nur ein vernichtendes Urteil für den Kandidaten, sondern auch eine Spitze gegen den Vorgänger, der für seinen Schüler eine Hausberufung durchsetzen wollte, obwohl er sich während seiner aktiven Zeit mit fast allen Kollegen verkracht hatte.49 Schließlich kam eine Dreierliste zustande: An erster Stelle stand der Königsberger Ordinarius Friedrich Baethgen, für den man jetzt auch dessen nationalpolitische Zuverlässigkeit ins Feld führen zu sollen glaubte. Immerhin hatte er im Weltkrieg als Sanitäter an Ost- und Westfront gedient und war in Heidelberg gegen den Pazifisten Emil Julius Gumbel aufgetreten.50 Nur »marxistische Machenschaften« hätten seine Karriere bislang behindert. Offenbar wollte man ihn unbedingt nach Tübingen holen. Auf Baethgen folgten – »mit Abstand« – zwei noch nicht etablierte Wissenschaftler auf der Liste: Carl Erdmann aus Berlin und Paul Kirn aus Leipzig. Zwar war Kirn schon etwas älter und auch schon außerplanmäßiger Professor. Aber Erdmann wurde »die grössere wissenschaftliche Leistung« attestiert, er selbst für »die stärkere Persönlichkeit« gehalten, für »etwas eckig«, aber »gefestigt«. Von seiner Arbeitskraft, Originalität und geistigen Selbstständigkeit sei noch viel zu erwarten. Seine Lehrtätigkeit werde von den Berliner Studenten »mit grosser Wärme« gepriesen, seine »zahlreichen und vielseitigen« Publikationen gälten als »ganz ausgezeichnet« und Geheimrat Kehr habe ihn »stark gelobt«.51 Ob Erdmann davon wusste? Doch die Universität wurde von der Politik ausmanövriert. Selbst die geradezu hektischen Aktivitäten der Philosophischen Fakultät, des Großen

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146 Der Fall Kantorowicz Senats und des Rektoramts konnten nichts mehr bewirken.52 Alles Sträuben half nichts. Noch bevor die drei Kandidaten den ihnen vorgelegten Fragebogen zu Lebenslauf und Abstammung zurückschicken konnten und obwohl sich alle akademischen Gremien und Gutachter gegen Dannenbauer ausgesprochen hatten, wurde dieser durch das Ministerium zum Ordinarius ernannt. Baethgen litt sehr darunter und machte Haller für sein Scheitern verantwortlich – dieser habe »seinen Charakter wieder einmal von der übelsten Seite gezeigt«.53 Ausschlaggebend waren aber nicht Hallers Einwände, sondern Dannenbauers parteipolitische Verbindungen gewesen. Das Tübinger Verfahren hatte Züge, die an Traditionen der deutschen Universität anknüpften, und es hatte Züge, die einer anders gearteten Gegenwart entsprangen. Noch nahm die Philosophische Fakultät das ihr zustehende Recht in Anspruch, ein künftiges Mitglied auszuwählen und dafür eine Reihung der Kandidaten vorzunehmen. Deren wissenschaftliche Fähigkeiten standen am Anfang und lange Zeit im Mittelpunkt des Auswahlverfahrens. Sogar als sich der Vorgänger im Lehramt einmischte, widersprach dies nicht völlig dem Usus und geschah nach Maßgabe (oder unter dem Vorwand) der wissenschaftlichen Qualifikation. Doch die Fakultät ließ sich auch auf andere, eher ungewöhnliche Maßstäbe ein. Vor der »Erfindung der Volksgemeinschaft« im Ersten Weltkrieg wäre es nicht denkbar gewesen, die Berufung eines Hochschullehrers von seinem Einsatz im Krieg, also für Volk und Vaterland, abhängig zu machen. Vom nationalpolitischen Argument war es dann nur noch einen Schritt weit bis zur parteipolitischen Bewertung, zumal wenn eine Partei sich als die einzig nationale ausgab. Wenn es also bei der Besetzung eines Lehrstuhls nicht nur um wissenschaftliche Belange, sondern um viel mehr, nämlich scheinbar um das große Ganze ging, war es durchaus folgerichtig, dass Partei und Staat den Universitäten und Fakultäten die personalpolitischen Entscheidungen, mithin ihr überliefertes Kooptationsrecht, abnahmen. Allerdings wurden dadurch Verhältnisse geschaffen, die nicht nur den Traditionen, sondern auch der Idee der europäischen Universität widersprachen. Das ganze Verfahren muss als »politische Berufung par excellence« betrachtet werden.54 Immerhin kam Erdmann glimpflich aus dem Tübinger Verfahren, da er nicht in dessen Mittelpunkt und seine politische Haltung nicht zur Debatte stand. Nur seine Fähigkeit zur größeren Darstellung wurde von Johannes Haller in einem Schreiben an den Tübinger Rektor in Zweifel gezogen.55 Doch

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davon erfuhr Erdmann nichts. Entsprechend lapidar fiel seine Reaktion aus: »Dannenbauer war ausdrücklich abgelehnt. Darauf erfolgte prompt seine Ernennung.«56 Erst bei der nächsten frei werdenden Stelle hatte er Anlass, sich zu offenbaren. Allerdings ging es dabei nicht um eine Professur, sondern nur um die Vertretung einer solchen. Ohnehin schien ihm inzwischen zweifelhaft, jemals auf einen Lehrstuhl berufen zu werden; »denn dabei würden ja dann – im Unterschied zur Vertretung – die politischen Instanzen gefragt werden«. An geeigneten Vertretern aber gab es zunehmend Bedarf. Nach zahlreichen Entlassungen und Rückzügen war auch auf dem Gebiet der mittelalterlichen Geschichte »allmählich Not am Mann« und Erdmann durfte wenigstens hoffen, »an der einen oder anderen Universität eine Vertretung übertragen« zu bekommen. »Von verschiedenen Seiten« werde er darauf hingewiesen, dass er – neben Kirn – »im wissenschaftlichen Lager als derjenige gelte, der ›am dransten‹ ist«.57 In Heidelberg wurde er unter den Jüngeren an vorderster Stelle genannt, in Tübingen sogar als »wissenschaftliches Phänomen« gehandelt.58 Doch wie Erdmanns Erfahrungen in Frankfurt zeigen, ließ sich für ihn nicht einmal eine Vertretung mehr realisieren.

Ernst Kantorowicz, Stefan George und Friedrich II. Dort in Frankfurt lehrte seit 1931 Ernst Kantorowicz, zunächst als Honorarprofessor, dann – wie schon erwähnt – als ordentlicher Professor. Kurt Riezler, der Kurator der Universität, hatte die Berufung des »erfolgreichen Outsiders« gegen den Widerstand der Fakultät durchgesetzt.59 Er glaubte, dadurch das besondere Profil einer jungen, von Traditionen noch unbelasteten Stiftungsuniversität weiter stärken zu können. Neue Methoden sollten erprobt, neue Fragestellungen verfolgt, neue Gegenstände erforscht werden. »Nicht innerlich Totes zu wahren, sondern Lebendiges aufzubauen«, war der Kurator bestrebt. Frankfurt galt als ausgesprochen liberale, experimentierfreudige Universität. Sie wusste sich den Interessen der Öffentlichkeit verpflichtet und den Problemen der Gegenwart zugewandt, verstand sich also als praxisnahe Bildungs- und Ausbildungsstätte. Ihr Kern lag in den Sozialwissenschaften; aber auch die klassischen Fächer wurden durch eine gezielte Berufungspolitik auf die Frankfurter Besonderheiten hin orientiert. Allenthalben wurden Wege jenseits des Gewohnten beschritten.60

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148 Der Fall Kantorowicz Kantorowicz, Jahrgang 1895, passte nicht nur altersmäßig, sondern auch durch seinen Werdegang in diesen Rahmen.61 Er gehörte zum innersten Kreis um den Dichter Stefan George und durfte den »Meister« beherbergen, wenn dieser sich in Heidelberg aufhielt. Am Kreisleben nahm er intensiv Anteil, die Freunde nannten ihn »EKa«. Zwar war er an der Universität mit einer (wirtschafts-)historischen Arbeit promoviert worden; aber als Sohn vermögender Eltern hatte er eine akademische Karriere nicht nötig. Ein Angebot, sich am Heidelberger Historischen Seminar als Assistent zu verdingen, lehnte er brüsk ab. Stattdessen stellte er seine Fähigkeiten mit einem Opus magnum unter Beweis, das in der Öffentlichkeit Aufsehen erregte und die Zunft der Historiker provozierte. Die Anregung hatten einerseits die Zeitverhältnisse, andererseits die Ziele des George-Kreises gegeben. Denn am Vorbild großer Männer (Frauen spielten im und für den Kreis keine Rolle) sollten sich die Deutschen aufrichten und ein neues Selbstverständnis gewinnen. Das galt schon vor dem Ersten Weltkrieg, erst recht nach dessen desaströsem Ausgang. Die darniederliegende, von der Sekurität in die Verunsicherung abgestürzte Nation verlangte nach Orientierung durch Beispiele. Friedrich Gundolf, Georges Lieblingsjünger, »Kanzler« des Kreises und obendrein der schönste Mann Heidelbergs, hatte dafür nicht nur den Begriff der »Kulturheilande« gefunden, sondern mit Büchern über Shakespeare, Caesar, Goethe und schließlich George die Maßstäbe gesetzt. Große Namen, unter denen es der Autor nicht tun mochte. Aber Gundolf war Literaturwissenschaftler, Caesar sein Hobby. Der Historiker musste sich nach anderen Vorbildern umsehen, nach Tatmenschen, deren Tun auf die Kultur ihrer Zeit abfärbte. Die Kaiser des Mittelalters kamen dafür infrage. Denn mit ihnen habe »des Reiches pracht« gelebt. In einem Gedicht von 1902 (publiziert 1907) ließ George, der »Meister«, drei Salier und »Urvater« Rudolf von Habsburg aus ihren Gräbern in Speyer auferstehen, um schließlich den letzten großen Staufer, Friedrich II., aufzurufen. Denn der habe ein Reich am Schnittpunkt der Kulturen regiert, ein Reich, in dem sich deutsche, römische, griechische, jüdische und arabische Traditionen ineinander verschlangen: »Der Grösste Friedrich wahren volkes sehnen / Zum Karlen- und Ottonen-plan im blick / Des Morgenlandes ungeheuren traum / Weisheit der Kabbala und Römerwürde / Feste von Agrigent und Selinunt.«62 Kantorowicz durfte sich angesprochen fühlen. Denn mit dem ›Morgenland‹ kannte er sich aus, nachdem er ein halbes Jahr lang als Soldat im Osmanischen

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Reich gedient hatte, und als Student bekam er – nach einem fulminanten Referat in Alter Geschichte – das barsche Kompliment, er könne jeden Stoff behandeln, »bei dem sich Orient und Occident verbinden«.63 So kam es dann auch. In wenigen Jahren stellte Kantorowicz ein Buch von 630 Druckseiten fertig, das sowohl das Bild des Stauferkaisers in der allgemeinen Meinung als auch die Wege der Forschung auf Jahrzehnte hinaus bestimmen sollte.64 Schon ein Jahr nach seinem Erscheinen war die 2. Auflage fällig, die 3. und 4. folgten bald nach. Die Rezensionen in der Presse priesen den brillanten Stil des Buchs und empfahlen es enthusiastisch dem Leser.65 Göring soll es verschenkt, Himmler soll es gelesen haben, Hitler sogar zweimal. Dabei handelte es sich um bloße Gerüchte, spät bezeugt und wenig wahrscheinlich.66 Aber auch die Gerüchte illustrieren, wie wichtig das Publikum den Autor und sein Buch nahm.

Ernst Kantorowicz 1934.

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150 Der Fall Kantorowicz Das Friedrich-Buch war nicht als wissenschaftliches Werk gedacht. Es hatte andere Zwecke. Stefan George nahm es in die von ihm herausgegebenen »Werke aus dem Umkreis der Blätter für die Kunst« auf, eine Auszeichnung, die nur wenigen, auserwählten Büchern zuteilwurde. Es erhielt die charakteristische Ausstattung (einschließlich der Swastika im Signet) und durfte bei Georg Bondi, dem Hausverlag des Kreises, erscheinen. Der »Meister« kümmerte sich persönlich um die Drucklegung, beteiligte sich am Lesen der Korrekturen, richtete seine Reisepläne entsprechend ein und übernahm einen Teil der Druckkosten. Auch die raunende Vorbemerkung, der zufolge das Leben des großen Staufers »gerade in unkaiserlicher Zeit« allgemeine Aufmerksamkeit verdiene, harmonierte mit den Zielen Georges, desgleichen der merkwürdige, ganz unhistorische Schluss, der den Spruch der Sibylle: »Er lebt und lebt nicht« (vivit et non vivit) vom Kaiser auf »des Kaisers Volk« übertrug. Damit war das deutsche in seiner gegenwärtigen Not gemeint. Der »Meister« hieß gut, was der Autor bezweckte: Er sei ein »ihm nahestehender Mensch«.67 Das Buch sollte als Publikation aus dem George-Kreis erscheinen, nicht als das Werk eines einzelnen Verfassers. Zeitweilig wurde sogar erwogen, es unter Pseudonym oder gar anonym zu publizieren.68 Dass es wissenschaftlichen Standards nicht entsprach, dass es keine Anmerkungen und Belege enthielt, nicht auf die einschlägige Forschungsliteratur hinwies und durchweg in hohem Ton geschrieben wurde, hat George ganz und gar nicht gestört. Mit den »Bonzen« und »Spezialbonzen«, die ihre gelehrten Steckenpferde ritten, hatte der »Meister« nichts im Sinn. Kantorowicz dagegen schon: In Heidelberg stand er in freundschaftlicher Verbindung mit Friedrich Baethgen und Percy Ernst Schramm, die eine wissenschaftliche Laufbahn anstrebten; bis zum Morgengrauen sollen sie manchmal diskutiert haben.69 Und Karl Hampe, von dem seit Langem eine Biographie Friedrichs II. erwartet wurde, war durch seine beiden »Schüler« über Kantorowicz’ Vorhaben informiert. Auch er beteiligte sich am Lesen der Korrekturfahnen und vielleicht gab er ihm den Rat, auf die Biographie schon bald einen Ergänzungsband mit den Quellen- und Literaturnachweisen folgen zu lassen. Kantorowicz reiste deshalb nach Rom, mietete eine zentral gelegene Wohnung und glaubte, hier über die besten Arbeitsbedingungen zu verfügen. Erste Ergebnisse wollte er nach Heidelberg schicken und Hampe sollte prüfen, ob sie seinen Anforderungen entsprächen.70 Kantorowicz wollte sich also den Weg in die Wissenschaft offenhalten, Hampe sollte ihn dabei unterstützen und informell betreuen. Der »Meister« hatte an-

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dere Pläne (der Ergänzungsband interessierte ihn nicht); aber Kantorowicz war keineswegs der einzige Georgeaner, der schließlich und endlich einen Lehrstuhl erklomm. Elitismus und Sendungsbewusstsein stehen in keinem Gegensatz zueinander.71 Die Rechnung war – fast wörtlich – ohne den Wirt gemacht. Die Stadt Rom mit ihren Sehenswürdigkeiten und Attraktionen verlangte ihren Tribut. Das Leben in der Ewigen Stadt sei »ausserordentlich abwechslungsreich«, schrieb Kantorowicz zu seiner Entschuldigung; »wenn man arbeitend im Zimmer sitzt«, müsse man sich schelten, »dass man nicht lieber draussen ist und sich Rom anschaut«.72 Baethgen war mittlerweile Zweiter Sekretär des Preußischen Historischen Instituts und führte ihn in die römische Gesellschaft ein. Man kann sich ausmalen, welchen Eindruck der stets gut gekleidete, als Autor erfolgreiche und gleichwohl jugendlich wirkende Mann auf seine Umgebung machte. Sogar literarisch ließ sich seine extravagante Erscheinung verwerten. Er schwärmte für Frascati bianco und stand auch bei nächtlichem Zechen in unterirdischen »Bibliotheken« (also Weinkellern) seinen Mann. Kantorowicz scheint zeitlebens ausgesprochen trinkfest gewesen zu sein. Aufsehen erregte er zudem mit einem tannengrünen Fiat 509 (»cinquecento nove«), den er sich zugelegt hatte, um mit ihm die Umgebung zu erkunden. Der blieb zwar manchmal liegen, sodass ihn sein nächster Besitzer zu »cinquecento noie« (»500 Störungen«) umtaufte. Aber dass ein deutscher Wissenschaftler in Rom mit dem eigenen Auto herumfuhr, war damals ein höchst ungewöhnlicher Fall.73 Nur die Arbeit am Ergänzungsband kam nicht recht vom Fleck. Im Historischen Institut musste Kantorowicz feststellen, dass die für ihn wichtigsten Bücher sich nicht hier, sondern in Berlin befanden, und Forschungen im Vatikanischen Archiv führten ihn auf ein ganz anderes Feld. Insofern erwies sich das halbe Jahr, das er in Italien verbrachte, als ineffizient. Erst als er nach Berlin umgezogen war und in der Bibliothek der MGH arbeiten durfte, machte der Ergänzungsband Fortschritte. 1931 konnte er endlich erscheinen. Was blieb, waren die Erinnerungen an Rom (»EKa’s favorite city«)74 und die persönlichen Verbindungen, die er teils auffrischte, teils neu einging. Mit Baethgen war er häufig zusammen, Schramm stieß einmal dazu, Carl Erdmann lernte er kennen. Es wäre wohl zu viel gesagt, hier schon von Freundschaft zu sprechen. Erdmann hat sich wahrscheinlich selten an Kantorowicz’ Freizeitaktivitäten beteiligt, nicht an den Ausflügen mit dem Fiat und auch nicht an den Ge-

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152 Der Fall Kantorowicz lagen. Aber man mochte sich, man schätzte sich und wusste sich durch das gemeinsame Interesse an einer historischen Epoche verbunden. Daraus ergab sich eine persönliche Beziehung auf sachlicher Grundlage: freundlich im Ton, hilfreich bei der Arbeit, loyal, wenn es darauf ankam.75 Das zeigte sich schon wenige Monate später, als heftige und grundsätzliche Kritik an dem Friedrich-Buch laut wurde. Eine Art Historikerstreit hob an. Als Wortführer trat Albert Brackmann hervor, Ordinarius in Berlin, seit 1929 als Nachfolger P. F. Kehrs Generaldirektor der preußischen Staatsarchive, also ein Schwergewicht in der historischen Zunft. An prominentem Ort, in der »Historischen Zeitschrift«, warf er Kantorowicz vor, Grundregeln des wissenschaftlichen Arbeitens und der Quellenkritik missachtet und nicht nach objektiven Wahrheiten gesucht, sondern sich seinem Gegenstand »in mythischer Schau« genähert zu haben. Da der Verfasser dem Kreis um Stefan George angehöre, habe die »imagination créatrice« den »realen Wirklichkeitssinn« verdrängt, habe der Dichter in ihm die »wissenschaftliche Persönlichkeit« überwältigt. Insbesondere auf die Deutung von Friedrichs Kreuzzug und dessen (angebliche) Selbstkrönung in Jerusalem, also auf jene Passagen zur westöstlichen Geschichte, für die dem Autor besondere Kompetenz nachgesagt wurde, richtete sich Brackmanns Kritik. Kantorowicz nannte ihn privatim nur mehr »Brackwasser«.76 Dessen Einwände waren in ihren Grundzügen durchaus stichhaltig, sie standen aber auch für die Vorstellungen und Maßstäbe einer Generation von Historikern, die noch im Kaiserreich wissenschaftlich sozialisiert worden waren. Ein gestandener Ordinarius wies einen selbstbewussten Aufsteiger zurecht. Die Attacke galt aber nicht einem einzelnen Kontrahenten, sondern verfolgte zugleich ein allgemeineres Ziel. Seit dem Ende des Weltkriegs hatten sich die Erwartungen an die Tätigkeit des Historikers verschoben. Es genügte nicht mehr, in mühsamer Kleinarbeit (George: »kleintierhafte tüftelei«77) ein detailliertes Bild der Vergangenheit zu pinseln, sondern klare Linien wurden erwartet, die sich mit den Erfahrungen der Nachkriegszeit verbinden ließen. Um es mit den Worten eines kompetenten Zeitgenossen zu sagen: »Das Zeitalter des Historismus ist vorüber. […] Spezialisierung ermüdet und interessiert nicht mehr. […] Dafür besteht eine brennende Sehnsucht nach Erkenntnis von Idee und Funktion, von Sinn und Wert im geschichtlichen Werden«, ein »Verlangen nach innerer geschichtlicher Wahrheit«. Nicht mehr »Arbeitsleistungen wie die Monumenta [Germaniae Historica], die Papsturkunden

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[Kehrs Lebenswerk] und ähnliche Denkmale einer abtretenden Generation« seien gefragt, sondern Darstellungen von literarischer Qualität und subjektivem Zuschnitt. Denn die Aufgabe des Historikers sei »keine Sinnfeststellung, sondern Sinngebung«. Die Geschichte habe – ob als magistra oder als ancilla – dem Leben zu dienen.78 Die Universitätshistoriker taten sich schwer, solche Erwartungen zu erfüllen. Dadurch aber liefen sie Gefahr, ihre Deutungshoheit im Feld der Geschichte zu verlieren. Von zwei Seiten mussten sie sich bedroht fühlen: Erstens durch eine wachsende Zahl historischer Darstellungen, die sich an das breite Publikum wandten und großen Erfolg hatten, weil ihre Autoren sich um Lesbarkeit bemühten. Am wirkungsvollsten verstand es der gelernte Journalist Emil Ludwig, das historische Interesse der Allgemeinheit zu bedienen. Als »Dichterhistoriker« wurde er einmal bezeichnet und genau daran schieden sich die Geister. Ludwigs Name stand und steht für jenes Phänomen, das als »historische Belletristik« in das enzyklopädische Wissen der Zeit (in den Großen Brockhaus) einging und den entschiedenen Widerspruch der Universitätshistoriker auf sich zog.79 Die »Historische Zeitschrift« brachte eine Broschüre heraus, die überaus kritisch (Carl von Ossietzky: »ernstlich böse«) und – wie man glaubte – von höherer Warte aus mit der populären Geschichtsschreibung ins Gericht ging. Oberflächlichkeit, Konzessionen an den Zeitgeist und den »leichten Plauderton« warf man ihr vor.80 Dass der verantwortliche Herausgeber dabei einen unverblümt politischen Ton anschlug und die eigene nationalkonservative gegen die »linke« Gesinnung etwa eines Emil Ludwig in Stellung brachte, hat nicht jeden gefreut. Aber das Grundanliegen des Hefts – die »Literatenwelt« in ihre Schranken zu weisen – wurde von den meisten Fachhistorikern geteilt.81 Zweitens forderten die heroischen Biographien aus dem George-Kreis die zünftige Geschichtsschreibung heraus. Sie wandten sich – schon vom Selbstverständnis der Autoren her – an die intellektuelle Elite und verkauften sich nicht so gut wie »historische Belletristik«, waren aber im allgemeinen Bewusstsein kaum weniger präsent als Emil Ludwig. Brackmann kritisierte Kantorowicz als Jünger Stefan Georges und warf ihm vor, nicht geforscht, sondern »geschaut, gefühlt, erlebt« zu haben.82 Die Debatte um das Friedrich-Buch hatte aber auch immer die »historische Belletristik« im Auge. Denn Universitätshistorie, George-Kreis und populäre Geschichtsschreibung konkurrierten miteinander. Letztlich ging es um die Frage, wo historische Orientierung ge-

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154 Der Fall Kantorowicz funden werden sollte: in der wissenschaftlichen Monographie, im heroisierenden Kreis-Buch oder im journalistisch formulierten Sachbuch. Die Zunft verständigte sich auf die Formel, dass es eine »legitime« und eine »illegitime« Geschichtsschreibung gebe. Nur die wissenschaftlich ausgewiesene hielt sie für »legitim«.83 Carl Erdmann befand sich in keiner einfachen Situation, als ihm Albert Brackmann einen Sonderdruck seines kritischen Aufsatzes zukommen ließ. Leicht hätte er sich mit einem unbedachten Kommentar seinen mühsam erworbenen Status als Nachwuchstalent verscherzen können. Aber er wollte auch nicht mit seiner Meinung hinter dem Berg halten. Das war ihm – zumal in jungen Jahren – nicht gegeben. Sein zunächst auskömmliches Verhältnis zu Kehr hatte er damit immer wieder strapaziert und letztendlich verdorben. Er entschloss sich, doch ein gutes Wort für den Angegriffenen einzulegen. In einem länglichen Schreiben nahm er Stellung, ebenso höflich wie bestimmt:84 Er gebe zwar zu, dass ein neuer Methodenstreit (der letzte hatte die Historiker am Ende des 19. Jahrhunderts beschäftigt) seinen Sinn habe und sich um die Frage drehen müsse: »Wie soll man Geschichte schreiben und wie nicht?« Denn dafür gebe es keine anerkannten Maßstäbe, ganz abgesehen von den verschieden ausgeprägten Fähigkeiten, sich schriftlich zu artikulieren. In jedem Fall könne die Diskussion darüber fruchten. Fürs Erste aber gab Erdmann Kantorowicz recht. Selbst dort, wo eine Formulierung überzogen, eine Beschreibung weniger realistisch als »magisch« klingt, überwiege der erzählerische Gewinn die sachliche Unschärfe. Denn man lese das Buch nicht mühsam, sondern mit Genuss. Die künstlerische Form bedinge seine sprachliche Gestalt, die aber den dargestellten Sachverhalten nicht abträglich sei. Denn der gebildete Leser (ein merkwürdiges Argument) wisse ohnehin Bescheid. Selbst die eigentümliche Darstellung des Kreuzzugs von 1227 und die von Brackmann bestrittene Behauptung: »Den Weltmonarchen […] verlieh nur der Orient die Unbedingtheit und den Nimbus des Gottes«85 müsse man nicht wörtlich verstehen, sondern nur als quasi atmosphärische oder rahmende Überleitung zu den dann behandelten Themen. Überhaupt tue man dem Autor unrecht, wenn man ihn auf einzelne Sachverhalte und deren konkrete Umstände festlege. Ihm sei es darum gegangen, jeweils die »übergeschichtlich-symbolische Bedeutung hinter den Ereignissen« zur Anschauung zu bringen. Darüber könne man streiten, je nach »Weltanschauung« und »Geschmack«. Aber es mache einen Unterschied,

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»nach den jeweiligen Bedingtheiten und momentanen politischen Absichten zu fragen« oder »nach Sinn und Wesen der Erscheinungen zu suchen«. Von einem Methodenfehler dürfe man jedenfalls nicht sprechen. Man weiß nicht, wie Professor Brackmann auf das Schreiben reagierte. Gefreut hat es ihn wohl nicht. Erdmann schwächte seine Worte etwas ab, indem er sie als eine Meinungsäußerung »aus dem Kreise der jüngeren Generation« herunterzuspielen versuchte. Sie wirken stellenweise gewunden, insgesamt aber klar und entschieden. Man sollte das Schreiben nicht als einen Freundschaftsdienst verstehen, sondern als einen Akt der Loyalität, die der Schreiber jemandem schuldete, den er persönlich kannte und als Mensch wie als Autor hoch schätzte. Gleichzeitig bat er Friedrich Baethgen, das Friedrich-Buch wohlwollend zu rezensieren (was dieser dann auch tat).86 Das heißt nicht, dass Erdmann alles gut fand, was Kantorowicz sagte und schrieb. Als dieser eine Antwort auf Brackmanns Attacke am selben herausragenden Druckort, der »Historischen Zeitschrift«, erzwang, da fand Erdmann die »feuilletonistische Tonart sehr bedenklich«.87 (Feuilleton: Damit war man schon ganz nahe bei Emil Ludwig!) Und als Kantorowicz im Jahr darauf einen spektakulären Auftritt beim Historikertag in Halle hinlegte und die (mit Ausnahme Brackmanns versammelte) Zunft nicht allein mit seiner eleganten Kleidung, sondern auch mit der These provozierte, nur eine künstlerische Geschichtsschreibung aus der Schule Georges könne der Nation dienen, alles andere sei entweder Geschichtsforschung oder eben »historische Belletristik« und mit beidem verbinde ihn nichts,88 da hatte Erdmann erneut Bedenken. Er hätte sicher nicht in den höhnischen »Song des Positivisten« eingestimmt, den man dem abgereisten Provokateur hinterher sang;89 aber die Sache selbst war ihm peinlich und er glaubte, ihn entschuldigen zu müssen: Kantorowicz sei »eben Historiker und nicht Geschichtsphilosoph«. Andere urteilten viel schärfer über den »hochmütigen«, »frechen« und dazu »rabulistischen« Ton des Vortrags. Selbst jene, die ihm wohlwollten und schon einmal mit ihm gezecht hatten, hegten Zweifel an der wissenschaftlichen Solidität des »Außenseiters ohne Amt und Würden«.90 Erst als endlich der Ergänzungsband vorlag, trat Erdmann – nun selbst Rezensent – entschieden für das Gesamtwerk ein und stellte ihm ein glänzendes Zeugnis aus: Das Verdienst des Verfassers liege »in der Vereinigung eines individuell und weltanschaulich bedingten Geschichtsbildes mit der fachlichquellenmäßigen Fundierung«. Das Friedrich-Buch sei »von einer jenseits aller

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156 Der Fall Kantorowicz Quellenforschung liegenden Grundauffassung durchdrungen« und trotzdem nicht gegen die Quellen geschrieben. Es könne sogar anregen, sich über die Grenzen der herkömmlichen Forschungsmethoden Gedanken zu machen und das Verhältnis von »Exaktheit« und »Einfühlung« neu zu bestimmen.91 Auch wenn Erdmann diese Überlegungen später nicht mehr fortspann, waren es doch weitreichende Einsichten, die er aus der Debatte um Friedrich II., Stefan George und die »historische Belletristik« davontrug.

Debakel in Frankfurt Es hat den Anschein, dass sich Erdmann und Kantorowicz über solche und ähnliche Fragen unterhielten, wenn sie sich trafen. Allerdings hatten sie nur selten Gelegenheit dazu. Briefe sind leider gar keine erhalten. Wahrscheinlich würden sie uns zeigen, dass sich die beiden auch politisch verstanden. Beide dachten nationalkonservativ, sahen sich bei aller Weltläufigkeit als deutsche Patrioten und trauten den Parteien und Parlamenten nicht viel zu.92 Wie weit aber die gegenseitige Wertschätzung reichte, geht am deutlichsten aus den Ereignissen im Sommer und Herbst 1933 hervor. Auch für die Frankfurter Universität kam die Übernahme der Macht durch die Nationalsozialisten überraschend. Bei einem Kostümfest im Februar 1932 trat der Kurator spaßeshalber »als das andere seiner selbst«, nämlich als SAMann verkleidet, auf und im April machte sich Kantorowicz brieflich über das Kürzel S. A. lustig: Es bedeute weder »Sturmabteilung« noch »Sex Appeal«, sondern schlicht und ergreifend: »Separat-Abzug«, im Wissenschaftsbetrieb etwas alltäglich Banales.93 Ein Jahr später sah er sich mit dem Beamtengesetz konfrontiert, das ihn als Spross einer deutsch-jüdischen Fabrikantenfamilie existenziell bedrohte. Zwar hätte er als »alter Kriegsknecht« die sogenannte Frontkämpferklausel in Anspruch nehmen können und wäre – bis auf Weiteres – von den judenfeindlichen Bestimmungen nicht betroffen gewesen.94 Es ging sogar das Gerücht, man habe ihn als einen von wenigen »Nichtariern« unbedingt halten wollen.95 Doch Kantorowicz zog es vor, mit Aplomb zu reagieren. In einem Schreiben an seinen Dienstherrn, den Preußischen Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung, das – sicher kein Zufall – auf den 20. April, Hitlers Geburtstag, datiert ist, betonte er sowohl seine Verdienste

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um Deutschland (im Krieg und als Autor) wie auch seine nationale Gesinnung, um dann das Dilemma zu beschreiben, das sich nun im nationalsozialistischen Staat aus seiner jüdischen Abstammung ergab: »[…] solange jeder deutsche Jude […] schon durch seine Herkunft fast für einen ›Landesverräter‹ gelten kann; solange jeder Jude als solcher rassenmäßig für minderwertig erachtet wird; solange die Tatsache, überhaupt jüdisches Blut in den Adern zu haben, zugleich einen Gesinnungsdefekt involviert; solange jeder deutsche Jude sich einer täglichen Antastung seiner Ehre ausgesetzt sieht ohne die Möglichkeit, persönliche oder gerichtliche Genugtuung zu erzwingen; solange ihm als Studenten das akademische Bürgerrecht versagt, der Gebrauch der deutschen Sprache nur als ›Fremdsprache‹ gestattet wird […]; solange durch Dienstbefehl auch den Juden als Leitern der Seminare zugemutet wird, sich aktiv an judenfeindlichen Aktionen zu beteiligen […]; und solange jeder Jude, gerade wenn er ein nationales Deutschland voll bejaht, unfehlbar in den Verdacht gerät, durch das Bekunden seiner Gesinnung nur aus Furcht zu handeln oder bloß seinen persönlichen Vorteil zu suchen, nach Pfründen jagen und seine wirtschaftliche Existenz sichern zu wollen; solange daher jeder deutsche und wahrhaft national gesinnte Jude, um einem derartigen Verdacht zu entgehen, seine nationale Gesinnung eher schamhaft verbergen muß, als daß er sie unbefangen kundtun dürfte; so lange erscheint es mir als unvereinbar mit der Würde eines Hochschullehrers, sein nur auf innerer Wahrheit begründetes Amt verantwortlich zu versehen.«96 Abgesehen von Kantorowicz’ pointiertem Ehrbegriff und der ihm eigenen stolzen Gesinnung, macht sein Schreiben bis auf den heutigen Tag Eindruck. Zeitlebens bestand er auf einer Würde, die nicht stirbt.97 Im Ministerium soll es »ziemlich dumme Gesichter« gegeben haben.98 Allerdings nahm Kantorowicz seinen Abschied auf Raten. Im Sommersemester 1933 ließ er es mit einem Seminar in seiner Wohnung (einem Privatissimum also) bewenden.99 Im darauffolgenden Wintersemester provozierte er seine Hörer, indem er – kampfeslustig und »verjüngt« – in einer Art zweiter Antrittsvorlesung dem neuen, dem »Dritten Reich« den Spiegel des wahren, des von Stefan George und seinem Kreis vertretenen »Geheimen Deutschlands« vorhielt und sich dabei »alles vom Herzen herunterbrüllte«, was ihm missfiel. Angeblich habe er damit das Auditorium gewonnen, ein »Auditorium, das erst braun war und dann rot anlief, um bei dem Schlußwort […] selig zu trampeln«.100 Doch zwei Wochen später musste er seine Lehrver-

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158 Der Fall Kantorowicz anstaltungen abbrechen, weil es zu Boykottaktionen der nationalsozialistischen Studenten gekommen war und weder vom Rektor, dem Pg. Ernst Krieck, noch von seinem ehrgeizigen Kollegen Walter Platzhoff, der als Prorektor amtierte, Unterstützung erwartet werden konnte. Einige Studenten, die sich mit einer Eingabe an das Reichserziehungsministerium auf seine Seite schlugen, wurden der »politischen Instinktlosigkeit« geziehen und schließlich von der Universität relegiert.101 Kantorowicz ließ sich für den Rest des Semesters wie auch für das kommende Sommersemester beurlauben und einigte sich mit Rektorat und Fakultät auf eine doppelte Vertretung: Die allgemeine mittelalterliche Geschichte sollte Carl Erdmann, die Historischen Hilfswissenschaften der Frankfurter Privatdozent Paul Wilhelm Finsterwalder übernehmen.102 Dessen Lebensweg vor und nach 1933 ist in jeder Hinsicht bezeichnend:103 Geboren 1888, freiwillige Meldung zum Kriegsdienst vor Abschluss des Studiums, vier Jahre an der Front, »Nervenschock« und deshalb verspätete Wiederaufnahme des Studiums; danach schlecht bezahlter Mitarbeiter bei den Monumenta Germaniae Historica; seine Forschungsgebiete entsprachen den Interessen seiner Lehrer. Kehr hielt ihn für »sehr medioker«.104 Im reifen Alter von 39 Jahren habilitierte er sich in Frankfurt. Mit Stipendien, befristeten Stellen und Lehraufträgen hielt er sich, seine Frau und zwei Kinder über Wasser. Vorteile versprach er sich vom Machtwechsel 1933. Er trat zuerst der NSDAP, dann auch der SA und anderen nationalsozialistischen Formationen bei und soll sich »mit großem Einsatz« um die »Bewegung« bemüht haben. Auch mit den Themen seiner Lehrveranstaltungen (»Völkische Geschichtsprobleme«, »Rasse und Geschichte«, »Führerpersönlichkeit und Geschichte«) machte er Konzessionen an den neuen Zeitgeist. Doch erst 1939 wurde er – nach mehreren Anläufen – zum beamteten außerordentlichen Professor ernannt. Die eingeholten Gutachten waren »übereinstimmend zurückhaltend«. Aber sein »grundanständiger [also politisch und weltanschaulich zuverlässiger] Charakter« ließ über die evidenten fachlichen Mängel hinwegsehen. Diese wurden als Spätfolgen des Krieges ausgegeben. 1945 wurde Finsterwalder wegen Zugehörigkeit zur NSDAP entlassen, im Spruchkammerverfahren als Mitläufer eingestuft und zu einer (maßvollen) Geldbuße verurteilt. Die üblichen Ausflüchte halfen ihm nicht. Eine Rückkehr an die Universität blieb ihm – ungeachtet »sehr starker Sympathien« in der Philosophischen Fakultät – versagt. Spät wurde ihm eine sogenannte Gnadenpension zuerkannt, also eine regelmäßige, aber widerrufliche Zuwendung, die für die

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Unterbringung im Altersheim ausreichte. Aus dem früheren Versorgungsfall war ein Sozialfall geworden. Kein gelungenes Leben. Ebenso bezeichnend ist es, wie Carl Erdmann auf das Frankfurter Angebot reagierte: Jeder andere hätte die Chance beim Schopf ergriffen und nicht nach den Umständen, schon gar nicht nach den Hintergründen von Kantorowicz’ Beurlaubung gefragt. Doch der schlecht bezahlte Privatdozent Erdmann machte sich seine eigenen Gedanken und stellte Bedingungen für die Annahme der Vertretung: Er nannte die Frankfurter Affäre den »Fall Kantorowicz« und meinte damit: den zweiten Fall dieses Namens. Denn ein halbes Jahrhundert zuvor, auf dem Höhepunkt des Berliner Antisemitismusstreits, hatte schon einmal ein Kantorowicz im Zentrum öffentlicher Aufregung gestanden und war wegen seines Judentums beschimpft worden, hatte sich aber erfolgreich zur Wehr setzen können: Edmund Kantorowicz, Teilhaber der Posener Spirituosenfirma und Onkel von Ernst. Die »Kantorowicz-« oder »Pferdebahn-Affäre« hatte damals hohe Wellen geschlagen und war auch international registriert worden. Da sie durch den notorischen Antisemiten Bernhard Förster ausgelöst wurde, den späteren Schwager Friedrich Nietzsches, ist die Affäre auch mit dessen Lebensgeschichte weitläufig verbunden.105 Offenkundig kannte Erdmann den »Fall« und deutete den zweiten mit dem ersten. Er sah, dass es heute wie damals um die Ausgrenzung des deutschen Judentums ging und sprang, als es um die Frankfurter Vertretung ging, dem Opfer zur Seite: Er wolle den Studenten seine Meinung über die Boykottaktionen und sein »weiteres Eintreten für Kantorowicz« öffentlich mitteilen.106 Er hätte also den Konflikt mit einem Teil der Studentenschaft fortsetzen und als ortsfremder Vertreter durchstehen wollen, woran der Ordinarius gescheitert war. Außerdem hätte er sich mit einem sich nun zu seinem Judentum bekennenden »Nichtarier« solidarisiert – schon 1933/34 ein gewagtes Unterfangen. Man kann den Vorgang nicht als einmalig bezeichnen. Als Walther Holtzmann 1936 an Stelle Wilhelm Levisons nach Bonn berufen wurde, brachte er in der Antrittsvorlesung seine Wertschätzung für den zwangsweise in den Ruhestand versetzten Vorgänger zum Ausdruck.107 Es gab also durchaus Möglichkeiten, Menschlichkeit und Anstand zu bewahren. Aber Holtzmann hatte schon vorher eine Professur inne, seine Stellung war eine andere als die des Privatdozenten Carl Erdmann. Man mag dessen Verhalten halsstarrig, blauäugig, weltfremd oder auch naiv nennen; aber mutig war es allemal, was er verlangte, und ist nur mit seinem Respekt vor Kantorowicz einer-

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160 Der Fall Kantorowicz seits, seiner eigenen Unbedingtheit andererseits zu erklären. Darin waren sich beide sehr ähnlich. Natürlich wurde Erdmanns Bedingung vom Vertreter der Fakultät nicht akzeptiert. Umgehend wurde sie beiseitegewischt: Es sei ganz und gar »unmöglich«, was Erdmann verlange.108 Wir wissen nicht, wer das Gespräch mit ihm führte. Vermutlich war es der Dekan, der Kunsthistoriker Hans Jantzen, der dem Nationalsozialismus keineswegs ablehnend gegenüberstand.109 Aber jeder andere Amtsträger hätte wohl ähnlich reagiert, zumal in turbulenten Zeiten wie diesen. Die Existenz der ganzen Universität stand auf dem Spiel.110 Man war froh, das Problem vom Tisch zu haben, und wollte es nicht wieder aufleben lassen. Schließlich verzichtete man ganz auf eine Vertretung und bat den Gießener Mediävisten Theodor Mayer, in Frankfurt das Mittelalter mit zu versorgen.111 Zwei Semester pendelte Mayer zwischen Gießen und Frankfurt hin und her. Schwierigkeiten musste man keine befürchten. Denn Mayer stand dem Nationalsozialismus sehr aufgeschlossen gegenüber; seine politische Gesinnung galt als »einwandfrei« und »grundecht«.112 Wir werden ihm noch mehrfach begegnen.

Asyl in Berlin Nach einem sechsmonatigen, in jeder Hinsicht eindrucksvollen Aufenthalt in Oxford113 kehrte Kantorowicz nach Deutschland zurück und ließ sich in Berlin nieder, um ein Leben als Privatgelehrter zu führen. Erneut erwies sich die Bibliothek der Monumenta Germaniae Historica dafür als der geeignetste Ort. Allerdings hatten sich die Zeiten gründlich geändert. Damals, um 1930, konnte er als berühmter, erfolgreicher Autor auftreten, der sich schon durch seine dandyhafte Erscheinung (»elegant und sogar parfümiert«), erst recht durch seine witzige und charmante Art von der Steifheit der Monumentisten unterschied.114 Während man ihn für einen italienischen oder spanischen Aristokraten halten konnte, sollen diese sogar bei gemeinsamen Bierabenden vor allem an Lesarten und Konjekturen, also an textkritischen und editorischen Fragen, interessiert gewesen sein. Ausflüge, bei denen Theodor Mommsens Enkel mit Hermann Onckens Tochter tanzte und ein Mediävist in den Liepnitzsee fiel, sollen vorgekommen sein, waren jedoch sicher die Ausnahme.115

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Nun aber kehrte der einst Gefeierte als vertriebener Frankfurter Ordinarius nach Berlin zurück. Zwar erhielt Kantorowicz als 40-jähriger Emeritus weiterhin seine vollen Bezüge; aber im täglichen Leben sah er sich sogar in standesgemäßer Charlottenburger Umgebung antisemitischen Diskriminierungen ausgesetzt.116 Er wähnte sich »in einer Zeit, in der Hesperiens Goldäpfel umso fauler werden, je mehr man sich dem edelsteinlosen Kern nähert«. Man könne sich die »Herrschaft über das Geisterreich« einbilden; aber schon das »Lauschen auf die Geisterstimme« sei ein Wagnis.117 Bei den Monumenta war davon (noch) nichts zu spüren. Nach wie vor herrschte »ein Geist freier Kritik« in deren Räumen.118 Kehr, der ihm von jeher eine »stille Liebe« zu deren Vorhaben unterstellte, unterstützte Kantorowicz auch weiterhin. Wie bei seinem ersten Forschungsaufenthalt erhielt er ein kleines eigenes Zimmer, in dem er einen Bücherapparat aufstellen konnte.119 Hier, in seinem »Studiolo«, schrieb er an den Werken, die sein Denken in eine andere Richtung führten und seinen späteren Ruhm vorbereiten sollten. Eines davon gibt sogar sein Selbstverständnis in diesen Jahren zu erkennen. Es handelt von »gelehrter Anachorese im Mittelalter«, erzählt von Philosophen wie Abaelard und Petrarca, meinte aber unverhohlen die eigene Existenz des Verfassers: »Des Weisen Los ist Einsamkeit« – eine Einsamkeit aber, die ihm die Zwiesprache mit der Vergangenheit beschert und so »das Elend der Gegenwart vergessen läßt«.120 Der autobiographische Zusammenhang liegt hier offen zutage: Das Arbeitszimmer in der Bibliothek der Monumenta war für Kantorowicz die Klause, die die Freiheit des Gelehrten in sich barg und Abstand von den Zumutungen der Gegenwart versprach. Als ihm Karl Hampe, mittlerweile ebenfalls in freiwillig-unfreiwilligem Ruhestand befindlich, eine Abhandlung über den Sturz des Deutschordens-Hochmeisters Heinrich von Plauen zuschickte, da dankte er dem Verfasser, indem er deren Gegenstand auf die eigene Zeit hin umbog: Offenbar gebe es »Zeiten, in denen sich hervorragende Naturen tatsächlich nicht durchsetzen können, und dass dann nur […] quasi eine Insel übrigbleibt, wo man diese Grösseren erträgt«. Man könne nur hoffen, »dass in unserer […] Zeit für nicht minder Wesentliches gleichfalls ein solches Refugium verbleibt«.121 Die Sorge scheint ihn umgetrieben zu haben, dass auch die Inselexistenz bei den Monumenta nicht von Dauer sein würde. Vier Jahre lang blieb Kantorowicz in Berlin. Er erhielt Unterstützung von Kehr und Hampe (der ihn einer anderen Universität empfahl), traf Theodor

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162 Der Fall Kantorowicz E. Mommsen (den er bei seinem ersten Berliner Forschungsaufenthalt schätzen gelernt hatte), sah hin und wieder nicht nur Kurt Riezler (was ihn sicher erfreute), sondern vielleicht auch Albert Brackmann (worauf er nicht unbedingt Wert legte) und gewann in Carl Erdmann einen Freund.122 Von dessen Gelehrsamkeit und gleichzeitig Hilfsbereitschaft hatte er schon früher in Rom einen Eindruck bekommen. Nun fand er sie im wissenschaftlichen Alltag bestätigt. Einen »Lichtblick« nannte er ihn, zumal nach der Emigration Mommsens und dessen Ausscheiden aus dem Dienst der Monumenta.123 Mit den anderen Mitarbeitern verband ihn offenbar nicht viel. Ihm dagegen schuldete er Dank. So hatte ihn Erdmann auf eine Handschrift im Besitz des Escorial hingewiesen, in der sich ein angebliches Testament Friedrichs II. befindet, und auch sonst »immer wieder verblüffenden Spürsinn« bewiesen. Er, Kantorowicz, habe davon so wie viele andere Gelehrte profitiert.124 Dass sie nicht nur Informationen, sondern auch ihre Publikationen austauschten, liegt auf der Hand, lässt sich aber nur punktuell rekonstruieren. Immerhin ist eine größere Zahl von Sonderdrucken in Kantorowicz’ Nachlass in Princeton erhalten geblieben, einige mit persönlicher Widmung.125 Die Habilitationsschrift, deren Publikation Kantorowicz mit großen Erwartungen entgegensah, befindet sich merkwürdigerweise nicht in seinem nachgelassenen Besitz. Aber Erdmanns nächstes großes Buch, die »Studien zur Briefliteratur Deutschlands im elften Jahrhundert« (über die noch zu sprechen sein wird), überreichte der Verfasser mit einer ebenso verrätselten wie freimütigen Widmung: »Ernst Kantorowicz, dem illegalen Helfer, in Freundschaft C. E.«.126 Aus wissenschaftlichem Respekt und persönlicher Loyalität hatte sich im Laufe der Jahre eine Freundschaft entwickelt. Der Gelehrte und der Weltmann hatten zunächst nicht viel miteinander zu tun; sachlich und sprachlich gingen ihre Veröffentlichungen verschiedene Wege. Wenn Erdmann im Zuge seines Berliner Habilitationsverfahrens bescheinigt wurde, er halte sich von »kon­ struktiver Phantastik« frei, dann hatte man sicher Kantorowicz’ FriedrichBuch im Auge.127 Aber in dem Maße, in dem Kantorowicz sich den Zielen und der Arbeitsweise der Monumenta Germaniae Historica annäherte und den hohen Ton seiner frühen Werke zugunsten einer nüchterneren Sprache aufgab,128 kamen sich die beiden auch persönlich näher. So wurden sie Freunde. Dass sich ihre Freundschaft in der Zueignung eines wissenschaftlichen Werks von eher spröder Thematik am vernehmlichsten äußerte, lag an Carl Erd-

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mann. Mehr war von einem derart verschlossenen und intellektuell kontrollierten Menschen nicht zu erwarten. Die »Studien zur Briefliteratur« erschienen 1938. Am Ende des Jahres, gleich nach der »Reichspogromnacht«, verließ Kantorowicz unter dramatischen Umständen Deutschland. Schon lange hatte er die Emigration ins Auge gefasst, nicht nach Spanien, China, Österreich oder in die Tschechoslowakei, sondern gleich in die Vereinigten Staaten: »je weiter fort, umso lieber«. Denn Europa könne man nur mehr kondolieren, »weil alles so hat kommen müssen«.129 Mit Erdmann blieb er in loser werdender Verbindung. In Deutschland galt der vormals gefeierte Autor des Friedrich-Buchs nur noch als ein »Judenhistoriker«, der sich zur deutschen Geschichte geäußert hatte und deshalb das feindselige Interesse einer sich etablierenden »Erforschung der Judenfrage« auf sich zog.130

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BERLINER INTRIGEN Auch das Frankfurter Debakel konnte Erdmann noch unbeschadet überstehen. Das Ministerium wurde nicht näher informiert und nur wenige wussten über sein eigensinniges Verhalten Bescheid. In den späteren Debatten um seinen politischen Standpunkt spielte die Sache keine Rolle. Diese nahmen ihren Ausgang nicht von einer umstrittenen Berufung oder der Vertretung einer Professur, sondern – viel bescheidener – von der Erteilung eines bloßen, wenig lukrativen Lehrauftrags an der Berliner Universität. Daran sollte Erdmanns Universitätslaufbahn scheitern. Ein Dossier, das von der NS-Dozentenschaft geführt wurde, gibt Auskunft über den Prozess seiner Ausgrenzung. Es ist ein Dokument der Aufsicht und Kontrolle durch ein Organ des neuen, des nationalsozialistischen Staates.1

Unter Beobachtung und Kontrolle Mit Erlass des Preußischen Ministeriums für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung vom 18. Oktober 1933 waren zunächst an den preußischen, dann auch an den anderen deutschen Universitäten Dozentenschaften eingerichtet worden. Ein halbes Jahr später wurde aus ihnen allen die Deutsche Dozentenschaft gebildet und diese schließlich dem Reichserziehungsministerium unterstellt. Alle Assistenten, Privatdozenten und auch die nichtbeamteten Professoren gehörten ihr zwangsweise an. Die beamteten Professoren konnten ihr beitreten, mussten das aber nicht tun. Auf sie kam es nicht an. Vielmehr sollten die Dozentenschaften dafür sorgen, die schlechten beruflichen Aussichten der Privatdozenten (das »Privatdozentenelend«) zu verbessern, ihnen die durch die Vertreibung missliebiger Professoren frei gewordenen Stellen zu verschaffen und auf lange Sicht eine Reform der Universitäten im nationalsozialistischen Sinn zu bewirken. Auf allen Ebenen galt das Führerprinzip. An der Spitze der örtlichen Dozentenschaften standen meistens Privatdozenten, die ein Parteibuch besaßen, gelegentlich auch nichthabilitierte Assistenten oder sogar nichtpromovierte Hilfsassistenten. Die Deutsche Dozentenschaft war somit eine Interessenvertretung des sich um seine Zukunft sorgenden

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akademischen Nachwuchses. Die Ordinarien konnten sie als »eine bessere akademische Gewerkschaft« verstehen, deren Einrichtung als »politische Misstrauenserklärung« interpretieren.2 Zwei Instrumente wurden den Dozentenschaften in die Hände gegeben, damit sie die ihnen zugedachten Aufgaben erfüllen konnten: Erstens hatten sie in allen Personal- und Berufungssachen ein Recht zur Mitsprache. Zu jedem einzelnen Fall wurden Gutachten erstellt und Urteile abgegeben, die gehört werden mussten. Die Fakultäten behielten ihre herkömmlichen Vorschlagsrechte und sahen nach wie vor eher auf die fachlichen als auf die politischen und »charakterlichen« Aspekte. Aber da im Ministerium den professoralen Eliten misstraut wurde, kam dem Votum der Dozentenschaft oft das größere Gewicht zu. Gingen die Meinungen auseinander, trat der »Führer« der Dozentenschaft geradezu als »Gegenregierung« gegen den »Führer« (den Rektor) der Universität auf.3 Zweitens durfte die Dozentenschaft mehrmonatige Wehr- bzw. Geländesportlager und Dozentenakademien organisieren, in denen der männliche akademische Nachwuchs (Frauen kamen ohnehin nicht in Betracht) auf die nationalsozialistischen Werte eingeschworen wurde. Im 20. Jahrhundert, dem »Jahrhundert der Lager«, gehörten sie zu jenen diktatorisch verordneten Einrichtungen, in denen mit der weltanschaulichen Umerziehung nicht einzelner Dissidenten, sondern ganzer Bevölkerungsgruppen experimentiert wurde.4 Man praktizierte Gemeinschaft und Kameraderie, musste sportlich-militärische Übungen absolvieren, sollte auf »Grenzlandfahrten« die Probleme des Deutschtums kennenlernen und hatte Vorträge zu halten, die die Zuhörer ohne besondere Vorkenntnisse verstehen konnten.5 »Der volksfremde Gelehrte« sollte »bald der Vergangenheit angehören«. Das Lagerleben würde »die blutleere Papierseele« disziplinieren und zur praktizierten »Volksverbundenheit« anhalten, die Akademie konnte man als »geistigen Arbeitsdienst« ausgeben. Auch dabei wurden »Unterordnungsfähigkeit, Eingliederung in die Gemeinschaft, Kameradschaftlichkeit« verlangt.6 Ein abschließendes Zeugnis hatte zu beurteilen, ob der Erziehungsprozess erfolgreich verlaufen war oder auch nicht. »Nationalsozialistisches Denken«, körperliches Leistungsvermögen, »allgemeine Dienstfreudigkeit«, charakterliche Eigenschaften und gegebenenfalls die antisemitische Einstellung wurden darin vermerkt.7 Es gab Teilnehmer, die »Frühsport, Kampfspiele, Märsche mit ›nationalen‹ Gesängen« und das »paramilitärische Allotria« ertrugen und den persön-

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166 Berliner Intrigen lichen Begegnungen in Lager und Akademie sogar etwas abgewinnen konnten (nützliche Verbindungen zum Beispiel).8 Oder man konnte das »troglodytische« Leben, das Wandern, Turnen, Exerzieren einfach abhaken.9 Wer dagegen die neuen Verhältnisse begrüßte oder sich an sie anzupassen verstand, ging »sehr befriedigt« nach Hause und nahm sich vor, die »im Lager gewonnene Gemeinschaft aufrechtzuerhalten«.10 Wiederum andere fanden das Ganze nur peinlich oder litten noch nach Jahren unter den Schikanen, die sie hatten aushalten müssen.11 Denn die Dozentenakademien (die oft in Kiel-Kitzeberg, aber auch in Rittmarshausen bei Göttingen, Tännich in Thüringen, Danzig, Rippen in Ostpreußen oder Hassitz bei Glatz stattfanden) wurden nicht nur von einem wissenschaftlichen, sondern auch von einem Lager- und einem »Sangesleiter« organisiert und verlangten von jedem Einzelnen Anpassung an die Gemeinschaft. Die jeweils 30–60 Teilnehmer wurden anfangs in Lager-, später in SA-Kleidung gesteckt und mussten Vorträge über sich ergehen lassen, die ihr wissenschaftliches Selbstverständnis provozierten.12 Ein Beispiel: Beim ersten Lehrgang im April 1934 kam es zu erregten Debatten über den Sinn einer »Weltgeschichte auf rassischer Grundlage«.13 Der Referent, ein Oberstudiendirektor aus Neumünster, hatte schon 1925 ein Buch dieses Titels vorgelegt, war aber von der Fachwissenschaft zurückgewiesen worden. Jetzt sah er seinen Standpunkt im Aufwind. Er beschrieb die »blutgezwungene« Entstehung »blutgemäßer« Sinnbilder und Vorbilder bei den Hellenen und warf Sokrates sowie dem »Juden« Paulus deren Verfälschung zu Zerrbildern vor. Mit Zitaten aus Rosenbergs »Mythus des 20. Jahrhunderts« wollte er die Zuhörer beeindrucken. Doch aus dem Auditorium kamen Einwände: Eine »so schematische Betrachtung« sei unwissenschaftlich, zumindest fehlten alle Vorarbeiten dafür. Einer erklärte sogar »freimütig, daß ihm eine Weltgeschichte auf rassischer Grundlage ein Brett vor den Kopf lege; lieber lese er ein Kapitel aus Rankes Weltgeschichte«. Sehr wahrscheinlich war es Leo Just, der diesen Einwand formulierte, ein ehemaliger Mitarbeiter am römischen Institut, der von Kehr wegen seines großen Fleißes als »die Editio catholica« Carl Erdmanns beschrieben worden war.14 Danach »zerflatterte« die Diskussion. Platons »blutmäßiges« Schauen wollte niemandem mehr einleuchten. Nur von einem Gießener Pharmakologen und SS-Mann erhielt der Vortragende noch Zuspruch. Beide waren sich einig, dass die meisten der anwesenden Dozenten intellektuelle »Scheuklappen« trugen und eine Sprache sprachen, »die unsereinem mitten im Leben fremd ist«. Nur wenige von ihnen

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seien in Zukunft zu gebrauchen. Leo Just, der Querkopf, der nicht den Mund halten konnte, erhielt eine schlechte Beurteilung.15 Auch Erdmann war pflichtschuldig Mitglied der Dozentenschaft geworden und hatte einen Meldebogen ausfüllen müssen, auf dem er aber wenig von sich preisgab: Die Rubriken zu den politischen Mitgliedschaften, militärischen Aktivitäten und Teilnahmen an Arbeitsdienst oder Wehrsportausbildung blieben vollständig leer.16 Nun aber wurde ein aktiver Beitrag von ihm erwartet. Mit Beunruhigung nahm er zur Kenntnis, was auf ihn zukam. Denn auch die »Althabilitierten«, also diejenigen, die die Lehrbefugnis vor der Einrichtung der Dozentenschaften erworben hatten, sollten dem Verfahren unterzogen werden und wenigstens ein Kurzlager von zwölf Tagen absolvieren. Schon das im Lager übliche Duzen und die erzwungene Preisgabe der Intimsphäre hätten ihn sehr gestört. Denn dass Gemeinschaft »irgendwie, irgendwo, irgendwann« gemeinmacht, musste ihm – mit oder ohne Nietzsche – niemand erklären. Als er aber hörte, dass bei den Schulungen die Landesverteidigung im Vordergrund stehe und die Innenpolitik demgegenüber zurücktrete, da fand er das »relativ tröstlich«: »da ist man selbstverständlich bedingungslos dabei.«17 Noch hatte er keinen Anlass, an seiner patriotischen Grundhaltung zu zweifeln. Allerdings blieb ihm der Wehrsport erspart, weil die Kurzlager eingestellt wurden, kurz bevor er sich anmelden wollte. An einer Dozentenakademie dagegen nahm er teil – »als Gast«, wie in seinen Unterlagen vermerkt wurde. Was das zu bedeuten hatte, war und ist unklar. In jedem Fall kommt darin seine distanzierte Haltung zum Ausdruck. Beides, sein »Gaststatus« bei der weltanschaulichen Schulung wie sein Fehlen im Lager, der eigentlichen »Charakterprobe«, wurde ihm später zum Vorwurf gemacht.

Ausgrenzung durch Gutachten Den Anlass gab ein Antrag beim Preußischen Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung, den die zuständigen Ordinarien Erich Caspar und Robert Holtzmann gestellt hatten: Erdmann sollte einen »Lehrauftrag für Urkundenwissenschaft und Familienkunde« erhalten und dafür auch eine Vergütung beziehen. Holtzmann hatte das vom Ministerium gewünschte Gutachten geschrieben.18 Erdmann rechnete schon für das Wintersemester 1934/35 mit einer Aufbesserung seiner Einkünfte. Doch die Stellungnahme der

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168 Berliner Intrigen Dozentenschaft ließ auf sich warten. Deren »Führer«, der angehende Assistent am Mathematischen Institut Herbert Knothe, Parteimitglied seit 1. März 1933, hatte die Angelegenheit dem Privatdozenten für Physik Wilhelm Orthmann, Parteimitglied seit 1. Mai 1933, dieser zwei Vertrauensleuten in der Philo-

Fragebogen des Berliner Privatdozenten Carl Erdmann, 1933.

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sophischen Fakultät, den Historikern Willy Hoppe und Hermann Christern, überlassen. Von beiden wurde ein fachliches, persönliches und vor allem politisches Urteil über Carl Erdmann erwartet. Christern verfasste ein umfangreiches Gutachten, das auf alle drei Aspekte einging und die Grundlage aller weiteren Stellungnahmen abgab. Es lohnt sich, dessen vollständigen Wortlaut zur Kenntnis zu nehmen. Denn von ihm aus erschließt sich der Charakter des intriganten Verfahrens: Wissenschaftliche Leistungen: Die kritische Richtung macht E. zur Uebermittlung quellenkritischer Probleme der Geschichtswissenschaft vorzüglich geeignet: das erklärt seine Lehrerfolge im Proseminar, soweit es auf die Einführung des jungen Studenten in die technischen und methodischen Fragen des Studiums ankommt. Seine einseitige fachliche und spezialistische Begabung verbergen ihm den Ausblick auf die eigentlich erzieherischen Aufgaben, die der Hochschullehrer heute zu erfüllen hat. Charakter und politische Haltung: E.s Charakter kennzeichnet sich durch die sehr hohe Meinung, die er von sich und seinen Leistungen hat; seine individualistische Denkweise führt ihn zur Ablehnung des Nationalsozialismus. Wenn auch eine bloss äußerliche Gleichschaltung keineswegs erwünscht sein kann, so darf man doch diese klare Distanzierung E.s von den innen- und außenpolitischen Zielen des Nationalsozialismus ebensowenig übersehen, zumal sie sich mit einem offen zur Schau getragenen Gefühl geistiger Überlegenheit verbindet. E. hat zwar – nach Auskunft der Preussischen Dozentenschaft – im August d. J. »als Gast« an der Dozenten-Akademie teilgenommen, er hat sich aber, obwohl er noch jung genug ist, der Charakterprobe des Gelände-Sportlagers nicht unterzogen: darin ist ein Mangel an freiwilliger Dienstbereitschaft und an Gemeinschaftsgeist zu erblicken. Gesamturteil: Die Erteilung eines Lehrauftrages, die eine besondere Bevorzugung und Förderung des damit Bedachten bedeutet, erscheint bei einem jüngeren Gelehrten, der erst wenige Semester gelesen hat und sich immer mit speziellen Kollegs begnügt hat, nicht angebracht, der so wenig Hehl daraus macht, dass er dem Nationalsozialismus mit Abneigung gegenübersteht; sein Einfluss auf die Studenten kann nur ungünstig sein, zumal wenn er sich nach Erteilung des Lehrauftrages gesichert fühlt. Am wenigsten ist die Erteilung eines Lehrauftrages für Familienkunde berechtigt, da sie, wenn sie fruchtbar wirken soll, ein tiefes Verständnis für das Wesentliche und Grundsätzliche auf diesem Gebiet voraussetzt. Sollte E. durch Versagung des Lehrauftrages in wirtschaftliche Not

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170 Berliner Intrigen geraten, so könnte ihm durch Erteilung eines Privatdozentenstipendiums geholfen werden, besser aber noch durch die Erteilung eines dauernden Auftrages an den Monumentis Germaniae; E.s Begabung weist ihn auf das Gebiet der Quellenedition hin; er kann hier sein Bestes leisten und so an der geeigneten Stelle sehr nützlich Arbeit schaffen. Damit gewinnt er eine feste wirtschaftliche Grundlage für seine Tätigkeit als Privatdozent in der Universität.19 Hoppe fasste sich viel kürzer, kam aber zum gleichen Ergebnis: Erdmanns wissenschaftliche Leistungen seien anzuerkennen; auch sei er »pädagogisch nicht ungeschickt«. Doch »Geschichte in ihrer Bedeutung für die nationalpolitische Schulung und in völkischem Sinne den Studenten nahezubringen«, liege »kaum in seinen Kräften«. »Der nationalsozialistischen Gedankenwelt steht er fern.« Sein Urteil belegte Hoppe mit einer Denunziation: »Er hat mir gegenüber vor einigen Monaten deutlich erklärt, dass er den Beitritt zum NSLehrerbund ablehne, weil er Anerkennung nationalsozialistischer Ideen in sich schliesse.«20 Dieser Vorwurf schien so gravierend und auch passend, dass er in eine für das Reichserziehungsministerium bestimmte überarbeitete Fassung von Christerns Gutachten einging.21 Offenbar hatte Erdmann im täglichen Umgang mit den Kollegen aus seiner Gesinnung kein Geheimnis gemacht und sich dadurch eine Blöße gegeben, die sich bei der nächsten Gelegenheit ausnutzen ließ. Denn mit seiner fachlichen Überlegenheit und der sich daraus ergebenden Selbstgewissheit hatte er sich nicht nur Freunde gemacht. Schon der deutlich ältere Ferdinand Güterbock hatte sich ja an Erdmanns zwar scharfsinniger, aber »kühl berechnender« (angeblich baltischer) Art gestoßen. Erst recht unter Gleichaltrigen, die beruflich mit ihm konkurrierten, eckte er an. Sein wissenschaftliches Selbstbewusstsein wurde ihm als Arroganz ausgelegt und diese erschien als völlig unbegründet, wenn man seine Leistungen mit den Zielen der nationalsozialistischen Wissenschaftslehre verglich. Die große Synthese war nie sein Bestreben, schon gar nicht im völkischen Sinn.22 Diese drei Vorwürfe – sein allzu ausgeprägtes Selbstbewusstsein, seine Unlust, Geschichtsforschung für die Gegenwart zu treiben, und natürlich die kompromisslose Ablehnung des Nationalsozialismus – wurden früh gegen Erdmann erhoben und kehrten in fast allen späteren Stellungnahmen und Beurteilungen wieder. Doch vorerst blieb Erdmann unbehelligt. Er konnte es sich sogar leisten, gegenüber dem zuständigen Referenten im Ministerium auf seinem Standpunkt zu beharren und offen seine Distanz zum Nationalsozialismus zu be-

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kunden. Trotzdem wurde ihm der Lehrauftrag erteilt und auch die Vergütung bewilligt. Nur die Familienkunde wurde gestrichen, denn das – Genealogie und Abstammungsfragen – war mittlerweile ein besonders heikles Gebiet.23 Erdmann konnte sich darüber freuen, übersah aber, dass er gleichzeitig jeglichen Rückhalt in der Philosophischen Fakultät verlor. Zwei der vier Professoren, die die Habilitationsschrift und deren Verfasser so gelobt hatten, waren mittlerweile aus dem Weg geräumt worden und der dritte sollte bald nachfolgen. Erich Caspar, Erdmanns eigentlicher Förderer und Betreuer, musste wegen seiner jüdischen Abstammung mit seiner Entlassung rechnen und nahm sich – am Tag nach Erlass des nächsten judenfeindlichen Gesetzes – am 22. Januar 1935 das Leben. Die genauen Umstände seines Todes wurden verschwiegen, sodass sie ein halbes Jahrhundert lang unbekannt blieben. Auch Erdmann glaubte an eine Lungenentzündung, obwohl er wusste, wie schwierig Caspars Lage geworden war.24 Hermann Oncken, der Erdmanns »gediegene Persönlichkeit« empfohlen hatte, war durch einen seiner früheren Studenten öffentlich denunziert, von der Universität im Stich gelassen und zum Rückzug aus allen Ämtern und Funktionen gezwungen worden (Februar/April 1935). Er nahm sich nicht das Leben, resignierte aber zusehends. Ernst Perels schließlich musste ebenfalls befürchten, aus dem Amt gedrängt zu werden; denn er konnte eine arische Abstammung nicht nachweisen. Sein Bruder Kurt, Professor für Öffentliches Recht an der Universität Hamburg, hatte deshalb den Freitod gewählt; ein anderer Bruder wurde in Heidelberg aus dem Universitätsdienst entlassen. Er selbst hielt – »schwer bedrückt« – über den Sommer 1935 aus und kam erst im Oktober um seine Emeritierung ein. Danach wurde er als »Mischling I. Grades« registriert, aber von der Universität als Jude behandelt. Übrig blieb somit nur Robert Holtzmann; der aber stand kurz vor dem Eintritt in den Ruhestand und zog sich weitgehend zurück.25 Außerdem hatten sich die Rahmenbedingungen erheblich verändert. Am 1. April 1935 wurde erstmals nicht ein in der Universität gewählter, sondern ein vom Minister ernannter Rektor in sein Amt eingeführt. Der scheidende Rektor begann seine Abschiedsrede mit den Worten: »Sehr verehrte Gäste, meine geehrten Kollegen, meine Herrn Beamten und Angestellte, liebe Kommilitonen«, sein Nachfolger, der Veterinäranatom Wilhelm Krüger, wählte dagegen die zeitgemäße Anrede: »Kameraden, deutsche Volksgenossen und Volksgenossinnen« und trug unter dem samtenen Talar des Rektors das braune Hemd

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172 Berliner Intrigen der SA; sein Vorgänger stand im Frack daneben.26 Zwar war Krüger erst seit Kurzem an der Friedrich-Wilhelms-Universität tätig und hatte auch nur an zweiter Stelle der Vorschlagsliste gestanden, aber er genoss als »Alter Kämpfer« (Mitglied der NSDAP seit 20. Oktober 1932) das Vertrauen des Ministers. Seine Antrittsrede handelte »vom Werden der nationalsozialistischen Universität« und lobte die bisher geleistete »Säuberung der Universitäten von jenen Aposteln der Internationalität, die fortwährend unter dem Deckmantel der Wissenschaft ihre Volk und Moral zerstörenden Ideen der deutschen Jugend einverleibten«. Auch der weitere Umbau sei »ein reines Personenproblem. Es muß gelingen, nach und nach alle an der Universität lehrenden und lernenden Menschen mit der nationalsozialistischen Weltanschauung zu erfüllen«. Bei den meisten sei die Botschaft schon angekommen, es sei aber noch manches zu tun.27 Wer sich wie Carl Erdmann nach wie vor offen ablehnend verhielt, der durfte sich angesprochen fühlen. Als Stellvertreter des Rektors wurde Willy Hoppe ausersehen, der ihn ein halbes Jahr vorher denunziert hatte.28 Zur gleichen Zeit fand auch im Dekanat der Philosophischen Fakultät ein für Erdmann folgenschwerer Wechsel statt. Auf den Historiker Fritz Hartung folgte – nach zwei kurzen Intermezzi – der Mathematiker Ludwig Bieberbach, SA-Mitglied seit November 1933 und, wie sich zeigen sollte, »einer der eifrigsten Wegbereiter des Nationalsozialismus«.29 Mit einer seiner ersten Amtshandlungen teilte er Erdmann mit, »dass die Erteilung eines Lehrauftrages für ›Familienkunde‹ angesichts Ihrer offen zugegebenen Ablehnung des Nationalsozialismus nicht infrage kommt«.30 Dabei gab er den Wortlaut der ministeriellen Verfügung weiter und verzichtete auf jede verbindliche Form. Erdmann fand das Schreiben »unhöflich«.31 Der Rektor persönlich mischte sich ein, indem er den Dekan anwies, »die Tätigkeit Erdmanns im Auge zu behalten«, und sich vorbehielt, »falls sich Anstände ergeben«, darüber dem Minister zu berichten.32 Das Ministerium hielt zwar fürs Erste an der Erteilung des Lehrauftrags fest, aber die Vergütung geriet ins Wanken. Denn Bieberbach, beauftragt, einen Vorschlag über deren Höhe vorzulegen, und gleichzeitig verwundert, dass ein notorischer Gegner des Nationalsozialismus überhaupt Geld bekommen sollte, zog Erkundigungen ein und kam zu dem Ergebnis, dass Erdmann sich mit seinen diversen Einkünften (einschließlich der schmalen Witwenpension seiner Mutter) »wesentlich besser« stelle »als ein verheirateter außerplanmäßiger Assistent mit einem Kind an einem Universitätsinstitut«. Daraufhin nahm das Ministerium seine Zusage zurück und

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strich die Vergütung. Verärgert bat Erdmann, für zwei Semester beurlaubt zu werden, um sich anderweitig Ersatz für die ihm entgangenen Einkünfte zu verschaffen. Bieberbach sorgte dafür, dass ihm der Lehrauftrag endgültig entzogen wurde. Im Amtsblatt der Universität wurde der Vorgang öffentlich gemacht.33 Als Erdmann ein Semester später seine Beurlaubung verlängern lassen wollte, wurde erneut ein Gutachten fällig, diesmal des NSD-Dozentenbunds. Im Juli 1935 war nämlich auf Initiative des »Führer-Stellvertreters« Rudolf Heß der NSD-Dozentenbund aus dem Nationalsozialistischen Lehrerbund ausgegliedert und zur eigenständigen Parteiorganisation erklärt worden. Ihr gehörten alle Hochschullehrer an, die Mitglieder der NSDAP waren. »Gemeinsam mit dem Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund (NSDStB) stellte der Dozentenbund die offizielle Vertretung der Partei an den Hochschulen dar.«34 Er trat damit in begrenzte Konkurrenz zur Reichsdozentenschaft, die ein staatliches Organ war. Denn so wie diese sah er seine Aufgabe vornehmlich in der Durchsetzung nationalsozialistischer Prinzipien in personellen Fragen, also bei Habilitationen und Berufungen. Er tat das mit noch größerer Vehemenz als jene und beschwor vielfach Konflikte mit Fakultäten, Universitäten und dem Reichserziehungsministerium herauf. Sogar Hermann Göring nannte ihn den »Schrecken […] der Hochschule«. Dozentenschaft und Dozentenbund leisteten somit beide ihren Beitrag zum allgemeinen Kompetenzenwirrwarr im sogenannten Dritten Reich, hier: an den Universitäten.35 Im Fall Erdmann wurden beide aktiv. Zur Frage seiner Beurlaubung nahm der »Führer« des Dozentenbunds, der Wehrwissenschaftler Oskar Ritter von Niedermayer, Stellung. Er ließ sich dazu nichts Neues einfallen, sondern machte sich die Wortwahl seiner Vorläufer zu eigen: hohe Meinung von sich selbst, individualistisches Denken, Ablehnung des Nationalsozialismus, ungünstiger Einfluss auf die Studenten. Doch am Ende stand ein Ergebnis, das über alle früheren Gutachten hinausging: »Es wäre darum wünschenswert, wenn Erdmann überhaupt seine Lehrtätigkeit einstellte, und der Dozentenbund schlägt vor, ihm seinen Urlaub zu gewähren, aber es ihm dringend anheim zu stellen, sich endgültig von der Universität beurlauben zu lassen.«36 Erstmals wurde offen ausgesprochen, worum es seit langer Zeit ging: um die Ausgrenzung und Verdrängung eines zwar fachlich respektierten, aber politisch missliebigen Dozenten.

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174 Berliner Intrigen Dass er respektiert wurde, war evident: Als in der Philosophischen Fakultät über die Nachfolge Ernst Perels’ beraten wurde, kam sogar der Name Erdmanns wieder ins Spiel. Als einige Professoren darauf beharrten, »daß die Fakultät ja nur wissenschaftlich zu gutachten hätte«, kam es sogar zu einem begrenzten Konflikt mit dem Dekan. Dieser – immer noch Bieberbach – wurde genötigt, Erdmann auf der Vorschlagsliste zu lassen; doch dem Ministerium teilte er mit, dass eine Berufung nicht »ernstlich in Betracht gezogen werden könne«. Immerhin galt er – so die Stellungnahme der Berufungskommission – nach wie vor als »sorgfältiger Arbeiter«, dessen wissenschaftliche »Produktion […] nach Umfang und Qualität von erheblicher Bedeutung ist«.37 In Heidelberg war er daher erneut im Gespräch38 und aus Halle kam die Anfrage, ob er charakterlich, politisch und pädagogisch geeignet sei, eine Professur zu übernehmen. Die dortige Philosophische Fakultät wollte ihn als Nachfolger von Walther Holtzmann vorschlagen. Das gewünschte Gutachten erstellte der nunmehrige Dozentenschaftsführer, Wenzeslaus Graf von Gleispach. Natürlich fiel es negativ aus: Erdmann sei in der Forschung zu gebrauchen, aber aus den bekannten politischen Gründen könne »seine Verwendung als Lehrer, d. h. seine Betrauung mit einem Lehrstuhl nicht befürwortet werden. Heil Hitler!«39

Das Ende einer Laufbahn Von dem Verfahren in Halle hat Erdmann erfahren, von seiner erneuten Begutachtung wahrscheinlich nicht. Vielmehr wurde ihm mitgeteilt, dass der Minister seine Lehrbefugnis »bis auf weiteres als ruhend« betrachte. Er fand das sehr ungewöhnlich und brach seinerseits alle Brücken zur Universität ab. Er verbat sich die Zusendung von Einladungen und sorgte selbst dafür, dass sein Name aus den Adressenlisten der Dozentenschaft gestrichen wurde. Die Postkarte, die er an deren »Führer« ohne Anrede oder namentliche Nennung des Adressaten schickte, fiel in Form und Inhalt ebenso patzig aus wie die Schreiben, die er von den Repräsentanten der Universität erhielt.40 Das ganze Verfahren lief letzten Endes darauf hinaus, dass die Reichshabilitationsordnung von Dezember 1934 rückwirkend auf Carl Erdmann angewandt wurde. Dort war nämlich die Habilitation auf den Erwerb des akademischen Grads eines »Dr. habil.« reduziert und diese von der Erteilung der Lehrbefugnis durch das Ministerium abgetrennt worden. Zwischen Titel und Dozentur

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wurde seitdem unterschieden. Zum Dozenten aber sollte nur ernannt werden können, wer nicht nur über wissenschaftliche und didaktische Fähigkeiten verfügte, sondern »vor allem« die »persönliche und charakterliche Eignung als Lehrer an den Hochschulen des nationalsozialistischen Staates« nachweisen konnte – etwa durch entsprechende Zeugnisse über die Teilnahme an Gemeinschaftslager und Dozentenakademie.41 Den Universitäten und Fakultäten war damit ihr tradiertes korporatives Kooptationsrecht entzogen. Da Carl Erdmann sich längst habilitiert hatte, war er von den neuen Regelungen eigentlich nicht betroffen. Es gab eine vage formulierte Übergangsregelung. Sie kam aber hier nicht zur Anwendung. Stattdessen ließ man sich das seltsame Konstrukt einer »ruhenden« Lehrbefugnis einfallen. Er hätte sich vielleicht mit juristischen Mitteln wehren können; aber er verzichtete darauf und zog sich mit Aplomb aus der Universität zurück. Theoretisch hätte er immer noch anderswohin berufen werden können; aber praktisch war damit seine akademische Laufbahn beendet. De facto war er entlassen; eine Rückkehr an die Berliner oder die Berufung an eine andere Universität kam nicht mehr infrage.42 Als Jahre später noch einmal eine Anfrage eintraf (ausgerechnet aus der »Grenzlanduniversität« Kiel, wo Studentenschaft und Dozentenbund sich besonders radikal gebärdeten), wurde er nicht einmal informiert. Das Gutachten verfasste der Dozent für Geschichte Werner Reese, Pg. seit Mai 1933. Da er erst 1936 an die Berliner Universität kam, kann er Erdmann kaum näher kennengelernt haben. Immerhin wusste er von dessen wissenschaftlichen Fähigkeiten und Leistungen. Darin habe er »Wesentliches geleistet« und sei »heute einer der besten Vertreter der sogen. Monumentistenschule mit all’ ihren Vor- und Nachteilen«. Jedoch fehle ihm »der Wille und das Können zur wirklich grossen geschichtlichen Darstellung. Er bleibt fast überall bei der eigentlichen Quellenforschung stehen und dringt über die Ergründung der Motivierung oder der Tatsachen selten zur wirklichen Synthese vor. Ihm fehlt der Sinn für den eigentlich politischen und völkischen Gehalt geschichtlichen Werdens.« Erdmann hätte hier nicht widersprochen. Erst recht das Ergebnis des Gutachtens, er verstehe sich »als Vertreter der intellektuellen Opposition gegen den Nationalsozialismus« und besitze »zur deutschen Gegenwart […] kein inneres Verhältnis«, hätte ihm aus dem Herzen gesprochen.43 Innerlich hatte Erdmann ohnehin längst Abschied vom Universitätsbetrieb genommen. Schon früh waren ihm Zweifel an den Aussichten einer Hochschullaufbahn gekommen; Zweifel, die sich durch eigene und fremde Er-

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176 Berliner Intrigen fahrungen zu bestätigen schienen. Er werde – so nahm er an – »noch einige Zeit als Privatdozent herumfummel[n], um dann eines Tages aufhören zu müssen«, was er »natürlich nicht absichtlich herbeiführen, aber wenn es kommt, ohne Tränen hinnehmen werde«. Als es dann so weit war, blieb er tatsächlich gelassen und glaubte sogar, eine Last von den Schultern zu haben. Denn in der Lehre fühlte er sich nicht sicher. Sie koste ihn »überdurchschnittlich viel Zeit«, während er sich in der Forschung raschere Fortschritte zutraute als dem Durchschnitt seiner Kollegen. Er hielt sich für eine einseitige Begabung, die sich durch die Lehrtätigkeit nicht anregen könne; nie habe er eine »persönliche Fühlung« mit Studenten gehabt. Wenn man aber »meistens beobachten muß, daß man die Leute nicht fesselt und seine Sache offenbar schlecht macht, so ist das nicht schön«.44 Erdmanns selbstkritischem Urteil steht ein studentisches Zeugnis gegenüber, das seinen Selbstzweifeln ausdrücklich widerspricht, das hohe Niveau seiner Lehrveranstaltungen hervorhebt und auch in den politischen Fragen ein eigenes, viel freundlicheres Urteil formuliert. Das Gutachten kam unter etwas merkwürdigen Umständen zustande und stammte nach Erdmanns eigenem Zeugnis von einem »sehr gute[n] Bekannte[n]«. Es stellt aber die förmliche Stellungnahme der Studentenschaft dar, die an die Universität Halle geschickt wurde. Es lohnt sich, auch diesen Text vollständig zur Kenntnis zu nehmen und ihn alternativ zur Sammlung der für Erdmann so ungünstigen Gutachten zu lesen: Dr. Carl Erdmann, seit 1932 Privatdozent an der Berliner Universität, vorher mehrere Jahre Assistent am Preußischen Historischen Institut in Rom, entstammt einer baltischen Familie. Nicht nur die Historiker seiner Generation, sondern auch viele Ältere überragt er an Sachkenntnis, Weite des Blickes, Beherrschung der Methode, Arbeitsenergie und Umfang der wissenschaftlichen Leistung. Seine natürlichen Anlagen haben sich durch seine wissenschaftliche Tätigkeit, die ihn auf große Reisen durch Spanien, Portugal, Italien und auch nach Paris geführt haben, noch weiter entwickeln können. Bei der Fülle des Materials, das Erdmann auf diesen Reisen kennengelernt hat, ist er aber nicht zum Stoffhuber geworden, hat sich vielmehr stets den Blick für die großen Zusammenhänge der Geschichte bewahrt. Unter seinen zahlreichen Publikationen finden sich glänzende kritische Publikationen, aber auch geisteswissenschaftliche Zusammenfassungen, wie sein letztes Buch über »den Kreuzzugsgedanken«.

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Erdmanns ganze Art neigt zu einer Überschätzung des Rationalen, seine baltische Herkunft steigert diesen Zug zum Doktrinären. So ist auch seine ganze Einstellung zu den Menschen und damit zu den Studenten weitgehend vom Verstande her diktiert und es umweht ihn daher eine etwas kalte Luft. Dabei ist er aber ein außerordentlich hilfsbereiter und von anständigster Gesinnung getragener Charakter, bei dem jeder Student stets Hilfe finden wird, allerdings mehr in sachlicher als in rein menschlicher Beziehung. Erdmanns politische Einstellung ist etwas vom Schreibtisch her diktiert. Wie stark verstandesbetonte Menschen legt er auf Wahrung einer eigenen unabhängigen Meinung viel Wert, ohne daß [er] selbst in Fällen, wo diese Meinung von herrschenden politischen Ideen leicht abweichen sollte, irgendwie gefährlich werden könnte. Er ist eben im Grunde kein Mensch mit praktisch politischen Zielen, sondern von gewissen Ideologien beherrscht, auf die man vielleicht achtgeben sollte, deretwegen man ihn aber nicht fallen lassen sollte, denn es ist nichts verkehrter, als solchen Menschen eine Märtyrerkrone zu verschaffen. Erdmann ist zurzeit von seiner Dozententätigkeit hier beurlaubt, weil er mit Aufgaben für die monumenta germaniae historica betraut ist, außerdem an der Archivschule im geheimen Staatsarchiv Bln.-Dahlem hilfswissenschaftliche Kurse abhält. Nachtrag: Seine starke Begabung als Forscher läßt ihn gelegentlich selbst von sich behaupten, er sei für pädagogische Aufgaben weniger geeignet, doch widerspricht dem sein eigener Lehrerfolg. Aus dem Munde mancher Studenten hört man gerade über die reichen Anregungen, die sein Unterricht gibt, viel Günstiges. Freilich ist sein Unterricht durchaus nicht leicht.45 Doch dieses Gutachten hatte keinerlei praktische Wirkung. Erdmanns Ausgrenzung aus der Berliner Universität wurde spätestens seit dem Amtsantritt des Dekans Bieberbach systematisch betrieben. Das Ergebnis stand von vornherein fest. Das Verfahren trug zur »Gleichschaltung« der Philosophischen Fakultät bei und trug zu deren vollständiger Anpassung an die Normen und Absichten des nationalsozialistischen Herrschaftssystems bei. Man sollte von Nazifizierung sprechen und auf diese Weise die scheinbare Nüchternheit eines aus der Elektrotechnik abgeleiteten, von Anbeginn euphemistischen Begriffs vermeiden.46 In jedem Fall stellen die Vorgänge in der Philosophischen Fakultät einen Ausschnitt aus einem Geschehen dar, das die gesamte Berliner Universität (und nicht nur diese) betraf. Erdmann trug seinen Teil dazu bei, dass seine Gegner sich durchsetzten. In einem Schreiben an seinen Mentor aus der

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178 Berliner Intrigen Gymnasialzeit, Ernst Witte, gab er das zu. Er hätte sich anpassen können, wie viele andere das taten. Doch dem stand seine »halsstarrige Grundsätzlichkeit im Politischen« im Wege. Wittes Forderung »einer gewissen Beweglichkeit je nach den Umständen« ließ er nicht gelten.47 Dadurch hatten seine Feinde leichteres Spiel. Auch wenn sie nicht alle offen hervortraten, lassen sich doch ihre Namen benennen: − Willy Hoppe, der Erdmann denunzierte; − Hermann Christern, der das erste ausführliche Gutachten erstellte; − Wilhelm Krüger, der als Rektor das Ziel einer weiteren personellen Säuberung ausgab und Erdmann als Objekt der Observation identifizierte; − Ludwig Bieberbach, der ihn um den vergüteten Lehrauftrag brachte; − Oskar von Niedermayer, der unverblümt seinen Rauswurf verlangte; − Wenzeslaus von Gleispach, der apodiktisch seine Verwendbarkeit als Hochschullehrer verneinte; − Werner Reese, der seine Forschung als unzeitgemäß und ihn selbst als politischen Oppositionellen verwarf. Jeder von ihnen hatte seine eigene Lebensgeschichte, aus der heraus er agierte, seine Gewissheiten, denen er vertraute, sowie seine Ziele, die er verfolgte. Das alles stand offenbar in mehr oder weniger ausgeprägtem Gegensatz zu Carl Erdmann. Sonst hätte man ihn nicht attackiert. Der Blick auf die Art seiner Feinde und deren Biographien wird deutlich machen, worin er sich von diesen so signifikant unterschied.

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CARL ERDMANNS FEINDE Wer also waren die Männer, die für Carl Erdmanns Verdrängung verantwortlich zeichneten? Was trieb sie an? Was wollten sie erreichen? War ihnen Erdmann überhaupt wichtig? Hatten sie einen Nutzen von ihrem Tun? Und wenn ja, wie lange? Wie erging es ihnen nach dem Untergang des Nationalsozialismus in Deutschland?

Willy Hoppe, Karrierist Eigentlich konnte Willy Hoppe (1884–1960) nicht mit einer akademischen Karriere rechnen.1 Spätestens nachdem er die Bibliothekarslaufbahn eingeschlagen und an verschiedenen Bibliotheken erfolgreich gewirkt hatte, kam der promovierte Historiker für eine universitäre Stellung nicht mehr infrage. Wissenschaftliche Aufgaben versah er nur mehr im Nebenberuf. Er engagierte sich in historischen Vereinen, Gesellschaften und Kommissionen und gab sich mit der Erforschung der brandenburgischen Geschichte zufrieden. Mit der Habilitation an der Berliner Universität 1924 und der Ernennung zum nichtbeamteten außerordentlichen Professor 1929 schien der Höhepunkt und zugleich Abschluss seiner akademischen Laufbahn erreicht. Er beteiligte sich am »landesgeschichtlichen Aufbruch der 1920er Jahre«2 und zählte auf, was eine moderne Landesgeschichte in den Blick nehmen sollte: Kirche, Klerus und Bauern, Straßen, Flüsse und Bäche, Wüstungen, Gewerbe und Bienenzucht, Siedlungsgeschichte und überhaupt historische Geographie, weniger die Grafen und Kurfürsten der Mark als die vielen »ungezählten Brandenburger«. Das hatte Zukunft und ließ sich bald in eine Geschichte von Blut, Boden und Volkstum ummünzen. Aber Hoppe gehörte keineswegs zu den führenden Vertretern dieser Richtung. Seine steile Karriere wurde denn auch nicht durch seine vielen orts- und heimatgeschichtlichen Publikationen, sondern durch sein frühes Bekenntnis zum Nationalsozialismus begründet. Schon Ende 1931 trat er der NSDAP bei (daher die relativ niedrige Mitgliedsnummer 856 307) und galt als einer der wenigen Universitätsprofessoren, die schon vor der nationalsozialistischen

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180 Carl Erdmanns Feinde »Machtergreifung« offen für die Ziele der »Bewegung« eingetreten waren. Der Nutzen stellte sich ein, als der Gesamtverein der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine sich aus Furcht vor Eingriffen der Partei selbst gleichschaltete und sich auf eine Wissenschaft festlegte, die der Volksgemeinschaft dienen sollte. Gleichzeitig wurde ein neuer Vorstand installiert, an dessen Spitze Willy Hoppe trat. Wahlen hatten zu unterbleiben: »Der als Führer Bestellte bestimmt den ihm zur Seite stehenden Rat selbst.« Mündlich und schriftlich machte Hoppe deutlich, dass er »als Nationalsozialist an diese Stelle gekommen« sei und sich »rückhaltlos« zum neuen Staat bekenne. Alle Glieder des Verbands hätten sich »unbedingt die Forderungen Adolf Hitlers an die

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Geschichtswissenschaft zu eigen« zu machen und Landesgeschichte als »Forderung der Gegenwart« zu begreifen. Man forsche »nicht um des Forschens willen«, vielmehr sei es des Forschers »heilige Verpflichtung, Geschichte und Gegenwart in Beziehung zu setzen und sein Forschen nutzbar zu machen für die Gesamtheit«.3 Erdmann hielt Hoppes Einsetzung zum »Führer« des Gesamtvereins für ein unmissverständliches Zeichen, dass künftig nur noch Parteigenossen in die maßgeblichen Ämter berufen würden.4 Nur unwesentlich länger zog sich Hoppes Aufstieg in der Universität hin.5 Eine schmale Schrift über »die Führerpersönlichkeit in der deutschen Geschichte« (1934), die er zusammen mit einem anbiedernden Begleitschreiben Adolf Hitler als »Geburtstagsspende« zuschickte, verfehlte noch die erhoffte Wirkung. Aber im gleichen Jahr wurde er zum »Führer« der Dozentenschaft und ein Jahr später zum Prorektor ernannt. Zu diesem Zweck musste ihm ein persönliches Ordinariat verliehen werden. Ein wirklicher Lehrstuhl wurde daraus, als er im Oktober 1937 zum Rektor avancierte. Das Verfahren zog sich hin und Hoppe konnte sich nur als Kompromisskandidat durchsetzen, nachdem andere verzichtet hatten. Er gilt in der Geschichte der Friedrich-WilhelmsUniversität als schwacher Rektor, der seinen »Führerwillen« nicht immer durchsetzen konnte. Aber er amtierte länger als jeder andere Berliner Rektor im »Dritten Reich«, repräsentierte mehr als vier Jahre lang die bedeutendste deutsche Universität nach außen und hatte zugleich einen Lehrstuhl für »Landesgeschichte und historische Geographie in Verbindung mit der Reichsgeschichte« inne. Dass ihm die Vielzahl seiner Pflichten über den Kopf wuchs, liegt auf der Hand und wurde von ihm selbst beklagt. Auch wenn er nie ein bedeutender Historiker war (und deshalb seine Berufung in die Preußische Akademie der Wissenschaften beharrlich verhindert wurde), hätte er sich doch mehr Zeit für die landesgeschichtliche Forschung gewünscht. Es mag sein, dass »gleichsam in seinem Windschatten« immer noch auf einem ansehnlichen Niveau gelehrt, geforscht und publiziert werden konnte.6 Aber er selbst nahm daran nicht teil. Er hatte sich zum Wissenschaftsorganisator entwickelt und musste zur Kenntnis nehmen, dass sich die eigene Forschung damit nur schwer vereinbaren ließ. Sein wissenschaftliches Œuvre blieb überschaubar. Stattdessen hielt er festliche Reden, zog gegen Judentum, Liberalismus und undeutsches Wesen zu Felde und pries den »großen Arbeitsrhythmus unserer Tage«. Die »auch in unsere Hallen einmarschierenden nationalsozialistischen Kolonnen«

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182 Carl Erdmanns Feinde hätten die Einheit von Nation und »Bewegung« zustande gebracht, an der die Universität teilnehmen müsse. Nur auf den politischen Professor komme es jetzt und künftig an.7 Als es damit zu Ende ging, beteiligte er sich noch am sogenannten Kriegseinsatz der Geisteswissenschaften, konnte aber seine wissenschaftliche Bilanz auf diese Weise erst recht nicht aufbessern. Das alles fiel ihm 1945 auf die Füße. Hoppe gehörte zu den nicht allzu zahlreichen deutschen Historikern, die dauerhaft von den Universitäten entfernt wurden. Er behauptete, im Laufe der Jahre zum Nationalsozialismus auf Distanz gegangen und auch nie ein Antisemit gewesen zu sein. Die Zeit nach 1933 bezeichnete er jetzt als »Irrjahre«.8 Aber als bekennender Nationalsozialist und langjähriger Rektor schien er allzu belastet. Immerhin wurde ihm nach Jahren der Not die volle Pension zugestanden und er konnte sich wieder dem widmen, was er zeitweilig so schmerzlich vermisst hatte: der wissenschaftlichen und publizistischen Arbeit. Alte (auch fragwürdige) Netzwerke halfen dabei. Er erhielt sogar eine akademische Festschrift, die ausgesprochen mild mit seiner Vergangenheit umging. Das Gleiche gilt für eine Sammlung seiner Aufsätze, die sein bekanntester Schüler herausgab.9 Schuld, Sühne und Selbstbegnadigung der deutschen Geschichtswissenschaft lassen sich auch an Willy Hoppes Lebensweg ablesen.

Hermann Christern, Opportunist und Profiteur Hermann Christern (1892–1941) war sechs Jahre älter als Erdmann und wenig erfolgreich.10 Zwei Jahre verlor er durch den Weltkrieg, zwei Jahre, die drei militärische Auszeichnungen nicht aufwogen. Die Promotion erfolgte im Alter von 28 Jahren, also für damalige Verhältnisse relativ spät. Und so ging es dann weiter. Christerns akademische Laufbahn schleppte sich dahin. Für die Habilitation brauchte er weitere elf Jahre. Die sofortige Drucklegung verhinderte Hermann Oncken, der einem teilweisen Abdruck nicht zustimmte. Erst 1939, acht Jahre nach Abschluss des Habilitationsverfahrens, konnte das Buch erscheinen, dann allerdings dem Zeitgeist entsprechend ergänzt. In den Zeugnissen und Gutachten über Christern wird immer öfter auf sein fortgeschrittenes Alter und seine schwierige Situation hingewiesen. Vor allem zwischen Promotion und Habilitation habe er sich beruflich »sehr zersplittert«.11 Er hatte Frau und Kind zu ernähren und drohte, ein Sozialfall zu

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werden. Zeitweilig stand ihm das Wasser bis zum Hals. Zwischenzeitlich legte er die Prüfung für das Lehramt an höheren Schulen ab, unterrichtete an Volkshochschulen und Schulen und war als Bibliothekar des Historischen Seminars der Friedrich-Wilhelms-Universität tätig. Schließlich fand er als Schriftleiter des Deutschen Biographischen Jahrbuchs ein bescheidenes Auskommen. Dafür ließ er sich über mehrere Jahre hinweg vom Schuldienst beurlauben. Doch auf die Dauer war auch das keine Lösung, zumal das Biographische Jahrbuch bald eingestellt werden sollte. Gleichzeitig wurde Christerns Beurlaubung vom Oberpräsidium Berlin-Brandenburg als der zuständigen Behörde widerrufen und seine Überstellung in den Schuldienst betrieben. Chris-

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184 Carl Erdmanns Feinde tern wollte unbedingt an der Universität bleiben, beschaffte sich ein Stipendium vom Reichserziehungsministerium und wehrte sich mit allen Mitteln gegen eine Versetzung nach Minden. Dort, in der westfälischen Provinz, hätte er nicht nur einen sichtbaren Statusverlust, sondern auch gravierende Veränderungen an seinen persönlichen Lebensumständen hinnehmen müssen. Er gehörte zu denjenigen Universitätsdozenten, die dringend eine feste Stelle suchten und aus den sich rapide wandelnden Verhältnissen im nationalsozialistischen Deutschland Kapital schlagen wollten. Spätere Nachrufe versuchten, einen Bogen von den frühen Werken zu späteren Einstellungen zu schlagen und Christern als frühen Nationalsozialisten hinzustellen.12 Doch Christern trat der NSDAP erst am 1. Mai 1933, wenig später auch der SA bei. Das Datum sagt in diesem Fall alles: Er gehörte zu den sogenannten Maiveilchen, die so wie etwas früher die »Märzgefallenen« massenhaft in die Partei eingetreten waren, nachdem diese in den ersten Monaten nach der »Machtergreifung« eine geradezu »erdrutschartige Veränderung der politischen Szene« bewirkt und außerdem deutlich gemacht hatte, dass sie das Heft nicht so bald aus der Hand geben werde. Beide Begriffe waren spöttisch gemeint und dienten den »Alten Kämpfern«, ihre Vorzugsstellung fürs Erste zu behaupten. Hans Frank sprach von »Revolutionsschmarotzern«, manch anderer von »Konjunkturrittern«, die in die NSDAP drängten und sich anschickten, aus der Kader- eine Volkspartei werden zu lassen. Wer wie Hermann Christern bis zum 1. Mai einen Aufnahmeantrag stellte, der hatte die letzte Möglichkeit genutzt, bevor ein Aufnahmestopp verfügt wurde. Auch nach Alter (über 35 Jahre), Herkunft (bürgerlich) und Ausbildung (Akademiker) entsprach Christern dem Profil derer, die die sprunghafte Zunahme des Mitgliederstands bewirkten, weil sie am Erfolg der »Bewegung« teilhaben wollten.13 Er war kein früh überzeugter Nationalsozialist, sondern nach allem, was wir wissen, schierer Opportunist. Mit seiner Arbeit am Deutschen Biographischen Jahrbuch behauptete er, dem Volk, der Gemeinschaft und jetzt auch dem nationalen Aufbau zu dienen. Auch damit hängte er seinen Mantel nach dem Wind.14 Das Feld, auf dem er sich hervortat, war allerdings nicht die Forschung und wohl auch nicht die Lehre, sondern die politische Arbeit in Fakultät und Seminar, sprich: die Beobachtung und Beurteilung von Kollegen im Auftrag von Dozentenschaft und Dozentenbund. Carl Erdmann blieb keineswegs der Einzige, über den er sich ausließ. Otto Meyer zum Beispiel, Klassischer Philologe

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und Assistent am Kirchenrechtlichen, Lehrkraft für Mittellatein am Historischen Seminar, musste sich »mangelnde Einsatzbereitschaft«, also Distanz zum Nationalsozialismus, nachsagen lassen. Im Seminar sprach sich Chris­ terns Verhalten herum. Seine Wahl zum Vertrauensmann der Dozentenschaft wurde für »unzweckmäßig«, er selbst für »missgünstig« gehalten. Die Sympathien der Seminarleitung lagen eindeutig bei Meyer.15 Doch am Ende war Christern erfolgreich und erhielt Unterstützung von den maßgeblichen Stellen. Willy Hoppe, der Rektorstellvertreter, stellte einen Antrag auf Erteilung eines vergüteten Lehrauftrags. Dekan Bieberbach, der ohnehin »alles selbständig« machte und seine Kollegen nicht fragte, rechnete aus, dass auch soziale und wirtschaftliche Gesichtspunkte für Christern sprächen. Dabei legte er ähnliche Zahlen wie im Fall Erdmanns zugrunde, nur das Ergebnis war diesmal ganz anders. Sah er dort üppige Einkünfte, stellte er hier Bedürftigkeit fest. Zwar werde Christern noch für die Redaktion des Deutschen Biographischen Jahrbuchs bezahlt, obwohl dessen Fortführung infrage gestellt sei; aber gerade deshalb müsse er es »für untragbar empfinden, dass er für eine Arbeitsleistung bezahlt wird, die er tatsächlich nicht ausführen kann«.16 Rektor und Dozentenschaft befürworteten den Antrag im Eilverfahren, das Ministerium spielte mit. Es waren somit dieselben Personen und Stellen, die kurz vorher Carl Erdmann aus der Universität gedrängt hatten und nun den Verfasser des ersten denunziatorischen Gutachtens begünstigten: Hoppe, Bieberbach, Krüger, die Dozentenschaft und das Reichserziehungsministerium in Person Theodor Vahlens. Bei Erdmann war Geld gespart worden, das jetzt dem Komplizen und Mittäter zugewandt wurde. Ein Schelm, wer einen Zusammenhang, ein Komplott, eine Intrige vermutet. Doch bevor der Lehrauftrag wirksam wurde, hatte das Reichserziehungsministerium eine andere Lösung parat, mit der Christern sogar eine Dauerstellung verschafft wurde. Er wurde nach Greifswald an die kleinste preußische Universität versetzt, getreu dem alten Grundsatz: Wer in der Hauptstadt nicht mehr gebraucht wurde, konnte für die Peripherie noch taugen.17 Von Berlin aus gesehen, war das natürlich ein Abstieg, aber in Christerns Lebenslauf ein Gewinn. Sein Gehalt fiel höher aus als erwartet; gleichzeitig ging an der Ostsee alles gemächlicher zu.18 Er konnte sich ein bescheidenes eigenes Haus leisten und war in die Universität rasch integriert. Schon drei Jahre später wurde er zum außerplanmäßigen Professor ernannt. Die fachlichen Gutachten, die dabei über ihn angefertigt wurden, fielen fast alle halbherzig aus:

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186 Carl Erdmanns Feinde Er habe nicht viel veröffentlicht, aber immerhin gründliche Forschung betrieben (Adolf Hofmeister); er sei noch nicht »so scharf« in das »Gesichtsfeld« des Gutachters getreten und seine Urteile könnten noch etwas »plastischer« sein (Otto Scheel); er sei hinter früheren Erwartungen zurückgeblieben, habe wenig »produziert« und leide vielleicht unter einer »inneren Hemmung« (Arnold Oskar Meyer); der Gutachter wisse wenig über Christern, über seine Fähigkeiten als Lehrer schon gar nichts, aber die Verleihung des Professorentitels sei durchaus berechtigt (Wilhelm Schüßler); seit der Habilitation habe er keine besondere Leistung erbracht, aber »wenn Sie den Eindruck haben, dass Christern im Lauf der Zeit zu einem Dozenten gereift ist, wie ihn die heutige Zeit brauchen kann, dann würde ich die geringe literarische Produktion als kompensiert betrachten« (Fritz Hartung). Allein der Dozentenbund und der Königsberger Ordinarius Kleo Pleyer, (noch) kein Parteigenosse, aber nationalsozialistischer Aktivist seit Langem, legten Stellungnahmen voller Lob und Zustimmung vor. Beide hoben Christerns persönliche Qualitäten und politische Leistungen hervor. Er sei »in jeder Hinsicht zuverlässig« und »einsatzbereit«, »ein anständige[r] Charakter und gute[r] Kamerad«.19 Damit meinte man keine Verdienste im beruflichen Alltag, sondern seine politische Verlässlichkeit im Interesse von Partei und »Bewegung«. Der Begriff »anständig« gehörte zum Vokabular des nationalsozialistischen Selbstverständnisses und wurde in allen möglichen Zusammenhängen gebraucht, berüchtigt in Heinrich Himmlers Posener Rede am 4. Oktober 1943. Er brachte eine Prinzipientreue zum Ausdruck, die über Leichen gehen konnte.20 Damit ist nichts über Christerns Verhalten gesagt, aber unbedingte Zustimmung wurde von ihm erwartet. Er gehörte mehreren nationalsozialistischen Formationen an (NSDAP, SA, NSD-Dozentenbund, Nationalsozialistischer Lehrerbund, Nationalsozialistische Volkswohlfahrt), ging in seinen Lehrveranstaltungen (zur »Geschichte des tschechoslowakischen Staates«, zur »Geschichte des deutschen Ostens«, über »Ostdeutschland in der gesamtdeutschen Geschichte der Neuzeit«) auf die aktuellen Themen der Ostpolitik ein, unternahm sogenannte Ost- oder Grenzlandfahrten mit seinen Studenten und arbeitete in dem von Kleo Pleyer geleiteten »Volkswissenschaftlichen Arbeitskreis« mit. Dessen organisatorisches Dach, der »Verein für das Deutschtum im Ausland« (VDA), 1908 aus dem Allgemeinen Deutschen Schulverein hervorgegangen, hatte 1919 die Aufgabe übernommen, die Belange der nunmehr außerhalb der Reichsgrenzen lebenden »Volks-

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deutschen« im öffentlichen Bewusstsein wachzuhalten und den anstehenden »Volkstumskampf« argumentativ zu forcieren. Der Volkswissenschaftliche Arbeitskreis verstand sich seit seiner Gründung im Jahr 1934 als Plattform aller volkswissenschaftlich orientierten Disziplinen, von der aus dem »Volksgedanken« in der universitären Forschung zur Geltung verholfen und eines nicht allzu fernen Tages die politische und ethnische Neuordnung Europas wissenschaftlich beeinflusst werden sollte. Volkskundler, Rechtswissenschaftler und Soziologen, vor allem aber Geographen und Historiker nahmen an den regelmäßigen Zusammenkünften des Arbeitskreises teil, um über »völkische Geographie«, den Volksbegriff, das Verhältnis von »Volk« und »Staat« oder von »Volk« und »Nation« zu diskutieren. Es gab prominentere Mitglieder als Hermann Christern. Aber auch er glaubte, im Rahmen seiner Möglichkeiten dem von Kleo Pleyer ausgegebenen Anforderungsprofil des Volkstumswissenschaftlers gerecht werden zu können: »gesamtvölkisch« denkend, »kämpferisch« handelnd, im »Grenzkampf« bewährt.21 Sich daran zu beteiligen, war in Greifswald doppelt begründet, einmal durch die geographische Nähe zum deutschen Osten, zum anderen aufgrund der inneren Entwicklung einer Universität, die sich 1933 nach Ernst Moritz Arndt benannt hatte, um ihre nationale Zuverlässigkeit zu dokumentieren. Gleichzeitig wurde der Mathematiker und frühere Rektor Theodor Vahlen, der 1927 wegen seines öffentlichen Bekenntnisses zum Nationalsozialismus entlassen worden war, auf seinen Lehrstuhl zurückgeholt und sogar zum Ehrensenator ernannt. Die Universität Greifswald geriet nie völlig in den Griff der NSDAP und auch die Zahl der Entlassungen aus politischen oder rassischen Gründen hielt sich in Grenzen. Aber durch die Einführung des Führerprinzips, die Besetzung der zentralen Stellen (Rektorat, Kuratorium) durch Parteigenossen und einige strategische Berufungen trat ein allmählicher Wandel ein. Der NSD-Dozentenbund tat das Seine dazu. Auf diesem Wege wurde eine schleichende, wenn auch oberflächliche Nazifizierung bewirkt. Die bis dahin eher deutschnational dominierte Universität tat sich schwer damit, klare Grenzen zu ziehen, und bot der nationalsozialistischen Hochschulpolitik eine »offene Flanke«. Entsprechend ausgeprägt war die Bereitschaft, sich mit den neuen Verhältnissen zu arrangieren.22 Hermann Christern fügte sich beflissen in das sich wandelnde Profil der Alma Mater und setzte sich »freudig« »für die restlose Verwirklichung des Programms der NSDAP« ein.23 Hatte ihn jemals eine »innere Hemmung«

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188 Carl Erdmanns Feinde (A. O. Meyer) am Schreiben gehindert, so war sie nun verflogen. Zu keiner Zeit seines Lebens publizierte er so viel wie in Greifswald. Drei Werke stellte er in den Dienst der Nation, wie man ihn damals verstand. Als Erstes brachte er endlich nach achtjähriger Wartezeit seine Berliner Habilitationsschrift zum Druck. Sie befasste sich mit Verfassungs- und politischer Ideengeschichte und knüpfte damit an Forschungsrichtungen an, die die Berliner Historiker Otto Hintze und Friedrich Meinecke, nicht aber Christerns Doktorvater Erich Marcks vertraten. Dieser hatte sich schon 1928 emeritieren lassen und wollte nur noch an seinem letzten Werk schreiben, einer groß angelegten Biographie Bismarcks, die er freilich nie abschließen sollte. Vielleicht trug die Wahl des Themas von Christerns Habilitationsschrift, die Neuausrichtung seiner Interessen, den geänderten Verhältnissen an der Berliner Universität Rechnung und vielleicht zeigte sich schon darin jene Fähigkeit zur Anpassung, die ihn auch später so oft auszeichnen sollte. Vor allem im Schlusskapitel ist davon eine Menge zu spüren. Denn dieses wurde nachträglich in den späten 30er-Jahren geschrieben und sollte die Darstellung bis an die Gegenwart heranführen.24 Ursprünglich ging es um den Vergleich der deutschen mit der englischen Verfassung im 18. Jahrhundert, des Ständestaats in Reich und Territorien mit dem frühen Parlamentarismus, wie er in England praktiziert und von John Locke, Edmund Burke und anderen theoretisch grundgelegt wurde. Christern stellte die Frage, inwieweit das englische Verfassungsmodell auf die deutschen Zustände ausstrahlen konnte. Im Mittelpunkt stehen die Überlegungen, die von vier Hannoveraner Staatstheoretikern (A. L. von Schlözer, L. T. Spittler, E. Brandes, A. W. Rehberg) angestellt wurden. Denn im Königreich Hannover waren die Stärken und Schwächen der englischen Verfassung am besten bekannt. Ob sich daran allgemeine Urteile knüpfen ließen, schien schon den Gutachtern im Habilitationsverfahren zweifelhaft. Aber Christern scheute sich nicht, in der um das Schlusskapitel erweiterten Fassung aus seinem beschränkten Material Schlüsse zu ziehen, die weit über die fachhistorische Fragestellung hinausgingen und den nunmehrigen Zeitgeist bedienten. Im Blickpunkt der Arbeit steht England, freilich nicht nur als Vorbild für Deutschland, sondern auch in seinem Verhältnis zu Frankreich. Denn die englische Verfassung habe während des 19. Jahrhunderts Gedankengut der Französischen Revolution rezipiert und sich dadurch erheblich, nämlich im Sinne einer »gleichen liberalen Allerweltsverfassung« verändert. England sei

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»von den Ideen von 1789 besiegt worden«. Deutschland dagegen habe zunächst leidenschaftlich (»angloman«) die politischen Verhältnisse in England bewundert, sei dann Kompromisse eingegangen, die auf eine Vermischung von monarchischem Prinzip, parlamentarischer Verfassung und demokratischen Gedanken hinausliefen, und habe schließlich erfahren müssen, wohin das alles führte: zur Niederlage im Weltkrieg, zum Ausbruch der Revolution und zum Untergang der Monarchie. Das liberale Verfassungsmodell sei den Deutschen immer »lebensfremd« geblieben, sodass ihnen einerseits das nötige Vertrauen zu diesem abging und es andererseits an eigenen Vorstellungen fehlte, »die man der demokratischen Idee der Welt hätte entgegensetzen können«. Diese erwies sich – so Christern – als »zersetzende Propaganda«. Die »Überdemokratisierung der Weimarer Verfassung« sei dann auch nichts weiter gewesen als »die völlige geistige Unterwerfung unter die Ideologie, mit deren Hilfe die Feinde das deutsche Volk besiegt hatten«. Erst der nationalsozialistische Staat habe die »verfassungspolitische Überfremdung« überwunden und, indem er an die »lebendige Kraft des Volkstums« anknüpfte, eine eigene, eine »deutsche Verfassung« implementiert. Sein Prinzip sei nicht der »formale Mechanismus einer Organisation«, sondern »die souveräne Verkörperung des Selbsterhaltungstriebes eines Volkstums auf Erden«; in ihm gebe es keinen Gegensatz zwischen Regierung und Volk mehr, weil der Staat »den lebendigen Organismus eines Volkes vorstellt«.25 Die letzten Passagen stammen aus Adolf Hitlers »Mein Kampf«. Christern zitierte sie, um vorzuführen, dass der Gegenstand seines Buchs, obwohl in der sogenannten Systemzeit konzipiert, auch in den neuen Machtverhältnissen von Belang war. Er wollte »eine geistige Brücke schlagen von den politischen Entscheidungen um die Wende des 18. und 19. Jahrhunderts zu unserer eigenen Zeit und ihrer völkischen Geschichtsauffassung« und sich selbst als politisch anschlussfähig präsentieren.26 Dass ihm das gelungen war, bezeugt Kleo Pleyers Stellungnahme, der zufolge das Buch »ein gutes Stück politischer Wissenschaftsarbeit« darstelle, »wissenschaftlich und politisch wertvoll«.27 Christern erhob den Anspruch, als Historiker am »Lebenskampf« seines Volkes teilgenommen zu haben,28 und empfahl sich für künftige Aufgaben. Gelegenheit ergab sich im Rahmen des »Kriegseinsatzes der Deutschen Geisteswissenschaften«, der sogenannten Aktion Ritterbusch.29 Dieses »Gemeinschaftswerk« der Gesellschafts-, Kultur- und historischen Wissenschaften war an der Universität Kiel ausgedacht worden, und zwar noch vor

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190 Carl Erdmanns Feinde Ausbruch des Weltkriegs. Die geistige Urheberschaft beanspruchte der Kieler Verfassungs-, Verwaltungs- und Völkerrechtler Paul Ritterbusch, seit 1937 auch Rektor der Universität. Bis 1944 lag die Leitung des gesamten Unternehmens in seinen Händen. Seinem Geschick und Einsatz war es zu verdanken, dass zwischen 1941 und 1944 mehr als 300 Gelehrte aus zwölf Disziplinen 67 Monographien und Sammelbände zu (mehr oder weniger) kriegswichtigen Themen publizierten. Sie alle sollten: erstens sich mit dem »Geist Westeuropas« auseinandersetzen und die von ihm geschaffene Ordnung analysieren, zweitens demgegenüber »das eigene geistige Wesen«, »die eigene, artgemäße geistige Ordnung« darstellen und drittens die – so schien es – sich abzeichnende »neue geistige Ordnung Europas« zur Anschauung bringen. Wenn die Natur- und Ingenieurwissenschaften die Mittel zur Kriegführung bereitstellten, so sollten die Geisteswissenschaften die Ziele des Krieges begründen und gedanklich vertiefen. Indem sie beanspruchten, mit ihren Mitteln einen wesentlichen Beitrag zur Kriegführung leisten zu können, traten sie in Konkurrenz zu den angewandten Wissenschaften und durften nicht nur Unabkömmlichstellungen, sondern auch Fördermittel im entsprechenden Umfang verlangen. Denn wer sich am Kriegseinsatz der Geisteswissenschaften beteiligte, konnte sich als »Soldat des Geistes« begreifen, der der »Volksgemeinschaft« diente, den Primat der Politik auch in den Wissenschaften akzeptierte und – endlich – Wissenschaft nur für das Leben produzierte. Der Begriff des »totalen Kriegs«, 1935 von Erich Ludendorff in die Welt gesetzt, scheint Ritterbuschs Konzept umfassender geistiger, wirtschaftlicher und militärischer Kriegführung beeinflusst zu haben. Von den zwölf beteiligten Disziplinen kam der Anglistik besondere Aufmerksamkeit zu.30 Denn schon vor der Niederlage Frankreichs im Frühjahr 1940 wurde England als der wichtigste, dann als der einzig verbleibende Gegner betrachtet.31 Die »Englandwissenschaft« sollte dessen Stärken und Schwächen erkunden und schließlich die Überlegenheit des deutschen Wesens beweisen. Allerdings wurden von den zahlreichen geplanten Werken nur wenige verwirklicht. Forschungen zur englischen Sprache, Wirtschaft und Kultur, zum englischen Deutschlandbild, zum Einfluss Hegels auf die englische Philosophie oder Niedersachsens auf England in vorgeschichtlicher Zeit verschlangen nur Geld, Ergebnisse wurden angekündigt, jedoch nie publiziert. Immerhin konnte schon 1942 ein zweibändiges Sammelwerk über »die englische Kulturideologie« erscheinen, dessen vierzehn Beiträge das vorgegebene

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Rahmenthema »England und Europa« durchdeklinierten und, indem sie »Wesenskunde« betrieben, vielfachen Aufschluss über den englischen »Volkscharakter« versprachen. Der Kampf gegen die »Anglomanie« seit dem 18. Jahrhundert war ihr gemeinsames Anliegen.32 Den umfangreichsten Aufsatz durfte Hermann Christern beisteuern. Denn er galt unter den Historikern als Englandexperte, außerdem – wie schon gesagt – als linientreu, »anständig« und »politisch […] einsatzbereit«.33 Sein Thema war – wie in der Habilitationsschrift – der Einfluss der englischen Verfassung auf Deutschland, nun aber in ganzer Breite und nicht konzentriert auf ein bestimmtes Jahrhundert.34 Gerne zitierte er frühe Stimmen, die wie der sächsische Rechtsgelehrte Johann Gotthelf Beschorner oder der Englandreisende Hermann von Pückler-Muskau auf die Schwachstellen im englischen Gesellschaftsleben hinwiesen. Denn bei aller Wertschätzung der »englischen Freiheit«, des hohen Entwicklungsstands von Industrie und Technik und auch der romantischen Landschaft gab es immer auch kritische Einwände gegen Wettbewerb und Egoismus, soziale Missstände und die angebliche Treulosigkeit der Engländer. Bis ins 12. Jahrhundert reicht das Stereotyp vom »perfiden Albion« zurück.35 Manchmal musste der Verfasser freilich nachhelfen, um die »Abwehr englischer politischer Ideologie« als einen Grundzug der neueren deutschen Geschichte erscheinen zu lassen. Mit Karl Larenz, einem der maßgeblichen »NS-Theoretiker im Zivilrecht«,36 interpretierte er Hegel als frühen Zeugen der deutschen »Volksgemeinschaft«, der dem »Geist des Individualismus, des Privatinteresses und der ständischen Selbstsucht […] den auf der Gemeinschaft des gesamten Volkes gegründeten deutschen Staat« entgegengehalten habe.37 Bismarck zog Christern auf seine Seite, indem er aus dessen engstem Umfeld den Vortragenden Ministerialrat Lothar Bucher mit seiner englandkritischen Haltung zu Wort kommen ließ. Der Reichskanzler selbst hatte sich nicht hinreichend deutlich geäußert. Friedrich Julius Stahl dagegen, konservativer Parteifreund Bismarcks und dessen verfassungspolitischer Ideengeber, musste aus dem Chor deutscher Stimmen ausscheiden, da er als Jude nur »dürre Deduktionen«, »trockene Abstraktionen« und »jüdische Spitzfindigkeit« beizutragen wusste. Stahl, von Christern konsequent – unter Beifügung seines Geburtsnamens – Stahl-Jolson genannt, habe mit seinem Konzept einer »deutschen konstitutionellen Monarchie« das monarchische Prinzip zersetzend und auf Dauer verhängnisvoll gewirkt. Das Verständnis für die Gemeinschaft der Deutschen habe ihm als Juden gefehlt.38

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192 Carl Erdmanns Feinde Wie vom »Kriegseinsatz der Deutschen Geisteswissenschaften« gefordert, wollte Christern abschließend die europäische Ordnung der Zukunft aufleuchten lassen. Er referierte die nationalökonomischen Visionen Friedrich Lists, mit denen er sich schon lange beschäftigt hatte, beschrieb die Wandlung seines Doktorvaters Erich Marcks vom Englandfreund zum Englandskeptiker und zitierte gläubige Nationalsozialisten und notorische Antisemiten wie Johannes Heckel, Gerhard Kittel oder Karl Heinz Pfeffer, die den ideologischen Rahmen seiner Darstellung absteckten.39 Selbstredend konnten ihm auch Werner Sombarts »patriotische Besinnungen« über »Händler und Helden« von 1915 etwas geben. Zwar wusste er, wie »übersteigert« die Antithese war. Aber sie half ihm, die (angeblichen) nationalen Charaktere, deutsche Kriegshelden von englischen Krämerseelen zu unterscheiden: hier Pflichten, dort Rechte, hier Opfermut und Treue, dort Geschäftssinn und Verrat, hier Ideale, dort nur das Streben nach weltlichem Glück.40 Schon daraus hätte sich ergeben können, wie wenig man von England erwarten durfte. Doch erst die Erfahrungen der jüngsten Vergangenheit – Englands Desinteresse am Schicksal der Deutschen und schließlich der neuerliche Verrat an den germanischen Brüdern – hätten die Augen aller geöffnet und so dazu beigetragen, dass »der lebendige Funke völkischen Selbstbewusstseins von der Wissenschaft zur Politik und von ihr zur Wissenschaft« hinübergesprungen sei. Christerns Selbstverständnis als Mitarbeiter am »Kriegseinsatz der Deutschen Geisteswissenschaften«, einer Wissenschaft für das »Leben«, ist damit beschrieben. Erst »die nationalsozialistische Revolution und die Schaffung des Großdeutschen Reiches« hätten »wieder ein natürliches politisches Selbstvertrauen und die Erkenntnis geweckt, daß das deutsche Volk bereits jahrhundertelang als Träger des Reichsgedankens Ordner Europas gewesen ist und wieder sein wird«. England dagegen sei »europafremd« geworden.41 Bis zuletzt (das zeigen noch deutlicher die postum von seiner Frau publizierten Aufsätze und Vorträge) wirkte Christern willfährig an der Politisierung seines Fachs mit. Sein letzter Vortrag verglich den Einfall der Mongolen im Jahr 1241 mit dem Krieg gegen das »asiatische« Russland genau 700 Jahre später.42 Hermann Christern erlebte das Kriegsende nicht. Nach einem Vortrag vor Offizieren erhielt er die Erlaubnis, ein sowjetisches Kriegsgefangenenlager zu besichtigen, musste allerdings versprechen, über alles, was er sah, Stillschweigen zu bewahren. Denn im Stammlager II B bei Hammerstein war auf-

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grund der miserablen hygienischen Bedingungen eine Fleckfieberepidemie ausgebrochen. Man ließ die Gefangenen krepieren, ohne Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Christern infizierte sich und starb wenige Wochen später. Die Witwe, unterstützt durch die Universität, wollte den Vortrag ihres Mannes als »Diensteinsatz«, seinen Tod als »Dienstunfall« anerkannt sehen, hatte aber keinen Erfolg damit.43

Wilhelm Krüger, Rektor auf vier Beinen Der Veterinäranatom Wilhelm Krüger (1898–1977) durchlief eine Karriere voller Höhen und Tiefen.44 1930 an die Tierärztliche Hochschule in Berlin berufen, wurde er schon nach wenigen Jahren, am 1. Mai 1933, zu deren Rektor ernannt. Auch Krüger konnte sich das nur mit den politischen Verhältnissen erklären. Er hatte nämlich, angeregt durch die bäuerlichen Verwandten seiner Ehefrau, an Adolf Hitlers »nationalem Sozialismus«, dem Konzept der Volksgemeinschaft und der Parole »Gemeinnutz geht vor Eigennutz« Gefallen gefunden und war im Oktober 1932 in die NSDAP eingetreten. Er galt – gerade noch – als »Alter Kämpfer«. In der Professorenschaft der Hochschule gab es keinen anderen, der dieses Kriterium erfüllte. Später wurde er auch Mitglied der SA und brachte es in der SS bis zum Untersturmführer. Als bald darauf die Tierärztliche und die Landwirtschaftliche Hochschule zusammengelegt und beide »Lebenswissenschaften« als eigene Fakultät in die FriedrichWilhelms-Universität integriert wurden, kandidierte Krüger sogleich für das Amt des Rektors und wurde tatsächlich gewählt. Die Stimmen aus der Dozentenschaft, also der jüngeren Hochschullehrer, gaben dabei den ­Ausschlag. Darin kam – so Krüger – der Wunsch zum Ausdruck, dass ein »wirklicher Nationalsozialist«, kein kürzlich konvertierter die »Führung« der Universität übernehmen sollte. Dementsprechend trat er bei seiner Amtseinführung auf.45 Auch das Reichserziehungsministerium verband mit Krügers Ernennung die Erwartung, einen »Führerrektor« neuen Typs an der Spitze der größten deutschen Universität zu sehen. Doch bald kam es zur Einsicht, dass Krüger den Anforderungen seines Amtes nicht gewachsen war. Das »Projekt Führeruniversität« ließ sich nicht so leicht verwirklichen: »Ernennen kann man Beamte, […] nicht aber Führer.«46 Krüger amtierte deshalb nur zwei Jahre. In

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194 Carl Erdmanns Feinde der Berliner Universitätsgeschichte gilt er als ausgesprochen schwacher Rektor, der von seinen Kollegen als »vierbeiniger Rektor« verspottet wurde.47 Auch die prekäre Stellung seines Fachs in der traditionsstolzen Universität kam darin zum Ausdruck. Aufmerksam wurde registriert, dass der neue Rektor gleich zu Beginn seines Rektorats vom Minister »angeschnauzt« wurde und nicht sofort zurücktrat.48 Der Slawist Max Vasmer hielt ihn – wie auch Willy Hoppe – für »gänzlich unfähig«.49 Krüger selbst erklärte seine Schwierigkeiten mit den besonderen Verhältnissen an der Universität und der widerständigen Haltung unter den Studenten. An der Tierärztlichen Hochschule hatte er es mit bäuerlich geprägten »Naturkindern« zu tun, hier aber mit »Intellektuellen« und »bürgerlicher Schickeria«. Dagegen habe er nicht ankommen können.50 Öffentlich verkündete er seine Absicht, die »Gelehrtenrepublik«, die sich mehr der internationalen Wissenschaft als dem eigenen Volk verbunden gefühlt habe, zu einer »nationalsozialistische[n] Universität im nationalsozialistischen Deutschland« umzugestalten, und er gelobte, sein Amt »im Sinne der heiligen Idee unseres Führers« ausüben zu wollen.51 Er glaubte, das am besten durch die Neugestaltung der akademischen Feiern zeigen zu können. Bei der 125-Jahr-Feier begrüßte er es, dass nationalsozialistische »Kolonnen« jetzt auch in »unsere Hallen« einmarschierten, und beschwor den Geist Horst Wessels wider den »Schlamm der jüdischen Zersetzung«.52 Der Feier zum Jahrestag der »Machtergreifung« gab er eine »wuchtige Form«.53 Damit verlieh er der Berliner Universität ein nationalsozialistisches Erscheinungsbild. Die in seiner Amtszeit entlassenen jüdischen Professoren und Dozenten bezifferte er auf 213.54 Im Umfeld Carl Erdmanns betraf dies Ernst Perels, der seit 1923 die Historischen Hilfswissenschaften vertreten hatte, jetzt aber den geforderten Abstammungsnachweis nicht erbringen konnte.55 Insofern hinterließ Wilhelm Krüger doch mehr Spuren, als man einem schwachen, »vierbeinigen« Rektor zutrauen würde. Nach dem Krieg musste sich Krüger zunächst als Kürschner verdingen, erreichte aber schließlich seine Emeritierung zu vollen Bezügen. Er musste freilich versprechen, keine Vorlesungen mehr zu halten (was er als entwürdigend empfand).56 Politisch blieb er bis ins hohe Alter unbelehrbar. Das Attentat vom 20. Juli 1944 nannte er eine »Wahnsinnstat«, verübt von »Wirrköpfen christlicher Provenienz«, die nicht einsahen, dass man einen mit hellseherischen Fähigkeiten begabten Mann wie Adolf Hitler nicht einfach umbringen könne.57

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Aber an Willy Brandts Sozialpolitik fand er Gefallen. Denn er hielt sie für »national-sozial«. Er schickte deshalb seine Autobiographie ungebeten an Brandts Nachfolger im Bundeskanzleramt, Helmut Schmidt. Von dort gelangte sie ins Archiv der Friedrich-Ebert-Stiftung, wo die »Lebensbeichte eines Nationalsozialisten« nicht hingehört.58

Ludwig Bieberbach, Mathematiker auf Abwegen Im Mai oder Juni 1933 klagte Ernst Kantorowicz seinem Freund und Kollegen Percy Ernst Schramm sein Leid: »Als Mineraloge wäre es einfacher, da der Dodekaeder Dodekaeder bleibt und unter keinem Regime einem Oktogon gleichzuschalten wäre.«59 Erst recht für den Mathematiker, in dessen Kompetenz der Dodekaeder ja ursprünglich fiel, musste das gelten. Doch Kantorowicz irrte. 1933 war ein Jahr, in dem auch die scheinbar unumstößlichen Gewissheiten fielen. Das zeigt der Fall des Berliner Mathematikers Ludwig Bieberbach (1886–1982). Bieberbach wurde 1921 nach Berlin berufen und sein Nachfolger in Frankfurt sah sich tatsächlich einmal mit unlösbaren Fragen zum Dodekaeder konfrontiert. Doch das berührte Bieberbachs Forschungen nicht. Mit Arbeiten zur Funktionentheorie und Topologie, zu algebraischer, Differenzial- und Elementargeometrie wie auch zur angewandten Mathematik, mit Lehrbüchern und Beiträgen machte er sich national und international einen Namen.60 Die von ihm aufgestellte bieberbachsche Vermutung (die zu erklären hier nicht versucht werden soll) hatte lange Bestand und wurde 1984 bewiesen. Ehrenvolle Mitgliedschaften unterstrichen seinen Rang. Das alles bewahrte ihn jedoch nicht vor einer folgenreichen Entscheidung: der Entscheidung, seine Wissenschaft in den Dienst des nationalsozialistischen Staates zu stellen. Er tat das auf zweierlei Weise, sowohl wissenschaftlichtheoretisch als auch praktisch-hochschulpolitisch. Mehrfach legte er offen, worauf es ihm ankam: auf eine Abgrenzung verschiedener »Stilarten mathematischen Schaffens« anhand rassischer Kriterien. Er berief sich dabei auf die Typenlehre des dezidiert anticartesianischen Marburger Psychologen Erich Rudolf Jaensch, fügte ihnen Begriffe aus der Rassenkunde eines Hans F. K. Günther (»Rassen-Günther«) hinzu und kam schließlich zu folgendem Ergebnis: Grundsätzlich müsse man zwischen »S-Typus« (»Strahltypus«) und »I-

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196 Carl Erdmanns Feinde Typus« (»Integrationstypus«) unterscheiden. Der eine werte »in den Dingen nur das […], was der Verstand in sie hineinlegt oder was kühle Berechnung mit ihnen anfangen kann«. Der andere sei »mit der Wirklichkeit und in sich integriert« und fühle sich mit ihr »als ein Ganzes« und zu ihr »offen«; »mit allen Sinnen, […] mit Anschauung und Denken« versuche er, »möglichst viel von der Wirklichkeit zu erfassen«. Natürlich gebe es Übergänge und Neigungen in die jeweils andere Richtung. Typus und Individuum seien zu unterscheiden. Aber der »I-Typus« bevorzuge die Intuition in der Mathematik, während der »S-Typus« ein strikt formales Vorgehen praktiziere.61 Da aber – ebenso grundsätzlich – »all unser Tun und Denken […] in Blut und Rasse« wurzele und von ihnen seine Eigenart empfange, liege es nahe, die »Stilarten mathematischen Schaffens« als rassisch bedingt zu begreifen. Das »Jonglieren mit Begriffen«, Hypothesen und Abstraktionen finde man bei französischen und jüdischen Denkern, Vertretern des »lebensfeindlichen, unorganischen S-Typus«. Der deutsche Geist dagegen sei »zum Sehen geboren, zum Schauen bestellt«, an Erfahrung der Wirklichkeit und konkreter An-

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schauung orientiert. Der »nordisch-fälische« Carl Friedrich Gauß habe anders gedacht als der »ostisch-dinarische« Leonhard Euler oder gar der »orientalische« Carl Gustav Jacob Jacobi. Gauß widmete Bieberbach eine exemplarische Biographie, Euler warf er »ein kindliches Einssein mit den Dingen«, Jacobi ein »Durchsetzenwollen des Menschen und seines Willens gegenüber den Gegebenheiten« vor. Grundlagendebatten um Intuitionismus und Formalismus, wie sie seinerzeit von den Mathematikern geführt wurden,62 waren für Bieberbach »in erster Linie […] ein Rassenstreit«. Daher komme es nur darauf an, die Deutsche Mathematik als Ausdruck Deutscher Art (beides von Bieberbach konsequent großgeschrieben) zu bewahren und fremden Einflüssen zu wehren, also eine Art mathematischer »Aufnordung« zu betreiben. Ausdrücklich begrüßte er es, dass ein bedeutender jüdischer Mathematiker, Edmund Landau in Göttingen, von der Studentenschaft »mannhaft« boykottiert wurde. Denn dessen »Stil« zeige »deutliche Merkmale des S-Typus«, sei also »deutschem Empfinden unerträglich«. Bieberbachs abstrusen Behauptungen wurde im In- und Ausland laut und vernehmlich widersprochen. Der dänische Mathematiker Harald Bohr machte sich über die »Neue Mathematik in Deutschland« lustig, nannte sie einen »grobkörnigen Scherz«. Bieberbach replizierte scharf und grenzte sich von den »ewig Gestrigen« ab, die das »neue Deutschland« verleumden. Gleichzeitig machte er deutlich, dass er alle ihm zur Verfügung stehenden Machtmittel einzusetzen gewillt war. Die Deutsche Mathematiker-Vereinigung geriet dadurch in eine Krise.63 Bieberbach verbündete sich mit seinem Berliner Kollegen Theodor Vahlen und gründete mit ihm zusammen eine eigene Zeitschrift, die schon durch ihren Titel mit den übernationalen Traditionen des Fachs brach: »Deutsche Mathematik«. Es war nicht alles Unsinn oder rassistisch, was dort publiziert wurde. Nach 1945 glaubte man sogar, einen Teil der Artikel nachdrucken, andere ausblenden zu können.64 Das Ergebnis war kurios. Denn die Zeitschrift insgesamt repräsentierte eine fachliche Richtung, die sich dem Nationalsozialismus andiente: Ihr Ziel sei es, die »gesamte mathematische Arbeit deutscher Volksgenossen« zu dokumentieren und auf diese Weise der »deutschen Art in der Mathematik« zu dienen.65 Vor allem die ersten Bände wurden deshalb unter die entsprechenden Mottos gestellt: für Volk, Kampf und Nation, gegen Fremdworte und eine allzu logische Form. Wie der Heidelberger Nobelpreisträger Philipp Lenard unbeirrt für eine »anschauliche« Deutsche Physik eintrat und Albert

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198 Carl Erdmanns Feinde Einsteins »jüdische« Theorie zum Teufel wünschte, so hatten sich Vahlen und Bieberbach in den Kopf gesetzt, eine artgerechte Deutsche Mathematik zu etablieren. Die beiden Herausgeber der Zeitschrift gaben sich allerdings nicht damit zufrieden, nur publizistisch zu agieren, sondern drängten darauf, ihre Ziele auch personalpolitisch durchzusetzen, also das »deutsche Volkstum« in der universitären Mathematik zu stärken und »fremdes« von ihr zu entfernen. Vahlen tat das als »Alter Kämpfer« und erster Gauleiter der NSDAP in Pommern, der zwischenzeitlich ins Ausland gehen musste, 1933 triumphal zurückkehrte und jetzt als Leiter der Hochschulabteilung im Preußischen Kultusministerium die Strippen ziehen konnte. So sorgte er etwa für die Entlassung von Bieberbachs Nachfolger in Frankfurt, nicht weil der die Fragen zum Dodekaeder nicht hatte beantworten können, sondern als Jude und weil er einmal eine von Vahlens Publikationen schlecht rezensiert hatte.66 Bieberbach beschränkte sich auf die Friedrich-Wilhelms-Universität, machte aber als Prorektor, als Klassensekretär der Preußischen Akademie der Wissenschaften sowie als Dekan zunächst in der Philosophischen, dann der neu gegründeten Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät seinen Einfluss geltend. Seinen jüdischen Kollegen Issai Schur denunzierte er bei der Akademie, Habilitationen wusste er zu verhindern, einen missliebigen Kritiker durch einen Nationalsozialisten zu ersetzen; ehemalige Sozialdemokraten oder Mitglieder einer Loge zeigte er an.67 Bieberbach gab sich »alle Mühe, mit der Erbschaft aus der Vergangenheit gründlich aufzuräumen«, und wurde deshalb von seinen Kollegen als »einer der eifrigsten Wegbereiter des Nationalsozialismus«, seine Vorgehensweise als »recht unerfreulich« betrachtet.68 Dass ihm dabei auch ein Privatdozent mit Namen Carl Erdmann in die Quere kam, wird er als Marginalie bei der Erledigung seines selbst gestellten Auftrags angesehen haben. Was brachte einen renommierten und erfolgreichen Mathematiker dazu, so bedingungslos gegen andere Vertreter seines Fachs und gegen weitere Mitglieder der Universität vorzugehen? Was trieb Bieberbach an, sich das Amt eines »Großinquisitors« anzumaßen?69 Die Unterscheidung verschiedener »Stilarten mathematischen Schaffens« hatte Bieberbach schon 1926 in einem (unpublizierten) Vortrag zum Ausdruck gebracht und antisemitische Ressentiments waren in der deutschen Universität endemisch verbreitet, ohne dass man sich deswegen mit den jüdischen Kollegen überwarf. Bieberbach galt da-

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mals als gemäßigt linksstehend, als loyaler Diener der Republik. Manche hielten ihn für einen Juden.70 Erst nach 1933 verband er das eine mit dem anderen und wurde zum »Exponenten des Nazi-Regimes in der Mathematik«.71 Denn davon versprach er sich etwas, ohne allzu viel von sich preisgeben zu müssen. Albert Einstein hielt ihn für selbstgefällig und eitel,72 und dass er ehrgeizig war, geht aus seinem Verhalten hervor. Wahrscheinlich wollte er eine noch bedeutendere Stellung in seinem Fach gewinnen, sozusagen vom Professor zum Oberprofessor avancieren. Der »neue Staat« bot ihm die Möglichkeit dazu. Dass er sich dafür auf wissenschaftliche Abwege begab, wollte er nie ganz einsehen. Noch in hohem Alter hielt er an seiner Beschreibung der mathematischen »Stilarten« fest. Das Unrecht, an dem er mitschuldig geworden war, bereute er jedoch zutiefst.73 Der Untergang des »Dritten Reichs« setzte auch Bieberbachs Ehrgeiz ein Ende. Das letzte Heft der Deutschen Mathematik war im Juni 1944 erschienen. Vahlen setzte sich nach Prag ab und starb dort 76-jährig »in der Gefangenschaft«.74 Bieberbach wurde sofort nach Kriegsende fristlos entlassen. Seinen Sturz überlebte er um 37 Jahre.

Oskar von Niedermayer, Freibeuter Man hat ihn den »deutschen Lawrence« genannt75 und der Vergleich hinkt nicht völlig. Denn so wie der britische Archäologe Thomas Edward Lawrence (»Lawrence of Arabia«) im Ersten Weltkrieg den Aufstand der arabischen Stämme gegen die osmanische Herrschaft entfachte, so hoffte zur gleichen Zeit der bayerische Hauptmann der Artillerie Oskar Niedermayer (1885–1948) die englische Macht in Indien zu erschüttern, indem er den Emir von Afghanistan auf die Seite der Mittelmächte zog. Allerdings waren sie unterschiedlich erfolgreich: Dem einen gelang sein Vorhaben, dem anderen nicht; der eine wurde ein Filmheld, der andere vergessen. Ursprünglich war ein deutsch-osmanisches Unternehmen geplant. Doch die Gemeinschaft der Interessen reichte nicht weit. Die Deutschen wollten das British Empire im Rücken angreifen, die Türken territoriale Gewinne in Persien und im Kaukasus erzielen. So blieb es bei einer überschaubaren Anzahl deutscher Militärs und indischer Kollaborateure, die sich auf den Weg machten. Das Kommando übernahm Oskar Niedermayer, damals 29 Jahre alt.76

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200 Carl Erdmanns Feinde Dazu befähigten ihn seine Sprachfertigkeiten, die er während des Studiums in Erlangen, und die Kenntnisse der Region, die er bei einer abenteuerlichen Forschungsreise unmittelbar vor Kriegsbeginn erworben hatte. Er scheint aber auch ein eigenwilliger Mann gewesen zu sein, der seine Aufträge großzügig auslegte. Ein Bekannter verglich ihn einmal mit einem »starke[n] Motor, dem die Bremse fehlt. Schickt man ihn als Briefträger zur einfachen Überbringung eines Schreibens fort, so ist man nie sicher, ob er sich nicht für bevollmächtigt hält, einen Bündnisvertrag abzuschließen.«77 In Persien baute er ein weitgespanntes Spionagenetz auf und beteiligte sich sozusagen auf eigene Faust am »Great Game«, das die großen Mächte seit Langem in Zentralasien spielten. Geopolitik sollte bald sein Spezialgebiet werden. Erst eine zweite deutsche Expedition brachte ihn dazu, endlich die Weiterreise nach Afghanistan in Angriff zu nehmen. Die Rivalität der beiden Kommandeure (die zudem aus ganz unterschiedlichen sozialen Milieus stammten) sollte das Unternehmen andauernd belasten. Engländer und Russen waren von Anfang an über die Pläne der Deutschen informiert. Dennoch gelang es der Expedition, durch die feindlichen Kontrol-

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len zu schlüpfen. Dazu mussten sie den gefährlichen und strapaziösen Weg durch die ostiranische Salzwüste nehmen, um schließlich völlig ausgezehrt und erschöpft die Grenze zu Afghanistan zu überschreiten. Dort in dem weiten, aber abgelegenen und noch so gut wie gar nicht erschlossenen Land wurden die Besucher zunächst durchaus wohlwollend empfangen. Das hatte mit Afghanistans inneren Verhältnissen zu tun. Der Emir, Habibullah mit Namen, lavierte zwischen England und Russland, um wenigstens eine formelle Unabhängigkeit zu bewahren, nachdem sie faktisch längst verloren gegangen war. Eine Verbindung mit Deutschland kam ihm entgegen, aber ein Angriff auf Indien nicht infrage. Ein solches Ansinnen wies er brüsk zurück. Sein Bruder Nasrullah dagegen wäre bereit gewesen, sich an die Spitze der afghanischen Unabhängigkeitsbewegung zu stellen und nach zwei verlorenen Kriegen in einem dritten Waffengang gegen Englands lastenden Einfluss vorzugehen. Doch er konnte sich nicht durchsetzen. Erst 1919, nach dem Ende des Weltkriegs und unter Habibullahs Nachfolger, wurde der Heilige Krieg ausgerufen und England gezwungen, Afghanistan seine vollständige Unabhängigkeit zuzusichern. Es war also gar nicht so abwegig, was die deutsche Gesandtschaft dem Emir vorgeschlagen hatte. Man einigte sich schließlich auf einen Vertrag, der alle Vorteile auf der afghanischen Seite beließ und diese zu keinen konkreten Gegenleistungen verpflichtete. Ihren eigentlichen Zweck, den Kriegseintritt Afghanistans, hatte die Gesandtschaft verfehlt. Außerdem hatten sich die Deutschen nicht bei jedermann beliebt gemacht. Da sie sich als kulturell überlegen gerierten und allzeit besserwisserisch auftraten, wurden sie nicht einmal als Berater und Ausbilder gerne gesehen. Es wurde Zeit, dass sie den Schauplatz verließen. Sie bildeten mehrere Gruppen, die zum Zweck der Tarnung verschiedene Wege einschlugen. Einige Mitglieder der Expedition sollten in Südwest-Afghanistan und Ost-Iran bleiben, andere überquerten das PamirGebirge und gelangten schließlich über Shanghai, Tōkyō, Kanada nach Europa. Niedermayer schlug sich, zeitweilig als einheimischer Kaufmann verkleidet, über Mazār-i Sharīf und die Karakum-Wüste nach West-Persien durch, wo sich türkische Truppen befanden. Nach einer Audienz bei Kaiser Wilhelm im Großen Hauptquartier kehrte er in den Nahen Osten zurück und kämpfte u. a. in Palästina gegen die Engländer. Dort stand er dem wirklichen Lawrence gegenüber, dem er in einem Gefecht »seine schwerste Niederlage« beigebracht haben will.78 Wenig später wurde er nach Deutsch-

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202 Carl Erdmanns Feinde land zurückbeordert. Damit endete sein nahöstliches Abenteuer. Es sollte nicht das letzte in seiner Biographie bleiben. Darin unterschied er sich dann doch von seinem englischen Pendant. Oskar Niedermayer wurden zahlreiche militärische Ehrungen zuteil, preußische, österreichische, bulgarische und türkische Auszeichnungen, vor allem aber die Aufnahme in den königlich bayerischen Militär-Max-Joseph-Orden, die ihm den Rang eines »Ritters von Niedermayer« eintrug.79 Ein Fragebogen, den er später ausfüllen musste, hatte nicht genügend Platz für all die Orden, gab aber den »Militärverhältnissen« umso mehr Raum. Nicht nur von Persien und Afghanistan, sondern auch von »verschiedenen Sonderkommandos« ist da die Rede.80 Mehr wollte Niedermayer offenbar nicht von sich preisgeben. Dahinter verbirgt sich die hochbrisante Rolle, die er in der deutschen Militärpolitik der 20er-Jahre spielte. Es war das nächste große Abenteuer, das er bestand. Noch in Istanbul hatte er General Hans von Seeckt kennengelernt, damals Chef des osmanischen Generalstabs, 1920–1926 Chef der Heeresleitung und höchster Offizier der Weimarer Republik. Dessen Ziel war es, die Reichswehr aus den inneren Konflikten der Nachkriegszeit herauszuhalten und dem deutschen Heer zugleich zu alter Stärke zu verhelfen. Das war nur unter Umgehung der durch den Versailler Vertrag festgelegten Beschränkungen möglich. Kontakte wurden deshalb zur Sowjetunion geknüpft, die sich ja in einer ähnlich isolierten Situation befand. Daraus entwickelte sich eine strategische Partnerschaft, die bis zum Ende der ersten deutschen Demokratie hielt. Die Rote Armee profitierte von den technischen und organisatorischen Kenntnissen der Deutschen, die Reichswehr konnte die ihr verbotenen Waffen auf fremdem Territorium erproben. In Lipezk südöstlich von Moskau entstand eine Schule für Kampfflieger, in der Nähe von Kazan’ wurden Panzer getestet, in Volsk bei Saratov chemische Kampfstoffe produziert. Die Reichswehr sollte auf diese Weise auf künftige Kriege vorbereitet werden. Koordiniert wurden all diese geheimen Aktivitäten durch eine »Sondergruppe R[ussland]«, die in Moskau domizilierte und in Konkurrenz mit der deutschen Botschaft die Funktionen einer Militärmission ausübte. Oskar von Niedermayer durfte als Vertrauter Seeckts an den vorbereitenden Gesprächen teilnehmen und konnte sogar Lenin, Trotzki und andere Granden der sowjetischen Nomenklatura persönlich kennenlernen. Sieben Jahre verbrachte er in Moskau, zunächst als Stellvertretender Leiter, dann als Leiter der Sonder-

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gruppe. Zwar galt er als »abenteuerlicher Charakter«, der »sich bei jeder Gelegenheit in persönlichem Ehrgeiz« vordränge. Mit dem Botschafter Ulrich von Brockdorff-Rantzau verband ihn deshalb eine herzliche Feindschaft.81 Doch auch nach von Seeckts Rücktritt und nachdem bekannt geworden war, was sich in Russland abspielte, blieb er im Amt. Es war wie damals in Afghanistan: Schwierigkeiten gab es viele und das tägliche Leben war »alles andere als bequem, […] vielfach geradezu abstoßend«; und trotzdem war Niedermayer vom Treiben der Bolschewiki fasziniert. Er glaubte, »kommende Führernaturen« zu sehen, und für das russische Volk, seine »Leidensfähigkeit und Lebensstärke« empfand er größten Respekt und tiefe Sympathie. Erst als sich die politischen Gemeinsamkeiten erschöpft hatten, verließ er die »Zen­ trale Moskau«, um sich in Berlin neu zu orientieren.82 Niedermayer beschloss, eine akademische Laufbahn einzuschlagen. Ein General hatte ihm den Vorschlag gemacht und seine Verbindungen zu Politik und Reichswehr ermöglichten ihm eine rasante Karriere. In kürzester Zeit durfte er sich an der Friedrich-Wilhelms-Universität habilitieren. Seine Habilitationsschrift wurde als Aufsatz von gerade einmal 29 Druckseiten publiziert. Auch sein sonstiges Œuvre war überschaubar und basierte auf seinen persönlichen Erfahrungen: Die Dissertation befasste sich mit dem Iran, die Habilitationsschrift mit der Sowjetunion. Dazwischen lagen ein Bild- und Kartenband über Afghanistan sowie ein abenteuerlicher Reisebericht. Viel mehr war bis dahin nicht erschienen. Als sein Forschungsgebiet gab er »Wehrwissenschaften« an.83 Dieses Fach gab es vor dem Ersten Weltkrieg noch nicht, drängte aber massiv in die Universitäten und erhielt durch die nationalsozialistische »Machtergreifung« weiteren, kräftigen Auftrieb.84 Es avancierte zur Leitwissenschaft eines militarisierten Denkens. Leo Just, wissenschaftlich ganz traditionell eingestellt, klagte einmal, dass er »weder von Rassenkunde, noch von Vorgeschichte, noch von Wehrwissenschaft etwas verstehe«. Damit sei im »Universitätsbetrieb von heute« nichts mehr zu erreichen.85 Der Begriff »Wehrwissenschaften« wurde durch Bibliothekare erfunden, lag aber seinerzeit in der Luft. Er spiegelt die Bellifizierung der deutschen Gesellschaft ab dem Ersten Weltkrieg. Die wissenschaftliche Analyse sollte diesen Prozess systematisieren und an ihm teilnehmen. Wissenschaft wurde als Ressource entdeckt, die zur Wehrhaftmachung der Nation beitragen konnte. Militärische Abrüstung und mentale Aufrüstung bedingten einander. Die einschränkenden Bestimmungen des Versailler Vertrags, die heimlichen

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204 Carl Erdmanns Feinde Aktivitäten der Reichswehr und das Aufkommen der Wehrwissenschaften sind im gleichen Kontext zu sehen. Zwar entstand keine fest umrissene akademische Disziplin, sondern eine Vielzahl von Initiativen machte sich auf den unterschiedlichsten Ebenen bemerkbar. Insofern war der Plural berechtigt. Doch sie alle hatten ein gemeinsames Ziel: »Universitäten und Hochschulen auf Fragen des Krieges hin auszurichten«.86 Die Bedeutung, die den Wehrwissenschaften dadurch zuwuchs, ließ sich aber nicht leicht mit dem traditionellen Selbstverständnis der Universitäten vereinbaren, am allerwenigsten mit dem der geisteswissenschaftlichen Fächer. Noch im Frühjahr 1933 wusste die Philosophische Fakultät der Friedrich-Wilhelms-Universität nicht, was Wehrwissenschaften eigentlich sein sollten. Man musste sich kundig machen, um ein Habilitationsgesuch beurteilen zu können.87 Erst Oskar von Niedermayer etablierte das Fachgebiet für die nächsten zwölf Jahre in der Universität. Sein Assistent Gerhard Oest­ reich (in der jungen Bundesrepublik ein bedeutender Frühneuzeithistoriker) definierte einmal, was er (und sicher auch sein Vorgesetzter) unter Wehrwissenschaften verstand: Wie alle Wissenschaften seien sie der Allgemeinheit verpflichtet und hätten »der politischen und militärischen Führung von Volk und Staat zu dienen«. Insoweit müsse man sie als »politische Wissenschaften« bezeichnen. Es gehe ihnen auch nicht einfach um den Krieg, sondern um einen »umfassenderen politischen Geist«, um »Wehrpolitik, die den Krieg miteinschließt«. Und genauso umfassend müssten ihre Gegenstände definiert werden: 1. »die Gesamterscheinung des Krieges«; 2. »die Gesamtheit der Dinge, Erscheinungen und Verhältnisse, die der Krieg berührt«; 3. »Raum und Zeit in ihrer Beziehung auf Krieg, Kriegführung und Vorbereitung des Krieges«. Da das alles nicht aus einem einzigen Blickwinkel betrachtet werden könne, teile sich die wehrwissenschaftliche Forschung in mehrere Subdisziplinen auf: Wehrgeschichte – Wehrgeographie – Wehrrecht – Wehrwirtschaftslehre – Wehrphilosophie – theoretische Wehrpolitik. Sie bildeten eine »Wissenschaftsgruppe […], die durch Stoff und Methode unter sich in einem untrennbaren und stärkeren Zusammenhang als zu den alten Fachdisziplinen der Geschichte, der Geographie usw.« stehe. Dieses aber sei etwas vollständig Neues.88 Oestreich befasste sich mit »Wehrgeschichte«, Niedermayer mit »Wehrgeographie« und »Wehrpolitik«. Geopolitik war und blieb sein bevorzugtes Thema. Durch Publikationen in der »Zeitschrift für Geopolitik« und anderen

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einschlägigen Organen holte er gewissermaßen seine fehlende wissenschaftliche Profilierung nach. Der Doyen der geopolitischen Forschung, Karl Haushofer in München, wurde sein väterlicher Freund. Schon 1935 wurde Niedermayer auf ministeriellen Druck hin zum Ordinarius berufen. Es handelte sich um eine Hausberufung, die die Fakultät von sich aus nicht eingeleitet hätte. Großzügig sah sie über die mangelnde Qualifikation des Kandidaten hinweg.89 Schon drei Jahre später besaß er sein eigenes Institut mit 40 Räumen und einem Stab von Mitarbeitern. Ein weiteres (für Heimatforschung) kam hinzu. Hier wie dort wurde multiperspektivisch, multidisziplinär, arbeitsteilig und manifest anwendungsorientiert geforscht. So entstanden zum Beispiel drei wehrgeographische Atlanten (über Frankreich 1939, Großbritannien 1940 und die Sowjetunion 1941) im Auftrag der Wehrmacht, in drei Angriffskriegen von unmittelbarem Nutzen. Man ist versucht, den Institutsbetrieb als modern zu bezeichnen.90 Niedermayer war in Berlin nie unumstritten. Seine unverhohlene Hochachtung vor den Errungenschaften der Sowjetunion rief die Kritiker auf den Plan. Aber seine Stellung war nicht so leicht zu erschüttern. Im November 1933 war er in die Partei eingetreten. Das SA-Sportabzeichen erwarb der allzeit sportive Offizier nebenher.91 Über Haushofer hatte er Verbindung zu Rudolf Heß und damit in die oberste Etage der nationalsozialistischen Elite. Ohne das Wohlwollen und die Unterstützung der politischen und militärischen Führung hätte er nicht in so kurzer Zeit solche Erfolge feiern können. Bei seiner seltsamen Berliner »Berufung« hieß es, er werde »an der Universität mit einem Riesenschwung […] im großen Dienst der NSDAP« durchgreifen.92 Damit war seine politische Zuverlässigkeit konstatiert. Mit dem Fall Erdmann befasste er sich in genau dieser Zeit. Er repräsentierte das Regime und ließ sich bei wachsender kritischer Distanz auf mancherlei – sachliche wie verbale – Kompromisse und Anpassungsleistungen ein. Das Ende war schrecklich. Als deutsche Truppen die Sowjetunion überfielen und schließlich vor Moskau stecken blieben, zog Niedermayer erneut in den Krieg. Bald zum Generalmajor befördert, befehligte er eine Infanteriedivision, die sich überwiegend aus turkestanischen und kaukasischen Freiwilligen zusammensetzte. Damit hatte der Aufsteiger aus Bayern – nach dem persönlichen Adel und dem Ordinariat an der ersten deutschen Universität – ein weiteres bürgerliches Karriereziel erreicht.93 Ernst Jünger dagegen meinte, auf Niedermayer habe sich »das östliche Lebensgesetz« stark ausgewirkt,

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206 Carl Erdmanns Feinde »seine Ideen, seine Taten und selbst sein Äußeres färbend«. Er verglich ihn mit dem (mit Carl Erdmann um zwei Ecken verwandten) »blutigen Baron« Roman von Ungern-Sternberg, der in den Wirren nach der Oktoberrevolution als »wiedergeborener Kriegsgott« ein irrwitziges Regime in der Mongolei aufgerichtet hatte.94 Kurz vor Kriegsende wurde Niedermayer wegen »wehrkraftzersetzender« Äußerungen verhaftet und verbrachte einige Monate im Gefängnis. Einem Prozess vor dem Volksgerichtshof entging er nur knapp. Als alles vorbei war, stellte er sich der Roten Armee und glaubte, sich auf alte Verbindungen verlassen zu können. Doch er wurde sofort verhaftet und in Moskau vor Gericht gestellt. Sein Lebensweg endete im Gulag. Ein letztes Foto zeigt einen gebrochenen Mann.95

Wenzeslaus von Gleispach, Strafrechtler Wenzeslaus von Gleispach (1876–1944) stammte aus einer vornehmen österreichischen Familie, die sich aus der landesherrlichen Ministerialität zum gräflichen Adel hochgedient und über mehrere Jahrhunderte hinweg in der Geschichte der Steiermark und des österreichischen Gesamtstaats eine bedeutende Rolle gespielt hatte. Sein Vater war Justizminister in Wien, dessen Cousin Landeshauptmann in Graz. Im persönlichen Umgang scheint er »tolerant und diskret« gewesen zu sein. Gute Manieren durfte man von einem österreichischen Aristokraten sogar dort noch erwarten, wo man sie am wenigsten brauchte: im Dozentenlager in Kiel-Kitzeberg, dessen Leitung er gelegentlich übernahm.96 Auf Fotografien und sogar auf Karikaturen machte der hochgewachsene, schlanke Mann immer eine gute Figur. An seiner »repräsentative[n], vornehme[n] Persönlichkeit« gab es nie einen Zweifel.97 Gleispachs akademische Karriere führte steil nach oben und schließlich dorthin, wo sich jeder österreichische Gelehrte am Ziel seiner Wünsche fühlen durfte: auf eine Lehrkanzel an der Wiener Universität. 1915 wurde er zum ordentlichen Professor für Strafrecht und Strafprozessrecht ernannt. Er gründete ein großes Universitätsinstitut, wurde Dekan, Senator und schließlich auch Rektor. Politisch orientierte er sich nach rechts, zum großdeutschen Lager. Entschieden trat er für den Anschluss Deutsch-Österreichs an das Deutsche Reich ein. Gleichzeitig profilierte er sich als offener, lautstarker Antisemit, in Wien vor und nach dem Weltkrieg kein seltener Fall. »Juden-

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hass« und »Radauantisemitismus« warf ihm die sozialdemokratische Presse vor.98 Als Rektor verantwortete er eine Studentenordnung, die zwischen Studenten »gleicher« und »gemischter Abstammung« unterschied und jüdischen Studierenden den Zugang zur Universität erschweren sollte. Darüber wurde in der Öffentlichkeit heftig gestritten, bis schließlich das Verfassungsgericht Gleispachs Studentenordnung als nicht verfassungskonform aufhob. Die völkische Deutsche Studentenschaft ehrte ihn mit einem Fackelzug.99 Gleispach wurde nie Mitglied der NSDAP; aber er beanspruchte, schon als Wiener Professor und Rektor im gesamtdeutschen, nationalsozialistischen Sinn tätig gewesen zu sein.100 Doch nicht über seinen Antisemitismus kam er in Wien zu Fall, sondern wegen seiner Obstruktion gegen die austrofaschistische Dollfuß-Regierung, die im März 1933 die republikanische Verfassung praktisch außer Kraft gesetzt

Wenzeslaus von Gleispach (1876–1944) in der Karikatur.

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208 Carl Erdmanns Feinde und im Juni die NSDAP in Österreich verboten hatte. Als sich Gleispach zusammen mit anderen Wiener Professoren in einer deutschen Zeitschrift äußerst kritisch über die neue Regierung äußerte und sogar die Legitimität des Diensteids in Zweifel zog, wurde er umgehend und ohne Disziplinarverfahren in den vorzeitigen Ruhestand versetzt. Er habe die Freiheit der Wissenschaft zu unzulässiger Agitation missbraucht, hieß es zur Begründung.101 Die rechtlichen Grundlagen dafür waren erst kurz vorher geschaffen worden. Eine Beschwerde erledigte sich, weil sich dem Beschwerdeführer eine attraktive Alternative eröffnet hatte. In Berlin nämlich, wo jetzt die Nationalsozialisten regierten, wurde Gleis­ pach mit offenen Armen aufgenommen, zunächst als Honorarprofessor mit Ordinariengehalt, dann als ordentlicher Professor. Die Verhandlungen führte das Preußische Kultusministerium, die NSDAP mischte sich ein, die Fakultät konnte nur noch zustimmen. Ihr Vorschlagsrecht spielte keine Rolle. Nur Carl Schmitt machte fachliche Einwände geltend, um gleichzeitig die politische Eignung (also die nationalsozialistische Gesinnung) hervorzuheben.102 Gleis­ pach ersetzte James Goldschmidt, der ihm vor Jahren einmal ein Ehrendoktorat verschafft hatte, nun aber als »Nichtarier« aus dem Amt entfernt worden war.103 Umgehend übernahm er wichtige Ämter in der Universität und ließ sich ganz nebenbei von seiner jüdischen Frau scheiden. Fast wäre er sogar Rektor geworden.104 Seine Berufung trug zur Nazifizierung der Universität bei und er selbst sorgte dafür, dass weitere Gelehrte jüdischer Abstammung entlassen wurden.105 Die Entfernung politisch missliebiger Lehrkräfte, Carl Erdmanns zum Beispiel, war für ihn offenbar weniger von Belang. Auch in fachlicher Hinsicht erfüllte Gleispach die Erwartungen, die man in ihn – als »einen der ersten der Gesinnung und Haltung nach nationalsozialistischen Professoren« – gesetzt hatte.106 Schon vor der »Machtergreifung« und vor seiner Entlassung in Wien nahm er in rechtlichen Fragen einen dezidiert nationalsozialistischen Standpunkt ein. Immer war ihm an einer rechtlichen Angleichung Deutschlands und Österreichs gelegen; aber mit den Bemühungen um eine Humanisierung des Strafrechts, die vor allem sein Heidelberger Kollege, der frühere Reichsjustizminister Gustav Radbruch, vorantrieb, konnte er nie etwas anfangen. Radbruch betrachtete ihn immer als Antipoden, den er privat und öffentlich kritisierte.107 Auf einer Frankfurter Tagung im Herbst 1932 kam es zu einem denkwürdigen Schlagabtausch der Reformbefürworter mit ihren Gegnern. Gleis­

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pach tat sich hervor, indem er einen Gesetzentwurf der NSDAP unterstützte, Recht und Rasse miteinander verknüpfte und vom Strafrecht verlangte, es habe der »Förderung und Hochzüchtung der deutschen Volksgemeinschaft« zu dienen.108 Damit hatte er sich für die unmittelbare Zukunft empfohlen. Nach seiner Übersiedlung von Wien nach Berlin wurde er sofort in eine Kommission berufen, die nun ihrerseits eine Strafrechtsreform im nationalsozialistischen Verständnis vorbereiten sollte. Dort sowie in einer Großen Strafprozesskommission arbeitete er eng mit Roland Freisler zusammen, dem späteren Präsidenten des Volksgerichtshofs und »Blutrichter« im untergehenden »Dritten Reich«. Gemeinsam schufen sie Grundlagen und Ausdrucksformen des nationalsozialistischen Unrechtsstaats. In Berichten der Strafrechtskommission stellten sie »das kommende deutsche Strafrecht« vor.109 In einem als »Gemeinschaftsarbeit« titulierten Sammelband wurde das Amt des Volksrichters als Ausdruck der »unmittelbaren germanischen Demokratie«, als »Beteiligung des Volkes selbst an seiner Rechtspflege«, definiert.110 In einem Zeitschriftenartikel führte Gleispach das Delikt des »Rasseverrats« in die Strafjustiz ein,111 den »inneren Abfall von der deutschen Volksgemeinschaft« erklärte er zum Verbrechen112 und mit seinem dreibändigen Kommentar zum Kriegsstrafrecht (1940/41) lieferte er der deutschen Kriegführung – rechtzeitig zum Krieg im Osten – ein juristisches Fundament. Am fünften Jahrestag der »nationalen Erhebung«, also zu ganz besonderem Anlass, führte Gleispach feierlich aus, was er unter »nationalsozialistischem Recht« verstand: Es sei »die vom Führer erschaute Ordnung, in der das deutsche Volk glücklich lebt, seit der Führer es erweckt und geeint hat«.113 Mit seiner Eloge auf Adolf Hitler stand der Festredner unter den juristischen Professoren nicht allein. Andere beteiligten sich auf ähnliche Weise. »Unter dem Beistand einer beflissenen Jurisprudenz«114 wurde Recht in Unrecht verkehrt. Carl Schmitt war wohl der gescheiteste von allen, Graf Gleispach vielleicht der aktivste. Gustav Radbruch dagegen wurde schon im Mai 1933 als einer der ersten deutschen Professoren aus politischen Gründen seines Amtes enthoben und durfte erst 1945 an die Universität zurückkehren. Wie Hitler kehrte auch Gleispach triumphal nach Österreich zurück. 1941 wurde er – zusammen mit fünf weiteren »Märtyrern« – für sein »mannhaftes Einstehen für die nationalsozialistische Idee« von der Wiener Universität mit der Würde eines Ehrensenators ausgezeichnet.115 Seine Mitgliedschaft in der Akademie der Wissenschaften war ohnehin nie erloschen. Als das Leben in

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210 Carl Erdmanns Feinde Berlin durch die Luftangriffe der Alliierten immer unangenehmer wurde, zog er nach Wien um. Wenige Tage bevor auch dort die ersten Bomben fielen, verstarb der Graf von Gleispach, laut Todesanzeige »vom fanatischen Glauben an seinen Führer erfüllt«.116

Werner Reese, Hoffnungsträger Am 20. Juli 1941, einem Sonntagnachmittag, starb ein deutscher Kriegsverwaltungsrat bei Knokke im besetzten Belgien.117 Daran ist dreierlei bemerkenswert: − D  er Tod holte sich sein Opfer nicht auf dem Schlachtfeld, sondern beim Schwimmen im Meer, als es sich von den Strapazen des Dienstes erholte und einem Herzschlag erlag. Nehmen wir an, es war ein strahlender Tag. − Der Tote war nicht einmal 32 Jahre alt geworden, hinterließ Ehefrau und zwei Kinder, von denen eines den Vater noch nicht kannte. − Im zivilen Leben hatte er den Beruf eines Historikers ausgeübt. Mehrere Nachrufe wurden auf ihn geschrieben, was in so jungen Jahren noch seltener vorkommt als ein so plötzlicher Tod.118 Werner Reese (1909–1941) muss wenn nicht schon ein bedeutender, so doch ein hoffnungsvoller Wissenschaftler gewesen sein. Reese kam mit dem Neuzeithistoriker Arnold Oskar Meyer an die Friedrich-Wilhelms-Universität in Berlin und blieb dort bis zur Habilitation. Noch während des Verfahrens zog er in den Krieg. Die Wissenschaft wurde ihm – so schrieb er nach Hause – »ein fernes Eiland«, die Rückkehr zu ihr nur ein »Wunschbild«.119 Die Nachrufe rühmen seine immense Arbeitskraft, seine Verwurzelung im »Grenzlanddeutschtum« (er stammte aus Kiel, seine Vorfahren sollen aus Westfriesland gekommen sein) sowie seinen unermüdlichen Einsatz für die »Bewegung«. Er sei ein »glühender Nationalsozialist« gewesen.120 Neben seinen dienstlichen Verpflichtungen gründete er eine studentische Arbeitsgemeinschaft, die sich mit der Geschichte des »Deutschtums« im Osten befasste und beim »Reichsberufswettkampf der deutschen Studenten« in der Sparte »Kampf um die Weltanschauung« mit einer »Mannschafts-

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arbeit« über »Gesamtdeutsches Denken in Österreich« preisgekrönt wurde. Als das Buch pünktlich zum »Anschluss« erschien, konnte es mit allem aufwarten, was eine nationalsozialistische Publikation ausmachte: mit einem passenden Reihentitel (»Junge Wissenschaft«), einem Geleitwort des Reichsstudentenführers, einem Motto aus einer Führerrede, einem Vorwort, das die Größe der Zeit, und einem Schlusswort, das die Bedeutung des Augenblicks pries.121 Es illustriert, was A. O. Meyer im Nachhinein seinem prominenten Schüler attestierte: Reese habe seine historischen Studien nie zum Selbstzweck antiquarischer Betrachtung betrieben, sondern immer als »Dienst an der neuen Zeit« verstanden.122 Dazu gehörte offenbar auch, dass er regelmäßig Gutachten über andere Lehrkräfte verfasste und damit über deren weiteren Lebensweg entschied. So sorgte er dafür, dass Heinrich Sproembergs »Geschichte der Niederlande und Belgiens« nicht gedruckt werden konnte. Denn über deren Beurteilung waren sie völlig und grundsätzlich uneins.123 Seinen nur ein Jahr jüngeren potenziellen Konkurrenten Fritz Fischer erklärte er für politisch unzuverlässig. Nationalsozialistische Wissenschaft sei von ihm nicht zu erwarten. Vielmehr versuche er, zwischen den älteren Professoren und seiner eigenen Gesinnung

Werner Reese (1909–1941).

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212 Carl Erdmanns Feinde zu lavieren. Er habe deshalb als Historiker keine Zukunft, die Gewährung eines Stipendiums komme nicht infrage.124 Wie Carl Erdmann musste sich Fischer nach einer anderen Finanzierung umsehen, besaß aber – anders als Erdmann – genügend Geschick, um an der Universität zu bleiben und wenige Jahre später auf eine Professur berufen zu werden (von seiner weiteren Karriere als einer der bekanntesten Historiker in der jungen Bundesrepublik ganz zu schweigen). Nicht einmal vor seinen dienstlichen Vorgesetzten machte der junge Mann in seinen Gutachten für die Dozentenschaft halt. An dem 54-jährigen Fritz Hartung erkannte er »Leistung und Grenzen«: Einerseits sei er von »unbestechliche[r] Ehrenhaftigkeit« und habe sich nicht gescheut, »manchmal Nationalsozialisten helfend zur Seite zu treten«; andererseits habe er »kein Hehl daraus gemacht, dass er als Angehöriger seiner Generation im Innersten niemals den Nationalsozialismus ganz in sich auf[zu]nehmen vermöge«. Und seinen eigenen Doktorvater A. O. Meyer beschrieb Reese ebenso gönnerhaft wie ambivalent: Seine Sachlichkeit habe ihn »vor einem Abgleiten in die geisteswissenschaftlichen Spielereien der Nachfolger Friedrich Meineckes« bewahrt und auch »für die Aufgaben des geistigen Volkstumskampfes« habe er »Wesentliches« geleistet. Dann aber habe er sich »von einer vorbehaltlosen Anerkennung der Bewegung« zunehmend entfernt und sei mit seinem »stark professorale[n] Gehabe« gelegentlich »in die Rolle eines politischen Besserwissers« geraten. Für »irgendwelche politische Aufgaben« komme er schwerlich infrage; doch es sei auch nicht zu befürchten, dass Meyer »irgendwie aktiv gegen die Forderungen der Bewegung oder des Staates Stellung nehmen wird«.125 Möglicherweise stammt auch ein weiteres Gutachten über den längst emeritierten Otto Hintze von Reese. Es gipfelt in dem Vorwurf, Hintze sei »ganz in das Fahrwasser Friedrich Meinekes« [sic!] geraten und habe »durch seine Heirat mit einer erheblich jüngeren Volljüdin […] seine Instinktlosigkeit zur Genüge unter Beweis gestellt«.126 Mit seinen Urteilen grenzte Reese sich scharf von den älteren Vertretern der Berliner Geschichtswissenschaft ab und bemaß deren Nachfolger an ihrem Verhältnis zum Nationalsozialismus. Er selbst galt als charakterlich »einwandfrei«, von »gerade[r] Gesinnung« und »weltanschaulich […] auf dem Boden des Nationalsozialismus« stehend. Der Dozentenbund unterstützte seine Ernennung zum Oberassistenten schon nach wenigen Monaten und sein Betreuer förderte den Habilitanden, indem er nicht nur dessen fachliche Qualitäten, sondern auch seine politische Ge-

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sinnung hervorhob: »unmittelbare Lebensnähe und Volksverbundenheit sind ihm innerliches Bedürfnis«.127 Damit war aber kein Zustand, sondern ein Anspruch umschrieben, ein Anspruch auf Tat und Gestaltung. Reese gehörte jener Generation an, die als »Kriegsjugendgeneration« bezeichnet wird: »zu jung, um noch eingezogen zu werden, und zu alt, um den Krieg nur als eine ferne Kindheitszeit zu erinnern«.128 Der Weltkrieg hatte die Jahrgänge 1900– 1912 zur »Erfahrungsbewältigungsgemeinschaft« zusammengefasst, die schwierige Nachkriegszeit eine weitere Radikalisierung bewirkt. Die Jungen glaubten sich vor die Aufgabe gestellt, die Vergangenheit hinter sich zu lassen und den Blick entschlossen selbst dann in die Zukunft zu richten, wenn Vergangenes, also Geschichte, reflektiert wurde. Das war gemeint, wenn es hieß, Reeses historische Arbeiten seien dazu bestimmt gewesen, der »neuen Zeit« zu dienen. Sie sollten auf die Fragen der Gegenwart Antworten geben und im nationalsozialistischen Sinn zur Gestaltung der Zukunft beitragen. Das gilt vor allem für sein prominentestes Werk, die Habilitationsschrift über »die Niederlande und das Deutsche Reich«. Nur der erste Teil wurde gedruckt. Ein zweiter sollte nach Kriegsende erscheinen, ein dritter dann folgen und bis zur Gegenwart reichen.129 Doch der Plan ging nicht auf. Obwohl also die Entwicklung nur bis ins frühe 14. Jahrhundert verfolgt wurde, kann man den Verfasser nicht als Mediävisten bezeichnen. Er hatte Größeres vor. Angeblich beschäftigte ihn seit Langem die Frage, die sich ihm seit einem Besuch in den Niederlanden stellte: »Wie ist es gekommen, daß aus einem deutschen Stamm ein selbständiges Volk, aus einem deutschen Territorium ein europäischer Staat geworden ist?«130 Auf Hunderten von Seiten ging er ihr nach und fasste dafür den gesamten Raum zwischen der belgisch-niederländischen Küste und dem Teutoburger Wald ins Auge. Reese sprach von den »Nieder­ rheinlanden« und wollte zeigen, dass die Verbindungen zwischen dem Deutschen Reich und den Niederlanden viel länger hielten, als man gemeinhin meinte. Als Kontrahenten betrachtete er die niederländische Geschichtsforschung, die die frühe Eigenständigkeit für selbstverständlich nahm, und vor allem Henri Pirenne, der in seiner siebenbändigen Geschichte Belgiens die Entwicklung einer belgischen Identität (»l’âme belge«) weit vor der Entstehung des belgischen Staates nachgezeichnet hatte. Reese dagegen bestand darauf, dass Flamen, Holländer und Niederdeutsche ihrem Wesen nach zusammengehörten und sich dessen auch bewusst waren. »Noch lebte in vielem das Reich, weithin zur Form erstarrt, aufgesogen und

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214 Carl Erdmanns Feinde ergriffen durch den Eigenwillen der Landschaft und des Territoriums, noch immer aber die einzige umfassendere politische Lebensform, in der gemeinsam aller Schicksal gestaltet werden konnte.« Dynastischer Eigennutz und »völkisches Wollen« seien in einen »klaffenden Gegensatz« zueinander geraten. Als jener sich durchsetzte und »eine Fülle […] territorial-dynastischer Widerwärtigkeiten« den Kampf entschied, sei »reichische Vergangenheit« zur nur noch »ferne[n] Wirklichkeit« geworden.131 Das Buch ist in einer hochambitionierten, oft emphatischen, manchmal suggestiven Sprache geschrieben, die mit den damals angesagten, bald schon völlig diskreditierten Begriffen nur so um sich wirft: Deutschtum, Volkstum, rassische Grundlagen, gärende Zersetzung, schaffende Tat, Kraft, Front, Kampf, Ringen, deutsche Tragik, deutsches Schicksal usw. usf. Auch dadurch erweist es sich als Paradebeispiel einer völkischen Geschichtsschreibung. Es erschien in einer Buchreihe des Deutschen Auslandswissenschaftlichen Instituts in Berlin, dem aufgegeben war, ein »deutsches Weltbild« zu formen und von der Wissenschaft eine Brücke zur Politik zu schlagen.132 Direktor des In­ stituts und Herausgeber der Buchreihe war der ebenfalls 1909 geborene, geradezu den Prototyp des jungen und erfolgreichen nationalsozialistischen Wissenschaftlers verkörpernde Franz Alfred Six, »Gegnerforscher« an der Friedrich-Wilhelms-Universität und Amtschef im Reichssicherheitshauptamt der SS.133 Ein Jahr nach Reeses Tod wurde sein Werk von der längst gleichgeschalteten Deutschen Akademie (der Vorläuferin des Goethe-Instituts) mit dem »Jahrespreis für wissenschaftliche Förderung zwischenvölkischer Geistesbeziehungen« ausgezeichnet. Dadurch wurde der Name des Verfassers, durch Rezensionen der (ungefähre) Inhalt seines Buchs weithin bekannt. Merkwürdigerweise waren daran nur wenige wissenschaftliche Zeitschriften, sondern vor allem Tageszeitungen, populäre Zeitschriften und allgemeinbildende Magazine beteiligt. Die Aufnahme war euphorisch, insbesondere in der breiteren medialen Öffentlichkeit, weniger in der historischen Zunft, noch weniger in Belgien und den Niederlanden, wo man nicht einsehen wollte, dass jede Kontaktaufnahme gleich eine tiefgreifende kulturelle Beziehung ausdrückte. So gesehen, handelte es sich von Anfang an eher um ein politisches als um ein wissenschaftliches Werk.134 Der Verfasser hätte da auch nicht widersprochen. Der Bezug seines Gegenstands zur Gegenwart stand ihm immer vor Augen. Geschichtsschreibung

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nannte er eine »wesentlich politische Wissenschaft«.135 Als er dann die Möglichkeit erhielt, seine Kenntnisse und Vorstellungen in die Verwaltung des besetzten Belgiens einzubringen, gab er sich auch dieser Aufgabe vollständig hin. Einen »wesentliche[n] Teil« der Fragen, die er in seinem Buch berührt hatte, sah er nun »praktisch« in seiner Hand. Völkische Theorie und militärische Praxis miteinander zu verknüpfen, das mache ihn glücklich.136 Eng arbeitete er dabei mit dem Kölner Privatdozenten Franz Petri zusammen, der sich früher als Reese mit siedlungsgeschichtlichen Studien zum nordfranzösisch-belgischen Raum und zur Frage der romanisch-germanischen Sprachgrenze profiliert hatte. Beider Werke standen im Zentrum einer sich entfaltenden »Westforschung«, die wie gleichzeitig die »Ostforschung« die Reichweite der deutschen Geschichte und damit den Spielraum der künftigen deutschen Politik ausloten sollte.137 Reese und Petri leiteten die Gruppen »volk« und »kult« beim Militärbefehlshaber in Brüssel, bereisten gemeinsam das Land und schrieben gemeinsam Stellungnahmen und Berichte, die das Verhalten der zivilen und militärischen Stellen regeln und steuern sollten. So eng war ihre »kameradschaftliche« Zusammenarbeit, dass das Duo den Spitznamen »Peese« (Petri + Reese) erhielt.138 Petri erklärte später einmal, er, der Ältere, sei unter den Einfluss des deutlich Jüngeren geraten.139 Aber vielleicht handelte es sich um eine Schutzbehauptung, um den nach dem Krieg gegen ihn erhobenen Vorwürfen auszuweichen. Der Tote konnte sich schließlich nicht wehren. Sicher ist, dass beide die gleichen Vorstellungen vom kultur- und »volkspolitischen« Vorgehen der Besatzungsmacht hatten. Zu ihrem Aufgabenbereich gehörten die Angelegenheiten des schulischen Unterrichts, die ­Aufsicht über Hochschulen, Volkshochschulen und Bibliotheken, Sprachgesetzgebung und die Nationalitätenfrage. Sie stellten Wissenschaftsbe­ ziehungen zwischen Deutschland und Belgien her, bereiteten die Gründung eines Deutschen Wissenschaftlichen Instituts in Brüssel vor und beteiligten sich an der Organisation von Fest- und Gedenkveranstaltungen, Ausstellungen und Tagungen. In Personal- und Berufungsfragen mischten sie sich massiv ein. Gemeinsam bemühten sie sich, durch entschiedene, aber umsichtige und immer »korrekte« Maßnahmen die deutsche Sprache zu fördern, dem flämischen Bevölkerungsteil sein angeblich germanisches Erbe in Erinnerung zu rufen, ihn »vom Schutt seiner romanischen Überfremdung zu befreien«140 und dadurch auf die deutsche Seite zu ziehen. Ein »Wieder-

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216 Carl Erdmanns Feinde hineinwachsen Belgiens in den germanisch-niederdeutschen Lebensraum« zu ermöglichen, war ihr unausgesprochenes Ziel, »Verantwortung vor der germanisch-deutschen Zukunft und vor der Wissenschaft in gleicher Weise« ihre erklärte Maxime.141 Dass sie es damit ernst meinten und an die Vereinbarkeit von völkischer Politik und seriöser Wissenschaft glaubten, muss man ihnen wohl abnehmen. Im Grunde wurde damit wiederholt, was schon im Ersten Weltkrieg versucht worden war. Wieder wurde der Kontakt zu flämischen Kollaborateuren gesucht und die »Verflamung« der Universität Gent betrieben. Ein Festakt sollte nach genau 25 Jahren daran erinnern.142 Pirennes »belgische Idee« stand nach wie vor im Raum, sodass Petri glaubte, sich »wissenschaftlich« mit ihr auseinandersetzen zu müssen.143 Gedenktafeln, die an die Gräueltaten deutscher Soldaten in Löwen und Dinant erinnerten, wurden als deutschfeindlich abmontiert. Der Ausschluss deutscher Mitglieder aus der Belgischen Akademie der Wissenschaften sollte rückgängig gemacht, die 1918 aus Belgien vertriebenen flämischen »Aktivisten« rehabilitiert werden – das sei »für Deutsche […] eine Frage der Ehre«. Einer von ihnen, der Dichter und Publizist Raf Verhulst, wurde mit einem Preis für sein Lebenswerk ausgezeichnet.144 Das alles knüpfte unmittelbar an die Geschehnisse im Ersten Weltkrieg an. Man war sich einig, dass »auch 1940 wieder Vlamenpolitik not tut«.145 Allerdings hielt man sich etwas zugute darauf, die Dinge dieses Mal konsequenter, systematischer, »völkischer« anzugehen und jene Fehler zu vermeiden, die damals gemacht worden seien.146 Ob die Betroffenen, also die belgische Bevölkerung, einen Unterschied sahen, steht auf einem anderen Blatt. Werner Reese schrieb einmal an seinen Doktorvater aus dem Feld: »Deutschland ist hart und bedingungslos, aber seine Soldaten haben Haltung«, und darauf sei er stolz.147 Damit brachte er sein Selbstverständnis auf den Punkt. Man darf ihn zu den typischen Vertretern jener Unbedingtheit (re­ spektive Rücksichtslosigkeit) zählen, die sich aus den Erfahrungen der »Kriegsjugendgeneration« ergab und deren typisches Verhalten kennzeichnete.148 Er bekannte sich freudig zur nationalsozialistischen Ideologie und war willens, sie in seinem Amtsbereich in der Militärverwaltung zur Anwendung zu bringen. Ein kompromissloses Vorgehen gegen jüdische Professoren, jüdische Studenten, jüdische Autoren und das Jiddische als Unterrichtsfach gehörte unbedingt dazu.149 Das alles hatte in sachlichen Formen zu geschehen. Eine »korrekte« Besatzung wurde von ihm und Petri selbst dann

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angestrebt, wenn sie inhumane Züge annahm.150 Wir wissen nicht, wohin sein Weg gegangen wäre, wenn er länger gelebt hätte. Eine Berufung nach Hamburg stand im Raum.151 Zu Lebzeiten haben Reeses weltanschaulicher Eifer und die Konsequenz seines Handelns offenbar Eindruck gemacht. Banal freilich war die Art seines Todes: an einem Sonntagnachmittag beim Schwimmen im Meer. Die Witwe musste sogar mit versorgungsrechtlichen Nachteilen rechnen. Es kam darauf an, den Badeunfall als Folge dienstlicher Überanstrengung hinzustellen. Eine Auskunft des zuständigen Wehrmachtsfürsorgeoffiziers ergab, dass unter keinen Umständen ein eigenes Verschulden des Verunglückten eingeräumt werden dürfe.152 Ein ärztliches Attest stellte denn auch in schönstem Amtsdeutsch wunschgemäß fest, dass eine nicht auskurierte Angina durch dienstliche Belastung verschlimmert worden und letztlich für den »Todeserfolg« verantwortlich gewesen sei – »außerdienstliches Baden« liege nicht vor.153 Ebenso wurde in den Nachrufen das Herzversagen als Folge dienstlicher Überlastung hingestellt, Reese apodiktisch zum »Opfer des Krieges« erklärt. Eine Grabstätte auf dem »Heldenfriedhof« in Evere bei Brüssel stand ihm zu.154 Die Witwe ging in der Todesanzeige, die an geeigneter Stelle, nämlich im »Völkischen Beobachter«, erschien, auf die Umstände des Todes ihres »edle[n] Mann[es]« und »treue[n] Kamerad[en]« überhaupt nicht ein, sondern bestand auf einer pathetischen Deutung: »Sein Leben verzehrte sich im Frieden und im Kriege in hingebungsvoller Arbeit für sein Volkstum.«155 Noch gaben familiäre Traueranzeigen nationale Hochstimmung wieder.156 Reeses Andenken schien damit fürs Erste gesichert. Doch schon wenige Jahre später fielen er und sein Werk fast völligem Vergessen anheim.

Carl Erdmann dagegen Sieben Personen haben daran mitgewirkt, Carl Erdmann aus der Universität zu verdrängen. Es gibt einiges, was sie miteinander verbindet, anderes, was sie unterscheidet. Alle standen dem Nationalsozialismus sehr nahe. Doch nicht alle waren Mitglieder der NSDAP. Bieberbach trat erst 1938, Gleispach nie in sie ein. Nur zwei hatten sich ihr schon vor 1933 angeschlossen: Hoppe und Krüger. Das heißt jedoch nicht, dass die übrigen Parteigenossen »Märzgefallene« oder »Maiveilchen« gewesen wären. Der wohl entschiedenste Ver-

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218 Carl Erdmanns Feinde treter der »neuen Zeit«, der »glühende Nationalsozialist« Werner Reese, der gleichzeitig den generationellen Konflikt zwischen jungen Dozenten und arrivierten Professoren verkörperte,157 trat erst im November 1933 in die Partei ein. Karrierismus und Opportunismus (wörtlich: die Einfahrt in einen sicheren Hafen) waren gleichwohl allenthalben am Werk. Willy Hoppe nutzte die Gunst der Stunde, um endlich ein Ordinariat zu erlangen, Bieberbach, um sich als »Großinquisitor« aufspielen zu können. Krüger konnte die schwache Stellung seines Fachs kompensieren, Niedermayer ein ganz neues etablieren. Wiederum anders lagen die Verhältnisse bei Hermann Christern, der Erdmann den Lehrauftrag wegschnappte. Für ihn ging es um die berufliche und familiäre Existenz. Er nutzte die Situation, um überhaupt an der Universität bleiben zu können. Insofern hat Opportunismus viele Gesichter: Große Herren wollten noch größer werden; denn »ein rechter Kerl geht mit der Macht, zumal wenn sie wirkliche Macht ist«. Nur so konnte man »Preußischer Staatsrat« werden.158 Andere wollten nicht den Anschluss verlieren und weiterhin mitreden (»widerstandslose Mitrederei«, wie Thomas Mann das nannte159) und vielen blieb nichts anderes als Anpassung übrig, wollten sie nicht gänzlich auf Laufbahn und Karriere verzichten. Natürlich war immer auch Ehrgeiz im Spiel, nach Cicero das schlimmste aller Übel, für Thomas von Aquin eine Sünde, bei Max Weber bloße »Selbstberauschung«,160 aber gerade an den Universitäten ein stets präsenter, nie zu unterschätzender Faktor. Das alles wirft Licht auf die allgemeine Entwicklung, wie sie auch anderswo stattfand, aber in der Reichshauptstadt besonders hervortrat. In kürzester Zeit veränderte die Universität ihr Gesicht. Politisch missliebige und jüdische Wissenschaftler mussten sie verlassen. Nationalsozialistische oder anpassungswillige traten an deren Stelle. Parteigenossen nahmen die Schaltstellen der Macht ein. Neu geschaffene Organe wie Dozentenschaft und Dozentenbund erhielten erheblichen Anteil an ihr. Es kam darauf an, sich mit ihnen zu arrangieren. Gleichzeitig ließ man sich auf neue Grundsätze und Leitbilder verpflichten. Bekanntlich hatte der Nationalsozialismus mit bloßer Gelehrsamkeit nie etwas im Sinn. Das Geschimpfe auf die Büchermenschen, Brillenträger und bleichgesichtigen Stubenhocker war ubiquitär und hörte nicht auf. Man hielt sie für »geistreiche Schwächlinge«, unfähig, die ihnen von der Gegenwart gestellten Aufgaben zu erfüllen.161 Der »Führer« hätte auf die Intellektuellen sogar ganz verzichten können.162 Gefordert wurde eine Wissenschaft, die sich dem »wirklichen« Leben zuwandte, der Volksgemeinschaft

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diente und der Politik zur Verfügung stand. Der »Absprung zu politischem Handeln« wurde schon seit einiger Zeit von ihr verlangt. Jetzt erscholl der Ruf nach der »politischen Hochschule« immer lauter.163 Nicht mehr Forschung, sondern Erziehung, nicht mehr die geistreiche Debatte, sondern praktisches Handeln, »die Tat«, sollte von nun an im Vordergrund stehen. Der »Tatmensch mit Scheuklappen« war jetzt gefragt.164 Der Pädagoge und Philosoph Alfred Baeumler, der Universität vom Ministerium aufgenötigt und seitdem einflussreich, erklärte – Aristoteles mit dem Nationalsozialismus vermengend – der universitären wie der allgemeinen Öffentlichkeit, dass es darauf ankomme, den Menschen zum politischen Soldaten zu erziehen; denn seinem Wesen nach sei er »aktiv, arbeitend, gestaltend«, nicht aber »betrachtend, verstehend, kontemplierend«. Der »politische Mensch« sei daher immer ein »kämpfender Mensch«, der Theoretiker dagegen zu nichts zu gebrauchen, wenn nicht gar eine Fiktion.165 Natürlich waren die Naturwissenschaften und alles, was mit Technik zu tun hatte, im Vorteil, wenn es darum ging, praktische Effekte zu erzielen. Alle anderen aber mussten sich darum bemühen, ihre Nützlichkeit für politische, militärische und andere naheliegende Zwecke plausibel zu machen. »Dem Führer entgegen arbeiten« war also – wie überhaupt im nationalsozialistischen Staat – auch hier die Devise, Selbstmobilisierung das Ziel.166 Wenn sie ihnen gelang, durften auch Wissenschaftler mit Anerkennung und Förderung rechnen. Das ist der Grund, weshalb etwa Niedermayers wehrwissenschaftliches Institut so viel Aufmerksamkeit und Mittel erhielt. Wissenschaft hatte anwendungsorientiert und gegenwartsbezogen zu sein, je offenkundiger, desto besser. Man berief sich auf die »Forderung des Tages« und wähnte sich im Recht, wenn man Goethe zitierte. Die meisten nutzten die Situation zu ihrem Vorteil, machten willig bis unwillig mit oder duckten sich weg. Das gilt für Berlin und war an den anderen Universitäten nicht anders. Erich Caspar meinte einmal gegenüber Carl Erdmann, die gesamte Hochschullehrerschaft habe »ihren ›Männerstolz vor Königsthronen‹ zwecks besserer Aufbewahrung für die Zukunft beiseite gelegt«.167 Ein Jahr später nahm er sich das Leben. Gerade die von Ausgrenzung und Vertreibung Betroffenen waren im Recht, wenn sie der deutschen Intelligenz einen Mangel an Mut vorwarfen.168 Schillers Worte, mit denen Caspar mehr Zivilcourage verlangte, und das Beispiel der Göttinger Sieben stellten nur noch ferne Erinnerungen dar, die mit der Gegenwart nichts zu tun hat-

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220 Carl Erdmanns Feinde ten. Caspars Kollege Fritz Hartung hielt sämtliche Professoren für feige, tat aber ebenfalls nichts, »was den Verdacht der Märtyrerneigung begründen könnte«.169 Immerhin gab es ein paar Ausnahmen: einen jungen Pharmakologen, der den Ruf auf ein Ordinariat ablehnte, weil er die Ausschaltung der jüdischen Wissenschaftler als Unrecht empfand; einen anderen Pharmakologen, der sich gegenüber dem Minister gegen eine politisierte Universität und für die internationale Wissenschaft aussprach; einen Germanisten, der eine regierungskritische Denkschrift einreichte. Fritz Hartung wehrte sich gleichsam mit Händen und Füßen gegen unqualifizierte Pg.s wie Hoppe oder Six in Akademie und Fakultät. Eduard Spranger, prominent, Philosoph und Pädagoge, probte den Widerspruch, als er aus Protest um seine vorzeitige Emeritierung bat, wenig später aber wieder vom Rücktritt zurücktrat. Es gab Akte der demonstrativen Nichtanpassung und Akte der solidarischen Hilfeleistung für Schüler und Kollegen.170 Und es gab den Privatdozenten Carl Erdmann, der seine Lehrberechtigung verlor, da er als politisch untragbar galt. Der weite Umweg über die Intrigen seiner Feinde hat gezeigt, welcher Anpassungsbereitschaft und auch Skrupellosigkeit es bedurfte, um im »Dritten Reich« Karriere zu machen. Dadurch wurde deutlich, was dem Erfolglosen fehlte. Erdmanns Verhalten lässt sich besser würdigen, wenn man es mit dem seiner Widersacher vergleicht und zudem die lange Reihe der Opportunisten, Mitläufer und Leisetreter bedenkt. Er befand sich nie in der Gefahr, der Faszination Hitlers und dem schönen Schein der »neuen Zeit« zu erliegen. Da er mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg hielt, musste er mit ihr anecken. Zweifellos hätte er sich geschickter anstellen können. Manches Mal hätte er besser geschwiegen oder weniger deutliche Worte gebrauchen sollen. Leere Verbindlichkeit war nicht seine Art. Auch er legte eine gewisse Unbedingtheit an den Tag; doch meinte er es damit anders als Werner Reese. Zu Erdmanns Schwierigkeiten trug außerdem bei, dass sich die personelle Zusammensetzung der Berliner Universitätshistorie weiter zügig verändert hatte. Auf Hermann Oncken folgte A. O. Meyer, der ebenso wie der andere Neuzeithistoriker Fritz Hartung zum nationalkonservativen Lager gehörte, sich aber mit seinen Untersuchungen zum deutschen Volkscharakter und Nationalgefühl empfohlen und den neuen Herren akzeptabel gemacht hatte. Friedrich Meineckes Lehrstuhl nahm ab 1936 Wilhelm Schüßler ein, der zwar

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keiner Partei angehörte, auch der NSDAP nicht, aber eine großdeutschnationalistische Perspektive vertrat und – wie es einmal in einer Beurteilung hieß – den neuen politischen Verhältnissen »durchaus positiv« gegenüberstand.171 An die Stelle des Osteuropahistorikers Otto Hoetzsch, der als »Salonbolschewist« galt, trat der gebürtige Österreicher Hans Uebersberger, der seit 1932 der NSDAP angehörte,172 und Erich Caspar, Erdmanns Förderer und Gönner, wurde durch den Hanse-Historiker Fritz Rörig ersetzt, der »pflichtmäßig« seinen Forschungsgegenstand der »neuen Zeit« anpasste. Die NSDozentenschaft bescheinigte ihm, dass er sich »um die Durchdringung seines eigenen Denkens mit nationalsozialistischem Geist« bemühe.173 Der hilfswissenschaftliche Lehrstuhl blieb lange unbesetzt, der landesgeschichtliche mit dem »Alten Kämpfer« Willy Hoppe kam neu dazu. Es ist bezeichnend, wie distanziert Friedrich Meinecke über Meyer und Hartung urteilte: Sie »lavieren«.174 Ein anderer Zeitzeuge hielt von den damals aktiven Historikern nur Robert Holtzmann für »standhaft«.175 Erdmanns Position in der Universität wurde somit zusehends prekär. Von den Professoren, die seine Habilitation unterstützt hatten, war gerade noch Holtzmann im Amt. Von den anderen konnte er wenig erwarten. Seine Lehrbefugnis galt als »ruhend«. Im Personalverzeichnis der Universität wurde er nicht weiter geführt und auch in »Kürschners Deutschem Gelehrtenkalender«, dem biographischen Lexikon der akademischen Welt und Gradmesser wissenschaftlicher Geltung, erschien sein Name nicht mehr. Wie so viele andere politisch missliebige oder rassisch verfemte Gelehrte hatte er dort keinen Platz mehr.176 Dessen ungeachtet durfte er weiter publizieren. Wissenschaftliche Werke mit ihrem begrenzten Leserpotenzial blieben fürs Erste eine harmlose Textgattung, die kein Zensor ernst nehmen musste. Absoluten Vorrang hatte die Publikation der Habilitationsschrift. Die »Entstehung des Kreuzzugsgedankens« befand sich mitten im Druck, als sich die Lage des Privatdozenten Carl Erdmann immer mehr zuspitzte. Das hatte keine Folgen für den Inhalt, wohl aber für die äußere Erscheinung des Buchs. Wir erinnern uns: Es war aus der Beschäftigung mit den hochmittelalterlichen Papsturkunden erwachsen und verknüpfte die weitgestreuten Kenntnisse des Verfassers (Papstgeschichte, Portugal, Spanien, Italien) miteinander. Bezüge zur Gegenwart stellte es nicht her und Handreichungen zu deren Deutung durfte man von ihm nicht erwarten. Erdmann freute sich zwar (oder erschrak), wenn sein Thema durch neuere politische Entwicklungen scheinbar aktuelle Bedeutung erhielt, wenn

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222 Carl Erdmanns Feinde etwa Papst Pius XI. die Frage aufwarf, ob der Krieg in Äthiopien ein gerechter Krieg sei, oder wenn spanische Bischöfe im Bürgerkrieg zu einem Kreuzzug gegen den Kommunismus aufriefen.177 Auch durfte er hoffen, einen Druckkostenzuschuss zu ergattern, weil die Kreuzzugsgeschichte »immerhin etwas mit dem ›Wehrgedanken‹ zu tun hat«.178 Bewusst habe er zwei Passagen eingefügt und so auf »die Ungeeignetheit des Kreuzzugsgedankens für Deutschland« hingewiesen, um vor einem neuen Weltkrieg zu warnen.179 Doch dabei handelte es sich um nachträgliche, zum Teil verwegene Aktualisierungen eines historischen Gegenstands, die kaum jemandem auffielen. Den Niedergang des sogenannten Dritten Reichs hat er damit sicher nicht prognostiziert.180 Dagegen spricht die ganze Entstehungsgeschichte des Buchs. Auch den Begriff der Revolution, seinerzeit wichtig und von anderen auf die »Papstrevolution« Gregors VII. angewandt, gebrauchte er erst im allerletzten Satz und ohne den Anspruch, damit die ganze Epoche zu deuten. Art und Charakter seines Buchs erschließen sich dadurch nicht. Es wurde nicht mit Blick auf die Gegenwart geschrieben und es ließ sich nicht auf aktuelle Fragen anwenden. Dieses Kriterium »moderner«, sprich: nationalsozialistischer Geschichtsschreibung erfüllte es nicht. Umso mehr überrascht die wuchtige Widmung: Dem Andenken meines Vaters der 1893 seine Dorpater Professur verlor, weil er seiner Muttersprache treu blieb und meiner beiden Brüder die 1914 und 1916 fielen gewidmet im unerschütterten Glauben an die Zukunft des deutschen Geistes.

Die meisten Buchwidmungen stellen persönliche Beziehungen zur Schau, Beziehungen zu einem Mentor oder Gönner, zur Familie des Autors oder zu sonst einem ihm nahestehenden Menschen.181 Sie können aber auch politische oder weltanschauliche Bekenntnisse enthalten. In aller Regel werden sie zwischen dem Abschluss des Manuskripts und dem Ende der Drucklegung formuliert. So wird es auch hier gewesen sein, also irgendwann zwischen Juli 1934 und Herbst 1935. Es ist derselbe Zeitraum, in dem Erdmann aus der Universität gedrängt und seine akademische Laufbahn abgeschnitten wurde. Es liegt auf

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der Hand, dass zwischen beiden Vorgängen ein innerer Zusammenhang besteht. Erdmann wollte ganz bestimmt nicht die Verdienste seiner Familie öffentlich machen und auch nicht seine emotionalen Bindungen herausstellen. Es ging ihm um die nationale Tradition, in der er sich und seine Angehörigen sah. Sein Vater hatte dafür seinen Beruf, seine Brüder ihr Leben hingegeben. Er selbst erhob den Anspruch, dass sie dem nationalen Konservatismus gehöre und nicht denen, die sie sich jetzt aneignen wollten, den Nationalsozialisten. Nur dort, nicht bei diesen sah er die »Zukunft des deutschen Geistes«. Darüber habe er sich nicht erst seit gestern, sondern schon lange Gedanken gemacht.182 Die auf sieben Zeilen verteilte und auch dadurch so augenfällige Widmung muss als Reaktion auf seine Erfahrungen der letzten zwei Jahre, insbesondere seinen politisch begründeten Rauswurf aus der Berliner Universität verstanden werden. Seine Briefe geben wieder, wie die Intrige ihn zunehmend erboste. Die ausladende, nicht enden wollende Widmung stellt Erdmanns zornige Antwort dar.

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KÄMPFENDE WISSENSCHAFT

Walter Franks Rede Am 15. September 1934 hielt ein zorniger junger Mann vor einer Schar noch jüngerer Männer eine Ansprache. Sie richtete sich an die Jugend und nahm deshalb nicht nur die Vergangenheit, sondern ausdrücklich und »vor allem« die Zukunft in den Blick. Baldur von Schirach, der Reichsjugendführer, sprach ein Grußwort. »Kämpfende Wissenschaft«: So allgemein war das Thema formuliert. Da aber die Veranstaltung am 100. Geburtstag Heinrich von Treitschkes, des bekennenden Antisemiten und offiziellen Historiographen des preußischen Staates, stattfand, stand von vornherein außer Zweifel, dass sich der Redner nur der Geschichtswissenschaft und der ihr zugedachten Rolle im nationalsozialistischen Staat zuwenden würde. Walter Frank, zu diesem Zeitpunkt noch keine 30 Jahre alt, zählte – wie Werner Reese und Alfred Six – zur »Kriegsjugendgeneration«, die »unbedingt« und rücksichtslos ihre Ziele verwirklicht sehen wollte. Wenige Monate später galt er als einer der führenden Historiker in Deutschland. Der Begriff »kämpfende Wissenschaft« taucht hier zum ersten Mal auf. Das bedeutet nicht, dass ihn Walter Frank allein erfand. Der Wiener (dem Nationalsozialismus zunächst sehr nahestehende) Ökonom und Philosoph Othmar Spann gebrauchte den gleichen Titel für eine Sammlung seiner Aufsätze. Dafür gab es keinen sachlichen Grund. Aber das Buch erschien in Jena, wo bevorzugt von »kämpferischer Wissenschaft« gesprochen wurde.1 Das eine wie das andere entsprach dem Zeitgeist und setzte ihn fort. Der »Führer« selbst hatte das Stichwort gegeben, als er den »Kampf« zur Konstante der eigenen Biographie und gleichzeitig zur biologischen Notwendigkeit erklärte: »Am Ende siegt ewig nur die Sucht der Selbsterhaltung.« Im »Kampf ums Dasein« hätten die Völker und Rassen zu bestehen oder aber zugrunde zu gehen. Pazifismus, Internationalismus und ein egalitärer Sozialismus müssten schon deshalb »bekämpft« werden.2 Wer früh schon mitgemacht hatte, durfte sich als »Alter Kämpfer« gerieren und an die »Kampfzeit« erinnern. Aber auch, wer

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erst später dazu stieß, sah sich überall und immer an der »Front«. »Gekämpft« wurde gegen den äußeren wie gegen den inneren Feind, um die Grenzen wie um das »Volkstum«, um das Reich, das Recht, die »Weltberge« und die »Missa Solemnis«, um die Gegenwart wie um die Zukunft, für den »Führer« und die nationalsozialistische Weltanschauung. Fast überall ließen sich »Kampfplätze« und »Kampflinien« ausmachen. In der Republik hatte man gelernt, in Fronten zu denken. Denn unversöhnlich standen sich die politischen Lager gegenüber. Sogar die Kunst galt als Waffe.3 Gleichzeitig hatte Carl Schmitt den Begriff des Politischen auf ein Freund-Feind-Verhältnis reduziert und die öffentliche Meinung mit dem »Pathos der Entscheidung« infiziert. Denn »das ganze menschliche Leben« sei »ein ›Kampf‹ und jeder Mensch ein ›Kämpfer‹«.4 Dem nationalsozialistischen Politikverständnis war damit der Boden bereitet, Kompromisslosigkeit zur politischen Tugend erhoben. Nun »kämpften« also die Volksgemeinschaft, »die Forschung«, »der Student«, »das Buch«, die Partei, erst recht die SS (als »kämpfendes Korps«) und sogar die Verwaltung.5 Sie alle verband der Wunsch und das Ziel, »dem Führer entgegen zu arbeiten«. Die Wissenschaften durften nicht beiseitestehen. Auch von ihnen wurde verlangt, zum vorgeblichen Aufbruch von Volk und Staat etwas beizusteuern. Dazu aber müssten sie ihren Traditionen abschwören und völlig neue Wege einschlagen. Das Objektivitätsideal, als Faktum oft bezweifelt, aber als Ziel nie bestritten, galt jetzt als überholt. An seine Stelle sollte die Politisierung der Universität treten. Parteinahme wurde verlangt, Parteinahme für die Belange der Deutschen. Die Internationalität der Wissenschaft hatte als Lebensform und Arbeitsprinzip ausgedient. Dagegen sei »ein scharfer Kampf zu führen im nationalsozialistischen Geist« – so Martin Heidegger in seiner berüchtigten Rede in der Heidelberger Universität. Wer nicht zu folgen vermochte, musste konsterniert zuhören.6 Dem eigenen Volk aber konnte nur dienen, wer aus der Stube des Gelehrten heraustrat und den Gegenstand seiner Forschung praxistauglich werden (oder wenigstens so erscheinen) ließ. Nur anwendungsorientiert hatte Wissenschaft noch Sinn. Nur dadurch wurde sie zum »politisch-völkischen Handeln«,7 zum »Kampf« an allen »Fronten«. Aber galt das auch für die Geisteswissenschaften, deren Prinzip es ist, Sachverhalte nicht vorausdenkend zu gestalten, sondern nachdenkend zu verstehen? Was hatte eine per definitionem nicht gegenwarts- oder gar zukunfts-

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226 Kämpfende Wissenschaft orientierte, sondern eine der Vergangenheit zugewandte Wissenschaft wie die von der Geschichte zu bieten? Inwiefern durfte auch sie sich »kämpferisch« geben? Walter Frank konnte darauf keine schlüssige Antwort geben. Stattdessen gebrauchte er Metaphern, um auszudrücken, was er meinte. Schon die Rede vom Kampf an neuen geistigen Fronten hatte nur metaphorischen Sinn. Frank blieb im Bild, als er den Historikern die Aufgabe zuwies, den Deutschen ihr »Marschlied« zu blasen. Dazu müssten sie sich freilich in das »›Lager‹ ihres kämpfenden Volkes« begeben. Dann und nur dann seien sie in der Lage, ein »Bild« zu gestalten, in dem das deutsche Volk »in zehn, in zwanzig, in fünfzig und in hundert Jahren den Weg seines Schicksals sieht«.8 Monumentalische

Walter Frank (1905–1945).

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Geschichtsschreibung, nicht spezialisierte Geschichtsforschung sei also das Ziel. Die Historikerschaft habe gegen die Bedürfnisse der Allgemeinheit verstoßen, als sie sich in das Gehäuse eines »reinen Gelehrtentum[s]« zurückzog und sich einem lebensfernen Objektivitätsideal verschrieb, virtuos, aber fruchtlos. Anstatt eine »mitgestaltende Macht des öffentlichen Geistes« zu sein, wurde die Geschichtsschreibung zum »Fach«. Dadurch aber habe sie die Verbindung zu ihrem angestammten Publikum verloren. Nicht einmal den Angriff eines Emil Ludwig (nach wie vor eine Reizfigur) habe sie abwehren können. Dem »literarische[n] Judentum« und der »Macht gleißender Zersetzung« seien durch das Versagen der Fachwissenschaft Tür und Tor geöffnet worden.9 Franks Invektive richtete sich gegen die akademische Historie im Ganzen, schalt ihre Vertreter Intellektuelle von »gesinnungslose[r] Bildung« und verglich sie mit jenen klugen, aber charakterlosen »Griechlein« (Graeculi), die als Domestiken der alten Römer den beißenden Spott eines Cicero, eines Juvenal, eines Tacitus auf sich gezogen hatten.10 Doch nur ein einziger noch lebender Fachhistoriker wurde in Franks Rede mit Namen genannt, als typischer Vertreter eines »weltanschaulichen Nihilismus« an den Pranger gestellt und für die angebliche Misere der Geschichtsschreibung verantwortlich gemacht: Hermann Oncken, damals neben Friedrich Meinecke der renommierteste Neuzeithistoriker in Deutschland.11 In einer Mischung aus Rachsucht (Oncken hatte Franks Münchener Doktorarbeit begutachtet und dabei nicht die Höchstnote vergeben12), karrieristischer Gier und weltanschaulicher Verbissenheit kündigte er Onckens bevorstehenden Sturz an. Frank behauptete, für eine neue Geschichtsschreibung zu stehen, die von der Allgemeinheit gewünscht und von einer Generation junger Historiker getragen werde, eine politisierte Geschichtsschreibung, die sich nicht mit Quisquilien begnügen, sondern – wie einst Treitschke – wieder die »geistige Auseinandersetzung mit den entscheidenden Problemen der Zeit und der Nation« suchen werde. Sie sei »wieder hineingerissen in das gesamte Erleben ihres gesamten Volkes«. Sie werde »wieder erkennend kämpfen und kämpfend erkennen«, um damit »die Seele der Nation zu formen«. Das »alte Eisen« dagegen werde man »zerbrechen«.13 Carl Erdmann und Walter Frank hatten nichts miteinander gemeinsam. Der eine war Mediävist und damit einer fernen Vergangenheit zugewandt, der andere wollte mit der Zurichtung der neueren und neuesten Geschichte auf

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228 Kämpfende Wissenschaft die politischen Verhältnisse der Gegenwart einwirken. Der etwas Ältere war fast zehn Jahre im Ausland gewesen, der etwas Jüngere hatte es von München nach Berlin gebracht. Frank suchte eine herausgehobene Position im nationalsozialistischen Staat, Erdmann war dabei, sich mit einer Stellung am Rand seines Fachs abzufinden. Trotzdem gerieten sie aneinander. Erdmann wurde nämlich ins Erziehungsministerium einbestellt, als es noch um den Lehrauftrag ging.14 Das Gespräch scheint nicht einmal unangenehm verlaufen zu sein. Der für das Fach Geschichte zuständige Referent, Kirchenrat Eugen Mattiat, war zwar überzeugter Nationalsozialist und durchlief eine entsprechende Karriere, wollte aber in der Sache nicht allein entscheiden. Dass die Fakultät den beantragten Lehrauftrag auf Familienkunde ausgedehnt hatte, ließ ihn als heikel erscheinen. Erdmann wurde also zu Walter Frank geschickt, der seit Herbst 1934 das Hauptlektorat Geschichte in Alfred Rosenbergs »Reichsstelle zur Förderung des deutschen Schrifttums« und außerdem das Referat Geschichte der zum Stab Heß gehörenden »Hochschulkommission der NSDAP« innehatte. Entsprechend hochtrabend lautete der Titel, den er in seinen Briefen führte: »Der Referent für Geschichte beim Stellvertreter des Führers und beim Beauftragten des Führers für die gesamte weltanschauliche Erziehung der NSDAP«.15 Erdmann überschätzte sein Gegenüber, als er Frank als »den Fachhistoriker der Partei« bezeichnete. Noch hatte dieser kein bedeutendes Amt inne und verdiente auch nicht viel mehr als Carl Erdmann. Er war auch kein »Alter Kämpfer«, sondern bestenfalls »verdienter Mitläufer der Kampfzeit«.16 Parteigenosse wurde er nie (wovon aber zunächst nicht einmal Rosenberg, sein Vorgesetzter, etwas wusste).17 Es kam zu einem mehr als einstündigen Streitgespräch, bei dem keiner von beiden dem anderen etwas schenkte. Es ging um politische Fragen (Erdmann hielt mit seiner oppositionellen Haltung wieder einmal nicht hinter dem Berg), um Bismarck (nicht unbedingt sein Spezialgebiet), ganz allgemein um »die Deutschen« und noch allgemeiner um »das Verhältnis von Politik und Geist«. Dieses letzte strittige Thema lässt sich noch weiter spezifizieren, und zwar mithilfe eines Aufsatzes, der um die gleiche Zeit entstand und »die Anfänge der staatlichen Propaganda im Investiturstreit« behandelt. Wir würden heute andere Begriffe gebrauchen. Aber unter »Propaganda« verstand Erdmann nichts weiter als die Werbung für die eigene Sache – noch war das Wort nicht vergiftet. Und mit dem mittelalterlichen »Staat« meinte er das Reich bzw. hier: die kaiserliche Seite im Streit mit der römischen Kirche unter Gregor VII.

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Auch dass gelegentlich das ominöse Wort »Kampf« auftaucht, muss man nicht überbewerten. Aber an einer Stelle ließ Erdmann einen Passus einfließen, der (wie er selbst zugab) zum Verständnis des eigentlich behandelten Sachverhalts wenig beiträgt, sondern für eine eingeweihte Leserschaft, wenn nicht für Walter Frank allein bestimmt war: Indem die kaiserliche Publizistik des 11. Jahrhunderts gegen Gregor VII. nicht nur politische, sondern auch grundsätzliche, weltanschauliche, moralische Vorwürfe erhob, habe sie dafür gesorgt, dass »sich das theoretische Denken kraft eigenen Rechtes ins politische Handeln einschiebt und mit der tiefen Aufwühlung des geistigen Lebens jenes eigentümliche Spannungsverhältnis zwischen Politik und Geist erzeugt, wie es seither für Deutschland wesentlich geblieben ist«.18 »Politik und Geist«: Erdmann wusste, dass er an dieser Stelle besser von »Politik und Religion« gesprochen hätte; aber die Formulierung war ihm wichtig, weil er darüber mit Walter Frank gestritten hatte und dabei offenbar für ein »theoretische[s] Denken kraft eigenen Rechtes«, letztlich für die Eigenständigkeit eines wissenschaftlichen Standpunkts, für die Freiheit der Wissenschaft eingetreten war. Es sei eine Diskussion auf hohem Niveau gewesen, schrankenlos offen, intellektuell anspruchsvoll, respektvoll im Ton. Man war voneinander beeindruckt. Erdmann erinnerte sich an Schillers »Don Carlos« und dachte dabei sicher an jene Szene im dritten Akt, in der der Marquis von Posa von der politischen Macht »Gedankenfreiheit« verlangte. Erdmann glaubte, nun als »Staatsfeind« in den Akten zu stehen.19 Dass die ersten Beurteilungen über ihn schon geschrieben waren und hinter seinem Rücken gegen ihn intrigiert wurde, war ihm offenbar nicht bekannt. Das erregte Gespräch durfte er trotzdem als Erfolg verbuchen. An Frank lag es jedenfalls nicht, dass ihm der Lehrauftrag nicht erteilt wurde. Erdmann meinte sogar, ihm persönlich verpflichtet zu sein, und unterhielt eine Zeitlang eine merkwürdig loyale Beziehung zu seinem weltanschaulichen Gegner. Dabei störte ihn nicht oder nur wenig, dass Frank mit Macht auf eine Position in der Wissenschaft drängte und die gröbsten Methoden anwandte, um seine Ziele zu erreichen. Mit einem Schmähartikel im »Völkischen Beobachter« brachte er Hermann Oncken endlich zu Fall, die von diesem geleitete Historische Reichskommission, ein Kind der Weimarer Republik, wurde liquidiert. Als dann auch das Schicksal der Historischen Zeitschrift zur Diskussion stand und Friedrich Meinecke, der langjährige Herausgeber, durch einen jüngeren, politisch genehmeren ersetzt werden sollte, gab Walter Frank das ent-

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230 Kämpfende Wissenschaft scheidende Votum ab. Als – siehe oben – »Referent für Geschichte beim Stellvertreter des Führers und beim Beauftragten des Führers für die gesamte weltanschauliche Erziehung der NSDAP« setzte er seinen Doktorvater Karl Alexander von Müller als neuen Herausgeber durch und sicherte sich selbst erheblichen Einfluss auf das repräsentative Organ der deutschen Historiker, das Flaggschiff der Zunft.20 Erdmann hielt ihn für den »heimliche[n] Diktator der HZ«. Davon war er insofern betroffen, als sein Aufsatz über »die Anfänge der staatlichen Propaganda« unversehens in einem Umfeld erschien, das ihm wenig behagte. Das erste vom neuen Herausgeber verantwortete Heft hielt er für »einigermaßen skandalös«, den Niedergang für offenkundig. Die Sorge, man könne eine Veröffentlichung in einer gleichgeschalteten Zeitschrift als Selbstgleichschaltung verstehen, trieb ihn zeitweilig um. Er fragte um Rat und wurde beruhigt: Er sei »über einen solchen Verdacht hinaus«.21 Unterdessen hatte Walter Frank sein eigentliches Ziel erreicht: Er wurde vom »Führer« zum Professor ohne Lehrverpflichtung ernannt, an die Stelle der »Historischen Reichskommission« trat ein »Reichsinstitut für Geschichte des neuen Deutschlands« unter seiner Leitung.22 Für den Sachverständigenbeirat gewann er nicht nur einige Figuren des nationalsozialistischen öffentlichen Lebens und eine Phalanx von Historikern der zweiten und dritten Reihe (Willy Hoppe zum Beispiel), sondern mit Erich Marcks, Karl Alexander von Müller, Albert Brackmann und dem vielfach umworbenen Österreicher Heinrich von Srbik vier prominente Vertreter des Fachs. Um den »Männerstolz« der Kollegen war es nicht gut bestellt.23 Der eine – Brackmann – wollte noch etwas werden, der andere – Müller – suchte den Ausgleich, Srbik wurde als Österreicher umgarnt, dem ältesten – Marcks – fehlte es an Kraft, sich der Vereinnahmung zu entziehen.24 Als das »seltsame Institut« (Gerhard Ritter) feierlich eröffnet wurde, erhielt auch Erdmann eine Einladung, der er freilich nicht folgte. Frank bedachte ihn daraufhin mit der Druckfassung seiner Ansprache, die in Windeseile sowohl als Broschüre wie auch in der Historischen Zeitschrift erschien.25 Erdmann fand sie »ausgezeichnet«, auch wenn ihm die Beschimpfung der Intellektuellen, die Geringschätzung editorischer Arbeit, das Lob der Massenversammlungen und das ostentative Bekenntnis zum Nationalsozialismus nicht gefallen haben können. Das nationale Pathos dagegen, die leidenschaftliche Rhetorik, vielleicht auch die beiläufige Abgrenzung der Geschichtswissenschaft von Journalismus und sogar Politik: Das alles mag ihm an Franks Rede

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zugesagt haben. Er verglich sie mit einer Rede Kehrs in der Preußischen Akademie der Wissenschaften und stellte einen himmelweiten Unterschied fest.26 Was er völlig übersah, war der »peitschenknallende« Ton, der sie durchherrschte.27 Ein sicheres Urteil bewies er hier jedenfalls nicht. Franks Ansprache zur Eröffnung seines Instituts kommt als Fortsetzung seiner Rede zur Treitschke-Feier daher. Erneut ist von Oncken und den »Griechlein«, viel von »Kampf« und »kämpfender« Wissenschaft die Rede. In diesem einen Jahr hatte er es vom stellungslosen Geisteswissenschaftler zum Institutsdirektor, vom ehrgeizigen Nachwuchshistoriker zum einflussreichen Wissenschaftsorganisator gebracht. Sein Erfolg gab ihm recht und muss auch Erdmann beeindruckt haben. Man konnte sehen, was zu erreichen war, wenn man mit Entschiedenheit auftrat. Es ist vielleicht ein Zufall, aber Erdmann gebrauchte einmal die gleiche militärische Metaphorik wie Walter Frank in seinen beiden Reden: »Nicht schießen! Freunde!« Damit sei nicht viel zu erreichen.28 Die Politik hatte sich in alle Lebensbereiche gedrängt und ließ auch die Welt der Wissenschaft nicht mehr in Ruhe. Es kam darauf an, die damit verbundenen Zumutungen zurückzuweisen und einen Standpunkt eigenen Rechts zu gewinnen. Selbst der stille Gelehrte Carl Erdmann sah die Notwendigkeit ein, auf dem »Kampfplatz« der öffentlichen Meinung für die Belange der Wissenschaft einzutreten und dafür mit den ihr eigenen Mitteln zu »kämpfen«.

»Karl der Sachsenschlächter« Schon als Hermann Oncken von Walter Frank als rückgratloser Opportunist attackiert und schließlich als historiographisches Fossil in den Ruhestand geschickt wurde, wollte Erdmann sich einmischen. An seinen Freund Gerd Tellenbach schrieb er: »Ich bemühe mich erstens um etwas im Seminar, weil die Studenten mit Recht eine klare Stellungnahme von uns erwarten (ihr sachliches Urteil über Oncken ist begreiflicherweise geteilt, zumal er persönlich nicht beliebt ist, aber sie haben sich anständig benommen und können nun das Gleiche von uns erwarten); zweitens um etwas Öffentliches, wofür freilich sonst nur wenige zu haben sind.«29 Oncken erhielt zwar zahlreiche Briefe mit der Versicherung kollegialer Solidarität. Aber aus der Deckung wagte sich kaum einer. Die »vorsichtigen Gemüter« überwogen »bei wei-

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232 Kämpfende Wissenschaft tem«. Nur Gerhard Ritter in Freiburg legte Konsequenz an den Tag und allein Friedrich Meinecke gelang es, mit einer Besprechung in der Historischen Zeitschrift wenigstens die Fachöffentlichkeit zu erreichen. Erdmann hatte also recht, wenn er sich von dieser Seite wenig versprach. Es blieb bei seinem Vorsatz.30 Immerhin zeigt sich auch hier, dass er weniger als andere bereit war, sich mit den Verhältnissen zu arrangieren. Wenige Monate später gelang es ihm, eine größere Zahl von Kollegen zusammenzubringen, die zwar nicht Widerstand leisteten, aber ihren Widerspruch artikulierten. Es sollte das einzige Mal bleiben, dass eine repräsentative Auswahl deutscher Historiker kritisch und noch dazu öffentlichkeitswirksam zum nationalsozialistischen Geschichtsbild Stellung nahm und damit sogar durchdrang. Es ging auch nicht um eine einzelne betroffene Person, sondern um das Selbstverständnis der Zunft. Im Mittelpunkt der Debatte stand der fränkische König und römische Kaiser Karl, schon zu Lebzeiten der »Vater Europas« (pater Europae) und seit dem 10. Jahrhundert »der Große« genannt, mithin eine zentrale Figur nicht nur des deutschen, sondern auch des europäischen Geschichtswissens, an der die Geister sich schieden. Öffentliche Aufmerksamkeit war den Kombattanten deshalb sicher. Allerdings wurde die Debatte nicht durch Carl Erdmann angestoßen und sie hatte in ihren Anfängen auch nichts mit dem Nationalsozialismus zu tun, sondern knüpfte an Diskussionen an, die in bestimmten Kreisen schon länger geführt wurden. Bis ins 18. Jahrhundert lässt sich zurückverfolgen, dass Karl im niederdeutschen Raum als »Sachsenschlächter« bezeichnet wurde. Auch eine antifranzösische Note kam früh schon ins Spiel, als es nämlich gegen Napoleon ging und man sich die Untaten seines erklärten Vorläufers in Erinnerung rief. Denn einer bis heute nicht wirklich geklärten Nachricht der fränkischen Reichsannalen zufolge ließ Karl bei Verden an der Aller 4500 Sachsen an einem einzigen Tag hinrichten. Durch Hermann Löns ging das »Blutbad von Verden« in die Heimatliteratur ein. Blutrot habe sich damals das Flüsschen Beeke verfärbt. Karl galt als dekadenter Südländer, der die Sachsen ihrer Freiheit beraubt habe, diese dagegen seien aufrechte Nordmenschen, »die ihre Hälse lieber dem Beile beugen als dem fränkischen Recht und fremder Art«. Das »Niedersachsenlied« erinnert bis heute daran.31 Karls Gegenspieler Widukind, der Anführer der aufständischen Sachsen, wurde zum Vertreter seines »Volkstums« verklärt, das »Wittekindsland« zwischen Detmold,

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Enger und Minden zum Zentrum seiner Verehrung. Nach Enger ließ man seine angeblichen Gebeine überführen (in Wirklichkeit handelte es sich um die Überreste eines 14-jährigen Mädchens) und weiter östlich auf dem »Wittekindsberg« bei Porta Westfalica entstand ein Ensemble von Erinnerungsstätten, das an regionale und nationale Empfindungen gleichermaßen appellierte und die sächsische Geschichte in der preußisch-deutschen Gegenwart aufgehen ließ: Die »Wittekindskapelle« wird vom Moltke-Turm überragt, die »Wittekindsburg« vom Denkmal für Kaiser Wilhelm »den Großen«. Gerade weil man nicht allzu viel über den wirklichen Widukind wusste (und weiß), taugte (und taugt) seine Gestalt als Projektionsfläche für die verschiedensten Vorstellungen und Wünsche. Er ging in die kollektive Erinnerung ein und wurde selbst zu einem jener Erinnerungsorte, an denen sich die jeweilige Gegenwart orientiert.32 Die Fachwissenschaft hatte mit all dem nichts zu tun. Schließlich beschränkte sich die Debatte vorerst auf den niedersächsisch-westfälischen Raum und selbst im völkischen Diskurs wurden immer auch Karls Leistungen und seine Verdienste um das Reich gewürdigt. Doch als Alfred Rosenberg, einem »Führerwort« zufolge der »Kirchenvater des Nationalsozialismus«,33 sich eindeutig auf die Seite der angeblich hochgewachsenen, blonden Lichtgestalt Widukind schlug und Karl bestenfalls als »ostisch-nordisch«, als »Rundschädel mit dickem, kurzem Nacken«, klassifizierte, verschob sich die Diskussion auf ein weiteres Feld. Es ging nicht mehr nur um die Sachsen, sondern um den »nordischen Menschen« und der war für Rosenberg »deutsch«.34 Da er wusste, dass die »Symbolik des Ortes« mehr wog als jede mündliche oder schriftliche Erklärung,35 unternahm er eine öffentlichkeitswirksam inszenierte Reise zu den Kultorten seines Geschichtsbildes: In Enger in Westfalen besuchte er Widukinds angebliches Grab, in Wildeshausen in Oldenburg legten er und »Zehntausende frischer und froher Hitlerjungen, Jungvolk und BDM« ein »Treuebekenntnis zum Sachsenherzog« ab, in Verden gedachte man der 4500 hingerichteten Sachsen. Wie zu den Toten des Putschversuchs in München 1923 könne man auch zu ihnen sagen: »Und ihr habt doch gesiegt.«36 Jetzt erst sah sich die professionelle Mediävistik gefordert. Es ging um die Frage, ob sie weltanschaulich-politische Vorgaben hinnehmen wollte oder nicht. Der Stein kam ins Rollen, als Karl Hampe, mittlerweile emeritiert, gebeten wurde, für die Zeitschrift »Vergangenheit und Gegenwart« eine Stellung-

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234 Kämpfende Wissenschaft nahme aus wissenschaftlicher Sicht abzugeben. Hampe hatte zwar nur wenig über Karl den Großen und nichts über Widukind publiziert, von eigenständiger Forschung gar nicht zu reden. Aber er galt als wissenschaftliche Autorität und verstand es, komplexe Sachverhalte in allgemeinverständlicher Sprache wiederzugeben. Gerade darauf kam es jetzt an. Denn allenthalben wurde über Karl und die Sachsen kontrovers diskutiert. Die Presse berichtete so ausgiebig darüber, dass Zeitungsausschnitte sammeln musste, wer noch den Überblick behalten wollte. Und Thomas Mann notierte in seinem Züricher Exil, es sei »ein für Deutschland jetzt sehr aktuelles Thema«.37 Leidenschaftlich wurde der Kampf geführt. In Hamburg soll man sich auf offener Straße wegen Karls des Großen geprügelt haben. Unter Studenten überwog die Kritik, in den Schulen stellten »kampfbereite Unterprimaner« Fragen, auf die ihre Lehrer keine Antworten wussten.38 Hampes Aufsatz sollte also Orientierung vermitteln. »Vergangenheit und Gegenwart« war die Zeitschrift des »Verbandes deutscher Geschichtslehrer« und sollte – so ihr Untertitel – auch zur »staatsbürgerlichen Erziehung« beitragen. Darunter verstand man seit 1933 etwas anderes als vorher. An die Stelle der »staatsbürgerlichen« trat die »politische Erziehung«, was auf die neue Gemeinschaft nach der »Machtergreifung« zielte. Der Gründer und langjährige Herausgeber der Zeitschrift, Fritz Friedrich, wurde verdrängt und durch den Berliner Studienrat und nachmaligen »Reichssachbearbeiter Geschichte im Nationalsozialistischen Lehrerbund« (NSLB) Moritz Edelmann ersetzt, einem bitteren Bonmot zufolge weder »edel« noch »Mann«, aber Mitglied von NSDAP und SS.39 Als Mitherausgeber stand ihm der Marburger Neuzeithistoriker Wilhelm Mommsen zur Seite, der aber wegen seines früheren Engagements in der Deutschen Demokratischen Partei keinen leichten Stand hatte und mit verbalen Konzessionen und beständigem Lavieren durch die Zeiten kommen wollte. Seine Anpassungsbereitschaft wurde notorisch. »Mangel an Charakter« warf man ihm im Kollegenkreis vor.40 Was Hampe lieferte, gefiel Edelmann nicht. Er warf ihm vor, sich immer noch am Beispiel Rankes zu orientieren und das Handeln historischer Persönlichkeiten nur aus ihrer Zeit heraus verstehen zu wollen. Sogar das Blutgericht von Verden wolle Hampe auf diese Weise erklären. Edelmann dagegen ließ nur den »einen Maßstab« gelten, der da hieß Deutschland. Nur an ihm wollte er das Wirken Karls des Großen gemessen sehen: Ist er »ein positives Moment

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unserer Geschichtsentwicklung geworden oder nicht?« Das sei die einzig sinnvolle Frage. »Objektive Geschichtsbetrachtung« lehne er ab.41 Mommsen wand sich und wies auf Hampes überragendes Ansehen hin, musste aber hinnehmen, dass umgehend ein wüster Gegenartikel erschien, der sich »mit Alfred Rosenberg zu Widukind« bekannte. Der Verfasser, ein obskurer Leipziger Schriftsteller Lampe, warf dem betagten Gelehrten vor, sich dem »Wust einer zweckbestimmten mönchischen Geschichtsschreibung« auszuliefern, für »blutsfremde Reichsfeinde« mehr Teilnahme aufzubringen als für »unsere eigenen vergewaltigten Volksgenossen«, die Sachsen, und überhaupt vom »Kampf eines […] um endgültige Reinheit seiner blutmäßigen Erkenntnis ringenden Volkes« nichts zu verstehen. ›Kämpfende Wissenschaft‹ also auch hier. Nur mit Mühe konnte der Vorwurf geistiger »Wühlarbeit« von Wilhelm Mommsen aus dem Manuskript gestrichen werden. Hampe fand den ganzen Artikel »saudumm«.42 Er erhielt Schützenhilfe, mit der er nicht rechnen konnte: von Johannes Haller in Tübingen, seinem Kontrahenten und Antipoden seit Langem, auch von dessen Schüler Heinrich Dannenbauer, aber vor allem von Martin Lintzel in Halle. Gerade Lintzel ging dabei ein Risiko ein. Denn als Privatdozent befand er sich noch nicht in einer gesicherten Stellung und musste auf sein berufliches Weiterkommen achten. Dennoch schlug er sich auf die Seite Karl Hampes, berief sich wie dieser auf Ranke und erklärte Lampes Auffassung für falsch. Man müsse die Geschichte so nehmen, »wie sie ist, und nicht, wie man sie sich wünscht«. An Lampes Aufsatz fand er »sachlich kaum ein Wort haltbar«.43 Sein Urteil hatte insofern Gewicht, als er sich intensiver als jeder andere mit der Geschichte des Sachsenstamms befasst hatte. Als »Sachsen-Lintzel« wurde er denn auch bezeichnet.44 Noch mehr Mut musste er aufbringen, als er bei einer »Versammlung Deutscher Philologen und Schulmänner« erneut über das heikle Thema referierte. Dabei muss es turbulent zugegangen sein. Es gab Schlussrufe und Beifall, Zustimmung und Ablehnung. Auch in den schwelenden Konflikt zwischen Edelmann und Mommsen geriet Lintzel hinein. Von den anwesenden Universitätskollegen sprang ihm niemand zur Seite. Aber er blieb tapfer bei seiner Haltung, sprach sich für »objektive Wissenschaft« und gegen »romanhafte Deutungen« aus. Karl Hampe drückte ihm brieflich seinen Respekt aus. Lintzel bedankte sich und brachte das Problem auf die anschauliche Formel, die Geschichte sei »angeblich Kronzeugin, in Wirklichkeit kaum noch Stiefelknecht«.45

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236 Kämpfende Wissenschaft Der Streit um Karl den Großen war also noch keineswegs entschieden. Er ging in eine neue Runde, als Carl Erdmann in ihn eingriff. Gespräche mit Martin Lintzel und Albert Brackmann brachten ihn zu der Überzeugung, dass die Historikerschaft noch entschiedener und noch vernehmbarer, also durch eine gemeinschaftlich verantwortete Publikation, ihren Standpunkt zum Ausdruck bringen müsse.46 Schon daraus geht hervor, dass die nachfolgende Debatte um »Karl den Großen oder Charlemagne« an die um Karl und Widukind unmittelbar anknüpfte. Sie stellt deren zeitliche, sachliche und auch personelle Fortsetzung dar. Erdmann ergriff die Initiative, engagierte sich bis an den Rand der physischen Erschöpfung und blieb Spiritus Rector des Unternehmens bis zur Publikation der Broschüre. Er führte die Korrespondenz, verhandelte mit Verlagen, unterschrieb den Vertrag und las allein die letzte Korrektur. Doch nach außen hielt er sich weitgehend zurück. Der Leser sollte den Eindruck gewinnen: »Die deutschen Historiker haben gesprochen«.47 Dafür gewann er namhafte Professoren, die der Öffentlichkeit gegenüber als »die Fachleute« auftreten sollten.48 Besonders wichtig war ihm Karl Hampe, nicht nur wegen seines überragenden Rufs, sondern auch weil er schon in der Karl-Widukind-Kontroverse eindrucksvoll Stellung bezogen hatte. Ursprünglich war er sogar als Herausgeber des Bändchens vorgesehen. Als »die Berliner« (oder der Verlag?) am Ende doch keinen einzelnen Namen auf dem Titelblatt wünschten, gab es in Heidelberg eine gewisse Verstimmung, die aber folgenlos blieb.49 Auch Friedrich Baethgen, damals noch in Königsberg tätig, sorgte für Unruhe. Ihn störten vor allem der populäre Charakter der Publikation und der Werbeaufwand, der mit ihm getrieben werden sollte: niedriger Ladenpreis, Umschlagabbildung, Prospekt, eine vollmundige Anzeige im Börsenblatt, Besprechungen in der Presse; sogar eine »Bauchbinde« war vorgesehen. Alle Warnglocken schrillten bei Baethgen. Er fürchtete, eine an die »Massen« adres­sierte »Flugschrift« sei im Entstehen. Mit Selbstverständnis und Habitus des deutschen Professors ließ sich »Reklame« nicht vereinbaren. Das konnten sich die Publizisten und Schriftsteller erlauben, also all jene, die dem Markt und nicht der Wahrheit dienten. Unter Professoren war »Reklame« ein Unwort. Erdmann hatte alle Mühe, Friedrich Baethgen bei der Stange zu halten und seine Sorgen zu zerstreuen.50 Albert Brackmann hatte Bedenken ganz anderer Art. Zeitweilig sah es so aus, als wenn er noch abspringen würde. Denn trotz seiner bevorstehenden

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Pensionierung hatte er noch ehrgeizige Ziele und hielt seine Karriere im nationalsozialistischen Staat noch lange nicht für beendet. Eine gewisse Anpassungsfähigkeit war dafür erforderlich. Er versuchte also, dem Vorhaben die Spitze zu nehmen und nach oben Wohlverhalten zu signalisieren. Während Erdmann für eine deutliche Sprache plädierte und angesichts der »Behutsamkeit« einiger »Herren« immer Gefahr lief, »patzig« zu werden, wünschte Brackmann im Vorwort eine Erklärung, dass ein »Eintreten für Karl nicht etwa eine politische Opposition gegen das Dritte Reich zu bedeuten habe«.51 Weder der eine noch der andere kam schließlich zum Zuge. Aber Brackmann sah immer darauf, dass »nichts irgendwie Gefährliches« in einem der Beiträge stand. Eine Passage, die die Opfer des Blutbads von Verden mit den »wehrlosen Insassen eines Konzentrationslagers« verglich, wurde deshalb aus Lintzels Text gestrichen und durch eine harmlosere Formulierung ersetzt.52 Dem grundsoliden, aber immer etwas störrischen Privatdozenten war in die Feder geflossen, was dem mächtigen, aber nach wie vor auf sein berufliches Fortkommen bedachten Generaldirektor der Preußischen Staatsarchive als gefährlich erschien. Gerne hätte Erdmann auch den glänzenden Stilisten und begnadeten Polemiker Johannes Haller als Autor gewonnen. Doch dagegen sträubten sich die Kollegen, Karl Hampe wahrscheinlich am meisten. Die beiden mochten sich nicht.53 Gegen Fritz Kern in Bonn hatte Brackmann Einwände und Baethgen riet davon ab, Percy Ernst Schramm um einen Beitrag zu bitten. Dabei komme doch nur Geistesgeschichtliches heraus.54 Schramm und Baethgen kannten sich gut; es bestand aber nie »eine richtige menschliche Beziehung«.55 Keinerlei Einwände wurden gegen Karl Brandi und Hermann Heimpel erhoben. Der eine saß dem Verband Deutscher Historiker vor und spielte international eine bedeutende Rolle, war also ein Schwergewicht in der Zunft wie nach außen, der andere galt als der kommende Mann der historischen Mediävistik. Aber Brandi war nicht unbedingt bereit, das Gewicht seines Amtes in die Waagschale zu werfen, schon gar nicht, wenn ihm anderes wichtiger schien. Nicht einmal ein so prominentes Opfer wie Walter Goetz konnte mit seiner Unterstützung rechnen. Meinecke war von Brandi enttäuscht, Ritter verärgert.56 Zugutehalten muss man ihm, dass er sich zu dieser Zeit intensiv darum bemühte, den Historikerverband in die nationalsozialistische Wissenschaftsorganisation einzupassen und ihm gleichzeitig so viel Eigenständigkeit wie möglich zu erhalten. Einen Konflikt um Karl den Großen »und dergleichen Einzelheiten«

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238 Kämpfende Wissenschaft konnte er gerade jetzt ganz bestimmt nicht gebrauchen.57 Er entzog sich daher Erdmanns Anfrage, schützte Zeitknappheit vor und ließ sich auch durch eine nochmalige Bitte nicht erweichen.58 Noch mehr wurde Hermann Heimpel umworben. Der hatte sich zwar seit seiner Doktorprüfung nicht mehr mit Karl dem Großen befasst. Doch man wollte ihn unbedingt haben. Auch Brackmann schrieb ihn an und Erdmann fuhr sogar eigens nach Leipzig, um Heimpel zur Mitarbeit zu überreden.59 Erst 33 Jahre alt, hatte er dort schon seinen zweiten bedeutenden Lehrstuhl inne. Den (geringfügigen) Makel einer Freiburger Hausberufung hatte der Ruf an die zweitgrößte deutsche Universität auf die einzige in Leipzig noch verbliebene Mittelalterprofessur mehr als wettmachen können. Dass er damit seinem einstigen akademischen Lehrer, dem getauften, nun entlassenen Juden Siegmund Hellmann, nachfolgte, nahm er in Kauf. Hellmann soll sich sogar darüber gefreut haben, dass auf diese Weise sein Lehrstuhl nicht zur Modewissenschaft Ur- und Frühgeschichte umgewidmet wurde.60 Acht Jahre später kam er in Theresienstadt um. Zweifellos wurde Heimpels steile Karriere durch seine öffentlichen Bekenntnisse befördert. In Freiburg hatte er sich – in Gestalt von »Vorreden« zu seinen Vorlesungen, die er drucken ließ und unter Kollegen verteilte – unmissverständlich zu den Geschehnissen des Jahres 1933 geäußert: Er habe den »Mantel der Geschichte« erfasst, den die Historiker in der Vergangenheit so oft vergeblich zu ergreifen versucht hätten. Der Streit der Parteien sei beendet, die Lehre vom Klassenkampf überwunden. Die deutschen Länder würden in der Einheit des Reiches aufgehen. Man sei in eine »neue Zeit« eingetreten. Die Nation habe Adolf Hitler zu ihrem »Führer zur Freiheit, zu einem neuen Deutschland, zu einem neuen Abendland« gewählt. Auch die Wissenschaft sei aufgefordert, ihren Beitrag zum »nationalen Entscheidungskampf« zu leisten, zum Kampf gegen die »fremden Mächte«, gegen Versailles und »an der neuen Barbarengrenze des bolschewistischen Rußland«. Denn »Deutschland wird das Abendland tragen«. So ein junger Ordinarius, der 1933 »regelrecht ausgeflippt« war.61 Heimpel sah sich stets aufseiten der nachwachsenden, an fachlicher Erneuerung interessierten Generation und verstand sich deshalb als »ein den neuen Kräften unserer Zeit durchaus zugewandter Historiker«.62 »Jugendlichkeit« war ein Leitmotiv seiner Reden und die den Zeitgeist prägenden Begriffe von Krieg und Kampf machte er sich zu eigen. Daran hielt er grundsätzlich

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und lange Zeit fest. Aber er ließ sich auch nicht völlig vereinnahmen, sondern machte Vorbehalte und Einschränkungen geltend. Wenn ihm ein Angebot fragwürdig erschien, gerade weil er das Konzept nicht auf der Höhe der Zeit oder die Auswahl der Mitarbeiter dubios fand, dann lehnte er ab. Dadurch blieb ihm zum Beispiel erspart, in einer Publikation aus dem »Volkstumswissenschaftlichen Arbeitskreis« im VDA aufzutauchen und in deren Inhaltsverzeichnis neben später so belasteten Namen wie Erwin Hölzle, Erich Maschke, Andreas Hohlfeld, Werner Radig oder gar Hans Joachim Beyer zu stehen.63 Als Mediävist bestand er darauf, dass neben dem nationalen Erbe auch die imperialen und christlichen Traditionen der deutschen Geschichte »uneingeschränkt« zu würdigen seien.64 Insofern hätte einer Beteiligung an einer Schrift zugunsten Karls des Großen nichts im Wege gestanden. Denn gerade da ging es um imperiale und christliche Traditionen, die sich mit dem Namen des Kaisers verbanden. Wenigstens zeitweilig trug sich Heimpel mit dem Gedanken, »in schärfster Form gegen die neueste Geschichtsauffassung« anzugehen.65 Auch an der Auswahl der Mitarbeiter gab es wahrlich nichts zu bemängeln. Dennoch erhielten Erdmann und Brackmann von Heimpel einen Korb. Er gab Brackmann darin recht, dass die (noch) Jüngeren vorangehen sollten; auch liege es ihm fern, aus einer »einheitlichen Wissenschaftsfront« (!) auszubrechen. Aber er wollte sich nicht an einem Unternehmen beteiligen, das nur darauf abzielte, alles beim Alten zu belassen. Er ziehe es vor, allein etwas zur deutschen Geschichte zu sagen, »während sie mit Wucht dahinbraust«.66 Als ihn Erdmann in Leipzig besuchte, vermittelte er ihm den Eindruck, ernsthaft über ein Geschichtsbild nachzudenken, das den Bedürfnissen der Gegenwart entspricht; den »Kampf um Karl den Großen« hielt er nicht für den richtigen Ausgangspunkt. Man einigte sich auf die Devise des älteren Moltke: »Getrennt marschieren, vereint schlagen«.67 Allerdings unternahm er vorerst nichts, was in eine solche Richtung ging. Ganz offenkundig gebrauchte er Ausreden, um sich Erdmanns Vorschlag zu entziehen, und beließ es bei unverbindlichen Erklärungen, die niemandem halfen und niemanden störten. Man muss ihm nicht übermäßigen Opportunismus unterstellen oder gar Feigheit vorwerfen. Aber es fiel ihm viel schwerer als Carl Erdmann, zum Nationalsozialismus und seinen Konsequenzen für Geschichtsbild und Geschichtswissenschaft eindeutig Stellung zu beziehen. Sein Verhalten war und blieb ambivalent. Damit stand er keineswegs allein.

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240 Kämpfende Wissenschaft Auch ohne Hermann Heimpel und ohne Karl Brandi kam ein Kreis von acht »Geschichtsforschern« zusammen, die die historische Wissenschaft würdig vertraten: sieben Historiker und ein Germanist, zwei Privatdozenten neben sechs Professoren, Wissenschaftler von den Universitäten in Berlin, Bonn, Breslau, Heidelberg, Königsberg und Kiel. Dass sie einen eigenen Standpunkt einnehmen würden, ging schon aus den acht Namen hervor: Als Brackmann den Rechtshistoriker, SS-Mann und hohen Ministerialbeamten Karl August Eckhardt über das Vorhaben informierte (Erdmann hielt das für überflüssig), erschrak dieser, als er die Namen nur hörte. Denn fast alle hatten sich schon einmal mit Parteistellen angelegt oder irgendwie Anstoß erregt. Hampe und Lintzel hatten sich im Streit um Widukind exponiert. Erdmanns Widerborstigkeit stand in den Akten. Hermann Aubin wurde für seinen Bruder, den früheren und seitdem bei den Nationalsozialisten geradezu verhassten Hallenser Rektor Gustav Aubin, quasi in Sippenhaft genommen und auch selbst als politisch unsicherer Kantonist angesehen.68 Wolfgang Windelband, für die Studierenden »ein überaus gepflegter Gentleman«, galt wegen seiner langjährigen Tätigkeit im Preußischen Unterrichtsministerium als politisch belastet und wurde wenig später von Berlin nach Halle und dort in den Ruhestand versetzt.69 Nur Baethgen und Brackmann hatten sich noch nichts zuschulden kommen lassen. Sogar der Germanist Hans Naumann, in Bonn eher Scharfmacher und laut Thomas Mann ein deutschtümelnder »EdelNazi«, fachlich mit der Ergründung des Volkstums in zwei Tiefenschichten befasst, wurde wegen seines Verhaltens im »Fall Barth« vom NS-Dozentenbund denunziert und musste sein Amt als Rektor abgeben. Erdmann wunderte sich darüber und man fragt sich, wie Naumann überhaupt in den Kreis der Beiträger hineinkommen konnte. Wer hatte ihn empfohlen? Nach 1945 gab er seine Beteiligung als Akt des Widerstands aus.70 Das schmale Buch, das im Mai 1935 auf den Markt kam, war an ein breites Publikum gerichtet. Es verzichtete auf einen wissenschaftlichen Apparat, wurde in 5000 Exemplaren gedruckt und kostete nicht viel. Sogar im Kiosk bei der U-Bahn konnte man es kaufen. Die Autoren waren angehalten worden, sich kurz zu fassen und den Leser nicht zu überfordern (was Wissenschaftlern nicht leichtfällt).71 Zunächst verhandelte Erdmann mit einem Leipziger Traditionsverlag, der vor allem Werke zur Kirchengeschichte, Altorientalistik u. Ä. herausbrachte. Schnell (»schon nach zehn Minuten«) wurde ihm klar, dass er damit sein eigentliches Publikum verfehlen würde.

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Ein Bekannter vermittelte den Kontakt zu dem Berliner Publikumsverlag E. S. Mittler & Sohn. Schnell war man sich einig. Denn der Verleger witterte ein gutes Geschäft. In dieser Hinsicht seien alle Verleger »Gauner«, meinte Erdmann.72 Ob er wirklich gut beraten war, sich mit Mittler einzulassen, darf man sich fragen. Denn Mittler & Sohn, von Hause aus ein Militaria-Verlag, verlegte nicht nur wissenschaftliche Literatur (etwa Friedrich Meineckes Studien zu »Staat und Persönlichkeit« oder Wilhelm Dörpfelds Grabungsberichte aus Athen und Olympia), sondern zunehmend auch völkisches und nationalsozialistisches Schrifttum, sodass er nach 1945 zu den Verlagen mit den meisten gesperrten Titeln gehörte.73 Der Verlagsleiter, Martin H. Sommerfeldt, war bekennender Nationalsozialist und hatte schon vor 1933 ein von ihm verfasstes, seinen Gegenstand verherrlichendes Lebensbild Hermann Görings herausgebracht. Über den Aufstieg der NSDAP konnte er später einmal sagen: »Ich war dabei.« Der Verlag galt bei der Konkurrenz als »des Luftfahrtministeriums [also Görings] Schoßkind«.74 Erdmann nahm es bedauernd zur Kenntnis und tröstete sich damit, dass der Verlagsinhaber eine familiäre Verbindung zur mediävistischen Forschung besaß und Sommerfeldt selbst »ganz in der Front gegen Rosenberg« stand. Mit Johann von Leers, einem der prominentesten Vertreter einer völkischen Geschichtsbetrachtung, habe er einen ganzen Abend lang gestritten.75 Spätestens da muss Erdmann klar geworden sein, wie viel Bewegungsspielraum zwischen den verschiedenen Fraktionen des nationalsozialistischen Herrschaftssystems bestand. Es kam darauf an, ihn zu nutzen. Man muss die Entstehung des schmalen Buchs in dieser komplexen, für die Beteiligten durchaus brisanten Gemengelage verorten. Ausgangspunkt war der Streit um Karl und Widukind, also der Versuch einer Revision des Geschichtsbilds durch völkische Scharlatane und Schwarmgeister. Erdmann hat nie einen Zweifel daran gelassen, dass es ihm vor allem um dieses Thema ging, dass also die Abwehr eines solchen Versuchs die Hauptsache war und alles andere von nebensächlicher Bedeutung. »Was Karl für das werdende Deutschland bedeutet hat und warum ein deutsches Geschichtsbild auf diese Gestalt nicht verzichten kann, wenn das deutsche Volk sich nicht selbst aufgeben will«: Das sei der maßgebende Gesichtspunkt, und zwar »durchweg«. Der ursprüngliche Buchtitel lautete deshalb: »Karl der Große und Deutschland«.76 Daraus wurde im Januar 1935 reichlich pathetisch: »Karls des Großen deutsche Sendung«.77 Der unbekannte Vermittler brachte den Gedanken ins

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242 Kämpfende Wissenschaft Spiel, dem Buch eine französische Note zu geben. Erdmann sprach von einem »französischen Plan«, den er jedoch nur halbherzig verfolgte. Erst als Hampe den Vorschlag aufgriff, fiel die Entscheidung für »Karl der Große oder Charlemagne?«. Der Verlag war begeistert und startete mit der Werbung.78 Für die Autoren hatte der neue Titel den unschätzbaren Vorteil, die eigentliche Absicht des Buchs hinter einer nationalen Fassade tarnen zu können. Sie durfte nicht verborgen bleiben, trat aber in den Hintergrund, weil einem nationalen, gegen angebliche französische Ansprüche gerichteten Argument nicht widersprochen werden konnte. Es war die »Kunst des halb getarnten Schreibens«, wie sie in den noch nicht gleichgeschalteten Medien eingeübt wurde. Inhalte, die Anstoß erregen konnten, wurden getarnt und maskiert. Es kam darauf an, die Lücken und Widersprüche im System auszunutzen und notfalls über eine gute Ausrede zu verfügen.79 Auch Erdmann und seine Mitstreiter praktizierten – mehr oder minder – die »Kunst des halb getarnten Schreibens«. Sie spielten die nationale Karte, um eine ›Ehrenrettung‹ Karls zu betreiben. Von Frankreich, also »Charlemagne«, ist mit Ausnahme des letzten, das Nachleben des Kaisers behandelnden Beitrags nur wenig die Rede. Alle anderen Autoren arbeiten sich an Karls Persönlichkeit (Hampe), seiner »germanischen Art« (Naumann) und Herkunft (Aubin), seinen Kriegen (Lintzel, Baethgen) und seinem Verhältnis zur römischen Kirche (Brackmann) ab, um seine Bedeutung für die Geschichte des werdenden deutschen Volkes zu erweisen. Erdmann beteiligte sich, indem er die Anfänge des Namens »Deutsch« skizzierte.80 Denn die frühesten Belege stammen aus dem späten 8. und frühen 9. Jahrhundert, also aus der Zeit Karls des Großen. Sie zeigen aber auch, dass von einem deutschen Volk noch keine Rede sein konnte. Die heutige Forschung würde dessen Entstehung noch weiter hinausschieben und die Bedeutung der Begriffe noch komplexer beschreiben.81 Für Erdmann lag zudem ein Hintersinn darin: Wie konnte man sich für Widukind als Helden der deutschen Geschichte begeistern, wenn es ein deutsches Volk noch gar nicht gab? Gerne wies er auf die antiken und christlichen Wurzeln der deutschen Geschichte hin. Die Idee der Reichseinheit sei überhaupt zuerst in der karolingischen Geistlichkeit, bei den Bischöfen vor allem, zu finden. Damit konterkarierte er den antichristlichen Furor, den die nationalsozialistischen Schwarmgeister vor sich hertrugen. Auch die Bemerkung, wer im Ausland lebe, sehe besser, was das Eigene vom Fremden

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unterscheide, dürfte gerade den nationalbewussten Leser nicht erfreut haben.82 Als er in einer populärwissenschaftlichen Zeitschrift seine Auffassung noch einmal unterstrich, erschien im »Schwarzen Korps«, dem »Organ der Reichsführung SS «, eine Stellungnahme, die ihn wüst attackierte: Jener »gelehrte Herr« habe sich mit seiner »wissenschaftlichen ernsten Arbeit in die Front jener gestellt […], welche sich mit allen Mitteln und unter allen Umständen gegen uns stemmen. Wir fürchten sogar, daß sie sich bewußt gegen uns stellen. Wer nämlich heute noch die Meinung vertritt, daß es ein Verdienst Karls sei, für ›die Einbürgerung der lateinischen Kultur Entscheidendes getan zu haben‹ [ein Zitat aus Erdmanns Artikel], dem sagen wir den Kampf an!«83 Doch Erdmann ließ sich davon nicht irritieren, sondern nahm die Kampfansage als Auszeichnung an. Darauf sei er »ungeschminkt stolz«.84 Denn das kleine Büchlein hatte ungeahnten Erfolg, sogar in Staat und Partei. Rosenberg musste klein beigeben und versicherte, Karl den Großen nie als »Sachsenschlächter« bezeichnet zu haben. Die einschlägigen Stellen im »Mythus des 20. Jahrhunderts« wurden korrigiert. Die Unterwerfung der Sachsen galt jetzt als Folge eines »germanisch begründeten Willen[s] zur Macht«.85 Genüsslich notierte Joseph Goebbels in sein Tagebuch, wie der »Führer« sich gegen alle Versuche gewandt habe, »die deutsche Geschichte zu entwerten. […] Auch Karl der Große gehört zu uns. […] Rosenberg, gegen den das geht, sitzt stumm und grollend dabei.« Er selbst, Goebbels, habe »keine Lust, den ganzen deutschen Kulturbesitz so nach und nach unterhöhlen zu lassen. Am Ende bleiben aus unserer Geschichte nur noch Widukind, Heinrich der Löwe und Rosenberg übrig.«86 Noch 1942 hallte der Streit nach, als sich Goebbels an den »Unsinn erinnerte, eine große Persönlichkeit der deutschen Geschichte herauszupicken und an ihr die nationalsozialistische Kritiksucht zu erproben«. Man müsse die deutsche Geschichte »hinnehmen, wie sie ist. Wenn wir den Standpunkt vertreten wollten, daß unsere Geschichte, so wie wir Nationalsozialisten sie uns denken und wünschen, überhaupt erst mit uns angefangen hat, dann würden wir damit eine zweitausendjährige deutsche Vergangenheit ausstreichen und als Parvenüs in das moderne Weltbild eingehen.« Eine solche Kurswendung wie damals bei der Beurteilung Karls des Großen könne man sich nicht oft erlauben.87 Die nationalsozialistische Geschichtspropaganda richtete sich nämlich mittlerweile nicht mehr auf eine germanische Frühzeit, sondern auf das

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244 Kämpfende Wissenschaft mittelalterliche Reich mit seinem theoretisch universalen, faktisch europäischen Anspruch. Karl der Große, imperator Romanorum und pater Europae, nahm darin einen herausragenden Platz ein. »Reichsfreudigkeit« wurde nunmehr verlangt und im Inland wie im Ausland entsprechend honoriert. Eine französische Division der Waffen-SS wurde daher »Charlemagne« genannt. Jeder der Offiziere erhielt einen Porzellanteller mit der Aufschrift, das Reich Karls des Großen werde durch Adolf Hitler verteidigt.88 Mit Widukind dagegen ließ sich kein europäischer Anspruch begründen. Er wurde in eine Gedenkstätte in der ostwestfälischen Provinz abgeschoben. Goebbels hatte recht, als er sich an den Sommer 1935 erinnerte: Tatsächlich hatte der von Erdmann organisierte Widerspruch deutscher Historiker Aufsehen erregt. Es sprach sich herum, dass die Aufregung zunächst groß war, dann aber die Partei das Steuer herumwarf.89 In den einschlägigen Blättern gab es noch Gegenwind und einige Stellungnahmen fielen so unverschämt aus wie jene gegen Erdmann. Den acht »Geschichtsforschern« wurde »geistige Starrheit«, »nationale Instinktlosigkeit« und fachliche Inkompetenz vorgeworfen, Unkenntnis der Biologie und Taubheit gegen die »Stimme des Blutes«, Erdmann sogar die ›undeutsche‹ Schreibweise seines Vornamens.90 Doch in den ernst zu nehmenden Veröffentlichungen war die Zustimmung zur Intervention der Fachleute einhellig. Hitler, der »dezidierte Nichtakademiker«, der bekanntlich mit den »Profaxen« nichts anfangen konnte, aber andererseits über 4500 hingerichtete Sachsen nicht streiten wollte, wenn ihr Tod dem Machtaufbau gedient hatte, sprach schließlich ein Machtwort. Das Pamphlet eines »Tierarztes«, der Karl den Großen als »fremdrassig« beschimpfte, sein Geschlechtsleben als »rein asiatisch«, seine Gesichtszüge als »überwiegend mongolisch« qualifizierte, soll das Fass zum Überlaufen gebracht haben.91 Mit Hitlers Nürnberger Parteitagsrede im September 1935 war die Debatte entschieden, Karl der Große durch einen infalliblen »Führer« rehabilitiert. Presse und Propaganda wurden dementsprechend instruiert.92 Erdmann konnte Hampe schon im Mai euphorisch mitteilen, man habe »auf der ganzen Linie« gesiegt. Die neue Richtung glaubte er unmittelbar durch das Büchlein beeinflusst.93 Um seinen eigenen Anteil machte er nicht viel Aufheben. Doch wer sich auskannte, wusste Bescheid. Beim Sommerfest des Berliner Seminars wurde der Name des stillen Triumphators in holprigen Versen besungen:

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Erdmann warf mit Theodisce, Preisend Karls des Großen Werk, Dafür kommt er übermorgen In den Stab von Rosenberg.94

Nur Albert Brackmann machte sich immer noch Sorgen. Aus den Reaktionen auf das Buch geht auch hervor, dass der kundige Leser wusste, worum es eigentlich ging. Sogar die Gegenseite ahnte, dass das nationale Argument, also der Verweis auf französische Ansprüche, nur einen Vorwand darstellte. Erst recht von den Sympathisanten wurde »Karl der Große oder Charlemagne?« als »ein tarnender Titel« verstanden.95 Und in der liberalen Zeitschrift »Die Hilfe«, redigiert von Theodor Heuss, war klipp und klar zu lesen, dass der Fall Karls des Großen »nur als sichtbar gemachtes Beispiel für die allgemeine Frage der frei verantwortlichen geschichtlichen Erkenntnis« stehe. Diese habe »durch die gemeinsame saubere Arbeit der acht Gelehrten eine nicht gering zu wertende Sicherung« erfahren.96 Erdmann fühlte sich verstanden. Denn die drohende Revision des Geschichtsbilds: Das war der Punkt, auf den es ihm ankam. Die Besprechung in der »Hilfe« gefiel ihm von allen Rezensionen am besten: Sie »unterstreicht die Sache sehr schön und erkennt unserer Veröffentlichung ausdrücklich politische Bedeutung zu«.97 Und als die Sache ausgestanden war, regte sich nicht die Hoffnung, dass Karl der Große in der deutschen Geschichte verblieb (darum war es nie gegangen), sondern dass »die Wissenschaft sich behaupten kann«.98 Erdmann ließ es sich nicht nehmen, ein Exemplar des Buchs an Walter Frank zu schicken. Gerade ihm, seinem geschätzten Gegenspieler, wollte er zeigen, wo er stand. Schließlich hatte er es fertiggebracht, eine Anzahl von Professoren zum kollektiven Widerspruch zu bewegen. Friedrich Meinecke wollte Ähnliches, hatte aber keinen Erfolg damit, aus welchem Grund auch immer. Fritz Hartung verlangte kompromisslosen Widerstand gegen die Geschichtsauffassung der Partei und beließ es dabei.99 Ein unbedeutender Privatdozent brachte also fertig, was prominente Vertreter der Zunft nicht ins Werk setzen konnten. Erdmann hat damit ebenso Entschiedenheit wie Beharrlichkeit und Courage bewiesen, jenen »Männerstolz vor Königsthronen«, den Erich Caspar bei seinen Professorenkollegen so schmerzlich vermisst hatte.100

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»Der Tag von Erfurt« Wir erinnern uns: Erdmann sah sich seit Anfang der 1930er-Jahre als Mitglied der Historikerzunft, etwas widerstrebend zwar, aber keineswegs frei von Ambition. Er ging unbefangen mit Professoren um, die seine Lehrer hätten sein können, und ahnte, dass ihm die Zukunft gehören könnte.101 Um dieselbe Zeit trat er dem Verband Deutscher Historiker bei; denn auch das gehörte mittlerweile zum Aufbau einer Karriere. Ausgangs des 19. Jahrhunderts ins Leben gerufen und von manchen eher als Schnurre angesehen, hatte sich dieser zur unentbehrlichen Standesorganisation entwickelt, die die Belange des Fachs gegenüber Politik und Öffentlichkeit vertrat.102 Nach dem Krieg, als die allgemeine Not auch die Universitäten erreichte und gerade die Rolle der Historie heiß diskutiert wurde, schien dies wichtiger als vor 1914. An den (halbwegs) regelmäßig stattfindenden Versammlungen des Verbands nahm Erdmann kein einziges Mal teil. Aber er war guten Willens und zog die Teilnahme wenigstens in Erwägung. Wichtig war ihm das nicht. Am Vereinsleben beteiligte er sich nicht. Trotzdem spielte er einmal in den Planungen des Verbands eine Rolle. Das hatte er sowohl seinen wissenschaftlichen Fähigkeiten als auch seinem Einsatz für Karl den Großen zu verdanken. Der Verband Deutscher Historiker war in den frühen 1930er-Jahren in eine veritable Krise geraten. Intern drängte die nachrückende Generation (die »Junioren«, die gar nicht mehr so jung waren) auf mehr Teilhabe an den Vorstandsgeschäften. Denn der generationelle Austausch ging dort von jeher nur langsam vonstatten. International hatte der Verband die deutschen Interessen zu vertreten, musste es aber hinnehmen, dass nach dem Internationalen Kongress in Warschau seine Repräsentanten (Brandi und Schramm) öffentlich des unpatriotischen Verhaltens beschuldigt wurden. Sie wussten sich nur mit einer (ebenso hilf- wie wirkungslosen und außerdem völlig antiquierten) Duellforderung zu wehren. Erdmann fand das »erfreulich«, einen Lichtblick in sich verfinsternden Zeiten. Auf nationaler Ebene schließlich kam es darauf an, die Selbstständigkeit des Verbands zu erhalten und sich – so gut es ging – dem Zugriff von Staat und Partei zu entziehen. Damit hatten alle Beteiligten vollauf zu tun. Die für 1934 vorgesehene Versammlung der deutschen Historiker kam deshalb nicht zustande.103 Als ein Jahr später ein neuer Anlauf unternommen wurde, kam auch Carl Erdmann in Betracht. Wir wissen zwar nicht, was Karl Brandi, der Vor-

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sitzende, ihm schrieb; aber allem Anschein nach wurde er nicht nur um einen Vortrag, sondern auch um eine allgemeine Einschätzung, um ein »Bedenken« gebeten. Erdmann nutzte die Chance, um ebenso bescheiden wie entschieden seine Meinung darzulegen.104 Unbedingt hielt er eine Versammlung der Historiker für sinnvoll; denn es sei an der Zeit, sich öffentlich bemerkbar zu machen und unmissverständlich Farbe zu bekennen. Allenthalben werde nach »geschichtlicher Wertung« verlangt, nach einem Geschichtsbild, das Orientierung vermittelt. Aber die Wissenschaft nehme daran keinen Anteil und laufe Gefahr, sich um den »letzten Rest von Ansehen« zu bringen. Das sei »einigermaßen kläglich«. Man müsse alles tun, um verlorenen Boden zurückzugewinnen, allerdings nicht durch Anpassung oder Selbstgleichschaltung, wie sie Wilhelm Mommsen praktiziere, sondern durch »Kampf«. Erdmann machte sich Walter Franks Forderung einer »kämpfenden Wissenschaft« zu eigen, nahm aber ganz andere Gegner ins Visier: − Rosenbergs »Mythus des 20. Jahrhunderts«; − die »tödliche Einseitigkeit« von »Blut und Boden«; − die »Herrschaft der Biologie«. Eine bloße Rückkehr zum Primat der politischen Geschichte kam auch für Erdmann nicht infrage und er gab zu, dass das »Volkstum« in den Mittelpunkt der Geschichtsbetrachtung gehöre.105 »Aber eben das Volkstum, nicht die Rasse; die geprägte Form, nicht das Material; das Schicksal, nicht die Biologie.« Er hätte auch sagen können: die geschichtliche Entwicklung der kulturellen Verhältnisse in Deutschland. Außerdem solle der nächste Historikertag die grundlegenden Fragen von Objektivität und Politik diskutieren. Der »Absprung ins Politische«, den die Anhänger Widukinds verlangt hatten, dürfe nicht in der Art Wilhelm Mommsens vorsichtig umgangen, sondern müsse zum Gegenstand einer öffentlichen Debatte gemacht werden. Erdmann konnte sich vorstellen, dass dafür eine Art Podium mit kurzen Referaten und mehreren Diskutanten eingerichtet würde. Das hatte es bisher bei Historikertagen nicht gegeben. Aber der Gegenstand war zu brisant, um nicht mit programmatischem Anspruch angegangen zu werden: »es ist ein heißes Eisen, aber wenn wir es nicht anfassen, danken wir eben ab.« Der Historikertag hätte auf diese Weise »eine

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248 Kämpfende Wissenschaft Art Kundgebung gegen Rosenberg« werden können und er hätte fortgesetzt, was Erdmann mit »Karl der Große oder Charlemagne?« so erfolgreich begonnen hatte. Er nannte auch die Namen von Kollegen, die man ansprechen könne, von denen er also annahm, dass sie ähnlich wie er dachten: die Vertrauten Walther Holtzmann und Gerd Tellenbach, Hermann Heimpel (mit dem er sich einig wusste), Heinrich Dannenbauer (der sich soeben mit seiner Tübinger Antrittsvorlesung auf die Seite der Rosenberg-Kritiker geschlagen hatte106), »natürlich« (?) Karl August Eckhardt (der Erdmann und seine Mitstreiter gewarnt hatte), den Göttinger Rechtshistoriker Herbert Meyer (dem er aber eher einen »dekorativen« Vortrag zutraute), von den Neuzeithistorikern Fritz Hartung und Hans Rothfels. Dass Rothfels wegen seiner jüdischen Herkunft bereits unter massivem Druck stand, wusste er entweder nicht oder er unterschätzte das Problem. Sogar an Walter Frank als Vertreter der Gegenseite dürfe man denken; aber rasch verwarf er den Gedanken wieder. Noch glaubte er, man habe das Heft in der Hand. Hätte sich Erdmanns Vorschlag verwirklichen lassen, dann wären Vertreter der älteren (Brandi, Meyer), einer mittleren (Hartung, Rothfels, Holtzmann) und der jüngeren Generation (Dannenbauer, Eckhardt, Heimpel, Tellenbach sowie Erdmann selbst) gemeinsam aufgetreten. Allenthalben wurde Jugendlichkeit demonstriert und den noch nicht Vierzigjährigen ein intellektuelles Vorstreitrecht zuerkannt: »Das Wort der Jungen wiegt heute mehr.«107 Erdmann hielt das für töricht. »Alte und Junge« sollten reden. Der Historikerverband hätte sich auf diese Weise zu seiner Vergangenheit bekannt und wissenschaftliche Kontinuität zu seinem Daseinszweck erklärt. Es kam alles ganz anders. Brandi dachte gar nicht daran, Erdmanns Vorschlägen zu folgen, sondern verständigte sich mit den Vertretern der anderen beteiligten Fachverbände auf ein Tableau von Referenten, unter denen die nationalsozialistischen Historiker die Mehrheit gehabt hätten.108 Doch auch daraus ist nichts geworden. Auch 1935 fand kein Historikertag statt. Das Reichswissenschaftsministerium legte sich quer, die geplante Versammlung musste kurzfristig verschoben, also abgesagt werden. Der Vorsitzende selbst geriet zunehmend unter Druck und musste es hinnehmen, dass ihm der Mediävist Theodor Mayer und der Neuzeithistoriker Walter Platzhoff (beide »politisch einwandfrei«) als Vertreter des Verbands zur Seite gestellt und alle drei mit dessen »Reform« beauftragt wurden. Brandi durfte weiterhin die

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deutsche Geschichtswissenschaft auf internationaler Bühne vertreten; denn seine Fähigkeiten und Erfahrungen schienen nach wie vor unentbehrlich. Aber als »Führer« der deutschen Historiker waren seine Tage gezählt. Im Januar 1937 trat er von seinem Amt zurück und legte es Platzhoff »in die Hände«. Eine Wahl gab es nicht.109 Immerhin gelang es Brandi, doch noch die Weichen für den ersten (und einzigen) Historikertag im nationalsozialistischen Deutschland zu stellen und als Tagungsort Erfurt zu bestimmen – Erfurt wegen der zentralen Lage und deshalb, weil er meinte, dort den passenden »historischen und idealistischen Hintergrund« vorzufinden.110 Einfluss auf die Auswahl der Redner hatte er jedoch nicht. Diese besorgte fast ausschließlich Walter Frank, der als Präsident des »Reichsinstituts für Geschichte des neuen Deutschlands« als Mitveranstalter auftrat und der ganzen dreitägigen Versammlung seinen Stempel aufdrückte. Er gab ihr sogar einen klingenden und bezeichnenden Namen: »der Tag von Erfurt«. So wie Hindenburg und Hitler beim »Tag von Potsdam« Geschlossenheit demonstriert hatten, so sollte der »Tag von Erfurt« die Geschlossenheit der Historikerschaft unter neuer Führung erweisen.111 In der Eröffnungsansprache, die Frank für sich reserviert hatte, zog er eine Bilanz seiner Erfolge. Er bemühte Friedrich Nietzsche, Richard Wagner und Adolf Hitler, konfrontierte die Männer der Bildung (erneut ist von den »Griechlein« die Rede) mit denen der Tat und pries sein Reichsinstitut als Hort einer »neuen Wissenschaft«: umfassend, interdisziplinär und praxisorientiert, getragen von einer Riege junger Wissenschaftler, die aus purem Enthusiasmus heraus ihre eigenen Forschungsfelder kreiert hätten. »Leyer und Schwert«: Das sei das Zeichen, unter dem sie stünden, »Kampf« ihr Prinzip.112 Einige von ihnen ließ er in Erfurt auftreten: den Althistoriker Hans Bogner, der sich von der Geschichtsschreibung des Thukydides abgrenzte, das »Wunderkind« Christoph Steding mit einem Vortrag über die jüdisch-marxistische »Zersetzung« und die »Reichsfeindlichkeit« der Kulturgeschichte, Wilhelm Grau mit ähnlichem Tenor über das »Haus Rothschild«, Kleo Pleyer, dessen Rede über ethnische Grenzen in Ostmitteleuropa die Zuhörer »mitten hineinriß in die Gewalt des völkischen Grenzkampfes«. In der Öffentlichkeit konnte der Eindruck entstehen, Frank lasse sein Institut in Gestalt der Mitarbeiter paradieren.113 Andere meinten, einen Heerführer mit reisigem Tross zu erleben, der von seiner »Zwingburg«, dem Reichsinstitut, einen Ausfall in das umliegende Land unternimmt.114

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250 Kämpfende Wissenschaft Nur einer von ihnen hatte das 40. Lebensjahr überschritten; der Jüngste, Wilhelm Grau, war noch keine 27 Jahre alt geworden. Und auch sonst kamen die Jungen zum Zuge. Von den über 50-Jährigen wurde nur Heinrich von Srbik aus Wien eingeladen, der prominenteste Vertreter einer gemeinsamen deutsch-österreichischen Geschichtsauffassung. Ihn wollte man, um die gesamtdeutsche Verpflichtung des Verbands wie des Reichsinstituts (dessen Beirat er angehörte) zu unterstreichen. Sein diplomatiegeschichtlich-kleinteiliger, also ziemlich konventioneller Vortrag hat niemanden gestört, sondern wurde allgemein und pflichtschuldig gepriesen, nämlich als Einführung in die Geschichtsbetrachtung der Zukunft. Keine neun Monate später war der »Anschluss« Österreichs vollzogen. Der Mohr hatte seine Schuldigkeit getan. Als das »Dritte Reich« seinem Ende entgegentaumelte, meinte Srbik, man habe ihn – nämlich als gesamtdeutsches Aushängeschild – missbraucht. Wie bereitwillig er sich hatte missbrauchen lassen und wie wenig er sich gegen die ihm angetragene Rolle eines »Vertrauensmann[s] des heutigen Deutschland« gesträubt hatte, vergaß er.115 Mittleren Alters waren nur vier Referenten. Alle anderen durften als »jung« gelten: der 36-jährige Germanist Otto Höfler und der 37 Jahre alte Erich Maschke ebenso wie der nur wenig ältere Österreicher Otto Brunner (wie Carl Erdmann Jahrgang 1898), der mit einem nicht leicht zu kategorisierenden Vortrag andeutete, dass er eigene, ebenso zukunftsweisende wie zeitgebundene Wege gehen würde. Auch damit war ein radikaler Bruch mit der älteren Forschung verbunden. In Wien freute man sich, der deutschen Forschung um eine Nasenlänge voraus zu sein.116 Die Generation der Geheimräte hatte endgültig nichts mehr zu bestellen. Walter Frank durfte jubeln, dass »das Junge und Neue mit elementarer Gewalt und doch zugleich in gezügelter Kraft durchgebrochen« sei, und auch in der Presse wurde die »Verjüngung« begrüßt: Was man hörte und sah, schien »herrlich neu und jung«.117 Zweifellos konnte Walter Frank den »Tag von Erfurt« als Erfolg verbuchen, als »erste Durchbruchschlacht«, wie er selbst meinte.118 Er hatte den Historikertag zum Aufmarsch der nationalsozialistischen Geschichtswissenschaft umfunktioniert. Den spektakulären Höhepunkt markierte der Auftritt des baumlangen Jenenser Professors Günther Franz in schwarzer SS-Uniform.119 Doch nicht alles war Gold, was da glänzte. Franks Behauptung, der Erfurter Historikertag sei der »meistbesuchte« von allen gewesen, war schlicht eine Lüge.120 Einige prominente Fachvertreter vermieden es, in Erfurt zu er-

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scheinen, und wurden wahrscheinlich schmerzlicher vermisst als Carl Erdmann, der ebenfalls bewusst fernblieb.121 Auch erlebte nicht jeder jeden Vortrag als Sternstunde. Christoph Stedings monotone Ansprache, von Frank entweder als »Zwiegespräch mit dem Weltgeist« bezeichnet oder als »Selbstgespräch«, das »durch die zwingende Kraft des Gedankens das vielhundertköpfige Publikum im Banne atemloser Spannung hielt«, empfand Fritz Hartung als »ziemliche Katastrophe«, sowohl inhaltlich als auch formal.122 Bei den Referaten zur antiken und mittelalterlichen Geschichte war Franks Einfluss weniger spürbar. Er hatte denn auch einiges an ihnen zu bemängeln. Gerade sie boten Stoff zur Diskussion und ließen Spannungen offenbar werden. Der Althistoriker Alexander von Stauffenberg, Bruder des späteren Attentäters, wurde heftig attackiert, weil er den Germanen ungermanisches Verhalten unterstellte. Vor allem der Hamburger Privatdozent Rudolf Buchner tat sich dabei durch sein aggressives Auftreten hervor. Nur wer ihm weltanschaulich nahestand, konnte daran etwas »sympathisch« finden. Noch Jahrzehnte später sollte die Verletzung der Anstandsregeln nachhallen.123 Umgekehrt verlief die Debatte, als der Kieler Altgermanist Otto Höfler, Nationalsozialist der ersten Stunde und »intellektuelles Zugpferd« von Franks Reichsinstitut, seine These einer germanischen Kontinuität nicht nur der kulturellen, sondern auch der »völkischen« Substanz nach propagierte.124 Endlich ging Hermann Heimpel aus der Deckung und machte sich zum Sprecher derer, die sich unbehaglich fühlten: Man dürfe nicht das Mittelalter in seine germanischen und christlichen Bestandteile zerlegen und seine »schicksalhafte Verkettung mit dem antiken und dem christlichen Romgedanken« übersehen; nur dadurch seien die Germanen zum »Weltvolk« geworden. Heimpels Votum war nach wie vor höflich abwägend und entsprach jener ambivalenten Grundhaltung, die er auch künftig nicht ablegte. Ein besonderes Risiko ging er damit nicht ein. Das ließ Tellenbach als Augenzeuge selbst im Abstand von 50 Jahren nicht gelten. Vielmehr habe ihn seine Eitelkeit vor großem Publikum beflügelt.125 Aber Heimpels Einwand erregte allgemein Aufsehen. In den Zeitungen wurde er mehrfach zitiert. Walter Frank glättete die Wogen, indem er versicherte, auf nichts verzichten zu wollen, weder auf Karl den Großen noch auf Widukind, weder auf Friedrich Barbarossa noch auf Heinrich den Löwen, und auch dem Anteil des Christentums müsse man gerecht werden. In seinen Worten klang noch der Streit um Karl den Großen und Widukind nach, den

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252 Kämpfende Wissenschaft der von Erdmann organisierte Widerspruch der »acht deutschen Geschichtsforscher« entschieden hatte. Frank hatte er das Büchlein geschickt, mit Heimpel hatte er sich im Grundsatz des Getrenntmarschierens verständigt. Insofern war er am »Tag von Erfurt« beteiligt, ohne anwesend zu sein.

Heinrich I., Heinrich Himmler und die SS Um die Zeit des Erfurter Historikertags erklärte Erdmann seinem verdutzten Vorgesetzten, dass auch die Monumenta Germaniae Historica (bei denen er jetzt beschäftigt war) ihre Tätigkeit »politisch« auffassen sollten, nur in umgekehrtem, in oppositionellem Sinn, gegen das Regime und dessen Geschichtsbild: Man müsse die Nation zum Aufhorchen bringen. Warnungen vor »politischen Komplikationen« wies er zurück, indem er an den Erfolg von »Karl der Große oder Charlemagne?« erinnerte. Entschiedenheit zahle sich aus. Sein Gegenüber dankte für so viel Offenheit, »hat sich aber innerlich vermutlich bekreuzigt«.126 Erdmann scheute sich nicht, mit der Politik in Berührung zu kommen, und er glaubte sogar, auf sie einwirken zu können. So viel Mut brachte er auf. Das konnte aber nur von einem fachlich und sachlich unanfechtbaren Standpunkt aus geschehen. Er wehrte sich gegen den Missbrauch der Geschichte um eines weltanschaulichen Vorteils willen und war bereit, die Wissenschaft gegen die Politik in Stellung zu bringen. Grundsätzlich und bedingungslos sollte sie einen unabhängigen Standpunkt einnehmen und ihren eigenen Regeln gehorchen. Im Streit um Karl den Großen hatte er den Erfolg gesucht. Dass er ein zweites Mal der Politik widersprach, ergab sich fast zufällig. Ab 1936 reiste Erdmann regelmäßig im Spätsommer dorthin, wo er seine Jugend verbracht hatte: nach Blankenburg am Harz. Die frische Luft tat ihm gut, mehrtägige Wanderungen gehörten dazu. Zwar hatten die Nationalsozialisten auch hier ihre Gegner vertrieben oder mundtot gemacht: In dem Gebäude, das dem sozialdemokratischen »Harzer Boten« gehört hatte, hatte sich die NSDAP eingenistet; einige Straßen erhielten neue, zeitgemäßere Namen; die »Gartenstraße« hieß jetzt »Straße der SA«, die »Nordstraße« wurde nach dem General und Freikorpsführer Georg Maercker benannt; ein »Adolf-Hitler-Platz« durfte nicht fehlen. Oswald Spengler galt immer noch als großer Sohn der Stadt, hatte sich aber mit seinem letzten Buch die Sympathien

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der jetzt Herrschenden verscherzt.127 Der allgemein als grundstürzend empfundene politische Wandel hatte auch in Blankenburg sichtbare Spuren hinterlassen und Carl Erdmann war davon insofern betroffen, als man seinen früheren Lehrer und Mentor Ernst Witte aus dem Vorsitz der Gesellschaft »Literaria« gedrängt hatte. Aber noch war die Stadt nicht das »Verräternest«, zu dem sie in den Kriegsjahren werden sollte.128 Besucher aus Berlin konnten unbeschwerte Urlaubstage hier verbringen. Erdmann wohnte beim Ehepaar Witte, mit dem ihn ein enges Vertrauensverhältnis verband. Nicht immer war man einer Meinung und es gab Diskussionen, die sogar den Keim eines Konflikts in sich trugen. Ernst Witte verlangte von Erdmann, sich in politischen Dingen flexibler zu verhalten und nicht so sehr auf die wenig erfreuliche Gegenwart, sondern auf seine Zukunft zu schauen. Sogar mit Walter Frank könne man sich arrangieren. Indem er ihm mehr Biegsamkeit vorschlug, warf er ihm Unbeugsamkeit vor. Erdmann gab zu, sich in seinen »Ansichten« über einzelne Sachverhalte irren zu können, über künftige Geschehnisse sowieso. In diesen Dingen müsse man sich ständig überprüfen und es lohne sich nicht, dafür »auf den Scheiterhaufen zu steigen«. An seiner »Gesinnung« jedoch wollte er keinerlei Abstriche machen. Mit einer »Weltanschauung«, die er für unsittlich hielt, könne er sich nicht einmal »nur äußerlich« einverstanden erklären. Dem Vorschlag, sich Zeit zu nehmen und erst einmal sein Schäfchen ins Trockene zu bringen, erteilte er eine Absage. Allenfalls dürfe man fallweise schweigen und auf lautstarkes Opponieren verzichten, ohne Tadel auf sich zu ziehen. Witte meinte es zweifellos gut mit seinem früheren Schüler; doch der blieb im Grundsätzlichen unerbittlich. Er beharrte auf seinem Standpunkt, weil er auch dann noch zum Optimismus berechtigte, als dafür immer weniger zu sprechen schien. Blankenburg, fern vom Berliner Getriebe, schien der richtige Ort für solche Gespräche und das Wenige, was wir über deren Inhalt erfahren, lässt erkennen, dass Erdmanns eigensinniges Verhalten sich nicht spontan aus diversen Situationen ergab, sondern auf Überlegungen weniger politischer als moralischer Art beruhte.129 Doch Erdmann begnügte sich nicht mit gesunden Wanderungen und anstrengenden Gesprächen. Vielmehr ging er auch im Urlaub seiner Profession nach und arbeitete sich in die Geschichte der Harz-Region ein. Für den Mediävisten bedeutete das, sich mit Heinrich I. zu befassen: dem Herzog von Sachsen, König des Ostfränkischen Reichs, gestorben in Memleben, bestattet

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254 Kämpfende Wissenschaft in Quedlinburg, keine 20 Kilometer von Blankenburg entfernt. Als man dort seinen 1000. Todestag beging, wurde er als »unser Harzkönig« gefeiert.130 Schon die örtliche Erinnerung an ihn konnte also dazu anregen, seine Spur in der deutschen Geschichte zu verfolgen. Sensibilisiert durch den Streit um Karl den Großen, musste sich Erdmann auch dafür interessieren, wie Heinrich I. von Vertretern der nationalsozialistischen Ideologie in Anspruch genommen wurde. Hatte er sich gegen Rosenberg und die ihn umgebenden Schwarmgeister fast mühelos durchsetzen können, so bekam er es nun mit Heinrich Himmler und der SS zu tun. Wieder ging es um eine drohende Revision des Geschichtsbilds und insofern, als Heinrich I. über seine (zweite) Ehefrau mit dem Sachsen Widukind verwandt war, gab es tatsächlich eine lose Verbindung zwischen den Themen. Von Widukind, einem »Kämpfer für die Freiheit«, zu Heinrich, dem »König aller Deutschen«, schien es nicht weit.131 Erneut musste sich die professionelle Geschichtsforschung fragen, wie sie damit umgehen wollte. Allerdings schien jetzt noch mehr Vorsicht geboten. Die SS war ein anderes Kaliber als Rosenbergs »Dienststelle für die Überwachung der gesamten geistigen und weltanschaulichen Erziehung der NSDAP«. Heinrich Himmler wusste sich eng mit Heinrich I. verbunden, sei es, dass er tatsächlich glaubte, dessen Reinkarnation zu sein, sei es, dass er sich mit einer weniger mysteriösen Beziehung begnügte. Sein Leibarzt berichtete später, Himmler habe sich in einem steten Zwiegespräch mit dem König befunden und oft von dessen Taten gesprochen. Er sah sich in der Nachfolge jenes Herrschers, der als Erster den Osten als natürlichen Expansionsraum des deutschen Volkes erkannt und erstaunlich schnell seine geschichtliche Aufgabe, die Schaffung des ersten Deutschen Reichs, erledigt habe. Das eine wie das andere hat ihn fasziniert. Gerne ließ er sich mit »König Heinrich« titulieren. Auch seine Geliebte tat ihm den Gefallen.132 Öffentlich wurde Himmlers Vorliebe bei der Tausend-Jahr-Feier in Quedlinburg, die die SS inszenierte. Ursprünglich war sogar geplant worden, nahe beim Königsgrab eine »SSWehrbauernsiedlung« zu errichten. Deren Bewohner sollten »symbolisch« die »dauernde Totenwache« übernehmen. Doch das Vorhaben scheiterte, ganz banal, am fehlenden Geld.133 Nur eine »Staatsfeier« mit zahlreichen Ehrengästen (allerdings ohne den »Führer«, der kurzfristig absagte) kam zustande. Deren Höhepunkt stellte Himmlers Gedenkrede in der Krypta der Servatius-Kirche dar. Sie zeichnete ein Charakterbild, das aus einer Summe angeb-

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lich germanischer Tugenden bestand: Treue, Führungsstärke und Groß­ zügigkeit, Bodenständigkeit und Reinheit des Blutes, die »offene männliche Aussprache«. Leicht ließ sich der Bogen bis in die Gegenwart schlagen, weil die »alte« »germanische« Treue ja auch Adolf Hitler geschuldet werde.134 Erneut wurde der Missbrauch von Geschichte proklamiert, und wer dem »Reichsführer SS« zu Gefallen sein wollte, verhielt sich entsprechend. Bedenkenlos wurden scheinbare Analogien ausgeschlachtet, um das Jahr 919 (Wahl Heinrichs) mit 1919 (Gründung der NSDAP), 924 (Heinrichs Niederlage gegen die Ungarn) mit 1924 (Hitlers Festungshaft in Landsberg) und 933 (Sieg bei Riade nahe Unstrut oder Saale) mit 1933 (die sogenannte Machtergreifung) zu vergleichen. Heinrich und Hitler hätten im gleichen Lebensalter zu regieren begonnen und den »Deutschen Gruß« soll es damals auch schon gegeben haben: »König Heinrich, ein deutscher Führer«, »ein Führer vor tausend Jahren«.135 Die Beschäftigung mit dem frühen 10. Jahrhundert sei

Heinrich Himmler in der Heinrichsgruft in Quedlinburg, Mai 1936.

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256 Kämpfende Wissenschaft also »unerhört modern«. Bücher über Heinrich I. zu schreiben, wurde »große Mode«, sein Sohn Otto dagegen, gemeinhin »der Große« genannt, galt jetzt als »Römling«.136 Für wichtig hielt Himmler, dass der erwählte König auf die kirchliche Salbung und Krönung verzichtet hatte. Er schloss daraus, dass Heinrich nicht willens war, der Kirche ein Mitspracherecht in politischen Dingen einzuräumen. Völkische Autoren wie Alfred Thoß, Geschäftsführer des Bauernkontors der Nordischen Gesellschaft, Autor beim »Blut und Boden Verlag GmbH«, oder Franz Lüdtke, »Alter Kämpfer« und »Reichsführer« des »Bunds Deutscher Osten«, hielten es nämlich für ausgemacht, dass Heinrich die »Herren Prälaten« hasste und »artfremden [also christlichen] Lehren« in seinem Reich keinen Raum geben wollte.137 Man berief sich auf den Mönch Widukind von Corvey, der in seiner »Sachsengeschichte« sogar den angeblichen Wortlaut von Heinrichs Ablehnung kolportierte: »Es genügt mir, dass ich vor meinen Großen das voraus habe, dass ich wegen Gottes Wohlwollen und eurer Huld König genannt und dazu ausgerufen werde. Salbung und Krone aber sollen Besseren als mir zukommen; einer so großen Ehre halten wir uns für unwürdig.«138 Dem fügte man die jeweils passende Deutung hinzu. Die Verfasser eines »SS-Leithefts« ließen sich sogar eine psychologisierende Ergänzung einfallen: Um Heinrichs Lippen habe ein »feines […], kühles Lächeln« gespielt.139 Die eta­ blierte Geschichtsforschung bemühte sich um eine genauere, differenziertere Interpretation, kam aber ebenfalls kaum über das herkömmliche Bild von Heinrichs »Pfaffenfeindschaft« hinaus.140 Erdmann hatte also sowohl wissenschaftliche als auch wissenschaftspolitische Gründe, sich mit dem Thema zu befassen. Er tat das zweimal: einmal in Form eines wissenschaftlichen Aufsatzes und zum anderen mit einem Vortrag, den er – »zum Geldverdienen« – in Blankenburg hielt. Vermutlich hatte Ernst Witte den Kontakt zum dortigen Geschichtsverein vermittelt. Es hat allerdings nicht den Anschein, dass das zahlreiche Publikum wirklich verstand, worum es dem Vortragenden ging. »Die Ausführungen stellten an die Zuhörer große Anforderungen und mögen auch geteilt aufgenommen worden sein«, so heißt es lapidar in der Zeitung. Auch habe Erdmann sein Thema behandelt, »ohne die Frage nach der Nutzanwendung für die Gegenwart zu stellen«. Das war im Jahr 1938 kein leicht zu nehmender Vorwurf.141 Dass es gleichwohl einen Zeitbezug gab, geht aus dem wissenschaftlichen Aufsatz über den »ungesalbten König« hervor. Erdmann

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kam nämlich zu dem Ergebnis, dass Heinrich I. zwar nicht als Mann der Geistlichkeit angesehen werden könne und zunächst tatsächlich versucht habe, ohne diese zu regieren. Aber er habe aus der Erfahrung des Regierens gelernt und sei deshalb zur Gewohnheit seiner Vorgänger zurückgekehrt. Er habe die Dienste geistlicher Helfer zu schätzen gelernt und sich schließlich sogar vorgenommen, nach Rom zu ziehen und dort nachträglich die Salbung durch den Papst einzuholen. Heinrichs Sohn und Nachfolger Otto habe keineswegs etwas Neues begonnen, sondern fortgeführt, was der Vater in die Wege geleitet habe. Die Entstehung der Reichskirche könne man nicht als das »Verhängnis« der deutschen Geschichte bezeichnen.142 Ein solches Ergebnis wirkt nicht besonders spektakulär, es enthält aber eine Spitze gegen die in gewissen Kreisen herrschende Meinung. Wenn man das Argument weiterdenkt, gewinnt es sogar an Brisanz: Ein »germanischer Fürst«, ein deutscher Held wird sich selbst untreu und nimmt einen Kurswechsel vor. Mit der ihm unterstellten Kirchenfeindschaft war es nicht so weit her, dass er an ihr hätte festhalten müssen. Nach dem heutigen Forschungsstand würde man noch weniger mit ihr rechnen.143 Aber im Jahr 1936 und danach kam es darauf an, das von der ernsthaften Forschung Erreichte weiter zu differenzieren und den Angriffen auf die historische Rolle der christlichen Kirche mit wissenschaftlichen Argumenten entgegenzutreten. Fragen muss man sich nur: Wer las das »Deutsche Archiv für Geschichte des Mittelalters«, in dem der Aufsatz erschien? Himmler und die Seinen ganz bestimmt nicht. Erst in der nächsten Runde sollte der »Reichsführer SS« auf den Störenfried aufmerksam werden. Den Anlass dazu gab ein Zufall, ein glücklicher Fund. September 1937: Bei einem neuerlichen Aufenthalt in Blankenburg stieß Erdmann auf ein Manuskript aus dem späten 16. Jahrhundert, das in einer örtlichen Kunsthandlung zum Verkauf angeboten wurde. Er vermittelte den Ankauf durch die Berliner Staatsbibliothek, wo sich die Handschrift bis heute befindet.144 Ihr Inhalt – zwei Chroniken eines protestantischen Geistlichen in Quedlinburg – interessierte Erdmann nicht besonders. Umso aufmerksamer nahm er einige unbeholfene Verse zur Kenntnis, die auch Angaben zum Aussehen des Quedlinburger Königsgrabs im 16. Jahrhundert in sich schließen.145 Keiner von denen, die sich mit Heinrichs Leben und Sterben befassten, hatte darauf geachtet. Erdmann wollte also wissen, wie es sich mit dem Grab verhielt. Er trug die einschlägigen schriftlichen Quellen zusammen, wog die frühen gegen die späten Zeugnisse ab und führte sich die örtlichen Verhält-

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258 Kämpfende Wissenschaft nisse mitsamt den Ausgrabungsbefunden vor Augen. Mit Hermann Giesau, dem Provinzialkonservator in Sachsen-Anhalt, trat er in einen regen brieflichen Austausch.146 Erst im Laufe seiner Nachforschungen wurde ihm bewusst, dass er sich erneut auf ein Thema von politischer Tragweite eingelassen hatte. Dafür sorgte nicht nur das Interesse Heinrich Himmlers und der SS. Auch die Stadt Quedlinburg und die staatliche Denkmalpflege beteiligten sich eifrig daran, aus Grablege und Stiftskirche eine SS-Weihestätte werden zu lassen.147 Der Bürgermeister konnte sich durch seine Mitwirkung an den Feierlichkeiten profilieren, die Stadt nannte sich jetzt »König-Heinrich-Stadt« und die Denkmalpflege stellte ihre Bedeutung unter Beweis. Nicht nur dem »Führer«, sondern auch dem »Reichsführer SS« wurde »entgegen gearbeitet«, wo immer man konnte. Für alle daran Beteiligten sollte sich das Jubiläum als »ein Geschenk des Himmels« erweisen.148 Allein die evangelische Kirchengemeinde sperrte sich gegen ihre sukzessive Verdrängung und die dauerhafte Entfremdung der Kirche. Sie konnte sich aber mit ihren Eingaben und Einwänden nicht durchsetzen. Auch ein unterstützendes Gutachten des jungen Ernst Forsthoff half ihr nicht weiter. Seit dem Februar 1938 wehte die Fahne der SS über St. Servatii. Wie es Himmler in seiner Festrede angekündigt hatte,149 behielt die »Schutzstaffel« das Königsgrab in ihrer »Obhut« und gab es bis zum Kriegsende nicht mehr heraus. »Würdig«, »weihevoll« und »wissenschaftlich« sollte es von nun an dort zugehen – das alles freilich nur in nationalsozialistischem Sinn.150 Alljährlich bis 1944 wurde Heinrichs Todestag mit einer in Friedenszeiten pompösen, dann eher routinierten Feier begangen. Neben der Wewelsburg bei Paderborn und den Externsteinen bei Detmold etablierte sich das Königsgrab in Quedlinburg als dritter »heiliger Ort« der SS.151 Eine eigens gegründete »König Heinrich I. Gedächtnis-Stiftung« sollte weitere Forschungen ermöglichen und die Gedenkstätte erhalten. Nach 1945 wurden die baulichen Veränderungen mit der gleichen Dringlichkeit zurückge­ nommen, mit der sie seinerzeit vorgenommen worden waren. Erdmann konnte sich von den Veränderungen überzeugen, als er nach Quedlinburg fuhr und die Krypta in der »Verwaltung« der SS vorfand. Er hielt mit seinen Veröffentlichungsplänen nicht hinter dem Berg, was dazu führte, dass umgehend Heinrich Himmler persönlich über sie informiert wurde. Von dort wurde – ebenso unverzüglich – der Beauftragte des »Reichsführers« in Quedlinburg, Obersturmführer Dr. Höhne, angewiesen, sich um den Fall zu

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kümmern. Auf diese Weise kam Erdmann mit der SS in Kontakt.152 Rolf Höhne, geboren 1908 und im Alter von 23 Jahren Mitglied von NSDAP und SS, »Alter Kämpfer«, »gottgläubig«, Inhaber des Ehrendolchs der SS und offenbar auch äußerlich eine bedrohlich wirkende Erscheinung (Körperlänge: 185,5 cm, Schuhgröße: 46), gehörte zu jenen jungen, akademisch ausgebildeten Nationalsozialisten, die auf die Erfahrungen und das Wissen der älteren Generation verzichten zu können meinten und – allzeit »einsatzbereit« – den Dilettantismus nicht scheuten. Als promovierter Geologe war er zunächst als Leiter der Abteilung »Vor- und Frühgeschichte« im »Rasse- und Siedlungshauptamt SS« tätig, bevor er in den Persönlichen Stab des »Reichsführers« berufen wurde und die Durchführung der Grabungen in Quedlinburg ­ übernahm. Die personelle und ideologische Durchdringung aller vor­ geschichtlichen Arbeiten durch die SS beschrieb er in einem von Himmlers ominösem Ratgeber K. M. Weisthor (alias Karl Maria Wiligut) abgesegneten Positionspapier als sein Ziel.153 In Quedlinburg sah er es als seine Aufgabe an, den Grabungsbefund zu komplettieren und endlich auch die Gebeine König Heinrichs zu identifizieren. Himmler nannte es »beschämend«, dass sie nicht mehr an ihrem Platz lagen. Er machte den »Haß politisierender Würdenträger«, also die katholische Kirche, dafür verantwortlich.154 Höhne sah sich in der Pflicht und lieferte rechtzeitig vor dem nächsten Jahrestag ein scheinbar passendes Ergebnis: menschliche Überreste, die man unbekümmert ins 10. Jahrhundert datierte und als die Knochen Heinrichs I. identifizierte, außerdem ein »Stirnband mit Schmuckbesatz«, das – als Teil einer Hasenfellkappe – dem König gehört haben soll. Die Fundstellen wurden nicht dokumentiert, sondern alles mit einem Schleier des Geheimnisses umgeben. Unbedingt sollte der Eindruck vermieden werden, man habe gezielt nach den Gebeinen gesucht. Dem reinen Zufall habe man den Fund zu verdanken. Bei der zweiten Heinrichs-Feier wurden die angeblichen Überreste des Königs in einem neuen Steinsarkophag mit einer ebenso schlichten wie falschen Inschrift bestattet: Heinrich I. König der Deutschen 876–2. 7. 936

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260 Kämpfende Wissenschaft Heinrich hat einen solchen Titel nie geführt.155 Die lokale Presse jubilierte, Himmler führte das Kommando, das »Schwarze Korps« war ergriffen: »Schweigend stehen wir in mitternächtlicher Stunde vor den sterblichen Überresten eines unsterblichen Lebens und Werkes.«156 Damit war die offizielle Lesart fixiert. Wer sich ihr nicht anschließen wollte, bekam es mit der SS in Gestalt Rolf Höhnes zu tun. Ein Gastwirt machte eine kryptische Bemerkung und wurde verhört. Zweifel an der Echtheit der Gebeine hätten sonst aufkommen können.157 Der Küster der Stiftskirche erklärte bei seinen Führungen, man habe nur »kleine Knöchelchen gefunden, von denen man annimmt, dass sie von König Heinrich sein sollen«. Höhne drohte ihm einen »Sommerurlaub im Arbeitslager« an.158 Ein Wünschelrutengänger machte sich im Auftrag des Bürgermeisters erneut auf die Suche nach den Gebeinen und musste sich ebenso wie dieser dafür rechtfertigen.159 Immerhin befanden sich die Skeptiker in prominenter Gesellschaft: Percy Ernst Schramm,

Rolf Höhne (1908–1947).

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durch seine Arbeiten zu den mittelalterlichen Herrschaftszeichen ausgewiesen, schrieb über die Hasenfellkappe ein negatives Gutachten und nicht einmal Joseph Goebbels, der Reichspropagandaminister, glaubte an den Erfolg von Himmlers »Buddelei«.160 Ausnahmsweise stimmte Erdmann mit Goebbels überein. Allerdings hatten sie völlig verschiedene Motive. Goebbels buhlte um die Gunst des »Führers« und betrachtete die anderen Paladine als seine Rivalen; mit dem »teutschkultischen Unfug« eines Rosenberg oder Himmler fing er nichts an.161 Konnten sie Erfolge vorweisen, reagierte er mit Missgunst oder Spott. Erdmann dagegen gebrauchte wissenschaftliche Mittel, um seine Distanz zum Ausdruck zu bringen. Eigentlich hatte er nicht die Absicht, sich mit der SS anzulegen. Er ging sogar so weit, sein Material zur Verfügung zu stellen, und bat Höhne, seinen Namen aus dem Spiel zu lassen. Er war ja schon einmal vom »Schwarzen Korps« attackiert worden und legte keinen Wert auf eine Wiederholung.162 Trotzdem ließ er nicht locker und schrieb eine Reihe von Briefen, von denen mindestens einer (»ein weiterer Schrieb des Herrn Dr. Erdmann«) von einem sichtlich genervten SS-Untersturmführer an seinen Vorgesetzten weitergeleitet wurde.163 Erdmanns Ergebnis war eine Provokation für Höhne und die Organisation, die er vertrat. Dort, wo man bisher das Königsgrab vermutet und wo auch der Arbeitsstab der SS bevorzugt gegraben hatte, könne sich nur das im 11. Jahrhundert angelegte Grab eines unbekannten Heiligen befunden haben. Dafür spreche schon allein die sogenannte Confessio als typischer Bestandteil solcher Gräber. Auch die Aufbewahrung von Reliquien müsse man annehmen. Unmittelbar daneben könne man nur die Königin Mathilde bestattet haben; denn sie galt seit dem frühen 11. Jahrhundert als heilig. Das war insofern eine hübsche Pointe, als Mathilde vom SS -Arbeitsstab in Quedlinburg als unwürdige Witwe angesehen wurde, die Reichsgut an die Kirche verschleudert habe und nur wegen der Verdienste ihres Mannes oder wegen ihrer eigenen Abstammung vom Sachsenherzog Widukind noch am Ort geduldet wurde: »Sie hat zwar Deutschland sehr geschadet, der Reichsführer hat aber trotzdem einen Kranz niederlegen lassen. Wir sind ja gar nicht so.«164 Die ganze Anlage entpuppt sich somit als komplett christliche Memorialstätte. Daraus folgte für Erdmann »mit voller Bestimmtheit, daß Heinrich I., der nicht heilig war, gerade an dieser Stelle überhaupt nicht beigesetzt werden konnte […]. Diese Feststellung wirft allein schon alle bisherigen Deu-

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262 Kämpfende Wissenschaft tungen der Örtlichkeit über den Haufen.«165 An der Identität des weiß-grauen Marmorsteins mit der Grabplatte hatte er zwar keinen Zweifel, aber das Grab selbst mitsamt den königlichen Gebeinen sei wahrscheinlich verloren. Höhne hatte angeblich den Bericht über seine Grabungen fast fertig. Doch im Kontakt mit Carl Erdmann muss ihm deutlich geworden sein, wie viel ihm noch fehlte. Der Abschluss zog sich hin. Höhne wurde von verschiedenen Seiten bedrängt, endlich das Buch zu publizieren. Doch auch wenn ein fertiges Manuskript vorgelegen zu haben scheint,166 sollte es nie zur Veröffentlichung kommen. Höhne überwarf sich mit seinen Vorgesetzten, wurde gemaßregelt und verschwand von der Bildfläche. Selbst (oder gerade) für die SS schien sein Charakter nicht tragbar: zu ehrgeizig, zu starker »ostbaltischer Einschlag«, »noch im Ringen mit der nötigen Selbstlosigkeit«, kann sich »einem bestimmten Ziel nicht unterordnen, […] großes Geltungsbedürfnis, […] fügt sich nicht gerne den Anordnungen von Vorgesetzten, wenn er deren Absichten nicht durchblickt«. So heißt es in einer internen Beurteilung.167 Aber gerade Ehrgeiz und Eigenwille wurden in der SS nicht geduldet. Gnadenhalber erhielt Höhne Gelegenheit, sich in der Waffen-SS zu bewähren. 1947 ging er im Speziallager Bautzen zugrunde.168 Erdmanns Deutungen konnten nicht in jeder Hinsicht Bestand haben – die Forschung ging und geht weiter. Vor allem über die Funktion der Confessio (worauf seine Argumentation entscheidend basiert) hat man sich weitere Gedanken gemacht und auch über die Grabplatte scheint das letzte Wort nicht gesprochen.169 Aber solche Überlegungen überhaupt angestellt und dann publik gemacht zu haben, erforderte einigen Mut und verschaffte Erdmann Respekt sogar bei seinen weltanschaulichen Gegnern. Beim »Ahnenerbe«, Himmlers pseudowissenschaftlicher Gründung zur Erforschung deutscher Vorzeit, wurde man aufmerksam auf den aufmüpfigen, aber kenntnisreichen Gelehrten. Reichsgeschäftsführer Wolfram Sievers, selbst ein undurchsichtiger Fall, setzte sich einmal persönlich mit ihm in Verbindung. Denn man brauchte seine Expertise.170 Sein Aufsatz über das Grab Heinrichs I. verursachte beim »Ahnenerbe« einige Aufregung und wurde dort archiviert. Hans Schleif, Klassischer Archäologe an der Berliner Universität, SS-Hauptsturmführer und Leiter der Abteilung »Ausgrabungen« im »Ahnenerbe«, schrieb ein reserviertes Gutachten.171 Erdmanns Aufsatz schließt mit einer Sottise, die sich auf Höhnes Grabungen in der Krypta bezieht: »Was hier tatsächlich gefunden wurde, wird uns

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hoffentlich die Veröffentlichung über die Grabung von 1936 lehren.«172 Da eine solche Publikation nie zustande kam, blieb nur die Möglichkeit, den Sarkophag zu öffnen, in dem 1937 die angeblichen Überreste Heinrichs I. bestattet worden waren. Das aber konnte erst nach dem Untergang des »Dritten Reichs« geschehen. Erdmann erlebte ihn nicht. 1948 wurde der Sarginhalt fachmännisch untersucht. Das Staunen muss grenzenlos gewesen sein. Man fand einen Schädel ohne Stirnband sowie Holzlatten anstelle eines Skeletts. Mit anderen Worten: Das angebliche Königsgrab stellte sich als ebenso plumpe wie

Der falsche Heinrich nach der Graböffnung 1948.

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264 Kämpfende Wissenschaft dreiste Fälschung heraus. Nur die Augenzeugen der ersten Reihe wussten Bescheid: Himmler, Höhne und weitere 23 Eingeweihte, die eine Bestattungsurkunde unterschrieben.173 Der Schädel wurde von den Holzlatten getrennt und erneut bestattet, eine Serie von Fotografien erstellt, die aber erst vor wenigen Jahren ans Licht kamen.174 Jüngst wurde außerdem bekannt, dass der angebliche Heinrichs-Schädel von dem Greifswalder Anatomen August Hirt untersucht und begutachtet worden war. Ein zahnärztliches Gutachten wurde dabei so weit nach oben korrigiert, dass dem Toten das gleiche Alter wie König Heinrich zugeschrieben werden konnte. Hirt war Mitglied der SS im Rang eines Untersturmführers, Himmler nannte er »den Chef«.175 An der Bestattungszeremonie im Juli 1937 nahm er selbstredend teil. Sein Interesse für Totenschädel soll damals geweckt worden sein. Mit einer Sammlung von Schädeln ermordeter Lagerhäftlinge ging er in die Verbrechensgeschichte des sogenannten Dritten Reichs ein.176 Von all dem konnte Erdmann nichts wissen. Aber sein kritischer Aufsatz zeigt, wie wenig er der SS und ihrer »Wissenschaft« über den Weg traute. Wenigstens der Fachwelt wollte er sein Misstrauen mitteilen. Darüber hinaus las kaum jemand die Zeitschrift, in der der Aufsatz erschien. Für ihn lag sie in der Mitte des bescheidenen Lebens, das er führte.

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FORSCHUNG ALS REFUGIUM

Vom Frieden zum Krieg Carl Erdmanns Berliner Existenz beruhte auf Einkünften, die er aus verschiedenen Tätigkeiten bezog. Zunächst lebte er von einem Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft, dann von einem Betrag in ähnlicher Höhe, den er als Mitarbeiter der Monumenta Germaniae Historica erhielt. Auch dort galt er als Stipendiat. Hinzu kam ein Lehrauftrag am Institut für Archivwissenschaft in Berlin-Dahlem, wo er Urkundenlehre, ab 1939 auch Paläographie lehrte.1 Vortragshonorare wie in Blankenburg oder das Autorenhonorar, das er »glücklicherweise« für seine Arbeit an »Karl der Große oder Charlemagne?« erhielt, stellten ein willkommenes Zubrot dar.2 Damit ließ sich ein auskömmliches, aber längst kein üppiges Leben führen. Vor allem die Kurzfristigkeit der Halbjahresverträge hat ihn geplagt. Heute würde man von akademischem Prekariat sprechen. Jahrelang musste er mit dem jähen Abbruch seiner Finanzierung rechnen. Es hing – um seine eigenen Worte zu gebrauchen – ein »Damoklesschwert« über ihm. Als die Dinge in ein ruhigeres Fahrwasser gerieten und sein »Stipendium« bei den Monumenta etwas aufgebessert wurde, fühlte er sich »aus den ärgsten Sorgen heraus«.3 Bis März 1942 lebte Erdmann mit seiner Mutter in der Dreizimmerwohnung in Berlin-Zehlendorf.4 Offenbar kümmerte er sich um die Ofenheizung, sie sich um den Haushalt. Als sie altersbedingt in ein Heim zog, musste ihr Sohn auch noch lernen, wie man einkauft. Er erwies sich als lernfähig, wenn auch nicht unbedingt als praktisch veranlagt. Die Möbel stammten offenbar noch aus der Blankenburger Villa, vielleicht sogar aus Dorpat – Erbstücke aus besseren Tagen. Später vererbte Erdmann sie weiter. Dazu gehörte auch ein Klavier, das im gemeinsamen Wohnzimmer stand. Er spielte darauf und frischte verloren geglaubte Fähigkeiten wieder auf. Jahrelang sei er dazu nicht mehr gekommen.5 In Lissabon und Rom hatte es dazu offenkundig keine Gelegenheit gegeben. Es ist einer der seltenen Fälle, dass über Erdmanns kulturelle Interessen und seine Freizeitgestaltung etwas verlautet. Gerne wüsste man, wel-

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266 Forschung als Refugium che Art von Musik er bevorzugte. Er soll aber auch ein gewiefter Schach- und sogar Skatspieler gewesen sein. In der Familie habe niemand ihm das Wasser reichen können und bei seinen Besuchen in Blankenburg nahm er offenbar regelmäßig an häuslichen Skatrunden teil. Dass er Skat »drosch«, mag man sich gleichwohl nicht vorstellen. Zu seinem reservierten Erscheinungsbild hätte das nicht gepasst. Eher kommentierte er dezent die Versehen seiner Mitspieler oder er hielt eine Rede auf ein verlorenes Spiel.6 Einer anderen Leidenschaft, langen Wanderungen in den Bergen, wie er sie früher zum Beispiel in den Dolomiten unternahm,7 konnte er nur während der kurzen Sommerurlaube im Harz frönen. Berlin-Zehlendorf hatte in dieser Hinsicht rein gar nichts zu bieten. 1942, mitten im Krieg, zog Erdmann zu seiner Schwester Yella nach Kleinmachnow südwestlich von Berlin, einer beschaulichen Idylle »auf vulkanischem Grund«. Seitdem führte er eine »gymnasiastenhafte Existenz«, meinte aber, als Junggeselle müsse man sich »mit Grazie« in derlei Dinge schicken.8 Er hätte sich anders – ohne die ihm eigene Ironie – ausdrücken und die Vorteile der neuen Unterkunft hervorheben können. Schließlich kränkelte er immer ein wenig. Von der schweren Erkrankung zu Beginn seiner römischen Jahre war schon die Rede. Später klagte er über sein nachlassendes Gehör; Schwindelanfälle waren ein »altes Übel«, Magen-Darm-Beschwerden machten ihm zu schaffen. Die schlechte Kriegsernährung tat das Ihre dazu. Freunde und Bekannte fingen an, sich Sorgen zu machen. Ernst Robert Curtius, den eine sonst nur wenig dokumentierte Beziehung mit Erdmann verband, wollte ihn nach Bonn holen und »etwas herausfüttern«. Doch Erdmann lehnte ab, auch wegen der vielen Arbeit, die er zu erledigen hatte.9 Sicher aber half ihm, dass er in Kleinmachnow geregelte Lebensverhältnisse vorfand. Die Familie – Mutter, Schwestern und deren Kinder – gab ihm immer den Rückhalt, den auch er nicht verschmähte. Wenn sie zusammenkam, gab sie ein harmonisches Bild ab. Man erinnerte sich an die gemeinsame baltische Herkunft und erhielt wenigstens für den Augenblick den familiären Konsens aufrecht. Konflikte, wie sie etwa zwischen den Schwestern Yella und Veronika schwelten und natürlich auch Carl etwas angingen, wurden für den Augenblick beiseitegeschoben.10 Dass er sich überhaupt so lange über Wasser halten konnte, hatte Erdmann – vor allen anderen – Paul Fridolin Kehr zu verdanken. Er hatte seine Habilitation eingefädelt, sorgte für die Zwischenfinanzierung durch die Deut-

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sche Forschungsgemeinschaft und ebnete ihm den Weg zu den Monumenta Germaniae Historica, wo er sein Glück fand. Wir werden sehen, wie desaströs ihre Beziehung scheiterte. Man schlug sich, man vertrug sich, schließlich ging es nicht mehr. Doch Erdmann musste zugeben, dass Kehr sich ihm gegenüber anständig verhalten hatte, zumal wenn er bedachte, wie gut es ihm bei den Monumenta ging.11 Denn die reine Forschung an den Originalen, die editorische Praxis und die strenge, kritische Bearbeitung der Texte schien ihm das Wichtigste und obendrein das ihm Gemäße zu sein. Die Lehre dagegen liege ihm nicht. Als Privatdozent an der Universität habe er kläglich versagt. Die Fühlungnahme mit den Studierenden fiel ihm schwer. An öffentlichen Auftritten lag ihm nichts. Deshalb weinte er der Universität und seiner »ruhenden« Lehrbefugnis »keine Träne« nach.12 Auch als Dozent am Institut für Archivwissenschaft galt er als »unnahbar«; »seinen Anforderungen waren die wenigsten gewachsen«. Freilich befand er sich damit in guter Gesellschaft.

Ostern 1938: Veronika Erdmann im Kreis ihrer Familie.

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268 Forschung als Refugium Auch über andere Dozenten wurde geklagt.13 Dergleichen focht Erdmann nicht an. Denn bei den Monumenta hatte er sein höchstes Ziel, ein Leben für die Forschung, erreicht.14 Erdmann lebte mit und bei den Monumenta. Montags bis samstags. Nicht einmal ein hoher Feiertag wie der Karfreitag war vor seiner Arbeitswut sicher. Die Sonntage verbrachte er zu Hause, um auf einer Schreibmaschine seine Privatbriefe zu schreiben. Wissenschaftlich brachte er dort nicht viel zuwege. Gerne verbrachte er deshalb auch die Abende im Institut und kam erst gegen 10 Uhr nach Hause.15 Kehr führte einmal zu später Stunde einen italienischen Journalisten durch die Räume der Monumenta, um ihm zu zeigen, wie wenig hier – nach seinem Abgang – noch los sei. Nur Erdmann hielt noch die Stellung.16 Als im Krieg die Räume verdunkelt werden mussten und die Abendarbeit fortfiel, hatte er ein Problem.17 Unterbrechungen gab es für ihn nur, wenn er in Dahlem seine hilfswissenschaftlichen Vorlesungen hielt oder wenn er sich mit Bekannten zum Mittagessen traf: mit Kollegen wie Kantorowicz und Perels, die wie er an den Rand gedrängt worden waren, mit Eugen Meyer, dem Professor für die historischen Hilfswissenschaften, der als politisch unzuverlässig galt und bei den Kollegen nicht viel zählte, oder aber mit einem Ministerialrat aus dem Wirtschaftsministerium und einem Beamten der Reichsbank, die er offenbar regelmäßig sah. Dabei gab es dann kein Fachgespräch, sondern man unterhielt sich über die allgemeinen, immer bedrängenderen Fragen von Krieg und Politik. Dass der Horizont seiner Bekannten aus dem praktischen Leben nicht weiter reichte als der seine, hat ihn beruhigt.18 Dann und wann wurde Erdmann von Kollegen nach Hause eingeladen, von Robert Holtzmann zum Beispiel und seiner Frau, und einmal erfährt man von einem Bierabend bei Heinrich Sproemberg, an dem ein Kreis von Historikern teilnahm. In seinen römischen Jahren hatte ihn der Falerner-Wein angelacht, in Berlin musste man sich mit Gerste begnügen.19 Gelegentlich scheint Erdmann bei sich zu Hause Besuch gehabt zu haben; aber viel konnte er dem Besucher nicht bieten. Man muss sich seine Lebensführung recht bescheiden vorstellen, »etwas kümmerlich«, wie er selbst einmal meinte.20 Teure Bücher konnte er sich nicht leisten. Bibliomanie, die sprichwörtliche Sucht des Gelehrten, focht ihn schon aus Kostengründen nicht an. Seine private Bibliothek blieb deshalb überschaubar. Gerne hätte er Gerhard Ritters neues Werk »Machtstaat und Utopie« besessen, das sich dem Verhältnis von Macht und

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Moral, Machiavelli und Morus, zuwandte und als versteckte Kritik an der nationalsozialistischen Herrschaft gelesen werden konnte. Aber auch der relativ günstige Kaufpreis von 4,50 Reichsmark hat Erdmann nicht ermutigt. Zu seinem Glück sagte er den deutschen Angriff auf die Sowjetunion richtig voraus. Er gewann eine Wette und damit das Buch.21 Von all dem wissen wir durch Carl Erdmanns Briefe, die er an Vertraute wie Gerd Tellenbach schrieb. Sie sagen nicht alles, was wir wissen wollen, und vermitteln keineswegs ein vollständiges Bild. Vieles lassen sie offen. Aber sie werfen erhellende Schlaglichter auf Wissenschaft und Alltag im Berlin der 30er- und frühen 40er-Jahre, Schlaglichter auch auf das Leben unter nationalsozialistischer Herrschaft und am Vorabend des durch sie herbeigeführten Desasters. Erdmann war insofern betroffen, als er an der Universität aussortiert und in ein scheinbar weniger gefährliches Forschungsinstitut abgedrängt worden war, in ein »Reich der Fußnoten«, auf das es politisch nicht ankam. Auch im Mitgliederverzeichnis des Historikerverbands wurde sein akademischer Status auf den eines einfachen Doktors und keines Privatdozenten mehr reduziert.22 So viel Ordnung muss sein. Er hatte sich politisch missliebig gemacht und musste die Folgen ertragen. Aufmerksam hielt er fest, wenn auch etablierte Ordinarien wegen regimekritischer oder auch nur unbedachter Äußerungen sanktioniert wurden.23 Hatte ihn früher beschäftigt, dass die Mitgliedschaft in der NSDAP über die Besetzung von Lehrstühlen entschied, so konnte er nun beobachten, wie durch politisch motivierte Entlassungen die universitäre Geschichtswissenschaft weiter ausgedünnt wurde. Irgendwelche Aussichten ergaben sich dadurch für ihn gerade nicht. Wer sich dagegen anpasste und es verstand, »den Mund zu halten«, der hatte Erfolg.24 Hinzu kamen die Verfolgungen aus rassischen Gründen, von denen sein persönliches Umfeld nicht verschont blieb: Ernst Kantorowicz, dessen Stellung in Frankfurt erodierte; Ernst Perels, der als »Mischling I. Grades« klassifiziert und dann »entpflichtet« wurde;25 Erich Caspar, der unter seiner Lage sehr litt und sich das Leben nahm. Erdmann, der die wirklichen Umstände nicht kannte, hielt Caspars Tod für eine »glückliche Fügung«.26 Mit Wilhelm Levison in Bonn stand er nicht in persönlicher Verbindung; aber dessen Entlassung betraf ihn insofern, als er, Levison, sofort auch aus der Zentraldirektion der Monumenta Germaniae Historica ausscheiden musste.27 Auch jenes »Reich der Fußnoten«, lange Zeit eine Oase des Rückzugs und der stil-

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270 Forschung als Refugium len, wenn nicht weltvergessen methodischen Arbeit, wurde also doch von der Welle der Verfolgungen erreicht. Für Erdmann spielte die Frage: »arisch« oder »nichtarisch« keine Rolle. Als seinen einzigen akademischen Lehrer gab er den »preußischen Juden« Paul Joachimsen an und sein Münchener Studienfreund Franz Röhn stammte aus einem deutschjüdischen Haus, ebenso sein Lissabonner Zögling. Unter den sieben Adressaten, die er mit einem Exemplar von »Karl der Große oder Charlemagne?« bedachte, befanden sich zwei, die als »Nichtarier« galten: Kantorowicz und Perels.28 Aber in seiner Umgebung sprach man darüber. Falsche Gerüchte kamen in Umlauf und die Betroffenen gerieten in helle Aufregung, weil ihnen die Beweislast auferlegt wurde.29 Erdmann vermittelte und wurde auch sonst um Hilfe gebeten; denn man vermutete, dass er immer noch gute Verbindungen ins Ausland besaß. Aber seine Möglichkeiten waren begrenzt.30 Wahrscheinlich wurde ihm das ganze Ausmaß der Verfolgungen erst allmählich bewusst. Dass er durch die Heirat einer seiner Schwestern »jüdisch versippt« war, wie man das nannte, hat ihn offenbar nicht weiter beschäftigt. Doch nach der »Reichspogromnacht« vom 9. auf den 10. November 1938 befiel ihn eine tiefe Depression, eine »dumpfe Stimmung«, die »auch zum Jahreswechsel keinen klaren Empfindungen Platz machen« wollte. Denn »welche Schrecken kann uns die Andauer des heutigen Zustands noch bringen?«31 Seine Schwester Veronika, die Dichterin, schrieb zur selben Zeit in der gleichen Stimmung eine »Traumballade«: Menschen, die sich »von den verfluchten Massenfeiern losgemacht«, fanden »kein Christkind in der Krippe«, sondern einen Kinderleichnam, »abgezehrt wie ein Gerippe, an ein kleines Kreuz gebunden auf Mariens Schoß«.32 Mit dem Entsetzen angesichts der Geschehnisse in Deutschland verband sich die Furcht vor einem neuen großen Krieg. Erdmanns Familie hatte erfahren, was das hieß: zwei tote Brüder, dann der Verlust des Vermögens. Schon 1936 sorgte er sich um den Frieden, der höchstens noch ein bis zwei Jahre halten werde. »Schreckliche Aktualität« habe sein Kreuzzugsbuch bekommen. Dass wieder in den »Kategorien des ›gerechten Krieges‹« gedacht werde, fand er zunächst »interessant«. Nun aber stehe ein Kreuzzug gegen den Kommunismus bevor. Den Gedanken daran werde er »keinen Augenblick« mehr los.33 Den sogenannten Anschluss Österreichs betrachtete er als »nationale Sache von geschichtlichen Ausmaßen«, als »persönlichen Erfolg« Adolf Hitlers. Mehrere Tage habe er nicht wie gewohnt arbeiten können. Zugleich beschlich

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ihn die Sorge: »Möge es nicht das Vorspiel zu einer Katastrophe sein.«34 Alles Weitere gab seiner Ahnung recht: Ein »Slavenfeldzug«35 folgte auf den anderen: zuerst gegen die Tschechoslowakei, dann gegen Polen und schließlich gegen die Sowjetunion, womit das »Dritte Reich« auf seinen Untergang zutrieb. Die Begeisterung eines im Felde stehenden Oberstudiendirektors, der ergeben dem »Führer« vertraute und die Eroberung des Mont-Saint-Michel in einer Publikation des Reichsinstituts gepriesen sehen wollte, quittierte er noch mit verhaltenem Spott.36 Doch mit den Erfolgen der Wehrmacht wuchsen bei Erdmann die Sorgen. Sarkastisch prophezeite er, dass deutsche Truppen nicht mehr nur auf dem Balkan, sondern auch in Spanien und Portugal eingreifen würden; er selbst werde dann wohl als Dolmetscher mitmachen müssen.37 Hatte er schon den Krieg gegen Polen – offen und vor Zeugen – als »Wahnsinn« bezeichnet, so wusste er spätestens nach dem japanischen Überfall auf Pearl Harbor und der deutschen Kriegserklärung an die Vereinigten Staaten, wo die Reise hinführte: Die von Hitler angekündigte »Vollendung des größten Sieges der Weltgeschichte« müsse man nämlich ganz anders interpretieren. Es sei »die Vollendung des Weltbrandes«, den er kein zweites Mal erleben wollte.38 Erdmann beobachtete das Kriegsgeschehen mit wachsender Sorge und ohnmächtiger Resignation – »man wartet, daß das Schicksal sich vollzieht«. Bei seinen nächsten Verwandten galt er als »desperater« Pessimist; doch in den Grundsätzen war man sich einig. Man wusste von den Schrecken der Konzentrationslager und hatte von den Judenpogromen in Kowno gleich zu Beginn des Russlandfeldzugs erfahren – ein »anständiger Mensch« könne sich dort nicht mehr aufhalten. Man erinnerte sich an die Widmung von Erdmanns Habilitationsschrift und bestand darauf, dass im Ersten Weltkrieg für »Gott und Vaterland« gestorben wurde, jetzt aber für eine Bande von Mördern.39 Er selbst machte sich kundig, indem er (solange das noch ging) die Zeitungen der Neutralen studierte und sich an die Auskünfte von aus dem Feld zurückkehrenden oder anderweitig informierten Soldaten hielt. Bis in den Wehrmachtführungsstab reichten seine Kontakte; er kannte nämlich einen Historiker aus der Kriegsgeschichtlichen Abteilung, wo die Geschehnisse an allen Fronten zu einem Loblied auf den genialen Feldherrn Adolf Hitler verwoben werden sollten. Wer dort mitarbeitete, bekam – so die Sekretärin Marianne Feuersenger – »in die ganze Entwicklung des Krieges einen vollständigen Einblick«. Erdmann nutzte die einmalige Chance und ließ sich über Einzel-

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272 Forschung als Refugium heiten wie über die Gesamtlage aus erster Hand informieren. Erst die Grenzen der dienstlichen Geheimhaltung setzten seiner Neugier ein Ende.40 Er beteiligte sich am »militärischen Kannegießern« (wie er das nannte) und lag mit seinen Prognosen nicht immer, aber erstaunlich oft richtig.41 Sogar die Interessen Japans, des fernsten Verbündeten, schätzte er zutreffend ein. Dabei ging es nie um den Endsieg und auch nicht um die Frage: Wie lange können wir noch durchhalten? Sondern immer: Wann kommt das bittere Ende? Wann ist es so weit? Den Feldzug gegen Jugoslawien sah er voraus, weil es im Alten Testament heißt: Das Frühjahr sei »die Zeit, da die Könige ins Feld zu ziehen pflegen« (Sm II, 11,1: tempore quo solent reges ad bella procedere).42 Dass der Krieg gegen die Sowjetunion unmittelbar bevorstand, schloss er aus der Bewegung der Militärzüge ostwärts, der Leerzüge westwärts. Den Angriff konnte er so fast auf den Tag genau prognostizieren.43 Doch der Russlandkrieg selbst blieb ihm ein dunkles Kapitel.44 Der Vorwurf der Unverantwortlichkeit prallte an ihm ab.45 Denn er wusste die Geschichte auf seiner Seite: Wie so viele und weil es so nahelag, stellte er Vergleiche mit Napoleons »Großer Armee« und deren Untergang an. Der Vorstellung von der Geographie als Russlands (und seiner Feinde) Schicksal hätte er sich ohne Weiteres zu eigen machen können.46 Im März 1942 glaubte er, man sei jetzt bei ungefähr der Hälfte des Krieges angekommen; noch zwei bis drei Jahre werde er dauern. Zu größeren Unternehmungen würden die Kräfte nicht mehr reichen; das Reich habe seine Möglichkeiten erschöpft und heillos überdehnt. Als im Jahr darauf Mussolini gestürzt und noch einmal – wie im Mittelalter – die Stadt Rom von Deutschen besetzt wurde, gab das nur noch Anlass zu historischen und persönlichen Reminiszenzen. Er kannte die Orte, um die jetzt gekämpft wurde. Die Front rückte näher. Das Ende kündigte sich an.47 In Familie und Bekanntenkreis wurde schon Anfang 1943 über eine bevorstehende »Machtergreifung der Wehrmacht« und ein Attentat auf Hitler spekuliert: »Wird nicht endlich jemand ihn niederknallen?«48 Angesichts der sich überstürzenden Ereignisse blieb es Erdmann nicht erspart, auch über sich selbst und seine eigene Rolle nachzudenken. Wesentliche Elemente seines Weltbilds wurden nämlich durch Diktatur und Krieg infrage gestellt. Es mag ein längerer Prozess gewesen sein, der nicht vollständig rekonstruiert werden kann. An dessen Ende stand Erdmanns Bereitschaft, einen für ihn wesentlichen Standpunkt zu räumen: sein Verhältnis zur Nation. Sein Freund Tellenbach hatte ein kleines, an ein breites, nicht fachgelehrtes Publi-

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kum gerichtetes und durchaus erfolgreiches Buch publiziert und dabei auch die Grundpfeiler seiner Geschichtsauffassung offengelegt. Er betonte den Vorrang geistiger Werte vor der Macht – »denn der Geist lebt länger als die Macht«. Gleichzeitig bekannte er sich zum nationalen Gedanken als einem jener »unvergänglichen Menschheitswerte«, den die modernen Staaten »zum sittlichen Prinzip für ihr Zusammenleben und zum Zweck ihres Daseins erhoben«.49 Dem einen, dem Vorrang geistiger Werte, stimmte Erdmann unbedingt zu – »gerade jetzt«, am Ende des Jahres 1940. Das andere aber, der Lobpreis des nationalen Gedankens, habe ihn ins Grübeln gebracht. Natürlich wusste er, dass er selbst einmal ähnlich gedacht hatte, und vielleicht erinnerte er sich daran, dass er dem Freund sein patriotisches Empfinden in für ihn geradezu emphatischen Worten mitgeteilt hatte: »daß man sich im Falle selbst des törichtsten Krieges eben mit totschießen läßt und die Folgen selbst der falschesten Politik mitträgt«. Doch das lag mehrere Jahre zurück und in der Zwischenzeit war vieles geschehen. Zunächst war es ihm nur darum gegangen, »an der Hebung des Gefühls für Gesinnung und Zivilcourage mitzuwirken« und nicht nur den bürgerlichen, sondern auch den allgemein menschlichen Anstand zu bewahren.50 Doch schon 1936 hatte er die Gewissheit, in einem entmenschten Zeitalter zu leben. Allenthalben waren dafür die Anzeichen erkennbar.51 Als schließlich der russische Feldzug begann und Tellenbach die Herstellung einer europäischen Ordnung als dessen Endzweck beschrieb, wies ihn Erdmann mit milden Worten zurecht. Er erwarte nur Unordnung und sehe im »Triebhaften« das eigentliche Motiv. Tellenbach glaubte noch immer an die »Einheit der gesitteten Menschheit«, die er in den europäischen Nationalstaaten verortete. Erdmann dagegen diagnostizierte »einen ständigen Kulturabstieg, den wir durchleben und der mit manchem Auf und Ab wohl noch viele Generationen dauern wird«. Und sollte sich einmal eine neue »Kulturblüte« einstellen, dann werde sie kaum im Zeichen des Nationalgedankens stehen, sondern vielleicht des religiösen.52 Eine billige Zeitklage war das nicht, sondern die aus der distanzierten Betrachtung gewonnene Annahme eines Zivilisationsbruchs. Wie wir heute wissen, hatte er recht. Was also blieb ihm zu tun übrig? Erdmann bestand darauf, dass die geistige Entwicklung und damit auch die Forschung über diese ihren eigenen Gesetzen gehorche, und er wünschte, dass die genaue, methodische Arbeit an den Originalen auch künftig ihre Berechtigung und ihren Wert behalten möge.53 Dafür arbeitete er »eifrig und mit Genuß«.54 Da aber eine solche Forschung im

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274 Forschung als Refugium nationalsozialistischen Staat nicht mehr zählte, vielmehr die Vergangenheit in den Dienst der Gegenwart gezwungen wurde, blieb ihm nur der Rückzug ins Private. Dazu gehörte für ihn – ebenso überraschend wie bezeichnend – seine Arbeit. Die Gründerväter der Monumenta Germaniae Historica hatten andere Ziele vor Augen: Die Edition der Geschichtsquellen sollte das Nationalbewusstsein befördern, also durchaus auf die Öffentlichkeit einwirken. Sanctus amor patriae dat animum – »die heilige Liebe zum Vaterland gibt [uns] Zuversicht«: So lautet der Wahlspruch der Monumenta bis heute. Aber die Verhältnisse hatten sich vollständig verändert und damit auch die Aufgaben. Erdmann sah jenes »Zeitalter der Finsternis« anbrechen, durch das er die »Fackel« seiner Wissenschaft hindurchtragen wollte. Es kam also darauf an, das Erbe der Vergangenheit zu bewahren, die Forschung auf der Höhe zu halten und – trotz »faustdicke[m] Pessimismus« – auf dem Eigenrecht der geistigen Entwicklung zu beharren. An diesen Zielen wurde er auch dann nicht irre, wenn ihn resignative Stimmungen plagten. Wie mancher andere entschied er sich für eine Form der »inneren Emigration«. Doch der Begriff entstand später und ist auch nicht unproblematisch. Als Mediävist dachte man eher an den Römer Cassiodor, der das Erbe der Antike über den kulturellen Zusammenbruch hinwegretten wollte und dafür sein Kloster Vivarium gründete. Karl Hampe hoffte auf die Wiederholung der Geschichte und auch Erdmann erwog die Analogie. Immerhin schien sie ihm möglich; »darum müssen und dürfen wir fortfahren«.55 Niemand wusste, wie viel Zeit dafür blieb. Erdmann stellte sich darauf ein, »ein Leben des ›Als-ob‹« zu führen, ein Leben, »als ob man […] glaubte, daß keinerlei Störungen eintreten werden und daß man auch auf längere Sicht hinaus disponieren könne«. Das schien ihm – wie auch vielen anderen – ein probates Mittel zu sein.56 Die Risiken müsse man einfach ignorieren. Er berief sich – nicht nur der Zeit, sondern auch dem Zeitgeist entsprechend – auf Nietzsches Forderung »Gefährlich leben!«, um »größte Fruchtbarkeit […] einzuernten«, und erfreute seinen alten Lehrer, indem er das Beispiel des Achilleus anführte, dem man ja ebenfalls ein kurzes, aber erfülltes Leben prophezeit hatte.57 Gleichzeitig entwarf er Forschungsvorhaben und -pläne, die ihn zehn bis 15 Jahre lang beschäftigen würden. Denn das verschaffe ihm »ein angenehmes, zufluchtbietendes Bewußtsein«.58 Als Orte der Zuflucht aber betrachtete er die Arbeitsräume der Monumenta Germaniae Historica in der Charlottenstraße zu Berlin. Sie bildeten das Refugium, das ihn und andere we-

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nigstens für eine Zeitlang vor den Zumutungen der Außenwelt beschirmte. Sie blieben aber kein Schutzraum auf Dauer, sondern wurden sowohl durch personelle Veränderungen als auch durch politische Entscheidungen sukzessive in die Zeitläufte gezogen.

Von Präsident zu Präsident Der Wandel, der die Monumenta erfasste, zeigt sich an der raschen Folge der Präsidenten. Zunächst regierte noch Kehr. Mit ihm stritt Erdmann ausdauernd und tapfer bis hin zum völligen Zerwürfnis, bis hin zu einem menschlichen Desaster. Wilhelm Engel dagegen konnte er nicht ernst nehmen. Engel amtierte nur ein Jahr und wurde allgemein als wissenschaftliches Leichtgewicht wahrgenommen. Aber auch Edmund E. Stengel konnte Erdmann das Wasser nicht reichen. Erst Theodor Mayer brachte ihn zur Strecke. Gehen wir also seine Vorgesetzten der Reihe nach durch. Erdmanns frühere Verehrung für Kehr und Kehrs Wertschätzung für Erdmann wichen einer ambivalenten Beziehung, die Respekt und Abneigung bis hin zur Feindseligkeit miteinander verband. Den Wendepunkt in ihrer Beziehung stellte Erdmanns »Verpflanzung« von Rom nach Berlin dar. Sie erfolgte gegen seinen Willen und brachte auch nicht den gewünschten Effekt. Der erste Schritt, die Habilitation an der Friedrich-Wilhelms-Universität, gelang noch, alles Weitere scheiterte an den neuen politischen Bedingungen. Erdmann kam sich »fortbesorgt« vor, ja noch schärfer: gewaltsam vertrieben. Kehrs Begründung fand er fadenscheinig.59 Doch damit übertrieb er. Man kann niemanden zur Habilitation zwingen und befristete Verträge laufen aus. Kehr hatte Größeres mit einem »so ausgezeichnete[n] Mensch[en]« vor.60 Er beanspruchte ihn als seine Entdeckung und nahm sich das Recht, über dessen Fortkommen (in des Wortes doppelter Bedeutung) zu verfügen. Aber wenn es darauf ankam, konnte er auch menschliche Wärme ausstrahlen: helfend, beratend und nach Auswegen suchend.61 In beidem äußerte sich sein schillerndes Wesen: ein Autokrat, wie er im Buche stand, und gleichzeitig eine Vaterfigur, die Loyalität und Unterordnung verlangte. Andere profitierten davon. Friedrich Bock zum Beispiel, der die Stelle bekam, die Erdmann gerne gehabt hätte, durfte bis 1943 in Rom bleiben und musste erst weichen, als Mussolini gestürzt wurde. Oder Josef Abert, Staats-

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276 Forschung als Refugium archivdirektor in Würzburg, der wegen homosexueller »Verfehlungen« aus dem Amt entfernt und zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wurde: Nur Kehr hatte er es zu verdanken, dass er am römischen Institut weiterarbeiten durfte und so den Nationalsozialismus überstand.62 Weitere Namen ließen sich hinzufügen. Kehr half und erwartete im Gegenzug loyales Verhalten. In Rom gab es daher einen Kreis von Gefolgsleuten, die dem »verehrten Geheimrat« bis in sein Grab hinein die Treue hielten.63 Erdmann nahm daran nur insofern Anteil, als er aus der Ferne beobachtete, was sich in Rom tat. Abert betrachtete er als Glücksfall,64 an Bock lobte er seine Arbeitskraft, ließ aber sonst kein gutes Haar an dem »Unglücksmann«, wie er ihn einmal nannte.65 Auf die römische Gesellschaft mache es keinen guten Eindruck, wenn ein Studienrat aus Falkensee, der nur durch seine Parteimitgliedschaft qualifiziert sei, ein so wichtiges Kulturinstitut repräsentiere. Ein paar Jahre später sah er es auf seinem Tiefpunkt angelangt. Nur noch »zum Blamieren« sei es geeignet.66 Auch Kehr gab er daran die Schuld. Denn dieser hatte die Weichen so gestellt. Zweierlei machte er ihm vor allem zum Vorwurf. Erstens die Unfähigkeit, seine diversen Ämter rechtzeitig in jüngere Hände zu legen. Kehr vertrat immer den Standpunkt, dass alle vier zusammengehörten: Nur »vereinigt repräsentieren sie eine Summe erheblicher Mittel und die Möglichkeit zu großer Leistungsfähigkeit« und damit würde der Geschichtswissenschaft in Deutschland »der allergrößte Dienst erwiesen«.67 Dass er aus Altersgründen die Direktion der Preußischen Staatsarchive abtreten musste, ließ sich verschmerzen, weil er Albert Brackmann als seinen Nachfolger durchsetzen konnte. Denn der sah sich fast lebenslang als Kehrs Schüler und Platzhalter.68 Wichtiger war, dass die anderen drei Ämter (MGH, römisches Institut, Kaiser-Wilhelm-Institut) in einer, in seiner Hand blieben.69 Vier Jahre später, als die Nationalsozialisten an die Macht kamen, stand Kehr im 73. Lebensjahr und hatte die längste Zeit in einer anderen Epoche verbracht. Im Kaiserreich groß geworden und der »Welt von Gestern« (Stefan Zweig) vielfach verbunden, gehörte er zweifellos noch zu den Stützen der Weimarer Gesellschaft. Danach aber waren die Tage seiner öffentlichen Wirksamkeit gezählt. Es kam also für Kehr darauf an, den neuen Machthabern seine eigene Unentbehrlichkeit zu beweisen. Er bemühte sich, Beziehungen zum Reichsinnenministerium aufzubauen und gleichzeitig die politische Stimmung unter seinen Mitarbeitern zu erkunden. Seine eigene Haltung ließ er im Dunkeln.

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Das Politisieren mit Untergebenen gehörte der Vergangenheit an.70 Nur Gerüchte kursierten: Gerüchte über eine etwaige Parteimitgliedschaft, Gerüchte, dass er sich als Nationalsozialisten ausgegeben habe. Niemand konnte sagen, er sei mit vollen Segeln in die neue Zeit gerauscht; aber wenn es offiziell wurde, hielt er sich mit politischen Kommentaren zurück. Er drehte seine Fahne nach dem Wind.71 Dadurch gelang es ihm, wenigstens zwei seiner Ziele zu verwirklichen: Mit einem Promemoria nahm er darauf Einfluss, dass das römische Institut als »Deutsches Historisches Institut« nicht mehr nur in Personalunion, sondern rechtsförmlich und dauerhaft dem Präsidenten der Monumenta Germaniae Historica unterstellt wurde.72 Das war ihm seit Langem ein Anliegen. Zum anderen gelang es ihm, das Ende seiner eigenen Dienstzeit noch um einige Jahre hinauszuschieben. Schien seine Stellung noch im Sommer und

Paul Fridolin Kehr als Präsident der Monumenta Germaniae Historica.

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278 Forschung als Refugium Herbst 1934 ganz unsicher, so saß er am Ende des Jahres wieder fester im Sattel. Er selbst glaubte, mehr Autorität zu besitzen als jemals zuvor und neue Pläne wälzen zu können. Seine Vitalität schien ungebrochen.73 Vom Wissenschaftsminister aufgefordert, eine neue Satzung für die MGH zu entwerfen, konnte Kehr darin mitwirken, diese in ein »Reichsinstitut für ältere deutsche Geschichtskunde« umzuwandeln und den »Parlamentarismus« der Zentraldirektion durch das »Führerprinzip« zu ersetzen. Das war den Zeitumständen geschuldet und entsprach gleichzeitig einem Wunsch, den er schon lange gehegt hatte. Denn Forschung unter staatlicher Aufsicht hielt er für effizienter als wissenschaftliche Autonomie, zumal wenn er selbst in der Verantwortung blieb.74 Das neu geschaffene Amt des Präsidenten durfte er noch für ein Jahr verwalten, und als er schließlich durch einen Nachfolger abgelöst wurde, in­ trigierte er im Hintergrund weiter. Direktor des Kaiser-Wilhelm-Instituts durfte er ohnehin bleiben. Zeitweise hoffte er sogar, dessen Aufgaben und Personal deutlich vermehren und ein größeres, mit dem Reichsinstitut konkurrierendes Forschungsinstitut aufbauen zu können.75 Diese Vorstellung erwies sich als illusorisch. Immer wieder hatte er mit Alter, Amtsmüdigkeit oder dergleichen kokettiert; aber erst 1939 konnte Erdmann sich vorstellen, dass sein vormals verehrter »hoher Chef« nicht nur »das übliche Gerede« von sich gab, sondern es tatsächlich ernst damit meinte.76 Beider Verhältnis war mittlerweile völlig zerrüttet. Mehrere Monate sprachen sie kein Wort miteinander und gingen sich konsequent aus dem Weg. Ein Sonderdruck, den der Chef seinem Mitarbeiter schenkte, wurde umgehend entsorgt. Mühsam kam eine Aussöhnung zustande, garniert mit Bonmots, wie nur Kehr sie fertigbrachte: »Sie haben mir ja mehr als einmal in die Suppe gespuckt, dabei müssen Sie doch selbst sagen, ’nen besseren Suppentopf als mich konnten Sie nicht finden« oder: »Wissen Sie, einfach sind Sie nich, aber ich habe ja auch lieber ’nen Unbequemen als ’nen Dummen« u. Ä. m.77 Gänzlich zerbrach ihre Beziehung, als es um Grundsätzliches ging, nämlich um die Frage, wem das gemeinsam zusammengetragene und bearbeitete oder noch zu bearbeitende Quellenmaterial gehören sollte. Daraus ergab sich der zweite grundlegende Vorwurf, den Erdmann gegen Kehrs autokratisches Verhalten erhob. Kehr hatte immer darauf bestanden, dass alle projektbezogenen Unterlagen in seiner Verfügungsgewalt blieben. Die Arbeitsverträge, die er mit den Stipendiaten abschloss, enthielten einen entsprechenden Passus.78 Damit gab es

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nie ein Problem. Erst als Kehr eines nach dem anderen seine Ämter aufgab, gingen die Meinungen auseinander. Nun rächte es sich, dass alle Projekte ganz auf die Person und die Wünsche des Geheimrats zugeschnitten waren und niemand zwischen den jeweiligen Geldgebern und Haushaltstiteln unterschieden hatte. Zwischenzeitlich wurde er sogar verdächtigt, die mit öffentlichen Mitteln gesammelten Materialien seiner Tochter, einer studierten Historikerin, vererben, also privatisieren zu wollen.79 Zum großen Krach kam es aber erst, als Erdmann herausfand, dass Kehr alle Notizen, Exzerpte, Abschriften und Fotografien zu den Papsturkunden, darunter auch die von ihm selbst in Portugal und Spanien beschafften Unterlagen, in acht Kisten nach Rom schaffen lassen wollte, um sie im Vatikan zu deponieren. In einem Schreiben an Kardinal Giovanni Mercati und indirekt an den Papst klagte er beiden als abgesetzter Institutsdirektor und asylsuchender Wissenschaftler sein Leid.80 Erdmann stellte Kehr zur Rede und erhielt einen Wutanfall zur Antwort; der Geheimrat »schmiß die Türen«.81 Das Weitere lässt sich nicht in allen Einzelheiten rekonstruieren. Erdmann meldete den Vorgang mit einem »Brandbrief« an Karl Brandi bei der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen. Denn um deren Langzeitprojekt ging es dabei. Entweder von dort oder vom neuen (kommissarischen) Präsidenten der MGH wurde Anzeige bei der Gestapo erstattet. Das gesamte Material wurde beschlagnahmt und blieb für längere Zeit konfisziert. Kehr verdächtigte Erdmann als Denunzianten und trug alles zusammen, was er über den einst »fleißige[n] und scharfsinnige[n] Forscher« und »vorzügliche[n] Paläograph[en]« an Schlechtem sagen konnte: »eigenwillig und egoistisch«, »auch körperlich nicht ganz normal«; »politisch ein Gegner der Bewegung«, erfüllt von einem »instinktiven Hass« gegen diese; also ein »krankhaft veranlagter und deshalb nicht ungefährlicher Mensch«. Friedrich Bock, Kehrs Platzhalter in Rom und sein »rückhaltloser Verehrer«, gab ihm Schützenhilfe, indem er Erdmann als »antifascista« und »Hetzer« diffamierte.82 Mutmaßungen, Verdächtigungen und Schmähungen erfüllten die Luft. Unbeteiligte wie Albert Brackmann drohten in den Skandal hineingezogen zu werden. Erst Jahre später versuchte Erdmann, im kleinen Kreis den Vorfall zu erklären.83 Zu diesem Zeitpunkt hatte sich Kehr längst in die fränkische Provinz zurückgezogen, konnte kaum noch etwas lesen und sah seinem Tod entgegen. Über seinen einstigen Meisterschüler verlor er nur noch selten ein Wort. Als es 1941 zu einer neuerlichen Anzeige kam, die aber von einem seiner Nachfolger im

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280 Forschung als Refugium Präsidentenamt ausging, hatte er auch dieses Mal Carl Erdmann, den »Oberschurken«, im Verdacht.84 Derart endete ein so hoffnungsvoll begonnenes, dann aber schubweise desaströses Kapitel in beider Biographie. Kehrs mehrmals verlängerte Amtszeit kam nicht nur durch seine Anpassungsbereitschaft, sondern auch dadurch zustande, dass sich in den chaotischen Verhältnissen nach dem Machtwechsel die verschiedenen Machtzentren nicht auf einen gemeinsamen Kandidaten einigen konnten. Zeitweilig soll sogar der deutsch-niederländische »Geistesurgeschichtler« Herman Wirth für die Leitung der MGH im Gespräch gewesen sein.85 Hätte er dort seine »Forschungen« zur sogenannten Ura-Linda-Chronik, einer dreisten Fälschung des 19. Jahrhunderts, fortsetzen können, wäre der Schaden beträchtlich gewesen. Möglicherweise lag nur ein Gerücht vor; aber dass überhaupt ein solches Gerücht aufkommen konnte, ist bezeichnend genug. Ähnlich bezeichnend wie das Scheitern einer anderen Kandidatur, die schon weit gediehen war, aber den Widerstreit der Interessen und der damit verbundenen Intrigen nicht überstand. Sie hatte deshalb sehr gute Chancen, weil der Kandidat, der Rechtshistoriker Karl August Eckhardt, als Hochschullehrer und Kenner der Rechtsquellen, als rabiater Referent im Reichserziehungsministerium, »Alter Kämpfer« und Mitglied der SS sowohl wissenschaftlich als auch politisch eine Menge zu bieten hatte. Außerdem verstand er sich (mittlerweile) mit Kehr, der ihn als klug und energisch empfahl. Er werde »ein scharfes Regiment« führen, ganz »anders als das seines weichen und indifferenten Vorgängers« (womit er sich selbst meinte).86 Gemeinsam entwarfen sie die neue Satzung der Monumenta und wollten zusammen mit dem Berliner Rechtswissenschaftler Ernst Heymann ein Triumvirat von »Beutegeiern« bilden, die die Abteilungen des Instituts unter sich aufteilten.87 Kehr hätte einen Teil seines Einflusses behalten und auch sonst mit Eckhardts Loyalität rechnen können. Von früheren Vorbehalten gegen dessen eigenwillige, »direktionslose« Persönlichkeit war nichts übrig geblieben.88 Andere Sorgen bewegten die Mitarbeiter vor Ort: Sorgen nicht nur wegen der politischen Stellung des Kandidaten, sondern auch wegen seiner persönlichen Verbindungen. Schließlich war er mit Günther Franz verschwägert, der soeben mit einem aufsehenerregenden Zeitschriftenartikel die Institutionen der Geschichtswissenschaft scharf angegriffen hatte.89 Aufmerksam nahm man Eckhardts wachsenden Einfluss zur Kenntnis, aber ebenso seine Bereitschaft, sich auf Wunsch des Historikerverbands für den Schutz der Wissen-

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schaft gegen den Übereifer lokaler Stellen einsetzen zu wollen.90 Doch darüber gingen die Meinungen auseinander. Genaues wusste man nicht. Über Erdmann soll Eckhardt gesagt haben, er könne sich einen neuen Beruf suchen.91 Auch davon erfuhr der Betroffene nur durch Dritte. Das Hörensagen beherrschte die Stimmung. Am Ende kam alles ganz anders. Eckhardt hatte sich mit Walter Frank angelegt, bezeichnenderweise indem er den Professorentitel und damit die Belange der Universitäten gegen den Quereinsteiger verteidigte. Er verstand sich eben nicht nur als Repräsentant einer neuen Zeit, sondern auch als Mitglied einer traditionsreichen Einrichtung (zumindest, wenn es um Statusfragen ging). Daraus entwickelte sich ein Intrigenspiel, das Eckhardt verlor. Er musste an die Bonner Universität zurückkehren. Der »Führer« persönlich lehnte ihn ab.92 Die Kandidatensuche bei den Monumenta ging also weiter und der mittlerweile 75-jährige Kehr erhielt erneut Aufschub. Eckhardt kam für das Präsidentenamt nicht mehr ernsthaft infrage. Seine Kandidatur erwies sich als Intermezzo. Ein Intermezzo blieb aber auch der Versuch, den thüringischen Archivar Wilhelm Engel als Präsidenten zu in­ stallieren. Walter Frank war auf den Einfall gekommen und glaubte, in ihm einen kongenialen (will sagen: gefügigen) Partner bei der von ihm selbst beabsichtigten Neuordnung der Geschichtswissenschaft gefunden zu haben. Die beiden Reichsinstitute, das »für ältere deutsche Geschichtskunde« und das »für Geschichte des neuen Deutschlands«, sollten eng kooperieren und einander ergänzen. Deren beide Präsidenten bestätigten sich gegenseitig ihre »gemeinsame Willensrichtung« und »aufrichtige Kameradschaft«.93 Beim Erfurter Historikertag, Franks »Heerschau«, durfte Engel die mediävistischen Vorträge auswählen, und da er Frank für das beispielgebende Muster eines Nationalsozialisten hielt: »Feind von allen Intrigen und Unsauberkeiten, lauterer Charakter von fanatischer Wahrheitsliebe, genial in der einzigartigen Verbindung von wissenschaftlichem Ethos, journalistischer Begabung und politischem Feuer«, half er aus, wo immer er konnte, vor allem mit Auskünften über Kollegen, aber auch im Beirat von Franks Institut.94 Eine durchgreifende Reorganisation der Monumenta hielt er für dringend notwendig, wenn aus ihnen ein taugliches Pendant zu jenem werden sollte. Aber hinter den Worten verbarg sich nicht viel. Mit der Nachfolge Paul Fridolin Kehrs und der Repräsentanz zweier Institute, in Berlin und in Rom, war Engel schlicht überfordert. In der Zunft galt er als willfährig, im Ausland wurde seine Er-

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282 Forschung als Refugium nennung mit abschätzigen Kommentaren bedacht, im Vatikan traf ihn die Verachtung der Gelehrten.95 Wusste man bei Eckhardt nicht, was er wollte, so stellte sich in Engels Fall als Erstes die Frage, wer er überhaupt war. Man nahm ihn nicht ernst, am wenigsten Kehr. Nur deshalb war er ihm recht.96 Carl Erdmann erging es nicht anders. Er würdigte Engels Bemühungen und fand sein Auftreten keineswegs unangenehm. Seine Reformwünsche, wie er sie öffentlich kundtat, klangen überraschend moderat und rührten auch nicht am traditionellen Vorrang der editorischen Arbeit vor der historischen Darstellung. Nicht viel sollte sich ändern, und was sich ändern sollte, das ließ sich nicht leicht von der Hand weisen. Es gab sogar ein Gebiet, auf dem Engel im Vergleich mit Übervater Kehr nicht schlecht abschnitt. Denn dieser hatte sich um geschäftliche und organisatorische Dinge so gut wie gar nicht gekümmert, sondern patriarchalisch regiert. Sein Nachfolger dagegen setzte auf einen geregelten Institutsbetrieb und hielt sich aus den wissenschaftlichen Fragen heraus. Eine editorische Aufgabe übernahm er nicht. Alles, was ihm dazu einfiel, war für Erdmann »harmloser Spleen«.97 Damit konnte er gut leben. Mit Eckhardt hätte er sich viel schwerer getan. Insofern erwies sich die »Episode Engel«98 für ihn als ein Segen. Weitere 19 Monate bezahlter Forschung hatte er damit gewonnen. Nur ernst nehmen konnte er seinen Vorgesetzten nicht. Dieser war ein paar Jahre jünger, hatte wenig publiziert und sich erst neulich habilitiert. Als er sich an der Berliner Universität eine Privatdozentur für mittelalterliche Geschichte und die historischen Hilfswissenschaften verschaffte, wurde er gewissermaßen Erdmanns Nachfolger. Dieser fand das »humoristisch«. Es machte ihm Spaß, seinen Vorgesetzten an der Nase herumzuführen und auf Politisierung zu drängen, wenn er das Gegenteil meinte.99 Im Streit um die von Kehr beanspruchten Materialien schickte Engel daher lieber gleich seinen Mitarbeiter nach vorn und zog eine Rolle im Hintergrund vor. Diese aber habe er – so Erdmann gnädig – »gut« ausgefüllt.100 Dauerhaft konnte ein solcher Zustand nicht werden. Eine Denkschrift für den Sicherheitsdienst der SS hielt wenig später fest, man habe für die Leitung des Reichsinstituts den »allerungeeignetste[n] Kandidat[en]«, eine »Kreatur« Walter Franks, beauftragt.101 Nach nur eineinhalb Jahren wurde Engel (der ja immer nur kommissarisch amtiert hatte) abgelöst und mit einem Lehrstuhl in Würzburg entschädigt. Er selbst hatte einmal seinen akademischen Lehrer, den Marburger Mediävisten Edmund Ernst Stengel, als Präsidenten vor-

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geschlagen. Und so kam es dann auch: Auf Engel folgte Stengel, »der Mausgraue«, wie er unter Insidern auch hieß.102 Bei den Monumenta gab es ein Aufatmen, als endlich wieder ein »Sachkenner« sich des traditionsreichen Unternehmens annahm.103 In der Tat war der Unterschied offensichtlich: Ein 32-jähriger Archivar wurde durch einen 57-jährigen Ordinarius ersetzt. Engel hatte nur wenig und noch weniger Maßgebliches zur mittelalterlichen Geschichte publiziert. Stengel dagegen war schon vor langer Zeit mit Urkundeneditionen sowie mit rechts-, verfassungs- und allgemeinhistorischen Studien hervorgetreten, galt als Meister der Diplomatik und hatte sich außerdem als geschickter Organisator bewährt. Während andere »ihr liebes langes Leben immer mit einem und demselben Gaul pflügen können«, habe er »einen ganzen Park von Rössern« bereiten müssen. So beschrieb er einmal die Vielzahl seiner Aktivitäten.104 Engel wurde durch Walter Frank, Stengel durch das Reichserziehungsministerium unterstützt. Die dem Nationalsozialismus eigene Polykratie wirkte sich auch auf diesem Spielfeld aus. Mit Stengels Ernennung wurde Franks Plan einer engen Verbindung der beiden Reichsinstitute unter seiner Ägide ad acta gelegt.105 Frank zog den Kürzeren, ließ es sich aber nicht nehmen, dem neuen Präsidenten unter vier Augen und »in rückhaltloser Offenheit« seinen Standpunkt zu erklären: sein Verhältnis zu Engel und seine Bedenken gegenüber Stengel, seine entschiedene Ablehnung Eckhardts und sein Angebot, sich miteinander zu vertragen – »er komme wie die Römer zu den Karthagern und trage Krieg und Frieden in der Toga«. Nicht einmal unter vier Augen wollte er auf eine antikische Pose verzichten. Stengel protokollierte das merkwürdige, einseitige Gespräch und hat auf diese Weise die angespannte Atmosphäre bei seinem Amtsantritt für die Nachwelt konserviert.106 Das alles bedeutet nicht, dass Engel und Stengel verschiedenen politischen Lagern angehörten. Nur hatte Stengel einen längeren, windungsreicheren Lebensweg zurücklegen müssen. Er kam vom Liberalismus der späten Kaiserzeit und erlebte den Weltkrieg als Patriot. Zum Felddienst eigentlich nicht tauglich und »im Zupacken sehr unpraktisch«, musste er trotzdem eine Weile in Schützengräben verbringen. In der Republik gehörte er der Deutschen Volkspartei an und erklärte sich noch 1930 öffentlich als Gegner der NSDAP (was ihm Walter Frank später vorwarf), bewegte sich dann aber zügig auf den Nationalsozialismus zu.107 Der Einfluss seiner Frau und seines Adoptivsohns, zweier bekennender, aktiver Nationalsozialisten, spielte dabei offenkundig

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284 Forschung als Refugium eine Rolle. In der Familie soll viel und auch heftig diskutiert worden sein. Das sprach sich bis zu den Monumenta herum.108 Als Präsident nutzte Stengel die Gunst der Stunde und beteiligte sich an Maßnahmen, die Unrecht erzeugten. Doch in die Partei trat er erst 1942 ein, angeblich aus nationalem Empfinden.109 Das Bild ist mithin vielschichtig, jedenfalls weniger eindeutig als bei seinem Vorgänger und seinem Nachfolger. Anders als diese kam er deshalb bei der Entnazifizierung glimpflich davon. Im Reichsinstitut sprach man nicht nur über Stengels Ehefrau und seinen Sohn, sondern auch über die von ihm zu erwartenden internen Maßnahmen. Denn der neue Präsident galt als strenger Chef, der seine Mitarbeiter an der kurzen Leine hielt. Die (offenbar berüchtigte) »Marburger Unselbstständigkeit« drohte nun auch den Monumenta. Tatsächlich führte Stengel Neuerungen ein, die die dienstlichen Abläufe regeln sollten, aber von seinen Untergebenen, allen voran Carl Erdmann, als unnötige Geschäftigkeit, als Selbstzweck und Leerlauf betrachtet wurden: feste Dienstzeiten, Achtstundentag, Fixierung der Urlaubstage, Minderung der Autorenrechte, Magazinierung der Bibliothek u. Ä. m. Neue Formate sollten für die Publikationen erprobt werden. Sogar über einen möglichen Umzug wurde gemunkelt. Als ein Bibliothekar, ein Fotograf und ein »Tippfräulein« eingestellt wurden, verschob sich das zahlenmäßige Verhältnis vom wissenschaftlichen Personal hin zu Technik und Organisation. Unter Kehr habe man vor allem Wissenschaft getrieben, jetzt sei man zunehmend mit Verwaltung beschäftigt. Was man als Professionalisierung des Institutsbetriebs auffassen konnte, wurde von den wissenschaftlichen Mitarbeitern als Herabwürdigung ihrer Stellung gedeutet. Man fühlte sich am »Gängelband«, wissenschaftlicher Ehrgeiz werde durch Geschäftigkeit erstickt, ein allgemeiner »Marasmus« mache sich breit.110 Immerhin ließ der Präsident mit sich reden und Erdmann vertrat nicht nur als Dienstältester, sondern auch aus eigenem Interesse die Anliegen der Belegschaft. Anfangs war ihr Verhältnis zueinander von Misstrauen beherrscht. Auf Stengels Seite wurde es durch Informationen genährt, die sein unzufriedener Vorgänger Wilhelm Engel ihm gesteckt hatte. Von einem »Erdmann’schen Kanalnetz«, von »Neben- und Klatschkanälen« ist da die Rede sowie von einer »Alarmnachricht« an das römische Institut, die dort für Spekulationen und Verwirrung gesorgt habe. Der Brief ist erhalten und enthält nichts dergleichen, sondern nur harmlose Dinge.111 Offenbar wollte sich Engel für die

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ihm entgegengebrachte Geringschätzung revanchieren. Das Gerede sorgte dafür, dass Stengel Erdmann gegenüber zunächst »eine gewisse Zurückhaltung« an den Tag legte.112 Später kamen sie sich nicht wesentlich näher, schon gar nicht politisch. Einmal, als der Russlandfeldzug bevorstand, gerieten sie sogar emotional aneinander.113 Aber grundsätzlich verständigten sie sich auf einen pragmatischen Modus Vivendi, der 4 ½ Jahre lang trug. Als der Präsident seinen 60. Geburtstag feierte, wurde zwar keine Festschrift, aber ein Ölbild überreicht und die dafür nötige »Stengel-Spende« von Erdmann organisiert.114 Sachlich kamen sie sich nicht in die Quere, führten aber angeregte Gespräche und kooperierten einmal sogar miteinander. Nachdem Erdmann sich gutachtlich zur Grabinschrift der Quedlinburger Äbtissin Mathilde geäußert hatte, überließ er seinem Chef das prominente Zeugnis zur Publikation. Indem dieser auf das besondere Interesse des Reichsführers SS an der Gruft hinwies und sich für dessen freundliches Entgegenkommen bedankte, gelangten zum ersten, aber nicht letzten Mal die Sig-Runen der SS in eine Publikation der Monumenta Germaniae Historica.115 Nach 1945 wollte Stengel davon nichts mehr wissen und schob die ganze Sache Carl Erdmann in die Schuhe. Dass Himmler außerdem ein Editionsvorhaben der Monumenta (die Urkunden Heinrichs des Löwen) finanziell unterstützte, habe sich daraus ergeben, sei also ebenfalls nicht ihm, dem Präsidenten, sondern seinem Mitarbeiter anzulasten.116 Weil dieser da schon tot war, konnte er sich nicht wehren. Ein zweites Mal ergab sich ein wissenschaftlicher Austausch, als sie sich beide, Stengel und Erdmann, mit der Gelnhäuser Urkunde von 1180 befassten, jenem ebenso prominenten wie schwer verständlichen Text, der den Prozess Friedrichs I. gegen Heinrich den Löwen in allen wesentlichen Details dokumentiert. Der Briefwechsel, der daraus entstand, zeigt Erdmann als den besseren Philologen und scharfsinnigeren Interpreten. Stengel musste zugeben, dass er die Auseinandersetzung mit Erdmanns Argumenten als »GehirnTurnstunde« empfand.117 Johannes Haller hatte schon Jahre zuvor prophezeit, dass der »unfähige« Stengel von Erdmann »überrannt« werde, ihm also intellektuell nicht gewachsen sei. Er meinte weniger die Wissenschaft als den Institutsbetrieb; aber unrecht hatte er nicht.118 Als Stengel mit Erdmann über die Gelnhäuser Urkunde korrespondierte, war er schon nicht mehr Präsident des Reichsinstituts. Er hatte seinerzeit das Amt nicht gern übernommen, schaute sich zwischendurch nach anderen

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286 Forschung als Refugium Möglichkeiten um und war am Ende froh, »das männermordende Berlin« wieder verlassen zu können.119 Vor allem die anhaltende Obstruktion seines Vorgängers Paul Fridolin Kehr, »dieses Altmeisters der Intrige«, scheint ihn belastet zu haben. Das sei »die schwerste Hypothek« gewesen, die er im Reichsinstitut übernahm.120 Durch Erdmann wissen wir, dass Kehr Stengel von Anfang als seinen Feind betrachtete; denn in ihm habe er einen wirklichen Nachfolger gefunden. Wo immer es ging, habe er deshalb Panik verbreitet und auf den neuen Präsidenten geschimpft. Die Sekretärin geriet zwischen die Fronten und gab zu Protokoll, was sie sich hatte anhören müssen: Stengel sei »unfähig«, »unbedeutend« und »engstirnig«, er besitze keine Menschenkenntnis, vergeude seine Zeit mit »Faxereien« und unternehme »getarnte Vergnügungsreisen« nach Rom. Die Monumenta gingen derweil vor die Hunde.121 Doch selbst das ließ sich steigern: Einen noch heftigeren Konflikt gab es, als Kehr versuchte, Stengel das römische Institut zu entziehen und dort seinen »rückhaltlosen Verehrer« Friedrich Bock als ihm gefügigen Direktor zu installieren.122 Seitdem schien auch ein formeller Umgang nicht mehr möglich. Kehr betrat das Reichsinstitut nicht mehr; mit Stengel und seiner »Egeria« (wen immer er damit meinte) wollte er nichts mehr zu tun haben.123 Doch auch dadurch wurde der Präsident seines Amts nicht mehr froh. Schließlich zog sich »der Mausgraue« ins beschauliche Marburg zurück, um dort noch ein Vierteljahrhundert zu wirken und (indem er so lange wie möglich an seinen Ämtern und Funktionen festhielt) das Beispiel Kehrs zu imitieren. Noch lange trug er an der Berliner Erfahrung, die er als ehrenrühriges Scheitern empfand. An seine Stelle trat sein Marburger Nachfolger Theodor Mayer. Von Stengel geschickt eingefädelt, vom Reichserziehungsministerium mit Nachdruck betrieben und für Außenstehende kaum zu durchschauen, gelang die Rochade.124 Ein weiteres Mal mussten sich die Mitarbeiter des Reichsinstituts auf neue Verhältnisse einstellen, Carl Erdmann vor allem.

Stiller Direktor Mehrere Jahre nach Kriegsende beklagte der Mittellateiner Walter Stach die Situation seines Fachs und das geringe Interesse der mittelalterlichen Historiker an philologischen Fragen. Nur Carl Erdmann habe sich aufgeschlossen gezeigt. Auch für das Nachbarfach erwies sich sein Tod als ein schwerer Ver-

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lust. Für Stach war er »die Seele der MGH und ihr stiller Direktor«. Zwar kannten sie sich noch nicht lange; aber Stach beteiligte sich an einer Festschrift, die offiziell der Präsident Edmund Stengel, tatsächlich aber Carl Erdmann mit »viel Freude« und gelegentlichem Ärger herausgab. Er kannte also die dienstlichen Abläufe am Reichsinstitut und wusste, wovon er sprach. Als er einem Ruf an die Reichsuniversität in Straßburg gefolgt und Erdmann dort als Soldat stationiert war, haben sie sich mehrmals getroffen. So eng, fast schon freundschaftlich war ihr Verhältnis mittlerweile.125 Ob Erdmann wusste, dass Stach sich seiner jüdischen Ehefrau entledigt hatte, um dann eine andere, arische zu heiraten und sich außerdem notariell bescheinigen zu lassen, dass die erste Ehe überhaupt nicht bestanden hatte? Es lag Jahre zurück.126 Wer sich auf der Gegenseite positionierte, konnte zu einem anderen Urteil gelangen. Fritz Rörig, als Nachfolger Erich Caspars kein Mitglied der NSDAP, aber äußerst anpassungsfähig »um die Durchdringung seines eigenen Denkens mit nationalsozialistischem Geist bemüht«, hatte kein gutes Verhältnis zu Erdmann. Oder anders gesagt: Erdmann tat nichts, sich um ein solches zu bemühen. Vielmehr behandelte er den 16 Jahre älteren Ordinarius ausgesucht unhöflich und mit beißender Ironie, gelegentlich sogar mit herablassender Arroganz. In einer kleinen Kontroverse um das hansische Briefwesen akzeptierte er den Standpunkt seines Gegenübers und verließ sich ganz auf die noch fehlenden Belege, die der Professor sicher in der Hinterhand habe. Auf nähere Bekanntschaft legte Erdmann erkennbar keinen Wert.127 Einmal platzte Rörig der Kragen: Eine »Erdmann-Clique« wollte er bei den Monumenta ausgemacht haben. Damit habe er allgemeine Heiterkeit ausgelöst.128 Sein leicht reizbares Temperament (mit einer Flasche Selterswasser verglich ihn ein Kollege: »dauernd explosiv, aber harmlos«129) hatte ihn zu dem Vorwurf verleitet. Aber ganz falsch lag er mit seiner Einschätzung nicht. Wie Walter Stach wusste auch Fritz Rörig, dass Erdmann am Reichsinstitut eine Sonderstellung einnahm. Diese ergab sich aus den politischen Gegebenheiten und den persönlichen Verhältnissen. In aller Regel verbrachten die Mitarbeiter nicht ihr ganzes Berufsleben bei den Monumenta. Entweder man wurde auf einen mittelalterlichen Lehrstuhl an einer Universität berufen (wofür die editorische Arbeit besonders zu qualifizieren schien) oder man schlug die Archivarslaufbahn ein. Beide Wege blieben Carl Erdmann aus politischen Gründen versperrt. Er musste sich mit dem zufriedengeben, was er hatte, und wurde mit der Zeit

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288 Forschung als Refugium zum Ältesten an Lebens- wie an Dienstjahren. Schon dadurch hatte sein Wort Gewicht. Es wog noch mehr, weil er ja als verhinderter Professor gelten konnte. Die ihm prophezeite akademische Karriere hatte durch eine konzertierte In­ trige ein abruptes Ende genommen. Trotzdem behielt sein Name einen guten Klang in der Zunft. Was er publizierte, wurde in Fachkreisen zur Kenntnis genommen und als wissenschaftlich wertvoll gewürdigt. Er stand mit älteren und jüngeren Professoren in Verbindung und ging selbstbewusst mit Größen des Fachs um, welche andere für »Titanen« hielten. Er selbst sprach von seinem »offiziellen Außenseitertum« und umschrieb damit, dass er einerseits etabliert, andererseits ausgegrenzt war.130 Gegenüber den rasch wechselnden Präsidenten hatte er dadurch lange Zeit einen sicheren Stand. Als er Stengels organisatorischen Neuerungen die Wünsche der Belegschaft entgegenhielt, fungierte er als deren Sprecher. Das konnte er umso glaubwürdiger tun, als er über Jahre hinweg Kontinuität repräsentierte und sich für alle Abteilungen der Monumenta gleichermaßen engagierte. Friedrich Baethgen, der als Berliner Professor die Verhältnisse am Reichsinstitut gut kannte, meinte einmal, der späte Kehr habe sich nur noch für Kaiser- und Königsurkunden interessiert; erträglich sei das nur gewesen, weil Erdmann sich auch um die anderen Editionsvorhaben kümmerte.131 Nicht anders verhielt er sich unter den auf Kehr folgenden Präsidenten. Denn er identifizierte sich vollständig mit den Zielen und Aufgaben der Monumenta. Heinrich Büttner, für kurze Zeit neben Erdmann beschäftigt, hatte recht, wenn er ihn als deren »wandelndes Gedächtnis« bezeichnete. Seine Kompetenz, Zuverlässigkeit und stete Präsenz, kurz: seine Unentbehrlichkeit wollte er damit beschreiben.132 Einer der Präsidenten soll sogar ausdrücklich anerkannt haben, dass er mehr als jeder andere leiste. Nur an der Höhe seines Gehalts (seines »Stipendiums«) änderte sich dadurch gar nichts. Von einem »Sündenlohn« sprach seine Mutter.133 Wie sich seine Unentbehrlichkeit auswirkte und wie viele davon profitierten, lässt sich an konkreten Beispielen zeigen. Sie sind Erdmanns persönlichem Umfeld entnommen und lassen erahnen, was unter anderen Umständen ein berufliches Netzwerk hätte werden können, so aber der Kommunikationsraum rund um ein wissenschaftliches Refugium bleiben musste. Für Dietrich von Gladiß zum Beispiel, dem Bearbeiter der Diplome Heinrichs IV., hat sich Erdmann gleich mehrfach eingesetzt, ermutigend, wenn ihn Zweifel am Sinn seiner Tätigkeit plagten, vermittelnd im Konflikt

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mit dem Präsidenten um seine Stellung und schließlich fördernd, als er ihn zur Habilitation in Gießen empfahl, wo Tellenbach seinen ersten Lehrstuhl innehatte.134 Als von Gladiß zur Wehrmacht eingezogen wurde, verständigte man sich brieflich. Der eine erzählte vom Institutsbetrieb in Berlin, der andere von den Geschehnissen an der Ostfront, die »in ihrer Größe und Furchtbarkeit unbeschreibbar« seien. Näher ließ er sich über die Gräuel des Vernichtungskriegs nicht aus. Im August 1943 in der Nähe von Charkov kam von Gladiß ums Leben.135 Theodor Schieffer, schon für Paul Fridolin Kehr tätig, also langjähriger Mitarbeiter der Monumenta (über 40 Jahre sollten es einmal werden) und vor allem mit den späten Karolingerurkunden beschäftigt, überlebte den Krieg, aber seine Wohnung wurde mitsamt allen Büchern zerstört. Erdmann tat das »unendlich leid«.136 Er sorgte dafür, dass wenigstens Schieffers ungedruckte Habilitationsschrift, die die erste Fassung einer Urkundenedition enthielt und immer noch auf dem Dekanat der Berliner Philosophischen Fakultät lag, in ein scheinbar sicheres Depot verbracht wurde. Dort ging sie bei Kriegsende verloren. Nur aufgrund glücklicher Umstände konnte sie nach weiteren 30 Jahren endlich publiziert werden.137 Dass Erdmann sich auch unter schwierigsten Bedingungen zuallererst um das Manuskript der Edition kümmerte, belegt das unbedingte wissenschaftliche Ethos, das ihm ein anderer Mitarbeiter, Karl Jordan, Herausgeber der Urkunden Heinrichs des Löwen, attestierte. Auf diese Weise sei er den Jüngeren zum Vorbild geworden und habe eine Schule begründet, ohne lehren zu müssen.138 Sogar mit dem eigensinnigen Norbert Fickermann, der nie promoviert wurde, sich als dilettante im Wortsinn verstand und eines fernen Tages die Monumenta im Streit verlassen sollte, kam Erdmann zurecht. Denn er schätzte ihn wegen seiner philologischen Fähigkeiten, nahm gerne seinen Rat in Anspruch und dafür seine Eigenheiten in Kauf. Querköpfe waren schließlich beide. Fickermann dankte es ihm, indem er die gemeinsam begonnene und intensiv besprochene Ausgabe hochmittelalterlicher Briefe nach Erdmanns Tod als ihr beider Werk herausbrachte. Ob sie jemals über politische Fragen diskutierten, wissen wir nicht. Aber ihre Standpunkte lagen – bis in die Wahl der Worte – nahe beieinander. Auch Fickermann wollte von »Blut« und »Rasse« nichts wissen und edierte deshalb Texte, die den Vorrang des Intellekts bezeugten. Denn anders als heute habe man im Hochmittelalter alles darangesetzt, das tierische Dasein (das bestialiter vivere) zu überwinden. Nun

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290 Forschung als Refugium aber verwandle man sich zur bestia zurück. Wie Erdmann sah sich Fickermann auf verlorenem Posten.139 So viel zu den eigentlichen Monumentisten. Hinzu kamen einige von Erdmanns Schülern am Institut für Archivwissenschaft (IfA), die mit seiner politischen Haltung übereinstimmten. Dort und überhaupt im Beruf des Archivars konnte auf »Tauchstation« gehen, wer sich mit der nationalsozialistisch infizierten Universität nicht einlassen wollte. Je stiller die Tätigkeit, umso weniger wurde ein weltanschauliches Bekenntnis verlangt.140 Mehrere Mitglieder des 6. Kurses, der 1937 begann, bildeten so etwas wie eine »antinationalsozialistische Gruppierung« am IfA, darunter drei Mediävisten: Paul Egon Hübinger, Helmut Beumann und außerdem Theodor Schieffer.141 Vor allem Hübinger hatte massive Probleme mit dem Führungsstil des neuen Generaldirektors Ernst Zipfel, der sowohl in der Ausbildung als auch im dienstlichen Alltag der Archivare andere Saiten aufzog, den »straffen Nazikomment« einführte und das Führerprinzip konsequent durchsetzte. An seinem ersten Dienstort hatte Hübinger nurmehr mit »arische[n] Recherchen« zu tun.142 Er wollte deshalb an die Universität zurückkehren und habilitierte sich – gegen Erdmanns ausdrücklichen Rat – kurz vor Kriegsende in einem vereinfachten Verfahren.143 Auf ihre Beziehung fiel dadurch kein Schatten. Bei den Monumenta hatte sie sich vor allem bewährt, als Rudolf Buchner (linientreu wie schon in Erfurt) eine scharfe Attacke gegen ein von Hübinger aus dem Französischen übersetztes Buch reiten wollte und Präsident Stengel die Rezension nicht ablehnte, Erdmann aber dieselbe als »Denunziation« abfing. Dankbar erinnerte sich Hübinger später daran.144 Er machte damit die gleiche Erfahrung wie Helmut Beumann, der Dritte im Bunde der Aufrechten am IfA und nach Aussage eines Vorgesetzten »politisch-weltanschaulich vollkommen uninteressiert« (also dem Nationalsozialismus fernstehend).145 Wahrscheinlich verstand er sich deshalb mit Erdmann von Anfang an besonders gut. Eine gemeinsame Publikation und ein immer persönlicher werdender Briefwechsel gingen aus ihrer Verbindung hervor.146 Beumanns Habilitationspläne wurden von Erdmann mit kritischen Einwänden und hilfreichen Ratschlägen begleitet. Doch das alles zerschlug sich, als Beumann eingezogen wurde und lange an der Ostfront dienen musste. Auch durch ihn wurde Erdmann über die dortigen Zustände unterrichtet und konnte im Gegenzug nur mit (erstaunlich offenen) allgemeinen Einschätzungen und Berliner Witzen, Nachrichten aus dem Reichsinstitut und ei-

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nigen Sonderdrucken dienen. Vor Moskau wurde Beumann deren »östlichste[r] Leser«.147 Alle Versuche, ihn für die Wissenschaft zu reklamieren, sei es über den Präsidenten der Monumenta, sei es über Ernst Zipfel, schlugen dagegen fehl. Irgendwann brach der Kontakt ab, nicht aber Beumanns Erinnerung an den sachlichen Austausch und die persönliche Zuwendung. Er widmete dem Toten seine Habilitationsschrift, als sie in der jungen DDR auf schlechtem Papier erschien, und bekannte sich zeitlebens zu dem Vorbild seines eigentlichen akademischen Lehrers.148 Im Jahr 1934 versuchte eine Berliner Illustrierte dem allgemeinen Publikum zu erklären, welche Ziele die Monumenta Germaniae Historica eigentlich verfolgten.149 Sie tat das mit etwas Text und mehreren Fotografien. Zweifellos sind diese gestellt. Denn sie sollten zeigen, dass es um viel ging (»das gewaltigste deutsche Geschichtswerk«) und deutsche Wissenschaftler sich unter allen Umständen ihrer Verantwortung bewusst sind. Trotzdem vermitteln sie einen authentischen Eindruck von der kompakten Atmosphäre am Institut: Karl Jordan exzerpierend am Schreibtisch, der Geschäftsführer Heinrich Büttner im Arbeitskittel, daneben Otto Meyer, der nach dem Krieg eine bedeutsame Rolle beim Wiederaufbau der Monumenta spielen sollte; an der Bücherwand Carl Erdmann; inmitten der Herren Wissenschaftler eine einzige Frau: Lotte Hüttebräuker, ab 1927 als überhaupt erste feste Mitarbeiterin am Institut beschäftigt, 1930–1935 sogar mit der Geschäftsführung beauftragt. Ein paar Jahre später hatte sich das Verhältnis umgekehrt. Die Männer standen im Feld, nur Carl Erdmann noch nicht. Beinahe wäre er zum Polizeihilfsdienst eingezogen worden. Der Präsident konnte es gerade noch verhindern.150 Danach begann das Warten. Die Monumenta wurden also weiblich.151 Manche Männer hatten damit ein Problem und konnten sich dabei auf das Herkommen berufen. Kehrs Abneigung gegen Frauen in der Wissenschaft ist notorisch, kannte allerdings Ausnahmen (Lotte Hüttebräuker und seine eigene Tochter). Walther Holtzmann trat auch in dieser Hinsicht in die Fußstapfen seines Lehrers und ließ sich brieflich zu wüsten Beschimpfungen hinreißen.152 Für Erdmann spielte das Geschlecht keine Rolle. Schon in Rom half er unterschiedslos aus, wenn nur der wissenschaftliche Nutzen garantiert schien. Emmy Heller profitierte für ihre Studien zu Thomas von Capua von seinen Nachforschungen, Gutachten und Hinweisen.153 Er verfiel auch nicht in Ressentiments, wenn er enttäuscht wurde.154 Allenfalls eine gewisse Skepsis wird hier und da spürbar. Als

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292 Forschung als Refugium ihn (fast) nur noch Frauen umgaben, erwies er sich auch ihnen gegenüber als ebenso liebenswürdiger wie integrer und allzeit hilfsbereiter Kollege, der von seinem überlegenen wissenschaftlichen Rang kein Aufheben machte. Wir wissen davon durch späte Aufzeichnungen; aber es deckt sich mit dem, was aus seinen eigenen brieflichen Verlautbarungen hervorgeht. Margarete Kühn erinnerte sich noch nach 40 Jahren an seinen ermunternden Zuspruch, Friedel Peeck gar nach sieben Jahrzehnten an sein Interesse für ihre Arbeit. Das Thema hatte er ihr gestellt.155 Thea Vienken half er bei der Entzifferung schwer zu lesender Texte und vermittelte ihr einen prominenten Druckort für einen Aufsatz. Dass sie das Reichsinstitut vorzeitig verließ, bedauerte er lebhaft.156 Was er von Lotte Hüttebräuker hielt, wissen wir nicht. Sie hatte sich der

Die Mitarbeiter der MGH 1934.

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nationalsozialistischen Ideologie verschrieben und bekannte sich zu ihrem »Führer«, indem sie sich zwei Tage vor ihm das Leben nahm.157 Nur Margarete Kühn blieb bis ins hohe Alter für die Monumenta tätig. Alle anderen mussten sich, da sie als bloße »Platzhalterinnen« für ihre männlichen Kollegen galten, in andere Lebensentwürfe schicken. Aber auch ihre Biographien gehören dazu, will man Erdmanns Stellung im Reichsinstitut angemessen erfassen. Die Geschichte der MGH nach 1933, des »Reichsinstituts für ältere deutsche Geschichtskunde«, wie sie nun hießen, lässt sich als schubweise Nazifizierung beschreiben. Das gilt zunächst und in erster Linie für die Präsidenten. Paul Fridolin Kehr näherte sich den neuen Verhältnissen an, um nicht aufs Altenteil geschoben zu werden; er war, wenn man so will, ein Opportunist aus Altersgründen. Wilhelm Engel hatte das passende Alter und auch die passende Einstellung; er zählte aber nicht, weder nach außen noch nach innen, und erwies sich als Fehlgriff. Karl August Eckhardt wäre als ideale Besetzung durchgegangen: Mitglied der SS, jugendlich, schneidig und sachkundig obendrein, blieb aber dem Reichsinstitut erspart. Edmund E. Stengel verband Erfahrung, fachliche und weltanschauliche Qualitäten miteinander, wurde aber als Übergangslösung angesehen. Erst sein Nachfolger brachte die Nazifizierung, wenigstens des Präsidentenamts, zu einem Abschluss. Doch dazu weiter unten. Mit den Mitarbeitern verhielt es sich anders. Man muss mit vielfältigen Schattierungen rechnen. Die Skala reichte von Erdmanns Ablehnung der nationalsozialistischen Ideologie bis zu Hüttebräukers Zustimmung. Persönliche Loyalitäten kreuzten sich mit prinzipiellen Haltungen. Klare, dauerhafte Gruppierungen, die sich im Nachhinein vielleicht aufdrängten, lassen sich nicht leicht identifizieren.158 Wer noch etwas werden wollte, zeigte sich zur Anpassung bereiter als diejenigen, die dazu keine Notwendigkeit verspürten. Männer betraf das eher als Frauen. »Dreckspritzer« musste man dann eben in Kauf nehmen.159 Zwar bildete die kleine Schar der Mitarbeiter nie eine Einheit. Aber gelegentlich verband sie ein gemeinsames Interesse. »Unser Carlo«, »der gute Carlo«160 trat dann als Sachwalter ihrer Interessen auf. Seine dominierende Stellung bei gleichzeitig sehr flacher Hierarchie wird dadurch erkennbar. Es war fast so wie damals in Rom und damit gab er sich zufrieden. Einmal sprach er von dem »stillen Winkel«, in dem er lebe, und gebrauchte damit ähnliche Worte wie sein Vater, als er sich in einen beschränkten Wirkungskreis zurück-

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294 Forschung als Refugium ziehen musste.161 Mediävisten neigen dazu, sich »in tausend gelehrte Sonderfragen« einzuspinnen, »großzügiger Darstellung entwöhnt«. Weltferne kann man ihnen vorwerfen. Nach 1945 ist das tatsächlich geschehen, nicht unbedingt zur Freude der angesprochenen Kollegen.162 Aber selbstvergessene Forschung kann – zumal in Zeiten wie jenen – Optionen des Rückzugs eröffnen. Mochte draußen »scharfe Luft« wehen, so blieben die Monumentisten »in einer hermetisch verschlossenen Bude«.163 In den späten 1930er-Jahren wurden die MGH zu einem Schlupfwinkel für jene, die man andernorts aussortiert hatte. Norbert Fickermann und Theodor Schieffer sprachen – offenbar unabhängig voneinander – von einer »Oase«, in der man Gespräche mit Carl Erdmann, Ernst Perels und Ernst Kantorowicz führen konnte. Der eine erinnerte sich dankbar daran, der andere im Bewusstsein der damaligen ungewissen Situation.164 Für Erdmann waren es Zeiten der persönlichen Klärung. Vor zehn Jahren, als junger Gelehrter am römischen Institut, hatte er sich mit seiner überlegenen, manchmal besserwisserischen und allzeit neugierigen Art nicht nur Freunde gemacht. Sogar aus Tellenbachs Worten spricht eine gewisse Distanz, allerdings beschränkt auf einzelne Züge von Erdmanns Charakter. Auch rastloser Ehrgeiz wurde ihm damals unterstellt. Davon ist nach 1935 nichts mehr zu erkennen. Mit dem Rauswurf aus der Universität hatten sich die Gedanken an die akademische Karriere erledigt. Verbale Anerkennung wies er – ebenso bescheiden wie trotzig – zurück. Wenn ein von ihm entdeckter Krönungsordo nach ihm benannt (ihm also »angehängt«) wurde, dann war ihm das peinlich, Danksagungen korrigierte er, sein Außenseiterdasein kultivierend, aus Manuskripten heraus.165 Erdmanns Ambitionen richteten sich jetzt ganz auf seine literarische Produktion, seine wissenschaftliche Energie auf die kleine Welt des Reichsinstituts. Die Hauszeitschrift, das »Deutsche Archiv«, wurde – mit Abstand – sein bevorzugter Druckort. Nach außen wirkte er durch Publikationen, Hinweise und Anregungen, nach innen durch Hilfsbereitschaft und Loyalität. Er vermittelte zwischen sich streitenden Kollegen, beschwichtigte gekränkte Autoren, milderte Spannungen im Haus und wurde zunehmend irenisch. Er sei – so schrieb er einmal – um den wissenschaftlichen Frieden besorgt.166 Erdmann war nicht das Gesicht und kein Repräsentant des Instituts, wohl aber – man kann es nur wiederholen – »die Seele der MGH und ihr stiller Direktor«.

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Im Wettlauf gegen die Zeit Im Spätsommer 1944, wenige Monate vor dem Ende des Krieges, schrieb der Soldat Carl Erdmann aus Tirana an seine Freunde. Weil er glaubte, nicht mehr nach Deutschland zurückkehren zu können, und mit dem Leben schon abschloss, dachte er an die Zeit um 1935 zurück. Denn auch damals nach seiner Vertreibung von der Berliner Universität schien er vor dem Nichts zu stehen. Doch wider Erwarten folgte auf den Rauswurf die »aktivste und beste Zeit« seines Lebens.167 Der unwiderrufliche Abschluss eines Lebensabschnitts gab ihm Mut, einen neuen zu beginnen. Er meinte seine Tätigkeit bei den Monumenta Germaniae Historica, die ihm gleichzeitig Raum für eigene Forschungen ließ. Zwischen Broterwerb und wissenschaftlichem Interesse ließ er grundsätzlich keinen Unterschied zu. 1935: Das war auch das Jahr, in dem »Die Entstehung des Kreuzzugsgedankens« erschien, Erdmanns heute bekanntestes Buch. Doch zur Kreuzzugsgeschichte oder zu verwandten Themen hat er sich danach nur noch gelegentlich geäußert. Er hätte sich auch nie als Kreuzzugshistoriker bezeichnet. Vielmehr bestand er darauf, als Ideenhistoriker wahrgenommen zu werden. Es ging ihm nicht um den Verlauf oder die Folgen der Kreuzzüge, sondern allein um den Kreuzzugsgedanken, um die ideellen Grundlagen von Kriegen, zumal wenn sie im Namen oder Auftrag der Kirche geführt wurden. Meinecke, Schramm und Kantorowicz stand er näher als vielen von denen, die sich später auf ihn beriefen. Sein Interesse galt dem geistigen Leben einer Epoche, in der die Kreuzzüge eine charakteristische Rolle spielten. Es kam ihm darauf an, der Mittelalterforschung neue Wege dorthin zu erschließen. Dabei ging er auch nach heutigen Begriffen durchaus zielstrebig vor. Von einem konkreten Vorhaben ist allerdings nur insofern die Rede, als er einen Editionsauftrag für die Monumenta Germaniae Historica übernahm. Und wenn er einmal einen langfristigen Zeitplan aufstellte, dann hielt er selbst ihn für illusorisch. Projekte darf man schmieden, wenn man weiß, dass ihre Verwirklichung auf einem anderen Blatt steht. Immer deutlicher sah Erdmann, dass ihm die Zeit davonlief und er sich im Wettlauf gegen sie befand. Doch dadurch erhielt seine Arbeit eine klarere Richtung: Es kam darauf an, aus der ihm verbleibenden Zeit das Beste zu machen. Umwege, Eskapaden, »Allotria« kamen nicht mehr infrage. Ausgangspunkt, ja Schlüsselerlebnis war für Erdmann jener glückliche Fund, den er in der Pariser Nationalbibliothek gemacht hatte: eine Sammlung

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296 Forschung als Refugium von 36 Briefen aus dem 11. Jahrhundert, geschrieben von einem Bamberger Domscholaster, die allermeisten davon der Forschung völlig unbekannt, »ein Fund erster Ordnung«, der in der Zunft »einigen Rumor« verursachen werde.168 Euphorisiert bereitete er schon an den Abenden im Hotel die Edition vor und drängte gegenüber P. F. Kehr auf deren baldige Publikation. Denn zur Entdeckerfreude gehört immer auch die Sorge vor möglichen Konkurrenten, denen man zuvorkommen muss, zumal wenn es sich um einen so bedeutenden Fund handelt. Erdmann glaubte, nicht nur den Texten wertvolle Informationen entlocken zu können, sondern kam außerdem zu der Überzeugung, »dass auf dem Gebiet der Briefhandschriften noch viel zu machen ist und dass in dieser Richtung die wichtigsten Aufgaben liegen, die die mittelalterliche Quellen-Forschung und -Edition heute hat«.169 Ob Erdmanns Einschätzung zutraf oder ob er (wie es bei Wissenschaftlern ja häufig vorkommt) seinen Gegenstand überschätzte, spielt keine Rolle. Bis heute werden mittelalterliche Briefsammlungen ediert und wird über deren Erkenntniswert diskutiert, freilich nicht mehr mit dem gleichen Anspruch, den Carl Erdmann erhob. Ihn selbst ließ die Arbeit an ihnen nicht mehr los. Sie wurden zur Grundlage für vieles, was er publizierte, zum Orgelton seiner weiteren Forschung, zum Taktgeber seines Wettlaufs gegen die Zeit. Erst deutlich nach seinem Tod wurden die Resultate vollständig sichtbar. Das Thema durchlief in diesen zwei Jahrzehnten sämtliche Stadien der wissenschaftlichen Bearbeitung. Der Fund, den Erdmann in Paris gemacht hatte, beschäftigte nicht nur ihn, sondern machte auch anderen Mediävisten zu schaffen und verursachte tatsächlich »einigen Rumor«. Am Anfang standen die Bekanntmachung und erste Ausgabe der Bamberger Briefe. Dass der glückliche Finder damit sein Habilitationskolloquium bestreiten konnte, ergab sich als Nebeneffekt. Einer wohlwollenden Fakultät konnte er damit zeigen, was er noch vorhatte.170 Dazu gehörte eine Reihe von Vor- und begleitenden Studien, die die Möglichkeiten und Grenzen der Bamberger Briefe sowie der Quellengattung Brief bzw. Briefsammlung ausloten sollten. Erdmann befasste sich mit der Bamberger Domschule, zog andere Briefsammlungen zum Vergleich heran und erkundete die »Propaganda« im Investiturstreit; denn auch diese bestand zum größten Teil aus Briefen, die dann in die Sammlungen eingingen. Erdmann gab zu, eine »Inflation« von Aufsätzen verursacht zu haben, mit der er den »wissenschaftlichen Markt« überschwemme; aber das sei »nun einmal der

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einzige Weg, auf dem ein großes Problemgebiet wie die Briefliteratur aufgehellt werden kann«.171 Außerdem dienten sie ihm dazu, sich gegenüber der Konkurrenz zu behaupten. Denn mit seinem Interesse für Briefe und Briefsammlungen stand er keineswegs allein. Schon Karl Hampe in Heidelberg hatte seine Doktoranden an die italienischen Sammlungen und Musterbücher gesetzt. Emmy Heller, die von Carl Erdmann in Rom und Florenz unterstützt wurde, gehörte zu diesen. In Wien wurde die Edition des sogenannten Codex Udalrici (einer Sammlung von Gedichten, Urkunden und Briefen vornehmlich zu Schul- und Ausbildungszwecken), in Prag die der Briefe des Reichskanzlers und Abtes Wibald von Stablo vorbereitet.172 In Erlangen versuchte Bernhard Schmeidler eine stilvergleichende Methode zu entwickeln, um die individuellen Anteile bestimmter Autoren genau bestimmen zu können. Zu all dem nahm Erdmann von seiner Warte aus Stellung. Vor allem Schmeidler musste sich kritische Einwände gefallen lassen. Denn die von ihm angestrebte Exaktheit hielt Erdmann für »Pseudo-Exaktheit«.173 Aber auch in Wien wurde man unruhig. Hans Hirsch, der mächtige Direktor des Österreichischen In­ stituts für Geschichtsforschung, meinte einmal teils ironisch, teils verärgert, man arbeite »unter scharfer Kontrolle dieses jungen Mannes«.174 Die Aufsätze legten den Grund für ein Buch. Es erschien schon drei Jahre nach der »Entstehung des Kreuzzugsgedankens«. Erdmann hatte also fleißig gearbeitet. Schon damals spürte er den Zeitdruck, unter dem er stand. Die Sorge, auch bei den Monumenta hinausgeworfen zu werden, trieb ihn um, von den zu erwartenden politischen Katastrophen ganz zu schweigen. Zudem glaubte er nicht, dass ein solches Buch überhaupt noch gedruckt werden könne. Allzu sehr schien es aus der Zeit gefallen.175 Das Ergebnis seiner Forschungen nannte er bescheiden einen »Kommentar« zu den von ihm bearbeiteten Briefen.176 In Wirklichkeit handelte es sich um die Umrisse einer Quellenkunde, exemplifiziert an zwei Sammlungen des 11. Jahrhunderts, ergänzt um ein Kapitel zur Vorgeschichte des Investiturstreits, das zeigen sollte, was sich mit diesen Texten alles anfangen ließ. Der Verfasser wusste, dass ein solches Buch nicht auf den allgemeinen Buchmarkt gehörte. Er fand es »reichlich trocken und fachlich eng«, »buchhändlerisch unmöglich«; dem Leser werde »manche Mühsal« zugemutet. Nur mit einem Druckkostenzuschuss der Deutschen Forschungsgemeinschaft konnte es überhaupt publiziert werden. Edmund E. Stengel, der neue Präsident, hatte den Antrag mit den jetzt üblichen Schlagworten (»Kampfjahre« im

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298 Forschung als Refugium 11. Jahrhundert) gestellt und eröffnete mit dem Band die neue Schriftenreihe des Reichsinstituts. Sogar ein Autorenhonorar ließ er dem Verfasser zukommen. Erdmann schuldete ihm Dank. Gleichzeitig sorgte er sich, nach außen als »Paradepferd« der Monumenta zu erscheinen. Das aber sei politisch gefährlich.177 Die Aufnahme in der Zunft war zustimmend und freundlich, wenn auch nicht so euphorisch wie bei seiner Habilitationsschrift, eher so matt, wie der Verfasser es befürchtet hatte. Immerhin wurde das Buch auch im Ausland wahrgenommen.178 Nur Bernhard Schmeidler eröffnete eine Kontroverse, die sich im Austausch von Ehrstandpunkten erschöpfte.179 Dabei hatte Erdmann leichtes Spiel. Denn Schmeidler galt in der Zunft nicht viel. Man hielt ihn für einen pathologischen Fall, seine Suche nach einer exakten Stilkritik für fehlgeleitete Ambition. Walther Holtzmann soll sich einmal anheischig gemacht haben, Schmeidlers Methode öffentlich ad absurdum zu führen. Seinen Eigentumsanspruch auf die Erforschung mittelalterlicher Briefsammlungen nahm niemand ernst.180 Schmeidler beklagte sich gern über mangelnden Respekt gegen seine Person und musste es deshalb hinnehmen, auf die Regeln des Rezensionswesens hingewiesen zu werden.181 Unterstützung erhielt Erdmann nicht nur von befreundeten Kollegen, sondern auch durch das Angebot, für Wilhelm Wattenbachs Handbuch der deutschen Geschichtsquellen den Beitrag über die Briefsammlungen zu schreiben. Herausgeber der Neubearbeitung war Robert Holtzmann, sein Gönner. Während eines Mittagessens in einer Berliner Gaststätte mag darüber entschieden worden sein. Erdmann erhielt dadurch Gelegenheit, seinen Standpunkt ideal zu platzieren: Schmeidler, Hirsch (Wien) und Zatschek (Prag) werden zurechtgewiesen, nur Erdmann sei zum richtigen Ergebnis gekommen.182 Der »Wattenbach-Holtzmann« blieb über Jahrzehnte – und ist es bis heute – das Standardwerk zu den hochmittelalterlichen Geschichtsquellen in Mitteleuropa. Generationen von Studierenden wurden damit traktiert, Erdmanns Auffassungen auf diese Weise kanonisiert. Gerne hätte er auch jüngere Mitarbeiter und »Schüler« für die Bearbeitung von Briefsammlungen, Musterbüchern und dergleichen gewonnen. Aber daraus wurde nicht viel. Dem Außenseiter in seinem Fach fehlten die Möglichkeiten dazu.183 Schließlich die Edition, die eigentliche Aufgabe, von der alles ausging: Schon Ende 1939, zwischen Polen- und Frankreichfeldzug, hatte der Druck begonnen, wurde aber immer wieder unterbrochen und kam nur noch »langsam

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schleichend« voran. Im Institut gab man Stengels »Format- und Organisationsfimmel« die Schuld; doch immer spürbarer kamen die allgemeinen Umstände erschwerend hinzu. Ursprünglich hätte der Band nur eine einzige, die sogenannte Hannoveraner bzw. Hannoversche Briefsammlung enthalten sollen; doch in Anbetracht der Verzögerungen kamen weitere hinzu. Schon 1941 musste Erdmann mit seiner Einberufung rechnen und versuchte deshalb, Druck auf die Druckerei auszuüben – ohne Erfolg. Den Variantenapparat wollte er auf das Nötigste beschränken, um Zeit zu gewinnen. Nicht auf Perfektion kam es ihm an, sondern auf ein vorzeigbares Ergebnis. Keine »editionstechnische Marzipantorte«, sondern ähnlich schmackhafte, aber bekömmliche Kost. Ein aufwendiges Druckbild kam daher immer weniger infrage. Im Sommer 1942, im zweiten Jahr des Feldzugs gegen die Sowjetunion, wurde der

Bernhard Schmeidler (1879–1959).

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300 Forschung als Refugium Papiermangel dann so gravierend, dass nur noch der Satz hergestellt werden konnte, nicht aber das Buch. Im Januar 1943, kurz bevor die 6. deutsche Armee in Stalingrad kapitulierte, stellte die Druckerei die Arbeit an der Ausgabe ein. Nur noch kriegswichtige Aufträge wurden erledigt. Erst 1950 konnte Norbert Fickermann die mittlerweile aus vier Blöcken bestehende Ausgabe zusammen mit einer eigenen Edition erscheinen lassen. Zu diesem Zeitpunkt war Erdmann schon fünf Jahre tot. Den Wettlauf gegen die Zeit hatte er in diesem Fall verloren.184 Erdmann meinte einmal, dass seine Arbeiten »immer literargeschichtlicher« würden.185 Auch das hatte mit seinem Interesse an mittelalterlichen Briefen zu tun. Denn diese nahmen – so Erdmann – »zwischen den literarischen und den urkundlichen Quellen eine Mittelstellung« ein.186 Sie entstanden in einer bestimmten historischen Situation, behandeln aber keine rechtlichen Sachverhalte und folgen einer Zielsetzung, die über den Anlass ihrer Entstehung hinausgeht. Das zeigt sich zum einen in ihrer ehrgeizigen stilistischen Gestaltung, zum andern in den Eigenarten ihrer Überlieferung: Mittelalterliche Briefe sind selten im Original, sondern fast immer nur abschriftlich erhalten; sie sind an die Nachwelt gerichtet, wurden regelmäßig zu Briefsammlungen komponiert und sind deshalb auch nicht in Archiven, sondern fast ausschließlich bibliothekarisch überliefert. Sie gehörten für Erdmann zur Literatur. Damit meinte er keineswegs nur die sogenannte schöne, die belletristische Literatur, sondern all jene Texte, die mit einem gewissen stilistischen Anspruch formuliert wurden, um Gegenwart und Zukunft zu unterhalten wie zu belehren – etwa die Geschichtsschreibung, aber eben auch die Briefliteratur.187 Wer Briefe diktierte, war für Erdmann ein Dichter. Mit Nachdruck wies er auf den etymologischen Zusammenhang hin: dictator oder tihtære – es ist »dasselbe Wort«.188 Dem Verfasser der von ihm entdeckten Bamberger Briefe, dem Domscholaster Meinhard, widmete er deshalb ein eigenes, ausgreifendes Kapitel, um dessen literarische Bildung, sein schriftstellerisches Können und seine »humanistische« Gesinnung hervortreten zu lassen. Eine Bildungs- und Literaturgeschichte Deutschlands im hohen Mittelalter könne »ohne die Gestalt Meinhards nicht mehr geschrieben werden«.189 Es war ein weites Feld, auf das sich Erdmann damit begab. Er publizierte (durchweg kleinere) Arbeiten zur deutschen Spielmannsepik und zum EzzoLied, zu den Schmuckformen lateinischer Dichtung und Prosa, zum »Waltharius« wie zur »Ecbasis cuiusdam captivi«, zwei lateinischen Epen des 9./10.

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bzw. 11. Jahrhunderts. In einer Miszelle von gerade einmal 26 Zeilen machte er Bischof Gunther von Bamberg († 1065) als ersten deutschen Heldendichter namhaft.190 Damit forderte er die Literaturwissenschaften heraus. Doch die »Studien zur Briefliteratur« stießen auch in der Germanistik auf Interesse191 und mit Vertretern der noch jungen mittellateinischen Philologie kam er im Laufe der Jahre in intensiven Kontakt: Mit Norbert Fickermann arbeitete er eng zusammen, Altmeister Karl Strecker widmete er eine Festschrift (mitsamt einem eigenen Beitrag in ihr), mit Otto Schumann in Frankfurt kreuzte er die Klingen. Von Walter Stach war schon die Rede. Mit ihm verständigte er sich auf das »Eigenrecht« der literarischen Quellen und ihren Nutzen für die historische Forschung.192 Nicht immer konnte Erdmanns Beweisführung überzeugen: Von einem »Heldendichter« Gunther von Bamberg ist in keiner neueren Literaturgeschichte die Rede. Aber er wurde als Gesprächspartner geschätzt und konnte sich auch in literaturgeschichtlichen Diskussionen behaupten. Otto Schumann nannte die Debatte mit ihm »ein Vergnügen« – er werde seinen Weg machen und bald als »Professor publicus ordinarius« amtieren! Er schätzte ihn »sehr hoch und erwartete viel von ihm«.193 Dabei hatte Erdmann – von einer Münchener Vorlesung zur französischen Literatur einmal abgesehen – kein philologisches Fach studiert, sondern sich »transdisziplinär« erst einarbeiten müssen. Auch auf diesem Gebiet erwies er sich als ein hochgradig motivierter Autodidakt. Sogar mit einer philologischen Koryphäe wie Ernst Robert Curtius kam Erdmann ins Gespräch. Gerne wüsste man, ob dabei auch weltanschauliche Standpunkte ausgetauscht wurden. Denn auch Curtius zog sich in den »stillen Winkel« der Forschung zurück, um dem Nationalsozialismus so weit wie möglich aus dem Weg zu gehen. Und auch ihm erwuchs »geheime Beglückung« daraus, die ihn »wie ein Zaubermantel durch die Zeit« trug.194 Das hatte Curtius mit Erdmann gemeinsam. Aber ihre Beziehung zueinander ist nur in Bruchstücken dokumentiert. Immerhin sieht man, wie gut sie sich verstanden, wie sehr sie einander schätzten und dass sich ihre Interessen überschnitten. Erdmanns »Entstehung des Kreuzzugsgedankens« gefiel Curtius über die Maßen, weil das Buch seine eigene Auffassung vom Ursprung der altfranzösischen Epik historisch unterbaute,195 man verständigte sich über spezielle sachliche Fragen und beider Suche nach den geistigen Traditionen und literarischen Topoi im europäischen Mittelalter ließ sich gegen die nationalsozialistische Gegenwart wenden, freilich nur im Privaten: Curtius betonte die

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302 Forschung als Refugium antiken und romanischen Vorbilder der deutschen Heldensagen, Erdmann mokierte sich darüber, »wie oft gerade das, was zunächst als germanisch erscheint, sich hinterher als hebräisch herausstellt«. Sogar der »Führergedanke« lasse sich auf Aussagen des Alten Testaments zurückführen und habe somit – über Joachim von Fiore, Dante und Mussolini – »eine unverächtliche Genealogie«.196 In einem (verlorenen) Schreiben teilte Erdmann Curtius mit, dass er »eine französisch-deutsche Bildungsgeschichte des 11. Jahrhunderts« schreiben wolle. Dass der »Humanismus«, die »Renaissance« des 12. Jahrhunderts noch weiter zurückreichte, wollte er damit zeigen und Kontinuitäten beschreiben, die in Wellenbewegungen daherkamen. Dass es dazu nicht kam, hat Curtius lebhaft bedauert. Wollte er doch die Einheit der europäischen Bildung bewahren, indem er auf ihre antiken Wurzeln und mittelalterlichen Grundlagen hinwies.197 Aber Erdmann ließ damit anklingen, wo er die Zukunft seiner Forschungen sah: nicht bei seinen literaturgeschichtlichen Exkursionen und auch nicht bei seinen landesgeschichtlichen Studien rund um Heinrich I., die er entweder als »Gegengewicht« zu jenen oder auch nur als »Allotria« ansah.198 Vielmehr stand ihm ein mehrbändiges Werk vor Augen, das – gestützt auf die Edition der ottonisch-salischen Einzelbriefe – das Schul- und Geistesleben jener Zeit behandeln sollte. 15 bis 20 Jahre nahm er sich dafür vor. Natürlich wusste er, dass er so viel Zeit nicht haben würde. Aber für den Augenblick fand er in dem bloßen Gedanken Zuflucht und Trost.199 Gleichzeitig war damit ­seinen Forschungen die Richtung gewiesen. Hätte er sie tatsächlich zu Ende führen können, wäre daraus ein aus Einzelstudien zusammengesetztes Kompendium zu einem fundamentalen Bestandteil der hochmittelalterlichen Kulturgeschichte hervorgegangen. Aus den 15 bis 20 Jahren wurden am Ende nicht einmal vier. Als das Buch (von mehreren Bänden war schon lange nicht mehr die Rede) mit gehöriger Verspätung und nach mancherlei Schicksalen endlich erschien, umfasste es gerade einmal 134 Seiten und bestand aus drei größeren und drei kleineren Artikeln. Deren wichtigster handelte vom Aufkommen einer »nichtrömischen Kaiseridee« an verschiedenen Orten: in England, Spanien und natürlich im fränkischen und ostfränkisch-deutschen Reich.200 Damit verband sich erneut eine Stellungnahme gegen das völkische Geschichtsbild. Denn Erdmann kam zu dem Ergebnis, dass jede Art einer Kaiseridee letztlich auf die römische rekurrierte. Rom triumphierte über alle Versuche, ein nichtrömisches Kaiser-

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tum zu etablieren. Sogar der große Karl sei daran gescheitert. Für ein »germanisches Kaisertum« blieb erst recht kein Raum. Wenn das »Ahnenerbe« so etwas verbreitete, nannte er es einen »Widerspruch in sich«; wenn aber ein anerkannter Wissenschaftler wie Edmund Stengel, sein früherer Präsident, diesen Begriff gebrauchte, hielt Erdmann das für eine »Entgleisung«.201 Denn er betrachtete das frühere Mittelalter nichts als germanischen Wurzelgrund der deutschen Geschichte, sondern als bewahrende Fortbildung von Christentum und Antike. Darin wusste er sich mit Ernst Robert Curtius einig. Auch die beiden anderen Hauptartikel befassten sich mit Erscheinungsformen herrscherlicher Würde und zielten auf die politische Ideologie des 9. bis 11. Jahrhunderts.202 Der ursprünglich von Erdmann favorisierte bildungsgeschichtliche Aspekt trat demgegenüber völlig zurück. Er ließ deshalb den Begriff des »Geisteslebens« fallen und sprach März 1943 von der »politischen Gedankenwelt des Frühmittelalters«, der seine Überlegungen galten.203 Auch in anderen Zusammenhängen gebrauchte er diesen Ausdruck und jedes Mal war er politisch konnotiert: Das gilt für die frühkarolingische »Gedankenwelt« des 8. Jahrhunderts ebenso wie für die gregorianische im 11.204 Bausteine zu einer Ideengeschichte des Politischen sollten seine letzten Forschungen liefern. Daran hätte sich auch nichts geändert, wenn er seine Arbeiten nach dem Krieg hätte fortsetzen können. Als er eingezogen wurde, hatte er die Hälfte des Manuskripts fertig. Da es sich aber um in sich abgeschlossene Einzelstudien handelte, gab er sie jetzt schon für den Druck frei. »Testamentarisch« bat er seinen Freund Gerd Tellenbach, dafür Sorge zu tragen, falls er nicht aus dem Krieg zurückkehren sollte. Gleichzeitig ließ er das Manuskript zusammen mit anderen Unterlagen der MGH im Bergwerk Staßfurt bei Blankenburg verwahren. Dort solle es bis zum Ende des Krieges »in sanftem Luftschutzschlaf« ruhen.205 Über Ernst Witte, Albert Brackmann und Norbert Fickermann gelangte es schließlich an Friedrich Baethgen, der es anstelle des verstorbenen Autors publizierte. Alle Beteiligten wussten und auch wohlwollende Rezensenten konnten nicht darüber hinwegsehen: Es handelte sich um einen Torso, unvollständig, disparat, noch nicht ausgereift, zugespitzt in seinen Urteilen.206 Dafür hatten die Umstände seiner Entstehung gesorgt. Auch diesen Wettlauf gegen die Zeit hat Carl Erdmann verloren.

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Mit der von ihm gewohnten Schärfe Karl Pivec, damals Assistent am Österreichischen Institut für Geschichtsforschung, bescheinigte Carl Erdmann gleich zu Beginn einer Rezension, seinen Gegenstand »mit der von ihm gewohnten Schärfe« behandelt zu haben.207 Er meinte den Scharfsinn des Verfassers, zog aber das doppeldeutige Wort vor, das eben auch Strenge, Härte, Bissigkeit bedeuten kann. Damit traf er ins Schwarze. Denn Erdmanns Publikationen und ebenso seine privaten Briefe zeichnen sich nicht nur durch ihre scharfsinnige Argumentation und die Genauigkeit der Wortwahl aus, sondern auch durch einen oft ironischen oder sarkastischen Ton, eben ihre Schärfe. In Wien war man schon bald auf den jungen Mann aufmerksam geworden und fühlte sich – im Wettbewerb um die richtige Deutung der hochmittelalterlichen Briefsammlungen – durch dessen aufmerksamen Blick kontrolliert. Er habe »eins am Kopf verdient«, meinte eines seiner Opfer.208 Pivec’ eigene Arbeit über den Codex Udalrici wurde von Erdmann nicht scharf, aber doch »mit Reserve« rezensiert.209 Er wusste also, wovon er sprach, und revanchierte sich mit einer zweideutigen Formulierung. In der Tat ging Erdmann keiner Kontroverse aus dem Weg. Das war schon in Rom so, als er einem von Kehrs Schützlingen in die Parade fuhr,210 und setzte sich durch alle Phasen seiner Laufbahn fort. Nolens volens gab er ja selbst einmal zu, dass er zum sofortigen Widerspruch neige. Das sei eine »leidige Gewohnheit«, seine »Stachlichkeit«, wie er es ein andermal nannte: eine Widersetzlichkeit, die vor großen Namen nicht zurückschreckte und das Ausnahmerecht des Außenseiters beanspruchte.211 Betroffene sahen dann eben sein ›baltisches Wesen‹ am Werk. Otto Schumann dagegen empfand die »ebenso hartnäckige wie förderliche Polemik« als ein intellektuelles Vergnügen. Man sei zwar zu keiner Einigung gekommen und habe sich an einem »Zankthema« abgearbeitet, schließlich aber das »Kriegsbeil« begraben. Auch so ließ sich mit Erdmann verkehren.212 Doch man muss unterscheiden: 1. Nach außen wahrte Erdmann fast immer die Form, selbst gegenüber Bernhard Schmeidler, mit dem er sich am ausdauerndsten stritt. In Briefen an Dritte wurde er deutlicher. Erst als Schmeidler ihn beschuldigte, seine Publikationen absichtlich zu verschweigen, ging Erdmann in die Offensive. Den Ehrstandpunkt gegenüber der Zunft hielten sie beide für fundamental, obwohl keiner von ihnen ihr richtig angehörte. Aus demselben Grund stand Erdmann dann auch Tellenbach bei, als dieser von

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der Haller-Schule angegriffen und des Plagiats bezichtigt wurde. Auch dabei ging es allein um die Ehre. Allerdings wurde Erdmanns Buchbesprechung durch die Redaktion der Historischen Zeitschrift entschärft.213 2. Vor 1933 konnte man anders argumentieren als später: Erdmann, noch nicht einmal habilitiert, erlaubte sich, den hoch angesehenen und überaus einflussreichen Göttinger Ordinarius für Rechtsgeschichte Herbert Meyer auf den Primat der Tatsachen vor den großen Zusammenhängen hinzuweisen und das mittelalterliche Fahnenwesen nicht auf germanische, sondern auf kirchliche, orientalische und andere Wurzeln zurückzuführen.214 Nach 1933 wäre daraus ein Politikum geworden, zumal Meyer immer ausdrücklicher den germanen- und deutschtümelnden Zeitgeist bediente. Die Titel seiner späten Werke sprechen für sich: »Recht und Volkstum« (1933); »Rasse und Recht bei den Germanen und Indogermanen« (1937); »Das Wesen des Führertums in der germanischen Verfassungsgeschichte« (1938). Erdmann hielt sich in diesen Dingen zurück, ließ aber in seinen Rezensionen und Buchanzeigen regelmäßig durchblicken, was er von allzu zeitgemäßer Geschichtsschreibung hielt. Dass er mit der Ahnenerbe-Zeitschrift »Germanien« und deren Herausgeber Josef Otto Plaßmann wenig anfangen konnte, liegt auf der Hand; aber auch, was anerkannte Wissenschaftler über »völkische Einheit« (Fritz Ernst) oder »völkische Individualität« (Karl Pivec), über einen »rassisch und bildungsmäßig außerhalb Deutschlands wurzelnden Schottenmönch« (ebenfalls Pivec) und den Investiturstreit als germanisch-romanischen Gegensatz (Gerhard Kallen) von sich gaben, mochte er nur mit spitzen Fingern anfassen. Mit äußerster Reserve gab er solche Auffassungen wieder.215 Mit den eigenen eckte er an. So etwa, als er eine Abhandlung Albert Brackmanns mit seiner Besprechung in ihr Gegenteil umbog: Aus der Oberhoheit des Reichs über Polen im 10. Jahrhundert wurde die Stellvertretung des polnischen Herzogs im Reich. Das eine entsprach dem Zeitgeist, das andere hielt ihn auf Abstand. Präsident Stengel distanzierte sich öffentlich von einem solchen Standpunkt.216 Dem »Absprung in das Politische«, wie ihn die einen gefügig, andere geflis­ sentlich vollzogen, verweigerte sich Erdmann. Vielmehr bestand er auf einer Wissenschaft, die sich nicht an politische oder weltanschauliche Ziele band, sondern ihre eigenen verfolgte. Dabei ging er immer und grundsätzlich von den gedruckt zur Verfügung stehenden oder den erst noch zu erschließenden Quellenbeständen aus. Die Arbeit an ihnen gab ihm nicht nur tiefe persön-

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306 Forschung als Refugium liche Befriedigung, sondern auch festen Grund unter den Füßen. Gerade unter den Bedingungen einer weltanschaulichen Diktatur und angesichts der intellektuellen Zumutungen, die sich damit verbanden, schien ihm eine solche Grundlage unverzichtbar. Nur so ließ sich die Gegenwart bestreiten – in des Wortes doppelter Bedeutung. Dem oft zitierten »Vetorecht der Quellen« (Reinhart Koselleck) wächst gegenüber allen Versuchen geschichtspolitischer Bevormundung eine Funktion zu, die weit über die einer bloßen Kontrollinstanz für historische Interpretationen hinausgeht. Doch Einigkeit bestand darüber zu Erdmanns Lebzeiten nicht. Seit Langem wurde über die Aufgaben der Geschichtswissenschaft diskutiert und nicht erst seit 1933 standen die Monumentisten im Fokus der Kritik: In welchem Verhältnis standen Geschichtsschreibung und Geschichtsforschung zueinander? Wie viel Zuwendung konnte die Öffentlichkeit erwarten, wie viel Abwendung durfte sich der Historiker herausnehmen? Wie »monumental« sollte die Historie, wie »antiquarisch« durfte sie sein? Es ist kein Zufall, dass Erdmann mit der Haller-Schule aneinandergeriet. Johannes Haller stand für eine künstlerisch geformte Geschichtsschreibung, die in der Zunft aneckte, aber die Öffentlichkeit weithin beeindruckte. Mit den MGH stand er auf Kriegsfuß, verglich deren Arbeit mit dem Lösen von Kreuzworträtseln und Schachproblemen.217 »Wie wenig habe ich mit diesen Kreisen zu tun«, schrieb er gleichsam händeringend an seinen Schüler und Nachfolger auf dem Tübinger Lehrstuhl Heinrich Dannenbauer und auch dieser wollte von den »Zionswächtern der einzig wahren Historie« nichts wissen. Einen hob er – Jahre ­später – als mahnendes Exempel hervor: Carl Erdmann – »Buchstabilist, ­unfruchtbar, urteilslos«, ein hochbegabter Editor, aber unfähig zur Geschichtsschreibung.218 Das Urteil ist harsch und hat mit biographischen Konstellationen zu tun, nämlich mit Dannenbauers Nähe zu Haller, dann zu Theodor Mayer. Aber es hat ein fundamentum in re: Erdmann hat sich hingebungsvoll um einzelne Worte und sogar um Buchstaben gekümmert, um Cursus (Satzschlüsse), Metrum (Versmaß) und andere exotische Dinge, für die sich nicht viele interessierten. Das gehörte zu seiner Tätigkeit als Monumentist, einer Tätigkeit, in der er aufging. Darin entwickelte er eine Virtuosität, die ihresgleichen suchte. Schlechten Editoren hielt er Punkt für Punkt ihre Fehlleistungen vor, und wenn einer sich wehrte, machte er sich über ihn lustig.219 Die »Andacht zum Kleinen«, von der Adalbert Stifter gesprochen hatte, gehörte für ihn zum täg-

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lichen Brot. Wahrscheinlich verstand er sich deshalb mit gewissenhaften Philologen wie Otto Schumann oder Norbert Fickermann so gut.220 Dafür nahm er in Kauf, dass Außenstehende wie seine Mutter überhaupt nicht begriffen, was ihn an diesen Dingen so faszinierte. »Carlo treibt sein Wesen wie bisher«, meinte sie einmal resigniert.221 Max Webers keineswegs ironische Warnung, dass das Seelenheil eines Wissenschaftlers manchmal von einem einzigen Wort, von einer einzigen Konjektur abhänge, konnte Erdmann nicht kennen. Aber sie hätte ihn nicht abgeschreckt, sondern in seiner Auffassung bestärkt. Denn die Leidenschaft, die Weber von jedem Wissenschaftler verlangte, der »Rausch«, der zur Manie werden kann, zieht sich durch Erdmanns Biographie als Forscher und Autor.222 Daraus ergab sich der rastlose Fleiß, der ihn auszeichnete, und daraus ergab sich das bescheidene Leben, das er führte. Komfortable Lebensverhältnisse oder gar Wohlhabenheit bedeuteten ihm nichts. Die samtene Bequemlichkeit des »Etui-Menschen« (Walter Benjamin) erstrebte er nicht. »Butter-« oder »Milchkuh« war ihm seine Wissenschaft nie.223 Ohnehin ging Dannenbauers Urteil in die Irre. Erdmann blieb beim »Buchstabilismus« nicht stehen. Es bereitete ihm Vergnügen, offengebliebene Fragen zu beantworten, Fragen der Datierung, der Zuordnung, der Autorschaft und dergleichen mehr. Daraus entstanden Exkurse und seine kleineren Aufsätze. Die größeren befassten sich mit Quellengruppen und Sachzusammenhängen, die die Forschung noch gar nicht oder nicht genügend beachtet hatte. Damit stieß er Türen zu Räumen auf, die von anderen betreten werden konnten. Man nennt das: Innovation. Seine Studien zur Herrscherliturgie, zur Briefliteratur und zur Gedankenwelt des Frühmittelalters gehören dazu. Erdmann wusste und bedauerte, dass eindringende Forschung fortschreitende Spezialisierung in sich schloss. Er empfand sie als eine »geistige Verengung«. Nur deshalb – als »Gegengewicht« – gewöhnte er sich an die lästige Pflicht, die Institutsbibliothek zu verwalten. Damit »büßte« er für die Freuden, die ihm die Forschung verschaffte. An Tellenbach beobachtete er ein Fortschreiten »von den engeren zu den weiteren Aspekten«, bei sich selbst eine gegenläufige Entwicklung; diese müsse er als sein »Schicksal« akzeptieren.224 Damit verband sich ein zweites, ähnlich grundsätzliches Problem: So sehr Erdmann seinem historischen Scharfsinn vertraute und auch Thesen formulierte, die sich erst in ferner Zukunft durchsetzen würden, so wenig glaubte er

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308 Forschung als Refugium an seine Fähigkeiten zur Darstellung.225 Die Verbindung von exakter Analyse und großzügiger Synthese, von »Partikularem« und »Universalem«, wie sie etwa Ernst Robert Curtius von sich verlangte und auch erreichte,226 gelang ihm nicht. Mit der »Entstehung des Kreuzzugsgedankens« kam er ihr am nächsten, mit seinen späteren Werken nicht mehr. Über Hallers künstlerisches Talent verfügte er nicht. Immerhin versuchte er der fachlichen Enge zu entgehen, als er seine Aufsätze zu Heinrich I. einem Publikumsverlag anbot. Doch damit stieß er an seine Grenzen. Das Gespräch mit dem Verlagsleiter erwies sich als Misserfolg, der an seinem Selbstwertgefühl, an seiner Ehre, kratzte.227 Er blieb bei einer Forschung, von der im Extremfall nur drei oder vier Leute etwas verstanden.228 Das beschränkte seine Wirksamkeit auf ganz kleine Kreise, bewahrte ihn aber vor Konzessionen an den Zeitgeist.

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HERR UND KNECHT Die schubweise Nazifizierung des Reichsinstituts setzte sich fort. Auf den pragmatischen Opportunisten Paul Fridolin Kehr folgte der »Alte Kämpfer«, aber machtlose Wilhelm Engel. Diesen ersetzte der uneindeutige (»mausgraue«) Edmund E. Stengel. Erst mit dessen Nachfolger Theodor Mayer kam ein überzeugter Nationalsozialist ans Ruder, der weltanschauliche Orientierung und wissenschaftliche Zielsetzung miteinander zur Übereinstimmung brachte.

Theodor Mayer Theodor Mayer, Jahrgang 1883, gebürtiger »Innviertler«, also Österreicher, studierte in Wien und wurde einerseits durch das traditionsreiche Institut für Österreichische Geschichtsforschung, andererseits durch den innovativen Querdenker Alfons Dopsch geprägt. Von ihm angeregt, bemühte er sich zeitlebens darum, die klassischen Methoden auf neue, zeitgemäße Fragestellungen anzuwenden. Seine Dissertation behandelte den Donauhandel im späten Mittelalter, war also noch ganz wirtschaftshistorisch orientiert.1 In Prag, der ersten Station seiner Laufbahn, entdeckte Mayer das Paradigma »Volkstum« bzw. »Volksgeschichte« für sich. Mit siedlungsgeschichtlichen Forschungen glaubte er, zum »Volkstumskampf« der Deutschen in Böhmen beitragen zu können. Die stete Bezugnahme auf den »Raum« als einen zentralen historischen Faktor verband sich damit. Nach Gießen berufen, wandte er sich der mittelalterlichen Landes- und Verfassungsgeschichte zu, um künftig die eine für die andere fruchtbar zu machen. In Freiburg befasste er sich mit den Problemen des Deutschtums an der Grenze und seinem Verhältnis zu »nichtgermanischem« Volkstum im Südwesten. Geschichte war ihm zu einer »unbedingt aktuellen Wissenschaft« geworden, die auf die Fragen und Bedürfnisse der Gegenwart eingehen muss.2 Schule machte seine Formel vom Übergang des hochmittelalterlichen »Personenverbandsstaats« zum »institutionellen Flächenstaat« des späten Mittelalters, die er in Gießen vorbereitete, mit seiner Freiburger Antrittsvorlesung bekannt machte und wenig später, als er nach

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310 Herr und Knecht Marburg gewechselt war, in der dann gültigen Form publizierte.3 Untersuchungen zur mittelalterlichen Siedlungs- und Verfassungsgeschichte sollten sich auf den begrenzten Raum eines Landes, eines Territoriums oder einer Herrschaft konzentrieren und gleichzeitig einer gesamtdeutschen Geschichtsauffassung dienen. Diese war ihm als Österreicher so wichtig, dass er auf Unverständnis bei anderen Fachvertretern mit persönlicher Enttäuschung reagierte. Ohnehin war Mayer als Person in der Zunft alles andere als unumstritten. Er erwarb sich Verdienste, zumal um den Erhalt der Monumenta Germaniae Historica, zu deren Präsidenten er 1942 berufen wurde. Aber die Robustheit, die er im Umgang mit den staatlichen Stellen an den Tag legte, hat ihm geschadet, wenn er sie gegenüber den Kollegen nicht ablegte. Was dort als Durchsetzungsfähigkeit respektiert wurde, konnte ihm hier als Ruppigkeit, Streitsucht oder gar als Missachtung der akademischen Umgangsformen ausgelegt werden. Man hielt ihn für unruhig, herrschsüchtig und »krakeelig«. Nach 1945 erhielt er dafür die Quittung.4 Mayer hat keine große, zusammenfassende Darstellung hinterlassen. Die von ihm erwartete und bereits mit einem Verlag vereinbarte Verfassungs-

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geschichte des Mittelalters kam nicht zustande.5 Trotzdem gilt er als führender Vertreter einer »neuen Verfassungsgeschichte«, einer Verfassungsgeschichte auf landesgeschichtlicher Grundlage, die die Enge juristischer Definitionen zugunsten einer Anschauung ungeschriebener Ordnungen hinter sich lassen und statt starrer rechtlicher Normen den »inneren Bau« mittelalterlicher »Staaten« erfassen wollte. Das nämlich sei deren eigentliche Verfassung, in der sich das dynamische Spiel der politischen Kräfte entfalten konnte. Vor allem sein Landsmann und ehemaliger Schüler Otto Brunner hat mit dem damals aufsehenerregenden und bis heute wirksamen Buch »Land und Herrschaft« (1939) den methodischen Forderungen und sachlichen Zielen der »neuen Verfassungsgeschichte« Geltung verschafft. Mayer hat Brunner zeitlebens hochgeschätzt und glaubte sich vollständig mit ihm einig.6 Dass Mayer keine Gesamtdarstellung der mittelalterlichen Verfassungsgeschichte publizierte, liegt auch daran, dass er sich immer mehr auf die Erprobung kollektiver Arbeitsformen konzentrierte. Nach den damaligen Maßstäben muss man ihn als zeitgemäßen, nach den heutigen als modernen Forscher bezeichnen. Zwar stand er als Absolvent des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung in ziemlich festen Traditionen, die vor allem dem Erwerb besonderer Fertigkeiten, nämlich der »Schärfung des Quellenblicks«, dienten.7 Die Verbindung einer solchen Ausbildung mit einer innovativen Forschungsrichtung hielt er für nicht überbietbar. Doch schon in Prag, dann vor allem als Leiter der »Westdeutschen Forschungsgemeinschaft« und des »Alemannischen Instituts« (seit 1936: »Oberrheinisches Institut für geschichtliche Landeskunde«) in Freiburg lernte Mayer die Möglichkeiten einer interdisziplinären, zielgerichteten »Gemeinschaftsforschung« kennen und schätzen. Im »Kriegseinsatz der Geisteswissenschaften«, dem nach seinem Begründer auch »Aktion Ritterbusch« genannten Großunternehmen, dessen mittelalterlicher Abteilung er als »Spartenleiter« vorstand, brachte er sie zur Anwendung, indem er eine Serie von Tagungen zu ihm wichtig erscheinenden, zeitgemäßen Fragestellungen veranstaltete. Dabei stellte er Linientreue, Führungsstärke und ein bemerkenswertes Organisationstalent unter Beweis. Als seine Hauptaufgabe betrachtete er es, »die Historiker so weit zusammen zu bringen, daß sie zusammen arbeiten«.8 Er wünschte keine bloßen Zuhörer, sondern lud nur »Mitdebatter« zu den ebenso schlicht wie anspruchsvoll als »Arbeitsbesprechungen« bezeichneten Zusammenkünften ein.9 Daraus würden dann Freundschaften entstehen. Männerbündische Züge

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312 Herr und Knecht sind dabei ebenso wenig zu übersehen wie die Anklänge an den nationalsozialistischen Zeitgeist, an Gemeinschaft, Einheitlichkeit und das Lagererlebnis. Die Organisatoren duzten sich, die Anwesenheit von (Ehe-)Frauen wurde als peinlich empfunden.10 Theodor Mayer gilt heute als einflussreicher Vertreter eines kollektiven Wissenschaftsstils, der seine Wurzeln im Nationalsozialismus hatte und sich in der frühen Bundesrepublik fortsetzte. Bis ins hohe Alter gehörte er zu jenen »Organisationslustigen«, vor denen andere sich fürchten.11 Nach 1945 versuchte Theodor Mayer seine prominente Rolle im »Kriegseinsatz der Deutschen Geisteswissenschaften« herunterzuspielen. Freunde und Weggefährten sekundierten ihm dabei: In den Publikationen, die damals von ihm betreut wurden, wehe »die saubere Luft sachlicher Forschung, die nichts sucht als Erkenntnis«; »unbestechlich und unbeirrbar« habe er als Herausgeber »über der Sauberkeit der wissenschaftlichen Arbeit gewacht«.12 Festschriften, Nachrufe und ähnliches Schrifttum stellten ein Bild her, das einer »Mohrenwäsche« gleichkam.13 Es lässt sich nicht aufrechterhalten. Theodor Mayer hat sich zunächst zögerlich, dann aber umso entschlossener zum Nationalsozialismus bekannt und dessen Ziele weitgehend geteilt. Es war eine Mischung aus Ehrgeiz und Überzeugung, die ihn dazu brachte, dass er seine gesamtdeutsche Gesinnung gegen eine nationalsozialistische eintauschte und – um einen früheren, dann enttäuschten Mitarbeiter zu zitieren – in »die Melodie seiner Wissenschaft deutlich zackige Nebengeräusche« einfließen ließ.14 Einen »Nazi österreichischer Prägung« hat ihn einer seiner Vertrauten im Rückblick genannt und seine Ehefrau war noch lange stolz darauf, dass er »positiv zu Hitler stand«.15 Er gehörte der NSDAP und weiteren Parteiformationen an, stellte schon als Gießener Professor, erst recht als Marburger »Rektor und Führer« seine Zuverlässigkeit unter Beweis und veröffentlichte bei seinem Amtsantritt als MGH -Präsident einen Artikel im »Völkischen Beobachter«, mit dem er seine Wissenschaft der Macht andiente: Mit einer »gesamtgermanischen Geschichtsauffassung« sollte sie – wie Politik und Wehrmacht – an dem »Kampf um eine europäische Ordnung« mitwirken.16 Seiner Verehrung des »genialen Führers«, der Freude über die »hinreißende Macht der Bewegung« und seiner eigenen antisemitischen Einstellung gab Mayer in privaten Briefen Ausdruck. Von der erwünschten Vertreibung jüdischer Wissenschaftler aus Wien (»packen die schon die Koffer?«), einem an-

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zustrebenden Judenstaat auf Madagaskar und dem »Halbjuden« Erich Caspar, der »den heutigen Verhältnissen zu deutlich ablehnend« gegenübergestanden habe, ist dort die Rede. Als Österreicher glaubte er in diesen Dingen eine besondere Kompetenz zu besitzen; die Deutschen seien als Antisemiten doch nur »Anfänger«.17 Die Veröffentlichung eines wissenschaftlichen Aufsatzes wusste er zu verhindern, wenn der Autor weltanschaulich als nicht »einwandfrei« oder die Verfasserin als »nicht arisch« galt.18 Zur sogenannten HitlerFestschrift zum 50. Geburtstag des Diktators durfte er einen Beitrag über »Wirtschafts- und Siedlungsgeschichte« beisteuern und mit einer Stellungnahme zur Herkunft des Deutschen Grußes konnte er sich »an allerhöchster Stelle« (also beim »Führer« persönlich) empfehlen.19 Vor diesem Hintergrund muss Mayers Rolle im »Kriegseinsatz der Deutschen Geisteswissenschaften« beurteilt werden. Wer sich dort als »Spartenleiter« engagierte, der deutschen Mediävistik eine »gesamtgermanische Fragestellung« aufgab und für eine Buchreihe mit dem Titel »Das Reich und Europa« mitverantwortlich zeichnete, der musste wissen, dass er die Mobilisierung seiner Wissenschaft betrieb und den von ihr verlangten »Absprung ins Politische« organisierte. Zumal in den ersten Kriegsjahren, als die Neuordnung Europas unter deutscher Vorherrschaft auf der Tagesordnung zu stehen schien, wurde die Rede vom »Reich« als Großraum ubiquitär. Mayer leistete seinen Beitrag, indem er ihr ein wissenschaftliches Fundament zu geben versprach und dafür hochrangige Vertreter verschiedener Fachrichtungen gewann. Auf diese Weise machte er sich um die Kriegführung hinter der Front verdient und wurde als »stets bewährter nationaler und nationalsozialistischer Kämpfer« apostrophiert.20

Den Präsidenten verbrauchen, wie er ist Mit all dem, was Mayer repräsentierte, tat Erdmann sich schwer. Von Verfassungsgeschichte verstand er nicht viel. Wenn er danach gefragt wurde, äußerte er grundsätzliche Kritik, traute sich aber im Einzelnen kein Urteil zu; »völliges Versagen« warf er sich auf diesem Gebiet vor. Seine Einwände bezogen sich zunächst auf die ältere Forschung und deren »Juristicismus«; aber auch auf die von Theodor Mayer, Otto Brunner, Heinrich Dannenbauer u. a. vertretene Variante wollte er sich nicht einlassen. Selbst als Gerd Tellenbach

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314 Herr und Knecht sich an einem verfassungsgeschichtlichen Thema versuchte und über »Königtum und Stämme« eine schmale Monographie schrieb, blieb er distanziert. Er könne »damit nichts anfangen«.21 Als das ihm gemäße Forschungsfeld sah er die Geistes- und Ideengeschichte an, ihren Entwicklungen und Verwerfungen nachzuspüren als sein Ziel. Gab es die »Idee deutsch« schon bei den Karolingern? Nahm der »Kreuzzugsgedanke« die Kreuzzüge vorweg? Wo kam die »Kaiseridee« her und wie wirkte sie sich aus? Ganz allgemein: Wie verhielten sich Idee und Realität zueinander? Das waren die Fragen, die ihn bewegten. Mit ihnen befasste er sich in seinen früheren wie in seinen späten Schriften. Anders als die verfassungsgeschichtlichen Themenstellungen nahmen sie nicht nur die deutsche Geschichte in den Blick, sondern reichten viel weiter, räumlich wie zeitlich. Sie konnten an den nationalen Grenzen nicht haltmachen und hatten immer einen gesamteuropäischen Bezug. Sie mussten antike Wurzeln bedenken, die kirchlichen Entwicklungen stets im Auge behalten und sich zu den literarischen Quellen hin öffnen. Dafür nahm Erdmann eine gewisse Unschärfe in Kauf. Sachverhalte zu belegen oder hinreichend zu begründen, schien ihm aussichtsreicher, als sie beweisen zu wollen.22 In dem Maß, in dem er sich der Philologie zuwandte, nahm er endgültig von der herkömmlichen Tatsachengeschichte Abstand. Meinecke nahm er sich zum Vorbild; aber Gesprächspartner waren ihm Percy Ernst Schramm, Gerd Tellenbach und Ernst Kantorowicz, zeitweilig auch Ernst Robert Curtius, zunehmend die Kenner der mittellateinischen Literatur. »Germanischen Fragestellungen«, wie sie im »Kriegseinsatz« traktiert wurden, ging Erdmann nie nach und Landesgeschichte, für Theodor Mayer der Rahmen und die Grundlage seiner Forschung, betrieb er bestenfalls nebenher – es waren »Allotria« für ihn.23 Dabei blieb er meistens auf sich allein gestellt. An Gemeinschaftsforschung, wie sie Mayer sich vorstellte, hatte er keinerlei Interesse. Dazu war er schlicht zu eigen. Versammlungen, bei denen Gemeinschaft eingeübt wurde (sogenannte Wissenschaftslager zum Beispiel), waren ihm ein Gräuel. Wie sein wissenschaftliches Vorbild Friedrich Meinecke hätte er den »Gemeinschaftsfimmel« als zunächst merkwürdige, dann ärgerliche und schließlich bedrängende Zeiterscheinung (oder auch Zeitverschwendung) begriffen.24 Von Tagungen und Kongressen hielt er sich fern, und wenn er denn teilgenommen hätte, hätte er wenig dazu beitragen können. Er war wahrscheinlich kein guter Vortragender (Mayer übrigens auch nicht) und Debatten hätte er immer we-

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niger folgen können, weil ihm sein nachlassendes Gehör zu schaffen machte.25 Vielmehr gehörte er zu jenen Wissenschaftlern, die beim Lesen mehr aufnehmen als beim Zuhören,26 und hatte sich weitgehend autodidaktisch gebildet. Er verstand sich als niemandes »Schüler«, sondern ging seinen eigenen Weg. Das »offizielle Außenseitertum«, das er sich einmal zusprach, genügte ihm völlig.27 Denn es verschaffte ihm einen distanzierten Standort und eine freiere Sicht. Die Arbeit an einem Forschungsinstitut mit begrenzter Kooperation unter den Mitarbeitern entsprach seinem Naturell und gleichzeitig seiner politischen Haltung. Er verstand sich als Einzelforscher und widerstand so der geforderten Uniformierung. Begriffe wie Kollektivschrift, Gemeinschaftsarbeit oder Gleichschaltung (der Anmerkungen!) gebrauchte er nur, um sich über sie lustig zu machen.28 Eine Beteiligung an Unternehmungen wie dem »Kriegseinsatz der Geisteswissenschaften« kam für ihn schon deshalb nicht infrage. Mayer wusste von Erdmanns Widerspenstigkeit seit Langem. Als dessen Frankfurter Lehrauftrag an seiner (je nach Standpunkt) Loyalität oder Halsstarrigkeit scheiterte, sprang er bereitwillig ein und vertrat den Vertreter. Die Doppelbelastung ertrug er, weil er den Eindruck hatte, dass Verfassungsgeschichte den Studierenden mehr zusage als politische Geschichte oder Quellenkritik.29 Die von Erdmann organisierte Stellungnahme der »acht deutschen Geschichtsforscher« zu »Karl dem Sachsenschlächter« kommentierte er mit Bedenken. Schon der Ton, den dieser anschlug, missfiel ihm.30 Umgekehrt entging Erdmann sicher nicht, dass Theodor Mayer zusammen mit Walter Platzhoff den Historikerverband zeitgemäß reformiert hatte. Erleichtert registrierte er, dass Mayer nicht schon 1937 als Präsident des Reichsinstituts zum Zug kam.31 Beide wussten also, wo der jeweils andere stand. Als im März 1942 Edmund E. Stengel nach Marburg zurückkehrte und im Gegenzug Theodor Mayer, der ihm dort nachgefolgt war, das Präsidentenamt übernahm, machte die Nachricht im Reichsinstitut »Sensation«. Damit hatte niemand gerechnet, weder mit Stengels plötzlichem Abgang noch mit einer solchen, ungewöhnlichen Rochade. Margarete Kühn, damals Mitarbeiterin am Reichsinstitut, erinnerte sich Jahrzehnte später an die Situation: Alle »scharten sich um Dr. Erdmann« und alle »beschäftigte die Frage: ›Wo steht der neue Präsident politisch?‹ Die Antwort, die Dr. Erdmann zu geben vermochte, war äußerst beunruhigend. ›Er ist Wirtschaftshistoriker und – überzeugter Nationalsozialist.‹«32

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316 Herr und Knecht Allerdings hat das Zeugnis seine Tücken, vor allem weil es so spät aufgezeichnet wurde und ein typisches Zeitzeugnis darstellt: subjektiv, verzerrt und durch spätere Erlebnisse beeinflusst. Trotzdem ist es nicht wertlos. Es zeigt das Vertrauen, das Erdmann als »stiller Direktor« genoss, und es bestätigt, mit wie viel Skepsis der neue Präsident empfangen wurde. Noch Monate später beklagte er sich, dass er mit kaum jemand reden könne; denn »die Leute« seien »so unbedingte Gegner des jetzigen Regimes«.33 Damit meinte er die Mitarbeiter des Instituts und regelmäßige Besucher wie Robert Holtzmann, Ernst Perels oder Heinrich Sproemberg, die sich mit dem nationalsozialistischen Regime nicht oder nur äußerlich arrangierten. Und vielleicht hat sich Erdmann ja tatsächlich so oder so ähnlich geäußert, wie sich die Zeugin viel später erinnerte. In einem gleichzeitigen Schreiben charakterisierte er seinen künftigen Vorgesetzten als »politisch rührig, betreibt ›Kriegseinsatz der Geisteswissenschaften‹ u. dgl., scheint aber doch sehr wohl zu wissen, daß darüber nicht die Mon. Germ. vor die Hunde gehen dürfen. […] man muß abwarten.«34 Erdmann vertraute auf das Gewicht der Tradition. Es kam also darauf an, einen Modus Vivendi zu finden und den neuen »Chef« so zu »verbrauchen, wie er ist«.35 Der »stille Direktor« glaubte, die lästigen Dinge von sich »abwimmeln« und dem wirklichen Direktor alle bürokratischen Geschäfte überlassen zu können. Denn dafür beziehe dieser sein Präsidentengehalt – »also kann er auch die Plackerei haben, die an einer Direktion nun einmal hängt«. Punktum.36 Doch Erdmann erlag einem Irrtum. Mayer war ein geschäftiger Mann und viel unterwegs: in Italien, wo er ja auch das Deutsche Historische Institut zu leiten hatte, zu Tagungen an verschiedenen Orten, gerne auch im neutralen Ausland oder in Österreich, wo er herkam. Wo immer er sich aufhielt, blieb er mit dem Reichsinstitut in brieflicher oder telegraphischer Verbindung, und Erdmann »verbrauchte« er als Zwischenträger und ausführendes Organ. In kurzen Abständen gingen Briefe mit den Aufträgen und Meldungen hin und her. Passanträge, Hotel- und Platzreservierungen, die Vorbereitung von Konferenzen und Publikationen, Rechnungen, Genehmigungen, persönliche Aufträge bis hin zur Beschaffung von »Oropax« – das alles ging über Erdmanns Schreibtisch. Immer weniger konnte er die bürokratischen Geschäfte von sich abwimmeln. Er besorgte die Bibliothek, führte die Korrespondenz des Reichsinstituts und war in Vertretung des Chefs auch für das römische Institut zuständig. Da beide mit der Schreibmaschine schrieben oder schreiben ließen, ist ihre geschäftliche Kor-

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Den Präsidenten verbrauchen, wie er ist 317

respondenz in Originalen oder Durchschlägen weitgehend erhalten. Man könnte meinen, sie zeige Erdmann als Mayers rechte Hand. In Wirklichkeit spiegelt sie das Verhältnis des Präsidenten zu seinem Faktotum, eines Herrn zu seinem Knecht.37 Ganz nebenher erwartete Mayer von Erdmann, dass er sich auch an seinen wissenschaftlichen und publizistischen Aktivitäten beteiligte. Schließlich hatte er den Ehrgeiz, die Monumenta zu einem in seinem Verständnis »modernen« Forschungsinstitut auszubauen und deren Kapazitäten auch in den »Kriegseinsatz der Geisteswissenschaften« einzubringen. Von Anfang an hielt Erdmann dieses Unternehmen für problematisch und riet – vergeblich – seinem Freund Gerd Tellenbach ab, sich daran zu beteiligen.38 Schon in den ersten publizierten Beiträgen konnte er nachlesen, was dabei herauskam: das deutsche Volk als Träger einer »Raumrevolution«, England als »raumfremde« Macht seit dem 12. Jahrhundert, der Staufer Heinrich VI. als Wegbereiter der »Achse«, das Reich als »der verantwortliche Träger einer europäischen Ordnung«. Hätte er an der Tagung teilgenommen, hätte er nicht nur Mayers »trockenste Sachlichkeit«, sondern auch Fritz Rörigs »rollendes Pathos« ertragen müssen.39 Als Mayer Erdmanns Chef wurde, fiel es ihm zusehends schwerer, bei seiner ablehnenden Haltung zu bleiben. Kurioserweise gab er selbst die Anregung für ein Teilprojekt: Aus einer Überlegung, sich mit Ludwig dem Deutschen und den Anfängen des Deutschen Reichs zu befassen, machte Mayer eine »Gemeinschaftsarbeit Deutscher Historiker« über den Vertrag von Verdun, der sich mitten im Krieg zum 1100. Mal jährte. Den Zielen der »Aktion Ritterbusch« folgend, erwartete er von den Beiträgern, dass sie den Vertrag in einen europäischen Horizont stellten und seine Bedeutung für die Gegenwart sichtbar machten.40 Er selbst stellte sich auf den Standpunkt, Verdun habe »den Völkern die Selbständigkeit gesichert und doch die Gemeinschaft aufrechterhalten«. Und auf Geschlossenheit komme es an, »seit wieder […] die Existenz der abendländischen Völker und ihrer Kultur bedroht« ist. Der Vertrag von Verdun sei »ein Symbol nicht der Zerreißung und Zerstörung einer lebensfähigen Einheit, sondern der organischen Gliederung und der Gemeinsamkeit«, freilich nicht »des freien Spiels eines Gleichgewichtssystems der Staaten und Völker, sondern ihres Wettbewerbs untereinander um die Führung«.41 Konkurrenz und Führung: damit ließ sich der Herrschaftsanspruch des Deutschen Reichs in einem unter seiner Ägide ver-

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318 Herr und Knecht einigten Europa begründen. Von da war es kein weiter Weg mehr zu der beschönigenden Zielsetzung eines »hegemonialen Föderalismus« wie zu der ahistorischen Vorstellung, Adolf Hitler habe wieder zusammengefügt, was die Erben Karls des Großen verspielt hätten. Beides wurde zeitgleich vertreten.42 Das Buch über den Vertrag von Verdun löste ein, was Mayer mit seinem Artikel im »Völkischen Beobachter« angekündigt hatte: die Verwendung historischer Befunde für den aktuellen »Kampf um eine europäische Ordnung«. Erdmann hätte »über das Aufkommen des Namens ›der Deutsche‹, also die Abhebung von Westfranzien«, sprechen und schreiben sollen, wollte sich aber nicht beteiligen, weil er Volkspädagogik nicht mochte, im Rahmen der »Aktion Ritterbusch« schon gar nicht. Er zierte und wand sich, bis er schließlich absagte.43 Unter den Historikern wie auch sonst gab es nur wenige Wissenschaftler, die sich eine solche Absage erlaubten. Manche wirkten nur deshalb am »Kriegseinsatz der Geisteswissenschaften« mit, um den wirklichen Kriegseinsatz zu umgehen.44 Vielleicht hätte auch Erdmann darüber nachdenken sollen und so den Krieg überlebt. Um die redaktionelle Betreuung der Publikation kam er ohnehin nicht herum. Doch »halsstarrig« wie immer blieb er bei seinem Nein. Bei einer deutsch-italienischen »Arbeitsbesprechung«, die von Theodor Mayer geplant wurde, hätte Erdmann über den Rom-Gedanken im 10. Jahrhundert sprechen sollen. Aber die Veranstaltung kam nicht zustande, weil sie so oft verschoben werden musste, bis Mussolinis Sturz neue Fakten schuf und Erdmann zur Wehrmacht eingezogen wurde.45 Es blieb daher bei einer einzigen gemeinsamen Publikation. Sie hatte nichts mit dem »Kriegseinsatz der Geisteswissenschaften« zu tun. Sie besteht aus einer ausgreifenden Analyse der österreichisch-byzantinischen Beziehungen im 12. Jahrhundert, verfasst von dem jungen Freiburger Archivar Konrad Josef Heilig, einer eindringenden Untersuchung des Prozesses Heinrichs des Löwen und der viel diskutierten, bis heute nicht völlig entschlüsselten »Gelnhäuser Urkunde« aus der Feder Carl Erdmanns sowie einer zusammenfassenden Einordnung der Ergebnisse in die Reichs- und territoriale Verfassungsgeschichte des 12. Jahrhunderts, wofür Theodor Mayer verantwortlich zeichnete. Dergleichen taugte weder für eine »Arbeitsbesprechung« im »Kriegseinsatz« noch für breitere Kreise, sondern konnte nur in der Schriftenreihe des Reichsinstituts erscheinen. Es war der letzte Band, der bis zum Kriegsende herauskam.46

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Mayers Verhältnis zu Carl Erdmann wurde dadurch nicht besser. Im April 1943 ließ er seinem Unmut freien Lauf. Den Anlass gab Erdmanns Musterung und seine drohende Einberufung zur Wehrmacht. In einem Schreiben an seinen »Lieblingsschüler« Heinrich Büttner beklagte sich Mayer, dass dadurch seine Pläne gestört würden. Büttner kannte Erdmann von einer kurzzeitigen Tätigkeit am Reichsinstitut und hielt große Stücke auf ihn, »das wandelnde Gedächtnis« der Monumenta.47 Doch Mayer hatte eine andere Meinung. Erdmanns Leistungen müsse er anerkennen; aber im Institut untergrabe er den Geist, »soweit man bei den Damen davon sprechen kann«. Schon Kehr und Stengel hätten mit ihm ihre Schwierigkeiten gehabt. Das könne er jetzt besser verstehen. Er sei »ein ungewöhnlich intelligenter Mensch, aber ein absolut zersetzender Geist«.48 Zersetzung: Mayer scheute sich nicht, einen Begriff zu gebrauchen, der im nationalsozialistischen Welt- und Feindbild eine zentrale Rolle spielte und zur radikalen Abgrenzung von den angeblichen Volksfeinden, besonders den jüdischen, diente.49 Bei Kriegsende machte er sich Sorgen um die künftige »Zersetzung« des deutschen Volkes und auch nach 1945 gebrauchte er den Begriff problemlos.50 Denn er hielt ihn für wichtig und über die politischen Wechselfälle hinaus für verwendbar. Er bezog ihn auf sein Ideal der Gemeinschaft, von der er oft und gerne sprach: die Gemeinschaft der »Volksgenossen« oder an einer Universität, die Gemeinschaft von Teilnehmern bei einer Tagung oder eben auch die Arbeitsgemeinschaft an einem Forschungsinstitut.51 Der gelehrte, zuweilen zynische, immer distanzierte habituelle Außenseiter Carl Erdmann ging in solchen Gemeinschaften nicht auf. Deshalb hielt ihn Mayer für ein störendes, ein »zersetzendes« Element. Ein bösartigeres Urteil hätte er über seinen fähigsten Mitarbeiter kaum aussprechen können.

Zum zweiten Mal vertrieben Im Sommer 1942 schrieb Erdmann an das Deutsche Historische Institut in Rom, nicht an den Direktor, das war Theodor Mayer, und auch nicht an den Zweiten Sekretär Friedrich Bock, mit dem er sich nicht mehr verstand, sondern an den Kustoden Federico Serafini, der seit mehr als 40 Jahren das Haus versah. »Ferruccio« nannten ihn all die »ragazzi«, die jungen Stipendiaten, denen er und seine Frau Francesca das Leben in der Fremde erleichtert hat-

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320 Herr und Knecht ten.52 Erdmann hielt auch von Berlin aus losen Kontakt zu Ferruccio und gratulierte ihm zu seinem Dienstjubiläum oder dann, als er wegen seiner Verdienste um das Deutsche Reich vom »Führer« einen Orden erhielt.53 Sie standen auf vertrautem Fuß miteinander, hier der immer noch junge Gelehrte, der in Berlin seinen eigenen Weg ging, dort der »Patriarch des Instituts«. Nun aber unter dem neuen Präsidenten glaubte Erdmann, Grund zur Klage zu haben. Er erinnerte sich, dass er vor genau zehn Jahren Rom und das In­ stitut hatte verlassen müssen, obwohl er gerne geblieben wäre. Kehr hatte andere Pläne mit ihm und vergab das Amt des Zweiten Sekretärs an Friedrich Bock; gleichzeitig förderte er Erdmanns Habilitation in Berlin. Darauf hätte er stolz sein können; aber er empfand die »Versetzung« immer als gewaltsame Vertreibung. Unter fadenscheinigen Vorwänden sei er damals »fortbesorgt« worden. Obwohl er nicht genau wusste, was Theodor Mayer mit ihm vorhatte, fürchtete er, jetzt ein zweites Mal vertrieben zu werden. Doch freiwillig werde er nicht gehen; wieder würde man Gewalt anwenden müssen.54 Was Erdmann befürchtete, traf so nicht ein. Aber nur wenige Monate später spitzte sich seine Lage dramatisch zu. Im Alter von 44 Jahren wurde er gemustert und »kv« (kriegsverwendungsfähig) geschrieben. Seine »uk«-Stellung (Unabkömmlichstellung) war damit akut gefährdet, wurde aber zweimal um jeweils drei Monate verlängert. Dass er über keinerlei soldatische Tugenden verfügte, musste nicht nur wissen, wer ihn kannte, sondern auch, wer ihn sah. Im Ersten Weltkrieg war er für untauglich befunden worden. Zehn Jahre später musste er eine Lungentuberkulose auskurieren. Völlig gesund war er nie. Später gab es Gerüchte, dass Mayer sich nach dem Tod seines eigenen Sohnes an der Ostfront nicht mehr für die uk-Stellung seiner Mitarbeiter eingesetzt habe.55 Margarete Kühn erinnerte sich, dass Erdmanns Kompaniechef in der Grundausbildung dem Präsidenten nahegelegt habe, den offenkundig untauglichen Soldaten für die Monumenta zu reklamieren. Aber Mayer habe den Vorschlag weit von sich gewiesen. »Er soll für Deutschland kämpfen«, sei seine barsche Antwort gewesen.56 Heinrich Sproemberg brachte die Einberufung mit der Aufsatzsammlung über Karl den Großen in Verbindung und setzte Erdmanns Tod auf das »Schuldkonto des Nazismus«. Namen nannte er nicht.57 Friedel Peeck schließlich, Schülerin Theodor Mayers und gleichzeitig von Erdmanns Persönlichkeit sehr beeindruckt, erinnerte sich noch nach einem halben Jahrhundert an die Vermutungen der Mitarbeiter, der Präsident wolle seinen fähigsten Untergebenen loswerden, weil er ihn als lästigen Kon-

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kurrenten ansah; denn er selbst habe von der editorischen Arbeit nicht viel verstanden. Doch auch darüber lässt sich keine Gewissheit erzielen.58 Nicht viel aufschlussreicher ist das, was Mayer selbst dazu sagte. Er wusste und schrieb an Heinrich Büttner, dass er sich Erdmann als Soldaten nicht gut vorstellen könne, aber schaden werde es ihm vielleicht nicht. Doch der Betrieb werde gestört, wenn der einzige verbliebene männliche Mitarbeiter auch noch ausfalle; jetzt habe er nur noch Schweizer Stipendiaten und die »Damen«, die nichts taugten.59 Als dann Erdmann tatsächlich einrücken musste, hoffte er auf die römischen Mitarbeiter, die ja mittlerweile heimatlos geworden waren.60 Nach dem Krieg behauptete er, Erdmann sei nicht zu halten gewesen, weil er aus dem Reichserziehungsministerium angefeindet worden sei.61 Daran ist richtig, dass Mayer die uk-Stellung auf Drängen Erdmanns zweimal beantragte. Weitere Versuche wollte er offenbar nicht unternehmen.62 Der Betrieb war ihm allemal wichtiger als die Person Erdmanns. Darüber hinaus wird man ihm eine Schuld an dessen weiterem Schicksal nicht nachweisen können. Sicher ist, dass Erdmann in den Monaten vor seiner Einberufung von einer Fülle von Aktivitäten in Anspruch genommen wurde. Hektische Betriebsamkeit füllte die letzte Runde in seinem Wettlauf gegen die Zeit aus. Zum einen versuchte er, doch noch dem Militärdienst zu entkommen. Das misslang ihm. Am Ende steht ein verzweifeltes Telegramm an den Präsidenten: »UKSTELLUNG AUFGEHOBEN EINZIEHUNG NAECHSTER TAGE«.63 Gelungen ist ihm die Fertigstellung seines Manuskripts über die Gelnhäuser Urkunde. Das war ihm wichtig, weil er meinte, neue Einsichten in eine alte Streitfrage gewonnen zu haben. Unbedingt wollte er diesen Aufsatz noch unter Dach und Fach bringen. Allerdings ließ sich eine »etwas gewaltsame« Kürzung zum Schluss hin nicht vermeiden.64 Der Leser bemerkt sie nur, wenn er die besonderen Umstände kennt, unter denen das Manuskript entstand. Als Erdmann all diesen Dingen schon sehr fernstand und in einem Feldpostbrief an seine Schwester zugab, mit einer gewissen Befriedigung auf seine wissenschaftlichen Leistungen zurückzublicken,65 stand ihm gewiss auch dieser Aufsatz vor Augen. Es war das letzte Manuskript, das er abschloss, ein Schmerzenskind, wenn man so will. Vom gedruckten Ergebnis hat er freilich nichts mehr gesehen und nichts gehört. Als das Buch, eingeleitet durch einen Durchhalteappell Theodor Mayers im Vorwort und gedruckt auf ganz schlechtem Papier, zu Anfang 1945 endlich erschien,66 stand das sogenannte Dritte Reich vor dem Kollaps, die Fronten lösten sich auf und Erdmann rettete sich mit knapper Not

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322 Herr und Knecht über Bosnien nach Zagreb. Sein Kontakt zum Reichsinstitut war weitgehend abgerissen. Mehr noch als das eigene letzte Werk beschäftigte Erdmann das Schicksal der Monumenta, das Schicksal der Bibliothek wie der handschriftlichen Materialien, die in 125 Jahren zusammengetragen worden waren. Beides drohte im Krieg vernichtet zu werden. Nach der Zerstörung Hamburgs und aus Furcht vor der drohenden »Hamburgisierung« Berlins wurden auch im Reichsinstitut Überlegungen über Evakuierungsmaßnahmen angestellt.67 Allerdings gingen die Meinungen über den geeignetsten Ort auseinander. Der Präsident erkundigte sich in bayerischen Schlössern und Klöstern, erhielt aber von überall Absagen: Er komme zu spät, die Schlossbesitzer erlebten einen »wahre[n] Ansturm nach Bergungsraum« und dabei habe man doch »nicht erst seit Hamburg Krieg«. Nur aus Pommersfelden kam eine Zusage. Erich von Guttenberg hatte den Kontakt zu den Besitzern von Schloss Weißenstein hergestellt.68 Mayer hätte zwar Donaueschingen vorgezogen (wo der ihm noch aus seiner Freiburger Zeit gut bekannte Karl Siegfried Bader als Fürstenbergischer Archivar tätig war) und holte noch Monate später Auskünfte über Sankt Florian und Kremsmünster in seiner oberösterreichischen Heimat ein.69 Doch er ließ die Berliner Belegschaft gewähren: Die Bibliothek und der Institutsbetrieb kamen nach Pommersfelden, die handschriftlichen Materialien nach Blankenburg am Harz, wo Carl Erdmann seine Kindheit und Jugend verbracht hatte. Die Entscheidung für das beschauliche, in seinen besseren Tagen auch »Pensionopolis« geheißene Städtchen geht sicher auf ihn zurück. Er sorgte für die Auswahl zweier Lagerorte (Heimatmuseum und Kloster Michaelstein), reiste mehrfach hin und her, beantragte die Stellung von Kriegsgefangenen, die mithelfen sollten, kümmerte sich um Transport und Verpackung. Schon die Besorgung von Bindfaden war ein Problem, erst recht die Beschaffung von Kisten. Wenn die Bahn überhaupt fuhr, dann brauchte sie für die kurze Strecke drei Tage. Er lebe augenblicklich »für die Flüchtung unserer Materialien« – so beschrieb Erdmann seinen seelischen Zustand.70 Er gab sein Bestes und konnte sich nicht vorstellen, dass dieses kleinstädtische Idyll, Schauplatz seiner kindlichen Spiele und schulischen Ausbildung, von der Kriegsfurie heimgesucht werden könnte. Es galt als sicher, weil hier immer noch Welfen residierten, Verwandte des englischen Königshauses. Doch im April 1945 wurde auch Blankenburg durch Artillerie und Tiefflieger beschossen, dann von amerikanischen Truppen ein-

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genommen und schließlich der Roten Armee überlassen. So ruhig wie erhofft blieb es dort nicht.71 Über alles, was ihn umtrieb, berichtete Erdmann schriftlich seinem Chef. Denn der befand sich in seiner oberösterreichischen Heimat und feierte seinen 60. Geburtstag »in großer Ruhe«, ohne Bomben und bei guter Verpflegung.72 Zum Geschenk erhielt er keine Festschrift, sondern eine gemalte Schwarzwaldlandschaft, deren Finanzierung ausgerechnet Carl Erdmann organisiert hatte.73 Dieser schickte ihm außerdem ein versöhnliches Schreiben, mit dem er gleichwohl auf seinem abweichenden Standpunkt beharrte. Er gab zu, dass man sich in wissenschaftlichen Dingen leicht verständigen könne und er die organisatorische Leistung seines Vorgesetzten gerne anerkennen wolle. Aber »Gedankenbrücken« von der Historie in die Gegenwart schlagen: Das wolle er nicht. Hanna Mayer hat den Geburtstagsgruß als Beleg dafür missverstanden, wie ihr Mann auch »widerstrebende Menschen« zu gewinnen verstand. Sie übersah dabei völlig, dass Erdmann mit seinem Friedensangebot eine klare Grenzziehung verband.74 Nach 1945 reklamierte Theodor Mayer die Evakuierung der Monumenta als sein persönliches Verdienst für sich. Immerhin hob er einmal »die große Leistung der Damen« hervor.75 Den Namen seines Knechts Carl Erdmann erwähnte er in diesem Zusammenhang nie. Dieser blieb für ihn »der reine Geist des Widerspruchs«, der ihm und anderen das Leben schwer gemacht habe. Das sei seine »Veranlagung« gewesen. Seine Leistungen musste er anerkennen; aber für Mayer war Erdmann »kein schöpferischer Geist« und von Verfassungsgeschichte verstand er nicht viel.76 Erdmann zog also in einen Krieg, für den er nicht taugte, in dem er keinen Sinn sah und dessen Ausgang er schon lange vorausgesagt hatte. Er setzte ein Testament auf, mit dem er seinen bescheidenen Besitz aufteilte: Möbel, die er von seiner Mutter übernommen hatte, und Bücher, die er der Bibliothek der Monumenta überließ.77 Worte des Abschieds richtete er an Sophie Witte, der er sich offenbar ähnlich verbunden fühlte wie Ernst Witte, ihrem Ehemann, seinem früheren Lehrer.78 Der Kontakt zu den beiden blieb ebenso bestehen wie der zu den Berliner »Tischgenossen« Heinrich Sproemberg, Robert Holtzmann und Eugen Meyer. Dafür sorgte die Feldpost. Den Mittellateiner Walter Stach besuchte Erdmann, als er in Straßburg stationiert war.79 Dauernde Verbindung unterhielt er mit Gerd Tellenbach, nur gelegentliche mit Walther Kienast, Mitherausgeber der »Historischen Zeitschrift«, und Edmund Stengel, seinem früheren Chef. Mit Theodor Mayer dagegen hatte er nichts mehr zu

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324 Herr und Knecht tun. Die Mitarbeiter hatte er quasi zum Abschied ermahnt: »Halten Sie die Fahne hoch!« Dass er die Fahne der Wissenschaft meinte, steht außer Zweifel, ebenso dass er an die Zeit nach dem Untergang des »Dritten Reichs« dachte.80 Dann verschwand das Reichsinstitut aus seinem Blickfeld. Dort wurde er als »im Felde« stehend geführt.81 Gelegentlich hörte man, wo er sich gerade aufhielt. Und man machte sich Sorgen. Aber konkrete Versuche, ihn in irgendeiner Weise noch in die Institutsarbeit einzubinden, wurden dann, als das noch möglich war, offenbar nicht unternommen. Als er im Dezember 1944 einmal um eine Buchbesprechung gebeten werden sollte, gab es schlicht keine Verbindung zu ihm. Niemand wusste eine Antwort auf die Frage: »Wo steht ­Erdmann eigentlich jetzt?«82 Er war der Welt der Wissenschaft abhandengekommen.

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ÜBER DEN TOD HINAUS Carl Erdmann, gestorben am 7. März 1945 in Zagreb, wurde auf dem Ehrenfriedhof Mirogoj nahe der kroatischen Hauptstadt beerdigt. Wenn es überhaupt eine Zeremonie gab, dann konnte sie nur hastig und schlicht ausfallen. Anderes ließen die bedrängten Verhältnisse nicht zu. Jahrzehnte später wurde eine schlichte Gedenktafel mit den Namen und Lebensdaten der hier bestatteten Toten aufgestellt, einer nach dem anderen, in strikter alphabetischer Folge, Erdmann zwischen Engel und Esser. Sein Vorname wurde dabei falsch geschrieben: Carl mit K statt mit C. Erst 2016 wurde der Fehler durch ein zusätzlich angebrachtes Namensschild korrigiert. Das alles – das bescheidene Grab, das summarische Gedenken, die falsche Schreibung des Namens – steht für das tragische Schicksal eines Gelehrten, der in den »Rachen der Welt« gefallen war: »Zeigt mir eure Gräber, und ich will euch zeigen, wer ihr seid.«1

Carl Erdmanns Grab auf dem Friedhof Mirogoj bei Zagreb.

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326 Über den Tod hinaus

Untergänge Auch in Erdmanns persönlichem Umfeld, dem Freundes-, Feindes- und Bekanntenkreis, hielt der Tod reiche Ernte. Noch kurz vor dem Kriegsende war Paul Fridolin Kehr verstorben, einstmals der einflussreichste Historiker in Deutschland, in seinen letzten Lebensjahren aber fast völlig erblindet und wissenschaftlich zur Untätigkeit verdammt. Schließlich verließ er Berlin und zog sich nach Schloss Wässerndorf bei Ochsenfurt zurück, wo er bei Schwiegersohn und Tochter seinen Lebensabend verbrachte. Als er dort aufgebahrt lag und ihm aufgrund der katastrophalen Verkehrsverhältnisse nur wenige Getreue das letzte Geleit geben konnten, hieß es, er habe noch einmal den »sauren Professoren« einen Streich gespielt. Die völlige Zerstörung des Schlosses zu erleben, blieb ihm erspart. Die schlichte Grablege (mittlerweile auf einem Privatfriedhof im oberfränkischen Hundshaupten) bringt ebenfalls jene spöttische Distanz zum Wissenschaftsbetrieb zum Ausdruck, die er zeitlebens pflegte.2 Die Verbindung zu Carl Erdmann, den er zuerst »entdeckt«, dann gefördert und schließlich gehasst hatte, war da schon längst abgerissen. Von dessen Not bei den Soldaten hat er sicher nichts mehr erfahren. Sie hatten sich aus den Augen verloren. Immerhin hatte Kehr ein stattliches Alter erreicht, während andere aus der Mitte des Lebens gerissen wurden. Dietrich von Gladiß und Konrad Josef Heilig, mit denen Erdmann eng zusammengearbeitet hatte, verschwanden im Krieg. Hans-Walter Klewitz, ebenfalls in Rom einmal Stipendiat, überlebte die Ausbildung bei der Waffen-SS nicht, Erdmanns jüdischer Kollege Ernst Perels, ihm sachlich und persönlich verbunden, starb kurz nach der Befreiung im Konzentrationslager Flossenbürg an Entkräftung.3 Oskar von Niedermayer, einer seiner Berliner Feinde, ging auf der anderen Seite des Terrors zugrunde, nämlich als Häftling in einer Strafanstalt hinter Moskau. Ähnlich erging es Rolf Höhne, der die angeblichen Überreste Heinrichs I. in Quedlinburg »ausgebuddelt« hatte, sich jedoch von Erdmann eines Besseren belehren lassen musste. Da er aber weiter keine Bedeutung besaß, wurde er nicht nach Moskau, sondern nur nach Bautzen gebracht. Auch von dort gab es kein Entrinnen.4 Hermann Christern und Werner Reese, die sich wie Niedermayer an der Intrige gegen Erdmann beteiligt hatten, waren schon vorher verstorben, nicht infolge von Kampfhandlungen, sondern unter viel prosaischeren Umständen: nach dem Besuch eines »Russenlagers« der eine, beim Schwimmen

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in der Nordsee der andere. Doch beide Witwen bestanden auf einer heroischen Deutung. Nur Wenzeslaus von Gleispach, »die graue Eminenz der NSKriegsstrafrechts«5 und Komplize bei Erdmanns Vertreibung, entschlief sanft in seinem Bett in Wien und wurde in einem Ehrengrab auf dem Zentralfriedhof bestattet. Hinzu kommen die vielen Fälle von Selbsttötung. Eine ganze Welle von Suiziden ging mit dem Zusammenbruch des »Dritten Reichs« einher. 3881 waren es im April 1945 allein in Berlin. 900, die meisten davon Frauen, nahmen sich in dem Städtchen Demmin in Vorpommern in nur drei Tagen das Leben. Flucht vor der Verantwortung, die Furcht vor der Roten Armee, Depression und Verzweiflung, der anhaltende Glaube an den »Führer« und daraus folgend: »Treue bis in den Tod« – das alles spielte eine Rolle und löste Panik in der Bevölkerung sowie einen spektakulären Elitensuizid aus.6 Das sogenannte

Paul Fridolin Kehrs Grabstätte in Hundshaupten (Oberfranken).

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328 Über den Tod hinaus Dritte Reich, längst seines schönen Scheins entkleidet, trieb unaufhaltsam auf seinen Untergang zu. Lotte Hüttebräuker, langjährige Mitarbeiterin bei den Monumenta Germaniae Historica, nahm sich das Leben, als der Untergang ihrer »Leitsterne« feststand. Das von ihr gesammelte und bearbeitete Forschungsmaterial warf sie ins Feuer.7 Walter Frank, schon lange nicht mehr Präsident des »Reichsinstituts für Geschichte des neuen Deutschlands«, aber immer noch überzeugter Nationalsozialist, setzte in Groß Brunsrode bei Braunschweig seinem Leben ein Ende. Mit seinen letzten Werken hatte er noch einmal dem »Führer« als »Vollender des Reichs« gehuldigt und im »Völkischen Beobachter« zum Durchhalten aufgerufen. In Roms Kampf gegen »Hannibal vor den Toren« sah er die passende historische Parallele. Bis zum Schluss pflegte er die humanistische Attitüde und prunkte mit seinem historischen Wissen. Gegen seine Einberufung hatte sich der noch nicht 40-jährige, laut Rudolf Heß »bahnbrechende Historiker unserer Bewegung« mit allen Mitteln und letztlich erfolgreich zur Wehr gesetzt. Denn er hielt seine »umfassende wissenschaftliche, publizistische und rednerische Tätigkeit« für einen unverzichtbaren Beitrag zum totalen Krieg. Doch nach Hitlers Tod war die Welt für ihn »sinnlos« geworden.8 Heinrich Himmler, den Erdmann mit seinen Quedlinburger Forschungen provoziert hatte, darf man hier ebenfalls als zunächst zögerlichen, dann panischen Suizidenten erwähnen, der sich mit Zyankali der Verantwortung entzog. Alfred Rosenberg, Erdmanns anderer weltanschaulicher Gegner, erwog zwar den erweiterten Selbstmord, ließ es aber auf ein Gerichtsverfahren ankommen und endete schließlich ebenso am Galgen wie Wolfram Sievers, der zwielichtige Geschäftsführer des »Ahnenerbes«, von dem Erdmann einmal kontaktiert wurde.9 Im Übrigen setzte auch der damalige Gutachter seines Aufsatzes über das Grab Heinrichs I., der Archäologe Hans Schleif, seinem, seiner Frau und seiner Kinder Leben in den letzten Tagen der nationalsozialistischen Herrschaft ein Ende.10

Neuanfänge An den Universitäten und in den wissenschaftlichen Instituten wurde um 1945 ein Generationenwechsel fällig. Die Generation der Älteren war abgewickelt worden und hatte sich im Allgemeinen auch weniger kompromittiert als deren jüngere Nachfolger. Sie standen aber mittlerweile im entsprechenden Alter

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und kamen vielleicht vorübergehend, aber nicht mehr dauerhaft für eine leitende Stellung infrage. Nacheinander starben Anton Chroust (Mai 1945), Hermann Oncken (Dezember 1945), Karl Brandi (März 1946), Robert Holtzmann (Juni 1946) und Johannes Haller (Dezember 1947), schließlich auch (aber nur für Carl Erdmann wichtig) Ernst Witte (Januar 1949). Oncken verstand ohnehin die Welt nicht mehr.11 Albert Brackmann hätte gerne weiter mitgemischt, kam aber nicht mehr zum Zug und gab dann tatsächlich »die gekränkte Leberwurst«, für die ihn Paul Fridolin Kehr schon lange hielt.12 Vielleicht war es ein Fehler, sich in den Ruhestand nach Blankenburg, ausgerechnet Blankenburg, zurückgezogen zu haben. Nur Friedrich Meinecke, dem Erdmann einmal seine Habilitationsschrift widmen wollte, gelang trotz körperlicher Einschränkungen eine beeindruckende Alterskarriere, die mit der Berufung zum Gründungsrektor der Freien Universität in Berlin ihren glanzvollen Höhepunkt erreichen sollte. Die amtierenden Hochschullehrer wurden nach Kriegsende durch die Besatzungsmächte überprüft, die Universitäten entnazifiziert. Wer sich allzu sehr mit dem Regime eingelassen und dessen Ziele maßgeblich unterstützt hatte, konnte nicht im Amt bleiben. So der Vorsatz, so die Theorie. Doch die Praxis differierte in den vier Besatzungszonen erheblich, und als die Untersuchungsverfahren in die Verantwortung der deutschen Behörden und Hochschulleitungen übergingen, wurden (im Westen) die Urteile von Berufungsinstanz zu Berufungsinstanz milder. Eine wuchernde »Persilscheinkultur«13 tat ihre Wirkung: Die Selbstentnazifizierung der Universitäten nach dem Krieg ließ deren Selbstmobilisierung im Krieg vergessen. 1951, mit dem »Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personen«, wurde die Entnazifizierung in weiten Teilen zurückgenommen, die mehr oder weniger Belasteten wurden als Mitläufer nach und nach reintegriert. Die Wiederherstellung eines funktionierenden Hochschulwesens schien wichtiger zu sein als die Aufklärung von Fehlverhalten in der Vergangenheit. Man konnte sich auf Sachzwänge berufen; doch die Entnazifizierung der Universitäten war damit in ihrem zentralen Anliegen, der umfassenden Säuberung des Lehrkörpers, gescheitert. Für die Republik Österreich gilt mutatis mutandis das Gleiche. Auch dort gab es personell keinen wirklichen Schnitt, sondern oft nur einen vorübergehenden Einbruch.14 Dauerhaft entlassen blieben daher nur wenige Professoren. Dazu gehörten – und das ist bezeichnend – alle jene, die sich an Erdmanns Vertrei­

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330 Über den Tod hinaus bung aus der Berliner Universität beteiligt und den Krieg überlebt hatten: der Veterinärmediziner Wilhelm Krüger, damals Rektor, der Mathematiker Ludwig Bieberbach, damals Dekan, sowie der Landeshistoriker Willy Hoppe, bald darauf Stellvertreter des Rektors. Karl August Eckhardt, der Erdmann nicht einmal bei den MGH dulden wollte, durfte ebenfalls nicht mehr an die Universität zurückkehren, unternahm aber auch keine Anstrengungen dazu; die Einstufung als »Mitläufer« genügte ihm offenbar. Obwohl Sturmbannführer der SS, wurde ihm gerichtlich bescheinigt, »aktiven Widerstand« geleistet zu haben und deshalb nicht zum Präsidenten der MGH ernannt worden zu sein.15 Wilhelm Engel – immerhin kommissarisch über ein Jahr in diesem Amt – wollte unbedingt auf seinen Lehrstuhl zurückkehren, kam aber – obwohl im Spruchkammerverfahren als »entlastet« eingestuft – nie an sein Ziel.16 Offenbar spielten nicht nur politische oder wissenschaftliche Gesichtspunkte bei diesen Vorgängen eine Rolle – »wer entlassen blieb und warum, ist ein Thema für sich«.17 Anderen, nicht weniger belasteten Professoren gelang die Rückkehr in das Lehramt, mussten sich aber einige Jahre damit gedulden. Ob sie sich nur in »Karenzzeit« oder in »immerwährender Quarantäne« befanden, entschied sich erst im Laufe der Zeit.18 Erneut wurden Anpassungsleistungen erbracht, spielten Karrierismus und Opportunismus eine Rolle. Nicht jeder war so geschickt wie Edmund E. Stengel, der unbeschädigt seine Vergangenheit hinter sich ließ, oder wie Fritz Rörig, der – wie Theodor Schieffer sich einmal ausdrückte – »erneut erfolgreich die Kurve« bekam; »mit fliegenden Fahnen« ging er »ins entgegengesetzte Lager« über. In der DDR galt er deshalb als lernfähig.19 Auch Hermann Heimpel, 1941 an die nationalsozialistische Musteruniversität Straßburg berufen, gelangte ziemlich rasch wieder in Amt und Würden  – nicht in München, wo sich die amerikanische Militärregierung querlegte, aber in Göttingen, wo er in der zweiten Hälfte seines langen Lebens überaus erfolgreich wirkte. Immerhin gehörte er zu den wenigen Historikern, die wenigstens im Nachhinein Charakter bewiesen und ein öffentliches Schuldbekenntnis ablegten. Gerd Tellenbach überzeugte es nicht. Ihn hatte maßlos enttäuscht, wie ambivalent sich Heimpel gegenüber dem Regime verhalten hatte. Insbesondere verzieh er ihm nicht, dass er sich gegenüber Erdmann herausredete, als es mit Karl dem Großen gegen Rosenberg ging.20 Otto Brunner, dessen Stern aufging, als Erdmanns Stern sank, hielt sich mit Tätigkeiten über Wasser, die seinen unbezweifelbaren Fähigkeiten nicht ent-

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sprachen. Auch in seinem Fall verhinderten außerwissenschaftliche Gesichtspunkte (das falsche Gesangbuch) eine rasche Rückkehr. Weder in Wien noch in Köln, sondern erst 1954 in Hamburg gelang ihm die Fortsetzung seiner Karriere. Doch bedenkt man, dass er bis zum Schluss für das »Dritte Reich« warb, dann war auch Brunner summa summarum »gut durch die Zeiten gekommen«.21 Percy Ernst Schramm musste bis 1948, Heinrich Dannenbauer (mit dem Erdmann einige Male aneinandergeraten war) bis 1949, Günther Franz und Rudolf Buchner (die sich beim Erfurter Historikertag schlecht benommen und auch sonst die Regeln des akademischen Anstands verletzt hatten) bis weit in die 50er-Jahre hinein warten. Sich für erklärte Anhänger des Nationalsozialismus einzusetzen, schien denn doch nicht ratsam.22 Viele verdrängten die Vergangenheit, einige den einen oder anderen allzu belasteten Kollegen. Man löste sich aus der eigenen Verstrickung, indem man sich von den offenkundigen Nazis trennte. Ähnlich und doch ganz anders erging es Theodor Mayer, Carl Erdmanns letztem und schwierigstem Chef. Mayer kam nie mehr in die Stellung, die er einmal innehatte und die er glaubte beanspruchen zu können. Trotzdem gelang ihm ein bemerkenswertes Comeback. Als Präsident der Monumenta Germaniae Historica abgesetzt und ausmanövriert, versuchte er, mit allen lauteren und unlauteren Mitteln gegen den Bedeutungsverlust anzugehen. Man habe ihm »die Arbeitsmöglichkeit geraubt und damit den Sinn des Lebens«, ließ er einmal verlauten.23 Er streute Gerüchte, versandte offene Briefe und mobilisierte, wen er konnte. Er erlebte, was man in der Kirchengeschichte ein Schisma nennt, und verhielt sich entsprechend. Es dauerte Jahre, bis er den Kampf aufgab und sich nur mehr als Präsident a. D. verstand. Den Anspruch auf das Amt nahm er freilich mit in sein Grab.24 Unterstützt durch einen früheren Doktoranden gründete er in Konstanz ein »Institut für Landschaftskunde des Bodenseegebietes«, das er (wie schon Kehr sein Papsturkundenwerk) als eine Art »Gegen-Monumenta« ansah. Daraus ging der »Konstanzer Arbeitskreis für mittelalterliche Geschichte« hervor, dessen Tagungen auf der Insel Reichenau sich nach rechtslastigen Anfängen noch unter Mayer zu einem »Gipfeltreffen der Mediävisten« mauserten.25 Die von ihm präferierten verfassungsgeschichtlichen Themen gaben deshalb in der deutschen Mittelalterforschung wieder für einige Zeit den Ton an. Die Arbeitsweisen des »Kriegseinsatzes der Geisteswissenschaften«, jene zielgerichtete »Gemeinschaftsforschung«, die sich in »Arbeitsbesprechungen«

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332 Über den Tod hinaus realisierte, konnte Mayer bruchlos übernehmen und kreativ weiterentwickeln. Er blieb also vital und »organisationslustig« wie früher. Dafür wurde er mit Ehrenmitgliedschaften, zwei Festschriften, einer Sammlung seiner Aufsätze und schließlich dem Großen Bundesverdienstkreuz geehrt. Auch sein Einfluss in der Zunft nahm wieder zu und die Granden des Fachs ließen sich auf der Reichenau blicken. Zum Nationalsozialismus ging er auf Abstand, wenn auch nicht völlig: Einmal nannte er Hitler »eine Verkörperung der deutschen Tragik«, »an gewissen Wirklichkeiten« zerschellt und deshalb vergleichbar mit Heinrich IV ., den der Papst zur Buße zwang und sein eigener Sohn verriet.26 Von einem früheren Mitarbeiter wurde seine erfolgreiche Entnazifizierung denn auch als »Komödie« empfunden.27 Als Mayer sich im Alter von 85 Jahren von Konstanz nach Salzburg zurückzog, konnte er auf eine für die frühe Bundesrepublik nicht untypische Nachkriegskarriere vom »wilden, radikalen Erznazi«, als der er galt,28 zur örtlichen Zelebrität und fachlichen Autorität zurückblicken. Er hatte eine mehrjährige Durststrecke zurücklegen müssen, konnte sich aber dann wieder dort etablieren, wo er seines Erachtens immer seinen Platz hatte: in der Spitze der deutschen Mediävistik. Keine Probleme dieser Art – auch das ist bezeichnend – hatten Erdmanns Freunde und Vertraute: Helmut Beumann, Paul Egon Hübinger, Martin Lintzel, Theodor Schieffer und Heinrich Sproemberg. Sie waren unbelastet geblieben, hatten keine oder nur wenige »Dreckspritzer« abbekommen und nahmen schließlich einflussreiche Positionen im sich neu formierenden Hochschulwesen der BRD und der DDR ein. Herausragende Karrieren gelangen Friedrich Baethgen, Walther Holtzmann und Gerd Tellenbach. Baethgen, der als irenisch, müde, »in sich versponnen« galt und angeblich das Temperament einer Heidschnucke besaß,29 konnte Theodor Mayer als Präsidenten der reorganisierten Monumenta Germaniae Historica verdrängen, sprach sich für seine Verhältnisse entschieden gegen notorische Nationalsozialisten wie Karl August Eckhardt und Rudolf Buchner aus und durfte sich schließlich auch noch mit dem Titel eines Präsidenten der Bayerischen Akademie der Wissenschaften schmücken. In seinen jüngeren Jahren hatte er sich oft und gern über Zurücksetzung beklagt. Dafür gab es jetzt keinen Grund mehr.30 Holtzmann übernahm das wissenschaftliche Erbe Paul Fridolin Kehrs und ließ sich daraus nicht mehr verdrängen. Schon als Bonner Professor hatte er

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nur noch für Papsturkunden Interesse,31 erst recht, als er die Leitung des gesamten Unternehmens übernahm. Schließlich wurde er zum ersten Direktor des wiedereröffneten Deutschen Historischen Instituts in Rom berufen und hatte damit ein weiteres von Kehrs großen Ämtern inne. Wie sein bewundertes Vorbild verzichtete Holtzmann auf jede darstellende Geschichtsschreibung, pflegte vielmehr den Habitus des Gelehrten von ganz »einseitiger Prägung« und nahm sogar einiges von Kehrs Umgangsformen an: Dem »raunzenden und polternden alten Herrn« kam »ein Wort der Anerkennung nicht leicht über die Lippen«, Frauen gegenüber schon gar nicht. Verglichen mit den Papsturkunden, ihrer Sammlung und Erschließung, hatten diese allzu persönlichen Dinge keinerlei Bedeutung.32 Tellenbach machte – nach etwas holprigen Anfängen – ebenfalls noch im »Dritten Reich« Karriere. Seine Freundschaft mit Erdmann nahm daran keinen Schaden. Mit den von ihm entwickelten thematischen Schwerpunkten (Personen-, Liturgie- und Memorialforschung, Toten- und Verbrüderungsbücher), aber auch durch Schülerprotektion nahm er erheblichen (und anhaltenden) Einfluss auf die bundesrepublikanische Mediävistik. Seine gesammelten Aufsätze und Abhandlungen füllen fünf Bände. Als er 1962 die Nachfolge Walther Holtzmanns in Rom übernahm, kehrte er für zehn Jahre an jene Stelle zurück, wo er Carl Erdmann kennengelernt hatte. In seiner Autobiographie widmete er dem Freund ein eigenes Kapitel, basierend auf persönlichen Erinnerungen und den Briefen, die er trotz Bombeneinschlags über den Krieg gerettet hatte.33 Übertroffen wurden sie alle von Ernst Kantorowicz, Erdmanns Freund aus römischen und Berliner Tagen, aus Frankfurt vertrieben, nach England entkommen und schließlich Professor in Berkeley und Princeton. Beider Schicksal war insofern eng miteinander verbunden, als mit der gescheiterten Frankfurter Vertretung Erdmanns Niedergang einsetzte. Als junger Mann schrieb »Kanto« mit der Biographie Kaiser Friedrichs II. einen Bestseller, der sowohl die Ansprüche Stefan Georges und seines Kreises als auch die Erwartungen einer Generation erfüllte. Im Alter ließ er einen weiteren Klassiker folgen: »The King’s Two Bodies«, die Geschichte einer verfassungsrechtlichen Fiktion vom Mittelalter bis weit in die Frühe Neuzeit hinein. Dazwischen lag eine Entwicklung, die von der Provokation der universitären Gelehrsamkeit hin zur Erfüllung ihrer Standards, vom hochgemuten »Kreisbuch« zur »deutschen« Fußnote führte. Kantorowicz lebte nicht lange und

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334 Über den Tod hinaus starb ohne Illusionen; aber sein Nachruhm dürfte seinen Höhepunkt noch nicht erreicht haben.34 Und Erdmann? Was hätte er erreichen können, wenn er den Krieg überlebt hätte? Wenn er sich von Zagreb nach Deutschland hätte durchschlagen können? Wenn es ihm möglich gewesen wäre, seine wissenschaftliche Tätigkeit wieder aufzunehmen? Wenn er seine Forschungen zur Bildungsgeschichte und politischen Gedankenwelt des Früh- und Hochmittelalters hätte fortsetzen oder gar im ursprünglich vorgesehenen Umfang abschließen können? What if? Die Frage scheint sinnlos; aber sie hat sich allen aufgedrängt, die seinen frühen Tod als Verlust für die Geschichtswissenschaft beklagten: »Wie sehr fehlt uns heute Carlo!«35 Als Walther Holtzmann sein Direktorenamt in Rom antrat, erklärte er freimütig, dass eigentlich Carl Erdmann an seiner Stelle stehen müsste, wenn er denn am Leben geblieben wäre.36 Damit erkannte er nicht nur dessen herausragende Leistungen an, sondern brachte auch zum Ausdruck, dass Erdmann nicht auf einem Lehrstuhl an einer Universität, sondern in einem Forschungsinstitut wie den MGH oder eben dem DHI in Rom am besten aufgehoben gewesen wäre. Doch alles Nachdenken darüber, »was er hätte ausrichten können, was nicht«,37 ergab sich aus der Trauer um den Toten. Nur eine postume Karriere stand ihm noch offen.

Nachleben Sofort nach dem Tod setzt das Nachleben ein. Totenschein, Todesanzeigen, Gedenkfeiern, Kondolenzschreiben und Nachrufe verorten den Toten in einer kompakten Erzählung und lassen das Sterben sinnvoller erscheinen, als es ist. Erdmanns Verwandte wurden durch die Behörden verständigt, Gerd Tellenbach und offenbar auch das Reichsinstitut durch seine Schwester. Robert Holtzmann las die Anzeige in der Zeitung, empfand »Schrecken und großen Schmerz«. Ernst Witte trauerte wie um einen eigenen Sohn; das Leben sei nun »noch sinnloser geworden als bisher schon«.38 Theodor Mayer wurde aus dem Reichsinstitut, Tellenbach durch Baethgen, Bock durch Otto Meyer, Jordan durch Stengel, Brackmann ebenfalls durch Stengel, Stengel durch Fickermann, Schumann ebenfalls durch Fickermann, Fickermann durch Ursula Brumm und Theodor Schieffer, Schieffer durch den Berliner Archivar Gottfried Wentz informiert.39 So ging die Kunde reihum, wurde an-

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gezweifelt, bestätigt und schließlich auch im Ausland verbreitet. Kantorowicz unterschied zwischen dem Verlust für die Wissenschaft und dem ganz persönlichen, der ihn sehr schmerzte. Er erinnerte sich an Erdmanns Stärken wie an seine Schwächen, an die Weite seines Blicks wie an seine bisweilen zu apodiktischen Lösungen. An der »gelassene[n] Bereitschaft, diese Welt zu verlassen«, erkannte er den Freund wieder, der ihn so oft unterstützt hatte. Da eine von Kantorowicz angeregte Gedenkschrift nicht zustande kam, blieb er ihm den Dank schuldig.40 In der mündlichen oder brieflichen Kommunikation wurden falsche, ungenaue oder verzerrte Nachrichten kolportiert. Denn Genaues wusste man nicht und das Hörensagen wurde ausgeschmückt oder falsch interpretiert. Hartnäckig hielt sich die Vorstellung, Erdmann sei in Gefangenschaft verstorben, wenn nicht gar in Zagreb gefallen.41 Kantorowicz verwechselte Kroatien mit Bulgarien; Sproemberg brachte Rumänien ins Spiel. Außerdem funktionierten die Kommunikationswege und -mittel äußerst schwerfällig und langsam. Kontakte gingen verloren, Nachrichten kamen verspätet, manche gar nicht an ihr Ziel. An der Hamburger Universität sollte der Mittelalterlehrstuhl neu besetzt werden. Neben Schramm, Tellenbach und dem Rechtshistoriker Heinrich Mitteis dachte man auch an Carl Erdmann. Das war im November 1945, sechs Monate nach seinem Tod.42 Und Wilhelm Engel, als kommissarischer Präsident des Reichsinstituts eine Zeitlang sein Vorgesetzter, benannte noch im November 1948 Erdmann als möglichen Zeugen für seine einwandfreie Amtsführung. Von dessen tragischem Ende wusste er nichts.43 Zu fern lag der Schauplatz des Geschehens und nur allmählich sprach sich herum, was sich kurz vor Kriegsende irgendwo im Südosten getan hatte. Auf Erdmann wurden nicht viele Nachrufe geschrieben. Aber aufschlussreich ist deren breite Streuung und Diversität. Den ersten, persönlichsten und deshalb auch nicht publizierten verfasste seine ältere Schwester. Sie wandte sich an Freunde und Bekannte und beschrieb mit warmen Worten die charakterlichen Vorzüge ihres Bruders. Dazu teilte sie erstmals auch Auszüge aus seinen Feldpostbriefen mit. Seine wissenschaftlichen Leistungen zu würdigen, wollte sie lieber anderen überlassen. Das besorgten befreundete Kollegen wie Oskar Vasella, Friedrich Baethgen und Ruy de Azevedo in Portugal. Auch Gerd Tellenbach wollte in der »Historischen Zeitschrift« einen Nachruf, wenn nicht sogar einen eigenen Aufsatz unterbringen. Doch dazu kam es

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336 Über den Tod hinaus ebenso wenig wie zum Druck zweier Texte, die Erdmanns Verdienste um die mittellateinische Philologie wie um die Fahnenkunde, die Vexillologie, würdigen sollten. Auch auf diesem eher abgelegenen Gebiet hatten seine Arbeiten zu Papst- und Kaiserfahnen einen merklichen Fortschritt bewirkt. Sogar einer von seinen Gegnern, der Tübinger Kirchenhistoriker Karl August Fink, in Rom Mitarbeiter Paul Fridolin Kehrs und auch sonst gut durch die Zeiten gekommen, meldete sich zu Wort. Denn auch aus kirchengeschichtlicher Sicht ließ sich nur Gutes über Erdmanns Arbeiten, seinen Scharfsinn und seine Gewissenhaftigkeit sagen. Nicht einmal Friedrich Bock, mit den Jahren zu einem erbitterten Gegner geworden, konnte da widersprechen.44 Zwei Nachrufe erschienen im Ausland, der eine davon nicht in einer Fachzeitschrift, sondern in einer Tageszeitung, sodass auch das allgemeine Publikum sich eine Vorstellung davon machen konnte, welchen Verlust Erdmanns Tod bedeutete: Er wäre nämlich »berufen gewesen […], die Verbindung mit der angesehenen alten Tradition der deutschen gelehrten Forschung wiederherzustellen«. Hier wie auch sonst wurde regelmäßig auf seine oppositionelle Haltung zum Nationalsozialismus hingewiesen. Die Nachrufe legten damit fest, wofür der Name Erdmanns künftig stehen sollte: für die geradezu logische Verbindung von höchster wissenschaftlicher Qualität mit politisch-moralischer Standhaftigkeit bis in den Tod. Dass er im Nekrolog der »Historischen Zeitschrift« und von »Kürschners Deutschem Gelehrten-Kalender«, in dem er zuletzt nicht mehr berücksichtigt worden war, unter den gefallenen, vermissten oder sonstwie um ihr Leben gebrachten Wissenschaftlern aufgeführt wurde, stellte eine postume Wiedergutmachung dar.45 Friedrich Baethgen verband in dem von ihm verfassten Nachruf das persönliche Gedenken mit einem wissenschaftspolitischen und institutionellen Ziel. Die Monumenta Germaniae Historica waren reorganisiert, die Befugnisse der Zentraldirektion wiederhergestellt worden. Der Wechsel im Präsidentenamt und die erbitterten Diskussionen, die ihn begleiteten, machten den tiefen Einschnitt in der Geschichte des Instituts auch nach außen sichtbar. Der neue Präsident setzte alles daran, die Gegenwart von der Vergangenheit abzugrenzen. Dass er selbst an ihr mitgewirkt und davon durchaus profitiert hatte, durfte dabei in den Hintergrund treten.46 Schließlich haben Nachrufe immer auch die Aufgabe, die den Toten ehrende Gesellschaft gut aussehen zu lassen: »Nichts Schlechtes über die Toten heißt in Wahrheit: nichts Schlechtes über die Überlebenden.«47 Der tote Carl Erdmann wurde auf

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diese Weise zur Symbolfigur für den Neuanfang bei den Monumenta. Denn an seinem Beispiel ließ sich ideal zeigen, dass ernsthafte historische Forschung auch in den Jahren der Diktatur möglich war und dass deren unabdingbare Grundlage die hingebungsvolle Arbeit an den Quellen sein musste, dass an die nur verschütteten, nicht toten Muster der Gelehrsamkeit angeknüpft werden konnte und dass Wissenschaft nicht in der Erfüllung politischer Vorgaben aufgehen darf. Das alles zeigte das Schicksal Carl Erdmanns. Man musste ihn dafür auch nicht erst »nostrifizieren«;48 denn er hatte sich ganz und gar mit den Monumenta identifiziert. Außerdem stand er mit Theodor Mayer über Kreuz, dem gestürzten Präsidenten. Auch dadurch bot er sich als Identifikationsfigur an. Erdmanns Biographie hatte also das Potenzial zu einer exemplarischen Erzählung. Sie wurde erstmals in den ihm gewidmeten Nachrufen skizziert, durch die Veröffentlichung seiner letzten, von Norbert Fickermann abgeschlossenen Edition untermauert und weitergesponnen mit seinen nachgelassenen Aufsätzen, deren Publikation eigentlich Tellenbach besorgen sollte, dann aber der Präsident Friedrich Baethgen übernahm. Kanonisiert wurde sie schließlich durch die Aufnahme in den exklusiven Rahmen der »Neuen Deutschen Biographie«, was ebenfalls auf die MGH zurückging: Deren damaliger Geschäftsführer verfasste den kurzen, aber weithin sichtbaren und nachhaltig wirksamen Artikel.49 Nachschlagewerke, Nachdrucke und andere Träger der Erinnerung setzten Erdmanns »memoriale Karriere« (Joseph Lemberg) fort und sorgten dafür, dass sein Name in der Geschichtsforschung präsent blieb. Noch zwei Jahrzehnte nach seinem Tod wurde seinem Andenken eine wichtige Sammlung von Aufsätzen gewidmet, weil sie verwandte Themen behandeln und Erdmanns Anregungen manches verdanken.50 Gleichzeitig konnten seine Studien zur ottonischen Geschichte (»Allotria«, wie er sie genannt hatte) zu einem Buch zusammengefasst erscheinen. Einen solchen Plan hatte es schon in den frühen 40er-Jahren gegeben; er scheiterte aber an den Verhältnissen mitten im Krieg. Helmut Beumann kam einer Selbstverpflichtung nach, als er das Vorhaben endlich realisierte.51 Denn obwohl Erdmann weder die Absicht hatte noch über die Möglichkeiten verfügte, eine Schule zu gründen, fand sich ein kleiner Kreis von Mediävisten, die sich ihm sowohl persönlich als auch sachlich verpflichtet wussten – eben jene Gruppe junger Wissenschaftler, die sowohl bei den Monumenta Germaniae Historica als auch in

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338 Über den Tod hinaus der Ausbildung am Archivinstitut Carl Erdmann kennenlernen konnten. Helmut Beumann machte dessen Konzept einer politischen Ideengeschichte für die Geschichte der Geschichtsschreibung fruchtbar und widmete ihm deshalb seine Habilitationsschrift über Widukind von Corvey und seine »Sachsengeschichte«, deren »politische Gedankenwelt und Geschichtsauffassung«. Schon die Wahl der Begriffe zeigte, welchem Vorbild er folgte. Paul Egon Hübinger interpretierte ein von Erdmann kritisch ediertes Dokument über die letzten Worte Gregors VII ., um den Streit der Meinungen um das Wirken dieses schon zu Lebzeiten höchst kontrovers beurteilten Papstes zu rekonstruieren. Heinrich Sproembergs Doktorand Bernhard Toepfer hielt die Erinnerung in der DDR wach und Rudolf Schieffer trat gewissermaßen in die Fußstapfen seines Vaters Theodor, als er mit Nachdruck auf Erdmanns Forschungen zu Gregor und deren Priorität hinwies.52 Bis in die übernächste Generation reichte also seine Wirkung, vermittelt durch diejenigen, die ihn überlebten. Gerd Tellenbach beteiligte sich daran, indem er seine Erinnerungen niederschrieb, mündlich von seinen Eindrücken erzählte und seinen akademischen Schülern Anregungen für weitere Nachforschungen vermittelte.53 Sein Vorschlag, die Rolle der Historiker im Nationalsozialismus bei einem Historikertag zu behandeln, wurde ausgerechnet von einem Namensvetter, dem damaligen Verbandsvorsitzenden Karl-Dietrich Erdmann, abgewimmelt.54 Sicher wäre dabei auch Carl Erdmanns eigensinnigdeviantes Verhalten zur Sprache gekommen. Bei den Monumenta Germaniae Historica dagegen ging der einfache Mitarbeiter und »stille Direktor« frühzeitig, generationenübergreifend und damit dauerhaft in das institutionelle Gedächtnis ein. Nicht alles, was Erdmann veröffentlichte, behielt seinen Wert. Seine Arbeit über den Prozess Heinrichs des Löwen, sein Schmerzenskind, unmittelbar vor der Einberufung fertiggestellt und ohne Wissen des Autors kurz vor Kriegsende in Leipzig publiziert, spielte in der weiteren Debatte um die sogenannte Gelnhäuser Urkunde nur eine Rolle am Rande. Das Buch fiel in die Wirren der unmittelbaren Nachkriegszeit und ging darin unter. Es war außerhalb der Sowjetischen Besatzungszone schwer zu bekommen, wurde deshalb selten besprochen und wenn doch, dann wurde gerade Erdmanns Beitrag als allzu scharfsinnig verworfen. Nicht einmal im Kreis seiner Anhänger gab es uneingeschränkt Zustimmung. Auf ein rechts- und verfassungsgeschichtliches Thema hätte er sich vielleicht doch nicht einlassen sollen.55

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Seine Editionen dagegen galten schon bei ihrem Erscheinen als mustergültig und haben Nachfolger gefunden, die sich auch dann noch an ihrem Vorbild orientieren, wenn sie kritisch mit ihm umgehen.56 Die Epistolographie hat sich mittlerweile zu einem mediävistischen Forschungsfeld mit eigenen Fragestellungen und eigener Methodik entwickelt. Erdmanns Erwartung, »dass auf dem Gebiet der Briefhandschriften noch viel zu machen« sei, wurde durch eine Vielzahl von Editionen und Untersuchungen bestätigt, ebenso seine Auffassung vom literarischen Charakter des Briefs und der Briefsammlung. Seine Ergebnisse gehören bis heute zu den Grundlagen einer hoch spezialisierten Forschung.57 Einer der Rezensenten (noch dazu ein Kontrahent aus vergangenen Tagen) ließ sich zu einem bemerkenswerten Kompliment herbei: Erdmanns Beispiel zeige, dass die »sorgsamste Bereitstellung des Quellenstoffes und seine Verwertung in darstellender Form durch den gleichen Gelehrten durchaus möglich« sei.58 Grundlagenforschung und Geschichtsschreibung, Edition und Interpretation miteinander zu vereinen und nicht als grundverschiedene Kompetenzen zu begreifen: Das war schon damals ein Problem und ist es bis heute geblieben. Erdmann identifizierte sich zwar so sehr mit den Monumenta, dass er die Erschließung und Publikation des Quellenmaterials als seine Hauptaufgabe ansah. Aber seit seiner römischen Zeit war er es gewöhnt, neben seinen dienstlichen Aufgaben auch seinen eigenen (»privaten«) wissenschaftlichen Interessen nachzugehen. Dannenbauer hatte unrecht, als er Erdmann nur »Buchstabilismus« zutraute, ihm aber alle darstellerischen Fähigkeiten absprach.59 Die Edition der Briefsammlungen und die »Forschungen zur politischen Ideenwelt des Frühmittelalters« entstanden nebeneinander und führten dann ihr jeweils eigenes Leben. Dannenbauer hatte jedoch insofern recht, als Erdmann – anders als er selbst und sein verehrter Lehrer Johannes Haller – keine ausgreifenden Überblicksdarstellungen schrieb, sondern gelehrte Studien, die ein vielschichtiges, facettenreiches Bild ergaben. Auch Miszellen und Exkurse gehörten dazu. Denn selbst auf wenigen Seiten ließ sich Substanzielles aussagen. Erinnert sei an jene 26 Zeilen, auf denen er eine hübsche These zur frühen deutschen Dichtung unterbrachte,60 und in einem Exkurs zur ottonischen Vorherrschaft in Polen datierte er ein lateinisches Gedicht neu, um es auf diese Weise in einen anderen Kontext zu verschieben: vom Kaisertum Ottos I. zur renovatio imperii Romani unter Otto III. Die Datierung wurde sogleich bestritten, aber mittlerweile erneuert und das Gedicht

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340 Über den Tod hinaus einer anderen Interpretation unterzogen. Die Frage bleibt offen, Erdmanns Vorschlag diskutabel.61 Geradezu berühmt wurde seine Unterscheidung zwischen einer römischen und einer nichtrömischen Kaiseridee. Römischen Ursprungs waren sie beide. Insofern hatte das deutschtümelnde Schwadronieren von einem »germanischen Kaisertum«, gegen das Erdmann sich ursprünglich wandte, nicht Hand und nicht Fuß. Aber aus literarischen Zeugnissen und der planvollen Förderung Aachens als kaiserlicher Residenz glaubte er eine »Aachener Kaiseridee« erschließen zu können, die für das Handeln Karls des Großen vor, bei und nach der Kaiserkrönung maßgeblich geworden sei. Im 10. Jahrhundert, als die Erneuerung bzw. Fortführung des karolingischen Kaisertums anstand, hätten beide Optionen zur Verfügung gestanden. Widukind von Corvey, der Geschichtsschreiber der Ottonen, sei als später, aber prononcierter Vertreter der nichtrömischen Kaiseridee zu betrachten. Doch Otto I. habe sich für die römische Variante entschieden und damit jene Verbindung von antiker Tradition, weltlicher Herrschaft und päpstlicher Weihe ins Leben gerufen, die das Erscheinungsbild des Kaisertums für Jahrhunderte festlegte.62 An Erdmanns eingängiger Darstellung ist im Laufe der Jahre und Jahrzehnte manches korrigiert worden, vor allem was die Rolle Aachens als einer nova Roma betrifft. Aber nach wie vor ist es sinnvoll, das Kaisertum Karls des Großen kontrastiv mit dem Ottos I. zu vergleichen und die »sogenannte Aachener Kaiseridee« als eine von mehreren möglichen Optionen zu verstehen. Ein »romfreies« Kaisertum macht auch dann noch etwas her, wenn es für Karl nicht mehr gewesen sein sollte als »eine Kirsche auf einer ohnehin schon üppigen Torte«.63 Erdmanns Unterscheidung wurde lange diskutiert und hat sich ebenso in der Wissenschaftsgeschichte etabliert wie seine Beiträge zu Krönungsordines und Herrscherliturgien, die von Schramm und Kantorowicz weiterverwendet wurden. Und wenn eines nicht allzu fernen Tages auch die »Portugalia Pontificia«, also die Sammlung der auf Portugal bezüglichen Papsturkunden des frühen und hohen Mittelalters, erschienen sein wird, dann wird noch sichtbarer hervortreten, was der junge Carl Erdmann im Geschirr Paul Fridolin Kehrs fertiggebracht hat. Dass er das komplexe portugiesische Archivwesen überhaupt durchschaut hat, gilt bis heute als eine Leistung von Rang.64 Doch auf die Dauer am erfolgreichsten wurde Erdmann mit seiner Habilitationsschrift, der »Entstehung des Kreuzzugsgedankens«. Niemand

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konnte damit rechnen, am wenigsten er selbst. Denn für ihn hatte sich das Thema »Kreuzzüge« mit der Veröffentlichung des Buchs erledigt. Er nahm es zur Kenntnis, wenn in der Öffentlichkeit von heiligen oder gerechten Kriegen gesprochen wurde, wenn also der Gegenstand einer akademischen Qualifikationsschrift aktuell geworden zu sein schien. Aber nur über Gregor VII., dessen heiligen Eifer und die dadurch ausgelösten Konflikte (den sogenannten Investiturstreit) arbeitete er weiter, nicht über erwogene, geplante oder wirkliche Kreuzzüge. Nichts interessierte ihn an Jerusalem oder Palästina. Dass er heute in erster Linie als Kreuzzugshistoriker wahrgenommen wird, kommt einem Missverständnis gleich. Es hat mit der englischen Übersetzung seines Buchs zu tun. Sie erschien 32 Jahre nach dem Tod des Verfassers und hat die Kreuzzugsforschung erheblich, Erdmanns Nachleben entscheidend befördert. Wie sie zustande kam, wissen wir nicht. Aber man kann es sich vorstellen. Der ältere der beiden Übersetzer, Marshall W. Baldwin, Professor an der New York University und seit Langem mit der Geschichte der Kreuzzüge befasst, hatte sicher den Anstoß dazu gegeben. Als junger Wissenschaftler hatte er die »Entstehung des Kreuzzugsgedankens« besprochen und deren Vorzüge schätzen gelernt. Anders als andere Rezensenten stieß er sich nicht an der »deutschen Gelehrsamkeit«, die aus dem Buch spricht. Auch den Vorwurf der Vollständigkeit, der anderswo anklang, ließ er nicht gelten, sondern hob ganz im Gegenteil gerade die Eindringlichkeit der Analyse hervor. Allerdings erschien seine Miszelle an eher entlegenem Druckort. Als er Jahre später die bis heute voluminöseste und breiteste Gesamtdarstellung der Kreuzzugsgeschichte mit herausgab, wies er noch einmal mit Nachdruck auf das Buch hin, nun also an herausgehobener und weithin sichtbarer Stelle. Doch erst mit der Übersetzung machte er es der englischsprachigen Forschung (fast) vollständig bekannt. Da diese – neben der französischen – in der Geschichtsschreibung der Kreuzzüge von jeher den Ton angibt, wurde dadurch der Resonanzraum des Werks noch einmal erweitert und der Name des Verfassers jetzt erst international prominent. Nicht gerade der Zufall, aber glückliche Umstände sorgten dafür. Wer immer sich für die Ursprünge der Kreuzzugsidee interessierte, hielt sich seitdem an Erdmann. Ein Rezensent behielt also recht, als er der Übersetzung prophezeite, sie werde ebenso »Epoche machen«, wie das Original selbst bereits »Epoche gemacht« hatte.65 Außerdem nahm das Buch zu der prinzipiellen Frage Stellung, ob man zu den Kreuzzügen nur die Kriegszüge zur Eroberung des Heiligen Lands und

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342 Über den Tod hinaus der Heiligen Stadt Jerusalem rechnen solle oder auch die vielen anderen heiligen Kriege, die im Namen Jesu Christi gegen Ketzer, Heiden und andere Feinde der Kirche geführt wurden. Vor allem Jonathan Riley-Smith hat sich vehement und immer wieder für einen solchen erweiterten Kreuzzugsbegriff ausgesprochen und sich dabei auf Carl Erdmann als Kronzeugen berufen. Einmal bezeichnete er dessen Buch sogar als ein »Gegenmittel« (»antidote«) für alle diejenigen, die die Kreuzzüge auf die Züge nach Jerusalem beschränkt sehen wollten, und in einer von ihm vorgeschlagenen Typologie der Kreuzzugsforscher erscheint Erdmann als erster »Generalist«, der den engeren Kreuzzugsbegriff der »Traditionalisten« aufgebrochen habe.66 Sich selbst verstand er als einen (wenn nicht den prominentesten) jener »Pluralisten«, nach deren Meinung »authentische« Kreuzzüge an vielen Fronten, nicht nur im östlichen Mittelmeer, ausgefochten wurden. Da sich dieser Standpunkt mittlerweile allgemein durchgesetzt hat und Riley-Smith stolz, aber mit einem gewissen Recht verkünden konnte, er habe gewonnen,67 ist es nur konsequent, Erdmann als Vorläufer, sein Werk als bahnbrechend zu betrachten. Das heißt nicht, dass es unbeanstandet blieb. Einwände hat es immer gegeben und die Kritiker trugen alles zusammen, was sie nicht überzeugte: die großzügige Auslegung des Begriffs »heiliger Krieg«; die langen Kontinuitätslinien, die sich daraus ergaben; eine gewisse Vernachlässigung von Pilgerschaft, Ablass und Buße; die Unterschätzung Jerusalems als militärisches Ziel; die Überschätzung der Gottesfrieden im frühen 11. Jahrhundert wie auch der Wirksamkeit kirchlicher Theorien; der anachronistische Gebrauch von Begriffen wie »Staat« und »Staatlichkeit«. Die Liste ließe sich fortsetzen.68 Und trotzdem: Das Buch bleibt ein klassisches Werk, das einen neuen Gegenstand definierte, zu weitergehenden Studien anregte und die sich daraus ergebenden kleineren oder größeren Korrekturen gelassen überstand. Gerade die kritischen Einwände belegen das lebhafte Interesse, das durch Erdmanns Buch noch Jahrzehnte nach seinem Erscheinen stimuliert wurde.69 Viel Lob wurde ihm zuteil: Es habe die Kreuzzugsforschung in eine neue Richtung gelenkt und sei in seiner Wirkung nur mit Steven Runcimans »History of the Crusades« zu vergleichen.70 Dabei hätten die beiden Werke nicht unterschiedlicher sein können: hier die epische Erzählung, geschrieben für den internationalen Buchmarkt; dort die gelehrte Erörterung, geschrieben für den wissenschaftlichen Gebrauch. Und das Gleiche gilt für die beiden Auto-

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ren: Runciman starb hochgeehrt im Alter von 97 Jahren als vielfacher Millionär, Erdmann ging als armer Teufel im Zweiten Weltkrieg zugrunde. Ohne die englische Übersetzung wäre ein Vergleich der beiden Werke erst gar nicht zustande gekommen, von seinem Ergebnis ganz zu schweigen. Übersetzungen ins Italienische und ins Russische verstärkten den Effekt noch. Debatten über den Zusammenhang von christlicher Ritterschaft und heiligem Krieg wurden zu Debatten über Erdmann, dessen Rang dabei niemand bestritt. Obwohl er sich nie auf die Kreuzzugsgeschichte spezialisiert hatte, wird er bis heute zu deren herausragenden Vertretern gezählt. In einer aktuellen, im Internet publizierten Umfrage unter prominenten Kreuzzugshistorikern belegt er in der Kategorie: »The Most Influential Crusade Historians« den fünften, sein Werk in der Kategorie: »15 Most Important Books on the Crusades« sogar den zweiten Platz. Es ist das einzige in deutscher Sprache und das einzige, das vor dem Zweiten Weltkrieg publiziert wurde, sich also längst als klassische Darstellung etabliert hat, dem Zahn der Zeit zum Trotz. Die Urteile reichen von brillant bis unverzichtbar und gipfeln in der Feststellung, es handle sich um »die vielleicht bedeutendste Monographie zu den Kreuzzügen aus dem 20. Jahrhundert« (Christopher Tyerman): »German Quellenforschung at its best« (David Abulafia).71 Selten hat eine deutsche Habilitationsschrift mit so vielen Fußnoten so viel Anerkennung erfahren und so viel Wirkung erzielt. In Deutschland wurden Erdmanns Kreuzzugsbuch nicht die gleiche Aufmerksamkeit und Wertschätzung zuteil. Während es in der englischsprachigen Forschung als »great work«, »masterpiece« oder »seminal book« eines »großen deutschen Historikers« gilt, dessen Name in die Nachschlagewerke einging,72 blieb seine Aufnahme hierzulande den Spezialisten überlassen. In einem »Historikerlexikon« sucht man Erdmann vergebens, in ein Nachschlagewerk zu den »Hauptwerken der Geschichtsschreibung« hat es das Buch genauso wenig geschafft, schon gar nicht in eine Sammlung über die »Klassiker der Geschichtswissenschaft«.73 Das hat einerseits mit dem persönlichen Schicksal des Verfassers zu tun (kein Lehrstuhl!), sicher aber auch damit, dass sich seine Wirkung auf verschiedene Themenfelder verteilte und dieses eine, die Geschichte der Kreuzzüge, in der deutschen Geschichtsforschung von jeher bestenfalls eine Nebenrolle spielte. Nur wer sich auf dieses spezielle Gebiet einließ, setzte sich mit dem Buch auseinander und führte seine Anregungen weiter. Es gilt als »grundlegend«, ja »unübertroffen«.74

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344 Über den Tod hinaus Interne und externe, fachliche und außerfachliche Entwicklungen sorgten dafür, dass die Geschichte der Kreuzzüge und damit auch Erdmanns Buch in Deutschland einen anderen Stellenwert erhielten: − D  ie globale Wiederbelebung der Idee vom heiligen Krieg warf Fragen nach deren historischen Vorläufern auf. Das Verhältnis von Kirche und Krieg, wie es Erdmann am Beispiel Gregors VII. und der Kreuzzüge erstmals behandelt hatte, kam so erneut in den Blick.75 −  Die transnationale Entgrenzung der Geschichtsforschung betrifft auch die Mediävistik. Die Kreuzzüge werden als frühe Erscheinungsform der europäischen Expansion begriffen und auf diese Weise in einem globalen Kontext verortet. Die von Erdmann aufgeworfene Frage nach den geistigen Grundlagen physischer Gewalt stellt sich erst recht in einem derart erweiterten Rahmen.76 − Der erstaunliche Siegeszug der Kulturgeschichte in den letzten Jahrzehnten (»kulturgeschichtliche Wende«, »cultural turn«) lässt an deren eigene Geschichte, also an die Vorläufer und frühen Vertreter, denken. Da Erdmanns Kreuzzugsbuch die »Analyse von Denkformen, Ritualen und Institutionenbildung«, von Symbolen und ihrer sozialen Bedeutung in sich schloss, gilt es als eines von fünf kulturgeschichtlichen Hauptwerken der deutschen Mediävistik. Es ist kein Zufall, dass sich die fünf Autoren fast alle gut kannten.77 Die »Entstehung des Kreuzzugsgedankens« wurde damit auch hierzulande zu einem Klassiker, zu einem Werk also, das man nicht unbedingt lesen muss, um es für bedeutend zu halten. 2011 entschloss sich der »Verband der Historiker Deutschlands«, den von ihm vergebenen Preis für herausragende Habilitationsschriften nach Carl Erdmann zu benennen. Denn mit seinem Namen verbinden sich – so die offizielle Begründung – »höchste fachliche Ansprüche, persönliche Integrität und menschlicher Anstand«.78 Mit dem einen waren sein Kreuzzugsbuch und die Grundlagenforschung im Dienst der Monumenta Germaniae Historica, mit dem anderen war sein unerschrockenes Verhalten im Nationalsozialismus gemeint. Bei keinem anderen deutschen Historiker waren Leben und Werk so existenziell ineinander verschränkt. Erdmanns anhaltendes Renommee in der internationalen Kreuzzugsforschung hat auch mit der Hochachtung vor seiner weltanschaulichen Konsequenz und

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Beharrlichkeit zu tun. Implizit oder explizit ging sie in die Urteile über ihn ein. Wissenschaftliche Leistung, der Verzicht auf Anerkennung und der physische Untergang sind in seinem Fall nicht voneinander zu trennen. Selbst wenn man Erdmann vollständig vergessen hätte, seinem Werk also keinerlei Nachleben vergönnt wäre, müsste man gerade dies als ein ihm hoch anzurechnendes Verdienst begreifen: sein geräuschloses Verschwinden als respektgebietende Leistung.

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GEGEN DEN STROM An einem Sonntag im Dezember 1935 (es war der dritte Advent) erhielt Carl Erdmann Besuch, über den er sich außerordentlich freute. Hans-Walter Klewitz gehörte nicht zum engsten Kreis seiner Vertrauten; aber nach zwei gemeinsamen Jahren am Preußischen Historischen Institut in Rom blieb man einander freundschaftlich verbunden. Beide hatten Paul Fridolin Kehr dienen dürfen. Das schweißt für ein Leben zusammen. Ihre Beziehung geriet in eine Krise, als Gerüchte über eine ›nichtarische‹ Abstammung aufkamen und Klewitz Erdmann vorwarf, nicht entschieden genug für ihn eingetreten zu sein.1 Doch die Dinge kamen wieder ins Lot. Als Erdmann mit einer Buchbesprechung heftig attackiert wurde und sich in seiner Ehre getroffen fühlte, sprang ihm Klewitz mit einer Gegenbesprechung zur Seite.2 Wie die meisten Sonntage verbrachte Erdmann auch den dritte Advent in seiner Wohnung bei »Onkel-Toms-Hütte«, für Klewitz ein entlegener Ort. »Grunewald-Wildnis« nannte er die Gegend. Man saß in einem der drei Zimmer und »verklönte« den Nachmittag – »nach stilo Romano«, wie man sich vergnügt erinnerte. Erdmann hatte gerade seinen bezahlten Lehrauftrag verloren und sich mit dem Büchlein über »Karl der Große oder Charlemagne?« missliebig gemacht. Seine politische Einstellung sprach sich herum, die universitäre Karriere schwamm ihm davon. Denn er hatte sich – so sah er es – »neben alle vorhandenen Stühle gesetzt«.3 Klewitz warnte ihn, sich selbst zum Märtyrer zu machen, und erinnerte ihn an seine Pflichten der Wissenschaft gegenüber. Er seinerseits hatte mittlerweile geheiratet und eine Familie gegründet. Schon deshalb war er bereit, den neuen Verhältnissen Rechnung zu tragen. Schritt um Schritt passte er sich dem nationalsozialistischen Staat und dessen ideologischen Vorgaben an. Nach Berlin war er nicht gefahren, um einen alten Kumpel zu besuchen, sondern um an einer Besprechung zur Vorbereitung einer volksgeschichtlichen Propagandaschrift teilzunehmen. Der Ordinarius Hermann Heimpel hatte es abgelehnt, an dem obskuren Vorhaben mitzuwirken, ebenso Tellenbach, der aber ohnehin nur dritte Wahl war. Der künftige Dozent Klewitz (vierte Wahl also) wollte sich eine Absage nicht leisten und beteiligte sich bereitwillig mit einem passenden Beitrag. Erdmann konnte sich seine starrsinnige Haltung im Grunde noch weniger leisten, war

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aber zu Konzessionen an den Zeitgeist nicht willens. Klewitz warf ihm vor, »von den Aufgaben eines Lehrers, von dem Wert des Kolleglesens für den Historiker […] ebenso wenig eine Ahnung« zu haben »wie von den Pflichten und Notwendigkeiten eines Familienvaters«. Von all dem wollte Erdmann nichts wissen. Er blieb – so könnte man den Eindruck seines Gegenübers resümieren – genau so, wie er immer schon war: eigensinnig bis zur Verantwortungslosigkeit.4

Verschlossenheit und Eigensinn Schon aus dieser einen, häuslichen Szene wird ersichtlich, dass Erdmann es seiner Umgebung nie leicht machte. Eigentlich war er immer das, was Heinrich Sproemberg einmal über ihn sagte: ein besonderer Fall, avis rara, ein »weißer Rabe«.5 Meistens schwamm er gegen den Strom und nahm – um im Bild zu bleiben – die Untiefen, Wirbel und Gegenströmungen klaglos in Kauf. Das lag an den Eigenheiten seiner Biographie. Mit etwas Mut zur Vereinfachung lässt sich sein Leben auf eine knappe Formel reduzieren: Es beruhte auf familiären Voraussetzungen, erfuhr frühe Prägungen, durchstand zwei vollständige Umorientierungen und endete dramatisch. Seine Schwester Yella beschrieb ihren Bruder im persönlichen Umgang als »sehr distanziert und ein wenig kühl«. Veronika, seine andere Schwester, hielt das für ein familiäres Problem und lag damit wahrscheinlich nicht falsch. Man habe regelrecht »Angst« gehabt, »voreinander echte Gefühle ahnen zu lassen«. Erdmann selbst gab zu, seine »Gefühlskälte« nicht verbergen zu können; er gehöre eben zu jenen Charakteren, »die sich mehr abschließen«, er gehöre zu den Introvertierten.6 Er konnte den Eindruck der Unnahbarkeit erwecken, empfand sie aber als Schwäche. Gehemmtheit wäre also der passendere Begriff. Außerhalb der Familie gelang ihm das Duzen zeitlebens nicht. Schwierigkeiten machte er nicht mit anderen, sondern nur mit sich selbst aus. Für die allermeisten blieb seine Person hinter einer Hülle der Sachlichkeit verborgen.7 Daraus ergab sich eine intellektuell-rationale Orientierung, die lebenslang sein Verhalten bestimmte und auf seine Umgebung verstörend wirken konnte. Die Traditionen des deutschbaltischen Literatentums widersprachen dem nicht, sondern trugen zu Erdmanns Selbstverständnis bei. Auf diese Weise setzte er sich den üblichen Vorbehalten gegenüber den baltischen »Giftmi-

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348 Gegen den Strom cheln« aus.8 Am Harz, in Blankenburg, schlug er Wurzeln, zumal er dort eine schulische Bildung erhielt, die ihn sein ganzes Leben lang trug. Der familiäre Zusammenhalt (die »fünf auf einem Ast«) war ihm wichtig. In der hochpolitischen Widmung seiner Habilitationsschrift an den Vater und die beiden gefallenen Brüder ist er mit Händen zu greifen.9 Die intensive, wen auch nicht spannungsfreie Bindung an seine Mutter geht schon daraus hervor, dass ­Erdmann mehrmals – in München und Würzburg, kurz in Rom, dauerhaft in Berlin – mit ihr zusammenzog. Sonderdrucke widmete er ihr »als schuldigen ­Tribut«.10 Bewies er also durchaus Familiensinn, so kam eine eigene Familiengründung gleichwohl niemals infrage. Frauen spielten in seinem Gefühlsleben nur dann eine Rolle, wenn sie der eigenen Familie entstammten. Ein Flirt in Stellvertretung seines Hauptmanns stellte für den Soldaten Carl Erdmann ein unüberwindliches Hindernis dar.11 Dazu und zu dergleichen sah er sich grundsätzlich außerstande. Vielleicht erklärt sich auch damit seine persönliche Distanziertheit, die ihn in seiner Lebenswelt zum Einzelgänger, beruflich zum Außenseiter machte. Die erste Umorientierung brachte dem jungen Carl Erdmann weniger das Geschichtsstudium in München als seine dreijährige Tätigkeit in Lissabon. Sie forderte ihn sprachlich, weitete seinen Horizont bis an den europäischen Rand und bescherte ihm mit der Geschichte des Kreuzzugsgedankens das Thema, mit dem er später berühmt wurde, das Thema, das sein Nachleben bis heute sichert. Es drängte sich ihm dort geradezu auf. Denn im portugiesischen Geschichtswissen stand der Heidenkrieg am Anfang einer ruhmreichen Geschichte und die Expansion nach Afrika und Asien im 14. und 15. Jahrhundert, also die glanzvollste Epoche der nationalen Vergangenheit, wurde mit dem Fortwirken des Kreuzzugsgedankens begründet. Die Erinnerung an das verlorene Reich in Übersee ließ sich damit elegisch verbinden. Es handelte sich um ein genuin portugiesisches Thema, das Erdmann ein tieferes Verständnis seines zeitweiligen kulturellen Umfelds verschaffte und ihn gleichzeitig auf die geschichtliche Bedeutung von Ideen hinwies. Wäre er in Deutschland geblieben, hätte er sich wahrscheinlich mit anderen historischen Themen beschäftigt. Die persönliche und biographische Bedeutung dieser drei Jahre in Lissabon kann also gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Sechs weitere römische Jahre schlossen sich folgerichtig an. Dass Erdmann hier eine Anstellung fand, hatte mit seinen dort erworbenen Fähigkeiten zu tun. Aus beiden Auslandstätigkeiten ergaben sich europäische Perspektiven,

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in Lissabon der Blick auf die Kreuzzüge, in Rom auf das Papsttum, Perspektiven, die ihm das nationale Empfinden nicht austrieben, ihn aber für nationalistische Ideologien immun machen sollten. In der Zwischenkriegszeit, als die nationale Verengung allenthalben um sich griff und die deutschen Historiker von der internationalen Forschung immer weniger Notiz nahmen,12 stellte Erdmann eine bemerkenswerte Ausnahme dar. Er hat die Monate zwischen dem Waffenstillstand im November 1918 und dem Friedensvertrag im Juni 1919 bestimmt nicht – wie Ernst Troeltsch – als »Traumland« und die Jahre danach nicht als »Kometenjahre« empfunden.13 Vielmehr hatten Krieg, Hunger, Seuche, Revolution und schließlich Inflation – apokalyptischen Reitern vergleichbar14 – das ganze Land aus der Sekurität der Vorkriegszeit gerissen. Auch für Erdmann und seine Familie kam es darauf an, ihre Existenz neu zu ordnen. Seine Entscheidung, sich nach Lissabon und dann nach Rom zu verdingen, half ihm nicht nur für den Augenblick, sondern sollte sich auf sein künftiges Leben als Wissenschaftler auswirken. Mehr noch als sein Vater machte er die Erfahrung, dass Reisen bildet. In dem unpublizierten Nachruf, den seine Schwester verfasste, heißt es, Erdmann habe keinen Ehrgeiz besessen; Geld oder Karriere »ließen ihn kalt«.15 Letzteres trifft nicht zu. Die Anerkennung, die er zunächst in Lissabon, dann durch »Meister« Kehr und schließlich in Rom erfuhr, machten ihm seinen wissenschaftlichen Wert bewusst. Die anderen Mitarbeiter und Stipendiaten ließ er das spüren. Die Lust am Übertrumpfen, gepaart mit dem Willen, noch mehr zu erreichen, war auch ihm nicht fremd. Am Preußischen Historischen Institut wurde er dadurch zur Respektsperson und Reizfigur gleichermaßen. Nicht einmal Tellenbach entging seinem Spott. Manchmal war er auch für ihn eben ein »Balte« mit den üblichen Unarten. Man bewunderte sein »dialektisches Geschick« und ließ sich hinter seinem Rücken über seine »spitze Nase«, seine Neugier und seine »Sensationslüsternheit« aus. Außenstehende hielten Erdmann für einen der üblichen Streber.16 Ambivalent und zögerlich verhielt er sich auf dem Weg zur Habilitation. Aber als er das Verfahren hinter sich gebracht hatte, strebte er eine Professur an und beobachtete argwöhnisch das Verhalten der Konkurrenten. Es schmeichelte ihm, wenn es hieß, er sei »am dransten«, und es ärgerte ihn, wenn ihm ein »Schwachmatikus« vorgezogen wurde.17 Auch Erdmann tat sich schwer damit, das Dasein eines Privatdozenten zu ertragen und »Mittelmäßigkeit nach Mittelmäßigkeit« an sich vorbeiziehen zu sehen.18 Die Schärfe seiner Kri-

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350 Gegen den Strom tiken und Rezensionen dürfte sich weniger mit seiner »schonungslosen Aufrichtigkeit« (die seine Schwester ihm zuschrieb) als mit seinem akademischen Ehrgeiz erklären lassen. Damit verschafft man sich Respekt und gewinnt keine Freunde. Erdmanns Verhalten änderte sich, als er von der Berliner Universität vertrieben und in ein – wie er es nannte – »offizielles Außenseitertum« abgedrängt wurde, ein Außenseitertum, das ihm immer noch fachliche Anerkennung eintrug, aber beruflich eine Sackgasse darstellte.19 Der Kandidat mit glänzenden Aussichten musste sich mit der Rolle und dem Einkommen eines vom guten Willen anderer abhängigen Stipendiaten zufriedengeben. Er war wieder dort angelangt, wo er sich vor seiner römischen Tätigkeit befand, damals am Rand Europas, jetzt am Rande der Zunft. Attacken musste er nicht mehr reiten, neugierige Interventionen konnte er sich sparen. Mit den Erwartungen hatten sich auch seine Sorgen erledigt. An die Stelle von Präpotenz und Ehrgeiz traten Selbstbescheidung und Selbstironie. Eitelkeit, jene »Todfeindin aller sachlichen Hingabe« und »Berufskrankheit« im akademischen Milieu,20 hat ihn ohnehin nie besonders gequält. Seinen Widerspruchsgeist legte er zwar nicht vollständig ab; da hatte Theodor Mayer ganz recht. Aber er gab ihm nicht mehr so oft und nicht mehr so unvermittelt nach wie früher. Gerade einem Kritiker wie Hans-Walter Klewitz fiel die Veränderung auf: Erdmann sei »weicher und milder« geworden.21 Das war die zweite Umorientierung, die ihm abverlangt wurde. Erst im Lauf der Jahre wurde ihm bewusst, dass er zwar alle Aussichten auf eine universitäre Karriere verloren, aber aus dem Abschluss eines Lebensabschnitts Kraft für den nächsten gewonnen hatte.22 Daraus erwuchs ihm neues Selbstbewusstsein, das sich vor allem in seinen Forschungen und Publikationen niederschlug. Er verließ den »Weg des Ehrgeizes« und wurde zu einem jener »kontemplativen Strolche«, die sich um Applaus nicht mehr scherten.23 Freilich geriet er wegen der Ungewissheit der eigenen wie der allgemeinen Lage in einen heillosen Wettlauf gegen die Zeit.

Forschung als zerbrechliches Glück Was ihm niemals jemand vorwerfen konnte, war mangelnder Fleiß. In jungen Jahren, nach einem einjährigen Hilfsdienst bei der Reichsbahn, war ihm das

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sogar amtlich bestätigt worden und kurz vor seinem Tod versprach er, sich Mühe zu geben »wie immer«.24 Damit meinte er seine Arbeit als Hauslehrer in Lissabon, seine besessene Suche nach Papsturkunden in portugiesischen Archiven, seine mehrjährigen Forschungen zur »Entstehung des Kreuzzugsgedankens« sowie – in besonderem Maße – seine Tätigkeit als »Stipendiat« in Rom und Berlin. Denn hier wie dort identifizierte er sich mit den Anliegen des Forschungsinstituts und ging vollständig in seiner Arbeit auf. Hatte er eine Aufgabe übernommen, lebte er nur noch für diese, »fleißig bis zur Erschöpfung«.25 Eines seiner wissenschaftlichen Vorbilder, der große Leopold von Ranke, hatte einen Wahlspruch: labor ipse voluptas – »die Arbeit selbst ist das Vergnügen«. Nichts anderes galt für Carl Erdmann. Das heißt nicht, dass er keine anderen Interessen gehabt hätte. Er spielte Schach, Skat und gelegentlich Klavier.26 Er liebte es, in den Bergen zu wandern, und litt, wenn es dafür keine Möglichkeit gab. Das Erlebnis der Landschaft war ihm so wichtig, dass er sogar dem militärischen Rückzug durch die Schluchten des Balkans noch ein Stück »Naturgenuß« abgewinnen konnte.27 Doch das alles trat hinter der wissenschaftlichen Arbeit zurück. Seine Wanderungen verband er mit landesgeschichtlichen Studien; Reisen zu bloßen Besuchszwecken soll er als »qualifizierten Müßiggang« abgetan haben.28 Sein Verhältnis zu Paul Fridolin Kehr beruhte auf einem stillschweigenden Konsens: Auch wenn er immer weniger mit seinem Vorgesetzten übereinstimmte, so hat er ihn doch wegen seiner schieren Arbeitsleitung respektiert. Umgekehrt erkannte Kehr in Erdmann sein Alter Ego und erhob ihn zu einem Maßstab, dem nur wenige gerecht werden konnten. Deshalb hat er ihn so lange und so gut, wie es ging, unterstützt. Dabei übersah er, dass Erdmanns Arbeitsleistung auf seiner Selbstständigkeit basierte. Er war weder Kehrs noch Chrousts oder Caspars und schon gar nicht Stengels Schüler (sie alle wurden als seine angeblichen Lehrer genannt).29 Paul Joachimsen machte ihm Eindruck, von anderen ließ er sich anregen, mehr nicht. Was er daraus machte, ergab sich aus seinen eigenen Interessen, Vorlieben und Funden. Denn er war und blieb Autodidakt, nicht mangels Gelegenheit, sondern aus persönlicher Veranlagung und anhaltender Praxis. Aus eigenem Antrieb wandte er sich mathematischen Studien und in Lissabon der mittelalterlichen Geschichte zu. Paläographische Kenntnisse erwarb er im Selbststudium und eher aus Höflichkeit gab er einmal (aber auch nur einmal) zu, in Datierungsfragen zu wenig Erfahrung zu

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352 Gegen den Strom besitzen.30 Sprachliche Fertigkeiten legte er sich in der täglichen Praxis zu, in Portugal bevorzugt in Bibliotheken, in Albanien mit einfachsten Mitteln. Nicht einmal Italienisch – immerhin für sechs Jahre die Sprache seines Gastlandes – scheint er mit professioneller Hilfe erlernt zu haben. Mit der gleichen Selbstständigkeit ging er seine dienstlichen Aufgaben am römischen Institut an. Damit stieß er jedoch an seine Grenzen, nämlich auf den Widerstand des Direktors: Ein Autokrat wie Kehr konnte nicht einmal einem so fähigen Untergebenen wie Erdmann so viele Freiheiten einräumen, wie dieser es wünschte. Das war der Kern des Konflikts, der ihre Beziehung immer mehr eintrübte und schließlich verdarb. Immerhin ließ ihm Kehr weitgehend freie Hand bei der Entwicklung jener Themen, zu denen er forschte. Denn auch, wenn sie sich markant von den seinen unterschieden, entsprach Erdmanns Arbeitsweise im Grundsatz seinen Vorstellungen. Vor allem darin wussten sie sich einig, dass alle Forschung von den Quellen auszugehen habe, dass Quellenkritik und Quellenedition vielleicht nicht deren höchstes, aber sicher deren erstes Ziel sei. Und wenn dabei unbekanntes Material ans Tageslicht kam, stellten sich sogar Glücksgefühle ein. Je »jungfräulicher« der Boden, umso besser.31 Kehr ließ es damit bewenden und hielt Geschichtsschreibung für eine Verirrung. Erdmann ging ein gutes Stück weiter und verstand Forschung auch als wertende und ordnende Behandlung der durch die Quellen gestellten Probleme. Er pflegte einen Wissenschaftsstil, der von der Überlieferung der historischen Quellen ausging, der Sorge um den rechten Text breiten Raum gab und die »Kleinarbeit« nicht scheute, um von deren Ergebnissen aus die allgemeinen Entwicklungen in den Blick nehmen zu können. Gerne löste er tüftelnd schwierige Fragen, brachte Konjekturen an und gab sich dem Detail hin. Seine zunehmende Spezialisierung empfand er durchaus als Problem. Manchmal ging es nur um einzelne Worte, oder die richtige Lesung scheinbar unlesbarer Texte (z. B. jenes Papyrus, den er in Paris fand) forderte seine handwerklichen und methodischen Fähigkeiten heraus. Es war dann das »bloße Spiel«, scheinbar so nutzlos wie Schach oder Skat, was ihm ähnlich gefiel. Denn hier wie dort kam sein Scharfsinn zur Geltung. Hätte man ihn nach dem Nutzen seiner Arbeit gefragt, dann hätte er sich wahrscheinlich auf Friedrich Schillers »ästhetische Erziehung des Menschen« durch das zweckfreie Spiel berufen: Der Mensch »ist nur da ganz Mensch, wo er spielt«. Schiller zitierte er gerne, Schiller schätzte er sehr.32 Und vielleicht sind ja tatsäch-

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lich Spielernaturen und Introvertierte oft dasselbe – so sah es seine jüngere Schwester und meinte vielleicht auch den Bruder.33 Stolz war Erdmann auf die Entdeckung Meinhards von Bamberg und seiner Briefe.34 Denn wie gesagt: an den Quellen, zumal den übersehenen oder gänzlich unbekannten, lag ihm viel. Aber auch: So kann man sich täuschen. Meinhard blieb den Spezialisten überlassen, die »Entstehung des Kreuzzugsgedankens« dagegen machte ihren Weg, indem sie quellenkritische Erörterungen, Detailstudien und orientierende Kapitel mit einer durchgehenden Perspektive verband und auf diese Weise einen Gegenstand definierte, der dem Buch einen Platz in der Wissenschaftsgeschichte garantierte. Es war und blieb sein eigenständigstes, sein originellstes Werk.35 Die »Forschungen zur politischen Ideenwelt des Frühmittelalters« verfuhren ähnlich: Aus isolierten Fragestellungen erwuchsen generelle Einblicke, die sich in eine geistesgeschichtliche Forschungsrichtung einbringen ließen. Allerdings fehlt ihnen die Abrundung. Es handelt sich um »abgebrochene Forschung«. Krieg und Tod hatten deren Ende erzwungen. Überblicksdarstellungen dagegen hat Erdmann nicht schreiben wollen. Nie malte er mit breitem Pinsel, sondern immer mit feinen Strichen. Er folgte Leopold von Ranke, was dessen Objektivitätsideal, die völlige Hingabe an die Quellen und die Lust am »Erobern« der Archive betrifft.36 Aber als Autor wollte er es seinem Vorbild nicht gleichtun. Erzählungen, wie sie die Geschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts bevorzugte, kamen nach seiner Meinung für einen ideengeschichtlichen Gegenstand nicht infrage. Dafür suche er nach einer angemessenen Darstellungsform. Er sei aber noch nicht fündig geworden, habe also noch weiter an dieser Frage zu »knabbern«. Auf keinen Fall wollte er nur Texte produzieren, die man nicht las, sondern nur benutzte.37 Der Gedanke an ein breiteres Publikum kam Erdmann schon gar nicht in den Sinn. Seine öffentlichen oder halböffentlichen Vorträge lassen sich an den Fingern einer Hand abzählen (zwei in Rom, drei in Blankenburg) und richteten sich immer an einen überschaubaren Kreis.38 Ob er jedes Mal den richtigen Ton traf, darf man bezweifeln. Seine Art, zu sprechen und zu schreiben, blieb stets sachlich und nüchtern, präzise und anspruchsvoll. Wissenschaftlichen Leichtsinn mochte er ebenso wenig wie übertriebenes Pathos.39 Nur einmal versuchte er, etwas Populäres zu publizieren, und wurde umgehend in seine Grenzen verwiesen.40 Seither achtete er nur noch auf seinen wissenschaftlichen Ruf. Diesen hielt er – ein weiteres Mal Schiller zitierend – für »der

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354 Gegen den Strom Güter höchstes«.41 Wenn daran Zweifel laut wurden, konnte er äußerst empfindlich reagieren. Er wusste, dass er als Mitarbeiter an einem Forschungsinstitut ein Privileg genoss; er wusste aber auch, welch hohen Preis er dafür bezahlt hatte.42 An diesem bescheidenen, aber mühsam errungenen Status ließ er niemanden rütteln. Ein solches Verständnis von Wissenschaft musste immer mit Einwänden rechnen. Schon in Rom gab es Befürchtungen, dass die »Entstehung des Kreuzzugsgedankens« nur »eine Sammlung kritischer Abhandlungen« werden könnte. Doch der Skeptiker ließ sich eines Besseren belehren und bemängelte nur noch, dass dem Buch der »epische Atem des erzählenden Historikers« fehle.43 Anders Johannes Haller und seine Schule: Der Meister selbst hatte Erdmann vorgeworfen, zur historischen Darstellung nicht fähig zu sein. Hallers Schüler und Nachfolger Heinrich Dannenbauer beschimpfte ihn noch Jahrzehnte später als reinen »Buchstabilisten«.44 Dahinter steckte eine Abrechnung mit den Monumentisten, die man von jeher des »Alexandrinertums« bezichtigen konnte, also der antiquarischen Pflege eines toten Erbes, ebenso fruchtlos wie nutzlos, Forschung um ihrer selbst willen, l’art pour l’art. Theodor Mayer, immerhin für einige Jahre Präsident der Monumenta, sprach von »Geistesgymnastik« und »Wortfuchserei«.45 Ab 1933 erhielt die Kritik an einer derart zwecklosen Historie einen nationalsozialistischen Kontext. »Alexandrinertum« verkam jetzt vollends zum Schimpfwort: »Toter Wissenskrempel«, angehäuft durch bezahlte Staatsdiener, deren Anmaßung man nicht mehr hinzunehmen bereit sei. So die SS.46 Denn Wissenschaft sollte jetzt nicht nur dem Leben dienen, wie es Friedrich Nietzsche verlangt hatte, sondern dem deutschen Volk. Aus einer Methodenfrage wurde ein weltanschauliches Problem, aus der Diskussion um den Sinn der Geschichte die Vereinnahmung von Wissenschaft durch die Politik. »Deutschland« wurde zum alleinigen Maßstab, das deutsche »Volk« zum »obersten Wert« erhoben: »Wir sind objektiv, wenn wir deutsch sind.« Daran habe sich alle Geschichtsschreibung zu orientieren.47 Carl Erdmann trat dem entgegen und machte sich missliebig. Sogar eine Denkschrift über »Entwicklung und Aufgaben der Geschichtswissenschaft in Deutschland«, angefertigt für den Sicherheitsdienst der SS , stellte das fest: Sie würdigte die Fortschritte, die das »Reichsinstitut für ältere deutsche Geschichtskunde« unter neuer Leitung gemacht habe. So habe Präsident Stengel die Zeitschrift des Instituts, das neu gestaltete »Deutsche Archiv für

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Geschichte des Mittelalters«, »bereitwilligst jüngeren Forschern zur Verfügung gestellt«. Damit meinte der (zu diesem Zeitpunkt noch nicht promovierte) Verfasser junge Nationalsozialisten wie Rudolf Buchner, Ulrich Gmelin oder Konrad Schünemann, die entsprechende Beiträge geliefert hatten. Allerdings sei die Zeitschrift »politisch noch nicht klar ausgerichtet« und habe »nicht ungefährliche Gegner der Bewegung« in ihren »Reihen«.48 Damit zielte er allem Anschein nach auf Carl Erdmann, der das »Deutsche Archiv« redigierte und in den Jahrgängen, die bis zum Kriegsende erschienen, mehr als jeder andere publizierte: Aufsätze, Rezensionen und Anzeigen von ganz klassischem, politikfernem Zuschnitt. Die Denkschrift entstand wenige Monate, nachdem Erdmann mit seinen Forschungen in Quedlinburg Heinrich Himmler und das »Ahnenerbe« herausgefordert hatte. Nun also wurde er observiert. Als nicht wirklich gefährlicher, aber doch unversöhnlicher »Gegner der Bewegung« hatte er sich nach dem Streit um Karl den Großen auch mit seinen Wortmeldungen zu Heinrich I. positioniert.49

Im Rachen der Welt War das Widerstand? Legt man einen engeren Begriff zugrunde, der die aktive politische Bekämpfung des Regimes zum entscheidenden Kriterium macht, dann sicher nicht. Erdmann hat sich an dergleichen nicht beteiligt, Kontakte zu einer Widerstandsgruppe unterhielt er nicht. Geht man dagegen von einem erweiterten Begriffsfeld aus und bezieht die ganze Skala resistenten Verhaltens mit ein: Aufrechterhaltung von Gesinnungsgemeinschaften, Austausch subversiver Standpunkte, Zivilcourage im Alltag, Verweigerung von Anpassung und Kollaboration, Widerständigkeit und Devianz, Dissidenz und bewusste Nonkonformität, fasst man also den Zusammenhang von Haltung und Handlung und überdies das Moment der persönlichen Gefährdung ins Auge, dann ergibt sich ein anderes Bild. Dafür spricht immerhin, dass die Machthaber selbst dies alles unter ihren Begriff von illegaler Opposition subsumierten und entsprechend sanktionierten.50 Auch Erdmann gewinnt auf diese Weise ein widerständiges Profil, nicht mehr und nicht weniger: Er legte öffentlich und fachöffentlich Widerspruch ein, ließ in Gesprächen an seiner politischen Haltung keinen Zweifel und wurde in den Akten als »Vertreter der intellektuellen Opposition« geführt. Zu Hause wurde über die Legitimität des Tyrannen-

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356 Gegen den Strom mords gesprochen.51 Dafür wurde er nie gerichtlich belangt und trotzdem sanktioniert: zuerst mit der Entfernung von der Universität, dann mit der Einziehung zur Wehrmacht, deren Folgen er nicht überlebte. Es war kein »stiller Widerstand«, den Erdmann praktizierte (ohnehin eine schwierige Kategorie), sondern trotzige Widerrede, die sich mal lauter, mal leiser, aber konstant zur Geltung brachte. Der Vergleich mit der sogenannten inneren Emigration, wie sie vor allem am Beispiel im Land verbliebener Literaten, aber auch einiger Wissenschaftler beobachtet und beschrieben wurde, liegt auf der Hand.52 Auch Erdmann suchte einen Schutzraum, der ihn vor den Zumutungen des nationalsozialistischen Zeitgeists bewahrte. Er fand ihn bei den Monumenta Germaniae Historica, einem »Reich der Fußnoten«, wo ihm unabhängige Forschung noch möglich schien. Fast wie sein Vater glaubte er nun, in einem »stillen Winkel« zu sitzen und keiner Veränderung mehr zu bedürfen. In den Universitäten dagegen ließ sich nach seiner Meinung Wissenschaft als Beruf nicht mehr sinnvoll gestalten.53 Doch der Vergleich hinkt: Schriftsteller wie Werner Bergengruen, Reinhold Schneider oder Ernst Wiechert zogen sich ins Private zurück, um wenigstens dort die ethischen Normen und humanen Standards aufrechtzuerhalten. Erdmann wollte Ähnliches, war aber an einer Institution tätig, die als Herzstück der deutschen Geschichtswissenschaft galt, sich mit einer für die nationalsozialistische Geschichtsauffassung nicht unwesentlichen Epoche befasste und schon deshalb die Begehrlichkeit der Wissenschaftsplaner auf sich zog. Man musste sie verteidigen, um sie unbeschädigt zu erhalten. Erdmanns Aufforderung an die Mitarbeiter, »die Fahne« hochzuhalten, sollte man ernst nehmen und nicht als Floskel verstehen; denn sie gibt sein Selbstverständnis wieder.54 Er hatte ein Jahrzehnt lang »die Fahne« freier Forschung hochgehalten und hoffte auf eine Zukunft, von der er ahnte, dass sie die seine nicht mehr sein wird. Erdmanns Biographie zeigt, dass widerständiges Verhalten in einem Unrechtsstaat wie dem nationalsozialistischen das eigene Leben aufs Spiel setzt. Die Forderung: »Gefährlich leben!«, von Nietzsche in die Welt gesetzt, von Mussolini zum faschistischen Imperativ entstellt und von Erdmann einmal leichtsinnig zitiert,55 hatte unter solchen Umständen das Potenzial zur existenziellen Bedrohung. Wer – um in Nietzsches Bildern zu bleiben – sein Haus an den Vesuv baut, um reiche Ernten einzufahren, der muss mit seinem Untergang rechnen. Erdmanns Biographie zeigt aber auch, dass es die Möglichkeit

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gab, sich wenigstens für eine Zeitlang mit einer abweichenden Meinung zu behaupten. Der nationalsozialistische Staat war kein Monolith; die Normen des Rechtsstaats hatten sich nicht völlig verflüchtigt. Der Arm der Partei reichte nicht überall hin, Informationen, die als geheim galten, konnten durchsickern und das Gift der Denunziation drang nicht in alle Poren des gesellschaftlichen und privaten Lebens. Auch das polykratische Herrschaftssystem trug dazu bei, Freiräume des Nonkonformismus offenzuhalten. Selbst an den Universitäten blieben Handlungsoptionen bestehen, die allerdings nur von wenigen genutzt wurden. Sie reichten von der Abwehr wissenschaftsfeindlicher Wünsche über die öffentliche Bekundung eines abweichenden Standpunkts bis hin zur Unterstützung oppositioneller Aktivitäten, von anonymen Publikationen und brieflichen Äußerungen ganz zu schweigen. Vor allem Gerhard Ritter und Fritz Kern, aber auch Fritz Hartung oder Alfred Heuß wären von den Historikern hier als Beispiele zu nennen. Auch sie können bezeugen, dass es Spielräume des Eigensinns im sogenannten Dritten Reich gab. Allerdings stellten sie seltene und schon deshalb bemerkenswerte Ausnahmen dar.56 Die meisten ihrer Kollegen gingen andere Wege, sei es, dass sie mit dem Nationalsozialismus offen sympathisierten (Günther Franz, Rudolf Buchner, Werner Reese), sei es, dass sie bessere Chancen für die eigene Karriere erblickten (Willy Hoppe) oder sich auf den sogenannten Boden der Tatsachen stellten, um weiterhin mitreden zu können (Albert Brackmann), sei es, dass sie – wie Hermann Christern in Berlin oder Paul Wilhelm Finsterwalder in Frankfurt, Erdmanns unmittelbare Konkurrenten – schon eine längere Durststrecke hinter sich hatten und eine Familie ernähren mussten.57 Sie alle kann man als »Verräter an der Wissenschaft« bezeichnen und sich dabei auf Robert Holtzmann als Zeitzeugen berufen.58 Karrierismus und Opportunismus sorgten dafür, dass Grundsätze aufgegeben, Aufgaben neu definiert und die maßgeblichen Stellen anders besetzt wurden. Zweit- und drittrangige Wissenschaftler wurden nach oben gespült. Für Erdmann blieb die Nische eines Forschungsinstituts übrig. Was hat sein widerständiges Verhalten motiviert? Was brachte ihn zur Ablehnung der nationalsozialistischen Politik und Ideologie? Was hat ihn daran vor allem geplagt? In politischen Dingen bewies Erdmann nicht immer ein sicheres Urteil. Die Geschehnisse in Portugal und Spanien hat er in ihrer Tragweite offensichtlich unterschätzt und Mussolinis politischer Rolle zollte er mehr Achtung, als ihr aus heutiger Sicht zukommt. Auch die deutschen Ver-

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358 Gegen den Strom hältnisse nach dem 30. Januar 1933 beurteilte er zunächst verhalten optimistisch, zuweilen blauäugig, wenn nicht naiv. Wie viele andere hielt er die neue Regierung für eine vorübergehende Erscheinung; an einen baldigen Kriegsausbruch glaubte er nicht. Hitlers Friedensbeteuerungen war auch er zu glauben bereit. Wie sein Freund Ernst Kantorowicz verachtete er die braunen Massen als plebejisch, kümmerte sich aber vorderhand nicht um die »Schreier«. An den wuchernden Ritualen der Gemeinschaft und Kameraderie beteiligte er sich nicht. Selbst-»Gleichschaltung« kam für sie beide nie infrage.59 Schubweise änderte sich Erdmanns Wahrnehmung der innen- und außenpolitischen Situation. Die Ereignisse der Jahre 1934 (Röhm-Krise), 1935 (sein eigenes berufliches Desaster), 1938 (Sudetenkrise, Reichspogromnacht), 1939 (die »Slavenfeldzüge« gegen Tschechoslowakei und Polen) führten Schritt für Schritt Klarheit herbei. Ab März 1938, ab dem sogenannten Anschluss Österreichs, ist in Erdmanns Briefen immer öfter von der zu befürchtenden, dann zu erwartenden, schließlich sicheren Katastrophe die Rede. Wären sie in die falschen Hände geraten, hätte man ihn des Defätismus und der »Wehrkraftzersetzung« bezichtigen können. Im Ersten Weltkrieg hatte seine Familie zwei Söhne und danach den finanziellen Rückhalt verloren. Einem weiteren europäischen Großkrieg schaute er mit Furcht und Sorge entgegen. Mit dem Überfall auf die Sowjetunion schien sich die Konstellation von 1914 zu wiederholen. Erdmann beteiligte sich am »militärischen Kannegießern« und entwickelte eine gewisse Expertise darin.60 Deshalb wusste er, dass die Katastrophe bevorstand. Immer häufiger gab er sich resignierten, fatalistischen Stimmungen hin und rechnete mit einem Schicksal, das sich vollzieht: »Man erträgt, was man kann.«61 Wenn er den »Endsieg« »noch nicht« für 1943, sondern »erst« für 1944 erwartete, dann war das sarkastisch gemeint.62 Es ging jetzt nur noch um die Frage, ob man sich einen langsamen oder einen raschen Verlauf wünschen sollte. Das alles plagte Carl Erdmann. Doch er tat wenig bis nichts dagegen. Vielmehr hielt er an der Rolle des distanzierten, dadurch kundigen Beobachters fest. Aktiv wurde er nur, wenn es um seine Profession ging, wenn also das eigene und das nationalsozialistische Geschichtsbild fundamental divergierten. Dann fühlte er sich herausgefordert und legte Widerspruch ein. Denn das Geschichtsbild sei der Punkt, »um den es eigentlich geht«.63 Die Umwertung Karls des Großen durch Rosenberg und seine Leute oder die Vereinnahmung Heinrichs I. durch Himmler und die SS hatte denselben Zweck wie

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etwa die »Modernisierung« Martin Luthers, um die es beim Internationalen Historikertag in Zürich 1938 eine aufsehenerregende Kontroverse zwischen Mitgliedern der deutschen Delegation gegeben hatte. Erdmann bezog sich darauf, als er sich bei Peter Rassow für eine Broschüre bedankte, die den Reformator eben nicht als Antisemiten, »ewigen Deutschen« oder völkischen Helden aktualisierte.64 Die Absicht war nämlich immer die gleiche: Die Vergangenheit sollte einer bestimmten Gegenwart dienen, Geschichtsforschung zu einer zeitgemäß verwendbaren »politischen Wissenschaft« degradiert, die Objektivität der Historiker (ob an Ranke orientiert oder nicht) zur »relativen Objektivität« einer weltanschaulich gebundenen Historie umdefiniert werden.65 Erdmann hielt sich nicht für beschlagen genug, um an einer Grundsatzdebatte teilzunehmen, schlug aber dem Historikerverband eine solche Aussprache vor und interessierte sich sehr für eine Schrift über Objektivität, die Gerd Tellenbach ihm angekündigt hatte, aber nie publizierte. Er selbst fand sich bereit, die Geschichte des deutschen Volkes, seiner Anfänge und vielleicht sogar seiner Ursprünge zu ergründen, riet aber – ebenso dringend wie ungehört – davon ab, sich von politischen Vorgaben wie »Mythus«, »Blut und Boden«, »Rasse« oder »Biologie« leiten zu lassen. Keiner dieser Begriffe ist in seinen Schriften zu finden.66 Den »Absprung ins Politische« lehnte er grundsätzlich ab. Geschichte und Politik dürfe man nicht leichtfertig miteinander vermengen. Nicht den Zeitgeist habe er zu bedienen, sondern die Regeln seiner Wissenschaft zu befolgen. Diese aber habe ihr eigenes Gesetz und ihren eigenen Sinn.67 Daraus ergab sich der Anspruch auf eine freie, von der Macht nicht beeinflusste Forschung. »Politik und Geist« (darüber hatte er mit Walter Frank diskutiert) standen für Erdmann gleichberechtigt nebeneinander. Eine Art »Exterritorialität der Wissenschaft«68 stand ihm vor Augen, auch wenn er sich anders ausdrückte. Dafür war er bereit, Kopf und Kragen zu riskieren. Einem »herrischen Kalenderspruch« zufolge soll der Historiker keinen Freund, kein Vaterland, keine Religion besitzen.69 Carl Erdmann kam dem ziemlich nahe. Freunde besaß er zwei (Tellenbach und Kantorowicz), wenn es hoch kommt, einen dritten (Fickermann); sein Patriotismus verflüchtigte sich im Laufe von Krieg und Diktatur, von einem religiösen Bekenntnis ist in keinem seiner Briefe oder in anderen Selbstzeugnissen die Rede. Einer wissenschaftlichen Schule gehörte er nicht an. Von einem »Netzwerk« kann man

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360 Gegen den Strom kaum reden. Nicht einmal im gemeinsamen Erfahrungsschatz einer Generation, weder der »Kriegs-« noch der »Kriegsjugend-« oder gar der »Generation des Unbedingten«, lässt sich sein Lebensweg bequem verorten. Meistens stand er für sich selbst ein und erhob den Anspruch, ein Solitär zu sein. Andere sahen eher den Querkopf in ihm. Doch das focht ihn nicht an. Den mal lauten, mal leisen Vorwurf der Halsstarrigkeit und der Kompromissunfähigkeit nahm er leichten Herzens auf sich. Denn sein intellektuelles Einzelgängertum gab ihm die Möglichkeit, sich gegenüber einer von ihm als »unsittlich« betrachteten Weltanschauung zu behaupten und charakterfest auf jegliche Form

Carl Erdmann als Soldat.

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der Mitwirkung zu verzichten.70 Welche Risiken er damit einging, wurde ihm schon bald nach dem 30. Januar 1933 bewusst. Er lebte ein Jahrzehnt lang gefährlich, tauschte dafür die ihm von Nietzsche verheißene »größte Fruchtbarkeit«, ja Daseinsfreude ein und genoss am Ende das Privileg, wie ein rechter Humanist und Philosoph zu sterben.71 Als Soldat in auswegloser Lage hat er Abstand von sich selbst genommen und – ungewollt, aber entschieden – den Weg von der Wissenschaft zur Weisheit gefunden. Man muss Erdmann nicht zum gelehrten Helden erheben, nur um eine rhetorische Tradition fortschreiben zu können.72 Dazu hatte er zu viele Ecken und Kanten, persönliche Schwächen neben charakterlichen Stärken. Zum Heldentum passt außerdem nicht, dass er in den 46 Jahren, die er lebte, nur wenige wirkliche Erfolge vorweisen konnte. Eher lässt sich seine Lebensgeschichte als eine Folge von Verlusten erzählen. Durch den Ersten Weltkrieg verlor er seine zwei Brüder und die familiäre Sekurität, zu Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft seine berufliche Zukunft, in deren weiterem Verlauf seine patriotischen Ideale, am Ende sein Leben. Sah er auf das, was er tatsächlich erreicht hatte, dann musste er sich als gescheitert betrachten: in Rom keine feste Stelle, in Frankfurt nicht einmal eine Vertretung, von einem Lehrstuhl ganz zu schweigen, in der Zunft nur eine marginale Position; seine großen Projekte wurden zu seinen Lebzeiten nicht fertig. Dass er trotzdem glaubte, mit einer gewissen Befriedigung auf sein Leben zurückblicken zu können, lag an der Standhaftigkeit, mit der er an seinen Überzeugungen festhielt. Den Mangel an äußeren Erfolgen konnte er durch persönliche und wissenschaftliche Integrität kompensieren. Sein postumes Ansehen ergab sich daraus. Post mortem wurde aus dem sich selbst genügenden Verlierer ein allgemein anerkannter Gewinner. So spielt der Tod mit dem Leben. Georg Simmel hat (da war Erdmann keine zehn Jahre alt) in einem kurzen, aber prägnanten Text die Denkfigur des Fremden skizziert, des Fremden, der sich als Teil einer sozialen Gruppe begreift, ihr aber nicht voll und ganz angehört. »Nähe und Entferntheit« bilden eine Einheit, »distanzierende Momente« schließen das Miteinander nicht aus. Der Fremde erlangt dadurch sogar einen privilegierten Status. Er wird durch die Normen und Traditionen der Gruppe nicht festgelegt, kann sich »Objektivität« gegenüber deren Mitgliedern leisten und »übersieht die Verhältnisse vorurteilsloser« als diese: »er ist der Freiere, praktisch und theoretisch.«73 Simmel dachte an das assimilierte Judentum in Deutschland, dem er selbst ja entstammte, mithin an sich selbst.

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362 Gegen den Strom Doch auch Carl Erdmanns eigenartige Biographie lässt sich besser erfassen, wenn man sein Fremdsein bedenkt. Er kam mit seiner Familie als Zugereister nach Deutschland; sie wurde in Blankenburg lange nicht heimisch. Er passte sich an, identifizierte sich energisch mit den staatlichen und kulturellen Verhältnissen in Deutschland, blieb aber zeitlebens ein »Balte«. Neun Jahre im Ausland (also erneut in der Fremde) brachten ihn dazu, sich mit damals ungewöhnlichen historischen Themen zu befassen. In der Zunft der Historiker angekommen, fremdelte er lange mit ihr; und als sie sich den Forderungen der nationalsozialistischen Politik beugte, ging er erneut auf Abstand zu ihr. In Habitus, Lebensgestaltung und Lebensplanung war er ohnehin eigen. Wissenschaftlich wie politisch bevorzugte er den Blick von außen und kam so zu distanzierten Urteilen, die sich – anders als das meiste, was seine Fachgenossen zur gleichen Zeit publizierten – als haltbar erwiesen. Alles, was über ihn als Außenseiter gesagt werden kann, lässt sich in die Denkfigur des Fremden übertragen. Die Begriffe sind synonym. Erdmanns Eigensinn findet damit eine langfristige, die Höhe- und Wendepunkte seines Lebens erfassende Erklärung, eine Erklärung, die politische Haltung und wissenschaftliche Anliegen miteinander verbindet. Seine Biographie zeigt, dass die Beschäftigung mit der Vergangenheit ihren eigenen, von niemandem vorzugebenden Sinn hat und damit zum Eigensinn anhält, dass auf Genauigkeit (»Buchstabilismus« und »Wortfuchserei«) in der wissenschaftlichen Arbeit nicht verzichtet werden kann, weil nur auf hingebungsvoller »Kleinarbeit« die großen Thesen, Synthesen und Theorien aufruhen, dass freie Forschung zur Menschenbildung oder (um noch einmal die für ihn so charakteristischen Worte zu gebrauchen) zur »Hebung des Gefühls für Gesinnung und Zivilcourage« beitragen kann,74 dass es unter bestimmten Umständen nicht genügt, »die Forderung des Tages« zu erfüllen, »mit der Zeit zu gehen« oder sich »auf den Boden der Tatsachen« zu stellen, sondern nur Verweigerung und Verzicht eine klare Perspektive garantieren, dass die Distanz des Außenseiters nicht nur den schärferen Blick auf Vergangenheit und Gegenwart, sondern auch ein selbstbestimmtes Scheitern ermöglicht, dass das Scheitern ehrenvoll und das Verschwinden ruhmreich sein kann. Für all das mag der Name Carl Erdmann künftig stehen.

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ANHANG

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ANMERKUNGEN Fackel in der Finsternis 1  Bd. 2, Nr. 84. 2 Lucie Varga, Das Schlagwort vom »Finsteren Mittelalter«, Baden 1932; Peter Raedts, Die Entdeckung des Mittelalters. Geschichte einer Illusion, Darmstadt 2016, S. 37–88. 3  Karl Ernst Georges, Ausführliches lateinisch-deutsches Handwörterbuch, 8. Tod eines Mediävisten 1  C. Erdmann an H. Sproemberg, 28. Mai 1944 (Bd. 2, Nr. 191). 2  Didczuneit, Heinrich Sproemberg; Unger, Sproemberg; H. Sproemberg an Gerd Tellenbach, 4. März 1944; an C. Erdmann, 18. April 1944 (NL Sproemberg, 147, 148). 3  H. Sproemberg an C. Erdmann, 18. April 1944 (ebd., 148). 4  Lebenslauf 1932 (Berlin, Archiv der Humboldt-Universität, Phil. Fak. 1245, Bl. 540–542). 5  Lebenslauf von Mai 1935 (München, Archiv der MGH, B 685). 6  An Eugen Meyer, 27. August 1944: »Denken Sie bitte nicht, ich wäre plötzlich von einem (meiner Natur völlig fremden) martialischen Geist erfasst« (Bd. 2, Nr. 202). 7 Ernst Barlach, Güstrower Tagebuch (1914–1917), hg. von Ulrich Bubrowski, Hamburg 2007, S. 478; Schönberg: Schönpflug, Kometenjahre, S. 184. 8  An Martin Lintzel, 18. April 1943 (Bd. 2, Nr. 149); an Gerd Tellenbach, 27. Juni 1943; 18. Oktober 1943 (Bd. 2, Nr. 166, 184). 9  An Gerd Tellenbach, 25. Dezember 1943 (Bd. 2, Nr. 186). 10  Vgl. etwa die Erlebnisse des Germanisten Benno von Wiese (Ich erzähle mein Leben. Erinnerungen, Frankfurt a. M. 1982, S. 170–173), des Romanisten Werner Krauss (Briefe 1922 bis 1976, hg. von Peter Jehle, Frankfurt a. M. 2002, S. 76) oder der Brüder Klaus und Golo Mann auf der amerikanischen Seite (Lahme, Golo Mann, S. 169;

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Aufl. ausgearbeitet von Heinrich Georges, Bd. 2, Leipzig 1918, Sp. 928 f. 4 Christian Klein (Hg.), Handbuch Biographie. Methoden, Traditionen, Theorien, Stuttgart – Weimar 2009, S. 98–100, 260 f., 285 f. (immer nach Pierre Bourdieu).

ders., Die Manns, S. 272, 279); ferner Feuersenger, Im Vorzimmer, S. 197 über ­Ottokar Menzel, den Erdmann sehr schätzte. 11  An Gerd Tellenbach, 18. Oktober, 13. November 1943, 8. März 1944 (Bd. 2, Nr. 184, 185, 188); Yella Vulpius-Erdmann, In memoriam. 12  An Gerd Tellenbach, 18. Oktober, 25. Dezember 1943 (Bd. 2, Nr. 184, 186); an Eugen Meyer, 27. August 1944 (Bd. 2, Nr. 202). 13  An Gerd Tellenbach, 8. März 1944 (Bd. 2, Nr. 188). 14  An Yella Vulpius-Erdmann, 20. Juli, 2. September, 2. Dezember 1944 (Bd. 2, Nr. 197, 203, 208); an Eugen Meyer, 27. August 1944 (Bd. 2, Nr. 202). 15  An Gerd Tellenbach, 18. Oktober, 13. November 1943, 8. März 1944 (Bd. 2, Nr. 184, 185, 188). 16  An Gerd Tellenbach, 13. November 1943; 25. Dezember 1943 (Bd. 2, Nr. 185, 186). 17  An Gerd Tellenbach, 29. September 1943 (Bd. 2, Nr. 181). 18  An Gerd Tellenbach, 3. Juni 1944 (Bd. 2, Nr. 192). 19  Absolon, Die Wehrmacht, Bd. 5, S. 183 f.; Bd. 6, S. 417–419. 20 Willi Bredel, Der Sonderführer. Erzählung, Berlin 1948. 21  An Yella Vulpius-Erdmann, 20. Juli 1944 (Bd. 2, Nr. 197); an Gerd Tellenbach, 25. Juli 1944 (Bd. 2, Nr. 198). 22  Zur Eingliederung italienischer »Freiwilliger« in die Wehrmacht nach dem

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366 ANHANG Sturz Mussolinis vgl. Schreiber, Die italienischen Militärinternierten, S. 324–338; Hammermann, Zwangsarbeit, S. 11, 35–45; dies., Zeugnisse, S. 8 f. 23  An Yella Vulpius-Erdmann, 12. September 1944 (München, Archiv der MGH, B 685). Holtzmann, Baethgen und Meyer sollen im September 1944 von Erdmann Nachricht erhalten haben (ebd., B 577, Bl. 354 f. [30. November 1944]). Nur das Schreiben an Meyer blieb erhalten (an Eugen Meyer, 27. August 1944 [Bd. 2, Nr. 202]). 24  An Gerd Tellenbach, 25. Juli 1944 (Bd. 2, Nr. 198). 25  An Yella Vulpius-Erdmann, 16. Juli 1944 (Bd. 2, Nr. 196). 26  An Yella Vulpius-Erdmann, 10. Januar 1945 (Bd. 2, Nr. 210). 27  Greble, Sarajevo, S. 220–229. 28  An Yella Vulpius-Erdmann, 10. Januar 1945 (Bd. 2, Nr. 210); an Gerd Tellenbach, 10. Januar 1945 (Bd. 2, Nr. 212). Zu Erfolg und Bedeutung von: Walter Flex, Der Wanderer zwischen beiden Welten. Ein Kriegserlebnis, München 1917, vgl. Koch, Der Erste Weltkrieg; Reulecke, Eine junge Generation. 29  An Yella Vulpius-Erdmann, 15. Juli, 17. Juli 1944 (Bd. 2, Nr. 196). 30  An Yella Vulpius-Erdmann, 15. Juli 1944 (ebd.). Zum Bild des Balkans vgl. Mazower, Der Balkan; Jezernik, Das wilde Europa. 31  An Yella Vulpius-Erdmann, 16. Juli 1944 (Bd. 2, Nr. 196); an Gerd Tellenbach, 25. Juli 1944 (Bd. 2, Nr. 198). Zu Clemens (Kliment) von Ohrid vgl. Christian Hannick in: LexMA 2 (1983), Sp. 2146–2148; Heinz Miklas in: BBLK 4 (1992), Sp. 15–24; Obolensky, Six Byzantine Portraits, S. 8–33. 32 Vgl. Sundhausen/Clewing, Lexikon, S. 58–61; Fischer, Albania, S. 157–188; Neuwirth, Widerstand, S. 119–151; Kasmi, Die deutsche Besatzung. 33  An Yella Vulpius-Erdmann, 20. Juli, 15. August, 2. September, 12. Oktober 1944 (Bd. 2, Nr. 197, 200, 203, 206); an Gerd Tellenbach, 25. Juli 1944 (Bd. 2, Nr. 198). 34  An Yella Vulpius-Erdmann, 20. Juli, 2. September 1944 (Bd. 2, Nr. 197, 203). 35  An Yella Vulpius-Erdmann, 20. Juli 1944 (Bd. 2, Nr. 197).

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36  An Gerd Tellenbach, 5. Februar, 3. Juni 1944 (Bd. 2, Nr. 187, 192). 37  An Yella Vulpius-Erdmann, 2., 13. Dezember 1944 (Bd. 2, Nr. 208, 209). 38  An Yella Vulpius-Erdmann, 15., 23. August 1944 (Bd. 2, Nr. 200, 201). 39  An Yella Vulpius-Erdmann, 23. August, 2. September 1944 (Bd. 2, Nr. 201, 203). Zur Inflation in Albanien vgl. Fischer, Albania, S. 176–183; Neuwirth, Widerstand, S. 131–134. 40  An Yella Vulpius-Erdmann, 2. September 1944 (Bd. 2, Nr. 203); an Gerd Tellenbach, 25. Juli 1944 (Bd. 2, Nr. 198). 41 Hermann Neubacher, Sonderauftrag Südost 1940–1945. Bericht eines fliegenden Diplomaten, Göttingen 1956, S. 110 über Hitlers Vorliebe für Albanien. 42  An Yella Vulpius-Erdmann, 15. August 1944 (Bd. 2, Nr. 200); an Eugen Meyer, 27. August 1944 (Bd. 2, Nr. 202); an Gerd Tellenbach, 4. September 1944 (Bd. 2, Nr. 204). 43  Schönherr, Rückzug, S. 1089–1099; Fischer, Albania, S. 233–237; Neuwirth, Widerstand, S. 134 f.; Pearson, Albania, S. 406–409. 44  An Yella Vulpius-Erdmann, 12. September 1944 (Bd. 2, Nr. 205). Ähnlich an Gerd Tellenbach, 4. September 1944 (Bd. 2, Nr. 204), sowie an Eugen Meyer, 27. August 1944 (Bd. 2, Nr. 202). Auch Robert Holtzmann erhielt einen solchen »Abschiedsbrief« (Holtzmann, Tagebuch, Eintrag vom 19. September 1944). 45  Michel de Montaigne, Essais. Auswahl und Übersetzung von Herbert Lüthy, Zürich 5 1984, S. 121, 124, 128 f. (I 19). – Novalis, Werke, hg. von Gerhard Schulz, München 1969, S. 320, 325. – Friedrich Schiller, Die Braut von Messina, IV 10. 46  Platon, Phaidon, 67 d–e; Marcus Aurelius, Wege zu sich selbst – Τὰ εἰς ἑαυτόν, IX 3, 1: ὡς καὶ τούτου ἑνὸς ὄντος, ὧν ἡ φύσις ἐθέλει; Seneca, Epistulae morales ad Lucilium, LXX 5: sapiens […] cogitat semper, qualis vita, non quanta sit; LXXV 18: inaestimabile bonum est suum fieri; Boëthius, De consolatione philosophiae. – Vgl. dazu Macho, Das Leben nehmen, S. 92 f.

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Anmerkungen zu S. 18–35 367 47 Friedrich Schiller, Wallensteins Lager, 11. Auftritt, V. 1063 f.: »Der dem Tod ins Angesicht schauen kann / der Soldat allein ist der freie Mann«. 48  An Yella Vulpius-Erdmann, 2. Dezember 1944; 10. Januar 1945 (Bd. 2, Nr. 208, 210). 49  Schramm, Kriegstagebuch, 4, 1, S. 824. 50  An Yella Vulpius-Erdmann, 10. Januar 1945 (Bd. 2, Nr. 210). 51  An Yella Vulpius-Erdmann, 2. Dezember 1944 (Bd. 2, Nr. 208). 52  Johann Wolfgang von Goethe, Faust I, V. 784. An Yella Vulpius-Erdmann, 10. Januar 1945 (Bd. 2, Nr. 210). Vgl. auch an Gerd Tellenbach, 10. Januar 1945 (Bd. 2, Nr. 212). 53  An Yella Vulpius-Erdmann, 21. Januar 1945 (Bd. 2, Nr. 214). 54  An Yella Vulpius-Erdmann, 28. Januar, 8. Februar 1945 (Bd. 2, Nr. 215, 216); Yella Vulpius Erdmann an Gerd Tellenbach, 20. Februar 1945 (NL Tellenbach, 230). 55  An Yella Vulpius-Erdmann, 26./27. Februar 1945 (Bd. 2, Nr. 217, 218). Robert Holtzmann erhielt noch im März ein Schreiben aus Zagreb (Robert Holtzmann, Tagebuch 1941–1945, S. 143, Eintrag vom 14. März 1945). 56  Otto Meyer an Friedrich Bock, 27. Dezember 1945 (NL Bock, 157); Deutsche

Fremde Heimat Livland 1 E. Jansen, Das »Baltentum«. 2  Zum Folgenden vgl. Pistohlkors, Deutsche Geschichte; Brüggemann/ Woodworth, Russland an der Ostsee; als Fallstudie: Hirschhausen, Grenzen. 3  Ernst von Waldenfels, Nikolai Roerich. Kunst, Macht und Okkultismus, Berlin 2011, S. 25. 4 Berta Lask, Stille und Sturm. Roman, hg. und bearb. von Mira Lask, Halle (Saale) 1974, S. 115. Es handelt sich um einen Schlüsselroman aus der Feder der Schwester des Heidelberger Philosophen Emil Lask. Max Weber erscheint als Max Wormann. 5  Hehn, Über den Charakter der Liv-, Estund Kurländer. 6  Haller, Briefe, S. 249 (Haller an Kehr, 5. August 1903) – F. Hartung an Richard

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Dienststelle für die Benachrichtigung der nächsten Angehörigen von Gefallenen der deutschen Wehrmacht an Hella [sic!] Vulpius, 30. August 1947 (München, Archiv der MGH, B 685); Karl August Fink in: ZRG KA 65 (1947), S. 355; HZ 169 (1949), S. 223: »[…] † […] im Militärdienst in Kroatien«. 57  Vasella, Carl Erdmann. 58  Baethgen, Carl Erdmann, S. XXI; anders noch in: DA 8 (1951), S. 251. 59  Winkle, Geißeln, S. 618–669, bes. S. 638; Innere Medizin, S. 156–158. 60  Yella Vulpius-Erdmann an Ernst Witte, 31. März 1945 (München, Archiv der MGH, B 685). 61  Der Bezirksbürgermeister des Verwaltungsbezirks Zehlendorf an Yella Vulpius, 23. März 1945 (München, Archiv der MGH, B 685). 62  Joachimsthaler, Hitlers Ende, S. 282 f. 63  München, Archiv der MGH, B 685. Die Anzeige erschien in der Deutschen Allgemeinen Zeitung (die wenige Tage später ihr Erscheinen einstellte); vgl. Robert Holtzmann, Tagebuch 1941–1945, S. 148, Eintrag vom 14. April 1945. 64  Klemperer, LTI, S. 141. 65  Vulpius, Mein Lebenslauf, S. 126.

Fester, 14. Dezember 1929 (Hartung, Korrespondenz, S. 211). 7  Meinecke, Ausgewählter Briefwechsel, S. 107 (an Antonie Meinecke, 7. September 1922); ders, Strassburg, S. 25. 8  Zielinski, Zu dem großen Gelehrten, S. 270; Hasselhorn, Johannes Haller, S. 215. 9  Gerd Tellenbach an Karl Jordan, 10. März 1953 (NL Jordan, Fasz. 37.2). Gemeint war hier Werner Conze, den man keineswegs als Deutschbalten bezeichnen kann. 10  Karl Bücher an Aloys Schulte, 12. November 1893 (Braubach, Aus Briefen, S. 390 Anm. 26). 11  So etwa Max Hildebert Boehm, zit. Hasselhorn, Johannes Haller, S. 38. 12  Engelmann, Professor, S. 4–10 (mit Abdruck eines Briefs vom 29. Januar 1818). Ferner familiengeschichtliche Auf-

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368 ANHANG zeichnungen von Matthias Winkler, Wörthsee. 13  Lenz, Die Literaten. 14  Zum Folgenden vgl. die entsprechenden Artikel in: Baltisches Biographisches Lexikon digital; Veronika Erdmann, Die alten Erdmanns, Typoskript im Familienbesitz, 1931, sowie genealogische Notizen von Matthias Winkler, Wörthsee. 15  Glockner, Johann Eduard Erdmann; Hans-Joachim Schoeps in: NDB 4 (1959), S. 569 f.; Stephan Bitter in: BBKL 28 (2007), Sp. 578–607; von zur Mühlen, Baltische Geschichte, S. 165. 16  Tartu, Universitätsarchiv (im Nationalarchiv/Ajalooarhiiv), Fond 402, Nimistu 3, Säilik 2006, bes. Bl. 55 (1. Mai 1872). Zu Carl Eduard Erdmann vgl. Engelmann, Karl Erdmann, S. 17–28; Schlau, Baltische Ahnen- und Stammtafeln, S. 60–62; Gottzmann/Hörner, Lexikon, Bd. 1, S. 405 f.; Baltisches Biographisches Lexikon digital. 17  Paradigmatisch: C. E. Erdmann, Güterrecht, S. 253, 258. 18  Die Deutsche Universität Dorpat, S. 80. 19  An Julius Walter, 2./14. August 1894 (NL Johann Eduard Erdmann, Yi I b 3). 20  C. E. Erdmann, Festrede. 21  Tartu, Universitätsarchiv (im Nationalarchiv/Ajalooarhiiv), Fond 402, Nimistu 3, Säilik 2006, Bl. 101, 117, 135, 131. 22  Zur Universitätsgeschichte vgl. Tamul, Die Dörptsche Universität; Donnert, Die Universität Dorpat-Juŕev. 23  Schwabe, Dorpat, S. 280–322; Kraepelin, Lebenserinnerungen, S. 47–64; Burgmair, Kraepelin in Dorpat. Ferner Naunyn, Erinnerungen, S. 176–210. 24  Schwabe, Dorpat, S. 9. 25  Naunyn, Erinnerungen, S. 209. 26  Bücher, Lebenserinnerungen, S. 303, 316, 312. 27  Kampus, Geselliges Leben, S. 335 (nach Heinrich Bosse, der in Dorpat studiert hatte, und der russischen Presse). 28  Bücher, Lebenserinnerungen, S. 282. Vgl. dazu Leppik, Geschäft. 29  Bücher, Lebenserinnerungen, S. 319 f. 30  Schwabe, Dorpat, S. 7 f. 31  Kampus, Geselliges Leben.

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32  Haller, Briefe, S. 52–56 (an Helene Haller, 7. September 1883). 33  Schwabe, Dorpat, S. 33 f., 69 f. Zum Verfahren vgl. T. Maurer, Hochschullehrer, S. 337 f. 34  Kraepelin, Lebenserinnerungen, S. 64. Zu den sprachlichen Problemen vgl. Rotzoll, Emil Kraepelin. 35  C. E. Erdmann, Heimweh, S. 466, 460–462. 36  Gottzmann/Hörner, Lexikon, Bd. 3, S. 958–962; Baltisches Biographisches Lexikon digital. 37  C. E. Erdmann, System des Privatrechts, Bd. 1, S. 357–360. 38  An Julius Walter, 26. Juni/8. Juli 1894 (NL Johann Eduard Erdmann, Yi I b 2). 39  Vgl. T. Maurer, Hochschullehrer, S. 504 f., bes. Anm. 108. 40  Dazu vgl. Hildermeier, Geschichte Russlands, S. 923–934. 41  Erdmann, Heimweh, S. 456, 466. 42  Zuerst in: Baltische Monatsschrift 34 (1888), S. 187–199; wieder in: C. E. Erdmann, Gesammelte Vorträge, S. 175–191. 43  Zu Ursprung und Verbreitung dieser Volksetymologie vgl. Selart, Sie kommen, S. 27. 44  »Mutterland«: C. E. Erdmann an Julius Walter, 2./14. August, 1./13. Oktober 1894 (NL Johann Eduard Erdmann, Yi I b 3, 4). 45 Vgl. Betthausen, Georg Dehio, S. 17. 46  Brüggemann, Licht und Luft, S. 214–224. 47  Kappeler, Rußland, S. 210–215, 224–229; Gasimov, Kampf; Brüggemann, Als Land und Leute. Unifizierung als Reform: T. Maurer, Vorposten, S. 506. 48  Haltzel, Abbau, S. 29 f. 49  Ebd., S. 33–40; Neander, Carl Schirren. 50  Haltzel, Abbau, S. 36 (nach Theodor Schiemann, damals Student in Dorpat), 40 (nach Edmund von Heyking, Redakteur der »Baltischen Monatsschrift«). 51  Brüggemann, Licht und Luft, S. 239–251. 52  Naunyn, Erinnerungen, S. 186. 53  Bücher, Lebenserinnerungen, S. 305. 54  Tartu, Universitätsarchiv (im Nationalarchiv/Ajalooarhiiv), Fond 402, Nimistu 3, Säilik 2006, Bl. 12: Verleihung des Grades

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Anmerkungen zu S. 35–61 369 eines Candidaten der Rechtswissenschaft 1862. 55  Detailliert, aber einseitig: Engelhardt, Die Deutsche Universität Dorpat, S. 478–515; ausgewogener: Donnert, Universität, S. 58–72, 95–105. Zu Engelmann, der später Erdmanns Nachruf verfasste, vgl. Haltzel, Abbau, S. 148 f.; Neander, Carl Schirren, S. 185. – Der Name Júrjev war erstmals in den Chroniken der Rus’ zu finden (Plakans, A Concise History, S. 250). 56  Schiemann, Dorpat, S. 47–49. 57  Verzeichniß der Vorlesungen an der Kaiserlichen Universität Dorpat 1893, Semester I, Dorpat 1893, S. 4. 58  An Julius Walter, 2./14. August, 1./13. Oktober 1894 (NL Johann Eduard Erdmann, Yi I b 3, 4). 59  Hoerschelmann, Aus alten Dorpater Tagen, S. 250, 258.

Ausgerechnet Blankenburg 1 T. Maurer, Vorposten; Donnert, Universität, S. 54. Zum Suizid des Klassischen Philologen Ludwig Mendelssohn vgl. Burgmair, Kraepelin, S. 37. 2  Engelmann, Professor, S. 27 f.; Ilse Burger, Carl Eduard Erdmann, Typoskript 1980; Veronika Erdmann, Carls Todestag. – Zu Erdmanns Überlegungen vgl. insbesondere seinen Brief an Julius Walter in Königsberg, 2./14. August 1894 (NL Johann Eduard Erdmann, Yi I b 3). 3 Helene Hoerschelmann, Vier Jahre in russischen Ketten. Eigene Erlebnisse, München 1921. 4 Veronika Erdmann, Prof. Joh. (Wanka) Erdmann 1809–58, Typoskript 1931. Zu den Vorgängen im Allgemeinen und ihren Folgen für die Deutschbalten in den Ostseeprovinzen vgl. Angermann/Brüggemann, Geschichte, S. 222–226. 5  Carl Erdmann an Gerd Tellenbach, 16. Oktober, 30. Dezember 1939, 4. Februar 1940 (Bd. 2, Nr. 93, 95, 96). – Zu den Hintergründen: Pistohlkors, Deutsche Geschichte, S. 534–544. 6 Vgl. Panterodt, Carl Erdmann, S. 42. 7  Ribhegge, August Winnig, S. 37 f.

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60  C. E. Erdmann, Gesammelte Vorträge, S. 157–174, 175–191, 192–209, 210–229, 230–248. 61  Angermann/Brüggemann, Geschichte, S. 221. 62  So die Tochter Veronika Erdmann(Czapski) über Vater und Mutter (Caroline, S. 34). 63 Veronika Erdmann, Carls Todestag, Typoskript im Familienbesitz. 64  Tartu, Universitätsarchiv (im Nationalarchiv/Ajalooarhiiv), Fond 402, Nimistu 3, Säilik 2006, Bl. 191. 65  München, Archiv der MGH, B 685 (Abschrift vom 11. Februar 1913). 66  An Walther Holtzmann, 17. Juli 1936 (NL Walther Holtzmann, 47). 67  An Emil Meynen, 21. April 1935 (Bd. 2, Nr. 32).

8  Hopster/Josting/Neuhaus, Kinder- und Jugendliteratur, Bd. 2, Sp. 568. 9  Evers, Vorschule. 10  Adress- und Geschäfts-Handbuch von Blankenburg – Harz 1913, S. 75. 11  Mir selbst zum Geburtstag, in: Veronika Erdmann(-Czapski), Cantaten, S. 91 f.; Gedichte um mein Pferd IV, ebd., S. 84. – Defekt: dies., Caroline, S. 19. 12  Ebd., S. 34, 36, 73, 78 f., 81, 156. Zur weiteren familiären Entwicklung vgl. ein Gespräch mit Veronikas Tochter Susanne von Paczensky in: Stolten, Der Hunger, S. 23–45, sowie deren Erinnerungen: Bescheidene Luftschlösser, S. 11–14. 13  C. E. Erdmann, Heimweh, S. 462 f. 14  Böcker, Blankenburg-Regenstein. 15  Schafranek, Blankenburg, S. 9. 16  Wegner, Der Blankenburger Hof. 17  Ebd., S. 89. 18  Winnig, Frührot, S. 14 f. 19  Witte, Blankenburg, S. 4–18. 20  Ebd., S. 38. 21  Ebd., S. 10. 22  Ebd., S. 13 f. 23  Winnig, Frührot, S. 43. Zur Schulgeschichte: Witte, Gymnasium; Panterodt, Geschichte; Tütken, Höhere und mittlere

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370 ANHANG Schulen, S. 354–356. – Englisch als Wahlfach: Stutzer, In Deutschland und Brasilien, S. 64. 24 Vgl. Selheim, Matrosenanzug; Diziol, Deutsche, S. 265–298. 25  Oskar Maria Graf, Ablauf, in: ders., Zur freundlichen Erinnerung. Acht Erzählungen, Berlin 1922; Nachdruck München 2009, S. 82. 26  Hierzu und zum Folgenden die Jahresberichte über das Herzogliche Gymnasium zu Blankenburg am Harz, 1906–1916. 27  Blankenburger Kreis-Blatt, 17. November 1914; Blankenburger Harz-Zeitung, 17. November 1914; Jahresbericht über das Herzogliche Gymnasium zu Blankenburg am Harz 1915; Dem Andenken der im Weltkriege gefallenen Lehrer und Schüler des Gymnasiums zu Blankenburg am Harz in Dankbarkeit und Treue gewidmet, Blankenburg 1921, S. 8; Auskünfte von Siegfried Panterodt nach Unterlagen des Standesamts in Blankenburg. – ­Veronika Erdmann hinterließ einen Briefbericht über Verwundung und Tod ihres Sohns (Vulpius, Mein Lebenslauf, S. 157– 169). 28  Blankenburger Kreis-Blatt, 27./30. Juli 1916; Dem Andenken der im Weltkriege gefallenen Lehrer und Schüler, S. 19. – H[enny] Malachowitz, Den gefallenen Helden, in: Blankenburger Kreis-Blatt, 22. November 1914. – Zu den Konflikten in der Familie vgl. Veronika Erdmann(Czapski), Caroline, S. 24 f.

Lissabon 1  Jahresbericht über das Herzogliche Gymnasium zu Blankenburg am Harz 1915/16, S. 10. 2  Lebenslauf, 1932 (Berlin, Archiv der Humboldt-Universität, Phil. Fak. 1245, Bl. 540–542); Lebenslauf, Mai 1935 (München, Archiv der MGH, B 685). 3 Vgl. Lenz, Deutschbaltisches biographisches Lexikon, S. 542 f.; Russland: Fjodor Dostojewskij, Der Spieler (übersetzt von Alexander Nitzberg), München 2016, S. 9.

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29  Jahresbericht über das Herzogliche Gymnasium zu Blankenburg am Harz 1916, S. 7 f., 10, 15. 30  Blankenburg, Stadtarchiv: Censuren der Unterprima 1903–1930. 31  Einweihung der Gedenktafeln für die gefallenen Lehrer und Schüler des Gymnasiums in Blankenburg am Harz, in: Blankenburger Kreis-Blatt, 24. Oktober 1920. 32  Die Jubelfeier des Gymnasiums. Ein starkes Bekenntnis zur neuen Schule, in: Harzer Echo, 27. September 1927. 33  Karl Wolfskehl, zit. Egyptien, Jürgen: Karl Wolfskehl als Dichter und Essayist, in: Volkhard Huth/Julius H. Schoeps (Hg.), fort von hain und haus. Die Familie Wolfskehl und Darmstadt, Frankfurt a. M. 2019, S. 53–65, hier S. 55. 34  Nümann, Biographisches Lexikon; Jarck/Schee, Braunschweigisches Biographisches Lexikon, S. 664; Hoffmeister, Zeitreise, S. 24. 35 Ernst Witte, Mahners Mühle. Schauspiel in 4 Akten, Blankenburg 1906; ders., Elisabeth Gnauck-Kühne, in: Hochland 14,2 (1917), S. 341–349; ders., Johann Tobias Wagner. Ein Lebensbild aus Blankenburgs Vergangenheit, Blankenburg 1937. Zu Raabe verschiedene Vorträge, über die die örtliche Presse berichtete. 36  Winnig, Aus zwanzig Jahren, S. 10 f. Zur sozialen Exklusivität der »Literaria« vgl. dens., Frührot, S. 292 f.

4  Bosse, Die Hofmeister, S. 165–208; Hehn, Über den Charakter der Liv-, Est- und Kurländer, S. 591. 5  München, Universitätsarchiv, StudBB-607. – Bruno Walter, Thema und Variationen. Erinnerungen und Gedanken, Frankfurt a. M. 1960, S. 268–279; K. A. v. Müller, Im Wandel, S. 17, 43–48; Mann, Herr und Hund; ders., Tagebücher 1918–1921 (Zitat: S. 229 [7. Mai 1919]). – Ulrike Steinbacher, Im Revier der Jagdgöttin, in: Süddeutsche Zeitung, 27. Mai 2016. 6  Pringsheim, Tagebücher, 6, S. 498 (Eintrag vom 15. Mai 1922).

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Anmerkungen zu S. 61–79 371 7  Baethgen, Carl Erdmann, S. IX. Im Lebenslauf zu seiner Dissertation nennt Erdmann Joachimsen neben anderen, in einem 1932 verfassten Lebenslauf ist von einem von Joachimsen gestellten Dissertationsthema die Rede (Berlin, Archiv der Humboldt-Universität, Phil. Fak. 1245, Bl. 540–542), ein weiterer Lebenslauf von 1935 erwähnt neben dem Doktorvater Chroust nur Joachimsen, bei dem Erdmann »hauptsächlich« studiert habe (München, Archiv der MGH, B 685). – Zu Heckel und Hellmann vgl. Heimpel, Aspekte, S. 144–146, 147–151; zu Joachimsen: Otto Schottenloher in: NDB 10 (1974), S. 441 f.; B[ernd] F[aulenbach] in: Bruch/Müller, Historikerlexikon, S. 171; Hammerstein, Paul Joachimsen. 8  Muhlack, Deutsche Neuzeit. 9  München, Universitätsarchiv, Stud-BB-607. 10  Nonn, Theodor Schieder, S. 29 f.; Heimpel, Aspekte, S. 204 f., 227; Duchhardt, Abgebrochene Forschung, S. 60 Anm. 25; Muhlack, Deutsche Neuzeit, S. 110; Mitscherlich, Ein Leben, S. 69. 11  Vgl. dazu K. A. von Müller, Mars und Venus, S. 217 f. 12  Boveri, Verzweigungen, S. 151, 157; Klemperer, Man möchte immer weinen, S. 98. 13 E[rich] Marcks in: HZ 142 (1930), S. 220; Hermann Oncken in: Historische Vierteljahrschrift 26 (1931), S. 223 f. 14 Zit. Muhlack, Deutsche Neuzeit, S. 108; Joachimsen, Die Reformation, S. 288. 15  Boockmann, Der Historiker, S. 11 f., 50 Anm. 13; Hallgarten, Als die Schatten, S. 100 f. 16  Pyta, Hitler, S. 145. 17  Jahresbericht über das Staatliche Gymnasium zu Blankenburg am Harz Ostern 1925 bis Ostern 1926, Blankenburg 1926, S. 6. 18  Tschapek, Bausteine, S. 384–413, 432–444; Herold, Empresários, S. 8 f. 19  Freundliche Auskünfte von João Bernardo Weinstein, dem Enkel von Hans Bernhard Weinstein. – Erdmann an Peter Rassow, 30. Oktober 1933 (NL Rassow, 98). 20  Wippich, Dr. Ernst Arthur Voretzsch. 21  Vgl. Erdmanns diverse Lebensläufe, vor allem in der Dissertation von 1925: »[…]

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musste jedoch Ostern 1921 meine Studien abermals unterbrechen«. Baethgen spricht von einer »gutbezahlte[n] Hauslehrerstelle« (Carl Erdmann, S. IX). Zu der deutsch-jüdischen Familie vgl. Erdmann an Peter Rassow, 30. Oktober 1933 (Bd. 2, Nr. 5). 22  Watanangura, Die erste Europareise, S. 285–292; Petersson, König Chulalongkorns Europareise, S. 319 f.; Rosen, Aus einem diplomatischen Wanderleben, S. 97. 23  Portugal als »Eckensteher« in Europa: Clara, The Academy, S. 101. 24  Oliveira de Marques, Geschichte, S. 506; hierzu und zum Folgenden vgl. ferner: Costa Pinto, Zusammenbruch; Bernecker/ Herbers, Geschichte, S. 251–260. 25  O protesto de Portugal contro os vandalismos alemães, Lissabon 1914; Ás Academias e Universidades das nações civilisadas, a proposito do manifesto dos intelectuaes alemães, Lissabon 1914; Die Schmähschrift der Akademie der Wissenschaften von Portugal gegen die deutschen Gelehrten und Künstler. Eingeleitet, abgedruckt und übersetzt von Hugo Schuchardt, Graz 1915. – Vgl. dazu Clara, Academy, S. 102–105. 26  Gennrich, Evangelium, S. 175 f., 177–205. 27  Curtius, Briefe, S. 361 (an Wolf Bergmann [29. Januar 1937]), 632 (Reisebericht 1935). 28  Baedeker, Spanien und Portugal, S. XVII–XXVII, 423–508. 29 R. Schneider, Portugal, S. 5, 7 f., 16; ders., Verhüllter Tag, S. 51–60. Vgl. dazu I. Zimmermann, Reinhold Schneider, S. 42–55; Koepcke, Reinhold Schneider, S. 32–35. 30 R. Schneider, Portugal, S. 153. 31  Ebd., S. 125; Verhüllter Tag, S. 56 f. 32  An Paul Fridolin Kehr, 22. Mai 1931 (Rom, Archiv des DHI, R 3, 17/138). 33 R. Schneider, Portugal, S. 54 f. 34  An Peter Rassow, 2. Mai 1926 (NL Rassow 172); an Walther Holtzmann, 17. Sept. 1926 (NL W. Holtzmann, 41). 35 R. Schneider, Portugal, S. 39. 36  An Peter Rassow, 30. Oktober 1933 (Bd. 2, Nr. 5).

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372 ANHANG 37  An Erich von Guttenberg, 9. Januar 1934 (Bd. 2, Nr. 7). 38  Azevedo, Carl Erdmann, S. 618. 39  Portugal und Frankreich im Mittelalter (1925). 40  An Gerd Tellenbach, 12. August 1939 (Bd. 2, Nr. 91). 41  Der Kreuzzugsgedanke in Portugal (1925). 42  Ebd., S. 9 Anm. 2, 11. 43  Ebd., S. 13, 28, 55. 44  Ebd., S. 2, 109. 45 C. Erdmann, Der Kreuzzugsgedanke in Portugal (1930), S. 23. 46  HZ 141, S. 35, 31, 50; Der Kreuzzugsgedanke in Portugal (1925), S. 117. 47  Berlin, Archiv der Humboldt-Universität, Phil. Fak. 1245, Bl. 540–542 (Lebenslauf 1932). Baethgen, Carl Erdmann, S. IX, berichtet aus der Erinnerung, Erdmann habe sich in Geschichte, Theologie und Mathematik prüfen lassen. Fuhrmann, Laudatio, S. 14, sowie ders., Menschen und Meriten, S. 297, sieht darin ein Beispiel, wie sich bei Erdmann »analytische Kraft und spekulative Intelligenz« verbanden. – Von Erdmanns Studium in Würzburg ist im Universitätsarchiv offenbar nichts weiter als seine Karteikarte in der Studentenkartei übrig geblieben. 48  An Erich von Guttenberg, 9. Januar 1934 (Bd. 2, Nr. 7); an dens., 8. Februar 1940 (NL Guttenberg, II 282); Carl Erdmann, Biographische Einleitung (1939), S. VIII. 49  Hans Hirsch an Paul Fridolin Kehr, 26. März 1932 (NL Kehr [GStA PK], 17/591). Vgl. Herde, Anton Chroust; ders., Max Buchner; Hübner, Ein bayerischer Vertreter.

Römische Jahre 1  Tellenbach, Aus erinnerter Zeitgeschichte, S. 42. 2  An Gerd Tellenbach, 6. April 1937 (Bd. 2, Nr. 65). 3  Vgl. die Schreiben vom 16. Februar 1936, 8., 25. Februar, 27. September 1940, 8. Januar 1941 (Erdmann an Guttenberg) bzw. 18. Februar 1940, 1. Januar 1941 (Guttenberg an Erdmann), alle im NL Guttenberg (II 279, 282; Bd. 2, Nr. 48, 105). – Wendehorst, Erich Freiherr von Guttenberg.

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50  Wendehorst, Hundert Jahre, S. 17; Erich von Guttenberg an Erdmann, 18. Februar 1940 (NL Guttenberg, II 282); Erdmann an Guttenberg, 8. Januar 1941 (Bd. 2, Nr. 105). 51  Buchner an Chroust, 5. März 1934; Chroust an Buchner, 6. März 1934 (NL Buchner, 5). 52  Fritz Hartung an Richard Fester, 30. Dezember 1937 (NL Fester, 246/89). 53  Burkard, Sebastian Merkle, S. 107. 54  Wendehorst, Hundert Jahre, S. 19. 55 A[nton] Chroust (Hg.), Quellen zur Geschichte des Kreuzzugs Kaiser Friedrichs I. (MGH SS rer. Germ. N. S. 5), Berlin 1928. 56 Anton Chroust, Monumenta palaeographica. Denkmäler der Schreibkunst des Mittelalters, Bd. 1–10, München 1902–1937. 57  Erdmann, Biographische Einleitung (1939), S. VIII. 58  In der Edition bedankte sich Chroust bei Erdmann »für mancherlei Ratschläge« (S. CIII), ein andermal erhoffte er sich von ihm Hilfe bei der Auflösung portugiesischer Ortsnamen (an einen Doktor, 17. Juli 1927 [München, Archiv der MGH, 338/243/78]). 59  Chroust an Paul Fridolin Kehr, 6. September 1926 (München, Archiv der MGH, 338/243/81). 60  Fritz Hartung an Richard Fester, 29. März 1925 (Hartung, Korrespondenz, Nr. 70 S. 184 f.). 61 C. Erdmann, Ein Nürnberger offizielles Geschichtswerk (1926); ders., Ferdinand I. (1929). 62  An Paul Fridolin Kehr, 6. September 1926 (München, Archiv der MGH, 338/243/81). 4  Reichshandbuch der deutschen Gesellschaft. Das Handbuch der Persönlichkeiten in Wort und Bild, Berlin 1931, Bd. 1, S. 898 f. – Zu Kehr vgl. vor allem die Nachrufe von Oskar Vasella (Zeitschrift für schweizerische Kirchengeschichte 39 [1945], S. 72–74), Walther Holtzmann (DA 8 [1951], S. 26–58) und Karl Brandi (Jahrbuch der Akademie der Wissenschaften in Göttingen 1962, S. 134–152) sowie Fleckenstein, Paul Kehr; Fuhrmann, Menschen und Meriten, S. 174–212; R. Schieffer, Paul Fridolin Kehr.

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Anmerkungen zu S. 80–96 373 5  Weiss, Paul Kehr, S. 40; Schubert, Paul Fridolin Kehr. 6  Weiss, Paul Kehr, S. 43. 7  Fuhrmann, Menschen, S. 185. 8  Schubert, Auseinandersetzungen, S. 390. 9  Kehr an Rudolf Smend, 19. April 1903 (ebd., S. 442). 10  Monticone, La cultura italiana, S. 345; Schubert, Zum Wirken, S. 439. 11  Fuhrmann, Menschen, S. 205 (nach Johannes Schultze). 12  An Walter Goetz, 6. September 1916 (Meinecke, Ausgewählter Briefwechsel, S. 86). Vgl. Huth, Proteus. – »Berliner Herren«: Schubert, Paul Fridolin Kehr, S. 122. – Antipoden: Siegfried Kaehler an Peter Rassow, 13. Mai 1945 (Kaehler, Briefe, S. 296). 13  Holtzmann, Paul Fridolin Kehr, S. 45 f.; Reichert, Paul Kehr und Karl Hampe. 14  Glum, Zwischen Wissenschaft, S. 239. 15  Schaller, Michael Tangl, S. 150–153, 271–274. 16  Fleckenstein, Paul Kehr, S. 257 (486). 17  Fuhrmann, Menschen, S. 197 f., 205. 18  Huth, Proteus, S. 72. – Bigamie: Kehr an Dietrich von Gladiß, 9. November 1938 (NL v. Gladiß, 3). 19  Vasella, Paul Fridolin Kehr, S. 72. Vgl. Kehr an Peter Rassow, 14. Juni 1925, über seinen Besuch in einem spanischen Archiv: »Die Canonges [katal.: Kanoniker] sperrten die Mäuler auf, ergaben sich dann aber in diese ihnen fremdartige Arbeitsmethode« (NL Rassow, 133). 20  Weiss, Paul Kehr, S. 43. Vgl. Kehr an Theodor Sickel, 1. Mai 1899: »Wir haben arbeiten müssen wie die Pferde« (Schubert, Paul Fridolin Kehr, 104). 21  Kehr, Römische Erinnerungen, S. 14. 22  Kehr an Hermann Thiersch, 8. September 1927 (Abschrift im NL Bock, 103a). 23  Kehr, Römische Erinnerungen, S. 18. 24  Huth, Proteus, S. 63. – Selbstironie und Selbstbewunderung: Otto Krauske an Friedrich Meinecke, 23. November 1895 (Kraus, Ein Königsberger Historiker, S. 224 Anm. 74). 25  So Kehr selbst im Rückblick (Schubert, Auseinandersetzungen, S. 390).

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26 W. Goetz, Historiker, S. 323; Feldkamp, Pius XI. 27  Siegfried Kaehler an Friedrich Meinecke, 30. Oktober 1946 (Meinecke, Ausgewählter Briefwechsel, S. 502). 28  Fleckenstein, Paul Kehr, S. 253 (nach Philipp Hiltebrandt). 29  Römische Erinnerungen, S. 28. 30  Holtzmann, Paul Fridolin Kehr, S. 55. 31  An Haller, 2. September 1903 (Haller, Briefe, S. 257 Anm. 1). 32  An Walther Holtzmann, 15. September 1937 (Holtzmann, Paul Fridolin Kehr, S. 55). 33  Fleckenstein, Paul Kehr, S. 247 (nach Philipp Hiltebrandt). 34  Römische Erinnerungen, S. 7; an Friedrich Meinecke, 30. Oktober 1937 (Holtzmann, Ein Briefwechsel, S. 9). 35  Holtzmann, Paul Fridolin Kehr, S. 27; Fuhrmann, Menschen, S. 212; Holtzmann, Ein Briefwechsel, S. 10. 36  Kehr an Dietrich von Gladiß, 4. August 1934 (NL v. Gladiß, 3). 37  Fuhrmann, Menschen, S. 204 f. 38  An Karl Hampe, 30. Oktober 1919 (Reichert, Paul Kehr und Karl Hampe, S. 559). 39  Fuhrmann, Menschen, S. 203, 212; Reichert, Paul Kehr und Karl Hampe, S. 560. 40  Matheus, Das Deutsche Historische Institut, S. 11 (über Aloys Ruppel). 41 Sigurd Thorsson [d. i. August Nitschke], Kuo Yang in Island oder Die Rückkehr der Götter, Stuttgart 1984, S. 11 f. Zum Verfasser vgl. Literarische Fälschung in der Neuzeit, München 1986, S. 56. 42  Kehr an den Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung, 4. August 1926 (Rom, Archiv des DHI, R 3 Personal, Nr. 17 [unpag.]). 43  Chroust an Kehr, 6. September 1926 (München, Archiv der MGH, 338/243/81). 44  Wendehorst, Erich Freiherr von Guttenberg, S. 197. 45  Erdmann an Guttenberg, 9. Januar 1934 (Bd. 2, Nr. 7). 46  Chroust an Kehr, 6. Juli 1926 (München, Archiv der MGH, 338/243/87). – Zeitungs­ ausschnitt, Porto, 18. August 1926, über

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374 ANHANG »Dr. Carlos Erdman, erudito alemão« im Dienst der »Germánide Manuscripta Historica« (NL Kehr [GStA PK], 71). 47  An Peter Rassow, 26. April 1926 (NL Rassow, 172); an Walther Holtzmann, 17. September 1926 (NL Holtzmann, 41). 48  An Peter Rassow, 2. Mai 1926: »Ihre Befürchtung, ich würde hier ganz zum legajo werden, trifft bislang nur für die Tagseite meines Lebens zu« (NL Rassow, 172). Gegen Peter Linehans Meinung, Erdmann habe sich nur auf Fotografien und Assistenten gestützt, vgl. Werner Maleczek in: MIÖG 125 (2017), S. 411. 49  Erdmann, Papsturkunden in Portugal (1927), S. 35; ders., Vom Archivwesen Portugals (1929), S. 211; Toomaspoeg, The Marquis d’Albon, S. 115 f. 50 Carl Erdmann, Papsturkunden in Portugal (1927), S. 151 f. 51  Das Folgende nach Erdmanns Briefen aus Madrid, Lissabon und Braga an P. F. Kehr, Peter Rassow und Walther Holtzmann, April – Oktober 1926 (NL Kehr [GStA PK], 71; NL Rassow, 172, 194; NL Holtzmann, 41). Vgl. ferner Erdmanns handschriftliche Berichte in der Arbeitsstelle »Papsturkunden des frühen und hohen Mittelalters« bei der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, April – Oktober 1926. 52 Walter Andrae, Das wiedererstandene Assur, Leipzig 1938, S. 196 f.; Joachim Marzahn/Beate Salje (Hg.), Wiedererstehendes Assur. 100 Jahre deutsche Ausgrabungen in Assyrien, Mainz 2003, S. 58 f. 53  Erdmann an Kehr, 9. Juni 1926 (NL Kehr [GStA PK], 71). 54  Kehr an den Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung, 4. August 1926 (Rom, Archiv des DHI, R 3 Personal, Nr. 17). 55  Erdmann, Papsturkunden in Portugal (1927), S. 2; ders., Vom Archivwesen Portugals (1929), S. 198. – Zu den »Archivabenteuern« des 19. Jahrhunderts vgl. Saxer, Schärfung, S. 166–171. 56  Matheus, Das Deutsche Historische Institut, S. 7. 57 R. Wagner, Mein Leben, hg. von Martin Gregor-Dellin, München 21989, S. 587;

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Th. Mann, Tagebücher 1918–1921, S. 241 (Eintrag vom 18. Mai 1919). 58  Das Papsttum und Portugal (1928). 59  An P. F. Kehr, 26. Juni 1926 (NL Kehr [GStA PK], 71). Vgl. Kehr an Hermann Thiersch, 10. Juni 1927: »mein vortrefflicher Mitarbeiter«; 24. September 1927: »vortreffliche Arbeit« (Abschriften im NL Bock, 103a); Kehr, Erster Bericht, S. 313. 60  An P. F. Kehr, 18., 30. Juli 1926 (NL Kehr [GStA PK], 71); an Peter Rassow, 20. Juli 1926 (NL Rassow, 194). 61  Johann Wolfgang von Goethe, Italienische Reise I, 1. November, 13. Dezember 1786 (Sämtliche Werke, Bd. 15, 1, Frankfurt a. M. 1993, S. 134, 159); Marianne Weber, Max Weber. Ein Lebensbild, Tübingen 1926, S. 260. 62  Woller, Mussolini, S. 91–120; Bauerkämper, Der Faschismus, S. 60 f.; Osti Guerrazzi, Das System Mussolini. 63  Wolfskehl, Bild und Gesetz, S. 375; Schieder, Mythos Mussolini. 64  Gundolf/Salomon, Briefwechsel, S. 570. Zu Gundolfs Bewunderung für Mussolini: ebd., S. 485, 563, 570, 628. 65  Wolfskehl, Mussolini, S. 565. 66  Kertzer, Der erste Stellvertreter, S. 129. 67  Curtius, Briefe, S. 210 (an Erich Alport, 14. Februar [1929]); ähnlich an Max Rychner, 13. Februar [1929] (Curtius/Rychner, Freundesbriefe, Nr. 114 S. 204 f.). 68  Woller, Mussolini, S. 117; Kertzer, Der erste Stellvertreter, S. 127, 134. 69  Schieder, Der italienische Faschismus, S. 9. 70  An Eugen Meyer, 27. August 1944 (Bd. 2, Nr. 202). 71  An Gerd Tellenbach, 19. September 1943 (Bd. 2, Nr. 177). 72  Schieder, Das italienische Experiment. 73  Lenger, Werner Sombart, S. 349 f.; Kessler, Tagebuch, Bd. 9, S. 88 (Eintrag vom 26. März 1927). 74 Vgl. Petersen, Der italienische Faschismus; Dörner, La vita spezzata, S. 87–89; Reichert, Gelehrtes Leben, S. 234 f. (zu Walther Holtzmann und Willy Andreas). 75  Schieder, Mythos Mussolini, S. 106 f. 76 Nik. Becker, Ferdinand Güterbock.

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Anmerkungen zu S. 96–110 375 77  An Gerd Tellenbach, 21. Januar 1934 (Bd. 2, Nr. 8). 78  An Walther Holtzmann, 17. Juli 1936 (Bd. 2, Nr. 54); Auszüge aus Briefen Johann Eduard Erdmanns, angefertigt von Yella Vulpius-Erdmann (NL J. E. Erdmann, Yi 4 III 40). Eine Untersuchung dazu stammt von einem entfernten Verwandten: Kroeger, Die politische Denkweise. 79 Veronika Erdmann(-Czapski), Caroline, S. 72. 80  München: ebd., S. 73. – Spanien: An Peter Rassow, 21. Mai 1931 (NL Rassow, 194); an P. F. Kehr, 22. Mai 1931 (Rom, Archiv des DHI, R 3, 17/138). 81  Vgl. dazu den klassischen Aufsatz von Stern, Die politischen Folgen. 82  An Veronika Erdmann, 6. März 1932 (München, Archiv der MGH, B 685). – Warnung eines Namensvetters: Goebel, Ehrgeiz, S. 116 (nach Karl Otto Erdmann, 1925). 83  An Paul Fridolin Kehr, 22. Dezember 1928 (Rom, Archiv des DHI, R 3, 17/103). 84  An Gerd Tellenbach, 11. Mai 1934 (Bd. 2, Nr. 10). 85  An Walther Holtzmann, 11. November 1929 (NL Holtzmann, 41). 86  Burkard, … trete beiseite, S. 164 (24. Februar 1932). 87 W. Goetz, Historiker, S. 321. Zur Bibliotheca Hertziana unter der Leitung Ernst Steinmanns vgl. Viga, Rolltreppe, S. 244. 88  Tellenbach, Aus der Geschichte, S. 183. 89  QFIAB 21 (1929–30), S. X; 22 (1930–31), S. XI. – Vgl. Carl Erdmann, Das Wappen und die Fahne der römischen Kirche (1930–31). 90  An Friedrich Baethgen, 27. Oktober 1929 (NL Baethgen). 91  U. Stutz: an Walther Holtzmann, 4. Februar 1927 (NL Holtzmann, 41). – Ausflug nach Torre Astura bei Nettuno: an Friedrich Baethgen, 27. Oktober 1929 (NL Baethgen). – Kartengruß: an Paul Fridolin Kehr, 1. Juni 1927 (NL Kehr [GStA PK], 11/4). 92  An Friedrich Baethgen, 27. Oktober 1929 (NL Baethgen). 93  An Walther Holtzmann, 11. November 1929 (NL Holtzmann, 41). – Vgl. die

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Übersicht in: Elze/Esch, Das Deutsche Historische Institut, S. 264 f. 94  An Peter Rassow, 20. Mai 1931 (NL Rassow, 194). 95  Die Briefe Meinhards von Bamberg (1931). 96  An Walther Holtzmann, 17. September 1926 (NL Holtzmann, 41). 97  QFIAB 35 (1933–34), S. VII; QFIAB 26 (1935–36), S. VII. 98 Carl Erdmann, Mauritius Burdinus (Gregor VIII.) (1927), S. 231. 99  Schreiner, Gregor VIII.; Matena, Der Papst als Idol; Müller/Hotz, Gegenpäpste, S. 24 f. 100  An Peter Rassow, 11. Mai 1927 (NL Rassow, 172). 101 M. Weber, Wissenschaft, S. 80 f. 102  Bernecker/Herbers, Geschichte, S. 46–48. 103 Vgl. Müller/Hotz, Gegenpäpste, darin bes. R. Schieffer, Reformpapsttum; Laudage, Kampf, S. 77–101. 104  An Paul Fridolin Kehr, 11. Januar 1928 (Rom, Archiv des DHI, R 3, 17/63); »Feldzug«: Kehr an Hermann Thiersch, 30. Juni 1925 (Abschrift im NL Bock, 103a). 105 Vgl. Feldkamp, Pius XI., S. 308, 310, 312 f.; Jedin, Kirche des Glaubens, S. 93. 106  Holtzmann, Paul Fridolin Kehr, S. 44. 107  Kehr, Papsturkunden in Spanien. 108  Pontificum Romanorum diplomata papyracea. – »Rekord«: Erdmann an P. F. Kehr, 28. Juni 1929 (Rom, Archiv des DHI, R 3, 17/111). 109  An P. F. Kehr, 10. Januar 1928 (ebd., R 3, 17/62). Im familiären Kreis soll sich Erdmann darüber gewundert haben, dass ein Protestant eine »Medaille zur Ketzerbekämpfung« erhielt (A. Vulpius, Zur Erinnerung). 110  An P. F. Kehr, 28. Juni 1929 (ebd., R 3, 17/111). 111 Carl Erdmann, Une bulle sur papyrus du pape Formosus (1930), S. 301 Anm. 1: »l’ingénieuse étude«. 112  Karl August Fink in: ZRG KA 65 (1947), S. 356 f. 113  An P. F. Kehr, 22. Juni 1930 (NL Kehr [BBAW], Nr. 7). 114  An Walther Holtzmann, 25. Juni 1930 (NL Holtzmann, 50); auch an P. F. Kehr,

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376 ANHANG 7. Juni 1930 (NL Kehr [BBAW], Nr. 7); ähnlich an Peter Rassow, 28. März 1931 (NL Rassow, 194). – Zum »Erdmannschen Ordo«: Schramm, Krönung, S. 141–143, 201 f. 115  An P. F. Kehr, 13. Juli 1930 (NL Kehr [BBAW], Nr. 7). 116  An P. F. Kehr, 13. Januar 1927 (Rom, Archiv des DHI, R 3, 17/29); Kehr, Otia diplomatica. 117  Z. B. QFIAB 23 (1931–32), S. VI f. über Erdmanns Funde in Paris. 118  Feldkamp, Pis XI., S. 296. 119  Vasella, Paul Fridolin Kehr, S. 74. 120  An P. F. Kehr, 23., 27. August 1927 (Rom, Archiv des DHI, R 3, 17/43, 45). 121  Anton Chroust an P. F. Kehr, 3. September 1927 (München, Archiv der MGH, 338/243/77). 122  An P. F. Kehr aus Arosa, 30. August, 6., 11. September, 11. Oktober, 12., 22. Dezember 1927 (Rom, Archiv des DHI, R 3, 17/46, 47, 48, 53, 56, 57). 123  Schürer, Der Traum von Heilung; Moser, Schwindsucht. 124  P. F. Kehr an den Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung, 16. September 1927 (Rom, Archiv des DHI, R 3, 17/49). Die Zulage wurde allerdings nicht bewilligt: an P. F. Kehr, 11. Januar 1928 (ebd., R 3, 17/63). 125  Kehr an Hermann Thiersch, 8. September 1927 (Abschrift im NL Bock, 103a). – Besuch in Arosa: Kehr, Liber Vitae (zum 30. Oktober 1927); erwähnt auch in: Erdmann an Kehr, 27. Januar 1928 (Rom, Archiv des DHI, R 3, 17/65). 126  An P. F. Kehr, 28. August 1927 (ebd., R 3, 17/45); Friedrich Baethgen an Yella VulpiusErdmann, 28. März 1928 (München, Archiv der MGH, B 685). 127  Matheus, Das Deutsche Historische Institut, S. 11. 128  Die Anekdote wird von Gerd Tellenbach berichtet: Zur Geschichte, S. 210. – Kehrs Misstrauen nach: Erdmann an Walther Holtzmann, 4. Februar 1927 (NL Holtzmann, 419); Erdmann als paläographischer Autodidakt: Kehr an Peter Rassow, 8. April 1926 (NL Rassow, 133). 129  An P. F. Kehr, 18. Mai 1930 (NL Kehr [BBAW], Nr. 7); Kehr an Erdmann, 21. Mai

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1930 (Entwurf; ebd., Nr. 24); Laehr an Kehr, 1. Juni, 9. Juli 1930 (ebd., Nr. 12). – »Feldzug«, um in die Bibliothèque Nationale »eindringen« zu können: Laehr an Kehr, 15. Mai 1930 (ebd.). 130  Vasella, Johannes Ramackers. 131  An Peter Rassow, 28. März 1931: »Ein Schmerz ist es nur, dass er die spanischen Papsturkunden modern lässt. Ich frage ihn regelmässig danach« (NL Rassow, 194). – An Friedrich Baethgen, 22. November 1931 über einen Empfang beim deutschen Botschafter und »die neueste Blüte am Baum seiner Personalpolitik« (NL Baethgen). – An Walther Holtzmann, 11. November 1929: »[…] mit dem Arbeitsstoff wird es eine immer bedenklicher werdende Kalamität, da Kehr garkeine lohnenden Aufgaben mehr hat […]. Was könnten 6 kräftige Männer für Schönes schaffen! und das wirkliche Resultat ist geradezu beschämend« (NL Holtzmann, 41). – An P. F. Kehr, 30. Juli 1931: »[…] Fehlen eines einleuchtenden Arbeitsprogramms« (Rom, Archiv des DHI, R 3, 17/151–152). 132  An P. F. Kehr, 22. August 1928 über Georgine Tangl (ebd., R 3, 17/85). – Carl Erdmann, Zur Entstehung der Formelsammlung des Marinus von Eboli (1929–30) (zu Fritz Schillmann). – An P. F. Kehr, 9. August 1928 zu »Katalonien« statt »Katalanien« (Rom, Archiv des DHI, R 3, 17/84); 3. September 1928 zu »Muslim/ Muslime« (ebd., R 3, 17/86–87). 133  An P. F. Kehr, 25. Dezember 1930 (NL Kehr [GStA PK], 11/6). 134  Erdmann an Tellenbach, 15. Januar 1936 (Bd. 2, Nr. 46). 135  Tellenbach, Zur Geschichte, S. 213; »Sensationsbedürfnis«: ders., Aus erinnerter Zeitgeschichte, S. 83; kritisch über Erdmann: Hans-Walter Klewitz an Tellenbach, 19. September 1933 (NL Tellenbach, 10/7). 136 W. Goetz, Historiker, S. 323. 137  Fuhrmann, Menschen, S. 183; »Wissenschaftsimperator«: Neugebauer, Zum historischen Kontext, S. 128. 138  An Friedrich Baethgen, 7. April 1932 (NL Baethgen); an Paul Fridolin Kehr, 24. Juli 1932 (Rom, Archiv des DHI, R 3, 17/177); Friedrich Baethgen an Johannes Smend

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Anmerkungen zu S. 110–120 377 (Botschaftsrat), 13. März 1932; Smend an Baethgen, 2. August 1932 (NL Bock, 188; Kopien). 139  Kehr an Friedrich Schmidt-Ott, 6. April 1932 (NL Kehr [GStA PK], 30/696); Schmidt-Ott an Kehr, 12. April 1932 (ebd., 30/698). 140  An Friedrich Baethgen, 22. November 1931 (NL Baethgen).

141  An Friedrich Baethgen, 21. Februar 1931 (ebd.). 142  An Friedrich Bock, 18. September 1932 (NL Bock); Bock an Kehr, 18. Mai 1936 (NL Kehr [GStA PK], 4/429). – König, Friedrich Bock; G. Tellenbach, Friedrich Bock. 143  An Federico Serafini, 12. Juli 1942 (Bd. 2, Nr. 129). Vgl. oben S. 319 f.

Die Entstehung des Kreuzzugsgedankens 11 Vgl. Busch, Die Geschichte des Privat1  Tellenbach, Aus der Geschichte, S. 182. – Leo Just studierte geradezu exzessiv dozenten. 12  An Peter Rassow, 12. Mai 1929 (NL die römischen Kirchen, erwähnt aber nur einmal Erdmanns Begleitung (NL Just, 163: Rassow, 98); an Gerd Tellenbach, 3. Juni, 25. Juli 1934 (NL Tellenbach, 230; Bd. 2, Nr. Römische Notizen, zum 3. November 1929). 2  Chroust an P. F. Kehr, 11. Dezember 1929 14); kein gutes Beispiel: an Paul Egon (München, Archiv der MGH, 338/243/95). Hübinger, 19. März 1943 (Bd. 2, Nr. 146). 13  Tellenbach, Aus der Geschichte, 3  Chroust an P. F. Kehr, 6. September 1926 S. 182. – Spuren: A. Becker, Papst Urban II., (ebd., Bl. 81); Erdmann an P. F. Kehr, 25. Februar, 14. Mai 1928 (Rom, Archiv des Bd. 3, S. 704–713. 14  Tellenbach, Zur Geschichte, S. 210. DHI, R 3, 17/67, 72). – Buchners Dankschreiben vom 13. Februar und 14. September 15  Kurz vor Beginn der Drucklegung wurde der neue Titel fixiert (an Gerd Tellenbach, 1929 (NL Buchner, 7). 25. Juli, 30. Dezember 1934 [Bd. 2, Nr. 14, 23]). 4  Chroust an P. F. Kehr, 11. Dezember 1929: »Er scheint sich eine Habilitation in Berlin als Bis dahin war immer von der »Militia« die etwas sehr einfaches vorzustellen« (München, Rede. 16  An Peter Rassow, 12. Mai 1929 (NL RasArchiv der MGH, 338/243/95). 5  Chroust an P. F. Kehr, 15. Juli, 5. Oktober sow, 98). 1928 (ebd., 338/243/70, 338/243/93). – Es 17  Die Entstehung des Kreuzzugsgedankens handelte sich um Joseph Ahlhaus, der sich (1935), S. VIII f. 1928 in Würzburg habilitierte; vgl. L[udwig] 18  Ebd., S. VII, 246. Lenhart, Dem Gründer und ersten 19  Ebd., S. 1, 230, 234. Präsidenten der Gesellschaft für mittel20  Geistlichkeit und Volk von Florenz an Papst Alexander II., 13. Februar 1068; inseriert rheinische Kirchengeschichte 4 (1952), in: Andreas von Strumi, Vita S. Iohannis S. 11–15. 6  Erdmann an Walther Holtzmann, Gualberti, hg. von F. Baethgen, in: MGH 14. Dezember 1929 (NL Holtzmann, 41). – SS 30, S. 1080–1104, hier S. 1099 Z. 33; dann Elm, Mittelalterforschung, S. 222–224, 226 f.; zu Anfnag des 12. Jahrhunderts Guibert von Oberling, Ernst Perels, S. 151 f.; Helmrath, Nogent, Gesta Dei per Francos, I 1: prælia sancta (Recueil des Historiens des Croisades: Geschichte, S. 387–389. 7  Erkens, Erich Caspar. Historiens Occidentaux, Bd. 4, Paris 1879, 8  Erdmann, Besprechung von Caspar, S. 124). Hermann von Salza (1926). 21 Vgl. Reichert, Gelehrtes Leben, 9  Chroust an P. F. Kehr, 13. Januar, 24. März S. 223–226. 1928 (München, Archiv der MGH, 22  An Norbert Fickermann, 19. November 1930 (NL Eickermann). In einem Schreiben 338/243/69, 94). 10  An Friedrich Bock, 18. September 1932 an Schramm bedankte er sich für die (NL Bock). Durchsicht eines Aufsatzmanuskripts zu dem Thema (29. November 1932 [NL Schramm]).

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378 ANHANG 23 C. Erdmann, Kaiserfahne und Blutfahne (1932); ders., Kaiserliche und päpstliche Fahnen im hohen Mittelalter (1933–34). 24  Die Entstehung des Kreuzzugsgedankens (1935), S. 32. 25  Ebd., S. 56 f. 26  Ebd., S. 66, 60. 27  Ebd., S. 86 f. 28  Ebd., S. 106. 29  Ebd., S 107 f. 30  Vgl. H. E. Mayer, Geschichte der Kreuzzüge, S. 30 f. 31  Die Entstehung des Kreuzzugsgedankens (1935), S. 161. 32  Ebd., S. 164. 33  Ebd., S. 164, 131 f., 207. 34  Ebd., S. 177. 35  Ebd., S. 188. 36  Ebd., S. 245 (Sigebert von Gembloux). 37  Ebd., S. 233 (Bonizo von Sutri). Vgl. Althoff, Selig sind. 38  Die Entstehung des Kreuzzugsgedankens (1935), S. 250. 39  Ebd., S. 275. 40  Ebd., S. 285. 41  Ebd., S. 325. 42  Ebd., S. 305, 307. 43  Kehr, Papsturkunden in Spanien I, S. 287 f. Nr. 23; vgl. Erdmann, Die Entstehung des Kreuzzugsgedankens (1935), S. 294 f. 44  Ebd., S. 325. 45  Werbetext z. B. in: Zeitschrift für Kirchengeschichte 54 (1935) oder auf den Schutzumschlägen anderer Bände der Reihe. 46 Vgl. Grafton, Die tragischen Ursprünge. 47  An Gerd Tellenbach, 15. Januar 1936 (Bd. 2, Nr. 46). 48  Adam, Lesen. 49  Vgl. die Briefe an Percy Ernst Schramm und Peter Rassow vom 25. November 1938 (Bd. 2, Nr. 44, 45). 50 F. Bock in: Römische Quartalschrift für christliche Altertumskunde und für Kirchengeschichte 44 (1936), S. 142–145; J. Ramackers in: DA 1 (1937), S. 253 f.; P. Rassow in: VSWG 30 (1937), S. 82–84; W. Holtzmann in: Jahresberichte für deutsche Geschichte 11 (1935), S. 219 f.; ders. in: Zeitschrift für Kirchengeschichte III 7 (1937), S. 152–154; R. Holtzmann in:

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Deutsche Literaturzeitung 57 (1936), Sp. 678–680; P. E. Schramm in: Vergangenheit und Gegenwart 26 (1936), S. 550 f.; K. Hampe in: HZ 153 (1936), S. 579–583; Johann Josef Rieck (= Th. Schieffer) in: Hochland 38, 1 (1940/41), S. 178 f. – K. Hampe, Tagebuch 1933–1936, Einträge vom 5./6. März 1935, 3./4./9./11./12./13./17./18. Januar 1936. 51 Karl Pivec in: MÖIG 52 (1938), S. 84–86. 52 A. Fliche in: Revue d’histoire de l’église de France 23 (1937), S. 58–65; ders., Les origines de l’action de la papauté en vue de la croisade, in: Revue d’histoire ecclésiastique 34 (1938), S. 765–775 (vgl. Erdmanns Stellungnahme in: DA 4 [1941], S. 317). – Kritisch, aber mir nicht zugänglich auch Joseph Lecler, L’idée de croisade, ses origines d’après les travaux récents, in: Études 226–229 (5. Oktober 1936, S. 37–57; vgl. die Anzeige in: Revue d’histoire de l’église de France 1937, S. 302). 53 J. La Monte in: Speculum 12 (1937), S. 119–122. – Erdmann bekannte einmal, dass er immer »stark […] in der Nähe des Details« geblieben sei (an Gerd Tellenbach, 15. Januar 1936 [Bd. 2, Nr. 46]). Zu La Monte vgl. Constable, Crusaders, S. 35 f.; Tyerman, The Debate, S. 156 f., 160–163. 54  S. v. Brockdorff in: Zeitschrift für deutsche Geistesgeschichte 1 (1935), S. 331 f.; Analecta Bollandiana 54 (1936), S. 433–435; Franz Xaver Seppelt in: Theologische Revue 36 (1937), Sp. 233–236; Hermann Schuster in: Die Christliche Welt 53 (1939), S. 150; H. Eger in: Theologische Literaturzeitung 63 (1938), S. 278 f. 55  Curtius, Der Kreuzzugsgedanke. 56 L. Bréhier in: Revue d’histoire ecclésiastique 32 (1936), S. 671–676. 57 A[uguste] Leman in: Hespéris. Archives berbères et Bulletin de l’Institut des Hautes Études Marocaines 24 (1937), S. 205–215. 58  An Gerd Tellenbach, 13. Juli 1941 (Bd. 2, Nr. 118). 59  Kaube, Max Weber, S. 92: Paul Göhre; Offener Horizont. Jb. der Karl Jaspers-Gesellschaft 1 (2014), S. 56: Renato de Rosa; Thomas Mann, Lebensabriß, in: Th. M., Autobiographisches (Das essayistische Werk 7,

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Anmerkungen zu S. 120–135 379 Frankfurt a. M. 1968), S. 227; Golo Mann, Briefe, S. 309: nur Bruno Walter. 60  Erdmann an Tellenbach, 25. Juli, 4. September 1944 (Bd. 2, Nr. 198, 204); an Yella 15./16./17. Juli 1944 (Bd. 2, Nr. 196); Tellenbach, Aus erinnerter Zeitgeschichte, S. 84; Widmung: Exemplare von Erdmanns »Entstehung des Kreuzzugsgedankens« (1935) und seiner »Studien zur Briefliteratur« (1938) im Institut für Personengeschichte, Bensheim, Sammlung Gerd Tellenbach. 61 H[ellmut] K[ämpf] in: QFIAB 26 (1935–36), S. 290 f., 291–293. 62  An Gerd Tellenbach, 27. Oktober 1936 (Bd. 2, Nr. 57); vgl. Erdmanns Besprechung von Tellenbachs Habilitationsschrift in: HZ 155 (1937), S. 354–358. – Die Praxis im Institut wird von Tellenbach einmal damit begründet, dass Lob als »persönlich motiviert« und »wissenschaftlich unredlich«, Kritik als »treulos« angesehen werden könnte (Just, Briefe, S. 81 Anm. 308). 63  Tellenbach, Libertas, S. 231, 195. Zu Bewertung und Einordnung vgl. Michael Borgolte in: Reinhardt, Hauptwerke, S. 626–629. 64  Libertas, S. 151–192, 195. 65  Ebd., S. 196. 66  An Gerd Tellenbach, 15. Januar 1936 (Bd. 2, Nr. 46). 67  Oexle, ›Staat‹ – ›Kultur‹ – ›Volk‹, S. 80–89. 68  An Paul Fridolin Kehr, 4. Februar, 24. Juli 1932 (Rom, Archiv des DHI, R 3, 17/167, 177).

Der Fall Kantorowicz 1  Frank/Rentschler, Berlin und seine ­Bauten, S. 163–165; Jaeggi, Waldsiedlung; Zöller-Stock, Bruno Taut, S. 96–100; Berning, Berliner Wohnquartiere, S. 130–133; Hörner, Architekten, S. 83–92. – Zum wohnungsbaupolitischen Kontext vgl. Haben, Berliner Wohnungsbau, S. 27–116. Dass Erdmann eine Dreizimmerwohnung bewohnte, geht aus einem Schreiben an Gerd Tellenbach vom 13. Juli 1941 hervor (NL Tellenbach, 230), dass er über ein Telefon verfügte, aus einem von ihm ausgefüllten Fragebogen (Berlin, Archiv der HumboldtUniversität, NS-Doz., Z – D I/246, Bl. 1).

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Erdmann gebrauchte die gleichen Worte wie Kehr selbst: vgl. oben S. 90. 69  Berlin, Archiv der Humboldt-Universität, Phil. Fak. 1245, Bl. 547 (Gutachten der Professoren Erich Caspar [24. Mai 1932], Robert Holtzmann [4. Juni 1932], Hermann Oncken [10. Juni 1932] und Ernst Perels [23. Juni 1932]). 70  Ebd., Bl. 545, 549, 551; Erdmanns bevorzugtes Thema: an P. F. Kehr, 13. Juni 1932 (Rom, Archiv des DHI, R 3, 17/172). 71  Hauptarbeitsgebiete: Lebenslauf 1932 (Berlin, Archiv der Humboldt-Universität, Phil. Fak. 1245, Bl. 540–542. – Erdmann, Die Briefe Meinhards von Bamberg (1932). 72  Daran erinnerte sich Erdmann sechs Jahre später (an Leo Santifaller, 25. Februar 1938 [NL Leo Santifaller, 9–45]). 73  Krämer, Vernetzung, S. 95. 74 »Speisekarte«: Markov, Wie viele Leben, S. 130. – »Eisberg«: Felix Stieve 1893 (Berg/ Blaschke u. a., Die versammelte Zunft, Bd. 1, S. 35 sowie S. 69: »gletscherhaft unnahbar« [1895]). – »Berliner Format«: Fritz Hartung an Richard Fester, 29. März 1925; 15. März 1929; 31. Dezember 1930; 5. September 1932 (Hartung, Korrespondenz, S. 186, 210, 217, 225). 75  Die Zahlen nach Herbert, Wer waren, S. 106, 112. 76  So Walther Holtzmann über seine eigene Laufbahn (Papsturkunden, S. 3).

2  Ryback, Hitler’s Private Library, S. 166– 169. 3  Morat/Becker, Weltstadtvergnügen; Niedbalski, Die ganze Welt. 4  An Paul Fridolin Kehr, 24. Juli 1932 (Rom, Archiv des DHI, R 3, 17/177). 5  Rudolf Schieffer im Gespräch mit dem Autor nach Erzählungen seines Vaters (27. Januar 2010). 6  An Veronika Erdmann, 6. März 1932 (München, Archiv der MGH, B 685). – Zu Feriengästen in Österreich, die zur Reichsgrenze gebracht wurden, vgl. Löwith, Mein Leben, S. 73 f. – Zu den Diskussionen im

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380 ANHANG Institut vgl. Tellenbach, Aus erinnerter Zeitgeschichte, S. 25. 7  »Hexensabbatküche«: Johannes Ramackers an Norbert Fickermann, 1. Februar 1933 (NL Eickermann, Korrespondenz). 8  An Walther Holtzmann, 30. Mai 1933 (Bd. 2, Nr. 1); vgl. dazu Walther Holtzmann an P. F. Kehr, 18. Juni 1933 (NL Kehr [GStA PK], 18/848–849); Fritz Hartung an Gustav Aubin, 14. Mai 1933 (Hartung, Korrespondenz, S. 235, 237). Zur Sache vgl. Eberle, Die Martin-Luther-Universität, S. 190 f. 9  Jacobsen, Nationalsozialistische Außenpolitik, S. 328. 10  An Gerd Tellenbach, 11., 24./25. September 1933 (mit Bezugnahme auf Hitlers Regierungserklärung im Reichstag vom 17. Mai 1933), sowie der Entwurf einer Antwort vom 19. September (alles im NL Tellenbach, 230; Bd. 2, Nr. 3, 4). 11  An Walther Holtzmann, 30. Mai 1933 (Bd. 2, Nr. 1). 12 Norb. Becker, Die Rektoren, S. 380 f. 13  Kinas, Akademischer Exodus, S. 313 f. 14  Staub, Bürgerlichkeit im Exil; Epstein, A Past, S. 330–332; G. A. Ritter, Friedrich Meinecke, S. 40–43, 61–65, 81–92, 98–105. 15  Raulff, Kreis, S. 87–89. – Der Bonner Rechtshistoriker, Mitglied von Partei und SA Karl August Eckhardt setzte sich mit einem energischen Rundschreiben zur Wehr (NL Stengel, Kasten 19 [6. Mai 1933]). – Aus Erdmanns Umfeld sah sich außerdem Otto Meyer mit solchen Gerüchten konfrontiert: O. Meyer an Wilhelm Engel, 1. November 1938; Engel an Meyer, 3. November 1938 (NL Engel [Würzburg], Korrespondenz). 16  An Gerd Tellenbach, 11., 24./25. September 1933, sowie Entwurf einer Antwort Tellenbachs, 13. September (alles im NL Tellenbach, 230; Bd. 2, Nr. 3, 4); Klewitz an Erdmann, 16. September 1933; an Tellenbach, 19., 27. September 1933 (alle im NL Tellenbach, 10). 17  Tübingen, Universitätsarchiv, 205/89, Bl. 24; ebenso Berlin, Archiv der HumboldtUniversität, NS – Doz, Z – D I/246, Bl. 1. 18  Mühl-Benninghaus, Beamtentum, S. 35. 19  Heimpel, Die halbe Violine, S. 264–268; Boockmann, Der Historiker, S. 10.

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20  Masur, Das ungewisse Herz, S. 67. 21  Tellenbach, Aus der Geschichte, S. 187. 22  Freies Feld: Otto Schumann an Martin Havenstein, 19. Juli 1934 (Hammerstein, Deutsche Bildung, S. 76). –Hannah Arendt: Ich will verstehen. Selbstauskünfte zu Leben und Werk, München 1996, S. 60. 23  An Gerd Tellenbach, 25. Juli 1934 (Bd. 2, Nr. 14). 24  An Gerd Tellenbach, 21. Januar 1934 (Bd. 2, Nr. 8). – »Herzasthma«: Thomas Mann an Walther von Molo, 7. September 1945 (Th. Mann, Briefe 1937–1947, S. 441); Theodor W. Adorno, Minima Moralia. Reflexionen aus dem beschädigten Leben, Berlin 1951. 25  Tellenbach, Aus erinnerter Zeitgeschichte, S. 111. 26  Steuwer, Ein Drittes Reich, S. 82–167: »Die Suche nach einer eigenen Position«. 27  Fritz Hartung an Gerhard Ritter, 16. Dezember 1948 (Hartung, Korrespondenz, S. 526). 28  An Gerd Tellenbach, 24. September 1933 (Bd. 2, Nr. 4). – Vgl. Spengler, Jahre der Entscheidung; »zersetzend«: Zweiniger, Spengler im Dritten Reich, S. 14; Felken, Oswald Spengler, S. 194–214; Maass, Oswald Spengler, S. 83–91; Lethen, Staatsräte, S. 31–34; zur Höhe der Auflagen: Kittsteiner, Oswald Spengler, hier S. 311. 29  An Gerd Tellenbach, 24. September 1933 (Bd. 2, Nr. 4). – Vgl. Adolf Ehrt, Bewaffneter Aufstand! Enthüllungen über den kommunistischen Umsturzversuch am Vorabend der nationalen Revolution, Berlin – Leipzig 1933. 30  An Gerd Tellenbach, 17. Dezember 1933; 21. Januar 1934 (Bd. 2, Nr. 6, 8). 31  Hans Hirsch an Albert Brackmann, 27. März 1922, zit. Oberling, Ernst Perels, S. 131. 32 C. Jansen, Vom Gelehrten zum Beamten. 33  An Veronika Erdmann, 6. März 1932 (München, Archiv der MGH, B 685). 34 Vgl. Hammerstein, Antisemitismus. 35  Erdmann an Gerd Tellenbach, 24. September 1933; 17. Dezember 1933 (Bd. 2, Nr. 4, 6). 36  Zum Folgenden vgl. Klüssendorf, Landesgeschichte oder Mittelalter; ders. in: Biographisches Lexikon für Mecklenburg 5,

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Anmerkungen zu S. 135–151 381 hg. von Andreas Röpcke, Rostock 2009, S. 216–219; Buddrus/Fritzlar, Professoren, S. 270–273. – Erdmann an Paul Fridolin Kehr, 21. Oktober 1934 (NL Kehr [GStA PK], 11/9); an Gerd Tellenbach, 9. Mai 1935 (Bd. 2, Nr. 34). 37  An Paul Fridolin Kehr, 21. Oktober 1934 (NL Kehr [GStA PK], 11/9). 38  Stoy, Das Österreichische Institut, S. 62. 39  Ebd., S. 80 f. 40  E. Kantorowicz an P. F. Kehr, 18. April 1932 (NL Kehr [GStA PK], 20/107–108); ders. an Karl Hampe, 23. Mai 1932 (NL Hampe, III A – 189, Bl. 11). 41  Grünewald, Ernst Kantorowicz, S. 111 f. 42  Marc Bloch an Lucien Febvre, 15. Februar 1934, über Kantorowicz nach einer Begegnung in Oxford 1934: »[…] intelligent, vivant, pas du tout Herr Professor« (Bloch, Correspondance, S. 22). 43 Karl Hampe, Tagebuch, 2. Februar 1935. 44  F. Güterbock an K. Hampe, 22. November 1933 (NL Hampe, III A – 130, Bl. 21). 45  An Karl Brandi, 14. April 1935 (Bd. 2, Nr. 31); dazu ausführlich oben S. 246–248. 46  Reichert, Gelehrtes Leben, S. 254–260, 278–283. – Hampe, Tagebuch 1933–1936, Eintrag vom 2. Oktober 1935. 47  Zum Folgenden ausführlich Daniels, Geschichtswissenschaft, S. 118–126; Lemberg, Historiker, S. 135–138. 48 Vgl. Daniels, Geschichtswissenschaft, S. 119. 49  Tübingen, Universitätsarchiv, 205/89, Bl. 9–13, 15 (22., 24. Mai, 13., 14., 16. Juni 1933). – Zu Haller in Tübingen vgl. Hasselhorn, Johannes Haller, S. 151–216. 50  Vgl. C. Jansen, Fall Gumbel, S. 15, 22; Lemberg, Historiker, S. 61–63. 51  Tübingen, Universitätsarchiv, 205/89, Bl. 9, 10 (22., 24. Mai 1933). 52  Vgl. ebd., 205/89, Bl. 22, 23 (26. Juni, 1. Juli 1933) mit den Vermerken »eilt« und »eilt sehr«. 53  Baethgen an Hampe, 22. August 1933 (NL Baethgen). Vgl. dazu Reichert, Gelehrtes Leben, S. 282. 54  Daniels/Michl, Strukturwandel, S. 62. 55  Tübingen, Universitätsarchiv, 205/89, Bl. 14: »[…] er [Erdmann] hat […] durch

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nichts bewiesen, dass er auch darstellen kann, was doch schliesslich für einen Lehrer der Geschichte, sei es auch nur des Mittelalters, die Hauptsache ist« (14. Juni 1933). 56  An Gerd Tellenbach, 11. September 1933 (Bd. 2, Nr. 3). 57  An Gerd Tellenbach, 21. Januar 1934 (Bd. 2, Nr. 8). 58  Walter Holtzmann an Karl Hampe, 26. Juni 1934 (NL Hampe, II F – 20, Bl. 80); Tübingen, Universitätsarchiv, 205/89, Bl. 9 (22. Mai 1933). 59  Kurt Riezler an den Frankfurter Oberbürgermeister Ludwig Landmann, 4. August 1930 (Kopie im NL Friedrich Baethgen). 60  Hammerstein, Die Johann Wolfgang Goethe-Universität, S. 50–139, bes. S. 78–82; Zitat S. 116. 61  Zum Folgenden vgl. Grünewald, Ernst Kantorowicz; Reichert, Gelehrtes Leben, S. 184 f.; Eckhard Grünewald in: Aurnhammer [u. a.], Stefan George, Bd. 3, S. 1471–1477; Lerner, Ernst Kantorowicz. 62 Stefan George, Der Siebente Ring (St. G., Sämtliche Werke 6/7), Stuttgart 1986, S. 22. 63  Salin, Ernst Kantorowicz, S. 3. 64  Kantorowicz, Kaiser Friedrich der Zweite. – Die Anfänge des Buchs reichen bis 1922 zurück: Roettig/Lerner, Briefe von Ernst Kantorowicz, bes. S. 333. 65  Lerner, Ernst Kantorowicz, S. 101. 66  Ebd., S. 114 f. 67  George an Georg Bondi, 12. Juli 1926; zit. Grünewald, Ernst Kantorowicz, S. 73. 68  Lerner, Ernst Kantorowicz, S. 100. 69  Schramm, Die fast goldenen Zwanziger, S. 86. 70  An Karl Hampe, 20. Dezember 1927 (NL Hampe, III A – 189, Bl. 3–4). 71 Vgl. Böschenstein/Egyptien [u. a.], Wissenschaftler; Schlüter, Explodierende Altertümlichkeit, S. 289. 72  An Karl Hampe, 20. Dezember 1927 (NL Hampe, III A – 189, Bl. 3–4). 73  Zu all dem vgl. Lerner, Ernst Kantorowicz, S. 1, 118–121. – Literarische Verwertung: Kraus, Ein Roman (zu Friedrich Viga [d. i. Friedrich Glum], Rolltreppe). – Nächtliches Zechen: Glum, Zwischen Wissenschaft,

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382 ANHANG Wirtschaft und Politik, S. 392; trinkfest: Curtius, Briefe, S. 253, 573; Ladner, Erinnerungen, S. 34; Lerner, Ernst Kantorowicz, S. 376 f. – Fiat: Sailer, Monsignorina, S. 77. Der italienische Führerschein ist in Kantorowicz’ Nachlass erhalten (NL Kantorowicz, I/1/3). 74  Matheus, Ernst H. Kantorowicz, S. 294. 75  Vgl. zwei Schreiben Kantorowicz’ an Erdmann (10., 28. März 1931), mit denen er um Hilfe bei der Beschaffung von Material bittet (Rom, Archiv des DHI, R 2, Registratur 1919–1945, Nr. 12). 76  Brackmann, Kaiser Friedrich II. Vgl. Grünewald, Ernst Kantorowicz, S. 86–90; Thomsen, Ein feuriger Herr, S. 237–239; Kuhlgatz, Verehrung, S. 737–740; Oexle, Das Mittelalter als Waffe, S. 198–210. 77  Martynkewicz, Salon Deutschland, S. 303. 78  C[arl] H[einrich] Becker, Der Wandel im geschichtlichen Bewußtsein, in: Die Neue Rundschau 38, 1 (1927), S. 113–121. – Über den Autor, Orientalisten und ehemaligen preußischen Kultusminister vgl. G. Müller, Weltpolitische Bildung. 79 Vgl. Gradmann, Historische Belletristik; Ullrich, Der Fesselndste, Zitat S. 35; Perrey, Emil Ludwig, bes. S. 223–239. 80  Historische Belletristik; vgl. dazu Kolb, Historiker. »Plauderton«: so Ludwig im Gespräch mit Mussolini (Schieder, Mythos Mussolini, S. 257). 81  Friedrich Meinecke an Otto Becker, 3. Februar 1929 (Meinecke, Neue Briefe, Nr. 226 S. 311 f.). 82  Brackmann, Kaiser Friedrich II., S. 6. 83 Wilhelm Mommsen, »Legitime« und »illegitime« Geschichtsschreibung. 84  An Albert Brackmann, 16. September 1929 (NL Brackmann, 7/199). 85  Kantorowicz, Kaiser Friedrich der Zweite, S. 154. 86  An Friedrich Baethgen, 27. Oktober 1929 (NL Baethgen). – Die Rezension in: Deutsche Literaturzeitung 51 (1930), Sp. 75–85; Nachdruck in: Wolf, Stupor mundi, S. 49–61. 87  Kantorowicz, Mythenschau. Dazu C. Erdmann an Friedrich Baethgen, 27. Oktober 1929 (NL Baethgen).

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88  Grünewald, Sanctus amor. Zum Verlauf des Historikertags vgl. Berg/Blaschke u. a., Die versammelte Zunft, Bd. 1, S. 203–206; zum Verhältnis zur »historischen Belletristik«, namentlich zu Ludwig, vgl. Ullrich, Ernst H. Kantorowicz, vor allem S. 26–28. 89  »Song des Positivisten«: Berg/Blaschke u. a., Die versammelte Zunft, Bd. 1, S. 209 Anm. 33; vgl. Ferdinand Güterbock an Karl Hampe, 28. April 1930 (NL Hampe, III A – 130, Bl. 14), wo von einem »ironisierendem Cantus auf Kantorowicz« und »stürmischer Heiterkeit« die Rede ist. 90  Grünewald, Sanctus amor, S. 95 f.; Zweifel: E. R. Curtius an Kantorowicz [1930] (Curtius, Briefe, S. 253). 91  NA 49 (1932), S. 585–587. 92  Zu Kantorowicz vgl. Lerner, Ernst Kantorowicz, S. 107, sowie Glum, Zwischen Wissenschaft, S. 392. 93  Graf, Februar 1932, S. 116 f. – Kantorowicz an Friedrich Bock, 12. April 1932 (NL Bock). 94  An Percy Ernst Schramm, Mai/Juni 1933 (zit. Grünewald, Übt an uns, S. 59). 95  Bloch, Correspondance, S. 22. 96  Grünewald, Ernst Kantorowicz, S. 114 f. Zu den Fassungen des Schreibens vgl. Gudian, Ernst Kantorowicz, S. 89–92; Lerner, Ernst Kantorowicz, S. 161–164. 97 Vgl. Raulff, Der letzte Abend. 98  Grünewald, Übt an uns, S. 60. 99  Zum Verlauf des »geheimen Seminars«, an dem aus Solidarität auch ein Kollege teilnahm, vgl. Lerner, Meritorious Academic Service, S. 27–29. 100  Grünewald, Ernst Kantorowicz, S. 124–129; ders., Übt an uns, S. 58–74; Kantorowicz, Das Geheime Deutschland; Kraus, Das Geheime Deutschland, S. 403–405; Gudian, Ernst Kantorowicz, S. 102–110; Lerner, Ernst Kantorowicz, S. 168–171. 101  Lerner, Meritorious Academic Service, S. 31; Gudian, Ernst Kantorowicz, S. 114–117. Zu Platzhoff, der sich gegenüber Kantorowicz zurückgesetzt fühlte und außerdem Rektor werden wollte, vgl. Kretschmann, Einsatz; ders., Geschichte.

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Anmerkungen zu S. 151–165 383 102  Frankfurt, Universitätsarchiv, Abt. 4, Nr. 1360, Bl. 5, 6, 10, 11; Abt. 134, Nr. 258 (Personalakte Kantorowicz). 103  Das Folgende nach Frankfurt, Universitätsarchiv, Abt. 14, Nr. 702, 703, 1178; Abt. 134, Nr. 132 K (Personalakte Finsterwalder); Vorlesungsverzeichnisse der Johann Wolfgang Goethe Universität Frankfurt am Main. 104  Kehr an Friedrich Schmidt-Ott, 6. April 1932 (NL Kehr [GStA PK], 30/696). 105 Clemens Escher, Kantorowicz-Affäre (1880), in: Benz, Handbuch, S. 217 f.; Lerner, Ernst Kantorowicz, S. 11 f.; Sieg, Macht, S. 98 f. 106  An Gerd Tellenbach, 21. Januar 1934 (Bd. 2, Nr. 8). 107  Grosse, Theodor Schieffer, S. 122. 108  An Gerd Tellenbach, 21. Januar 1934 (Bd. 2, Nr. 8). 109  Zu Jantzen vgl. Hammerstein, Die Johann Wolfgang Goethe-Universität, S. 153; Held, Kunstgeschichte. 110  Hammerstein, Die Johann Wolfgang Goethe-Universität, S. 283–305. 111  Frankfurt, Universitätsarchiv, Abt. 4, Nr. 1493. 112  Heinzel, Theodor Mayer, S. 112 f. 113  Lerner, Ernst Kantorowicz, S. 172–183. 114  Ladner, Erinnerungen, S. 32; Malkiel, Ernst H. Kantorowicz, S. 151. 115  Rothacker, Heitere Erinnerungen, S. 67; Ernst, Im Namen, S. 170 (nach Philipp Hiltebrandt). – Graceffa, Une femme, S. 140 f. (nach Raïssa Bloch). 116  Lerner, Ernst Kantorowicz, S. 187. 117  An Heinrich Zimmer, 12. Oktober 1935 (NL Zimmer). 118  Fuhrmann, Sind eben alles, S. 100 (nach Marcel Beck). 119  Ernst, Im Namen, S. 177. – »Stille Liebe«: Kehr in: NA 49 (1932), S. IV.

Berliner Intrigen 1  Berlin, Archiv der Humboldt-Universität, NS-Doz., Z – D I/246; ferner ebd., UK 83, I–III; Phil. Fak. 135. Zum Folgenden vgl. Kinas, Akademischer Exodus, S. 287–290.

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120  Kantorowicz, Wiederkehr, S. 339, 349. Ursprünglich sollte der Aufsatz in einer Festschrift für Ludwig Curtius in Rom erscheinen, durfte aber dort nicht publiziert werden, sodass er als schmale Broschüre veröffentlicht werden musste. Vgl. Lerner, Ernst Kantorowicz, S. 184 f.; Gudian, Ernst Kantorowicz, S. 198. 121  An Karl Hampe, 7. Juni 1935 (NL Hampe, III A – 189, Bl. 23–24). Vgl. dazu Hampe, Der Sturz. 122  Hampe: Kantorowicz an Hampe, 29. August 1934 (NL Hampe, III A – 189, Bl. 20–21). – Mommsen: Lerner, Ernst Kantorowicz and Theodor E. Mommsen. – Brackmann: Kantorowicz an Erdmann, 28. März 1931 (Rom, Archiv des DHI, R 2, Registratur 1919–1945, Nr. 12). 123  An Karl Hampe, 7. Juni 1935 (NL Hampe, III A – 189, Bl. 23–24). 124  Kantorowicz, Petrus de Vinea, S. 244; ders., Anonymi, S. 247; ders., Zu den Rechtsgrundlagen, S. 203. 125  Princeton, Institute for Advanced Study: Historical Studies-Social Science Library, Ernst Kantorowicz Offprint Collection. Für Recherchen und Auskünfte danke ich Johannes Hahn und Klaus Oschema. – Vgl. ferner das maschinenschriftliche Bücherverzeichnis im NL Kantorowicz, I/1/6. 126  Fried, Ernst H. Kantorowicz, S. 181 Anm. 6. 127  Berlin, Archiv der Humboldt-Universität, Phil. Fak. 1245, Bl. 547 (Erich Caspar; vgl. oben S. 130). 128 Vgl. Schiller, Gelehrte Gegenwelten, S. 60 f. 129  An Ludwig Curtius, 27. Dezember 1938 (NL L. Curtius, I, C – 167); an Heinrich und Christiane Zimmer, 2. Mai 1938 (NL Zimmer). 130  Wilhelm Grau 1942, zit. Ernst, Im Namen, S. 176. 2 Vgl. Grüttner, Machtergreifung, S. 349–352; ders., Nationalsozialistische Wissenschaftler; Nagel, Er ist der Schrecken, S. 118. – »Privatdozentenelend«: Losemann, Zur Konzeption, S. 89 (nach Franz Bachér).

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384 ANHANG 3  Grüttner, Machtergreifung, S. 351. 4  Herbert, Wer waren, S. 82–104, bes. S. 93 f. 5  Losemann, Zur Konzeption; Hausmann, Vom Strudel, S. 107–117; ders., Die Geisteswissenschaften, S. 77–86; Göllnitz, Wissenschaftspolitik. 6  Losemann, Zur Konzeption, S. 88, 90, 95. 7  So im Zeugnis für den Hamburger Chemiker Wilhelm Weise vom 29. September 1937 (Hamburg, Staatsarchiv, 361 – 5: Hochschulwesen II, Ui 16/1, Bl. 15). Vgl. ansonsten Losemann, Zur Konzeption, S. 100 f. 8  Gadamer, Philosophische Lehrjahre, S. 56 f.; vgl. dazu das Teilnehmerverzeichnis vom 22. Lehrgang in Danzig: Hamburg, Staatsarchiv, 361 – 5: Hochschulwesen II, Ui 16/2, Bl. 35, sowie Grondin, Gadamer, S. 206–212. 9  So Walther Holtzmann an P. F. Kehr, 18. Juni 1934 (NL Kehr [GStA PK], 18/820– 821). 10  Hausmann, Vom Strudel, S. 110 f. (über den Berliner Romanisten Walter Mönch); ders., Die Geisteswissenschaften, S. 81 f. (über den Rechtshistoriker Franz Wieacker); Burkard, … ein ebenso rabiater Kirchenmann, S. 459 (über den Kirchenhistoriker Karl August Fink). 11  Boockmann, Der Historiker, S. 17 f. – Feldkamp, Reichskirchengeschichtsschreibung, S. 1023 f. (über Leo Just). 12  Teilnehmerverzeichnisse und Ausführungsbestimmungen in: Hamburg, Staatsarchiv, 361 – 5: Hochschulwesen II, Ui 16/1–2; Schleswig, Schleswig-Holsteinisches Landesarchiv, Abt. 47, Nr. 1191. Vgl. Losemann, Zur Konzeption, S. 94–98. 13  Wilhelm Erbt an Joachim Haupt, 18. Mai 1934 (Schleswig, Schleswig-Holsteinisches Landesarchiv, Abt. 47, Nr. 1191, Bl. 32–34 [Abschrift]). Vgl. dazu Wilhelm Erbt, Weltgeschichte auf rassischer Grundlage. Urzeit, Morgenland und Mittelmeer, Frankfurt a. M. 1925; 2., erweiterte Aufl., Leipzig 1934, S. 114 f., 192 f. Zum Verfasser vgl. Harten/Neirich/Schwerendt, Rassenhygiene, S. 202; Hoffmann-Ocon, Die Deutsche Schule, S. 50–53.

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14  Just war der einzige Historiker unter den Teilnehmern (Schleswig, Schleswig-Holsteinisches Landesarchiv, Abt. 47, Nr. 1191, Bl. 27–29). Von seinen Erlebnissen berichtete er in einem Schreiben an Kehr (Just, Briefe, S. 79 f.); zu Just und Erdmann: P. F. Kehr an Friedrich Schmidt-Ott, 13. Februar 1933 (ebd., S. 67 Anm. 253). 15  Bei dem Gießener Pharmakologen (nicht Darmstädter, wie es in Erbts Bericht heißt) handelte es sich um Oskar Eichler, noch im selben Jahr Professor an der Universität Breslau. Zu ihm vgl. Anna BębenekGerlich, Bioergographie des Pharmakologen Otto Riesser (1882–1949), Diss. med. Münster 2009, S. 61. Trotz seiner nationalsozialistischen Vergangenheit erhielt er 1955 einen Lehrstuhl in Heidelberg. – Zu Justs Zeugnis vgl. Just, Briefe, S. LXIX; Feldkamp, Reichskirchengeschichtsschreibung, S. 1024. 16  Berlin, Archiv der Humboldt-Universität, NS-Doz., Z – D I/246, Bl. 1. 17  An Gerd Tellenbach, 1. April 1934 (Bd. 2, Nr. 9). Zum Lagererlebnis vgl. Kraas, Lehrerlager, S. 274–286. – Friedrich Nietzsche, Jenseits von Gut und Böse (Sämtliche Werke. Kritische Studienausgabe, Bd. 5), München 1980, S. 232. 18  Berlin, Archiv der Humboldt-Universität, Phil. Fak. 135, Bl. 330 (1. November 1934). 19 Ebd., NS-Doz., Z – D I/246, Bl. 4 (24. Oktober 1934). 20  Ebd., Bl. 3 (23. Oktober 1934). 21 Berlin, BArch, R 4901/13289 (nur als Fragment erhalten). 22  Werner Reese an Erhard Landt, 23. November 1940 (Berlin, Archiv der Humboldt-Universität, Bl. 12); vgl. dazu oben S. 175. 23  An Friedrich Baethgen, 20. Januar 1935 (Bd. 2, Nr. 24); an Gerd Tellenbach, 27. Januar 1935 (Bd. 2, Nr. 25). 24 Vgl. Elm, Mittelalterforschung, S. 230–232; Oberling, Ernst Perels, S. 184 f.; Erdmann an Gerd Tellenbach, 27. Januar 1935 (NL Tellenbach, 230). – In der »Neuen Züricher Zeitung« war von einer »bösartigen Grippe« die Rede (25. Februar 1935). In den Trauerreden wurde von den Hintergründen

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Anmerkungen zu S. 165–181 385 überhaupt nicht gesprochen (Zeitschrift für Kirchengeschichte 54 [1935], S. 103–131). 25  Oberling, Ernst Perels, S. 58–62, 63 f., 181 f., 185–190. Auch Kurt Perels’ Freitod wurde verschleiert. – »Schwer bedrückt«: Fritz Hartung an Albert Brackmann, 23. September 1933 (NL Brackmann, 11/156). – Zu Oncken vgl. oben S. 227, 229. 26  Abb. bei Nagel, Universität, S. 435. 27  Lösch, Der nackte Geist, S. 246 f.; Jahr, Das Führen, S. 25 f. 28  Jahr, Rektor, S. 184 f. 29  Heiber, Universität unterm Hakenkreuz, II 2, S. 427. 30  Bieberbach an Erdmann, 18. April 1934 (München, Archiv der MGH, B 685); Berlin, Archiv der Humboldt-Universität, UK 83, Bd. III, Bl. 323. 31  Erdmann an Gerd Tellenbach, 9. Mai 1935 (Bd. 2, Nr. 34). 32  Berlin, Archiv der Humboldt-Universität, UK 83, Bd. II., Bl. 2; Bd. III, Bl. 325 (24. Mai 1935). 33  Ebd., Phil. Fak. 135, Bl. 324, 326 (23. April, 2. Juli 1935); ebd., UK 83, Bd. I, Bl. 9, 12 (26. August, 16. Oktober 1935); Bd. III, Bl. 1 (9. September 1935), Bl. 2 (19. September 1935); Amtsblatt der Friedrich-Wilhelms-­ Universität Berlin 1935/11, S. 86. 34 Vgl. Nagel, Er ist der Schrecken, S. 119. 35  Ebd., S. 121–132, Zitat: S. 132 Anm. 51. 36  Berlin, Archiv der Humboldt-Universität, NS-Doz., Z – D I/246, Bl. 6 (7. April 1936). 37  Oberling, Ernst Perels, S. 238; Berlin, Archiv der Humboldt-Universität, P 61, Bd. III, Bl. 6–11, 16 (6.–13. Februar 1936); Erdmann an Gerd Tellenbach, 9. Februar 1936 (Bd. 2, Nr. 47). 38  Erdmann an Gerd Tellenbach, 2. November 1936 (Bd. 2, Nr. 58). 39  Berlin, Archiv der Humboldt-Universität, UK 83, Bd. II, Bl. 5, 9 (12./20. Mai 1936); ebd., NS-Doz., Z – D I/246, Bl. 2 (20. Mai 1936). Gleichlautend Oskar von Niedermayer für

Carl Erdmanns Feinde 1  Zum Folgenden vgl. Neitmann, Willy Hoppe (2013); ders., Willy Hoppe (2015). 2  Ebd., S. 257.

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den Dozentenbund (ebd., Bl. 5), Willy Hoppe schloss sich im Namen des Rektors an (ebd., UK 83, Bd. II, Bl. 8). 40 Ebd., UK 83, Bd. II, Bl. 12 (3. Juni 1936); Bd. III, Bl. 5 (12. Juni 1936); ebd., NS-Doz., Z – D I/246, Bl. 8; Erdmann an Gerd Tellenbach, 14. Juni 1936 (Bd. 2, Nr. 52). 41  Text der Reichshabilitationsordnung in: Deutsche Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung. Amtsblatt des Reichsministeriums für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung und der Unterrichtsverwaltungen der Länder 1 (1935), S. 12–14. 42  Kinas, Akademischer Exodus, S. 290. – 1937 soll er in Würzburg noch einmal an erster Stelle genannt worden sein (Bünz, Ein Historiker, S. 316). Aber das Zeugnis Wilhelm Engels aus dem Jahr 1950 ist fragwürdig. 43  Berlin, Archiv der Humboldt-Universität, NS-Doz., Z – D I/246, Bl. 9–15 (1./7./23./28. November 1940). Zur Universität Kiel im Nationalsozialismus vgl. Cornelissen/Mish, Wissenschaft an der Grenze. 44  Erdmann an Gerd Tellenbach, 17. Dezember 1933, 21. Januar 1934, 9. Mai 1935, 14. Juni 1936, 13. Juli 1941 (Bd. 2, Nr. 6, 8, 34, 52, 118); an Paul F. Kehr, 10. Oktober 1934 (Bd. 2, Nr. 15). 45  Berlin, Archiv der Humboldt-Universität, UK 83, Bd. III, Bl. 11 (20. Mai 1936). Vgl. dazu Erdmann an Gerd Tellenbach, 22. November 1936 (Bd. 2, Nr. 60), sowie Veronika Erdmann an Yella Vulpius-Erdmann, 10. Juli 1939, die sich von einer früheren Studentin ihres Sohnes berichten ließ, »daß er bei seinen Schülern sehr beliebt und geachtet ist und jedenfalls auch pädagogisch hochbegabt sei« (Familienbesitz Vulpius). 46 Vgl. Lösch, Der nackte Geist, S. 152–154. Zum Begriff »Gleichschaltung« vgl. Schmitz-Berning, Vokabular, S. 277–280. 47  Erdmann an Ernst Witte, 19. April 1936 (Bd. 2, Nr. 50).

3  Hoppe, Landesgeschichte; Wendehorst, 150 Jahre, S. 31, 56 f.; Neitmann, Willy Hoppe (2015), S. 269 f.; Hoppe an Karl Brandi, 23. September 1933 (NL Brandi, 47/109).

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386 ANHANG 4  An Gerd Tellenbach, 24. September 1933 (Bd. 2, Nr. 4). 5  Das Folgende nach: Jahr, Rektor; ders., Das Führen; Nagel, Universität, S. 440–453. 6  Jahr, Rektor, S. 195 (mit Gerd Heinrich). 7  Hoppe, in: Reden, S. 13 f.; ders., Ansprache; ders., Begrüßung, S. 5. 8  Neitmann, Willy Hoppe (2013), S. 116. 9  Hoppe, Mark Brandenburg. 10  Zum Folgenden vgl. Berlin, Archiv der Humboldt-Universität, P 24 (Personalakte H. Christern); Greifswald, Universitätsarchiv, Personalakte 26: H. Christern; ebd., Phil. Fak. 2.1. I – 429; Berlin, BArch, R 4901/13260 (Hochschullehrerkartei). 11  Gutachten A. O. Meyer, 6. November 1936 (Greifswald, Universitätsarchiv, Phil. Fak. 2.1. I – 429). Vgl. auch die Bittschreiben an A. O. Meyer, 11. November; 8. Dezember 1932 (NL A. O. Meyer, 75). 12  Greifswalder Zeitung, 4. Dezember 1941; Heinz Krüger in: HZ 166 (1942), S. 674–677. 13 Vgl. Falter, Die »Märzgefallenen«. 14 Vgl. Christern, Entwicklung, S. 1128 f. 15  Fritz Hartung an Albert Brackmann, 19. April, 3. Mai 1935 (NL Brackmann, 11/149, 147 f.). 16  Bieberbach an REM, 22. Oktober 1935 (Berlin, Archiv der Humboldt-Universität, Personalakte Christern: P 24). 17 Ulrich Wilamowitz-Moellendorf, Erinnerungen 1848–1914, 2. Aufl., Leipzig o. J. [1928], S. 187. 18  Christern an Adolf Hofmeister, 6. März 1936 (NL Hofmeister, 1.4/08); an Arnold O. Meyer, 20. April 1936 (NL A. O. Meyer, 75). 19  Alle Gutachten in: Greifswald, Universitätsarchiv, Phil. Fak. 2.1. I – 429. Zu Pleyer vgl. Fahlbusch/Haar, Handbuch, S. 601–607. 20 Vgl. Gross, Anständig geblieben. 21 Vgl. Fahlbusch, Wissenschaft, S. 106– 116; Haar, Historiker, S. 256–261; Fahlbusch/Haar, Handbuch, S. 603 (Art. Pleyer). Zu Christern in Greifswald vgl. Eberle, Ein wertvolles Instrument, S. 252, 266, 315 f., 829 f. 22  Matthiesen, Greifswald, S. 329–337 (Zitat S. 337); Eberle, Ein wertvolles Instrument, S. 91–139, 141–161, 198–230. 23  Greifswalder Zeitung, 4. Dezember 1941.

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24  Christern, Deutscher Ständestaat (1939), S. 208–244: »Englische und deutsche Staatsauffassung«. Vgl. auch dens., Deutscher Ständestaat (1940). 25  Christern, Deutscher Ständestaat (1939), S. 219 f., 243, 231, 233, 234, 244, 235 f. 26  Ebd., S. VI. 27  Gutachten K. Pleyer, 13. Februar 1939 (Greifswald, Universitätsarchiv, Phil. Fak. 2.1. I – 429). 28  Deutscher Ständestaat (1940), S. 111. 29  Zum Folgenden vgl. Hausmann, Deutsche Geisteswissenschaft, bes. S. 30–48, 56–80. 30  Zum Folgenden ebd., S. 365–418; Hausmann, Anglistik, S. 324–354; Pfeiffer, Anglistik, S. 52–57. 31 Vgl. Schönwälder, Historiker und Politik, S. 158–171. 32  Hausmann, Anglistik, S. 352. 33  Wie Anm. 19. 34  Christern, Einfluss und Abwehr. 35 M. Maurer, Aufklärung und Anglophilie; Mommsen, Zur Entwicklung; Jahr, Krämervolk. – 12. Jahrhundert: Schmugge, Über »nationale« Vorurteile, S. 448, 454. 36  Klee, Personenlexikon, S. 358. Zu Karl Larenz vgl. Jakobs, Karl Larenz; Frassek, Karl Larenz. 37  Christern, Einfluss und Abwehr, S. 348. 38  Christern, Einfluss und Abwehr, S. 339–350. Vgl. auch ebd., S. 390 Anm. 190 über Hermann U. Kantorowicz, der sich mit seinen Äußerungen zu Vorgeschichte und Ausbruch des Ersten Weltkriegs »außerhalb der deutschen Volksgemeinschaft« gestellt habe. 39  Zu Heckel, Kittel und Pfeffer vgl. Klee, Personenlexikon, S. 235, 311 f., 458; Fahlbusch/Haar, Handbuch, S. 592–595 (Pfeffer). 40  Christern, Einfluss und Abwehr, S. 384–386. 41  Ebd., S. 383, 396. 42  Christern, Das Reich, bes. S. 84–90: »Rußland und Europa«. 43  Greifswald, Universitätsarchiv, Personalakte 26 (H. Christern); Elisabeth Christern an Erwin Hölzle, 10. Februar 1942 (NL Hölzle, 4/25; zit. Hausmann, Anglistik, S. 353 Anm.

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Anmerkungen zu S. 181–202 387 153; ders., Deutsche Geisteswissenschaft, S. 409 f. Anm. 132). Zur Behandlung der Kriegsgefangenen in den »Russenlagern« vgl. Keller, Sowjetische Kriegsgefangene, bes. S. 258–323. 44  Zur Biographie vgl. Peschke, Rektoren, S. 222 f., sowie Krügers unveröffentlichte Autobiographie »Mein Leben. Lebensbeichte eines Nationalsozialisten«. 45  Krüger, Mein Leben, S. 59. Zur Wahl: Jahr, Das Führen, S. 24 f. Amtseinführung: oben S. 171 f. 46  Ernst Krieck, zit. Jahr, Das Führen, S. 22; ebd., S. 26 zum Urteil des Ministeriums über Krüger. Zu »Führeruniversität« und »Führerrektor« vgl. Seier, Rektor; Grün, Rektor. 47  Nagel, Universität, S. 434. 48  Eduard Spranger an Käthe Hädlich, 19. April 1935 (Spranger/Hädlich, Auswahl, S. 316). 49  Bott, Haltung, S. 45. 50  Krüger, Mein Leben, S. 60–65. 51  Reden zur feierlichen Rektoratsübergabe, S. 5, 14. 52  Reden anläßlich der 125-Jahrfeier, S. 13 f. 53  Lösch, Der nackte Geist, S. 266; Nagel, Universität, S. 439. 54  Ebd., S. 440. 55  Oberlin, Ernst Perels, S. 185–190. 56  Krüger, Mein Leben, S. 270. 57  Ebd., S. 71. 58  Briefwechsel im NL Krüger. 59 Zit. Grünewald, Übt an uns, S. 59. 60  Vgl. das Verzeichnis der Veröffentlichungen bei Grunsky, Ludwig Bieberbach, S. 200–204. 61  Bieberbach, Stilarten; ders., Persönlichkeitsstruktur (1); ders., Persönlichkeitsstruktur (2); Poliakov/Wulf, Das Dritte Reich, S. 312 f. Vgl. dazu Segal, Mathematicians, S. 360–368; zu Jaensch: Hausmann, Geisteswissenschaften, S. 103 f. 62 Vgl. Mertens, Anschauungswelt. 63  Bieberbach, Kunst; Remmert, Die Deutsche Mathematiker-Vereinigung, S. 160–164; Segal, Mathematicians, S. 263–288; Schneider, Zwischen zwei Disziplinen, S. 165–167. – Mit den »ewig Gestrigen« meinte Bieberbach die Autoren

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der Wochenzeitschrift »Deutsche Zukunft«, auf deren Bericht sich Bohr gestützt hatte. Zu deren Haltung vgl. Renken, Deutsche Zukunft. 64  Segal, Mathematicians, S. 395 f.; ferner Koch/Kramer, Mathematik, S. 690 zu den Beiträgen Oswald Teichmüllers, die noch 1982 nachgedruckt wurden. 65  Deutsche Mathematik 1 (1936), S. 3. 66  Inachin, Märtyrer; Stillwell, Max Dehn, S. 428 f., 432. 67  Zu Issai Schur: Remmert, Die Deutsche Mathematiker-Vereinigung, S. 171; Koch/ Kramer, Mathematik, S. 682, 688; Siegmund-Schultze, Mathematicians, S. 75 f. – Zu Eduard Rembs und Helfried Hartmann: ebd., S. 73–75; Tilitzki, Die deutsche Universitätsphilosophie 1, S. 645 f. – Zu dem Psychologen Wolfgang Koehler: Ash/Ebisch, Psychologie, S. 230–232. – Zu dem Chemiker Hans Beutler: Pawliczek, Akademischer Alltag, S. 275. – Zu Johann Baptist Rieffert und Eugen Mittwoch: Kinas, Massenentlassungen, S. 384 f. 68  »Wegbereiter«: zit. Heiber, Universität, 1, S. 260; 2, 2, S. 427; »recht unerfreulich«: Eduard Spranger an Käthe Hädlich, 9. Juni 1934 (Spranger/Hädlich, Auswahl, S. 305 f.). 69  Kinas, Massenentlassungen, S. 382. Zum Folgenden vgl. Segal, Mathematicians, S. 356–360. 70  Segal, Mathematicians, S. 336; Kinas, Massenentlassungen, S. 381; Bott, Haltung, S. 35. 71  Koch/Kramer, Mathematik, S. 682. 72  Einstein, Briefwechsel, S. 31 f., 34 (1919). 73  Segal, Mathematicians, S. 358, 415 f. 74  Inachin, Märtyrer, S. 51. 75  Carl Schmitt an Ernst Jünger, 2. Januar 1941 (Jünger/Schmitt, Briefe, S. 112); Hilger, Wir und der Kreml, S. 189; vgl. Stapel, T. E. Lawrence. 76  Das Folgende nach Seidt, Berlin, S. 43–119; Ahrens, Zwischen Zweistromtal; Mark, Krieg, S. 110–121. 77  Seidt, Berlin, S. 191. 78  Ebd., S. 105. 79 Ebd., S. 121–123.

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388 ANHANG 80 Berlin, BArch, R 4901/13272 (Hochschullehrerkartei). 81  Seidt, Berlin, S. 160–166, 184–186; Zitate: S. 150, 186 (Otto Hasse über Niedermayer; ähnlich Hilger, Wir und der Kreml, S. 192). 82  Seidt, Berlin, S. 148–153, 160–178, 179–214; Zitate: S. 190 (Niedermayer an Kurt von Schleicher), 203 (an Karl Haushofer). 83 Berlin, BArch, R 4901/13272. 84  Reichherzer, Alles ist Front. 85  An Paul Fridolin Kehr, 6. November 1933 (Just, Briefe, S. 76). 86  Reichherzer, Alles ist Front, S. 402–413; Zitat: S. 410. 87  Tilitzki, Die deutsche Universitätsphilosophie 1, S. 638. 88  Oestreich, Vom Wesen, S. 231–234. 89  Seidt, Berlin, S. 254–257. 90  Jahr, Geistige Verbindung; Seidt, Berlin, S. 263–271; Reichherzer, Alles ist Front, S. 253–328. 91 Berlin, BArch, R 4901/13272. 92  Karl Haushofer an Rudolf Heß, 29. Juli 1935 (Seidt, Berlin, S. 458 f.). 93  Seidt, Berlin, S. 334. 94  An Carl Schmitt, 30. August 1944 (Jünger/Schmitt, Briefe, S. 901 f.); Jünger, Strahlungen II, S. 290 (Eintrag vom 24. Juli 1944). Zu Ungern-Sternberg vgl. James Palmer, Der blutige weiße Baron. Die Geschichte eines Adligen, der zum letzten Khan der Mongolei wurde, Frankfurt a. M. 2010. Erdmanns Halbschwester Alice hatte einen Ungern-Sternberg geheiratet. 95  Seidt, Berlin, S. 365–399. 96  Gadamer, Philosophische Lehrjahre, S. 56. 97  Wilhelm Groh 1937 (zit. Jahr, Rektor, S. 186); vgl. die Abb. bei Rabofsky/ Oberkofler, Verborgene Wurzeln, S. 162, 178, und Olechowski/Ehs/Staudigl-Ciechowicz, Die Wiener Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät, S. 112. – Zu Gleispachs Biographie und Laufbahn vgl. ebd., S. 426–432. 98  Ebd., S. 430 f. 99  Taschwer, Nachrichten, S. 122–125; Ash, Universität Wien, S. 90 f. 100 Berlin, BArch, R 4901/13263 (Hochschullehrerkartei).

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101  Ash, Universität Wien, S. 98; StaudiglCiechowicz, Das Dienst-, Habilitations- und Disziplinarrecht, S. 129–131. 102 Ausführlich Lösch, Der nackte Geist, S. 190–192, 197 f. 103 Ebd., S. 179–183; Werle/Vormbaum, Strafrecht, S. 123–125; Kinas, Massenentlassungen, S. 337; Ehrendoktorat: Rabofsky/ Oberkofler, Verborgene Wurzeln, S. 211. 104  Jahr, Rektor, S. 186–188; zur Ehefrau: Grondin, Hans-Georg Gadamer, S. 210 f. 105  Rabofsky/Oberkofler, Verborgene Wurzeln, S. 105; Lösch, Der nackte Geist, S. 256–258; Kinas, Massenentlassungen, S. 345. 106 Zit. Heiber, Universität 1, S. 390. 107  Radbruch, Gesamtausgabe, Bd. 8, S. 232–235; Bd. 9, S. 323–330, 331–335; Bd. 10, S. 61, 80–83; Bd. 18, S. 106. 108  Marxen, Kampf, S. 91–101. 109  Gürtner, Das kommende deutsche Strafrecht, Allgemeiner Teil, S. 11–48 (Freisler); Besonderer Teil, S. 13–77 (Freisler), S. 195–210 (Gleispach), 3171–388 (Gleispach). Vgl. Rabosky/Oberkofler, Verborgene Wurzeln, S. 160–164. – Zur Arbeit der Kommission vgl. Gruchmann, Justiz, S. 753–773. 110  Freisler, Volksrichter, S. 12. 111  Gleispach, Zur Strafbarkeit. 112  Poliakov/Wulf, Das Dritte Reich, S. 345 f. 113  Gleispach, Nationalsozialistisches Recht, S. 20. 114  Ernst Wolfgang Huber an Carl Schmitt, 16. Juni 1950 (Schmitt/Huber, Briefwechsel, S. 366). 115  Kniefacz/Posch, Selbstdarstellung, S. 396 f. 116  Rabofsky/Oberkofler, Verborgene Wurzeln, S. 207. 117  Sterbeurkunde in: Berlin, Archiv der Humboldt-Universität, Personalakte Werner Reese, Bl. 72. 118  A. O. Meyer in: HZ 165 (1942), S. 673–675; ders., Werner Reese; Rörig, Werner Reese, sowie auch Petri, Die Niederlande.

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Anmerkungen zu S. 202–216 389 119 Zit. Meyer, Werner Reese (unpaginiert); Reese an Fritz Rörig, 20. März 1941 (NL Rörig, 64). 120  Petri, Die Niederlande, S. 10. 121  Lott/Reese, Gesamtdeutsches Denken. 122  Meyer, Werner Reese. 123  Didczuneit, Heinrich Sproemberg, S. 34 f.; Schönwälder, Historiker, S. 355 Anm. 378. 124  Nicolaysen, Rebell, S. 206 f. 125  Berlin, Archiv der Humboldt-Universität, NS. Dozentenschaft 110 (F. Hartung), Bl. 8/9 (3. August 1937); 188 (A. O. Meyer), Bl. 5/6 (4. Juli 1939); vgl. Hardtwig, Deutsche Geschichtskultur, S. 105 f.; ders., NeuzeitGeschichtswissenschaften, S. 427 f.; Hartung, Korrespondenz, S. 23. 126  Berlin, Archiv der Humboldt-Universität, NS. Dozentenschaft 121 (O. Hintze), Bl. 6–13 (26. Juli 1939). 127 Ebd., NS. Dozentenschaft 206 (W. Reese), Bl. 40 (6. Januar 1938), 43 (4. August 1936), Berlin, BArch, R 4901/1391, Bl. 46; ebd., Personalakte Werner Reese. 128  Wildt, Generation, S. 848; »Kriegsjugendgeneration«: Herbert, Best, S. 53–56. 129  Reese, Die Niederlande, S. 7. 130  Meyer, Werner Reese (unpag.). 131  Reese, Die Niederlande, S. 423–425. 132 Gideon Botsch, Deutsches Auslandswissenschaftliches Institut, in: Fahlbusch/ Haar, Handbuch, S. 1367–1374. 133  Hachmeister, Der Gegnerforscher, S. 119: »Prototyp«. 134  Vgl. die Besprechungen und Anzeigen in: Der Zeitspiegel, 2. Januar 1941, S. 415 f.; Europäische Revue 17 (1941), S. 776–779 (Julius Domke); Brüsseler Zeitung, 26. März 1942, S. 3 (Martin Spahn); Frankfurter Zeitung, 7. April 1942, Literaturblatt (Berthold Sütterlin); Geistige Arbeit 9, H. 10 (20. Mai 1942), S. 7 (Walter Baum); Vergangenheit und Gegenwart 32 (1942), S. 210 f. (Wilhelm Engel); Straßburger Monatshefte 6 (1942), S. 177 (H. v. Ziegesar); Volk und Reich 18 (1942), S. 306/311 (Martin Spahn); Petermanns Geographische Mitteilungen 88 (1942), S. 190 (W. Tuckermann); Niederdeutsche Welt, 1. Februar 1943, Beiblatt zu H. 1, S. 4 ([Franz] Westphal); Deutsche

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Zeitung in den Niederlanden, 8. Mai 1943 (Willy Andreas); DA 6 (1943), S. 584 f. (Fr[anz] Petri); Deutsches Archiv für Landes- und Volksforschung 7 (1943), S. 1–11 (Fr[anz] Petri); Geographische Zeitschrift 49 (1943), S. 101 f. (H. Dörries); Zeitschrift für Politik 33 (1943), S. 76; Berliner Monatshefte 21 (1943), S. 162 f. (Hermann Löffler). – Verkürzend: Schönwälder, Historiker, S. 196 f. – Zur Aufnahme in den Niederlanden: Schöffer, Het nationaal-socialistische beeld, S. 170–173. 135  Reese, Die Niederlande, S. 8. 136  Reese an Fritz Rörig, 21. Juni 1940 (NL Rörig, 64); an die Auslandswissenschaftliche Fakultät der Friedrich-Wilhelms-Universität, 11. November 1940 (NL Petri, 67/33). 137  Derks, Deutsche Westforschung (dazu kritisch: Tiedau, Streitthema); Dietz/Gabel/ Tiedau, Griff nach dem Westen. – Zu Petri vgl. Ditt, Politisierung; Ulrich Tiedau in: Fahlbusch/Haar, Handbuch, S. 578–587. Hitler will Petris über 1000 Seiten dicke Habilitationsschrift in einer einzigen Nacht verschlungen haben (Picker, Tischgespräche, S. 373; Schöttler, Die historische Westforschung, S. 220; Ditt, Politisierung, S. 936). 138  Schöffer, Het nationaal-socialistische beeld, S. 107. 139  Baerlecken/Tiedau, Das DeutschNiederländische Forschungsinstitut, S. 1939; ohne Beleg schon Schöffer, Het nationaalsocialistische beeld, S. 327, sowie Fahlbusch/ Haar, Handbuch, S. 581. 140  Reese an Fritz Rörig, 29. August 1940 (NL Rörig, 64). 141  Fahlbusch/Haar, Handbuch, S. 582; Franz Petri an Arnold Oskar Meyer, 29. September 1941 (NL Petri, 157/25). – Reeses und Petris Aktivitäten sind im NL Franz Petri umfassend dokumentiert. Vgl. Schönwälder, Historiker, S. 198–202, die aber ausschließlich publiziertes Material heranzieht. 142  NL Petri, 81/93. 143 F. Petri, Lässt sich die »belgische Idee« vom Germanischen her neu begründen? Wissenschaftliche Bemerkungen zu einer

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390 ANHANG politischen Streitfrage (Vortrag Köln, Juni 1941, Typoskript; ebd. 83/109–119). 144  Löwen und Dinant: ebd., 56/23; 57/28. – Akademie: ebd., 76/76; 78/64; 84/110–112. – Aktivisten: ebd., 62/18 (Zitat); 78/72; 80/50; 84/28; 84/132 f. – Verhulst: ebd., 73/55 f.; 80/174; 81/93. 145  Ebd., 67/48 (Ernst Wolgast an Reese, 9. November 1940). 146 Franz Petri, Die Flamenpolitik des ersten Weltkrieges (1914–1918) (Typoskript; ebd., 89). 147 Zit. Meyer, Werner Reese (unpaginiert). 148  Wildt, Generation, S. 847–850. 149  NL Petri, 56/78; 59/21–24; 65/60; 70/10; 73/113; 75/80; 77/79; 84/102. 150  Baerlecken/Tiedau, Das DeutschNiederländische Forschungsinstitut, S. 1939. 151  Nicolaysen, Rebell, S. 209. Reeses väterlicher Freund Fritz Rörig schrieb ihm ein empfehlendes Gutachten, er selbst erhielt durch »Indiskretion eines Freundes« sogar Einsicht in die Akten (Gustl Reese an Fritz Rörig, 9. Januar 1942 [NL Rörig, 64]). An Reeses Stelle wurde dann ausgerechnet Fritz Fischer berufen, dem er seinerzeit ein schlechtes Zeugnis ausgestellt hatte. 152  NL Petri, 87/109. 153  Ebd., 156/18. 154  Meyer, Werner Reese; Rörig, Werner Reese, S. 19. Vgl. auch Berlin, Archiv der Humboldt-Universität, Personalakte Werner Reese, Bl. 73, 83. 155  Völkischer Beobachter. Norddeutsche Ausgabe, 27. Juli 1941, S. 4. 156 Vgl. Klemperer, LTI, S. 138–143. 157  Vgl. dazu im Allgemeinen: Grüttner, Machtergreifung. 158  Golo Mann über Alfried Krupp von Bohlen und Halbach (Lahme, Golo Mann, S. 390). – Zu den Preußischen Staatsräten Gustaf Gründgens, Wilhelm Furtwängler, Ferdinand Sauerbruch und Carl Schmitt: Lethen, Staatsräte. 159  Tagebücher 1933–1934, S. 363 (Eintrag vom 18. März 1934). 160  Goebel, Ehrgeiz, S. 1, 24 f. 161  Cartellieri, Tagebücher, S. 659, Eintrag vom 1. Mai 1933 (nach einer Rede des

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thüringischen Staatsministers Fritz Wächtler). 162  Rede vor der deutschen Presse, 10. November 1938 (Conze, Nationalsozialismus, Bd. 2, S. 92 f.). 163  Jacobsen, Haushofer, Bd. 1, S. 545 f. (Karl Haushofer 1931); Poliakov/Wulf, Das Dritte Reich, S. 90 (Eduard Spranger 1933). 164  Gustav Hartlaub 1935, zit. Weichelt, Der verschwundene Zeuge, S. 98. 165  Chapoutot, Nationalsozialismus, S. 124 f.; vgl. auch Tenorth, Von der Kultur- und Staatswissenschaft, S. 253–256; Tilitzki, Die deutsche Universitätsphilosophie 2, S. 605 f., 935–1006. 166  Kershaw, Hitler, 1, S. 665–667. 167  Erdmann an Gerd Tellenbach, 21. Januar 1934 (NL Tellenbach, 230). 168  Meinecke, Neue Briefe, S. 470. 169  Fritz Hartung an Gustav Aubin, 14. Mai, 20. September 1933 (Hartung, Korrespondenz, S. 236, 247). 170  Hachmeister, Der Gegnerforscher, S. 119–129; Schagen, Widerständiges Verhalten; Thiel, Lehrkörper, S. 495 f., 498–504; Jahr, Die nationalsozialistische Machtübernahme, S. 313–317; Tenorth, Von der Kultur- und Staatswissenschaft, S. 252 f.; Kraus, Fritz Hartung, S. 319. 171  Hardtwig, Neuzeit-Geschichtswissenschaften, S. 425–427. – Meyer: Kraus, Arnold Oskar Meyer. – Hartung: Schochow, Historiker; Kraus, Fritz Hartung. – Schüßler: Herde, Max Buchner, S. 218. 172  Hardtwig, Neuzeit-Geschichtswissenschaften, S. 429 f.; Thiel, Lehrkörper, S. 477 f.; Wakounig, Hans Uebersberger; Duchhardt, Abgebrochene Forschung, S. 27–47. 173  Noodt, Fritz Rörig, S. 178. Zu Rörigs Rolle im Nationalsozialismus vgl. ferner Paulsen, Die Koggendiskussion, S. 77–81; ders. in: Fahlbusch/Haar, Handbuch, S. 657–661; Groth/Höhn, Unwiderstehliche Horizonte, bes. S. 344–347, Zitat: S. 345 Anm. 80. 174  Kaiser, Mut, S. 88. 175  Bott, Haltung, S. 73. 176  Zu den Unterschieden zwischen den Ausgaben von 1935, in der Erdmann noch verzeichnet ist, und der von 1940/41 vgl.

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Anmerkungen zu S. 216–230 391 Hausmann, Die Geisteswissenschaften, S. 23. – Ein Versuch, Erdmanns Namen in einen Nachtragsband aufzunehmen, wurde nicht realisiert (München, Archiv der MGH, B 566/56, 59 [1941]). 177  An Gerd Tellenbach, 23. November 1935 (Bd. 2, Nr. 43). Zum Hintergrund vgl. Kertzer, Der erste Stellvertreter, S. 226 f., 481 f. Eine Passage in einem weiteren Brief an Tellenbach (22. November 1936) bezieht sich auf den Bürgerkrieg in Spanien (Bd. 2, Nr. 60). 178  An Gerd Tellenbach, 25. Juli 1934 (Bd. 2, Nr. 14).

179  An Gerd Tellenbach, 22. November 1936 (Bd. 2, Nr. 60). Die beiden Passagen in: C. Erdmann, Die Entstehung des Kreuzzugsgedankens (1935), S. 113, 271. 180  So unter Berufung auf Theodor E. Mommsen: Cantor, Inventing, S. 404. – Nur ein Rezensent stieß sich an einem der Einschübe: T. S. R. Boase, Recent Developments in Crusading Hisoriography, in: History N. S. 22 (1937/38), S. 110–125, hier S. 113. 181  Genette, Paratexte, S. 115–140. 182  An Gerd Tellenbach, 13. Oktober 1935 (Bd. 2, Nr. 42).

Kämpfende Wissenschaft 1 Othmar Spann, Kämpfende Wissenschaft. Gesammelte Abhandlungen zur Volkswirtschaftslehre, Gesellschaftslehre und Philosophie, Jena 1934; Rupnow, Judenforschung, S. 174–183; Hossfeld/John/ Stutz, Kämpferische Wissenschaft, S. 76 f., 117 Anm. 390. – Zum Modewort »kämpferisch« vgl. Schmitz-Berning, Vokabular, S. 345–347. 2 Adolf Hitler, Mein Kampf. Eine kritische Edition, hg. von Christian Hartmann, Thomas Vordermayer [u. a.], München – Berlin 32016, Bd. 1, S. 393. Vgl. Zehnpfennig, Adolf Hitler. 3  Vgl. Helmuth Kiesel, Hässlich entstellt in den Untergang, in: F.A.Z., 15. Oktober 2018; Hausmann, Geisteswissenschaften, S. 83. – »Kampf um die Weltberge«: Martynkewicz, Salon, S. 476; um die »Missa Solemnis«: Schmuhl, Zwischen Göttern, S. 155. 4  Schmitt, Der Begriff, S. 100; »Pathos der Entscheidung«: Lethen, Staatsräte, S. 282, 289. 5 Vgl. Kaiser, Karl Griewank, S. 102; Adam, Lesen, S. 314; Gerwarth, Reinhard Heydrich, S. 114–116, 170; Rupnow, Judenforschung, S. 180; Wildt, Generation, S. 203–206. 6 Martin Heidegger, Reden und andere Zeugnisse eines Lebensweges 1910–1976 (M. H., Gesamtausgabe I 16), Frankfurt a. M. 2000, S. 762; Karl Jaspers: Philosophische Autobiographie, München 1977, S. 100 f.

7  Hans Haußherr (1936), zit. Rupnow, Judenforschung, S. 179. 8  Frank, Kämpfende Wissenschaft, S. 26 f., 33. 9  Ebd., S. 20–22. 10  Ebd., S. 30–32. Zu den Graeculi der Antike vgl. Michael Zugmann, »Hellenisten« in der Apostelgeschichte: historische und exegetische Untersuchungen zu Apg 6,1; 9,29; 11,20, Tübingen 2009, S. 51–57. 11  Frank, Kämpfende Wissenschaft, S. 19 f. 12  Dazu zuletzt Berg, Karl Alexander von Müller, S. 153. 13  Frank, Kämpfende Wissenschaft, S. 15, 33, 35. 14  Das Folgende nach Erdmanns Schreiben an Gerd Tellenbach vom 27. Januar 1935 (Bd. 2, Nr. 26). 15  Heiber, Walter Frank, S. 114 f. 16  Ebd., S. 259. 17  Ebd., S. 26. 18  Erdmann, Die Anfänge (1936), S. 503. Vgl. Erdmanns Schreiben an Gerd Tellenbach, 14. Juni 1936 (Bd. 2, Nr. 52). 19  An Gerd Tellenbach, 27. Januar 1935 (Bd. 2, Nr. 26). 20  Wiggershaus-Müller, Nationalsozialismus, S. 57–65; Ritter, Die Verdrängung, bes. S. 82; Lüpke, Zäsuren, S. 303–322; Berg, Karl Alexander von Müller, S. 244–258, bes. S. 250. 21  An Gerd Tellenbach, 9. Februar 1936 (Bd. 2, Nr. 47). 22  Heiber, Walter Frank, S. 122, 258–268.

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392 ANHANG 23  Gerhard Ritter an Hermann Oncken, 25. September 1935 (Ritter, Ein politischer Historiker, S. 283). 24  Nordalm, Vom Staatssozialismus, S. 70. 25  Frank, Zunft; vgl. dazu Erdmann an Gerd Tellenbach, 23. November 1935 (Bd. 2, Nr. 43); an Percy Ernst Schramm, 25. November 1935 (NL Schramm). 26  An G. Tellenbach, 23. November 1935 (Bd. 2, Nr. 43). 27  So Friedrich Meinecke an Sabine Rabl, 30. Oktober 1935 (Meinecke, Ausgewählter Briefwechsel, S. 162). 28  An Friedrich Baethgen, 27. Januar 1935 (Bd. 2, Nr. 26); Frank, Kämpferische Wissenschaft, S. 32, und daran anknüpfend: ders., Zunft, S. 15. 29  An Gerd Tellenbach, 10. Februar 1935 (Bd. 2, Nr. 27). 30  Vgl. dazu ausführlich: Heiber, Walter Frank, S. 201–235; Cornelissen, Gerhard Ritter, S. 236–238. – »Vorsichtige Gemüter«: Hermann Oncken an Walter Goetz, 19. Oktober 1935 (NL Goetz, 38/179 f.). 31  Kuhlmann, Der Streit, S. 31–46, hier S. 41 f.; Napoleon: Langewiesche, Der gewaltsame Lehrer, S. 74; zu Löns’ Erzählung »Die rote Beeke«: Ulbricht, Heil [I], S. 100 f. – Der Forschungsstand zum »Blutbad« bei: Scharff, Verden 782. 32  Rüthing, Der Wittekindsberg; Spannhoff, Widukind. 33  Rosenberg, Tagebücher, S. 190 (Eintrag vom 11. August 1936). 34  Rosenberg, Mythus, S. 196 f. (unter Rückgriff auf Einhards »Vita Karoli Magni«); Kuhlmann, Der Streit, S. 49–56. 35  Rosenberg, Tagebücher, S. 128, 137 (17. Mai, 28. Juni 1934). 36  Ulbricht, Heil [I], S. 109–123; Reichert, Gelehrtes Leben, S. 267. 37  Solche Sammlungen sind in den Nachlässen Karl Hampes (II F 20) und Wilhelm Levisons (vgl. Becher/Hen, Wilhelm Levison, S. 296) erhalten geblieben. – Mann, Tagebücher 1933–1934, S. 534 (Eintrag vom 30. September 1934). Vgl. auch C. Schmitt, Tagebücher 1930 bis 1934, S. 281 (13. April 1933); Real, Zwischen Zuversicht, S. 121.

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38 Hamburg: Reichert, Gelehrtes Leben, S. 271; Schulen: ebd. – Studenten: Wiegandt, Inselexistenz, S. 34. 39  Riekenberg, Zeitschrift; Berg/Blaschke u. a., Die versammelte Zunft, Bd. 1, S. 257; Arand, Ziel. – Bonmot: Wilhelm Mommsen an Carl Baustaedt, 26. Juni 1936 (NL Mommsen, 529). 40 Vgl. Nagel, Von der Schwierigkeit. Über Mommsens Anpassungsbereitschaft vgl. Fritz Hartung an Siegfried A. Kaehler, 9. Februar 1935; 25. Januar, 11. März 1946 (Hartung, Korrespondenz, S. 279, 427, 430). 41  Hampe, Karl der Große; Edelmann, Forderungen, S. 197; ders. über Hampes Artikel, 4. Mai 1934 (NL Mommsen, 531). 42  Lampe, Widukind, S. 470, 474 f. – W. Mommsen über Lampes Artikel, 3. Juli 1934 (NL Mommsen, 531). – Hampe, Tagebuch 1933–1936, Eintrag vom 3. Oktober 1934. 43  Lintzel, Zur Beurteilung, S. 226; Lintzel an W. Mommsen, 7. Oktober 1934 (NL Mommsen, 534). 44  Real, Zwischen Zuversicht, S. 39. 45  Hampe an Lintzel, 16. November 1934 (NL Lintzel, VII 3/11); Lintzel an Hampe, 21. November 1934 (NL Hampe, III A – 234, Bl. 2–3). Vgl. Reichert, Gelehrtes Leben, S. 270 f.; Fritz Hartung an Willy Andreas, 27. Februar 1935: Lintzel sei »mutig für Karl d. Gr. eingetreten« (Hartung, Korrespondenz, S. 282). 46  An Friedrich Baethgen, 12. November 1934 (Bd. 2, Nr. 17); an Hermann Heimpel, 12. November 1934 (Bd. 2, Nr. 18). Zum Folgenden vgl. Reichert, Gelehrtes Leben, S. 271–278; ferner: Werner, Karl der Große in der Ideologie; ders., Karl der Große oder Charlemagne; Vogtherr, Karl der Große; Brose, Charlemagne; Lemberg, Der Historiker, S. 145–173 (jeweils mit älterer Literatur). Die meisten dieser Arbeiten basieren allerdings auf den Druckwerken und verzichten weitgehend darauf, mithilfe der archivalischen, insbesondere brieflichen Überlieferung die Vorgänge aufzuhellen. 47  An Gerd Tellenbach, 30. Dezember 1934 (Bd. 2, Nr. 23). Erdmann machte sich hier eine Formulierung Tellenbachs zu eigen.

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Anmerkungen zu S. 230–240 393 48  An Friedrich Baethgen, 27. Januar 1935 (Bd. 2, Nr. 25). 49  Reichert, Gelehrtes Leben, S. 273 f. 50  An Friedrich Baethgen, 20., 27. Januar 1935 (Bd. 2, Nr. 24, 25); Börsenblatt für den deutschen Buchhandel, 19. März 1935, S. 1295. 51  An Gerd Tellenbach, 30. Dezember 1934 (Bd. 2, Nr. 23); an Friedrich Baethgen, 27. Januar 1935 (Bd. 2, Nr. 25). 52  An Karl Hampe, 15., 17. März 1935 (Bd. 2, Nr. 29, 30); vgl. Karl der Große oder Charlemagne, S. 62. Lintzel hatte das Schauspiel »Wittekind« von Edmund Kiss vor Augen, das tatsächlich von Sammellagern für 60 000 sächsische Mädchen und Frauen handelt (Kuhlmann, Streit, S. 96). 53  An Gerd Tellenbach, 30. Dezember 1934 (Bd. 2, Nr. 23). – Zu Hampes Reaktion vgl. Tellenbach, Aus erinnerter Zeitgeschichte, S. 89; zu seinem Verhältnis zu Haller: Reichert, Gelehrtes Leben, S. 318, 325. 54  An Hermann Heimpel, 12. November 1934 (Bd. 2, Nr. 18); an Gerd Tellenbach, 30. Dezember 1934 (NL Bd. 2, Nr. 23). – Gegen Kern sprach wahrscheinlich sein Außenseiterstatus, der sich aus seiner Hinwendung zu Geschichtsphilosophie und Universalhistorie ergab; vgl. Kern, Fritz Kern; Liebrecht, Fritz Kern. 55  P. E. Schramm 1935, zit. Thimme, Percy Ernst Schramm, S. 206 Anm. 101. 56  Kaiser, Mut, S. 88: »[…] er [Meinecke] hält v. Brandi’s Charakter nichts. Sei klug, aber eitel u sehr ehrgeizig«; Meinecke, Ausgewählter Briefwechsel, S. 278: »[…] hat Brandi sich nicht immer so taktfest gehalten, wie Sie meinen« (an Aage Friis, 18. April 1947); Ritter, Ein politischer Historiker, S. 279: »[…] ein so aalglatter Zögling« (an Hermann Oncken, 2. Mai 1935); vgl. Heiber, Walter Frank, S. 182, 730 f. 57  »Einzelheiten«: Brandi an Albert Brackmann, 26. Juli 1934 (NL Brandi, 56/23); Berg/Blaschke u. a., Die versammelte Zunft, Bd. 1, S. 245–271. Die Annahme, Brandi sei aus Berlin »ausdrücklich gewarnt worden« (ebd., S. 264), beruht auf einem Missverständnis der angeführten Briefstelle.

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58  An Karl Brandi, 17., 30. Dezember 1934 (Bd. 2, Nr. 20, 22); Brandi an Erdmann, 20. Dezember 1934 (NL Brandi, 1/197). 59  An Hermann Heimpel, 12. November 1934 (Bd. 2, Nr. 18); Reise nach Leipzig: an Gerd Tellenbach, 27. Januar 1935 (Bd. 2, Nr. 26); Brackmann an Heimpel, 21. Dezember 1934 (NL Brackmann, 11/237). – Heimpel und Karl: Heimpel, Aspekte, S. 181. 60  Boockmann, Der Historiker, S. 17; vgl. auch Heimpel, Aspekte, S. 151; kritisch dazu: Möhler, Reichsuniversität, S. 326 f. 61  Matthiesen, Verlorene Identität, S. 50–55; K. P. Sommer, Berney und Heimpel, Kap. 3; ders., Eine Frage, S. 207–214.; Esch, Über Hermann Heimpel, S. 160. 62  An K. A. von Müller, 21. September 1936 (zit. Berg, Karl Alexander von Müller, S. 292); Rexroth, Geschichte schreiben, S. 276–281, 286–289. 63 Erwin Hölzle (Hg.), Das Werden unseres Volkes. Ein Bildersaal Deutscher Geschichte, Stuttgart 1938. Vgl. dazu Heimpels Korrespondenz mit Herausgeber und Verlag, 1935 (NL Hölzle, 9/94–102). – Zu H. J. Beyer vgl. Roth, Heydrichs Professor; Thiel, Lehrkörper, S. 521 f., 528. 64  An Erwin Hölzle, 25. September 1935 (NL Hölzle, 9/97). 65  Berg/Blaschke u. a., Die versammelte Zunft, Bd. 1, S. 264. 66  Heimpel an Gerd Tellenbach, 5. Januar 1935 (NL Heimpel, E 5: 110). 67  Erdmann an Gerd Tellenbach, 27. Januar 1935 (Bd. 2, Nr. 26). Zu Heimpels Ziel einer gegenwartsorientierten, »sinngebenden« Geschichtsschreibung vgl. Rexroth, Geschichte schreiben, S. 287. 68  Mühle, Für Volk, S. 88 f., 94 f., 109 f. 69  Heiber, Walter Frank, S. 698–701; Hardtwig, Neuzeit-Geschichtswissenschaften, S. 424; Markov, Wie viele Leben, S. 134; Eberle, Die Martin-Luther-Universität, S. 86 f. 70  Zu Naumann vgl. Löwith, Mein Leben, S. 86; Heiber, Universität, II 2, S. 632–634; Schirrmacher, Der göttliche Volkstumsbegriff, S. 194–201; Höpfner, Universität Bonn, S. 158 f., 358–360; Curtius, Briefe, S. 196 f. und passim.

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394 ANHANG 71  Hierzu und zum Folgenden vgl. Reichert, Gelehrtes Leben, S. 271–278. 72  An Friedrich Baethgen, 20., 27. Januar 1935 (Bd. 2, Nr. 24, 25). 73  Blaschke, Verleger, S. 250. 74  Martin H. Sommerfeldt, Hermann Göring. Ein Lebensbild, Berlin 1932; ders., Ich war dabei. Die Verschwörung der Dämonen 1933–1939. Ein Augenzeugenbericht, Darmstadt 1949. – Weso­lowski, Verleger, S. 321. 75  An Friedrich Baethgen, 20. Januar 1935 (Bd. 2, Nr. 24). Zu Leers vgl. die Biographie von Sennholz. 76  An Friedrich Baethgen, 12. November 1934 (Bd. 2, Nr. 17); an Hermann Heimpel, 12. November 1934 (Bd. 2, Nr. 18). 77  An Friedrich Baethgen, 20. Januar 1935 (Bd. 2, Nr. 24); Karl Hampe, Tagebuch 1933–1936, Eintrag vom 19. Januar 1935. 78  An Karl Hampe, 7. März 1935 (Bd. 2, Nr. 28). 79  Gillessen, Auf verlorenem Posten, S. 8 f. 80  Erdmann, Der Name Deutsch. 81  Jakobs, Theodisk; Fried, Anfänge; ders., Die Deutschen. 82  Erdmann, Der Name Deutsch, S. 100. 83  Das Schwarze Korps, 17. Juli 1935, S. 12; C. Erdmann, Der Ursprung des deutschen Volksbewußtseins (1935). 84  An Gerd Tellenbach, 4. August 1935 (Bd. 2, Nr. 38). 85  Longerich, Heinrich Himmler, S. 281. 86  Goebbels, Tagebücher, I 3/II, S. 251 (15. November 1936); I 5, S. 334 (5. Juni 1938). 87 Ebd., II 4, S. 92 f. (30. April 1942). 88  Werner, Karl der Große in der Ideologie, S. 58 f.; Brose, Charlemagne, S. 835–837. Hitler soll Karls Reich »gelegentlich als Vorstufe zu seinen europäischen Machtplänen« bezeichnet haben (Albert Speer, Spandauer Tagebücher, Frankfurt a. M. 1975, S. 100). 89  Real, Zwischen Zuversicht, S. 121 f. 90 Hans Maier, »Karl der Große oder Charlemagne?«, in: Nationalsozialistische Monatshefte 6 (1935), S. 540 f.; ders. in: Mannus 27 (1935), S. 250–252; Völkischer Beobachter. Norddeutsche Ausgabe, 18. Juni 1935, S. 5; Süddeutsche Ausgabe, Tägliches

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Beiblatt. – Zu dem völkischen Archäologen Hans Maier vgl. Leube, Prähistorie, S. 93 f. 91  Dettweiler, Karl der Große, S. 11, 15 f. Der Verfasser war ehemaliger Tierzuchtinspektor in Mecklenburg und apl. Prof. für Tierproduktionslehre in Rostock. Heinrich Sproemberg zufolge spielte der amerikanische Botschafter in Berlin dieses Pamphlet Hitler zu, »um ihn auf den wissenschaftlichen Wahnsinn aufmerksam zu machen« (Sproemberg, Geschichte des frühen Mittelalters [476–918] [Vorlesungstyposkript 1946], S. 29 f. [NL Sproemberg, Nr. 94]). – Hitler als »Nichtakademiker«: Pyta, Hitler, S. 231. 92  Reichert, Gelehrtes Leben, S. 276 f. – Toepser-Ziegert, NS-Presseanweisungen, S. 1223–1225; Bracher, Stufen, S. 428 f. – »Profaxen«: Hamann, Hitlers Wien, S. 324; Hitler und die Sachsen: dies., Winifred Wagner, S. 282; Speer, Erinnerungen, S. 108. 93  An Karl Hampe, 3. Mai 1935 (Bd. 2, Nr. 33); an Albert Brackmann, 28. August 1935  (Bd. 2, Nr. 39); an Gerd Tellenbach, 23. November 1935 (Bd. 2, Nr. 43). 94  An Karl Hampe, 17. Juni 1935 (Bd. 2, Nr. 36). 95  Lampe, Widukind, S. 476; Martin Havenstein an Otto Schumann, 16. Oktober 1935 (Hammerstein, Deutsche Bildung, S. 93). 96  Die Hilfe 41/11 (1. Juni 1935), S. 249. 97  An Karl Hampe, 9. Juni 1935 (Bd. 2, Nr. 35). Vgl. Erdmann an Friedrich Baethgen, 27. Januar 1935 (Bd. 2, Nr. 25) über die Frage des Geschichtsbilds. 98  Fritz Hartung an Siegfried Kaehler, 21. September 1935 (Hartung, Korrespondenz, Nr. 122 S. 293); vgl. dens. an Albert Brackmann, 3. November 1934: »[…] die grundsätzliche Frage der Bindung an eine parteiamtliche Geschichtsdarstellung« (ebd., Nr. 111 S. 272). 99  Meinecke an Walter Goetz, 16./20. Februar 1933 (Meinecke, Ausgewählter Briefwechsel, S. 136–138); Hartung an Hermann Oncken, 21. November 1934 (Hartung, Korrespondenz, S. 274). 100  Vgl. oben S. 219.

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Anmerkungen zu S. 240–251 395 101  Vgl. etwa Erdmanns Briefe an Rudolf von Heckel (5., 18., 29. Juli, 8. August 1930 [NL Heckel]), der in München lehrte, als Erdmann dort studierte. 102  Ausführlich dazu Berg/Blaschke u. a., Die versammelte Zunft, Bd. 1; »schnurrig«: ebd. S. 47. – Erdmanns Mitgliedschaft ist dokumentiert durch: Bericht über die siebenzehnte Versammlung Deutscher Historiker zu Halle a. d. S. vom 22. bis 26. April 1930, München – Leipzig 1930, S. 57; Bericht über die 18. Versammlung Deutscher Historiker in Göttingen 2.–5. August 1932, München – Leipzig 1933, S. 57. 103  Berg/Blaschke u. a., Die versammelte Zunft, Bd. 1, S. 225–266; Wegeler, »… wir sagen ab«, S. 147–161; Erdmann an Gerd Tellenbach, 21. Januar 1934 (Bd. 2, Nr. 8). 104  An Karl Brandi, 14. April 1935 (Bd. 2, Nr. 31). Berg/Blaschke u. a., Die versammelte Zunft, Bd. 1, S. 268, gehen von einem bloßen Vortragsangebot aus. 105 Ähnlich schon an Friedrich Baethgen, 27. Januar 1935 (Bd. 2, Nr. 25). 106 Vgl. Reichert, Gelehrtes Leben, S. 269. 107  Johannes Haller an Heinrich Dannenbauer, zit. Reichert, Gelehrtes Leben, S. 268. 108  NL Brandi, 50/72 (Besprechung vom 5. Mai 1935). Genannt sind die erklärten Nationalsozialisten Helmut Berve, Adolf Helbok, Alfred Baeumler, Walter Frank, Paul Schmitthenner, Moritz Edelmann, Karl Alexander von Müller, Willy Hoppe. 109  Heiber, Walter Frank, S. 709, 730–733; Berg/Blaschke u. a., Die versammelte Zunft, Bd. 1, S. 275–284. 110  Brandi an Walther Holtzmann, 7. Oktober 1936 (zit. ebd., S. 278); an Albert Brackmann, 12. Oktober 1936 (NL Brackmann, 4/13). 111  Frank, Historie, S. 5. 112  Ebd., S. 22–38, bes. S. 30, 34. 113  Ebd., S. 5, 10 f. – Steding, Kulturgeschichte; Pleyer, Kräfte. Vgl. die ausführlichen Berichte von: Crämer, Der 19. Deutsche Historikertag; Botzenhart, Der 19. Deutsche Historikertag; Pasemann, Der 19. Deutsche Historikertag; Pirchan, Der 19. Deutsche Historikertag, sowie in der Tagespresse (Schumann, Die deutschen

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Historikertage, S. 411–429). – Zu Steding (»Wunderkind«: Heiber, Walter Frank, S. 508) vgl. Gabel, Seherische Wissenschaft; zu Grau und Pleyer vgl. Fahlbusch/Haar, Handbuch, S. 229–235, 601–607. 114  Ritter, Deutsche Geschichtswissenschaft, S. 130. 115  Broucek, General, Bd. 3, S. 484. – Schönwälder, Heinrich von Srbik; Pesditschek, Heinrich (Ritter von) Srbik, S. 292–297; Kraus, Kleindeutsch. 116  Brunner, Politik. – Zu Brunner vgl. Grothe, Zwischen Geschichte, S. 297–305; Blänkner, Otto Brunner. – Wien: Hans Hirsch an Edmund E. Stengel, 20. Juli 1937 (NL Stengel, Kasten 6). 117  Frank, Historie, S. 10; Westfälische Landeszeitung Rote Erde, 11. Juli 1937, Kunst und Wissenschaft: Das deutsche Geschichtsbild. 118  Heiber, Walter Frank, S. 615. 119  Ebd., S. 712; Behringer, Bauern-Franz, S. 119; Möhler, Reichsuniversität, S. 334. 120  Frank, Historie, S. 6; Berg/Blaschke u. a., Die versammelte Zunft, Bd. 1, S. 290. 121  Schumann, Die deutschen Historikertage, S. 432: Friedrich Meinecke, Willy Andreas, Robert Holtzmann, Percy Ernst Schramm u. a. m.; Berg/Blaschke u. a., Die versammelte Zunft, Bd. 1, S. 286: Alexander Cartellieri. – Erdmann: an Percy Ernst Schramm, 30. Mai 1937 (NL Eickermann, Korrespondenz); an Gerd Tellenbach, 6. Juni 1937 (NL Tellenbach, 230). 122  Frank, Historie, S. 10; ders., Christoph Steding, S. 672; Fritz Hartung an Richard Fester, 26. Mai 1939 (Hartung, Korrespondenz, S. 324 f.). Vgl. Heiber, Walter Frank, S. 508 f. 123  Crämer, Der 19. Deutsche Historikertag, S. 350 f.; Christ, Der andere Stauffenberg, S. 50, 167; »sympathisch«: Wilhelm Engel an Walter Frank über Rudolf Buchner, 14. März 1938 (NL Engel [München], 3/187). – Nach Heimpel zeugte Buchners Auftritt »weniger von Berechnung als […] von Dummheit« (Boockmann, Der Historiker, S. 56 Anm. 50); zu den Spätfolgen für Buchner vgl. Lerchenmueller, Geschichtswissenschaft,

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396 ANHANG S. 173 Anm. 509; Eckel, Hans Rothfels, S. 283 f.; Herde, Geschichtswissenschaft, S. 109, 130. 124  Höfler, Das germanische Kontinuitätsproblem. Zu Höfler vgl. H.-P. Zimmermann, Vom Schlaf, S. 201–221. 125  Botzenhart, Der 19. Deutsche Historikertag, S. 664; Pasemann, Der 19. Deutsche Historikertag, S. 223; Schumann, Die deutschen Historikertage, S. 420 f. Vgl. dazu Heiber, Walter Frank, S. 552 f., 713; Rexroth, Geschichte schreiben, S. 288; Tellenbach an Josef Fleckenstein, 23. Dezember 1989 (Entwurf; Bensheim, Institut für Personengeschichte, Sammlung Gerd Tellenbach [freundlicher Hinweis von Volkhard Huth]). – Zu Heimpels Verhalten an der Reichsuniversität Straßburg, an der er sich einerseits engagiert einbrachte, andererseits in heftige Konflikte geriet, die mit seiner christlichen Bindung zu tun hatten, vgl. Möhler, Reichsuniversität, S. 246 f., 330 f., 377 f. Opportunistisch (wenn nicht feige) agierte er, als er einmal den Namen Ludwig Quiddes verschwieg (Helmrath, Humanisten, S. 226 Anm. 66). 126  An Gerd Tellenbach, 6. Juni 1937 (Bd. 2, Nr. 69). 127  700 Jahre, S. 56 f., 65 f. 128  Winnig, Aus zwanzig Jahren, S. 185. 129  An Ernst Witte, 19. April, 25. Oktober 1936 (Bd. 2, Nr. 50, 56). – Witte an Yella Vulpius-Erdmann, 7. April 1945: »Carl hatte immer noch an ein Weiterleben der deutschen Kultur geglaubt« (ebd.). 130 Walter Grosse, Heinrich I. – unser Harzkönig, in: Zeitschrift des Harz-Vereins für Geschichte und Altertumskunde 70 (1937), S. 1–26. 131  Lüdtke/Müller-Rüdersdorf, Deutsche Männer, 43, 49; Lüdtke, König aller Deutschen. 132  Kroll, Utopie, S. 238 f.; Helzel, Ein König, S. 180 f.; Himmler/Wildt, Himmler privat, S. 280 mit Anm. 53; Westemeier, Himmlers Krieger, S. 202 f. Dass Himmler sich für die Wiedergeburt Heinrichs I. hielt, wird von Longerich, Heinrich Himmler, S. 845 Anm. 81, mit guten Gründen bezweifelt.

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133 W. Schulze, Der Quedlinburger Dom, S. 218; Halle, Heinrich I., S. 306 f. 134  Himmler, Rede; Longerich, Heinrich Himmler, S. 282 f. 135  Radig, Heinrich I, S. 10; Plassmann, König Heinrich, S. 199 f. Zu den Autoren vgl. Leube, Der Prähistoriker; Gajek, Joseph Otto Plassmann. – Germanien, August 1936, S. 225; Himmler, Rede, S. 17. 136  Radig, Heinrich I, S. 10; Cohn, Kein Recht, S. 337 (Eintrag vom 13. Juli 1936); Hermann Aubin an Gustav Aubin, 14. Dezember 1937 (Aubin, Briefe, S. 248). 137  Thoss, Heinrich I, S. 63–65; Lüdtke, König Heinrich I., S. 78; Lüdtke/Rüdersdorf, Deutsche Männer, S. 53. – Zu Thoß und Lüdtke vgl. Poliakov, Das Dritte Reich, S. 383–385; Haar, Historiker, S. 133–135, 156 f., 180, 185. 138  Übersetzung nach Becher, Heinrich I., S. 58. 139  SS-Leitheft 4, 3. Jg., Berlin 1937, S. 26, 55. Die Verfasser waren Johann von Leers und Hermann Löffler. Die »Leithefte« dienten zur weltanschaulichen Schulung der SS und lagen Himmler besonders am Herzen (Longerich, Heinrich Himmler, S. 324 f.). 140  Vgl. etwa Heimpel, Bemerkungen, S. 36–40; ebd., S. 5–12 zur Auseinandersetzung mit Lüdtke; dazu zustimmend: Albert Brackmann an Heimpel, 17. April 1937 (NL Brackmann, 11/236). 141  Harzer Tageszeitung / Blankenburger Kreisblatt, 9. März 1938. 142  Erdmann, Der ungesalbte König (1938), bes. S. 334–340 (Nachdruck 1968: S. 24–30). 143  Röckelein, Heinrichs I. Verhältnis. 144  Ms. germ. oct. 750, enthaltend Johann Winnigstedts Halberstädter und Quedlinburger Chronik. – Vgl. dazu Erdmann an Gerd Tellenbach, 17. Oktober 1937 (Bd. 2, Nr. 73). 145  Erdmann, Das Grab (1941), S. 76 (31); ders., Beiträge (II) (1943), S. 90 f. (66 f.). 146  Wäscher, Burgberg, S. 15, 99, spricht von einem »umfänglichen Aktenstück an Briefen« (o. Ä.). Offenbar ist davon nichts erhalten geblieben. Nachforschungen beim »Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt« sowie im

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Anmerkungen zu S. 251–263 397 NL Hermann Wäscher, der sich im Institut für Kunstgeschichte der Universität Halle-Wittenberg befindet, blieben ohne Ergebnis. 147 W. Schulze, Der Quedlinburger Dom; Besier, Neuheidnische Religiosität; Stahl, Königshof. 148  Ebd., S. 476. 149  Himmler, Rede, S. 5. 150  Magdeburg, Archiv der Evangelischen Kirche, Sonderakte, A 2356, Bl. 2: Maßnahmen zu einer weihevolleren Gestaltung der Heinrichskrypta (3. Februar 1936); Magdeburg, Landeshauptarchiv, Reg. Magdeburg, Abt. für Kirchen und Schulen XVI b, C 28 II, Bl. 15–127: Vereinbarung des Ministeriums für die kirchlichen Angelegenheiten mit dem Reichsführer SS (29. Januar 1938). 151  Longerich, Heinrich Himmler, S. 304–308. 152  An Gerd Tellenbach, 10. April 1938 (Bd. 2, Nr. 79). 153  Das Arbeitsgebiet der Abteilung R. A. III b, Vorgeschichte, im Rasse- und Siedlungshauptamt SS (18. September 1935); Unteruhldingen, Pfahlbaumuseum, Bestand Archiv Reinerth »SS«. Vgl. dazu Mahrsarski, Herbert Jankuhn, S. 282, 344; Halle, Ur- und Frühgeschichte, S. 128 f. – Angaben zu Höhnes Biographie und Dienststellung in: Berlin, BArch, NS 21/1578; R 9361/III/531544 (Lebenslauf, Fragebögen, Beurteilungen, SS-Stammrolle); Kater, Ahnenerbe, S. 80 f. – Zu Wiligut vgl. Longerich, Heinrich Himmler, S. 292–295. 154  Himmler, Rede, S. 17 f. 155  Voigtländer, Stiftskirche, S. 43 f. mit fehlerhafter Wiedergabe der Inschrift. Der Sarkophag wurde 2019 in der Ausstellung »Plötzlich König« im Quedlinburger Schlossmuseum gezeigt. Vgl. außerdem Lorentzen, Ideologische Usurpation, S. 17–19; Halle, 936, S. 17 f.; Stahl, Königshof, S. 48–482. 156  Quedlinburger Kreisblatt, Beilage 1. Juli 1937: »Die Gebeine König Heinrichs I. Wie der wissenschaftliche Nachweis erbracht wurde«; Das Schwarze Korps, 8. Juli 1937 (zit. Voigtländer, Stiftskirche S. 43). Zum

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Verlauf der »Weihestunde« vgl. Helzel, Ein König, S. 178–180. 157  Quedlinburg, Stadtarchiv, XI 363/I, Bl. 7–10. 158 Ebd., XI 363/V, Bl. 13 f., 16, 18–20. Vgl. W. Schulze, Der Quedlinburger Dom, S. 223–227; Lorentzen, Ideologische Usurpation, S. 18 f. 159  Quedlinburg, Stadtarchiv, XI 363/II, Bl. 157–167, 169, 177 f. 160  Ackermann, Heinrich Himmler, S. 62 Anm. 119; Voigtländer, Stiftskirche, S. 44 Anm. 63. – Goebbels, Tagebücher, I 4, S. 208 (Eintrag vom 3. Juli 1937). 161  Ebd., I 3/I, S. 280 (Eintrag vom 21. August 1935). 162  Erdmann an Gerd Tellenbach, 10. April 1938 (Bd. 2, Nr. 79). 163  Gerhard Fischer an Rolf Höhne, 29. März 1938 (Quedlinburg, Stadtarchiv, XI 363/I, Bl. 132 f.). 164  Zit. W. Schulze, Der Quedlinburger Dom, S. 233; Voigtländer, Stiftskirche, S. 42 Anm. 42. – Der Vorwurf basierte auf einer unkritischen Deutung der Vita Mathildis reginae posterior, Kap. 11. 165  Erdmann, Das Grab (1941), S. 38 (83). 166  Gerhard Fischer an den braunschweigischen Ministerpräsidenten Dietrich Klagges, 13. Dezember 1938 (Quedlinburg, Stadtarchiv, XI 363/III, Bl. 296); Voigtländer, Stiftskirche, S. 49. 167 Berlin, BArch, R/9361/III/531544: Personal-Bericht 1937. 168  Zu Höhnes weiterem Schicksal vgl. Halle, Heinrich I., S. 315 f. 169  Leopold, Die ottonischen Kirchen, S. 26–31, 49–52, 63 f.; Bethge, Das Grab. 170  Sievers, Diensttagebuch, Eintrag vom 18. August 1939 (München, Institut für Zeitgeschichte, NO 609, Ahnenerbe D 14); Kater, Ahnenerbe, S. 381 Anm. 202. – Zu Sievers, der angeblich als Kontaktmann des dubiosen Hielscher-Kreises im »Ahnenerbe« fungierte, vgl. Lehner, Friedrich Hielscher, S. 128–131; Reitzenstein, Himmlers Forscher, S. 46–66. 171 Berlin, BArch, NS 21/357 (E/11/e8: Carl Erdmann). 172  Erdmann, Das Grab (1941), S. 97 (52).

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398 ANHANG 173  Verzeichnis der Namen: Oberbürgermeister Selig an Höhne, 17. August 1937 (Quedlinburg, Stadtarchiv, XI 363/IV, Bl. 18). 174  Präsentation zuerst im Rahmen der Ausstellung »Auf den Spuren der Ottonen« im Schlossmuseum Quedlinburg 2004.

175 Hans-Joachim Lang, Eine Schädelstätte moderner Forschung, in: F.A.Z. 20. Februar 2019, S. N 3. 176  Kater, Ahnenerbe, S. 246; zu Hirts Verbrechen vgl. Möhler, Reichsuniversität, S. 662–671.

Forschung als Refugium 1  Vgl. die Vorlesungsverzeichnisse und Berichte in: Berlin, GStA PK, I. HA, Rep. 178, Nr. 240, 365, 366. 2  An Gerd Tellenbach, 18. März 1938 (Bd. 2, Nr. 78); an Paul Fridolin Kehr, 9. März 1935 (NL Kehr [GStA PK], 11/10). 3  An Ernst Witte, 19. April 1936 (Bd. 2, Nr. 50). 4  Vgl. oben S. 133 f. 5  An Gerd Tellenbach, 9. Februar 1936 (Bd. 2, Nr. 47); an die Erben, 29. September 1943 (Bd. 2, Nr. 182). 6  Vulpius, Mein Lebenslauf, S. 11; ferner mündliche Auskunft von Dr. Axel Vulpius; Anne-Marie Witte an Axel Vulpius, 15. März 1970 und 15. Dezember 1973 (Familienbesitz Vulpius) über Erdmanns Besuche bei ihren Eltern. Wahrscheinlich gehörte er zu den Skatfreunden Martin Havensteins, der als Pensionär in Blankenburg lebte und Erdmann durch Ernst Witte kennengelernt haben dürfte (vgl. Hammerstein, Deutsche Bildung, S. 174). 7  An Paul Fridolin Kehr, 12. September 1930 (München, Archiv der MGH, 338/243/121); an dens., 30. Dezember 1931 (Rom, Archiv des DHI, R 3, 17/163–164). 8  An Gerd Tellenbach, 8. März 1942 (Bd. 2, Nr. 123); Idylle: Johann Günther König, Friedo Lampe. Eine Biographie, Göttingen 2020, S. 316. 9  Curtius an Paul Egon Hübinger, 24. Oktober 1942 (Curtius, Briefe, S. 426). – Erdmann an Walther Holtzmann, 1. Juni 1941 (Bd. 2, Nr. 115); an Theodor Mayer, 5. August 1942; 28. August 1943 (München, Archiv der MGH, B 577/165; Bd. 2, Nr. 170); an Helmut Beumann, 24. August 1942 (Bd. 2, Nr. 134); an dens., 20. September 1942 (Bd. 2, Nr. 137); an Karl Langosch, 21. Oktober 1942 (München, Archiv der MGH, B 569/13); an Yella Vulpius-Erdmann, 12. Oktober 1944 (Bd. 2,

Nr. 206); R. Holtzmann, Tagebuch, Einträge zum 1. September 1942, 5. Januar 1943. 10  Vgl. die aufschlussreichen Briefe der Schwestern an ihre gemeinsame Freundin Lenore Kühn in deren Nachlass, 110–111 (1945/1946). 11  An Gerd Tellenbach, 27. Januar, 13. Oktober 1935 (Bd. 2, Nr. 26, 42). 12  An Gerd Tellenbach, 14. Juni 1936; 19. Mai 1938 (Bd. 2, Nr. 42, 80); an Percy Ernst Schramm, 25. November 1935 (Bd. 2, Nr. 44); an Peter Rassow, 25. November 1935 (Bd. 2, Nr. 45). 13  Menk, Landesgeschichte, S. 52–58. 14  An Ernst Witte, 19. April 1936 (Bd. 2, Nr. 50). 15  An Ernst Witte, 25. Oktober 1936 (Bd. 2, Nr. 56); an Gerd Tellenbach, 31. März 1940 (Bd. 2, Nr. 97). – Karfreitag: an Theodor Mayer, 24. April 1943 (München, Archiv der MGH, B 569/215). – Späte Heimkehr: Veronika Erdmann an Yella Vulpius-Erdmann, 12. Juli 1937, 29. Oktober 1941 (Familienbesitz Vulpius). 16  An Karl Brandi, 19. Januar 1937 (Bd. 2, Nr. 62); an Gerd Tellenbach, 24. Januar 1937 (Bd. 2, Nr. 63); an Johannes Ramackers, 2. April 1939 (Bd. 2, Nr. 87). 17  An Gerd Tellenbach, 16. Oktober 1939 (Bd.  2, Nr. 93). 18  An Gerd Tellenbach, 19. Dezember 1940 (Bd. 2, Nr. 103). – Mittagessen mit Kantorowicz, Perels und außerdem Peter Rassow: Notizen von Ernst Perels in Privatbesitz (Mitteilung von Christoph Perels, 19. Januar 2012). Zu Eugen Meyer vgl. König, Leben, S. 55 f. Mehrere Briefe Erdmanns beleuchten sein vertrauensvolles persönliches Verhältnis zu Eugen Meyer. 19 R. Holtzmann, Tagebuch, Einträge vom 28. Februar, 24. November 1942, 26. April 1943; Sproemberg an Erdmann, 26. Oktober

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Anmerkungen zu S. 264–272 399 1935 (NL Sproemberg, Nr. 140; freundlicher Hinweis von Simon Groth). Zum Falerner vgl. oben S. 104 20  An Percy Ernst Schramm, 25. November 1935 (Bd. 2, Nr. 44). 21  An Herbert Grundmann, 4. Juni 1936 (NL Grundmann, Bl. 58); an Gerd Tellenbach, 5. März, 13. Juli 1941 (Bd. 2, Nr. 111, 118). – Zu Ritters Buch vgl. Cornelissen, Gerhard Ritter, S. 316–326. Erdmann wurde durch eine Buchbesprechung auf das Werk aufmerksam. Vermutlich handelte es sich um die Anzeige von Walter Baum in: Geistige Arbeit 8, 3 (5. Februar 1941), S. 7. Dort wird dem Leser eine »Deutung des geistesgeschichtlichen Hintergrundes der modernen Machtkämpfe« in Aussicht gestellt. 22  NL Hermann Aubin, Nr. 51: Mitgliederverzeichnis 1937 (freundlicher Hinweis von Matthias Berg). – »Reich der Fußnoten«: Ernst, Im Namen, S. 177. 23  An Gerd Tellenbach, 23. November 1935; 9. Februar 1936 über Bernhard Schmeidler in Erlangen und Justus Hashagen in Hamburg (Bd. 2, Nr. 43, 47). 24  An Gerd Tellenbach, 4. August 1935, über Karl August Fink (Bd. 2, Nr. 38); zu Finks Verhältnis zum Nationalsozialismus vgl. Burkard, … ein ebenso rabiater Kirchenmann, bes. S. 459 f., 516–526. 25  An Gerd Tellenbach, 23. November 1935 (Bd. 2, Nr. 43). 26  An Gerd Tellenbach, 27. Januar 1935 (Bd. 2, Nr. 26). 27  Becher/Hen, Wilhelm Levison, S. 13, 295. 28  An Karl Hampe, 20. März 1935 (NL Hampe, III A – 85, Bl. 6). Zu Perels hielt Erdmann lange Kontakt: Im Besitz der Familie sind zwei seiner Bücher mit persönlicher Widmung erhalten (freundliche Mitteilung von Christoph Perels vom 19. Januar 2012). – Zu Joachimsen und Röhn vgl. oben S. 69–72. 29  An Gerd Tellenbach, 11., 24. September 1933 (Bd. 2, Nr. 3, 4) betr. Gerüchte um Hans-Walter Klewitz und ähnliche Fälle; Otto Meyer an Wilhelm Engel, 1. November 1938; W. Engel an O. Meyer, 3. November 1938 (NL Engel [Würzburg]) betr. Äußerungen P. F. Kehrs über Meyer. Vgl. oben S. 136 f.

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30  An Peter Rassow, 30. Oktober 1933 (Bd. 2, Nr. 5). 31  An Gerd Tellenbach, 1. Januar 1939 (Bd. 2, Nr. 84). 32 Veronika Erdmann(-Czapski), Cantaten, S. 61 f.: »Traumballade von der Weihnacht Neunzehnhundertachtunddreißig«. 33  An Gerd Tellenbach, 23. November 1935 (über Äußerungen Papst Pius’ XI. über den italienischen Krieg in Äthiopien); 22. November 1936 (Bd. 2, Nr. 43, 60). 34  An Gerd Tellenbach, 18. März 1938 (Bd. 2, Nr. 78). 35  An Gerd Tellenbach, 19. März 1939 (Bd. 2, Nr. 86). 36  An Hans Walther, 7. Juni 1941 u. ö. (München, Archiv der MGH, B 561 II/132 u. ö.); Walther an Erdmann, 3. Mai 1941 u. ö. (ebd., 103 u. ö.). Es ging um Walthers Beitrag zur Festschrift für Karl Strecker (Corona quernea, 1941). Erdmann redete ihm sowohl eine triumphierende Passage als auch eine Abbildung des Mont-Saint-Michel aus. Zu ­Walthers politischer Einstellung, die seinen Kollegen nicht verborgen blieb, vgl. Hausmann, Das Fach, S. 140–143. 37  An Walther Holtzmann, 1. Juni 1941 (Bd. 2, Nr. 115). 38  An Helmut Beumann, 14. Dezember 1941 (Bd. 2, Nr. 122). Zum Krieg gegen Polen als Wahnsinnstat: Norbert Fickermann an Theodor Schieffer über Erdmanns Gespräch mit Präsident Stengel (undatierter Entwurf im NL Eickermann, Korrespondenz). 39  An Gerd Tellenbach, 4. Februar 1940 (Bd. 2, Nr. 96). – Konzentrationslager, Kowno, Mörder, Pessimist: Veronika Erdmann an Yella Vulpius-Erdmann, 9. September 1941, 9. Februar, 2. Dezember 1943 (Familienbesitz Vulpius). 40  An Gerd Tellenbach, 29. September 1941 (Bd. 2, Nr. 120) über Gespräche mit seinem namentlich nicht genannten Gewährsmann (vermutlich Claus Grimm) über die Lage im Osten. – Feuersenger, Im Vorzimmer, S. 38; zur Kriegsgeschichtlichen Abteilung vgl. Pyta, Hitler, S. 313–324. 41  An Helmut Beumann, 10. August, 19. Oktober 1941; 6. April 1942 (Bd. 2, Nr. 119, 121, 125).

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400 ANHANG 42  An Helmut Beumann, 15. Januar 1941 (Bd.  2, Nr. 106). 43  An Helmut Beumann, 15. Juni 1941 (Bd. 2, Nr. 116); an Hans Walther, 7. Juni 1941: »um den 20. [Juni] herum« (München, Archiv der MGH, B 561 II/132). Schon im April hatte Erdmann den Krieg gegen die Sowjetunion vorausgesagt (an Helmut Beumann, 14. April 1941 [Bd. 2, Nr. 112]). 44  An Helmut Beumann, 10. August 1941, 25. März 1942 (Bd. 2, Nr. 119, 124). 45  An Gerd Tellenbach, 13. Juli 1941, über seinen Vorgesetzten Edmund E. Stengel, der ihm Vorhaltungen machte (Bd. 2, Nr. 118). 46  Vgl. dazu Karl Schlögel, Das sowjetische Jahrhundert. Archäologie einer untergegangenen Welt, München 32018, S. 511. 47  An Gerd Tellenbach, 8. März 1942; 19. September 1943 (Bd. 2, Nr. 123, 177). Vgl. auch R. Holtzmann, Tagebuch, über Gespräche mit Erdmann: Einträge vom 28. Februar 1942 (zu Japan, USA, England und Russland), 25. Januar (zur »russischen Katastrophe«), 4. März (zur Dauer des Kriegs), 14./15. Juni 1943 (zur Bombardierung Siziliens). 48  Veronika Erdmann an ihre Töchter Yella und Veronika, undatiert (Familienbesitz Vulpius). 49  Tellenbach, Entstehung, S. 5 f., 10. 50  An Gerd Tellenbach, 21. Januar, 30. Dezember 1934 (Bd. 2, Nr. 8, 23). 51  An Gerd Tellenbach, 22. November 1936 (Bd. 2, Nr. 60). 52  An Gerd Tellenbach, 13. Juli 1941 (Bd. 2, Nr. 118); Tellenbach, Entstehung, S. 6. 53  An Gerd Tellenbach, 14. Juni 1936 (Bd. 2, Nr. 52); an Walther Holtzmann, 6. Mai 1940 (Bd. 2, Nr. 98). 54  An Gerd Tellenbach, 27. Oktober 1936 (Bd. 2, Nr. 57). 55  An Gerd Tellenbach, 14. Juni 1936; 1. Januar 1939 (Bd. 2, Nr. 52, 84). – Zu Hampe vgl. Reichert, Gelehrtes Leben, S. 286 f. 56  An Gerd Tellenbach, 4. September 1938 (Bd. 2, Nr. 83). – Ähnlich Otto Schumann an Martin Havenstein, 2. Dezember 1940; 30. April 1944 (Hammerstein, Deutsche Bildung, S. 128, 232).

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57  An Ernst Witte, 19. April 1936 (Bd. 2, Nr. 50). – Friedrich Nietzsche, Die fröhliche Wissenschaft, IV 283. Zum Zeitgeist vgl. Sternberger, Das glückliche und das gefährliche Leben; Löwith, Mein Leben, S. 3. 58  An Gerd Tellenbach, 30. Dezember 1939 (Bd. 2, Nr. 95). 59  An Johannes Ramackers, 2. April 1939 (Bd. 2, Nr. 87); an Federico Serafini, 12. Juli 1942 (Bd. 2, Nr. 129); Reichert, Herr und Knecht, S. 205–208, 212. 60  Paul Fridolin Kehr an Karl Brandi, 19. November 1932 (NL Brandi, 44/51). 61  Kehr an Erdmann, 16. Oktober 1934 (NL Kehr [GStA PK], 11/8). 62  Zu F. Bock vgl. die Nachrufe von J. König in: Niedersächsisches Jb. für Landesgeschichte 35 (1963), S. 305–308, und Gottfried Opitz in: HZ 201 (1965), S. 522– 524. – Schott, Josef Friedrich Abert, sowie Aberts Dankschreiben an Kehr, 8. März, 26. Dezember 1936 (NL Kehr [BBAW], 1). 63 Vgl. Reichert, P. F. Kehrs Begräbnis. 64  An Gerd Tellenbach, 25. Dezember 1937 (Bd. 2, Nr. 76). 65  An Gerd Tellenbach, 18. Juli 1942 (Bd. 2, Nr. 130). 66  An Gerd Tellenbach, 11. September 1933; 16. August 1942 (Bd. 2, Nr. 3, 133). 67  P. F. Kehr an den preußischen Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung, 25. April 1922 (zit. Schubert, Zum Wirken, S. 443). 68  Kriese, Albert Brackmann, S. 32. 69 Vgl. Huth, Proteus, S. 71 f. 70  Noch im Februar 1933 hatte Kehr gegenüber Otto Meyer prophezeit, dass bei den Reichstagswahlen die Wahlwerbung der Oppositionsparteien mit Terror überzogen würde (Otto Meyer an Kehr, 22. Februar 1933 [NL Kehr, GStA PK, 23/661–662]). 71  An Gerd Tellenbach, 11., 24./25. September 1933 (Bd. 2, Nr. 3, 4); Weiss, Paul Kehr, S. 56. 72  Tellenbach, Zur Geschichte, S. 207 f. 73  An Gerd Tellenbach, 3. Juni, 25. Juli, 15. Dezember 1934; 27. Januar 1935 (Bd. 2, Nr. 11, 14, 20, 26); Kehr an Erdmann, 16. Oktober 1934 (NL Kehr [GStA PK], 11/8). 74  Rader, Unter Aufsicht; Neugebauer, Zum historischen Kontext, S. 128–130.

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Anmerkungen zu S. 272–281 401 75  Erdmann an Gerd Tellenbach, 24. Oktober 1937; 1. Januar 1939 (Bd. 2, Nr. 74, 84); an Johannes Ramackers, 2. April 1939 (Bd. 2, Nr. 87). 76  An Johannes Ramackers, 2. April 1939 (Bd. 2, Nr. 87). – Zu Kehrs Anwandlungen vgl. etwa den Briefwechsel mit Friedrich Meinecke von Oktober/November 1937 (Holtzmann, Briefwechsel). Er neigte schon lange zu »resignierten Übertreibungen« (Tellenbach, Zur Geschichte, S. 207). 77  An Gerd Tellenbach, 13. Oktober 1935; dazu an dens., 9. Mai 1935 (Bd. 2, Nr. 42, 34). 78  So etwa der Vertrag im NL Peter Rassow, 133. 79  Erdmann an Tellenbach, 20. Dezember 1936 (Bd. 2, Nr. 61). 80  Vian, I fratelli, S. 802 f. 81  Erdmann an Tellenbach, 24. Januar 1937 (Bd. 2, Nr. 63). 82  Kehr an den Präsidenten der Gelehrten Gesellschaft zu Göttingen, 11. Juli 1940 (Göttingen, Niedersächs. Staats- und Universitätsbibl., Archiv der Akademie der Wissenschaften, Scient 165,7). – Bock an Kehr, 14. Mai 1940 (NL Kehr [GStA PK], 4/422). – Erdmanns »Brandbrief« an Brandi, 19. Januar 1937 (Bd. 2, Nr. 62); vgl. dazu Brandi an Kehr, 20. Januar 1937 (NL Kehr [GStA PK], 7/821 f.; Kehr an Wilhelm Engel, 7. Juli 1937 (NL Engel [Würzburg], 1935 A–Z, ungeordnet). – »Rückhaltloser Verehrer«: Erdmann an Gerd Tellenbach, 11. September 1933 (Bd. 2, Nr. 3). 83  Zeugnis des Blankenburger Oberstudienrats Friedrich Steinhoff vom 15. Januar 1945 über eine Abendgesellschaft am 3. Juli 1944; Erklärung Karl August Eckhardts vom 4. Oktober 1948; Albert Brackmann an Leo Santifaller, 12. Oktober 1948 (NL Santifaller, 6–19). 84  Zur Anzeige vgl. die undatierten Notizen Edmund E. Stengels (NL Stengel, Kasten 6; »Oberschurke«: Kehr, Liber Vitae (März 1941). – In einem Gespräch mit Karl Brandi wies Kehr noch einmal auf Erdmanns Fähigkeiten hin (Aktennotiz vom 5. Juni 1942 [NL Bock, 103a]).

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85  Sproemberg, Geschichte des frühen Mittelalters (476–918) (Vorlesungstyposkript 1946), S. 29 f. (NL Sproemberg, Nr. 94). 86  Kehr an Hans Hirsch, 9. Januar 1935 (NL Kehr [GStA PK], 17/656; Stoy, Das Österreichische Institut, S. 115). – Zu K. A. Eckhardt ausführlich: Lösch, Der nackte Geist, S. 405–426; Niemann, Karl August Eckhardt; Mentzel-Reuters, Das Reichsinstitut, S. 21–34. 87  Erdmann an Friedrich Baethgen, 12. November 1934 (Bd. 2, Nr. 17); an Tellenbach, 15. Dezember 1934 (Bd. 2, Nr. 19); Theodor Mayer an Albert Brackmann, 22. August 1946 (NL Mayer, 15/49). – »Beutegeier«: so Kehr nach: Erdmann an Tellenbach, 30. Dezember 1934 (Bd. 2, Nr. 23). 88  Hruza, Eine zwiespältige Angelegenheit. 89  Erdmann an Kehr, 21. Oktober 1934 (Bd. 2, Nr. 16). Vgl. dazu Günther Franz, Über Historische Kommissionen, in: Geistige Arbeit 1 (1934), S. 4 f. 90  Karl Brandi an Erdmann, 20. Dezember 1934 (NL Brandi, 1/197); Erdmann an Brandi, 30. Dezember 1934 (Bd. 2, Nr. 22). Vgl. dazu Berg/Blaschke u. a., Die versammelte Zunft, Bd. 1, S. 260 f. 91  Erdmann an Tellenbach, 13. Oktober 1935 (Bd. 2, Nr. 42); an Percy Ernst Schramm, 25. November 1935 (Bd. 2, Nr. 44). 92  Heiber, Walter Frank, S. 857–867; Lösch, Der nackte Geist, S. 412–420; Niemann, Karl August Eckhardt, S. 167–170; Mentzel-Reuters, Das Reichsinstitut, S. 23–27. – Ablehnung durch den Führer: Wilhelm Engel an Edmund E. Stengel, 2. Juni 1937 (NL Engel [Würzburg]; NL Stengel, Kasten 19). 93  Engel an Frank, 25. August 1936; Frank an Engel, 5. August 1936 (NL Engel [Würzburg], Ordner Frank). – Zu Engels Biographie ausführlich Bünz, Ein Historiker; ders., Wilhelm Engel. 94  Erfurt: Engel an Erich von Guttenberg, 12. Dezember 1936; an Edmund E. Stengel, 30. Dezember 1936 (NL Guttenberg, II 279; NL Engel [Würzburg]). Vgl. dazu Berg/ Blaschke u. a., Die versammelte Zunft, Bd. 1, S. 285. – Über Frank: Engel an NSD-Dozentenbund, 28. Februar 1937 (NL Engel [München], Bd. 6/69).

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402 ANHANG 95  Hans Hirsch an Edmund E. Stengel, 23. Dezember 1937 (NL Stengel, Kasten 6); Albert Brackmann an Stengel, 21. Oktober 1937 (ebd., Kasten 5); Bünz, Ein Historiker, S. 266 f. nach Fuhrmann, Sind eben alles, S. 64. 96  Erdmann an Tellenbach, 24. Oktober 1937 (Bd. 2, Nr. 74). 97  An Tellenbach, 14. Juni 1936; 29. April 1937 (Bd. 2, Nr. 52, 67). 98  An Tellenbach, 25. Dezember 1937 (Bd. 2, Nr. 76). 99  An Ernst Witte, 19. April 1936 (Bd. 2, Nr. 50); an Tellenbach, 6. Juni 1937 (Bd. 2, Nr. 69). 100  An Tellenbach, 24. Januar 1937 (Bd. 2, Nr. 63). 101  Lerchenmueller, Geschichtswissenschaft, S. 226. 102  Ernst Klebel an Engel, 21. Dezember 1940; 25. März 1942 (NL Engel [Würzburg], A–Z ungeordnet); Josef Abert an Engel, 3. April 1942 (ebd., Ordner A). 103  Erdmann an Tellenbach, 25. Dezember 1937 (Bd. 2, Nr. 76). 104 Vgl. Heinemeyer, Edmund E. Stengel; Markus Wesche in: NDB 25 (2013), S. 245–247; zu Stengels Präsidentschaft: Mentzel-Reuters, Das Reichsinstitut, S. 34–40. – Schäfer, Aus den Papieren, S. 344. 105  Heiber, Walter Frank, S. 924–926. 106  München, Archiv der MGH, B 546/20– 21; K 62/1–2; vgl. Mentzel-Reuters, Das Reichsinstitut, S. 32. 107 Nik. Becker, Jüdische und jüdischstämmige Mitarbeiter, S. 468–472; Friedrich, Historische Kommission, S. 49–52; im Weltkrieg: Wettmann, Heimatfront, S. 352–354. 108  Baumbach, Von den »weltanschaulichen Kämpfen«. – Erdmann an Tellenbach, 25. Dezember 1937 (Bd. 2, Nr. 76). – Zu Lothar Stengel-von Rutkowski, SS-Sturmbannführer und »Rassehygieniker« in Jena, vgl. Grüttner, Biographisches Lexikon, S. 168; Sennholz, Johann von Leers, S. 217–228. 109 Nik. Becker, Jüdische und jüdischstämmige Mitarbeiter, S. 497–501; Martina

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Hartmann/Benedikt Marxreiter, Gute Beziehungen zur NS-Führung? in: Mittelalter lesbar machen, S. 220–225; Hartmann, Es musste, S. 137 f.; dies., Die Stunde der Frauen, S. 667. – Zu Datum und Begründung des Parteieintritts vgl. Nagel, Im Schatten, S. 37; Friedrich, Historische Kommission, S. 50 f. 110  Erdmann an Tellenbach, 17. Oktober, 25. Dezember 1937; 10. April, 4. September 1938 (Bd. 2, Nr. 73, 76, 79, 83). 111  Engel an Stengel, 20., 27. Dezember 1937; Stengel an Engel, 25. Dezember 1937 (NL Engel [Würzburg], 1935, A–Z, ungeordnet; NL Stengel, Kasten 9, 19). 112  Erdmann an Tellenbach, 25. Dezember 1937 (Bd. 2, Nr. 76). 113  Erdmann an Tellenbach, 13. Juli 1941 (Bd. 2, Nr. 118). 114  NL Stengel, Nachtrag 4, Nr. 1. 115  Stengel, Grabschrift. 116  Stengel an Theodor Mayer, 23. November 1951 (NL Stengel, Kasten 21). Zur Edition, deren Vorwort ebenfalls die SS-Runen zieren, vgl. Mentzel-Reuters, Das Reichsinstitut, S. 52 f. 117  Erdmann an Stengel, 10. November 1942; 31. Januar, 22. August 1943 (Bd. 2, Nr. 140, 144, 165); Stengel an Erdmann, 23. Januar, 8. August 1943 (NL Stengel, Kasten 69). – Stengel, Zum Prozeß; Erdmann, Prozeß (1944). 118  Johannes Haller an Heinrich Dannenbauer, 24. August 1941 (Haller, Briefe, Nr. 336 S. 559). 119  Stengels Amtsantritt: im Gespräch mit Walter Frank (München, Archiv der MGH, B 546/20–21; K 62/1–2); Theodor Mayer an Rudolf Mentzel (REM), 16. November 1942 (NL Mayer, Varia 43). – Möglichkeiten in Wien: Ernst Klebel an Wilhelm Engel, 21. Dezember 1940 (NL Engel [Würzburg], 1935, A – Z, ungeordnet). – Berlin: Stengel an Theodor Frings, 1. April 1943 (zit. Schäfer, Aus den Papieren, S. 344). 120  Stengel an Theodor Mayer, 15. Januar 1943 (NL Mayer, 13/162; NL Stengel, Kasten 21). 121  Erdmann an Tellenbach, 24. Oktober, 25. Dezember 1937 (Bd. 2, Nr. 74, 76); Protokoll der Aussage von Margarete

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Anmerkungen zu S. 282–290 403 Hermeking, August 1940 (NL Stengel, Kasten 6). Ähnlich die anonyme Aufzeichnung eines Gesprächs mit Kehr vom 5. September 1940 (ebd.). 122  Erdmann an Tellenbach, 19. Dezember 1940 (Bd. 2, Nr. 103). Dazu ausführlich Rohloff, Sie haben. 123  Kehr an Theodor Mayer, 11. Mai 1942 (NL Mayer, 13/66b). Vgl. Stengel an Wilhelm Engel, 28. August 1941: »[…] bin den alten Sünder dabei losgeworden« (NL Stengel, Kasten 19). 124  Vgl. Ernst Klebel an Wilhelm Engel, 25. März 1942: »Man braucht fast so viel Scharfsinn zur Enträtselung solcher Gegenwartsfragen, als zur Lösung von Besitzgeschichte und Stammtafeln im 12. Jahrhundert« (NL Engel [Würzburg], 1935, A–Z, ungeordnet). 125  W. Stach an Bernhard Bischoff, 3. November 1948; an Gerd Tellenbach, 9. Juli 1949 (zit. Hausmann, Das Fach, S. 263 f., 260 Anm. 683); ebd., S. 230–266 ausführlich zu Walter Stach; ferner Möhler, Reichsuniversität, S. 346–348. – Walter Stach, Bemerkungen zu den Gedichten des Westgotenkönigs Sisebut, in: Corona quernea, S. 74–96. Vgl. dazu Erdmann an Gerd Tellenbach, 13. Juli 1941 (Bd. 2, Nr. 118); an Helmut Beumann, 10. August 1941 (Bd. 2, Nr. 119); Ärger: an Ernst Schulz, 16. Juli 1941 (München, Archiv der MGH, 561 II/193); ebd., 1–252 der gesamte Schriftwechsel zur Festschrift. 126  Hehl, Sachsens Landesuniversität, S. 252, 376. 127  An Fritz Rörig, 1., 13. August 1939; 4. August 1940 (Bd. 2, Nr. 90, 92, 99). – Zu Rörig im Nationalsozialismus vgl. Noodt, Fritz Rörig (Zitat aus einer Beurteilung durch die NS-Dozentenschaft: S. 178); Reinhard Paulsen, in: Fahlbusch/Haar, Handbuch, S. 485–488; Groth/Höhn, Unwiderstehliche Horizonte, S. 336–342, 345–347; König, Leben, S. 57–66. 128  An Gerd Tellenbach, 24. Januar 1937 (Bd. 2, Nr. 63). 129  Fritz Hartung an Richard Fester, 29. März 1937 (Hartung, Korrespondenz,

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Nr. 128 S. 304). Zu Rörigs Reizbarkeit vgl. Noodt, Fritz Rörig, S. 62. 130  An Gerd Tellenbach, 13. Juli 1941 (Bd. 2, Nr. 118). – Vgl. etwa Erdmanns briefliche Auseinandersetzung mit Percy Ernst Schramm, 30. Mai 1937 (Bd. 2, Nr. 68), für Karl Jordan ein »Titan« (an Dietrich von Gladiß, 5. Mai 1940 [NL v. Gladiß, 1]). 131  Friedrich Baethgen an Hermann Aubin, 8. September 1957 (zit. Nagel, Im Schatten, S. 218). 132  H. Büttner an Theodor Mayer, 27. Oktober 1943 (NL Mayer, 26/41). 133  Veronika Erdmann an Yella Vulpius-Erdmann, undatiert (ca. 1941/42; Familienbesitz Vulpius). 134  Dietrich von Gladiß an Edmund E. Stengel, 10. November 1938 (NL v. Gladiß, 1: Allgemeine Korrespondenz; NL Stengel, Kasten 5); Erdmann an Tellenbach, 19. Mai, 5. Juni 1938, 1. Januar 1939 (Bd. 2, Nr. 80, 82, 84); Gladiß an Tellenbach, 29. Mai 1938 (NL v. Gladiß, 1). 135  Erdmann an Helmut Beumann, 25. März 1942 (Bd. 2, Nr. 124); an Dietrich von Gladiß, 17. Januar 1943 (Bd. 2, Nr. 142). – Karl Jordan, Dietrich von Gladiß, in: DA 8 (1951), S. 253 f. 136  An Paul Egon Hübinger, 19. März 1943 (Bd. 2, Nr. 146); an Theodor Schieffer, 24. März 1943 (München, Archiv der MGH, B 572/110). 137  An Theodor Mayer, 31. August 1943 (Bd. 2, Nr. 172); Th. Schieffer, Urkunden, S. VII–XV; Fuhrmann, Theodor Schieffer; Jakobs, Theodor Schieffer; Grosse, Theodor Schieffer, S. 124–126, 131. 138 K. Jordan in: HZ 176 (1953), S. 109; Karl Jordan an Yella Vulpius-Erdmann, 16. Februar 1946 (München, Archiv der MGH, B 685). – Fuhrmann, Menschen und Meriten, S. 296 f. 139  Fickermann an August Schulte, 23. November 1934 (NL Eickermann, Korrespondenz). – Zu Norbert Fickermann (Eickermann) vgl. Löer, Ein Gelehrtenleben; Hausmann, Das Fach, S. 82–85. Erdmanns Zusammenarbeit mit ihm reicht weit zurück (vgl. Erdmann, Die Briefe Meinhards [1932], S. 333 Anm. 1).

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404 ANHANG 140  Nonn, Theodor Schieder, S. 56; Pfeil, Paul Egon Hübinger, S. 240; Winter, Die deutsche Archivwissenschaft, S. 379. 141  Pape, Von Preußen, S. 26. 142  Erdmann an Helmut Beumann, 25. März 1942 (Bd. 2, Nr. 124). – Zu Zipfel vgl. Weiser, Geschichte, S. 144–212; Kriese, Albert Brackmann; in der Archivarsausbildung: Winter, Die deutsche Archivwissenschaft, S. 213 f. – »Nazikomment«: Schultze, Meine Erinnerungen, S. 61. 143  Erdmann an Hübinger, 7., 19. März 1943 (Bd. 2, Nr. 145, 146); Pfeil, Paul Egon Hübinger, S. 244 f. 144  Ebd., S. 259; Nik. Becker, Jüdische und jüdischstämmige Mitarbeiter, S. 459 f. 145  Walter Möllenberg an Edmund E. Stengel, 18. März 1943 (NL Stengel, Kasten 21). 146  Kittel/Beumann/Erdmann, Briefsiegel; die Briefe Erdmanns im NL Beumann. 147  So Beumann über sich selbst an Edmund E. Stengel, 10. Dezember 1941 (NL Stengel, Kasten 18). 148  Beumann, Widukind; Petersohn, Helmut Beumann, S. 10 f. 149 Richard Tüngel, Das gewaltigste deutsche Geschichtswerk, in: Die Woche 36, 23 (9. Juni 1934), S. 632–634, XIII; ähnlich in: Arbeit und Wehr 7 (1937), S. 26–27, sowie in: Hamburger Tageblatt, 6. Februar 1937. 150  Edmund E. Stengel an Walther Holtzmann, 1. August 1941; an Wilhelm Engel, 28. August 1941 (NL Stengel, Kasten 9, 19). 151  Zum Folgenden ausführlich: Hartmann, Aus der Reichshauptstadt; dies., Es musste; dies., Die Stunde der Frauen. 152  W. Holtzmann an Theodor Mayer, 20. Juli 1946 (NL Mayer, 15/120); an Norbert Fickermann, 6. November 1946 (NL Eickermann, Korrespondenz): »Analpha­ betinnen – mit Ausnahme der Tipse«, die man »abhalftern« könne. Vgl. Hartmann, Die Stunde der Frauen, S. 695 f. 153  Erdmann an Paul Fridolin Kehr, 9., 17. September 1931 (Rom, Archiv des DHI, R 3, 17/155, 156–159); an Lotte Hüttebräuker, 26. Oktober 1931 (München, Archiv der MGH, 338/24); an Walther Holtzmann,

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30. Dezember 1931 (NL Holtzmann, 41); Erdmanns Gutachten im NL Schaller/Heller, Mappe 231. – Zu E. Heller vgl. Kümper, Historikerinnen, S. 100. 154  An Paul Fridolin Kehr, 22. Dezember 1927; 21. November 1928 (Rom, Archiv des DHI, R 3, 17/57, 96); an Gerd Tellenbach über portugiesische Forschungen einer Schülerin Heinrich Finkes, 12. August 1939 (Bd. 2, Nr. 91). 155  Margarete Kühn an Hermann Heimpel, 21. August 1984: »[…] außer Dr. Erdmann der sich für die Probleme meiner Arbeit interessierte, hatte ich niemand, mit dem ich sprechen konnte« (NL Heimpel, E 1: 843); Hartmann, Erinnerungen, S. 231; dies., Aus der Reichshauptstadt, S. 37–39; dies., Die Stunde der Frauen, S. 676–683, 690–692 sowie dies., Notizen. – Ich danke Martina Hartmann für die freundliche Überlassung ihrer »Notizen«. Erdmann gab Peeck den Rat, sich an Heinz Zatschek in Prag zu wenden: Peeck an Zatschek, 11. September 1943 (NL Zatschek, Nr. 117; freundlicher Hinweis von Karel Hruza). 156 Thea Vienken, Die Pertzschen Formularbuchfragmente, in: AUF 18 (1944), S. 164–195; vgl. Erdmann an Karl Brandi, 23. Juni, 3. Juli 1943 (NL Brandi, 64/198, 202). 157 Otto Meyer, Lotte Hüttebräuker, in: DA 8 (1951), S. 257 f.; Hartmann, Die Stunde der Frauen, S. 669–676. 158  Hartmann, Es musste, S. 146. 159 Vgl. Reichert, Gelehrtes Leben, S. 280 (zu Tellenbach); dazu auch Nagel, Gerd Tellenbach, S. 88 f. 160  So im Rückblick Norbert Fickermann an Johannes Ramackers, 18. November 1946; 5. September 1949; an Theodor Schieffer (undatierter Entwurf) (NL Eickermann, Korrespondenz). 161  An Friedrich Baethgen, 9. November 1936 (Bd. 2, Nr. 59). – Zum Vater vgl. oben S. 46–49. 162  Ritter, Deutsche Geschichtswissenschaft, S. 131. Vgl. Hermann Heimpel (der mit Ritter befreundet war) über dessen Taktlosigkeiten (Aspekte, S. 270 f.).

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Anmerkungen zu S. 290–298 405 163  Walther Holtzmann an Paul Fridolin Kehr, 10. Dezember 1934 (NL Kehr [GStA PK], 18/822). 164  Löer, Ein Gelehrtenleben, S. 16; Th. Schieffer, Adnotationes, S. 237. Vgl. Fuhrmann, Sind eben alles, S. 91, 99 f.; Petersohn, Reichsinstitut; Oberling, Ernst Perels, S. 196–201. 165  Schramm, Krönung, S. 201; ders., Der »Salische Kaiserordo«, S. 392; Heimpel, Bemerkungen, S. 23, 38; Erdmann an Gerd Tellenbach, 11. Mai 1934 (Bd. 2, Nr. 10); an Percy Ernst Schramm, 30. Mai 1937 (Bd. 2, Nr.  68). – Erdmann an Karl Jordan, 4. Februar 1941 (München, Archiv der MGH, B 568/35) (zu Karl Jordan, Das »Testament« Heinrichs des Löwen und andere Dictamina auf seinen Namen, in: Corona quernea, S. 367–376). 166  An Jakob Werner, 19. April 1941 (München, Archiv der MGH, B 561 II/89). – Vermittlung, Beschwichtigung etc.: an Paul Egon Hübinger wegen Heinrich Sproemberg, 19. März 1943 (Bd. 2, Nr. 146); an Gerd Tellenbach wegen Martin Lintzel, 13. Juli 1941, 24. Oktober 1942 (Bd. 2, Nr. 118; NL Tellenbach, 230); an Dietrich von Gladiß wegen Robert Holtzmann, 17. Januar 1943 (Bd. 2, Nr. 142); an Martin Lintzel wegen Gerd Tellenbach, 3. August 1943 (Bd. 2, Nr. 158); an Helmut Beumann wegen Walther Holtzmann, 28. Mai 1939 (NL Beumann); an Gottfried Opitz, 16. Juli 1939 (Bd. 2, Nr. 89); Hartmann, Erinnerungen, S. 231 (wegen Kühne/Baethgen). 167  An Eugen Meyer, 27. August 1944 (Bd. 2, Nr. 202); an Gerd Tellenbach, 4. September 1944 (Bd. 2, Nr. 204). Weitere Briefe, die er in einem Schreiben an Yella Vulpius-Erdmann vom 12. September 1944 (Bd. 2, Nr. 205) erwähnt, sind offenbar verloren gegangen. 168  An P. F. Kehr, 7. Juni 1930 (NL Kehr [BBAW], Nr. 7); an Walter Holtzmann, 25. Juni 1930 (NL Holtzmann, 50); an Peter Rassow, 28. März 1931 (NL Rassow, 194). Vgl. oben S. 110, 295 f. 169  An P. F. Kehr, 13. Juni 1932 (Rom, Archiv des DHI, R 3, 17/172). 170  Vgl. oben S. 130.

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171  An Gerd Tellenbach, 9. Februar 1936 (Bd. 2, Nr. 47); an Erich von Guttenberg, 15. Januar 1936 (NL Guttenberg, II 279). – Vgl. Erdmanns Aufsätze: Zu den Quellen (1935); Bamberger Domschule (1936); Anfänge (1936); Tribur (1937); Gregor VII. (1937/38); Untersuchungen (1939); Erdmann/ Gladiss, Gottschalk (1939). 172  Beide Sammlungen wurden erst in der jüngsten Vergangenheit von Klaus Nass (2017) bzw. Martina Hartmann (2012) kritisch ediert. 173  An Helmut Beumann, 6. April 1942 (Bd. 2, Nr. 125). 174  Hans Hirsch an Paul Fridolin Kehr, 30. Mai 1933 (NL Kehr [GStA PK], 17/607 f.). 175  An Gerd Tellenbach, 13. Oktober 1935; 20. Dezember 1936 (Bd. 2, Nr. 42, 61); an Erich von Guttenberg, 15. Januar 1936 (NL Guttenberg, II 279). 176  Erdmann, Studien (1938), Vorwort. 177  Ebd.; an Gerd Tellenbach, 10. April 1938 (Bd. 2, Nr. 79). – Stengels Antrag vom 22. Dezember 1937: Berlin, BArch, R 73/10924. Vgl. dazu Erdmanns Exposé, das das Wort »Kampf« nicht enthält (München, Archiv der MGH, B 561 I/11). 178  Vgl. die Rezensionen: Dietrich von Gladiss in: Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte 16 (1939), S. 299–301; E. Jordan in: Revue d’Histoire Ecclésiastique 35 (1939), S. 567–569; Studi Medievali N. S. 11 (1938), S. 231; Hans-Walter Klewitz in: Göttingische Gelehrte Anzeigen 204 (1942), S. 141–151. 179 B. Schmeidler in: HZ 163 (1941), S. 13–141; Erdmanns »Erklärung«, ebd., S. 672 f.; Schmeidlers »Erwiderung«, ebd., S. 673 f. — Zu Schmeidler vgl. Herbers, Von Venedig. 180  »Pathologisch«: Walther Kienast an Friedrich Baethgen, 29. November 1940 (NL Baethgen). – Schmeidlers Methode: Erdmann an W. Holtzmann, 30. Juni 1930 (NL Holtzmann, 41). – Eigentumsanspruch: Schmeidler an Paul Fridolin Kehr, 29. September 1935 (NL Kehr [GStA PK], 30/297). 181 H.-W. Klewitz in: Göttingische Gelehrte Anzeigen 204 (1942), S. 149–151 mit Berufung auf Schmeidlers merkwürdige Schrift: Über

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406 ANHANG die Aufgaben und Pflichten der wissenschaftlichen Kritik, Erlangen 1935. 182  Erdmann, Briefsammlungen (1940), S. 441. 183  Helmut Beumann erwog, sich über die Anfänge der Artes dictandi in Deutschland zu habilitieren (Erdmann an Beumann, 16. Februar, 14. April 1941, 20., 28. September 1942 [NL Beumann; Bd. 2, Nr. 108, 112, 137]). Aufsätze von Botho Odebrecht und Thea Viencken konnte Erdmann im Archiv für Urkundenforschung unterbringen (an Karl Brandi, 2. September 1935; 23. Juni 1943 [NL≈Brandi, 60/338; 64/198). 184  Erdmann an Gerd Tellenbach, 30. Dezember 1939 (Bd. 2, Nr. 95); an Erich von Guttenberg, 8. Februar 1940 (NL Guttenberg, II 282); an Norbert Fickermann, 16., 23. Februar 1941, 5. August 1942 (Bd. 2, Nr. 109, 110, 132); an Fritz Weigle, 9. Januar 1943 (München, Archiv der MGH, B 558/266); Stengels »Fimmel«: Fickermann an Johannes Ramackers, 17. Februar 1946 (NL Eickermann, Korrespondenz); »Marzipantorte: Peter Rassow an Erdmann, 28. Oktober 1933 (NL Rassow, 98). – Erdmann/Fickermann (Hg.), Briefsammlungen (1950). 185  An Tellenbach, 29. September 1941 (Bd. 2, Nr. 120). 186  Erdmann, Briefsammlungen (1940), S. 414. 187  An Martin Lintzel, 18. April 1943 (Bd. 2, Nr. 149). 188  Erdmann, Briefsammlungen (1940), S. 416. 189  Erdmann, Studien, S. 101–116, Zitat S. 116. 190 Vgl. Erdmanns Aufsätze: Fabulae curiales (1936); Gunther von Bamberg (1936); Konrad II. (1940); Leonitas (1941); Entstehungszeiten (1941). 191 E[dward] S[chröder] in: Anzeiger für deutsches Altertum und Literatur 57 (1938), S. 183 f. 192  An Walter Stach, 22. April 1941 (Bd. 2, Nr. 113). 193  Otto Schumann an Martin Havenstein, 31. Dezember 1941 (NL Schumann, Brief Nr. 54); an Norbert Fickermann, 20. Oktober 1945 (NL Eickermann, Korrespondenz). – Zu

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Otto Schumann vgl. Hausmann, Das Fach, S. 93–134. 194  Curtius an Karl Eugen Gass, 29. Mai 1942 (Curtius, Briefe, Nr. 228 S. 419); ähnlich an Otto Schumann, 18. Mai 1941 (ebd., Nr. 225 S. 413). 195  Curtius, Der Kreuzzugsgedanke. 196  Curtius an Karl Eugen Gass, 18. Juli 1944 (Curtius, Briefe, Nr. 243 S. 445); Erdmann an Curtius, 31. Mai 1938 (Bd. 2, Nr. 81); ferner ein verlorenes Schreiben von Ende 1941/ Anfang 1942, das Curtius erwähnt (Europäische Literatur, S. 259 f. Anm. 3; Bd. 2, Nr. 77). 197  Ebd., S. 391 Anm. 6; Hausmann, Europäische Literatur. 198  An Gerd Tellenbach, 29. September 1941; 17. Oktober 1937 (Bd. 2, Nr. 120, 73). 199  An Gerd Tellenbach, 30. Dezember 1939 (Bd. 2, Nr. 95). 200  Erdmann, Forschungen (1951), S. 1–51: Die nichtrömische Kaiseridee. 201  DA 6 (1943), S. 634. – An Martin Lintzel, 18. April 1943 (Bd. 2, Nr. 149). 202  Königs- und Kaiserkrönung im ottonischen Pontifikale, in: Erdmann, Forschungen (1951), S. 52–91; Die Würde des Patricius unter Otto III., ebd., S. 92–111. 203  An Gerd Tellenbach, 28. März, 29. September 1943 (Bd. 2, Nr. 148, 181); an Theodor Mayer, 3., 11. Mai 1943 (Bd. 2, Nr. 151, 153). 204  An Gerd Tellenbach, 10. Juni 1934, 8. September 1940 (Bd. 2, Nr. 12, 100). 205  An Gerd Tellenbach, 29. September 1943 (Bd. 2, Nr. 181); an Edmund E. Stengel, 9. Juli 1944 (NL Stengel, Kasten 19; Bd. 2, Nr. 194). 206  Baethgen, Carl Erdmann, in: Erdmann, Forschungen (1951), S. XX; Heinrich Sproemberg in: Forschungen und Fortschritte 74 (1953), Sp. 674–679; Karl Jordan in: HZ 176 (1953), S. 109–112. – Zum Schicksal des Manuskripts vgl. Gerd Tellenbach an Yella Vulpius-Erdmann, 28. März und 28. April 1946 (München, Archiv der MGH, B 685); Albert Brackmann an Friedrich Baethgen, 29. November 1947 (ebd., B 719); Norbert Fickermann an Albert Brackmann, 8. Mai 1949 (NL Eickermann, Korrespondenz).

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Anmerkungen zu S. 298–311 407 207  Rezension von: Die Entstehung des Kreuzzugsgedankens, in: MÖIG 52 (1938), S. 84–86. 208  Heinz Zatschek an Hans Hirsch, 22. Juli 1936 (Wien, Institut für österreichische Geschichtsforschung, NL Hans Hirsch; freundlicher Hinweis von Karel Hruza). 209  NA 49 (1932), S. 707–710; 50 (1935), S. 771 f.; vgl. auch Erdmann, Zu den Quellen (1935). – Zu den Wiener Befindlichkeiten vgl. oben S. 297. 210  Erdmann, Zur Entstehung der Formelsammlung des Marinus von Eboli (1929–30). 211  An P. F. Kehr, 25. Dezember 1930 (NL Kehr [GStA PK], 11/6); an Martin Lintzel, 11. Juli 1943 (Bd. 2, Nr. 157). 212  O. Schumann an Martin Havenstein, 31. Dezember 1941 (NL Schumann, Brief Nr. 54); an Erdmann, 13. Oktober 1941 (München, Archiv der MGH, B 561 II/247). 213  Erdmann an Tellenbach, 27. Oktober, 2., 22. November 1936 (Bd. 2, Nr. 57, 58. 60). Vgl. Reichert, Gelehrtes Leben, S. 282 f. zu Erdmanns Besprechung von Tellenbach, Libertas, in: HZ 155 (1937), S. 354–358. Der ungekürzte Text befindet sich im NL Tellenbach unter den Briefen Carl Erdmanns. 214  Erdmann, Kaiserfahne (1932); H. Meyer, Kaiserfahne. Vgl. Weber, Zeichen, S. 142 f. – Meyer war massiv verärgert, wie aus Briefen an Arnold Oskar Meyer und Ulrich Stutz hervorgeht (freundlicher Hinweis von Gerhard Grill, der eine Biographie Meyers vorbereitet). 215  NA 50 (1935), S. 772 (K. Pivec); DA 2 (1938), S. 591 f. (G. Kallen); 3 (1939), S. 531

Herr und Knecht 1  Zu Biographie und Werk Theodor Mayers vgl. Nagel, Im Schatten, S. 156–187; Maurer, Theodor Mayer; Heinzel, Theodor Mayer; ders., Theodor Mayer, in: Fahlbusch/Haar, Handbuch, Bd. 1, S. 485–488. 2  Mayer, Staat, S. 350. 3  Ebd., S. 352; ders., Ausbildung der Grundlagen. 4  Nagel, Allein unter Kollegen; Heinzel, Theodor Mayer, S. 175.

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(Pivec); 4 (1941), S. 237 (F. Ernst); 6 (1943), S. 633 f. (J. O. Plassmann). 216  HZ 160 (1939), S. 567–569; vgl. Erdmann an Albert Brackmann, 2. November 1939 (Bd. 2, Nr. 94). – Stengel, Grabschrift, S. 370 Anm. 5. 217  Haller, Lebenserinnerungen, S. 101. 218  Haller an Dannenbauer, 20. Dezember 1936 (NL Haller, 29); Dannenbauer an Martin Lintzel, 5. Juli 1943 (NL Lintzel, VII 3/33). – Dannenbauer an Theodor Mayer, 7. September 1955 (NL Mayer, 5/24). 219  NA 48 (1930), S. 510–512; DA 1 (1937), S. 228 (über C. A. Garufi). 220  Vgl. Otto Schumanns Bekenntnis in einem Schreiben an Ernst Robert Curtius (Hausmann, Das Fach, S. 172). 221  Veronika Erdmann an Yella Vulpius-Erdmann, 10. Juli 1939 (Familienbesitz Vulpius). 222 M. Weber, Wissenschaft, S. 80 f., 83. 223 Immanuel Birnbaum, Nachwort zu M. Weber, Wissenschaft (ebd., S. 65, nach Goethes Xenion 62: Wissenschaft). – W. Benjamin, Der destruktive Charakter, in: W. B., Gesammelte Schriften 4, 1, hg. von Tillman Rexroth, Frankfurt a. M. 1972, S. 396–398. 224  An Gerd Tellenbach, 19. März 1939; 13. Juli 1941; 21. Dezember 1942 (Bd. 2, Nr. 86, 118, 141). 225  An Helmut Beumann, 6. April 1942 (Bd. 2, Nr. 125). 226  Curtius an Karl Eugen Gass, 21. November 1936 (Curtius, Briefe, S. 359). 227  An Tellenbach, 21. Dezember 1942 über das Gespräch bei Koehler & Amelang in Leipzig (Bd. 2, Nr. 141). 228  An Erich von Guttenberg, 27. November 1940 (NL Guttenberg, II 282). 5  Otto Meyer an Theodor Mayer, 25. August 1943 (NL Mayer, 30/48); Grothe, Zwischen Geschichte, S. 291. 6  Zur »neuen Verfassungsgeschichte« vgl. Grothe, Zwischen Geschichte, S. 215–309; Dendorfer, Land und Herrschaft. 7  Saxer, Schärfung, bes. S. 351–355. 8  Theodor Mayer an Albert Brackmann, 25. 10. 1943 (NL Mayer, 14/29). – Zum »Kriegseinsatz« insgesamt: Hausmann,

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408 ANHANG Deutsche Geisteswissenschaft, zu Mayers Rolle: S. 154–198; Zotz, Deutsche Mediävisten; exemplarisch zu einem (alt-)historischen Teilprojekt: M. Sommer/Schmitt, Von Hannibal zu Hitler. 9  Theodor Mayer an Franz Beyerle, 19. 9. 1942 (NL Mayer, 13/222). 10 Vgl. Oppermann, Wissenschaftliche Gemeinschaftsarbeit. Zum Verf., einem »Obernazi« (Joseph Sauer), der sich ebenfalls am »Kriegseinsatz« beteiligte, vgl. Hausmann, Deutsche Geisteswissenschaft, S. 123 f.; ebd., S. 22 zu den männerbündischen Zügen der Treffen. 11 Annette Vowinckel, »Ich fürchte mich vor den Organisationslustigen«. Ein Dialog zwischen Hans Blumenberg und Reinhart Koselleck, in: Merkur 68 (2014), S. 546–550. 12 Heinrich Dannenbauer, Gruß und Dank, in: Aus Verfassungs- und Landesgeschichte. Festschrift zum 70. Geburtstag von Theodor Mayer, Sigmaringen 1954, S. 7. 13  Hausmann, Deutsche Geisteswissenschaft, S. 196. – Vgl. die Nachrufe von Helmut Beumann (HZ 218 [1974], S. 778– 781), Herbert Helbig (Südostdeutsches Archiv 15/16 [1972/73], S. 1–7), Heinrich Appelt (MIÖG 81 [1973], S. 529 f., Hans Patze (Blätter für deutsche Landesgeschichte 109 [1973], S. 350–353), Karl Bosl (Jahrbuch der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 1973, S. 210–214) sowie dens., Theodor Mayer, S. 146. 14  Marcel Beck an Norbert Fickermann, 19. März 1948 (NL Eickermann, Korrespondenz). 15  Maurer, Theodor Mayer, S. 238 (über Karl Siegfried Bader 1991); maschinenschriftliche Notiz Hanna Mayers in: NL Mayer, 30. 16  Mayer, Geschichtsforschung. – Mayer in Gießen: Jatho/Simon, Gießener Historiker, S. 54–60; als Marburger Rektor: Nagel, Zwischen Führertum; dies., Die PhilippsUniversität, S. 161–173. 17  Theodor Mayer an Albert Brackmann, 22. 9. 1938 (NL Albert Brackmann, 20/223); an Wilhelm Bauer, 20. April 1933, 18. Februar 1935, 14. März, 30. April 1938, 2. Oktober 1939 (NL Bauer [Wien]; vgl. H. Maurer, Theodor Mayer, S. 511).

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18  Heinzel, Theodor Mayer, S. 149 f. 19  Deutsche Wissenschaft – Arbeit und Aufgabe, Leipzig 1939, S. 26–28. Zur Entstehung der Festschrift vgl. Nagel, Hitlers Bildungsreformer, S. 145 f. – Paul Ritterbusch an Theodor Mayer, 15. 5. 1942 (NL Mayer, 13/126); vgl. Hausmann, Deutsche Geisteswissenschaft, S. 46. 20  So Heinrich von Srbik an Theodor Mayer, 1. Januar 1943 (Srbik, Briefe, S. 542). – Zur allgemeinen Rede vom »Reich« vgl. Wadle, Visionen. 21  An Gerd Tellenbach, 19. Mai 1938, 13. Juli 1941 (Bd. 2, Nr. 80, 118); an Helmut Beumann, 6. April 1942 (Bd. 2, Nr. 125); an Martin Lintzel, 11. Juli, 3. August 1943 (Bd. 2, Nr. 157, 158). 22  An Helmut Beumann, 6. April 1942 (Bd. 2, Nr. 125). 23  An Gerd Tellenbach, 17. Oktober 1937 (Bd. 2, Nr. 73). 24  Meinecke, Neue Briefe, S. 317 (an Rudolf Stadelmann, 23. November 1929). 25  An Walther Holtzmann, 1. Juni 1941 (Bd. 2, Nr. 115). Zu Erdmann als Vortragendem vgl. oben S. 256 f.; Mayer: Broucek, Ein General, Bd. 1, S. 543: »[…] ein entsetzlicher Vortragender«; Bd. 2, S. 661. 26  An Heinrich Sproemberg, 9. August 1941 (NL Sproemberg, 146). 27  An Gerd Tellenbach, 13. Juli 1941 (Bd. 2, Nr. 118). 28  An Fritz Rörig, 7. April 1935 (NL Rörig); an Gerd Tellenbach, 4. September 1938 (Bd. 2, Nr. 83); an Helmut Beumann, 28. Mai, 26. Juni 1939 (NL Beumann). 29  Th. Mayer an Wilhelm Bauer, 2. April 1934 (NL Bauer [Wien]). 30  Th. Mayer an Albert Brackmann, 3. Mai 1935: »Ich weiß auch nicht, ob sich nicht gegen manche Ausführungen Widerstand regen wird, ich möchte das beim Aufsatz von Erdmann schon wegen des Tones, in dem er geschrieben ist, für nicht ausgeschlossen halten« (NL Brackmann, 20/237). 31  An Gerd Tellenbach 24. August 1937 (Bd. 2, Nr. 71). – Zu Mayer, Platzhoff und dem Historikerverband vgl. oben S. 248 f. 32  Hartmann, Erinnerungen, S. 230. – Zu Kühn vgl. Hartmann, Margarete Kühn.

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Anmerkungen zu S. 311–321 409 33  Theodor Mayer an Erich Gierach, 30. Dezember 1942 (NL Mayer, 13/33). 34  An Helmut Beumann, 25. März 1942 (Bd. 2, Nr. 124). 35  An Martin Lintzel, 11. Juli 1943 (Bd. 2, Nr. 157). – Zu der Redewendung vgl. Reichert, Herr und Knecht, S. 200 mit Anm. 29. 36  Carl Erdmann an Gerd Tellenbach, 16. August 1942 (Bd. 2, Nr. 133). 37  Reichert, Herr und Knecht. 38  An Gerd Tellenbach, 13. Juli 1941 (Bd. 2, Nr. 118). 39  Hartung/Mayer [u. a.], Das Reich und Europa, S. 105 (Carl Schmitt), 117 (Walter Platzhoff), 49 f. (Fritz Rörig). – Fritz Hartung (als Teilnehmer und Ohrenzeuge) an Gerhard Oestreich, 16. Februar 1941; an Richard Fester, 16. März 1941 (Hartung, Korrespondenz, S. 352, 354). 40  Hausmann, Deutsche Geisteswissenschaft, S. 174 Anm. 217 (Mayer an Wilhelm Bauer, 21. September 1942). 41 Theodor Mayer, Der Vertrag von Verdun, in: Mayer, Vertrag, S. 5–30, hier S. 29 f. 42  Möhler, Reichsuniversität, S. 434 (über Ernst Rudolf Huber). – Werner, Karl der Große, S. 58 f.; Gudian, Porzellan, S. 230–235. 43  Carl Erdmann an Gerd Tellenbach, 21. 12. 1942 (Bd. 2, Nr. 141). Erdmanns Thema: Theodor Mayer an Heinrich Büttner, 2. August 1942 (NL Mayer, 26/9); vgl. Hausmann, Deutsche Geisteswissenschaft, S. 173 f. Anm. 217, 189 Anm. 256. 44 M. Sommer, Rom, S. 15. 45  An Gerd Tellenbach, 28. März, 27. April 1943 (Bd. 2, Nr. 148; NL Tellenbach, 230). Zur Planung des Treffens vgl. Hausmann, Deutsche Geisteswissenschaft, S. 190 f. 46  Mayer/Heilig/Erdmann, Kaisertum. – Zu Heilig vgl. Maurer, Konrad Josef Heilig. 47  Heinrich Büttner an Theodor Mayer, 27. 10. 1943 (NL Mayer, 26/41). Büttner als Mayers »Lieblingsschüler«: Bosl, Theodor Mayer, S. 142. 48  Theodor Mayer an Heinrich Büttner, 13. 4. 1943 (NL Mayer, 26/27). Vgl. Nagel, Im Schatten, S. 37.

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49  Schmitz-Berning, Vokabular, S. 698– 706. 50  Nachweise bei Reichert, Herr und Knecht, S. 204 Anm. 53. 51 Vgl. Mayers Einleitung zum Band: Mannestum und Heldenideal, Marburg 1942, wo auf fünf Druckseiten vierzehnmal die Vokabel »Gemeinschaft« gebraucht wird. Weitere Belege bei Reichert, Herr und Knecht, S. 205 Anm. 54. – Zum Begriff und seiner Verwendung vgl. Schmitz-Berning, Vokabular, S. 261–265. 52  Theodor E. Mommsen an Federico Serafini, 27. Dezember 1937 (NL Serafini). 53  An Federico Serafini, 10., 29. November 1937 (Bd. 2, Nr. 75; NL Serafini). 54  An Federico Serafini, 12. Juli 1942 (Bd. 2, Nr. 129); Reichert, Herr und Knecht, S. 212. Ähnlich schon an Johannes Ramackers, 2. April 1939 (Bd. 2, Nr. 87). 55  Herde, Mittelalterforschung, S. 197. 56  Hartmann, Erinnerungen, S. 233; Eckhard Müller-Mertens im Gespräch mit dem Autor, 12. Dezember 2012. 57 Heinrich Sproemberg, über: Erdmann, Forschungen (1951); ders., Geschichte des frühen Mittelalters (476–918) (Vorlesungstyposkript 1946), S. 30 f. (NL Sproemberg, Nr. 72, 94). 58  Hartmann, Notizen. – Zu Friedel Peeck vgl. Hartmann, Aus der Reichshauptstadt, S. 37–39. 59  Theodor Mayer an Heinrich Büttner, 13. April 1943 (NL Mayer, 26/27). 60  Theodor Mayer an Siegfried Reicke, 18. September 1943 (ebd., 13/120). 61  Theodor Mayer an Walther Holtzmann, 30. Juli 1946 (ebd., 15/121); ähnlich, aber ohne namentliche Nennung: Mayer an Heinrich Dannenbauer, 17. November 1957 (ebd., 1/39). 62  Erdmann an Gerd Tellenbach, 19. September 1943 (Bd. 2, Nr. 177). 63  München, Archiv der MGH, B 569/145 (4. September 1943; Bd. 2, Nr. 173). 64  Erdmann an Theodor Mayer, 31. August 1943 (Bd. 2, Nr. 172); an Gerd Tellenbach, 19. September 1943 (Bd. 2, Nr. 177). 65  Erdmann an Yella Vulpius-Erdmann, 12. September 1944 (Bd. 2, Nr. 205).

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410 ANHANG 66  Mayer/Heilig/Erdmann, Kaisertum. Mayers Vorwort ist auf den 15. September 1944 datiert. Aber zum Jahresende war das Buch noch nicht erschienen (Theodor Mayer an Wilhelm Bauer, 23. 12. 1944 [NL Bauer, Wien]; an Hermann Aubin, 28. Dezember 1944 [NL Mayer 14/3]). 67  Hierzu und zum Folgenden Heinzel, Theodor Mayer, S. 201 f. – »Hamburgisieren«: Feuersenger, Im Vorzimmer, S. 177. 68  Theodor Mayer an Erich von Guttenberg, 9. August 1943; Freiherr von Imhoff an Theodor Mayer, 21. August 1943 (München, Archiv der MGH, B 566/403; NL Guttenberg, II 284). – Ebd. die Schreiben verschiedener Schlossbesitzer; Zitate aus: Erich von Guttenberg an Theodor Mayer, 10. August 1943; Götz von Pölnitz an Erich von Guttenberg, 14. August 1943. – Margarete Kühn meinte, Carl Erdmann habe Pommersfelden ins Gespräch gebracht, und verwies auf Kontakte zu den Grafen von Schönborn (Hartmann, Erinnerungen, S. 233). Aber wenn es solche Kontakte überhaupt gab, dann waren sie marginal. Anders als Mayers briefliche Fühlungnahme ist eine solche für Erdmann nicht dokumentiert. 69  Theodor Mayer an Ursula Brumm, 28. August 1943; an Gauleiter August Eigruber, 28. Dezember 1943 (NL Mayer, 14/155; 14/166). Zu Mayer und Bader vgl. Heinzel, Theodor Mayer, S. 236 Anm. 73. 70  Carl Erdmann an Konrad Josef Heilig, 17. August 1943 (Bd. 2, Nr. 162). 71 Herzogin Viktoria Luise, Ein Leben als Tochter des Kaisers, Göttingen 71966., S. 318–320.

Über den Tod hinaus 1 Ernst Jünger, Tagebücher, Bd. 4 (Sämtliche Werke 4), Stuttgart 1982, S. 541. 2  Reichert, P. F. Kehrs Begräbnis. 3 Karl Jordan, Dietrich v. Gladiß, in: DA 8 (1951), S. 253 f. – Maurer, Konrad Josef Heilig, S. 646 f. – Guthmann, Zwischen Barbarossa, S. 424–426; vgl. Erdmanns Nachruf (1943). – Oberling, Ernst Perels, S. 226–229. 4  Halle, Heinrich I., S. 316.

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72  Theodor Mayer an Siegfried Reicke, 18. September 1943; an Albert Brackmann, 25. Oktober 1943 (NL Mayer, 13/120; 14/29). 73  Näheres dazu bei Reichert, Herr und Knecht, S. 208. 74  Erdmann an Mayer, 20. August 1943 (Bd. 2, Nr. 163); Notiz Hanna Mayers (NL Mayer, 30). Vgl. dazu Nagel, Allein unter Kollegen, S. 192. 75  Theodor Mayer an Hermann Aubin, 1. September 1946 (NL Mayer, 15/8); Mayer, Rückblick, S. 477 (ähnlich die Nachrufe). – Theodor Mayer an Heinrich Büttner, 14. März 1944 (NL Mayer, 26/48). 76  Theodor Mayer an Edmund Stengel, 16. Dezember 1951 (NL Stengel, Kasten 21); Anerkennung von Erdmanns Leistungen: Mayer an Gerd Tellenbach, 16. August 1947 (NL Mayer, 15/195). 77  An die Erben, 29. September 1943 (Bd. 2, Nr. 182). 78  An Sophie Witte, 28. September 1943 (Bd. 2, Nr. 179). 79  Hausmann, Das Fach, S. 260 Anm. 683. 80  Hartmann, Notizen (Friedel Peeck über eine Postkarte von Erdmanns erstem militärischen Standort). Ähnlich an Gerd Tellenbach, 4. September 1944 (NL Tellenbach, 230). 81  DA 6 (1943), S. 663; 7 (1944), S. 362. 82  Irene Ott an Ursula Brumm sowie deren Antwort, 4./12. Dezember 1944 (München, Archiv der MGH, B 571/255–256); Walther Holtzmann an Ursula Brumm, 11. Dezember 1944 (ebd., B 581/348).

5  Rabofsky/Oberkofler, Verborgene Wurzeln, S. 177. 6  Goeschel, Selbstmord, S. 230–255; Liebrandt, Das Recht; Kershaw, Das Ende, S. 485–489. 7 Otto Meyer, Lotte Hüttebräuker, in: DA 8 (1951), S. 257 f.; Hartmann, Es musste, S. 145; dies., Die Stunde der Frauen, S. 675 f. 8  Frank, Adolf Hitler; Heiber, Walter Frank, S. 1211; Chapoutot, Der National-

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Anmerkungen zu S. 321–334 411 sozialismus, S. 388 f. – Franks Ausflüchte: Berlin, BArch, R 4901/13298. 9  Liebrandt, Das Recht, S. 327–329. 10  Klein, Hans Schleif, S. 356–359. 11  Reichert, Gelehrtes Leben, S. 304. Meinecke hielt Oncken schon im Mai 1943 für eine »Ruine« (Kaiser, Mut, S. 534). 12  Albert Brackmann an Theodor Mayer, 8. Mai 1947 (NL Mayer, 15/54); »Leberwurst«: Fuhrmann, Menschen, S. 205. 13  Sachse, »Persilscheinkultur«. 14  Ash, Konstruierte Kontinuitäten; Guhl, Wege; Pfefferle/Pfefferle, Glimpflich entnazifiziert. 15  Wiener, Kieler Fakultät, S. 234–236. 16  Bünz, Ein Historiker, S. 286–294. 17  Ash, Konstruierte Kontinuitäten, S. 227. 18  Ernst Rudolf Huber an Rudolf Smend, 10. März 1947 (Schmitt/Huber, Briefwechsel, S. 494). 19  An Stephan Skalweit, 13. Februar 1946 (NL Schieffer, Nr. 2, Korrespondenz M–Z); Fritz Hartung an Rörig, 26. März 1946 (Hartung, Korrespondenz, S. 434 f.); Neumeister, Fritz Rörig, S. 222. 20  Herde, Kontinuitäten; Esch, Über Hermann Heimpel; Möhler, Reichsuniversität, S. 326–332. – Tellenbach an Josef Fleckenstein, 23. Dezember 1989 (zwei Entwürfe; Bensheim, Institut für Personengeschichte, Sammlung Gerd Tellenbach). 21  Stifter, Zwischen geistiger Erneuerung, S. 355 f.; Blänkner, Otto Brunner, S. 474– 477; Kortüm, Otto Brunner; ders., Gut durch die Zeiten. 22  Vgl. Theodor Schieffer an Karl Jordan über Günther Franz, Ernst Anrich und »ähnliche Größen des 3. Reiches« (NL Schieffer, Nr. 1, Korrespondenz A–L). Zu Franz, der sich auch sonst über den akademischen Comment hinwegsetzte, vgl. Lerchenmueller, Geschichtswissenschaft, S. 264 f.; Möhler, Reichsuniversität, S. 338; zu Buchners (und Hölzles) Scheitern in Tübingen vgl. Eckel, Hans Rothfels, S. 283 f. 23  An Wilhelm Bauer, 10. April 1949 (NL Bauer [Linz]: Familien- und Freundesbriefe 10). Zu den Vorgängen zuletzt Nik. Becker, Die Neuetablierung; Lemberg, Der

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Historiker, S. 351–366; Heinzel, Theodor Mayer, S. 223–233. 24  Reichert, Herr und Knecht, S. 210 f. 25  Nagel, Gipfeltreffen, S. 85 (mit Karl Bosl); Heinzel, Theodor Mayer, S. 242–245. 26  An Heinrich Dannenbauer, 5. 9. 1955 (NL Mayer, 24/45). 27  Norbert Fickermann an Marcel Beck, 18. April 1948 (NL Eickermann, Korrespondenz). 28  »Wilder Nazi«: Mayer an einen Herrn Doerrer über Gerüchte in München, 6. Oktober 1947 (NL Mayer, Varia 16: Akten zur Enthebung); »radikaler Nazi«: an Gottfried Opitz, 9. Mai 1950 (NL Mayer, Varia 13); »Erznazi«: Johannes Ramackers an Norbert Fickermann, 9. März 1947 (NL Eickermann, Korrespondenz). 29  Herde, In memoriam, S. 372 f.; Ernst Kantorowicz an Baethgen, 25. Mai 1956: »niemals streitsüchtig« (NL Baethgen); Margarete Kühn an Norbert Fickermann, 6. August 1946: »sehr zurückhaltend« (NL Eickermann, Korrespondenz). 30  Lemberg, Historiker. – Gegen Eckhardt: an Wilhelm Engel, 28. August 1951 (NL Engel [Würzburg], Ordner B); vgl. dazu auch Nehlsen, Karl August Eckhardt, S. 212; gegen Buchner: Lerchenmueller, Die Geschichtswissenschaft, S. 173 Anm. 509. 31  Ernst Robert Curtius an Percy Ernst Schramm, 10. Februar 1944 (Curtius, Briefe, Nr. 240 S. 438). 32 Th. Schieffer, Walther Holtzmann; ders. in: Jahrbuch 1982 der Rheinisch-Westfälischen Akademie der Wissenschaften, S. 75. 33 Joachim Wollasch in: Baden-Württembergische Biographien 4, hg. von Fred-Ludwig Sepaintner, Stuttgart 2007, S. 366–368; Otto Gerhard Oexle in: NDB 26 (2016), S. 15–17. – Tellenbach, Aus erinnerter Zeitgeschichte, S. 82–94. 34  Lerner, Ernst Kantorowicz, S. 344–357, 376–385. 35  Norbert Fickermann an Ernst Kantorowicz, 10. März 1948 (NL Eickermann, Korrespondenz). Vgl. am selben Tag (!) Gerd Tellenbach an Ernst Kantorowicz: »Sein Ausfall hat die Leistungsfähigkeit der ganzen

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412 ANHANG deutschen Mediävistik entscheidend reduziert. Das können wir anderen nie ausgleichen« (NL Kantorowicz, III/7/3). 36  Schmale, Walther Holtzmann, S. 405. 37  Tellenbach, Aus erinnerter Zeitgeschichte, S. 94. 38 R. Holtzmann, Tagebuch, S. 148, Eintrag vom 14. April 1945; ders. an Yella VulpiusErdmann, 15. April 1945 (München, Archiv der MGH, B 685). – Yella Vulpius-Erdmann an Ernst Witte, 31. März 1945; E. Witte an Y. Vulpius-Erdmann, 7. April 1945 (ebd.). – Tellenbach an dies. [nach 17. April 1945] (ebd.). – Dies., In memoriam. 39  Ursula Brumm an Theodor Mayer, 3. April 1945 (München, Archiv der MGH, B 571/51); dies. an Norbert Fickermann, 4. April 1945 (ebd., B 581/200); Theodor Schieffer an dens., 6. September 1945 (NL Eickermann, Korrespondenz); Edmund E. Stengel an Fickermann, 18. Oktober 1945; Fickermann an Stengel, 8. Januar 1946 (NL Stengel, Kasten 19); Otto Schumann an Fickermann, 20. Oktober 1945 (NL Eickermann, Korrespondenz); Otto Meyer an Friedrich Bock, 22. Dezember 1945 (NL Bock, 157); Edmund E. Stengel an Albert Brackmann, 4. Januar 1946 (NL Stengel, Kasten 18); Stengel an Karl Jordan, 21. Februar 1946 (ebd., Kasten 20); Tellenbach an Yella Vulpius-Erdmann, 28. März 1946 (München, Archiv der MGH, B 685). 40  Kantorowicz an Emmy Heller, 2. März 1947 (München, Archiv der MGH, NL Schaller/Heller, Mappe 229; freundlicher Hinweis von Jakob Frohmann, Frankfurt); an Friedrich Baethgen, 4. Mai 1947 (NL Baethgen); an Norbert Fickermann, 29. April 1948 (NL Eickermann, Korrespondenz). – Wilhelm Levison in Durham wurde durch P. E. Hübinger über Erdmanns Tod informiert, hatte aber schon aus anderer Quelle davon gehört (Becher/Hen, Wilhelm Levison, S. 315). 41  So Stengel an Jordan und Brackmann, 21. Februar bzw. 4. Januar 1946 (wie Anm. 39) sowie missverständlich Sproemberg, Typoskript einer Besprechung von Erdmanns »Forschungen zur politischen Ideenwelt«: »[…] in einem Gefangenenlager

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verstorben« (NL Sproemberg, 72) und spät noch Fuhrmann, Menschen und Meriten, S. 296 f. – Gefallen: Pawliczek, Akademischer Alltag, S. 223 Anm. 343. 42  Hamburg, Staatsarchiv, 364–13, Protokoll der Sitzung der Philosophischen Fakultät vom 24. November 1945, TOP 2: Ordinariat für mittelalterliche Geschichte. Vgl. Michelsen, Ostforscher, S. 665. 43  Bünz, Ein Historiker, S. 265. 44 Yella Vulpius-Erdmann, In memoriam. – O[skar] V[asella], Carl Erdmann †, in: Neue Zürcher Zeitung, 7. Juni 1946. – Karl August Fink, in: ZRG KA 34 (1947), S. 355–357. – Azevedo, Carl Erdmann. – Friedrich Baethgen, Carl Erdmann, in: DA 8 (1951), S. 251–253. – Tellenbachs Absicht und der Nachruf des Vexillologen Ottfried Neubecker erwähnt in: Tellenbach an Yella Vulpius-Erdmann, 28. April 1946, 20. Oktober 1948 (München, Archiv der MGH, B 685). Norbert Fickermanns zehnseitiger Nachruf sollte in einer Aufsatzsammlung über verstorbene Gelehrte erscheinen (Briefwechsel mit Wieland Schmidt Juli – November 1946 im NL Eickermann). – Bock an Fink, 3. März 1948 (NL Bock, 155, Korrespondenz E–F); vgl. Burkard, … ein ebenso rabiater Kirchenmann, S. 511 Anm. 270. 45  HZ 169 (1949), S. 223; QFIAB 34 (1954), S. X; Kürschners Deutscher GelehrtenKalender, Siebente Ausgabe, Berlin 1950, S. 2418. 46 Vgl. Lemberg, Historiker, S. 408–414. 47  Frank Schirrmacher (2011), zit. Michael Angele, Schirrmacher. Ein Portrait, Berlin 2018, S. 17 f. 48 So Lemberg, Historiker, S. 412. 49  Baethgen, Carl Erdmann; Gottfried Opitz in: NDB 4 (1959), S. 570. Die Auswahllisten im Archiv der NDB (München) zeigen, dass es Einwände gegen den Eintrag gab. Er stand auf der Kippe. Warum er schließlich doch realisiert wurde und sowohl sein Vater Carl Eduard als auch sein Vetter, der Komponist und Pianist Eduard Erdmann, aus den Planungen fielen, ist nicht ersichtlich. 50  Schramm, Kaiser. – Einträge in Nachschlagewerken: DBE2, Bd. 3 (2006),

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Anmerkungen zu S. 334–342 413 S. 108 (mit falschem Todestag); Kosch, Deutsches Literaturlexikon. Das 20. Jahrhundert, Bd. 7 (2005), S. 586 (mit vielen Fehlern); Enciclopedia italiana. Terza appendice, A–L (1961), S. 587; Baltisches Biographisches Lexikon Digital (BBLD). 51  Erdmann, Ottonische Studien (1968). Zur Vorgeschichte vgl. Beumann an Erdmann, 16. September 1942; Erdmann an Beumann, 20. September 1942 (Bd. 2, Nr. 137). – Zu Erdmanns landesgeschichtlichen »Allotria« vgl. oben S. 302, 314. 52  Beumann, Widukind, S. 205–265; Petersohn, Helmut Beumann, S. 10, 13; Hartmut Hoffmann, Helmut Beumann, in: DA 52 (1996), S. 397 f. – Erdmann/ Fickermann (Hg.), Briefsammlungen (1950), S. 75 f.; Hübinger, Die letzten Worte. – Hans K. Schulze, Laudatio, in: Töpfer, Wertung, S. 10. – R. Schieffer, Rezension von Althoff, Selig sind, in: DA 69 (2013), S. 755. 53  Hansmartin Schwarzmaier, (elektronisches) Schreiben an den Verf., 28. Mai 2017. Eine (ungedruckte) Freiburger Dissertation setzte Erdmanns Untersuchungen zur Geschichte des Kreuzzugsgedankens fort (Marianne Plocher, Studien zum Kreuzzugsgedanken im 12. und 13. Jahrhundert, 1950) und Tellenbachs Schüler Dietrich Lohrmann wollte in einem Vortrag Carl Erdmann mit Marc Bloch vergleichen (Tellenbach an Axel Vulpius, 26. Februar 1985 [München, Archiv der MGH, B 685]). 54  Berg/Blaschke [u. a.], Die versammelte Zunft, Bd. 2, S. 727 f, 731. Nach Losemann, Zeitgeschichte, S. 15 hatte sich der vorbereitende Ausschuss dagegen ausgesprochen. 55  Mitteis, Zur staufischen Verfassungsgeschichte; ders. in: DA 8 (1951), S. 327. – Jordan, Heinrich der Löwe, S. 284. – Vgl. Theodor Mayer an Gerd Tellenbach, 16. August 1947, über die Schwierigkeiten, das Buch zu bekommen (NL Mayer, 15/195). 56  Vgl. die Rezensionen der »Briefsammlungen der Zeit Heinrichs IV.« (1950) von Heinz Zatschek (HZ 172 [1951], S. 346 f.), Theodor Schieffer (Hist. Jb. 70 [1951], S. 431–434), Wolfram von den Steinen (Schweizerische Zs. f. Geschichte 1 [1951],

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S. 307 f.) und Luitpold Wallach (Speculum 26 [1951], S. 500–503). – Als Beispiel eines Vorhabens, das schon Erdmann beschäftigte, aber erst vor Kurzem abgeschlossen wurde, vgl. die Edition des Codex Udalrici durch K. Nass von 2017. 57  An P. F. Kehr, 13. Juni 1932 (Rom, Archiv des DHI, R 3, 17/172); vgl. oben S. 296 – Zum Forschungsstand vgl. Constable, Letters; Deswarte/Herbers/Scherer, Frühmittelalterliche Briefe (bes. S. 141–154: Roland Zingg über Briefsammlungen). 58 Heinz Zatschek, in: HZ 172 (1951), S. 347. 59  Vgl. oben S. 306. 60  Erdmann, Gunther von Bamberg (1937); vgl. oben S. 300 f. 61  Erdmann, Forschungen (1950), S. 109–111; Fried, Bruns Dedikationsgedicht. Spätere Stellungnahmen erbrachten keine neuen Argumente. 62  Erdmann, Forschungen (1950), S. 1–51; erste Fassung: Erdmann, Das ottonische Reich (1943). 63  H. K. Schulze, Grundstrukturen, S. 256–264; Kerner, Karl, S. 89, 240 f.; R. Schieffer, Neues, S. 14; ders., Konzepte; Sarti, Frankish Romanness; De Jong, Without necessarily, S. 6: »[…] a cherry on Charlemagne’s already plentiful cake«. 64  Toomaspoeg, Marquis, S. 106 f., 116. 65  Erdmann, The Origin (1977), allerdings ohne vier von fünf allzu gelehrten Exkursen. – Baldwin, Some Recent Interpretations. – Baldwin, The First Hundred Years, S. XX Anm. 2. – »German Scholarship«: John La Monte, in: Speculum 12 (1937), S. 119 (vgl. oben S. 126). – Jean Richard, in: Revue belge de philologie et d’histoire 59 (1981), S. 486–488. 66  Riley-Smith, Erdmann, S. 29; ders. The Crusades, S. 9. 67  Tyerman, The Debate, S. 223. 68  E. H. J. Cowdrey in: The International History Review 1 (1979), S. 121–125; RileySmith, Erdmann; Bronisch, Reconquista, S. 204–213; Auffarth, Irdische Wege, S. 77 f.; Tyerman, The Debate, S. 183–192. 69  Ebd., S. 192 f. 70  Constable, Crusaders, S. 17; Tyerman, The Debate, S. 182.

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414 ANHANG 71 https://apholt.com/2017/07/27/historiansrank-the-most-important-books-on-the-crusades. An der Umfrage nahmen 34 Historiker vor allem aus Großbritannien und den Vereinigten Staaten teil. 72  »Great work«: Riley-Smith, What were, S. 78; »masterpiece«: Peters, The First Crusade, S. 313; »seminal book«: Constable, Crusaders, S. 145; ähnlich Simon John in: Reviews in History, Okt. 2011 (Besprechung von Tyerman, The Debate); »great German historian«: ebd.; Buc, Rituel, S. 847; ähnlich Jensen, Crusading, S. 39. – Ferner die lexikalischen Einträge: H. E. J. C[owdrey], in: John Cannon [u. a.] (Hg.), The Blackwell Dictionary of Historians, Oxford 1988, S. 124; www.crusaderstudies.org.uk/resources/ historians/profiles/erdmann (William Purkin); ferner den relativ umfangreichen Wikipedia-Artikel »Carl Erdmann« sowie seine Aufnahme unter die großen Mediävisten des 20. Jahrhunderts durch Cantor, Inventing, S. 402–404.

Gegen den Strom 1  Vgl. oben S. 136 f. 2  Vgl. oben S. 298. 3  An Gerd Tellenbach, 9. Mai 1935 (Bd. 2, Nr. 34). 4  Das Gespräch nach Klewitz’ Schreiben an Gerd Tellenbach, 29. Dezember 1935 (ebd., 10). Zu Klewitz Laufbahn, seinen Familienverhältnissen und seiner Haltung zum Nationalsozialismus: Gutmann, Zwischen Barbarossa, S. 381–383, 396–406. Zu Heimpel und dem von Erwin Hölzle herausgegebenen Prachtband vgl. oben S. 239. Tellenbachs Absage: NL Hölzle, 22/2 (11. Juli 1935). 5  Heinrich Sproemberg an Paul Egon Hübinger, 13. Mai 1942 (NL Sproemberg, 147 [1]). 6 Yella Vulpius-Erdmann, In memoriam. – Veronika Erdmann(-Czapski), Caroline, S. 49; vgl. Veronika Erdmann an ihre Tochter Yella, 12. Juli 1937 (Familienbesitz Vulpius). – Carl Erdmann an Yella Vulpius-Erdmann, 12. September 1944 (Bd. 2, Nr. 205). 7  Friedrich Baethgen an Yella Vulpius-Erdmann, 28. März 1928; Gerd Tellenbach an

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73 Vom Bruch/Müller, Historikerlexikon; Reinhardt, Hauptwerke; Raphael, Klassiker. 74  Mayer, Geschichte; Noth, Heiliger Krieg; Prinz, Kirche und Krieg; Hehl, Kirche und Krieg. – Auffarth, Irdische Wege, S. 77; ders., Nonnen, S. 161 Anm. 8. 75  Kotzur, Kein Krieg; Althoff, Selig; Buc, Heiliger Krieg; Weltecke, Bemerkungen; Gübele, Deus; H.-W. Goetz, Glaubenskriege. 76  Bartlett, Geburt, S. 314–323; Jaspert, Die Kreuzzüge, S. 12; Reinhard, Unterwerfung, S. 39–58. 77  Oexle, Staat, S. 84–89 (762–771); ders., German Malaise, S. 55; H.-W. Goetz, Moderne Mediävistik, S. 212 f.; Hasberg, Mediävistik, S. 318 f. 78 Patrick Bahners, Carl Erdmann. Ein würdiger Preis für historische Habilitationen, in: F.A.Z., 20. April 2011, S. N 5.; www.historikerverband.de/mitteilungen/ mitteilungs-details/article/preis-fuerjuengst-habilitierte-heisst-nun-carl-erd mann-preis.html. dies., 28. März 1946 (München, Archiv der MGH, B 685). 8  An Gerd Tellenbach, 27. Juni 1943 (Bd. 2, Nr. 155); an Yella Vulpius-Erdmann, 12. September 1944 (Bd. 2, Nr. 205). Vgl. oben S. 34. 9  Vgl. oben S. 222 f. 10  Erdmann, Ferdinand I. (1929), Sonderdruck im Besitz des Verfassers. 11  Vgl. oben S. 21. 12  Schöttler, Marc Bloch, S. 265. 13  Schönpflug, Kometenjahre. 14  So Friedrich Gundolf an Elisabeth Salomon, 10. Januar 1919 (Gundolf/ Salomon, Briefwechsel, S. 179 f.). 15 Yella Vulpius-Erdmann, In memoriam. 16  Hans-Walter Klewitz an Gerd Tellenbach, 19. September, 3. November 1933; 7. Januar 1934; 20. März 1939 (NL Tellenbach, 10). Vgl. Tellenbach, Aus erinnerter Zeitgeschichte, S. 83; ders., Aus der Geschichte, S. 182. – Streber: Campenhausen, Murren, S. 109.

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Anmerkungen zu S. 343–355 415 Allerdings verwechselt der Verfasser Carl Erdmann mit Karl-Dietrich Erdmann. 17  An Gerd Tellenbach, 21. Januar 1934 (Bd. 2, Nr. 8); an Friedrich Baethgen, 21. Februar 1931 (NL Baethgen). 18 M. Weber, Wissenschaft, S. 80. 19  An Gerd Tellenbach, 13. Juli 1941 (Bd. 2, Nr. 118). 20 M. Weber, Wissenschaft, S. 228. 21  Klewitz an Tellenbach, 29. Dezember 1935 (NL Tellenbach, 10). 22  An Gerd Tellenbach, 4. September 1944 (Bd. 2, Nr. 204). 23  Goebel, Ehrgeiz, S. 196 (nach Michel de Montaigne), 130 (nach Karl Mannheim). 24  Zeugnis der Eisenbahn-Direktion Berlin, 21. Juni 1921 (München, Archiv der MGH, B 685); an Gerd Tellenbach, 25. Juli 1944 (Bd. 2, Nr. 198). 25  P. F. Kehr an Friedrich Schmidt-Ott über Leo Just und Carl Erdmann, 13. Februar 1933 (Just, Briefe, S. 67 Anm. 253). 26  Vgl. oben S. 265 f. 27  An Paul Fridolin Kehr, 9. August 1928; 30. Dezember 1931 (Rom, Archiv des DHI, R 3, Nr. 17/84, 163 f.); 12. September 1930 (München, Archiv der MGH, 338/243/121); an Yella Vulpius Erdmann, 10. Januar 1945 (Bd. 2, Nr. 210). 28  Peter Rassow an Erdmann, 11. August 1931 (NL Rassow, 98). 29  Schüler Kehrs: Gutachten Hermann Christern, 24. Oktober 1934 (Berlin, Archiv der Humboldt-Universität, NS-Doz., Z – D I/246, Bl. 4). – Schüler Chrousts: Fritz Hartung an Richard Fester, 29. März 1925 (Hartung, Korrespondenz, Nr. 70 S. 184), aber auch Erdmann selbst: an Erich von Guttenberg, 6. Dezember 1932 (NL Guttenberg, II 278); vgl. oben S. 83–86. – Schüler Caspars: Cantor, Inventing, S. 402. – Schüler Stengels: Ahnenerbe an Reichsführer SS, 21. September 1940 (Berlin, BArch, NS 21/357). 30  An Paul Fridolin Kehr, 24. Dezember 1925 (NL Kehr [GStA PK], 71). 31  »Jungfräulicher Boden«: an Gerd Tellenbach, 12. August 1939, über die portugiesische Geschichte (Bd. 2, Nr. 91; vgl. oben S. 80); ähnlich an Helmut Beumann,

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26. Juni 1939, über die artes dictandi (NL Beumann). 32  Vgl. Friedrich Schiller, Über die ästhetische Erziehung des Menschen, 15. Brief, in: F. S., Philosophische Schriften, Bd. 1 (Werke 20), Weimar 1962, S. 355–360. – Zum Pariser Papyrus vgl. oben S. 110. 33 Veronika Erdmann(-Czapski), Caroline, S. 87. 34 Theodor Schieffer, Besprechung von Erdmann/Fickermann, Briefsammlungen (1950), in: Hist. Jb. 70 (1951), S. 431 f. 35  Vgl. oben S. 117–123. 36  Auch Ranke wollte Archive – wie »Jungfrauen« – erobern (Juhnke, Leopold Ranke, S. 244). 37  An Helmut Beumann, 6. April 1942 (Bd. 2, Nr. 125). 38  Vgl. oben S. 104, 256. 39  An Anton Michel über Johannes Haller, 31. August 1942 (München, Archiv der MGH, B 561 I/135); an Martin Lintzel über Hermann Heimpel, 11. Juli 1943 (Bd. 2, Nr. 157). 40  An Gerd Tellenbach, 21. Dezember 1942 (Bd. 2, Nr. 141); H. Beumann, in: Erdmann, Ottonische Studien (1968), S. XI. 41  An Paul Egon Hübinger, 19. März 1943 (Bd. 2, Nr. 146); vgl. Friedrich Schiller, Die Braut von Messina, IV 10. 42  An Erich von Guttenberg, 8. Januar 1941 (Bd. 2, Nr. 105). 43  Hans-Walter Klewitz an Gerd Tellenbach, 29. Dezember 1935 (NL Tellenbach, 10). 44  Johannes Haller an den Rektor der Universität Tübingen, 14. Juni 1933 (Tübingen, Universitätsarchiv, 205/89, 14). Vgl. oben S. 146 f. 45  Theodor Mayer an Hermann Aubin, 1. 9. 1946 (NL Mayer, 15/8); an Edmund E. Stengel, 10. November 1951 (NL Stengel, Kasten 21; freundlicher Hinweis von Anne Christine Nagel). 46  Geschichte – richtig gesehen, in: Das Schwarze Korps, 10. Dezember 1936, S. 6 47  Lerchenmueller, Geschichtswissenschaft, S. 201; deutsch und objektiv: Klagges, Geschichte, S. 85; Deutschland als Maßstab: oben S. 234. 48  Lerchenmueller, Geschichtswissenschaft, S. 224–227, 234 f. (ähnlich der

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416 ANHANG NS-Dozentenbund über Stengels Präsidentschaft; zit. Oberling, Ernst Perels, S. 199 Anm. 551); zum Verf. der Denkschrift vgl. Arno Mohr in: Baden-Württembergische Biographien 6 (2016), S. 300–304; Möhler, Reichsuniversität, S. 342–345. – Vgl. R. Buchner, Der Beginn des Mittelalters in westlicher Sicht (DA 3, S. 236–242); U. Gmelin, Die Entstehung der Idee des Papsttums (DA 2, S. 509–531); K. Schünemann, Deutsche Kriegführung im Osten während des Mittelalters (DA 2, S. 54–84). 49  Vgl. oben S. 235–245, 252–264. 50  Klessmann, Opposition; Steinbach/ Tuchel, Lexikon, S. 240 f.; Benz, Im Widerstand, S. 16–19. 51  Vgl. oben S. 175, 272. 52  Kroll/Voss, Schriftsteller; Kroll, Intellektueller Widerstand. – »Stiller Widerstand«: Topitsch, Stiller Widerstand; Gailus, Mir aber. 53  An Friedrich Baethgen, 9. November 1936 (NL Baethgen; Bd. 2, Nr. 59); Paul Egon Hübinger an Heinrich Sproemberg, 28. April 1942, der eine entsprechende Äußerung Erdmanns kolportiert (NL Hübinger, 147 [1]). Zum väterlichen »Glück im Winkel« vgl. oben S. 46–49; »Reich der Fußnoten«: oben S. 269. 54  Vgl. oben S. 323 f. 55  An Ernst Witte, 19. April 1936 (Bd. 2, Nr. 50). Vgl. oben S. 274. 56  Hartung, Briefe, S. 13–26; Cornelissen, Gerhard Ritter, S. 335–369; Liebrecht, Fritz Kern; Rebenich, Alfred Heuß; ders., Deutsche Eindrücke. 57  Vgl. oben S. 158 f., 182–184. 58  Robert Holtzmann an Friedrich Schneider, 22. März 1946: »Über unsere allgemeine Lage lassen Sie mich schweigen; nur das Eine sage ich, dass das deutsche Volk sein Schicksal leider vollauf verdient hat. Mit den Schuldigen habe auch ich nicht das geringste Mitleid, ebensowenig mit den Verrätern an der Wissenschaft, deren es nur

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zu viele gegeben hat!« (NL Schneider, Karton 4, H 186; freundlicher Hinweis von Simon Groth). 59  Kantorowicz an Kehr, 18. April 1932; 7. Mai 1933 (NL Kehr [GStA PK], 20/107–109); »Schreier«: Erdmann an Walther Holtzmann, 30. Mai 1933 (Bd. 2, Nr. 1). 60  Vgl. oben S. 271 f. 61  An Gerd Tellenbach, 29. September 1941 (Bd. 2, Nr. 120). 62  An Paul Egon Hübinger, 7. März 1943 (Bd. 2, Nr. 145). 63  An Friedrich Baethgen, 27. Januar 1935 (Bd. 2, Nr. 25). 64  An Peter Rassow, 15. August 1943 (Bd. 2, Nr. 160). – Zur Auseinandersetzung Gerhard Ritters mit Otto Scheel in Zürich und später vgl. Cornelissen, Gerhard Ritter, S. 254–261; allgemein zu Luther im Nationalsozialismus: Überall Luthers Worte. 65  Lerchenmueller, Geschichtswissenschaft, S. 201. 66  An Karl Brandi, 14. April 1935 (Bd. 2, Nr. 31); an Gerd Tellenbach, 4. August 1935 (Bd. 2, Nr. 38). Vgl. oben S. 247. 67  An Gerd Tellenbach, 14. Juni 1936 (Bd. 2, Nr. 52). 68  Lethen, Staatsräte, S. 74. 69 Gustav Seibt, Nicht mitmachen, in: Merkur 65 (2011), S. 790–796, hier S. 794 über Arno Schmidt. 70  An Ernst Witte, 25. Oktober 1936 (Bd. 2, Nr. 56). 71  An Ernst Witte, 19. April 1936; an Yella Vulpius-Erdmann, 12. September 1944 (Bd. 2, Nr. 50, 205). Vgl. oben S. 25–31. 72  Vgl. K. P. Sommer, Eine Frage, S. 201 (nach Anthony Grafton). 73 Georg Simmel, Exkurs über den Fremden, in: G. S., Soziologie. Untersuchungen über die Formen der Vergesellschaftung, hg. von Otthein Rammstedt (G. S., Gesamtausgabe 11), Frankfurt a. M. 1992 (zuerst 1908), S. 764–771. 74  Vgl. oben S. 139, 273.

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REGISTER Personen Abaelard(us), Petrus 161 Abert, Josef 275 f. Abulafia, David 343 Achille(u)s 274 Ahlhaus, Joseph 377 Alexander III. v. Russland 45 Alexis, Willibald 44, 55 f. Alfred der Große 53 Althoff, Friedrich 89 Arendt, Hannah 138 Aristoteles 219 Arius 107 Arndt, Ernst Moritz 187 Aubin, Gustav 240 Aubin, Hermann 240, 242 Augustinus, Aurelius 119, 122 Azevedo, Ruy de 335 Bader, Karl Siegfried 322 Baethgen, Friedrich 18, 29, 71, 104 f., 143, 145 f., 150 f., 155, 236 f., 240, 242, 288, 303, 332, 334, 335–337, 366, 371 Baeumler, Alfred 219, 395 Baldwin, Marshall W. 341 Barlach, Ernst 14 Baron, Hans 136 Barth, Karl 240 Bauschan, Hund 69 Benjamin, Walter 307 Bergengruen, Werner 125, 356 Berve, Helmut 395 Beschorner, Johann Gotthelf 188, 191 Beumann, Helmut 290 f., 332, 337 f. Beyer, Hans Joachim 239 Bieberbach, Ludwig 172 f., 178 f., 185, 195–199, 217 f., 330 Bismarck, Otto von 102, 191, 228

Bloch, Marc 143, 413 Bock, Friedrich 114, 125, 138, 275 f., 279, 286, 319 f., 334, 336 Boëthius, Anicius Manlius Severinus 27 Bogner, Hans 249 Bohr, Harald 197, 387 Bondi, Georg 150 Brackmann, Albert 152–155, 162, 230, 236–240, 242, 245, 276, 279, 303, 305, 329, 334, 357 Brandes, Ernst 188 Brandi, Karl 116, 237 f., 240, 246–250, 279, 329, 393, 401 Brandt, Willy 195 Braun, Otto 92 Bréhier, Louis 126 Brockdorff-Rantzau, Ulrich von 203 Brumm, Ursula 334 Brunner, Otto 119, 143, 250, 311, 313, 330 Bucher, Lothar 191 Buchner, Max 84, 115 f. Buchner, Rudolf 251, 290, 331 f., 355, 357, 395 Bücher, Karl 38–40, 46 Büchner, Georg 42 f. Büttner, Heinrich 288, 291, 319, 321 Burke, Edmund 188 Caesar, C. Julius 148 Caspar, Erich 116, 129–131, 167, 171, 219, 221, 245, 269, 287, 313, 351 Cassiodor(us), Flavius Magnus Aurelius 274 Chamisso, Adelbert von 42 Christern, Elisabeth, geb. Weeren 193, 327

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Christern, Hermann 169 f., 178, 182–193, 218, 326, 357 Chroust, Anton 83–86, 87, 95 f., 115 f., 129, 329, 351, 371, 372 Cicero, M. Tullius 218, 227 Claudius, Matthias 42 Clemens (Kliment) von Ochrid 20 Conze, Werner 367 Courvoisier, Walter 68 Curtius, Ernst Robert 77, 126, 266, 301–303, 308, 314 Curtius, Ludwig 383 Czapski, Veronika, geb. Erdmann (»Put«, »Lalli«, Schwester) 19, 52, 55 f., 73, 266, 270, 347, 353 Dannenbauer, Heinrich 145–147, 235, 248, 306 f., 313, 331, 339, 354 Dante Alighieri 104, 302 Demetrius, hl. 119 Dörpfeld, Wilhelm 241 Dollfuß, Engelbert 207 Dopsch, Alfons 309 Dreyfus, Alfred 32 Dürer, Albrecht 41 Eckhardt, Karl August 240, 248, 280–283, 293, 330, 380 Edelmann, Moritz 234, 395 Eichendorff, Joseph von 42 Eichler, Oskar 384 Einstein, Albert 197 f., 199 Engel, Wilhelm 275, 281–284, 293, 309, 330, 335, 385 Engelmann, Johannes 46 Erdmann, Familie 35–38, 45, 55–57, 64, 68, 102, 266, 272, 349, 358

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418 ANHANG Erdmann, Aurelie, geb. Neander 41 Erdmann, Carl Eduard (Vater) 36–38, 41–49, 50, 57, 222, 293, 348 f., 356, 412 Erdmann, Eberhard 52, 61–65 Erdmann, Eduard 412 Erdmann, Guido 52, 55, 61–63 Erdmann, Johann Eduard 36, 49, 102 Erdmann, Johann Julius Friedrich 36 Erdmann, Johann Wilhelm 35 Erdmann, Karl Dietrich 338, 415 Erdmann, Veronika, geb. Neander (Mutter) 31, 41, 48, 52 f., 54–57, 60 f., 64, 69, 70, 117, 133, 172, 265, 267, 288, 307, 323, 348, 370 Erdmann, Veronika s. Czapski Ernst, Fritz 305 Euler, Leonhard 197 Feuersenger, Marianne 271 Fickermann, Norbert 289, 294, 300 f., 303, 307, 334, 337, 359 Fink, Karl-August 105, 336 Finsterwalder, Paul Wilhelm 158 f., 357 Fischer, Fritz 211 f., 390 Fliche, Augustin 126 Förster, Bernhard 159 Fontane, Theodor 28 Formosus, Papst 110 Forsthoff, Ernst 258 Frank, Hans 184 Frank, Walter 224–231, 245, 247–252, 253, 281–283, 328, 359, 395 Franz, Günther 144, 250, 280, 331, 357 Freisler, Roland 209 Friedländer, Max 69

Friedländer-Röhn, Franz 69, 270 Friedrich I. Barbarossa 84, 251, 285 Friedrich II. 147–156, 162 f., 333 Friedrich, Fritz 234 Gauß, Carl Friedrich 197 Georg, hl. 119, 123 George, Stefan 100, 147–156, 333 Gerhard, Dietrich 136 Giesau, Hermann 258 Gladiß, Dietrich von 288 f., 326 Gleim, Johann Wilhelm Ludwig 58 Gleispach, Marie von, geb. Rosenkranz 208, 217 Gleispach, Wenzeslaus von 174, 178, 206–210, 327 Gmelin, Ulrich 355 Gnauck-Kühne, Elisabeth 66 Goebbels, Joseph 133, 243, 261 Göring, Hermann 133, 149, 173, 241 Goethe, Johann Wolfgang von 43, 58, 76, 78, 99, 148, 219 Goetz, Walter 237 Goldschmidt, James 208 Grau, Wilhelm 249 f. Grauert, Hermann 70 Gregor VII. (Hildebrand), Papst 121–124, 126, 131, 222, 228 f., 338, 341, 344 Gregor VIII. (Mauritius von Braga), Papst 106–108 Grimm, Claus 399 Grundmann, Herbert 71 Günther, Hans Friedrich Karl 195 Güterbock, Ferdinand 102, 144, 170 Gumbel, Emil Julius 145 Gundolf, Friedrich 148 Gunther von Bamberg 301

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Guttenberg, Erich von 87, 96, 322 Habibullah, Emir von Afghanistan 201 Häring, Hugo 133 Haller, Johannes 34, 40, 93, 140, 144–146, 235, 237, 285, 305, 306, 308, 329, 339, 354 Hallgarten, George (Wolf­ gang) 72 Hampe, Karl 96, 125, 143 f., 150, 161, 233–237, 240, 242, 274, 297 Hamsun, Knut 28 Hannibal 328 Harnack, Adolf von 92 Hartung, Friedrich 34, 131, 172, 186, 212, 220 f., 245, 248, 251, 357 Haushofer, Karl 205 Havenstein, Martin 398 Heckel, Johannes 192 Heckel, Rudolf von 70 Heeringen, Eleonore von 52 Hegel, Georg Wilhelm Friedrich 190 f. Heidegger, Martin 100, 225 Heilig, Konrad Josef 318, 326 Heimpel, Hermann 72, 137, 237–240, 248, 251 f., 330, 346, 395 f. Heinberg, Erna 52 Heine, Heinrich 76 Heinrich I. 252–264, 302, 308, 326, 328, 355, 358, 396 Heinrich III. 92 Heinrich IV. 288, 332 Heinrich VI. 317 Heinrich der Löwe 58, 243, 251, 285, 289, 318, 338 Heinrich von Plauen 161 Helbok, Adolf 395 Heller, Emmy 291, 297 Hellmann, Siegmund 70, 238 Herder, Johann Gottfried 58 Heß, Rudolf 173, 205, 228, 328 Heuß, Alfred 357 Heuss, Theodor 245

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Register 419 Heymann, Ernst 280 Himmler, Heinrich 149, 186, 252–264, 285, 328, 355, 358, 396 Hindenburg, Paul von 103, 135, 249 Hintze, Hedwig 136, 212 Hintze, Otto 131, 188, 212 Hirsch, Hans 143, 297, 298 Hirt, August 264 Hitler, Adolf (»der Führer«) 23, 30, 50, 133, 136 f., 138, 149, 156, 180 f., 189, 193 f., 209 f., 218–220, 224 f., 228, 230, 238, 243 f., 249, 252, 254 f., 258, 261, 270–272, 281, 293, 312 f., 318, 320, 327 f., 358, 366, 389, 394 Höfler, Otto 250 f. Höhne, Rolf 258–264, 326, 332 Hölzle, Erwin 239 Hoerschelmann, Helene, geb. Erdmann 50 Hoetzsch, Otto 221 Hoffmann, Ernst Theodor Amadeus 28, 42 Hofmeister, Adolf 94 f., 186 Hohlfeld, Andreas 239 Holtzmann, Robert 12, 18, 125, 131, 167, 171, 221, 268, 298, 316, 323, 329, 334, 357, 365, 366 f. Holtzmann, Walther 96, 125, 159, 174, 248, 291, 298, 332–334 Hoppe, Willy 169 f., 172, 178, 179–182, 185, 194, 217 f., 220 f., 330, 357, 385, 395 Horaz (Qu. Horatius Flaccus) 134, 230 Hübinger, Paul Egon 290, 332, 338 Hüttebräuker, Lotte 291 f., 328 Jacobi, Carl Gustav Jacob 197 Jaensch, Erich Rudolf 195 Jantzen, Hans 160 Jaspers, Karl 127

Joachim von Fiore 302 Joachimsen, Paul 10, 70–72, 84, 127, 270, 351, 371 Johst, Hanns 125 Jordan von Blankenburg 58 Jordan, Karl 289, 291, 334 Jünger, Ernst 205 Julius III. (Giovanni Maria del Monte), Papst 104 Just, Leo 105, 166 f., 203, 377, 384 Juvenal (D. Iunius Iuvenalis) 227 Kallen, Gerhard 305 Kannenberg, Arthur »Willi« 133 Kantorowicz, Edmund 159 Kantorowicz, Ernst H. 133–163, 195, 268, 269 f., 294, 295, 314, 333, 340, 358, 359, 382 Kantorowicz, Hermann U. 386 Karl der Große 53, 231–245, 246 f., 251, 252, 254, 265, 270, 303, 315, 318, 320, 330, 335, 340, 346, 355, 358 Karl der Kahle 110 Kehr, Doris 93, 108 Kehr, Gudila 93 f., 279, 291, 326 Kehr, Paul Fridolin 10, 34, 87, 88–95, 96, 98 f., 103 f., 108, 110–114, 115–117, 118, 123, 127, 143, 145, 152–154, 158, 161, 166, 231, 266–268, 275–282, 286, 288 f., 291, 293, 296, 304, 309, 319, 320, 326 f., 329, 331–333, 336, 340, 346, 349, 351 f., 400 f. Kern, Fritz 237, 357, 393 Kienast, Walther 141 f., 323 Kirn, Paul 141, 145, 147 Kiss, Edmund 393 Kittel, Gerhard 192 Klabund (Alfred Henschke) 111 Klaus, August (»Herr Klaus«) 56

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Klewitz, Hans-Walter 105, 136 f., 326, 346 f., 350 Klopstock, Friedrich Gottlieb 58 Knothe, Herbert 168 Konstantin I. 120 Koselleck, Reinhart 306 Kraepelin, Emil 39 f. Krauss, Werner 365 Krieck, Ernst 158 Kroeger, Mary, geb. Erdmann 50 Krüger, Wilhelm 171 f., 178, 185, 193–195, 217 f., 330 Kühn, Margarete 293, 315, 320, 410 Kyrillos (Konstantin), hl. 20 La Monte, John L. 126 Laehr, Gerhard 113 Lampe, Albert A. O. 235 Lamprecht, Karl 90 Landau, Edmund 197 Larenz, Karl 191 Lawrence, Thomas Edward 199, 201 Leers, Johann von 241, 396 Lemberg, Joseph 337 Lenard, Philipp 197 Lenin, Vladimir Il‘ič 202 Lenz, Max 94 Leo IX. (Bruno), Papst 121 Levison, Wilhelm 159, 269 Lintzel, Martin 142, 235–237, 240, 242, 332, 393 List, Friedrich 192 Locke, John 188 Löffler, Hermann 396 Löns, Hermann 232 Ludendorff, Erich 190 Lüdtke, Franz 256 Ludwig der Deutsche 317 Ludwig, Emil 154 f., 227 Luther, Martin 7, 43, 359 Machiavelli, Niccolò 269 Maercker, Georg 252 Mann, Golo 365 Mann, Katia 111 Mann, Klaus 365

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420 ANHANG Mann, Thomas 68, 70, 98, 111, 127, 138,218, 234, 240 Marc Aurel (Marcus Aurelius Varus) 26 Marcks, Erich 68, 70, 131, 188, 192, 230 Marinus von Eboli 110 Maschke, Erich 239 Masur, Gerhard 137 Mathilde, Kg.in 254, 261, 397 Mathilde von Quedlinburg 285 Mathilde von Tuszien 122 Matteotti, Giacomo 101 Mattiat, Eugen 228 Mauritius, hl. 119 Mauritius von Braga s. Gregor VIII. May, Karl 20, 55, 125 Maybaum, Heinz 142 Mayer, Gustav 136 Mayer, Hanna, geb. Stradal 312, 323 Mayer, Theodor 160, 248, 275, 286, 306, 309–313, 313–323, 331 f., 334, 337, 350, 354 Mayer-Edenhauser, Theodor 320 Meinecke, Friedrich 34, 90, 118, 131, 188, 212, 220 f., 227, 229, 232, 237, 241, 245, 295, 314, 329 Meinhard von Bamberg 300, 353 Mendes dos Remédios, Joaquim 97 Menzel, Ottokar 365 Mercati, Giovanni 279 Mergenthaler, Christian 144 f. Methodios, hl. 20 Meyer, Arnold Oskar 186, 188, 210–212, 220 f., 407 Meyer, Eugen 18, 268, 323, 366, 398 Meyer, Herbert 248, 305, 407 Meyer, Otto 184 f., 291, 380, 400 Mitscherlich, Alexander 71

Mitteis, Heinrich 335 Mörike, Eduard 19 Moltke, Helmuth von 233, 239 Mommsen, Theodor 92, 160 Mommsen, Theodor Ernst 162 Mommsen, Wilhelm 234 f., 247 Montaigne, Michel de 26 Morus, Thomas 269 Müller, Karl Alexander von 68, 230, 395 Mussolini, Benito 12, 99–103, 272, 275, 302, 318, 356, 357, 366 Napoleon I. Bonaparte 232, 272 Nasrullah Khan 201 Naumann, Hans 240, 242 Neander, Familie 45, 55, 68 Neuber(in), Friederike Caroline 58 Niedermayer, Oskar von 173, 178, 199–206, 218 f., 326 Nietzsche, Friedrich 159, 167, 249, 274, 354, 356, 361 Nikolaus I., Papst 110 Novalis (Friedrich von Hardenberg) 26 Oestreich, Gerhard 204 Oexle, Otto Gerhard 128 Oncken, Hermann 130 f., 160, 171, 182, 220, 227, 229, 231, 329 Opitz, Gottfried 331 Orthmann, Wilhelm 168 Ossietzky, Carl von 154 Otto I. 256 f., 339 f. Otto III. 339 Otto, Walter 70 Paczensky, Susanne von 369 Pais, Sidónio 75 Papen, Franz von 135 Paul, Jean (Friedrich Richter) 42, 98 Paulus, hl. 166

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Peeck, Friedel 292, 320, 404 Perels, Ernst 171, 174, 194, 268, 269 f., 294, 316, 326, 399 Perels, Kurt 171, 385 Petrarca, Francesco 7, 161 Petri, Franz 215 f., 389 Petry, Ludwig 75 Pfeffer, Karl Heinz 192 Pirenne, Henri 213, 216 Pius XI. (Achille Ratti), Papst 92, 101, 108 f., 138, 222 Pivec, Karl 304 f. Plaßmann, Josef Otto 305 Platon 166 Platzhoff, Walter 158, 248 f., 315 Pleyer, Kleo(phas) 186 f., 189, 249 Pölnitz, Gudila von, s. G. Kehr Pringsheim, Alfred 70 Pringsheim, Hedwig 70 Pückler-Muskau, Hermann von 191 Quidde, Ludwig 396 Raabe, Wilhelm 66 Radbruch, Gustav 208 f. Radig, Werner 239 Raff, Helene 68 Ramackers, Johannes 112 f., 125 Ranke, Leopold von 81 f., 92, 118, 123, 167, 234 f., 351, 353, 359 Rassow, Peter 125, 359 Reese, Gustl 217, 327 Reese, Werner 175, 178, 210–217, 218, 220, 224, 326, 357, 390 Rehberg, August Wilhelm 188 Riezler, Kurt 147, 162 Riley-Smith, Jonathan 342 Ritter, Gerhard 230, 232, 237, 268, 357 Ritterbusch, Paul 189 f., 311, 317 f.

22.11.21 10:38

Register 421 Röhm, Ernst 358 Röhn, Franz s. f. FriedländerRöhn Rörig, Fritz 12, 221, 287, 317, 390 Rosenberg, Alfred 125, 166, 228, 233, 235, 243, 245, 247 f., 254, 261, 328, 330, 358 Rothfels, Hans 248 Rudolf von Habsburg 148 Runciman, Steven 342 f. Ruppel, Aloys 112 Salazar, António de Oliveira 75 Salvisberg, Otto Rudolf 133 Scheel, Otto 186 Schieder, Theodor 71 Schieffer, Rudolf 338 Schieffer, Theodor 125, 289 f., 294, 330, 332, 334 Schiemann, Theodor 34 Schiller, Friedrich 26 f., 43, 219, 229, 352, 353 Schirach, Baldur von 224 Schirren, Carl 45 f. Schleif, Hans 262, 328 Schlözer, August Ludwig von 188 Schmeidler, Bernhard 297–299, 304 Schmidt, Helmut 195 Schmidt-Ott, Friedrich 92 Schmitt, Carl 138, 208 f., 225 Schmitthenner, Paul 395 Schneider, Fedor 140, 143 Schneider, Reinhold 77 f., 356 Schönberg, Arnold 14 Schramm, Percy Ernst 120, 125, 143, 150 f., 195, 237, 246, 260 f., 295, 314, 331, 335, 340 Schünemann, Konrad 355 Schüßler, Wilhelm 186, 220 Schumann, Otto 301, 304, 307, 334 Schur, Issai 198 Schwab, Gustav 55

Schwabe, Ludwig (von) 38–40 Schwejk, Josef 28 Scott, Walter 55 Seeckt, Hans von 202 f. Seneca, L. Annaeus 26 Serafini, Federico 104, 106, 319 Serafini, Francesca 319 Shakespeare, William 148 Sickel, Theodor 88, 112 Sievers, Wolfram 262, 328, 397 Simmel, Georg 361 Six, Franz Alfred 214, 220, 224 Sokrates 26, 166 Sombart, Werner 192 Sommerfeldt, Martin H. 241 Spangenberg, Hans 142 Spann, Othmar 224 Spengler, Oswald 72, 139, 252 Spittler, Ludwig Timotheus 188 Spranger, Eduard 220 Sproemberg, Heinrich 12, 16, 211, 268, 316, 320, 323, 332, 335, 338, 347, 394 Srbik, Heinrich von 230, 250 Stach, Walter 286 f., 301, 323 Stadelmann, Rudolf 71 Stahl, Friedrich Julius 191 Stalin, Josef 50 Stauffenberg, Alexander von 251 Steding, Christoph 249, 251 Stengel, Frida, geb. Barth 283 f. Stengel, Edmund E. 275, 282–286, 287 f., 290, 293, 297, 299, 303, 305, 309, 315, 319, 323, 330, 334, 351, 354 Stengel-von Rutkowski, Lothar 283 f. Stifter, Adalbert 306 Storm, Theodor 28 Strecker, Karl 301, 399 Stutz, Ulrich 104, 407 Tacitus, P. Cornelius 227

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Taut, Bruno 133 Tellenbach, Gerd 7, 18, 87, 105, 112, 113, 117 f., 127–129, 135, 138, 140, 231, 248, 251, 269, 272 f., 289, 294, 303, 304, 307, 313 f., 317, 323, 330, 332, 333, 334, 335, 337, 338, 346, 349, 359, 379, 392 Thérèse von Lisieux, hl. 109 Thomas von Aquin 219 Thomas von Capua 291 Thoß, Alfred 256 Thukydides 249 Tieck, Ludwig 42 Tillich, Paul 68 Töpfer, Bernhard 338 Treitschke, Heinrich von 224, 227, 231 Trockij, Lev Davidovič 202 Troeltsch, Ernst 68, 349 Trotzki s. Trockij Tyerman, Christopher 343 Uebersberger, Hans 221 Unamuno, Miguel de 77 Ungern-Sternberg, Alice von, geb. Erdmann 388 Ungern-Sternberg, Roman von 206 Urban II. (Odo von Châtillon), Papst 117, 121, 123 f., 126, 131 Vahlen, Theodor 185, 187, 198 f. Vasella, Oskar 335 Vasmer, Max 194 Vehse, Otto 104 f. Verhulst, Raf(ael) 216 Vienken, Thea 292 Vischer, Peter d. Ä. 41 Voretzsch, Ernst Arthur 74 Vulpius, Axel 25, 134 Vulpius, Gisela Renate 28 Vulpius-Erdmann, Yella (Aurelie) (Schwester) 18, 25, 29 f., 52–54, 56, 69, 73, 127, 134, 266, 321, 334, 335, 347, 350

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422 ANHANG Wagner, Johann Tobias 66 Wagner, Richard 98, 249 Walter, Familie 35, 45, 55 Walter, Bruno 68 Walter, Elisabeth 35 Walter, Ferdinand 45 Walther, Hans 399 Warburg, Aby 120 Wattenbach, Wilhelm 298 Weber, Marianne 99 Weber, Max 33, 107, 115, 127, 218, 307, 367 Weinbaum, Martin 136 Weinstein, Familie 73 f.

Weinstein, Benno 73 Weinstein, Hans Bernhard 73 Weisthor, Karl Maria (Karl Maria Wiligut) 259 Wentz, Gottfried 104 f., 334 Wessel, Horst 194 Wibald von Stablo 297 Widukind 232–236, 240–244, 247, 251, 254, 261 Widukind von Corvey 256, 338, 340 Wiechert, Ernst 356 Wiese, Benno von 365

Wilhelm I. 233 Wilhelm II. 201 Windelband, Wolfgang 240 Winnig, August 51, 66 Wirth, Herman 280 Witte, Ernst 10, 66 f., 178, 253, 256, 303, 323, 329, 334 Witte, Sophie 323 Zatschek, Heinz 198, 404 Zipfel, Ernst 290 f. Zogu I. von Albanien 18 Zweig, Stefan 276

Orte Aachen 340 Agrigent 148 Alcázer do Sal 82 Arosa 111 f. Arras 63 f. Assur 97 Athen 241 Baden-Baden 58 Badersleben 12 Bamberg 110, 130, 296, 300 Barcelona 109 Basel 40 Basra 97 Bautzen 262, 326 Berkeley 333 Berlin 7, 10 f., 12, 14, 19, 38, 39, 68, 77, 90, 93 f., 97 f., 102, 104, 109, 111, 114, 115–117, 127, 129, 131 f., 133 f., 136, 137, 141, 144, 145, 151 f., 160–163, 164–178, 179, 183, 185, 188, 193 f., 195, 203, 205, 208, 209, 210, 212, 214, 218 f., 223, 228, 240 f., 244, 253, 257, 265 f., 269, 275, 280, 281, 285 f., 288–291, 298, 320, 322, 323, 327, 329 f., 333, 334, 346, 348, 350, 351, 357, 394 Charlottenburg 161 Dahlem 265, 268 Falkensee 114, 276

Zehlendorf 30, 133 f., 265 f.

Blankenburg 10, 50–67, 73, 83, 139, 252–254, 256 f., 265 f., 303, 322, 329, 348, 353, 362, 398 Bonn 105, 159, 240, 266, 269 Braga 96, 107, 108 Braunsberg 105 Braunschweig 59, 66, 328 Breslau (Wrocław) 240, 384 Brüssel 215, 217 Bukarest 73 Charkov 289 Coimbra 77, 96 Danzig (Gdansk) 166 Demmin 327 Detmold 232, 258 Dinant 216 Donaueschingen 322 Dorpat (Tartu) 32, 33, 36–43, 45–48, 50, 60, 222, 265, 368 Dyrrhachion (Durrës) 20 Enger 233 Erfurt 246–252, 281, 290, 331 Erlangen 200, 297 Escorial 162 Evere 217 Evora 96 Faschoda 32

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Florenz 297 Flossenbürg 326 Frankfurt a. M. 136, 140, 143, 147, 156–160, 161, 164, 195, 198, 208, 269, 301, 333, 357, 361 Freiburg i. Br. 116, 131, 232, 238, 309, 311, 318, 322 Gelnhausen 286, 318, 321, 338 Gent 216 Gießen 87, 160, 289, 309, 312, 384 Glatz 166 Göttingen 38, 88 f., 97, 99, 105, 108, 111, 116, 136, 166, 197, 219, 248, 279, 305, 330 Graz 83, 206 Greifswald 131, 185, 187 f., 264 Groß Brunsrode 328 Halle 36, 135, 155, 174, 176, 235, 240 Hamburg 131, 136, 142, 171, 217, 234, 251, 322, 331, 335 Hammerstein 192 Hassitz 166 Heidelberg 36, 38, 39, 40, 87, 96, 105, 125, 128, 131, 136, 143, 144, 145, 147, 148, 150, 171, 174, 208, 225, 236, 240, 297, 384

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Register 423 Hundshaupten 326 f. Istanbul 202 Jena 38, 56, 66, 68, 224, 250 Jerusalem 82, 118, 123–125, 152, 341 f. Júrjev 46, 369 Karlsruhe 40 Kazan’ 202 Kiel 105, 175, 189 f., 210, 240, 251 Kitzeberg 166, 206

Kleinmachnow 134, 266 Knokke 210 Köln 131, 215, 331 Königsberg (Kaliningrad) 35, 105, 145, 236, 240 Konstantinopel 20 Konstanz 331 f. Kowno (Kaunas) 271 Kremsmünster 322 La Cava 107 Landsberg 255 Leipzig 38, 40, 141, 145, 238 f., 338 Lipezk 202 Lissabon 10, 68–86, 96, 97–99, 127, 265, 348 f., 351 Löwen (Leuven/Louvain) 216 Lyck (Ełk) 16, 35 Madrid 107, 125 Marburg 234, 282, 284 f., 310, 312, 315 Mazār-i Sharīf 201 Memleben 253 Michaelstein 322 Minden 184, 233 Mitau (Jelgava) 36, 41 Mont-Saint-Michel 271, 399 Moskau 50, 202 f., 205 f., 291, 326 Mostar 27 München 10, 38, 56, 68 f., 72, 83, 84, 102, 137, 205, 228, 233, 270, 301, 330, 348, 395

Bogenhausen 68 f. Schwabing 69

Neumünster 166 New York 341 Nürnberg 41, 244 Ochsenfurt 326 Ohrid 19, 20 Olympia 241 Oxford 160 Paderborn 258 Paris 10, 32, 110, 112, 125, 130, 142, 176, 295 f., 352 Pearl Harbor 271 Pernau (Pärnu) 33 Pommersfelden 322, 410 Porta Westfalica 233 Porto 77, 96, 97 Posen (Poznań) 66, 186 Potsdam 249 Prag (Praha) 32, 199, 297 f., 309, 311, 404 Princeton 162, 333 Quedlinburg 58, 254 f., 257–259, 261, 285, 326, 328, 355, 397 Reichenau 331 f. Reval (Tallinn) 33 Riade 255 Riga 33, 34, 35 Rippen 166 Rittmarshausen 166 Rom 10, 16, 82, 87–114, 115–117, 127, 135, 140, 150 f., 162, 257, 265, 272, 275 f., 279, 281, 285, 291, 293, 297, 302, 304, 319 f., 326, 328, 333 f., 336, 340, 346, 348 f., 351, 353, 354, 361

Sankt Florian 322 Sankt Petersburg 46, 66 Sarajevo 19, 25, 27 Saratov 202 Selinunt 148 Shanghai 201 Shkodra (Skutari) 25 Sintra 77 Skopje 20 Speyer 148 Stalingrad (Wolgograd) 14, 299 Staßfurt 303 Straßburg 12 f., 287, 323, 330, 396 Stuttgart 128 Tännich 166 Theresienstadt 238 Tirana 19, 21–26, 295 Tōkyō 201 Tübingen 105, 131, 140, 144–147, 235, 248, 306, 336 Verden 232–234, 237 Verdun 317 f. Versailles 202 f., 238 Viana do Castelo 96 Viseu 96 Vivarium 274 Vlora (Vlorë) 25 Volsk 202

Rostock 131, 141 f., 394

Warschau (Warszawa) 246 Wässerndorf 326 Wernigerode 12 Wewelsburg 258 Wien 19, 32, 38, 126, 142 f., 206–210, 224, 250, 297 f., 304, 309, 312, 327, 331 Wildeshausen 233 Wolfenbüttel 59 Wolmar (Valmiera) 33, 35 Würzburg 10, 83–87, 96, 115–117, 276, 282, 348, 372, 377, 385

Sahagún 99 Saint-Denis 110 Salzburg 332

Zagreb (Agram) 28 f., 322, 325, 334 f., 367 Zürich 359

Vatikan 100, 103 f., 106, 111, 117, 151, 279, 282

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Abbildungsnachweis

Archiv des Autors: S. 9, 22, 24, 30, 37, 48, 51, 53, 54, 62, 63, 79, 106, 134, 196, 267, 325, 327, 360. – Archiv der BerlinBrandenburgischen Akademie der Wissenschaften: S. 13. – Archiv der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen, Magdeburg: S. 255. – Archiv der Humboldt-Universität, Berlin: S. 168. – Archiv der Ludwig-MaximiliansUniversität München: S. 69. – Auf den Spuren der Ottonen, Flyer zur Ausstellung Quedlinburg 2004: S. 263. – Bundesarchiv Berlin: S. 260. – Christern, Hermann: Das Reich und der deutsche Lebensraum. Vermächtnis eines Greifswalder Historikers, hg. von Elisabeth Christern, Greifswald 1942: S. 183. – Die Woche, 9. Juni 1934: S. 277, 292. – Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, Berlin (NL P. F. Kehr): S. 105. – Gudian, Janus: Ernst Kantorowicz. Der »ganze Mensch« und die Geschichtsschreibung, Frankfurt a. M. 2014: S. 149. – Hansische Geschichts­blätter 67/68 (1942/43): S. 211. – Monumenta Germaniae Historica, München: S. 299. – Nordrhein-Westfälisches Staatsarchiv Detmold (NL D. v. Gladiß): S. 94. – Olechowski, Thomas / Ehs, Tamara / Staudigl-Ciechowicz, Kamila: Die Wiener Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1918–1938, Göttingen 2014: S. 207. – Prager Festgabe für Theodor Mayer, Salzburg 1953: S. 310. – Seidt, Hans-Ulrich: Berlin, Kabul, Moskau. Oskar Ritter von Niedermayer und Deutschlands Geopolitik, München 2002: S. 200. – Veröffentlichungen der Gesellschaft für fränkische Geschichte IX 50 (2005): S. 85. – Wikimedia Commons: S. 109, 180, 226.

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»Folker Reichert ist eine fesselnde Biographie gelungen, die die schweren Bedingungen eines Mediävisten im Nationalsozialismus schildert, der sich nicht anpassen konnte und wollte.« Prof. Dr. Eva Schlotheuber, Vorsitzende des Verbands der Historiker Deutschlands (VDH)

Carl Erdmann (1898–1945) gilt als einer der bedeutendsten deutschen Mediävisten des 20. Jahrhunderts, sein Hauptwerk »Die Entstehung des Kreuzzugsgedankens« als Klassiker der Geschichtsforschung. Der Mediävist Folker Reichert würdigt Carl Erdmann erstmals mit einer Biographie und erzählt die tragische Lebensgeschichte eines der wenigen deutschen Histo Historiker, die sich nicht mit den Nazis einließen. Er verfolgt den Weg des gebürtigen Deutschbalten zur Geschichte des Mittelalters, schildert die ihn prägenden Jahre in Lissabon und Rom, um daran anknüpfend seine wissenschaftliche Tätigkeit für die Monumenta Germaniae Historica in Berlin zu behandeln. Eindringlich be beschreibt er Erdmanns Opposition zum Nationalsozialismus und dessen offene Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Ideologie und deren hoch hochgestellten Vertretern.

wbg-wissenverbindet.de ISBN 978-3-534-27403-1

Folker Reichert (Hrsg.)

Der Historiker Carl Erdmann und das »Dritte Reich«

Br ie fe 1933 - 1945

Fackel in der Finsternis

Fackel in der Finsternis

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Fackel in der Finsternis Der Historiker Carl Erdmann und das »Dritte Reich« Band 1: Die Biographie Band 2: Briefe 1933–1945

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Folker Reichert

FACKEL IN DER FINSTERNIS Der Historiker Carl Erdmann und das »Dritte Reich« Band 2 Briefe 1933–1945

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Folker Reichert, geb. 1949, war von 1994 bis 2012 Inhaber des Lehrstuhls für mittelalterliche Geschichte an der Universität Stuttgart. Gastprofessuren in Shanghai, Yokohama und Bangkok; Fellow am Alfried-Krupp-Wissenschaftskolleg in Greifswald 2011/12; Mitglied der Kommission zur Erforschung der Kultur des Spätmittelalters bei der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen und der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg. Er publizierte vor allem zur Geschichte des Reisens, der Entdeckungen und der Kartographie im Mittelalter sowie zur Geschichte der Mediävistik im 20. Jahrhundert.

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in und Verarbeitung durch elektronische Systeme. wbg Academic ist ein Imprint der wbg. © 2022 by wbg (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt Die Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der wbg ermöglicht. Lektorat: Dirk Michel, Mannheim Satz: Arnold & Domnick GbR, Leipzig Einbandgestaltung: Andreas Heilmann, Hamburg Einbandabbildung: Carl Erdmann als Soldat Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier Printed in Europe Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-wissenverbindet.de ISBN 978-3-534-27403-1 Elektronisch sind folgende Ausgaben erhältlich: eBook (PDF): ISBN 978-3-534-74712-2 eBook (epub): ISBN 978-3-534-74713-9

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INHALT Einleitung ������������������������������������������������������������������������������������������������� 7 Carl Erdmann als Briefschreiber – Zur Ausgabe der Briefe – Anmerkungen

Briefe (1933–1945) 1933 ���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 18 1934

�������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������  36

1935 ��������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 68 1936

������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������  111

1937 ������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������  146 1938 ������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������  178 1939

������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

196

1940 ������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 217 1941 ������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������  234 1942

����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������  267

1943

�����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������  301

1944 ����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 372 1945

���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 408

ANHANG Quellen- und Literaturverzeichnis ���������������������������������������������������� 422 Danksagung ������������������������������������������������������������������������������������������ 479 Register (Personen, Orte)��������������������������������������������������������������������� 482 Abbildungsnachweis ��������������������������������������������������������������������������  498 Die Subskribenten ������������������������������������������������������������������������������  499

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EINLEITUNG

Carl Erdmann als Briefschreiber Je seltener wir persönliche Briefe erhalten, umso mehr werden wir uns ihres Wertes und sogar ihrer Schönheit bewusst. Sie folgen den Grundsätzen einer formalen Gestaltung, bemühen sich um eine geordnete Sprache und bringen – wenn alles gut geht – einen intelligenten Dialog auf den Weg. E-Mails und Telefonate schaffen keinen Ersatz für sie. Das heißt nicht, dass einer Kommunikationsform, die der Vergangenheit angehört, ein unverhofftes Comeback prophezeit werden soll. Aber man kann sich lesend an der Hinterlassenschaft früherer Zeiten erfreuen. Wie reizvoll das ist, zeigen die zahlreichen Briefausgaben gerade in neuerer Zeit. Das Briefeschreiben erlebte ein Goldenes Zeitalter, das bis in die 1930er-Jahre hineinreichte. Carl Erdmann hatte noch Anteil an ihm. Lord Byron soll einmal das Briefescheiben als ein Mittel empfohlen haben, Einsamkeit in guter Gesellschaft zu verbringen: »combining solitude with good company«.1 Natürlich gibt es auch solche Briefe, mit denen man sich nicht gute Gesellschaft, sondern eher das Gegenteil ins Haus holt. Doch auch aus ihnen geht hervor, welche Standpunkte die Korrespondenten vertraten, wie sie auf Herausforderungen des Alltags und ihrer Zeit reagierten, was sie miteinander verband und was sie trennte. Im Fall Carl Erdmanns heißt das: Nur seine Briefe ermöglichen es, hinter die Kulissen des Wissenschaftsbetriebs zu schauen, Erdmanns Sicht auf das Verhältnis von Wissenschaft und Politik detailliert zu beschreiben, den Hintergrund seiner Entscheidungen auszuleuchten und in Erfahrung zu bringen, was seine aufrechte Haltung in existenziell schwierigen Zeiten begründete. Dem steht ein initiales Hindernis im Weg: Es gibt keinen Nachlass Carl Erdmann, keine Dokumentation seiner brieflichen Kontakte, keine feste Basis, von der man ausgehen könnte. Erdmann hat offenbar nur von dienstlichen Schreiben Durchschläge angefertigt; private Post, auch die an ihn gerichtete, hob er nicht auf. »Nachlasspolitik« (wie man sie betreibt, um die Nachwelt mit

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8 EINLEITUNG der eigenen Hinterlassenschaft zu beglücken) betrieb er nicht. Schon das wirft ein Licht auf seinen Charakter: Um seine Person machte er nicht viel Aufhebens, sondern verbarg sie hinter seinen sachlichen Interessen. Zum Glück gingen seine Briefpartner weniger sorglos mit ihrer Korrespondenz um, unter ihnen vor allem jene, die ihm zugetan waren: Gerd Tellenbach behielt alles bei sich, was ihn mit dem Freund verband; seine Schwester Yella bewahrte dem Bruder auf ähnliche Weise ein liebendes Angedenken (und scheint deshalb das eine oder andere Schreiben aus dem Verkehr gezogen zu haben, weil es die Erinnerung hätte eintrüben können). Hat man aber einen genügend großen Bestand von Briefen zur Verfügung, kommen weitere Korrespondenzpartner zum Vorschein. Zieht man eine Serie von Briefen hervor, hat man andere sozusagen »am Schnürchen« (Thomas Mann). Ein kommunikatives Netzwerk bildet sich ab, das tief in Erdmanns berufliches und persönliches Umfeld hineinreichte und seinen wissenschaftlichen, politischen und weltanschaulichen Standort deutlich hervortreten lässt. Er selbst kümmerte sich wenig um sein Nachleben; aber seine Vorgesetzten, Fachgenossen und Vertrauten waren oder wurden so prominent, dass ihre schriftlichen Hinterlassenschaften mittlerweile in Archiven und Bibliotheken aufbewahrt werden. Durch ihre Nachlässe zieht sich auch Carl Erdmanns Spur. Über 550 Schreiben wurden auf diese Weise ermittelt. Davon kommen 218 hier zum Abdruck. Ein einziges an Erdmann gerichtetes Schreiben ist im Original erhalten geblieben, allerdings nur deshalb, weil der Absender es nicht abgeschickt hat.2 Von wenigen anderen weiß man wenigstens den Wortlaut, entweder in Gestalt eines Durchschlags (vgl. Nr. 16, 144, 146, 165) oder weil zunächst ein handschriftliches Konzept angefertigt und dieses vom Absender aufbewahrt wurde (vgl. Nr. 4, 43, 47, 60, 67, 82). Nur gelegentlich und immer nur in Ansätzen zeichnet sich ein wirklicher Briefwechsel mit einem Austausch von Standpunkten ab. Aufs Ganze gesehen, bleibt daher die Überlieferung einseitig. Mit anderen Worten: Man erfährt viel von Erdmanns Ansichten und Problemen, doch nur indirekt von den Anliegen seines jeweiligen Gegenübers. Wollte man auch seinen Briefpartnern gerecht werden, um zu verstehen, was sie mit ihm verband, müsste man weitere, wenn nicht ganz andere Quellen heranziehen. Doch darum geht es hier nicht. Es geht um Carl Erdmann als Briefschreiber. Das erhaltene Material lässt es nicht zu, ihn als besonders eifrigen Korrespondenten zu bezeichnen. Mit Johannes Haller, Friedrich Meinecke, Hermann Aubin, Siegfried Kaehler oder

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Heinrich von Srbik konnte er sich nicht messen, schon gar nicht mit Ernst Robert Curtius und dessen geschätzten 10.000–15.000 Briefen. Aber auch Erdmann schrieb regelmäßig an Kollegen und Freunde, bevorzugt sonntags, wenn er nicht in der Bibliothek der Monumenta Germaniae Historica arbeiten konnte. Und wenn er sich an einem Thema festgebissen hatte, dann wurde er zum leidenschaftlichen Briefschreiber, der Kaskaden von Briefen verschickte. Davon ging einiges verloren, sowohl persönliche Schreiben, die in Privatbesitz verblieben, als auch Aktenstücke, die aus der Korrespondenz mit staatlichen Einrichtungen hervorgingen.3 Der Verlust scheint irreparabel. Aber auch die vielen Briefe, die Erdmann verschickte, um den Widerspruch gegen die nationalsozialistische Neubewertung Karls des Großen zu organisieren, zeigen, wozu er fähig war, wenn er Feuer gefangen hatte und »brannte« (Nr. 17–39). Er lebe »für kaum etwas anderes mehr«, ließ er einmal verlauten (Nr. 21). Jedenfalls muss mit deutlich mehr als den erhaltenen Briefen gerechnet werden. Erdmann besaß eine gleichmäßige, fast immer gut lesbare Handschrift, die dem Editor keine schlaflosen Nächte bereitet. Dass der Schreiber auf Genauigkeit Wert legte, kann man ihr ansehen. Um 1933 ging er von der deutschen zur lateinischen Kurrentschrift über. Doch schon als Mitarbeiter am Preußischen Historischen Institut in Rom hatte er sich an die Vorteile der Schreibmaschine gewöhnt. In Berlin legte er sich eine eigene zu, die offenbar in seinem Schlafund Arbeitszimmer stand. Zwar galt die Schreibmaschine immer noch als ein seelenloses Werkzeug, das für die persönliche Kommunikation nicht taugte (und von Martin Heidegger sogar für seine wissenschaftliche Produktion strikt abgelehnt wurde). Wer sich ihrer bediente, etwa weil die Zeit drängte oder um die Augen zu schonen, der entschuldigte sich höflich. In der Hierarchie der persönlichen Ausdrucksmittel stand die Schreibmaschine weit unten.4 Aber Erdmann hatte mit ihr das ihm gemäße Schreibgerät gefunden. Sein distanziertes, Sachlichkeit anstrebendes und den Habitus der Objektivität anstrebendes Selbstverständnis kam nämlich auf diese Weise viel besser zur Geltung. Als »Schreibmaschinist« konnte er ein gleichmäßigeres, ruhigeres, nahezu perfektes Schriftbild erzeugen. Vermutlich erstellte auch er zunächst mit der Hand ein Konzept, das er dann möglichst fehlerfrei abtippte. Jedenfalls enthalten seine maschinengeschriebenen Briefe nur wenige Nachträge, Korrekturen, orthographische, grammatische oder stilistische Ausrutscher. Wie seine gedruckten Schriften zeigen sie einen Verfasser, der von sich

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10 EINLEITUNG genauso viel verlangte wie von seiner Umgebung. Später als Soldat kam Erdmann notgedrungen wieder auf die handschriftliche Kommunikation zurück. An die Stelle der Absenderadresse trat die Feldpostnummer, die Schreibmaschine ersetzte der Bleistift. Das Papier wurde immer dürftiger, die Schrift zuweilen schlecht lesbar. Ein gleichmäßiges Schriftbild war so nicht mehr zu erzielen. Dafür lassen die Feldpostbriefe unmittelbarer erkennen, was den Schreiber umtrieb, was ihn freute oder quälte und wie er damit umging. Rücksicht auf die Neugier der Zensoren und die Sorgen der Adressaten nahm Erdmann nicht. Sein letzter Gruß an die Familie wirkt banal und berührend zugleich (Nr. 218).5 Auch als Briefschreiber gab sich Erdmann keine Blöße. Er forderte intellektuell den Empfänger, unterschritt nie sein Niveau und gab sich Mühe »wie immer« (Nr. 198). Da er außerdem ein Talent zur spitzen Formulierung besaß und so das Stereotyp des baltischen »Giftmichels« (Karl Bücher) bediente, bereitet die Lektüre seiner Briefe nicht selten Vergnügen, nicht unbedingt dem Adressaten seiner Sottisen, umso mehr dem heutigen Leser. Auch Erdmanns notorische »Stachlichkeit« (Nr. 157) wird durch seine Briefe dokumentiert. Wen er nicht mochte (z. B. den Berliner Ordinarius Fritz Rörig, der sich allzu bereitwillig den neuen Herren andiente), der kam auf keinen grünen Zweig mit ihm. Ansehen oder Status spielten dabei keine Rolle, wohl aber die weltanschauliche Haltung (Nr. 90, 92, 99). Und wenn ihm übel mitgespielt wurde, dann wurde er patzig (Nr. 51, 55).6 Wer dagegen seine Auffassung von Politik, Wissenschaft und deren Verhältnis zueinander teilte, der konnte sich auf seine Loyalität und Unterstützung verlassen. »An der Hebung des Gefühls für Gesinnung und Zivilcourage mitzuwirken« (Nr. 8), sah er als seine Aufgabe an. Gerd Tellenbach, Walther Holtzmann, Helmut Beumann und Paul Egon Hübinger blieben ihm deshalb weit über seinen Tod hinaus verbunden. Da sie sich alle der Erforschung des Mittelalters verschrieben hatten, ist in den Briefen an sie sehr viel von laufenden mediävistischen Projekten die Rede. Dabei tritt Erdmanns Arbeitsweise hervor: quellenorientiert, detailversessen und hoch spezialisiert. Wie Aby Warburg und unzählige andere, vor allem deutsche Gelehrte sah er den »lieben Gott im Detail«.7 »Kleinigkeiten und Lausereien«8 schreckten ihn nicht, sondern zogen ihn an. Mit Norbert Fickermann erörterte er philologisch-editorische Probleme (Nr. 109, 110, 132), Ernst Robert Curtius gegenüber brachte er sein Interesse an literarischen Topoi zur Geltung (Nr. 81). Wer

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da nicht mithalten konnte, musste die Diskussion mit ihm als »Gehirn-Turnstunde« empfinden (zu Nr. 144). Demgegenüber stehen Mitteilungen, in denen wissenschaftliche Einsichten von weitreichender Bedeutung aufleuchten: etwa indem er die dürftigen Grundlagen der Wallfahrt nach Santiago de Compostela monierte,9 wenn er die »Renaissance des 12. Jahrhunderts« in Zweifel zog (Nr. 81) oder wenn er das Investiturverbot von 1075 für »ganz gewaltig überschätzt« hielt und damit eine andere Deutung des sogenannten Investiturstreits verlangte (Nr. 86). Mit all dem nahm er eher ahnend als wissend vorweg, was heute der Forschungsstand ist. Mit Gerd Tellenbach, Percy Ernst Schramm und Ernst Kantorowicz wusste er sich einig, dass die Erforschung des Mittelalters einer kultur-, geistes- und symbolgeschichtlichen Orientierung bedurfte. Mit der damals angesagten »Neuen Verfassungsgeschichte«, wie sie in seinem wissenschaftlichen Umfeld vor allem Theodor Mayer vertrat, tat er sich dagegen zeitlebens schwer (Nr. 80, 118, 157). Erdmann war sich der Grenzen seiner Arbeitsweise bewusst und dachte darüber nach, wie Forschung und Darstellung in ein sinnvolles Verhältnis zueinander gebracht werden konnten (Nr. 125). Geschichtsschreibung betrachtete auch er als ein sinnvolles Ziel. Nur gelang sie ihm nicht so, wie er sie sich vorstellte. Eine befriedigende Lösung fand er in den wenigen ihm dann noch verbleibenden Monaten nicht. Sein letztes, mehrfach in seinen Briefen angekündigtes Buch blieb ein Torso (Nr. 123, 148, 151, 153, 181). So viel zu Erdmanns Blick auf das Mittelalter, zum Wert seiner Briefe für die Geschichte der Mediävistik. Hinzu kommen seine Aussagen über die eigene Zeit, die Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft in Deutschland. Oft sind sie mit denen zur Forschung und zum Forschungsinstitut verschränkt und ziehen sich wie ein roter Faden durch seine Korrespondenz. Seine unbedingte, kompromisslose Ablehnung der nationalsozialistischen Ideologie trug ihm die Vertreibung von der Berliner Universität ein. Aus dem Konflikt mit Rosenberg und den Rosenbergianern ging er zwar siegreich, aber als notorischer Gegner der »Bewegung«, als »Vertreter der intellektuellen Opposition« hervor.10 Als er sich dann auch noch mit der SS anlegte, trieb ihn die Angst um, ein zweites Mal ins Visier des »Schwarzen Korps« zu geraten (Nr. 79). Seine Stellung am »Reichsinstitut für ältere deutsche Geschichtskunde (Monumenta Germaniae historica)« wurde daher zunehmend prekär. Aus dem Reichserziehungsministerium wurde ihm nahegelegt, sich einen neuen Beruf zu suchen (Nr. 42, 44). Die Präsidenten Engel und Stengel durfte er noch

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12 EINLEITUNG ungestraft provozieren (Nr. 69, 118). Das »offizielle Außenseitertum«, in dem er sich eingerichtet hatte (Nr. 118), schützte ihn für eine Zeitlang. Doch mit Theodor Mayer tat er sich von Anfang an schwer. Denn diesem ging der Ruf voraus, sich als überzeugter Nationalsozialist für das Regime zu engagieren (Nr. 124). Ihr Verhältnis war meistens kühl und geschäftsmäßig, freilich dergestalt, dass der Präsident seinen fähigsten Mitarbeiter zum Faktotum degradierte (Nr. 150–154). Nicht nur wissenschaftliche Leistungen, sondern auch Alltagsgeschäfte wurden ihm im Übermaß abverlangt. Nur mit Mühe konnte sich Erdmann dem Ansinnen entziehen, sich an dem von Mayer organisierten »Kriegseinsatz der Geisteswissenschaften« zu beteiligen. Sogar sein Freund Tellenbach ließ sich dafür gewinnen. Erdmann, der nichts zu verlieren hatte, blieb standhaft, ja stur (Nr. 141).11 Seine letzten Monate am Reichsinstitut standen unter dem Damoklesschwert seiner Einziehung. Seine Korrespondenz wurde zunehmend von diesem Thema bestimmt (Nr. 149–155, 162, 172, 173, 175, 177–182). Von Theodor Mayer erhoffte er Unterstützung, die ihm jedoch, wenn überhaupt, nur halbherzig zuteilwurde. Gleichzeitig tat er alles, was in seiner Macht stand, um die Sammlungen und Materialien des Reichsinstituts an einem sicheren Ort vor der Vernichtung zu bewahren. Wie sehr er sich mit den Zielen und Vorhaben der Monumenta Germaniae Historica identifizierte, ist gerade in diesen Briefen mit Händen zu greifen (Nr. 159, 161, 166–172, 176, 178, 180). Wieder einmal lebte er für kaum etwas anderes mehr (Nr. 162). Doch ihm selbst half das alles nicht. Er musste in einen Krieg ziehen, mit dem er nichts zu tun hatte und für den er nicht taugte. Die Briefe, die er aus dem Feld an seine Schwester und an wenige Freunde schrieb, lassen erahnen, wie schwer es ihm fiel, sich zu behaupten, und sie zeigen, dass ihm das dennoch gelang. Er legte sich eine stoische Gelassenheit (Nr. 185: »ein genügend dickes Fell«) zu, die es ihm erlaubte, die Verhöhnungen und Beschimpfungen des militärischen Alltags seelisch zu überstehen und schließlich sogar sein nahes Ende zu akzeptieren: Wer sich zu den humanistischen Traditionen bekenne, müsse auch das eigene Lebensende bejahen können und als Philosoph zu sterben verstehen (Nr. 205). Noch deutlicher als in Berlin trat ihm vor Augen, dass der von ihm als »Wahnsinn« betrachtete Krieg längst verloren war und sein Ergebnis eine nationale und humanitäre Katastrophe sein musste. Seit Langem wusste er, was es hieß, in einer entmenschten Zeit zu leben (Nr. 60). Nun war dieses »Zeit-

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alter der Finsternis« an sein Ende gekommen und Erdmann hatte das Seine dazu beigetragen, dass die »Fackel« der Wissenschaft nicht vollständig erlosch. Darauf blickte er jetzt als Soldat mit Genugtuung zurück (Nr. 205).

Zur Ausgabe der Briefe Erdmanns Briefe werden hier in einer Auswahl geboten. Sie beschränkt sich auf die Jahre zwischen 1933 und 1945. Aus den Jahren 1925 bis 1932 sind ungefähr 190 Briefe und Karten erhalten. Sie verdienen Aufmerksamkeit und Interesse, etwa wenn sie abenteuerliche Archivreisen in Portugal, das schillernde Verhältnis zu Paul Fridolin Kehr oder den Streit um Ernst Kantorowicz’ Biographie Friedrichs II. behandeln. Aber mit den dramatischen Geschehnissen ab 1933 kann das alles nicht mithalten. Ausgewählt wurden solche Texte, die die Bedingungen des wissenschaftlichen Arbeitens im sogenannten Dritten Reich illustrieren: Zumutungen und Fluchtwege, Herausforderung und Verlockung, Erdmanns Widerständigkeit und Eigensinn, nicht zuletzt seine Leistungen und Fähigkeiten, die es ihm ermöglichten, sich ein Jahrzehnt lang in einem immer feindseligeren Umfeld zu behaupten. Weil aber die Schreiben an ihn weitestgehend fehlen und Briefe im Allgemeinen vieles voraussetzen, was dem Empfänger bekannt war, was aber der heutige Leser nicht weiß, braucht er Erläuterungen, die ihm das Verständnis erleichtern: Erläuterungen zu den angesprochenen Sachverhalten und deren Hintergründen, zu Arbeitsvorhaben, Publikationen und literarischen Zitaten. Sie finden sich an Ort und Stelle, also dort, wo sie gebraucht werden. Auch die wenigen an Erdmann gerichteten Schreiben, von deren Wortlaut man etwas weiß, werden in Auszügen mitgeteilt, um sachliche Zusammenhänge und personelle Konstellationen deutlicher hervortreten zu lassen. Die in den Briefen erwähnten Personen werden im Register mit den wichtigsten biographischen Daten kurz vorgestellt. Dadurch wird der Sachkommentar entlastet. Hier wie da kommt es auf Funktionalität, nicht auf Ausführlichkeit an. Überkommentierung hat so wenig Sinn wie das Fehlen von Information. Die Brieftexte selbst sind unverändert und in der Regel vollständig wiedergegeben. Denn nicht nur das Schriftbild, sondern auch die Orthographie kann etwas aussagen. So fällt etwa auf, dass Erdmann in den meisten seiner handschriftlichen Briefe andere Rechtschreibregeln befolgte als in den maschinen-

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14 EINLEITUNG geschriebenen (nicht immer, aber oft ss statt richtig ß). Wie schon erwähnt, ermöglicht die Schreibmaschine ein perfektes Erscheinungsbild und dazu gehört eben auch eine korrekte Orthographie. Wie man durch Friedrich Nietzsche weiß, arbeitet »unser Schreibgerät […] mit an unseren Gedanken«.12 Die Abkürzungen dagegen wurden – mit Rücksicht auf die Interessen des Lesers – nicht abgebildet, sondern aufgelöst. Nur die üblichen blieben stehen (dgl., u. a., usw.). Unterstreichungen sind kursiv wiedergegeben, Auslassungen und wenige nicht mehr lesbare Stellen durch Punkte in eckigen Klammern […] gekennzeichnet. Ebenfalls in eckigen Klammern stehen Ergänzungen des Herausgebers, sei es, dass ein oder zwei Worte durch ein Versehen des Briefschreibers fehlen, sei es, dass ein Teil des Textes durch äußere Einwirkungen verloren ging: Als im Dezember 1944 zunächst die Gießener Innenstadt, dann weitere Stadtteile durch Luftangriffe zerstört wurden, schlug eine Bombe in Gerd Tellenbachs Arbeitszimmer ein. Ein Granat- oder Glassplitter drang durch den Stapel von Erdmanns Briefen hindurch.13 Der Schaden war glücklicherweise geringfügig, der verlorene Text lässt sich meistens problemlos rekonstruieren. Doch die Originale mit ihren sichtbaren Kriegsfolgen belegen die Dramatik der Zeitumstände, unter deren Eindruck Erdmanns Briefe entstanden und deren Auswirkungen sie überlebten.

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Anmerkungen 1  Simon Sebag Montefiore, Geschichte schreiben. Briefe, die die Welt veränderten, Stuttgart 2021, S. 29. 2  Gerd Tellenbach an Erdmann, 31. August 1942 (NL Tellenbach, 230). 3 So z. B. der »umfassende Briefwechsel«, den Erdmann mit dem Rechtshistoriker Herbert Meyer führte, weil er dessen Auffassung über die Reichsfahne nicht teilte (H. Meyer an Ulrich Stutz, 17. Januar 1933 [Zürich, Universitätsarchiv, NL Stutz; freundlicher Hinweis von Gerhard Grill]), sowie »ein umfängliches Aktenstück von Briefen«, mit denen Erdmann und der Landeskonservator in Sachsen-Anhalt Hermann Giesau ihre Ansichten über das Grab Heinrichs I. in Quedlinburg austauschten (Wäscher, Burgberg, S. 15). 4  Gundolf / Salomon, Briefwechsel, S. 612; Reichert, Weshalb es sich lohnt, S. 360. 5  Vgl. ebd., S. 365–368. 6  Ebd., S. 361–363. 7 Frank Zöllner, Im Kleinen ist man nicht allein, in: FAZ, 1. Sept. 2021, S. N 3. 8 Karl Marx an Friedrich Engels über Leopold von Ranke, 7. September 1864 (MEGA III 12, Berlin 2013, S. 637). 9  An Paul Fridolin Kehr, 2. September 1926 (Berlin, Nachlass Kehr [GStA PK], 71). 10  Berlin, Archiv der Humboldt-Universität, NS-Doz., Z – D I/246, Bl. 12, 14 (23., 28. November 1940). 11 Vgl. Reichert, Herr und Knecht. 12 Friedrich Nietzsche, Schreibmaschinentexte, hg. von Stephan Günzel und Rüdiger Schmidt-Grépály, Weimar 22003. 13  Tellenbach, Aus erinnerter Zeitgeschichte, S. 82.

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1.  An Walther Holtzmann (NL Holtzmann, 47. – masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 30. Mai 1933 Verehrter Herr Professor! Vielen Dank für Ihre Karte – daß meine Salierbriefe Ihren Beifall haben, freut mich natürlich sehr. Die Briefe der Kirchenväter und der Auctores antiquissimi gehören für das Studium der mittelalterlichen Briefsammlungen gewiß dazu, mir ist das seit längerer Zeit klar, und ich bin auch durch die hiesigen Althistoriker sehr lebhaft darauf hingewiesen worden. In mein eigenes Arbeitsgebiet habe ich sie aber bisher noch nicht einbezogen und vermag da auch keine Vorschläge zu machen. (Über die Stauferzeit sprach ich kürzlich mit Ohnsorge, der schon seit langem um die Epistolographie der Stauferzeit kreist und einige Lust zeigte, da etwas zu machen, ohne aber noch zu wissen, was.) Mit Perels will ich meinerseits über Ihren Gedanken lieber nicht sprechen, er legt ja ziemliches Gewicht auf die Einhaltung gewisser Formen und würde an dem Umweg über mich vielleicht Anstoß nehmen. An Nachrichten »vom Bau« ist hier sehr Wesentliches eigentlich nicht zu verzeichnen. Die Zentraldirektion hat in etwas reduziertem Maße getagt, über die Beschlüsse ist mir schlechterdings nichts bekannt geworden. Der hohe Chef ist in Kissingen und wird gleich nach Pfingsten wieder hier erwartet. Er druckt jetzt den 3. Faszikel seines Karolinger-Diplomatabandes (Karlmann, Ludwig der Jüngere und Register zum ganzen Bande) und arbeitet an den Diplomen Karls des Dicken und an einem Aufsatze über Konzepte oder dgl. für das Archivio storico italiano. Im übrigen schreibt er Denkschriften über das römische Institut, das er anscheinend den MG angliedern will. Es scheint auch, daß der Druck des nächsten Bandes der Italia pontificia sehr bald begin-

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nen soll; er hat sich beim diesjährigen Frühjahrsaufenthalt mit Klewitz’ Manuskript erstmalig etwas eingehender beschäftigt und hat es dann hier dem neu eingetretenen Mitarbeiter Tembroek (früher Schüler von Caspar, vor ein paar Monaten doktoriert bei Eitel) für einige Ergänzungen und Glättungen übergeben. Anderseits soll auch der nächste Band der Germania pontificia (Straßburg, Speier, Worms, Würzburg, Bamberg, Prag, Olmütz) baldigst in Druck. Sie hat in Gestalt von Büttner einen schon etwas älteren und sehr befähigten Mitarbeiter bekommen, der von Brackmann auch schon zum Nachfolger für die späteren Bände in Aussicht genommen ist. In Druck gegeben ist übrigens inzwischen vor einigen Wochen auch Heft 50, 2 des NA, in dem Ihr englischer Beitrag an zweiter Stelle erscheinen soll. An der Universität ist viel weniger los, als man denken sollte. Die Studenten benehmen sich in praxi ganz vernünftig, um die Schreier, von denen man in den Zeitungen liest, kümmert sich kein Mensch. Das einzig praktisch Wesentliche ist das Beamtengesetz. Von diesem ist aber unter den Historikern von den Ordinarien bisher keiner betroffen worden (warum nicht, ist in einigen Fällen nicht bekannt). Von den Privatdozenten hat Baron sofort auf das Lesen verzichtet, Weinbaum wollte lesen, wurde aber durch ein Veto des Dekans (Hartung) daran verhindert [sic!]; für das nächste Semester bemüht er sich, wieder die Erlaubnis zu bekommen. Daß sich inzwischen auch Kienast habilitiert hat, werden Sie wissen. Das wäre so die Berliner Chronik. Gestatten Sie mir nun eine Gegenfrage: hier wurde erzählt, in Halle habe am 1. Mai der Führer der Studentenschaft, Börner, die Studenten nebst Rektor und etlichen Professoren »antreten« lassen, habe dann kommandiert »Ganze Universität – stillgestanden!« und danach die Front abgeschritten. Wir haben über diese Geschichte bis zu Tränen gelacht, und ich würde gerne wissen, ob überhaupt ein wahres Wort daran ist. Mit vielen Grüßen Ihr ergebener Carl Erdmann meine Salierbriefe]Ausgewählte Briefe aus der Salierzeit (Texte zur Kulturgeschichte des Mittelalters 7), Rom 1933. Epistolographie der Stauferzeit]Vgl. Werner Ohnsorge, Eine Ebracher Briefsammlung des XII. Jahrhunderts, in: QFIAB (1928/29), S. 1–39.

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20 BRIEFE Zentraldirektion hat in etwas reduziertem Maße getagt]Zur »Ausschusssitzung« vom 29. April, an der nur sieben Mitglieder der Zentraldirektion teilnahmen, vgl. Karel Hruza, Eine zwiespältige Angelegenheit? Paul Fridolin Kehr und eine Ausschußsitzung der Zentraldirektion 1933 in Berlin: http://www.mgh.de/home/aktuelles/newsdetails/ schaetze-aus-200-jahren-mgh-geschichte-folge-11-paul-fridolin-kehr-laviert/2de48f108d/. Kissingen]Paul Fridolin Kehr zog sich regelmäßig für einige Wochen nach Bad Kissingen zurück. 3. Faszikel seines Karolinger-Diplomatabandes]Die Urkunden Ludwigs des Deutschen, Karlmanns und Ludwigs des Jüngeren, bearb. von Paul Kehr (MGH DD regum Germaniae ex stirpe Karolinorum 1), Berlin 1932–1934. an einem Aufsatze über Konzepte]Ein solcher Aufsatz ist offenbar nicht erschienen. Italia pontificia]Regesta pontificum Romanorum: Italia pontificia, congessit Paulus Fridolinus Kehr, Bd. 8: Regnum Normannorum, Campania, Berlin 1935. Tembroek]Richtig: Robert-Hermann Tenbrock, Student u. a. in Freiburg i. Br., 1933 in Münster mit einer Arbeit über »Eherecht und Ehepolitik bei Innocenz III.« promoviert. Germania pontificia]Regesta pontificum Romanorum: Germania pontificia, Bd. 3: Provincia Maguntinensis, Teil 3: Dioeceses Strassburgensis, Spirensis, Wormatiensis, Wirciburgensis, Bambergensis, hg. von Albert Brackmann, Berlin 1935. – Der Band zu den Diözesen Prag und Olmütz erschien erst 2011. englischer Beitrag]Walther Holtzmann, Zur Geschichte des Investiturstreites (Englische Analekten II.), in: NA 50 (1935), S. 246–319. Beamtengesetz]Das »Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums« vom 7. April 1933. »Ganze Universität – stillgestanden!«]Walther Holtzmann schrieb wenig später an Paul Fridolin Kehr: »[…]das Unglück wollte es, dass wir während der Ferien einen kranken und aktionsunfähigen Rektor hatten, der im entscheidenden Augenblick völlig versagte, so dass es zu jener überall ja mit Vergnügen erzählten Geschichte kam, dass am 1. Mai der Studentenführer vor versammelter Universität einschliesslich Rektor und Dozentenschaft kommandierte: Universität stillgestanden« (NL Kehr [GStA PK], 18/848–849). Vgl. dazu Eberle, Die Martin-Luther-Universität, S. 190 f. Rektor in Halle war zu diesem Zeitpunkt noch der Agrarwissenschaftler Gustav Frölich.

2.  An das Akademische Rektoramt der Universität Tübingen (UAT 205/89, 24. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, den 1. Juli 1933 Sehr geehrter Herr Oberregierungsrat! Beiliegend sende ich Ihnen den Fragebogen wieder zurück. Soweit ich die Ausführungsbestimmungen zum Beamtengesetz kenne, soll die Beteiligung an den Spartakuskämpfen, wie ich sie unter 4c vermerkt hatte, dem Front-

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dienst gleichgestellt werden. Ich glaubte deshalb zu näheren Angaben über meine Abstammung nicht verpflichtet zu sein und machte davon umso lieber Gebrauch, als ich die Geburts- und Sterbedaten meiner Großeltern, die sämtlich im Baltikum gelebt haben, nur mit erheblichem Zeitverlust und Kosten beschaffen könnte, vorausgesetzt daß es überhaupt gelänge. Ich habe nun angegeben, was ich weiß, und hoffe, daß es genügt. Mit vorzüglicher Hochachtung ergebenst Dr. Erdmann Oberregierungsrat]Dr. Theodor Knapp, Oberregierungsrat im Akademischen Rektoramt der Universität Tübingen. Erdmann war im Verfahren um die Nachfolge Johannes Hallers in die engere Auswahl gekommen, kam aber schließlich nicht zum Zuge (vgl. die folgende Nr.). dem Frontdienst gleichgestellt]Laut der 3. Durchführungsverordnung zum Beamtengesetz war »die Teilnahme an den Kämpfen im Baltikum, in Oberschlesien, gegen Spartakisten und Separatisten […]der Teilnahme an den Kämpfen des Weltkrieges gleichzustellen« (Mühl-Benninghaus, Das Beamtentum in der NS-Diktatur, S. 35). Großeltern]Erdmanns Großvater väterlicherseits war Prof. der Therapie und Klinik und daneben Stadtrat in Dorpat / Livland (Tartu / Estland), seine Mutter stammte aus einer Pastorenfamilie in Mitau / Kurland (Jelgava / Lettland).

3.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 11. September 1933 Lieber Herr Tellenbach! Vielen Dank für Ihren Brief! Ich antworte sogleich, besonders da ich Ihnen eigentlich schon von selbst schreiben wollte. Es handelt sich um Klewitz. Daß Kehr hier über ihn konstant schimpft, ist an sich wohl noch nicht so schlimm (sachliche Gründe müssen aber vorhanden sein, so hat Kehr jetzt den Artikel »Regnum Normannorum«, für den Klewitz ca. 80 Regesten gemacht hatte, auf ca. 230 Nummern gebracht; natürlich wäre es bei rechtzeitigen genügenden

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22 BRIEFE Instruktionen nicht dazu gekommen, aber es besteht jedenfalls die Tatsache, daß Klewitz die Sache nicht so gemacht hat, wie Kehr sie will). Kehr hat aber auch gesagt, sein Stipendium würde nicht weiter verlängert, und er würde dann in sehr schlimmer Lage sein, da auch seine Habilitation ausgeschlossen sei. Als Begründung für das Letztere verweist man mich darauf, daß Caspar behaupte, Klewitz sei von irgend einer Ecke her »nichtarisch«. Ich weiß nun nicht, ob dies stimmt. Sollte [es] falsch sein, so wäre ein energisches Dementi in seinem Interesse dringend notwendig, aber ich getraue mich nicht, Klewitz brieflich danach zu fragen. Sind Sie vielleicht orientiert? Sein Renommé ist hier plötzlich sehr gesunken, und ich würde mich freuen, wenn ich ihm wenigstens durch Zerstreuung falscher Behauptungen aufhelfen könnte. Inzwischen ist Tembroek von Kehr auch schon wieder entlassen worden. Er ist ein sympathischer und kluger Mensch, hat aber wohl in der Tat nicht die erforderliche wissenschaftliche Vorbildung für diese Arbeit. Kehr macht die Arbeit also zur Zeit allein und läßt sich nur gelegentlich etwas von Meyer und Jordan helfen. Die Diplome Karls des Dicken hat er vorerst vertagt. Daß er im Reichsinnenministerium gute Beziehungen aufgenommen hat, bestätigt sich. Er soll sich (wird behauptet) in den Ministerien als Nationalsozialisten bezeichnen, ist vielleicht auch wirklich der Partei beigetreten. Seine Rompläne (neben der Möglichkeit der Vereinigung des Instituts mit den MG spricht man auch wieder von Versuchen einer Vereinigung der drei römischen Institute) haben noch nicht zu einem Ergebnis geführt, ebensowenig sein neues MGStatut, das den »Parlamentarismus« in den MG beseitigen soll. Von Warschau waren sowohl er wie Brackmann sehr befriedigt, beide betrachteten jeweils den eigenen Vortrag als einen besonderen Erfolg; als Ganzes war es jedenfalls ein Erfolg, die Deutschen müssen besonders gut abgeschnitten haben, zumal von den Franzosen alle große Kapazitäten ausgeblieben waren. Eine andere Nachricht: Kehr hat Schillmann wieder fallen gelassen, dafür wird Bock am 1. 10. Sekretär in Rom (kommissarisch, da er seine StudienratsEigenschaft behält). Im Interesse des Institutes dürfen wir natürlich irgendwelche negative Wertungen dieser Ernennung nicht nach Rom gelangen lassen. Ich sehe nämlich folgende römischen Unterhaltungen voraus: »Wer ist denn dieser Dr. Bock?« »Er war bisher Studienrat in Falkensee.« »Und womit hat er seine Qualifikation für das römische Institut gezeigt?« »Er ist Pg.« Dieses Urteil wäre für das Institut natürlich sehr bedauerlich und es wäre auch tatsächlich ungerecht. Denn Bock ist alles andere eher als ein Mann der Parteikarriere, er

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steht ganz auf der eigenen Arbeitsleistung und wird bestimmt auch in Rom mehr arbeiten als irgendjemand vor ihm (Regesten Ludwigs des Bayern). Ich betrachte selbst diese Ernennung positiv, denn natürlich kann jetzt nur ein Nationalsozialist ernannt werden, und Bock wird jedenfalls Wissenschaft treiben und eine direkte Politisierung der Institutstätigkeit nicht mitmachen und ebensowenig sich in Strudel der Gesellschaftlichkeit stürzen. Außerdem ist es für das Institut natürlich das Wichtigste, daß überhaupt jemand ernannt wird. Und wer sollte das sonst sein? Außerdem ist Bock rückhaltloser Verehrer Kehrs, so wie ich überhaupt keinen zweiten kenne, sodaß der Friede im Hause nicht gestört sein wird. Also wir können nichts Besseres tun, als ihm seine Stellung in Rom, die natürlich nicht leicht sein wird, erleichtern. Über die Politik urteile ich insofern vielleicht etwas anders als Sie, als ich nicht »extensive Machtvermehrung« für ein Ziel des heutigen Staates halte. Polen zu erobern, das war einmal Hitlers Idee, als er sein Buch schrieb, aber schon mit seiner Abrüstungsrede im Reichstag ist von irgendwelchen außenpolitischen Zielen überhaupt [keine] Rede mehr. Zu außenpolitischer Aktivi-

Gerd Tellenbach (1903–1999) (links, um 1930).

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24 BRIEFE tät dürfte [es nur] kommen, falls das als innerpolitische Digression [nötig] erscheinen sollte, was schwerlich jemals eintreten w[ird]. Deutschland [sic!] hat keine Neigung, gegen Hitler etwas zu unternehmen. Die österreichische Affäre wird von uns ja auch als etwas Innerpolitisches betrachtet. Ja wenn die Gleichschaltung Österreichs gelingen sollte, dann hat man ja wohl Absichten auf friedliche Ausdehnung nach Ungarn und dem Balkan hin; aber das hat noch gute Weile. Wie geht es eigentlich Hampe? Hier hat man viel geschwätzt über abnehmende Kräfte, es war wahrscheinlich alles nicht so schlimm. Mein Nicht-Kolleglesen im Winter hat keinerlei Schwierigkeiten gekostet. Caspar hat den Augenblick zum Protestieren verpaßt und mir infolgedessen nur nachträglich sein Bedauern ausgesprochen. Da ich glücklicherweise auch mit Holtzmann und Perels gut stehe, mache ich mir in dieser Beziehung überhaupt keine Sorgen. An weite[re] Universitätskarriere wäre ja doch kein Gedanke, selbst wenn mir der Sinn danach stände. Ergo setze ich meine wissenschaftliche Tätigkeit fort, solange man mir die Möglichkeit gewährt, und mache weiter keine Zukunftspläne. Anbei Ihr Schreiben von der Reichsversicherungsgesellschaft, dessen Rücksendung ich seinerzeit vergaß. Inzwischen habe ich übrigens auch meinerseits das Geld von dieser Versicherung zurückerhalten (die Arbeitslosenversicherung war verjährt), was meine Laune nicht gerade verschlechtert hat. Die Tübinger zweite Liste lautet: 1. Baethgen, 2. ich, 3. Kirn. Dannenbauer war ausdrücklich abgelehnt. Darauf erfolgte prompt seine Ernennung. Auf die Lektüre Ihrer Libertas freue ich mich. Ich bin wieder an der Militia, ohne unerwartete Novitäten, die mir jetzt auch störend sein würden. Den August über war ich noch mit der Ausarbeitung meiner »kaiserlichen und päpstlichen Fahnen des hohen Mittelalters« für die HZ beschäftigt. Ich hoffe nach wie vor, die Arbeit bis April fertig zu bekommen. Ob ich danach den vorgesehenen Schwanz (Ritterorden) mache oder die Briefsammlungen in Angriff nehme (Kehr hat mir wieder mal die Hannoversche Briefsammlung für die MG übertragen), ist eine praktische Frage, die sich jetzt noch nicht entscheiden läßt. Mit vielen herzlichen Grüßen Ihr Carl Erdmann

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1933 25 Regnum Normannorum]Italia Pontificia, Bd. 8 (wie Nr. 1), S. 1–61. der Partei beigetreten]Kehr trat nie der NSDAP bei. der drei römischen Institute]Das Preußische Historische Institut, die Bibliotheca Hertziana und das Deutsche Archäologische Institut. neues MG-Statut]Erdmann bezieht sich hier auf Kehrs Eingabe beim Reichsminister des Inneren vom 3. September 1933 (Mittelalter lesbar machen, S. 188, 200). den eigenen Vortrag als […]Erfolg]Vorträge beim Internationalen Historikerkongress in Warschau 21.‒27. August 1933: Albert Brackmann, Die Ursachen der geistigen und politischen Wandlung Europas im 11. und 12. Jahrhundert, in: HZ 149 (1934), S. 229–239 (Nachdruck in: A. B., Gesammelte Aufsätze, Weimar 1941, S. 356–366); Paul Kehr, Über die Sammlung und Herausgabe der älteren Papsturkunden bis Innozenz III. (1198), in: Sitzungsberichte der Preußischen Akademie der Wissenschaften 1934, Heft 10, S. 71–92. Regesten Ludwigs des Bayern]Friedrich Bock leitete von 1929 bis 1933 das Aufbaugymnasium in Falkensee bei Berlin. Bis 1943 wirkte er als 2. Sekretär des Historischen Instituts in Rom. Die Wiener Kommission für die Regesta Imperii hatte ihm die Bearbeitung der Regesten Ludwigs des Bayern übertragen, die er aber nicht zum Abschluss brachte. Abrüstungsrede]Regierungserklärung im Reichstag vom 17. Mai 1933, in der Hitler seinen Friedenswillen beteuerte und erklärte, mit Rüstungsbeschränkungen einverstanden zu sein, wenn die anderen Mächte dasselbe täten (Max Domarus, Hitler: Reden und Proklamationen 1932–1945. Kommentiert von einem deutschen Zeitgenossen, München 1965, Bd. 1, S. 270–279). österreichische Affäre]Krise der deutsch-österreichischen Beziehungen, die in nationalsozialistischen Terrorakten und Maßnahmen zur Schädigung des österreichischen Fremdenverkehrs einerseits, dem Verbot der NSDAP in Österreich andererseits kulminierte. Paris und London wollten intervenieren, wurden aber von der deutschen Regierung damit beschieden, dass die Angelegenheit nur Berlin und Wien etwas angehe (Rauchensteiner, Unter Beobachtung, S. 111–116). abnehmende Kräfte]Karl Hampe wurde ab 1928 durch ein Herzleiden behindert und ließ sich zeitweilig in der Lehre vertreten (Reichert, Gelehrtes Leben, S. 296). Tübinger zweite Liste]Zum Verlauf des Tübinger Berufungsverfahrens, bei dem sich Johannes Haller erfolgreich für seinen Schüler Heinrich Dannenbauer einsetzte, vgl. Bd. 1, S. 144–146. Libertas]Gerd Tellenbach, Libertas. Kirche und Weltordnung im Zeitalter des Investiturstreites (Forschungen zur Kirchen- und Geistesgeschichte 7), Stuttgart 1936, Nachdr. ebd. 1996. Militia (sancti Petri)]Ursprünglicher Titel von Erdmanns Habilitationsschrift, im Druck: »Die Entstehung des Kreuzzugsgedankens« (vgl. unten Nr. 14, 23). für die HZ]Carl Erdmann, Kaiserliche und päpstliche Fahnen im hohen Mittelalter, in: QFIAB 25 (1933/34), S. 1–48. Hannoversche Briefsammlung]Carl Erdmann / Norbert Fickermann (Hg.), Briefsammlungen der Zeit Heinrichs IV. (MGH Die Briefe der deutschen Kaiserzeit 5), Weimar 1950, S. 1–187.

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26 BRIEFE 4.  A  n Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 24. September 1933 Lieber Herr Tellenbach! Daß die Sache mit Klewitz sich als falsch he[raus]gestellt hat, hat mich sehr gefreut. Nur darauf kam es [an,] daß sie falsch war und dementiert werden konnte, was ich nun natürlich getan habe (Klewitz hat gleich an mich und auch an Caspar geschrieben). Daß man hier zeitweilig das Gegenteil angenommen hat, ist nun nicht mehr tragisch, die Sache ist nicht über den Kreis der Monumentisten hinausgekommen. Caspar war die Sache jetzt nachträglich natürlich sehr unangenehm, aber es ist ja bekannt, wie leicht derartige Irrtümer entstehen können; für mich ist das nun schon die dritte ganz ähnliche Geschichte, die ich in meinem unmittelbaren Bekannten- und Verwandtenkreis erlebe! Bock steht doch nicht so, daß ihm das Urteil der römischen Kolonie ganz gleichgültig wäre. Wenn er auch persönlich keineswegs ein Gesellschaftsmensch ist, so wird er doch dem Institut gegenüber genau soviel Verpflichtung fühlen wie wir alle. Daß er bald Ordinarius würde, kann ich denn doch nicht glauben; für Rom ist er doch schließlich nicht vom Ministerium ausgesucht worden, sondern von Kehr. Seine Stärke liegt darin, daß er Mitglied der vom Ministerium eingesetzten Kommission zur Prüfung der neuen GeschichtsSchulbücher ist; das ist natürlich eine weithin sichtbare Vertrauensbekundung. Aber für eine Professur ständen doch zunächst einmal auch noch mehrere Privatdozenten zur Verfügung. Hier z. B. ist Kienast Pg., Schünemann ist es entweder auch oder steht doch der Partei sehr nahe und Hoppe, der Extraordinarius für Landesgeschichte (soeben zum Vorsitzenden des Gesamtvereins der Geschichtsvereine gewählt), spielt sogar seit langer Zeit eine gewisse Rolle in der Partei. Daß künftig überhaupt nur noch Pgg. berufen würden, will ich nicht unbedingt behaupten (möglich wäre es), jedenfalls aber doch nur Leute, die wenigstens mit dem Nationalsozialismus sympathisieren; ausgesprochen »Abseitsstehende« wie ich sicher nicht. Daß unsere Regierung die militärische Leistungsfähigkeit höher einschätzt als die kulturelle, ist natürlich richtig. Trotzdem glaube ich nicht an kriegeri-

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sche Absichten, sondern habe auch hier den Eindruck, daß innerpolitische und propagandistische Absichten vorwiegen. Haben Sie übrigens Spenglers Buch, das Sie neulich erwähnten, gelesen? Ich meinerseits verschlang es mit großem Interesse und habe von der Fülle von glänzenden Perspektiven und treffenden Bemerkungen viel gehabt, obgleich ich die ganze Raubtier-Philosophie und den Hyper-Macchiavellismus [sic!] natürlich völlig ablehne. Mit ebensogroßem Interesse las ich das Buch »Bewaffneter Aufstand« von Ehrt, in dem die illegale Tätigkeit der Kommunisten seit 1919 in propagandistischer Form (mit vielen Bildern von Ermordeten usw.; was man so Greuel-Propaganda nennt) beschrieben wird und der angebliche Umsturzplan vom Februar bewiesen werden soll. Ich glaube, als Historiker genügend gelernt zu haben, um wenigstens in großen Zügen das echte Material, das verfälschte und die reinen Fälschungen scheiden zu können; für unsereinen wirklich eine lohnende Beschäftigung; schade daß man sie nicht im Seminar mit den Studenten treiben kann. Von Kehr werden Sie vielleicht direkt gehört haben, daß er den Anfang des Italia-Manuskriptes vor seiner Abreise noch in die Druckerei geschickt hat und diese Arbeit fortsetzt, die Diplomata, abgesehen von dem im Druck befindlichen Faszikel, also für eine Weile unterbricht; im Interesse der Sache sicherlich sehr erfreulich. Allerdings hat er vorerst nur den 8. Band der Italia vor, der 9. (Schluß-)Band wird vermutlich weiter vertagt, von Spanien selbstverständlich keine Rede. Ich vermute, daß Klewitz’ Habilitation im nächsten Frühjahr von Stapel gehen wird, falls nicht etwa auch die Habilitationen einer RegierungsGenehmigung unterworfen werden, was sehr wohl kommen kann. Alles Gute und herzliche Grüße! Ihr Carl Erdmann 25. 9. 1933 Eben Ihr Brief vom 22., vielen Dank! Ich hatte schon aus Klewitz’ Brief ersehen, was Sie ihm geschrieben hatten und was nicht. Es war sicher ganz richtig so. Ich habe in meiner Antwort an Klewitz über Kehrs wirklich [nur] angebliche Äußerungen über Stipendium und Habilitation [na]türlich auch geschwiegen.

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28 BRIEFE Daß Kehr Bocks Pg.schaft nicht gewußt hat, wundert mich nicht, denn Bock selbst hat [hsl.: in sehr anständiger Weise] in unserem Kreise stets darüber geschwiegen. Die formale Parteizugehörigkeit ist übrigens in diesem Falle schon nicht mehr so wesentlich, da er als Vertrauensmann auch ohne das zu erkennen ist. Kehr hat, als er im Frühjahr hier aus Rom zurückkam, mit den meisten von uns politische Unterhaltungen angefangen, um sich über den »Fortgang der politischen Lage« zu informieren, in Wahrheit wohl hauptsächlich um unsere Einstellung kennen zu lernen. Ich meinerseits habe mit meiner Meinung nicht hinter dem Berge gehalten, die übrigen wohl ebensowenig. Vermutlich wird er jetzt auch mit Ihnen die gleiche Absicht gehabt haben. Daß er innerlich keineswegs mit vollen Segeln die neue Zeit mitmacht, war auch aus seinen hiesigen Äußerungen zu ersehen, aber er ist natürlich klug genug, das gegenüber den offiziellen Stellen nicht merken zu lassen. Bezüglich der Besetzung der Sekretärsstelle (Bock ist übrigens ebenso wie Baethgen zum »Sekretär und Professor« ernannt) erinnern Sie sich vielleicht, daß er selbst nach Laehrs Tode mir sagte, er wolle die Stelle für die Zeit seiner Direktion nicht mehr besetzen. Freilich war uns allen ja immer klar, daß das lediglich für mich bestimmt war und nur bedeuten sollte, daß er mich nie zum Sekretär machen würde. Am Polycarpus kann ich in meiner jetzigen Lage nicht arbeiten; ich habe Kehr von vorn herein erklärt, daß ich die Arbeit bei einer etwaigen Rückkehr nach Rom wieder aufnehmen würde, und bin noch jetzt dieser Meinung. Herzlichst C. E. hat mich sehr gefreut]Tellenbach hatte Erdmann mitgeteilt, dass nach seiner Kenntnis »eine Schwester von Klewitz’ Mutter mit einem Nichtvollarier verheiratet« sei. »Das mag Caspar, der mit diesen Verwandten verkehrt hat […]zu seinem Irrtum veranlasst haben.« Er wolle sich bei Klewitz »unumwunden erkundigen, ob dieser Angabe noch irgendetwas hinzuzufügen ist. Es wäre aber schon jetzt sehr richtig, alle, die uns mit solchen Gerüchten kommen, auf die Bedenklichkeit ihres Tuns energisch hinzuweisen.« Dass Kehr über Klewitz ungünstig urteilt, sei »böse für ihn, aber nicht entscheidend. Vermutungen oder Behauptungen über Nichtariertum können heutzutage die Existenz bedrohen«. Er hoffe, »dass Klewitz sich hindurchschafft durch die […]Schwierigkeiten. Denn »trotz mancher [Krit]ik« halte er ihn »durchaus für wert, einen entsprechenden Platz zu erhalten« (NL Tellenbach, 230). an mich und auch an Caspar geschrieben]Klewitz beschrieb Erdmann seine Familienverhältnisse um darzulegen, wie haltlos »und nur das Erzeugnis eines fröhlichen Nicht-

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30 BRIEFE 5.  A  n Peter Rassow (NL Rassow, 98. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, den 30. Oktober 193[3] Lieber Herr Rassow! Ich habe in Lissabon – vor zehn Jahren! – nur einen einzigen UniversitätsMediziner kennen gelernt, das war der Chirurg Cabeça, Direktor des Hospitals Santa Martha. Voller Name laut Minerva: Custodio Maria d’Almeida Cabeça. Er zeigte sich damals als ein feingebildeter und liebenswürdiger Mann. Aber ich weiß nicht einmal, ob er überhaupt noch lebt, und unsere Bekanntschaft war sehr flüchtig. Sie bestand nur in gemeinsamer Teilnahme an einem Abendessen in einem deutschen Hause, bei dem dann abgemacht wurde, daß am nächsten Tage ein spanischer Arzt, der ebenfalls teilnahm, Cabeças Krankenhaus besichtigen und daß ich mitkommen sollte, da der Spanier kein Portugiesisch verstand und sich in Lissabon nicht zurecht fand. Die Besichtigung fand dann statt, aber ich trat dabei ganz zurück, da meine Dolmetscherkünste bei den medizinischen Technica natürlich versagten und die beiden sich darüber besser in einem holperigen Französisch verständigten. Ich kann also nicht annehmen, daß Cabeça sich auch nur meines Namens erinnern würde; eine Empfehlung durch mich wäre also wohl sinnlos, aber wenn Sie meinen, könnte ich ja einen Brief verfassen. Im übrigen habe ich seit meinem letzten Lissabonner Aufenthalt (1927) so gut wie garkeine Verbindung mehr dahin und weiß nichts darüber, wie man dort zu den deutsch-jüdischen Emigranten steht. Vielleicht habe ich in der nächsten Zeit Gelegenheit, den hiesigen neuen portugiesischen Gesandten, den Historiker Veiga Simões, kennen zu lernen, und kann dann gerne einen Versuch machen, was ich aus ihm herauskriege. Verlohnt der Versuch einer brieflichen Anfrage bei meinem Lissabonner Schüler, der, selbst halbjüdischen Blutes, in Lissabon zu Hause ist, aber jetzt wahrscheinlich – unsere Korrespondenz ist auch schon seit 1–2 Jahren eingeschlafen – in der Schweiz studiert? Wenn Aussicht besteht, daß ich helfen kann, bin ich gern bereit, aber mit einer nutzlosen Schreiberei möchte ich natürlich niemand belästigen. Über die Universitätsvakanzen weiß ich soviel, daß Ernst Kantorowicz und Levison ihre Posten behalten haben. Frei ist jedenfalls Leipzig, wo die Fakul-

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tät einen mir nicht näher bekannten komplizierten Plan bezüglich der Nachfolge von Götz verfolgen soll und bis zu dessen Entscheidung auch für die Nachfolge von Hellmann noch keine Liste aufgestellt hat; über die Nachfolge von Stimming, der ja vor [ei]niger Zeit nach jahrelanger Krankheit ebenfalls endgültig ausgeschieden ist, scheint man sich überhaupt nicht den Kopf zu zerbrechen. Andere Vakanzen sind mir nicht bekannt; daß Westphal nach Hamburg gekommen ist und Hashagen dort das Mittelalter übernimmt, werden Sie wissen. Dagegen kann ich Sie vielleicht meinerseits fragen, was eigentlich mit Aubin los ist. Hier wollte ein Gerücht schon vor längerer Zeit, daß er nach einer kleineren Universität (welche infrage kommt, ist mir schwanenhaft) versetzt werden solle. Sehr interessant waren mir Ihre Mitteilungen über Zatschek, die ich Ihrem Wunsche gemäß für mich behalte. Zu dem Plane einer reinen Textausgabe des Wibald kann ich Ihnen meinerseits sagen, daß Kehr selbst in einer Unterhaltung mit mir bezüglich der Hannoverschen Sammlung den Gedanken einer reinen Textausgabe verfochten hat, also auch im Falle des Wibald wohl Verständnis haben würde. Und wer wären denn außer Kehr »die Hochmögenden der Zentraldirektion«? Die Zentraldirektion besteht aus einer Eins mit acht Nullen. (Daß besagte Eins z. Zt. bemüht ist, diesen Zustand auch statutarisch festzulegen, um »den Führergedanken zu stärken« und den »Parlamentarismus zu beseitigen«, – ob mit Erfolg, läßt sich noch nicht sagen, – ist nicht einmal wesentlich, da die faktische Lage auch ohne das schon eindeutig ist.) Lediglich Hirsch käme in diesem Falle noch infrage, aber mit dem könnte sich Zatschek doch wohl auch direkt verständigen. Die entscheidende Frage ist nur die, ob die Jaffésche Wibaldausgabe wirklich so schlecht ist, daß eine bloße Textausgabe schon einen fühlbaren Fortschritt der Forschung bedeuten und der Benutzer sie lieber zur Hand nehmen würde als den Jaffé. Das ist bei der Hannoverschen Sammlung, wo man nur den völlig indiskutablen Sudendorf hat, der Fall; ob auch beim Wibald, kann ich nicht entscheiden, da ich auf diesem Gebiet nie recht gearbeitet habe. Wenn aber Zatschek dieser Meinung ist, betrachte ich die Lage als einem solchen Plane günstig. Anderseits bezweifle ich, ob seine wissenschaftliche Position wirklich so fest ist, daß er gegen eine Ablehnung seitens der Zunft gleichgültig sein könnte. Mit vielen herzlichen Grüssen stets Ihr Carl Erdmann

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32 BRIEFE Rassow]Peter Rassow hatte sich am 28. Oktober 1933 bei Erdmann erkundigt: »Nach allem, was ich höre, verhält sich Portugal nicht ganz so ablehnend gegen jüdische Emigranten der akademischen Sphäre wie die meisten anderen Länder. Eben werde ich nach einem Professor der Medizin der Lissabonner Universität gefragt, an den sich ein deutscher Mediziner (Neurologe), bisher Assistent in Halle, wenden könnte. Dass der Betreffende die Examina nachmachen muss, ist bekannt. Es handelt sich nur darum, ihm den Namen eines Mannes zu nennen, an den er sich nach der Ankunft persönlich wenden könnte. Können Sie ihm einen solchen Mann nennen?« (NL Rassow, 98). Minerva]Minerva. Jahrbuch der gelehrten Welt, 30. Jg., Berlin – Leipzig 1930, S. 1483. Lissabonner Schüler]Hans Bernhard Weinstein (1910–1943), 1921–1924 Privatschüler Carl Erdmanns in Lissabon. Universitätsvakanzen]Rassow wollte außerdem Näheres »über vakante mittelalterliche Lehrstühle« erfahren: »Aus der Zeitung erfährt man nur einen kleinen Teil der Entlassungen, und brieflich oder persönlich habe ich in den letzten Wochen nichts gehört. Sind z. B. Kantorowicz in Frankfurt und Levison in Bonn auf ihren Posten geblieben?« Götz […]Hellmann […]Stimming]Walter Goetz, Direktor des Instituts für Kultur- und Universalgeschichte, wurde am 1. April 1933 emeritiert, dann wegen politischer Unzuverlässigkeit zwangspensioniert. Die Direktorenstelle wurde zugunsten eines neu errichteten Lehrstuhls für politische Wissenschaften eingezogen, den der Soziologe Hans Freyer einnahm. – Der Mediävist Siegmund Hellmann zählte zu den ersten Leipziger Professoren, die aus rassischen Gründen entlassen wurden. Zu seinem Nachfolger wurde Hermann Heimpel berufen. – Manfred Stimming, pl. ao. Prof. für Histor. Hilfswissenschaften in Leipzig, schied aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig aus dem Dienst. Aubin]Erdmann meint hier sicher den Breslauer Historiker Hermann Aubin, der aus nationalsozialistischer Sicht als unsicherer Kantonist galt, verwechselte ihn aber mit dessen Bruder, den Nationalökonomen Gustav Aubin, der aus politischen Gründen von Halle nach Greifswald versetzt werden sollte (Mühle, Für Volk und deutschen Osten, S. 94 f., 109). Mitteilungen über Zatschek]Vgl. Rassow an Erdmann, 28. Oktober 1933 (oben zu Nr. 5): »Gegen Ende meines Sommerurlaubs, den wir im Altvatergebirge zugebracht haben, waren wir in Prag. Ich habe dort Zatschek aufgesucht, um mich mit ihm bekannt zu machen. Ich fand ihn sehr liebenswürdig und zugänglich, allerdings tief bedrückt durch die äusseren Umstände, unter denen man als Mitglied der deutschen Universität in Prag zu arbeiten hat. Nachdem er mir die Auskünfte wegen der Diplome Friedrichs I. aus der Spätzeit gegeben hatte (alles Wesentliche liegt in Wien bei Hirsch), kamen wir auf die Wibald-Briefe. Er erklärte, eine gute Edition im Stil der letzten SS. r. G.-Ausgaben sei bei den dortigen Bibliotheks-Verhältnissen eine Sache von fünf Jahren. Z. B. ist der für die Klassiker-Zitate notwendige Thesaurus linguae Latinae nur unter schwersten Bedingungen erreichbar. Ich riet ihm, kurz entschlossen eine gute Text-Ausgabe zu machen und dem Präsidenten der M. G. kühl zu erklären, so und nicht anders könne und wolle er die Edition drucken lassen. Umfangreiche Zitatnachweise könnten in einer späteren Abhandlung nachgeliefert werden, und ein Kommentar sei in den Jahrbüchern und in den Otto von Freising-Editionen Hofmeisters tatsächlich vorhanden. Dieser Vorschlag liess ihn aufatmen, so sehr stimmte er ihm sachlich zu. Aber er sackte gleich wieder in sich zusammen bei dem Gedanken, dass die Hochmögenden der Generaldirektion ihm das übelnehmen würden, und das könne er sich im Hinblick auf seine Zukunft nicht leisten. Ich meine, seine wissenschaftliche Position ist so gefestigt, dass er das Schicksal ruhig herausfordern sollte, zumal er sicher sein kann, dass unsere Generation ihm lauten Beifall zollen wird, wenn er uns in 1 ½ Jahren das Hausbrot eines guten Textes bäckt, statt uns fünf Jahre auf eine editions-technische Marzipantorte

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1933 33 warten zu lassen. Sie verstehen, dass diese Mitteilungen nur zu Ihrer persönlichsten Information bestimmt sind.« Parlamentarismus]Vgl. oben Nr. 3. Wibaldausgabe]Wibaldi epistolae, in: Monumenta Corbeiensia, ed. Philippus Jaffé (Bibliotheca Rerum Germanicarum 1), Berlin 1864, S. 76–616. Sudendorf]Hans Friedrich Sudendorf, Registrum oder merkwürdige Urkunden für die deutsche Geschichte 1–3, Jena – Berlin 1849–1854. Zu einem differenzierteren Urteil kommt Erdmanns eigene Ausgabe: Erdmann / Fickermann, Briefsammlungen der Zeit Heinrichs IV. (wie Nr. 3), S. 12 f.

6.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 17. Dezember 1933 Lieber Herr Tellenbach! Es ist mit der Beantwortung Ihres Briefs so spät geworden, daß ich sie nun schon mit meinen Wünschen für Weihnachten und neues Jahr verbinden kann. Sie werden wohl auch ähnlich wie ich diesmal mit besonders stark fragenden Gefühlen ins neue Jahr hinüberblicken. Gewiß, in der Alltagsarbeit zerbricht man sich nicht viel den Kopf über das Kommende und macht eben einfach weiter. Aber wenn einmal ein Augenblick kommt, wo man sich den weiteren Weg klar machen will, da findet man, wo früher ein Unsicherheitsfaktor war, jetzt drei. Für mich ist die Hauptfrage, ob für uns ein besonderer Parteieid kommen wird entsprechend dem Faschisteneid der italienischen Professoren. Auch die Frage eines etwaigen obligatorischen S. A. Dienstes könnte für mich wesentlich werden mit Rücksicht auf den Parteicharakter der S. A. (bisher sind hier einige Privatdozenten freiwillig eingetreten, weiteres weiß ich nicht). Weniger wichtig ist die Frage des Arbeitsdienstes, den abzuleisten uns das Ministerium »dringend empfohlen« hat (was seitens des Dekans so aufgefaßt wird, daß andernfalls eine Berufung nicht infrage kommen könne). So oder so, ich kann mir meine weitere Universitätskarriere kaum anders vorstellen, als daß ich noch einige Zeit als Privatdozent herumfummele, um dann eines Tages aufhören zu müssen, was ich natürlich nicht absichtlich herbeiführen, aber wenn es kommt, ohne Tränen hinnehmen werde.

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34 BRIEFE Die »Dozentenschaft« kommt hier erst langsam in Gang. Morgen ist die erste Versammlung, bisher hat man bloß Fragebogen ausgefüllt. Also da muß man noch abwarten. Über das Funktionieren der studentischen Fachschaften bin ich nicht recht im Bilde. Die große Eröffnungssitzung, auf der ich war, bot natürlich das Bild absoluter Unklarheit. Jedenfalls haben die Studenten die Sache hier ohne die Dozenten gemacht (mit der komischen Versicherung, daß sie uns »keine Konkurrenz« machen wollten – als ob wir davor Angst hätten!), ältere Semester, die eine Arbeitsgemeinschaft zu leiten vermögen, sind hier wohl vorhanden, wenngleich behauptet wird, daß ziemliche »Bouletten« (»außen braun innen rot«) darunter wären. Sonst geht die Arbeit normal vorwärts. Ich hoffe nach wie vor, bis April mit der Militia fertig zu werden. Im Proseminar lese ich Nithard. Für das nächste Semester kündige ich Paläographie an. Was ich sonst im nächsten Jahr arbeiten werde, weiß ich noch nicht; Pläne habe ich natürlich mehrere; aber welchen davon ich werde ausführen können, wird von der Lösung der Geldfrage abhängen. Natürlich muß ich darüber mit Kehr verhandeln, der in vier Tagen hier eintrifft. Die Nachricht von der Beendigung des eigentlichen Repertoriums freute mich herzlich; möge nun auch das Register glatt seinen Weg gehen! Kürzlich wurden Kühnes Repertoriumzettel, die hier lagerten, angefordert; darf man daraus schließen, daß nun auch sein Band gedruckt werden soll? Das wäre natürlich auch sehr schön. Jedenfalls ein Aktivposten für das Institut, der nun unter Dach kommt. Von Bock in Rom hörte ich wenig, aber Gutes. Von Klewitz habe ich lange keine Nachricht mehr, die Italia pontificia-Korrekturen (die schlechtesten, die ich je gesehen habe) scheinen zwischen Berlin und Rom etwas verstimmend gewirkt zu haben. Mit vielen Grüssen von meiner Mutter und den herzlichsten Feiertagswünschen Ihr Carl Erdmann Faschisteneid der italienischen Professoren]Im November 1931 mussten alle Professoren der italienischen Universitäten schwören, dem König, seinen Nachfolgern und dem faschistischen Regime treu zu bleiben. Viele legten den Eid nur widerwillig ab, elf Professoren weigerten sich (H. Goetz, Der Zwangseid, S. 261–264). In Deutschland wurden nach dem Tod Hindenburgs die Professoren als Beamte auf Adolf Hitler vereidigt (Conze, Ich schwöre, S. 162–169, 197–216).

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1933 35 Dozentenschaft]Ab Oktober 1933 wurden auf ministeriellen Erlass hin zunächst an den preußischen Universitäten, dann auch in den anderen Ländern Dozentenschaften gegründet, die schließlich in der »Deutschen Dozentenschaft« aufgingen. Für Assistenten, Privatdozenten und nichtbeamtete Professoren war die Mitgliedschaft Pflicht. Die planmäßigen außerordentlichen und die ordentlichen Professoren konnten freiwillig beitreten. Die Kontroll- und Aufsichtsfunktionen, die die Dozentenschaft(en) ausübten, wurden nach und nach von dem im Sommer 1935 gegründeten Nationalsozialistischen Deutschen Dozentenbund als Formation der NSDAP übernommen. Nithard]Die »Historiae« des fränkischen Geschichtsschreibers (und Enkels Karls des Großen) Nithard. Repertorium]Repertorium Germanicum II: Verzeichnis der in den Registern und Kameralakten Urbans VI., Bonifaz’ IX., Innocenz’ VII. und Gregors XII. vorkommenden Personen, Kirchen und Orte des Deutschen Reiches, seiner Diözesen und Territorien 1378–1415, bearb. von Gerd Tellenbach, Berlin 1933. Das Personenregister erschien 1938, das Ortsregister erst 1961. Kühnes Band]Repertorium Germanicum III: Verzeichnis der in den Registern und Kameralakten Alexanders V., Johannes’ XXIII. und des Konstanzer Konzils vorkommenden Personen, Kirchen und Orte des Deutschen Reiches, seiner Diözesen und Territorien 1409–1417, bearb. von Ulrich Kühne, Berlin 1935.

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7.  An Erich von Guttenberg (NL Guttenberg, II 278. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 9. Januar 1934 Lieber Herr Baron Guttenberg! Herzlichen Dank für Ihren ausführlichen Brief! Mit großem Bedauern hörte ich von Ihrer Krankheit und hoffe, daß Sie nun ganz wiederhergestellt sind. Auch daß ich über den Codex Udalrici Chroust gegenüber nun gerade das Verkehrte gesagt habe, tat mir sehr leid: ich konnte ja die Zusammenhänge nicht ahnen. Selbstverständlich haben Sie ganz recht, wenn Sie über die Reihenfolge Ihrer Arbeiten so disponieren, wie es Ihr Verhältnis zu Ihren beiden Patronen erfordert. Eine kleine Vorstellung von den Schwierigkeiten Ihrer Arbeitsbedingungen kann ich mir insofern vielleicht machen, als auch ich (während meiner Lissabonner Hauslehrerzeit) den Zustand kennen gelernt habe, wo man sich einen Archivbesuch, der dann an die Stelle des Mittagessens tritt, nur durch mancherlei Künste erschleichen kann und durch Verstimmungen seiner Arbeitgeber erkaufen muß. Ich habe also volles Verständnis für Ihre Lage und alle Bewunderung für das, was Sie dabei zustande bringen. Für Ihre Fürther Arbeit herzlichen Dank, sie hat mich, obgleich der Stoff mir natürlich fernsteht, aufrichtig interessiert – Sie haben eine beneidenswerte Gabe zu klarer und lebendiger Darstellung, die man mit Vergnügen liest! Daß ich freilich inhaltlich nichts dazu sagen kann, werden Sie verstehen. Ihr Bescheid über die Aussichten zum 70. Geburtstag hat mich nicht überrascht, aber er tat mir leid. Ich stehe zu Chroust genau so wie Sie, persönlich habe ich auch immer nur Gutes erfahren und bin immer gut mit ihm ausgekommen. Aber meinerseits zu irgendeiner Veranstaltung die Initiative ergreifen kann ich nicht: es könnte ja doch nur im Rahmen der Bayerischen oder

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der Fränkischen Gesellschaft etwas geschehen, und in diesen bin ich ein völlig Unbekannter. So gedenke ich denn dabei zu bleiben, daß ich nur meine Fahnenarbeit mit einer Geburtstagswidmung herausbringe als Zeichen meines guten Willens. Mit herzlichen Grüßen und nachträglich auch meinen besten Wünschen zum neuen Jahr Ihr Carl Erdmann Codex Udalrici]Beim Codex Udalrici handelt es sich um Sammlung von diversen Schriftstücken (Gedichte, Akten, Urkunden, Briefe), die 1125 von einem Bamberger Geistlichen Udalrich zusammengestellt und 1134 überarbeitet wurden. Entstehung und Zweck der Sammlung wurden seinerzeit viel diskutiert. Eine kritische Edition, hg. von Klaus Nass, ist erst 2017 erschienen (MGH Die Briefe der deutschen Kaiserzeit 10). Ihren beiden Patronen]Anton Chroust und Paul Fridolin Kehr. Lissabonner Hauslehrerzeit]1921–1924, wahrscheinlich bei der Familie Weinstein (vgl. oben Nr. 5). Fürther Arbeit]Erich von Guttenberg, Das mittelalterliche Fürth im Spiegel der Reichsund Territorialgeschichte, in: ZBLG 6 (1933), S. 369–388. 70. Geburtstag]Erdmanns Doktorvater Anton Chroust feierte am 10. März 1934 seinen 70. Geburtstag. Erdmann hatte sich am 6. Dezember 1933 nach möglichen Ehrungen, einer Festschrift oder dgl. erkundigt (NL Guttenberg, II 278). Fahnenarbeit]Vgl. oben zu Nr. 3.

8.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 21. Januar 1934 Lieber Herr Tellenbach! An Ihrem Briefe freute mich besonders, was Sie über unsere absolute Solidarität mit der Nation schrieben. Das war mir aus der Seele gesagt. Auch ich habe es nie anders gewußt, als daß man sich im Falle selbst des törichtsten Krieges eben mit totschießen läßt und die Folgen selbst der falschesten Politik mitträgt. Eine Emigrantenexistenz wäre mir ganz unmöglich, und ich habe den

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38 BRIEFE Gedanken daran immer von mir gewiesen, wenn ich mir gelegentlich überlegt habe, was ich wohl tun könne, wenn mir Arbeit und wirtschaftliche Existenz hier unmöglich gemacht werden sollten. Im übrigen ist es ja so weit noch lange nicht. Mir scheint für unsereinen einstweilen das Wichtigste, an der Hebung des Gefühls für Gesinnung und Zivilcourage mitzuwirken. Denn das trübste Erlebnis bestand doch eigentlich nicht in den gemachten Fehlern, sondern in dem menschlichen Versagen derer, die wußten, daß es Fehler waren, aber nicht den Mut hatten, ihre Erkenntnis anzubringen. Daß die gesamte Hochschullehrerschaft (wie Caspar sich neulich ausdrückte) »ihren ›Männerstolz vor Königsthronen‹ zwecks besserer Aufbewahrung für die Zukunft beiseite gelegt hat«, hat mich zwar nicht überrascht, aber doch geschmerzt. Etwas Erfreuliches hörte ich aber dieser Tage aus Göttingen. Dort hat Kahrstedt seine Rede bei der Universitäts-Reichsgründungsfeier dazu mißbraucht, gegen Brandi und Schramm in demagogischer Form beleidigende Angriffe zu richten, weil sie auf dem Warschauer Historikertag und bei anderen Gelegenheiten mit Franzosen und Polen freundschaftlich verkehrt haben. Daraufhin haben Brandi und Schramm die einzig richtige Konsequenz gezogen und Kahrstedt gefordert. Zum Duell wird es ja wohl kaum kommen, aber wenn die beiden in ihrer weiteren Haltung die Sache durchfechten, könnte sie erfreulich aufrüttelnd wirken. Ich bin nicht ganz sicher, ob Ihr Pessimismus bezüglich der Einstellung der Studenten zur Wissenschaft ganz berechtigt ist. Persönliche Fühlung mit Studenten habe ich zwar nicht (Sie wissen ja, daß das nicht zu meinen Fähigkeiten gehört), aber mein Eindruck im Proseminar ist doch wesentlich günstiger. Ich glaube doch bei einem sehr erheblichen Teil (von der Gesamtheit wäre das natürlich auch in anderen Zeiten nicht zu erwarten) einen echten Willen zur Erkenntnis zu finden. Mit meiner Militia bin ich nicht ganz nach Programm vorwärts gekommen, es wird mit der Vollendung wohl doch in den Sommer hinein gehen. Ich führe sie entsprechend dem ursprünglichen Plan bis zum 1. Kreuzzug; ob danach der Schwanz über die Ritterorden (der jedenfalls erst hinterher getrennt zu publizieren ist) kommt oder die Hannoversche Briefsammlung für die MG, ist immer noch offen. Denn Kehr, der gestern wieder in die Ferien (Meran usw.) gefahren ist und erst Mitte März wiederkommt, kann jetzt noch nicht disponieren, da er die verlangte Ministerial-Entscheidung über die Art der organisatorischen Fortführung der MG noch nicht erhalten hat.

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Anderseits ist es möglich, daß ich schon im Sommer oder bald danach an der einen oder anderen Universität eine Vertretung übertragen bekomme (natürl[ich] nur Vertretung; daß sich daraus ein Ruf entwickeln [könnt]e, scheint mir ausgeschlossen, denn dabei würden ja dann [– im] Unterschied zur Vertretung – die politischen Instanzen gefragt werden). Denn es wird jetzt in unserem Fach allmählich Not am Mann, und ich werde von verschiedenen Seiten darauf hingewiesen, daß ich jetzt – abgesehen von Kirn, der aber bereits die Leipziger Vertretung hat – im wissenschaftlichen Lager als derjenige gelte, der »am dransten« ist. Besonders deutlich wurde mir das kürzlich durch den »Fall Kantorowicz«. Dieser war als Kriegsteilnehmer vom Ministerium ausdrücklich bestätigt worden. Trotzdem setzten gegen ihn und andere im Dezember gewisse Boykottbestrebungen der Studentenführung ein (natürlich nicht von seinen eigenen Schülern veranlaßt). Nicht ohne Zusammenhang damit hat er einen Urlaub angetreten, der ihm gerade damals auf sein schon vorher eingereichtes Gesuch gewährt wurde, um für dreiviertel Jahre eine Einladung nach Oxford anzunehmen. Auf seine Veranlassung sollte ich die Vertretung haben, und zwar schon für die zweite Hälfte des Wintersemesters und das Sommersemester, wozu das Ministerium bereits die Zustimmung gegeben hatte, ohne daß ich von der ganzen Sache noch wußte. Als ich dann damit befaßt wurde, habe ich die Bedingung gestellt, daß ich den Studenten meine Meinung über die Boykottbestrebungen und mein weiteres Eintreten für Kantorowicz öffentlich mitteilen könnte. Das wurde vom Fakultätsvertreter, mit dem ich verhandelte, als unmöglich abgelehnt, und daran ist die Sache gescheitert. Folgen für mich hat sie nicht weiter gehabt, zumal dem Ministerium, entgegen meiner Erwartung, nur die Tatsache des Scheiterns mitgeteilt worden ist, nicht die Gründe. In Frankfurt aber war die Folge, daß man nun auf eine volle Vertretung vorerst überhaupt verzichtet zu haben scheint und Theodor Mayer aus Gießen »im Pendelverkehr« mit Frankfurt wenigstens die Übungen abhält. Im übrigen geht es mir gut. Bitte schreiben Sie bald wieder über Ihre Erlebnisse und Eindrücke! Mit vielen Grüßen stets Ihr Carl Erdmann

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40 BRIEFE Männerstolz vor Königsthronen]Friedrich Schiller, An die Freude, V. 96. Rede bei der Universitäts-Reichsgründungsfeier]Kahrstedt hatte die deutschen Teilnehmer am Internationalen Historikerkongress als Verräter hingestellt und in einem solchen Fall Gewalt gutgeheißen. Brandi und Schramm forderten daraufhin Satisfaktion mit der Waffe. In Göttingen wurde die Angelegenheit durch die Vermittlung eines Ehrenrats beigelegt. In Berlin erwirkten Brandi und Schramm Stellungnahmen des Reichsinnenund des Reichserziehungsministers, die Kahrstedts Vorwürfe missbilligten. Vgl. Wegeler, »… wir sagen ab«, S. 147–162; Thimme, Percy Ernst Schramm, S. 349–352. Fall Kantorowicz]Anspielung auf die sogenannte Kantorowicz- oder Pferdebahn-Affäre von 1880/81, als sich Edmund Kantorowicz, Onkel von Ernst Kantorowicz, gerichtlich erfolgreich gegen antisemitische Anfeindungen zur Wehr setzte. Hierzu und zum Folgenden vgl. Bd. 1, S. 156–160.

9.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 1. IV. 1934 Lieber Herr Tellenbach! Unsere Korrespondenz ist so ungefähr auf einem Vierteljahrs-Turnus angelangt – was aber schließlich besser ist als garnichts. Ich freue mich immer sehr, wenn ich von Ihnen Nachricht bekomme, besonders auch weil mich Ihre Art, die Dinge zu sehen, noch so verwandt berührt, wie es mir nur mit ganz wenigen Menschen geht. Ganz zu schweigen von den Nachrichten, diesmal z. B. hatte ich von Hampes Emeritierung noch nichts gewußt. Daß Sie ein Semester werden Vertretung machen müssen, könnte ich mir sehr wohl denken, denn eine Professur wie die Heidelberger ist sicher nicht leicht zu besetzen. Ich weiß übrigens nicht, welchen Kurs das badische Ministerium jetzt in der Berufungspolitik steuert. Das sächsische z. B. hat in der letzten Zeit im Wesentlichen noch rein wissenschaftlich, nicht politisch, berufen. Ob das badische auch noch so steht? Für uns umso interessanter, als ja auch Freiburg frei wird. Da außerdem Kantorowicz, wie er mir kürzlich aus Oxford schrieb, seine Rückkehr nach Frankfurt jetzt selbst für unmöglich hält (er ist aber jetzt nicht mehr in der Lage, auf die Professur zu verzichten, und hofft auf anderweitige Verwendung in Deutschland), und da man auch noch an einer weiteren kleinen Universität von dauernder Krankheit des mittelalterlichen Ordinarius

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und Notwendigkeit einer Vertretung munkelt, ist die Konjunktur an sich sehr gut. Wollen wir sehn, was daraus wird! Ich halte es für sehr möglich, daß ich eine Vertretung – an Berufung glaube ich nach wie vor nicht – irgendwo erhalte, und möchte nur wünschen, daß es erst zum Wintersemester geschieht. Denn ich bin leider mit der Militia immer noch nicht fertig. Das letzte Kapitel nebst einem zugehörigen Exkurs habe ich dieser Tage beendigt, aber das vorletzte Kapitel war übersprungen. Die Notgemeinschaft hat mich um ein halbes Jahr verlängert. Mein Plan geht dahin, im Sommer nur Paläographie zu lesen (außer dem Proseminar) und auf diese Weise bis zum Hochsommer die Militia endlich zu schaffen. Im August werde ich dann, wenn nichts dazwischen kommt, für 12 Tage ins Wehrlager gehn. Denn es ist hier in Preußen jetzt so geregelt, daß für die »Althabilitierten«, d. h. vor dem 30. Januar 1933 Habilitierten, solche Kurzkurse eingerichtet sind, während die Neuen für 10 Wochen ins Lager und dann vier Wochen »Dozentenakademie« in Kiel müssen. Den ersten großen Kurs hat kürzlich Just in Zossen, den ersten kleinen soeben Vehse in Borna durchgemacht. Beide berichteten ziemlich übereinstimmend und relativ tröstlich. Vor allem tritt das Innerpolitische ganz zurück, der maßgebende Gesichtspunkt ist einfach die Landesverteidigung, und da ist man selbstverständlich bedingungslos dabei. Über Ihre Libertas sagte mir Caspar auch schon vor langer Zeit, daß sie zurückgestellt werden müsse; wenn ich recht verstand, einfach deswegen, weil andere Arbeiten vorher eingegangen waren und der Verleger nicht zuviel gleichzeitig drucken will. Die ungehörige Antwort, die Sie von Seeberg bekommen haben, hat mich allerdings auch befremdet, und sie bestärkt mich in dem Wunsche, die Militia, die ja für die gleiche Sammlung vorgesehen war, wenn es geht, lieber anderswo unterzubringen. Haben Sie Ihr Manuskript übrigens in Heidelberg, oder liegt es hier? Sie wissen, daß ich es mit Vergnügen lesen würde. Kehr hat gerade eben die Verlängerung seiner Monumenten-Direktion um ein Jahr erhalten, mit dem Bemerken, daß unterdessen die erforderliche Umorganisation der deutschen Geschichtswissenschaft im allgemeinen und der Zentraldirektion im besonderen erfolgen soll. Von den Monumentisten scheidet Meyer jetzt aus, an seine Stelle treten Lohmann (bisher hiesiger Seminarassistent) und v. Gladis [sic!] (Hessel-Schüler aus Göttingen), beide also neben Jordan für Diplomata. Als neuen Epistolae-Mitarbeiter hatte Kehr im Januar mich in Aussicht genommen, ich sollte zunächst die Hannoversche Sammlung

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42 BRIEFE machen, Näheres sollte im März besprochen werden. Aber diese nähere Besprechung hat nicht erst stattgefunden, denn [Kehr] hatte unterdessen Bulst, der sich in Göttingen für [Mittella]tein habilitieren will, für die Epistolae angestellt. Dieser bleibt abe[r in] Göttingen und macht im übrigen die Wormser Briefsammlu[ng]. Dieses Endergebnis wundert mich in keiner Weise, vielmehr wundere ich mich nachträglich nur darüber, daß es Kehr durch seine Reden vom Januar tatsächlich noch einmal gelungen war, mich für zwei Monate hinters Licht zu führen, was mir nach neunjähriger Bekanntschaft mit ihm eigentlich nicht mehr hätte passieren dürfen. Sachlich ist bedauerlich, daß über das, was an der Wormser Briefsammlung eigentlich zu tun ist, Kehr jedenfalls noch dieser Tage keine Ahnung hatte, und demnach Bulst sie wohl auch nicht hat. Hoffentlich kommt er auf die Idee, sich mit mir in Verbindung zu setzen. Mit herzlichen Grüßen und Osterwünschen Ihr Carl Erdmann Hampes Emeritierung]Karl Hampe ließ sich zum 31. März 1934 emeritieren. Zu den Hintergründen vgl. Reichert, Gelehrtes Leben, S. 254–260. Freiburg frei]Zum Sommersemester 1934 wechselte Hermann Heimpel von Freiburg nach Leipzig. Zu seinem Nachfolger wurde Theodor Mayer aus Gießen berufen. Krankheit des mittelalterlichen Ordinarius]Hans Spangenberg in Rostock (vgl. unten Nr. 16). Dozentenakademie]Mit Erlass des Preußischen Ministers für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung vom 18. Oktober 1933 wurden angehende Hochschullehrer vor der Habilitation zur Teilnahme an einem mehrwöchigen »Dozenten-« oder »Wissenschaftslager« und anschließend zum Besuch einer (noch zu gründenden) »Dozentenakademie« verpflichtet. Im Lager sollten sie ihre »Volksverbundenheit« nachweisen, in der Akademie sich »in strenger Lebensgemeinschaft […]auch charakterlich« bewähren. Die Durchführung lag zunächst in der Verantwortung der Dozentenschaft, dann des Dozentenbunds. Über das Verhalten der Teilnehmer wurden Zeugnisse und Gutachten ausgestellt, die sich auf deren berufliche Aussichten auswirkten. Privatdozenten wie Carl Erdmann, die sich vor dem 30. Januar 1933 habilitiert hatten, wurde dringend empfohlen, sich »der allgemeinen Regelung einzufügen« (Losemann, Zur Konzeption, S. 88 f.; zur Durchführung Nagel, Universität, S. 445 f.). Seeberg]Erich Seeberg war Mitherausgeber der Buchreihe »Forschungen zur Kirchen- und Geistesgeschichte«, in der schließlich sowohl Erdmanns als auch Tellenbachs Habilitationsschrift erschienen. Wormser Briefsammlung]Die ältere Wormser Briefsammlung, hg. von Walther Bulst (MGH Die Briefe der deutschen Kaiserzeit 3), Weimar 1949.

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10.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf-Zehlendorf, 11. Mai 1934 Lieber Herr Tellenbach! Ihr Manuskript habe ich mit großem Interesse [zwei]mal gelesen und halte es für eine sehr wertvolle Arbeit, die sicher bald von sehr vielen ausgeschlachtet werden wird und unsern Karren ein erhebliches Stück weiterschiebt. Zunächst natürlich durch den Teil IV, der ja schon für sich spricht und wirklich ein dringendes Bedürfnis befriedigt; aber nicht weniger auch durch die Gesichtspunkte der vorhergehenden Teile. Mir persönlich war von diesen am wertvollsten der Teil I, den Ihnen ja wohl schwerlich ein anderer Mittelaltliker so ohne weiteres nachmachen könnte; Teil II hat mich nicht ganz so befriedigt (vgl. unten); Teil III, dem ich vollkommen zustimme, wird bei den meisten vermutlich am stärksten Beachtung finden, war aber mir persönlich auf Grund meiner früheren Beschäftigungen nicht mehr sensationell. Meinen Dank für die Zusendung möchte ich durch eine Anzahl Adnotationes abstatten, deren Wert oder Unwert zu beurteilen Ihnen natürlich ganz anheimsteht. […] Eine Anfrage aus Bonn gleich der Ihrigen habe ich nicht gekriegt und kann nur hoffen, daß sie auch in Zukunft nicht kommt. Wir leben schon in einer sonderbaren Zeit. Daß die dortige Vertretung für Sie keineswegs angenehm ist, kann ich mir lebhaft vorstellen. Aber da Sie ja (im Unterschiede zu mir) Ordinarius werden möchten, glaube ich doch, daß Sie im Grunde froh sein müssen; denn dafür ist es doch günstig. Von hier ist jetzt Kienast abgerutscht nach Rostock, wo er die Vertretung für Spangenberg hat. Dieser ist krank, und die Ärzte rechnen, heißt es, nicht damit, daß er wieder würde lesen können; da Kienast Pg. ist, wird er wohl dauernd dort bleiben. In Freiburg hat man wohl keine Vertretung anberaumt, mit Rücksicht auf Funk? Und macht in Frankfurt wieder Theodor Mayer die Sache?

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44 BRIEFE Mir geht es gut. Da ich in diesem Semester außer dem Proseminar nur Paläographie treibe, habe ich die Zeit, um das noch fehlende Kapitel der Militia während des Semesters zu beendigen. Mit vielen Grüßen auch von meiner Mutter Ihr Carl Erdmann nicht mehr sensationell]Tellenbach, Libertas, Kap. I: Grundlegung; Kap. II: Die mittelalterlichen Vorstellungen von der Hierarchie; Kap. III: Die Verkirchlichung und Verchristlichung der Welt durch Staatskirchentum, Eigenkirchenwesen und mönchische Religiosität; Kap. IV: Der Kampf gegen die Laienherrschaft in der Kirche. Der Investiturstreit. eine Anzahl Adnotationes]Es folgen detaillierte Bemerkungen zu einzelnen Stellen in Tellenbachs Manuskript. Anfrage aus Bonn]Was für eine Anfrage Tellenbach erhielt, ließ sich nicht ermitteln. Erdmanns Wortwahl legt die Vermutung nahe, dass sie politischen Charakter besaß. Möglicherweise gibt es einen Zusammenhang mit den Versuchen, die Universität Bonn zur »geistigen Festung an der Westgrenze« auszubauen und insbesondere das Institut für geschichtliche Landeskunde der Rheinlande für die »Volkstumsarbeit« im Rahmen der sogenannten Westforschung in Anspruch zu nehmen (Höpfner, Universität Bonn, S. 19–27, 389–392; Dietz / Gabel / Tiedau, Griff nach dem Westen, S. 673–687, 689–714, 715–740).

11.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 3. Juni 1934 Lieber Herr Tellenbach! Herzlichen Dank für Ihren Brief von vor drei Wochen. Inzwischen werden Sie nun wohl doch mit dem vertretungsweisen Kolleglesen angefangen haben – die Tatsache der Verzögerung ist freilich charakteristisch. Ich meinerseits habe unterdessen ein leichtes Semester, denn die Paläographie, die ich rein praktisch betreibe, macht mir wenig Schmerzen. So bin ich denn in der Tat in der Lage, der Militia, die schon ziemlich in den letzten Zügen liegt, den Todesstoß

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zu geben, wenn die Agonie auch noch ein paar Wochen dauern wird, nach einer Gesamtlebensdauer von 5 ½ Jahren. Mit Kehr sprach ich schon vorbereitend wegen des Drucks, er war einer Aufnahme in die »Bibliothek« des römischen Instituts nicht abgeneigt, aber die Entscheidung darüber fällt natürlich erst später – vorausgesetzt natürlich, daß Kehr dann noch Direktor des Instituts ist. Kürzlich erzählte mir nämlich ein Kollege, der sich auf eine Quelle im »Werberat der deutschen Wirtschaft« (Propagandaministerium) berief, daß eine Neubesetzung des Direktorpostens zu erwarten sei, da man sich in Parteikreisen für das Institut interessiere und bereits einen Kandidaten dafür habe. Ich selbst nahm die Nachricht nicht schwer, da mir ihr Wahrheitswert zweifelhaft erschien, aber die Monumentisten und auch Kehr selbst schienen die Sache ernster zu nehmen und für sehr wahrscheinlich zu halten. Darob natürlich allgemeines Rätselraten über die Person des Kandidaten; natürlich weiß niemand etwas Rechtes. Mit Kehr, der jetzt wieder hier ist, sprach ich kürzlich auch noch einmal über die Hannoversche Briefsammlung. Die Sache mit Bulst ist doch anders, als ich damals hörte, er ist nicht als Mitarbeiter angestellt, sondern hat den Auftrag so übernommen, d. h. soll offenbar hinterher Honorar kriegen. Wenn ich die Hannoversche Sammlung unter den gleichen Bedingungen übernehmen könnte, wäre die Sache perfekt. Was nun tatsächlich wird, weiß ich noch nicht, da Kehr, wenn man ihn auf die praktische Frage bringt, natürlich abgleitet. Ich bin jedenfalls nicht nochmals so vertrauensselig wie vor vier Monaten und betrachte meine Zukunft deshalb noch als ganz ungeklärt. Aber ich kann nicht bestreiten, daß die Hannoversche Sammlung mich sehr locken würde. Jetzt im Juni sollen auch über die Archive die Entscheidungen fallen: Überführung auf das Reich, zur Reichskanzlei, zum Innen- oder Kultusministerium. Als Kandidat für die Reichs-Generaldirektion wird außer Brackmann auch Karl Alexander v. Müller genannt, in welchem Falle Brackmann gehen wolle. Über die Zukunft der Universitäten ist mir nichts bekannt. Übrigens hat Kirn jetzt für den Sommer die Vertretung in Frankfurt. Z. Zt. ist Ramackers wieder in Paris (Hôtel des Mines, Boul. St. Michel); Sie könnten also wegen der Bibliothèque St. Geneviève an ihn schreiben. Inzwischen ist auch die Savigny-Zs. (Kanon.) mit dem materialreichen Ordines-Aufsatz von Schramm erschienen. Doch werden Sie zu den Retouchen an Ihrer Liturgie-Arbeit die nötige Zeit wohl erst nach Semesterschluß fin-

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46 BRIEFE den. Für die in Aussicht gestellten Photographien danke ich im voraus herzlich. Mit vielen Grüßen auch von meiner Mutter Ihr Carl Erdmann Sache mit Bulst]Vgl. oben Nr. 9. Entscheidungen]Zu den Plänen einer Vereinheitlichung des Archivwesens in Preußen und Deutschland vgl. Weiser, Geschichte, S. 137–140. Liturgiearbeit]Gerd Tellenbach, Römischer und christlicher Reichsgedanke in der Liturgie des frühen Mittelalters (Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Phil.-Histor. Klasse 1934/35, 1), Heidelberg 1934. – In der Vorbemerkung bedankt sich Tellenbach bei Johannes Ramackers für Notizen aus Ms. 111 der ehemaligen Klosterbibliothek Sainte-Geneviève in Paris. – Percy Ernst Schramm, Die Krönung bei den Westfranken und Angelsachsen vor 878 bis um 1000, in: ZRG KA 23 (1934), S. 117–242.

12.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 10. Juni 1934 Lieber Herr Tellenbach! […] Daß Kienast einen etwaigen Ruf nach Rostock nicht annehmen wolle, dürfte sicher falsch sein. Mit der Annahme einer Vertretung hat er gezögert, weil sie für ihn eine materielle Schlechterstellung bedeutete; aber eine Professur wäre natürlich etwas anderes. Ob er den Ruf, wenn es soweit ist, kriegen wird, halte ich für unsicher, aber nicht für unwahrscheinlich. Kehr hält sich bei seinem jetzigen Berliner Aufenthalt ganz zurück und läßt die Leute in den Ministerien ihre Suppe alleine kochen. Das ist persönlich würdig und sympathisch, zumal man ihn im Frühjahr doch recht schlecht behandelt hat; welche Folgen es aber für seine Institute haben wird, ist nicht vorhersehbar. Mit herzlichen Grüßen Ihr Carl Erdmann

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13.  An Karl Hampe (NL Hampe, II F – 20/78. – Postkarte, hsl. Or.) [Berlin] 28. VI. 1934 Sehr verehrter Herr Geheimrat! Herzlichen Dank für die Zusendung Ihres Widukind-Aufsatzes. Eine dringend notwendige und hocherfreuliche Veröffentlichung, für die die ganze deutsche Historikerschaft Ihnen zu Dank verpflichtet ist! Mit herzlichen Grüßen Ihr Carl Erdmann Ihres Widukind-Aufsatzes]Karl Hampe, Karl der Große und Widukind, in: Vergangenheit und Gegenwart 24 (1934), S. 313–325. Mit Hampes Aufsatz wurde die wissenschaftliche Debatte über die Bedeutung Karls des Großen für die deutsche Geschichte eröffnet, in die sich Erdmann mit der Herausgabe der Aufsatzsammlung »Karl der Große oder Charlemagne?« einschalten sollte (Reichert, Gelehrtes Leben, S. 265–278; ferner Bd. 1, S. 231–245).

14.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 25. Juli 1934 Lieber Herr Tellenbach! Ihr letzter Brief liegt nun auch schon […] Wochen zurück. Inzwischen sind einige Dinge geschehen, über die man schweigen muß. Möge das, was jetzt noch kommen muß, rasch kommen und rasch überstanden werden. Ob Sie nun ins Lager einberufen werden? Ich bin nicht im Bilde, ob diese Lager beibehalten werden. Nur über die 12-tägigen Kurzlager für die »Althabilitierten« erfuhr ich, daß sie nicht mehr stattfinden, als ich mich – übrigens noch im Juni – dafür melden wollte.

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48 BRIEFE Und was wohl sonst in Heidelberg wird? Hier wurde nur ruchbar, daß Aubin abgelehnt worden sei. Die Militia wurde programmgemäß fertig – das Tippen war freilich zuletzt eine ziemliche Schinderei. Kehr ist bereit, sie in der »Bibliothek des Preußischen Historischen Instituts« zu drucken, den erforderlichen Druckzuschuß bei der Notgemeinschaft soll ich freilich natürlich selbst erwirken. Denn bei den jetzigen Verhältnissen in der Notgemeinschaft besteht natürlich sehr große Möglichkeit eines Refus, und dem will er sich nicht aussetzen. Ich erfuhr übrigens von dem einstweiligen abschlägigen Bescheid, den Sie für die Libertas erhalten haben, jedoch mit dem Bemerken, daß die Sache wahrscheinlich doch gemacht werden würde. Mein Fall liegt etwas günstiger, weil ja erstens die Arbeit bereits durch ein Stipendium der Notgemeinschaft unterstützt war und diese deshalb ein Interesse daran hat, das Ergebnis auch gedruckt zu sehen, und weil zweitens die »Entstehung des Kreuzzugsgedankens« (so heißt der Titel z. Zt.) immerhin etwas mit dem »Wehrgedanken« zu tun hat. Schwörer, der bisher noch stellvertretender Leiter der Notgemeinschaft ist, sagte mir, er hoffe, den Druckzuschuß erreichen zu können, konnte mir aber auch nichts Sicheres versprechen. Da das Semester zuende geht, habe ich heute mit einer neuen Arbeit angefangen: der Hannoverschen Briefsammlung. Denn von Kehr habe ich, bevor er wieder in die Schweiz fuhr, glücklich den Auftrag zur Herausgabe erhalten, allerdings ohne daß ich deswegen Mitarbeiter der MG würde; die Frage der Bezahlung wurde nicht berührt. Ich freue mich sehr auf diese Arbeit. Zunächst besteht allerdings noch die Schwierigkeit, daß die Hannoversche Handschrift sich seit langem in Wien bei Hirsch befindet. Ich habe natürlich an ihn geschrieben, und außerdem will auch die Hannoversche Bibliothek von sich aus die Handschrift einfordern und mir senden. Hoffentlich klappt es. Kehrs Lage ist nach wie vor ungewiß. Über den angeblichen Wechsel in der Institutsdirektion in Rom ist hier monatelang geredet worden, bisher aber noch nichts herausgekommen. Auch ob Bock Sekretär bleibt, ist ungewiß, denn seine ehemalige Schule soll ihn jetzt als Direktor verlangen, und er war ja vorerst nur kommissarisch auf ein Jahr nach Rom ernannt. Ob Kehr, der in den letzten Monaten auch über ihn schon zu schimpfen anfing, überhaupt die Verlängerung beantragt hat, habe ich nicht erfahren können. Die durch das Ausscheiden von Goldfriedrich freigewordene Assistentenstelle ist ebenfalls noch unbesetzt. Auch an den MG und am KWInstitut gilt Kehrs Stellung als

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unsicher, immerhin nehme ich an, daß man ihn bis zum Frühjahr noch lassen wird – und wer weiß, was bis dahin alles passiert sein mag. Die in Aussicht genommene große Archivreform ist zurückgestellt worden, Brackmanns Stellung ist noch die alte und, wie es scheint, nicht ganz so einflußlos, wie man denken würde. Jedenfalls überragt er z. Zt. Kehr bei weitem. Ganz ungewiß ist auch meine eigene Lage ab 1. Oktober. Die hiesigen historischen Ordinarien haben für mich einen Lehrauftrag neben Privatdozentenstipendium beantragt; ob etwas daraus wird, scheint mir sehr fraglich, und wovon ich andernfalls leben soll, ist mir einstweilen noch dunkel, da Kehr es ausdrücklich abgelehnt hat, mich auf die MG zu übernehmen. Nun, bis dahin sind ja noch zwei Monate Zeit. Mit herzlichen Grüßen Ihr Carl Erdmann Dinge […], über die man schweigen muß]Angeblicher »Röhm-Putsch« am 30. Juni 1934, in dessen Folge die Führung der SA ausgeschaltet und außerdem zahlreiche Regimegegner ermordet wurden. Kurzlager für die »Althabilitierten«]Vgl. oben Nr. 9. Aubin abgelehnt]Die Heidelberger Philosophische Fakultät hatte Hermann Aubin als Nachfolger Karl Hampes gewünscht. Aber da ihm liberale Neigungen nachgesagt wurden und sein Bruder sich als Prorektor der Universität Halle mit der nationalsozialistischen Studentenschaft angelegt hatte, wies der Rektor den Berufungsvorschlag zurück. Vgl. Mühle, Für Volk und deutschen Osten, S. 94 f.; Reichert, Gelehrtes Leben, S. 281. so heißt der Titel z. Zt.]Carl Erdmann, Die Entstehung des Kreuzzugsgedankens (Forschungen zur Kirchen- und Geistesgeschichte 6), Stuttgart 1935. Hannoversche Handschrift]Hannover, Niedersächsische Landesbibliothek, Cod. XI 671 (16. Jh.). seine ehemalige Schule]Vgl. oben Nr. 3. Archivreform]Vgl. oben zu Nr. 11.

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50 BRIEFE 15.  An Paul Fridolin Kehr (NL Kehr [GStA PK], 11/7. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 10. Oktober 1934 Sehr verehrter Herr Geheimrat! Heute erhielt ich auf dem Dekanat den Bescheid, daß das Gesuch um einen Lehrauftrag immer noch nicht bis zum Ministerium gelangt sei, sondern noch bei der Dozentenschaft liege, und daß eine Erledigung bis zum Semesterbeginn deshalb nicht zu erwarten sei. Es ist also jetzt soweit, daß ich mich an Sie wenden muß. Mein Notgemeinschaftsstipendium betrug 275 M. Es reichte – zusammen mit den Nebeneinkünften aus Kolleggeldern und Zeitschriftenaufsätzen, die in Zukunft wohl ungefähr die gleichen bleiben werden, – gerade aus für meine Existenz mit meiner Mutter zusammen. Da das Stipendium aber steuerfrei war, während ich andere Einkünfte würde versteuern müssen, muß ich meinen Bedarf jetzt wohl mit rund 300 M beziffern.

Paul Fridolin Kehr (1860–1944).

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Davon gehen jedoch die Einnahmen von der Tätigkeit am Archivinstitut ab, die sich auf etwa 60 M im Monat belaufen sollen. Prof. Brackmann hat seinerseits die Sache mit mir fest abgemacht, doch steht noch die Bestätigung durch das Ministerium aus. Sollte diese wider Erwarten verweigert werden, so gebe ich Ihnen noch besondere Nachricht. Wenn ich Sie also jetzt um eine Bezahlung von den Monumenten für die Hannoversche Sammlung bitten muß, so darf ich Ihnen doch nicht verschweigen, daß ich während der kommenden Semestermonate für diese Arbeit nur wenig Zeit werde erübrigen können, wenn ich, wie bisher geplant, in der Universität (außer dem üblichen Proseminar, das mir nicht mehr sehr viel Zeit nimmt,) das angekündigte Kolleg über Familien- und Wappenkunde lese und außerdem am Archivinstitut die Übungen zur Diplomatik abhalte. Denn wenn ich Forschungsarbeiten vielleicht manchmal rascher zum Ziele zu bringen vermag als der Durchschnitt meiner Kollegen, so kostet mich leider umgekehrt die Lehrtätigkeit überdurchschnittlich viel Zeit. Unter diesen Umständen würde es mir, wenn ich meine Bezahlung von den Monumenten bekomme, im Grunde richtiger erscheinen, daß ich das angekündigte Kolleg absage, um die Zeit für die Hannoversche Sammlung zu gewinnen. Eine solche Absage könnte ich wahrheitsgemäß damit begründen, daß die Verschleppung der Lehrauftragssache mich zu einer anderweitigen Tätigkeit nötige, die mir Geld einbringt; der Lehrauftrag soll ja für »Urkundenwissenschaft und Familienkunde« lauten, steht also in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Kolleg. Ich bitte Sie also um eine Äußerung, ob Sie eine solche Absage des Kollegs billigen würden, oder ob Sie damit einverstanden wären, daß ich während der Semestermonate nur einen geringen Bruchteil meiner Zeit auf die Hannoversche Sammlung verwende. Für den Druck meines Kreuzzugsbuches hat der Verlag Kohlhammer jetzt die nötigen Unterlagen geschickt, so daß nur noch die Entscheidung der Notgemeinschaft aussteht. Beiliegend ein Preßangriff auf die Monumenta und andere Institute. Mit dem Ausdruck meiner Verehrung bin ich Ihr sehr ergebener Carl Erdmann

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52 BRIEFE Tätigkeit am Archivinstitut]Erdmann unterrichtete ab Herbst 1934 Urkundenlehre und Editionstechnik am Institut für Archivwissenschaft in Berlin-Dahlem, später auch Paläographie. Preßangriff auf die Monumenta]Günther Franz, Über Historische Kommissionen, in: Geistige Arbeit 1 (1934), S. 4 f.

16.  An Paul Fridolin Kehr (NL Kehr, Nr. 11/9. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 21. Oktober 1934 Sehr verehrter Herr Geheimrat! Vielen Dank für Ihren Brief vom 16., den ich gestern erhielt. Die Fertigstellung des Textes der Hannoverschen Sammlung bis zum 31. März kann ich zusagen. (Die Untersuchung der Komposition des Codex III wird mehr Zeit in Anspruch nehmen, aber das kommt erst nach der Textfeststellung.) Ich bitte Sie also, die Anweisung an Herrn Längrich zu geben und danke Ihnen für Ihre Hilfe. Daß die Zukunft unsicher und wenig aussichtsreich ist, weiß ich sehr wohl. Wenn Sie schreiben, daß eine Existenzmöglichkeit für Gelehrte außerhalb der Universität in Zukunft nicht mehr bestehen wird, so muß ich leider hinzufügen, daß das innerhalb der Universität noch weniger der Fall sein wird. Das haben in den beiden letzten Jahren schon eine Reihe von Erfahrungen gezeigt. Eine neue kommt eben hinzu: wie man mir versichert, kommt für die Rostocker Professur von der Liste (Kirn, Kienast, Lintzel) bereits keiner mehr infrage, vielmehr würde voraussichtlich ein der Wissenschaft bisher unbekannter »alter Kämpfer« namens Maibaum ernannt werden, dessen literarisches Gesamtwerk in einer lokalgeschichtlichen Doktorarbeit bestehen soll. Es wäre also eine reine Illusion, wenn man durch Kolleglesen seine Zukunft sichern wollte. Für einen Privatdozenten kann die Frage nur lauten, auf welchem Wege und wie lange er seine Existenz weiter fristen kann. Unter diesem Gesichtspunkt werde ich natürlich versuchen, den Lehr­ auftrag, der für das Wintersemester durch die Verschleppung unmöglich ­geworden ist, für das nächste Semester zu erhalten. Falls da eine Aussicht be-

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steht, so wäre es vermutlich verkehrt, wenn ich das angekündigte familienkundliche Kolleg, das doch meinen Haupt-Aktivposten darstellt, bereits jetzt im Winter hielte, auch ohne das Geld von der Universität zu haben, denn damit hätte ich ja mein Pulver verschossen; die geeignete Verhandlungsbasis dürfte in der Erklärung liegen, daß ich infolge Ausbleibens des Lehrauftrages eine andere Beschäftigung ergreifen mußte und deshalb das Kolleg nicht lesen könnte, aber dann im nächsten Semester bereit sei, wenn ich dann das Geld bekäme. Möglich auch, daß die Dinge anders liegen; ich will in den nächsten Tagen darüber mit dem Dekan reden, der freilich heute leider eine ziemlich unwichtige Persönlichkeit ist. Außerdem kommt es noch darauf an, ob ich als Dozent am Archivinstitut beschäftigt werde oder nicht; denn auch dies steht noch aus. Soviel ist jedenfalls sicher, daß ich nicht gleichzeitig Kolleg lesen, Archivkurs halten und den Text der Hannoverschen Sammlung fertigstellen kann. Ich kenne meine Arbeitskraft, die mit der Ihrigen zu vergleichen mir nie in den Sinn gekommen ist, und mache mir auch diesem Gebiet keine Illusionen. Ich werde also jedenfalls nur entweder das Kolleg oder den Archivkurs halten. Die Entscheidung zwischen beiden hoffe ich in der kommenden Woche treffen zu können, oder vielmehr, sie wird dann hoffentlich fallen, denn von mir hängt sie nicht ab. Der Polycarp ist vielleicht eine Möglichkeit für nächstes Jahr; für den Augenblick ist damit so rasch wohl nichts zu machen. Wie ich höre, ist Prof. Eckhardt jetzt einer der Personal-Referenten für die Universitäten im Preußischen Kultusministerium. Günther Franz, der Verfasser des Artikels über die Historischen Kommissionen, soll sein Schwager sein. Da dieser Artikel nun auch den Schwabenspiegel erwähnt, wobei man sich an die einstige Polemik Eckhardt – Voltelini erinnert (»die Zentraldirektion ist gewarnt«), so wäre es möglich, daß Eckhardt auch hinter dem Artikel steckt, wenigstens so weit die MG infrage kommen. Mit dem Ausdruck meiner Verehrung Ihr sehr ergebener Carl Erdmann Brief vom 16.]Kehrs Schreiben an Erdmann vom 16. Oktober ist als masch. Durchschlag erhalten: »Sehr verehrter Herr Dr! Ihren Brief beantworte ich spät in der Nacht, müde vom Korrekturenlesen. Sein negativer Inhalt beunruhigt mich doch sehr, hauptsächlich

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54 BRIEFE weil die Aussicht auf meine dauernde Hilfe immer unsicherer wird. Nicht weil mein Interesse an Ihren Arbeiten sich minderte, aber ich bin helle genug, um zu sehen, dass meine Zeit um ist und mit mir eine wissenschaftliche Arbeitsweise, die keine Aussichten mehr hat. Der junge Mann aus Marburg hat ganz Recht; in vielem trifft er meine Meinung auf den Kopf. Ich habe ja schon vor 2 Jahren die Münchener Historische Kommission mit Protest verlassen. Privatgelehrte oder solche, die sich ausschließlich wissenschaftlicher Arbeit widmen, wird es sehr bald in Deutschland, vielleicht auch in Europa nicht mehr geben: Dies ist auch der Grund, warum ich unbedingt auch bei Ihnen in Ihrem Interesse auf eine stärkere akademische Anstrengung drängen muss: es gibt für Leute für Sie auf die Dauer überhaupt keine andere Möglichkeit der Existenz. Also kann ich unter keinen Umständen Ihnen raten, Ihr Kolleg abzusagen; Sie sollten nicht eins, sondern zwei halten. Denn ich sehe immer deutlicher, dass meine Tage auch bei den Monumenta Germ. wenigstens in ihrer heutigen Gestalt gezählt sind. Ich kann jedenfalls nur noch für die allernächste Zeit noch eine gewisse bedingte Garantie übernehmen, d. h. bis 31. März 1935, darüber hinaus aber nicht. Daraus folgt, dass von einer Anstellung oder einer dauernden Beschäftigung bei oder für die Mon. Germ. keine Rede sein kann, da mein dereinstiger Nachfolger nicht verpflichtet ist, sie anzuerkennen. Das gilt nicht nur für Sie, sondern auch für die anderen schon Eingesessenen (vgl. Notgemeinschaft). Ich bin nie der Mann der Illusionen gewesen. Also: solange ich noch da bin, will ich gern das Meinige tun und Ihnen wie den anderen die Möglichkeit der Arbeit an den Epistolae neben Ihrer akademischen Berufstätigkeit, die durchaus die Hauptsache sein muss, verschaffen. Freilich, die Gegenleistung muss irgendwie dem Honorar entsprechen, was nach meiner Erfahrung und Überzeugung recht gut geht; d. h. der Text der kleinen Sammlung muss bis 31. März fertig vorliegen. Sie sind doch ein harter Dialektiker, wenn Sie mir das Dilemma stellen. Ich war doch auch in der analogen Lage und hab’s ohne Anstrengung geschafft. Zunächst will ich, sobald ich Ihre bestimmte Zusage habe, Herrn Längrich schreiben, dass er Ihnen rückwirkend vom 1. Okt. ab monatlich 200 RM. auszahlt, nicht als ein volles oder 2/3 Monumentistengehalt, sondern als besondere Vergütung bzw. Vorschusszahlung. Damit ist für die nächste Zeit einigermassen gesorgt; freilich, wie es weiter wird, das ist, wie schon gesagt, soweit die Monumenta in Betracht kommen, ganz ungewiss. Mit den besten Grüssen und Wünschen der Ihre, Kehr NB Polycarp« (NL Kehr [GStA PK], 11/8). Codex III]Die dritte Abteilung der Handschrift (fol. 160–402), von Erdmann als »›Hannoversche Briefsammlung‹ im engeren Sinne« bezeichnet. lokalgeschichtliche Doktorarbeit]Heinz Maybaum, promoviert mit einer Arbeit über: Die Entstehung der Gutsherrschaft im nordwestlichen Mecklenburg: Amt Gadebusch und Amt Grevesmühlen (Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Beiheft 6), Stuttgart 1926; ab 1932 Mitglied der NSDAP, wurde 1935 zum ordentlichen Professor an der Universität Rostock berufen. unwichtige Persönlichkeit]Dekan war bereits der Mathematiker Ludwig Bieberbach, nachdem Fritz Hartung aus gesundheitlichen Gründen das Amt hatte niederlegen müssen und zwei Nachfolger nicht lange amtierten. Wie sich zeigen sollte, war der Dekan Bieberbach für Erdmann keineswegs unwichtig, sondern wesentlich an seiner Verdrängung aus der Universität beteiligt. Polycarp]Vgl. oben Nr. 4. Schwager]Günther Franz war mit Annelise, einer Schwester Karl August Eckhardts, verheiratet. Zum Artikel über die Historischen Kommissionen vgl. oben Nr. 15. Eckhardt – Voltelini]Karl August Eckhardt, Besprechung von: Hans Voltelini, Bericht über die Arbeiten an der Ausgabe des Schwabenspiegels (1928), sowie ders., Bericht über die Arbeiten an der Schwabenspiegelausgabe (1928), in: ZRG GA 49 (1929), S. 540–546

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1934 55 (Zitat S. 546); Hans Voltelini, Entgegnung, ebd. S. 729–732; Karl August Eckhardt, Gegenerklärung, ebd. S. 732–735.

17.  An Friedrich Baethgen (NL Baethgen. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 12. November 1934 Sehr geehrter Herr Professor! Auf Grund von Unterhaltungen, die ich kürzlich mit Linzel [sic!] und heute mit Brackmann hatte, möchte ich mich mit einem Vorschlag an Sie wenden. Wir halten es für an der Zeit, daß die deutsche Geschichtswissenschaft ihre Meinung über Karl den Großen lauter und für die Gesamtheit vernehmbarer vorbringt, als es bisher geschehen ist, und haben deshalb den Plan gefaßt, eine kleine Veröffentlichung von gesammelten Aufsätzen deutscher Historiker darüber zu unternehmen. Natürlich soll es sich nicht um Forschung handeln, sondern um Vorlegung von längst gewonnenen Ergebnissen in populärer Form und unter Berücksichtigung der heute aktuell gewordenen Fragestellungen. Titel etwa »Deutschland und Karl der Große«; maßgebender Gesichtspunkt wäre durchweg, was Karl für das werdende Deutschland bedeutet hat und warum ein deutsches Geschichtsbild auf diese Gestalt nicht verzichten kann, wenn das deutsche Volk sich nicht selbst aufgeben will. Brackmann wollte einen Beitrag über Karls Kaisertum oder Karl und die Kirche beisteuern; Linzel [sic!] über Karl und die Sachsen; ich selbst über den Ursprung der Idee »deutsch« (im Karolingerreich). Ferner schreibe ich gleichzeitig an Hampe, der etwa über Karls Persönlichkeit schreiben und vielleicht auch die Herausgeberschaft übernehmen könnte. Außerdem kommen natürlich noch soundsoviele andere infrage. Wir haben natürlich gleich auch an Sie gedacht, auch im Hinblick auf einen Vortrag von Ihnen, über den Sie mir einmal erzählten, und zwar für das Thema: Karl und der Osten. Wären Sie bereit? Es würde Ihnen gewiß nur ganz wenig Arbeit machen; auch Wiederholungen aus früheren Veröffentlichungen würden natürlich an dieser Stelle nichts schaden.

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56 BRIEFE Ich benutze die Gelegenheit, um Ihnen zu schreiben, was ich über Rom weiß. Das Kultusministerium hat die Nachfolger-Liste, die Kehr einreichen sollte, nicht abgewartet, sondern ihn schon vor längerer Zeit aufgefordert, sich über zwei Kandidaturen zu äußern, nämlich Hiltebrandt und Rassow. Wie die letztere Kandidatur aufgekommen ist, ahne ich nicht (er ist nicht NS), sie stammt wohl aus dem Ministerium und war natürlich von vorn herein hoffnungslos. Kehr hat Rassow ganz abgelehnt, über Hiltebrandt teils-teils geäußert. Die Lage ist demnach wohl so, daß jetzt überhaupt nur noch Hiltebrandt infrage kommt, falls es schon zum 1. 4. zur geplanten Neubesetzung kommt; letzteres wird hier von den meisten als sicher angesehen, ich meinerseits habe noch leise Zweifel der Finanzen wegen; möglicherweise ist die Entscheidung schon gefallen, denn meine Informationen beruhen auf Zufälligkeiten. An den MG ist Eckhardt zum stellvertretenden Vorsitzenden ernannt mit dem einstweiligen Auftrag, ein neues Statut auszuarbeiten, und außerdem wohl, wie man annimmt, cum iure succedendi. Gezeigt hat er sich noch nicht; er ist, wie Sie wohl wissen, kommissarischer Referent im Kultusministerium. Ich glaube, daß diese Ernennung von Kehr selbst, der vor vier Wochen auf ein paar Tage hier war, gemacht worden ist, doch sind die Meinungen darüber geteilt. Auch darüber, wie Eckhardt die Sache auffassen wird, weiß man in den MG noch nichts. Ich meinerseits habe den beantragten Lehrauftrag für dieses Semester nicht bekommen (Zukunft noch unbekannt) und lebe einstweilen notdürftig von einer halbjährigen Sondervergütung, die Kehr mir von den MG gibt (Hannoversche Briefsammlung), nebst Archivkurs in Dahlem. In der Hoffnung auf eine positive Antwort bezüglich Karls des Großen und mit vielen Grüssen Ihr sehr ergebener Carl Erdmann eine kleine Veröffentlichung von gesammelten Aufsätzen deutscher Historiker]Karl der Große oder Charlemagne? Acht Antworten deutscher Geschichtsforscher (Probleme der Gegenwart), Berlin 1935. cum iure succedendi]mit dem Anrecht auf die Nachfolge.

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18.  An Hermann Heimpel (NL Heimpel, E 1 : 354. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 12. November 1934 Sehr geehrter Herr Professor! […] Prof. Brackmann sagte mir, daß Sie sicherlich für diesen Plan starkes Interesse haben würden und vieleicht auch einen Beitrag übernehmen würden, obgleich wir natürlich wissen, dass Karl der Große nicht gerade Ihr Spezialgebiet ist. Ich denke dabei besonders an das unentbehrliche Thema »das französische Karlsbild«, insbesondere die immer wieder gerade gegen uns gewandte politische Karlslegende der Franzosen. Darüber hat ja Kern in seiner »Ausdehnungspolitik« Wesentliches gesagt, aber Prof. Brackmann war nicht dafür, ihn zur Beteiligung aufzufordern. Würden Sie eventuell dieses Thema übernehmen können? Dabei wäre es eine offene Frage, ob Sie das moderne geschichtliche Karlsbild der Franzosen mit hereinziehen wollten; falls Sie das nicht wollten, könnte man das abgliedern, ein besonderer Bearbeiter dafür würde sich schon finden. Über einen Termin kann ich noch nichts sagen, da die Sache ja noch in statu nascendi ist. Doch käme eine lange Frist wohl nicht infrage, da es uns eilig ist und die Abfassung der Aufsätze ja im allgemeinen auch nicht viel Arbeit verursachen wird. In der Hoffnung auf Ihre Zusage Ihr sehr ergebener Carl Erdmann Herr Professor]Der erste Teil des Schreibens entspricht fast wörtlich dem Brief an Friedrich Baethgen vom selben Tag (Nr. 17). Kern in seiner »Ausdehnungspolitik«]Fritz Kern, Die Anfänge der französischen Ausdehnungspolitik bis 1308, Tübingen 1910, S. 10–14, 23–26.

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58 BRIEFE 19.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 15. Dezember 1934 Lieber Herr Tellenbach! Gestern erfuhr ich von Caspar, daß Sie [in] Gießen als Vertreter seien. Das freute mich, denn zuvor hatte ich nur gehört, daß Sie die Heidelberger Vertretung nicht mehr hätten, und hatte geglaubt, daß man Sie dort nur abgehängt hätte, während die Sache so natürlich ganz anders aussieht. […] Mir geht es im übrigen noch gut. Ich lebe für dieses Semester hauptsächlich von einer Sondervergütung, die Kehr mir von den MG bewilligt hat, und halte außerdem einen Archivkurs in Dahlem ab. Die Zukunft ist allerdings noch ganz unsicher. Kolleg lese ich in diesem Semester infolge meiner MG-Verpflichtung nicht, denn der beantragte Lehrauftrag ist für jetzt nicht gekommen; ob er für später kommt, ist noch nicht entschieden, doch ist wenig Aussicht. Meine Zukunft wird möglicherweise von der der MG abhängen. Kürzlich ist Karl August Eckardt [sic!], der seit einiger Zeit kommissarischer Referent im Kultusministerium ist, zum stellvertretenden Direktor der MG ernannt worden, ferner zum kommissarischen Leiter der Scriptores (!), auch hat der den Auftrag, ein neues Statut für die MG zu machen. Ich vermute, daß Kehr mit hinter diesem Plane steckt, weiß es aber nicht sicher; jedenfalls soll er anscheinend die Diplomata + Epistolae behalten und hat vorerst auch noch die Gesamtleitung. […] Mit vielen Grüßen stets Ihr Carl Erdmann in Gießen als Vertreter]Tellenbach hatte nacheinander Vertretungen in Heidelberg, Würzburg und Gießen inne und bezeichnete sich deshalb einmal als »magister peritateticus« (Tellenbach, Aus erinnerter Zeitgeschichte, S. 42). Leiter der Scriptores]Karl August Eckhardt war Rechtshistoriker, kam also für die Leitung der historiographiegeschichtlichen Abteilung eigentlich nicht infrage; deshalb Erdmanns Ausrufezeichen.

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20.  An Karl Brandi (NL Brandi, Cod. Ms. K. Brandi 1/191. – Masch. Or.) Berlin, 17. Dezember 1934 Hochverehrter Herr Geheimrat! Auf Grund von Unterhaltungen, die ich kürzlich mit mehreren Fachgenossen hatte, und einigen Korrespondenzen, die sich daran schlossen, möchte ich Ihnen einen Vorschlag machen. Ich habe ziemlich allgemeine Zustimmung gefunden zu der Meinung, daß es höchste Zeit sei, daß die deutsche Geschichtswissenschaft ihre Ansicht über Karl den Großen lauter und für die Gesamtheit vernehmbarer vorbringt, als es bisher geschehen ist. Wir planen deshalb eine kleine Veröffentlichung von etwa sieben oder acht kurzen Aufsätzen deutscher Historiker, etwa mit dem Titel »Karl der Große und Deutschland«. Natürlich soll es sich nicht um Forschung handeln, sondern um Vorlegung von längst gewonnenen Ergebnissen in populärer Form und unter Berücksichtigung der aktuellen Fragestellungen. Maßgebender Gesichtspunkt wäre durchweg, was Karl für das werdende Deutschland bedeutet hat und warum ein deutsches Geschichtsbild auf diese Gestalt nicht verzichten kann. Bisher haben zugesagt: Hampe: Karls Persönlichkeit (einschließlich Kulturbestrebungen) Linzel [sic!]: Sachsenkrieg Baethgen: Osten Brackmann: Kirche und Kaisertum Erdmann: Ursprung der Idee »deutsch«. Wie Sie sehen, fehlt jedenfalls das sozusagen zentrale Thema, etwa »Karl und das Werden des deutschen Volkes« oder ähnlich. Würden Sie bereit sein, dieses – oder auch ein anderes – Thema zu übernehmen? Wir alle würden uns natürlich außerordentlich freuen. Verhandlungen mit einem publizistisch leistungsfähigen Verlage sollen in den nächsten Tagen aufgenommen werden. In dieser Beziehung erwarten wir keine Schwierigkeiten, da das geplante Buch zweifellos starken Absatz finden würde. Falls der Verlag die Nennung eines Herausgebers für nötig hält, ist Hampe bereit, als solcher zu figurieren. Allgemein wird Eile gefordert; der

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60 BRIEFE Termin für die Manuskripte wird deshalb wohl jedenfall noch im Januar liegen. Der Umfang der einzelnen Beiträge ist wohl mit durchschnittlich 1 Bogen anzusetzen. In der Hoffnung auf eine Zusage und mit der Bitte um baldigen Bescheid bin ich Ihr sehr ergebener Carl Erdmann Titel »Karl der Große und Deutschland«]Vgl. oben zu Nr. 17.

21.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 26. 12. 1934 Lieber Herr Tellenbach! Herzlichen Dank für Ihren Brief! Ich beantworte ihn baldigst persönlich; heute nur eine bestimmte Bitte: sich die beiliegenden Durchschläge meiner Briefe an Hampe durchzulesen und dann nach Möglichkeit bald zu ihm hinzugehen und mit ihm über den ganzen Plan zu sprechen. Es liegt mir sehr viel daran, Hampe bei dem Plane zu halten. Weitere Erklärungen brauche ich Ihnen sicherlich nicht zu geben, zumal Sie ja selbst in Ihrem Brief dieselben Dinge berührt haben. Falls – wie ich für wahrscheinlich halte – Brackmann abspringt, der Plan im übrigen aber intakt bleibt, müßten wir für das Thema »Karl und die Kirche« einen neuen Autor suchen. Baethgen sprach von Rückert; ob das etwas wird, weiß ich nicht. Würden eventuell Sie einspringen können? Da das Semester doch wohl auch in Gießen am 14. 2. schließt, hätten Sie etwa 12 Ferientage Zeit. Und es geht, wie Sie zugeben werden, um eine große Sache. Sie können sich denken, daß ich seit 14 Tagen, d. h. seit der ersten maßgebenden Besprechung mit Brackmann für kaum etwas anderes mehr lebe –

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abgesehen natürlich von den ununterbrochen weitergehenden Arbeiten für MG usw. Herzliche Wünsche für Feiertage und neues Jahr! Mit vielen Grüßen Ihr Carl Erdmann Die Durchschläge erbitte ich zurück. mit ihm über den ganzen Plan zu sprechen]Tellenbach besuchte Hampe am 31. Dezember 1934, wobei Hampes »Schlusswort« zur Debatte um Karl den Großen und Widukind besprochen wurde (Hampe, Tagebuch 1933–1936).

22.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 30. Dezember 1934 Lieber Herr Tellenbach! Vielen Dank für Ihren Brief, Ihr lebhaftes Eingehen auf den Karl der GroßePlan war mir eine große Freude. Auch Ihre Bereitwilligkeit, gegebenenfalls einen Beitrag zu stellen, ist mir eine Beruhigung. Vom Thema Kirche und Kaisertum hoffe ich aber jetzt, daß ich Ihnen nicht damit zu kommen brauche, denn es scheint, daß bei Brackmann die Krisis überwunden ist und er diesen Aufsatz stellen wird. Er spricht jetzt im wesentlichen nur noch davon, daß als Herausgeber ein Jüngerer genannt werden soll, etwa Lintzel. Ich widerspreche dem nicht, weil diese Frage, auch ob man überhaupt einen Herausgeber nennen oder aber das Vorwort mit »die Verfasser« unterschreiben soll, letztlich doch, wie Hampe mir mit Recht schrieb, vom Verleger entschieden werden muß und wird. Im übrigen wartet Brackmann immer noch auf eine Antwort von Heimpel (der wohl in den Ferien ist und den letzten Brief garnicht bekommen hat), und ich kann infolgedessen noch keine weiteren Schritte ergreifen. Nur an Brandi will ich gleichzeitig noch

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62 BRIEFE einmal schreiben und versuchen, ob ich ihm wenigstens über irgend ein Spezialthema ein paar Seiten abgewinnen kann, damit wir seinen Namen dabei haben. Ihre Meinung: »Man muß wirklich sagen können, die deutschen Historiker haben gesprochen«, war von vornherein mein Grundgedanke, wenngleich ich das nicht allen gegenüber so ausgesprochen habe; denn einige Herren sind mehr für Behutsamkeit, weswegen ich es manchmal vermeiden muß, zu patzig aufzutreten. Die Bemerkung über Karls Rassenmischung stammt aus einer Anmerkung in Rosenbergs Mythus. Ich kann wohl damit rechnen, daß Hampe darüber das Nötige sagen wird. Formal soll das Ganze natürlich für das große Publikum geschrieben werden, also ohne Anmerkungen und möglichst lebendig und einfach. Der Preis könnte, wie ich hier von einem Verlage erfuhr, bei einem Umfang von 7 Bogen auf 1.80 M festgesetzt werden; den Studenten könnte es dann in den Seminaren für 1.20 M abgegeben werden; von der Preisseite her würde also einer weiten Verbreitung nichts im Wege stehen. Daß man statt »Karl und die Sachsen« besser gleich »Karl und die deutschen Stämme« nehmen würde, hatte ich mir zuvor nicht überlegt; gebe aber zu, daß Sie im Grunde recht damit haben, sachlich käme das Wesentliche dabei besser heraus. Trotzdem hat es in der augenblicklichen Debatte doch auch etwas für sich, man läßt das Thema so wie bisher, damit jeder gleich am Inhaltsverzeichnis sieht, daß wir auch der Sachsensache ausdrücklich zu Leibe gehen und nicht diesem Hauptangriffspunkt aus dem Wege gehen wollen. Ich will aber Lintzel vorschlagen, daß er wenigstens im Vorbeigehen auch auf die Tassilo-Geschichte eingeht, um dadurch den – natürlich von Anfang an vorgesehenen – Gesichtspunkt »Zusammenschließung der deutschen Stämme« stärker herauszuarbeiten. Das Thema »Karls Gestalt in der deutschen Geschichte« ist eine große Crux. Denn darüber gibt es leider keine zureichende Literatur, und daraus eine eindrucksvolle Darstellung mit den für uns erforderlichen historischpolitischen Pointen zu machen, ist eine schwierige Sache. Brackmann selbst beschäftigt sich neuerdings mit diesem Stoff, aber forschungsmäßig, und erklärt sich selbst noch für außerstande, darüber eine populäre Darstellung zu geben. Von Schramm für dieses Thema rät Baethgen ab, er fürchtete, die Sache würde ganz ins Literarische und Geistesgeschichtliche abgleiten (Otto III.!), was an dieser Stelle natürlich nicht passen würde. Einstweilen halten wir die-

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ses Thema offen, um es – neben anderen Themen – Heimpel zur Wahl zu stellen, falls dieser überhaupt mitmacht. Im übrigen meinte Brackmann, wir würden wohl darauf verzichten müssen. Von Haller müssen wir zu meinem großen Bedauern absehen, weil – wie Sie schon vermuteten – dann ein Teil der übrigen Autoren streiken würde. [Hsl. Nachtrag] Hampe gebe ich Bescheid, sobald ich über Brackmanns – und eventuell Heimpels – Stellung Definitives sagen kann. 30. Dezember 1934 Und nun auch noch einiges Persönliche, insbesondere zu Ihrem vorletzten Brief. Wundern Sie sich übrigens bitte nicht, daß ich Ihnen auf Schreibmaschinenpapier schreibe – [wegen] der umfangreichen Karl der Große-Korrespondenz ist [mir das Brief-?]papier bereits ausgegangen. Ihre Gießener Nachrichten interessierten mich [nat]ürlich sehr. Ich vermute, daß Mayers Informationen und Vorschläge im wesentlichen aus Frankfurt (Platzhoff) stammen. Von dort kommt jedenfalls das Urteil über Kirn, über mich und vermutlich auch die Kandidatur Guttenberg. Denn dessen Name wurde auch für Frankfurt genannt. Vor etwa zwei Monaten erkundigte sich Platzhoff hier bei Kantorowicz nach Guttenberg. Kantorowicz kannte ihn ebenfalls nicht und wandte sich an mich. Ich habe darauf Guttenberg, den ich als einen ungewöhnlich feinen und anständigen Menschen kenne, aufs wärmste empfohlen; Kantorowicz leuchtete das, was ich ihm sagte, sehr ein, und er wollte entsprechend an Platzhoff berichten. Natürlich weiß auch ich nicht, wie Guttenberg als Lehrer sein würde; aber menschliche Anständigkeit scheint mir, besonders heutzutage, vielleicht noch wichtiger zu sein. Daß Sie in sechs Wochen die Vertretungen los werden und wieder ganz Wissenschaft treiben können, gönne ich Ihnen lebhaft. Aber können Sie wirklich damit rechnen, daß bereits zum 1. April ein Ordinarius in Gießen ist? Eine normale Berufung dauert heute mit Rücksicht auf die zahlreichen Stellen, die befragt werden müssen, 3–4 Semester; sollte es im Hessischen wirklich soviel schneller gehen? Ihre Liturgiearbeit bekam ich, nochmals besten Dank. Ich habe Ihnen damals nicht weiter davon geschrieben, weil ich das ja schon vom Manuskript getan hatte.

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64 BRIEFE Die Lage der MG ist noch in der Schwebe, doch ist Kehr, der jetzt wieder hier ist, ziemlich zuversichtlich. Bis 1. April ist nominell noch die Zentraldirektion im Amt, bis dahin soll Eckardt [sic!] das neue Statut gemacht haben, aus dem dann hervorgehen wird, wie sich »die drei Beutegeier«, wie Kehr sich ausdrückt, d. h. Kehr, Eckardt [sic!] und Heymann, in die Macht teilen. Außerhalb wird behauptet, daß Eckardt Nachfolger von Stutz als hiesiger Professor werden wolle; ganz böse Zungen haben sogar schon das neue Gesetz über die Altersgrenze der Professoren als eine lex Eckardt [sic!] bezeichnet. Eckardt hat sich in den MG noch nicht gezeigt; Kehr spricht in den höchsten Tönen von ihm, behauptet, daß er ihn selbst vorgeschlagen habe, daß er die lex Salica machen würde usw. usw. Über Rom sagt auch Kehr, daß die Entscheidung noch unsicher wäre. Auch ich habe gehört, daß Don Filippo keine sonderliche Lust habe, umso größere aber seine Frau, und sie ist diesmal der maßgebende Teil. Über die Italia Pontificia sagt Kehr hier, daß der nächste Band gleich im Anschluß an den jetzt so gut wie fertigen 8. Band gemacht werden solle. Mit der Vorbereitung des Manuskripts ist hier weiterhin Schlechte beauftragt, der seit einem halben Jahr als Mitarbeiter für die Italia Pontificia beschäftigt ist und für diese Arbeit sich als höchst geeignet gezeigt hat. Über Klewitz schimpft Kehr bei jeder Gelegenheit in allen Tonarten; es ist kaum möglich, ihn zu beruhigen. Tatsächlich vermute ich, daß Kehr die Diplome Karls III. wohl noch vor Italia Pontificia IX in Angriff nehmen wird, weiß es aber nicht sicher. Ich selbst habe die Weihnachtsferien zur Ausarbeitung meines Karl der Große-Beitrages genutzt, der bereits zum größten Teil fertig ist. Doch geht auch die Hannoversche Briefsammlung natürlich weiter. Der Druck meiner »Entstehung des Kreuzzugsgedankens« (nicht Militia s. Petri) soll im Januar beginnen. Falls Sie Ihrerseits veranlassen wollen, daß dieser Druck später (im März?) unterbrochen wird, damit erst der Ihrige zuende geführt wird, so geben Sie mir bitte vorher Bescheid, damit ich mich einrichten kann. Mit herzlichen Neujahrswünschen und vielen Grüßen von meiner Mutter stets Ihr Carl Erdmann

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1934 65 Antwort von Heimpel]Brackmann hatte Heimpel am 21. Dezember geschrieben, dass er Erdmanns Vorhaben für »notwendig« halte, dass es aber »von der jüngeren Generation in die Wege geleitet werden« müsse; Brandi, Hampe, Windelband und er selbst sollten sich nicht beteiligen, wohl aber Heimpel, Lintzel, Erdmann und Stadelmann (NL Brackmann, 11/237; NL Heimpel, E 5 : 9). Rosenbergs Mythus]Alfred Rosenberg, Der Mythus des 20. Jahrhunderts. Eine Wertung der seelisch-geistigen Gestaltenkämpfe unserer Zeit, 7. Aufl., München 1933, S. 186 Anm. *: »Karl war ein ausgesprochener Rundschädel mit dickem, kurzem Nacken, im übrigen wohl nordischer Prägung, also ostisch-nordisch, nicht mehr selbstverständlich frei wie sein Gegner Widukind.« »Karl und die Sachsen«]Offenbar der ursprüngliche Titel von Lintzels Beitrag. Tassilo-Geschichte]Absetzung Tassilos III. als Herzog von Baiern 788 und Eingliederung Baierns ins Fränkische Reich. Otto III.!]Anspielung auf Schramms Buch: Kaiser, Rom und Renovatio. Studien zur Geschichte des römischen Erneuerungsgedankens vom Ende des karolingischen Reiches bis zum Investiturstreit, Leipzig 1929, das die Wiederbelebung des Karlsreichs durch Otto III. zum zentralen Gegenstand hat. Liturgiearbeit]Wie zu Nr. 11. lex Eckardt]Das »Gesetz über die Entpflichtung und Versetzung von Hochschullehrern« vom 21. Januar 1935 setzte als Zeitpunkt der Emeritierung die Vollendung des 65. Lebensjahrs fest. Ausnahmen blieben möglich. Karl August Eckhardt wurde zunächst an die Philosophische Fakultät der Berliner Universität berufen und wechselte zum 1. April 1936 als Nachfolger von Ulrich Stutz (auf den das Gesetz also nicht angewandt wurde) auf den Lehrstuhl für Rechtsgeschichte in der Juristischen Fakultät. lex Salica]MGH LL nat. Germ. 4, 1: Pactus legis Salicae; 4, 2: Lex Salica, hg. von Karl August Eckhardt, Hannover 1962, 1969. Zur Entstehungsgeschichte vgl. Hermann Nehlsen, Karl August Eckhardt †, in: ZRG GA 104 (1987), S. 497–536, hier S. 515 f., 523–526. Don Filippo]Philipp Hiltebrandt und seine Ehefrau Ruth, geb. Göring. 8. Band]Vgl. oben zu Nr. 1.

23.  An Karl Brandi (NL Brandi, Cod. Ms. K. Brandi 1/199. – Masch. Or.) Berlin, 30. Dezember 1934 Hochverehrter Herr Geheimrat! Vielen Dank für Ihr Antwortschreiben vom 20. 12.! Die Gründe Ihrer Absage leuchten mir vollkommen ein, und ich würde sie selbst als zwingend ansehen, wenn sich nicht die Sachlage inzwischen verändert hätte. Es hat sich nämlich als notwendig herausgestellt, den Termin für die Manuskripte bis Ende Februar hinauszuschieben, d. h. vierzehn Tage nach Semesterschluß (14. 2.). Das

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66 BRIEFE läßt mich hoffen, daß Sie bis dahin doch vielleicht etwas Zeit finden könnten. Ferner hat sich auch die infrage kommende Themenstellung geändert. Wir haben nämlich beschlossen, von einem zusammenfassenden Aufsatz, wie ich ihn Ihnen vorschlug, ganz abzusehen, damit sich die Bearbeiter der Einzelthemen stärker auf die Hauptpointen einlassen können. Da nun inzwischen außer den schon vorhandenen Zusagen – Persönlichkeit einschließlich Kulturbestrebungen (Hampe), Sachsen (Lintzel), Osten (Baethgen), Kirche und Kaisertum (Brackmann), Idee Deutsch (Erdmann) – auch das sehr notwendige Thema: »Charlemagne« in der französischen Ausdehnungspolitik, von Windelband, zugesagt ist, ist das, was unentbehrlich ist, vergeben. Aber es läge uns außerordentlich viel daran, auch Ihren Namen mit dabei zu haben; die Enttäuschung über Ihre Absage war allgemein sehr groß. Wäre es Ihnen nicht möglich, ganz kurz – sechs Seiten würden genügen – irgendeine mit dem Gesamtthema »Deutschland und Karl der Große« im Zusammenhang stehende Spezialfrage zu behandeln, sei es etwas von Karl dem Großen, sei es etwas anderes, was damit verbunden werden kann (auch mein Thema handelt ja nicht direkt von Karl, wenngleich dieser bei der Ausführung selbst natürlich eine Rolle spielt). Es ist möglich oder sogar wahrscheinlich, daß auch sonst noch der eine oder andere kürzere und etwas speziellere Beitrag hinzukommen wird. Die Hauptsache wäre für uns nur, daß Ihr Name mit im Inhaltsverzeichnis erscheint. Ihre Mitteilungen über Prof. Eckhardt interessierten mich sehr, doch behalte ich sie Ihrem Wunsche entsprechend für mich. Wann er auch die Direktion der Monumenta Germaniae erhalten wird – bisher ist er ja nur Vicedirektor und hat sich in den Räumen der MG noch nicht gezeigt –, ist hier noch nicht bekannt. Für eine baldige Antwort – nur ein kurzes Ja oder Nein auf einer Postkarte, dazu etwa noch die Angabe des Themas, doch könnte auch dieses notfalls vorerst noch offen bleiben – wäre ich Ihnen sehr dankbar, da es uns bei den Verlagsverhandlungen wesentlich wäre, auch Ihre Mitwirkung schon mitteilen zu können. Mit den besten Wünschen zum neuen Jahr und aufrichtigen Empfehlungen Ihr sehr ergebener Carl Erdmann

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1934 67 Antwortschreiben vom 20. 22.]Brandi an Erdmann, 20. Dezember 1934: Erdmanns Plan sei ihm »in hohem Grade sympathisch« und er habe für den nächsten Historikertag das Thema »Franken und Sachsen« übernommen; aber er wolle sich nicht wiederholen und habe außerdem keine Zeit; angesichts der bisher gewonnenen Beiträger sei seine Mitwirkung entbehrlich (NL Brandi, Cod. Ms. K. Brandi 1/197). Mitteilungen über Prof. Eckhardt]Brandi hatte Erdmann wissen lassen, dass er Eckhardts Berufung ins Reichserziehungsministerium beantragt habe, um sich und dem Historikerverband dessen Schutz »vor den willkürlichen Eingriffen lokaler Stellen« zu sichern (ebd.).

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24.  An Friedrich Baethgen (NL Baethgen. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 20. Januar 1935 Sehr verehrter Herr Professor! Uff! Verzeihen Sie vorweg diese Gefühlsäußerung, ich bin nach 14 Tagen voll von endlosen Verhandlungen, Telegrammen und Telephonaten, einer Reise nach Leipzig, ungezählten Korrespondenzen mit und ohne Eilboten usw. usw. einigermaßen ermattet. Zwischendurch kamen noch zwei aufregende Besprechungen – auf dem Kultusministerium und mit Walter Frank – über meine politische Einstellung, zwecks Entscheidung über den beantragten Lehrauftrag und damit über meine ganze akademische Zukunft (ich war schrankenlos offen und habe damit zwar Walter Frank, wie er sagte, imponiert, weshalb er für die Sache eintreten wollte, aber das Ergebnis ist völlig ungewiß). Und zur Verzierung ist nun auch noch eine kleine Grippe im Anrücken. Vielen Dank im übrigen für Ihre beiden Briefe – aber Ihre Besorgnisse beruhen diesmal einfach auf einem Mißverständnis. Der von Ihnen bekämpfte »neue Flugschrift-Gedanke«, dessen Initiative Sie bei Mittler suchen, existiert überhaupt nicht. Es liegt nichts weiter vor, als unser von Anfang an feststehender Plan, die Veröffentlichung »populär« zu machen, nicht fürs Fach, sondern fürs Publikum; das ist doch von allen restlos gebilligt worden, und auch Sie selbst waren z. B. dagegen, daß wir es als Sonderdruck aus der HZ machten, weil das zu stark gelehrten Charakter hätte. Ich habe diesen Gesichtspunkt in Leipzig gegenüber Herrn Schmidt (der mir übrigens einen sehr sympathischen Eindruck machte) stark betont, weil ich ja wußte, daß dies für Hinrichs der kritische Punkt war, und weil ich, nebenbei gesagt, schon nach

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zehn Minuten den festen Eindruck hatte, daß Hinrichs wirklich zu sehr auf die rein gelehrte Literatur eingestellt und für uns nicht das Wahre ist. Daraus hat dann Herr Schmidt in seinem Brief eine »Flugschrift« gemacht, welches Wort überhaupt nicht gefallen war; die angeführte Schrift »Des Kirchenstreites Ende« soll bei Mittler lediglich Vorbild für das Format sein. Daß für den Umschlag ein Bild der Aachener Pfalzkapelle vorgesehen ist, wird Sie doch wohl kaum stören; eher vielleicht, daß (übrigens auf meinen eigenen Vorschlag) vielleicht eine Bauchbinde beigegeben wird, was aber schließlich auch keine Prinzipienfrage ist. Und was Ihre Besorgnisse vor unzulässigen Einwirkungen seitens des Verlages betrifft, so habe ich von diesem jetzt folgende Erklärungen erhalten: 1. daß der Inhalt der Beiträge ihn überhaupt nichts anginge; 2. daß er auch die Abfassung des Vorwortes vollkommen uns überlasse, er wolle es nur vor dem Druck sehen, weil er es für seine Propaganda brauche; 3. daß er mit dem jetzt von allen gebilligten Titel »Karls des Großen deutsche Sendung« einverstanden sei und auf den »französischen« Plan nicht zurückkomme (dieser Plan war überhaupt nicht vom Verlage ausgegangen, sondern von dem Mittelsmanne, der mich mit dem Verlage zusammenbrachte); 4. daß er seine Propaganda-Texte zuvor uns vorlegen, ja am liebsten uns selbst um Abfassung des Waschzettels usw. bitten wolle. Mehr können wir doch sicherlich nicht verlangen. Ich füge noch hinzu, daß dem Verlagsinhaber, dem alten Herrn Toeche-Mittler (übrigens Sohn von Toeche, Jahrbücher Heinrichs VI.), unser Plan sichtlich umso sympathischer war, je wissenschaftlicher er ausfällt; er fragte sogar nach Anmerkungen, worauf ich natürlich verneinte. Anders ist es allerdings mit dem Schwiegersohn und Verlagsmitglied Sommerfeld [sic!], der die publizistische Sparte des Verlages vertritt. Aber gerade die Tatsache, daß dieser Verlag sowohl Wissenschaft wie Publizistik betreibt, scheint mir für uns das Günstige! Von Brackmanns »Deutschland und Polen« wird sich unser Buch allerdings unterscheiden durch den sehr viel geringeren Umfang; sonst aber dürfte es, soweit ich jenes Buch jetzt in Erinnerung habe, ungefähr auf jenen Typ hinauskommen. Ich bemerke noch, daß besagter Sommerfeld selbst publizistisch tätig ist und ganz in der Front gegen Rosenberg (wenn auch für Göring) steht; gestern erzählte er mir, daß er kürzlich mit Leers zusammengetroffen sei und sich den ganzen Abend mit ihm über solche Dinge geschlagen habe.

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70 BRIEFE Kurz und gut, der Vertrag mit Mittler ist gestern von ihm und mir unterzeichnet und zur weiteren Unterzeichnung an Hampe weitergegangen. Ich hatte Hampe vorher unterrichtet und ihm den Entwurf für die beiliegende »Mitteilung an die Autoren« zur Genehmigung vorgelegt; er äußerte sich sehr beifällig, alles schiene ihm sehr umsichtig geregelt usw. Auch sonst war Ihre Stimme die einzige protestierende, aber doch eben offenbar auf Grund von falschen Voraussetzungen durch den Brief von Herrn Schmidt. Ich muß also Ihre Absolution erbitten, daß ich Ihren Brief trotz Ihrer Bitte weder Brackmann vorgelegt noch sonst jemandem mitgeteilt habe; das hätte nur von neuem endlose Anfragen (denn die meisten hätten garnicht verstanden, um was es sich handelt) und Auseinandersetzungen gegeben, denen ich gestern nicht mehr gewachsen war. Ich möchte aber betonen, daß Ihr erster Warnungsbrief durchaus zur guten Stunde kam. Damals hatte ich mich wirklich ein Stück auf eine nicht richtige Bahn schieben lassen, und wenngleich ich schon auf dem Rückwege war, so hat Ihr damaliger Brief mir doch noch den Rücken gestärkt. Was das Vorwort betrifft, so wird das wohl noch der allerdornigste Punkt werden, denn die Meinungen gehen sehr weit auseinander. Im Notfalle muß es eben nur von Hampe nach seiner Entscheidung unterzeichnet werden. Doch hat das glücklicherweise noch Zeit, und vorerst haben wir volle Freiheit. Die beiliegende Mitteilung geht heute und morgen an alle Autoren. Da außer mir auch Hampe sich vertraglich bindet, bitte ich alle und darum auch Sie, mir auf beiliegender Postkarte noch einmal Ihre Bereitschaft zur Lieferung Ihres Beitrages (für den, wie Sie wissen, ein Bogen Länge vorgesehen ist) zum angegebenen Termin zu bestätigen; die gesammelten Zusagen lege ich dann Hampe vor. – Die genaue Formulierung des Titels können Sie natürlich noch bestimmen; die Idee, alle Beiträge »Karl und …« zu benennen, erscheint den meisten (und auch mir) nicht gut. Mit vielen Grüßen und Empfehlungen stets Ihr Carl Erdmann Mitteilung an die Autoren 1. Der Gesamtplan ist folgendermassen festgelegt worden: »Karls des Großen deutsche Sendung. Unter Mitwirkung von … hrsg. v. K. Hampe.« Inhalt (Reihenfolge und genaue Formulierung vorbehalten):

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Vorwort. H. Aubin, Die Herkunft der Karolinger. K. Hampe, Karls Persönlichkeit. H. Naumann, Das Germanische und Deutsche in Karl. M. Lintzel, Die Sachsenkriege. F. Baethgen, Die Front nach Osten. A. Brackmann, Kaisertum und Kirche. C. Erdmann, Der Name Deutsch. W. Windelband, »Charlemagne« in der französischen Ausdehnungspolitik. Literaturverzeichnis (2 Seiten) 2. Verlagsvertrag ist geschlossen mit Mittler u. Sohn, Berlin SW 68, Kochstr. 70. Für die Erstauflage (5000 Stück) zahlt der Verlag bei Eingang des Manuskripts insgesamt 1000.– M Honorar zur Verteilung an die Mitwirkenden (125.– M für den Bogen zugestandenen Raumes, ohne Rücksicht auf etwaige größere oder geringere Länge der Manuskripte). Für etwaige weitere Auflagen tritt ein Absatzhonorar von 10 % des Ladenpreises ein, das ebenfalls verteilt wird. Insgesamt 50 Freiexemplare für die Autoren. Gesamtumfang 7 ½ Bogen. Der Ladenpreis ist unter 2 M in Aussicht genommen. 3. Termin für die Ablieferung der Manuskripte ist der 26. Februar 1935. Verspätet eingehende Beiträge können nicht mehr aufgenommen werden. Erscheinungstermin Anfang April. 4. Umfang und Redaktion. Auf die Seite gehen 600 Silben. Der Verlag besteht auf der Einhaltung des den einzelnen Beiträgen zugestandenen Raumes als Höchstgrenze. Umfangreichere Beiträge müssen gekürzt werden; da dabei besonders diejenigen Teile berücksichtigt werden sollen, bei denen Überschneidungen oder Berührungen mit anderen Beiträgen vorliegen, und da außerdem schleuniges Verfahren notwendig ist, können solche Kürzungen nicht von den Autoren selbst vorgenommen werden, sondern bleiben dem Herausgeber überlassen. Dieser wird auch sonst das Recht haben, die Beiträge, soweit erforderlich, zum Zusammenstimmen zu bringen, wird davon aber nur im Notfalle Gebrauch machen; kleinere Wiederholungen und einzelne Meinungsdifferenzen können bestehen bleiben. 5. Fassung und Polemik. Das Buch ist für weite Verbreitung bestimmt, die Darstellung also populär und ohne Anmerkungen. Mit dem Verlag ist vereinbart, daß ausdrückliche Polemik unterbleibt und daß Männer wie Rosenberg, Leers usw. nicht erwähnt werden. Beabsichtigt ist also eine positive Dar-

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72 BRIEFE stellung, die aber im Hinblick auf die heute brennenden Fragestellungen erfolgt und gegebenenfalls in eine sachliche Widerlegung oder Zurückweisung von umlaufenden Entstellungen übergeht. Wegen des Vorworts ergeht noch weitere Mitteilung. 6. Zusammenarbeit. Soweit Überschneidungen zu befürchten sind, ist es erwünscht, daß die Autoren sich vorher direkt untereinander verständigen. Anfragen wegen der Organisation werden weiterhin erbeten an Dr. Erdmann, Berlin-Zehlendorf, Onkel-Tom-Str. 41; ebenso Mitteilungen über etwaige Wünsche für das Literaturverzeichnis. schrankenlos offen]Vgl. dazu ausführlich Nr. 26 an Gerd Tellenbach, 27. Januar 1935. Mittler]Verlag von E. S. Mittler & Sohn, Berlin. Herr Schmidt]Offenbar der Verlagsleiter bei J. C. Hinrichs in Leipzig. »Des Kirchenstreites Ende«]Martin H. Sommerfeldt / Rudolf Smidt / Hannsludwig Geiger, Des Kirchenstreites Ende (Probleme der Gegenwart), Berlin: Mittler & Sohn 1935. Toeche, Jahrbücher Heinrichs VI.]Theodor Toeche, Kaiser Heinrich VI. (Jahrbücher der deutschen Geschichte 18), Leipzig 1867. »Deutschland und Polen«]Albert Brackmann (Hg.), Deutschland und Polen. Beiträge zu ihren geschichtlichen Beziehungen, Berlin – München 1933. Vorwort]Das Vorwort wurde offenbar von Baethgen entworfen, wahrscheinlich von Erdmann und Brackmann ausgearbeitet und schließlich von Hampe revidiert. Es versuchte erkennbar, den Anliegen der verschiedenen Beiträger gerecht zu werden (Reichert, Gelehrtes Leben, S. 274 f.). Inhalt]Karl der Große oder Charlemagne, S. 9–29: Karl Hampe, Die Persönlichkeit Karls; S. 30–40: Hans Naumann, Karls germanische Art; S. 49–65: Martin Lintzel, Die Sachsenkriege; S. 66–79: Friedrich Baethgen, Die Front nach Osten; S. 80–93: Albert Brackmann, Kaisertum und römische Kirche; S. 94–105: Carl Erdmann, Der Name Deutsch; S. 106–122: Wolfgang Windelband, Charlemagne in der französischen Ausdehnungspolitik; ferner S. 41–48: Hermann Aubin, Die Herkunft der Karlinger.

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25.  An Friedrich Baethgen (NL Baethgen. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 27. Januar 1935 Sehr verehrter Herr Professor! Vielen Dank für Ihren Brief, dessen Inhalt mich einigermaßen beruhigte. Daß ein kleiner Rest von Sorge bei Ihnen noch verblieben ist, verstehe ich wohl, denn die Möglichkeit, daß unser Buch durch übertriebene Adressierung an die Massen in seinem Wesen verfälscht werden könnte, ist gewiß gegeben. Aber für groß halte ich die Gefahr eigentlich nicht, denn für Karl den Großen kann man doch schließlich weder Berlin N noch Kleinstottersleben erwärmen. Der Verleger hat auch die Sachlage durchaus begriffen, daß wir nämlich uns zwar ans Publikum wenden, aber doch durchaus als »die Fachleute« reden wollen. So übermäßig gering ist der in Aussicht genommene Preis auch nicht; der kleine Verleger, mit dem ich vor Weihnachten redete und der gewiß an keine Massenauflagen dachte, wollte ebenfalls 1.80 M ansetzen, und gegenüber Mittler war gerade ich (lebhaft angetrieben durch Brackmann) derjenige, der auf niedrigen Preis drückte. Daß es hin und wieder einen Strauß mit dem Verleger geben könnte, damit rechne ich freilich auch, aber schließlich bin ich dazu ja immer hier. Bisher lagen die eigentlichen Schwierigkeiten mit dem Verlage nicht auf dem Gebiet der inneren Gestaltung der Sache, wo er sich vielmehr durchweg vernünftig zeigte (weil er eben gleich roch, daß das Opus, so wie wir es wollen, schon ein ausreichend gutes Geschäft werden wird), sondern bei den geschäftlich-juristischen Bestimmungen. Auf diesem Gebiet sind bekanntlich alle Verleger Gauner und verstehen ihr Geschäft. Mittler hat zwar meine Honorarforderungen, die ja durchaus mäßig waren, glatt akzeptiert, wollte aber bezüglich der Lieferung der Manuskripte usw. alle Bestimmungen so formulieren, daß wir nur Pflichten und er nur Rechte hatte. Um einen Punkt, nämlich daß wir das Recht haben sollen, die etwa nicht rechtzeitig oder garnicht gelieferten Manuskripte fortzulassen, habe ich noch die ganze letzte Woche mit ihm bataillieren müssen, indem ich den ursprünglichen, vor acht Tagen geschlossenen Vertrag, nachdem Hampe ihn mir mit Unterschrift zurückgeschickt hatte, dem Verleger nicht auslieferte, da er mir die zunächst nur mündlich geschlossene Zusatzvereinbarung nicht schriftlich bestätigte. Nach

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74 BRIEFE Beratung mit einem Verlagsfachmann habe ich dann schließlich das Nötige durchgedrückt; der Vertrag ist an dem betr. Punkte neu formuliert, die gewünschte Zusatzerklärung schriftlich gegeben, und die Sache geht heute nochmals an Hampe zur Unterschrift und ist nun erst definitiv erledigt. Aubin schrieb mir auf meine Anfrage, daß er in seinem Beitrage auf den früher (in der Historischen Vierteljahrschrift) von ihm dargelegten Gesichtspunkt, daß Karl in der verschiedenen Behandlung germanischer und slavischer Gebiete eine bewußt germanische Politik getrieben habe (für uns natürlich sehr wichtig), nicht selbst eingehen wolle; dieser Punkt bleibt also für Sie. Was das Vorwort betrifft, so haben Sie gewiß recht, daß man nicht zu lange warten darf. Ich schreibe gleichzeitig an Hampe und erbitte zunächst sein Einverständnis, daß das Vorwort von allen unterzeichnet und dementsprechend zunächst hier in Berlin, wo ja doch immerhin drei Autoren sitzen, beraten und entworfen wird. Er wird wohl nichts dagegen haben. Vor Semesterschluß werde ich allerdings Brackmann und Windelband kaum zu einer Beratung zusammenkriegen. Würden Sie uns vielleicht bis dahin selbst einen Entwurf stiften können? Oder kommen Sie vielleicht selbst dann schon wieder nach Berlin? An sachlichen Fragen für das Vorwort sind mir bisher folgende klar geworden: 1. Wie weit soll der französische Gesichtspunkt in den Vordergrund gerückt werden? (NB eine quantité négligeable ist er keinesfalls. Brackmann hatte aus dem AA die Nachricht, daß in Frankreich eine namhafte wissenschaftliche Publikation über Charlemagne in Vorbereitung wäre speziell zur historischen Begründung der Ansprüche auf das linke Rheinufer; sie wollen den günstigen Moment nützen! Die polnische Presse hat auch bereits eine Aubinsche Äußerung für Karl so ausgelegt, als nähmen wir jetzt plötzlich wegen aktueller politischer Ziele Karl für uns in Anspruch.) 2. Sollen wir sagen, daß wir in Sachen Karls immer schon das Gleiche gesagt haben und sozusagen alles beim Alten lassen wollen? (Für den äußeren Gebrauch – vgl. Absatz 1 – wäre das nützlich, für den inneren Gebrauch aber bedenklich.) Sollen wir uns überhaupt irgendwie zur Frage »Revision des Geschichtsbildes« äußern? 3. Soll eine Erklärung, daß unser Eintreten für Karl nicht etwa eine politische Opposition gegen das Dritte Reich zu bedeuten habe, hinein? (Dies wünscht Brackmann, während ich strikt dagegen bin. Die eingehende Unter-

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haltung mit Walter Frank, über die ich Ihnen einmal mündlich zu erzählen hoffe, hat mich nur darin bestärkt, daß solche Annäherungsversuche mit »Nicht schießen! Freunde!« lediglich das Gegenteil erreichen. An diesem Punkte rechne ich lebhaft mit Ihrer Unterstützung.) Die größte sachliche Schwierigkeit sehe ich in Punkt 2. Denn das Ge­ schichtsbild ist ja doch der Punkt, um den es eigentlich geht, und dazu völlig zu schweigen, käme einer Niederlage gleich. Dies ist auch der Punkt, warum Heimpel, obgleich auch er ganz im Kampfe gegen Rosenberg steht, als einziger Historiker sich sachlich kritisch zu unserem Unternehmen gestellt hat, weil er nicht mitmachen will, wenn »die Zunft alles beim Alten lassen will«. Mir persönlich würde etwa Folgendes vorschweben: eine Revision des Geschichtsbildes vollzieht sich ohnehin immer und unaufhaltsam, wir wollen auch durchaus revidieren, aber in den Mittelpunkt des heutigen deutschen Geschichtsbildes gehört das deutsche Volkstum (dazu eventuell negativ: nicht irgendein nichtexistentes nordisches oder gar heidnisches Ideal), und gerade deshalb sind wir für Karl. Dies ließe sich sehr wohl vereinen mit dem Hinweis, daß wir gegenüber den Franzosen immer schon Karl für uns reklamiert haben. Man könnte vielleicht sogar erklären: die einzig logische Konsequenz einer Verwerfung Karls wäre eine Preisgabe des deutschen Volkes zugunsten eines nordischen Ideals; diese Konsequenz wollten einige wenige Phantasten auch tatsächlich ziehen, aber bei solchem Wahnsinn machten wir nicht mit. Wenn wir bis zu diesem Punkte vordringen, treffen wir das Wesentliche – aber ob wir darunter acht Unterschriften bekommen? Von den erbetenen schriftlichen Bestätigungen steht bisher nur noch diejenige Naumanns aus. Mit vielen Empfehlungen und Grüßen Ihr ergebener Carl Erdmann der kleine Verleger]J. C. Hinrichs Verlag, Leipzig (vgl. oben Nr. 24). Aubin in der Historischen Vierteljahrschrift]Hermann Aubin, Die Ostgrenze des alten deutschen Reiches. Entstehung und staatsrechtlicher Charakter, in: Historische Vierteljahrschrift 28 (1933), S. 225–272. alles beim Alten]Heimpel schrieb gleichzeitig an Tellenbach (5. Januar 1935): »[…]scheint mir eine Aktion nicht richtig, welche nicht die leidenschaftliche Bemühung eines Einzelnen, zur Geltung bringt, sondern den Willen der Zunft, alles beim Alten zu

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76 BRIEFE belassen. Glaube aber nicht, dass ich damit aus einer inneren einheitlichen Wissenschaftsfront ausbreche, ich habe nur den Wunsch, in dem sehr anstrengenden Bemühen, etwas über die deutsche Geschichte zu sagen, während sie mit Wucht dahin braust, allein zu stehen« (NL Heimpel, E 5 : 110).

26.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 27. Januar 1935 Lieber Herr Tellenbach! Vielen Dank für Ihren Brief vom 15.! Im [Dezember] waren Sie, wie mir Hampe vor acht Tagen schrieb, b[ereits] in Heidelberg und haben dort vom Fortgang des Karl der Große [ge]hört. Es war zwar damals noch nicht alles glatt, ich habe noch eine volle Woche mit dem Verlage weiter verhandeln müssen, um gewisse offen gebliebene Punkte zu regeln, aber jetzt ist nun endlich alles geregelt und der definitive Vertragstext heute an Hampe zur Unterschrift abgeschickt. Es ist ein ziemlich anstrengendes, aber – bisher wenigstens – befriedigendes Kapitel in meinem Leben. Was Heimpel betrifft, so kann ich Sie, glaube ich, etwas beruhigen. Ich war bei ihm in Leipzig und habe mich vorzüglich mit ihm verständigt; wir trennten uns mit der Devise »Getrennt marschieren, vereint schlagen«. Die Hauptschwierigkeit liegt für ihn darin, daß er sich ernsthafter als die meisten anderen um ein den heutigen Schwierigkeiten gerecht werdendes Geschichtsbild bemüht und dafür den Kampf um Karl den Großen nicht für den geeigneten Ausgangspunkt hält; seine Argumente ließen sich hören, aber er hatte auch Verständnis für die meinigen, und das Gemeinsame überwog weitaus; ernstliche Hemmungen von seiner Seite erwarte ich nicht. Inzwischen werden Sie von Caspars plötzlichem Tode – an einer Lungenentzündung – gehört haben. Für die Wissenschaft ein großer Verlust, aber für ihn selbst vielleicht eine glückliche Fügung, denn er litt im letzten Jahr sehr unter seiner Lage, war zum ersten Mal in seinem Leben pessimistisch geworden und wollte sogar heraus aus der Universität. Was wird nun hier wer-

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den? Die Lücke wird wohl unausgefüllt bleiben, zumal gerade eben Karl August Eckardt [sic!] zum Professor in der hiesigen Philosophischen Fakultät (für Rechtsgeschichte) ernannt ist. Daß Lintzel nicht nach Rostock, sondern als a. o. in die Juristische Fakultät in Kiel berufen ist, werden Sie inzwischen gehört haben. Über das römische Institut nichts Neues. Über die MG wird hier dauernd verhandelt; soviel ist sicher, daß Kehr sehr stark eingeschaltet bleibt, er behauptet sogar, einstweilen wäre seine Autorität noch höher geworden als vorher schon. Ob er auch nominell über den 1. April hinaus Direktor bleibt, ist noch unbekannt. Zur Zeit bemüht er sich, Brackmann die Germania pontificia abzuknöpfen, woraus Sie den Grad seiner Vitalität ermessen mögen. Er ist noch mit den Restarbeiten für Italia Pontificia VIII beschäftigt und fängt daneben mit den Diplomen Karls III. an. Mir gegenüber war er zuletzt immer sehr anständig; es scheint mir nicht ausgeschlossen, daß ich noch über den 1. April hinaus bei den MG bleiben kann – falls nicht die Politik meine Weiterexistenz aus Staatsgeldern unmöglich macht. Die Sachlage ist folgende. Vor 12 Tagen bestellte mich der zuständige Personalreferent, Kirchenrat Mattiat, ins Kultusministerium wegen des vor einem halben Jahr für mich beantragten Lehrauftrages. Er sprach zuerst etwas über den Inhalt des Auftrages (die Fakultät hat trotz meiner Bedenken ungeschickterweise »Urkundenwissenschaft und Familienkunde« beantragt), und sagte dann: »Noch nicht ganz geklärt ist Ihre Stellung zum Nationalsozialismus. Können Sie mir darüber etwas sagen?« Ich: »Ja – Nationalsozialist bin ich nicht.« Mattiat: »Auch überzeugungsmäßig nicht?« Ich: »Nein.« Mattiat: »Bitte setzen Sie sich mit Herrn Dr. Frank in Verbindung, Berlin-Lankwitz …« Ich: »Gerne. Kommt es für ein rein technisches Fach wie Urkundenwissenschaft auch auf das Politische an?« Mattiat: »Ja, bei allen Berufungen, Lehraufträgen usw. versuchen wir uns über die Persönlichkeit auch nach dieser Richtung hin ein Bild zu machen.« – Wer Walter Frank ist, werden Sie wohl wissen: Oncken-Schüler, dabei alter Kämpfer, Mitglied der Hochschul-Kommission des Braunen Hauses, der Fachhistoriker der Partei. In diesem Falle hatte er, wie er selbst sagte, als Referent der Partei ein politisches Gutachten über mich abzugeben. Die mehr als einstündige Unterhaltung verlief nun geradezu überraschend. Er trat mir mit dem größten Wohlwollen und wirklich vornehmer Anständigkeit gegenüber. Ich meinerseits war schrankenlos offen und ritt eine Attacke nach der andern gegen den Nationalsozialismus.

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78 BRIEFE Er suchte zu begütigen, brachte Argumente, wollte mich überzeugen. So entwickelte sich eine Diskussion, und zwar eine Diskussion von Niveau. [Ich hatte?] lange nicht mehr Gelegenheit gehabt, so wesentliche [Dinge?] über Politisches zu hören und zu sagen. Und nicht n[ur] über Politik, auch über historische und philosophische Din[ge], über Bismarck und über die Besonderheit der Deutschen, über das Verhältnis von Politik und Geist und noch vieles andere. Die ganze Unterhaltung gehört zu den erfreulichsten Eindrücken meines Lebens, und zwar gerade weil sie einen so finsteren Anlaß hatte, der an der inneren Überlegenheit beider Teile zu Schanden wurde; es war wie eine Szene aus dem Don Carlos. Zum Schluß erklärte Frank, daß meine Offenheit ihm imponiere und daß er sich für die Bewilligung des Lehrauftrages, wenn auch nicht für Familienkunde, so doch für Urkundenwissenschaft, einsetzen wolle; er liefe damit zwar ein Risiko, wenn er als Referent der Partei das schriebe, nachdem ich ihm offen erklärt hätte, daß ich gegen die Partei sei; er wolle es aber tun, wisse jedoch nicht, wie das Ministerium dann entscheiden werde. Letzteres weiß ich auch nicht. Jedenfalls aber stehe ich jetzt als offener »Staatsfeind« in den Akten, und was das auf Dauer bedeutet, ist mir klar. Nun aber Schluß, es ist ¾ ein Uhr nachts. Mit herzlichen Grüßen Ihr Carl Erdmann in Heidelberg]Vgl. oben Nr. 21. von Caspars plötzlichem Tode]Erich Caspar nahm sich am 22. Januar 1935 das Leben, als er aufgrund der nationalsozialistischen Rassegesetzgebung aus dem Amt gedrängt werden sollte. Die Nachrufe gingen auf die Todesart nicht ein, sodass Caspars Freitod erst Jahrzehnte später bekannt wurde (vgl. Elm, Mittelalterforschung, S. 231 f.; Oberling, Ernst Perels, S. 184 f.). Lintzel […] in die Juristische Fakultät in Kiel berufen]Zu den Hintergründen der Berufung, die eher ein Manöver des Reichserziehungsministeriums darstellte als eine Strafversetzung, vgl. Walter Zöllner, Karl oder Widukind. Martin Lintzel und die NS»Geschichtsdeutung« in den Anfangsjahren der faschistischen Diktatur, Halle (Saale) 1975, S. 25 f. Diplome Karls III.]Die Urkunden Karls III., bearb. von Paul Kehr (DD regum Germaniae ex stirpe Karolinorum 2), Berlin 1936–1937. Walter Frank]W. Frank hatte ab Herbst 1934 das Hauptlektorat Geschichte in Alfred Rosenbergs »Reichsstelle zur Förderung des deutschen Schrifttums« und außerdem das Referat Geschichte der zum Stab Heß gehörenden »Hochschulkommission der NSDAP« inne. In seinen Briefen führte er den Titel eines »Referenten für Geschichte beim

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1935 79 Stellvertreter des Führers und beim Beauftragten des Führers für die gesamte weltanschauliche Erziehung der NSDAP« (Heiber, Walter Frank, S. 114 f.). Szene aus dem Don Carlos]Friedrich Schiller, Don Carlos Infant von Spanien (1783–1787). Erdmann meint das Vier-Augen-Gespräch zwischen König Philipp und dem Marquis von Posa im zehnten Auftritt des dritten Akts.

27.  An Friedrich Baethgen (NL Baethgen. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 10. Februar 1935 Sehr verehrter Herr Professor! Vielen Dank für Ihren Brief! Ob es mit unserem Vorwort bis zum 10. März Zeit haben wird, weiß ich allerdings nicht. Hampe hat geschrieben, daß er, um Schwierigkeiten zu vermeiden, jedenfalls in der üblichen Weise allein das Vorwort zeichnen wolle, daß er aber einen Entwurf aus Berlin, ohne sich im einzelnen zu binden, im wesentlichen zu akzeptieren bereit wäre. Es wird also jedenfalls hier beraten werden. Immerhin weiß ich ja nun Ihren Standpunkt, und es ist möglich, daß es schließlich wirklich dabei endet, daß alles möglicherweise Kontroverse gänzlich fortgelassen und nur das Selbstverständliche gesagt wird. Brackmann hat mit Eckhardt über unseren Plan geredet (was überflüssig war, aber hoffentlich nicht schaden wird). Eckhardt zeigte sich sachlich sehr wohlwollend zu unserer Absicht, erschrak aber, als er die Namen hörte: da wir alle (auch Naumann!) irgendwie »belastet« wären, würde die Partei schäumen, und es würde uns in die Bude hageln. Eckhardt war bereit, uns durch Winke oder dgl. zu helfen. Brackmann besprach das gestern mit Windelband und mir; wir sagten beide, daß wir die Verantwortung allein tragen und uns keinesfalls auf irgendeine Art von Zensur einlassen werden, aber Eckhardts freundliche Absichten nicht zurückstoßen wollen, falls er von sich aus seinen Kopf mit in diese bedenkliche Sache stecken wolle. Die Sache wird also wohl in Frieden mit Eckhardt gehen, ich habe keine ernsthafte Sorge. Hier ist natürlich große Aufregung um den Angriff Walter Franks gegen Oncken im Völkischen Beobachter. Die Studenten haben Oncken in der nächs-

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80 BRIEFE ten Kollegstunde mit demonstrativem Beifall empfangen. Darauf wurden von der anderen Seite Gegenkundgebungen in Aussicht gestellt, und die höhere Instanz setzte bei Oncken durch, daß er seine Kollegs und Übungen abbrach; gleichzeitig wurde ihm mitgeteilt, daß seine Emeritierung (wegen Altersgrenze) schon vor dem Angriff beschlossen gewesen wäre. Also plötzlich verabschiedet wegen Beifalls seiner Schüler! Was wir tun, steht noch nicht fest; ich bemühe mich erstens um etwas im Seminar, weil die Studenten mit Recht eine klare Stellungnahme von uns erwarten (ihr sachliches Urteil über Oncken ist begreiflicherweise geteilt, zumal er persönlich nicht beliebt ist, aber sie haben sich anständig benommen und können nun das Gleiche von uns erwarten); zweitens um etwas Öffentliches, wofür freilich sonst nur wenige zu haben sind. Es würde mich sehr interessieren zu hören, ob die Sache in Königsberg, insbesondere auch unter den Studenten, irgendwie beachtet worden ist. Mit vielen Grüßen und Empfehlungen Ihr ergebener Carl Erdmann auch Naumann!]Hans Naumann, Parteimitglied und überzeugter Nationalsozialist, war in die Kritik gekommen, weil er als Bonner Rektor mit dem »Fall Barth« (Eidverweigerung des Theologen Karl Barth) nicht fertig geworden war (vgl. Schirrmacher, Der göttliche Volkstumsbegriff, S. 197–201; Conze, Ich schwöre, S. 203–216). im Völkischen Beobachter]Walter Frank, L’Incorruptible, in: Völkischer Beobachter, 3. Februar 1935. Infolge des aggressiven Artikels verlor Oncken seinen Lehrstuhl und wurde die von ihm geleitete Historische Reichskommission als »Reichsinstitut für Geschichte des neuen Deutschlands« fortgeführt, dem Frank vorstand. Zu den Geschehnissen vgl. ausführlich Heiber, Walter Frank, S. 201–216, 256–265. Oncken persönlich nicht beliebt]Dass Oncken den Studierenden gegenüber hart und ungerecht sein konnte und deshalb nicht sonderlich beliebt war, wird durch George W. F. Hallgarten (Als die Schatten fielen, S. 109, 138) bestätigt.

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28.  An Karl Hampe (NL Hampe, Heid. Hs. 4067, III A – 85/1. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 7. März 1935 Hochverehrter Herr Geheimrat! Nach Berlin zurückgekehrt, traf ich den Verlag natürlich sehr erfreut über den glatten Fortgang, und ebenso erfreut waren auch Brackmann und Windelband. Vom Verlag erfuhr ich, daß unterdessen Lintzels Manuskript durchgelaufen und nur 9 Seiten lang ist. So sehr mich die Kürze bei einem anderen Beitrag gefreut hätte, bin ich in diesem Falle doch etwas besorgt: wird es nicht so aussehen, als wollten wir dieses Thema bagatellisieren und uns an der Haupt-Streitfrage etwas vorbeidrücken? Würde es infrage kommen, daß Sie Lintzel noch einige Punkte angäben, die länger ausgeführt bzw. hinzugefügt werden könnten? Er könnte das ja dann gegebenenfalls erst in der Fahnenkorrektur tun, wenn wir den Verlag bitten, sie ihm besonders frühzeitig zuzustellen. [hsl. am Rand: Ich bitte Sie, sich gegebenenfalls direkt mit Lintzel in Verbindung zu setzen.] Den Titel nach Ihrem Vorschlag »Karl der Große oder Charlemagne? Acht Antworten deutscher Geschichtsforscher« griff der Verlag mit Freuden auf

Karl Hampe (1869–1936).

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82 BRIEFE und erklärte, daraufhin das Titelblatt sofort setzen lassen zu wollen. Brackmann war etwas bedenklich, schien aber nicht darauf bestehen zu wollen. Auch mit der Propaganda will der Verlag schon bald beginnen und morgen mit mir den Text der Voranzeige im Buchhändler-Börsenblatt aufzusetzen. Mit aufrichtigen Empfehlungen Ihr ergebener C. Erdmann Lintzels Manuskript]Die Sachsenkriege (s. oben Nr. 24). Voranzeige im Buchhändler-Börsenblatt]Börsenblatt für den deutschen Buchhandel, 19. März 1935, S. 1295.

29.  An Karl Hampe (NL Hampe, Heid. Hs. 4067, III A – 85/2. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 15. März 1935 Sehr verehrter Herr Geheimrat! Beiliegend sende ich Ihnen die korrigierten Fahnen meines Beitrages und des Literaturverzeichnisses, beides mit Manuskript, ferner den Verlagsentwurf für den Waschzettel mit einigen von mir vorgeschlagenen Korrekturen. Sie können ihn dann Ihrerseits direkt an den Verlag zurückschicken, mit den von Ihnen gewünschten Korrekturen. Vom Verlage haben heute auch Brackmann und ich die Fahnen des Gesamtwerkes erhalten, damit wir sie mitlesen. Dabei wird Brackmann sich wohl jedenfalls auf diejenigen Partien beschränken wollen, die sub specie rei politicae von Bedeutung sein könnten. Ich will ihm jedoch versichern – heute kann ich ihn leider telephonisch nicht erreichen –, daß nach meiner Meinung nichts irgendwie Gefährliches mehr darin sei und daß er sich die Arbeit des Mitlesens sparen könne. Ich meinerseits lese es nur auf Druckfehler hin, und auch das nur eilig, da ich mit meiner andern Arbeit sehr im Druck stecke. Das von mir gelesene Exemplar mit Eintragung der etwa von

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Brackmann beigesteuerten Remarquen will ich Ihnen dann so schicken, daß Sie es spätestens Montag vormittag haben. Würden Sie damit einverstanden sein, daß die 2. Korrektur, die doch jedenfalls nur den Charakter einer reinen Revision haben dürfte, zwecks Zeitgewinn nur von mir hier erledigt wird? Ihrem befriedigten Gesamteindruck stimme ich durchaus zu; es sind natürlich schwache Partien darin, aber doch auch viel Gutes, und es fügt sich besonders glücklich, daß gerade der Anfangs- und Schlußbeitrag, wie mir scheint, die besten und wirkungsvollsten sind. Die Anzeige für das Buchhändler-Börsenblatt war bereits fertig und soll in den nächsten Tagen erscheinen. Der Verlag hat mir den Wortlaut – außer dem Titel nur wenige Sätze – vorgelesen, und ich war von mir aus ganz einverstanden und glaube, daß auch Sie es sein würden. Im übrigen kommt diese Annonce ja ausschließlich den Buchhändlern zu Gesicht. Ein Prospekt wird erst gedruckt, wenn die ersten Zeitungsurteile vorliegen. In der Hoffnung, daß Sie nach wenigen Tagen von den Mühen um dies Buch befreit sein werden – (der Verlag bestätigt mir, daß es noch im März erscheinen könne und daß es jetzt nur noch auf die Geschwindigkeit der Korrekturen und des Vorwortes ankomme) – bin ich mit aufrichtigen Empfehlungen Ihr sehr ergebener Carl Erdmann [Hsl.]P. S. Der Verlag sagt, dass die Länge des Waschzettels die gleiche bleiben müsse. Der Stil ist mir wenig sympathisch, aber bei einem Waschzettel lässt sich dagegen wohl nichts machen. die besten und wirkungsvollsten]Hampes und Windelbands Beiträge.

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84 BRIEFE 30.  An Karl Hampe (NL Hampe, Heid. Hs. 4067, III A – 85/3. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 17. März 1935 Sehr verehrter Herr Geheimrat! Gleichzeitig sende ich Ihnen die Gesamtkorrektur, bei der ich mich im allgemeinen auf ein paar Druckfehler beschränkt habe. Nur in Aubins Beitrag habe ich zwecks Verdeutlichung für Laienleser zwei Stellen etwas geändert und ihm darüber schon vorgestern geschrieben mit der Bitte, falls er nicht einverstanden sei, Ihnen direkt Bescheid zu geben. Falls er das also inzwischen nicht getan hat, können die Änderungen vorgenommen werden. Ferner habe ich auf Fahne 32 eine Zeile gestrichen, was Brackmann für unbedingt notwendig hielt; Lintzel benachrichtige ich gleichzeitig. Im übrigen in der Erwartung Ihrer Vorwort-Verbesserungen mit den besten Empfehlungen Ihr ergebener C. Erdmann eine Zeile gestrichen]Lintzel hatte die Opfer des »Blutbads von Verden« mit den »Insassen eines Konzentrationslagers« verglichen (Reichert, Gelehrtes Leben, S. 275).

31.  An Karl Brandi (NL Brandi, Cod. Ms. K. Brandi 50/69a. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 14. April 1935 Sehr verehrter Herr Geheimrat! Vielen Dank für Ihren Brief vom 9. und die Zusendung Ihres Sachsen-Aufsatzes. Ihr Beifall für unser Büchlein freut mich natürlich sehr. Daß Lintzels Thesen fragwürdiger Natur sind, war mir nie zweifelhaft. Trotzdem war es

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unvermeidbar, daß gerade er bei uns das Sachsenthema bearbeitete. Denn seine Lehren haben nun einmal mit Windeseile die Runde durch die weitere Öffentlichkeit gemacht, und er ist dadurch so bekannt geworden, daß ein Fehlen in unserem Kreise den Eindruck erweckt hätte, als ob er in der Hauptfrage (für oder gegen Karl) nicht mit in unserer Front stände. Ich hatte Sie ja auch um einen Beitrag über »Karl und das Werden des deutschen Volkes« gebeten und mir davon gerade ein gewisses Korrektiv zu Lintzels Auffassung erhofft, sehe jedoch ein, daß für eine solche innerfachliche Auseinandersetzung der Historikertag ein viel besseres Forum bietet als unsere Schrift. Ihre Frage wegen des Historikertages hat mich in eine gewisse Verlegenheit versetzt. Ich hoffe zwar dieses Mal teilnehmen zu können (ohne das bisher sicher voraussagen zu können), war aber bisher noch niemals in der Lage dazu und kann deshalb nicht gut mitreden. Aber ich nehme an, daß Sie lediglich einige Stimmungsäußerungen einsammeln wollen; nur so bitte ich also meine Worte aufzufassen. Ich bin sehr dafür, daß der Tag endlich stattfindet und daß die Historikerschaft sich der Öffentlichkeit wieder etwas bemerkbar macht. Allerdings nur unter einer Voraussetzung: daß sie vor der tatsächlichen Lage der Geschichtswissenschaft nicht die Augen verschließt und nicht so tut, als ob nichts gewesen wäre. Die Lage unserer Wissenschaft ist einigermaßen kläglich: das allerorten gewaltig hervortretende Bedürfnis nach geschichtlicher Wertung und Formung eines Geschichtsbildes findet seine Befriedigung ohne und gegen die Wissenschaft. Ich bestreite nicht, daß die Entwicklungsrichtung unserer Wissenschaft in den letzten Jahrzehnten dieses Schicksal mitverschuldet hat; wir müssen uns eben unsere Position neu erobern. Das kann selbstverständlich nicht geschehen durch irgendeine Form von Gleichschaltung und Anpassung an Tagesmeinungen (das Rezept Wilhelm Mommsens würde bei allgemeiner Anwendung bestimmt unser Fach noch um den letzten Rest von Ansehen bringen), sondern nur durch Kampf. Ebensowenig scheint mir zweifelhaft, wogegen wir auf Grund unserer nationalen Mission zu kämpfen haben: gegen den Mythus, gegen die tödliche Einseitigkeit von »Blut und Boden«, gegen die Herrschaft der Biologie. Ich denke nicht entfernt daran, die Position von gestern wieder errichten zu wollen. Insbesondere die Forderung, daß wir in ganz neuer Weise das Volkstum in den Mittelpunkt unserer Geschichtsbetrachtung zu setzen haben, erkenne ich als ganz richtig an. Aber eben das Volkstum, nicht die Rasse; die geprägte Form, nicht das Ma-

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86 BRIEFE terial; das Schicksal, nicht die Biologie. Und wir müssen den Glauben an den Wert der Wahrheits-Erkenntnis (der jahrzehntelang nur eine blasse Theorie gewesen war und jetzt völlig überdeckt ist, aber gerade dadurch, wenn ich nicht irre, eine Auferstehung zu feiern beginnt, bei der wir führend sein müssen) wieder ans Licht ziehen. Unter solchem Aspekt könnte ein Historikertag sehr eindrucksvoll werden. Hier hörte ich schon vor Monaten davon reden, er solle zu einer Art Kundgebung gegen Rosenberg ausgestaltet werden (wenn auch nicht in allen, so doch in einigen Vorträgen). Das scheint mit in der Tat das einzig Richtige zu sein. Daraus ergibt sich, daß Ihr Sachsen-Referat in der Tat unentbehrlich ist. Wäre es nicht möglich, für das Altertum (eventuell Germanenzeit) und die Neuzeit (etwa über die Geschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts) noch je ein weiteres Thema von ähnlicher Bedeutung für das gesamte Geschichtsbild zu finden? Dazu außerdem eine grundsätzliche Aussprache (bzw. Demonstration), etwa über »Objektivität und politischen Absprung« (letztere Formulierung beruht auf der Auseinandersetzung in »Vergangenheit und Gegenwart«. Dort hatte Oberstudienrat Behne die Forderung erhoben, der Historiker müsse nach der objektiven Wahrheitsfeststellung einen »Absprung ins Politische« vollziehen, d. h. aus den geschichtlichen Tatsachen nationalsozialistische Lehren ziehen. Dem hat dann Hampe in seiner Erwiderung ein rundes Nein entgegengesetzt. Im gleichen Heft hat aber Wilhelm Mommsen mit einem Saltomortale der Forderung zugestimmt, indem er zweideutig von »politischem Absprung« redet und so tut, als handele es sich um einen »Absprung vom Politischen«, für den er sich dann unter Berufung auf Ranke natürlich einsetzen kann.) Auf diese Fragestellung drängt jetzt alles hin; es ist ein heißes Eisen, aber wenn wir es nicht anfassen, danken wir eben ab. Die beste Form dafür wäre vielleicht, daß nur ein ganz kurzes Referat stattfindet, aber eine Reihe von Leuten von vorn herein für die Diskussion präpariert ist. Wenn ein dekorativer Vortrag über Heinrich den Löwen als notwendig gilt, so wäre vielleicht Herbert Meyer der richtige (bitte jedenfalls nicht Güterbock). Möglicherweise wäre auch Walther Holtzmann bereit zu einem Thema, bei dem Heinrich der Löwe irgendwie vorkommt. Unter den jüngeren mittelalterlichen Historikern würde ich besonders Tellenbach vorschlagen, der jedenfalls zu dem grundsätzlichen Thema etwas zu sagen hat, ferner natürlich Eckhardt, auch Heimpel und vielleicht sogar Dannenbauer (wegen seiner letzten Schrift). Aber ich bin unbedingt dafür, daß Alte und Junge reden; wir dür-

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fen die Anknüpfung an das Frühere nicht verleugnen und nicht so tun, als gäben wir den törichten Leuten recht, die heute alle über 40- oder 50-jährigen für unbrauchbar halten. Unter den Neuzeitlern würde ich Hartung benennen, ferner Rothfels. Erwogen habe ich, ob man Walter Frank bitten könne. Denn er ist der einzige, der auf der Gegenseite steht und dabei wissenschaftlich zählt; außerdem habe ich, als ich ihn vor einigen Monaten kennen lernte, einen sehr guten Eindruck von ihm bekommen und bin ihm auch persönlich zu Dank verpflichtet. Aber er hat danach den Angriff gegen Oncken geführt und sich damit – insbesondere durch die wiederholte Verfälschung des tatsächlichen Sachverhalts – nach unserem Ehrenkodex doch unmöglich gemacht; auch um Onckens willen dürfte man Frank m. E. jetzt nicht auffordern. (Außerdem hörte ich kürzlich das – freilich unverbürgte – Gerücht, daß zwischen ihm und Eckhardt ein Gegensatz bestände.) Das wäre so mein »Bedenken« – hoffentlich fangen Sie etwas damit an! Mit aufrichtigen Empfehlungen Ihr ganz ergebener Carl Erdmann Ihres Sachsen-Aufsatzes]Karl Brandi, Karls des Großen Sachsenkriege, in: Niedersächsisches Jb. 10 (1933), S. 29–52. Historikertag]Im September 1935 sollte in Hannover die 19. Versammlung deutscher Historiker stattfinden. Wegen der Obstruktion des Reichserziehungsministeriums musste sie jedoch kurzfristig abgesagt werden (Berg / Blaschke, Die versammelte Zunft, S. 262–271). Ihr Sachsen-Referat]Offenbar hatte Brandi erwähnt, dass er bei dem geplanten Historikertag über Karl den Großen und die Sachsen sprechen wolle. Behne die Forderung […] Hampe in seiner Erwiderung]Walter Behne, Karl der Große und Widukind. Ein Beitrag zur politischen Geschichtschreibung, in: Vergangenheit und Gegenwart 24 (1934), S. 660–670. – Karl Hampe, Schlußwort zu der Erörterung über Karl den Großen und Widukind, ebd. 25 (1935), S. 105–109. Wilhelm Mommsen mit einem Saltomortale]W. M[ommsen], Wandlungen des Geschichtsbildes in revolutionären Epochen, ebd. S. 110 f. wegen seiner letzten Schrift]Heinrich Dannenbauer, Germanisches Altertum und deutsche Geschichtswissenschaft. Antrittsvorlesung, Tübingen 1935. unmöglich gemacht]Vgl. oben Nr. 27. zwischen ihm und Eckhardt ein Gegensatz]Frank hatte beim Reichserziehungsministerium eine reine Forschungsprofessur ohne Lehrverpflichtung für sich beantragt. Eckhardt hatte sich als zuständiger Referent im Ministerium vehement dagegen ausgesprochen und Frank belehrt, dass das Wort »Professor« nicht von »Profit«, sondern von profiteri

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88 BRIEFE (lehren) komme. Zwar erhielt Frank von Hitler persönlich den Professorentitel verliehen, betrachtete aber seitdem Eckhardt als seinen persönlichen Feind (Heiber, Walter Frank, S. 118–122, 646 f., 857–860).

32.  An Emil Meynen (NL Meynen. – Postkarte; masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 21. IV. 1935 Sehr geehrter Herr Dr. Meynen! Herzlichen Dank für Ihr Deutschland-Buch – eine wertvolle Gabe, deren vollen Inhalt zu ermessen (denn er ist jedenfalls sehr stoffreich!) das erste Anblättern noch nicht ermöglicht. Darum möchte ich Ihnen einstweilen nur meine Freude über den Grundgedanken aussprechen: als Balte, dem die Unterscheidung zwischen »deutsch« und »reichsdeutsch« gewissermaßen angeboren ist, habe ich mich über das Fehlen solcher Unterscheidung hier im Reich oft genug geärgert. Also meinen herzlichen Glückwunsch zum vollendeten Werk, das sicherlich stärkste Beachtung finden und dessen umfangreiche Fundierung wohl auch wissenschaftlich viel ausgeschlachtet werden wird! In einigen Tagen sende ich Ihnen eine kleine Gegengabe, in der Sie auch etwas über den Namen deutsch finden werden. Mit herzlichen Grüßen Ihr ergebener C. Erdmann Ihr Deutschland-Buch]Emil Meynen, Deutschland und Deutsches Reich. Sprachgebrauch und Begriffswesenheit des Wortes Deutschland, Leipzig 1935. Gegengabe]Erdmann, Der Name Deutsch (wie zu Nr. 24).

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33.  An Karl Hampe (NL Hampe, Heid. Hs. 4067, III A – 85/7. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 3. Mai 1935 Sehr verehrter Herr Geheimrat! vor fünf Tagen konnte ich Ihnen auf meiner Karte noch nichts Rechtes über den Erfolg unseres Büchleins schreiben. Heute kann die Parole lauten: Sieg auf der ganzen Linie! Erstens hat das Kultusministerium bestimmt, daß es in den Schulbüchern wieder heißen soll »Karl der Große« und daß Bücher mit »Karl dem Franken« o. ä. nicht mehr zuzulassen seien. Für das Zustandekommen dieses Beschlusses soll insbesondere die Rheinlandreise des Ministers eine Rolle gespielt haben. Aus direkten privaten Mitteilungen weiß ich aber, daß von den dafür maßgebenden Leuten des Ministeriums auch unser Buch stark beachtet worden ist. Zweitens hat Rosenberg in seiner vor wenigen Tagen erschienenen Schrift »An die Dunkelmänner unserer Zeit« (der Antwort auf die katholischen »Studien zum Mythus«), die im übrigen seine alte Stellung völlig aufrecht erhält, bezüglich Karls des Großen einen erheblichen Rückzug angetreten, der mir unmittelbar durch unser Buch verursacht zu sein scheint. Für den Fall, daß Sie die Schrift noch nicht gesehen haben, bemerke ich kurz: Rosenberg schiebt an einer Stelle anderthalb Seiten grundsätzliche Ausführungen über Karl und Widukind ein, die mit dem Übrigen nur äußerlich verbunden sind und ein nachträglicher Einschub sein könnten. Er erklärt darin, daß die Polemik der anderen vielleicht etwas zu weit gegangen wäre, daß er persönlich aber nie vom »Schlächter«, sondern vom »Großen« gesprochen habe, daß Karl zweifellos »das Deutsche Reich« (!) gegründet habe usw. In der Ausdeutung könne man zwei Meinungen haben, entweder sagen, daß nur durch Karl »überhaupt … Deutschland … entstanden« sei (dies in wörtlichem Anklang an unser Vorwort), oder an die Möglichkeit einer arianischen (!) nicht-fränkischen Reichsgründung denken. Beide Standpunkte wären debattierbar, nur müsse die Erforschung dieser Frage nicht in jesuitischen, sondern in deutschen Händen liegen. Weiterhin kommt er dann auf seine Theorie von den Rebellen zurück, wie denn überhaupt kein voller, sondern nur ein halber Rück-

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90 BRIEFE zug vorliegt. Aber er ist völlig ausreichend: erstens das energische Abrücken vom »Schlächter«, zweitens das ausdrückliche Freigeben eines vernünftigen Geschichtsbildes. Man kann wohl annehmen, daß die »Schulungen« betr. Karl in SA, HJ usw. nun aufhören werden. Nun bleibt nur noch das eine zu wünschen, daß auch die Zeitungen sich der Sache noch etwas bemächtigen und unser Buch und unsere Stellungnahme dadurch etwas mehr unter die Leute kommt. Denn es wäre eine Gelegenheit, die Geschichtswissenschaft als solche wieder etwas in die öffentliche Diskussion einzuschalten. Der Verlag hat nunmehr eine Aktion bei etlichen Zeitungen vor. Bisher hat als einzige Berliner Zeitung die Kreuzzeitung eine kleine Besprechung gebracht. Mit aufrichtigen Empfehlungen Ihr sehr ergebener Carl Erdmann Rheinlandreise]Bernhard Rust nahm am 5. April an der Einweihung des neuen Universitätsgebäudes in Köln und am selben Tag an einer Großkundgebung der DAF in Koblenz teil. »Schlächter«]Seit dem 18. Jahrhundert wurde Karl der Große im niederdeutschen Raum als »Sachsenschlächter« bezeichnet. Der Begriff zielte auf Karls Rolle beim sog. Blutbad von Verden und ging über die Heimatdichtung schließlich in die nationalsozialistische Geschichtsauffassung ein. halber Rückzug]In der Kampfschrift »An die Dunkelmänner unserer Zeit« gab Rosenberg zu, dass »bei Bewertung Kaiser Karls und des Herzogs Widukind in manchen Polemiken vielleicht über das Ziel hinausgeschossen worden« sei und das spätere Deutsche Reich ohne die »Gewaltmaßnahmen Kaiser Karls« nicht hätte entstehen können. Er selbst habe nie von »Karl dem Sachsenschlächter«, sondern immer und ausdrücklich von »Karl dem Großen« gesprochen (Alfred Rosenberg, An die Dunkelmänner unserer Zeit. Eine Antwort auf die Angriffe gegen den »Mythus des 20. Jahrhunderts«, München 1935, S. 85–87). kleine Besprechung]Charlemagne? In: Kreuz-Zeitung 16. April 1935, S. 3.

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34.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 9. Mai 1935 Lieber Herr Tellenbach! Vielen Dank für Ihren Brief! Die 30 Exemplare [von?] Charlemagne habe ich beim Verlag bestellt, der sie dann an Sie senden soll; die Rechnung aber geht an mich, weswegen ich Erstattung der Summe (39 M) an mich (Postscheck Berlin 1378 66) erbitte. Der Verlag sagte mir bei dieser Gelegenheit, daß er mit dem bisherigen Absatz durchaus zufrieden wäre, unter Berücksichtigung der Tatsache, daß Zeitungsbesprechungen bisher noch so gut wie fehlen. Der Absatz kommt jedenfalls erst allmählich in Schwung, belebt sich aber, soweit ich das beobachten kann; vor einigen Tagen ist das Buch auch an den Kiosken der U-Bahnhöfe aufgetaucht. Im übrigen ist ja viel wichtiger als der buchhändlerische der kulturpolitische Erfolg, und der ist bereits in überraschendem Maße eingetreten. Ich lege Ihnen einen (seinerzeit schon an Lintzel gesandten und von diesem mir wieder zugestellten) Durchschlag meines vor sechs Tagen geschriebenen Briefes an Hampe bei, mit der Bitte um gelegentliche Rücksendung. Ihre Urteile über die einzelnen Beiträge überraschten mich zum Teil, da ich die Akzente anders verteile. Aber daß das Ganze lückenhaft ist, ist natürlich richtig; insbesondere fehlt auch noch »Karl und das Recht« – die beispielsweise neuerdings wieder von Rosenberg wiederholte Behauptung, daß Karl ein »fremdes Rechtsdenken« eingeschleppt habe, hätte doch nicht unwiderlegt bleiben sollen. Lebhaft wünsche ich Ihnen, daß Sie mit der Libertas – und dann mit dem Repertorium – in nicht gar zu langer Frist zuende kommen. Freilich glaube ich nicht, daß Sie bald mit geringerer Beanspruchung durch die Lehrtätigkeit rechnen können; zur Zeit z. B. haben Sie m. E. Chance auf die Professur in Jena, wo man jetzt dabei ist, die Liste zu machen. Auch in Rostock hat das Ministerium eine neue Liste angefordert; freilich soll dort noch immer die Möglichkeit bestehen, daß Maibaum die Professur bekommt. Mir mißfällt das Semester lebhaft. Natürlich nimmt die Lehrtätigkeit jetzt den größten Teil meiner Zeit in Anspruch, und wenn man dann meistens beobachten muß, daß man die Leute nicht fesselt und seine Sache offenbar

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92 BRIEFE schlecht macht, so ist das nicht schön. Im Kolleg (allerdings Privaturkunden) habe ich vier Leute. Für den Lehrauftrag bekomme ich immer noch kein Geld; das einzige, was erfolgt ist, war ein unhöflicher Brief des Dekans mit der Mitteilung, daß der Lehrauftrag für Familienkunde (er war beantragt für Familienkunde und Urkundenwissenschaft und ist erteilt nur für Urkundenwissenschaft) vom Ministerium abgelehnt sei »angesichts Ihrer offen zugegebenen Ablehnung des Nationalsozialismus«. Meine Stellung in der Universität ist also wohl am besten durch die Worte »auf dem Pulverfaß« zu charakterisieren. Anderseits ist sie in den Monumenten (wo im Juni Beschlüsse über Umorganisation gefaßt werden sollen) nicht besser: Kehr hat mich seit unserem Zusammenstoß konstant geschnitten, und Eckardt [sic!] hat sich, wie mir berichtet wurde, sehr ablehnend über mich geäußert. Also habe ich mich wohl ziemlich neben alle vorhandenen Stühle gesetzt; nur mit Brackmann stehe ich noch nicht schlecht. Neben der Lehrtätigkeit hat die Zeit bisher gerade noch für die laufende Erledigung der Militia-Korrekturen [hsl. Randnotiz: bisher drei Fünftel] nebst Register-Machen gereicht. Schlecht gesetzt sind sie nicht, nur sieht der Maschinensatz ja immer holprig und unsauber aus. Herzliche Grüße und alles Gute! Ihr Carl Erdmann Brief an Hampe]Oben Nr. 33. »fremdes Rechtsdenken«]Rosenbergs Rundfunkansprache »Das erste Reich der Deutschen« am 7. Februar 1935; Druck: A. Rosenberg, Gestaltung der Idee. Blut und Ehre, Bd. 2. Reden und Aufsätze von 1933–1935, hg. von Thilo von Trotha, München 1936, S. 266– 274, Zitat: S. 270. Repertorium]Vgl. oben Nr. 6. Jena […] Rostock]Nachfolger auf dem Lehrstuhl Alexander Cartellieris wurde Siegfried A. Kaehler, der aber nur ein Semester in Jena blieb. Das Mittelalter wurde seitdem zusammen mit der thüringischen Landesgeschichte durch Erich Maschke vertreten. – Zu Rostock vgl. oben zu Nr. 16. Privaturkunden]Unter P. versteht die mediävistische Diplomatik alle Urkunden, die nicht aus einer kaiserlichen, königlichen oder päpstlichen Kanzlei hervorgegangen sind, sondern von Bischöfen, Fürsten, Landesherren, Stadtherren usw. ausgestellt wurden. Der Begriff ist problematisch, hat sich aber aus wissenschaftsgeschichtlichen und arbeitspraktischen Gründen behauptet. Ablehnung des Nationalsozialismus][Ludwig]Bieberbach an Erdmann, 18. April 1935 (München, Archiv der MGH, B 685).

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35.  An Karl Hampe (NL Hampe, Heid. Hs 4067, III A – 85/8. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 9. Juni 1935 Sehr verehrter Herr Geheimrat! Vielen Dank für die Zusendung Ihres eindrucksvollen Aufsatzes über Barbarossa und Heinrich den Löwen! Hoffentlich tut er auch seine Wirkung. Ich glaube, die Chancen dafür stehen jetzt nicht schlecht. Denn nachdem der Sachsenschlächter-Sturm abgeblasen ist, ist ja eigentlich der Versuch einer Umstülpung der älteren deutschen Geschichte bereits als Ganzes gescheitert, und damit ist auch für die alten kleindeutschen Thesen, auf die sich jetzt die Rosenbergianer zurückziehen, die Luft nicht mehr günstig. Über den Gang der Dinge mit unserem Buch bin ich nur mäßig orientiert, weil ich im Bewußtsein, daß die Entscheidung gefallen ist, mich nicht mehr sehr sonderlich darum gekümmert habe. Der Verkauf ist jedenfalls nicht schlecht gegangen, aber anscheinend auch nicht allzu gut; das ist ja auch kein Wunder, da der erwartete Widerspruch ausgeblieben und das Buch kein Streitobjekt geworden ist. Vor einiger Zeit bekam ich vom Verlage die bis dahin eingegangenen Besprechungen zu sehen, etwa ein Dutzend Provinzzeitungen und einige Korrespondenzen, nichts Sonderliches. Interessanter sind einige Zeitschriften, die innerhalb von Aufsätzen oder auch in Besprechungen darauf eingegangen sind. Der einzige Ablehnende, von dem ich weiß, ist Herr v. Leers in der »Nordischen Welt«; er blamiert sich dadurch, daß er noch einmal ausdrücklich Charlemagne den Franzosen überläßt und sich auf Rosenberg beruft; im übrigen fordert er, daß nunmehr auch die Gegenseite ihren Standpunkt gehörig darstellen solle (worauf wir, fürchte ich, lange warten können). Die übrigen sind alle unserer Meinung; ich bekam zu Gesicht: die »Hilfe« (unterstreicht die Sache sehr schön und erkennt unserer Veröffentlichung ausdrücklich politische Bedeutung zu); die »Gelben Blätter« (Aufsatz von Buchner, der u. a. auch unser Buch weidlich zitiert und ausschreibt); die »Deutsche Zukunft« (Besprechung von Theodor E. Mommsen, leider etwas matt); Stapel im »Deutschen Volkstum« (macht im einzelnen etliche Einwendungen, am meisten gegen meinen Beitrag, und erklärt das

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94 BRIEFE Ganze für nur apologetisch, aber solide). Darüber hinaus wird es sicher noch manches andere geben. Mit aufrichtigen Empfehlungen Ihr ergebener Carl Erdmann über Barbarossa und Heinrich den Löwen]Karl Hampe, Welfen und Waiblinger. Zur Wertung Heinrichs des Löwen und Friedrich Barbarossas, in: Zeitwende 11,2 (1935), S. 137–150. Hampe sprach sich dafür aus, Heinrich den Löwen und Friedrich Barbarossa nicht in kleindeutscher Sicht und schon gar nicht nach einem »nordischen Dogma« zu beurteilen, sondern beider Bedeutung für die deutsche Geschichte angemessen zu würdigen. Herr v. Leers][Johann]von Leers in: Nordische Welt 3 (1935), S. 278. alle unserer Meinung]Posthume Ausbürgerung? In: Die Hilfe 41/11 (1. Juni 1935), S. 249; Max Buchner, Was ist uns heute Karl der Große? Ein Überblick über die Entwicklung des Karlsmythus in Vergangenheit und Gegenwart, in: Gelbe Hefte. Historische und politische Zeitschrift für das katholische Deutschland 11 (1935), S. 385–407, 449–475, bes. S. 459–470; Theodor E. Mommsen, Karl der Große – Kaiser der Franzosen? in: Deutsche Zukunft 3,14 (7. April 1935), S. 5; Wilhelm Stapel, Zum Streit um Kaiser Karls Größe, in: Deutsches Volkstum 17/1 (1935), S. 432–442, bes. S. 438 f.

36.  An Karl Hampe (NL Hampe, II F – 20/3; ebd., IV – 13/1. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 17. Juni 1935 Onkel-Tom-Str. 141 Sehr verehrter Herr Geheimrat! Beiliegend sende ich Ihnen – außer einer Nummer der »Forschungen und Fortschritte« – eine kleine Aufzeichnung, wie sie gleichzeitig auch an mehrere der andern Herren geht. Ebenso wie Herr Sommerfeldt vom Verlage lege ich dem Angriff keine Bedeutung bei und erwarte keine andere Wirkung als die der Reklame. Alles spricht jedenfalls dafür (insbesondere die Person des Besprechers und die Widersprüche der verschiedenen Äußerungen untereinander), daß es sich nicht um eine überlegte Aktion handelt, hinter der man

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etwas zu vermuten hätte. Und daß uns die Gegenseite von sich aus Ähnlichkeit mit den Göttinger Sieben bescheinigt, darauf bin ich stolz. Leider steht Brackmann den Dingen nicht ganz mit der gleichen Seelenruhe gegenüber, sondern macht sich anscheinend Sorgen; hoffentlich kann ich ihn noch beruhigen. Lintzel schrieb mir, daß er als der am schärfsten Angegriffene vielleicht antworten wolle, wofür ich ihm das »Deutsche Volkstum« empfahl. Vorgestern war hier großes Seminarfest, bei dem allerlei Heiteres vorgetragen wurde, darunter für mich der Vers: Erdmann warf mit Theodisce, Preisend Karls des Großen Werk, Dafür kommt er übermorgen In den Stab von Rosenberg. Mit vielen Empfehlungen und und Grüßen Ihr sehr ergebener Carl Erdmann Im Juniheft der von Alfred Rosenberg herausgegebenen »Nationalsozia­ listischen Monatshefte« steht eine scharf ablehnende, längere Besprechung unserer Karl-Schrift: wir seien wissenschaftlich nicht ernst zu nehmen, politische Brunnenvergiftung, reaktionäre Tendenzen usw. Der Besprecher Hans Maier ist Assistent des hiesigen neuen Vorgeschichtlers Reinerth und wird mir als eine völlig bedeutungslose Figur geschildert. Er sagt »Karl I.«, während Rosenberg selbst in seiner Dunkelmännerschrift erklärt hat, er sage »Karl der Große«. Charakteristisch ist wohl auch, daß Maier nach einigen Sätzen schreibt: »Für die nationalsozialistische Weltanschauung … kann es daher nur die geschilderte, eindeutige Stellungnahme zu der Geschichtsepoche Karls I. geben,« daß vorher aber gar keine Stellungnahme geschildert ist: offenbar ist sie seitens der Redaktion aus dem Manuskript herausgestrichen worden, weil sie mit Rosenbergs neuesten Erklärungen nicht übereinstimmte. Für dieses Heft der N. S. Monatshefte macht der Zentralverlag der N. S. D. A. P. Reklame durch eine Annonce in mehreren Zeitungen (so jedenfalls »Angriff« vom 13. 6., Berliner »Völkischer Beobachter« vom 15. 6.), welche nur von uns und der besagten Besprechung redet. Unter der Überschrift: »Der Sachsenmord »juristisch« berechtigt?« beginnt die Annonce: »Vielleicht trieb sie der Ehrgeiz, jenen berühmten Göttinger Professoren zu gleichen, die anno dazumal aufrecht

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96 BRIEFE gegen eine ungerechte Staatsmoral Einspruch erhoben« usw. Hübsch sind die Widersprüche zwischen dieser Annonce und der Besprechung von Maier: dieser behauptet, daß an eine »Ausbürgerung« Karls niemand in Deutschland denke, die Annonce aber erklärt, daß unser Buch diese »Ausbürgerung« rückgängig machen wolle. Ferner: Maier ist den Verfassern »dankbar« für unzweideutige Kundgebung ihrer weltanschaulichen Haltung«, die Annonce aber spricht von »Vernebelungs- und Tarnungsversuchen«. eine kleine Aufzeichnung]Forschungen und Fortschritte 11 (1935), darin S. 224–225: Carl Erdmann, Der Ursprung des deutschen Volksbewußtseins. Göttinger Sieben]Sieben Göttinger Professoren, darunter Jakob und Wilhelm Grimm, die 1837 gegen die Aufhebung der Verfassung durch König Ernst August von Hannover protestierten und daraufhin entlassen wurden. der am schärfsten Angegriffene]Lintzel wurde in den Nationalsozialistischen Monatsheften (vgl. oben zu Nr. 36) heftig attackiert. Insbesondere seine Begründung des »Blutbads von Verden« wurde vom Rezensenten »mit schärfster Entschiedenheit und Empörung« zurückgewiesen. Lintzel hat dazu nicht Stellung genommen, auch nicht im »Deutschen Volkstum«. allerlei Heiteres]Offenbar die »zum Teil recht witzigen Darbietungen der Studenten«, von denen Fritz Hartung in einem Schreiben an Willy Andreas berichtet (16. Juni 1935 [Korrespondenz, S. 289]). Theodisce]Die (deutsche) Volkssprache, mit der sich Erdmanns Beitrag zu »Karl der Große oder Charlemagne?« befasst hatte. längere Besprechung]Hans Maier in: Nationalsozialistische Monatshefte 6 (1935), S. 540 f.; in etwas gemäßigter Form in: Mannus. Zs. für Deutsche Vorgeschichte 27 (1935), S. 250–252. – Anm. von Lotte Hampe: »vgl. Tagebuch vom 14. Juni 1935«. Annonce in mehreren Zeitungen]Hans Maier, »Karl der Große oder Charlemagne?« in: Völkischer Beobachter, Norddeutsche Ausgabe, 15. Juni 1935, S. 5. Auch in: Das Schwarze Korps, 19. Juni 1935, S. 16. – Anm. von Lotte Hampe: »vgl. Tagebuch vom 19. Juni 1935«.

37.  An Paul Fridolin Kehr (MGH-Archiv, 338/29 – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 23. Juli 1935 Sehr verehrter Herr Geheimrat! Ich möchte Ihnen nur mitteilen, daß meine seit dem 1. April fällige Lehrauftrags-Vergütung jetzt vom Ministerium festgesetzt worden ist: 500 M im Jahr.

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Zusammen mit meinen Einkünften von den Monumenten und dem Archivinstitut reicht das noch nicht aus zur Deckung meines Bedarfs. Allerdings ist das verbleibende Defizit nicht mehr groß, und vorerst hoffe ich für eine Weile noch durchzukommen. Mit dem Ausdruck meiner Verehrung Ihr ergebener C. Erdmann

38.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 4. August 1935 Lieber Herr Tellenbach! Besten Dank für Ihren Brief von vor vier Wochen. [Daß] Sie an der Universitätstätigkeit eine gewisse Befriedigung [emp]finden, freut mich ganz besonders, weil ich weiß, daß Sie ja auch über ein gewisses Maß an Skepsis verfügen und nicht so leicht einer reinen Illusion zum Opfer fallen werden. Ich wünsche Ihnen von Herzen, daß es in Gießen klappt, obgleich ich kein Hehl daraus machen kann, daß ich es Guttenberg, den ich ja von Würzburg her kenne und schätze und der in München in sehr unerfreulichen Verhältnissen lebt, ebenfalls gönnen würde. In der letzten Woche sah ich mehrfach Fink, der sich unterwegs nach Kiel (Dozentenakademie) hier aufhielt; da er es ja versteht, den Mund zu halten, nehme ich an, daß er dort keine sonderlichen Schwierigkeiten erleben wird. Daß er in Freiburg den Dr. habil. gemacht hat (ebenso wie Klewitz in Göttingen, für den aber möglicherweise noch die Bestätigung durch das Ministerium aussteht), werden Sie wissen; er geht dann im Herbst wieder nach Rom zurück, bis er als Dozent »einberufen« wird. Außerdem ist seit dem 1. Juli Kempf [sic!] in Rom als Assistent. Im Prinzip ist schon seit dem Frühjahr der Präsident des »Reichsinstituts für ältere deutsche Geschichtskunde« (d. h. der M. G.) zugleich Direktor in Rom; für diesen Pos-

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98 BRIEFE ten ist Eckardt [sic!] »ausersehen«, übt es [sic!] aber noch nicht aus. Wann er es tatsächlich übernehmen wird, ist die große Frage, von der alles weitere abhängt (möglicherweise auch für mich, denn er hat sich anderen gegenüber wiederholt scharf ablehnend über mich geäußert). Bis dahin wird regelmäßig prophezeit, daß bei Kehrs »nächstem« Berliner Aufenthalt, z. Zt. also im September, die berühmte »Neuordnung« der MG erfolgen würde. Ob Hiltebrandt als 1. Sekretär in Rom angestellt wird, ist meines Wissens immer noch nicht entschieden; mit Bock als 2. Sekretär gäbe das ein wunderliches Paar und vielleicht heftige Fehde. Sie fragen nach Herrn Engel. Über diesen hörte ich kürzlich, daß er, früher Archivar in Weimar, von Eckardt [sic!] ins Ministerium gebracht sei als Sachbearbeiter für irgendwas, wobei seine tatsächliche Hauptaufgabe darin bestehen solle, die künftige Reichsarchivverwaltung vorzubereiten. Denn Eckardt [sic!] wolle diese ins Kultusministerium haben, während Brackmann ins Reichsinnenministerium will. Zur Zeit scheint es aber, als ob Brackmann sich durchsetzt, denn er ist kürzlich zum kommissarischen Leiter des Reichsarchivs ernannt, worin man allgemein eine Vorstufe für seine Ernennung zum Chef der kommenden Reichsarchivverwaltung erblickt. Brackmann war zeitweilig sehr pessimistisch und glaubte, daß auch das Karlsbuch ihm geschadet habe, was nun doch nicht der Fall zu sein scheint. Überhaupt hat hinter den Angriffen gegen unser Buch anscheinend kein überlegter Plan gesteckt, und sie haben wohl nichts anderes erzeugt als Reklame. Dieses war auch die Meinung des Verlages, aber daß der Verlag selbst dahinter stäke, glaube ich nicht, die Umstände sprechen durchaus dagegen. Daß man uns öffentlich mit den Göttinger Sieben verglichen, und daß das »Schwarze Korps« speziell mir »Kampf angesagt« hat, sind Dinge, auf die ich ungeschminkt stolz bin. Um zu den MG zurückzukehren, so bestehen die bisherigen Veränderungen nur darin, daß Jordan und Mommsen entlassen wurden; Jordan hat vorerst ein Notgemeinschaftsstipendium bekommen, Mommsen arbeitet privat weiter. Mit mir ist noch nichts verändert. Kürzlich kam der Bescheid des Ministeriums über den Lehrauftrag: 500 M im Jahr. Zur Erklärung ist zu bemerken, daß meine Einkünfte aus MG und Archivinstitut berücksichtigt sind. Freilich ist es eine sonderbare Lage; ich werde meine Vorlesungstätigkeit wohl auf einem Minimum halten. Das Kreuzzugsbuch ist fertig gesetzt, umgebrochen und korrigiert; nur vom Register stehen noch die Korrekturen aus. Ich denke, es erscheint im September, da die Druckerei jetzt ziemlich bummelt. Aus dem

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Umschlag ersah ich, daß es Nr. 6 der Serie werden soll, dann Meinhold Nr. 7, Sie Nr. 8. Auf Ihre geplante Schrift über die Objektivität bin ich gespannt. Sahen Sie die kürzlich erschienene Broschüre von Weidauer über Objektivität und voraussetzungslose Wissenschaft (Verlag Hirzel)? Was darin steht, weiß ich nicht. Herzliche Grüße von meiner Mutter und die besten Empfehlungen an Ihre Frau Mutter. Hoffentlich haben Sie jetzt zunächst eine schöne Erholung und danach eine produktive Arbeitszeit. Stets Ihr Carl Erdmann Guttenberg […] in München in sehr unerfreulichen Verhältnissen]Erdmann und Guttenberg wurden im selben Jahr bei Anton Chroust in Würzburg promoviert, Erdmann im März, Guttenberg im Juli 1925. Guttenberg war hauptberuflich im Bayerischen Kriegsarchiv tätig und empfand sein dortiges Arbeitsfeld als »eintönige Welt« (Alfred Wendehorst, Erich Freiherr von Guttenberg [1888–1952], in: A. Wendehorst / Gerhard Pfeiffer [Hg.], Fränkische Lebensbilder 11, Neustadt – Aisch 1984, S. 192–210, hier S. 197 f.). in Freiburg den Dr. habil.]Karl August Fink, mehrere Jahre neben Erdmann und Tellenbach am römischen Institut tätig, habilitierte sich im Juni 1935 in Freiburg i. Br. Man hielt ihn dort für einen »skrupellosen Streber«, der sich »allzu glatt mit der neuen Zeit arrangiert« habe. Aus dem Dozentenlager kam er »sehr befriedigt« zurück (Burkard, … ein ebenso rabiater Kirchenmann, S. 459, 470). Kempf]Hellmut Kämpf. speziell mir »Kampf angesagt«]Das Schwarze Korps, 17. Juli 1935, S. 12 mit Bezug auf Erdmanns Artikel »Der Ursprung des deutschen Volksbewußtseins« in: Forschungen und Fortschritte 11 (1935), S. 224 f.: »Ist es ihnen [sic!], gelehrter Herr, bewußt geworden, daß sie [sic!]sich mit ihrer wissenschaftlichen ernsten Arbeit in die Front jener gestellt haben, welche sich mit allen Mitteln und unter allen Umständen gegen uns stemmen. Wir fürchten sogar, daß sie [sic!]sich bewußt gegen uns stellen. Wer nämlich heute noch die Meinung vertritt, daß es ein Verdienst Karls sei, für »die Einbürgerung der lateinischen Kultur Entscheidendes getan zu haben«, dem sagen wir den Kampf an!« Meinhold]Peter Meinhold, Die Genesisvorlesung Luthers und ihre Herausgeber (Forschungen zur Kirchen- und Geistesgeschichte 8), Stuttgart 1936. Schrift über die Objektivität]Nicht publiziert. Broschüre von Weidauer]Friedrich Weidauer, Objektivität, voraussetzungslose Wissenschaft und wissenschaftliche Wahrheit, Leipzig 1935.



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100 BRIEFE 39.  An Albert Brackmann (NL Brackmann, 7/195 – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 28. August 1935 Sehr verehrter Herr Professor! Für den neuen Band der Germania Pontificia, den ich heute durch Herrn Beck erhielt, sage ich Ihnen meinen herzlichen Dank. Ich freue mich sehr über diesen neuen Fortschritt Ihrer Arbeit, der uns wieder ein gutes Teil Mühsäligkeiten [sic!] erspart und an zahlreichen Stellen – persönlich weiß ich das bei Bamberg am besten zu schätzen – Neuland gewonnen hat. Ich ergreife die Gelegenheit, Ihnen auch anderweitig meinen doppelten Glückwunsch auszusprechen: erstens zur Leitung des Reichsarchivs, in der ich eine »Anzahlung« auf mehr erblicken zu können hoffe; zweitens zu Rosenbergs letzter Rede über Karl den Großen, in der ich eine unmittelbare Frucht der Lektüre Ihres Beitrages sehe – ein in dieser Form geradezu unerwarteter Erfolg! In einigen Wochen rechne ich Ihnen mein Buch über die Entstehung des Kreuzzugsgedankens senden zu können, dessen letzte Korrekturen kürzlich das Imprimatur erhielten. Mit aufrichtigen Empfehlungen und nochmals mit bestem Dank Ihr sehr ergebener Carl Erdmann Germania pontificia]Bd. 3 (wie oben zu Nr. 1). Leitung des Reichsarchivs]Brackmann war – neben seinem Amt als Generaldirektor der Staatsarchive – am 1. August 1935 mit der kommissarischen Leitung des Reichsarchivs beauftragt worden, wurde aber schon ein Jahr später in den Ruhestand versetzt. Seine ehrgeizigen Pläne einer einheitlichen Reichsarchivleitung konnte er nicht verwirklichen. unerwarteter Erfolg]Es ist nicht ersichtlich, welche Rede Rosenbergs durch Brackmanns Beitrag beeinflusst worden sein soll.

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40.  An den Dekan der Philosophischen Fakultät der Friedrich-Wilhelms-Universität (Ludwig Bieberbach) (Berlin, Humboldt-Universität, UK 83, Bd. III, Bl. 1 – Postkarte; masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, den 9. September 1935 Euer Spektabilität bitte ich, mich zur Durchführung wissenschaftlicher Arbeiten für zwei Semester beurlauben zu wollen. Der Herr Minister hat durch Erlass vom 26. August 1935 – W I p Erdmann l g, gez. Bachér – die mir am 1. Juli erteilte Bewilligung einer Lehrauftragsvergütung zurückgezogen. Dadurch entsteht für mich die Notwendigkeit, mich mit voller Kraft, um für meine Mutter und mich die Mittel zum Unterhalt zusammenzubringen, anderen Arbeiten ausserhalb der Universität zu widmen, insbesondere den für das Reichsinstitut für ältere deutsche Geschichtskunde übernommenen Aufgaben. Für die Abhaltung von Vorlesungen oder Übungen an der Universität werde ich infolgedessen nicht die Zeit finden. Mit ausgezeichneter Hochachtung und Heil Hitler! Euer Spektabilität ganz ergebener gez. Erdmann Lehrauftrag]Zu dem für Erdmann beantragten, ihm zunächst bewilligten, dann aber entzogenen vergüteten Lehrauftrag für Urkundenwissenschaft und Familienkunde vgl. oben Nr. 14–16, 26, 34, 37 f. Zu den Vorgängen im Hintergrund Bd. 1, S. 164–178.

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102 BRIEFE 41.  An Karl Hampe (NL Hampe, Heid. Hs. 4067, II E – 1/165. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 23. September 1935 Sehr verehrter Herr Geheimrat! Herzlichen Dank für die Zusendung Ihres Dante-Aufsatzes, den ich mit Interesse las und sehr einleuchtend finde. Zu S. 71 erlaube ich mir den Hinweis, daß ich vor einigen Jahren eine neue Fassung der Bestätigungsurkunde Johanns XXII. für Robert von Neapel als Reichsvikar veröffentlicht habe, die als die endgültige und – nach der Überlieferungslage – auch ausgehändigte Form gelten muß. Meine damalige Veröffentlichung wurde allerdings von Kehr nicht in die Quellen u. Forschungen, sondern in die Archivalische Zeitschrift dirigiert und ist infolgedessen ziemlich unbeachtet geblieben; ich erlaube mir, Ihnen gleichzeitig einen Sonderdruck zuzusenden, in dem Sie die Urkunde auf S. 44f. finden werden (ebenda S. 43f. und 45f. auch Neues zum Reichsvikariat des Matteo Visconti). Zugleich sende ich Ihnen einen Sonderdruck aus meinem Buch über die Entstehung des Kreuzzugsgedankens, das in wenigen Tagen erscheinen soll. Dieser Sonderdruck ist allerdings ganz uninteressant; er wurde nur zur Befriedigung der Ansprüche der benutzten Handschriften-Bibliotheken hergestellt. Vom ganzen Buch erhalte ich aber nur so wenig Exemplare, daß ich Ihnen keines schicken kann. Könnten Sie vielleicht eines durch Rezension bekommen? Das Ministerium hat kürzlich die mir erteilte Bewilligung einer Lehrauftrags-Vergütung zurückgezogen; ich habe daraufhin bei der Universität meine Beurlaubung beantragt. Mit vielen Empfehlungen und Grüssen Ihr sehr ergebener C. Erdmann Dante-Aufsatz]Karl Hampe, Die Abfassung der »Monarchia« in Dantes letzten Lebensjahren, in: Deutsches Dante-Jahrbuch 17 (1935), S. 58–74.

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1935 103 meine damalige Veröffentlichung]C. Erdmann, Vatikanische Analekten zur Geschichte Ludwigs des Bayern, in: Archivalische Zs. III 8 (1932), S. 1–47. Ansprüche der benutzten Handschriften-Bibliotheken]Der Sonderdruck enthielt drei von fünf Exkursen in Erdmanns Buch.

42.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 13. Oktober 1935 Lieber Herr Tellenbach! Herzlichen Dank für Ihren Brief! Wie sehr er m[ich ge]freut hat, brauche ich Ihnen nicht zu sagen. Daß mein Buch, dessen Widmung natürlich nicht von einem Tag zum andern, sondern aus jahrelangem Nachdenken entstanden ist – gerade jetzt erschienen ist, habe auch ich als eine sehr tröstliche Fügung betrachtet. Praktisch wird es natürlich keinerlei Einfluß auf mein Schicksal haben, aber ich habe es mir schon seit Jahr und Tag abgewöhnt, praktisch zu denken, und gedenke es auch weiter so zu halten. Übrigens hat das Ministerium mir nicht den Lehrauftrag selbst, sondern nur die Vergütung dafür gestrichen; ob das nur sozusagen ein Hohn ist oder eine bürokratische Bedeutung hat, kann ich nicht sagen, da ich auf mein Urlaubsgesuch noch keine Antwort habe. Das Gesuch habe ich, durchaus wahrheitsgemäß, damit begründet, daß ich zum Kolleglesen bis auf weiteres keine Zeit mehr haben würde, da ich nun meine volle Kraft auf den Erwerb außerhalb der Universität werfen müsse (Kehr hat mir noch einen zweiten MG-Auftrag mit eigener kleiner Bezahlung hinzugegeben). Ohne Sicheres zu wissen, vermute ich, daß meine akademische Laufbahn hiermit wohl überhaupt beendet ist. Maßgebend ist dabei für mich vor allem eine Äußerung, die Eckardt [sic!] über mich getan hat: es wäre Zeit, daß ich mir einen anderen Beruf suchte. Nun wissen Sie ja, daß mir an sich an der Lehrtätigkeit nichts gelegen ist, und können sich denken, daß ich in dieser Beziehung die neue Wendung (an der das Wesentliche war, daß nunmehr endlich auch Kehr erklärte, mein wei-

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104 BRIEFE teres Verbleiben an der Universität habe keinen Zweck mehr) mit Freuden begrüßt habe. Der dunkle Punkt ist aber, wie lange ich denn an den MG bleiben kann. Es gilt jetzt als sicher, daß Eckardt [sic!] (dessen Tätigkeit für die juristische Studienreform im Ministerium beendet sein soll und der augenblicklich bei der Reichswehr ist) am 1. April die MG übernimmt. Ein Gerücht, das ich für glaubwürdig halte, fügt hinzu, daß er die MG sofort nach Bonn mitnehmen wird, wohin er zurückkehren will. Daß er mich nicht dorthin mitnimmt, ist klar. Nun bezweifelt aber niemand, daß Kehr die Diplo­ mata noch behält; und er bemüht sich, »Diplomata et Epistolae« (zu den letzteren gehöre ich) als eine Abteilung hinzustellen. Möglich also, daß für mich doch noch eine Chance des Bleibens besteht, bis ich mit den übernommenen Editionen fertig bin (schätzungsweise Ostern 1937). Daß ich über kurz oder lang auch dort hinausfliege, betrachte ich als selbstverständlich; mein einziger Wunsch ist, bis dahin noch etwas Rechtes zu leisten. Vorerst kommt ein langer Aufsatz (1. Studie zur Hannoverschen Briefsammlung) ins NA . (der Druck des Heftes hat gerade begonnen), ein zweiter (über das Codex-Udalrici-Problem) in die Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte, ein dritter kurzer (über die Anfänge der staatlichen Propaganda im Investiturstreit) in die HZ; hoffentlich klappt das alles. Im nächsten Jahr müßte dann der 2. Teil der Studien zur Hannoverschen Briefsammlung, die Edition der letzteren sowie eine kleine Edition der Briefe Heinrichs IV . (als Schulausgabe) im Manuskript fertig werden. Meine Stellung zu Kehrs Akademie-Rede können Sie daraus entnehmen, daß ich das Exemplar, das er mir geschenkt hatte, nach der Lektüre weiterverschenkte: ich wollte es nicht in meine Bibliothek stellen. Doch will ich jetzt nicht über ihn zetern, mir gegenüber hat er sich anständig benommen. Wir haben nach halbjährigem »Abbruch der Beziehungen« Frieden geschlossen, wobei er einige hochhumoristiche Dicta tat, z. B.: »Sie haben mir ja mehr als einmal in die Suppe gespuckt, dabei müssen Sie doch selbst sagen, ’nen besseren Suppentopf als mich konnten Sie nicht finden« oder: »Wissen Sie, einfach sind Sie nich, aber ich habe ja auch lieber ’nen Unbequemen als ’nen Dummen« u. ä. Die Gießener Entscheidung, die ich erst aus Ihrem Brief erfuhr, tut mir für Sie natürlich leid, und daß sie sachlich falsch ist, mag auch sein, da man über Guttenbergs Lehrbefähigung ja noch nichts weiß. Aber ich glaube doch unbedingt, daß Sie bald eine andere Professur bekommen werden, denn nach

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dem, was ich höre, haben Sie doch eine gute Position. Zur Zeit sind noch Jena und Rostock frei (Brandis Professur soll am 1. April frei werden, aber an einen Neuzeitler vergeben werden) und andere Professuren werden schon noch folgen. Mit herzlichen Grüßen, auch von meiner Mutter, und Empfehlungen an die Ihrige stets Ihr C. Erdmann aus jahrelangem Nachdenken]Zur Entstehung der Widmung vgl. Bd. 1, S. 217–223. ein langer Aufsatz […], ein zweiter […], ein dritter]Carl Erdmann, Die Bamberger Domschule im Investiturstreit, in: ZBLG 9 (1936), S. 1–46; ders., Die Anfänge der staatlichen Propaganda im Investiturstreit, in: HZ 154 (1936), S. 491–512. Vom »Neuen Archiv« erschien kein weiteres Heft und deshalb auch nicht Erdmanns »langer Aufsatz«. Vielmehr gingen seine Untersuchungen zur Hannoverschen Briefsammlung in seine »Studien zur Briefliteratur Deutschlands im elften Jahrhundert« (Berlin 1938) ein (vgl. unten Nr. 52). Edition der Briefe Heinrichs IV.]Die Briefe Heinrichs IV., hg. von Carl Erdmann (MGH Deutsches Mittelalter 1), Leipzig 1937. Kehrs Akademie-Rede]P[aul] Kehr, Die Preußische Akademie und die Monumenta Germaniae und deren neue Satzung, in: Sitzungsberichte der Preußischen Akademie der Wissenschaften, Phil.-hist. Kl. 1935, Berlin 1935, S. 740–771. Gießener Entscheidung]Zum WS 1935/36 wurde Erich von Guttenberg auf das Ordinariat für mittlere und neuere Geschichte in Gießen berufen. Professuren]Zu Jena und Rostock vgl. oben zu Nr. 34 und Nr. 16. – Brandis Nachfolger in Göttingen wurde am 1. April 1936 Siegfried A. Kaehler.

43.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, den 23. November 1935 Lieber Herr Tellenbach! Vielen Dank für Ihren langen Brief und für [… Ot]to I.! Letzteren las ich gleich und bin sehr einver[standen]. Sie verstehen es, auch die Persönlichkeitsschilderung [sehr] glücklich einzuflechten (was mir wohl nie gelänge), aber die Hauptsache ist doch wohl auch in Ihren Augen die gesamtgeschichtliche

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106 BRIEFE Linie, die mir sehr gelungen scheint. Auch Ihre Desiderate gegenüber unserem »Charlemagne« werden daraus deutlich. Gerade die ersten Seiten bei Ihnen scheinen mir besonders treffend. Und was machen Sie jetzt (abgesehen von der Semesterarbeit und vom Druck der Libertas)? Ich kann mir ja vorstellen, wie unerwünscht Ihnen der Gedanke an das Repertoriums-Register ist, aber im Interesse der Sache muss ich doch hoffen, daß Sie jetzt dazu kommen. Ich bin durch die Dahlemer Archivtätigkeit jetzt mehrfach damit in Berührung gekommen und von der Notwendigkeit dieser Veröffentlichung mehr denn je überzeugt. (Beiliegend ein Stück aus einem Brief des Stettiner Archivdirektors Diestelkamp, der – indirekt – den noch nicht ausgegebenen Schlußteil Ihres Bandes benutzt hat und einige Korrekturen beisteuert.) Kürzlich kam Kühne hier vorbei und meinte, falls Sie nicht die Zeit zur Registerfabrikation fänden, würde er gegebenenfalls dazu bereit sein. Andernfalls behauptete Fink, der auf dem Wege zu seiner Braunsberger Vertretung ebenfalls hier durchkam, daß Sie es bestimmt selbst machen würden und den größten Teil schon fertig hätten – was natürlich auch das Beste wäre. Vielen Dank auch für Ihre Bemerkungen zu meinem Buch. Daß für die Zeit vor dem ausgehenden 10. Jahrhundert, wo meine eigentliche Untersuchung einsetzt, das Wesentliche erst noch zu tun ist, ist mir völlig klar, und ich vermute selbst, daß meine Bewertung dieser älteren Periode in manchem schief sein wird. Man könnte zweifellos ein weiteres Buch über die Kriegsidee in dieser älteren Zeit schreiben, und vermutlich würde sich dadurch der Ausgangspunkt für meine Darlegungen in einigem verschieben. Hoffentlich kommt mal einer, der das tut! Die Unterscheidung von Angriff und Verteidigung ist trotz aller Bedenken (vgl. auch bei mir S. 6 Mitte) für die Doktrin unentbehrlich; die Prägung des Kreuzzugsgedankens und dessen nachmalige Schwierigkeiten (z. B. Deutscher Orden) sind ohne das nicht zu verstehen. Interessant ist, daß Pius XI. in seinen Erklärungen zum Abessinien-Kriege auch diesen Kolonial-Krieg nach den Kategorien des »gerechten Krieges«, der legitimen Verteidigung usw. betrachtet sehen will! Daß Schmeidler (wegen unvorsichtiger Äußerungen auf einer Seminarfeier) beurlaubt ist und emeritiert wird, werden Sie wissen. Wie hier Chroust und Theodor Mayer erklärt haben, soll Guttenberg sein Nachfolger in Erlangen werden, und zwar im nächsten Frühjahr. Ob Sie dann doch noch nach Gießen kommen?

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Hier ist Perels beurlaubt und wird natürlich auch verabschiedet. Die Vertretung hat Klebel. Mir hat man den beantragten Urlaub natürlich gewährt und bei dieser Gelegenheit auch den Lehrauftrag als solchen entzogen (vorher war nur die Vergütung gestrichen). Vor vier Wochen erhielt ich von Frank eine persönliche Einladung zur Eröffnungsfeier seines Instituts, und zwar, soweit ich ermitteln konnte, als einziger aus der Historikerzunft (außer den Mitgliedern des Instituts und des Beirates). Ich schrieb ihm höflich, daß ich es für taktvoller hielte, fortzubleiben. Das hat ihn nicht abgehalten, mir heute den gedruckten Text seiner Rede zu senden (»Zunft und Nation«, Hanseatischer Verlag). Ich finde sie ausgezeichnet. Wenn man bedenkt, daß dies Institut und die MG jetzt Paralleleinrichtungen des Reiches sind und daß man also diese Rede mit Kehrs letzter Akademierede in Parallele stellen muß – du mein Himmel! Aus ausgezeichneter Quelle erfuhr ich, daß Hitler unsern »Charlemagne« seinerzeit in der Hand gehabt, speziell den Beitrag Windelbands gelesen, einen starken Eindruck davon erhalten und daraufhin von Rosenberg verlangt habe, die Propaganda gegen Karl den Großen müsse aufhören. Ob er auch die übrigen Beiträge gelesen hat und ob sich auf diesem Wege die stellenweise auffallenden Berührungen zwischen seiner letzten Nürnberger Rede und einigen Stellen gerade meines Beitrages erklären, kann ich nicht sagen. Mit herzlichen Grüßen auch von meiner Mutter und Empfehlungen an die Ihrige stets Ihr Carl Erdmann Ihren langen Brief]Handschriftlicher Entwurf im NL Tellenbach vom 24. Oktober 1935 mit ausführlicher Würdigung von Erdmanns Buch: »Kritisch kommen Sie eigentlich überall, wo Sie sich mit den Problemen näher einlassen, mindestens noch einige Schritte über die bisherige Forschung hinaus. Doch das ist man bei Ihnen ja schon gewohnt. […]Über den Grundgedanken bin ich sehr erfreut: Die Stellung der Kirche zum Krieg ändert sich mit der fortschreitenden Verchristlichung der Welt.« Auch in der Beurteilung Gregors VII., der Rolle des ritterlichen Adels und der Ambivalenzen der kirchlichen Lehre stimme er mit Erdmann überein: »Ich habe sehr viel gelernt und tagelang über Ihr Buch nachgedacht.« Was ihm Erdmann über seinen »Friedensschluss« mit Kehr mitgeteilt hatte, fand Tellenbach »sehr nett. Ich bin ja auch seit einigen Jahren der Meinung, dass er – trotz allem – eine sehr positive Grösse ist. Wie er sich Ihnen gegenüber benimmt, obwohl Sie ihm tatsächlich oft recht grob gekommen sind, spricht mir auch für ihn« (NL Tellenbach, 230).

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108 BRIEFE Otto I.]Gerd Tellenbach, Otto der Große, in: Die großen Deutschen 1, Berlin 1935, S. 58–75. Repertoriums-Register]Vgl. oben zu Nr. 6. Braunsberger Vertretung]1935–1940 lehrte Fink als ao. Prof. für Kirchengeschichte an der Staatlichen Akademie in Braunsberg in Ostpreußen. Bemerkungen zu meinem Buch]Tellenbach hatte in seinem »langen Brief« geschrieben: »Ob Sie das 8. Jh. in der Geschichte des Heidenkrieges ganz richtig einschätzen, weiss ich nicht. Der Quellenmangel macht die Frage sehr schwierig.« Erklärungen zum Abessinien-Kriege]Pius XI. hatte im August 1935 halböffentlich zu dem drohenden Eingreifen Italiens in Äthiopien Stellung genommen und einen Angriffskrieg als »ungerechten Krieg« bezeichnet. Die internationale Presse berichtete darüber. In einer Botschaft an Mussolini bezeichnete der Papst den bevorstehenden Krieg als Todsünde (Kertzer, Der erste Stellvertreter, S. 226–229, 481 f. Anm. 14; Lucia Ceci, The Vatican and Mussolini’s Italy, Leiden – Boston 2017, S. 178 f., 186 f.). Schmeidler […] beurlaubt]Bernhard Schmeidler soll während eines »Seminarabends« das Vorgehen Hitlers und der Nationalsozialisten gegen die Sozialdemokratie in der Weimarer Republik als »hetzerisch« bezeichnet haben. Durch einen Studenten denunziert, wurde er am 28. Oktober 1935 beurlaubt und im März 1936 in den Ruhestand versetzt. Vgl. Herbers, Von Venedig, hier S. 92 f. Guttenberg sein Nachfolger]Erich von Guttenberg wurde schon zum SS 1936 von Gießen nach Erlangen berufen. Perels beurlaubt]Ernst Perels wurde nach 1933 wegen seiner langjährigen Zugehörigkeit zu den Monumenta an der Universität vorerst geduldet, fiel aber nach Verkündung der Nürnberger Gesetze einer zweiten Entlassungswelle zum Opfer. Er wurde als »Mischling I. Grades« klassifiziert, galt aber als Jude. Am 19. Oktober 1935 wurde er beurlaubt, zum Jahresende schließlich entpflichtet (Oberling, Ernst Perels, S. 180–190). Lehrauftrag als solchen entzogen]Reichs- und Preußisches Ministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung an Erdmann, 16. Okt. 1935 (München, Archiv der MGH, B 685). Einladung zur Eröffnungsfeier]Zur feierlichen Eröffnung des Reichsinstituts für Geschichte des neuen Deutschlands am 19. Oktober 1935 vgl. Heiber, Walter Frank, S. 273–278; zum Personal: ebd., S. 265–273. Kehrs […] Akademierede]Vgl. oben zu Nr. 42. Nürnberger Rede]Die Reden Hitlers am Parteitag der Freiheit 1935, München 1935, S. 71–86.

44.  An Percy Ernst Schramm (NL Schramm. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, den 25. November 1935 Sehr geehrter Herr Professor! Besten Dank für Ihren Brief. Vorerst sind die Dinge für mich noch nicht schlimm. Aus der Universität bin ich zwar heraus, vermutlich endgültig, wo-

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rüber ich keine Träne weine. Bei den MG aber hat Kehr mir zu dem alten Auftrag noch einen zweiten kleinen hinzugegeben, sodaß ich einstweilen, wenn auch etwas kümmerlich, mit meiner Mutter weiterexistieren kann. Wie lange noch, weiß ich freilich nicht. Gewiß war ich mit Frank wegen des Lehrauftrags ins Reine gekommen und hatte diesen ja auch ein Semester lang besessen. Frank hat seine Stellung zu mir auch jüngst noch dadurch bekundet, daß er mich zur Eröffnung seines Instituts einlud, und zwar, soweit ich ermitteln konnte, als einzigen aus der eigentlichen Zunft (außer den Mitgliedern und Beiräten des Institutes selbst). Ich erwiderte ihm höflich, daß ich es für taktvoller hielte fortzubleiben, was ihn aber nicht abgehalten hat, mir die soeben im Druck erschienene Rede zuzusenden, die übrigens wieder ausgezeichnet ist. Aber Frank sitzt ja nicht im Ministerium. Dort walten Eckhardt und Engel, und ersterer hat seine Stellung zu mir schon vor längerer Zeit kundgetan mit den Worten: »Für E. wäre es Zeit, sich einen neuen Beruf zu suchen.« Besten Dank auch für das Besprechungsangebot. Doch hat für die HZ bereits Hampe, für die DLZ Robert Holtzmann, für die ZKG Walther Holtzmann die Besprechung übernommen. Wäre es nicht auch sträflicher Optimismus, zu glauben, daß heute höheren Ortes etwaige wissenschaftliche Erfolge noch irgend einen Einfluß haben? Mit vielen Grüßen Ihr ergebener C. Erdmann [von Hand nachgetragen] Übrigens hat Klebel die Vertretung für den beurlaubten Perels. Für den Kenner der persönlichen Verhältnisse ist damit alles erklärt. im Druck erschienene Rede]W. Frank, Zunft und Nation (vgl. zu Nr. 43). Zeit, sich einen neuen Beruf zu suchen]Vgl. oben Nr. 42. Besprechung übernommen]Karl Hampe in: HZ 153 (1936), S. 579–583; Robert Holtzmann in: Deutsche Literaturzeitung 57 (1936), Sp. 678–680; Walther Holtzmann in: Zeitschrift für Kirchengeschichte III 7 (1936), S. 152–154. – Schramm hat das Buch dann im Rahmen einer Sammelbesprechung rezensiert (Vergangenheit und Gegenwart 26 [1936], S. 550 f.). damit alles erklärt]Der Wiener Privatdozent Ernst Klebel hatte sich offen zum Nationalsozialismus bekannt. Deshalb war ihm am 1. Oktober 1934 vom österreichischen Unterrichtsministerium die Lehrbefugnis entzogen worden (Ziegler, Ernst Klebel, S. 503–508).

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110 BRIEFE 45.  An Peter Rassow (NL Rassow, 98. – Postkarte; masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, den 25. November 1935 Lieber Herr Rassow! Herzlichen Dank für Ihren Aufsatz! Ich las ihn mit brennendem Interesse, erstens um der Sache willen, zweitens wegen Ihrer klaren und interessanten Darstellungsweise, drittens weil es schon damals das Erlebnis dieser Dinge gewesen ist, das mir den Anlaß zu meinen Studien über den Kreuzzugsgedanken gegeben hat! Leider kann ich Ihnen zur Zeit nur einen für die Hss.Bibliotheken angefertigten, extrem fachlichen und langweiligen Sonderdruck aus meinem kürzlich erschienenen Buch über die Entstehung des Kreuzzugsgedankens zusenden. Von dem Buch selbst habe ich leider nur so wenig Exem­ plare bekommen, daß ich Ihnen keines schicken kann. Aber könnten Sie es nicht durch Rezension erwerben? HZ (Hampe), DLZ (Robert Holtzmann) und ZKG (Walther Holtzmann) sind allerdings schon vergeben, doch findet sich vielleicht noch eine andere Zeitschrift, die Ihnen paßt. Im übrigen geht es mir gut. Den Lehrauftrag hat man mir entzogen und ich habe mich von der Universität beurlauben lassen, vermutlich auf Nimmerwiedersehn, worüber ich keine Träne weine, da ich die MG-Arbeit bisher behalten kann und sogar vermehren konnte. Schreiben Sie auch einmal ein paar Worte! Mit herzlichen Grüßen Ihr C. Erdmann Aufsatz]Peter Rassow, Die Kriegsschuldfrage in ihren Abwandlungen während des Krieges, in: Berliner Monatshefte. Zeitschrift zur Vorgeschichte und Geschichte des Weltkrieges 13 (1935), S. 902–931. Sonderdruck]Vgl. oben zu Nr. 41. andere Zeitschrift]Rassows Besprechung erschien in: VSWG 30 (1937), S. 82–84. ein paar Worte]Rassow antwortete am 13. Dezember 1935: »[…]Was Sie von Ihrer akademischen Situation schreiben, bedaure ich ganz außerordentlich, besonders deshalb, weil – in vollem Gegensatz zu Ihnen selbst – ich nach wie vor Sie für einen Dozenten halte, auf den die deutsche Universität nicht verzichten dürfte. Leider bin ich ganz ohne Einfluß« (NL Rassow, 98).

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46.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 15. Januar 1936 Lieber Herr Tellenbach! Herzlichen Dank für Ihr Buch, das ich vor vier T[agen] bekam. Ich habe es inzwischen gelesen und bin besonders (l[achen] Sie bitte nicht!) von den verfassungsgeschichtlichen Abschnitten angetan. Sehr gut finde ich besonders den 2. Abschnitt des I. Kapitels. Ich glaube Sie richtig verstanden zu haben, wenn ich als Konsequenz hinzufüge: das Mittelalter kannte den Begriff »unfrei« nicht und konnte ihn nicht kennen, denn ganz ohne libertas wäre höchstens jemand gewesen, der nach unseren Begriffen gerade in einer besonderen Weise »frei« wäre, nämlich der Vogelfreie. Die Brücke von hier zur »libertas ecclesiae« des Investiturstreits ist ja wohl das Thema probandum des Ganzen, das ich durchaus als bewiesen betrachte. Ich erkenne deshalb jetzt auch an, daß meine Formulierungen auf S. 65 oben meines Buches über die Kirchenreform Falsches enthalten. Von den späteren Kapiteln habe ich besonders das IV. mit großer Freude gelesen, das am stärksten geschichtserzählend und verfassungsgeschichtlich ist; die Wende von 1058 kommt sehr schön heraus. Nicht ebensoviel fange ich mit den Theologica an; ob das mehr an meiner Interesselosigkeit für diese Gegenstände oder daran liegt, daß Ihnen letztlich das Historisch-verfassungsgeschichtliche doch am meisten liegt, vermag ich nicht zu entscheiden. Die Berührungen zwischen unseren beiden Büchern sind eigentlich nicht sehr stark und jedenfalls geringer, als man nach der beiderseitigen Themenstellung erwarten würde. Auch in der Methode der Beweisführung ist wohl ein gewisser Unterschied vorhanden, indem Sie nicht so stark wie ich in der Nähe des Details bleiben. Aufgefallen ist mir sonst wie

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112 BRIEFE auch noch gelegentlich Ihre Romfreudigkeit; einen Satz wie den, daß der Mainzer Erzbischof die deutsche Form der Liturgie gegenüber dem Papste »rücksichtslos und gewaltsam« vertreten habe, hätte ich doch nicht hingeschrieben. Das hängt alles wohl damit zusammen, daß Sie die Zusammenhänge ganz und gar aus dem Innern der kirchlichen Entwicklung heraus zeichnen, was natürlich sein gutes Recht hat, namentlich gegenüber der Einseitigkeit der üblichen machtpolitischen Betrachtungsweise. So wird Ihre sehr eigenartige und zweifellos tiefdringende Darstellung sicherlich manche eingewurzelte Vorurteile zu beseitigen vermögen, auch wenn man für die Grundthese, daß der Gregorianismus eine notwendige Konsequenz des Katholizismus sei, wohl mit Widerspruch rechnen muß. Eigenartigerweise ist genau gleichzeitig das Buch von Ladner erschienen »Theologie und Politik vor dem Investiturstreit. Abendmahlslehre und Kirchenreform«, das ich vorhin bei Kehr flüchtig sah und das sich thematisch mindestens zum Teil sehr stark mit dem Ihren berührt. Doch zweifle ich nicht, daß bei der Ausführung die etwaigen Ähnlichkeiten sehr bald aufhören werden. Haben Sie es schon? Verblüffend das Verhalten der Notgemeinschaft. Hat man Ihnen einen Grund angegeben? Im übrigen vielen Dank auch für Ihren Brief von vor drei Wochen. Ihr eigentümlicher Traum, daß ich viele Fehler in den Anmerkungen Ihres Buches konstatieren würde, war restlos verkehrt. Einen Druckfehler (ich glaube: Organisation) habe ich bemerkt, sonst nichts. Und dann sagte mir Ramackers, der Ihr Buch bei Kehr sah, es heiße nicht St. Evreux, sondern St. Evroul. Aber sonst wüßte ich nichts an Fehlern, auch in den angeführten Editionen usw. habe ich nichts bemerkt, im übrigen aber natürlich auch nicht eigens danach gefahndet. Und ich gebe mich der Hoffnung hin, daß ich in Ihrem wachen Bewußtsein eine sympathischere Rolle spiele als in Ihren Träumen! Von meinem Buch bekam ich sogar nur 15 Exemplare – und es kostet 24 M, was für den Absatz natürlich tödlich ist. Äußerungen darüber habe ich nur sehr wenige bekommen, die meisten (auch Kehr und Brackmann) schweigen sich aus, sowohl mündlich wie schriftlich. Aber das ist wohl immer so. Eckhardt ist in der Tat abgeschossen, und zwar gerade mit Bezug auf die MG. Er soll in erster Linie an seinem Gegensatz zu Frank gescheitert sein. Die Zukunft der MG ist also völlig unbekannt. Klebels Interview in der Germania hat dem Völkischen Beobachter (d. h. Frank) den Anlaß gegeben, um das Miß-

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trauensvotum gegen Eckhardt zu veröffentlichen; Klebel ist dadurch in doppelte Ungnade gefallen. Wenn Sie im Seminar die Vita Heinrici IV behandeln, so nehmen Sie doch auch meine Meinungsverschiedenheit mit Pivec betr. [der Schluss des Briefs hsl.] cap. 10 vor (zuletzt Pivec MÖIG 48 in seiner Schlußpolemik gegen Hellmann); er hat meine in einer Anmerkung im NA kurz angedeuteten Argumente garnicht kapiert. Hellmanns Aufsatz ist in der Tat höchst wertvoll, wenn ich auch nicht in allem zustimme; ich habe im NA. 50 sogar zwei Nachrichten (für SS und Epp.) davon gemacht. Herzliche Grüsse! Ihr C. Erdmann 2. Abschnitt des I. Kapitels]Tellenbach, Libertas (oben zu Nr. 3), S. 14–32: Über die Struktur des mittelalterlichen Rechtes und dessen Libertasbegriff. Wende von 1058]Ebd., S. 109–150: Der Kampf gegen die Laienherrschaft in der Kirche. Der Investiturstreit; S. 130–134 zu den »Libri tres adversus simoniacos« des Kardinalbischofs Humbert von Silva Candida von 1058, für Tellenbach das Jahr, in dem die »Grundidee der gregorianischen Bewegung« durchgebrochen sei (S. 144). »rücksichtslos und gewaltsam«]Ebd., S. 170 zum Weihnachtsgottesdienst 1052, den Papst Leo IX. zusammen mit Erzbischof Luitpold von Mainz beging. Dabei kam es zu heftigem Streit über die liturgischen Unterschiede zwischen Deutschland und Rom. Buch von Ladner]Gerhart Ladner, Theologie und Politik vor dem Investiturstreit. Abendmahlsstreit, Kirchenreform, Cluni und Heinrich III., Baden bei Wien 1936. Gegensatz zu Frank]Vgl. dazu oben zu Nr. 31. Klebels Interview]Ernst Klebel hatte in einem »Gespräch« mit einem Journalisten nebenbei bemerkt, dass Karl August Eckhardt bei den MGH wie auch in der Gesamtleitung der historischen Kommissionen als »der kommende Mann« gelte (Deutsche Geschichtswissenschaft und Mittelalter. Aus einem Gespräch mit einem Dozenten, in: Germania. Zeitung für das deutsche Volk, 8. Dez. 1935, Sonntags-Beilage, S. 2–4). Deshalb wurden er und die Zeitung im »Völkischen Beobachter« angegriffen: Die Veröffentlichung verkenne, dass sich »kommende Männer« im Dritten Reich nicht durch Ankündigungen in einer Zeitung, »sondern durch das Vertrauen der zuständigen Stellen der nationalsozialistischen Partei ud des nationalsozialistischen Staates auszuweisen pflegen« (Kommende Männer? in: Völkischer Beobachter, 13. Dez. 1935, S. 5). Der Artikel war Bestandteil des Intrigenspiels gegen Eckhardt (vgl. ausführlich Heiber, Walter Frank, S. 864–867). Anmerkung im NA]Carl Erdmann, Zu den Quellen des Codex Udalrici, in: NA 50 (1935), S. 445–453, hier S. 449 Anm. 2. – Karl Pivec, Studien und Forschungen zur Ausgabe des Codex Udalrici, III. Teil: Die Briefe Heinrichs IV. und der Päpste aus der Frühzeit des Investiturstreites. Der Anhang an den Codex nach 1134, in: MÖIG 48 (1934), S. 322–413. zwei Nachrichten]NA 50 (1935), S. 688 f., 770 f. zu Siegmund Hellmann, Die Vita Heinrici IV. und die kaiserliche Kanzlei, in: Historische Vierteljahrsschrift 28 (1934), S. 273–334.

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114 BRIEFE 47.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 9. II. 1936 Lieber Herr Tellenbach! Vielen Dank für Ihren Brief vom 20. 1. Daß der Schluß Ihrer Libertas alles andere als romfreundlich ist, hatte ich wohl gesehen, darauf bezog sich auch meine – gewiß schiefe – Bemerkung über die These vom »Gregorianismus als notwendige Konsequenz des Katholizismus«, die mit Widerspruch (nämlich bei den Katholiken) rechnen müßte. Nur innerhalb der Geschichtsdarstellung selbst ist Ihre Stimmung doch meist eine recht andere. Zu Leo IX. in Mainz: war die Sache nicht so, daß Leo seinerseits zuerst den Gottesdienst gewaltsam unterbrochen hatte, indem er den Diakon schweigen hieß und degradierte? Kienast sehe ich nur verhältnismäßig selten; als es das letzte Mal der Fall war, versäumte ich leider, ihn nach dem Referenten für die Libertas zu befragen. Ich bin aber überzeugt, daß die Leute sich um die Besprechung reißen werden, Stutz hielt neulich auf dem »Mittelalterlichen Abend« eine lange Preisrede auf das Buch, und Brackmann, den ich kürzlich zufällig bei Antritt einer Reise nach Königsberg traf, hatte sich die Libertas als Reiselektüre eingesteckt (bei welcher Gelegenheit er gestehen mußte, daß er mein Buch noch nicht gelesen habe – was er dann wohl auch nicht mehr tun wird). Was meinen Sie im übrigen über die jetzige HZ? Das letzte Heft ist einigermaßen skandalös, der Niedergang offenkundig. Mit sehr geteilten Gefühlen sehe ich dem nächsten Heft entgegen, in dem ein Aufsatz von mir (über die Propaganda-Briefe Heinrichs IV.) erscheinen wird. Ich habe sehr geschwankt, ob ich ihn der jetzigen HZ geben sollte, entschloß mich dann doch dazu, weil 1. Kienast (der seinerseits natürlich nur Wissenschaft will) mich darum bat, 2. Karl Alexander v. Müller bestimmt auch den Wunsch hat, die Wissenschaft zu retten, nicht sie zu politisieren, 3. ich mich gegenüber Frank (der der heimliche Diktator der HZ ist und von dem natürlich die Gefahr kommt) immerhin persönlich verpflichtet weiß, 4. ich es auch falsch fände, geradezu Ob­ struktion zu treiben: schließlich geht es um die Wissenschaft Deutschlands, und wenn diese von der Gegenseite durch Gleichschaltungsversuche gefährdet wird, so wollen wir sie nicht durch Obstruktion vollends ruinieren.

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Darüber, daß mein Schreiben in der gleichgeschalteten HZ, und über ein »Propaganda«-Thema, etwa als ein Gleichschaltungsversuch meinerseits ausgelegt werden könnte, haben mich alle, die ich fragte, völlig beruhigt; der Inhalt enthält natürlich nichts davon, und außerdem wurde mir erklärt, daß ich über einen solchen Verdacht hinaus wäre. Bei den Monumenta gilt es jetzt als sicher, daß Kehr (der eine matte Periode hinter sich hat, aber zuletzt wieder sehr intensiv gearbeitet hat) im April noch vorläufig verlängert wird. Ein Nachfolger ist nicht gefunden; man diskutiert jetzt die Möglichkeit, daß Eckhardt später, wenn Gras über seinen Skandal gewachsen ist, wieder aus der Versenkung auftaucht. Kehr hofft die Diplome Karls des Dicken bis Oktober ganz herausbringen zu können, und will dann sofort die Heinrichs IV. in den Druck schicken. Es ist ein tolles Tempo, das wohl nicht ganz eingehalten werden wird und jedenfalls nur dadurch denkbar ist, daß er in v. Gladiß einen Mitarbeiter von ungewöhnlicher Befähigung und vor allem staunenswerter Arbeitskraft gefunden hat, vor dessen Sitzfleisch einerseits, Arbeitsintensität anderseits wir andern alle uns ganz klein vorkommen. Mein eigenes Verhältnis zu Kehr ist zwar keineswegs herzlich, aber immerhin normal geworden, die gesamte Lage für mich ausgesprochen entspannt. Ich bin weiter eifrig bei meiner Hannoverschen Sammlung, über die allein in diesem Jahr voraussichtlich vier Aufsätze von mir erscheinen werden, Weiteres – sowie die Edition selbst – dann im nächsten Jahr. Außerdem eine kleine Edition der Briefe Heinrichs IV., dazu zunächst der Aufsatz in der HZ und später wohl auch noch anderes. Kurz, ich bin wieder in einer Periode der Aufsatz-Inflation, aber das ist nun einmal der einzige Weg, auf dem ein großes Problemgebiet wie die Briefliteratur aufgehellt werden kann; denn über einen solchen Stoff ein Buch herauszubringen, wie ich es zeitweilig plante und stoffmäßig sehr wohl könnte, ist buchhändlerisch unmöglich. Eine praktische Zusammenfassung gebe ich dann im neuen Wattenbach, für den ich das Briefsammlungs-Kapitel (Ottonen- und Salierzeit) übernommen habe. Kehr ist übrigens heute wieder in Richtung Rom abgefahren, will Ende März zurückkommen. Zeitweilig ging hier das Gerücht, mit Franz in Heidelberg habe sich die Sache als unmöglich herausgestellt und man wolle jetzt wieder einen richtigen Mittelaltliker hinsetzen; st[immt da]ran überhaupt irgendetwas? Insbesondere wurde Walther Holtzmann al[s] Kandidat genannt, falls er nicht nach Bonn käme. Anderseits schrieb mir Jordan vor ein paar Tagen, da die Universität

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116 BRIEFE Halle, wie jetzt feststände, bestehen bliebe, würde Holtzmann auch dort bleiben, da er in der sonst überalterten Fakultät der einzig mögliche Dekan sei. Über Gießen habe ich nichts mehr gehört. Hier ist in der Fakultätskommission neulich über die Nachfolge Perels beraten. Der Dekan erklärte selbstverständlich, mich könne er nicht vorschlagen, von den anwesenden Professoren erklärten aber einige, daß die Fakultät ja nur wissenschaftlich zu gutachten hätte. Das Ergebnis soll angeblich sein, daß der Dekan genötigt wäre, mich mit zu nennen und dann die Gründe seiner Ablehnung anzugeben; auf die Liste selbst komme ich selbstverständlich nicht. Es gilt als wahrscheinlich, daß Engel sich selbst kommissarisch mit der Wahrnehmung der Professur betrauen wird. Da auch Hamburg neu zu besetzen ist (Hashagen ist wegen einer Rede, die außenpolitisch angestoßen hat, abgesetzt), so sind im Frühjahr also mehrere mittelalterliche Posten zu besetzen. Selbstverständlich werden Sie wiederholt genannt, neuerdings soll ferner Kienast wieder infrage kommen, vielleicht auch Rassow. Lintzel wird voraussichtlich von Kiel versetzt wegen seiner Schwierigkeiten mit dem dortigen NS-Studentenbund. Es gibt möglicherweise ein großes Revirement; ich bin nur froh, daß ich mir das in aller Seelenruhe mit ansehen kann. Im ganzen habe ich eine recht gute Zeit, gewissermaßen auf der ganzen Linie Windstille, die mir gut bekommt; ich arbeite nicht übermäßig intensiv, aber doch mit befriedigendem Resultat, und habe in der letzten Zeit sogar die Fähigkeit zum Musizieren (Klavier) wiedergewonnen, die mir vorher jahrelang abhanden gekommen war. In der Hoffnung, von Ihnen auch gute Nachrichten zu bekommen, und mit herzlichen Grüßen auch von meiner Mutter stets Ihr Carl Erdmann Brief vom 20. 1.]Handschriftlicher Entwurf im NL Tellenbach, 230. Tellenbach hatte sich darin mit dem »Vorwurf der Romfreundlichkeit« auseinandergesetzt und seine Deutung des Konflikts Leos IX. mit dem Mainzer Erzbischof Luitpold verteidigt, worauf dann wiederum Erdmann einging. Leo IX. in Mainz]Vgl. oben zu Nr. 46. auf dem »Mittelalterlichen Abend«]Kreis von Mediävisten und Monumentisten, die sich monatlich einmal in »bürgerlichen Gaststätten« trafen, um Forschungsprobleme zu besprechen; von Erich Caspar begründet, nach dem Krieg fortgeführt, mittlerweile als »Carl-Erdmann-Colloquium« (vgl. Fuhrmann, Sind eben alles, S. 103).

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1936 117 das letzte Heft]Gemeint ist Bd. 153, Heft 1 mit einem Geleitwort des neuen Herausgebers Karl Alexander von Müller, Walter Franks Rede über »Zunft und Nation« und Erwin Hölzles Bekundungen zu »Volks- und Rassenbewußtsein in der englischen Revolution« (vgl. Berg, Karl Alexander von Müller, 250–255). Aufsatz von mir]Vgl. oben zu Nr. 42. Diplome Karls des Dicken […] Heinrichs IV.]Oben zu Nr. 26. Die Urkunden Heinrichs IV. brachte Kehrs Mitarbeiter Dietrich von Gladiß heraus. Briefsammlungs-Kapitel]Carl Erdmann, Briefsammlungen, in: Wilhelm Wattenbach / Robert Holtzmann, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter. Die Zeit der Sachsen und Salier, 2. Teil, H. 3, Berlin 1940, S. 415–442. Franz in Heidelberg]Günther Franz wurde nach nur zwei bzw. drei Semestern in Heidelberg zum WS 1936/37 nach Jena versetzt, Fritz Ernst nach Heidelberg berufen. Universität Halle]Zu den schon in der Weimarer Republik angestellten und erst 1937 ad acta gelegten Überlegungen, die Universität Halle zu schließen, vgl. Eberle, Die MartinLuther-Universität, S. 157–163. Nachfolge Perels]Erdmann wurde – neben Rudolf von Heckel und Wilhelm Engel – auf der Vorschlagsliste genannt, aber Dekan Bieberbach teilte dem Ministerium mit, dass er – »im Hinblick auf frühere Vorkommnisse« – nicht ernstlich in Betracht gezogen werden könne (Berlin, Archiv der Humboldt-Universität, P 61, Bd. III, Bl. 6–11, 16 [6.–13. Februar 1936]). Hashagen]Justus Hashagen wurde wegen regimekritischer Äußerungen während einer Mittelmeerkreuzfahrt denunziert, aufgrund des Heimtückegesetzes angeklagt und schließlich in den Ruhestand versetzt. Vgl. Peter Borowsky, Justus Hashagen, ein vergessener Hamburger Historiker, in: Zs. des Vereins für Hamburgische Geschichte 84 (1998), S. 163–183. Lintzel]Lintzel wurde wegen seiner Haltung im Streit um Karl den Großen im Organ der Gaustudentenschaft angegriffen und bat den Minister um Schutz. Daraufhin wurde er zurück nach Halle versetzt (Eberle, Die Martin-Luther-Universität, S. 156 f.).

48.  An Erich von Guttenberg (NL Guttenberg, II 279 – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 16. Februar 1936 Sehr geehrter Herr Baron Guttenberg! Herzlichen Dank für Ihren Brief und für die Druckbogen, die ich einstweilen, da Sie nichts über Rücksendung schreiben, hier behalte und eifrig benutze. Ein Urteil darüber kann ich mir bei meiner geringen Orientiertheit über den Stoff kaum erlauben, aber wenn ich schließen kann nach den Diensten, die das Opus m i r leistet, dann ist es s e h r wertvoll. An den wenigen Punkten, wo Sie von meinen Annahmen abgewichen sind, haben Sie vermutlich Recht. Fast

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118 BRIEFE möchte ich wünschen, daß Sie noch öfter meine Behauptungen korrigiert hätten, denn ich selbst halte jetzt ein erhebliches Quantum meiner damaligen Auslassungen für irrig, namentlich in der Chronologie. Freilich macht das für Sie nicht viel aus, denn wenn man diese oder jene Einzelheit innerhalb der Jahre 1060–64 etwas verschiebt, so ist das für Ihre kurze Übersicht ja ziemlich gleichgültig. Nur an einem Punkte weiche ich von Ihnen und von a l l e n bisherigen Darstellungen stärker ab: beim Prozeß Bischof Hermanns. Darüber muß ich in den nächsten vier oder sechs Wochen eine eigene Abhandlung schreiben, besonders deshalb, weil sich dort die Quellenbasis erheblich verschiebt. Auch sonst werde ich in der kommenden Zeit den wissenschaftlichen Markt mit einigen Bamberger Aufsätzen überschwemmen müssen, die ich alle in einem Buch über die Bamberger Briefliteratur jener Zeit zusammenfassen werde, wenn ein solches Buch heute gedruckt werden könnte. Bereits in Fahnenkorrekturen habe ich einen Aufsatz in der Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte über »die Bamberger Domschule im Investiturstreit«, der im wesentlichen über den Codex Udalrici und die damit zusammenhängenden Briefsammlungen und die Frage des »Reichsarchivs« handelt. Ein anderer kurzer Aufsatz »Fabulae curiales. Neues zum Spielmannsgesang und zum Ezzo-Liede«, der das Germanistische aus den Meinhardbriefen zusammenstellt, kommt in der Zeitschrift für deutsches Altertum. Die Haupt-Abhandlung über die Meinhard-Briefe soll als II. Teil meiner »Studien zur Hannoverschen Briefsammlung« im NA erscheinen; der I. Teil dieser Studien (über die Hildesheimer Briefe) kommt in dem in etwa sechs Wochen erscheinenden nächsten Heft. Außerdem bringt (unbeschadet meines schlechten Rufes) Ende März sogar die neue HZ einen Aufsatz über »die Anfänge der staatlichen Propaganda im Investiturstreit«, d. h. im wesentlichen über die politischen Briefe Heinrichs IV. Sie sehen also, daß ich keinerlei Anlaß habe, mich über schlechte Behandlung und ungenügende Wirkungsmöglichkeit zu beschweren, zumal ja erst im vergangenen September mein Buch über den Kreuzzugsgedanken mit einem Druckzuschuß der Notgemeinschaft erschienen ist; es ist mir unter w i s s e n s c h a f t l i c h e r Perspektive, die mir ja doch die Hauptsache ist, noch nie so gut gegangen wie jetzt! Indem ich Ihnen das Gleiche wünsche, und nochmals mit bestem Dank Ihr ergebener Carl Erdmann

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1936 119 Druckbogen]Erich von Guttenberg, Das Bistum Bamberg, Teil 1, Berlin 1937. Prozeß Bischof Hermanns]Bischof Hermann I. von Bamberg wurde vom Domkapitel bei Papst Gergor VII. wegen Simonie angeklagt. Nachdem er mehreren Vorladungen nach Rom nicht gefolgt war, verlor er sein Bistum. Guttenberg hielt die Anklagen für »stark von persönlichen Interessen beeinflußt«; ein »sicheres Urteil sei kaum zu gewinnen« (ebd. S. 106 f.). Erdmann dagegen hielt Hermann definitiv für einen Simonisten. Die angekündigte Abhandlung schrieb er jedoch nicht. Erst in seinen »Studien zur Briefliteratur« ging er ausführlich auf den Fall ein (unten zu Nr. 52, S. 232–244). Aufsatz in der Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte]Die Bamberger Domschule (oben zu Nr. 42). Fabulae curiales]C. Erdmann, Fabulae curiales. Neues zum Spielmannsgesang und zum Ezzo-Liede, in: ZfdA73 (1936), S. 87–98. Haupt-Abhandlung]Nicht im NA, sondern in Erdmanns »Studien zur Briefliteratur« (unten zu Nr. 52), S. 16–116. in dem in etwa sechs Wochen erscheinenden nächsten Heft]Nie erschienen (vgl. oben zu Nr. 42). Aufsatz]Die Anfänge der staatlichen Propaganda (oben zu Nr. 42).

49.  An Lotte Hampe (NL Hampe, Privatbesitz: Sammlung von Kondolenzschreiben zum Tode Karl Hampes. – Hsl. Or.) Berlin-Zehlendorf, 19. Februar 1936 Sehr verehrte gnädige Frau! Der unerwartete Tod Ihres Gatten hat mich tief betroffen. Ich war, wie Sie wissen, im letzten Jahre zum ersten Mal näher mit ihm in Berührung gekommen und habe ihn dabei – ganz abgesehen von seiner mir natürlich schon vorher bekannten Bedeutung als Gelehrter und Darsteller – vor allem als Charakter respektieren gelernt. Ich kann folglich sagen, daß aus der gesamten mir bekannt gewordenen Historikerschaft keiner mir rein menschlich so imponiert hat wie er. Ich glaube, daß ihm seine mutige Haltung ebenso unvergessen bleiben wird wie sein wissenschaftlicher Name. In Teilnahme an Ihrer Trauer Ihr ergebener Carl Erdmann

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120 BRIEFE Tod Ihres Gatten]Karl Hampe war am 14. Februar 1936 an den Folgen eines Fahrradunfalls gestorben (vgl. Reichert, Gelehrtes Leben, S. 297 f.).

50.  An Ernst Witte (München, Archiv der MGH, B 685. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 19. April 1936 Lieber Herr Doktor! Ja, Sie haben recht, es ist höchste Zeit wieder einmal zu einem Brief. Um gleich mit der Hauptsache anzufangen; der an den Monumenta Germaniae fällige Direktorwechsel hat jetzt stattgefunden, es ist aber nicht der im vorigen Jahre vorgesehene Mann ernannt worden (von dem für mich nichts Gutes zu erwarten war), sondern ein anderer namens Engel, der sich nach seinen früheren Äußerungen voraussichtlich positiv zu mir stellen wird. Falls er dauernd bleibt – er ist einstweilen nur kommissarisch ernannt und wird möglicherweise nach einem halben Jahr durch einen andern ersetzt – wäre es nicht undenkbar, daß ich überhaupt meine jetzige Stellung behalten kann. Der neue Chef ist erheblich jünger als ich, der Wissenschaft so gut wie unbekannt (aber immerhin Fachmann), war früher Archivar und ist seit dem Vorjahre Referent für unser Fach im Ministerium; seit ein paar Wochen ist er außerdem Privatdozent für historische Hilfswissenschaften an der hiesigen Universität, d. h. also als solcher – mein Nachfolger! Diese Sachlage ist etwas humoristisch, aber mir keineswegs unerwünscht; sie verstärkt noch die Sonderstellung, die mir allmählich zugefallen und durchaus nach meinem Wunsche ist. Der bisherige Chef Kehr ist vorerst noch als Abteilungschef in meiner Abteilung geblieben, was den Übergang erleichtert; da er mich auch geldlich gerade eben etwas aufgebessert hat, bin ich augenblicklich auch in dieser Beziehung aus den ärgsten Sorgen heraus. Kurz, mir sind mehrere Steine auf einmal vom Herzen gefallen. Ich weiß natürlich ganz genau, daß das alles im höchsten Maße unsicher ist und daß mein Glück möglicherweise nur von kürzester Dauer sein wird. Aber schon der Zustand, daß ich z. Zt. kein Damoklesschwert über mir direkt s e h e , ist doch als ein Gewinn zu buchen.

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Sie werden es deshalb auch verstehen, wenn Ihre Mahnungen, die Dinge nicht zu grundsätzlich und halsstarrig zu nehmen, gerade in diesem Augenblick keinen günstigen Boden bei mir gefunden haben. An sich möchte ich solchen Erwägungen keineswegs unzugänglich sein. Aber bitte überlegen Sie sich die Lage: Es ist seit Jahren mein höchster Wunsch, ganz der Forschungsarbeit leben zu können, ohne mich daneben mit Lehrtätigkeit (Universität) oder Verwaltungsarbeit (Bibliotheken, Archive o. dgl.) befassen zu müssen. Das ist, als Lebensberuf genommen, innerhalb der Geisteswissenschaften natürlich nur für ganz wenige Menschen überhaupt möglich, vielleicht in ganz Deutschland nur für ein paar Dutzend Menschen. Dieses Ziel habe ich jetzt wenigstens für eine gewisse Weile (deren Dauer sich nicht voraussagen läßt) erreicht, wenn ich absehe von meiner Dozententätigkeit am Archivinstitut, die mich nicht so übermäßig stört. Und wodurch habe ich es nach jahrelangen Mühen schließlich erreicht? Auf der einen Seite natürlich durch die wissenschaftliche Arbeit, auf der andern Seite aber ganz unzweifelhaft durch meine halsstarrige Grundsätzlichkeit im Politischen, durch die ich an der Universität unmöglich wurde! Ich brauche Ihnen ja nicht zu versichern, daß die Erreichung des beruflichen Zweckes dabei nicht meine Absicht war, sondern als ein großes Glück hinzugekommen ist. Immerhin: wäre dieser (bisherige) Endeffekt möglich gewesen, wenn meine Haltung wirklich nur aus Halsstarrigkeit

Ernst Witte (1868–1949).

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122 BRIEFE und in garnichts aus einer gewissen Beweglichkeit je nach den Umständen bestanden hätte? Ein guter Bekannter, der mich jahrelang nicht gesehen hatte, aber in der Zwischenzeit über meine Angelegenheiten unterrichtet war, begrüßte mich neulich beim Wiedersehen mit den Worten: »Gut geschoben!« Ich konnte nicht bestreiten, daß er, vom Effekt her gesehen, zu diesem Urteil eine gewisse Berechtigung hatte. Natürlich können Sie mir sagen, daß ich in hohem Maße mit dem Feuer gespielt habe und daß der Krug schließlich doch nur solange zu Wasser geht, bis er bricht. Das weiß ich alles ganz genau. Aber es ist doch schon etwas um den Grundsatz des »Gefährlich-Lebens«, besonders wenn ich sehe, daß die Erfüllung meiner irdischen und mich selbst betreffenden Wünsche wenigstens vorübergehend gerade auf diesem Wege erreicht ist. Und die voraussichtliche Kürze der Zeit war ja schließlich auch für weiland Achilles kein Abhaltungsgrund – wenn Sie mir diese größenwahnsinnige Reminiszenz an das Gymnasium gestatten. Kürzlich erschien Hampes Besprechung über mein Kreuzzugsbuch, die sehr anerkennend ist, »ein Buch von hohem Rang« usw. Sie freute mich umso mehr, als sie das Letzte ist, was Hampe, der vor zwei Monaten gestorben ist, geschrieben hatte. Nach Blankenburg hoffe ich im Spätsommer kommen zu können. Bis dahin alles Gute für Sie und Ihre Frau und herzliche Grüße von Ihrem Carl Erdmann [Hsl. Nachtrag] Viele Grüsse auch von meiner Mutter. Ihr und meinen Schwestern geht es gut, Veronika ist mit ihrem Mann auf einer Auto-Reise in Italien. der neue Chef]Wilhelm Engel amtierte von April 1936 bis Oktober 1937 als kommissarischer Leiter des Reichsinstituts. in meiner Abteilung]In der MGH-Abteilung »Epistolae«, der Erdmann mit seinem Editionsprojekt angehörte. Grundsatz des »Gefährlich-Lebens«]Friedrich Nietzsche, Die fröhliche Wissenschaft IV 283: Vorbereitende Menschen. weiland Achilles]Achille(u)s war geweissagt worden, dass er entweder ein langes, ruhmloses Leben führen oder jung und ruhmvoll vor Troja sterben werde. Nachdem ihn seine Mutter zunächst in Frauenkleidern verborgen hatte, verriet er sich durch sein Interesse an Waffen, nahm am Trojanischen Krieg teil und fiel unter den Mauern der Stadt. Hampes Besprechung]HZ 153 (1936), S. 579–583: »eine Leistung von hohem Rang«. Vgl. Hampes Einträge in seinem Tagebuch 1933–1936, 3./5./9./11./12./13./17./18. Januar 1936 (NL Hampe). mit ihrem Mann]Dr. rer. pol. Hans Heinrich Czapski, seit 1922 mit Veronika Erdmann verheiratet.

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51.  An den Dekan der Philosophischen Fakultät der Friedrich-Wilhelms-Universität (Ludwig Bieberbach) (Berlin, Archiv der Humboldt-Universität, UK 83, Bd. III, Bl. 5. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 12. 6. 1936 Euerer Spektabilität erlaube ich mir im Hinblick auf das Fakultät-Rundschreiben vom 8. d. M. schon jetzt generell mitzuteilen, daß ich – als beurlaubt – an keinerlei Veranstaltungen in der Universität teilnehme. Heil Hitler! Euerer Spektabiliät ergebenster Dr. Erdmann

52.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 14. Juni 1936 Lieber Herr Tellenbach! »Nachhutkämpfer für eine verlorene Sache«, die [Stim]mung kenne ich gut, obgleich Sie, wie Sie gleich selbst [hinz]ufügen, auf meine Stellung nicht ganz im gleichen Maße paßt. Und ich sage mir: ist die Sache gut, und die entgegenstehende Sache die schlechtere, so ist es ja gleichgültig, ob die gute Sache gerade im Aufsteigen oder im Absteigen begriffen ist. Und außerdem sage ich mir, daß es im Geistigen keinen endgültigen Tod gibt und daß man nicht wissen kann, wie tief und breit das Tal bis zum neuen Aufstieg sein wird. So macht mich denn mein im übrigen auch faustdicker Pessimismus in keiner Weise irre an dem Ziele, die Forschung auf der Höhe zu halten, d. h. auszubauen und den Bedürfnissen, die sich aus der eigengesetzlichen geistigen Ent-

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124 BRIEFE wicklung ergeben, anzupassen; das ist, wenn nur die geistige Leistung als solche genügend wertvoll ist, keinesfalls vergebens. Die Lehrtätigkeit ist, wie Sie mit Recht sagen, stärker vom unmittelbaren Widerhall abhängig. Trotzdem habe ich starke Zweifel, ob Sie recht täten, wenn Sie, wie Sie andeuten, den Privatdozenten an den Nagel hängen wollen. Denn da Sie die persönliche Fühlung mit den Studenten haben (die ich nie hatte), möchte ich doch glauben, daß Ihnen bei Aufgabe der Lehrtätigkeit etwas fehlen würde; so einseitig veranlagt wie ich sind Sie bestimmt nicht. Es wird Sie in dem Zusammenhang interessieren, daß ich gestern auf mein Gesuch um Verlängerung meines Urlaubs vom Ministerium (d. h. doch wohl von Engel, mit dem ich aber nicht darüber gesprochen habe) den Bescheid erhalten habe, daß der Minister meine venia legendi »bis auf Weiteres als ruhend betrachtet«. Ich bin über diese Form der Liquidation meiner Universitätstätigkeit sehr erbaut; sie scheint ein Novum zu sein; denn bisher hat noch niemand, mit dem ich darüber sprach, etwas davon gewußt, daß eine Venia auch »ruhen« kann. Im übrigen wird Engels Auftreten in dem MG allgemein als sehr angenehm empfunden, auch von mir. Nur hat er leider außerordentlich wenig Zeit dafür und beschränkt sich fast ganz auf das Äußerlich-Organisatorische, das er aus dem patriarchalischen Regime Kehrs in einen geregelten Institutsbetrieb überführen will, was schließlich nicht ganz unberechtigt ist. Gegenüber den bisherigen Arbeiten ist er ganz konservativ. Neu beginnen will er die Barbarossa-Diplome, für deren Sammlung er zunächst einen Mann in Berlin (für das heutige Reichsgebiet), einen in Rom (für Italien), einen in Wien (für die übrigen Länder) anstellen will, die dann nach drei Jahren das gesammelte Material zur endgültigen Bearbeitung nach Wien schicken sollen. Ferner baut er das NA gänzlich um: es soll unter anderem Namen erscheinen, einerseits mit dem AUf verschmolzen, anderseits sich stärker nach der historisch-darstellenden Seite entwickelnd, halbjährlich, mit geregeltem Rezensionswesen. So erklären sich auch die »herzhaften blauen Striche« in meinem Sonderdruck: das schon seit Monaten mit Imprimatur versehene, aber noch nicht ausgedruckte Heft 51,1 des NA wird eben überhaupt nicht mehr erscheinen, sondern auseinandergenommen, die Beiträge werden (unter Verwendung des ursprünglichen Satzes) im allgemeinen in die neue Zeitschrift übernommen, nur mein Beitrag, der sehr lang und trotzdem nur ein erster Teil ist, soll – übrigens auf meinen eigenen Vorschlag – nicht in der Zeitschrift erscheinen,

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sondern zusammen mit den noch auszuarbeitenden späteren Teilen nächstes Jahr als Buch. Was anderseits meinen Beitrag in der HZ betrifft, so schrieb mir Kienast, daß Karl Alexander »hoffe«, ihn im übernächsten Heft, also ca. 1. Oktober, bringen zu können. Unterdessen habe ich aber Engel die ganze Geschichte erzählt, und er wollte daraufhin sofort den Aufsatz für seine eigene Zeitschrift, d. h. also das umgewandelte NA, haben und ihn zu diesem Zweck selbst bei Karl Alexander loseisen. Was daraus wird, weiß ich noch nicht. Der Plan, daß Engel Professor in Würzburg werden sollte, hat im Winter in aller Öffentlichkeit bestanden, ist aber, als Engel die MG bekam, öffentlich aufgegeben worden. Eine Mitnahme der MG nach Würzburg kam m. W. nie in Frage. Auf die »Bamberger Domschule« hin schrieb mir Schmeidler eine kurze, aber durchaus anständige und korrekte Postkarte. Hirsch hat natürlich geschwiegen, Pivec dagegen schr[ieb,] daß er ganz meiner Meinung wäre, aber die Dinge sch[on längst?] gewußt habe und es unbillig fände, daß ich nicht auf s[eine] Arbeit in MÖIG 45 hingewiesen hätte (die ich in Wahrhe[it et]wa achtmal zitiert habe). Was den Absagebrief betrifft, so besteht, fürchte ich, insofern zwischen uns noch ein Mißverständnis, als auch ich mit Ihnen (und Hampe) das »minari« selbstverständlich auf die Situation vom Januar 1076, also vor der päpstlichen Fastensynode, beziehe. Aber auch die längere Fassung will ja angeblich aus dieser Zeit sein, konnte also unmöglich schon die tatsächliche Absetzung erwähnen, die der Papst erst als Antwort eben auf das Absageschreiben ausgesprochen hatte! Daß in den Worten »quod aut tu morereris …« eine besondere Schärfe liegt, gebe ich zu, erkläre aber ihr Fehlen in der längeren Fassung damit, daß sie als Bezugnahme auf eine einmalige päpstliche Botschaft dem Schreiben einen Aktualitätscharakter geben, der sich in der kürzeren Fassung auch sonst findet, in der längeren aber entsprechend ihrer allgemein-grundsätzlichen Haltung überall beseitigt ist. Im übrigen habe ich ja offen gelassen, daß die längere Fassung vielleicht schon ganz kurze Zeit (worunter ich wenige Tage verstehe) nach der Absendung der kürzeren aufgesetzt wurde. Nur liegt zwischen beiden eben eine tiefgehende Schwenkung in der Einstellung zu dem ganzen Streit; völlig gleichzeitig können sie also m. E. nicht sein. Richtig ist, daß die kurze Andeutung über »Politik und Geist« zu vage ist, als daß der Leser etwas damit anfangen könnte; ich habe sie nur hingesetzt, weil sie sich auf meine Unterhaltung mit Walter Frank bezieht und sich sozu-

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126 BRIEFE sagen an seine Adresse richtet. Zugeben muß ich, daß meine Formulierung hinsichtlich des Grundsätzlich-Werdens des Investiturstreits zu einseitig von der königlichen Seite gesehen ist. Es ist aber außerordentlich schwer, hier das rechte Verhältnis zur päpstlichen Seite in einer kurzen Formulierung auszudrücken. Denn ein gewisses »Spannungsverhältnis zwischen Politik und Geist« (genauer vielleicht Politik und Religion) besteht natürlich auch auf der kirchlichen Seite, nur ist es eben völlig anderer Art als in Deutschland, und das läßt sich nicht in zwei Worten sagen. Ich rechne, in dem erwähnten Buch (»Die Briefliteratur Deutschlands in der Zeit Heinrichs IV.«) auf die BriefPropaganda Heinrichs IV. noch einmal im Ganzen (also nicht nur auf die »Anfänge«) zu sprechen zu kommen, und da wird sich dann Gelegenheit ergeben, diese Dinge schärfer zu fassen. Bis dahin muß ich freilich noch viel nachdenken. Waren Sie in Schellerhau etwa im Kronau-Heim, und wenn ja, haben Sie die Leiterin, Baronin Ungern-Sternberg, kennen gelernt? Sie ist meine Stiefschwester. Kienast gegenüber empfahl ich Schramm als Rezensenten für Ihr Buch, ganz der rechte erscheint er mir auch nicht, aber ich wüßte sonst auch keinen Besseren dafür. Daß Klewitz die Dozentur für Göttingen bekommen hat, werden Sie schon wissen; sonstige Nachrichten wüßte ich z. Zt. nicht. Mit vielen herzlichen Grüßen stets Ihr Carl Erdmann Bescheid […], daß der Minister]Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung (Theodor Vahlen) an Philosophische Fakultät, 3. Juni 1936 (Berlin, Archiv der Humboldt-Universität, UK 83, Bd. II, Bl. 12). unter anderem Namen]Ab 1937 erschien das »Neue Archiv der Gesellschaft für Ältere Deutsche Geschichtskunde zur Beförderung einer Gesamtausgabe der Quellenschriften deutscher Geschichten des Mittelalters« unter dem Namen: Deutsches Archiv für Geschichte des Mittelalters (seit 1951: … für Erforschung des Mittelalters). nächstes Jahr als Buch]Carl Erdmann, Studien zur Briefliteratur Deutschlands im XI. Jahrhundert (Schriften des Reichsinstituts für ältere deutsche Geschichtskunde [MGh] 1), Leipzig 1938. Karl Alexander]K. A. von Müller. Mitnahme der MG]Engel scheint tatsächlich dem Ministerium die Verlegung der MGH nach Würzburg vorgeschlagen zu haben (Bünz, Ein Historiker, S. 276).

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1936 127 »Bamberger Domschule«]Vgl. oben zu Nr. 42. Arbeit in MÖIG 45]Karl Pivec, Studien und Forschungen zur Ausgabe des Codex Udalrici, I. Teil: Eine Bamberger Diktatorenschule aus der Zeit Heinrichs IV., in: MÖIG 45 (1931), S. 409–485. Absagebrief]In zwei Fassungen überliefertes Schreiben Heinrichs IV. an Gregor VII. (Januar 1076) mit der Aufforderung, vom Stuhl Petri herabzusteigen (Die Briefe Heinrichs IV. [wie zu Nr. 42], Nr. 11 f., S. 13–17). »Politik und Geist«]C. Erdmann, Die Anfänge der staatlichen Propaganda im Investiturstreit, in: HZ 154 (1936), S. 491–512, hier S. 503. Grundsätzlich-Werdens des Investiturstreits]Ebd., S. 502. Schramm als Rezensenten für Ihr Buch]Erdmann übernahm schließlich selbst die Besprechung für die Historische Zeitschrift. Klewitz]Von 1936 bis 1939 war Hans-Walter Klewitz als Dozent in Göttingen tätig.

53.  An Walther Holtzmann (NL Holtzmann, 47. – Postkarte; masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, den 1. Juli 1936 Lieber Herr Professor! Vielen Dank für Ihre Karte! Die Inkorrektheit in der Zitierung der Ivobriefe wird hoffentlich niemand irreführen. Daß »Explicit hec prosa, sequitur mensura dolosa« ein korrekter zweisilbiger Leoniner ist, war mir schon klar, und ich habe ja auch nicht emendieren wollen, sondern nur für möglich gehalten, daß »dolosa ein Irrtum für dolorosa« ist, d. h. daß der Verseschmied dolorosa gemeint hat und irrtümlich der Meinung war, dolosus leite sich von dolor her. Denn bisher hat mir noch niemand erklären können, was denn ein »listiges Versmaß« ist: ein satirisches Versmaß gibt es nicht, da Horaz, Juvenal und Persius ihre Satiren in »mensura heroica« geschrieben haben, wohl aber gibt es ein elegisches Versmaß (Distichen) als festen Begriff. Ihre Bestellung an Lohmann will ich ausrichten. Falls Sie auch eine Nachricht über den letzten Band der QuF machen, so möchte ich Sie avisieren, daß die zwei von Ramackers veröffentlichten »Briefe Urbans II.« in Wahrheit solche Innocenz’ III. und längst bekannt sind, Potthast 13 und 20. Im übrigen geht es mir gut. Meine »Venia legendi« ist »bis auf weiteres als ruhend« erklärt worden, d. h. sie soll trotz permanenten Nicht-Lesens nicht erlöschen, ein spezielles Entgegen-

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128 BRIEFE kommen, das ich dankbar verzeichne, wenn es auch praktische Bedeutung schwerlich jemals bekommen wird. Letzteres gilt ja wohl auch jedenfalls von der Sachlage in Halle, für die ich vermutlich Ihnen zu danken habe. Mit herzlichen Grüßen Ihr ergebener C. Erdmann zweisilbiger Leoniner]Pentameter oder Hexameter, in dem sich Zäsur und Versschluss zweisilbig reimen. »dolosa ein Irrtum für dolorosa«]So C. Erdmann, Die Bamberger Domschule (oben zu Nr. 42), S. 20, wozu sich Holtzmann offenbar geäußert hatte. Im gleichen Schreiben scheint er eine unkorrekte Zitation der Briefe Ivos von Chartres moniert zu haben. Briefe Urbans II.]Johannes Ramackers, Zwei unbekannte Briefe Urbans II. Zugleich ein Beitrag zum Problem der Register dieses Papstes, in: QFIAB 26 (1935/36), S. 268–276. Vgl. August Potthast (Hg.), Regesta pontificum Romanorum, Bd. 1, Berlin 1874, Nr. 13, 20. Ramackers nahm seine These, dass es sich um Spuren von Urbans Register handle, unverzüglich zurück (DA 1 [1937], S. 516). Venia legendi]Vgl. oben Nr. 52. Halle]Anspielung auf die Nachfolge Holtzmanns in Halle, wo auch Erdmann in Erwägung gezogen wurde.

Walther Holtzmann (1891–1963).

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54.  An Walther Holtzmann (NL Holtzmann, 48. – Postkarte; masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, den 17. Juli 1936 Verehrter Herr Professor! Herzlichen Dank für Ihre reichhaltige Sendung! Den mitteldeutschen Vortrag, der Sie in der (mir wenigstens) neuen Rolle des zusammenfassenden Geschichtsdarstellers zeigt, las ich mit Genuß und Gewinn. Auch die Barbarossa-Sache ist interessant (im Text würde ich bei Anm. a statt »spatia« vielleicht »ora« vorschlagen). Für die anderen Sachen bin nicht kompetent, nur fiel mir auf, wie schlecht mein Großonkel Johann Eduard Erdmann bei Ihnen wegkommt. Daß er noch 1866 Bismarck befehdet habe, kann nur ein Mißverständnis sein, denn seine damalige Broschüre »Fort mit Bismarck! heißt: Fort mit Schaden!« tritt ja gerade in hohen Tönen für Bismarck ein, vgl. das Nähere in der Biographie von Glockner (1932). Er war schon damals persönlich mit Bismarck bekannt, der ihm sogar das Kultusministerium angeboten hat, wie ich aus Familientradition weiß. Mit vielen Grüßen Ihr Carl Erdmann Vortrag]Walther Holtzmann, Mitteldeutschland in der deutschen Geschichte, in: Sachsen und Anhalt 12 (1936), S. 1–15. Barbarossa-Sache]Walther Holtzmann, Kaiser Friedrich Barbarossa und die Absetzung des Bischofs Ulrich von Halberstadt 1160, in: Sachsen und Anhalt 12 (1936), S. 179–185. Friedrich Appelt hat in DD F. I. 313 (S. 133 Z. 34) Holtzmanns Konjektur übernommen – freilich in Unkenntnis von Erdmanns Vorschlag. Biographie von Glockner]Hermann Glockner, Johann Eduard Erdmann (Frommanns Klassiker der Philosophie 30), Stuttgart 1932, dort S. 112 zu der erwähnten Broschüre. – Holtzmann hatte in einem von zwei Beiträgen zu einer Schrift über die Universität Halle-Wittenberg den Professor für Philosophie und Onkel Carl Erdmanns, Johann Eduard Erdmann, zu jenen »Reaktionären« gerechnet, »die noch 1866 Bismarck befehdeten« (Die Universität Halle in der deutschen Geistesgeschichte, in: Die MartinLuther-Universität Halle-Wittenberg, Halle [Saale]1936, S. 26–46, hier S. 41).

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130 BRIEFE 55.  An den Dozentenschafts-Führer der Friedrich-Wilhelms-Universität (Wenzeslaus Graf von Gleispach) (Berlin, Archiv der Humboldt-Universität, Z – D I/246, Bl. 8. – Postkarte; masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, den 11. Oktober 1936 Anläßlich zweier Fragebogen, die mir zur Ausfüllung zugesandt werden, mache ich Mitteilung, daß laut einer Ministerial-Entscheidung vom 3. Juni – W I p Erdmann l i – meine Venia legendi »ruht«, weswegen ich auch im Vorlesungs-Verzeichnis nicht mehr genannt werden soll. Da demnach auch meine Zugehörigkeit zur Dozentenschaft ruht, bitte ich Sie, meinen Namen auf Ihrer Adressenliste für die Zusendung von Drucksachen usw. zu streichen. Heil Hitler! Erdmann

56.  An Ernst Witte (München, Archiv der MGH, B 685. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 25. Oktober 1936 Lieber Herr Dr.! Vielen Dank für Ihren Brief! Ich wollte Ihnen damals vor 14 Tagen sofort darauf antworten, aber es kam Besuch, der den Rest des Sonntags – werktags komme ich nie zum Schreiben – in Anspruch nahm, vor 8 Tagen hatte dann meine Mutter Geburtstag, und so wird es erst heute. Übrigens ist eben meine Schwester Yella nebenan und läßt Sie vielmals grüßen; sie hat seinerzeit sogleich beim Verlage veranlaßt, daß Ihnen ihr Buch zur Besprechung zugeschickt würde (hoffentlich haben Sie es schon erhalten) und würde sich sehr freuen, wenn Sie ihr dann die Besprechung zuschicken könnten: Kl. Machnow, Post Berlin-Zehlendorf, Wendemarken 16.

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Im übrigen muß ich mich wegen meines letzten Briefes etwas explizieren. Daß ich mit Bezug auf Schröders Äußerungen von unmaßgeblichem Gerede sprach, war jedenfalls ein häßlicher Ausdruck, den ich nicht hätte brauchen sollen. Ich meinte aber garnicht Schröders eigene Worte, sondern die (mir ziemlich genau rekonstruierbaren) Göttinger Quellen, auf denen er fußt. Daß er es mit mir – und zugleich mit der Wissenschaft, die heute alle irgend befähigten Leute dringend benötigt – gut meint und mich nicht etwa zu irgend etwas bekehren will, ist mir völlig klar (daß er alter Kämpfer ist, wird mir mit voller Bestimmtheit bestätigt, ist mir aber ganz unwesentlich). Nur leider weiß er mitsamt den übrigen Göttingern, die mir ausnahmslos nur wohlwollen, einfach nicht ausreichend über mich und meine Lage Bescheid, um irgendwelche Pläne über meine Zukunft schmieden zu können; die ganze Idee, die er hatte, kommt nun einmal schlechterdings nicht infrage und könnte mir eher – durch Erzeugung eines Skandals – eine gewisse Gefahr bringen. Wenn ich solchen, sicher gutgemeinten Absichten gegenüber manchmal das Gefühl habe: Gott schütze uns vor unseren Freunden, so ist das doch wohl entschuldbar. Und dann meine Unterscheidung zwischen »Gesinnung« und »Ansichten«. Das, worüber wir in Blankenburg teilweise verschiedener Meinung waren und wo Sie einmal sagten, daß Sie Walter Frank nicht ganz Unrecht geben könnten, lag durchweg auf dem Gebiet der »Ansichten«: wie die Dinge wohl weitergehen würden, welche Möglichkeiten vorhanden sind, was nützlich und was schädlich ist usw. Daß ich mich auf diesem Gebiete sehr irren kann und gut tue, meine Meinungen fortdauernd nachzuprüfen, weiß ich genau; für diese meine Ansichten auf den Scheiterhaufen zu steigen, bin ich nicht im entferntesten gewillt. Worum es sich aber handelt, ist doch, ob ich mich mit einer bestimmten Weltanschauung (wenn man es so nennen will, oder aber einer bestimmten Art von Lebenszielen, Idealen oder Willensentscheidungen) auch nur äußerlich einverstanden erklären darf; d. h. also, ob ich diese Weltanschauung für unsittlich halte oder nicht. Und das ist eben eine Angelegenheit der Gesinnung; und wenn man mir auf diesem Gebiet den Rat gibt, ich solle damit warten, bis ich alt wäre, so sage ich eben einfach nein. Anderseits erkenne ich ohne weiteres an, daß es auch in Gesinnungsdingen keineswegs erforderlich ist, seinen Standpunkt immer brüsk zu vertreten; es gibt vor allem sehr viele Lagen, wo man ohne Tadel schweigen darf. Und ich will auch zugeben, daß ich in dieser Beziehung noch zulernen könnte. Auf der andern

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132 BRIEFE Seite: es gibt Fälle, wo gerade das brüske Verfahren sich günstig auswirkt, siehe meine Begegnung mit Walter Frank. Aber ich selbst halte für sehr wahrscheinlich, daß es jetzt für geraume Zeit das Beste für mich sein wird, mich möglichst stille zu halten. Gleichzeitig schicke ich Ihnen noch die Schrift gegen unsern »Charlemagne«, von der ich Ihnen seinerzeit erzählte. Übrigens erschien gestern – so langsam ist nun einmal das wissenschaftliche Besprechungswesen – die Besprechung (von Schramm, Prof. in Göttingen) über das Charlemagne-Buch in der »Deutschen Literaturzeitung«, dem maßgeblichsten allgemeinwissenschaftlichen Besprechungsorgan: das Buch hätte »kaum besser ausfallen können«, »der ungenannte Redaktor« (womit er mich meint) »hat gute Arbeit geleistet«, usw. Im übrigen geht es mir gut, ich bin sehr aktiv bei der Arbeit und fabriziere augenblicklich einen längeren Artikel über die Vorgeschichte von Canossa (auch Nebenfrucht meiner Beschäftigung mit den Briefen). Bitte grüßen Sie auch Ihre Frau vielmals, wobei sich auch meine Mutter und meine Schwester anschließen, und viele Grüße auch an Sie selbst von uns allen! Stets Ihr Carl Erdmann Buch zur Besprechung]Yella Erdmann, Fünf auf einem Ast, Stuttgart o. J. [1936]. Eine von Ernst Witte verfasste Besprechung ließ sich nicht ermitteln. Gott schütze uns vor unseren Freunden]Nach Immanuel Kant ein italienisches Sprichwort: »Gott bewahre uns nur vor unsern Freunden, vor unsern Feinden wollen wir uns wohl selbst in Acht nehmen« (Öffentliche Erklärung 6, 1799). Begegnung mit Walter Frank]Siehe oben Nr. 26. Schrift gegen unsern »Charlemagne«]Dabei handelte es sich vielleicht um: Bernhard Kummer (Hg.), Reaktion oder deutscher Fortschritt in der Geschichtswissenschaft (Reden und Aufsätze zum nordischen Gedanken 32), Leipzig 1935, S. 3–30. Besprechung]Percy Ernst Schramm in: DLZ 57 (1936), Sp. 1839–1842. Artikel über die Vorgeschichte von Canossa]C. Erdmann, Tribur und Rom. Zur Vorgeschichte der Canossafahrt, in: DA 1 (1937), S. 361–388. Ihre Frau]Sophie Witte.

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57.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 27. Oktober 1936 Lieber Herr Tellenbach! Wir hatten seinerzeit in Aussicht genommen, uns [gegen]seitig nicht zu rezensieren. Die Besprechung Ihres Buches durch Dannenbauer in der DLZ Heft 40, die Ihnen wohl schon bekannt ist, veranlaßt mich, davon abzugehen. Über den Zusammenhang ist mir Folgendes bekannt: Haller hat in der letzten Zeit – in einem Einzelfall bestimmt, aber wahrscheinlich wohl noch öfter – gegen Sie und Ihr Buch gearbeitet, um dafür Ernst vorwärts zu bringen. In einem Falle ist es ihm dabei in der Tat gelungen, Ernst statt Ihrer auf die Liste zu bringen. Daß Dannenbauer nur der Schatten Hallers ist, ist bekannt; dazu braucht man nur noch hinzuzunehmen, daß das Buch von Paul Schmid, auf das Dannenbauer seine perfide Unterstellung gründet, das Glanzstück der Hallerschule ist, um völlig im Bilde zu sein. Als ich vorhin Kienast, der mich wegen Dannenbauers Besprechung befragte, diese Dinge erzählte und hinzufügte, daß ich mir überlegte, ob ich etwas in der Sache tun könnte, schlug er mir vor, Ihr Buch für die HZ zu besprechen; er habe das Rezensionsexemplar immer noch nicht untergebracht, da er einige Ablehnungen erhalten habe. Ich sagte zu, und er erklärte, die Besprechung schon in dem Ende Dezember erscheinenden Heft zu bringen, wenn er sie in ein paar Tagen bekäme. Sein Verhalten ist sehr anständig: gerade weil Sie und er de facto in Gießen Konkurrenten sind (er geht in ein paar Tagen wieder zur Vertretung hin, aber seine Ernennung steht immer noch nicht fest), möchte er das Seinige tun, um Ihnen zu nützen. Über die Rolle der Haller-Clique war er empört und meinte, daß ich den ganzen Zusammenhang offen aussprechen sollte. Das geht ja nun freilich nicht, aber eine ausdrückliche und energische Zurückweisung von Dannenbauers Unterstellung ist natürlich möglich, außerdem eine ordentliche Besprechung, die das Positive herauszuholen versucht, ohne natürlich vorhandene Schwächen zu verschweigen. Ehe ich mich nun ans Schreiben mache, möchte ich doch bei Ihnen anfragen: erstens ob Ihnen eine Rezension durch mich auch nicht etwa unlieb ist (befürchten Sie etwa, daß es Ihnen mehr schaden als nützen könnte, wenn ich

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134 BRIEFE für Sie eintrete? Ich hoffe, daß das doch nicht der Fall wäre). Zweitens ob Sie zu Dannenbauer oder dem Buch von Schmid noch etwas Bestimmtes zu sagen haben, was ich etwa berücksichtigen könnte. Dabei muß ich Sie um möglichst sofortige Antwort bitten, da die Rezension ja nicht warten kann. Im übrigen geht es mir nach wie vor gut. Meine Stellung ist noch die alte, ich arbeite eifrig und mit Genuß, teils an dem Buch über die Hannoversche Sammlung, teils an Aufsätzen, die die kleine Ausgabe der Briefe Heinrichs IV. (die im Druck ist) auswerten. Und wie geht es Ihnen? Gerüchtweise hörte ich, daß Sie an einem Reichswehrkursus teilnehmen wollten. Mit herzlichen Grüßen und vielen Empfehlungen an Ihre Frau Mutter stets Ihr Carl Erdmann Besprechung Ihres Buches]H. Dannenbauer, Besprechung von: G. Tellenbach, Libertas (oben zu Nr. 3), in: DLZ 57 (1936), Sp. 1687–1689. Buch von Paul Schmid]P. Schmid, Der Begriff der kanonischen Wahl in den Anfängen des Investiturstreits, Stuttgart 1926. Ihr Buch für die HZ zu besprechen]HZ 155 (1937), S. 354–358. Zum ganzen Vorgang vgl. Reichert, Gelehrtes Leben, S. 282 f. Briefe Heinrichs IV.]Vgl. oben zu Nr. 42. Reichswehrkursus]Tellenbach meldete sich zur militärischen Grundausbildung, um »wenigstens einen Pluspunkt« in seine Akten zu bekommen (Aus erinnerter Zeitgeschichte, S. 45).

58.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 2. November 1936 Lieber Herr Tellenbach! Herzlichen Dank für Ihren langen Brief, u[nd vor] allem meine herzlichsten Glückwünsche! Mögen bei Ihrer komm[iss]arischen (! also nicht bloß vertretungsweisen!) Beauftr[agung] Nebenabsichten bestanden haben, einen er-

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heblichen Schritt vorwärts bedeutet er für Sie jedenfalls, und ich möchte glauben, daß Sie damit endgültig über den Berg sind. Ich werde mir erlauben, Ihren Brief ganz speziell aufzubewahren. Im ersten Teil steht der Satz: »Sie wissen ja, daß ich darum kämpfen muß, überhaupt meinen wissenschaftlichen Zielen nachgehen zu können« – dann kommt nach einiger Zeit das Datum vom nächsten Tage und darauf die Mitteilung: »… erhielt ich ein Telegramm aus Berlin: Ersuche Sie im Wintersemester in Heidelberg volle Professur für Mittelalter kommissarisch wahrzunehmen«. Un documento, pflegte Ferruccio zu sagen. Nun aber zunächst zu meiner Besprechung. Ich hatte leider nicht die Möglichkeit, Ihren Brief, den ich heute abend erhielt, noch abzuwarten; die Besprechung mußte unbedingt gestern gemacht und abgesandt werden. Ich lege Ihnen den Durchschlag bei (bitte um Rücksendung!) und sehe voraus, daß Sie ihn mit gemischten Gefühlen lesen werden. Denn erstens habe ich keineswegs alles so gefaßt, wie Sie es sich wünschen werden, was z. T. auch daran liegt, daß ich einfach nicht die Zeit hatte, das ganze Buch für die Besprechung noch einmal durchzulesen (die Exkurse mußten aus diesem Grunde völlig unerwähnt bleiben). Zweitens habe ich im ersten Abschnitt bezüglich der Methode eine ziemlich herbe Kritik geübt – und zwar mit vollem Bewußtsein in der sicheren Annahme, daß das für die Wirkung der Besprechung nützlicher ist, als wenn ich diese Dinge unterdrückte. Denn ich habe die dort vorgebrachten Einwände – ganz abgesehen davon, daß sie ungefähr so meiner Meinung entsprechen – so oft vorbringen hören, alle Kritiker Ihres Buches sprechen davon, und alle Verteidiger (so Kantorowicz, Klewitz, Jordan) geben sie als nicht unberechtigt zu, daß ich es für unbedingt richtiger halte, es selbst auszusprechen, um die Kritik abzufangen, dann aber hinzuzufügen, daß der eigentliche Wert des Buches deswegen nicht geringer ist. Zu diesem Verfahren riet mir Kienast von vorn herein, und Jordan, der vorhin den Durchschlag las, erklärte, daß gerade dadurch die Wirkung gehoben würde. Er fand auch, daß der positive Hauptinhalt sehr stark hervorträte; sollte das der Eindruck auch bei anderen Leuten sein, darf ich die Besprechung als gelungen betrachten, obgleich sicherlich Ihr Gedankengang nicht voll getroffen sein wird. Was Dannenbauer betrifft, so habe ich meine Erwiderung mit vollem Bewußtsein fast ausschließlich auf seine unqualifizierbare Unterstellung eines Plagiats konzentriert; denn das ist derjenige Punkt, der eben die ganze Dannenbauersche Besprechung unmöglich macht.

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136 BRIEFE Mir scheint, daß es daraufhin genügte, durch eine beiläufige Bemerkung im letzten Satz noch zu zeigen, daß Dannenbauers sachliche Kritik nur auf Unwissenheit und Unverständnis beruht, und daß diese Art der Erwiderung dafür genügen muß, daß künftig jeder sich genieren wird, sich auf Dannenbauer zu berufen. Angesichts der keineswegs allzu angesehenen Stellung, der Dannenbauer sich in der wissenschaftlichen Welt erfreut, habe ich Hoffnung, daß dieser Zweck wirklich erreicht werden wird. Hallers Namen habe ich mit voller Absicht nur in ganz unverfänglicher Weise genannt, denn schließlich habe ich für seine moralische Urheberschaft an dieser Besprechung keine Beweise; für den Kenner wird wenigstens soviel bemerkbar sein, daß die Hallerschule als solche im Spiele ist. Auch über diesen Schlußteil meiner Rezension äußerte Jordan sich befriedigt. Ob Sie es sein werden, weiß ich nicht; aber anderseits hat es doch vielleicht sein Gutes, daß ich die Besprechung ganz selbständig ohne irgend einen Wink von Ihrer Seite gemacht habe; das ist doch sozusagen loyaler – und wer weiß, was noch kommt, von seiten Hallers und seiner Leute muß man sich ja auf jede Art von Gift gefaßt machen. Schließlich möchte ich Ihnen noch mitteilen, was ich hochschulpolitisch weiß. Um Gießen führen die Hessen in der Tat einen energischen Krieg mit Engel, doch möchte ich glauben, daß Engels Chancen die größeren sind. Anderseits waren Sie von allen irgend in Frage kommenden (außer höchstens Rassow) nunmehr der einzige, der noch keinen Auftrag hatte: Lintzel ist endgültig nach Halle versetzt, Vehse hat Lehrauftrag nach Hamburg, Schünemann vertritt in Kiel, Ernst in Würzburg, Kienast in Gießen, Klebel hier in Berlin (hilfswissenschaftlich für Engel, der sich für den Winter beurlaubt hat). Dann hat sich aber plötzlich bei den Neuzeitlern einiges geändert. Westphal in Königsberg ist aus (unpolitischen) Gründen, die ich schriftlich nicht nennen will, plötzlich definitiv ausgeschieden un[d wird] vorerst durch Walser vertreten. Ferner soll auch Sch[üz] in Hamburg ausgeschieden sein – ob vielleicht Franz daraufhin einen Auftrag für Neuzeit bekommen hat und Sie deshalb beauftragt sind? Daß die Heidelberger Sie nicht wollen, muß ich Ihnen nach Ihren wiederholten Versicherungen glauben, aber wenn noch irgendeiner im Mittelalter ausscheidet, wen wollen Sie dann nehmen? Es ist doch einfach keiner mehr da! Es sei denn, daß die braven Heidelberger – mich wollen. Welchen Vorschlag ich nur zu Ihrer Erheiterung vorbringe. (Mir allerdings ist diese Idee kein Gegenstand der Erheiterung, sondern fast schon der Sorge, daß es wirklich trotz allem noch zu etwas derartigem kommen könne,

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wie wohlmeinende Leute mir bereits versichern. In der Universität hat man eben wegen vakanten Proseminars bereits einen derartigen Versuch gemacht, der freilich noch innerhalb der Universität selbst sofort a limine abgelehnt wurde. Aber ein nicht ganz ununterrichteter Mann sagte mir, wenn der Vorschlag bis ins Ministerium gelangt wäre, hätte die Antwort vielleicht anders gelautet. Libera me domine …!) Und nun herzliche Grüße und Glückauf! Stets Ihr Carl Erdmann [Hsl.] Meine Mutter lässt Sie herzlich grüssen und Ihnen sagen, dass sie sich auch ganz besonders gefreut hat über die gute Nachricht. Heidelberg]Wie schon nach Karl Hampes Emeritierung vertrat Tellenbach auch nach Günther Franz’ Versetzung die mediävistische Professur in Heidelberg. Durchschlag]Der Durchschlag befindet sich nach wie vor im Nachlass Tellenbach, wurde also nicht zurückgesandt. Bemerkung im letzten Satz]Der Satz lautet: »Daß eine solche Besprechung (die sich im übrigen dadurch charakterisiert, daß der Rezensent nicht einmal die Mehrdeutigkeit des Hierarchiebegriffes kennt und daraufhin die Spekulationen über Hierarchievorstellungen für eine dürre Heide erklärt) in der DLZ. Aufnahme gefunden hat, kann man für den Ruf dieser angesehenen Zeitschrift nur bedauern« (Typoskript im NL Tellenbach, 230). Dieser Satz wurde von der Redaktion der Historischen Zeitschrift gestrichen (unten Nr. 60, 61). Lintzel]Vgl. oben zu Nr. 47. Westphal, Walser, Schüz]Alfred Schüz und Otto Westphal wurden bei einer Razzia auf der Hamburger Reeperbahn aufgegriffen, wegen homosexueller Handlungen angeklagt und schließlich aus dem Dienst entfernt. Westphal hätte zum WS 1936/37 von Hamburg nach Königsberg wechseln sollen (H.-W. Goetz, Geschichtswissenschaft, S. 118–121). – Zu Fritz Walser vgl. P. E. Schramm, Vorwort, in: F. Walser, Die spanischen Zentralbehörden und der Staatsrat Karls V. Grundlagen und Aufbau bis zum Tode Gattinaras, Göttingen 1959, S. IX‒XIII. daß die Heidelberger Sie nicht wollen]1935 (Nachfolge Karl Hampe) wurde Tellenbach an zweiter Stelle vorgeschlagen, aber von Rektor Groh nicht empfohlen, weil er »sich noch zu wenig in den Sinn der Gemeinschaft eingelebt« habe. 1937 (Nachfolge Günther Franz) kam er nicht auf die Vorschlagsliste (Wolgast, Mittlere und neuere Geschichte, S. 496, 498).

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138 BRIEFE 59.  An Friedrich Baethgen (NL Baethgen. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 9. November 1936 Sehr verehrter Herr Professor! Besten Dank für Ihren Brief. Zunächst Ihre drei Wünsche. Den Sonderdruck meines bayrischen Aufsatzes schicke ich Ihnen gleichzeitig und bitte Sie, ihn zu behalten; ich hatte dies Exemplar ursprünglich einem andern versprochen, der selbst über ein ähnliches Epistolae-Thema arbeitet, sich aber seither nicht mehr gemeldet hat, sodaß ich es nunmehr als frei betrachte. Die neue Schulausgaben-Serie soll den Obertitel »Deutsches Mittelalter« tragen; Untertitel: Kritische Studientexte des Reichinstituts für ältere deutsche Geschichtskunde (Mon. Germ. hist.). Als erstes Heft erscheint in ca. zwei Monaten meine Ausgabe der Briefe Heinrichs IV., die schon im Druck ist, dann gleich anschließend Lohmanns Bruno. Der Barbarossa-Apparat ist in Wien, etwaige Anfragen wären also wohl an Hirsch zu richten; wieviel an Photos und Abschriften dort eigentlich schon vorhanden sind, ist hier nicht bekannt. In den Sonderdruck lege ich einen Prospekt der neuen Zeitschrift ein. Ich vermute, daß Engel und Lohmann die Eisenacher Gelegenheit benutzt haben werden, um Sie für gelegentliche Beiträge zu keilen. Denn das sehr begrüßenswerte Bestreben, möglichst auch Beiträge von einigermaßen historisch-darstellendem Typus zu bringen, ist angesichts des seit vielen Jahren (bei der HZ z. B.) bekannten »Schreis nach dem mittelalterlichen Kinde« nicht leicht zu verwirklichen. Zu den wenigen mittelalterlichen Aufsätzen solcher Art, die ich aus den letzten Jahren zu nennen wüßte, gehört jedenfalls der Ihrige in den Altpreußischen Forschungen. Übrigens rede ich nur privat für mich, denn mit der Redaktion der Zeitschrift habe ich nichts zu tun. Was »Politik und Doktrin« betrifft, hätte ich vielleicht statt Politik besser politische Taktik oder etwas Derartiges gesagt. Es kommt mir überhaupt selbst so vor, als wäre gerade die Schlußpartie des ersten Teiles dieses Aufsatzes noch nicht ganz ausgereift; ich gedenke in einer künftigen größeren Arbeit über die Briefe Heinrichs IV. noch einmal auf seine Manifeste im Ganzen zu sprechen zu kommen, und hoffe, bis dahin so weit zu kommen, daß ich meine Gedanken schärfer fassen kann. Eine gewisse Parallele zu dem umgearbeiteten Absetzungs-

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schreiben wird dann Heinrichs Klagebrief an den französischen König von 1106 bieten, denn auch dieser Brief ist ein reines Propagandaprodukt (obgleich natürlich ein Exemplar auch an den nominellen Adressaten gegangen sein wird) und eine Umarbeitung des ursprünglichen Klageschreibens an Hugo von Cluny. Im übrigen betrachte auch ich die »metaphysische« Begründung des längeren Absetzungsschreiben[s] nicht als einen Grund dagegen, daß es das wirklich an den Papst gesandte sei; ich habe diesen Punkt ja auch nur benutzt, um – nachdem der Propagandacharakter auf anderem Wege festgestellt war – die Art dieser Propaganda zu charakterisieren. Im übrigen kamen aus Königsberg ja sonderbare Nachrichten; hoffentlich haben Sie jetzt an Walser einen angenehmen Kollegen. In Heidelberg ist Tellenbach plötzlich kommissarisch mit der Wahrnehmung der vollen Professur beauftragt worden, da Franz nach Jena (Neuzeit) versetzt ist; doch bemüht sich die dortige NS-Universität, Franz zurückzubekommen. Lasen Sie übrigens in der DLZ die Besprechung von Dannenbauer über Tellenbach mit dem unglaublichen Vorwurf des Plagiats? Ich habe eine ausführliche Gegenbesprechung verfaßt, die in zwei Monaten in der HZ erscheinen soll. Hinter Dannenbauer steckt selbstverständlich Haller, der seit einiger Zeit gegen Tellenbach arbeitet, um seinen Schüler Ernst an dessen Stelle vorwärts zu bringen. Was mich betrifft, so geht es mir in meinem stillen Winkel sehr gut, und ich wünsche keine Veränderung. Daß meine Venia jetzt »ruht«, werden Sie wissen. Mit vielen Grüßen Ihr ergebener Carl Erdmann Sonderdruck meines bayrischen Aufsatzes]Die Bamberger Domschule (oben zu Nr. 42). meine Ausgabe […] Lohmanns Bruno]Die Briefe Heinrichs IV. (oben zu Nr. 42); Brunos Buch vom Sachsenkrieg, hg. von Hans Eberhard Lohmann (MGH Deutsches Mittelalter 2), Leipzig 1937. Prospekt der neuen Zeitschrift]Vgl. oben zu Nr. 52. »Schrei nach dem mittelalterlichen Kinde«]Vgl. Inge Maria Seemann, Der Schrei nach dem Kinde, Leipzig 1902, sowie den Film »Der Schrei nach dem Kinde«, 1920 (Regie: Rudi Oehler). in den Altpreußischen Forschungen]Friedrich Baethgen, Zur Geschichte der ältesten deutsch-polnischen Beziehungen, in: Altpreußische Forschungen 13 (1936), S. 1–16.

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140 BRIEFE »Politik und Doktrin«]Darüber und über die beiden Fassungen des Absetzungsschreibens (vgl. oben zu Nr. 52) hatte Erdmann in seinem Aufsatz »Die Anfänge der staatlichen Propaganda« (oben zu Nr. 42), S. 492–503, gehandelt. Heinrichs Klagebrief […] Umarbeitung des ursprünglichen Klageschreibens]Die Briefe Heinrichs IV. (oben zu Nr. 42), Nr. 37, 39, S. 46–51, 52–58. Französischer König war Philipp I.

60.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 22. November 1936 Caro Dottore! Daß meine Rezension Sie befriedigt hat, hat mich [nat]ürlich sehr gefreut; angesichts der Überstürzung, mit der [ich] sie machen mußte, war ich nicht ohne Sorge gewesen. Den Durchschlag brauchen Sie mir übrigens nicht zurückzuschicken, da ich inzwischen bereits die Korrekturen bekam; das Erscheinen im nächsten Heft (um den 1. Januar herum) scheint danach gesichert. Leider aber hat Kienast den letzten Satz gestrichen, da er ihn unmöglich bringen könne; angesichts seines bisherigen großen Entgegenkommens blieb mir nichts anderes übrig, als diese Entscheidung schweigend anzunehmen. Hoffentlich erreicht das Ganze auch ohne diesen Satz seinen Zweck. Ihre Schilderung der Heidelberger Lage hat mich allerdings nachdenklich gemacht. Daß Sie auf diese Weise zunächst einmal in die »Drecklinie« kommen, ist in der Tat möglich. Dennoch fahre ich fort, im Ganzen optimistisch zu urteilen. Denn wenn Engel Sie in Heidelberg auf die Dauer nicht durchsetzen kann, wird es doch wohl darauf herauskommen, daß er Sie mit jemand anders austauscht. Am nächsten läge es zu denken: mit Kienast in Gießen; aber hier hat Engel sich wohl schon zu stark festgelegt. Also mag es anderswo werden. Aber jedenfalls glaube ich nicht, daß man Sie jetzt noch einmal ganz ausschalten, d. h. ohne »Wahrnehmung« irgendeines professurellen Postens lassen wird. Bis daraus eine wirkliche Professur wird, kann es freilich noch eine ganze Weile dauern. Aber das gilt ja heute ausnahmslos für alle. Selbstverständlich haben Sie unbedingt recht, wenn Sie die Ihnen eingeräumte Posi-

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tion auf jeden Fall zu halten suchen; Lintzel, der das Gegenteil tat, bei den ersten Schwierigkeiten die Waffen streckte und sich dadurch die Sympathien auf beiden Seiten verscherzte, ist ein warnendes Beispiel. Sind Sie übrigens darüber orientiert, worin präzise der Unterschied zwischen »kommissarisch« und »als Vertreter« besteht? Übrigens ist Vehse in Hamburg doch richtiger Vertreter, nicht bloß »Lehrauftrag«. Daß Erfahrungen wie die Ihrige in mir die Zufriedenheit mit meinem Ausgeschiedensein aus der Universität verstärken, ist richtig. Leider aber bin ich keineswegs von der Sorge frei, daß ich eines Tages doch zurück muß, besonders auch angesichts der Zufälligkeiten, die heute den Ausschlag geben können. Eine Einzelheit: ich erfuhr kürzlich, daß ein für mich günstiges Gutachten der hiesigen Studentenschaft existiere. Ich wollte es nicht glauben, ermittelte dann aber den Tatbestand: vor einem halben Jahre wurde aus irgendeinem Grunde (Halle?) ein solches Gutachten angefordert; die zuständigen Studenten waren verlegen, denn keiner kannte mich (was über meinen Lehrerfolg natürlich Bände spricht!); sie wandten sich darum an einen älteren Nicht-Studenten, der ihnen angab, was sie schreiben sollten – und dieser Mann war ein sehr guter Bekannter von mir, der mir jetzt die ganze Geschichte erzählt hat. So also kommen die Gutachten zustande! Im übrigen geht es mir persönlich gut. Aber ich stehe jetzt sehr stark unter dem Eindruck der außenpolitischen Ereignisse, die ja jetzt nur noch aus ­ausländischen Zeitungen zu erfahren sind. Ganz abgesehen vom Bombardement von Madrid durch die eigenen Leute (das immerhin den Grad von Entmenschtheit unseres Zeitalters zeigt) hallt die Welt wieder von der Behauptung deutsch-italienischer Abmachungen über einen »antikommunistischen Kreuzzug«, denen sich soeben Japan durch das deutsch-japanische Abkommen ­angeschlossen habe. Ich habe ja seit langem die Furcht, daß mein Kreuzzugsbuch eines Tages eine schreckliche Aktualität bekommen könne, so wie Schramms Renovatio plötzlich ungeahnt aktuell wurde. Ganz unerwartet käme mir das keineswegs; ich habe genau gewußt, was ich tat, als ich auf S. 113 und 271 die Bemerkungen über die Ungeeignetheit des Kreuzzugsgedankens für Deutschland einfügte, wie ja überhaupt das Erlebnis des letzten Krieges für mich Ausgangspunkt gewesen ist. Aber daß die Dinge solche Formen ­annehmen könnten, hatte ich doch früher nicht befürchtet; möge es noch ­abgewendet werden. Aber selbst wenn der »Kreuzzug« uns erspart bleibt: daß der Friede noch länger als ein bis zwei Jahre dauert, erscheint mir fast

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142 BRIEFE ­ ndenkbar. Und das werde ich keinen Augenblick mehr aus meinen Geu danken los. Herzliche Grüße! Ihr Carl Erdmann daß meine Rezension Sie befriedigt hat]Vgl. oben zu Nr. 57, 58. Handschriftlicher Entwurf vom 4. November 1936 im NL Tellenbach, 230: »Ihre Besprechung hat mich ganz un[geheu]er befriedigt und hocherfreut. Vor allem h[aben]Sie den wesentlichen Grundgedanken so kurz und klar dargestellt, wie ich selbst es nicht vermocht hätte.« Auch kritische Einwände ließ Tellenbach gelten, zumal er die Auseinandersetzung mit Dannenbauer für den entscheidenden Punkt hielt: »Sie haben sich mit dem Ihnen eigenen Eifer und Ihrer Kraft, die Dinge zu durchdringen, für mich und mein Buch eingesetzt, und ich kann Ihnen nicht genug dafür danken.« Schilderung der Heidelberger Lage]Tellenbach hatte darüber im selben Schreiben berichtet: »[…]Franz ist Knall auf Fall als neuzeitlicher Ordinarius nach Jena versetzt, Andreas ausdrücklich in seiner hiesigen Stellung bestätigt worden. Niemand hatte hier etwas davon geahnt. Die Aufregung und Empörung bei Universitäts- und Studentenführung ist gross, zumal durch den Plan, Andreas durch Franz zu verdrängen, ein dicker Strich gezogen ist. Andreas aber ist ungeheuer verhasst und bei dem Kampf gegen die getroffene Lösung kriege ich meinen Teil ab. Eine studentische Deputation soll dem Rektor erklärt haben, nach F’s Wegberufung könne ein Nationalsozialist in Heidelberg nicht mehr Geschichte studieren und die Studentenschaft werde den jüngeren Semestern Übersiedlung an eine andere Universität empfehlen. Mein Verhältnis zur ›Studentenschaft‹ war seit meiner Rückkehr aus Giessen sehr kühl. Es kann leicht sein, dass nun meine Unmöglichkeit ›bewiesen‹ werden soll, um F’s U[nentbe]hrlichkeit um so deutlicher zu machen. Mit welchen Mitteln das zu geschehen pflegt, und wie wenig dabei die wirklich studierenden Studenten bedeuten, weiss man ja. Trotzdem werde ich mein Möglichstes tun, um die mir von Berlin her eingeräumte Position zu halten. Beträchtlich erschwert wird alles durch die ganz und gar unvernünftige, dazu rücksichtslose Haltung von Andreas. Ich halte für möglich, dass meine Trennung von der Universität, auf die ich seit diesem Sommer gefasst bin, im Laufe des Wintersemesters sich endgültig als nötig erweist. Wenn Sie von diesen Dingen hören, werden Sie sich mit Recht Ihrer Freiheit zu positiver Arbeit doppelt freuen.« Gutachten]Stellungnahme der Studentenschaft, 20. Mai 1936 (Abschrift; Berlin, Archiv der Humboldt-Universität, UK 83, Bd. 2, Bl. 11; im Wortlaut Bd. 1, S. 176 f.). Bombardement von Madrid]Ab Anfang Oktober 1936 rückten die aufständischen Nationalisten unter General Franco in vier Kolonnen auf die spanische Hauptstadt vor. Seit dem 23. Oktober wurde sie von italienischen und deutschen Kampfflugzeugen bombardiert. Wohnviertel, Museen, Krankenhäuser und die Nationalbibliothek blieben nicht verschont. Vom 17. bis 23. November war die Bombardierung besonders intensiv. In der deutschen Presse war nur von Angriffen »nationalistischer Flugzeuge« die Rede, um die »Fiktion der Nichteinmischung« (Volker Ullrich) aufrechtzuerhalten. Im Dezember wurde die Belagerung abgebrochen (vgl. Antony Beevor, Der Spanische Bürgerkrieg, München 2006, S. 214–237). Japan]Deutsch-italienischer Vertrag (»Achse Berlin‒Rom«) vom 25. Oktober, Antikomintern-Pakt zwischen Deutschland und Japan vom 25. November 1936.

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1936 143 Kreuzzugsbuch […] Schramms Renovatio]Im Spanischen Bürgerkrieg hatten Vertreter der katholischen Kirche wiederholt zu einem »Kreuzzug« gegen den Kommunismus aufgerufen. – Schramm: vgl. oben zu Nr. 23.

61.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 20. Dezember 1936 Caro amico! Der Schluß Ihres Briefes, der von der Ausnutzu[ng eine]r vielleicht kurzen Zeit spricht, berührt ein Thema, das ic[h o]ft in genau der gleichen Weise bedacht habe. Ich habe die Hoffnung, die Arbeiten, die ich jetzt unter den Fingern habe, noch schwarz auf weiß in die Bibliotheken befördern zu können; auf mehr rechne ich einstweilen nicht. Freilich, ob das wirklich eine bessere Verwendung der Zeit ist als die Lehrtätigkeit, die die Dinge nicht in die Bibliotheken, aber in die Köpfe befördert, das läßt sich ja nicht voraussehen. Wenn Sie also einfach von »Fruchtlosigkeit« schreiben, so weiß ich nicht, ob das nicht zu pessimistisch ist. Die Hoffnung, daß die Dinge auch über Katastrophen hinaus irgendwie weitergehen und doch noch in vielleicht ganz unerwarteter Weise Früchte bringen, ist jedenfalls auch dem denkenden Menschen erlaubt. Ihre Lage in Heidelberg hat ja sicherlich ihre speziellen Besonderheiten, zumal gerade Kriegk [sic!] als das Haupt einer besonderen hochschulpolitischen Gruppe gilt, die übrigens z. Zt. keineswegs Oberwasser zu haben scheint. Über die Versetzung von Franz nach Jena hörte ich hier in der Form reden, daß sie ein Affront für die Gruppe Kriegk wäre. Ob die Engelsche Richtung sich hält, kann man nicht wissen, ich höre gelegentlich darüber reden, habe bisher aber nicht den Eindruck, als ob ein Kurswechsel da schon in sichtbarer Aussicht stände. Auf dem historischen Gebiet sind wir z. Zt. in unserer Arbeit völlig ungestört. Lasen Sie vor zehn Tagen den langen Artikel »Geschichte richtig gesehen« im Schwarzen Korps? Abgesehen von einem lebhaften Eintreten für Karl den Großen (»Blut von unserem besten Blut«) und die Italienpolitik, enthielt er ein Gemisch von hellichtem Unsinn

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144 BRIEFE einerseits und altbekannten Richtigkeiten anderseits; der Schluß verlangte, daß man die Geschichte von den Ideen her sehen solle (also wenn man Ihnen noch Überschätzung des geistigen Moments in der Geschichte vorwerfen sollte, können Sie sich künftig auf das Schwarze Korps berufen!). Der Gesamteindruck war der einer völligen Hilflosigkeit; die Leute wissen jetzt, nachdem sie mit ihren ersten Thesen gescheitert sind, einfach nicht mehr, was sie mit der Historie anfangen sollen. Bezüglich des letzten Satzes meiner Rezension konnte ich nichts machen. Ich erfuhr die Streichung erst mit der Korrektur, die sofort zurückgesandt werden mußte. Der Fortfall ist zweifellos ein Schade, aber ich hoffe doch, daß sich das sachliche Urteil über Dannenbauers Rezension aus dem positiven Teil der meinigen für den Leser beider automatisch ergibt. Was am meisten die Beachtung auf sich ziehen muß, ist ja ohnehin der Plagiatsvorwurf bzw. die Abwehr gegen diesen Punkt, und gerade hier hoffe ich, daß das Urteil völlig einstimmig zu Ihren Gunsten ausfallen wird, womit Dannenbauers Rezension doch wohl als Ganzes erledigt sein dürfte. Sonderdrucke werde ich m. W. nur fünf erhalten, übrigens auch erste einige Zeit nach Erscheinen; haben Sie Wünsche bezüglich der Versendung? Mir genügt ein Exemplar für mich, eines natürlich für Sie, über die andern drei können Sie bestimmen. Brackmann ist z. Zt. auch am Archivinstitut nicht mehr tätig; die Leitung wird interimistisch von Brennecke und Winter besorgt. Wenn zum Generaldirektor (zum 1. April?) jemand ernannt wird, mit dem Brackmann kramen kann, dann wird er möglicherweise wieder als Dozent daran wirken, aber schwerlich als Leiter. Kehr tritt übermorgen hier wieder auf; möglicherweise wird dann schon gleich die Entscheidung fallen, ob er noch für die MG weiterarbeiten wird, ob er Papsturkunden macht oder etwa sich gänzlich zur Ruhe setzt; letzteres erscheint jetzt zum ersten Mal als denkbar, wenn auch nicht als wahrscheinlich. Im übrigen gehen dunkle Gerüchte um, daß Auseinandersetzungen über das ganze Papsturkunden-Material bevorständen; da es aus öffentlichen Mitteln – und zwar bekanntlich mit Hilfe der allerverschiedensten Fonds – zusammengebracht ist, will man wohl verhindern, daß er es einfach seiner Tochter vermacht. Dies bitte privatim. Im übrigen Ihnen und Ihrer Frau Mutter alles Gute zu Weihnachten und zum neuen Jahr. In unseren Gedanken zum Jahreswechsel wird diesmal wohl in einem Maße wie selten das Öffentliche über das Private überwiegen.

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Mit herzlichen Grüßen auch von meiner Mutter stets Ihr Carl Erdmann Krieck]Ernst Krieck wurde wenig später zum Rektor der Universität Heidelberg ernannt, wurde aber vom Reichserziehungsministerium nicht unterstützt und konnte sich nur drei Semester lang halten. »Geschichte ‒ richtig gesehen«]In: Das Schwarze Korps, 10. Dez. 1936, S. 6, wo der anonyme Verfasser gegen all jene polemisiert, die sich »unter mißbräuchlicher Berufung auf Alfred Rosenberg ›Mythos‹« anmaßen, »die gewaltige Persönlichkeit Karls des Großen wegen des uns als Blutverlust allerdings mehr als traurigen Kapitels der Sachsenschlächterei […] schwarz in schwarz zu malen, als hätte dieser gewaltige Germanenkönig, Blut von unserem besten Blut, nicht auf der anderen Seite die bedrohten Stämme Deutschlands durch ihre Einigung (wider ihren Willen!) gerettet«. Ebenso töricht sei es, »die Italienpolitik der größten deutschen Könige lediglich als unnational und landfremd zu verurteilen«. Das seien »fixe Ideen« der »Laienforscher«. Vielmehr fordere man »von allen, die am Bilde der Geschichte unseres Volkes mitwirken wollen […]die entschiedene Abkehr von der Materie als solcher und die begeisterte Hingabe des ganzen Menschen an die Idee, wo immer sie in Vergangenheit und Gegenwart wirksam war und ist«. Rezension]Vgl. oben zu Nr. 58. Kehrs Tochter]Gudila Kehr, seit 1937 mit Götz von Pölnitz verheiratet.

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62.  An Karl Brandi (NL Brandi, 12/208. – Masch. Or.) Berlin NW 7, den 19. Januar 1937, Reichsinstitut Hochverehrter Herr Geheimrat! Vielen Dank für Ihre liebenswürdige Karte vom 13.! Ich bitte Sie aber, es mir nicht zu verargen, wenn ich die Besprechung nicht übernehme. Das Buch von Günter liegt mir nicht, und ich habe das [sic!] Rezensieren bis auf weiteres überhaupt abgeschworen (abgesehen von meinen Verpflichtungen gegenüber dem DA sowie von dringenden Notfällen, wie soeben die Verteidigung Tellenbachs in der HZ einer war). Ich habe die Beantwortung ein paar Tage hinausgezögert, weil ich voraussah, daß ich Ihnen wegen einer andern Sache, die die Göttinger Gesellschaft betrifft, würde schreiben müssen, was ich erst konnte, nachdem ich mit Prof. Engel gesprochen hatte. Dieses habe ich soeben getan und von ihm die ausdrückliche Vollmacht erhalten, Ihnen einen »Brandbrief« zu schreiben und Ihnen eine Reise nach Berlin anheimzustellen, indem wir gegebenenfalls auf ihn »in der Hinterhand« rechnen könnten. Geheimrat Kehr ist augenblicklich hier, will aber nach seinen Mitteilungen schon nach einigen Tagen, vielleicht [hsl.: erst] Anfang nächster Woche wieder nach Meran abreisen. Er hat vor drei Tagen sein Zimmer im Reichsinstitut geräumt und seine Privatsachen in ein Zimmer bringen lassen, das ihm die hiesige Akademie einstweilen eingeräumt hat. Dabei hat er auch das Papsturkunden-Material in acht Kisten – je zwei für Deutschland, Italien, Frankreich und Spanien – verpacken lassen und in jenes Zimmer gebracht. Er selbst sagte mir aber vor einigen Tagen, daß diese Materialien nur »zunächst einmal« in die Akademie kämen. »Hier im Reichsinstitut ist es mir nicht sicher genug, hier

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kann eines Tages eine Fliegerbombe fallen, und außerdem kommen die jungen Leute daran, die keine Ordnung halten.« Auf meine Frage, wo denn unter solchen Umständen spätere Generationen die »Scede Kehriane« finden würden, erwiderte er: »Die kommen an einen sicheren Ort, dafür sorge ich.« Nach dem Gang der Unterhaltung kann er dabei nach meiner Meinung – und alle, die ihn kennen, stimmen mir bei – nur den Vatikan gemeint haben. Nachträglich hörte ich, daß er im vergangenen Sommer tatsächlich bereits von der Möglichkeit gesprochen hat, daß er das Material an die Biblioteca Vaticana gäbe. Über die Eigentumsfrage hat er sich früher in der Weise geäußert, daß er die Materialien als sein Privateigentum betrachtete. Anderseits hat er noch vor wenigen Tagen gesagt, daß nach seinem Tode die Fünferkommission – also das Kuratorium der Pius-Stiftung – verfügungsberechtigt wäre. Aus seinen Worten in der Unterhaltung mit mir ging klar hervor, daß er eine Fortsetzung der Arbeiten hier in Deutschland möglichst hintanhalten will. »Die Göttinger wollen Brackmann zu meinem Nachfolger machen, der ist nicht der richtige.« Auch von Prof. Walther Holtzmann und Dr. Ramackers sprach er kritisch und hielt es sogar für nötig, mir selbst meine Ungeeignetheit zum »Regieren« auseinanderzusetzen. Von den drei oder vier Frankreich-Bänden, die Ramackers schon ausgearbeitet hat, geht ja glücklicherweise einer jetzt in den Druck. Doch werden Sie vielleicht schon wissen, daß Kehr ihm die weitere Bearbeitung des verhältnismäßig geringen noch verbliebenen Restes fortgenommen und das gesamte Manuskript, das schon fertig ist, an sich genommen hat. Daß er einen Bericht über Paris  – den wichtigsten Teil  – überhaupt nicht veröffentlicht sehen will, sagte er mir ausdrücklich, angeblich weil die Pariser Gelehrten die Dinge zu scharf kritisieren würden. Weiter hat er seinem Mitarbeiter für die Italia, Dr. Schlechte, den festen Vorschlag gemacht, wenn dieser sein Archivexamen gemacht habe (nach etwa einem halben Jahr), für die weitere Ausarbeitung nach Rom zu gehen. Wenn der Mitarbeiter nach Rom geht, muß auch das Material nach Rom, zum mindesten für die Italia. Nach der gesamten Lage besteht aber dringende Gefahr, daß er bei dieser Gelegenheit [hsl. eingefügt: d. h. vielleicht schon jetzt bei seiner Abreise,] das ganze Material mitnimmt, unter irgend einem Vorwande. Ist es aber einmal über die Grenze, ist es der deutschen Wissenschaft verloren; spätestens mit seinem Tode vermacht er es dann sicher dem Vatikan. Nun besteht Gefahr im Verzuge, vor allem deshalb, weil er bereits in Unterhandlung mit dem Vatikan steht. Er selbst erzählte, daß Kardinal Mercati vor

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148 BRIEFE einigen Wochen zu dem damals schwerkranken Papste gehen wollte, um ihm einen Brief Kehrs vorzulesen, aber nicht vorgelassen wurde. Vor acht Tagen ist nun Mercati tatsächlich beim Papste gewesen, und hat Kehr darüber berichtet. Über das Ergebnis triumphierte Kehr; einem seiner Mitarbeiter zeigte er in Mercatis Brief den Satz »Ci sarà chi supplirà« und sagte, daß noch andere Dinge darin ständen, die er nicht sagen wolle. »So geht es, wenn man auf der einen Stelle sinkt (seine Depossedierung in Deutschland), steigt man auf der anderen.« Über den Inhalt der Unterhandlungen hat er hier nur mitgeteilt, daß die Kurie vom nächsten Band der Italia pontificia, den er jetzt fertig machen will, 50 Exemplare subskribieren sollte, und daß sie, falls mit dem weiteren Druck der Bände von Dr. Ramackers (!) in Deutschland Schwierigkeiten entständen, einspringen würde. Wir alle können nicht glauben, daß Mercati lediglich wegen dieser Dinge zum kranken Papst gegangen ist und daß Kehr deswegen so triumphiert hat, zumal er vorher sein Desinteressement an den Ramackersschen Bänden so klar ausgesprochen hat. Vermutlich hat er weiteres Geld erhalten zur Unterhaltung eines oder mehrerer Mitarbeiter in Rom oder dgl., vielleicht ein kleines Institut, oder was weiß ich. Nur eben ist das alles dann natürlich nicht mehr »iubente Societate Gottingensi«, sondern »iubente Pio PP XI«. Vor einigen Wochen stand im Osservatore Romano bereits ein Artikel über Kehr auf Grund eines Interviews, das er einem italienischen Journalisten gegeben hatte. Darin hatte er offen gesagt, daß es hier mit dieser Art Arbeiten nichts mehr wäre, die Arbeitsräume seien leer usw. (er hatte den Journalisten nämlich abends durch die Räume geführt, wo in der Tat nur noch ich als einziger anwesend gewesen war). Das ist die publizistische Begleitmusik, deren Fortsetzung ich mir lebhaft vorstellen kann: in Deutschland habe man jetzt für die eigentliche Wissenschaft nichts mehr übrig, die fände aber ein Asyl beim Hl. Petrus. Über die Rechtslage konnte ich bislang nur ermitteln: Auf dem Wege über etwaige Urheberrechte der Mitarbeiter wäre nichts zu machen, da solche Rechte an die »Firma« übergegangen wären. Aber wer ist die »Firma«? Hat die Göttinger Gesellschaft irgendwie ihre Rechte an die Piusstiftung abgetreten? Für die Italia wird sich wohl nichts machen lassen, da dafür die Dinge besonders kompliziert sind, ein hervorragender persönlicher Anteil Kehrs an der Sammelarbeit, außerdem kuriale und private Kehrsche Gelder von Anfang an. Aber die Italia kann man schließlich auch schießen lassen, zumal er jetzt wirklich daran arbeiten will. Für Deutschland und Spanien [hsl.: aber] ist weit-

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aus der größte Teil, für Frankreich das Gesamte von den Mitarbeitern gemacht, die entweder ausschließlich oder doch zum allergrößten Teile von der deutschen öffentlichen Hand bezahlt worden sind: Göttinger Gesellschaft, Kaiser Wilhelm-Gesellschaft, Notgemeinschaft, Kultusministerium, Römisches Institut, in geringerem Umfang auch Monumenta und Berliner Akademie und wer weiß noch. Kuriale oder private Gelder stecken in diesen Teilen des Materiales, wenn überhaupt, nur zu einem geringen Bruchteil. Notwendig ist also vor allem eine schleunige Klärung der Rechtslage, die nur von Göttingen ausgehen kann, und dabei dann möglichst sofort in gütlicher oder offizieller Form ein »Arrest« über das Material bis zur Feststellung des Eigentümers. Daß Kehr das ganze Material schon jetzt über die Grenze bringen will, ist nur eine Vermutung, die falsch sein kann. Aber Prof. Engel bestätigte mir, daß er keine Garantie dafür habe, daß er das nicht tun würde. »Dépêchez-vous. Periculum in mora« – wenn Sie mir dieses historische Zitat gestatten! Damit verbleibe ich Ihr verehrungsvoll ergebener Carl Erdmann Buch von Günter]Heinrich Günter, Das Hochmittelalter (Geschichte der führenden Völker 12), Freiburg i. Br. 1936. Pius-Stiftung]1931 durch Pius XI. errichtete Stiftung zur dauerhaften Finanzierung des Göttinger Papsturkundenwerks. Frankreich-Bände]Johannes Ramackers (Bearb.), Papsturkunden in Frankreich, Bd. 2: Normandie (Abhandlungen der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, Philol.Histor. Kl. III 21), Göttingen 1937. Brief Kehrs]Kehrs Brief vom 16. Dezember 1936 bei: Vian, I fratelli, hier S. 802 f. Anders als zahlreiche andere Briefe Giovanni Mercatis ist das Antwortschreiben im Nachlass Kehr nicht erhalten geblieben. ci sarà …]Ital.: »Es wird jemanden geben, der für Ersatz sorgen wird.« »iubente Societate Gottingensi«]So jeweils im Titel der »Regesta pontificum Romanorum«. Artikel über Kehr]Pier Fausto Palumbo, Paolo Kehr, in: L’Osservatore Romano, 6/7 Juli 1936, S. 2. »Dépêchez-vous. Periculum in mora«]Telegramm des Kriegsministers Albrecht von Roon an den Pariser Gesandten Otto von Bismarck wegen des drohenden Rücktritts König Wilhelms I. (1862).

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150 BRIEFE 63.  A  n Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 24. Januar 1937 Lieber Herr Tellenbach! Endlich habe ich die Sonderdrucke meiner Bes[prech]ung in der HZ bekommen, wovon ich einen gleichzeitig an Sie a[bsch]icke. Leider habe ich noch nichts davon gehört, was die Leute da[zu] meinen, habe auch, offen gestanden, versäumt, danach zu fragen. Denn bei uns in den MG ist das Heft aus irgend einem Grunde noch nicht eingegangen, und außerdem habe ich eine etwas aufregende Zeit hinter mir, in der ich auch andere Dinge vergessen habe. Ich kam nämlich dahinter, daß Kehr Vorbereitungen traf, das gesamte Papsturkunden-Material (außer England) über die Grenze zu bringen, um es spätestens auf Todesfall dem Vatikan zu vermachen. Die Germania pontificia hat er Brackmann ja schon längst fortgenommen, ebenso kürzlich Ramackers die schon dreiviertel fertigen französischen Papsturkunden; jetzt wurde alles in acht Kisten verpackt und »zunächst einmal« in die Akademie hinübergeschafft, wo Kehr sich einen Raum einrichten ließ; dem Mitarbeiter für die Italia (Schlechte) machte Kehr den Vorschlag, nach Ablegung des Archivexamens (ca. ½ Jahr) nach Rom überzusiedeln; unterdessen war der Kardinal Mercati mit einem Briefe Kehrs beim kranken Papst und soll Annahme der Kehrschen Vorschläge (welcher?) erreicht haben; mir selbst sagte Kehr auf meine Frage, wo spätere Generationen die »Scede Kehriane« finden würden: sie kämen an einen sicheren Ort, dafür sorge er. Nachträglich erfuhr ich, daß er schon vor einem halben Jahr von der Möglichkeit gesprochen hat, daß er alles an die Vaticana gäbe (darunter auch unsere Pariser Aufzeichnungen, die zur Hälfte für die MG gemacht sind!). Das Bild wird vollständig durch einen Artikel über Kehr, der vor einigen Monaten im Osservatore Romano stand auf Grund eines Interviews, das Kehr einem italienischen Journalisten gegeben hatte. Darin hatte er klar gesagt, daß hier mit derartigen Arbeiten nicht mehr viel los wäre, die Arbeitsräume wären leer usw. (er hatte den Journalisten nämlich abends durch die Räume geführt, wo in der Tat nur noch ich anwesend gewesen war). Die Gegenaktion war angesichts der schwierigen Rechtslage so heikel, daß Engel mir bereitwillig die Rolle des Hauptakteurs überließ, um

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selbst mehr »in der Hinterhand« zu bleiben. Doch hat er diese Rolle, soweit ich bisher sehe, gut durchgeführt, und jedenfalls ist die erste Schlacht gewonnen, Kehr ist von seinen Plänen vorerst zurückgetreten. Als Kompromiß scheint Engel bereit zu sein, ihm die Mitnahme des Diplomata-Materials für Ludwig II. nach Rom zu erlauben, wo er es für das Istituto storico Italiano (nicht mehr für die MG) herauszugeben wünscht. Für mich persönlich ist bei der Sache ein völliger und diesmal wohl endgültiger Bruch mit Kehr herausgekommen; er bekam auf meine in höflicher und bescheidener Form vorgebrachten Vorstellungen geradezu einen Wutanfall, schmiß die Türen usw. Angenehm ist mir das natürlich nicht, und ich habe mich tagelang in einem Zustande ziemlicher Aufregung befunden; aber da es ernstlich um ein nationales Interesse ging, nehme ich es hin. Was die Ersetzung Vahlens durch Wacker als Ministerialdirektor bedeuten wird, habe ich noch nicht erfahren. Es geht ein – vielleicht ganz wertloses – Gerücht um, wonach Engel am 1. April aus dem Ministerium ausscheiden und sich auf Reichsinstitut und Professur zurückziehen solle. Welchen Eindruck macht Ihnen das 1. Heft des DA? In acht Tagen soll übrigens meine kleine Ausgabe der Briefe Heinrichs IV. – als 1. Heft der neuen Schulausgabe der MG – herauskommen. Sonst ist hier nicht recht was los; eine mehr komische als ernsthafte Reibung mit Rörig, der zur allgemeinen Heiterkeit die Existenz einer »Erdmann-Clique« entdeckt haben will, verlohnt keinen Bericht. Beunruhigt hat mich, daß Engel neulich meiner Feststellung, daß ich mich als Dozenten a. D. betrachte, ausdrücklich widersprach und sich weigerte, eine diesbezügliche Erklärung meinerseits anzunehmen; ob er ernstlich – wie ich das schon früher befürchtete – noch Universitäts-Pläne mit mir hat? Und wie geht es mit Ihrer Tätigkeit in Heidelberg? Wie immer mit herzlichen Grüßen Ihr Carl Erdmann Besprechung in der HZ]Vgl. oben zu Nr. 57. Mitnahme des Diplomata-Materials für Ludwig II.]Kehr überließ das Material seiner Tochter Gudila, die es für die »Fonti per la storia d’Italia« einrichten sollte, aber den Auftrag schließlich zurückgab. Die Edition konnte daher erst ein halbes Jahrhundert später in Deutschland und in Italien erscheinen: Die Urkunden Ludwigs II., bearb. von Konrad Wanner (MGH Dipl. Karol. 4), München bzw. Rom 1994.

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152 BRIEFE Ersetzung Vahlens durch Wacker]Am 1. April 1937 übernahm der badische Kultusminister Otto Wacker das Amt Wissenschaft im Reichserziehungsministerium, nachdem Theodor Vahlen aus Altersgründen aus dem Amt geschieden war (Nagel, Hitlers Bildungsreformer, S. 108–110). 1. Heft des DA]DA 1,1 (1937) mit einem programmatischen, »Blut und Boden«, »Heimat« und »Volkheit« gegen wertfreie Objektivität ausspielenden Beitrag von Wilhelm Engel: Deutsches Mittelalter. Aufgabe und Weg seiner Erforschung, S. 3–10. Briefe Heinrichs IV.]Vgl. oben zu Nr. 42.

64.  An Karl Brandi (NL Brandi, 12/225. – Masch. Or.) Berlin NW 7, den 12. Februar 1937, Reichsinstitut Sehr verehrter Herr Geheimrat! Für die freundliche Zusendung Ihres Vortrags über Karl V. und Metz sage ich Ihnen vielen Dank. Ich las ihn mit größtem Interesse, sowohl die eigentliche Erzählung wie auch die persönlichen Bemerkungen am Anfang und das bedeutsame Aktenstück am Schluß. Inzwischen hörte ich, daß Sie nach meinem

Karl Brandi.

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letzten Brief an Geheimrat Kehr geschrieben haben und daß in der Angelegenheit zwischen den Akademien verhandelt worden ist. Ich selbst habe mit Geheimrat Kehr, noch ehe er Ihren Brief erhalten und mit Prof. Engel unterhandelt hatte, auch meinerseits gesprochen, da ich nicht hinter seinem Rücken gehandelt haben wollte; er wollte natürlich keinerlei Mitreden meinerseits dulden und hat völlig mit mir gebrochen. Letzteres bedauere ich außerordentlich, aber es ist doch wenigstens soviel erreicht, daß das Unternehmen in Deutschland bleibt und Geheimrat Kehr seinen römischen Plan, wie es scheint, gänzlich aufgegeben und jedenfalls für jetzt mehrere der dazugehörigen Vorbereitungen rückgängig gemacht hat. Er hat dann natürlich auch dementiert, daß der Plan jemals bestanden habe. In größter Hochachtung bleibe ich Ihr sehr ergebener Carl Erdmann Aktenstück am Schluß]Karl Brandi, Karl V. vor Metz, in: Elsaß-Lothringisches Jahrbuch 16 (1937), S. 1–30 (mit einem Brief Karls V. im Anhang). an Geheimrat Kehr]Brandi an Kehr, 20. Januar 1937 (NL Kehr [GStA PK], 7/821–822).

65.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 6. 4. 1937 Lieber Herr Tellenbach! Heute ist im Ministerium entschieden worden, d[aß Engel] dort ausscheidet und zunächst hier in Berlin lesen soll. [Da]s Weitere muß davon abhängen, ob der beantragte etatsmäßige Direktorposten für das Reichsinstitut bewilligt wird und Engel ihn bekommt; wenn ja, dürfte er hier in Berlin bleiben, wenn nein, ist es immer noch möglich, daß er den Würzburger Lehrstuhl bekommt (für später natürlich). Ich schreibe Ihnen das sofort, weil Sie ja jetzt erstens für den Würzburger Lehrstuhl Interesse haben und weil zweitens Engel im Minis-

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154 BRIEFE terium m. W. das Haupthindernis für Ihre Gießener Chancen war. Jetzt zum ersten Mal halte ich für möglich, daß aus Gießen für Sie doch noch etwas wird. Die Nachricht über Ihre Verschickung nach Würzburg hörte ich mit Bedauern. Wenn ich auch das weitere Vertretertum für Sie schon vorher als unausweichlich angesehen hatte, so muß ich doch annehmen, daß ein nochmaliger Wechsel und ein nochmaliges Von-vorn-Anfangen an einer dritten Universität Ihnen wenig erwünscht ist. Ich persönlich habe Würzburg ja in netter Erinnerung; aber ob es für Sie angenehm sein wird? Falls Sie einmal zu Chroust hingehen wollen (was er gewiß dankbar verzeichnen würde), so bitte ich Sie, viele Grüße von mir zu bestellen. Vor einiger Zeit bekam ich von Kienast einen neuen, wesentlich kürzeren Wortlaut einer Entgegnung von Dannenbauer zwecks Rückerwiderung. Diesmal war es relativ sachlich; es hieß auch nicht mehr »totgeschwiegen«, sondern »mit Stillschweigen übergangen«. Dies Produkt mitsamt dem meinen wird nun wohl im nächsten Heft der HZ erscheinen; Anlaß zu Aufregung ist es m. E. nicht. Für hier ist bestimmt worden, daß Otto, der zu diesem Zweck immer aus Leipzig herüberfahren muß, anstelle von Otto Meyer das Proseminar hält. Auch das war – ebenso wie Ihr Fall – schon während Engels Romreise von Mattiat abgemacht worden, der überhaupt an Engels Stelle tritt. Hinter Ihrem Tausch mit Ernst soll Kriegk [sic!] stecken. Das wären so die neuesten Berliner Nachrichten. Meine Mutter ist einigermaßen wiederhergestellt. Mir geht es gut, Ihnen hoffentlich nicht minder. Mit herzlichen Grüßen Ihr C. Erdmann Verschickung nach Würzburg]Vertretung des durch die Berufung Max Buchners nach München vakanten Mittelalterlehrstuhls im SS 1937. ich persönlich]Erdmann hatte sich 1924 bis 1926 in Würzburg immatrikuliert und war dort bei Anton Chroust promoviert worden. Entgegnung […] Rückerwiderung]Weder Dannenbauers Entgegnung noch Erdmanns Rückerwiderung ist jemals erschienen. Tausch mit Ernst]Zum SS 1937 war Fritz Ernst nach Heidelberg berufen worden, wo Tellenbach bis dahin die Lehrstuhlvertretung innehatte. Krieck setzte sich für Ernst beim Ministerium ein, hätte es aber vorgezogen, wenn Fritz Rörig dem Ruf nach Heidelberg hätte folgen können (Miethke, Die Mediävistik in Heidelberg, S. 102 f.).

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66.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 22. April 1937 Lieber Tellenbach! Eben bekomme ich von Kienast einen Brief, der mi[r schreib?]t, daß es sicher sei, daß Sie im Winter nach Gießen kämen. A[lso] nunmehr noch einmal meine herzlichsten Glückwünsche – und hoffentlich mit besserem Grund als vor einem halben Jahr wegen Heidelberg! Selbst wenn die Ernennung bei Semesterbeginn noch nicht da ist (womit man vielleicht rechnen muß), werden Sie doch jedenfalls in ganz anderer Lage in Gießen wieder anfangen können, da die Absicht, Sie dort zum Professor zu machen, ja unzweifelhaft wäre und es für Sie eine Genugtuung wäre, an eine Universität zurückzukehren, die Sie kennt und zwei Jahre lang gegen Tod und Teufel gekämpft hat, um Sie zu bekommen. Kienast wünschte noch nicht, daß man es hier in Berlin schon wisse, aber an Sie darf ich ja wohl davon schreiben, da Sie ohnehin informiert sein werden. Er war natürlich recht unglücklich und hoffte auf anderweitige Entschädigung, die [er] wohl auch bekommen wird. Vorerst im Winter freilich dürfte er wohl seinerseits die Würzburger Vertretung übertragen bekommen. Denn wie mir Lohmann hier sagt, rechnet Engel bestimmt damit, daß er zunächst noch ein Jahr das hiesige Institut – und damit jedenfalls die hiesige Professur – kommissarisch behält, wobei unklar ist, ob er danach endgültig zum Direktor ernannt werden soll (der Posten ist im Etat jetzt geschaffen) oder ob dann ein anderer ernannt wird. Die Würzburger Professur wird man bis zu dieser Entscheidung wohl für ihn offen halten. Die Nachricht, daß Engel in Würzburg Rektor werden sollte, war richtig, aber schon im Januar, und ist damals von Rust verneinend entschieden worden. Ob der Plan jetzt wirklich abermals aufgestellt ist? Jedenfalls ist alles rings um Engel höchst dunkel. Er liest jetzt nur ein kleines Kolleg über Kaiserurkunden und hat – bisher wenigstens – auch für die MG keine Edition übernommen. Sein Nachfolger im Ministerium ist übrigens doch nicht Mattiat, der vielmehr nur die Vertretung hatte, sondern ein Mann namens Harmjanz o. ä., der Volkskundler sein soll. Über die Dannenbauer-Auseinandersetzung schrieb mir Kienast, daß sie – ohne sein Zutun – im nächsten Heft noch nicht erscheinen würde. Umso ­besser.

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156 BRIEFE Daß Sie es in Würzburg gut getroffen haben, war mir eine große Freude. Konnten Sie eigentlich den Faszikel des Repertoriums noch fertig machen, so daß er nächstens erscheinen wird? In Rom ist jetzt ein weiterer Assistent namens Opitz, ein schon älterer Heckel-Schüler, der aber nicht Repertorium, sondern Regesten Heinrichs VII. machen soll. Hier in Berlin liegt nichts Neues vor, außer daß Ramackers und Schieffer mit Germania-Sacra-Aufträgen nach Köln bzw. Münster abgegangen sind. Das Kaiser-Wilhelm Institut hat Kehr also behalten. Er ist z. Zt. wieder in Meran, ob er Diplome Arnulfs oder (für die Italiener) Ludwig II. arbeitet, weiß ich nicht. Klebel ist noch hier, er soll angeblich einen Lehrauftrag irgendwo erhalten, das hat das wohl noch gute Weile [sic!]. Mit herzlichen Grüßen stets Ihr Carl Erdmann Würzburger Professur]Am 1. November übernahm Wilhelm Engel den Lehrstuhl für mittelalterliche Geschichte, Historische Hilfswissenschaften und fränkische Landesgeschichte in Würzburg (Bünz, Ein Historiker, S. 276). Diplome Arnulfs]Arnulf von Kärnten (um 850–899). Die Ausgabe erschien 1940. Klebel […] Lehrauftrag]Ernst Klebel hatte Lehrstuhlvertretungen in Frankfurt, Berlin und Würzburg inne. Nicht aus politischen, sondern aus konfessionellen und persönlichen Gründen kam er nirgendwo zum Zuge. In Frankfurt wurde 1937 beantragt, ihm einen Lehrauftrag für Siedlungs- und Verfassungsgeschichte Bayerns und Österreichs zu erteilen. Dagegen sprach sich die Philosophische Fakultät aus. 1939 übernahm er schließlich die Leitung des Stadtarchivs in St. Pölten (Oberling, Ernst Perels, S. 186, 237–239; Ziegler, Ernst Klebel, S. 510–513).

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67.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 29. April 1937 Lieber Tellenbach! Ihre Besorgnisse wegen des Repertoriums schienen [m]ir zunächst begründet. Ich nahm den Stier bei den Hörnern und g[ing] zu Engel, sagte ihm, daß Sie mir geschrieben und mich um meine [Mei]nung befragt hätten. Er erklärte: es handele sich ausschließlich um die äußere Druckfertigkeit des Manuskripts, von der die Druckkosten abhängig wären; er habe mit Krusch (der in der Tat ein ganz unfertiges Manuskript in Druck gegeben hatte, was dann gewaltige Kosten verursacht hat) schlechte Erfahrungen gemacht und lasse seitdem grundsätzlich kein Manuskript mehr direkt vom Autor an die Druckerei gehen, ohne daß er es gesehen habe, denn dann sei er gegen Nachforderungen wegen Schwierigkeit des Manuskripts wehrlos. Er fragte dann seinerseits, woher denn das Mißtrauen gegen seine Maßnahme käme. Ich erwiderte – mit dem ausdrücklichen Bemerken, daß das nur meine eigene Meinung wäre und daß Sie mir nichts darüber geschrieben hätten –, daß Sie vielleicht besorgt wären, das Manuskript solle erst zur Begutachtung nach Rom gehen, und daß Ihnen bekannt wäre, daß Bock seit einer vor 10 Jahren erfolgten Rezension nicht gut auf Sie zu sprechen wäre. Er erklärte, daß er durchaus keine solche Absicht habe, schon um des Risikos der Sendung willen. Sein Interesse galt den Fragen, wie denn die Zettel numeriert wären usw. (wozu ich bemerkte, daß Sie doch schon drei Lieferungen gedruckt hätten, was m. W. glatt abgegangen wäre). Für die Zukunft zwar erklärte er, wolle er wegen der unvermeidlichen Lesefehler lokale Fachleute (Archivdirektoren o. ä.) die Korrekturen mitlesen lassen; aber für Ihren Band käme das nicht mehr in Frage. Ich bin der Meinung, daß man seinen Versicherungen völligen Glauben schenken kann. Denn seine Tätigkeit als Institutsleiter erschöpft sich zum größten Teile in solchen geschäftlichen Verhandlungen, für die er ein viel größeres Interesse zeigt als für die wissenschaftliche Substanz. Und dabei kann man ihn m. E. ohne weiteres lassen, denn zunächst einmal ist dieses geschäftliche Interesse natürlich nützlich (der völlige Mangel daran bei Kehr war oft störend), und soweit es darüber hinaus geht, ist es ein harmloser Spleen. Ich möchte also die

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158 BRIEFE Verantwortung übernehmen, Ihnen zu raten, seinen Wunsch zu erfüllen und das Manuskript tatsächlich hierherzuschicken. Mit einer Verzögerung von einigen Wochen durch die Druckerei-Verhandlungen müssen Sie rechnen; aber das ist doch schließlich nicht so schlimm, daß es einen Konflikt mit Engel verlohnte. Sie können sich übrigens Engel gegenüber ohne weiteres darauf beziehen, daß ich Ihnen geschrieben hätte, es würde sich in Berlin nur noch um die äußere Druckfertigkeit und die dadurch bedingten Druckkosten handeln. Im übrigen kann ich ja die Bedenken gegen die Haltbarkeit seiner Stellung schwer unterdrücken. Denn was hat er in die Waagschale zu legen? Der Angriff des Studenten-Organs gegen Frank und den Historikertag wird von Außenstehenden ernst genommen, vielleicht mit Recht; Engel selbst sagt, es habe nichts zu sagen, es gehe nur auf einen Jüngling zurück, der wegen mangelnden Könnens in Franks Institut nicht angestellt worden wäre; Frank habe sich bereits bei Göbbels [sic!] über diesen »dummdreisten« Angriff beschwert. Der Fall Abert (womit Sie doch wohl meinen, daß er trotz seines Prozesses usw. jetzt in Rom Repertorium macht, ohne übrigens am Institut angestellt zu sein) hat mich nie aufgeregt; höchstens in Rom könnte er dem Institut gesellschaftlich schaden, aber die Meinung der Würzburger ist wohl gleichgültig. Hier liest Engel zweistündig Kaiserurkunden, sonst nichts. Vorgestern kam das Gerücht auf, Kienast kehre wieder als Dozent hierher zurück. Die Monumenta Boica in Rom sollen wohl für Bocks Ludwig den Bayern sein. Mit herzlichen Grüssen auch meiner Mutter Ihr C. Erdmann mit Krusch […] schlechte Erfahrungen gemacht]Gregorii Turonensis Opera 1: Libri historiarum X, hg. von Bruno Krusch und Wilhelm Levison (MGH SS rerum Merovingicarum 1, 1), Hannover 1937–1951 (Fasz. I, 1937). Rezension]Gerd Tellenbach, Besprechung von: Friedrich Bock, Die Gründung des Klosters Ettal. Ein quellenkritischer Beitrag zur Geschichte Ludwigs des Bayern (Oberbayerisches Archiv 66 [1929], S. 1–116), in: ZRG KA 49 (1929), S. 614–618. »dummdreisten« Angriff]Dr. Br., Wir sind enttäuscht, in: Die Bewegung. Zentralorgan des NSD-Studentenbundes, 27. April 1937; Mittelalter lesbar machen, S. 216–218. Den Vorwurf, dass das Programm des Erfurter Historikertags auf die drängenden Probleme der Zeit nicht eingehe, nahm das Blatt im Oktober zurück. Vgl. Heiber, Walter Frank, S. 716–720.

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1937 159 Fall Abert]Joseph Friedrich Abert, Direktor des Staatsarchivs in Würzburg, wurde 1935 wegen homosexueller »Verfehlungen« zu einer einjährigen Gefängnisstrafe verurteilt, aller Ämter und Mitgliedschaften (NSDAP, SA) entkleidet; danach war er in Rom mit dem Repertorium Germanicum beschäftigt. Vgl. Schott, Josef Friedrich Abert. Abert […] Kienast]Tellenbachs Antwort ist als hsl. Entwurf erhalten. Er äußerte sich skeptisch zu Engels Plänen (»Ob es möglich sein wird, in jeder Provinz Deutschlands einen ortskundigen Archivar die Korrekturen mitlesen zu lassen?«) und wollte dem Angriff des Studentenorgans keine Bedeutung beimessen. Allerdings fühlte er sich an seine Heidelberger Erfahrungen mit dem Nationalsozialistischen Studentenbund erinnert: »Solche Leute sind das nämlich!« An seinen Bedenken im »Fall Abert« hielt Tellenbach fest: Es sei »unnötig, dass ein Mann, der 1 Jahr wegen des ›vizio tedesco‹ abgesessen hat, ausgerechnet im Ausland beschäftigt wird, wo er uns im unrechten Augenblick von Österreichern und Italiener[n]vorgehalten werden kann, die übrigens sicher keinen Grund haben, sich aufs hohe Ross zu setzen«. Eine Lehrstuhlvertretung Kienasts in Würzburg hielt Tellenbach für »sehr ungünstig«: Denn »die Würzburger wollen keine Vertreter mehr, sondern endgültige Besetzung und sind damit im Recht«. Abschließend informierte er Erdmann über den Tod Walter Lenels in Heidelberg, der »ein durch und durch vornehmer Mann« gewesen sei und »sehr viel von italienischer Reichsgeschichte« gewusst habe, »was nun völlig verloren« (NL Tellenbach, 230). Monumenta Boica]Die Monumenta Boica, eine umfassende Quellensammlung zur bayerischen Geschichte im Mittelalter, hg. von der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 1763–1956, waren vom römischen Institut zweimal angeschafft worden (vgl. unten Nr. 69).

68.  An Percy Ernst Schramm (NL Eickermann, Korrespondenz – Fragment; masch. Durchschlag) Berlin-Zehlendorf, 30. Mai 1937 Lieber Herr Schramm! Herzlichen Dank für Ihren Brief! Danach mache ich folgenden Vorschlag: Bezüglich des doppelten Stabsymbols warte ich Ihre Arbeit ab. Infolgedessen lasse ich die Frage, ob 936 der westfränkische Ordo benutzt wurde, offen und rücke sie an die Peripherie. Als Hauptpunkt des jetzt geplanten Aufsatzes nehme ich vielmehr diejenigen Dinge, die Widukind als herkömmlich betrachtet und deshalb mit einer Partizipialkonstruktion kurz abmacht, also Salbung, Krönung, Weihe, und trete den Nachweis an, daß er hier mit seiner Auffassung im Recht ist, daß also die Königsweihe schon unter Ottos Vorgängern, ausgenommen Heinrich I., ständiger Brauch war. In den Mittelpunkt rückt damit nicht mehr

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160 BRIEFE Otto, sondern Heinrich, der ungesalbte König, über den sich auch sonst noch gerade heute einiges Heilsame sagen läßt, was mit Ihnen nichts zu tun hat. Da ferner die Meinung, daß die ostfränkischen Karolinger im allgemeinen ungeweiht gewesen seien, nicht erst von Ihnen stammt, sondern (mit einigen Nuancen) schon in der vorhergehenden Literatur zu lesen ist, hat mein Aufsatz überhaupt nicht mehr den Charakter einer Auseinandersetzung mit Ihnen. Infolgedessen sind dann auch Sie, wenn Sie später (anläßlich Karl der Kahle usw.) auf die Dinge zurückkommen, nicht genötigt zu einer frontalen Auseinandersetzung mit mir. Denn Ihren Wunsch, solche literarischen Auseinandersetzungen zu vermeiden, will ich natürlich respektieren. Meine sachlichen Gründe sind folgende: 1. Belege für Weihe haben wir bei Karl III., Zwentibold, Konrad. Bei den übrigen fehlen Nachrichten, sodaß man, wenn man nicht e silentio schließen will, ebensogut Weihe wie Nichtweihe annehmen kann. Wenn aber Ludwig der Deutsche, Arnulf, Ludwig das Kind ungeweiht waren, dann hätte man immer abwechselnd einen König ungeweiht gelassen, den nächsten geweiht, was ganz unglaubhaft ist. 2. Die pippinische Tradition der Königsweihe hat nach der Teilung in Westfranken und Italien weitergelebt. Warum Ostfranken eine Ausnahme gemacht haben soll, ist unerfindlich. 3. Widukind macht eine deutliche Unterscheidung zwischen dem, was er als herkömmlich kurz abmacht, und dem, was er ausdrücklich beschreibt, also als neu betrachtet. Daß man sich um 957 diese Unterscheidung aus den Fingern gesogen habe, ist unglaubhaft. – Die Schlußfolgerung aus diesen drei zusammenwirkenden Gründen betrachte ich als zwingend, zumal m. W. noch niemals ein greifbarer Gegengrund vorgebracht worden ist. Andererseits erkenne ich an, daß der Vorgang der Weihe in Westfranken stärkeres Interesse fand und deshalb wohl auch sorgfältiger ausgeformt worden ist, wozu noch die schriftliche Aufzeichnung und die Ausbildung einer Ordinesliteratur hinzukommt. Insofern ist es nicht ganz undenkbar, daß man sich dies 936 zum Vorbild nahm. Dann aber wußte man auch, daß man »secundum occidentales« verfuhr (vgl. die betr. Überschrift im Mainzer Pontifikale). Eine solche bewußte Anlehnung an den Westen ist aber nur in der Einzelausgestaltung denkbar; die Hauptform wurde bestimmt einerseits durch die politische Ausbalancierung der Gewalten (die gerade von Ihnen aufgezeigt worden ist), anderseits durch die bewußte Anknüpfung an die ka-

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rolingische Tradition, speziell an Karl den Großen (die bei Ihnen m. E. nicht genügend zu Ihrem Rechte kommt). Im Grundsätzlichen besteht eine »Frontlinie« zwischen uns sicherlich nicht, es handelt sich jedenfalls, wie Sie schon annehmen, nur um Akzentverschiebungen und Nuancen. Eine mündliche Unterhaltung über diese Dinge wäre von großem Interesse, aber brieflich geht das nicht. Also hoffe ich auf Ihr Erscheinen in Berlin (nach Erfurt gehe auch ich nicht). Einstweilen bitte ich nur um Ihren Bescheid, ob Sie meinen Plan eines Aufsatzes »Der ungesalbte König« ohne eine Kontroverse Schramm – Erdmann für durchführbar halten. Ergebnis meines Aufsatzes wäre: Heinrich will der Kirche gegenüber die karolingische Tradition en bloc verwerfen (was er dann im Laufe seiner Regierung nicht durchführen kann, vgl. die Wiedereinführung der zunächst abgeschafften Würde des Erzkaplans), Otto lenkt zu ihr zurück. Den angekündigten zwei Sonderdrucken sehe ich mit Interesse entgegen. Inzwischen las ich mit Befriedigung Ihren Benzo-Aufsatz in der Korrektur (ich hatte ihn schon vorher teilweise im Manuskript gelesen und dabei Ihr freundliches elogium mei etwas gekürzt, was Sie hoffentlich nicht gestört hat). Es schiene mir nicht ganz undenkbar, daß vielleicht sogar die Ausdehnung der Feier auf 7 Tage für 1046 oder 1084 zutreffend ist. 1047 fand ja eine Synode im Anschluß an die Krönung statt, und über 1084 wissen wir wenig. Aber in der Hauptsache stimme ich Ihnen natürlich völlig zu. [Der Schluss des Schreibens fehlt.] doppeltes Stabsymbol]Zepter und Stab, die nach Schramm im Westfränkischen Reich die weltlichen und geistlichen Kompetenzen des Königs symbolisierten. des jetzt geplanten Aufsatzes]Carl Erdmann, Der ungesalbte König, in: DA 2 (1938), S. 311–340. die bei Ihnen m. E. nicht genügend zu Ihrem Rechte kommt]Percy Ernst Schramm, Die Krönung in Deutschland bis zum Beginn des Salischen Hauses (1028), in: ZRG KA 24 (1935), S. 184–332. nach Erfurt]Das heißt zur 19. Versammlung Deutscher Historiker vom 5. bis 7. Juli 1937. Benzo-Aufsatz]P. E. Schramm, Der »Salische Kaiserordo« und Benzo von Alba. Ein neues Zeugnis des Graphia-Kreises, in: DA 1 (1937), S. 389–407. Ausdehnung der Feier]Gemeint sind die Feierlichkeiten bei den Kaiserkrönungen Heinrichs III. und Heinrichs IV.

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162 BRIEFE 69.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 6. Juni 1937 Lieber Tellenbach! Vorgestern sagte mir Engel, daß Ihr Repertoriums[regi]ster an die Druckerei weitergegangen sei. Auf seine Frage sagte ich ihm auch, daß Ihre Bedenken (wegen der Manuskriptsendung nach Berlin) durch meinen Bescheid völlig behoben worden seien. Inzwischen scheint sich hier das Kaleidoskop wieder etwas gedreht zu haben: es wird behauptet, Krieck sei seit einiger Zeit wieder in Ungnade gefallen, die SS-Kulturpolitiker nicht mehr obenauf (speziell Eckhardt käme für MG, Archive usw. überhaupt nicht mehr in Frage) und Walter Franks Stellung unerschüttert. Anderseits wird mir versichert, Ihre Gießener Sache würde davon nicht mehr betroffen, sondern wäre definitiv entschieden. Nach Erfurt gehe ich nicht. Auch danach befragte mich Engel, und ich sagte ihm, daß ich – von persönlichen Gründen abgesehen – damit rechnete, der Verlauf würde etwas peinlich wirken. Denn es wären doch in den Begrüßungsreden usw. große Worte aus dem Bereich der Politik zu erwarten, denen dann, wenigstens soweit das Mittelalter infrage käme, die Realität nicht entsprechen würde. Denn es würde die Mittelmäßigkeit aufmarschieren, bei der nichts von Schwung und vom gegenwärtigen Leben zu spüren sein würde. Ein Historikertag hätte nur Sinn, wenn irgendwie die Dinge, um die es heute ginge, zu Worte gebracht würden, so daß die Nation aufhorchte. Engel sagte, das würde politische Komplikationen geben, die katastrophale Folgen hätten. Ich antwortete mit einem Verweis auf unser Charlemagne-Unternehmen, bei dem man uns genau dasselbe prophezeit hätte, während der Erfolg in unerwartetem Maße der entgegengesetzte gewesen wäre. Die Unterhaltung hat mir insofern großen Spaß gemacht, als ich derjenige war, der sozusagen auf Politisierung drängte und dem offiziellen Historikertag verknöcherte Langeweile vorwarf. Dabei machte ich natürlich kein Hehl daraus, wo mein eigener Standpunkt bei einer weltanschaulichen Diskussion zu suchen wäre, erklärte aber immer, man müsse beide Seiten zu Worte kommen lassen. Engel dankte mir zwar für meine Offenheit, hat sich aber innerlich vermutlich bekreuzigt. Es war für

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mich, nachdem Engel seit fünfviertel Jahren mein Chef ist, die erste Gelegenheit, einmal mit meinen Meinungen herauszukommen; auch meine Kantorowicz-Affäre, die er nicht kannte, habe ich ihm bei dieser Gelegenheit erzählt. Gelegentlich spukt hier übrigens die Behauptung, zum 1. Oktober würde sich die Frage, ob Engel nach Würzburg käme oder nicht, entscheiden müssen. Daß die Monumenta Boica in Rom schon vorhanden waren, hatte ich vergessen. Inzwischen bekam ich übrigens auf Anfrage die Bestätigung, daß sie tatsächlich zum zweiten Mal angeschafft worden sind, sie seien aber inzwischen wieder verkauft worden. Die Schuld an dergleichen Dingen soll nicht Bock, sondern Kämpf haben; doch wurde dies in Kämpfs Abwesenheit behauptet. Übrigens macht Kämpf, nicht Opitz, die Regesten Heinrichs VII., Opitz macht Repertorium vor 1378. Außerdem ist jetzt ein Musikhistoriker ans Institut gekommen, und Birkner, den Sie wohl auch kennen, soll Nuntiaturberichte machen. Da Sie sich ja für Heinrich I. interessieren, möchte ich Ihnen noch schreiben, daß ich möglicherweise demnächst einen Aufsatz »der ungesalbte König« schreibe (Heinrich hat bei der Ablehnung der Salbung nicht nur das Beispiel Konrads I., sondern die gesamte karolingische Tradition verworfen; es gibt noch andere Anzeichen, daß er zuerst gänzlich ohne die Kirche regieren wollte, wovon er dann aber selbst abkam). Doch korrespondiere ich darüber vorerst noch mit Schramm. Mit herzlichen Grüssen Ihr C. Erdmann nach Erfurt]Vgl. oben zu Nr. 68. meine Kantorowicz-Affäre]Vgl. oben Nr. 8. Musikhistoriker]Josef Loschelder. Birkner]Joachim Birkner wurde 1939 vorübergehend am DHI angestellt und erhielt den Auftrag, für die »Nuntiaturberichte aus Deutschland« das Material aus dem Pontifikat Pauls IV. zu sammeln (Theobald Freudenberger, Joachim Birkner †, in: Hist. Jb. 76 [1957], S. 623–625). »der ungesalbte König«]Vgl. oben Nr. 68.

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164 BRIEFE 70.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 15. August 1937 Lieber Tellenbach! Bis zum 15. August, so hatte man Ihnen seinerz[eit] gesagt, sollte die Möglichkeit geschaffen sein zur Besetzung der bestehenden Professuren. Inzwischen hörte ich von Staufenberg [sic!], den ich hier durch Kantorowicz kennen lernte, vom negativen Erfolg seiner Anfrage. Aber das ist schließlich kein Beweis, daß jetzt nicht doch etwas erfolgte. Ich werde Ihnen sehr dankbar sein, wenn Sie es mich wissen lassen, sobald Sie über Würzburg oder Gießen etwas erfahren. Denn die Zukunft auch des Reichsinstituts ist nun einmal mit der Frage der Würzburger Professur verknüpft. Über Erfurt habe ich mancherlei Berichte gehört, aber so ziemlich alle stimmten darin überein, daß der völlige Ausfall unseres Instituts bzw. Engels unangenehm aufgefallen sei. Das läßt die Position als schwach erscheinen, und man muß wohl auf alles gefaßt sein. Und im übrigen will ich Ihnen den Daumen halten wegen Gießens. Im übrigen seufzen Sie jetzt vermutlich an den Korrekturen des Repertoriums-Registers. Aber sachlich ist es doch sehr erfreulich, daß da wieder etwas kommt. Denn Sie wissen wohl, daß Sie fürs erste der einzige Aktivposten des römischen Instituts sind, nachdem Fink das nötige Geld für einen neuen römischen Aufenthalt nicht bekommen und seine Weiterarbeit einstweilen eingestellt hat. Die Nachrichten über Rom selbst werden immer düsterer. Von Opitz, an den das Repertorium saec. XIV vom [sic!] Kämpf übergegangen ist, ist nach allen Erzählungen nichts zu erwarten. Der Musikhistoriker ist ahnungslos und nur durch ein merkwürdiges »organisatorisches« Handelsgeschäft überhaupt nach Rom gekommen. Hagemann ist zwar ein sehr vernünftiger Mann, aber versinkt im fruchtlosen Mare magnum der »systematischen Erforschung der italienischen Archive«. Und was wir von Bock und Kämpf uns zu versprechen haben, wissen wir sowieso. Ich habe kürzlich an Bock geschrieben und ihn auf die schweren Textfehler und Unordnungen in seinen zwei Beiträgen im letzten Band der QuF aufmerksam gemacht; aber einen Erfolg verspreche ich mir nicht.

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Dafür kann ich von meiner persönlichen Arbeit Erfreulicheres berichten. Meine Untersuchungen zur Hannoverschen Sammlung erhalten jetzt noch einen letzten Teil, der aus Investiturstreits-Vorspiel (1074–75) auf Grund der zahlreichen vorhandenen Briefe neu darstellt, sozusagen als Paradigma für den möglichen Ertrag aus der Briefliteratur für die politische Geschichte. Das ist in ca. 14 Tagen im Konzept fertig, und nach etwa vier Wochen soll das ganze Buch (ca. 350 Druckseiten) in Reinschrift vorliegen. Mitte September habe ich zwar leider am Dahlemer Archivkurs zu examinieren, aber danach will ich dann den Aufsatz über Heinrich I. schreiben, von dem ich Ihnen hier erzählte, und etwa Ende September für eine Woche in den Harz fahren. Inzwischen ist auch das DA erschienen mit meinem Aufsatz über den Fürstentag von Tribur (Sonderdrucke erwarte ich täglich), auf den ich allerdings nicht sonderlich stolz bin und den ich ohne seine besondere Vorgeschichte, die Sie kennen, wohl nie geschrieben hätte. Wenn Sie ihn verfehlt finden, etwa diffus, zu wenig neu, nicht überzeugend oder dgl., so können Sie es mir offen sagen, es wird mich nicht ärgern. Ebenso wird mich interessieren, welchen Eindruck Ihnen das Heft des DA insgesamt macht. Mit herzlichen Grüßen und in der Hoffnung, von Ihnen bald Gutes zu hören, stets Ihr Carl Erdmann [Hsl.] Auch meine Mutter, der es wieder einigermassen geht, lässt Sie grüssen. Bitte empfehlen Sie mich Ihrer Frau Mutter! Stauffenberg […] Anfrage]Gemeint sind die Verhältnisse in Würzburg, wo Alexander von Stauffenberg ab 1936 die Alte Geschichte vertrat. Ernst Kantorowicz kannte er vom Kreis um Stefan George, dem beide angehörten (Christ, Der andere Stauffenberg). Repertoriums-Register]Vgl. dazu oben zu Nr. 6. in seinen zwei Beiträgen]Friedrich Bock, Studien zum päpstlichen Inquisitionsprozeß, in: QFIAB 27 (1936–37), S. 109–134; ders., Mittelalterliche Kaiserurkunden im alten Urbinater Archiv, ebd., S. 251–263. Erdmanns Schreiben ist nicht erhalten. Investiturstreits-Vorspiel]Erdmann, Briefliteratur (vgl. oben zu Nr. 52), S. 225–281. Aufsatz über den Fürstentag]Erdmann, Tribur und Rom (vgl. oben zu Nr. 56). Mit diesem Aufsatz eröffnete Erdmann eine Kontroverse mit Johannes Haller über die Vorgänge vor Canossa. Dessen Schüler H. Dannenbauer hatte gerade G. Tellenbach attackiert. Das meinte Erdmann, wenn er von der »Vorgeschichte« seines Aufsatzes sprach. Haller sah darin ein Beispiel für die »Dummheit« der »kritischen Forschung« (Haller, Briefe, S. 517). Entsprechend gereizt fiel seine Antwort aus: Der Weg nach Canossa, in: HZ 160 (1939), S. 229–285.

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166 BRIEFE 71.  A  n Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 24. August 1937 Lieber Tellenbach! Herzlichen Dank für Ihren Brief und zunächst meine Glückwünsche zu der nunmehr erreichten neuen Stufe! Daß [für] Gießen eine Ernennung für dies Semester noch nicht möglich wäre, war ja wohl im voraus angenommen, und die Umzugsanw[eisu]ng ist wenigstens etwas. Also hoffen wir auf entsprechenden Fortgang. Ihre Nachricht über Engels Ernennung in Würzburg scheint mir und meinen Kollegen trotz der nach Ihren Worten noch darauf liegenden Zweifelshypothek recht wahrscheinlich. Lohmann sagt, daß, wenn Engel tatsächlich dort ernannt wird, eine weitere Vertretung für Würzburg nicht mehr in Frage käme, sondern daß dann auch für das Institut hier jemand anders käme, wenn auch vielleicht zunächst wieder nur kommissarisch. Lohmann schien auch den Betreffenden zu wissen, sagte aber nur, Theodor Mayer wäre es nicht. Ich selbst habe keine Ahnung und halte alles für möglich, z. B. Zatschek. Lohmann sagte ferner, daß das Ministerium die Frage unseres Instituts an den Stab Hess abgegeben habe, der nun die Ernennung von sich aus machen würde. Engel fährt heute abend oder morgen nach München zwecks Besprechung im Braunen Haus (Stab Hess); ein Telegramm von Bock, der jetzt dort ist, hat ihn hingerufen. Haben Sie schon die Druckausgabe von Franks Erfurter Eröffnungsrede mit den einleitenden Worten über die Tagung (die auch als Artikel in der Presse erschienen sind) gesehen? Darin findet sich eine ungeschminkte Kritik an der Rolle des Mittelalters auf der Tagung (und überhaupt). Es wäre auf die Dauer mit der bloßen Abwehr dilettantischer Kon­ struktionen (Widukind-Streit) nicht getan, auch für das Mittelalter müsse die Stunde einer neuen Schöpfung kommen. Falls das sich lediglich auf Engel bezieht und mit einem Personenwechsel in der Institutsleitung erledigt ist, dann ist es ja nicht tragisch. Ich fürchte aber, daß ein neuer Direktor an der Gesamtlage nichts wird ändern können und daß einfach eine starke Reduktion unseres Instituts, da für die Gegenwart unnütz, erfolgen wird. Was ich an Nach-

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richten bekomme, will ich Ihnen gleich weitergeben und erbitte das gleiche auch weiterhin von Ihnen. Was Tribur betrifft, so schrieb ich Ihnen ja schon, daß ich von diesem Aufsatz nicht übermäßig überzogen [sic!] bin. Richtig ist jedenfalls, daß ich die Fürstenpartei an einigen Stellen doch noch als eine Einheit angesehen habe, obgleich ich an andern sage, daß sie das nicht war. Möglich ist z. B., daß auch die Fürsten selbst sich bei der Promissio Verschiedenes gedacht haben und die einen die Herbeirufung Gregors nach Augsburg, die andern Heinrichs Absolution damit erreichen wollten. Wahrscheinlich war die ganze Geschichte überhaupt ein viel größeres Durcheinander, als wir mit unseren minderwertigen Quellen noch eruieren können. Gespannt bin ich auf die Reaktion Hallers, dessen Anmerkungen ja noch erscheinen sollen und vermutlich kräftig auf den Aufsatz dreinschlagen werden. Sahen Sie übrigens auf der Innenseite des Umschlags die Verlagsreklame für das nächste Heft des Archivs für Kulturgeschichte? Dabei ein Aufsatz: Helmut Schröder, Die Protokollbücher der päpstlichen Kammerkleriker 1329– 1347. Ich glaube, Sie fragten mich einmal, was aus dieser Arbeit »meines ersten Doktoranden«, wie Klewitz zu sagen pflegte, geworden sei; offenbar wird sie jetzt posthum von Goetz herausgegeben, wobei hoffentlich kein Unglück passiert. Mit herzlichen Grüßen stets Ihr Carl Erdmann Gießen]Gerd Tellenbach wurde nach mehreren Lehrstuhlvertretungen 1938 nach Gießen berufen, wo er bis 1942 blieb. Franks Erfurter Eröffnungsrede]W. Frank, Historie und Leben, S. 7 f. zum Mittelalter. Arbeit »meines ersten Doktoranden«]Helmut Schröder, Die Protokollbücher der päpstlichen Kammerkleriker (1329–1347), in: AKG 27 (1937), S. 121–286.

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168 BRIEFE 72.  A  n Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Postkarte; masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, den 5. September 1937 Lieber Tellenbach! Leider kann ich Ihnen immer noch keine weiteren Nachrichten schreiben. Aus München brachte er bezüglich Berlins keine weitere Angabe, als daß die Sache noch unentschieden wäre, und erklärte über sich selbst ebenfalls nichts zu wissen. Auch sonst ist nichts weiter los. Mein Briefsammlungsopus ist fertig, ich tippe nur noch an der Reinschrift, außerdem habe ich Examina am Archivinstitut. In 14 Tagen will ich für eine Woche in den Harz. Haller schrieb mir immerhin eine Postkarte über Tribur und kündigte eine Widerlegung in seinen Anmerkungen an; wird vermutlich saftig. In einem Organ der HJ soll ein Artikel über Erfurt stehen, der das Mittelalter lobt und Franks Leute kritisiert; Eckhardt war auf diesen Erfolg sehr stolz, doch möchte ich bezweifeln, ob ein solcher HJ-Artikel großes Gewicht hat. Viele Grüße! Ihr C. Erdmann

73.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 17. Oktober 1937 Lieber Tellenbach! Seit einigen Tagen läuft hier wieder einmal […]ig die Nachricht um, daß Engel nach Würzburg ginge, und zwar im Wintersemester. Man beruft sich diesmal auf Äußerungen von Engel selbst, und jedenfalls findet die Nachricht Glauben. Als Nachfolger hier am Institut wird Stengel bezeichnet. Doch erklärte

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Lohmann, daß die Verhandlungen mit Stengel noch nicht geführt seien; er vermutete, daß Engel während des Winters trotz Tätigkeit in Würzburg die hiesige Leitung noch kommissarisch weiterführen würde. Kienast ist seit längerer Zeit hier, und ich habe ihn vor einigen Wochen zweimal gesehen. Damals wußte er noch nichts [sic!], was aus ihm werden würde (was wohl auch der Grund seines Schweigens Ihnen gegenüber war). Inzwischen war ich eine Woche im Harz, was mir sehr gut getan hat. Nebenher habe ich mich dort auf wissenschaftliche Allotria verlegt, habe Bodfeld erforscht (wo der Hauptfleck erst noch der Ausgrabung bedarf) und eine aus Privatbesitz verkäufliche Handschrift (Quedlinburger Chronik saec. XVI mit u. a. ungedruckten Nachrichten über den damaligen Zustand des Grabes Heinrichs I.) hierher mitgebracht, die dann auf meine Veranlassung von der Staatsbibliothek angekauft wurde. Meine Untersuchungen zur Hannoverschen Briefsammlung liegen einstweilen im fertigen Manuskript da, die Verlagsverhandlungen sind bisher in sechs Wochen noch nicht vom Fleck gerückt. Sie Ihrerseits werden jetzt wohl in Gießen gelandet sein und gehen hoffentlich einer erfreulichen Zeit entgegen. Mit herzlichen Grüßen Ihr C. Erdmann aus Privatbesitz verkäufliche Handschrift]Es handelt sich um Ms. Germ. oct. 750 der Staatsbibliothek zu Berlin, das Erdmann in einem Blankenburger Antiquariat ausfindig machen konnte.

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170 BRIEFE 74.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 24. Oktober 1937 Lieber Tellenbach! Zunächst meinen Glückwunsch zur endlich erfo[lgten] Berufung, die ich erst durch Ihren Brief erfuhr. Nun kommt hoff[entl]ich auch die letzte Stufe glatt hinterher. Lohmanns beiliegendes Scriptum ist in der Tat reichlich bürokratisch. Ob das in der Zukunft unter Stengel besser werden wird? Zunächst einmal für den Winter wird Lohmann wohl ziemlich Alleinherrscher sein, soweit Entscheidungen überhaupt noch getroffen werden. Denn Engel will von Würzburg, wie verlautet, nur einmal im Monat herkommen; es ist ja übrigens auch verständlich, wenn er unter den jetzigen Umständen keine allzugroße Lust hat, sich noch groß um das Institut zu kümmern, zumal es finanziell mindestens für das jetzige Etatsjahr völlig erschöpft ist. Er geht nach Würzburg einstweilen kommissarisch, aber mit Umzugserlaubnis. Stengels Nachfolge [hsl. am Rand: (in praxi wohl zum 1. April)] ist, soweit ich höre, eine ausgemachte Sache, obgleich die Verhandlungen sehr kompliziert werden dürften: nimmt er sein Lichtbild-Institut mit hierher? wird er hier nebenher Honorarprofessor? bekommt er Ersatz für seine Marburger Kolleggeld-Garantie? kriegt das In­ stitut Geld, um aus dem jetzigen Dalles zu kommen? usw. Und Stengel gilt als ein Mann, der sich auf Finanzverhandlungen versteht. Ihre Frage, ob ich mit Stengel einverstanden sein würde, kann ich noch nicht beantworten, ich kenne ihn fast garnicht. Hier wird allerdings sehr in Pessimismus gemacht, er wäre persönlich tyrannisch, drücke seine Leute herunter, und sachlich würden seine überspannten Editionsprinzipien alles lähmen. Ob das alles ganz so schlimm werden wird, muß man abwarten. Kehr, der augenblicklich hier ist, bemüht sich nach Kräften um Verbreitung einer Panik. Denn während Engel, den er eben nicht ernst nahm, ihm ganz recht war, betrachtet er Stengel als wirklichen Nachfolger und somit als seinen Feind. Er spricht auch von der Möglichkeit, daß das Kaiser Wilhelm-Institut, dessen Direktor er ja noch ist, sehr vergrößert würde und daß er damit eine Konkurrenz zum Reichsinstitut aufmachen würde, wobei er wahrscheinlich auch die Papsturkunden mit in

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die Masse werfen würde. Einstweilen halte ich das für eine Fata Morgana, hätte aber nichts dagegen; ich stelle jedenfalls mit Befriedigung fest, daß es sich jetzt um Pläne in Deutschland handelt und nicht mehr wie vor dreiviertel Jahr am Vatikan. Kehr will zwar in einigen Wochen nach Rom gehen, will aber dort (ganz entgegen seinen früheren [Abs]ichten) im Preußischen Institut wohnen, also nicht als deutscher[se]its Depossedierter auftreten. Übrigens ist es eine interessante Frage, was in Rom werden wird; denn Stengel ist mit Bock so heftig verfeindet, daß da irgend eine Veränderung wahrscheinlich ist. Kienast sah ich vor einigen Tagen, er wußte immer noch nicht, was mit ihm wird. Er hofft für den Winter auf ein Stipendium, um für sich arbeiten zu können, und dann für das Frühjahr auf eine Professur. Falls Stengel hier Honorarprofessor für Hilfswissenschaften wird, wäre es vielleicht denkbar, daß das ­bisherige hilfswissenschaftliche Extraordinariat (Engel) in ein allgemeingeschichtliches umgewandelt wird und Kienast es bekommt. Oder ob er Kandidat für Marburg wird? Im übrigen droht uns für den Winter wieder eine Vertreterschaft Klebels (für Engel), falls nicht noch ein anderer Ausweg gefunden wird, denn bekanntlich will niemand Klebel haben. Den »ungesalbten König« habe ich bisher nicht geschrieben, da ich mich in der vergangenen Zeit teilweise in anderen Allotria verloren habe und jetzt wieder für die Hannoversche Sammlung arbeiten muß. Ich denke mich in den Weihnachtsferien daran zu machen, oder wenn ich (wie zu befürchten) nach Beendigung des Manuskripts der Edition der Hannoverschen Sammlung auf den Druck warten muß. Mein geistiger Elan ist augenblicklich etwas erlahmt; solche Perioden habe ich immer mal gehabt. Herzliche Grüße auch von meiner Mutter und meine Empfehlungen an die Ihrige! Und alles Gute zum Einzug in die neue Wohnung! Stets Ihr Carl Erdmann letzte Stufe]Zu Tellenbachs Ernennung in Gießen vgl. unten Nr. 79. Lichtbild-Institut]Das von Stengel 1928 in Marburg gegründete »Lichtbildarchiv älterer Originalurkunden«.

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172 BRIEFE 75.  An Federico Serafini, Rom (NL Serafini. – Masch Or.) Berlin-Zehlendorf, 10. November 1937 Caro Ferruccio! Qui a Berlino si asserisce che sono adesso 40 anni, che l’Istituto storico prussiano si trovi nella Sua »custodia«. È prop[r]io vero? La cosa non mi pare impossibile, e non voglio dunque faltare a aggiungermi ai gratulanti e esprimerLe i miei sinceri auguri. Spero che i suoi ricordi di questi quattro decenni non siano tutti oscuri e che Lei pensi volontieri al grande numero di uomini di cui a fatto conoscenza e amicizia nell’Istituto. E spero che anche i sei anni da 1926 a 1932 non siano stati i peggiori. Io penso sempre con piacere a questi anni, a Lei e all’Istituto. Il mio ricordo è ancora vivo, come se tutto fosse stato ieri. Ma sono cinque anni – lo debbo anche osservare nel fatto che ho terribilmente dimenticato l’italiano, di modo che non posso scrivere una lettera tutto brutta. Mi pare del resto che Lei dovrebbe mettere in iscritto le esperienze fatte coi diversi signori, cioè scrivere un po’ la storia dell’Istituto, »dalle origini fino ai tempi presenti«, come dicono gli storici. Sarebbe interessante leggerlo! Anche questo è un momento storico per l’Istituto e per noi tutti per causa del cambio della direzione tanto a Berlino come a Roma. Il nuovo direttore prof. Stengel, già nominato, è venuto qua a Berlino due giorni fa, ma è tornato a Marburg, dove continua ancora la sua attività di professore per qualche tempo. Non sappiamo ancora quando si effettuarà la consegna degli affari; si dice che anche il prof. Engel andrà ancora una volta a Roma. Col voto che Lei pensi a tutti gli antichi »ragazzi« dell’Istituto con tanto piacere come essi pensano a Lei, e con saluti – anche agli altri signori – rimango sempre il Suo amico Carl Erdmann

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Übersetzung: Lieber Ferruccio! Hier in Berlin versichert man, dass es jetzt 40 Jahre sind, in denen sich das Preußische Historische Institut in Ihrer Obhut befand. Ist das tatsächlich wahr? Die Sache scheint mir nicht unmöglich, ich möchte daher nicht verfehlen, mich unter die Gratulanten einzureihen und Ihnen meine aufrichtigen Glückwünsche auszudrücken. Ich hoffe, dass Ihre Erinnerungen an diese vier Jahrzehnte keine trüben sind und dass Sie gerne an die große Zahl von Männern zurückdenken, mit denen Sie Bekanntschaft gemacht und Freundschaft geschlossen haben. Und ich hoffe, dass auch die sechs Jahre von 1926 bis 1932 nicht die schlechtesten gewesen sind. Ich denke immer mit Freude an diese Jahre, an Sie und an das Institut. Meine Erinnerung ist noch so lebendig, wie wenn alles gestern gewesen wäre. Aber es sind fünf Jahre – und ich muss zudem feststellen, dass ich das Italienische so fürchterlich vergessen habe, dass ich nicht einmal einen ganz unschönen Brief schreiben kann. Im Übrigen scheint mir, dass Sie die Erfahrungen niederschreiben sollten, die Sie mit verschiedenen Herren gemacht haben, also ein bisschen die Geschichte des In­ stituts schreiben, »von den Anfängen bis zur Gegenwart«, wie die Historiker sagen. Es wäre interessant zu lesen! Auch jetzt erleben wir einen historischen Augenblick für das Institut, und zwar für uns alle wegen des Wechsels der Leitung in Berlin wie in Rom. Der neue Direktor Prof. Stengel wurde bereits und kam vor zwei Wochen hier nach Berlin, kehrte aber wieder nach Marburg zurück, wo er noch für eine Zeitlang seine Tätigkeit als Professor fortsetzt. Wir wissen noch nicht, wann die Übergabe der Amtsgeschäfte erfolgen wird; man sagt, dass auch Prof. Engel noch einmal nach Rom fahren wird. Mit dem Wunsch, dass Sie an all die früheren »Burschen« im Institut mit dem gleichen Vergnügen denken wie diese an Sie, und mit Grüßen auch an die anderen Herren bleibe ich immer Ihr Freund Carl Erdmann anni da 1926 a 1932]Das sind die Jahre, in denen Erdmann am römischen Institut tätig war.

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174 BRIEFE 76.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 25. Dezember 1937 Lieber Tellenbach! Herzlichen Dank für Ihren Weihnachtsbrief, de[n ic]h sogleich beantworte, um Ihnen für Ihr Zusammentreffen mit Steng[el], falls es bald stattfindet, noch einige Informationen zu geben, soweit ich das jetzt schon kann. Stengel hat bisher dem Institut zwei Berliner Aufenthalte von je drei Tagen gewidmet und beide Male eine imponierende Arbeitskraft entfaltet; nach der Episode Engel empfindet man es höchst wohltätig, daß man jetzt mit einem Sachkenner zu tun hat. Richtig ist, daß er die Arbeitsweise bürokratisieren will, d. h. Dienststunden einführen, den Urlaub regeln und beschneiden, die Autorenrechte und wohl auch sonst die Freiheit der Mitarbeiter mindern, die Bibliothek magazinieren und ähnliche unerwünschte Neuerungen einführen. Doch habe ich bisher den Eindruck, daß es mit diesen Dingen nicht so schlimm werden wird, wie manche befürchten. Daß er das hiesige Institut unmöglich auf das Niveau der Marburger Unselbständigkeit herabdrücken kann, scheint ihm doch klar zu sein. Völlig unklar ist, woher sein unglücklicher Wunsch, so rasch wie möglich aus unseren bisherigen idealen Arbeitsräumen herauszukommen, eigentlich rührt; ich hoffe bisher, daß es ihm vorerst noch nicht gelingen wird, neue Räume zu finden. Wie er zu seinem Amt gekommen ist, weiß ich auch nicht; ich höre, daß er selbst sich politisch nie gerührt hat, daß aber seine Frau altes Parteimitglied und insbesondere sein Adoptivsohn eine Parteigröße sei; über den letzteren könnte auch eine Verbindung zu Himmler laufen. Die Beziehungen zu Frank sind offenbar kühl, wenn auch nicht feindselig. Mir persönlich scheint er, wenn mich mein Eindruck nicht täuscht, eine gewisse Zurückhaltung zeigen zu wollen, ohne mich aber deswegen in der Arbeit irgendwie zurückzusetzen. Die Unterhaltung, die ich mit ihm über meine Editionstätigkeit hatte, hat mich angenehm berührt, vor allem wegen der präzisen Auskünfte, die er darüber gab, was er will und was nicht. Lohmann bleibt Geschäftsführer, aber offenbar auf einem viel niedrigeren Niveau als unter Engel. Das MG-Programm will Stengel in der Tat durch eine Serie Staatsschriften saec. XIV‒XV erweitern, außerdem spricht er

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von der Möglichkeit, auch Chroniken saec. XV zu edieren, wofür aber erst die Mitarbeiter gefunden werden müßten. Er selbst scheint vorerst keine Editionsarbeit übernehmen zu wollen; wohl aber wird er hier Honorarprofessor, und zwar will er außer Hilfswissenschaften auch allgemeine Geschichte lesen. Aus Marburg nimmt er das Lichtbildarchiv hierher mit, während das landesgeschichtliche Institut natürlich dort bleibt; sein Kandidat für Marburg soll, wie Sie schon [ver]muten, Theodor Mayer sein, der in Freiburg solche Feindschaften hat, daß man ihn vielleicht in der Tat dort wegbringen wird. In völliges Schweigen hat Stengel sich bisher über die sehr wesentliche Frage gehüllt, ob er welche von seinen Schülern (vor allem wohl Weirich, aber vielleicht noch andere) aus Marburg mit hierherbringen will. Was Rom betrifft, so hat Engel dort wohl vor allem die Aufgabe gehabt, irgend eine Basis für eine Zusammenarbeit Stengel – Bock zu schaffen; wie weit ihm das gelungen ist, weiß ich noch nicht. Daß St[engel] der »systematischen Erforschung« steuern wird, hoffe ich sehr, denn fürs Uferlose scheint er nicht zu sein. Das einzige, was er hier über Rom gesagt hat, war, daß das Repertorium die wichtigste Aufgabe wäre. Doch müßten (wovon ja auch Engel schon sprach) die Ortsregister an eine Mehrheit von Lokalkennern aufgeteilt werden. Er erwähnte auch, daß Sie von dem Plane einer Romreise geschrieben hätten, wollte aber an die Notwendigkeit nicht glauben; es würde doch die Möglichkeit bestehen, daß jemand in Rom alle die von Ihnen anzugebenden Dinge nachsähe. Nun, darüber werden Sie sich mit ihm auseinandersetzen können. Falls Sie auch sonst mit ihm über Rom reden, dann möchte ich Sie nur bitten, von Ihren Bedenken gegen Abert nichts zu sagen. Ich sprach mit Fink, der öfters hier durchkommt, über Abert, und er meinte auch, Abert könne bleiben, er lebe in Rom völlig zurückgezogen, gehe nirgendwo hin, und seine Rolle im Institut wäre persönlich ausgezeichnet durch ruhiges und wohlwollendes Ausgleichen. Daß er außerdem für die Repertoriumsarbeit geradezu ein Himmelsgeschenk ist, ist wohl unbestritten. Kehr ist noch in Rom und soll dort überall herumgehen und über Stengel schimpfen; hierher kommt er Anfang Januar. Der Arnulf ist seit einiger Zeit im Druck und scheint gut fortzuschreiten, doch habe ich von der zugehörigen Kanzleiabhandlung noch nichts gehört. Übrigens da Sie schreiben, es spräche manches gegen eine Salbung Arnulfs: es würde mich sehr interessieren, was. Ich bin nämlich der Meinung: da sein Vorgänger kirchlich geweiht (also doch wohl gesalbt) war und er selbst seinen Sohn Zwentibold weihen (salben) ließ,

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176 BRIEFE muß er auch geweiht gewesen sein, zumal er als illegitimer Nachfolger eines lebend abgesetzten Vorgängers die zusätzliche Legitimierung gut brauchen konnte und enge kirchliche Beziehungen unterhielt. Ich bin gerade jetzt in den Weihnachtsferien mit der Ausarbeitung des Aufsatzes über den »ungesalbten König« beschäftigt. Bis ich die Reinschrift getippt habe, dürfte es allerdings Ende Januar werden; dann will ich sie an Schramm und eventuell, falls Sie dann Zeit für solche Allotria haben, auch an Sie schicken. Im übrigen habe ich [d]ie Edition der Hannoverschen Sammlung im Manuskript bis auf die Einleit[ung be]endigt und dazu zuletzt einen Aufsatz über »Gregor VII. und Bere[ngar] von Tours« geschrieben, der in den Quellen und Forschungen erscheint. Die Verlagsfrage wegen des Bandes »Studien zur Briefliteratur Deutschlands unter Heinrich IV.«, die unter Engel monatelang versackt war, ist von Stengel alsbald flott gemacht worden und der Druckzuschuß bei der Notgemeinschaft beantragt. Stengel denkt sogar daran, mit dem Bande eine Schriftenreihe des Reichsinstituts zu eröffnen, obgleich ich selbst leise Bedenken dagegen habe, da der Gegenstand doch reichlich trocken und fachlich eng ist; vielleicht läßt er es auch bleiben, er hat das Manuskript augenblicklich in Marburg und wird wohl, wie ich annehme, durch die Lektüre etwas ernüchtert werden. Herzlichen Dank auch für Ihren Otto III., den ich gleich las. Die Bemerkungen am Schluß über das Politische und das Religiöse bei Deutschen und Romanen waren mir natürlich interessant, wie Sie schon annahmen. Ich glaube auch, daß Ihre Formulierung sich ungefähr halten läßt, wenn sie mich auch nicht restlos befriedigt; eine bessere habe ich jedenfalls bisher auch nicht und werde in diesen oft umkreisten Dingen erst zur Klarheit kommen, wenn ich einmal eine ganz neue Erleuchtung habe. Sehr gelungen fand ich die Partie über das Imperium Christianum usw., sie scheint mir die Dinge eigentlich besser klar zu machen als Schramm. Im übrigen freue ich mich auf Ihren angekündigten Berliner Aufenthalt von Anfang März. Meine Mutter erwidert herzlich Ihre Grüße, und ich wünsche Ihnen und Ihrer Mutter alles Frohe zum Neuen Jahr! Getreulich Ihr Carl Erdmann

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1937 177 sein unglücklicher Wunsch]E. E. Stengel verfolgte zeitweise die Absicht, das Reichsinstitut nach Marburg oder München zu verlegen. Später warb er für den Ankauf eines »nicht-arischen« Objekts in Berlin-Zehlendorf (Nagel, Im Schatten, S. 42). Nichts davon ließ sich realisieren. seine Frau altes Parteimitglied und insbesondere sein Adoptivsohn eine Parteigröße] Stengels Ehefrau Frida war ab 1931 Mitglied der NSDAP und engagierte sich in nationalsozialistischen und völkischen Organisationen. Ihr Adoptivsohn Lothar Stengel-von Rutkowski, ab 1930 Mitglied von NSDAP und SS, 1937 Hauptsturmführer, wurde 1934 Leiter der Rassehygienischen Abteilung des Rasse- und Siedlungshauptamts der SS sowie Abteilungsleiter des Thüringischen Landesamts für Rassenwesen in Weimar, 1940 Dozent für Rassenhygiene, Kulturbiologie und rassenhygienische Philosophie an der Universität Jena. Stengel selbst trat erst 1942 in die Partei ein. Vgl. Baumbach, Von den »weltanschaulichen Kämpfen«. Theodor Mayer […] Feindschaften]Theodor Mayer hatte sich mit Kollegen am Historischen Seminar (Gerhard Ritter), im Alemannischen Institut (Friedrich Metz) sowie dem Freiburger Oberbürgermeister Franz Kerber überworfen und wechselte im Herbst 1938 an die Universität Marburg (Heinzel, Theodor Mayer, S. 125–130, 154–159). Bedenken gegen Abert]Vgl. oben zu Nr. 67. Kanzleiabhandlung]Die Urkunden Arnolfs, hg. von Paul Kehr (MGH DD: Die Urkunden der deutschen Karolinger 3), Berlin 1940; Paul Kehr, Die Kanzlei Arnolfs (Abhandlungen der Preußischen Akademie der Wissenschaften. Phil.-Histor. Kl. 1939, 4), Berlin 1939. Ausarbeitung des Aufsatzes über den »ungesalbten König«]Vgl. oben zu Nr. 68. Aufsatz über »Gregor VII. und Berengar von Tours«]In: QFIAB 28 (1937/38), S. 48–74. Druckzuschuß bei der Notgemeinschaft]Edmund E. Stengel an den Präsidenten der Deutschen Forschungsgemeinschaft, 22. Dezember 1937 (Berlin, BArch, R 73/1092). Otto III.]Gerd Tellenbach, Otto III., in: Gestalter deutscher Vergangenheit, Potsdam – Berlin 1936, S. 97–110.

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77.  An Ernst Robert Curtius (Auszug in: E. R. Curtius, Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter, 6. Aufl. 1967, S. 391 Anm. 6) 11. Januar 1938 Erdmann plant eine »französisch-deutsche Bildungsgeschichte des 11. Jahrhunderts, das den französischen Bildungsprimat in höchst eigenartiger Entwicklung hat entstehen lassen und dem Humanismus des 12. Jhs. viel mehr vorgearbeitet hat als in den bisherigen Darstellungen bekannt ist«.

78.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 18. März 1938 Lieber Tellenbach! Diesmal habe ich Sie mit meinem Dank für Ihren Br[ief], dem ich wieder viel entnahm, länger, als ich wollte, [warten las]sen. Ich war zu einem Vortrag (zum Geldverdienen) in Bl[ankenburg] und wollte dann vor der Beantwortung die – sehr umfassend [ausge]fallene – Umarbeitung meines Heinrich-Aufsatzes beendigt haben, was wiederum durch die österreichischen Ereignisse, die für mehrere Tage das Arbeiten ziemlich unmöglich machten, aufgehalten wurde. Jetzt bin ich so weit und gebe morgen mein verändertes Manuskript bei Lohmann ab, da es nun wohl bald in den Druck gehen wird. Die Heraus-

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arbeitung des Gesichtspunkts »Königsweihe durch den Papst«, sowohl bei den Karolingern wie bei Heinrich I., hat sehr erhebliche Veränderungen verursacht, es sind bei der Gelegenheit auch formal aus zwei Teilen nunmehr drei geworden. Dabei bin ich mir dessen bewußt, daß meine Darlegungen alles andere eher als abschließend sein werden, gerade an diesem Punkte. Es ist merkwürdig, wie man bisher daran vorbeigegangen ist. Ich halte sehr wohl für möglich, daß bei Ihren besonderen Gedankengängen über die defensio ecclesiae Romanae noch Wesentliches herauskommt, aber das muß natürlich Ihr Gebiet bleiben. Was Sie vorerst über päpstliche Königskrönung des »nächsten an der Kaiserkrone« andeuten, habe ich einstweilen nicht übernommen. Von einer Anwartschaft auf das Kaisertum lassen die Quellen doch in den betreffenden Fällen nichts erkennen, auch sind die Situationen in den vier Fällen von 800, 844, 878, 880 doch garzu verschieden. Aber wie gesagt, das letzte Wort scheint mir darin noch nicht gesprochen. Was Heinrich I. betrifft, so spitzt sich alles schließlich auf die Frage zu: lehnte er die Salbung durch He­ riger ab, weil er (auf das Beispiel Karls III. und Arnulfs zurückgreifend) nur vom Papst gesalbt werden wollte, was bedeuten würde, daß er schon damals einen Romzug wenigstens als Möglichkeit ins Auge faßte? oder wollte er 919 überhaupt niemals gesalbt werden? Ich stelle die Frage jetzt (im 3. Teil des Aufsatzes) ausdrücklich und antworte, daß er damals noch überhaupt keine Salbung wollte, was ich mit seinem Verhalten zur Frage der Hofgeistlichkeit begründe. Würden Sie die Frage anders beantworten? Von Schramm bekam ich auch eine Anzahl Hinweise. Soweit ich mich mit ihm zu einigen vermag, führen sie in die gleiche Richtung wie die Ihrigen. Im übrigen also Österreich. Obgleich natürlich vieles ganz anders ist, als man es wünschen würde, will ich doch jetzt nicht kritisieren, sondern erkenne rückhaltlos an, daß es eine nationale Sache von geschichtlichen Ausmaßen ist und außerdem ein großer persönlicher Erfolg Hitlers. Möge es nicht das Vorspiel zu einer Katastrophe sein. Von Stengel, der wieder einige Tage hier war, hörte ich beiläufig, daß Sie sich kürzlich wieder gesehen haben. So werden Sie wohl auch wissen, daß die Dinge zwischen ihm und Bock offenbar ins Geleise gekommen sind, nachdem Bock bei ihm in Marburg gewesen ist. Bezüglich Theodor Mayers höre ich nur immer wieder, daß er doch nach Marburg ginge. Wer dann wohl einstweilen die Vertretung in Freiburg bekommt? D. h. da fällt mir ein, daß ja Spörl dort ist. Hier im Reichsinstitut besteht z. Zt. nur das Ereignis, daß Stengels finan-

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180 BRIEFE zielle Anträge mit alleiniger Ausnahme der Übernahme seines Marburger Photographen sämtlich abgelehnt sind. Wir werden hier eine Weile recht kurz treten müssen. Mich hat er mit einer gewissen Teilnahme am Anschaffungsdienst für die Bibliothek beauftragt; da es sich nur in einer höheren Sphäre bewegen soll (keine Schreibarbeit), ist es mir ganz recht. Wegen des Drucks meines Buches wird immer noch verhandelt, doch scheinen die Dinge neuerdings in Schwung zu kommen, man hat mir Hoffnung erweckt, daß der Druck verhältnismäßig bald beginnen und das Buch dann bis zu den Sommerferien erschienen sein könne. Sonst arbeite ich jetzt an einer diplomatischen Untersuchung zu den Briefen Heinrichs IV. (Nachschuß zur Edition). Welche Editionsaufgabe ich dann in Angriff nehme, ist noch nicht entschieden, jedenfalls innerhalb der Salier- oder vielleicht auch Ottonenzeitsbriefe. Hoffentlich kommt nun bald gute Nachricht über Ihre Ernennung, bitte lassen Sie es mich dann gleich wissen. Viele Empfehlungen auch an Ihre Frau Mutter und Grüße von der meinigen! Mit herzlichen Grüßen Ihr Carl Erdmann Vortrag in Blankenburg]Am 8. März 1938 im Blankenburger Geschichtsverein über: Heinrich I., der ungesalbte König (Harzer Tageszeitung / Blankenburger Kreisblatt, 9. März 1938). Heinrich-Aufsatz]C. Erdmann, Der ungesalbte König (oben zu Nr. 68). die österreichischen Ereignisse]Sogenannter Anschluss Österreichs an das Reich am 12./13. März 1938. Spörl]Johannes Spörl, 1934–1940 Privatdozent in Freiburg. Untersuchung zu den Briefen Heinrichs IV.]Carl Erdmann, Untersuchungen zu den Briefen Heinrichs IV., in: Archiv für Urkundenforschung 16 (1939), S. 184–253.

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79.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 10. April 1938 Lieber Tellenbach! Die Nachricht von Ihrer Ernennung war mir ein[e gr]oße Beruhigung, herzlichen Glückwunsch! Ich habe keinen Zweifel, [da]ß die Universität Gießen an Ihnen keine Enttäuschung erleben wird, daß Sie in dem begrenzten Rahmen, den die kleine Universität gibt, eine erfolgreiche Tätigkeit entfalten werden. Ich freue mich schon auf gelegentliche Doktorate Ihrer Prägung! Hier für die Monumente bin ich jetzt etwas pessimistischer geworden, denn Stengel geht auf Bahnen, die mir bedauerlich scheinen. Unter Kehr gab es lediglich den Institutsdiener und den ganz nebenher beschäftigten Rechnungsrat, die nicht an der produktiven Editionsarbeit beschäftigt waren; alle übrigen, auch Kehr selbst und der geschäftsführende Assistent, hatten die Wissenschaft als Hauptarbeit. Jetzt aber geht Stengel ganz in der Verwaltungsarbeit auf und hat keine Monumenta-Aufgabe übernommen, Lohmann als Geschäftsführer kommt ebensowenig mehr dazu; ferner haben wir einen Bibliothekar und einen Photographen (für die Photostelle, die Stengel aus Marburg hierherbringt) und sollen, wie verlautet, demnächst ein Tippfräulein bekommen. Das wären dann nicht mehr zwei, sondern sieben Leute, die nicht produktiv arbeiten, sondern nur mit Organisation und Technik beschäftigt sind! Dabei ist an tatsächlichen Aufgaben, soweit man sieht, nichts hinzugekommen: nach wie vor die Monumenta Germaniae, die Zeitschrift und die Bibliothek. Engels Gesamtorganisation der Historischen Kommissionen usw. hat sich als bloßer Wind erwiesen, und Stengels zahlreiche Anträge ans Ministerium usw. werden von diesem, soweit man hört, einfach ad acta gelegt. Für die wissenschaftlichen Arbeiten ist bei dieser Aufschwellung der Organisation das Geld natürlich knapp; so konnte die Schlechterstellung der wissenschaftlichen Mitarbeiter, die jetzt durch eine steuertechnische Änderung entstanden ist, nur bei mir zur Hälfte, bei allen übrigen überhaupt nicht ausgeglichen werden, und verschiedene Leute klagen schon, daß sie reisen müßten und wegen Geldmangels des Instituts nicht könnten. Ferner verschiebt Stengel in wissen-

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182 BRIEFE schaftlichen Dingen vielfach die Entscheidungen und wirkt dadurch hemmend; auch bei mir ist der zunächst entgegengesetzte Eindruck nicht geblieben. Das Schlimmste aber ist, daß Stengel nicht das Gefühl für die notwendige gehobene Stellung seines Mitarbeiterstabes hat, sondern die Neigung, sie herabzudrücken. Der einzige befähigte Mann, der seit Kehrschen Zeiten hinzugekommen war, nämlich Menzel, ist denn auch schon davongelaufen (nach München in den Bibliotheksdienst), und bei den übrigen besteht teilweise die gleiche Neigung, während die Aussicht auf die Gewinnung eines fähigen Nachwuchses bei den jetzigen Bedingungen im Institut kaum besteht. Neulich war Stengel im Begriff, uns auch noch einen Achtstundentag (ohne Einrechnung der Mittagspause) per Betriebsordnung aufzuhängen, obgleich wir doch nur Stipendiaten sind, d. h. also ohne das Minimum von Rechten mit dem Maximum von Verpflichtungen zu vereinigen. Daraufhin habe ich allerdings eine Demarche bei ihm unternommen und ihm offen gesagt, daß wir bei Außenstehenden bereits ein Gegenstand des Gespötts sind wegen der Gedrücktheit unserer Stellung und daß er, wenn er weiterhin Mitarbeiter finden wolle, alles tun müsse, um ihre Stellung zu heben, nicht sie zu drücken. Das hat zunächst einmal geholfen, und ich muß anerkennen, daß er sich meine bitteren Wahrheiten gefallen ließ, ohne sie mir übel zu nehmen. Aber es bleibt manches zu wünschen übrig. Dabei erkannte er ohne weiteres an, daß er durchaus nicht das bisherige Arbeitsmaß der vorhandenen Mitarbeiter beanstanden wolle; es geht ihm eben nur um die straffe Organisation als Selbstzweck. Im übrigen geriet ich kürzlich in unerwartete Beziehungen zur SS . Ich hatte im Vorjahr eine Quedlinburger Chronik saec. XVI mit Angaben über den Grabstein Heinrichs I. gefunden, die ich veröffentlichen wollte. Vor vier Wochen war ich anläßlich meines Blankenburger Vortrags in Quedlinburg in der Heinrichs-Krypta, die jetzt in der Verwaltung der SS ist, ließ mir den gesondert aufgestellten Grabstein eigens zeigen und sprach dabei von meiner Veröffentlichungsabsicht. Dieser mein Quedlinburger Besuch ist keinem Geringeren als Himmler selbst berichtet worden, der sich daraufhin ans Telephon gehängt und Herrn Höhne, der in seinem persönlichen Stabe die Ausgrabungsabteilung leitet, beauftragt hat, sich mit mir zu befassen. Letzterer sagte mir nun, daß er selbst in etwa Monatsfrist (?) eine Veröffentlichung über die Quedlinburger Ausgrabungen machen würde und dabei auch die Nachrichten über den Grabstein behandeln wolle; er bat mich deshalb um

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Mitteilung dessen, was ich Neues habe. Es stellte sich zwar heraus, daß er auch von den gedruckten Sachen bisher nur das wenigste kannte. Immerhin hatte er unzweifelhaft die älteren Rechte auf das Thema, und so tat ich denn, was ich gegenüber jedem andern auch getan hätte, d. h. ich trat ihm mein Material ab und verzichtete meinerseits auf die Veröffentlichung (von einem Spezialpunkt über die angebliche Grabschrift abgesehen). Er wollte sich auf mich beziehen, aber ich bat ihn, davon abzusehen, da ich schon einmal im Schwarzen Korps angegriffen worden wäre und mit der Gegnerschaft Eckhardts (den er natürlich kannte) rechnen müßte. Er erklärte daraufhin zwar, daß er [dar]über Näheres hören und sich deswegen einmal zu einer Tasse [Kaffe]e mit mir zusammensetzen wolle; aber das hat er dann gelassen, w[as] mir auch das Beste zu sein scheint. Seiner Veröffentlichung sehe ich mit großer Skepsis entgegen; ich war nicht so indiskret, ihn nach den Gebeinen Heinrichs I. zu fragen, aber mein allgemeiner Eindruck war nicht gerade günstig. Vom DA dürfte das nächste Heft im Mai endlich erscheinen. Mein Aufsatz kommt ins übernächste Heft, erscheint also wohl im Herbst. Mein Buch über die Briefliteratur unter Heinrich IV. soll nach dem jetzt abgeschlossenen Verlagsvertrage eine Reihe »Schriften des Reichsinstituts für ältere deutsche Geschichte« (also der Titel genau wie bei der Reihe von Franks Institut!) eröffnen, was mir zwar sehr ehrenvoll, aber nicht gemütlich ist; denn da ich schon das »Deutsche Mittelalter« eröffnet habe, könnte man mich daraufhin leicht für das Paradepferd des Reichsinstituts halten, was gefährlich wäre. Ich habe bei Stengel schon zweimal vergeblich den Versuch gemacht, ihn zu bewegen, mein Opus erst als Nr. 2 der Reihe ausgehen zu lassen und als Nr. 1 die soeben fertige Schrift von Jordan über die Bistumsgründungen Heinrichs des Löwen zu nehmen. Ich hoffe, bei Gelegenheit noch einen dritten Versuch machen zu können (wozu sicher noch Zeit ist, da man ja Nr. 1 und Nr. 2 gleichzeitig ausgeben könnte), wobei ich mich dann auch des politischen Arguments bedienen würde, was ich bisher noch nicht getan habe. Was Österreich betrifft, so bin ich sicher, daß keine Abmachung mit Mussolini vorgelegen hat. Sie haben vielleicht Hitlers langen Brief an ihn nicht im Wortlaut gelesen, da er ja in der deutschen Presse nicht veröffentlicht worden ist (ebensowenig wie die übrigen wichtigsten Dokumente und Erklärungen: Neuraths Brief an Chamberlain, Görings Erklärung an die Tschechen, der englisch-französische Protest, Chamberlains Bericht vor dem Unterhaus).

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184 BRIEFE Aber daraus ging m. E. klar hervor, daß auch Mussolini vor eine vollendete Tatsache gestellt worden ist. Mit herzlichen Grüßen auch von meiner Mutter Ihr Carl Erdmann Gesamtorganisation der Historischen Kommissionen]Engel sah die Geschichtswissenschaft – im engen Anschluss an Walter Frank – auf dem »Weg von der Zunft zur Nation« und kündigte im Februar 1937 (also noch als Referent im Reichserziehungsministerium) eine Reform der landeshistorischen Kommissionen als Beitrag zum »organisatorischen Neuaufbau der nationalsozialistischen Geschichtswissenschaft« an (W. E., Reichs- und Landesgeschichte als deutsche Volksgeschichte, in: Nationalsozialismus und Wissenschaft, Berlin 1937, S. 28–31). Menzel]Ottokar Menzel war 1937 als Stipendiat der Deutschen Forschungsgemeinschaft ans Reichsinstitut gekommen, überwarf sich aber mit dem Präsidenten und schied schon am 1. April 1938 aus, um eine Ausbildung an der Staatsbibliothek in München zu beginnen. Vgl. dazu ausführlich Hartmann, Vom Reichsinstitut. Grabstein Heinrichs I.]Vgl. oben Nr. 73; zum Folgenden ausführlich Bd. 1, S. 252–264. im Schwarzen Korps angegriffen […] Gegnerschaft Eckhardts]Vgl. oben Nr. 38, 42, 44. mein Aufsatz kommt ins übernächste Heft]C. Erdmann, Der ungesalbte König (oben zu Nr. 68). Schriften des Reichsinstituts]Oben zu Nr. 52. Schrift von Jordan]Karl Jordan, Die Bistumsgründungen Heinrichs des Löwen. Untersuchungen zur Geschichte der ostdeutschen Kolonisation (Schriften des Reichsinstituts für ältere deutsche Geschichtskunde [MGh]3), Leipzig 1939. da ich schon das »Deutsche Mittelalter« eröffnet habe]Siehe oben zu Nr. 42. Dokumente und Erklärungen]Brief Hitlers an Mussolini vom 11. März 1938, mit dem er sein Vorgehen gegen Österreich als »einen Akt nationaler Notwehr« rechtfertigte und um die Unterstützung des »Duce« warb (Akten zur deutschen auswärtigen Politik 1918–1945, D 1, Baden-Baden 1950, Nr. 352 S. 468–470). Am selben Tag erklärte Göring dem tschechoslowakischen Gesandten in Berlin Vojtěch Mastný, dass es sich bei dem Einmarsch deutscher Truppen in Österreich »um nichts als eine Familienangelegenheit« handele; die deutsche Armee werde sich der techoslowakischen Grenze auf höchstens 15 km nähern (ebd., D 2, Baden-Baden 1950, Nr. 72, 74, S. 123–125). – Englisch-französischer Protest vom 11. März 1938 gegen das deutsche Ultimatum an die österreichische Regierung: ebd., D 1, Nr. 355 f., S. 472 f. – Chamberlains Bericht und Stellungnahme im House of Commons am 14. März 1938: Parliamentary Debates V 333: House of Commons. Official Report, 1937–38, Bd. 6, Sp. 45–52; dort auch Neuraths Schreiben, das er als neu ernannter Präsident des Geheimen Kabinettsrats zur Beantwortung der Protestnote an den britischen Botschafter in Berlin gerichtet hatte. Zu Neuraths Rolle beim »Anschluss« Österreichs vgl. Lars Lüdicke, Constantin von Neurath. Eine politische Biographie, Paderborn 2014, S. 479–486.

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80.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 19. 5. 1938 Lieber Tellenbach! Heute komme ich mit einer ernsthaften Angelegenheit. Mein Monumentenkollege v. Gladiß will sich habilitieren und fragte mich heute, ob wohl Gießen und Sie möglich wären. Diese Frage möchte ich an Sie weitergeben (denn ich weiß [wah]rlich nicht, wie die Lage in Gießen ist), möchte aber gleich dazuschreiben, daß ich eine solche Möglichkeit aufs lebhafteste begrüßen würde. Ich erinnere mich nicht, ob ich jemals mit Ihnen über Gladiß, der seit vier Jahren bei den MG ist, gesprochen habe; wenn ja, habe ich Ihnen sicher schon den Respekt zum Ausdruck gebracht, den ich vor ihm empfinde. Zunächst vor seiner Arbeitsleistung, mit der er mich und alle hier um ein Erhebliches schlägt, weiter vor seiner Wissenschaft, denn er ist seit Jahren mein rechtshistorisches Orakel, und schließlich menschlich, denn er ist für mich zum Inbegriff der preußischen Zuverlässigkeit und Anständigkeit geworden. Besonders ehrt ihn sein Verhältnis zu Kehr, der ihn unbekümmert ausgenutzt hat, zu dem er aber die ganze Zeit durch dick und dünn gehalten hat, einfach auf Grund seiner Bewunderung für das Große in Kehrs Wesen, unter dessen Eindruck wir alle einmal gestanden haben, und einer Lehnstreue, der man den Respekt nicht versagen kann. Wissenschaftlich ist er ganz und gar Rechts– und Verfassungshistoriker und im Zusammenhang damit – aber nach seiner Interessenrichtung erst in zweiter Linie – Diplomatiker. Außerdem hat er auch in der politischen Geschichte eine gute Bildung. Die literarischen Texte allerdings und damit die Kirchen- und Geistesgeschichte liegen ihm fern. Daß aber die Beschränkung auf die Verfassungsgeschichte ein ernstlicher Einwand wäre, möchte nicht einmal ich (mit meiner Ihnen bekannten Kritik an dieser Disziplin) behaupten. Seine Dissertation über die staufischen Reichsministerialen und dies oder jenes von seinen Aufsätzen (im DA, der Savignyzeitschrift, Zs. für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, u. a.) werden Sie vielleicht kennen. Sie lesen sich zwar alle nicht leicht, denn sein Stil ist holprig, aber auf diesem Gebiet sind wir ja leider alle nicht ohne Sünde. Im übrigen spricht wohl ausreichend für ihn, daß ihm seit Jahren die selbständige Heraus-

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186 BRIEFE gabe der Diplome Heinrichs IV. anvertraut ist und daß niemand (Kehr eingeschlossen) in Zweifel zieht, daß er damit zustande kommt [sic!] – falls nicht etwa Stengels unverständlicher Formalismus diese und andere Arbeiten erstickt. Er arbeitet augenblicklich an einem Buch über die Kanzlei und die Urkunden Heinrichs IV., das in einigen Monaten fertig sein soll und dann als Habilitationsschrift in Frage käme. Der Inhalt soll nicht rein diplomatisch, sondern auch rechtsgeschichtlich werden, wovon ich allerdings noch keine Vorstellung habe. Ich zweifle nicht, daß das Buch gut wird, denn an selbständigen Gedanken fehlt es ihm nicht. Keine Prophezeiung wage ich über seinen zukünftigen Lehrerfolg. Wenn er einmal auftaut, kann er überlegenen Witz zeigen, aber das erlebt man selten; im Alltag pflegt er steif und einsilbig zu sein. Das könnte ihm gegenüber den Studenten hinderlich werden; anderseits hat er den Blick fürs Wesentliche. Doch wie gesagt, ich will auf diesem Gebiet, auf dem ich selbst versagt habe, lieber nichts prophezeien, das muß die Erfahrung zeigen. Soviel glaube ich jedenfalls, daß seine ungewöhnlich energiegeladene und beherrschte Art sich überall durchsetzen wird. Vielen Dank im übrigen für Ihre beiden Sonderdrucke. Der Konrad II. ist wieder einmal sehr ziseliert – Sie wissen ja, daß ich so etwas anstaune wie eine exotische Ware. Die Michelbesprechung enthält vieles Wesentliche, dem ich durchaus zustimme, wenn ich auch im Endurteil über das Buch etwas negativer sein würde. Und sonst herzliche Grüße und bitte auch Empfehlungen an Ihre Mutter. Wann sehen wir uns wieder einmal? Stets Ihr Carl Erdmann Dissertation über die staufischen Reichsministerialen]Dietrich von Gladiss, Beiträge zur Geschichte der staufischen Reichsministerialität (Historische Studien 249), Berlin 1934. von seinen Aufsätzen]Adel und Freiheit im deutschen Staat des frühen Mittelalters, in: DA 2 (1938), S. 172–189; Fidelis regis, in: ZRG GA 57 (1937), S. 442–451; Die Schenkungen der deutschen Könige zu privatem Eigen nach ihrem wirtschaftlichen Inhalt, in: VSWG 30 (1937), S. 150–163. Buch über die Kanzlei]D. von Gladiss, Die Kanzlei und die Urkunden Kaiser Heinrichs IV., Gießen 1938. Ihre beiden Sonderdrucke]Gerd Tellenbach, Kaiser Konrad II., in: Deutscher Westen – Deutsches Reich. Saarpfälzische Lebensbilder, Kaiserslautern 1938, S. 3–16; Rezension von A. Michel, Papstwahl und Königsrecht oder das Papstwahl-Konkordat von 1059, München 1936, in: HZ 158 (1938), S. 123–134.

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81.  An Ernst Robert Curtius (MGH Archiv, B 685. – Masch. Durchschlag) Berlin-Zehlendorf, 31. Mai 1938 Sehr geehrter Herr Professor! Haben Sie vielen Dank für die Zusendung Ihrer zweiten Abhandlung zur Literaturästhetik. Ich habe mich sogleich darüber hergemacht und sehr vieles daraus entnommen, sowohl an Einzelbeobachtungen wie an durchgreifenden Gesichtspunkten. Es ist natürlich richtig, daß auf diesem Gebiet nur Sie als Literaturhistoriker führend sein können; wir Historiker und Editoren bringen Ihnen allenfalls Bausteine (und meist nicht einmal das), müssen aber die Fragestellungen in erheblichem Maße von Ihnen beziehen. Von der Richtigkeit Ihrer Grundauffassung, daß die volkssprachliche Dichtung erheblich mehr von der antiken Formtradition fortführt, als die neusprachliche Schulweisheit sich meist träumen läßt, bin ich ganz überzeugt. Sie bestätigt sich auch darin, daß Ihre (soweit ich sehe) einzige Konzession an den Gedanken der volkstümlichen Dichtung sich als entbehrlich erweist. Ich meine damit die Stelle S. 205, wo Sie für den Vers »fortes ceciderunt, proelio doctissimi« an Heuslers Skaldendichtung erinnern und an germanischen Stil denken. Nun ist jener Vers ganz alttestamentlich, vgl. 2. Reg. 1, 19 u. 25 quo modo ceciderunt fortes (zweimal!) u. Ps. 17, 35 u. 143, 1 qui docet manus meas ad proelium (ebenfalls zweimal!). Ich weiß nicht, ob Sie die amüsante Beobachtung schon öfter gemacht haben, wie oft gerade das, was zunächst als germanisch erscheint, sich hinterher als hebräisch herausstellt. Ich habe das jedenfalls bei der Kreuzzugs-Arbeit mehrfach beobachtet und denke außerdem an Baethgens belustigenden Nachweis, daß der »Führergedanke« eine unverächtliche Genealogie (via Mussolini – Dante – Joachim v. Fiore) zu Is. 55, 4 und Dan. 9, 25. 26 hat. Die »historische Topik« ist einstweilen natürlich ein großes Wagnis, aber zweifellos fruchtbar. Uns Editoren mittellateinischer Texte machen die Topoi selbstverständlich häufig Sorgen, und wir geben uns oft dem – vermutlich utopischen – Wunschbild einer systematischen Topik bzw. eines Lexicon topicum für die mittellateinischen Texte hin. Unterdessen haben Sie bereits den Mut, unter Überspringung dieser Stufe gleich mit historischer Topik anzufangen.

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188 BRIEFE Das geht natürlich nur in Form von Streifzügen, aber es kommt dabei doch erstaunlich viel heraus. Übrigens auf der Grundlage einer so umfassenden Textlektüre, wie sie Ihnen wohl nur wenige nachmachen werden! Dabei versteht es sich von selbst, daß Ihre Ausführungen, wie Sie auch selbst sagen, nach rechts und links »offen« und ergänzungsfähig sind. Im allgemeinen ist es aber ganz überflüssig, solche Ergänzungen anzumerken, da sie in der Regel doch nur das beweisen, was Sie ohnehin schon sagen, nämlich daß die betr. Prägungen »Topos« waren. Gestatten Sie mir aber eine Gruppe von Ergänzungen beizubringen, die auf etwas Bestimmtes hinzielen: nämlich darauf, daß die »Renaissance des 12. Jahrhunderts« zum guten Teil schon ins 11. gehört und daß deshalb Ihre am Schluß gestellte Frage, ob man denn diese Dinge schon für das Rolandslied heranziehen dürfe, zweifellos zu bejahen ist. (Ganz abgesehen von der ebenfalls zu bejahenden Kontinuität, die aber einer erheblichen Wellenbewegung unterworfen ist.) Ich verweise auf Folgendes: Zu S. 147: die Transponierung des puer-senex-Topos ins Humanistische findet sich schon um 1060 in einem Briefe Meinhards von Bamberg, der den Briefempfänger mit Nestor vergleicht, ausdrücklich die Vereinigung von Manneskraft mit Altersweisheit hervorhebt, Saturn + Merkur, usw. Der Brief ist gedruckt bei Sudendorf, Registrum oder merkwürdige Urkunden Bd. 3 Nr. 30, aber völlig verkehrt eingeordnet und mit einem andern Briefe vermengt; vgl. Neues Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde 49, 352 Anm. 2. Zu S. 213. Ein anderer Brief des gleichen Meinhard sagt uns ausdrücklich, daß das Adel-Tugend-Thema auch damals ein beliebter Schuldisputstoff war (in campis disputationis laxis frenis effunduntur). Gedruckt: Neues Archiv 49, 389. Für »virtus nobilitat« und »libertas animi« ( = Geistesadel) kann ich Ihnen auf Wunsch noch mehrere Belege saec. XI schicken, die über Schumann hinausführen. Zu S. 202ff. Für das Thema arma-litterae war auch Cicero de off. 1, 22, 77 cedant arma togae wichtig. Zitiert z. B. von Walo von St. Arnulf (um 1073), Mabillon, Vetera Analecta (2. Aufl.) S. 456ff. Nr. 3. Zu S. 231. An zeitgenössischen Belegen für declinare, wie Sie sie mit Recht vermuten, kann ich anführen: ein Hildesheimer Scholar (um 1070) versichert seinen Fleiß: stilum frequentaveram, declinationi non supersederam. Sudendorf, Registrum 3 Nr. 20. Viel wichtiger ein Brief Anselms v. Canterbury (ep. I 55, Migne 158, 1124), in dem declinare gleich viermal vorkommt, insbesondere

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auch, daß der Scholar alle gelesenen Texte, ja ganze Bücher »deklinieren« soll. (Heißt das: in Verse »umgießen«? oder ist doch an rein grammatisch-analysierendes Üben zu denken?) Mit großer Spannung sehe ich dem angekündigten 3. Teil und den Ausführungen über die Kontinuität der Rhetorik bis zum 11. Jahrhundert entgegen. Mit der Rhetorik im 11. Jahrhundert habe ich mich neuerdings etwas beschäftigen müssen und dabei gesehen, wie nahezu alles auf diesem Gebiet noch zu tun ist. (Sehr nützlich immerhin der Aufsatz von Hellmann über die Vita Heinrici IV. in Historische Vierteljahrschrift 28, 1934) Ein paar Beobachtungen – fragmentarischen und zufälligen Charakters und mit stark begrenztem Horizont – habe ich in einem Buch (Studien zur Briefliteratur Deutschlands unter Heinrich IV.) angebracht, dessen Druck soeben begonnen hat. Es tut mir leid, daß ich dafür Ihre bevorstehende Arbeit nicht mehr habe benutzen können. Falls ich umgekehrt Ihnen mit meiner Arbeit noch nützlich sein kann, so wird mich das sehr freuen; ich denke, daß ich von den betr. Partien in etwa 6 Wochen die Korrekturbogen haben werde. Einstweilen erlaube ich mir, Ihnen die oben zitierte Arbeit über Meinhard v. Bamberg zuzusenden. Sie enthält zwar eine Fülle von disparates (von denen ich einen Teil in dem genannten Buch sowie in der bevorstehenden Neuausgabe für die Mon. Germ. zu korrigieren hoffe), aber vorerst gibt es für diesen immerhin nicht unbedeutenden Autor nichts anderes. Und im übrigen nochmals vielen Dank für die umfassende Anregung und Belehrung, die ich aus Ihrer neuen Arbeit gezogen habe! Ihr sehr ergebener Abhandlung zur Literaturästhetik]Ernst Robert Curtius, Zur Literarästhetik des Mittelalters II: Begriff einer historischen Topik, in: Zeitschrift für romanische Philologie 58 (1938), S. 129–232. Renaissance des 12. Jahrhunderts]Charles Homer Haskins, The Renaissance of the Twelfth Century, Cambridge, Mass. – London 1927. Neues Archiv […] 49]C. Erdmann, Die Briefe Meinhards von Bamberg, in: NA 49 (1932), S. 332–431, hier S. 352; Erdmann / Fickermann, Briefsammlungen der Zeit Heinrichs IV. (oben zu Nr. 3), S. 126 Nr. 78a. Neues Archiv 49]Ebd., S. 193 Z. 14. über Schumann hinausführen]Alfons Hilka / Otto Schumann (Hg.), Carmina Burana, Bd. I 1, Heidelberg 1930. Walo von St. Arnulf]Bernd Schütte, Die Briefe des Abtes Walo von St. Arnulf vor Metz (MGH Studien und Texte 10), Hannover 1995, S. 59 Z. 15. Sudendorf, Registrum 3]Erdmann / Fickermann, Briefsammlungen der Zeit Heinrichs IV., S. 84 Z. 18.

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190 BRIEFE Ausführungen über die Kontinuität der Rhetorik]E. R. Curtius, Zur Literarästhetik des Mittelalters III: Vorgeschichte der mittelalterlichen Poetik (von Diomedes zu Beda), in: Zeitschrift für romanische Philologie 58 (1938), S. 433–479. Vgl. Erdmanns Anzeige aller drei Teile in: DA 3 (1939), S. 526 f., für die sich Curtius brieflich bedankte: Seine Fachgenossen nähmen von seinen Arbeiten »keine Notiz mehr; sie müssten sonst manches dazulernen und manches Gelernte revidieren«; umso größer sei seine »Genugtuung, wenn die grosse Nachbar- und Oberdisziplin freundlich die Dinge zur Kenntnis nimmt, die heute so wenig Interesse finden« (18. Juni 1941 [München, Archiv der MGH, B 561 II/149]). Aufsatz von Hellmann]Siegmund Hellmann, Das Problem der mittellateinischen Philologie, in: Historische Vierteljahrschrift 29 (1935), S. 625–680. disparates]Span.: Dummheiten, Unsinn, Quatsch.

82.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 5. Juni 1938 Lieber Tellenbach! Der günstige Bescheid, den Sie mir wegen Gladiß geben konnten, war mir eine große Freude und ein gewiss[er Tros]t in dem scheußlichen Monumentenkrach, der hier z. Zt. beste[ht.] Das Böseste ist ja der Fortgang von Gladiß von den MG in [diese]m Moment. Der entscheidende Moment kam zwei Tage, nachdem ich Ihnen geschrieben hatte. Gladiß war seit langem unzufrieden, erstens damit, daß er (wie wir alle) nur Stipendiat ist, was nach seiner Erklärung mit seiner Stellung als Reserveoffizier nicht vereinbar wäre, zweitens mit Stengels Forderungen auf Umarbeitung seines Diplomata-Manuskripts in Sachen der rein äußerlichen Editionstechnik, Forderungen, die in der Tat für Gladiß’ Arbeit das Schlimmste befürchten ließen, da sie riesige Arbeit verursachten und offenbar noch endlose Fortsetzungen finden sollten. Dazu kam, daß Stengel für das wissenschaftlich Wesentliche weder Verständnis noch Interesse bekundete und mit seiner »Organisation« in unheilvolle und teilweise kindische Bahnen geraten ist. Gladiß bekam nun, während Stengel in Rom war, ein Angebot vom Luftfahrtministerium; die Tätigkeit dort lockt ihn natürlich in keiner Weise, gibt ihm aber vorerst eine Position. Da das Luftfahrtministerium eine rasche Antwort haben mußte, schrieb Gladiß an Sten-

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gel und stellte für sein weiteres Verbleiben bei den MG zwei Bedingungen: daß seine Bezüge nicht mehr Stipendium, sondern Honorar heißen sollten (eine [r]eine Formsache, die ihm nur äußerlich eine weniger gedrückte Stellung gibt), und daß er seine Edition selbständig machen könne mit selbstverständlichem Anschluß an die Vorbilder Sickels und Kehrs. Von diesen zwei Bedingungen sagte Stengels Antwort überhaupt kein Wort, sondern erklärte nur, daß er Gladiß keine feste Staatsstellung geben könne. Gladiß geht also zum 1. Juli. Seine Kanzleiarbeit will er trotzdem bis August fertig machen, will dann auch weiter für Kehr Korrekturen lesen und Register machen und hofft, den Heinrich IV. (d. h. die Diplome) behalten zu können, wenn Stengel inzwischen weich geworden ist. Nach Ihrem Brief kann er hoffen, daß unterdessen zunächst im Wintersemester sein Dr. habil. unter Dach kommt und daß er danach das Luftfahrtministerium mit der Universität Gießen vertauschen kann. Seinen Brief werden Sie ja inzwischen erhalten haben. Sein Ausscheiden ist für uns ein Schlag, insbesondere durch den Moment und die Umstände, unter denen es erfolgt. Ich schrieb Ihnen schon, daß zum 1. April Menzel fortgegangen ist. Zum 1. Juli ist Gläser ausgeschieden, unser Bürogehilfe, der acht Jahre lang unter allgemeinster Zufriedenheit seinen Posten versehen hatte, durch Stengels Regime aber die Lust an diesem Institut verloren hat; er war intelligent und zuverlässig, wußte über alles ausgezeichnet Bescheid und ist durch das Tippfräulein, das wir jetzt haben, schwerlich zu ersetzen; daß er kündigte, war für das Institut gleichermaßen ein schwerer Nachteil und eine Blamage. Zum ersten Juli also geht Gladiß, und kurz danach voraussichtlich Lohmann (dies ist noch geheim). Die beiden letzteren Nachrichten hat Stengel erst während seiner Reise bekommen. In drei Tagen ist er wieder hier, ich weiß nicht, in welcher Verfassung. Er hat sich in der letzten Zeit dermaßen von allen guten Geistern verlassen gezeigt, daß ich für möglich halte, daß er noch nicht gemerkt hat, daß der Bestand der MG in schwerster Gefahr ist; denn in welchem Maße die MG hier durch die allgemeine Mitarbeiterflucht ins Gerede gekommen sind, können Sie sich denken, ganz zu schweigen davon, daß im Innern des Instituts die Freude an der Arbeit und der Glaube an ihren Wert auf einem Tiefpunkt angelangt ist. Falls sich zeigt, daß Stengel die Situation begriffen hat, will ich mit ihm reden, denn ich hoffe, daß sich durch einen Herumwurf des Steuers die Lage noch retten läßt – falls nicht ein Angriff von außen erfolgt, den wir jetzt wohl nicht überstehen würden. Sie werden verstehen, in welcher Sorge ich bin und wie ich mir mein Hirn zergrüble nach

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192 BRIEFE Mitteln der Abhilfe. Die Sachlage wird noch dadurch erschwert, daß Kehr, abwechselnd in Berlin und auf Reisen, unablässig gegen Stengel hetzt, und das Unglück ist, daß er sachlich meist recht hat! Mein Buch ist im Druck, z. Zt. Bogen 3; ich denke, daß es im Herbst erscheint. Erfreulich, daß Ihr Repertoriumsfaszikel endlich heraus ist! Hoffentlich kommen Sie nun bald zu einer Arbeit, die nach Ihrem Sinne ist. Mit herzlichen Grüßen auch an Ihre Frau Mutter Ihr C. Erdmann der günstige Bescheid]Zwei handschriftliche Entwürfe im NL Tellenbach, 230, beide undatiert. In dem längeren Text erklärt Tellenbach, dass es ihm »eine grosse Freude wäre, Herrn von Gladiss für Giessen zu gew[inn]en«. Gleichzeitig beschreibt er die Verhältnisse, die dieser dort antreffen würde: »Die Universitäts-Bibliothek ist viel besser, als ich es erwartet hatte, gut ausgestattet mit Quellenwerken und Zeitschriften, und die Beamten sind tüchtig und liebenswürdig. Die Atmosphäre in Universitätskreisen ist verhältnismässig sauber. Spiessige Professoren gibt es wohl, aber kaum mehr als anderswo auch. Die Studentenzahl ist zwar klein (670), aber die Philosophische Fakultät hat sich noch ganz gut gehalten. […]Grosse Hörer[zahlen?] […]darf man nicht erwarten […]. aber daran [gewöhnt]man sich. […]Wir haben ein kleines Institut dafür [für Landeskunde], das Theodor Mayer gegründet hat, das ich aber als Abteilung des Seminars behandle. Es besteht vorläufig nur aus einer kleinen Bibliothek, einigem Kartenmaterial und 2300 RM (von ursprünglich 5000), aber wenn etwas Vernünftiges gearbeitet wird, lässt es sich wahrscheinlich ausbauen.« seine Edition]Die Urkunden Heinrichs IV. 1076–1106, hg. von Dietrich von Gladiss (MGH DD 6, 2), Berlin bzw. Weimar 1941–1952. Stengels Antwort]Vgl. den Briefwechsel Stengel / Gladiß in den Nachlässen Stengel (Kasten 5) und Gladiß (Nr. 1). seine Kanzleiarbeit]Vgl. oben zu Nr. 80. ich schrieb Ihnen schon]Oben Nr. 79.

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83.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, den 4. September 1938 Lieber Tellenbach! Daß die englische Übersetzung Ihrer Libertas jetzt in Schwung gekommen ist, freut mich sehr; es ist doch ei[n n]icht ger[ade] gewöhnlicher Erfolg und in diesem Falle umso mehr zu [begrüßen,] als das Buch in der ersten Zeit fühlbaren Hemmungen gege[nüber]gestanden hat. Die sind nun freilich längst überwunden; nach der Häufigkeit des Zitiertwerdens ist das Buch jetzt auch in der deutschen Fachliteratur als ausgesprochen erfolgreich zu bezeichnen, jedenfalls, wie mir scheint, erheblich über mein Kreuzzugsbuch hinaus. Anderseits habe ich den Eindruck, daß Ihre Liturgie-Arbeit im Verhältnis doch noch mehr zitiert wird und sich als ein ausgesprochener Schlager herausstellt. Hoffen wir, daß es mit Ihren bevorstehenden Studien saec. IX‒X ebenso wird! Jedenfalls bin ich sehr gespannt, was dabei herauskommt, und wünsche Ihnen, daß es Ihnen gelingt, in diesen Studien wenigstens bis zum Semesterbeginn ganz unterzutauchen und von der Außenwelt möglichst wenig zu merken. Man muß ja jetzt überhaupt ein Leben des »Als-ob« führen, als ob man nämlich glaubte, daß keinerlei Störungen eintreten werden und daß man auch auf längere Sicht hinaus disponieren könne. Übrigens gehöre ich, nachdem ich jahrelang einen à la longue sicher herankommenden Krieg prophezeit habe, für den Augenblick zu den Optimisten und glaube, daß wir für die nächsten vier Wochen mit Bestimmtheit, für den Rest des Jahres mit 60 % Wahrscheinlichkeit auf Frieden rechnen können. Für 1939 ff. allerdings sinkt die Wahrscheinlichkeit, denn die Einkreisung wird nach aller historischen Erfahrung nicht ewig dauern, und Frankreichs innere Lage bleibt prekär. In fünf Tagen gehe ich für die bei mir übliche Septemberwoche in den Harz. Die Drucklegung meines Buches ist beendigt, nur wegen Stengels Abwesenheit zögert sich das Imprimatur für die Titelei und Register noch hinaus. Bis dahin mache ich noch meinen Anteil an einem Aufsatz über Gottschalk von Aachen (Urkunden- und Briefdiktator Heinrichs IV.) fertig; den andern Teil macht dann Gladiß, wenn er, wie ich hoffe, zur Monatsmitte vom »Manöver« entlassen wird. Wir wollen diesen Aufsatz als Gemeinschaftsarbeit im Deut-

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194 BRIEFE schen Archiv veröffentlichen; bei der Verschiedenheit unserer Schreibweise wird das vielleicht etwas humoristisch wirken, aber sachlich ist die Verteilung völlig gerechtfertigt. Bei den Monumenten ist eine wesentliche Veränderung der Lage nicht eingetreten. Lohmann bleibt, da das Ministerium seine Anstellung bei der Akademie (als Nachfolger von Sthamer) wider Erwarten nicht genehmigt hat. Außerdem soll Weirich, falls er nicht etwa Extraordinarius in Leipzig wird, demnächst hier erscheinen, um als halber Mann bei uns zu arbeiten und im übrigen eine Dozentur an der Universität, wo seine Lehrprobe schon am Schluß des Sommersemesters vonstatten gegangen ist, auszuüben. Eine akute Krise im Hause ist nicht zu bemerken, wohl aber eine Lähmung des Elans und der Produktivität. Das kann nicht wohl anders sein, da einerseits das wissenschaftliche Vorbild des Chefs fortfällt (denn Stengel beschäftigt sich dauernd so eingehend mit dem Geschäftlichen sowie mit den Äußerlichkeiten der Druckeinrichtung, daß er für eigene Mitarbeit an den Institutsaufgaben keine Zeit findet) und anderseits der eigene Ehrgeiz der Mitarbeiter durch die Art von Stengels Regime ziemlich erstickt wird. Für die Notwendigkeit, den Mitarbeitern zu wissenschaftlichen Erfolgen zu verhelfen (natürlich nur, wenn sie etwas leisten), zeigt er keinerlei Verständnis, sondern wünscht lediglich alles, was schöpferisch tätig ist, »organisatorisch« ans Gängelband zu nehmen. Dabei wird aus seinem »organisatorischen Ausbau« des Instituts natürlich nichts; abgesehen von der Übersiedlung der kümmerlichen Lichtbildstelle von Marburg nach Berlin sind und bleiben es doch nur die Monumenta Germaniae, und die eben mit sehr verringertem Wind in den Segeln. Was Kehr betrifft, so ist es zweifellos sein dringendster Wunsch, den völligen Schiffbruch seines Nachfolgers noch zu erleben, und er denkt deshalb nicht im entferntesten daran, irgend einen positiven Einfluß (etwa zugunsten von Gladiß) ausüben zu wollen. Ob es mit Gladiß’ Ausgabe der DDH IV. etwas werden wird, ist nach wie vor eine offene Frage; das Letzte war, daß Stengel sich für die Durchsicht des Manuskripts zwei Monate Frist ausbedang … Ich bringe im ganzen für das Institut keinen Optimismus mehr auf. Nun, wenn der Krieg kommt, wird er auch mit diesem Marasmus ein Ende machen. Herzliche Grüße von meiner Mutter und viele Empfehlungen an die Ihrige! Stets Ihr Carl Erdmann

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1938 195 Übersetzung Ihrer Libertas]Gerd Tellenbach, Church, State, and Christian Society at the Time of the Investiture Contest, transl. and with an introduction by R. F. Bennett, Oxford 1940. Ihre Liturgie-Arbeit]Tellenbach, Römischer und christlicher Reichsgedanke (oben zu Nr. 11). Studien saec. IX‒X]Gerd Tellenbach, Die Entstehung des Deutschen Reiches. Von der Entwicklung des fränkischen und deutschen Staates im neunten und zehnten Jahrhundert, München 1940. Leben des »Als-ob«]Anspielung auf Hans Vaihingers »Philosophie des Als ob«, die – 1911 in 1. Aufl. erschienen – sich bis 1933 als eine Art philosophischer Bestseller halten konnte (vgl. Matthias Neuber [Hg.], Fikton und Fiktionalismus. Beiträge zu Hans Vaihingers Philosophie des Als ob, Würzburg 2014). Aufsatz über Gottschalk von Aachen]Carl Erdmann / Dietrich von Gladiss, Gottschalk von Aachen im Dienste Heinrichs IV., in: DA 3 (1939), S. 115–174.

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84.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin, den 1. Januar 1939 Lieber Tellenbach! Die dumpfe Stimmung, die nun schon seit langem und besonders seit dem September und erst recht seit dem November über uns allen liegt, will auch zum Jahreswechsel keinen klaren Empfindungen Platz machen. Ich wenigstens weiß nicht, was ich wünschen soll. Eine schnelle Entwicklung – aber was kommt danach? Oder gerade eine langsame – aber welche Schrecken kann uns die Andauer des heutigen Zustands noch bringen? Welche Zeit wird die bessere sein, vor oder nach dem »Brande von Moskau«? So bleibt nur der Rückzug in die private Sphäre, und zu dieser gehört heute ja wohl auch unsere Arbeit (sehr gegen ihre ursprüngliche Idee). Ich stimme Ihnen völlig bei, daß alle Zusammenbrüche draußen in der Welt uns nichts angehen dürfen. Auf welchem Wege unsere Fackel durch das anbrechende Zeitalter der Finsternis hindurchgetragen werden wird, wissen wir nicht; Cassiodors Klosterzelle bleibt uns verborgen. Aber die Möglichkeit, daß das auf irgendeinem privaten Wege schließlich doch geschieht, ist gegeben. Und darum müssen und dürfen wir fortfahren. Morgen kommt Gladiß hierher, von dem ich auch einiges von Ihnen zu hören hoffe. In seiner eigenen Sache, d. h. dem Druck der Diplome Heinrichs IV., glaube ich jetzt optimistisch sein zu können, denn Stengel scheint die Situation nunmehr begriffen zu haben. Daß Sie sein Auftreten in Gießen günstig beurteilen, freute mich sehr; anderseits habe ich nicht erraten, was die »eine Beziehung, die Ihnen bewußt sein wird«, ist, in der Sie ihn sich anders vorgestellt hatten.

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Auf Ihre jetzige Arbeit – es handelt sich doch um die [ost]fränkisch-frühdeutschen Studien? – bin ich sehr gespannt. Hoffentlich ist es Ihnen nun in der letzten Zeit gesundheitlich gut gegangen, sodaß Sie Ihr Programm haben einhalten können. Leider habe ich Ihnen meinen Heinrich I.-Aufsatz dazu immer noch nicht schicken können, das Heft des DA soll erst jetzt im Januar erscheinen. Ich selbst habe jetzt mit der Materialsammlung der Masse der »Epistolae variorum« der Salierzeit begonnen, doch werde ich in den nächsten Monaten daran wohl nicht viel arbeiten können, da mancherlei Korrekturen – eigene und fremde – über mir hängen, vor allem die der Hannoverschen Briefsammlung, deren Druck hoffentlich in einigen Wochen beginnen kann. Ob hier an der Universität Robert Holtzmann etwa noch das eine oder andere Semester verlängert wird, weiß ich noch nicht. Die Liste für die Nachfolge lautet: Heimpel, Schramm, Baethgen. In Leipzig hat Pivec kommissarisch das hilfswissenschaftliche Extraordinariat. Perels, der nicht unter die Nürnberger Gesetze fällt, hat seine Herausgeberschaft bei den MG trotzdem niederlegen müssen, arbeitet sonst aber weiter. Levison ist selbstverständlich auch ausgeschieden. Kantorowicz ist in Oxford und hofft nach Amerika zu kommen. Ein großes X ist Kehr bzw. das Kaiser-Wilhelm-Institut. Er prophezeite bei seiner letzten Anwesenheit hier wieder einmal großen Ausbau unter Oberleitung von Srbik und bemühte sich im voraus, möglichst viele MG-Mitarbeiter bei uns abspenstig zu machen, um sie dann dort aufzukaufen. Doch glaube ich bisher an die ganze Geschichte noch nicht. Herzliche Grüße bitte auch an Ihre Frau Mutter und im Persönlichen alles Gute zum neuen Jahr! Stets Ihr Carl Erdmann Cassiodors Klosterzelle]Anspielung auf das von dem römischen Senator Cassiodor zur Bewahrung der antiken Bildung gegründete Kloster Vivarium in Kalabrien. vor oder nach dem »Brande von Moskau«]Anspielung auf die Zerstörung Moskaus während der französischen Besatzung im September 1812. Druck der Diplome Heinrichs IV.]Vgl. oben zu Nr. 82. Heimpel, Schramm, Baethgen]Da gegen Schramm sowohl politische als auch persönliche Vorbehalte (»dünkelhaft und überheblich«) geltend gemacht wurden und Heimpel als »undurchsichtige und diplomatische Persönlichkeit« galt, wurde schließlich Friedrich Baethgen berufen (S. König, Leben, S. 52 f.). Perels, Levison, Kantorowicz]Zu Ernst Perels vgl. oben zu Nr. 43. – Wilhelm Levison wurde 1935 aufgrund der Nürnberger Gesetze in den Ruhestand versetzt und in seinen

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198 BRIEFE Publikationsmöglichkeiten beschnitten, sein Anteil an Editionen der MGH unterschlagen (Böhringer, Glaube ich, S. 292–297). – Ernst Kantorowicz konnte kurz nach der »Reichspogromnacht« (auf die der Anfang des Briefs anspielt) nach Großbritannien emigrieren und übersiedelte zwei Monate später nach New York (Lerner, Ernst Kantorowicz, S. 201).

85.  An Albert Brackmann (NL Brackmann, 7/192. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, den 11. Februar 1939 Sehr verehrter Herr Professor! Vielen Dank für Ihr gestriges Schreiben! Ich darf hoffen, daß Ihre neue Akademie-Mitteilung wie bisher gedruckt werden wird und daß ich sie dann bald werde lesen können. Besonders froh bin ich, wenn Sie jetzt einen Weg gefunden haben, von der Inschrift zunächst wenigstens das entscheidende Wort bekannt zu geben, und ich möchte Ihnen noch einmal ausdrücklich mein Einverständnis erklären bzw. Sie darum bitten, daß mein Anteil an der ganzen Sache unerwähnt bleibt. Wenn Sie nun lediglich den Titel Patritia ohne den Wortlaut der Inschrift mitteilen und sich dabei auf eine mündliche Quelle berufen, so könnte Ihnen vielleicht der Einwand gemacht werden, daß das Ganze ein Irrtum sei und der Titel vielmehr »metropolitana« laute. Denn diese ja ebenfalls ungewöhnliche Bezeichnung (die immerhin durch das bei Du Cange belegte »metropolitanus« für Abt gedeckt ist) steht gleich zu Beginn der Inschrift, ist ohne Schwierigkeit lesbar, war längst entziffert und steht bei Adolf Brinkmann, Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Stadt Quedlinburg (1922) S. 77 gedruckt. Es wäre also vielleicht ratsam, daß Sie von vorn herein das Vorhandensein beider Titel berührten, um Mißverständnisse auszuschließen. In der Hoffnung, Ihre Veröffentlichung in Kürze zu sehen, immer Ihr ergebener C. Erdmann

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1939 199 Akademie-Mitteilung]Albert Brackmann, Kaiser Otto III. und die staatliche Umgestaltung Polens und Ungarns (Abhandlungen der Preuß. Akad. D. Wiss., Phil.-Hist. Kl. 1939,1), Berlin 1939; Teilnachdr.: A. B. Gesammelte Aufsätze, Weimar 1941, S. 242–258, hier S. 246–249 zur Inschrift am Sarkophag der Äbtissin Mathilde von Quedlinburg. steht bei Adolf Brinkmann]A. Brinkmann, Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Stadt Quedlinburg (Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen 33), Bd. 1–2, Halle 1922–1923.

86.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 19. März 1939 Lieber Tellenbach! Ich hoffe, daß Sie diesmal Ihre Ferien hier im Lande nutzbringend verwenden können und am jetzigen Slavenfeldzug nicht teilzunehmen brauchen (freilich rechne [ich da]mit, daß der nächste schon in einigen Monaten stattfindet und dann vielleicht größeren Umfang annimmt). Und ebenso hoffe ich, daß die glücklich wieder in Schwung gekommene Libertas-Übersetzung jetzt nicht von neuem ins Stocken kommt und schließlich zwischen den verschiedenen sich folgenden Erschütterungen gerade einmal placiert werden kann: es wäre doch ein schöner Erfolg für Sie! Sehr gespannt bin ich auf Ihre Herzogs-Arbeit, die hoffentlich ohne Verzögerung gedruckt wird. Allerdings hat sich Böhlau offenbar übernommen und läßt seine Kunden infolgedessen endlos warten, darunter z. B. auch Gladiß mit den DD. H. IV. Übrigens können Sie diesem, falls Sie ihn in den nächsten Tagen sehen, sagen, daß für das DA. nun glücklich die Aufsätze von Stengel und Kienast gesetzt sind, als nächstes also der unsrige über Gottschalk fällig ist. Ihr günstiges Urteil über meine Briefstudien hat mich sehr gefreut. Ich selbst denke eigentlich wesentlich kühler darüber und rechne im allgemeinen auch nur mit einer sehr matten Aufnahme. Wogegen sich meine abschätzige Bemerkung über die Methode im Vorwort richtet, wird Ihnen wohl klar sein, das Nähere könnte man nur mündlich bereden, da es dabei um die gesamte Situation unserer Wissenschaft geht und das ein zu weites Feld ist. Von Ihren

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200 BRIEFE Bemerkungen zu meinem dritten Teil ergeben einige ja nur kleinere Retouchen, die ich z. T. akzeptieren könnte. Aber in einer Beziehung steckt doch eine wesentliche Meinungsverschiedenheit dahinter, nämlich in der Beurteilung Gregors VII., den ich für viel inkonsequenter und flackernder halte als Sie und keineswegs »aus einem Punkte zu kurieren«. Gewiß hatte unter seinen Zielen das hierarchische das relativ größte Gewicht, aber es bestand keine systematische Über- und Unterordnung der verschiedenen Forderungen. Ihren Satz, Gregor habe »sein Ziel, das Investiturverbot durchzusetzen, immer wieder verfolgt«, unterschreibe ich nicht, sondern bin der Meinung, daß das Investiturverbot von 1075 ganz gewaltig überschätzt wird. Es war eine Folgerung, die er gelegentlich zog und dann auch wieder nicht zog. Die Zeitgenossen, die dem Verbot bekanntlich nur eine minimale Beachtung geschenkt haben, waren damit durchaus im Recht, und auch Gregor wäre sicher sehr erstaunt gewesen, wenn man ihm gesagt hätte, daß das sein Hauptziel wäre. Es hat sehr lange gedauert, bis sich dieser Punkt als der [zent]rale herausgestellt hat. Übrigens scheint mir die neuerdings von Haller (in den Anmerkungen seiner Papstgeschichte) aufgestellte Meinung, das Investiturverbot habe sich 1075 auf Mailand beschränkt und sei erst 1076 auf die Gesamtheit der Bistümer ausgedehnt worden, sehr beachtlich zu sein. Daß mein Ergebnis einer Entspannung 1075 nicht auf allgemeine Zustimmung rechnen kann, ist mir klar, denn es widerspricht garzu sehr einer fest eingewurzelten Auffassung; dennoch glaube ich, daß es sich schließlich einmal durchsetzen wird. Daß Büttner im April nach Darmstadt geht, ist richtig. Ob auch Jordan, der inzwischen seine Lehrprobe abgelegt hat, schon im April nach Halle verschwindet, steht dahin, ich halte es eigentlich nicht für wahrscheinlich. Büttners Nachfolger als Geschäftsführer wird möglicherweise einer von den jüngeren Römern, während ich meinerseits – aus eigener Initiative – den Bibliotheks-Teil der Geschäfte übernehme, der mir nicht übermäßig viel zu tun macht, gerade soviel, wie mir als Gegengewicht gegen die garzu weitgehende Spezialisierung erwünscht ist. Im übrigen wird die Situation an unserem Institut immer trüber. Es bestehen aber Anzeichen, daß Stengel die Unhaltbarkeit des ganzen Zustandes allmählich einsieht; vielleicht läßt er sich dann allmählich soweit bringen, daß er das Steuer völlig herumlegt und das Institut sich dann doch noch retten läßt. Vielleicht kann auch Baethgen, den ich bisher noch nicht gesehen habe, dabei mithelfen. Im übrigen kann der

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Druck meiner Hannoverschen Briefsammlung usw. losgehen, sobald Stengel (in 8 Tagen) aus Italien zurückkommt, denn Bulst will seine dazugehörige Edition der Wormser Sammlung in den nächsten Tagen im fertigen Manuskript abliefern. Allerdings weiß ich nicht, ob Stengel nicht noch Aufenthalt verursacht mit Erfindung eines neuen Formats für die Monumenta Germaniae und dergleichen. Mit herzlichen Grüßen, auch von meiner Mutter, und Empfehlungen an die Ihrige, stets Ihr Carl Erdmann Slavenfeldzug]Einmarsch der deutschen Truppen in die Tschechoslowakei am 15. März 1939. Libertas-Übersetzung]Vgl. oben zu Nr. 83. Ihre Herzogs-Arbeit]Gerd Tellenbach, Königtum und Stämme in der Werdezeit des Deutschen Reiches, Weimar 1939. Aufsätze von Stengel und Kienast […] der unsrige über Gottschalk]Edmund E. Stengel, Kaisertitel und Souveränitätsidee. Studien zur Vorgeschichte des modernen Staatsbegriffs, in: DA 3 (1939), S. 1–56; Walther Kienast, Zur Geschichte des Cid, ebd., S. 57–114; Erdmann / Gladiss, Gottschalk von Aachen (wie oben zu Nr. 83). Bemerkung über die Methode]Erdmanns im Vorwort ausgesprochene Skepsis gegenüber der »alleinseligmachende[n]Kraft der Methode« richtete sich gegen Bernhard Schmeidlers Versuch einer »stilkritischen Beweisführung«. Daraus entwickelte sich eine öffentliche Kontroverse (vgl. Nr. 101, 103, 105). Investiturverbot von 1075]Erdmanns Meinung wird durch die neuere Forschung bestätigt (Rudolf Schieffer, Die Entstehung des päpstlichen Investiturverbots für den deutschen König, Stuttgart 1981; Thomas Kohl, Die Erfindung des Investiturstreits, in: HZ 312 [2021], S. 34–61). von Haller […] aufgestellte Meinung]Johannes Haller, Das Papsttum. Idee und Wirklichkeit, Bd. 2, 2: Die Vollendung, Stuttgart 1939, S. 520 f. Büttner […] nach Darmstadt, Jordan […] nach Halle]Heinrich Büttner wechselte von den MGH ans Staatsarchiv in Darmstadt, Karl Jordan wurde in Halle, wo er sich 1938 habilitiert hatte, zum Dozenten befördert. Wormser Sammlung]Die Ausgabe konnte erst 1949 erscheinen (vgl. oben zu Nr. 9).

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202 BRIEFE 87.  An Johannes Ramackers (NL Oskar Vasella. – Masch. Abschrift) Berlin, 2. April 1939 Lieber Herr Ramackers! Ich bin über die Germania sacra nur wenig unterrichtet und kann Ihnen deshalb nicht viel Positives schreiben. So habe ich keine Ahnung, warum Kehr Sie jetzt loszuwerden wünscht. Vor allem weiß ich auch nicht, ob es mit Kehrs Abgang diesmal ernst ist oder ob es nur das übliche Gerede ist wie seit vielen Jahren. Daß er Sie jetzt mit dieser Begründung wegschicken will, beweist natürlich garnichts; hat er doch auch mich aus Rom anno 1932 mit der gleichen Begründung (daß sein Nachfolger Platz für neue Leute vorfinden müsse) fortbesorgt und danach die Leitung in Rom noch vier Jahre behalten und noch mehrere Assistenten und einen Sekretär dorthin gebracht. Richtig ist, daß Kehr sich in der letzten Zeit über das KW-Institut sehr pessimistisch geäußert hat (nachdem er noch vor wenigen Monaten sehr optimistisch gewesen war und behauptet hatte, daß er unter der neuen Leitung – er rechnete mit Srbik – den Mittelalter-Teil mit vergrößerten Mitteln behalten und dem Reichsinstitut die Mitarbeiter wegkaufen würde). Auch hat er jetzt erzählt, er habe sein Abschiedsgesuch eingereicht. Aber ich weiß, wie gesagt, über die tatsächliche Situation nicht Bescheid. Sie fragen nach der Nützlichkeit einer Reise nach Berlin. Wenn es sich dabei um eine Aktion wegen der Germania Sacra handeln soll, so glaube ich nicht, daß das jetzt schon einen Sinn hätte, da Stengel sicher keinen Finger rühren wird, solange Kehr die Leitung noch hat. Oder denken Sie daran, hier am Reichsinstitut Mitarbeiter werden zu wollen? Sachlich schiene mir das – zum 1. Oktober, vielleicht auch schon früher – wohl möglich, aber ob Stengel persönlich das wollen wird, das ahne ich auch nicht. Falls Sie sich persönlich mit Bock gut stehen, käme vielleicht auch Rom infrage, wobei allerdings die wenig erfreuliche Arbeit des Repertorium Germanicum Ihr Teil werden würde. Wenn Sie derartige Pläne haben, wäre es wohl das Richtigste, daß Sie an Stengel schrieben; denn falls er a limine ablehnt, verlohnt es ja die Reise nicht. Im übrigen bleibt ja auch noch abzuwarten, wie Kehr auf Ihren groben Brief reagiert.

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Ihre Korrespondenz mit Kehr werde ich wunschgemäß Fickermann zeigen und Ihnen dann zurückschicken, gegebenenfalls noch mit weiteren Nachrichten. Übrigens ist Kehrs Behauptung, daß die Räume des Instituts jetzt menschenleer seien, völliger Unsinn, sie sind geradeso voll wie früher, da Stengel für die mehrfachen Ausfälle Leute aus Marburg hergebracht hat, Weirich und Dieffenbach (ersterer Dozent an der Uni, letzterer jetzt im Archivkurs) halbtägig, außerdem zwei Damen. Und wir sind als Mitarbeiter nach wie vor Stipendiaten, eine einzige Angestellten-Stellung ist bewilligt, die vorläufig bis zum 1. Okt. mit Weigle (der dann nach Rom geht) besetzt wird. Da Büttner jetzt wieder fortgeht (als Archivrat nach Darmstadt), wird vorläufig Weirich Geschäftsführer sein. Außerdem sind als feste Mitarbeiter noch da: Jordan (bis 1. Okt., dann voraussichtlich Dozent in Halle), Frl. Ertl (halbtägig), Fickermann und ich. Also immerhin noch acht Mitarbeiter, wovon allerdings drei nur halbtägig; dazu kommt übrigens als halbtägig auch noch Schieffer (KW-Mitarbeiter, aber für Diplomata). Mit herzlichen Grüßen Ihr C. E. mich aus Rom […] fortbesorgt]Erdmann wäre gerne am Preußischen Historischen Institut in Rom geblieben, möglichst in der Position des 2. Sekretärs. Kehr gab seine Zustimmung nicht, sondern drängte Erdmann zur Habilitation in Berlin, die er tatkräftig unterstützte. Ihren groben Brief]Schreiben von Johannes Ramackers an Paul Fridolin Kehr, mit dem er diesem unfaires Verhalten ihm gegenüber, Desinteresse am Schicksal seiner Mitarbeiter und einen leichtsinnigen Umgang mit öffentlichen Mitteln vorwirft; am Scheitern seiner und anderer wissenschaftlicher Arbeiten trage allein Kehr die Verantwortung (30. März 1939; NL Oskar Vasella [Durchschlag]). Kehr fand den Brief »saugrob« (Ramackers an Oskar Vasella, 11. November 1939; ebd.).

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204 BRIEFE 88.  An Johannes Ramackers (NL Oskar Vasella. – Masch. Abschrift) 3. April 1939 Lieber Herr Ramackers! Fickermann konnte mir nichts Wesentliches sagen, wohl aber Wentz, der gerade vorher mit Kehr gesprochen und von diesem Ihren Brief zu lesen bekommen hatte. Kehr hat erklärt, er habe garnicht die Absicht gehabt, Ihnen zu kündigen, und habe diese Absicht auch jetzt nicht; auf Ihren groben Brief könne er aber nicht antworten und würde deshalb überhaupt nichts tun. Damit ist für den Augenblick die Situation wohl geklärt; Sie müssen nur für die Zukunft zusehen, daß Sie eine Möglichkeit für die Wiederanknüpfung persönlicher Beziehungen schaffen. Wentz hielt es für sehr möglich, daß Kehr die Leitung des KWI behält, besonders wenn ihm die Übersiedlung des Instituts nach München bewilligt wird; Sie müssen also damit rechnen, daß Kehr vielleicht noch lange Ihr Chef bleibt. Mit bestem Gruß Ihr C. E.

89.  An Gottfried Opitz (MGH-Archiv, NL Bock 158, Extras. – Hsl. Or.) z. Zt. Blankenburg / Harz, 16. 7. 1939 Lieber Herr Dr. Opitz! Ihren Brief vom 13. bekam ich hier heute in meine Harz-Ferien nachgeschickt und möchte Ihnen doch gleich von hier aus antworten, so gut es ohne ein Nachschlagen der verschiedenen corpora delicti möglich ist. Denn ich denke, daß wir uns nicht zu zanken brauchen. Vor allem möchte ich, um die Dinge gleich praktisch anzufassen, Sie fragen, welchen Punkt meiner Anzeige Sie

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denn richtiggestellt zu sehen wünschen. Erinnere ich mich recht, so hat Mollat an der betreffenden Stelle den Codex Casanatensis ausdrücklich angeführt und darüber eine durchaus wesentliche Aussage gemacht, nämlich daß dieser Codex (bzw. ein Teil von ihm) einer gewissen handschriftlichen Gruppe angehöre. Da Sie sich nun doch keineswegs mit einer stumpfsinnigen Analyse oder Handschriftenbeschreibung begnügt, sondern auch das Wesen des Codex charakterisiert haben, so wäre es Ihrer Arbeit ohne jeden Zweifel nützlich gewesen, wenn Sie die Angabe Mollats dem Leser mitteilten und sachlich irgendwie berücksichtigten, zum allermindesten aber den Hinweis geben, daß eine Benutzung der von Mollat gegebenen Handhaben möglicherweise Wesentliches zum Verständnis der behandelten Handschrift ergeben könne. Die Unterlassung einer solchen Berücksichtigung ist für den Leser unter allen Umständen zu bedauern (daher mein »leider«). Wie ich aus Ihrem Brief entnehme, hätte ich nach Ihrer Meinung nicht sagen sollen, »daß der Codex Casanatensis zu einer Gruppe von Handschriften gehört«, sondern vielmehr, »daß ein Teil des Codex Casanatensis« usw. Wie es damit sachlich steht, vermag ich ohne ein Nachschlagen nicht anzugeben. Aber die Hauptsache ist: wünschen Sie ernstlich eine Berichtigung der angegebenen Art? Die Unterlassung als solche bliebe dabei doch völlig unverändert. Da Berichtigungen immer in hohem Maße die Aufmerksamkeit auf sich ziehen, würde nichts anderes erreicht werden, als daß alle Welt in nachdrücklicher Form auf die besagte Unterlassung hingewiesen würde – was ich, soviel an mir liegt, Ihnen durchaus nicht antun möchte. Oder soll ich etwa den von mir gebrauchten Ausdruck »übersehen« berichtigen? Das wäre nur dann möglich, wenn Ihnen die Anführung Ihres Codex bei Mollat im Bewußtsein war und dann absichtlich unerwähnt gelassen wurde. Gegen ein solches bewußtes Verschweigen würde man dann allerdings einen erheblichen Vorwurf erheben müssen, während ein bloßes Übersehen-haben durchaus keinen Vorwurf bedeutet, denn wir sind alle nicht allwissend und jeder, der etliche Publikationen hinter sich gebracht hat, weiß nur zu gut, daß er hier und da etwas übersehen hat. Im übrigen glaube ich mich zu erinnern, daß Sie das Werk von Bernard Guy an anderer Stelle angeführt haben, aber nicht nach der Neuausgabe von Mollat, sondern nach einer älteren Ausgabe. Das bestärkt mich in der Meinung, daß es sich bei Ihnen wirklich nur um ein harmloses Übersehen, kein absichtliches Verschweigen handelt.

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206 BRIEFE Bitte also lassen Sie mich wissen, was denn berichtigt werden soll. Und im übrigen ein Vorschlag zur Güte: könnten Sie nicht die von Mollat verzeichneten Handschriften (bzw. wenigstens einen Teil von ihnen) untersuchen und feststellen, was es denn mit dieser Gruppe auf sich hat? Freilich dürfte Ihre Vermutung richtig sein, daß es außer jenen fünf Handschriften weitere von gleichem Typus geben wird. Doch wird vielleicht Ihnen selbst diese oder jene Feststellung in solcher Richtung glücken. Und jedenfalls möchte ich annehmen, daß eine zusammenfassende Behandlung auch nur der bisher signalisierten Handschriften schon ein lohnendes Ergebnis liefern würde, besonders wenn Sie auf Grund der von Mollat gegebenen Hinweise den Ort innerhalb der Inquisitoren-Literatur bestimmen. Vorerst liegt es wohl in Ihrem Interesse, wenn ich in Berlin, wohin ich in 4 Tagen zurückkehre, über diese Korrespondenz schweige. Denn da ein Vorwurf gegen Sie bisher nicht vorliegt, können Sie bei einem Staubaufwirbeln nur verlieren. In dieser Beziehung war es sicherlich ein Fehler, daß Sie Prof. Stengel einen Durchschlag geschickt haben. Doch läßt sich vielleicht hoffen, daß er der Sache keine besondere Aufmerksamkeit schenken und sie, wenn er nicht nochmals damit befaßt wird, bald wieder vergessen wird. Ich möchte ihn deshalb von mir aus nicht darauf anreden, falls er es nicht von sich aus tut. Mit bestem Gruß, auch an die übrigen Signori des Instituts und den on. cavalliere Ferruccio Ihr ergebener Carl Erdmann welchen Punkt meiner Anzeige]C. Erdmann, in: DA 3 (1939), S. 270 f. über: Gottfried Opitz, Über zwei Codices zum Inquisitionsprozeß, in: QFIAB 28 (1937/38), S. 75–106. Opitz hatte sich auch beim Präsidenten beschwert (München, Archiv der MGH, B 585/320). Mollat an der betreffenden Stelle]Bernard Gui, Manuel de l’inquisiteur, éd. et trad. par G. Mollat, 2 Bde., Paris 1926/27, S. XVII f.

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90.  An Fritz Rörig (NL Rörig. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, den 1. August 1939 Sehr geehrter Herr Professor! Für die freundliche Zusendung des Druckbogens aus den Monumenta Palaeographica und der Besprechung aus der Savigny-Zeitschrift sage ich Ihnen vielen Dank. Besonders der erstere hat mich auf das lebhafteste interessiert. Zweifellos sind Ihre Beobachtungen und Materialien für das Briefwesen im 13. und 14. Jahrhundert von großer Wichtigkeit. Ein besonderes Kleinod ist das eigenartige Mixtum-Compositum (Tafel b). Ich freue mich schon auf das Erscheinen des Heftes, um auch die Tafeln selbst studieren zu können. Für die vorausgehende Zeit habe ich inzwischen durch langsame Weiterarbeit festere Vorstellungen gewonnen, als ich sie früher hatte. In der Druckerei befindet sich ein kleiner Aufsatz (zusammen mit Kittel und Beumann) für das nächste Heft des DA , in dem ich mit Hilfe zweier glücklicher Siegelfunde und einiges anderen Materials den Nachweis führen kann, wie im 12. Jahrhundert bei den Privaturkunden die Entwicklung vom Siegelbrief zur

Fritz Rörig (1882–1952).

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208 BRIEFE Siegelurkunde gegangen ist. Daß es litterae clausae auch von »Privaten« (d. h. nicht Kaiser und nicht Papst) schon seit Jahrhunderten vor dem 13. Jahrhundert gegeben hat, ist durch eine Fülle von Nachrichten belegt; aus dem 12. Jahrhundert besitzen wir ja auch schon etliche Originale (vgl. meine Untersuchungen zu den Briefen Heinrichs IV . S. 189 Anm. 3). Nur wurden diese Briefe, eben weil sie nach der Öffnung des Siegels entbehrten, zunächst jahrhundertelang überhaupt nicht, im 12. und 13. Jahrhundert nur sehr selten aufbewahrt. Sehr viel häufiger bewahrte man jene Zwischengattung von Brief und Urkunde auf, die einerseits Briefform, anderseits urkundliche Beglaubigung und demnach ein offen angebrachtes Siegel hatte; eben das Siegel war der Grund der Aufbewahrung. So kommt es, daß man in vielen Archiven jene Zwischengattung schon findet in einer Zeit, aus der man litterae clausae dort noch nicht hat. Daraus darf man also nicht schließen, daß es litterae clausae noch nicht gab; die archivalische Erhaltung folgt eben anderen Gesetzen als die Gewohnheiten der tatsächlichen Versendung. Falls es ihnen erwünscht ist, kann ich Ihnen den erwähnten Aufsatz schon in Korrekturbogen zusenden, sobald ich diese habe (voraussichtlich in einigen Wochen). Im übrigen vermute ich, daß Sie das DA wohl sowieso haben, bin aber gerne bereit, Ihnen außerdem, wenn es Ihnen angenehm ist, auch den Sonderdruck zu senden, wenn das Heft erscheint. Nochmals mit bestem Dank und verbindlichsten Empfehlungen bleibe ich Ihr ganz ergebener C. Erdmann Monumenta Palaeographica und der Besprechung]Zu dem von Anton Chroust herausgegebenen Tafelwerk Monumenta Palaeographica: Denkmäler der Schreibkunst des Mittelalters steuerte Fritz Rörig mehrere von ihm kommentierte Beispiele bei, darunter ein »höchst merkwürdiges Zwischenglied zwischen Urkunde und Brief« (Bd. III 3, Lief. 20, T. 2 b), für Erdmann ein »Mixtum-Compositum«. – Fritz Rörig, Besprechung von: Henri Laurent, Un grand commerce d’exportation au Moyen Age. La draperie des Pays-Bas en France et dans les pays méditerranéens (XIIe–XVe siècle), Paris 1935, in: ZRG GA 59 (1939), S. 490–498. kleiner Aufsatz]Erich Kittel / Helmut Beumann / Carl Erdmann, Das Briefsiegel Heinrichs von Glinde, in: DA 3 (1939), S. 413–429. – Zum Begriff der Privaturkunde vgl. oben zu Nr. 34. meine Untersuchungen]C. Erdmann, Untersuchungen zu den Briefen Heinrichs IV., in: Archiv für Urkundenforschung 16 (1939), S. 184–253.

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91.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 12. August 1939 Lieber Tellenbach! Ihre neue Arbeit habe ich inzwischen gelesen und natürlich viel daraus gelernt, kann leider aber wirklich, wie ich schon vermutet hatte, im allgemeinen nichts dazu sagen, da ich über Aristokratie und Herzogswürde keine Mein[ung ha]be. Ihre Feststellungen über die Erhebung Arnulfs sind wichtig [und] einleuchtend. Sehr beachtet habe ich, auch im Zusammenhang mit unserer letzten Unterhaltung, ihre mehrfachen Ausführungen über Überschätzung des kirchlichen Moments und geringe Trennung zwischen Klerus und Laienadel. In dieser Beziehung bin ich doch einigermaßen skeptisch, denn ich glaube, daß sich die Wirkungssphäre der Kirche nicht so stark hätte ausdehnen können, wenn ihre Formkraft gegenüber ihren Dienern so gering gewesen wäre. Ob die Liudprand-Stelle über princeps militiae caelestis in der Michael-Literatur (etwa bei Gothein?) schon herangezogen ist, kann ich nicht sagen, in Erinnerung war sie mir nicht, während die Benennung als solche ja häufig ist. Übrigens: ist nicht Widukinds Ausdrucksweise an der betreffenden Stelle vielleicht nur eine biblisierende Umschreibung des Begriffes »die Großen«? Denn princeps militiae ist in der Bibel sehr häufig, auch princeps militum ist biblisch, ebenso die praefecti und natürlich die duces et principes; will Widukind hier überhaupt eine konkrete Vorstellung zum Ausdruck bringen? Im übrigen hängt also Ihr Sommermantel bei uns. Ich selbst entdeckte ihn erst nach einiger Zeit und wußte dann nicht, wem er gehörte, bis neulich ein Verwandter von Ihnen anrief, aber zunächst noch keine Direktiven gab, was geschehen sollte. Ich schicke ihn vorerst noch nicht nach Gießen, weil ich nicht weiß, ob er Sie dort noch antreffen würde und Sie nicht etwa in die Schweiz gefahren sind; ich erwarte also Ihren Bescheid. […] Augenblicklich habe ich mich nach elfjähriger Pause wieder etwas mit Portugal befaßt und einen kürzeren Aufsatz »Die An[nahme] des Königstitels durch Alfons I. von Portugal« im Konzept be[reits] zu Papier gebracht. Ich bekam eine Aufforderung, zu einem […] für das nächste Jahr geplanten Geschichtskongreß einen Beitrag zu senden und habe mich dazu sofort an die

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210 BRIEFE Arbeit gemacht. Es hat doch einen großen Reiz, sich zwischendurch einmal auf einen dermaßen jungfräulichen Boden zu begeben. Auch habe ich in einiger portugiesischer Korrespondenz, in die ich in der letzten Zeit kam, mit Freude gesehen, daß meine frühere portugiesische Arbeit doch nicht ohne Früchte geblieben ist. Leider scheint Frl. Reuter die Dinge dort doch ziemlich verkehrt angefangen zu haben, und ich fürchte, sie sitzt da nächstens fest mit ihrer Arbeit, zumal ich auch im Persönlichen nicht gerade den Eindruck unbedingter Zuverlässigkeit von ihr habe. Im übrigen wartet man ergeben des Schicksals, das da kommen soll. Ich mag die Hoffnung, daß der Kelch in diesem Jahr vielleicht doch noch an uns vorübergeht, noch nicht aufgeben. Viele Grüße und gute Ferien! Ihr C. Erdmann etwa bei Gothein?]Eberhard Gothein, Die Culturentwicklung Süditaliens in Einzeldarstellungen, Breslau 1886, S. 41–111. Liudprand, Widukind]Liudprand von Cremona, Antapodosis, I 10, III 45 (Die Werke Liudprands von Cremona, 3. Aufl., hg. von Joseph Becker [MGH SS rer. Germ. 41], Leipzig 1915, S. 9, 97); Widukind von Corvey, Res gestae Saxonicae, II 4, II 6 (Die Sachsengeschichte des Widukind von Korvei, hg. von Paul Hirsch und Hans-Eberhard Lohmann [MGH SS rer. Germ. 60], Hannover 1935, S. 70, 72. Vgl. Tellenbach, Königtum und Stämme (oben zu Nr. 86), S. 106. einen kürzeren Aufsatz]Carl Erdmann, Die Annahme des Königstitels durch Alfons I. von Portugal, in: Segundo Congresso do mundo portugues em 1940, Lisboa 1940, S. 37–72. Frl. Reuter]Abiah Elisabeth Reuter, Schülerin Heinrich Finkes, edierte Dokumente aus der Kanzlei Alfons’ I. von Portugal (Chancelarias medievais Portuguesas 1: Documentos de Chancelaria de Afonso Henriques, Coimbra 1938). Erdmann hatte sie 1927 beraten (Rom, Archiv des DHI, R 3, 17/57). Seine Besprechung in DA 3 (1939), S. 248 f., fiel sehr positiv aus.

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92.  An Fritz Rörig (NL Rörig. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, den 13. August 1939 Sehr geehrter Herr Professor! Für Ihren Brief vom 11. sage ich Ihnen vielen Dank. Ihre Besorgnis, daß ich unrichtige Verallgemeinerungen vornähme, glaube ich durchaus zerstreuen zu können. Ich erkenne vollkommen an, daß das hansisch-bürgerliche Schriftwesen andere Wege gegangen sein kann, als sie die anderweitige ältere Entwicklung zeigt, und ich habe ja Ihr Ergebnis, obgleich es in die umgekehrte Richtung weist wie das meinige, keineswegs für falsch erklärt. Die von Ihnen angedeutete Arbeitsteilung entspricht durchaus meiner Meinung und auch meinem bisherigen Arbeitsprogramm. Ihre Vermutung, daß ich meine Auffassung nur aus Widerspruch zu Ihnen mir gebildet hätte, hoffe ich mit Humor nehmen zu dürfen. Worauf sie (meine Auffassung) tatsächlich beruht, werden Sie ja aus meinem kleinen Beitrag im DA künftig leicht ersehen können. Ich vermag mich nicht einmal daran zu erinnern, daß Sie mir Ihre These von der Entstehung des hansischen Briefs aus der Urkunde früher schon einmal gesagt haben; erinnerlich ist mir nur, daß Sie einmal den hansischen Brieftypus beschrieben und die Frage aufwarfen, woher er käme, was ich nicht zu beantworten vermochte. Als nicht ausreichend allerdings erscheint mir die Unterscheidung zwischen geistlichem und bürgerlichem Schriftwesen, denn auch der Laienadel hat, wie die Briefsammlungen zeigen, schon lange vor dem 13. Jahrhundert Briefe versandt. Auch kann ich aus dem 12. Jahrhundert ein Briefsiegel eines Laienherrn nachweisen und belegen, daß die Entwicklungsrichtung (nämlich vom Brief zur Urkunde) damals bei den Laien die gleiche war wie bei den Geistlichen. Aber in den Hansestädten kann es natürlich anders gewesen sein. Ihre These würde ergeben, daß die littera clausa, die anderwärts schon längst üblich war, in den Hansestädten erst viel später (auf Grund einer selbständigen Entwicklung aus der Urkunde heraus) aufgekommen sei, daß also das hansische Briefwesen zunächst auffallend rückständig gewesen sei. Das ist ein auffallendes Ergebnis, das mir auch zu Ihren allgemeineren Anschauungen, soweit ich diese kenne, nicht recht zu passen

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212 BRIEFE scheint. Aber wenn Sie es belegen können, müssen wir es Ihnen natürlich glauben. Daß meine Bemerkung über den Unterschied zwischen erhaltenem und einstmals vorhandenem Material Ihnen gegenüber überflüssig war, gebe ich gerne zu. Sie war dadurch verursacht, daß ich in den Monumenta Palaeographica für Ihre These (Entwicklung: Urkunde – Mischform – Brief) keine andere Begründung fand als eben das erhaltene und von Ihnen vorgeführte Material. Aus Ihrem Brief darf ich entnehmen, daß Sie noch andere, vorerst noch nicht mitgeteilte Gründe für Ihre These haben. Falls Sie die Absicht haben, diese Begründung bei anderer Gelegenheit nachzuliefern, dann wird sie mich natürlich aufs höchste interessieren. Ich selbst aber habe, wie gesagt, nicht die Absicht, mich mit meiner Arbeit auf dieses Gebiet zu begeben, und habe niemals behauptet, daß meine Schlüsse auch für den hansischen Bereich anzuwenden wären. Mit verbindlichen Empfehlungen immer Ihr ganz ergebener C. Erdmann Brief vom 11.]Fritz Rörig an Carl Erdmann, 11. August 1939 (NL Rörig): Rörig hatte Erdmanns Schreiben vom 1. August (oben Nr. 90) beantwortet, indem er behauptete, Erdmann habe ihm gesprächsweise mitgeteilte »Gedanken über Urkunde und Brief ›im hansischen Bereich‹ in eine These für die Privaturkunde schlechthin« umgekehrt. Demgegenüber wolle er an der eigenständigen Entwicklung des eigenständigen Schriftwesens festhalten. Dort habe sich der Brief aus der Urkunde entwickelt. Allerdings habe er nicht sein »ganzes Material ausbreiten« können. Quellenkritische Belehrungen über einst versandtes und jetzt noch vorhandenes Material verbat er sich. Abschließend schlug er vor, dass Erdmann »auf dem Gebiet der geistlichen Privaturkunde des 11. und 12.« und er »auf dem der bürgerlichen Privaturkunde des 13. und 14. Jahrhunderts arbeiten« und sie »die Eigengesetzlichkeit beider Gebiete anerkennen und Verallgemeinerungen vermeiden«. das erhaltene und von Ihnen vorgeführte Material]Vgl. oben Nr. 90. habe niemals behauptet]In einem kurzen Antwortschreiben vom 25. August stellte Rörig fest, dass sich ihre Standpunkte ein Stück nähergekommen seien, aber »in der Frage weltlicher und geistlicher Schriftlichkeit« verstehe man sich »noch nicht ganz«, was ihn, Rörig, »bei der Art, wie diese Dinge von den Hilfswissenschaften bisher behandelt wurden, weiter nicht wundert« (NL Rörig).

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93.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 16. Oktober 1939 Lieber Tellenbach! Eine wirkliche Korrespondenz mit Gedankenaustausch ist heutzutage wohl kaum durchführbar. Aber [ich mö]chte den Faden doch nicht vollständig abreißen lassen u[nd schl]age deshalb vor, daß wir uns von Zeit zu Zeit wenigstens mit äußeren Nachrichten versorgen. Von Ihrem Schwager hier erfuhr ich, daß Sie krank gewesen, aber einstweilen nicht eingezogen sind. Ich nehme deshalb an, daß Sie beim Ausfall der Universitätstätigkeit sich wieder Ihren Forschungsarbeiten zugewandt haben. Kienast sagte mir neulich, daß er für die Berichterstattung in der HZ über früheres und hohes Mittelalter einen Ersatzmann für Walther Holtzmann, der eingezogen ist, suche und es ihm am liebsten sein würde, wenn Sie es übernähmen; er wußte aber natürlich nicht, ob Sie dazu bereit sein würden, wozu noch die Ungewißheit kommt, wann auch Sie eingezogen werden. Auch ich konnte ihm darüber natürlich nichts sagen, und so weiß ich denn nicht, ob er sich überhaupt an Sie gewandt hat bzw. wenden wird. In unserem Institut geht die Arbeit vollständig weiter, nur daß die Abend-Arbeit bisher fortfallen muß, da das Verdunkelungsproblem bei uns noch nicht gelöst ist. Eingezogen ist von unseren augenblicklichen ständigen Mitarbeitern niemand; für Gladiß wird die Angestellten-Stelle freigehalten, indem einstweilen Meyer sie kommissarisch innehat. Jordan ging vor einigen Tagen nach Göttingen, um dort an der Universität Klewitz zu vertreten. Das römische Institut funktioniert ebenfalls noch weiter, meines Wissens ist auch von dort niemand eingezogen. Meine Tätigkeit als Dozent am Archivinstitut hat sich sogar verdoppelt, da ich Winter vertrete und somit außer der Diplomatik auch Paläographie treibe; von den dortigen 14 Kursusteilnehmern sind noch 10 da. Meiner Mutter geht es bisher gut; auch in den Häusern meiner hiesigen Schwestern ist noch [a]lles in Ordnung. Von meinen zahlreichen Verwandten im Balti[k]um haben wir bisher keine Nachricht und wissen nicht, was sie tun werden.

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214 BRIEFE Hoffentlich geht es Ihnen inzwischen gesundheitlich gut. Bitte empfehlen Sie mich Ihrer Frau Mutter. Mit herzlichen Grüßen immer Ihr C. Erdmann Gleichzeitig ein Sonderdruck aus den Q. u. F. von Ihrem Schwager]Adolf Schell, verheiratet mit Tellenbachs Schwester Anni. von meinen zahlreichen Verwandten im Baltikum]In einem vertraulichen Zusatzprotokoll zum deutsch-sowjetischen »Grenz- und Freundschaftsvertrag« vom 28. September 1939 wurde die Umsiedlung der Deutschbalten in den deutschen Machtbereich vereinbart, die drei baltischen Staaten wurden der sowjetischen Herrschaft überlassen. Zwischen Oktober und Dezember 1939 wurden ca. 52.500 Personen aus Lettland, ca. 14.000 aus Estland evakuiert und in den soeben eroberten Gauen »Wartheland« und »Danzig-Westpreußen« angesiedelt, darunter die noch in Estland lebenden Angehörigen Carl Erdmanns. Andere, die sich zu bleiben entschieden hatten, folgten später nach (Gert von Pistohlkors, Deutsche Geschichte, S. 534–547). Sonderdruck]Carl Erdmann, Zu den Sekretregistern Johanns XXII., in: QFIAB 29 (1938/39), S. 233–248.

94.  An Albert Brackmann (NL Brackmann, 7/188. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 2. November 1939 Sehr verehrter Herr Professor! […] Inzwischen erschien meine Besprechung Ihrer letzten Polen-Abhandlung in der HZ, und Sie werden sie dort wohl gesehen haben. Meine beiläufig geäußerte Vermutung, daß Boleslaw als Patricius der Nachfolger der Mathilde gewesen sein könnte, findet vorerst begreiflicherweise wenig Anklang; ich will mich für ihre Richtigkeit auch nicht verbürgen, halte aber doch für möglich, daß man vielleicht später einmal anders darüber denken wird als jetzt. Mit ergebensten Grüßen Ihr C. Erdmann

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1939 215 Besprechung]HZ 160 (1939), S. 567–569 (Besprechung von Brackmann, Kaiser Otto III. [wie oben zu Nr. 85]). daß man vielleicht später einmal anders darüber denken wird]Vgl. dazu Stengel, DA 3 (1939), S. 370 Anm. 5, der Erdmann ausdrücklich widerspricht.

95.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 30. Dezember 1939 Lieber Tellenbach! Zum Jahresende möchte ich Ihnen doch w[ieder] einmal ein paar Worte schreiben. Ich hörte zwischendurch gelegentlich einmal durch eine Institutskorrespondenz, daß Sie noch in Gießen waren, und nehme an, daß Sie auch inzwischen wohl noch nicht eingezogen sind, obgleich ich irgend ein System, wer eingezogen wird und wer nicht, niemals habe erkennen können. Ob es überhaupt zu einer so allgemeinen Einziehung der Wehrpflichtigen kommen wird wie im letzten Kriege, steht ja immer noch dahin. Ich meinerseits halte zwar eine ebensolange oder noch längere Dauer des Krieges für wahrscheinlich, halte dabei aber für möglich, daß im Landkrieg Ruheperioden wie jetzt überwiegen und nur zwischendurch Feldzüge etwa von den Ausmaßen des Polenfeldzuges erfolgen werden, vielleicht mit Hineinziehung von bisher Neutralen. Mindestens für einige Jahre könnte ich mir den Verlauf so denken; was dann später wird, übersteigt mein Vorstellungsvermögen. Es ist ja vielleicht töricht, sich derartige Gedanken überhaupt zu machen, aber ich wenigstens kann es nicht lassen und bringe es nicht über mich, in blinder Ergebung auf das Überraschtwerden durch die Ereignisse zu warten. Ich suche mich auch über das Geschehene wenigstens etwas zu unterrichten und kauf mir alle paar Tage holländische oder italienische Zeitungen, die es hier noch gibt. Ein großer Teil meiner Verwandten war bisher noch im Baltikum und ist demnach jetzt mit von der Umsiedlung betroffen. Von dort aus ist viel Schmerz und Sorge auch zu uns gekommen; einige waren zum Weihnachtsfest hier und suchten Trost. Sonst hat der Krieg meine Familie bisher ziemlich verschont.

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216 BRIEFE Ich selbst empfinde es als eine unschätzbare Wohltat, daß die wissenschaftliche Arbeit fortgeht. Es ist paradox, aber ich mache gerade jetzt Arbeitsdispositionen für 15–20 Jahre: ich will die Edition der [otto]nisch-salischen Einzelbriefe, die ich übernommen habe, [im M]aterialumfang etwa mit der Serie der Diplome der deutschen [Kar]olinger vergleichbar, mit einer Durchforschung des Schul- und Geisteslebens jener Zeit verbinden und hoffe, diese letzteren Untersuchungen in einem wohl mehrbändigen Werk auch dann abschließen zu können, wenn die ausländischen Handschriften nicht wieder zugänglich werden und die Edition selbst demnach unterbleiben muß. Gerade die Langfristigkeit der Aufgabe ist mir ein angenehmes, zufluchtbietendes Bewußtsein; die Ungeduld auf Veröffentlichungen habe ich ziemlich abgelegt. Übrigens ist die Edition der Hannoverschen Briefsammlung jetzt im Druck, leider in dem unglückseligen neuen Format. Inzwischen ist Ihre Universität nun wohl im Begriff, die Pforten wieder zu öffnen. Hoffentlich ist Ihnen der Wiederbeginn nicht unlieb. Gladiß ist nach wie vor im Westen, kurz vor Weihnachten war er auf Urlaub in Detmold. Er hat auf eigenen Wunsch das Korrekturenlesen an den Diplomen Heinrichs IV. wieder aufgenommen; hoffentlich klappt es. Für das neue Jahr wünsche ich Ihnen alles Erfreuliche im Bereiche Ihrer Familie und Ihrer Arbeit – das sind die Dinge, auf die sich unsere Wünsche jetzt richten müssen. Mit herzlichen Grüßen, bitte auch an Ihre Frau Mutter, immer Ihr Carl Erdmann Urlaub in Detmold]Dietrich von Gladiß stammte aus Detmold und hatte dort das Abitur abgelegt (Nekrolog, in: DA 8 [1951], S. 253 f.).

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96.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 4. Februar 1940 Lieber Tellenbach! Ihr Brief zum Jahreswechsel hat sich mit dem meinigen gekreuzt. Die resignierte Stimmung von damals ist einstweilen unverändert geblieben; man wartet, daß das Schicksal sich vollzieht. Manchmal beschäftigt mich der [Gedanke,] daß man sich darauf vorbereiten müßte, wie man im Falle [einer?] Katastrophe für einen neuen Wiederaufbau aktiv werden könnte. Aber man weiß zu wenig über das Wann und Wie, auch was eigentlich bis dahin überhaupt noch übrig sein wird. Bisher sage ich mir nur das Eine, daß man dann dafür wird zu wirken haben, daß (im Innern) nicht Rache genommen wird. Und für den Historiker kommt dann vielleicht wieder die Zeit, in der die Pflege des deutschen Einheitsgedankens seine wichtigste Aufgabe wird. Ihnen wird der Trimesterbetrieb wahrscheinlich nicht viel freie Zeit lassen. Haben Sie von den heutigen Studenten irgend welche bestimmten Eindrücke? In dieser Richtung habe ich immer noch Hoffnungen. Meine Eindrücke im Archivkurs sind im ganzen nicht ungünstig, wenn auch natürlich die Vorbildung und das technische Können von Kursus zu Kursus sinkt. Den Fall Gladiß beurteilen Sie, glaube ich, doch nicht ganz richtig. Freilich schaue ich selbst da auch nicht ganz durch und habe mich mit ihm auch nicht mehr voll verständigen können, als er unmittelbar vor Kriegsausbruch hier war und ich mit ihm auch über seine Gießener Geschichte sprach. Immerhin habe ich nicht den Eindruck, daß es sich bei ihm einfach um das schlechte Gewissen handelt. Er hat gegenüber der Gießener Atmosphäre überhaupt Hemmungen und außerdem wahrscheinlich irgendwelche Eventualpläne, die ihn

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218 BRIEFE ja auch abgehalten haben, mit unserem Institut wieder fest abzuschließen. Einstweilen ist meine Hauptsorge, daß er lebendig zurückkommt, denn ich fürchte, er ist ein Draufgänger. Wie ich höre, ist Klewitz seit zehn Tagen in Freiburg installiert. Kienast sitzt in Graz. Jordan hat in Halle zu lesen angefangen und hat überraschend guten Lehrerfolg. In unserem Institut geht die Arbeit im alten Rahmen weiter. Otto Meyer, unser Geschäftsführer, bekam zwar vor einiger Zeit die Mitteilung seiner bevorstehenden Einziehung, doch ist diese dann bisher ausgeblieben. Der Druck von Gladiß’ DDH. IV. geht weiter, er liest die Korrekturen im Bunker! Ebenso ist meine Hannoversche Sammlung im Druck, im unglückseligen neuen Format. Mit dem Mitarbeiternachwuchs steht es hoffnungslos, es sind ja nur Stengels eigene Schülerinnen, die durchweg nicht das erforderliche Niveau haben für selbständige Monumentistenarbeit, auch nur auf niedrigem Niveau beschäftigt werden und teilweise schon wieder davonlaufen. Das längst überfällige Heft des Deutschen Archivs muß nun nächstens erscheinen; hat Stengel Ihnen den Sonderdruck über die Quedlinburger Inschrift geschickt? Augenblicklich ist die Staatsbibliothek und damit auch unser Institut ungeheizt; wir arbeiten einzeln an verschiedenen Orten. Von meinen baltischen Verwandten schrieb ich Ihnen neulich. Sie sind jetzt zum größten Teil im Posenschen; wie es mit dem Aufbau der Existenzen wird, steht noch dahin. Meine Mutter kommt bisher noch einigermaßen durch, freilich mit nachlassenden Kräften. Hoffentlich geht es der Ihrigen jetzt wieder befriedigend! Mit herzlichen Grüßen wie immer Ihr C. Erdmann Trimesterbetrieb]Nach der vorübergehenden Schließung aller Universitäten bei Kriegsbeginn wurde das akademische Jahr in Trimester eingeteilt. Erst mit dem Sommersemester 1941 kehrte der Lehrbetrieb in den gewohnten Rhythmus zurück. Gladiß’ DDH. IV.]Vgl. oben zu Nr. 82. Sonderdruck über die Quedlinburger Inschrift]Edmund E. Stengel, Die Grabinschrift der ersten Äbtissin von Quedlinburg, in: DA 3 (1939), S. 361–370. von meinen baltischen Verwandten]Vgl. oben zu Nr. 93.

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97.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 31. März 1940 Lieber Tellenbach! Vielen Dank für Ihre beiden Briefe von Anfang Februar und von jetzt. Der Fall Gladiß war mir eine menschliche Enttäuschung. Daß er nach all der Hilfe, die er auf seine Appelle hin bekommen hat, nunmehr Sie und mich gleichermaßen [si]tzen läßt, ohne uns zu benachrichtigen, auch seinen Freund J[ordan], dem er die beste Chance vor der Nase fortschnappt, ebensowenig benachrichtigt, hätte ich nicht von ihm erwartet. Ich kann nur bedauern, daß ich mich wieder einmal als schlechter Menschenkenner gezeigt habe, indem ich Ihnen einen Mann empfahl, dem Sie am Schluß mit Recht Illoyalität vorwerfen müssen. Besten Dank sodann für die Zusendung Ihres Manuskripts. Da ich das, was ich vor drei Jahren über Tribur schrieb, keineswegs mehr alles für richtig halte, komme ich eigentlich zum größten Teil mit Ihren Ansichten überein und bin mit der Veröffentlichung Ihrer Arbeit sehr einverstanden. Abänderungsbedürftig scheint mir nur S. 7 untere Hälfte, und zwar aus drei Gründen. Erstens erhält man den Eindruck, als ob Haller und auch Sie meiner Feststellung, daß die Investiturfrage in Tribur vertagt blieb, widersprächen, während Sie tatsächlich doch nur meinen, daß die Vertagung kein sonderlicher Erfolg des Königs und kein wesentlicher Verhandlungsgegenstand war (worin ich jetzt übrigens zustimme). Zweitens versteht man nicht, wieso Hallers Satz, daß die Investiturfrage etwas Neues war, ein Argument gegen meinen Gedankengang ist; ich selbst mußte das jetzt erst wieder bei Haller nachlesen, um Sie überhaupt zu verstehen. Drittens hat Hallers weiterer Satz, daß Gregor den König in der Hand hatte, bei Haller doch die Bedeutung, daß Heinrich sich auf Gnade oder Ungnade ergeben hätte. Und da Sie dieses, also die sogenannte Kapitulation, doch mit Brackmann und mir für unrichtig halten, können Sie eigentlich den Hallerschen Satz nicht so einfach mit Zustimmung zitieren. (Übrigens hat Haller selbst gerade diesen Satz sofort stark eingeschränkt durch den Zusatz: »So konnte man wenigstens meinen.«) Zufällig suchte mich Kienast in den Monumenta Germaniae gerade auf, während ich Ihr Manuskript da hatte. Er hätte es am liebsten gleich an sich ge-

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220 BRIEFE nommen und bat Sie um möglichst baldige Einsendung (eventuell gleich an Karl Alexander v. Müller, da es ja eine Miszelle ist), da v. Müller bereits danach gefragt habe und die Brackmann-Besprechung für wichtig erkläre. Er bat ferner, daß Sie als Besprechungs-Opus nur die Abhandlung von Brackmann an der Spitze nennen möchten, da die beiden andern ja nur Zeitschriftenaufsätze sind, davon einer sogar aus der HZ selbst. Ob ich selbst noch einmal auf die Tribur-Sache zurückkomme, weiß ich immer noch nicht. Eine eigene Arbeit über Tribur allein plane ich zwar keinesfalls, aber möglicherweise eine über die drei großen Demütigungen Heinrichs, nämlich 1073 (Brief an den Papst), 1076/77 und 1105 (Ingelheim). Eine Polemik gegen Haller würde mich nur an einem Punkte locken, nämlich seine laienhafte Darstellung, daß dort, wo die religiösen Motive anfangen, die politischen aufhören, und die auf diese Primitivität gebauten Vorwürfe gegen Brackmann und mich, wir hätten kein Verständnis für die Ideen der Zeit. Unterdessen ist aus meinen Arbeiten nicht viel geworden, hauptsächlich weil die Monumenta Germaniae seit 1. 2. ungeheizt sind und aus der Arbeit zu Hause nicht so sehr viel wird. Ich habe in der Hauptsache nur meine drei laufenden Arbeiten weitergeführt, d. h. die Korrekturen der Hannoverschen Briefsammlung, die Bibliotheksgeschäfte und das Dahlemer Archivinstitut. Meine Editionsaufgabe sind die Einzelbriefe der Ottonen- und Salierzeit, eine Beschäftigung für eine lange Reihe von Jahren. Ich mache dafür noch keine Handschriftenstudien, sondern werde noch lange Zeit mit der rohen Materialsammlung und der Anlage eines vorläufigen Abschriftenapparats zu tun haben. Die geplante Bildungsgeschichte der gleichen Zeitspanne bedarf ebenfalls großer Materialsammlungen, und diese Arbeit will ich mit der Bearbeitung der Briefe vereinigen. Ich glaube immer noch, daß man von unserer Seite zu militärischer Aktivität übergehen wird; daß das zunächst noch hinausgeschoben ist, kann mancherlei Gründe haben. Das lebhafte politische Spiel, das sich unterdessen entwickelt (im Südosten hat die Lage sich zweifellos günstig für uns entwickelt, während Rußlands Haltung seit Beendigung der Finnensache wieder sphinxhaft geworden ist und Japan sich mit den Engländern einigt), ist letztlich doch nicht entscheidend. Meine Meinung über das Endergebnis entweder dieses oder eines späteren Krieges ist unverändert. – Hoffentlich ist die Gesundheit Ihrer Frau Mutter wieder ganz hergestellt. Die meinige ist durch

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den argen Winter fühlbar geschwächt, macht es aber noch einigermaßen. Mit herzlichen Grüßen immer Ihr C. Erdmann Fall Gladiß]Dietrich von Gladiß habilitierte sich von Gießen nach Göttingen um und wurde dort zum Dozenten ernannt. Dafür war auch Karl Jordan im Gespräch. Jordan trauerte der Gelegenheit nicht nach, da er in Göttingen »im Schatten der Titanen« (Schramm, Brandi) hätte wirken müssen (an Gladiß, 5. Mai 1940 [NL Gladiß, Nr. 1]). Zusendung Ihres Manuskripts]Gerd Tellenbach, Zwischen Worms und Canossa (1076/77), in: HZ 162 (1940), S. 316–325 (Besprechung von Albert Brackmann, Tribur, in: Abhandlungen der Preußischen Akademie der Wissenschaften, Phil.-hist. Kl. 1939/9, S. 3–37). vor drei Jahren über Tribur]C. Erdmann, Tribur und Rom (oben zu Nr. 56). »So konnte man wenigstens meinen.«]Haller, Der Weg nach Canossa (oben zu Nr. 70), S. 266. Zeitschriftenaufsätze]Die beiden Aufsätze von Erdmann und Haller (oben zu Nr. 57, zu Nr. 70), die Tellenbach gleich mit besprach. Vorwürfe gegen Brackmann und mich]Dazu kritisch und als »Verfasser eines Buches über die Entstehung des Kreuzzugsgedankens«, dem »die ideengeschichtliche Blickrichtung« vertraut sei: Carl Erdmann, Zum Fürstentag von Tribur, in: DA 4 (1941), S. 486–495, bes. S.  493–495. Beendigung der Finnensache […] und Japan]Mit dem Frieden von Moskau (12. März 1940) endete der finnisch-sowjetische »Winterkrieg«. – Japans Regierung unter Yonai Mitsumasa suchte die Annäherung an Großbritannien und die Vereinigten Staaten und kam in Verhandlungen zu gewissen Fortschritten. Aber unter dem Eindruck der deutschen Erfolge in Europa setzte sich in Tokio das Militär durch und brachte im Juli 1940 das Kabinett Yonai zu Fall.

98.  An Walther Holtzmann (NL Holtzmann, 48. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 6. Mai 1940 Lieber Herr Professor! Ihr Brief freute mich als ein Zeichen, daß Sie das Mittelalter sogar in Uniform noch zu schätzen wissen. Und ich will gerne helfen, soviel in meiner Macht steht. Von meinen portugiesischen Aufzeichnungen aber kann ich Ihnen nichts

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222 BRIEFE schicken, weil ich seinerzeit alles an Kehr abgeliefert habe. Sie liegen also unter mehrfachem Verschluß in Kehrs Akademie-Zimmer. Kehr selbst ist zwar augenblicklich hier, aber ich kann mich nicht an ihn wenden, da zwischen uns seit Jahren Bruch besteht, zu dem es gerade wegen der PapsturkundenMaterialien gekommen ist. Auch durch einen Dritten geht es nicht, da Kehr mit dem Material sehr schwierig geworden ist und nicht so leicht einen daran läßt; zum mindesten das spanisch-portugiesische Material hat m. W. noch kein menschliches Auge erblickt, seit es vor vier Jahren aus den Räumen unseres Instituts verschwand. Wenn überhaupt jemand bei Kehr in dieser Richtung etwas erreichen kann, dann sind Sie es wohl selbst; Sie würden also selbst an ihn schreiben müssen. Ob ich alle Explicits und die Kapitel Innocenz’ III. verzeichnet habe, weiß ich nicht mehr. Sicherlich aber enthalten meine Aufzeichnungen darüber mehr als meine Mitteilungen im Druck. Erinnern kann ich mich, daß ich die beiden Stücke, die ich nicht bei JL. nachweisen konnte, abgeschrieben und Kehr gesondert übergeben habe zwecks Veröffentlichung in neuen Nachträgen zu den italienischen Berichten oder an anderem Ort. Die Ausgabe Arnulfs von Lisieux steht Ihnen auf Abruf zur Verfügung. Ich habe sie zwar dem Institut geschenkt und in unsere Bibliothek eingereiht, aber da ich die letztere z. Z. selbst verwalte, schicke ich Ihnen das Buch gerne für einige Zeit zu. Ich würde dann nur darum bitten, daß Sie dafür Sorge tragen, daß es nicht durch einen plötzlichen Abmarschbefehl oder ähnliche Peripetien verloren gehen kann. Ihrer Dekretalen-Veröffentlichung sehe ich mit großem Interesse entgegen. Über die Arbeit Heckels, die jetzt für die Savigny-Zs. im Druck ist, sind Sie wohl unterrichtet. – Möge diese ganze Art menschlicher Betätigung uns erhalten bleiben! Mit vielen Grüßen Ihr C. Erdmann in Uniform]Holtzmann wurde bei Kriegsausbruch zur Wehrmacht eingezogen und blieb bis Herbst 1944 Soldat. Papsturkunden-Materialien]Vgl. dazu oben Nr. 62, 63. kein menschliches Auge erblickt]1 Kor 2,9. Explicits]Die Schlussworte handschriftlich überlieferter Texte werden in Regestenwerken angegeben, um das Schriftstück identifizieren zu können.

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1940 223 JL.]D. i. Jaffé-Loewenfeld: Regesta pontificum Romanorum ad a. post Chr. natum MCXCVIII, ed. Philippus Jaffé, ed. secundam curaverunt S. Loewenfeld, F. Kaltenbrunner, P. Ewald, 2 Bde., Leipzig 1885, 1888. Ausgabe Arnulfs von Lisieux]The Letters of Arnulf of Lisieux, ed. by. Frank Barlow, London 1939. Erdmann hatte die Edition rezensiert (HZ 161 [1940], S. 634 f.). Dekretalen-Veröffentlichung]Walther Holtzmann, Die Register Papst Alexanders III. in den Händen der Kanonisten, in: QFIAB 30 (1940), S. 13–87. Arbeit Heckels]Rudolf von Heckel, Die Dekretalensammlungen des Gilbertus und Alanus nach den Weingartener Handschriften, in: ZRG KA 29 (1940), S. 116–357.

99.  An Fritz Rörig (NL Rörig. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 4. August 1940 Sehr verehrter Herr Professor! Für die freundliche Übersendung Ihrer Gotland-Arbeit sage ich Ihnen vielen Dank. Ich habe sie mit großem Gewinn gelesen und finde sie in der Art, wie Sie die Benutzung schriftlicher und monumentaler Quellen vereinigen, geradezu vorbildlich. Daß Sie bei der Deutung der Monumente im Bereich des Naheliegenden bleiben und die beliebten Verbindungslinien durch die Jahrtausende vermeiden, muß bereits von vornherein für Ihre Beweisführung einnehmen. Aber Sie halten sich noch weiter zurück. Da der Lübecker Einband, den Sie zum Vergleich heranziehen, Adler und Lilie vereinigt, hätte es nahe gelegen, auch in Gotland die Lilie ebenso wie den Adler als lübisch anzusprechen. Daß Sie dies nicht getan haben, vielmehr das Gegenteil geradezu zum Hauptergebnis Ihrer Arbeit wird, zeigt die strenge Kritik, der Sie Ihre Schlußfolgerungen unterwerfen. Unter diesen Umständen wird man sich gerne Ihrer Führung anvertrauen, wenn Sie den Adler auf der Schale nicht als heraldisierende Spielerei, sondern als bewußtes Symbol fassen. Ich bin auch an diesem Punkte überzeugt, daß Sie Recht haben. Für die heraldische Frühzeit, d. h. das 12. Jahrhundert, vertrete ich allerdings den Standpunkt, daß der Adler in vielen Fällen ohne Beziehung auf das Reich vorkommt. Im späteren Mittelalter aber halte auch ich das für kaum denkbar, und zwar insbesondere nicht bei heraldischer Ausgestaltung, wie sie in diesem Falle ja zweifellos vor-

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224 BRIEFE liegt. Über Ihre allgemeinen Ergebnisse für die hansische Geschichte habe ich natürlich kein selbständiges Urteil; ich kann nur sagen, daß mir dadurch ein sehr wesentlicher Aspekt eröffnet worden ist. Nochmals mit vielem Dank Ihr ganz ergebener C. Erdmann Gotland-Arbeit]Fritz Rörig, Reichssymbolik auf Gotland, in: Hansische Geschichtsblätter 64 (1940), S. 1–67; auch selbstständig: Weimar 1940.

100.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 8. September 1940 Lieber Tellenbach! Es wäre in der Tat eine große Wohltat, wenn Sie einmal wieder hierher kämen und wir reden könnten. Nich[t d]aß ich an sich besonders redelustig wäre; im Gegenteil, ich bin w[ohl e]her etwas stumpf geworden und mein politisches Interesse hat [merk?]lich abgenommen, seit es keine neutralen Zeitungen mehr gibt (endgültig seit dem Kriegseintritt Italiens). Aber ein gemeinsamer Versuch, die Ereignisse innerlich zu bewältigen, wäre lockend. Das Prophezeien habe ich mir längst abgewöhnt und beschränke mich darauf, alles für möglich zu halten, nur eines nicht: einen wirklichen Frieden, solange nicht dies ganze Zeitalter seinen Ablauf genommen hat. Für Ihren Sonderdruck aus der HZ vielen Dank. Ich komme im wesentlichen auch jetzt bei der nochmaligen Lektüre mit Ihnen überein und halte an denjenigen meiner Thesen, die Sie verwerfen, kaum irgendwo fest. Ich habe wohl in meinem damaligen Aufsatz mehr zu wissen versucht, als man wissen kann, und halte einen großen Teil meiner damaligen Konstruktion jetzt selbst für ziemlich überflüssig. Wenn ich auf das ganze Gebiet noch ein-

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mal zurückkehre – und diese Absicht habe ich –, dann möchte ich das unter völlig neuen Gesichtspunkten tun. Auch den Punkt »Heinrich IV . in seinen Notzeiten« möchte ich nur noch nebenher berühren, denn auf diesem Wege ließe sich ja doch nur umständlich beweisen, was die Mehrzahl der Historiker (trotz Haller) sowieso schon für richtig hält. Wichtiger schon ist die Frage des Entweder-Oder von politischer oder religiöser Motivierung, wie Haller es sich vorstellt; dazu wäre eine grundsätzliche Erwiderung doch vielleicht nützlich. Worüber ich aber besonders etwas glaube sagen zu können, ist über das Fußfassen der gregorianischen Gedankenwelt in Deutschland, insbesondere die Rolle Hirsaus dabei. Mit der Haller-Diskussion hängt das nur negativ zusammen: die Collectio 74 titulorum ist bestimmt nicht durch die Legaten von 1076 nach [De]utschland gekommen, wohl aber wahrscheinlich durch die Legaten von 1077, deren einer ein Jahr lang in Hirsau blieb. Jedenfalls wurde diese Sammlung in Hirsau aus dem Legatenexemplar abgeschrieben, mit einem [sic!] aktuellen Appendix versehen und von dort aus verbreitet. Auch Bernold von Konstanz, der älteste deutsche Benutzer dieser Sammlung, war damals in Hirsau, wo er seine entscheidende Prägung erhalten hat. Über die Rolle Wilhelms von Hirsau in jenen Jahren kann ich ebenfalls Neues bringen, worüber ich aber noch nicht ganz klar sehe. Ferner gibt es eine Hirsauer kanonistische Kollektaneen-Sammlung aus der Zeit Gregors in einer Schlettstadter Handschrift, die ebenfalls in diesem Zusammenhang ausgewertet werden muß (was eine Vertagung dieses Teils meiner geplanten Arbeit bis zum Wiederzugänglichwerden der Schlettstadter Handschriften bedingt). Schließlich sind die Beziehungen des schwäbischen Annalisten zu Bernold und zu Hirsau aufzuklären, und möglicherweise ergibt sich sogar ein Zusammenhang zwischen der Collectio 74 titulorum und der Hirsauer Vogteipolitik. Im Rahmen dieser »Hirsauer Studien« denke ich dann ganz beiläufig auch meine Auseinandersetzung mit Haller unterzubringen, ohne aber auf die damals versuchte Rekonstruktion der Triburer Ereignisse noch näher zurückzukommen. Was Sie über Ihre Arbeiten der letzten und der bevorstehenden Zeit schreiben, erfüllt mich mit Freude und Neid, weil Sie offenbar Ihre Gedankenarbeit bei sehr wesentlichen Stoffen festzuhalten verstanden haben, was in der heutigen Zeit nur wenigen gelingt, auch mir eigentlich nicht. Ich habe mich in der letzten Zeit fast nur auf Außengebieten herumgetrieben und nicht einmal an den Epistolae Erhebliches getan; daß auch der Druck der

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226 BRIEFE Hannoverschen Briefsammlung seit Monaten stockt, ist freilich nicht meine Schuld. Ihrer Frau Mutter bitte ich Sie meine […] Wünsche für baldige Besserung zu bestellen. Meiner Mutter geht [es … s]o einigermaßen. Wir waren in der zweiten Hälfte August beide für zehn Tage im Harz. Gerade seit unserer Rückkehr sind nun hier die Luftangriffe, unter denen wir jedoch bisher wenig leiden. Da meine Mutter das nächtliche Kellersitzen nicht mehr verträgt und glücklicherweise ganz ruhig bleibt, bleiben wir beide einfach in den Betten und schlafen meistens während des Alarmes wieder ein. Verglichen mit der Größe Berlins waren die Angriffe bisher übrigens nur ganz unbedeutend, obgleich die Zeitungsberichte natürlich immer das Wichtige verschweigen. Allerdings ist möglicherweise jetzt mit stärkeren Angriffen zu rechnen, seit unsere Flugzeuge ihre Tätigkeit besonders auf London konzentrieren. Herzliche Grüße und auf baldiges Wiedersehen! Immer Ihr Carl Erdmann Kriegseintritt Italiens]Am 10. Juni 1940 hatte Italien Großbritannien und Frankreich den Krieg erklärt. Sonderdruck]Tellenbach, Zwischen Worms und Canossa (vgl. oben zu Nr. 97). Collectio 74 titulorum]Zu den Handschriften der schwäbischen Fassung der Collectio mit Appendix, von denen aber nach dem heutigen Stand der Forschung keine in Hirsau entstand, vgl. Lotte Kéry, Canonical Collections of the Early Middle Ages (ca. 400–1140). A Bibliographical Guide to the Manuscripts and Literature, Washington 1999, S. 205 f. Welche von ihnen Erdmann meinte, wird nicht deutlich. Schlettstadter Handschrift]Séléstat, Bibliothèque humaniste, Ms. 13 aus dem letzten Viertel des 11. Jahrhunderts; zum Inhalt vgl. Ian Stuart Robinson, Zur Arbeitsweise Bernolds von Konstanz und seines Kreises. Untersuchungen zum Schlettstädter Codex 13, in: DA 34 (1978), S. 51–122, hier S. 56–58; zur Bewertung: Felix Heinzer, Klosterreform und mittelalterliche Buchkultur im deutschen Südwesten, Leiden – Boston 2008, S. 112 f. Hirsauer Vogteipolitik]Hinweis auf die Regelungen des königlichen Diploms für das schwäbische Reformkloster Hirsau (sogenanntes Hirsauer Formular von 1075): Entlassung aus dem Eigenkirchenrecht, freie Vogtwahl (innerhalb der Stifterfamilie), Bannleihe durch den König. Angriffe […] auf London]In der Nacht vom 25. auf den 26. August 1940 wurde Berlin erstmals durch die Royal Air Force bombardiert. Am 7. September flog die deutsche Luftwaffe den ersten Großangriff auf London.

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101.  A  n Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 25. November 1940 Lieber Tellenbach! Ich möchte Sie um einen Rat bitten. Sie haben wohl im letzten Heft der HZ, das auch Ihren Aufsatz enthält (den ich allerdings noch nicht gelesen habe), die Besprechung von Schmeidler über meine Briefstudien gesehen. Ich liebe [Erwi] derungen garnicht, aber in diesem Fall haben mir eine ganze […] Leute, darunter Robert Holtzmann und Baethgen, geraten, nicht zu schweigen. Ich habe also eine Erklärung aufgesetzt, schicke sie aber zunächst Ihnen, was Sie dazu meinen. Holtzmann sagte mir, daß er von sich aus Kienast geschrieben habe, er finde die Besprechung einen Skandal; Baethgen wollte, ebenfalls von sich aus, im gleichen Sinne schreiben. Ich hoffe deshalb, daß Kienast die Erklärung, wenn ich sie ihm schicke, aufnehmen wird und bei Aufnahme einer Rückerwiderung Schmeidlers darauf achten, daß sie nicht abermals ehrenrührige Dinge enthält. Bei dieser Gelegenheit: vor etlichen Wochen war Gladiß hier, und ich habe ihm dabei erhebliche Vorwürfe wegen der Art seines Abschieds aus Gießen gemacht. Er sagte mir aber (und bewies es nachträglich durch Vorlage des betreffenden Briefes von Schramm), daß Schramm die Sache tatsächlich ohne sein Wissen gemacht hatte. Gladiß hatte von der Sache zunächst nur durch eine briefliche Anfrage Stengels erfahren, die aber begreiflicherweise zu unbestimmt war, um darauf basieren zu können, und erfuhr die Sache dann erst durch die offizielle Mitteilung der Fakultät, die erst lange nach der ministeriellen Anfrage bei Ihnen stattfand. An diesem Punkte also haben wir Gladiß Unrecht getan – woran allerdings Schramms ungewöhnliches Verfahren die Hauptschuld trägt. Einstweilen mit herzlichen Grüßen Ihr C. Erdmann Besprechung von Schmeidler]Bernhard Schmeidler, Besprechung von C. Erdmann, Studien zur Briefliteratur Deutschlands im 11. Jahrhundert (oben zu Nr. 52), in: HZ 163 (1941), S. 138–141; ebd., S. 20–42: Gerd Tellenbach, Die Unteilbarkeit des Reiches. Ein Beitrag zur Entstehungsgeschichte Deutschlands und Frankreichs.

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228 BRIEFE Erklärung]C. Erdmann, Erklärung, in: HZ 163 (1941), S. 672 f.; Bernhard Schmeidler, Erwiderung, ebd., S. 673 f. daß Schramm die Sache]Gladiß’ Umhabilitation und Ernennung zum Dozenten in Göttingen (oben zu Nr. 97).

102.  An Helmut Beumann (NL Beumann. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 11. Dezember 1940 Lieber Herr Beumann! Besten Dank für Ihren Brief noch aus Hildesheim (26. 11.) und dann die Karte aus Frankreich (5. 12.), welch letztere heute ankam. Hoffentlich bringt Ihnen die Ortsveränderung jedenfalls etwas Abwechslung in das Einerlei, sodaß Sie es eine Weile weiter aushalten können. Denn für den Plan, Sie hierher zu bekommen, stehen die Aktien augenblicklich schlecht. Haben Sie vielleicht auf anderem Wege schon vom »Fall Hölk« gehört? Das Auswärtige Amt hatte bei Meisner als stellvertretendem Reichsarchivdirektor angefragt, ob es Hölk reklamieren könne, und Meisner hatte sich einverstanden erklärt, worauf die Reklamation tatsächlich stattfand. Als aber Zipfel dies erfuhr, hat er Lärm geschlagen und Meisner als Stellvertreter abgesetzt; ob er auch gegen Hölk etwas unternommen hat, weiß ich nicht. Das ist ein böser Präzendenzfall, der es Stengel m. E. für den Augenblick unmöglich macht, sich Ihretwegen an Zipfel zu wenden; zum mindesten verstehe ich, daß er bisher offenbar nichts getan, mir jedenfalls nichts gesagt hat. Ich habe den Eindruck, daß nun doch wohl wird abgewartet werden müssen, was für eine Veränderung der Lage der Frühling bringt. Den Wattenbach will ich bei nächster Gelegenheit bestellen, wenn ich sowieso etwas beim Verlage bestelle; da ich die Hefte für Sie aufbewahren soll, hat es ja keine Eile. Für alle Fälle schon jetzt meine besten Wünsche für die Feiertage, die Sie hoffentlich nicht in allzutrüber Stimmung zu verbringen brauchen! Herzliche Grüße von Ihrem C. Erdmann

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1940 229 eine Weile weiter aushalten]Beumann wurde zum 1. März 1940 zur Wehrmacht einberufen und blieb Soldat bis zum Ende des Kriegs. Wattenbach]Wilhelm Wattenbach / Robert Holtzmann, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter. Deutsche Kaiserzeit, Bd. 1, H. 1–3, Berlin 1938–1940.

103.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 19. Dezember 1940 Lieber Tellenbach! Ich habe Ihnen für zwei Briefe und eine Karte zu danken. Um zunächst die letztere zu beantworten: Ramackers macht schon seit Jahr und Tag nicht mehr die Germania Sacra Köln, die vielmehr meines Wissens überhaupt ruht, wie au[ch son]st ein Teil der angefangenen Germania-Bände. Er ist außerdem eingezogen, seine Adresse war jedenfalls vor einigen Monaten: Steyer [sic!] (Oberdonau), Postf. 100, Obj. C 1, Stube 13. Doch ist es vielleicht besser, an seine langjährige Heimatadresse zu schreiben: Krefeld, Liebfrauenstr. 4. – Kehr ist z. Zt. in Rom, Istituto Storico Germanico, Viale martiri Fascisti, wo er auch seinen 80. Geburtstag verbringen will. Sein Konflikt mit Stengel ist dadurch entstanden, daß er Schritte unternommen hat, Stengel das römische Institut zu entziehen und Bock dort zum Direktor zu machen. Wie diese Sache ausgeht, weiß ich noch nicht; allerneuestens höre ich gerüchtweise, die Chancen für Bock ständen jetzt nicht mehr gut. Jedenfalls verrät es von Kehrs Seite ein erhebliches Taktgefühl, daß er es für richtig hält, in dieser Lage für seine Geburtstagsfeier die Gastfreundschaft des römischen Instituts in Anspruch zu nehmen. Sodann vielen Dank für Ihre Hilfsstellung [sic!] in Sachen Schmeidler. Ich habe Ihre Ratschläge im wesentlichen angenommen und die Erklärung so an Kienast geschickt, der mir unterdessen selbst geraten hatte, mich zur Wehr zu setzen. Wie Schmeidlers Gegenerklärung ausfällt, werde ich wohl demnächst erfahren, da mir auch Kienast in der Weihnachtszeit herkommen will. Unterdessen schrieb mir auch Klewitz, daß er das Buch zufällig noch für die Göt-

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230 BRIEFE tinger Gelehrten Anzeigen zu besprechen habe und eine Abwehr gegen Schmeidler anfügen wolle. Damit ist ja alles in Ordnung; über die Rezension ist, soweit ich bemerken konnte, wirklich nur eine Stimme, sodaß ich mich wohl nicht darüber zu grämen brauche, und daß eine positive Besprechung in der HZ nun fehlt, ficht mich wenig an. Denn wenn die Forschung in der von mir eingeschlagenen Richtung weiter geht, setzt das Buch sich von selbst durch, und andernfalls helfen auch keine Rezensionen. Ob aber die Forschung dieser Art weiter gehen wird, wird von tiefer liegenden Faktoren abhängen. Auch Kienast mache ich keinen Vorwurf. Ich selbst hatte, als Schmeidler sich um die Rezension bewarb und Kienast wenig Lust hatte, sie ihm zu geben, ihm dazu zugeraten, weil ich irrtümlich eine sachliche Kritik erwartete. Und Kienast gibt eingegangene Rezensionen nicht zurück, ein Standpunkt, den ich zwar nicht teile, aber immerhin verstehe. Unterdessen bekam ich auch Ihren Aufsatz in der HZ, vielen [Dank]! Ihre These leuchtet mir durchaus ein, jedenfalls mehr als die konkurrierenden anderen Erklärungen. Mehr vermag ich leider nicht zu sagen, da das eigene Mitdenken auf diesem Gebiet, wie Sie wissen, bei mir versagt. Ich habe im übrigen nicht den Eindruck, daß Sie Anlaß hätten, über geringe Resonanz zu klagen, insbesondere nicht für Ihr »Königtum und Stämme«. Dieses Buch scheint mir schon jetzt weit herumgekommen zu sein, und gelegentliche Nieten unter den Rezensionen verdienen kaum Beachtung. Ihr Aufsatz über Herzogskronen kommt selbstverständlich ins Deutsche Archiv, doch war leider der Augenblick recht ungünstig, da wir gerade das nächste Heft zusammengestellt und teilweise schon in Druck gegeben hatten und Ihr Beitrag somit für das übernächste liegen bleiben muß, falls nicht etwa bei diesem Heft ein unerwarteter Ausfall eintritt und Ihr Aufsatz dann eingeschoben werden kann. Mit Baethgen sehe ich mich manchmal und verstehe mich nach wie vor gut mit ihm. Er lebt still und zurückhaltend und ist leider wenig aktiv. Von Zeit zu Zeit bin ich auch bei Robert Holtzmann, sonst eigentlich nirgendwo. Beim Mittagessen bin ich mit einem Ministerialrat aus dem Wirtschaftsministerium und einem Beamten der Reichsbank zusammen, was eine gewisse Auffrischung bedeutet, doch ist der Horizont auch da nicht übermäßig weit. Im Institut bemühe ich mich, die einzige Mitarbeiterin, die ab Weihnachten außer mir noch da sein wird, weiter bei der Stange zu halten, und versuche Stengel zu veranlassen, in dieser Notzeit unsere geringe noch vorhandene Leistungs-

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fähigkeit nicht gänzlich mit entbehrlichen Verwaltungsaufgaben zu absorbieren. Meine Mutter ist bisher noch einigermaßen bei Kräften, doch sehe ich nicht ohne Sorge in den Winter. Über die Zeitereignisse sage ich jetzt garnichts, da ich zu wenig von ihnen weiß. Stimmungsmäßig bin ich geneigt, meinem altberlinischen Papierwarenhändler recht zu geben, der kürzlich auf meine beiläufige Bemerkung, daß wir diesen Winter hoffentlich nicht wieder solche Kälte kriegten wie im letzten, die energische Antwort gab: »Doch! Wat nischt toocht, dat kriejen wir, da könn Se sicher sind [sic!]!« Aber zwischendurch mag es ja noch diese oder jene Kleinigkeit geben, die »wat toocht« – das wünsche ich Ihnen jedenfalls für die Feiertage und für 1941! Mit herzlichen Grüssen, auch an Ihre verehrte Frau Mutter, immer Ihr C. Erdmann Wann kommt es zu Ihrem beabsichtigten Besuch in Berlin? Abwehr gegen Schmeidler]Hans-Walter Klewitz, Besprechung von C. Erdmann, Studien zur Briefliteratur Deutschlands im elften Jahrhundert, in: Göttingische Gelehrte Anzeigen 204 (1942), S. 141–151, besonders S. 149–151. die Rezension]Schmeidler, Besprechung (wie zu Nr. 101). Aufsatz in der HZ]Tellenbach, Die Unteilbarkeit des Reiches (oben zu Nr. 101). »Königtum und Stämme«]Vgl. oben zu Nr. 86. Nieten unter den Rezensionen]Einen Verriss schrieb Martin Lintzel (vgl. unten Nr. 118). In den maßgeblichen Zeitschriften wurde Tellenbachs Buch sonst sehr positiv besprochen: Heinrich Mitteis in: HZ 161 (1940), S. 568–572; Gerhard Kallen in: ZRG GA 60 (1940), S. 365–367; Carl Brinkmann in: VSWG 33 (1940), S. 120 f.; Theodor Mayer in: DA 4 (1941), S. 313–315. Ihr Aufsatz über Herzogskronen]Gerd Tellenbach, Herzogskronen und Herzogshüte im Mittelalter, in: DA 5 (1942), S. 55–71. Mitarbeiterin]Hedwig von Bülow (vgl. unten Nr. 109).

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232 BRIEFE 104.  A  n Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 29. Dezember 1940 Lieber Tellenbach! Ihr Buch bekam ich gerade vor We[ihna]chten und habe mich sehr darüber gefreut. Ich finde es des[ha]lb sehr gelungen, weil es auf der einen Seite ein zusammenfass[endes B]ild gibt und somit auch am Bekannten nicht vorübergeht, dieses aber anderseits mit soviel Eigenem durchdringt, daß doch ein ganz persönliches Ganzes herauskommt. Gerade nach diesem Buch kann ich mir gut vorstellen, daß Sie mit den Studenten Erfolg haben. Ich glaube auch, daß es als Buch erfolgreich sein wird, wenn es auch diesmal für den Weihnachtsverkauf wohl zu spät kam. Sehr gefreut habe ich mich auch über die offene Klarheit, mit der Sie sich zu Ihrer geschichtlichen Grundauffassung bekennen, im Verhältnis von Macht und geistigen Werten. Das wird wohl gerade jetzt manchen nachdenklich machen. Vielen Dank also! Mich hat die Stelle, wo Sie den Nationalgedanken zu den unvergänglichen Menschheitswerten rechnen, in lange Gedanken gestürzt. Vor einigen Jahren hätte auch ich das unbedenklich geschrieben; heute zögere ich. Wenn es nach dem ständigen Kulturabstieg, den wir durchleben und der mit manchem Auf und Ab wohl noch viele Generationen dauern wird, schließlich wieder zu einer neuen Kulturblüte kommt, wird diese dann abermals im Zeichen des Nationalgedankens stehen? Freilich, welcher andere Wert ihn ablösen würde, sehe ich noch nicht; vielleicht der religiöse. Vom neuen Jahr erhoffe ich vor allen Dingen Klarheit. Schon dieses Jahr hat manchen Schleier aufgedeckt und vielen, die es vorher noch nicht sahen, gezeigt, wo die Reise hingeht; in dieser Beziehung erhoffe ich erhebliche weitere Fortschritte. – Persönlich rechne ich allerdings damit, daß das Jahr 1941 schließlich auch mir die Einziehung bringt. Wann kommen Sie wieder hierher? Einstweilen Ihnen und Ihrer Frau Mutter alles Gute zum Jahreswechsel! Immer Ihr Carl Erdmann

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1940 233 Ihr Buch]Tellenbach, Die Entstehung des Deutschen Reiches (vgl. oben zu Nr. 83). Verhältnis von Macht und geistigen Werten]In der Einleitung sprach Tellenbach nur einem Staat, »der sich zum Träger hoher Werte macht«, einen »Zuwachs an Lebenskraft« zu, »während bloße Macht gewöhnlich ein vergängliches und brüchiges Fundament ist«. Dschingis Khans Reich habe »seinen Gründer kaum überlebt, das Römische Reich dagegen habe überdauert, »weil es den ewigen Gedanken von der Einheit der gesitteten Menschheit aufnahm und verkörperte« (S. 5 f.). wo Sie den Nationalgedanken zu den unvergänglichen Menschheitswerten rechnen]Ebd., S. 6: »Die modernen Staaten […]bildeten […]den nationalen Gedanken aus, […]einen der über geschichtliche Wandlungen hinaus unvergänglichen Menschheitswerte.«

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105.  An Erich von Guttenberg (NL Guttenberg, II 282. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 8. Januar 1941 Lieber Herr Baron Guttenberg! Vielen Dank für Ihren ausführlichen Brief! Ich bin natürlich ganz einverstanden, wenn Sie Ihre Besprechung weiter verschieben wollen, und bitte Sie überhaupt, sich damit so einzurichten, wie es Ihnen nach Ihren Arbeitsplänen das Richtigste scheint. Ich sehe vollkommen ein, daß Sie Recht haben, wenn Sie zuerst über Bischof Hermann ins Klare kommen wollen, und daß für Sie die Einzel-Nachprüfung meines Buches mit der Regestenarbeit identisch ist. Auch habe ich mich über Schmeidlers Besprechung jetzt ausreichend beruhigt. Soweit ich es feststellen kann, ist das Urteil darüber wirklich einhellig, und ich brauche also nicht zu befürchten, daß die Besprechung mir schadet. Nur bei dem ehrenrührigen Vorwurf (daß ich nämlich die angebliche Übernahme einer Schmeidlerschen These bewußt verschleiert haben sollte) hat man mir allgemein geraten, mich zur Wehr zu setzen, und selbst Kienast, der eine Anzahl Protestbriefe bekommen hatte wegen Aufnahme dieser Besprechung, hat sich diesem Rat angeschlossen. Ich lasse dazu also eine Erklärung in der HZ los, d. h. nur den Nachweis, daß die angeblich Schmeidlersche These in Wirklichkeit eine solche Sudendorfs ist. Zu allem übrigen aber äußere ich mich nicht und überlasse den Unbeteiligten das Urteil. Unterdessen schrieb mir Klewitz, daß er jetzt eine Besprechung meines Buches für die Göttinger Gelehrten Anzeigen macht und eine Abwehr Schmeidlers hinzufügen wolle. Falls Sie Ihrerseits, wie Sie schreiben, später das Gleiche tun wollen, bin ich Ihnen natürlich dankbar. Im übrigen aber betrachte ich die Sache damit als erledigt; ein persönlicher

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Verkehr mit Schmeidler wird mir freilich nur möglich sein, wenn er zurücknimmt. Hoffentlich wird es Ihnen möglich sein, sich zeitlich so einzurichten, daß Sie auch zur Forschungsarbeit kommen; die Trimester werden ja glücklicherweise wieder abgeschafft. Daß ich es persönlich in dieser Beziehung gut habe (d. h. daß ich für den bezahlten hohen Preis auch wirklich etwas bekommen habe) ist mir völlig klar. Freilich ist auch in meinem Arbeitskreise keineswegs alles Gold, was glänzt; oder vielmehr, es glänzt schon kaum mehr. Sozusagen als Pönitenz habe ich schon vor zwei Jahren in den Mon. Germ. die Bibliothekarsarbeit nebenher übernommen, die immerhin auch allerhand Zeit kostet; zudem doziere ich im Institut für Archivwissenschaft. Aber natürlich bleibt mir dabei viel mehr Zeit übrig als einem Professor. Der Druck der Hannoverschen Sammlung in den Mon. Germ. ist so ziemlich eingeschlafen; wann sie wird erscheinen können, ist noch garnicht abzusehen. In der Gesellschaft für fränkische Geschichte scheint immer noch Kriegszustand zu bestehen, wie ich aus einer vervielfältigten Erklärung Schönborns und Chrousts ersah, die mir zuging. Da ich die vorausgehenden Vorgänge nicht kenne, habe ich natürlich über die Dinge keinerlei Urteil. Ich kann nur wünschen, daß endlich einmal der Friede im Fränkischen einmal ausbrechen möge. Mit herzlichen Grüßen und den besten Wünschen zum neuen Jahr immer Ihr Carl Erdmann Brief]Guttenberg hatte sich am 1. Januar brieflich über seine Überlastung an der Universität Erlangen beklagt: »Was einem als einzigem Fachvertreter […]noch dazu bei der Trimestereinteilung alles aufliegt, davon kann man schwer eine Vorstellung geben.« Er beneide Erdmann »um die Möglichkeit des ruhig fortschreitenden Arbeitens«. Ihm sitze immer »das Messer der Zeit an der Kehle, ewige Unterbrechungen und Ablenkungen, vermaledeite Vorträge, denen man sich nicht entziehen kann, Doktordissertationen, die man zurechtschleifen muß, jetzt eine Habilitation […]. Das sind nur so die kleineren Lustbarkeiten.« Deshalb sei er auch noch nicht zu der Besprechung von Erdmanns neuem Buch gekommen. Im Konflikt mit Bernhard Schmeidler gab er Erdmann ganz recht: »Die Besprechung Schmeidlers ist einfach ein Skandal! Wen ich darüber sprach, war der gleichen Meinung. So darf man nicht rezensieren, am wenigsten derjenige, der immer so heftig über seine empfangenen Kritiken gejammert hat. Sachlich steckt überhaupt kein Gehalt darin. […] Daß er Ihre durchaus vornehme Haltung seinen Irrwegen gegenüber nicht empfunden hat, spricht einzig und allein gegen ihn. […]Ich glaube nicht, daß er mit dieser Art von Kritik viel Begeisterung erwecken wird. Was ich bisher beobachten konnte, schnellt der Pfeil auf ihn zurück. Sie können das mit Gelassenheit abrollen lassen« (NL Guttenberg, M 7/282).

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236 BRIEFE Besprechung […] Regestenarbeit]Guttenberg arbeitete an den »Regesten der Bischöfe und des Domkapitels von Bamberg«, die in fünf Faszikeln 1932 bis 1963 erschienen. Eine Besprechung des Buchs über die Briefliteratur, die er Erdmann zugesagt hatte, hat Guttenberg nicht publiziert. Protestbriefe]Friedrich Baethgen schrieb einen solchen Protestbrief und erhielt von Walter Kienast eine ausführliche Begründung, warum er Schmeidlers Besprechung nicht unterdrückt habe, obwohl er ihn für einen pathologischen Fall halte: »wenn man einmal so handelt, wird ein Präzedenzfall geschaffen und […]man wird in alle GelehrtenQuerelen hineingezogen. […]Die wissenschaftliche Meinungsäußerung findet heute schon so viele Hemmungen, dass […]nicht noch der Zeitschriftenherausgeber seinen Mitarbeitern einen Maulkorb umhängen sollte« (29. November 1940 [NL Baethgen, 3]). Erklärung in der HZ]Schmeidler hatte Erdmann vorgeworfen, seine Vorschläge zur Entstehungsgeschichte der Hannoverschen Briefsammlung »verschleiert« zu haben. Erdmann hielt demgegenüber fest, dass er weitgehend Sudendorf (vgl. oben zu Nr. 5) gefolgt sei, aber das, was Schmeidler hinzugefügt habe, für »unbeweisbar und irrig« halte. In seiner »Erwiderung« erneuerte Schmeidler seinen Vorwurf (oben zu Nr. 101). Besprechung […] für die Göttinger Gelehrten Anzeigen]Oben zu Nr. 103. Friede im Fränkischen]Erdmann spielt hier auf die Auseinandersetzungen in der Gesellschaft für fränkische Geschichte während der 1930er-Jahre an. Der Führungsstil des wissenschaftlichen Leiters Anton Chroust war bei den Mitgliedern wie in der Öffentlichkeit umstritten. Führende Mitglieder traten deshalb aus. Guttenberg sollte Chroust ablösen, kam aber erst nach dessen Tod zum Zug (Wendehorst, Hundert Jahre, S. 17–19). In einem Schreiben vom 18. Februar 1940 hatte er Erdmann über seine Schwierigkeiten informiert: »Abweichende Meinungen« würden von Chroust als »Majestätsverbrechen« betrachtet (NL Guttenberg, M 7/282).

106.  An Helmut Beumann (NL Beumann. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 15. Januar 1941 Lieber Herr Beumann! Ihr Brief war mir zunächst eine Überraschung, da Stengel mir nichts gesagt hatte. Immerhin konnte ich mir die Dinge dann zusammenreimen, weil ich nämlich kürzlich gehört hatte, daß Zipfel in der letzten Zeit Verschiedenes aufs Dach bekommen hat (so hat er sich beim Auswärtigen Amt, gegen das er im Falle Hölk grob geworden war, entschuldigen müssen), dadurch anlehnungsbedürftig geworden sei und sich deshalb auch an Stengel gewandt habe. Ich fragte nun heute daraufhin Stengel, der mir sagte, daß er in der Tat eine geeignete Gelegenheit gehabt habe, mit Zipfel zu reden, und nur vergessen

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habe, mir das zu erzählen. Zipfel sei nicht grundsätzlich abgeneigt gewesen und habe zunächst Möllenberg um gutachtliche Äußerung bitten wollen. Für das Weitere erwarte Stengel zunächst noch einen Bescheid von Zipfel. Bezüglich Ihrer Archivstellung meinte er, daß Sie Zipfels grundsätzlichen Standpunkt (Archiv zunächst Haupttätigkeit) würden akzeptieren müssen; man müsse dann sehen, ob es sich mit einer zeitweiligen Beurlaubung vereinigen ließe. (Ich persönlich ziehe daraus den Schluß: Beurlaubung an die Monumenta wäre als beste Lösung zu erstreben, ist sie nicht erreichbar, dann Versetzung an das GStA.) [hsl.] Natürlich da erst später! Fällt Zipfels Antwort bejahend aus, so kommt die Frage der Reklamation, die Stengel heute nicht sehr rosig beurteilte. Jedenfalls, meinte er, wäre ein »Vorspann« von der Universität gut. Da doch wohl nur Berlin in Frage kommt und da Zipfel und Möllenberg jetzt offiziell im Bilde sind, scheint es mir richtig, daß Sie sich jetzt schon mit dem zukünftigen Habilitationsvater in Verbindung setzen. Dies müßte nach Lage der Dinge doch wohl Stengel selbst sein; er ist zwar nur Honorarprofessor mit Lehrauftrag, nicht Ordinarius, aber Sie könnten es zunächst wohl ihm überlassen, sich mit dem zuständigen Ordinarius (Eugen Meyer) in Verbindung zu setzen. Denn wenn die Fakultät einen Schrieb zur Unterstützung Ihrer Reklamation loslassen soll, dann müßte sie ja doch wohl etwas Schriftliches von Ihnen besitzen. Nach dem, was ich anderweitig höre, habe ich den Eindruck, daß im Augenblick günstigenfalls ein Arbeitsurlaub bis längstens 31. März erreichbar wäre. Denn ab 1. April soll anscheinend das Kriegführen wieder für einige Monate gewaltig losgehen, und erst wenn das vorüber ist, ließe sich an ein längeres Loseisen denken. (»Im Frühling« heißt im Alten Testament: Tempore quo reges ad bella solent procedere. Das kehrt jetzt anscheinend wieder.) Das Kreuzzugsbuch habe ich bei Kohlhammer bestellt. Mein Postscheckkonto ist Berlin 1378 66. Bitte lassen Sie die 16.– M aber erst überweisen, wenn Sie Nachricht über das Eintreffen des Buches haben. Mit den besten Wünschen für das Gelingen Ihrer Pläne und vielen Grüßen Ihr C. Erdmann im Falle Hölk]Vgl. oben Nr. 102. im Alten Testament]II Sm 11,1. Kreuzzugsbuch]Erdmann, Die Entstehung des Kreuzzugsgedankens (wie oben zu Nr. 14).

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238 BRIEFE 107.  An Helmut Beumann (NL Beumann. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 27. Januar 1941 Lieber Herr Beumann! Daß Sie sich direkt an Stengel gewandt haben, halte ich für unbedingt richtig. Es bedeutet aber zugleich, daß damit meine Vermittlerrolle beendet ist. Denn Stengel, der ein großer Freund von Heimlichkeiten ist und über im Gange befindliche Angelegenheiten am liebsten mit niemandem redet, wird jetzt nicht mehr einsehen, warum er sich mir gegenüber noch irgendwie über diese Angelegenheit eröffnen solle; ich halte es für falsch, ihn noch weiter danach zu befragen. Ich kann also nur Sie bitten, es mich wissen zu lassen, wenn aliquid novi vorliegt; das gleiche werde ich natürlich auch meinerseits weiterhin tun. Ihr Gedanke, daß Sie Umstände, die für Ihre Reklamation von Bedeutung sind, selbst (via Möllenberg) an Zipfel heranbrächten, scheint mir nicht ratsam. Ich weiß von einem andern Falle, in dem er Bemühungen um Reklamation schwer übel genommen hat. Ob er überhaupt schon etwas von dem Reklamationsgedanken weiß? Er ist ja ein naiver Optimist, hat von Anfang an mit einem baldigen Kriegsende gerechnet und tut das sicherlich heute noch; es ist also möglich, daß er bei seiner Unterhaltung mit Stengel, der ebenso naiv ist, von dieser Voraussetzung ausgegangen ist und überhaupt an keine Reklamationen gedacht hat. In diesem Falle darf er sicherlich nicht durch Sie darauf gestoßen werden. Aber wenn Sie Stengel bei Gelegenheit eine solche Mitteilung machen, um ihn für ein Reklamationsgesuch hoffnungsfreudiger zu stimmen, so könnte das wohl nichts schaden. Mit dem Kreuzzugsbuch ist es leider tatsächlich nichts: auch ich erhielt zu meiner Überraschung vom Verlag den Bescheid, daß es vergriffen sei. Ich habe nun angefragt, wie das möglich ist, da es mit einer früher erteilten Auskunft schlecht zusammenstimmt. Aber jedenfalls kann ich Ihnen das Buch nun nicht verschaffen. Mit besten Grüßen immer Ihr C. Erdmann

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108.  A  n Helmut Beumann (NL Beumann. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 16. Februar 1941 Lieber Herr Beumann! Aus der Adresse entnehme ich, daß Sie nun glücklich Gefreiter sind. Hoffentlich wirkt sich die Beförderung in einem allmählichen Angenehmer-Werden des Dienstes aus. Denn bis zum Herbst – um die Dinge realistisch anzusehen – werden Sie sich nun doch wohl einrichten müssen. Auch ich rechne zwar mit kommenden großen Kriegserfolgen, halte aber eine Lockerung des Mobilisationsstandes, der augenblicklich noch immer weiter vermehrt wird, vor dem Herbst für ausgeschlossen. Mit einem Kriegsende rechne ich überhaupt nicht, wie auch immer die Dinge mit England gehen mögen, aber mit einer vollen Beherrschung des Kontinents und vielleicht schon darüber hinaus, und das wird dann hoffentlich im Herbst zu einer gewissen Heeresverminderung Anlaß geben, obgleich wir natürlich weiter riesige Besatzungsarmeen brauchen werden. Stengels Brief an Sie kann ich nicht sehr positiv finden, da er Sie nicht ans Institut übernehmen will und nicht als Habilitationsvater in Betracht kommt. Unter diesen Umständen müssen Sie es sich natürlich sehr überlegen, was sich für Sie verlohnt und was nicht. Berlin bietet gegenüber Magdeburg Vorteile, anderseits das GStA gegenüber dem StA Magdeburg Nachteile – was da überwiegt, werden Sie nur selbst beurteilen können. Ebenso ist es nicht einfach zu sagen, ob sich die Übernahme der angebotenen Edition unter dem Habilitationsgesichtspunkt lohnt. Was dabei als Habilitationsschrift ohne weiteres herauskommen könnte, wären begleitende diplomatische Untersuchungen. Aber das würde mit Ihrer Doktorarbeit so nahe verwandt sein, daß man von einer solchen Habilitationsschrift Ihnen nur abraten könnte. Was sonst etwa als Habilitation herausspringen könnte, würde zunächst ein X bleiben und die ganze Sache somit ein Risiko. Anderseits will ich Ihnen keineswegs unbedingt zur Bevorzugung der Ars dictandi raten. Sie hat den Nachteil, daß sie Sie ganz von den Urkunden abführt und somit ohne Zusammenhang mit Ihrem Archivarsberuf wäre, den Sie vorerst doch noch würden ausüben müssen. Auch an diesem Punkte können nur Sie selbst die Entscheidung fällen.

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240 BRIEFE Von dieser Entscheidung muß auch abhängen, an wen Sie sich als Habilitationsvater wenden. Wenn Sie über die ostfälischen Urkunden arbeiten, dann natürlich an Eugen Meyer; wenn über die Ars dictandi, dann zweifellos an Baethgen, der für die Briefe großes Interesse hat und selbst einmal eine kleine Ars dictandi (die Rota Veneris des Boncompagno) herausgegeben hat. Kurz und gut, es gäbe viel zu reden, wenn es mit einem Berliner Urlaub für Sie im März klappen sollte, was ich Ihnen von Herzen wünsche. Einstweilen mit vielen Grüßen immer Ihr C. Erdmann Doktorarbeit]Helmut Beumanns Berliner Dissertation: Beiträge zum Urkundenwesen der Bischöfe von Halberstadt (965–1241), Berlin 1938. Ars dictandi (Ars dictaminis)]Die Kunst, Texte zu verfassen; dann Bezeichnung für Traktate, die – bestehend aus einem allgemeinen theoretischen Teil und einer Sammlung von Musterbriefen – den Erwerb eines guten Prosa- bzw. Briefstils ermöglichen sollten. eine kleine Ars dictandi […] herausgegeben]Magister Boncompagno, Rota Veneris, Ein Liebesbriefsteller des 13. Jahrhunderts, hg. von Friedrich Baethgen, Rom 1927.

109.  An Norbert Fickermann (NL Eickermann, Korrespondenz. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 16. Februar 1941 Lieber Herr Fickermann! Es ist erfreulich, daß Sie wenigstens in der Nähe der Kultur geblieben sind; so läßt sich hoffen, daß Sie sich mit der Zeit eine einigermaßen mögliche Existenz werden einrichten können. Ich wünsche Ihnen also gutes Wetter für Ihren Dachgarten bzw. schlechtes für die englischen Flieger, und jedenfalls immer solches, wie Ihre Instrumente es prophezeien! Im Institut ist die Lage ungefähr die alte. Frl. v. Bülow ist nun also endgültig weg, dafür kommt morgen als neue Mitarbeiterin Frl. Kühn aus Leipzig, von der sich im Hinblick auf ihre ca. 45 Jahre hoffentlich solide Leistungen er-

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warten lassen. Stengel ist eifrig an seinem Festschrift-Beitrag. Wegen des Nadda telephonierte ich bereits mit Ihrer Frau. […] Mit den Regensburger Briefen komme ich allmählich vorwärts. Zur Einarbeitung machte ich zunächst die ganzen Kopfregesten, dann die Einleitung. Diese besteht jetzt aus folgenden Teilen: 1. Die Handschrift, 2. Reihenfolge der Briefe, 3. Charakter der Sammlung (d. h. fiktiv, rhetorisch, ein Verfasser), 4. Entstehungszeit und Ort (1085–1100, wahrscheinlich Alte Kapelle, aber auch Bamberg möglich), 5. Die Ausgabe. Leider mußte ich dabei den von Ihnen angekündigten Abschnitt über die Orthographie fortfallen lassen, da ich darüber nichts zusammenbrachte; falls Sie mir aber dazu noch einen Tip geben können, so will ich gerne einfügen, was ich vermag. Im übrigen bin ich jetzt bei der Ausarbeitung der einzelnen Stücke mit den Anmerkungen und habe bisher Brief 1–6 erledigt. In den Anmerkungen bringe ich, nachdem einmal der Grundsatz des Kursivdrucks auch für die stillen Entlehnungen eingeführt ist, möglichst wenig wörtliche Zitate und habe in dieser Beziehung in den von Ihnen fertig gemachten Stücken einiges fortgestrichen, um den Apparat gleichmäßig zu entlasten. Außerdem muß ich Ihnen gestehen, daß ich auch den Variantenapparat vereinfache, indem ich von denjenigen Noten, die nur Korrekturen mitteilen, nur wenige stehen lasse. Denn da es sich ja nur um eine Abschrift handelt, finde ich diese Korrekturen im allgemeinen zu uninteressant; sie würden den Benutzer wahrscheinlich veranlassen, den

Norbert Fickermann (1905–1995).

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242 BRIEFE Variantenapparat überhaupt nicht mehr anzusehen. Nur bei den von Ihnen fertig gemachten Stücken lasse ich den Variantenapparat stehen. Ich will in der Einleitung angeben, daß der von Ihnen hergestellte Variantenapparat durch mich vereinfacht sei; Korrekturen seien nur bei den Nummern 6–7 und 22–27 grundsätzlich angegeben, um eine Vorstellung von der Beschaffenheit der Handschrift in dieser Beziehung zu gewähren. Ich fürchte, daß Sie vielleicht über mein Verfahren nicht glücklich sein werden, aber ich bin nun einmal ein Gegner von zu großen Apparaten, und außerdem trägt mein Verfahren zur Beschleunigung bei. Ich hoffe, bis Ende März fertig zu werden. Ob ich für Anhang 1 die beiden Münchener Handschriften, die noch kollationiert werden sollten, werde benutzen können, weiß ich noch nicht; zur Not lasse ich den Zusatztext, für den Sie eine Sternnote vorgesehen hatten, einfach fort, was insofern zu rechtfertigen ist, als der ganze Text mitsamt dem Zusatz ja noch einmal im Codex Udalrici ediert werden dürfte. Im ganzen hoffe ich, daß Sie nicht garzu unzufrieden sein werden und daß es Ihnen jedenfalls doch lieber ist, wenn Ihre Arbeit, wenn auch mit meinen Verunstaltungen, fertig wird und erscheint, als daß sie liegen bleibt. Mi herzlichen Grüßen, auch aus dem ganzen Institut, immer Ihr C. Erdmann Festschrift-Beitrag]Edmund E. Stengel, Die Entstehungszeit der »Res gestae Saxonicae« und der Kaisergedanke Widukinds von Korvei, in: Corona quernea. Festgabe Karl Strecker zum 80. Geburtstage dargebracht (Schriften des Reichsinstituts für ältere deutsche Geschichtskunde [MGh]6), Leipzig 1941, S. 136–158. Nadda]Sonst nicht bekannter Verfasser einer Vita S. Cyriaci, die Fickermann in MGH Poetae 5, 1 (1937), S. 256–271, ediert hatte und nun in Corona quernea (S. 172–198) ausführlicher besprach. Regensburger Briefe]Erdmann / Fickermann, Briefsammlungen der Zeit Heinrichs IV. (wie oben zu Nr. 3), S. 259–382: Die Regensburger rhetorischen Briefe, hg. von N. Fickermann.

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110.  A  n Norbert Fickermann (NL Eickermann, Korrespondenz. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 23. Februar 1941 Lieber Herr Fickermann! Wenn es eintrifft, daß Sie hier in einigen Wochen einen Erholungsurlaub verbringen und für Ihre beiden Arbeiten, Regensburg und Nadda, verwenden können, so wäre das ausgezeichnet. Den Nadda, in den ich bisher erst einen flüchtigen Blick warf, würde ich natürlich am liebsten Ihnen ganz allein überlassen, und auch in den Regensburgern fänden Sie sicher viel zu bessern, da meine Kenntnis an vielen Stellen nur oberflächlich ist und jedenfalls fast durchweg auf Ihnen beruht. Nur eine Folge dürfte allerdings nicht eintreten: daß das Manuskript durch etwaige Umarbeitung wieder in einen unfertigen Zustand kommt und so liegen bleibt! Ich habe die Absicht, wenn die Arbeit fertig ist (und das könnte, was mich betrifft, in etwa vier Wochen der Fall sein) eine Offensive gegen die Druckerei zu unternehmen, damit sie die noch ausstehenden Meinhardbriefe und dann gleich anschließend die Regensburger setzt. Denn auch muß nun einmal irgendwann mit meiner Einziehung rechnen, und alle Vernunft spricht dafür, die Drucklegungsarbeit vorher zu beenden. Daß die Frage der umfänglichen Apparate, insbesondere bei den Textvarianten, auch eine Geschmackssache ist, weiß ich sehr wohl. Was mich in diesem Fall veranlaßt hat, meinem Geschmack den Vorzug zu geben, war die Rücksicht auf die Schwierigkeiten des Drucks. Denn gerade die Korrektur-Varianten verlangen ja vom Drucker Sonderkünste wie übergeschriebene Buchstaben, Abkürzungszeichen, durchgestrichene Schäfte usw. Derartige Dinge habe ich in der Hannoverschen Sammlung und beim Meinhard nicht gefordert, mit Ausnahme der einfachen Striche über den Buchstaben. Nun haben wir diesmal, wie Sie wissen, eine Druckerei, die sonst nicht für uns arbeitet und sich außerdem als höchst unlustig erwiesen hat. Es ist vorauszusehen, daß sie, wenn sie weiterhin ein Manuskript mit solchen neuen Anforderungen bekommt, ein Geschrei erheben wird, sie müsse erst neue Typen gießen, und dass daraufhin die Sache erneut liegen bleibt. Das brächte also unter heutigen Verhältnissen das Erscheinen des ganzen Bandes in Gefahr, und das möchte ich vermeiden.

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244 BRIEFE Von unseren übrigen Druckunternehmen ist z. Zt. nichts mehr erschienen, weder der Planctus noch die DD. H.IV. Das müssen wir in Geduld abwarten. Doch haben die Korrekturen vom DA jetzt begonnen. Mit herzlichem Gruß immer Ihr C. Erdmann weder der Planctus noch die DD. H.IV.]Die Werke des Konrad von Megenberg, Teil 1: Planctus ecclesiae in Germaniam, hg. von Richard Scholz (MGh Staatsschriften des späteren Mittelalters 2, 1), Hannover 1941. – Die Urkunden Heinrichs IV. (wie oben zu Nr. 82).

111.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 5. März 1941 Lieber Tellenbach! Ich habe Ihnen zwei Monate nicht geschr[ieben], weil ich eine etwas wirre Zeit hinter mir habe. Meine Mutter bekam im Januar eine Lungenentzündung und hat sie – trotz ihrer 77 Jahre und ihres schon sehr geschwächten Herzens – wie durch ein Wunder glücklich überstanden. Dann kam aber eine langwierige Rekonvaleszenz, und sie wird erst in einigen Tagen in unsere Wohnung zurückkehren, in der ich jetzt lange Zeit allein gehaust habe; die Zukunft bleibt sehr sorgenvoll, da eine zufriedenstellende Unterbringung für sie sich bisher nicht hat erdenken lassen. Das hat mich natürlich viel abgezogen, im übrigen aber habe ich mir, wie ich gestehen muß, nicht viele Gedanken gemacht und ziemlich platt und stumpf dahingelebt. Gearbeitet habe ich mäßig und nichts Tiefergehendes, gelesen fast nur Unterhaltungslektüre; das Buch von Ritter wollte ich mir kaufen, besonders nach Lektüre eines sehr verlockenden Referatartikels in einer Zeitschrift, habe mich aber auch noch nicht dazu aufschwingen können. Ich hoffe sehr, Sie bald hier zu sehen und mich dann etwas aus meinem Winterschlaf aufwecken zu lassen. Politisch ist ja auch der eigentliche Winter schon wieder vorüber, wenn auch der Krieg selbst noch nicht

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wieder begonnen hat; man ist wieder einmal beim Puzzle-Spielen, wohin es als nächstes geht: Türkei – Griechenland – Jugoslawien – oder auch ganz wo anders. Erfreulich war immerhin, daß wir jetzt zweieinhalb Monate ohne Luftangriffe hatten. Im Reichsinstitut dauert der kümmerliche Zustand an. Wir haben zwar eine neue Mitarbeiterin, eine schon etwas ältere Dame, die früher bei Finke doktoriert hat und dann in Leipzig war, wissenschaftlich aber auch nicht [zu] zählen scheint. Man drückt sich so von einem Tage zum andern weiter. Kommen Sie also bald, um neuen Schwung zu geben! Mit vielen Grüßen auch an Ihre Frau Mutter getreulich Ihr Carl Erdmann Buch von Ritter]Gerhard Ritter, Machtstaat und Utopie. Vom Streit um die Dämonie der Macht seit Machiavelli und Morus, München 1940. bei Finke doktoriert]Margarete Kühn wurde 1929 mit »Studien zur Politik Genuas um 1300« bei Heinrich Finke in Freiburg promoviert.

112.  An Helmut Beumann (NL Beumann. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 14. April 1941 Lieber Herr Beumann! In »Sachsen und Anhalt« las ich mit Interesse Ihren Aufsatz über Wolli[n]gerode. Die Fälschung der Papsturkunde ist evident, diejenige der Bischofsurkunde glaube ich Ihnen ebenfalls. Das Fälschen erklärt sich vielleicht mit dadurch, daß durch den Übergang vom Eigenkirchenrecht zum Patronatsrecht ältere Rechtsverhältnisse schwankend geworden waren. Interessant sind auch Ihre Schlußausführungen über das Aufkommen der Kanzleimäßigkeit in den Privaturkunden. Möllenberg hat auch mir einen ganzen Band von »Sachsen und Anhalt« dediziert. Ich fühle mich also bereits als Stammkunden behandelt und will mich

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246 BRIEFE auch bemühen, das zu sein. Für den nächsten Jahrgang habe ich zwei weitere »Beiträge« zu Heinrich I. angekündigt, über die Vogelfanggeschichte und über die Grabkirche in Quedlinburg. Sie brauchen mir von Ihrer Arbeit also keinen Sonderdruck mehr zu schicken. Mit Ihren Plänen sind Sie nun also wieder beim Ausgangspunkt angelangt, und ich will Ihnen glauben, daß das bei Stengels Stellungnahme auch das Vernünftigste ist. Die Artes dictandi harren nach wie vor Ihrer Arbeit. Ich habe allmählich auch Zweifel, ob Frl. Vienken die Formelbuchfragmente, die ich Ihnen im Examen vorlegte, wirklich bearbeiten wird; tut sie es nicht, so gehören sie selbstverständlich zu Ihrem Stoff. Aber die Hauptsache ist, was mit dem Kriege wird, und in dieser Beziehung ist meine Prognose noch die alte. Augenblicklich wird ganz gewaltig eingezogen, und im Wirtschaftsleben soll anscheinend mancherlei stillgelegt werden. Ich vermute, daß es auch mit dem Druck unserer wissenschaftlichen Publikationen bis auf weiteres aufhören wird; manche von ihnen (z. B. meine Hannoversche Briefsammlung) liegen ja ohnehin schon seit längerer Zeit still. Ich bin aber in dieser Beziehung noch genau so optimistisch, wie ich Ihnen schon im Winter schrieb: nämlich daß im Herbst eine Lockerung der Mobilisation kommen wird, weil ein großer Massenkrieg nur noch für diesen Sommer geplant sein dürfte (gegen Rußland nämlich) und alles weitere verhältnismäßig kleinere Aktionen sind. Natürlich läßt sich nicht garantieren, daß das ganz so klappt; wenn z. B. die Japaner sich als unzuverlässig erweisen, könnten wir nächstes Jahr eine Ural-Front gegen die Amerikaner haben. Immerhin, für den nächsten Winter läßt sich hoffen, daß wir etwas Luft haben werden. Falls auch bis zu Ihnen die Nachricht gedrungen sein sollte, daß die Berliner Staatsbibliothek beim letzten Luftangriff »schwer getroffen« sei, so möchte ich Sie nur kurz wissen lassen, daß lediglich der Vorderbau Unter den Linden betroffen ist und auch der nur in der obersten Region; die Bücherbestände sowohl wie auch unser Institut und die Akademie sind unberührt. Was hören Sie von Ihrer Frau? Mit vielen Grüße immer Ihr Carl Erdmann Aufsatz über Wollingerode]Helmut Beumann, St. Burchardi in Wollingerode, eine Eigenkirche des Klosters Ilsenburg, in: Sachsen und Anhalt 16 (1940), S. 120–130.

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1941 247 zwei weitere »Beiträge«]C. Erdmann, Beiträge zur Geschichte Heinrichs I., IV: Burg und Kirche zu Quedlinburg, V: Der Beiname »Vogler«, in: Sachsen und Anhalt 17 (1941/43), S. 14–37, 37–48. beim letzten Luftangriff]Luftangriff vom 10. April 1941, bei dem die Staatsoper Unter den Linden ausbrannte und die Kuppel der Staatsbibliothek beschädigt wurde. von Ihrer Frau]Charlotte Beumann.

113.  An Walter Stach (MGH-Archiv 561 II/97. – Masch. Durchschlag) [Berlin] 22. April 1941 Sehr verehrter Herr Doktor! Ihre Änderungen, die ja nur Kleinigkeiten waren, konnte ich gestern gleich selbst ausführen, ehe das Manuskript an die Druckerei abging. Wegen der Sonderdrucke bitte ich Sie, die gewünschte Anzahl auf der Korrektur zu vermerken; über die Lieferungsbedingungen für die Sonderdrucke erhalten Sie noch Bescheid. Im übrigen möchte ich Ihnen meine Glückwünsche zur Berufung nach Straßburg aussprechen, von der ich erst vor wenigen Tagen erfuhr. Die Verbindung von Mittellatein und Hilfswissenschaften ist kein schlechter Gedanke, und wenn man künftig die vorhandenen hilfswissenschaftlichen Lehrstühle nicht mehr wie bisher ausschließlich mit Diplomatikern, besetzen wollte, sondern zur Hälfte mit Mittellateinern, so wäre das nicht übel. Damit wäre nicht nur dem Mittellatein geholfen, von dessen Eigenrecht ich völlig überzeugt bin, sondern es wäre auch für die geschichtliche Ausbildung berechtigt. Der mittelalterliche Historiker hat nun einmal gleichermaßen mit literarischen wie mit urkundlichen Quellen zu tun, und es ist nicht einzusehen, warum immer nur die Urkunden das Privileg einer Sonderdisziplin genießen sollen. Ich selbst habe ja früher als Diplomatiker hilfswissenschaftliche Vorlesungen gehalten, aber bin längst zu der Überzeugung gekommen, daß eine Einseitigkeit in dieser Richtung von Übel ist. Mit verbindlichsten Empfehlungen Heil Hitler! E.

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248 BRIEFE Sonderdrucke]Walter Stach, Bemerkungen zu den Gedichten des Westgotenkönigs Sisebut, in: Corona quernea (wie oben zu Nr. 109), S. 74–96. Berufung nach Straßburg]Walter Stach wurde zum Wintersemester 1941/42 zunächst als ordentl. Honorarprof., dann als Ordinarius für lateinische Sprache und Literatur des Mittelalters an die neu gegründete Reichsuniversität Straßburg berufen (Hausmann, Das Fach Mittellateinische Philologie, S. 230 f.).

114.  An Helmut Beumann (NL Beumann. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 25. Mai 1941 Lieber Herr Beumann! Augenblicklich leben wir alle vom Warten. Ich habe den Eindruck, daß es binnen längstens 14 Tagen losgehen müßte – aber ich kann mich irren. Persönlich hoffe ich auf einen segensreichen Stumpfsinn, der mich vor Nervosität bewahrt; ganz habe ich ihn noch nicht erreicht.

Helmut Beumann (1912–1995).

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Durch das Verhältnis Zipfel–Stengel schaue ich nicht mehr durch. Augenblicklich steht ein Vorwort Stengels zu Jordans Urkunden Heinrichs des Löwen Heft 1 (enthaltend die Urkundentexte ohne Einleitung und Index) und damit zu der ganzen Dynastenserie im Satz. Darin erwähnt er, daß er mit der Archivverwaltung vereinbart habe, daß sie die Dynastenarbeit auf ihre Publikationsaufgaben anrechnen wolle. Danach zu schließen müßte Zipfels Wohlwollen für Ihre Pläne durchaus an der Bedingung hängen, daß Sie bei den Dynasten blieben. Aber wenn er Sie wirklich nach Marburg bringen will, so bedeutet das natürlich, daß Sie die sächsischen Dynasten aufgeben – und für die hessischen kommen Sie nicht in Betracht, denn die hat Stengel sich selber reserviert. Also ich begreife das nicht. Weirich war übrigens in Marburg schon seit Jahren nur noch Dozent, nicht mehr am Archiv. Egoistisch würde ich es übrigens bedauern, wenn Sie nach Marburg gingen, denn meine eigenen Interessen auf landesgeschichtlichem Gebiet fallen ja ebenfalls in den Bereich der Diözese Halberstadt. Aber für Sie bietet Marburg selbstverständlich größere Chancen, vorausgesetzt, daß sich die persönlichen Verhältnisse nicht ungünstiger gestalten als in Magdeburg. Im übrigen hat Otto Meyer kürzlich in Marburg den Dr. habil. gemacht. Ob er auch auf die Dozentur lossteuert, ist noch nicht heraus. Menzel ist schon seit geraumer Zeit bei der Akademie als Mitarbeiter für die Leibnizkommission. Nebenher hat er aber seine mittelalterlichen Interessen weiter gepflegt. Im übrigen ist seit acht Tagen auch er eingezogen, bei der Flak hier in Berlin. Die beiliegende Drucksache ist im wesentlichen nur als Reklame für das nächste Heft des DA gemeint, das im Juni erscheinen soll. Nebenher soll sie allerdings auch die Germanisten aufregen. Die Dinge, die ich am Schluß andeute – Menzel nennt es einen Ausverkauf des 10. Jahrhunderts – sollen in meinem geplanten nächsten Buch eine Rolle spielen. Doch liegt das in sehr weiter Ferne. Wie immer mit herzlichen Grüßen Ihr C. Erdmann

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250 BRIEFE Jordans Urkunden Heinrichs des Löwen]Die Urkunden Heinrichs des Löwen, Herzogs von Sachsen und Bayern, bearb. von Karl Jordan (MGh Laienfürsten- und Dynastenurkunden der Kaiserzeit 1), Leipzig – Weimar 1941–1949, S. VII‒XIV. Leibnizkommission]Kommission der Preußischen Akademie der Wissenschaften, der die Edition der sämtlichen Briefe und Schriften von Gottfried Wilhelm Leibniz oblag. Menzel war ab 1. April 1940 dort beschäftigt (Hartmann, Vom Reichsinstitut). die beiliegende Drucksache […] soll […] die Germanisten aufregen]C. Erdmann, Die Entstehungszeiten des »Waltharius« und der »Ecbasis captivi«, in: Forschungen und Fortschritte 17 (1941), S. 169–171. Erdmann schlug für beide Dichtungen neue Datierungen vor und ließ für das 10. Jahrhundert nurmehr die Gedichte der Hrotsvit von Gandersheim als »Poesie von Rang« gelten. Später kam er nicht mehr darauf zurück.

115.  An Walther Holtzmann (NL Holtzmann, 48. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 1. Juni 1941 Lieber Herr Prof. Holtzmann! Ihren Wunsch nach einem Lagebericht möchte ich gerne erfüllen, zumal ich mir Ihr Bedürfnis nach dergleichen Berichterstattung lebhaft vorstellen kann. Wenn man wie ich – natürlich ohne eigenes Zutun, nur durch die Umstände – in der Lage ist, die friedliche Arbeit, wenn auch mit mancherlei Einschrän­ kungen, so doch in der Hauptsache fortsetzen zu können, dann hat man ja fast ein schlechtes Gewissen gegenüber denen, die es nicht können. Ihr Brief läßt mich vermuten, daß Ihnen jetzt an einer Verlängerung Ihrer dortigen Tätigkeit auch nichts mehr gelegen ist. Vor längerer Zeit erzählte mir Ihr Vetter, daß Sie nicht reklamiert werden wollten, solange Ihr dortiger Auftrag währte. Ob das vielleicht im kommenden Herbst doch möglich würde? Wenn Sie Ihre Wattenbach-Beiträge ausarbeiten und das 4. Heft daraufhin erscheinen könnte, so würde das jedenfalls die gesamte Zunft dankbar begrüßen. Was zunächst die »Bomben auf die Staatsbibliothek« betrifft, so ist diese ein Kulturinstitut, und infolgedessen gilt die Regel, daß Bombenschäden viel viel kleiner sind, als es jeweils nach der Zeitung aussieht (bei Industrieanlagen gilt natürlich die umgekehrte Regel). Die Zeitungsnachrichten über die Staatsbibliothek haben uns eine solche Fülle besorgter Anfragen aus dem ganzen Lande

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eingebracht, daß Stengel fand, man müsse doch in die Zeitung setzen, daß die Sache garnicht so schlimm wäre – sancta simplicitas! Es hat sich in beiden Fällen nur um Brandbomben gehandelt, die im einen Falle, als die Staatsbibliothek sogar im Heeresbericht genannt wurde, überhaupt nicht gezündet haben; im andern Falle, wo das DNB davon berichtete, hat es zwar einen ziemlichen Brand im Dachgeschoß gegeben, aber lediglich in dem Vorderbau Unter den Linden, also nicht im Bereich der eigentlichen Bücher- und Handschriftenbestände. Ausgebrannt ist die Reichstauschstelle, in der erhebliche Bestände von wertlosem Zeug lagerten; der Luftschutzleiter der Staatsbibliothek sagte mir, es wäre ein großes Glück für die Staatsbibliothek, daß sie diese Sachen kostenlos losgeworden wäre, und war nur betrübt, daß die benachbarte Sammlung von Theaterzetteln nicht auch Feuer gefangen hat. Außerdem sind allerdings auch die Maschinenschrift-Dissertationen teilweise angekokelt oder durch Wasser geschädigt; aber die waren ja ohnehin meist nicht mehr lesbar. Viel betrüblicher als dieser Brand ist für uns die geringe Prosperität im Innern des Gebäudes, d. h. in unserm Institut. Daran haben natürlich auch die militärischen Einziehungen ihren Anteil (von den Druck- und Handschriftenschwierigkeiten ganz zu schweigen), aber leider außerdem auch die Fehler, die in der Beschäftigung, Behandlung und Bezahlung der jüngeren Mitarbeiter begangen werden. Die Sache ist ja insofern ganz einerlei, als das weitere Geschick einer Arbeit wie der unseren ja doch vom weiteren Verlauf der Weltgeschichte abhängen wird und nur eine tiefgreifende Erneuerung Hoffnung für die Geisteswissenschaften gewährt. Vorerst aber kann man nur mit Trauer feststellen, wie gewaltig das Niveau der Monumenta Germaniae etwa seit Kehrschen Zeiten gesunken ist. Da Fickermann Soldat ist, sind außer mir nur noch zwei (ab übermorgen drei) Mitarbeiterinnen da, von denen man in der Wissenschaft noch nichts gehört hat und wohl auch nicht leicht hören wird. Ein Trost ist der alte Strecker, der im September – falls das Papier rechtzeitig bewilligt wird – von uns eine Festschrift zum 80. bekommt. Kehr kommt nicht mehr, da er Konflikt mit Stengel hat und ausgezogen ist; Diplomata sind von ihm wohl nicht mehr zu erwarten. Von unserer Produktion scheint mir jetzt das DA der beste Teil zu sein (ein neues Heft, für das ich im beiliegenden Beitrag in den »Forschungen und Fortschritte« Reklame mache, soll im Juni erscheinen). Meine Edition der Hannoverschen Briefsammlung + Meinhardbriefe, deren Manuskript ich vor drei Jahren ablieferte, ist langsam schleichend im Druck; in den gleichen Band kommen noch die Regensburger fingierten Briefe (ed.

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252 BRIEFE Fickermann, von mir nach seiner Einziehung im Manuskript fertig gestellt und an die Druckerei gesandt), und wenn das Tempo der Druckerei so weitergeht wie im letzten Jahr, dürfte das Ganze in etwa drei Jahren erscheinen. Ihren Gruß an Schieffer habe ich mündlich bestellen können, denn er ist gerade aus dem Kurlazarett entlassen und auf Erholungsurlaub hier (hoffentlich wird er nicht wieder krank!). Er wollte Ihnen nächstens schreiben. Was Kämpf betrifft, so ist er Infanterie-Leutnant und hatte wenigstens vor einiger Zeit die Feldpostnummer 16077. Doch ist er bereits unter die Dolmetscher gegangen; er war vor einiger Zeit zur Ausbildung in der Dolmetscherkompanie hier in Berlin und dürfte sich jetzt in Sizilien oder Afrika befinden. – Ich halte übrigens nicht für ausgeschlossen, daß auch mir das Dolmetschen oder dgl. einmal blühen wird. Meine Sprachkenntnisse sind zwar in den neun Jahren, während derer ich Deutschland nicht mehr verlassen habe, ziemlich dahingeschwunden, und außerdem hat mein Gehör in den letzten Jahren etwas gelitten. Aber wir werden wohl irgendwann auch nach Portugal gehen, und dann wird man mich wohl holen, da das Angebot in Portugiesisch gering sein dürfte. Im Augenblick ist natürlich alles überschattet von dem bevorstehenden kontinentalen Ereignis. Hoffen wir, daß die historischen Parallelen wieder einmal Unrecht behalten. Mit herzlichen Grüßen immer Ihr C. Erdmann Ihr Vetter]Robert Holtzmann. Ihre Wattenbach-Beiträge]Wattenbach / Holtzmann, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter (wie oben zu Nr. 102). Heft 4 erschien 1943 und enthält keinen Beitrag von Walther Holtzmann. »Bomben auf die Staatsbibliothek«]Vgl. oben Nr. 113. DNB]Das Deutsche Nachrichtenbüro, 1933–1945 die zentrale Presseagentur im Deutschen Reich. Festschrift zum 80.]Corona quernea (vgl. oben zu Nr. 109). Forschungen und Fortschritte]Vgl. oben zu Nr. 114. meine Edition]Der Druck zog sich – nicht nur, aber vor allem kriegsbedingt – so lange hin, dass der Band erst nach Erdmanns Tod erscheinen konnte (oben zu Nr. 3).

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116.  A  n Helmut Beumann (NL Beumann. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 15. Juni 1941 Lieber Herr Beumann! Nun liegen also auch Sie im Osten – die Ereignisse gehen ihren Weg mit unbeirrbarer Konsequenz. Ich nehme an, daß Sie nach wie vor nicht zur Einsatztruppe gehören; aber in den Vormarsch könnten Sie wohl trotzdem mit hineinkommen. Meine besten Wünsche werden Sie begleiten. Ich bin nicht sicher, ob Sie diesen Brief nicht vielleicht erst nach vielen Wochen erhalten werden, weil Sie vorher schon in Bewegung geraten. Aber ich kenne den Termin natürlich so wenig wie ein anderer und probiere es jedenfalls mit dem Schreiben. Ich habe den Eindruck, daß der Aufmarsch sich jetzt seinem Ende zuneigt. Wochenlang haben wir hier in gleichmäßiger Menge die Militärzüge ostwärts, die Leerzüge westwärts fahren sehen. Heute vormittag aber beobachtete ich schon, daß nur noch etwa halbsoviel Militärzüge ostwärts fuhren wie sonst, aber noch ebensoviel Leerzüge westwärts, außerdem aber auch in beiden Richtungen schon allerlei zivile Verladung, die vorher so gut wie ganz gefehlt hatte. Die »große Armee« dürfte also in wenigen Tagen »stehen«. Im Handelsteil der DAZ finde ich heute einen Artikel, der sich mit der Perspektive eines langjährigen Krieges zwischen Amerika und Europa beschäftigt und behauptet, daß Europa ihn durchhalten könne. Dabei finde ich den Satz: »Außerdem kann man, wenn nötig, mit einem modernen Krümpersystem arbeiten, denn ob jemand in der Front oder der lebenswichtigen Produktion kämpfte, war bereits bisher teilweise eine Saisonfrage und wird dann in Zukunft eine Frage der vorhandenen Kampfnotwendigkeit oder Kampfgelegenheit werden.« Das wäre, mit anderen Worten, meine alte »Hoffnung auf den Herbst«, und ich habe diese auch durchaus noch nicht aufgegeben. Aber sicher bin ich meiner Sache allerdings nicht, zum mindesten für dieses Jahr. Denn ein erhebliches Eroberungsprogramm dürfte ja auch für diesen Winter bestehen (Mittelmeergebiet), und wenn dafür auch nicht entfernt derartige Massenbewegungen in Betracht kommen werden wie jetzt im Osten, so weiß ich doch nicht, welches Maß an Anstrengungen dafür erforderlich sein wird.

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254 BRIEFE Von hier ist nichts zu berichten. Unsere Arbeit geht fort, auch die Druckereien arbeiten für uns noch, wenn auch mit reduzierter Kraft. Und man wartet. Die dümmsten Gerüchte durchschwirren die Luft und finden Gläubige; mich fechten sie nicht an. Hoffentlich haben Sie von Ihrer Frau gute Nachrichten. Und von Ihnen selbst hoffe ich auch demnächst noch Gutes zu hören. Mit herzlichen Grüßen immer Ihr C Erdmann »große Armee«]Anspielung auf Napoleons Russlandfeldzug 1812.

117.  An Helmut Beumann (NL Beumann. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, den 11. Juli 1941 Lieber Herr Beumann! Wo Sie wohl stecken werden, wenn Sie diesen Brief bekommen? Und in welchem Zustand Sie sich befinden werden? Wahrscheinlich sehr verschwitzt und ermüdet und nicht allzu aufgelegt zu geistigen Ergüssen? Ob Sie alles per pedes laufen müssen oder fahren können? Sie sehen, ich kann bloß Fragen stellen und weiß garnicht, was ich Ihnen in einer solchen Zeit eigentlich schreiben soll. Aber jedenfalls kann ich Ihnen versichern, daß ich mit meinen Gedanken auch bei Ihnen bin und Ihnen von Herzen wünsche, daß Sie glatt durchkommen. Übrigens, was gewiß nicht das Unwichtigste ist, auch stimmungsmäßig: daß das Gefühl des »Vormarschs« Ihnen über das, was es zu ertragen gilt, hinweghilft. Was dann nachher kommt, ist einstweilen eine spätere Sorge. Von hier zu erzählen, hat im Augenblick wohl nicht viel Sinn. Wir haben immer noch das Glück, daß ein erheblicher Teil unserer Arbeit fortgeht – daß

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es alles sein kann, kann man ja nicht verlangen. Nehmen Sie das also als ein Unterpfand für die Zukunft auch für Sie. Meinen Beitrag für den nächsten Band von »Sachsen und Anhalt« (Teil IV und V meiner Beiträge zu Heinrich I.) habe ich im Manuskript fertig, er soll demnächst an Möllenberg gehen. Über die Politik weiß ich zur Zeit nichts; sie ist im Augenblick ja wohl auch weniger wichtig als die Strategie, von der ich jetzt während des Feldzugs natürlich keine Ahnung habe. Wenn Sie mir einmal ein paar Worte auf einer Postkarte schreiben können, werde ich mich sehr freuen. Bringen Sie es aber nicht auf, so werde ich mich auch nicht wundern – die Zeiten werden wieder kommen, wo man vernünftig schreiben kann. Mit herzlichen Grüßen und Wünschen immer Ihr C. Erdmann meinen Beitrag]Wie oben zu Nr. 112.

118.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 13. Juli 1941 Lieber Tellenbach! Wenn ich mich hinsetze, Ihnen einen Brief zu schreiben, kommt es mir regelmäßig zum Bewußtsein, wie oberflächlich ich geworden bin und wie wenig ich eigentlich überhaupt [noc]h zu sagen habe. Sie Ihrerseits haben sich die Spannweite de[r Intere]ssen und die Fähigkeit, in die Tiefe zu denken, weit besser bewahrt. Manchmal hoffe ich noch, von Ihnen etwas profitieren zu können. Zum Beispiel wiesen Sie mich vor Monaten auf das Macchiavell-Buch von Gerhard Ritter hin. Ich habe es zwar noch immer nicht gelesen, habe es mir aber jetzt gewünscht, da ich gerade eine Wette um ein Buch gewonnen habe (Gegenstand der Wette war der Rußlandkrieg für diesen Sommer). Auch in Ihren Arbeiten gehen Sie allmählich von den engeren zu den weiteren As-

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256 BRIEFE pekten (während ich mehr die Neigung habe, spezieller zu werden, wenn auch auf verschiedenen Gebieten), und ich wundere mich nicht, wenn man von Ihnen Vorträge für Historikertage wünscht. Ob Sie freilich recht daran tun, solche Vorträge zu übernehmen, das weiß ich auch nicht, denn nach den Erzählungen, die ich bekomme, scheint mir der Wert dieser Tagungen problematisch, und für mich persönlich empfinde ich mein offizielles Außenseitertum, das mich von derartigen Unternehmungen ausschließt, bisher noch als einen Vorzug. Aber vielleicht ist auch das bei mir schon eine Wirkung der fortschreitenden geistigen Verengung. – Übrigens sind kürzlich die Aufsätze für das nächste DA in die Druckerei gegangen, darunter zweifellos auch der Ihrige; ich hoffe ihn dann in der Korrektur lesen zu können. Das jetzige DA hat seit vier Wochen das Imprimatur und wird hoffentlich demnächst erscheinen. Ich habe diesmal sogar zwei Beiträge darin, allerdings beide kurz. Daß meine Arbeiten, die ich Ihnen zuletzt schickte, irgendwie aus meiner Lehrtätigkeit am Archivinstitut hervorgegangen wären, kann ich nicht behaupten; auch die Fähigkeit, mich durch Lehrtätigkeit selbst anzuregen, habe ich kaum, und ich bin mit dem augenblicklichen Fortfall des Archivinstituts durchaus zufrieden. Wohl aber haben meine Harzer Sommeraufenthalte eine wachsende Wirkung auf meine Arbeit bekommen. Ich habe gerade wieder einen Aufsatz über Quedlinburg im Manuskript abgeschlossen, der mir ein sehr großes Vergnügen gemacht hat; ich glaube darin das Problem der Burgen Heinrichs I. ein gutes Stück vorwärts gebracht zu haben. Sie schreiben, daß die letzten Monate neben den erwarteten Ereignissen auch Überraschungen gebracht hätten. Das gilt aber eigentlich doch nur von den minderwichtigen Episoden, etwa von der Heß-Geschichte, vom IrakKrieg oder von dem vorübergehenden Widerstand der Franzos[en i]n Syrien. Die Hauptsachen waren sämtlich erwartet, sowohl [der] Balkan wie Rußland und Amerika, ja sogar die japanische Neutralität. Bei mir hat der große Spannungszustand, in dem ich bis zum russischen Kriegsausbruch befand, seither stark nachgelassen. Freilich denkt man jetzt an all die vielen Verwandten und Freunde, die beteiligt sind, und fragt sich, ob man sie alle wiedersehen wird; die Verluste werden sicher viel höher sein als in den bisherigen Feldzügen. Dazu kommt die Kardinalfrage, in welchem Zustande wir Rußland bekommen werden; davon wird sehr viel abhängen. Was Sie über eine europäische Ordnung als Zweck des (damals noch bevorstehenden) Rußlandkrieges schrieben, hat mich eigentlich gewundert; ich selbst sehe die Gründe mehr

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im Triebhaften und erwarte als Ergebnis nur Unordnung. Geradezu humoristisch waren die Dinge übrigens mit Stengel, der meine konstanten Prophezeiungen des Rußlandkrieges wiederholt als unverantwortlich abgelehnt hatte und sich noch zwei Tage vorher laut über mich entrüstet hatte; am 23. Juni traute er sich dann nicht in unser Institut! Anderseits sind die Dinge insofern nicht humoristisch, als diese Kriegswendung (wohl im Verein mit persönlichen Dingen, die wir nicht kennen) ihm einen schweren Stoß gegeben zu haben scheint; er leidet an schwerer Depression, die noch dadurch vermehrt wird, daß er nicht in den ihm sehr nötigen Urlaub zu fahren wagt, weil er fürchtet, sein Haus könnte unterdessen bei einem Fliegerangriff abbrennen. (Obgleich gerade im Sommer die Flieger so gut wie überhaupt nicht hierher kommen.) Daß er überall eine sehr schlechte Presse hat, weiß ich sehr wohl, wenngleich seine amtliche potestas ihm immer noch eine gewisse Position gab. Möglicherweise ist ihm in letzter Zeit auch in dieser Beziehung mehr als früher zu Ohren gekommen, auch mag er im Krieg mit Kehr um das römische Institut eine Niederlage erlitten haben. Übrigens ist Kehrs Behauptung, daß Stengel ihm wegen der Diplome Schwierigkeiten gemacht habe, eine glatte Lüge. Wie groß Stengels Sünden auf dem Gebiet der DruckeinrichtungsSchwierigkeiten auch sein mögen, so hat er doch so viel Verstand immer noch gehabt, daß er Kehr mit derartigen Dingen nicht gekommen ist. Wahrscheinlich sind die Diplome Ludwigs des Kindes noch längst nicht so weit gekommen, wie Kehr sagt. Sicher ist nur, daß Kehr bei seinem Konflikt mit Stengel nichts mehr für die Monumenta Germaniae herausbringen wird, da er Stengel damit ja einen Gefallen täte. Hoffen wir, daß man wenigstens das Material für Ludwig das Kind, das Kehr längst an sich genommen hat, in seinem Nachlaß einmal finden wird. Denn falls er etwa nicht wünscht, daß jemand anders die Dinge nach seinem Tode fertig macht, und das Material deshalb verschwinden läßt, dann wird di[e Lü]cke wohl niemals geschlossen werden. Bei Lintzels Besprechung über Ihr Buch habe [ich wi]eder einmal mein völliges Versagen in der Verfassungsgeschichte empfunden, denn es gelingt mir nicht, mir über diese Dinge irgend ein Urteil zu bilden. Nach dem, was ich hier höre, scheint man Lintzel nicht zuzustimmen, außer in dem Punkte, daß der Gedankengang Ihres Buches nicht leicht zu fassen sei. Robert Holtzmann, der selbst Lintzels Lehrer ist und viel von ihm hält, sagte mir, daß er in den meisten Einzelheiten Lintzel Recht gäbe, nicht aber im Gesamturteil über Ihr Buch. An der Festschrift für Brackmann sind übrigens ausschließlich die Ostleute

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258 BRIEFE beteiligt; außerdem wurden noch Brackmanns Aufsätze als Band gedruckt. Augenblicklich bin ich selbst übrigens mit einer anderen Festschrift lebhaft beschäftigt, nämlich für Strecker, der am 4. September 80. Geburtstag hat und eine von den Monumenta Germaniae herausgegebene Festschrift bekommt. Der Inhalt ist natürlich im wesentlichen literargeschichtlich, doch sind auch einige Monumentisten mit ihren Sachen dabei, ich selbst mit einer streng philologischen Arbeit. Es wird ein recht gehaltvoller Band, der mir ziemliche Freude macht; es besteht Aussicht, daß er sogar pünktlich erscheinen wird, wozu freilich mit Korrekturen, Register und Korrespondenz noch viel Arbeit von meiner Seite nötig sein wird. Meiner Mutter geht es jetzt im Sommer glücklicherweise recht gut. Auch haben wir jetzt eine Tante von mir bei uns aufgenommen, die zwar noch älter, aber etwas rüstiger ist als meine Mutter und im Hause hilft. So geht es für den Augenblick recht gut. Freilich besteht unsere Wohnung jetzt nur noch aus Schlafzimmern, sodaß ich keinen Besuch mehr in meiner Wohnung erhalten kann. Nun, man tröstet sich damit, daß man ja schon einmal »Kriegsläufte« erlebt hat, in denen man seine Lebensgewohnheiten eben herabsetzen muß. Hoffentlich geht es auch Ihnen gut und Ihrer Frau Mutter, der ich mich zu empfehlen bitte, und haben Sie gute Nachrichten von Ihren Geschwistern. Mit herzlichen Grüßen Ihr C. Erdmann Macchiavell-Buch von Gerhard Ritter]Vgl. oben Nr. 111. Vorträge für Historikertage]Missverständlich – gemeint sind die Tagungen im Rahmen des »Kriegseinsatzes der Geisteswissenschaften« (»Aktion Ritterbusch«), dessen mittelalterliche Sparte Theodor Mayer leitete. Tellenbach nahm verschiedentlich an ihnen teil und hielt beim Treffen in Weimar (31. Oktober / 1. November 1941) über das Thema »Vom karolingischen Reichsadel zum deutschen Reichsfürstenstand« einen Vortrag (Hausmann, Deutsche Geisteswissenschaft, S. 154–198, bes. 173–176; Zotz, Deutsche Mediävisten, S. 41–44). sogar zwei Beiträge]Carl Erdmann, Konrad II. und Heinrich III. in der Ecbasis captivi (oben zu Nr. 114); ders., Zum Fürstentag von Tribur (oben zu Nr. 97). Fortfall des Archivinstituts]Der VIII. Lehrgang (ab 1. April 1941) musste abgebrochen werden, weil fast alle Teilnehmer eingezogen wurden. Aufsatz über Quedlinburg]C. Erdmann, Burg und Kirche zu Quedlinburg, in: Sachsen und Anhalt 17 (1941–43), S. 14–37. Heß-Geschichte […] Franzosen in Syrien]Am 10. Mai 1941 flog Rudolf Heß mit einer Messerschmitt Bf 110 nach Großbritannien, um die britische Regierung zu einem

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1941 259 Waffenstillstand zu bewegen. Ende April brach im Irak ein Aufstand gegen die britische Herrschaft aus, der aber schon im Mai niedergeschlagen wurde. Gegen den anschließenden Angriff britischer Truppen auf Syrien leistete die unter dem Kommando der Vichy-Regierung stehende französische Levante-Armee bis zum Waffenstillstand am 14. Juli erbitterten Widerstand. japanische Neutralität]Japan hatte am 13. April 1941 einen Neutralitätspakt mit der Sowjetunion geschlossen und hielt auch nach dem deutschen Überfall auf diese an seiner Neutralität fest. Diplome Ludwigs des Kindes]Die Urkunden Ludwigs des Kinds wurden erst 1960 durch Theodor Schieffer ediert. Lintzels Besprechung]Martin Lintzel, Besprechung von G. Tellenbach, Königtum und Stämme (oben zu Nr. 86), in: Deutsche Literatur-Zeitung 62 (1941), S. 505–513. Festschrift für Brackmann […] Brackmanns Aufsätze]Hermann Aubin / Otto Brunner u. a. (Hg.), Deutsche Ostforschung. Ergebnisse und Aufgaben seit dem Ersten Weltkrieg, 2 Bde., Leipzig 1942/43. – Albert Brackmann, Gesammelte Aufsätze. Zu seinem 70. Geburtstag von Freunden, Fachgenossen und Schülern als Festgabe dargebracht, Weimar 1941. mit einer streng philologischen Arbeit]Carl Erdmann, Leonitas. Zur mittelalterlichen Lehre von Kursus, Rhythmus und Reim, in: Corona quernea (vgl. oben zu Nr. 109), S. 15–28. eine Tante von mir]Charlotte Caroline Neander, geb. Stavenhagen.

119.  An Helmut Beumann (NL Beumann. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 10. August 1941 Lieber Herr Beumann! Ihr frischer Brief vom 23. Juli (vielen Dank!) läßt es mich riskieren, Ihnen sogar meine Sonderdrucke aus dem letzten Heft des DA zu schicken. Ich lege Ihnen aber gleich einen passenden Briefumschlag bei, damit Sie sie – gelesen oder ungelesen – nach Hause schicken können. Denn ich weiß nicht, ob Sie dort in der »schriftlichen Kultur« so weit sind, daß Sie auch über größere Briefumschläge verfügen. Überhaupt habe ich von der Art Ihrer augenblicklichen Existenz keine Vorstellung. Wo Sie stecken, dürfen Sie wohl nicht schreiben? Auch nicht ungefähr? Der Rußlandkrieg ist für uns hier im Lande eine höchst dunkle Angelegenheit, und wenn man sich auch auf die Gründe der über Erwarten lange Dauer schließlich seinen Vers macht, so ahnt man

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260 BRIEFE doch noch lange nicht, wie sich das für die einzelnen Soldaten auswirkt. Beängstigend wirken insbesondere die wiederholten Berichte über die riesigen Marschleistungen. Nun, Sie fahren ja, wie Sie schreiben, per Auto, also wünsche ich Ihnen fahrbare Straßen. Aber vielleicht gehören Sie überhaupt nicht zu den Gruppen, die in der letzten Zeit noch vorgerückt sind, und sitzen seit Wochen im gleichen Kaff? Da Sie von Interesse für Japan schreiben: ich glaube, daß dieser Punkt garnicht so sehr aufregend ist. Gewiß ist es möglich, daß die Japaner in Hinterindien weiter vorgehen und darüber Krach mit den Engländern und Amerikanern bekommen, und das kann möglicherweise auch den formellen Kriegseintritt Amerikas mit uns, der ja nominell noch nicht besteht, beschleunigen (wegen des Dreierpakts). Aber auf den Rußlandkrieg dürfte das schwerlich einen Einfluß haben. Das japanische Interesse an Sibirien ist gering, mit den Russen werden sie schwerlich anbinden. Gerade heute schicke ich an Möllenberg mein Manuskript für den nächsten Band von Sachsen und Anhalt. Möllenberg schrieb, es solle gleich in Fahnen gesetzt werden; aber wann es wird erscheinen können, weiß man einstweilen natürlich nicht. Überraschend gut ist es aber mit der Festschrift gegangen, die das Reichsinstitut zu Streckers 80. Geburtstag (4. Sept.) herausbringt und von der ich Ihnen vielleicht schon früher einmal schrieb. Nicht nur die Autoren haben gut funktioniert, sondern auch die Druckerei, und wir können ziemlich sicher mit rechtzeitigem Erscheinen rechnen. Mir hat diese Arbeit, da ich die Redaktionsgeschäfte zu besorgen hatte, viel Freude gemacht. Der Inhalt ist natürlich in erster Linie philologisch (auch mein eigener Beitrag streng philologisch), aber es sind auch einige Beiträge vom normalen Monumentisten-Stil darin, vor allem ein sehr guter von Stengel über Widukind von Korvei. Ich hoffe, bald wieder Gutes von Ihnen zu hören! Mit herzlichem Gruß immer Ihr Carl Erdmann Sonderdrucke]C. Erdmann, Konrad II. und Heinrich III. in der Ecbasis captivi; ders., Zum Fürstentag von Tribur (wie oben zu Nr. 118). das japanische Interesse an Sibirien]Nach der Schlacht von Nomonhan in der Inneren Mongolei (Mai bis September 1939) und dem Abschluss des Neutralitätspakts mit der

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1941 261 Sowjetunion entschloss sich Japan, seine Interessen in China und in Südostasien zu verfolgen. Sachsen und Anhalt]Vgl. oben zu Nr. 112. eigener Beitrag streng philologisch]Erdmann, Leonitas (wie zu Nr. 118). Stengel über Widukind von Korvei]Wie oben zu Nr. 109.

120.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 29. September 1941 Lieber Tellenbach! Der Sommer ist zuende, und man hat allerlei zugelernt, politisch, und mehr noch militärisch. Ein Bekannter von mir ist jetzt – als Historiker – im »Wehrmachtsführungsstab«, also dem Stab, der die Generalstäbe der drei Waffengattu[ngen] zusammenfaßt und der unmittelbaren Beratung Hitlers dient, übr[ig]ens ein großer Apparat. Er kann natürlich nicht sagen, was er wei[ß, abe]r doch persönliche Meinungen äußern, und mit seiner Hilfe und sonstigen Informationsmöglichkeiten bin ich jetzt zu einer Vorstellung von der Lage gelangt. Danach ist für den Rußlandkrieg ein gedämpfter Optimismus möglich. Die Winterfront wird natürlich übel, aber man kann doch so ziemlich damit rechnen, daß die Russen im nächsten Jahre nur noch ein schwacher Gegner sein werden und die Lage dann so weit gebracht werden kann, wie man sie will, d. h. daß das verbleibende Rußland kein ernsthafter militärischer Faktor mehr ist und mit verhältnismäßig geringen Kräften in Schach gehalten werden kann, abgesehen natürlich von der Kaukasusfront, wo die Engländer (und später wohl Amerikaner) sind. Was dann nachher größer sein wird, der Gewinn, den wir aus dem Besitz Rußlands ziehen können, oder die Last, die das eroberte Land uns bringt, das kann erst die Erfahrung lehren. Eine ganz andere Frage aber ist es, was mit dem Krieg mit England-Amerika wird. Wie dieser Krieg noch gewonnen werden soll, vermag ich überhaupt nicht zu sehen. Denn an eine Gewinnung der Luftherrschaft über England, die die Voraussetzung eines Angriffs auf die Insel ist, ist überhaupt nicht mehr zu denken, seit die amerikanische Hilfe durch den Rußlandkrieg ein Jahr Zeit

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262 BRIEFE gewonnen hat. Anderseits liegt aber auch ein Verlust des Krieges noch in sehr weiter Ferne. Daß Sie an die Möglichkeit eines Kriegsendes im kommenden Frühjahr oder Frühsommer glauben, ist mir ganz unverständlich. Gewonnen oder verloren? Daß Sie für Ihren Vortrag möglicherweise hierher nach Berlin kommen, eröffnet eine erfreuliche Aussicht. Sollte der Vortrag stattdessen in Wernigerode sein, so grüßen Sie mir den Harz! Ich war in der ersten Septemberhälfte wieder zehn Tage dort und habe die Zeit trotz schlechten Wetters wie immer sehr genossen. Diesmal habe ich noch mehr als sonst nach mittelalterlichen Dingen geforscht und eine ganze Anzahl Plätze aufgesucht, die für das 10. Jahrhundert wichtig sind, da ich in der Reihe meiner »Beiträge zur Geschichte Heinrichs I.« einen Aufsatz über die ludolfingische Erschließung des Harzes schreiben will. Sie sehen, auf was für thematische Abwege ich allmählich gerate! Aber die Landesgeschichte ist mir ein Gegengewicht gegen die Entwicklung meiner allgemeingeschichtlichen Arbeit, die immer literargeschichtlicher wird. Sie haben das an meinem Aufsatz über die Ecbasis bemerken [könn]en, von dem Produkt in der Strecker-Festschrift ganz zu schwei[gen]. Augenblicklich arbeite ich übrigens an einem Aufsatz über den Patriciat im Reich Ottos III. Dafür kommen mir übrigens auch Ihre Herzogskronen sehr zu paß; ich las sie mit Vergnügen in der Korrektur. Unterdessen ist die Streckerfestschrift richtig fertig geworden und rechtzeitig überreicht, auch die Sonderdrucke sind ja schon ausgegeben; doch gibt der Verlag den Band noch nicht aus, da noch auf einen nachträglichen Notgemeinschafts-Zuschuß gehofft wird, ohne den der Band leider sehr teuer werden müßte. Ich kann wohl sagen, daß mir die Festschrift-Arbeit große Freude gemacht hat. Alles funktionierte über Erwarten gut; das von manchen Leuten schon totgesagte Mittellatein erwies sich als durchaus lebendig. Sehr freute es mich auch, daß Sie schon eine zweite Auflage Ihrer »Entstehung« herausbringen können. Ein schöner Erfolg, und ein günstiger Lebensbeweis für unsere Arbeit. Mit meiner Monumenta Germaniae-Arbeit sieht es weniger günstig aus, der Druck der Hannoverschen Briefsammlung (nebst Regensburger Briefen ed. Fickermann) rückt so gut wie überhaupt nicht vorwärts, ein Erscheinen ist garnicht abzusehen. Doch ist der erste Halbband von den Gladißschen Diplomen Heinrichs IV. jetzt glücklich erschienen, nachdem er bereits seit einem halben Jahr ausgedruckt war.

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Mit meiner Mutter und meiner Tante ist es jetzt durch den Sommer hindurch einigermaßen abgegangen, jedenfalls ohne Krankheit. Dem Winter aber sehe ich mit großer Sorge entgegen, da nur ein Bruchteil der erforderlichen Kohlen bewilligt ist, Krankheit meiner Mutter deshalb mit Bestimmtheit vorauszusehen ist und meine Tante aus dem gleichen Grunde nur etwa die Hälfte des Winters wird hiersein können. Wie das gehen soll, ist völlig dunkel. Aber das ist ja nur ein winziger Einzelfall aus Tausenden oft viel schlimmerer Nöte der Kriegszeit; man erträgt, was man kann. – Eben ist Fliegeralarm gegeben, ich schließe also; bei uns in Berlin bedeutet Alarm ja in der Regel, daß auch Bomben abgeworfen werden. Mit herzlichen Grüßen immer Ihr Carl Erdmann Bekannter […] im »Wehrmachtsführungsstab«]Vermutlich Claus Grimm, promovierter Historiker, habilitiert an der Friedrich-Wilhelms-Universität, Deutschbalte wie Erdmann, Feldwebel, ab 1941 zur Kriegsgeschichtlichen Abteilung des Oberkommandos der Wehrmacht abkommandiert (Feuersenger, Im Vorzimmer, S. 92; Pyta, Hitler, S. 315 f., 319). Kaukasusfront]Deutsche Verbände rückten erst im Sommer 1942 gegen den Kaukasus (einschließlich einer alpinistischen Besteigung des Elbrus) vor, konnten sich dort aber nicht halten und kamen mit britischen oder amerikanischen Truppen im Iran nicht in Berührung. Aufsatz über die Ecbasis]Vgl. zu Nr. 119. Aufsatz über den Patriciat]C. Erdmann, Die Würde des Patricius unter Otto III., in: C. E., Forschungen zur politischen Ideenwelt des Frühmittelalters. Aus dem Nachlaß des Verfassers hg. von Friedrich Baethgen, Berlin 1951, S. 92–111. Ihre Herzogskronen]Gerd Tellenbach, Herzogskronen und Herzogshüte im Mittelalter (wie oben zu Nr. 103). zweite Auflage Ihrer »Entstehung«]Tellenbach Die Entstehung des Deutschen Reiches (wie zu Nr. 83). nebst Regensburger Briefen]Vgl. oben zu Nr. 109. Diplome Heinrichs IV.]Vgl. oben Nr. 82, 96, 110.

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264 BRIEFE 121.  An Helmut Beumann (NL Beumann. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 19. Oktober 1941 Lieber Herr Beumann! Endlich möchte ich doch auf Ihren Brief antworten, der nun schon so viele Wochen in meiner Mappe liegt. Hoffentlich ist es Ihnen inzwischen weiter gut gegangen und haben Sie auch unter dem jetzt schlecht gewordenen Wetter nicht zu leiden. An großen Kämpfen hat es unterdessen nicht gefehlt, Sie werden wohl auch noch allerhand miterlebt haben und noch erleben. Das große Ausmaß der Kämpfe hält ja wider Erwarten immer noch an, und es scheint möglich, daß die wichtigsten Ergebnisse des ganzen Feldzugs erst noch kommen, obgleich schon vor Wochen die »letzte große Schlacht des Jahres« verkündet wurde. – Sie sehen, ich bin beim militärischen Kannegießern wie alle andern auch; auf diesem Gebiet habe ich natürlich kein sonderliches Urteil, kann aber meine Gedanken so wenig wie ein anderer davon abziehen, solange der wesentliche Teil der Politik eben im Gang des Feldzuges besteht. Sehr freuen werde ich mich natürlich auch weiterhin über alles, was Sie mir an Eindrücken schreiben können. Insbesondere darüber, in welchem Maße künftig noch mit einem starken Widerstand der Russen zu rechnen ist. Daß es noch ins nächste Jahr hineingeht, kann man ja kaum bezweifeln, aber man macht sich doch Hoffnung, daß der verbliebene Teil Rußlands im nächsten Jahr doch vielleicht eine verhältnismäßig leichte Beute werden wird, besonders wenn die Besetzung des Donezkbeckens und Moskaus wirklich gelingt und damit die russische Rüstungskapazität reduziert wird. Auch wie man dort bei Ihnen zur Perspektive des langdauernden Krieges (an dem jetzt ja wohl niemand mehr zweifelt) im allgemeinen und der Überwinterung in Rußland im speziellen steht. Hier ist die Stimmung, wenn mich mein Eindruck nicht täuscht, als unsicher zu bezeichnen, mal mies, mal besser, aber niemals aufgeregt, fast apathisch. Der Witz, daß demnächst die Fleischration erhöht würde, weil man alle Ochsen schlachten wolle, die an das Kriegsende 1941 geglaubt haben, kennzeichnet den augenblicklichen Geist Berlins vielleicht am besten.

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Von den Mitarbeitern unseres Instituts ist Most gefallen, aus der Archivverwaltung Schrader und Schotte. Von den für den nächsten Ifakurs Angemeldeten sollen vier gefallen sein. Der Besprechungsteil des DA ging an Sie ab, hoffentlich haben Sie ihn bekommen. Wir haben unterdessen eine Festschrift für Strecker herausgebracht, aus der ich Ihnen einen Sonderdruck beilege; ich bezweifle allerdings, daß Sie mit dieser puren Philologie etwas anfangen. Sonst weiß ich aus dem Bereich unserer Arbeit keine Ereignisse zu berichten, wenn es auch mündlich dies und jenes zu erzählen gäbe. Irgendwann werden Sie, wenn der Feldzug aufhört, hoffentlich Urlaub bekommen und dann hier durch Berlin kommen. Von Ihrer Frau haben Sie hoffentlich gute Nachrichten. Mit herzlichem Gruß immer Ihr Carl Erdmann Ifakurs]Kurs am Institut für Archivwissenschaft, an dem Erdmann seit 1934 unterrichtete. mit dieser puren Philologie]Vgl. oben Nr. 118, 119.

122.  An Helmut Beumann (NL Beumann. – Feldpostkarte; masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, den 14. Dezember 1941 Lieber Herr Beumann! Herzlichen Dank für Ihren Brief vom 1. Dezember, der mir außerordentlich interessant war. Ich freue mich besonders, daß die Dinge dort sich Ihnen so günstig darstellen. Hoffentlich behalten Sie auch mit Ihrem Optimismus recht, daß der Fall Moskaus nur noch eine Frage von einigen Wochen sei. (Im Juli allerdings hat ein Neffe von mir in einem Feldpostbrief geschrieben, daß es nur noch eine Frage von Tagen wäre.) Vor 14 Tagen schickte ich Ihnen ein kleines Buch mit einliegendem Brief als Weihnachtspäckchen, hoffentlich

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266 BRIEFE wird es rechtzeitig angekommen sein. Diese Karte könnten Sie, wenn das Glück gut ist, um Neujahr herum erhalten, dazu also meine besten Wünsche. Das Jahr 1941 hat uns die angekündigte (und damals auch von mir erwartete) »Vollendung des größten Sieges der Weltgeschichte«, d. h. die volle Beherrschung des Kontinents allerdings nicht gebracht, sondern dafür die Vollendung des Weltbrandes. Aber für 1942 können wir nun wohl doch das erstere erwarten, vielleicht schon mit Einschluß der Iberischen Halbinsel und Konstantinopels. Aber was dann? Was wird insbesondere im Mittelmeergebiet? Ich wage keine Prognosen. Auch die Erwartung von bloßen Grenzkriegen als imperialem Dauerzustand scheint mir fragwürdig: werden wir jemals auf Entfaltung eines Maximums von Kraftanstrengung verzichten? Nun, wir wissen es nicht; der Jahreswechsel jedenfalls soll der Hoffnung gehören! Mit herzlichem Gruß immer Ihr C. Erdmann ein Neffe von mir]Karl Erdmann, 1939–1945 Soldat »im Osten« (Martin Kröger / Roland Thimme, Die Geschichtsbilder des Historikers Karl Dietrich Erdmann, München 1996, S. 29; Rüdiger Ahrens, Bündische Jugend. Eine neue Geschichte 1918–1933, Göttingen 2015, S. 396). »Vollendung des größten Sieges der Weltgeschichte«]Anspielung auf Hitlers Neujahrsbotschaft zum Jahreswechsel 1940/41: »Das Jahr 1941 wird die Vollendung des größten Sieges unserer Geschichte bringen.«

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123.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, 8. März 1942 Lieber Tellenbach! Ich habe Sie diesmal sehr lange warten lassen, hauptsächlich weil ich eine ziemlich verwirrte Zeit hinter mir habe. Nach mancherlei Peripetien ist meine Mutter nun in ein Heim gezogen, wo sie bisher zufrieden ist und wohl dauernd bleiben wird. In diesem Falle werde ich demnächst meine Wohnung aufgeben, d. h. möbliert weitervermieten, und zu meiner Schwester ziehen, wo ich es zwar persönlich sicher sehr nett, äußerlich [abe]r eine gymnasiastenhafte Existenz haben werde. Nun, als Junggeselle hat man sich in derlei Dinge mit Grazie zu finden, woran es b[ei mir] auch nicht fehlen soll. Vorläufig hause ich allein in der Wohnung und werde wohl demnächst im Lebensmittel-Einholen ein ebensolcher Experte sein, wie ich es im Ofenheizen schon lange bin. Im übrigen hat sich meine »Zeitstimmung« in den letzten Monaten grundlegend verändert. Während ich vorher seit langen Jahren das Gefühl hatte, daß wir erst aufs hohe Meer hinausführen und es unabsehbar sei, wohin wir noch getragen würden, scheint es mir jetzt, daß die Dinge absehbar geworden sind und der Höhepunkt überschritten ist. Auch zeitlich haben wir nun wohl ungefähr die Hälfte des Krieges hinter uns. Das Jahr 1941 hat uns die beiden entscheidenden Schläge versetzt. Erstens den ungenügenden Erfolg des Rußlandkrieges, der uns zu einem zweiten Jahresfeldzug im Osten nötigt und uns dadurch der Erschöpfung nahe bringt, ehe der entscheidende Waffengang mit den Angelsachsen auch nur begonnen hat. Zweitens – ein Paradoxon! – den japanischen Angriff auf Hawai. Denn dadurch, daß die Amerikaner dort wortwörtlich im Schlafe überfallen wurden und anschließend von uns den Krieg

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268 BRIEFE erklärt bekamen, ist für uns die einzige Hoffnung geschwunden, die überhaupt noch bestand, nämlich die auf die innere Schwäche der Amerikaner. Durch diese Art des Kriegseintritts ist in Amerika natürlich jeder Isolationismus weggefegt, und sie haben soviel Verstand, daß sie uns und nicht Japan als den Hauptgegner ansehen. Es ist völlig deutlich, daß sie Ostasien preisgeben und ihre Kräfte ganz auf uns konzentrieren wollen. Ihre Hoffnung, dann hinterher auch in Ostasien ihre Position zurückgewinnen zu können, dürfte trügerisch sein, aber das ist für uns ja einerlei: mit uns werden sie noch fertig, wenn sie sich nur in erforderlichem Maße anstrengen. Und das tun sie! Selbst in der deutschen Zeitung (natürlich nur im Handelsteil) finde ich eine Beschreibung, wie diese Nation »sich nunmehr unter dem Schlagwort ›Remember Pearl Harbor‹ militarisiert« und die Methoden der autoritären Staaten für die Konzentration der Kräfte im Blitztempo übernimmt. Dafür können wir uns bei den Japanern bedanken, vom Rückgang der weißen Rasse in Asien ganz zu schweigen. Wie sich dieser amerikanische Militarismus im Jahre 1944 auswirken wird, kann sich jeder Schuljunge an den Fingern abzählen. Unterdessen werden wir, wenn der k[omm]ende Sommerfeldzug in Rußland endlich den erwarteten Er[folg] bringt, uns wohl noch im Mittelmeergebiet oder im Vorderen [Orien]t tummeln. Aber der Traum von großen Unternehmungen tief nach Afrika hinein u. dgl. ist ausgeträumt: dafür reichen unsere zur Neige gehenden Kräfte nun nicht mehr. Schon in diesem Jahre dürfte ein Frühjahrsfeldzug, wie er 1940 und 1941 dem großen Sommerfeldzug vorherging, nicht mehr möglich sein. Im Reichsinstitut geht die Arbeit weiter. Mein Briefsammlungsband ist seit einigen Wochen endlich umgebrochen, ich bin fleißig beim Index. Vom DA ist das neue Heft schon im Druck. Meinen Patricius-Aufsatz habe ich daraus zurückgezogen, da genügend anderer Stoff vorhanden war. Sehr interessant werden die Aufsätze dieses Heftes allerdings nicht; dafür verspricht das nächstfolgende Heft nach den bereits vorliegenden Ankündigungen gut zu werden. Ich selbst will dafür einen Aufsatz über die Burgen Heinrichs I. schreiben, für die ich eine, wie mir scheint, famose Entdeckung gemacht habe: die angebliche Ummauerung der »Klöster«, die damals verfügt worden sein soll (Miracula S. Wigberti), war in Wirklichkeit eine Ummauerung der »Versammlungsstätten« (loca privata conventiculis honestorum virorum et feminarum), also der alten Kultstätten, die ohnehin meist mit den alten Volksburgen zusammenfielen; dies ist die Lösung des berühmten Rätsels der Burgen Heinrichs I. Den

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Patricius-Aufsatz dagegen gliedere ich meinem geplanten Buch ein, das in meinem Kopf in der letzten Zeit schon einigermaßen Gestalt gewonnen hat. »Forschungen zum frühdeutschen Geistesleben«. 1. Bd.: Zur Gelehrsamkeit im Staatsleben. Zerfällt in zwei Teile: 1. Die Begriffe Germanien und Deutsch im Frankenreich. 2. Die Gelehrten im ottonisch-salischen Staat. Zum 2. Teil eine Reihe von Exkursen. Stimmt es, daß man Sie nach Münster holen will? Und würden Sie das annehmen? – Bitte empfehlen Sie mich Ihrer Frau Mutter! Mit herzlichen Grüßen immer Ihr Carl Erdmann Angriff auf Hawai]Überfall auf den amerikanischen Flottenstützpunkt Pearl Harbor am 7. Dezember 1941. in der deutschen Zeitung]Gemeint ist wohl die Deutsche Allgemeine Zeitung, die Erdmann regelmäßig las (vgl. oben Nr. 116). – Gleich nach dem japanischen Angriff auf Pearl Harbor und dem Eintritt Amerikas in den Krieg wurde eine Vielzahl von Behörden und Ausschüssen geschaffen, die die Umstellung der amerikanischen Wirtschaft von der Friedens- auf die Kriegsproduktion organisieren sollten. Mit dem ersten und zweiten War Powers Act (Dezember 1941 bzw. März 1942) wurden dem Präsidenten umfassende Vollmachten zur Kontrolle der Wirtschaft wie des Post- und Nachrichtenwesens eingeräumt. Der Slogan »Remember Pearl Harbor« wurde durch einen amerikanischen Offizier kreiert und dann von der staatlichen Propaganda verwendet. Patricius-Aufsatz]Vgl. oben Nr. 120. Aufsatz über die Burgen Heinrichs I.]C. Erdmann, Die Burgenordnung Heinrichs I., in: DA 6 (1943), S. 59–101. Vgl. dazu unten Nr. 136. Reihe von Exkursen]Zum Teil publiziert unter dem Titel: Forschungen zur politischen Ideenwelt des Frühmittelalters (vgl. oben zu Nr. 120).

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270 BRIEFE 124.  An Helmut Beumann (NL Beumann. – Masch. Or.) Berlin-Zehlendorf, den 25. März 1942 Lieber Herr Beumann! Seit dreieinhalb Monaten habe ich nichts mehr von Ihnen gehört. Das will bei den schlechten Postverhältnissen an sich nichts sagen, aber allmählich will ich nun doch wieder einen Versuch machen, in Kontakt mit Ihnen zu kommen. Ihr letzter Brief war noch geschrieben, ehe die Dinge in Rußland die üble Wendung nahmen. Von der Abscheulichkeit des Winterkrieges, wie er sich seither dort entwickelt hat, können wir hier uns nur eine dunkle Vorstellung machen. Selbst Gladiß, der nicht zu großen Worten neigt, schrieb, daß die Dinge, die sich dort abspielten, in ihrer Größe und Furchtbarkeit unbeschreibbar wären. Ich hoffe, daß Ihr Posten Sie immer noch vor dem Schlimmsten bewahrt hat. Von den sechs ehemaligen Angehörigen des Reichsinstituts, die an der Ostfront standen, sind jetzt drei gefallen, Gläser, Schotte und Samse. Einer, Roe­the, ist verwundet, zwei, Gladiß und Diefenbach, stehen noch an der Front. Ich geniere mich fast, Ihnen von hier zu schreiben. Aber vielleicht ist es Ihnen doch lieb, wieder etwas aus dieser fernen Welt zu hören. Stengel geht auf eigenen Wunsch nach Marburg auf seine alte Professur zurück, während Theodor Mayer hier Präsident wird, nominell schon zum 1. April, faktisch wohl im Laufe des Mai. Wie der Wechsel sich für das Institut auswirken wird, läßt sich noch nicht sagen. Theodor Mayer ist politisch rührig, betreibt »Kriegseinsatz der Geisteswissenschaften« u. dgl., scheint aber doch sehr wohl zu wissen, daß darüber nicht die Mon. Germ. vor die Hunde gehen dürfen. Wie gesagt, man muß abwarten. Kürzlich kehrte Schieffer aus Paris hierher zurück. Er ist als Kriegsverwaltungsassessor entlassen, hat also seine Hauptmannsuniform ausgezogen und wartet hier seine neue Einziehung ab, wird also demnächst Rekrutenuniform anziehen. Sonderbare Verhältnisse! Man hat hier im Januar und Februar wieder einmal wie toll eingezogen, neuerdings scheint das aber mehr ge-

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stoppt zu sein; man schaut nicht durch. – Hübinger ist noch in Koblenz und stöhnt über arische Recherchen als einzigen Lebensinhalt. Ich hoffe bald wieder von Ihnen zu hören. Mit herzlichem Gruß immer Ihr C. Erdmann in Rußland die üble Wendung]Sowjetische Winteroffensive ab dem 5. Dezember 1941. Kriegseinsatz der Geisteswissenschaften]Vgl. oben zu Nr. 118. demnächst Rekrutenuniform]Bis Anfang 1942 war Theodor Schieffer zur Archivschutzkommission abkommandiert, war also an der Inventarisierung der Quellen zur deutschen Geschichte in den französischen Archiven beteiligt. Ende Juli 1942 wurde er zum Militärdienst eingezogen.

125.  An Helmut Beumann (NL Beumann. – Masch. Or.) Klein Machnow, 6. April 1942 Lieber Herr Beumann! Ihr Brief vom 22. 2., den ich vor etwa einer Woche bekam, war mir geradezu eine Überraschung durch die Frische und Aufgeschlossenheit zu grundsätzlichem Nachdenken. Für unsereinen hier ist das fast beschämend, denn wir sind hier meist sehr matt geworden und haben wenig Schwungkraft für »bohrende« Gedanken. Man denkt hauptsächlich nur noch an sein Tagewerk, die tägliche Kalamität und den Krieg. Aber nun will ich mich natürlich nicht lumpen lassen und zusehen, daß ich mithalte. Ich möchte innerhalb Ihrer Fragestellungen trennen zwischen der Frage der Betrachtungsweise und der der Darstellung. Hinsichtlich der Betrachtungsweise möchte ich bescheiden bleiben und nur sagen, daß wir andere Entwicklungslinien verfolgen und in den Mittelpunkt stellen, als es etwa der Positivismus der Haupt- und Staatsaktionen oder der Iuristicismus der Verfassungsgeschichte tut, und daß wir die Veränderung auch nicht für eine objektive Vertiefung erklären, sondern nur deshalb vornehmen, weil wir diese Dinge jetzt für uns als besonders aufschluß-

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272 BRIEFE reich ansehen. Ich vermeide auch den Ausdruck »exakt«, weil ich im Bereich der Geisteswissenschaften auch nur eine Pseudo-Exaktheit erblicke, die oft die Irrtümer nur noch vergröbert (vgl. die Erzeugung des »Mainzer Diktators« durch Schmeidlers »exakte« Zettelmethode). Mir genügt stattdessen das bloße »belegt« oder »begründet«. Wenn Sie nach einem gemeinsamen Nenner fragen, so lautet dieser für mich: das Verständnis von Idee und Realität. Aber in welchem Maße das auch für die Arbeit anderer Leute gilt, möchte ich ganz offen lassen. Etwas anderes ist die Frage der Darstellung, an der ich selbst auch immer wieder von neuem knabbern muß. Geschichtliche Bücher, die einen ideengeschichtlichen Zusammenhang herausstellen wollen (meist in irgend einer Beziehung zu einer gegenwärtigen Problematik), können nicht die Form der Erzählung annehmen wie die klassische Geschichtsschreibung. Aber wenn sie eine Form haben, daß man sie nur »benutzen« und nicht »lesen« kann, so haben sie einfach ihre Aufgabe nicht voll gemeistert. Ein gutes Rezept zur Lösung dieser Frage habe ich bisher nicht gefunden; daß der »Kreuzzugsgedanke« und noch mehr die »Studien zur Briefliteratur« darstellungsmäßig unbefriedigend sind, weiß ich sehr wohl. Mein nächstes größeres Opus, an dem ich jetzt arbeite (aber noch ganz in den Anfängen), wird voraussichtlich die Form von getrennten Essais haben, dazu noch mit vielen Exkursen; daß das ebenfalls keine glückliche Lösung ist, liegt auf der Hand. Ein gutes Vorbild, das für solche Fälle paßt, habe ich bisher ebenfalls noch nicht gefunden. Wahrscheinlich ist die befriedigende Darstellung überhaupt kein grundsätzlich lösbares Problem, sondern eine Sache der persönlichen Befähigung, und ein Schelm gibt mehr, als er hat. Wenn Sie Rezensionen für das DA machen können, so werden wir alle uns sehr freuen. Ich sprach darüber mit Frl. Vienken, an die Sie ja auch direkt geschrieben hatten, und sie meinte, daß sich schon einiges an geeigneten kleineren Büchern für Sie finden würde. Sie bekommen also gegebenenfalls Bescheid. Im übrigen werden Sie wohl inzwischen auch die Nachricht erhalten haben, daß Stengel auf eigenen Wunsch auf seine Marburger Professur zurückkehrt und Theodor Mayer an seiner Stelle hier Präsident geworden ist. Die Übergabe der Geschäfte dürfte im Mai stattfinden. Wie sich dieser Wechsel praktisch auswirken wird, kann noch niemand sagen. Immerhin besteht begründete Aussicht, daß die Mon. Germ. darüber keinen Schaden leiden werden.

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Sie fragen nach meinen Prognosen. Aber die sind nicht entfernt mehr mit solcher Bestimmtheit möglich wie noch vor einem Jahr. Denn inzwischen hat die entscheidende Wendung stattgefunden, wir haben den Höhepunkt unserer Stärke überschritten, und jetzt in der zweiten Kriegshälfte hängt der Gang der Dinge nicht mehr in erster Linie von dem ab, was wir wollen, sondern von dem, was wir können. Ersteres war ziemlich leicht zu bestimmen, letzteres aber hängt von Faktoren ab, die sich dem Urteil des Laien entziehen. So z. B. gleich das nächste: wird es über die große Entfernung zur Ostfront bei den russischen Verkehrsverhältnissen und mit unserem zuschanden gefahrenen Zügepark möglich sein, für den Beginn des Sommers so große Zusammenballungen von Truppen und Material vorzunehmen, wie sie für eine Offensive im Stil der vorigjährigen erforderlich sind? Ich ahne das nicht. Und so gäbe es der Fragezeichen noch viele. Ich beschränke mich deshalb auf eine »langfristige Wettervoraussage«: wir werden uns 1942 und 1943 weiter in Rußland, im Vorderen Orient und im Mittelmeergebiet betätigen und werden unsere Kräfte dabei immer weiter anspannen und erschöpfen. Erst 1944, wenn nicht mehr sehr viel mit uns los sein wird, werden die amerikanischen Rüstungen auf die Höhe kommen und die eigentlichen Kämpfe mit den Angelsachsen beginnen, vielleicht nur auf entfernten und peripherischen Kriegsschauplätzen, die aber trotzdem entscheidend werden können. Ganz skeptisch bin ich bezüglich der Ja­ paner. Bisher hat ihr Kriegseintritt uns keinerlei Nutzen gebracht, da die Angelsachsen Ostasien einfach aufgeben und sich ganz auf unsere Bekämpfung konzentrieren wollen, wohl aber erheblichen Schaden durch die Art, wie Japan Amerika in den Krieg gebracht hat. Denn dadurch, daß die Amerikaner in Hawai wortwörtlich im Schlafe überfallen wurden und anschließend von uns den Krieg erklärt bekamen (was wir offenbar Japans wegen tun mußten), ist für uns die einzige Hoffnung geschwunden, die an diesem Punkte bestand, nämlich die auf die innere Schwäche der Amerikaner. Sie sind jetzt unter dem Stichwort »Remember Pearl Harbor« mit einer Geschlossenheit aufgestanden, die sonst undenkbar gewesen wäre, und militarisieren sich in einem Maße, das für das Jahr 1944 allerhand erwarten läßt. Eine Entlastung für uns würde erst zustande kommen, wenn die Japaner einen großen Seekrieg gegen die Schiffahrt im Indischen Ozean eröffnen. Ob sie das tun werden, vermag ich noch nicht zu sehen. Daß sie nach Indien selbst gehen wollen, ist ganz unwahrscheinlich, nach Sibirien bestimmt nicht; sie haben ja noch den großen Bissen China zu verschlucken und werden sicherlich nicht den Fehler machen,

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274 BRIEFE ihre begrenzten Kräfte ins Unendliche zu verströmen. Sie werden über solche Prophezeiungen wenig erbaut sein, und es ist zudem nichts Greifbares für dieses Jahr. Aber nochmals: ein Schelm gibt mehr, als er hat. Einstweilen herzliche Grüße von Ihrem C. Erdmann Erzeugung des »Mainzer Diktators« durch Schmeidlers »exakte« Zettelmethode]Bernhard Schmeidler, Kaiser Heinrich IV. und seine Helfer im Investiturstreit. Stilkritische und sachkritische Untersuchungen, Leipzig 1927. Diktator]Hier: Verfasser einer Urkunde, der deren Text diktiert. mein nächstes größeres Opus]Erdmann, Forschungen zur politischen Ideenwelt des Frühmittelalters (wie oben zu Nr. 120). ein Schelm]Deutsches Sprichwort, zitiert u. a. von Berthold Auerbach (Tausend Gedanken des Collaborators, 1875) und Theodor Fontane (Der Stechlin, 1898). Vgl. Goethe über Friedrich Schlegel: »Wer zu viel unternimmt, muss am Ende ein Schelm werden« (an Sulpiz Boisserée, 1811).

126.  An Helmut Beumann (NL Beumann. – Feldpostkarte; masch. Or.) Klein Machnow, den 7. April 1942 Lieber Herr Beumann! Nachdem ich Ihnen gestern einen Brief geschrieben habe, bekomme ich heute den Ihrigen vom 19. 3. und möchte Ihnen noch rasch dafür danken und meine Glückwünsche zu dem doppelten Avancement hinzufügen. Hoffentlich wird nun auch der Dienst für Sie leichter und ermöglicht Ihnen ein wenig wissenschaftliche Seitensprünge. Hoffnungen auf ein baldiges Kriegsende vermag ich, wie ich Ihnen gestern schrieb, nicht zu teilen. Aber das schließt ja einige Erleichterungen zwischendurch nicht aus. Mit herzlichen Grüßen getreulich Ihr C. Erdmann Avancement]Beförderung Beumanns zum Unteroffizier.

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127.  A  n Theodor Mayer (MGH-Archiv, B 569/247. – Masch. Durchschlag) [Berlin] 12. Juni 1942 Sehr verehrter Herr Professor! Gestern erhielten wir die Anzeige vom Tode Ihres Sohnes, und ich möchte Ihnen zugleich im Namen der übrigen Mitarbeiter unsere herzliche Teilnahme aussprechen. Ich habe Ihren Sohn in seiner Berliner Zeit auch ein wenig gekannt und mich an seinem frischen und zugleich überlegten Wesen gefreut. In der Wissenschaft hatte er schon einen Namen, und was Sie mir von ihm aus dem Felde erzählten, zeigte, daß er auch dort die Situation zu meistern wußte. Ich hoffe, daß das Bewußtsein vom Sinn unseres Lebens und unserer Arbeit Ihnen die Kraft gibt, diesen Verlust zu ertragen. […] In der Hoffnung, Sie in jedem Falle in der nächsten Woche hier zu sehen, und mit den besten Empfehlungen und Grüßen Heil Hitler! Ihr ergebener E. P. S. Falls Sie sich damit abfinden wollen, notfalls im Institut zu schlafen, so steht hier in Ihrem Zimmer eine Couch mit Decken und einem Kissen zur Verfügung; Bettwäsche könnten Sie sich vielleicht mitnehmen, und morgens würde unsere Putzfrau sicherlich bereit sein, Sie etwas zu versorgen. diesen Verlust]Theodor Mayer-Edenhauser war am 29. Mai an den Folgen einer Verwundung bei Charkov gestorben. Er hatte sich 1941 mit einer rechtshistorischen Arbeit in Prag habilitiert.

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276 BRIEFE 128.  An Maria Weirich (MGH-Archiv, B 575/217. – Masch. Durchschlag) [Berlin] 8. Juli 1942 Sehr verehrte, gnädige Frau! In der Zeitung lese ich mit Erschütterung die Anzeige vom Tode Ihres Mannes. Sie wissen, daß ich bei seinen beiden Berliner Aufenthalten mit ihm in ständiger Berührung war, zuerst im Dahlemer Archivinstitut und dann im Reichsinstitut, und daß daraus eine freundschaftliche Verbundenheit wurde. Ich habe sein offenes und treues Wesen sehr gerne gehabt und von seinen Fähigkeiten viel gehalten. So habe ich mich auch später an seinem raschen Aufstieg gefreut und große Hoffnungen auf ihn gesetzt. Nun ist alles zu Ende und Sie sind mit Ihrer kleinen Tochter allein. Mögen Sie in dem Beistand und der Fürsorge lieber Menschen Trost finden. In herzlichem Gedenken Ihr ergebener E. Ihres Mannes]Hans Weirich, am 14. Juni 1942 bei Kursk gefallen.

129.  An Federico Serafini (NL Serafini; masch. Or.) Berlin-Kleinmachnow, il 12 luglio 1942 Caro Ferruccio! Colla Sua lettera Lei mi ha fatto grande gioia. Mi rallegro sapendo che Lei continua sempre di aver cura dell’Istituto e di pensar ai membri d’un altro tempo. Sì, erano bei tempi i sei anni a Roma con Lei e Francesca e il dott. Laehr

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e gli altri. Mi ricordo benissimo il Suo fervore e la Sua cura. È strano di sapere che Lei è sempre al Suo posto, mentre tutto il resto ha cambiato tanto e non cesserà di cambiare. Lei è adesso il Patriarca dell’Istituto, e suppongo che tutti vengono da Lei per dimandarLe consigli. Fra pochi giorni saranno dieci anni che ho dovuto lasciare Roma. Allora ci voleva la violenza per cacciarmi via. Ma il passato non torna. Già quando lasciai Roma, pensai che non tornarei mai, e lo stesso penso oggi, perchè mi sono fissato adesso a Berlino e si vorrebbe un’altra volta la violenza per cacciarmi da qui. Non sò ancora precisamente cosa farà il nuovo Direttore, ma penso che fra qualche mese irà a Roma, e allora Lei saprà meglio di me. Mamà è divenuta un pò debole in questi ultimi anni, ma continua sempre collo spirito vivo e attivo a La saluta mille volte. Lo stesso faccio io e La prego di credermi sempre Suo amico. Carl Erdmann [Hsl.] Scusi i sbagli di grammatica, ho dimenticato tanto!

Übersetzung: Berlin-Kleinmachnow, 12. Juli 1942 Lieber Ferruccio! Mit Ihrem Brief haben Sie mir eine große Freude gemacht. Ich gratuliere, weil ich weiß, dass Sie immer für das Institut Sorge tragen und an die Mitglieder aus einer anderen Zeit denken. Ja, es waren gute Zeiten, die sechs Jahre in Rom mit Ihnen, Francesca, Dr. Laehr und den anderen. Ich erinnere mich sehr gut an Ihren Eifer und Ihre Fürsorglichkeit. Es ist merkwürdig, zu hören, dass Sie immer noch an Ihrem Platz sind, während alles andere sich so sehr geändert hat und auch nicht aufhören wird, sich zu ändern. Sie sind jetzt der Patriarch des Instituts und ich nehme an, dass alle zu Ihnen kommen, um Sie um Rat zu fragen. In wenigen Tagen wird es zehn Jahre her sein, dass ich Rom verlassen musste. Damals brauchte es Gewalt, um mich zu vertreiben. Aber die Vergangenheit kehrt nicht wieder. Schon als ich von Rom wegging, dachte ich, dass ich niemals zurückkehren würde, und dasselbe denke ich heute, weil ich mich jetzt in Berlin niedergelassen habe und man ein weiteres Mal Gewalt

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278 BRIEFE brauchen würde, um mich von hier zu vertreiben. Ich weiß nicht genau, was der neue Direktor tun wird, aber ich denke, dass er in einigen Monaten nach Rom fahren wird, und dann werden Sie mehr über mich erfahren. Mama ist in den letzten Jahren ein bisschen schwach geworden, aber macht mit wachem und regem Geist immer weiter und grüßt Sie tausendmal. Dasselbe tue auch ich und bitte Sie, mich immer als Ihren Freund zu betrachten. Carl Erdmann Entschuldigen Sie die Grammatikfehler, ich habe so viel vergessen! per cacciarmi via]Vgl. oben Nr. 87. irà a Roma]Theodor Mayer reiste im Oktober 1942 für zwölf Tage nach Rom, um »die notwendige Ordnung im ganzen Betrieb herbeizuführen« (zit. Heinzel, Theodor Mayer, S. 180).

130.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Postkarte, masch. Or.) Berlin-Kleinmachnow, 18. Juli 1942 Lieber Tellenbach! Auch ich hatte längst die Absicht, unsere Korrespondenz anzukurbeln, und hoffe bald dazu zu kommen. Für jetzt nur Ihre Fragen: 1) ein Heft des DA ist gesetzt und soll im Herbst erscheinen. Ihr Aufsatz kann also erst ins nächste Heft. Da will Theodor Mayer ihn aber durchaus hinein haben und bittet um Ihr Manuskript bis Ende August. Länge allerdings nicht über 1 Bogen. 2) Den Plan eines Sammelbandes über Ludwig den Deutschen hatte ich meinerseits aufgegeben, da ich meinen eigenen betr. Beitrag im Rahmen meines geplanten Buches bringen will. Auf Grund Ihrer Anfrage sprach ich nun heute mit Theodor Mayer, der sofort zugriff und den Plan verwirklichen will, allerdings anders, als ich gedacht hatte, stärker auf 843 zugeschnitten und auch für einen etwas weiteren Kreis. Er läßt Ihnen einen Gruß bestellen, und er hoffe, von Marburg aus, wohin er Ende der Woche zurückkehrt, Sie einmal in Gießen

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aufsuchen zu können, um über dies und anderes zu reden. – Daß Weirich gefallen ist, werden Sie gehört haben, auch daß Schmeidler einen Schlaganfall hatte und Kehr am Blinddarm operiert wurde. Daß Sie Bock für Gießen abgelehnt haben, begreife ich natürlich. Aber wohin mit dem Unglücksmann? Aus Rom soll er weg (mit Recht) und wohin soll er, wenn keine Universität ihn nimmt? – Ich arbeite z. Zt. mit Eifer an einem Aufsatz über die Burgen Heinrichs I., der ebenfalls ins DA soll. Vielleicht muß ich dafür noch nach Hersfeld fahren, wo ich einer wohl noch teilweise vorhandenen, aber grotesk verkannten Heinrichsburg auf der Spur bin. Alles Gute Ihnen und Ihrer Frau Mutter! Ihr C. Erdmann Ihr Aufsatz]Gerd Tellenbach, Wann ist das deutsche Reich entstanden? in: DA 6 (1943), S. 1–41. auf 843 zugeschnitten]Vgl. unten Nr. 133. aus Rom soll er weg]Theodor Mayer hielt Friedrich Bock für unfähig, das römische Institut zu leiten; seine Ablösung sei »unbedingt nötig« (zit. Heinzel, Theodor Mayer, S. 180). Heinrichsburg]Erdmann, Die Burgenordnung Heinrichs I. (oben zu Nr. 123), S. 84–87 über Hersfeld.

131.  An Franz Pelster (MGH-Archiv, B 570/15. – Masch. Durchschlag) [Berlin] 27. Juli 1942 Sehr geehrter Herr Professor! Vielen Dank für Ihre Karte vom 14. d. Mts. und für Ihre beiden Sonderdrucke, die ich soeben erhalte und mit Vergnügen unserer Bibliothek einreihe. Daß Professor Michel anderer Meinung ist, hat er mir bereits geschrieben, doch ist mir das noch nicht maßgebend, da ich auch seine Methode des Stilvergleichs noch nicht für endgültig halte. Ich verweise auf meine Anzeige im »Deutschen Archiv« IV, 1941 S. 536 und für meine eigenen Versuche auf dem Gebiete der Stiluntersuchung auf mein 1938 erschienenes Buch »Studien zur Briefliteratur

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280 BRIEFE Deutschlands im 11. Jahrhundert« (Schriften des Reichsinstituts 1). Je mehr Untersuchungen von verschiedenen Ansatzpunkten her und auf verschiedenen Wegen durchgeführt werden, desto besser; man lernt aus allen. Was die übersehene Literatur betrifft, so ist auch mein Schuldkonto auf diesem Gebiete nachgerade groß genug geworden, um mich von der Läßlichkeit dieser Sünde zu überzeugen. Ihre damalige Untersuchung hat mir wegen ihrer theologischen Gesichtspunkte soviel Anregung gegeben, der nachzugehen ich noch vorhabe, daß die andern Punkte, wo man schon weiteres wußte, mich kaum gestört haben. Haben Sie also nochmals besten Dank! Einen eigenen Sonderdruck, in dem der Stilvergleich ebenfalls eine Rolle spielt, lasse ich Ihnen gleichzeitig zugehen. Mit verbindlichster Empfehlung Ihr sehr ergebener E. meine Anzeige im »Deutschen Archiv«]Anzeige von: Anton Michel, Das Papstwahlpactum von 1059 (Hist. Jb. 59 [1939], S. 291–351).

132.  An Norbert Fickermann (NL Eickermann, Korrespondenz. – Masch. Or.; Durchschlag: MGH-Archiv, B 566, Bl. 99) Berlin NW 7, 5. August 1942 Lieber Herr Fickermann! Auf Ihre letzte Karte habe ich damals nicht geantwortet, weil die Feldpostadresse fehlte und ich diese erst abwarten wollte. Inzwischen haben wir sie nun bekommen, und ich nehme eine Sendung Stachs zum Anlaß, Ihnen wieder zu schreiben. Stach sandte Ihr Wipo-Manuskript zurück, das ich verabredungsgemäß hier in eine Schublade lege, und schickte außerdem den hier beiliegenden Brief für Sie.

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In Sachen der Epistolae ist nun längst die Entscheidung gefallen. Der vorhandene Großoktav-Satz wird in die Quartserie übernommen, wird aber nicht, wie ich gedacht hatte, zu einem Bande mit Gesamtindex zusammengefaßt, sondern der Rather kommt als Epistolae XI Heft 1 (ohne Index) gesondert, während Wormser Sammlung, Hannoversche, Meinhard, Regensburger und eine kleine Briefgruppe, mit deren Bearbeitung ich in ein paar Tagen fertig bin, zu einem Bande (Epistolae XII) zusammengefaßt werden. In Epistolae XI sollen dann noch Gerbert und die Epistolae variorum der Ottonenzeit kommen, was natürlich gute Weile hat. Indexarbeit gibt es also bis auf weiteres nur für den salischen Band XII. Es ist im übrigen sehr fraglich, ja sogar unwahrscheinlich, daß diese Dinge in absehbarer Zeit überhaupt erscheinen können. Denn allmählich hören die Möglichkeiten auf. Die Druckerei in Gräfenhainichen, die den Rather und die Wormser Sammlung druckt, hat die Arbeit einstellen müssen, da sie nur noch für Rüstungszwecke tätig sein darf, und die Druckerei in Langensalza, die die übrigen Teile hat, macht vorläufig wieder einmal Pause. Ferner hält der Verlag es für unwahrscheinlich, daß wir das Papier bekommen. Er will den Satz zwar nach Möglichkeit abschließen lassen, dann aber matern (in Metall gießen) und so bis zur Wiederkehr besserer Zeiten aufbewahren. Wir unsererseits führen die Arbeit also fort, so lange es geht. Falls die Druckerei in Langensalza die Arbeit wieder aufnimmt, hat sie zunächst die kleine jetzt von mir bearbeitete Briefgruppe neu zu setzen und im übrigen den gesamten bisherigen Satz umzupaginieren. Führt sie dies aus, so kommt die Indexarbeit. Die Namen- und Zitatenindices haben Bulst und ich ja im wesentlichen schon gemacht, sie wären nur auf die neuen Seitenzahlen umzustellen, was ja bloß ein Additionsexempel wird, und ineinander zu schieben. Der schwierige Sachund Wortindex ist noch zu machen. Haben Sie dafür Interesse und meinen Sie, daß wir Schritte unternehmen sollen, um Sie für diese Arbeit loszueisen? Wie gesagt, das kommt nur in Frage, wenn die Druckerei die erforderlichen Vorbedingungen erfüllt, aber dann wäre es mir wenigstens sehr recht, und da Sie ja an dem Band ebenso beteiligt sind wie Bulst und ich, ließe sich Ihre Tätigkeit am Index selbstverständlich rechtfertigen. Zeitliche Schwierigkeiten, falls wir dann auf Ihre Beurlaubung etwa warten müssen, würden wohl auch keine Rolle spielen, wenn man vorläufig doch noch nicht für die Druckerpresse, sondern nur für die Materung arbeitet. Im übrigen geht unsere Arbeit noch weiter, wenn auch mit wachsenden Hemmungen. Der neue Chef macht einiges Neue, setzt aber auch das Alte fort.

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282 BRIEFE Sie können bei Ihren Überlegungen im allgemeinen voraussetzen, daß alles beim Alten geblieben wäre. Mit herzlichen Grüßen Heil Hitler! Ihr Carl Erdmann Ihr Wipo-Manuskript]Nicht publiziert.

133.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Kleinmachnow, 16. August 1942 Lieber Tellenbach! Endlich setze ich mich einmal zu einem ordentlichen Brief hin und hoffe, nicht ausschließlich in der gewohnten Dürre steckenzubleiben. Es geht mir ganz sonderbar. In dieser traurigen Zeit mit allen ihren Hiobsposten, Alltagsbedrängnissen und drohenden Zukunftssorgen kommt meine innere Stimmung eigentlich immer mehr in eine gewisse Behaglichkeit hinein; es ist wohl eine Erscheinung der Lebensaltersstufe, da das individuelle Wellengesetz eben doch nicht restlos vom allgemeinen Geschehen beherrscht wird. Und diese Behaglichkeit verklebt mir die Seele und die Zunge noch mehr, als das ohnehin schon der Fall war. Manchmal denke ich, daß das Geschick mir vielleicht eine gewaltige Aufrüttelung muß zuteil werden lassen, was ja unter den heutigen Umständen oder sonst unter den Geschehnissen der nächsten Jahre jederzeit eintreten kann. Kommt es aber nicht, so werde ich zwar noch allerhand Arbeit leisten können und hoffentlich nicht so bald ein unnützes Glied der Gesellschaft werden, aber jedenfalls ein sehr trockenes. Verzeihen Sie diese Selbstanalyse; die Stille des Sonntagnachmittags und das angenehmheiße Wetter bringen auf solche Gedanken.

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Sie sind nun also Doppel-Professor in Gießen und Münster, und ich kann mir vorstellen, welche Schererei das macht. Soll dieser Zustand auch im Winter noch andauern? Ich möchte immer noch glauben, daß das Ministerium sich eines Tages entschließt, einige Universitäten »bis Kriegsende« zuzumachen, denn der Professorenmangel wird ja immer schlimmer. Und bei dem augenblicklichen Zurücktreten des männlichen Elements (das doch schließlich die Hauptsache sein sollte) unter den Studenten ließe sich eine gewisse Kontraktion wohl ertragen. Vielleicht bringt die Entwicklung des Luftkrieges auch in dieser Frage eine Gewaltlösung zustande. Verblüfft war ich über Ihre Frage wegen Roms (Grundmann, Klewitz usw.). Denn dort ist doch nun seit einigen Monaten Theodor Mayer Direktor, und es ist mir völlig unbekannt, daß er die Direktion wieder abzugeben bereit wäre. Hat er Ihnen irgendetwas Diesbezügliches gesagt? Ich selbst habe ihm zwar von vorn herein geraten, Rom nicht zu übernehmen, und ihm kein Hehl gemacht aus meiner Ansicht, daß das dortige Institut jetzt nach meiner Meinung nur noch zum Blamieren gut ist. Aber er hat mir natürlich keinen Glauben geschenkt. Mein Verhältnis zu Theodor Mayer hat sich bisher ganz nach meinen Wünschen entwickelt. Ohne daß es irgend eine Verstimmung gegeben hätte, ist es ganz kühl geblieben, was mir sehr recht ist, da ich ja keine Lust habe, Stunden am Tage durch »Plauschen« zu verlieren. Er hat wohl gemerkt, daß ich bei allen länger werdenden Unterhaltungen von hinnen drängte, und läßt mich infolgedessen ziemlich in Ruh. Da ich auch von den Geschäften abwimmele, was sich abwimmeln läßt, und ihn die Dinge nach Möglichkeit allein mit unserem Rechnungsrat erledigen lasse, bin ich mit der ganzen Direktion verhältnismäßig wenig belastet. Ich glaube das auch beanspruchen zu können, denn schließlich bekomme ich ein Stipendium für die Bearbeitung der Epistolae, begnüge mich damit, verlange aber dafür auch eine mir genehme Arbeit; er bekommt das Direktorengehalt, also kann er auch die Plackerei haben, die an einer Direktion nun einmal hängt. Ein Einfluß meinerseits auf die Institutsleitung entwickelt sich auf diesem Wege natürlich nicht – aber steht mir danach der Sinn? Mayer selbst scheint die Dinge auch so anzusehen, denn man muß ihm lassen, daß er sich um die Geschäfte ernsthaft kümmert, wenn er hier ist. Letzteres ist vorerst allerdings noch nicht sehr viel der Fall gewesen, doch denke ich, daß es in Zukunft etwa die Hälfte der Zeit sein wird. Der Sammelband über 843, so wie Sie ihn skizzieren, wäre sachlich ja garnicht so übel. Persönlich habe ich aber doch die egoistische Hoffnung, daß er

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284 BRIEFE nicht zustande kommt. Denn wenn er erscheint, kann ich mich ihm nicht entziehen, für meinen Beitrag paßt mir der popularisierende Charakter aber garnicht, und ich sehe noch nicht, wie ich mich überhaupt aus der Affäre ziehe. Augenblicklich beschäftigt mich noch der Aufsatz über die Burgenordnung Heinrichs I. (für das nächste DA), jetzt zu drei Vierteln fertig. Die geplante Reise nach Hersfeld gehört in der Tat noch dazu, ihr Ergebnis kann aber nachträglich als Anmerkung angefügt werden. Irgendwann im September werde ich voraussichtlich hinfahren. Der Gedanke eines Umwegs über Gießen wäre lockend, und ich will die Züge studieren, ob es sich machen läßt. Würde ich bei Ihnen ein Nachtlager haben können? Bitte bestellen Sie Ihrer Frau Mutter meine besten Wünsche für Ihre Gesundheit. Es gibt jetzt leider viel Krankheit. Mit herzlichem Gruß immer Ihr C. Erdmann Bitte schreiben Sie mir noch einmal Ihre Adresse, Bismarck- und Frankfurterstr. gehen mir durcheinander. Doppel-Professor in Gießen und Münster]1942 wurde Tellenbach nach Münster berufen, versah aber im Sommersemester 1942 wie auch im Winter 1943/44 beide Lehrstühle (Tellenbach, Aus erinnerter Zeitgeschichte, S. 59 f.). Sammelband über 843]Der Vertrag von Verdun 843. Neun Aufsätze zur Begründung der europäischen Völker- und Staatenwelt, hg. von Theodor Mayer, Leipzig 1943. Aufsatz über die Burgenordnung Heinrichs I.]Vgl. oben zu Nr. 123, 130.

134.  An Helmut Beumann (NL Beumann. – Hsl. Or.) Blankenburg / Harz, 24. 8. 42, Rübeländerstr. 7 bei Prof. Witte Lieber Herr Beumann! Vielen Dank für Ihre Karte, ich muß aber leider absagen. Auf der Hinreise ging es garnicht, und auf der Rückreise – ganz abgesehen von der Unsicherheit, Sie dann noch zu treffen – werde ich ebenfalls durchfahren müssen. Denn ich bin

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im Gefolge einer Verdauungsstörung z. Zt. so geschwächt, daß ich mich nur mit Mühe auf den Beinen halte und jede vermeidbare Anstrengung unterlassen muß. Ich hatte die Kriegsernährung noch bis vor kurzem gut ausgehalten, jetzt ist es mit einem Mal vorbei. Wir müssen unser Wiedersehen also auf eine gelegenere Zeit vertagen. Gestern bekam ich von Diefenbach die Antwort auf meine Ihretwegen gestellte Anfrage. Ich lege sie Ihnen bei, bitte aber um Rückgabe, da ich noch darauf antworten will. Sie sind insofern in andrer Lage, als Sie ja schon bei einem rückwärtigen Truppenteil waren und nicht erst mit der kämpfenden Truppe zurückgezogen werden sollen (was Diefenbach offenbar falsch verstanden hatte). Infolgedessen zweifle ich, ob der Weg eines eigenen Gesuches für Sie überhaupt gangbar wäre. Immerhin ist sein Brief Ihnen vielleicht nützlich. Seine Abneigung gegen die Pariser Erfahrungen braucht Sie nicht anzufechten; er ist Idealist und stößt sich am mangelnden Idealismus seiner Mitmenschen mehr als notwendig. Mit herzlichem Gruß Ihr Carl Erdmann

 n Eugen Lerch 135.  A (MGH-Archiv B 569/35. – Masch. Durchschlag) [Berlin] 4. September 1942 Sehr geehrter Herr Professor! Namens der Monumenta Germaniae, deren Mitarbeiter und Bibliothekar ich bin, möchte ich Sie für unsere Bibliothek um einen Sonderdruck Ihrer Arbeit über das Wort Deutsch bitten. Sie wird bei uns eifrig benutzt werden, da der Gegenstand für den Historiker mindestens so wichtig ist wie für den Philologen. Auch würde ich gerne für unsere Zeitschrift, das Deutsche Archiv für Geschichte des Mittelalters, eine Anzeige machen. Persönlich möchte ich Ihnen gleichzeitig meinen Dank für die reiche Belehrung, die ich aus dem Aufsatz geschöpft habe, und meine freudige Zu-

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286 BRIEFE stimmung zum Ausdruck bringen. In Kürze erscheinen in der genannten Zeitschrift meine Anzeigen von Weisgerber, Brinkmann und Frings, in denen ich gleich Ihnen Brinkmann zugestimmt, Weisgerber und Frings widersprochen habe. Auch habe ich bereits 1935 im Sammelband »Karl der Große oder Charlemagne?« in einem Beitrag über den Namen Deutsch, wenn auch nicht in den Einzelheiten, so doch in der Grundauffassung den gleichen Standpunkt vertreten, wie Sie ihn jetzt ausführlich begründen: den gelehrten Ursprung und den Vorrang der lateinischen Form. Eine größere Arbeit über die historische Rolle der gelehrten Begriffe Theodiscus, Teutonicus und Germania hoffe ich im nächsten Jahre ausarbeiten zu können. Der dafür erforderlichen Auseinandersetzung mit Weisgerber hatte ich mit Sorge entgegengesehen, weil ich als Historiker natürlich nicht auf philologischem Terrain zu kämpfen vermag. Dieser Mühe sehe ich mich jetzt mit Freude durch Sie überhoben. So möchte ich Ihnen denn zum Ausdruck bringen, daß auch aus geschichtlichen Gründen Ihre Auffassung wesentlich besser begründet ist also die von Ihnen bekämpfte. Darf ich bei dieser Gelegenheit zugleich eine Frage an Sie als Romanisten richten. Bildet nicht das italienische »volgare«, auf die Sprache bezogen, eine Parallele zu unserem »deutsch«? Es bedeutet im Italienischen allgemein eine Volkssprache, vorwiegend aber schon das Italienische. Nehmen wir es nun ins Deutsche hinüber, wie es in der gelehrten Sprache doch oft geschieht, so begrenzt sich die Bedeutung erst recht auf das Italienische oder höchstens auf das Romanische generell. Ist das nicht der gleiche Vorgang, wie er bei der Herübernahme des germanischen Wortes theodisk – vorausgesetzt daß ein solches existiert hat – ins Lateinische stattgefunden hat? Freilich der weitere Schritt, der Übergang vom Sprachnamen zum Volksnamen, hat sich im Wort volgare nicht vollzogen. Ist aber die Entstehung des Namens Deutsch durch diese Parallele nicht wenigstens zur Hälfte ihrer Singularität enthoben? Mit verbindlichsten Empfehlungen Heil Hitler! (Dr. Carl Erdmann) Sonderdruck Ihrer Arbeit]Eugen Lerch, Ist das Wort »Deutsch« in Frankreich entstanden? in: Romanische Forschungen 56 (1942), S. 144–178. eine Anzeige]DA 6 (1943), S. 304 f.

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1942 287 meine Anzeigen von Weisgerber, Brinkmann und Frings]DA 5 (1942), S. 576 f. über Joh. Leo Weisgerber, Theudisk. Der deutsche Volksname und die westliche Sprachgrenze (1940); Hennig Brinkmann, Theodiscus, ein Beitrag zur Frühgeschichte des Namens »Deutsch« (in: Altdeutsches Wort und Wortkunstwerk, 1941); Theodor Frings, Das Wort Deutsch (ebd.). bereits 1935 im Sammelband]Vgl. oben zu Nr. 24.

136.  An Josef Hörle (MGH-Archiv, B 567/227. – Masch. Durchschlag) [Berlin] 4. September 1942 Sehr geehrter Herr Studienrat! Für die Übersendung des erbetenen Bandes von »Mein Heimatland« und Ihr Schreiben vom 19. August sage ich Ihnen namens des Reichsinstituts meinen besten Dank. Sie erhalten ihn beiliegend eingeschrieben wieder zurück. Gleichzeitig ergreife ich die Gelegenheit, Ihnen von dem Forschungsgegenstand Kenntnis zu geben, um den es sich dabei handelt, indem ich Sie bitte, etwaigen Interessenten davon Nachricht zu geben. Ich plane, in der zweiten Monatshälfte für einen halben Tag zu einer Ortsbesichtigung nach Hersfeld zu kommen, und werde mich natürlich freuen, wenn ich bei dieser Gelegenheit den Gegenstand mit einem Sachkenner besprechen kann. Die in Hersfeld geschriebenen »Miracula sancti Wigberhti« des 10. Jahrhunderts bringen eine vielzitierte Nachricht von den Befestigungen, die unter Heinrich I. wegen der Ungarnnot angelegt wurden. Man hat sie bisher allgemein so aufgefaßt, daß die »Klöster« befestigt wurden. Ich habe nun festgestellt, daß es sich um einen simplen Übersetzungsfehler handelt und in Wirklichkeit die »Versammlungsstätten« (Dingstätten) befestigt wurden; alle andern Fachleute, denen ich die Stelle vorlegte, haben mir einhellig zugestimmt. Daraus ergeben sich nun wichtige Schlußfolgerungen für die berühmte Streitfrage der Burgen Heinrichs I.; ein Aufsatz von mir über dieses Thema soll für die Zeitschrift der Monumenta Germaniae in wenigen Wochen in Druck gehen. Nun enthält die genannte Quelle auch einen Bericht über den Hersfelder Befestigungsbau. Dieser Bericht ist erstaunlicherweise erst in Bruchstücken

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288 BRIEFE gedruckt und wird erst jetzt von mir im vollen Text aus der Handschrift veröffentlicht werden. Es ergibt sich daraus die bisher unbekannte Tatsache, daß das Kloster Hersfeld damals bereits Mauer und Graben besaß und daß unter Heinrich I. (durch Ummauerung der Versammlungsstätte) eine zweite Befestigung errichtet wurde, die höher lag, aber in der Nähe. Da das »Alte Ding« auf dem Johannesberg als zu weit entfernt (zudem auf der andern Flußseite) ausscheidet, kann es sich nur um den Frauenberg handeln, auf dem damals die Hersfelder Pfarrkirche stand und deshalb auch die Versammlungsstätte zu vermuten ist. In der Tat befindet sich auf dem Frauenberg rings um die Kirchenruine eine alte »Kirchhofsmauer«, von der noch Reste erhalten sind und deren Verlauf noch überall feststellbar sein soll. So ergibt sich der Schluß, daß diese Mauer die unter Heinrich I. angelegte Befestigung darstellt und erst in späterer Zeit als bloße Friedhofsmauer gedient hat. Der Fall ist offenbar typisch, denn alte »Kirchhofsmauern« von auffallender Festigkeit gibt es in Menge. Aber nur aus Hersfeld besitzen wir den Bericht über die Errichtung unter Heinrich I. Diese Mauer ist es, die ich bei meiner Anwesenheit in Hersfeld besichtigen möchte. Sollte einer der Herren des Hersfelder Geschichtsvereins für den Gegenstand Interesse haben, so bitte ich um Nachricht zwecks Verabredung eines Zusammentreffens. Ich mache noch darauf aufmerksam, daß der 5. Band von »Mein Heimatland«, von dem Sie mir Nr. 1–12 sandten, noch zwei weitere Nummern enthält, die ich inzwischen aus der Universitätsbibliothek Gießen erhielt. In Nr. 12 und 13 findet sich der von mir benutzte Aufsatz von Hafner über den Frauenberg. Nochmals mit bestem Dank und verbindlichsten Empfehlungen Heil Hitler! (Dr. Carl Erdmann) »Mein Heimatland«]In Hersfeld publizierte »Zeitschrift für Geschichte, Volks- und Heimatkunde«. ein Aufsatz von mir über dieses Thema]Erdmann, Die Burgenordnung Heinrichs I. (oben zu Nr. 123). – Vgl. die moderne Ausgabe: Michael Fleck (Hg.), Leben und Wundertaten des heiligen Wigbert, Marburg 2010, S. 122–125 (der Hg. macht sich Erdmanns Deutung zu eigen). aus der Handschrift veröffentlicht]Erdmann, Die Burgenordnung Heinrichs I., S. 64–66 (nach Wolfenbüttel, Herzog-August-Bibliothek, Cod. 76, 14 Aug. 2°); Fleck, Leben, S. 120–125. Aufsatz von Hafner]Philipp Hafner, Der Frauenberg bei Hersfeld, in: Mein Heimatland. Beilage zur Hersfelder Zeitung 5 (1921/22), ohne Seitenzählung.

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137.  A  n Helmut Beumann (MGH-Archiv B 564/201. – Masch. Durchschlag) Berlin-Kleinmachnow, 20. 9. 1942 Lieber Herr Beumann! Ich habe Ihnen für zwei Briefe zu danken, vom 25. 8. und 16. 9. Ein Zusammentreffen in Magdeburg ließ sich also nicht machen, ich war damals noch dauernd zu schwach. Inzwischen habe ich mich langsam gekräftigt, bis jetzt vor einigen Tagen eine neue Verdauungsstörung eingesetzt hat, die mich natürlich wieder ganz zurückwirft. Das wird nun wohl so bleiben, solange die schlechte Ernährung andauert; ich finde mich damit ab, bin ja auch nicht mehr der einzige, dem es so geht. Ihnen wünsche ich einen guten Erfolg der Lazarettbehandlung, wobei es mir jedoch nicht notwendig erscheint, daß dieser Erfolg schon rasch eintritt. Denn daß Sie die Magdeburger Existenz mit der wesentlich ungünstigeren Hildesheimer vertauschen, scheint mir durchaus nicht eilig. Über den Erfolg des von Eugen Meyer unternommenen Versuches wird man, fürchte ich, nur auf dem Wege etwas erfahren können, daß Sie eines Tages abkommandiert werden. Was den Vorschlag von Theodor Mayer betrifft, so war ich anwesend, als er vor einiger Zeit hier Ihren Brief bekam, mit dem Sie ihn diskret daran erinnerten. Er sagte, die Sache wäre nicht so einfach, er wisse nicht, ob es gehen werde. Bei seiner Abreise blieb dann Ihr Brief hier, ohne daß er m. W. etwas unternommen hat. In etwa zehn Tagen kommt er wieder her, ich will ihn dann daran erinnern. Daß Sie sich mit Ihrer Ars dictandi beschäftigen können, ist ja sehr erfreulich. Ich fürchte aber, daß Sie an keine Handschrift des Bernhard von Meung herankommen werden. Sowohl München wie die meisten andern Bibliotheken haben ihre Bestände in unzugänglicher Weise auswärts eingekellert (so übrigens zum Glück auch Karlsruhe, dessen Bibliothek neulich bei dem dortigen Großangriff gelitten hat). Höchstens jüngere Handschriften (Spätmittelalter) werden vielleicht noch erreichbar sein. Sie könnten also einen Versuch machen, insbesondere wenn eine jüngere Abschrift in Frage kommt. Wegen der Signaturen will ich morgen im Institut nachsehen (heute am Sonntag sitze ich natürlich zu Hause) und das Ergebnis am Schluß dieses Briefes hinzu-

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290 BRIEFE fügen. Auch will ich dann mit Frl. Vienken sprechen, die sicherlich keine Schwierigkeiten machen wird. Mit einer Photokopie wäre Ihnen wenig gedient bei dem schlechten Erhaltungszustand der Fragmente. Es wird wohl darauf herauskommen, daß wir diese originaliter an Ihr Staatsarchiv schicken. Daß Frl. Knabe, der ich einen Gruß zu bestellen bitte, im Rahmen der Mon. Germ. etwas arbeiten möchte, ist ja sehr erfreulich. Da sie sich aber bisher editorisch noch nicht betätigt hat, scheint mir kein anderer Weg möglich, als daß sie sich selbst eine Aufgabe sucht, die sie glaubt bewältigen zu können, und sich dann mit uns in Verbindung setzt, ob die Sache passen würde. Denn wenn wir unsererseits mit einem Vorschlag anfangen, so legen wir uns fest, und das können wir nicht tun, solange wir keine Vorstellung haben, was daraus wird. Was den Plan mit Heinrich I. betrifft, so hat der Verleger sich bisher hier nicht gemeldet. Ich meinerseits will keine briefliche Initiative ergreifen, wie ich Ihnen wohl schon seinerzeit sagte. Ohnehin ist mir der Plan bei den wachsenden Schwierigkeiten des Buchgewerbes immer zweifelhafter geworden. Bitte grüßen Sie Ihre Frau von mir. Hoffentlich geht es ihr gesundheitlich besser. Da das Wintersemester erst am 1. Dezember anfangen wird (wegen der Fronturlauber), wird sie ja noch lange in Magdeburg bleiben können. Mit herzlichen Grüßen immer Ihr E. Nachschrift 21. 9. Frl. Vienken erklärt zu meiner Überraschung, daß sie die Arbeit, die jahrelang geruht hat, wiederaufnehmen, sich vom Chef damit beauftragen lassen und sie bis Ostern fertigstellen will. Ich bin also leider nicht in der Lage, Ihnen die Fragmente zu schicken. Daß Jordan daraus das Testament Heinrichs des Löwen bearbeitet hat (Strecker-Festschrift 1941, Schriften des Reichsinstituts 6), werden Sie wissen. Über Bernhard von Meung kann ich im Augenblick nur ermitteln, daß die Sache wesentlich komplizierter geworden ist, da die Texte von Haskins teilweise einem Bernhard von Bologna zugewiesen werden. Für weitere Feststellungen, welche Handschriften für Sie infrage kommen, müßte ich für Sie erst Literatur aus der Bibliothek bestellen.

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1942 291 zwei Briefe]München, Archiv der MGH, B 564/203: Brief vom 16. September 1942, mit dem Beumann über den Stand seiner Arbeiten an der Halberstädter Ars dictandi (vgl. unten Nr. 137) berichtete. Gleichzeitig kam er auf Erdmanns »Plan eines Buches über Heinrich I.« zu sprechen. Er sei »gern bereit, dabei zu helfen oder wenigstens den Versuch zu machen, denn es steht ja noch dahin, ob mir das gelingen wird, was Sie sich nicht zutrauen«. Freilich wisse er nicht, wie es mit seiner Reklamation für das Reichsinstitut stehe. Er befinde sich noch im Lazarett und habe »endlich auch Muße und Gelegenheit gefunden, Ihren Kreuzzugsgedanken [Erdmanns »Entstehung des Kreuzzugsgedankens«] in Ruhe ganz zu lesen. Sie können sich denken, unter welchen Gesichtspunkten das geschah! Mehr noch als ich erwartet hatte, hat mich dies Buch in der Ansicht bestärkt, daß Ihre Arbeit eine objektive Vertiefung der Geschichtsforschung darstellt. Jedenfalls war mir diese Lektüre buchstäblich ein Erlebnis!« Ihren Brief […], mit dem Sie ihn diskret daran erinnerten]Helmut Beumann an Theodor Mayer, 2. September 1942 (München, Archiv der MGH, B 564/204). bei dem dortigen Großangriff]Fast vollständige Zerstörung der (nicht ausgelagerten) Badischen Landesbibliothek in der Nacht vom 2. auf den 3. März 1942. Ihr Staatsarchiv]Das Staatsarchiv Magdeburg, an dem Beumann ab 1939 tätig war. Frl. Knabe]Lotte Knabe war Schülerin von Erich Caspar und nach dessen Freitod bei Albert Brackmann mit einer Arbeit über »Die gelasianische Zweigewaltentheorie bis zum Ende des Investiturstreits« (Berlin 1936) promoviert worden. Plan mit Heinrich I.]Beumann hat diesen Plan erst 1968 mit der Herausgabe von Erdmanns »Ottonischen Studien« verwirklichen können. Fragmente […] Testament Heinrichs des Löwen]Aus Thea Vienkens Forschungsarbeit entstand ein Aufsatz, der durch Erdmanns Vermittlung gedruckt wurde: Th. Vienken, Die Pertzschen Formelbuchfragmente, in: AUF 18 (1944), S. 164–195. – Karl Jordan, Das »Testament« Heinrichs des Löwen und andere Dictamina auf seinen Namen, in: Corona quernea (oben zu Nr. 109), S. 367–376. Haskins]Charles Homer Haskins, An Italian Master Bernard, in: Essays in History, presented to Reginald Lane Poole, hg. von Henry William Carless Davis, Oxford 1927, S. 211–226.

138.  An Josef Hörle (MGH-Archiv, B 567/225. – Masch. Durchschlag) [Berlin] 21. September 1942 Sehr geehrter Herr Studienrat! Ihre freundliche Karte vom 15. d. M., für die ich Ihnen vielen Dank sage, traf hier leider erst am 17. ein. Am gleichen Tage war ich bereits in der Frühe nach Hersfeld abgereist, da ich meine Fahrt leider nicht später legen konnte,

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292 BRIEFE sodaß ich Ihre Karte erst bei der Rückkehr vorfand. So habe ich leider die Gelegenheit versäumt, mich mit Ihnen in Verbindung setzen zu können, und die Besichtigung des Frauenberges ohne ortskundige Führung vornehmen müssen. Ich habe zwar alles gesehen, was ich sehen wollte, auch das westliche Mauerstück, das jetzt in einem privaten Gemüsegarten steht. Aber Sie vermuten mit Recht, daß diese mich nicht befriedigen konnten. Der Verlauf der Umfassung scheint mir zwar durch die eindeutig erkennbaren Abböschungen im Norden und Süden im Verein mit den zwei erhaltenen Mauerstücken im Osten und Westen festgelegt zu sein. Aber diese Mauerstücke haben in der Tat keinen Befestigungscharakter, da sie nur 60–80 cm stark sind. Sie könnten vielleicht zu Torbauten gehört haben; über ihr Alter wage ich keine Aussage. Was mich am meisten stutzig macht, ist, daß keine Spur eines Grabens zu sehen ist. Denn die Miracula sagen ausdrücklich, daß außer einer Mauer auch ein tiefer Graben angelegt wurde. Dieser brauchte angesichts des abschüssigen Geländes nicht rings umher zu laufen, war aber als Halsgraben auf der Angriffsseite (Westen) unentbehrlich. Er müßte also völlig eingeebnet worden sein, wozu ein Grund nicht erkennbar ist. Ohne Ausgrabung läßt sich demnach nicht behaupten, daß es dort oben jemals eine Befestigungsanlage gegeben hat, und ich werde mich an diesem Punkte deshalb wesentlich vorsichtiger fassen müssen, als ich gedacht hatte. Das bedeutet zugleich, daß ich es nicht als sicher ansehen kann, daß die Frauenkirche die alte Pfarrkirche gewesen ist, was ja immer nur eine Vermutung war. Denn ich halte, unterstützt durch andere Beispiele, daran fest, daß die Versammlungsstätte, die damals befestigt wurde, bei der Pfarrkirche lag. Es scheint mir nicht ausgeschlossen, daß die alte Pfarrkirche schon an der Stelle der späteren Stadtkirche lag; in diesem Falle wäre eine Befestigungsanlage des 10. Jahrhunderts natürlich durch die spätere städtische Bebauung beseitigt. Von großem Interesse war mir, daß Sie in Hersfeld auch schon auf die Notwendigkeit aufmerksam geworden sind, die Miracula Sancti Wigberhti als Ganzes zu veröffentlichen. Auch ich besitze gleich Ihnen eine Photokopie des ganzen Textes und hattte schon wiederholt die Frage der Herausgabe überlegt. Der Text gehört selbstverständlich als Ganzes in die Monumenta Germaniae, und daß dort bisher nur ein Auszug steht, ist überraschend und beinahe skandalös. Leider ist bei dem augenblicklichen Stande unserer Veröffentlichungen schwer ein Ort im Rahmen der Monumenta zu finden, wo die Herausgabe des

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vollen Textes nachgeholt werden könnte. Ich behalte die Frage aber im Auge und hoffe sie über kurz oder lang lösen zu können. Nochmals mit bestem Dank und verbindlichsten Grüßen Heil Hitler! Ihr ergebener E. Auszug]MGH SS 4, S. 224–228 (1841).

139.  An Theodor Mayer (MGH-Archiv, B 569/216. – Masch. Durchschlag) [Berlin] 24. Oktober 1942 Sehr verehrter Herr Professor! Nachdem Sie nun seit fünf Tagen abgereist sind, möchte ich einen Brief versuchen in der Hoffnung, daß er Sie noch in Rom erreicht. Leider kann ich Ihnen die für Sie eingehende Post nicht nachschicken, da die Kurierabteilung des Auswärtigen Amts die Beförderung von Briefen ins Ausland ablehnt (auf dem umgekehrten Weg scheint es eher zu gehen) und eine Postbeförderung ebenfalls unmöglich ist, weil die Zensur die frankierten und von anderer Seite stammenden Umschläge, auch bei Einsteckung in einen weiteren Umschlag, nicht durchlassen würde. Aus der Staatsbibliothek kam die Kunde, daß die Schließung der geisteswissenschaftlichen Abteilungen nicht auf einmal, sondern in Etappen durchgeführt wird. Zunächst ist die deutsche Literatur (einschl. Germanistik) an der Reihe, die unsere Arbeiten noch kaum berührt. In welcher Reihenfolge und welchem Rhythmus die übrigen Abteilungen folgen werden, steht noch nicht fest. Jedenfalls scheint es, daß wir etwas länger Frist haben werden, als zunächst gesagt wurde.

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294 BRIEFE Anderseits werden wir jetzt für den sonntäglichen Anwesenheitsdienst mit herangezogen, kommen aber nur jeden vierten Sonn- oder Feiertag mit jeweils zwei Leuten an die Reihe. Das läßt sich leicht ertragen, zumal man ja die Zeit ungestört zum Arbeiten benutzen kann und soll. Am Sonntag den 1. November eröffne ich den Reigen zusammen mit Herrn Böcher. Mein Vortrag in Blankenburg am Harz findet voraussichtlich am 6. November statt; ich werde dann wahrscheinlich vom 5.‒7. von hier abwesend sein. Heute bekommen wir das neue Heft der HZ mit einem neuen Aufsatz von Lintzel gegen Tellenbach. Ich habe sofort an letzteren geschrieben, ob er etwa sein Manuskript aus der Druckerei, die zunächst die andern Aufsätze setzen soll, zurückhaben will, um Lintzel noch zu berücksichtigen; Bedingung wäre aber, daß der Aufsatz keine fühlbare Verlängerung erfährt. Ich vermute, daß Tellenbach sich auf die Anfügung von ein paar kurzen Anmerkungen beschränken wird, denn Lintzel gibt nur noch wiederholte Einzelpolemik. Mit den besten Empfehlungen und Grüßen Heil Hitler! Ihr ergebener E. Vortrag]Vortrag am 10. November 1942 im Blankenburger Geschichtsverein: Heidnische Kultstätten des Harzes in christlicher Zeit. Aufsatz von Lintzel]Martin Lintzel, Zur Stellung der ostfränkischen Aristokratie beim Sturz Karls III. und der Entstehung der Stammesherzogtümer, in: HZ 166 (1942), S. 457–472 (gegen Gerd Tellenbach, Zur Geschichte Kaiser Arnulfs, ebd. 165 [1942], S. 229–245). ich vermute, daß Tellenbach]Vgl. Tellenbach, Wann ist das deutsche Reich entstanden (oben zu Nr. 130), wo Tellenbach auf Lintzels Buch: Die Anfänge des deutschen Reiches. Über den Vertrag von Verdun und die Erhebung Arnulfs von Kärnten, München 1942, nicht aber auf den Aufsatz eingeht.

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140.  A  n Edmund E. Stengel (NL Stengel, Kasten 69. – Masch. Or.) Berlin-Kl. Machnow, 10. November 1942 Sehr verehrter Herr Professor! Für Ihre verschiedenen Sonderdrucke sage ich Ihnen vielen Dank. Am meisten interessiert mich natürlich der über die Gelnhäuser Urkunde. Diese Arbeit hat mich, seit ich sie in den Korrekturen zuerst las, in Gedanken wiederholt beschäftigt und wesentlich weiter gebracht. Ich hatte zuvor, wie Sie wissen, an Ganahls sollicitatione geglaubt, aber nach Ihren Feststellungen über den graphischen Befund bleibt natürlich nichts anderes übrig, als diese Lesung aufzugeben und zu quia zurückzukehren. Ich pflichte Ihnen auch darin bei, daß die Koordinierung der drei Nebensätze (eo quod, quia, quoniam) durch den Wechsel zwischen Indikativ und Konjunktiv unmöglich gemacht wird und daß einer von ihnen als daß-Satz von querimonia abhängig sein muß. Dann aber glaube ich, von Ihnen abweichen zu sollen: dieser daß-Satz ist nicht der mit eo quod, sondern der mit quia. Ich übersetze also: »auf die Klage der Fürsten und Edlen, daß er auf Vorladung nicht erschienen und deshalb der kaiserlichen Acht verfallen sei«. Gegen die von Ihnen dargelegte Konstruktion sprechen m. E. drei Gründe. Erstens die Wortstellung. Mag diese auch im Lateinischen möglich sein, so ist doch die Frage, ob sie glaubhaft ist; in dieser Beziehung scheint ja auch Fickermann nach seiner sehr zurückhaltenden Äußerung, die Sie anführen, Vorbehalte gehabt zu haben. Mir ist es trotz immer wiederholter Bemühungen nicht gelungen, beim Durchlesen des Satzes Ihre Konstruktion aus dem Wortlaut herauszuhören, ohne erst eine Umstellung vorzunehmen. Welcher Grund sollte den Verfasser zu einer so absurden und das Verständnis derartig erschwerenden Wortstellung veranlaßt haben? Ich kann mir nicht vorstellen, daß ein Urkundendiktator, der bei Sinnen war, den von Ihnen angenommenen Gedanken in solcher Weise ausdrücken konnte. Zweitens die Verteilung der Konjunktive. Denn der untergeordnete Nebensatz soll ja den Inhalt der Klage wiedergeben, kann also den Charakter einer indirekten Rede haben und gehört dann seinerseits in den Konjunktiv. Daß der übergeordnete Satz den Konjunktiv hätte, der untergeordnete aber den Indikativ (wie Sie annehmen),

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296 BRIEFE hat keinen Sinn. Zudem wären nach Ihrer Auffassung die Sätze mit quia und quoniam immer noch koordiniert, hätten aber doch den Wechsel zwischen Konjunktiv und Indikativ, sodaß die entscheidende Schwierigkeit garnicht vollständig behoben wäre. Bei Ihrer Konstruktion müßte also der Satz mit eo quod den Konjunktiv haben, der mit quia den Indikativ. Drittens die Konjunktion eo quod. Denn diese (sie wurde im Mittelalter als ein Wort empfunden und auf dem ersten o betont) ist rein kausal (weil) und gelangte dadurch zu ziemlicher Verbreitung, da das bloße quod meistens nicht mehr »weil« bedeutete. Ich bezweifle, ob sich aus dem hohen Mittelalter ein Beleg beibringen läßt für eo quod in der Bedeutung »daß«. Das Zusammenwirken dieser drei Gründe macht mir Ihre Konstruktion sprachlich unmöglich. Bei meiner Konstruktion aber ist alles in Ordnung: sowohl die Wortstellung wie die Verteilung der Konjunktive wie die Wahl der Konjunktionen ist genau die sachlich gegebene; um den vom Diktator gewollten Gedanken auszudrücken, läßt sich überhaupt kein passenderer Wortlaut finden als der vorhandene. Ich sehe einen sachlichen Einwand voraus: das Nichterscheinen und die Ächtung könnten nicht als Gegenstand einer fürstlichen Klage angeführt werden. Ich bin aber im Gegenteil der Meinung, daß die Urkunde hierzu sehr wohl Grund haben konnte, weil sie sich auf die Gültigkeit des »landrechtlichen Verfahrens« nicht festlegen wollte. Zur Stützung dieser Auffassung mache ich wiederum auf zwei sprachliche Beobachtungen aufmerksam. Erstens ist der Ausdruck citatione vocatus auffallend vage, besonders im Vergleich zum späteren sub feodali iure legitimo trino edicto ad nostram citatus audientiam. Das spricht dafür, daß die Gültigkeit dieser ersten Zitation nicht einwandfrei feststand, sei es wegen ihrer Art (über die wir wohl nichts Näheres wissen), sei es wegen ihrer Einmaligkeit. Zweitens ist und bleibt es eine sehr starke sprachliche Härte, wenn man von sentenciam zwei Genitive abhängig sein läßt, erstens principum et Suevorum, zweitens proscriptionis (Genitivus subiectivus und obiectivus). Die Beziehung des ersten Genitivs auf contumacia ist sprachlich unvergleichlich besser. Das aber paßt vorzüglich dazu, daß der ganze Passus nur als Klage der Fürsten vorgeführt wird. Der Sinn ist dann der, daß Heinrich nach der Anschauung der Fürsten durch seine Kontumaz ipso facto der Acht verfallen ist, ein Achturteil also damals garnicht erfolgt ist. Der Kaiser führt diesen Rechtsstandpunkt an und bezeichnet ihn als einen der Gründe für die Einleitung des lehnrechtlichen Verfahrens – aber auch nicht mehr. Dazu paßt auch der hier angewandte Konjunktiv der indirekten Rede.

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Auf diese Weise führt mich auch der scheinbare Einwand nur zu einer weiteren Bestätigung. Sie sind sich mit Ganahl darin einig, daß der Kaiser im landrechtlichen Verfahren zunächst kein Achturteil verkündet hat; meine Deutung führt mich in dieser Beziehung nur noch einen Schritt weiter, indem es auch nicht zur Findung eines solchen Achturteils gekommen wäre, sondern nur zu der Rechtsmeinung, daß der Herzog ipso facto der Acht verfallen wäre. Damit lösen sich auch die Schwierigkeiten, die Ganahl hinsichtlich der Acht sah und die Sie durch die Unterscheidung zwischen Acht und Oberacht lösen wollen. Prof. Robert Holtzmann rät mir, meinen Vorschlag auszuarbeiten und zu veröffentlichen. Ob ich das tun werde, weiß ich noch nicht. Zunächst aber möchte ich ihn jedenfalls Ihnen schreiben, da meine Auffassung ja im Negativen ganz auf Ihren Feststellungen beruht und auch im Positiven eine Strecke weit in Ihren Bahnen geht. Nochmals mit vielem Dank Ihr ergebener C. Erdmann über die Gelnhäuser Urkunde]Edmund E. Stengel, Zum Prozeß Heinrichs des Löwen, in: DA 5 (1942), S. 493–510. an Ganahls sollicitatione geglaubt]Karl-Hans Ganahl, Neues zum Text der Gelnhäuser Urkunde, in: MÖIG 53 (1939), S. 287–321. ich übersetze also]Die »Gelnhäuser Urkunde« vom 13. April 1180 (MGH DD F. I. 795) handelt von der Verurteilung Heinrichs des Löwen nach Land- und nach Lehnrecht. Sie dokumentiert Heinrichs Sturz und die Aufteilung des Herzogtums Sachsen an seine Gegner. Der sachlich komplexe und sprachlich schwierige Text wurde viel diskutiert und beschäftigt die Forschung bis heute. Erdmanns philologisch anspruchsvolle Deutung konnte sich nicht durchsetzen. Urkundendiktator]Vgl. oben zu Nr. 125.

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298 BRIEFE 141.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Kl. Machnow, 21. Dezember 1942 Lieber Tellenbach! Ein frohes Weihnachtsfest darf man auch in diesem Jahre wünschen. Weihnachten hat ja eine spezifische Wärme, die auch durch die dickste Sorgenschicht hindurchwirkt. Ich denke mir, daß Sie mit Ihrer Frau Mutter einen stillen und gemütlichen Abend verbringen werden, dem hoffentlich die materiellen »Ingredienzien« des Festes wie Kerzen und Süßigkeiten auch nicht gänzlich fehlen werden. Ich selbst rechne hier im Hause meiner Sc[hwester] zusammen mit meiner Mutter ebenfalls auf eine glückliche Feier und freue mich schon darauf. Mir hat die letzte Zeit eine erwünschte Klärung gebracht, indem ich gesehen habe, daß ich mich noch mehr, als ich sowieso schon dabei war, auf mein eigentliches Gebiet, die Forschungsarbeit, zu beschränken habe. Ich hatte zum ersten Mal den Versuch machen wollen, an einen erweiterten Leserkreis heranzukommen, indem ich meine Aufsätze zu Heinrich I. einschließlich der noch nicht erschienenen gründlich umarbeiten und unter Hinzufügung eines zusammenfassenden Einleitungsaufsatzes in Buchform herausbringen wollte. Durch Vermittlung eines gemeinsamen Bekannten setzte ich mich mit dem Leiter von Koehler und Amelang in Verbindung und schickte ihm die Aufsätze in der bisherigen Fassung zu. Er hat mich dann aber in einer mehrstündigen, sehr instruktiven Unterhaltung, die ich mit ihm hatte, davon überzeugt, daß eine Umarbeitung dieser Aufsätze für einen weiteren Leserkreis doch nur eine unbefriedigende Zwischenform ergeben würde. Er wollte, daß ich einen einheitlichen Essay neu konzipierte, in den der Inhalt der Aufsätze hineinzuarbeiten wäre. Das werde ich nicht tun, weil ich weiß, daß ich so etwas nicht kann. Dabei ist mir klar geworden, daß Bemühungen um Erweiterung des Leserkreises in meinem Falle überhaupt nur bis zu solchen Zwischenformen führen würden und somit am besten ganz unterbleiben. Es war das erste Mal, daß ich auf eine Publikationsabsicht ein Nein bekommen habe, und ich brauche diese Erfahrung nicht zum zweiten Mal zu machen. Zufällig hatte ich gerade vorher Theodor Mayer meine endgültige Absage hin-

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sichtlich meiner Beteiligung am Verdunbuch gegeben; das hängt schon teilweise mit dem Gleichen zusammen (teilweise allerdings auch damit, daß ich nicht für den »Kriegseinsatz« arbeiten will). Die doppelte Absage habe ich dann als eine erwünschte Befreiung empfunden; mindestens für die nächste Zeit weiß ich jetzt wieder, was ich will. Sie können sagen, daß es ein weiterer Schritt zur Verengung ist. Aber die ist nun einmal ohnehin mein Schicksal, das zu bejahen das Klügste ist. Inzwischen habe ich Ihren neuen Aufsatz für das DA zuerst im Manuskript und dann jetzt in der Korrektur mit großem Gewinn gelesen. Ich glaube, daß Sie die Entwicklung wirklich richtiger beu[rtei]len als Lintzel. (Über den Abschnitt von Unteilbarkeit und Herzogtum habe ich allerdings kein Urteil.) Ein besonderer Fortschritt sind Ihre Ausführungen über Germania, die neues Terrain erobern, abgesehen von den wenigen Sätzen, die ich im CharlemagneBüchlein darüber schrieb. Hinsichtlich theodiscus-teutonicus bin ich nicht ganz einig mit Ihnen. Wohl ist es richtig, daß theodiscus die weitere Bedeutung »germanisch« hat, aber ich kann Ihnen nicht zugeben, daß die historische Wirksamkeit dieses Begriffes deshalb geringer wäre. Denn es handelt sich doch nur um die Wirkung innerhalb des Frankenreiches; die außerhalb des Reiches lebenden Stämme (Angelsachsen, Skandinavier) fielen also automatisch fort. Ein ethnisches Zusammengehörigkeitsgefühl der Germanen konnte sich im 9. Jahrhundert nur dahin auswirken, daß die innerhalb des Frankenreiches lebenden Germanen, also die Deutschen, sich von den Romanen trennten, unter sich aber beisammen blieben. Überhaupt kann man ganz einfach sagen, daß das deutsche Volkstum durch diese zwei Faktoren bestimmt worden ist: germanische Sprache und Zugehörigkeit zum Frankenreich. Die Verengung des Begriffs diutisk von Germanisch zu Deutsch kann ohne weiteres als Wirkung der Reichsgrenzen angesehen werden, hat sich aber nur langsam vollzogen. Lerch hat Unrecht mit der Behauptung, daß teutonicus von vorn herein nur deutsch bedeutet habe; noch aus dem 11. Jahrhundert habe ich ein Zeugnis, das ausdrücklich die Dänen und Angelsachsen zu den Teutonici rechnet, daneben freilich ein anderes, das die Dänen von einer synodus teutonica ebenso ausdrücklich ausschließt. Augenblicklich schreibe ich eine mich interessierende Untersuchung: die Lösung der Kaiseridee von Rom. Sie zeigt, daß auch die nichtrömische Kaiseridee (England, Spanien, einiges Fränkische, Widukind von Corvey) von der römischen Antike herkommt und nicht, wie Stengel glaubte, germanischen

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300 BRIEFE Ursprungs ist, auch nichts mit Heerkaisertum zu tun hat (ausser bei Widukind). Sie hat infolge dieser Herkunft im allgemeinen auch einen literarischen Charakter. Ob ich diesen Aufsatz in mein Gelehrsamkeits-Buch hineinnehme oder getrennt veröffentliche, weiß ich noch nicht. – Nun die herzlichsten Grüße und Festwünsche von Ihrem C. Erdmann Verdunbuch]Oben zu Nr. 133. Ihren neuen Aufsatz]Tellenbach, Wann ist das deutsche Reich entstanden (oben zu Nr. 130). Unteilbarkeit und Herzogtum]Ebd., S. 29–37. Ausführungen über Germania]Ebd., S. 7–11. Lerch hat Unrecht]Vgl. oben Nr. 135. eine mich interessierende Untersuchung]Carl Erdmann, Die nichtrömische Kaiseridee, in: C. E., Forschungen (oben zu Nr. 120), S. 1–51. wie Stengel glaubte]Edmund E. Stengel, Kaisertitel und Souveränitätsidee. Studien zur Vorgeschichte des modernen Staatsbegriffs, in: DA 3 (1939), S. 1–56, hier S. 28.

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142.  An Dietrich von Gladiß (NL Gladiß, D 72, I 4 [unter Reichsinstitut]. – Masch. Or.) Berlin-Kl. Machnow, 17. Januar 1943 Lieber Gladiß! Theodor Mayer sagte mir kürzlich, daß er einen Brief von Ihnen hatte, doch wußte auch er nicht, wo Sie eigentlich stecken und wie es Ihnen in der letzten Zeit ergangen ist. Ich mache deshalb den Versuch, einmal etwas Persönliches von Ihnen zu erkunden. Wir wissen ja z. Zt. nicht einmal, ob Sie in Rußland sind oder anderswo, ob an der Front oder auf einem andern Kommando. Bitte also erzählen Sie einmal ein bißchen von sich selbst! Von uns hier zu berichten, geniere ich mich fast, denn obgleich auch wir hier natürlich mit mancherlei Unannehmlichkeiten und Schwierigkeiten zu kämpfen haben, so sind wir doch durch die bloße Tatsache der Fortsetzung unserer Heimatexistenz außerordentlich begünstigt und müssen immer mehr die Neidgefühle der Soldaten wecken, je länger der Krieg dauert. Zweifellos kann uns eines Tages hier die Bude zugemacht werden, denn die Mobilisierungsmaßnahmen schreiten langsam, aber unweigerlich fort. Aber bisher geht unsere Arbeit noch ihren Weg. Die Druckereien arbeiten freilich nur noch sehr zum Teil, sodaß ein großer Teil unserer Arbeiten von daher stillgelegt ist. So z. B. meine Epistolae – aber ich arbeite eben an anderweitigen Untersuchungen, die mich z. Zt. sogar mehr interessieren, und habe deshalb keinen Grund zur Klage. Zum Glück gehört die Druckerei Ihres Heinrich IV. zu denen, die noch arbeiten. Sie bat kürzlich sogar ausdrücklich um Fortgang der Korrekturen, weil sie jetzt daran arbeiten könne. Es besteht also begründete Aussicht, daß der zweite Faszikel Ihrer Diplome erscheinen kann, was mich Ihretwegen ganz besonders freut, da Sie sonst jetzt ausgeschaltet sind. Ihre

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302 BRIEFE Edition wird auf Grund des vorliegenden ersten Faszikels allgemein als eine bedeutende Leistung anerkannt. Von Jordan, der einige Tage hier war, hörte ich, daß Robert Holtzmanns Besprechung verstimmend auf Sie gewirkt habe; ich glaube, nicht mit Recht. Gegen die von Stengel eingeführten Neuerungen und seine Einleitung hat er allerdings gestichelt. Aber Sie hat er damit keineswegs gemeint, und ich kann mir nicht denken, daß er in dieser Richtung mißverstanden wird. Auch Theodor Mayer spricht mit großem Respekt von Ihrer Edition. Neulich meinte er, daß man Sie am besten dauernd für die Monumente sichern müßte durch Schaffung einer entsprechenden Stelle für Sie. Im Moment kann man mit solchen Plänen natürlich nicht kommen, und ob sie in der Zukunft ausführbar sein werden, bleibt abzuwarten. Aber ich stimmte ihm jedenfalls zu, daß es das Wünschenswerteste wäre, und zwar auch für Sie selbst, da Ihnen die hiesige Arbeit auf die Dauer doch wohl mehr liegen wird als das Dozieren. Inzwischen haben wir schon den 20. 1. – vor drei Tagen, als ich den Brief anfing, wurde ich durch Fliegeralarm unterbrochen, denn wir haben jetzt nach anderthalbjähriger Pause wieder zweimal englischen Fliegerbesuch gehabt. Es gibt viel zerbrochene Scheiben und etliche Brände, aber der ernstliche Schaden ist, verglichen mit der Größe Berlins, doch wieder nur minimal. In den Monumenten haben wir die Editionsmaterialien längst im Luftschutzkeller eines benachbarten Ministeriums untergebracht. Das ist natürlich allerhand Unbequemlichkeit, aber zu ertragen. Mehr als durch diese Sachen werden wir bei der Arbeit durch unsere eigenen Gedanken und Sorgen gestört, jetzt vor allem um die Front in Rußland, die unglückliche Stalingrad-Armee und all die andern Truppen, die nun doch wieder einer Übermacht gegenüberstehen, vom Winter ganz zu schweigen. Ob Sie auch mit darinstecken? Ich hoffe also, von Ihnen zu hören, und Gutes. Bis dahin mit herzlichen Grüßen und vielen Wünschen Ihr C. Erdmann Brief von Ihnen]Vgl. Th. Mayer an Gladiß, 19. Januar 1943 (NL Gladiß, D 72, I 4 [unter Reichsinstitut]). der zweite Faszikel Ihrer Diplome]Die Urkunden Heinrichs IV. (oben zu Nr. 82). Robert Holtzmanns Besprechung]Holtzmanns Besprechung der Urkunden Heinrichs IV. in: Theologische Literaturzeitung 67 (1942), Sp. 319, »stichelte« zwar gegen die Neuerun-

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1943 303 gen, die der Präsident zu verantworten hatte, bemängelte aber auch einige Fehler und Versehen des Editors. Fliegerbesuch]Am 16. Januar 1943 nahm die Royal Air Force die Luftangriffe auf Berlin wieder auf. die unglückliche Stalingrad-Armee]Die sich abzeichnende Kapitulation der 6. Armee im Kessel von Stalingrad.

143.  An Walter Möllenberg (MGH-Archiv, B 569/320. – Masch. Durchschlag) [Berlin] 22. Januar 1943 Sehr geehrter Herr Professor! Von Prof. Holtzmann höre ich zu meiner Freude, daß für »Sachsen und Anhalt« jetzt das Papier bewilligt ist und der Druck weitergehen kann. Wäre es möglich, daß ich von meinem Beitrag vor dem Druck noch eine Korrektur bekomme? Ich habe nämlich in dem Jahr, das seit dem Satz verflossen ist, weitergearbeitet und einen Aufsatz über die Burgenordnung Heinrichs I. verfaßt, der jetzt für unser »Deutsches Archiv« im Satz steht und dort in einigen Monaten erscheinen wird. Dadurch haben sich an meinen früheren Ausführungen einige Punkte verändert. Es handelt sich aber nur um ganz kleine Retouchen, die nicht etwa Umbruch bringen. Bei dieser Gelegenheit möchte ich noch eine andere Bitte an Sie richten. Soviel mir bekannt, wird die Gelnhäuser Urkunde jetzt bei Ihnen in Magdeburg verwahrt. Könnten Sie bitte nachsehen, ob hinter dem Wort contumacia (1. Wort der fünften Zeile) ein Interpunktionszeichen zu erkennen ist? Auf dem Facsimile im Buche Güterbocks glaube ich eine solche Interpunktion in Gestalt eines über der Zeile stehenden Punktes zu erkennen, während andere das bezweifeln. Die Frage ist wichtig, vergl. Ganahl in MÖIG 53 (1939) S. 295 und 297, Anm. 43 a. Im voraus mit bestem Dank für Ihre Bemühungen Heil Hitler! Ihr ergebener E.

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304 BRIEFE von meinem Beitrag]Zu Erdmanns Beiträgen zu der von W. Möllenberg herausgegebenen Zeitschrift »Sachsen und Anhalt« vgl. oben zu Nr. 112. Facsimile]Ferdinand Güterbock, Die Gelnhäuser Urkunde und der Prozeß Heinrichs des Löwen. Neue diplomatische und quellenkritische Forschungen zur Rechtsgeschichte und politischen Geschichte der Stauferzeit, Hildesheim – Leipzig 1920. vergl. Ganahl]Oben zu Nr. 140.

144.  An Edmund E. Stengel (NL Stengel, Kasten 69. – Masch. Or.) Berlin-Kl. Machnow, 31. Januar 1943 Sehr verehrter Herr Professor! Vielen Dank für Ihren freundlichen Antwortbrief! Ich muß Ihnen in mehreren Punkten zustimmen. So habe ich mich inzwischen davon überzeugt, daß die Verbindung contumacia principum in der Tat sachlich unmöglich (und außerdem sprachlich unwahrscheinlich) ist, der Genetiv also von sententiam abhängen muß, wie Sie schon erklärten. Ferner haben Sie darin natürlich Recht, daß die Ächtung Heinrichs überhaupt nicht Gegenstand einer Klage der Fürsten sein konnte. Das habe ich freilich auch niemals gemeint. Anderseits haben Sie selbst ja die Auffassung vertreten, daß der Kaiser die Verkündung des von den Fürsten gefundenen Achturteils aufgeschoben habe; und über einen solchen Aufschub konnten die Fürsten sich sehr wohl beklagen. Dazu kommt die Zweideutigkeit des Wortes incidere: war denn das Achturteil überhaupt schon zustande gekommen, d. h. auch nur gefunden? Im römischen Recht bedeutet incidere nämlich nicht, daß ein Urteil gesprochen, sondern nur daß es verwirkt, d. h. von rechtswegen verdient ist. Das paßt in diesem Falle vorzüglich: die Fürsten beschweren sich, daß Heinrich ein Achturteil verwirkt (verdient) habe – das Urteil ist also gerade nicht gesprochen. Ich gebe auch zu, daß die drei aufeinander folgenden Begründungen, wie ich sie annehme (1. weil er Bedrückungen verübt hat, 2. wegen einer fürstlichen Klage, er habe die Acht verdient, 3. weil er danach die Bedrückungen fortgesetzt hat), zunächst sonderbar wirken. Sie erklären sich aber m. E. aus dem Bestreben des Diktators, den Tatbestand in zeitlicher Folge darzustellen

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und zugleich zu unterscheiden, was sichere Tatsache und was nur für fürstliche Rechtsauffassung war. Geradezu eine Zäsur liegt beim Übergang von der zweiten zur dritten Begründung vor, d. h. bei der Rückkehr von der indirekten Rede zum realen Kausalsatz; aber diese Zäsur ist ja durch das deinde und den großen Anfangsbuchstaben ausdrücklich gekennzeichnet. Ich bemerke, daß Strecker meine Übersetzung energisch für die einzig mögliche erklärt; er verstände nicht, daß man früher nicht darauf gekommen sei. (Einen Beleg für quia »daß« finden Sie z. B. in Stumpf 4347, einer Urkunde, die in der Arenga teilweise wörtlich mit der Gelnhäuser übereinstimmt und deshalb schon von Erben als diktatverwandt bezeichnet wurde.) Die von Ihnen angenommene Wortstellung und Konstruktion hält Strecker nicht für möglich. Er sagt mir, daß auch Fickermann, der kürzlich auf Urlaub hier war, auf Befragen erklärt habe, daß er nicht recht an eine solche Wortstellung glauben könne; seine vorsichtige Formulierung war also doch wohl absichtlich gewählt. Ihr Bedauern, daß wir die Sache nicht mündlich besprechen können, kann ich nur teilen. Vor zehn Tagen hatte Theodor Mayer hier im Reichsinstitut eine Diskussion darüber angesetzt, an der außer den eigentlichen Mitarbeitern noch Strecker als Philologe, Frau Schubart als Rechtshistorikerin und Frl. Tangl als Staufer-Interessentin teilnahmen. Das Ergebnis war einhellige Zustimmung zu meiner These. Erst hinterher wurden von den Teilnehmern teilweise Bedenken angemeldet, weswegen wir nächsten Mittwoch eine zweite Diskussion abhalten wollen. Die Bedenken gehen aber nur zum kleinen Teil gegen meine Auffassung des quia und hauptsächlich dahin, daß die Verbindung contumacia principum (die ich schon bei der ersten Diskussion bestritt) doch die richtige sei; sie fechten also gerade denjenigen Punkt an, wo ich jetzt mit Ihnen einig bin. Im übrigen habe ich eine erste Ausarbeitung über den Gegenstand bereits fertig, doch genügt sie mir jetzt nicht mehr; ich denke das Ganze umfassender darzustellen, sowohl politisch wie rechtsgeschichtlich (Abschließung des Fürstenstandes), und weiß nicht, wohin mich der Stoff noch führen wird. Mit verbindlichsten Grüßen Ihr ergebener C. Erdmann Antwortbrief]Stengel an Erdmann, 23. Jan. 1943 (hsl. Entwurf und masch. Durchschrift im NL Stengel, Kasten 69). Stengel setzte damit die Diskussion über die Gelnhäuser Urkunde fort. Er entschuldigte sich, dass er erst mit großer Verspätung auf Erdmanns Brief vom 10.

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306 BRIEFE November 1942 (oben Nr. 140) habe antworten können. Aber »für die Gehirn-Turnstunde, die dazu erforderlich ist«, habe er keine Zeit gefunden. Wegen des Respekts, den er »bekanntlich« vor Erdmanns Latein habe, habe er seine Ausführungen zur Gelnhäuser Urkunde »sehr ernst« genommen. Danach versuchte er, sie im Einzelnen zu widerlegen. Abschließend bedauerte Stengel, dass es keine Gelegenheit gebe, »die Sache mündlich auszutragen und dabei frühere Debatten fortzuführen«, an die er sich »mit Vergnügen« erinnere. Stumpf 4347 […] Erben]Karl-Friedrich Stumpf-Brentano, Die Reichskanzler vornehmlich des X., XI. und XII. Jahrhunderts, 3 Bde., Innsbruck 1865–1881, Nr. 4347 = MGH DD F. I. 831 (26. September 1182); vgl. Wilhelm Erben, Die erzählenden Sätze der Gelnhäuser Urkunde (Stumpf 4301), in: Papsttum und Kaisertum: Forschungen zur politischen Geschichte und Geisteskultur des Mittelalters. Festschrift Paul Kehr, hg. von Albert Brackmann, München 1926, S. 398–414, hier S. 411. Arenga]Den Kontext einer Urkunde einleitende Formel allgemeinen, also nicht rechtserheblichen Charakters.

145.  An Paul Egon Hübinger (NL Hübinger, 191. – Masch. Or.) Berlin-Kl. Machnow, 7. März 1943 Lieber Herr Hübinger! Daß die »Bonner Frage« sich immer von neuem meldet, ist äußerst erfreulich und stärkt die Hoffnung, daß das Gewünschte sich doch schließlich auf irgend einem Wege erreichen läßt. Und zwar betrachte ich als das Ziel, daß Sie in die Lage kommen, eine reguläre Habilitationsschrift auszuarbeiten. Lassen Sie sich nicht darauf ein, wenn man Ihnen etwa wirklich den Dr. habil. ohne Habilitationsschrift geben will! Denn diese neuerdings bestehende Möglichkeit ist ein Danaergeschenk: Sie ruinieren damit auf absehbare Zeit Ihren wissenschaftlichen Ruf. Wenn Sie einen Lehrauftrag vor dem Dr. habil. bekommen können – tant mieux. Aber bestehen Sie darauf, daß die Dinge so eingerichtet werden, daß Sie Ihre Habilitationsschrift machen können. Sonst sind Sie kein Mann der ersten Reihe, und das müssen Sie sein! Fragt man mich, ob Sie den in der jetzigen Lage erforderlichen Kredit, von dem Sie schreiben, verdienen, so werde ich das unbedenklich bejahen, denn ich erwarte viel von Ihnen. Fragt man aber, ob Ihre bisherigen Publikationen für den Dr. habil. ausreichen, so werde ich das ebenfalls unbedenklich verneinen.

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Theodor Mayer weiß und hält genügend von Ihnen, daß Sie ohne weiteres Federlesen direkt an Ihn schreiben können. Falls es Ihnen lieber ist, kann ich auch meinerseits mit ihm reden. Er wird immer bereit sein, das seinige zu tun. Nur leider: er hat selbst jetzt Krach mit dem Kultusministerium (speziell Harmjanz) und wird dort deshalb irgendwelche direkten Schritte kaum mit Erfolgsaussicht unternehmen können. Die Sache könnte aber etwa auf dem Wege gehen, daß er einen Schrieb verfaßt, den die Bonner Fakultät Ihrem Antrag beilegt. Die Frage ist aber, was denn in diesem Schrieb stehen soll: das hängt von Ihren Absichten für die Habilitationsschrift ab, über deren jetzigen Stand ich nicht genügend unterrichtet bin. Außerdem kann er natürlich noch generell bescheinigen, daß in unserem Fach katastrophaler Nachwuchsmangel besteht und Sie der rechte Mann sind, um diesem Übel abzuhelfen. Doch bin ich mir darüber klar, daß ein solcher Schrieb nicht mehr sein kann als die gegebenenfalls erforderliche Unterlage: der eigentliche Druck kann von ihm nicht ausgehen, und falls Sie in dieser Hinsicht auf Theodor Mayer angewiesen sind, scheint mir die Lage nicht günstig. Hier haben wir vor sechs Tagen unseren ersten Großangriff erlebt. Im Bereich der Mon. Germ. ist nur Frl. Vienkens Wohnung betroffen, doch hat sie ihre Sachen retten können. Übrigens erwarte ich den Endsieg noch nicht für dieses, sondern erst für nächstes Jahr. Mit herzlichen Grüßen immer Ihr C. Erdmann neuerdings bestehende Möglichkeit]Nach § 5 der Reichs-Habilitations-Ordnung vom 17. Februar 1939 konnte der Dekan »von der Einreichung einer besonderen Habilitationsschrift befreien, wenn die bereits veröffentlichten Arbeiten des Bewerbers eine ausreichende Beurteilungsgrundlage bieten«. Schon die Reichs-Habilitations-Ordnung von 1934 enthielt eine solche Regelung, die aber Erdmann offenbar nicht kannte. unseren ersten Großangriff]Großangriff auf Berlin am 1. März (dem »Tag der Luftwaffe«), bei dem mehr als 700 Menschen starben und über 64.000 ihre Wohnungen verloren. Seit Januar 1942 hatte es keine Luftangriffe mehr gegeben.

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308 BRIEFE 146.  A  n Paul Egon Hübinger (NL Hübinger, 191. – Masch. Or.) Berlin-Kl. Machnow, 19. März 1943 Lieber Herr Hübinger! Für mich ist der wissenschaftliche Ruf immer der Güter höchstes gewesen, und ich war noch nie in der Lage, etwas, was auf Kosten des Rufes gegangen wäre, auch nur zu erwägen. Demgegenüber erklären Sie nun kurzweg, daß Sie einen Schaden des Rufes riskieren wollten, denn der Übel größtes sei Koblenz. Das entwaffnet mich. Ich kann Sie nur um redliche Gewissensprüfung bitten, ob Sie nicht in den Fehler verfallen, das gegenwärtige Übel, eben weil es das gegenwärtige ist, für das größte mögliche zu halten. Aber wenn Sie standhaft bei Ihrem Urteil bleiben, kann ich Ihnen nicht weiter dreinreden, denn ich kenne die Koblenzer Situation ja nicht aus eigener Erfahrung. Tun Sie also, was Sie nicht lassen können; um was es geht, ist Ihnen ja auch ohne meinen Zeigefinger klar. Sie verweisen mit Recht auf das Beispiel Schieffers, der leider durch seinen Dr. habil. mehr verloren als gewonnen hat. Daß er neuerdings nun auch noch alle seine Sachen eingebüßt hat, hörte ich inzwischen. Er tut mir unendlich leid. Mehr als die Frage Ihres Dr. habil. – die ja schließlich doch mehr vom Verhalten der Fakultät als von Ihren Wünschen abhängen wird –, bekümmert mich im Augenblick die Sache mit Sproemberg. Daß er illoyal gewesen ist, glaube ich kaum. Er hat mir vor Jahr und Tag von seinen Absichten erzählt, und ich erinnere mich, daß ich daraufhin eine Korrespondenz zwischen Ihnen verursachte, indem ich einen von Ihnen beiden veranlaßte, an den andern zu schreiben. Ich hatte mir eingebildet, daß durch diese Korrespondenz die Sache bereinigt wäre und die beiden Arbeiten sich nicht stören würden. Nun höre ich zu meinem Schrecken, daß das Gegenteil der Fall ist und Sie unangenehm überrascht sind. Ob die Dinge wirklich so schlimm sind? Derartige Arbeiten sind doch in der Regel in hohem Maße individuell, und daß eine der andern wirklich das Licht wegnimmt, ist eigentlich selten. Sproemberg wird wohl das Kulturgeschichtliche und vor allem Kirchengeschichtliche nicht allzuweit hineinziehen. Gibt es eigentlich über die »origines de l’influence française en Allemagne« ein besseres Werk als das von Reynaud? Dieser

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ist doch zweifellos in seinen Urteilen schief und ungerecht, der Stoff aber sehr dankbar. Und wie steht es mit dem Thema: Cluny und Deutschland? Die Germanisten wiederholen unentwegt die Behauptung, daß das Cluniazensertum eine deutsche Literaturblüte geknickt habe, und halten das für eine der Grundtatsachen der deutschen Kulturentwicklung. M. E. ist das glatter Unsinn, entstanden aus dem Mißverständnis einiger St. Galler Äußerungen. Noch verfehlter ist das Urteil, das ich kürzlich bei Bock las, wonach die Franzosen sich Cluny sozusagen zur Schwächung Deutschlands ausgedacht hätten. Ferner: die Italiener bilden sich gerne ein, daß die Italienpolitik die civiltà latina nach Deutschland gebracht hätte. In Wirklichkeit hat trotz der Italienpolitik der französische Kultureinfluß im Laufe der Kaiserzeit den italienischen bei [un]s übertroffen. Auch dieser Punkt scheint mir eine genauere Behandlung zu verdienen. Dazu kommt, daß Sie in politicis sicher andere Gesichtspunkte haben werden als Sproemberg. Kurz und gut, ich kann mich noch nicht davon überzeugen, daß Sie Ihren Westplan Sproembergs wegen schon aufgeben müßten. Obendrein wenn Ihnen etwas im Stile meines Kreuzzugsgedankens vorschwebt (NB: Arbeitszeit sechs Jahre!), ist eine Konkurrenz undenkbar, denn bei solcher Arbeitsweise muß man auf individuelle Bahnen geraten. Also herzliche Grüße! Immer Ihr C. Erdmann der Güter höchstes]Vgl. Friedrich Schiller, Die Braut von Messina, IV 10: »Das Leben ist der Güter höchstes nicht.« demgegenüber erklären Sie nun]Hübinger hatte Erdmann geantwortet (s. die vorige Nr.), dass er Theodor Mayers Vermittlung nicht in Anspruch nehmen wolle. Allenfalls werde er andeuten, in welch »unbeschreiblichen Umstände[n]« er als Archivar in Koblenz zu leben gezwungen sei. Er könne nur hoffen, dass Mayer den »Wink« versteht. Zwei größere Arbeiten Heinrich Sproembergs hätten ihm wissenschaftlich den »Wind aus den Segeln genommen«; ein neues Thema aber wolle er sich nicht suchen: »man kann seine Arbeitsgebiete nicht wie Hemden wechseln, zumal wenn sich die Richtung, in der man gehen wollte, eng an die eigene innere Entwicklung anschliesst. […]der Mut, an Neues zu denken, könnte mir erst wachsen, wenn ich hier endgültig ausgeschieden bin. Vielleicht wird der Fall für Herrn Zipfel ein Menetekel: er sieht nun am praktischen Beispiel, wie wenig konkurrenzfähig seine Verwaltung mit ihren gewaltig beschreiten ›Programmen‹ gegenüber der ›freien‹ Wissenschaft ist.« Dem Koblenzer Direktor (Bruno Hirschfeld) habe er »bereits vor zwei Jahren diesen Gang der Dinge prophezeit. Aber diese entsetzlichen Mischungen von Trottel und Bürokraten (oder sind das überhaupt Synonyma) kapieren derlei ja nicht. […]Jedenfalls muss ich jetzt erst recht alles begrüssen, was dazu

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310 BRIEFE dienen kann, mich hier heraus zu holen. Die Bonner Fakultät entfaltet eine beträchtliche Aktivität und alles verschwört sich […], mir die Wege so glatt wie möglich zu bahnen. Ich habe Ihnen neulich, glaub ich, schon gesagt, wie sehr mich das in einer Hinsicht bedrückt. Denn natürlich möchte ich nicht zu denjenigen gehören, die jetzt das ›Kriegsabitur‹ machen und dann in der akademischen Welt herumgeistern. Aber selbst wenn mein wissenschaftlicher Ruf Schaden nimmt – das ist für mich, so wie ich jetzt stehe, besser zu ertragen, als die ausweglose Situation unter Zipfels Fuchtel und in dem Sumpf des Koblenzer Betriebs. […]Ich habe nicht die Absicht, auf Grund des Dr. habil. Rechte zu beanspruchen; ich will dann, wenn mir endlich die physische Möglichkeit dazu gegeben wird, eine Hab[ilitations]schrift ausarbeiten; und die soll dann, so hoffe ich, das tilgen, was sich vielleicht infolge der Notlösung als Flecken auf meinen wissenschaftlichen Ruf gesetzt hat. Reicht es nicht aus, so will ich ohne Groll in Bonn Stadtarchivar bleiben, eine hilfswissenschaftliche Einführungsübung halten und den Dr. habil. wie einen Dr. erster Klasse tragen, ihn aber nicht als notwendige Basis verwerten, um weiter zu steigen. Ehrgeiz ist mir fremd, aber freie Arbeitsmöglichkeit, die brauche ich nun brotnötig.« Hübingers Brief schließt mit der Bitte um Erdmanns Verständnis: »Dass ich Ihre Hoffnungen und Ihr Vertrauen nicht enttäuschen möchte, die in so manchem dunklen Augenblick mitgeholfen haben, mir den Kopf nach oben zu richten, brauche ich nicht erst zu sagen. Ich bitte Sie, mir mit aller Strenge zu sagen, was Sie von all dem halten« – was Erdmann dann auch tat (Paul Egon Hübinger an Erdmann, 15. März 1943 [Durchschlag im NL Hübinger, 191]). die Sache mit Sproemberg]Die folgenden Bemerkungen beziehen sich auf: Heinrich Sproemberg, Die lothringische Politik Ottos des Großen, in: Rheinische Vierteljahresblätter 11 (1941), S. 1–101 (Nachdruck: H. S., Beiträge zur belgisch-niederländischen Geschichte, Berlin 1959, S. 111–214). Reynaud]Louis Reynaud, Les origines de l’influence française en Allemagne, Paris 1913. Germanisten […] Mißverständnis einiger St. Galler Äußerungen]So etwa Hermann Schneider, Heldendichtung, Geistlichendichtung, Ritterdichtung, Heidelberg 1943, S. 130–140, 210, der die cluniazensische Klosterreform als »Feuerbrand« von »Weltverneinung« und »Welthass« verstand. Mit ihrer Ausbreitung nach Deutschland seien die Ansätze zu einem diesseitszugewandten, weltlichen Geistesleben wenn nicht völlig erstickt, so doch für 1 ½ Jahrhunderte »überlagert« worden. Dies sei »Deutschlands literarisches Schicksal«. Als Beispiel für gelungenen Widerstand nannte Schneider die Opposition der Sankt Galler Mönche gegen den lothringischen Reformabt Norbert von Stablo (1034–1072), von dessen Scheitern Ekkehard IV. berichtet. Darauf bezog sich Erdmanns Einwand. Allerdings lasen nicht nur Germanisten, sondern auch Historiker wie Ernst Sackur und Albert Hauck einen »nationalen« Gegensatz in die Sankt Galler Konflikte hinein. noch verfehlter]Friedrich Bock, Parallelismi fra la storia italiana e tedesca (Abteilung für Kulturwissenschaft des Kaiser Wilhelm-Instituts im Palazzo Zuccari, Rom I 22), Wien 1940, S. 7. meines Kreuzzugsgedankens]Erdmann, Die Entstehung des Kreuzzugsgedankens (oben zu Nr. 14). auf individuelle Bahnen geraten]Hübinger ließ sich nicht beirren und habilitierte sich ohne Habilitationsschrift. Obwohl ihn die Fakultät in jeder Hinsicht unterstützte, wurde ihm aus politischen Gründen eine Dozentur verweigert (Pfeil, Paul Egon Hübinger, S. 243–254).

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147.  A  n Helmut Beumann (NL Beumann. – Masch. Or.) Berlin-Kl. Machnow, 18. März 1943 Lieber Herr Beumann! Photos von der Ars des Henricus Francigena habe ich in der Tat. D. h. ich habe sie inzwischen dem Reichsinstitut übereignet, bin aber bereit, sie Ihnen zuzusenden, da ich annehme, daß Sie gegen die Gefahr des Verlorengehens das Ihrige tun würden und eine absolute Sicherheit ja auch hier angesichts der Fliegergefahr nicht besteht. Ich habe aber einige Zweifel, ob es das Richtige ist, daß Sie in diese Materie hineinsteigen. Zunächst würde es eine erhebliche Arbeit werden, aus den verschiedenen Handschriften auch nur des Textes habhaft zu werden. Denn die Abweichungen sind erheblich, und es ist keineswegs immer klar, was Henricus Francigena ist und was nicht, ganz zu schweigen von dem schwierigen Durchfinden durch die zur Unverständlichkeit entstellten Texte. Um da durchzukommen, muß man alsbald andere zeitgenössische italienische Artes heranziehen. Denn selbstverständlich hängt Francigena mit diesen viel enger zusammen als mit den späteren deutschen Artes wie z. B. Ihrer Halberstädter. Sie würden also in das ganze Nest der älteren italienischen Artes hineinfallen, wobei ich Sie dann im allgemeinen nicht mehr mit Photos ausstatten könnte. Auch möchte ich glauben, daß es sich bei den von Ihnen festgestellten Berührungen zwischen Francigena und Ihrem Halberstädter um Dinge handelt, die sich auch in anderen Artes finden. Kurz und gut, ich glaube, daß Sie hier in eine uferlose Sache hineinkämen, die Sie mit Ihren Mitteln garnicht lösen könnten, und deshalb besser täten, die Frage des Zusammenhanges mit den älteren italienischen Artes auf sich beruhen zu lassen, bis diese in brauchbaren Editionen vorliegen. Falls Sie aber anderer Meinung bleiben, will ich Ihnen die Photos schicken – und Ihnen die Verantwortung für die Folgen überlassen, die ich voraussehe! Unser Institut steht noch und arbeitet. Bombengeschädigt sind Frl. Vienken, die aber ihre Sachen gerettet hat, und Schieffer, der alles verloren hat. Ge-

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312 BRIEFE troffen ist auch die Münchener Staatsbibliothek; es heißt, sie sei völlig ausgebrannt, doch habe ich noch keine authentische Nachricht. Mit herzlichen Grüßen immer Ihr C. Erdmann Ars des Henricus Francigena]Henricus Francigena, Aurea gemma (1124/1124). Ihrer Halberstädter]Halberstädter Ars dictandi von 1193/94 (vgl. Franz Josef Worstbrock / Monika Klaes / Jutta Lütten, Repertorium der Artes dictandi des Mittelalters, Bd. 1, München 1992, S. 136 f.). getroffen ist auch die Münchener Staatsbibliothek]Luftangriff vom 9./10. März, bei dem das Bibliotheksgebäude durch Brandbomben schwer beschädigt und etwa ein Fünftel des gesamten Buchbestands zerstört wurde.

148.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Kl. Machnow, 28. März 1943 Lieber Tellenbach! Klewitz hat mir noch am 10. März als SS-Panzergrenadier in der Leibstandarte eine Karte geschrieben, munter und bejahend wie immer: er fühle sich »nach dem Motto: variatio delectat z. Zt. sehr wohl« und hoffe auf eine Zusammenkunft, sobald sie ausgehfähig wären. Fünf Tage danach war er tot; daß es ein Impfungsfehler gewesen sei, wurde aus Freiburg auch [hier]her berichtet, doch weiß ich noch nicht, ob die Nachricht authe[n]t[isch] ist. An Frau Klewitz schrieb ich gleich vor acht Tagen, als ich die Todesanzeige in der Zeitung las; doch habe ich seither noch nichts weiter von ihr gehört, nur daß ich die Todesanzeige dann auch aus Freiburg bekam. Die Nachricht hat auch mich wie Sie schwer betroffen, gleichermaßen wegen der langjährigen Freundschaft von Rom her wie wegen der zerstörten wissenschaftlichen Hoffnungen. Menschlich war die unabänderliche Bejahung vielleicht sein hervorstechendster Zug; auch seine politische Entwicklung erklärt sich damit, und ich habe ihm deshalb nie böse sein können. Daß die Einziehung ihn gerade

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zur SS gebracht hat, hat ihn, wie mir Jordan schon vor seinem Tode sagte, zunächst wenig beglückt; aber als er dann hingekommen war, hat er sich, wie gesagt, auch dort wohl gefühlt. Um den Nachruf für das DA hat Theodor Mayer mich sofort gebeten. Ich will dafür nach einiger Zeit an Frau Klewitz oder an seinen Vater schreiben und um nähere Angaben bitten. Besten Dank also für Ihren Brief und die vorausgehende Karte. Ich habe inzwischen weitergearbeitet, und die Untersuchung über die nichtrömische Kaiseridee nähert sich dem Abschluß. Für das nächste (bzw. übernächste) DA ist sie zu lang geworden und soll deshalb in mein geplantes Buch kommen (für das ich jetzt den Titel plane: Forschungen zur frühdeutschen politischen Gedankenwelt). Ins DA soll dafür der Vortrag, der auf der Salzburger deutschitalienischen Zusammenkunft zu halten ist, falls diese zustande kommt (was hoffentlich nicht der Fall sein wird): Römische und nichtrömische Gedanken im altdeutschen Kaisertum; praktisch ist das natürlich nur eine kürzere Zusammenfassung [meine]r jetzigen Untersuchung. Der Luftangriff der letzten Nacht scheint erheblich kleiner gewesen zu sein als der vorausgehende. Ich habe bisher erst verhältnismäßig wenig über angerichtete Schäden gehört. Mit herzlichen Grüßen Ihr C. Erdmann Klewitz]Hans-Walter Klewitz starb am 15. März 1943 im Ausbildungslager der SS-Leibstandarte in Berlin-Lichterfelde an einer Lungenentzündung, möglicherweise infolge einer Impfung oder eines Impffehlers; zu den Umständen seines Todes vgl. Gutmann, Zwischen Barbarossa, S. 424–426. Nachruf]Carl Erdmann, Hans-Walter Klewitz †, in: DA 6 (1943), S. 664–666. Forschungen zur frühdeutschen politischen Gedankenwelt]Zu Erdmanns Plänen und den wechselnden Titeln vgl. oben Nr. 120, 123, 125, unten Nr. 151, 153. Römische und nichtrömische Gedanken]Carl Erdmann, Das ottonische Reich als Imperium Romanum, in: DA 6 (1943), S. 412–441 (Nachdruck in: C. E., Ottonische Studien, S. 174–203). – Die deutsch-italienische Tagung kam nicht zustande, weil sie zunächst mehrfach verschoben und dann wegen des Umsturzes in Italien ganz abgesagt werden musste.

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314 BRIEFE 149.  A  n Martin Lintzel (NL Lintzel, VII 3/26. – Masch. Or.) Berlin-Kl. Machnow, 18. April 1943 Lieber Herr Lintzel! Vielen Dank für Ihr Opus, das beiliegend an Sie zurückgeht. Ein einheitliches Votum dazu vermag ich nicht recht abzugeben, da ich in dieser ganzen Kon­ troverse eigentlichen [sic!] keinen bestimmten Standpunkt habe, weil ich mich unter den verschiedenen möglichen Urteilsmaßstäben nicht für einen einzelnen als den obersten entscheiden kann. Aber das eine gebe ich Ihnen zu, daß auch das Sybelsche Urteil eine mögliche Betrachtungsweise ist und nicht einfach als unhistorisch oder anachronistisch verworfen werden darf, wie viele sagen. Eine Notwendigkeit bestand für Otto nicht, diesen Beweis scheinen Sie mir geführt zu haben. Aber Ihren Schlußsatz würde ich deswegen noch nicht unterschreiben. Erstens scheint mir das glanzvollere Dasein durch die Italienpolitik nicht nur ein »mag sein«, sondern eine sichere Tatsache. Zweitens würde ich nicht nur auf das Ende sehen, sondern auf den Gesamtertrag, und ob dieses mehr positiv oder mehr negativ zu bewerten ist, darüber kann ich mit mir nicht einig werden. Im übrigen bezeichnen Sie es ja als Ihr Hauptziel, die Diskussion wieder anzukurbeln, und dieses Unternehmen betrachte ich allerdings für berechtigt. Ich halte sogar für möglich, daß Ihr Buch eine Sybel-Ära bei uns einleitet, denn nach der allgemeinen Zeitlage wäre eine solche denkbar. Ich bin deshalb auf die Aufnahme, die Ihr Buch finden wird, ziemlich gespannt. Im einzelnen gäbe es zu Ihren weitgreifenden Ausführungen natürlich vielerlei zu sagen. Ich beschränke mich auf das, was sich mit meiner augenblicklichen Arbeit berührt. Hinsichtlich des nichtrömischen Kaisergedankens stimme ich weitgehend mit Ihnen überein; an einigen Punkten hoffe ich, daß meine Untersuchung über Ihre einstweiligen Ausführungen hinausführt. In Ihrer Differenz mit Stengel stehe ich hinsichtlich des Heerkaisertums ganz auf Ihrer Seite, und es berührt mich wohltätig, daß Sie die römische Herkunft auch jeden nichtrömischen Kaisertums als selbstverständlich betrachten, ohne die Stengelsche Entgleisung des »germanischen Kaisertums« auch nur zu erwähnen. Hinsichtlich des Aachener Kaisertums nehme ich einen mittleren Standpunkt zwischen Ihnen und Stengel ein: daß es mit Rom gar nichts

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mehr zu tun gehabt habe, scheint mir zu weitgehend (Aachen wurde »Roma secunda« genannt und dort für den Papst ein »Lateran« gebaut), aber daß es einfach dasselbe gewesen sei, ist erst recht falsch. Ferner gebe ich Ihnen zu, daß die Wirkung der biblischen und antiken Romtradition für die Zeit Ottos I. noch nicht einsetzt. Anderseits schreibe ich ihr im Lauf der Ottonenzeit doch schon eine gewisse Rolle zu, nicht in dem Sinne, daß sie zur Weiterführung des Kaisertums trieb, aber sie brachte allmählich dazu, daß man das ottonische Reich als das römische betrachtete. Ich habe diesen letzteren Punkt, der eigentlich der Abschluß meiner Arbeit über die nichtrömische Kaiseridee werden sollte, zu einem eigenen Aufsatz ausgestaltet (»Das ottonische Reich als Imperium Romanum«) und will diesen im DA (Holtzmann-Heft) bringen, während die übrige Arbeit später in anderem Rahmen folgen soll. Was Herrn Heßler betrifft: Theodor Mayer sagte mir, daß er Sie fragen wolle, was Herr Heßler gearbeitet habe und wofür man ihn verwenden könne. Diese Anfrage werden Sie wohl inzwischen bekommen haben oder bald bekommen. Ich meinerseits müßte auch eine solche Gegenfrage stellen, vor allem, ob mehr das urkundlich-rechtsgeschichtliche Arbeitsgebiet oder mehr die literarischen Texte, zu denen ich auch Scriptores und Epistolae zähle, infrage kommen. Zum Finanziellen: bei früherer Gelegenheit hat Theodor Mayer die Anfangsbezüge der Mitarbeiter auf 240.– M angesetzt. Das würde, wie ich glaube, auch in diesem Falle infrage kommen. In der Form werden die Mitarbeiterbezüge als Stipendien gegeben. Leider haben wir dadurch Schwierigkeiten, daß Stengel den Stipendienfonds zugunsten der Verwaltungs- und Bibliotheksausgaben entleert hat, wovon wir wegen der Etatsfestlegung bisher nicht loskommen. Doch hoffe ich, daß diese Crux sich überwinden läßt. Ob ich, falls Herr Heßler hierherkommt, mich noch selbst an seiner Einarbeitung werde beteiligen können, steht dahin. Denn hier haben jetzt die Musterungen der Jahrgänge 1897–1900 begonnen, und ich bin vor einigen Tagen k. v. geschrieben worden, was übrigens nahezu allen geschah. Einziehung wurde gleich angekündigt. Aus dem Kultusministerium kam dann die einschränkende Kunde, daß über die Einziehung dieser Jahrgänge erst Ende Mai entschieden würde und daß (im Unterschiede zu den jüngeren Jahrgängen) uk-Stellungen noch möglich, ja sogar von unserem Institut beantragt werden könnten. Letzteres ist geschehen, das Ergebnis abzuwarten; vorläufig rechne ich mit der Möglichkeit einer Einziehung im Laufe des Sommers. Ge-

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316 BRIEFE hören nicht auch Sie zu diesen Jahrgängen? Doch sind Sie wohl schon früher uk-gestellt. Mit herzlichen Grüßen Ihr C. Erdmann Ihr Opus]Martin Lintzel, Die Kaiserpolitik Ottos des Großen, München – Berlin 1943. eine Sybel-Ära bei uns]Anspielung auf die Kontroverse zwischen dem Münchener bzw. Bonner Historiker Heinrich von Sybel und seinem Innsbrucker Kollegen Julius Ficker (1859–62) über die Frage, wie die Italienpolitik des mittelalterlichen Kaisertums zu bewerten sei, als »Verrat« am nationalen Interesse oder als »höchste Machtentfaltung« des Reichs. Durch die nationalsozialistische Reichsrhetorik und europäische Eroberungspolitik erlebte die Sybel-Ficker-Debatte eine »bizarre ideologische Nachblüte« (Thomas Brechenmacher, Wieviel Gegenwart verträgt historisches Urteilen? Die Kontroverse zwischen Heinrich von Sybel und Julius Ficker über die Bewertung der Kaiserpolitik des Mittelalters [1859–1862], in: Ulrich Muhlack (Hg.), Historisierung und gesellschaftlicher Wandel in Deutschland im 19. Jahrhundert, Berlin 2003, S. 87–111, hier S. 110 f.). Lintzel kam zu dem Ergebnis, dass der »deutsche Staat […]den Weg über die Alpen nicht nötig« gehabt habe. »Gewiß, es mag sein, daß dieser Weg dem Deutschen Reich zunächst ein glanzvolleres Dasein sicherte; aber wenn man auf sein Ende sieht, so muß sich der Eindruck des Glanzes verdunkeln« (S. 112). meine Untersuchung]Erdmann, Die nichtrömische Kaiseridee (oben zu Nr. 141). die Stengelsche Entgleisung]E. E. Stengel, Kaisertitel und Souveränitätsidee (vgl. oben Nr. 141). zu einem eigenen Aufsatz]Vgl. oben zu Nr. 148.

150.  An Theodor Mayer (MGH-Archiv, B 569/209. – Masch. Durchschlag) [Berlin] 29. April 1943 Sehr geehrter Herr Professor! Heute früh kamen Ihre beiden Briefe vom 26. und 27. Ich antworte zu den einzelnen Punkten. Ihr Paß kam gestern. Herr Förster war heute damit bei Fräulein Langner und soll morgen die Devisen und die Schlafwagenkarte bekommen. Leider ist das Ausreisevisum begrenzt auf die Zeit vom 9. Mai an. Ich telefonierte mit

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Fräulein Höhne und Herrn Hanfland, ob eine Vorverlegung möglich wäre, erhielt aber verneinenden Bescheid. Das wäre nur möglich, wenn der Vortrag in Rom vorverlegt würde. Ich führte als neu hinzugekommenen Grund an, daß die Salzburger Tagung verschoben würde und von Ihnen in Rom vorbereitet werden müßte. Doch das half nichts. Ich nehme also an, daß Sie doch erst in der Nacht vom 8. zum 9. Mai werden reisen können, und habe deshalb keinen Versuch gemacht, den Schlafwagenplatz schon auf den 6. zu verlegen. Ich schicke Ihnen dann Paß, Devisen und Schlafwagenkarte, sobald ich sie habe, voraussichtlich also morgen, im eingeschriebenen Brief. Für Ihre Rückreise nach Berlin scheint es mir vorläufig noch nicht möglich, einen Schlafwagenplatz Salzburg – Berlin zu nehmen. Denn für Ende Mai stände ja der Tag noch nicht fest, und nach dem römischen Telegramm, daß [sic!] ich Ihnen gestern nachschickte, findet die Salzburger Zusammenkunft vielleicht erst Anfang Juli statt. Im letzteren Falle würde es also doch wohl bei Ihrer ursprünglichen Absicht einer Rückreise Wien‒Berlin verbleiben. So lange ich also keinen weiteren Bescheid von Ihnen erhalte, unternehme ich in dieser Sache noch nichts. Von Manuskripten für das Verdunbuch gingen hier am Ostersonnabend die von Zatschek und Hübinger ein und wurden von mir am gleichen Tage eingeschrieben an Sie nach Neukirchen weitergesandt. Was sonst noch kommt, schicke ich Ihnen unverzüglich nach Salzburg. An Schramm schreibe ich noch heute: Rittmeister Schramm im Wehrmachtführungsstab, Berlin W 35, Bendlerstr. 15 über Sekretär Rilling. Am Telefon sagte mir Herr Rilling, daß Schramm augenblicklich sehr leicht nach Salzburg kommen könnte, ob das aber in einigen Wochen noch der Fall wäre, sei unsicher. Anscheinend wird also mit einer Verlegung des Führerhauptquartiers gerechnet. Mit Baethgen will ich mündlich sprechen, ob er meinen Vortrag übernehmen will, falls ich eingezogen werde. Doch hoffe ich, daß diese Eventualität nur dann in Frage kommt, wenn die Tagung bis Juli verschoben wird. Völlig sicher bin ich allerdings nicht, ob meine Einziehung nicht doch vielleicht schon vor Ende Mai erfolgen könnte. Denn ich erfuhr gestern von einem Manne des Jahrgangs 1897, der gleich mir vor 14 Tagen gemustert wurde und jetzt schon eingezogen ist. Der Bescheid des Kultusministeriums, daß über die Einziehung dieser Jahrgänge erst Ende Mai entschieden werden soll, scheint also nicht für alle zuzutreffen.

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318 BRIEFE Hiersemann bestätigte den Eingang des Manuskriptes Heilig: »Sobald mir der Drucker genauere Angaben über Umfang und Termin gegeben hat, werde ich auf die Sache zurückkommen.« Beiliegend ein Schreiben betr. Herrn Bürgisser, über dessen Erledigung ich nicht Bescheid weiß. Für den Fall, daß Sie die gewünschte Befürwortung dort selbst ausschreiben und unterschreiben wollen, lege ich Ihnen einige Briefbogen des Instituts bei. Ich selbst habe heute Fräulein Vienken das druckfähige Manuskript meines Aufsatzes für das DA (Das ottonische Reich als Imperium Romanum) gegeben, Länge 37 Maschinenseiten, also wohl eindreiviertel Druckbogen. Ich schalte also noch heute um auf die Gelnhäuser Urkunde. Mit vielen Empfehlungen und Grüßen Ihr ergebener E.

Heil Hitler!

Manuskripte für das Verdunbuch]Heinz Zatschek, Ludwig der Deutsche; Paul Egon Hübinger, Lothringen, in: Der Vertrag von Verdun (oben zu Nr. 133), S. 31–65; S. 101–115. Rittmeister Schramm im Wehrmachtführungsstab]Percy Ernst Schramm wurde im März 1943 zum Wehrmachtführungsstab abgeordnet, um als Nachfolger von Helmuth Greiner das Kriegstagebuch des Oberkommandos der Wehrmacht zu führen (Schramm, Kriegstagebuch, S. 1814). Hiersemann]Verlag Karl W. Hiersemann, Leipzig. Eingang des Manuskriptes Heilig]Konrad Josef Heilig, Ostrom und das Deutsche Reich um die Mitte des 12. Jahrhunderts. Die Erhebung Österreichs zum Herzogtum 1156 und das Bündnis zwischen Byzanz und dem Westreich, in: Theodor Mayer / Konrad Heilig / Carl Erdmann, Kaisertum und Herzogsgewalt im Zeitalter Friedrichs I. Studien zur politischen und Verfassungsgeschichte des hohen Mittelalters (Schriften des Reichsinstituts für ältere deutsche Geschichtskunde [MGh]9), Stuttgart 1944, S. 1–271. meines Aufsatzes für das DA]Oben zu Nr. 148. Gelnhäuser Urkunde]Carl Erdmann, Der Prozeß Heinrichs des Löwen, in: Mayer / Heilig / Erdmann, Kaisertum und Herzogsgewalt, S. 273–364.

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151.  A  n Theodor Mayer (MGH-Archiv, B 569/205–206. – Masch. Durchschlag) [Berlin] 3. Mai 1943 Sehr geehrter Herr Professor! Heute bekam ich Ihr Schreiben vom 30. 4., noch aus Neukirchen. Da Sie über Ihren künftigen Aufenthaltsort nichts angeben, nehme ich an, daß es bei Ihrem ursprünglichen Plan geblieben ist und Sie noch am gleichen Tage nach Salzburg gefahren sind. Ich schrieb Ihnen am 24. und 27. nach Neukirchen, am 28., 29. und 30. nach Salzburg. Der erste Brief nach Neukirchen (mit zwei Verdun-Manuskripten) und der letzte Brief nach Salzburg (mit Paß und Creditbrief) waren eingeschrieben. Hoffentlich haben Sie alles bekommen. Da Ihr Ausreisevisum, wie ich Ihnen schon schrieb, erst vom 8. Mai ab gültig ist, nehme ich an, daß Sie entsprechend Ihrem ursprünglichen Plan am 10. Mai in Rom eintreffen werden, und mache deshalb dorthin keine weiteren Mitteilungen. Die Arbeit von Pietro Torelli heißt; Un comune cittadino in territorio ad economia agricola, I, Mantova 1930 (Reale Accademia Virgiliana, Serie Miscellanea 7 p.27ss.). Ich teile den Titel gleichzeitig nach Rom ans Institut mit, da Sie ja nichts Schriftliches mitnehmen dürfen. Herr Förster sagte mir, daß nach den verschiedenen Erlassen auch Gedrucktes nicht mitgenommen werden darf. Es hätte also keinen Sinn, den Italienern in Salzburg das DA und das »Reich und Europa« zu schenken. Ich bestelle also keine Exemplare. Ein Résumé meines Salzburger Vortrages will ich aufsetzen, wenn ich ihn mir genauer überlege. Das mache ich natürlich erst unmittelbar vorher, um ihn nicht dazwischen wieder zu vergessen. Eine schriftliche Ausarbeitung des ganzen Vortrages mache ich nicht, das würde mich bei meiner Langsamkeit im schriftlichen Formulieren 1 oder 2 Wochen kosten. Wenn ich von Ihnen aus Rom telegraphische Nachricht über den Zeitpunkt der Zusammenkunft erhalte, will ich sie sogleich an Dr. Bruhns und an die deutschen Teilnehmer einschließlich Aubins weitergeben. Vom DA liegen jetzt Bogen 1 bis 4 vor, es fehlen also noch 7 Bogen und die Titelei. Die letztere ist in Korrektur auch schon erledigt. – Wegen des Oropax sage ich Fräulein Neumann Bescheid.

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320 BRIEFE Hagemann, der noch immer im Lazarett Kur machen muß, sagte mir, daß vor einigen Tagen bei seiner Mutter ein Anruf von Bock hier aus Berlin kam. Am gleichen Tage erhielten auch wir einen Anruf, der nach Ihnen fragte, vermutlich im Auftrage von Bock, doch war er selbst es jedenfalls nicht. Beiliegend unter anderem ein Brief von Hiersemann mit zugehörigem Schreiben der Druckerei und einem Probebogen der Scholzschen Ausgabe (für die Zeilenzählung). Ich bitte Sie um Rücksendung mit Angabe, was geantwortet werden soll. Damit für den Druck kein Aufenthalt entsteht, habe ich den Probebogen schon von mir aus erledigt (auch die Kapitelüberschriften müssen mitgezählt werden) und mit kurzem Schreiben an Hiersemann zurückgeschickt. Ferner liegt die Bewilligung der Forschungsgemeinschaft für Herrn Bürgisser bei mit zugehörigen Formularen. Ich bitte Sie um Angabe, wie verfahren werden soll, falls die Sache nicht bis zu Ihrer Rückkehr liegen bleiben kann. Herr Förster erklärte sich zu vorläufigen Auszahlungen an Herrn Bürgisser bereit, sobald dieser sie braucht, was im Augenblick noch nicht der Fall ist. Außerdem kam von Sante in Brüssel eine Rückfrage wegen der für Planitz bestellten Fotokopie; ich schicke sie an Planitz weiter. Zum Schluß die Hauptsache. Vor 3 Tagen sind die Leute in Machnow, die mit mir zusammen gemustert worden waren, bereits eingezogen worden. Mich hat das wohl nur deshalb nicht betroffen, weil ich mich inzwischen nach Berlin umgemeldet habe. Doch hörte ich auch aus Berlin schon von einem Einzelfall der Einziehung aus diesen Jahrgängen. Der Bescheid des Kultusministeriums, daß über die Einziehung erst Ende Mai entschieden werden sollte, war also zweifellos falsch, und ich muß jeden Tag mit einem Gestellungsbefehl rechnen. Höchstens die Tatsache, daß ich noch ungedient bin, bringt vielleicht einen Aufschub. Da nun das Bezirkskommando auf Ihren ukStellungsantrag noch nicht geantwortet hat, müßten wohl Schritte unternommen werden, um einen Bescheid zu erhalten und gegebenenfalls um Zurückstellung, Arbeitsurlaub oder eine andere Form der Verschiebung nachzusuchen. Denn wenn ich hier fort muß, während Sie noch verreist sind, entsteht für das Institut eine schwierige Lage. Ich selbst kann m. E. keinerlei Schritte unternehmen, und unsere Damen und Herr Förster scheinen mir dazu ebenso wenig geeignet zu sein. Am ehesten würde wohl Prof. Strecker dazu passen; er war immerhin Hauptmann der Reserve und hat vor 2 Jahren im Falle Fickermann auch schon bei den Militärbehörden interveniert. Darf

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ich ihn auch in meinem Falle darum bitten? Und darf er sich gegebenenfalls auf einen Auftrag von Ihnen berufen? Angesichts der über mir schwebenden Einziehung habe ich die Gelnhäuser Urkunde nun doch wieder für ein paar Tage beiseite gelegt, um zunächst meine Untersuchung über die nichtrömische Kaiseridee ins Reine zu tippen (annähernd 100 Tippseiten mit vielen Anmerkungen). Denn diese Arbeit möchte ich doch jedenfalls zunächst sichern. Sie gehört dann zu meinen »Forschungen zur frühdeutschen politischen Gedankenwelt«, von denen auch einige andere Teile schon druckfertig sind und die, da es sich durchweg um in sich geschlossene Untersuchungen handelt, gegebenenfalls auch als Torso veröffentlicht werden können. Mit vielen Empfehlungen und Grüßen, denen sich das ganze Institut anschließt. Heil Hitler! Ihr ergebener E. das »Reich und Europa«]Gemeint ist: Theodor Mayer (Hg.), Adel und Bauern im deutschen Staat des Mittelalters (Das Reich und Europa. Gemeinschaftsarbeit deutscher Historiker), Leipzig 1943. Probebogen der Scholzschen Ausgabe]Die Werke des Konrad von Megenberg 1 (oben zu Nr. 110).

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322 BRIEFE 152.  An Theodor Mayer (MGH-Archiv, B 569/200. – Masch. Durchschlag) [Berlin] 6. Mai 1943 Sehr verehrter Herr Professor! Heute kam nur der beiliegende Brief von Largiadèr. Vom DA liegen bisher Bogen 1–16 im Reindruck vor. Hinsichtlich der Einziehungen entnehme ich jetzt aus den mir bekannt gewordenen Einzelfällen, daß aus den fraglichen Jahrgängen bisher nur die Gedienten eingezogen sind. Danach scheint die Lage für mich als Ungedienten nicht mehr so unmittelbar dringend. Aber leider bleibt die Tatsache bestehen, daß die Auskunft des Ministeriums falsch war und somit eine Einziehung jederzeit möglich ist. Ich erwarte für morgen Ihre Antwort hinsichtlich Prof. Streckers; ich habe mit diesem bereits gesprochen, und er ist gerne bereit, aufs Bezirkskommando zu gehen. Dieser Brief ist der letzte, den ich noch nach Salzburg schicke. In vier Tagen rechne ich dann eine Kuriersendung nach Rom abzusenden. Ob danach noch weitere Kuriersendungen möglich sind, wird von Ihren Reisedispositionen abhängen. Vom Austauschdienst erfuhr ich, daß Sie gebeten werden, Ihren römischen Vortrag am 19. Mai in Mailand zu wiederholen und sich dafür Ihr Visum in Rom verlängern zu lassen. Danach denke ich mir, daß Sie wahrscheinlich am 18. von Rom nach Mailand gehen werden, weiß aber nicht, ob Sie von dort nochmals nach Rom zurückkehren werden oder nicht. Indem ich Ihnen gute Reise wünsche, bleibe ich mit den besten Empfehlungen und Grüßen Heil Hitler! Ihr ergebener E. Ihre Antwort hinsichtlich Prof. Streckers]Mayer stimmte Erdmanns Vorschlag (oben Nr. 151) zu (München, Archiv der MGH, B 569/202 [4. Mai 1943]).

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153.  A  n Theodor Mayer (MGH-Archiv, B 569/196. – Masch. Durchschlag) [Berlin] 11. Mai 1943 Sehr geehrter Herr Professor! Vielen Dank für Ihre Briefe und die Karte vom 4., 6. und 7. Mai. Die heutige Sendung wird wohl die einzige, die ich nach Rom an Sie abgehen lasse, es sei denn, daß sich Ihr dortiger Aufenthalt wesentlich verlängert. Für Ihre Schweizer Reise kam die Genehmigung vom Kultusministerium. Ich behalte sie hier, da Sie in Rom doch wohl nichts damit machen können. Die Sichtvermerke sollten durch den Austauschdienst vermittelt werden. Geheimrat Roth, an den ich den Brief Largiadèrs schickte, sagte mir am Telefon, daß der deutsche Ausreisesichtvermerk erst beschafft werden könne, wenn der Paß vorläge. Dagegen wäre es gut, wenn die Schweizer Einreisebewilligung durch uns schon vorher beantragt würde. Hierzu will mir Fräulein Höhne die erforderlichen Formulare zuschicken. Es fehlen freilich die 4 Paßbilder; ich soll im Antrag schreiben, daß sie nachgeliefert würden. Außerdem soll ich telegraphische Erledigung beantragen. Sobald ich die Formulare habe, will ich das machen, auch eine Abschrift des Briefes von Largiadèr beilegen. Hoffentlich klappt alles. Außerdem wäre es wohl gut, wenn Sie Ihren Paß möglichst bald nach dem Grenzübertritt hierher schicken, falls Sie sich in Wien oder Salzburg noch aufhalten. Wegen der Bücher, die den Italienern in Salzburg geschenkt werden sollten, zeigte mir Herr Förster den Erlaß. Dieser sieht zwar vor, daß »Papiere, die im Zusammenhang mit der Reise unumgänglich benötigt werden«, genehmigt werden können, aber nur, »soweit aus zwingenden Gründen deren rechtzeitige Versendung durch die Post nicht möglich ist«, und mit einem Genehmigungsmodus, der mir für die Italiener nicht gangbar scheint. Zum mindesten wüßte ich nicht, wie ich diese Sache machen sollte, und bestelle deshalb keine Bücher. Von Schramm kam am Freitag ein Anruf hier aus Berlin, wo er ganz vorübergehend war. Ich sollte Ihnen bestellen, daß er leider an Ihnen vorübergefahren wäre. Wegen seiner etwaigen Teilnahme an der Salzburger Zusammenkunft sollten wir seiner Frau, mit der er in täglicher Telefonver-

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324 BRIEFE bindung stände, Nachricht geben, sobald wir den Termin wüßten. Er würde dann aber erst im letzten Augenblick entscheiden können, ob er hinfahren könne oder nicht. Mit Baethgen bin ich wegen der eventuellen Übernahme meines Vortrages leider nicht einig geworden. Er erklärte, er könne nicht meine Gedanken vortragen, wofür ich Verständnis habe. Er stimmte Ihnen aber darin zu, daß es sicherlich möglich sein würde, meine Beurlaubung für den Vortrag zu erwirken, wenn ich dann schon eingezogen wäre. Der Fall wird sich also wohl nicht stellen. Außerdem ist es leider unsicher geworden, ob Baethgen an der Zusammenkunft, falls sie noch im Mai stattfindet, wird teilnehmen können. Er ist nämlich seinerseits zu einem Vortrag in Rom am 27. Mai aufgefordert und hat dies angenommen, da der Zeitpunkt der Salzburger Zusammenkunft ja noch ungewiß ist. Was mein Militärverhältnis betrifft, so bekam ich zunächst am Donnerstag einen Bereitstellungsschein zugeschickt, wonach ich die Einberufung abzuwarten habe. Am Freitag ging dann Strecker auf Grund Ihrer Zustimmung zum Bezirkskommando und erfuhr, daß Ihr Uk-Antrag dort nicht eingegangen und unauffindbar ist. Er hatte nach dem Durchschlag eine falsche Straßennummer, außerdem fehlte das erforderliche Formular usw. Man erklärte, daß der Antrag neu gestellt werden müsse, gab einiges über das einzuschlagende Verfahren an und riet zur Eile. Ich habe daraufhin eine Abschrift Ihres Antrages hingeschickt mit einem von Fräulein Mesters unterschriebenen formalen erneuten Antrag und dem vorgeschriebenen Formular. Denn daß ich selbst diesen Antrag stellen könnte, schien mir undenkbar. Das Bezirkskommando erklärte überhaupt, daß nur die vorgesetzte Behörde den Antrag stellen könnte, und auf die Erklärung, daß das Kultusministerium uns gesagt habe, wir sollten das selber tun, wurde gesagt, daß wir diese letztere Auskunft des Ministeriums in den neuen Antrag hineinschreiben sollten. Ich vermute, daß das Verfahren auch jetzt noch falsch ist, wußte aber nichts Besseres zu tun. Es ist mir natürlich höchst widerwärtig, für meine eigene Uk-Stellung tätig sein zu müssen. Jordan schrieb mir, daß Hiersemann den 2. Teil seines Heinrich des Löwen (Einleitung und Register) sofort in die Druckerei schicken wolle, sobald er das Manuskript von uns bekäme. Dies Manuskript liegt in der Tat, wie ich feststellte, in unserem Luftschutzkeller. Leider weiß ich aber nicht, warum es dort eingelagert worden ist und nicht schon früher an Hiersemann gesandt. Darf

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ich es zum Druck geben? Es wäre doch sehr erfreulich, wenn diese Ausgabe bald zum Abschluß käme. […] Heilig schrieb mir, daß er die Druckeinrichtung seines Manuskripts selbst ausführen wolle. Das Manuskript ist also mit entsprechenden Instruktionen von Fräulein Vienken an ihn abgegangen. Unterdessen bin ich meinerseits mit der Gelnhäuser Urkunde beschäftigt, nachdem ich in der letzten Woche mein Manuskript über die nichtrömische Kaiseridee getippt und druckfertig gemacht habe. Da ich mit meiner Einziehung und somit einer längeren Unterbrechung meiner Arbeit rechnen muß, habe ich dies Manuskript mit 4 anderen, die dazugehörig und ebenfalls druckfertig sind, vereinigt und in den Luftschutzkeller gebracht. Das Ganze bildet etwa die Hälfte meiner »Forschungen zur frühdeutschen politischen Gedankenwelt«, die ich als Band unserer Schriftenreihe plane. Da es sich um lauter in sich abgeschlossene Untersuchungen handelt, könnten sie notfalls auch in der jetzigen Gestalt veröffentlicht werden, etwa 10 Druckbogen. Fräulein Kühn leidet seit mehreren Tagen an einer Furunkulose im Gesicht und ist in ärztlicher Behandlung. Diese Krankheit ist jetzt hier häufig, es scheint an der Ernährung zu liegen. Fräulein Brumm macht am 20. ihr Doktorexamen. Ich habe ihr nahegelegt, sofort danach 8 Tage Ferien zu machen, was sie auch tun will. Wenn Sie in den letzten Tagen des Mai hierher kommen, wird sie also schon wieder hier sein. Neue Verdunmanuskripte sind nicht mehr gekommen. Falls noch welche eintreffen (Tellenbach und Schalk), schicke ich sie an Köhler und Amelang. Im übrigen erwarte ich also Ihren telegraphischen Bescheid über die Salzburger Tagung. Hoffentlich erfahre ich auch noch rechtzeitig, wann ich Ihnen Post nach Wien schicken kann und den Schlafwagen von dort (oder von Salzburg) hierher bestellen. Mit vielen Empfehlungen und Grüßen Heil Hitler! Ihr sehr ergebener E. seiner Frau]Ehrengard Schramm, geb. von Thadden. Jordan […] seines Heinrich des Löwen]Die Urkunden Heinrichs des Löwen (vgl. oben zu Nr. 114).

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326 BRIEFE Heilig […] seines Manuskripts]Vgl. oben zu Nr. 150. ihr Doktorexamen]Ursula Brumm wurde bei Friedrich Baethgen mit einer Arbeit: »Die Echtheitsfrage der ersten Stauferdiplome an südburgundische Empfänger« promoviert (Hartmann, Aus der Reichshauptstadt, S. 33). Neue Verdunmanuskripte]Gerd Tellenbach, Von der Tradition des fränkischen Reiches in der deutschen und französischen Geschichte des Hohen Mittelalters; Fritz Schalk, Die Entstehung der französischen Nation in: Der Vertrag von Verdun (oben zu Nr. 133), S. 181–202; S. 137–149.

154.  An Theodor Mayer (MGH-Archiv, B 569/191–192. – Masch. Durchschlag) [Berlin] 22. Mai 1943 Sehr geehrter Herr Professor! Vor drei Tagen am 19. bekam ich Ihre beiden Briefe aus Rom vom 13. und 14. 5. Ich ersah daraus, daß Sie nach Ihrem Mailänder Vortrag vom 19. wieder nach Rom zurückkehren wollten, leider aber nicht, wie lange Sie danach noch in Rom bleiben wollten. Ich wagte infolgedessen nicht, am 20. (am 19. war Herr Förster nicht hier) noch eine Kuriersendung nach Rom an Sie abzufertigen, habe dorthin also nur eine einzige Sendung am 11. geschickt. Auch den hier beiliegenden Brief Ihrer Frau Gemahlin, der nach Rom hatte gehen sollen, konnte ich deshalb nicht mehr absenden; ebenso blieb das Turnprogramm [?] von Herrn Bürgisser leider hier, da ich ihn bei der ersten Kuriersendung leider nicht rechtzeitig benachrichtigt hatte. Wegen der Salzburger Tagung hatte ich schon am Tage, bevor Ihre Briefe kamen, die Teilnehmer benachrichtigt, daß im Mai nicht mehr damit zu rechnen wäre. Durchschlag meiner Benachrichtigung liegt hier bei. Eine weitere Benachrichtigung über die neue Verschiebung von Juli auf September schien mir vorerst nicht notwendig. Den Antrag bei der Schweizer Gesandtschaft auf Einreisebewilligung stellte ich auf den vom Austauschdienst zugesandten Formularen am 12. und legte ein Schreiben bei mit der Bitte um sofortige Bearbeitung trotz der fehlenden Paßbilder und der teilweise fehlenden Angaben zu Ihren Personalien. Da der Gesandtschaft bereits ein früheres Gesuch von Ihnen vorlag, ging alles glatt,

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und ich bekam am 19. den telefonischen Bescheid, daß die Einreise bewilligt ist. Ich bat am gleichen Tage den Austauschdienst hier um ein Telegramm nach Rom, damit Sie Ihren Paß sofort nach der Rückkehr über die deutsche Grenze hierher sändten. Ebenso schrieb ich am gleichen Tage an Largiadèr, daß Ihre Reise gesichert sei und Sie vom 4. bis 8. Juni in der Schweiz sein wollten. Die Schlafwagenplätze nach Basel und zurück sind bestellt, doch sagte Frl. Langner, daß der Platz für die Rückreise zweifelhaft wäre. Ebenso hat Frl. Mesters (Herr Förster hatte keine Zeit) vorgestern die beiden Schlafwagenplätze Wien – Berlin (über Breslau) für die Nacht vom 30. zum 31. bestellt. Schlafwagen 2. Klasse wird aber nur auf Grund einer Dienstreisebescheinigung gegeben. Da wir eine solche nur für Sie und nicht auch für Ihre Frau Gemahlin ausstellen können, mußte die zweite Schlafwagenkarte in der 3. Klasse bestellt werden. Denn ich nehme an, daß Ihnen Schlafwagen 3. lieber ist als gewöhnliche 2. Klasse. Die Karten sollen, wenn es klappt, übermorgen dasein, wir senden sie Ihnen dann nach Wien. Hinsichtlich des Verdunbuches geht alles aus der beiliegenden Korrespondenz und den Korrekturbogen hervor. Vom DA kamen inzwischen die letzten Aushängebogen, und wir warten demnach jetzt auf das Erscheinen. Den Beitrag von Löwe finde ich, wenn ich auch in den Ergebnissen nicht völlig zustimme, sehr wertvoll und aufschlußreich. Ich selbst hatte mir oft gesagt, daß man Arbeo als ersten deutschen Schriftsteller noch genauer ins Auge fassen müsse, und finde nun bei Löwe alles Wesentliche gesagt. Ich glaube also, daß der Aufsatz durchaus ins DA passen würde. Nun sind wir leider vorläufig ohnehin überbelegt mit Manuskripten. Infolgedessen müßte man, wenn man den Aufsatz annimmt, Löwe wohl gleich auf längeres Warten vorbereiten. Dagegen würde ich gegenüber Buchner, der in einem hier liegenden Brief ebenfalls einen Beitrag fürs DA ankündigt, von vornherein für eine zurückhaltende Gegenäußerung sein. Denn es ist anzunehmen, daß Buchners Aufsatz ebenso ungenießbar ausfällt wie sein Buch und deshalb für das DA ungeeignet ist. Vielleicht kann man dann eine Akademie zum Druck willig machen, oder es findet sich eine passende Festschrift; die Sache scheint ja noch Zeit zu haben. – Das im Brief von Beyerle erwähnte Gutachten Heymanns liegt hier vor; es erscheint mir als eine unnütze Geheimniskrämerei, dass es Beyerle und Buchner nicht schon längst zugänglich gemacht ist.

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328 BRIEFE Frl. Kühn war nur wenige Tage krank. Ich habe sie jetzt gebeten, an Stelle von Frl. Lietzmann die Fotokopienarbeit zu übernehmen. Denn Frl. Lietzmann hat uns gänzlich verlassen. Sie ist, nachdem sie schon im April nicht mehr gekommen war, dann aber für Mai wieder regelmäßige Arbeit angekündigt hatte, auch im Mai ausgeblieben und hat, wie ich nachträglich erfuhr, an Eugen Meyer als ihren angeblichen »persönlichen Chef« geschrieben, daß sie die Arbeit bei uns aufgeben wolle. Das ist natürlich ein unerfreuliches Verfahren, und ich habe ihr das gestern auch gesagt, als sie auf Veranlassung von Frl. Brumm hier erschien. Falls sich die Äußerung Ihres früheren Briefes über »Kommen und Gehen, wie es gerade paßt« auf Frl. Lietzmann bezog, so muß ich Ihnen zustimmen. Frl. Brumm hat vorgestern ihr Doktorexamen magna cum laude gemacht und ist gestern auf meinen Vorschlag für eine Woche in die Ferien gefahren. Das Bezirkskommando hat über mich noch nichts verlauten lassen. Dagegen hat sich jetzt der Reichsverteidigungskommissar in diese Dinge eingeschaltet und uns zur sofortigen Stellung von Anträgen wegen etwaiger unentbehrlicher Leute aus den Jahrgängen 1894 bis 99 aufgefordert, auch das Römische Institut. Ich hoffe, daß diese Dinge bis zu Ihrer Rückkehr Zeit haben. Doch will ich Herrn Förster deswegen übermorgen um eine telefonische Rückfrage bitten; mir selbst scheint das angesichts meines persönlichen Beteiligtseins unmöglich. Vor acht Tagen war Herr Wiegandt, der Inhaber des Verlages Lorentz, wegen der Geschichtsschreiber hier. Er behauptet dass der Verlag Hendel wahrscheinlich bereit sein würde, von seinem Konkurrenz-Unternehmen, mit dem wir einen Vertrag haben, zurückzutreten. Ich sagte ihm als meine persönliche Meinung, daß Sie möglicherweise auch zum Rücktritt bereit sein würden, vorausgesetzt, dass sich die Sache mit Schmeidler lösen ließe. Herr Wiegandt möchte dann eine neue Serie der Geschichtsschreiber unter Herausgeberschaft des Reichsinstituts eröffnen, welche die notwendig werden[d]en Neuauflagen und neu hinzukommenden Übersetzungen bringt. Leider schreitet in der Staatsbibliothek das Einpacken und Fortschicken der Bücher jetzt in erheblichem Maße fort. Es werden nicht mehr bestimmte Abteilungen als Ganzes fortgebracht, sondern aus allen Abteilungen diejenigen Bücher, die als seltener und schwerer wiederzubeschaffen gelten, z. B. alle Zeitschriftenserien bis 1900. Zunächst sind unsere beiden Schweizer davon am ärgsten betroffen. So bekommt Herr Boesch seine Mémoires et documents aus

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der Westschweiz nicht mehr. Ihm fehlt ohnehin auch neueste Schweizer Literatur, die bisher noch nicht gekommen ist, und er ist mit seiner angefangenen Arbeit dadurch aufs Trockene geraten. Ich hatte mit ihm eine längere Unterhaltung, bei der er mir sagte, dass er vor allem die eigentliche MonumentenArbeit, also das Edieren bei uns lernen wolle, was ich hocherfreulich finde. Zu seiner Beschäftigung gab ich ihm vorläufig meine Fotokopie der Miracula sancti Wigberhti, aus denen ich, wie Sie sich wohl erinnern werden, die Nachricht über die Burgen Heinrich[s] I. herausgeholt habe, die bisher erst unvollständig veröffentlicht sind [sic!]. Das wäre ein sehr geeigneter Gegenstand sowohl zur Erlernung des Edierens wie auch wegen des erzielbaren sachlichen Ertrages. Allerdings wird das auf die Dauer nur gehen, wenn ich hier bleibe und weiterhin mit ihm arbeiten kann. Mit meinem Fortgang würde die eigentliche Monumentenarbeit hier eben im wesentlichen aufhören. Ich schicke diesen Brief schon nach Wien, damit Sie dort jedenfalls Post vorfinden. Mit den besten Empfehlungen und Grüßen Heil Hitler! Ihr ergebener E. Ihrer Frau Gemahlin]Hanna Mayer, geb. Stradal. nun bei Löwe alles Wesentliche gesagt]Heinz Löwe, Arbeo von Freising, in: Rheinische Vierteljahrsblätter 15/16 (1950/51), S. 87–120. Buchners Aufsatz […] wie sein Buch]Der Aufsatz (Rudolf Buchner, Grundsätzliches zur Textkritik. Antwort an G. Baesecke) erschien nach dem Krieg in: ZRG GA 66 (1948), S. 59–102. Buchners Buch: Textkritische Untersuchungen zur Lex Ribuaria, Leipzig 1940. Reichsverteidigungskommissar]1939 geschaffenes Amt zur Organisation der zivilen Verteidigung, in der Regel ab November 1942 automatisch in Händen der Gauleiter der NSDAP. Verlag Hendel […] Sache mit Schmeidler]Der F. W. Hendel Verlag wollte in Zusammenarbeit mit dem Reichsinstitut eine neue Reihe »Denkmäler germanischer und deutscher Frühzeit« herausbringen, der Leipziger Lorentz-Verlag die »Geschichtsschreiber der deutschen Vorzeit« wiederbeleben. Das erste Unternehmen sollte Bernhard Schmeidler leiten, es wurde aber nicht realisiert. Die »Geschichtsschreiber« wurden schließlich von Karl Langosch herausgegeben. Dafür war auch Carl Erdmann kurz im Gespräch (Edmund E. Stengel an Theodor Mayer, 27. August 1944 [München, Archiv der MGH B 582a/ohne Blattzählung]). Mémoires […] aus der Westschweiz]Mémoires et documents publiés par la Société d’histoire de la Suisse Romande, Lausanne 1838 ff. Nachricht über die Burgen]Vgl. oben Nr. 123, 136, 138.

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330 BRIEFE 155.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Kl. Machnow, 27. Juni 1943 Lieber Tellenbach! Ja, es ist Zeit, wieder einmal zu schreiben. Der Brief an Sie ist für mich immer eine Stunde der Besinnlichkeit, auch wenn mir nichts weiter dabei bewußt wird als wieder einmal der Zustand der Oberflächlichkeit. In der letzten Zeit hat meine Neigung zu einseitiger Konzentration weitere Nahrung erfahren durch die Situation der befristeten Existenz, die n[un a]uch mich erfaßt hat. Denn man hat mich kv geschrieben und dann auf Antrag des Instituts einstweilen bis 31. 8. uk-gestellt. In di[eser L]age, jeweils nur ein viertel oder halbes Jahr vor sich zu sehen, [sin]d Sie und viele andere nun ja schon seit langem; also werde auch ich mich daran gewöhnen – falls eine weitere Verlängerung überhaupt erfolgt. Ich weiß ja, wie gut ich es noch habe. Sie sind durch die Lehrtätigkeit und außerdem durch die größere Luftgefahr natürlich ungleich stärker angespannt. Über Klewitz’ inneren Weg möchte ich kein Urteil abgeben außer dem, was ich Ihnen schon früher schrieb. Charaktere, die sich allen auf sie zukommenden Eindrücken grundsätzlich oder instinktiv öffnen, werden denen, die sich mehr abschließen, in ihren Wandlungen manchmal unverständlich sein. Daß die Capella-Materialien an Santifaller kommen sollen, ist auch mir nicht unbedingt sympathisch, zumal Frau Klewitz auch mir schrieb, daß das vielleicht nicht im Sinne ihres Mannes liegen würde. Aber sie stammen schließlich im wesentlichen von Schramm, sodaß man sich in erster Linie an seinen Standpunkt wird halten müssen. Ich hatte mit ihm ein Telefongespräch, als er einmal auf der Durchreise hier war. Er wußte, daß Santifaller die Sachen haben wollte, und war damit einverstanden, wollte sie jedenfalls selbst nicht wieder haben. Da auch Theodor Mayer, an den Santifaller sich gewandt hat, sie diesem geben will, sehe ich keine Möglichkeit, das zu hindern, und lasse Theodor Mayer machen. Den augenblicklichen Stand der Sache kenne ich allerdings nicht mehr. Für mich kam nie etwas anderes infrage als eine einmalige Durcharbeitung des Materials, um für meine Fragestellung (Gelehrte in der Kapelle) das Nötige herauszuziehen. Aber in absehbarer Zeit komme ich dazu noch nicht, und spä-

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ter werde ich das Material gegebenenfalls wohl auch von Santifaller ausgeliehen bekommen. Falls Sie Ihrerseits es haben wollen, würden Sie wohl am besten an Theodor Mayer schreiben. Ihr Kredit bei ihm ist so hoch, daß er möglicherweise Ihnen den Vorzug geben würde, obwohl Santifaller Österreicher ist (welcher Gesichtspunkt sonst bei Theodor Mayer an oberster Stelle steht). Sahen Sie schon Lintzels neues Buch über die Kaiserpolitik Ottos I.? Es wird wohl stark verketzert werden, und auch ich komme nicht damit überein. Immerhin gebe ich ihm in einigen Punkten Recht und betrachte es als ein Verdienst, daß er dagegen angeht, daß die Fickersche Lehre bei uns zum Dogma wird, was zu tun sie im [Beg]riff ist. Die Tagung mit den Italienern soll Anfang September statt[fin]den, und nach dem augenblicklichen Stande sieht es so aus, als ob sie zustande kommen wird. Mit Ihrer Beteiligung? Was ich dort zu sagen habe, wird sich teilweise decken mit meinem Aufsatz »Das Ottonische Reich als Imperium Romanum«, der jetzt für das Holtzmann-Heft des DA im Druck ist. Ich gebe darin auch ein Résumé von Teilen meiner anderen Arbeit über den nichtrömischen Kaisergedanken, insbesondere von dem Teil über Karl den Großen. Hoffentlich liegen in absehbarer Zeit die Korrekturbogen vor, die ich Ihnen dann gerne schicken würde. Daß Karls Aachener Kaisertum ganz in der Linie seiner vorausgehenden universalen Ansprüche liegt, ist auch meine Meinung. Erst unter seinen Nachfolgern wird der Gedanke des Oberkönigtums wichtiger. Augenblicklich arbeite ich an der Gelnhäuser Urkunde, mit viel Freude. Wie vorauszusehen war, bin ich weit über der anfänglichen Anstöße hinausgekommen. Zwischendurch habe ich Zeiten heftiger Meinungsschwankungen gehabt, bin dann aber durch Entdeckung neuer Momente zu einem festen Standpunkt gekommen. Es ist erstaunlich, was alles die Forschung noch nicht bemerkt hatte. Zum Schwabenspruch: gewiß konnte Barbarossa trotz des Komplotts schwäbische Adlige aufbringen. Nur fehlten sie in einem bestimmten Moment, nämlich beim Magdeburger Hoftag, wo sie nicht zur Hand waren, weil die Geladenen ausgeblieben waren. Aber ich erkenne an, daß es auch noch andere Gründe gab, weswegen die Ächtung damals ausblieb, wie es denn auch noch andere Gründe für den Übergang zum Lehnsprozeß gab. – Bauermanns Miszelle, die ich im Manuskript las, ist konkurrenzlos das Schlechteste, was bisher über die Gelnhäuser Urkunde geschrieben wurde. Theodor Mayer will sie vorläufig nicht bringen, hoffentlich zieht Bauermann sie gänzlich zurück.

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332 BRIEFE Theodor Mayers Stellung hat sich durch den Abgang von Harmjanz wahrscheinlich verbessert, doch weiß ich nichts Näheres. Ich rechne damit, daß er eines Tages eine auswärtige Professur annimmt. Mit herzlichem Gruss Ihr C. Erdmann Capella-Materialien]Materialien zur Geschichte der deutschen Hofkapelle, die Klewitz von Schramm übernommen hatte, um dazu eine Monographie zu verfassen (Erdmann, Hans-Walter Klewitz [oben zu Nr. 148], S. 665). Lintzels neues Buch]Martin Lintzel, Die Kaiserpolitik Ottos des Großen (oben zu Nr. 149). Fickersche Lehre]Zur Sybel-Ficker-Kontroverse vgl. oben zu Nr. 149. »Das Ottonische Reich als Imperium Romanum«]Oben zu Nr. 148. Schwabenspruch]Urteilsspruch schwäbischer Standesgenossen über Heinrich den Löwen. Die Welfen galten wegen ihrer Herkunft auch im ausgehenden 12. Jahrhundert noch als Schwaben. Magdeburger Hoftag]Hoftag am 24. Juni 1179, bei dem Heinrich der Löwe nicht erschien, aber der Prozess gegen ihn fortgesetzt wurde. Das Verfahren, bis dahin nach Land- bzw. Gewohnheitsrecht geführt, ging nun in einen Lehnsprozess über. Bauermanns Miszelle]Nachdem ihm Theodor Mayer mitgeteilt hatte, dass es ihm nicht angenehm sei, »daß über irgendeine Frage in irgendwelchen Veröffentlichungen des Reichsinstituts ein Standpunkt vertreten wird, gegen den bald darauf vom gleichen Institut ein engerer Mitarbeiter auftritt«, zog Johannes Bauermann die Miszelle zurück und ließ sie an anderem Ort erscheinen: Grammatisches zum Prozeßbericht der Gelnhäuser Urkunde, in: Sachsen und Anhalt 17 (1943), S. 473–481. Vgl. Mayer an Bauermann, 23. Juni 1943; Bauermann an Mayer, 28. Juni 1943 (München, Archiv der MGH, B 564/152 f.). Abgang von Harmjanz]Heinrich Harmjanz, lange Zeit »Graue Eminenz« im Ministerium, fiel einer Intrige aus dem Amt Rosenberg zum Opfer. Plagiatsvorwürfe spielten dabei die ausschlaggebende Rolle (Heiber, Walter Frank, S. 650–653).

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156.  A  n Martin Lintzel (NL Lintzel, VII 3/29. – Masch. Or.) Berlin-Kl. Machnow, 30. Juni 1943 Lieber Herr Lintzel! Haben Sie den Artikel der heutigen Frankfurter Zeitung über Ihr Buch? Wenn nicht, bin ich bereit, ihn Ihnen zu schicken. Er hat meine eigenen Gedanken einigermaßen in Wallung gebracht. Nicht daß ich ihn sonderlich gut fände; er enthält die üblichen Vergröberungen usw. Aber daß die beste Zeitung Deutschlands das Erscheinen des Buches mit einem solchen Fanfarenstoß begleitet, ist im Bereich der mittelalterlichen Geschichte heutzutage immerhin ungewöhnlich. Und das, obgleich die Quintessenz des Buchs der heutigen PropagandaRichtung strikt entgegenläuft. Freilich dürfte der Zeitungsmann eben dies richtig erschnüffelt haben und gerade deshalb so nachdrücklich reden. Denn er wird sich sagen, daß dies einmal eine Ebene ist, auf der er sein Mißbehagen an der jetzigen Politik zum Ausdruck bringen kann. Jedenfalls betrachte ich meine vor etlichen Monaten geäußerte Prophezeiung, daß Sie sich mit diesem Buch

Martin Lintzel (1901–1955).

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334 BRIEFE wieder einmal als der Vordermann einer später allgemeineren Denkweise erweisen würden, schon auf diesen Artikel hin eigentlich als eingetroffen. Die Zunft freilich, die von solchen Strömungen ja nur wenig berührt wird, wird Ihr Buch vermutlich schwer verketzern. Trotzdem werden Sie ein Ziel wohl jedenfalls erreichen: zu verhindern, daß Fickers Lehre zum Dogma wird. Urteile darüber habe ich aber einstweilen noch nicht gehört, außer von Theodor Mayer. Dieser betrachtete die ganze Sache immer noch ausschließlich unter dem Gesichtspunkt Großdeutsch – Kleindeutsch (was doch heutzutage eigentlich garkeinen Sinn hat – der politische Gesichtspunkt müßte heute heißen: für oder gegen Hitlers Europapolitik) und brach als Österreicher natürlich den Stab über den angeblich kleindeutschen Standpunkt. Er sprach davon, er wolle nun seinerseits einen Artikel über die Italienpolitik schrieben. Ob er es tun wird, weiß ich nicht; er wird wohl erst noch eine Weile abwarten, wie der Wind weht. Die Druckerei schrieb, daß sie mit dem Druck der Aufsätze für das Holtzmannheft des DA begonnen habe. Das letzte Heft werden Sie inzwischen hoffentlich bekommen haben. Der Fall Heßler macht mir Sorgen. Ich habe Theodor Mayer wiederholt daran erinnert. Er sagt immer Ja, er würde schreiben – und tut es nicht. Ich will ihn morgen nochmals erinnern; bleibt auch das vergebens, werden wir die Sache, fürchte ich, aufgeben müssen. Mit vielen Grüßen immer Ihr C. Erdmann Frankfurter Zeitung über Ihr Buch]Frankfurter Zeitung, 30. Juni 1943, Abendbl./1. Morgenbl., S. 1 f.: Der Weg in die Irre. Eine Wendung im Streit um die deutsche Kaiserpolitik.

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157.  A  n Martin Lintzel (NL Lintzel, VII 3/39–40. – Masch. Or.) Berlin-Kl. Machnow, 11. Juli 1943 Lieber Herr Lintzel! Zunächst herzlichen Dank für Ihr Buch! Ich habe es zum guten Teil abermals gelesen und mich in meinen Gedanken lebhaft damit beschäftigt. Ich komme in der Tat an den meisten Punkten mit Ihnen überein und erblicke das Hauptverdienst Ihres Buches darin, daß es die Streitfrage in den Bereich des kühlen Abwägens hineinzieht, in den sie gehört. Abweichen würde ich von Ihnen darin, daß ich einen bestimmten traditionellen Faktor stärker bewerte als Sie, nämlich den Gedanken, daß der abendländischen Vormacht die Herrschaft in Rom gebühre. Gewiß hatte Otto auch ohne Rom schon die tatsächliche Hegemonie, aber dieser fehlte nach den Vorstellungen der Zeit noch der äußere Ausdruck. Vgl. bei Ihnen S. 74 unterer Absatz; was Sie dann dagegen anführen, halte ich nicht für durchschlagend. Der Gedanke des Suprematie-Kaisertums war durch das italienische Kleinkaisertum nicht beseitigt, und das nichtrömische Kaisertum (für das ich ja selbst noch weitere Momente über Sie hinaus gefunden habe) behielt doch einen problematischen Charakter, weil innerhalb der Kaiseridee die Tendenz nach Rom unbezwinglich blieb. Nachdem selbst Karl der Große mit seinem Versuch, das Kaisertum von Rom zu lösen (Aachener Kaisertum) zur Hälfte gescheitert war, blieb die nichtrömische Kaiseridee, obgleich sie noch zwei Jahrhunderte weiterlebte, gegenüber der römischen in der Unterlegenheit; daß Otto diesen Weg nicht zum zweiten Mal versuchte, war berechtigt. Einen Ersatz für das römische Kaisertum gab es also nicht, und Otto hätte einfach verzichten müssen. Auch vom deutschen Volk hätte er einen Verzicht verlangt, wenn es alle Kräfte auf den Osten konzentrieren sollte, der an unmittelbarem Machtgewinn (sowie kulturell und klimatisch) keinen Ersatz für Italien bot. Verzichten aber ist Altersweisheit und wäre unnatürlich bei einem Volk, das erst in den Anfängen seiner Kulturentwicklung steht; selbst heute haben wir es noch nicht genügend gelernt, wie die Gegenwart zeigt. Hätte also die Ablenkung auf die Ostpolitik jahrhundertelang funktioniert? Hätte der Verzicht nicht vielmehr die Wirkung gehabt, daß der Kräfteüberschuß sich als verstärkter Zwist im Innern auswirkte, sodaß die

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336 BRIEFE Italienpolitik noch das geringere Übel war? Auf diese Kernfragen wage ich keine sichere Antwort. Obgleich ich also ebenso wenig wie Sie geneigt bin, die Italienpolitik im Robert Holtzmannschen Stile zu verherrlichen oder Otto im Heimpelschen Stile als Held zu feiern, so bin ich vielleicht doch mehr geneigt, sie als ein Schicksal anzusehen, das man nicht verneinen darf. Aber das hindert nicht, daß ich in dem Buche viele richtige Urteile finde und es als einen bedeutenden Gewinn im Kampfe mit der Gedankenlosigkeit ansehe. Hinsichtlich der Aufnahme seitens der Zunft bin ich etwas optimistischer, seit ich mit Baethgen sprach. Dieser ist keineswegs in allem Ihrer Meinung, sagte aber, daß auch nach seiner Ansicht die ungünstigen Folgen der Italienpolitik überwogen hätten, und begrüßte den Mut, den Sie mit der Veröffentlichung dieses Buches bewiesen. Denn es gäbe nun einmal viele Leute, die eine Kritik an der Italienpolitik als charakterliche Bosheit ansähen. Mit Robert Holtzmann, der z. Zt. krank ist, sprach ich noch nicht, habe auch sonst noch keine Urteile gehört. Was Sie Ihrerseits etwa gehört haben, würde mich interessieren. Sie fragen mich nach meiner Meinung in Ihrer Diskussion mit Tellenbach. Was ich da an sachlicher Meinung habe, führt nicht recht weiter. Ich finde, daß die Regierung Ludwigs des Deutschen die entscheidende Zeitspanne für die Entstehung des Reiches ist. Da werden Sie wahrscheinlich sagen, daß das nicht weit von Ihrer Meinung entfernt ist – und Tellenbach würde das gleiche sagen. In den verfassungsgeschichtlichen Streitpunkten habe ich kaum ein Urteil, und in der Frage, wie stark man das Nationalbewußtsein im 9. Jahrhundert bewerten soll, finde ich im Positiven wie im Negativen keinen rechten Ansatz zu einer Meinung. (Daß zu diesem Thema demnächst ein Aufsatz von Baesecke erscheint in dem von Theodor Mayer herausgegebenen Buch zur Verdun-Jahrhundertfeier, werden Sie wissen.) In einem Punkte aber habe ich eine sehr bestimmte Meinung, nämlich darin, daß es mit dieser Diskussion jetzt genug ist und sie – von beiden Seiten – nicht mehr fortgesetzt werden sollte. Ihre Besorgnis, man könnte Ihr Schweigen für Kapitulation halten, ist völlig unbegründet; das käme nur infrage, wenn irgend eine schlagende Widerlegung vorhanden wäre, wovon doch nichts zu sehen ist. Meinung steht gegen Meinung, damit wird man sich beruhigen. Auch von dem geplanten Aufsatz über die Wahl Konrads I. würde ich Ihnen abraten, wenn in ihm die Auseinandersetzung mit Tellenbach noch irgendwie eine Rolle spielt. Was Sie da zu sagen haben, können Sie vielleicht später, wenn es nicht

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mehr um diese Debatte geht, in anderem Zusammenhange bringen. Im jetzigen Heft des DA ist bestimmt kein Platz mehr; im nächsten vielleicht, doch würde ich Ihnen raten, den Aufsatz Theodor Mayer nur dann anzubieten, wenn Sie gleich hinzufügen können, daß er keine weitere Auseinandersetzung mit Tellenbach enthält. Was schließlich Herrn Heßler betrifft, so hat mir diese Sache außerordentlich leid getan, und mein Institutsbrief war, wie Sie dem betont offiziellen Stil vielleicht anmerkten, das Ergebnis eines Zankes. Aber ich glaube, über diese Sache lieber keine Erklärungen mehr abgeben zu sollen. Schließlich ist Theodor Mayer mein Chef, und ich muß ihn verbrauchen, wie er ist. Auch in Ihrem und Herrn Heßlers Interesse dürfte es liegen, die Sache vorläufig ruhen zu lassen, und ich habe auch Ihre Bestellung (daß Theodor Mayer seinen Bescheid schon vor Monaten hätte geben sollen) nicht ausgerichtet. Irgend etwas gewinnen tut man damit, daß man ihm seine Sünden vorhält, ja doch nicht, und wer weiß, vielleicht brauchen Sie ihn zu einem späteren Zeitpunkt einmal und bedauern es dann, wenn Sie ihn unnütz geärgert haben. – Empfinden Sie das als ein klägliches Katzbuckeln? Nun gut, ich habe schon so viele Leute durch Stachlichkeit geärgert, ich will auch einmal dem Katzbuckeln das Wort reden. Mit herzlichen Grüßen immer Ihr C. Erdmann Ihr Buch]Oben zu Nr. 149. im Robert Holtzmannschen Stile […] im Heimpelschen Stile]Robert Holtzmann, Geschichte der sächsischen Kaiserzeit, München 1941; Hermann Heimpel, Deutsches Mittelalter, Leipzig 1941. Aufsatz von Baesecke]Georg Baesecke, Das Nationalbewußtsein der Deutschen des Karolingerreiches nach den zeitgenössischen Benennungen ihrer Sprache, in: Der Vertrag von Verdun (oben zu Nr. 133), S. 116–136. Aufsatz über die Wahl Konrads I.]Nicht erschienen. ich muß ihn verbrauchen]Jemanden verbrauchen, wie er ist: Redensart, die auch literarisch nachgewiesen ist (z. B. bei Johann Gottlieb Fichte, Kurd Laßwitz, Thea von Harbou und Alfred Döblin).

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338 BRIEFE 158.  An Martin Lintzel (NL Lintzel, VII 3/47. – Masch. Or.) Berlin-Kl. Machnow, 3. August 1943 Lieber Herr Lintzel! Verzeihen Sie, wenn ich nur kurz antworte. Berlin steht im Zeichen der Erwartung, daß es in Kürze ebenso in Schutt und Asche gelegt wird wie Hamburg, und wenn ich mich persönlich an der dadurch erzeugten und offiziell geschürten Räumungspanik auch nicht beteilige, so sind doch die Gedanken dadurch stark abgelenkt. Auch das Reichsinstitut soll »nach Möglichkeit« räumen, doch besteht eine solche Möglichkeit einstweilen nicht. Theodor Mayer hat mir in der Tat erzählt, daß er Herrn Heßler in Magdeburg getroffen hat. Er äußerte sich an sich nicht unfreundlich, doch bin ich keineswegs überzeugt, daß er jetzt etwas tun wird (genauer gesagt: ich bin vom Gegenteil überzeugt). Nach dem Stande der Dinge blieb mir nichts anderes übrig, als dazu zu schweigen, denn ich wünsche nicht abermals in die Lage zu kommen, daß ich beauftragt werde, Hoffnungen zu erwecken, die sich nachher nicht erfüllen. Vor einigen Tagen bekam ich übrigens die Arbeit von Herrn Heßler; ich las erst kurz Anfang und Schluß, danach schien sie mir sehr wichtig zu sein. Zum Thema Tellenbach: ich bin zu wenig Verfassungshistoriker, um beurteilen zu können, ob »Königtum und Stämme« wirklich so schlecht ist, wie Sie sagen. Ich meinerseits kann damit nichts anfangen, aber ich muß annehmen, daß das an mir liegt und nicht an dem Buch. Es mag also sein, daß es wirklich allgemein überschätzt worden ist. Aber das dürfte sich dann auf die Dauer wirklich von selbst geben; denn auf die Dauer hält sich eben doch nur die reale Substanz, und gerade mit dieser würde es nach Ihrem Urteil schlecht stehen. Nicht daß jedes schlechte Buch mit Bestimmtheit schließlich als schlecht erkannt wird; aber es wird vergessen, und das genügt. Tellenbachs Erklärung in der HZ war überflüssig und wird von allen als überflüssig empfunden werden; eine Antwort darauf kann überhaupt nicht infrage kommen. Anders denke ich über seinen Aufsatz im DA. Da hat er zweifellos einiges Neue und Substantielle beigebracht, z. B. über »Germania«. Wenn Sie nun finden, daß er großenteils Ihre Meinung vertritt, ohne es zu sagen, so kann ich

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darin keinen wesentlichen Grund zur Beschwerde für Sie sehen. Schließlich kommt es doch uns allen am meisten darauf an, daß die Meinungen, die wir für richtig halten, sich durchsetzen. Ob unser persönlicher Anteil daran richtig erkannt wird, ist Nebensache. Ich persönlich muß von mir bekennen, daß ich schon sehr oft der Meinung gewesen bin, daß man meinen Anteil am Zustandekommen verschiedener Erkenntnisse hat unter den Tisch fallen lassen. Aber ich hüte mich ängstlich, diese meine Meinung an die große Glocke zu hängen. Denn sie beruht wahrscheinlich zur Hälfte auf Selbsttäuschungen, und ich würde nur mir selbst schaden. Und soviel Erfahrung habe ich schon, daß es sich schließlich immer rentiert, wenn man in solchen Sachen großzügig ist. Ich halte also in [sic!] Falle Lintzel contra Tellenbach einen Schluß der Diskussion in jeder Beziehung für das Gegebene und glaube nicht, daß irgendwelche Bitternis für Sie verbleiben müßte. Was Sie einerseits und Tellenbach anderseits an Substantiellem beigebracht haben, wird bleiben, der Rest wird beiderseits in den Orkus sinken. Mit herzlichen Grüßen immer Ihr C. Erdmann in Schutt und Asche gelegt]Zerstörung Hamburgs durch die »Operation Gomorrha« (24. Juli bis 3. August 1943). die Arbeit von Herrn Heßler]Wolfgang Heßler, Die Anfänge des deutschen Nationalgefühls in der ostfränkischen Geschichtschreibung des neunten Jahrhunderts, Berlin 1943. »Königtum und Stämme«]Oben zu Nr. 86. Tellenbachs Erklärung]Gerd Tellenbach, Erklärung [zu Martin Lintzel, Zur Stellung der ostfränkischen Aristokratie (oben zu Nr. 139)], in: HZ 167 (1943), S. 668–671. über seinen Aufsatz im DA]Tellenbach, Wann ist das deutsche Reich entstanden (oben zu Nr. 130).

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340 BRIEFE 159.  A  n Theodor Mayer (MGH-Archiv B 564/476. – Hsl. Or.) Blankenburg, 9. August 1943 Sehr verehrter Herr Professor! Für unsere Materialien habe ich heute nach verschiedenen vergeblichen Versuchen eine Möglichkeit gefunden: das städtische Museum besitzt eine Anzahl alter [Truh]en und Schränke, in denen unser Material, soweit es bisher in den beiden Kellern liegt, Platz finden würde. Feuchtigkeit jedenfalls nicht grösser als im Tresor des Wirtschaftsministeriums. Doch habe ich die Sache bisher nur mit den Angestellten des Museums abmachen können. Der Museumsleiter selbst (Volksschullehrer) war bisher noch nicht zu erreichen. Ganz definitiv ist mein Bescheid also noch nicht.+ Bei der Rückkehr aus dem Museum fand ich den Brief von Frl. Brumm, wonach das Institut Kisten besitzt, in denen das Material also bleiben könnte. Das eröffnet eine andere Möglichkeit, die ich für besser halte: Kloster Michaelstein, eine Stunde von der Stadt entfernt, in ideal gefahrloser Lage, während das Museum immerhin in der Stadt liegt (aber im Villenteil). Im Kapitelsaal des Klosters hat das Landratsamt Materialien in Kisten deponiert; die unsern (etwa 20) würden wohl hinzukommen können. + Eben gelang die telephonische Verbindung: der Museumsleiter ist einverstanden! Dafür ist aber ein schriftliches Gesuch an den Herzog notwendig, das ich von hier aus schlecht stellen kann. Ich würde Sie also bitten, möglichst gleich von dort aus zu schreiben (S. Kön. Hoheit d. Herzog v. Braunschweig, Blankenburg / Harz, Schloss). Unterdessen kann man ja jedenfalls schon versuchen, den Transport in die Wege zu leiten. Denn ob nun Museum oder Michael­stein, der Transport ist bis Bahnhof Blankenburg derselbe. Einpacken in die Kisten wird freilich erst nach meiner Rückkehr gemacht werden können, also ab Donnerstag früh. Der hiesige Spediteur kann den Transport nicht in die Wege leiten, das muss ein Berliner machen. Mit vielen Grüssen und Empfehlungen Ihr ergebener C. Erdmann

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1943 341 das städtische Museum]In Blankenburg. S. Kön. Hoheit d. Herzog]Ernst August, Herzog zu Braunschweig und Lüneburg.

160.  An Peter Rassow (NL Rassow, 176. – Postkarte; masch. Or.) Berlin NW 7, Reichsinstitut, den 15. August 1943 Lieber Herr Rassow! Vielen Dank für Ihren Brief! Ich freue mich, daß Sie in Köln dem Schlimmsten entgangen sind und jetzt eine vorläufige Existenz gefunden haben. Unterdessen erwarten wir in Berlin mit Fassung unser Schicksal. Die handschriftlichen Materialien des Reichsinstituts flüchten wir in den Harz. Vielen Dank auch für Ihren Luther-Vortrag. Ich las mit Freude, wie Sie Luther aus seinen eigenen Gedanken heraus verstehen und von den beliebten Modernisierungen keine Notiz nehmen. Auf die Gratulantenliste für Theodor Mayer habe ich Sie gesetzt; es macht also nichts aus, wenn die Überweisung sich verzögert. Mit herzlichen Grüßen Ihr C. Erdmann dem Schlimmsten entgangen]In vier Großangriffen zwischen dem 17. Juni und dem 9. Juli 1943 wurden die Kölner Innenstadt und Teile der Vorstädte zerstört. Beim schwersten von ihnen, dem »Peter-und-Paul-Angriff« am 29. Juni, kamen 4.377 Menschen ums Leben, ca. 230.000 wurden obdachlos. Luther-Vortrag]Peter Rassow, Luther (Kölner Universitätsreden 46), Köln 1943. Gratulantenliste]Zu Th. Mayers 60. Geburtstag; vgl. unten Nr. 163. Die (einschließlich der Nachträge) sieben Seiten starke Liste befindet sich im NL Th. Mayer, 30.

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342 BRIEFE 161.  A  n Else Berthold (MGH-Archiv, B 567/120. – Masch. Durchschlag) [Berlin] den 16. August 1943 Sehr verehrtes Fräulein Berthold! Der Gepäcktransport am Dienstag, mit dem Sie diesen Brief bekommen sollen, ist vorläufig der letzte, da wir auf Grund der in den letzten Tagen mit Paketversendungen gemachten günstigen Erfahrungen es riskieren wollen, die Materialien weiterhin als Pakete (mit Wertangabe und Dringend) zu versenden. Ich selbst will aber, wenn irgend möglich, demnächst nochmals nach Blankenburg kommen, um das Nötige zu besprechen. Auch hat Herr Isensee mich zu sprechen gewünscht, d. h. er bat um vorherige Benachrichtigung, wenn ich wieder käme. Die 150.– M. sind bewilligt. Ich bitte um Angabe, ob das Museum ein Postscheckkonto oder Bankkonto besitzt oder wie die Summe sonst überwiesen werden kann. Hinterher bitten wir dann natürlich um eine Quittung (für Unterbringung der Materialien). Wir fangen heute an, jeden Tag fünf Pakete an die Adresse des Museums abzusenden. Die Pakete werden laufend numeriert, und ich bitte Sie, auf den hier beigefügten Karten uns jeweils Nachricht zu geben, welche Nummern eingegangen sind. Sollten sich wesentliche Schäden zeigen, bitte ich natürlich um sofortige Nachricht, gegebenenfalls telegraphisch, um den weiteren Versand zu stoppen bzw. zu ändern. Die Pakete selbst brauchen natürlich nicht geöffnet zu werden. Unser Packpapier wird knapp. Können wir dasjenige von den früheren Sendungen noch zurückbekommen? Der Herzog hat genehmigt, daß wir im Kloster Michaelstein Kisten abstellen können. Das kommt für etwa die Hälfte unserer Materialien in Betracht, zumal der Raum im Museum ja ohnehin nicht für alles ausreicht. Wir wissen aber noch nicht, ob wir von der Michaelsteiner Möglichkeit Gebrauch machen werden, da inzwischen ein anderer Plan dazwischen gekommen ist. Nochmals mit vielem Dank für Ihr Interesse an unserer Arbeit und mit herzlichen Grüßen Ihr ergebener E.

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162.  A  n Konrad Josef Heilig (MGH-Archiv, B 561 I/219. – Masch. Durchschlag) [Berlin] 17. August 1943 Lieber Herr Heilig! Verzeihen Sie, daß ich erst heute Ihren Brief vom 28. Juli beantworte. Auch bei uns geht nicht mehr alles in seinen ruhigen Gleisen. Ich lebe augenblicklich hauptsächlich für die Flüchtung unserer Materialien, weswegen ich bereits zweimal in Blankenburg am Harz war und demnächst zum dritten Mal reise. Auch sonst hat man jetzt viel Ungewohntes im Kopf. Aber wir tun das Unsrige, um soviel wie möglich von unserer Arbeit weitergehen zu lassen. Besten Dank also für Ihre Besprechungen, die noch rechtzeitig kamen, und für die Buchrücksendung, ferner für die Photokopie der Klosterneuburger Abschrift des Privilegium Minus. Die nunmehr noch ausstehende Unterlage für die Beilage IV Ihrer Arbeit habe ich bisher noch nicht beschaffen können. Denn der dafür erforderliche Bd. 23 der Zeitschrift des Historischen Vereins für Steiermark ist in der Staatsbibliothek nicht zu haben, da er zu denjenigen Beständen gehört, die nach auswärts geflüchtet sind. Denn auch die Staatsbibliothek hat einen Teil ihrer Bücher in Kisten fortgebracht. Ich schreibe deswegen also nach Wien an die Nationalbibliothek und bitte dort um eine Photographie. Auf die Korrekturen Ihrer Arbeit warten wir bisher vergeblich; sie können aber jeden Tag kommen. Daß Sie gerade unterwegs nach Italien waren, als dort die Umwälzung stattfand, und deshalb in München hängen blieben, hat mich amüsiert. Hoffentlich hat die Fortsetzung des Abenteuers keine für Sie unangenehmen Seiten gehabt. Ich selbst bin vorläufig noch bis Ende des Monats uk-gestellt; Verlängerung ist beantragt, das Ergebnis steht dahin. Mit herzlichen Grüßen immer Ihr E. Brief vom 28. Juli]München, Archiv der MGH, B 561/221. Klosterneuburger Abschrift]Älteste Überlieferung der Urkunde Friedrich Barbarossas über die Umwandlung der Markgrafschaft Österreich in ein Herzogtum (1156). Zur Unter-

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344 BRIEFE scheidung von der umfangreicheren Fälschung aus der Mitte des 14. Jahrhunderts wird die echte Urkunde als Privilegium Minus bezeichnet. Beilage IV Ihrer Arbeit]Heilig, Ostrom (oben zu Nr. 150), Abb.: Urkunde der Herzogin Gertrud von Österreich und Steiermark 1249. dort die Umwälzung]Entmachtung Mussolinis am 25. Juli 1943 und Auflösung der Faschistischen Partei durch die neue Regierung Badoglio am 28. Juli. – Heilig hatte Erdmann am 28. Juli geschrieben, dass er »in letzter Stunde« nach Neapel kommandiert worden sei, nun aber in München festsitze, »da in Ultramontanis einiges nicht mehr stimmt«. Italien sei jederzeit »Ziel seiner Sehnsucht« gewesen, »aber gerade jetzt nicht« (München, Archiv der MGH, B 561/1/221).

163.  An Theodor Mayer (NL Mayer, 30/18. – Masch. Or.) [Berlin] 20. August 1943 Hochverehrter Herr Professor! Zu Ihrem 60. Geburtstag sollen Ihnen meine Glückwünsche nicht fehlen. Wenn meine Fähigkeit zum Finden »passender Worte« auch gering ist, so darf ich doch vielleicht die Gelegenheit ergreifen, Ihnen etwas von meiner ohnehin bestehenden Meinung zu sagen. Ihr wissenschaftliches Arbeitsgebiet liegt mir ja fern, und ich habe darüber eigentlich kein Urteil. Aber ich habe doch von etlichen Ihrer Arbeiten genügend begriffen, um zu wissen, daß Sie sehr selbständige und – wie der Fortgang der Forschung bewiesen hat – ausgesprochen fruchtbare Gedanken haben. Was ich im Institut von Ihrer Arbeitsweise mitangesehen habe, hat meinen Respekt vor Ihrer Wissenschaft nur erhöhen können. Denn ich habe nicht nur die Leichtigkeit bemerkt, mit der Ihnen oft beiläufig etwas einfällt, was sich hinterher als durchaus wesentlich herausstellt, sondern mich auch von der Sicherheit Ihres – wie mir scheint instinktiven – historischen Urteils überzeugen können. Soweit sich unwillkürliche Gedankenbrücken zwischen Historie und Gegenwartspolitik herstellen, weiche ich meist von Ihnen ab. Aber innerhalb der großen Bereiche, die davon nicht berührt werden, habe ich schon mehr als einmal in Dingen, die ich zuerst anders ansah als Sie, mich bei der Weiterarbeit stillschweigend zu Ihrem Standpunkt bekehrt. Nicht minder groß ist mein Respekt vor Ihnen als

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Institutsdirektor, vor allem am Hauptpunkt, der Auswahl der Mitarbeiter. Sie haben darin eine ausgesprochen glückliche Hand, deren ich mich nur freuen kann. Wenn Sie mir nun keinen Zweifel darüber gelassen haben, daß Sie über Ihren Berliner Posten, so wie die Dinge sich gestaltet haben, nicht allzu erbaut sind und somit bereit wären, ihn gegebenenfalls gegen einen anderen zu vertauschen, so habe ich demgegenüber nur die eine Hoffnung, daß Sie in der wissenschaftlichen Arbeit des Instituts – denn auf einem anderen Wege wäre es kaum möglich – in wachsendem Maße Fuß fassen und sich von daher des Gedankens an etwaige andere Möglichkeiten entschlagen. Ich darf Ihnen wohl gestehen, daß ich mich gerade unter diesem Gesichtspunkte über den gemeinsamen Barbarossaband als eine Institutsveröffentlichung besonders freue und ihm spezielles Gedeihen wünsche. Da eine Festschrift heute natürlich unmöglich war, wurde schon vor geraumer Zeit beschlossen, Ihnen als gemeinsames Geschenk Ihres wissenschaftlichen Freundeskreises ein Gemälde zu überreichen. Und zwar fanden alle, es solle ein Motiv aus dem Schwarzwald sein, dem Sie gleichermaßen in Ihren persönlichen Empfindungen wie in Ihrer wissenschaftlichen Arbeit verbunden sind. Prof. Bader machte den Freiburger Maler Gerhard Schwarz ausfindig, der ein Ölbild von einer Feldberglandschaft zu Ihrem Geburtstag fertigzustellen versprach. Unsere Absicht war, Ihnen dies noch vor Ihrer Abreise hier in Berlin zu überreichen. Da kamen die Evakuierungsmaßnahmen, mit denen auch Sie selbst einen Teil Ihrer Sachen nach Salzburg schafften. Unter diesen Umständen schien es uns sinnlos, das Bild hierher nach Berlin kommen zu lassen, und wir haben es gleich direkt nach Salzburg an die Adresse Ihres Schwagers dirigiert. Ich hoffe, daß es dort rechtzeitig angekommen sein wird und daß Sie es bei Ihrem wohl bald erfolgenden nächsten Salzburger Besuch werden sehen können. Zu dem Bilde gehört die hier beiliegende Liste der an dem Geschenk Beteiligten. Ich brauche wohl kaum zu sagen, daß natürlich viele, die sich auch gerne beteiligt hätten, auf der Liste fehlen. Unter den heutigen Verhältnissen war es eben unmöglich, alle Namen und Adressen ausfindig zu machen; zudem wurde ein guter Teil der ausgesandten Feldpostbriefe zurückgesandt, weil die Adressen nicht mehr stimmten. Die Liste hat also viele durch Zufälligkeiten bestimmte Lücken. Trotzdem ist die Beteiligung über unsere Erwartungen weit hinausgegangen, und so ist es denn gekommen, daß wir etwa 800 M zuviel haben. Ich möchte Sie deshalb fragen, welchen Wunsch Sie für die Verwendung dieses Geldes haben. Gibt es noch die Möglichkeit eines »zusätzlichen« Ge-

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346 BRIEFE schenks? Oder dürfen wir Ihnen einfach die Summe selbst zur Verfügung stellen für künftige Zeiten, wo man wieder etwas kaufen kann? Ich bemerke noch, daß wahrscheinlich wohl noch einige Nachzügler kommen werden; Sie bekommen dann noch einen Nachtrag zur Liste. Die Festschrift folgt also zum 70. bis dahin mit meinen aufrichtigen Wünschen Ihr ergebener Carl Erdmann Barbarossaband]Vgl. oben zu Nr. 150. Ölbild von einer Feldberglandschaft]Von Gerhard Schwarz sind sonst nur wenige Gemälde bekannt. Porträts und Landschaften scheinen seine bevorzugten Gegenstände gewesen zu sein (Margarete Zimmermann [Bearb.], Gemälde des 19. und 20. Jahrhunderts. Augustinermuseum Freiburg, Bestandskatalog, Freiburg i. Br. 2004, S. 275 f., 409). beiliegende Liste]Vgl. oben zu Nr. 160. mit meinen aufrichtigen Wünschen]Theodor Mayer bedankte sich in seinem Schreiben vom 31. August (das vorrangig die Evakuierung des Reichsinstituts zum Gegenstand hat): »Für Ihren Brief zum 24. August danke ich Ihnen sehr, er hat mir mehr gesagt, als die meisten anderen Schreiben, die über allgemeine Wendungen nicht weit hinauskamen« (München, Archiv der MGH, B 569/158).

164.  An Martin Lintzel (NL Lintzel, VII 3/49. – Postkarte; masch.) Berlin-Kl. Machnow, den 22. August 1943 Lieber Herr Lintzel! Vielen Dank für Ihren Brief. Daß der Fall Heßler eine anderweitige Lösung gefunden hat, befriedigt auch mich. – In Ihrer Äußerung gegen Tellenbach überwiegt für mein Gefühl der sachlich-persönliche Ton, und ich finde sie deshalb ganz in Ordnung und einen geeigneten einstweiligen Abschluß der Diskussion. Mala fides ist bei Tellenbach, den ich seit vielen Jahren gut kenne, völlig ausgeschlossen. – Vor vier Wochen glaubte auch ich, daß es mit Italien schneller gehen würde. Die Gesamt-Entwicklung vollzieht sich offenbar nicht

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in gleichmäßigem Fortschreiten, sondern in Stufen mit längeren Stillstandsperioden. Und es müssen noch eine ganze Anzahl Stufen kommen! Mit herzlichem Gruß immer Ihr C. Erdmann Abschluß der Diskussion]Martin Lintzel, Bemerkung [zu Gerd Tellenbach, Erklärung (vgl. oben zu Nr. 158)], in: HZ 168 (1943), S. 456.

165.  An Edmund E. Stengel (NL Stengel, Kasten 69. – Masch. Or.) Berlin-Kl. Machnow, 22. August 1943 Sehr verehrter Herr Professor! Vielen Dank für Ihren Brief vom 8.! Inzwischen habe ich eine größere Abhandlung über den Prozeß Heinrichs des Löwen zum allergrößten Teile schon ausgearbeitet und hoffe sie in den nächsten Wochen abschließen zu können. Wir planen in der Schriftenreihe des Reichsinstituts einen Band Barbarossa­ studien herauszubringen, enthaltend eine umfangreiche Untersuchung von Heilig über das Privilegium Minus, dann die meinige über die Gelnhäuser Urkunde, schließlich einen zusammenfassenden Aufsatz von Theodor Mayer. Für mich ist das »quia« und die Satzkonstruktion nur noch eine Nebenfrage, auf die ich gleichsam anhangsweise am Schluß eingehe. Wesentlich wichtiger ist die Bedeutung von »incidere«; für dieses Wort habe ich eine ganze Anzahl Belege aus dem römischen Recht, dem Kirchenrecht und den Kaiserurkunden gesammelt, sodaß ich die Untersuchung auf eine verbreiterte Grundlage stellen kann. Auch sonst habe ich einige Entdeckungen gemacht. Vielleicht das Überraschendste ist, daß »edictum trinum« nicht drei Ladungen, sondern gerade eine einmalige peremptorische (und damit dreifache) Ladung bedeutet; das läßt sich ebenso kurz wie sicher beweisen, sodaß der Streit über die Ladungen mit einer Handbewegung wegzuwischen ist.

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348 BRIEFE Ihre Überweisung für den 60. Geburtstag von Theodor Mayer habe ich bekommen. Er verbringt den Tag auswärts, ich habe ihm die Gratulantenliste geschickt und hoffe, daß das Bild ebenfalls rechtzeitig eingegangen sein wird. Im übrigen geht unsere Institutsarbeit hier in Berlin fort. Unsere handschriftlichen Editionsmaterialien haben wir zwar in den Harz geflüchtet. Ob es möglich sein wird, auch die ganze Bibliothek in Kisten fortzuschaffen, steht noch dahin. Aber selbst in diesem Falle wollen wir hier bleiben und die Arbeit irgendwie fortsetzen. Die Panik, die hier durch die Zerstörung Hamburgs und die öffentliche Räumungsaufforderung entstanden war, ist schon wieder im Abflauen. Mit vielen Grüßen und Empfehlungen Ihr ergebener C. Erdmann Brief vom 8.]Stengel hatte mit sechsmonatiger Verspätung auf Erdmanns Schreiben vom 31. Januar (oben Nr. 144) geantwortet. Die Korrespondenz über die Gelnhäuser Urkunde sei bei ihm »ganz unter die Schwelle des Bewusstseins gesunken«. Mittlerweile hatte er die Streitfrage dem Marburger Klassischen Philologen Friedrich Müller, »einem ausgesprochenen Stilisten«, vorgelegt und dieser habe ihm »völlig« zugestimmt. Erdmanns Auffassung hielt er weiterhin nicht für richtig (Stengel an Erdmann, 22. August 1943 [Durchschlag im NL Stengel, Kasten 69]). Aufsatz von Theodor Mayer]Th. Mayer, Friedrich I. und Heinrich der Löwe, in: Mayer / Heilig / Erdmann, Kaisertum und Herzogsgewalt (oben zu Nr. 150), S. 365–444. verbringt den Tag auswärts]Theodor Mayer verbrachte seinen 60. Geburtstag in seiner oberösterreichischen Heimat.

166.  An Theodor Mayer (NL Theodor Mayer, 30/9. – Masch. Durchschlag) Berlin NW 7, 23. August 1943 Sehr verehrter Herr Professor, da wir der inzwischen eingegangenen Post ihren festlichen Charakter nicht mit Sicherheit von außen ansehen konnten, haben wir sie geöffnet und senden

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sie Ihnen anliegend zu. Auf den Brief des Baron von Pöllnitz [sic!] haben wir leider bisher vergeblich gewartet, dagegen haben sich der Prinz Fürstenberg und Freiherr von Guttenberg gemeldet. Wie ich Ihnen schon telegrafierte, drahtete der Prinz, daß Unterbringung der Bibliothek behelfsmäßig möglich sei, was ja auch so viel heißen will wie in Kisten verpackt oder aufgestellt, wenn wir die Regale beschaffen. Unglücklicherweise ist in diesem Telegramm ein Wort verstümmelt: Es heißt »Erbitte umgehende Berichtigung«. Wir haben geschwankt, ob Benachrichtigung oder Besichtigung zu emendieren sei und uns schließlich für das Erstere entschieden. Da wir noch die Nachricht von Pöllnitz abwarten wollten, haben wir an den Fürsten gedrahtet, daß sich unsere Antwort verzögere. Inzwischen ist nun noch der beiliegende Brief aus Pommersfelden eingetroffen, der eine neue Möglichkeit der Unterbringung eröffnet. Es ist bei allen diesen Refugia dasselbe: ein Aufstellen von 45.000 Bücher[n] ist nur möglich, wenn wir die Regale mitbringen, und da dies nicht geht, wird es sich wohl darum handeln, daß wir aus der Fülle unserer Fluchtorte den sichersten und nächsten auswählen. Betreffs der Kisten und Verpackung sind einige neue Schwierigkeiten aufgetaucht, die den Beginn des Einpackens verzögern. Mit einiger Mühe haben wir jetzt erreicht, daß 50 Kisten bereits geliefert sind. Die Firma Preck erklärte am Freitag plötzlich, wir müßten die Kisten sofort abholen lassen, sie brauche den Platz, könne sie uns aber wegen Benzinmangels nicht schicken. Es gab viel Rennerei um einen Benzinschein und um ein Transportunternehmen zu bekommen. Jetzt sind die 50 Kisten glücklich da; leider sind sie zum großen Teil recht klein, und wir wollen versuchen zu erreichen, daß bei der nächsten Lieferung mehr große dabei sind. Inzwischen bemühen wir uns verzweifelt um Verpackungsmaterial, denn auf einem Erkundungsgang in die Staatsbibliothek habe ich erfahren, daß zu einer sachgemäßen Verpackung Ölpapier und Wellpappe zum Verkleiden der Kisten und Packpapier zum Einschlagen der Bücher gehören. Wir sind jetzt nach vielen Anfragen soweit, daß wir hoffen können, das Material etwa in einer Woche zu bekommen. Dann könnte die eigentliche Arbeit beginnen, und damit diese ohne Verzögerung möglich ist, will ich mich jetzt an das Lager Falkensee wenden und die Stellung von etwa 6 Kriegsgefangenen beantragen. Ich glaube, daß ich damit alle inzwischen vorgefallenen Ereignisse berichtet habe. Sowie die Nachricht von Pöllnitz [sic!] eintrifft, geben wir sie Ihnen weiter, damit Sie die Entscheidung über den Fluchtort treffen können. Inzwischen

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350 BRIEFE aber wünschen wir Ihnen – nachdem wir Sie so ausführlich mit den geschäftlichen Sorgen behelligt haben – weiterhin recht schöne Urlaubstage. Mit den besten Grüßen und Heil Hitler! Baron von Pöllnitz]Götz von Pölnitz, Schwiegersohn von Paul Fridolin Kehr. Freiherr von Guttenberg]Mayer hatte Erich von Guttenberg gebeten, sich nach einem Fluchtort für die Bibliothek des Reichsinstituts in einem fränkischen Schloss oder Kloster umzusehen. Eine ähnliche Anfrage ging an den Fürstenbergischen Archivar Karl Siegfried Bader, den Mayer von Freiburg her gut kannte (Heinzel, Theodor Mayer, S. 202). Guttenberg schrieb verschiedene Schlossherren an, erhielt aber fast nur Absagen. Allein von Schloss Pommersfelden kam ein positiver Bescheid. Die Bibliothek wurde schließlich dorthin evakuiert (NL Guttenberg, II 284; München, Archiv der MGH, B 566/402–403). Stellung von etwa 6 Kriegsgefangenen]Ein Kriegsgefangener aus dem Lager Falkensee bei Berlin wurde bewilligt, aber dann doch nicht gebraucht (München, Archiv der MGH, B 569/159).

167.  An Else Berthold (MGH-Archiv, B 567/111. – Masch. Durchschlag) [Berlin] den 24. August 1943 Sehr verehrtes Fräulein Berthold! Meine Absicht, heute nach Blankenburg zu fahren, wurde durch den Luftangriff dieser Nacht vereitelt, da die Strecke vom Potsdamer Bahnhof gestört ist. Falls die Angriffe sich nicht fortsetzen, will ich übermorgen zu reisen versuchen oder, wenn das nicht geht, an einem späteren Tage. Leider kann ich keine telegrafische Nachricht geben, da Telegramme heute nicht mehr angenommen werden. Wenn ich komme, bringe ich das Geld mit, übrigens auch etwas für Herrn Kirsch, was Sie ihm gegebenenfalls andeuten können. Pakete konnten wir gestern und heute nicht absenden, ab morgen wird es hoffentlich wieder möglich sein. Mit herzlichem Gruß Ihr ergebener E.

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1943 351 Luftangriff dieser Nacht]Großangriff mit mehr als 600 Bombern in der Nacht vom 23. auf den 24. August.

168.  An Theodor Mayer (MGH-Archiv, B 569/179. – Masch. Durchschlag) [Berlin] 24. August 1943 Sehr verehrter Herr Professor! Zu dem Brief von Frl. Brumm, die Ihnen das Wichtigste schreibt, möchte ich meinerseits noch hinzufügen, dass sie auf Grund des ihr erteilten Auftrags nach meiner Überzeugung recht getan hat, wenn sie jetzt selbst ihre Entscheidung getroffen hat, da die Lage durch den Luftangriff der letzten Nacht wesentlich ernster geworden ist und nur noch schnelle, unkomplizierte Lösungen überhaupt eine Aussicht bieten. In der Versendung der Pakete nach Blankenburg ist leider gestern eine Stockung eingetreten, da alle Bemühungen, Bindfaden aufzutreiben, fehlschlugen. Ich hatte die Absicht, heute nach Blankenburg zu fahren, um das dort eingegangene Material einzuordnen und die bisherigen Verpackungen, vor allem den Bindfaden, zu nochmaliger Verwendung herzubringen. Aber ich kam heute früh nicht mehr fort, da die vom Potsdamer Bahnhof ausgehende Strecke gestört ist. Sollten die Luftangriffe sich nicht fortsetzen, so will ich übermorgen (morgen scheint mir noch nicht denkbar) zu reisen versuchen. Außerdem bemühen wir uns natürlich mit allen Kräften, die Paketversendung auch anderweitig wieder flott zu machen. Telegrafieren können wir, wie Frl. Brumm Ihnen schon schrieb, von hier nicht mehr. Falls Sie Ihrerseits telegrafieren können, bitten wir Sie um gleichzeitige briefliche Nachricht, da die Beförderung von Telegrammen doch nicht mehr sicher ist. Mit vielen Grüßen und Empfehlungen Ihr ergebener C. Erdmann

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352 BRIEFE Brief von Frl. Brumm]Ursula Brumm an Theodor Mayer, 24. August 1943 (München, Archiv der MGH, B 569/178; NL Theodor Mayer, 14/155) mit der Nachricht, dass man sich für die Evakuierung der Bibliothek nach Gnandstein bei Leipzig entschieden habe. Mayer antwortete auf beide Briefe am 28. August und erklärte sich mit den Maßnahmen einverstanden (ebd., B 569/170).

169.  An Theodor Mayer (MGH-Archiv, B 569/175. – Masch. Durchschlag) [Berlin] 25. August 1943 Sehr verehrter Herr Professor! Vorhin kam Ihr Anruf. Zum Glück hat Frl. Brumm schärfere Ohren als ich, bei dem sich schon eine beginnende Schwerhörigkeit bemerkbar macht; in Zukunft will ich nach Möglichkeit von vorn herein sie bei Ferngesprächen bitten. Wir hatten bei unseren gestrigen Beratungen gerade Donaueschingen für die ungeeignetste Möglichkeit gehalten, da die Unterkunft auch dort nur »behelfsmäßig«, also vermutlich nicht besser als an den andern Orten sein soll und die Entfernung dorthin am größten ist; jeder Tag Verlängerung des Transportes aber bedeutet Gefahr. Da Sie aber an dieser Möglichkeit an erster Stelle festhalten, bestehen anscheinend Gründe, die ich nicht kenne. Jedenfalls bestärkt mich die Sachlage in dem schon vorher gefaßten Beschluß, mit dem Abtransport der handschriftlichen Materialien, soweit sie nicht ins Blankenburger Museum geschickt werden können, den noch in einiger Entfernung befindlichen Abtransport der Bibliothek nicht abzuwarten, sondern so rasch wie möglich die vorhandene Möglichkeit, die Kistenverschickung nach Kloster Michaelstein, zu ergreifen. Wir haben Aussicht, diesen Transport in einigen Tagen ausführen zu können, falls nicht neue Luftangriffe die Situation abermals verändern. Vorhin war ich in Steglitz auf der Suche nach Herrn Förster. Ich stellte fest, daß seine Wohnung völlig ausgebrannt ist, nur noch Außenmauern mit einem Schutthafen im Innern. Doch versicherten die Nachbarn, es habe dort keine Toten gegeben. Auf der Steglitzer Sammelstelle für Obdachlose waren noch

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keine Erkundigungen möglich. Vorerst hoffen wir, daß Herr Förster noch in Berlin ist und sich in den nächsten Tagen bei uns melden wird. Es gelang Frl. Mesters, Bindfaden aufzutreiben. Den Paketversand an das Blankenburger Museum haben wir damit wieder aufgenommen. Morgen will ich versuchen, nach Blankenburg zu reisen, um das dort eingegangene Material einzuordnen, den Umfang, in dem wir noch weiteres schicken können, festzustellen und das bisherige Packmaterial zurückzubringen. Geht es morgen nicht, will ich es Sonnabend versuchen. Natürlich hängt alles davon ab, ob wir weitere Luftangriffe bekommen; in der letzten Nacht waren nur vereinzelte Flieger da, die entweder keine oder nur wenige Bomben abgeworfen haben. Mit vielen Empfehlungen und Grüßen Ihr ergebener C. Erdmann Donaueschingen]Theodor Mayer hielt Donaueschingen als Fluchtort für besonders geeignet, weil er glaubte, dort den wissenschaftlichen Betrieb wenigstens zur Not aufrechterhalten zu können. Das sei ein Gewinn gegenüber den anderen Optionen (an Ursula Brumm, 27. August 1943 [München, Archiv der MGH, B 569/173]).

170.  An Theodor Mayer (MGH-Archiv, B 569/167. – Masch. Durchschlag) [Berlin] 28. August 1943 Sehr verehrter Herr Professor! Beiliegend die heutige Nachsende-Post. Das Übrige, darunter auch Erlasse und Korrespondenz betr. Ausweichstellen, erledigen wir nach bestem Können. Außer Ihnen sind nun auch Herr Förster und Frl. Mesters abwesend und ich selbst wieder einmal durch Verdauungsstörungen stark geschwächt. Wir kämpfen mit Kisten, Verpackungsmaterial, Speditionsfirmen usw., Hilfe gibt es nirgend. Die Kisten mit dem handschriftlichen Material mußten wir selbst nicht nur packen, sondern auch zunageln und bemalen und müssen

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354 BRIEFE sie übermorgen, wo die Expedition stattfinden soll, selbst auf- und abladen und auf der Güterannahme expedieren, da der im »Katastrophendienst« beschäftigte Spediteur nur noch den Wagentransport besorgt. Da wir große Kisten nicht aufladen können, haben wir kleinere genommen, und es sind deshalb 30 geworden. Gott gebe, daß sie stabil genug sind und heil ankommen. Vorgestern war ich also in Blankenburg und habe die Pakete ausgepackt und eingeordnet. Das hat alles an sich gut funktioniert, nur erhielt ich jetzt die unerwünschte Nachricht, daß die Organisation Todt nächste Woche nach Blankenburg verlegt wird. Das mindert natürlich die Sicherheit Blankenburgs. Ich frage mich nach Möglichkeiten, das Material aus dem Museum, da dieses in der Stadt liegt, nach Kloster Michaelstein, das nach wie vor ungefährdet ist, zu schaffen. Aber ich habe bisher keine Möglichkeit gefunden. Mit vielen Grüßen und Empfehlungen Ihr ergebener C. Erdmann Organisation Todt]Nach dem Reichsminister für Bewaffnung und Munition Fritz Todt benannte, für den Bau militärischer Anlagen geschaffene Sonderorganisation im nationalsozialistischen Staat, ab 1940 auch für die Produktion von Waffen und Munition zuständig.

171.  An Theodor Mayer (MGH-Archiv, B 569/165. – Masch. Durchschlag) [Berlin] 30. August 1943 Sehr verehrter Herr Professor! Heute kam Ihr Brief vom 27. an Frl. Brumm. Ich schreibe vorläufig an ihrer Stelle, weil sie auf dem Güterbahnhof ist und der Brief heute noch fortgehen soll. Die Nachsendepost liegt bei, darunter ein Erlaß betr. Inanspruchnahme auswärtiger Räumlichkeiten. Auch die Korrektur Ihres Aufsatzes im DA lege

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ich für alle Fälle bei, obgleich über Salzburg keinerlei Nachricht gekommen, die Tagung also äußerst unwahrscheinlich ist. Die Absendung der 30 Kisten mit dem handschriftlichen Material gelang heute noch nicht, da der Spediteur uns sitzen ließ. Das war insofern gut, als wir dadurch Zeit gewannen, die Kisten mit Stahlbändern zu umschnüren, was der Kistenfachmann der Staatsbibliothek, dem ich die Kisten vorführte, für notwendig erklärte. Um die Stahlbänder und den Apparat zu ihrer Anbringung gab es natürlich noch eine Extra-Schlacht, aber sie wurde gewonnen. Ebenso gelang es Frl. Brumm durch einstündiges Herumtelefonieren einen neuen Spediteur zu finden, der die Kisten morgen früh abholen will. Um eine sorgfältige Behandlung seitens der Bahn zu bewirken, will ich versuchen, die Kisten mit Wertangabe aufgeben zu lassen. Herr Förster ist bisher noch nicht gekommen. Ich finanziere deshalb vorläufig das Institut meinerseits, und zwar (bitte lachen Sie nicht!) aus dem Überschuß der für Ihren Geburtstag bestimmten Summe. Im übrigen will ich noch heute versuchen, Herrn Förster draußen in Falkensee aufzusuchen, will ihn fragen, ob das Institut ihm in irgend etwas helfen kann, und das weitere mit ihm besprechen. Mit vielen Grüßen und Empfehlungen Ihr ergebener C. Erdmann Brief vom 27.]Vgl. oben zu Nr. 169. Korrektur Ihres Aufsatzes]Theodor Mayer, Die Schweizer Eidgenossenschaft und das Deutsche Reich im Mittelalter. Ein Epilog, in: DA 7 (1944), S. 239–288. Überschuß der für Ihren Geburtstag bestimmten Summe]Vgl. oben Nr. 163.

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356 BRIEFE 172.  An Theodor Mayer (MGH-Archiv, B 569/163. – Masch. Durchschlag) [Berlin] 31. August 1943 Sehr verehrter Herr Professor! Heute früh kam Ihr Anruf in meiner Wohnung, der mich leider nicht mehr erreichte, doch hat mir meine Schwester gleich alles bestellt. Die Schlafwagenbestellung (10/11. September Berlin / Darmstadt, 14/15. zurück) gab ich an Frl. Brumm und Frl. Mesters weiter. Bei Oberregierungsrat Dahnke rief ich an wegen der Salzburger Tagung: er wußte im Augenblick von nichts, wollte sich die Akten geben lassen und bat um neuen Anruf für morgen. Gestern abend war ich bei Herrn Förster draußen in Falkensee (hinter Spandau). Er ist dort bei Verwandten untergekommen und hat auch das, was er von seinen Sachen gerettet hat, dorthin gebracht. Er war ganz wohlgemut, hat sich aber durch die Anstrengungen der Brandnacht starke Rückenschmerzen zugezogen, weswegen er noch nicht ins Institut gekommen ist. Doch wollte er im Laufe der Woche hier erscheinen. Die Kisten nach Michaelstein sind heute abgegangen. Ich habe sie auf dem Potsdamer Güterbahnhof selbst expediert; der Bahnbeamte meinte, daß sie in drei Tagen in Blankenburg sein werden. Die erforderlichen Briefe nach Blankenburg (an die herzogliche Verwaltung, an die Verwaltung Kloster-Michaelstein, an den Spediteur und an Prof. Witte) habe ich geschrieben. Es wäre vielleicht richtiger, wenn ich nochmals nach Blankenburg führe, um mich von der Aufstellung der Kisten zu überzeugen. Aber ich glaube mich auf Prof. Witte verlassen zu können und möchte endlich wieder zu meiner Arbeit, d. h. zum Heinrich d. Löwen kommen. An diesem habe ich seit meinem Urlaub (6.–11. August) an einem einzigen Tage ein paar Stunden arbeiten können, der Monat August ist zuende, ob meine Uk-Stellung verlängert wird, ahne ich nicht, und ich will doch den Heinrich den Löwen jedenfalls noch unter Dach bringen. Von Schieffer erfuhr ich, daß seine Habilitationsschrift, der die Editionsmaterialien der Burgunderdiplome beigefügt waren, noch immer hier auf dem Dekanat lag. Ich habe sie daraufhin sofort geholt und ebenfalls nach Blankenburg gehen lassen. Damit sind, soweit ich sehe, die Paketsendungen

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nach Blankenburg ebenfalls abgeschlossen. Auch die Filme der Katalog-Fotokopie sind jetzt alle dort bis auf den spanischen Teil der Bibliothek. Im Geheimen Staatsarchiv ist beim Luftangriff die Buchbinderei und ein Raum der Bildstelle ausgebrannt. Die Filme, darunter auch die unsrigen aus Paris, befanden sich aber unten im Magazingebäude und sind unversehrt, die Bildstelle arbeitet weiter. Ich bat um baldige Erledigung der für uns noch fälligen Arbeiten. Mit vielen Grüßen und Empfehlungen Ihr ergebener C. Erdmann Habilitationsschrift […] hier auf dem Dekanat]Theodor Schieffers Berliner Habilitationsschrift, die erste Fassung einer Edition der Urkunden der burgundischen Rudolfinger, ging nach dem Krieg verloren und konnte erst 1977 im Druck erscheinen.

173.  An Theodor Mayer (MGH-Archiv, B 569/145. – Telegramm, nachgesandt von Neukirchen an der Enknach nach Salzburg, »dringend«) [4. September 1943] INSTITUT UNVERLEZTT [sic!] UKSTELLUNG AUFGEHOBEN EINZIEHUNG NAECHSTER TAGE = ERDMANN Institut unverletzt]Der letzte einer Serie von Luftangriffen seit dem 24. August richtete Schäden vor allem in Charlottenburg (Zuchthaus Plötzensee), Wedding und Staaken, weniger in der Stadtmitte an; vgl. die folgende Nummer.

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358 BRIEFE 174.  An Theodor Mayer (MGH-Archiv, B 569/151. – Masch. Durchschlag) [Berlin] 4. September 1943 Sehr verehrter Herr Professor! Heute Mittag erhielt Herr Förster, der wieder zum ersten Mal ins Institut gekommen war, aus dem Ministerium von Amtsrat Warneck die Mitteilung, daß die Uk-Gestellten der Jahrgänge 1897–1900, also auch ich, bis zum 10. September, also innerhalb der nächsten sechs Tage, eingezogen werden. Dieses, sowie die Unversehrtheit des Instituts beim heutigen Luftangriff teilte ich Ihnen sogleich telegrafisch mit und nehme an, daß Sie nun wohl gleich herkommen werden. Für den Fall jedoch, daß das Telegramm nicht durchkommt oder daß Sie aus andern Gründen in Neukirchen bleiben, möchte ich Ihnen noch einmal schreiben. Ich denke, daß ich morgen (Sonntag) und übermorgen wohl noch jedenfalls hier sein werde. Bis dahin will ich einerseits Frl. Kühn (denn Frl. Brumm ist schon mit anderer Arbeit überlastet) in die Bibliotheksarbeit einführen und anderseits für die Gelnhäuser Urkunde das Nötige über den 6. Teil zu Papier bringen, sodaß die Arbeit trotz der Lücke gedruckt werden kann. (Ich hatte unglücklicherweise auch die beiden letzten Tage verloren, da ich vorgestern früh unmittelbar nach Ihrem Anruf, der mich aus dem Bett holte, bemerkte, daß ich Fieber hatte; doch bin ich heute wieder ganz hergestellt.) Der heutige Luftangriff galt hauptsächlich Charlottenburg und der nordwestlichen Gegend. Von den Institutsmitgliedern ist Frl. Ritter durch einen Brand in ihrem Hause betroffen; das Ausmaß wissen wir noch nicht. In Zehlendorf ist nichts passiert. Von Frau Schubart kam endlich Nachricht: sie hat bei dem Angriff vor 10 Tagen alles verloren. Mittags kam auch Ihr Telegramm wegen der Salzburger Tagung. Ich telegrafiere also an Aubin, Goetz, Planitz, Schwerin und Tellenbach (Baethgen ist schon telefonisch verständigt), daß die Tagung verschoben ist. Vielen Dank für Ihren Brief vom 31. August. Die Schlafwagenkarte für die Hinreise hat Frl. Mesters besorgt, für die Rückreise ging es nicht. Den Gedanken, unsere Bibliothek an einem andern Ort benutzbar aufzustellen, halte ich für die heutigen Verhältnisse für utopisch. Und selbst wenn

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es gelänge, würde die zur Zeit wichtigste Arbeit, nämlich die von Frl. Brumm für das DA, an einem Flüchtlingsort wie Donaueschingen, Gnandstein, Pommersfelden schwerlich ausgeführt werden können. Ich glaube deshalb, daß selbst bei Verschickung unserer Bibliothek (deren Ermöglichung auch noch unsicher ist) hier in Berlin immer noch am meisten gearbeitet werden können [sic!], solange die Gebäude der Stabi und der Universität unzerstört sind. Der derzeitige offizielle Standpunkt, daß die Bibliothek nach Möglichkeit verschickt werden, die Institutsarbeit aber am Ort bleiben soll, scheint mir deshalb richtig. Mit vielen Grüßen Ihr ergebener E.

175.  An Theodor Mayer (MGH-Archiv, B 569/146; Telegramm) 6. September 1943 EINBERUFUNG ERST FUER 10 SEPT ANGEKUENDIGT = ERDMANN

176.  An Else Berthold (MGH-Archiv, B 567/107. – Masch. Durchschlag) [Berlin] den 6. September 1943 Sehr verehrtes Fräulein Berthold! Herzlichen Dank für Ihre Karte und Ihre anhaltenden Bemühungen! Unter der Voraussetzung, daß hinsichtlich Nr. 33 und 35 eine Verwechslung vor-

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360 BRIEFE gekommen ist, sind jetzt alle Pakete angekommen. Inzwischen bekam ich die Ankündigung, daß ich zum 10. eingezogen würde. Weitere Korrespondenz in dieser Sache bitte ich Sie also allgemein an das Reichsinstitut zu adressieren. Hoffentlich haben Sie gute Nachrichten von Ihren hiesigen Geschwistern. Ihnen selbst auch gesundheitlich alles Gute, und nicht zuviel Ärger mit dem Gauheimatwerk! Mit bestem Gruß Ihr ergebener E. Ihre Karte]Postkarte vom 3. September, mit der Else Berthold den Eingang der Pakete bestätigte und Erdmann wünschte, sich nicht vom »Hohen Besuch« (Theodor Mayer?) ärgern zu lassen (MGH-Archiv, B 567/112). Gauheimatwerk]Das »Gauheimatwerk Südhannover-Braunschweig, gegründet 1941, sollte so wie das »Deutsche Heimatwerk« der »Lebenssicherung des Volkstums« dienen und »das Überlieferte […]zur Grundlage einer lebendigen Erneuerung aller Formen der Lebensund Wohnkultur« im Gau machen. 1943 gehörten ihm 22.801 Mitglieder in 26 Kreisheimatwerken und 831 Ortsheimatwerken an. Eines davon befand sich in Blankenburg. Offenbar gab es Konflikte mit dem dortigen Heimatmuseum (Monika Luise Ständicke, Das Deutsche Heimatwerk. Idee, Ideologie und Kommerzialisierung, München 2004, S. 249–256, 308–316).

177.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Kl. Machnow, 19. September 1943 Lieber Tellenbach! Ob Sie noch in Zivil sind? Soweit ich unterrichtet bin, sind alle Uk-Stellungen von 1897 abwärts aufgehoben, und das bedeutete hier in Berlin für etwa die Hälfte der Betroffenen die sofortige Einziehung. Ich wünsche Ihnen sehr, daß es für jetzt noch an Ihnen vorbeigegangen ist. Mit [mir] ging es folgendermaßen: das Ministerium hat mich dem Bezirksk[omman]do zur sofortigen Einziehung gemeldet, diese ist aber aus[geblieben], wahrscheinlich deshalb, weil der Gestellungsbefehl in meine Zehlendorfer Wohnung gegangen sein wird und mich deshalb, da Gestellungsbefehle nicht nachgesandt werden, nicht

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erreichte. Da unter diesen Umständen meine Einberufung ja doch nur noch die Frage kürzester Zeit ist (zumal Theodor Mayer nicht gewillt ist, etwas dagegen zu unternehmen), habe ich mich vor sechs Tagen auf dem OKH zur Dolmetschertruppe gemeldet. Dabei wurde mir mündlich gesagt: italienische Dolmetscher würden so gebraucht, daß meine Meldung sofort bearbeitet würde; ich hätte Aussicht, angenommen zu werden, und würde voraussichtlich in wenigen Tagen Nachricht bekommen. Letzteres ist jedoch bisher nicht erfolgt, und ein Experte sagte mir, es könne noch Wochen, ja 2–3 Monate dauern. Denn ich würde einerseits wegen meiner Dolmetschermeldung gegen die sonstige Einziehung »sichergestellt«, die Dolmetschereinziehung aber könne, auch wenn das OKH sie als noch so eilig ansehe, doch auf dem Wehrkreis, den sie passieren müsse, lange liegen bleiben. Natürlich habe ich gegen einen Aufschub nichts einzuwenden und finde mich auch mit dem Zustand, daß die Einziehung täglich über mir schwebt, geduldig ab. In der vergangenen Woche habe ich ausschließlich italienisch gearbeitet, um meine grammatischen und Vokabelkenntnisse etwas aufzumöbeln, will aber ab morgen wieder mit der Historie anfangen. Meine Arbeit über Heinrich den Löwen habe ich vor zehn Tagen gerade noch abgeschlossen (und auf Theodor Mayers Wunsch sogar schon an die Druckerei gesandt), aber mit einer etwas gewaltsamen Abkürzung des letzten Teils. Ich widme mich also in Ruhe der besseren Ausarbeitung dieses Teils; werde ich dazwischen eingezogen, so bleiben die Dinge eben so, wie sie sind. Vom römischen Institut: schon am Tage nach der italienischen Kapitulation erhielten alle Mitglieder der dortigen Institute von der Botschaft die Weisung zur sofortigen Abreise nach Deutschland. Sie sind inzwischen hier (bzw. in Bozen) angelangt. Die Institute werden dem Schutz des Vatikans empfohlen. Ich glaube freilich nicht, daß dieser Schutz noch wirksam werden wird, da Rom doch wohl schwerlich von den deutschen Truppen dauernd gehalten werden kann. Ich betrachte die Institute deshalb [als] verloren und sage mir, daß wir das tragen müssen und froh sein, wenn den Berliner Einrichtungen das gleiche Schicksal erspart bleibt. Im übrigen werden Sie ebenso wie ich unter dem Eindruck des geradezu atemraubenden italienischen Dramas stehen. Allein die Tatsache, daß es noch einmal zu einer Einnahme Roms durch die Deutschen gekommen ist! Und alles übrige! Das Schicksal Mussolinis ist eine echte Tragödie. Auf der einen Seite verliert er nun vor seinem Lande und vor der Geschichte unweigerlich seinen guten Namen, indem er unter deutschem Militärbefehl weitermacht,

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362 BRIEFE obgleich wir das italienische Heer als feindlich in die Gefangenschaft führen. Auf der andern Seite: was bleibt ihm weiter übrig, wenn er nicht die Sache der faschistischen Idee öffentlich aufgeben will? Daß er ein gebrochener Mann ist, konnte man seiner Stimme gestern abend im Radio anhören. Mir ist bei allen italienischen Nachrichten nur noch zumut wie im Wallenstein im 4. Akt. Militärisch hat sich ja im Mittelmeergebiet selbst nicht so sehr viel geändert, da die Angelsachsen sowieso schon in Unteritalien eindrangen. Aber wichtig und entscheidend ist freilich das Eine, daß wir nun veranlaßt werden, immer weitere Truppen nach Süden zu werfen und den Osten zu vernachlässigen – die übelste Entwicklung, die überhaupt möglich ist. Die Entscheidung, die wir ja schon längst für das Jahr 1944 erwarteten, zeichnet sich immer deutlicher ab. Je näher wir dem Abgrunde kommen, desto enger müssen wir persönlich zusammenhalten. In dieser Stimmung meine Freundesgrüße! Ihr Carl Erdmann Man sagt mir, Vehse sei seit den Hamburger Luftangriffen vermisst. über Heinrich den Löwen]Erdmann, Der Prozeß Heinrichs des Löwen (vgl. oben zu Nr. 150). nach der italienischen Kapitulation]Waffenstillstand vom 3. September 1943. als feindlich in die Gefangenschaft]Am 10. September wurde Rom durch deutsche Truppen besetzt, zwei Tage später Mussolini aus der Haft auf dem Gran Sasso durch deutsche Fallschirmjäger und SS befreit. Am 18. September kündigte er in München die Gründung der »Repubblica Sociale Italiana«, einem deutschen Satellitenstaat in Norditalien mit Regierungssitz in Salò, an. 400.000 italienische Soldaten wurden in die Gefangenschaft geführt. Wallenstein]Friedrich Schiller, Wallensteins Tod (1799). Vehse]Otto Vehse, 1926–1930 neben Erdmann am Preußischen Historischen Institut in Rom tätig, kam in der Nacht vom 27. auf den 28. Juli bei einem der Luftangriffe auf Hamburg ums Leben.

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178.  A  n Else Berthold (MGH-Archiv, B 567/108. – Masch. Durchschlag) [Berlin] den 24. September 1943 Sehr verehrtes Fräulein Berthold! Heute ist noch einmal ein kleines Päckchen von uns an Ihr Museum abgegangen, enthaltend einen Film. Ich bitte Sie, es in die Nußbaumtruhe zu legen, wo die übrigen Filme schon liegen. – Im übrigen ist meine angekündigte Einziehung bisher unterblieben; sie kann jeden Tag erfolgen, aber man weiß nichts. Mit vielen Grüßen Ihr ergebener E.

179.  An Sophie Witte (Archiv der MGH, B 685. – Masch. Durchschlag) Berlin-Kl. Machnow, 28. September 1943 Liebe gnädige Frau! Jetzt ist also der Augenblick gekommen, wo man sich rasch zu verabschieden hat. Behalten Sie mich bitte auch in der Uniform in freundlichem Gedenken! Vielleicht ist es doch nicht ganz ausgeschlossen, daß wir uns noch einmal unter Umständen, die unseren bescheidenen Hoffnungen wenigstens einigermaßen entsprechen, wiedersehen! Ich schicke Ihnen also gleichzeitig als Expreßgut einen Koffer mit Sachen, den ich Sie in Ihrem »Warenlager« unterzustellen bitte. Da ich zwei Schlüssel dazu habe, lege ich Ihnen den einen hier bei, den andern behält meine Schwester. Bitte teilen Sie mir auch Ihre Auslagen für den Transport o. dgl. mit. Ich rücke übermorgen früh zur Truppe ein, zunächst zu einem InfanterieErsatzbataillon, dessen Standort ich noch nicht kenne. Später soll ich, wie man

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364 BRIEFE mir gestern auf dem OKH sagte, zur Dolmetschertruppe überwiesen werden. Aber wie lange das noch dauert, ist unbekannt. Wie Ihr Mann mir schrieb, haben Sie sich am Auge verletzt und außerdem mehrfache Krankheit im Hause. Gute Besserung also für alle! Und sonst in unverändert herzlicher Freundschaft und in dankbarem Gedenken an die viele Liebe, die Sie mir erwiesen haben, immer Ihr

180.  A  n Else Berthold (MGH-Archiv B 567/106. – Masch. Durchschlag) [Berlin] 28. September 1943 Sehr geehrtes Fräulein Berthold! Da ich nunmehr meine Einziehung bekommen habe und übermorgen zur Truppe einrücke, schicke ich Ihnen noch einmal ein letztes Paket, in dem sich die Materialien meiner laufenden Arbeiten befinden. Ich bitte Sie, es mit in den unteren Stollenschrank zu legen. Im übrigen persönlich meine besten Wünsche! Hoffentlich sehen wir uns in einer nicht zu fernen Zeit wieder und unter Umständen, die einigermaßen unseren Hoffnungen entsprechen! Mit herzlichem Gruß Ihr ergebener E. in den unteren Stollenschrank]Ein Teil der ausgelagerten MGH-Materialien wurde im Salzbergwerk (Neu-)Staßfurt deponiert und kurz nach Kriegsende durch einen Brand im Stollen zerstört.

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181.  A  n Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Kl. Machnow, 29. September 1943 Lieber Tellenbach! Vielen Dank für Ihren Brief! Inzwischen bekam ich den Gestellungsbefehl und rücke morgen früh zur Wehrmacht ein, und zwar zu einem InfanterieErsatz-Bataillon, dessen Standort ich noch nicht kenne. Auf dem OKH sagte man mir, die Überweisung zur Dolmetschertruppe würde kommen; aber wann [das] der Fall sein wird, ist unklar. Zunächst hat man offenbar – so unglaublich das auch scheint – die Absicht, mich für die F[ront au]szubilden. Es ist vielleicht lächerlich, wenn ich [mit tes]tamentarischen Wünschen komme, aber etwas möchte ich Ihnen doch ans Herz legen. Meine »Forschungen zur frühdeutschen politischen Gedankenwelt« liegen etwa zur Hälfte im druckfertigen Manuskript vor. Da es sich um in sich geschlossene Einzeluntersuchungen handelt, können sie auch in der vorhandenen Gestalt veröffentlicht werden, und es ist mein Wunsch, daß das geschehen möge, wenn ich nicht mehr zur weiteren Arbeit daran komme. Am liebsten wäre mir, daß ein Band der Schriftenreihe des Reichsinstituts daraus wird. Theodor Mayer hat dem auch zugestimmt. Es ist mir aber lieb, wenn auch Sie darum wissen, und ich möchte Sie bitten, sich gegebenenfalls mit darum zu kümmern. Die handschriftlichen Materialien der Monumenta sind in den Harz geflüchtet, teils nach Blankenburg, teils nach Kloster Michaelstein. Auch die Bibliothek soll nach Möglichkeit geflüchtet werden; insbesondere hat Schloß Pommersfelden (bei Bamberg) sich zur Aufnahme bereit erklärt. Es sieht aber bisher nicht so aus, als ob sich das Transportproblem lösen ließe. Ich vermute deshalb, daß die Bücher wohl in Berlin bleiben werden. Ihnen wünsche ich vor allem, daß die Einziehung noch an Ihnen vorübergeht. Herzlichen Dank für Ihren Sonderdruck. Die Arbeit enthält sehr wesentliche Gedanken, und es tut mir leid, daß ich sie noch nicht kannte, als ich meinen Aufsatz über das ottonische Imperium Romanum (für das nächste DA) schrieb.

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366 BRIEFE Was auch geschieht, unsere Freundschaft bleibt. Bitte sagen Sie auch Ihrer Mutter meine herzlichen Grüße. Getreulich Ihr Carl Erdmann Forschungen zur frühdeutschen politischen Gedankenwelt]Vgl. oben Nr. 123, 148, 151, 153. Das Manuskript kam nach dem Krieg über Albert Brackmann, Ernst Witte und Norbert Fickermann an Friedrich Baethgen, der es schließlich herausgab. Sonderdruck]Vermutlich Tellenbach, Von der Tradition (oben zu Nr. 153). Aufsatz über das ottonische Imperium Romanum]Oben zu Nr. 148.

182.  An die Erben (München, Archiv der MGH, B 685. – Hsl. Or.) Klein-Machnow, 29. September 1943

Bevor ich mit dem morgigen Tage zur Wehrmacht einrücke, möchte ich meinen letzten Willen festsetzen. Mit Ausnahme derjenigen Bücher, die sich in den Räumen der Monumenta Germaniae befinden und in deren Eigentum übergehen sollen, fallen meine gesammelten Besitztümer an meine beiden Schwestern Yella und Veronika, insbesondere die Wohnungseinrichtung, die meine Mutter mir schon bei Lebzeiten übereignet hat. Ich bin überzeugt, dass das auch für meine Mutter selbst, für die meine Schwestern die Sorge übernehmen werden, das Beste ist. Klein-Machnow, 29. September 1943. Carl Erdmann

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183.  A  n Friedel Peeck (M. Hartmann, Notizen über Telefonat mit Friedel Peeck) Lyck, nach dem 1. Oktober 1943 [F. P.] habe von Carl Erdmann noch eine Postkarte erhalten von seinem ersten Stützpunkt, an dem er stationiert war, und die habe den Schlusssatz »Halten Sie die Fahne hoch« gehabt, was er nach ihrer Meinung sowohl auf die Arbeit der MGH als auch auf die politische Haltung bezogen habe.

184.  A  n Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Feldpostkarte, Stempel 19. 10. 1943; hsl. Or.) Lyck, 18. 10. 1943 Lieber Tellenbach! Herzlichen Dank für Ihren Brief vom 2., der mir hierher nachgesandt wurde. Ja, in das Unabänderliche mich zu fügen, habe ich gelernt und ich leide wohl nicht einmal so sehr darunter, als ein anderer tun würde, der in meinen Jahren vom zerstreuten Professor noch zum Rekruten avanciert. Wir sind nach eintägigem Güterwagen-Transport in der Nacht zum 2. 10. hier angelangt und erhalten hier die normale Grundausbildung. Da die meisten hier in meinem Alter sind, hat man die körperliche Anstrengung vernünftigerweise sehr langsam anlaufen lassen; ich halte es infolgedessen einigermaßen aus. Die Ausbildung soll an sich 8 Wochen dauern, kann aber schon vorher jederzeit abgebrochen werden; die Unteroffiziere behaupten, daß das noch im Oktober der Fall sein würde. Für die Front sind wir Alten sicherlich nicht bestimmt. Bei der Einstellungsuntersuchung wurde ich »z. u. Feld.« Hinsichtlich der Dolmetscher-Meldung kann ich z. Zt. nichts tun. Das O. K. H. hat mich ja bereits zur Dolmetschertruppe angenommen, nur läuft meine Überweisung den Dienstweg über Wehrkreis und Bezirkskommando, und da liegt sie eben irgendwo. Falls wir länger hier bleiben, soll ich nach dem Wunsche des

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368 BRIEFE Kompaniechefs einmal einen Vortrag halten; vielleicht gibt mir das dann die Möglichkeit, auch in der Dolmetschersache nachzuhelfen. Wenn ich nur nicht leider ein so miserabler Soldat wäre! Ich schließe schlecht mit meinen zitterigen Händen, versage bei der Gefechtsausbildung oft und putze mein Gewehr langsam und schlecht, doch sehe ich mit Erstaunen, daß man den »Gelehrten« mit immer grösserer Rücksicht behandelt. Alles Gute, auch Ihrer Mutter und herzliche Grüße! Ihr C. Erdmann z. u. Feld] Für den Felddienst zeitlich untauglich.

185.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Feldpost; hsl. Or.) Lyck, 13. 11. 43 Lieber Tellenbach! Herzlichen Dank für Ihren Brief vom 29. 11. Die Nachrichten aus Münster sind bedrückend. Und inzwischen ist Münster noch zweimal im Wehrmachtsbericht genannt, wird also noch [mehr] zugerichtet sein. Ihre weitere Tätigkeit dort wird immer proble[matis]cher. Aber die Hauptsache ist natürlich die Frage der Einziehung. Sie er[wa]rten einen großen Sturm im Frühjahr. Ich mache mir in diesen Dingen […] keine eigenen Vorstellungen mehr, sondern nehme die Ereignisse fatalistisch hin. Möge das Geschick Sie also verschonen. Ich bin nun 6 Wochen hier, und da die Ausbildung für 8 Wochen vorgesehen ist und sogar abgekürzt werden kann, rechne ich nicht mehr mit langem Hierbleiben. Ich hoffe, daß ich dann zur Dolmetschertruppe komme, aber als völlig gewiß kann ich das leider auch noch nicht ansehen. Ich überstehe die Rekrutenzeit jedenfalls besser als befürchtet. Gegen das Geschimpfe habe ich ein genügend dickes Fell. Im Körperlichen wird auf meine Jahre und meine offensichtliche Ungeeignetheit die erforderliche Rücksicht genommen.

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Welchen Sinn die Gefechtsausbildung, die wir hier erhalten, haben soll, bleibt freilich dunkel. Denn daß wir im Ernstfall eines Nahkampfes völlig versagen würden, liegt klar am Tage. Im übrigen habe ich eine Sonderstellung bekommen dadurch, daß der Hauptmann mich zu historischen Vorträgen heranzieht. Den ersten Vortrag (Kämpfe bei Lyck 1914) habe ich vor 14 Tagen vor der Kompanie gehalten, den zweiten (»Stürme aus dem Osten«) hatte ich vor 8 Tagen dem Hauptmann, der damit auf die Reise ging, schriftlich abzuliefern, den dritten (Reichsgedanken) habe ich heute wieder vor der Kompanie gehalten. Am Anfang war das eine erfreuliche Vorzugsstellung, der heutige Vortrag aber hat sich unangenehm ausgewirkt, da der Hauptmann für einige Tage im Urlaub ist und die Unteroffiziere in meinen Vorbereitungsarbeiten nur einen schlauen Trick zum Herausschinden von Vorteilen erblicken. Weitere Vorträge will ich jedenfalls nicht übernehmen. Das Reichsinstitut hat einen Teil seiner Bücher eingepackt zwecks hypothetischer Verschickung. Das Robert Holtzmann gewidmete Heft des DA wurde ihm in Korrekturbogen übersandt. Wegen Rom wird Theodor Mayer gewiß nichts unternehmen, da er sich unsicher fühlt; da unternehmen Bock, Weigle usw. schon genügend, wenn auch mit geringen Erfolgen. Alles Gute, und viele Grüße bitte an Ihre Mutter! Immer Ihr C. Erdmann Nachrichten aus Münster]Am 10. Oktober 1943 wurde die Münsteraner Innenstadt zerstört. Mindestens 473 Zivilisten und 200 Soldaten kamen ums Leben. das Robert Holtzmann gewidmete Heft des DA]DA 6 (1943). wegen Rom]Anfang Januar 1944 wurde die Bibliothek des DHI zuerst nach Bad Aussee in Österreich und dann nach Pommersfelden verbracht (Hermann Goldbrunner, Von der Casa Tarpea zur Via Aurelia Antica. Zur Geschichte der Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom, in: Elze / Esch, Das Deutsche Historische Institut in Rom, S. 33–86, hier S. 62–64; zu den weiteren Schicksalen der Bibliothek vgl. Christine Maria Grafinger, Beziehungen zwischen Vatikanischer Bibliothek und Deutschem Historischem Institut, in: Michael Matheus [Hg.], Deutsche Forschungs- und Kulturinstitute in Rom in der Nachkriegszeit, Tübingen 2007, S. 127–137).

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370 BRIEFE 186.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Hsl. Or.) Berlin NW 21, 2./Dolmetscher-Lehrabteilung, 25. 12. 43 Lieber Tellenbach! Ihr Brief vom 5. erreichte mich hier erst vor wenigen Tagen, da der Umweg über Lyck natürlich viel Zeit frass. Ich bin hier bereits seit dem 1. 12. und bitte Sie, mir nicht zu grollen, dass ich Ihnen vom Adressenwechsel noch keine Nachricht gab und überhaupt selten schreibe. Ich bin eben in der dienstfreien Zeit meist müde. Immerhin geht es mir gesundheitlich nach wie vor besser als erwartet; neuerdings aufgetretene arthritische Schmerzen haben hoffentlich keine ernstere Bedeutung. Man soll hier in der Dolmetscher-Lehrabteilung in den ersten vier bis sechs Wochen nur militärischen Dienst machen (es folgt dann ein zweimonatiger sprachlicher Lehrgang), doch hat das für uns bisher hauptsächlich in Arbeitsdienst bestanden, d. h. in Aufräumungs- und Möbeltransport-Arbeiten, die teilweise ganz erträglich, teilweise aber auch recht hart waren. Die Existenz hier hat natürlich das Angenehme, dass man manchmal auf einige Stunden nach Hause kann, d. h. für mich, zu meiner Schwester nach Klein Machnow. Im übrigen aber weiss ich nicht, ob es hier besser ist als in Lyck. Die Lycker Zeit hat mir als positiven Haupteindruck die Erfahrung hinterlassen, dass auch der rein-geistige und unpraktische Mensch selbst bei einer Einrichtung wie dem Kommiss Respekt und Sympathie erfahren kann – was mir durchaus unerwartet war. Hier bei den Dolmetschern ist demgegenüber keine Rede davon, dass man einem Manne wie mir irgend eine Sonderstellung konzediert. Die geistigen Menschen sind zwar auch hier in der Minderheit, aber es gibt sie immerhin, und man nimmt keine Notiz von ihnen. Anderseits gibt es hier einen sehr sympathischen Spiess, und dadurch ist vielfach ein freundlicher Geist zu spüren. Wenn ich nur nicht ein so miserabler Soldat wäre! Ich empfinde mein militärisches Versagen hier fast noch stärker als in Lyck. – Vor vierzehn Tagen ist meine Mutter in Schwetz (Westpreussen), wohin wir sie im September wegen der Fliegergefahr gebracht hatten und wo sie im Oktober ihren 80. Geburtstag recht glücklich feiern konnte, an einer Lungenentzündung gestorben. Es war zum Glück ein sanftes Ende nach vollendeter

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Lebensbahn, und wir haben eigentlich kein Recht zur Trauer. Auch sage ich mir, dass die künftigen Ereignisse wohl auch sie – besonders an ihrem letzten Aufenthaltsort – schwer getroffen hätten, und dass wir dankbar sein müssen, dass ihr das erspart wurde. Vor acht Tagen bekam die Staatsbibliothek eine Sprengbombe, die allerhand baulichen, aber zum Glück nur geringen Bücherschaden verursachte. In den Monumenta Germaniae sind nur die Fenster und einige Türen zerstört. Theodor Mayer macht sich Hoffnung, Anfang Januar die Bücher abtransportieren zu können. Dem neuen Jahr sehen wir alle mit grösster Sorge entgegen. Umso aufrichtiger sind die Wünsche für das kommende Schicksal unserer Freunde. In diesen Gedanken Ihnen und Ihrer Frau Mutter meine herzlichen Neujahrsgrüsse! In treulichem Gedenken Ihr C. Erdmann meine Mutter in Schwetz]Erdmanns Mutter hatte die letzten Monate ihres Lebens im »Gaualtersheim für Baltendeutsche« (im Volksmund: »Baltenheim«) in Schwetz (heute: Świecie in Polen) verbracht.

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187.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Feldpost, Poststempel 7. Februar 1944; hsl. Or.) Berlin, 5. II. 1944 Lieber Tellenbach! Ihr Brief zum Jahreswechsel ist nun fünf Wochen alt, und ich will wenigstens in Kürze antworten. Ihr freundschaftliches Gedenken tut mir wohl, bitte sagen Sie auch Ihrer Mutter meinen Dank und Gruss! Ich darf aber nicht behaupten, dass es mir sonderlich schlecht ginge. Auch bei der Dolmetscher-Abteilung ist der Dienst nicht übermässig schwer, wenn auch immer wieder, infolge der Luftangriffe, durch »Arbeitseinsatz« unterbrochen, wodurch insbesondere die freien Sonntage oft verloren gehen. Seit einer Woche bin ich in der 1. K[ompa]nie, d. h. im sprachlichen Lehrgang. Dieser ist sehr anstreng[end, aber?] instruktiv, und ich nehme die Möglichkeit geistiger Arbeit dankbar [wahr. Zum] Glück bin ich im Schriftlichen gut, und auch meine Aussprache und mein Vortrag (Gesten) werden gelobt, während ich anderseits im geläufigen Sprechen, Verstehen und mündlichen Übersetzen (also im eigentlichen Dolmetschen) beinahe der schlechteste von allen bin. Dass ich Sonderführer Z werde, ist gänzlich unwahrscheinlich, zumal diese ganze Einrichtung unbeliebt geworden ist und jetzt teilweise abgebaut wird. Regulärerweise würde ich die Monate Februar und März im Lehrgang bleiben und dann als Dolmetscher eingesetzt werden. Aber der Zeitpunkt für das Letztere kann sowohl verfrüht wie verspätet werden. Über die Zukunft denke ich auch jetzt noch viel nach. Aber wesentlich neue Faktoren haben sich bisher noch nicht gezeigt. Meine Hoffnungen sind immer noch die alten.

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Die Monumenta-Germaniae-Bibliothek ist nach Pommersfelden abtransportiert. – Meine Schwester heisst Yella Vulpius, Berlin-Klein Machnow, Wendemarken 15. Bitte geben Sie mir wieder einmal Nachricht von Ihnen und Ihrer Arbeit! Ich wünsche Ihnen und uns, dass Sie noch möglichst lange weitermachen können. Immer Ihr C. Erdmann

 n Gerd Tellenbach 188.  A (NL Tellenbach, 230. – Feldpost; hsl. Or.) Berlin NW 21, 1./Dolmetscher-Lehrabteilung, 8. 3. 1944 Lieber Tellenbach! Herzlichen Dank für Ihren Brief vom 20. 2. Die wissenschaftliche Welt, der Sie noch zugehören, beginnt in meinem Bewusstsein langsam zu verblassen. Auch absolut gesehen, ist die Welt des preussischen Kommisses ja z. Zt. aktueller. Freilich befinde ich mich nun auf dem äussersten Flügel dieser Welt. Denn alle sind sich darüber einig, dass es »so einen Haufen wie diesen nicht zum zweiten Mal gibt«. Wir sollen zwar durchaus auch Soldaten sein, exerzieren und machen allerhand störenden militärischen Kram, aber das Ergebnis ist kläglich. Wenn derselbe Feldwebel, der im Lehrgang neben mir sass und rastlos von mir abschrieb, mich nachmittags exerzieren liess (»Linkes Ohr tiefer!« usw.), so waren wir beide natürlich ausserstande, dies noch irgendwie ernst zu nehmen. Können Sie ermessen, was es militärisch bedeutet, wenn der Leiter des italienischen Lehrgangs, ein Leutnant, mich im Lehrgang mit »Herr Doktor« anredet? Allerdings tut er so etwas nur mit mir, da ich sein ausgesprochener Verzug bin. Obgleich ich keineswegs der einzige Akademiker hier bin, mache ich doch wiederum die Beobachtung, dass der gelehrte Habitus, den ich offenbar an mir habe, sich automatisch durchsetzt, so sehr ich

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374 BRIEFE mich auch bemühe, bescheiden in der Menge zu verschwinden. Meine sprachlichen Leistungen sind nach wie vor sehr ungleich, und es ist mir noch völlig schwanenhaft, wie ich einer praktischen Dolmetscher-Aufgabe gewachsen sein soll. Ich hoffe, dass mein Einsatz erst im April erfolgt, möglich ist er aber auch jetzt schon jederzeit. Leider ist es nicht sicher, dass ich nach Italien komme, auch andere Himmelsrichtungen sind möglich, da man nicht weiss, wo unsere italienischen »Freiwilligen« eingesetzt werden. Im Ganzen nehme ich an, dass die jetzige Zeit wegen der Möglichkeit sinnvoller geistiger Arbeit der beste Teil meiner Militärzeit ist. Das erste Halbjahr meines Soldatentums ist nun bald vorüber; ich muss dankbar anerkennen, dass ich es bisher über Erwarten gut getroffen habe. Die Kriegslage verfolge ich nach wie vor mit Aufmerksamkeit, soweit mir das möglich ist. Anzeichen einer noch bevorstehenden Wendung habe ich bisher nicht entdecken können. Über die Zukunftsperspektiven mache ich mir möglichst wenig Gedanken. In politischer Hinsicht habe ich zur Änderung meiner Grund-Erwartungen bisher keinen Anlass gefunden; wie es aber mit den Möglichkeiten geistigen Lebens stehen wird, entzieht sich jeglicher Pro­ gnose. Es ist schön und beruhigend, dass Sie noch immer der Professorentätigkeit leben können. Hoffen wir auf weitere Fortsetzung. Robert Holtzmann schrieb mir, dass Petry nach Giessen kommen solle. Wenn das stimmt, werden Sie sich wohl auf Münster beschränken können. Ihren Weimarer Vortrag bitte ich Sie an meine Ziviladresse (Berlin, Klein Machnow, Wendemarken 15) zu senden. Ich habe Aussicht, Ihnen bald ebenfalls einen Sonderdruck zusenden zu können (Ottonisches Reich als Imperium Romanum). Bitte grüssen Sie auch Ihre Frau Mutter! Immer herzlichst Ihr Carl Erdmann Petry nach Giessen]Ludwig Petry hatte den Ruf nach Gießen erhalten, geriet aber in französische Kriegsgefangenschaft und konnte diese Stelle nicht antreten. Ihren Weimarer Vortrag]Gerd Tellenbach, Vom karolingischen Reichsadel zum deutschen Reichsfürstenstand, in: Mayer, Adel und Bauern (oben zu Nr. 151), S. 22–73. Ottonisches Reich als Imperium Romanum]Vgl. oben zu Nr. 148.

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189.  A  n Eugen Meyer (NL Eugen Meyer, 45. – Feldpost; hsl. Or.) Berlin NW 21, 3./Dolmetscher-Lehrabt., 9. IV. 1944 Lieber Herr Prof. Meyer! Ihr Unglück mit dem Bombenschaden hat mir sehr leid getan; ich stellte es schon vor 4 Wochen fest, als ich Sie eines Abends besuchen wollte und im Dunkeln vor den Trümmern ankam. In Potsdam kann ich Sie leider nicht besuchen, da es nicht mehr zum Standort Gross-Berlin gehört und ich einen eigenen Urlaub einreichen müsste, durch den ich mir andere Möglichkeiten verscherzen würde. Meine Ausbildung ist jetzt beendet, ich kann täglich abgestellt werden und werde Sie demnach vorläufig wohl nicht mehr sehen können. Also wünsche ich Ihnen alles Gute und hoffe, dass wir uns unter Umständen, die das Leben lebenswert erscheinen lassen, wiedersehen. Immer Ihr Carl Erdmann

190.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Feldpost; hsl. Or.) Strassburg / Elsass, Pionierschule, Lehrstab C, 25. 4. 1944 Lieber Tellenbach! Diesmal kommt mein Brief nicht mehr aus Berlin, sondern aus Strassburg, denn ich habe seit 10 Tagen meinen ersten »Einsatz«. Es ist aber nur eine vorübergehende Kommandierung, und ich soll – falls nicht wider Erwarten eine neue Kommandierung hinzukommt – am 28. 5. zu meiner Berliner Einheit zurückkehren. Unterdessen sind Sie nun möglicherweise schon in Freiburg? Ich kann aus Ihrem Brief (vom 8. 4., herzlichen Dank!) nicht klar er-

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376 BRIEFE sehen, was Sie eigentlich zu tun gedenken. Sollten Sie aber schon in diesem Semester in Freiburg sein, wäre es dann vielleicht möglich, dass wir uns sehen? Im übrigen meinen herzlichen Glückwunsch zu dem neuen Ruf! Ich wünsche Ihnen, dass trotz der Zeitenungunst etwas daraus wird, worüber Sie sich freuen können. Hier war ich in den ersten Tagen der Verzweiflung nahe wegen der Arbeitsmenge und -schwierigkeit, habe mich aber jetzt etwas beruhigt. Wir sind hier 3 Dolmetscher für 56 Italiener, die in 2 Klassen zu Gerät-Unteroffizieren ausgebildet werden. Haben Sie schon je davon gehört, dass Unterricht mit Hilfe eines Dolmetschers in einer Fremdsprache erteilt wird? Das ist hier unsere Aufgabe, und zwar über Gegenstände der Militärverwaltung und Technik, über die wir vorher nie etwas gehört hatten! Eine äusserst nervenaufreibende Tätigkeit, und nur mit umfangreicher Vorbereitungsarbeit überhaupt ausführbar. Ausserdem aber habe ich die sonstige »Betreuung«, d. h. ich habe praktisch den Spiess für die Italiener zu machen. Sie werden sich vorstellen können, wie schlecht ich dieser Aufgabe gewachsen bin. Sie ist auch objektiv höchst schwierig, erstens weil es sich um Italiener handelt, zweitens weil wir 3 Dolmetscher bloss Schützen sind (nicht Sonderführer). Übrigens geht auch sonst Ihre Meinung, dass ich ein guter Dolmetscher sei, durchaus fehl. Ich kann die sprachliche Schwierigkeit nur gerade eben meistern; vor allem verstehe ich die Italiener sehr schlecht. In Berlin haben wir leider zu wenig Militärtechnisches gelernt, weil dieser Gegenstand unsere 2 Lehrer nicht interessierte. Den meisten Nutzen hatte ich durch das Auswendiglernen formulierter Gespräche u. a. Texte. – Herzliche Grüsse, bitte auch an Ihre Frau Mutter! Immer Ihr C. Erdmann Glückwunsch zu dem neuen Ruf]1939 war ein erster Versuch, Gerd Tellenbach für Freiburg zu gewinnen, am Widerstand von Teilen der Philosophischen Fakultät gescheitert. Politische Gründe hatten dabei eine Rolle gespielt. Nachdem sich die personelle Zusammensetzung der Fakultät wesentlich geändert hatte, wurde Tellenbach am 20. März 1944 als Nachfolger von Hans-Walter Klewitz nach Freiburg berufen. Vgl. dazu ausführlich Gutmann, Netzwerke.

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191.  A  n Heinrich Sproemberg (NL Sproemberg, 148. – Feldpostkarte mit Photo; hsl. Or.) Pi[onier]-Schule, Lehrstab C, Strassburg, 28. 5. [1944] Lieber Herr Sproemberg! Vielen Dank für Ihren Brief v[om] 18. 4. u[nd] herzl[iche] Grüsse von meinem ersten »Einsatz« als Dolmetscher eines Ausbildungs-Sonderlehrgangs f[ür] Italiener. In einigen Wochen geht es wieder nach Berlin zurück. Hoffentlich haben Sie für den Rest der Kriegszeit eine erträgliche Lebensmöglichkeit! Alles Gute! Ihr ergebener C. Erdmann eine erträgliche Lebensmöglichkeit]Sproemberg war Ende 1943 in Berlin ausgebombt worden.

192.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Feldpost; hsl. Or.) Strassburg / Elsass, Pionierschule, Lehrstab C, 3. 6. 1944 Lieber Tellenbach! Irre ich nicht, habe ich Ihnen schon einmal aus Strassburg geschrieben und brauche Ihnen somit keine Erklärungen meines hiesigen Aufenthaltes mehr zu geben. Der Italiener-Lehrgang ist jetzt zuende und im Ganzen recht befriedigend verlaufen. Wir Dolmetscher sind eben noch hiergeblieben, um den Lehrstoff schriftlich (zwecks Vervielfältigung) ins Italienische zu übersetzen; für Soldaten eine erfreuliche, geradezu akademische Beschäftigung! Mitte des Monats hoffe ich zunächst auf ein paar Tage Urlaub, dann geht es zurück nach Berlin in Erwartung des nächsten »Einsatzes« Wo mögen Sie jetzt stecken? Ob

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378 BRIEFE Sie etwa in diesem Semester auch schon in Freiburg leben? Für Freiburg hätte ich jedenfalls eine Bitte an Sie: nämlich sich gegebenenfalls für den Fall Lan­ gosch zu interessieren, falls dieser, wie ich annehme, sich dort um eine Dozentur für Mittellatein bemühen wird. Er hat in Berlin schon seit Jahren den Dr. habil. und einen Lehrauftrag, hat dort aber Schwierigkeiten mit der Dozentur (er hat das Pech, vor allem bei Baethgen einen schlechten Eindruck gemacht zu haben) und will außerdem aus triftigen gesundheitlichen Gründen von Berlin fort. Freiburg wäre für ihn aus mehrfachen Gründen geeignet. Ein überragender Geist ist er nicht, auch als Lehrer wahrscheinlich trocken, aber ein tüchtiger Vertreter seines Fachs – und wie dringend wir die wenigen Mittellateiner brauchen, wissen Sie ebenso wie ich. Ich bin jedenfalls der Meinung, dass Langosch die Stellung eines Universitätslehrers verdient. Die italienischen Ereignisse werden auch Sie mit Spannung verfolgen: Velletri, Valmontone, Palestrina, Rocca di Papa …. Unsere Truppen im Sacco-Tal sind nun also vom Rom abgeschnitten und haben nur noch den Rückzug nordwärts ins Gebirge. Und Rom? Aber entscheidend ist das alles freilich nicht. Viel wichtiger ist, welches Mass von Erfolg die russische Sommeroffensive haben wird. Wir[d] sie uns zwingen, die Truppen aus dem Westen abzuziehen, und damit die englische Invasion und vielleicht das Kriegsende bringen? Es wäre sehr schön, wenn wir uns wieder einmal sehen und aussprechen könnten! Bitte, bestellen Sie auch Ihrer Mutter herzliche Grüsse! Immer Ihr Carl Erdmann Velletri, Valmontone, Palestrina, Rocca di Papa]Die vier Städte in Latium (die Erdmann und Tellenbach von ihrer gemeinsamen Zeit in Rom gut kannten) wurden im Mai und Juni 1944 bei den Kämpfen zwischen alliierten und deutschen Verbänden schwer beschädigt und teilweise zerstört.

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193.  A  n Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Masch. Or.) Berlin-Kl. Machnow, 7. Juli 1944 Lieber Tellenbach! Ich bin augenblicklich im Urlaub und komme so endlich einmal wieder zu einem Brief an Sie. Ihr Brief vom 29. 5. erreichte mich nach langen Irrfahrten hier in Berlin, nachdem ich schon vorher in Straßburg den vom 11. 6. erhalten hatte. So erfuhr ich erst nachträglich, daß Sie schon in diesem Semester in Freiburg gelesen haben und somit regelmäßig in meiner Nähe gewesen sind. Ein Zusammentreffen wäre freilich doch nicht möglich gewesen, da ich für jede Bahnfahrt ja eine offizielle Beurlaubung gebraucht hätte, die nur am Sonntag zu haben gewesen wäre. Ihr ambulantes Professorentum stellt einen tollen Zustand dar, dem ich ein schleuniges Ende wünsche, da Sie damit zweifellos auf Ihre Gesundheit und Ihre Nerven drauflos wirtschaften müssen. Hoffentlich finden Sie nun bald in Freiburg eine Wohnung und sind damit wenigstens äußerlich in normalen Verhältnissen, wenn die kritische Zeit kommt. Über Langosch möchte ich nach dem, was Sie schreiben, nichts weiter sagen, besonders weil ich hinterher von Stach erfuhr, daß es sich vorerst offenbar noch nicht um eine Dozentur, sondern nur um eine Übertragung des vorhandenen Berliner Lehrauftrags an eine andere Universität handelt. Übrigens hat Stach aus Ihrem Brief an ihn einen wesentlich positiveren Eindruck von Ihrer Einstellung bekommen als ich aus dem an mich. Ich habe ihn aber dabei belassen, da ich keinen weiteren Auftrag hatte. Nicht ganz klar wurde mir, was Sie über die Zukunft des Mittellateins in Freiburg meinten: denken Sie nur an Hauck oder eventuell auch an Stach selbst? Letzteres wäre ja durchaus nicht unmöglich. Im Grunde kann man im Augenblick eigentlich überhaupt keine Pläne machen, weil alles von Entwicklungen abhängen wird, die sich im Augenblick noch nicht übersehen lassen. Sie haben Recht, wenn Sie jetzt die Erhaltung der Einzelleistung als das Wesentlichste ansehen. Auf die Straßburger Zeit sehe ich mit Befriedigung zurück, besonders nachdem sie den verhältnismäßig gemütlichen Ausklang gehabt hat (drei Wochen schriftliche Übersetzungsarbeit). Die im Anfang sehr groß erscheinenden

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380 BRIEFE Schwierigkeiten ließen sich meistern, vor allem weil die Ansprüche an Qualität der Leistung beim Kommiß eben erheblich geringer sind, als wir gewohnt sind. Von Dialekten verstehe ich kein Wort, das ist zum Glück auch nicht nötig. Aber auch vom guten Italienisch verstehe ich das »rasch hingesprochene Wort« nicht, wie ich denn einer Unterhaltung zwischen zwei Italienern so gut wie nie zu folgen vermag. Ohne ein unendliches Wie-Fragen und ständiges Kombinieren, das einmal richtig und einmal falsch ist, komme ich in der Praxis also nicht aus. Ich selbst finde meine Leistung deshalb miserabel. Aber zum Glück gibt es immer Leute, die noch weniger können; die Straßburger Italiener jedenfalls hatten schon noch schlechtere Dolmetscher kennen gelernt und waren deshalb für das Gebotene dankbar. Außerdem komme ich in der Geläufigkeit des Sprechens immerhin weiter als im Verstehen (bei dem mich auch meine fortschreitende Schwerhörigkeit hindert), und im Schreiben war ich dem Durchschnitt der Straßburger Italiener entschieden überlegen. Die Kriegslage hat die schlimmste mögliche Wendung genommen: um im Westen stark zu sein, haben wir den Osten dermaßen geschwächt, daß der erste russische Angriff bereits einen partiellen Zusammenbruch der Front erzeugt hat. Wird das Loch sich noch stopfen lassen? Und was werden die nächsten russischen Angriffsstöße bringen? Einen kleinen Hoffnungsschimmer bringt die heutige Nachricht vom Abgang Rundstedts: bedeutet sie vielleicht, daß nunmehr endlich Truppen aus dem Westen nach dem Osten geworfen werden? Meine Gedanken kreisen fast ausschließlich um diese Dinge, denn jetzt geht es darum, in welcher Weise der Krieg zuende geht, und davon hängt die ganze Zukunft ab. Mit herzlichem Freundesgruß immer Ihr C. Erdmann Am 10. muß ich zu meiner Abteilung zurück und bekomme dann wohl bald einen neuen Einsatz. Zusammenbruch der Front]Zusammenbruch der Heeresgruppe Mitte aufgrund der sowjetischen Offensive (»Operation Bagration«) ab dem 22. Juni 1944. Die Wehrmacht verlor 28 Divisionen, der Vormarsch der Roten Armee kam erst an der Weichsel zum Stehen. Abgang Rundstedts]Generalfeldmarschall Gerd von Rundstedt wurde aus »gesundheitlichen Gründen« am 2. Juli 1944 als Oberbefehlshaber West abgelöst, aber am 2. September wieder eingesetzt.

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194.  A  n Edmund E. Stengel (NL Stengel, Kasten 19. – Postkarte; masch. Or.) Berlin-Kl. Machnow, den 9. Juli 1944 Sehr verehrter Herr Professor! Mein augenblicklicher Urlaub soll nicht vorübergehen, ohne daß ich Ihnen für Ihren freundlichen Brief danke, der nun leider schon über zwei Monate alt ist. Sie haben natürlich darin Recht, daß meine Auffassung des nichtrömischen Kaisergedankens sich erst diskutieren läßt, wenn meine größere Arbeit darüber vorliegt; das ausgearbeitete Manuskript ruht in sanftem Luftschutzschlaf in den Staßfurter Salzbergwerken. An Lintzel knüpfe ich eigentlich nur für die spätere Karolingerzeit an. – Mit meiner militärischen Existenz habe ich es bisher einigermaßen erträglich getroffen. Ich bin (nach anfänglicher infanteristischer Ausbildung) zur Berliner Dolmetscher-Abteilung gekommen, von der aus ich je nach Bedarf »eingesetzt« werde. Meinen ersten Einsatz hatte ich zwei Monate in Straßburg. Es war anstrengend, aber nicht unbefriedigend. Wenn ich nach meinem Urlaub zur Abteilung zurückkehre, werde ich vermutlich einen neuen Einsatz erhalten, diesmal möglicherweise in Italien, denn ich bin Dolmetscher nur für Italienisch. Mit herzlichen Grüßen Ihr ergebener C. Erdmann Luftschutzschlaf in den Staßfurter Salzbergwerken]Erdmanns Manuskript gehörte nicht zu den in Staßfurt deponierten Materialien (vgl. oben zu Nr. 180), sondern blieb in Blankenburg und entging dadurch der Vernichtung.

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382 BRIEFE 195.  An Eugen Meyer (NL Eugen Meyer, 45. – Postkarte; hsl. Or.) Wien, 12. 7. 1944 Lieber Herr Prof.! Nur in Eile die Nachricht, dass ich nach Tirana (Albanien) unterwegs bin – eine nicht sehr erwünschte Wendung. Ich schreibe Ihnen dann einmal von dort. – Den Bauermann fand ich bei mir selbst und habe die erforderliche Anmerkung noch geschrieben. Herzl. Gruss! Ihr C. Erdmann Bauermann]Johannes Bauermanns Aufsatz über »Grammatisches zum Prozeßbericht der Gelnhäuser Urkunde« (vgl. oben zu Nr. 155), den Erdmann in seine eigene Arbeit über den »Prozeß Heinrichs des Löwen« nachtrug (oben zu Nr. 150, S. 360, Korrekturnachtrag).

196.  An Yella Vulpius-Erdmann (München, Archiv der MGH, B 685. – Feldpost; hsl. Or.) 15. 7. 1944 Liebe Yella! Ich bin noch nicht angekommen, sondern treffe erst morgen oder übermorgen ein. Aber da ich hier Zeit habe, aber nach meiner Ankunft zunächst wohl keine haben werde, will ich meinen Reisebericht schon hier schreiben. Einwerfen aber kann ich den Brief natürlich erst nach meiner Ankunft. Ich sitze also in einer mazedonischen Stadt, in der ich gestern nachmittag ankam und einen Tag warten muss. Bis hierher ging es mit der Bahn, weiter aber nur per Lastwagen. Die Autos fahren wegen der Fliegergefahr nur nachts. Ich komme also günstigenfalls schon morgen früh an. Doch sagt man mir,

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dass das Auto es wahrscheinlich in einer Nacht nicht schaffen wird, sondern bei Tagesanbruch unterbrechen muss, sodass ich erst in der Nacht vom 16. zum 17. ankommen würde. Ich wäre dann etwa sechsmal 24 Stunden unterwegs gewesen, wovon aber 24 Stunden Zeitverlust in Wien und 24 Stunden hier abzuziehen sind. Die Gesamtdauer ist also ungefähr wie erwartet. Zu essen habe ich reichlich, da ich auf Grund meiner Verpflegungskarte täglich Marschverpflegung bekomme, solange die Reise dauert. Das letzte Drittel meines Berliner Kommissbrotes konnte ich unterwegs, bei einem Mazedonierjungen gegen 2 kleine dürre Aprikosen vertauschen, die sonst etwa 5 M gekostet hätten – es scheint hier alles sündhaft teuer zu sein. Aus Wien, wo ich von Dienstag nachmittag bis Mittwoch abend war, schrieb ich Dir zwei Karten. Die wenigen Stunden, in denen ich die Stadt besehen konnte, haben mir schöne Eindrücke gegeben, aber der Haupteindruck war doch der Ärger über den Papierkrieg (ich bekam 7 Stempel auf meinen Reiseausweis) und das organisationelle Herumstehen. Erst hinterher erfuhr ich den Grund von alledem: man lässt die Urlauber, die zu ihren

Yella Vulpius-Erdmann (1893–1970).

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384 BRIEFE Truppenteilen im Südosten zurückkehren, jetzt grossenteils nicht mehr dorthin zurück, sondern schnappt sie unterwegs, um sie an andere, wichtigere Fronten zu schicken. Das mag vernünftig sein, hätte mich aber nichts anzugehen brauchen. Die Bahnfahrt war ganz erträglich. Der SF-Zug war so eingerichtet, dass man nachts sogar liegen konnte, freilich auf harten Brettern. In diesem Zug fuhren wir von Mittwoch abend bis Freitag früh, von Wien bis Skoplje (Üsküp). Durch Ungarn kamen wir nachts, ich sah bei Licht nur den südlichsten Teil, der bekanntlich eine »fruchtbare Ebene« ist und auch so aussieht. Belgrad lag stattlich im Winkel zwischen Save und Donau, wir fuhren aber nicht in die Stadt hinein, nur am Rande vorbei. Nordserbien (in Südserbien war es schon Nacht) hat mich landschaftlich erstaunt: ein sanftes Hügelland, die tiefen Lagen mit Getreide, Tabak und Wein bebaut, teilweise auch Wiesen, die Hänge meist mit lockerem Buschwerk bestanden, die Berge manchmal etwas höher, aber mit ganz weichen Linien, niemals schroff, felsig oder kalt. Also das Gegenteil von dem, wie man sich den Balkan vorstellt. Gestern früh waren wir dann in Skoplje, wo leider keine Zeit war, in die Stadt zu gehen. Von dort ging es mit gewöhnlichem Bummelzug weiter hierher. Also durch Mazedonien – und das ist allerdings echter Balkan. Die Berge höher und teilweise zackig, die Täler teilweise schroff eingeschnitten, die Hänge grossenteils kahle Erde, die Tallagen von sehr verschiedener Fruchtbarkeit, grossenteils charakterisiert durch eine Pappelart, die die italienische Zypresse vertritt, nur aber viel häufiger ist. Die Dörfer seltsam gedrückt in der Landschaft, die Leute vielfach noch in Tracht. Auch die Stadt hier ist interessant, der vordere Teil freilich europäisiert, aber weiter hinten kann man ins Echte. Beim Spaziergang, den ich heute früh auf einen benachbarten Berg machte, zählte ich über der Stadt 14 Minarette und einen griechisch katholischen Kirchturm. Es ist ein Jammer, dass ich von der Weiterreise, da sie nachts stattfindet, wohl wenig mehr sehen werde. Einen ersten Vorteil des Sonderführertums habe ich bemerkt: zum Postenstehen, das seit Verlassen der Reichsgrenze in allen Zügen wegen der Bandengefahr stattfindet, werde ich nicht herangezogen, auch nicht hier in der Wehrmachtsunterkunft. Die Bandengefahr scheint in diesen Gegenden aber nicht gross zu sein, ich habe keine wesentlichen Erzählungen gehört.

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16. 7. 44 »Du bist … mein Land!« so ist mir heute zumute. Der Ort, an dem ich mich befinde, heisst nämlich ähnlich wie Mörickes [sic!] Traum- und Märchenland, und da er traumhaft schön ist, bin ich ohne weiteres bereit, das Märchenland hierher zu verlegen. Der Ort ist nicht gross, liegt aber an einem nach ihm benannten grösseren See, den Du wahrscheinlich auf dem Atlas finden wirst, noch nicht in meinem Bestimmungsland, aber an der Grenze (nach heutiger Grenzziehung). Wir sind diese Nacht nur verhältnismässig wenig gefahren, sodass wir die zweite Hälfte der Nacht noch schlafen konnten. Bei unserer Ankunft war es natürlich stockfinster, und so war die Überraschung gross, als ich heute morgen um 8 nach immerhin sechsstündigem Schlaf ans Fenster trat. Das Unterkunftsgebäude liegt schon etwas hoch und hat herrlichen Blick über See, Stadt und benachbarte Berge; wäre es ein Hotel, so hätte es im Bädeker 2 Sterne. Die Stadt hat viele Minarette, aber auch etliche griechische Kirchen oder Klöster. Am höchsten Punkt (abgesehen von der noch höheren Burgruine) hat der »hl. Klemens von …« mit Kirchen, Nonnenkloster und sonstigen Stiftungen sein Domizil aufgeschlagen und erquickte mich durch seinen Brunnen. Ich kannte diesen Heiligen bisher nicht, will ihm aber künftig meine Devotion weihen. Ich komme mir heute wie ein Vergnügungsreisender vor und kann diesen Tag unter die schönsten Reisetage meines Lebens rechnen. Schade nur, dass von den anwesenden Kameraden niemand Verständnis für solche Schwärmereien hat. Heute abend geht es weiter. Es heisst, dass wir diesmal die ganze Nacht durchfahren und somit morgen früh an meinem Bestimmungsort sein sollen. 17. 4. [richtig: 7.] 1944 Heute nacht um 4 also angekommen. Am gestrigen Ort waren auch die letzten Stunden noch herrlich, ein Bad im See diesmal auch mir ein wirklicher Genuss. Dann die Nachtfahrt im Lastwagen als Beipack zu einigen Kanonen durch die auch im Dunkeln hochromantische Landschaft, gelegentlich fiel ein Schuss. Die letzten 2 Stunden fuhr ein schon lange hier ansässiger russischer Ingenieur mit, der Erbauer der betr. Straße, mit dem ich (auf italienisch) einen lebhaften Disput über die Balten im zaristischen Russland hatte. Auch dieser unwirklich-abenteuerliche Einzug in diese Stadt wird mir unvergesslich sein.

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386 BRIEFE Über die Dinge hier schreibe ich Dir demnächst, wenn ich etwas zu berichten habe. Feldpostnr.: 56035. Herzl. Gruss, sei nicht zu einsam! Dein Carlo SF-Zug]Schnellzug für Fronturlauber. Traum- und Märchenland]Eduard Mörike, Gesang Weylas (»Du bist Orplid, mein Land!«). Ort […] an einem nach ihm benannten grösseren See]Ohrid am Ohrid-See. nach heutiger Grenzziehung]1941, nach dem Sieg der Achsenmächte über Jugoslawien, wurden dem italienisch besetzten Albanien das Kosovo, mazedonische Gebiete und zwei montenegrinische Kreise zugeschlagen (»Groß-Albanien«). Die albanische Ostgrenze rückte dadurch nahe an Ohrid heran. hl. Klemens […] Brunnen]Erdmann spricht vom hl. Clemens von Ohrid, Bischof von Velitza, und spielt an auf J. W. v. Goethe, Faust I, V. 566–568: »[…]ist das der heilge Bronnen, […]Erquickung hast du nicht gewonnen.«

197.  An Yella Vulpius-Erdmann (München, Archiv der MGH, B 685. – Feldpost; hsl. Or.) 2. Brief (der 1. vom 17. 7.) 20. 7. 1944 Fp. 56035 Liebe Yella! Im Augenblick bin ich einigermassen verwirrt durch die Meldung vom Attentat auf Hitler. Nach der unvollkommenen mündlichen Wiedergabe, die an mich gelangt, kann ich die Tragweite nicht beurteilen. Ich konzentriere mich also zu einem kurzen Bericht über die ersten Tage. Der Anfang war deplorabel. Mein Berliner Kamerad war noch nicht da, ich als Sonderführer allgemein sichtlich mit Missfallen betrachtet, eine Dolmetscher-Beschäftigung gab es zunächst nicht, sodass ich einfach mit deutschen Schreibmaschinen-Arbeiten beschäftigt wurde. Der Adjutant knurrte mich bei der Vorstellung an wegen mangelnden militärischen Auftretens; erst als er mein Alter erfuhr, lenkte er ein und wurde freundlich. (Auch er hatte mich für 28 gehalten – mein altes Unglück beim Militär!) Es war abscheulich heiss, erst in den folgenden Tagen kühlte es etwas ab, und ich bekam ausserdem inzwischen Tropenuniform. Die Preise hier betragen etwa das

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Dreifache der deutschen, und weiteres Geld ausser dem Wehrsold kann ich nicht einwechseln – Du kannst Dir vorstellen, wie weit ich komme. Und die Hauptsache, mit der Kameradschaft sah es schwierig aus. In den folgenden Tagen wurde es allmählich besser. Gestern früh erschien mein Berliner Dolmetsch-Kamerad, gleichzeitig fanden sich gelegentliche Dolmetsch-Aufgaben ein. Und heute bekam ich meinen richtigen »Einsatz«, zwar keineswegs als Dolmetscher (das Sprachliche kommt nur ganz nebenher auch vor), aber als wesentlich mehr. Du erinnerst Dich doch, welche Stellung unser Neffe Karl E. in seinem Stabe einnimmt? Das Gleiche gibt es auch hier, es ist ein Hauptmann, und ich soll in allem sein Mitarbeiter und gegebenenfalls Vertreter sein! Er hat heute nachmittag angefangen, mich einzuführen, mir schwirrt der Kopf von allen den Namen und den delikaten Verschlingungen, die man im Kopf haben muss. Selbstverständlich hochinteressant, besonders in einem wilden Balkanland – aber bin ich für so etwas geeignet?? Mir schwant ein Fiasko, falls die Herrlichkeit nicht vorher schon zuende geht. Übrigens legte der Hauptmann mir in der ersten Unterhaltung – mit gutem Grund – nahe, möglichst auch albanisch zu lernen. Einige Stunden vorher hatte ich gerade einen Teil meines Wehrsolds für ein kleines Heftchen zur Erlernung des Albanischen angelegt; um wenigstens einige Elemente mir anzueignen – zu mehr wird es kaum langen, da das Albanische schwer ist. Jetzt gute Nacht, es ist schon spät, und morgen wird um 5 Uhr aufgestanden zwecks Übungsschiessen. Herzlichst Dein Carlo Attentat auf Hitler]Attentat vom 20. Juli 1944, bei dem Hitler nur leicht verletzt wurde.

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388 BRIEFE 198.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Feldpost; hsl. Or.) O. U., 25. 7. 1944 [Poststempel] Fpn. 56[035] Lieber Tellenbach! Ich glaube, ich schrieb Ihnen zuletzt vor reichlich 14 Tagen aus meinem Urlaub in Klein Machnow. Nach Rückkehr zu meiner Abteilung am 10. 7. bekam ich sofort die Versetzung hierher und musste noch am gleichen Tage abreisen. Es ging nicht in das Land meiner Dolmetschsprache, sondern in ein östlich davon gelegenes kleines Land, in dem diese Sprache sehr verbreitet ist, sozusagen als zweite Landessprache. Und zwar in die Landeshauptstadt zu der in gewisser Weise höchsten lokalen Militärstelle, die den ehemaligen Königspalast für sich beschlagnahmt hat. Das ist auf der einen Seite hochinteressant, hat aber einen grossen Nachteil für den Fall, dass die Ereignisse hier ins Rollen kommen sollten: werden wir dann von hier noch wegkommen? Zudem dürfte der Hauptgegner im entscheidenden Moment die einheimischen Banden sein. Nun, ich lasse mich nicht nervös machen, sondern warte mein Schicksal in Ruhe ab. Die Reise konnte natürlich nicht auf dem normalen Wege über See von sich gehen, sondern nur hinten herum über die Berge. Sie dauerte über 6 Tage und war in der zweiten Hälfte sehr interessant und lohnend. Da es hier keine Eisenbahn gibt, fuhr ich zuletzt zwei Nächte auf einem Lastwagen als Beipack zu einigen Kanonen oder dergleichen. Dazwischen lag ein Aufenthalts-Tag, den ich zu den schönsten Tagen meines Lebens nehmen kann, an einem See östlich von hier an der Landesgrenze (Du wirst ihn auf dem Atlas finden). An diesem See eine gleichnamige kleine Stadt mit Gotteshäusern verschiedener Religionen und einem Lokalheiligen (Kirche, Kloster u. a. Einrichtungen) an der höchsten Stelle der Altstadt, ringsum Berge, ein unvergesslicher Eindruck. Hier schien es zunächst sehr schwierig zu werden, vor allem in meiner persönlichen Stellung. Ich bin als »Sonderführer (G)« hierher versetzt, habe also Unteroffiziersrang; dieses Sonderführertum ist bei den Unteroffizieren und Mannschaften sichtlich unbeliebt, während umgekehrt die Offiziere mich

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regelmässig fragen, warum ich denn nicht »Sonderführer (Z)«, also im Leutnantsrang, wäre, worauf ich nichts antworten kann, sodass die Leute notwendigerweise annehmen müssen, dass die Sache mit mir irgend einen Haken habe. Dann machte ich gleich bei der Vorstellung einen sehr schlechten Eindruck wegen mangelnden militärischen Auftretens. Vor allem: nach einem Dolmetscher (neben den vorhandenen einheimischen Zivilisten) besteht wenig Bedarf, sodass der für Dolmetscher sonst günstigste Umstand (dass man nämlich mit dem, was man kann, unentbehrlich ist) wegfällt. Nach einigen Tagen erfolgte aber eine Überraschung: ich wurde demjenigen Offizier (Hauptmann), der die interessanteste Abteilung hat, beigegeben als ständiger Mitarbeiter und Vertreter und soll möglichst rasch so eingearbeitet werden, dass ich angeblich sogar sein Nachfolger werden soll – was mir freilich undenkbar scheint und schwerlich zustande kommen wird. Die Arbeit ist hochinteressant und verspricht es zu bleiben. Nur schade, dass das Sprachliche dabei eine geringe Rolle spielt, vielmehr im allgemeinen (abgesehen von der Fähigkeit, zu formulieren) gerade solche Gaben und Vorkenntnisse vorausgesetzt werden, die ich nicht besitze, sodass ich ein Fiasko befürchten muss. Nun, ich werde mir Mühe geben wie immer. Bitte geben Sie einmal Nachricht, man hu[ng]ert hier sehr nach Post! Herzlichst Ihr C[arl Erdmann] O. U.] Militärische Abkürzung für »Ortsunterkunft«, in Feldpostbriefen gebraucht, um den tatsächlichen Absendeort zu verheimlichen. kleines Land]Albanien. unvergesslicher Eindruck]Vgl. Nr. 196.

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390 BRIEFE 199.  An Yella Vulpius-Erdmann (München, Archiv der MGH, B 685. – Feldpost; hsl. Or.) 3. Brief (2. war v. 20. 7.) O. U. 26. 7. 1944 Fp. 56035 Liebe Yella! Heute ist mein 10. Tag hier – wenn der 14. herum ist, kann ich beginnen, Post zu erwarten. Hoffentlich wird mein nächster Brief also schon ein Antwortbrief sein können. Bisher ist natürlich noch immer die dienstliche Arbeit dasjenige, was mich am meisten beschäftigt. Ich schrieb Dir schon, welche Aufgabe ich bekommen habe. Der Hauptmann, dessen Vertreter ich sein soll, liess in den ersten Tagen mehrfach deutlich durchblicken, dass er bald ganz weggehen würde und ich dann an seine Stelle träte. Einer Dame stellte er mich bereits als seinen Nachfolger vor! Ich konnte nicht umhin, ihm meine Bedenken gegen diese Wendung zu äussern, aber er suchte mich zu beruhigen. Auf der andern Seite sehen der Adjutant und der Spiess die Sache ganz anders an. Der Adjutant sagte mir wiederholt, dass ich zwar beim Hauptmann eingearbeitet werden solle, um gegebenenfalls auch in seiner Abwesenheit eine Auskunft erteilen zu können, im übrigen aber auch an der Schreibmaschine beschäftigt sein solle. Und der Spiess holt mich gelegentlich, wenn besonders viel zu schreiben ist, ins Geschäftszimmer zum Tippen. So wurde ich tagelang etwas hin- und hergerissen und wusste nicht, woran ich war. Heute aber zeigte der Hauptmann zum ersten Mal, dass seine Hoffnung auf baldiges Wegkommen (denn niemand wünscht hier zu bleiben) offenbar zu Wasser geworden ist und dass er rechnet, in 6 Wochen noch hier zu sein. Damit ist die Situation geklärt und meine Stellung auf ein vernünftiges Niveau reduziert. Es wäre auch sonst zu verrückt gewesen! (Der Hauptmann beschafft z. B. einen Teil seiner Informationen durch Damenbekanntschaften, mit denen er flirtet – stelle Dir mich in dieser Rolle vor!) Nebenher habe ich auch mit dem Militärischen zu tun, wenngleich mich das weniger aufregt. Ich muss ja hier den Unteroffizier spielen, also auch Unteroffizier vom Dienst machen und dgl., und der Spiess hat mir schon angekündigt, dass er mich in diesen Dingen besonders vornehmen will. Nun, ich

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werde es überstehen. Auch die Hitze macht mir bisher noch nicht ernsthaft zu schaffen, dürfte freilich noch steigen. Wie sieht es bei Dir aus? Nach dem Wehrmachtsbericht müsst Ihr beinahe jede Nacht Alarm haben, aber nach wie vor nur kleine Angriffe. Hoffentlich ist noch alles intakt bei Dir. Und was schreibt Axel, bzw. warst Du wieder in Sagan? Hast Du schon Fühlung mit Gerti? (Denn die Russen stossen ja jetzt auf Warschau vor, während sie in Richtung Ostpreussen zum Stehen gebracht zu sein scheinen.) Grüss auch Put und sag ihr, dass ich ihr nächstens auch schreiben will, im übrigen aber annehme, dass sie von Dir benachrichtigt wird. Stets Dein Carlo Axel]Axel Vulpius, Sohn von Yella Erdmann, wurde in Sagan in Schlesien zum Panzerfahrer ausgebildet. Gerti]Gertrud Boettcher, geb. Erdmann, Halbschwester Carl Erdmanns, lebte nach der Umsiedlung in Kalisch (Kalisz) im damaligen Reichsgau Wartheland, war also vom Vorrücken der Roten Armee unmittelbar betroffen. Anfang 1945 floh sie mit ihrer Familie nach Westen. Put]Veronika Czapski, geb. Erdmann, Schwester Carl Erdmanns.

200.  An Yella Vulpius-Erdmann (München, Archiv der MGH, B 685. – Feldpost; hsl. Or.) 4. Brief (letzter vom 26. 7.) O. U. 15. 8. 1944 Fp. 56035 Liebe Yella! Die lange Unterbrechung meiner Korrespondenz tut mir sehr leid. Am 3. 8. bekam ich mit Freude die erste Post, Deine Karte vom 26. 7. und die fünf nachgeschickten Postalien. Ich wartete dann auf den für den nächsten Tag angekündigten Brief. Dieser war noch nicht gekommen, als ich am 6. 8. plötzlich

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392 BRIEFE Befehl bekam: sofort hinauf ins Gebirge als Dolmetscher einer dort eingesetzten italienischen Abteilung – Bandenkrieg! Denn seit kurzer Zeit sind die Banden auch in diesem Landesteil sehr aktiv geworden. In den 8 Tagen, die ich dort oben war, hatte ich keine Postverbindung. Am 12. schrieb ich Dir zwar einen langen und, wie ich glaube, interessanten Brief aus den Bergen. Aber ich konnte ihn nicht mehr zur Post befördern, vielmehr ist er, um es offen herauszusagen, den Partisanen in die Hände gefallen, oder in meinem Zelt, das sie ansteckten, mit verbrannt. Vorgestern abend kam ich dann nach Tirana zurück, gestern nachmittag fand ich die Zeit, die inzwischen eingegangene Post zu lesen, darunter Deine Briefe vom 28. und 29. 7., und heute abend komme ich endlich zur Beantwortung. Zunächst zur Beantwortung Deiner Fragen, Tabak kann ich Dir leider nicht schicken. Es gibt ihn hier zwar frei zu kaufen, aber wie soll ich mit meiner Mannschaftslöhnung das Geld dazu aufbringen? Das Abonnement einer deutschen Zeitung hat hier keinen Sinn, da sie zu spät eintrifft. Ich hoffe vielmehr in absehbarer Zeit die albanische Zeitung lesen zu können, die mich nicht nur schneller, sondern auch besser unterrichten wird, da sie die Kriegsberichte von beiden Seiten bringt. Eine Radio-Gelegenheit gibt es hier für mich nicht, doch wird der Heeresbericht täglich angeschlagen. Ausserdem gibt es hier eine Propagandazeitung für Soldaten, die den Heeresbericht ebenfalls bringt. Hier in Tirana ist meine Stellung sehr wechselnd und zwiespältig, teils hochinteressant, teils minderwertige Schreibarbeit. Ich habe nicht viel Hoffnung, dass sich daraus noch viel entwickeln kann. Da war es oben im Gebirge viel besser, denn dort hatte ich einen wirklichen Dolmetschereinsatz, war also der unentbehrlichste Mann der Abteilung und stand mich mit den Italienern ausgezeichnet. Zudem war die Landschaft herrlich und der Aufenthalt tagsüber geradezu eine prächtige Sommerfrische. An interessanten Erlebnissen und Beobachtungen gab es mehr, als ich erzählen kann. Der Höhepunkt war die letzte Nacht, in der unser Lager überfallen, erstürmt und abgebrannt wurde. Ich bin dabei noch rechtzeitig aus dem Zelt entkommen und habe sogar auch mein Gewehr mitgenommen, meine übrigen Sachen aber, darunter meine Brille, im Zelt lassen müssen. Da ich ohne Brille nicht schiessen konnte und die italienischen Maschinengewehre nicht zu bedienen verstehe, machte ich keinen Versuch, mich am Kampfe zu beteiligen, sondern stolperte von vorn herein seitwärts ins Dunkel und versteckte mich im Gebüsch, bis die

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Partisanen nach etwa einer Stunde wieder abzogen. Das war also meine Feuertaufe, die mich übrigens merkwürdig wenig aufgeregt hat. Am Abend darauf ging es wieder nach Tirana zurück, und das alte Leben ging wieder seinen Gang. Freude macht mir das Albanisch-Lernen, mit dem ich langsam Fortschritte mache. Herzlichst Dein Carlo Auch die Italiener nannten mich »Carlo«, da ihnen mein Familienname zu schwer auszusprechen war.

201.  A  n Yella Vulpius-Erdmann (München, Archiv der MGH, B 685. – Feldpost; hsl. Or.) 5. Brief (4. vom 15. 8.) O. U., 23. 8. 1944 Fp. 56035 Liebe Yella! Deinen Brief vom 3. 8. bekam ich vor einer Woche. Ich habe jetzt schon keine Vorstellung mehr, wie es in Deutschland aussieht, d. h. wie sich das Näherrücken des Krieges auswirkt. Daß Axels Lehrgang abgebrochen wird – möglich ist es, wenngleich im allgemeinen solche Dinge nach dem Gesetz der Trägheit länger fortgesetzt werden, als man denken würde. Vorerst scheint sich das russische Vorgehen ja auch sehr verlangsamt und nunmehr auf die rumänische Front verlegt zu haben. Ich hoffe also doch, daß es nicht dazu kommt. Und hoffentlich wird sich auch Puts Arbeits-Einziehung, wenn es zu ihr kommt, auf die kurze Zeit bis zu ihrem 50. Geburtstag beschränken. Meine Unterrichtung über die Ereignisse beschränkt sich auf den Wehrmachtsbericht, der täglich angeschlagen wird. (Zugang zu einem Radioapparat habe ich nicht.) Außerdem gibt es nur noch sogenannte Kurznachrichten, die aber ausschließlich propagandistischen Charakters und

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394 BRIEFE wertlos sind. Ich bin aber jetzt mit der Landessprache (schrieb ich Dir, daß ich sie erlerne? richtig mit der Grammatik, nunmehr meine 10. Sprache, leider aber abscheulich schwer, da ohne Verwandtschaft mit anderen Sprachen, sodaß es nur langsam vorwärts geht) so weit, daß ich anfange, mit Lexikon die Zeitung zu lesen. Da das Land neutral ist, bringt die Zeitung die Heeresberichte und wichtigsten politischen Nachrichten beider Parteien, sodaß ich mich mit der Zeit hoffe einigermaßen unterrichten zu können. Nur leider reicht mein Geld nicht, um mir täglich eine Zeitung kaufen zu können. Seit meinem letzten Brief war ich noch einmal 4 Tage oben im Gebirge im Bandenkrieg, diesmal nicht mit der italienischen Abteilung, die zurückgezogen ist, sondern zur Verständigung mit der Landesbevölkerung, also als Ersatz für einen Landessprachen-Dolmetscher. Ich fand teilweise Leute, die etwas Italienisch, Französisch oder Englisch konnten, hatte mich aber des öfteren schon in der Landessprache zu versuchen. In einigen ganz einfachen Sachen brachte ich die Verständigung schon zuwege, in anderen mißlang sie, im Ganzen also eine elende Geschichte. Sobald ein Landessprachen-Dolmetscher verfügbar würde, würde ich natürlich zurückgezogen. Im übrigen war der Stützpunkt, auf dem ich das mal war, ungefährlich und eine wunderschöne Sommerfrische, die ich sehr genoß. Hier in der Stadt ist es nun das alte Leben, das in der Zeit, wie Du schon annimmst, in ziemlichem Maße kasernenmäßig ist. Daß der Adjutant und der Spieß mir übel gesonnen wären, kann ich nicht behaupten, eher schon gilt das von einigen Unteroffizieren, auf die aber wenig ankommt. Gestern erfuhr ich, daß ich meine bisherige Tätigkeit nicht behalten werde. Ob ich überhaupt bei dieser Dienststelle bleibe oder vielleicht in eine andere Stadt komme, weiß ich noch nicht. Mir ist alles recht, der praktische Unterschied oft wahrscheinlich nicht allzu groß. Alles Gute Euch allen! Stets Carlo Verwandtschaft mit anderen Sprachen]Das Albanische gehört zu den indoeuropäischen Sprachen und ist mit diesen näher verwandt, als Erdmann annahm. Es unterscheidet sich allerdings deutlich von den Sprachen der umliegenden Länder und stellt somit eine Sprachinsel dar.

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202.  A  n Eugen Meyer (NL Eugen Meyer, 45. – Feldpost; hsl. Or.) O. U., 27. 8. 1944 Fp. 56035 Lieber Herr Prof.! Unsere letzte Unterhaltung, etwa am 7. Juli (am 10. Juli wurde ich in Marsch gesetzt), habe ich noch lebhaft in Erinnerung. Ich plädierte damals für einen raschen Gang der Ereignisse; diese scheinen inzwischen fast noch rascher gegangen zu sein. Aber einen Einblick, wie die Dinge denn nun stehen, habe ich hier natürlich noch weniger als in der letzten Berliner Zeit. Übersehen kann ich nur die Lage an dem Punkte, an dem ich mich befinde. Aber diese ist sozusagen nur von einem passiven Interesse (für das Schicksal der hier befindlichen Truppen), nicht von einem aktiven für die Gesamtlage. Ich kann Ihnen nicht schreiben, was ich über die Zukunft von uns hier denke, zumal mein Urteil auch auf dienstlichen Informationen beruht (ich bin hier mit einem wichtigen Zweig des Nachrichtenwesens befasst). Aber soviel kann ich als Soldat sagen: für meine Person habe ich abgeschlossen, und gerade deshalb bin ich heiterer gestimmt und für alles Erleben aufgeschlossener als vorher. Ich habe schon einmal eine Periode gehabt, wo ich keine Erwartungen und damit auch keine Sorgen mehr hatte, so um 1935 herum, und das wurde in gewisser Weise meine aktivste und beste Zeit. Ähnlich scheint es mir wieder zu gehen. Wo ich stecke, werden Sie wohl durch Frl. Brumm gehört haben. Das Leben hier ist zwar teilweise kasernenmässig und insofern uninteressant. Aber auch meine Erfahrungen und Beobachtungen am Kommiss buche ich z. Zt. als Positivum und Bereicherung. Und im übrigen bietet sowohl der Aufenthalt in diesem Lande wie meine spezielle Tätigkeit viele sehr interessante Momente. Selbst ein Fronterlebnis habe ich gehabt. Ich war nämlich eine Zeitlang oben im Gebirge im »aktiven Bandeneinsatz«, und zwar als Dolmetscher einer italienischen Abteilung, die einem deutschen Verbande eingegliedert und somit in allem und jedem auf den Dolmetscher angewiesen war. Das waren beschwingte Tage, inmitten einer herrlichen Natur und sehr angenehme Menschen. Denn mein Verhältnis zu den Italienern, mit denen ich in einem Zelte schlief und aus einem Kochgeschirr ass, war ausgezeichnet (obwohl es

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396 BRIEFE sich um eine Schwarzhemden-Truppe handelte!). Zum Schluss kam freilich ein unerwarteter Knalleffekt: die Partisanen überfielen nachts unser Lager, nahmen es ein und brannten es nieder. Wir hatten leider 4 Tote, und auch ich entkam nur mit knapper Not und unter Verlust eines Teils meiner Ausrüstung dem Feuer der aus 20 m Entfernung knatternden Maschinengewehre. Aber auch dieses Erlebnis hat mir die Stimmung keineswegs verdorben, sie eher sogar gehoben. Denken Sie bitte nicht, ich wäre plötzlich von einem (meiner Natur völlig fremden) martialischen Geist erfasst. Ich bin vielmehr völlig der alte geblieben und natürlich nach wie vor ein miserabler Soldat. Ich habe es sogar so weit gebracht, dass der Oberst sich in einer Ansprache vor der gesamten Mannschaft des längeren mit meiner Person befasst und mich als einen Idioten bezeichnet hat, den er vor ein Kriegsgericht stellen würde, wenn ich nicht so dämlich wäre. Da es dem Oberst sichtlich an Kinderstube fehlt, hat mich das nicht weiter geärgert, vielmehr betrachte ich auch dies Erlebnis als einen interessanten Erfolg. Ich lebe jetzt eben schon sub specie aeternitatis, lasse das Leben als Drama auf mich wirken und hoffe, auf diese Weise als ein echter Humanist mein Leben würdig zu beschliessen. Bitte geben Sie mir Nachricht, wie es Ihnen geht und was die Kunst macht. Mit herzlichen Grüssen immer Ihr C. Erdmann

203.  An Yella Vulpius-Erdmann (München, Archiv der MGH, B 685. – Feldpost; hsl. Or.) 6. Brief (5. vom 23. 8.) O. U., 2. 9. 1944 Fp. 56035 Liebe Yella! Dein Brief vom 16. 8. kam vor 8 Tagen. Ich bin jetzt nicht mehr ganz so frisch wie in der ersten Zeit und schreibe deshalb seltener. Ein wenig macht sich die Hitze doch bemerkbar. Seit zwei Tagen habe ich auch Durchfall, hoffentlich nur vorübergehend. Ende August hatten wir schon einige kühlere Tage, und

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ich hoffte, dass die Hitze überwunden wäre. Aber dann kam sie wieder. Besonders unangenehm ist dabei, dass wir jetzt des öfteren Alarmzustand haben (niemand weiss, weswegen) und in den durchgeschwitzten Kleidern schlafen müssen. Zum Glück kühlt es gegen Morgen stark ab; wäre das nicht, so lägen wir wohl schon alle auf der Nase. Wie mag es jetzt bei Euch aussehen? Die Ereignisse gehen ja einen raschen Gang (wobei der relative Stillstand an der Ostfront – ausser Rumänien – höchst tröstlich ist) und Ihr merkt davon im allgemeinen sicher mehr als wir. Axel ist hoffentlich in Sagan geblieben. Von Gisela hatte ich einen Brief aus Strassburg, recht fidel, sie ist jetzt wohl bei Dir in Berlin. Die Hauptsache ist aber, dass Deine Gesundheit erhalten bleibt, und ich hoffe, dass Du in dieser Richtung das Mögliche tust. Übrigens habe ich jetzt etwas Geld erübrigt und will zusehen, dass ich in den nächsten Tagen einige Zigaretten an Dich abschicken kann. Ob und wann sie freilich ankommen werden? Auch langt mein Geld jetzt für den täglichen Erwerb einer Zeitung, aus der ich viele interessante Informationen ziehe, von denen die übrigen hier, da sie kein Albanisch lesen können, nichts ahnen. Auch der Nachrichten-Offizier lässt sich jetzt täglich von mir über das Wichtigste aus der Zeitung berichten. Ich lese das Albanische jetzt schon ganz schön, mit Lexikon natürlich. Leider habe ich aber nur ein ganz winziges albanisch-italienisches Lexikon auftreiben können, in dem nur die Hälfte der gesuchten Wörter steht. Ein grösseres Lexikon aus dem Albanischen in irgend eine andere Sprache ist hier jetzt überhaupt nicht zu bekommen (ausser in der öffentlichen Bibliothek, die nicht aus dem Hause ausleiht). Überhaupt habe ich nie eine Sprache aus so primitiven Hilfsmitteln erlernt wie das Albanische. Aber ich mache doch allmählich Fortschritte und hoffe mein Ziel, einerseits ohne Lexikon lesen und anderseits auch mündlich mich wenigstens notdürftig verständigen zu können, noch zu erreichen, ehe der Kessel platzt. Die wichtigsten Nachrichten sind für uns natürlich die aus Bulgarien, da unsere Nachschubstrasse, auf der auch ich hierher gekommen bin, ja durch bulgarisches Gebiet führt. Doch haben wir noch eine andere Strasse, die Albanien direkt mit Serbien verbindet, aber freilich noch bandengefährdeter ist als die erste. Meine Arbeit ist seit zwei Tagen die Hilfeleistung beim Rechnungsführer, [nichts] als stumpfsinniges Zeug. Doch gibt es daneben immer noch dies und jenes zu dolmetschen. Ausserdem soll ich ab morgen an einem Lehrgang für eine schwere Waffe teilnehmen, jeweils den halben Tag. Mir ist es jetzt aber

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398 BRIEFE ziemlich einerlei, was für Dienst ich habe, da ich ganz im grösseren Erleben aufgehe. Auch dass mich der Oberst neulich (wegen des Verlustes meiner Sachen beim Partisanenüberfall) vor der versammelten Mannschaft als Idioten bezeichnet hat, den er vor ein Kriegsgericht stellen würde, wenn ich nicht so dämlich wäre, habe ich nur als interessantes Erlebnis empfunden, zumal das unqualifizierbare Verhalten des Obersten mir bei den Kameraden eher genützt als geschadet hat. Mit herzlichen Grüssen C. Gisela]Gisela Renate Vulpius, Tochter von Yella Vulpius-Erdmann, Nichte Carl Erdmanns.

204.  An Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Feldpost; hsl. Or.) O. U., 4. 9. 1944 Fp. 56035 Lieber Tellenbach! Vielen Dank für Ihren Brief vom 16. 8. mit den erwünschten Nachrichten von Ihnen und Ihrer Arbeit. Sie lebt also noch, die ferne Welt der Wissenschaft, und ich wünsche Ihnen, dass Sie die Fahne weiter hochhalten und durch die nunmehr eingeleitete kritische Zeit hindurchretten können. Dass die innere Voraussetzung dafür, der Erkenntnisdrang, vorhanden ist, bleibt die tröstlichste Tatsache unserer Zeit. Doch ist auch im gegenwärtigen Geschehen etwas Tröstliches zu verzeichnen, nämlich die Verschiebung des Schwerpunkts der Ereignisse vom Osten nach dem Westen. Im übrigen wäre es Torheit, wollte ich etwas zur Kriegslage sagen. Denn in den ca. 10 Tagen Beförderungsdauer des Briefes (falls eine normale Beförderung überhaupt noch glückt) wird sich die Lage soviel weiterentwickelt haben, dass eine Äusserung von heute Ihnen schon völlig uninteressant sein wird. Nur zu meiner eigenen

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Lage bemerke ich: Dass wir hier über kurz oder lang abgeschnitten werden und höchstens durch wochen- und monatelanges Hindurchkämpfen durch Bandengebiete in die Heimat zurückgelangen könnten, ist mir seit sechs Wochen klar. Ich habe mich längst darauf eingestellt und habe sozusagen abgeschlossen (wie ich es, aus ganz anderen Gründen, schon vor einem Jahrzehnt schon einmal getan habe, was mir dann zu einer der aktivsten und fruchtbarsten Perioden meines Lebens verhalf). Und ich erlebe dabei die Wahrheit des Schillerschen: »Der dem Tod ins Angesicht schauen kann …« Die Stimmung jenseits von Furcht und Hoffnung verhilft mir zu einer Aufgeschlossenheit für alles Erleben und zu einer Gegenwartsbejahung, die ich vorher kaum kannte. Ich bin hier kurz gesagt besserer Laune als in Berlin. Und es gibt wirklich etwas zu erleben, es vergeht keine Woche, die nicht eine Abwechslung und einen neuen Inhalt brächte. Der bisherige Höhepunkt war eine Woche oben im Gebirge, im Bandenkrieg, als Dolmetscher einer italienischen Schwarzhemden-Abteilung. Das waren beschwingte Tage, die ich nicht vergessen könnte, und wenn ich 80 Jahre alt würde. Der Abschluss war dramatisch: unser Zeltlager wurde von den Partisanen nachts überfallen, erstürmt und verbrannt. Ich selbst entkam nur mit genauer Not und unter Verlust eines Teils meiner Ausrüstung den aus 20 m Entfernung auf uns knatternden Maschinengewehren. Hätten wir nicht leider bei dieser Gelegenheit 4 Tote gehabt, so würde ich auch dies Erlebnis nur als eine dankenswerte Bereicherung empfinden. Hier unten in der Stadt beschäftige ich mich u. a. mit Erlernung der Landessprache, die leider sehr schwer ist. Ich bin jetzt so weit, dass ich die Zeitung mit Lexikon lesen kann, und das verlohnt sich, denn ich lebe ja in einem neutralen Land, das die Nachrichten beider Parteien nebeneinander bringt. Falls dieser Brief Sie noch erreicht, wird er wohl der letzte sein, der zu Ihnen durchkommt. Also meine herzlichsten Freundesgrüsse, for ever! Getreulich Ihr Carl Erdmann der dem Tod ins Angesicht schauen kann]Friedrich Schiller, Wallensteins Lager, 11. Auftritt, V. 1063 f.

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400 BRIEFE 205.  An Yella Vulpius-Erdmann (München, Archiv der MGH, B 685. – Feldpost; hsl. Or.) 7. Brief (6. vom 2. 9.)

O. U., 12. 9. 1944 Fp. 56035 Liebe Yella! Es ist unwahrscheinlich, dass dieser Brief noch nach Deutschland durchkommt. Aber vielleicht besteht doch die Möglichkeit, und daraufhin will ich es noch ­einmal versuchen, in der Annahme, dass dieser Brief der letzte wird. Von Dir bekam ich vorgestern eine Karte vom 20. 8. und einen Brief vom 28., vielen Dank. Du weißt, welcher Art meine Zukunftshoffnungen seit Jahren waren. So wirst Du auch verstehen, dass die Ereignisse der letzten Zeit mich keineswegs entmutigt haben. So kann ich denn mit einem Gefühl der Hoffnung Abschied nehmen, und dafür bin ich dankbar. Ich weiss wohl, dass für Euch in Deutschland jetzt eine sehr schwere Zeit anbricht. Aber mehr als die Möglichkeit einer Hoffnung darf man vom Schicksal wohl überhaupt nicht verlangen. Was mag jetzt mit Axel werden? Ihm gelten meine Wünsche in besonderem Masse, weil ich mich bei meiner Kinderlosigkeit schon seit langem an ihn als Fortsetzer unserer Familie gewöhnt habe. Überhaupt möchte ich Dir und Put doch einmal sagen, dass ich bei aller meiner Gefühlskälte, die ich nie verbergen konnte, doch an Euch und der Familie sehr hänge. Wollen wir nicht ohne geschwisterliches Gedenken scheiden! Ich habe in der letzten Zeit schon mehrfach an Freunde geschrieben (nicht an Dich, weil ich Dich nicht vorzeitig beunruhigen wollte), dass ich für mein Teil abgeschlossen habe und für den noch verbleibenden Lebensrest schon jenseits von Furcht und Hoffnung stehe. Ich rechne, seit ich hier bin, nicht mehr mit einer Rückkehr nach Deutschland, und Tod und russische Gefangenschaft wären für mich annähernd das Gleiche, da ich Sibirien schwerlich überstehen würde. Zugleich aber konnte ich allen versichern, dass mich dieses Bewusstsein immer nur gehoben und befreit hat. Ich bin mehr als früher aufgeschlossen

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für alles Erleben und dankbar für das, was der Tag mir bringt. Als rechter Humanist muss man ja auch das Lebensende zu bejahen vermögen und »en philosophe« zu sterben wissen. Es ist schon etwas Wahres an dem Schillerschen: »Der dem Tod ins Angesicht schauen kann, der Soldat allein ist der freie Mann«. Da das Schicksal mir die Möglichkeit zu Leistungen gegeben hat, auf die ich mit Befriedigung zurückschauen darf, habe ich gegen dieses Ende nichts einzuwenden. Letztlich zeigt es sich ja nur dem Tode gegenüber, ob man an seine Ideale wirklich glaubt oder nicht. So will ich denn ohne Hass in aller Heiterkeit scheiden, das Schicksal wenigstens für meine Person bejahen – und bei Euch als Euer liebender Bruder in Erinnerung bleiben. Herzlichst Euer Carlo Der dem Tod]Wie zu Nr. 204.

206.  An Yella Vulpius-Erdmann (München, Archiv der MGH, B 685. – Feldpost; hsl. Or.) 8. Brief O. U. 12. 10. 1944 Fp. 56035 Liebe Yella! Vor genau einem Monat schrieb ich Dir zuletzt, schon in der Annahme, dass der Brief, wenn er überhaupt noch durchkäme, der letzte sein würde. Dem entsprach sein Inhalt. Danach kam 4 Wochen lang keine Post mehr hierher, und ich habe die ganze Zeit auch nicht geschrieben, weil ich an keine Beförderung glaubte. Gestern kam aber unerwartet doch noch eine grössere Postsendung, darunter Deine Briefe vom 9. und 22. 9. Also versuche ich es noch einmal.

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402 BRIEFE Wie sehr das Leben für Euch alle weiter erschwert ist, kann ich mir nur theoretisch vorstellen. Überhaupt ist der Gedanke an das Schicksal der Heimat eigentlich das Trübseligste unserer hiesigen Existenz. Denn in gewisser Weise haben wir es hier (bisher) sicher besser als Ihr, und die Zukunft ist für beide Teile gleich dunkel. Im übrigen bin ich mit meinen Wünschen auch schon längst so weit wie Du: die Hauptsache ist, dass es schnell geht. Jetzt kann jeder Tag definitiv entscheidende Ereignisse bringen – aber es kann ja auch noch Monate dauern. Ich bin also noch an meinem alten Ort und im Ganzen in der alten Tätigkeit. Gesundheitlich geht es mir recht gut; nur mein altes Übel der Schwindelanfälle kam zeitweilig in sehr heftigen Formen wieder. Ein [sic!] Tag hatte ich auch 39.5 Fieber und wurde auf Malaria untersucht, das Resultat war aber negativ. Das Malariamittel, das ich täglich nehme und das meinen Teint bereits gelblich zu färben begonnen hat, scheint doch wirksam zu sein, die Malariafälle sind sehr selten geworden. Die Hitze ist vorüber, dafür gewaltige Regengüsse, wir tragen bereits wieder die deutsche Tuchuniform. Meine Stimmung ist noch ungefähr ebenso hochgemut wie vor 4 Wochen; soweit sie gelegentlich etwas getrübt war, so nur durch die Alltags-Ärgerlichkeiten, die das Leben in einer Etappen-Einheit immerhin mit sich bringt. Hinsichtlich meiner Tätigkeit wurde ich einige zeitlang in den verschiedensten Abteilungen herumgeschickt, erhielt aber vor 3 Wochen meine endgültige Unterbringung in der Abteilung »Verwaltung«. Auch dort gibt es mancherlei zu lernen und es ist bisher nicht uninteressant. Meine Aufgabe ist insbesondere der Verkehr mit dem Publikum, das vormittags – Soweit schrieb ich vorhin, musste dann fort. Jetzt höre ich, dass in Kürze ein Flugzeug weggeht mit Post. Also in Eile: Ich bleibe vorläufig noch hier. Andere kommen fort, vermutlich weiter nordwärts innerhalb dieses Landes. Man sagt, der hierbleibende Teil würde in absehbarer Zeit nachkommen. Mir ist es ganz recht, dass ich noch bleibe, denn die Verlegung ist schwerlich eine Verbesserung. Unser späteres Schicksal dürfte sich am Rhein oder der Weichsel entscheiden. Ich bin nach wie vor gutes Mutes und wünsche Euch allen das Gleiche! Herzlichst Dein Carlo

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Zigaretten konnte ich nicht schicken, da Päckchensperre erfolgte. Im übrigen habe ich nach wie vor nur Mannschaftslöhnung, da noch nicht als Sdf. »beliehen«.

207.  A  n Yella Vulpius-Erdmann (München, Archiv der MGH, B 685. – Feldpost; hsl. Or.) Letzter vom 10. 11. O. U., 20. 11. 1944 Fp. 20531 [sic!] Liebe Yella! Morgen soll eine Postgelegenheit bestehen. Also rasch ein Skriptum. Dein letzter Brief war vom 24. 10., ich beantwortete ihn vor 10 Tagen. Ich bin seit vorgestern früh in einer Stadt an einem gleichnamigen See im Norden des Landes, das mich seit 4 Monaten beherbergt. Wir rechnen, dass wir wohl etwa eine Woche hier bleiben werden und dann weiter nordwärts kommen. Die Existenzbedingungen haben sich natürlich verschlechtert, sind aber noch durchaus erträglich. Leider ist unsere kleine Abteilung (1 Kriegsverwaltungsrat, 1 Sonderführer Z, ich, 2 Kameraden) jetzt einer Truppe angegliedert (vgl. neue Feldpostnummer), die uns nicht haben will. Wir werden deshalb Schwierigkeiten haben, bei der Weiterfahrt Platz auf einem Fahrzeug zu bekommen. Nun, irgendwie werden wir uns durchschlagen, zumal die Situation von 1 Tag zum andern wechselt. Inzwischen habe ich nun die erste »planmässige Räumung« miterlebt. Es ist nicht leicht, so etwas zu schildern. Immerhin besteht der eine Trost, dass unsere Einheiten, sowohl die alte wie die neue, fast ganz ohne Verluste durchgekommen sind. Die Schiesserei hatte sich in den letzten Tagen täglich gesteigert, namentlich am letzten Tage hatten andere Einheiten erhebliche Verluste, und wir mussten von unserer Unterkunft mit ansehen, wie zahlreiche Fahrzeuge auf der Strasse vor uns im Feuer liegen blieben. Bei Einbruch der

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404 BRIEFE Dunkelheit (am 16. 11.), nachdem wir bereits mit unserem Gepäck auf dem Lastwagen verladen waren, wurden wir, d. h. die kleine Verwaltungsabteilung, vom Wagen heruntergeschickt und zur Sicherung des stecken gebliebenen Abtransports in die Stadt geschickt. Dort erlebten wir grosses Durcheinander, Verstopfung, Brände, ständigen Beschuss. Dann hatten wir ein paar Stunden einen Strassenstützpunkt zu bewachen und verliessen am 17. 11. um 1 Uhr nachts zu Fuss die Stadt als Seitensicherung für den Autotransport. Nach mehreren Stunden konnten wir draussen vor der Stadt noch auf einem Lastwagen unterkommen. Die letzten Reste unserer Truppen haben die Stadt an jenem Tage erst am späten Nachmittag verlassen. Unsere Autofahrt hierher, mit vielen Unterbrechungen, dauerte 30 Stunden. Unterwegs bekamen wir an einer Stelle heftigen Beschuss, hatten aber keine Verluste. Nur verlor leider meine Uhr bei diesem Gefecht ihren Deckel; ich versuche sie durch ein Etui brauchbar zu erhalten – ob mit Erfolg? – Euch allen meine herzlichen Wünsche – ob ich wohl noch einmal Post von Euch bekomme? Treulich Dein Carlo Stadt an einem gleichnamigen See]Shkodra (Shkodër) am Shkodra-See. »planmässige Räumung«]Abzug der Heeresgruppe E aus Griechenland und dem südlichen Balkan. Die in Albanien stationierten deutschen Truppen blieben bis Ende Oktober, um den Rückzug auch der Nachhut an der Südwestflanke zu sichern.

208.  An Yella Vulpius-Erdmann (München, Archiv der MGH, B 685. – Feldpost; hsl. Or.) 11. Brief (10. vom 20. 11.) 2. 12. 1944 Fp. 25310 Liebe Yella! Ich habe natürlich keine Post von Dir und hoffe auch kaum noch welche zu kriegen (Dein letzter Brief war vom 24. 10.). Aber angeblich soll Post von

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uns von Zeit zu Zeit im Flugzeug abgehen. Also versuche ich wieder einen Brief. Es geht uns immer noch gut, ich bin gesund und gut verpflegt und die Strapazen haben zwar begonnen (Zeltleben im beginnenden Winter), sind aber erst gering. Wie Du an der veränderten Feldpostnummer siehst, bin ich wiederum bei einem neuen Truppenteil. Es ist ein kleiner Spezialtrupp mit ziemlich intellektueller Tätigkeit. Wir liegen unmittelbar an der Nordgrenze meines bisherigen Aufenthaltslandes und haben dort unser Zeltlager aufgeschlagen. Ich liege mit 3 anderen zusammen (darunter 2 alte Bekannte) in einem kleinen Zelt, eng, aber dadurch bisher noch ausreichend warm; die Temperatur ist draussen bisher noch nicht unter 0 gesunken. Es scheint, dass wir noch eine Weile hier bleiben werden. Wir verliessen die Stadt, in der ich 4 Monate war, am 17. 11. um 2 Uhr nachts, zuletzt unter dramatischen Umständen nach unangenehmen Strassenkämpfen. Vom 18.‒24. 11. waren wir in einer anderen Stadt im Norden des Landes, wo noch völlige Ruhe herrschte. Ich war auch dort in einer Gruppe der Militärverwaltung beschäftigt, teilweise mit denselben Leuten wie vorher. In dieser Zeit habe ich, dienstlich wie menschlich, ein Mass von persönlicher Anerkennung erfahren wie nie vorher. Ich soll angeblich auch das Kriegs-Verdienstkreuz bekommen (was aber unter den jetzigen Umständen natürlich nicht zustande kommen wird), garnicht wegen einer bestimmten Sache, sondern nur wegen allgemeiner Löblichkeit. Man erlebt sonderbare Sachen – noch keine 3 Monate vorher war ich als schwarzes Schaf öffentlich in einem Masse heruntergemacht und beschimpft worden, wie es noch keiner meiner Kameraden erlebt hatte. Leider wurde die Gruppe der Militärverwaltung aufgelöst, so musste ich denn dort fort und kam zu der jetzigen Einheit. Hier war ich zunächst fünftes Rad am Wagen, hoffe aber allmählich mir meine Stellung erobern zu können. Das weitere Schicksal hängt natürlich davon ab, ob der erstrebte Rückzug noch möglich ist (abgesehen von der sonstigen Kriegsentwicklung). Du weißt, dass ich in diesen Dingen nie Illusionär war. Aber ich sehe dem Kommenden doch mit grösserer Seelenruhe entgegen als alle andern. Meine Kameraden können diese meine Ruhe immer nur mit meinem Junggesellentum erklären. Aber ich glaube, die Hauptsache ist, dass ich mir immer schon über die Realitäten im klaren war und mich mit dem Schicksal abgefunden habe. (Bekamst Du meinen »Abschieds«-Brief von Anfang September?) Wie mag es nun mit Euch stehen? Berlin ist ja nach dem Wehrmachtsbericht (den ich jetzt wieder täglich hören kann, was längere Zeit

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406 BRIEFE nicht möglich war) wieder mehrfach bombardiert worden. Und Freiburg – ob Susi dort war? Hoffentlich ist Axel noch in der Garnison und war Gisela nicht etwa wieder in Strassburg. Und wie mag es Roland in Altkirch ergangen sein? Bitte grüsse Put vielmals – sie ist mir doch nicht böse, dass ich nicht an sie schreibe? Liebe Yella, wir bleiben innerlich verbunden, so sehr wir auch auseinandergerissen sind! Dein Carlo Stadt im Norden des Landes]Shkodra (Shkodër). Susi]Susanne Czapski, Nichte Carl Erdmanns. Gisela […] wieder in Strassburg […] Roland in Altkirch]Gisela Vulpius studierte in Straßburg Medizin, ihr Vater Roland Vulpius war Gymnasialdirektor in Altkirch im Elsass. Im November 1944 waren Straßburg und das Elsass von französischen Truppen zurückerobert worden.

209.  An Yella Vulpius-Erdmann und die Familie (München, Archiv der MGH, B 685. – Feldpost; hsl. Or.) 13. 12. 1944 Liebe Yella, liebe Familie! Der Raum, in dem ich mit 2 Dutzend anderen sitze, ist dunkel, da das Fenster bis auf ein Teilstück entzwei und zugenagelt. Ich habe mir deshalb trotz des Vormittages eine Kerze angesteckt und habe somit das stimmungsvolle Milieu für einen Weihnachtsbrief. Denn wenn, wie wenigstens als Möglichkeit behauptet wird, der Brief im Flugzeug wegkommt, könnte er ja etwa zu Weihnachten bei Euch sein. Also alles Weihnachtliche wie alljährlich! Ich habe keine Zweifel, dass Ihr auch in diesem Jahre Weihnachten feiern werdet trotz aller Widrigkeiten, gewissermassen als Symbol dafür, dass das, woran wir geglaubt haben, auch in der Zeit der Zerstörung seinen Wert behalten soll und unser Glaube unverändert bleibt. Das ist wenigstens meine Grundstimmung jetzt, und in diesem Sinne will ich meinerseits den Weihnachtstag begehen,

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unter sicherlich nicht weniger schwierigen Umständen als Ihr. Ob wir hier irgend ein montenegrinisches Bäumchen (denn dass wir in Montenegro stecken, darf ich jetzt wohl offen sagen) als Weihnachtsbaum verkleiden werden, weiss ich nicht; Tannenartiges gibt es hier jedenfalls nicht. Und was wir sonst zum Feiern haben werden? Was uns hier am meisten fehlt, ist Raum. Ich selbst kann, da ich z. Zt. als Funker beschäftigt bin, tagsüber in dem Raum einer benachbarten Funkstelle unterkriechen, in dem ich auch eben schreibe. Aber die übrige Gesellschaft kampiert im Freien und hat nur die paar Autos, in denen für nichts Platz ist. Auch unsere Sachen müssen wir bei dem nassen Wetter im Freien liegen lassen, zu Haufen aufgeschichtet und mit Zeltbahnen bedeckt. Mit der Zeit wird alles nass. Immerhin haben wir es noch gut, da wir die Autos haben. Wir fahren jeweils ein Stück und bleiben dann eine Anzahl Tage liegen und warten auf die Weiterfahrt. Erhebliche Teile der Truppe müssen zu Fuss laufen, und irgendwann dürfte auch uns dies Schicksal blühen, da die Autos natürlich kaputt gehen. Die meisten hier rechnen damit, dass der Durchzug durch Bandengebiet gelingen wird. Es heisst, dass wir schon schmerzlich erwartet werden, in Ungarn gegen die Russen. Doch würde ich als Dolmetscher in diesem Falle wohl nach Deutschland zurückkommen. – Die Verpflegung hier ist bisher intakt, auch meine Gesundheit, trotz der zeitweise erheblichen Nässe und Kälte in den Nächten. Auch in der Stimmung gehöre ich zu denen, die noch ziemlich obenauf oder jedenfalls stabil sind, und hoffe, dass mir das weiter glückt. Alles Herzliche! Euer Carlo intakt]Lesung unsicher, da mit Bleistift im Falz geschrieben und berieben.

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210.  An Yella Vulpius-Erdmann (München, Archiv der MGH, B 685. – Feldpost; hsl. Or.) 10. I. 1944 [richtig: 1945] Fp. 25310 Liebe Yella! »Die Träne quillt, die Erde hat mich wieder«, ein klein wenig so ist mir zumute. Es sind Zeichen und Wunder geschehen: wir sind aus der monatelangen Abschneidung herausgekommen, sind in die Stadt, die zwei Monate lang unser fernes Ziel war, tatsächlich angelangt und haben nun eine feste Verbindung mit Deutschland. Nimm von Puts Namen (Vor- und Familiennamen) den 13., 8., 3., 11., 6., 2., 1. und 4. Buchstaben! Ich hätte es nicht geglaubt und komme mir ein wenig wie wiederauferstanden vor: die Möglichkeit, die Heimat wiederzusehen, ist wieder eine greifbare Realität geworden. Ich bin wieder ein Wanderer auf dieser Welt und nicht mehr zwischen zwei Welten wie die ganzen Monate vorher. Post habe ich hier leider nicht vorgefunden, was aber lediglich am zweimaligen Wechsel meiner Feldpostnummer liegt. So habe ich seit Deinem Brief vom 24. 10., den ich vor zwei Monaten noch in Tirana bekam, keine Nachricht von Euch. So bleibt die Sorge: ob Ihr alle noch unbeschädigt seid, wo Axel jetzt sein mag, ob die Häuser noch stehen? Was magst Du für ein Weihnachten gefeiert haben? Ach ja. Ich habe inzwischen mancherlei erlebt. Die Strapazen waren erheblich, aber meine Gesundheit hat standgehalten. Den militärischen Tatbestand wirst Du wissen, denn Ende Dezember soll der Wehrmachtsbericht gemeldet haben, daß ein in Montenegro abgeschnittener Verband (aus Albanien gekommen, also wir) sich mit einem weiter nördlich stehenden Verbande nach

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längeren Kämpfen vereinigt und damit seinen Anschluß an Deutschland wieder erreicht habe. An den Kämpfen war unsere kleine Einheit nicht beteiligt, und von den Partisanen haben wir seit dem Verlassen Albaniens nichts mehr bemerkt. Das Einzige, was wir vom eigentlichen Kriege zu spüren bekamen, waren die englischen Luftangriffe, die allerdings erheblich waren; auch unsere kleine Einheit hatte dadurch einen Toten und mehrere Verletzte. Im übrigen ist es auch hier so geblieben, daß ich viel weniger flieger-nervös bin als die meisten andern. Das Schlimmste für mich waren die Unbilden der Witterung beim nächtlichen Kampieren und bei den Nachtfahrten; auf Lastkraftwagen in fürchterlicher Enge zwischen Sachen und Menschen unbeweglich eingekeilt. Anderseits habe ich mir die Fähigkeit zum Naturgenuß immer noch erhalten und habe die wildromantische Landschaft Montenegros, des Sandschak und Bosniens begierig in mich aufgenommen. Mit den Autos kamen wir jeweils in der Nacht wegen der Straßenverstopfungen nur etwa 50 km vorwärts und blieben dann etwa eine Woche an einem Ort. Dann ging am Neujahrstage der größte unserer Lastwagen entzwei, und daraufhin mußte die Hälfte der Einheit, dabei ich, im Fußmarsch weiter. Empörenderweise wurde dies vom Einheitsführer so geregelt, daß der marschierende Teil sein Gepäck (das auf den restlichen Wagen hätte bleiben können) selbst tragen mußte und auch keinen Küchen- oder Troßwagen mitbekam, also eine Wochenverpflegung schleppen mußte, dabei rohes Fleisch, Suppenpakete usw., ohne die Möglichkeit, diese Sachen während des Marsches zu kochen. Die Hälfte von uns wäre draufgegangen, wäre nicht zum Glück gerade im rechten Augenblick eine Bahnlinie wieder eingerichtet worden, sodaß wir statt 160 km – bei Schnee und Eis über hohe Pässe – nur 30 km zu marschieren brauchten. Aber auch diese geringe Strecke zwang schon dazu, fast alles private Besitztum fortzuwerfen, da es nicht neben der Ausrüstung und Verpflegung noch geschleppt werden konnte. Über die Zukunft weiß ich nur, daß ich in jedem Falle näher an Deutschland herankomme, hoffentlich mit der Bahn und nicht zu Fuß. Ob ich aber bei der jetzigen Einheit bleiben werde? Bitte schreibe mir vorläufig weiter unter 25310, schicke aber außerdem eine kurze Nachrichten-Karte an 56035, für den Fall, daß ich zur früheren Einheit zurückkomme. Alles Herzliche an Euch alle (worunter ich Familie Put natürlich immer mitverstehe)! Euer Carlo

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410 BRIEFE die Träne quillt]Johann Wolfgang von Goethe, Faust I, V. 784.  13., 8., 3., 11., 6., 2., 1. und 4. Buchstaben]Ergibt Saraievo. Wanderer […] zwischen zwei Welten]Vgl. Walter Flex, Der Wanderer zwischen beiden Welten. Ein Kriegserlebnis, München 1917.

211.  An Robert Holtzmann (verloren; erwähnt in Robert Holtzmann, Tagebuch, 15. Februar 1945) 10. Januar 1945 »Heute kam eine Karte von Erdmann v. 10. I., er kam heil aus Albanien durch, ist jetzt wohl in Kroatien.«

212.  A  n Gerd Tellenbach (NL Tellenbach, 230. – Feldpost, Postkarte; hsl. Or.) 10. 1. 1945 [Poststempel 11. Januar 1945 ] Fp. 25310 Lieber Tellenbach! Während der Monate der Abschneidung von Deutschland hatte ich das Briefschreiben als nützlich nahezu aufgegeben. Jetzt sind wir wider Erwarten doch durchgekommen und an einem Orte mit regelmässiger Bahnverbindung nach Deutschland – ich komme mir vor wie neu zum Leben erweckt. Die Strapazen waren erheblich, aber meine Gesundheit hat widerstanden. Wie mag es Ihnen inzwischen ergangen sein? Ich bin seit Monaten ohne Nachricht aus Deutschland und sehr in Sorge. Über meine Zukunft weiss ich nur, dass ich hier nicht bleibe, sondern näher an Deutschland herankomme. Aber ob ich bei meiner jetzigen Einheit bleibe? Bitte schreiben Sie mir zwei Karten, eine an Feldpost Nr. 25310, eine an 56035. Eine davon wird mich hoffentlich erreichen. Erst

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wenn ich wieder Nachrichten aus Deutschland habe, werde ich ganz in mein früheres Ich zurückfinden können, das ich als »Wanderer zwischen zwei Welten« fast abgelegt hatte. Alles Herzliche! Ihr Carl Erdmann Wanderer zwischen zwei Welten]Wie zu Nr. 210.

213.  An Yella Vulpius-Erdmann (verloren, erwähnt in: Yella V.-E. an Gerd Tellenbach, 20. Februar 1945 [NL Tellenbach, 230]). 15. I. 1945 »Er schrieb vom 15. I., dass er nun aus dem albanisch-montenegrinischen Kessel heraus sei und an einer Bahnstation angelangt, von der aus ein einigermassen geregelter Zugverkehr herrsche. (Vermutlich wohl Serajewo). Er werde vermutlich acht bis vierzehn Tage dort bleiben und dann ›wesentlich näher an Deutschland heran‹ in das ›Randgebiet seines eigentlichen Dolmetscherlandes‹ kommen – wir denken, etwa Fiume oder Triest. Dass er nach Deutschland zurückkäme, wäre vorläufig nicht wahrscheinlich. Er habe die Strapazen einigermassen gut überstanden, nur einige leichte Frosterscheinungen an den Füssen und einen gewöhnlichen Katarrh davongetragen. – Von uns hat er seit vielen Monaten nichts mehr erhalten.«

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412 BRIEFE 214.  An Yella Vulpius-Erdmann (München, Archiv der MGH, B 685. – Feldpost; hsl. Or.) 21. Januar 1945 Fp. 25310 Liebe Yella! Ich habe noch immer keine Post, sodass ich jetzt nahezu drei Monate ohne Nachricht von Euch bin. Inzwischen ist nun alles überschattet von der neuen Katastrophe im Osten. Ist das nun das Ende? Ob Axel mit darinsteckt? Die Ungewissheit ist jetzt besonders quälend. Jedenfalls nehme ich an, dass Gerti und auch noch andere Verwandte jetzt nach Berlin kommen werden – falls ihnen die Flucht noch möglich ist und falls Dein Haus noch steht – ich weiss ja nichts. Ich hoffe von Tag zu Tag auf einen Brief mit günstiger Nachricht. Falls Du meinen Brief von vor 10 Tagen bekommen hast, wirst Du wissen, dass ich aus dem albanisch-montenegrinischen Kessel wider Erwarten herausgekommen und in einer zum jetzigen Kroatien gehörigen Stadt bin, die eine feste Bahnverbindung mit Deutschland hat. Ich bin seit 13 Tagen hier und bleibe wohl noch einige weitere Tage, vielleicht noch eine Woche. Dann werde ich voraussichtlich leider nicht mit der Bahn fahren können, sondern zunächst mit Auto, wie ein Teil unseres Trupps, soweit die (inzwischen teilweise reparierten) Autos reichen, fahren soll. Das bedeutet leider, dass, sobald ein Auto ausfällt, ich heraus muss und zu Fuss weiterlaufen, soweit es nicht gelingt, nachträglich unterwegs einen Zugplatz zu bekommen, was bei der Überfüllung höchst zweifelhaft. So denke ich denn mit Sorge an die Weiterreise. Vorerst aber, solange ich hier liege, geht es mir gut, wenig Dienst und gute Verpflegung; ich habe schon wieder sichtlich zugenommen, und die Erkältung klingt ab. Auch gibt es hier eine Leihbibliothek für Soldaten, die zwar zu 95 % nur politische und Kriegsbücher enthält, aber aus dem verbleibenden Rest habe ich durch langes Suchen Storm, Fontane, E. T. A. Hoffmann, Hamsun und anderes Wertvolle herausfischen können. Inzwischen ist ja einiges über den Balkan-Rückzug offiziell verlautbart worden und Dir vielleicht bekannt geworden. Je länger ich es mir überlege, desto mehr bin ich der Meinung, dass unser Entkommen nur einer politischen Uneinigkeit von Engländern und Russen zu verdanken ist. Denn beide Teile hätten

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es leicht gehabt, uns den Garaus zu machen. Aber die Russen taten nichts, und die Engländer beschränkten sich auf Luftangriffe. Dabei warfen sie übrigens auch Flugblätter ab, alle paar Tage neue, meist sehr geschickt und vollgepfropft mit Nachrichten, zu Zeiten unsere einzige Nachrichtenquelle. Die ganze damalige Zeit ist mir schon wie ein Traum, und zwar nicht unbedingt ein böser, denn der Glaube, des Weiterlebens überhoben zu sein, hatte sehr positive Seiten. Gestern konnte ich auf Grund einer augenblicklich bestehenden PäckchenErlaubnis 60 Zigaretten an dich abschicken, die uns gerade eben billig zugeschanzt waren. Hoffentlich kommt sie an. Sonst kann ich nichts schicken, da unser Wehrsold für 10 Tage nur die Kaufkraft von ½ Pfund Äpfel oder 1 Pfd. Schwarzbrot hat. Ich lege Dir hier auch einige Päckchenmarken bei, die ich noch in Tirana bekam und immer vergass. Falls sie noch gelten (erkundige Dich bitte!), verwende sie für ein Päckchen an Axel. Wie ist übrigens seine Feldpostnummer? Und wann ist sein Geburtstag? Alles Herzliche den beiden schwesterlichen Häusern! Dein Carlo Katastrophe im Osten]Sowjetische Großoffensive ab dem 12. Januar, die zur Eroberung Ostschlesiens und zur Abschneidung Ostpreußens führte. Verwandte jetzt nach Berlin]Vgl. oben Nr. 93. zum jetzigen Kroatien]Der sogenannte Unabhängige Staat Kroatien (NDH), der am 10. April 1941 nach dem deutschen Feldzug gegen Jugoslawien – unter Einschluss von Bosnien-Herzegowina, also auch Sarajevos – ins Leben gerufen worden war.

215.  An Yella Vulpius-Erdmann (München, Archiv der MGH, B 685. – Feldpost; hsl. Or.) 28. 1. 1944 [richtig: 1945] Fp. 25310 Liebe Yella! Noch immer kein Brief – obgleich, nach der Post meiner Kameraden zu schliessen, schon Briefe mit der jetzigen Feldpostnummer da sein müssten. So

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414 BRIEFE muss ich fürchten, dass die fehlende Verbindung vielleicht weniger auf mein als auf Dein Schicksal zurückgeht, dass vielleicht das Häuschen in Kl. Machnow nicht mehr steht o. dgl. Dazu die täglich fürchterlicher werdenden Nachrichten von der Ostfront, dem Flüchtlingselend und den Rückwirkungen auf die Lebensverhältnisse in Deutschland! Leider werde ich nun jedenfalls noch weiter in Sorge bleiben müssen, denn morgen verlegt meine Einheit wieder ihren Aufenthaltsort. Hier waren wir 3 Wochen, ich schrieb Dir von hier 2 Briefe, etwa am 9. 1. und 21. 1. Wir fahren jetzt ein grosses Stück näher an Deutschland heran, kommen aber nicht nach Deutschland selbst. Mir geht es gut, doch war ich vorige Woche ein paar Tage krank, Fieber, geschwollene und gerötete Unterschenkel; beim Rückgang der Geschwulst verblieben grosse rote Flecken. Die fachärztliche Untersuchung im Lazarett ergab »Purpura rheumatica«. Der Standortarzt kannte diese Krankheit nicht und riet auf »rheumatischer Bluterguss«, der auch das Fieber veranlasst hätte. Ich soll mich der schriftlichen Diagnose des Lazaretts künftig auch bei anderen Militärärzten bedienen, halte sie aber für Kohl, da die 2 Ärzte des Lazaretts (Internist und Dermatologe) sich nicht miteinander verständigten. Falls Du Gisela bei Dir hast, bitte sie doch, mich über »Purpura rheumatica« zu informieren und mich das Ergebnis wissen zu lassen. Mit herzlichen Wünschen und in sorgenvollen Gedanken an Euch Dein Carlo 2 Briefe]Oben Nr. 210, 214.

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216.  A  n Yella Vulpius-Erdmann (München, Archiv der MGH, B 685. – Feldpost; hsl. Or.) 8. 2. 1944 [richtig: 1945] Fp. 25310 Liebe Yella! Die Zeitungen schreiben von »Verteidigung Berlins«. Unterdessen werden die Rationen gekürzt, das Heizen reduziert, Gas abgeschafft. Und die Russen sitzen in Kalisch, Posen, Schwetz. Die erwartete apokalyptische Zeit hat begonnen. Wie mag es bei Euch aussehen? Ob Verwandte aus dem Osten als Flüchtlinge bei Dir sind? Wo ist Axel, wo Gisela, was ist mit Czapskis? Oder stehen vielleicht die Häuser nicht mehr, und Ihr seid alle ganz woanders? Mit diesen Fragen schlage ich mich täglich herum, denn ich habe immer noch keine Post, seit Oktober. Es ist fürchterlich, wenn man mit seinen Briefen immer nur gegen eine Wand ruft, hinter der das Unbekannte sitzt und keine Antwort zurückgibt. Und das Unglück will, daß ich gerade jetzt, wo ich endlich wieder Post unter meiner jetzigen Feldpostnummer erwarten kann (denn ich habe Dir diese Nummer seit Anfang Dezember angegeben), von meiner Einheit für einige Zeit getrennt bin, sodaß ich gar keine Post bekommen kann. Es werden vielleicht Wochen vergehen, bis ich wieder mit meiner Einheit zusammenkomme und dann dort hoffentlich Post vorfinde! Besagte Einheit ist nämlich aus der Stadt, in der wir vor nunmehr einem Monat ankamen und aus der ich Dir schon etliche Briefe schrieb, vor drei Tagen abgerückt, um (natürlich in Etappen) in die Nähe Deutschlands zu gehen, ja unter den jetzigen Umständen vielleicht nach Deutschland selbst. Ich meinerseits aber bin als krank in dieser Stadt zurückgeblieben. Ich schrieb Dir ja in meinem letzten Brief von meiner Erkrankung. Die Diagnose »Purpura rheumatica« hat sich inzwischen als falsch herausgestellt, aber es ist kein anderer Name gegeben worden, da die Ärzte (bisher acht) noch nie etwas Derartiges sahen. Man sagt nur »Unterschenkel-Ödem« oder »Entzündung der Zellgewebe«. Im übrigen ist das Ganze aber nach wie vor nur eine Kleinigkeit, das anfängliche Fieber ist nicht wiedergekehrt, und die Schwellung und Entzündung ist an meinem Bein schon seit Tagen völlig verschwunden, am andern nur noch minimal. Aber im schlecht geheizten Quar-

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416 BRIEFE tier meiner Einheit wurde die Sache fünf Tage lang nicht besser, sodaß mir am 2. Februar nichts anderes übrig blieb, als nochmals zum Arzt zu gehen, der mich nun in die einzige »Krankensammelstelle« (nicht »Lazarett«, aber praktisch dasselbe) einwies. Hier geht es mir gut, die Ruhe und gleichmäßige Wärme wirken wohltätig, und der Stabsarzt ist mit allen möglichen Untersuchungsmethoden und Medikamenten rührend bemüht. Er wollte sogar über die Erhebung der Krankheitserscheinungen hinaus noch eine längere Kur anordnen zur Beseitigung der Ursachen. In diesem Kriegsmoment verdient das wirklich alle Achtung. Zum Glück hatte ich gestern Gelegenheit, ein paar Worte persönlich mit ihm zu reden, und bat ihn, von einer Kur jetzt abzusehen, was er auch zusagte. So rechne ich binnen wenigen Tagen mit der Entlassung, werde dann aber sicherlich längere Zeit auf die Bahnfahrt warten müssen. Bis ich meine Einheit wiederfinde, dauert es, wie gesagt, wohl Wochen. Dann gibt es hoffentlich gute Nachricht von Euch! Alles Gute, bitte auch den etwa anwesenden Flüchtlingen! Euer Carlo Czapskis]Hans, Veronika und Susanne Czapski.

217.  An Yella Vulpius-Erdmann (München, Archiv der MGH, B 685. – Feldpost; hsl. Or.) 26. 2. 1945 Liebe Yella! Seit 6 Tagen hier in Agram, wo ich zunächst zu meiner Verzweiflung wiederum keine Post vorfand. Dann gestern als erste Schwalbe (nach 3 ½ postlosen Monaten) eine Karte von Holtzmann vom 15. 2., heute zwei Karten von Witte vom 16. 1. und 13. 2. Von Dir immer noch nichts – aber zum Glück hatte Wittes zweite Karte den Passus: »… gute Nachrichten, ebenso heute von Yella, die vorläufig noch in B[erlin] bleiben, dann sich nach Bl[ankenburg] durchschlagen will«. So weiß ich doch wenigstens, daß Du noch in Berlin bist und

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etwas Katastrophales jedenfalls noch nicht geschehen war! Ich segne diesen Witteschen Passus; denn die Dinge liegen so, daß ich jetzt meine Feldpostnummer abermals ändern und infolgedessen damit rechnen muß, daß ich wiederum auf viele Wochen oder Monate hinaus keine Post kriege! Ich schreibe Dir die neue Nummer, sobald ich sie weiß; bis dahin hat es keinen Sinn, daß Du mir schreibst. Die Krankensammelstelle Sarajewo entließ mich am 14. 2. Diagnose des Arztes: »Marschödeme«, was ich für ebenso falsch halte wie die vorausgehende »Purpura rheumatica«. Am 17. kriegte ich einen Zug und traf am 19. früh in Brod, am 20. nachmittags hier in Agram ein. Unterwegs hatten wir zweimal je etwa 20 Stunden Aufenthalt zwecks Reparatur der gesprengten oder verminten Strecke; das ist hier nun einmal so üblich. Agram ist schon völlig mitteleuropäisch; wäre nicht die Sprache, würde man es restlos für eine deutsche Stadt halten. Der Aufenthalt hier wäre ein Genuß – wenn man Geld hätte; aber in dieser Beziehung sind wir hier noch viel schlimmer dran als in Albanien, eine Wehrsold-Dekade reicht gerade für eine kleine Büchse Stiefelwichse. Hier erfuhr ich zunächst, daß ich wieder zu meiner früheren Einheit, bei der ich in Tirana gewesen war, zurück müßte. Diese wird hier aufgelöst und die Leute einzeln neuen Verwendungen zugeführt. Mir sagte man zunächst, ich würde voraussichtlich zur Berliner Dolmetscher-Kompanie zurückgeschickt. Ich schrieb Dir deshalb den ersten Tag nicht, da ich ja schneller als der Brief in Berlin gewesen wäre. Heute hat es sich jedoch anders entschieden: ich komme als Dolmetscher an ein Dulag hier in Kroatien. Dulag heißt »Durchgangslager«, nämlich für Gefangene bzw. Häftlinge; ich werde also auch diesen Zweig der Dolmetschertätigkeit zuguterletzt noch kennen lernen. Hoffentlich liegt das Dulag hier in der Agramer Gegend; damit wäre schon viel gewonnen. Im übrigen: wer weiß, wozu diese jetzige Wendung meines Schicksals gut ist, ich vertraue mich ihm gläubig an. Natürlich tut es mir leid, daß ich nicht zunächst einmal nach Berlin komme, aber was hätte mir dann die weitere Zukunft gebracht? Ich denke täglich an Euch, insbesondere an Axel. Bitte übermittle ihm meine Geburtstagsgrüße! Getreulich Carlo Agram]Zagreb. Brod]An der heutigen bosnisch-kroatischen Grenze.

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418 BRIEFE 218.  An Yella Vulpius-Erdmann (München, Archiv der MGH, B 685. – Feldpost; hsl. Or.) 27. 2. 1944 [richtig: 1945] Fp. 62462 Liebe Yella! Nur ein kurzer Nachtrag zu meinem gestrigen Brief, vor allem zur Übermittlung der neuen Feldpostnummer! Im übrigen habe ich Glück gehabt: Die neue Einheit liegt in Agram selbst! Allerdings ganz draußen am Stadtrand, man braucht zu Fuß eine Stunde bis ins Stadtinnere, aber man ist doch nicht aus der Welt. Über Dienst und Kameradschaft kann ich jetzt nach 3 Stunden noch nichts sagen, ersterer fängt jedenfalls morgen früh zunächst damit an, daß ich für einige Tage ans Ortslazarett ausgeliehen werde, wo man einen italienischen Dolmetscher braucht. In den nächsten Tagen hoffe ich doch sehr auf eine Nachricht von Dir. Was Du an Nr. 25310 schickst, wird mich zwar nicht mehr erreichen, aber ich bat Dich in meinem ersten Sarajevoer Brief um eine Nachrichten-Karte auch an Nr. 56035, und diese wird, wenn sie binnen 8 Tagen hier ankommt, noch in meine Hände gelangen. Hoffentlich! Alles Gute! Carlo

Der letzte Gruß.

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ANHANG

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QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS Abkürzungen AfD

Archiv für Diplomatik

AKG

Archiv für Kulturgeschichte

BArch

Bundesarchiv

BBAW

Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften

BBLK

Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon

DA

 eutsches Archiv für Geschichte des Mittelalters; ab 8 (1951): Deutsches D Archiv für Erforschung des Mittelalters

DHI

Deutsches Historisches Institut

GStA PK

Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz

HZ

Historische Zeitschrift

KWI

Kaiser-Wilhelm-Institut

LexMA

Lexikon des Mittelalters

MGH

Monumenta Germaniae Historica

MIÖG

Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung

MÖIG

Mitteilungen des Österreichischen Instituts für Geschichtsforschung

NA

Neues Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde

NDB

Neue Deutsche Biographie

NL

Nachlass

QFIAB

Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken

VfZ

Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte

VSWG

Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte

ZBLG

Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte

ZfdA

Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur

ZfG

Zeitschrift für Geschichtswissenschaft

ZGO

Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins

ZKiG

Zeitschrift für Kirchengeschichte

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Schriften Carl Erdmanns (1925–2022) 423 ZRG GA

 eitschrift der Savigny-Gesellschaft für Rechtsgeschichte. GermanistiZ sche Abteilung

ZRG KA

 eitschrift der Savigny-Gesellschaft für Rechtsgeschichte. KanonistiZ sche Abteilung

Schriften Carl Erdmanns (1925–2022) 1925 Der Kreuzzugsgedanke in Portugal, Diss. phil. Würzburg 1925, 126 S. [masch.]. Portugal und Frankreich im Mittelalter, in: Germanisch-romanische Monatsschrift 13 (1925), S. 487–490.

1926 Ein Nürnberger offizielles Geschichtswerk über die Grumbachischen Händel, in: Archiv des Histor. Vereins von Unterfranken und Aschaffenburg 65 (1926), S. 53–62. Rezension: Erich Caspar, Hermann von Salza und die Gründung des Deutschordensstaats in Preußen, Tübingen 1924, in: HZ 134 (1926), S. 382–384 (Nachdruck 1963).

1927 Papsturkunden in Portugal (Abhandlungen der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, Phil.-hist. Kl. 20, 2), Göttingen 1927; Nachdruck: Göttingen 1970. Mauritius Burdinus (Gregor VIII), in: QFIAB 19 (1927), S. 205–261 (port. Übersetzung 1940). Rezension: Paul Kehr, Papsturkunden in Spanien. Vorarbeiten zur Hispania Pontificia I: Katalanien, Berlin 1926, in: Boletín Bibliográfico del Centro de Intercambio Intelectual Germano-Español 1, 1 (Nov. 1927), S. 11 f.

1928 Das Papsttum und Portugal im ersten Jahrhundert der portugiesischen Geschichte (Abhandlungen der Preußischen Akademie der Wissenschaften, Phil.-hist. Kl. 1928, 5), Berlin 1928.

1929 Pontificum Romanorum diplomata papyracea, quae supersunt in tabulariis Hispaniae, Italiae, Germaniae, phototypice expressa [Transkriptionen von Carl Silva Tarouca und C. Erdmann], Rom 1929. Die Wiedereröffnung des Trienter Konzils durch Julius III., in: QFIAB 20 (1928–29), S. 238–317. Vom Archivwesen Portugals, in: Archivalische Zs. III 5 (1929), S. 197–217. Ferdinand I. und die Kreisverfassung, in: Historische Vierteljahrschrift 24 (1929), S. 18–32.

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424 ANHANG Rezensionen: Paul Kehr, Papsturkunden in Spanien. Vorarbeiten zur Hispania Pontificia II: Navarra und Aragón, Berlin 1928; ders., Das Papsttum und die Königreiche Navarra und Aragón bis zur Mitte des XII. Jahrhunderts, Berlin 1928; ders., Wie und wann wurde das Reich Aragón ein Lehen der römischen Kirche? Berlin 1928, in: Boletín Bibliográfico del Centro de Intercambio Intelectual Germano-Español 2, 2 (Febr. 1929), S. 25–27.

1930 Zur Entstehung der Formelsammlung des Marinus von Eboli, in: QFIAB 21 (1929–30), S. 176–208. Unbekannte Briefe des Kardinals Farnese an den Nuntius Bertano (1549), in: QFIAB 21 (1929–30), S. 293–304. Une bulle sur papyrus du pape Formose en faveur de Saint-Denis, in: BECh 91 (1930), S. 301–306. Der Kreuzzugsgedanke in Portugal, in: HZ 141 (1930), S. 23–53 (port. Übersetzung 1940). O papado e Portugal no primeiro século da História portuguesa, in: Boletim do Instituto Alemão / Coimbra 3 (1930), auch gesondert: Coimbra 1935 (port. Übersetzung von: Das Papsttum und Portugal, 1928). Rezensionen: Erich Maschke, Der Deutsche Orden und die Preußen, Berlin 1928, in: HZ 141 (1930), S. 569–572. – Romuald von Salerno, Chronik, ed. C. A. Garufi, Fasz. 3 (Rerum italicarum scriptores VII 1/3), Città di Castello 1928, in: NA 48 (1930), S. 510–512. Anzeigen: Francesca Besta, Le ragioni ed i criteri della divisione del regno Italico progettata nel 806 da Carlo Magno (Rendiconti del R. Istituto Lombardo 60 [1927], S. 827–842), in: NA 48 (1930), S. 464 f. – N. Grimaldi, La contessa Matilde e la sua stirpe feudale, Firenze 1928; N. Falce, Bonifacio di Canossa, padre di Matilda, Reggio Em. 1927; N. Grimaldi, Studi Canusini (Riv. stor. ital. NS 6 [1928], S. 370–386), in: NA 48 (1930), S. 466 f. – Giannina Biscaro / Gerolamo Biscaro, Le relazioni dei Visconti di Milano con la chiesa (Arch. Stor. Lombardo 54 [1927], S. 201–236; 55 [1928], S. 1–96), in: NA 48 (1930), S. 478. – E. Nasalli Rocca, Lo stemma e la bandiera del comune di Piacenza (Riv. Araldica 26 [1928], S. 320–325); P. Guerrini, Lo stemma e la nobiltà di Brescia (ebd., S. 467 ff., 513 ff.); C. Santa Maria, Stemmi provinciali (ebd., S. 545–551); G. Gerola, Gli stemmi delle provincie dell’Emilia (Felix Ravenna 32 [1927], S. 30–41), in: NA 48 (1930), S. 537. – Cartario di Bricherasio 1159–1859, hg. von Luigi Cesare Bollea, Turin 1928, in: NA 48 (1930), S. 558 f. –

1931 Die Briefe Meinhards von Bamberg, Berlin 1931. Das Wappen und die Fahne der römischen Kirche, in: QFIAB 22 (1930–31), S. 227–255. Rezensionen: Exempla scripturarum, fasc. 1: Codices latini saec. XIII, sel. B. Katterbach / A. Pelzer / C. Silva-Tarouca; fasc. II: Epistolae et instrumenta saec. XIII, sel. B. Katterbach / C. Silva-Tarouca, Rom 1929, 1930, in: QFIAB 22 (1930–31), S. 293 f. – Bonizo, Liber de vita Christiana, hg. von E. Perels, Berlin 1930, in: QFIAB 22 (1930–31), S. 303 f. – Maria Ambraziejũté, Studien über die Johanniterregel, Diss. Fribourg 1929, in: HZ 143 (1931), S. 173. – Werner Krauss, Das tätige Leben und die Literatur im mittelalterlichen Spanien, Stuttgart 1929, in: HZ 143 (1931), S. 177.

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Schriften Carl Erdmanns (1925–2022) 425 Anzeigen: G. Drei, Gli archivi farnesiani, loro formazione e vicende (Archivio storico per le provincie Parmensi NS 29 [1929], S. 153–212), in: QFIAB 22 (1930–31), S. 295 f. – Leonid Arbusow, Römischer Arbeitsbericht I–III (Latvijas Universitates Raksti 17 [1928], S. 285–423; 20 [1929], S. 475–657; Filol. Ser. I 3 [1929], S. 65–160), in: QFIAB 22 (1930–31), S. 305 f.

1932 Die Aufrufe Gerberts und Sergius’ IV. für das Heilige Land, in: QFIAB 23 (1931–32), S. 1–21. Die Briefe Meinhards von Bamberg, in: NA 49 (1932), S. 332–431 (auch selbständig: Berlin 1931). Endkaiserglaube und Kreuzzugsgedanke im 12. Jahrhundert, in: ZKiG 51 (1932), S. 384–414. Der Heidenkrieg in der Liturgie und die Kaiserkrönung Ottos I., in: MÖIG 46 (1932), S. 129–142 (Nachdruck 1963). Vatikanische Analekten zur Geschichte Ludwigs des Bayern, in: Archivalische Zs. III 8 (1932), S. 1–47. Kaiserfahne und Blutfahne, in: Sitzungsberichte der Preußischen Akademie der Wissenschaften 1932, Berlin 1932, S. 868–899. Rezensionen: Guide manuel des bibliothèques de Rome, Rom 1932, in: QFIAB 23 (1931–32), S. 276 f. – Carlo Silva-Tarouca, Nuovi studi sulle antiche lettere dei Papi I (Gregorianum 12 [1931], S. 3–56, 349–425, 547–598; auch gesondert: Rom 1932), in: QFIAB 23 (1931–32), S. 278–280. – Michel Andrieu, Les Ordines Romani du haut moyen-âge I: Les manuscrits, Louvain 1931, in: QFIAB 23 (1931–32), S. 281–283. – Ernst Kantorowicz, Kaiser Friedrich II., Erg.bd., in: NA 49 (1932), S. 585–587. – G. Säbekow, Die päpstlichen Legationen nach Spanien und Portugal bis zum Ausgang des 12. Jahrunderts, Berlin 1931, in: NA 49 (1932), S. 606 f. – Georgine Tangl, Studien zum Register Innocenz’ III., Weimar 1929, in: NA 49 (1932), S. 696. – H. J. Hüffer, Das spanische Kaisertum der Könige von Leon-Kastilien, Münster 1931, in: HZ 146 (1932), S. 612 f. Anzeigen: Teresa Venturini, Ricerche paleografiche intorno all’arcidiacono Pacifico di Verona, Verona 1929; Maria Venturini, Vita ed attività dello ScriptoriumVeronese nel sec. XI, Verona 1930, in: NA 49 (1932), S. 572. – Al. Colombo, La data d’incoronazione dell’imperatore Ludovico II (25 marzo 850) (Arch. Stor. Lombardo 57 [1930], S. 199–203), in: NA 49 (1932), S. 576. – Donizo von Sutri, Vita Mathildis celeberrimae principis Italiae, ed. Luigi Simeoni, Rer. Ital. SS V 2, 1–2, Bologna 1930, in: NA 49 (1932), S. 638 f. – Annales Pisani di Bernardo Maragone, ed. Lupo Gentile, Rer. Ital. SS VI 2, 1, Bologna 1930, in: NA 49 (1932), S. 641. – R. Cessi, Il Costituto di Costantino: Il Testo (Atti del R. Istituto Veneto di scienze 88 [1928–29], S. 915–1007); ders., Il Costituto di Costantino: Fonti ed età di composizione (Annuali della R. Università di Trieste 1); ders., Il Costituto di Costantino (Riv. stor. Ital. 48 [1931], S. 155–176), in: NA 49 (1932), S. 700 f. – Karl Pivec, Studien und Forschungen zur Ausgabe des Codex Udalrici I (MÖIG 45 [1931], S. 409–485), in: NA 49 (1932), S. 707–710. – G. Antonucci, Indiculi privilegiorum del vescovado di Bergamo (Bergomum 4 [1930], S. 90–110), in: NA 49 (1932), S. 746 f. – Fr. Gasparolo, Cartario Alessandrino fino al 1300, Bd. 2–3, 1930, in: NA 49 (1932), S. 748 f. – Michael Bill, Formulae et documenta e cancellaria fr. Michaelis de Cesena O. F. M. ministri generalis 1316–1328 (AFH 23 [1930], S. 106–171), in: NA 49 (1932), S. 752.

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426 ANHANG 1933 Ausgewählte Briefe aus der Salierzeit (Texte zur Kulturgeschichte des Mittelalters 7), Rom 1933.

1934 Kaiserliche und päpstliche Fahnen im hohen Mittelalter, in: QFIAB 25 (1933–1934), S. 1–48 (auch separat: Rom 1934).

1935 Die Entstehung des Kreuzzugsgedankens (Forschungen zur Kirchen- und Geistesgeschichte 6), Stuttgart 1935 (Nachdruck 1955, Teilnachdruck 1976). O papado e Portugal no primeiro século da História portuguesa, Coimbra 1935 (Nachdruck von Aufsatz 1930). Ein karolingischer Konzilsbrief und der Fürstenspiegel Hincmars von Reims. Aus dem Nachlass Gerhard Laehrs hg. von C. E., in: NA 50 (1935), S. 106–134. Zu den Quellen des Codex Udalrici, in: NA 50 (1935), S. 445–453. Der Name Deutsch, in: Karl der Große oder Charlemagne? Acht Antworten deutscher Geschichtsforscher (Probleme der Gegenwart), Berlin 1935, S. 94–105. Der Ursprung des deutschen Volksbewußtseins, in: Forschungen und Fortschritte 11 (1935), S. 224–225. Rezensionen: Joseph Kirchberg, Kaiseridee und Mission unter den Sachsenkaisern und den ersten Saliern von Otto I. bis Heinrich III., Berlin 1934, in: HZ 152 (1935), S. 412. – Paul Lehmann, Das literarische Bild Karls des Großen, vornehmlich im lateinischen Schrifttum des Mittelalters, München 1934, in: ZKiG 54 (1935), S. 637. Anzeigen: Siegmund Hellmann, Die Vita Heinrici IV. und die kaiserliche Kanzlei (Historische Vierteljahrsschrift 28 [1934], S. 273–334), in: NA 50 (1935), S. 688 f., 770 f. – Horst Schlechte, Erzbischof Bruno von Trier, Diss. Leipzig 1934, in: NA 50 (1935), S. 658. – Percy Ernst Schramm, Die Krönung bei den Westfranken und Angelsachsen von 878 bis um 1000 (ZRG KA 23 [1934], S. 117–242); Eduard Eichmann, Zur Datierung des sog. Cencius II. (Hist. Jb. 52 [1932], S. 265–312), in: NA 50 (1935), S. 720 f. – André Wilmart, L’admonition de Jonas au roi Pépin et le florilège canonique d’Orléans (Rev. Bén. 45 [1933], S. 214–233), in: NA 50 (1935), S. 767. – Alberich von Montecassino, Passio s. Modesti (Analecta Bolandiana 51 [1933], S. 369 ff.); Hans-Walter Klewitz, Zum Leben und Werk Alberichs von Montecassino (Hist. Vjs. 29 [1934], S. 371–374), in: NA 50 (1935), S. 769 f. – Karl Pivec, Studien und Forschungen zur Ausgabe des Codex Udalrici (MÖIG 46 [1932], S. 257–342), in: NA 50 (1935), S. 771 f. – André Wilmart, La collection chronologique des écrits de Geoffroi abbé de Vendôme (Rev. Bén. 43 [1931], S. 239–245), in: NA 50 (1935), S. 772 f. – Virgil Redlich, Beiträge zur Tegernseer Briefsammlung aus dem 12. Jahrhundert (StMGBO 50 [1933], S. 556–563), in: NA 50 (1935), S. 773. – Gerhart Ladner, Formularbehelfe in der Kanzlei Fridrichs II. und die Briefe des Petrus de Vinea (MÖIG Erg.bd. 12 [1932], S. 92–198), in: NA 50 (1935), S. 774 f. – Leonid Arbusow, Römischer Arbeitsbericht IV (Latvijas Universitates Raksti, Filol. Ser. II 4 [1933]), in: NA 50 (1935), S. 775. – Friedrich Baethgen, Beiträge zur Geschichte Cölestins V., Königsberg 1934, in: NA 50 (1935), S. 775 f.

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Schriften Carl Erdmanns (1925–2022) 427

1936 Fabulae curiales. Neues zum Spielmannsgesang und zum Ezzo-Liede, in: ZfdA73 (1936), S. 87–98. Die Bamberger Domschule im Investiturstreit, in: ZBLG 9 (1936), S. 1–46. Die Anfänge der staatlichen Propaganda im Investiturstreit, in: HZ 154 (1936), S. 491–512 (Nachdruck 1982).

1937 Die Briefe Heinrichs IV., hg. von Carl Erdmann (MGH Deutsches Mittelalter 1), Leipzig 1937. Tribur und Rom. Zur Vorgeschichte der Canossafahrt, in: DA 1 (1937), S. 361–388 (Nachdruck 1969). Gesta Romanae ecclesiae contra Hildebrandum, in: ZRG KA 26 (1937), S. 433–436. Gunther von Bamberg als Heldendichter, in: ZfdA 74 (1937), S. 116. Rezensionen: Gerd Tellenbach, Libertas. Kirche und Weltordnung im Zeitalter des Investiturstreits, Stuttgart 1936, in: HZ 155 (1937), S. 354–358. – Robert Holtzmann, Kaiser Otto der Große, Berlin 1936, in: DA 1 (1937), S. 251. Anzeigen: Romuald von Salerno, Chronicon, a cura di C. A. Garufi (Rerum italicarum scriptores VII 1), Città di Castello 1935, in: DA 1 (1937), S. 228. – Anna Celli-Fraentzel, Quellen zur Geschichte der Malaria in Italien und ihrer Bedeutung für die deutschen Kaiserzüge des Mittelalters (Quellen und Studien zur Gesch. der Naturwissenschaften und der Medizin 4, 4 [1935], S. 1–85 bzw. 341–425), in: DA 1 (1937), S. 236. – Raffaello Morghen, La missione dell’Impero e la »Italienische Kaiserpolitik« negli storici della Germania medioevale (Arch. stor. it. 93 [1935], S. 101–123), in: DA 1 (1937), S. 248 f. – Karl August Fink, Untersuchungen über die päpstlichen Breven des 15. Jahrhunderts (Röm. Quartalschrift 43 [1935], S. 55–86), in: DA 1 (1937), S. 517 f. – Salesius Schmitt, Zur Entstehungsgeschichte der handschriftlichen Sammlungen der Briefe des hl. Anselm von Canterbury (Revue Bénédictine 48 [1936], S. 300–317), in: DA 1 (1937), S. 535. – Hans-Walter Klewitz, Petrus Diaconus und die Montecassineser Klosterchronik des Leo von Ostia (AUF 14 [1936], S. 414–453), in: DA 1 (1937), S. 535. – Rudolf Perignon, Die Tendenzen der kaiserlichen Kriegführung von 936–1146, Diss. München, Heidelberg 1936, in: DA 1 (1937), S. 565.

1938 Studien zur Briefliteratur Deutschlands im XI. Jahrhundert (Schriften des Reichsinstituts für ältere deutsche Geschichtskunde [MGh] 1), Leipzig 1938 (Nachdruck Stuttgart 1952, 1962). Gregor VII. und Berengar von Tours, in: QFIAB 28 (1937–38), S. 48–74. Der ungesalbte König, in: DA 2 (1938), S. 311–340 (Nachdruck 1968). O papado e Portugal no primeiro século da história portuguesa, in: Ocidente I 1–3, Lisboa 1938. Rezensionen: Ludwig Ott, Untersuchungen zur theologischen Briefliteratur der Frühscholastik mit besonderer Berücksichtigung des Viktorinerkreises, Münster 1937, in: DA 2 (1938), S. 235. – Die Briefe Johanns von Neumarkt, hg. von Paul Piur, Berlin 1937, in: DA 2 (1938), S. 238 f. – Ursula Schwerin, Die Aufrufe der Päpste zur Befreiung des heiligen Landes von den Anfängen bis zum Ausgang Innocenz’ IV., Berlin 1937, in: DA 2 (1938), S. 285–287. – Gerhard Kallen, Der Investiturstreit als Kampf zwischen germanischem und romanischem

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428 ANHANG Denken, Köln 1937, in: DA 2 (1938), S. 591 f. – Gotthard Fliegner, Geistliches und weltliches Rittertum im Rolandslied des Pfaffen Konrad, Breslau 1937, in: DA 2 (1938), S. 594 f. Anzeigen: Franz Haug, Zur Echtheitsfrage der drei Papstbriefe der hl. Hildegard von Bingen (StMGBO 52 [1934], S. 199–203), in: DA 2 (1938), S. 228. – Claude Barlow, An Unpublished Dedicatory Poem by Lambert of Moyenmoutier (Rev. Bén. 49 [1937], S. 196–199), in: DA 2 (1938), S. 234 f. – André Wilmart, Un exemplaire des coutumes d’Hirsauge accompagné d’un catalogue de livres (Rev. Bén. 49 [1937], S. 90–96), in: DA 2 (1938), S. 235. – Paul Schöffel, Zur Geschichte Bischof Heinrichs II. von Würzburg (1159–1165) (ZBLG 10 [1937], S. 117–124), in: DA 2 (1938), S. 236. – Walter Goetz, Die Enzyklopädien des 13. Jahrhunderts (Zs. f. dt. Geistesgeschichte 2 [1936], S. 227–250), in: DA 2 (1938), S. 236 f. – C. Erdmann, Fabulae curiales. Neues zum Spielmannsgesang und zum Ezzo-Liede (ZfdA 73 [1936], S. 87–98), in: DA 2 (1938), S. 282 f. (Selbstanzeige). – Eugen Söhngen, Die Bestätigung der deutschen Königswahl durch Papst Gregor VII. unter besonderer Berücksichtigung seines Registers und seiner Briefe, Diss. Münster 1936, in: DA 2 (1938), S. 285. – Ulrich Stutz, Papst Alexander III. gegen die Freiung langobardischer Eigenkirchen, Berlin 1936, in: DA 2 (1938), S. 289. – Edelgard von Strube, Innocenz’ III. politische Korrespondenz und die religiöse Weltherrschaftsidee der Kurie, Diss. Berlin, Libau 1936, in: DA 2 (1938), S. 290. – Helmut Schröder, Die Protokollbücher der päpstlichen Kammerkleriker 1329–1347 (AKG 27 [1937], S. 121–286), in: DA 2 (1938), S. 547 f. – Heinrich Otto, Briefe päpstlicher Beamten aus der Zeit Johannes XXII. und Benedikts XII. (ZKiG 56 [1937], S. 314–337), in: DA 2 (1938), S. 548. – Jeanne Vielliard / Robert Avezou, Lettres originales de Charles VI conservées aux Archives de la couronne d’Aragon à Barcelone (BECh 97 [1936], S. 317–373), in: DA 2 (1938), S. 549. – Hermann Schreibmüller, Der Trifels als Reichsburg (Völkische Wissenschaft 3 [1937], S. 242–276), in: DA 2 (1938), S. 592 f. – Jules Viard, Les projets de croisade de Philippe VI de Valois (BECh 97 [1936], S. 305–316), in: DA 2 (1938), S. 614.

1939 Zu den Sekretregistern Johanns XXII., in: QFIAB 29 (1938–39), S. 233–248. Biographische Einleitung, in: Anton Chroust, Aufsätze und Vorträge zur fränkischen, deutschen und allgemeinen Geschichte, Leipzig 1939, S. V–VIII. Untersuchungen zu den Briefen Heinrichs IV., in: Archiv für Urkundenforschung 16 (1939), S. 184–253. C. E. / Dietrich von Gladiss, Gottschalk von Aachen im Dienste Heinrichs IV., in: DA 3 (1939), S. 115–174. Erich Kittel / Helmut Beumann / C. E., Das Briefsiegel Heinrichs von Glinde, in: DA 3 (1939), S. 413–429. Rezensionen: Albert Brackmann, Kaiser Otto III. und die staatliche Umgestaltung Polens und Ungarns, Berlin 1939, in: HZ 160 (1939), S. 567–569. – Abiah Elisabeth Reuter, Chancelarias Medievais Portuguesas, Bd. 1: Documentos de Chancelaria de Afonso Henriques, Coimbra 1938, in: DA 3 (1939), S. 248 f. – Ruy de Azevedo, Estudos de diplomatica portuguesa, Bd. 1: Documentos falsos de Santa Cruz de Coimbra, Lissabon 1935; Bd. 2: A chancelaria régia portuguesa nos séculos XII e XIII, Parte 1: Diplomas de D. Afonso Henriques, Coimbra 1938 (Sonderdruck), in: DA 3 (1939), S. 249 f. – Bernhard Schmeidler, Abt Ellinger von Tegernsee 1017–1026 und 1031–1041. Untersuchungen zu seinen Briefen und Gedichten im Clm. 19412 und zu den ihm zugeschriebenen Handschriften, München 1938, in: DA 3 (1939), S. 261 f. – Othloni libellus proverbiorum, ed. Carolus Korfmacher, Chicago 1938, in: DA 3

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Schriften Carl Erdmanns (1925–2022) 429 (1939), S. 262 f. – Albert Brackmann, Die politische Bedeutung der Mauritius-Verehrung im frühen Mittelalter, Berlin 1937, in: DA 3 (1939), S. 325 f. – D. Mauro Inguanez / H. M. Willard, Alberici Casinensis Flores rhetorici, Montecassino 1938, in: DA 3 (1939), S. 532. Anzeigen: Anton Blaschka, Zum mittellateinischen Stilvergleich (Zs. f. sudetendeutsche Geschichte 2 [1938], S. 168–175), in: DA 3 (1939), S. 256. – Falconer Madan / H. H. E. Craster / N. Denholm-Young, A Summary Catalogue of Western Manuscripts in the Bodleian Library at Oxford, Oxford 1937, in: DA 3 (1939), S. 257. – Ernst Perels, Propagandatechnik im IX. Jahrhundert. Ein Original-Aktenstück für Erzbischof Gunthar von Köln (AUF 15 [1938], S. 423–425), in: DA 3 (1939), S. 260. – Percy Ernst Schramm, Ordines-Studien II: Die Krönung bei den Westfranken und den Franzosen; III: Die Krönung in England (AUF 15 [1938], S. 3–55, 305–391), in: DA 3 (1939), S. 260. – Gottfried Opitz, Über zwei Codices zum Inquisitionsprozeß (QFIAB 28 [1937–38], S. 75–106), in: DA 3 (1939), S. 270 f. – I Necrologi di San Domenico in Camporegio (Epoca Cateriniana), hg. von M.-H. Laurent, Siena 1937, in: DA 3 (1939), S. 271. – Carl Selmer, An Unrecorded Old German Augustinian Rule (The Germanic Review 12 [1937], S. 113–131), in: DA 3 (1939), S. 271. – Pietro Vaccari, Nota sul diritto canonico nei sui rapporti col diritto civile nei secoli XII–XIV (ZRG KA 27 [1938], S. 348–363), in: DA 3 (1939), S. 290 f. – T. S. R. Boase, Recent Developments in Crusading Historiography (History 22 [1937/38], S. 110–125), in: DA 3 (1939), S. 329. – Helene Wieruszowski, La Corte di Pietro d’Aragona e i precedenti dell’impresa siciliana I (Archivio stor. Italiano 96 [1938], S. 141–162), in: DA 3 (1939), S. 343 f. – Ernst Robert Curtius, Zur Literarästhetik des Mittelalters 1–3 (Zs. für roman. Philol. 58 [1938], S. 1–50, 129–232, 433–498), in: DA 3 (1939), S. 526 f. – Karl Pivec, Stil- und Sprachentwicklung in mittellateinischen Briefen vom 8.–12. Jahrhundert (MÖIG, Erg.bd. 14 [1939], S. 33–51), in: DA 3 (1939), S. 530 f. – C. Erdmann, Studien zur Briefliteratur im 11. Jahrhundert, Leipzig 1938, in: DA 3 (1939), S. 531 (Selbstanzeige). – Th. Klauser, Der Codex S. Marcellini in Ancona (Rev. Bén. 50 [1938], S. 309–323), in: DA 3 (1939), S. 536. – Eduard Eichmann, Von der Kaisergewandung des Mittelalters (Hist. Jb. 58 [1938], S. 268–304), in: DA 3 (1939), S. 545 f. – Claudio Sánchez-Albornoz, La caballeria visigoda (Wirtschaft und Kultur [Dopsch-Festschrift] 1938, S. 92–108), in: DA 3 (1939), S. 566. – Olavi Castrén, Bernhard von Clairvaux. Zur Typologie des mittelalterlichen Menschen, Lund 1938, in: DA 3 (1939), S. 578. – Alfonso Gallo, Aversa normanna, Neapel 1938, in: DA 3 (1939), S. 580. – Lynn Townsend White, Latin Monasticism in Norman Sicily, Cambridge / Mass. 1938, in: DA 3 (1939), S. 580.

1940 Signum Hecilonis episcopi, in: Historisches Jb. 60 (1940), S. 441–451. Briefsammlungen, in: Wilhelm Wattenbach / Robert Holtzmann, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter. Deutsche Kaiserzeit, Bd. 1, H. 3, Berlin 1940, S. 415–442 (Nachdruck 1967). Die Annahme des Königstitels durch Alfons I. von Portugal, in: Congresso do Mundo Português. Publicações, [Lisboa] 1940, Bd. 2: Memórias e comunicações apresentadas ao Congresso de História Medieval (II Congresso), S. 37–53; Übersetzung (João da Providência Costa): A adopção do título de Rei por D. Afonso Henriques, ebd., S. 55–72; auch gesondert: De como D. Afonso Henriques assumiu o título de rei, Coimbra 1940.

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430 ANHANG Beiträge zur Geschichte Heinrichs I.: I. Der Königshof Bodfeld, II. Die Quedlinburger Heinrichlegende, III. Zur Frage der »Kanzlei Heinrichs I., in: Sachsen und Anhalt 16 (1940), S. 77–106 (Nachdruck 1968). Maurício Burdino: Gregorio VIII (Publicacões do Instituto Alemão da Universidade de Coimbra), Coimbra 1940 (port. Übersetzung von Aufsatz 1927). A idea de cruzada em Portugal, Coimbra 1940 (port. Übersetzung von Aufsatz 1930, übersetzt von Arménio Ferreira Pinto Carvalho). Rezension: The Letters of Arnulf of Lisieux, ed. by. Frank Barlow, London 1939, in: HZ 161 (1940), S. 634 f.

1941 Das Grab Heinrichs I., in: DA 4 (1941), S. 76–97 (Nachdruck 1968). Konrad II. und Heinrich III. in der Ecbasis Captivi, in: DA 4 (1941), S. 382–393. Zum Fürstentag von Tribur, in: DA 4 (1941), S. 486–495 (Nachdruck 1969). Leonitas. Zur mittelalterlichen Lehre von Kursus, Rhythmus und Reim, in: Corona quernea. Festgabe Karl Strecker zum 80. Geburtstage dargebracht (Schriften des Reichsinstituts für ältere deutsche Geschichtskunde [MGh] 6), Leipzig 1941, S. 15–28. Nachwort zu Hans Walther, Ein Michaels-Hymnus vom Mont-St. Michel, ebd., S. 263–265. Die Entstehungszeiten des »Waltharius« und der »Ecbasis Captivi«, in: Forschungen und Fortschritte 17 (1941), S. 169–171. Erklärung, in: HZ 163 (1941), S. 672 f. Rezensionen: Regesten der Bischöfe und des Domkapitels von Bamberg, bearb. von Erich von Guttenberg, Lief. 2, München 1939, in: DA 4 (1941), S. 527 f. – Peter Vogel, Nikolaus von Calvi und seine Lebensbeschreibung des Papstes Innozenz IV., Diss. Münster 1939, in: DA 4 (1941), S. 543 f. – Monumenta Palaeographica. Denkmäler der Schreibkunst des Mittelalters, hg. von Anton Chroust, III 20–21, Leipzig 1939/40, in: DA 4 (1941), S. 548 f. – Wilhelm M. Peitz, Liber Diurnus, Fides Romana, Bd. 1: Das vorephesinische Symbol der Papstkanzlei, Rom 1939, in: Hist. Jb. 61 (1941), S. 443–445. Anzeigen: Otto Lehmann-Brockhaus, Schriftquellen zur Kunstgeschichte des 11. und 12. Jahrhunderts für Deutschland, Lothringen und Italien, Berlin 1938, in: DA 4 (1941), S. 237 f. – C. Erdmann, Untersuchungen zu den Briefen Heinrichs IV. (Archiv für Urkundenforschung 16 [1939], S. 184–253), in: DA 4 (1941), S. 243 (Selbstanzeige). – Klaus J. Heinisch, Ein Brief Gregors IX. an die hl. Elisabeth (Franziskan. Studien 25 [1938], S. 379–382, in: DA 4 (1941), S. 243. – H. Moranvillé, Lettres privées adressées à un trésorier de France au XIVe siècle (BECh 99 [1938], S. 297–312), in: DA 4 (1941), S. 252. – Percy Ernst Schramm, Nachträge zu den Ordines-Studien 2–3 (AUF 16 [1939], S. 279–286), in: DA 4 (1941), S. 253. – Jean Mallon, Remarques sur les diverses formes de la lettre B dans l’écriture latine (BECh 99 [1938], S. 229–242), in: DA 4 (1941), S. 257. – Otfried Neubecker, Fahnen und Flaggen, Leipzig 1939, in: DA 4 (1941), S. 258 f. – G. A. Campbell, Die Tempelritter. Aufstieg und Verfall, Stuttgart 1939, in: DA 4 (1941), S. 274 f. – Achim Kreffting, St. Michael und St. Georg in ihren geistesgeschichtlichen Beziehungen, Jena o. J., in: DA 4 (1941), S. 276 f. – Gian Piero Bognetti, Arimannie e guariganghe (Wirtschaft und Kultur [Dopsch-Festschrift], Baden 1938, S. 109–134), in: DA 4 (1941), S. 308. – Rudolf Köster, Karl der Große als politische Gestalt in der Dichtung des deutschen Mittelalters, Hamburg 1939, in: DA 4 (1941), S. 310 f. – Augustin Fliche, Les origines de l’action de la papauté en vue de

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Schriften Carl Erdmanns (1925–2022) 431 la croisade (RHE 34 [1938], S. 765–775), in: DA 4 (1941), S. 317 f. – Luigi Simeoni, Bologna e la politica italiana di Enrico V, (Atti e memorie della R. Deputazione di storia patria per l’Emilia e la Romagna 2 [1937], S. 147–166), in: DA 4 (1941), S. 320. – Pier Silverio Leicht, Note sull’economia friulana al principio del secolo XIII (Wirtschaft und Kultur [DopschFestschrift], Baden 1938, S. 394–409), in: DA 4 (1941), S. 328. – Gino Franceschini, Gian Galeazzo Visconti arbitro di pace fra Montefeltro e Malatesta 1384–1388 (Arch. Stor. Lombardo NS 3 [1938–39], S. 291–325), in: DA 4 (1941), S. 335. – Leo Weiss, Schweizer Einflüsse auf die Monumenta Germaniae historica (Zs. f. Schweizer. Gesch. 19 [1939], S. 298–305), in: DA 4 (1941), S. 519. – L. H. Cottineau, Répertoire topo-bibliographique des abbayes et prieurés, Macon 1939, in: DA 4 (1941), S. 520. – Dietrich von Gladiss, Die Kanzlei und die Urkunden Heinrichs IV., Gießen 1938, in: DA 4 (1941), S. 523. – Dietrich von Gladiss, Die Urkunde König Heinrichs IV. für Hirsau (ZWLG 3 [1939], S. 57–62), in: DA 4 (1941), S. 524 f. – R. Bonnaud, Une bulle d’Alexandre III en faveur de la paix (1170 (Annales du Midi 51 [1939], S. 68–86), in: DA 4 (1941), S. 525. – Carl Erdmann, Zu den Sekretregistern Johanns XXII. (QFIAB 29 [1938–39], S. 233–248), in: DA 4 (1941), S. 525 (Selbstanzeige). – Friedrich Bock, Über Registrierung von Sekretbriefen (QFIAB 29 [1938–39], S. 41–88), in: DA 4 (1941), S. 525 f. – Pompeo Falcone, Il valore documentario della storia dell’Ordine Gerosolimitano di Giacomo Bosio (Arch. Stor. di Malta 10), in: DA 4 (1941), S. 532. – Mittelalterliche Bibliothekskataloge Deutschlands und der Schweiz, Bd. 3, 3, bearb. von Paul Ruf, München 1939, in: DA 4 (1941), S. 532 f. – Amédée Dermul, Catalogue des manuscrits de la Bibliothèque de la ville d’Anvers, Gembloux 1939, in: DA 4 (1941), S. 533. – Germain Morin, Castor et Polychronius, un épisode peu connu de l’historie ecclésiastique des Gaules (Rev. bén. 51 [1939], S. 31–36), in: DA 4 (1941), S. 533. – Dag Norberg, In Registrum Gregorii Magni studia critica, Uppsala 1937, in: DA 4 (1941), S. 533 f. – Leo Santifaller, Zur Liber-Diurnus-Forschung (HZ 161 [1940], S. 532–538), in: DA 4 (1941), S. 534. – Ernst Perels, Die Baseler Hinkmar-Handschrift (Zs. f. Schweizer. Gesch. 19 [1939], S. 38–53), in: DA 4 (1941), S. 534 f. – André Wilmart, Le règlement ecclésiastique de Berne (Rev. bén. 51 [1939], S. 37–52), in: DA 4 (1941), S. 535. – P. L. Ward, The Coronation Ceremony in Mediaeval England (Speculum 14 [1939], S. 160–178), in: DA 4 (1941), S. 535 f. – Anton Michel, Das Papstwahlpactum von 1059 (Hist. Jb. 59 [1939], S. 291–351), in: DA 4 (1941), S. 536 f. – Marlies Dittrich, Sechzehn lateinische Gedichte Willirams von Ebersberg (ZfdA 76 [1939], S. 45–63), in: DA 4 (1941), S. 537. – Francis Bar, Les épîtres latines de Raoul le Tourtier, Paris 1937, in: DA 4 (1941), S. 538. – André Wilmart, Le poème apologétique de Pierre le Vénérable et les poèmes connexes (Rev. bén. 51 [1939], S. 53–69), in: DA 4 (1941), S. 538. – The Letters of Arnulf of Lisieux, ed. by Frank Barlow, London 1939, in: DA 4 (1941), S. 539. – Walther Bulst, Studien zu Marbods Carmina varia und Liber decem capitulorum, Göttingen 1939, in: DA 4 (1941), S. 539. – André Wilmart, Un nouveau poème de Marbode. Hildebert et Rivallon (Rev. bén. 51 [1939], S. 169–181), in: DA 4 (1941), S. 540. – Hiltgart L. Keller, Maulbronner Briefe aus dem 12. Jahrhundert (ZWLG 3 [1939], S. 63–73), in: DA 4 (1941), S. 540. – Bernhard Schmeidler, Eine neue Fassung der Beschlüsse des Generalkapitels des Zisterzienserordens vom Jahre 1275 (StMGBO 57 [1939], S. 55–68), in: DA 4 (1941), S. 544. – Bruno Lehmann, Die Nachrichten des Niketas Choniates, Georgios Akropolites und Pachymeres über die Selcuqen in der Zeit von 1180 bis 1280 n. Chr., Diss. Leipzig 1939, in: DA 4 (1941), S. 544. – Bernhard Bischoff, Ein wiedergefundener Papyrus und die ältesten Handschriften der Schule von Tours (AKG 29 [1939], S. 25–38), in: DA 4 (1941), S. 548. – Leo Santifaller, Die Abkürzungen in den ältesten Papsturkunden (788–1002), Weimar 1939, in: DA 4 (1941), S. 548. – Erich Kittel,

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432 ANHANG Das altfreie Geschlecht der von Glinde; Helmut Beumann, Ein Briefsiegel aus dem 12. Jahrhundert (Sachsen und Anhalt 15 [1939], S. 168–175, 176–181), in: DA 4 (1941), S. 552. – Friedrich M. Illert, Die Reichsbedeutung der Stadt Worms (Der Wormsgau 2 [1939], S. 197–220), in: DA 4 (1941), S. 569. – Pierre Courcelle, Le site du monastère de Cassiodore (Mélanges d’archéologie et d’histoire 55 [1938], S. 259–307), in: DA 4 (1941), S. 582 f. – Erwin Rundnagel, Der Ursprung der gegenwärtigen Beurteilung Widukinds und Karls des Großen (HZ 160 [1939], S. 90–103), in: DA 4 (1941), S. 585. – Louis Halphen, L’idée d’État sous les Carolingiens (Rev. histor. 185 [1939], S. 59–70), in: DA 4 (1941), S. 585. – Eduard Eichmann, Die Krönungsservitien des Kaisers (ZRG KA 28 [1939], S. 1–47), in: DA 4 (1941), S. 589. – Erich Sander, Die Heeresorganisation Heinrichs I. (Hist. Jb. 59 [1939], S. 1–26), in: DA 4 (1941), S. 590 f. – Heinrich Günter, Kaiser Heinrich II. und Bamberg (Hist. Jb. 59 [1939], S. 273–290), in: DA 4 (1941), S. 593. – Otto Meyer, Reims und Rom unter Gregor VII. (ZRG KA 28 [1939], S. 418–452), in: DA 4 (1941), S. 593. – Karl Jordan, Die Entstehung der Römischen Kurie (ZRG KA 28 [1939], S. 97–152), in: DA 4 (1941), S. 594. – Heinrich Büttner, Egino von Urach-Freiburg, der Erbe der Zähringer, Ahnherr des Hauses Fürstenberg, Donaueschingen 1939, in: DA 4 (1941), S. 599. – Heinrich Otto, Aus der Frühzeit des Mainzer Doms (Hist. Jb. 59 [1939], S. 432–443), in: DA 4 (1941), S. 601. – Marianna Schrader, Zur Heimat- und Familiengeschichte der hl. Hildegard (StMGBO 57 [1939], S. 117–133), in: DA 4 (1941), S. 601. – Paul Lehmann, Magister Swebelinus (Hist. Jb. 59 [1939], S. 142), in: DA 4 (1941), S. 604.

1942 Rezensionen: J. de Ghellinck, Littérature latine au moyen âge, 1–2, Paris 1939, in: DA 5 (1942), S. 526 f. – Corona quernea. Festgabe Karl Strecker, Leipzig 1941, in: DA 5 (1942), S. 527–529. – Karl Heinrich Schäfer, Das Rätsel des Mainzer Rades, Görlitz 1941, in: DA 5 (1942), S. 539 f. – Albert Brackmann, Gesammelte Aufsätze, Weimar 1941, in: DA 5 (1942), S. 541 f. – Kurt Lindner, Geschichte des deutschen Waidwerks, 1–2, Berlin 1937/40, in: DA 5 (1942), S. 552 f. – Hermann Goern / Hermann Wäscher / Walther Grosse, Die Lauenburg im Ostharz, Querfurt 1940, in: DA 5 (1942), S. 585 f. Anzeigen: Charles Samaran, La »Bibliothèque de l’École des Chartes« depuis un siècle (BECh 100 [1939], S. 257–280), in: DA 5 (1942), S. 192. – Cesare Manaresi, In margine ai placiti del Regnum Italiae I (Bullettino dell’Istituto storico italiano per il medio evo e Archivio Muratoriano 54 [1939], S. 329–354), in: DA 5 (1942), S. 193 f. – Maurice Jusselin, Questions tironiennes, à propos des »Diplomata Karolinorum« (BECh 100 [1939], S. 5–7), in: DA 5 (1942), S. 194. – C. Erdmann, Signum Hecilonis episcopi (Hist. Jb. 60 [1940], S. 441–451), in: DA 5 (1942), S. 194 f. (Selbstanzeige). – Heinrich von Fichtenau, Bamberg, Würzburg und die Stauferkanzlei (MÖIG 53 [1939], S. 241–285), in: DA 5 (1942), S. 195. – Karl H. Lampe, Deutschordenskopiare (Zs. d. Ver. f. thüring. Geschichte NF 34 [1940], S. 77–94), in: DA 5 (1942), S. 198. – H. Bellée, Urkundenregesten zur Geschichte der Stadt Posen (Dt. Wiss. Zs. im Wartheland 1 [1940], S. 1–40), in: DA 5 (1942), S. 199. – Rocco Briscese, Le pergamene della cattedrale di Venosa (Arch. Stor. per la Calabria e la Lucania 10 [1940], S. 19–40, 113–123, 235–246, 325–340), in: DA 5 (1942), S. 200. – 126 chartes d’Abbecourt, publ. par l’Abbé Lefèvre, Tongerloo 1939, in: DA 5 (1942), S. 201. – Édouard Poncelet, Note sur le »Liber chartarum« de l’église collégiale de St. Pierre à Liège (Bulletin de la Commission Royale d’histoire 104 [1939], S. 1–13), in: DA 5 (1942), S. 201. – Arthur Allgeier, Die Litaniae Carolinae und der Psalter von Montpellier (Festschrift Eichmann, 1940, S. 245–262), in: DA

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Schriften Carl Erdmanns (1925–2022) 433 5 (1942), S. 207. – Walther von Wartburg, The Localization of the Capitulare de villis (Speculum 15 [1940], S. 86–91), in: DA 5 (1942), S. 208. – Ferdinand Lot, Étude sur le recueil des lettres de Gerbert (BECh 100 [1939], S. 8–62), in: DA 5 (1942), S. 210. – Franz Pelster, Aus der Frühzeit deutscher Scholastik und deutscher Frömmigkeit. Mitteilungen aus einer Paderborner Handschrift, Cod. Vat. Pal. 482 (Scholastik 15 [1940], S. 534–559), in: DA 5 (1942), S. 211. – André Wilmart, Deux lettres concernant Raoul le Verd, l’ami de Saint Bruno (Rev. bén. 51 [1939], S. 257–274), in: DA 5 (1942), S. 212. – Paolo Brezzi, Ottone di Frisinga (Bullettino dell’Istituto storico italiano per il medio evo e Archivio Muratoriano 54 [1939], S. 129–328), in: DA 5 (1942), S. 214. – Franz Gillmann, Tankreds oder Laurentius Hispanus’ früherer Apparat zur Compilatio III in der Staatlichen Bibliothek zu Bamberg? (Archiv f. kathol. Kirchenrecht 120 [1940], S. 201–224), in: DA 5 (1942), S. 219. – Gustavo Vinay, Egidio Romano e la cosidetta »Questio in utramque partem« (Bullettino dell’Istituto storico italiano per il medio evo e Archivio Muratoriano 54 [1939], S. 41–136), in: DA 5 (1942), S. 220. – Manfred Krebs, Die Nekrologfragmente des Chorherrenstiftes Oelenberg (ZGO 92 [1940], S. 241–255), in: DA 5 (1942), S. 225. – Ernst Kornemann, Adler und Doppeladler im Wappen des alten Reiches (Das Reich. Festschrift J. Haller, 1940, S. 45–69), in: DA 5 (1942), S. 227 f. – Fritz Ernst, Zum Verhältnis von politischer und völkischer Einheit (Das Reich. Festschrift J. Haller, 1940, S. 203–216), in: DA 5 (1942), S. 237. – Max Buchner, Aus der Vergangenheit der deutschen Reichsinsignien; Die Heilige Lanze; Die Investitur des Königs und die Übergabe der Insignien als Rechtsakt; Die Krönungsgeschichte als Spiegel der Reichsverfassung; Der Kronschatz Heinrichs VI.; Die Schicksalswende der deutschen Geschichte im Mittelalter; Reims und St. Denis in der Verfassungsentwicklung des mittelalterlichen Frankreich (Gelbe Hefte 16 [1940], S. 208–215, 246–251, 329–339; 17 [1941], S. 14–22, 41–44, 65–70, 134–146), in: DA 5 (1942), S. 237 f. – Heinrich Büttner, Vogesen und Schwarzwald, ein Vergleich ihrer historischen Entwicklung im Früh- und Hochmittelalter (Dt. Archiv für Landes- und Volksforschung 3 [1939], S. 677– 685), in: DA 5 (1942), S. 249. – Carlo Calisse, Longobardi e monaci in territorio romano (Archivio della R. Deputazione romana di storia patria 62 [1939], S. 355–368), in: DA 5 (1942), S. 268. – Giovanni Antonucci, Agiografia e diplomatica (Archivio stor. per la Calabria e la Lucania 10 [1940], S. 89–98), in: DA 5 (1942), S. 268. – R. Post, S. Willibrord in Nord en Zuid (Nederlandsche Historiebladen 3 [1940], S. 1–14), in: DA 5 (1942), S. 277. – Robert Holtzmann, Die Italienpolitik der Merowinger und des Königs Pippin (Das Reich. Festschrift J. Haller, 1940, S. 95–132), in: DA 5 (1942), S. 277. – Alfons Dopsch, Der Reichsgedanke zur Zeit der Karolinger (Das Reich. Festschrift J. Haller, 1940, S. 133–144), in: DA 5 (1942), S. 278. – Ph. Grierson, The Translation of the Relics of St. Amalberga to St. Peter’s of Ghent (Rev. Bén. 51 [1939], S. 292–315), in: DA 5 (1942), S. 279. – Marcel Garaud, L’Aquitaine carolingienne (778–987) et l’histoire du Poitou (Rev. hist. 186 [1939], S. 78–84), in: DA 5 (1942), S. 279. – Justus Hashagen, Spätkarolingische Staats- und Soziallehren (Dt. Vierteljahresschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte 17 [1939], S. 301–311), in: DA 5 (1942), S. 279 f. – Theodor Rensing, Pfarrsystem und Westwerk in Corvey (Westfalen 25 [1940], S. 51–58), in: DA 5 (1942), S. 282. – Walter Grosse, Das Kloster Wendhausen, sein Stiftergeschlecht und seine Klausnerin (Sachsen und Anhalt 16 [1940], S. 45–76), in: DA 5 (1942), S. 282 f. – Paul Grimm, Burgen des 9. Jahrhunderts westlich der Saale, ein Beitrag zur Frage der Befestigungssysteme (Mannus 32 [1940], S. 286–297), in: DA 5 (1942), S. 284. – Heinrich Dannenbauer, Politik und Wirtschaft in altdeutscher Kaiserzeit (Das Reich. Festschrift J. Haller, 1940, S. 174–202), in: DA 5 (1942), S. 291. – C. Erdmann, Beiträge zur Geschichte Heinrichs I.: I. Der Königshof Bodfeld, II. Die Quedlinburger Heinrichlegende,

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434 ANHANG III. Zur Frage der »Kanzlei Heinrichs I. (Sachsen und Anhalt 16 [1940], S. 77–106), in: DA 5 (1942), S. 291 f. (Selbstanzeige). – Gerhard Lukas, Die deutsche Politik gegen die Elbslawen vom Jahre 982 bis zum Ende der Polenkriege Heinrichs II., Diss. Halle 1940, in: DA 5 (1942), S. 292. – Albert Lang, Rhetorische Einflüsse auf die behandlung des Prozesses in der Kanonistik des 12. Jahrhunderts (Festschrift Eichmann, 1940, S. 69–97), in: DA 5 (1942), S. 296. – Alexander Cartellieri, Landgraf Ludwig III. von Thüringen und der Kreuzzug (Zs. d. Ver. f. Thüring. Geschichte und Altertumskunde 34 [1940], S. 42–64), in: DA 5 (1942), S. 297 f. – Eberhard Pfeiffer, Die Cistercienser und der Kreuzzugsgedanke in den Jahren 1192–1197 (Cistercienser-Chronik 51 [1939], S. 1–6), in: DA 5 (1942), S. 298. – Ursula Lewald, Domkapitel und Custodie in Arezzo (Studi in onore di Carlo Calisse, Mailand 1940, 2, S. 447–482), in: DA 5 (1942), S. 301 f. – Giorgio Cencetti, Sulle origini dello studio di Bologna (Riv. stor. italiana VI 5 [1940], S. 248–258), in: DA 5 (1942), S. 302. – C. Erdmann, Die Annahme des Königstitels durch Alfons I. von Portugal (Congresso do Mundo Português, 1940, 2, S. 37–72), in: DA 5 (1942), S. 303 (Selbstanzeige). – Asztrik Gabriel, Les Hongrois et la Sorbonne Médiévale (Nouvelle Revue de Hongrie, Budapest 1940), in: DA 5 (1942), S. 318. – Ferdinand Lot, Textes manceaux et fausses décrétales I (BECh 101 [1940], S. 5–48), in: DA 5 (1942), S. 516. – Karl Jordan, Das »Testament« Heinrichs des Löwen und andere Dictamina auf seinen Namen (Festgabe K. Strecker, 1941, S. 367–376), in: DA 5 (1942), S. 520. – Helmut Beumann, St. Burchardi in Wollingerode, eine Eigenkirche des Klosters Ilsenburg (Sachsen und Anhalt 16 [1940], S. 120–130), in: DA 5 (1942), S. 521. – Walther Bulst, Susceptacula regum. Zur Kunde deutscher Rechtsaltertümer (Corona quernea. Festgabe Karl Strecker, Leipzig 1941, S. 97–135), in: DA 5 (1942), S. 530 f. – Karl Langosch, Der Verfasser des Waltharius (ZfdPh 65 [1941], S. 117–142), in: DA 5 (1942), S. 531. – Bernhard Bischoff, Caesar, tantus eras (Corona quernea. Festgabe Karl Strecker, Leipzig 1941, S. 247–253), in: DA 5 (1942), S. 531 f. – Gerwin Roethe, Zu einer neuen Morena-Handschrift (Corona quernea. Festgabe Karl Strecker, Leipzig 1941, S. 331–334), in: DA 5 (1942), S. 532. – Walther Holtzmann, Die Register Papst Alexanders III. in den Händen der Kanonisten (QFIAB 30 [1940], S. 13–87), in: DA 5 (1942), S. 533. – Ferdinand Güterbock, Il diario di Tageno e altre fonti della terza crociata (Bullettino dell’Istituto storico italiano per il medio evo e Archivio Muratoriano 55 [1940], S. 223–275), in: DA 5 (1942), S. 533 f. – P. A. Meilink, Het zoogenaamde Necrologium van Beka (Tijdschrift voor Geschiedenis 55 [1940], S. 278–284), in: DA 5 (1942), S. 537. – Leslie Webber Jones, The Script of Tours in the Tenth Century; The Art of Writing at Tours from 1000 to 1200 A. D. (Speculum 14 [1939], S. 179–198; 15 [1940], S. 286–298), in: DA 5 (1942), S. 538. – Bernhard Bischoff, Ostertagtexte und Intervalltafeln (Hist. Jb. 60 [1940], S. 549–580), in: DA 5 (1942), S. 538. – Ernst von der Oelsnitz, Banderia Prutenorum (Altpreuß. Forschungen 17 [1940], S. 161–188), in: DA 5 (1942), S. 540. – Karl Sichart, Das Rätsel der Jodutenberge (Brem. Jb. 39 [1940], S. 1–10, in: DA 5 (1942), S. 562. – Leo Weisgerber, Theudisk. Der deutsche Volksname und die westliche Sprachgrenze, Marburg 1940, in: DA 5 (1942), S. 576 f. – Hennig Brinkmann, Theodiscus. Ein Beitrag zur Frühgeschichte des Namens »Deutsch« (Altdeutsches Wort und Wortkunstwerk, Halle 1941, S. 20–45), in: DA 5 (1942), S. 577. – Germain Morin, St. Pirmin en Brabant, thèse invraisemblable (RHE 36 [1940], S. 8–18), in: DA 5 (1942), S. 577 f. – Konrad Lübeck, Zur Missionierung des nördlichen Harzgebietes (Zs. d. Harzver. f. Gesch. und Alt. 73 [1940], S. 32–56), in: DA 5 (1942), S. 579. – Aldo Bassetti, I Longobardi. Appunti per la storia del Ticino durante l’età barbarica (Zs. F. Schweizer. Gesch. 20 [1940], S. 66–97), in: DA 5 (1942), S. 579. – Hans-Walter Klewitz, Die Festkrönungen der deutschen Könige (ZRG KA 28 [1939], S. 48–96), in: DA 5 (1942), S. 579 f. – Hans-Walter Klewitz, Die

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Schriften Carl Erdmanns (1925–2022) 435 Krönung des Papstes (ZRG KA 30 [1941], S. 96–130), in: DA 5 (1942), S. 582. – Giovanni Battista Borino, Chi è il marchese Petronus della lettera di Gregorio VII alla contessa Matilde in data 3 marzo 1079? (Archivio della R. Deputazione Romana 63 [1940], S. 113–127), in: DA 5 (1942), S. 582. – J. L. La Monte, Some Problems in Crusading Historiography (Speculum 15 [1940], S. 57–75), in: DA 5 (1942), S. 583. – Paolo Brezzi, Lo scisma inter regnum et sacerdotium al tempo di Federico Barbarossa (Archivio della R. Deputazione Romana 63 [1940], S. 1–98), in: DA 5 (1942), S. 584 f. – Wolfgang Hagemann, Fabriano im Kampf zwischen Kaisertum und Papsttum bis 1272, 1 (QFIAB 30 [1940], S. 88–136), in: DA 5 (1942), S. 585. – Walther Grosse, Das Schicksal des Werlaer Reichsguts (Zs. d. Harzver. f. Gesch. und Alt. 73 [1940], S. 16–31), in: DA 5 (1942), S. 585. – Wilhelm Heupel, Von der staufischen Finanzverwaltung in Kalabrien (Hist. Jb. 60 [1940], S. 478–506), in: DA 5 (1942), S. 586 f. – Richard Konetzke, Die Entstehung des portugiesischen Staates (Ibero-amerikanisches Archiv 14 [1940], S. 16–28), in: DA 5 (1942), S. 587. – Giovanni Cecchini, L’itinerario di Arrigo VII, da S. Salvi presso Firenze a Buonconvento (Archivio storico italiano 98 [1940], S. 76–82), in: DA 5 (1942), S. 589. – Fabio Cusin, Rodolfo IV d’Absburgo, la Curia Avignonese e la politica italiana nel 1363–1365 (Archivio storico italiano 98 [1940], S. 68–75, 107–136), in: DA 5 (1942), S. 590. – Giuseppe Martini, Per la storia dei pontificati di Niccolo IV e Bonifacio VIII (Riv. stor. ital. 58 [1941], S. 3–41), in: DA 5 (1942), S. 595 f.

1943 Beiträge zur Geschichte Heinrichs I.: IV. Burg und Kirche zu Quedlinburg, V. Der Beiname »Vogler«, VI. Die Halskette Hattos von Mainz, in: Sachsen und Anhalt 17 (1941/43), S. 14–61 (Nachdruck 1968). Die Burgenordnung Heinrichs I., in: DA 6 (1943), S. 59–101 (Nachdruck 1968). Das ottonische Reich als Imperium Romanum, in: DA 6 (1943), S. 412–441 (Nachdruck 1968). Um falso documento pontifício de Coimbra, in: Revista Portuguesa de Historia 2 (1943), S. 293–303. Hans-Walter Klewitz †, in: DA 6 (1943), S. 664–666. Rezensionen: Documenti relativi alla storia di Venezia anteriori al mille, ed. Roberto Cessi, Bd.1, Padova 1940, in: DA 6 (1943), S. 253 f. – Documentos Medievais Portugueses. Documentos particulares 3, Lissabon 1940, in: DA 6 (1943), S. 254. – Ernst Korsch, Die verschiedenen Fassungen in dem Werk des Bischofs Otto von Freising über die Taten Kaiser Friedrichs I., Diss. Berlin 1941, in: DA 6 (1943), S. 568 f. – Eugen Lerch, Das Wort »Deutsch«. Sein Ursprung und seine Geschichte bis auf Goethe, Frankfurt a. M. 1942, in: DA 6 (1943), S. 624 f. Anzeigen: Gottfried Opitz, Die Sekretäre Franciscus de S. Maximo und Johannes de S. Martino. Bemerkungen zur Frühzeit des päpstlichen Sekretariats (QFIAB 30 [1940], S. 189–206), in: DA 6 (1943), S. 248 f. – Paul Zinsmaier, Zur Beurteilung des Diploms Kaiser Heinrichs VI. für das Kloster Kreuzlingen (ZGO 93 [1941], S. 585–598), in: DA 6 (1943), S. 250. – Franz Pelster, Ein Schulbücherverzeichnis aus der Mindener Dombibliothek in der Mitte des 11. Jahrhunderts (Scholastik 16 [1941], S. 534–553, in: DA 6 (1943), S. 255 f. – V. Grumel, Jérusalem entre Rome et Byzance. Une lettre inconnue du patriarche de Constantinople Nicolas III à son collègue de Jérusalem vers 1089 (Échos d’Orient 38 [1939], S. 104–117), in: DA 6 (1943), S. 258. – Eduard Eichmann, Zur Symbolik der Herrscherkrone im Mittelalter (Különlenyomat a Notter Antal Emlékkönyvböl, Budapest ca. 1941, S. 180–207), in: DA 6 (1943), S. 281. – Eugen Lerch, Ist das Wort »Deutsch« in Frankreich entstanden? (Romani-

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436 ANHANG sche Forschungen 56 [1942], S. 144–178), in: DA 6 (1943), S. 304 f. – Eugen Lerch, Der Ursprung des Wortes »Deutsch« (WaG 8 [1942], S. 14–31), in: DA 6 (1943), S. 305. – Albert Brackmann, Widukinds von Korvei Sachsengeschichte und die Chronik Thietmars von Merseburg in neuer Ausgabe und die letzten Forschungen über ihren Quellenwert (Deutsches Archiv für Landes- und Volksforschung 5 [1941], S. 162–175), in: DA 6 (1943), S. 307 f. – Gerhard Sappok, Polens Tributpflicht gegenüber dem Deutschen Reich im 10. Jahrhundert (Deutsches Archiv für Landes- und Volksforschung 5 [1941], S. 260–270), in: DA 6 (1943), S. 308. – Erich Keyser, Die Nordgrenze Polens im 10. Jahrhundert (Deutsches Archiv für Landes- und Volksforschung 5 [1941], S. 271–277), in: DA 6 (1943), S. 308. – Augusto Botelho da Costa Veiga, Ourique Vale de Vez (Anais da Academia Portuguesa da Historia, Ciclo da Fund. da Nac. 1, Lissabon 1940, S. 9–186), in: DA 6 (1943), S. 315. – Franz Taeschner, Der Weg des osmanischen Staates vom Glaubenskämpferbund zum islamischen Weltreich (Welt als Geschichte 6 [1940], S. 206–215), in: DA 6 (1943), S. 324. – Giorgio Cencetti, Giovanni da Ignano, Capitaneus populi et urbis Romae (Archivio della R. Deputazione Romana 63 [1940], S. 145–171), in: DA 6 (1943), S. 324 f. – Giovanni Anto­ nucci, Sull’ordinamento feudale del Principato di Taranto (Archivio stor. per la Calabria e la Lucania 11 [1941], S. 21–40), in: DA 6 (1943), S. 325. – Pier Silverio Leicht, Ultime menzioni delle ordalie e del duello giudiziario in Italia (Festschrift E. Heymann, 1940, S. 95–101), in: DA 6 (1943), S. 325. – Edmund E. Stengel, Karls III. verlorenes Privileg für Amorbach und der italienische Ursprung seiner Fassung (QFIAB 32 [1942], S. 1–12), in: DA 6 (1943), S. 547. – Carmelo Trasselli, Corrado il Salico o Enrico il Santo? (Studi trentini 22 [1941], S. 87–98), in: DA 6 (1943), S. 547. – Giulio Battelli, Una supplica ed una minuta di Nicolò III (QFIAB 32 [1942], S. 33–50), in: DA 6 (1943), S. 551. – Edm. Liénard, Alcuin et les epistolae Senecae et Pauli (Revue belge de phil. et d’histoire 20 [1941], S. 589–598), in: DA 6 (1943), S. 565. – Juan Francisco Rivera, A proposito de una carta de Alcuino recientemente encontrada (Revista Española de Teologia 1 [1940/41], S. 418–433), in: DA 6 (1943), S. 565. – Fritz Weigle, Rather-Fragmente (QFIAB 32 [1942], S. 238–242), in: DA 6 (1943), S. 566. – Franz Pelster, Mitteilungen zur Frühscholastik aus einer Wiener und einer Klosterneuburger Handschrift (Philosoph. Jb. der Görres-Gesellschaft 54 [1941], S. 109–114), in: DA 6 (1943), S. 568. – P. Salmon, Le lectionnaire de Luxueil. Ses origines et l’Église de Langres (Revue Bénédictine 53 [1941], S. 87–107), in: DA 6 (1943), S. 577. – Erich Sander, Deutsche Fahnen in vorheraldischer Zeit (Zs. für histor. Waffen- und Kostümkunde NF 7 [1942], S. 190–200), in: DA 6 (1943), S. 580 f. – Franz Specht, Zu dem Wort Deutsch (ZfdA 78 [1941], S. 133–144), in: DA 6 (1943), S. 624. – Jost Trier, Irminsul (Westfäl. Forschungen 4 [1941], S. 99–133), in: DA 6 (1943), S. 629. – J. O. Plassmann, Der Toten Tatenruhm (Germanien 14 [1942], S. 337–340); ders., Vom germanischen Kaisertitel (ebd., S. 393–400), in: DA 6 (1943), S. 633 f. – Walter Grosse, Alte Straßen um Bodfeld (Zs. d. Harzvereins 74/75 [1941/42], S. 1–25), in: DA 6 (1943), S. 641 f. – Konrad Lübeck, Zur Geschichte des Fuldaer Klostergutes im Harzgebiet (Zs. d. Harzvereins 74/75 [1941/42], S. 31–53), in: DA 6 (1943), S. 642. – Arrigo Solmi, Le scuole del medio evo e l’origine delle Università (Rivista di storia del Diritto italiano 14 [1941], S. 5–24), in: DA 6 (1943), S. 643. – Wolfgang Hagemann, Fabriano im Kampf zwischen Kaisertum und Papsttum bis 1272, Tl. 2 (QFIAB 32 [1942], S. 51–109), in: DA 6 (1943), S. 643 f. – Giovanni Soranzo, Collegati, raccomandati, aderenti negli Stati italiani de secoli XIV e XV (Archivio storico italiano 99 [1941], S. 3–35), in: DA 6 (1943), S. 658 f. – Antonio Panella, La guerra degli Otto Santi e le vicende della legge contro i vescovi (Archivio storico italiano 99 [1941], S. 36–49), in: DA 6 (1943), S. 659.

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Schriften Carl Erdmanns (1925–2022) 437

1944 Der Prozeß Heinrichs des Löwen, in: Theodor Mayer / Konrad Heilig / C. E., Kaisertum und Herzogsgewalt im Zeitalter Friedrichs I. Studien zur politischen und Verfassungsgeschichte des hohen Mittelalters (Schriften des Reichsinstituts für ältere deutsche Geschichtskunde [MGh] 9), Leipzig 1944. Anzeigen: Heinrich Börsting, Zur handschriftlichen Überlieferung der römischen Kurialeide und der angeblichen Professio fidei Bonifaz’ VIII. (Röm. Quartalschrift 47 [1942], S. 183–189), in: DA 7 (1944), S. 290. – Emil Meyer, Die Kathedralschule in Gnesen im Mittelalter (Dt. wiss. Zs. im Wartheland 2 [1941], S. 59–70), in: DA 7 (1944), S. 318. – C. Erdmann, Beiträge zur Geschichte Heinrichs I., IV–VI (Sachsen und Anhalt 17 [1941/43], S. 14–61, in: DA 7 (1944), S. 338 (Selbstanzeige).

1950 Briefsammlungen der Zeit Heinrichs IV., hg. von Carl Erdmann und Norbert Fickermann (MGH. Die Briefe der deutschen Kaiserzeit 5), Weimar 1950 (Nachdrucke München 1977, 1981).

1951 Forschungen zur politischen Ideenwelt des Frühmittelalters. Aus dem Nachlaß des Verfassers hg. von Friedrich Baethgen, Berlin 1951.

1952 Der Entschluß zur deutschen Abfassung des Sachsenspiegels, in: DA 9 (1952), S. 189–192.

1955 Die Entstehung des Kreuzzugsgedankens [1935], Nachdruck Darmstadt 1955 (1965, 1972, 1980).

1963 Der Heidenkrieg in der Liturgie und die Kaiserkrönung Ottos I., in: Helmut Beumann (Hg.), Heidenmission und Kreuzzugsgedanke in der deutschen Ostpolitik des Mittelalters, Darmstadt 1963, S. 47–64 (Nachdruck von Aufsatz 1932). Hermann von Salza und die Gründung des Deutschordensstaates in Preußen, ebd., S. 386–388 (Nachdruck von Rezension 1926).

1967 Briefsammlungen, in: Wilhelm Wattenbach / Robert Holtzmann, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter. Die Zeit der Sachsen und Salier, Neuausgabe besorgt von Franz-Joseph Schmale, Bd. 2, Darmstadt 1967, S. 415–442 (Nachdruck von Aufsatz 1940).

1968 Ottonische Studien, hg. von Helmut Beumann, Darmstadt 1968 (Nachdrucke von: Der ungesalbte König 1938; Das Grab Heinrichs I. 1941; Beiträge zur Geschichte Heinrichs I.

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438 ANHANG 1940, 1943; Die Burgenordnung Heinrichs I. 1943; Das ottonische Reich als Imperium Romanum 1943).

1969 Tribur und Rom. Zur Vorgeschichte der Canossafahrt, in: Hellmut Kämpf (Hg.), Canossa als Wende, Darmstadt 1969, S. 89–117 (Nachdruck von Aufsatz 1937). Zum Fürstentag von Tribur, in: Hellmut Kämpf (Hg.), Canossa als Wende, Darmstadt 1969, S. 240–249 (Nachdruck von Aufsatz 1941).

1976 Fortbildung des populären Kreuzzugsgedankens, in: Arno Borst (Hg.), Das Rittertum im Mittelalter, Darmstadt 1976, S. 47–83 (Nachdruck aus: Die Entstehung des Kreuzzugsgedankens 1935, S. 250–283).

1977 The Origin of the Idea of Crusade. Translated from the German by Marshall W. Baldwin and Walter Goffart. Foreword and additional notes by Marshall W. Baldwin, Princeton 1977 (Übersetzung von: Die Entstehung des Kreuzzugsgedankens, 1935).

1982 Die Anfänge der staatlichen Propaganda im Investiturstreit, in: Max Kerner (Hg.), Ideologie und Herrschaft im Mittelalter, Darmstadt 1982, S. 101–123 (Nachdruck von Aufsatz 1936).

1996 Alle origini dell’idea di crociata. Traduzione a cura di Roberto Lambertini, Spoleto 1996 (Übersetzung von: Die Entstehung des Kreuzzugsgedankens, 1935). O papado e Portugal no primeiro século da História portuguesa [1935], Nachdruck Braga 1996.

2018 Proischoždenije idei krestovogo pochoda. Übersetzung, Einleitung und Kommentar von D[enis] G. Khrustalev, Sankt Petersburg 2018 (Übersetzung von: Die Entstehung des Kreuzzugsgedankens, 1935).

2022 Fackel in der Finsternis. Der Historiker Carl Erdmann im »Dritten Reich«, Bd. 2: Briefe 1933–1945, hg. von Folker Reichert, Darmstadt 2022.

Ungedruckte Quellen Bensheim, Institut für Personengeschichte, Sammlung Gerd Tellenbach Berlin, Archiv der Humboldt-Universität −  NS-Doz., Z – D I/246 −  Phil. Fak. 135

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Ungedruckte Quellen 439 −  Phil. Fak. 1245 −  UK 83, I–III Berlin, BArch −  NS 21 −  R 73 −  R 4901 −  R 9361 Berlin, GStA PK, Rep. 178 (Institut für Archivwissenschaft) Blankenburg, Stadtarchiv, Censuren der Unterprima 1903–1930 Frankfurt, Universitätsarchiv −  Abt. 4, Nr. 1360 (Personalakte Ernst Kantorowicz) −  Abt. 4, Nr. 1493 (Personalakte Theodor Mayer) −  Abt. 14 Nr. 703, 1178 (Personalakte Paul Wilhelm Finsterwalder) −  Abt. 130 Nr. 80 K (Phil. Fak.) −  Abt. 134 Nr. 132 K Göttingen, Niedersächs. Staats- und Universitätsbibl., Archiv der Akademie der Wissenschaften, Scient 165,7 Greifswald, Universitätsarchiv −  Personalakte 26 −  Phil. Fak. 2.1. I – 429 Hamburg, Staatsarchiv −  361 – 5: Hochschulwesen II, Ui 16/1 −  364 – 13 Hampe, Karl: Tagebuch, 1933–1945, NL Karl Hampe Holtzmann, Robert: Tagebuch August 1941 – Mai 1946 (Rom, Archiv des DHI, NL Walther Holtzmann, Nr. 91) Krüger, Wilhelm: Mein Leben. Lebensbeichte eines Nationalsozialisten [masch.], 1975/76 (Bonn, Archiv der sozialen Demokratie, Nachlass Wilhelm Krüger I) Magdeburg, Archiv der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen, Sonderakte: Preuß. Hochstaatsbauamt II Magdeburg, Landeshauptarchiv, Reg. Magdeburg, Abt. für Kirchen und Schulen XVI: Bausachen, b. specialia, C 28 II München, Archiv der MGH −  338 −  B 546 −  B 558 −  B 561 −  B 564 −  B 568 −  B 569 −  B 571 −  B 572 −  B 577 −  B 685 −  K 62 München, Institut für Zeitgeschichte, NO 609, Ahnenerbe München, Universitätsarchiv, Stud-BB-607

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440 ANHANG Quedlinburg, Stadtarchiv, XI 363 Rom, Archiv des DHI, R 3, Nr. 17 −  R 2, Registratur 1919–1945 Schleswig, Schleswig-Holsteinisches Landesarchiv, Abt. 47 (Universitätsarchiv Kiel) −  1191 (Akten der Dozentenakademie) −  1606 (NSD.Dozentenbund) Tartu, Universitätsarchiv (im Nationalarchiv / Ajalooarhiiv), Fond 402, Nimistu 3, Säilik 2006: Acta des Conseils und Directoriums der Kaiserlichen Universität zu Dorpat, betreffend Carl [Eduard] Erdmann (1869–1893) Tübingen, Universitätsarchiv, 205/89 Unteruhldingen, Pfahlbaumuseum, Bestand Archiv Reinerth »SS« Vulpius-Erdmann, Yella: In memoriam, April 1945 (1. München, Archiv der MGH, B 685; 2. NL Norbert Eickermann)

Nachlässe NL Hermann Aubin: Koblenz, BArch, N 179 NL Friedrich Baethgen: München, Archiv der MGH, A 246 NL Wilhelm Bauer: Linz, Oberösterreichisches Landesarchiv NL Wilhelm Bauer: Wien, Archiv der Akademie der Wissenschaften NL Helmut Beumann: Akademie der Wissenschaften Mainz, Regesta Imperii NL Friedrich Bock: München, Archiv der MGH NL Albert Brackmann: Berlin, GStA PK, VI. HA NL Karl Brandi: Göttingen, Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek, Cod. Ms. K. Brandi NL Ludwig Curtius: Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum NL Max Buchner: Koblenz, BArch, N 88 NL Norbert Eickermann: Soest, Stadtarchiv NL Wilhelm Engel: München, Institut für Zeitschichte, ED 108-3-209 NL Wilhelm Engel: Würzburg, Universitätsbibliothek NL Johann Eduard Erdmann: Halle, Universitäts- und Landesbibliothek, Yi 4 NL Richard Fester: Koblenz, BArch, N 1107 NL Dietrich von Gladiß: Detmold, Landesarchiv Nordrhein-Westfalen: Abt. OstwestfalenLippe, D 72 NL Walter Goetz: Koblenz, BArch, N 1215 NL Erich von Guttenberg: Bamberg, Staatsarchiv, M7 NL Johannes Haller: Koblenz. BArch, N 1035 NL Karl Hampe: Heidelberg, Universitätsbibliothek, Heid. Hs. 4067 NL Fritz Hartung: Berlin, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz NL Rudolf von Heckel: München, Universitätsbibliothek NL Hermann Heimpel: Göttingen, Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek, Cod. Ms. H. Heimpel NL Erwin Hölzle: Koblenz, BArch, N 323 NL Adolf Hofmeister: Greifswald, Universitätsarchiv NL Walther Holtzmann: Rom, Archiv des DHI, N 12 NL Paul Egon Hübinger: Bonn, Universitätsarchiv

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Gedruckte Quellen und Literatur 441 NL Karl Jordan: Kiel, Universitätsbibliothek NL Leo Just: Mainz, Universitätsarchiv, NL 4 NL Ernst Kantorowicz: New York, Leo Baeck Institute, AR 7216: Kantorowicz Collection NL Paul Fridolin Kehr: Berlin, GStA PK, VI. HA NL Paul Fridolin Kehr: Berlin, BBAW, Nr. 7 NL Wilhelm Krüger: Bonn, Archiv der sozialen Demokratie NL Lenore Kühn: Koblenz, BArch, N 1375 NL Martin Lintzel: Berlin, GStA PK, VI. HA NL Arnold Oskar Meyer: Göttingen, Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek, Cod. Ms. A. O. Meyer NL Eugen Meyer: Saarbrücken, Archiv des Saarlandes, NL.MeyerE NL Emil Meynen: Leipzig, Leibniz-Institut für Länderkunde, Archiv für Geographie NL Wilhelm Mommsen: Koblenz, BArch, N 1478 NL Franz Petri: Münster, Westfälisches Archivamt, Bestand 914 NL Peter Rassow: Koblenz, BArch, N 1228 NL Fritz Rörig: Archiv der Hansestadt Lübeck, 5.5. Rörig NL Leo Santifaller: Wien, Österreichisches Staatsarchiv / Haus-, Hof- und Staatsarchiv, SB NL Hans Martin Schaller / Emmy Heller: München, Archiv der MGH NL Theodor Schieffer: Mainz, Universitätsarchiv, NL 42 NL Friedrich Schneider: Jena, Thüringische Universitäts- und Landesbibliothek NL Percy Ernst Schramm: Hamburg, Staatsarchiv, 622-1: Familienarchiv Schramm NL Otto Schumann: Frankfurt, Universitätsbibliothek, Ms. Ff. O. Schumann NL Federico Serafini: Rom, Archiv des DHI, N 15 NL Heinrich Sproemberg: Berlin, BBAW NL Edmund E. Stengel: Marburg, Hessisches Staatsarchiv, 340 NL Gerd Tellenbach: Freiburg, Universitätsarchiv, C 157 NL Oskar Vasella: Chur, Staatsarchiv Graubünden, A Sp III/11k NL Heinz Zatschek: Prag, Archiv der Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik, Osobni fond [persönlicher Fonds] Heinz Zatschek NL Heinrich Zimmer: Marbach, Deutsches Literaturarchiv

Gedruckte Quellen und Literatur Absolon, Rudolf: Die Wehrmacht im Dritten Reich, Bd. 5, 6, Boppard 1988, 1995. Ackermann, Josef: Heinrich Himmler als Ideologe, Göttingen 1970. Adam, Christian: Lesen unter Hitler. Autoren, Bestseller, Leser im Dritten Reich, Frankfurt a. M. 2013. Ahrens, Sabine: Zwischen Zweistromtal und Hindukusch. Die Niedermayer / von Hentig-Expedition nach Persien und Afghanistan, in: Veit Veltzke (Hg.), Playing Lawrence on the Other Side. Die Expedition Klein und das osmanisch-deutsche Bündnis im Ersten Weltkrieg, Berlin 2014, S. 152–170. Althoff, Gerd: »Selig sind, die Verfolgung ausüben«. Päpste und Gewalt im Hochmittelalter, Darmstadt 2013. Angermann, Norbert / Brüggemann, Karsten, Geschichte der baltischen Länder, Stuttgart 2018.

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442 ANHANG Arand, Tobias: »… Ziel, der deutschen Jugend und darüber hinaus dem deutschen Volk ein einheitliches Geschichtsbild zu schaffen«. Die Rolle des ›Reichssachbearbeiters Geschichte im NSLB‹ Moritz Edelmann im Prozess der Gleichschaltung des Geschichtsunterrichts im NS-Staat, in: Wolfgang Hasberg / Manfred Seidenfuss (Hg.), Geschichtsdidaktik(er) im Griff des Nationalsozialismus?, Münster 2005, S. 121–143. Ash, Mitchell G.: Konstruierte Kontinuitäten und divergierende Neuanfänge nach 1945, in: Michael Grüttner u. a. (Hg.), Gebrochene Wissenschaftskulturen. Universität und Politik im 20. Jahrhundert, Göttingen 2010, S. 215–245. Ash, Mitchell G.: Die Universität Wien in den politischen Umbrüchen des 19. und 20. Jahrhunderts, in: ders. / Josef Ehmer (Hg.), Universität – Politik – Gesellschaft (650 Jahre Universität Wien 2), Göttingen 2015, S. 29–172. Ash, Mitchell G. / Ebisch, Sven, Psychologie, in: vom Bruch / Tenorth, Geschichte der Universität Unter den Linden 5, S. 217–236. [Aubin, Hermann:] Briefe des Ostforschers Hermann Aubin aus den Jahren 1910–1968, hg. von Eduard Mühle, Marburg 2008. Auffarth, Christoph: Irdische Wege und himmlischer Lohn. Kreuzzug, Jerusalem und Fegefeuer in religionswissenschaftlicher Perspektive, Göttingen 2002. Auffarth, Christoph: Nonnen auf den Kreuzzügen. Ein drittes Geschlecht? in: Das Mittelalter. Zs. des Mediävistenverbandes 21, 1 (2016), S. 159–176. Aurnhammer, Achim / Braungart, Wolfgang / Breuer, Stefan / Oelmann, Ute (Hg.): Stefan George und sein Kreis, 3 Bde., Berlin 2012. Azevedo, Ruy de: Carl Erdmann, in: Revista portuguesa de história 3 (1947), S. 617–628. Baedeker, Karl: Spanien und Portugal. Handbuch für Reisende, 5. Aufl., Leipzig 1929. Baerlecken, Marta / Tiedau, Ulrich: Das Deutsch-Niederländische Forschungsinstitut an der Universität Köln 1931–1945 und der Aufbau des Faches Niederlandistik in der frühen Bundesrepublik, in: Dietz / Gabel / Tiedau, Griff nach dem Westen, S. 851–887. Baethgen, Friedrich: Carl Erdmann, in: C. Erdmann, Forschungen zur politischen Ideenwelt des Frühmittelalters (1951), S. VIII–XXI. Baldwin, Marshall W. (Hg.): The First Hundred Years (Kenneth M. Setton [Hg.], A History of the Crusades 1), Philadelphia 1955. Baldwin, Marshall W.: Some Recent Interpretations of Pope Urban’s Eastern Policy, in: The Catholic Historical Review 25 (1939), S. 459–466. Baltisches Biographisches Lexikon digital. Bartlett, Robert: Die Geburt Europas aus dem Geist der Gewalt. Eroberung, Kolonisierung und kultureller Wandel von 950 bis 1350, München 1996. Bauerkämper, Arnd: Der Faschismus in Europa 1918–1945, Stuttgart 2006. Baumbach, Hendrik: Von den »weltanschaulichen Kämpfen« im Professorenhaushalt des Marburger Mediävisten Edmund E. Stengel in der Spätphase der Weimarer Republik bis zur Mitte der 1930er Jahre, in: Hessisches Jb. für Landesgeschichte 68 (2018), S. 115–136. Baumgart, Peter (Hg.): Die Universität Würzburg in den Krisen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, Würzburg 2002. Becher, Matthias: Heinrich I. – König einer Wendezeit? in: Freund / Köster, Plötzlich König, S. 55–71. Becher, Matthias / Hen, Yitzakh (Hg.): Wilhelm Levison (1876–1947). Ein jüdisches Forscherleben zwischen wissenschaftlicher Anerkennung und politischem Exil, Siegburg 2010. Becker, Alfons: Papst Urban II., Bd. 3, Hannover 2012.

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Gedruckte Quellen und Literatur 443 Becker, Nikola: Ferdinand Güterbock – Mediävist und Mitarbeiter der Monumenta Germaniae Historica; http://mittelalter.hypotheses.org/4304 [Zugriff: 8. März 2018]. Becker, Nikola: Jüdische und jüdischstämmige Mitarbeiter bei den Monumenta Germaniae Historica im »Dritten Reich« – Paul Hirsch, Josef Juncker und Erika Sinauer, in: Historisches Jb. 135 (2015), S. 435–502. Becker, Nikola: Die Neuetablierung der Monumenta Germaniae Historica in Bayern ab 1944 im Spannungsfeld zwischen Theodor Mayer, Otto Meyer, Walter Goetz und Friedrich Baethgen, in: ZBLG 77 (2014), S. 43–68. Becker, Norbert: Die Rektoren der Technischen Hochschule Stuttgart in der NS-Zeit, in: ZWLG 79 (2020), S. 375–410. Behringer, Wolfgang: Bauern-Franz und Rassen-Günther. Die politische Geschichte des Agrarhistorikers Günther Franz (1902–1992), in: Schulze / Oexle, Deutsche Historiker, S. 114–141. Benson, Robert L. / Fried, Johannes (Hg.): Ernst Kantorowicz, Stuttgart 1997. Benz, Wolfgang: Im Widerstand. Größe und Scheitern der Opposition gegen Hitler, München 2018. Berg, Matthias: Karl Alexander von Müller. Historiker für den Nationalsozialismus, Göttingen 2014. Berg, Matthias / Blaschke, Olaf / Sabrow, Martin / Thiel, Jens / Thijs, Krijn: Die versammelte Zunft. Historikerverband und Historikertage in Deutschland 1893–2000, 2 Bde., Göttingen 2018. Bernecker, Walther L. / Herbers, Klaus: Geschichte Portugals, Stuttgart 2013. Berning, Maria [u. a.]: Berliner Wohnquartiere. Ein Führer durch 70 Siedlungen, Berlin 2003. Besier, Gerhard: Neuheidnische Religiosität und Protestantismus im NS-Staat: Der Dom zu Quedlinburg als Kult- und Weihestätte der SS, in: Religion, Staat, Gesellschaft 1 (2000), S. 145–188. Bethge, Steffi: Das Grab König Heinrichs I., in: Stadt Fulda und Welterbestadt Quedlinburg (Hg.), Fulda und Quedlinburg. Die königlichen Bestattungsorte, Petersberg 2019, S. 80–111. Betthausen, Peter: Georg Dehio. Ein deutscher Kunsthistoriker; München – Berlin 2004. Beumann, Helmut: Widukind von Korvei. Untersuchungen zur Geschichtsschreibung und Ideengeschichte des 10. Jahrhunderts, Weimar 1950. Bieberbach, Ludwig: Die Kunst des Zitierens. Ein offener Brief an Herrn Harald Bohr in København, in: Jahresbericht der Deutschen Mathematiker-Vereinigung 44 (1934), S. 1–3. Bieberbach, Ludwig: Persönlichkeitsstruktur und mathematisches Schaffen, in: Unterrichtsblatt für Mathematik und Naturwissenschaft 40 (1934), S. 236–243. Bieberbach, Ludwig: Persönlichkeitsstruktur und mathematisches Schaffen, in: Forschungen und Fortschritte 10 (1934), S. 235–237. Bieberbach, Ludwig: Stilarten mathematischen Schaffens, in: Sitzungsberichte der Preußischen Akademie der Wissenschaften 1934, Physikal.-mathemat. Kl., Berlin 1934, S. 351–360. Blänkner, Reinhard: Otto Brunner (1898–1982). »Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich«, in: Hruza, Österreichische Historiker, Bd. 3, S. 439–477. Blänsdorf, Agnes: Lehrwerke für Geschichtsunterricht an Höheren Schulen 1933–1945. Autoren und Verlage unter den Bedingungen des Nationalsozialismus, in: Lehmann, Nationalsozialismus in den Kulturwissenschaften, Bd. 1, S. 273–370. Blaschke, Olaf: Verleger machen Geschichte. Buchhandel und Historiker seit 1945 im deutsch-britischen Vergleich, Göttingen 2010.

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444 ANHANG Bloch, Marc: Correspondance. Marc Bloch, Lucien Febvre et les Annales d’histoire économique et sociale, hg. von Bertrand Müller, Bd. 2: 1934–1937, Paris 2003. Böcker, Heidelore: Blankenburg-Regenstein, in: Werner Paravicini (Hg.), Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich: Grafen und Herren, Bd. 1, Ostfildern 2012, S. 198–219. Böhringer, Letha: … glaube ich durch Schrift und Tat der deutschen Sache mehrfach genützt zu haben. Wilhelm Levison als politische Persönlichkeit, in: Becher / Hen, Wilhelm Levison, S. 251–317. Böschenstein, Bernhard / Egyptien, Jürgen / Schefold, Bertram / Vitzthum, Wolfgang (Hg.): Wissenschaftler im George-Kreis. Die Welt des Dichters und der Beruf der Wissenschaft, Berlin 2005. Boockmann, Hartmut: Der Historiker Hermann Heimpel, Göttingen 1990. Bosl, Karl: Theodor Mayer. Der große Mediävist, Verfassungs- und Landeshistoriker – Ein Anreger und Lehrer, in: Alois Zauner / Harry Slapnicka (Hg.), Oberösterreicher. Lebensbilder zur Geschichte Oberösterreichs, Linz 1984, S. 135–150. Bosse, Heinrich: Die Hofmeister in Livland und Estland. Ein Berufsstand als Vermittler der Aufklärung, in: Otto-Heinrich Elias (Hg.), Aufklärung in den baltischen Provinzen Rußlands. Ideologie und soziale Wirklichkeit, Köln – Weimar – Wien 1996, S. 165–208. Bott, Marie-Luise: Die Haltung der Berliner Universität im Nationalsozialismus. Max Vasmers Rückschau 1948, Berlin 2009. Botzenhart, Erich: Der 19. Deutsche Historikertag in Erfurt 5. bis 7. Juli 1937, in: HZ 156 (1937), S. 659–667. Boveri, Margret: Verzweigungen. Eine Autobiographie, hg. und mit einem Nachwort von Uwe Johnson, München – Zürich 1977. Bracher, Karl Dietrich: Stufen der Machtergreifung, Frankfurt a. M. – Berlin – Wien 1972. Brackmann, Albert: Kaiser Friedrich II. in »mythischer Schau« (1929), in: HZ 140 (1929), S. 534–549; Nachdruck in: Wolf, Stupor mundi, S. 5–22. Brandi, Karl: Paul Kehr, in: Jb. der Akademie der Wissenschaften in Göttingen 1944–1960 (1962), S. 134–152. Braubach, Max: Aus Briefen Karl Büchers an Aloys Schulte. Ein Beitrag zur deutschen Wissenschaftsgeschichte zwischen 1890 bis 1925, in: Otto Brunner / Hermann Kellenbenz [u. a.] (Hg.), Festschrift Hermann Aubin zum 80. Geburtstag, Wiesbaden 1965, Bd. 1, S. 375–402. Bronisch, Alexander Pierre: Reconquista und Heiliger Krieg. Die Deutung des Krieges im christlichen Spanien von den Westgoten bis ins frühe 12. Jahrhundert, Münster 1998. Brose, Alain: Charlemagne dans l’idéologie national-socialiste, in: Revue belge de philologie et d’histoire / Belgisch Tijdschrift voor Filologie en Geschiedenis 93 (2015), S. 811–840. Broucek, Peter: Ein General im Zwielicht. Die Erinnerungen Edmund Glaises von Horstenau (1980–1988), 3 Bde., Wien 1980–1988. Bruch, Rüdiger vom / Müller, Rainer A. (Hg.): Historikerlexikon. Von der Antike bis zum 20. Jahrhundert, 2. Aufl., München 2002. Bruch, Rüdiger vom / Tenorth, Heinz-Elmar (Hg.): Geschichte der Universität Unter den Linden 1810–2010, Bd. 1–6, Berlin 2010–2012. Brüggemann, Karsten: Als Land und Leute »russisch« werden sollten. Zum Verständnis des Phänomens der »Russifizierung« am Beispiel der Ostseeprovinzen des Zarenreichs, in: Gasimov, Kampf, S. 27–49.

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Gedruckte Quellen und Literatur 445 Brüggemann, Karsten: Licht und Luft des Imperiums. Legitimations- und Repräsentationsstragien russischer Herrschaft in den Ostseeprovinzen im 19. und frühen 20. Jahrhundert, Wiesbaden 2018. Brüggemann, Karsten / Woodworth, Bradley D. (Hg.): Russland an der Ostsee. Imperiale Strategien der Macht und kulturelle Wahrnehmungsmuster (16. bis 20. Jahrhundert), Wien – Köln – Weimar 2012. Brunner, Otto: Politik und Wirtschaft in den deutschen Territorien des Mittelalters, in: Vergangenheit und Gegenwart 27 (1937), S. 404–422. Buc, Philippe: Heiliger Krieg. Gewalt im Namen des Christentums, Darmstadt 2015. Buc, Philippe: Rituel politique et imaginaire politique au haut Moyen Âge, in. Revue historique 303 (2001), S. 843–883. Buddrus, Michael / Fritzlar, Sigrid: Die Professoren der Universität Rostock im Dritten Reich. Ein biographisches Lexikon, München 2007. Bücher, Karl: Lebenserinnerungen, Bd. 1: 1847–1890, Tübingen 1919. Bünz, Enno: Ein Historiker zwischen Wissenschaft und Weltanschauung: Wilhelm Engel (1905–1964), in: Baumgart, Universität Würzburg, S. 252–318. Bünz, Enno: Wilhelm Engel (1905–1964), in: Erich Schneider (Hg.), Fränkische Lebensbilder, Bd. 25, Würzburg 2018, S. 301–317. Burger, Ilse: Carl Eduard Erdmann, Typoskript 1980 (Familienbesitz). Burgmair, Wolfgang [u. a.]: Kraepelin in Dorpat 1886–1891, München 2003. Burkard, Dominik: »… ein ebenso rabiater Kirchenmann wie Nationalist …?« Der Kirchenhistoriker Karl August Fink (1904–1983) und Rom, in: Michael Matheus / Stefan Heid (Hg.), Orte der Zuflucht und personeller Netzwerke, Freiburg – Basel – Wien 2015, S. 457–559. Burkard, Dominik: Sebastian Merkle (1862–1945). Leben und Werk des Würzburger Kirchenhistorikers im Urteil seiner Zeitgenossen, Würzburg 2014. Burkard, Dominik: »… trete beiseite und laß sie vorbeiziehen, die Oberaffen und ihr Gefolge …« (1943). Aus dem Briefwechsel des Kirchenhistorikers Karl August Fink mit dem Wehrer Stadtpfarrer Stephan Wildemann, in: Freiburger Diözesan-Archiv 125 (2015), S. 115–205. Busch, Alexander: Die Geschichte des Privatdozenten. Eine soziologische Studie zur großbetrieblichen Entwicklung der deutschen Universitäten, Stuttgart 1959. Campenhausen, Hans von: Die »Murren« des Hans Freiherr von Campenhausen. »Erinnerungen, dicht wie ein Schneegestöber«. Autobiografie, hg. von Ruth Slenczka, Norderstedt 2005. Cantor, Norman F.: Inventing the Middle Ages. The Life, Works, and Ideas of the Great Medievalists of the Twentieth Century, New York 1991. Cartellieri, Alexander: Tagebücher eines deutschen Historikers. Vom Kaiserreich bis in die Zweistaatlichkeit (1890–1953), hg. von Matthias Steinbach und Uwe Dathe, München 2014. Chapoutot, Johann: Der Nationalsozialismus und die Antike, Darmstadt 2014. Christ, Karl: Der andere Stauffenberg. Der Historiker und Dichter Alexander von Stauffenberg, München 2008. Christern, Hermann: Deutscher Ständestaat und englischer Parlamentarismus am Ende des 18. Jahrhunderts, München 1939.

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446 ANHANG Christern, Hermann: Deutscher Ständestaat und englischer Parlamentarismus, in: HZ 162 (1940), S. 96–111. Christern, Hermann: Einfluss und Abwehr der englischen politischen Ideologie in Deutschland vom 18. bis ins 20. Jahrhundert, in: Carl August Weber (Hg.), Die englische Kulturideologie, Stuttgart 1942, Bd. 2, S. 283–396. Christern, Hermann: Entwicklung und Aufgaben biographischer Sammelwerke. Ein Beitrag zur Geschichte der Historiographie, in: Sitzungsberichte der Preußischen Akademie der Wissenschaften 1933. Phil.-hist. Kl., Berlin 1933, S. 1069–1129. Christern, Hermann: Das Reich und der deutsche Lebensraum. Vermächtnis eines Greifswalder Historikers, hg. von Elisabeth Christern, Greifswald 1942. Clara, Fernando: The Academy of Sciences of Lisbon between Science, International Politics, and Neutrality, 1932–1945, in: Maria Björkman / Patrik Lundell / Sven Widmalm (Hg.), Intellectual Collaboration with the Third Reich: Treason or Reason? London – New York 2019, S. 101–118. Cohn, Willy: Kein Recht, nirgends. Tagebuch vom Untergang des Breslauer Judentums 1933–1941, 2 Bde., hg. von Norbert Conrads, Köln – Weimar – Wien 2006. Constable, Giles: Crusaders and Crusading in the Twelfth Century, Farnham 2008. Constable, Giles: Letters and Letter-Collections, Turnhout 1976. Conze, Vanessa: »Ich schwöre Treue …« Der politische Eid in Deutschland zwischen Kaiserreich und Bundesrepublik, Göttingen 2020. Conze, Werner: Der Nationalsozialismus, Bd. 2, Stuttgart 1962. Cornelissen, Christoph: Gerhard Ritter. Geschichtswissenschaft und Politik im 20. Jahrhundert, Düsseldorf 2001. Cornelissen, Christoph / Mish, Carsten (Hg.): Wissenschaft an der Grenze. Die Universität Kiel im Nationalsozialismus, 2. Aufl., Essen 2010. Corona quernea. Festgabe, Karl Strecker zum 80. Geburtstage dargebracht, Leipzig 1941. Costa Pinto, António: Der Zusammenbruch der portugiesischen Demokratie in der Zwischenkriegszeit, in: Fernando Rosas (Hg.), Vom Ständestaat zur Demokratie. Portugal im zwanzigsten Jahrhundert, München 1997, S. 13–35. Crämer, Ulrich: Der 19. Deutsche Historikertag, in: Vergangenheit und Gegenwart 27 (1937), S. 345–369. Curtius, Ernst Robert: Briefe aus einem halben Jahrhundert. Eine Auswahl, hg. von FrankRutger Hausmann, Baden-Baden 2015. Curtius, Ernst Robert: Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter, 4. Aufl., Bern – München 1963. Curtius, E[rnst] R[obert]: Der Kreuzzugsgedanke und das altfranzösische Epos, in: Archiv für das Studium der neueren Sprachen N. S. 69 (1936), S. 50–56. Curtius, Ernst Robert / Rychner, Max: Freundesbriefe 1922–1955, hg. von Frank-Rutger Hausmann, Frankfurt a. M. 2015. Daniels, Mario: Geschichtswissenschaft im 20. Jahrhundert. Institutio­nali­sierungsprozesse und Entwicklung des Personenverbandes an der Universität Tübingen 1918–1964, Stuttgart 2009. Daniels, Mario / Michl, Susanne: Strukturwandel unter ideologischen Vorzeichen. Wissenschafts- und Personalpolitik an der Universität Tübingen 1933–1945, in: Urban Wiesing [u. a.] (Hg.), Die Universität Tübingen im Nationalsozialismus, Stuttgart 2010, S. 13–73. De Jong, Mayke: The Empire that was always Decaying: the Carolingians (800–888), in: Walter Pohl (Hg.), Elements of Cohesion and Signs of Decay, Wien 2015, S. 6–25.

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Gedruckte Quellen und Literatur 447 Dendorfer, Jürgen: Land und Herrschaft. Die »Neue Verfassungsgeschichte« und ihre Wirkungen auf die Landesgeschichte im Süden Deutschlands, in: Christina Mochty-Weltin / Roman Zehetmayer (Red.), Adel und Verfassung im hoch- und spätmittelalterlichen Reich, St. Pölten 2018, S. 30–55. Derks, Hans: Deutsche Westforschung. Ideologie und Praxis im 20. Jahrhundert, Leipzig 2001. Deswarte, Thomas / Herbers, Klaus / Scherer, Cornelia (Hg.): Frühmittelalterliche Briefe. Übermittlung und Überlieferung (4.–11. Jahrhundert) / La lettre au Haut Moyen Âge: transmission et tradition épistolaires (IVe–XIe siècles), Köln – Weimar – Wien 2018. Dettweiler, Friedrich: Karl der Große oder Charlemagne? Acht Antworten deutscher Geschichtsforscher. Rückantwort eines Biologen, in: Bernhard Kummer (Hg.), Reaktion oder deutscher Fortschritt in der Geschichtswissenschaft, Leipzig 1935, S. 3–30. Die Deutsche Universität Dorpat im Lichte der Geschichte und der Gegenwart. Eine historische Studie auf dem Gebiete östlicher Culturkämpfe, 3. Aufl., Leipzig 1882. Didczuneit, Veit: Heinrich Sproemberg – ein Außenseiter seines Faches, in: V. Didczuneit / Manfred Unger / Matthias Middell, Geschichtswissenschaft in Leipzig: Heinrich Sproemberg, Leipzig 1994, S. 11–90. Dietz, Burkhard / Gabel, Helmut / Tiedau, Ulrich (Hg.): Griff nach dem Westen. Die »Westforschung« der völkisch-nationalen Wissenschaften zum nordwesteuropäischen Raum (1919–1960), 2 Bde., Münster 2003. Ditt, Karl: Die Politisierung der Kulturraumforschung im Dritten Reich. Das Beispiel Franz Petri, in: Dietz / Gabel / Tiedau, Griff nach dem Westen, Bd. 2, S. 927–944. Diziol, Sebastian: »Deutsche, werdet Mitglieder des Vaterlandes!« Der Deutsche Flottenverein 1898–1934, Kiel 2015. Dörner, Anke: La vita spezzata. Leonardo Olschki: ein jüdischer Romanist zwischen Integration und Emigration, Tübingen 2005. Donnert, Erich: Die Universität Dorpat-Juŕev 1802–1918. Ein Beitrag zur Geschichte des Hochschulwesens in den Ostseeprovinzen des Russischen Reiches, Frankfurt a. M 2007. Duchhardt, Heinz: Abgebrochene Forschung. Zur Geschichte unvollendeter Wissenschaftsprojekte, Tübingen 2020. Eberle, Henrik: Die Martin-Luther-Universität in der Zeit des Nationalsozialismus 1933–1945, Halle (Saale) 2002. Eberle, Henrik: »Ein wertvolles Instrument«. Die Universität Greifswald im Nationalsozialismus, Köln – Weimar – Wien 2015. Eckel, Jan: Hans Rothfels. Eine intellektuelle Biographie im 20. Jahrhundert, Göttingen 2005. Edelmann, Moritz: Forderungen des Geschichtslehrers an den Geschichtsforscher und Geschichtsschreiber, in: Vergangenheit und Gegenwart 25 (1935), S. 193–198. Einstein, Albert / Born, Hedwig und Max: Briefwechsel 1916–1955, kommentiert von Max Born, München 1969. Elm, Kaspar: Mittelalterforschung in Berlin. Dauer und Wandel, in: Reimer Hansen / Wolfgang Ribbe (Hg.), Geschichtswissenschaft in Berlin im 19. und 20. Jahrhundert. Persönlichkeiten und Institutionen, Berlin – New York 1992, S. 211–259. Elze, Reinhard / Esch, Arnold (Hg.), Das Deutsche Historische Institut in Rom 1888–1988, Tübingen 1990. Engelhardt, Roderich von: Die Deutsche Universität Dorpat in ihrer geistesgeschichtlichen Bedeutung, Reval 1933. Engelmann, J.: Professor Dr. juris Karl Erdmann, in: Baltische Monatsschrift 45 (1903), S. 1–28.

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448 ANHANG Epstein, Catherine: A Past Renewed. A Catalog of German-Speaking Refugee Historians in the United States after 1933, Cambridge – New York 1993. Erdmann, Carl [Eduard]: Festrede zur Jahresfeier der Stiftung der Universität Dorpat am 12. December 1874: »Ueber die Stellung der Rechtswissenschaft vor dem Richterstuhl der Laien und der Schwesterwissenschaften«, Dorpat 1875. Erdmann, Carl [Eduard]: Gesammelte Vorträge, Reval 1897. Erdmann, Carl [Eduard]: Das Güterrecht der Ehegatten nach dem Provinzialrecht Liv-, Ehstund Curlands, Dorpat 1872. Erdmann, C[arl Eduard]: Heimweh und Wandertrieb, in: Baltische Monatsschrift 40 (45) (1898), S. 455–467. Erdmann, Carl [Eduard]: System des Privatrechts der Ostseeprovinzen Liv-, Est- und Curland, Bd. 1–4, Riga 1889–1894. Erdmann, Veronika Maria: Cantaten, Lorch – Stuttgart 1946. Erdmann, Veronika Maria: Caroline im Regenbogen, Esslingen 1954. Erdmann, Veronika Martha Caritas: Die alten Erdmanns, Typoskript im Familienbesitz, 1931. Erdmann, Veronika Martha Caritas: Carls Todestag, Typoskript im Familienbesitz. Erdmann, Veronika Martha Caritas: Prof. Joh. (Wanka) Erdmann 1809–58, Typoskript 1931. Erdmann, Yella: Fünf auf einem Ast, Stuttgart o. J. [1936]. Erkens, Franz-Reiner: Erich Caspar, in: Kraus, Berlinische Lebensbilder 10, S. 281–305. Ernst, Wolfgang: Im Namen von Geschichte. Sammeln – Speichern – Er/Zählen. Infrastrukturelle Konfigurationen des deutschen Gedächtnisses, München 2003. Esch, Arnold: Über Hermann Heimpel, in: Schulze / Oexle, Deutsche Historiker, S. 159 f. Evers, Daniela: Eine »Vorschule der höheren Bildung«: Gustav Schwabs Werk Die schönsten Sagen des klassischen Altertums, in: Kai Brodersen (Hg.), Die Antike außerhalb des Hörsaals, Münster 2003, S. 69–76. Fahlbusch, Michael: Wissenschaft im Dienst der nationalsozialistischen Politik? Die »Volksdeutschen Forschungsgemeinschaften« von 1931–1945, Baden-Baden 1999. Fahlbusch, Michael / Haar, Ingo / Pinwinkler, Alexander (Hg.): Handbuch der völkischen Wissenschaften. Akteure, Netzwerke, Forschungsprogramme, 2. Aufl., Berlin – Boston 2017. Falter, Jürgen W.: Die »Märzgefallenen« von 1933. Neue Forschungsergebnisse zum sozialen Wandel innerhalb der NSDAP-Mitgliedschaft während der Machtergreifungsphase, in: Geschichte und Gesellschaft 24 (1998), S. 595–616. Feldkamp, Michael F.: Pius XI. und Paul Fridolin Kehr: Begegnungen zweier Gelehrter, in: Archivum Historiae Pontificiae 32 (1994), S. 293–337. Feldkamp, Michael F.: Reichskirchengeschichtsschreibung und Grenzlandforschung. Zum wissenschaftlichen und publizistischen Werk des Bonner Historikers Leo Just (1901–1964), in: Dietz / Gabel / Tiedau, Griff nach dem Westen, Bd. 2, S. 1017–1036. Felken, Detlef: Oswald Spengler. Konservativer Denker zwischen Kaiserreich und Diktatur, München 1988. Feuersenger, Marianne: Im Vorzimmer der Macht. Aufzeichnungen aus dem Wehrmachtführungsstab und Führerhauptquartier 1940 – 1945, München 21999. Fink, Karl August [Nachruf Carl Erdmann] in: ZRG KA 65 (1947), S. 355–357. Fischer, Bernd J.: Albania at War, 1939–1945, London 1999. Fleckenstein, Josef: Paul Kehr. Lehrer, Forscher und Wissenschaftsorganisator in Göttingen, Rom und Berlin, in: Hartmut Boockmann / Hermann Wellenreuther (Hg.), Geschichts-

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Gedruckte Quellen und Literatur 449 wissenschaft in Göttingen, Göttingen 1987, S. 239–260; Nachdruck in: ders., Ordnungen und formende Kräfte des Mittelalters. Ausgewählte Beiträge, Göttingen 1989, S. 469–489. Forsthoff, Ernst / Schmitt, Carl: Briefwechsel (1926–1974), hg. von Dorothee Mussgnug, Berlin 2007. Frank, D. R. / Rentschler, D. (Bearb.): Berlin und seine Bauten, Teil IV: Wohnungsbau, Bd. A, Berlin 1970. Frank, Walter: Adolf Hitler Vollender des Reichs. Deutsche Geschichte und deutsche Gegenwart, o. O. 1944. Frank, Walter: Christoph Steding. Ein Nachruf, in: HZ 157 (1938), S. 971–973. Frank, Walter: Historie und Leben. Rede zur Eröffnung des Erfurter Historikertages am 5. Juli 1937, Hamburg 1937. Frank, Walter: Kämpfende Wissenschaft, Hamburg 1934. Frank, Walter: Zunft und Nation, in: HZ 153 (1936), S. 6–23 (auch separat: Hamburg 1935). Frassek, Ralf: Karl Larenz (1903–1993). Privatrechtler im Nationalsozialismus und Nachkriegsdeutschland, in: Juristische Schulung 1998, S. 296–301. Freisler, Roland [u. a.]: Der Volksrichter in der neuen deutschen Strafrechtspflege, Berlin 1937. Freund, Stephan / Köster, Gabriele (Hg.): 919 – Plötzlich König. Heinrich I. und Quedlinburg, Regensburg 2019. Fried, Johannes: Die Anfänge der Deutschen. Der Weg in die Geschichte, überarbeitete Neuausgabe, Berlin 2015. Fried, Johannes: Bruns Dedikationsgedicht, in: DA 43 (1987), S. 574–583. Fried, Johannes: Die Deutschen. Eine Autobiographie, aufgezeichnet von Dichtern und Denkern, München 2018. Fried, Johannes: Ernst H. Kantorowicz and Postwar Historiography: German and European Perspectives, in: Benson / Fried, Ernst Kantorowicz, S. 180–201. Friedrich, Klaus-Peter: Die Historische Kommission für Hessen und Waldeck und der Nationalsozialismus (Ende der 1920er bis Ende der 1960er Jahre), in: Hessisches Jb. für Landesgeschichte 67 (2017), S. 1–67. Fuhrmann, Horst: Laudatio auf Karl Jordan, in: Werner Paravicini (Hg.), Nord und Süd in der deutschen Geschichte des Mittelalters, Sigmaringen 1990, S. 11–16. Fuhrmann, Horst: Menschen und Meriten. Eine persönliche Portraitgalerie, München 2001. Fuhrmann, Horst: »Sind eben alles Menschen gewesen«. Gelehrtenleben im 19. und 20. Jahrhundert. Dargestellt am Beispiel der Monumenta Germaniae Historica und ihrer Mitarbeiter, München 1996. Fuhrmann, Horst: Theodor Schieffer und die Monumenta Germaniae Historica, in: Theodor Schieffer 1910–1992, München o. J., S. 21–28, Gabel, Helmut: »Seherische Wissenschaft«. Christoph Steding und die Niederlande, in: Dietz / Gabel / Tiedau, Griff nach dem Westen, Bd. 2, S. 1037–1059. Gadamer, Hans-Georg: Philosophische Lehrjahre. Eine Rückschau, Frankfurt a. M. 3. Aufl. 2012. Gailus, Manfred: Mir aber zerriss es das Herz. Der stille Widerstand der Elisabeth Schmitz, Göttingen 2010. Gajek, Esther: Joseph Otto Plassmann. Eine akademische Laufbahn im Nationalsozialismus, in: Kai Detlev Sievers (Hg.), Beiträge zur Wissenschaftsgeschichte der Volkskunde im 19. und 20. Jahrhundert, Neumünster 1991, S. 121–154.

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450 ANHANG Gasimov, Zaur (Hg.): Kampf um Wort und Schrift. Russifizierung in Osteuropa im 19.–20. Jahrhundert, Göttingen 2012. Genette, Gérard: Paratexte. Das Buch vom Beiwerk des Buches, Frankfurt a. M. 2001. Gennrich, Paul Wilhelm: Evangelium und Deutschtum in Portugal. Geschichte der Deutschen Evangelischen Gemeinde in Lissabon, Berlin – Leipzig 1936. Gerwarth, Robert: Reinhard Heydrich. Biographie, München 2011. Gillessen, Günther: Auf verlorenem Posten. Die Frankfurter Zeitung im Dritten Reich, Berlin 1986. Gleispach, Wenzeslaus Graf von: Nationalsozialistisches Recht. Rede zur 5. Wiederkehr des Tages der nationalen Erhebung am 29. Januar 1938, Berlin 1938. Gleispach, Wenzeslaus von: Zur Strafbarkeit wegen Rasseverrats, in: Deutsches Reich 6 (1936), S. 258–260. Glockner, Hermann: Johann Eduard Erdmann, Stuttgart 1932. Glum, Friedrich: Zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Politik. Erlebtes und Erdachtes in vier Reichen, Bonn 1964. Glum, Friedrich s. F. Viga. Goebbels, Joseph: Die Tagebücher, hg. von Elke Fröhlich, Teil I: Aufzeichnungen 1923–1941, Bd. 3/I: April 1934 – Februar 1936; Bd. 3/II: März 1936 – Februar 1937; Bd. 4: März – November 1937; Bd. 5: Dezember 1937 – Juli 1938; Teil II: Diktate 1941 – 1945, Bd. 4: April – Juni 1942, München 2001, 2005, 2000, 2000, 1995. Goebel, Eckart: Ehrgeiz. Dynamiken zweckrationaler Passion, Leiden 2020. Göllnitz, Martin: Wissenschaftspolitik im Spannungsfeld von akademischer Tradition und Ideologie. Die nationalsozialistische Dozentenakademie der Universität Kiel (1934–1936), in: ZfG 64 (2016), S. 51–72. Goeschel, Christian: Selbstmord im Dritten Reich, Berlin 2011. Goetz, Hans-Werner: ›Glaubenskriege?‹ Die Kriege der Christen gegen Andersgläubige in der früh- und hochmittelalterlichen Wahrnehmung, in: Frühmittelalterliche Studien 53 (2019), S. 67–114. Goetz, Hans-Werner: Geschichtswissenschaft in Hamburg im »Dritten Reich«, in: Rainer Nicolaysen / Axel Schildt (Hg.), 100 Jahre Geschichtswissenschaft in Hamburg, Berlin – Hamburg 2011, S. 103–160. Goetz, Hans-Werner: Moderne Mediävistik. Stand und Perspektiven der Mittelalterforschung, Darmstadt 1999. Goetz, Helmut: Der Zwangseid der italienischen Universitäten im Jahr 1931 und die Schweizer Presse, in: QFIAB 57 (1977), S. 295–314. Goetz, Walter: Historiker in meiner Zeit. Gesammelte Aufsätze, Köln – Graz 1957. Gottzmann, Carola L. / Hörner, Petra: Lexikon der deutschsprachigen Literatur des Baltikums und St. Petersburgs, Berlin – New York 2007. Graceffa, Agnès: Une femme face à l’Histoire. Itinéraire de Raïssa Bloch, Saint-Pétersbourg – Auschwitz, 1898–1943, Paris 2017. Gradmann, Christoph: Historische Belletristik. Populäre historische Biographien in der Weimarer Republik, Frankfurt a. M. – New York 1993. Graf, Friedrich Wilhelm: Februar 1932, Party bei den Tillichs. Reale Dialektik in Frankfurt, in: Zs. für Ideengeschichte 9, 4 (2015), S. 111–120. Grafton, Anthony S.: Die tragischen Ursprünge der deutschen Fußnote, Berlin 1995. Greble, Emily: Sarajevo, 1941–1945. Muslims, Christians, and Jews in Hitler’s Europe, Ithaca – London 2011.

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Gedruckte Quellen und Literatur 451 Grondin, Jean: Hans-Georg Gadamer. Eine Biographie, Tübingen 1999. Gross, Raphael: Anständig geblieben. Nationalsozialistische Moral, Frankfurt a. M. 2010. Grosse, Rolf: Theodor Schieffer – ein rheinischer Historiker und seine »Begegnung mit der romanisch-französischen Welt«, in: Pfeil, Das Deutsche Historische Institut, S. 119–138. Groth, Carsten / Höhn, Philipp: Unwiderstehliche Horizonte? Zum konzeptionellen Wandel von Hanseraum, Reich und Europa bei Fritz Rörig und Carl Schmitt, in: HZ 206 (2018), S. 321–353. Grothe, Ewald: Zwischen Geschichte und Recht. Deutsche Verfassungsgeschichtsschreibung 1900–1970, München 2005. Gruchmann, Lothar: Justiz im Dritten Reich 1933–1940. Anpassung und Unterwerfung in der Ära Gürtner, München 1990. Grün, Bernd: Der Rektor als Führer? Die Universität Freiburg i. Br. von 1933 bis 1945, Freiburg i. Br. 2010. Grünewald, Eckhart: Ernst Kantorowicz und Stefan George. Beiträge zur Biographie des Historikers bis zum Jahre 1938 und zu seinem Jugendwerk »Kaiser Friedrich der Zweite«, Wiesbaden 1982. Grünewald, Eckhart: Sanctus amor patriae dat animum – ein Wahlspruch des George-Kreises? Ernst Kantorowicz auf dem Historikertag zu Halle a. d. Saale im Jahr 1930, in: DA 50 (1994), S. 89–125. Grünewald, Eckhart:»Übt an uns mord und reicher blüht was blüht!«. Ernst Kantorowicz spricht am 14. November 1933 über das »Geheime Deutschland«, in: Benson / Fried, Ernst Kantorowicz, S. 57–76. Grüttner, Michael: Biographisches Lexikon zur nationalsozialistischen Wissenschaftspolitik, Heidelberg 2004. Grüttner, Michael: Machtergreifung als Generationskonflikt. Die Krise der Hochschulen und der Aufstieg des Nationalsozialismus, in: Rüdiger vom Bruch (Hg.), Wissenschaften und Wissenschaftspolitik. Bestandsaufnahmen zu Formationen, Brüchen und Kontinuitäten im Deutschland des 20. Jahrhunderts, Stuttgart 2002, S. 339–353. Grüttner, Michael: Nationalsozialistische Wissenschaftler: ein Kollektivporträt, in: ders. / Rüdiger Hachtmann [u. a.] (Hg.), Gebrochene Wissenschaftskulturen. Universität und Politik im 20. Jahrhundert, Göttingen 2010, S. 149–165. Grunsky, H.: Ludwig Bieberbach zum Gedächtnis, in: Jahresbericht der Deutschen Mathematiker-Vereinigung 88 (1986), S. 190–205. Gudian, Janus: Ernst Kantorowicz. Der »ganze Mensch« und die Geschichtsschreibung, Frankfurt a. M. 2014. Gudian, Janus: Porzellan und Propaganda – Karl der Große im NS-Geschichtsbild, in: ders. / Johannes Heil / Michael Rothmann / Felicitas Schmieder (Hg.), Erinnerungswege. Kolloquium zu Ehren von Johannes Fried, Stuttgart 2018, S. 223–240. Gübele, Boris: Deus vult, Deus vult. Der christliche heilige Krieg im Früh- und Hochmittelalter, Ostfildern 2018. Gürtner, Franz (Hg.): Das kommende deutsche Strafrecht. Allgemeiner Teil; Besonderer Teil, 2. Aufl., Berlin 1935/36. Guhl, Anton F.: Wege aus dem »Dritten Reich«. Die Entnazifizierung der Hamburger Universität als ambivalente Nachgeschichte des Nationalsozialismus, Göttingen 2019. Gundolf, Friedrich / Salomon, Elisabeth: Briefwechsel (1914–1931), hg. von Gunilla Eschenbach und Helmuth Mojem, Berlin – Boston 2017.

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452 ANHANG Gutmann, Andre: Netzwerke im Einsatz – Gerd Tellenbachs Weg zur Berufung an die Universität Freiburg i. Br. 1939 und 1943/1944, in: Erik Beck / Eva-Maria Butz (Hg.), Von Gruppe und Gemeinschaft zu Akteur und Netzwerk? Netzwerk-Forschung in der Landesgeschichte, Ostfildern 2019, S. 119–144. Gutmann, Andre: Zwischen Barbarossa, Gauforschung und Wehrmachtsvorträgen – HansWalter Klewitz als Vertreter der Freiburger Mediävistik 1940–1943, in: ZGO 161 (2013), S. 377–426. Haar, Ingo: Historiker im Nationalsozialismus. Deutsche Geschichtswissenschaft und der »Volkstumskampf« im Osten, 2. Aufl., Göttingen 2002. Haar, Ingo / Fahlbusch, Michael (Hg.): Handbuch der völkischen Wissenschaften. Personen, Institutionen, Forschungsprogramme, Stiftungen, München 2008. Haben, Michael: Berliner Wohnungsbau 1933–1945. Mehrfamilienhäuser, Wohnanlagen und Siedlungsvorhaben, Berlin 2017. Hachmeister, Lutz: Der Gegnerforscher. Die Karriere des SS-Führers Franz Alfred Six, München 1998. Halle, Uta: Heinrich I. im Nationalsozialismus, in: Freund / Köster, 919, S. 301–319. Halle, Uta: 936 Begräbnis Heinrichs I. – 1936 die archäologische Suche nach den Gebeinen in Quedlinburg und die NS-Propaganda, in: Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit 16 (2005), S. 15–20. Halle, Uta: Ur- und Frühgeschichte, in: Jürgen Elvert / Jürgen Nielsen-Sikora (Hg.), Kulturwissenschaften und Nationalsozialismus, Stuttgart 2008, S. 109–166. Haller, Johannes (1865–1947): Briefe eines Historikers, bearb. von Benjamin Hasselhorn, München 2014. Haller, Johannes: Lebenserinnerungen. Gesehenes – Gehörtes – Gedachtes, Stuttgart 1960. Hallgarten, George: Als die Schatten fielen. Erinnerungen vom Jahrhundertbeginn zur Jahrtausendwende, Frankfurt a. M. – Berlin 1969. Haltzel, Michael: Der Abbau der deutschen ständischen Selbstverwaltung in den Ostseeprovinzen Rußlands. Ein Beitrag zur Geschichte der russischen Unifizierungspolitik 1855–1905, Marburg / Lahn 1977. Hamann, Brigitte: Hitlers Wien. Lehrjahre eines Diktators, München 1998. Hamann, Brigitte: Winifred Wagner und Hitlers Bayreuth, München 2003. Hammermann, Gabriele (Hg.): Zeugnisse der Gefangenschaft. Aus Tagebüchern und Erinnerungen italienischer Militärinternierter in Deutschland 1943–1945, Berlin – München – Boston 2014. Hammermann, Gabriele: Zwangsarbeit für den »Verbündeten«. Die Arbeits- und Lebensbedingungen der italienischen Militärinternierten in Deutschland 1943–1945, Tübingen 2002. Hammerstein, Notker: Antisemitismus und deutsche Universitäten 1871–1933, Frankfurt a. M. 1995. Hammerstein, Notker (Hg.): Deutsche Bildung? Briefwechsel zweier Schulmänner. Otto Schumann – Martin Havenstein 1930–1944, Frankfurt a. M. 1988. Hammerstein, Notker: Die Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main, Bd. 1: Von der Stiftungsuniversität zur staatlichen Hochschule 1914–1950, Göttingen 2012. Hammerstein, Notker: Paul Joachimsen, in: Klaus Garber (Hg.), Kulturwissenschaftler des 20. Jahrhunderts. Ihr Werk im Blick auf das Europa der Frühen Neuzeit, München 2002, S. 159–173.

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Gedruckte Quellen und Literatur 453 Hampe, Karl: Karl der Große und Widukind, in: Vergangenheit und Gegenwart 24 (1934), S. 313–325. Hampe, Karl: Der Sturz des Hochmeisters Heinrich von Plauen, in: Sitzungsberichte der Preußischen Akademie der Wissenschaften, Phil.-Hist. Kl. 1935, Berlin 1935, S. 62–102. Hardtwig, Wolfgang: Deutsche Geschichtskultur im 19. und 20. Jahrhundert, München 2013. Hardtwig, Wolfgang: Neuzeit-Geschichtswissenschaften 1918–1945, in: vom Bruch / Tenorth, Geschichte der Universität Unter den Linden 5, S. 413–434. Harten, Hans Heinrich / Neirich, Uwe / Schwerendt, Matthias: Rassenhygiene als Erziehungsideologie des Dritten Reichs. Bio-bibliographisches Handbuch, Berlin 2006. Hartmann, Martina: Aus der Reichshauptstadt auf die »Insel der Seligen«. Die Mitarbeiterinnen der Monumenta Germaniae Historica in Berlin und Pommersfelden 1943–1945, in: ZBLG 77 (2014), S. 27–41. Hartmann, Martina: Erinnerungen an schwere Jahre. Handschriftliche Notizen der MGHMitarbeiterin Margarete Kühn, verfasst 1982, in: Mittelalter lesbar machen, S. 226–238. Hartmann, Martina: »Es musste ein neuer Anfang gemacht werden, im Weltbild und in der Arbeit«. Margarete Kühn (1896–1982) und die Monumenta Germaniae Historica in Berlin, in: DA 75 (2019), S. 135–161. Hartmann, Martina: Notizen über das Telefonat mit Frau Dr. Friedel Peeck am 7. 11. 2012 [masch.]. Hartmann, Martina: Die Stunde der Frauen? Die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen der MGH nach dem Ersten und im Zweiten Weltkrieg, in: DA 76 (2020), S. 653–698. Hartmann, Martina: Vom Reichsinstitut für ältere deutsche Geschichtskunde zum Sperrkreis II: Der MGH-Mitarbeiter Ottokar Menzel (1910–1945) (Vortrag, 18. März 2021). Hartung, Fritz: Korrespondenz eines Historikers zwischen Kaiserreich und zweiter Nachkriegszeit, hg. von Hans-Christof Kraus, Berlin 2019. Hartung, Fritz / Mayer, Theodor / Platzhoff, Walter / Ritterbusch, Paul / Rörig, Fritz / Schmitt, Carl / Übersberger, Hans / Zeiss, Hans: Das Reich und Europa, Leipzig 1941. Hasberg, Wolfgang: Mediävistik als Avantgarde. Kulturwissenschaftliche Strömungen in der Geschichtswissenschaft der Weimarer Republik, in: AKG 93 (2013), S. 303–332. Hasselhorn, Benjamin: Johannes Haller. Eine politische Gelehrtenbiographie, Göttingen 2015. Hausmann, Frank-Rutger: Anglistik und Amerikanistik im »Dritten Reich«, Frankfurt a. M. 2003. Hausmann, Frank-Rutger: »Deutsche Geisteswissenschaft« im Zweiten Weltkrieg. Die »Aktion Ritterbusch« (1940–1945), Heidelberg 32007. Hausmann, Frank-Rutger: Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter von Ernst Robert Curtius – sechzig Jahre danach, in: Literaturwissenschaftliches Jb. 35 (1994), S. 291–319. Hausmann, Frank-Rutger: Das Fach Mittellateinische Philologie an deutschen Universitäten von 1930 bis 1950, Stuttgart 2010. Hausmann, Frank-Rutger: Die Geisteswissenschaften im »Dritten Reich«, Frankfurt a. M. 2011. Hehl, Ernst-Dieter: Kirche und Krieg im 12. Jahrhundert. Studien zu kanonischem Recht und politischer Wirklichkeit, Stuttgart 1980. Hehl, Ulrich von (Hg.): Sachsens Landesuniversität in Monarchie, Republik und Diktatur. Beiträge zur Geschichte der Universität Leipzig vom Kaiserreich bis zur Auflösung des Landes Sachsen 1952, Leipzig 2005. Hehn, Viktor: Über den Charakter der Liv-, Est- und Kurländer, in: Baltische Monatsschrift 69 (1928), S. 587–596.

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454 ANHANG Heiber, Helmut, Universität unterm Hakenkreuz, Teil 1: Der Professor im Dritten Reich: Bilder aus der akademischen Provinz; Teil 2, 1–2: Die Kapitulation der Hohen Schulen: Das Jahr 1933 und seine Themen, München – London [u. a.] 1991, 1992–1994. Heiber, Helmut: Walter Frank und sein Reichsinstitut für Geschichte des neuen Deutschlands, Stuttgart 1966. Heimpel, Hermann: Aspekte. Alte und neue Texte, hg. von Sabine Krüger, Göttingen 1995. Heimpel, Hermann: Bemerkungen zur Geschichte König Heinrichs des Ersten, Leipzig 1937. Heimpel, Hermann: Die halbe Violine. Eine Jugend in der Residenzstadt München, Stuttgart 1949. Heinemeyer, Walter: Edmund E. Stengel (1879–1968), in: Ingeborg Schnack (Hg.), Marburger Gelehrte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, Marburg 1977, S. 536–543. Heinzel, Reto: Theodor Mayer. Ein Mittelalterhistoriker im Banne des »Volkstums« 1920–1960, Paderborn 2016. Heinzel, Reto: Von der Volkstumswissenschaft zum Konstanzer Arbeitskreis. Theodor Mayer und die interdisziplinäre deutsche Gemeinschaftsforschung, in: Stefan Albrecht / Jiří Malíř / Ralph Melville (Hg.), Die »sudetendeutsche Geschichtsschreibung« 1918–1960, München 2008, S. 43–59. Held, Jutta: Kunstgeschichte im ›Dritten Reich‹: Wilhelm Pinder und Hans Jantzen an der Münchner Universität, in: dies. / Martin Papenbrock (Hg.), Schwerpunkt: Kunstgeschichte an den Universitäten im Nationalsozialismus, Göttingen 2003, S. 17–59. Helmrath, Johannes: Geschichte des Mittelalters an der Berliner Universität von der Jahrhundertwende bis 1945, in: vom Bruch / Tenorth, Geschichte der Universität Unter den Linden 5, S. 371–411. Helmrath, Johannes: (Humanisten) Edieren in den deutschen Reichstagsakten, in: Sabine Holtz / Albert Schirrmeister / Stefan Schlelein (Hg.), Humanisten edieren. Gelehrte Praxis im Südwesten in Renaissance und Gegenwart, Stuttgart 2014, S. 209–244. Helzel, Frank: Ein König, ein Reichsführer und der Wilde Osten. Heinrich I. (919–936) in der nationalen Selbstwahrnehmung der Deutschen, Bielefeld 2004. Herbers, Klaus: Von Venedig nach Nordeuropa. Bernhard F. Schmeidler und die europäische Mittelalterforschung in Erlangen seit 1921, in: Helmut Neuhaus (Hg.), Geschichtswissenschaft in Erlangen, Erlangen – Jena 2000, S. 71–102. Herbert, Ulrich: Best. Biographische Studien über Radikalismus, Weltanschauung und Vernunft 1903–1989, München 2016. Herbert, Ulrich: Wer waren die Nationalsozialisten, München 2021. Herde, Peter: Anton Chroust (1864–1945). Ein streitbarer Historiker aus Österreich in Franken, in: Hruza, Österreichische Historiker, Bd. 2, S. 85–127. Herde, Peter: Geschichtswissenschaft in Würzburg vom Nationalsozialismus zum demokratischen Neubeginn, in: Würzburger Diözesangeschichtsblätter 75 (2012), S. 99–132. Herde, Peter: In memoriam Friedrich Baethgen. Ein Historiker des Papsttums in der Kritik, in: Würzburger Diözesangeschichtsblätter 82 (2019), S. 371–383. Herde, Peter: Kontinuitäten und Diskontinuitäten im Übergang vom Nationalsozialismus zum demokratischen Neubeginn. Die gescheiterten Berufungen von Hermann Heimpel nach München (1944–1946) und von Franz Schnabel nach Heidelberg (1946–1947), München 2007. Herde, Peter: Max Buchner (1881–1941) und die politische Stellung der Geschichtswissenschaft an der Universität Würzburg 1925–1945, in: Baumgart, Universität Würzburg, S. 183–251.

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Gedruckte Quellen und Literatur 455 Herde, Peter: Mittelalterforschung in der Bundesrepublik Deutschland 1945–1970, in: Maria Stuiber / Michele Spadaccini (Hg.), Bausteine zur deutschen und italienischen Geschichte. Festschrift zum 70. Geburtstag von Horst Enzensberger, Bamberg 2014, S. 175–218. Herzig, Arno: Die Ostforschung an der Universität Hamburg nach 1945, in: Nicolaysen /  Schildt, 100 Jahre Geschichtswissenschaft, S. 181–196. Hildermeier, Manfred: Geschichte Russlands. Vom Mittelalter bis zur Oktoberrevolution, 2. Aufl., München 2013. [Himmler, Heinrich:] Rede des Reichsführers SS im Dom zu Quedlinburg. Am 2. Juli 1936, Magdeburg 1936. Himmler, Katrin / Wildt, Michael (Hg.): Himmler privat. Briefe eines Massenmörders, München – Zürich 2014. Hirschhausen, Ulrike von: Die Grenzen der Gemeinsamkeit. Deutsche, Letten, Russen und Juden in Riga 1860–1914, Göttingen 2006. Historische Belletristik. Ein kritischer Literaturbericht, hg. von der Schriftleitung der Historischen Zeitschrift, München – Berlin 1928. Höfler, Otto: Das germanische Kontinuitätsproblem, in: HZ 157 (1938), S. 1–26 (zuerst selbständig, Hamburg 1937). Höpfner, Hans-Paul: Die Universität Bonn im Dritten Reich. Akademische Biographien unter nationalsozialistischer Herrschaft, Bonn 1999. Hörner, Unda: Die Architekten Bruno und Max Taut. Zwei Brüder – zwei Lebenswege, Berlin 2012, S. 83–92. Hoerschelmann, Helene, geb. Erdmann: Aus alten Dorpater Tagen, in: Alexander Eggers (Hg.), Baltische Lebenserinnerungen, Heilbronn 1926, S. 233–262. Hoffmann-Ocon, Andreas: »Die Deutsche Schule« im Nationalsozialismus, Münster 2009. Hoffmeister, Kurt: Zeitreise durch die Braunschweiger Sportgeschichte, Braunschweig o. J. Holtzmann, Walther: Ein Briefwechsel zwischen Paul Kehr und Friedrich Meinecke, in: DA 17 (1961), S. 9–11. Holtzmann, Walther: Papsturkunden in England, Bd. 1, 1, Berlin 1930. Holtzmann, Walther: Paul Fridolin Kehr, in: DA 8 (1951), S. 26–58. Hoppe, Willy: Ansprache, in: Fichte zu seinem 175. Geburtstag. Gedenkfeier der FriedrichWilhelms-Universität zu Berlin, Berlin 1937. Hoppe, Willy: Begrüßung, in: Wenzeslaus von Gleispach, Nationalsozialistisches Recht, S. 3–5. Hoppe, Willy: Landesgeschichte als Forderung der Gegenwart, in: Korrespondenzblatt des Gesamtvereins der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine 82 (1934), Sp. 1–7. Hoppe, Willy: Die Mark Brandenburg, Wettin und Magdeburg. Ausgewählte Aufsätze, eingeleitet und hg. von Herbert Ludat, Köln – Graz 1965. Hopster, Norbert / Josting, Petra / Neuhaus, Joachim: Kinder- und Jugendliteratur 1933–1945. Ein Handbuch, 2 Bde., Stuttgart – Weimar 2001–2005. Hossfeld, Uwe: »Kämpferische Wissenschaft«. Studien zur Universität Jena im Nationalsozialismus, Köln – Weimar – Wien 2003. Hossfeld, Uwe / John, Jürgen / Stutz, Rüdiger: »Kämpferische Wissenschaft«: Zum Profilwandel der Jenaer Universität im Nationalsozialismus, in: Hossfeld, Kämpferische Wissenschaft, S. 23–121. Hruza, Karel (Hg.): Österreichische Historiker. Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Bd. 1–3, Wien – Köln – Weimar 2008–2019.

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456 ANHANG Hruza, Karel: Eine zwiespältige Angelegenheit? Paul Fridolin Kehr und eine Ausschußsitzung der Zentraldirektion 1933 in Berlin: http://www.mgh.de/home/aktuelles/newsdetails/ schaetze-aus-200-jahren-mgh-geschichte-folge-11-paul-fridolin-kehr-laviert/2de48f108d/ Hübinger, Paul Egon: Die letzten Worte Papst Gregors VII., Opladen 1973. Hübner, Christoph: Ein bayerischer Vertreter des Weimarer »Rechtskatholizismus«: Max Buchner als Historiker, Politiker und Publizist in München und Würzburg (1919–1933), in: Jb. für fränkische Landesforschung 66 (2006), S. 441–461. Huth, Volkhard: Proteus mit »Klingelbeutelgenie«. Paul Fridolin Kehr als »Wissenschaftsmanager«, in: Hedwig Röckelein (Hg.), 100 Jahre Germania Sacra. Kirchengeschichte schreiben vom 16. bis zum 21. Jahrhundert, Berlin – Boston 2018. Inachin, Kira T.: »Märtyrer mit einem kleinen Häuflein Getreuer«. Der erste Gauleiter der NSDAP in Pommern Karl Theodor Vahlen, in: VfZ 49 (2001), S. 31–51. Innere Medizin. Ein Lehrbuch für Studierende der Medizin und Ärzte, begründet von Ludwig Heilmeyer, hg. von H. A. Kühn und J. Schirmeister, 4., völlig neu bearb. Aufl., Berlin – Heidelberg – New York 1982. Jacobsen, Hans-Adolf: Karl Haushofer. Leben und Werk, 2 Bde., Boppard 1979. Jacobsen, Hans-Adolf: Nationalsozialistische Außenpolitik 1933–1938, Frankfurt a. M. 1968. Jaeggi, Annemarie: Waldsiedlung Zehlendorf »Onkel Toms Hütte«, in: Vier Berliner Siedlungen der Weimarer Republik, Berlin 1984/1987, S. 137–158. Jahr, Christoph: »Das ›Führen‹ ist ein sehr schwieriges Ding«. Anspruch und Wirklichkeit der »Führeruniversität« in Berlin 1933–1945, in: Ders. (Hg.), Die Berliner Universität in der NS-Zeit, Bd. 1, Stuttgart 2005, S. 17–36. Jahr, Christoph: Die »geistige Verbindung von Wehrmacht, Wirtschaft und Politik«: Wehrlehre und Heimatforschung an der Friedrichs-Wilhelms-Universität zu Berlin 1933–1945, in: Jb. für Universitätsgeschichte 4 (2001), S. 161–176. Jahr, Christoph: Das Krämervolk der eitlen Briten. Das deutsche Englandbild im Ersten Weltkrieg, in: ders. / Uwe Mai / Kathrin Roller (Hg.), Feindbilder in der deutschen Geschichte, Berlin 1994, S. 115–142. Jahr, Christoph: Die nationalsozialistische Machtübernahme und ihre Folgen, in: vom Bruch / Tenorth, Geschichte der Universität Unter den Linden 2, S. 295–324. Jahr, Christoph: Rektor ohne Führung? Willy Hoppe und die Wissenschaftspolitik an der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin in der NS-Zeit, in: Marc Schalenberg / Peter Th. Walther (Hg.), »… immer im Forschen bleiben«. Rüdiger vom Bruch zum 60. Geburtstag, Stuttgart 2004, S. 179–198. Jakobs, Hermann: Theodisk im Frankenreich, Heidelberg 1998. Jakobs, Hermann: Theodor Schieffer 1910–1992. Ein Gelehrtenleben im 20. Jahrhundert, in: Historisches Jb. 113 (1993), S. 1–20. Jakobs, Horst Heinrich: Karl Larenz und der Nationalsozialismus, in: Juristen-Zeitung 48 (1993), S. 805–815. Jansen, Christian: Emil Julius Gumbel. Portrait eines Zivilisten, Heidelberg 1991. Jansen, Christian: Der »Fall Gumbel« und die Heidelberger Universität 1924–1932, Heidelberg 1981. Jansen, Christian: Vom Gelehrten zum Beamten. Karriereverläufe und soziale Lage der Heidelberger Hochschullehrer 1914–1933, Heidelberg 1992.

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Gedruckte Quellen und Literatur 457 Jansen, Ea: Das »Baltentum«, die Deutschbalten und die Esten, in: Forschungen zur baltischen Geschichte 2 (2007), S. 71–111. Jarck, Horst-Rüdiger / Schee, Günter (Hg.): Braunschweigisches Biographisches Lexikon 19. und 20. Jahrhundert, Hannover 1996. Jaspert, Nikolas: Die Kreuzzüge, Darmstadt 52010. Jatho, Jörg-Peter / Simon, Gerd: Gießener Historiker im Dritten Reich, Gießen 2008. Jedin, Hubert: Kirche des Glaubens, Kirche der Geschichte. Ausgewählte Aufsätze und Vorträge, Bd. 1, Freiburg i. Br. 1966. Jensen, Kurt Villads: Crusading at the Edges of Europe: Denmark and Portugal, c. 1000 – c. 1250, London – New York 2017. Jerosch Herold, Bernardo: Empresários e técnicos alemães residentes em Lisboa e a Grande Guerra de 1914–1918, Lissabon 2017. Jezernik, Božidar: Das wilde Europa. Der Balkan in den Augen westlicher Reisender, Köln 2016. Joachimsen, Paul: Die Reformation als Epoche der deutschen Geschichte, hg. von Otto Schottenloher, München 1951. Joachimsthaler, Anton: Hitlers Ende. Legenden und Dokumente, München 22004, S. 282 f. Jordan, Karl: Heinrich der Löwe. Eine Biographie, München 21980. Jünger, Ernst: Strahlungen II (E. J., Sämtliche Werke 3), Stuttgart 2015. Jünger, Ernst / Schmitt, Carl: Briefe 1930–1983, hg. von Helmuth Kiesel, Stuttgart 22012. Juhnke, Dominik: Leopold Ranke. Biographie eines Geschichtsbesessenen, Berlin 2015. Just, Leo: Briefe an Hermann Cardauns, Paul Fridolin Kehr, Aloys Schulte, Heinrich Finke, Albert Brackmann und Martin Spahn 1923–1944, hg. von Michael Feldkamp, Frankfurt a. M. – Berlin [u. a.] 2002. Kaehler, Siegfried A.: Briefe 1900–1963, hg. von Walter Bussmann / Günther Grünthal, Boppard 1993. Kaiser, Peter (Hg.): Mut zum Bekenntnis. Die geheimen Tagebücher des Hauptmanns Hermann Kaiser 1941/43, Berlin 2010. Kaiser, Tobias: Karl Griewank (1900–1953) – ein deutscher Historiker im »Zeitalter der Extreme«, Stuttgart 2007. Kampus, Evald: Geselliges Leben, Zeitvertreib und Unterhaltung der Deutschen im 19. Jahrhundert in Dorpat, in: Eun Küng / Helina Tamman (Hg.), Festschrift für Vello Helk zum 75. Geburtstag. Beiträge zur Verwaltungs-, Kirchen- und Bildungsgeschichte des Ostseeraumes, Tartu 1998, S. 333–368. Kantorowicz, Ernst H.: Anonymi »Aurea Gemma« [1943], in: ders., Selected Studies, S. 247–263. Kantorowicz, Ernst: Das Geheime Deutschland. Vorlesung, gehalten bei Wiederaufnahme der Lehrtätigkeit am 14. November 1933. Edition von Eckhart Grünewald, in: Benson / Fried, Ernst Kantorowicz, S. 77–93. Kantorowicz, Ernst: Kaiser Friedrich der Zweite (Blätter für die Kunst. Geschichtliche Reihe), Berlin 1927. Kantorowicz, Ernst H.: »Mythenschau«. Eine Erwiderung, in: HZ 141 (1930), S. 457–471; Nachdruck in: Wolf, Stupor mundi, S. 23–40. Kantorowicz, Ernst H.: Petrus de Vinea in England, in: ders., Selected Studies, S. 213–246. Kantorowicz, Ernst H.: Selected Studies, New York 1965.

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458 ANHANG Kantorowicz, Ernst H.: Die Wiederkehr gelehrter Anachorese im Mittelalter [1937], in: ders., Selected Studies, S. 339–351. Kantorowicz, Ernst H.: Zu den Rechtsgrundlagen der Kaisersage [1957], in: ders., Götter in Uniform. Studien zur Entwicklung des Königtums, Stuttgart 1998, S. 203–247. Kappeler, Andreas: Rußland als Vielvölkerreich. Entstehung, Geschichte, Zerfall, 2. Aufl., München 1993. Karl der Große oder Charlemagne? Acht Antworten deutscher Geschichtsforscher (Probleme der Gegenwart), Berlin 1935. Kasmi, Marenglen: Die deutsche Besatzung in Albanien 1943 bis 1944, Potsdam 2013. Kater, Michael H.: Das »Ahnenerbe« der SS 1935–1945. Ein Beitrag zur Kulturpolitik des Dritten Reiches, München 2001. Kaube, Jürgen: Max Weber. Ein Leben zwischen den Epochen, Berlin 2014. Kehr, Paul Fridolin: Ausgewählte Schriften, hg. von Rudolf Hiestand, 2 Bde., Göttingen 2005. Kehr, Paul Fridolin: Erster Bericht über die geschichtlichen Forschungen in Spanien (1925– 1927), in: Sitzungsberichte der Preußischen Akademie der Wissenschaften 1927, Phil.-hist. Kl, S. 304–318. Kehr, Paul Fridolin: Liber Vitae, hg. von Hedwig Munscheck-von Pölnitz (in Vorbereitung). Kehr, Paul Fridolin: Otia diplomatica [1903], in: ders., Ausgewählte Schriften, Bd. 2, S. 671–715 (ursprünglich 1903). Kehr, Paul Fridolin: Papsturkunden in Spanien. Vorarbeiten zur Hispania Pontificia I, II, Göttingen 1926, 1928. Kehr, Paul Fridolin: Römische Erinnerungen, Wien 1940; Nachdruck in: ders., Ausgewählte Schriften, Bd. 2, S. 1303–1327. Keller, Rolf: Sowjetische Kriegsgefangene im Deutschen Reich 1941/42. Behandlung und Arbeitseinsatz zwischen Vernichtungspolitik und kriegswirtschaftlichen Zwängen, Göttingen 2011. Kern, Liselotte: Fritz Kern 1884–1950. Universalhistoriker und Philosoph. Hinweis auf einen unveröffentlichten Nachlass, Bonn 1980. Kerner, Max: Karl der Große. Entschleierung eines Mythos, Köln – Weimar – Wien 2001. Kershaw, Ian: Das Ende. Kampf bis in den Untergang. NS-Deutschland 1944/45, München 2011. Kertzer, David I.: Der erste Stellvertreter. Pius XI. und der geheime Pakt mit dem Faschismus, Darmstadt 2016. Kessler, Harry Graf: Das Tagebuch, Bd. 9: 1926–1937, hg. von Sabine Gruber und Ulrich Ott, Stuttgart 2010. Kinas, Sven: Akademischer Exodus. Die Vertreibung von Hochschullehrern aus den Universitäten Berlin, Frankfurt am Main, Greifswald und Halle 1933–1945, Heidelberg 2018. Kinas, Sven: Massenentlassungen und Emigration, in: vom Bruch / Tenorth, Geschichte der Universität Unter den Linden 2, S. 325–403. Kittsteiner, Heinz Dieter: Oswald Spengler zwischen »Untergang des Abendlandes« und »Preußischem Sozialismus«, in: Wolfgang Hardtwig / Erhard Schütz (Hg.), Geschichte für Leser. Populäre Geschichtsschreibung in Deutschland im 20. Jahrhundert, Stuttgart 2005, S. 309–330. Klagges, Dietrich: Geschichte und Erziehung, in: Nationalsozialistisches Bildungswesen 2 (1937), S. 81–98. Klee, Ernst: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945, Koblenz 2012.

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Gedruckte Quellen und Literatur 459 Klein, Julian: Hans Schleif – Stationen der Biographie eines Bauforschers im Nationalsozialismus. Ergebnisse der Recherche zur Theaterproduktion »Hans Schleif« am Deutschen Theater Berlin, in: Jb. des Deutschen Archäologischen Instituts 131 (2016), S. 273–421. Klemperer, Victor: LTI. Notizbuch eines Philologen, 24., völlig neu bearbeitete Aufl. Nach der Ausgabe letzter Hand hg. und kommentiert von Elke Fröhlich, Stuttgart 2010. Klemperer, Victor: Man möchte immer weinen und lachen in einem. Revolutionstagebuch 1919, Berlin 2015. Klessmann, Christoph: Opposition und Resistenz in zwei Diktaturen in Deutschland, in: HZ 262 (1996), S. 453–479. Klüssendorf, Niklot: Landesgeschichte oder Mittelalter? Heinz Maybaum als Professor an der Universität Rostock (1935–1945), in: Mecklenburgische Jahrbücher 121 (2006), S. 209–240. Kniefacz, Katharina / Posch, Herbert: Selbstdarstellung mit Geschichte. Traditionen, Memorial- und Jubiläumskultur der Universität Wien, in: dies. / Nemeth, Elisabeth [u. a.] (Hg.), Universität – Forschung – Lehre. Themen und Perspektiven im langen 19. Jahrhundert (650 Jahre Universität Wien 1), Göttingen 2015, S. 381–409. Koch, Helmut / Kramer, Jürg, Die Mathematik zwischen 1890 und 1945, in: vom Bruch / Tenorth, Geschichte der Universität Unter den Linden 5, S. 675–690. Koch, Lars: Der Erste Weltkrieg als Medium der Gegenmoderne. Zu den Werken von Walter Flex und Ernst Jünger, Würzburg 2006. König, J.: Friedrich Bock 17. September 1890 – 10. Oktober 1963, in: Niedersächsisches Jb. für Landesgeschichte 35 (1963), S. 305–308. König, Susanne: Leben in außergewöhnlichen Zeiten. Die Mittelalterliche Forschung und ihre Vertreter an der Humboldt-Universität zu Berlin in der DDR, Berlin 2018. Koepcke, Cordula: Reinhold Schneider. Eine Biographie, Würzburg 1993. Kolb, Eberhard: »Die Historiker sind ernstlich böse«. Der Streit um die »Historische Belletristik« in Weimar-Deutschland, in: Norbert Fintzsch / Hermann Wellenreuther (Hg.), Liberalitas. Festschrift für Erich Angermann zum 65. Geburtstag, Stuttgart 1992, S. 67–86. Kortüm, Hans-Henning: »Gut durch die Zeiten gekommen«. Otto Brunner und der Nationalsozialismus, in: VfZ 66 (2018), S. 117–160. Kortüm, Hans-Henning: Otto Brunner über Otto den Großen. Aus den letzten Tagen der reichsdeutschen Mediävistik, in: HZ 299 (2014), S. 297–333. Kotzur, Hans-Jürgen (Hg.): Kein Krieg ist heilig: Die Kreuzzüge, Mainz 2004. Kraas, Andreas: Lehrerlager 1932–1945. Politische Funktion und pädagogische Gestaltung, Bad Heilbrunn / Oberbayern 2004. Krämer, Matthias: Vernetzung als Kapital einer Fachzeitschrift. Kontinuität im Neuanfang der Historischen Zeitschrift 1949, in: Jürgen Elvert (Hg.), Geschichte jenseits der Universität. Netzwerke und Organisationen in der frühen Bundesrepublik, Stuttgart 2016, S. 87–105. Kraepelin, Emil: Lebenserinnerungen, Berlin – Heidelberg – Tokyo 1983. Kraus, Hans Christof: Arnold Oskar Meyer, in: ders., Berlinische Lebensbilder 10, S. 245–262. Kraus, Hans-Christof (Hg.): Berlinische Lebensbilder 10: Geisteswissenschaftler II, Berlin 2012. Kraus, Hans Christof: Fritz Hartung, in: ders., Berlinische Lebensbilder 10, S. 307–327. Kraus, Hans-Christof: Das Geheime Deutschland. Zur Geschichte und Bedeutung einer Idee, in: HZ 291 (2000), S. 385–417. Kraus, Hans-Christof: Kleindeutsch – Großdeutsch – Gesamtdeutsch? Eine Historikerkontroverse der Zwischenkriegszeit, in: Alexander Gallus / Thomas Schubert / Tom Thieme (Hg.), Deutsche Kontroversen. Festschrift für Eckhard Jesse, Baden-Baden 2013, S. 71–86.

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460 ANHANG Kraus, Hans Christof: Ein Königsberger Historiker: Otto Krauske (1859–1930), in: ders. / Frank-Lothar Kroll (Hg.), Historiker und Archivar im Dienste Preußens. Festschrift für Jürgen Kloosterhuis, Berlin 2015, S. 209–244. Kraus, Hans Christof: Ein Roman über George und Kantorowicz, in: F. A. Z., 18. August 2010, S. N 4. Kretschmann, Carsten: Einsatz für Deutschland? Die Frankfurter Historiker Walter Platzhoff und Paul Kirn im »Dritten Reich«, in: Jörn Kobes / Jan-Otmar Hesse (Hg.), Frankfurter Wissenschaftler zwischen 1933 und 1945, Göttingen 2008, S. 5–32. Kretschmann, Carsten: Geschichte als Politik. Walter Platzhoff, in: Moritz Epple / Johannes Fried [u. a.] (Hg.), »Politisierung der Wissenschaft«. Jüdische Wissenschaftler und ihre Gegner an der Universität Frankfurt am Main vor und nach 1933, Göttingen 2016, S. 147–172. Kriese, Sven: Albert Brackmann und Ernst Zipfel. Die Generaldirektoren im Vergleich, in: ders., Archivarbeit im und für den Nationalsozialismus. Die preußischen Staatsarchive vor und nach dem Machtwechsel von 1933, Berlin 2015, S. 17–94. Kroeger, Gert: Die politische Denkweise des livländischen Hegelianers Johann Eduard Erdmann (1805–1892), in: Zs. für Ostforschung 7 (1958), S. 338–373. Kroll, Frank-Lothar: Intellektueller Widerstand im Dritten Reich. Möglichkeiten und Grenzen, in: Barbara Zehnpfennig (Hg.), Politischer Widerstand. Allgemeine theoretische Grundlagen und praktische Erscheinungsformen in Nationalsozialismus und Kommunismus, Baden-Baden 2017, S. 205–241. Kroll, Frank-Lothar: Utopie als Ideologie. Geschichtsdenken und politisches Handeln im Dritten Reich, Paderborn – München – Wien – Zürich 1998. Kroll, Frank-Lothar / von Voss, Rüdiger: Schriftsteller und Widerstand. Facetten und Probleme der »Inneren Emigration«, Göttingen 2012. Kümper, Hiram (Hg.): Historikerinnen. Eine bio-bibliographische Spurensuche im deutschen Sprachraum, Kassel 2009. Kuhlgatz, Dietrich: Verehrung und Isolation. Zur Rezeptionsgeschichte der Biographie Friedrichs II. von Ernst Kantorowicz, in: ZfG 43 (1995), S. 736–746. Kuhlmann, Sabine: Der Streit um Karl den Großen, Widukind und den ›Tag von Verden‹ in der NS-Zeit, Stade 2010. Ladner, Gerhart B.: Erinnerungen, hg. von Herwig Wolfram und Walter Pohl, Wien 1994. Lahme, Tilmann: Golo Mann. Biographie, Frankfurt a. M. 2009. Lahme, Tilmann: Die Manns. Geschichte einer Familie, Frankfurt a. M. 2017. Lampe, Albert O. A.: Widukind und Karl der Westfranke, in: Vergangenheit und Gegenwart 24 (1934), S. 469–477. Langewiesche, Dieter: Der gewaltsame Lehrer. Europas Kriege in der Moderne, München 2019. Laudage, Christiane: Kampf um den Stuhl Petri. Die Geschichte der Gegenpäpste, Freiburg i. Br. 2012. Lehmann, Hartmut / Oexle, Otto-Gerhard (Hg.): Nationalsozialismus in den Kulturwissenschaften, 2 Bde., Göttingen 2004. Lehner, Kurt M.: Friedrich Hielscher. Nationalrevolutionär, Widerständler – Heidenpriester, Paderborn 2015. Lemberg, Joseph: Der Historiker ohne Eigenschaften. Eine Problemgeschichte des Mediävisten Friedrich Baethgen, Frankfurt – New York 2015. Lenger, Friedrich: Werner Sombart 1863–1941. Eine Biographie, München 1994.

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Gedruckte Quellen und Literatur 461 Lenz, Wilhelm (Hg.): Deutschbaltisches biographisches Lexikon 1710–1960, Köln – Wien 1970. Lenz, Wilhelm: Die Literaten, in: Wilfried Schlau (Hg.), Sozialgeschichte der baltischen Deutschen, 2. Aufl., Köln 2000, S. 140–183. Leopold, Gerhard: Die ottonischen Kirchen St. Servatii, St. Wiperti und St. Marien in Quedlinburg. Zusammenfassende Darstellung der archäologischen und baugeschichtlichen Forschungen von 1936 bis 2001, Halle (Saale) 2010. Leppik, Lea: Das Geschäft mit der Poudrette: Zur sanitären Frage in Dorpat im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert, in: Forschungen zur baltischen Geschichte 11 (2016), S. 113–128. Lerchenmueller, Joachim: Die Geschichtswissenschaft in den Planungen des Sicherheitsdienstes der SS. Der SD-Historiker Hermann Löffler und seine Denkschrift »Entwicklung und Aufgaben der Geschichtswissenschaft in Deutschland«, Bonn 2001. Lerner, Robert E.: Ernst Kantorowicz. A Life, Princeton – Oxford 2017. Lerner, Robert E.: Ernst Kantorowicz and Theodor E. Mommsen, in: Hartmut Lehmann / James J. Sheehan (Hg.), An Interrupted Past. German-Speaking Refugee Historians in the United States after 1933, Washington – Cambridge 1991, S. 188–205. Lerner, Robert E.: »Meritorious Academic Service«: Kantorowicz and Frankfurt, in: Benson / Fried, Ernst Kantorowicz, S. 14–32. Lethen, Helmut: Die Staatsräte. Elite im Dritten Reich: Gründgens, Furtwängler, Sauerbruch, Schmitt, Berlin 2018. Leube, Achim: Prähistorie zwischen Kaiserreich und wiedervereinigtem Deutschland. 100 Jahre Ur- und Frühgeschichte an der Berliner Universität Unter den Linden, Bonn 2010. Leube, Achim: Der Prähistoriker Werner Radig (1903–1985). Ein Beitrag zur deutschen Prähistorie im Wandel der Zeiten, in: Ethnographisch-Archäologische Zs. 45 (2004), S. 83–129. Liebrandt, Hannes: »Das Recht mich zu richten, das spreche ich Ihnen ab!« Der Selbstmord der nationalsozialistischen Elite, Paderborn 2017. Liebrecht, Johannes: Fritz Kern und das gute alte Recht. Geistesgeschichte als neuer Zugang für die Mediävistik, Frankfurt a. M. 2016. Lintzel, Martin: Karl der Große und Widukind, Hamburg 1935. Lintzel, Martin: Zur Beurteilung Widukinds und Karls des Großen, in: ders., Ausgewählte Schriften, Bd. 1, Berlin 1961, S. 225–231. Löer, Ulrich: Ein Gelehrtenleben für das Latein des Mittelalters: Norbert Eickermann (Fickermann). Ein Beitrag zur Geschichte der Monumenta Germaniae Historica, in: Mittellateinisches Jb. 31 (1996), S. 3–19. Lösch, Anna-Maria Gräfin von: Der nackte Geist. Die Juristische Fakultät der Berliner Universität im Umbruch von 1933, Tübingen 1999. Löwith, Karl: Mein Leben in Deutschland vor und nach 1933. Ein Bericht, neu hg. von Frank-Rutger Hausmann, Stuttgart – Weimar 2007. Longerich, Peter: Heinrich Himmler. Biographie, München 2008. Lorentzen, Tim: Ideologische Usurpation. Die nationalsozialistische Umgestaltung der Stiftskirchen zu Braunschweig und Quedlinburg als Zeichenhandlung, Wolfenbüttel 2005. Losemann, Volker: Die »Zeitgeschichte der Alten Geschichte«, in: Sabine Rieckhoff [u. a.] (Hg.), Burgwallforschung im akademischen und öffentlichen Diskurs des 20. Jahrhunderts, Leipzig 2009, S. 8–20. Losemann, Volker: Zur Konzeption der NS-Dozentenlager, in: Manfred Heinemann (Hg.), Erziehung und Schulung im Dritten Reich, Teil 2: Hochschule, Erwachsenenbildung, Stuttgart 1980, S. 87–109 (Nachdruck in: ders., Klio und die Nationalsozialisten. Ge-

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462 ANHANG sammelte Schriften zur Wissenschafts- und Rezeptionsgeschichte, Wiesbaden 2017, S. 43–59). Lott, Walter / Reese, Werner (Mannschaftsführer): Gesamtdeutsches Denken in Österreich und die Reichsgründung. Reichssiegerarbeit der Sparte »Kampf um die Weltanschauung« im Reichsberufswettkampf der deutschen Studenten 1936/37, München – Berlin 1938. Lüdtke, Franz: König aller Deutschen. Roman des völkischen Aufbruchs, Berlin o. J. [1942]. Lüdtke, Franz: König Heinrich I., Berlin 1936. Lüpke, Ute von: Zäsuren – Katastrophen – Neuanfänge. Friedrich Meinecke und die Umbrüche der deutschen Geschichte im 20. Jahrhundert, Hamburg 2015. Maass, Sebastian: Oswald Spengler. Eine politische Biographie, Berlin 2013. Macho, Thomas: Das Leben nehmen. Suizid in der Moderne, Berlin 2017. Mahrsarski, Dirk: Herbert Jankuhn (1905–1990). Ein deutscher Prähistoriker zwischen nationalsozialistischer Ideologie und wissenschaftlicher Objektivität, Rahden 2011. Malkiel, Yakov: Ernst H. Kantorowicz, in: Arthur R. Evans, Jr. (Hg.), On Four Modern Humanists: Hofmannsthal, Gundolf, Curtius, Kantorowicz, Princeton 1970. Mann, Golo: Briefe 1932–1992, hg. von Tilmann Lahme und Kathrin Lüssi, Göttingen 2006. Mann, Thomas: Briefe 1937–1947, o. O., o. J. [Frankfurt a. M. 1963]. Mann, Thomas: Herr und Hund. Ein Idyll, in: ders., Sämtliche Erzählungen, Frankfurt a. M. 1973, S. 418–490. Mann, Thomas: Tagebücher 1918–1921; 1933–1934, hg. von Peter de Mendelssohn, Frankfurt a. M. 1979, 1977. Mark, Rudolf A.: Krieg an fernen Fronten. Die Deutschen in Russisch-Turkestan und am Hindukusch 1914–1924, Paderborn – München [u. a.] 2013. Markov, Walter: Wie viele Leben lebt der Mensch. Eine Autobiographie aus dem Nachlaß, o. O. 2009. Martynkewicz, Wolfgang: Salon Deutschland. Geist und Macht 1900–1945, Berlin 2011. Marxen, Klaus: Der Kampf gegen das liberale Strafrecht. Eine Studie zum Antiliberalismus in der Strafrechtswissenschaft der zwanziger und dreißiger Jahre, Berlin 1975. Masur, Gerhard: Das ungewisse Herz. Berichte aus Berlin – über die Suche nach dem Freien, Holyoke 1978. Matena, Andreas: Der Papst als Idol. Skizzen zu einem Diskurs zwischen dem 11. und 15. Jahrhundert, in: Harald Müller (Hg.), Der Verlust der Eindeutigkeit. Zur Krise päpstlicher Autorität im Kampf um die Cathedra Petri, Berlin – Boston 2017, S. 127–145. Matheus, Michael: Das Deutsche Historische Institut (DHI) in Rom und Paul Fridolin Kehrs Papsturkundenwerk, in: Klaus Herbers / Jochen Johrendt (Hg.), Das Papsttum und das vielgestaltige Italien. Hundert Jahre Italia Pontificia, Berlin – New York 2009, S. 3–12. Matheus, Michael: Ernst H. Kantorowicz (1895–1963) und das Deutsche Historische Institut in Rom, in: Frank G. Hirschmann / Gerd Mentgen (Hg.), Campana pulsante convocati. Festschrift anläßlich der Emeritierung von Prof. Dr. Alfred Haverkamp, Trier 2005, S. 291–323. Matthiesen, Helge: Greifswald in Vorpommern. Konservatives Milieu im Kaiserreich, in Demokratie und Diktatur 1900–1990, Düsseldorf 2000. Matthiesen, Michael: Verlorene Identität. Der Historiker Arnold Berney und seine Freiburger Kollegen 1923–1938, Göttingen 1998. Maurer, Helmut: Konrad Josef Heilig (1907–1945). Mediävist und politischer Publizist, in: Hruza, Österreichische Historiker, Bd. 2, S. 615–647.

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Gedruckte Quellen und Literatur 463 Maurer, Helmut: Theodor Mayer (1883–1972). Sein Wirken vornehmlich während der Zeit des Nationalsozialismus, in: Hruza, Österreichische Historiker, Bd. 1, S. 493–530. Maurer, Michael: Aufklärung und Anglophilie in Deutschland, Göttingen 1987. Maurer, Trude: Hochschullehrer im Zarenreich. Ein Beitrag zur russischen Sozial- und Bildungsgeschichte, Köln – Weimar – Wien 1998. Maurer, Trude: Vorposten – oder auf verlorenem Posten? Die Universitäten Straßburg ud Jur’ev 1872/1887–1918, in: Zs. für Ostmitteleuropa-Forschung 56 (2007), S. 500–538. Mayer, Hans Eberhard: Geschichte der Kreuzzüge, Stuttgart 1965, 102005. Mayer, Theodor: Die Ausbildung der Grundlagen des modernen Staates im hohen Mittelalter, in: HZ 159 (1939), S. 457–487. Mayer, Theodor: Die Geschichtsforschung im neuen Europa, in: Völkischer Beobachter, 11./12. April 1942; Nachdruck in: Johannes Fried (Hg.), Vierzig Jahre Konstanzer Arbeitskreis für mittelalterliche Geschichte, Sigmaringen 1991, S. 29–32. Mayer, Theodor: Mittelalterliche Studien. Gesammelte Aufsätze, Lindau – Konstanz 1959. Mayer, Theodor: Ein Rückblick, in: ders., Mittelalterliche Studien, S. 463–503. Mayer, Theodor: Der Staat der Herzoge von Zähringen, in: ders., Mittelalterliche Studien, S. 350–364. Mayer, Theodor (Hg.): Der Vertrag von Verdun 843. Neun Aufsätze zur Begründung der europäischen Völker- und Staatenwelt, Leipzig 1943. Mayer, Theodor / Heilig, Konrad / Erdmann, Carl: Kaisertum und Herzogsgewalt im Zeitalter Friedrichs I. Studien zur politischen und Verfassungsgeschichte des hohen Mittelalters, Leipzig 1944. Mazower, Mark: Der Balkan, Berlin 2002. Meinecke, Friedrich: Ausgewählter Briefwechsel, hg. und eingeleitet von Ludwig Dehio und Peter Classen (F. M., Werke 6), Stuttgart 1962. Meinecke, Friedrich: Neue Briefe und Dokumente, hg. von Gisela Bock und Gerhard A. Ritter in Zusammenarbeit mit Stefan Meineke und Volker Hunecke (F. M., Werke 10), München 2012. Meinecke, Friedrich: Strassburg / Freiburg / Berlin 1901–1919. Erinnerungen, Stuttgart 1949. Menk, Gerhard: Landesgeschichte, Archivwesen und Politik. Der hessische Landeshistoriker und Archivar Karl Ernst Demandt (1909–1990), Marburg 2009. Mentzel-Reuters, Arno / Baumeister, Martin / Hartmann, Martina (Hg.): Das Reichsinstitut für ältere deutsche Geschichtskunde 1935 bis 1945 – ein »Kriegsbeitrag der Geisteswissenschaften«?, Wiesbaden 2021. Mentzel-Reuters, Arno: Das Reichsinstitut zwischen Ahnenerbe und Westforschung, in: Mentzel-Reuters / Baumeister / Hartmann, Das Reichsinstitut für ältere deutsche Geschichtskunde, S. 1–53. Mertens, Herbert: Anschauungswelt versus Papierwelt. Zur historischen Interpretation der Grundlagenkrise der Mathematik, in: Hans Poser / Hans-Werner Schütt (Hg.), Ontologie und Wissenschaft. Philosophische und wissenschaftshistorische Untersuchungen zur Frage der Objektkonstitution, Berlin 1984, S. 231–276. Meyer, Arnold Oskar: Werner Reese zum Gedächtnis (Beilage zu W. Reese, Die Niederlande und das Deutsche Reich). Meyer, Herbert: Kaiserfahne und Blutfahne, in: ZRG GA 53 (1933), S. 291–299. Michelsen, Jakob: Von Breslau nach Hamburg. Ostforscher am Historischen Seminar der Universität Hamburg nach 1945, in: Rainer Hering / Rainer Nicolaysen (Hg.), Lebendige Sozialgeschichte. Gedenkschrift für Peter Borowsky, Wiesbaden 2003, S. 659–681.

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464 ANHANG Miethke, Jürgen: Die Mediävistik in Heidelberg seit 1933, in: ders. (Hg.), Geschichte in Heidelberg. 100 Jahre Historisches Seminar, 50 Jahre Institut für Fränkisch-Pfälzische Geschichte und Landeskunde, Berlin – Heidelberg 1992, S. 93–124. Mitscherlich, Alexander: Ein Leben für die Psychoanalyse. Anmerkungen zu meiner Zeit, Frankfurt a. M. 1980. Mitteis, Heinrich: Zur staufischen Verfassungsgeschichte, in: ZRG GA 65 (1947), S. 326–336. Mittelalter lesbar machen. Festschrift 200 Jahre Monumenta Germaniae Historica, Wiesbaden 2019. Möhler, Rainer: Die Reichsuniversität Straßburg 1940–1944. Eine nationalsozialistische Musteruniversität zwischen Wissenschaft, Volkstumspolitik und Verbrechen, Stuttgart 2020. Mommsen, Wilhelm: »Legitime« und »illegitime« Geschichtsschreibung. Eine Auseinandersetzung mit Emil Ludwig, München – Berlin 1930. Mommsen, Wolfgang J.: Zur Entwicklung des Englandbildes der Deutschen seit dem Ende des 18. Jahrhunderts, in: Lothar Kettenacker [u. a.] (Hg.), Studien zur Geschichte Englands und der deutsch-britischen Beziehungen. Festschrift für Paul Kluke, München 1981, S. 375–397. Monticone, Alberto: La cultura italiana e la Germania nel 1914: una lettera di P. F. Kehr al principe di Bülow, in: QFIAB 48 (1968), S. 323–345. Morat, Daniel / Becker, Tobias [u. a.]: Weltstadtvergnügen. Berlin 1880–1930, Göttingen 2016. Moser, Ulrike: Schwindsucht. Eine andere deutsche Gesellschaftsgeschichte, Berlin 2018. Mühl-Benninghaus, Sigrun: Das Beamtentum in der NS-Diktatur bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges. Zu Entstehung, Inhalt und Durchführung der einschlägigen Beamtengesetze, Düsseldorf 1996. Mühle, Eduard: Für Volk und deutschen Osten. Der Historiker Hermann Aubin und die deutsche Ostforschung, Düsseldorf 2005. Mühlen, Patrick von zur: Baltische Geschichte in Geschichten. Denkwürdiges und Merkwürdiges aus acht Jahrhunderten, o. O [Tallinn] 2006. Müller, Guido: Weltpolitische Bildung und akademische Reform. Carl Heinrich Beckers Wissenschafts- und Hochschulpolitik 1908–1930, Köln 1991. Müller, Harald: Gegenpäpste – Prüfsteine universaler Autorität im Mittelalter, in: Müller / Hotz, Gegenpäpste, S. 13–53. Müller, Harald / Hotz, Brigitte (Hg.), Gegenpäpste. Ein unerwünschtes mittelalterliches Phänomen, Köln 2012. Müller, Karl Alexander von: Mars und Venus. Erinnerungen 1914–1919, Stuttgart 1954. Müller, Karl Alexander von: Im Wandel einer Welt. Erinnerungen, Bd. 3: 1919–1932, hg. von Otto Alexander von Müller, München 1966. Muhlack, Ulrich: »Deutsche Neuzeit«. Zur Historiographie Paul Joachimsens, in: Zs. für Historische Forschung 1 (1974), S. 89–115. Nagel, Anne Christine: »Allein unter Kollegen« – Theodor Mayer und die MGH im Krieg, in: Mentzel-Reuters / Baumeister / Hartmann, Das Reichsinstitut für ältere deutsche Geschichtskunde, S. 179–193. Nagel, Anne Christine: »Er ist der Schrecken überhaupt der Hochschule« – Der Nationalsozialistische Deutsche Dozentenbund in der Wissenschaftspolitik des Dritten Reichs, in: Scholtyseck / Studt, Universitäten und Studenten, S. 115–132. Nagel, Anne Christine: Gerd Tellenbach. Wissenschaft und Politik im 20. Jahrhundert, in: Pfeil, Das Deutsche Historische Institut, S. 80–99.

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472 ANHANG Schöttler, Peter: Die historische »Westforschung« zwischen »Abwehrkampf« und territorialer Offensive, in: ders., Geschichtsschreibung als Legitimationswissenschaft, S. 204–261. Schöttler, Peter: Marc Bloch und Deutschland, in: ders., Die »Annales«-Historiker und die deutsche Geschichtswissenschaft, Tübingen 2015, S. 247–276. Scholtyseck, Joachim / Studt, Christoph (Hg.): Universitäten und Studenten im Dritten Reich. Bejahung, Anpassung, Widerstand, Berlin 2008. Schott, Herbert: Josef Friedrich Abert (1879–1959), in: Erich Schneider (Hg.), Fränkische Lebensbilder 25, Würzburg 2018, S. 239–254. Schramm, Percy Ernst: Die fast goldenen Zwanziger, in: Merian 20, 2: Heidelberg, Hamburg 1967, S. 84/86. Schramm, Percy Ernst: Kaiser, Könige und Päpste. Gesammelte Aufsätze zur Geschichte des Mittelalters, Bd. 1, Stuttgart 1968. Schramm, Percy Ernst (Hg.): Kriegstagebuch des Oberkommandos der Wehrmacht (Wehrmachtführungsstab), Bd. 4, 2, Frankfurt a. M. 1961. Schramm, Percy Ernst: Die Krönung bei den Westfranken und Angelsachsen von 878 bis um 1000, in: ZRG KA 23 (1934), S. 117–242. Schreiber, Gerhard: Die italienischen Militärinternierten im deutschen Machtbereich 1943 bis 1945. Verraten – verachtet – vergessen, München 1990. Schreiner, Klaus: Gregor VIII., nackt auf einem Esel. Entehrendes und schandbares Reiten im Spiegel einer Miniatur der ›Sächsischen Weltchronik‹, in: Dieter Berg / Hans-Werner Goetz (Hg.), Ecclesia et regnum. Beiträge zur Geschichte von Kirche, Recht und Staat im Mittelalter. Festschrift für Franz-Josef Schmale zu seinem 65. Geburtstag, Bochum 1989, S. 155–202. Schubert, Michèle: Auseinandersetzungen über Aufgaben und Gestalt des Preußischen Historischen Instituts in Rom in den Jahren von 1900 bis 1903, in: QFIAB 76 (1996), S. 383–454. Schubert, Michèle: Paul Fridolin Kehr als Professor und als Akademiemitglied in Göttingen (1895–1903). Ein Historiker im Konflikt zwischen Lehre und Forschung. Zugleich ein Beitrag zur Geschichte der Papsturkundenedition, in: Archivalische Zs. 82 (1999), S. 81–125. Schubert, Michèle: Zum Wirken Paul Fridolin Kehrs für ein deutsches historisches Zentralinstitut oder: Der lange Weg zum Kaiser-Wilhelm-Institut für Deutsche Geschichte, in: Bernhard vom Brocke / Hubert Laitko (Hg.), Die Kaiser-Wilhelm-/Max-Planck-Gesellschaft und ihre Institute. Studien zu ihrer Geschichte: Das Harnack-Prinzip, Berlin – New York 1996, S. 423–444. Schürer, Christian: Der Traum von Heilung. Eine Geschichte der Höhenkur zur Behandlung der Lungentuberkulose, Baden 2017. Schulze, Hans K.: Grundstrukturen der Verfassung im Mittelalter, Bd. 3: Kaiser und Reich, Stuttgart 1998. Schulze, Willi: Der Quedlinburger Dom als Kultstätte der SS, in: Jb. für Wirtschaftsgeschichte 4 (1966), S. 215–234. Schulze, Winfried / Oexle, Otto-Gerhard (Hg.): Deutsche Historiker im Nationalsozialismus, Frankfurt a. M. 42000. Schumann, Peter: Die deutschen Historikertage von 1893 bis 1937. Die Geschichte einer fachhistorischen Institution im Spiegel der Presse, Diss. Marburg 1974. Schwabe, Ludwig: Dorpat vor fünfzig Jahren. Aus den Lebenserinnerungen eines deutschen Professors, Leipzig 1915. Segal, Sanford L.: Mathematicians under the Nazis, Princeton – Oxford 2003.

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Gedruckte Quellen und Literatur 473 Seidt, Hans-Ulrich: Berlin, Kabul, Moskau. Oskar Ritter von Niedermayer und Deutschlands Geopolitik, München 2002. Seier, Hellmut: Der Rektor als Führer. Zur Hochschulpolitik des Reichserziehungsministeriums 1934–1945, in: VfZ 12 (1964), S. 105–146. Selart, Anti: Sie kommen und sie gehen. Zentrale Orte, Randgebiete und die Livländer im Mittelalter, in: ders. / Matthias Thumser (Hg.), Livland, eine Region am Ende der Welt. Forschungen zum Verhältnis von Zentrum und Peripherie im späten Mittelalter, Köln – Weimar – Wien 2017, S. 27–60. Selheim, Claudia: Der Matrosenanzug für Kinder: Vom Gesinnungskleid zum Massenartikel, in: Monika Ständecke (Hg.), Aus der Lieb zum Gebirg. Trachtenvereine im Allgäu, Begleitband, Kronburg-Illerbeuren 2005, S. 113–115. Sennholz, Marco: Johann von Leers. Ein Propagandist des Nationalsozialismus, Berlin 2013. 700 Jahre Blankenburg (Harz), hg. vom Städtischen Verkehrsamt, Blankenburg 1937. Sieg, Ulrich: Die Macht des Willens. Elisabeth Förster-Nietzsche und ihre Welt, München 2019. Siegmund-Schultze, Reinhard: Mathematicians Fleeing from Nazi Germany. Individual Fates and Global Impact, Princeton – Oxford 2009. Sommer, Klaus P.: Berney und Heimpel; http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/ id=134. Sommer, Klaus P.: Eine Frage der Perspektive? Hermann Heimpel und der Nationalsozialismus, in: Tobias Kaiser / Steffen Kaudelka / Matthias Steinbach (Hg.), Historisches Denken und gesellschaftlicher Wandel. Studien zur Geschichtswissenschaft zwischen Kaiserreich und deutscher Zweistaatlichkeit, Berlin 2004, S. 199–223. Sommer, Michael: Rom und Karthago – Eine Bilanz nach 75 Jahren, in: Sommer / Schmitt, Von Hannibal, S. 8–21. Sommer, Michael / Schmitt, Tassilo (Hg.): Von Hannibal zu Hitler. »Rom und Karthago« 1943 und die deutsche Altertumswissenschaft im Nationalsozialismus, Darmstadt 2019. Spannhoff, Christof: Widukind, in: Lena Krull (Hg.), Westfälische Erinnerungsorte. Beiträge zum kollektiven Gedächtnis einer Region, Paderborn 22018, S. 31–46. Speer, Albert: Erinnerungen, Frankfurt a. M. – Berlin – Wien 1979. Spengler, Oswald: Jahre der Entscheidung, Erster Teil: Deutschland und die weltgeschichtliche Entwicklung, München 1933. Spranger, Eduard / Hädlich, Käthe: Eine Auswahl aus den Briefen der Jahre 1903–1960, hg. von Sylvia Martinsen und Werner Sacher, Bad Heilbrunn / Oberbayern 2002. Srbik, Heinrich Ritter von: Die wissenschaftliche Korrespondenz des Historikers 1912–1945, hg. von Jürgen Kämmerer, Boppard 1988. Stahl, Andreas: Königshof und Stiftsberg in Quedlinburg. Stätten des Heinrichskults der SS, in: Historische Bauforschung in Sachsen-Anhalt, Bd. 2, Halle a. d. S. 2013, S. 471–496. St[apel], W[ilhelm]: T. E. Lawrence / Niedermayer, in: Deutsches Volkstum 1936, S. 810–818. Staub, Martial: Bürgerlichkeit im Exil: Bernhard Groethuysen und Hans Baron, in: Lehmann / Oexle, Nationalsozialismus in den Kulturwissenschaften, Bd. 2, S. 351–374. Staudigl-Ciechowicz, Kamila-Maria: Das Dienst-, Habilitations- und Disziplinarrecht der Universität Wien 1848–1938. Ein rechtshistorische Untersuchung zur Stellung des wissenschaftlichen Universitätspersonals, Göttingen 2017. Steding, Christoph: Kulturgeschichte und politische Geschichte, in: Reich und Reichsfeinde, 2. Aufl., Hamburg 1941, S. 59–79. Steinbach, Peter / Tuchel, Johannes (Hg.): Lexikon des Widerstandes 1933–1945, München 2 1998.

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474 ANHANG Stengel, Edmund E.: Die Grabschrift der ersten Äbtissin von Quedlinburg, in: DA 3 (1939), S. 361–370. Stengel, Edmund E.: Zum Prozeß Heinrichs des Löwen, in: DA 5 (1942), S. 493–510. Stern, Fritz: Die politischen Folgen des unpolitischen Deutschen, in: Michael Stürmer (Hg.), Das kaiserliche Deutschland. Politik und Gesellschaft 1870–1918, Kronberg 1977, S. 168–186. Sternberger, Dolf: Das glückliche und das gefährliche Leben [1941], in: ders., Figuren der Fabel, Berlin – Frankfurt a. M. 1950, S. 160–187. Steuwer, Janosch: »Ein Drittes Reich, wie ich es auffasse«. Politik, Gesellschaft und privates Leben in Tagebüchern 1933–1939, Göttingen 2017. Stifter, Christian H.: Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration. US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941–1955, Wien – Köln – Weimar 2014. Stilwell, John C.: Max Dehn, in: Moriz Epple / Johannes Fried [u. a.], »Politisierung der Wissenschaft«. Jüdische Wissenschaftler und ihre Gegner an der Universität Frankfurt am Main vor und nach 1933, Göttingen 2016, S. 425–443. Stolte, Inge (Hg.): Der Hunger nach Erfahrung. Frauen nach ’45, Berlin – Bonn 1981. Stoy, Manfred: Das Österreichische Institut für Geschichtsforschung 1929–1945, Wien – München 2007. Stutzer, Gustav: In Deutschland und Brasilien. Lebenserinnerungen, 16. Aufl., Braunschweig 1926. Sundhausen, Holm / Clewing, Holm (Hg.): Lexikon zur Geschichte Südosteuropas, 2. Aufl., Wien – Köln – Weimar 2016. Szabó, Anikó: Vertreibung, Rückkehr, Wiedergutmachung. Göttinger Hochschullehrer im Schatten des Nationalsozialismus, Göttingen 2000. Tamul, Villu: Die Dörptsche Universität – Landes- oder Reichsuniversität? Zum Verhältnis von Deutschbalten, Stadt und Universität im 19. Jahrhundert, in: Helmut Piirimäe / Claus Sommerhage (Hg.), Zur Geschichte der Deutschen in Dorpat, 2. Aufl., Tartu 2000, S. 87–112. Taschwer, Klaus: Nachrichten von der antisemitischen Kampfzone. Die Universität Wien im Spiegel und unter dem Einfluss der Tageszeitungen, 1920–1933, in: Margarete Grandner / Thomas König (Hg.), Reichweiten und Außensichten. Die Universität Wien als Schnittstelle wissenschaftlicher Entwicklungen und gesellschaftlicher Umbrüche (650 Jahre Universität Wien 3), Göttingen 2015, S. 99–126. Tellenbach, Gerd: Aus der Geschichte des Preußischen / Deutschen Historischen Instituts in Rom 1928 bis 1972, in: ders., Ausgewählte Abhandlungen und Aufsätze, Bd. 5, Stuttgart 1996, S. 177–204. Tellenbach, Gerd: Aus erinnerter Zeitgeschichte, Freiburg i. Br. 1981. Tellenbach, Gerd: Die Entstehung des Deutschen Reiches. Von der Entwicklung des fränkischen und deutschen Staates im neunten und zehnten Jahrhundert, München 1940. Tellenbach, G[erd]: Friedrich Bock †, in: QFIAB 62/63 (1963), S. XI. Tellenbach, Gerd: Libertas. Kirche und Weltordnung im Zeitalter des Investiturstreits, Stuttgart 1936. Tellenbach, Gerd: Zur Geschichte des preußischen historischen Instituts in Rom (1888–1936), in: ders., Ausgewählte Abhandlungen und Aufsätze, Bd. 1, Stuttgart 1988, S. 182–218.

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Gedruckte Quellen und Literatur 475 Tenorth, Heinz-Elmar: Von der »Kultur- und Staatswissenschaft« zur »Politischen Pädagogik« – Berliner Universitätspädagogik bis 1945, in: vom Bruch / Tenorth, Geschichte der Universität Unter den Linden 5, S. 237–256. Thiel, Jens: Der Lehrkörper der Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität im Nationalsozialismus, in: vom Bruch / Tenorth, Geschichte der Universität Unter den Linden 2, S. 465–538. Thimme, David: Percy Ernst Schramm und das Mittelalter. Wandlungen eines Geschichtsbildes, Göttingen 2006. Thomsen, Marcus: »Ein feuriger Herr des Anfangs«. Kaiser Friedrich II. in der Auffassung der Nachwelt, Ostfildern 2005. Thoss, Alfred: Heinrich I (919–936). Der Gründer des ersten Deutschen Volksreiches, Goslar 1936. Tiedau, Ulrich: Streitthema Westforschung. Zu einer neuen Gesamtdarstellung aus den Niederlanden, in: Geschichte im Westen 17 (2002), S. 245–255. Tilitzki, Christian: Die deutsche Universitätsphilosophie in der Weimarer Republik und im Dritten Reich, 2 Bde., Berlin 2002. Töpfer, Bernhard: Die Wertung der weltlich-staatlichen Ordnung durch die Reformatoren des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit, Berlin 2005. Toepser-Ziegert, Gabriele (Bearb.): NS-Presseanweisungen der Vorkriegszeit, Bd. 4/III: 1936, München 1993. Toomaspoeg, Kristjan: The Marquis d’Albon, Carl Erdmann and the Templar Sources in Portugal, in: Karl Borchardt / Karoline Döring u. a. (Hg.), The Templars and Their Sources, London – New York 2017, S. 106–122. Topitsch, Ernst: Stiller Widerstand in der »Universität unter dem Hakenkreuz«, in: ders., Im Irrgarten der Zeitgeschichte. Ausgewählte Aufsätze, Berlin 2003, S. 131–137. Tschapek, Rolf Peter: Bausteine eines zukünftigen deutschen Mittelafrika. Deutscher Imperialismus und die portugiesischen Kolonien, Stuttgart 2000. Tütken, Johannes: Höhere und mittlere Schulen des Herzogtums Braunschweig-Wolfenbüttel, der Herrschaft Dannenberg und der Grafschaft Blankenburg im Spiegel der Visitationsprotokolle des Generalinspektors Christoph Schrader (1650–1666), Wiesbaden 1997. Tyerman, Christopher: The Debate on the Crusades, Manchester 2011. »Überall Luthers Worte«. Martin Luther im Nationalsozialismus, Berlin 2017. Ulbricht, Justus H.: »Heil Dir, Wittekinds Stamm«. Verden, der Sachsenhain und die Geschichte völkischer Religiosität in Deutschland. In: Heimatkalender für den Landkreis Verden 1995, S. 69–123; 1996, S. 224–267. Ullrich, Sebastian: Ernst H. Kantorowicz und Emil Ludwig: Zwei Kritiker der Weimarer Geschichtswissenschaft und die »Krise des Historismus«, in: Sozial.Geschichte 21 (2006), S. 7–33. Ullrich, Sebastian: »Der Fesselndste unter den Biographen ist heute nicht der Historiker.« Emil Ludwig und seine historischen Biographien, in: Wolfgang Hardtwig / Erhard Schütz (Hg.), Geschichte für Leser. Populäre Geschichtsschreibung in Deutschland im 20. Jahrhundert, Stuttgart 2005, S. 35–56. Unger, Manfred: Sproemberg, Heinrich, in: Sächsische Biografie, bearb. von Martina Schattkowsky, Online-Ausgabe: http://www.isgv.de/saebi/ (27. 11. 2016). V[asella], O[skar]: Carl Erdmann †, in: Neue Zürcher Zeitung, 7. Juni 1946.

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476 ANHANG Vasella, Oskar: Johannes Ramackers † 4. 2. 1906 – 21. 11. 1965, in: Historisches Jb. 86 (1966), S. 506–512. Vasella, Oskar: † Paul Fridolin Kehr, in: Zs. für schweizerische Kirchengeschichte 39 (1945), S. 72–74. Vian, Paolo: I fratelli Mercati e il mondo scientifico di lingua tedesca, in: Miscellanea Bibliothecae Apostolicae Vaticanae 20 (2014), S. 771–827. Viga, Friedrich [Friedrich Glum]: Die Rolltreppe. Ein Roman aus der Weimarer Zeit, München 1960. Vogtherr, Thomas: »Karl der Große oder Charlemagne? Eine deutsch-französische Schicksalsfrage«. Deutsche Geschichtspolitik im besetzten Frankreich im Spiegel eines Vortrags von Georg Schnath aus dem Jahre 1942, in: Francia 39 (2012), S. 331–346. Voigtländer, Klaus: Die Stiftskirche St. Servatii zu Quedlinburg. Geschichte ihrer Restaurierung und Ausstattung, Berlin 1989. Vulpius, Axel: Mein Lebenslauf, o. O., o. J. (Privatdruck). Vulpius, Axel: Zur Erinnerung an Carlo Erdmann (Typoskript im Familienbesitz, o. J.). Vulpius-Erdmann, Yella s. Erdmann, Yella. Wadle, Elmar: Visionen vom »Reich«. Streiflichter zur Deutschen Rechtsgeschichte zwischen 1933 und 1945, in: Joachim Rückert / Dietmar Willoweit (Hg.), Die Deutsche Rechtsgeschichte in der NS-Zeit, ihre Vorgeschichte und ihre Nachwirkungen, Tübingen 1995, S. 241–299. Wäscher, Hermann: Der Burgberg in Quedlinburg. Geschichte seiner Bauten bis zum ausgehenden 12. Jahrhundert nach den Ergebnissen der Grabungen von 1938 bis 1942, Berlin 1959. Wakounig, Marija: Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung: (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen, in: Hruza, Österreichische Historiker, Bd. 3, S. 157–183. Watanangura Pornsan: Die erste Europareise des Königs Chulalongkorn 1897. Persönliche Briefe und Dokumente aus der ersten Europareise des Königs Chulalongkorn 1897, Bangkok 2003. Weber, Christoph Friedrich: Zeichen der Ordnung und des Aufruhrs. Heraldische Symbolik in italienischen Stadtkommunen des Mittelalters, Köln – Weimar – Wien 2011. Weber, Max: Wissenschaft als Beruf 1917/1919 – Politik als Beruf 1919 (Max-Weber-Gesamtausgabe I/17), Tübingen 1992. Wegeler, Cornelia: »… wir sagen ab der internationalen Gelehrtenrepublik«. Altertumswissenschaft und Nationalsozialismus. Das Göttinger Institut für Altertumskunde 1921–1962, Wien – Köln – Weimar 1996. Wegner, Hartmut: Der Blankenburger Hof im 18. Jahrhundert und sein Umkreis, in: Harz-Zs. 45 (1993), S. 75–92. Weiser, Johanna: Geschichte der preußischen Archivverwaltung und ihrer Leiter. Von den Anfängen unter Staatskanzler von Hardenberg bis zur Auflösung im Jahre 1945, Köln – Weimar – Wien 2000. Weiss, Stefan: Paul Kehr. Delegierte Großforschung: Die »Papsturkunden in Frankreich« und die Vorgeschichte des Deutschen Historischen Instituts in Paris, in: Pfeil, Das Deutsche Historische Institut, S. 46–57. Weltecke, Dorothea: Bemerkungen zur Geschichte der religiösen Gewalt im Mittelalter, in: HZ 305 (2017), S. 621–656.

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Gedruckte Quellen und Literatur 477 Wendehorst, Alfred: Erich Freiherr von Guttenberg (1888–1952), in: A. W. / Gerhard Pfeiffer (Hg.), Fränkische Lebensbilder 11, Neustadt – Aisch 1984, S. 192–210. Wendehorst, Alfred: Hundert Jahre Gesellschaft für fränkische Geschichte, in: Erich Schneider (Hg.), Nachdenken über fränkische Geschichte, Neustadt / Aisch 2005, S. 11–37. Wendehorst, Alfred: 150 Jahre Gesamtverein der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine, in: Blätter für deutsche Landesgeschichte 138 (2002), S. 1–65. Werle, Gerhard / Vormbaum, Moritz: Das Strafrecht an der Friedrich-Wilhelms-Universität 1871–1945, in: vom Bruch / Tenorth, Geschichte der Universität Unter den Linden 5, S. 109–127. Werner, Karl Ferdinand: Karl der Große in der Ideologie des Nationalsozialismus. Zur Verantwortung deutscher Historiker für Hitlers Erfolge, in: Zs. des Aachener Geschichtsvereins 101 (1997/98), S. 9–64. Werner, Karl Ferdinand: Karl der Große oder Charlemagne. Von der Aktualität einer überholten Fragestellung, München 1995. Wesolowski, Tilmann: Verleger und Verlagspolitik. Der Wissenschaftsverlag Oldenbourg zwischen Kaiserreich und Nationalsozialismus, München 2010. Westemeier, Jens: Himmlers Krieger. Joachim Peiper und die Waffen-SS in Krieg und Nachkriegszeit, Paderborn [u. a.] 2014. Wettmann, Andrea: Heimatfront Universität. Preußische Hochschulpolitik und die Universität Marburg im Ersten Weltkrieg, Köln 2000. Wiegandt, Herbert: Inselexistenz. Vorkrieg und Krieg 1935–1945. Briefe und Aufzeichnungen, Weißenhorn 2002. Wiener, Christina: Kieler Fakultät und ›Kieler Schule‹. Die Rechtslehrer an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät zu Kiel in der Zeit des Nationalsozialismus und ihre Entnazifizierung, Karlsruhe 2013. Wiggershaus-Müller, Ursula: Nationalsozialismus und Geschichtswissenschaft. Die Geschichte der Historischen Zeitschrift und des Historischen Jahrbuchs 1933–1945, Hamburg 22000. Wildt, Michael: Generation des Unbedingten. Das Führungskorps des Reichssicherheitshauptamtes, Hamburg 2003. Winkle, Stefan: Geißeln der Menschheit. Kulturgeschichte der Seuchen, Düsseldorf – Zürich 1997. Winnig, August: Aus zwanzig Jahren, Hamburg 1948. Winnig, August: Frührot. Ein Buch von Heimat und Jugend, Stuttgart – Berlin 1933. Winter, Tobias: Die deutsche Archivwissenschaft und das ›Dritte Reich‹, Berlin 2018. Wippich, Rolf-Harald: Dr. Ernst Arthur Voretzsch – Deutscher Botschafter in Tōkyō im Übergang von Weimarer Republik zum »Dritten Reich« (1928–1933), in: Josef Kreiner / Regine Mathias (Hg.), Deutschland – Japan in der Zwischenkriegszeit, Bonn 1990, S. 129–162. Witte, Ernst: Blankenburg am Harz als Wanderziel, Sommerfrische und Ruhewohnsitz, Blankenburg 1907. Witte, Ernst: Das Gymnasium zu Blankenburg am Harz von seinen Anfängen bis zum Ausbruch des Weltkrieges, Blankenburg 1927. Wolf, Gunther (Hg.), Stupor mundi. Zur Geschichte Friedrichs II. von Hohenstaufen, Darmstadt 1966. Wolfskehl, Karl: Bild und Gesetz [1930], in: ders., Gesammelte Werke, hg. von Margot Ruben und Claus Victor Bock, Bd. 2, Hamburg 1960, S. 251–449.

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478 ANHANG Wolfskehl, Karl: Mussolini und sein Fascismus, in: Europäische Revue 4/2 (Sept. 1928), S. 565–568. Wolgast, Eike: Mittlere und neuere Geschichte, in: W. U. Eckart / V. Sellin / E. Wolgast (Hg.), Die Universität Heidelberg im Nationalsozialismus, Heidelberg 2006, S. 491–516. Woller, Hans: Mussolini. Der erste Faschist, München 2016. Zehnpfennig, Barbara: Adolf Hitler, Mein Kampf (1925/26), in: Manfred Brocker, Geschichte des politischen Denkens. Das 20. Jahrhundert, Berlin 2018, S. 176–191. Ziegler, Wolfram: Ernst Klebel (1896–1961). Facetten einer österreichischen Historikerkarriere, in: Hruza, Österreichische Historiker 2, S. 489–522. Zielinski, Herbert: »Zu dem großen Gelehrten kommt eben ein sehr kleiner Mensch«. Johannes Hallers Berufung nach Gießen 1904, in: Mitteilungen des Oberhessischen Geschichtsvereins Gießen 101 (2016), S. 259–298. Zimmermann, Harm-Peer: Vom Schlaf der Vernunft. Deutsche Volkskunde an der Kieler Universität 1933 bis 1945, in: Hans-Werner Prahl (Hg.), Uni-Formierung des Geistes. Universität Kiel im Nationalsozialismus, Bd. 1, Kiel 1995, S. 171–274. Zimmermann, Ingo: Reinhold Schneider. Weg eines Schriftstellers, Berlin 1982. Zöller-Stock, Bettina: Bruno Taut. Die Innenraumentwürfe des Berliner Architekten, Stuttgart 1993. Zotz, Thomas: Deutsche Mediävisten und Europa. Die Freiburger Historiker Theodor Mayer und Gerd Tellenbach im »Kriegseinsatz« und in der Nachkriegszeit, in: Bernd Martin (Hg.), Der Zweite Weltkrieg und seine Folgen. Ergebnisse – Auswirkungen – Reflexionen, Freiburg i. Br. – Berlin 2006, S. 31–50. Zweiniger, Arthur: Spengler im Dritten Reich. Eine Antwort auf Oswald Spenglers »Jahre der Entscheidung«, Oldenburg i. O. 1933.

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DANKSAGUNG Wer sich öffentlich für Rat und Hilfe bedankt, gerät leicht in die Nähe subtiler Machtdemonstration oder offener Prahlerei. Nichts davon will man sich vorwerfen lassen. Kürze ist also geboten, und von allen möglichen Dankesschulden sollten in Vor- oder Nachworten nur diejenigen beglichen werden, die zu übergehen ein Verschweigen fremder Verdienste bedeuten würde. Darüber hinaus bedarf es keiner Rechtfertigung, sich zu bedanken. Der Vorsatz, dieses Buch zu schreiben, ergab sich aus Erlebnissen, die so eindrucksvoll waren, dass man sie ohne Übertreibung als Schlüsselerlebnisse bezeichnen kann. Jedes Mal gaben überraschende Quellenfunde den Anlass, keine historiographischen Absichten, keine theoretischen Überlegungen und erst recht keine politischen oder moralischen Fragen, sondern schlicht (man traut sich ’s kaum zu sagen) unpubliziertes Material, das in Archiven oder privaten Sammlungen ruht. Der Verfasser bekennt sich – mit Carl Erdmann – zu einer Geschichtsschreibung, die von den überlieferten Quellenbeständen ihren Ausgang nimmt und deren kritische Erschließung für eine ihrer wichtigsten Aufgaben hält. Je mehr Wertschätzung der Arbeit an den Quellen entgegengebracht wird, umso weniger gerät Klio in Versuchung zu dichten. Ein solches Schlüsselerlebnis war die Lektüre von 80 Schreiben Carl Erdmanns, die durch seinen Freund Gerd Tellenbach über den Krieg gerettet und von dessen Erben dem Freiburger Universitätsarchiv anvertraut worden waren. Ihr Reiz und ihr Wert ergeben sich nicht nur aus der Dramatik der Geschehnisse, von denen sie berichten, sondern auch aus dem sichtbaren Schaden, den ein Granat- oder Glassplitter kurz vor Kriegsende an dem Konvolut angerichtet hatte. Um ein Haar wären auch diese Überreste von Erdmanns Dasein verschwunden. Der Forschung waren sie bisher nur in Auszügen bekannt. Ich danke Frau Dr. Silvia Tellenbach für die Erlaubnis, die Briefe aus dem Nachlass ihres Vaters auswerten und eine Auswahl publizieren zu dürfen. Mein zweites Schlüsselerlebnis verdanke ich Dr. Axel Vulpius, dem Neffen Carl Erdmanns. Es war ein denkwürdiger Tag, als er in seinem Bonner Haus die von ihm aufbewahrte schriftliche Hinterlassenschaft seines Onkels vor mir ausbreitete, darunter eine Serie von Feldpostbriefen, die Erdmanns letztes Lebensjahr und sein tragisches Ende beleuchten. Schon deren Materialität: schlechtes, bräunliches Papier, die letzten mit Bleistift geschrieben, atmet Ge-

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480 ANHANG schichte. Eine Aura des Authentischen umgibt sie und lässt den Leser nicht los. Mit stetem Interesse und immer gern erteilten Auskünften begleitete Axel Vulpius die Entstehung dieses Buchs. Mittlerweile ist er der Einzige, der aus eigenem Erleben über Carl Erdmann berichten kann. Es war nicht einfach, Erdmanns Familie ausfindig zu machen. Ausnahmsweise erwies sich das Internet als ein Segen, freilich nur, weil der Name Vulpius so selten vorkommt. Der Weg führte über Prof. Dr. Ricarda Vulpius, Osteuropahistorikerin damals in Berlin, jetzt in Münster, die den Kontakt zu ihrem Vater herstellte, und mündete schließlich in anregende Gespräche mit ihrer Schwester Dr. Carola Vulpius (Dresden), die sich als Rechtshistorikerin mit der Geschichte ihrer Familie befasst. Wie verzweigt diese ist und wie sehr ihre Geschicke mit der livländisch-estnischen Geschichte verflochten sind, wurde mir durch Erdmanns Großneffen Matthias Winkler (Wörthsee) und seine genealogischen Studien bewusst. Ihm und Axel Vulpius verdanke ich eindrucksvolle Photographien aus Erdmanns Kindheit und Jugend. Meine Recherchen in Tartu/Dorpat wurden durch Lea Leppik und Anti Selart unterstützt, und in Blankenburg am Harz, wo Erdmann zur Schule ging, sprang mir Siegfried Panterodt helfend zur Seite. Weder war er mit Erdmann verwandt noch konnte er ihn persönlich kennenlernen. Doch er hatte, wie er mir einmal gestand, „einen Narren an ihm gefressen“. Dass er die Fertigstellung des Buchs, dessen erste Kapitel ihm so viel verdanken, nicht mehr erleben durfte, schmerzt mich zutiefst. An verschiedenen Orten hatte ich Gelegenheit, über Carl Erdmann zu berichten und mehr oder weniger vorläufige Ergebnisse zu präsentieren. Dafür danke ich (in zeitlicher Reihenfolge): Frank Rexroth (Göttingen), Thomas Scharff (Braunschweig), Johannes Helmrath und Matthias Thumser (Berlin), Jürgen Dendorfer (Freiburg), Knut Görig und Claudia Märtl (München), Andrej Prokopiev (Sankt Petersburg), Matthias Berg und Helmut Neuhaus (München), Klaus-Peter Schroeder (Heidelberg), Martin Baumeister, Martina Hartmann und Arno Mentzel-Reuters (München/Rom). Das Alfried Krupp Wissenschaftskolleg Greifswald hat mein Vorhaben mit einem Fellowship gefördert. Daniel Zimmermann und Jonas Bogumil haben die Drucklegung ebenso engagiert wie umsichtig betreut. Für Hinweise, Anregungen und Auskünfte verschiedenster Art danke ich (in alphabetischer Reihenfolge): Arnim Braun, Bernd Braun, Jakob Frohmann, Britta Girgensohn-Minker, Gerhard Grill, Simon Groth, Andre Gutmann, Johannes Hahn, Frank-Rutger Haus-

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Danksagung 481

mann, Peter Herde, Karel Hruza, Volkhard Huth, Bernardo Jerosch Herold, Thomas Just, Konrad Krimm, Hedwig Munscheck-von Pölnitz, Anne Christine Nagel, Klaus Oschema, Christoph Perels, Natalia Pfau, Franziska Rohloff, Rudolf Schieffer (†), Susan Splinter, João Bernardo Weinstein. Sie alle haben mich darin bestärkt, dem denkwürdigen Schicksal eines bedeutenden Historikers und standhaften Charakters weiter nachzugehen. Folker Reichert

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482 ANHANG

REGISTER Personen (Briefempfänger in Fettdruck) Abert, Joseph Friedrich (1879–1959), 1919–1926 Stadtarchivar in Würzburg, seit 1926 am Staatsarchiv in Würzburg, 1932–1935 dessen Leiter 158 f., 175 Achille(u)s, Gestalt der griech. Sage 122 Alfons I. (1107/11 – 1185), Kg. von Portugal 209 Andreas, Willy (1884–1967), Historiker, 1923–1946 o. Prof. in Heidelberg 96, 142 Anselm von Canterbury (1033/34–1109), Philosoph und Theologe, 1093 Ebf. von Canterbury 188 Arbeo († 783), Bf. von Freising 327 Arnulf von Kärnten (um 850–899), ostfränk. Kg. 887, Ks. 896 156, 160, 175, 179, 209 Arnulf von Lisieux († 1184), Bf. von Lisieux 222 Aubin, Gustav (1881–1938), Nationalökonom, 1919–1933 o. Prof. in Halle, dann in Göttingen 32, 49 Aubin, Hermann (1885– 1969), Historiker, 1921 ao. Prof. in Bonn, 1925 o. Prof. in Gießen, 1929 in Breslau, 1946 in Hamburg 8, 31 f., 48 f., 71, 74, 84, 319, 358 Bachér, Franz (1894–1987), Prof. für organische Chemie an der TH Berlin, April 1935 – Dez. 1936

Abteilungsleiter im Reichserziehungsministerium 101 Bader, Karl Siegfried (1905–1998), Rechtshistoriker, 1936–1945 Leiter des Fürstenbergischen Archivs in Donaueschingen, 1951 o. Prof. in Mainz, 1953 in Zürich 345, 350 Badoglio, Pietro (1871 – 1956), ital. Politiker, 1943–1944 Ministerpräsident 344 Baesecke, Georg (1876–1951), Germanist, Prof. in Halle 336 Baethgen, Friedrich (1890–1972), Historiker, 1929 o. Prof. in Königsberg, 1939 in Berlin, 1947–1958 Präsident der MGH 24, 28, 55 f., 57, 59 f., 60, 62, 66, 68–76, 79 f., 138–140, 187, 197, 200, 227, 230, 236, 240, 317, 324, 326, 336, 358, 366, 378 Baeumler, Alfred (1887– 1968), (ns.) Philosoph Baron, Hans (1900–1988), Historiker, seit 1938 in den USA (1939–1942 am Queens College der City University in New York, 1944–1948 Institute for Advanced Study in Princeton, später Research Fellow an der Newberry Library in Chicago) 19 Barth, Karl (1886–1968), Theologe, 1925 o. Prof. in

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Münster, 1930–1935 in Bonn, danach in Basel 80 Bauermann, Johannes (1900– 1987), Historiker, Archivar, 1939–1961 Direktor des Staatsarchivs in Münster, seit 1940 Hon.prof. in Münster 331 f., 382 Beck, Marcel (1908–1986), Schweizer Historiker, 1933–1935 Mitarbeiter bei den MGH, dann am Alemannischen Institut in Freiburg i. Br. und als Bibliothekar in Bern, seit 1947 Prof. in Zürich 100 Behne, Walter (*1888), Oberstudienrat in Hamburg 86 Benzo, Bf. von Alba († 1089/90) 161 Berengar von Tours (um 1000–1088), Theologe 176 Bernard Gui (Bernardus Guidonis) OP (1261/62– 1331), Bf. von Tuy, Verf. eines Handbuchs der Inquisition 205 Bernhard von Bologna (1. H. 12. Jh.), Rhetoriklehrer 290 Bernhard von Meung (2. H. 12. Jh.), Verfasser einer Brieflehre 289 f. Bernold von Konstanz († 1100), Geschichts­ schreiber 225 Berthold, Else, Mitarbeiterin des Städtischen Museums in Blankenburg 342, 350, 359 f., 363, 364

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Register 483 Beumann, Charlotte (1911–2009), Ehefrau von Helmut Beumann 246 f., 254, 265, 290 Beumann, Helmut (1912–1995), Historiker, 1956 o. Prof. in Bonn, seit 1964 in Marburg 10, 207, 228 f., 236–240, 245–250, 253–255, 259–261, 264–266, 270–274, 284 f., 289–291, 311–312 Beyerle, Franz (1885–1977), Rechtshistoriker 327 Bieberbach, Ludwig (1886–1982), Mathematiker, 1913 o. Prof. in Basel, 1915 in Frankfurt a. M, 1921–1945 in Berlin 54, 92, 101, 116 f., 123 Birkner, Joachim (1904– 1956), Theologe, 1939 Mitarbeiter am Deutschen Historischen Institut in Rom 163 f. Bismarck, Otto von (1815–1898), Politiker, Reichskanzler 1871–1890 78, 129, 149 Bock, Friedrich (1890–1963), Historiker, 1933–1945 2. Sekretär des DHI in Rom 22 f., 25, 26, 28 f., 34, 48, 98, 157 f., 163 f., 166, 171, 175, 179, 202, 229, 279, 309, 320, 369 Böcher, Heinrich (*1898), Hausmeister und Fotograf des Reichsinstituts für ältere deutsche Geschichtskunde 294 Börner, Hans, Hochschulgruppenführer des NSDStB, seit April 1933 Führer des »Studentischen Zentralausschusses zur Durchführung der nationalen Revolution« in Halle 19

Boesch, Joseph (1917–1982), Schweizer Historiker, 1943 Mitarbeiter bei den MGH, später im Schuldienst 328 Boettcher, Gertrud („Gerti“), geb. Erdmann (1883–1950), Halbschwester Carl Erdmanns 391, 412 Bolesław I. Chrobry (965/67–1025), Fürst von Polen 992, Kg. 1025 214 Boncompagno da Signa (um 1170–um 1240), Magister der Ars dictaminis u. a. in Bologna 240 Brackmann, Albert (1871–1952), Historiker, 1913 o. Prof. in Königsberg, 1920 in Marburg, 1922 in Berlin, 1929–1936 Generaldirektor der preußischen Staatsarchive 19, 22, 45, 49, 51, 55, 57, 59–63, 65 f., 69–74, 77, 79, 81–84, 92, 95, 98, 100, 112, 114, 144, 147, 150, 198 f., 214, 219 f., 257 f., 291, 366 Brandi, Karl (1868–1946), Historiker, seit 1902 o. Prof. in Göttingen, 1932–1937 Vorsitzender des deutschen Historikerverbands 38, 40, 59–61, 65–67, 84–88, 105, 146–149, 152 f., 221 Brenneke, Adolf (1875–1946), Archivar in Münster, Danzig, Hannover und schließlich am Geheimen Staatsarchiv in Berlin 144 Brinkmann, Adolf (1854– 1923), Lehrer und Heimatforscher 198 Brinkmann, Hennig (1901–2000), Sprachwissenschaftler, 1937 o. Prof. in Berlin, 1938 in Frankfurt a. M. 286 Bruhns, Dr. 319

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Brumm, Ursula (1919–2015), Amerikanistin, 1941–1946 Mitarbeiterin der MGH, seit 1966 o. Prof. in Berlin (FU) 325 f., 328, 340, 351 f., 354–356, 358 f., 395 Bruno von Magdeburg († nach 1082), Geschichts­ schreiber 138 Buchner, Max (1881–1941), Historiker, 1926 o. Prof. in Würzburg, 1936 in München 93, 154 Buchner, Rudolf (1908–1985), Historiker, 1941–1945 Dozent in München, später Privatdozent und apl. Prof. in Würzburg 327 Bücher, Karl (1847–1930), Nationalökonom 10 Bülow, Hedwig von (1911–1978), Historikerin, Mitarbeiterin der MGH (Abt. Constitutiones) 230 f., 240 Bürgisser, Eugen (1909– 1900), Schweizer Historiker, 1942/43 Stipendiat am Reichsinstitut 318, 320, 326 Büttner, Heinrich (1908– 1970), Historiker, 1938/39 Geschäftsführer des Reichsinstituts für ältere deutsche Geschichts­ kunde, danach Archivar in Darmstadt, 1949 ao. Prof. in Mainz, dann o. Prof. in Marburg, seit 1962 in Köln 19, 200 f., 203 Bulst, Walther (1899–1986), Mittellateiner, 1953 ao., 1958 o. Prof. in Heidelberg 42, 45, 281 Byron, George Gordon (1788–1824) 8, 201 Cabeça, Custódio Maria de Almeida (1866–1936), portugiesischer Chirurg,

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484 ANHANG Prof. an der Universität Lissabon, seit 1911 Direktor des »Hospital de Santa Marta« 30 Cartellieri, Alexander (1867–1955), Historiker, 1904–1935 o. Prof. in Jena 92 Caspar, Erich (1879–1935), Historiker, o. Prof. in Königsberg (1920), Freiburg i. Br. (1929), Berlin (1930) 19, 22, 24, 26, 28, 38, 41, 58, 76, 78, 116, 291 Cassiodor(us), Flavius Magnus Aurelius (um 485–um 580), röm. Senator und Schriftsteller 196 f. Chamberlain, Arthur Neville (1869–1940), brit. Politiker, 1937–1940 Premierminister 183 f. Chroust, Anton (1864–1945), Historiker, 1898 ao., 1902 o. Prof. in Würzburg 36 f., 99, 106, 154, 208, 235 f. Cicero, Marcus Tullius (106–43 v. Chr.), röm. Philosoph, Politiker und Schriftsteller 188 Clemens (Kliment) der Bulgare, hl. (um 840–916), Bf. von Velitza bei Ohrid 385 f. Curtius, Ernst Robert (1886–1956), Romanist, 1920 o. Prof. in Marburg, 1924 in Heidelberg, seit 1929 in Bonn 9 f., 178, 187–190 Curtius, Ludwig (1874–1954), Archäologe, 1928–1937 Direktor des Deutschen Archäologischen Instituts in Rom 29 Czapski, Hans Heinrich (1898–1976), Dr. rer. pol., Wirtschaftsprüfer,

Ehemann von Veronika Erdmann, Schwager von Carl Erdmann 122, 415 f. Czapski, Susanne, verh. von Paczensky (1923–2010), Nichte Carl Erdmanns 406, 415 f. Czapski, Veronika, geb. Erdmann („Put“, „Lalli“) (1894–1984), Dichterin, Schwester Carl Erdmanns 122, 366, 391, 393, 400, 406, 408 f., 415 f. Dahnke, Heinrich (1905– 1989), Oberregierungsrat im Reichserziehungsmi­ nisterium, später Referent im Niedersächsischen Kultusministerium und Kurator der Universität Göttingen 356 Dannenbauer, Heinrich (1897–1961), Historiker, seit 1933 o. Prof. in Tübingen 24, 86, 133 f., 135 f., 139, 142, 144, 154 f., 165 Dante Alighieri (1265–1321), ital. Dichter 102, 187 Diefenbach, Heinrich (1913–1944), Historiker, Januar bis Juni 1939 Mitarbeiter des Reichsinstituts für ältere deutsche Geschichtskunde 203, 270, 285 Diestelkamp, Adolf (1900–1955), Archivar, 1935–1945 Direktor des Staatsarchivs in Stettin 106 Dschingis Khan (Temüdschin) (1167 [?]–1227), Khan der Mongolen 233 Eckhardt, Karl August (1901–1979), Rechtshistoriker, Prof. in Kiel und Berlin (Handelshoch-

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schule), 1932 o. Prof. in Bonn, 1935 in Berlin, 1937–1945 wieder in Bonn, 1934–1936 Referent im Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung 53 f., 56, 58, 64–67, 77, 79, 86 f., 92, 98, 103 f., 109, 112 f., 115, 162, 168, 183 Ehrt, Adolf (1902–1975), Soziologe, antikommunistischer Schriftsteller 27 Eitel, Anton (1882–1966), Historiker, seit 1927 o. Prof. in Münster 19 Ekkehard IV. von Sankt Gallen (980/990 – nach 1056), Dichter und Geschichtsschreiber 310 Engel, Wilhelm (1905–1964), Historiker, Archivar, 1935–1937 Referent im Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung, 1936/37 kommissarischer Präsident des Reichsinstituts für ältere deutsche Geschichtskunde, 1937–1945 o. Prof. in Würzburg 11, 98, 109, 116 f., 120, 122, 124, 126, 136, 138, 140, 143, 146, 149, 150–159, 162–164, 166, 168–176, 181, 184 Erben, Wilhelm (1864–1933), Historiker, seit 1917 o. Prof. in Graz 305 Erdmann, Gertrud („Gerti“) (1883–1950), Halbschwester Carl Erdmanns Erdmann, Johann Eduard (1805–1892), Philosoph, seit 1839 o. Prof. in Halle, Großonkel Carl Erdmanns 129 Erdmann, Karl (1902–1999), Jurist, Dozent an der Hochschule für Lehrerbil-

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Register 485 dung in Elbing, Tätigkeit im Reichswirtschaftsmi­ nisterium, seit 1939 Soldat, später Ministerialrat im Bundeswirtschaftsministerium, Neffe Carl Erdmanns 266, 387 Erdmann, Veronika s. Czapski Erdmann, Veronika, geb. Neander (1863–1943), 2. Ehefrau von C. E. Erdmann, Mutter Carl Erdmanns 34, 44 f., 50, 99, 101, 105, 107, 109, 116, 122, 130, 132, 137, 154, 165, 171, 176, 180, 195, 201, 213, 218, 220, 226, 231, 244, 258, 263, 267, 277 f., 298, 366, 370 f. Erdmann, Yella s. Vulpius­Erdmann Ernst August, Hg. zu Braunschweig und Lüneburg (1887–1953) 340–342 Ernst, Fritz (1905–1963), Historiker, seit 1937 o. Prof. in Heidelberg 117, 133, 136, 139, 154 Ertl, Nelly (1910–1991), 1935–1941 Mitarbeiterin des Reichsinstituts für ältere deutsche Geschichts­kunde, später Gymnasiallehrerin in Berlin 203 Ferruccio s. Serafini Ficker, Julius (1826–1902), Historiker, 1852–1879 o. Prof. in Innsbruck 316, 331, 334 Fickermann (Eickermann), Norbert (1905–1995), Mittellateiner, 1936–1945 und 1947–1957 Mitarbeiter der MGH (Abt. Antiquitates) 10, 203 f., 240–244, 251 f., 262, 280–282, 295, 305, 320, 366

Fink, Karl-August (1904– 1983), Kirchenhistoriker, 1929–1935 Mitarbeiter am Preußischen (Deutschen) Historischen Institut in Rom, 1937 ao. Prof. in Braunsberg, seit 1945 o. Prof. in Tübingen 97, 99, 106, 108, 164, 175 Finke, Heinrich (1855–1938), Historiker, seit 1898 o. Prof. in Freiburg 210, 245 Förster, Heinrich (*1871), Regierungsinspektor 316, 319 f., 323, 326–328, 352 f., 355 f., 358 Fontane, Theodor (1819– 1898), Schriftsteller 412 Franco, Francisco (1892– 1975), span. Diktator 142 Frank, Walter (1905–1945), (ns.) Historiker, 1935–1941 Präsident des Reichsinstituts für Geschichte des neuen Deutschlands 68, 75, 77–80, 87, 107, 109, 112, 114, 117, 125, 131 f., 158, 162, 166, 168, 174, 184 Franz, Annelise, geb. Eckhardt (*1903), Ehefrau von Günther Franz 54 Franz, Günther (1902–1992), Historiker, 1935 ao. Prof. in Heidelberg, 1936 o. Prof. in Jena, 1941 in Straßburg, seit 1957 in Stuttgart-Hohenheim 53 f., 115, 117, 136 f., 139, 142, 143 Freyer, Hans (1887–1969), Soziologe 32 Friedrich I. Barbarossa (um 1122–1190), Kg. 1152, Ks. 1155 32, 93 f., 124, 129, 138, 296 f., 331, 343, 345, 347 Friedrich II. (1194–1250), Ks. 1220 13 Frings, Theodor (1886–1968), Sprachwissenschaftler, seit 1919 o. Prof. in Bonn, seit 1927 in Leipzig 286

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Frölich, Gustav (1879–1940), Agrarwissenschaftler, seit 1915 o. Prof. in Halle 20 Fürstenberg, Maximilian Egon Prinz zu (1896–1959) 349 Funk, Philipp (1884–1937), Historiker, seit 1929 o. Prof. in Freiburg i. Br. 43 Ganahl, Hans-Karl (1905–1942), Rechtshistoriker, 1939 ao., 1941 o. Prof. in Innsbruck 295, 297, 303 George, Stefan (1868–1933), Dichter 165 Gerbert von Aurillac (Silvester II.) (um 950–1003), Gelehrter, Ebf. von Reims, Papst 999–1003 281 Giesau, Hermann (1883– 1949), Provinzialkonservator in Sachsen-Anhalt 15 Gladiß, Dietrich von (1910–1943), Historiker, Mitarbeiter des Reichsinstituts für ältere deutsche Geschichtskunde, seit 1940 Dozent in Göttingen 41, 115, 117, 185, 190–193, 196, 199, 213, 216, 217–219, 221, 227, 262, 270, 301–303 Gläser, Heinz († 1941), Büroangestellter 191, 270 Gleispach, Wenzeslaus Graf von (1876–1944), Rechtswissenschaftler (Strafrecht), Prof. in Fribourg (1902) und Prag (1906), 1915–1933 in Wien, 1934–1942 zunächst als Hon.prof., dann als o. Prof. in Berlin 130 Glockner Hermann (1896–1979), Philosoph, o. Prof. in Gießen (1933) und Braunschweig (1951–1964) 129

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486 ANHANG Goebbels, Joseph (1897– 1945), (ns.) Politiker 158 Göring, Hermann (1893– 1946), (ns.) Politiker 69, 158, 183 f. Goethe, Johann Wolfgang von (1749–1832), Dichter 386, 410 Goetz, Walter (1867–1958), Historiker, o. Prof. in Tübingen (1905), Straßburg (1913), Leipzig (1915) 31 f., 167, 358 Goldfriedrich, Rolf († 1934), Historiker, 1932–1934 Mitarbeiter am Preußischen Historischen Institut in Rom 48 Gothein, Eberhard (1853–1923), Kulturhistoriker 209 Gottschalk von Aachen (11. Jh.), Kanzleinotar und Dichter 193, 199 Gregor VII. (Hildebrand) (um 1020/25–1085), Papst 973–1085 107, 119, 127, 167, 176, 200, 219 f., 225 Gregor von S. Grisogono († 1119), Kardinal 29 Greiner, Helmuth (1892– 1958), Archivar, Militärhistoriker, 1939–1943 Bearbeiter des Kriegstagebuchs des Oberkommandos der Wehrmacht 318 Grimm, Claus (1904–1987), Historiker, 1941–1945 in der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW (Forschungsgruppe), später Gymnasiallehrer in Lindau 263 Groh, Wilhelm (1890–1964), Rechtswissenschaftler, 1928–1945 o. Prof. in Heidelberg, 1933–1937 Rektor 137 Grundmann, Herbert (1902–1970), Historiker, o.

Prof. in Königsberg (1939) und Münster (1944), 1959–1970 Präsident der MGH 283 Günter, Heinrich (1870– 1951), Historiker, 1902 ao. Prof. in Tübingen, 1923 o. Prof. in München 146 Güterbock, Ferdinand (1872–1944), Historiker, Privatgelehrter 86, 303 Gunther, Bf. von Bamberg (um 1025/30–1065) Guttenberg, Erich von (1888–1952), Historiker, 1922–1935 Archivar in München, 1935 o. Prof. in Gießen, seit 1936 in Erlangen 36 f., 63, 97, 99, 104–106, 108, 117–119, 234–236, 349 f. Hafner, Philipp (1854–1937), Gymnasialdirektor in (Bad) Hersfeld 288 Hagemann, Wolfgang (1911–1978), 1936–1940 Mitarbeiter am DHI in Rom, seit 1953 dort stellvertr. Direktor 164, 320 Haller, Johannes (1865–1947), Historiker, o. Prof. in Marburg (1904), Gießen (1904), 1913–1932 in Tübingen 8, 21, 25, 63, 133, 136, 139, 165, 167 f., 200, 219–221, 224 Hampe, Karl (1869–1936), Historiker, 1903–1934 o. Prof. in Heidelberg 24 f., 40, 42, 47, 49, 55, 59–63, 65 f., 70–74, 76, 79, 81–84, 89–91, 93–96, 102 f., 109 f., 119 f., 122, 125, 137 Hampe, Lotte, geb. Rauff (1883–1950), Ehefrau von Karl Hampe 119 f. Hamsun, Knut (1859–1952), norweg. Schriftsteller 412

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Hanfland 317 Harmjanz, Heinrich (1904–1994), Volkskundler, 1937 o. Prof. in Königsberg, 1938 in Frankfurt a. M., 1937–1943 Referent für Geisteswissenschaften im Reichs­ ministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung, nach 1945 Lateinlehrer 155, 307, 332 Hartung, Friedrich (1883–1967), Historiker, 1922 o. Prof. in Kiel, seit 1923 in Berlin 19, 54, 87, 96 Hashagen, Justus (1877– 1961), Historiker, 1920 o. Prof. in Köln, 1925–1935 in Hamburg 31, 116 f. Haskins, Charles Homer (1870–1937), Historiker, seit 1902 Prof. an der Harvard University 290 Hauck, Albert (1845–1918), Theologe und Historiker, o. Prof. in Leipzig 310 Hauck, Karl (1916–2007), Historiker und Mittellateiner, 1944 Dozent in Straßburg, 1950 ao., 1958 o. Prof. in Erlangen, seit 1959 in Münster 379 Heckel, Rudolf von (1880–1947), Historiker, 1913 ao., 1931 o. Prof. in München 117, 156, 222 Heidegger, Martin (1889– 1976), Philosoph 9 Heilig, Konrad Josef (1907–1945), Historiker, seit 1938 Archivar am Erzbischöfl. Archiv in Freiburg i. Br. 318, 325, 343 f., 347 Heimpel, Hermann (1901–1988), Historiker, 1931 o. Prof. in Freiburg i. Br., 1934 in Leipzig, 1941 in

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Register 487 Straßburg, seit 1946 in Göttingen, ebd. seit 1956 Direktor des MPI für Geschichte, seit 1946 Mitglied der Zentraldirektion der MGH 32, 42, 57, 61, 63, 65, 75 f., 86, 197, 336 Heinrich I. (um 876–936), ostfränk.-dt. Kg. 919 159–161, 163, 165, 169, 178 f., 182 f., 197, 246, 256, 262, 268, 279, 284, 287 f., 290 f., 298, 303, 329 Heinrich III. (1017–1056), dt. Kg. 1039, Ks. 1046 161 Heinrich IV. (1050–1106), dt. Kg. 1056, Ks. 1084 104, 113–115, 117 f., 126 f., 134, 138 f., 151, 161, 167, 176, 180, 183, 186, 189, 191, 193, 196, 208, 216, 219 f., 224, 262, 301 Heinrich VII. (1278/79–1313), dt. Kg. 1308, Ks. 1312 156, 163 Heinrich der Löwe (um 1129/30–1195), Hg. von Sachsen und Bayern 86, 93 f., 183, 249, 290, 296 f., 304, 324, 332, 347, 356, 361 Hellmann, Siegmund (1872–1942), Historiker, 1923–1933 o. Prof. in Leipzig 31 f., 113, 189 Henricus Francigena (1. H. 12. Jh.), Verfasser einer Brieflehre 311 Heriger († 927), seit 913 Ebf. von Mainz 179 Hermann I. († 1085), 1065–1075 Bf. von Bamberg 118 f., 234 Heß, Rudolf (1894–1987), (ns.) Politiker 78, 166, 256, 258 Hessel, Alfred (1877–1939), Historiker, ao. Prof. und Bibliothekar in Göttingen 41

Heßler, Wolfgang (*1916), Historiker, Schüler von Martin Lintzel 315, 334, 337 f., 346 Heusler, Alfred (1865–1940), Germanist und Skandinavist, 1894 ao., 1914 o. Prof. in Berlin, 1920 in Basel 187 Heymann, Ernst (1870– 1946), Rechtswissenschaftler, seit 1914 o. Prof. in Berlin, Mitglied der Zentraldirektion der MGH 64, 327 Hiltebrandt, Philipp (1879–1958), Historiker, 1905–1918 Mitarbeiter am Preußischen Historischen Institut in Rom, danach Korrespondent der »Kölnischen Zeitung« 56, 64 f., 98 Hiltebrandt, Ruth, geb. Göring (1890–1962), Ehefrau von Philipp Hiltebrandt 64 f. Himmler, Heinrich (1900–1945), (ns.) Politiker 174, 182 Hindenburg, Paul von (1847–1934), Offizier, Politiker 34 Hirsch, Hans (1878–1940), Historiker, 1918 ao. Prof. Prag (Deutsche Univ.), 1926 in Wien, 1929–1940 Direktor des Instituts für österreichische Ge­ schichtsforschung 31 f., 48, 125, 138 Hirschfeld, Bruno (1877– 1965), Historiker, Archivar, 1938–1949 Direktor des Staatsarchivs in Koblenz 309 Hitler, Adolf (1889–1945), (ns.) Politiker 23 f., 25, 34, 88, 107 f., 179, 183 f., 261, 266, 334, 386 f.

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Höhne, Frl. 317, 323 Höhne, Rolf (1908–1947), Geologe, seit 1934 Abteilungsleiter im Rasse- und Siedlungsamt der SS, 1942 Kommandeur des Wehrgeologenbataillons der SS-Division „Prinz Eugen“ 182 Hölk, Erwin (1904–1945), seit 1936 Archivrat am Reichsarchiv in Potsdam, während des Kriegs als Kriegsverwaltungsrat in der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW tätig 228, 236 Hölzle, Erwin (1901–1976), Historiker, Lehrbeauftragter in Tübingen, 1944 Universitätsdozent in Berlin 117 Hörle, Josef (1890–1966), Altphilologe und Historiker, Studienrat in Hersfeld 287 f., 291–293 Hoffmann, Ernst Theodor Amadeus (1776–1822), Schriftsteller, Komponist 412 Hofmeister, Adolf (1883– 1956), Historiker, seit 1921 o. Prof. in Greifswald 32 Holtzmann, Robert (1873–1946), Historiker, 1913 o. Prof. in Gießen, 1916 in Breslau, 1923 in Halle, 1930 in Berlin 24, 109 f., 197, 227, 230, 250, 257, 297, 302 f., 315, 331, 334, 336, 369, 374, 410, 416 Holtzmann, Walther (1891–1963), Historiker, o. Prof. in Halle (1930) und Bonn (1936), 1953–1961 Direktor des DHI in Rom 10, 18–20, 86, 109 f., 115 f., 127–129, 147, 213, 221–223, 250–252

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488 ANHANG Hoppe, Willy (1884–1960), Historiker, 1935–1945 o. Prof. in Berlin, 1937–1942 Rektor 26, 29 Horaz (Quintus Horatius Flaccus) (65–8 v. Chr.), röm. Dichter 127 Hrotsvith von Gandersheim (um 935–um 1975), Dichterin 250 Hübinger, Paul Egon (1911–1987), Historiker, 1939–1945 Assessor am Staatsarchiv Koblenz, 1951 o. Prof. in Münster, seit 1959 in Bonn, zwischenzeitlich Ministerialdirektor im Bundesministerium des Innern 10, 271, 306–310, 317 Hugo, Abt von Cluny (1024–1109) 139 Humbert († 1061), Kardinalbischof von Silva Candida, Kirchenreformer 113 Innocenz III. (Lothar von Segni) (1160/61–1216), Papst 1198–1216 127, 222 Isensee (Blankenburg?) 342 Ivo von Chartres (um 1040–1115/16), Bf., Theologe 127 f. Jaffé, Philipp (1819–1870), Historiker 31 Joachim von Fiore (um 1135–1202), Abt, Theologe 187 Johann XXII. (Jacques Duèse) (um 1244–1334), Papst 1316–1334 102 Jordan, Karl (1907–1984), Historiker, Mitarbeiter bei den MGH, 1939 Dozent in Halle, 1941 ao., 1943 o. Prof. in Kiel 22, 41, 98, 115, 135 f., 183, 200 f., 203, 213, 218 f., 221, 249, 290, 302, 313, 324

Just, Leo (1901–1964), Historiker, 1929 – 1933 Mitarbeiter am Preußischen Historischen Institut in Rom, 1945 Prof. in Bonn, 1946 in Mainz 41 Juvenal (Decimus Iunius Iuvenalis) (1./2. Jh.), röm. Dichter 127 Kaehler, Siegfried A. (1885–1963), Historiker, seit 1936 o. Prof. in Göttingen 8, 92, 105 Kämpf, Hellmut (1911–1971), Historiker und Politologe, 1935–1939 Stipendiat am DHI in Rom, später Leiter der Handschriftenabteilung der Württembergischen Landesbibliothek in Stuttgart, 1956–1963 apl. Prof. in Stuttgart (TH), dann Prof. an der Pädagogischen Hochschule in Weingarten 97, 163 f., 252 Kahrstedt, Ulrich (1888– 1962), Althistoriker, seit 1921 o. Prof. in Göttingen 38, 40 Kant, Immanuel (1724–1804), Philosoph 132 Kantorowicz, Edmund (1846–1904), Kaufmann, Mitinhaber der Likörfabrik Hartwig Kantorowicz, Onkel von Ernst Kantorowicz 40 Kantorowicz, Ernst H. (1895–1963), Historiker, 1932–1934 o. Prof. in Frankfurt a. M., 1945–1951 in Berkeley, seit 1951 in Princeton 11, 13, 30, 32, 39 f., 63, 135, 163–165, 197 f. Karl der Große/Charlemagne (747 [?]–814), fränk. Kg. 768, Ks. 800 9, 35, 47, 55–57, 59–66, 69–71, 73–76,

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81, 85, 87, 89–91, 93, 95, 99 f., 106 f., 117, 132, 143, 145, 161 f., 286, 299, 331, 335 Karl II. der Kahle (823–877), westfränk. Kg. 840, Ks. 875 160 Karl III. der Dicke (839–888), fränk. Kg. 876, Ks. 881 18, 22, 64, 77, 115, 160, 179 Karl V. (1500–1558), span. Kg. 1516, Ks. 1519 152 Karlmann (um 830–880), ostfränk. Kg. 876, designierter Kg. von Italien 18 Kehr, Gudila s. Pölnitz Kehr, Paul Fridolin (1860–1944), Historiker, seit 1895 o. Prof. in Göttingen, 1903–1915 und 1924–1936 Direktor des Preußischen Historischen Instituts in Rom, 1915–1929 Generaldirektor der preußischen Staatsarchive, 1917–1944 Direktor des KWI für Deutsche Geschichte, 1919–1936 Vorsitzender der Zentraldirektion der MGH 13, 18, 20, 21–29, 31, 34, 37 f., 41 f., 45 f., 48–56, 58, 64, 77, 92, 98, 102–104, 107, 109, 112, 115, 117, 120, 124, 144, 146, 151, 153, 156 f., 170 f., 175, 181 f., 185 f., 191 f., 194, 197, 202–204, 222, 229, 251, 257, 279 Kerber, Franz (1901–1945), 1933–1945 Oberbürgermeister in Freiburg 177 Kern, Fritz (1884–1950), Historiker, 1914 o. Prof. in Frankfurt a. M, 1922 in Bonn 57 Kienast, Walther (1896– 1985), Historiker, 1939–1945 o. Prof. in Graz, 1953 ao., 1954 o. Prof. in Frankfurt a. M. 19, 26, 29,

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Register 489 43, 46, 52, 114, 117, 125 f., 133, 135 f., 140, 154 f., 158 f., 169, 171, 213, 218 f., 227, 229 f., 234, 236 Kirn, Paul (1890–1965), Historiker, seit 1935 als Nach­folger von Ernst Kantorowicz o. Prof. in Frankfurt a. M. 24, 39, 45, 52, 63 Kittel, Erich (1902 – 1974), Archivar 207 Klebel, Ernst (1896–1961), Historiker, Lehrstuhlvertreter in Berlin, später Archivar in St. Pölten, seit 1952 o. Prof. in Regensburg (Phil.-theol. Hochschule) 107, 109, 112 f., 136, 156, 171 Klewitz, Bruno (1876–1963), Vater von H.-W. Klewitz 313 Klewitz, Gertrud (*1885), Mutter von H.-W. Klewitz 28 Klewitz, Hans-Walter (1907–1943), Historiker, 1930–1934 Mitarbeiter am Preußischen Historischen Institut in Rom, 1940 ao., 1942 o. Prof. in Freiburg i. Br. 19, 21 f., 26–29, 34, 64, 97, 126 f., 135, 167, 213, 218, 229, 234, 283, 312 f., 330, 332, 376 Klewitz, Irmgard, geb. Arnold, Ehefrau von H.-W. Klewitz 312 f., 330 Knabe, Lotte, Historikerin, Schülerin von Erich Caspar 290 f. Knapp, Theodor (1882– 1962), Oberregierungsrat im Akademischen Rektoramt der Universität Tübingen 20 f. Konrad I. († 918), ostfränk. Kg. 911 160, 163, 336 f. Konrad II. (um 990–1039), Kg. 1024, Ks. 1037 186

Konstantin (um 280–337), röm. Ks. 186 Krieck, Ernst (1882–1947), Philosoph und Pädagoge, 1933/34 o. Prof. in Frankfurt, 1934–1945 in Heidelberg, 1937/38 Rektor 143, 145, 154, 162 Krusch, Bruno (1857–1940), Historiker, Direktor des Preußischen Staatsarchivs in Hannover, Mitglied der Zentraldirektion der MGH 157 Kühn, Margarete (1894– 1986), seit 1941 Mitarbei­ terin der MGH 240, 245, 325, 328, 358 Kühne, Ulrich (1903–1945), 1928/29 Stipendiat am Preußischen Historischen Institut, später Archivar in Koblenz 34, 106 Ladner, Gerhart B. (1905–1993), Historiker, Mitarbeiter der MGH, seit 1938 in Kanada, nach Kriegsende Prof. an verschiedenen Universitäten in den USA 112 Laehr, Gerhard (1899–1931), Historiker, 1929–1931 2. Sekretär des Preußischen Historischen Instituts in Rom 28, 276 f. Längrich, Otto († 1941), Amtsrat a. D., Rechnungsbeamter im Reichsinstituts für ältere deutsche Geschichtskunde 52, 54 Langner, Frl. 316, 327 Langosch, Karl (1903–1992), Mittellateiner, Lehrbeauftragter in Berlin, seit 1957 Prof. in Köln 329, 378 f. Largiadèr, Anton (1893– 1974), Historiker und Archivar, seit 1944 ao.

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Prof. an der Universität Zürich 322 f., 327 Leers, Johann von (1902– 1965), (ns.) Schriftsteller, 1940–1945 Prof. für deutsche Geschichte in Jena 69, 93 Leibniz, Gottfried Wilhelm (1646–1716), Philosoph 250 Lenel, Walter (1868–1937), Historiker, Privatgelehrter, 1932–1933 o. Hon.prof. in Heidelberg 159 Leo IX. (Bruno) (1002–1054), Papst 1049–1054 113, 114, 116 Lerch, Eugen (1888–1952), Romanist, Sprachwissenschaftler, 1930–1934 o. Prof. in Münster, seit 1946 in Mainz 285–287, 299 Levison, Wilhelm (1876– 1947), Historiker, 1912–1935 Prof. Bonn (seit 1920 o. Prof.), Mitglied der Zentraldirektion der MGH 30, 32, 197 Lietzmann, Sabina, Mitarbeiterin am Reichsinstitut 328 Lintzel, Martin (1901–1955), Historiker, 1935 ao. Prof. in Kiel, 1936 in Halle (seit 1942 o. Prof.) 52, 55, 59, 61 f., 65 f., 71, 77, 81, 84 f., 91, 95 f., 116 f., 136, 141, 257 f., 294, 299, 314–316, 331, 333–339, 346 f., 381 Liudprand von Cremona (um 920–970/72), Bf., Geschichtsschreiber 209 Löwe, Heinz (1913–1991), Historiker, 1961–1978 o. Prof. in Tübingen 327 Lohmann, Hans-Eberhard (*1908), Historiker, seit 1934 Mitarbeiter der MGH, 1937/38 Geschäftsführer des Reichsinstituts

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490 ANHANG für ältere deutsche Geschichtskunde, später Präsident des Statistischen Landesamts Nordrhein­Westfalen 41, 127, 138, 155, 166, 169 f., 174, 178, 181, 191 Loschelder, Josef (1909– 1989), Musikhistoriker, 1937–1938 Stipendiat am DHI in Rom 163 f. Ludwig II. (um 825–875), Kg. von Italien 840, Ks. 850 151, 156 Ludwig II. der Deutsche (um 805–876), ostfränk. Kg. 833 160, 278, 336 Ludwig III. der Jüngere († 882), ostfränk. Kg. 876 18 Ludwig IV. das Kind (893–911), ostfränk. Kg. 900 160, 257, 259 Ludwig IV. der Bayer (1281/82–1347), Kg. 1314, Ks. 1328 23, 25, 158 Luitpold (um 990–1059), Erzbischof von Mainz 113, 116 Luther, Martin (1483–1946), Reformator 341 Mabillon, Jean (1632–1707), französischer Historiograph und Diplomatiker 188 Machiavelli, Niccolò (1469–1527), florentin. Politiker, und politischer Philosoph 255 Maier, Hans (1897–1956), Geograph, seit 1934 wiss. Mitarbeiter im »Amt Rosenberg«, später im »Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg« 95 f. Mann, Thomas (1875–1955), Schriftsteller 8 Maschke, Erich (1900–1982), Historiker 92

Mastný, Vojtěch (1874–1954), tschechoslowakischer Diplomat, 1932–1939 Gesandter in Berlin 184 Mathilde (um 896–968), Kg.in 214 Mathilde von Quedlinburg (955–999), Äbtissin des Servatiusstifts in Quedlinburg 199 Mattiat, Eugen (1901–1976), ev. Theologe, Prof. für praktische Theologie, später für Volkskunde in Berlin, Jan.–Dez. 1937 Leiter der Arbeitsgliederung W 6 im Amt Wissenschaft des Reichsministeriums für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung 77, 154 f. Maybaum, Heinz (1896–1955),Historiker, 1935–1945 Prof. in Rostock 52, 54, 91 Mayer, Hanna, geb. Stradal (1892–1981), Ehefrau von Theodor Mayer 326 f., 329 Mayer, Theodor (1883–1972), Historiker, 1922 ao., 1927 o. Prof. in Prag (Deutsche Univ.), 1930 in Gießen, 1934 in Freiburg i. Br., 1938 in Marburg, 1942–1945 Präsident der MGH, seit 1951 Direktor des »Instituts für Landschaftskunde (bzw. geschichtliche Landesforschung) des Bodenseegebietes« 11 f., 39, 42 f., 63, 106, 166, 175, 177, 179, 192, 258, 270, 272, 275, 278 f., 283, 289, 293 f., 298, 301 f., 305, 307, 309, 313, 315, 316–332, 334, 336–338, 340 f., 344–361, 365, 369, 371 Mayer-Edenhauser, Theodor (1913–1942), Rechtshis-

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toriker, Sohn von Theodor Mayer 275 Meinecke, Friedrich (1862–1954), Historiker 8 Meinhard (Meginhard) von Bamberg († 1088), Domscholaster, Bf. 1085 118, 188 f., 243, 251, 281 Meinhold, Peter (1907–1981), Theologe, seit 1936 Prof. in Kiel 99 Meisner, Heinrich Otto (1890–1976), Archivar, seit 1935 Oberarchivrat am Reichsarchiv in Potsdam 228 Menzel, Ottokar (1912–1945), Historiker, 1936–1943 Mitarbeiter des Reichsinstituts für ältere deutsche Geschichtskunde 182, 184, 191, 249 f. Mercati, Giovanni (1866– 1957), seit 1919 Präfekt der Biblioteca Apostolica Vaticana, seit 1936 Kurienkardinal 147–150 Mesters, Hildegard (*1919), Sekretärin 324, 327, 353, 356, 358 Metz, Friedrich (1890–1969), Geograph, 1935–1945 und wieder seit 1953 o. Prof. in Freiburg i. Br. 177 Meyer, Eugen (1893–1972), Historiker, Archivar, seit 1939 ao. Prof. für Historische Hilfswissenschaften in Berlin, seit 1949 o. Prof. in Saarbrücken 237, 240, 289, 328, 375, 382, 395 f. Meyer, Herbert (1875–1941), Rechtshistoriker, 1906 o. Prof. in Jena, seit 1918 in Göttingen 15, 86 Meyer, Otto (1906–2000), Historiker, 1932–1934 und seit 1939 Mitarbeiter der MGH, 1945–1949

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Register 491 kommissarischer Leiter der Dienststelle Pommersfelden, seit 1962 o. Prof. in Würzburg 22, 41, 154, 213, 218, 249 Meynen, Emil (1902–1994), Geograph, 1937 Privatdozent, 1942 apl. Prof. in Berlin, 1934–1944 Geschäftsführer der Volksdeutschen Forschungsgemeinschaften, seit 1953 Leiter der Bundesforschungsanstalt für Landeskunde und Raumordnung in Bonn 88 Michael, Erzengel 209 Michel, Anton (1884–1958), Kirchenhistoriker 186, 279 Möllenberg, Walter (1879–1951), Historiker und Archivar, 1923–1945 Leiter des Staatsarchivs Magdeburg, 1938 Hon.­prof. In Halle 237 f., 245, 255, 260, 303 f. Mörike, Eduard (1804–1875), Dichter 385 f. Mollat, Guillaume (1877– 1968), Kirchenhistoriker, seit 1919 Prof. in Straßburg 205 f. Mommsen, Theodor Ernst (1905–1958), Historiker, 1930 Mitarbeiter der MGH, 1936 Emigration in die USA, 1946 Prof. in Princeton, 1954 an der Cornell University 93, 98 Mommsen, Wilhelm (1892–1966), Historiker, 1929–1945 o. Prof. in Marburg 85 f. Most, Rudolf (1911–1941), Historiker, Mitarbeiter der MGH (Abt. Staats­ schriften) 265 Müller, Friedrich (1900– 1975), Klass. Philologe,

1943 ao., 1955 o. Prof. in Marburg 348 Müller, Karl Alexander von (1882–1964), Historiker, 1928–1945 o. Prof. in München 45, 114, 117, 125 f., 220 Mussolini, Benito (1883– 1945), ital. Politiker („Duce del Fascismo“) 108, 183 f., 187, 344, 361 f. Nadda (um 1000), Hagio­ graph 241, 243 Napoleon I. Bonaparte (1769–1821), 1804–1814 Ks. der Franzosen 254 Naumann, Hans (1886–1951), Germanist, 1932–1946 o. Prof. in Bonn 71, 75, 79 f. Neander, Charlotte Caroline, geb. Stavenhagen (1862–1948), Tante Carl Erdmanns 258 f., 263 Nestor, antike Sagengestalt, Herrscher von Pylos 188 Neumann, Frl. 319 Neurath, Constantin von (1873–1956), Diplomat und Politiker, 1932–1938 Reichsaußenminister 183 f. Nietzsche, Friedrich (1844–1900), Philosoph 14 Nithard († 845), fränk. Geschichtsschreiber 34 f. Norbert († nach 1076), Abt von Sankt Gallen 310 Ohnsorge, Werner (1904–1985), Historiker, Archivar, 1969 Prof. in Hamburg 18 Oncken, Hermann (1869–1945), Historiker, 1907–1923 o. Prof. in Heidelberg, dann in München und Berlin (1928–1935) 77, 79 f., 87

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Opitz, Gottfried (1904–1976),Historiker, Mitarbeiter am DHI in Rom, seit 1946 bei den MGH (1949–1969 Geschäftsführer) 156, 163 f., 204–206 Otto I. (912–973), Kg. 936, Ks. 962 105, 159–161, 314 f., 331, 335 f. Otto III. (980–1002), Kg. 983, Ks. 996 62, 65, 176, 262 Otto von Freising (um 1112–1158), Bischof, Geschichtsschreiber 32 Otto, Eberhard Friedrich (1910–1943), Historiker, 1937 Privatdozent, dann Universitätsdozent in Leipzig 154 Peeck, Friedel (1921–2014), Historikerin, 1942–1947 Mitarbeiterin der MGH, danach im Schuldienst 367 Pelster, Franz (1880–1956), Theologe und Philosoph, Prof. an der Pontificia Università Gregoriana in Rom 279 f. Perels, Ernst (1882–1945), Historiker, 1921 ao., 1931–1935 o. Prof. in Berlin 18, 24, 107 f., 116, 197 Persius Flaccus, Aulus (34–62 n. Chr.), röm. Dichter 127 Petry, Ludwig (1908–1991), Historiker, seit 1950 Prof. in Mainz 374 Philipp I. (1052–1108), Kg. von Frankreich 139 f. Philipp II. (1527–1598), Kg. von Spanien 79 Pius XI. (Achille Ratti) (1857–1939), Papst 1922–1939 106, 108, 148 f., 150 Pivec, Karl (1905–1974), Historiker, 1939 ao. Prof.

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492 ANHANG in Leipzig, seit 1950 o. Prof. in Wien 113, 125, 197 Planitz, Hans (1882–1954), Rechtshistoriker, 1913 o. Prof. in Basel, 1914 in Frankfurt, 1919 in Köln, seit 1941 in Wien 320, 358 Platzhoff, Walter (1881–1969), Historiker, 1923–1945 o. Prof. in Frankfurt a. M., 1934–1944 Rektor 63 Pölnitz, Götz von (1906– 1967), Historiker, Archivar, seit 1936 Direktor des Fugger-Archivs in Augsburg, 1961 o. Prof. in Dillingen, 1961 in Erlangen 145, 349 f. Pölnitz, Gudila Freifrau v., geb. Kehr (1913–2002), Historikerin, Politikerin, Tochter von P. F. Kehr 144, 145, 151 Ramackers, Johannes (1906–1965), Historiker, 1929–1939 Mitarbeiter beim Göttinger Papst­ urkundenwerk, 1949 Prof. an der Pädagogischen Hochschule in Aachen 45 f., 112, 127 f., 147 f., 150, 156, 202–204, 229 Ranke, Leopold von (1795–1886), Historiker, 1834–1871 o. Prof. in Berlin 86 Rassow, Peter (1889–1961), Historiker, 1936 Prof. in Breslau, 1940–1958 o. Prof. in Köln 30–33, 56, 110 f., 116, 136, 341 Rather (um 887–974), Bf. von Verona und Lüttich, Schriftsteller 281 Reinerth, Hans (1900–1990), Prähistoriker, 1934–1945 o. Prof. in Berlin, 1939 Leiter des »Amts Vorgeschichte« im »Amt Rosenberg« 95

Reuter, Abiah Elisabeth (*1902), Historikerin 210 Reynaud, Louis (1876–1947), französ.Germanist 308 Rilling, Sekretär 317 Ritter(-Hecht), Annelies (1912–1996), Historikerin, Mitarbeiterin des Reichsinstituts für ältere deutsche Geschichts­ kunde, später Bibliothekarin in Göttingen 358 Ritter, Gerhard (1888–1967), Historiker, seit 1925 o. Prof. in Freiburg i. Br. 177, 244, 255 Ritterbusch, Paul (1900– 1945), Rechtswissenschaftler 258 Robert von Anjou (1278– 1343), Kg. von Sizilien­Neapel 102 Rörig, Fritz (1882–1952), Historiker, 1923 o. Prof. in Kiel, seit 1935 als Nachfolger von Erich Caspar in Berlin 10, 151, 154, 207 f., 211 f., 223 f. Roethe, Gerwin (1909–1945), Historiker, Mitarbeiter des Reichsinstituts für ältere deutsche Geschichtskunde 270 Roon, Albrecht von (1803–1879), Militär, preußischer Generalfeldmarschall und Kriegsmi­ nister 149 Rosenberg, Alfred (1893– 1946), (ns.) Politiker, »Beauftragter des Führers für die Überwachung der gesamten geistigen und weltanschaulichen Schulung der NSDAP« 11, 62, 69, 71, 75, 78, 86, 89–93, 95, 100, 107, 145, 332 Roth, Geheimrat (Auswärtiges Amt) 323

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Rothfels, Hans (1891–1976), Historiker, 1926–1934 o. Prof. in Königsberg, später in Oxford (1939), Providence (1940), Chicago (1946), 1951–1969 in Tübingen 87 Rückert, Hanns (1901–1974), evangelischer Theologe und Kirchenhistoriker, 1928 o. Prof in Leipzig, 1931–1966 in Tübingen 60 Rundstedt, Gerd von (1875–1953), Generalfeldmarschall 380 Rust, Bernhard (1884–1945), 1934–1945 Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung 89 f., 155 Sackur, Ernst (1862–1901), Historiker, ao. Prof. in Straßburg 310 Samse, Helmut (1915–1942), Historiker, Mitarbeiter der MGH (Abt. Constitutiones) 270 Sante, Georg Wilhelm (1896–1984), Historiker, Archivar, seit 1947 Direktor des Hauptstaats­ archivs Wiesbaden 320 Santifaller, Leo (1890–1974), Historiker, 1929 o. Prof. in Breslau, 1943 in Wien, seit 1945 Direktor des Instituts für österreichische Geschichtsforschung 330 f. Schalk, Fritz (1902–1980), Romanist, 1937–1970 Prof. in Köln 325 Schell, Adolf (1897–1978), Jurist, Schwager Gerd Tellenbachs 213 f. Schieffer, Theodor (1910–1992), Historiker, Mitarbeiter des Reichsinstituts für ältere deutsche

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Register 493 Geschichtskunde, 1939 Eintritt in den Archiv­ dienst, 1951 o. Prof. in Mainz, 1954 in Köln, seit 1956 Mitglied der Zentraldirektion der MGH 156, 203, 252, 259, 270 f., 308, 311, 356 f. Schiller, Friedrich (1759– 1805), Dichter 40, 79, 309, 362, 399, 401 Schillmann, Fritz (1884– 1948), Historiker, Bibliothekar, Publizist 22 Schlechte, Horst (1909– 1986), Historiker und Archivar, 1959–1974 Direktor des Sächsischen Hauptstaatsarchivs in Dresden 64, 147, 150 Schmeidler, Bernhard (1879–1959), Historiker, 1926–1936 o. Prof. in Erlangen 106, 108, 125, 201, 227, 229 f., 234–236, 272, 279, 328 f. Schmid, Paul, Historiker 133 f. Schmidt, Verlag E. S. Mittler & Sohn 68–70 Schneider, Hermann (1886–1961), Germanist, 1921–1954 o. Prof. in Tübingen 310 Schönborn-Wiesentheid, Erwein Graf von (1877–1942), seit 1923 Vorsitzender der Gesellschaft für Frän­ kische Geschichte 235 f. Scholz, Richard (1872–1946), Historiker, 1908–1937 Prof. in Leipzig 320 Schotte, Helmut († 1941), Archivreferendar 265, 270 Schrader († 1941), Archivverwaltung 265 Schramm, Ehrengard, geb. von Thadden (1900–1985),

Ehefrau von P. E. Schramm 323, 325 Schramm, Percy Ernst (1894–1970), Historiker, seit 1929 o. Prof. in Göttingen 11, 38, 40, 45, 62, 108–110, 126, 132, 141, 159–161, 163, 176, 179, 197, 221, 227, 317 f., 323, 330, 332 Schröder (?) 131 Schröder, Helmut († vor 1937), akademischer Schüler von Carl Erdmann 167 Schubart(-Fikentscher), Gertrud (1896–1985), Rechtshistorikerin, 1948–1956 o. Prof. in Halle 305, 358 Schünemann, Konrad (1900–1940), Historiker, seit 1937 ao. Prof. in Kiel 26, 29, 136 Schüz, Alfred (1892–1957), Historiker, 1933–1939 ao. Prof. in Hamburg 136 f. Schumann, Otto (1888–1950), Mittellateiner, Gymnasiallehrer, seit 1946 ao. Prof. in Frankfurt 188 Schwarz, Gerhard, Maler 345 f. Schwerin, Claudius von (1880–1944), Rechtshistoriker, 1917 o. Prof. in Straßburg, 1919 in Freiburg i. Br., seit 1935 in München 358 Schwoerer, Victor (1865– 1943), 1911–1928 Leiter der Hochschulabteilung im Badischen Unterrichtsministerium, 1929–1934 Stellvertretender Präsident der Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft 48 Seeberg, Reinhold (1859– 1935), Theologe, o. Prof. in

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Dorpat (1885) und Erlangen (1889), seit 1898 in Berlin 41 f. Serafini, Federico („Ferruccio“) (1872–1966), langjähriger Kustode und Bibliothekar des Preußischen, dann Deutschen Historischen Instituts in Rom 172 f., 206, 275–278 Serafini, Francesca († 1931), Ehefrau von F. Serafini 276 f. Sickel, Theodor (1826–1908), Historiker 191 Sommerfeldt, Martin H. (1899–1969), Journalist, seit 1935 in der Leitung des Verlags E. S. Mittler & Sohn 69, 94 Spangenberg, Hans (1868–1936), Historiker, seit 1921 Prof. in Rostock 42, 43 Spengler, Oswald (1880– 1936), Schriftsteller 27, 29 Spörl, Johannes (1904–1977), Historiker, seit 1947 o. Prof. in München 179 f. Sproemberg, Heinrich (1889–1966), Historiker, 1946 o. Prof. in Rostock, seit 1950 in Leipzig 308 f., 377 Srbik, Heinrich von (1878–1951), Historiker, 1922–1945 o. Prof. in Wien 9, 197, 202 Stach, Walter (1890–1955); Mittellateiner, 1941 Hon.­prof., 1943 o. Prof. in Straßburg, 1950 Hon.-prof. in Freiburg i. Br. 247 f., 280, 379 Stadelmann, Rudolf (1902–1949), Historiker, 1936 o. Prof. in Gießen, seit 1938 in Tübingen 65

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494 ANHANG Stapel, Wilhelm (1882–1954), Publizist, Hg. der Monatszeitschrift »Deutsches Volkstum« 93 Stauffenberg, Alexander Schenk Graf von (1905–1964), Althistoriker, 1936 ao., 1941 o. Prof. in Würzburg 164 f. Steinmann, Ernst (1866– 1934), Kunsthistoriker, 1913–1934 Leiter der Bibliotheca Hertziana in Rom 29 Stengel, Edmund Ernst (1879–1968), Historiker, 1922–1937 und 1942–1946 o. Prof. in Marburg, 1937–1942 Präsident des Reichsinstituts für ältere deutsche Geschichtskunde 11, 168, 170–177, 179, 181–183, 190–192, 193 f., 196, 200–203, 206, 218, 227–230, 236–239, 241, 246, 249, 251, 257, 260, 270, 272, 295–297, 302, 304–306, 314 f., 347 f., 381 Stengel, Frida, geb. Barth (1882–1972), Ehefrau von E. E. Stengel 174, 177 Stengel-von Rutkowski, Lothar (1908–1992), 1934 Leiter der Rassehygie­ nischen Abteilung des Rasse- und Siedlungs­ hauptamts der SS sowie Abteilungsleiter des Thüringischen Landes­ amts für Rassenwesen in Weimar, 1940 Dozent für Rassenhygiene, Kulturbiologie und rassenhygie­ nische Philosophie an der Universität Jena 174, 177 Sthamer, Eduard (1883–1938), Historiker, Bibliothekar der Preußischen Akademie der Wissenschaften in Berlin 194

Stimming, Manfred (1885–1937), seit 1924 pl. ao. Prof. für Histor. Hilfswissenschaften in Leipzig 31 f. Storm, Theodor (1817–1888), Schriftsteller 413 Strecker, Karl (1861–1945), Mittellateiner, seit 1923 o. Prof. in Berlin, 1912 Mitglied der Zentraldirektion der MGH 251, 258, 260, 262, 265, 290, 305, 320, 322, 324 Stutz, Ulrich (1868–1938), Rechtshistoriker, seit 1917 o. Prof. in Berlin 64 f., 114 Sudendorf, Hans (1812–1879), Historiker und Archivar 31, 188, 234, 236 Sybel, Heinrich von (1817–1895), Historiker, 1846 o. Prof. in Marburg, 1856 in München, 1861 in Bonn, seit 1875 Direktor der preußischen Staatsarchive 314, 316 Tangl, Georgine (1893–1972), Historikerin, Mitarbei­ terin der MGH 305 Tassilo III. (741–nach 794), Hg. von Baiern 748–788 62, 65 Tellenbach, Gerd (1903– 1999), Historiker, 1928–1933 Mitarbeiter am Preußischen Historischen Institut in Rom, 1933 Habilitation in Heidelberg, Lehrstuhlvertretungen in Heidelberg, Gießen und Würzburg, 1938 o. Prof. in Gießen, 1942 in Münster, seit 1944 in Freiburg i. Br., 1962–1972 Direktor des DHI in Rom 8, 10–12, 14, 21–29, 33–35, 37–49, 58, 60–65, 75, 76–79, 86, 91 f., 97–99, 103–108, 111–119,

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123–127, 133–137, 139–146, 150–152, 153–159, 162–172, 174–186, 190–201, 209 f., 213–221, 224–233, 244 f., 255–259, 261–263, 267–269, 278 f., 282–284, 294, 298–300, 312 f., 325, 330–332, 336 f., 338 f., 346, 358, 361 f., 365–380, 388 f., 398 f., 410 f. Tellenbach, Margarethe, geb. Eberty (1872–1954), Mutter von Gerd Tellenbach 99, 105, 134, 144, 165, 171, 176, 180, 195, 197, 201, 214, 216, 225, 231 f., 244, 258, 269, 279, 284, 298, 366, 369, 371 f., 374, 376, 378 Tenbrock, Robert-Hermann (1908–1995), 1933 Mitarbeiter bei den MGH, danach im Schuldienst 19 f., 22 Todt, Fritz (1891–1942), (ns.) Politiker, Reichsminister 354 Toeche(-Mittler), Theodor (1837–1919), Historiker, Verlagsbuchhändler 69 Toeche-Mittler, Konrad (1869–1954), Verleger 69 Torelli, Pietro (1880–1948), ital. Rechtshistoriker und Archivar, Direktor der Staatsarchive in Reggio Emilia und Mantova, o. Prof. in Bologna 319 Udalrich von Bamberg (1. H. 12. Jh.), Kompilator des Codex Udalrici 36 f. Ungern-Sternberg, Alice von, geb. Erdmann (1877–1961), Stiefschwester Carl Erdmanns 126 Urban II. (Odo von Châtillon) (um 1035– 1099), Papst 1088–1099 127 f.

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Register 495 Vahlen, Theodor (1869– 1945), Mathematiker, 1911–1927 o. Prof. in Greifswald, dann in Wien, 1933 wieder in Greifswald, 1934–1937 Chef des Amtes Wissenschaft im Reichserziehungsministerium 151 f. Vaihinger, Hans (1852–1933), Philosoph, 1894–1906 o. Prof. in Halle 195 Vehse, Otto (1901–1943), Historiker, 1926–1930 am Preußischen Historischen Institut in Rom, seit 1938 o. Prof. in Hamburg 41, 136, 141, 362 Veiga Simões, Alberto da (1888–1954), 1933–1940 portugiesischer Gesandter in Berlin 30 Vienken, Thea (*1912),Historikerin, Mitarbeiterin der MGH (Abt. Diplomata) 246, 272, 290 f., 307, 311, 318, 325 Visconti, Matteo (1250–1322), Reichsvikar in der Lombardei 102 Voltelini, Hans von (1862–1938), Rechtshistoriker, 1908–1934 o. Prof. in Wien 53 Vulpius, Axel (*1926), Jurist, Neffe Carl Erdmanns 391, 393, 397, 400, 406, 408, 412 f., 415, 417 Vulpius, Gisela Renate, verh. Veltkamp (1923–1995), Ärztin, Tochter von Yella Vulpius-Erdmann, Nichte Carl Erdmanns 397 f., 406, 414 f. Vulpius, Roland (1895–1983), Oberstudienrat, später Oberstudiendirektor in Mannheim und Karlsruhe 406

Vulpius-Erdmann, Yella (Aurelie) (1893–1970), Lehrerin, Schriftstellerin, Schwester Carl Erdmanns 8, 12, 130, 132, 267, 298, 356, 363, 366, 373, 382–387, 390–394, 396–398, 400–418 Wacker, Otto (1899–1940), seit 1933 badischer Kultusminister, seit 1937 außerdem Amtschef im Reichserziehungsministerium 151 f. Walo († um 1097), Abt des Klosters St. Arnulf vor Metz 188 Walser, Fritz (1899–1945), Historiker, 1936/37 Lehrstuhlvertreter in Königsberg, dann in Frankfurt a. M. 136 f., 139 Warburg, Aby (1866–1929), Kunsthistoriker 10 Warneck, Amtsrat im Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung 358 Wattenbach, Wilhelm (1819–1897), Historiker 115, 228, 250 Weidauer, Friedrich (1894–1973), Philosoph 99 Weigle, Fritz (1899–1966), 1939–1943 Mitarbeiter am DHI in Rom, später bei den MGH 203, 369 Weinbaum, Martin (1902–1990), Historiker, 1929–1933 Privatdozent in Berlin, dann nach England emigriert 19 Weinstein, Hans Bernhard (1910–1943), 1921–1924 Privatschüler Carl Erdmanns in Lissabon 30, 33 Weirich, Hans (1909–1942), Historiker, 1941 ao. Prof. für mittelalterliche

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Geschichte und historische Hilfswissenschaften in Tübingen 175, 194, 203, 249, 276, 279 Weirich, Maria, Ehefrau von H. Weirich 276 Weisgerber, Leo (1899–1985), Sprachwissenschaftler, 1927 o. Prof. in Rostock, 1938 in Marburg, 1942 in Bonn 286 Wentz, Gottfried (1894– 1945), Historiker und Archivar 204 Westphal, Otto (1891–1950), Historiker, 1933–1936 o. Prof. in Hamburg 31, 136 f. Wibald von Stablo (1098– 1158), ksl. Kanzler und Diplomat, Abt von Stablo, Malmédy, Montecassino, Corvey 31 f. Widukind († nach 785), sächsischer Adliger 47, 61, 65, 89 f., 166 Widukind von Corvey († nach 973), Geschichts­ schreiber 159 f., 209, 260, 299 f. Wiegandt, Arndt (1902– 1945), Verleger 328 Wigber(h)tus (vor 670– 732/738), hl., Missionar 268, 287, 292, 329 Wilhelm I. (1797–1888), preuß. Kg. 1861, dt. Ks. 1871 149 Wilhelm, Abt von Hirsau († 1091) 225 Windelband, Wolfgang (1886–1945), Historiker, o. Prof. in Königsberg (1925), Berlin (1933) und Halle (1935–1936) 65 f., 71, 74, 79, 81, 107 Winter, Georg (1895–1961), Archivar am Geheimen Staatsarchiv in Berlin, 1952 Direktor des Bundesarchivs in Koblenz 144

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496 ANHANG Wipo († nach 1046), Geschichtsschreiber 280 Witte, Ernst (1868–1949), Gymnasialdirektor in Blankenburg/Harz 120–123, 130–132, 284, 356, 364, 366, 416 f. Witte, Sophie, Ehefrau von Ernst Witte 122, 132, 363 f. Yella s. Vulpius-Erdmann

Yonai Mitsumasa (1880– 1948), japanischer Militär und Politiker, 1940 Premierminister 221 Zatschek, Heinz (1901–1965), Historiker, 1929 ao., 1934–1941, 1942–1945 o. Prof. in Prag (Deutsche Univ.), 1941–1942 in Wien, 1957–1965 ebd. Direktor

des Heeresgeschichtlichen Museums 31 f., 166, 317 Zipfel, Ernst (1891–1966), Archivar, 1936–1945 Generaldirektor der preußischen Staatsarchive 228, 236–238, 249, 309 f. Zwentibold (um 871–900), Kg. von Lotharingien 895 160, 175

Orte Aachen 69, 314 f., 331, 335 Agram (Zagreb) 416–418 Altkirch 406 Augsburg 167 Bad Aussee 369 Bad Kissingen 18, 20 Bamberg 19, 37, 100, 118, 125, 236, 241, 365 Basel 327 Belgrad 384 Berlin 9–12, 19, 25, 34, 40, 46, 65, 73, 79, 90, 98, 124, 136, 144, 146, 149, 153–156, 158, 161 f., 168 f., 172–174, 194, 202 f., 206, 226, 231, 237, 239, 246, 249, 252, 262–265, 275, 302 f., 307, 317, 320, 323, 327, 338, 341, 345, 348, 350, 353, 356, 359, 360 f., 365, 375–379, 381, 386 f., 395, 397, 399, 406, 412, 415–417 Charlottenburg 357 f. Dahlem 52, 56, 58, 106, 165, 220, 276 Lankwitz 77 Lichterfelde 313 Steglitz 352 Zehlendorf 177, 358, 360

Blankenburg 122, 131, 178, 180, 182, 294, 340, 342 f., 350–354, 356, 365, 381, 416 Bodfeld 169

Bonn 32, 43 f., 80, 104, 115, 306 f., 310, 316 Borna 41 Bozen 361 Braunsberg (Braniewo) 106, 108 Breslau (Wrocław) 327 Brod 417 Canossa 132, 165 Charkov 275 Cluny 309 Darmstadt 200 f., 203, 356 Detmold 216 Donaueschingen 352 f., 359 Dorpat (Tartu) 21 Eisenach 138 Erfurt 159, 161 f., 164, 166, 168 Erlangen 106, 235 Falkensee 22, 25, 349, 355, 356 Fiume 412 Frankfurt a. M. 32, 39 f., 43, 45, 63, 156 Freiburg i. Br. 40, 42 f., 97, 99, 175, 177, 179, 218, 245, 312, 345, 350, 375 f., 378 f., 406 Fürth 36

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Gelnhausen 295, 297, 303, 305 f., 318, 321, 325, 331, 347 f., 358 Gießen 14, 39, 42, 58, 60, 63, 97, 104–106, 108, 116, 133, 136, 140, 144, 154, 155, 162, 164, 166 f., 169, 171, 181, 185, 191 f., 196, 209, 215, 217, 221, 227, 278 f., 283 f., 374 Gnandstein 352, 359 Göttingen 38, 40–42, 95–98, 105, 126 f., 131 f., 146–149, 221 Gräfenhainichen 281 Graz 218 Greifswald 32 Halberstadt 249, 311 Halle 19, 32, 49, 116 f., 128 f., 136, 141, 200 f., 203, 218 Hamburg 31, 116, 136 f., 141, 338 f., 348, 362 Hannover 87 Heidelberg 40 f., 48, 58, 76, 115, 117, 135–137, 139 f., 143, 145, 151, 154 f., 159 Hersfeld 279, 284, 287 f., 291 f. Hildesheim 227, 289 Hirsau 225 f. Ingelheim 220 Jena 91 f., 105, 117, 139, 143, 177

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Register 497 Kalisch (Kalisz) 391, 415 Karlsruhe 289 Kiel 41, 77, 97, 116, 138 Kleinmachnow 320, 370, 373 f., 388, 414 Kleinstottersleben 73 Klosterneuburg 343 Koblenz 271, 308–310 Köln 156, 229, 341 Königsberg (Kaliningrad) 80, 114, 136 f., 139 Konstantinopel 266 Krefeld 229 Kursk 276 Langensalza 281 Leipzig 30, 32, 39, 42, 68, 76, 194, 197, 240, 245 Lissabon 30, 32, 36 f. London 25, 226 Lübeck 223 Lyck (Ełk) 367–370 Madrid 141 f. Magdeburg 239, 249, 289–291, 303, 331, 338 Mailand 200, 322, 326 Mainz 114, 116, 160, 272 Marburg 54, 171–177, 179, 181, 194, 203, 249, 270, 272, 278, 348 Meran 38, 146, 156 Metz 152 Michaelstein 340, 342, 352, 354, 356, 365 Mitau (Jelgava) 21 Moskau 196 f., 221, 264 f. München 97, 154, 166, 168, 177, 182, 184, 204, 242, 289, 312, 316, 343, 362 Münster 156, 283 f., 368 f., 374 Neapel 344 Neukirchen (an der Enknach) 317, 319, 357 f. (Neu-)Staßfurt 364, 381 New York 198 Nomonhan 260 Nürnberg 107 f., 197

Ohrid 386 Olmütz (Olomouc) 19 f. Oxford 39, 40, 197 Palestrina 378 Paris 25, 45 f., 148, 150, 270, 285, 357 Pearl Harbor 268 f., 273 Pommersfelden 349 f., 359, 365, 369, 373 Posen (Poznań) 218, 415 Potsdam 375 Prag (Praha) 19 f., 32, 275 Quedlinburg 182, 198, 218, 246, 256 Regensburg 241, 243, 251, 262, 281 Rocca di Papa 378 Rom 9, 22 f., 25 f., 28 f., 34, 48, 56, 64, 97 f., 113, 115, 119, 124, 147 f., 150 f., 154, 156, 157–159, 163 f., 172 f., 175, 179, 202 f., 229, 279, 283, 294, 299, 312, 314 f., 317, 319, 322–324, 326 f., 335, 361 f., 369, 378 Vatikan 147, 150, 361

Rostock 42 f., 46, 52, 77, 91, 105 Sagan 391 Saint-Evroul(t) 112 Salzburg 313, 317, 319, 322–326, 345, 355–358 Sankt Gallen 309 f. Sankt Pölten 156 Santiago de Compostela 11 Sarajevo 410 f., 414, 417 f. Schellerhau 126 Schlettstadt (Sélestat) 225 Schwetz (Świecie) 370 f., 415 Shkodra (Shkodër, Skutari) 406 Skopje (serb. Skoplje, türk. Üsküp) 384 Spandau 356 Speyer 19 Stalingrad (Wolgograd) 302 f.

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Stettin (Szczecin) Steyr 229 Straßburg 19, 247 f., 375, 377, 379–381, 397, 406 Tirana 382, 392 f., 408, 413, 417 Tōkyō 221 Tribur 165, 167 f., 219 f., 225 Triest 412 Troja 122 Tübingen 24 f. Valmontone 378 Velletri 378 Verden 84, 90, 96 Verdun 284, 299, 317, 325, 327, 336 Vivarium 197 Warschau (Warszawa) 22, 25, 38, 391 Weimar 98, 177, 258, 374 Wernigerode 262 Wien 25, 32, 48, 124, 138, 317, 323, 325, 327, 329, 343 f., 383 f. Wollingerode 245 Worms 19 Würzburg 19, 58, 97, 125 f., 153–156, 158 f., 163–166, 168 f. Zossen 41

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ABBILDUNGSNACHWEIS Archiv des Autors: S. 50, 81, 121, 383, 418. – Archiv der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg: S. 333. – Voit, Max (Hg.): Bildnisse Göttinger Professoren aus zwei Jahrhunderten, Göttingen 1937: S. 152. – Familie KrimmBeumann: S. 248. – Monumenta Germaniae Historica: S. 128, 241. – Rörig, Fritz: Wirtschaftskräfte im Mittelalter, Wien – Köln – Graz 21971: S. 207. – Dr. Silvia Tellenbach: S. 23.

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WIR DANKEN IHNEN! Carl Erdmann (1898–1945) gilt als einer der bedeutendsten deutschen Mediävisten des 20. Jahrhunderts, der als überzeugter Gegner des Nationalsozialismus seine wissenschaftlich fruchtbarsten Jahre im akademischen Prekariat fristen musste. Folker Reichert und die wbg würdigen diesen bedeutenden Historiker nun mit einer herausragenden Edition: Die erste Biographie des Deutschbalten, der im angelsächsischen Raum »The Great Erdmann« genannt wird, erscheint nun gemeinsam mit Erdmanns berührenden Briefen von der »Machtergreifung« der Nationalsozialisten 1933 bis zu seinem Tod an der Front 1945. So wird erstmals das tragische Leben dieses großen Mannes sichtbar, dem seine Prinzipien zum Verhängnis wurden. Dass dieses Werk erscheinen kann, ist einzig Ihnen zu verdanken. Nach einem Subskriptionsaufruf im Sommer 2021 fand sich in kürzester Zeit eine überragend große Anzahl bereit, das Werk vorab zu bestellen: eine Bestätigung für die Arbeit der wbg – und das Fundament zur Realisierung des Projektes! Auf den folgenden Seiten finden sich die Namen all derer, die sich bis zum Zeitpunkt der Drucklegung als Unterstützer auf unserer Website registriert und der Nennung ihres Namens zugestimmt haben. Wir danken aber auch allen anderen Käufern des Werkes und allen Mitgliedern, Freunden und Förderern der wbg ganz ausdrücklich. Ohne Sie alle könnten wir viele der besonderen Projekte nicht verwirklichen. Danke für Ihr Vertrauen! wbg – Wissen teilen. Weiter denken.

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500 ANHANG Prof. Dr. Wolfgang R. Ade, Katsushika-ku, Tokyo (Japan) Dr. Stephan Albrecht, Kirn Helga Albrecht Gerhard Altmann, Bräunlingen

Karl-Heinz Bsufka, Göttingen Dipl.-Ök. Hans-Hermann Bühl, Reutlingen Dr. Markus Büning, Naumburg (Saale)

Jasmin Ardüser, Basel (Schweiz)

Enno Bünz, Würzburg/Leipzig

Johannes Barth, Kirchheim/

Dr. Fred Bussewitz, Berlin

Weinstraße Xaver Baumgartner, Montlingen (Schweiz) Michael Frank Beau, Alsleben (Saale)

Jan Ulrich Büttner Gerd Butzen, Ottweiler Prof. Roger Chickering, South Beach, Oregon (USA) Sascha Concas, Oberhausen

Jens Beck, Schweinfurt

Dr. Tobias Crabus, Greven

Dr. Dieter Becker, Frankfurt/M

Dr. Andreas Cser

Dirk H. Beenken, Darmstadt

Wolfgang Dietz, Ludwigsburg

Stefan Benscheid

PD Dr. Georg Eckert, Geislingen

Dr. Dieter Berwig, Eichenau

Alexander Erdelt, Frankfurt

Dr. Karl Heinz Blasweiler,

Prof. Dr. Elisabeth Erdmann,

Lüdenscheid

Merthausen

Hartmut Bobzin, Erlangen

Gerd Faber, Deisenhofen

Prof. Dr. Dietrich Böhler, Bad

Michael Finkbeiner, Bad Saulgau

Kissingen

Dr. Konrad Fischer, Bretten

Timo Bollen, Potsdam

Peter M. Fischer, Herne

Jürgen F. Bollmann, Hamburg-

Herbert Flad, Saarbrücken

Harburg Werner Bonengel, Schweinfurt

Sabine Fladrich-Strake, Hütschenhausen

Prof. Dr. Michael Borgolte, Berlin

Jörn Fries, Nieheim

Stefan H. Brandenburger,

Werner Frönd, Stommeln

Schwabach Wolfgang Braunschädel, Beverstedt Thomas Brinkhoff, Köln

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Franz Fuchs, Würzburg Thorsten Gajewi, Hagen im Bremischen

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Die Subskribenten 501

Dr. Paul Gerstmayr, Frankfurt

Dr. Paul Herold, Wien (Österreich)

Matteo Gesualdo Corvaja, Berlin

Gisela Herschbach, Speyer

Dieter Geyer, Heidelberg

Dr. Elisabeth Heyse, München

Karsten Gillhaus, Schwerin und

Christian Hilmes, Kassel

Wolfsburg

Ivan Hlaváček

Daniel Glatz, Igelsbach

Dr. Dirk Hoffmann, Bad Eilsen

Wilfried Goebel, Bordesholm

Burkhart Hofmann, Berlin

Mortimer Graf Maltzan, München

Rudolf Hofmann, Eggenfelden

Elisabeth Gräfin von Walderdorff,

Bernd Hofmeister

München

Christoph Holbein, Balingen

Mathias Gross, Kraichtal

Dr. Uwe Homola, Mannheim

Bernd Grubba, Bruchhausen

Heiner Igges, Damm (Jüchen)

Dr. Eckhart Grünewald,

Peter Iseli, Thun (Schweiz)

Frankfurt/M Mag. Dr. Natascha Gruver, Wien (Österreich)

Dr. Gabriele Isenberg, Hattingen Prof. em. Dr. Hermann Jakobs, Köln/Heidelberg

Manfred Haak, Börnsen

Reinhold Janke, Höhr-Grenzhausen

Achim u. Judith Hack, Jena

Pfarrer Diplom-Theologe Dirk

Berndt Hamm, Erlangen/Ulm

Jasinski, Lumbrein (Schweiz)

Helga Hänisch, Barsinghausen

lic. iur. Daniel Jeker, Bonstetten

Antonella und Bernhard Hargarten

Walter Junk, Winterberg

Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Hasberg,

Günter Kaiser, Senden

Köln Lektor emeritus Bent Havn, Terndrup (Dänemark) Monika Hecker, Recklinghausen Leo J. Heinl, Elmshorn Dr. Wolfgang Heinzel, Wolfenbüttel

Horst Kaldenbach, Hanau Daniel Karl, Igel Raphael Käser, Coburg – Cividale del Friuli Karl-Heinz Kaufholz-Mackenroth, Hamburg

Hans-Otto Hemmer, Mettmann

Dipl. Ing. Peter A. Keller, Windisch

Bernd-Ulrich Hergemöller, Münster

Harald Kentrup, Ludwigshafen am

Dr. Paul Herold, Wien (Österreich)

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Rhein

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502 ANHANG Guido Kilian, Giengen

Dr. med. Dieter Lorenz

Carsten Kimmle, Neustadt an der

Prof. Dr. Wolfgang Löwer, Bonn

Weinstraße Markus Kirschbaum, Koblenz Prof. Dr. Jörn Klein, Skien (Norwegen)

Manfred Magister, Wien (Österreich) Superintendent Frank Manneschmidt, Chemnitz

Dr. Christian Kleinert, Frankfurt/M

Joachim Marzell Wasmer, Eichstätt

Dr. Gisbert Kley, Lippstadt

Jochen Maubach, Brühl

Haymo Knichel, Hamburg

Ann-Kathrin Maubach

Johann Knirsch, Darmstadt

Marlene Meding, Salzkotten

Dipl. Psych. Harald Kögler, Schleiz

Ulrich Meihsner, Mönchengladbach

Prof. Dr. Ludger Körntgen, Mainz

Peter Meyer, Aarau Rohr (Schweiz)

Eckhard Kostschuk, Herford

Michael Meyer, Schupf

Dr. Georg Kötteritzsch, Magdeburg

Dr. Jörg Meyn, Geesthacht

Harald Krahwinkler, St. Ruprecht

Dr. Frank Mlosch, Bonn

(Österreich) Prof. Dr. Hans-Christof Kraus, Passau

Susanne und Prof. Dr. Wolfgang Mönch, Pentling Johannes Mötsch, Meiningen

Prof. Dr. Klaus Kreiser, Berlin

Friedrich Müller, Selbitz

Martin Kröger, Berlin

Dirk Müller, Reinheim

Björn H. P. Kunzmann, Hamburg

Pfarrer Uwe Müller, Warstein

Dr. Christoph Lanzendörfer,

Dr. Markus Müller, Esslingen

Bassum

Dr. Oliver Münsch, Rastatt

Silke Leich

Gert Neumann, Koblenz

Dr. Damiano Lena, Spilimbergo

Ursula Niggli, Schaffhausen

(Italien)

(Schweiz)

Annette Lennartz, Bonn

Reinhold Nisch, Bad König

Falk Liebezeit, Diepholz

Alfred Nowacek, Wien (Österreich)

Arnold Linder

Prof. Dr. Gottfried Orth,

Mag. Navid Lodhia, Göttingen

Rothenburg ob der Tauber

Kai Lohmeyer, Essen

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Die Subskribenten 503

Prof. Dr. Klaus Oschema, Paris/ Bochum Gerhard Ott, Neuburg an der Donau Dipl.-Betriebswirt Friedrich Paetsch, Erkrath

Michael Schade, Ottweiler Dr. Ursula Scheerer, Mössingen Dr. Christian Scheibenhof, Erfurt Dr. René Schlott, Eichwalde Dr. Gabriele Schlütter-Schindler, Frankfurt/M

Matthias Pape-Kühn, Freiburg

Gerhard Schmid, Biblis

Martin Peipe, Steinheim an der

Harry Schmidt, Stuttgart

Murr

Dr. Gerhard Schmieder, Selb

Dr. Michael Penzold, Günzburg

Romedio Schmitz-Esser, Heidelberg

Joseph Peschon, Luxemburg

Prof. Dr. Sabine Schmolinsky,

(Luxemburg)

Erfurt

Rainer Petzold, Wienhausen

Elke Eleonora Schnarr, Potsdam

Dr. Jörg W. Rademacher, Leer

Norbert Schneider, Berlin

Roger Reichardt, Berlin

Heike Scholz-Willig, Marburg

Herbert Reiling

Thomas Schönenbroicher, Bonn

Dr. Hans Christoph Rippel,

Christian Schuffels, Dresden

Frankfurt/M Roland Rombach, Ihringen Peter Rominger, Albstadt

Norbert Schüler, Köln M. A. Thomas Schulte im Walde, Köln

Stephen Röper, Frankfurt/M

Thomas Seidel, Essen

Steffen Rosemann, Hannover

Dr. Mario Seiler, Saint-Germain-en-

Margareta und Alexander Rosenstock, Ulm Univ.-Prof. Dr. Isabel Röskau-Rydel,

Laye (Frankreich) Anne Simon, Remscheid Christoph Spieker, Hagen

Krakau (Polen)

Holger Spies, Frankfurt/M

Marius Rothert, Jena

Stadtbibliothek Ulm, Ulm

Angela Rüdinger, Kempen

Dr. Michael Stassen, Mainz

Michael Rudolf, Aindling

Matthias Steinhart, Würzburg

Dr. Ralf Sandmann, Arnsberg

Dr. Frank Steinwachs, Hitzacker

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504 ANHANG Stiftung für Forschung in Spätantike

Hans-Georg Vorholt, Sulingen

und Mittelalter – Hr. Sennhauser,

Claus Vydra, Gelsenkirchen

Bad Zurzach (Schweiz)

Thomas Walter, Hagen

Günter Storck, Königslutter am Dom Harald-Albert Swik, Luckenwalde Wolfgang Tappert, Ansbach

Dr. Christoph Friedrich Weber, Hamm Dr. med. Wolfgang-Ullrich Weinert, Sibesse Eberholzen

Uwe Tatjes, Adliswil/ZH (Schweiz)

Hans Weinheimer, Küssaberg

Thomas Teichmann, Lauf an der

Beate Weinhold, Zittau

Pegnitz

Hans-Jürgen Weiß

Jo. Tesch, Velten

Matthias Wenzel, Witten

Urs Thaler, Luzern (Schweiz)

Klaus Wermker, Essen

Dr. Jens Thiel, Berlin

Rolf Wernstedt

Josephin Tilegant, Born

Prof. Dr. Thomas Wetzstein,

Prof. Dr. Matthias M. Tischler, Bellaterra (Barcelona) (Spanien) Reinhard Ungersböck, Oberwaltersdorf Universität zu Köln Historisches Archiv, Köln Martin van Ooyen, Bad Nauheim Prof. Dr. Thomas Vogtherr, Belm

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Eichstätt Daniela Wiesli, Wilen Matthias Winkler, Wörthsee Dr. Eva Luise Wittneben, Winterbach Johannes Zachhuber, Neuhofen/ Ybbs (Österreich) Reinhard Zbikowski, Hattingen

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»Diese Biographie ist ein Fanal – gegen Opportunismus und Mitläufertum, für intellektuelle Redlichkeit und Standhaftigkeit.« Prof. Dr. Nikolas Jaspert, Heidelberg Carl Erdmann (1898–1945) gilt als einer der bedeutendsten deutschen Mediävisten des 20. Jahrhunderts, sein Hauptwerk »Die Entstehung des Kreuzzugsgedankens« als Klassiker der Geschichtsforschung. Die Edition von 218 Briefen aus den Jahren 1933–1945 illustriert Carl Erdmanns intellektuelles Profil, sein Verhältnis zur nationalsozialistischen Diktatur, seine von Jahr zu Jahr prekärer werdende Situation in Berlin und schließlich seinen Untergang auf dem Balkan. Neben den Briefen an die Familie sind besonders auf aufschlussreich jene an führende Historiker seiner Zeit.

wbg-wissenverbindet.de ISBN 978-3-534-27403-1