Erinnerungen des Garde-Feld-Artillerie-Regiments an den Feldzug des Jahres 1866


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Das Garde-Corp$ mar um die Mitte des ...
Für Schleswig-Holſtein fochten ...
geradezu untröſtlich waren, hier zur Unthätigkeit ...
Ausruf herbei: Na die kriegen wir ood, noch...
zwiſdyen Maslowed und Chlum einen Graben paſſirte, ...
Betheiligten war der Batterie-Rommandeur aber nicht in ...
forderungen nod durdsaus bei der Batterie bleiben. Erſt ...
gewiß noch heute bei Mond- und Wetterwedyfel der ...
knecht würdig zur Seite geſtellt werden konnten, ...
Ueberhaupt hatte die Batterie in dieſem erſten ...
30 Meilen, alſo per Tag 5 Meilen gemacht. ...
als ihnen der Muth zu finken begann, mit den ...
Front trafen fidy Jhre Königlichen Heheiten der ...
Dieſelbe Unerſchrockenheit und Geiſtesgegenwart zeigte ...
ping und Siebert waren, wie idyon früher erwähnt, ...
deutlich anzeigte. Der Jubel der Mannſd)aft war ...
befindet ſich noch jetzt bei der Batterie und trägt ſtolz ...
Krause, alias „Frankensteiner“, dereinſt unſerem ...
tapfern Feldwebel wahridyeinlich die Rettung, denn ohne ...
. ...
1 ...
anfangs glaubte. Mein Lebensretter geht jetzt in der ...
ruhigem Trabe zodelt die Refognoscirungspatrouille in ...
vorwärts, Kerls!" Der Vorderreiter fam wieder zur ...
durdy ſein lautes Wiehern beim Herannahen der Batterie ...
Sdnelle Heilung. Sergeant Born, welcher der ...
Schlachten derartiger Vierfüßler eine gewiſſe Fertigkeit ...
träumten vom Bivouat bei Qualisch, dem faftigen ...
und Baumanns und der Gefreiten Klopsch und Dudy ...
ſpäter Dahingeſchiedenen muß der im Lazareth zu ...
nahn. Alle übrigen Unteroffiziere und Mannſdaften ...
Standquartiere bezog und von hier über Dresden ...
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Erinnerungen des Garde-Feld-Artillerie-Regiments an den Feldzug des Jahres 1866

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ETTETELICIT Feldzun 1866

0

Erinnerungen des

Garde - Feld-Artillerie Regiments an den

Feldzug des Jahres 1866.

re

Berlin, 1868.

Vojſiſche Buchhandlung ( Strikfer. )

Charlottenſtr. 42, Ede der Dorotheenſtraße.

4.3 % mb11 Por

Ger 2240.46 GT

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Muminestt

fund

Vorwort . Den braven Kameraden des Garde- Feld -Artillerie Regiments vom Jahre 1866, Offizieren , Unteroffi

zieren wie Mannſchaften ſind die nachfolgenden Blätter gewidmet. Sie enthalten in bunter Reihenfolge die ernſten und heiteren Erlebniſſe und hervorragenden Thaten Einzelner, ſoweit ich nach langen Nachforſchun

gen ſie habe in Erfahrung bringen können . Sie ſeien ein Zeichen meiner Dankbarkeit für die Unermüdlichen und Tapfern, die ich zu befehlen die Ehre hatte. Sie mögen Manchem zur Erheiterung dienen ; ſie mögen jüngeren Soldaten zeigen, wie es im Kriege zugeht und ſie zur Nachahmung anſpornen, damit auch ſie der einſt ſich verhalten wie die Garde-Artilleriſten von 1866. Berlin, Neujahr 1868.

Kraft Prinz zu Hohenlohe- Ingelfingen, Oberſt und Flügel - Adjutant Seiner Majeſtät des Königs, Kommandeur des Garde -Feld -Artillerie-Regiments .

Es$

war grüner Donnerſtag 1866. Das Oſterfeſt ſdien

nicht ſehr warm werden zu wollen . Der Boden war ſteinhart gefroren , und vergeblich erwartete man den wirk lidhen Anfang des Frühlings, welchen das Datum des Monat März bereits vor 8 Tagen angekündigt hatte. Auf dem Kaſernenhofe a/R.. war reges Leben . Es war nämlich Inſpicirung vor dem Herrn Brigade Roma mandeur.

Einzelne Batterien ſtanden mit ihren Mannſdyaften

in den Vortragsklaſſen formirt, wartend , trippelnd und fidy die Hände reibend, mit von Froſt gerötheten Naſen und Wangen. Bei einer der Batterien aber erſdoll das

Konimando : „ Stillgeſtanden ; zum Vortrag for – mirt; Rührt Eudy; wer gefragt wird ſteht ſtill!" und jeder Gefragte entwickelte nach beſten Sträften ſeine Kenntniſſe oder Unfenntniſſe.

von allen Beſichtigungszweigen iſt die Beſichtigung des Vortrages für denjenigen, weldier beſidytigt wird, der unangenehmſte, der Vorgeſetzte mag noch ſo gütig , nody jo nad fidhtig , noch ſo wohlwollend ſein. Der Soldat wird nie daran gewöhnt , viel zu reden , im Gegentheil,

er muß meiſtens ſchweigen; und plötlich ſoll er in Ge genwart von Vorgeſetzten und Kameraden frei und offen erzählen, was er mit Mühe begriffen und vielleidyt nidyt

einmal ganz aufgefaßt hat. Verlegenheit erhöht die Unt wiſſenheit, und Mandier , der unter den Kameraden ſtets

VI

ein ſehr kluger Mann war , platzt hier gewiß mit der ärgſten Dummheit heraus. 3ſt auch noch der Vorgeſette gütig und nachſichtig , jo erfolgt doch gewiß ſpäter das entſeßliche Strafgeridyt des fameradidyaftlichen Spottes. Denkt man hinzu : Ralte Najen, Ohren , Füße und Fin

ger , ſo begreift man , daß dieſer „ Grüne Donnerſtag“ für die gelehrten , wie ungelehrten Kanoniere ein redit unangenehmer Tag war. Außerdem aber war heute die Unaufmerkſamkeit nod) ganz beſonders groß. Der Herr General mußte fidy mehrmals unzufrieden umſehen. Es lag eine gewiſſe

Unruhe in der Luft. Die nädjſt -niederen Vorgeſetten geboten mit ſtrenger Miene Sdweigen an diejenigen, welche nicht gerade dienſtlich beſchäftigt, aber doch in der Nähe waren . Es hatten ſich ſchon Gerüchte verbreitet, Gerüchte, welche in ſo grellem Widerſpruch ſtanden mit der theoretiſchen Wiſſenſdiaft auf dem Rajernenhofe, Gerüdyte

von Mobilmachungen, daß es Niemand Wunder nehmen kann , wenn die Köpfe ſchwer bei der Wiſſenſdịaft zu halten waren. Da , im 1/212 Uhr kommt der du jour habende Adjutant Seconde - Lieutenant G. von der Parole , und

meldet dem General, das Regiment folle ſeine Batterien kriegsbereit madjen, d. h. auf den vollen Kriegsetat von Pferden und Mannſchaften ſetzen. Aus war die Wiſſenſchaft! Mancher, der fein Red ner war, hoffte nun bald zeigen zu können, daß er beſſer

zu fechten als zu lernen verſtünde. Ein grellerer Unter ſchied konnte nicht erfunden , eine freudigere Nadyricst

VII

fonnte nicht gebracht werden . Der Herr General entließ die Batterien und ſobald das Kommando „ ſehrt; in die

Quartiere ! “ erfolgte , waren die Geiſter gelöſt und ein donnerndes Hurrah erſcholl von denjenigen, welche ſoeben entlaſſen waren , und pflanzte ſidy wie ein Edo burd) alle Stuben der großen Kaſerne fort. Der General

aber verließ ſchmunzelnd ob dieſer Stimmung die ha ſerne, nachdem er die nöthigen Befehle gegeben hatte. Mandyer ältere Offizier zwar ſcyüttelte noch bedent lidh den Kopf und meinte: „ Dann made ich zum ſiebenten

Mal mobil ; id bin deď neugierig , ob id; endlid

ein

mal den Krieg ſehen werde !" Die Pferde ſollten durch das Regiment angefauft

werden . Nody am Abend des „ Grünen Donnerſtags" 11

reiſten Pferdehändler in allen Windrichtungen ab . Sie waren meiſt moſaiſchen Glaubens. Ilm ſo anerkennens werther war es, daß das Oſterfeſt fie nidit verhinderte, die nöthigen Pferde herbeizuſdaffen. War es Patriotis nius oder Speculationsgeiſt, wodurch ſie Dispens erhiel ten, von den ſonſt ſo ſtrengen Regeln abzuweichen, weldie

ihnen Handel und Geſchäfte während ihrer Feiertage ver bieten ?

Wir wiſſen es nicht.

Aber das wiſſen wir,

daß bereits am Mittwody nad Oſtern Pferde aus Flens

burg und aus Oſtpreußen auf dem Kaſernenhofe a/K. zu Berlin zum Verkauf ſtanden.

Nun begann das rege Treiben. Der Kaſernenhof war täglich voll von Pferden.

Das mühjame aber er

götlidye Geſchäft des Pferdefaufens dauerte gewöhnlid) bis Mittag; dann wurden die gekauften Pferde vertheilt ;

VIII

gleichzeitig trafen Reſerven ein ; hier wurden Mannſchaf ten eingekleidet, dort wurden Geſchirre geſchmiert; täglich marſdirten Batterien aus in Rantonnements in der Nähe von Berlin, um Platz zu gewinnen für den täglich ſich mehrenden Stand an Pferden und Mannſchaften . An einer andern Stelle erercirten Referven an Gejdjützen , und in dieſem bunten Treiben konnte ein Uneingeweihter

nur das größte Durdyeinander und die größte Unordnung

vermuthen . So ging es fort bis zum 19. April , an welchem Tage die 16 Batterien auf dem Kriegsſtande fir und fertig vom Regiments-Rommandeur inſpicirt wer.

den konnten, nachdem das ganze Regiment fid) von einem Friedensſtande von etwas über 700 Pferden auf faſt 2400 Pferde geſetzt, alſo 1610 Pferde angekauft und eingekleidet hatte.

Während dieſer Zeit war noch der Befehl eingetrof fen (Allerhödy ſte Rabinets-Ordre vom 31. März 1866), daß eine 4. reitende Batterie formirt werden ſollte. Sie erhielt einen kleinen Stamm von alten Pferden und Mannſchaften der andern reitenden Batterien, und ſo be ſtand die Reitende- wie jede Fuß- Abtheilung auch aus 4 Batterien à 6 Geſchütze. Ferner traf in dieſer Zeit der Befehl ein , daß 2 glatte 12.ge Fuß- Batterien mit 4 Adern bewaffnet

werden ſollten . Die 1. und 2. 12ąge Batterie wurden dadurch in eine 5. und 6. 4 ge Batterie umgewandelt, und an dem neuen Material ſofort unterrichtet und erer cirt, wo hingegen die 3. und 4. 12 ge Batterie ihren

IX

Namen beibehielten , ſo daß es keine 1. und 2. 12 oge Batterie mehr gab.

Nur der angeſtrengten Thätigkeit und Pflicyttreue der Herren Offiziere, der Unteroffiziere und Avancirten iſt es zuzuſchreiben , daß dies Ades in ſo kurzer Zeit mit Ordnung ausgeführt werden konnte und der Regiments Kommandeur in den Stand geſetzt war, nach ſeiner Be ſichtigung am 19. April zu melden , daß die 16 Batte rien auf den Kriegsſtand geſetzt und gefechtsfähig ſeien. .

Von nun ab ging es an ein tägliches Ererciren, um die Kriegstüchtigkeit zu erhöhen.

Am 6. Mai traf der

Allerhödyſte Befehl zur Mobilmadıung der Armee ein, und da das Regiment nocy 9 Munitions- kolonnen und die Erſatz -Batterien zu formiren hatte, begann das Trei

ben mit den Augmentations - Mannſchaften und Pferden won Neuem , nur mit dem Unterſchied, daß ein Theil

der Pferde angekauft, der größte Theil aber vom Lande geſtellt wurde. Mitten hinein in dieſes Treiben fiel ein großer Feſttag.

Am 12. Mai widerfuhr nämlich dem Regiment bie

Ehre, von Sr. Majeſtät dem Könige beſidytigt zu wer den. 96 Geſchüße mit 160 anderen Fahrzeugen und faſt 2400 Pferden erercirten vor Sr. Majeſtät dem Könige

auf dem Tempelhofer Felde im Feuer. Wer in dieſer idweren Zeit , wo Summer und Sorgen die Gedanken

unſeres Allergnädigſten Königs und Herrn erfüllten, dem Allverehrten Kriegsherrn ein Lädjeln der Zufriedenheit oder einen heiteren Blick abgewinnen konnte, der war ge

wiß froh, daß er dem erhabenen Lenfer unſeres Staates

х

und Heeres einen einzigen Augenblick der Freude und der Erleidsterung ſeines hohen und ſchweren Berufes bereiten konnte.

Wie groß war daher die Freude und

wie gehoben die Stimmung des Regiments, als Se. Majeſtät der König heiteren Blics und mit wohlwollen

dem Lächeln dem vereinigten Offizier - Korps Allerhöchſt Seine Zufriedenheit ausſprad) und es beauftragte, 3e dem einzelnen Unteroffizier und Soldaten des Regiments den föniglichen Dank zu ſagen für die Mühe , Arbeit

und Aufmerkſamkeit, mit deren Erfolg Se. Majeſtät bei

dieſem Erereiren ſo zufrieden geweſen waren ! Den Regi ments - stommandeur aber erfüllte die vollſte Zuverſidit in

die Zukunft, in welcher ihm das Glück zu Theil werden ſollte, an der Spitze einer ſo vortrefflichen Truppe gegen ben Feind zu gehen.

Am 13. und 14. Mai folgte eine furze Sdyießübung .

Ende Mai waren die Kolonnen mobil gemacht, und war das Regiment nunmehr mit Offizieren , Feldwebeln und Wachtmeiſtern, Quartiermeiſtern und Capitaindarmes

ſowie zugführenden Unteroffizieren folgendermaßen beſeţt : Regiments-kommandeur: Oberſt PrinzHohenlohe. Regiments - Adjutant: Pr.- Lieut. v. Schell . 1. Fuß - Abtheilung.

Capitaindarm Bage.

Zugführer Sergeant Dreher. Major Bychelberg . Adjut.: Sec.-Lieut. Villaume. 1. 6a ge Batterie. 4. 128 ge Batterie : Hauptmann Braun. Sec.-Lieut. Schering. Hauptm. v. Schmeling. Sec . -Lieut. v. Gizycki . Port.- Fähnrich Vockrodt . Feldwebel Lerch. Þort.-Fähnrich v . Busse . Feldwebel Winter. Capitaindarm Rösener.

XI

Bugführer Sergeant Bluhm . 1. 4ūge Batterie. Prem .- Lieut. Witte . Sec. -Lieut. v. Keudell.

6. 4ūge Batterie. Hauptmann v. Schweinichen. Þrem.-Lieut. Schuch (von der Landwehr).

Port.-Fähnrich v . Kolzenberg. Sec.- Lieut. Barchewitz. Port.- Fähnrich v. Jagemann . Feldwebel Dreyer. Capitaindarm Schmidt. Zugführer Serg. Behrendts. Capitaindarm Schröder. Zugführer Sergeant Schröder. 5. 4ūge Batterie. 2. 4ūge Batterie. Hauptmann v. Eltester. Feldwebel Hanel .

Sec. -Lieut. Braumüller.

Hauptmann v . Mutius. Sec. -Lieut. v. Briesen .

Port.- Fähnrich Heintze. Feldwebel Röber.

Port - Fähnrich Wagner . Feldwebel Söffner.

Capitaindarm Uthemann. Zugführer Sergeant Albrecht. Capitaindarm Kersten . Zugführer Serg. Korndorff. 2. fub Abtheilung. 3. Fuß . Abtheilung.

Oberſtlieutenant Miesitscheck Major Baron v. d. Goltz . v. Wischkau .

Adjut.: Sec. -Lieut. v. Dalwig.

Adjut.: Sec. -Lieut. Gerwien. 3. 126 ge Batterie.

2. 6ūge Batterie. Hauptm. v . Heineccius.

Hauptmann Hein . Sec .- Lieut. y. Stutterhein .

Sec. -Lieut. v.Saldorn -Ahlimb. Port.- Fähnrich v. Cranach . Port.- Fähnrich Schultz . Port.-vähnrich Volkart.

Feldwebel Priebe .

Feldwebel Lochmann .

Capitaindarm Hensel. Zugführer Sergeant Damker.

Capitaindarm Wiesener. Bugführer Sergeant Wuhst .

Hauptmann Deibel .

4. 67 ge Batterie . Hauptmann v. Werder.

Port.-rfähnrich Friedmann .

Sec. -Lieut . y. Geutzkow .

3 , 6ūge Batterie . Sec . -Lieut. Crantz . Feldwebel Wittich.

Þort.- Fähnrich v . Wrochem .

Capitaindarm Wolschke.

Feldwebel Gilly.

Zugf. Serg. Bauermeister. 3. 48 ge Batterie . Hauptmann v. Hirschfeld .

Capitaindarm Balke. Zugführer Serg. Wernicke .

XII

Sec. -Lieut . Michaelis.

Prem .- Lieut. v . d . Planitz .

Port.- Fähnrich Villaume.

Sec. -Lieut. v. Poncet.

Feldwebel Gaude.

Wachtmeiſter Göricke. Quartiermeiſter Bertholdt. Zugführer Sergeant Zahl.

Capitaindarm Peters. Zugführer Sergeant Berg. 4. 4 # ge Batterie .

4. reitende Batterie.

Hauptm .Blecken v. Schmeling. Hauptmann v. Prittwitz und Sec. - Lieut. Sluytermann v .

Langeweyde.

Gaffron .

Prem .- Lieut. v. Unruh .

Þort.- Fähnrich Knebel.

Sec. -Lieut. Rohne.

Feldwebel Roggc.

Wachtmeiſter Nohn .

Capitaindarm Drewers .

Quartiermeiſter Lamprecht.

Zugführer Sergeant Gobert. Zugführer Sergeant Wilke. Colonnen - Abtheilung . Reitende Abtheilung . Major v. Langen. Hauptmann v. Glasenapp . Adjut.: Sec.-Lieut. v. Pritt- Adjutant: Sec.-Lieut. Baron witz und Gaffron .

v. Reitzenstein .

1. reitende Batterie. Hauptmann v . Krieger.

1. Munit.- Colonne. Þrem. - Lieut. Seeger.

Sec. -Lieut. v. Elern .

Sec. -Lieut. v. Graberg .

Sec.-Lieut. Frh . v. Tauchnitz. Oberfeuerwerker Schulz.

Wachtmeiſter Feldheim.

Feldwebel Greulich .

Quartiermeiſter Theincrt.

Capitaindarm Brehmer.

Zugführer Serg. Grawunder.

2. Munit.- Colonne. Prem .- Lieut. v. Richthofen , Hauptm . Baron v. Gregory. Sec . -Lieut. Rückheim . Sec. -Lieut. v. Merkatz. Oberfeuerwerker Schneider. Sec. -Lieut. Hoffmann v . Wal- | Feldwebel Nitsch. 2. reitende Batterie.

dau .

Wachtmeiſter Rappsilber.

Quartiermeiſter Brüske. Zugführer Serg. Backhaus. 3. reitende Batterie.

Capitaindarm Cissarz. 3. Munit.- Colonne .

Hauptmann v. Bredau. Sec. Lieut. Schmidt.

Oberfeuerwerker Lenz.

Hauptm . Baron v . Budden- Feldwebel Lische. brock.

Capitaindarm Speisinger .

XIII

Sec . -Lieut. Wild (v . d . 5. Ar 4. Munit.- Colonne. Prem .- Lieut. Hübler. tillerie - Brigade ). Sec. -Lieut. Baehr (v . d . 4. Feuerwerker Winterfeld, Artillerie- Brigade ). Feldwebel Hoffmann . Oberfeuerwerker Erfurt. Capitaindarm Klaus . Feldwebel Jarcksch.

Garde ( 1.) Reſerve- Bat

Capitaindarm Labes.

terie (bei der Garde - Land

5. Munit. - Colonne.

Prem . Lieut. Küchen . Sec. -Lieut. v. Voigts -Rhetz.

wehr-Diviſion). Hauptmann v . Helden-Sar

Feldwebel Müller.

nowsky. Sec .- Lieut. v. Fabricius- Teng nagel.

Capitaindarm Voss .

Als Feldwebel : Unteroffizier

Oberfeuerwerker Kluth .

6. Munit. - Colonne.

Þrem .-Lieut. v. Dewitz. Sec .- Lieut. v. Treskow. Oberfcuerwerker Göbel . Feldwebel Böttcher.

Capitaindarm Schewe. 7. Munit. - Colonne. Þrem . Lieut. Blume .

Suppa.

Capitaind.: Unteroffiz. Haufe . Zugführer Sergeant Lenz und Schmidt.

Erſaz - Abtheilung. Hauptmann Groschke. Adj.: Sec. -Lieut. v. Decker.

12 age Gría - Batterie. Sec. -Lieut. Weber (v . d. 1. Ar- Premier -Lieutenant Malotki tillerie-Brigade ). v. Trzebiatowski.

Obırfeuerw . Pfennigschmidt. Feldwebel Kröning. Feldwebel Lohff .

Capitaindarm Luther. 8. Munit. - Colonne. Prem . -Lieut. v. Podewils.

Capitaindarm Grabig. 6 #ge Erfa - Batterie. Prem .-Lieut. Einbeck. Feldwebel Gasse .

Sec. -Lieut. Hänel (v. d. 6. Ar- Capitaindarm Schneidereit. tillerie - Brigade). Oberfeuerwerker Lemm . Feldwebel Dehmlow.

Capitaindarm Röder. 9. Miunit. - Colonne.

47 ge Erfaß - Batterie. Þrem .- Lieut. y. Kunowski . Als Feldw .: Serg. Schilling.

Capitaindarm Weidke. Reitende Erſa -Batterie.

Prem .-Lieut. v. d. Knesebeck. Br.-Lieut. Frhr. v. Stockmar.

XIV

Sec .-Lieut. Gerold (von der Quartiermeiſter Brick .

Handwerker -Abtheilung.

Landwehr ). Wachtmeiſter Finder.

Prem .-Lieut. Gablenz .

Aus dieſer Ueberſicht geht hervor, daß bei jeder Bat terie ein Difizier fehlte. Es mußte aljo der Dienſt durdy einen Sergeanten oder linteroffizier gethan werden. Ferner hatte das Regiment im Frieden nur 15 Batterien ge

habt und beſtand im Kriege aus 16 Batterien, 9 Munitions Colonnen und 4 Erſatz - Batterien ; alſo für 14 neu formirte Truppentheile mußte je 1 Feldwebel und 1 Ca pitaindarm gefunden , bei 16 Batterien aber je 1 Offi zier durch einen Avancirten vertreten werden . Dies :

madit zuſammen 44 Sergeanten oder Unteroffiziere, weldie außer den 30 vorhandenen Feldwebeln und Capitaine

darmes (Wadytmeiſtern, Quartiermeiſtern) beſondere Vers trauensſtellungen bekleideten. Das Unteroffizier-Corps des Regiments hat ſid) ein

glänzendes Zeugniß der Brauchbarkeit und Tüdytigkeit ausgeſtellt, indem fid, dieſe 74 Individuen für ſoldie

Stellungen vorfanden, und indem ſie dieſe Stellungen in der Weiſe ausfüllten , daß während der ganzen Mobil madyung, während des ganzen Feldzuges fein einziges Verſehen , fein einziger Redinungsfehler von irgend erheba

lichem Grade vorgekommen iſt, obgleidy gerade die Func tionen als Feldwebel und Capitaindarm bei der Mo bilmadyung zu den idywierigſten gehören, obgleid) bei 14 Truppenkörpern , nämlid der 4. reitenden Batterie, den 9 Munitions- fcolonnen und den Erſatz - Batterien dieſe

Stellungen durdy ſoldie Unteroffiziere ausgefüllt werden

XV

mußten, weldien dieſes Geſchäft bis dahin praktiſch ganz fremd war, und obgleich die Verluſte, welche während des Feldzuges

durdy feindlidie Kugeln, burd; die Cholera und durch In validität in Folge der Anſtrengungen in recht ſdymerzlicher Weiſe eintraten , außerdem nodi gedeckt werden mußten . Theoretijd) wurden dieſe Individuen zwar im Laufe des Monats April ſchon vom Zahlmeiſter Post unter ridytet, aber der Unterſdyied zwijden Theorie und Praris

iſt himmelweit, und mandjer Feldwebel , namentlid der Kolonnen , hat in den erſten Wochen der Formation jo viel arbeiten müſſen, daß nur wenig Zeit zum Sdilafen übrig geblieben iſt.

Zum Ueberfluß wurde noch der Zahlmeiſter Post des Regiments wegen ſeiner Befähigung zum Kriegs Zahlm :iſter des Armee - Corps ernannt und mußte das

Regiment während der idywierigſten Zeit , nämlid, der Mobilmachung, unter ſeinen Unteroffizieren audy noch einen neuen Zahlmeiſter für die Erſatz-Abtheilung finden.

Der Unteroffizier Seydel der 3. 47 gen Batterie fand jid in dieſe Arbeit burd ſeinen imerntidlichen Fleiß und ſeine Umſicht.

Anfang des Monats Juni fing den Truppen der Boden unter den Füßen zu brennen an ; es war mobil gemacht und einerercirt, nun wollte man auch marſchiren und ſchlagen. Endlich wurde audy dieſer Wunſch erfüllt. Das Armee -Corps marſchirte am 4. und 5. Juni von Berlin ab , in die Gegend von Cottbus. Von den

Batterien des Regiments wurde die ganze 1. Fuß-Ab theilung an die 1. Garde- Infanterie- Diviſion, die 3. Fuß

XVI

Abtheilung an die 2. Garde - Infanterie - Diviſion , die

3. reitende Batterie an die ſdwere Kavallerie - Brigade als Diviſions.- Artillerie abgegeben ; die 1., 2. und 4. reitende Batterie wurden vom Armee- Corps dem Kaval ſerie-Corps der I. Armee zugetheilt ; die 4. reitende Batterie kehrte jedoch ſchon vor der Eröffuung des Feld

zuges. in Schleſien zum Garde-Corps zurück und bildete init den nicht abgegebenen Truppentheilen alſo : Der 2. Fuß- und der Solonnen-Abtheilung die Reſerve - Artillerie des Garde - Corps unter dem Kommando des Regiments - Kommandeurs. Das

Kommando der Reſerve-Artillerie erhielt nod eine Inten dantur : Aſſeſſor Hanko mit Sen Aſſiſtenten Leske, Hagemann, Kipping, Siebert und Maeker ; einen Auditeur Marx, einen Feldprediger Büchsel und eine Feldpoſt unter den Secretären Reiss und Heidepriem . Die erſten Märſdye von Berlin in die Gegend von Cottbus bei glühender Hiße und in tiefen ſandigen Wegen verurſadyten zwar durch die furchtbaren Anſtren gungen einige Verluſte an Pferden, waren aber ein vor trefflidher Unterricht insbeſondere für die neuen Beſpan= nungen der Batterien und Kolonnen und haben ſpäter, weil man nun eben das Marſchiren gelernt hatte , zehn Mal mehr genützt als geſchadet. Mitte Juni wurde das Garde-Corps zur Verſtärkung

der II. Armee nach Schlesien geworfen und ging der Transport nach Brieg und Ohlau vorit 16. - 22. Juni

von Statten .

An dem Tage , an welchem

die ' letzten

Munitions - Kolonnen die Eiſenbahnſtationen verließen,

XVII

ſetzte ſich auch die ganze Armee in Marſch und über ſchritten die Batterien des Garde - Feld - Artillerie - Regi ments theils am 26. , theils am 27. Funi die Landes

grenze. Die dwere Garde-Ravallerie -Brigade, mit ihr die 3. reitende Batterie, wurde am 27. Juni zum 5. Ar mee-Corps entſendet und kehrte erſt am 1. Juli zum Garde- Corps zurück. So kam es , daß die 3. reitende

Batterie in der Sdyladit von Skalitz und in dem Gefechte von Schweinschädel mitfodyt.

Die Batte

rien der 1. Fuß-Abtheilung traf als Diviſions-Artillerie der 1. Garbe - Infanterie -Diviſion ein gleich glückliches

Loos in den Gefechten von Soor am 28. und von Königinhof am 29. Juni. Die Batterien der 3. Fuß= Abtheilung betheiligten ſich größtentheils an dem Gefecht von Soor und Trautenau (2. Gefedytstag ); nur die

Reſerve - Artillerie hatte bis dahin das Nachſehen und konnte weiter Nidyt8 thun, als ihre Kameraden beneiden .

Am 3. Juli aber hatten ſämmtliche Batterien des Regiments das Glück , mitzufämpfen ; ſie ſind alle im Feuer geweſen und haben zum Theil ſchmerzliche Ver

luſte aufzuweiſen. Nady der Sdylacht von Königgrätz iſt das Garde-Corps in Reſerve geblieben und hat viel und ſchnell marſchiren müſſen. Die Batterien haben aber nidyt mehr Gelegenheit gehabt, einen Sdyuß zu thun. Vom 22. * bis 31. Juli lagen die Batterien und Sto lonnen in ihrer Ordre de bataille nördlid, von Wien

in der öſterreichiſchen Ebene ; kehrten dann während des Waffenſtillſtandes nad, Prag und Umgegend zurück, wo fie den 18., 19. und 20. Auguſt in ihren Cantonne

XYIII

ments eintrafen und nach 10tägigem Aufenthalt den Rück marſd) nad Berlin antraten. Bei dieſem Rückmarſch aus Deſterreich, Mähren und Böhmen wurden einzelne Batterien und Rolonnen auf eine unheimliche und furcht bare Weiſe von der Cholera befallen und hat das Re giment, obgleich der größte Theil der Batterien frei von

dieſer Seuche blieb, dennoch im Ganzen ſdhwerere Verluſte durdy dieſelbe zu beklagen, als durch die feindlichen Kugeln. Befanntlich beendigte der feſtlidye Empfang in der Reſidenz am 20. und 21. September, an weldjem das

ganze Regiment ſich betheiligen durfte , die friegeriſche Thätigkeit des Heeres. Vorſtehendes iſt der Rahmen , in welchen die nadı

folgenden einzelnen Erzählungen einzuſdhalten wären.

Das Garde - Corp$ mar um die Mitte des Monats Juni von der I. Armee, deren Reſerve es bei Cottbus bilden ſollte, per Eiſenbahn nach Schleſien geſchafft, wo es der Armee Sr. Königl. Hoheit des Kronprinzen zu getheilt , und um Brieg concentrirt wurde. Nadı wea nigen Tagen Ruhe kam endlich am 20. Juni ber jo lang erſehnte Befehl für den Vormarſch gegen die böh miſdie Grenze. Die Batterien der Garde - Reſerve Artillerie lagen ziemlich weit von einander, und da ber Befehl erlaſſen war, am nädyſten Tage den Truppen die Proflamation Sr. Majeſtät des Könige bekannt zu

machen, wonach, gezwungen durch das Verfahren Deſter reichs, der Kriegszuſtand erklärt wurde, jo bedyloß der Kommandeur die Reſerve - Artillerie vorwärts bei einem Dorf zu concentriren , um allen Batterien zu gleicher Zeit dieſe freudige Botſchaft mitzutheilen.

Bei dem kleinen Flecken Mollwitz, wo ein Denkmal die Stätte bezeichnet, auf der der große König am 10. April 1741 ſeinen erſten Sieg über die Deſterreicher erfocht, in einer Schlacht, die er ſelbſt die Schule des Königs und ſeiner Armee nannte, und die den Beſitz von Schleſien entſchieb, bei dieſem denkwürdigen Flecken wur

den der vereinigten Reſerve - Artillerie die begeiſternden Worte unſers Könige vorgeleſen. Weld )en tiefen Ein druck mußten hier an dieſer Stätte die Worte des Auf 1

2

rufs machen , init denen unſer König am Schluß deſſel ben ſeiner Armee ihre ſchöne Aufgabe ſtellt, indem er ſagt : „ Wir müſſen fechten um unſere Exiſtenz; wir ,,müſſen in einen Kampf auf Leben und Tod gehen

„ gegen Diejenigen, die das Preußen des großen Kur ,,fürſten, des großen Friedridy, das Preußen , wie es „ aus den Freiheitsfriegen hervorgegangen iſt, von der ,,Stufe herabſtoßen wollen, auf die ſeiner Fürſten Geiſt „ und Kraft, feines Volkes Tapferkeit, Hingebung und „ Geſittung es emporgehoben haben .“

Nur einmal noch hatte die Stätte, wo wir jeţt ſtans den, einen folchen Jubel erlebt, wie er jetzt ausbrady, als der Aufruf des Königs „ An ſein Volf" verleſen , und

damit die Gewißheit gegeben war : Es giebt Krieg! nur einmal, ſo lange das Dörfchen ſteht, und zwar am Abend des 10. April 1741, als die Grenadiere Fried

richs des Großen hier ihren erſten Sieg feierten. Welchen Eindruck die erhebenden Worte unſers Könige gerade an dieſer Stätte und im Gegenſatz zu dem

ebenfalls den

Soldaten bekannt gemachten , berüchtigten Armeebefehl Benedeks machten, zeigt das nadfolgende Lied, welches

der Gefreite Neumeyer der 4. reitenden Batterie, Kan toniſt, aus Hauröden bei Gr. Bodungen Kreis Wor bis gebürtig , am 1. Juli im Bivouak bei Königinhof gedichtet hat : Wer dacht das vor zwei Jahren

Als an der Nordſee Strand, Deſtreich und Preußen waren So einig pand in Hand,

3

Für Schleswig -Holſtein fochten Für deutſches Recht zugleich.

Wer iſt's, der uns jept fordert? Es ift's paus Deſterreich.

Und Deſtreichs Schlachtenlenker, Der Ritter Benedeck,

Er ward zum Preußenkränker ; Krieg alſo iſt dein Zweck ? Du Held der großen Worte,

Wir ſind ſchon alle hier, Und woll'n mit einem Worte

Genugthuung von Dir . Denn unſre Kommandeure Sind ſich der Treu gewiß,

Sie ſagen nicht zum Heere Wo was zu plündern iſt ;

Verachten nicht die Feinde, Und prahlen nicht ſo fehr, Verlaſſen ſich nur einfach Auf Lieb' und Treu' im Heer !

Wir war'n auf Mollwig's Felde Wo einſt der alte Friß Zum Siegestanze ſchellte Von Brieges Thurmes Spiß.

Bei Mollwiß auf dem Felde, Wo unſer's Königs Wort Schon unſern Buſen ſchwellte, Zum Landesſchuß und Hort ! Vom Herzenſchlag für's Preußen, Für Preußens Ruhm und Ehr', Läßt ſich ein Jeder reißen, In Kampf und Sturm und Meer ; I*

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Und wer von den Herrn Wienern Hier wen zu grüßen hat, Der jag ' es uns Berlinern

Dort in der Kaiſerſtadt.

An dem denkwürdigen 28. Juni war die Garde Reſerve - Artillerie , weldie einen Tagemarſd) hinter dem Garde - Corp8 marſchirte, um 14 Uhr Morgens aus dem Bivouaf bei Braunau aufgebrodhen. Je höher die Sonne ſtieg, deſto drückender wurde die Hitze und je weiter man kam , deſto beſdiwerlicher wurden die Wege.

Die Artillerie marſchirte über Politz , Ronow nady Kosteletz, wo ſie auf Befehl Sr. Königlichen Hoheit

des Kronprinzen vorläufig als Reſerve ſtehen bleiben ſollte. Bei letterem Orte eingetroffen, wurde ſofort der Adjutant der Garde- Reſerve - Artillerie Lieutenant v. S. an Se. Königliche Hoheit den Prinzen von Würten berg mit der Meldung geſchickt, die Reſerve - Artillerie ſtände bei Kosteletz und wäre nach Verlauf einer Stunde, die ſie zu ihrer Erholung braucie, wieder völa lig marjdyfähig. Inzwiſdyen hatte Se. Königlide Ho heit der fronprinz erlaubt, daß die Batterien, da ſpäte ſtens in 5 Stunden über fie disponirt werden würde,

füttern, tränken und abfodien fönnten. Der Befehl wurde nicht mit Freudigkeit aufgenommen. Wie ſollten aud die Mannſdyaften mit Freude und Luſt auf ihre und ihrer Pferde Pflege bebadyt ſein , wie ſollten ſie in Ruhe und Unthätigkeit hier abwarten, während von der einen Seite der Kanonendonner von Soor, von der andern der von Skalitz herüberſdjallte. Da die Leute

geradezu untröſtlich waren , hier zur Unthätigkeit ver dammt ſein zu ſollen , ließ der Kommandeur der Ar tillerie Sr. Königlichen Hoheit hiervon Meldung machen, und diesmal wurde ſeine Antwort mit größerem Şubel aufgenommen. ,,Er freue fich darüber," hatte Se. Ro niglide Hoheit dem Adjutanten geantwortet, „ aber ſie ſollten es nur abwarten, ſie fämen auch noch ran !" und der Kommandeur der Artillerie ſetzte nody, als er ſeinen Leuten dieſe freudige Botſchaft mittheilte , die bekannten Worte Blüders hinzu: „ Kinder, das nächſte Mal ſollt Ihr die Deſterreicher von hinten beſehen !" Und ſo war

es wirklich. Am Tage von Königgrätz ſtieß die Re ſerve-Artillerie auf Flanke und Rücken des Feindes. Ueberhaupt war der 28. für die Reſerve - Artillerie,

obgleich ſie nidyt das Glück hatte in das Gefecht zu kom= men , einer der anſtrengendſten des ganzen Feldzuges. Das Bivouat ſollte bei Ober- Raatsch bezogen wer

den , und mußte dazu die ganze Reſerve -Artillerie das

über eine Meile lange Defilé von Eypel und Ober Raatsch paſſiren, welches geſtopft war durch den Rück transport der vielen Verwundeten aus dem Gefedyt von Soor. Die Batterien der 1. Garde- Infanterie-Diviſion hatten an dieſem Tage ſdon die Feuerprobe beſtanden, aber auch theilweiſe ſd were Verluſte erlitten , beſonders die 1. 4oge und die 1. 6 Toge Batterie , und ſo man

ches bekannte Geſicht ſchaute aus den Transportwagen für Verwundete auf die vorbeimarſdyirenden Kameraden und begrüßte ſie ſo freudig, als ob ſie zur Kirmeſ, aber nidyt in das Lazareth gefahren würden .

Unter ihnen

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auch der Sergeant Behrendts der 1. 48 gen Batterie, welcher durch einen Granatſplitter an der linken Schul ter ſchwer verwundet, der Batterie noch bis in die 3. Po

ſition gefolgt war und ſich erſt auf ausdrücklichen Befehl zum Verbandplaß zurück begeben hatte, und welcher, fich auf den geſunden Arm ſtütend, den vorbeimarſchirenden Geſchütbedienungen zurief : „Fürchtet Euch nicht Jungens, es thut nicht weher, als wenn Euch einer mit der Fahrer peitſche eins auswiſcht!“ Erſt ſpät in der Nacht, bie 4, reitende Batterie erft

um /22 Uhr Morgens, rückten die Batterien in das Bi vouak, fortwährend beunruhigt durch verſprengte öſter

reichiſche Infanterie, die der Bededung der Artillerie, be ſtehend aus dem 2. Bataillon des 1. Garde - Regiments zu Fuß und 1 Schwadron Garde - Küraſſiere, viel zu ſchaffen machten. Die Lage war eine ſo ungewiſſe und miſliche, daß immer die Hälfte der Artillerie und Ka

vallerie marſchbereit, d. h. geſchirrt reſp. geſattelt bleiben mußte, während die andere Hälfte tränkte. Während gegen Morgen eben ein Theil zit der ca. 1500 Schritt .

entfernten Tränke geritten war, zeigten ſich wiederum Verſprengte , und es entſpann ſich ein Gefecht in dem

Raum zwiſchen der Tränke und dem Bivouak. Obgleich die Entfernteren in der größten Gefahr fdwebten, abge ſdynitten zu werden, ſahen ſie dennoch dem Gefechte ruhig zu , und ließen ſich in dem Tränken ihrer Pferde nicht

ſtören; ſie wußten den Ausgang aus Erfahrung vorher und hödöſtens ließ ſich der Eine oder Andere zu dem

-

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Ausruf herbei : Na die kriegen wir ood, noch, die ſind ood pleite. "

In dem Gefecht von Soor am 28. Juni blieb das 2. Geſchüt der 1. 68gen Batterie, deſſen Geſchützführer UnteroffizierJungk das Bein abgeſchoffen, deſſen Stangen reiter, Kanonier Preuss, ebenfalls ſchwer verwundet war, und welches die Hälfte ſeiner Pferde verloren hatte, in

Folge der verringerten Beſpannung liegen, als die übri gen Geldrüße behufs Retablirung in eine weiter rückwärts gelegene Stellung ſich zurückzogen. Da möglicherweiſe das Geſcüt in feindliche Hände

gerathen , ehe Hülfe herbeigeholt werden konnte, ſo nahm der Kanonier Neumann , um daſſelbe für den Feind unbrauchbar zu machen, den Quercylinder aus dem Rohr

und trug denſelben zu den übrigen Geſchüßen der Bat terie. Das Geſchütz wurde jedoch ſehr bald durch ſchleu nigen Erſatz an Pferden , welche von den anderen Ge

jdüşen vorläufig herbeigeholt wurden , wieder fahrbar gemacht und zu der Batterie herangeholt. Daſſelbe Ge ſchüß blieb , indem es mit den anderen Geſchüßen der Batterie eine Waldlüce paſſicte, abermals liegen ; denn die Batterie erhielt plötzlich von einer Seite durch dieſe Lüde hindurch Flankenfeuer und trabte los, um ſich dem=

ſelben zu entziehen. Bei der geringen Beſpannung des Geldjüßes mit 4 Bferben, konnte daſſelbe aber nicht durch den Wieſengrund der Batterie folgen , um ſo weniger, als auch der Vorderreiter Kanonier Weidner verwundet war . Der Batterie- Chef befahl daher das Geſchüß ab

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zuproßen und ſo gelang es mit Hülfe eines Zuges der Bededungsmannſchaften vom 2. Garde-Regiment zu Fuß daſſelbe aus dem Sumpfe herauszubringen. Der Lieute nant S. und der Stanonier Schwarz, Mittelreiter des

Geſdjütes, welcher als Stangenreiter fungirte, zeichneten ſich hierbei durch große Kaltblütigkeit und Umſicht aus und ſo wurde das Geſchütz, welches zweimal nahe daran war, in Feindes Hand zu fallen , dennod glüdlid) ge rettet.

Kampf und Sieg. Während des Gefecytes bei Schweinschädel, als die 3. reitende Batterie im hef= tigen Rampfe gegen zwei öſterreichiſche Batterien ſich be fand, fiel dem Batterie-Chef, Hauptmann v. B. , an einem ſonſt ſehr zuverläſſigen Manne, bem fanonier Pczre wofnick, deſſen Leidenbläſſe und ſein ftierer Blick auf.

Trotz der genaueſten und immerwährerben Beobac;tung konnte der Batterie - Chef jedoch keine Vernachläſſigung jeiner Obliegenheiten bemerken, nur geſchah Alles in ge wiſſer automatenartiger Ausbrudsloſigkeit. A18 nady beendetem Gefedyt nie Batterie eine Stunde

ruhte , faß derſelbe Kanonier in ſtumnier Lethargie mit derſelben Bläſſe und Verſtörtheit in den Zügen an der Erde, den Kopf in beide Hände geſtüßt, und noch immer rannen bide Sdyweißtropfen über Stirn und Wangen.

Da der Mann ſeine Sdyultigkeit im vollen Maaße ge than und ſtets ſeiner Pflicht eingedenk geblieben war, konnte von dem Kampf mit ſeinen Nerven keine Notiz genommen werden .

Dennod; aber nahm ſich der Bat

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terie-Chef vor, im nächſten Gefecht ein wadyſames Auge auf ihn zu haben.

Wenige Tage ſpäter in der Schlacht bei König grätz , als das feindliche Feuer noch viel heftiger war und die Batterie namhafte Verluſte erlitt, bediente Pczre wofnick mit lächeinder Miene und der größten Seelen

ruhe ſein Geſchüt , jeßt ſelbſt ſeinen anderen Kameraden ein Vorbild der unerſchütterlidyſten Ruhe und Kaltblütig Er hatte den beſten Sieg , den über ſich ſelbſt,

keit.

bavengetragen.

Am 3. Juli ſtand die 3. 128 ge Batterie längere Zeit in dem Granat- und Shrapnelfeuer einer öſterrei chiſchen Batterie , ohne ſelbſt feuern zu können , da bei der beträchtlichen Entfernung des Feindes mit Rüdſicht .

auf die geringe Tragfähigkeit des Feld-12 ders, wenig oder gar · keine Wirkung zu erwarten war. Die feinds lichen Geſchoſſe ſchlugen kurz vor der Batterie , oder in die Batterie ein, crepirten, oder ſetzten ihren Weg weiter fort, ohne jedody der Batterie Schaden zu thun. Die Mannſchaften bewieſen bei dieſer erſten Probe , die ge wiß dadurch eine um ſo härtere wurde , daß man den Feind gewähren laſſen mußte, ohne das Wiedervergel tungsrecht üben zu können , die größte Ruhe und waren vom beſten Humor beſeelt. Den Kanonier Scubicki

traf ein bereits mattes Shrapnelſprengſtück am Unter ſchenkel ; ohne weitere Notiz hiervon zu nehmen, äußerte er nur : 3d glaube, die Deſterreidher ſchmeißen mit Steinen ! "

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Am Tage nach der Sdylacht von Königgrätz , am 4. Juli , verbreitete fich unter den auf dem Sdhladit

felde bivouakirenden Truppen das Gerücht, die Feſtung

Königgrätz würde am Mittag um 1 Uhr von den Deſterreichern übergeben werden.

Auch zu der bei

Wsestar bivouakirenden 4. 128gen Batterie war dieſes Gerücht gedrungen und es wurde ſofort beſdhloſſen, um die angegebene Zeit eine Requiſition in der Stadt zu unternehmen , und dem ſich allmälig fühlbar machenden

Mangel an „ Efbarem “ abzuhelfen.

Dem Seconde-lieu

tenant v. G. , welcher ſich vom Batterie- Chef die nöthigen Transportmittel und Mannſdaften erbat, wurde ein auf dem Syladytfelde vorgefundener und mit 2 Batterie pferden beſpannter öſterreichiſcher Wagen, ſowie 5 Mann, worunter 1 Berittener, zur Ausführung des Unternehmens

zur Dispoſition geſtellt und ſetzte ſich dieſe auserleſene Schaar gegen Mittag auf der nach der Feſtuitg hinfüh renden großen Chauſſee in Bewegung. Eine kleine halbe Meile vor den Mauern der Feſtung paffirte man die preußiſdyen Vorpoſten, welche den Transport ungehindert paſſiren ließen und ſogar erzählten, es ſeien fdyon meh rere preußiſdie Offiziere in der Feſtung und dieſe bereits in unſern Händen. Um ſo zuverſichtlicher wurde daher der Marídy fort geſetzt und bald erreichte man , ohne irgendwie behindert worden zu ſein, allerdings auch ohne von da ab irgend eine Menſchenſeele zu Geſicht bekommen zu haben , die Vorſtädte von Königgrätz. Die rechts von der Chauſſee liegende große Brennerei mit den zahlreichen Wirthſchafts

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gebäuden lud zunächſt zu einer Requiſition ein. Unter Beobachtung einiger Vorſichtsmaßregeln wurde ſie be treten, jedoch von den Menſchen vollſtändig verlaſſen ge funden. Deſto mehr hielt man ſich verpflichtet, die an

dere lebende Bevölkerung, beſtehend aus einigen harmlos umherſpazirenden und freudig ſdynatternden Enten und Gänſen, zu annectiren. Das arme Viehzeug wäre am Ende in dieſen verödeten Gebäuden eines elendiglichen Hungertobes geſtorben und um dies geſchehen zu laſſen, war das Herz des feineswegs egoiſtijds denkenden Sol

daten noch nicht hart genug. Nachdem man nun zu dem befreiten Federvieh noch ein großes Fell und mehrere andere im Bivouak brauchbaren Utenſilien, um den armen Thieren die Trennung vom häuslichen Heerde nicht zu

ſchwer zu machen , auf den Wagen geworfen, ſeşte das Rommando ſeinen Marích nad der Vorſtadt Kuklena

fort, welche in der großen Zahl anſtändiger Gebäude einen noch beſſeren Erfolg zu verſprechen dien.

Der erfahrene Offizier leitete nicht zum erſten Male ein ſolches Requiſitions-Kommando und wuſte, an welche Behörde man ſich in derartigen Fällen zu adreſſiren hat. Das Pfarrhaus bietet faſt immer das günſtigſte Opera tions-Object. Daher wurde aud) hier dem fatholiſchen Geiſtlichen der erſte Beſuch gemacht, d. h. er wurde auf

gefordert, von ſeinen gewiß reichlichen Vorräthen aus Menſchenliebe ben hungrigen Seelen mitzutheilen. Der gelahrte Herr war aber ſchon recht anſtändig mitge

nommen. Er geleitete ſeinen Beſuch ſelbſt in die Keller räume des Hauſes und ertheilte plein pouvoir. Aber

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wo Nidhts iſt, hat der Saiſer ſein Redyt verloren, und ſo mußten die getäuſdyten Requiſitoren fidy mit einiger Butter und den Reſten eines Sdyinkens, die ſie zum An

denken an den freundlidyen Empfang mitnahmen, begnüt gen. Da in dem ganzen Neſt ſonſt Nichts aufzutreiben war, der Wagen aber nodi jo (dyönen Platz hatte, mußte

der Marſch nad der Feſtung unbedingt fortgeſetzt werden . Almälig aber madhte die traurige Dede und gänz lidhje Ausgeſtorbenheit der Gegend einen um ſo beängſti genderen Eindruck, je näher man den Wällen der Feſtung kam und je deutlidier inan hin und wieder die Bajonette der hinter denſelben auf- und abgehenden Poſten in der Sonne bligen fah. Der Offizier ließ daher den Wagen

ca. 500 Schritt vor den Wällen halten und begab ſid)

mit ſeinem berittenen Begleiter bis an das Gitterthor der Feſtung. Der hinter demſelben aufgeſtellte Poſten winkte den wadythabenden Unteroffizier heran, welcher an die Fremden die wohl beredytigte Frage richtete, was ſie wollten . Ais die Antwort lautete , daß man in die Feſtung hinein wolle , gebot der Unteroffizier, nur nod) eine kleine halbe Stunde zu warten , dann würde die Feſtung übergeben werden .

Dieſe Verzögerung konnte man ſich allenfalls gefallen laſſen und freute ſid) ſdon darauf, als die Erſten in die übergebene Feſtung einzurücken, als derſelbe Unteroffizier, welder ſich anders beſonnen zu haben dient, plöglid, die

Einlaßbegehrenden etwas energijd auſforderte, ſich zu ent fernen , ſonſt würde geſdhoſſen werden .

Das wirkte.

Ohne weitere Ueberlegungen anzuſtellen, was den Herrn

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Unteroffizier wohl zu dieſer plötzlichen Sinnesänder ung veranlaßt haben mochte , machten die beiden Reiter auf der Hinterhand kurz Rehrt, langten in unglaublich furzer Zeit bei ihrem Wagen wieder an und nun ging es auf dem nächſten Wege , oft querfeldein , in ſteter Be forgniß , von einer feindlichen Patrouille überraſcht zu n'erden , zu den einzelnen Vorpoſten zurück, welche aud)

unbehelligt vom Feinde erreidyt wurden . Der eigentlidie

Zweck der Excurſion war zwar verfehlt, aber man hatte wenigſtens für ein gutes Abendbrod , welches durch die

Eigenthümlich feit der Requiſition noch ſeine beſondere Würze erhielt, ausreichende Materialien mitgebracht. Der Kanonier Kellner II, der 2. 4a gen Battterie, weldier in der letzten Poſition bei Chlum burd

Gra

natſplitter drei įdwere Verletzungen am rechten Ober und Unterſchenkel erlitt, äußerte zu dem mit dem Verban ) jeiner Wunden beſchäftigten Arzt der Batterie : „Lieber

Doktor, ſdyneiden Sie doch das Bein lieber ab, es wird body weiter nid )ts übrig bleiben . “

Dies geſchah indeß

nidyt, vielmehr wurde dem p. Kellner das Bein wieder geheilt, und er iſt jetzt dem Doctor gewiß ſehr dankbar, daß dieſer damals ſeinem Rathe nicht gefolgt iſt.

Munitions - Colonnen ſtoßen auf den Feind. Am 28. Juni paſſirten die 6 Munitions- Colonnen der 2. Staffel um 5 Uhr Morgens die öſterreichiſdie Grenze bei Tuntschendorf mit dem Befehl, bei Parschnitz unweit Trautenau ein Bivouaf zu beziehen. Mit Hurrah

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wurde über die Grenze gerückt, und den ganzen Tag marſchirt, während der Kanonendonner von Soor her

überſchalte. Als Nachmittags 3 Uhr Qualisch pafſirt war, und ſid, die Colonnen auf dem Wege Albendorf Trautenau, ber bis zum erſtgenannten Orte einen tiefen Hohlweg bildet, befanden , bekam der Commandeur der 2. Staffel durch eine Batrouille des Garde-Hujaren - Regi

ments die Meldung, daß Trautenau und Umgegend nodi von Deſterreichern beſetzt ſei. Da ſich die Colonnen von der Richtigkeit dieſer Meldung nicht überzeugen konnten, auch über die Stellung des eigenen, wie jedes anderen Corps in

Unwiſſenheit waren , endlich ein Kehrtmachen die geringe Breite des Hohlweges unmöglich machte, ſo wurde be ſchloſſen bis Albendorf weiter zu maridhiren , und bem

nächſt auf dem Wege nach Schömberg zu die Colonnen in Sicherheit zu bringen. Nichtsdeſtoweniger mußten ſich dieſelben auf einen Zuſammenſtoß mit dem Feinde vorberei ten . Sämmtliche Fanoniere wurden daher an die Tête einer jeden Colonne genommen , die Gewehre geladen, und den Mannſchaften eine friegeriſche Rede gehalten , welche ſie gewiß zur größten Tapferkeit und Hingebung entflammte. Der Eindruck dieſer Rede wurde dadurdy noch weſentlid) geſteigert, daß in demſelben Moment auf dem Abhange hinter Albendorf eine Anzahl Räppi's auftaudite und

aus dem Walde Hornſignale herübertönten , ſo daß es den Anſchein hatte , die Kolonnen müßten ſich hier auf Leben und Tod durd, die öſterreichiſchen Truppen burd)

ſdhlagen.

Der Vormarſch geſchah demnächſt in der

größten Spannung , mit kriegsgemäßer Formation , mit

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Spige , Haupttrupp und Seitendedungen ; jeden Augen blick glaubte man das knattern der Gewehre verneh men zu müſſen. Dody, und hier iſt es wohl erlaubt zu

ſagen „ zum Glück“, ſtellte ſich bald heraus, daß die Näp pis 2 Kompagnien des Garde- Jäger-Bataillons angehör

ten, welche von der 1. Garde-Diviſion zur Recognosci rung gegen Trautenau vorgeſchickt waren, und daß die Hornſignale aus dem Walde von keineswegs den Preußen feindlich geſinnten Kühen herrührten. Als ſo die Ausſicht der Solonnen , ſich auch einmal mit dem Feinde meſſen zu dürfen, geſchwunden war, und

fie nun mit einer gewiſſen Sicherheit auf den Weg nach Schömberg einbogen , trafen ſie zu ihrem Erſtaunen auf einen bereits von Parschnitz , alſo von einem dem

Feinde noch näher gelegenen Orte, kommenden Transport vieler Preußiſcher Verwundeter, welcher durch die Lieute nants v. E. und B. geführt wurde. Die Sadie ver hielt ſich folgendermaßen : Der Premier - Lieutenant v. E. , welcher mit ſeiner Proviant-kolonne ebenfalls der 2. Staffel zugetheilt war,

und der Lieutenant B. mit 6 Unteroffizieren der Kolon

nen waren zum Requiriren vorausgeritten und ſchon ge gen Mittag in Parschnitz ſelbſt eingetroffen. A18 ſie zum einen Ende des Dorfes hineingeritten, verließen das ſelbe am andern Ende mehrere öſterreichiſche Infanteri ſten, die aus einem Fabrikgebäude herauskamen, in großer Eile.

Die beiden Offiziere, jo jdnel als möglid) vor

reitend, erreichten ſehr bald jenes Gebäude und entdeck ten in demſelben ein Lazareth mit Preußiſchen Verwun

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deten, welche von den Gefedyt des 1. Armee-Corp8 am vorigen Tage bei Trautenau herrührten , nach ihrer

Ausſage, von in das Dorf eingedrungenen Oeſterreichern zu Gefangenen gemacht und auď bis zu dieſem Moment von denſelben bewadit worden ſeien. Schnell entſchloſſen wurden ſogleich die transportablen Verwundeten auf die

inzwiſchen eingetroffenen Wagen der Proviant - Rolonne gepackt (nur wenige ſehr jdwer Verwundete und ein Arzt

blieben zurück ), der Rückzug ſchleunigſt angetreten und ſo dem etwa wiederkehrenden Feinde die Beute entriffen. Dies war die ſoeben von Parschnitz her eintreffende Colonne. Als die Munitions - Colonnen 1 Meile auf dem Wege

nady Schömberg weiter marſcirt waren , ſtiefen ſie auf die Vorpoſten des 1. Armee - Corps. Gewiß ein ſeltenes Beiſpiel in der Kriegsgeſdiidite. In der Nadyt zwiſchen 11 und 12 Uhr bezogen die Colonnen bei Leutmannsdorf hinter Schömberg,

alſo wieder auf heimathlidher Erde , Bivouaks in voll ſtändiger Sicherheit , da die Deſterreicher im Laufe des Tages durch das Garde - Corps in den Gefedyten bei Soor und Trautenau zum Rückzug gezwungen worden waren .

Der Vermiſte des Garde- Feld - Artillerie

Regiments. Als die 4. 6age Batterie am Abend der Schlacht von Königgrätz in das Bivouak gerügt war, erfuhr der Batterie-Chef , Hauptmann v. W., daß der

kanonier Bringhoff vermißt werde, und wollten einige Kanoniere geſehen haben , wie er fidy, als die Batterie

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zwiſdyen Maslowed und Chlum einen Graben paſſirte,

in demſelben wegen des heftigen Feuers geduckt habe. Der Batterie - Chef nahm daraus Veranlaſſung, den Mannſchaften das Schimpfliche und Entehrende eines ſolchen Benehmens vorzuhalten und ſtellte es als eine Schande für die Batterie hin, einen folden Stanonier zu

ihren Leuten zählen zu müſſen. Nady Verlauf von vier Wodien erhielt die Batterie eine Benadyridytigung vom Lazareth, daß der vermiſte Kanonier Bringhoff in einem Graben bei Chlum von 3 Shrapnelfugelit idywer ver

wundet gefunden und in das Lazareth zu X. aufgenom = men worden wäre. Beim nädyſten Appell verfündete der Batterie-Chef den verſammelten Mannſdyaften dieſe frcu dige Botſchaft, und den freudeſtrahlenden Geſidytern ſah

man es an, wie froh Jeder war , daß der einzige Ver miſste des Regimients ſo wiedergefunden war. Im Dorfe Jemnitz (Böhmen) beabſichtigte die 2. 4age Batterie zur allgemeinen Unterhaltung eine Muſik aufführung in Coſtümen ſtattfinden zu laſſen. Die mua

ſikaliſchen Kräfte beſtanden aus dem ſehr muſikverſtändigen Batterie-Schuhmader, Sanonier Savitzki, der während . des Feldzuges ſeine Clarinette ſtets bei ſid, hatte , aus einem Guitarrenſpieler, welcher die Batterie - Guitarre, die von den Avancirten der Batterie in Guben fäuf

lich erworben , und gut reſtaurirt nod; heute als blei bendes Andenken an den Feldzug 1866 von denſelben aufbewahrt und in Ehren gehalten wird , handhabte, aus dem Ranonier - Trompeter Lindemann mit ſeiner 2

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Tuba und aus einem Trommelſchläger, der eine im Dorfe vorgefundene alte Trommel maltraitirte. An Coſtümen befaß man einen Sdyafpelz und den Anzug eines böhmiſden Bauern. Zwei der Muſikanten hüllten ſidy in Ermangelung anderer paſſender Garderobeſtücke in öſterreichiſche Woiladys und wandten die beliebten

Strohſeilumwickelungen an . Nadidem die erſte ergötzlidye Muſikprobe zur allge meinen Zufriedenheit ausgefallen war , wollte man dem Batterie - stommandeur vor deſſen Fenſtern auch einen

Beweis von den muſikaliſdyen Leiſtungen ſeiner Batterie geben , und ordnete dem entſpredyend einen Feſtzug nac; deſſen Wohnung an . Vorweg der Marketender, Batte I

rievater Nudelbeck, in der Kaiſerjäger - Uniform , wel dyer den Muſifanten mit einer Bohnenſtange den Tact angab. Dann folgten die verſtehend erwähnten coſtü mirten Virtuoſen und hinter ihnen auf Nudelbecks

Bucephalus, welder mit dem Doctorjattel ajüſtirt war, faß eine böhmiſdie Landſchöne.

* ngethan war die ju

gendlidhe Reiterin mit einem einſt wohl einmal weiß ge weſenen Unterrod , einem rothen Kleide und der Feld

müte eines Kanoniers. Thr langes bunkeles Haar hing entfeſſelt über die entblößten Sdultern und ihre Füße waren unbekleidet geblieben ; die Queue des Zuges bil

deten zahlreidye Zuſdauer. Auf dem Wege zur Woh nung ihres Kommandeurs verbeſſerten die galanten Mars föhne bei ihrer Dame durdy Wort und That bennedy

nicht ganz ſachgemäßen Sitz und die Poſitur zu Pferde mit vielem Verſtändniſ.

Zum größten Leiuweſen aller

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Betheiligten war der Batterie-Rommandeur aber nicht in

ſeiner Wohnung, weshalb ſich die ganze Geſellſchaft nachy einem innerhalb des Dorfes gelegenen Raſenplatz begab und hier ein kleines Tanzvergnügen improvifirte. Die weibliche Dorfjugend fand ſich auch bald fehr zahlreich ein; bis ſpät am Abend wurde getanzt, geſcherzt, gefüfat und gelacht, und der Tag endigte , wie er begonnen, „ Unſinnig vergnügt." Unteroffizier Wichert führte in der Sdyladyt bei Königgrätz das 5. Gejdyütz der 6. 4 Tigen Batterie und wurde in der Stellung bei Chlum durch ein Sprengſtück getödtet. Daſſelbe drang ihm in den Unter leib, jo daß die Eingeweide heraustraten, und ſo auf dent Rücken liegend , rang er mit dem Tode. Der Anblick war ſdredlich, die ganze Geſdyützbedienung war ent muthigt, und ſelbſt der dabei befindliche Obergeſreite momentan unfähig, die Führung des Geſchützes zu über nehmen.. Da ſprang der Kanonier Schäfer, einer aus der Bedienung des Geſchützes und im Augenblick der einzige, der aud, in dieſem kritijden Moment feine Ruhe und Beſonnenheit behalten hatte, an ſeinen Geſqyützführer heran , ſdynallte ſich deſſen Zündidiraubenta de um , und brachte es durch ſein entſchloſſenes Auftreten und durdy 1

ſeine ermuthigenden Aufforderungen an ſeine Sameraden fehr bald dahin, daß das Geſdyütz weiter bedient wurde. Leider erkrankte derſelbe bald darauf und verſtarb im Lazareth zu Brünn am Tuyphus. 2*

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Mittel gegen Kanonenfieber. Die 4, 4 age Batterie hatte im letzten Feldzuge einige höchſt komiſche Charaktere unter ihren Ranonieren. So war unter Andern ein aus der Reſerve eingezogener Kanonier Kückel , weldier früher als Einjährig - Freiwilliger bei der 2. 12 agen Batterie geſtanden hatte, obiger Batterie zugetheilt. Derſelbe war Studioſus der Medizin , von

Herzen gutmüthig und kameradſchaftlid), ſehr kaltblütig und unerſchrocken. Durch ſeinen immer gleichbleibenden guten Humor und ſeine Kameradſdjaftlicyfeit hatte er ſichy

bald die Liebe und Zuneigung der ganzen Batterie er worben und wurde in Bezug auf ſein früheres Studium mit einem nicht ſehr wohlanſtändigen Spitznamen benannt. In der Schlacht von Königgrätz , im ſtärkſten feindlichen Granatfeuer, war Kanonier Kückel beſchäf

tigt, ſein Geſchütz auf die feindlidye Batterie zu richten. Aergerlich, daß daſſelbe trop allen Winfens und Klopfene mit der Hand an der Laffetenwand, ja fogar auf ſeinen Zuruf nicht in die Ridytung geworfen wurde, wandte er

ſich um und ſah zu ſeinem größten Erſtaunen den Ka nonier am Richtbaum ſtieren Blides, mit offenem Munde, unempfänglich gegen Alles , aber in der vorgeſchriebenen Stellung ängſtlich den Richtbaum umklammernd und an

ganzen Leibe zitternd baſtehen. 3m Nu ſtand Kückel an ſeiner Seite und verſetzte ihm mit den Worten : „ Warte feige Kröte , Dir werde ich das Kanonenfieber mit Berliner Knaufchoten austreiben " ein Paar Dhrfeigen der kernigſten Sorte. Wie „ angetrieſelt" drehte ſich der betreffende Kanonier einige Male um f:ine eigene Adiſe,

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war aber durch dieſen Schreck wieder ſo ſchnell zur Be

ſinnung gebracht, daß er alle zur Bedienung nöthigen Verrichtungen, wenn auch Anfangs etwas unruhig, den noch getreulich verridytete, während Kückel bei dem geringſten Verſehen ihm ſtets mit einer doppelten Doſis ſeiner vorigen Medizin drohte. Nach Beendigung des Feuers dankte der nun völlig geheilte kanonier ſeinem Kameraden Kückel durch derben Händedruck für das ihm verabreidyte Gericht finallichoten. Linie frei ! Als unſer Brigade-Commandeur Gene ral v. C. am Tage von Königgrätz vor der 5. 4 bogen Batterie vorbeireitend, derſelben einige Worte zurief, kam er zufällig der ridytenden Nr. 4 eines Geſdyützes, die eben im Begriff war Linie zu nehmen , in die Quere.

Kanonier Knorr , weldyer ſich ſchon bei allen Gelegen heiten durdy fein ruhiges und faltbliitiges Benehmen im Feuer ausgezeichnet hatte, rief in dieſem Moment, ohne ſidy durdy eine didit neben ihm einſdlagende Granate

ſtören zu laſſen , die ſonſt auf dem Erercierplatz gebräuch lidyen Worte „ linie frei!" dem General zu , worauf derſelbe Platz madyte und weiter ritt. Sanonier Knorr,

der übrigens ſtets Unregelmäßigkeiten , die bei der Be : dienung in Folge einſchlajender feindlicher Geſchoſſe mo mentan vorfamen, mit Entſd loſſenheit und in aller Kürze

auszugleichen und dadurch den Muth bei den übrigen Leuten des Geſchützes rege zu erhalten und zu heben vers ſtand, iſt ſpäter mit dem Ehrenzeichen 2ter Klaſſe dekorirt worden .

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Beim 1. Geſchütz der 6. 4ngen Batterie wurde dent Einjährig Freiwilligen Ranonier Bresler burd) eine Gra

nate der linke Wnterſdienkel fortgeriſſen, und konnte der ſelbe, um das Feuer nicht zu lange aufzuhalten, vorläufig nur bis in die Höhe der Protze zurückgebradyt werden. Die Mannſdyaften des Geſdites waren einen Augen blick burd, den

dyrecklidyen Anblick aus der Faſſung ge

bracyt, ſo daß Gefahr war , daß die Bedienung des Geſchützes ins Stocken gerathen würde. Nur durch das energiſde und entidyloffene Auftreten des Geſchützführers,

Unteroffizier Schmidt, welcher durcy theils freundlide, theils energijdhe Ermahnungen , vor allen Dingen aber durdy ſeine unerſchütterlidie Ruhe und Kaltblütigkeit wäh rend des heftigſten Feuers, der Bedienung dermaßen

imponirte, daß audi nicht einer bei dem Geſdyütz war, der nicht gewetteifert hätte, es ihmit gleich zu thun, wurde dieſer gefährliche Augenblick glüdlid überwunden. Für

ſein braves , uerídyredenes Benehmen wurde derſelbe mit dem Militär-Ehrenzeichen 2ter Klaſſe deforirt. Derſelbe Unteroffizier hatte idjon, bevor die Batterie

in die Feuerſtellung einrückte, einen Hübſdien Beweis feines praktiſden Blickes gegeben. Als nämlich die Batterie einen Graben mit ſteilen und aufgeweidyten Räne dern paſſiren mußte, wurden 4 Geſchüte , unter dieſen audy das erſte, weil 2 Taue der Mittelpferde geriſſen waren , aufgehalten. Der Schaden wurde auf Anord nung des H. Schmidt dynell wieder reparirt.

Saum

hatten die Pferde wieder angezogen , als dieſelben Taue !

noch einmal riſſen, Nod, ehe das Fahrzeug ſelbſt zuin

1

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Stehen kam , rief Schmidt dem Stangenreiter 3112 „ Jett mußt Du allein, nun nur vorwärts.“ Da aber der Geſchützführer vorausjah , daß die Stangenpferde allein wohl idywerlid, das Geſdyütz bis in die Feuerſtellung bringen würden, ſo gab er Befehl, daß die Bedienungs mannſchaften idynell ſelbſt mit angreifen ſollten. Einem Kanonier, welder zweifelhaft, wo am zweckmäßigſten an : zugreifen ſei, gab er durch praktiſche Handleiſtung, deren Spuren er nod) einige Stunden nachher aufweiſen konnte, genügende Anweiſung, ſo daß audy dieſer ſchnell und

factygemäß eingriff. So ermöglichte es Schmidt, daß fein Geſdyütz fdyon bei der 2. Lage, welche die Batterie abgab, jduſfertig auf ſeinem Platze ſtand. Wie wohl alle Truppen , ſo beſaß aud ) die 3. rei tende Batterie einzelne Individuen, die in Friedenszeiten es ſid; beſonders angelegen ſein ließen , das Strafbud, zu füllen . Die Batterie hatte derartige Leute in den

Kanonieren Rindfleisch und Bergemann . Während der Gefedyte gehörten ſie dafür aud) zu den unerſdyrocken ſten und faltblütigſten Soldaten . Kurz vor Beginn des

Feners bei Königgrätz ſagte Rindfleisch zu Berge mann : ,,Du höre, uns Beiden pajjirt Nidyts , Unkraut vergeht nicyt.“ Diesmal ſollte jedod, das Sprüdywort nur zur Hälfte eintreffen, denn Rindfleisch wurde balo darauf am linken Ellenbogen verivundet. Trotz ſeiner

ſchweren Bleſſur hatte er fidy, als die Batterie die Poſition verließ , auf die Protze geſetzt, hielt ſich den kranken Arm feſt, und wollte trotz mannichfadyer Auf

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forderungen nod durdsaus bei der Batterie bleiben . Erſt der gemeſſene Befehl, in den nädyſten Ort, weldier dicht bei der Poſition lag, zu gehen , und fich daſelbſt ver binden zu laſſen, konnte ihn bewegen, ſeine Truppe zu verlaſſen. Er iſt geheilt worden , aber der Arm iſt ſteif

geblieben. Bergemann iſt glücklich durdigekommen.

Als die Reſerve - Artillerie am 27. Juni auf den Höhen von Braunau bivouafirte, befahl der Komman deur, weldier in der Zeitung geleſen hatte, daß für den 27. von Sr. Majeſtät dem Könige ein allgemeiner Buß und Bettag im ganzen Lande angeordnet fei , daß am

Abend daſelbſt ein Feldgottesdienſt abgehalten werden

follte, der erſte im feindlichen Lande. Wer je einem folden Feldgottesdienſt beigewohnt hat , wird ſelbſt die Feierlichkeit und Großartigkeit dieſes erhebenden Aktes

empfunden und den Eindruck mitgenommen haben , daß das ſchönſte Gotteshaus der große ſelbſtgeſdhaffene Tempel Gottes, die Natur, iſt. Sein Bild konnte romantijdser ſein als dieſes. Auf einem Baumſtumpf ſtand der von Allen verehrte Feldprediger Büchsel, um ihn herum im Kreiſe die andädytig zuhörenden Soldaten ; über ihnen

rauſditen die Wipfel eines herrlichen Fichtenwaldes; aus der Ferne ſendete die eben verſinkende Sonne ihre legten vergoldenden Strahlen auf die idyleſijden Gebirge, zu deren Vertheidigung die Armee ausgerückt war, um das

herrlich ſdyöne Bild einzurahmen.

Ein jeder fühlte die

Großartigkeit aller dieſer Eindrücke, und mit der ge

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ſpannteſten Aufmerkſamkeit lauſchten alle auf die erhebens den Worte ihres Predigers.

Da plötzlich fieht der Commandeur die am weiteſten nad, hinten ſtehenden Leute mit lächelnden Mienen fidy. etwas zuflüſtern, dann umſehen ; immer weiter greift die Unaufmerkſamfeit um ſich und ſelbſt die ernſten Blicke des Commandeurs vermögen die Anbadyt nicht wieder herzuſtellen. Da bemerkt auch er den Störer des

Gottesdienſtes, und das Bild, welches ſich ſeinen Augen jest darbot, entlockte ſelbſt ihm ein Lädjeln, ja fogar der Geiſtliche fonnte ſid) des fomiſden Eindrucks, den es auf ihn madyte, nicht erwehren.

Einige 100 Schritt von dieſem Platze entfernt führte nämlich die Chauſſee von Braunau vorbei , und auf ihr trabte, auf einem ſoeben in der Stadt requirirten djen ein Unteroffizier im vollen Widys bem

Bivouak

zu, didyt hinter ihm ein Adjutant. Ziemlich handgreif liche Antreibungsmittel beider, ſowie laute Zurufe, vielleidyt aud bas ihm gegebene Verſprechen , bald zu Beſſerem verwendet zu werden , hatten den böhmiſden Vierfüßler in einen leidlich dylanfen Trab verſetzt, und ſo trollten

Ochſe und Pferd, ſider gelenkt von ihren ſtolzen Bän digern, im gleichmäßigen Tempo ihrem Beſtimmungsort 311. Das Ganze gewährte ein ſo fomiſches Bild , daß es wohl verzeihlid war, wenn einzelne ſelbſt während des

Gottesdienſtes durd; dieſen Anblick zum Ladient gereizt wurden.

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Die 3. reitende Batterie , welche der fdweren Garte

Navallerie-Brigade (Regiment Garde du Corps und Garde-Küraſſiere) zugetheilt war, überſdyritt am 27. Juni früh 81/2 Uhr unter den Klängen der National- Hymne die böhmiſdie Grenze. Die nächſten Ortſchaften waren wie ausgeſtorben, nur einzelne alte Mütterdyen jah man verſtohlen hinter den Fenſtern die verhaßten Preußen be trachten. Das Städtchen Braunau bot dagegen ein regeres Leben dar. Hier war ein Bataillon des 1. Garde Regiments zu Fuß eingerückt, weldies fehr fdynell mit den Kaufleuten und dem ſchönen Gejdledyt Bekanntſchaft

gemacht hatte und dadurch in eine ſehr heitere Laune verſetzt war. Bei drückender Hitze wurde der Marſch nad dem Cantonnement Halbstadt fortgeſetzt, deſſen arme Einwohner wahrſcheinlich aus Angſt vor den vielen von den Preußen zu erwartenden Gräueln , in ſtummer Reſignation und theilweiſe audy Renitenz verharrten. Eine ernſte Nüdſprade mit den Ortsvorſtehern hatte

zur Folge , daß aus den Viehbeſtänden des dortigen Kloſters ein ſchönes Stück Rindvieh den Fleijdern der Batterie überliefert umd von dieſen gejdhladytet wurde. Dies war der erſte Eindrud des Kriegerlebens, die erſte Requiſi

tion in Feindesland. Kaum hatten jedod, die Leute am ſpä ten Nadymittag gegeſſen, als der Befehl zum Weitermarſch eintraf. Um 7 Uhr Abends brady die Brigade wieder auf und marſdyirte weiter die ganze Nacıt, immer vorwärts burdy enge Thäler und über ſteile Gebirgsrücken . Um 2 Uhr Nachts erreidyten ſie das Städtchen Starkstadt, wojelbſt ein längerer Halt gemacht werden ſollte.

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Ein ſteiler Paß führte kurz vor der Stadt von einem Gebirgsrücken durch dichten Wald hinab und ſteigt

ſofort eben ſo ſteil zu dem Berge, auf weldiem die Stadt liegt, wieder hinauf.

Der Batterie-Chef , Hauptmann

v. B. , weldier, nadýdem alle Anordnungen zur Weber windung des beſchwerlichen Hinderniſſes getroffen , nady

der Stadt vorausgeritten war, wurde am Eingang der felben von Sr. Sönigl. Hoheit dem Prinzen Albrecht, Commandeur der ſchweren Garde-Kavallerie-Brigade, mit der Nachricht empfangen , daß auf dem kleinen Markt platz der Stadt für höd)ſtens 3 Geſdhütze Platz ſei , die 1

übrigen Fahrzeuge mithin auf dem ſteilen Berge halten müßten. Eine ſoldie Theilung der Batterie konnte jedoch nicht geſtattet werden, und es galt daher zur Vermeidung dieſes Uebelſtandes raſd) das Terrain zu recognosciren und einen Entidyluß zu faſſen. Der kleine ſehr unebene Marktplatz im Städtdien war zum größten Theil von den Süraſſieren eingenommen. Es blieb für die Batterie höchſtens ein Raum von 40-50 Fuß Breite und 25-30 Fuß Tiefe. Aber : Noth

bridyt Eiſen. Wie in einer Spielzeugſdyaditel mußten die Fahrzeuge Fier placirt werden und dabei doch der ungehinderte Abmaridy möglid bleiben.

Bei mattem

Mondlicht wurde jedes einzelne Fahrzeug auf den ihm beſtimmten Platz dirigirt, und ſo gelang es aud) wirk lich vollkommen die ganze Batterie zu placiren. Ein wunderbares Bild aber bot dieſer mit Menſchen, Pferden, Geidyützen und Fahrzeugen vollgepfropfte fleine Der Mond ſpiegelte fidy in Küraffen, Hel

Plat bar.

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men und Geſchütröhren, und der Gedanke , daß ein in der Nähe befindlicher Feind von den nächſten überragenden Höhen nur wenige Granaten in dieſen Knäuel zu werfen brauchte, um die grenzenloſeſte unvermeidlicyſte Verwirrung

hervorzubringen, gehörte nicht zu den angenehmſten. Die Einwohner der Stadt mußten nun mitten in der Nacht Kaffee fodien und alles Eſbare herbeiſdaffen, um weniga

ſtens einigermaßen geſtärkt den weiten beſchwerlichen Marſch fortſetzen zu fönnen. Die Peute thaten es ſoweit es in ihren Kräften ſtand, und audy, gute Miene zum böſen Spiel madyend, möglidiſt bereitwillig , waren aber ſehr

erſtaunt, klingende Münze dafür zu erhalten. Das waren ſie ja nidyt einmal von ihren eigenen Soldaten gewöhnt, geſchweige denn , daß ſie es vom Feinde er wartet hätten. Nach einer Raſt von 1/2 Stunden ſetzte die Batterie ben Marídy nad Kosteletz fort , um an 1

demſelben Tage nod) an der Saylacıt von Skalitz Theil zu nehmen .

Eines Sonntage, als die 4. reitende Batterie eben

zum Feldgottesdienſt marſch iren ſollte, es war in Poys dorf, 4 Meilen nördlich von Wien , erfuhr dieſelbe, daß Se. Majeſtät der König den Ort gleid paſſiren

würde. Dbgleich ein Empfang verbeten war, fo zögerten dody Alle die Straße zu verlaſſen. Jeder wollte ſeinen König ſehen , jeder einen Blick von ihm zu erhaſdien ſuchen , einen Blick, in dem ſo viel Freude und zugleidy ſo viel Dankbarkeit lag. Die Mannſchaften erhielten daher die Erlaubniß, ſich an der von Nikolsburg nach Wien

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führenden Straße aufzuſtellen.

Bald fam Se. Majeſtät

im offenen Wagen, ließ halten und ſprach etwa folgende Worte :

„Der Friebe iſt abgeſchloſſen , und id) hoffe , Sie,

meine Herren, -- ſich zu den Offizieren wendend -. werden mit den , was wir erreidyt haben, zufrieden ſein. Dennt Wer weiß, ob wir burd noch mehr Blutvergießen auch

mehr erreicht hätten .“ Wie gern hätten Alle in dieſem erhebenden Augenblick dem greifen Königlichen Herrn die Hand geküßt ! Mit Doppelter Andad;t betete auch jeder

bei dem darauf folgenden Gottesdienſt für ſeinen Kö nig.

So ein Gottesdienſt an

einem

klaren ſonnigen

Tage unter Gottes freiem Himmel, fern von der Heimath, hat etwas wunderbar Ergreifendes ! 3ſt es body, als wenn die Gebete beſſer zum Himmel drängen . den Landbewohnern folgten ebenfalls init

Viele von

Aufmerkſamkeit dem Gottesdienſt ; daß ſie den Prediger deutlich verſtanden und derſelbe nicht lateiniſdy ſprad ), gefiel ihnen beſonders.

Während der Schladit bei Königgrätz war die 4. 12 T ge Batterie , welche nordweſtlid) Maslowed Stel lung genommen hatte, in einem heftigen Rumpf mit den bei Chlum poſtirten feindlichen Batterien begriffen . Eine

einſdylagende Granate verwundete gleichzeitig 4 Mann einer Geſchütbedienung. Der Geſchütführer, Gefreite

Berghoff, aber griff niđıt allein ſelbſt in die Bedienung mit ein, ſondern ergriff audy fofort mit großer Kaltblü tigkeit und Entſchloſſenheit die nöthigen Maßregeln , daß

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das Geſchütz wieder ſchußfertig war , als die Reihe an daſſelbe fam . Als die Batterie, um aus dieſer Stellung vorzuge 1

hen, eben zum Avanciren aufgeprotzt hatte, bemerkte der vorgerittene Kommandeur feindliche Kavallerie; er ließ

fofort abprotzen und mit Kartätſdien laden . Und richtig ! 2 Sdywadronen Friedrich- Starl- Hujaren hofften ein füh nes Reiterſtückdyen bei der Batterie wagen zu dürfen. Sie fauten aber unſere Artilleriſten fdyledyt, wenu fie glaubten , daß fie fidy, auch ohne Partikularbedeckung,

nidit ſelbſt helfen förinten . Der preußiſdie Artilleriſt weiß , daß ihm in ſeinem Geſchütz die beſte Vertheidi jungswaffe gegeben iſt.

„ Wer gut ſdmeert, der gut

fährt", oder : Wer jeit Geſchütz bis zum letzten Augen

blick beſonnen und faltblütig bedient , den wird es auch

im gefährlichſten Augenblick nicyt im Stich laſſen . So bachten audy unſere 12 gen Kanoniere. Als die Huſa ren nun wirklichy attadirten, gab der Unteroffizier Stein hauer nicyt eher den erſten Kartätſdſdjuß ab , als bis die Wirkung garantirt war. Und ſo erhielt die feind lidye Lavallerie auf der wirkſamſten Entfernung noch meh

rere Startäticſchüſſe, welche ihre Reihen ſo richteten, daß nur einzelne Reiter zwiſchen die Geſchütze prejdyten. Der Sanonier Maxminer fiel von einer Piſtolenkugel in den Kopf getroffen ; aber fdyon hatten fid unſere Stanoniere, angefeuert burdy den Sergeant Dreher, mit den Wiſchern bewaffnet, um die ungebetenen Gäſte wieder zu entfernen,

und der öſterreichiſdie Huſar , dem der Kanonier Szy manski bie Wucht ſeines Widers fühlen ließ , gedenkt

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gewiß noch heute bei Mond- und Wetterwedyfel der fa meradſchaftlichen Begrüßung in der 4. 128 gen Garde Batterie.

Verwechslung der Begriffe. Nadh einem lan gen Ritt bei ſdymutigem Wetter wurde eines Tages mit anderen Batterie- frameraden der Sergeant Born der 2. 4 #gen Batterie bei einem wohlhabenden Bauer in

Bratschütz in Böhmen einquartiert. Als Born die nöthigen Dienſtobliegenheiten verrichtet hatte , wollte er

es ſid, in ſeinem Stübdien nun audy möglichſt bequem und heimiſd) maden.

Zu dem Ende vertauſchte er die

ſchmutzige Reithoſe mit der Drillidyhoſe, zog die Stiefel aus und machte auf Strümpfen ſeinen Wirthsleuten einen

Beſudy , um dieſe um leihweiſe Hergabe von ein Paar weidyen Morgenſduhen zu bitten. Die von ihm dieſer halb gemachten Pantomimen ſdienen von den beiden Landbewohneri aud) verſtanden zu ſein , denn die junge Wirthin beeilte ſid, mit mehreren Anderen danad) 31 ſu ceni . Bald darauf erſchien ſie wieder und bradyte ein Paar Schuhe ? von ganz abnormen Abmeſſungen ad nein !

einen Stiefelknecyt

zum Vorjdyein,

weldien ſie dem Born mit unnachahmlicher Grazie vor die Füße ſette. Erneuerte Pantomimen Born's , auf

ſeine von Stiefeln ia bereits befreiten Füße deutend, hatten endlich doch den gewünſdyten Erfolg , denn er wurde nun verſtanden und, wenn audy nicht mit weichen Morgenſchuhen , dody aber mit den Landesüblidhen Holz pantinen , die rückſidytlid ihrer Abmeſſungen dem Stiefel

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knecht würdig zur Seite geſtellt werden konnten , verſe hen. Trotzdem dieſe Holzſchuhe keineswegs ſehr weidy und bequem waren , fo zog Born ſie damals doch ſeinen naſſen Stiefeln vor und benutzte jene zur großen Belu

ſtigung ſeiner Stuben -Sameraden den ganzen Nadımittag hindurdy.

Von daher ſtammt und iſt noch heute in der Bat

terie die Redensart gebräud)lidy: „ Born iſt gewöhnt, auf großem Fuße zu leben ! "

Der Unteroffizier Jungk der 1. 6 egen Batterie, weldier in den Gefecht bei Soor am 28. Juni (dywer verwundet, durch den Ranonier Reuls derſelben Batte

rie auf dem Rücken während des feindlichen Feners aus dem Gefedyt nach dem Verbandplatze getragen wurde, ſuchte in dem Augenblick, wo er hinweggeſdjafft werden ſollte , nady ſeinem Helme. Er war ihm , als er ver wundet wurde, abhanden gekommen und nun wollte er ſid, nicht eher vom Plate entfernen , bis er wieder im

Beſitz deſſelben ſei. Ein bei den in der Nähe haltenden Mannſdaften des 2. Garde-Regiments befindlicher Offi zier nahm daraus Veranlaſſung, feinen Mannſdyaften den Unteroffizier Jungk als das Muſter eines ordentlichen

Soldaten mit den Worten hinzuſtellen : ,,Seht, das iſt ein braver Unteroffizier ; dem iſt ein Bein abgeſchoſſen und dennod) vermag er ſich nid)t von ſeinem Helme zu trennen .

Daran nehmt Eudi ein Beiſpiel.“ Der Unteroffizier Jungk wurde nadıler mit dem Militair - Ehrenzeichen 2. Klaſſe beforirt .

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Ueberhaupt hatte die Batterie in dieſem erſten Ge fecht, welches ſie ſo ruimvoll beſtand , ſehr ſchmerzliche Verluſte zu beklagen ; ſie verlor im Ganzen an dieſem Tage : 2 Mann und 6 Pferde todt und 10 Mann ver wundet.

In allen taktiſchen Büdyern kann man leſen, daß bei forcirten oder Gewaltmärſchen den Truppen mindeſtens nadı 3 Tagen ein Ruhetag zu gewähren iſt. Wohl wahr; es iſt audy auch nöthig. Aber daß man unter unge

wöhnlichen Verhältniſſen im Kriege audy ungewöhnliche Anſtrengungen verlangen kann, und daß man in den meiſten Fällen von unſeren braven Truppen auch ſeine Erwartun gen nidht getäuſcht finden wird , das zeigt das folgende Beiſpiel.

Die Sdylacht bei Königgrätz war geſdílagen, aber keiner konnte wiſſen , daß wir ohne weiteren Kampf bis 1

vor die Hauptſtadt Oesterreichs gelangen würden . Man mußte ſid hier auf weitere Gefedyte gefaßt und die Truppen burdy Rompletiren ihrer Munition wieder

gefeditsfähig machen. Auch die Garde - Artillerie hatte aus der 1. Staffel der Munitionscolonnen ſchon am 4. Juli ihre verſchoſſene Munition ergänzt und die 2. Staffel rückte zum Erſatz heran. Sie erhielt Befehl,

am 6. Juli von Königinhof nach Maslowed zu marſchiren. Dort wurden die leeren Wagen mit der 1. Staffel ausgetauſcht, dann zuſanımengeſtellt und der 6. Colonne, Commandeur Premier - Lieutenant v. D.,

der Befehl gegeben, ſofort nadh Freiburg zurückzumar 3

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diren, dort ſich zu completiren und ſo ſchnell als mög

lich die Colonnen -Abtheilung wieder einzuholen. Wahrlich keine leidyte Aufgabe bei dem rapiden Vorgehen der ganzen Armee. Noch an demſelben Abend marſchirte ſie nach Gr. Bürglitz, 19/2 Meile, traf dort um 11 Uýr Nadits ein und bivouafirte. Am

7. Marſd) nach Trautenau , 31/2 Meile, Hartmannsdorf, 4 M.,

8.

Freiburg, 34/2 MI., 10. in Freiburg Verpadung der Munition, 9.

11. Rückmarſch nach Hartmannsdorf, 34/2 MI., 12 .

13 .

Trautenau, 4 MI., Horenoves, 41/2 MI. ,

14 .

Dasitz, 5 MI.,

15 .

Leitomischl, 51/2 MI.,

16 . 17 . 18 .

Stasinka, 51/2 Mi., Brünn, 6 MI. Gr. Reigern, 2 MI.,

19 .

Gr. Steurowitz , 21/2 MI. ,

Schon am 18. traf die Colonne auf die Queue der Reſerve- Artillerie, am 19. wurden in Gr. Steuro- ,

witz die gefüllten Wagen an die Colonnen wieder ver theilt.

Die 6. Colonne hatte alſo in 13 Marſdytagen 51 Meilen, d. h. pro Tag im Durdiſdynitt beinahe 4 Meilen (3 12/13) zurückgelegt, mit nur 1 Ruhetag für die Pferde, da die Mannſchaften den ganzen Tag in

Freiburg mit Verpadung der Munition beſdhäftigt waren ; davon wurden in 6 Marſdtagen hintereinander in Summa

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30 Meilen, alſo per Tag 5 Meilen gemacht. Natür lich aber wird man ſagen, nur mit Hintenanſeßung aller ſchonenden Rüdſicht auf Pferde und Mannſchaften und nur mit großen Opfern konnte die Colonne ihre ſchwere Aufgabe erfüllen ; allerdings, denn ſie hatte am 18. als ſie in Steurowitz eintraf, keinen Kranken und - 3 gedrückte Pferde.

Der Portepeefähnrich Schulz führte den 2. Zug der 2. 6igen Batterie. In der Poſition auf der Höhe von Chlum wird ihm , als er eben das Avertiſſement „ 3. Geſchütz " giebt, das Pferd erſchoſſen. Ohne ſichy weiter darum zu fümmern , commandirt er „ Feuer ", ſteigt dann ab , läßt wieder laden , ſieht die Riđitung ſeiner Geſchütze nad) und will ſich eben davon überzeugen, 06 Nr. 4 audy die Granaten aus dem richtigen Fady

der Protze entnimmt, als dicht bei ihm eine Granate vorbeiſauſt, ihn auf die Erde wirft, ſo daß er beide Beine gen Himmel ſtreckt, dann in die Gejdjützbeſpannung einſchlägt und 2 Pferde tödtet. Ebenſo rubig, als ob er nad) einem Erholungsſchläfdyen aufſtände, ridtet er

ſich mit der größten Gelaſſenheit auf und kommandirt, da ſein Zug unterdeſſen wieder ſchußfertig geworden iſt: ,, 3. Geſchüt

Feiter !"

Ebenſo faltblütig zeigte ſich der Sergeant Wernicke der 4. 6agen Batterie, als ihm ſein Pferd unter dem

Leibe erſchoſſen wurde , ebenſo muthig und aufopfernd der Unteroffizier Heidenreich der 2. 6 gen Batterie, der trotz ſchwerer Verwundung zum genauen Ridyten und 3*

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ſorgfältiger Bedienung ermahnte, ebenſo treu harrten die Kanoniere Pickert der 2. 4ūgen , Gefreite Werner und die Stanoniere Grassau und Kinder der 4. 6āgen,

Obergefreite Thiele und Kanonier Kasten der 5. 4ūgen,

Obergefreite Wölke und die Kanoniere Gemper, Ber ning und Namislow der 1. 4ūgen Batterie bei ihren Geſchützen aus, bis die Batterie ſich aus dem Feuer abzog, obgleidy ſie fämuntlich in Folge ihrer Verwundun gen in das Lazareth gedigt werden mußten .

Der Obergefreite Wölke, dem ein Bein amputirt werden mußte, verſtarb wenige Tage darauf im Lazareth

zu Eypel und hinterlieſ in ſeiner Batterie , die ihn liebte und ídjätzte, eine ſdymerzlich empfundene Lüde. Der brave Kanonier Schmidtz der 1. 4āgen Batterie hielt, trotzdem ihm furz vor dem Einjeten ber Granate der redyte Arm zerſplittert wurde, das Geldoß mit der lin ken Hand feſt, bis er es dem Unteroffizier übergeben hatte ;

erſt dann ließ er ſich zum Verbinden aus der Gefedits linie bringen. Dem Stanonier Schulz der 1. reitenden Batterie wurde bei Königgrätz der Wiſdier in der Hand zerſchoſſen under ſelbſt durch die Gewalt des

Schlages zu Boden geworfen ; in demſelben Moment commandirt ſein Geſchützführer „ Geladen !“ und als cb Nichts paſfirt wäre, ſpringt er auf, ergreift den andern

Wiſdier und ladet von Neuem . Auch der Unteroffizier Schmidt der 6. 4ūgen Batterie, welcher fämmtliche

Pferde ſeines Geſchützes verloren und auch bei ſeinen Bedienunggmannſchaften Verluſte zu beklagen hatte, feuerte feine Leute, die jeut allein das Geſchütz vorbringen mußten,

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als ihnen der Muth zu finken begann, mit den Worten

an : ,,Ihr Schafsföpfe, merkt Ihr's denn nicht, wenn wir hier nid )t wieder ſchießen, ſind wir erſt recht geliefert! " ,,Wer das Glück hat , führt die Braut heim ," ſagt ein altes Sprüdwort und wohl nirgende iſt der mehr zu

beneiden , dem Fortuna wohl will, als im Kriege, und im Kriege hat immer der Glück, der an den Feind fommt. Daher die Freude der Truppen , wenn ſie zur Avantgarde deſignirt werden . Einem ſolchen Glüdszufall allein hatte es auch die 1. 4 ge Batterie zu danken, daß ſie am Morgen des Gefechts von Soor am 28. Juni

von einer Reſerve Batterie zur Avantgarden - Batterie avan cirte.

Die 1. Garde- Infanterie -Diviſion hatte nämlich

die Nacht vorher bei Eypel bivouafirt, die Avantgarde auf den Höhen , Gros und Referve im Grunde didyt

hinter Eypel. Ale nun am Morgen plötzlich der Vor marſd durch das Defilé befohlen wurde , konnte die zu weit entfernte Avantgarden-Batterie , die 5. 47ge, nicht

ſo ſchnell herangezogen werden und wurde daher durch die 1 , 4rge Batterie aus der Reſerve erſetzt. In Folge deſſen kam die letztere zuerſt an den Feind , hatte dafür aber auch, da ſie anfangs ganz allein gegen 24 öſterreichiſche Geſchütze den Kampf aufnehmen mußte, den ſchwerſten Stand. Die feindlichen Geſchoſſe trafen nur zu gut ihr Ziel und riſſen immer größere Lücken in Mannſchaften und Pferde. Eine Granate fdlug in die Bedienung des 1. Geſchützes ein , ſetzte ſofort 4 Mann , darunter die

richtende Nummer, Obergefreite Wölke, außer Gefecht,

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durdyjdlug eine Laffetenwand , zertrümmerte die Richt

majdyine, crepirte dann didyt hinter der Proße und tödtete ſo noch den Stangenreiter Sanonier Kunze. Nidyt8 deſtoweniger bedienten der Zugführer, Seconde -Lieutenant v. K., der Geſqyütführer, Unteroffizier Schmidt, der ſidy idyon im däniſdien kriege 2 preußiſche und 1 öſter reidyijdves Ehrenzeichen erworben hatte, und der noch übrig gebliebene kanonier der Bedienung das Geſchütz weiter und gaben noch 3 Sdjuſ aus demſelben ab ; dann mußte es zurückgebracht werden . In demſelben Gefecht wurden in dem Moment, als

die Batterie weiter vorgehen wollte, das Unteroffizierpferd und 3 Zugpferde des 4. Geſchüßes durch eine Granate getödtet. Der unerſchrockene Führer deſſelben, Unteroffi

zier Sommerfeld , ſpringt auf die Deichſel und folgt ſo ſeiner Batterie nod in 2 Poſitionen mit dem von nur 3 Pferden gezogenen Geſchüt. So ruhmvoll bie Batterie audy dieſen Tag beſtand, ſo idywer waren audy die Opfer , mit denen der Sieg erkauft wurde . Sie verlor im Ganzen 1 Mann und 7 Pferde todt, 8 Mann und 3 Pferde verwundet. Das waren die Freuden der Avantgarden - Batterie, die noch heute bem glüdliden Zufali dankt, der ſie dazu gemadyt und nid)ts ſehnlicher wünſ(ht , als ſtets in der Avantgarde ihren Platz zu haben.

Vor dem Gefecht bei Trautenau , am 27. Juni, war durch die Besheit böhmiſcher Einwohner der 5. 4 gen Batterie, welche der 1. Garde- Infanterie - Diviſion

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zugetheilt war, ein ſchmaler Gebirgspfad als fürzeſter und beſter Weg von Qualisch nach Albendorf, über welches Dorf die Batterie nad) Trautenau marſchiren follte, gezeigt worden . Anfangs führte der Weg bequem bergauf, bald aber ward er ſehr ſteil, ſchmal und ab ſchüſſig. Linker Hand war ein mehrere 100 Fuß tiefer

Abgrund. Bei den vielen Windungen , die der Weg madyte, war es für die Stangenreiter oft ſehr ſchwierig, die Fahrzeuge vor dem Hinabſtürzen zu bewahren. Eine Stelle war namentlich ſehr gefährlidy, ba hier der Weg

jdarf redits ausbog. Die Gejdşütze und der größte Theil der Wagen waren bisher mit großer Gefdyidklidh keit gefahren und hatten dieſe Stelle glüdlich paſſirt. Almälig aber war hier die Spur fo verbreitert , daß es ſchon faſt unmöglich wurde , ungefährdet hinüberzi

kommen . Der erſte Vorrathswagen hatte daher auch Das Unglück , trotz der Vorſicht des tüdytigen Stangen

reiters Zegulla, umzuſchlagen. Die Stangenpferde waren in Gefahr mit umgeriſſen zu werden, als der Gefreite Zegulla wie der Blitz vom Pferde ſpringt, beide Pferde Lei den Zügeln feſthält und dem Mittel- und Vorder

reiter zuruft , ſtraff in den Tauen gegenzuhalten ; denn ſdon ſtürzen beide Stangenpferde von der Wucht des 1

Fahrzeuges nachgeriffen zu Boden und den Bergabhang hinunter. Der Hinterwagen war ganz umgeſtürzt und lag auf einem kleinen, dymalen Vorſprung des Berges. Einen Fuß weiter ging es jäh hinab in die Tiefe; der Vorderwagen lag auf der Seite. Zum Glück hielten die 4 Vorderpferde, durch die Energie ihrer Fahrer ange

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ſpornt, wader aus, bis Hülfe kam. Feldwebel Roeber, an der Queue ber Batterie reitend, ſieht den Unfall und

die Gefahr, in der Pferde und Leute dweben. Schnell

bringt er einen Theil der hinter der Batterie marſdviren den Specialbedeđung vom Füſilier- Bataillon des 2. Garde Regiments heran und burdy die Unterſtütung der waderen Füſiliere gelingt es , das Fahrzeug wieder aufzurichten und auf den Weg zu bringen. Auch die nachfolgenden Wagen wurden glücklich über die gefährlid e Stelle hin

übergeſchafft. Dem Gefreiten Zegulla aber gebührt das Verdienſt, durch ſeine in dem kritiſchen Momente bewie ſene Geiſtesgegenwart und Entſchloſſenheit, Pferde, Fahrer und Fahrzeug vor dem jähen Sturz in die Tiefe ge rettet zu haben.

Was felbſt unter ſchwierigen Verhältniſſen geleiſtet wer den kann , wenn nur der Wille da iſt, davon liefert die unglaublicy ſchnelle Ueberſendung der Kodyapparate an die Reſerve - Artillerie das beſte Beiſpiel. Auf dem Vor

marſdı gegen die böhmiſche Grenze, erhielt die Reſerve Artillerie am Sonnabend den 23. Juni Abends bei

Frankenstein die Nachridyt, daß die fehnlichſt erwar

teten Kochapparate in Berlin zur Verſd)ickung bereit lägen.

Am Montag ſollte der Vormarſd) in das Ge

birge angetreten werden , und fortwährende Bivouaks ſtanden in Ausſicht. Bis Montag früh mußten alſo die Rodyapparate in Frankenstein ſein , ſonſt kamen ſie post festum. Ein Telegramm diefes Inhalts kam

am Sonntag Nachmittag 5 Uhr in Berlin bei der Er

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ſab -Abtheilung an.

Der damalige Kommandeur der

ſelben, Hauptinann G., ließ ſofort ſämmtlidye disponiblen Mannſchaften zuſammentrommeln, die Rodhapparate nach dem Bahnhof transportiren , bort nody am Abend ſpät in einen mit vielen Sdwierigkeiten requirirten Waggon

verladen , und erhielt auch die Zuſicherung , daß dieſer Wagen einem nod) in der Nacht nady Frankenstein abgehenden Zuge angehängt werden ſollte. Der Roma mandeur der Erſatz - Abtheilung glaubte trotzdent nicht an das rechtzeitige Eintreffen des Waggons, wohl aber hatte der Kommandeur der Reſerve-Artillerie das in die Thätig keit der Erſatz-Abtheilung geſetzte Vertrauen gerechtfertigt gefunden, denn die auf ſeinen Befehl am Montag früh 8 Uhr auf dem Bahnhof in Frankenstein eingetroffenen Capitaindarines der Batterien fonnten hier zur befohlenen

Zeit in der That die Rochapparate empfangen , welche ſie nun im Triumph ihren Batterien nachführten. 2 Tage darauf eröffnete Das Bivouak bei Braunau die Reihe der ununterbrochen darauffolgenden, und oft noch wurde

in ihnen , wenn das Fleiſd) in den Rodyapparaten idymorte, bankend der Erſatz-Abtheilung gedadyt. Eine der Batterien des Garde - Feld - Artillerie- Regi

nients , die 4. reitende, hatte in der Sdyladit bei König grätz das Glük , daß vor ihrer Front jene erhebende Begegnung der beiden Königlichen Prinzen, der hohen Kommandeure der I. und II. Armee, ſtattfand, jene erſte Begrüßung nady der Schlacht, herzlid , durdy die engen

Familienbande beider Königlichen Prinzen, erhebend durd

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1

die gegenſeitigen Beglückwünſchungen als ſiegreidhe, ruhm gekrönte Feldherren !

Am 3. Juli früh Morgens 7 Uhr brach nämlich die Batterie auf und marſdirte mit der Reſerve Artillerie durdy Königinhof über die Höhen bei Daubrawitz

in der Richtung auf Königgrätz. Nur an dem immer ſtärker werdenden Kanonendonner merkte bald Jeder, daß die Batterie heute nicht umſonſt alarmirt worden war.

Bald wurde ſie vorgeholt, um mit dem 3. Garde-Ulanen Regiment einen Vorſtoß in der Ridytung auf die nach her weltberühmt gewordenen Bäume von Horenowes zu madyen.

Der Wadtmeiſter Nohn führte die 1.,

der Unteroffizier Lamprecht die 2. Wagenſtaffel. Ein zelne öſterreichiſche verſprengte Infanteriſten wurden vom Unteroffizier Büttner mit einigen Reitern vor der Front der Batterie weggejagt. Der Hauptmann forderte die jenigen Leute, die ſidy etwa idwach fühlten oder die aus

irgend einem Grunde lieber zu den Wagen wollten, auf, ſich zu melden, er wolle ſie durch Reſerve-Mannſchaften erſetzen , Reinem ſollte dies nadygetragen werden.

fich Reiner meldete und ſich der Hauptmann an einzelne Familienväter und ſchwädliche Leute wandte, erklärten auch

dieſe unter keinen Umſtänden zurüdbleiben zu wollen, es müßte ihnen denn befohlen werden. Vor Horenowes kam die Batterie das 1. Mal zum Feuern gegen feind

liche Infanterie, dann nahm ſie eine Stellung mehr links vorwärts und zulegt vor der Kirche von Chlum . Hier hatte die Batterie das Glück und die hohe Ehre jenes erhebenden Anblicks; denn dicht vor ihrer

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Front trafen fidy Jhre Königlichen Heheiten der Kronprinz und der Prinz Friedrich Carl, ein Mo ment, welcher jedem einzelnen Mann der Batterie unver geßlich bleiben wird.

Am 14. Juli Abends 8 Uhr rückte die 1. und 7. Munitions - Kolonne in Krönau in Mähren in's

Quartier. Kurz vor 10 Uhr traf die Meldung ein, daß öſterreichiſdye Kavallerie in der Gegend umherſtreife. Der Rommandeur der Kolonnen - Abtheilung, zugleich Komman

dant des Ortes , ließ allarmiren , die Mannſdhaften in Alarmquartiere zuſammenziehen und die Ausgänge be ſetzen. Eine von den von der Infanterie in der Nadyt ausgeſdricten Patrouillen , traf mit der Meldung ein, daß an der Lifière des naheliegenden Waldes un ein Bi

voualsfeuer circa 15 Mann Deſterreicher lagerten ; ſie

hätten dieſelben an ihren weißen Röcken erfannt. Der Kommandeur der 7. Stolonne erhielt den Befehl , die

Deſterreicher aufzuheben. 30 Kanoniere, denen die Wichtig keit des Auftrages , aber aud; ter dabei zu erntende Ruhm mit eindringlidhen Worten klar gemacht war, wur

den zu dieſem ehrenvollen Unternehmen ausgewählt, und geführt von einem Offizier, rückte die tapfere Sdjaar gegen den Feind.

Scion von Ferne jah man das Feuer im Walbe,

die einzelnen Bäume und die geſpenſtig ſich um daſſelbe bewegenden weißen Geſtalten magiſch beleucytet; und vor ſdriftsmäßig, wie gelernte Jäger es nicht beſſer können, wurde der geheimniſvolle Walt angeſchlichen.

Immer

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näher rückten die braven Ranoniere, immer enger zogen fie den Kreis um die Nichts ahnenden Weißröde ; don wollten ſie ſich mit einem indianergleichen Schlachtgeheul auf die überraſchten Feinde werfen , als noch zu rechter

Zeit ſich die weißen öſterreidsiſchen Uniformen als ein fade Hemden entpuppten . Jenes Feuer rührte von Bauern her, die harmlos ein gefallenes Pferd ausbrieten und ſich zu dem Geſchäft die Röde ausgezogen hatten. „ War wieder niſcht !" ſagte Einer von den Kanonieren, als der Irrthum entdeckt wurde und das Kommando ſtatt der geträumten Gefangenen , nur mit dem Geruch des verbrannten Pferdefleiſches in der Naſe zurüdkehrte. Dem Unteroffizier Wenzel der 2. 4āgen Batterie, Gejdyützführer des 4. Geſchützes, wurde in der letzten

Poſition der Batterie bei Chlum durch eine Granate

der (inke Unterſchenkel abgeriſſen. Als der Verwundete hierauf hinter die Vorderpferde zurückgebrađịt war, ging der Zugführer deſſelben, Sergeant Korndorff, zu ihm , um die Zündertajde zu holen.

Trotz ſeiner ſchweren

Ver

wundung legte fidy Wenzel auf den Bauch und dynallte ſich ſelbſt die Zündertaſdıe ab, die er Korndorff mit

den Worten überreichte : „ Schieſt tüdytig Jungens; laßt mich nur liegen, mit mir iſt es ja dod, vorbei !“ Korn

dorff übernahm hierauf neben ſeinen Functionen als Zugführer noch das vierte Geſchütz ; Wenzel ſtarb nadh der zweiten Amputation am 16. Juli im Lazareth zu Koniginhof. Korndorff erhielt das Ehrenzeichen 2ter Klaſſe.

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In der Sdylacht bei Königgrätz wurde der Sta: nonier Thamm , Vorderreiter des 2. Geſchütes der 6. 4tigen Batterie erſdofſen ; die Batterie ging zurück, und ohne jede Aufforderung ſetzte ſich der Kanonier Martin, welcher zur Bedienung des Geſchützes gehörte, auf das Vorder -Sattelpferb. Gleich darauf wurde auch dieſes durch ein Sprengſtück niedergeſchmettert. Schnell arbeitete ſich der Ranonier Martin unter dem gefallenen Pferde hervor , ſpannte es aus und beſtieg nun das Vorder

Handpferd. Er hatte ſonach durdy ſein freiwilliges, ent ſchloſſenes Eingreifen im

rid)tigen Moment weſentlid,

dazu beigetragen, daß das Geſchüt der zurückgehenden Batterie idynell folgen konnte , und erhielt auch dafür

das Militair-Ehrenzeichen 2ter Klaſſe. Als vom 2. Bataillon des 2. Garde-Regiments am Tage von Soor, am Schluſſe des Gefedits , die Mel bung kam, die Deſterreicher hätten in ihrer Stellung bei

Altenbuch zwei Sūder und mehrere Munitionswagen zurückgelaſſen , dieſelben müßten fortgeſchafft werden, weil der Feind nody in der Nähe und leicht Miene machen

könne, dieſelben wiederzuholen, und man zu letzterem Zwecke die Hülfe der Geſpanne der 5. 47 gen Batterie begehrte,

wurden die Unteroffiziere Stephan und Dörschlag mit ihren Geſchützbeſpannungen zur Einholung der Trophäen unter einem Offizier der Batterie abgeſchickt. Alle waren fehr fir an dem Orte, wo die Geſchüße verlaſſen ba ſtanden. Alsbald bemerkten ſie auch, daß in dem Walde ca. 400 Sdritt entfernt, noch feindliche Infanterie ver

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ſteckt lag, jeden Augenblick bereit hervorzubrechen, wenn ſie nicht durch die Unſrigen daran verhindert worden wäre.

Auch außerdem

war das Herausholen der Ge

ſchüte gefährlich; denn der Boden war ſehr aufgeweicht und dywer , das Terrain unwegſam und eine ganze

Strede zurückzulegen, ehe man aus dem Feuerbereich des Feindes und auf eine feſte Straße gelangte. Beide Unteroffiziere ſprengten kurz entſchloſſen mit den Ge ſpannen an die Geſcyüße, befeſtigten ſo gut als möglich

ihre Stränge und fort gings, ſo raſdy die Pferde laufen konnten. Natürlich wurde ihnen nody manche feindliche Kugel nachgeſchidt, aber ſie famen glüdlich mit beiden Geſdyüşen auf die Trautenau'er Chauſſee und bragten ſo die Trophäen unter dem Hurrah der Infanterie nach

Burkersdorf, wo ſie mit Laub und Kränzen geſchmückt, das Bivouat der 1. Garde- Infanterie- Diviſion zierten.

Der Feldprediger Büchsel , der ſich in ſo kurzer Zeit die volle Liebe und Achtung der geſammten Reſerve Artillerie zu erwerben gewußt hatte, war freiwillig aus Bug mitgegangen, um ſich dieſem ſchweren Berufe zu widmen. Er war nicht nur unermüdlich in der Auß

übung ſeines Dienſtes, indem er unabläſſig die weiteſten Rantonnements beſuchte, um alle gleidymäßig durch ſeine Reden zu erbauen, indem er unermüdlid Kranke und

Verwundete pflegte und tröſtete, ſondern er machte ſich auch, fobald ihm ſeine Berufspflichten die Zeit dazu ließen, überal nützlid), band Pferde im Bivouak an,

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fütterte ſie, und legte überall mit fröhlichem , munterem Sinne ſelbſt Hand mit an .

Als er am Morgen der Schlacht der ins Gefecht rückenden Reſerve - Artillerie folgen wollte, wurde ſein

Wagen an der Elbe, wo die in immer neuen Maſſen nachrüdenden Truppen das Defilé völlig geſperrt hatten, aufgehalten , und er hatte keine Ausſicht, ſeiner Truppe

folgen zu fönneil. Ohne ſich weiter zu bedenken, ſtieg er aus , nahm ſeinen getreuen Knüppel zur Hand und

legte den weiten Weg von Königinhof bis Chlum zu Fuß zurüd. Hier kam er erſt um 5 Uhr Nadımittags an, und, trotz ſeiner großen Ermüdung, ging er ſofort an

die idywere Erfüllung ſeiner Pflichten , den Verwundeten den letzten Troſt zu ſpenden, die Todten zur ewigen Ruhe zu geleiten .

Bis ſpät in die Nacht hinein arbeitete er

ſo unabläſſig fort, und erſt gegen Morgen ſuchte er ſich eine Streu zum Ruhelager aus. Nach dem Uebergange bei Pardubitz, wo vorläufig

keine friegeriſdie Action in Ausſidyt ſtand , brady er aus dem Bivouak bei Studanka auf und begab ſich in die

rückwärts liegenden Lazarethe zu Wsestar, Königin hof, Eypel und Trautenau, um hier die Leitung der Seelſorge zu übernehmen. Noch vor Beginn der Waf fenruhe traf er wieder bei ſeiner Truppe ein , nachdem ei Alles geordnet, meiſt im Freien oder in einer Scheune geſchlafen, oft nur Brod und faules Waſſer zur Nahrung

gehabt hatte. Alle dieſe faſt übermenſchlichen Anſtren gungen hatten aber auch ſeine Geſundheit erſchüttert, und

es zeigten ſich bei ihm doleraartige Zuſtände, welche be

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forgnißerregend waren und feinerſeits die größtmöglidyſte Schonung erheiſchten. Unbefümmert darum beſuchte er

jedes Choleralazareth, ging zu jedem Cholerakranken, der ſeiner bedurfte und wich befonders in Prag, wo von 44 Köpfen des Stabes der Reſerve-Artillerie an einem Tage 39 erkrankten , von denen 15 ſtarben , nid)t von den Betten der Kranken .

Die Reſerve-Artillerie hat ihm viel zu danken ; bas Andenken an ihn wird bei jedem Einzelnen bewahrt blei ben ; und gleidjam als Belohnung für ſeine aufopfernde Pflichttreue während des Feldzuges fand er , in ſeinen

Sprengel zurüdgekehrt, ſeine fämuntlidien , damals zum Kriege ausgehobenen Gemeindemitglieder, deren Zahl 4

einige 50 betrug, geſund und wohlbehalten in den Kreis

ihrer Familien zurückgekehrt. Dem Kanonier Schlossmacher, Vorderreiter bei ber 6. 4agen Batterie, wurden bei Chlum ſeine beiden

Pferde erſchoſſen und folgte er der Batterie, weldie bald

darauf die Stellung verließ, zu Fuß. Nach einiger Zeit fiel ihm ein , daß ſich in ſeinem Mantelſade nodi ſeine

Uhr und Geld , fowie Briefe von Hauſe befänden , und 1

eiligſt lief er zurück, die in ſeiner Nähe einſchlagenden feindlichen Geſchoſſe nidyt adtend, um den Mantelſad zu

holen. Während er mit Abſchnallen deſſelben beſdýäftigt war, wurde ihm die untere Hälfte ſeines Säbels abge idhoffen ; er ſelbſt ließ fich deſſenungeachtet nicht aus ſeiner

Ruhe bringen, vollendete das angefangene Werk mit der größten Kaltblütigkeit und kehrte dann zur Batterie zurück.

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Dieſelbe Unerſchrockenheit und Geiſtesgegenwart zeigte in der Schlacht bei Königgrätz der Unteroffizier Platzer der 1. reitenden Batterie, Geſchützführer des 1. Geſchüßes, der beim Zurückgehen ſeiner Batterie in eine ca. 800 Schritt hinter der leşteren gelegene Poſition bemerkte, daß Nr. 6 ihren Kartuſdytorniſter verloren hatte und unbekümmert um das heftige Granatfeuer allein in die alte Stellung zurückritt, um das verlorene Ausrüſtungsſtück zu ſuchen,

und glüdlich mit deniſelben wieder bei der Batterie eintraf.

Auf der Höhe von Chlum, wo die 5. 4ti ge Bat terie unweit Rosberitz ihre letzte Feuerſtellung inne hatte, ging es ſehr heiß her. Das Dorf Rosberitz hatte der Feind wieder erobert und ſchließlid) brohte der

Batterie die Gefahr, durch einen überlegenen Infanterie Angriff genommen zu werden . Indeſſen wurde dieſelbe durch die Ruhe und Kaltblütigkeit , mit der die Mann idaften den Feind gebührend mit Kartätſchen empfingen, und durch die Hülfe des noch) zur Deckung vorhandenen

Zuges Particularbededung vom Garde- Füſilier- Regiment, welcher dem Feinde wader mit ſeinen Zündnadeln zu ſetzte, glücklich überwunden . Großes Verdienſt erwarben

ſidy bei dieſer Gelegenheit namentlich Sergeant Albrecht, Zugführer des zweiten Zuges, der Unteroffizier Winter feldt und Obergefreite Dudy des 3. Geſchützes, wel dyes dem Feinde den letzten verheerenden Kartätſdfduß

auf 100 Schritt entgegenſchleuderte. Sergeant Albrecht iſt für ſeine ſchon in allen früheren Gefediten bewieſene 4

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Umſicht und Entſchloſſenheit, ſowie für ſeine Energie und Kaltblütigkeit , die er auch in dieſem kritiſchen Moment

an den Tag legte , mit dem Ehrenzeidyen 2ter Klaſſe de korirt worden ; ebenſo haben ſich hier der Unteroffizier

Winterfeldt und der Obergefreite Dudy das Ehren zeichen erworben. derſelben Feuerſtellung der Batterie dlug bei

dem Gefreiten Klopsch , welcher ſich im ganzen Feld zuge dadurdy ſehr verdient gemadyt hat , daß er gerade dann, wenn die Batterie im heftigſten Feuer ſtand, durch feine muntere Laune und witzigen Redensarten den Hu mor der Leute zu unterhalten verſtand, in dem Moment,

als die Batterie beſchäftigt war, feindlide Infanterie mit Kartätſdien zu beſchießen , kurz vor dem Abfeitern des

1. Geſchützes, zu weldjem Klopsch gehörte , in un mittelbarer Nähe eine Granate eint , welche aber zum

Glück night crepirte. Nr. 3 wirft ihm in Folge dieſes Zwiſchenfalls den Laffetenſchwanz mit großer Gewalt auf den Fuß. Den Schmerz aber ſchnell unterbrücfend, ent= reißt Klopsch ber abfeuernden Nummer die Abzugsídynur und feuert ſelbſt ben Nartätſchfuß in den ſchon nahen Feind , indem er ausruft : „ Na wartet, dafür follt ihr mir büßen !"

Ueberhaupt war der Gefreite Klopsch ein treff licher Artilleriſt und bei allen Gelegenheiten unerſdyroden und brav, ſo daß ihm ſpäter das Ehrenzeichen 2. Klaſſe verliehen wurde.

Die Feld - Intendantur-Aſſiſtenten Hagemann, Kip

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ping und Siebert waren , wie idyon früher erwähnt, dem Stabe der Reſerve-Artillerie als Verpflegungsbeamte beigegeben. Der raſtloſen Thätigkeit und Energie dieſer 3 Beamten iſt es zu verdanken, daß die Garde- Reſerve Artillerie im ganzen Feldzuge weder an Fourage noch an Viktualien je Mangel litt und ſogar noch andern Truppen, welche keine Verpflegung hatten, init aushelfen konnte.

Der erſte dieſer Beamten hatte fich in der Ge

gend von Königinhof ( Rettendorf) einen Böhmen engagirt, um das Vieh zu treiben. Derſelbe war jedoch nur

wenig mit der deutſchen Spradie vertraut, wußte ſich jedoch bald, oft mit Hülfe der komiſcyſten Geſten , mit ſeiner Umgebung zu verſtändigen und fand ſoviel Gefallen an ſeiner Beſchäftigung, daß er durdyaus, audy nadidem man der lebenden Häupter nicht mehr bedurfte, bei der Re ſerve - Artillerie bleiben wollte, um ſich doch wenigſtens bei den Pferden nützlid, madien zu dürfen .

Vor dem Einzuge in Berlin ſieht der Kornmandeur

der Reſerve-Artillerie einen zerlumpten Bauern hod zu Roß vor ſich vorbeitraben und erkennt ſofort die alte

berühmte Roſinante des Intendantur-Secretair Kipping. Gefragt , wer er wäre , antwortet er : „ Habe ich Viech

getrieben von Hauptmann Hagemann und will id, mit nady Berlin ! " Alles Zureden, alle Vorſtellungen, dochy

wieder in ſeine Heimath zurückzukehren , halfen Nichts ; er wollte durchaus in Berlin bleiben. Das Glück ſcheint ihn begünſtigt zu haben , denn jetzt iſt er wohlbeſtallter Kutider in der Hauptſtadt des Norddeutſdyen Bundes. 4*

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So freundlid, die 4. reitende Batterie in Bernau

auch aufgenommen wurde, jo gab es dody ſchon hier eine kleine Reiberei mit einem Bürger, die ſich aber ſdhließlich in allgemeine Heiterfeit auflöſte. Die Rein länder ſind propre Leute. Ein folder war bei einem

patriotiſchen Bürger einquartiert. Der Bürger beſchwerte ſidy bei dem Magiſtrat von Bernau , daß unſer Rhein länder geäußert habe, in ſeinem Quartier wären „ Wand

läuſe ." Der Magiſtrat wandte ſich an den Hauptmann. Dieſer ließ den kanonier fommen , der aber ſeine Be hauptung aufredyt erhielt , wogegen der Bürger eifrig proteſtirte , behauptete, im ganzen Haus wäre feine Laus, und bat die Sadie zu unterſudient. Was war zu thun ? Der Kanonier erhielt den Auftrag, ein ſolches

Thier in flagranti abzufaſſen. Es dauerte auch nicht lange, ſo krachte derſelbe eine regelrechte „ Wanze“, und erklärte, daß dieſe kleinen Selbſtmiether in ſeiner Heimath

„ Wandläuſe “ hießen. Das zahlreiche Vorhandenſein dieſer Art Miſſethäter räumte der Bürger aud; ſofort ein , und die entente cordiale wurde durdy den Befehl des Hauptmanns wieder hergeſtellt: dieſe Thiere fortan mit dem landesüblichen Ausbruck zu bezeidynen. Das fommt davon, wenn das Vaterland ſo groß iſt. Am Tage von Königgrätz hatte die 5. Ahoge Batterie in einer Poſition an der Chauſſee, die von Maslowed nad Nedelist führt , von dem öſters

reichiſchen Artilleriefeuter ſehr viel zu leiden. Trotz des gewaltigen Feuers, welches ſchon den Anmarſd der

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Truppen von weit her beſchoſſen , war die Batterie dody

wenigſtens mit 4 Geſdyützen glücklich und ohne Verluſte in die Feuerſtellung eingerüdt; zwei aber waren unter wegs in dem ſchweren aufgeweidyten Boden, der die Fel genfränze mit einer diden Lehmſchiďt überzog, und in dem unwegſamen Terrain, bas gerade an dieſer Stelle von vielen Parallelgräben durchzogen war, ſtecken geblie Dus 5. , ben . Das eine dieſer beiden Geſchütze , war hart au einem Graben liegen geblieben ; 2 Pferde waren durch Granatſplitter verwundet, und mußten gerade im tollſten Granaten -Hagel ausgeſpannt werden.

Re :

ferve-Pferde waren nicht zur Stelle, und das Geſdhütz konnte durchaus nicyi wieder flott werden und den Gra ben überwinden ; es ſdyien faſt, als werde daſſelbe bent

Geſdyoſſen, die hier fortwährend auf allen Seiten ein ſd lugen , zum Opfer fallen. Aber der unermüdliche und energije Unteroffizier Stephan , deſſen Feuereifer Mann und Pferd unaufhaltſam vorwärts drängte, ſprang vom

Pferde, ſpannte daſſelbe, ſo gut es ging, mit an, und brachte trotz des furchtbaren Granatfeuers endlich das Geſchütz wieder in Gang und über die gefährliche Stelle. Bald fam es auch in der Feuerlinie an , ließ ſidy nie

Erhöhung vom 4. Geſchütz angeben und Feuerte mit gegen den Feind , deſſen verheerenden Geſchoſſen es ſo lange unthätig ausgeſetzt geweſen. Der Geſdyüşgefreite, Obergefreite Baumanns, hatte aber die lange Pauſe nadhzuholen verſtanden ; er war ein perfekter Schüte und ſein erſter Squß traf in den Feind , bei dem der

hochaufſteigende Pulverqualm die Erploſion einer Proße

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deutlich anzeigte. Der Jubel der Mannſd) aft war groß. Unteroffizier Stephan und der Obergefreite Baumanns erhielten das Ehrenzeichen 2ter Klaſſe.

Die 3. reitende Batterie, welche, wie ſchon oben ge

ſagt, der ſdweren Garde-Ravallerie-Brigade (Prinz Al brecht Sohn, Koniglide Hoheit) zugetheilt war , nahm aud) an dent Gefedyt bei Schweinschädel am 29. Juni Theil. Während deſſelben wurde unter andern

auch ein Vorderſattelpferd Dadurch ſchwer verwundet, daß demſelben ein Granatſplitter ein großes Stück der redyten Hinterbace ca. 37 Fleiſch, fortriß. Das Pferd wurde,

weil die Verwundung während der Bewegung ſtattfand, und keine Zeit war die Wunde genau zu unterſuchen, ausgeſpannt und feinem Schickjal überlaſſen .

Nach Beendigung des Gefechts bemerkte man das Pferd, ohne daß es lahmte, neben der Batterie hergehen, und als gehalten wurde, graſen. Das treue Thier konnte ſid) von ſeiner Truppe nidyt trennen ; der Donner der

Geſchütze hatte es ſeine Batterie immer wiederfinden

laſſen, und mit freudigem Wiehern begrüßte es jetzt ſeine alten Kameraden. Die hierauf vorgenommene Unter ſuchung ergab eine tiefe Fleiſdiwunde ohne Verletzung edlerer Theile .

Das Pferd wurde nunmehr mitgenom

meu , forgjant behandelt , ſoweit dies die anſtrengenden Märſche und die Bivouaks zuließen , und konnte idyon nach 4 Wochen wieder einen Reiter tragen. Die foloſiale Wunde heilte ſehr gut, und hinterließ eine Narbe von

etwa 14 Zoll Länge und 3 Zoll Breite. Das Pferd

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befindet ſich noch jetzt bei der Batterie und trägt ſtolz dieſe Narbe als ein ſchönes Andenken an den Feldzug.

In dem Gefecht bei Soor am 28. Juni wurde der

Kanonier Reuschenberg der 1. 6igen Batterie, welcher als Nr. 2 bei einem Geſchüß eingetheilt war, verwundet.

Nur darauf bedacht, daß das Gefdşütz keine Unterbrechung im Feuern erlitte , rief er ſeinem Zugführer zu : „Herr Lieutenant, hier liegt Nr. 2, nadyher abholen laſſen !" Am 27. Funi traf die 4. reitende Batterie im Bi

vouak bei Neu -Rettendorf diesjeits Königinhof ein. Neu -Rettendorf beſteht größtentheils aus einer Fabrik, die voll von öſterreidyiſdhen Verwundeten lag. Die Ar beiter und Bewohner waren geflüchtet , nur der Beſiger der Fabrik , ein guter öſterreidyiſdier Patrict , that ſein

Möglidiſtes, um das traurige Loos der Verwundeten zu beſſern. Da es ihm aber an Allem fehlte , ſo wurde eine Rollefte für die Verwundeten veranſtaltet, die binnen Kurzem ziemlidie Portionen von Fleiſch , Brod , Zucker, Thee zc. lieferte. Der Kanonier Breitsprecher ſchlach tete ein Stück Vieh für die Verwundeten, der Arzt Dr.

Meysenburg und der Lazareth-Gehülfe Schlicht halfen freiwillig Tag und Nacht. Leider iſt uns im Laufe der Ereigniſſe der Name des Beſitzers der Fabrik verloren gegangen . Es war ein Italiener ; ſollten ihm dieſe Zei len einmal zu Geſidit fommen , ſo mag er burch ſie er fahren , daß man als Fremder und Feind wohl einen

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Namen , nie aber eine ſo bodylerzige Handlungsweiſe vergißt. In demſelben Bivouak ereignete es ſid, auch, daß eine

arme Frau weinend zum Hauptmann der Batterie mit der Bitte kam , man mödyte ihr body die einzige Ruh, die ihr geblieben , ' fidyern , fonft müßte ihr kleines Kind zu 1

Grunde gehen ; ſie hätte die Suh aus Furcht im Walde verſtedt, liefe aber jeden Augenblick Gefahr , daß ſie ihr genommen würde. Man konnte ihr leider die gewünſchte Siderheit nid)t geben. Da bat ſie denn, die Ruh neben das Zelt des Hauptmanns anbinden zu dürfen, und wenn ihr dies geſtattet würde, auch um eine Bededung, damit ihr dieſelbe nicht etwa auf dem Wege dorthin weggenom

men würde. Audy dies wurde ihr gern bewilligt ; bald traf die Frau mit Kind und Ruh neben dem Zelt des Hauptmanns ein , und ſo entwidelte ſich hier im Bivouak

neben dem Sirieger- ein idylliſches Familienleben. Als die Rejerve - Artillerie in Guben eingeſchifft wurde, um per Dampf nad, Sdyleſien geſchafft zu wer den, wurden die Züge auf allen Stationen mit unend

licyem Jubel und Hurrahs begrüßt. Eben fo gehoben und luſtig war aber auch die Stimmung in den Wagen.

Als beim Abfahren des Zuges einer der auf dem Perron Verſammelten nadýrief: „ Adieu, auf Wiederſehen !" ant wortete ein Stanonier der 2. 6āgen Batterie : „ Na, da

mit wird’s wohl keine Eile haben !“ und auf die oft an die Soldaten geſtellten Fragen : ,, Wohin geht's, wo macht 3hr hin ?" erwiderten fie ſtets: ,,Nach Wien !"

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Ein Stantonnement eigenthümlicher Art hatte die 4. reitende Batterie vom

10. bis 15. Juni mitten im

Spreewalde in den Dörfern Suscho, Dlugy und Naun dorf bei Vetschau , nod einige von den wenigen Orten mit wendiſder Sprache und wendiſden Sitten.

Die

Kommunikation findet faſt nur zu Waſſer ſtatt, für die Gedyütze gab es durchaus feinen andern Platz als die

enge Dorfſtraße. Die Sitten ſind einfach, ſcheinen aber nicht mehr ganz rein . Mit einer mythologijden Naive tät plauſchte Alles , Menſchen und Vieh ,

im

Waſſer

herum . Der fanonier nahın übrigens daran keinen An ſtoß , und ermangelte nidyt , fid) an dieſen wendijchen Volksbeluſtigungen zu betheiligen. Vor dem Abmarſdı war Ball im frug. Die Sanoniere in Stiefeln , die

wo anders als bei Manaigo gemacht waren , die Da men barfuß.. Das Zuſehen bei einem ſold)en Tanz auf bölzernem

ſplittrigem Beden , hätte felbſt Marianne

Grimmert's Nerven er dyüttern fönnen .

Der heiterſte

Moment war aber der , als beim Verlaſſen des Balles die Damen , unt ben Ruf ihrer Steujdheit zu retten ,

durch den nächſten Kanal wateten , wohin ihnen die ſie begleitenden Stanoniere body nicht folgen wollten. Als die 2. Fuß-Abtheilung nady den Einrüden in Böh men am 26. Juni hinter Braunau bivouafirte, wimmelte am Nadymittage zwiſchen den Ställen der Batterien

ein Junge herunt, der weinend nad, ſeinem Bruder ſudyte. Gefragt, wo derſelbe wäre, und weshalb er ihn aufſuche, erzählte er, daß ſein Bruder beim Ausbruch des Krieges

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als Landwehrmann zu den Garde- Schützen einberufen ſei ; er habe keine Eltern mehr, und fids bisher bei ſeinem Bruder, der Sdiloſſer ſei, aufgehalten ; als derſelbe aber eingezogen ſei, habe er als brodloſe Waiſe bei ſeinem

Vormunde Hülfe geſucht; als ihn der aber von ſich ge wieſen, habe er eine ſolche Sehnſucht nach ſeinem Bruder empfunden, daß er am Morgen des 26., angeregt durch

die vielen Truppendurđmärſche durch Frankenſtein , ſich von dort aufgemadyt habe, um ihn aufzuſuchen. Der arme Junge, der ſid, Carl Krause nannte,

traf um 4 Uhr Nachmittags bei der Reſerve-Artillerie ein und hatte an dieſem Tage 8 Meilen gemacht ; die Garde-Schützen lagen ziemlich weit ab , und es wurde

dem Jungen der Vorſchlag gemacht, ſo lange bei der Ar tillerie zu bleiben, bis man den Garde-Sdyützen einmal be quemer habhaft werden könnte. Er blieb alſo hier, erhielt den Namen ,,Frankensteiner“ yind machte ſic ), wo er nur

konnte, ſo nützlich, daß er ſich bald die Liebe Aler, beſon ders der Offiziere und Mannſdaften der 4. 6ūgen Batterie, weldie ihn unter ihre ſpecielle Obhut genommen hatte, er

warb. Auf dem Maríde ſaß er ſtolz neben dem Abtheilungs (dyreiber auf dem Stabswagen der Abtheilung; auf dem Rendez-vous hielt er die Pferde der Offiziere oder

beſorgte ihnen einen fühlen Trunk; in den Bivouaks half er die Pferde anbinden, beim Koden, und wo man ſonſt ſeiner bedurfte. Als die Reſerve-Artillerie am Abend des 28. auf dem Schlachtfeld von Soor eintraf, wurde

ihm aus einer gefundenen öſterreichiſchen Uniform vom

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Batteriefünſtler ein Anzug hergeſtellt und aus dem weißen Rod guckte er noch einmal ſo ſtolz in die Welt hinaus. Nadı dem Gefedyt bei Königinhof bezog die 2. Garde- Diviſion, zu der das Garde-Schützen -Bataillon gehörte und die Reſerve-Artillerie ein Bivouak bei Retten dorf. Hier traf er ſeinen Bruder ; aber, als derſelbe ihn uun mitnehmen wollte, weigerte er ſich ihm zu folgent.

Er hatte in den wenigen Tagen ſeine Artilleriſten fo lieb gewonnen, daß er ſich nicht wieder von ihnen tren uten konnte und zugleich modyte ihm wohl das Fahren auf dem Stabswagen auch beſſer gefallen , als wenn er bei ſtarfen Märchen mit ſeinen kleinen Beinen immer

neben ſeinem großen Bruder hätte her ſtapeln müſſen. Kurz, er. blieb beim ſchweren Geſchütz und wurde feierlichyſt unter dem Namen „ Frankensteiner als Annectirter

der 4. 6igen Batterie proklamirt. Eines Tages wird er , fern vom Bivouak , als er

requiriren gegangen war, von preußiſchen Huſaren wegen ſeiner öſterreichiſchen Uniform als Spion aufgefangen

und fortgeſchleppt; zufällig begegnete dieſer Transport Sanonieren der 4. 6łgen Batterie, denen es endlid, nad) vielent Debattiren und nadbem fie ben Frrthum aufge

klärt hatten, gelang, ihreit Frankensteiner zn befreien. Im Triumph wurde er wieder zur Batterie zurückgebracht. Um derartigen Vorfällen aber , die doch aucy mandymal Idylimmer ablaufen konnten , vorzubeugen , wurden ihm

vom Abtheilungsſchreiber mit Frakturſdrift quer über die Bruſt auf ſeinen weißen Rock mit ſchwarzer Tinte die Worte geſchrieben :

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Rejerve - Artillerie.

Garde - Corps ! Dies Vergnügen ſollte aber nicht lange dauern , denn der Rommandeur der Reſerve Artillerie befahl, ihin ſtatt

dieſes annectirten Anzuges einen Drillidh-Anzug zu geben und in dieſem machte er dann den weiteren Feldzug mit.

Bei Königgrätz , wo er der erſten Wagenſtaffel der 4. 6igen Batterie zugetheilt war , machte ihn anfangs

das Sauſen der Granaten und der Anblick ſo vieler Todter und Verwundeter etwas ängſtlid ); als er aber ſah, daß nady dem alten Liede : „ Eine jede Kugel trifft

ja nid)t!" aud) er glüdlicy verjdhont blieb , wurde er dreiſter und bald kümmerte er fid, gar nicht mehr um die Brummer . So hatte er auch dieſe Probe glüdlid und in Ehren beſtanden ind fonnte dies bie Anhänglich

keit Aller an ihn nur vermehren .

Audy ferner blieb er

der Liebling der Batterie , war aller Welts Burſde und

kam auf ſeinen Stabewagen mit der Reſerve - Artillerie

bis nad Poysdorf, circa 4 Meilen nördlid) von Wien .

Am 21. September madyte er mit ſeiner Artillerie

den feierlichen Einzug in Berlin mit, erhielt die Feld .

zugsmedaille mit „ Königgrätz “ und Vernt jetzt aus

Mitteln, die durch Subſcription von Offizieren des Garde Feld - Artillerie - Regiments aufgebracht werden , hier in Berlin beim Meiſter Handtke, Brunnenſtraße 134, die Schloſſerei. Wenn er das dazu nöthige Alter er reicht hat, will er bei der 4. 6#gen Batterie als Drei jährig - Freiwilliger eintreten und hoffen wir, daß Carl =

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Krause , alias „Frankensteiner“, dereinſt unſerem Könige ein tüdytiger und braver Soldat werden möge. Als Feldwebel Roeber mit der erſten Wagenſtaffel der 5. 4 To gen Batterie auf der Höhe von Chlum an gelangt war, ſuchte derſelbe ſeine Batterie anfänglid) ver gebens , bis er diefelbe links vor fidy gerade in einem Moment entdeckte, wo ſie von feindlicher Infanterie hef

tig angegriffen wurde.

Raſd überſah er die gefährliche

Lage , in der die Batterie und ſeine Wagen fdywebten, und verlor keinen Augenblick ſeine ihm ſtets eigene Gei ſtesgegenwart. Nicht um die Rettung ſeiner ſelbſt oder ſeiner Wagen, neint, nur um die Rettung ſeiner Batterie, Der er ſo lange als Feldwebel angehört, iſt es ihm zu thun .

Sofort wendet er ſich daher an die nächſte In

fanterie , die er nod) auffinden kann und weldie gerade

vor ihm in einem Hohlwege lag , ohne zu bemerken, weldie Gefahr auf ihrem linken Flügel ihnen drohte. Er ſprengte an dieſelbe heran und alsbald ſtürzte ſie auf den Zuruf des braven Roeber: „Füſiliere, Ihr werdet body die preußiſche Batterie nid) t nehmen laſſen ?“ mit dem Rufe : „ Nein , das darf nicht geſchehen !" aus dem Gra ben hervor und auf den Feind. Die waderen Zünds

nadeln , welche dem ſchon ſiegestrunkenen Feinde in die linke Flanke famen , in Vereinigung mit den Kartätſch .

düfien der Batterie in der Front und dem Feuer der

braven Füſiliere auf dem linken Flügel der Batterie brachten den Feind zum Stehen und dann zum Weiden. Für die Batterie aber war die Entſchloſſenheit des

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tapfern Feldwebel wahridyeinlich die Rettung, denn ohne die Hülfe auf dem rechten Flügel wäre es leidyt möglich geweſen, daß der Feind in die Batterie hineinfam . Feld

webel Roeber hat hierfür das Ehrenzeichen 2ter Klaſſe erhalten.

Dem Vorberreiter des 1. Gefdyützes der 2. 4 à gen

Batterie , Gefreiten Trostdorf, wurden in der letzten Poſition der Batterie bei Chlum turd eine feindlide

Granate beide Pferde getödtet. Ohne aus der Faſſung zu kommen , ſpannte er ſeine Pferde aus, ging zum Ge

ſchüt , bei weldhem zweimal hintereinander Nr. 4 ver wundet war, und übernahm dort die Functionen dieſer

Nummer mit den Worten : „ Mag der Teufel die Pferde holen, wenn wir nur das Geſchütz behalten .“ erhielt das Ehrenzeidhen 2ter Klaſſe.

Derſelbe

Die vielen beſchwerlidhen Märſche gaben zu intereſſan ten Erfahrungen über die Leiſtungsfähigkeit einer Truppe,

wenn das gebieteriſche „ Muß" es verlangt , häufig Ge legenheit.

Die 3. reitende Batterie hatte am 16. Juli

in Chrudichrum bei Boskowitz in einem ſchwer zu

gänglichen Gebirgsdorf gelegen und marſdirte am 17., Nadhuittag8 2 Uhr, ab. Nach einem ſehr befdwerlichen Marſche von 4 Meilen, während deſſen 3 ziemlich hohe Bergrücken paſſirt werden mußten , trennte ſich gegen 9 Uhr Abends die Brigade in einem Walde , um die

verſchiedenen Marſchquartiere zu erreichen. Der Batterie

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war in Gemeinſchaft mit einer Escadron Küraſſiere das Dorf Habruwka als Nachtquartier angewieſen. Wegen der idyon einbredienden Dunkelheit war es idywer , den Weg zu erfennen , und der einzige Führer,

weldier aufzutreiben war, befand fidh an der Tête der vorausmarſdyirenden Escadron . Es galt alſo, ſich mög licyſt dicht an dieſe heran zu halten. Anfangs war der Weg leidlidy, allmälig aber wurde derſelbe immer enger und felfiger und verlief rich endlid, in dem ausgetrod neten Bette eines Gebirgsbades. Ausweidjen oder Um fehren war nicht möglid , und wenn die Batterie nidyt im finſtern Walde ohne Lebensmittel und ohne Deckung bivouakiren wollte, mußte ſie den Küraſſieren folgen. Dody

fdyou verhinderte die völlige Dunkelheit und der hohe Wald die Kürajſiere zu erkennen, und durd) eine Kette von Leuten, weldie ſich gegenſeitig zuriefen , mußte die Fühlung mit ihnen erhalten werden . Ueber Fuß hohe Felsblöde ging es nun bei dem ſpärlidhen Sdyeine der Blendlaterne meiſt bergab vorwärts ; alle Reiter führten ihre Pferde , nur die unglüdliden Fahrer mußten auf

denſelben bleiben. So ging es etwa 3/4 Stunden unter dem Gefrach und Geädyze von Rädern und Achſen, und unter dem Schnauben der abgematteten und geängſtigten Pferde Schritt vor Schritt weiter, bis endlidy, ohne an deren Unfall als einige Dutzend verlorener Hufeiſen, zwiſden 10 und 11 Uhr Nadits das Dorf glüdlich er reidyt wurde. Hier entließ ſo eben der Rittmeiſter un ſerer Teten-Escadron ſeine Leute in die Quartiere. Als er die Batterie gewahr wurde , fragte er ganz erſtaunt,

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welchen Weg dieſelbe genommen habe. Auf die Antwort, daß die Batterie der Schwadron ſtets gefolgt ſei, rief er ganz erſdyrocken : ,,Das iſt ja unmöglich , wir einzelne Reiter haben ja beinahe Hals und Beine gebrochen, troß dem Jeber ſein Pferd führte!" Am andern Morgen erſchien der fatholiſche Pfarrer des Dorfes bei dem Rittmeiſter und ließ ſich von dem =

ſelben im Kirchenbudy atteſtiren, daß Kavallerie und Ar tillerie in feinent Dorfe gelegen habe. Seit Menſdien gedenken jei keine Truppe, geſchweige denn eine zu Pferde, in dieſem Feljenneſt geweſen , und ſeine eigene Aufzeidh nung wiirde nicht für glaubhaft gehalten werden , wenn

fie nidyt durd; den Führer der Truppe atteſtirt wäre. Der Unteroffizier Kübach der 1. 6 # gen Batterie erzählt: Nadidem der Friede geſchloffen und die Armee auf dem Rückmarſde in die Heimath war, ging id der Bat terie als Quartiermadjer voraus.

Bon Gaborest in

Böhmen , wo die Batterie im Quartier lag, erhielt idy

Befehl, nadı Lowositz zu reiten und mir dort Quar tiere für den nächſten Tag anweiſen zu laſſen. Mein Pferd, welches id) als Geſchützführer geritten, hatte durdy

das viele Klettern in dem ſteinigen und unebenen Boden ſo ſehr gelitten , daß idy häufig in die bittere Nothwen digkeit verſetzt wurde, die Hälfte des Weges mit ihm ge meinſam laufen zu müſſen .

Auf die Dauer war dies

nicht auszuhalten, und mir wurde auch bald ein anderes Pferd, ein erbeutetes ungariſches Sdylachtroß, überwieſen.

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Daſſelbe war gerade nicht ſchön zu nennen , aber im

Felde nimmt man es nicht ſo genau ; und wenn es audy meiſtens mit langem Hafer gefüttert zu ſein ſchien , jo bejaß es doch Ausdauer genug , um den Anforderungen beim Quartiermachen zu entſprechen. Mein Feldwebel hatte das Thier , da es fein National nicht mitgebracht hatte, „Renner“ getauft , und dieſen Namen verdiente daſſelbe in der That, wie ſich gleid) zeigen wird. 3dy ritt los , und zwar auf einer Chauſſe, die midy .

auf geradem Wege und am ſchnellſten an mein Ziel bringen ſollte. 3ch mocyte ungefähr 1/2 Stunde geritten ſein , als id) einen öſterreichiſchen Infanteriepoſten mit

gefälltem Bajonett auf mich losſtürzen ſah mit dem Rufe : „ Halt werda ! " Auf meine Antwort : „ Quartier macher von der 1. 6 Tigen Garde - Batterie!" entgegnete er : ,,Dürfen nicht paffiren !" Der wachthabende Ober Lieutenant, der unſer Rencontre bemerkt zu haben ſchien, fam im vollen Trabe angerannt, und nachdem auch er an mich ähnliche Fragen geſtellt hatte , ſdien er befrie digt und ließ mid paſſiren.

In Lowositz , einem Fleden , welcher mit in den Ravon der nod von den Deſterreichern bejetzten Feſtung Theresienstadt gehörte , angelangt, ritt id) auf den ,

erſten beſten Gaſthof los, um midy bei einem Glaſe Bier zu erholen. Doch idyien es mit der beabſichtigten Er

holung vorläufig Nichts werden zu follen , da ich gleid ) bei meinem Eintreten durch einen Hauptmann der öſter reichiſdyen 3nfanterie in ziemlidy erregtem Tone mit der Frage angeſdyrieen wurde : „ Was wollen Sie hier ?" Nad) 11

5

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dem id meine Erklärung dahin abgegeben, daß ich feines wegs gekommen ſei, die Feſtung allein zu erobern , ſon dern mich nur einige Stunden aufhalten wolle, um dann weiter zu reiten, erſcholl der donnernde Ruf : ,, Hinaus !" 3ch hatte, offen geſtanden , nicht recyte Luſt dazu ; da

jetody eine Patrouille , beſtehend aus dem Patrouillen führer und 3 Mann erſchien , und da ein großer Theil

Der Einwohner aus Lowositz , die ſich bei meinem Eridyeinen angeſammelt hatten, mid; vollſtändig umzingelt hielt , fo blieb mir weiter nichts übrig, als mich paſſiv zu verhalten und, wenn auch ungern , audy einmal einem öſterreichiſchen Befehle nadizukommen . Mit Hohngelädyter und Schimpfreden wurde icy per Schub zur Stadt hin aus eskortirt. Daß die Patrouille mit geladenen Flin ten verſehen war , konnte ich deutlich an den geſdylitzten

Hähnen , die einen Theil des großen Zündhütchens un bebedt ließen, fehen.

Als ich Lowositz im Rücken und ſich meine Suite

etwas gelichtet hatte, äußerte der angebliche Bürgermeiſter des Ortes, weldşer mir die Ehre ſeiner Begleitung nedy ferner hatte singedeihen laſſen , man mödyte doch den Preußenhund über den Haufen dießen , damit das S .... zeuy aus dem Lande fäme.

Da war meine Geduld zu Ende

und ohne Rück

ſidst auf meine Umgebung und meine feineswegs benei denswerthe Lage, warf ich ihm einige Berliner Schmei: djeleien , mit ähnlichen Straftausdrüden geſpickt, an den Stopf. Aber im Umſehen hatte ich von einem meiner vorſorglichen Begleiter einen Schlag mit dem Bajonnett

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über den Kopf bekommen , der mir den Helm bis über die Ohren, aber auch vor Wuth das Blut in das Ge ſidit trieb. Doch was fonnte ich allein gegen die Ueber zahl anfangen ? Ich rückte den Helm , von dem eine Sduppenkette zerriſſen , und das Helmkreuz , ſowie die

Kugel verbogen war, wieder in ſeine richtige Lage , und . überlegte hin und her, wie ich mich meiner läſtigen Ge jeljdyaft entledigen fönnte. Da fant mir von einer Seite , wo ich es nidyt er

wartet hatte , unvorhergeſehene Hilfe. Es fing an zu Die Patrouille gebut „ Halt !" um ſich durdy Anziehen ihrer hechtgrauen Mäntel gegen den Regen zu 1

regnen.

ſchützen. Die Soldaten zegen den einen Mantelärmel an, und in den andern ſteckten ſie den oberen Theil des Gewehrs , um den Lauf nid)t roſten zu laſſen. Dieſe Vorſicht ſollte ihnen übel befommen .

Kaum waren ſie

Damit fertig , als ich meinem Gaul die Sporen in die Flanken hieb , und fort ging's im jauſenden Galopp,

während meine Begleitung mir verdutzt naciſdhaute. Als ich beim Umbiegen um die Ecke eines Knids, der etwas ſeitwärts von der Chauſſee lag , mich umjah , und mid )

dent Sdyußbereich der Deſterreidyer entzogen bemerkte, waren ſie immer nody mit der Befreiung ihrer Waffe von der vor Regen ſchützenden Umhüllung beſchäftigt.

Ob ſie überhaupt je fertig geworden ſind, weiß ich nicht, wenigſtens hatte ich es nicht mehr abwarten wollen, denn id madyte, daß ich dem Feinde aus dem Geſidyt, und die Demarfationslinie mir im Rüden zu liegen fam . Das Pferd war alſo doch nicyt ſo ſchlecht, als id) 5*

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anfangs glaubte.

Mein Lebensretter geht jetzt in der

Drojdie.

Wer kommt eher nach Wien ? Als die 2. 47.ge Batterie am Tage der Schlacht bei Königgrätz aus der letzten Poſition bei Chlum im heftigen Granatfeuer behufs Kompletirung ihrer Munition und Mannſchaften zum Zurückgehen aufprotte, wurde dem Unteroffizier Pudenz , weldier das 6. Geſchütz führte , im Moment des Aufprotzens das Stangen -Handpferd durch eine feind lidhje Granate getödtet, wodurdy derſelbe genöthigt wurde, mit ſeinem Geſchütz Angeſichts heranrüdender feindlicher Infanterie halten zu bleiben und die Pferde umzuſpannen.

Da rief der Sergeant Born, Gejdütführer des 5. Ge ſchüßes, dem Pudenz zu : „ Adieu Joſeph, beim Ein zuge in Wien ſehen wir uns wieder ! " Joſeph hatte aber gar keine Luſt ſich mit ſeinem Ges ſchütze hier fangen zu laſſen und erwiderte dem p. p.

Born : „Alter Junge, damit wirſt Du wohl für dies mal kein Glück haben !“ worauf P. Born ausrief : Sollte midy audy verdammt ärgern, wenn Du cher nach Wien fämſt wie wir !" Joſeph hatte Recht behalten. Nadidem er für das eridioſſene Stangen - Handpferd ein Vorder -Handpferd ein geſpannt hatte, vüdte er jo ſdhnell es mit 4 Pferden ging,

der Batterie nad) , ohne von der feindlichen Infanterie, weldie während des Umſpannens der Pferde bedenklid) näher gerückt war, behindert zu werden .

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An Morgen der Schlacht von Königgrätz mußte die Reſerve- Artillerie von Bivouaf bei Rettendorf

aus, faſt nur querfeldein über Gräben und burdy ſumpfige Wieſen im aufgeweichten Lehmboden meilenweite Strecken zurüdlegen , bis ſie auf das Schlachtfeld gelangte und hier war das Terrain erſt redit ungünſtig. Die völlig ermatteten Pferde, einzelne ſtürzten vor Anſtrengung todt

im Geſchirr zuſammen, konnten die Geſchütze kaum nody fortbewegen ; die Bedienungsmannſchaften mußten mit den Fajdyinenmeſſern ben Lehm von den Rädern fraten und

mit den flachen Klingen auf die tobtmüden Pferde ein hauen, oft ſelbſt in die Räder greifert, um die Geſchütze

in die entſdyeidende Poſition auf die Höhe von Chlum hinaufzubringen. Trotz aller Hülfen war es einem Ge ſchütz der 4. 6ägen Batterie unmöglid ), die Höhe zu er klimmen und es blieb im Grunde ſteden , während die anderen Geſchütze glüdlid; oben ankamen . Der Batterie Chef will ſeinem Aerger barüber eben in lauten Worten

Luft machen, als er, ſich umſehent, in demſelben Augen

blick bemerkt, daß eine feindlide Granate in das zurück gebliebene Geldhütz einſdylägt. Das war Waſſer auf jeine Mühle. „ Seht ihr dummen Kerle " , ruft er ſeinen Leuten zu , da habt 3hr die Folgen der Sdylappheit; die Schlappen haben immer die erſten Berluſte !"

Am Tage des Gefechtes von Soor, den 28. Juni, paſfirte die 3. 12age Batterie, weldie der 2. Garde

Infanterie - Diviſion zugetheilt war , das in der Nähe Trautenau's belegene , von unſeren Vortruppen längſt

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gewonnene Dorf Neu-Rognitz , als plötzlich aus dem Kellerfenſter eines an der Straße ſtehenden Hauſes ein

Schuß fiel. Am Hinterkopf getroffen, ſtürzte der Kano nier Harzbecher.

Nadidem ihm ein Verband, fo gut

als die Verhältniſſe es geſtatteten , angelegt, wurde er

mit der Weiſung zurückgelaſſen , ſich bei dem erſten vor beipafſirenden Feld-Lazareth zu melden. Raum hatte die Batterie jedod das Bivouak bei Trautenau bezogen, als Harzbecher ſid audy wieder einfand und bat, es ihn verſudien zu laſſen , im Dienſt zu bleiben, da es ihm dywer werde, ſid, gerade jetzt von der Batterie zu trennen , wo ihr heute oder morgen ge wiß nod; ein Gefecht bevorſtände. Am andern Tage war jedoch der Zuſtand der Wunde jo bedenklid), die Augel hatte den Schädelknochen des Hinterkopfes ſtarf ange griffen, daß es nothwendig wurde, den Verwundeten nady bem Lazareth in Trautenau zu ſchiden , von wo er

dann auch nach Beendigung des Feldzuges wieder herge ſtellt entlaſſen wurde.

Bemerkt ſei nodi, daß der Schuß von einem in dem

gedachten Hauſe verſtedten Deſterreicher abgefeuert wor den war, der jedoch gleich darauf von den bei der Bat

terie befindlidyen Füſilieren des Auguſta -Regiments ſeinen verdienten Lohn empfing.

Der Lazareth-Gehülfe Manthey der 4. 6āgen Bat terie verband nicht allein im heftigſten feindlichen Feuer mit der größten Ruhe die Verwundeten, ſondern zeigte ſich auch ſo aufopfernd, daß er den Unteroffizier Bruck

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derſelben Batterie, welcher wegen eines heftigen Cholera

anfalles das Bett hüten und transpiriren mußte , ſidy jebody in ſeinem Fieber unausgeſetzt der Bettdede zu entlebigen ſuchte , nur dadurd rettete , daß er ſich mit ihm in die Decke einwickelte. Seine Aufopferung wurde and mit Erfolg gefrönt, denn nad kurzer Zeit brady bei dem Kranken der Schweiſ aus, er fiel in einen erquicfen den Sdilaf und war gerettet. Ebenſo ruhig , ebenſo aufopfernd nach dem Gefedyt, zeigte ſich audy der Lazarethgehülfe Dautert der 6. 4ngen Batterie und nidt minder iſt die Thätigkeit des Unter

Roßarztes Hertwig der 5. 4ūgen Batterie zu loben , welcher den ihm angewieſenen Plat bei der 2. Wagen ſtaffel ſtets verließ , wenn die Batterie in das Gefecht rüfte und daſelbſt im heftigſten Feuer nicht allein dem

Arzt der Batterie hülfreidie Hand beim Verbinten der Verwundeten leiſtete, ſondern auch weſentlid) Aerzte an derer Truppen darin unterſtützte. Alle drei wurden mit dem Militair - Ehrenzeichen 2. Klaſſe beforirt. Auch der Lazarethgchülfe Schlicht der 4. reitenden Batterie zeigte am Abend der Schlacht, als die Batterie das Bivouaf auf dem Todtenfelde bezo

gen hatte, die edelſte Aufopferung. Trotz des anſtrengenden Tages gönnte er ſich keine Ruhe, ſondern ging die ganze

Nadyt hindurcy, mit Rodigeſchirren voll Wein , Waſſer und Brod, das in kleine Sdjeiben zerſdhnitten war, von

einem Verwundeten zum anderen, dem einen einen Labe trunk , bei anderen oft die letzte Erquidung in dieſem Leben zu reichen . 1

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Wohl iſt es hier der Ort, auch der unerſchütterlichen Ruhe und ber freudigen Aufopferung der Aerzte unſerer Batterien zu gedenken, welche mit rühmlichem Eifer und Ausdauer bei der Batterie und bei fremden Truppen, ſowohl

in den einzelnen Gefechten bei Soor und Königinhof (wie Dr. Bock der 1. 68gen, Stabsarzt Dr. Menzel der 1. 4ūgen, Dr. Küster der 5. 47 gen ) als auch

beſonders in der Schlacht bei Königgrätz, (wie Ober Stabsarzt Dr. Michel, Dr. Guttmann der 2. 4 & gen und Dr. Kühlwetter der 4. 12#gen Batterie) ärzt liche Hülfe leiſteten und auch nad beendigter Schlacht, ſowie an den darauf folgenden Tagen mit derſelben Un= ermüdlichyfeit in den Lazarethen thätig waren. Am Tage der Schladt von Königgrätz hatte die 5. 46 ge Batterie das Glück, als die erſte Batterie des Garde-Corps ins Gefecht zu fommen ; die Mannſchaften waren alle, im Bewußtſein der früher erzielten Erfolge,

ſiegesgewiß ins Feuer gegangen und dieſes Bewußtſein, welches die ganze Batterie beſeelte , kam auch ſehr bald im Gefecht zum Ausdrud.. Denn die erſte feindliche Batterie, weldie auf's Sorn genommen wurde und welche unſern linken Flügel der 1. Armee bei Benatek ſdywer bedrängte , konnte es nicht lange gegen Klopsch und Conſorten aushalten .

Sie

räumte bald unter Zu

rüdlaſſung zweier Geſchütze das Feld. Großer Jubel herrſchte darob in der Batterie , die bald mehr zu thun

bekam und einen langen Kampf mit der feindliden Ar tillerie auf dem Baumberge bei Horenowes zu beſtehen

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hatte. Wiederum bewährten ſich hier die alten Schützen von Soor und war es hier namentlich Unteroffizier Beutler mit dem 2. Geſchyüt, welches ſtets das erſte Feuerbereit im Gefecht war, ber dem Feinde hart zuſetzte

und eine Proßze in die Luft ſprengte. Unteroffizier Beut ler hat dafür ſpäter das Ehrenzeichen 2 ter Klaſſe erhalten. In der Nacht des 23. Juni wurde das Kantonne ment, in welchem die 1. brige Batterie mit dem 2. Garde

Regiment zu Fuß Marſdquartier bezogen , alarmirt. Der Trainſoldat des Arztes der Batterie , weldier ačem Anſcheine nach den ſehr lobenswerthen Vorſatz gefaßt I

hatte , bei Adarmirungen immer der Erſte im Park zu

ſein, ſtürzte nach dem Pferdeſtalle, nahm den Sattel des Pferbes auf ſeinen Rüden , hing ſich die Standare um

den Hals, führte das Pferd, nur mit der Stall- Halfter bekleidet, an der Hand und eilte ſo nadh dem Geſchütz parf. Der Doctor , in der Hoffnung , daß der Train ſoldat fein Pferd bringen werde , lauert hier von einer Minute zur andern, aber vergebens, läuft dann ſchließ lich nach dem Pferdeſtalle, entdeckt aber audy hier nidit den Geſudyten und konımt ſo nady dem Geſchützparf zu rüd , wo unterdeſſen der Trainſoldat ſeinen Herrn ängſt

lich erwartend eingetroffen iſt. Aber in dem allzugroßen Eifer hatte er das Pferd zu ſatteln ganz vergeſſen und jo fand der Doctor ſeinen Trainſoldaten zwar geſattelt und gezäumt, ſein Pferd aber noch nadt vor , trotzdem der gute Trainſoldat jetzt reichlidy Zeit zum Satteln ge habt hätte .

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Am 1. Juli lag die 7. Munitions-ftolonne im Bi voutaf bei Trautenau. Um 3 Uhr Nachmittag wurde die Garniſon alarmirt. Der Sommandeur der Kolonne begab ſich ſogleid in die Stadt , um nach der Urſache des Allarms zu fragen und fand hier Alles in großer Aufregung , da die Nadyridyt eingetroffen war , daß 3 öſterreichiſdie Savallerie - Regimenter auf Trautenau losmarſdyirten. Der Seommandeur der Kolonne bot ſo fort ſeine Unterſtütung an , nämlid) mit den auf dem Markte ſtehenden eroberten 2 öſterreichiſchen Sadern den

Feind empfangen zu helfen. Dies Anerbieten wurde be reitwilligſt angenommen und ſofort wurden die Gejdüte

mit der im Rathhauskeller aufbewahrten Munitio . com pletirt , mit Pferden und Mannſchaften der Rolonne be ſpannt und beſetzt und bald gings im Trabe zur Stadt hinaus in eine Poſition jüdlich derſelben , von der man

den Anmarſch des Feindes beſchießen konnte. Die Ra noniere wurden ſofort mit den ihnen neuen Gejdyützen befannt gemacht, einige Male wurde blind durđıdargirt, dann die Geſchütze dyußfertig gemacht. Alles war fampfes

muthig und mit freudiger Spannung ſchaute Feder nach dem ſehnlicyſt erwarteten Feinde aus. Unterdeſſen war ein Offizier mit mehreren Unteroffizieren der Kolonne zum Rekognosciren vorgeritten ; jeden Moment hoffte man ſie in langem Galopp zurüdfommen zu ſehen, vielleicht fihon gefolgt von feindlidyen Kavallerie-Maſſen. Endlids ſind ſie in Sicht; die Erwartung wird immer größer, die Hoffnung ſteigert Fich. Dedi — iſt das die Gang art, in der man das Anrücken des Feindes meldet ? In

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ruhigem Trabe zodelt die Refognoscirungspatrouille in die Poſition zurück und meldet, — daß die 4 feindlidien

Kavallerie - Regimenter nur einige Spreußiſdie Escadrons jeien . - 3rren iſt menjdlich !

Als in der Schladit bei Königgrätz die 1. Wagen ſtaffel der 5. 4ūgen Batterie in der Nidtung auf Chlum

folgte , blieb ein Munitionswagen in dem aufgeweichten Boden ſtecken , und nur nody ein Wagen, deſſen trefflicher

Stangenreiter Friederichs mit ſeinen tüdytigen Pferden den Wagen faſt allein fortſdleppte, folgte dem Feldwebel. Dicht vor der Höhe bei Chlum hielt derſelbe , um den voraus gerittenen Feldwebel abzuwarten , da dieſer die Stellung der Batterie aufſudyte. Der Feldwebel fam

denn aud) zurück und kommandirte von fern „ Marſd " und ſpäter „ links um “ , in welcher Stellung der Wagen jedoch ſtecken blieb , da Vorder- und Mittelpferde nicyt mehr anzogen , und Friederichs allein die Laſt trotz .

aller Anſtrengungen nicyt vorwärts bewegen konnte. Der Kanonier Behnke , als Bedienungsmann beim Wagen

abgetheilt, ſprang in dieſem Moment, der namentlich deshalb ſehr fritijd war , weil die feindliden Gejdoſje · fortwährend redits und links einſdylugen, an das Vorder Handpferd , faßte dieſes in die Zügel und trieb es mit einem aufgefundenen Knüppel an, indem er auch auf den etwas kleinmüthig gewordenen Vorderreiter einhieb , um ihn aufzumuntern. Dabei rief er den Fahrern die Worte zu : ,,Dahin geht der Weg, wo der Feldwebel reitet ; dort

iſt unſer Hauptmann, welcyer die Munition gebraucht;

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vorwärts, Kerls !" Der Vorderreiter fam wieder zur Be ſinnung, ſeine Pferde zogen in Folge deſſen wieder an, und mit Hülfe des braven Stangenreiters ward nunmehr der Wagen wieder flott , und fam ſo aus dem furcht baren Granathagel hinter der Höhe von Chlum .

Mit Hafer ſah es mitunter ſchlecht aus und man mußte zum Grünfutter greifen. In Neu -Waldeck, einem elenden Dorfe auf der Straße nach Mährisch

Trübau, ſollte es ſogar um ein ſchönes Wickenfeld zum Gefecht fommen . Als die Fahrer der 4. reitenden Bat: terie mit ihren Sicheln zu ſdyneiden begannen, ſtellte ſich

ein Mädchen von etwa 17 Jahren mit gefällter Senſe zur Vertheidigung des Feldes auf. Sie erklärte, daß die einzige Ruh ihrer Mutter verhungern würde , wenn die

Widen nicht verſchont blieben und drohte mit Gewalt. Der Hauptmann wurde geholt und verſucite mit der

Mährifdien Grille eine Kapitulation. Sie gelang nicht, und der Hauptmann , immer rüdſichtsvoll gegen das

idwadie Geſchlecht, ordnete der Rückzug an. Das Mä del war dafür audi ſo dankbar, daß ſie Abends bei den Leuten mit einem wohlgefüllten Kruge Bier antrat, und auch ferner bei Heranſchaffung von Lebensmitteln be hülflich war. Auf gute Pferde wurde natürlich audy überaŭ gefahndet,

und die Bauern griffen zu den merkwürdigſten Mitteln , um dieſe zu verſtecken . -

So hatte einer in eben dieſem

Neu-Waldeck ein Pferd eingemauert, das ſich aber

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durdy ſein lautes Wiehern beim Herannahen der Batterie ſofort verrieth.

In den kritiſchſten Augenbliden, im heftigſten Kugel regen wurden ſtets nur reglementariſ dhe kommandos ge geben und reglementariſche Bewegungen ausgeführt. So mußte die 2. Fuß - Abtheilung bei dem Anmarſch gegen

die Höhe von Horenowes bei Jericeck, welches vom Feinde heftig beſchoſſen wurde, ein enges Defilé paſſiren. Trotz der vielen einſdylagenten Granaten ging die Ruhe aud nicht einen Augenblick verloren. Der Kommandeur , Major v. M. , ließ , nadidem das Defilé pajſirt war, in Batterien links aufmarſchiren, und avancirte, wie auf .

cem Exercirplatz, mit der Abtheilung in die Feuerſtellung. So wurde auch die 2. 4nge Batterie während der

Sdylacht in eine Poſition dirigirt , von wo ſie feindlidhje Artillerie, die auf der Höhe Nedelist - Chlum aufge ſtellt und aumälig auf 48 Geſchüße vermehrt war , be fdiefen ſollte. Die günſtigſte Poſition bot eine flache Anhöhe und ſollte die Batterie hier Stellung nehmen. Der voranreitende Kommandeur aber erkannte ſofort, daß die Diſtance bis zu dieſer Höhe den Feinde genau be

kannt war, denn die Menge der um ihn heruin in einem kleinen Naume einſdlagenden Granaten belehrte ihn da rüber. Er ließ daher die Batterie noch 300 Sdyritt

weiter vor gehen, und paſſirte die Batterie dieſe gefähr liche Stelle ſo glüdlich, daß ſie hier nur 1 Mann und 1 Pferd verlor. Die Ruhe war dabei in der Batterie

fo wenig verloren gegangen, daß die Geſchütführer, un

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befünımert um das Sauſen der Granaten, nur auf gute Ridytung in der Batterie bedacht waren, um vorſdyrifts mäßig ausgerichtet mit den vorgeſdriebenen Intervallen unter den Augen ihres Rommandeurs in die Feuerſtellung

einzurücken . Wie ſehr ſich dieſes Vorgehen über die Höhe belohnte, erſah man erſt nadyher, als alle feindli dyen Geſchoſſe über die Batterie hinweg gingen und die Höhe hinter derjelben mit einem Hagel von Granaten überſchütteten , ohne der Batterie ſelbſt Verluſte zuzu fügen .

Dem Unteroffizier Saenger der 6. 4ūgen Batterie, Geſchütführer des 6. Geſchütes, wurde in der Stellung bei Chlum ſein Pferd durch 3 Sprengſtücke dermaßen verwundet, daß es nicht weiter geritten werden konnte. Die Batterie ging , um ſich zu retabliren , aus dieſer

Stellung zurück , und erhielt Saenger den Befehl, fidy .

zum Feldwebel, der die erſte Wagenſtaffel führte, zurück zu begeben , um fidy von dieſem ein Reſerve - Reitpferd überweiſen zu laſſen. Der Unteroffizier Grunske wurde in Folge deſſen vom Feldwebel zur Abgabe ſeines Pfer Da dieſer jedod) bes an Saenger fommandirt. ſchon ungern bei der 1. Wagenſtaffel war und lieber audy ein Geſchüt geführt hätte, fo bat er den Feldwebel um die Erlaubniß, zum Hauptmann reiten zu dürfen , um

dieſen zu bitten , für den Unteroffizier Saenger das 6. Geſchüß übernehmen zu dürfen , was ihm auch vom

Feldwebel bewilligt wurde. Als Grund ſeiner Vorſtel lung gegen den erhaltenen Befehl führte Grunske an,

-

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Saenger würde mit dem Pferde nicht fertig werden; die Schnelligkeit, mit welcher erſterer ſich zur Vatterie begab, zeigte deutlich, daß er das Pferd reiten konnte. Das Glück ſchien dem Unteroffizier Saenger aber wohl zu wollen, denn noch ehe der Batterie-Chef die An

gelegenheit entſchieden , befand ſich

der Unteroffizier

Saenger ſchon wieder zu Pferde vor ſeinem Geſchütz. Es hatte ſid, nämlich in dem bedenklichen Augenblid ein herrenloſes geſatteltes Neitpferd eingefunden , welches beſteigen und ſich damit vor ſein Geſdyütz begeben für Saenger die That eines Augenblicks war. So hatte

er , wie er ſich austrüdte, den Unteroffizier Grunske noch zur rechten Zeit abgefniffen und war für den Augenblick der Gefahr, ſein Geſdyit abgeben zu müſſen, überhoben. Es verdient dieſer Zug von Muth und Entſchloſſen

heit gewiß Anerkennung, da beide Unteroffiziere mit aller Energie wetteiferten, das Geſchütz zu führen und während des Gefechts in der Feuerlinie zu ſein.

Man muß wiſſen, wie's gemacht wird. Unter offizier Pudenz und Roßarzt Möllinger der 2. 4ūgen

Batterie waren in Poysdorf ( Böhmen) zu einem reidhen Bauter in's Quartier gefommen und verlangte erſterer von ſeinem Wirthe gegen Bezahlung eine Flaſche Wein. Ob nun der Bauer Zweifel in die factijde Be

zahlung ſetzte, oder ob er ſeinen Weinvorrath nicht ver rathen wollte, mag dahin geſtellt bleiben, genug, er lehnte

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pieſes Anſuchen wiederholt unter dem Vorwande ab, daß er feinen Wein beſäße.

Pudenz und Möllinger hatten aber auf Wein Appetit und wollten ihren Wunſch bald erfüllt ſehen ; das her faßten ſie den Entſchluß, den Alten zu überliſten . Folgenden Tages zur Mittagszeit, als des Bauern Töchterlein , eine Antike von 36 Fahren, im Stalle mit dem Melfen von Kühen beſchäftigt war, begaben ſidy Pu

denz und Möllinger auch in den Kuhſtall. Hier be fühlten ſie fämmtlidie Kühe, ſuchten dabei die beſten und

fetteſten aus und unterhielten ſich ganz laut mit einander darüber, welche Kuh ſich wohl am beſten zum Schlachten

eignen dürfte. Der ſehr reſpectablen alten Jungfer ent ging, weil ſie der deutſdyen Spradie vollkommen mächtig war, von der ſo geführten Converſation kein Wort und es ergriff ſie plötzlich ein panijdjer Sdreden ; ſie ſprang von ihrem Sdemel haſtig auf, ſtieß dabei einen vollen Milcheimer um , lief eiligſt in das Wohnhaus und bradyte ihre Familie mit dem Rufe in Allarm : ,,Der Zugführer wil die Kühe nehmen !"

Dies Kriegs-Manöver hatte aber den berechneten und gehofften Erfolg, denn ſehr bald fam der Bauer zu ihnen in den Stall, erſuchte die hier noch beſchäftigten Beiden höflidiſt nady der Wohnſtube zu kommen und mit ſeiner

Familie zuſammen zu ſpeiſen. Sie fanden dort eine gut zubereitete Mittagsnahlzeit und eine ſehr mädytige Kanne mit Wein, welcher die Speiſen bald herunterſpülte. lleber

das Nid )tvorhandenſein von Wein hatte ſich hernadi dann aud) Niemand mehr im Quartier zu beklagen.

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Sdnelle Heilung.

Sergeant Born, welcher der

2. 4ūgen Batterie als Quartiermacher vorausging, fam in Poysdorf zu einem Bauer , bei dem er ſich einzu quartieren wünſchte. Der Beſudy des ungebetenen Gaſtes mochte dem Bauer aber wohl nicht ſehr erwünſcht ſein , denn es machte lepterer den Verſuch, ſidy jenes zu entledi

gen, indem er dem Born mit ſehr kläglicher Miene er zählte , ſeine Frau ſei an der Cholera ſehr dywer er: frankt und es würde deshalb auch mit der Verpflegung in ſeinem Hauſe ſehr übel beſtellt ſein. Da dem Sergeanten Born dieſe Erzählung aber von vornherein ſehr unwahrſcheinlich vorkant, verlangte er die Kranke zu ſehen und wurde nun auch von dem Bauer

in das angebliche Krankenzimmer der Frau geführt. Hier lag in einem Bett die Kranke, eine , wie Born ſehr bald gewahr wurde , vollſtändig angekleidete alte Frau , 1

die auch nicht im geringſten frank ausſah und in deren nädyſter Umgebung durchaus Nicyts auf das Vorhanden ſein der Cholera in dieſen Räumen idyließen ließ. Kurz entſchloſſen näherte fid Born daher dem Bett der an

geblich todtfranken Frau, hob die Bettdecke auf und klopfte der Alten mit den Worten auf den Bauch: „ Na Mutterchen , ſtehen Sie nur auf, bann wer

den Sie Sich beim Staffeefodhen ſchon wieder er holen !"

den hilft !" – die Alte „ Und wirklicy, – denn ,Zure ſtand auf, fochte den von Born gewünſchten Kaffee und warb zur felbigen Stunde geneſen.

Ueberhaupt iſt ein gewandter Quartiernadier für je 6

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den Truppentheil im Felde eine Lebensfrage.

Er muß

ein Allerwelt8menſd fein und eine große Menſchenfennt niß, Ortsſinn und feine Naſe beſitzen.

Ein foldes un

bezahlbares Individuun beſaß unter anderen auch die 4.

reitende Batterie in der Perſon des Sergeant Schmock. Fand Niemand in dem Orte aucy nur das Geringſte, ſo wußte Schmock body immer nody Etwas aufzutrei ben . Die Weinfäſſer modyten nody ſo tief vergraben ſein, die Schinken in den Eſien noch ſo hoch hängen , er zauberte Alles an's Tageslicht. Er muß es wohl gerochen haben .

Die 1. 6tge Batterie , Hauptmann B., lagerte mit der 1. Garte- Infanterie - Diviſion , weidye den Befehl

hatte, am 27. Juni eventuell das 1. Urmeecorps bei Trautenau zu unterſtützen , an dieſem Tage Mittags zwiſchen 11 und 12 Uhr nach einem ſehr angeſtrengten Marſch beim Dorfe Qualisch, um abzukochen und ab zuwarten , ob man ihrer bedürfen würde.

Zum

erſten

Male zeigte ſich hier das Bivouafsleben im Kriege mit

ſeinen tauſenderlei Geſchäften , Requiriren, Holzholen, Kodylöcher graben , Abfodien u.ſ.w.; die Mannſchaften der Batterie waren bei der heiterſten Laune wie die Ameiſen beſchäftigt, alle die kleinen Vorarbeiten eines Bivouafs zu .

beendigen, als einige Garde -Huſaren mit mehreren aus den nädyſten Drtidiaften requirirten Rühen eintrafen.

Großer Jubel brad unter den Mannſchaften aus, als der Batterie für ihren Theil ein kleines Rind überrwieſen wurde.

Der Sergeant Krüger, welcher im Tödten und

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Schlachten derartiger Vierfüßler eine gewiſſe Fertigkeit beſaß, wurde ſofort zum Sdylächter beſtimmt, und bei den vielen hilfreiden Händen währte es nicht lange, fo wan berten die für die einzelnen Gejdyütze beſtimmten Stüde

Fleiſch nod; warm in die ſchon bereit gelaltenen Keſſel. Die Garde - Hujaren dienen fidy rajd) redyt hübidic

Fertigkeiten im Requiriren angeeignet zu haben und gute

Kameradſdraft mit der Artillerie halten zu wollen , denn bald wurde der Kapitaind'armes beſtellt, um für die Bat terie ron ihnen requirirten Wein in Empfang zu nehmen . Unterdeſſen hatten fidy die Ranoniere um ihre Rodykeſſel, die ſie für die Fleiſdytöpfe Aegyptens hielten , gruppirt und unterhielten fid) von den großen Fleiſd portionen , die bei einem ganzen Kinde filr die Batterie auf jeden ein zelnen Mann kommen müften, und wie ſyön hierzu das Olas Wein und nacher die Pfeife fdymeden würde, und bauten fo nody andere ſchöne Luſtidylöſſer, als plötzlid Alarm geblaſen wurde. Der Kanonendonner von Trau tenau ſchallte herüber; die 1 , Garde-Diviſion follte zur Unterſtützung dorthin maridyiren .

Das Einrichten eines Bivouaks im feindlichen Sande war ſchon etwas Neues und gewiß viel anziehender, als im Frieden ; aber das Alarmiren, um wirklidy endlid, ge gen den Feind zu marjdiren, elektrifirte alle Mann daf ten. Mit einer Gefdwindigkeit, die an Hererei grenzte,

wurde das ſdon Halbgare Fleiſch aus den Kochkeſſeli ge fdpüttet; nur einige Kanoniere waren ſo ſchlau , daſjelbe zu behalten und es, fo gut es gehen wollte, an den Fahr zeugen unterzubringen. Dann wurden die Steffel an den 6*

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Geſchützen befeſtigt, die Pferde aufgeſchirrt und angeſpannt, die Geſchütze ſchußfertig gemacht und die Batterie mar ſchirte ab.

Der Weg vom Bivouaksplate bis Trautenau, wo die erſten Kämpfer des 1. Armeecorps pulvergeſchwärzt der Batterie zu Geſidyt kamen , war unter der freudigen und kampfesmuthigen Stimmung der Mannſdyaften bald zurüdgelegt. Jetzt aber wurde der Zubel der Batterie am größten, als ſie den Befehl erhielt, mit aufgeſeſſenen Mannſdhaften vorzukommen und in das Gefecht einzu greifen. Die Garde-Hujaren trabten voran, dicht hinter ihnen folgte die Batteric bei den langen Colonnen des Garde- Füſilier -Regiments, den alten Kriegsfameraden der

Batterie von Rügen her , vorbei ; unter nicht endenwol lenden Hurrahs dieſes Regiments ging es dem nahen

Kampfplatze des 1. Armeecorps zu. Aber adı! hier traf wie ein Donnerſchlag aus heiterem Himmel die Batterie der Befehl – Halt zu machen. Die Diviſion ſollte bei Trautenau nicht ins Gefedyt eingreifen , man glaubte ihrer nicyt zu bedürfen . - Der Marſch ging weiter

nady Eypel. Der beſchwerlichſte Marſch , das ſchlechteſte Wetter und die idyledyteſte Verpflegung hätten die Batterie nie jo

mißgeſtimmt madyen können , wie dieſer Befehl. Der Freude auf den Kampf folgte die bitterſte Enttäuſchung

und am Abend – nady nocymaligem 6 ſtündigem be ſchwerlichen Maride – der Hunger. Hier waren keine requirirten Odijen, fein Staptaind'armes wurde zum Wein

holen beſtellt; hungrig legten ſich die Mannſdhaften nieder,

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träumten

vom

Bivouat bei Qualisch , dem

faftigen

Rindfleiſch und vom Gefecht bei Trautenau. Die Er füllung ihrer Wünſche aber fanden ſie erſt 12 Stunden ſpäter in der Feuertaufe der Batterie bei Soor. Am 5. Auguſt jollte die 7. Munitions - ftolonne auf dem Rückmarſch nach Prag in Knezowa - Horka ins

Quartier gehen, und für den 6. Dort Ruhetag halten. Nadidem Tischnowitz paſſirt war, kam der Quartier madyer dhon mit ſehr aufgeregtem Geſicht entgegen , ind meldete, er fönne das Dorf nicht finden, er habe daher

ein anderes belegt, wo noch keine Quartiermacher einge

troffen wären . Nadı großer Mühe wurde endlidy Jemand gefunden, der etwas deutſch verſtand, und der auch

Knczowa-Horka kannte. Seiner Führung vertraute ſid) nun die Kolonne an , und bald ging es ſeitwärts der Straße auf Wegen, wo man kaum mit loſen Pfer den , gejdyweige denn mit den dweren Wagen fortkom · men konnte ; letztere blieben daher auf der Chauſſee hal

ten, und ritten nur einige Unteroffiziere zur Recognes cirung des Dorfes mit. Nach einem ſehr beſchwerlichen Wege, ſtets bergauf, langten dieſelben endlich auf einer fahlen Bergſpipe an , welche der Führer mit Knezowa

Horka bezeichnete. Hier konnten die Kolonnen weder hinaufklimmen noch Ruhetag halten. Es wurde daher der vom Quartiermacher ausgeſuchte Ort Illmovy be legt, deſſen anderweitige Bequartierung von Unteroffizieren

der Kolonne geſchickt abparirt war. Denn als dieſelben eben im Abſpannen begriffen, kamen Quartiermacher vom

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-

Train, weldie nad) Illmovy fragten. „Was wollen ſie da ?“ „ Quartiermachen für die nte Proviant - Kolonne ! " war die Antwort.

„ Na da ſuđen Sie ſich man ein

anderes Dorf, in Illmovy liegt jdon eine Kolonne und es ſind nur 4 Gehöfte.“ Die Quartiermadyer zogen unwillig weiter , um ihrerſeits Jagd auf nicht belegte Dörfer zu machen ; dywerlich haben ſie nody dergleichen

gefunden. Uebrigens hatte der Unteroffizier unbewußt die Wahrheit geſprochen, denn Illmovy beſtand wirklid) nur aus 4 elenden Bauerngehöften.

Als die 5. 4a ge Batterie am Tage des Gefechts von Soor am 28. Juni jenſeits Burkersdorf vom General-Lieutenant v. Hiller in eine Stellung dirigirt wurde , von wo eine öſterreichiſche 8 Toge Batterie bei dem Altenbucher Gehölz zum Sdyweigen gebrad)t wer

den ſollte, mußte das Terrain daſelbſt recognoscirt wer den. Die Unteroffiziere der Batterie waren deshalb vors

genommen worden und famen in die Nähe der Stelle, welche der Batterie zum Auffahren angewieſen war, und

unmittelbar neben einer Waldparcelle lag. Die feindliche Batterie beſchoß fortwährend dieſe Waldparcelle, ſo daß die darin ſteckende Infanterie vom 2. Bataillon 2. Garde Regiments viel zu leiden hatte. Als nun die öſter reichiſche Batterie auf der bezeidyneten Stelle einzelne Reiter erſcheinen ſah, mochte ſie vorausſetzen, die Batte

rie käme unmittelbar dahinter, und werde ihr zum Opfer fallen ; denn dieſe Diſtance war ihr ganz genau bekannt, wie dies auch die im Sdinelfeuer gegen die Recognos

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cirenden abgefeuerten Granaten , die in unmittelbarer Nähe einſchlugen, deutlid, bewieſen . Oberſt v. 0. kam gerade in dieſem Momente geritten und lädjelte den Unter

offizieren, auf die Granaten deutend, zu ; der immer brave und faltblütige Unteroffizier Strache, dem in Folge eines bicht vor ihm

frepirenden Geidoſjes viel

Sand ins Geſicht geſchleudert worden war , rief dabei

dem Oberſten die erheiternden Worte zu : ,,Streuſand, Herr Oberſt !" Für die Batterie aber war dies Intermezzo die Rettung, denn der Sand, den die Deſter reicher voreilig mit ihren Granaten in die Augen ge

ſtreut, wurde die Veranlaſſung, daß dieſe Stellung nidit eingenommen , vielmehr eine andere ausgeſucht wurde, aus der der Feind bald ein verheerendes Feuer erhalten follte.

Auch in ihrer letzten Feuerſtellung, weldje die Batte rie an dieſem Tage einnahm , wurde ſie vom Glück ſehr begünſtigt; denn bald gelang es dem Unterofiizier Jordan

des 1. Gejdyüßes ein Gehöft in Brand zu ſchießen, wel des der feindlichen Infanterie, die dort zur Deckung der

Batterie poſtirt war, Schutz gewährte, und hierdurd, die Infanterie in den Wald zu jagen ; ſchon nach einer hal ben Stunde verfündete der laute Jubel der Kanoniere

den gänzlichen Abzug des Feindes. Unter lautem Hurrah

feuerten alle Geſchütze nody 2 Lagen Sdınellfeuer hinter den Feind her, welcher eiligſt verſd)wand . . Zur größten Freude der Batterie hatte er aber 2 Geſchütze und 3

Munitionswagen zurückgelaſſen , ſo ſehr hatten ihm die wohlgezielten Schüſſe namentlich der Obergefreiten Becker .

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und Baumanns und der Gefreiten Klopsch und Dudy zugeſetzt.

Am 19. Auguſt traf die 4. reitende Batterie in

Prag ein und bezog die alte Bräuhaus - Kaſerne in der Vorſtadt Carolinenthal. Die Kaſerne war derartig verwahrloſt und mit Ungeziefer gefüllt, daß es trotz der gründlidyſten Reinigung nicht gelang , ſie einigermaßen

wohnlich zu madyen. Deshalb erhielt der Hauptmann die Erlaubniß mit der Batterie am 24. nach einem kleinen Städidyen Elb - Kosteletz 3 Meilen nördlid

von Prag zu rücken, wo früher öſterreichiſche Windiſch grätz-Dragoner geſtanden hatten. Tretz der in Prag herrſdienden Cholera war beint Ausmarſd Ades geſund. Kaum in Elb - Kosteletz angekommen , brady die Seudie mit ihrer ganzen Heftig keit in der Batterie aus. Eine Fortſdyaffung der Kranken nadı dem 3 Meilen entfernten Prag war eine Unmög lichkeit; Strankenhaus und Apethefe gab es nicht in dem kleinen Ort. So ridytete ſidy die Batterie ſdynell ſelbſt ein Lazareth ein . Nady 48 Stunden waren 9 Mann er krankt und 5 davon geſtorben. Die Hingebung des

Arztes Dr. Meysenburg, des Lazarethgehülfen Schlicht, des Unteroffiziers Büttner, der Gefreiten Bauermeister, Eisenberger, Stolte, Tosch und der Kanoniere Heppekausen und Sternberg verdiente die größte Aditung. Haben ſie audy kein äußeres Zeiden der An erkennung dafür erhalten fönnen, ſo wird für ſie das

Bewußtſein der treueſten Pflichterfüllung und das An

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denken, das ſie in der Batterie hinterlaſſen, die ſchönſte Belohnung bleiben. In einer großen Stadt iſt feld, eine firankheit viel weniger fühlbar ; die Kranken werden in die Hoſpitäler geſdiafft und man ſieht ſie nicht mehr. Anders iſt es in einem kleinen abgelegenen Ort ; es iſt wie auf einem Schiff, man hat das Elend Tag und Nadyt vor Augen ; die Leute, die fid freiwillig als Krankenwärter melden, werden zum Theil audy von der Strankheit befallen ; ein Samerad muß den anderen einfargen , hinauftragen und

verſcarren.

Was iſt der grauſamſte Feind gegen ein

folches Uebel, die blutigſte Sd ladyt iſt dagegen nur ein Luſtſpiel. Am Abend des 26. Auguſt, eines Sonntags, mars ſchirte die Batterie nad; dem Nirdyhof von Elb -Koste

letz, um den bis dahin verſtorbenen Kameraden : Haben stein , Engel, Gobr, Jass und Richter die legte Ehre zu erweiſen; nebeneinander waren ſie beigeſetzt und

ſdon mit Erde zum Theil zugedeckt. Der Hauptmann hielt ſelbſt die Leidenrede, dann ſdioſſen die Kameraden über das Grab.

Der Bürgermeiſter und viele Ein

wohner waren zu der Feierlichkeit erſdienen ; die auf richtige Theilnahme derſelben iſt der Batterie in bant barer Erinnerung geblieben. Ihr Verſprechen, den Ver: ſtorbenen ein einfadjes gemeinſchaftlidhes Kreuz mit den Na men zu ſetzen, haben ſie gewiß ſdhon ausgeführt. Den näd) ſten Tag ſtarb nody der fanonier Holscher . Nach wenigen Tagen fehlten der Batterie über 20 Mann, die theils

todt waren, theils in den Lazarethen lagen. Unter den

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ſpäter Dahingeſchiedenen muß der im Lazareth zu Dres den am 24. September verſtorbene Obergefreite Sack aus Cleve nody erwähnt werden . Obgleich erſt Ober gefreiter , führte er während des ganzen Feldzutges ſein

Richtungsgeſchütz mit Auszeichnung. Er war ein vor züglicher Soldat. Nad der Rückkehr der Batterie zum Unteroffizier ernannt, traf ihn die Nadyridyt davon nicht mehr am Leben.

In der Schlacht bei Königgrätz wurde dein Unteroffizier Beyer , Führer des 5. Geſchüßes der 3. reitenden Batterie, burch eine Granate der linke Fuß

zerſchmettert ; deſſenungeachtet blieb er bis zum letzten Augenblick des Aufpropens an ſeinem Geidyütz und in ſeiner Funktion. Erſt als das Prozlody auf dem Proz nagel ſaß , bachte er an ſidy felbſt und ließ ſid) zum

Verbinden zurückbringen . Einige Tage ſpäter erhielt der Wadytmeiſter von ihm einen Vrief des Inhalts, daß ihm der Fuß amputirt ſei , daß er zwar viele Schmerzen ausgeſtanden habe , daß es aber ſchon beſſer gehe , und

er dringend bitte , ihm feine Drillidſachen und Wälde zu ſenden ; viele Grüße folgten für alle Kameraden ser Batterie anbei. Kein Wort der klage war ihm ent ſchlüpft. Leider iſt der Brave bald darauf verſtorben. Folgender hübſcher Zug als Beiſpiel des Zutrauens, deſſen ſich die preußiſchen Soldaten ſelbſt bei den Bür gern der beſetten öſterreichijyen Landestheile erfreuten, verdient hier Erwähnung :

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Als nach dem Treffen bei Tobitschau die erbeuteten

öſterreid iſchen Geſchüte und die Gefangenen in Brünn eingebrad )t wurden, hatten ſid, eine Menge Einwohner Brünns verſammelt, um dies mit anzuſehen und viel leidyt Befannte unter den Gefangenen zu entdecken . Audy zwei preußiſche Garte-Artilleriſten fahen dem zit. Der Zug nahte und ſiehe, die öſterreichiſchen Artil

leriſten ſelbſt ſaßen gemüthlich im Sattel und führten die ihnen abgenommenen Geſchütze in die vom Feinde beſetzte Stadt. Da brehte fidein alter Herr , mit Thränen der

Wuth und Sdiam in den Augen, zu den Preußen um

und ſpracy: „ Nicht wahr, meine Herren, ſo etwas wür den preußijde Artilleriſten nidt thun !"

Als am Abend die Scylacyt von Königgrätz die Truppen auf dem Schlachtfelde Bivouafs bezogen hatten ,

war es wegen der vorgerücften Zeit und der großen Er müdung der Leute nid)t mehr möglid ), einen allgemeinen

Danfgottesdienſt abzuhalten. Dody Wer fönnte ſie zählen, die inbrünſtigen ſtillen Danfgebete ſo vieler, weldie einzeln an dieſem Abend von den blutgetränktert Gefilden zu Gott emporſtiegen, und leiſe verklangen in den Seufzern der Verwundeten und ihrem Flehen um Linderung der Schmerzen. Wie contraſtirte mit dieſer Stille des Abends auf dem Schlachtfelde der nächſte Morgen. Alles war idyon früh auf den Beinen , theils um den noch zahlreich un herliegenden Verwundeten zu helfen , theils um die Sa

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dyen in Stand zu ſetzen , theils um am Feuer fich ein ſpärlidies Frühſtück zu bereiten.

Aud) tönte ſchon von

mander Stelle eine luſtige Melodie herüber und Froh

ſinn und Heiterfeit herrſcyte wieder da, wo vor wenigen Stunden noch der Tod ſeine gräßliche Ernte gehalten hatte.

Aber was find das für ſdyöne flänge , die von den Höhen von Langenhof herüberſdvallen ? Warum verſtum

men mit einem Male alle andern luſtigen Weijen, warum fallen ſie ein in dieſe Melodie ?

Wo iſt das eben nod)

ſo rege Leben und Treiben des Bivouaks ? Alles Lär men iſt verſtummt, alle Fröhlichkeit iſt dem heiligen Ernſte gewidyen, und jeder ſtimmt mit entblößten aber ſtolz ge hobenem Haupte und mit freudeſtrahlenden Augen ein in die erhebende Melodie des ſchönen Chorals : „ Nun banket alle Gott. “ Der Prediger Büchsel der Garde- Neſerve 1/

Artillerie hatte zuerſt das Dankgebet angeſtimmt, dann war die Muſik des Regiments unter Leitung ihres be währten Dirigenten, des Stabstrompeter Lücke, einge fallen. Die Muſik und die Gewalt dieſer Töne an die fem Orte zu dieſer Stunde hatte alle Herzen entflamut.

Auf dem ganzen großen weiten Todtenfelde hatten Alle nur einen Gedanken , ſpradyen Alle nur ein Gebet. Sie bankten ihrem Gotte jetzt mit lauter Stimme für den herrlichen Sieg, für die gnädige Errettung, ſie dank ten ihm , daß er ſie dieſen Morgen hatte erleben laſſen . Notizen über die 4. reitende Batterie. Wie ſchon in der Einleitung erwähnt, befahl Se.

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-

Majeſtät der König mittelſt Allerhödyſter Kabinets- Ordre vom 31. März 1866, daß fortan jebe reitende Abthei lung aus 3 Batterien à 4 Geſchütze im Frieden , und aus 4 Batterien à 6 Gejdyütze im Kriege beſtehen ſolle.

Der 31. März iſt alſo der Stiftungstag der 4. reiten Nady bem Kriege wurde dieſe Allerhöchſte den Batterie. Nach Ordre bahin abgeändert, daß die 4. reitende Batterie vorläufig fortfallen ſollte, weshalb eine reitende Batterie

per Abtheilung zur Formation der neuen Regimenter abgegeben wurde.

Dies loos traf beim Garde-- Feld

Artillerie-Regiment die neu formirte 4. reitende Batterie. So jdnell ſie erſtanden , lo ſdynell ſie ſich im Feldzuge 1866 einen Namen erwarb , ſo ſchnell follte ſie auch

wieder verídwinden , und eine 4. reitende Batterie wird vorläufig in feiner Ordre de bataille mehr vorfom

men . Daher ſei es erlaubt über dieſes Phänomen hier einige Notizen folgen zu laſſen. Damit die neue Batterie nicht nur Augmentations pferde erhielt, gaben die 3 reitenden Stammbatterien 24 Reit- und 12 Zugpferbe ab ; die 12 Zugpferde waren 6 Paar alte Vorderpferde. Dadurdy hatte die neue Bat

terie ſchon eine große Hülfe und konnte wenigſtens ihre 6 Geſchütze in den Vorderpferden mit alten Pferden be ſpannen , wenn auch ihre Zuſammenſtellung der Farbe nady mohl nicht jedem fritijdsen Auge genügt hätte. Por dem Feinde entſcheidet aber nicht die Farbe, ſondern die

Tüchtigkeit der Beſpannungen , und daß lettere trotz der 164 Augmentationspferde vorhanden war , davon haben wir im Vorhergehenden ſchon mandies Beiſpiel gegeben.

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Am 3. April gaben die 3 alten reitenden Batterien

52 Mann incl. 12 Unteroffiziere ab ; am 4. April wurde der Hauptmann v. P. als liommandenr der Batterie beſtinimt; der Sergeant Nohn, früher bei der 3. rei

tenden Batterie, wurde zum Wadytmeiſter deſignirt. An dieſem Tage erhielt die Batterie audy ihre erſten Pferde und Reſerve-Mannſdyaften. Bei der Reſerve-Vertheilung wollte natürlid) Jeder zu ſeiner alten Batterie ; nur die früher Etwas ausgefreſſen, baten zur neuen Batterie ab getheilt zu werden. Die Batterie blieb in Berlin in der Raſerne am Oranienburger Thor und wurde ihr das durch die Mobilmadiung ſehr erleichtert. Sdion am 7. April hatte die Batterie die Ehre die Poſten vor dem Palais Sr. Majeſtät des Königs ſtellen zu dürfen.

Als größter Feind der raſchen Entwicelung trat die Druſe der Pferde auf; die 164 neuen Pferde mußten fie ſämmtlid) mehr oder minder durcymadyen . Es half aber nichts, hinaus mußten die Pferde und die friſdie

Luft war ſchließlid; aud; die beſte Medizin. Am 16. April war die Batterie an Mannſchaften und Pferden vollzählig. Sdion am 19. rückte ſie feld kriegsmäßig nad dem Wachtfelde hinter der Garde- Füſi lier - Stajerne. Viele Pferde fühlten zum erſten Male Reiter

und Kandare ; trotzdem wurde einmal im Trabe vorge gangen und vor Sr. Excellenz dem Herrn General- In ſpecteur abgepropt. Am 8. Mai erercirte die Batterie das erſte Mal

im Feuer auf dem Tempelhofer Felde und am 9. im ganzen Regiment unter dem Regiments - Komman

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deur. Am 14. Mai verließ ſie Berlin und rüdte ins Cantonnement nady Bernal , wo ſie während der Pfingſt feiertage bis zum 24. verblieb. Was weiter aus ihr wurde und wie ſie fidy mit Ehren an der großen Entſcheidungsſdıladyt betheiligte, haben wir bereits erfahren. Um ſo ſchmerzlicher war es für das Regiment, die Batterie fobald wieder verlieren zu müſſen. Denn fo ſchmeidielhaft es für ſie auch war, als jüngſte reitende Garde Batterie zur Formirung des hamnöverſchen

Feld-Artillerie- Regiments abgegeben zu werden, ſo wurde ihr der Abfdpied aus den alten Verbande body ungemein

ſdywer. Die Mannſchaften behielten zur Erinnerung an ihr früheres Garde- Verhältniß eine Lige am Kragen, die

Offiziere den Garde-Helm . Am 7. November wurde ſie in ihrer neuen Adjüſtirung von Sr. Majeſtät dem Könige

beſidytigt. Am 8. Noveniber 1866 ging ſie per Eiſen bahn nach der Stadt Hannover, wo ſie den Namen : „ 1. reitende Batterie hannöverſdien Feld -Artillerie- Regi ments Nr. 10 “ führt. Ein bleibendes und ehrendes Andenfen im Garde

Feld-Artillerie - Regiment hat ſie ſich ſelbſt geſidyert. Notizen über die ,, Garde (1.) Reſerve Batterie.“ Ein in vielen Fällen ähnliches Scyidjal, wie die 4. reitende, hatte auch die oben genannte Batterie. Denn

aud, ſie war, nur unter nodi ſchwierigeren Verhältniſſen, neu formirt, and fie mußte nach Beendigung des Krie : ges aus ihrem bisherigen Truppenverbande fdjeiden, aud) ſie mußte ihren alten Namen gegen einen neuen ver

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tauſdien:

Wenn dieſe Garde-Batterie, welche jetzt unter

dem Namen „ 5. 4nge Garde-Batterie" zum Garde Feld -Artillerie- Regiment gehört , leider nod nicht, wie die anderen Garde - Batterien aud vor dem Feinde ſich hat bewähren und zeigen können, daß ſie ebenſo wie dieſe ſtets bereit iſt, treu und tapfer ihre Pflicht zu erfüllen, wenn ſie auch nur in der Reſerve an den ruhmrollen

Sdladyten und Gefedyten des Jahres 1866 hat Theil nehmen fönnen , ſo hat ſie deſto reichlicheren Antheil an den Mühſeligkeiten und Strapaten des Kriegerlebens auf Märiden und in den Bivouafs gehabt.

Die Geſchichte dieſer Batterie iſt in Kurzem folgende : Am 22. Mai 1866 verfügten Se. Majeſtät der

König, daß zur Kompletirung des bei Berlin zu bil denden Reſerve-Arntee - Corps mit der nöthigen Artillerie ein neues Feld- Artillerie - Regiment unter dem Nanien ,, Reſerve- Feld- Artillerie- Regiment" gebildet werden ſollte. Von der Garbe-Artillerie -Brigade wurde hierzu eine Bat terie neu formirt, weldie den Namen ,,Sarbe ( 1.) Re ſerve - Batterie" erhielt und mit 12adern ausgerüſtet wurde. Der Hauptmann v. H. S. wurde als Chef zu dieſer Batterie fommandirt und traf aus Stade am

6. Juni in Berlin ein , nachdem bereits in den erſten Tagen des Monats die zur Formirung der Batterie be ſtimmten Unteroffiziere und Mannſchaften dort angefommen waren. Von Stammmannſchaften erhielt die Batterie nur den Unteroffizier Haufe , der auch erſt 11/2 Jahr Ar tilleriſt war, früher beim 2. Garde-Ulanen -Regiment ge ſtanden hatte und die Geſchäfte bes Capitainbarmes über

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nahn .

Alle übrigen Unteroffiziere und Mannſdaften

der Batterie waren aus der Reſerve und Landwehr ein gezogen. Die Zuſammenſeßung der Batterie war daher, wenn man die verídjiedenen Berufsarten, aus denen die

Unteroffiziere und Mannſchaften ſoeben herausgeriſſen waren, betrachtete, eine ſehr bunte. So waren von den

Veiden Sergeanten, welche als Zugführer Offiziersdienſte thaten, der eine, Sergeant Schmidt, Eiſenbahmufſeher, der andere, Sergeant Lenz, Briefträger ; der als Feld webel fungirende Unteroffizier Suppa war Sdifférheder ; ebenſo zuſammengen'ürfelt waren die Geſchützführer: der

des 1., Unteroffizier Schmidt, Lokomotivführer, der des 2., Unteroffizier Fitzner, Beſtſecretair, der des 3., Unteroffizier Bindemann, Mehlhändler , der des 4., Unteroffizier Petrus, Arbeitsmann , der des 5., Unter offizier Peissel, Maurergeſelle, der des 6., Unteroffizier Muth, Gelbgießer ; von den übrigen Avancirten war der Unteroffizier Fentzke Zimmermeiſter , der Unteroffizier Grund Tijdyler, der Unteroffizier Wallroth Schau I

ſpieler ; audy nod 2 Bombardiere, beide Schauſpieler, wurden der Batterie als Unteroffiziere zugetheilt. Die Mannſchaften der Batterie waren faſt alle land wehrleute, die ſich zum Theil freiwillig zum Eintritt ge meldet hatten, obwohl ſie hierzu ihres Alters wegen nid)t

mehr verpflichtet waren ; ſo der Kanonier Wickel, welcher feinen Eintritt nur an die Bedingung knüpfte, Vorder reiter bei einem Geſchütz zu werden ; natürlich erhielt er auch dieſen Poſten und fungirte während des ganzen

Feldzuges als Vorderreiter beim 2. Geldhütz. Der Train 7

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foldat des Batteriediefs Sutherland war Kunſtreiter director ; der Paroleſdyreiber der Batterie, Gefreite Calix, war Hof-Pianoforte- Fabrikant, und unter den Mannſchaften befanden ſich unter Anderen ein Doctor juris, Claus witz, der den 1. Munitionswagen führte, 3 Bau

meiſter 2c., darunter der Gefreite Krüger, welcher für die Umſidyt und Energie, mit der er ſtets rechtzeitig Le bensmittel und Bagage der Batterie zugeführt, zum

Obergefreiten befördert wurde, überhaupt eine auffallend große Zahl gebildeter Menſchen aus allen Berufsarteri. Einen Arzt , Roßarzt oder Lazarethgehülfen beſaß die Batterie bei ihrem Ausmarſd) nicht. Sämmtliche Funk

tionen dieſer verſchiedenen Jünger des Aesculap verrichtete mit großer Umſicht und Sadyfenntniß der Kanonier Fröhlich, in ſeinen Civilverhältniſſen Arbeiter bei der Rathewage in Berlin . Erſt beim Rückmarſch wurde der Batterie der Stabsarzt Dr. Borberg zugetheilt.

Am 8. Juni wurden die jämmtlidyen Pferde der Batterie angefauft und , obwohl erſt an den folgenden

Tagen die Uebernahme der Geſchirre, Geſchüße 2c. ſtatt finden konnte , wurde dody durch den Eifer Ader die Mobilmading ſo gefördert , daß die Batterie bereits in der Nacht vom 16. zum 17. Juni auf der Eiſenbahn

verladen und über Magdeburg , Halle nach Bitter feldt zur mobilen Armee abgehen konnte. Die Batterie wurde der Garde-Landwehr-Diviſion und mit dieſer der Elb - Armee zugetheilt. Am 19. Juni fand das Ein rüden in Sachsen ſtatt und nacident die Diviſion an =

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die Elb -Armee herangezogen war, überſdyritt die Batterie am 24. Juni die böhmiſde Grenze.

Die Garde-Land

wehr - Diviſion hat leider nicht activ an den Gefechten

und Schladyten der Elb - Armee Theil genommen, ſondern ſie ſtand während des Gefechts bei Münchengrätz nur in Reſerve und traf bei der Schlađịt von König grätz erſt gegen Abend auf dem Schlachtfelde bei Nechanitz ein. Nach der Schladyt bei Königgrätz rückte die Garde - Landwehr - Diviſion nach Prag zur Beſeßung dieſer Hauptſtadt Böhmens. Da vorläufig nur dieſe eine, an Zahl ſehr ſdhwache Divi ſion, die große feindliche Hauptſtadt beſetzte, ſo war Vor:

ficyt dringend geboten. Die Truppen wurden daher niđit vereinzelt in der Stadt einquartiert, ſondern lagen zuſam men in Kaſernen, und die Kanonen der Batterie ſtanden auf dem Plate vor dem Schloſſe auf dem Hradschin

auf die Stadt gerichtet, die Bedienungsmannſchaften in der Nähe, bereit, bei jedem Stadt burch Feuer im

feindlichen Gebahren die

Zaum zu halten .

Aus Sachsen waren inzwiſchen andere Truppen

zur Beſetung Prags nadigerückt, und als dieſe dort ein trafen, verließ die Garde-Landwehr- Diviſion dieſe Stadt, um der Haupt-Armee wieder zu folgen. Als die Batterie in der Gegend von Brünn angekommen war, wurden die Friedensunterhandlungen eröffnet und bald der Waffen ſtilſtand abgeſdyloſſen. In Folge deſſen blieb die Batterie

in der Nähe dieſer Stadt ſtehen und rüdte ſpäter nady Nord - Böhmen zurück, wo ſie bis zum Friedensſchluß 7*

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Standquartiere bezog und von hier über Dresden wie der nad) Berlin marſdirte. Hier wurde ſie bald dem Garde- Feld- Artillerie-Regi

ment als 4. 12 nige Batterie an Stelle der zum 10. Feld-Regiment abgegebenen Batterie gleichen Namens

zugetheilt, und erſt ſpäter bei der Ausrüſtung mit gezo genen 4 #dern erhielt ſie ihren jetzigen Namen : ,, 5. 4ge Batterie ,' welchen eine andere Batterie des Regiments

bereits während des Feldzuges mit Auszeichnung geführt hatte. Der nädyſte Feldzug wird hoffentlich der Batterie Gelegenheit geben , ſidh auch vor dem Feinde doppelt hervorzuthun , um zu zeigen , daß ſie ebenſo wie die

anderen Batterien des Regiments der Ehre des Namens einer „Garde-Batterie“ in allen Beziehungen würdig iſt. n

Schnelles Avancement.

In dem Gefedyt bei

Königinhof am 29. Juni war der mit der 5. 47ogen Batterie aus Berlin mitmaridhirte Ziegenbod vulgo „ Herr Schneider" genannt, bei der 2. Wagenſtaffel zurückgelaſſen. Derſelbe hatte aber keine Luſt hier zu

bleiben , ſondern wollte vorwärts zu den Geſcützen , die im Gefedyt waren . Der Gefreite Hübner war damit beauftragt, den Bod während des Gefechts zu bewachent und daher eben im Begriff ihm nadyzueilen um ihn zu

rückzuholen , als er Sr. Königlichen Hoheit dem Kren prinzen begegnete, der ihn fragte, was er mit dem Thiere wolle. Hübner erzählte , der Bock wolle nicht länger bei dem Wagen bleiben , ſondern der Batterie nadseilen , und er hätte doch Befehl, ihn nicht ins Gefedyt zu laſſen ,

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worauf Se. Königliche Hoheit zu ſagen geruhten : „ Laſt den nur ; der avancirt auf eigene Hand ; der kommt früher an den Feind, als 3hr!" Gleidy darauf kam ein leer gewordener Munitionswagen von den Geſchüßen zurück, mit dem auch Herr Schneider wieder umkehrte. Dieſer Ziegenbock, welchen die Batterie zur Zeit der

Mobilmachung 1864 angekauft hatte, hatte ſich ſehr an die Leute und Pferde ter Batterie attachirt und umge

fehrt ,, aud) die Leute an ihn.. Es gab Reinen in der Batterie, der nicht beim Aufbruch aus dem Marídyquar

tier oder Bivouak zunächſt mit dem „ Herrn Schneider“ ſeinen Morgengruß wediſelte, und namentlich unterhielten ſich die Leute des 1. Geſchützes gern mit ihm . Bei dieſen war er in corporalſd)aft eingetheilt , und dieſe hatten ſpeciell für ſeine regelmäßige Verpflegung zu forgen. „ Schneider' war mit ihnen daher auf das freundſd )aftlidyſte geſtellt und wurde ebenſo von ihnen in

Ehren gehalten. Beim Ueberſchreiten der Grenze nach ten ſie den beim Ausmarſd ) aus Berlin zum Ober gefreiten ernannten Bock feierlichſt zum Unteroffizier und verehrten ihin ein ſdhönes Halsband, auf dem Charge und Adreſſe verzeidynet waren .

So hatte ſich zwiſchen

„ Herrn Schneider " und dem 1. Geſchütz ein ganz be

ſonders enges Verhältniß ausgebildet , das auch darin einen Ausdruck fand, daß Herr Schneider ſidy auf dem Maríde nicht eher behaglid) zu fühlen ſdien, bis er an der Tête der Marſch-Rolonne beim 1. Geſchütz angelangt war, und dann ſtets an der Tête mitging. Aus dieſem Grunde mochte es deshalb bei Köni

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ginhof dem Herrn Unteroffizier Schneider hinten bei der Wagenſtaffel nicht ganz gefallen haben ; indeſſen foûte ja das arme Thier niđit zum Schrecken der Feinde in den Kampf geführt werden , und deshalb war für den

Fall eines Gefechts die Anordnung getroffen, daß Schnei der bei der Wagenſtaffel bleiben und Hübner ihn be wachen ſollte.

Merkwürdigerweiſe ſollte Schneider aber ſelbſt an dieſem Platze bem Feinde nody furchterregend er dyeinen ; denn am Tage des Gefechts bei Königin hof ſahen die baſelbſt zu Gefangenen gemachten Mannſchaften des

öſterreid iſden Regiments Coronini , weldie auf ihrem Wege die 2. Wagenſtaffel der Batterie paſſiren mußten, das Thier hech oben auf dem 2. Vorrathswagen voller

Entſetzen an , und brachen factiſd in die Worte aus : ,, Nun wiſſen wir doch, warum wir immer geſchlagen werden ; kein Wunder, wenn der Feind den Teufel ſelbſt in Geſtalt eines Ziegenbodes bei fidy hat!" Ob dieſer

fdmeid)elhaften Anerkennung, deren ſich der Herr Unter offizier Schneider bei dieſer Gelegenheit von Seiten des Feindes zu erfreuen hatte, und in Anbetradyt ſeiner an dieſem Tage bewieſenen Kampfbegier , wurde Herr

Sdneider an demſelben Abend vom 1. Geſcyütz zum Feldwebel- Aſpiranten befördert, ſein Halsband mit

einer aus einem Coronini-Sochkeſſel fabrizirten Verdienſt medaille beforirt, und dies Feſt feierlich mit Königinhofer Bier, welches bort in Maſje zit finden war, begangen. Ueberhaupt hat Herr Schneider alle Fährlichkeiten

des Feldzuges muthig und mit Glüc überſtanden , aber

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auf dem Rüdmarſd), nadidem der Friede idon geſchloſſen , traf ihn ein Unglüc

er brady ein Bein. Das Bein

wurde jedod; vom Doctor und Thierarzt der Batterie ſorgfältig in einen Gipsverband gelegt, und der Bod fortan auf dem Fouragewagen gefahren.

Auf dieſem

Wagen fuhr außer ihm audy noch die Ordonnanz des Capitaindarmes zur Beaufſichtigung des Gepäcks. Die Ordonnanz war eine treue genüthlidye Seele, der der Bod

ein um ſo lieberer Gefährte war , als demſelben alle Angewohnheiten anderer Feldſoldaten fremd waren ; er raudte nicht, er ſchnapste nicht u. 1. w. , jo dachte 1

wenigſtens die Ordonnanz. Doch bald ſollten dem armen Kerl die Augen übergehen, zu ſeinem Schrecken ! Der Bod hatte allerdings eine Angewohnheit des Feldfoldaten angenommen , wenn audy nur eine, dod; eine um fo ſchredlichere, er priemte ! Eines ſchönen Tages , es war an einem Ruhetage,

hatte ſich des Capitaindarmes Ordonnanz mit vieler Mühe durch Waſchen und Sonnen aus dem ungenießbaren erbent teten öſterreichiſchen Raucıtaback ein einigermaßen rauch bares Kraut zurechtgemacyt, und ſdhwelgte ſchon im Vor aus in den Hochgenuß, ant andern Morgen auf dem Fouragewagen in aller Seelenruhe ſein Pfeifchen fdymau

dhen zu können, ein um ſo größeres Vergnügen , als er es bei dem damaligen Mangel an Taback ſchon einige Tage hatte entbehren müſſen. Der kommende Tag brady an ; die Batterie ſetzte ſich in Bewegung und Bock und Ordonnanz hatten es ſich auf dem Fouragewagen be quem gemacht. Jetzt zog die Ordonnanz mit unendlichem

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da Vergnügen Pfeife und Tabadsbeutel hervor , wurde der Gute ſdynell zum Capitaindarmes beordert . Raſd ſteckte er den Tabadsbeutel zwiſchen ein Paar Säcke und ſprang vom Wagen. Nad) Verlauf einer halben Stunde kehrt er zurück

und freut fid; nun, jetzt in Behagen dem langentbehrten Genuſſe nadyhängen zu können. Aber o weh ! was ſieht

er, als er den Wagen wieder beſteigt? Der Bod hat während ſeiner Abweſenheit fidy des Tabadsbeutels be

mächtigt, und kaut eben an der letzten Tabadsprobe.

Der Bod hatte Alles rein aufgepriemt; ſeit dieſer Zeit entbrannte das Herz der Ordonnanz in ſtillem Haß gegen den Bod, und das Herz des Bocfs in ſtiller Liebe zu

dem Tabadsbeutel der Ordonnanz. Glüdlicherweiſe konnten beide bald wieder von einander getrennt werden , denn

nody vor dem Einzug in Berlin war Sd;neiders Bein geheilt, und er konnte nach wie vor an der Tete ſeiner Batterie maridhiren, die ihu ſdyließlid) vor Berlin zum Zahlmeiſter - Aſpiranten beförderte, in weldier Charge er nun idyon ſo lange verbleiben muß, bis wieder des Königs Ruf zu den Waffen ertönt. Wie einer Geographie ſtudirt. Der Stabe trompeter Lücke war immer eifrigſt beſtrebt geweſen,

ſein Trompeter -Corps in ſeinen muſikaliſchen Leiſtungen zu vervollkommnen . Sein Beſtreben hatte ſo günſtigen Erfolg gehabt, daß Seine Königlide Hoheit der Gene

ral- Feldzeugmeiſter der Artillerie Prinz Carl von Preu: fen im Jahre 1865 eine Baſtuba beſonderer Conſtruction

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dem Regiment als Zeichen der hohen Zufriedenheit mit den Leiſtungen des Trompeter-Corps zu Ichenken die

Gnade hatte. Lücke beantragte nach dem Empfange dieſer Tuba die Beſchaffung einer zweiten, in der Quart geſtimmten Tuba von demſelben Fabrikanten, als ein Bedürfniß für die Muſik, aus dem Muſif- Fond des Regiments. Auf die Frage , wie die Adreſſe des Fabri

kanten ſei, ſagte er , er erinnere fich des Namens der kleinen Stadt nidyt, fie finge mit König “ an.

Er jah

nach der Adreſſe und fand „ Königgrätz “ . „Ich habe nie von dieſer Stadt gehört, ich weiß nicht, wo ſie liegt,“ meinte Lücke. Am 3. Juli idylug eine Granate dicht neben Lücke ein, explodirte, das Pferd deute, fiel

einen Abhang herunter , und als Lücke ohne, ſein Pferd nur mit einer kleinen leidyten Verletzung ſich von dem Fall und Sdyred erholt, erhoben, fragte ihn ſein

Vorgeſetzter: „Wiſſen Sie nun, wo Königgrätz liegt ?" „ Zu Befehl," ſagte Lücke ungefähr da , wo ich ge

legen habe!“ So ſtudirte er Geographie ! Zum Schluß ſei hier noch ein Gedidyt verewigt, weldjes ber uns ſchon als Poet bekannte Sefreite Neu

meyer der 4. reitenden Batterie zum Andenken an die

Schlacht bei Königgrätz verfaßt hat. Der 3. Juli 1866.

Im Böhmerland auf mühjam ſchweren Wegen,

In Nebeldickicht meiſtens eingehüllt, Vernimmt und ſieht man vorwärts ſich bewegen Ein ſchimmerndes und hoffnungsreiches Bild. S’ ſind Preußens muth'ge ſtarke Heere,

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Sie zich'n dahin für Breußens Ruhm und Ehre. Geführet von zwei Königlichen Prinzen , Geleitet von des Himmels weiſer Hand, Zieh'n wohlgemuth die Söhne der Provinzen Hinauf zum Kampfe für ihr Preußenland. Wer wagt zu hemmen ſie mit trog’ger Hand, Sie zichen ja mit Gott für's Vaterland ! Doch horch ! Da kracht es aus den Feuerſchlünden , Gewedt vom Donner bricht der Dritte an,

Man bläſt Alarm auf Höhen und in Gründen, Nun vormärts hin , wo ſich der Kampf entſpann ! Bei Düppel ging es jüngſt im Kleinen , Ebenſo geht's heute los bei Königgrätz en gros.

Und vorwärts rollen unſere Feldgeſchüße, Durch Wald, durch Sümpfe, Schluchten , Grund und Moor ; . Sie fliegen faſt, cs winkt der alte Frige, Und ſchwarz hebt ſich der Böhmer -Wald empor. Er ſchaute ſchon vor über hundert Jahren So finſter auch auf Friedrichs tapfre Schaaren. Und Feuer ſchleudern Preußens Batterien

Hinüber auf den gut gedeckten Feind, Man hört nur Baß und keine Melodien,

Und dennoch wird darnach getanzt, wie's ſcheint. Zum alten Baß gehört ein gutes Streichen ; Kol'phonium iſt da, es wird wohl reichen.

Von früh acht Uhr bis Nachmittags um viere, Wie's jeder Preuße freudig ſagen kann, Antworteten treffend Preußens Kanoniere ; Nach vier lihr frägt der Feind nicht pünktlich an. Sie werden matt dort drüben die Collegen , Sie wollen , ſcheint's, fich bald zurüdbewegen .

Hoch ſollen leben Preußens Gußſtahlröhre, Das Augenmaaß, der Aufſaß, das Viſir,

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Das kalte Blut, das Halten an der Ehre ;

Vivat ! Es lebe jeder Kanonier! Denn Jeder weiß den Tüchtigen zu ſpielen Und auf den Feind probatum est zu zielen. Ießt geht es ſtürmiſch vor ; die Kommandeure, Sie führen brav des Vaterlandes Hort,

Es folgen kühn die Truppen der drei Heere Aus Lieb ' und Treue zu des Königs Wort.

Aus einer Stellung iſt der Feind getrieben, Doch die Natur iſt ihm noch hold geblieben. In Deckung hinter Schanzen gut geborgen Stellt er zum zweiten Mal ſich wieder auf ; Die Preußen aber laſſen Nichts für morgen, Und vorwärts geht's im Sturmeslauf, Hoch über Berge, wo Bleſſirte flehn, Und hin durch Dörfer, die in Flammen ſtehn. Der Feind muß weichen, zieht ſich aber wieder In Ordnung ziemlich auf die leßte Höh’ ; Doch bald fällt auch der leßte Schuß darnieder, Es kommt die preuß'ſche Infanterie, o weh ! Nun flüchtet Benedeck, kanns nicht mehr halten, Obgleich er von Paläſtro hat, die Alten . * )

Zwar ſtehen noch des Kaiſers Kanoniere, Die haben ihre Ehre nicht befleckt, Doch wehe, wenn erſt Preuſ Füſiliere Die Bajonette auf's Gewehr geſtedt,

Und ob Kartätſchen noch viel toller ſprühn, Sie holen ſich die feindlichen Batt'rien. Ießt fehlet ſchon der tiefe Baß da drüben, Es brüllt nicht mehr ein einziges Geſchüş, Doch mancher brave Preuße iſt geblieben, Abkommandiret hin zum alten Friş , *) Bezieht ſich auf den bei Mollwitz verleſenen Armee- Befehl Benedeck's .

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zu melden, daß die Preußen hier bei Chlum Deſtreich beſiegt, zu Preußens neuem Ruhm. Doch feh' ich auch ein Häuflein trauernd ſtehen , Derweil da drüben noch Viel Hurrah ſchrein ; Wer liegt denn da und muß zu Grabe gehen, Dem man noch will den eignen Athem leihn ? In den Geſichtern ſieht man, ' 8 iſt kein Hoffen, Den hat des Feindes legter Schuß getroffen . Wer fehlet denn von meinen Generälen ?"

Spricht König Wilhelm ahnungsſchwer berührt ; Mit Hiller's Tod muß man den Sieg bezahlen,

Hier liegt er bleich, wo er zum Sieg geführt. “ Mit ſeines Königs Thräne noch beſchenkt, Ward er bei Chlumens Kirch in's Grab geſenkt. Der König war mit ſeinem Heer zufrieden, Doch froh hat er das Schlachtfeld nicht geſehn ; Die vielen Landeskinder, die verſchieden , Sie rühren Ihm das Herz, man kann es ſehn. Der Prinz der Krone und der Prinz der Krieger Begrüßen Ihn auf dieſem Feld als Sieger. Sieh ! König Wilhelm ſtolz auf Deine Prinzen, Sieh auch ein wenig auf Dein ganzes Heer ; O, zähle auf die Söhne der Provinzen , Sie retten ja des Vaterlandes Ehr' ; Sieh ! Alles ſchwenkt begeiſtert ſeine Müße, Dein Ur-Ahn hört den Sieg, der alte friße. P

Druck von Garl Salewski in Berlin .