Erfahrungen über die Verbreitungsweise der Cholera: Bericht des Hofraths Dr. Bidder ... an die Königl. Preuß. Immediat-Commission zur Abwehrung der Cholera [Reprint 2019 ed.] 9783111475561, 9783111108582


176 117 4MB

German Pages 61 [64] Year 1831

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Table of contents :
Erfahrungen über die Verbreitungsweise der Cholera
Recommend Papers

Erfahrungen über die Verbreitungsweise der Cholera: Bericht des Hofraths Dr. Bidder ... an die Königl. Preuß. Immediat-Commission zur Abwehrung der Cholera [Reprint 2019 ed.]
 9783111475561, 9783111108582

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

Erfahrungen über die

Verbreitungsweise der Cholera.

B

e

r

i

c

h

t

dei

Hofraths Dr. B i d d e r, Insjiectors der Cinländischen Médicinal - Verwaltung, an die

Königl. Preufs. Immédiat-Commission zur Abwehrung der Cholera.

(Besonders

abgedruckt aus dem R u s t ' s e h e n Baud X X X V I , Heft 1 . )

Berlin,

1831.

Gedruckt und verlegt b e i G, R e i m e r .

Magazin

Unterm

^teu

August halle ich die E h r e , obgenannter

hohen Commission

durch ein kurzes Schreiben den E m -

p f a n g des an mich gerichteten Schreibens derselben vom I l t e n Anglist anzuzeigen, und meine Ueberzeugung und Erfahrungen über die Verbreitungsweise der Cholera und die zur Heramnng ihrer weitern Verbreitung empfehlenswertheil

und

bewiibrt

flüchtigen

Umrissen

gefundenen

darzustellen,

Veranstaltungen

in

mit dein Versprechen,

nach meiner beendigten Geschäftsreise mich ausführlicher über die mir vorgelegten F r a g e n auszusprechen. vielfache

ernste Hindernisse

von der Erfüllung

Durch meines

Versprechens abgehalten, kann ich erst jetzt dazu schreiten ,

und

obgleich

ich mit Recht besorgen m u f s ,

dafs

meine Mittheilung viel zu spät kommt, um irgend nützlich werden zu k ö n n e n , so will ich sie doch lieber der völligen Nichtbeachtung übergeben sehen, als mein gegebenes Versprechen unerfüllt lassen.

1 *

4 Ich werde mich nicht auf Rfisonnements einlassen, die schon so oft nnd

von sehr scharfsinnigen Gelehrten

angestellt sind, sondern unr Thatsachen berichten, die in den Kreis meiner Beobachtungen gekommen sind. haupt aber

Ueber-

kann ich die Bemerkung nicht unterdrücken,

dafs die wissenschaftliche und practische Ausbeute

aus

den zahlreichen Abhandlungen

und A u f s ä t z e n d i e

seit

einem Jahre erschienen sind,

nnd von Verfassern her-

r ü h r e n , die die Cholera noch nicht selbst beobachtet h a ben, ungleich geringer ausfallt, als man erwarten sollte, und dafs es über keine Krankheit schwieriger sein mag, richtig und treffend zu nrtheilen, sie a n v i e l e n I n d i v i d u e n eben die Cholera.

ehe und bevor man

selbst beobachtet h a t , als

Wenigstens kann ich f ü r mich nnd

f ü r alle meine Collegen in Curland das Bekenntnifs a b legen ,

dafs wir

Cholera h a t t e n ,

ganz

andere

Vorstellungen

von

der

ehe sie uns selbst vor Augen kam, als

nun der F a l l ist, nachdem wir sie in so vielen hundert Exemplaren gesehen und beobachtet haben. Die erste F r a g e in dem an mich gerichteten Schreiben l a u t e t : Gegend

wie die K r a n k h e i t verbreitet habe?

„ a n f dieselbe W e i s e , wöhnlich t h n n " .

sich

in

uuscrer

Hierauf erwiedere ich:

wie ansteckeude Krankheiten ge-

Diese Behauptnng wird durch eiue g e -

drängte historische Darstellung des Einbruchs und der Verbreitung der Cholera in Curland,

und namentlich iu

Mitau, hinreichend gerechtfertigt werden. Als die Cholera bis Minsk vorgerückt,

in den auf

polnischem Boden kämpfenden Heeren ausgebrochen war,

5 und nun auch Wiliia uud andere Theile des Jillhatiischea Gouvernements ergriffen hatte, d a wurde es uns in C u r land k l a r ,

dafs wir uns ebenfalls auf eiuen Besuch d i e -

ser Seuche gefafst macheu müfsten. so n a h e g e r ü c k t ,

Sie

war uns jetzl

dafs es selbst nnter den gewöhnlichen

F r i e d e n s Verhältnissen s c h w e r , wo nicht unmöglich g e w e sen wiire, C u r l a n d ,

bei der Beschaffenheit seiner G r e n -

zen, vor ihr zu schützen, geschweige denn nnter den o b sebwebenden K r i e g s u m s l ä u d o u . gegen Thinge nur

Süden von

von 60

Meilen

in der Breite

ment M i n s k ;

Polangeu

Curland grenzt nämlich bis Waruowitz

mit L i t t h a u e n ;

einiger W e r s t e

nordöstlich

dann

uud Lieiland.

einer

südöstlich

mit dem

trennt die D ü n a

den Gouvernements W i t e p s k

auf

Gouverne-

Curland von Die a u s g e -

dehnte Verbindungslinie zwischen Littbauen und C u r l a n d ist überall o f f e n , liche F l ü s s e in ruhigen

und nirgends

durch

irgend

oder andere natürliche Greuzen Zeiten

verbindet

mit den

willig abgebrochen.

bezeichnet;

ein lebhafter Verkehr

E i n w o h n e r beider P r o v i n z e n ; jetzt aller P r i v a t v e r k e h r

beträcht-

die

war indefs diesseitig

iusurgirten TVachbaren f r e i -

Der kleine P u n k t Curlands, d e r mit

M i n s k grenzt, ist mit dichten W ä l d e r n bedeckt, nnd d e r V e r k e h r d e r E i n w o h n e r höchst unbedeutend. h a f t e r ist

der V e r k e h r zwischen

Desto l e b -

den Bewohnern beider

U f e r der D ü n a , auf welcher die reiches Erzeugnisse d e s inuern R u f s l a n d s R i g a zugeführt werden.

J e näher R i g a ,

desto lebhafter wird der V e r k e h r mit Curland, denu R i g a bezieht einen beträchtlichen T h e i l snintion a u s C u r l a n d . des F r ü h l i n g s

seiner

täglichen

Con-

Dieser Verkehr wurde zu A n f a n g e

durch die anhaltenden T r u p p e n z ü g e

noch

6 lebhafter, tflglicb, j a stündlich zogen Detachenents TOB Riga über Mitau oder Bauske oach Litthaoen,

täglich

kehrten kleine Fartieen und einzelne Civil - nnd MiHtairBeamte von dort zurück.

Eben so lebhaft war zo dieser

Zeit der militärische Verkehr zwischen der auf dem rechten Ufer der Düna belegenen Festung Dünaburg und Littbanen dnreh Curland; auch fuhren Landstrafsen aus dem Innern des Reichs durch diesen Theil (den Illuxtschen K r e i s ) , das hier nur

Curlands

bis 4 Meilen

breit ist, nach Littbanen, uud wurden häufig vom Militnir betreten. Da es unter solchen Umständen unmöglich war, die von der Reichs -Regierung im vorhergehenden

Herbste

angeordneten Maafsregeln iu ihrer ganzen Alisdehnung nhd Strenge in Anwendung zu bringen; da diese Maafsregeln selbst im Innern des Reichs nnd in ruhigen Zeiten nicht zngereicht hatten, die Seuche zu verhüten, so fnufste man darauf gefafst sein, sie auch bei uns anlangen zn sehen.

Um nun

dem unvermeidlichen

Feinds

möglichst gewaffnet entgegenzugehen, wurde das Publicnm mit der nahen Gefahr, den Zeichen der Krankheit nnd den zweekmäfsigsten Vorsichtsmaafsregeln bekannt gemacht.

Hierauf gab sich Überalf im Lande ein edler

Staatsbürgersinn knnd; wetteifernd errichteten die Einwohner Curlands überall, wo es nüthig sdiien, auf eigene Kosten zweckmässige Krankenhäuser znr Aufnahme dt>r 211 erwartenden Cbolerakranken; die Städte und das Land wurden in eine Menge kleiner Bezirke ahgetheilt, Hin den Gesundheitszustand

der

Einwohner

besser zn

7 übersehen,

die irgendwo auftreteude Kraukfaeil sogleich

zu entdecken, sunden

die Kranken dem freien Verkehr mit G e -

zu entziehen,

und

f ü r ihre Heilung Sorge

zu

tragen. Es entdeckt

war

»in

wurde;

5 * 5 ten

noch

Mai,

als die Cholera

suchte

in Riga

sie einzeln ihre Opfer;

am i f t e n Mai aber loderte die Seuche plötzlich zur alles verheerenden F l a m m e auf.

Als die Kunde hiervon sich

verbreitete, eilten viele Curländer, f a n d e n , heiin,

die sich in R i g a be-

andere holten (heure Freunde und Ver-

wandte von dort al>, uin sie hier in Sicherheit zu bringen.

Nim

suchte man den Verkehr zwischen

hier und

Riga möglichst zu hemmen, jedoch war dies nur in B e zug auf Privatpersonen a u s f ü h r b a r ; das Militair und die reiseudeu

Beamten

Am -fiten Mai

konnten

nicht

Vormittags

wurde

aufgehalten inir

werden.

vom

Militair-

Hospitale die Anzeige gemacht, dafs daselbst am Morgen einige Soldaten

mit verdächtigen

gen angelangt seien.

Krankheitserscheinun-

Ich fand drei K r a n k e v o r ,

Anblick mir sogleich verrieth,

dafs sie an der

orientalischen

Um

Cholera litteu.

jedoch

deren ächten

in eiuer

so

wichtigen Sache nicht allein mit den Aerzten des Hauses zu entscheiden, in's Hospital; der Soldaten nach den

berief ich sammtliche Aerzte der Stadt sie erklärten

vorausgegangenen

dafs eiuer von ihnen men ,

einstimmig:

sei die Cholera.

Bei der

Momenten

die Krankheit Nachforschung ergab

es sich,

vor drei T a g e n aus R i g a g e k o m -

und Abends vorher in seiner vor der Seepforte

belegenen Kaserne erkrankt war. wenigen T i l g e n ,

Der andere war vor

der dritte vor 8 T a g e n aus R i g a g e -

8 kommen; beide wohnten in Kasernen vor der Seepforte nnweit des ersten Kranken, and waren in der Nacht erkrankt.

Am Abend des 18ten Mai kam noch ein vier-

ter cholerakr.iuker Soldat Riga genesen

in's Hospital, der nicht ia

-war, aber mit dem ersten Kranken in

einem Quartiere zusammengestanden

hatte.

Nun

ver-

breitete sich die Krankheit allmälig weiter in der Stadt. Um den Verbreitungsgang auschaulicb zu machen, ist es jedoch nothwendig, die Lage der Stadt zu beschreiben.

Sie liegt am westlichen Ufer eines seichten, sum-

pfigen Baches (die D r i x e ) ,

der einem stehenden See

gleicht.

Nördlich hat die Stadt einen Z u g a n g , die See-

pforte;

aufserhalb

dioser

und parallel mit der Drixe

laufen zwei Strafsen, kleine, enge, mit Menschen überfüllte Häuser enthaltend.

Innerhalb der Stadt, in der

nordöstlichen Ecke derselben, zunächst der Seepforte und hart an der Drixe liegen die Ton dem Collegio der allgemeinen Fürsorge abhängenden Anstalten: das Civil— und Militair-Hospital,

die Entbiudungs - Anstalt,

das

S i e c h e n - , Armen- und Arbeitshans und das Gefänguifs; in diesen Lokalen befinden sich fast zu jeder Zeit etwa 5 0 0 Menschen.

Von diesen Gebäuden aus läuft eine

Reihe Häuser, uud uuter diesen die ansehnlichsten der Stadt, längs der Drixe nach'Süd-Südost ( ¿ d . ) ; an diese Strafse schliefst sieb eine in süd - südwestlicher Richtung verlaufende kleine, enge Strafse ( B . ) ; aus welcher man zur Aunenpforte gelaugt.

Nordöstlich

von der

Stadt,

zwischen der Drixe uud A a , liegt das Scblofs, der Sitz aller Behörden und die Amtswohnung der

vornehmsten

Beamten, in seiuern Erdgcschofsc die Wohnungen

der

9 Gerichtsdiener, vieler andern Uuterbeamten nnd Dienstboten, und eine W a c h e enthaltend.

Dem Schlosse yorbei

führt der W e g östlich über die Flofshriicke der Aa nach R i g a , und hier liegt hart an der Aa der Schneckenkrng. Anfser diesen Zugängen

hat Mitau noch einen südwest-

lichen, die kleine Pforte, und einen westlichen, die D ö h l e n ' s e h e Pforte genannt.

Aufserhalb sämmtlicher P f o r -

ten laufen noch eiuige Reihen Ton Häusern Strafscn sowohl Peripherie Strafscn

als die innerhalb

verlaufenden sind

ungepflastert,

diese

der Stadt an deren

und die Pforten die Häuser

meistens klein, schlecht g e b a u t ,

fort;

-verbindenden an

denselben

TOU armen Leuten u n -

wäfsig dicht bewohnt; die Hüfe dieser Häuser siud der Sammelplatz alles möglichen Unrallis.

Die H a u p t - uud

\ erbiuduiigsstrafsen der Stadt seihst aber sind g e p f l a stert, b r e i t , luftig, die Häuser sind nicht sehr enge a n einauder gedrängt, mit Einwohucru nicht überladen , die Ilofe siud reinlich gehalten ; die meisten H ä u s e r

haben

Gärten, Ton denen einige recht grofs siud. Z u r Aufnahme der Cholerakrankcn des Civilstandes waren

zwei

temporäre

Auneupiorte, wordeu.

Krankeuhäuser

Collegii der allgemeinen war

nnd in den Austalten des

F ü r s o r g e an

eiu iu einem

der Cholora E r -

abgesonderten

der Mähe des Gefänguisses steheudes H a u s um jedoch

der

jedoch in der Nähe der Stadt eingerichtet

F ü r die im Mililair

krankenden

au/serhalb

zu

diesem Hofe und

Hause

inufste man über den allgemeinen Hof stalten gehen.

Hofe in

eingerichtet; zu

gelangen,

sämmtlicher A n -

Auch für dieses Krankenhaus w a r ,

wie

für die C i v i l - K r a n k e n h ä u s e r , ein besonderes Dienst - and

10 WArter-Personal beigegeben; da aber das GebAude nicht einzeln und aufserhalb der Stadt staud, so konBte noerachtet des strengen Verbots und der abgestellten Wache die Communikation zwischen den Dienstlenten des Cholerahauses nud der andern Anstalten

nicht so gehemmt

werden, dais nicht manche Contravenlioiien Statt gefunden hätten. Ich nehme nnn wieder den Faden der weiterschreiteuden Seuche auf.

Am -Ilten Mai kam kein neuer

Kranker in Mitau vor; am 20sten Mai früh erkrankte ein 74jiibriger Greis aus der Siechen-Anstalt, der selbigen T a g e s starb; ferner ein Scheiikwirth von 4 0 J a h ren, dem T r u n k ergeben, der im Erdgeschofse eines an der Drixe oberhalb des Militair - Krankenhauses belegenen Hauses wohnte: inigleichen ein Mann von 36 Jahren, der kürzlich aus Riga gekommen war, wo er sich mehrere T a g e auf den Strafsen umhergelriebeu hatte, und nun beim erstgenannten Schenkwirthe wohute; auch er war dem Trnuke ergeben. zwei Soldaten,

E s erkrankten auch noch

von denen der eine am 14ten Mai iu

Riga gewesen w a r , beide standen vor der Seepforte im Quartier.

Am 22sten Mai erkrankten vier Personen in

der Arbeitsanstalt, ein Militair -Krankenwärter, ein Mann und eine F r a u in der Strafse A . unweit der Drixe, uud ein Schneider,

welche

Kranken gepflegt halte.

einen

spater zn

erwähnenden

Am 23steu Mai erkrankte eine

Frau, die in einer der Kasernen wohnte, wo die zuerst erkrankenden Soldaten ihre Quartiere hatten, imgleichen eine Person in der Arbeitsanstalt.

Am 24sten Mai e r -

krankte wieder ein Militair - Krankenwärter, zwei Soldaten

11 in Kasernen

vor der Seepforte,

der A r b e i t s - A n s t a l t ,

zwei E b r ä e r aus einem der westlich ser;

mehrere Personell

ans

ein Arrestant im Gefängnisse, und in der oberwähuten

süd-

verlaufenden engen Strafse B . belegenen H e u -

einen

dieser K r a n k e n entdeckte ich

gegen Abend

in einem Winkel am M a r k t e zwischen zwei Bnden todtk r a u k zusammengekauert.

Am 24sten

Mai

erkrankten

zwei Soldaten in ihren Kasernen vor der Seepforte, ein alter E b r ä e r

iu der Nähe dieser Kasernen und mehrere

Arrestanten.

Da die Senche

in der A r b e i t s - und Sie-

chen - Anstalt um sieb gegriffen halte,

diese anch mit

Meuscheu überfüllt w a r , so hatte man schon am 22sten Mai 5 0 Pfleglinge nach

dem

Schueckeukruge

Aber auch hier brach die Seuche

aus;

verlegt.

es erkrankten

bereits am 25sten Mai fünf dieser Leute, uod nach und nach

kamen fast alle daran.

Am 26sten Mai wieder

zwei Soldaten in ihren Kasernen, ein M i l i t a i r - K r a n k e n w ä r t e r , zwei Soldaten

iu der Wachtstuhe des Gefäng-

nisses, mehrere Arrestanten und Strafarbeiter, eiue F r a u und ein Manu

iu Häusern

Leute iin Schneckenkruge,

vor

der Seepforte,

einige

ein P a a r obdachlose Umher-

treiber, die auf den Wiesen ausserhalb der Stadt schwer k r a n k gefunden w u r d e n , Schreiberstrafse

(der

endlich ein Goldarbeilcr in der

erste S p r u n g der S e u c h e ) .

Am

27sten Mai erkrankten mehrere Persouen in einigen vor der Seepforte belegenen H ä u s e r n , wärter und ein E b r ä e r in

ein

Civil-Krauken-

einem zwischen der kleinen

nnd D o h l e u 'sehen Pforte belegenen H a u s e .

Am 28sten

Mai eine Dame am südlichen Ende der Häuserreihe ¿4., eine andere

am E n d e

der katholischen

Slrafse unweit

12 der Annenpforte, eine nicht veil von dieser wohnhafte Ebräerin, eine Frau iu der Kanal-Straise (mitten in der Stadt) nnd einige Leute in Häusern vor der Seepforte. — Es würde zn weitläHftig sein, diese Aufzählung der täglichen Erkrankungsfalle weiter fortznsetzen. Aus dem mit der gröfsten Sorgfalt nnd Umständlichkeit geführten Verzeichnisse der Cholerakrankeu Mitan's, in welchem bei jedem Einzelnen die dem Ausbruche der Krankheit vorangehenden und ihn begleitenden Umstände, imgleichen die Personal - Verhältnisse der Kranken notirt sind, geht hervor, dafs in den ersten 8 Tagen der Seuche fast in jedem Falle die Herkunft und Verwandtschaft des Seuchenstoffs nachgewiesen werden konnte; dafs in den folgenden 8 Tagen die Nachweisung einer directen Communikation der Neuerkrankten mit früheren Kranken in der Mehrzahl der Fälle Statt fand, und erst dann nicht immer möglich war, als 6chon in 4 0 bis 5 0 Hftneern die Seuche ausgebrochen war, 20 bis 3 0 Kranke in ihren Wohnungen verblieben, nnd mehrere Truppendetachements und Partieen von Kriegsgefangenen hier ankamen, unter welchen sich nicht selten schon sterbend« Cholerakranken befanden, so dafs also der vielfachste Verkehr zwischen den Kranken , ihren Führern, Begleitern nnd Wächtern, und den nutern Klassen der Einwohner unvermeidlich war; — dafs die Seuche einen bestimmteil Gang verfolgte, und von der Seepforte ans, in deren Umgegend sie am längsten verweilte, die äufserste Häuserreihe ui. von Nord nach Süd ergriff, dann in die Strafse B. einkehrte, hierauf westwärts schreitend an die kleine, and er6t am I l t e n Tage (den29sten

13 Mai)

an die D o b l e n ' s e h e

Pforte gelangte,

von den

Pforten und peripherischen Strafsen Sprünge in's Innere der Stadt machtc, und dann auch hier die Strafse entlang zog; — dafs die Seuche vorzugsweise in solche Häuser einkehrte, die von einer grofsen Zahl armer, schlecht bekleideter und

schlecht genährter, zum Theil

auch wohl dem Trunke und andern Ausschweifungen ergebener Menschcn bewohnt waren; dafs jedoch auch sehr anständige Personen der untern und selbst der höheru Stände, deren Lebensart kein Vorwurf

treffen konute,

die aber meist Kumuier und Leiden erduldet hatten, oder ein schwaches Verdauungssystem besafsen, ergriffen wurden, — dafs in mehreren solcher Häuser nach nnd nach i der Bevölkerung erkrankte,

nnd dafs sie gleichsam

die Brennpunkte wurden, von denen aus die Seuche in der Umgegend sich

strahlenförmig verbreitete;

Häuser waren in der Strafse B.

solcher

vier, ferner fast alle

Kasernen, das Schlofs, der Schneckenkrng n. a., — dafs nur in den seltensten Fidlen die Krankheit mit der Genesung oder dem Tode des einen in eiuer Familie, ouer in einem Hanse zuerst ergriffenen Snbjccts crloscb, sondern meistens mehrere Personen nach aneinander ergriff, nnd in einigen schrecklichen Fällen fast ganze Familien ausrottete, — dafs die Seuche in vielen Häusern von einer einzelnen Wohnung zur andern fortschritt, wie z. B. iin Schlosse, wo sie nach nnd nach 3 0 bis 4 0 Menschen ergreifend, im Erdgeschofs von Zimmer zu Zimmer vorrückte, nnd die noch verschonten Bewohner zu berechnen versuchten, wann die Reihe an sie kommen würde; dafe sie diejenigen Quartiere der Stadt, in deueu

14 • w zuerst an Ige treten

w»,

aoch zuerst

völlig verliefs,

nnd die letzten acht T a g e nnr in einem Winkel der südlichen Vorstadt herrschte, den sie bis dahiu gänzlich verschont hatte —

dafs die Senche, wenn sie die Indivi-

duen

besonderer Einwohnerklassen

gewisser,

ergriffen

hatte, diese vorzugsweise durchging, und dann nnter dieser Klasse gänzlich erlosch; so z. B. fand der erste Erkrankungsfall nnter den Ebräern erst am 24steu Mai S t a t t , and

nach dem 3ten Jnli erkraukte kein Ebräer

mehr, obgleich die Seuche in der Stadt noch 2 0 T a g e lang währte; unter den Soldaten des hiesigen GarnisonBataillons nnd der Invaliden - Compagnieen

wüthete die

Seuche vom 6ten Jnni bis zum 6ten Juli, dann erkrankten noch einige Invaliden, die später aus den

Kreis-

städten nach Mitan commandirt waren; am lOten Juli kam der letzte cholerakranke Soldat von dem hier steheuden Feld-Militair in's Hospital, am 17ten Juli noch einer

auf

dem Marsche aus Riga

hierher

erkrankter

Soldat, nnd am 23sten erst erkrankte der letzte hiesige Einwohner an der schwersten Form der ächten Cholera, und starb in 2 4 Stunden.

An einem Tage

erkrankten

mehrere Fleischergesellen und Lehrlinge, an den folgenden Tagen noch einige, und dann keiner mehr; ebenso verhielt es ßich mit den Bäckern. — In dem Grundrisse der Stadt Mitau habe ich alle Hänser, in welchen Menschen an der Cholera erkrankten,

bezeichnet,

und bei

jedem Hanse das Datum jeder darin Statt findenden E r krankung bemerkt; dieser Grundrifs, nebst einer Charte Curlands, worin der W e g , verzeichnet ist,

den die Cholera genommen,

werde ich meinem ein9t öffentlich abzu-

15 legenden Berichte über die Verbreitung der Cholera in Cnrland beifügen, nnd dann wird Jeder-, den dieser Gegenstand interessirt, sich durch eigene Ansicht von der Eigentümlichkeit des Verbreitnngsgauges dieser Seuche an einem kleinen Orte überzeugen können.

Ich bin es

jcdoch der Wahrheit nnd meinem Gewissen schuldig zn bemerken, dafs unter den 8 7 5 Menschen, die iu Mitaa an der Cholera erkrankten, starke,

rüstige Menschen

kaum 5 0 völlig waren.

gesunde,

Die erkrankenden

Soldaten waren zur Hälfte abgelebte Invaliden ; die Leute der Feld-Regimenter meistens j u n g e , eben eingereibete Rekruten,

von Heimweh

geplagt, der Strapatzeu der

nenen Lebensweise noch nicht gewohnt.

Die vom Civil-

stande Erkrankenden waren entweder Greise nnd Kinder oder Trunkenbolde, obdachlose Vagabonden, rungssorgen Geplagte, vorhergehende

von Nah-

vielleicht gar Hungernde, durch

Krankheit oder ausschweifende Lebens-

weise Geschwächte; iu den hübero Stünden Leute mit zerrütteten Digestions-Organen, Hysterische, durch Kummer nnd Schmerz Gebeugte, besonders Furchtsame. Wie bereits erwähnt, so ist der Verkehr zwischen Riga und Mitau und den angrenzenden Kreisen Curlands gewöhnlich sehr lebhaft, nnd war es zur Zeit des Ausbruchs der Cholera um so mehr, als die Schiffahrt und der Handel Riga's seit Jahren nicht so blühend waren, als n u n ; hunderte von Bauern und andern Einwohnern Curlands waren zn der Zeit des ersten allgemeinen heftigen Ausbruchs der Cholera in Riga, und unbekannt mit dem Uebel und seiner Verbreitung kehrten sie ohne irgend eine Vorbebruug in ihre Heimath zurück.

Von

16 diesen erkrankten viele; es wurden jedoch anf die erste Knnde hiervon durch die Policeibehörden

nnd Gntsver-

waltnngen die zweckmäfsigsten Einrichtungen getroffen, um die Verbreitung der Krankheit zu verhüten, uud dies gelang anch in den meisten Fallen s o , dafs sie auf die znerst Erkrankten beschränkt wurde, oder doch nur die nächsten Verwandten, Ehegatten, Aeltern, Kinder, Pfleger ergriff.

Ein hiesiger Einwohner von gntem Staude

war am 15ten Mai nach Riga gefahren; am 16teu Mai von dort zurückkehrend, wurde er nicht in Mitan hereingelassen,

sondern genötbigt,

vor der Stadt in dem

Schneckenkrnge Quarautaine zu halten.

Dieser Mann

erkrankte am 18ten Mai an der Cholera, uud 6tarb am 22sten M a i ; ein Schueider, der ihn in der Krankheit gepflegt hatte, erkraukte 24sten Mai, nud starb nach wenigen Stunden.

Im Banski'schen Kreise verbreitete

sich die Seuche allgemeiner

nnter den Bauern mehrerer

Güter, und zuletzt auch in der Stadt Bauske; da jedoch durch diesen Kreis einige Landstrafsen von Riga nach Litthauen führen, so kamen die Einwohner

häufig in

Berührung mit den h i n - und herziehendeu Truppen, und mit Haufen gefangener Insurgenten.

Auch in der Stadt

Bauske waren die ersten Cholerakranken Soldaten, die aus Riga kamen.

Nach Aufhebung der Eiii6ch!iefsnng

Mitau's wurde die Seuche in verschiedene Punkte des Mitau'scheu

Kreises

Eiuschliefsuug der Krankeu

verschleppt jedoch überall durch

der verseuchten

Häuser

und Trennung

von den Gesunden bald überwältigt.

In-

teressant ist folgender Vorgang in drei zum Gute Grofs"Wüzzau gehörigen Bauerhöfen, die so nahe aneinander lie-

17 liegen, dafs ihre Gürten zusammenstofsen, aad e9 kein e m Zweifel unterliegt, d a f s alle natürlichen, tellurischen u n d atmosphärischen V e r h ä l t n i s s e

dieser

Höfe,

alle

so-

zialen QDd häuslichen L e b e n s v e r h ä l t n i s s e ihrer B e w o h n e r d u r c h a u s die gleichen sind. brach

die C h o l e r a a n s ,

Einwohner

aus M i t a u ,

k r a n k e n gewohnt

liefs

diesen

Bauerhof

einem

dieser Bauerhüfe

nachdem

einer der

wo er im H a u s e eines C h o l e r a -

hatte,

M a n n starb schnell.

In

unmittelbar

krank

heimgekehrt w a r .

Der

Die davon unterrichtete Gutspolicei genau

einschliefsen,

und

wandte

b e s o n d e r s d a r a u f die griifste S o r g f a l t , d a f s zwischen ihm und den so nach belegenen mindeste Wirthin

beiden Bauerhüfen

Gemeinschaft S t a t t f ä n d e . des

Baucrhofes

gewufst

hatte

sich d u r c h z u -

Sie m n f s t e nun in dein angesteckten H o f e b l e i -

ben , e r k r a n k t e bösartig,

bald und

dafs fast

starb.

alle E i n w o h n e r

Die Epidemie w a r 80 des zuerst iulicirten

B a u e r h o f e s nach und nach e r k r a n k t e n ,

und 8

Menschen

daselbst starben ; in den beiden a n d e r n gesunden hüfen dagegen e r k r a n k t e

auch

nicht e i n e r ,

in

Curland

häufig

beobachtet

Bauer-

selbst nicht

mit den leisesten S y m p t o m e n der C h o l e r a . sind

die

und d e r B e e r d i g u n g des Verstorbenen b e i z u -

schleichen, wohnen.

zweilen

Dennoch

nicht die

Solche F ä l l e

worden.

"Wie

die

C h o l e r a nach H a s e n p o t h g e k o m m e n , habe ich in meinem f r ü h e m Schreiben a n g e z e i g t ;

ein J u d e n ä m l i c h ,

der znr

Zeit der in M i t a u wüllienden E p i d e m i e da g e w e s e n , sich heimlich in H a s e n p o t h eingeschlichen h a t t e , seiner F r a u mit.

Ob

ein nun

in

Milan

dieses T u c h

gekauftes, der T r ä g e r

und

brachte

getragenes

Tuch

des Giftes g e -

wesen, oder d e r einige T a g e s p ä t e r auf ähnliche heimliche

2

18 W e i s e aus Mitau z u r ü c k g e k e h r t e B r u d e r des ersterwähnten J u d e n ,

dies l a s s e

ic h

auf

sich b e r u h e n ;

die F r a u

des Juden w a r a b e r die erste in H a s e n p o t h an d e r C h o lera e r k r a n k e n d e P e r s o n ,

und

von

ihr

ans

verbreitete

sich die K r a n k h e i t in der S t a d t . — E i n e L e t t i s c h e F r a u besuchte

z u r Zeit

herrschte,

als

die C h o l e r a

ihre V e r w a n d t e n

noch

in

einem

H a s e n p o t h gelegenen Bauerhofe.

Bald

kunft erkrankt sie,

und

in

drei

Hasenpolli Meilen

von

ihrer

An-

nach

stirbt anch b a l d ;

bald

erkran-

ken m e h r e r e ihrer Verwandten und a n d e r e B e w o h n e r des B a u e r h o f e s mehr oder weniger h e f t i g ; der B a u e r h o f wurde aber

gleich

ihn allein

genau

eingeschlossen,

beschrankt.

und

Merkwürdig

die S e u c h e

f ü r die

Geschichte

d e r S p e r r u n g s i n e t h o d e sind die V o r g ä n g e in L i h a u . ebraischer Lohndiener,

der

mit P e r s o n e n ,

auf

die

Ein

aus Po-

langen k a m e n , V e r k e h r hatte, e r k r a n k t e an d e r C h o l e r a ; bald nach ihm seine S c h w i e g e r m u t t e r , hierauf seine F r a u , lind d a n n noch eine vierte P e r s o n . züglich in das C h o l e r a k r a n k c i i h a u s

Alle wurden gebracht

und

unverdieses

s t r e n g e i n g e s c h l o s s e n ; drei s t a r b e n , die F r a n g e n a s ; die S e u c h e verbreitete Mai.

sich

nicht weiter.

Dies

geschalt im

Die S t a d l wurde nun methodisch, b e s o n d e r s durch

die B e s a t z u n g

der

auf d e r R h e d e

vor Lihau

liegenden

kaiserlichen E s k a d r e bewacht, und N i e m a n d , d e r a u s einem verdiichligcn Orte k a m , h i n e i n g e l a s s e n .

Am 22stcn

Anglist und den nächstfolgende» T a g e n e r k r a u k t e n a b e r m a l s schnell

nacheinander 8 P e r s o n e n

in zwei e n t l e g e -

n e n , am iiiifeerstcn R a n d e der V o r s t a d t befindlichen H ä u sern :

Nachforschungen e r g a b e n , d a f s unter d e r B a u e r -

schaft eines 2 Meilen entfernten G u t e s die C h o l e r a h e r r -

19 Sehe;

mau

hatte

daran

asiatische C h o l e r a s e i ,

gezweifelt, und

dafs es

die

üchte

die W o h n u n g e n der B a u e r n

nicht g e s p e r r t , sie auch in L i bau zugelassen.

Der

Weg

Ton j e n e m G u t e nach L i b a n führte hei den H a u s e r n v o r bei,

wo jetzt die K r a n k h e i t

ausgebrochen w a r .

Diese

l l a i i s e r wurden nun eingeschlossen, und die S e u c h e a b e r m a l s glücklich erstic kt. erkrankten abermals

"N oin

3ten

Sepieniber

bis 5ten

einige E i n w o h n e r L i b a u ' s an

C h o l e r a , ü b e r deren N a t u r die Aerzte nicht

einer

übereinstim-

mend urtlieilten.

Doch w u r d e n die K r a n k e n isolirt, und

es e r k r a n k t e bis

zum

k a m e n wieder einige

I2ten

September Niemand,

zweifelhafte K r a n k e

vor,

dann

und d e r

weitere G a n g der Sache ist noch nicht berichtet. .—• Y o n dem Grenzllecken F o l a n g e n

aus,

wo die C h o l e r a

heftig

i n i t h e t e , w u r d e sie in verschiedene T h e i l e C u r l a n d s v e r schleppt,

jedoch

überall

durch

zeitig a n g e o r d n e t e

und

streng a u s g e f ü h r t e S p c r r i i n g s - M a a f s r e g e l n glücklieh BDtcrdrückt.

L n t e r andern

Insurgenten

wurde

ein I l a u f e n

gefangener

von P o l a n g e n nach R i g « g e f ü h r t .

nachteten in

dein F r e i d o r f e K u r c h e

Jiauerliausern.

T a g e s darauf

Ivoenige

Sie ü b e r in

einigen

wurden diese L e u t e durch

Goldingen g e b r a c h t ; der d a s i g e K r e i s a r z t b e m e r k t e unter ihuen einen M e n s c h e n , dessen Z u s t a n d ihn f r a p p i r t e , den er jedoch noch nicht wie s p a t e r , als Vorbote der C h o l e r a zu deuten w u f s t e , da er die Cholera noch nicht gesehen hatte.

Auf

dem

neilern

Transporte

erkrankte

dieser

Mensch so schwer, d a f s e r in dem Gute Kabillen einige Meilen von in

derselben

Goldingen Nacht

der Cholera starb.

zurückbleiben

unter

den

mufste,

unverkennbaren

Einige T a g e

und

auch

Zeichen

nach dem Aufenthalte 2 *

20 der Insurgenten im Dorfe Kursclie Koenige

erkrankte

dort plötzlich eiu Wirth, ia dessen Hause die Insnrgeoten übernachtet hatten.

E r starb bald.

tete eine grofse Beerdigung.

Man veranstal-

Die Schwester des "Ver-

storbenen , in einem entfernten Dorfe wohnhaft, kommt Eil dieser Ceremonic; sie wirft sich auf den seit mehreren Tagen verstorbenen Bruder, und bedeckt ihn mit Küssen.

Am nächsten Tage erkrankt sie und stirbt an

der Cholera; bald erkranken mehrere der Gäste, lind die Seuche verbreitet sich im Dorfe; von 11 Erkrankten starben 9 .

Das Dorf ward a u f s genaueste eingeschlos-

sen, nnd die Scnche verbreitete sich nicht weiter.

Die-

ses Dorf hat eine sehr gesunde Lage in einer hohen, trockenen, stark cnltivirten Gegend.

In Tuckum, wel-

ches ebenfalls eine ausgezeichnet gesunde L a g e hat, war die erste Cholerakrankc eine Frau, deren Mann 8 T a g e vorher aus Riga zurückgekehrt war.

Dieser Mann war

lind blieb gesund ; von seinem Hause aus aber verbreitete sich die Krankheit nachweisbar von Haus zu Haus, von Strafsc zu Strafse. — Der Fall ist üfiers vorgekommen, dafs Personen, die in einer verseuchten Stadt, oder in einem solchen Ilause gewesen waren, gesund in ihre Heimath zuriiekkehrten

und gesund blieben,

aber iu ihrer nürhsteu Umgebung die Krankheit ausbrach,

und sich dann weiter verbreitete,

dafs zuerst

wenn ihr

nicht Grenzen gesetzt wurden. — Im llluxt'scheu Kreise brach die Seuche an verschiedenen Punkten fast gleichzeitig aus.

Ein aus dem Innern des Reichs nach Lit-

thanen marschirendes Bataillon biuterliefs in den Flekken Illuxt und Suhbath mehrere

Cholerakrauke;

bald

21 verbreitete sich die Seuche

in den beiden F l e c k e n ,

von h i e r a u s a n f die U m g e g e n d . den innern G o u v e r n e m e n t s , beschäftigt w a r e n

(im

Russische

Bauern

unter

J u n i ) , badeten

Cholera a u s .

Die

Gegend

die

nicht

den

aus

die mit F l o f s n n g von H o l l in der B a d e s t u b e

eines zum Gute E l l c r n g e h ö r i g e n D o r f e s . T a g e n brach

und

Einwohnern

Kriegsumstände

N a c h einigen

dieses

D o r f e s die

gestatteten

mindeste A n w e n d u n g

der

in in

jener andern

T h e i l e n C u i l a n d s so heilsam befundenen E i n s c h l i e f s u n g s Maafsregeln. abweichend in D ö r f e r n heit

sieh

Und

da

von der

in

die I r a n e r n in Curland

zusaminenwohnen, hier

mit

dieser

Gegend,

f a s t allgemeinen Sitte,

so verbreitete die K r a n k -

reil'sender

Schnelligkeit

im

ganzen

Kreise. Dies ist ein t r e u e r Bericht ü b e r die V e r b r e i t u n g d e r C h o l e r a in C u r l a n d . nnler diesen

Ich

auch s o l c h e ,

entgegenstehen.

e r z ä h l e nur T h a t s a c l i e n , die

3Iüge jeder

meiner Ansicht aus

diesem

Berichte

jenigen F o l g e r u n g e n

machen,

individuelle A n s i c h t ,

seine B i l d u n g s s t u f e und

liebe g e s t a t t e n .

und

scheinbar die-

die zu niacheu ihm seiue

"Was mich b e t r i l f t ,

ben,

alle in

deteu

Begriffe ü b e r Coutngiou

Wahrheits-

so w ü r d e ich g l a u -

der Pathologie reeipirten

und

wohlhegrün-

und A n s t e c k u n g

zu v e r -

läugncn, wenn ich behaupten wollte, eine K r a n k h e i t , die sich auf die a n g e g e b e n e Art duum,

von Ort zu Ort

von Individuum

verbreitet,

g i ü s , und z w a r blos d e s h a l b ,

weil

a n manchen Orten

Indiviconta-

weil sie nicht alle M e n -

schen b e f a l l t , die mit C h o l e r a k r a u k e n men,

zu

sei nicht

in V e r k e h r k o m -

die H e r k u n f t der S e u c h e

nicht mit Bestimmtheit n a c h g e w i e s e n werden konnte, nnd

22 weil sie io e i n i g e n ' g r o f s e n Stiidten derspräche

i m scheiobareD

Wi-

m i t deu g e w ö h n l i c h e n G e s e t z e n d e r Verbrei-

tung; c o n t a g i ö s e r

Krankheiten,

allgemeiue Verbreitung

scbueil

eine

gewonnen bat. —

die erste E i n w e n d u n g

scheint

niir

grofse und

In B e z u g

der Fehler

l i e g e n , d a f s m a n den B e g r i f f einer a n s t e c k e n d e n heit z a e i n s e i t i g nach Contagionen,

der

den

Pest,

von

Beziehungen

aller bildet-

A b e r s e l b s t die P e s t s t e c k t niebt a l l e M e n s c h e n a n , ich k e n n e m e h r e r e Officiere, die im letzteu häufig mit

Pestkranken

zu

Krank-

der Terbeerendsten

bekannten

auf

darin

und

Tiirkenkriege

im g e n a u e s t e n V e r k e h r

gestan-

d e n h a b e n , o h n e j e m a l s auch m i r die leiseste A n f e c h t u n g von

der Pest

za

erleiden.

Ergreift

denn

d e r bei u n s e i n h e i m i s c h e n , g e w ö h n l i c h eogeiianuteu

ansteckenileu

kränklichen

d i e sich d e r A n s t e c k u n g a u s s e t z e n ? Menschen,

die

niemals

Scharlach gehabt battcu,

angesteckt

gcwisscrniuafscn worden

sind.

die

haben, zu

eine Und

irgend

uud

eine

unbedenklich

alle

Individuen,

G i e b t es nicht viele

Pocken,

die M a s e r u ,

den

obgleich s i e h ä u f i g G e l e g e n h e i t

werden,

und

diese

Krankheiten

Naluniothweudigkeit kennt

nicht j e d e r

die oft d e r n a h e n A n s t e c k u n g

für

Arzt

uns

ge-

Individuen,

an dieser oder j e n e r

con-

t a g i ö s e u K r a n k h e i t e n t g i n g e n , uud d a n n doch e i n m a l a u gesteckt

w u r d e n ! — Steckt selbst der contagióse

alle M e n s c h e n treten?

habe

die

lang

war,

und

nicht die

mindeste

College»

Typhus Verkehr

Zahl

verderblichsten

einem

in

Wochen

überfüllt

liehst

mit T j p h u s k r a n k e n

t a g l i c h eiu H o s p i t a l b e s u c h t , d a s mit einer g r o f s e n am

Ich

an,

Gcfängnifstvphus wir

haben

Anfechtung

kranker

Menschen

aufscr jeweiligem erfahren.

Zu

Ekel

derselben

23 Zeit wurden

eine grofse Z a h l Gefangener aus dem Gc-

fäuguisse, in

welchem

gesund entlassen; ihre Person

gesund

Seuche überall

der T y p h u s

ausgebrochen

war,

obgleich die meisten dieser L e u t e für blieben,

so brachten sie doch die

in die Gegenden

wo sie hinkamen,

und

diese gewann au vielen Orten eine bedenkliche Ausbreitung.

Im W i n t e r

18sahen

wir hier lausende f r a u -

ziisisdier Kriegsgefangenen

am

typhus leiden und sterben;

die Bewohner der K r ü g e au

der Landstrafse

von Polangen

ansteckenden bis M i t a u ,

Krieges-

der an

der

Strafse und in ihrer Nflhe belegenen Bauerhöfe wurdeu häufig angesteckt

und s t a r b e n ,

dennoch entgingen sehr

Viele der Austuckuug, obgleich sie bei der Beherbergung lind dem T r a n s p o r t der kranken Gefangenen vielfach in die innigste Berührung mit ihnen geriethen. wurde damals angesteckt. dendes, die

wenn die Cholera auch n i c h t

wenigsten

Kein Arzt

Ks ist datier nichts Befrem-

Menschen

alle,

ja

ansteckt.

nur

Dennoch

ist die Fälligkeit der Menschen, durch die Cholera a n gesteckt zu w e r d e n , nicht immer und überall so g e r i n g . Der geringen Contagiositat, die die Cholera in M o s k a u und Pcleisburg behauptete, steht die in eiuigen Theilen Cnrlands beobachtete starke Contagiositat eutgegen. im lllnxt'schen K r e i s e , wohut w i r d ,

der

ton

Denn

3 6 0 0 0 Menschen

be-

erkrankten 2G0C, also der 1 8 f e M e n s c h ;

in Mitau erkrankte der lOte M e n s c h ; in einigen Städten Polens und LitthaueiH

war das

steckten noch griilser.

In dem

schcn Grenze belegenen, wohnten,

und

W l m l t n i f s der hart an

glol'seutheils

der

Ange-

curländi-

von Ebräcrn b e -

1 8 0 0 Einwohner zahlenden

Kubanischen

24 Flecken Schagarren brach die Cholera in der Mitte des Juni ans.

Mao

konnte der Senche keine

Maafsregel entgegenstellen. über die Einwohner.

hemmende

Sie verbreitete sich schnell

Viele

retteten

sich

durch

die

F l u c h t ; dennoch erkrankten gegen 5 0 0 Mcuschen an der C h o l e r a ; von den K r a n k e n

starben 2 7 6 ,

Juoi erlosch die Seuche schon gänzlich. also der

4te Mensch,

zu Ende des Hier erkrankte

uud starb der 7te. — Dafs die

Herkunft der Seuche und

ihre Verbreitung an manchen

Orten nicht mit Evidenz

bat nachgewiesen werden k ö n -

n e n , liegt gewifs häufig entweder au der L a u h e i t ,

oder

an der vorgefafsten Ansicht der Untersuchenden,

oder

auch an der absichtlichen Verheimlichung von Seiten der Angehörigen derer, die zuerst erkrankt sind, und

ent-

weder unerlaubten Verkehr nicht gestehen wollen, oder aus irgend einem Grunde von der offenen Anzeige nachtheilige Folgen

für sieb besorgen.

Ich habe

verschie-

dentlich die Herkunft der Krankheit ermittelt,

uaehdem

durch amtliche Berichte angezeigt war, die Untersuchung habe kein Resultat geliefert. meinen Manne

Man inufs mit dem g e -

—• und mit diesem hat mau

es in den

meisten Füllen zu tkuu — umzugehen wissen, ihn nicht durch

Drohungen

sondern

sein Ilerz

und herrisches "Wesen durch

einschüchtern,

freundliches Zureden öffnen,

ond ihm begreiflich m a c h e n ,

dafs eine ehrliche Anzeige

ihm keinen Nachthcil, der guten Sache aber Nutzen bringen könne. — AVas endlich die schnelle Verbreitung der Krankheit in

einigen grofsen

Städten

betrifft, so habe

ich schon meine Meinung abgegeben, dafs ich überhaupt grofse Stiidte mit einem lebhaften Mensrhcnverkebr nicht

25 fBr geeignet halte,

den Verbreitnngsgang

K r a n k h e i t e n nachzuweisen. — lichkeiten

denkbar,

v o r Entwickelung kommen

Gesetzt

viel

bunderten

eine solche

kann

nicht

und

(zur

Zeit

Stadt

entwickele

Strafse:

mit

ein

in einer der mit Menschen

deckten Strafseu Riga's Petersburgs

in

auf der

von Menschen

Kranker

nicht tausend M ö g -

die K r a n k h e i t

nur bei e i n e m

auch

Sind

ein oder ein P a a r Angesteckte

der K r a n k h e i t

künncii'?

sieb

solcher

wie

ansteckender

wie

einziger

dicht

be-

der S c h i f f a h r t ) ,

St.

anderer grofser H a n d e l s - und

Haupt-

städte in einer Viertelstunde in Verbindung kommen, ehe e r in ein K r a n k e n h a u s , gebracht

wird;

oder

in seine eigene W o h n u n g

unter diesen bunderten

giebt es gewifs

viele, die eine grofse Fälligkeit besitzen, von der Cholera angesteckt zu werden ; diese begeben sich nach ter Ansteckung

erlang-

in die verschiedensten Theile der S t a d t ,

wo sie nach 1 2 — 2 4 — 4 8

Stunden,

vielleicht

wieder

zum T h e i l auf der Strafse e r k r a n k e n ,

und dann

wieder

mit vielen Aiisteckungsfähigen

in

Verbindung

kommen.

S o wird das Räthsel der schnellen Verbreitung der K r a n k heit an

grofsen Orten

ganz

natürlich

geloset.

Hierbei

ist noch in E r w ä g u n g zu ziehen,

welche Ansichten

man

in

Anstecknngskraft

der

einer solchen Stadt

über

die

Cholera hegt, und welche Austallcu m a n gegen die S e u che getroffen h a t ;

f e r n e r , ob die natürliche

andere L o k a l - V e r b ä l t n i s s e ,

der

Lage

stationäre oder

und

tempo-

räre K r a n k h e i t s - G e n i u s die V e r b r e i t u n g der Cholera b e günstigen oder beschränken.

Wo

man

sich durch die

Cholera überraschen l ä f s t , wo m a n nicht bei Zeiten f ü r die U n t e r b r i n g u n g

uud Verpflegung d e r K r a n k e n

Sorge

26 getragen h a t , wo diese Stunden laug auf den Strafsen oder in ihren Wohnungen ohne Aufsieht und Hülfe verbleiben, wo man von der Kiehteontagiosität der Cholera ausgehend, oder sie als einen Schild anfuehmend, die L o k a l e , in welchen sich Cholerakrauke befinden, nicht einschliefst nnd isolirt, wo man sich, wie in Sehagarren nnd andern Orten, der Seuche völlig wehrlos unterwirft, da darf mau sieh nicht wundern, wenn nun viele Ansteekungsfäbige plötzlich ergriffen werden, und die Seuche wie ein verheerendes Feuer um sich greift.

Wo man

aber alle Vorkehrungen vorher getroffen hat, wo kein Kranker unentdeekt bleiben k a n n , wo mau alle Kranke, die nicht eine eigene, theilte, besitzen,

von ihnen allein benutzte, abge-

und einer strengen Isolirung fällige Wohnung und nicht die zweckuiälsige Krankenpflege zu

hoffen haben, in Kranken-Anstalten bringt, und den Z u tritt iu letztere nur denen gestattet,

die wirklich zur

Wartung und Hülfe der Krauken hinkomineu, allen Neugierigen aber verbietet, da verbreitet sich die Seuche laugsam und gleichsam schrittweise, wie aus der D a r stellung ihrer Verbreitung in Milan hervorgeht, da kann man, wenigstens anfangs, ihren Uebergang Mm Individuum zu Imlhiduum,

von Iiaus zu Haus

nachweisen.

Da kann mau selbst die wirklich ausgehroehene Seuche unterdrücken, wie iu Licbau zweimal, und auf dein Lande iu Curland häufig geschehen.

¡Vlilan s L a g e , uur

we-

nige Fufs über dein Spiegel der Ostsee, an einem seichten, versumpften Bache, iu der >iäbe eines mehr schleichenden als liierenden Flusses, der nasse Untergrund, die sumpfigen Umgebungen

der Stadt,

das schlechte

27 W a s s e r , die beschränkten W o h n u n g e n d e r unfern K l a s s e n der Bevölkerung,

die

dariu

d e r Uiirath in den Höfen

herrschende

Ulireinlichkeit,

dieser W o h n u n g e n ,

dies

sind

g e w i f s Verhältnisse, die die V e r b r e i t u n g einer K r a n k h e i t b e g ü n s t i g e n müssen, welche in ihrem Y a t e r l a n d e in ä h n lichen Gegenden Entstehung

und

unter ähnlichen Verhältnissen

genommen

Krankheils-Genius.

hat.

Endlich

der

ihre

herrschende

In C u r l a n d h e r r s c h t im Allgemeinen

der g a s t r i s c h - r h e u m a t i s c h e K r a n k l i e i t s - C h a r a c t e r , der d e m selben in den angrenzenden L ä n d e r n E t i r o p a ' s e n t s p r e c h e n d , v o r J a h r e n mehr in's nervöse, danit i u ' s entzündliche

teu-

dirte, und jetzt immer m e h r biliös wird. D a s W e e h s e l i i e b e r hatte im J a h r e 1 8 3 0 bis s p ä t in den H e r b s t hinein eine grofse Zahl

von

Einwohnern

Curlauds

und

namentlich

M i t a u ' s gepeinigt, und machte einem schleichende», matisch - biliösen Z u s t a n d e P l a t z ,

rheu-

der sich h ä u f i g d u r c h

freiwilliges E r b r e c h e n und anhaltende D i a r r h ö e n entschied. Z u d e r Zeit wiithete die Cholera in M o s k a u , und schon d a m a l s machte ich d a r a u f

aufmerksam,

wie g ü n s t i g die

liier herrschende K r a u k l i e i t s - C o n s t i l u t i o n der V e r b r e i t u n g der C h o l e r a sein iniifste. einer

Art

I n f l u e n z a , einem

Fieber überrascht, nern

Im F r ü h l i n g e wurden wir von

ergriff,

das

rheumatisch-katarrhalischen

plötzlich

und • nicksiehflieh

hunderte seiner

Tagen

verbreitet, mein ,

in

w a r diese K r a n k h e i t den H ä u s e r n

a l s in den H ü t t e n

Einwoh-

Verbreitung

w a h r e Bild einer E p i d e m i e e r k e n n e n l i e f e , nigen

von

d e n n in

über ganz

das we-

Curland

der R e i c h e n eben so a l l g e -

der A r m e n .

Ihrem

Erlöschen

fol g t e im April das W e c h s e l f i e h e r , mit v o r w a l t e n d e r Galle, gleichzeitig kamen viele reiniitirende,

galligt-rheumatische

28 Fieber vor, häufig mit freiwilligen], galligtem Erbrechen und Durchfall (eine symptomatische Brechruhr).

Nun

näherte sich die Cholera; es brach die Insurrektion in Litthanen a u s , welche als psychisches Moment hier in Betrachtung k o m m t ;

Aller Aufmerksamkeit wurde

dem eigenen körperlichen

von

Befinden ab auf die Schritte

der gefürchteten, kommenden Krankheit und die U n t e r nehmungen

eines verzweifelten Feiudes

gerichtet.

Als

nun die Kunde von dem Ausbruche der Cholera in R i g a anlangte,

und damit die grofste Wahrscheinlichkeit ein-

trat, dafs sie auch Mitau heimsuchen werde, da wurden fast alle andere körperliche Leiden vergessen, seihst die Häufigkeit des Wechsclfiebers verminderte sich, und die Apotheken waren

nur

mit Anfertigung von Verbiitnngs-

lind Heilmitteln der Cholera Vntcrleibsschnierzen

beschäftigt.

mit Diarrhöe

Rheumatische

und Erbrechen waren

fast die einzige vorkommende Kraiikheitsforin, und wurden schon jetzt

bei Vielen genährt

durch die auf die

Verrichtungen des Unterleibes gerichtete Aufmerksamkeit. Nun laugte die Cholera in Mitau an. dem Einwohner,

Die wohlhaben-

und besonders viele kränkliche P e r s o -

nen verliefseu die S t a d t ; minder wohlhabende zogen wenigstens

in die benachbarten

bleibenden Kranken

waren waren

in

grofscr

Soldaten,

Bauerhüfe.

Die

Spannung.

Arrestanten,

Die

Zurückersten

Pfleglinge

des

Armen - und Siechenhauscs, obdachlose Vagabunden und Trunkenbolde,

die sänuntlich in die

Krankenhäuser gebracht

wurden;

bereit

gehaltenen

bald erkrankten auch

Personen hohem S t a n d e s , die in ihren 'Wohnungen v e r blieben, tiud daselbst isolirt w u r d e n ; als dies au 1 0 bis

29 2 0 Orten gleichzeitig g e s c h a h ,

da schien

die Stadt mit

ciuem Male wie von einem Pesthauche angeweht zu sein. F a s t Jedermann, selbst Leute der untersten Klassen, die weder Furcht h e g t e n , noch recht wufsten,

was um sie

her vorging, litten mehr oder weniger an g a s t r i s c h - n e r vösen ZulUHen:

fast Jeder hatte eine belegte

Zunge;

fast Jeder hatte über bittern oder faden Geschmack, A p petitlosigkeit, Schinerz und Unbehagligkeit in der H e r z g r u b e , Foltern im L e i b e , Diarrhöe, Schwindel, Ohrensausen

und Befangeuheit des Kopfes zu k l a g e n ;

nicht

Wenige hatten sogar krampfhaftes Ziehen in den M u s keln ,

besonders der W a d e n .

leicht den Character die Diarrhoea Form

der Cholera

cliolerica

der Cholera

Jetzt nahm au,

die

Diarrhöe

uud ging

durch

häufig rasch iu die schwerste

exquisita.

über.

Diese

Krankheit

trat nicht selten in ihrer ganzen Heftigkeit auf, nachdem Leute, die an den obenerwähnten, geringen Zufällen g e litten hatten, sich Erkältungen aussetzten, Diätfehler begingen,

heilige

Gcmiithsbewegungen

hatten,

oder

sich

einen Rausch a n l e g t e n : jetzt erlag Mancher der Anstekkung,

der ihr W ochen lang rüstig widerstanden hatte.

Aufserhalb Mitau's

hatte Psiemand

diese Z u f ä l l e ,

diejenigen, welche Mitau vcrliefsen, verloren

sie

und einige

T a g e nach der Entfernung aus der S t a d t , und befanden sich eine Meile

von Mitau

ganz vortrefilich.

mand mehr da war, die Cholera zu bekommen,

Als !Nieund die

Seuche ihre Herrschaft verlor, da verloren sich auch allinälig diese Z u f ä l l e ,

und nun behaupteten die Wechsel-

fieber wieder ihr Recht, auch trat die hier sonst so seltene R u h r

ziemlich häufig auf. — Dieses sind T h a t -

30 Sachen,

welche durch die in Moskau, Riga und St.

Petersburg gemachten Beobachtungen bestätigt werden. Möge sie Jeder zum Vortheil der Wissenschaft benutzen: •was mich betrifft, so nüthigen sie mich zu der auch schon von andern aufgestellten A n s i c h t , dafs bei der allgemeinem Verbreitung der Epidemie in einer Stadt, und sobald erst mehrere Emanationsheerde des Coutagiums in derselben vorhanden sind, das Contagium von der Luft aufgenommen, nnd in der ganzen Stadt verbreitet wird.

Da nun alle Einwohner in diesem Luft-

meere leben nnd athmen, so nehmen anch alle das Contaginm in sich auf.

Nnu entstehen bei ailen Einwoh-

nern die oben geschilderten Zufälle, die bei allen gesunden, krUftigen und mäfsig lebenden Personen

nur

gelinde sind, und es so lange bleiben, als die Ausscheidung des in den Oganismus aufgenommenen Contaginms mit Leichtigkeit vor sich geht.

Wenn aber diese Aus-

scheidung bei Kränklichen, Schwächlichen, oder sonst zur Krankheit Disponiblen durch Erkältung, Diätfehler, mächtige psychische Eindrücke und andere Ursachen plötzlich unterbrochen wird, dann kann die Cholera seihst in ihrer vollendetsten Form auftreten, und schnell zum Tode führen, ohne daf:; ein unmittelbarer Verkehr mit Cholerakranken Statt gefunden halten miifste. Curland enthält eine Menge stehender Seen, Teiche, Sümpfe, Moräste und ausgedehnter Waldilaehen, in vielen Gegenden sind daher die 'Weehseliieber fast endemisch, Diarhöen sind häuüg, und selbst die sporadische Cholera ist nicht selten.

In diesen Gegenden hätte sich

bei der ungewöhnlich starken nnd anhaltenden Hitze und

31 D ü r r e dieses Sommers die orientalische Cholera entwickeln könnte.

Allein anfser in

der Umgegend Mitau's,

welche mit der Sladt eine gleich

ungesunde L a g e

hat,

k a m in keiner dieser S u m p f - , M o r a s t - und Waldgegenden die Cholera v o r , und in der Umgegend Mitan's ist die Herkunft jedes einzelnen Cholerafalles genau gewiesen. filier

Dagegen

dein Spiegel

Tlieil Cnrlamls,

liegt der

des Meeres

Illuxt'sche

Kreis

als irgend

ein

nachhöher anderer

der Boden ist hügelig und trocken, es

gieht z w a r viele stehende Seen, aber keine' 3Ioräste nnd keine grofsen

Wähler,

seine L a g e

und natürliche B e -

schaffenheit ist in jeder Rücksicht der Gesundheit

der

Einwohner g ü n s t i g , und diese wird selten durch Epidemie gestört.

Des-M-niineracIilet erkrankten dort von 3 6 0 0 0

Menschen 2 0 0 0 an der Cholera, und fast keine Gemeine blieb von der Cholera verschont.

Dort aber wohnen die

Bauern gröfstcntheils in D ö r f e r n , im übrigen Curland in einzelnen

konnte

der

Umstünde wegen wenig oder nichts zur Abhaltung

zerstreut

der

Seuche geschehen,

liegenden im übrigen

Höfen;

dort

Curland

stalten fast überall musterhaft.

Dagegen

waren die A n w a r die S e u -

che im llluxt'schen Kreise g u t a r t i g , es starb kein volles Drittheil

der E r k r a n k t e n ,

fast alle K r a n k e , gänzlich

in manchen Dörfern

obgleich es

in jenen

genasen

Gegenden fast

au ärztlicher Hülfe fehlte, nnd Reibungen der

erstarrten Glieder, von E b r ä e r n ausgeführt, fast die einzigen versuchten Heilmittel

w a r e n ; in Mitan s t a r b , un-

erachtet der auch dem ¿Niedrigsten im Volke gewissenhaft gewidmeten ärztlichen Knust

und reichlichen

p f l e g u n g , mehr als die Hälfte der K r a n k e n ;

Ver-

in andern

32 Gegenden starben fast alle, und wenn die Senehe Gelegenheit gefnnden hätte, sich über alle gleich beschaffene Theile des Landes za verbreiten, so wäre die Verheerung furchtbar geworden. Die angeführten Thatsachen liefern, glaube ich, den Beweis, dafs die orientalische Cholera wirklich keod i s t ,

wiewohl nicht alle Measchen,

anstek-

nnd dieselben

nicht zu jeder Zeit in gleich hohem Grade die F ä h i g keit haben, das Contagium

in sieb aufzunehmen,

und

die Tollständige Krankheit in sich zu entwickeln; ferner, dafs die Cholera auch in nnserm Klima in verschiedenen Graden der Intensität auftritt, je nachdem die örtliche Beschaffenheit und der herrschende Krankheils - Character sie in ihrer Entwickelung begünstigen oder beschränken. Sie machen es wahrscheinlich, Verbreitung der Epidemie schon

mehrere

dafs bei der allgemeinen

in einer S t a d t ,

Brennpunkte

wenn

sich

(Emanationsheerde)

der

Seuche gebildet haben, das Contagium luftfürmig in der gauzen Stadt verbreitet ist,

(wobei ich es für jetzt un-

entschieden lassen will, ob das Contngium blos mechanisch in der Luft aufgelöst sei, oder durch eine Art von Zeugiingsakt in derselben producirt w e r d e ) ,

dafs aber

dieser contagiöse Luftkreis in der Nähe dieser E m a n a tionsheerde,

d. b. iu den Krankenhäusern und Privat-

häusern , in

welchen einzelne Kranke liegen,

nach und nach viele Menschen

erkrankt sind,

deren lSähe die gröfsle Intensität h a t ,

oder wo und iu

nach der Peri-

pherie au Intensität verliert, sich nicht über die nächsten Umgebungen der Stadt verbreitet, und bei der Abnahme der

Krankheit

seine schädliche

Beschaffenheit

schnell ver-

33 verliert. schen ,

Sie machen die in

es endlich erklärlich,

einem

verseuchten Orte g e w e s e n ,

selbst k r a n k zn sein, andere Menschen

nie Men-

die Seuche in andere O r t e ,

übertragen

können,

indem

sie

ohue anf das

in dein verseuchtet) Orte aufgenommene Contagiuin noch eine Zeit laug in sich reprodticireu und ausscheiden, und nun im Conllikt mit Menschen,

die eine grofse Anlage

zu der Krankheit besitzen, dieselben anstecken. Ich kann diesen

Gegenstand

nicht verlassen,

ohne

noch kürzlich einiger Verhältnisse zu erwahiien, die sich auf

die Art

und den Grad

der Ansteckung

beziehen.

Erstlich mufs ich bekennen, dafs mir kein einziges gehörig coustatirtes Beispiel bekannt i s t , durch

Waaren

wo die Cholera

oder audere Effecten,

die

genauem Contakt mit Cholerakranken w a r e n , worden wäre.

F e r n e r scheint es m i r ,

nicht in verbreitet

dafs die Anstek-

k u n g bei der Cholera ganz vorzüglich durch das Athembolen geschieht, dafs die Lungen das pereipirende Organ sind,

und voii diesen aus das N e r v e n - und Blutsystem

afücirt werden;

dafs die Haut vorzüglich die Aufgabe

hat, das im Organismus erzeugte Krankheitsproduct luftformig auszuscheiden,

nicht aber das Contagium aufzu-

nehmen, und dem Organismus zuzuführen. daher beim Mangel

positiver Erfahrungen

Es

ist mir

sehr zweifel-

haft, dafs selbst Effecten, die die Kranken in der K r a n k heit und selbst

in der Todesstunde an sich hatten,

Ansteckung vermitteln können. gesehen,

wie Ehegatten

einander (heilten,

die

Ich habe es nur zu oft

iu der Krankheit

das Bett mit

wie die allmülig k ü h n , j a frech wer-

denden K r a n k e n w ä r t e r

sich in die noch w a r m e n ,

3

mit

34 dem

Schweifs»

der

Cbolerakrnnkeu

l e g t e n , ohne a n g e s t e c k t zn w e r d e n ; nebtet wurden die K l e i d u n g s s t ü c k e , K r a n k e n und Verstorbenen

häutig

getränkten

Betts«

aller V e r b o t e

uuer-

W ü s c h e , Betten der von den Angehörigen

b e n u t z t ; dennoch ist mir kein F a l l bekannt, wo dadnreh die Ansteckung verbreitet wäre. wenn

solche

die Ansteckung

hervor-

gebracht h a b e n , solches mehr den Ueberbringern

dersel-

ben,

nls

wenn

Effecten

Ich verninthe daher, dafs,

ihnen

wirklich

vermittelt Dieser

irgendwo

selbst

znznschreiben

durch

Hautabsorptiou

werden

kann,

dies

subjectiven Ansicht

sei,

dafs

eine

iinfserst

nnerachtet

endlich,

Ansteckung

seilen würde

geschieht. ich

es nie

g e s t a t t e n , dafs solche Effecten ohne vorhergängige fikation

Puri-

von Gesunden gebraucht würden ; denn g e w i s s e n -

hafte L e u t e machen einen Unterschied zwischen ver Ansicht

subjecti-

und objecliver T h a t s a c h e . —• Auffallend

ist

es hier g e w e s e n , dafs viele P e r s o n e n , welche die L e i c h e n der an der Cholera Verstorbenen

wuschen —

s t e n t e i l s gleich

geschah,

nach dem T o d e

gänzlichen E r s t a r r u n g —

die K r a n k h e i t

was m e i -

und vor der

in der allcrhef-

tigsten F o r m b e k a m e n , und meist s t a r b e n ; dagegen auch hier kein F a l l bekannt geworden ist, dafs L e i c b e u w a r t e r nnd

Todtengräber

oder

Aerzle,

die

sich

gliederung der L e i c h e n beschäftigt h a t t e n , ren. —

Dagegen gab

der

der Cholera

erste

an

Veranlassung

anf

dem

Lande

Verstorbenen zur

in

Verbreitung

mit der Z e r erkrankt

die

vielen F ä l l e n der

wä-

Beerdigung

Seuche

dio unter

die Nachbaren und G ä s t e . D a ich nicht die Absicht h a b e , eine Streitschrift zn arbreiben, »andern nnr die io den K r e i s meiner

Beobaeh-

35 lang

gekommenen

gehe

ich alle

tagiosum

Thatsacticn

zu

berichten,

so

über-

die b e k a n n t e n S t r e i t p u n k t e über die C o n -

oder

jSichtcontagiositiit

der

Cbolera,

nod

zu

deren A u f k l ä r u n g , B e s t ä t i g u n g oder Beseitigung ich nichts T h a t s ä c h l i c h e s beizubringen

habe.

D i e a n g e f ü h r t e n T h a l s a c b e n erheischen nach meiner Ueberzeiignng

folgende

Staatsverwaltung.

practische

Ist nämlich

Regulation

die

Cholera

für

die

ansteckend,

durch M i t t h e i l u n g von M e n s c h e n zu M e n s c h e n , so niufs sie a u c h gleich der P e s t d u r c h C o r d o n s und abgehalten

werden können.

Quarantäne

Dieser S a t z ist in sich voll-

k o m m e n richtig, ist a b e r d u r c h die P r a x i s bis jetzt nicht bestätigt.

In der T h a t

Unmöglichkeit,

balle

eine g a n z e

ich es fiir ein D i n g

g r o i s e , ausgebreitete

der

Land-

g r e n z e d e r i n a a f s e n zu b e w a c h e n , d a f s sich nicht G e w i n n süchtige wenn

und

sich

von d e r

Bestechliche

unter

den

unglücklichen

gesteckt s i n d ,

also

begegnen

Befehlenden Lehre

die S a c h e

sollten,

solche

besonders

befinden,

die

der N'ichtcontagiosität

an-

Anderer-

lau betreiben.

seits möchten auch die K o s t e n und L a s t e n einer M o n a t e lang dauernden strengen Bewachung ausgedehnter L a n d grenzen

die

übersteigen.

Kräfte

selbst

eines

wohlhabenden

Staats

N u r d a wo ein M e e r , breite S t r ö m e ,

durchdringliche W ä l d e r ,

hohe G e b i r g e

natürliche

un-

Gren-

zen bilden, d a k a n n man die A n l a g e eines S p e r r c o r d o n s versuchen, wenn m a n

sich

jedoch

die E i n w o h n e r

nur

dann

Erfolg

versprechen,

des G r e n z - D i s t r i c t s

von

der

Contagiosität d e r C h o l e r a und der Nützlichkeit der S p c r r Anstalten ü b e r z e u g t ,

und sie d a f ü r

enthnsiasmirt

h a t ; d a n n muf» a b e r anefa j e d e Uebertretnng des Cordons 3 *

36 nnfs

strengste betraft werde».

kann dem H a n g e

Nnr

auf diese W e i s e

zur Gemächlichkeit und der

Gewinnsucht

ein

den.

Ein

eine L a n d s c h a f t , die nicht

Staat,

liche Grenzen h a b e n , moralischen

Hebel

Gegengewicht

ungezü-

gelten

gegeben

die nicht im Staude

allgemein

in Bewegung

wernatür-

sind, zu

die

setzen,

können sich von den Cordons nichts versprechen. gegen

ist die

allerstrengste

Eiuschliefsung

Da-

derjenigen

H ä u s e r , D ö r f e r , S t ä d t e , iu denen die Krankheit a u s g e brochen i s t , das Hnfehlbare Mittel, die Verbreitung d e r selben zu verhüten,

vorausgesetzt,

fsung vollkommen i s t ,

dafs die

Eiuschlic-

und ohne alle Ausnahme

gewis-

senhaft vollzogen wird und vollzogen werden k a n n , was freilich in Bezng auf grofse, stark bevölkerte Stiidte sehr iu F r a g e

zu stellen i s t ;

eben

deshalb

Einschlicfsuug der angesteckten

mufs alter

die

kleineu Ortschaften uiu

so streuger sein, damit die Seuche nicht bis zn den g r o isen Städten vordringen koune.

Die AVege für Reisende

müssen um einen solchen Ort herumgeführt werden.

Nie-

mand ans dein Orte dürfte gestattet werden, ihn zu verlassen , ohne an seiner iiufsersteu Peripherie eine mehrtägige Quarantäne

abgehalten,

und durchaus

Kleidungsstücke angelegt zu habeu.

purifkiite

Die Einschliefsnngs-

linie miifste nicht zu enge um den Ort gezogen werden, damit den gesunden

Einwohnern

die Gelegenheit

nicht

genommen werde, sich in der freien Luft aufsprbalb der Stadt durch

Spaziergänge zu erheitern,

maafsen zu desinficiren. solchen

und

gewisser-

Die iirmern Einwohner

Ortes miifsten von

dem Staate

oder der

eines Ge-

37 meinde hinlänglich genährt und bekleidet werden, geräumige , trockene Wohnungen erhalten; mau müfste nicht dulden, dafs Leute ohne Obdach in freier Luft schlafen. Die Schenken und Trinkhäuser niiifsteu geschlossen, alle Gelegenheiten zu zahlreichen Zusammenkünften vermieden werden.

Udingens mufs die Lokal - Obrigkeit in

einem solchen Orte den guten Muth der Einwohner zu beleben suchen, und s e l b s t m i t d e m B e i s p i e l e d e r Furchtlosigkeit

vorangehen. —

schliefsung der angesteckten wissenhaft

vollzogen,

"Wird die E i n -

Orte vollständig und

ge-

so sind eigentlich keine weitere

Yorsichlsmaafsregeln im Lande milbig.

Da aber den-

noch, aller Sorgfalt der Obrigkeit unerachlet,

einzelne

Einwohner vou Gewinnsucht oder einem andern egoistischen Triebe verleitet,

die Wachen überlisten könnten,

so ist zu solchen Zeiten eiu strenges Pafssjslem läfslich.

Alle aus verdächtigen

Gegenden

Reisende müssen mit Pässen versehen

nner-

kommende

sein, in denen

täglich bemerkt wird, welche Orte sie betreten haben; Reisende, die dergleichen Pässe nicht halten, müssen zurückgewiesen weiden.

Hierbei sind jedoch alle Y e x a -

tionen der Reisenden aufs strengste 211 verbieten. —

In

der nähe einer iniicirtcu Gegend müfste es deu Einwohnern eines jeden Orts gestattet sein,

unter

Ober-Vor-

mundschaft des Staates, uud ohne deu allgemeinen Verkehr zu sehr zu belästigen, diejenigen weiter gehenden Sicheruugs-Maafsregelu anzuwenden,

die sie zu ihrem

Schutze der Lokalität nach zweckmäfsig und ausführbar finden würden.

Eine jede Gemeinde hätte dann das zu

38 Tie! oder zu wenig sich selbst beizumessen, die F r ü c h t e ihres

eigenen E i f e r s

keit selbst erndten. zen B e v ö l k e r u n g heit

zu

hat der Philanthrop spectabelsteu dert zur

würde

oder ihrer F a h r l ä s s i g -

D e r E i f e r und S c h a r f s i n u einer g a n -

leistet unendlich

der S ö l d l i n g e

and

leisten

vermag.

iu Curland

Einwohner

Bewachung

als

mehr,

die

Mit

gesehen,

aller K l a s s e n

Entzücken

dafs

sich

ilircr Ortschaften

Träg-

die

rc--

unaufgefor-

vereinigten,

und

dafs Edelleute und a n g e s e h e n e B ü r g e r selbst die W a c h e n b e z o g e n ; diesen ist es auch gelungen, die S e u c h e a b z u halten. — trifft,

Was

aber

das

so bereite

man

sich überall

ganze

bedrohte L a n d auf

die

anbe-

Möglichkeit

vor, dafs die Cholera doch hinkommen und sich v e r b r e i ten

könne.

Man

richte

daher

bei

Zeiten

überall

der

V o l k s m e n g e entsprechende K r a n k e n h ä u s e r ein ; man statte diese mit a l l e r Bequemlichkeit untere Mittelmann vermisse, finden,

die

täglich

Leute

des L e b e n s a u s ,

geniefst,

vom

untersten

damit

tiiler sollte man Seuche

zur

liberall

damit sie sehe, d a f s sorgen.

Dann

vor

Ansicht

der

und w i e

wird mau

dem

dieser

Stande

als sie zu H a u s e gewohnt sind.

die der nichts

aber

Solche

mehr Hospi-

Ausbruche

Population

offen

der halten,

ihre Vorgesetzten für sie

gewifs

nicht mehr

gegen

den

Widerwillen

des V o l k s , in die K r a n k e n h ä u s e r

zu g e h e n ,

zu kämpfen

haben,

vermeiden.

und

gewaltsame

Scencn

F e r n e r belehre man das Volk über die Cholera und ihre Eigeuthümlicbkeit;

man zeige ihm, w ie die

unordentliche

L e h e u s w e i s e , der es sich so gern hiugiebt, die M ö g l i c h keit der E r k r a n k u n g

unendlich

Ordnnng,

und

Mäfsigkeit

Mulli

vermehrt, die

dafs

besten

dagegen

Schutzmittel

39 E u d l i e h s s r g e UIAU d a f ü r , d a i s es d e r M e j i g e uidit

siud.

an E r w e r b ,

den E r w e r b s u n f ä h i g e n

nicht

au

reichlicher

U n t e r s t ü t z u n g in Nahen ng, B e k l e i d u n g und W o h n u n g g e breche;

dies

Gemeinden;

ist

das

uiau

beste Priiservativmittel

steile die Völlerei a b ,

für

ganze

man sorge für

öffentliche F e s t e uud andere Aufiieiterungsmittel der M e n g e . D i e w o h l h a b e n d e m M i t b ü r g e r m ü s s e n zu dieser Zeit um i h r e s eigenen Yortheils

willen

men

w oIi 1 b e k 1 e i d e t e ,

sein;

deun

der

f r e i g e b i g g e g e n ihre A r -

Jiiihrte, l u a f s i g e , k r ä f t i g e und hat

wenig

nicht

so

Anlage

leicht

zur

angesteckt;

Cholera, auf

woblge-

muthigeMensch

die

wird

demnach

angegebene

Weise

wird die M a s s e des Z u n d e r s und seine Z ü n d b a r k e i t selbst ungemein v e r m i n d e r t .

R ü c k t endlich die S e u c h e so n a h e ,

d a f s sie unvermeidlich

scheint,

so

bestimme

man

mög-

lichst viele E i n w o h n e r , die S t a d t zu v e r l a s s e n , und sich auf

dem L a u d e

Dörfer,

zu

zerstreuen,

jedoch

nicht

in

die

die wegen des e n g e n B c i s a m m e n w o h n e n s v i e -

ler M e n s c h e n und des gewöhnlichen S c h m u t z e s noch g e fährlicher sind als die Stiiüte, s o n d e r n in einzelne L a n d h ä u s e r ; b e s o n d e r s entferne m a n diese sind die e r s t e Beule d e r Die

zweite au

sich die C h o l e r a

Aerztcu

wie

lautet: 1

in C t i r l a n d

beobachteten K r a n k h e i t

denu

Krankheit.

mich g e r i c h t e t e F r a g e

auf m u f s ich e r w i e d e r n ,

schen

alle F u r c h t s a m e ,

geäufsert ?

Hier-

d a f s d a s Gesammthild der hier nicht

entworfenen

völlig dem von den e n g l i Bilde

der C h o l e r a ,

die

in

Asien beobachteten, gleicht, d a f s sie selbst im t r a n s k a u kasischen R u f s l a u d anders a u f g e t r e t e n zu sein scheiut als hier.

Da

sich

Aber alle

einzelnes

Z ü g e der

dortiges

40 Krankheit hier nieder Gaden, so scheint es mir keinem Zweifel unterworfen zn sein, dafs unsere Krankheit mit der orientalischen

Cholera dem Wesen

nach

stimmt , DIIII da£s nnr die Erscheinungsform

übereindurch die

Eigentümlichkeit nnd Verschiedenheit der geographischen Breite

nnd L ä n g e

nnserer Lander

nnd die physische

Temperatur der Bewohner modificirt ist.

Mit der K r a n k -

heit und dem Tode in vielfachen Formen vertraut, ihn nicht fürchtend, schien

nnd

es mir doch, ehe ich die

Cholera ans eigener Anschannng k a n n t e , anf solche Weise sterben zu sollen!

schauderhaft,

Heftig und schnell-

tSdtend ist sie auch hier aufgetreten; zwischen den ersten deutlich

erkennbaren Zufallen der

Krankheit und

dem Tode sind oft nur wenige Stunden verflossen.

Al-

lein es ist nicht dieses Bild der schauderhaften Leiden, das uns die fremden Schriftsteller aufgestellt haben; die Krämpfe sind weder so allgemein, noch so schmerzhaft, und das Wehegefühl in der Gegend der Herzgrube -widersteht nicht ganz den zweckmäfsig gewählten L a b u n g s mitteln.

In den schwersten Füllen tritt meist 6ehr schnell

bei vollem Bcwufstseiu eine stumpfe Gleichgültigkeit g e gen den eigenen Zustand e i n ; Klagen verstummen bald.

die anfangs so lauten

Uebrigens giebt es sehr ver-

schiedene Modifikationen und Stufen der Krankheit. habe schon berichtet, allgemein

herrscht,

fast Niemand gefunden wird,

nicht

einzelnen

Verstimmungen

an

Lebens litte,

Ich

wie au dem Orte, wo die Seuche

die mehr

seines

der

organischen

oder weniger den die

Cholera

ausmachenden Zufallen ähnlich sind; so auch beobachtet man in dem Laufe der Epidemie au einem uud demselben

41 Orte zatillose Uebergangsstnfen ans den leichtem in die schwersten Formen, so dafs es dem Arzte oft schwer •wird zu bestimmen, ob in gewissen Fällen die Cholera schon specifisch entwickelt sei, oder nur das Allgemeinleiden der Constitutio

cholerica

Statt finde? •— Die

sorgfältige Beobachtung von mehr als 800 Cholerakrank e n , und uuter diesen solcher, die vom ersten Beginn der Krankheit an nnter ärztlicher Beobachtung standen, und wo der Verlauf der Krankheit durch kein eingreifendes Verfahren zerstört wurde, hat uns mit den natürlichen Krisen der Krankheit bekannt gemacht, nnd uns die groise Zahl von Symptomen, die bei der Cholera vorzukommen pflegen, zu würdigen, und diejenigen za bestimmen gelehrt, die pathognomischen Werth haben. Als die wichtigste und glücklichste aller Krisen, stellt sieh der d u f t e n d e w a r i n e S c h w e i f s dar; ohne solchen Schweifs geneset keiner; nächst dem Schweifse ist im Verlaufe der Krankheit die angenehmste kritische Erscheinung d a s

Auftreten

der

Galle

in

den

A n s w u r f s s t o f f e n ; durch die Wiederherstellung der Urinabsonderung wird aber die Genesung des Patienten völlig versichert. stehen

oben

(Collapsus)

an:

Unter deu pathognonionischen Zeichen das

eigentümliche Zusammenfallen

des Antlitzes,

nnd die Ausleerung einer

der Reifsabkochung ähnlichen Flüssigkeit dnreh den Mund und After, oder auf einem dieser Wege; diesen folgen rucksicbtlich der Allgemeinheit:

der unterdrückte Puls,

der plötzliche Verfall der Kräfte, die unterbrochene Absonderung des Urins, tonische Krämpfe der Muskeln, und eine eigentümlich entstellte, schwache und heisere

42 Stimmt ( V a x cholerica ).

Es giebt jedoch mch Füll«,

ja denen

und Krämpfe

nur Collapsus

Opisthotonus)

(gewöhnlich

die Hanjitziige der Krankheit machen,

uad keine Ausleerungen weder nach oben noch nach unten Statt

finden;

diese Fälle sind die gefährlichsten.

Die leichteste eigentümliche Form

der Cholera,

die

•Diarrhoea cholerica zeichnet sich nur durch Collapsus and Durchfall der dem Reifs -Decoele ähnlichen Flüssigkeit aus; die andern Zufälle sind dabei untergeordnete, und wenn sie sich sämmtlich einfinden, ist die vollendete Cholera da.

Es würde zu weit führen, hier die

selbstständigern Formen der Cholera genau characlerisircii zu wollen; nur dies inufs bemerkt werden, dafs .bei uns nnali'ich häufiger Compliratiouen und Uebergänge der Krankheit vorgekommen sind, als solches von den frühem Schriftstellern bemerkt ist.

Diese Zufälle

erschwerten die ärztliche Behandlung unendlich, brachten die Kranken nur zu oft in Gefahr und tödteten sie, nachdem der erste Sturm glücklich überwunden war.

Die

Mehrzahl der schwierigem Fälle, ja seihst solche, die anfangs gutartig verliefen, machten solche Uebergängc, die man nicht mit Unrecht als das Uebermaafs der Reaktion des Organismus gegen die. Krankheit

ausehen

konnte, und llieils durch die Constitution und Lebensweise der Patienten, theils durch die angewandte Heilmethode molivirt wurden.

Diese Uebergänge waren vor-

nämlich: entzündliche Reizung des Hirns, wirkliche Hirnentzündung, bei Säufern Delirium tremens, Febris nervosa

stupida,

eine wahre

entzündliche Reizung, uud

selbst Enteünduug des Magens, de« Zwölffingerdarms,

43 und der übrigen Därme

and grofsen Eingeweide der

Unterleibes. — Allgemein war die Seuche in ihrem e r sten Auftreten am verderblichsten;

dann

nahm sie an

Bösartigkeit ab, nnd wurde gelinder; die Krankheit verlief nicht so stürmisch; die Heilkraft der Natur trat herv o r , und durch alle Methoden, die nicht zu gewaltsam iu's organische Leben eingriffen, wurden viele Kranke geheilt.

Je nachdem die Seuche in der topischen Be-

schaffenheit des Ortes

und in dem Gesundheitszustände

der Bewohner eine bereitwillige Aufnahme oder

eiuen

ungünstigen Boden fand, verlief sie an einem Orte bösartig oder gutartig: doch kamen auch dort gutartige und hier bösartige Fälle vor.

E s gab Orte,

wo fast alle

Choierakrauke genasen, und andere, wo fast alle starben; dort und hier

war die Heilmethode fast dieselbe,

dort und hier verlief die Krankheit in vielen Füllen bis zur Genesung oder bis zum

Tode ohne

alle oder bei

eiiier bios negativen Kunsthülfe, so dafs man also nicht sagen k a n n ,

dort habe eine zweckmiifsige Heilmethode

das glückliche, hier eine entgegengesetzte stige Resultat geliefert.

das ungün-

Hier in Mitau war die Seuche

sehr bösartig, anfangs starben fast f aller Erkrankte», später genasen 5.

Doch wurden bis an das Ende der

Epidemie einzelne höchst bösartige Fülle beobachtet, und der letzte K r a n k e , den wir hier hatten, erlag eben so schwer als die Opfer der ersten T a g e , uud starb iu 2 0 Stunden. Die

dritte

Frage

wandte Heilmethode.

betrifft

die

— Ehe

hier

ange-

wir die Krankheit

ans eigener Anschaunng kennen gelernt hatten,

waren

44 wir entschlossen, Indien so sehr

die von den

englischen Aerzten in

empfohlene Methode auch hier

zn v e r -

suchen , übrigens aber nus an keine specifische Metbode za b i n d e n ,

sondern nach den Regeln einer verständigen

T h e r a p i e die Kraukheit genau zu beobachten, lich zu e r s p ä h e n ,

anf welchem W e g e

in günstigen Fällen Winken

wo m ö g -

die N a t u r selbst

die Heilung übernimmt,

dieser grofsen Meisterin

und

zu folgen.

den

D a s aus

M o s k a n verbreitete Gerücht, dafs die englische Metbode sich dort nicht so heilsam bewährt sprechungen ihrer Verbreiter erwarten uns za

h a b e , als die V e r liefsen,

um so grösserer Behutsamkeit.

Als wir nun

selbst die Kraukheit zu beobachten b e k a m e n , Yöllig der M u t h , schien

diese Methode

uns gegen

Krankheit,

ermahute sank uns

anzuwenden,

denn

alle Grundsätze der T h e r a p i e ,

es eine

die aus einem solchen Vereine von Erschei-

nungen b e s t a n d ,

wie die Cholera uns jetzt darbot,

Aderlässen, Calomel

und Opium

zu behaudelu.

mit

Dieses

Sträubens unerachtet wurde diese Metbode anfangs vers u c h t ; da sie aber fast nur zu unglücklichen Resultaten führte,

bald verlassen.

Vom Adeilasse konnte in den

meisten Fällen g a r keine Anwendung gemacht

werden,

da das Blut selbst aus grofsen Aderülfnungeu nicht zum Fliefsen zu bringen

war;

flofs es aber auch wirklich,

so schien dadurch die tüdtliche Schwäche vermehrt, die letzte Katastrophe beschleunigt zu werden.

und

Iin wei-

tem Verlaufe der Epidemie, als bei den Befallenen nicht gleich anfangs alle Functionen gelähmt waren, fand auch der A d e r l a f s

im Stadio der Vorboten und im ersten

Anfange der Krankheit bei athletischen, vollblütigen Cou-

45 etitntioaen

nicht selten seinen zweckmäßigen Plate znr

Abkürzung des Aufalls Complicatioueii

und

zur Verhütung bedenklieber

und Reactionen.

den schweren Füllen

Das Calomel

der Cholera ganz

war in

nutzlos, indem

der Magen lind die innere Darmfluche darauf gar nicht reagirten, man mochtc ihn

in G r a n - oder Scrupeldosen

reichen.

Form der Cholera,

In der leichtern

wo die

Reizbarkeit des Magens und seiner Nervengeflechte offenbar erhöbt ist, wäre es tollkühn gewesen,

das

Calomel

in grofsen Dosen zu g e b e n ; kleine Dosen wirkten jedoch recht vortbeilhaft. schücfsen, da die

Noch

das Opium

weniger konnte mau sich entin grofsen Dosen

zu behaudelnde Krankheit

so auffallende Aehulichkeit

mit dem auf übergrofse D o -

sen des Opiums n. s. w. folgenden s t a n d darbot. besonders

Yergiftu ngszu-

Die w a r m e n R ä d e r ,

in der Astrachanschen

Erfolge gesehen hatte,

anzuwenden;

in vielen Zügen eine

leisteten

von denen man

Epidemie so günstige etwas,

jedoch

die Kranken hüniig dadurch sehr angegriffen. Tilesius

so laut empfohlenen

KaiibUder,

wurden Die

von

welche,

theoretisch angesehen, viel für sich haben, brachten ungleich mehr Nachtheile

als Vortheile,

und wir nnterlie-

fsen sie bald gänzlich; es schien uns, dafs die Kranken dadurch ungemeiu aufgeregt wurden, und eiuige Kranken entrissen sich mit der letzten Anstrengung den W ä r t e r n , starben,

um aus

unmittelbar

genommen hatte. besonders

dem Rade nachdem

ihrer Kräfte

zn k o m m e n ;

man

andere

sie aus dem Rade

Günstiger wirkten die D a m p f b ä d e r ,

die E s s i g d a m p f b ä d e r ,

jedoch

mehr in

dem zweiten Stadio der Seuche, als 6ie bereits an Inten-

46 sitftt verloren

hatte; zu dieser Zeit reichten Öfters ein

Dampfbad und ein Paar Tassen

heifsen aromatischen

Thee hin, die ganze Krankheit zu beseitigen.

Am g ü n -

stigsten wirkt in allen Perioden der Senehe das a n h a l t e n d e F r o t t i r e n der erstarrten Glieder mit reizeuden Spirituosen

Flüssigkeilen,

lind

derselben mit Wärmeflaschen. Lebenskräfte,

das

Warmerhalten

Der grofse Verfall der

die Hemmung des Blutnmlanfes geboten

die Anwendung solcher Mittel, die den Blutninlauf anzufachen, und das weitere Sinken der Lebenskräfte zn -verhüten im Stande waren. riana,

die Serpentaria,

Campher, cervi

W i r reichten daher die besonders die Angelica,

den Liquor

Mindereri,

den Liquor

Valeden cornu

succirtaius,

die Aetherarten, belegten die Ober-

banchgegend mit

scharfem Senfteig, die Unterbanclige-

gend mit wannen Umschlügen einer Mischling von Essig und Kiim|>licrs|>mtiis, oder mit Säckchen mit gewärmten, trockenen

Kräutern,

verbanden

damit das

anhaltende

F r o l i i m i der Glieder, und belegten sie, wenn das F r o t tiren eingestellt

wurde,

chen gewärmter Kleien. Anwendung

mit Wiirmeflaschen

oder Siick-

W i r bemerkten, dafs unter der

dieser Mittel hiinliger als bei der Anwen-

wendung des Calomels

ein dnftender Schweifs

nnd mit ihm der heftige Sturm sich legte.

eintrat,

Durch diese

Metbode wurden zur Zeit der Bösartigkeit der

Seuche,

d. h. in den ersten Wochen

verhiilt-

ihres Regiments,

nifsmiifsig mehr Kranke gerettet, andere Methode.

Nur durfte

als durch irgend eine

man sie nicht zn lange

fortsetzen, weil sonst leicht ein Uebergaug in entzündlieb« Formen herbeigeführt wurde.

Als wir Gelegenheit

47 hatten, weniger schwere Falle der Cholera *u beobachte«, wo g a r keine oder

nur indifferente Mittel gegeben wur-

den ; wo die Natur in ihren Heilbestrcbnngeii weder g e stört noch unterstützt

wurde,

bemerkten

wir, dafs das

günstigste Ereignifs iin Verlaufe eines Cholera - Anfalles ein w a r m e r , du f t e n d e r S c h w ei f s w a r ; trat dieser ein,

und wurde er durch kein widriges Ereignifs unter-

drückt,

so zeigte sich bald

auch e t w a s

G a l l i g t es

in den durch deu Mund lind After ausgeworfenen Stoffen, das Erbrechen

und

die Diarrhöe wurden

Puls hob sich,

die Krämpfe liefsen nach,

seltener,

der

und die so

lange unterdrückt gewesene Haruabsondernng stellte sich wieder her.

Im weilern Verlaufe der Epidemie

viele K r a n k e n ,

hatten, in voller Reronvalesccnz. de,

die dann

waren

nachdem sie geschwitzt und geschlafeil Die einzige Beschwer-

gewöhnlich folgte,

war eine

andauernde

Stuhlverhahung, zu deren Beseitigung sich Oleum am vertheilhaftesten bewies; jedoch barber mit gutem

wurde auch

Erfolge angewandt. — Diese

ricini RhaBeob-

achtung des AVeges , auf dem die Natur selbst die Cholera heilt, und der kritischen Bestrebungen, die sie zu diesem Zwecke macht, bestärkte uns in der Auwendnng der

nach allgemeinen

methode.

Demnach

Indikationen

entworfenen

wurde in der schweren

Heil-

Form der

Cholera (die man nach der schwarzblaneu Fiirbuug des Gesichts und der Extremitäten

die s c h w a r z e ,

wegen

der Lähmung aller Lebensfunctionen die p a r a l y t i s c h e Choleraform nennen könnte) der K a i ü p b e r das Hauptmittel.

E s wurde

in Dosen

zu 1 — 2 — 3 Gran alle

1 — 2 Stunden in Pulverform oder tchicklichen Vehikel«

48 mit den oben erwähnten Nervinis

nnd

gegeben;

und Erwärmen

dabei

wurde das Reiben

Glieder eifrig betrieben,

Sinapismen

Diaphoreticis

mit £

der

türkischen

Pfeffers geschärft auf die obere Bauchgegend gelegt, und jeweilen eine halbe T a s s e eines aromatischen Thees mit Salep-,

Hafergrütz-

Personen,

die

an

oder

Leiusaamenscbleira

gereicht.

den Gennfs des Weins oder Brannte

weins gewöhnt waren , erhielten solchen in kleinen P o r tiouen;

CaiTeetrinker

unbeschreiblich Sterbenden

wurden

erquickt,

durch etwas guten Caflee

und mauchem unrettbar dahin

die letzten Lebensinoniente

durch Caffee e r -

leichtert. — In den gelindem Füllen der Cholera waren der Campher

und

die starkem

nnd ihre Anwendung

nicht iudicirt,

Nervina

brachte Nachtbeil.

Hier,

wo der

Puls zwar unterdrückt,- jedoch noch fühlbar war, wo die Extremitäten zwar kalt,

jedoch

uiclit eisig,

die

Zunge

noch wann war, die Krämpfe nur die Zehen und F i n g e r

einnahmen,

die

Regio

epigástrica

eingezogeu

und

schmerzhaft, überhaupt mehr ein gereizter, dem Entzündlichen sich nähernder Zustand vorhanden w a r , Blutegel,

iu diese Gegend applicirt

selbst k l e i n e Sinapismen,

Aderlässe),

leisteten

( b e i Vollblütigen

ausgebreitete,

Cataplasiuen auf den Bauch,

geschärfte

Frottircn der

Glieder, besonders der F ü f s e und Eiuwickelung derselben in erwärmte wollene Tücher, ferner Calomel —

3 Gr. mit ¿ — § Gr. Opium

dazwischen

Emulsionen

kene süfse

Kuhmilch

von

zu 1 —

Monsaamen,

eben

u. a . alles Erwünschte.

wurde in solchen Fällen

das

2

alle 1 — 2 Stunden,

Magisterium

gemolSpäter Bismuthi

mit ausgezeichnetem Erfolge angewandt, manchmal auch den

49 den

Umstünden

nnch

mit

W i r waren nngelahr in

das Magisterium

Calomel

in Verbindung.



der Mitte unserer Epidemie als

Bismuiht

als Specificum gegen die

Cholera angekündigt wurde.

Die unbedingte Empfehlung

dieses Mittels, die Versicherung, dafs seit und bei seiner Unwendung

Niemand

mehr an der Cholera gestorben

sei, mufste schon ein sehr gerechtes Miistrauen bei allen Aerzien erregen, die die bösartige F o r m der Cholera aus eigeuer Anschauung kanuten. durch den

Erfolg nur

den schweren stete

das

gar

Dieses Mifstrauen wurde zn

sehr

gerechtfertigt.

( p a r a l y t i s c h e n ) Formen der Cholera l e i ueue

Patienten starben eben so häufig,

Mittel

selbst

bei

gar

nichts,

dessen

denn

als wenn sie gar nichts bekamen,

weniger schweren Füllen Bismuthi

mal ungemein

die

zeitiger Anwendung

häufiger als bei der Anwendung des Camphers. gesterium

In

der Cholera

den Vortbeil,

grofse Häufigkeit

und

In den

brachte das

dafs

31a-

es die manch-

der Ausleerungen nach

oben und unten beschränkte; wir gaben es daher manchmal in Verbindung mit dem Campher mit Nutzen in solchen Fällen rungen

der

paralytischen C h o l e r a ,

iibermäfsig

häufig,

dei Regio

wo die Ausleeepigastrica

gezogen und ganz besonders schmerzhaft war. jenigen

Modifikation

der Cholera

weniger einer entzündlichen der

blofsen

der

Cholera

Opiums

Cardialgia

cholera artigen

Mittel ausgezeichnete war die

aber,

einzige,

in grüfsern Dosen

die

(jedoch

Gi an in 2 4 Stunden) znliefs,

die mehr oder glich,

Diarrhöe

Wirkungen.

einIn derund in

hatte

das

Diese letztere F o r m den

Gebrauch

nicht über 3 —

und selbst verlangte; 4

des 4 es

50 wurde inuerlich iu Emnlsioneu nach den Umstünden mit Zusätzen vou Campher, Angelica, Isiqu.

cornu

cervi

succin.

Liquor

Mmdvr.,

und mit schleimigen Ge-

tränkeu gegeben, auch iu Verbindung mit Amylum Saleplösung in Clystiren. des Opiums

oder

Jedoch durfte der Gebrauch

nicht bis zur 'gänzlichen Unterdrückung der

StuhlansleernIlgen fortgesetzt werden, widrigenfalls kiebt unangenehme Folgen entstanden. Es ist eiue unverbrüchliche Regel bei der Behandlung aller Cholerafalle, die gelindesten nicht ausgenommen, den Patienten bis zur vollen Recouvalescenz nicht aus dem Dette zu lassen.

Wir haben öfters die trau-

rige Erfahrung gemacht,

dafs Patienten sich während

des schönsten duftenden,

kritischen

sirutigerweise

erkalteten.

Plötzlich

Schweifses unvortrat dann

wieder

Kälte ein, das Blut stockte auf der Oberfläche des Korpers, die Augen sanken wieder in ihre Höhlen zurück, das Gesicht und die Hände wurdeu wieder blau u. s. w., ein solcher schwerer Rückfall ludlete dauu meistens rettungslos. — Was das Getränk nubelriift, so verlangen alle Kranke laut und ungestüm ser.

nach

kaltem

Was-

In der ersten Zeit scheueten wir uns, diesem Ver-

langen zu willfahren, da die Practiker \or uns so sehr dagegen warnen.

Wir entdeckten aber bald, dafs man-

che Kranke, uncrachtet unsers Verbots, sich kaltes W a s ser zu verschaffen gewufst hatten , und dafs von dessen Genul's kein Kachtheil entstand, vorausgesetzt, dafs die Menge des Wassers nicht zu grofs war.

Wir

erlaub-

ten daher später den Genufs des kalten Wassers zu 2 bis 3 Efslüfleln roll auf einmal, und die meisten Kranken

51 fühlten sich dadurch aub«schreiblich erquickt. wurdeu

durch Milch ungemein gelabt.

Zum

Andere gewöhn-

licheu Getrkuk wurde eiue Reifsabkochung:, Hafergrützoder Salepscbleiro gereicht.

Fersooea,

die aa den Ge-

nuin geistiger Gelriiuke gewohnt waren, bekamen manchmal Wein mit Wasser,

etwas Bier, ja einige 6ogar

Branntweiu mit Wasser oder Tbee. matischen

Getränke

wurden

Die warmen aro-

im spatern

Verlaufe

der

Epidemie nur seilen als mehr mediciuische HülfsmiUel gereicht. Wie in allen schweren Krankheiten, so ist es auch in der Cholera erlaubt und nothweudig, manchmal schwere Symptome besonders zu berücksichtigen, und daher symptomatisch zu verfahren.

Eins der lastigsten Symptomo

ist das bei manchen Kranken nicht aufhörende Erbrechen , welches nacb gänzlicher Entleerung des Magens in ein hlofses Würgen übergeht, und verbuuden mit einem uulosclibaren D u r s t , und einer brennenden Empfindung int Magen ein unbeschreibliches Angstgefühl verursacht. Magnesia,

Hier nützt öfters das Magist.

Bismuthi,

die

frische, noch thierwarme Kuhmilch zu 1 — 2

Efslöfl'elu v oll, kaltes Wasser in ganz kleinen Fortionen. Die wannen Getränke vermehren den E k e l ; Milch und kaltes Wasser vermindern ihn auffallend.

Auch worden

besonders in solchen Fällen Leuten, die daran gewöhnt waren, die oben erwähnten geistigen Getränke mit Nuzzeu gegeben.

Scharfe Senfteige auf die Magengegend,

und selbst Blutegel verschafften in solchen Füllen manchmal Hülfe. — Den heftigen Durchfall zu beschränken, wnrde verschiedenilich Opium,

sowohl iunerlich als in 4 •

52 Clystiren, Nux

vómica,

die Adstringentien n. s. w.,

doch meistens ohne Erfolg angewandt, wenn nicht die ganze Krankheit eine günstigere Wendung nahm; am nützlichsten schien such gegen dieses Symptom das Magist.

Bismuthi

zu wirken.

Ungleich gefährlicher aber

als ein Uebermaafs des Erbrechens und der Diarrhöe erwies sich das gänzliche Stocken der Atisicerungen. Am gefährlichsten waren die Fülle der Cholera, wo es bei andern schweren Zufällen, besonders heftigen Krämpfen, an Erbrecbeu und Diarrhöe gänzlich fehlte; gefährlich diejenigen, wo heftiges Erbrechen und Laxircn plötzlich und ohne kritische Erscheinungen nachliefsen. solchen Falle habe ich den B r e c h W e i n s t e i n

III einem in gro-

fsen Dosen mit Vortheil gegeben, andere Aerzle wandten das Calomel an. Dies ist -die Skizze der in Mitán angewandten Heilmethode gegen den Anfall oder das stürmische Stadium der Cholera. Aerzte in andern Gegenden Curlands haben eine ähnliche Heilmetbode angewandt; andere rühmen die guten "Wirkungen des Aderlasses, des Caloméis, Opiums,

des Wifsmuths, der Bader u. s. w.

des

Auffal-

lend sind die guten Erfolge, welche die Ebriier in Jacobstadt, im Illuxt'schen Kreise und in deu benachbarten Gouvernements von ihrer Methode gehabt haben, die einzig und allein in Herbeiführung der Haiitkiise durch unablässiges Frottiren des Körpers und durch Darreichung warmer aromatischer Getränke besteht.

Die indiistriöscn

Jnden wanderten Quadrilleweise von Haus zu Haus, und frottirten Jeden, der über Uebelkeiten und Herzgespann klagte.

So gewifs es iudessen ist, dafs sie Mancheu

53 . frottirten und angeblich heilten, halle,

der

uiclit die Cholera

so ist es doch auch unzweifelhaft, dafs ihr Ver-

fahren nicht nur in den leichten, sondern

auch in den

schwereren Fallen mit gutem E r f o l g angewendet worden, und dalier aller Beachtung- wertb ist. Durch das Vorgetragene aller

dürfte der alte Grundsatz

yorurtheilsfreien, acht H i p p o k r a t i s c b e n

neue Bestätigung erhallen, s e i , gegen

Aerzte

dafs es ein eitles Bestreben

akute Krankheiten

specifische Heilmittel zu

suchen, und dafs die Kunst des Arztes in diesen K r a n k heiten

vielmehr

darauf

beschränkt

sei,

N a t u r in der spontanen Eutwickelung

den Gang der

ihrer Heilkraft zu

erspähen, diesen Gang uachzuahmen, und die natürlichen Krisen

der Krankheit

nach den

Umständen

hervorzu-

rufen , zu befördern oder zn b e s c h r ä n k e n ; es dürfte einleuchten,

dafs die Cholera,

wie andere Epideinieen, au

jedem Orle eine Modifikation der Behandlung ja dafs

verlangt,

sie in ihrem natürlichen L a u f e au jedem Orte

allinälig Modiiikationen erleidet, die modificirend auf die Behandlung zurückwirken müssen, dafs mithin keine besondere,

und für alle Fälle gültige Heilmethode vorge-

schrieben werden k a n n ,

dafs

vielmehr

die Aerzte eines

jeden L a n d e s und Ortes die zur Zeit v o r t e i l h a f t e s t e Behandlungsart der Epidemie

mit treuem Sinne der Natur

ablauschen, und sie gewissermaafseu erfinden müssen. Gilt dies

schon von

der Behandlung

des eigentli-

chen Chuleraanfalles, so gilt es noch mehr von der Behandlung der mannigfachen Complikationeu,

Reactions-

11 ml NAchkraukbeiten , die die Cholera in uuseru Kliuiaten so gern

macht;

hier hat

der

Beobacbtungs - und

54 Erfindnngsgelst des Arztes das weiteste F e l d .

Denn ob-

gleich auch diese nun auftretenden Zufalle mit Berücksichtigung

der

Individualität

den Regeln der T h e r a p i e behandelt

genauer

des Krauken

nach

werden müssen,

so

erhalten sie doch dnreh die Beziehung, in der sie zu der Cholera s i e b e n , eine besondere Bedeutung', und verlangen

deingemäfs

eine

modificirte Behandlung.

In

den

glücklichen Füllen einer gelind verlaufenden Cholera tritt die Reaction

in normaler Weise a u f , d. h. sie ist m ä -

fsig, und erheischt dann keine Kuusthiilfe. Torsicbtige

Darreichung milder,

Ruhe, Schlaf,

reizloser Speisen

sind

hinreichend, um die Harmonie der Functionen völlig wieder herzustellen.

In den schweren, ernsten Fällen

Cholera ist es aber anders. drückung der Cirkulation

Nach

der totalen

wird diese

das entmischt gewesene Blut

wieder

der

Unter-

hergestellt,

wird reorganisirt, die p a -

rnljsirten Gefäfse können dem andringenden Strome nicht hinreichenden Widerstand leisten, es entstehen Congestionen nach

den mehr

oder weniger

edlen

Eingeweiden,

die g a r zn leicht in Entzündungeu und Apoplexieen, oder in Lähmungen die Constitution methode

und Sopor übergeben,

wobei

natürlich

des Kranken und die angewandte Heil-

von grofser Bedeutung

sind.

Diese Beobach-

tung enthält für den Arzt die W a r n u n g , bei Behandlung des stürmischen Stadiums die heilsamen Krisen mit g r ö f s ter Vorsicht

zu leiten,

die Darreichnng der

reizenden

Arzneiuiitte) nach geschehener Einleitung der

Hautkrise

zu beschränken, krankhniten

und schon jetzt den

entgegenzngehen.

möglichen Nacli-

Unerachtet dieser

Vor-

sicht, ja öftPis selbst in Fällen, wo in dem paralytischen

55 Stadio der Krankheit gar keine ärztliche Behandlung Statt gefunden hat, und der Anfall nur durch die Naturhülfe bekämpft ist, treten nach kurzer Erleichterung- des Kranken neue bedenkliche Zufalle ein, die wenigstens zu Anfange den Character der Congestion, frritation, Entzündung haben;

der Puls wird hart, das Gesicht

röthet sich, der Kranke klagt über Benommenheit des Kopfes und seihst Kopfschmerz, man sieht das heftige Schlagen der Arterien am Kopfe; oder aber der Kranke klagt über heftigen Schmerz in der Magengegend, einen Schmerz, der durch änfsern Druck vermehrt wird, selten über Schmerz in den Hypochondrien oder der Brust; die Zunge ist rotli und trocken, oder braun und rissig; die bereits eingeleitet gewesene Urinabsonderungö stockt abero C7 juals u. s. w.

In diesem Zeitpunkte der Krankheit fin-

den zwei Mittel ihre Auwendung, die in der englischostindischen Therapie der Cholera gleich zu Anfauge iu Gebranch gezogen werden, der Aderlafs und das Calomel.

Der Aderlafs wirkt oft einem Zauber ähnlich, nur

mufs er ganz a tempo gemacht werden, d. b. in den» Augenblicke, wo der Orgasmus des Bluts die Holm der Entzündung erreicht, und proportional zu der Constitution des Kranken.

Es kann nülhig sein, die Wirkung

des Aderlasses dnreh zahlreiche Blutegel au deu Kopf, auf die Magengegend oder den Unterleih zu nutesstiitzen, auch wohl den Aderlafs zu wiederholen.

Kalte Umschlüge

auf den Kopf sind bei der heftigen Congestion dahin von grofscra Nutzen. — Das Galnmel

wird uach verschie-

denen Indikationen verschieden angewendet.

Ist gleich-

zeitig, wie gewöhnlich, der Leib verstopft, so wird es

56 als Abführmittel in grofsen Gaben zn 1 0 — 1 5 — 2 0 Gran ein, zwei bis drei Mal nach einander, in Iutcrvallen Ton 2 bis 4 Stunden, gereicht, nnd ein Efslölfel voll Oleum ricini nachgegeben.

Ist keine Leibesverstopfnng

zugegen, so ist es vorthcilbafler, das Calomel

in klei-

nen Gaben etwa zn 2 Gran alle 2 Stunden zu reichen, nnd Oel - Emulsionen, manchmal sogar Nitrum

dazwi-

schen zu geben. — In weniger heftigen Füllen, wo nur mäisige Congestiouen, besonders fiach dem Magen oder den Organen der Brust bemerkt wurden, oder wo im Allgemeinen das arterielle System der Sitz der Reizung nnd Congestion w a r , ohne dafs solche sich iu einem besondere Organe reflectirte,

entsprach

die

Haller'sche

S ä u r e dem Heilzwecke ain besten. — Die Behandlung der Nachkraukheiteu mit diesem mehr sjnochischen, erethischen Character ist für den Arzt meistenteils sehr belohnend; denn wenn er seinem Krauken hinlänglich Zeit widmen, und allen Bewegungen der ihr gehöriges Maafs suchenden, und nicht finden könnenden Natur aufmerksam folgen kann, ist er häufig im Stande als genialer Vermittler aufzutreten.

Um aber ganz gliieklich zu

sein, darf er seinen Kranken in diesem Zeiträume der Krankheit fast gar nicht Terlasscn, denn so schnell und stürmisch geht hier häufig alles Ton Statten, besonders wenn das Hirn

den Tummelplatz abgiebt, dafs öfters

das Yersäumnifs einer halben Stunde dnreh nichts mehr zu ersetzen ist, indem die Cougestion schon in Apoplexie oder Lähmung übergegangen ist. —

Ungleich ge-

ringer ist die Hoffnung «ines glücklichen Erfolges bei dem Uebergange in eine Nervosa

stupida;

diese mufs

57 nach den bekannten Regeln der T h e r a p i e behandelt « e r den,

und die anhaltende

Anwendung

der

Sinapismen,

Yesicalorien nnd reizenden Mittel, besonders der Einreibung von Fhosphorül hat noch die besten chen

Fallen

Arnica,

auf das Ilückgratb n. s. w.

Dienste geleistet,

obgleich in sol-

meistens unter colliquativeii Zufallen aller

Art der Tod die Scene schliefst. Die vierte F r a g e betrifft d i e s a 11 i t ü t s - p o 1 i c e ilichen

M a a f s r e g e l n,

reisenden und

aus

inficirten

in d e r S t a d t

IVtitau

der Absonderung sunden

welche

¿er

wegen

Orten

selbst

Kranken

der Ab-

getroffen, hinsichtlich

von

den

Ge-

H i l t e r in eine.'n A u g e n a u s g e f ü h r t s i n d ?

Die erste und nach meiner Ueberzeugnng wichtigste sanitäts-policeiliche M a a f s r e g e l ,

welche ¡iberall in Curland

angeordnet nnd ausgeführt wurde, betraf die Errichtung von Krankenhäusern

und die Besorgung der

lichen

Die nächste

war

Medikamente. die T h e i l u n g

kleine Bezirke;

wichtige

erforderMaafsregel

der Städte und Landkreise

in jedem solcher Bezirke wurde einem

der Obrigkeit vortheilhaft bekannten Einwohner Klasse die specielle Aufsicht übertragen. Anfsehern

wurden

Gehülfen beigesellt. Häuser

in viele

nach Umstanden 2 ,

höherer

Den Bezirks3

nnd

mehrere

Ihre Function bestand d a r i n ,

und Wohustellen

stens einmal zu besuchen,

ihrer Bezirke

taglich

alle

wenig-

um sich von dein Gesund-

heitszustände der Einwohner und ihren Bedürfnissen, von ihrer L e b e n s w e i s e , des Hauses

von der Ordnung und

Reinlichkeit

genaue Kennlnifs zu verschaffen, und mit

Unterstützung der Folicei die etwa ntilbig befundene Ycr-

58 legnng der Einwohner >ua gar 20 dicht besetzten Hänsern in geräumige L o k a l e , die Wegschaffung von Unreinigkeiten u. 6. w. zo bewerkstelligen. tung

Diese Einrich-

bat sieb in hohem Grade nützlich

bewiesen,

und

ihr verdanken wir die Verhütung uugleich gröfsern U n glücks.

E s worden viele Hungrige gespeist und Nackte

bekleidet; es

wurden die Leute rücksichtlicb ihres V e r Die

hallens täglich belehrt, gewarnt.

Kranken

kamen

durch sie zeitig zur Kunde der Aerzte, und konnten nicht verheimlicht werden.

Die Aerzte hatten sich freiwillig D

in die verschiedenen Bezirke getheilt, und eilten auf deu ersten Ruf zu jedem K r a n k e n

ihrer

resp. Bezirke. —

Alle Cholerakranke, die kein besonderes Lokal inne hatten, uud daher nicht streng isulirt werden konnten, denen es an zweckiuäfsiger

häuslicher

Fliege

alle

gebrach,

wurden in die bereit gehaltenen Krankeuhiiuser gebracht, was auch in den meisten Fallen ohne alles W i d e r s t r e ben geschah,

da

die Leute

bald

bemerkten,

Verpflegung in den Krankenhäusern Behandlung äulserst human w a r , nis

der Heilungen

in

deu

war als in deu Privathäusern.

reichlich

dafs die und

die

und dafs das Verhält-

Krankenhäusern Jeder im

günstiger

Krankenhause

Genesene wurde in eine besondere, aufserhalb der Stadt ctablirt« 0 b s e r v a ti 011s - A n s t a 11 einer

achttägigen

Quarantäne unterzogen, während dieser Zeit auf Kosten der Mitbürger gespeist, war,

Kleidungsstücken selbst

und

wenn er dessen

bedürftig

bei seiner völligen Entlassung mit neuen, warmen versehen.

In

waren verschiedene Stationen

couvalescenten und der Einlassung

deu

Krankenhäusern

für K r a n k e ,

Re-

iu die Observatious-

59 Anstalt Entgegengehende.

Wollte Jemand ans den Kran-

kenbiinsern unmittelbar in seine Wohnung zurückkehren, so wurde er ans der letzten S t a t i o n , nach genommenem Bade und Diirchrüucherung seiner Effecten,

dabin ent-

lassen , jedoch unter die Aufsicht des Bezirksvorstehers, und durch diesen unter die Aufsicht des Hanswirths g e stellt, damit er sich nicht vor Ahlauf der 8 T a g e iu's riihlirum begebe,

und bei etwaniger neuen E r k r a n k u n g

sogleich ärztliche Hülfe erlangen möge. — Die K r a n k e n , hauser waren genau

eingeschlossen, mit Barrieren

Wachen

besetzt.

und

obrigkeitlirheu

der

Niemand

Niemand,

Personen,

sie wieder verlassen

tion, und wer längere

Zeit

nnd

mit Ausnahme der Aerzte durfte sie

betreten,

ohne vorherige Purifika-

daselbst

verweilt hatte,

z.

B. Verwandte, die zur Fliege ihrer Kranken dahin g e kommen

waren,

mufsten

in

die

Observations-Anstalt.

Wohlhabende Kranke, die ein zweckwäfsiges Lokal und hinreichende

ärztliche

Pflege hatten,

durften in

ihren

Wohnungen verbleiben; es wurde dann eine Wache vor die T h ü r e des Lokals gestellt, Weggehen Jedem verweigert. in ihren Wohnungen wurde,

und der Zutritt und d a s S p ä t e r , als die Zahl der

verbleibenden

Kranken

zu

als schon die ganze Stadt verseucht w a r ,

grofs und

man bemerkte, dafs die Wachen ihre Pflicht sehr lässig erfüllten, boten,

wohl g a r

selbst die Häude zu Unterschleifen

wurden keine Wachen mehr ausgestellt,

nu solche H ä u s e r

und Wohnungen T a f e l n

schrift : „ Cholera " befestigt.

sondern

mit der I n -

Der Hauswirtb wurde aber

verpflichtet, den Umgang der Kranken und seiuer Pfleger

zu

verhüten.



Die

gemielheteu

Krankenwärter

60 mnfsten, v e n o sie nach dem T o d e oder der Genesung eines K r a n k e n nicht wieder die Pflege eines andern ü b e r nahmen ,

in die Observations - Anstalt.

Die Effecten,

weiche die Kranken an sich gehabt hatten, nnd die nicht dnrch "Waschen, Lüften, Räuchern von dem Ansteckungsstoffe befreit werden konnten, Bellpfühle.

wurden

vernichtet, z. B .

Die L o k a l e , in denen Personen erkrankten,

sie mochten

nun

in's Hospital g e b r a c h t ,

oder in dem

L o k a l e verblieben, daselbst gestorben oder geoesen sein, worden verschlossen, nnd erst nach wiederholter CblorRäncherung und Lüftung frei gegeben. — Z u r Beerdig u n g der an der Cholera Verstorbenen

wurden

beson-

dere Plätze eingerichtet, die Niemand betreten durfte, als die zur

Cholera - Anstalt

Todlengräber.

gehörigeil Leichcnwärter

Auf diesen Plätzen

und

wurde» ohne Unter-

schied des Standes alle an der Cholera Verstorbene beg r a b e n ; ein gemeinsamer Leichenwagen diente für Alle; Leichcngepräuge und Begleitung fanden niebt Statt. Personen,

die Mitau verlassen wollten,

und

er-

weislich nicht in Verkehr mit Cholerakranken gekommen waren,

meldeten

sich zwei T a g e vor der beabsichtigten

Reise bei der Policei, welche sie sicht

der Bezirksvorsteber

zweitägigen Frist Gesundheit,

stellte.

nnter besondere AufNach Ablauf dieser

erhielten sie Scheine über ihre eigene

und tlafs sie nicht mit Cholerakranken

Verkehr gewesen

waren.

Ohne solche Scheine

sie nirgends in Curlaud frei zugelassen hätten

sich

einer

achttägigen

in

wären

worden, sondern

Quarantäne

unterziehen

müssen. — P e r s o n e n , welche in ciuem Hanse mit Cholerakranken gewobut, sie besucht, oder auf andere Weise

61 mit ihnen in achttägigen Stadt

Verkehr gestanden Observation

waren

hatten,

unterzogen.

Puriiikntions - Anstalten,

wnrden

Aufserhalb

einer der

in welchen die

Kleider und Effecten der Abreisenden den Chlordäinpfcn ausgesetzt

wurden.

Durchreisende

wurden nicht

durch

die Stadt gelassen, sondern nnifsten auf einem besonders dazu angelegten W e g e

um die Stadt herumfahren; auf

diesem W e g e stand auch eine Abtheilung der Postpferde. Die täglichen M a r k t e wurden aufserhalb der Stadt verlegt,

und der Verkehr

der Einwohner mit deu L a n d -

Ieuteu nur durch Barrieren und unter Aufsicht gestattet.