Epigraphik Und Neues Testament 9783161535086, 9783161547492, 3161535081

Unter den Ansatzen, das fruhe Christentum innerhalb seines lebensweltlichen Kontexts zu verstehen, ist die Untersuchung

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Titel
Acknowledgements
Inhaltsverzeichnis
Joseph Verheyden – Markus Öhler – Thomas Corsten: Introduction
Walter Ameling: Neues Testament und Epigraphik aus der Perspektive der epigraphischen Forschung
Peter Arzt-Grabner: Die Auswertung inschriftlicher Zeugnisse für die neutestamentliche Exegese. Erfahrungen, Chancen und Herausforderungen
Thomas Corsten: Die Rolle der Onomastik für die Erforschung des frühen Christentums. Ein einführender Überblick
Hans Taeuber: Ephesische Graffiti als Zeugnisse des Lebensgefühls in der hohen Kaiserzeit
Eva Ebel: Vergöttlichte Kaiser am Straßenrand. Die Bedeutung epigraphischer Zeugnisse für die Sichtbarkeit der Verbindung von Religion und Politik im Imperium Romanum und für eine kaiserkritische Lektüre neutestamentlicher Schriften
Richard S. Ascough: Carving Out Public Space. τόπος Inscriptions and Early Christ Groups
Imre Peres: Die eschatologischen Aussagen kaiserzeitlicher Grabinschriften
John S. Kloppenborg: Epigraphy, Papyrology and the Interpretation of the New Testament: Member Contributions to the Eucharist
Markus Öhler: Sünde, Bekenntnis und Sühne in kleinasiatischen „Beichtinschriften“ und dem 1. Johannesbrief
Register
Antike Literatur
Bibelstellen
Inschriften
Papyri
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Sachregister
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Epigraphik Und Neues Testament
 9783161535086, 9783161547492, 3161535081

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Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament Herausgeber / Editor Jörg Frey (Zürich) Mitherausgeber / Associate Editors Markus Bockmuehl (Oxford) · James A. Kelhoffer (Uppsala) Hans-Josef Klauck (Chicago, IL) · Tobias Nicklas (Regensburg) J. Ross Wagner (Durham, NC)

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Epigraphik und Neues Testament herausgegeben von

Thomas Corsten, Markus Öhler und Joseph Verheyden

Mohr Siebeck

Thomas Corsten, geboren 1961, Studium der Alten Geschichte, Klassischen Philologie, Klassischen Archäologie und Vorderasiatischen Altertumskunde; 1984 Promotion; 1997 Habilitation; seit 2010 Professor für Griechische Geschichte, Altertumskunde und Epigraphik an der Universität Wien; seit 2013 Leiter der Arbeitsgruppe Epigraphik an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Markus Öhler, geboren 1967, Studium der Ev. Theologie an der Universität Wien; 1996 Promotion; 2001 Habilitation; seit 2011 Universitäts-Professor für Neues Testament an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien. Joseph Verheyden, geboren 1957, 1987 Promotion; seit 1994 Professor für Neues Testament an der KU Leuven; seit 2006 Research Associate an der University of Pretoria.

ISBN 978-3-16-153508-6 eISBN 978-3-16-154749-2 ISSN 0512-1604 (Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

© 2016 Mohr Siebeck Tübingen. www.mohr.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Martin Fischer in Tübingen gesetzt, von Gulde-Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Großbuchbinderei Spinner in Ottersweier gebunden.

Acknowledgements This collection of articles by epigraphists and New Testament exegetes is the outcome of a conference held at the University of Vienna in February 2014. Members of the staff at the Institute for New Testament Studies at the Protestant-Theological Faculty in Vienna have put a lot of work into the completion of the volume, namely Clarissa Breu, Kerstin Böhm and Adalbert Raab. The editors are extremely thankful for their continuous commitment to this task. We also thank the publisher Mohr Siebeck, namely Dr. Henning Ziebritzki, Philipp Henkys, Klaus Hermannstädter, and Susanne Mang for their accomplished support in regards to this project and during the process of publication. Equal thanks go to Prof. Jörg Frey as editor of the series “Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament” who accepted this collection for publication. Vienna and Leuven, September 2016

Thomas Corsten, Joseph Verheyden, Markus Öhler

Inhaltsverzeichnis Joseph Verheyden – Markus Öhler – Thomas Corsten Introduction . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Walter Ameling Neues Testament und Epigraphik aus der Perspektive der epigraphischen Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Peter Arzt-Grabner Die Auswertung inschriftlicher Zeugnisse für die neutestamentliche Exegese. Erfahrungen, Chancen und Herausforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Thomas Corsten Die Rolle der Onomastik für die Erforschung des frühen Christentums. Ein einführender Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 Hans Taeuber Ephesische Graffiti als Zeugnisse des Lebensgefühls in der hohen Kaiserzeit 61 Eva Ebel Vergöttlichte Kaiser am Straßenrand. Die Bedeutung epigraphischer Zeugnisse für die Sichtbarkeit der Verbindung von Religion und Politik im Imperium Romanum und für eine kaiserkritische Lektüre neutestamentlicher Schriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 Richard S. Ascough Carving Out Public Space. τόπος Inscriptions and Early Christ Groups . . . . 93 Imre Peres Die eschatologischen Aussagen kaiserzeitlicher Grabinschriften . . . . . . . . . . . 111 John S. Kloppenborg Epigraphy, Papyrology and the Interpretation of the New Testament: Member Contributions to the Eucharist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 Markus Öhler Sünde, Bekenntnis und Sühne in kleinasiatischen „Beichtinschriften“ und dem 1. Johannesbrief  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155

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Inhaltsverzeichnis

Register Antike Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 Bibelstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 Inschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 Papyri . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 Autorenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205

Introduction Joseph Verheyden – Markus Öhler – Thomas Corsten New Testament scholars as a rule try to keep away from epigraphy when studying the texts they are focusing on. When asked for the reason, one usually gets the same three explanations or excuses: some are scared away because they find the epigraphical material difficult to access and to handle; others argue that the gain from delving into this material in a more systematic way will not match the effort; others still seem to be rather confident that the ‘relevant’ material has already been brought together and can just be copied from one commentary into the other. The net result of such opinions is that epigraphical material has only been randomly searched for what it can bring to the interpretation of the New Testament writings. Recent years have seen a growing interest in developing particular approaches to these writings. Reception history seems to enjoy a lot of attention. The same can be said of approaches that try to place the New Testament within its original context and document it from such evidence that can be gained from archaeology or papyrology. In light of this, the editors of the present volume, two New Testament scholars with an interest in ‘background’ or ‘Umwelt’ studies and an epigraphist with sympathy for their concerns, have organized a conference in Vienna in February 2014, which was intended to bring together epigraphists and New Testaments scholars to explore possibilities and avenues for a more systematic study of the epigraphical material and its relevance for interpreting the New Testament. The proceedings of this conference, which are here published, illustrate in various ways that it was a fruitful meeting. The nine papers in this volume deal with questions of methodology, with different genres of inscriptions, and with different topics that all have a direct impact also on New Testament studies. Walter Ameling (Cologne) opens the series with an essay that both illustrates something of the uneasiness epigraphists might have when being confronted with the request to bring these two fields into connection with each other, and of the enthusiasm the request can raise among some of them. By way of introduction, Ameling first briefly sketches the recent interest of New Testament scholars for epigraphy (“Die Epigraphik ist also in der neutestamentlichen Exegese ‘angekommen’ ”). He then looks for instances in which the New Testament can help interpret some of the epigraphical material (and finds only one: Pilate’s inscription on the cross, as mentioned in John), and continues with three more general reflections on how this and similar evidence can perhaps be enriched by taking into account epigraphical material that informs us on how Roman governors and administrators were looked upon in public displays, on the status and impact of written an-

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nouncements, on traces of epigraphical habits in Jerusalem before its destruction by Titus, and on what it means that the earliest Christian communities apparently did not leave us any such traces. Peter Arzt-Grabner (Salzburg) was asked to reflect, as the editor of the Papyrologische Kommentare zum Neuen Testament (PKNT), on the opportunities and the challenges of extending his approach to epigraphical material. He briefly sketches the current situation, which he thinks is far from ideal: (“Es besteht kein Zweifel: Die Nutzbarmachung und Auswertung von Inschriften für die Interpretation neutestamentlicher Texte hat schon bessere Zeiten erlebt”). He then lists seven conditions or criteria that have led the PKNT and should be taken into account also by those who would like to study this other material in a similar way and illustrates their relevance from case studies of inscriptional evidence, while at the same time emphasizing that this kind of approach is above all to be regarded as supplementary to an exegetical interpretation and should not try to argue for or against a particular exegetical tradition but offer the evidence “frei von ideologischen Vorurteilen und Absichten”. Thomas Corsten (Vienna) explores the place and importance of onomastics in the study of early Christianity. He offers a survey of the evidence for the names of Christians and notes that Christians were slow in choosing specific ‘Christian’ names and for a long time kept to ‘pagan’ ones, even after they had converted. Things change with or shortly after Constantine, though again rather slowly and with great geographic differences. Without trying to offer a general explanation, Corsten suggests in his conclusion the possibility that some of these ‘pagan’ names were continued to be used because they had been names of important Christian figures, hence a sort of ‘pseudo-Christianizing’ of an originally non-Christian name. Hans Taeuber (Vienna) offers a succinct but illustrative overview of the graffiti that have been unearthed in a particular building (the so-called Hanghaus 2) in Ephesus and that witness to the cultural and existential atmosphere Christian missionaries must have encountered in this important city. Graffiti are of special interest because they are not ‘pre-meditated’ compositions serving a particular ideological or political agenda. They inform about daily life in its most direct form  – from shopping lists to invitations for a party. This kind of information has of course little or no direct bearing on the ‘great’ questions raised by religious texts, but, as Taeuber points out, illustrates the world of the early Christians and also shows that they took an active part in life and society and were not constantly ‘in hiding’ as an eternally persecuted minority. Eva Ebel (Zurich) discusses the importance of inscriptional evidence for the promotion of religious and political ideas and ideology in the Empire and for reading the New Testament as a possible critique of this. She begins with a reflection on the limits and difficulties of using epigraphical material for such a reading and then turns to some case studies from Philippi and the problems they raise for interpreting them. She then focuses on such evidence that calls the emperor a divus or a

Introduction

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“son of (the) god(s)” and what they may offer for understanding the parallel label in the New Testament, arguing that it presents persons bearing this title as possible “Gegenfiguren zu Jesus”, even if the full theological implications of the mere use of the label cannot be grasped and are not developed in the inscriptions themselves. Richard S. Ascough (Kingston, Canada), co-editor with John Kloppenborg of the first volume in the series of texts and commentaries on “Greco-Roman Associations”, studies so-called τόπος-inscriptions that inform about the seating-place of important figures in society at public manifestations. He distinguishes between “entertainment venues”, inscriptions for merchants or artists on marketplaces or in particular quarters of the city, and in sacred spaces. If the first group is by far the largest and best attested, evidence of Christian origin is sparse and late (Aphrodisias). For the second group, Ascough can cite evidence from Ephesus that profitably can be connected with Acts 19:23–41. The third category brings us back to the associations, and here again Ascough can compare with passages from Ignatius’ letters. The direct gain for studying the New Testament may be limited, as Ascough acknowledges, but this type of information helps to “stimulate the scholarly imagination” on how particular groups, and then perhaps also Christians, showed and behaved themselves in public. Imre Peres (Debrecen), a specialist in funerary inscriptions, studies some of the specific features of Greek eschatology as illustrated from this material. He pays attention to questions of vocabulary and terminology, religion-historical allusions or references, sepulchral anthropology, and ethical and social utterances as these can be found in these inscriptions. He then explores possible relations with the New Testament, briefly comparing eschatological information in Paul’s letters with that of the inscriptions and concluding that the latter (and Christian eschatology in general) in this respect is, at least in part, tributary to its Graeco-Roman context. John S. Kloppenborg (Toronto) casts a wide net in studying both papyrological and epigraphical evidence for member contributions to religious gatherings and how this may illuminate similar practices in Eucharistic celebrations. He opens with a survey on past and current research on various aspects of the financial administration of associations, and then focuses on such evidence for financing meals (with an eye on 1 Cor 11:17–34) and meals in Christian gatherings. Kloppenborg surveys and studies evidence for rent, fines and occasional contributions, but also for honoraria, benefactions and endowments, which can be quite substantial, and finally also for membership dues and charges and the way they were collected. He concludes by noting that the scale at which Christian groups benefited from such revenues was for a long time most probably a very modest one and that the practical and structural organisation often relied on such individuals who could afford investing their time (and money) in running it. Markus Öhler (Vienna) concludes this volume with an essay on so-called “confession inscriptions” and their relevance for studying comparable passages in 1 John. The evidence surveyed stems from Lydia and Phrygia and is mostly of a slightly later date than the New Testament writings, but they can nevertheless be

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put to use as Öhler tries to show. The first part of his contribution offers a critical survey of previous research on this collection and similar texts. He then analyses the meaning of such concepts as “sin”, “repentance”, “confession”, and “atonement” or “reconciliation” and situates the praxis the evidence reflects in its social context, namely isolated villages probably ruled by a strong social pressure and control and inhabited by simple uneducated people with rather straightforward ideas on transgression, punishment, and rehabilitation. Öhler next makes a link with 1 John, surveying the presence and meaning of similar terminology in the letter (esp. in 1:5–2:2 and 5:14–21) and proposing a social context for its first readership. He concludes with drawing a parallel between the two parts, focusing on questions of terminology and the concepts of “sin”, “confession”, and repentance. The goal is not to come to any sort of “dependence” hypothesis, but rather to show that both the letter and the inscriptions testify to a similar worldview with respect to these issues, while at the same time going their own way in trying to master the problems they pose. The Vienna conference was meant as a first encounter of representatives of ‘two worlds’ that are still too much and too often separate worlds to see if a form of cooperation could be useful, to find out what can be gained from it for the study of the New Testament, and explore the possibility of setting up a broader and more systematic project that should lead to initiating an epigraphical commentary series on the New Testament. The first soundings proved to be most promising. In the concluding session, it was decided that a follow-up conference should be envisaged that would take the dialogue one step further and bring together epigraphists and biblical scholars around a particular writing. In the meantime, this conference has taken place (Leuven, September 2015: the letter to the Colossians). This second meeting, the proceedings of which are planned to be published in this series, invited other colleagues to join efforts and met with the same enthusiasm that gives hope for continuing the exploration.

Neues Testament und Epigraphik aus der Perspektive der epigraphischen Forschung Walter Ameling Neues Testament und Epigraphik wurden  – in unterschiedlicher Intensität  – immer wieder zueinander in Beziehung gesetzt. Man könnte von der Methode her schon die barocke Observationenliteratur, die antike Autoren als Parallelen für das Neue Testament heranzog, als Vorboten einer Verbindung von Neuem Testament und Epigraphik sehen – gipfelnd in Wettsteins „Novum Testamentum“ von 1751/52. Sein Ziel waren Spracherklärung, Sacherklärung und Darbietung gedanklich und sachlich paralleler Vergleichstexte zum Neuen Testament.1 Allerdings kannte man zum damaligen Zeitraum nicht allzu viele Inschriften (und praktisch gar keine Papyri), so daß das methodische Prinzip im Bereich der Epigraphik nicht wirklich durchgeführt werden konnte.2 Erst das 19. Jh. schuf mit den verschiedenen Corpora, dem CIG, CIL, den IG und anderen, deren Entstehung mit einer stetig wachsenden Flut an neuen Inschriftenfunden einherging, die Möglichkeit, Inschriften in derselben Form zum Neuen Testament in Beziehung zu setzen wie die antiken Autoren. Das Aufblühen der Papyrologie bot dann erst recht Chancen, die die früheren Jahrhunderte nicht gehabt hatten.3 Sieht man einmal von einigen Ausnahmen ab, so waren es v. a. die Studien Adolf Deissmanns, die die Fruchtbarkeit eines solchen Ansatzes aufzeigten:4 den größten 1 So zumindest die Abschnittsüberschriften bei Gerald Seelig, Religionsgeschichtliche Methode in Vergangenheit und Gegenwart, Leipzig 2001, 58. Zur Einordnung in die Collectaneenliteratur s. Gerhard Delling, Zum Corpus Hellenisticum Novi Testamenti, ZNW 54, 1963, 1–15: 2. 2  Johann E. I.  Walch, Observationes in Matthaeum ex graecis inscriptionibus, Jena 1779, mag am Anfang der Reihe stehen – und nicht nur aus einem etwas veralteten Lokalpatriotismus heraus genannt werden. Ernst v. Dobschütz, Art. Walch, Johann Ernst Immanuel, ADB 40, 1896, 652–655: 654 charakterisiert dieses Werk so: „In nüchterner Weise sucht er hier aus profanen Quellen und vor allem den Inschriften die Wortbedeutung festzustellen.“ Adolf Deissmann, Licht vom Osten. Das Neue Testament und die neuentdeckten Texte der hellenistisch-römischen Welt, Tübingen 19234, 9 n. 5: „eine der besten Erscheinungen der bedeutsamen ‚Observationen‘-Literatur jener Tage, aus der fast das gesamte philologische Material unserer neutestamentlichen Kommentare und Lexika geschöpft ist“; er verweist dann noch auf Friedrich Münter, Observationum ex marmoribus graecis sacrarum specimen, Kopenhagen 1814. 3 Aus Seelig, Methode, 122–130, bes. 128–129, läßt sich schließen, daß Heinrici bei der ersten Konzeption des Corpus Hellenisticum im Jahr 1914 noch nicht an Inschriften und kaum an Papyri gedacht hatte. 4 Vgl. die Selbstreflexion von Adolf Deissmann, Selbstbiographie, in: E. Stange, ed., Die Religionswissenschaft der Gegenwart in Selbstdarstellungen, Bd. 1, Leipzig 1925, 42–78: 53 (abgedruckt auch in Albrecht Gerber, Deissmann the Philologist, Berlin 2010, 569 f).

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Walter Ameling

Einschnitt markierten wohl Deissmanns „Bibelstudien“ von 1895, die den Untertitel tragen: „Beiträge, zumeist aus den Papyri und Inschriften, zur Geschichte der Sprache, des Schrifttums und der Religion des hellenistischen Judentums und des Urchristentums.“5 Deissmann war damals der Ansicht, daß die Theologen erst sehr spät die Möglichkeiten der neuen Quellen zur neutestamentlichen Zeitgeschichte und Sprache entdeckt hätten. Er selber geht von den Papyri aus, die für seine sprachlichen Fragen – grammatisch wie semantisch – weit mehr hergaben als die Inschriften.6 So bahnbrechend Deissmanns Fragen und Ergebnisse erschienen, dauerte es doch einige Zeit, bis in größerem Maße darauf zurückgegriffen wurde: In den Zeiten der Dialektischen Theologie und des süßen Weines aus Marburg gab es keine Fragen, die in den Kontext der Epigraphik gepaßt hätten. In Deutschland bezeichnet das Werk Martin Hengels, der selber ausführlich über einzelne Inschriften schrieb,7 eine Zeitenwende, und heute findet man etliche große Unternehmungen, die die Inschriften nicht nur als Quelle für die Zeitgeschichte des Neuen Testamentes, sondern darüber hinaus bemühen: Ich nenne nur Alands Wörterbuch mit seiner ausführlichen Nutzung der Inschriften, den „Neuen Wettstein“ (mit einer vergleichsweise eingeschränkten Nutzung8) und das Konzept des „Corpus Hellenisticum Novi Testamenti“. Es gibt schließlich sogar Neutestamentler, die nach intensiver Feldarbeit epigraphische Corpora erstellen, von denen sie sich Aufschluß über den Hintergrund einzelner neutestamentlicher Schriften erwarten.9 Auch Studien über die frühen Christen vor dem Hintergrund des antiken Vereinswesens – um nur ein Beispiel zu nennen – können ohne In-

5 Die erste Inschrift wird bereits in Adolf Deissmann, Bibelstudien. Beiträge, zumeist aus den Papyri und Inschriften, zur Geschichte, der Sprache, des Schrifttums und der Religion des hellenistischen Judentums und des Urchristentums, Marburg 1895, 8, zitiert; das zweite Kapitel heißt: „Ein epigraphisches Denkmal des alexandrinischen Neuen Testaments“ (21); allgemein: Gerber, Deissmann, 23. 6 Man muß hier nur Deissmanns methodische Bemerkungen zur Sprachgeschichte der griechischen Bibel (70–79) ansehen, um die Priorität der Papyri in diesen Fragen zu erkennen (76–79 zu den Inschriften). 7 Vgl. besonders Martin Hengel, Die Synagogeninschrift von Stobi, ZNW 57, 1966, 145–183; (ders., Judaica et Hellenistica, Tübingen 1996, 91–130). 8 Um die Bedeutung von Inschriften in diesem Unternehmen einzuschätzen, habe ich z. B. in den Index eines der frühen Bände geschaut, U. Schnelle, ed., Neuer Wettstein. Texte zum Neuen Testament aus Griechentum und Hellenismus, Bd. 1,2: Texte zum Johannesevangelium, Berlin 2001, 904.907.909 f.913 f.916.925 f. Inschriften werden teilweise unter seltsamen Überschriften, genannt, so daß man sie nur finden kann, wenn man den ganzen Index durchgeht (z. B. „Epidaurische Iamata“, „jüdische Inschrift im Theater zu Milet“, jeweils ohne weitere Angaben). Wenn ich richtig gezählt habe, werden im ganzen Werk 47 Inschriften zitiert, davon 32 zu Joh 4,42 (Jesus als σωτὴρ τοῦ κόσμου) und 5 Heilungswunder zu Joh 5,19. Der Wert der Inschriften ist also nicht sehr hoch – geringer ist nur die Bedeutung der Papyri (in den Indices werden 9 Zauberpapyri und BGU 1137.237 genannt). 9 Peter Pilhofer, Philippi, Bd. 2: Katalog der Inschriften von Philippi, WUNT 119, Tübingen 20092, und seine Homepage: www.philippoi.de, 7. 4. 2015; vgl. auch die Arbeiten von W. Horbury, bes. W. Horbury / ​D. Noy, eds., Jewish Inscriptions of Greco-Roman Egypt, Cambridge 1992.

Neues Testament und Epigraphik aus der Perspektive der epigraphischen Forschung

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schriften nicht mehr auskommen.10 Es ist nur folgerichtig, wenn sich auch im Internet-Lexikon „wibilex“ ein Artikel zur Epigraphik findet.11 Die Epigraphik ist also in der neutestamentlichen Exegese ‚angekommen‘. Sichtbares Kennzeichen dafür war die von Gregory H. R. Horsley gegründete Reihe: „New Documents illustrating Early Christianity“, die einer größeren Öffentlichkeit neben den Papyri immer auch Inschriften ins Bewußtsein hob. Aber hier ist auch die Schwierigkeit meines Unternehmens zu sehen, das ja flankiert wird von einem Vortrag „New Testament and Epigraphy from an Exegetical Perspective“. Denn die Forschungstradition, die ich gerade mehr als grob vorgestellt habe, geht natürlich von der exegetischen Perspektive aus, d. h. von der Frage, wie die Epigraphik für das – wie auch immer geartete – Verständnis des Neuen Testaments genutzt werden kann. Dabei mag es um Geschichte und Soziologie, Grammatik und Semantik, das Verständnis einzelner Stellen oder ganzer Perikopen gehen. Zu allem kann die Epigraphik einen Beitrag leisten:12 Greek inscriptions illustrating the New Testament. „Neues Testament und Epigraphik aus der Perspektive der epigraphischen Forschung“, wie der von den Herausgebern letztlich formulierte Titel lautete, ist aber etwas ganz anderes. Dabei geht es offensichtlich um „the New Testament illustrating Greek inscriptions“, was für mich ungleich schwerer ist. Ich habe aber wenigstens versucht, dieser Frage nachzugehen, und zwar in drei Schritten: Am Anfang geht es um die Frage, was das Neue Testament zur Erklärung einzelner Inschriften beiträgt. Den darauffolgenden Abschnitt möchte ich mit „neutestamentliche Inschriften“ überschreiben, während es in dem letzten um einige allgemeinere Überlegungen gehen soll, die mit „the New Testament illustrating certain aspects of epigraphic habit“ zusammengefasst werden könnten. Dabei will ich sofort eine wichtige Auslassung benennen: Es gibt natürlich Bereiche der Epigraphik, die ohne den Verweis auf das Neue Testament nicht auskommen können. Nach der konstantinischen Wende wird die Bibel in Inschriften zitiert,13 kommen Konzepte auf, die ohne christlichen, d. h. neutestamentlichen, Einfluß kaum zu erklären sind,14 sehen wir Institutionen, die sich letztlich aus dem 10 J. S. Kloppenborg / ​S. G. Wilson, eds., Voluntary Associations in the Graeco-Roman World, London / ​New York 1996. 11 Eva Ebel, Art. Epigraphik (NT), online unter: http://www.bibelwissenschaft.de/s​t​i​c​h​w​o​rt/​ 47891/, 28. 1. 2015; vgl. auch Thomas Corsten, Inschriften / ​Epigraphik, in: K.  Erlemann / ​K. L. ​ Noeth­lichs, eds., Neues Testament und Antike Kultur, Bd. 1, Neukirchen 2004, 125–130. 12 Inschriften sind wohl im Bereich der grammatischen Analyse des Neuen Testaments am wenigsten wichtig. Die meisten Phänomene können hier eindringlicher durch Papyri dokumentiert werden. 13 Ich verweise nur auf Felles Zusammenstellung der Inschriften mit Zitaten aus der Bibel, in denen übrigens das Alte Testament weitaus häufiger vorkommt als das Neue, Antonio E. Felle, Biblia Epigraphica, Bari 2006, 412–425. 14 Vgl. für die jüdische Herkunft dieser Konzepte David Noy, Jewish Inscriptions of Western Europe, Bd. 2: The City of Rome, Cambridge 1995, 240: φιλόλαος, φιλ[έντολ]ος, φιλοπένης; vgl. zur Liebe für die Bettler: J. G. C Anderson / ​F. Cumont / ​H. Grégoire, eds., Studia Pontica 3,1: Recueil des inscriptions grecques et latines du Pont et de l’Arménie, Brüssel 1910, 20: ἀνθ’ ὧν πτωχοὺς

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Walter Ameling

Neuen Testament ableiten, etc.15 Aber in diesem, ganz auf das Neue Testament und die im weitesten Sinne neutestamentliche Zeit fixierten Kontext kann es nicht um diesen, allerdings enormen, Einfluß des Neuen Testaments auf die Inschriften gehen. Ebenso wenig wollen wir der Frage nachgehen, ob die Inschriften uns zeigen können, wie viel man auf heidnischer Seite über Christen wußte. Das berühmte Spottkruzifix vom Palatin oder die Gemme mit dem gekreuzigten Jesus könnte man hier anführen.16

1. Die Erklärung einzelner Inschriften mit Hilfe des Neuen Testaments Inschriften mit Hilfe von antiken Autoren zu erklären, ist eine Selbstverständlichkeit, die andauernd praktiziert wird – die Beispiele sind Legion. Manches davon wird heute schon nicht mehr eruierbar sein, denn Interpretationen werden im Laufe der Zeit selbstverständlich und die Anfänge der Epigraphik reichen weit zurück. Wer wird heute noch sagen können (oder wollen), wann zuerst die metuentes religioni Iudaicae in den Inschriften und bei Juvenal mit den φοβούμενοι τὸν θεόν der Apostelgeschichte gleichgesetzt wurden?17 Oder denken wir an einen anderen berühmten Text, das kaiserliche Edikt de sepulcri violatione aus Nazareth,18 das ausgerechnet aus der ersten Hälfte des 1. Jh. n. Chr. stammt. Kann die neutesἐνέ.πλησα[ν] ἀγαθῶν, φίλους τ’ ἐτίμησαν, στοργῇ δὲ πολλῇ καὶ ἀμιμήτῳ συνγενείην ἐφύλαξαν καὶ πᾶσι βροτοῖς φιλοξενίην ἀσμένως ἐπόθησαν; AP 15,34 und ansonsten G. W. H. Lampe, ed., A Patristic Greek Lexicon, Oxford 1961, s.vv. φιλόλαος, φιλέντολος, φιλοπενης; und vor allem das Kapitel „Lover of the Poor“ in Peter Brown, Poverty and Leadership in the Later Roman Empire, Hanover 2002, 1–44. 15 Es ist immer wieder erstaunlich, daß es kein eigenes Handbuch für die sog. christliche oder vielleicht besser ‚spätantike‘ Epigraphik gibt und man immer noch häufig auf Carl M. Kaufmann, Handbuch der altchristlichen Epigraphik, Freiburg 1917, zurückgreifen muß. 16 Zu der Gemme vgl. Simone Michel, Die magischen Gemmen im Britischen Museum, London 2001, 125; sie wurde zuerst von Philippe Derchain publiziert und ins 2. oder 3. Jh. n. Chr. datiert. Sie soll ihren Träger schützen und „die Macht der gewaltsam Getöteten, zu denen auch […] Osiris gehörte“, war besonders groß, weswegen sie in magischen Papyri und auf Amuletten mit ihren „auf Wirksamkeit ausgerichteten, zeichenhaften Bildern“ immer verwendet wurden, und was für Osiris galt, mußte auch für Jesus gelten (Zitate Michel). Bei dieser Interpretation muß der Träger nicht notwendig Christ gewesen sein. 17 Bernays’ Aufsatz über die „Gottesfürchtigen bei Juvenal“ erschien in Commentationes philologae in honorem Theodori Mommseni, Berlin 1877, 563–569; jetzt in Jacob Bernays, Gesammelte Abhandlungen, Bd. 2, Berlin 1885, 71–80. Er ging von Juvenal aus, führte CIL 5,88 (David Noy, Jewish Inscriptions of Western Europe, Bd. 1: Italy [excluding the city of Rome], Spain and Gaul, Cambridge 1993, 9) an, erinnerte daran, daß diese Inschrift bereits 1616 von Rigaltius zu Iuv. Sat. 14, 96.101 zitiert wurde, geht weiter über die σεβόμενοι τὸν θεόν bei Josephus, um dieselben dann Apg 13,16; 16,14; 17,4.17 zu finden; in Apg 13,16.26 findet er dann auch die φοβούμενοι τὸν θεόν. Gehört Joh 9,31 (οἴδαμεν ὅτι ἁμαρτωλῶν ὁ θεὸς οὐκ ἀκούει, ἀλλ’ ἐάν τις θεοσεβὴς ᾖ καὶ τὸ θέλημα αὐτοῦ ποιῇ τούτου ἀκούει) hierhin? 18 L. Robert, ed., Collection Froehner, Bd. 1: Inscriptions grecques, Paris 1936, 114–115, n. 70; SEG 8,13; Emilio Gabba, Iscrizioni Greche e Latine per lo Studio della Bibbia, Turin 1958, 92; James H. Oliver, Greek Constitutions of Early Roman Emperors from Inscriptions and Papyri,

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tamentliche Erzählung vom leeren Grab ein Licht auf Entstehung und Kontext dieses Textes werfen? Hier sieht es doch eher so aus, als habe gerade diese anfangs häufig gezogene Verbindung die Sache verunklärt und als gäbe es eigentlich keinen Zusammenhang.19 Oder, um vom Beitrag des Neuen Testaments zur Erklärung vereinzelter Inschriften zu einer Gruppe von Texten zu kommen, werden z. B. die Heilungsinschriften (ἰάματα) aus Epidauros verständlicher, wenn man von den Heilungswundern des Neuen Testaments und ihrer Darstellung ausgeht? Die formgeschichtliche Debatte – und in diesem Bereich müssen wir wohl am ehesten nach einer positiven Antwort auf unsere Frage suchen – fiel ganz unterschiedlich aus. Sicherheit für die Formen der Heilungswunder ist hier kaum zu erhalten.20 Und sind es in der Wissenschaftsgeschichte nicht umgekehrt die neutestamentlichen Heilungswunder gewesen, die von den Inschriften, in denen die Berührung durch die „Hand Gottes“ (θεοῦ χεῖρ) erwähnt wird, profitierten? Immerhin wurde versucht, das Ineinander von mündlicher und schriftlicher Überlieferung, das sich in den epidaurischen ἰάματα findet, mit der frühchristlichen Überlieferung zu vergleichen.21 Um weitere Beispiele zu finden, habe ich die Alt‑ und Großmeister des Faches befragt, sind sie doch „Brunnen mit vielen Röhren, wo man überall nur Gefäße unterzuhalten braucht, und wo es uns immer erquicklich und unerschöpflich entgegenströmt.“22 Wirklich fündig geworden bin ich aber auch bei ihnen nicht. In den Gesamtindices zum Werk Adolf Wilhelms finden sich im Stellenregister unter dem Stichwort „Bibel“ nur Hinweise auf die ersten drei Makkabäerbücher.23 Im Sachindex kommen Einträge wie „Bibel“, „Evangelien“, „Jesus“, „Lukas“, „Neues Testament“, „Paulus“ überhaupt nicht vor. Nur wenig besser sieht es aus, wenn wir uns L. Robert zuwenden: die Register erschließen uns kaum etwas. In dem immer noch praktischen Register zu den Aufsätzen Roberts bis 1938 ist unter den Philadelphia 1989, 27, n. 2; Laura Boffo, Iscrizioni Greche e Latine per lo Studio della Bibbia, Florenz 1994, 319, n. 39, um nur einige der bekannteren Ausgaben zu nennen. 19 Vgl. Hans-Josef Klauck, Rez. Laura Boffo, Iscrizioni Greche e Latine per lo Studio della Bibbia, Gnomon 70, 1998, 467–469: 468: „gegenüber der öfter postulierten Verbindung zur Tradition vom leeren Grab […] legt B[offo] die notwendige Zurückhaltung an den Tag“; Stephan Lösch, Diatagma Kaisaros, Freiburg 1936; vgl. ansonsten etwa Adalberto Giovannini / ​Maguerite Hirt, L’Inscription de Nazareth, ZPE 124, 1999, 107–132. 20 Grundlegend ist natürlich noch Otto Weinreich, Antike Heilungswunder, Gießen 1909, der nach Ausweis seines Registers praktisch ohne das Neue Testament auskommt; Gerd Theißen, Urchristliche Wundergeschichten, Gütersloh 19875; Michael Wolter, Inschriftliche Heilungsberichte und neutestamentliche Wundererzählungen, in: K. Berger, ed., Studien und Texte zur Formgeschichte, Tübingen 1992, 135–175. 21 Lynn R. LiDonnici, The Epidaurian Miracle Inscriptions, Atlanta 1995, 53–56. 22 Goethe an Eckermann, über Alexander v. Humboldt, FA 2,12,183. Das Zitat wurde an einer berühmten Stelle von Robert auf Wilhelm angewandt und beim Tode Roberts von Glen Bowersock auf ihn übertragen, in: Louis Robert, La gloire et la joie d’une vie consacrée à l’Antiquité grecque, online unter: http://www.aibl.fr/seances-et-manifestations/coupoles-312/coupole-2008/ article/louis-robert-la-gloire-et-la-joie?lang=fr, 28. 1. 2015. 23 Adolf Wilhelm, Kleine Schriften, Bd. 4, Wien 2002, 180.

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entsprechenden Stichworten nichts zu finden24 und auch sonst habe ich beim kursorischen Blättern keine Hinweise gefunden. Wenn man die in Frage kommenden Bände des „Bulletin épigraphique“ und die dazugehörigen Indices durchsieht, dann ist der Befund ebenfalls deprimierend, selbst wenn man neben dem Werk der Roberts auch bei ihren Nachfolgern die Kategorie „inscriptions / ​littérature“ durchgeht. Der Befund mag an den Interessen der Roberts und ihrer Nachfolger (in diesem Bereich bes. S. Follet) liegen, das mag an meinen Suchkriterien liegen, aber ich vermute doch, daß sich hier grosso modo der tatsächliche Befund widerspiegelt. Also: – In einer ephesischen Ehreninschrift für Dionysios, S. d. Nikephoros, heißt es:25 καὶ τῇ τῶν καταγωγίων ἡμέρᾳ ἀγοραίας ἀγομένης ἔλαιον θέντα δρακτῷ. Der erste Herausgeber verstand ἀγοραίας ἀγομένης nicht, was die Roberts mit dem Hinweis auf die zahlreichen Inschriften erklären konnten, in denen ἄγειν τὴν ἀγοραίαν die Abhaltung eines conventus iuridicus bedeutet. Dann fügen sie hinzu: „L’expression est courante chez les auteurs. C’est à Éphèse même que se place la scène fameuse des Actes des Apôtres, 19,38: s’il y a un différent, ἀγοραῖοι ἄγονται καὶ ἀνθύπατοί εἰσιν.“ – In einer Beichtstele der hohen Kaiserzeit heißt es von den Verfehlungen der Sünderin: οὐδὲ ὕψωσε τὸν θεόν.26 Laurent Dubois meint zu ὑψόω: „ce verbe pourrait être un emprunt à la langue biblique et équivaloir à ὑμνόω“. Das ist vorsichtig ausgedrückt, zu Recht, wie ich denke. Selbst, wenn ich keine direkten, paganen Beispiele für diese Verwendung von „erhöhen“ gefunden habe, scheint mir die Folgerung doch zu weitreichend zu sein (zumal es auch keine direkte neutestamentliche Parallele gibt!). – 1977 wurde eine Grabinschrift aus Ankyra veröffentlicht, die lautet:27 ἐνθάδε καθεύδη ἡ μία τῶν ε᾽ λαμπαδιφόρων παρθένων, ἡ θεοφιλεστάτη τοῦ Χριστοῦ, Στεφανία ἡγουμένη; „hier schläft eine der fünf lampentragenden Jungfrauen, […] Stephania, die Äbtissin“. Dies wurde von den Roberts richtig erklärt durch den Verweis auf Mt 25,1–13. Nun stammt allerdings diese Inschrift aus der Spätantike, also aus einer Zeit, in der das Verhältnis der Epigraphik zum Neuen Testament bereits rein rezipierend ist. Der Text mag uns allerdings die Augen dafür öffnen, daß wir aus der Zeit vor der konstantinischen Wende praktisch keine Inschrift mit einem Bibelzitat kennen (mit der Ausnahme einer einzigen, um 300 datierten Inschrift aus der Priscilla-Katakombe, wo es am Ende einer

Robert, Bibliographie et Index 1924–1937, Paris 1938. 13,661 mit JLR Bull. 1968, 462. 26 G. Petzl, ed., Die Beichtinschriften Westkleinasiens, Epigr. Anatol. 22, 1994, 73, n. 59 mit Laurent Dubois, Bull. ép. 1989, 327. Nach einem Erdbeben half ein Bürger, seine Heimatstadt wieder zu erheben, IK 10,2 (Nikaia) 89: τὸν πάτραν ἐριποῦσαν ἀπὸ χθονὸς ὑψώσαντα. 27 Stephan Mitchell, RECAM Notes and Studies No. 1: Inscriptions of Ancyra, Anat. St. 27, 1977, 63–103: 101, n. 49 mit JLR Bull. 1978, 497; vgl. G. H. R. Horsley, ed., New Documents Illustrating Early Christianity, Bd. 2, Sidney 1982, 205 f. 24 Louis 25 IK

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Grabinschrift heißt: ὁ κύριος μετά σου; „der Herr ist mit dir“, was als Reflex von Lk 1,28 aufgefaßt wird).28 Ich behaupte nicht, daß die Aufstellung von Inschriften, die durch das Neue Testament erklärt werden konnten, vollständig ist, aber es ist wohl klar, daß der Nutzen des Neuen Testaments für die griechische (und lateinische) Epigraphik des späten Hellenismus und der Kaiserzeit nicht in der Hilfe bei der Erklärung einzelner Inschriften liegt.

2. Neutestamentliche Inschriften Es werden, soweit ich sehe, zwei Inschriften im Neuen Testament zitiert, was ebenfalls nicht viel ist,29 aber doch mehr als bei einigen anderen Autoren. Beide Beispiele sind allgemein bekannt. In der Apostelgeschichte sagt Paulus (Apg 17,22 f): „Ihr Männer von Athen, ich sehe, daß ihr die Götter in allen Stücken sehr verehrt. Ich bin umhergegangen und habe eure Heiligtümer angesehen und fand einen Altar, auf dem stand geschrieben: Dem unbekannten Gott. Nun verkündige ich euch, was ihr unwissend verehrt“ (ἀναθεωρῶν τὰ σεβάσματα ὑμῶν εὗρον καὶ βωμὸν ἐν ᾧ ἐπεγέγραπτο· Ἀγνώστῳ θεῷ). Gebe ich aber den Text dieser Inschrift in einer unserer beliebten Datenbanken ein, dann erhalte ich kein Resultat. Handelt es sich also um ein von allen Epigraphikern übersehenes Addendum zu den großen Corpora? Der Rahmen, der Spaziergang und das Betrachten von Weihungen, bietet uns wohl kein Bild des frühkaiserzeitlichen Athen. In einem berühmten Buch stellte Eduard Norden schon lange fest, daß „das Motiv, religiöse Betrachtungen an eine Periegese anzuknüpfen“, kein Proprium der Apostelgeschichte ist.30 Gleichzeitig stellte Norden fest, daß Apollonios von Tyana, in etwa ein Zeitgenosse des ‚Lukas‘, in Athen beschriftete Altäre für ἄγνωστοι δαίμονες gesehen habe.31 Pausanias 28 ICUR 9,26144; Felle, Biblia, 312–313, n. 658 (Lk 1,28 ist der Gruß des Engels an Maria: καὶ εἰσελθὼν πρὸς αὐτὴν εἶπεν· χαῖρε, κεχαριτωμένη, ὁ κύριος μετὰ σοῦ); Felle, Biblia, 40–41, n. 4–6 (Alexandria) wurden zwar von den ersten Herausgebern ins 3. Jh. gesetzt, doch ist eine solche Datierung heute nicht mehr nachvollziehbar; vgl. Felle, Biblia, 390.413, n. 115 und Kommentar zu n. 4. 29 Sammlungen von Inschriften aus der Literatur sind ja geläufig; s. nur Arthur Stein, Römische Inschriften in der antiken Literatur, Prag 1931; Theodor Preger, Inscriptiones Graecae metricae ex scriptoribus praeter anthologiam collectae, Leipzig 1891. In R. Merkelbach / ​J. Stauber, eds., Steinepigramme aus dem griechischen Osten, 5 Bde., München 1998–2004 sind viele Texte aus der Anthologia Palatina aufgenommen. 30 Eduard Norden, Agnostos Theos. Untersuchungen zur Formengeschichte religiöser Rede, Leipzig 1923, 33. 31 Diese Bemerkung behält ihre Gültigkeit, auch wenn man die Hauptthese Nordens, nämlich die Abhängigkeit der Areopagrede von einer Schrift des Apollonios, schon längst aufgegeben hat; vgl. Philostr. VA 6, 3: Ἀθήνησιν, οὗ καὶ ἀγνώστων δαιμόνων βωμοὶ ἵδρυνται; Norden, Agnostos Theos, 44 leitet diese Notiz aus des Apollonios’ Schrift περἰ θυσιῶν her. Vgl. Otto Weinreich, Ausgewählte Schriften, Bd. 1, Amsterdam 1969, 225: „hier wird δαίμονων nur gesetzt, um im Aus-

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spricht von Altären für unbekannte Götter und Heroen in Phaleron (und kennt einen solchen Altar auch in Olympia).32 Neben Altären und Weihungen an unbekannte Götter gab es also die, die πᾶσι θεοῖς καὶ θεαῖς galten, beides sozusagen als Sicherheit.33 Der lukanische Singular ἀγνώστῳ θεῷ ist daher erklärungsbedürftig.34 Bereits Hieronymus sah das und nahm eher unbekümmert eine bewußte Änderung des Paulus an:35 etiam de inscriptione arae aliqua commutans ad Athenienses locutus sit. Diese Änderung mag man mit den Absichten des Autors erklären können, es mag sogar (wie bei Apollonios von Tyana) der Altar in Phaleron Pate gestanden haben, aber sicher wissen wir das nicht. Ein Addendum für die epigraphischen Corpora bietet die Apostelgeschichte jedenfalls nicht:36 Ganz im Gegenteil, es handelt sich wieder um einen Fall, in dem man mit Erfolg versucht hat, dem Text mit Hilfe von Inschriften Relief zu geben. Anders steht es mit meinem zweiten Beispiel, das tatsächlich vor kurzem Aufnahme in einen Corpus fand: Anfang der 30er Jahre ließ ein römischer Statthalter eine Inschrift über einem zum Tode Verurteilten anbringen, die den Grund der Hinrichtung in drei Sprachen angab:  Ἰησοῦς ὁ Ναζωραῖος ὁ βασιλєὺς τῶν  Ἰουδαίων […] καὶ ἦν γεγραμμένον  Ἑβραïστί,  Ῥωμαïστί,  Ἑλληνιστί (Joh 19,19 [CIIP 1,1,15]).37 Nehmen wir einmal die grundsätzliche Verlässlichkeit des druck zu variieren, unmittelbar vorher steht περὶ πάντων θεῶν […] Natürlich darf Philostratos βωμοί sagen, auch wenn Apollonios nur von einem Altar sprach.“ 32 Paus. 1,1,4: βωμοὶ θεῶν τε ὀνομαζομένων ἀγνώστων καὶ ἡρώων (das Adjektiv mag sich auf beide Substantive beziehen); 5,14,8: ἀγνώστων θεῶν βωμός. Möglicherweise fand sich ein solcher Altar auch in Pergamon, doch Hepding war sich der Ergänzung nicht sicher: AM 35, 1910, 454, n. 39: θεοῖς ἀγν.[ώστοις] Καπίτω̣[ν] δᾳδοῦχο.[ς] (positiver Weinreich, Schriften 1, 230.277). 33 Vgl. Minucius Felix 6,2 in der Argumentation des Caecilius, dass Rom seine Herrschaft seiner Frömmigkeit verdanke: dum undique hospites deos quaerunt et suos faciunt, dum aras extruunt etiam ignotis numinibus et manibus. Bei Tert. Marc. 1,9 geht es um die Behauptung der Marcioniten, ihr Gott sei neu (scio quidem, quo sensu novum deum iactitent, agnitione utique); das hält Tertullian für unmöglich (1,9,2): persuade, deum ignotum esse potuisse. invenio plane ignotis deis aras prostitutas, sed Attica idolatria est. item incertis deis, sed superstitio Romana est. porro incerti dei minus noti, ut minus certi, et proinde ignoti, qua minus certi. quem titulum incidemus ex duobus deo Marcionis? utrumque, opinor […]). 34 Norden, Agnostos Theos, 115–124. Aus Diog. L. 1,110 ist nicht auf Altäre zu schließen, die einem unbekannten Gott im Singular geweiht waren: ὅθεν ἔτι καὶ νῦν ἔστιν εὑρεῖν κατὰ τοὺς δήμους τῶν Ἀθηναίων βωμοὺς ἀνωνύμους. 35 Comm. in ep. ad Titum 1,12 (PL 26,607): nec mirum si pro opportunitate temporis gentilium poetarum versibus abutatur, cum etiam de inscriptione arae aliqua commutans ad Athenienses locutus sit […] inscriptio autem arae non ita erat, ut Paulus asseruit, „ignoto deo“, sed ita: Diis Asiae et Europae et Africae, diis ignotis et peregrinis. verum quia Paulus non pluribus diis indigebat ignotis, sed uno tantum ignoto deo, singulari verbo usus est. Weinreich, Schriften 1, 228 verweist noch auf Theophylaktos, PG 125,745, der für den Altar von einem κατόρθωμα Παύλου spricht. 36 Stein, Römische Inschriften, führt diesen Text daher nicht an und auch keinen anderen, mit Ausnahme des folgenden, der auf S. 60 zitiert wird. 37 Um Joh 19,19 f vollständig zu zitieren: ἔγραψεν δὲ καὶ τίτλον ὁ Πιλᾶτος καὶ ἔθηκεν ἐπὶ τοῦ σταυροῦ· ἦν δὲ γεγραμμένον·  Ἰησοῦς ὁ Ναζωραῖος ὁ βασιλεὺς τῶν  Ἰουδαίων. τοῦτον οὖν τὸν τίτλον πολλοὶ ἀνέγνωσαν τῶν  Ἰουδαίων, ὅτι ἐγγὺς ἦν ὁ τόπος τῆς πόλεως ὅπου ἐσταυρώθη ὁ  Ἰησοῦς· καὶ ἦν γεγραμμένον  Ἑβραϊστί,  Ῥωμαϊστί,  Ἑλληνιστί.

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johanneischen Passionsberichtes an, dann kann der Epigraphiker von diesem Beispiel weit über den knappen Text hinaus profitieren (er kann sogar von diesem Text profitieren, ohne sich auf den Inhalt und seine Bedeutung wirklich einzulassen). a) Pilatus, der die Inschrift verfasst hatte, wollte den Grund der Verurteilung für ein Publikum nennen, das die Hinrichtung sah. Spätestens mit der Kreuzabnahme hatte der Text seinen Zweck erfüllt, weshalb es völlig selbstverständlich war, daß die Inschrift auf vergänglichem Material geschrieben war. Wir haben damit ein Beispiel für eine seltene, nur unter bestimmten Bedingungen erhaltene Gattung öffentlicher Bekanntmachungen, auf Papyrus38 oder Holz geschrieben (der in der Spätantike zur Verehrung vorgezeigte titulus crucis war aus Nussbaumholz39). Unsere erhaltenen Texte sind ja meist auf Stein, seltener auf Bronze oder auf Keramik geschrieben, weil es eben Memorialinschriften sind, deren Erhalt schon durch das verwendete Material gesichert werden sollte. Natürlich waren Texte auf Holz,40 Papier etc. im Alltag viel häufiger, als unsere Corpora es widerspiegeln. „Alle Texte, die auf diesem Schreibmaterial [scil. Holz] überliefert sind, betreffen das tägliche, aktuelle Leben der Menschen“.41 Als Selbstverständlichkeiten werden solche Publikationen immer wieder in unseren literarischen Quellen erwähnt, und eine Selbstverständlichkeit war ein solcher Text auch für die Evangelisten.42 b) Wie sprach Rom mit seinen Untertanen?43 Wir haben hier eine Trilingue vor uns, die einzige, von der wir aus Palästina hören. Johannes stößt uns noch einmal auf die Mehrsprachigkeit des Landes und auf einen der Wege, dieser Tatsache Rechnung zu tragen. Pilatus hatte Aramäisch,44 Lateinisch und Griechisch ge38 Wollte

man Joh 19,22 wörtlich nehmen, so müßte es ein Papyrusblatt gewesen sein. nuce, Ps. Antoninus v. Piacenza, 20. 40 Zu dieser Gruppe vgl. Werner Eck, Inschriften auf Holz. Ein unterschätztes Phänomen der epigraphischen Kultur Roms, in: P. Kneissl / ​V. Losemann, eds., Imperium Romanum. FS K. Christ, Stuttgart 1998, 203–217. Statthalterliches Edikt auf einer geweißten Holztafel (λεύκωμα): SB 12144; richterliche Entscheidungen auf einem λεύκωμα: IEph 4, Z. 5; 21. 41 Eck, Inschriften, 211; man muß den titulus crucis daher nicht in die Kategorie der Rechtsgeschäfte auf Holztafeln einordnen. 42 Noch Rudolf Schnackenburg begründete seine theologische Interpretation des titulus so: Es sei ganz unwahrscheinlich, „daß ein Römer so viel Aufhebens mit einem Gekreuzigten machte. Die theologische Tendenz des Evangelisten ist deutlich: die drei Sprachen sollen das Königtum Jesu offiziell der Welt kundtun.“ (Das Johannesevangelium, Bd. 3, Freiburg 1975, 315; vgl. 313). Er macht sich nicht bewußt, wie häufig solche Tafeln im Leben der Kaiserzeit tatsächlich waren. 43 Werner Eck, Lateinisch, Griechisch, Germanisch … ? Wie sprach Rom mit seinen Untertanen?, in: L. de Ligt / ​E. A. Hemelrijk / ​H. W. Singor, eds., Roman Rule and Civic Life: Local and Regional Perspectives, Amsterdam 2004, 3–19. 44 Zum Problem der Benutzung des Wortes ἑβραïστί zur Kennzeichnung des Aramäischen s. u. a. Emil Schürer, The History of the Jewish People in the Age of Jesus Christ 2, rev. ed., Edinburgh 1979, 28, n. 118, wo es u. a. heißt: „Philo’s peculiar nomenclature (i. e. die Tatsache, dass er das Wort χαλδαïστί zur Bezeichnung des Hebräischen benutzte) was no doubt necessitated by the fact that in the ordinary usage of Hellenistic Jews ἑβραïστί meant Aramaic.“ 39 de

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wählt, um ein möglichst großes Publikum zu erreichen. Das Lateinische wurde wohl aus zwei Gründen verwendet: Jesu Hinrichtung wurde so als Akt der römischen Verwaltung dargestellt, die Lateinisch sprach und dachte. Gleichzeitig galt die lateinische Inschrift den römischen Soldaten (auch wenn wir über deren Herkunft im konkreten Fall natürlich nichts wissen);45 die beiden anderen Sprachen erreichten dann den größten Teil der Bevölkerung, denn viele Juden lasen diese Inschrift. Ein griechischsprachiges, lokales Publikum ist hier vorausgesetzt. Das Griechische war eine Realität des täglichen Lebens in Jerusalem, bei Juden wie Nichtjuden.46 Das Problem ist das Aramäische und zum Problem wird es, weil wir sonst keinen Beleg dafür haben, daß ein römischer Amtsträger eine indigene Sprache benutzt hätte (keine Belege für Germanisch, Keltisch, Syrisch, Punisch etc.). Wir haben hier zwei Möglichkeiten: a) es handelt sich um eine Erfindung des Johannes, für die wir letztlich theologische Gründe verantwortlich machen müssen;47 b) Johannes hat uns hier ein Verfahren bewahrt, das es in Wirklichkeit – gerade bei solchen eher informellen Publikationen – öfter gab.48 Weil aber gerade solche Texte nicht auf Stein oder Bronze geschrieben wurden, sind sie heute nicht mehr erhalten. Dann aber würde uns der titulus crucis einen interessanten Blick auf eine sonst nicht bekannte römische Verwaltungspraxis geben. c) So seltsam es klingen mag: Der titulus crucis ist mit der Pilatus-Inschrift das früheste Zeugnis für die Benutzung der lateinischen Sprache in Palästina,49 beide etwa eine Generation nach der ersten Provinzialisierung Judaeas, und etwa genauso lange hatte es gedauert, bis wir in Palästina das erste Beispiel für die Benutzung des Griechischen nach den Diadochen-Kriegen finden.50

3. Allgemeinere Überlegungen Das Neue Testament bietet also nur ein einziges Addendum für die Corpora – viele Schriftsteller, um erst gar nicht von ganzen Genera zu sprechen – sind hier deutlich ergiebiger. An diesem einen Text konnte man aber die eine oder andere allgemeine Frage diskutieren und vielleicht kann dieser Text hier sogar weiter45 Eck, Lateinisch, 3–19; ders., The Language of Power: Latin Reflected in the Inscriptions of Judaea / ​Syria Palaestina, in: L .H. Schiffmann, ed., Semitic Papyrology in Context, Leiden 2003, 125–144. 46 Vgl. dazu ausführlicher Walter Ameling, Griechisch in Palästina, in: H. Niehr, ed., Die Sprachen in Palästina im 1. Jt. v. Chr. (im Druck); ders., Epigraphy and the Greek Language in Palestine, SCI 34, 2015 , 1–18. 47 Vgl. Anm. 42. 48 Das ist die Tendenz von Eck, Lateinisch, 10. 49 Vgl. Eck, Language, 129. 50 Die ersten datierten griechischen Inschriften sind aus dem Jahr 277 v. Chr. (Lawrence T. Geraty, The Khirbet el-Kom Billingual Ostracon, BASOR 120, 1975, 55–61. [Khirbet el-Kom]) und 272/71 (Amos Kloner, Maresha in the Reign of Ptolemy II Philadelphus, in: P. McKechnie / ​Ph. Guillaume, eds., Ptolemy II Philadelphus and his World, Leiden 2008, 179–181. [Marisa]).

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helfen. Diesen Ansatz weiterverfolgend, möchte ich jetzt noch ein paar ebenfalls allgemeine Fragen besprechen, bei denen das Neue Testament zu helfen scheint. Daß ich Dinge nur ansprechen, nicht ausdiskutieren kann, ist klar, weil dann der Blick doch weit über das Neue Testament hinaus zu anderen Quellengruppen gehen müßte. Ausgangspunkt soll nach Möglichkeit jeweils eine Inschrift sein. 3.1. Die Wahrnehmung römischer Herrschaft Im Theater von Caesarea Maritima wurde 1961 ein Stein in zweiter Verwendung gefunden, der inzwischen so gelesen und ergänzt wird (CIIP 2,1277): [Nauti]s ­Tiberiéum |[— Po]ntius Pilatus,| [praef]ectus Iudae[a]e,| [ref]éci[t] („Für die Seeleute hat […] Pontius Pilatus, Praefekt von Iudaea, das Tiberieum wiederhergestellt“).51 Kommentiert wurde immer wieder der Titel des Pilatus, wenigstens in der althistorischen Literatur. Den Exegeten scheint die Differenz eher gleichgültig zu sein.52 Im Neuen Testament ist Pilatus ganz unspezifisch ein ἡγεμών,53 aber tatsächlich war er eben, wie uns die Inschrift zeigte, praefectus, d. h. „ein unselbständiger und von einem Statthalter“, in diesem Falle dem legatus Augusti Syriens, „abhängiger Funktionsträger“.54 Die Bezeichnung als ἡγεμών teilt Pilatus im Neuen Testament mit Antonius Felix und dem notorischen Festus55 und sogar vom legatus Augusti Syriae konnte gesagt werden: ἡγεμονεύων Συρίας (Lk 2,2).56 So werden drei ganz unterschiedliche Ämter, v. a. aber ganz unterschiedliche Stellungen in der sozialen Hierarchie Roms mit denselben Wörtern bezeichnet und anders als bei antiken Historikern ist das wohl kein rhetorisches Mittel – die Vermeidung eines präzisen terminus technicus der staatlichen Ordnung57–, sondern simple Unkenntnis seines sozio-politischen Status.58

51 Z. 1 u. 4 in der Ergänzung von Géza Alföldy, Pontius Pilatus und das Tiberieum von Caesarea Maritima, SCI 18, 1999, 85–108; 21, 2002, 133–148, die keinen ernstzunehmenden Widerspruch erfuhr. 52 In den von mir konsultierten Kommentaren beschäftigt sich einzig Klaus Wengst, Das Johannesevangelium, Bd. 2, Stuttgart 2001, 217 mit diesem Problem, allerdings eher falsch (er übersetzt Philo leg. 306 [ἡ οἰκία τῶν ἐπιτρόπων] fälschlich als „den Sitz der Praefekten“ (ἐπίτροπος ist eigentlich eher der procurator). 53 Mt 27,2.11.14 f.21.27; 28,14; Lk 3,1; 20,20; die Passionsberichte bei Markus, Lukas und Johannes nennen ihn ohne Titel, nur mit Namen. 54 Werner Eck, Die Benennung von römischen Amtsträgern und politisch-militärisch-administrativen Funktionen bei Flavius Iosephus – Probleme der korrekten Identifizierung, ZPE 166, 2008, 218–226. 55 Apg 23,24.26.33; 24,1.10; 26,30. 56 Vgl. Eck, Die Benennung, 221: „Der häufigste Begriff, der überhaupt von Iosephus für eine amtliche Stellung in den Provinzen gebraucht wird, ist das Wort ἡγεμών bzw. eine Partizipialform wie ἡγεμονεύων in den verschiedenen Varianten. Nicht selten wird damit ohne Zweifel der Statthalter bezeichnet.“ 57 Vgl. Tac. ann. 15,44,3, wo Pilatus bekanntermaßen als procurator bezeichnet wird. 58 Bezeichnend ist auch, dass ἡγεμών, ἡγεμονία als Fremdwörter in die Sprache des Talmud aufgenommen wurden, Schürer, History 2, 53.

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Für den Historiker bietet das Neue Testament damit aber einen Einblick in die Wahrnehmung der einfachen Provinzialen:59 für sie war der politische Status ihrer Heimat, der genaue Rang des Vertreters Roms, uninteressant: Ob der Herr des politischen Alltags, der Herr über Leben und Tod, der für Ruhe und Ordnung zu sorgen hatte, ein Senator oder Ritter, ein proconsul, ein legatus Augusti, ein procurator oder praefectus war, das war nicht wirklich wichtig.60 Und wenn wir die unendlich präzisen cursus honorum der kaiserzeitlichen Statthalter aus den Provinzen kennen, dann spiegelt das eben nicht das Interesse oder gar die Kenntnis der Provinzialen, sondern die Selbstsicht der Senatoren, die den Provinzialen erklärt hatten, was auf dem Stein stehen sollte.61 3.2. Schriftlichkeit Schauen wir noch einmal auf den titulus crucis (CIIP 1,1,15). Bei Joh 19,20 heißt es: τοῦτον οὖν τὸν τίτλον πολλοὶ ἀνέγνωσαν τῶν  Ἰουδαίων, ὅτι ἐγγὺς ἦν ὁ τόπος τῆς πόλεως ὅπου ἐσταυρώθη ὁ  Ἰησοῦς· καὶ ἦν γεγραμμένον  Ἑβραϊστί,  Ῥωμαϊστί,  Ἑλληνιστί. Viele lasen diese Inschrift, weil viele an diesem nahe der Stadt gelegenen Ort vorbeikamen, und weil der Text in drei Sprachen geschrieben war. Wie steht es also mit der Alphabetisierung der Bevölkerung in den Evangelien? Insgesamt scheint es interessante Hinweise zu einer selbstverständlichen Nutzung der Schrift zu geben:62 Wir hören von Zacharias, der den Namen seines Sohnes auf eine Tafel (aus Holz?) schrieb (Lk 1,63), von Jesus, der mit dem Finger auf die Erde schrieb (Joh 8,6) und in einer Synagoge aus dem Propheten Jesaja vorlas (Lk 4,16–19), vom Kämmerer der äthiopischen Königin, der lesend durch die Lande fuhr, und wenn der Zöllner Zachäus versprach, zu viel verlangtes Geld an die richtigen Adressaten zurückzuerstatten, so setzt das ja wohl eine ausführliche Buchhaltung voraus63 oder er erwartete sogar, daß die ‚Geschädigten‘ mit ihren Zollquittungen vor ihm erscheinen würden,64 was ein noch höheres Maß

59  Hier geht es eher um sozialen Status als um geographische Verortung. Für diese Frage ist es uninteressant, wo die Evangelien und die Apostelgeschichte entstanden. 60 Vgl. Andrea Jördens, Statthalterliche Verwaltung in der römischen Kaiserzeit, Stuttgart 2009, 12 zu den verschiedenen Typen der römischen Statthalter: „Ob die Provinzialen die Struktur des Herrschaftssystems durchschauten, war […] unbeachtlich, solange sie ihm nur loyal gegenüberstanden.“ 61 W. Eck, ed., Monument und Inschrift. Gesammelte Aufsätze zur senatorischen Repräsentation in der Kaiserzeit, Berlin 2010, 143–167. 62 Das Gedächtnis läßt sich hier natürlich leicht täuschen. Es gibt unzählige Gemälde, auf denen die Verkündigungsszene mit einer lesenden Maria dargestellt ist, aber bei Lukas finden wir nichts von ihrer Lektüre. 63 Lk 19,8: „wenn ich etwas zu Unrecht von jemandem gefordert habe, gebe ich es vierfach zurück.“ 64 Vgl. Torzollquittungen, Zollhausabrechnungen etc. (zum ‚Einstieg‘ s. Pieter Sijpesteijn, Customs Duties in Greco-Roman Egypt, Zutphen 1987). Allgemein: Fritz Herrenbrück, Jesus und die Zöllner, Tübingen 1990.

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an Schriftbeherrschung voraussetzte. Von den „Pharisäern und Schriftgelehrten“ will ich erst gar nicht reden, da damit doch zu große Probleme verbunden sind.65 Und dann heißt es ja oft: „wie es geschrieben steht“, aber das ist wohl nicht notwendig ein Bezug auf Lektüre: Schriftlichkeit wird hervorgehoben, um die Autorität und die Geltung eines Wortes zu unterstreichen.66 Mindestens genauso bezeichnend ist es nämlich, daß Jesus immer wieder sagt: „Ihr habt gehört, daß zu den Alten gesagt worden ist […] ich aber sage euch“:67 Was geschrieben steht, wird als ein dictum an die Alten bezeichnet, dem ein neues dictum Jesu entgegengesetzt wurde. Die Autorität kommt in beiden Fällen aus dem Akt des Sprechens, nicht aus seiner Verschriftlichung. Das entspricht der Beobachtung, daß Jesus und die Seinen aus einer Umgebung kamen, in der praktische literarische Fähigkeiten weder unbedingt nötig waren noch besonders geschätzt wurden. 68 In der Apostelgeschichte werden Petrus und Johannes als ἄνθρωποι ἀγράμματοι καὶ ἰδιῶται69 (4,13) bezeichnet. Nun gehört ἄγραμματος zu den termini technici, die Youtie besprach:70 Wenigstens in den griechischen Papyri bezeichnet es die, „who are illiterate, are not able to write Greek“. Deshalb kann Pilhofer knapp schreiben: „Wenn wir an Jesus denken, so können wir ihn uns mit einer Schreibfeder nicht ohne weiteres vorstellen. Auch die Menschen, die ihn umgaben, waren keine Literaten.“71 65 Catherine Hezser, Jewish Literacy in Roman Palestine, Tübingen 2001, 119: „In the gospels almost all scribes are located in Jerusalem and associated with the Temple priests. Saldarini has noticed that with two exceptions (Mk. 2:6 and 9:14) in the gospel of Mark even those scribes who are mentioned in Galilee are identified a couple of times as coming from Jerusalem […] Mt depicts scribes in Galilean villages, this depiction may not accord with pre-70 reality but seems to reflect the circumstances of a later time. In Luke and Acts the scribes are associated with the chief priests in Jerusalem, as they are in the other two synoptic gospels.“ Vgl. zur Frage Jesu (und ihrer relativen Bedeutungslosigkeit für das allgemeine Problem) William V. Harris, Ancient Literacy, Cambridge 1989, 281 f. 66 Lk 10,26. 67 Mt 5,21.33 f; vgl. 27 f.31 f.38.43. 68 Hezser, Literacy, 176 f: „practical literacy skills were neither absolutely necessary nor especially valued.“ 69 W. Bauer / ​K. Aland / ​B. Aland, eds., Griechisch-deutsches Wörterbuch zu den Schriften des Neuen Testaments und der frühchristlichen Literatur, Berlin 19886, s. v. ἰδιώτης nennt: „1. d. Laie […] d. Nichtstudierte (Neb. ἄνθρωπος ἀγράμματος)“. Rudolf Pesch, Die Apostelgeschichte, Bd. 1, Neukirchen 1986, 167 versteht, „daß die Apostel ‚unstudierte‘ Leute, die keine schriftgelehrte Ausbildung genossen haben, und ‚Laien‘, die keine rhetorische Schulung erhalten haben“, sind. Eher ist es wohl umgekehrt: ἀγράμματοι, also ohne rhetorische Erziehung (s. nächste Anmerkung), und ἰδιῶται, also Laien in Religionsdingen, wie wenigstens die Mitglieder des jüdischen Rates urteilen. 70 Herbert C. Youtie, Ἀγράμματος: An Aspect of Greek Society in Egypt, HStClPh 75, 1971, 161–176; (ders., Scriptiunculae, Bd. 2, Amsterdam 1973, 611–27; das Zitat auf S. 612); vgl. ders., Because they do not know letters, ZPE 19, 1975, 101–108 (Scriptiunculae Posteriores, Bd. 1, Bonn 1981, 255–262). 71 Peter Pilhofer, Das Neue Testament und seine Zeit, Tübingen 2010, 1. Andererseits spricht etwa James D. G.  Dunn, The Thought World of Jesus, Early Christianity 1, 2009, 322 f von Jesu Lesefähigkeit; vgl. ausführlich Rainer Riesner, Jesus als Lehrer, Tübingen 1981, 228. Vgl. auch Joh 7,15 (die Juden über Jesus): πῶς οὗτος γράμματα οἶδεν μὴ μεμαθηκώς;

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Auch wenn weder Jesus noch seine Jünger zu den Literaten gehörten, und die Wahrscheinlichkeit dafür spricht, daß auch die ersten Christen keine Literaten waren, so sehen wir sie doch immer wieder in einer von Schrift bestimmten Welt, in der die Schrift gegenwärtig war, und in der wenigstens einige von ihnen in der Lage waren, die Schrift zu nutzen.72 Schrift war unterschiedlich stark gegenwärtig. Zog man, wie es ja oft genug geschah, aus religiösen Gründen nach Jerusalem, kam man z. B. in eine Welt, in der die Schrift viel stärker präsent war als auf dem Lande. Aber Schriftlichkeit war nicht nur in den Städten präsent, sondern auch in den Dörfern Galiläas: In Kapharnaum gab es immerhin Militär, einen centurio, und sei es bloß, um vor Ort Ruhe und Ordnung aufrecht zu erhalten. Anders gesagt: Die große Maschine, die einen ungeheuren Ausstoß an Texten produzierte, stand einem stets und überall vor Augen.73 Schriftliches war oft von mündlicher Bestätigung und weitergehender Information begleitet, wie man es ja auch von den städtischen Gesandtschaften kennt, die einen Volksbeschluß oder ein Schreiben überbrachten, aber darüber hinaus auch über die Lage in der Polis berichteten: Paulus sendet also Leute, die berichten sollen, wie es ihm ergeht (Eph 6,21 f), Paulus schreibt an die Kolosser (4,7 f): τὰ κατ’ ἐμὲ πάντα γνωρίσει ὑμῖν Τύχικος ὁ ἀγαπητὸς ἀδελφὸς καὶ πιστὸς διάκονος καὶ σύνδουλος ἐν κυρίῳ, ὃν ἔπεμψα πρὸς ὑμᾶς εἰς αὐτὸ τοῦτο, ἵνα γνῶτε τὰ περὶ ἡμῶν καὶ παρακαλέσῃ τὰς καρδίας ὑμῶν, etc.74 Briefliche Kommunikation und Boten hielten die frühen Gemeinden zusammen.75 Einen Punkt dürfen wir nicht vergessen, auch wenn er in den Evangelien nicht direkt präsent ist, aber durch den titulus crucis wird er immerhin angedeutet: In welcher Sprache wurde gelesen und geschrieben? Wenn uns Lukas den in der Synagoge lesenden Jesus vorstellt, dachte er, daß Jesus einen griechischen76 oder 72 Vgl. Raffaela Cribiore, Gymnastics of the mind, Princeton 2001, 163: „what made GrecoRoman Egypt a literate society, in spite of the fact that the mass of the population was illiterate, was that even people who did not have direct access to writing had to reckon with it in their daily lives, and they recognized the framework of conventions and expectations that governed it.“ 73 Vgl. Joachim Hengstl, Rechtsterminologie in den griechischen Papyri und ihre Bedeutung für die Interpretation neutestamentlicher Texte, in: J. Herzer, ed., Papyrologie und Exegese, Tübingen 2012, 30 f zu Mt 8,5: „Kapernaum war kein Garnisonsort, und der ‚Hauptmann‘ war folglich nicht Angehöriger einer dort stationierten Truppe, sondern offenbar ein centurio, wie er in den Papyri als örtliches Polizeiorgan erscheint.“ Er verweist auf Richard Alston, Soldier and Society in Roman Egypt, London 1995, 86–96. 74 Apg 15,23.27; 28,21 f. 75 Zu den Briefen vgl. S. R. Llewelyn, ed., New Documents Illustrating Early Christianity, Bd. 7, Macquarie 1994, 50–57, wo allerdings gerade für die erste Zeit die Bedeutung der Boten hervorgehoben wird. 76 Vgl. allgemein zu den Septuaginta-Fragmenten aus Qumran: Eugene Ulrich, The Greek Manuscripts of the Pentateuch from Quamran, in: A. Pietersma / ​C. Cox, eds., De Septuaginta, Mississauga 1984, 71–82; Leonard J. Greenspoon, The Dead Sea Scrolls and the Greek Bible, in: P. W. Flint / ​J. Vanderkam, eds., The Dead Sea Scrolls after Fifty Years, Leiden 1999, 101–127; Emanuel Tov, A List of the Texts from the Judaean Desert, in: ebd., 669–717; James Vanderkam, Greek at Qumran in: J. J. Collins / ​G. E. Sterling, eds., Hellenism in the Land of Israel, Notre Dame 2001, 175–181; Gregory E. Sterling, Judaism between Jerusalem and Alexandria, in: ebd., 265–303: 282–303.

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hebräischen Text des Propheten benutzte? Und in welcher Sprache waren die Inschriften, also die öffentlichen Verlautbarungen, denen Wert und Dauer zugedacht war, abgefaßt?77 Wir müssen die Fähigkeit zu lesen und zu schreiben eigentlich nach den verschiedenen benutzten Sprachen differenzieren, wie es ja durch CIIP 1,1,15 nahegelegt wird. 3.3. Zum ‚epigraphic habit‘ in Jerusalem vor 70 n. Chr. Das Neue Testament hat uns zu der Frage geführt, in welcher Sprache die Inschriften waren, und diese Frage wird uns zu dem sog. ‚epigraphic habit‘ im Allgemeinen und dem sog. Euergetismus im Besonderen führen. Das Jerusalemer Publikum war nicht einheitlich, wie uns schon der titulus crucis zeigte. Unter der relativ geringen Zahl der griechischen Inschriften aus Jerusalem sind zwei Steine (desselben Inhalts), die ausdrücklich an Fremde gerichtet waren (CIIP 1,1,2): μηθένα  ἀλλογενῆ εἰσπορεύεσθαι ἐντὸς τοῦ περὶ τὸ ἱερὸν τρυφάκτου καὶ περιβόλου. ὃς δ’ ἂν ληφθῇ ἑαυτῶι αἴτιος ἔσται διὰ τὸ ἐξακολουθεῖν θάνατον.78 Hier war Griechisch die Sprache, derer man sich um einer weitreichenden Verständlichkeit willen bediente, aber daraus läßt sich nicht einfach schließen, daß griechische Schriftlichkeit in Jerusalem auf Fremde beschränkt war. Dies zeigt uns hinreichend die sog. Theodotos-Inschrift (1,1,9):79 Auch wenn hier Fremde erwähnt werden, so ist es doch nicht gerechtfertigt, die Synagoge einzig für ihre Zwecke verwendet zu sehen: Die ἀνάγνωσις νόμου καὶ διδαχὴ ἐντολῶν kann, anders als ein Teil der Gebäude, nicht nur für sie gedacht gewesen sein.80 Das Interessante an dieser Inschrift liegt aber darin, daß sie letztlich doch epigraphische Konventionen aufgreift, die von außen kamen: Die Betonung der Abstammung von Würdenträgern, die eigene Würde, die eigene Stiftung. Die Inschrift verfolgt also einen ganz ähnlichen Zweck wie eine Bauinschrift oder eine sog. Ehreninschrift in Griechenland oder Rom. Anders ausgedrückt: Die Grundsätze dessen, was wir gerne  – in der Folge von Paul Veyne  – als Euergetismus bezeichnen, sind vorausgesetzt: seine Wohltat sollte ihm Ruhm und Anerkennung bringen. Damit werden wir nun aber in eine ganz andere Diskussion geführt, die Seth Schwartz in den letzten Jahren prägte. Es geht dabei um die Frage, wie die jüdische Gesellschaft mit solchen Wohltätern umging. 77 Generell geht man ja davon aus, daß die Zahl aramäischer Inschriften und Ostraka während des 3. Jh. v. Chr. massiv zurückgeht. 78 Jos. BJ 5,194:  ἀλλόφυλον; AJ 15,417: ἀλλοεθνῆ; vgl. ansonsten den Kommentar von Price zu den literarischen Erwähnungen dieser Texte. 79 Θεόδοτος Οὐεττήνου, ἱερεὺς καὶ ἀρχισυνάγωγος, υἱὸς  ἀρχισυν[αγώ]γου, υἱωνὸς ἀρχισυν[α] γώγου, ᾠκοδόμησε τὴν συναγωγὴν εἰς  ἀνά[γ]νωσ[ι]ν νόμου καὶ εἰς [δ]ιδαχ[ὴ]ν ἐντολῶν, καὶ τ[ὸ] ν ξενῶνα, κα[ὶ τὰ] δώματα καὶ τὰ χρησ[τ]ήρια τῶν ὑδάτων, εἰς καταλύμα τοῖς [χ]ρήζουσιν  ἀπὸ τῆς ξέ[ν]ης, ἣν ἐθεμε|λ[ί]ωσαν οἱ πατέρες αὐτοῦ καὶ οἱ πρεσ[β]ύτεροι καὶ Σιμωνίδης. 80 Beides ist übrigens ja wohl in griechischer Sprache vorzustellen; zur Lehre durch Schrift vgl. Röm 15,4: ὅσα γὰρ προεγράφη, εἰς τὴν ἡμετέραν διδασκαλίαν ἐγράφη, ἵνα διὰ τῆς ὑπομονῆς καὶ διὰ τῆς παρακλήσεως τῶν γραφῶν τὴν ἐλπίδα ἔχωμεν.

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Wohltätertum schuf Bindungen, gegenseitige Abhängigkeiten, soziale Beziehungen und eine relativ einheitliche städtische Kultur in der griechisch-römischen Welt. Juden, denen die Torah eine quasi egalitäre, von starker Solidarität miteinander geprägte Lebensweise vorschrieb, die persönliche Abhängigkeit wenigstens theoretisch immer weit von sich wiesen, konnten – wie besonders Seth Schwartz aus Josephus erhebt – sich nicht an den Habitus der Umwelt anpassen.81 Ich will jetzt gar nicht darauf eingehen, was diese These für die große Frage ‚Judäa im Imperium Romanum‘ bedeutet, aber es ist klar, daß sie für epigraphisches Verhalten der Bevölkerung massive Konsequenzen haben müßte. Schwartz gewann ein gewichtiges Argument für seine These aus der seltsamen Zusammensetzung des epigraphischen Materials aus dem Jerusalem der Jahre vor 70. Dort haben wir nämlich die große Menge der Grabinschriften auf den Ossuaren, die der Öffentlichkeit nicht zugänglich waren. Aber wenn wir auf monumentalere Epigraphik schauen, auf Inschriften, die als Erinnerung an einen Akt des Euergetismus dienen sollen,82 dann scheint es nur zwei Texte zu geben, die einen solchen Akt widerspiegeln: zum einen die Theodotos-Inschrift, zum anderen das vom Tempelberg stammende Fragment eines Textes, in dem jemand aus Rhodos an seine Spende für den herodianischen Tempel erinnert (CIIP 1,1,3).83 Diese Inschrift ist etwas zu leicht aus dem Dossier der Euergetismus-Inschriften entfernt worden; zum einen mit dem Hinweis auf ihre geringe Größe und die geringe Höhe der Stiftungssumme, die den Text eher zu einem ex voto gemacht habe, zum anderen mit dem Argument: „an inscription like that of Paris […] can be construed as euergetistic in only the most symbolic of ways – as commemorating a benefaction not to the citizens of Jerusalem […], but to the scattered, linguistically and culturally diverse ethnos of the Jews.“84 Nun spricht sehr viel, angefangen vom titulus crucis und der Theodotos-Inschrift, endend bei der hohen Zahl von Ossuaren mit griechischer Aufschrift, dafür, daß weite Teile der Jerusalemer Gesellschaft zumindest zweisprachig waren.85 Es ist also a priori nicht nötig, in unserer Inschrift einen Text zu sehen, der einzig an ‚Fremde‘ adressiert war, deren Gewohnheiten übernommen worden wären. Ben Isaac, der diesen Text zuerst edierte, nahm zudem an, daß es viele gleich-

81 Seth Schwartz, Were the Jews a Mediterranean Society?, Princeton 2010, 41: „the cultural practice of benefaction, memorialization, and honor characteristic of urban life“; ders., Euergetism in Josephus and the epigraphic culture of first-century Jerusalem, in: H. M. Cotton / ​R. G. Hoyland / ​J. J. Price u. a., eds., From Hellenism to Islam: cultural and linguistic change in the Roman Near East, Cambridge 2008, 75. 82 Vgl. etwa Schwartz, Mediterranean Society, 87 f. 83 [—](ἔτους) Κ’ ἐπ’ ἀρχιερέως | [—] Παρις Ἀκέσωνος | [—]ἐν Ῥόδωι | [—π]ρο στρῶσιν |[—δ]ραχμάς. Höhe des Steines: 21 cm; erhaltene Breite in der ersten Zeile: 27 cm. 84 Schwartz, Euergetism, 77 f. 85 Ameling, Griechisch in Palaestina, in: H. Niehr, ed., Die Sprachen in Palaestina während des ersten Jahrtausends v. Chr. (im Druck); ders., Epigraphy and Greek Language in Hellenistic Palestine, SCI 2015 s. n. 46.

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artige Texte gegeben haben müsse, von denen uns eben nur ein Exemplar erhalten geblieben sei, und das ist sicher richtig. Hier kommt nun zum ersten Mal das Neue Testament ins Spiel, denn bei Lk 21,5 lesen wir: 86 καὶ τινων λεγόντων περὶ τοῦ ἱεροῦ ὅτι λίθοις καλοῖς καὶ ἀναθήμασιν κεκοσμήται […]. Lukas wenigstens setzt also eine Vielzahl von ἀναθήματα auf dem Tempelberg voraus, was ihn doch einem heidnischen Heiligtum ähnlicher macht und offenbar auch ähnliche Motivationen impliziert (das gilt v. a., wenn man nicht annehmen will, daß Lukas hier eine fälschliche Angleichung an die Heiden vornimmt). Im Neuen Testament gibt es immer wieder Passagen, in denen den Pharisäern vorgeworfen wird, nach dem Ethos des Euergetismus zu handeln, also für eine Wohltat sozialen Status zu erwarten, z. B. Mt 6,2–4: ὅταν οὖν ποιῇς ἐλεημοσύνην, μὴ σαλπίσῃς ἔμπροσθέν σου, ὥσπερ οἱ ὑποκριταὶ ποιοῦσιν ἐν ταῖς συναγωγαῖς καὶ ἐν ταῖς ῥύμαις, ὅπως δοξασθῶσιν ὑπὸ τῶν ἀνθρώπων· ἀμὴν λέγω ὑμῖν, ἀπέχουσιν τὸν μισθὸν αὐτῶν. σοῦ δὲ ποιοῦντος ἐλεημοσύνην μὴ γνώτω ἡ ἀριστερά σου τί ποιεῖ ἡ δεξιά σου, ὅπως ᾖ σου ἡ ἐλεημοσύνη ἐν τῷ κρυπτῷ· καὶ ὁ πατήρ σου ὁ βλέπων ἐν τῷ κρυπτῷ ἀποδώσει σοι.87 Eine Beziehung sollte nicht auf dem Austausch von Gütern beruhen. Unterstützung des Ärmeren ist eine Pflicht, für die es hier auf Erden keine Gegengabe gibt, die vielmehr einer religiösen Pflicht entstammt. Grundsätzlich ist dies eine Bestätigung der Aussagen, die Schwartz aus Josephus gewann, aber Matthäus zeigt uns, daß es auch die andere Verhaltensweise gab.88 Auch wenn es von den religiösen Gruppen, über deren Zeugnisse wir fast allein verfügen, nicht akzeptiert wurde, gab es offenbar doch Gegenbewegungen, Anpassung an die Umwelt, was in späteren Jahrhunderten noch zunahm: wenigstens in Synagogen finden wir hinreichend Inschriften, die im Austausch für eine Spende für die Ehrung und die dauernde Erinnerung an den Spender sorgen sollten. Ich will nur ein Beispiel aus Kyme zitieren, das leider nicht sicher zu datieren ist (IJO 2,36): Τάτιον Στράτωνος τοῦ  Ἐν|πέδωνος τὸν οἶκον καὶ τὸν πε|ρίβολον τοῦ ὑπαίθρου κατασκευ|άσασα ἐκ τῶ[ν ἰδ]ίων | ἐχαρίσατο τ[οῖς  Ἰο]υδαίοις.| ἡ συναγωγὴ ἐ[τείμη]σεν τῶν  Ἰουδαί|ων Τατιον Σ[τράτ]ωνος τοῦ  Ἐνπέ|δωνος χρυσῷ στεφάνῳ | καὶ προεδρίᾳ. Die Parallelen liegen auf der Hand, ich zitiere nur 86 Das ist die Einleitung zur Rede von der Zerstörung des Tempels, die bei Mk und Mt etwas anders gestaltet ist (Mk 13,1; Mt 24,1 haben nur den Hinweis auf die Zahl und Größe der Gebäude). 87 Vgl. H. L. Strack / ​P. Billerbeck, eds., Das Evangelium nach Matthäus erläutert aus Talmud und Midrasch, München 1922, 388: „Letztere [scil. freiwillige Spenden] wurden meist zuvor in den Synagogen und Lehrhäusern, auch wohl gelegentlich der öffentl. Fastengottesdienste, die in der Regel auf offener Straße stattfanden, vor versammelter Gemeinde bekanntgemacht […]. Dass in der Tat persönlicher Ehrgeiz vielfach das Motiv bei öffentlichem Angeloben von Almosenspenden gewesen ist, kann man aus den häufigen Klagen über diejenigen entnehmen, die wohl zu geben versprochen hatten, aber hinterher ihr Versprechen nicht hielten.“ Darauf solle sich sogar die Bezeichnung οἱ ὑποκριταί beziehen. Vgl. Sir. 31,11: „von seinen Almosen wird die Gemeinde erzählen.“ 88 Paul Billerbeck, Kommentar zum Neuen Testament aus Talmud und Midrasch, Bd. 4, München 1928, 548 nennt einige Beispiele (Rubriken η–λ).

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die berühmteste (Mt 23,5–7):89 πάντα δὲ τὰ ἔργα αὐτῶν ποιοῦσιν πρὸς τὸ θεαθῆναι τοῖς ἀνθρώποις· πλατύνουσιν γὰρ τὰ φυλακτήρια αὐτῶν καὶ μεγαλύνουσιν τὰ κράσπεδα, φιλοῦσιν δὲ τὴν πρωτοκλισίαν ἐν τοῖς δείπνοις καὶ τὰς πρωτοκαθεδρίας ἐν ταῖς συναγωγαῖς καὶ τοὺς ἀσπασμοὺς ἐν ταῖς ἀγοραῖς καὶ καλεῖσθαι ὑπὸ τῶν ἀνθρώπων,  Ῥαββί. Hier werden offensichtlich Diskussionen aufgenommen, in denen es um Vorrechte in der Gemeinde und Dokumentation von Wohltätigkeit innerhalb und außerhalb der Gemeinde geht. Das ist vielleicht nicht Euergetismus im klassischen, auf eine Stadt gerichteten Sinn, aber sehr wohl eine Form von Wohltätigkeit, die einer religiösen Gruppe, einem Verein etc., gilt.90 Ganz offenbar wird für eine Gabe etwas erwartet, wird eine Gabe von der Gruppe mit sozialer Stellung vergolten, wobei eben auch die Stellung in einer religiösen Gruppe eingeschlossen sein kann. Unter diesen Umständen ist es vielleicht erwähnenswert, daß Price / ​Misgav es zumindest für möglich hielten, auch das Fragment einer aramäischen Stifter-Inschrift vom Tempelberg gefunden zu haben (CIIP 1,1,4).91 Die zugegebenermaßen nicht mehr rekonstruierbaren Fragmente dreier Bauinschriften (CIIP 1,1,10–12) mögen aus vergleichbaren Gründen wie andere Bauinschriften verfaßt worden sein, zur größeren Ehre des Bauherrn. Das Benehmen von Euergeten und ihre Formen der Selbstdarstellung waren jedenfalls, egal wie man die gerade genannten Fragmente interpretiert, in Jerusalem bekannt. Aber selbst wenn diese Formen bekannt waren, waren sie auch wichtig? Es ist immer wieder gesagt worden, daß die Ausbeute an Inschriften aus der Zeit vor der Zerstörung des Tempels so gering ist, daß man daran gerade zeigen könne, daß der ‚epigraphic habit‘ mit seinen Implikationen für die Öffentlichkeit und Wertschätzung durch die Öffentlichkeit in Jerusalem eben nicht angekommen sei. Einzig Grabinschriften habe es in großem Umfang gegeben, doch seien diese eben anders zu verstehen. Wahrscheinlicher scheint es da aber doch, daß der Mangel an Inschriften aus der Zeit vor 70 eher mit dem Schicksal der Stadt als mit einer bewußten Entscheidung gegen die ‚epigraphic habits‘ der sog. ‚mediterranean society‘ zu tun hat.92 Vergleichen wir nämlich die Zahl und Art der erhaltenen 89 Vgl. Mk 12,39; Lk 11,43; 14,7; 20,46; Jak 2,2–4: ἐὰν γὰρ εἰσέλθῃ εἰς συναγωγὴν ὑμῶν ἀνὴρ χρυσοδάκτυλος ἐν ἐσθῆτι λαμπρᾷ, εἰσέλθῃ δὲ καὶ πτωχὸς ἐν ῥυπαρᾷ ἐσθῆτι, ἐπιβλέψητε δὲ ἐπὶ τὸν φοροῦντα τὴν ἐσθῆτα τὴν λαμπρὰν καὶ εἴπητε, Σὺ κάθου ὧδε καλῶς, καὶ τῷ πτωχῷ εἴπητε, Σὺ στῆθι ἢ κάθου ἐκεῖ ὑπὸ τὸ ὑποπόδιόν μου, καὶ οὐ διεκρίθητε ἐν ἑαυτοῖς καὶ ἐγένεσθε κριταὶ διαλογισμῶν πονηρῶν; Ablehnung der Geltungssucht finden wir auch im Hirten des Hermas, 17,7 (νῦν οὖν ἡμῖν λέγω τοῖς προηγουμένοις τῆς ἐκκλησίας καὶ τοῖς πρωτοκαθεδρίταις); 43,12 (πρῶτον μὲν ὁ ἄνθρωπος ἐκεῖνος ὁ δοκῶν πνεῦμα ἔχων ὑψοῖ ἑαυτὸν καὶ θέλει πρωτοκαθεδρίαν ἔχειν). 90 Zu diesen Unterscheidungen vgl. z. B. Arjan Zuiderhoek, The Politics of Munificence in the Roman Empire, Cambridge 2009, 9. 91 Vgl. ihren Kommentar: „Similarities to the letters in other inscriptions from the Herodian period […] make a 1 c. CE date reasonable. Thus its context is the massive construction in and around the Temple Mount in that period, perhaps commemorating a donor; note the donation to Herod’s Temple in no. 3.“ 92 Umgekehrt hat das Überleben der Ossuare etwas damit zu tun, daß viele Gräber unterirdisch und nicht sofort erkennbar waren, vielleicht auch nicht bewußt zerstört wurden.

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Inschriften aus der Zeit vor 70 mit den zwischen dem Jahr 70 und dem frühen 4. Jh. n. Chr. erhaltenen Texten, so sehen wir, daß auch in der hohen Kaiserzeit, in der Zeit, in der Jerusalem Legionslager oder römische colonia war, kaum offizielle Texte erhalten sind, jedenfalls wesentlich weniger, als zu erwarten wären.93 Wir sehen unterschiedliche Denkmälergruppen, aber eben nur in ganz geringen Zahlen. Jerusalem funktionierte also nach dem bekannten Schema der griechisch-römischen Epigraphik ohne uns eine Menge an Denkmälern hinterlassen zu haben. Das ist wohl am ehesten mit der dauernden Überbauung der Stadt zu erklären, die es vielen Texten – und natürlich erst recht den Texten vom Tempelberg oder aus den späteren Heiligtümern der heidnischen Götter – schwer machte, zu überdauern. 3.4. Das Fehlen von Inschriften bei den frühen Christen Identifizierbare Christen tauchen in Inschriften nur in bestimmten Gegenden94 und erst sehr spät auf.95 Texte werden natürlich unterschiedlich angesetzt, so setzt Guarducci die berühmte Aberkios-Inschrift in die Zeit von 170–200,96 aber es sieht so aus, als seien die frühesten datierten Inschriften von Christen zwei Grabstelen aus der Gegend des phrygischen Kadoi:97 der ältere der beiden Texte Ameling, Epigraphy. kennen nur wenige christliche Inschriften aus vorkonstantinischer Zeit aus Griechenland oder aus den Balkanprovinzen und nur sehr wenige, teilweise sogar gar keine, von der kleinasiatischen Südküste, aus Syrien, Palästina, Ägypten. Dies kann man sicher nicht nur in Relation zu der Ausbreitung des Christentums erklären, sondern es muß mit den unterschiedlichen sozialen Zuständen und den unterschiedlichen Ausformungen des Christentums in den verschiedenen Regionen zusammenhängen. Ich sehe im Augenblick aber keinen Weg, diesen Befund zur Charakterisierung unterschiedlicher ‚habits‘ in den so unterschiedlich repräsentierten Gegenden zu nutzen. 95 Das Problem sprach bereits Adolf Deissmann, Licht, 5, n. 2 an; er nannte an Gründen: a) die noch unzureichende Durchforschung weiter Teile des Mittelmeergebiets. „Sodann aber (diese Anschauung entspricht meiner Gesamtauffassung des Urchristentums) wird der (verglichen mit der Masse der Umwelttexte) an sich eher bescheidene Bestand z. B. urchristlicher Grabinschriften in der Regel aus ärmlichem und leicht vergänglichem Material hergestellt gewesen sein.“ Am ehesten könne man von den Ossuaren aus Palästina einen Beitrag erwarten, doch geht man inzwischen davon aus, daß es praktisch keine Ossuare aus der Zeit nach 70 gibt. 96 Margherita Guarducci, Epigrafia Greca, Bd. 4, Rom 1978, 377–378. 97 1) Tomas Lochman, Deux reliefs anatoliens au Musée des Beaux-Arts de Budapest, Bull. Mus. Hongr. 74, 1991, 11–24: 18, n. 13 (heute im Museum in Budapest; SEG 41,1073); 2) William M. Calder, Early Christian Epitaphs from Phrygia, Anat. Stud. 5, 1955, 25–38: 33 f, n. 2 (datiert 179/80; SEG 15,795). Vgl. JLR Bull. 1956, 292: „L’interpretation nous parait très séduisante.“ MAMA 10,181: „Christian“; so auch Bradley H. McLean, An Introduction to Greek Epigraphy, Ann Arbor 2002, 280. In die Jahre um 180 wird von Stephen Mitchell, An Epigraphic Probe into the Origins of Montanism, in: P. Thonemann, ed., Roman Phrygia: culture and society, Cambridge 2013, 168–197: 185–190 der erste einer Gruppe von Türsteinen datiert, die aus christlichem, vielleicht montanistischem, Milieu stammen, M. Waelkens, ed., Die kleinasiatischen Türsteine. Typologische und epigraphische Untersuchungen der kleinasiatischen Grabreliefs mit Scheintür, Mainz 1986, 146 f, n. 366. 93 Ausführlicher 94 Wir

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stammt aus dem Jahr 158,98 der etwas jüngere aus dem Jahr 179/80. Der Tote auf dem begleitenden Relief gilt als Christ, weil die dort abgebildete Traube in ein tau-förmiges Kreuz ausläuft und das Brot, das er in der Hand hält, ebenfalls ein Kreuzzeichen trägt. Die phrygischen Texte bieten also fünf Generationen nach dem Tod Jesu ein erstes Auftauchen von Christen in der Epigraphik und diese Verspätung muß erklärt werden, zumal wir, nur nebenbei bemerkt, zu dieser Zeit längst papyrologische Belege für Christen haben.99 Hier gibt es mehrere Möglichkeiten: Christen waren immer wieder der Verfolgung ausgesetzt, konnten sich also nicht zu erkennen geben, so daß umgekehrt die Existenz christlicher Inschriften, wie in Phrygien und Lykaonien, für eine gute Integration sprechen könnte. Dagegen mag man einwenden, daß in den antiken Gesellschaften die eigene religiöse Praxis schwer zu verbergen war. Daneben sollten wir nicht vergessen, daß das sog. Fehlen christlicher Inschriften auch damit zu tun haben könnte, daß die frühen Christen die Notwendigkeit nicht sahen, sich als eben Christen unterscheidbar von der Umwelt darzustellen.100 Näher kommt man dem Phänomen vielleicht, wenn man daran denkt, daß es bis ans Ende des 3. Jh. wenige Christen gab. Das gilt selbst dann, wenn man die Zahlen Rodney Starks nur als modellhafte Annäherung nehmen will.101 Gab es aber wenige Christen, so kann schon aus Gründen der Statistik kaum einer von ihnen zu den honestiores gehört haben. Epigraphische Erwähnungen sind also ohnehin nicht in großer Zahl zu erwarten. Dazu kommt aber noch ein etwas anderer, tiefer liegender Grund. Anders als für die Papyrologie gilt für die Epigraphik: Das Einmeißeln eines Textes auf Stein „ist eine Publizität, die nicht nur alle betrifft […], sondern auch dauerhaft sein soll.“102 Inschriften sind, anders als die meisten Papyri, Teil einer ausgebildeten Erinnerungskultur. Und gerade hier scheinen die frühen Christen  98 Dieser Text wird allerdings nur mit einem Fragezeichen aufgeführt bei Sylvain Destephen, La christianisation de l’Asie Mineure jusqu’à Constantin : le témoignage de l’épigraphie, in: H. Inglebert / ​S. Destephen / ​B. Dumézil, eds., Le problème de la christianisation du monde antique, Paris 2010, 159–194: 183, n. 129.  99 S. neben den bekannten, frühen Papyri aus der Überlieferung der Evangelien den viel diskutierten P.Oxy. 42, 3057 (S. R. Llewelyn, New Documents 4, 169, n. 25; spätes 1. oder frühes 2. Jh.), der manchen als frühester christlicher Brief gilt. 100 Vgl. u. a. die Überlegungen von Édouard Chiricat, The „crypto-Christian“ Inscriptions of Phrygia, in: Thonemann, Roman Phrygia (wie Anm. 97), 198–214: 199–203, wo auch Franz Cumont, Les inscriptions chrétiennes d’Asie mineure, in: Mélanges d’archéologie et d’histoire 15, 1895, 245–299: 249 f zitiert wird, der als erster entsprechende Überlegungen anstellte. Destephen, Christianisation, 163 führt auch die „tradition sémitique hostile à l’imagérie religieuse“ an, doch müssen die meisten Christen des 2. Jh. schon aus griechischen oder indigenen Traditionen stammen. 101 Rodney Stark, The Rise of Christianity: how the obscure, marginal Jesus movement became the dominant religious force in the western world in a few centuries, Princeton 1996. Zur Diskussion um das Buch u. a.; Jan M. Bremmer, The Rise of Christianity Through the Eyes of Gibbon, Harnack and Rodney Stark, Groningen 20102. 102 Louis Robert, Die Epigraphik der klassischen Welt, Bonn 1970, 16.

Neues Testament und Epigraphik aus der Perspektive der epigraphischen Forschung

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anders gedacht zu haben als viele ihrer Zeitgenossen, was man mit einigen Stellen aus dem Neuen Testament belegen kann.103 Beginnen wir mit einem der berühmten Jesus-Worte (Mt 8,22; Lk 9,60): „Laßt die Toten ihre Toten begraben.“ Dies ist nicht nur eine Absage an alle Gefühle der Pietät, wie sie sich fast überall herausgebildet hatten, sondern eine völlige Absage auch an jede Form von Erinnerungskultur. Jesus und seine Nachfolger brauchen keine Gräber und keine Grabmonumente, erst recht sind Grabinschriften nicht das, was sie umtreibt. Erinnerungskultur ist auch aus einem simplen Grund nicht wirklich wichtig. Solange man erwartete, daß die Rückkehr Jesu bald erfolgen würde – „unter denen, die hier stehen, sind einige, die den Tod nicht kosten werden, bis sie den Menschensohn mit seinem Reiche kommen sehen“ (Mt 16,28) –, so lange war es sinnlos, sich mit den üblichen Formen der umgebenden Erinnerungskultur abzugeben. Naherwartung in diesem Sinne gab es bis ins 2. Jh. hinein, und erst die Ablösung dieses Gedankens konnte eine Öffnung zu den gängigen Erinnerungsformen der antiken Kultur bieten (nur nebenher sei gesagt, daß dies auch eine für die Entwicklung schriftlicher Rückerinnerung wichtige Komponente war, also für die langsame Herausbildung von Traditionen über einzelne Gemeinden). Es ist also nicht unwahrscheinlich, daß Christen jenseits ihrer sozialen Stellung einigen gängigen epigraphischen Praktiken der Zeit mit einer gewissen Zurückhaltung gegenüberstanden.104 Diese Position, die sich direkt aus dem Neuen Testament ableitete, wurde erst langsam überwunden. Erst dann konnte die Frage aufkommen, mit welchen Zeichen und Formeln man sich erkennbar machen wollte und ob man sich überhaupt erkennbar machen wollte, was ja keinesfalls selbstverständlich war und auch von den Anhängern heidnischer Religionen nicht immer vorgelebt wurde. Überwunden wurde, soweit wir sehen können, diese Zurückhaltung zuerst in einer Gegend, für die immer wieder eine gute Integration der Christen in die Gesellschaft postuliert wurde. Typisch ist hier wohl auch, daß es den Inschriften gerade um die Erinnerung an den Toten geht wie den anderen Grabinschriften eben auch.105 Das simple μνήμης χάριν, über das wegzulesen man fast gewohnt ist, gewinnt vor diesem Hintergrund doch eine sehr spezifische Bedeutung und zeigt, wie sehr sich die Erwartungen der Christen geändert hatten. 103 Vgl. etwas ausführlicher Walter Ameling, Petrus in Rom: zur Genese frühchristlicher Erinnerung, in: S. Heid, ed., Petrus und Paulus in Rom, Freiburg 2011, 468–491: 481–484. 104 Anders McLean, Introduction, 279–280: „Though there is no reason to doubt that many early Christians did have epitaphs, these lack any signs of Christian profession and so might be termed ‚crypto-Christian’.” Man muss das wohl präzisieren: Für uns sind dies ‚geheime‘ Christen, aber es war nicht der Zweck ihrer Grabsteine, in ihrer eigenen Gesellschaft nicht als Christen erkannt zu werden: Ihre Religion war in den kleinen Orten der Asia Minor ohnehin nicht zu verbergen, aber sie sahen in der Regel nicht die Notwendigkeit, gesonderte, für uns eindeutige Zeichen zu benutzen. 105  Z. B. Waelkens, Türsteine 146 f, n. 366: μνήμης χάριν; 14, n. 366: μνή[μης χάριν; 148, n. 369: μνήμης χάριν (alle etwa gleichzeitig, i. e. ca. 180 n. Chr.); 147 f, n. 367 (nach Mitchell ca. 185 n. Chr.): μνήμης χάριν; 148 f, n. 371 (nach Mitchell ca. 190); etc. IGR 4,694 (SGO 3, 16/07/02; 216 n. Chr.): εἰρήνη παράγουσιν καὶ μν[η]σκόμενοι περὶ ἡμῶν.

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4. Ende Die Frage nach dem Neuen Testament aus der Sicht der epigraphischen Forschung läßt sich relativ klar beantworten: Während der Wert des Neuen Testaments in der Überlieferung von Inschriften und auch bei der Erklärung einzelner Inschriften eher gering zu veranschlagen ist, so kann es dem Epigraphiker doch bei der einen oder anderen Frage aus dem Umfeld der christlichen oder jüdischen Lebenswelt der Kaiserzeit helfen. Ich bilde mir nicht ein, die Themen, für die dies gilt, erschöpft zu haben, denke aber letztlich doch, daß der Nutzen der Epigraphik für das Neue Testament größer ist als der Nutzen des Neuen Testaments für die Epigraphik.

Die Auswertung inschriftlicher Zeugnisse für die neutestamentliche Exegese Erfahrungen, Chancen und Herausforderungen Peter Arzt-Grabner Bei der Tagung in Wien im Februar 2014, die gleichsam die Startveranstaltung für das Projekt „Epigraphische Kommentare zum Neuen Testament“ darstellte, fiel mir die Aufgabe zu, aus meinen Erfahrungen als Begründer des Projekts „Papyrologische Kommentare zum Neuen Testament (PKNT)“, das seit über zwanzig Jahren unter internationaler Beteiligung läuft,1 Chancen und Herausforderungen für ein entsprechendes epigraphisches Unterfangen aufzuzeigen. Die Erfahrungen sind die eines Papyrologen. Auch wenn dokumentarische Papyri, Ostraka, Holz‑ und Wachstäfelchen einerseits und Inschriften andererseits zur großen Gruppe dokumentarischer Textzeugnisse der griechisch-römischen Antike gerechnet werden können, so lassen sich beide Gruppen dennoch in einigen markanten Punkten unterscheiden. Während Papyri, Ostraka und Täfelchen in der Mehrzahl das private und geschäftliche Alltagsleben sowie den Verwaltungs‑ und Rechtsbereich der Gaue und Dörfer dokumentieren, sind Inschriften grundsätzlich Zeugnisse des öffentlichen Lebens – aufgestellt, um gesehen und beachtet zu werden. Darin lag auch der Hauptgrund dafür, Inschriften nicht in die PKNT aufzunehmen.2 Im Grenzbereich der beiden Felder gibt es freilich Überschneidungen; so liegen einige

1 Die gleichnamige Reihe wird mittlerweile herausgegeben von P. Arzt-Grabner, J. S. ​Klop­ pen­borg und M. Pesce und erscheint beim Verlag Vandenhoeck & Ruprecht in Göttingen. Für eine Übersicht über die bereits erschienenen und in Bearbeitung befindlichen Bände s. http://www.uni-salzburg.at/bwkg/pknt, 31. 3. 2015. Zur Breite des Projekts s. auch P. Arzt-Grabner / ​Ch. M. Kreinecker, eds., Light from the East. Papyrologische Kommentare zum Neuen Testament. Akten des internationalen Symposions vom 3.–4. Dezember 2009 am Fachbereich Bibelwissenschaft und Kirchengeschichte der Universität Salzburg, Philippika  – Marburger altertumskundliche Abhandlungen 39, Wiesbaden 2010. 2 Ein weiterer Grund lag darin, dass damals, also vor über zwanzig Jahren, und im Gegensatz zu dokumentarischen Papyri, Ostraka und Täfelchen das inschriftliche Material noch viel verstreuter und somit weniger leicht zugänglich war als heute und Datenbanken online noch nicht zur Verfügung standen.

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Genres sowohl epigraphisch als auch papyrologisch vor (z. B. Edikte, Kaiserbriefe,3 Vereinssatzungen). Ein weiterer wesentlicher Unterschied liegt in der geographischen Verteilung. Inschriften liegen praktisch aus allen Provinzen des römischen Imperiums in mehr oder weniger großer Zahl vor,4 während der Großteil der Papyri und Ostraka aus Ägypten stammt. Dieser Umstand ist zu berücksichtigen, auch wenn die zunehmende Zahl von Papyrusfunden außerhalb Ägyptens mittlerweile nachgewiesen hat, dass das Konzept eines ‚Sonderfalls Ägypten‘ nicht mehr aufrecht zu halten ist und die ägyptischen Papyri dort, wo es um das Allgemeine und Grundsätzliche geht, mit anderen Provinzen Vergleichbares abbilden.5

1. Die aktuelle Situation Es besteht kein Zweifel: Die Nutzbarmachung und Auswertung von Inschriften für die Interpretation neutestamentlicher Texte hat schon bessere Zeiten erlebt als die Jahrzehnte nach etwa 1930. Als gegen Ende des 19. Jh. die damals noch in den Kinderschuhen steckende Papyrologie durch Funde und Editionen zu einer ‚Neuen Renaissance‘ führte, wurde auch die Bibelwissenschaft auf Inschriften und dokumentarische Papyri aufmerksam. Allen voran setzten sich Adolf Deissmann sowie James H. Moulton und George Milligan das Ziel, sämtliche damals edierte Dokumente und Textmonumente der neutestamentlichen Wissenschaft zugänglich zu machen. Deissmanns „Bibelstudien“ erschienen 1895,6 sein maßgebliches 3 Z. B. der Brief des Claudius an die Alexandriner, der in griechischer Kopie auf dem Papyrus P.Lond. 6,1912 (Alexandria, vor 10. November 41 n. Chr.) erhalten geblieben ist (s. dazu Peter Arzt-Grabner, Die Stellung des Judentums in neutestamentlicher Zeit anhand der PoliteumaPapyri und anderer Texte, in: J. Herzer, ed., Papyrologie und Exegese. Die Auslegung des Neuen Testaments im Licht der Papyri, WUNT 2/341, Tübingen 2012, 127–158, mit ausführlicher Bibliographie), und als epigraphisches Beispiel SEG 43,24 (Attika, 125 n. Chr.) mit zwei Briefen Hadrians. Sammlungen von Episteln und Edikten hellenistischer und römischer Machthaber bieten Charles Bradford Welles, Royal Correspondence in the Hellenistic Period. A Study in Greek Epigraphy, Studia Historica 28, New Haven 1934 (Nachdr. Rom 1966), und James H. Oliver, Greek Constitutions of Early Roman Emperors from Inscriptions and Papyri, Memoirs of the American Philosophical Society 178, Philadelphia 1989. 4 S. dazu ausführlicher u. 5 Dies zeigen deutlich Papyri, Ostraka und Täfelchen aus Libyen, Palästina, Jordanien, Syrien, Baktrien, Italien, Dakien, Britannien und aus der Schweiz (s. die Liste von Hannah M. Cotton / ​ Walter E. H.  Cockle / ​Fergus G. B.  Millar, The Papyrology of the Roman Near East. A Survey, JRS 95, 1995, 214–235; Ergänzungen bei Peter Arzt, Ägyptische Papyri und das Neue Testament. Zur Frage der Vergleichbarkeit von Texten, Protokolle zur Bibel 6, 1997, 21–29; Peter Arzt-Grabner, Philemon, PKNT 1, Göttingen 2003, 52 f; ders., in: ders. / ​Ruth E. Kritzer /Amphilochios Papathomas u. a.: 1. Korinther, PKNT 2, Göttingen 2006, 27, Anm. 3). Hinzuzuzählen sind Textzeugnisse, die zwar in Ägypten gefunden wurden, aber aus anderen Provinzen stammen (s. im Detail ArztGrabner, Philemon, 52). 6 Adolf Deissmann, Bibelstudien. Beiträge zumeist aus den Papyri und Inschriften, zur Geschichte der Sprache, des Schrifttums und der Religion des hellenistischen Judentums und des Urchristentums, Marburg 1895 (Nachdr. Hildesheim / ​New York 1977).

Die Auswertung inschriftlicher Zeugnisse für die neutestamentliche Exegese

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Werk „Licht vom Osten“ wurde 1908 in erster Auflage gedruckt,7 Moulton und Milligans bekanntes Lexikon erschien ab 1914 in einzelnen Teilen.8 Die neutestamentliche Exegese rezipierte dankbar diese Werke, doch schon bald blieb es auch dabei, und neue Inschriften oder Papyri erlangten immer seltener die Aufmerksamkeit der Disziplin. Die Werke von Deissmann und Moulton / ​Milligan galten als Referenzwerke schlechthin, und was daraus Eingang in ein neutestamentliches exegetisches Werk gefunden hatte, wurde eher von dort einfach übernommen als in den Originalwerken überprüft. Auf diese u. a. Weise gerieten auch epigraphische und papyrologische Grundkenntnisse in der neutestamentlichen Zunft immer mehr in Vergessenheit. Erst in den 1970er Jahren kam es hinsichtlich der neutestamentlichen Auswertung epigraphischer Quellentexte zu einem Neubeginn, als der Klassische Philologe und Althistoriker Gregory H. R. Horsley die Reihe „New Documents Illustrating Early Christianity“ begründete, um damit gleichsam in einem Testverfahren den Bedarf für ein neues Lexikon im Stile des „Moulton-Milligan“ nachzuweisen. Die New Docs. stellten sich die Aufgabe, aus der Fülle der jährlich publizierten Papyri, Ostraka und Inschriften solche Texte vorzustellen, die eine historische oder philologische Beziehung zu neutestamentlichen oder urchristlichen Texten aufweisen. Der erste Band (New Docs. 1) erschien 1981 und bot Inschriften und Papyri, die 1976 ediert worden waren.9 Das „New Moulton & Milligan Project“ wurde 1985 konkretisiert, und Gregory H. R. Horsley und John A. L. Lee wurden als Herausgeber des neuen Lexikons designiert.10 In der Folge wagten sich vereinzelt auch neutestamentliche Exegetinnen und Exegeten daran, der Disziplin noch nicht geläufige Inschriften zur Kenntnis zu bringen.11 Umgekehrt nahmen sich auch Epigraphikerinnen und Epigraphiker neutestamentlicher Texte an, um sie inschriftlich zu beleuchten.12 Seit einigen Jahren werden sogar ganze Themenbereiche (z. B. die frühchristlichen Gemeinden  7 Die maßgebliche Ausgabe ist Adolf Deissmann, Licht vom Osten. Das Neue Testament und die neuentdeckten Texte der hellenistisch-römischen Welt, Tübingen 19234.  8 James H. Moulton / ​George Milligan, The Vocabulary of the Greek Testament Illustrated from the Papyri and Other Non-literary Sources, London 1929 (einbändige Ausgabe, 1914–1929 in einzelnen Teilen veröffentlicht).  9 Mittlerweile werden die New Docs. von Stephen R. Llewelyn und James R. Harrison in neuer Konzeption fortgesetzt und ediert. 10 Erste Einträge wurden veröffentlicht in Gregory H. R.  Horsley / ​John A. L.  Lee, A Lexicon of the New Testament with Documentary Parallels. Some Interim Entries 1, Filología Neotestamentaria 10, 1997, 55–84; 2, Filología Neotestamentaria 11, 1998, 57–84. 11 Ein anschauliches Beispiel ist hier der Beitrag von Marco Zappella, A Proposito di Febe Prostatis (Rm 16,2), RivBib 37, 1989, 167–171: der Autor machte damals (169 f) auf eine in der Exegese noch unbekannte Inschrift aufmerksam, die bereits 30 Jahre zuvor ediert worden war und Wesentliches zum Verständnis der προστάτις Phoebe (vgl. Röm 16,2) beitragen konnte. S. dazu auch Michael Ernst, Die Funktionen der Phöbe (Röm 16,1 f) in der Gemeinde von Kenchreai, Protokolle zur Bibel 1, 1992, 135–147: 142 f. Besagte Inschrift aus Solomos bei Korinth wurde nach 43 n. Chr. hergestellt, der Text ist als SEG 18,143 zugänglich. 12 Als Beispiel sei hier erwähnt: Walter Ameling, Φάγωμεν καὶ πίωμεν. Griechische Parallelen zu zwei Stellen aus dem Neuen Testament, ZPE 60, 1985, 35–43.

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vor dem Hintergrund des antiken Vereinswesens)13 von neutestamentlicher Seite inschriftlich beleuchtet. Der Zeitpunkt, ein Projekt „Epigraphische Kommentare zum Neuen Testament“ jetzt zu starten, erscheint mir aber auch deshalb ein günstiger zu sein, weil in der Epigraphik mittlerweile Datenbanken u.ä. online zur Verfügung stehen, ohne die ein derartiges Unterfangen m. E. nach heutigen Maßstäben nicht durchzuführen wäre.

2. Bedingungen für den Vergleich dokumentarischer Texte mit Texten des Neuen Testaments Mit dem Beginn der PKNT wurden Kriterien entwickelt, die für einen Vergleich dokumentarischer Texte mit Texten des Neuen Testaments maßgeblich sind und sich seither bewährt haben.14 De facto gelten diese Kriterien, die im Folgenden für den Vergleich mit Inschriften spezifiziert und anhand von ausgewählten Beispielen diskutiert werden, für jegliche Form der Intertextualität.15 a) Als Vergleichstexte kommen grundsätzlich nur solche Texte infrage, die aus dem geschichtlichen Umfeld des Neuen Testaments stammen, aber noch keinen Reflex auf die Präsenz des Neuen Testaments selbst erkennen lassen.16 Dieses Kriterium muss an sich nicht weiter erläutert werden, hat sich doch „mit zunehmender Herausbildung des historischen Denkens unter den Exegeten die Erkenntnis durchgesetzt, dass für eine historisch sachgemäße Interpretation des Neuen Testaments nur Quellen aus dem geschichtlichen Umfeld heran13 Die Literatur dazu ist mittlerweile ansehnlich und umfasst nicht nur Monographien und Aufsätze, sondern auch Sammelbände mit Neueditionen (s. die Listen bei Peter Arzt-Grabner, 2. Korinther, unter Mitarbeit von Ruth E. Kritzer, PKNT 4, Göttingen 2014, 376 f, Anm. 634 f). Beachte die Editionsbände Richard S.  Ascough / ​John S.  Kloppenborg, Greco-Roman Associations. Texts, Translations, and Commentary, Bd. 1: Attica, Central Greece, Macedonia, Thrace, BZNW 181, Berlin / ​New York 2011; Philip A. Harland, Greco-Roman Associations. Texts, Translations, and Commentary, Bd. 2: North Coast of the Black Sea, Asia Minor, BZNW 204, Berlin / ​New York 2014. 14 S. Arzt-Grabner, Philemon, 44–56; ferner Peter Arzt, Analyse der Paulusbriefe auf dem Hintergrund dokumentarischer Papyri, Protokolle zur Bibel 3, 1994, 99–114: 106–110; ders., Analyse der Paulusbriefe auf dem Hintergrund dokumentarischer Papyri, in: B. Kramer / ​W. Luppe / ​H. Maehler u. a., eds., Akten des 21. Internationalen Papyrologenkongresses. Berlin, 13.– 19. 8. 1995, Bd. 1, APF. Beiheft 3, Stuttgart / ​Leipzig 1997, 31–36: 34–36; ders. / ​Michael Ernst, Neues Testament und Papyrologie, in: A. Buschmann, ed., Jahrbuch der Universität Salzburg 1989–1991, München u. a. 1993, 11–18: 13 f. 15 Für den „Neuen Wettstein“ finden verständlicherweise ganz ähnliche Kriterien Anwendung (s. dazu die entsprechenden Verweise in den folgenden Fußnoten). 16 Vgl. Georg Strecker, Das Göttinger Projekt „Neuer Wettstein“, ZNW 83, 1992, 245–252: 250 f; Gerald Seelig, Einführung, in: G. Strecker / ​U. Schnelle, eds., Neuer Wettstein. Texte zum Neuen Testament aus Griechentum und Hellenismus, Bd. 2,1: Texte zur Briefliteratur und zur Johannesapokalypse, Berlin / ​New York 1996, IX–XXIII: XII–XV.

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gezogen werden dürfen.“17 Anhand der Paulusbriefe lässt sich dies besonders deutlich nachvollziehen, kann man doch davon ausgehen, dass diese Briefe zu den allerersten christlichen Texten gehörten, mit denen die durchschnittlichen Leserinnen und Leser in Kontakt kamen. Erst dadurch wurden sie mit jener nun auch christlich geprägten Gedanken‑ und Sprachwelt vertraut, zu der wir durch die neutestamentlichen Schriften noch immer den direktesten Zugang haben. Sie selbst waren davon noch unbeeinflusst oder höchstens durch den mündlichen Vortrag christlicher Missionare der ersten Generation (z. B. Kephas / ​Petrus, Paulus, Apollos) vorbereitet. Ein dadurch bereits vorhandener Einfluss ist heute nicht mehr direkt nachprüfbar.18 Die vorgenommene Einschränkung ist somit wesentlich, um sich in wissenschaftlich vertretbarer Weise der Frage zu stellen: Wie könnten die durchschnittlichen Leserinnen und Leser, für die christliches Gedanken‑ und Sprachgut in ihrem Alltag noch relativ ungewohnt war, die im Neuen Testament enthaltenen Schriften verstanden haben? Als Beispiel bietet sich hier der epigraphische Befund zu ἤτω ἀνάθεμα (so 1 Kor 16,22) an: Adolf Deissmann hat im Zusammenhang mit dieser Fluchformel auf die Inschrift CIG 2664 aus Halikarnassos (2.–3. Jh. n. Chr.) verwiesen, wo eine ähnliche Formulierung – allerdings mit ἐπικατάρατος – begegnet.19 Für den epigraphischen Hintergrund von Flüchen und Verfluchungen im religiösen Kontext ist dieser Verweis zutreffend, für die konkrete Form der Verfluchung von 1 Kor 16,22 und ähnlichen Stellen20 sind aber ausschließlich Vergleichstexte mit ἀνάθεμα in der entsprechenden Bedeutung des Fluches (im Sinne von „verflucht“) aussagekräftig. Während für die ursprüngliche Bedeutung „Weihegeschenk“ zahlreiche epigraphische Belege beizubringen sind,21 ist die Bedeutung „verflucht“ bisher nur in einigen bereits christlich geprägten Inschriften zu finden; der früheste Beleg ist IG 3,3509 12 f (Salamis, 4.–5. Jh. n. Chr.),22 aus Korinth selbst z. B. stammt SEG 11,160,4–8 (6.–7. Jh. n. Chr.), aus Attika SEG 29,250, Δ 47 (undatiert), von der Peloponnes SEG 33,307 (Hermione, undatiert), aus Messene stammt SEG 52,418 (6. Jh. n. Chr.), aus Anazarbos / ​ Kilikien SEG 37,1263 (5.–6. Jh. n. Chr.) und aus dem Gebiet von Beersheba in Palaestina 17 Strecker,

Projekt, 250. frühes, aber sehr indirektes Beispiel ist vielleicht 1 Thess 1,9 f. Möglicherweise liegt hier eine formelartige Kurzfassung der paulinischen Missionspredigt vor. Ein noch indirekteres und vor allem späteres und damit für diese Arbeit in jedem Fall irrelevantes Zeugnis sind die Reden der Apg. Auch die Notiz in 2 Kor 10,10 ist wenig aufschlussreich, da es sich hier offensichtlich um eine Ansicht der Paulusgegner in Korinth handelt und nicht um eine objektive Quelle. 19 Vgl. Deissmann, Licht, 258 (mit Verweis auf S. 75, wo der relevante Passus in Anm. 6 wiedergegeben wird); zum genauen Text s. u. unter Punkt 2. 20 Beachte auch Röm 9,3; 1 Kor 12,3; Gal 1,8 f. 21 Eine kleine Auswahl bietet F. R. Adrados, ed., Diccionario griego-español, 7 Bde., unter Mitarbeit von Elvira Gangutia u. a., Madrid 1989–2009, s. v. ἀνάθεμα I.1 und ἀνάθημα 1. Ein schwarz glasiertes Gefäß aus Chersonnesos, das ins 3. Jh. n. Chr. datiert wird, trägt das Graffito ΑΝ (= SEG 33,609), das der ed. als ἀν(άθημα) oder als Beginn eines Namens interpretiert; im ersteren Fall wäre das Gefäß also ausdrücklich als Weihegeschenk beschriftet worden. 22 Aus frühbyzantinischer (oder späterer) Zeit stammt das Graffito SEG 45,1174, das im Tunnel des Eupalinos auf Samos entdeckt wurde und denjenigen mit einem Fluch belegt, der es wagt, in den Aquaedukt zu urinieren, weil alle daraus trinken: ἔχι τὸ ἀνάθεμα . . . ὁ αφ χειτο (?) εἰς | τὸ ὕδωρ τοῦτο ὅτι αἰξ (l. ἐξ)αὐτοῦ πίνομεν πάντες. 18 Ein

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SEG 34,1469,9–14 (588 n. Chr.). Dieser Befund wird durch Papyri und die Quellen der griechisch-römischen Literatur bestätigt: auch dort finden sich bisher keine paganen Belege für die Bedeutung „verflucht“.23 Die paulinische Verwendung ist somit von seiner alttestamentlich-jüdischen Herkunft her geprägt und nicht von seinem griechisch-römischen Umfeld.24 Die genannten epigraphischen Beispiele sind christlich geprägt und somit für einen Textvergleich mit Paulus untauglich; vielmehr sind sie bereits Belege für eine christliche Wirkungsgeschichte.

b) Der Evidenzgrad des Vergleichs ist umso größer, je näher die zeitlichen Rahmenbedingungen der Texte beieinander liegen, d. h. der Vergleich von Texten kommt dort an seine Grenzen, wo die betreffenden Texte hinsichtlich der genannten Rahmenbedingungen zu weit voneinander entfernt sind. Den zeitlichen Rahmen bildet die Zeit der Abfassung des Neuen Testaments, also grob gesagt das erste nachchristliche Jahrhundert. Insofern für die damals geltenden Gegebenheiten und Entwicklungen auch ältere Texte aufschlussreich sein können, sind auch diese zu berücksichtigen. Sie können z. B. den Beginn einer zu Zeiten der Verfasser der neutestamentlichen Schriften nach wie vor geübten Tradition markieren. Texte, die jünger sind, sind vor allem dann von Bedeutung, wenn sie die Fortsetzung einer älteren Tradition belegen, was dann aber Belege für die ältere Tradition voraussetzt.25 Entsprechend vage müssen Schlussfolgerungen ausfallen, wenn solche Belege (noch) nicht vorhanden sind und nur vermutet werden. In diesem Fall ist auch das Ergebnis höchstens von spekulativem Wert. Dasselbe gilt auch für ältere Belege, für deren Form (noch) keine jüngeren (zu den Verfassern der neutestamentlichen Schriften zeitgenössischen) Beispiele gefunden wurden. Sprechen aber gute Gründe auch gegen eine vermutete Vergleichsmöglichkeit, so ist in beiden Fällen selbst davon dringend Abstand zu nehmen. Eine generelle zeitliche Abgrenzung nach vorne ist wohl mit dem Beginn des 4. Jh. zu setzen, kommt es doch in dieser Zeit zu den letzten entscheidenden Umwälzungen, durch die die christliche Religion zu einer etablierten wird, die fortan 23 Zum Papyrusbefund s. Peter Arzt-Grabner in: Arzt-Grabner / ​Kritzer / ​Papathomas u. a., 1. Ko­rinther, 412 f. Ein in ein Bleitäfelchen eingeritzter Fluch aus Megara aus dem 1. oder 2. Jh. n. Chr. endet mit ἀνέθεμα (l. ἀνάθεμα) (IG 3,3 S. XIII–XIV, b 16; vgl. auch Deissmann, Licht, 74); der gesamte Text ist aber wohl jüdisch beeinflusst (beachte die zweimalige Rekonstruktion [ Ἰησ]οῦς in Z. a13 und den Kommentar dazu von Richard Wünsch, Antike Fluchtafeln, KlT 20, Bonn 19122, 6, n. 1 ; ferner z. B. Walter Speyer, Art. Fluch, in: RAC 7, 1969, 1160–1288: 1241). 24 S. dazu z. B. Speyer, Art. Fluch, 1240 f; Peter Arzt, Bedrohtes Christsein. Zu Eigenart und Funktion eschatologisch bedrohlicher Propositionen in den echten Paulusbriefen, BET 26, Frankfurt a. M. / ​Berlin u. a. 1992, 154 f. Zum alttestamentlichen Hintergrund vgl. u. a. Lev 27,28 LXX; 2 Makk 2,13; Sach 14,11 LXX. 25 Im Zusammenhang mit Vergleichstexten der hellenistischen und römischen Literatur betont Strecker, Projekt, 251: „Für die Frage, ob sich in einem außerchristlichen antiken Text das geistige Umfeld des Neuen Testaments dokumentiert, kann seine Datierung allenfalls Anhaltspunkte liefern; ausschlaggebendes Kriterium kann jedoch nicht der Zeitpunkt seiner Entstehung sein, weil damit gerechnet werden muss, dass auch Schriften, die erheblich später als die neutestamentlichen abgefasst wurden, Traditionen enthalten, die zur Abfassungszeit des Neuen Testaments bereits im Umlauf waren bzw. denselben gemein-hellenistischen Konventionen wie das Neue Testament verpflichtet sind.“ Vgl. Seelig, Einführung, XII–XIV.

Die Auswertung inschriftlicher Zeugnisse für die neutestamentliche Exegese

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alle öffentlichen und privaten Bereiche beeinflusst.26 Texte aus späterer Zeit sind daher höchstens in Ausnahmefällen zu berücksichtigen. Wie oben unter Punkt 1. bereits angedeutet, stellt die Grabinschrift CIG 2664 aus Halikarnassos (2.–3. Jh. n. Chr.), in der ein möglicher Grabschänder mit einem Fluch belegt wird,27 eine gute Parallele zu neutestamentlichen Fluchformeln mit dem Adjektiv ἐπικατάρατος dar: Gal 3,10 (ἐπικατάρατος πᾶς ὃς οὐκ ἐμμένει πᾶσιν τοῖς γεγραμμένοις ἐν τῷ βιβλίῳ τοῦ νόμου τοῦ ποιῆσαι αὐτά)28 und 3,13 (ἐπικατάρατος πᾶς ὁ κρεμάμενος ἐπὶ ξύλου).29 Mit dieser Inschrift wird zunächst die religiöse Verfluchung in der Form ἐπικατάρος κτλ. für Halikarnassos im 2.–3. Jh. n. Chr. im paganen Umfeld des Neuen Testaments belegt. Wenn nun aber nur dieser eine epigraphische Vergleichstext vorläge, wäre der Vergleichswert relativ gering, weil offen bliebe, ob diese Inschrift eine ältere Tradition voraussetzt, die bis in die Zeit des Paulus oder davor zurückreicht. Erst im Zusammenhang mit älteren Inschriften lässt sich nachweisen, dass derartige Formeln über mehrere Provinzen und einen längeren Zeitraum hinweg bezeugt sind. Dies ist nun tatsächlich zu belegen. Ein recht anschauliches Beispiel ist SEG 40,986, denn hier handelt es sich um eine kaiserzeitliche Kopie von Regelungen des 4. Jh. v. Chr., die das jährliche Fest von Labraunda betreffen. Dass darüber noch in der römischen Kaiserzeit eine Kopie angefertigt wurde, dokumentiert allein schon eine lange Tradition. Im erhaltenen Text wird erwähnt, was an den vier Tagen des Festes stattzufinden hat und dass jeder, der versuchen sollte, etwas davon außer Kraft zu setzen oder etwas dagegen zu unternehmen, „verflucht und gänzlich vernichtet sein soll, und zwar sowohl er selbst als auch alle, die von ihm abstammen“  – Z. 9–11: καὶ τοὺς ἐπιερ[χομένους ̣ ἀκυροῦν τι τούτων ἢ πράσσειν τι

26 Diese Entwicklung lässt sich auch in den dokumentarischen Texten gut ablesen: Der älteste Privatbrief, dessen Schlussgruß den Verfasser als Christen ausweist (Z.  19–21: ἐρρῶσθαί | σε εὔχομαι ὁλοκλή|[ρω]ς ἐν κ(υρί)ῳ), wird in die erste Hälfte des 3. Jh. datiert (P.Bas. 16; s. dazu Ulrich Wilcken, in: P.Bas. 65; Carl Wessely, Les plus anciens monuments du Christianisme écrits sur papyrus, PO 4,2, Paris 1924, 380–383). Frühere Beispiele sind umstritten (P.Mich. 8,482 [23. August 133 n. Chr.; s. dazu auch Graham R. Stanton, The Proposed Earliest Christian Letter on Papyrus and the Origin of the Term Philallelia, ZPE 54, 1984, 49–63: 57]; BGU 1,27 [Rom, 2.–3. Jh. n. Chr.]; 246 [Arsinoites, 2.–3. Jh. n. Chr.]. Unter den von Mario Naldini, Il Cristianesimo in Egitto. Lettere private nei papiri dei secoli II–IV, BPat 32, Fiesole 1998 (nuova edizione ampliata e aggiornata; die 1. Aufl. erschien 1968 als Bd. 3 der Reihe „Studi e testi di papirologia“), gesammelten Briefen christlicher Herkunft, die aus der Zeit bis einschließlich 4. Jh. n. Chr. stammen, werden 16 Dokumente ins 3. Jh. datiert (zum Teil allerdings mit Fragezeichen) und 15 in die Übergangszeit vom 3. zum 4. Jh.; aus dem 4. Jh. hingegen stammen 55 Privatbriefe christlicher Prägung (dazu kommen noch 9 Schreiben aus dem Übergang vom 4. zum 5. Jh.). Zum Formular dieser Briefe s. auch José O’Callaghan, Lettere cristiane dai papiri greci del V secolo, Aeg. 41, 1961, 26–36; Maria T. Cavassini, Lettere cristiane nei papiri greci d’Egitto, Aeg. 34, 1954, 266–282: 273–276. 27 S. dazu Deissmann, Licht, 74 f, wo CIG 2664, 5 f in Anm. 6 wiedergegeben wird: ἐπιχειρήσι λίθον ἆραι ἢ λῦσαι αὐτό, ἤτω ἐπικατάρατος ταῖς προγεγραμμέναις ἀραῖς (Übersetzung Deissmann: „wenn jemand aber versucht, einen Stein fortzunehmen oder das Grabmal zu zerstören, der soll verflucht sein mit den zuvorgeschriebenen Flüchen!“). 28 Paulus zitiert hier Dtn 27,26 LXX fast wörtlich (s. dazu Arzt, Christsein, 174). 29 Das Zitat geht zurück auf Dtn 21,22 LXX, wo statt ἐπικατάρατος allerdings κεκατηραμένος begegnet. Ein inschriftlicher Beleg mit κατηαμένος ist R. Merkelbach / ​J. Stauber, eds., Steinepigramme aus dem griechischen Osten, Bd. 3, München / ​Leipzig 2001, 16/31/96,3 (Aggia? / ​ Phrygien, frühestens 2. Hälfte 2. Jh. n. Chr., wahrscheinlich 3. Jh. n. Chr.).

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παρὰ] | ταῦτα, ἐπικατά[ρατον καὶ ἐξώλη τὸν τούτων τι ἐπιχειροῦντα εἶ]|ναι καὶ αὐτὸν κα ̣[ὶ τοὺς ἐξ ἐκείνου γινομένους πάντας].30 Ferner ist eine Tradition nachweisbar, in Grabinschriften mögliche Grabschänder mit einem Fluch zu belegen.31 Die Beispiele reichen von IG 9,12.1 148 (Kalydon / ​Aitolia, 3. Jh. v. Chr.) über ILabraunda 8A,2–8 (Labraunda / ​Karien, ca. 235 v. Chr.?) bis hin zu BCH 4, 1880, 178, n. 38,5–9 (Teos / ​Ionia, 2. Häfte 1. Jh. n. Chr. oder später). Eine fast identisch lautende und besonders ausführliche Fluchformel findet sich – in bereits nachpaulinischer Zeit – auf zwei Hermen, die in Chalkis / ​Euboia aufgestellt wurden – IG 12,9 1179,13–22 und 955,1–6 (2. Jh. n. Chr.);32 allerdings standen diese nicht über Gräbern, sondern an einem anderen Ort, um dortige Monumente zu schützen, im Falle von 1179 Thermenanlagen.33 Auf die ausführliche Fluchformel folgen mehrere Zeilen mit Verwünschungen, die zum Teil wörtlich an Dtn 28,22.28 angelehnt sind und ausdrücken, mit welchen Makeln und Krankheiten Gott den Verfluchten schlagen solle. Dieser Textabschnitt ist somit ein deutlicher Hinweis auf die Übernahme jüdischer Konzepte in die pagane Schriftkultur.34 Vor diesem Hintergrund wird gut vorstellbar, dass die Adressatinnen und Adressaten des Paulus mit der Art von Flüchen wie sie in Gal 3 ausgesprochen werden, einerseits aus ihrer griechisch geprägten Umwelt heraus vertraut waren, dass sie andererseits aber sowohl in einer jüdischen als auch in der paganen Umgebung mit typisch alttestamentlich-jüdischen Fluchaspekten Kontakt haben konnten.35 30 Damit relativ gut vergleichbar sind die Z. 13–15 einer Ehreninschrift aus dem Heiligtum von Sinuri bei Mylasa / ​Karien (350–344 v. Chr.), deren ed. pr. von Louis Robert, Le Sanctuaire de Sinuri près de Mylasa, Bd. 1: Les inscriptions greques, Mémoires de l’Institut français d’archéologie de Stamboul 7, Paris 1945, n. 73, besorgt wurde (beachte auch die Wiedergabe dieser Inschrift bei Simon Hornblower, Mausolus, Oxford 1982, M5, 365). 31 S. dazu bes. Johan H. M.  Strubbe, „Cursed be he that moves my bones“, in: Christopher A. Faraone / ​D. Obbink, eds., Magika Hiera. Ancient Greek Magic and Religion, New York / ​Oxford, 1991, 33–59; Lindsay Watson, Arae. The Curse Poetry of Antiquity, Leeds 1991; beachte auch SEG 41,1831; Jennifer Tobin, Herodes Attikos and the City of Athens. Patronage and Conflict under the Antonines, Archaia Hellas 4, Amsterdam 1997, 113–160. 32 Zu 1179 beachte den Nachdruck von Walter Ameling, Herodes Atticus, Bd. 2: Inschriftenkatalog, Subsidia epigraphica 11, Hildesheim / ​Zürich u. a. 1983, n. 212 (zu 955 den Hinweis in n. 213). 33 S. Tobin, Herodes, 151.  – In der Fluchformel einer bereits christlichen Epitaph-Inschrift aus Eumeneia / ​Phrygien wird die Form ἐπάρατος verwendet (SEG 28,1148,12–14 [undatiert]). 34  So u. a. Louis Robert, Maledictions funéraires greques, CRAI, 1978, 241–289: 245–252; Paul Trebilco, Jewish Communities in Asia Minor, MSSNTS 69, Cambridge 1991, 68 f; Laurent Pernot, La rhétorique de l’éloge dans le monde gréco-romain, Bd. 2: Les valeurs, Collection des études augustiniennes. Série antiquité 138, Paris 1993, 774 f; Tobin, Herodes, 151; Pieter W. van der Horst, Studies in Ancient Judaism and Early Christianity, Ancient Judaism and Early Christianity 87, Leiden 2014, 75, Anm. 46. 35 Einen solchen Hintergrund für die jüdische Diaspora belegt eine Inschrift aus Akmonia / ​ Phrygien – MAMA 6,335 (= IJO 2,174; beachte Z. 14–20; zum jüdischen Ursprung dieser Inschrift s. William H. Buckler und William M. Calder in MAMA 6, xvii). Dem potenziellen Übeltäter wird die Verfluchung zugesagt (Z. 14–16: ἔσται δὲ | ἐπικατάρατος ὁ τυοῦ|τος), und es wird hinzugefügt – Z. 16–20: κ(αὶ) ὅσαι ἀραὶ ἐν τῶ | Δευτερονομίω εἰσὶν γε|γραμμέναι αὐτω τε κ(αὶ) | τέκνοις κ(αὶ) ἐγγόνοις κ(αὶ) | παντὶ τῶ γένει αὐτοῦ γένοιντο („und die Flüche, die im Deuteronomium geschrieben sind, sollen sowohl ihn als auch die Kinder und Verwandten und seinen ganzen Stamm treffen“). Der Verweis auf das (Buch) Deuteronomium bezieht sich auf Dtn 27–29. Die Inschrift ist undatiert; der einzige Vergleichstext, in dem ebenfalls von αἱ ἀραὶ | ἡ γεγραμμέναι ἐν τῶ Δευτερο|νομίω die Rede ist (MAMA 6,335a = IJO 2,173; der Verweis in Z. 15–17), stammt auch aus Akmonia und wird ins Jahr 248–249 n. Chr. datiert.

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c) Der Evidenzgrad des Vergleichs ist umso größer, je näher die geographischen Rahmenbedingungen der Texte beieinander liegen, d. h. der Vergleich von Texten kommt dort an seine Grenzen, wo die betreffenden Texte hinsichtlich der genannten Rahmenbedingungen zu weit voneinander entfernt sind. Inschriftenkataloge wie jener von Peter Pilhofer zu Philippi36 erleichtern hier die Arbeit ungemein. Überhaupt bieten Inschriften hier den großen Vorteil, dass sie sich nahezu zu jedem Ort oder jeder Provinz, die von neutestamentlichen Texten berührt werden, beizubringen sind. Das folgende umfangreichere Beispiel mag als Beleg dafür dienen, dass sich z. B. Fragestellungen hinsichtlich der Verortung neutestamentlicher Personen, Gruppen oder Sachverhalte mithilfe von Inschriften und anderen dokumentarischen Quellen kaum bis gar nicht klären lassen. Es geht hier um die Frage nach der Verortung der Hausgemeinde Philemons (nach dem Phlm). Da Paulus in diesem Brief eine persönliche Gefangenschaft37 erwähnt, während derer ihn Philemons Sklave Onesimos besucht hat, ist anzunehmen, dass Philemon und sein Hausverband nicht weit von der Gefängnisstätte des Paulus anzusiedeln sind. Die Apg erwähnt längere Gefangenschaften des Paulus in Jerusalem, Caesarea und Rom. Darüber hinaus nimmt die neutestamentliche Exegese seit längerer Zeit eine Gefangenschaft in Ephesos an, was vor allem aufgrund der von Paulus selbst erwähnten „Bedrängnis“ (θλῖψις) in der römischen Provinz Asia, der auch Ephesos angehörte, erschlossen wird (vgl. 2 Kor 1,8–10). Diese Gefangenschaft – so die verbreitete Annahme – könnte lange genug gedauert haben, um von dort aus Phil und Phlm geschrieben zu haben. Nun hat kürzlich Marlis Gielen anhand einer Rekonstruktion der Ereignisse darauf hingewiesen, dass eine längere Gefangenschaft des Paulus in Ephesos auszuschließen ist.38 Das Abfassen von Phil und Phlm siedelt sie in der Gefangenschaft in Rom an. Die angerissene Frage kann somit in der folgenden Weise modifiziert werden: Lassen sich aufgrund der Inschriften die namentlich genannten Mitglieder der Hausgemeinde Philemons (Philemon, Apphia und Archippos)39 eher im westlichen Kleinasien oder in Rom ansiedeln? Der Name Philemon (er bedeutet der „Liebenswürdige, Freundliche, Küssende“) ist inschriftlich sowohl für ganz Griechenland (Festland, Inseln und Kleinasien) bezeugt als auch für die östlichen römischen Provinzen, die Cyrenaica sowie Italien und Sizilien.40 In zeitlicher Nähe zum Phlm lassen sich für den Westen Kleinasiens z. B. folgende Beispiele anführen:41 eine Ehreninschrift für M. Sestius Philemon aus Laodikeia am Lykos, die 36 Peter Pilhofer, Philippi, Bd. 2: Katalog der Inschriften von Philippi, WUNT 119, Tübingen 20092. 37 In der griechisch-römischen Antike war nur die Untersuchungshaft erlaubt; die Strafhaft war illegal (s. dazu vor allem Jens-Uwe Krause, Gefängnisse im Römischen Reich, Heidelberger althistorische Beiträge und epigraphische Studien 23, Stuttgart 1996, 64–79). 38 Vgl. Marlis Gielen, Paulus – Gefangener in Ephesus?, Teil 1, BN.NF 131, 2006, 79–103; Teil 2, BN.NF 133, 2007, 63–77. 39 Der Sklave Onesimos wird in diesem Zusammenhang nicht berücksichtigt, da darüber, wie er zu einem Sklaven wurde und in den οἶκος Philemons kam, nichts bekannt ist. Er könnte im Haus Philemons geboren oder – womöglich weit entfernt – gekauft worden sein. Zur Beantwortung der genannten Frage trägt der Name Onesimos aufgrund seiner häufigen und weit verbreiteten Verwendung (s. dazu u. unter Punkt 4) nichts bei. 40 S. zahlreiche Belege bei LGPN 1,460; 2,447 f; 3A,449 (jeweils s. v. Φιλήμων). 41 Inschriften, die undatiert oder nur für eine ganze Epoche (z. B. ‚römisch‘, ‚kaiserzeitlich‘) datiert sind, wurden nicht in die Auswahl aufgenommen.

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wohl ins 1. Jh. n. Chr. zu datieren ist42 (ILaodikeia am Lykos 48);43 für Lykien ferner SEG 59,1564 (Limyra, späthellenistische oder frühe Kaiserzeit) und IKibyra 147 (Kibyra, 1.–2. Jh. n. Chr.), wo ein Tiberius Cl. Philemon erwähnt wird; für Pergamon AvP 8,3; 146,3 (1. Jh. v. Chr.–1. Jh. n. Chr.) und IPerg 341,4 (1.–2. Jh. n. Chr.); für Ephesos SEG 50,1133, Kol. 2,3 (1. Jh. v. Chr.) und IEph 2546 β,4 (1.–2. Jh. n. Chr.); in Priene taucht ein Philemon in den Τόπος-Inschriften aus dem Gymnasium auf (IPriene 313,658 [1. Jh. v. Chr.–1. Jh. n. Chr.]); darüber hinaus z. B. SEG 36,1080 (Saittai / ​Lydien, 67–68 n. Chr.); SEG 26,1288,11 (Klaros / ​ Ionia, ca. 100–115 n. Chr.). Für Rom ist z. B. IGUR 1,160,2, Kol. C 29 (Mitte 2. Jh. n. Chr.) zu erwähnen. Ferner sind für Rom und das übrige Italien viele lateinische Inschriften anzuführen, so z. B. CIL 6,685,4 und 15,8464a,2 (beide Rom, 1.–2. Jh. n. Chr.); 6,33768, Kol. 1,1 (Rom, 2 n. Chr.); An.Ép. 1988, n. 529,2 (Hispellum, 50 v. Chr.–30 n. Chr.); CIL 10,4307,2 (Casilinum?, 30 v. Chr.–30 n. Chr.); 14,1138,1 (Ostia, 1. Hälfte 1. Jh. n. Chr.).44 Insgesamt trägt der epigraphische Befund für den Namen Philemon nichts zur Beantwortung der Frage nach der Verortung der in Phlm 1 f erwähnten Hausgemeinde bei, denn dieser Personenname war in der vergleichbaren Zeit ein überaus häufig gebrauchter und gleichsam über das gesamte Imperium hin verbreiteter. Etwas anders sieht es zunächst mit dem Frauennamen Apphia aus, der als originär kleinasiatischer Personenname gedeutet wird. Schon Karl Buresch hat festgestellt, dass der Name „einer großen in W-Kleinasien und besonders in N-Lydien sehr verbreiteten Namenfamilie [… ] an[gehört], deren Mitglieder mit ππ, πφ, φφ, φ geschrieben erscheinen“45. In den Inschriften begegnet er in den Schreibweisen Ἀπφία, Ἀφφία und Ἀφία bzw. lat. Apphia oder Affia. Im Folgenden seien für die Namensform Ἀπφία46 einige westkleinasiatische Belege aus dem 1. Jh. n. Chr. angeführt: Für Lydien sind die Belege besonders zahlreich, weshalb sie hier nach Orten aufgelistet werden: für Sardis kann ISardis 130a,2 (1. Jh. v. Chr.–1. Jh. n. Chr.) angeführt werden; für Iulia Gordos TAM 5,1 701,4 f (12–13 n. Chr.), 702,7 (36–37 n. Chr.), 707,2 (70–71 n. Chr.) und 768,6 (78–79 n. Chr.); für Maionia TAM 5,1 591,3 (26–27 n. Chr.) und 548,4 (71–72 n. Chr.); für Kollyda TAM 5,1 360,7 (33–34 n. Chr.); für Hierokaisareia TAM 5,2 1252,6 (41–42 oder 43/44–51/52 n. Chr.); für Saittai IManisa 234,4 f (50 n. Chr.), SEG 35,1249,3 f (75 n. Chr.), TAM 5,1 77,2 f (= SEG 35,1232,4; ca. 83–84 n. Chr.), 98,8.16 (90 42 Beachte dazu Th. Corsten, ed., Die Inschriften von Laodikeia am Lykos, Bd. 1, Inschriften griechischer Städte aus Kleinasien 49, Bonn 1997, 99. 43 Der Text lautet auf Lateinisch und dann auf Griechisch: M(arco) · Sestio · Philemoni · οἱ  Ῥωμαῖοι Sacco · liber[tus] | Μάρκῳ Σηστίῳ Φιλήμονι  – ὁ δῆμος  – Σάκκων ἀπελεύ[θερος] („dem Marcus Sestius Philemon – die Römer – das Volk – der Freigelassene Sacco“). Bei dem Genannten handelt es sich wohl um einen Griechen, vielleicht auch wie beim genannten Sacco, dem Stifter des Denkmals, um einen Freigelassenen, „der von einem Römer der gens Sestia das römische Bürgerrecht erhalten hat“ (Corsten, Laodikeia, 100; dort werden auch weitere Vertreter der gens Sestia angeführt). 44 Ferner z. B. CIL 12,2700,10 (Minturnae, 1. Hälfte 1. Jh. v. Chr.); 3195,2.5 (Beneventum, 1. Jh. v. Chr.); 5,1830,4.6 (Iulium Carnicum, letztes Viertel 1. Jh. v. Chr.); 10,5787,2 (Cereatae Marianae, 1. Hälfte 1. Jh. n. Chr.); 3960,7 (Casilinum, 30–200 n. Chr.). 45 Karl Buresch, Aus Lydien. Epigraphisch-geographische Reisefrüchte, Subsidia Epigraphica 7, Hildesheim / ​Zürich u. a. 1977 (Nachdr. der Ausgabe Leipzig 1898), 44. 46 Ἀφφία ist z. B. in SEG 45,1670 (Kyzikos / ​ Mysien, 1. Jh. v. Chr.?) belegt, ferner in: SEG 35,1289,1 (Miletopolis, 1. Jh. v. Chr.); 40,1085,7 (Lydien, 94–95 n. Chr.); 43,912,2 (Hadrianopolis, ca. 150 n. Chr.); 42,1194,2 (Apameia / ​Phrygien, 170–171 n. Chr. oder später); 41,1365,13 (Lykien, vor 212 n. Chr.).  – Die Form Ἀφία findet sich in SEG 57,1176 A,2 (Iulia Gordos / ​Lydien, 5–6 n. Chr.), 15,810 (Phrygien, 2. Jh. n. Chr. oder später) und 41,1070,4 f (Hadrianutherai / ​Mysien, 3. Jh. n. Chr.). Die lateinische Schreibweise Affia liegt in CIL 3,1324,6 (Ampelum / ​Dacia, 2. Hälfte 3. Jh. n. Chr.) vor.

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n. Chr.), Epigraphica Anatolica 39, 2006, S. 59, n. 25,5 (1.–2. Jh. n. Chr.); für Philadelphia TAM 5,3 1758 (1.–2. Jh. n. Chr.). Auf die phrygische Inschrift CIG 4380, k3,1 (S. 1168) aus Kolossae verweist Walter Bauer in seinem Wörterbuch,47 außerdem sind SEG 47,1729,14 (Hierapolis, wahrscheinlich 81–96 n. Chr.), ferner 1730,3 sowie 1732 und 1733 (alle Hierapolis, 69–96 n. Chr.)48 anzuführen. Aus Ephesos stammt IEph 2544A,4.9 (22–23 n. Chr.), aus Mysien stammen SGO 2, 08/08/10,7 (Hadrianoi pros Olympon, späthellenistisch / ​frühe Kaiserzeit) sowie SEG 51,1697,4 f (Hadrianeia, 1. Jh. n. Chr.) und IHadrianoi 9,2 (Hadrianoi, wohl frühe Kaiserzeit),49 aus Aphrodisias / ​Karien schließlich SEG 49,1420 (1. Jh. n. Chr.). Belege aus Rom und Italien sind vergleichsweise spät oder nicht näher datierbar: eine griechische Inschrift aus Ostia wird ins 3. Jh. n. Chr. datiert;50 Belege für die lateinische Form Apphia aus Italien sind An.Ép. 1969/70, n. 32,2 und CIL 6,6267 (beide Rom, undatiert) sowie CIL 5,5380 (Comum / ​Italien, undatiert). Insgesamt ist also die Beleglage hier für West-Kleinasien, bes. Lydien, hervorragend, während Inschriften aus Rom und Italien erst aus späterer Zeit stammen. Es erscheint nicht unmöglich, dass Trägerinnen des Namens Apphia in Rom zur Zeit des Paulus noch nicht vertreten waren, doch sicher ist dies keineswegs: zum einen findet sich ja nicht jede Person auf einer Inschrift, zum anderen besagt der Befund nur, dass bisher keine Apphia vor dem 3. Jh. n. Chr. für Rom nachweisbar ist. Die Apphia des Phlm könnte nach Rom eingewandert sein, ohne dort Spuren zu hinterlassen. Der epigraphische Befund lässt also auch hier kein eindeutiges Urteil zu. Falls es sich bei Archippos tatsächlich um den Sohn von Philemon und Apphia handelt, wie die traditionelle Exegese annimmt, so ist die Frage nach seiner Verortung ohnehin direkt mit jener von Philemon und Apphia verbunden und der geographische Befund zum Namen Archippus von untergeordneter Bedeutung. Der Männername ist nicht nur für Kleinasien reich bezeugt, sondern auch für Griechenland samt Inseln und die Kyrenaika.51 Belege für Rom und Italien fehlen aber bisher. Mehrere inschriftliche Zeugnisse Kleinasiens stammen aus Kyzikos / ​Mysien: IG 12,8 160, a 4 und BMI 927,22.34 (beide 2. Jh. v. Chr.); IKyz. 86,1 (2.–1. Jh. v. Chr.). In zeitlicher Nähe zu Paulus sind anzuführen: SEG 16,645,3 (Halikarnassos, hellenistische Zeit); IPriene 313,174 (Priene, 1. Jh. v. Chr.–1. Jh. n. Chr.); IDidyma 325,5 (frühe Kaiserzeit)52. Zusammenfassend ist hier festzustellen, dass der epigraphisch-geographische Befund zu den Namen Philemon, Apphia und Archippos mit größter Vorsicht zu genießen ist und die Frage nach der Verortung der in Phlm erwähnten Hausgemeinde in keiner Weise entscheidend beantworten kann.

47 Walter Bauer, Griechisch-deutsches Wörterbuch zu den Schriften des Neuen Testaments und der frühchristlichen Literatur, neu bearbeitet im Institut für neutestamentliche Textforschung / ​ Münster unter besonderer Mitwirkung von Viktor Reichmann, ed. v. K. Aland / ​B. Aland, Berlin 19886, s. v. Ἀπφία (ebenso F. W. Danker, ed., A Greek-English Lexicon of the New Testament and Other Early Christian Literature [BDAG], based on Walter Bauer’s Griechisch-deutsches Wörterbuch zu den Schriften des Neuen Testaments und der frühchristlichen Literatur, 6th edition, ed. Kurt Aland / ​Barbara Aland, with Viktor Reichmann and on previous English editions by W. F.  Arndt / ​F. W.  Gingrich / ​F. W.  Danker, Chicago u. a. 20003, s. v. Ἀπφία). 48 Ein weiterer Beleg aus Hierapolis ist wahrscheinlich SEG 41,1199 (ca. 100 n. Chr.). 49 S. ferner IHadrianoi 77,11 (1.–2. Jh. n. Chr.); 25,4; 183,3 (beide 2. Jh. n. Chr.); 126,4 (128– 129 n. Chr.). Auf einige inschriftliche Belege verweisen auch Moulton / ​Milligan, Vocabulary, s. v. Ἀπφία; LGPN 1,56; 2,48 (jeweils s. v. Ἀπφία). 50 Es handelt sich um G. Sacco, ed., Iscrizioni Greche d’Italia. Porto, Roma 1984, 56 f, n. 36. 51 Für Cyrene z. B. SEG 20,741 (a),8 (3–4 n. Chr.). 52 Weitere inschriftliche Belege bei LGPN 1,88 f; 2,72; 3A,77 (jeweils s. v. Ἄρχιππος).

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d) Der Evidenzgrad des Vergleichs ist umso größer, je näher die kulturellen und sozialen Rahmenbedingungen der Texte beieinander liegen, d. h. der Vergleich von Texten kommt dort an seine Grenzen, wo die betreffenden Texte hinsichtlich der genannten Rahmenbedingungen zu weit voneinander entfernt sind. Sozial oder kulturell abgegrenzte Gruppen bilden oft Sprachgewohnheiten aus, die nur auf dem Hintergrund der Gedanken‑ und Sprachwelt solcher Gruppen (‚Soziolekt‘) verstehbar sind.53 Viele Texte des Neuen Testaments sind z. B. vom antiken Judentum geprägt – vor allem in religiöser Hinsicht. Begriffe wie δικαιοσύνη wird man erst von dorther, nicht aber aus dem Vergleich mit paganen Inschriften der griechisch-römischen Kultur hinlänglich erklären können; andererseits mag auch das Feststellen von Unterschieden oder Bedeutungsvarianten in den Inschriften das Vorstellungsspektrum über solche Begriffe ähnlich erweitern, wie die Kontaktnahme jüdischer Kreise mit der Welt des Hellenismus die eigene Welt erweitert haben mag. Die Grenzen dieser Vergleichbarkeit müssen freilich respektiert und deutlich gemacht werden. Der Begriff εὐαγγέλιον („gute Nachricht“ oder „frohe Botschaft“) andererseits wird im gesamten Neuen Testament bereits spezifisch christlich gebraucht.54 Die paganen Beispiele verwenden fast ausschließlich die Pluralform55 und beziehen sich einerseits auf die „guten Nachrichten“ über einen militärischen Sieg (z. B. in IG 12,6.1 56,7 [Heraion von Samos, kurz nach 306 v. Chr.])56, andererseits auf einen Agon, der speziell in Oropos / ​Boiotia anlässlich der guten Nachrichten über einen militärischen Sieg abgehalten wurde (z. B. SEG 31,427 [Oropos / ​Boiotia, 1.  Jh. v. Chr.]),57 oder auf das Darbringen eines Opfers für den Erhalt

53 Dabei wird eher von größeren Gruppen (Juden, Römer usw.) auszugehen sein; beachte Hannah M. Cotton, The Languages of the Legal and Administrative Documents from the Judaean Desert, ZPE 125, 1999, 219–231: 220: „All scholars agree that Aramaic was the dominant language of the Jews in Palestine during the first and second centuries CE. As was to be expected, the majority of the documents found in the Judaean Desert were written in Jewish Aramaic. Yet it can be shown that the same society represented in the Aramaic documents, and sometimes, the very same people, wrote documents, or had them written, in Hebrew and Greek as well. In other words it is not the case that documents in different languages represent different sections of Jewish society.“ 54 S. dazu bereits Deissmann, Licht, 313 f (auch Hinweise auf vorchristliche Inschriften); Andrew J. Spallek, The Origin and Meaning of Εὐαγγέλιον in the Pauline Corpus, CTQ 57, 1993, 177–190: 177–181 (klassisches Griechentum, Septuaginta und Frühjudentum). 55  Der Singular begegnet in IG 12,6.1 7,7 (Heraion von Samos, 1. Jh. n. Chr.). 56 Bereits der ed. der ed. pr. bezog ἐπὶ τοῖς εὐαγγελίοις auf den Sieg des Antigonos und seines Sohnes Demetrios Polyorketes in der Doppelschlacht von Salamis auf Zypern im Jahre 306 v. Chr. (s. Martin Schede, Aus dem Heraion von Samos, AM 44, 1919, 16–20, n. 7). 57 Bei dieser Inschrift handelt es sich um einen agonistischen Katalog, wo in Kol. 3 u. a. τὰ εὐαγγέλια τῆς  Ῥωμαίων νίκης erwähnt werden (ähnlich IOropos 521,62; 525,68 f; 529,22 f [195– 146 v. Chr.]). Der Ausdruck [ Ὠ]ρωπίων [στ]άδιο[ν ε]ὐαγγέλ[ια τῆς  Ῥωμαίων νίκης] in IOropos 521,62 bezeichnet vermutlich einen Stadionlauf, der nach dem 1. Mithridatischen Krieg, nach dem die Amphiaraia als Ἀμφιαράϊα καὶ  Ῥωμαῖα neu organisiert worden war, zur Feier des Sieges ins Leben gerufen wurde und an dem nur Bürger von Oropos teilnehmen durften (so Jean-Yves Strasser, Quelques termes rares du vocabulaire agonistique, RPh 75, 2001, 273–305: 299–301; Angelos Chaniotis, Greek Festivals and Contests. Definition and General Characteristics, in: A. Hermary / ​B. Jaeger, eds., Thesaurus Cultus et Rituum Antiquorum, Bd. 7: Festivals and Contests, Los Angeles 2011, 4–43: 39).

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derartiger guter Nachrichten, ausgedrückt durch εὐαγγέλια θύω58 (so z. B. in IG 12, Suppl. 168,5 [Ios] und IEph 1448,5 f mit SEG 41,969 [Ephesos, beide ca. 306 oder 301 v. Chr.])59. Die paganen Beispiele für εὐαγγέλιον belegen somit eine von der neutestamentlichen Verwendung klar abzugrenzende Bedeutung und tragen zur Interpretation entsprechender neutestamentlicher Texte nicht mehr bei, als dass dadurch die neue und völlig veränderte Verwendung von εὐαγγέλιον nachgewiesen wird.

Hinsichtlich der kulturellen Rahmenbedingungen im Allgemeinen und der sozialen im Besonderen ist zu berücksichtigen, was womit verglichen werden soll. Soll z. B. die gesamte Problematik antiker Sklaverei als Hintergrund für entsprechende neutestamentliche Texte beleuchtet werden, so kommen alle möglichen Texte dafür infrage, wenn sie nur irgend etwas über Sklaverei im griechisch-römischen Kulturkreis und im vergleichbaren zeitlichen und geographischen Rahmen aussagen (dabei ist freilich darauf zu achten, dass in den unterschiedlichen Regionen Besonderheiten in den Details anzutreffen waren). Was aber ganz konkret den Sklaven Onesimos in Phlm betrifft, fehlen uns leider die Hinweise, welchem Typ von Sklaven er angehörte und wofür ihn sein Herr Philemon in Gebrauch nahm. Könnten wir z. B. mit Sicherheit angeben, dass Philemon Landwirt war und seine Sklavinnen und Sklaven auf seinem Landgut einsetzte, dann wären sämtliche zeitgenössische Dokumente von Relevanz, die aus diesem Milieu stammen, während solche über Sklaven, die als Hausdiener reicher Bürger, als Lehrer oder Ärzte, beim Militär oder in Bergwerken eingesetzt wurden, nicht unmittelbar vergleichbar wären, sondern wiederum nur einen anderen Bereich des Gesamtspektrums beleuchten würden. Wie der Onesimos im Phlm wird auch in vielen griechischen Inschriften ein Onesimos ausdrücklich als δοῦλος („Sklave“) bezeichnet, also mit demselben sozialen Status versehen, und zwar in SEG 38,1445,6 f (Kolossae / ​Phrygien, vielleicht spät in der Regierungszeit von Antoninus Pius, 138–161 n. Chr.), TAM 2,1026,1–3 (Olympos / ​Lykien, römisch), in zwei Inschriften aus Kibyra / ​Lykien (IKibyra 296,1 f [205–206 n. Chr.] und BCH 2, 1878, 609,29,1 [207 n. Chr.]) und in ILabraunda 39 (Labraunda / ​Karien, ca. 212–300 n. Chr.).60 Analoges gilt für einige lateinische Inschriften, die jeweils einen servus Onesimus erwähnen: CIL 3,2723,1–3 (Tilurium / ​Dalmatia, 2. Hälfte 1. Jh. n. Chr.);61 An.Ép. 1984, n. 131 (Rom, 71–130 n. Chr.); An.Ép. 1965, n. 205,35–37 (Samothracia, 1. Mai 165 n. Chr.); CIL 10,1913 58 Zur genannten Bedeutung vgl. z. B. Richard Wuensch in IG 3, App. 29 (zu n. 109,7): εὐαγγέλια sacrificium pro bono nuntio ablatum. 59 Beide Inschriften beziehen sich auf den Sieg des Antigonos und seines Sohnes Demetrios Poliorketes in der Doppelschlacht bei Salamis auf Zypern im Jahre 306 v. Chr. – S. ferner IG 12,2 645,42 f (=  OGIS 4; Bucht von Adramytteion / ​Mysia, 319–317 v. Chr.); OGIS 6,31 f (Skepsis / ​ Troas, 311–310 v. Chr.); IG 3, App. 109,7 (Attika, undatiert). Ein weiterer Beleg für diese Wortverbindung ist vermutlich SEG 33,350,13–16 (wahrscheinlich Peloponnes, nach 212 n. Chr.). 60 In einigen weiteren Fällen kann aus dem Zusammenhang her erschlossen werden, dass es sich um einen Sklaven handelt, so z. B. im Falle von SEG 47,974,1 f (Thessalonike, ca. 150–180 n. Chr.):  Ὀνήσιμος Αἰλίου Μηνογένους οἰκονό|μος: Für Emmanuel Voutiras, In locum domini. Un villicus et sa famille, Živa Antika 47, 1997, 227–238, weist die Tatsache, dass diese Inschrift in einer ländlichen Gegend gefunden wurde, darauf hin, dass der οἰκονόμος Onesimos als vilicus zu sehen ist, als Sklave, der das Land von Aelius Menogenes zu verwalten hatte. Der Name seines Herrn deute außerdem auf eine Herkunft aus Kleinasien hin. Aelius Menogenes könnte ein kaiserlicher Freigelassener gewesen sein, der in Macedonia als Prokurator fungierte. – Beachte auch MAMA 8 413,b 22 f (Aphrodisias / ​Karien, 117–138 n. Chr.), wo ein Freigelassener namens Onesimos ([ Ὀ]|νήσιμον τὸν ἀπελεύθερόν μο[υ]) erwähnt wird; weitere Belege für Freigelassene namens Onesimos bei LGPN 3A,343, s. v.  Ὀνήσιμος. 61 Der Name Onesimus wird in Z. 1 als Honesimus wiedergegeben.

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(Dikaiarchia-Puteoli, kaiserzeitlich); An.Ép. 1964, n. 96,3 f (Rom, 3. Jh. n. Chr.). Überhaupt lässt sich gut belegen, dass Onesimos ein geläufiger Sklavenname war,62 wofür – umgekehrt betrachtet – Phlm einen weiteren Beleg bietet.

e) Die Übereinstimmung in semantischen Feldern, Textsorte und gedanklichem Gehalt erhöht in jedem Fall den Vergleichswert, Unterschiede in diesen Aspekten mindern den Vergleichswert oder schließen die Vergleichbarkeit sogar aus. Hier ist zu berücksichtigen, dass Inschriften in mehr oder weniger deutlichem Ausmaß für eine Öffentlichkeit bestimmt sind. Sie wurden eingemeißelt und aufgestellt, um gesehen zu werden, und überschritten so auf gleichsam natürlichem Wege die Grenze zwischen Privatem und Öffentlichem. Ein einfaches Beispiel sind die zahllosen Graffiti an Tempelmauern oder anderen Gebäuden, von denen die überwiegende Mehrheit nur einfache Einkratzungen sind, die bloß einen Namen, ein kurzes Proskynema o.ä. enthalten, womit der Textproduzent öffentlich auf sich aufmerksam macht oder einfach nur dokumentiert, hier gewesen zu sein.63

Die neutestamentlichen Texte hingegen sind – wie im Grunde alle nicht öffentlich aufgestellten Schriftdokumente  – zunächst für eine geschlossene Gruppe, eine relativ klar abgegrenzte Gemeinschaft, bestimmt. Für praktisch keinen Autor eines neutestamentlichen Textes war zunächst absehbar, dass der von ihm produzierte Text später tatsächlich eine breite Öffentlichkeit erreichen würde, die weit über den eher engen Kreis der ursprünglichen Adressatinnen und Adressaten hinausgehen sollte. M. Luther Stirewalt hat versucht, die Paulusbriefe vor dem Hintergrund amtlicher Briefe („official letters“) ptolemäischer Könige und römischer Kaiser zu deuten,64 und zwar sowohl in Vorbereitung („preparation“), Übersendung („delivery“) und Empfang („reception“) als auch in der formalen Gestaltung (Art des Eingangsgrußes, Gliederung des Briefcorpus, Teilgattungen). Zwar ist verdienstvoll, dass Stirewalt damit diese Art von antiker Briefliteratur stärker ins Blickfeld der Forschung rückt, auf der anderen Seite aber können aus 62 Die weite Verbreitung belegen auch Inschriften aus Attika (s. die Beispiele bei Charilaos Fragiadakis, Die attischen Sklavennamen von der spätarchaischen Epoche bis in die römische Kaiserzeit. Eine historische und soziologische Untersuchung, Diss., Mannheim 1986, 52, n. 23–25; 54, n. 3; vgl. auch 364, n. 584–587). Heikki Solin, Die stadtrömischen Sklavennamen. Ein Namenbuch, 2. Teil: Griechische Namen, Forschungen zur antiken Sklaverei. Beiheft 2, Stuttgart 1996, 465–468, zählt für Rom insgesamt 185 Vertreter des Namens Onesimos, ferner 18 Sklavinnen namens Onesime, einen Onesimio(n) sowie zwei Beispiele für Onesi[‑ – ‑]. – Zu Papyrusbelegen s. Arzt-Grabner, Philemon, 86. 63 Gemessen an der großen Gesamtzahl der Graffiti aus griechisch-römischer Zeit liegen nur wenige Beispiele vor, die mehr bieten. Man beachte diesbezüglich den Beitrag von Hans Taeuber in diesem Band oder einzigartige Stücke wie einen Soldatenteller aus Pförring in Bayern, in den sein Besitzer einen lateinischen Privatbrief eingeritzt hat (wahrscheinlich 50–120 n. Chr.; Günther E. Thüry, Ein eingeritzter römischer Brief auf einem Soldatenteller aus Pförring, Ldkr. Eichstätt, Bayerische Vorgeschichtsblätter 61, 1996, 175–184, Tafel 1–4; Neudr. mit Korrekturen Paolo Cugusi, Un testo epistolare latino di zona bavarese, Aeg. 81, 2001, 299–305). 64 M. Luther Stirewalt, Paul, the Letter Writer, Grand Rapids / ​ Cambridge 2003. Eine kurze Einführung zum „official letter“ gibt er auch in: ders., Studies in Ancient Greek Epistolography, SBL.RBS 27, Atlanta 1993, 6–10.

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dem oben genannten Grund die ‚official letters‘ nicht als das Vergleichsmaterial für die paulinischen Briefe gesehen werden. Die von Stirewalt als typische Merkmale des amtlichen Briefverkehrs gewerteten epistolaren Kennzeichen (z. B. eine besondere Form des Eingangsgrußes, eine Gruppe als Adressat) finden sich auch in privaten Briefen. Ferner standen Paulus in den „Logistics“, insbesondere in der Übersendung von Briefen, die Möglichkeiten des amtlichen Briefverkehrs gerade nicht zur Verfügung. Auch wenn sich die Formen da und dort ähneln mögen, so muss der gesamte Weg der paulinischen Korrespondenz doch im Sinne des privaten Briefverkehrs gesehen werden. Dass man das eine oder andere Merkmal amtlicher Korrespondenz bisweilen nachahmte, gilt für die privaten Briefe ebenso wie für die Paulusbriefe.65 Ein m. E. gutes Beispiel hinsichtlich vergleichbarer inschriftlicher Textsorten und gedanklicher Gehalte bietet Jim Harrison: Vor dem Hintergrund von δόξα-Prädikationen in einigen Inschriften, die auch zeitlich für das Neue Testament von Relevanz sind, deutet er den Ausdruck δόξα Χριστοῦ im Sinne eines Ehrenprädikats.66 Für die Interpretation von ἔπαινος („Lob“) wird in der exegetischen Diskussion gerne auf die Maxime hellenistischer Staatsethik verwiesen, die die Belobigung von Rechtschaffenen zu den Grundpflichten der Obrigkeit zählt,67 bzw. auf die Praxis römischer Behörden, verdiente Bürger durch öffentliche Schreiben (oder Inschriften) zu loben.68

f) Vergleichbarkeit von Texten ist kein eindeutiger Beleg für deren Abhängigkeit, wohl aber für Art und Umfang der Verständnismöglichkeiten. Gleichartige historische und / ​oder soziale Voraussetzungen können sehr wohl zu parallelen Entwicklungen innerhalb benachbarter Bereiche führen.69 Ähnlichkeiten und Kontraste sollten deshalb zunächst wertfrei zur Kenntnis genommen werden. Dokumentarische Vergleichstexte tragen wesentlich dazu bei, den sprach65 S. dazu Peter Arzt-Grabner in: ders. / ​Kritzer / ​Papathomas u. a., 1. Korinther, 31; ders., 2. Korinther, 52. Gegen einen solchen Ansatz auch Detlev Dormeyer, The Hellenistic Letter-Formula and the Pauline Letter-Scheme. An Assessment of Theories, in: S. E. Porter, ed., Pauline Studies, Bd. 1: The Pauline Canon, Leiden / ​Boston 2004, 59–93: 71; Die Problematik gilt auch für den inschriftlich erhaltenen Brief Ptolemaios’ II Philadelphos an die Stadt Milet (publiziert u. a. von Welles, Correspondence, n. 14; s. dazu auch John L. White, Ancient Greek Letters, in: D. E. Aune, ed., Greco-Roman Literature and the New Testament. Selected Forms and Genres, SBL. Sources for Biblical Study 21, Atlanta 1988, 85–105: 93–95), den Ivar Vegge, 2 Corinthians  – a Letter about Reconciliation. A Psychological, Epistolographical and Rhetorical Analysis, WUNT 2/239, Tübingen 2008, 66 f, als Analogie zu 2 Kor heranzieht. 66 S. James R. Harrison, The Brothers as the „Glory of Christ“ (2 Cor 8:23). Paul’s Doxa Terminology in Its Ancient Benefaction Context, NT 52, 2010, 156–188. 67 Vgl. Willem C. van Unnik, Lob und Strafe durch die Obrigkeit. Hellenistisches zu Röm 13,3–4, in: E. Earle Ellis / ​Erich Gräßer, eds., Jesus und Paulus. FS für W. G. Kümmel, Göttingen 1975, 334–343. 68 Vgl. August Strobel, Zum Verständnis von Röm 13, ZNW 47, 1956, 67–93: 79–86. 69 Vgl. Klaus Berger, Exegese des Neuen Testaments. Neue Wege vom Text zur Auslegung, UTB 658, Heidelberg 19842, 191. Noch immer werden die Kategorien des Vergleichens oft unreflektiert und sachfremd verwendet („Einfluss“, „Mutterboden“, „Abhängigkeit“, „pattern“, …). Als Kategorien zur Bestimmung des Verhältnisses zwischen frühchristlichen Texten und Texten der Umwelt bieten sich solche an, die Kontraste, und solche, die Ähnlichkeiten erfassen (vgl. ausführlich K. Berger / ​C. Colpe, eds., Religionsgeschichtliches Textbuch zum Neuen Testament, Texte zum Neuen Testament 1, Göttingen / ​Zürich 1987, 18–26). Vgl. Klaus Berger, Einführung in die Formgeschichte, UTB 1444, Tübingen 1987, 213–216.

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lichen Kontext eines neutestamentlichen Autors bzw. der von diesem adressierten Gemeinde(n) abzustecken, d. h. sie zeigen, ob und wie in einem bestimmten historischen und sozialen Umfeld ein neutestamentlicher Text gemeint und verstanden worden sein konnte. Die Vorsicht, die in diesem Punkt geboten ist, haben John S. Kloppenborg und seine Schüler ihrer Auswertung von Vereinsinschriften in mustergültiger Weise zugrundegelegt; so schreibt Kloppenborg z. B. in der Einleitung zu einem seiner Beiträge „[…] I will argue that Graeco-Roman associations are ‚good to think with‘, not necessarily because we must assume that Christ groups were typical associations, but because we have rich data from ancient associations that can generate heuristic questions for interrogating the data from Christ groups – questions about those groups that heretofore have not been asked.“70

g) Vergleichstexte liefern eine (oder mehrere) Verständnismöglichkeit(en), nicht eine einzige und letztgültige Bedeutung.71 Dies gilt besonders für die Seite der Textproduzentinnen und ‑produzenten, denen bisweilen zugebilligt werden muss, dass sie eigenständige (im Fall neutestamentlicher Texte z. B. eigentümlich christliche) Bedeutungen bilden konnten. Scheidet eine derartige Möglichkeit hingegen aus, so erlangen die durch dokumentarische Texte belegten Verständnismöglichkeiten einen hohen Wahrscheinlichkeitswert. Wird durch eine große Zahl von Vergleichstexten konsequent dieselbe Bedeutung belegt und entspricht dies dem Befund des gesamten erhaltenen griechisch-antiken Textcorpus’, so erlangt diese eine Verständnismöglichkeit einen gewissen Evidenzgrad. Als letzte Alternative bleibt auch dann noch die Möglichkeit, dass die Textproduzentin oder der Textproduzent eine andere, ganz eigene Bedeutung, wählte; sofern diese dann nicht aus dem Kontext eindeutig zu klären ist, kann mit einer gewissen Unverständlichkeit bei den Textadressatinnen und ‑adressaten gerechnet werden. Für die Wortverbindung δοῦλος Χριστοῦ, mit der sich Paulus in Röm 1,1 selbst bezeichnet, ist biblisch auf die Bedeutung des ‫„( עבד יהוה‬Gottesknecht“) hinzuweisen. Pagane Inschriften bieten hier keine echten Vergleichsbeispiele, doch ist es dennoch interessant zu sehen, dass auch in anderen Kulten ähnliche Konzepte existierten, von denen wenigstens die nicht jüdisch geprägten Adressatinnen und Adressaten des Paulus Kenntnis haben konnten. In einem Graffito (SB 5,7898), das vermutlich aus ptolemäischer Zeit stammt, geben sich zwei Personen als „Sklave des Sarapis“ (δοῦλος τοῦ Σαράπιος – Z. 1 f.6 f) und eines jeweils anderen Gottes (Apis bzw. Isis) zu erkennen. Reinhold Scholl hat inschriftliche und papyrologische Zeugnisse zum Begriff ἱερόδουλος analysiert und kommt zu dem Schluss, dass damit nicht Sklaven bezeichnet werden, sondern „freie, einheimische Ägypter oder freie, ägyptisierte Griechen und Römer, die in einem nicht sicher zu bestimmenden Verhältnis zu einer 70 John S. Kloppenborg, Membership Practices in Pauline Christ Groups, Early Cristianity 4, 2013, 183–215: 187. 71 Unbedingt ernst zu nehmen ist nach wie vor Martin Hengel, Aufgaben der neutestamentlichen Wissenschaft, NTS 40, 1994, 321–357: 334: „[…]die neutestamentliche Wissenschaft ist zu einem guten Teil schon immer eine Vermutungswissenschaft gewesen und ist es im Fortgang der kritischen Forschung noch mehr geworden. Das sollte uns alle bescheidener machen. Es geht ja häufig nur um das Abwägen von Wahrscheinlichkeiten und Plausibilitäten […].“

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ägyptischen Gottheit stehen“72.  Ἱερόδουλοι standen nicht in einem Abhängigkeitsverhältnis zu einem Tempel, sondern waren in verschiedenen Berufen, z. B. in der Landwirtschaft oder in einem Handwerk tätig; ihre Bindung zum jeweiligen Gott geschah in Form einer Selbstdedikation.

3. Chancen und Herausforderungen Zum Abschluss sollen noch einige Chancen und Herausforderungen, die ich aufgrund meiner Erfahrungen mit den PKNT auch für das Projekt „Epigraphische Kommentare zum Neuen Testament“ sehe, eher plakativ aufgeführt werden: Die Frage, warum überhaupt Inschriften für die Interpretation neutestamentlicher Texte ausgewertet werden sollen und dass sie grundsätzlich etwas dazu beitragen könnten, wird von der neutestamentlichen Zunft nicht automatisch positiv beantwortet. Die Sicht, dass ohnehin schon alles Wesentliche durch Adolf Deissmann sowie James H. Moulton und George Milligan dargeboten und ausgewertet wurde und eventuelle neue Details für das Wesentliche der Textdeutung kaum etwas beitragen, ist auch heute noch vereinzelt anzutreffen. Das Projekt „Epigraphische Kommentare zum Neuen Testament“ sollte sich dieser Situation bewusst stellen und nicht müde werden, diese Frage immer wieder und beharrlich zu beantworten. Epigraphische Kommentare zum Neuen Testament stellen keine Alternativen zu bibelwissenschaftlichen Kommentaren im traditionellen Sinn dar, sondern eine wichtige Ergänzung. Es liegt auf der Hand, dass allein mit Inschriften nicht alles neu und schon gar nicht alles endgültig oder ‚richtig‘ erklärt werden kann. Oft genug werden epigraphische Befunde eher dürftig ausfallen, oft genug aber – so meine Erwartung – werden die Ergebnisse neue und tiefere Zugänge zu Hintergründen, Zusammenhängen und Details der neutestamentlichen Texte bieten. Epigraphische Kommentare haben frei von ideologischen Vorurteilen und Absichten zu sein. Es geht nicht darum, Belege für oder gegen eine bestimmte Auslegung (‑stradition) zu finden, sondern die Quellentexte wertfrei zu sichten und bei der Auswertung möglichen Überraschungen gegenüber offen zu sein – auch dann, wenn diese der bisherigen Auslegungstradition oder eigenen Sicht widersprechen. Dass die Gefahr des Gegenteils (oft unbewusst) besteht, ist verständlich, doch sollte ihr bewusst gegengesteuert werden. Für die Bearbeiterinnen und Bearbeiter werden epigraphische Fachkenntnisse unabdingbar sein. Es ist nicht möglich und wäre ein schlechter Dienst an der neutestamentlichen Exegese, ohne Vertrautheit mit den Methoden der Epigraphik (einschließlich der Editionstechniken und ‑eigenheiten) und ohne Vertrautheit mit den entsprechenden fachspezifischen Hilfsmitteln (sowohl im Druck als auch online verfügbaren) die Inschriften auf neutestamentliche Texte hin aus72 Reinhold Scholl,  Ἱερόδουλος im griechisch-römischen Ägypten, Hist. 34, 1985, 466–492: 487).

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zuwerten. Mit Recht wird sich die neutestamentliche Exegese von diesen Kommentaren  – gleichgültig auf welche Weise und in welcher Form sie erscheinen werden – erwarten, dass ihr die epigraphischen Quellen hier in einer zuverlässigen Form dargeboten und nähergebracht werden. Dieser Verantwortung muss man sich stellen. Es ist zu hoffen, dass dies auch beispielgebend wirkt und in Zukunft keine neutestamentlichen Monographien und Artikel mehr erscheinen, die Inschriften (und dokumentarische Papyri) in formal und inhaltlich mangelhafter Weise präsentieren. Die Bearbeiterinnen und Bearbeiter sollten sich auch der Herausforderung stellen, die Kommentare durch eigens erworbene epigraphische Fachkenntnisse so zu gestalten, dass sie  – wenigstens in bescheidenem Ausmaß  – auch für die Epigraphik selbst von Nutzen sind (z. B. durch Korrekturen, Übersetzungen, Kommentare).

Die Rolle der Onomastik für die Erforschung des frühen Christentums Ein einführender Überblick Thomas Corsten

1. Einleitung Daß die Onomastik für die Erforschung der Antike wichtig ist, ist unumstritten. Ebenso unumstritten ist aber, daß höchste Vorsicht angebracht ist, wenn man aus Personennamen Geschichte rekonstruieren will. Das gilt insbesondere für den Versuch, von bestimmten Namen auf die Religionszugehörigkeit ihrer Träger zu schließen. Es ist zwar durchaus denkbar, daß die Eltern eines Dionysios Anhänger des griechischen Weingottes waren und diejenigen einer Demetria der Göttin Demeter eine wichtige Rolle in ihrem Leben zuschrieben, aber was sagt das schon? In polytheistischen Religionen bedeutet das nicht viel, denn wir wissen z. B. nicht, wie unsere beiden Beispielfamilien es mit den zahlreichen anderen Göttern hielten, aber man kann zuversichtlich vermuten, daß sie auch diese in irgendeiner Form und mit uns unbekannter Inbrunst verehrten. Monotheistische Religionen scheinen in dieser Hinsicht auf den ersten Blick einfacher zu handhaben zu sein. Ein „Moses“ ist höchstwahrscheinlich ein Jude, ein „Christoph(orus)“ höchstwahrscheinlich ein Christ. Wie aber steht es z. B. mit „Andreas“? Heute ist „Andreas“ ein geläufiger Name in der christlichen Welt, aber er ist älter als das Christentum und wurde auch in der frühchristlichen Zeit noch von zahllosen Heiden getragen. Lesen wir also auf einer Inschrift aus der römischen Kaiserzeit den Namen „Andreas“, können wir nicht sagen, ob der Mann ein Heide oder ein Christ war. Es ist klar, woher diese Unsicherheit kommt: Die Christen haben das überkommene Namenmaterial tradiert, weil sie in den meisten Fällen kein Problem darin sahen, Namen, die in einer anderen religiösen Umgebung entstanden waren, weiter zu benutzen. Zudem muß immer damit gerechnet werden, daß wir auf Christen stoßen, die selbst erst zu dieser neuen Religion konvertiert waren und daher einen Namen trugen, der ihnen von ihren heidnischen Eltern gegeben worden war. Beides hat dazu geführt, daß sogar christliche Heilige heidnische Namen führten, die vom Namen eines Gottes abgeleitet waren. Ich erinnere nur

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an Dionysios (heute Dennis oder Denis), oder an Martin (darin steckt der Kriegsgott der Römer), oder an „Sebastian“, einen Namen, der möglicherweise sogar von dem thrakischen Gott Sabazios abgeleitet ist.1 Zwar wird in antiken Texten auch von Namenswechseln berichtet, die beim Übertritt zu einer anderen Religion vorgenommen wurden, aber diese Praxis ist nicht häufig zu beobachten.2 Trotz den hier kurz angedeuteten Schwierigkeiten können mit Umsicht vorgenommene onomastische Studien einen Beitrag zur Untersuchung des frühen Christentums leisten. Dabei geht es nicht alleine um die Frage, ob und gegebenenfalls wie man Christen an ihrem Namen erkennen kann. Personennamen können z. B. auch dabei helfen, festzustellen, wo die geographische Herkunft von Anhängern des neuen Glaubens zu suchen sein kann, wenn deutlich ist, daß sie nicht dort geboren worden waren, wo sie bezeugt sind (was v. a. für Rom gilt); eine weitere Frage ist die nach der sozialen Stellung der frühen Christen, wird doch oft angenommen, daß die ersten Anhänger der neuen Religion eher den niederen Schichten entstammten oder gar zu einem beträchtlichen Teil Sklaven gewesen seien. Die erstgenannte Frage, also ob und wie man einen Christen an seinem Namen erkennen kann, bildet natürlich die Grundlage für jegliche Versuche, weitere Probleme zu lösen, und deshalb soll sie im Mittelpunkt der vorliegenden kurzen Studie stehen. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Chronologie, denn es hat lange gedauert, bis sich eine den Christen eigene Namengebung durchgesetzt hatte (s. u.). Daher erscheint es sinnvoll, die folgende Untersuchung in mehrere Zeiträume zu gliedern, nämlich in die Zeit bis zur Constitutio Antoniniana im Jahre 212 n. Chr., die einen Wendepunkt auch für die Onomastik des Römischen Reiches darstellte; dann die nächsten etwa hundert Jahre bis zur sog. konstantinischen Wende; und schließlich die folgende Epoche bis zur Regierungszeit Justinians (527–565), als sich das Christentum im Mittelmeergebiet weitgehend durchgesetzt hatte. Um den Einstieg in die Materie zu erleichtern und die sich vollziehenden Änderungen besser zu verstehen, sollen jedoch zunächst die verschiedenen Namensysteme vorgestellt werden, die zur Zeit der Entstehung und ersten Verbreitung des Christentums in Gebrauch waren, nämlich das griechische und das römische. Dabei ist zu beachten, daß die (entwickelten) Ausgestaltungen beider Systeme nur bei Menschen mit dem entsprechenden Bürgerrecht Anwendung fanden, nicht aber z. B. bei Sklaven.

1 Dan Dana, La préhistoire du nom de Saint Sébastien: onomastiques en contact, in: R. W. V. ​ Catling / ​F. Marchand, eds., Onomatologos. Studies in Greek Personal Names presented to Elaine Matthews, Oxford 2010, 390–397. 2 Zu Namenswechseln in christlichem Kontext s. z. B. Gregory H. R.  Horsley, Name Change as an Indication of Religious Conversion in Antiquity, Numen 34, 1987, 1–17; ein mögliches Beispiel aus Kleinasien in MAMA 7,235 f mit dem Kommentar der Herausgeber. Die ohnehin in ihren Einzelheiten umstrittene Namensänderung des Saulus zu Paulus kann hier außer Acht bleiben, weil auch der neue Name nichts mit dem Christentum zu tun hat.

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2. Überblick über die griechische und römische Namengebung Die griechische Namengebung ist verhältnismäßig einfach.3 Zunächst trug jede Person einen einzigen Eigennamen; dabei sind innerhalb einer Familie oft gewisse Namen erblich, indem der Großvater und der älteste Enkel häufig gleich heißen. Zur Unterscheidung gleichnamiger Personen verschiedener Familien wurde bald der Name des Vaters im Genitiv zugefügt, also z. B. Διονύσιος Ἀσκληπιοδώρου – „Dionysios, Sohn des Asklepiodoros“. In Athen – wie wohl auch in anderen Städten, in denen wir das allerdings aufgrund einer unzureichenden Überlieferung nicht immer gut verfolgen können – wurde nach den Kleisthenischen Reformen zu Ende des 6. Jh. auch die Zugehörigkeit zu einem Demos angegeben, allerdings in der Regel nur innerhalb Attikas, weil die Demenzugehörigkeit im Kontakt mit der Außenwelt keine Rolle spielte. Diese entwickelte Namensform liegt z. B. auf den sog. Richtermarken vor, von denen eine große Zahl aus Athen auf uns gekommen ist; mit ihnen registrierte man sich für die Losung zum Richter eines athenischen Volksgerichtshofs. Als Beispiel sei die Richtermarke eines Pedieus, des Sohnes des Theoxenos, aus dem Demos Eleusis, angeführt: Γ΄ Πεδιεὺς Θεοξέ(νου)  Ἐλευσίνιος.4 Dieses System änderte sich auch in der Kaiserzeit nicht wesentlich, wurde aber durch das römische Namensystem teilweise beeinflußt und ergänzt. Das römische Namensystem ist, zumindest in seiner entwickelten Form, etwas komplizierter.5 Der Name eines römischen Bürgers besteht aus einem meist abgekürzten Individualnamen (praenomen) und dem Namen der Familie (nomen gentile oder gentilicium), gefolgt vom Namen des Vaters, normalerweise unter Hinzufügung von „filius“ (meist als „f.“ abgekürzt), von der Angabe der Tribus und schließlich von einem Beinamen (cognomen). Ein typischer Name dieser Art ist z. B. L(ucius) Granius L(ucii) filius Terentina Romanus, also „Lucius Granius Romanus, Sohn des Lucius, aus der (Tribus) Terentina“ 6. Weil Vatersname und Tribus aber oft nicht angegeben werden, spricht man von dem System der tria nomina bzw., wenn auch der Vorname fehlt, von den duo nomina; andererseits können im Laufe der Kaiserzeit weitere Elemente, wie agnomina, signa oder supernomina und ähnliche hinzutreten, bei denen es sich im Grunde genommen um weitere Beinamen handelt. Dadurch kommt es schließlich besonders in Familien 3 Überblicke bieten z. B.: Catherine Dobias-Lalou / ​Laurent Dubois, Introduction, in: O. Masson, Onomastica Graeca Selecta 1, Paris 1990, I–VII; Elaine Matthews, Art. names, personal, Greek, in: OCD3, 1022–1024; Thomas Corsten, Art. Names, Greek, in: M. Gagarin / ​E. Fantham, eds., The Oxford Encyclopedia of Ancient Greece and Rome (2010), Bd. 5, 47 f; Heikki Solin, Art. Name, in: RAC, Bd. 25, 731–744. 4 S. Jochen Bleicken, Die athenische Demokratie, Paderborn 19954, 251 (mit Abbildung); das Zahlzeichen Γ gibt die dritte Richtersektion an, der der Mann angehörte. 5 Überblicke z. B. bei Knut Paasch Almar, Inscriptiones Latinae: eine illustrierte Einführung in die lateinische Epigraphik, Odense 1990, 48–108; Benet Salway, What’s in a name? A Survey of Roman Onomastic Practice from c. 700 B. C. to A. D. 700, JRS 84, 1994, 124–145; William Turpin, Art. Names, Roman, in: M. Gagarin / ​E. Fantham, eds., The Oxford Encyclopedia of Ancient Greece and Rome (2010), Bd. 5, 48 f; Solin, Name, 744–772. 6 CIL 12,727 (Arles), auch abgedruckt bei Paasch Almar, Inscriptiones, 56, n. 24.

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hoher sozialer Stellung zur Entwicklung der Polyonymität, also zur Benutzung vieler Namen, unter denen sich auch mehrere Familiennamen befinden können, mit denen man seine Abstammung von zahlreichen führenden Familien andeutete.7 Andererseits läßt sich ab dem 3. Jh. n. Chr. ebenfalls eine allgemeine Entwicklung hin zu einfachen Namen beobachten, indem zunächst das Schema der tria nomina dadurch durcheinander geriet, daß z. B. cognomina als praenomina oder nomina gentilia benutzt wurden und schließlich die eigentlichen praenomina, dann auch die gentilicia wegfielen; schließlich blieb nur das ehemalige cognomen als einziger Name übrig.8

3. Das Problem ‚christlicher Namengebung‘ bis zur Constitutio Antoniniana (212 n. Chr.) In deutlichem Kontrast zu diesem ausgeklügelten römischen System steht die Einfachheit der frühen christlichen Namengebung  – jedenfalls scheint es uns heute so, denn nicht nur ‚einfache‘ Gläubige, Apostel und Heilige, sondern auch Bischöfe und später sogar Päpste sind uns lediglich mit einem einzigen Namen bekannt. Das gilt für den Westen, besonders Rom, ebenso wie für den Osten und wird gemeinhin u. a. damit erklärt, daß sich darin die christliche Tugend der Bescheidenheit ausdrücke: Man wollte sich nicht durch einen langen Namen, wie ihn besonders die Polyonymi der römischen Oberschicht trugen, aus der Masse herausheben.9 Diese Erklärung würde jedoch voraussetzen, daß zumindest einige Christen offiziell einen längeren Namen nach dem römischen System gehabt hätten, den sie nicht in ihrer vollen Länge angaben, um sich nicht von den Unfreien mit einfachen Namen abzuheben, die gleichberechtigt an den christlichen Riten teilnahmen. Das ist gut möglich; jedoch steht man vor dem Problem, daß in Inschriften oft auch bei heidnischen Personen der östlichen Reichshälfte – sowohl von ihnen selbst als auch von anderen – nur ihr griechisches cognomen verwendet wird, obwohl sie die tria nomina besaßen, wie wir aus anderen Inschriften 7  Zu den agnomina, signa oder supernomina s. z. B. Iiro Kajanto, Supernomina. A Study in Latin Epigraphy, Helsinki 1966; Turpin, Names, 48 f; zur Polyonymität Olli Salomies, Adoptive and Polyonymous Nomenclature in the Roman Empire, Helsinki 1992. – Zu Beinamen im griechischen Sprachraum s. z. B. Marijana Ricl, A new inscription from the Cayster valley and the question of supernomina in Hellenistic and Roman Lydia, in: R. W. V. Catling / ​F. Marchand, eds., Onomatologos. Studies in Greek Personal Names presented to Elaine Matthews, Oxford 2010, 530–551. 8  S. z. B. Danilo Mazzoleni, Art. onomastica, in: Dizionario patristico e di antichità cristiane, Bd. 2, Casale Monferrato 1983, 2478 f; Norbert Zimmermann, Das Sieben-Schläfer-Zömeterium in Ephesos. Neue Forschungen zu Baugeschichte und Ausstattung eines ungewöhnlichen Bestattungskomplexes, in: ÖJh 80, 2011, 365–407: 401; Jutta Dresken-Weiland, Tod und Jenseits in antiken christlichen Grabinschriften, in: J. Dresken-Weiland / ​A. Angerstorfer / ​A. Merkt, eds., Himmel  – Paradies  – Schalom. Tod und Jenseits in antiken christlichen und jüdischen Grabinschriften, Handbuch zur Geschichte des Todes im frühen Christentum und seiner Umwelt 1, Regensburg 2012, 78–80. 9 Zimmermann, Sieben-Schläfer-Zömeterium, 401 mit Verweis auf Dresken-Weiland, Tod, 76–81.

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wissen. Das ist besonders nach der Constitutio Antoniniana der Fall, als plötzlich die meisten freien Menschen des Römischen Reiches „Aurelius“ oder „Marcus Aurelius“ hießen, läßt sich aber auch schon vorher beobachten.10 Den Griechen im Osten des römischen Reiches ist daher möglicherweise bisweilen ihre Zugehörigkeit zur griechischen Kultur wichtiger gewesen als das römische Bürgerrecht. Und in Hinsicht auf Christen ist vor kurzem die interessante These geäußert worden, daß Personen, die ein Kirchenamt auf ihren Grabsteinen angaben, auf den Gentilnamen verzichteten, weil das Amt ihre gehobene Stellung deutlicher zeigte als das römische Bürgerrecht, besonders nach der Constitutio Antoniniana.11 Die Konsequenz für die Forschung ist, daß es uns sowohl schwer fällt, die Verbreitung des Christentums im Römischen Reich anhand etwaiger typischer Personennamen festzustellen, als auch, Rückschlüsse auf den sozialen Hintergrund der ersten Christen zu ziehen. Denn die Vereinfachung des Namensystems ist nicht den Christen alleine eigen, wie oben schon angemerkt wurde (unter Punkt 2). Es ist also nicht die Benutzung eines einzigen Namens, die seinen Träger zweifelsfrei als einen Christen ausweist. Wir befinden uns erst dann auf sicherem Grund, wenn Namen gegeben werden, die bei Heiden nicht vorkommen, wobei bisweilen immer noch eine gewisse Unsicherheit herrscht, wenn es sich um Namen aus dem Alten Testament handelt, hinter denen auch Juden stecken können, wobei solche Namen aber ohnehin bis ins 5. Jh. hinein selten zu sein scheinen (s. u.).12 Mit hoher Wahrscheinlichkeit können wir als ‚christliche‘  Namen diejenigen fassen, die von christlichen Werten und Vorstellungen abgeleitet sind, wie z. B. „Athanasios“13 oder „Anastasios“; oder Namen, die vielleicht christliche Bescheidenheit ausdrücken, wie z. B. „Onager“, „Kopreus“ oder „Contemptus“14. Aber auch diese tauchen erst relativ spät in den erhaltenen Inschriften auf. 10 S. z. B. SEG 57,1210 aus Saittai in Lydien, wo im Jahre 288/89 die Mutter eines römischen Bürgers einfach Στρατονείκη genannt wird, obwohl auch sie das römische Bürgerrecht besessen haben sollte; vgl. ähnlich TAM 5,1 130, ebenfalls aus Saittai (251/52 n. Chr.). Für die Zeit vor der Constitutio Antoniniana bietet der berühmte Herodes Atticus aus Athen ein gutes Beispiel. Die Familie besaß seit Nero das römische Bürgerrecht (s. z. B. Walter Ameling, Herodes Atticus, Bd. 1: Biographie, Subsidia epigraphica 11, Hildesheim / ​Zürich u. a. 1983, 13 f), aber Herodes selbst heißt in Inschriften oft einfach Ἀττικός (z. B. IG 5,1, n. 45) oder  Ἡρώδης (z. B. IG 22,3602 und 3734); s. dazu weiters die Listen der verschiedenen Namensformen in Ameling, Herodes 2, 236 f. Vgl. auch die diesbezüglichen und mit einigen Beispielen versehenen Bemerkungen von Ekkehard Weber, Das römische Bürgerrecht des Apostels Paulus, in: Tyche 27, 2012, 193–207: 195 f mit Anm. 8 und 9. 11 S. Sabine Hübner, Der Klerus in der Gesellschaft des spätantiken Kleinasiens, Stuttgart 2005, 66–70, gefolgt von Stephen Mitchell, Epigraphic Display and the Emergence of Christian Identity in the Epigraphy of Rural Asia Minor, in: W. Eck / ​P. Funke, eds., Öffentlichkeit – Monument – Text. XIV Congressus Internationalis Epigraphiae Graecae et Latinae 27.–31. Augusti MMXII. Akten, Berlin 2014, 275–298: 288. 12 Mazzoleni, onomastica, 2478 f. 13 Allerdings scheint es auch einige wenige Beispiele für die Benutzung dieses Namens bei Heiden zu geben: Heikki Solin, Pagano e Cristiano, in: M. G. Angeli Bertinelli / ​A. Donati, eds., Epigrafia di Confine. Atti del Colloquio AIEGL-Borghesi 2003, Epigrafia e Antichità 21, Faenza 2004, 197– 221: 213 mit Anm. 53. 14 S. Iiro Kajanto, On the Problem of „Names of Humility“ in Early Christian Epigraphy, in:

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Es ist also in den ersten zwei Jahrhunderten des Christentums (fast) nicht möglich, einen Anhänger des neuen Glaubens alleine an seinem Namen zu erkennen. Aber in einer weit verbreiteten Quellengattung, nämlich den Grabinschriften, liegen bisweilen andere, und in diesen Fällen eindeutige Hinweise auf das Christentum vor, die es erlauben, die Bestatteten zu den Christen zu rechnen; dadurch wird dann immerhin klar, welche Personennamen für Christen bezeugt sind (womit aber im Sinne der hier zugrunde liegenden Frage eigentlich nicht viel gewonnen ist). Den christlichen Charakter von Grabsteinen kann man nur dann erahnen, wenn einem Namen ein typisch christliches Attribut beigefügt ist (wie z. B. φιλόθεος, φιλοχήρα), oder wenn eine typisch christliche Formel benutzt wird (wie z. B. die sog. Eumeneia-Formel oder die „Christen für Christen“-Formulierung15, die aber beide erst im 3. Jh. auftauchen; s. u.), oder wenn ein Relief christliche Symbole enthält (etwa ein Kreuz oder ein panis eucharisticus, also ein mit einem Kreuz verziertes Brot). Aber – es ist keine durch diese Hinweise eindeutig als christlich zu charakterisierende Inschrift bekannt, die in die Zeit vor der Mitte des 2. Jh. datiert werden könnte. So stehen wir einem seltsamen Problem gegenüber: Aus zahlreichen literarischen Quellen, nicht nur aus dem Neuen Testament, ist die Existenz von Christengemeinden schon deutlich vor dieser Zeit bekannt, aber sie schlägt sich nicht im epigraphischen Befund nieder. Wir brauchen nur die Apostelgeschichte und die Paulusbriefe zu lesen, und schon können wir uns vor Städten und Landschaften mit christlichen Gemeinden kaum retten: da sind Rom, Korinth, Thessaloniki, Philippi, Ephesos, Kolossai, Galatien, Antiochia in Syrien, wohl auch Athen und einige mehr. Und knapp zwei Generationen später fragt Plinius, der Statthalter von Bithynia et Pontus, den Kaiser Trajan, was er mit den Christen in seiner Provinz machen soll.16 Für die beiden ersten Jahrhunderte sind wir also auf die wenigen Personennamen angewiesen, die wir in der Literatur finden, d. h. hauptsächlich in der Apostelgeschichte und den Paulusbriefen. Allerdings – diese Namen bezeichnen in der Regel jeweils die ersten Christen einer Familie, die bei ihrer Geburt einen heidnischen Namen erhalten haben und erst später zum Christentum übertraten, d. h. daß die Namen natürlich noch nichts Christliches haben können. Das ist selbstverständlich auch der Fall bei der vielleicht frühesten möglichen Christin, die wir namentlich aus Rom kennen: In Tacitus’ Bericht über das Jahr 57 wird eine Arctos. Acta philologica fennica 3, 1962, 45–53, der einen Überblick über die bis dahin zu dieser Frage erschienene Literatur gibt, allerdings in Hinsicht auf die Deutung dieser Namen als Zeichen christlicher Bescheidenheit skeptisch ist. 15 Zur Eumeneia-Formel, einer Fluchformel auf Grabinschriften aus Phrygien, s. z. B. Sylvain Destephen, La christianisation de l’Asie Mineure jusqu’à Constantin: le témoignage de l’épigraphie, in: H. Inglebert / ​S. Destephen / ​B. Dumézil, eds., Le problème de la christianisation du monde antique, Paris 2010, 159–194: 169 mit der älteren Literatur in Anm. 34.  – Zu den von „Christen für Christen“ (Χριστιανοῖς Χριστιανοί) aufgestellten Grabsteinen grundlegend Elsa Gibson, The „Christians for Christians“ Inscriptions of Phrygia. Greek Texts, Translation and Commentary, Missoula 1978; vgl. Destephen, La christianisation, 166 f, Anm. 25. 16 Plinius, ep. 10,96 f.

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Pomponia Graecina aus angesehener Familie erwähnt, die superstitionis externae angeklagt wurde, also wegen „auswärtigen Aberglaubens“, womit möglicherweise das Christentum gemeint war.17 Das entspricht ziemlich genau dem Bild, welches sich aus einer Betrachtung der schließlich im späten 2. Jh. einsetzenden Inschriften ergibt. Für diese verhältnismäßig frühe Zeit stehen uns epigraphische Texte vornehmlich aus Rom und einige wenige aus Kleinasien zur Verfügung; es handelt sich – soweit ich sehe – ausschließlich um Grabinschriften. Mit den stadtrömischen Inschriften sind in diesem Fall jedoch nicht die Zeugnisse aus den Katakomben gemeint (sie setzen erst im frühen 3. Jh. ein), sondern solche von der sog. Piazzuola an der Via Appia, die in die zweite Hälfte des 2. Jh. datiert werden. Hier zeigt sich, wie später auch in den Katakomben, daß natürlich nicht alle dort Bestatteten Christen waren, ganz im Gegenteil: Nach einer neueren Untersuchung durch Heikki Solin ist der Anteil der eindeutig christlichen Grabinschriften eher gering; daneben sind solche Texte zu finden, die vielleicht christlich, und andere, die keinesfalls christlich sind.18 Wir können dies sehr gut mit einer ganz anderen und wesentlich größeren Region vergleichen, nämlich mit Kleinasien.19 Interessanterweise lassen sich die ersten unzweifelhaft christlichen Inschriften dort ebenfalls in die zweite Hälfte des 2. Jh. datieren; sie sind aber äußerst gering an Zahl, denn die beiden häufig als (möglicherweise) ältesten christlichen Grabsteine angesehenen Stelen aus Kadoi in Phrygien (oder Mysien) sind sehr wahrscheinlich auszuscheiden, weil die vermeintlichen Hinweise auf das Christentum alles andere als eindeutig sind. Auf jedem der beiden Grabsteine, die in die Jahre 157/58 bzw. 179/80 datiert sind, ist im Relief eine Scheibe mit Kreuzlinien (wohl eine stilisierte Rosette) abgebildet, die oft als panis eucharisticus interpretiert wurde, und eine Traube mit waagerechtem Stengel, der bisweilen als heimliches Kreuz verstanden wird.20 Es ist m. E. jedoch wahrscheinlicher, daß beide Darstellungen dem überkommenen ikonographischen Vorrat entnommen sind, wobei die Scheibe mit Ritzlinien eine Rosette wiedergibt und die Traube an einem normalen Rebast hängt.21 Dadurch 17  Tac. ann. 13,32. Zum möglichen (aber nicht sicheren!) Christentum der Dame s. z. B. den Kommentar in der Tacitus-Ausgabe von H. Furneaux, Oxford 1972, 195. 18 Solin, Pagano, 197–221; ders., Name, 773. – Nach Solin (in Pagano, 218 sowie Name, 773) sind nur zwei Inschriften eindeutig christlich, nämlich ICUR 12891 und 12900. 19 Als Grundlage für die Untersuchung des Namenmaterials aus dem griechischen Osten dient im Folgenden das LGPN, wobei von Kleinasien bisher die gesamte Küste plus Lydien abgedeckt ist (in den Bänden 5A und 5B), aber noch nicht der größte Teil des Binnenlandes. 20 1.) Tomas Lochman, Deux reliefs anatoliens au Musée des Beaux-Arts de Budapest, Bull. Mus. Hongr. 74, 1991, 11–24: 18, n. 13 (SEG 41,1073); 2.) William M. Calder, Early Christian Epitaphs from Phrygia, Anat. Stud. 5, 1955, 25–38: 33 f, n. 2 (SEG 15,795); vgl. Guntram Koch, Roman Funerary Monuments in the J. Paul Getty Museum, Bd. 1, Malibu 1990, 117, Abb. 3, 120 und 127, Nr. VII 4 (ohne Erwähnung der Religionszugehörigkeit). 21 Vgl. auch Thomas Corsten, ‚Christliche Namengebung‘ in Kleinasien, Vortrag auf der Konferenz „The Christianisation of Asia Minor“ (Köln 18.–21. 3. 2013) (in Druck); zum angeblichen panis eucharisticus z. B. schon Andreas V. Walser, Kaiserzeitliche und frühbyzantinische Inschriften aus der Region von Germia in Nordwestgalatien, Chiron 43, 2013, 527– 619: 551, Anm. 100.

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hat m. E. die Grabinschrift des Bischofs Aberkios von Hierapolis / ​Hieropolis in Phrygien größeren Anspruch darauf, als die älteste bekannte christliche Inschrift Kleinasiens zu gelten; sie wurde zu Ende des 2. Jh. gesetzt und hat durch ihre Erwähnung in der Heiligenvita des Bischofs sowie durch die Auffindung des fragmentierten Originals eine gewisse Berühmtheit erlangt.22 Was in diesen drei Fällen jedenfalls nicht helfen kann, um die Religionszugehörigkeit der genannten Personen zu bestimmen, ist die Onomastik. Der Name „Aberkios“ ist sonst in dieser Form nicht bekannt, so daß wir auf diesem Wege ohnehin nicht bemerken könnten, daß er ein Christ war – wenn er nicht als Bischof bekannt wäre. Und genau das, ein deutlicher Hinweis in der Inschrift, fehlt in den beiden erwähnten Grabinschriften aus Kadoi; die Personennamen der dort erwähnten Familien entstammen allesamt dem heidnischen Umfeld: „Damas“, „A(m)pellas“, „Ammion“, „Tation“, „Diomedes“, „Beronicianus“ in der ersten, „Publius Silicius Ulpianus“, „Eutyches“, „Zotikes“ (fem.) und „Antipatros“ in der zweiten Inschrift. Das ist natürlich nicht überraschend und würde zunächst nicht dagegen sprechen, daß die genannten Personen vielleicht doch Christen gewesen wären, denn wir können nicht damit rechnen, daß Christen, die ihre Namen schließlich von ihren Eltern bekommen hatten, diese zwangsläufig änderten, wenn sie sich taufen ließen.23 Solche Fälle sind jedoch äußerst selten, und im Allgemeinen sah man auch innerhalb christlicher Familien offenbar keinen Grund, von den traditionellen Namen Abstand zu nehmen, selbst wenn sie mit heidnischen Götternamen zusammengesetzt oder von solchen abgeleitet waren. Das bestätigt sich sogar bei einem Blick auf die Namen der aus den ersten Jahrhunderten überlieferten Bischöfe. Ich beschränke mich zunächst in geographischer Hinsicht auf Rom einerseits und Griechenland sowie Kleinasien andererseits. Dabei ergibt sich folgendes Bild: Die Bischöfe von Rom beginnen natürlich mit Petrus. Dann folgen (bis zur Constitutio Antoniniana) Männer mit den Namen „Linus“, „Anacletus“ (oder „Cletus“?), „Clemens“, „Euaristos“, „Alexandros“, „Sixtus“, „Telesphoros“, „Hyginus“, „Pius“, „Aniketos“, „Soteros“, „Eleutheros“, „Victor“, „Zephyrinos“. Auffällig ist unter diesen eigentlich nur „Anacletus“, der manchmal als typischer Sklavenname angesehen wird. Er ist in Rom unter der Nebenform „Kletos“ insgesamt viermal vertreten: Neben dem Bischof sind zwei weitere Männer aus den ersten beiden Jahrhunderten und ein vierter aus dem 3. oder 4. Jh. bekannt.24 Ein weiterer Beleg aus der Kaiserzeit stammt aus Süditalien,25 mehr scheinen nicht auf uns gekommen zu sein. 22 S. zuletzt, auch mit einer kurzen Darstellung der Forschungsgeschichte, Peter Thonemann, Abercius of Hierapolis: Christianisation and social memory in Late Antique Asia Minor, in: B. Dignas / ​R. R. R. Smith, eds., Historical and Religious Memory in the Ancient World, Oxford 2012, 257–282. 23 S.o.; Horsley, Name Change, 1–17; MAMA 7,235 f. 24 Heikki Solin, Die griechischen Personennamen in Rom. Ein Namenbuch, Bd. 1, Berlin 20032, 939. 25 LGPN 3A, s. v. Ἀνάκλητος.

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In Griechenland und Kleinasien kennen wir nur neun Bischöfe aus den ersten beiden Jahrhunderten26: Dionysios und Hyginos in Athen, Dionysios in Korinth, Onesimos aus Beroia, Sotas aus Anchialos (im ht. Bulgarien), Eirenaios und Polykarpos in Smyrna, Meliton in Sardeis und den schon genannten Aberkios in Hierapolis. Auch hier gilt also: Die Namen heben sich nicht aus den im heidnischen Umfeld üblichen heraus.

4. Von der Constitutio Antoniniana bis zu Konstantin Hinsichtlich der Namen von Bischöfen ändert sich das Bild auch in den folgenden etwa hundert Jahren bis zur sog. konstantinischen Wende nicht wesentlich. Der erste Bischof von Rom, der vielleicht einen als ‚christlich‘ zu bezeichnenden Namen trug, war Eusebius um 309 (wenn nicht erst Anastasius 399)27. Eusebius ist zwar ein Name, der auch von Juden getragen wird, aber es gibt keine vorkaiserzeitlichen Belege, und einige der so benannten Männer sind – neben dem römischen Bischof – tatsächlich als Christen bezeugt.28 Und auch in Griechenland und Kleinasien trägt in dieser Zeit nur Kyriakos aus Byzantion (Bischof im 3. Jh.) einen klar ‚christlichen‘ Namen. Ähnliches ergibt sich bei einer Untersuchung der Namen von ‚normalen‘ Menschen, also von Nicht-Bischöfen. In Rom stehen uns – abgesehen von den schon erwähnten früheren Texten der Piazzuola – vor allem die Inschriften in den Katakomben zur Verfügung, die im 3. Jh. einsetzen.29 Auch dort sind die Personennamen als nicht spezifisch christlich einzustufen; es handelt sich z. B. um „M. Aur. Prosenes“, „Marcianus“, „Hilaritas“ (ein Name, der im Übrigen vielleicht eher an die gleichnamige römische Gottheit erinnern sollte), „Paula“, „Herakleitos“, „Xanthias“ und „Heraclia“.30 Im allgemeinen läßt sich beobachten, daß Namen, die einen heidnischen Götternamen enthalten, noch vergleichsweise häufig sind.31 In Kleinasien (hier stellvertretend für den griechischen Osten) ist v. a. die sog. Siebenschläfergrotte in Ephesos aufschlußreich, die entgegen der früheren Forschungsmeinung in das frühe 3. Jh. datiert werden muß, wie neulich Norbert Zimmermann festgestellt hat.32 Von den dort genannten 24 Namen können nur zwei 26 Das ist das Ergebnis einer Datenbank-Suche nach als „bp.“ (= „bishop“) bezeichneten Männern im LGPN. 27 So Solin, Name, 786. 28 Im LGPN 1–5B sind von 60 Belegen sieben, z. B. durch die Angabe eines kirchlichen Amtes, als Christen ausgewiesen: IG 14,88 111 und 848 (alle aus Syrakus), 534 (Katane); SEG 48,992 (Pantikapaion); Sylvain Destephen, Prosopographie du diocèse d’Asie (325–641), Prosopographie chrétienne du Bas-Empire 3, Paris 2008, s. v. Eusebius (3) (Milet); MAMA 3,349 (Korykos). 29 Dazu v. a. Dresken-Weiland, Tod, 76–81. 30 In chronologischer Reihenfolge (alle zwischen 217 und 249): ICUR 17246, 27057, 6021, 1415, 3156. 31 Solin, Name, 780. 32 Zimmermann, Sieben-Schläfer-Zömeterium, 365–407: Inschriften 393–400, Datierung 400– 402.

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als eindeutig christlich bezeichnet werden, nämlich Johannes und Gregorios, die restlichen sind dem üblichen Namensvorrat entnommen. Auch die sog. Christen für Christen-Inschriften aus Phrygien, die, soweit ersichtlich, in die hier behandelte Periode zu datieren sind, weisen fast ausschließlich ‚Allerweltsnamen‘ auf, wie eine Durchsicht der immer noch maßgeblichen Sammlung von E. Gibson zeigt:33 Lediglich Θεόδωρος (n. 10 und 35), Κυριακής (n. 8) und Κυριακός (n. 25) können mit einiger Zuversicht als ‚christlich‘ benannt werden; dabei fällt aber auf, daß von den zahlreichen aufgezählten Familienmitgliedern in den Inschriften n. 10 und 25 nur Θεόδωρος bzw. Κυριακός ‚christliche‘ Namen trugen. Ähnliches gilt für zeitgenössische Märtyrer, die z. B. Konon, Papias, Claudianus oder Diodoros hießen,34 und eine Untersuchung des Namenmaterials aus anderen Orten Kleinasiens erbringt ein entsprechendes Ergebnis: Die bei weitem meisten Namen sind unspezifisch.35

5. Die Zeit von der konstantininischen Wende bis zu Justinian Erst nach Konstantins Hinwendung zum Christentum ändert sich das Bild, allerdings nicht so schnell, wie man erwartet, und noch nicht einmal überall in der gleichen Geschwindigkeit.36 Das liegt aber sicher nicht daran, daß zufällig gerade diejenigen Inschriften verloren sind, in denen Namen mit typisch christlichem Anklang belegt wären, denn noch im 4. Jh. sieht sich Johannes Chrysostomos veranlaßt, die Christen aufzufordern, ihren Kindern Namen von Aposteln, Bischöfen und Märtyrern zu geben anstelle von solchen ihrer eigenen Vorfahren.37 Die Beliebtheit überkommener als heidnisch empfundener Namen war also auch in den ersten Generationen nach Konstantin d. Gr. keineswegs gebrochen. Dennoch läßt sich eine Entwicklung hin zu einer christlichen Onomastik im gesamten Gebiet des Römischen Reiches beobachten, die sich in einer Anzahl von Veränderungen zeigt,38 indem das System der römischen Namengebung einen Wandel durchmachte und darüber hinaus bislang nur selten benutzte Namen deutlich häufiger zur Anwendung kamen sowie eine große Zahl neuer Namen geschaffen wurde.

33 Gibson,

Christians, wo der Namenindex (146–151) einen bequemen Überblick bietet.

34 Konon: C. Johnson / ​A. Ward, eds., Martyrologium Romanum, Rom 1998, 56 (zum 6. März);

zu diesem Namen für isaurische Märtyrer s. Denis Feissel, Inscriptions of Early Byzantium and the Continuity of Ancient Onomastics, in: J. Davies / ​J. Wilkes, eds., Epigraphy and the Historical Sciences, Oxford 2012, 1–16: 8; Papias, Claudianus und Diodoros: Hippolyte Delehaye, Synaxarium Ecclesiae Constantinopolitanae, Brüssel 1902, 443. 35 S. Corsten, Namengebung. 36 Solin, Name, 779–783. 37 Joh. Chrys., educ. lib. 47, ed. A.-M. Malingrey, Sources Chrétiennes 188, Paris 1972, 146; vgl. Solin, Name, 783 f. 38 Vgl. auch Feissel, Inscriptions, 6–8.

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Zunächst fällt auf, daß Christen begannen, nomina gentilia als cognomina zu benutzen.39 Daneben wurden supernomina (also weitere Beinamen) immer beliebter, unter denen man mit hoher Wahrscheinlich diejenigen als christliche Personennamen bezeichnen kann, die von christlichen Werten und Vorstellungen abgeleitet sind (wie z. B. „Athanasios“40, „Anastasios“ oder „Eusebios“), oder Namen mit eigentlich wenig schmeichelhafter Bedeutung (wie z. B. „Onager“, „Kopreus“ oder „Contemptus“)41; sie wurden am Ende der Entwicklung als einzige Namen benutzt.42 In einen ähnlichen Zusammenhang gehören auch solche Namen, die an dem Bestandteil Christo‑ leicht als ausschließlich christlich erkennbar sind, wie „Christodoros“, „Christodoulos“, „Christophoros“ usw.; sie entstanden offenbar im 5. Jh. im griechischen Osten, während sie im Westen zunächst noch selten blieben.43 Darüber hinaus führten die Christen weitere Anthroponyme ein, die in der heidnischen Onomastik eher selten oder gar nicht vergeben worden waren. Dazu gehören natürlich in erster Linie dem Neuen Testament entnommene Namen wie „Petrus“ (schon ab dem 3. Jh.) oder „Johannes“ (ab dem 4. Jh.), während „Paulus“ schon früher vorkommt (vielleicht weil er als römischer Personenname üblich war).44 Daneben treten ab dem 5. Jh. vermehrt Namen aus dem Alten Testament.45 Schließlich wurden Namen aus anderen semitischen Sprachen in griechischer Übersetzung übernommen, wie z. B. „Theodoulos“ und „Theoteknos“46 (vgl. unten zur Bildung neuer Namen in Nordafrika). Was aber, jedenfalls nach meinem Eindruck, in dieser Periode auch auffällt und das gerade entworfene Bild ergänzt, ist, daß man deutliche Unterschiede innerhalb der christlichen Onomastik zwischen den verschiedenen Gebieten des Reiches erkennen kann;47 vor allem scheint Rom sich auch in dieser Hinsicht als eine Art ‚Vorreiter‘ durchzusetzen. So tragen aus einer Gesamtzahl von knapp 40 Bischöfen dieser Stadt, die sich inzwischen „Papst“ nennen, mehr als ein Dutzend typisch christliche Namen, während es in Griechenland und Kleinasien bei einer Gesamtzahl von 81 bekannten Bischöfen nur ebenso viele sind.48 Das könnte angesichts  Solin, Name, 777. scheint es auch einige wenige Beispiele für die Benutzung dieses Namens bei Heiden zu geben: Solin, Pagano, 213 mit Anm. 53. 41 S. Kajanto, Problem, 45–53. 42 Solin, Name, 777 f. 43 Solin, Name, 788. 44 Solin, Name, 786 f. 45 Mazzoleni, onomastica, 2478 f. 46 Denis Roques, Θεότεκνος „Fils de Dieu“, REG 111, 1998, 735–756; eine Ergänzung der dortigen Auflistung gibt Amphilochios Papathomas, Ein Mietvertrag über ein Haus aus dem byzantinischen Hermopolites. Tafel 4–5, in: Tyche 29, 2014, 99–106: 104 f; vgl. auch Solin, Name, 788. 47 Vielleicht liegt das aber nur daran, daß das Material aus den drei vorangegangenen Jahrhunderten nicht ausreichend ist, um größere Unterschiede innerhalb des Römischen Reiches feststellen zu können. 48 Auch diese Übersicht stützt sich auf das Material in LGPN 1–5B, aber ich habe den Eindruck, daß eine gründliche Durchsicht der von Destephen, Prosopographie gesammelten Namen 39

40 Allerdings

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der ohnehin ziemlich geringen Gesamtzahl Zufall sein, muß es aber nicht. Als Erklärung könnte man – ohne daß ich mich hier festlegen möchte – an verschiedene Gründe denken. So wäre es z. B. möglich, daß die Päpste aus streng christlichen Familien stammten und deshalb schon von ihren Eltern entsprechende Namen erhalten hatten. Zudem könnte es die Sonderstellung der Päpste mit sich gebracht haben, daß sie als ‚besonders christliche‘ Personen ihren Namen bei Amtsantritt geändert haben, wie es ja heute noch geschieht. Und schließlich stellt man fest, daß sich in der nun schon mehrere Jahrhunderte langen Zeitspanne, in der das Christentum existierte, eine Anzahl Namen bei römischen Bischöfen als besonders beliebt erwiesen hat, denn gewisse Personennamen der Päpste wiederholen sich auffällig; so sind z. B. „Felix“ viermal und „Sixtus“ sowie „Johannes“ je dreimal in diesen etwa zweieinhalb Jahrhunderten zwischen Konstantin und Justinian belegt. Ein wenig anders sieht es offenbar bei den Namen von Nicht-Klerikern in Rom aus. Dort ist auch im 4. Jh. die Verwendung von Namen mit heidnischen Elementen (z. B. Götternamen) noch nicht aufgegeben worden; ihre Zahl wird danach aber ständig geringer. Das gilt allerdings wiederum kaum für Personennamen, die z. B. mit „Dionysos“, „Demeter“, „Artemis“, „Hercules“, „Iuppiter“, „Mars“, „Mercur“ und „Venus“, aber auch mit Namen nichtgriechischer und nichtrömischer Gottheiten wie „Isis“ gebildet sind und noch lange benutzt werden.49 Dagegen werden heidnische Anthroponyme in Nordafrika schneller verdrängt als in der Stadt Rom und stattdessen sog. Satznamen gebildet wie z. B. „Deogratias“, „Deumhabet“, „Deusdedit“, „Quodvultdeus“.50 Sie sind ausschließlich christlich und müssen als Übersetzungen punischer Personennamen entstanden sein.51 Am längsten scheinen heidnisch-theophore Namen in Kleinasien in Gebrauch gewesen zu sein, teilweise sogar bis ins 6. Jh.52

6. Sklaven, Märtyrer, Ausländer, … Mit den oben kurz dargelegten Änderungen in der Namengebung, die eben nicht nur durch das sich verbreitende Christentum hervorgerufen wurden, sind weitere Fragen verbunden, die abschließend noch kurz angedeutet werden sollen. Da ist zunächst das Problem der sozialen Herkunft der frühen Christen. Wie schon eingangs bemerkt, wird oft – und nicht nur in Zusammenhang mit dem Christentum – gesagt, daß einfache Namen auf eine niedrige soziale Schicht deuten. Das ist in vielen Fällen jedoch zweifelhaft, denn gerade im griechischen Osten hat man das Bild für das im LGPN noch nicht abgedeckte Innere Kleinasiens nur zahlenmäßig, aber nicht relativ ändern würde. 49 Solin, Name, 779–781. 50 André Mandouze, Prosopographie de l’Afrique chrétienne (303–533). Prosopographie chrétienne du Bas-Empire 1, Paris 1982, s. vv.; cf. Horsley, Name, 6 f. 51 Solin, Name, 788 (mit früherer Literatur). 52 Solin, Name, 782 f.

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allem Anschein nach nicht immer großen Wert darauf gelegt, sein römisches Bürgerrecht durch die Verwendung der tria nomina kundzutun, gerade wenn man der griechischen bzw. griechisch geprägten städtischen Oberschicht angehörte (s. o.). Dafür haben wir auch zumindest ein Beispiel aus dem christlichen Umfeld: Wir wissen, daß der Bischof Polykrates von Ephesos in der zweiten Hälfte des 2. Jh. einer einflußreichen Familie entstammte, aber wir kennen seine tria nomina nicht, obwohl er sicher römischer Bürger war.53 Es war zumindest in diesem Fall dann doch vielleicht eher die den Christen oft nachgesagte Bescheidenheit, die sie zur Benutzung einfacher Namen tendieren ließ. Das würde auch gut dazu passen, daß die ‚Bescheidenheit‘ in manchen Fällen auf die Spitze getrieben wurde, indem christliche Familien ihren Kindern Namen mit wenig schmeichelhafter Bedeutung gaben, wie z. B. „Onager“, „Kopreus“ oder „Contemptus“ (wenn diese Theorie überhaupt zutrifft).54 Ähnlich problematisch ist das Konzept der ‚Sklavennamen‘, die unter den frühen Christen verbreitet gewesen sein sollen, so daß der Eindruck entstehen könnte, daß der neuen Religion zahlreiche Sklaven zugelaufen seien. Doch ‚Sklavennamen‘ sind als eigene Namengruppe nicht immer leicht zu definieren, und man sollte m. E. nicht zu weitreichende Schlüsse aus dem Vorkommen von Namen ziehen, die oft oder vielleicht auch nur bisweilen von Sklaven getragen wurden. Ein Beispiel habe ich bei der Übersicht über die frühen Bischöfe Roms schon genannt: „Anacletus“ (oder „Cletus“) ist ein solcher angeblich typischer Sklavenname; aber sollen wir annehmen, daß ein Sklave Bischof von Rom geworden sei? Zwar wird oft behauptet, daß das Christentum den Ruf gehabt habe, jedem Menschen ohne Ansehen seiner sozialen Stellung Freiheit zu versprechen, aber daran scheinen Zweifel erlaubt – besaßen doch nicht wenige Bischöfe selbst Sklaven; ein Überlaufen zu der neuen Heilsreligion hätte daher nicht unbedingt viel genützt. Mit dem Problem der Sklaven teilweise verbunden ist auch die Frage der Herkunft der Christen, die sich außerhalb ihrer Heimat niedergelassen hatten. Es ist kein Wunder, daß Rom voll von Menschen war, die dort nicht gebürtig waren, und darunter befanden sich natürlich tausende Sklaven und Freigelassene. Sie trugen oft griechische Namen, weil viele von ihnen aus dem Osten kamen. Es scheint nun aber so zu sein, daß in den stadtrömischen christlichen Inschriften verhältnismäßig wenige griechische Namen vorkommen, was mit dem Rückgang der Sklaverei und der Abnahme der Griechischkenntnisse begründet wird.55 Aber könnte dies nicht auch daran liegen, daß unter den ersten Christen weniger Sklaven waren als gemeinhin vermutet wird? Außerdem: Ein griechischer Name bedeutete auch außerhalb der Gruppe der Sklaven nicht unbedingt, daß man selbst aus dem Osten eingewandert war. Er kann auch z. B. dadurch begründet sein, daß sein Träger einer in Rom lebenden Familie entstammte, die möglicherweise weit in die Vergangenheit zurückrei53 Zu

Polykrates: Eus. h. e. V 24, 6; Hier. vir. ill. 45. Problem, 45–53. 55 Solin, Name, 778. 54 S. Kajanto,

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chende Wurzeln im Osten hatte. Noch weniger Aussagekraft in Hinsicht auf die Herkunft von Personen haben natürlich jene Namen, die man letztlich als ‚typisch christlich‘ bezeichnen kann, wie beispielsweise „Johannes“: Es braucht nicht eigens betont zu werden, daß kaum ein Johannes aus Israel kam. Anders mag es sich hingegen mit Personennamen verhalten, die selten vorkommen und bzw. oder eindeutig einer bestimmten Region zugeordnet werden können. Es seien beispielshalber nur einige wenige Namen aus der „Prosopographie chrétienne“ herausgegriffen, um dies zu verdeutlichen: – „Adeodatus“ und „Deogratias“: Dies sind ganz klar Namen, die in Nordafrika entstanden sind und offenbar nur dort vorkommen.56 – „Mimiulf“: offenbar ein lombardischer Name.57 – „Amia“ und „Ammianos“: zwei Christen, die im anatolischen Pisidien bezeugt sind und für Kleinasien typische Namen tragen; dasselbe gilt für „Appas / ​Appia“, „Apphianos“, „Papas / ​Papias“ und viele mehr.58 – „Barhadbešabba“ und „Barlamenos“: zwei Kleriker mit semitischen Namen in der Diözese Asia, die aus der Levante stammen.59 – „Trokondas“: ein Priester in Ikonion mit einem Namen, der im südlichen Kleinasien weit verbreitet ist und noch auf das luwische Substrat zurückgeht.60 Schließlich einige wenige Worte zur ‚Geisteswelt‘, die für die Namenwahl häufig von Bedeutung ist. Es mag auf den ersten Blick befremden, daß sich heidnische Namen so lange gehalten haben – selbst solche, die mit dem Namen eines heidnischen Gottes zusammengesetzt sind. Offenbar hatte man keinerlei Scheu vor heidnischen Personennamen und ihrer oft unchristlichen Bedeutung, was auch schon bei den Juden zu beobachten ist.61 Dabei muß man aber m. E. zwischen zwei Perioden unterscheiden: in der ersten standen die Namen noch in der heidnischen Tradition, und wenn ein Christ so hieß, lag das daran, daß er von seinen Eltern so benannt worden war; die zweite Periode ist dadurch charakterisiert, daß heidnische Namen bei Christen ‚hoffähig‘ wurden, weil sie von Märtyrern oder sonstigen Heiligen getragen worden waren. Bis heute sind Namen wie z. B. „Dennis“ (aus „Dionysios“) gebräuchlich, weil es irgendwann einmal einen Heiligen gegeben hat, der so hieß. Das ist also nicht erstaunlich. Bemerkenswert ist hingegen die frühere Phase, also bevor es sich einbürgerte, Kinder nach bekannten Märtyrern zu benennen. Dazu zählt z. B. der erste Bischof von Athen im 1. Jh., Dionysios 56 S.o.

mit Anm. 50 und 51. Pietri / ​L. Pietri, eds., Prosopographie de l’Italie chrétienne (313–604). Prosopographie chrétienne du Bas-Empire 2, Bd. 2, Rom 2000, s. v. 58 Destephen, Prosopographie, s. vv. Zum einheimisch kleinasiatischen Charakter dieser Namen siehe z. B. Ladislav Zgusta, Kleinasiatische Personennamen, Prag 1964, s. vv. 59 Destephen, Prosopographie, s. vv. 60 Destephen, Prosopographie, s. v. Zu diesem Namen siehe z. B. Philo H. J. Houwink ten Cate, The Luwian Population Groups of Lycia and Cilicia Aspera During the Hellenistic Period, Leiden 196, 235, s. v. Τροκονδας; Zgusta, Personennamen, 490–492, § 1512–31, s. v. Τροκονδας. 61 Solin, Name, 779–781, s. v. 57 Ch.

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Areopagites, der von Paulus zum Christentum bekehrt wurde; hingegen werden die gleichnamigen Bischöfe von Korinth und Vienne im 2. Jh. und der Bischof von Paris um die Mitte des 3. Jh. durchaus christlichen Familien entstammen, aber es ist nicht klar, ob sie schon nach Märtyrern benannt waren (abgesehen davon, daß sie selbst Märtyrer geworden sind); wahrscheinlich ist dies aber angesichts ihrer frühen Zeitstellung wohl nicht.

7. Zusammenfassung Wenn wir die obige Untersuchung kurz rekapitulieren, erhalten wir folgende Ergebnisse: Die ‚kritischen‘ Jahrhunderte sind ungefähr die ersten vier der christlichen Zeitrechnung, weil wir Christen nicht unbedingt an ihren Namen erkennen und daher auch keine Rückschlüsse auf die Verbreitung des neuen Glaubens ziehen können. Diesen Zeitraum kann man aber wiederum in mehrere Phasen einteilen. Deren erste umfaßt die Zeit bis zur Mitte des 2. Jh., in der wir über keine aussagekräftigen Quellen zur frühchristlichen Onomastik verfügen. Der nächste Einschnitt ist die Constitutio Antoniniana, mit der alle freien Männer das römische Bürgerrecht und damit die tria nomina erhielten. Die bis zu diesem Zeitpunkt benutzten Einzelnamen von Christen unterscheiden sich kaum von der heidnischen Onomastik. Das 3. Jh. ist nur insofern ein wenig anders, als es jetzt weniger um heidnische und christliche Einzelnamen geht als vielmehr um einen Vergleich zwischen den Einzelnamen vermutlicher Christen mit den cognomen der Nicht-Christen. Wir stellen wieder nur einen äußerst geringen Unterschied fest, obwohl inzwischen eine nicht unbeträchtliche Anzahl von Inschriften eindeutig als christlich gekennzeichnet ist, z. B. durch die Formel „Christen für Christen“. Allerdings muß die schon fast sprichwörtliche ‚Bescheidenheit‘ der Christen auch in der Namenwahl mit Vorbehalten behandelt werden, und die Tradition heidnischer Namen war noch lange nicht gebrochen, wenn wir auch nicht wissen, ob sie schon damals vor allem deswegen fortgesetzt wurde, weil zahlreiche Heilige und Märtyrer von ihren heidnischen Eltern entsprechende Namen erhalten hatten, nach denen dann wiederum Christen benannt wurden. Die konstantinische Wende bringt schließlich die von uns schon fast ersehnte Änderung, wenn auch immer noch nur sehr langsam. Außerdem stellen wir geographische Unterschiede fest, indem die heidnische Onomastik in Nordafrika anscheinend schneller außer Gebrauch gerät als in Rom; Kleinasien ist hingegen besonders zäh, und heidnische Namen halten sich dort noch bis ins 6. Jh. Insgesamt ist also der Einfluß des Christentums auf die Namengebung vor dem 4. Jh. unbedeutend und damit umgekehrt für uns die Möglichkeit, Christen an ihren Namen zu erkennen, äußerst eingeschränkt; erst danach lassen sich durchgreifende Änderungen verzeichnen, die zu dem Namenbestand führen, den wir heute noch benutzen.

Ephesische Graffiti als Zeugnisse des Lebensgefühls in der hohen Kaiserzeit1 Hans Taeuber Ephesos spielt eine zentrale Rolle in der Frühgeschichte des Christentums. Noch jetzt legen die erhaltenen Überreste wie die Marienkirche (vermutlicher Veranstaltungsort des Konzils von 431 und des „Räuberkonzils“ von 449) und die Johannesbasilika (die dem Apokalyptiker Johannes Theologos – daher der heutige Name Ajasoluk – gewidmete Basilika aus justinianischer Zeit) Zeugnis davon ab.2 Während Meryemana, der Ort der leiblichen Aufnahme Mariae in den Himmel, erst durch eine Vision des 19. Jh. ‚entdeckt‘, mittlerweile freilich von mehreren Päpsten durch ihren Besuch veredelt wurde, ist der dreijährige Aufenthalt des Apostels Paulus in Ephesos ausführlich bezeugt (in Apg 18 f). Auf diesen bezieht sich auch eine in der sog. Paulusgrotte erhaltene bildliche und epigraphische Tradition.3 Die folgenden Ausführungen sollen dazu dienen, durch einige Beispiele zu erhellen, vor welchem geistigen und kulturellen Hintergrund die frühchristliche Mission in Ephesos stattfand. Einen Einblick in die Gedankenwelt der kaiserzeitlichen Ephesier gewinnt man am ehesten durch die im sog. Hanghaus 2 zahlreich vorgefundenen Graffiti. Im Gegensatz zu den geformten und vielfach gefilterten Äußerungen von Schriftstel1 Die hier als Beispiele herangezogenen Graffiti werden mit durchlaufenden GR-Nummern zitiert, so wie sie in den Bänden der Hanghaus-Publikation (Forschungen in Ephesos 8) enthalten sind. Im Einzelnen sind Texte und Abbildungen in folgenden Bänden zu finden: GR 1–128: Hans Taeuber, Graffiti und Dipinti, in: H. Thür, ed., Hanghaus 2 in Ephesos. Die Wohneinheit 4. Baubefund, Ausstattung, Funde, FiE 8,6, Wien 2005, 132–143, Taf. 89–104. GR 129–195: Hans Taeuber, Graffiti, in: F. Krinzinger, ed., Hanghaus 2 in Ephesos. Die Wohneinheiten 1 und 2, FiE 8,8, Wien 2010, 122–125 u. 472–478, Taf. 37–39.184–191. GR 196–308: Hans Taeuber, Graffiti und Steininschriften, in: H. Thür / ​E. Rathmayr, eds., Hanghaus 2 in Ephesos. Die Wohneinheit 6, FiE 8,9, Wien 2014, 331–344 Taf. 103–126.383. GR 309–445: Hans Taeuber, Graffiti, in: E. Rathmayr, ed., Hanghaus 2 in Ephesos. Die Wohneinheit 7, FiE 8,10 (im Druck). GR 446–494: Hans Taeuber, Graffiti der Wohneinheiten 3 und 5 (in Vorbereitung). 2 Zu den einzelnen Stätten s. P. Scherrer, ed., Ephesos – der neue Führer, Wien 1995 (mit weiterführender Literatur); zum geschichtlichen Hintergrund Stefan Karwiese, Groß ist die Artemis von Ephesos. Die Geschichte einer der großen Städte der Antike, Wien 1995; Dieter Knibbe, Ephesus – ΕΦΕΣΟΣ. Geschichte einer bedeutenden antiken Stadt und Portrait einer modernen Großgrabung, Frankfurt / ​M. 1998. 3 S. dazu einstweilen Renate Pillinger, Die Paulus-Grotte, in: S. Ladstätter / ​N. Zimmermann, eds., Wandmalerei in Ephesos von hellenistischer bis in byzantinische Zeit, Wien 2010, 174–181: 178 f.

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lern und Dichtern stellen diese Wandkritzeleien unmittelbare Äußerungen der damaligen Lebenswirklichkeit dar, die aus einer augenblicklichen Laune, Empfindung oder Notwendigkeit heraus entstanden. Im Gegensatz zu den Steininschriften waren sie nie für dauerhafte Bewahrung bestimmt; gerade deshalb sind sie uns aber als direkte Zeugnisse des antiken Lebensgefühls umso wertvoller. Das „Hanghaus 2“ wurde seit den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts durch das Österreichische Archäologische Institut freigelegt, restauriert, konserviert und erforscht, und man erkannte bald, daß die Räume dieses Häuserblocks ungewöhnlich gut erhalten waren; viele von ihnen zeigten noch immer die originalen Mosaikfußböden, Marmorinkrustationen und vor allem Wandmalereien. Der ‚Zusatznutzen‘ dieser Fresken bestand in den darauf eingeritzten, zumeist in griechischer Sprache abgefaßten Graffiti, die, wie sich in weiterer Folge herausstellte, auch Informationen zur Chronologie des Gebäudes selbst enthielten. Die Wandmalereien waren nach stilistischen Kriterien großteils ins 5. Jh. n. Chr. datiert worden; die Evidenz der Graffiti (auf die ich später zurückkommen werde) bewies jedoch, daß die Fresken vor der Mitte des 3. Jh. entstanden sein mußten, also rund 200 Jahre früher als zuvor angenommen. Die zusammenfassende Analyse aller Befunde zeigte, daß die ganze insula bei einem Erdbeben (wahrscheinlich im Jahre 262) zerstört und, von Randbereichen abgesehen, danach nie wieder bewohnt wurde.4 Eben dies ist der Grund, daß die ursprüngliche Dekoration – im Gegensatz zum benachbarten „Hanghaus 1“ – so gut erhalten geblieben ist. Ein unerwarteter Anknüpfungspunkt zu einer vieldiskutierten Stelle des Neuen Testaments findet sich in einer Serie von fünf Graffiti mit Liebesbezeugungen, die alle dem Schema des nachstehenden Beispiels folgen (GR 312): Φιλῶ ἧς ὁ ἀριθμὸς ωξε΄ Κλωδία „Ich liebe die, deren Zahl ΩΞΕ (=865) ist.“

Es handelt sich um ein isopsephisches Rätsel, dessen Lösung die Summe der Zahlenwerte der Buchstaben des gesuchten Personennamens ist. Der darunter geschriebene Name „Klodia“ entspricht exakt dieser Summe: Κ 20 Λ 30 Ω 800 Δ 4 Ι 10 Α 1 865 Das Prinzip dieses Rätsels erinnert an die berühmte Stelle in Apk 13,18: 4 Zur Datierungsproblematik s. F. Krinzinger, ed., Das Hanghaus 2 von Ephesos. Studien zu Baugeschichte und Chronologie, Wien 2002.

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 Ὧδε ἡ σοφία ἐστίν· ὁ ἔχων νοῦν ψηφισάτω τὸν ἀριθμὸν τοῦ θηρίου· ἀριθμὸς γὰρ ἀνθρώπου ἐστί· καὶ ὁ ἀριθμὸς αὐτοῦ ἑξακόσιοι ἑξήκοντα ἕξ. „Hier ist die Weisheit. Wer Verständnis hat, berechne die Zahl des Tieres; denn es ist eines Menschen Zahl; und seine Zahl ist sechshundertsechsundsechzig.“

Auch hier geht es ausdrücklich um den Namen eines Menschen, der durch die angegebene Zahl 666 verschlüsselt ist. Es ist hier nicht der Ort, über mögliche Auflösungen (z. B. ΝΕΡΩΝ ΚΕCΑΡ im hebräischen Zahlensystem) zu spekulieren. Was aber aus dem Graffito zweifelsfrei hervorgeht, ist, daß diese Art der Kryptographie im kaiserlichen Ephesos auch im profanen Kontext gang und gäbe war und der Autor der Apokalypse sie dort von seinen Zeitgenossen gelernt oder zumindest gekannt haben wird; dementsprechend konnte er auch Verständnis für ein solches Rätsel erwarten. Liebe ist, wie wir wissen, oft auch mit schmerzlichen Erlebnissen verbunden. Aus einer solchen Stimmung heraus ist das folgende Graffito (GR 228) entstanden: Εἰ δύνατο ἀφῆν(αι) ψυχή· ἐθέλεις ἐπιτυχεῖν οὐ‑ δεμίαν ὥραν πο‑ τ᾽ ἐγώ σε λελυ‑ πήκειν, ἀλλ᾽ ἐποί‑ ουν πάντα πρὸς ὃ θέλεις πρὸς ὀλί‑ γον γὲ χρόνον περί‑ μενων „Wenn die Seele nur loslassen könnte! Du wolltest keine Stunde erleben, in der ich dich betrübt gemacht habe; aber ich habe alles getan, was du willst, angesichts der geringen verbleibenden Zeit.“

Ein bemerkenswerter Umstand dieses Textes liegt darin, daß er auf der Wand oberhalb eines Wasserbeckens eingeritzt ist, in welchem Fische für luxuriöse Gastmähler frisch gehalten wurden. Der Schreiber mußte also im Wasser gestanden haben, als er diese Zeilen niederschrieb, was aber nicht zur Abkühlung seiner Gefühle führte. Wo Liebe ist, ist auch das Gegenteil nicht fern: Haß. Dazu zwei Beispiele, wovon das erste eine untreue Gattin betrifft (GR 238): Τὸ πῆμα μοιχ(ευ)τρίᾳ „Unheil der Ehebrecherin!“

Im zweiten Beispiel (GR 88) war zuerst der Unglückswunsch ἀτύχι eingeritzt, der später jedoch durch einen Segenswunsch ersetzt wurde (GR 89): Εὐτύχι, Εὐτύχη, πολλοῖς ἔτεσι! „Sei glücklich, Eutyches, für viele Jahre!“

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Ähnliche Wünsche wurden oft während Gastmählern geäußert, welche zweifellos häufig im Hanghaus stattfanden. Der ausführlichste davon ist ein Epigramm, das sich an einen großzügigen Wohltäter richtet (GR 28): Εὐλάλι χαῖρε, θεοῖς | πεποθήμενον | οὔνομα σέμνον· ἐεὶ ζᾖς, | σ᾽ ἐεὶ καὶ βίος αὐξανέτω. |5 πᾶσιν γὰρ φιλίαν παρέχεις | ἀγαθαῖσι προνοίαις, δῶρα | καὶ εὐφροσύνας, ἧς ἔχεις | ἀμβροσίης. „Sei gegrüßt, Eulalios, ersehnter, von den Göttern geachteter Name; mögest du ewig leben, und möge sich auch dein Vermögen ewig vermehren. Denn allen gewährst du durch wohlmeinende Fürsorge Freundschaft, Geschenke und Festmähler von der ambrosischen Fülle, die du besitzest.“

Aber wir finden auch bescheidenere Zeichen der Dankbarkeit (GR 47): Ἀτταλιανὸς τὸ παιδείν ἐμνήσ‑ θη τῆς καλῆς ξενί‑ ας. „Attalianos, der Knabe [oder: Sklave], gedachte der schönen Gastfreundschaft.“

Während der Symposien spielte man nicht nur mit Namen und Zahlen, wie vorhin gesehen, sondern auch mit Wörtern und Lauten, wie das folgende Beispiel zeigt (GR 180): Ξιξξιμιλιξιφίλος. „Xixximilixiphilos.“

Hinter diesem kuriosen Begriff könnte sich der Liebhaber eines aus Jojoba-Beeren (ζιζουλά) und Honig (μέλι) gemischten Getränks verbergen, wobei das Wort spielerisch entstellt ist. Ein wesentlich wichtigeres Getränk bei Gastmählern war natürlich Wein, was die folgende Bestellung illustriert: (GR 27): Σάμιαθ΄ μακρὰγ΄ Ἀμίννην λάγυνος γ΄

Samische (Weinkrüge) 9 Große (Weinkrüge) 3 Aminnäischer (Wein) Lagynos (= Weinflasche) 3

Die Führung einer Buchhaltung ist speziell in Oberschicht-Haushalten, wie sie in den Hanghäusern anzutreffen sind, vorauszusetzen. Abrechnungen wurden üblicherweise auf Wachstafeln (Diptycha) geschrieben, doch gelegentlich finden wir sie auch eingeritzt auf Wänden. Für die etwa dreißig Belege aus „Hanghaus 2“ kann der folgende Text als exemplarisch (wenn auch orthographisch eigenwillig) gelten (GR 451): 1 καρήαις 2 συκύδια 3 κρειθαὶ

ἀσ(σάρια) ι‹΄ (Hasel‑)Nüsse 10½ Assaria ἀσ(σάρια) β‹΄ Kleine Feigen 2½ Assaria * ιβ΄ ἀσ(σάριον) ‹ Gerste 12 Denare ½ Assarion

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4 Καλιτύχῃ *α΄ Für Kallityche 1 Denar 5 ξῦλα ἀσ(σάρια) γ΄ Holz 3 Assaria 6 κρόμοια ἀσ(σάρια) δ΄ Zwiebeln 4 Assaria 7 κάρα ἀσ(σάριον) ‹ Kümmel ½ Assarion 8 εἰς βαλανῆον ἀσ(σάρια) ιβ΄ (Eintritt) in die Therme 12 Assaria

Den zugrundeliegenden Vorgang kann man sich etwa folgendermaßen vorstellen: Der Hausverwalter schickte einen Sklaven auf den Markt mit dem Auftrag, bestimmte Besorgungen zu erledigen. Nach seiner Rückkehr mußte dieser Rechenschaft über die ausgegebenen Beträge ablegen. In diesen Listen finden wir alle möglichen Waren: Wein, Brot, Fleisch, Wurst, Olivenöl, Waschmittel, Brennholz usw.; das gibt uns Einblick in den täglichen Bedarf solcher gehobener Haushalte. Interessanterweise taucht in den Listen regelmäßig der Posten „Eintritt in die Thermen“ auf, was die Angabe antiker Autoren über den täglichen Bäderbesuch in der Kaiserzeit bestätigt. Mindestens ebenso interessant sind die Münzeinheiten, denen wir hier begegnen. Die Beträge sind einerseits in Denarii, also der reichsrömischen Silberwährung, angegeben, und zwar mit dem bekannten Symbol eines sechsstrahligen Sterns, andererseits finden wir eine Abkürzung, die aus einem Alpha mit hochgestelltem lunaren Sigma besteht und Assaria bedeutet. Dieser Terminus bezeichnet die lokalen Bronzeprägungen, die in vielen Poleis des griechischen Ostens emittiert wurden. Aufgrund der katastrophalen politischen und wirtschaftlichen Lage, die unter der Regierung des Gallienus (253–268) entstand, stellten praktisch alle kleinasiatischen Städte ihre Prägungen in dieser Zeit ein. Der Umstand, daß die Assaria in unseren Graffiti noch auftauchen, beweist, daß die Texte spätestens unter Gallienus entstanden sind; die als Schreibgrund dienenden Fresken müssen demnach noch etwas älter sein. Das war ein entscheidendes Argument für die Rückdatierung der Wandmalereien um rund 200 Jahre und für die Neubeurteilung der Baugeschichte des Hanghauses insgesamt. Ein essentieller Teil des Lebensgefühls der hier ansässigen Oberschicht war ihre Verbindung zur klassischen Kultur. Im sog. „Theaterzimmer“ finden wir Szenen aus berühmten Dramen, wie der Orestie des Aischylos oder den Sikyoniern Menanders (GR 135.140). In gleicher Weise sollten die zahlreichen Darstellungen von Philosophen (GR 1: Σωκράτης) und Musen (GR 186: Τερψιχόρη) die Wohnungseigentümer als gebildete Leute darstellen. Mehrfach sind auch Alphabete an den Wänden zu finden (vielleicht Überreste von Privatunterricht). Auch der Geburt einer Tochter wurde gedacht, mit Angabe des Tages und der exakten Stunde (GR 60): Γεννᾶται Προκόπη μη(νὶ) Ἀπελλαίῳ ι΄ ἀπ(ιόντος) ὡρ(ᾳ) γ΄ ἐν συμπαθίᾳ „Prokope wurde geboren im Monat Apellaios, am zehnten Tag des schwindenden Mondes, in der dritten Stunde, in Harmonie.“

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Möglicherweise war diese Angabe zur Erstellung eines Horoskops bestimmt; der Zusatz ἐν συμπαθίᾳ könnte in diese Richtung deuten. Für religiöse Überzeugungen im engeren Sinne finden sich sehr wenige Zeugnisse auf den Wänden, wenn man von der schön ausgeführten Büste einer Athena Parthenos absieht. Wesentlich mehr erregten Gladiatoren das Interesse des antiken Publikums, wie aus den zahlreichen einschlägigen Darstellungen hervorgeht. Dies ergänzt die Evidenz der ephesischen Reliefs und Steininschriften. Neben vielen, oft karikaturhaften Zeichnungen von Männern und Frauen ist ein offensichtliches Interesse an Tieren festzustellen, sei es im Kontext von Jagdszenen oder in der Form von einzelnen Vögeln, Mäusen, Fischen, Kühen oder Pferden. Daß auch Schiffe erscheinen, mag in der Handelsmetropole Ephesos kaum verwundern. Gelegentlich findet man auch Architekturteile, wie eine Säule oder das Dach des Oktogons, wahrscheinlich ein Grabmonument für Kleopatras Schwester Arsinoe (GR 372).5 Das Gebäude befand sich an der Kuretenstraße, nur ein paar Meter von jener Wand entfernt, auf welcher dieses Graffito gezeichnet wurde. Wenig liest man auf den Wänden über prominente Persönlichkeiten. Die wichtigste Entdeckung diesbezüglich war der Name des prominenten Ephesiers Salutaris in einem lateinischen Latrinengraffito, das ihn zu hetero‑ wie homosexuellen Aktivitäten auffordert (GR 149.154).6 Der reiche C. Vibius Salutaris hatte im Jahre 104 eine Stiftung mit einem Kapital von über 20000 Denaren errichtet (IEph 27), wobei er unter anderem vorschrieb, daß Goldstatuen des Kaisers Trajan und seiner Gattin Plotina während der Sitzungen der Volksversammlung im Theater zur Schau gestellt werden sollten; die übrige Zeit sollten die Statuen in seiner Privatwohnung verehrt werden. Das lateinische Graffito erlaubt uns, das betreffende Appartement als diese Stadtwohnung zu identifizieren. Daß hier ein semi-privater Kaiserkult stattfand, wird durch den Fund eines Elfenbeinfrieses mit dem Porträt Trajans in derselben Wohneinheit unterstrichen.7 Die politischen Empfindungen der Ephesier in der hohen Kaiserzeit sind wohl am besten im folgenden Hexameter zum Ausdruck gebracht (GR 73):  Ῥώμη πανβασίλια, τὸ σὸν κράτος οὔποτ’ ὀλῆται. „Rom, du Allesbeherrscherin, möge deine Macht niemals untergehen!“

Abschließend sei an dieser Stelle noch auf einen hochinteressanten Befund verwiesen, der zwar nur am Rande mit Graffiti zu tun hat, aber dafür die Geschichte des frühen Christentums in einem neuen und vielleicht unerwarteten Licht erscheinen läßt. Es handelt sich um das sog. Siebenschläfer-Zömeterium, mit dem 5 Zum Gebäude und seiner Deutung s. Hilke Thür, Arsinoë IV, eine Schwester Kleopatras VII, Grabinhaberin des Oktogons von Ephesos? Ein Vorschlag, ÖJh 60, 1990, 43–56. 6 S. dazu Hans Taeuber, C. Vibius Salutaris – Wohnungsbesitzer im Hanghaus 2?, in: B. Brandt / ​ V. Gassner / ​S. Ladstätter, eds., Synergia. FS F. Krinzinger, Wien 2005, 349–353. 7 Maria Dawid, Die Elfenbeinplastiken aus dem Hanghaus 2 in Ephesos, FiE 8,5, Wien 2003.

Ephesische Graffiti als Zeugnisse des Lebensgefühls in der hohen Kaiserzeit

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sich mein Kollege Norbert Zimmermann in den letzten Jahren intensiv beschäftigt hat und dabei zu wichtigen Erkenntnissen gekommen ist.8 Diese Begräbnisstätte liegt am Ostabhang des Panayır dağı, der schon von Natur aus tiefe Einschnitte und Höhlungen aufweist. Der Legende nach wurden hier zur Zeit der Christenverfolgung des Decius (Mitte 3. Jh.) 7 Männer lebendig eingemauert, aber durch ein Wunder in Schlaf versetzt, aus dem sie unter Theodosios II. (Mitte 5. Jh.) wieder erwachten. Der Kaiser selbst interpretierte diese Legende als göttliches Zeichen, um die Zweifel an der leiblichen Auferstehung zu beseitigen. Die älteste schriftliche Fassung stammt von dem Syrer Jakob von Sarug vom Anfang des 6. Jh., wurde dann u. a. von Gregor von Tours weiterverbreitet und fand sogar Eingang in den Koran (18. Sure; die Stätte ist heute auch ein islamischer Pilgerort). Die sieben Männer wurden im Mittelalter als ‚Märtyrer‘ verehrt, was die zahlreichen Pilgerinschriften aus vielen Ländern unterstreichen. Die komplexe Anlage wurde von Franz Miltner in der Zwischenkriegszeit ausgegraben, der von einer einzigen Bauphase im 5. Jh. ausging ist und nicht alle Funde mit Abbildungen publizieren konnte (die Originale der Kleinfunde sind heute meist verloren, auch sonst sind die Befunde seither vielfach zerstört).9 Jedenfalls erfordern Bautechnik und Statik eine einheitliche Konzeption für den Kernbereich, der aus Krypta und Kirchen-Bereich besteht, worin zahlreiche Boden‑ und Arcosolgräber angelegt waren; vereinzelt finden sich auch Sarkophage. Die Kirche wurde jedoch erst sekundär im 5. Jh. eingebaut, der Begräbniskomplex ist wesentlich älter. In diesem Kernbereich findet sich keine christliche Symbolik auf Wandmalerei, Stuck und Mosaiken (wie bei späteren Begräbnisplätzen üblich); auch kein Hinweis auf Märtyrer. Ein Vergleich mit „Hanghaus 2“, dessen letzte Ausstattungsphase jetzt sicher in die 1. Hälfte des 3. Jh. datiert ist, zeigt allerdings frappierende Ähnlichkeiten in der Dekoration (Wandmalerei, Mosaiken, Stuck). Dies hat schon V. M.  Strocka10 festgestellt, der diese Übereinstimmungen freilich dazu benützt hat, um seine Spätdatierung des „Hanghauses 2“ zu untermauern. Eine wichtige Rolle bei der zeitlichen Einordnung des Komplexes spielt natürlich der epigraphische Befund. Aus dem Siebenschläfer-Zömeterium sind folgende Gruppen von Inschriften dokumentiert: – Späte Inschriften aus der Kirche (5./6. Jh.), die sich auf den Märtyrer-Kult beziehen;

 8 Norbert Zimmermann, Das Sieben-Schläfer-Zömeterium in Ephesos. Neue Forschungen zu Baugeschichte und Ausstattung eines ungewöhnlichen Bestattungskomplexes, ÖJh 60, 2011, 365–407. Die folgenden Ausführungen basieren weitgehend auf diesem Artikel, wo auch die Belege ausführlich dargestellt sind. Vgl. auch N. Zimmermann, Das Sieben-Schläfer-Zömeterium in byzantinischer Zeit, in: S. Ladstätter / ​N. Zimmermann, eds., Wandmalerei in Ephesos von hellenistischer bis in byzantinische Zeit, Wien 2010, 203–207.  9 Franz Miltner, Das Cömeterium der Sieben Schläfer, FiE 4,2, Baden 1937. 10 Volker M. Strocka, Die Wandmalerei der Hanghäuser in Ephesos, FiE 8,1, Wien 1977, 59.

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– Deckplatten mit Hebelöchern für Bodengräber, die aus dem 3. Jh. n. Chr. stammen. Diese regelmäßig angeordneten Texte weisen keine lunaren oder langgestreckten Buchstaben und keine christlichen Symbole auf, wie sie ab dem 4. Jh. typisch sind. Es sind einfache Namen (ohne römische gentilicia), es werden keine Ämter oder Berufe genannt, was wohl dem Ideal der Gleichheit aller Gläubigen entsprach. Mehrfach findet sich die Wendung ἐν θεῷ, wofür es keine frühen christlichen oder heidnischen Parallelen gibt. Vergleichbar ist lediglich eine Stelle in Phil 4,4: χαίρετε ἐν θεῷ. – Zwei Inschriften wurden unter der späteren Putzschicht der Arcosolgräber in die Felswand eingemeißelt, stammen somit aus der ältesten Phase des Bauwerks. Hier findet sich die Wendung μνησθῇ ὁ θεὸς Τατ[ί]ου11, welche auch ohne Parallele ist. Aus dem geschilderten Befund ergibt sich folgende Konsequenz: Der Komplex muß im 3. Jh. entstanden sein, entweder in der Toleranzphase zwischen Gallienus und der diokletianischen Verfolgung oder (wegen der besseren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und der stilistischen Ähnlichkeit) sogar noch in der 1. Hälfte des 3. Jh. in der Zeit zwischen den Severern und Traianus Decius. Das hieße: Die Christen haben sich nicht versteckt, sondern haben ihre Gräber durch Formeln kenntlich gemacht, die zumindest den Eingeweihten bekannt waren (wobei sie aber auf christliche Symbole verzichteten). Schließlich erhebt sich die Frage, wer der Bauherr dieser wohl als christliche Begräbnisstätte anzusprechenden Anlage war. Da es sich um ein sehr ausgedehntes und architektonisch höchst anspruchsvolles Bauwerk handelt, muß es eine wohlhabende Persönlichkeit gewesen sein; es ist freilich auch nicht auszuschließen, daß die Finanzierung etwa auf Vereinsbasis erfolgte. Jedenfalls wurde der Bau direkt unter den Augen der Obrigkeit durchgeführt (nach einer nicht unwahrscheinlichen Theorie residierte der römische Statthalter – der Proconsul Asiae – am Westabhang desselben Berges). Das Bild der Christen im 3. Jh. als versteckter, verfolgter Minderheit müßte demnach zumindest für bestimmte Zeitabschnitte revidiert werden.

11 Zimmermann, Sieben-Schläfer-Zömeterium, 400 liest (nach Miltner) Τάγου, was sowohl von der Raumverteilung als auch von der Häufigkeit des Namens her weniger wahrscheinlich ist.

Vergöttlichte Kaiser am Straßenrand Die Bedeutung epigraphischer Zeugnisse für die Sichtbarkeit der Verbindung von Religion und Politik im Imperium Romanum und für eine kaiserkritische Lektüre neutestamentlicher Schriften Eva Ebel Um zu verstehen, warum die ersten Christinnen und Christen bestimmte theologische Ideen entwickeln und bestimmte Formen des Gemeinschaftslebens wählen, ist es unerlässlich, sie sowohl in ihrem jüdischen als auch in ihrem griechischrömischen Umfeld zu situieren, denn die frühen christlichen Gemeinden und ihre Theologien entstehen keineswegs aus dem Nichts. Vielmehr handelt es sich bei der Entwicklung von Strukturen und Lehren um ein Wechselspiel von Anlehnung und Ablehnung, von Kontinuität und Diskontinuität:1 Für die Organisation ihres Gemeinschaftslebens und die Inhalte und Ausdrucksformen ihres Glaubens nehmen die ersten Christinnen und Christen einerseits Anleihen bei etablierten Gemeinschaften und Kulten in ihrem Umfeld, andererseits setzen sie sich zugleich auch ganz bewusst von bestehenden Formen, Glaubenssätzen und Ideologien ab. Bei der Wahl von Begriffen, Bildern und Denkfiguren zur Beschreibung ihrer religiösen Überzeugungen sind sie ebenso wie bei der Ausgestaltung ihrer Regeln und Rituale von den individuellen biographischen Erfahrungen einzelner Mitglieder und von der gemeinsamen aktuellen Lebenswelt der Gemeinde geprägt. Das Ergebnis dieses innerlichen und äußerlichen Identitätsfindungsprozesses 1 Zur Beschreibung dieses Spannungsfeldes werden verschiedene Begriffspaare gewählt: „Weltflucht oder Weltverantwortung“ (Ernst Dassmann, Weltflucht oder Weltverantwortung. Zum Selbstverständnis frühchristlicher Gemeinden und zu ihrer Stellung in der spätantiken Gesellschaft, JBTh 7, Neukirchen-Vluyn 1992, 189–208), „Anpassung und Abgrenzung“ (Dietrich-Alex Koch, Die Christen als neue Randgruppe in Makedonien und Achaia im 1. Jahrhundert n. Chr., in: H. P. Müller / ​F. Siegert, eds., Antike Randgesellschaften und Randgruppen im östlichen Mittelmeerraum, Münsteraner Judaistische Studien 5, Münster 2000, 158–188: 159), „Integration und Distanz“ (Horacio E. Lona, Zur Struktur von Diognet 5–6, VigChr 54, 2000, 32–43), „Integration und Abgrenzung“ (Dirk Schinkel, Die himmlische Bürgerschaft. Untersuchungen zu einem urchristlichen Sprachmotiv im Spannungsfeld von religiöser Integration und Abgrenzung im 1. und 2. Jahrhundert, FRLANT 220, Göttingen 2007, 12.119), „Weltdistanz und Weltzuwendung“ (Samuel Vollenweider, Weltdistanz und Weltzuwendung im Urchristentum, in: H.-G. Nesselrath / ​ M. Rühl, eds., Der Mensch zwischen Weltflucht und Weltverantwortung. Lebensmodelle der paganen und der jüdisch-christlichen Antike, STAC 87, Tübingen 2014, 127–146) oder auch „Identitätsverlust und Identitätsgewinn“ (Eckhard Plümacher, Identitätsverlust und Identitätsgewinn. Studien zum Verhältnis von kaiserzeitlicher Stadt und frühem Christentum, BThS 11, Neukirchen-Vluyn 1987).

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kann von Ort zu Ort unterschiedlich sein. Es verleiht den Gemeinden der ersten Christinnen und Christen ein individuelles Profil, das sie zu einem eigenständigen und oftmals auch attraktiven Angebot auf dem antiken Markt der religiösen Möglichkeiten macht. Fragt man nach der konkreten Konkurrenz des neu entstehenden Christentums, ist das Feld der Religion im Mittelmeerraum des 1. Jh. n. Chr. ebenso bunt wie die Vielfalt der Menschen, die im Imperium Romanum leben:2 Ägyptische, griechische und römische Gottheiten können nicht nur in ihren Ursprungsregionen, sondern bedingt durch Handel, Militärwesen und Migration auch in vielen anderen Gegenden zahlreiche Anhängerinnen und Anhänger vorweisen. Doch auch lokale Gottheiten können sich behaupten und entweder in ihrer traditionellen Form oder unter Aufnahme der Züge von außen kommender Gottheiten weiterhin Frauen und Männer an sich binden. Einen Gegenpol zu den zahlreichen polytheistischen Angeboten bietet der strenge Monotheismus des Judentums. Aus dieser religiösen Vielfalt sticht aus mehreren Gründen der römische Kaiserkult heraus, der globale und lokale, religiöse und politische Momente in sich vereint: Wenn auch lokal in unterschiedlicher Trägerschaft, Intensität und Ausformung organisiert und umgesetzt,3 wird er im gesamten Imperium Romanum gepflegt. Ob offiziell von der Provinz oder Stadt getragen4 oder in privater Initiative5, ob in dauerhafter und unübersehbarer Form eines Tempels, ob in der für die Bewohnerinnen und Bewohner einer Stadt attraktiven Form eines regelmäßigen Festes6 oder auch nur in der bescheidenen Form eines einmaligen Rituals, 2 Für einen Streifzug durch die religiöse Umwelt der ersten Christinnen und Christen vgl. Hans-Josef Klauck, Die religiöse Umwelt des Urchristentums, Bd. 1: Stadt‑ und Hausreligion, Mysterienkulte, Volksglaube, KStTh 9,1, Stuttgart 1995 und ders., Die religiöse Umwelt des Urchristentums, Bd. 2: Herrscher‑ und Kaiserkult, Philosophie, Gnosis, KStTh 9,2, Stuttgart 1996. 3 Den lokalen Charakter des Kaiserkults betont nachdrücklich Walter Ameling, Der kleinasiatische Kaiserkult und die Öffentlichkeit. Überlegungen zur Umwelt der Apokalypse, in: M. Ebner / ​ E. Esch-Wermeling, eds., Kaiserkult, Wirtschaft und Spectacula. Zum politischen und gesellschaftlichen Umfeld der Offenbarung, NTOA 72, Göttingen 2011, 15–54, bes. 16–18. 4 Vgl. exemplarisch für Ephesus Peter Scherrer, Anmerkungen zum städtischen und provinzialen Kaiserkult: Paradigma Ephesos – Entwicklungslinien von Augustus bis Hadrian, in: H. Thür, ed., „… und verschönerte die Stadt …“ – KAI KOΣMEΣANTA THN ΠOLIN. Ein ephesischer Priester des Kaiserkultes in seinem Umfeld, SoSchrÖAI 27, 1997, 93–112. 5 Eine Mittelstellung zwischen privater Initiative und öffentlicher Trägerschaft nimmt die Verehrung des Kaisers in Vereinen ein, vgl. dazu Philipp Harland, Honours and worship: Emperors, imperial cults and associations at Ephesus (first to third century c.e.), SR 25, 1996, 319–334; ders., Imperial Cults within local cultural life: Associations in Roman Asia, Ancient History Bulletin 17, 2003, 85–107. Einen von einem Verein gepflegten Herrscherkult (zunächst für die Attaliden, dann zeitlich dem öffentlichen Kult sogar vorausgehend für Augustus) dokumentieren exemplarisch die Funde im sog. Podiensaal in Pergamon, vgl. dazu Wolfgang Radt, Pergamon. Geschichte und Bauten, Funde und Erforschung einer Metropole, Köln 1988, 224–228; ders., Pergamon. Geschichte und Bauten einer antiken Metropole, Darmstadt 1999, 196–199; Holger Schwarzer, Vereinslokale im hellenistischen und römischen Pergamon, in: U. Egelhaaf-Gaiser / ​A. Schäfer, eds., Religiöse Vereine in der römischen Antike. Untersuchungen zu Organisation, Ritual und Raumordnung, STAC 13, Tübingen 2002, 221–251: 231–235. 6 Zu Festen im Rahmen des Kaiserkults vgl. Peter Herz, Fest und Gemeinde. Feiern des Kaiser-

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für alle diese Erscheinungsformen gilt: Der Kaiserkult ist mehr als ein Angebot unter vielen im weiten Feld der Religionen, seine eigentliche Funktion ist eine politisch-ideologische Einigung der durch und durch heterogenen Bevölkerung des römischen Weltreiches. Mag man über den tatsächlichen religiösen Gehalt des Kaiserkultes auch streiten,7 seine das gesamte Imperium Romanum umfassende geographische Verbreitung und die mit allen damals bekannten Mitteln arbeitende Propaganda8 machen ihn zweifellos zu einem religiösen Phänomen, das die frühen Christinnen und Christen zur kritischen Auseinandersetzung und Abgrenzung in besonderer Weise herausfordert. Die Allgegenwart der Kaiserverehrung im gesamten geographischen Raum, in dem die ersten Christinnen und Christen leben und dessen Infrastruktur sie nutzen, um die neue Botschaft unter die Menschen zu bringen, stellt für die christliche Verkündigung zugleich einen Anstoß und einen Anknüpfungspunkt ersten Ranges dar. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass zahlreiche Arbeiten zu neutestamentlichen Schriften die darin zum Ausdruck kommende christliche Kritik an römischer Herrschaftsideologie hervorheben und dezidiert Jesus und den römischen Kaiser als Antipoden gegenüberstellen.9 Um diesen Akzent der kultes und die Gemeinschaft der Bürger, Die Alte Stadt 22, 1995, 65–81; Manfred Clauss, Kaiser und Gott. Herrscherkult im römischen Reich, München / ​Leipzig 2001, 316–319.328–334. 7  Eine Mittelstellung des Kaisers zwischen Gott und Mensch vertreten Simon F. R.  Price, Between Man and God: Sacrifice in the Roman Imperial Cult, JRS 70, 1980, 28–43; Peter Herz, Der römische Kaiser und der Kaiserkult. Gott oder primus inter pares?, in: D. Zeller, ed., Menschwerdung Gottes – Vergöttlichung von Menschen, NTOA 7, Freiburg / ​Göttingen 1988, 115–140. Grundlegend für eine ‚theologische‘ Sichtweise des Kaiserkultes ist Manfred Clauss, Deus praesens. Der römische Kaiser als Gott, Klio 78, 1996, 400–433, und ders., Kaiser, bes. 219–419. 8 Vgl. dazu grundsätzlich Paul Zanker, Augustus und die Macht der Bilder, München 20034; Ameling, Kaiserkult, 15–54. Speziell zur Bedeutung der Inschriften vgl. Géza Alföldy, Augustus und die Inschriften: Tradition und Innovation. Die Geburt der imperialen Epigraphik. Gymnasium 98, 1991, 289–324; Christian Witschel, Der Kaiser und die Inschriften, in: A. Winterling, ed., Zwischen Strukturgeschichte und Biographie. Probleme und Perspektiven einer neuen römischen Kaisergeschichte 31 v. Chr.–192 n. Chr., Schriften des Historischen Kollegs, Kolloquien 75, München 2011, 45–112. 9  Exemplarisch für Arbeiten, die mögliche Anspielungen auf den römischen Kaiser und den Kaiserkult in mehreren neutestamentlichen Schriften in den Blick nehmen: Ethelbert Stauffer, Christus und die Caesaren. Historische Skizzen, Hamburg 19524; Klaus Wengst, PAX ROMANA. Anspruch und Wirklichkeit. Erfahrungen und Wahrnehmungen des Friedens bei Jesus und im Urchristentum, München 1986; Dieter Georgi, Die Stunde des Evangeliums. Jesus und Caesar, in: ders. / ​M. Moxter / ​H.-G. Heimbrock, eds., Religion und Gestaltung der Zeit, Kampen 1994, 52–68. Exemplarisch für eine solche Auslegung einzelner neutestamentlicher Schriften: Warren Carter, Matthew and Empire. Initial Explorations, Harrisburg 2001; Martin Ebner, Evangelium contra Evangelium. Das Markusevangelium und der Aufstieg der Flavier, BN 116, 2003, 28–42; Thomas Witulski, Die Johannesoffenbarung und Kaiser Hadrian. Studien zur Datierung der neutestamentlichen Apokalypse, FRLANT 221, Göttingen 2007 sowie die Sammelbände M. Ebner / ​ E. Esch-Wermeling, eds., Kaiserkult, Wirtschaft und Spectacula. Zum politischen und gesellschaftlichen Umfeld der Offenbarung, NTOA 72, Göttingen 2011; Th. Schmeller / ​M. Ebner / ​ R. Hoppe, eds., Die Offenbarung des Johannes. Kommunikation im Konflikt, QD 253, Freiburg 2013. Exemplarisch für eine solche Auslegung einzelner Perikopen: Hans-Josef Klauck, Des Kaisers schöne Stimme. Herrscherkritik in Apg 12,20–23, in: M. Gielen / ​J. Kügler, eds., Macht – Re-

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Texte aufzudecken, nutzen heutige Exegetinnen und Exegeten umfangreiche althistorische, archäologische, epigraphische und theologische Bibliotheken, konsultieren mittlerweile nahezu selbstverständlich Datenbanken mit literarischen und epigraphischen Texten und reisen im besten Fall tatsächlich oder zumindest virtuell in die Abfassungsorte der Schriften und die Heimat der ersten Christinnen und Christen, um dort archäologische Überreste zu bestaunen und eine Ahnung von den geographischen Gegebenheiten zu erhalten. Wie deutlich aber waren die direkten und die eher versteckten Anspielungen auf römische Institutionen, Personen und Parolen den ersten Leserinnen und Lesern der neutestamentlichen Texte? Wer von ihnen konnte wie viel von diesem romkritischen Subtext lesen? Im Folgenden möchte ich anhand von ausgewählten Beispielen der Frage nachgehen, auf welche Weise Inschriften, die mit dem römischen Kaiser in Verbindung stehen, zu einer kaiserkritischen Auslegung der biblischen Aussagen animieren. Welche Voraussetzungen müssen auf der Seite der Leserinnen und Leser erfüllt sein, um in einzelnen Texten des Neuen Testaments ein Konkurrenzverhältnis von Kaiserkult und Christusglaube zu entdecken? Welche dieser Lesarten des Neuen Testaments können durch welche Inschriften angeregt werden? Rufen die vielleicht nur kurzen Inschriften in der eigenen Stadt so viel Weltwissen auf, dass auch eher durchschnittlich gebildete Menschen diese Tiefendimension der einschlägigen Texte wahrnehmen können oder ist sie nur denjenigen zugänglich, die über umfangreiche Kenntnisse vielfältiger epigraphischer und literarischer Texte verfügen oder an den kultischen Aktivitäten des Kaiserkultes in leitender Funktion teilnehmen? Mit anderen Worten: Muss ein antiker Mensch die in Form und Inhalt monumentale und in neutestamentlichen Kreisen besonders beliebte Kalenderinschrift von Priene10 kennen, um Jesus und Augustus als Gegenspieler zu identifizieren? Ist eine solche Auslegung also erst nach intensivem Studium in der hoffentlich vorhandenen örtlichen Bibliothek, ausgiebigen Reisen durch verschiedene Regionen des Imperium Romanum oder eigenen praktischen Erfahrungen mit dem Kaiserkult möglich oder erschließt sich

ligion – Liebe, Interdisziplinäre Studien zu Grunddimensionen menschlicher Existenz, Stuttgart 2002, 199–215; wieder abgedruckt in: ders., Religion und Gesellschaft im frühen Christentum. Neutestamentliche Studien, WUNT 152, Tübingen 2003, 251–267; Stefan Schreiber, Weihnachtspolitik. Lukas 1–2 und das Goldene Zeitalter, NTOA / ​StUNT 82, Göttingen 2009. 10 Zu dieser Inschrift (OGIS 458), die für die zeitgeschichtliche Auslotung des Begriffes εὐαγγέλιον und der mit der Geburt eines zukünftigen Herrschers verbundenen Hoffnungen von herausragender Bedeutung ist, vgl. u. a. Claudio Ettl, Der „Anfang der … Evangelien“. Die Kalenderinschrift von Priene und ihre Relevanz für die Geschichte des Begriffs εὐαγγέλιον. Mit einer Anmerkung zur Frage nach der Gattung der Logienquelle, in: S. H. Brandenburger / ​ T. Hieke, eds., Wenn drei das gleiche sagen. Studien zu den ersten drei Evangelien. Mit einer Werkstattübersetzung des Q-Textes, Münster 1998, 121–151; Hans-Josef Klauck, Das göttliche Kind. Variationen eines Themas, in: ders., Anknüpfung und Widerspruch. Das frühe Christentum in der ‚multireligiösen‘ Welt der Antike, Sonderveröffentlichung der Katholischen Akademie in Bayern, München 2002, wieder abgedruckt in: ders., Religion und Gesellschaft, 290–313; Schreiber, Weihnachtspolitik, 43 f.58–62.122–127.

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diese besondere Pointe einiger neutestamentlicher Texte den ersten Christinnen und Christen gleichsam im Vorübergehen an alltäglichen epigraphischen Zeugnissen in ihren jeweiligen Wohnorten? Diese Fragen zwingen dazu, die Chancen und Grenzen der Aussagekraft epigraphischer Zeugnisse für die Auslegung des Neuen Testaments auszuleuchten. Im Blick auf die Schlüsselfunktion einzelner Inschriften für eine zeitgeschichtlich verankerte Auslegung ist zu überlegen: Wie belastbar sind einzelne Inschriften? Kann man Kriterien benennen, die ihre Zusammenschau mit einzelnen neutestamentlichen Texten auch für antike Leserinnen und Leser rechtfertigen oder infrage stellen? Ist also die für uns heutige Auslegerinnen und Ausleger erschließbare kaiserkritische Interpretation frühchristlicher Texte auf Grund inschriftlicher Zeugnisse auch schon für viele oder nur für wenige der ersten Leserinnen und Leser möglich?

1. Ein epigraphischer Streifzug durch Philippi Machen wir also die Probe aufs Exempel und unternehmen einen epigraphischen Spaziergang durch eine Stadt im Imperium Romanum! Aus mehreren Gründen bietet sich dafür besonders die makedonische Stadt Philippi an: Philippi ist eine römische Kolonie, die zunächst von Antonius gegründet wurde, bevor dann Augustus eine Neugründung vornahm.11 Eine solche Stadtgeschichte lässt nicht nur eine starke Prägung durch römische Institutionen und Gewohnheiten, sondern auch besonders prägnante Aussagen über diese Schlüsselfiguren in Inschriften erwarten. Zugleich ist Philippi für mehrere neutestamentliche Schriften ein wichtiger Bezugspunkt: Hier ist eine christliche Gemeinde ansässig, die von Paulus gegründet wurde und anschließend mit dem Apostel in einem Briefwechsel steht. Zusätzlich ist auch ein umfangreiches Kapitel der Apostelgeschichte den Ereignissen rund um den Gründungsaufenthalt des Paulus in Philippi gewidmet. Zudem wird immer wieder Lukas, der Verfasser des gleichnamigen Evangeliums und der Apostelgeschichte, in dieser Region und sogar in dieser Stadt beheimatet.12 Eventuell hatten also die ersten Leserinnen und Leser nicht nur des Philipperbriefes, sondern 11 Zur Gründung der Kolonie durch Antonius und zu deren Neugründung durch Augustus vgl. Lukas Bormann, Philippi. Stadt und Christengemeinde zur Zeit des Paulus, NT.S 78, Leiden / ​ New York u. a. 1995, 11–36. 12 Zu der Beheimatung des Lukas in Philippi vgl. Peter Pilhofer, Philippi, Bd. 1: Die erste christliche Gemeinde Europas, WUNT 87, Tübingen 1995, 153–205.248–254; ders., Lukas als ἀνὴρ Μακεδών. Zur Herkunft des Evangelisten aus Makedonien, in: ders., Die frühen Christen und ihre Welt. Greifswalder Aufsätze 1996–2001. Mit Beiträgen von Jens Börstinghaus und Eva Ebel, WUNT 145, Tübingen 2002, 106–112; Jean-Pierre Sterck-Degueldre, Eine Frau namens Lydia. Die lukanische Komposition von Apg 16,11–15.40, WUNT 2.176, Tübingen 2004, 196–200; Hans Klein, Das Lukasevangelium übersetzt und erklärt, KEK 1,3, Göttingen 2006, 68.

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auch des lukanischen Doppelwerkes das Bild, das die philippischen Inschriften von den römischen Kaisern zeichnen, bei ihrer Lektüre im Hinterkopf.13 Darüber hinaus liegt es auch deshalb nahe, Philippi als Beispiel zu wählen, weil die Inschriften dieser Stadt besonders benutzerfreundlich aufbereitet wurden: Peter Pilhofer hat eine zweisprachige Edition14 vorgelegt und eine dazugehörige Internetdatenbank mit Suchfunktionen15 erstellt. Diese Sammlung enthält den Text sämtlicher publizierter Inschriften von Philippi und zusätzlich Fotografien von etwa einem Viertel dieser Inschriften, so dass Interessierte nicht nur vor Ort, sondern auch am heimischen Schreibtisch einen Eindruck vom Erhaltungszustand der Steine gewinnen und eine Überprüfung der Lesarten an Fotografien vornehmen können. Was sagen also die Inschriften dieser Stadt über die römischen Kaiser und den Kaiserkult? Lassen sich Bezüge zu Aussagen des Neuen Testaments herstellen?16 Geben die Inschriften sogar zu einer kaiserkritischen Auslegung neutestamentlicher Texte Anlass? Spaziert man im 1. und 2. Jh. n. Chr. durch Philippi, ist die quantitative Ausbeute an Inschriften, die auf römische Staatslenker Bezug nehmen, beachtlich, aber der qualitative Ertrag eher bescheiden. Erwartungsgemäß bilden die erhaltenen Inschriften die starke Bindung der römischen Kolonie Philippi an ihren Neugründer Augustus ab. Ein Großteil der epigraphischen Zeugnisse mit kaiserlichen Elementen bezieht sich auf diesen Herrscher, bietet dabei aber inhaltlich viele Wiederholungen. Insgesamt lassen sich vier Gruppen von augusteischen Inschriften in Philippi unterscheiden: a) Inhaltlich wenig ergiebig ist die große Zahl der Inschriften, in denen mit variierenden Formulierungen die nach Augustus benannte colonia Augusta Philippiensis erwähnt wird.17 Dieser Gruppe lassen sich auch die Inschriften hinzufügen, in denen Augustus aus Gründen der Datierung („im X. Jahr des Augustus“) erscheint.18 13 Vgl. zu diesen Überlegungen die von Peter Arzt-Grabner, Philemon, PKNT 1, Göttingen 2003, 45–49 vorgelegten Kriterien für den Vergleich dokumentarischer Texte mit Texten des Neuen Testaments: Der Evidenzgrad des Vergleichs ist umso größer, je näher die zeitlichen, geographischen, kulturellen und sozialen Rahmenbedingungen beieinander liegen. 14 Peter Pilhofer, Philippi, Bd. 2: Katalog der Inschriften von Philippi, WUNT 119, Tübingen 20092. 15 Die Datenbank ist zu finden unter www.philippoi.de/inschriften.php, 31. 3. 2015. 16 Eine ähnliche Zusammenschau von lokalen Inschriften mit Bezug auf den Kaiserkult und dem auf die Stadt bezogenen biblischen Text bietet für Thyatira Bernhard Heininger, Kaiserkult in Thyatira. Eine Besichtigung der Inschriften, in: ders., ed., Mächtige Bilder. Zeit‑ und Wirkungsgeschichte der Johannesoffenbarung, SBS 225, Stuttgart 2011, 60–99. 17 Unter den diversen Variationen weisen die folgenden Bezeichnungen der Kolonie das Element Augusta auf: colonia Augusta Iulia Victrix Philippensium (Pilhofer, Philippi 2, n. 004), colonia Iulia Augusta Philippensis (Pilhofer, Philippi 2, n. 201, 232, 233, 436, 629), colonia Iulia Augusta Victrix Philippiensis (Pilhofer, Philippi 2, n. 132) und Augusta colonia Philippensis (Pilhofer, Philippi 2, n. 203). 18 Dieses ist in drei griechischen Inschriften aus dem 2. Jh. der Fall (Pilhofer, Philippi 2, n. 539, 539a und 544). Im 3. Jh. kann Augustus auch aus Gründen der Lokalisierung genannt werden,

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b) Einen klaren kultischen Bezug haben die Inschriften, in denen das Kultpersonal für die Verehrung des vergöttlichten (divus) Augustus und seiner vergöttlichten (diva) Gattin Livia erscheint. Auf Grabsteinen und in Ehreninschriften in Philippi werden zwei verschiedene Bezeichnungen für Priester des vergöttlichten Augustus genannt: flamen divi Augusti19 und sexvir Augustalis20. Auf dem Forum werden Priesterinnen seiner vergöttlichten Ehefrau Livia (sacerdotes divae Augustae) in Inschriften geehrt,21 von denen die am besten erhaltene folgendermaßen lautet: Maeciae C(ai) f(iliae) Auruncinae Calavianae sacerd(oti) divae Aug(ustae).22 „Für Maecia Auruncina, die Tochter des Gaius, die Priesterin der vergöttlichten Augusta.“

c) Den herausragenden Status des Augustus im gesamten Imperium Romanum und besonders in dieser Kolonie spiegeln zwei Inschriften, in denen Abstrakta direkt mit Augustus23 verknüpft werden. So ist auf dem Forum von der quies Augusta zu lesen:

wie eine griechische Inschrift belegt, in der Philippi eine „Gründung des Philipp und des Kaisers Augustus“ genannt wird (Pilhofer, Philippi 2, n. 296). 19 Innerhalb der Stadt ist diese Amtsbezeichnung auf einem auf dem Forum gefundenen Fragment (Pilhofer, Philippi 2, n. 241) zu lesen. Darüber hinaus sind eine Inschrift aus Kavala (Pilhofer, Philippi 2, n. 004), eine Inschrift aus Basilaki (Pilhofer, Philippi 2, n. 031) und eine Inschrift aus Photolibos (Pilhofer, Philippi 2, n. 531a) zu nennen sowie als auswärtige Belege für einen philippischen flamen divi Augusti vier Inschriften aus Alexandria Troas (Pilhofer, Philippi 2, n. 700–703). 20 Dieser Titel erscheint in den Varianten sevir Augustalis, VIIvir Augustalis und IIIIIIvir sowie als schlichter sexvir und Augustalis auf den Inschriften Pilhofer, Philippi 2, n. 037, 043, 074b, 145, 256, 276, 289, 376, 412, 455, 463, 505, 639, 721. 21 Ergänzend zu den vier Inschriften auf dem Forum (Pilhofer, Philippi 2, n. 226) findet sich ein weiteres Zeugnis in Kavala (Pilhofer, Philippi 2, n. 002). Zu den Livia-Priesterinnen vgl. Bormann, Philippi, 41–44. Zur Entwicklung des Kults der Livia schon zu deren Lebzeiten und nach ihrem Tod vgl. die Quellensammlung von Ulrike Hahn, Die Frauen des römischen Kaiserhauses und ihre Ehrungen im griechischen Osten anhand epigraphischer und numismatischer Zeugnisse von Livia bis Sabina, Saarbrücker Studien zur Archäologie und zur alten Geschichte 8, Saarbrücken 1994, 34–105 sowie Hans-Werner Ritter, Livias Erhebung zur Augusta, Chiron 2, 1972, 313–338; Ruth Stepper, Zur Rolle der römischen Kaiserin im Kultleben, in: C. Kunst / ​U. Riemer, eds., Grenzen der Macht. Zur Rolle römischer Kaiserfrauen, Potsdamer Altertumswissenschaftliche Beiträge 3, Stuttgart 1990, 61–72: 63–66. 22 Es handelt sich um die Inschrift Pilhofer, Philippi 2, n. 226 Sève d. 23 Im Falle von Philippi beziehen sich beide Inschriften wahrscheinlich auf den Neugründer der Kolonie, generell ist im Blick auf kaiserliche Inschriften jedoch umstritten, ob zwischen dem Adjektiv Augustus, a, um und dem Genitiv Augusti des Titels Augustus ein Bedeutungsunterschied besteht. Eher dagegen votiert Clauss, Kaiser, 282: „Ich sehe allerdings nur einen geringen Bedeutungsunterschied zwischen der adjektivischen Verwendung von Augustus / ​Augusta und der Nennung des Titels im Genitiv. Möglicherweise drückt der Genitiv eher die Verbindung zu dem individuellen Kaiser aus, den der Dedikant gerade vor Augen hat, während das Adjektiv ‚augustisch‘ eher den Blick auf den Kaiser als Institution lenkt.“

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Quieti Aug(ustae) col(oniae) Philippiens(is) L(ucius) Tatinius L(uci) f(ilius) Vol(tinia) Cnosus c(enturio) sta‑ torum sua pecu‑ nia posuit.24

„Der augusteischen quies der colonia Philippiensis hat Lucius Tatinius Cnosus, der Sohn des Lucius, aus der Tribus Voltinia, der Centurio statorum, [5] auf eigene Kosten (diese Statue) aufgestellt.“

Auf dem Macellum handelt eine Inschrift von der aequitas Augusti: 5

Aequitatem Augusti et Mensuras M(arcus) Cornelius P(ubli) f(ilius) Vol(tinia) Niger P(ublius) Valerius P(ubli) f(ilius) Vol(tinia) Niger aed(iles) d(e) s(ua) p(ecunia) f(aciendum) c(uraverunt) in id(em) opus co(n)iectum est ex mensuris iniquis aeris p(ondos) XXXXIIII.25

„Die aequitas des Augustus und die Maße haben Marcus Cornelius Niger, der Sohn des Publius, aus der Tribus Voltinia, und Publius Valerius Niger, der Sohn des Publius, aus der Tribus Voltinia, [5] die Ädilen, auf eigene Kosten herstellen lassen. In diesem Werk sind 44 Pfund Bronze aus falschen Maßen zusammengebracht worden.“

d) Namentlich und zugleich als divus wird Augustus in philippischen Inschriften außerdem dann genannt, wenn es um seine Nachkommen und Nachfolger geht. In einem Fall wird auch Gaius Iulius Caesar, der Rivale des Koloniegründers Antonius, in die Ahnenreihe eingefügt: Auf dem Forum werden Tiberius als divi Augusti filius und divi Iuli nepos und Drusus als divi Augusti nepos und divi Iuli pronepos geehrt: A[--‑] Ti(berius) C[aesa]r divi Augusti f(ilius) divi [Iuli] n(epos) trib(unicia) potes[t(ate)] XXXIIX Dru[sus] Caesar Ti(beri) Aug(usti) f(ilius) 5 divi [Aug(usti) n(epos)] Divi Iuli pro[n(epos)] tr(ibunicia) pot(estate) II Cad[m]us Atimetus Marti[alis] C(ai) Iuli [A]ugusti liberti mo(numentum) d(e) [s(uo)] f(aciendum) c(uravit)].26 „… Tiberius Caesar, der Sohn des vergöttlichten Augustus, der Enkel des vergöttlichten Iulius, zum achtunddreißigsten Mal Inhaber der tribunizischen Gewalt, Drusus Caesar, der Sohn des Tiberius Augustus, [5] der Enkel des vergöttlichten Augustus, der Urenkel des verhandelt sich um die Inschrift Pilhofer, Philippi 2, n. 203. handelt sich um die Inschrift Pilhofer, Philippi 2, n. 249. 26 Es handelt sich um die Inschrift Pilhofer, Philippi 2, n. 282. Dazu kommen ein Fragment aus Raktcha, in dem vermutlich der Sohn des divus Augustus genannt wird (Pilhofer, Philippi 2, n. 088), und eine in Doxato gefundene pauschale Ehrung der colonia Philippensium für die Kinder und Enkel des felix Augustus (Pilhofer, Philippi 2, n. 452). 24 Es 25 Es

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göttlichten Iulius, zum zweiten Mal Inhaber der tribunizischen Gewalt. Cadmus, Atimetus und Martialis, die Freigelassenen des Gaius Iulius Augustus, haben das Monument auf ihre eigenen Kosten anfertigen lassen.“

Ist die Anzahl dieser epigraphischen Zeugnisse mit Bezug zu Augustus insgesamt auch nicht überwältigend, so beeindrucken doch deren prominente Positionierung innerhalb der Stadt und vor allem deren unmissverständliche Aussage: Die Inschriften finden sich an zentralen Stellen des öffentlichen Lebens. Die Statuen der Livia-Priesterinnen sind nicht dezent in irgendeinem Winkel aufgestellt, sondern stehen in bester Lage auf dem Forum der Stadt und behalten diese auch nach einer Neugestaltung des Forums im 2. Jh. n. Chr.27 Geradezu folgerichtig haben die Priester des Augustus hervorgehobene Plätze im Theater.28 Ebenso unbescheiden wie die Standorte der Ehreninschriften und Statuen ist auch die Botschaft, die über den Neugründer der Kolonie an die vorübergehenden Menschen verkündet wird: Nicht nur Augustus selbst ist nun göttlich (divus), seine Ehefrau Livia ist es ebenfalls (diva). Durch die unübersehbare öffentliche Präsenz von Frauen und Männern, die im Dienst dieses vergöttlichten Ehepaares stehen und für die entsprechenden Rituale verantwortlich zeichnen, wird überaus deutlich, dass es sich bei Augustus nicht um irgendeinen Herrscher handelt, der an der Spitze eines immensen Verwaltungsapparates steht, und bei Livia nicht um eine austauschbare Kaisergattin. Vielmehr sind der römische Herrscher und gleichsam in seinem Windschatten auch seine Ehefrau Wesen, die längst schon dem Bereich der Menschen enthoben sind und in den Bereich des Göttlichen gehören. Neben den zahlreichen Nennungen der Julier sind auch die Flavier im Philippi des 1. Jh. n. Chr. vertreten: In einer Inschrift werden die Augusti Vespasian und Titus gemeinsam geehrt.29 Wenigstens eine Zeitlang war in einer Ehreninschrift für einen verdienten Bürger auch der Name Domitians zu lesen, bis dieser der damnatio memoriae anheimfiel.30 Mit der Bezeichnung divus wird in der Stadt selbst keiner der Flavier versehen, in Kavala wird jedoch ein flamen d[ivi Titi Augusti] Vespas[iani] in einem Fragment genannt.31 Der Eindruck, dass in der Person des römischen Kaisers Politik und Religion eine Symbiose eingehen, verstärkt sich dann wieder deutlich im Philippi des 2. Jh.

27 Von der geographischen Lage innerhalb der Stadt lässt sich eine Hierarchie der Kulte ableiten: Sie reicht von den Priesterinnen der Livia auf dem Forum bis zu den Verehrern des Silvanus hoch auf den Felsen der Akropolis. Für eine Vorstellung ausgewählter Kulte in Philippi mit völlig unterschiedlicher Reputation vgl. Pilhofer, Philippi 1, 92–113. 28 Dieses belegt die Markierung Aug(ustales) an der ima cavea des Theaters (Pilhofer, Philippi 2, n. 145). 29 Es handelt sich um die Inschrift Pilhofer, Philippi 2, n. 281. 30 Es handelt sich um die Inschrift Pilhofer, Philippi 2, n. 202. 31 Es handelt sich um die Inschrift Pilhofer, Philippi 2, n. 004. In Kavala wurde ebenfalls ein unter Vespasian ausgestelltes Militärdiplom gefunden (Pilhofer, Philippi 2, n. 030).

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n. Chr.: Innerhalb und außerhalb der Stadt werden Nerva32, Trajan33, Hadrian34 und Antoninus Pius35 in Inschriften als divus bezeichnet.36 Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn in einer Inschrift eine dynastische Einordnung erfolgt: Derjenige Vertreter ihrer Familie, um dessen Ehrung es in der Inschrift eigentlich geht, erscheint als Sohn bzw. Enkel seines vergöttlichten Vorfahren (divi N. N. filius bzw. divi N. N. nepos), hat aber selbst noch nicht den Status eines Vergöttlichten. Entgegen dieser Regel setzen jedoch möglicherweise zwei Inschriften voraus, dass der genannte Kaiser schon zu Lebzeiten göttliche Verehrung erfährt: In einer Bauinschrift aus der zweiten Hälfte des 2. Jh. n. Chr. wird das Kaiserhaus als divina domus bezeichnet: [… in honorem] divinae domus et col(oniae) Iul(iae) Aug(ustae) Phil[ipp(iensium)]37 „… zu Ehren des göttlichen (Kaiser‑)Hauses und der colonia Augusta Philippiensium“

Die hier ausgeschriebene und in ungewöhnlicher Wortfolge verwendete Formel in honorem divinae domus38 wird unterschiedlich gedeutet: Liegt hier eine Anspielung auf die bereits vergöttlichten Familienmitglieder und die zukünftige Vergöttlichung der lebenden Mitglieder vor?39 Oder wird durch diese Formel eindeutig die Göttlichkeit des amtierenden Kaisers zu Lebzeiten ausgedrückt?40 Weniger umstritten ist die Deutung einer Inschrift, in der Hadrian zu Lebzeiten mit dem olympischen Juppiter identifiziert wird: 32 Es handelt sich um die Inschriften Pilhofer, Philippi 2, n. 283 (Hadrian als divi Nervae nepos in einer Weihinschrift) und n. 414 (Trajan als divi Nervae filius auf einem Meilenstein). 33 Es handelt sich um die Inschriften Pilhofer, Philippi 2, n. 254 (Antoninus Pius als divi Traiani nepos in einer Ehreninschrift), n. 283 (Hadrian als divi Traiani filius in einer Weihinschrift) und n. 522 (Nennung des divus Troianus [sic] auf einem Grabstein). 34 Es handelt sich um die Inschriften Pilhofer, Philippi 2, n. 254 (Antoninus Pius als divi Hadriani filius in einer Ehreninschrift) und n. 617 (ein Veteran des bellum Iudaicum wurde vom divus Hadrianus ausgezeichnet). 35 Es handelt sich um die Inschriften Pilhofer, Philippi 2, n. 201 (Nennung des divus Antoninus auf einer Bauinschrift), n. 354 (Nennung des divus Pius in einer Ehreninschrift) und n. 395 (Grabinschrift für einen flamen divi Antonini Pii). 36  Zu Beginn des 3. Jh. n. Chr. findet sich dann auch θεός als griechisches Äquivalent zum lateinischen divus in Philippi (Pilhofer, Philipp 2, n. 340): In zwei Ahnenreihen des Septimius Severus und des Marcus Aurelius auf einer Weihinschrift aus dem Jahr 202 n. Chr. werden Marcus Aurelius, Commodus, Antoninus Pius, Hadrian und Trajan als θεός bezeichnet. Septimius Severus erscheint dementsprechend als υἱὸς Μ(αρκοῦ) θεοῦ. Zum Gebrauch von θεός und θεοῦ υἱός im Rahmen des Kaiserkults vgl. Simon F. R.  Price, Gods and Emperors. The Greek Language of the Roman Imperial Cult, JHS 104, 1984, 79–95: 79–85; Clauss, Kaiser, 356. 37 Es handelt sich um den Teil A der Inschrift Pilhofer, Philippi 2, n. 201. 38 Möglicherweise enthält auch die sehr fragmentarische Inschrift Pilhofer, Philippi 2, n. 243 diese Wendung (vgl. dort den Kommentar). 39 Duncan Fishwick, The Imperial Cult in the Latin West. Studies in the Ruler Cult of the Western Provinces of Roman Empire, 2 Bde. in 4 Teilbänden, EPRO 108, Leiden 1987–1992, 430. 40 Clauss, Kaiser, 273: „Dennoch darf nicht in den Hintergrund verdrängt werden, daß es sich um eine ganz besondere Art von Loyalität handelt, nämlich die einer Gottheit geschuldete. Mit jeder derartigen Formel wird die Göttlichkeit des Herrschers und seines Hauses zu Lebzeiten klarer und vertrauter.“

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Imp(eratori) Hadri[a]no Olympio et Iunoni con‑ 5 iugali Sabina[e]41 „Dem Imperator Hadrian, dem olympischen (Juppiter), und der Juno [5] Coniugalis Sabina.“

Ähnlich wie beim Herrscherehepaar Augustus und Livia wird auch hier die Ehefrau in die kultische Verehrung ihres Ehemannes einbezogen. Da Hadrian als olympischer Juppiter verehrt wird, übernimmt Sabina folgerichtig die Rolle der Juno.

2. Die theologische Botschaft der Inschriften Keinerlei Zweifel lassen die erhaltenen epigraphischen Zeugnisse aus Philippi daran aufkommen, dass römische Kaiser vergöttlicht werden konnten. Die häufige Betitelung verschiedener Kaiser als divus, für die selbst auf einem Miliarium42 Platz sein muss, und der Beleg für mehrere Priester vergöttlichter Kaiser sind eindeutige Belege dafür. Der sich in diesen Inschriften dokumentierende Anspruch verschiedener Kaiser auf Göttlichkeit reiht den Kaiserkult unter die anderen in der Stadt und überhaupt im Imperium Romanum gepflegten Kulte ein. Aus jüdisch-christlicher Sicht liegt damit ein Problem vor, wenn gesellschaftliche Partizipation ein Beiwohnen an kultischen Handlungen für den vergöttlichten Kaiser oder gar deren aktiven Vollzug erfordert. Wie und bei welchen Gelegenheiten solche Handlungen in Philippi durchgeführt werden, ist aus den Inschriften nicht ersichtlich, beispielsweise fehlen Angaben zu einzelnen Festtagen, an denen Opfer dargebracht, Prozessionen veranstaltet oder öffentliche Speisungen durchgeführt werden.43 Lediglich die Namen einzelner Männer und Frauen aus dem Kultpersonal, das bei Ritualen dieser Art tätig wird, werden von den erhaltenen Inschriften überliefert. Laut den darin zusätzlich genannten Angaben handelt es sich insbesondere bei den flamines des Augustus um vermögende und durchaus hochrangige Personen der Kolonie, denn sie können sich nicht nur eine Inschrift leisten, sondern haben neben dem Amt eines flamen divi Augusti noch andere höhere lokale Aufgaben und Ämter.44 handelt sich um die Inschrift Pilhofer, Philippi 2, n. 208. erscheint auf einem im Jahr 112 n. Chr. aufgestellten Meilenstein (Pilhofer, Philippi 2, n. 414) als divi Nervae filius. 43 Bormann, Philippi, 46 f füllt diese Leerstelle mit Hilfe von „verschiedenen Quellen […], die zwar nicht aus Philippi stammen, aber mit großer Sicherheit auch auf die Verhältnisse in Philippi zu beziehen sind“. 44 Der flamen divi Augusti Caius Oppius Montanus ist auch patronus col(oniae) (Pilhofer, Philippi 2, n. 031), der flamen divi Augusti Marcus Varinius ist auch prae(fectus) IIvir(alis) quin[q(uennalis)] (Pilhofer, Philippi 2, n. 531a) und ein wegen des fragmentarischen Zustandes der Inschrift namenloser flamen divi Augusti ist auch [pont]if(ex), IIvi[r i(ure) d(icundo)] und 41 Es

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Ansatzpunkte für einen differenzierteren theologischen Vergleich zwischen epigraphischen Aussagen über die römischen Kaiser und neutestamentlichen Texten liegen in den familiären Verknüpfungen zwischen den divi, divae und divi filii, von denen in den Inschriften zu lesen ist. Die Vergöttlichung Livias und die Präsenz ihrer Priesterinnen in Philippi sowie die Ehreninschrift für den Juppiter Hadrian und die Juno Sabina zeigen, dass der Glanz eines Kaisers gewissermaßen auf seine Ehefrau abfärben kann. Kommt es in diesem Punkt zu einem Vergleich zwischen Kaiserkult und Christentum, müssen sich die ersten Christinnen und Christen geschlagen geben. Sie haben dann, wenn sie sich auf die kanonischen Schriften berufen, Mühe, überhaupt eine profilierte Frau an Jesu Seite vorzuweisen – ganz zu schweigen von einer Ehefrau, die auch noch göttlichen Status hat. Und selbst wenn sie einige der heute sog. apokryphen Schriften in die Diskussion einbringen, haben sie es immer noch schwer – es sei denn, dass sie antike Vorgänger Dan Browns in ihren Reihen haben, die in fragwürdigen Auslegungen gerne Maria Magdalena als Ehefrau Jesu präsentieren und noch dazu über mögliche gemeinsame Kinder spekulieren.45 Anders sieht es bei den Berufungen auf vergöttlichte Väter und Großväter in den genealogischen Angaben aus. Bezeichnungen wie divi filius, divi nepos und divi pronepos vermitteln den Eindruck, dass innerhalb einer Familie nicht nur die Regierungskompetenz, sondern auch die Göttlichkeit geradezu vererbt werden kann. Dass eine solche Vererbung allerdings nicht zwangsläufig erfolgt, illustriert die genannte Ausradierung Domitians46: Der dritte flavische Kaiser fällt gleichsam aus der Reihe und kann die von seinem Vater Vespasian und seinem Bruder Titus begründete Familientradition nicht fortsetzen. Die Angaben divus und divi filius stehen formelhaft in den Inschriften, ohne dass dazu eine nähere Erklärung abgegeben wird. Eine weitere Schwierigkeit kommt hinzu – und damit wage ich eine Anfrage an die Wahrnehmung solcher kaiserlichen Inschriften in Philippi und vielleicht auch an anderen Orten: Mit welchem sprachlichen und inhaltlichen Wissen werden solche Inschriften gelesen? Wird ein in zahlreichen Inschriften wiederkehrendes divus von allen Vorübergehenden als religiöse Aussage wahrgenommen oder wird seine besondere Rolle innerhalb der zum Teil auch auf Inschriften umfangreichen Kaisertitulatur nur von wenigen verstanden? Insbesondere gilt dieses in einer Stadt wie Philippi, in der das Lateinische zwar Amtssprache, das Griechische aber Umgangssprache ist.47 zweimaliger Duumvir [qui]nq(uennalis) (Pilhofer, Philippi 2, n. 241). Besonders eindrucksvoll ist der flamen divi Antonini Pii Publius Marius Valens: Er ist or(namentis) dec(urionalibus) hon(oratus), aed(ilis), dec(urio), IIvir und mun(erarius) (Pilhofer, Philippi 2, n. 395). 45 Zu Maria Magdalena in den kanonischen und apokryphen Schriften vgl. Helga MelzerKeller, Jesus und die Frauen. Eine Verhältnisbestimmung nach den synoptischen Überlieferungen, HBS 14, Freiburg 1997; Silke Petersen, „Zerstört die Werke der Weiblichkeit!“ Maria Magdalena, Salome und andere Jüngerinnen Jesu in christlich-gnostischen Schriften, NHMS 48, Leiden 1999; dies., Maria aus Magdala. Eine Jüngerin, die Jesus liebte, Biblische Gestalten 23, Leipzig 2011. 46 Es handelt sich um die Inschrift Pilhofer, Philippi 2, n. 202. 47 Zur Sprachenvielfalt in Philippi vgl. Pilhofer, Philippi 1, 85 f.

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Wer jedoch über die nötige ‚religious literacy‘ verfügt, um den theologischen Gehalt eines divus und eines divi filius zu erkennen, diesen ernst nimmt und zugleich mit der christlichen Botschaft vertraut ist, wird auch durch die eher schlichten Inschriften in Philippi zu zahlreichen Anfragen an die Göttlichkeit bzw. Vergöttlichung von Menschen inspiriert und zu Vergleichen mit Überlieferungen seiner eigenen Religion animiert: Wie und wann wird ein Mensch divus bzw. divi filius? Warum sind beispielsweise Trajan und Hadrian auf der einen Inschrift noch divi flilii, auf einer anderen aber dann selbst divi?48 Letztlich steht für sprach‑ und religionskundige Leserinnen und Leser dann die Frage im Raum, was den Gottessohn Jesus von den Gottessöhnen Augustus, Tiberius, Trajan, Hadrian und Antoninus Pius unterscheidet.

3. Epigraphisch belegte kaiserliche Gottessöhne im Spiegel des Neuen Testaments Die Aussagen über die Gottessohnschaft der Kaiser in den epigraphischen Zeugnissen von Philippi beschränken sich auf das ‚Dass‘ und schweigen zum ‚Wie‘. Sie geben also keinerlei Hinweis darauf, auf welche Weise ein Kaiser zu einem Gottessohn werden kann. Weder eine Anspielung auf dazugehörige Ereignisse noch ein Verweis auf eine amtliche Verfügung sind in den philippischen Inschriften zu finden. Wie halten es im Vergleich dazu die Schriften des Neuen Testaments mit Aussagen zur Gottessohnschaft Jesu? Wie detailliert wird dort erläutert, auf welche Weise Jesus Gottessohn wurde? Lassen sich aus der Gegenüberstellung der neutestamentlichen und der epigraphischen Aussagen pointiertere Abgrenzungen entwickeln, die über die grundsätzliche Konkurrenz von Gottessöhnen hinausgehen?49 Bei einer solchen Zusammenschau von Inschriften mit neutestamentlichen Texten im Bezug auf theologische Fragen haben die epigraphischen Zeugnisse einen kaum ausgleichbaren Nachteil: Schon aus Platzgründen müssen sich die Inschriften zumeist auf die Verwendung von griffigen Formeln beschränken, sie können im Normalfall ihre Botschaften nicht in argumentativ oder narrativ ausgestalteter Form vermitteln. Zieht man den Kanon des Neuen Testaments zum Vergleich heran, stehen Inschriften den Briefen näher als den Evangelien. 48 Die unterschiedliche Benennung desselben Kaisers lässt sich an den Inschriften Pilhofer, Philippi 2, n. 414 (divi filius) sowie n. 254 und 283 (divus) für Trajan und an den Inschriften Pilhofer, Philippi 2, n. 283 (divi filius) und n. 254 (divus) für Hadrian aufzeigen. 49 Diese Fragestellung impliziert keineswegs, dass die Aussagen zur Gottessohnschaft Jesu einzig auf eine Anlehnung und Abgrenzung von dem griechisch-römischen Umfeld der neutestamentlichen Schriften zurückgehen oder nur für Leserinnen und Leser mit einem solchen Hintergrund verständlich sind. Zur Verwendung des Titels „Sohn Gottes“ im Frühjudentum und der Schwierigkeit der Übertragbarkeit auf Jesus gerade angesichts des Gebrauchs von divi filius und θεοῦ υἱός im Herrscherkult vgl. Ulrich B. Müller, „Sohn Gottes“ – ein messianischer Hoheitstitel Jesu, ZNW 87, 1996, 1–32, bes. 1–7.

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Die neutestamentlichen Briefe setzen bei ihren Leserinnen und Lesern ein bestimmtes Wissen über zuvor Geschehenes und Gesagtes voraus, verwenden bestimmte christologische Titel und theologische Formeln ohne eine Erläuterung für die Unkundigen innerhalb ihrer Leserschaft und sind nicht an der erzählerischen Darbietung ihrer Aussagen interessiert. Paulus verwendet den Hoheitstitel υἱὸς τοῦ θεοῦ insgesamt 14mal in seinen Briefen, wobei die Hälfte der Belege im Römerbrief zu finden ist und der Apostel ausgerechnet im Philipperbrief gänzlich darauf verzichtet.50 In einer etwas komplizierten Formulierung im Präskript seines Briefes an die Christinnen und Christen in Rom beschreibt Paulus das von ihm verkündigte Evangelium und begründet in diesem Zusammenhang die Gottessohnschaft Jesu mit dessen Auferstehung (Röm 1,3 f):51 περὶ τοῦ υἱοῦ αὐτοῦ τοῦ γενομένου ἐκ σπέρματος Δαυὶδ κατὰ σάρκα, τοῦ ὁρισθέντος υἱοῦ θεοῦ ἐν δυνάμει κατὰ πνεῦμα ἁγιωσύνης ἐξ ἀναστάσεως νεκρῶν „von seinem Sohn, der aus dem Samen Davids stammt nach dem Fleisch, eingesetzt als Sohn Gottes in Macht nach dem Geist seit der Auferstehung von den Toten“

Hier wird im Gegensatz zu den philippischen Kaiserinschriften mit ἐξ ἀναστάσεως νεκρῶν ein exakter Zeitpunkt der Gottessohn-Werdung benannt, wobei das vom Apostel verwendete Verb ὁρίζειν diesem Ereignis einen geradezu amtlichen Charakter verleiht.52 Noch weniger prägnant formulierte der Apostel die enge Verknüpfung von Auferstehung und Gottessohnschaft bereits in dem ältesten seiner erhaltenen Briefe (1 Thess 1,9 f):53 αὐτοὶ γὰρ περὶ ἡμῶν ἀπαγγέλλουσιν ὁποίαν εἴσοδον ἔσχομεν πρὸς ὑμᾶς, καὶ πῶς ἐπεστρέψατε πρὸς τὸν θεὸν ἀπὸ τῶν εἰδώλων δουλεύειν θεῷ ζῶντι καὶ ἀληθινῷ καὶ ἀναμένειν τὸν υἱὸν αὐτοῦ ἐκ τῶν οὐρανῶν, ὃν ἤγειρεν ἐκ [τῶν] νεκρῶν,  Ἰησοῦν τὸν ῥυόμενον ἡμᾶς ἐκ τῆς ὀργῆς τῆς ἐρχομένης. „Über euch wird nämlich berichtet, welchen Eingang wir bei euch gefunden haben und wie ihr euch von den Götzen weggewendet habt, um dem lebendigen und wahren Gott zu dienen und zu warten auf seinen Sohn aus den Himmeln, den er erweckt hat von den Toten, Jesus, der uns retten wird aus dem zukünftigen Zorn.“

Aus genau diesem Zusammenhang von Auferstehung und Gottessohnschaft Jesu resultiert ein entscheidender Unterschied zu den epigraphischen Zeugnissen: 50 1 Thess 1,10; 2 Kor 1,19; Gal 1,16; 2,20; 4,4.6; Röm 1,3.4.9; 5,10; 8,3.29.32. Vgl. die Gesamtschau von Michael Theobald, „Sohn Gottes“ als christologische Grundmetapher bei Paulus, ThQ 174, 1994, 185–207; wieder abgedruckt in: ders., Studien zum Römerbrief, Tübingen 2001, 119– 141. 51 Zu diesen Versen und ihrer Einordnung in die paulinische Christologie vgl. Müller, Sohn, 7–14; Thomas Söding, Davidssohn und Gottessohn. Zur paulinischen Christologie von Röm 1,3 f, in: A. von Dobbeler / ​K. Erlemann / ​R. Heiligenthal, eds., Religionsgeschichte des Neuen Testaments. FS K. Berger, Tübingen / ​Basel 2000, 325–356. 52 Vgl. H. G. Liddell / ​R. Scott / ​H. S. Jones u. a., eds., A Greek-English Lexicon. With a revised supplement, Oxford 1996, s. v. ὁρίζω, 1250 f; Söding, Davidssohn, 340. 53 Zur Verwendung von „Sohn Gottes“ in diesen Versen vgl. Theobald, Sohn, 121–131.

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Während in den Inschriften ein Kaiser zu Lebzeiten ein divi filius sein und nach seinem Tod vergöttlicht werden kann, wird Jesus laut Röm 1,3 f und möglicherweise auch laut 1 Thess 1,9 f erst nach dem Ende seines irdischen Daseins und durch seine Auferstehung als υἱὸς τοῦ θεοῦ eingesetzt. Zugespitzt lassen sich solche Aussagen als Kritik an den auf Erden wandelnden kaiserlichen divi filii lesen. Die Evangelien zeigen jedoch überaus deutlich, dass dieses paulinische Konzept der durch die Auferstehung begründeten Gottessohnschaft Jesu und die damit einhergehende Abgrenzung vom Kaiser als divi filius zu Lebzeiten keineswegs von der Mehrheit der frühchristlichen theologischen Entwürfe geteilt wird: In den neutestamentlichen Evangelien wird der irdische Jesus immer wieder von seinen Anhängerinnen und Anhängern, Dämonen und außenstehenden Beobachtern als Gottessohn angeredet. Herrscht auf den ersten Blick Einigkeit unter den Evangelisten über den auf Erden wandelnden Gottessohn Jesus, so zeigen sich auf den zweiten Blick deutliche Differenzen in der Einführung der Gottessohnschaft in den vier kanonischen Evangelien. Im ältesten der neutestamentlichen Evangelien wird die Titulierung Jesu als Gottessohn an den entscheidenden Stationen Taufe, Verklärung und Kreuzigung effektvoll in Szene gesetzt (Mk 1,11; 9,7; 15,39).54 Für die hier zugrunde liegende Fragestellung aber ist einzig entscheidend, ab wann Jesus als Gottessohn tituliert wird: Bei der Taufe durch Johannes wird der bereits erwachsene Jesus durch Gott selbst in direkter Ansprache und mit einer Anspielung auf Ps 2,7 als sein Sohn deklariert (Mk 1,11): καὶ φωνὴ ἐγένετο ἐκ τῶν οὐρανῶν· σὺ εἶ ὁ υἱός μου ὁ ἀγαπητός, ἐν σοὶ εὐδόκησα. „Und es kam eine Stimme aus den Himmeln: Du bist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe.“

Die Anrede Jesu in der 2. Person erlaubt zwei unterschiedliche Deutungen: Handelt es sich um die Offenlegung der bereits bestehenden Gottessohnschaft oder im Sinne einer Adoption um den Beginn der Gottessohnschaft Jesu?55 Die erstgenannte Auslegung setzt anders als Röm 1,3 f eine Gottessohnschaft Jesu schon zu Lebzeiten voraus, lässt aber die Frage offen, ab wann diese besteht. Die letztgenannte Deutung der Taufszene, die möglicherweise durch eine von römischen 54 Zur markinischen Verwendung des Titels ‚Sohn Gottes‘ vgl. grundsätzlich Müller, Sohn, 14–27. Anknüpfungspunkte für die verschiedenen Lesergruppen hat Adela Yabro Collins, Mark and His Readers. The Son of God among Greeks and Romans, HTR 93, 2000, 85–100; dies., Mark and His Readers. The Son of God among Jews, HThR 92, 1999, 393–408 zusammengestellt. Das Verhältnis zum Kaiserkult leuchten aus Tae Hun Kim, The Anarthrous υἱὸς θεοῦ in Mark 15,39 and the Roman Imperial Cult, Bib. 79, 1998, 221–241 mit einem Fokus auf Mk 1,1 und 15,39 sowie Adela Yabro Collins, The Worship of Jesus and the Imperial Cult, in: C. C. Newman / ​J. R. Davila / ​ G. S. Lewis, eds., The Jewish Roots of Christological Monotheism. Papers from the St. Andrews Conference on the Historical Origins of the Worship of Jesus, JSJ.S 63, Leiden u. a. 1999, 234–257. 55 Zur Diskussion vgl. Anton Vögtle, Die sogenannte Täuferperikope Mk 1,9–11. Zur Problematik der Herkunft und des ursprünglichen Sinns, in: EKK.V 4, 1972, 105–139; mit einem Nachtrag wieder abgedruckt in: ders., Offenbarungsgeschehen und Wirkungsgeschichte. Neutestamentliche Beiträge, Freiburg 1985, 70–108; Müller, Sohn, 16–19.

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Ritualen angeregte Deutung der Taubengestalt des herabkommenden Geistes (Mk 1,10: τὸ πνεῦμα ὡς περιστερὰν καταβαῖνον) gestützt werden kann,56 gibt auf diese Frage eine klare Antwort: Mit der Taufe wird Jesus zum Sohn Gottes. Sie entspricht somit dem Verfahren, das bei römischen Kaisern zu Anwendung kommt, wenn diese erst im Laufe ihres Lebens, nämlich dann, wenn ihr menschlicher Vater stirbt und divinisiert wird, zu einem divi filius werden. In diesem Sinne kann die markinische Szene als Überbietung des kaiserlichen Modells interpretiert werden, weil es hier nicht ein menschliches Gremium wie der Senat ist, der einen solchen Statuswechsel des verstorbenen Vaters vom Menschen zum divus und damit des Sohnes vom Menschen zum divi filius verfügt.57 In der Taufszene des Markusevangeliums ist es stattdessen Gott, der mit der Verkündigung der Gottessohnschaft Jesu gewissermaßen auf Erden direkt eingreift und jede Diskussion unter den Menschen über dessen Status überflüssig macht. Als Klärung der bei der Taufe Jesu unbeantworteten Frage nach dem Beginn der Gottessohnschaft Jesu bzw. als eine Überbietung sowohl der kaiserlichen divi filii als auch der markinischen Variante der Adoption eines υἱὸς τοῦ θεοῦ durch seinen himmlischen Vater lässt sich das Modell der Gottessohn-Werdung lesen, das Lukas in seinem Evangelium bietet: Zum einen fällt in seiner Erzählung die Entscheidung über die Gottessohnschaft Jesu nicht erst, als Jesus bereits ein erwachsener Mann ist und die Zeit seines öffentlichen Wirkens unmittelbar bevorsteht, sondern schon vorgängig zu dessen Geburt. Zum anderen wird im Lukasevangelium die Gottessohnschaft in Form einer Geistzeugung sozusagen biologisch umgesetzt. Jedwedem kritischen Gedanken einer männlichen menschlichen Mitwirkung an der Zeugung Jesu wird durch die Betonung der Jungfräulichkeit Marias in ihrem Gespräch mit dem Engel Gabriel in aller Deutlichkeit widersprochen (Lk 1,34 f): εἶπεν δὲ Μαριὰμ πρὸς τὸν ἄγγελον· πῶς ἔσται τοῦτο, ἐπεὶ ἄνδρα οὐ γινώσκω; καὶ ἀποκριθεὶς ὁ ἄγγελος εἶπεν αὐτῇ· πνεῦμα ἅγιον ἐπελεύσεται ἐπὶ σὲ καὶ δύναμις ὑψίστου ἐπισκιάσει σοι· διὸ καὶ τὸ γεννώμενον ἅγιον κληθήσεται υἱὸς θεοῦ. „Maria aber sagte zu dem Engel: Wie soll das geschehen, wenn ich doch keinen Mann kenne? Und der Engel antwortete ihr: Heiliger Geist wird auf dich kommen und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten. Deshalb wird das gezeugte Heilige Sohn Gottes genannt werden.“

56 Gerade vor dem Hintergrund der römischen Ideologie macht Michael Peppard, The Eagle and the Dove. Roman Imperial Sonship and the Baptism of Jesus (Mark 1.9–11). NTS 56, 2010, 431–451 diese Deutung stark und interpretiert insbesondere den Geist in Gestalt einer Taube als „omen and counter-symbol to the Roman eagle, which was a public portent of divine favor, election, and ascension to imperial power“ (433). „[…] with the baptism, Mark begins a narrative characterization of Jesus as a counter-emperor. This Jesus of Nazareth is an adopted heir to power. The dove is a bird omen of the transmission of power from father to son. This counter-emperor will rule not in the spirit of the bellicose eagle, but in the spirit of the pure, gentle, peaceful, and even sacrificial dove” (450). 57 Zum Divinisierungsbeschluss des Senats vgl. Clauss, Kaiser, 357–359.

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Auch wenn die Zeugung mit der „Überschattung“ (ἐπισκιάζειν) durch den heiligen Geist recht bildhaft beschrieben wird,58 steht für die inschriftenkundigen Leserinnen und Leser des Lukas nach der Lektüre dieser Szene fest, dass Jesus den römischen Kaiser um Längen übertrifft: Der Sohn Marias wird nicht erst nachträglich als Sohn Gottes ausgewählt, sondern schon gezielt von der „Kraft des Höchsten“ (δύναμις ὑψίστου), also dem Geist Gottes, als ein solcher gezeugt.59 Matthäus arbeitet in seinem Evangelium ebenfalls mit den beiden Hauptelementen der lukanischen Verkündigungserzählung, nämlich der jungfräulichen Empfängnis und der Gottessohnschaft Jesu, verquickt sie aber nicht so direkt miteinander, wie es Lukas in dem Dialog zwischen Maria und dem Engel Gabriel macht.60 Matthäus erwähnt zunächst die Schwangerschaft der Jungfrau Maria (Mt 1,23: παρθένος; vgl. 1,18: πρὶν ἢ συνελθεῖν αὐτοὺς) und führt diese direkt auf den heiligen Geist zurück (Mt 1,18.20: ἐκ πνεύματος ἁγίου). Erst einige Verse später spielt er dann in einem Erfüllungszitat anlässlich der Rückkehr der geflohenen Familie aus Ägypten auf den Hoheitstitel υἱὸς τοῦ θεοῦ an (Mt 2,15)61: καὶ ἦν ἐκεῖ ἕως τῆς τελευτῆς  Ἡρῴδου· ἵνα πληρωθῇ τὸ ῥηθὲν ὑπὸ κυρίου διὰ τοῦ προφήτου λέγοντος· ἐξ Αἰγύπτου ἐκάλεσα τὸν υἱόν μου. „Und sie waren dort bis zum Tod des Herodes, damit erfüllt wird das Wort des Herrn, der durch den Propheten sprach: Aus Ägypten habe ich meinen Sohn gerufen.“

Ungeachtet der Verankerung der Gottessohnschaft Jesu bereits in den sog. Kindheitsgeschichten (Lk 1 f und Mt 2 f) tradieren auch diese beiden Evangelisten die Taufe Jesu einschließlich der Himmelsstimme (Lk 3,21 f und Mt 3,13–17). In der lukanischen Version spricht sie wie im Markusevangelium Jesus in der 2. Person Singular an (Lk 3,22), während Matthäus eine öffentliche Proklamation in der 3. Person Singular bietet (Mt 3,17)62:

58 Zu diesem im Vergleich zu Matthäus ‚diskreteren‘ Vorgehen des Lukas vgl. Dieter Zeller, Religionsgeschichtliche Erwägungen zum „Sohn Gottes“ in den Kindheitsgeschichten, in: ders., Neues Testament und Hellenistische Umwelt, BBB 150, Bonn 2006, 83–94: 83 f. 59  Vgl. Zeller, Erwägungen, 84: „Es macht gerade die Eigenheit der Kindheitsgeschichten aus, daß sie das Wesen Jesu aus seiner Genese erklären – also mythologisch verfahren. Sie setzen eine – biblisch nicht belegte – Vorstellung von Gottessohnschaft voraus, die sie in der Lebensentstehung verankert, wobei Gott an die Stelle des männlichen Erzeugers tritt.“ sowie Matthias Konradt, Die Taufe des Gottessohnes. Erwägungen zur Taufe Jesu im Matthäusevangelium (Mt 3,13–17), in: P. Lampe / ​M. Mayordomo-Marín / ​M. Sato, eds., Neutestamentliche Exegese im Dialog. Hermeneutik  – Wirkungsgeschichte  – Matthäusevangelium. FS U. Luz, Neukirchen-Vluyn 2008, 257–273: 269: „Jesus, der im ersten Evangelium gewissermaßen ‚von Geburt an‘ Gottes Sohn ist“. 60 Rowbert L. Mowery, Son of God in Roman Imperial Titles and Matthew, Bib. 83, 2002, 100– 110 konzentriert sich auf die drei Stellen (Mt 14,33; 27,43.54), an denen Matthäus abweichend von seiner Markus-Vorlage θεοῦ υἱός anstelle von υἱὸς θεοῦ verwendet, und interpretiert dieses Vorgehen als bewusste Anspielung auf das kaiserliche Formular. 61 Zur matthäischen Verwendung des Titels „Sohn Gottes“ vgl. grundsätzlich Jack D. Kingsbury, The Title „Son of God“ in Matthew’s Gospel, BTB 5, 1975, 3–31. 62 Zum Gebrauch des Titels „Sohn Gottes“ in der Taufszene und einer Einordnung in die Christologie des Matthäusevangeliums vgl. Konradt, Taufe, 266–273.

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καὶ ἰδοὺ φωνὴ ἐκ τῶν οὐρανῶν λέγουσα· οὗτός ἐστιν ὁ υἱός μου ὁ ἀγαπητός, ἐν ᾧ εὐδόκησα. „Und siehe, eine Stimme aus den Himmeln sprach: Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe.“

Spitzenaussagen zur fortschreitenden zeitlichen Vordatierung der Gottessohnschaft Jesu innerhalb des Neuen Testaments bietet das Johannesevangelium.63 Dezidiert wird dort der Titel ὁ υἱὸς τοῦ θεοῦ achtmal genannt64, dazu kommen zahlreiche Aussagen über „den Sohn“ und seine enge Beziehung zum „Vater“. Den ersten Beleg des Hoheitstitels stellt eine Aussage Johannes des Täufers über Jesus dar (Joh 1,34): κἀγὼ ἑώρακα καὶ μεμαρτύρηκα ὅτι οὗτός ἐστιν ὁ υἱὸς τοῦ θεοῦ. „Und ich sah ihn und ich bezeugte: Dieser ist der Sohn Gottes.“

Ungeachtet aller Unterschiede bei der Zeichnung des Täufers und seines Verhältnisses zu Jesus sowie des Verzichts auf eine direkte Schilderung des Taufvorganges im Johannesevangelium wecken der hier als Zeuge auftretende Johannes und die Formulierung seines Zeugnisses eine starke Erinnerung an die synoptischen Taufszenen und die dabei ertönende Himmelsstimme. Entscheidend für einen Vergleich mit kaiserlichen Inschriften ist jedoch nicht diese Stelle, sondern andere johanneische Aussagen über den Gottessohn: Da Jesus nämlich bereits als Gottessohn in die Welt gesandt wird, ist er, obwohl der Titel ὁ υἱὸς τοῦ θεοῦ nicht pointiert im Prolog erscheint, im Sinne der Präexistenz schon vor seinem irdischen Dasein Gottessohn (Joh 3,17; vgl. auch 10,36): οὐ γὰρ ἀπέστειλεν ὁ θεὸς τὸν υἱὸν εἰς τὸν κόσμον ἵνα κρίνῃ τὸν κόσμον, ἀλλ’ ἵνα σωθῇ ὁ κόσμος δι’ αὐτοῦ. „Denn Gott hat nicht den Sohn in die Welt gesandt, damit er die Welt richtet, sondern damit durch ihn die Welt gerettet wird.“

Nicht ohne eine kaiserkritische Spitze liest sich vor dem Hintergrund der philippischen Inschriften, die in der Gesamtschau eine ganze Reihe von divi filii präsentieren,65 die Fortsetzung des gerade zitierten Verses, in der die Singularität der Gottessohnschaft Jesu betont wird (Joh 3,18): ὁ πιστεύων εἰς αὐτὸν οὐ κρίνεται· ὁ δὲ μὴ πιστεύων ἤδη κέκριται, ὅτι μὴ πεπίστευκεν εἰς τὸ ὄνομα τοῦ μονογενοῦς υἱοῦ τοῦ θεοῦ.

63 Zum Titel „Gottessohn“ im Johannesevangelium vgl. Ruben Zimmermann, Christologie der Bilder im Johannesevangelium. Die Christopoetik des vierten Evangeliums unter besonderer Berücksichtigung von Joh 10, WUNT 171, Tübingen 2004, 347–355. 64 Anhänger Jesu gebrauchen diesen Titel dreimal (Joh 1,34.49; 11,27), zweimal erscheint er im Erzählerkommentar (Joh 11,4; 20,31) und dreimal wird er Jesus selbst in den Mund gelegt (Joh 3,18; 5,25; 10,36). Ohne Artikel wird er außerdem von Jesu Gegnern bei der Anklage vor Pilatus verwendet (Joh 19,7). 65 Insgesamt werden im 1. und 2. Jh. n. Chr. auf den philippischen Inschriften vier divi filii genannt: Tiberius, Trajan, Hadrian und Antoninus Pius.

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„Wer an ihn glaubt, wird nicht gerichtet, wer aber nicht glaubt, ist schon gerichtet, weil er nicht an den Namen des eingeborenen Sohnes Gottes geglaubt hat.“

Diese Beispiele einer Lektüre der epigraphisch so häufig belegten divi filii im Spiegel ausgewählter neutestamentlichen Schriften sollen als Grundlage für ein erstes Zwischenfazit genügen: Die schlichte Nennung von divi filii in den kaiserlichen Inschriften Philippis bietet eine hinreichende Grundlage, um aus christlicher Sicht die jeweils gemeinten römischen Kaiser als Gegenfiguren zu Jesus zu identifizieren. Im besten Fall – d. h. bei sorgfältiger Reflexion der Aussagen der Inschriften und bei genauer Kenntnis der neutestamentlichen Schriften – werden darüber hinaus vergleichende Überlegungen über den Beginn, die Dauer und die Einzigartigkeit der Gottessohnschaft in Gang gesetzt. Es bleibt allerdings eine schwer zu beantwortende Frage, welche und wie viele der an den philippischen Inschriften Vorübergehenden einen dort dokumentierten kaiserlichen Gottessohn aus sprachlichen und inhaltlichen Gründen in seiner ganzen theologischen Tragweite wahrnehmen.

4. Epigraphische Belege für die Divinisierung von Kaisern im Spiegel des Neuen Testaments Der auch in Philippi bei sorgfältiger vergleichender Lektüre mehrerer Inschriften erkennbare Statuswechsel eines Kaisers nach seinem Tod von einem divi filius zu einem divus ist ein eindeutiger Hinweis auf dessen offizielle Divinisierung. Nach Manfred Clauss ist die Divinisierung „der Beschluß des Senats zur ‚Konsekration‘, der zwar den Namen ‚Staatsgott‘ (divus) oder ‚Staatsgöttin‘ (diva) verleiht, die entsprechende Person allerdings noch nicht zur Staatsgottheit macht; letzteres geschieht ausdrücklich erst durch die Konsekration.“66 Der Titel divus bzw. diva „war nicht nur eine Qualität mit kultischen Implikationen, sondern gehörte vom Zeitpunkt des entsprechenden Senatsbeschlusses an untrennbar zum Namen der jeweiligen Person, wie ein weiterer Individualname (cognomen).“67 Mit den zahlreichen Nennungen von divus und diva und den Erwähnungen von flamines, seviri und sacerdotes der vergöttlichten Herrscher und ihrer vergöttlichten Ehefrauen sind in den Inschriften von Philippi wichtige Ergebnisse solcher Divinisierungsbeschlüsse äußerst präsent. Lässt sich für eine solche Statusänderung vom divi filius zum divus eine Parallele oder sogar Konkurrenz in Texten des Neuen Testaments ausmachen? Grundsätzlich wäre im Sinne einer Versetzung unter die Götter an sämtliche Aussagen über die Erhöhung Jesu zur Rechten Gottes zu denken, für die zwei Beispiele aus mit Philippi besonders verbundenen neutestamentlichen Schriften zitiert seien. In der Pfingstpredigt des Petrus heißt es (Apg 2,33 f): 66 Clauss, 67 Clauss,

Kaiser, 359. Kaiser, 359.

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τοῦτον τὸν  Ἰησοῦν ἀνέστησεν ὁ θεός, οὗ πάντες ἡμεῖς ἐσμεν μάρτυρες· τῇ δεξιᾷ οὖν τοῦ θεοῦ ὑψωθείς, τήν τε ἐπαγγελίαν τοῦ πνεύματος τοῦ ἁγίου λαβὼν παρὰ τοῦ πατρός, ἐξέχεεν τοῦτο ὃ ὑμεῖς [καὶ] βλέπετε καὶ ἀκούετε. „Diesen Jesus hat Gott auferweckt, dessen sind wir alle Zeugen. Er ist erhöht zur Rechten Gottes, hat die Gabe des heiligen Geistes vom Vater empfangen und hat diesen ausgegossen, wie ihr seht und hört.“

Die göttliche Verehrung, die aus dieser Erhöhung folgt, wird besonders eindrucksvoll ausgerechnet im Philipperbrief ausgedrückt. Im sog. Philipperhymnus68 ist zu lesen (Phil 2,9 f): διὸ καὶ ὁ θεὸς αὐτὸν ὑπερύψωσεν καὶ ἐχαρίσατο αὐτῷ τὸ ὄνομα τὸ ὑπὲρ πᾶν ὄνομα, ἵνα ἐν τῷ ὀνόματι  Ἰησοῦ πᾶν γόνυ κάμψῃ ἐπουρανίων καὶ ἐπιγείων καὶ καταχθονίων „Deshalb Gott hat ihn auch erhöht und ihm den Namen gegeben, der über jedem Namen (ist), damit im Namen Jesu jedes Knie sich beugt der Himmlischen und der Irdischen und der Unterirdischen.“

Angesichts der Verbreitung des römischen Kaiserkults im gesamten Imperium Romanum umfasst die hier skizzierte Verehrung des erhöhten Jesus zusätzliche Dimensionen: Nicht nur die Irdischen, sondern auch die Himmlischen und die Unterirdischen sollen sich anbetend vor ihm verneigen, womit die angestrebte Verehrung eines vergöttlichten römischen Kaisers durch die menschlichen Bewohnerinnen und Bewohner seines Reiches überboten wird.69 Die neutestamentlichen Erhöhungsaussagen bleiben für Menschen, die in Bildern denken, ebenso abstrakt wie die schlichte Nennung eines divus in einer Inschrift. Bilder entstehen im Blick auf die vergöttlichten römischen Kaiser erst dann, wenn man die Vorgänge kennt, die in der Hauptstadt des Imperium Romanum zu einer Divinisierung gehören: Auf den Divinisierungsbeschluss des Senats folgt die Konsekration70, die beim Staatsbegräbnis vollzogen werden kann. Das 68 Eine Verbindung zwischen der von Paulus gewählten literarischen Form und der Praxis im Kaiserkult stellt Adela Yarbro Collins, Psalms, Philippians 2:6–11, and the Οrigins of Christology, Biblical Interpretation 11, 2003, 361–372: 371 f her: Wie ein θεολόγος oder σεβαστολόγος im Rahmen des Kaiserkults einen Hymnus oder ein Enkomion auf den vergöttlichten Kaiser formuliert, schreibt hier Paulus als Χριστολόγος einen Hymnus oder ein Enkomion auf Christus. 69 Zur zeitgeschichtlichen Auslegung des Philipperhymnus im Blick auf den Kaiserkult vgl. Erik M. Heen, Phil 2:6–11 and Resistance to Local Timocratic Rule. Isa theō and the Cult of the Emperor in the East, in: R. A. Horsley, ed., Paul and the Roman Imperial Order, Harrisburg 2004, 125–153: 136–153; Samuel Vollenweider, Politische Theologie im Philipperbrief?, in: D. Sänger / ​ U. Mell, eds., Paulus und Johannes. Exegetische Studien zur paulinischen und johanneischen Theologie und Literatur, WUNT 198, Tübingen 2006, 457–469: 463–465. 70 Zur nicht einheitlich verwendeten Terminologie vgl. Wilhelm Kierdorf, „Funus“ und „con-

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Aufsteigen eines Verstorbenen in den Himmel kann durch den aufsteigenden Rauch bei der Verbrennung seines Leichnams zum Ausdruck kommen. Spätestens im Laufe des 2. Jh. n. Chr. kommt ein Adlerflug zum Konsekrationsritual hinzu.71 Die Lektüre der Historiker, welche solche Ereignisse für die Nachwelt schriftlich festhalten, bleibt auf die gebildete Oberschicht beschränkt. Um weiteren Kreisen der Bevölkerung einprägsame Bilder vor Augen zu stellen, wird zuerst auf einem Relief im Scheitel des Titusbogens72 das Hinauftragen des nun vergöttlichten Kaisers durch einen Adler dargestellt. Das Bild deutet an, dass sich zu der schlichten Inschrift, die vom divus Titus spricht, die Geschichte einer Divinisierung erzählen ließe (CIL 6,945): Senatus poplusque Romanus divo Tito divi Vespasiani f(ilio) Vespasiano Augusto „Der Senat und das römische Volk für den vergöttlichten Titus Vespasianus Augustus, den Sohn des vergöttlichten Vespasianus.“

Die hier erstmals gewählte Form der Kombination aus Text und Bild, welche den vorübergehenden Menschen wesentlich mehr Eindruck machen wird als die formelhafte Inschrift allein, wird in der Folgezeit detailreich erweitert. Die bekannteste Darstellung dieser Art findet sich in Rom auf der Basis der zu Ehren des Antoninus Pius errichteten Säule: Ein geflügelter Genius trägt Antoninus Pius und Faustina, beide flankiert von einem Adler, in den Himmel.73 Wohl nicht zufällig ungefähr gleichzeitig zur Errichtung des Titusbogens durch Domitian in Rom bietet Lukas seinen Leserinnen und Lesern mehr als nur eine Formel von der Erhöhung Jesu: Er setzt dessen Himmelfahrt ins Bild – und das gleich zwei Mal: in kürzerer Form am Ende seines Evangeliums (Lk 24,50–53) und ausführlicher erzählt am Beginn der Apostelgeschichte (Apg 1,9–11).74

secratio“. Zu Terminologie und Ablauf der römischen Kaiserapotheose, Chiron 16, 1986, 43–69; Clauss, Kaiser, 357–359. 71 Zum Adler im Konsekrationsritual vgl. Ursula Geyer, Der Adlerflug im römischen Konsekrationszeremoniell, Diss. Bonn 1967. Zum Spott über dieses Ritual und besonders den Adler­flug in Lukians Peregrinus Proteus; vgl. Peter Pilhofer, Livius, Lukas und Lukian: Drei Himmelfahrten, in: ders., Die frühen Christen und ihre Welt. Greifswalder Aufsätze 1996–2001. Mit Beiträgen von Jens Börstinghaus und Eva Ebel, WUNT 145, Tübingen 2002, 166–182: 175–177. 72 Zur Geschichte des Titusbogens und den Darstellungen auf den einzelnen Reliefs vgl. Michael Pfanner, Der Titusbogen, Beiträge zur Erschließung hellenistischer und kaiserzeitlicher Skulptur und Architektur 2, Mainz 1983. 73 Zum Apotheose-Relief vgl. Lise Vogel, The Column of Antoninus Pius, Loeb Classical Monographs, Cambridge 1973, 32–55; Paul Zanker, Die Apotheose der römischen Kaiser. Ritual und städtische Bühne, Reihe der Carl Friedrich von Siemens Stiftung 80, München 2004, 57–65. 74 Immer noch grundlegend zu den lukanischen Himmelfahrtserzählungen ist Gerhard Lohfink, Die Himmelfahrt Jesu. Untersuchungen zu den Himmelfahrts‑ und Erhöhungstexten bei Lukas, StANT 26, München 1971.

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Die längere Variante bietet ein eindrucksvolles Bild des Hinauffahrens zum Himmel, welches das Aufsteigen des Rauches vom Scheiterhaufen in den Himmel zweifellos in den Schatten stellt und den Vergleich mit dem Adlerflug keinesfalls scheuen muss (Apg 1,9): Καὶ ταῦτα εἰπὼν βλεπόντων αὐτῶν ἐπήρθη καὶ νεφέλη ὑπέλαβεν αὐτὸν ἀπὸ τῶν ὀφθαλμῶν αὐτῶν. „Und nachdem er dieses gesagt hatte, wurde er unter ihren Blicken emporgehoben und eine Wolke entzog ihn ihren Augen.“

Die Reaktion der zurückbleibenden Jünger in der kürzeren Variante erinnert an den Beginn der Verehrung eines nun vergöttlichten Kaisers (Lk 24,51 f): καὶ ἐγένετο ἐν τῷ εὐλογεῖν αὐτὸν αὐτοὺς διέστη ἀπ’ αὐτῶν καὶ ἀνεφέρετο εἰς τὸν οὐρανόν. Καὶ αὐτοὶ προσκυνήσαντες αὐτὸν ὑπέστρεψαν εἰς  Ἰερουσαλὴμ μετὰ χαρᾶς μεγάλης. „Und es geschah, als er sie segnete, dass er von ihnen schied und hinaufgetragen wurde in den Himmel. Und sie fielen vor ihm nieder und wandten sich nach Jerusalem mit großer Freude.“

In dieser komprimierten Darstellung der Himmelfahrt Jesu wissen die Jünger das Geschehen sofort zu deuten: Von Verwirrung findet sich bei ihnen trotz der ungewöhnlichen Ereignisse keine Spur, sie zeigen umgehend die richtige Reaktion, nämlich die Proskynese75. Da diese Form der Verehrung hier erstmals im Lukasevangelium Jesus widerfährt, kann sie als Signal für einen Statuswechsel gedeutet werden: Wie der Kaiser beim Aufsteigen des Rauches in die Reihen der Götter aufgenommen wird, erlangt der zum Himmel emporgefahrene Jesus Göttlichkeit.76 So naheliegend derartige Vergleiche zwischen der Divinisierung römischer Kaiser und den neutestamentlichen Himmelfahrtserzählungen auch zu sein scheinen, sie erschließen sich nicht bei einem epigraphischen Spaziergang durch Philippi. Die dortigen Inschriften mit den zahlreichen divi filii und divi verweisen lediglich darauf, dass es eine Divinisierung römischer Kaiser gibt, Details zu deren Ablauf sind den dort erhaltenen epigraphischen Zeugnissen nicht zu entnehmen.

5. Fazit Die Ergebnisse dieses Streifzuges durch die Inschriften der römischen Kolonie Philippi und durch verschiedene Schriften des Neue Testaments lassen sich unter drei Leitfragen zusammenfassen: 75 Zu Form und Bedeutung dieser Geste vgl. Markus Sehlmeyer, Proskynese und andere Loyalitätsgesten in der frühen Kaiserzeit – Christen, Polytheisten und der Körper, ZNT 27, 2011, 27–35. 76 Zur schwierigen Deutung der Proskynese in Lk 24,52 vgl. Lohfink, Himmelfahrt, 173: „Die Entrückung ist Erkenntniskriterium der Göttlichkeit eines Menschen – sei es, daß sie zeigt: er ist zum θεός geworden, sei es, daß sie dartut, der Betreffende ist θεός von vornherein gewesen. Gerade weil sie in diesem Sinne Erkenntniskriterium ist, ergibt sich aus ihr notwendig die Anbetung und Verehrung dessen, der entrückt wurde.“

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a) Was können ‚alltägliche‘ Inschriften des Kaiserkults für eine kaiserkritische Auslegung des Neuen Testaments leisten? Gerade die fast überall im Imperium Romanum anzutreffenden und auf den ersten Blick eher wenig spektakulären Inschriften des Kaiserkults rechtfertigen eine zeitgeschichtlich orientierte kaiserkritische Auslegung des Neuen Testaments. Nahezu überall kann schon durch die häufig zu lesenden Titel divi filius oder divus der konkurrierende Anspruch des Kaiserkults und des Christentums bei der Lektüre einzelner Schriften des Neuen Testaments entdeckt werden. Die reichsweite Präsenz der kaiserlichen Inschriften stellt sicher, dass eine kaiserkritische Auslegung neutestamentlicher Texte nicht nur in Rom oder Priene und bei Kenntnis der dortigen Inschriften möglich, sondern darüber hinaus für viele Regionen plausibel ist – selbstverständlich schließt diese reichsweite Plausibilität aber nicht aus, dass einzelne Texte an bestimmten Orten im Spiegel der lokalen Verhältnisse eine besondere Pointe erhalten. b) Was können außergewöhnliche Inschriften des Kaiserkults für eine kaiserkritische Auslegung des Neuen Testaments leisten? Paradestücke kaiserlicher Inschriften wie die Kalenderinschrift aus Priene oder die res gestae des Augustus ermöglichen es, einzelne Stationen kaiserlicher Biographien und deren Ausdeutung im Dienste des Kaiserkultes für einen Vergleich mit neutestamentlichen Texten heranzuziehen. Auf dieser Grundlage geht es um mehr als nur eine grundsätzliche Konkurrenz zwischen zwei Angeboten eines Heilsbringers auf dem antiken Markt der religiösen Möglichkeiten. Im Wissen darum, dass sorgfältig geprüft werden muss, wie allgemein verbreitet die Kenntnis der jeweiligen Inschriften ist, kann z. B. die Verwendung einzelner Begriffe sowohl im Kaiserkult als auch im frühen Christentum beleuchtet werden.77 c) Was fehlt in den kaiserlichen Inschriften für eine kaiserkritische Auslegung des Neuen Testaments? Grundsätzlich erzählen Inschriften keine Geschichten, sondern beschränken sich schon aus Platzgründen auf knappe, formelhafte Formulierungen. Folglich kann eine Inschrift an die Inszenierung eines „Helden“, wie sie in literarischen Texten mit allen ihren erzählerischen Details und Kunstgriffen möglich ist, nicht heranreichen. Überzeugende Identifikationsfiguren werden weitaus leichter durch mitreißende Erzählungen, die auch Emotionen transportieren, geschaffen als durch streng gestaltete Listen von Titeln, Verwandtschaftsgraden und auf militärischen Erfolgen beruhende Beinamen. Fragt man nach einzelnen Aspekten der literarischen Darstellung von Kaisern, die deren Besonderheit oder gar Göttlichkeit belegen sollen, und nach deren Sichtbarkeit auf Inschriften, sind aus neutestamentlicher Perspektive vor allem 77 Zur Verbreitung der res gestae divi Augusti vgl. exemplarisch die Überlegungen von Witschel, Kaiser, 51–54.

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die Wundererzählungen von Interesse.78 Nimmt man dabei eine Unterteilung nach Gattungen der Wundererzählungen vor, ist bei den epigraphischen Zeugnissen im Blick auf den Kaiser als Wundertäter eine spürbare Zurückhaltung zu konstatieren: Als eher dezentes Summarium von literarisch tradierten Naturwundern wie der Stillung eines tobenden Meeres79 lässt sich die Formel „Herr über Land und Meer“ lesen, die sich in wenigen kleinasiatischen Inschriften findet.80 Hinsichtlich der literarisch vorliegenden Berichte, die römische Kaiser als Heiler mit göttlicher Macht präsentieren,81 fehlen in den kaiserlichen Inschriften jegliche Entsprechungen. Dieses erstaunt insbesondere im Falle Vespasians, der als Begründer der flavischen Dynastie gerade nicht als divi filius auf vererbte Reputation und Macht zurückgreifen kann und deshalb mittels Heilungswundern in Ägypten seinen Anspruch auf den Kaiserthron untermauert.82

78  Vgl. grundsätzlich Manfred Clauss, Wunder und Kaiserkult, in: B. Kollmann / ​R. Zimmermann, eds., Hermeneutik der frühchristlichen Wundererzählungen. Geschichtliche, literarische und rezeptionsorientierte Perspektiven, WUNT 339, Tübingen 2014, 153–164 sowie für das Johannesevangelium Michael Labahn, „Heiland der Welt“. Der gesandte Gottessohn und der römische Kaiser – ein Thema johanneischer Christologie?, in: ders. / ​J. Zangenberg, eds., Zwischen den Reichen: Neues Testament und Römische Herrschaft. Vorträge auf der Ersten Konferenz der European Association for Biblical Studies, TANZ 36, Tübingen / ​Basel 2002, 147–173: 159–164. 79 Vgl. Adela Yabro Collins, Rulers, Divine Men, and Walking on the Water (Mark 6:45–52), in: L. Bormann / ​K. Del Tredici / ​A. Standhartinger, eds., Religious Propaganda and Missionary Competition in the New Testament World, NT.S 74, Leiden / ​New York u. a. 1994, 207–227; Rick Strelan, A Greater Than Caesar. Storm stories in Lucan and Mark, ZNW 91, 2000, 166–179. 80 Zu einer Weihinschrift aus dem lykischen Tyberissos, in der Augustus zu Lebzeiten zunächst als „ehrwürdiger Gott Caesar“ (Z. 1 f: Σεβαστὸς Θεὸς Καῖσαρ) und dann als „Herr über Land und Meer“ (Z. 3 f: γῆς καὶ θαλάσσης ἐπόπτης) tituliert wird, und zu ähnlichen Inschriften für Augustus aus Myra (IGR 3,719) und Pergamon (IGR 4,309 = IPerg 381) sowie schon zuvor für Pompeius aus Miletopolis (IKyz. 2,24) und Klaros (An.Ép. 200,1387) vgl. Christof Schuler, Augustus, Gott und Herr über Land und Meer. Eine neue Inschrift aus Tyberissos im Kontext der späthellenistischen Herrscherverehrung, Chiron 37, 2007, 383–403. 81 Vgl. Albert Henrichs, Vespasian’s Visit to Alexandria, ZPE 3, 1968, 51–80; Siegfried Morenz, Vespasian, Heiland der Kranken. Persönliche Frömmigkeit im antiken Herrscherkult?, Würzburger Jahrbücher für Altertumswissenschaft 4, 50, 1949, 370–378; Gabriele Ziethen, Heilung und römischer Kaiserkult, Sudhoffs Archiv 78, 1994, 171–191; Eric Eve, Spit in Your Eye. The Blind Man of Bethsaida and the Blind Man of Alexandria, NTS 54, 2008, 1–17; Lothar Spahlinger, Sueton-Studien, Bd. 2: Der wundertätige Kaiser Vespasian (Sueton, Vesp. 7,2–3), Philologus 148, 2004, 325–346; Raban von Haehling, Der römische Kaiser – ein Wunderheiler?, in: L. Hauser / ​ F. R. Prostmeier / ​Ch. Georg-Zöller, eds., Jesus als Bote des Heils. Heilsverkündigung und Heilserfahrung in frühchristlicher Zeit. FS D. Dormeyer, SBB 60, Stuttgart 2008, 226–236. 82 Vgl. Dorit Engster, Der Kaiser als Wundertäter. Kaiserheil als neue Form der Legitimation, in: N. Kramer / ​Ch. Reitz, eds., Tradition und Erneuerung. Mediale Strategien in der Zeit der Flavier, Beiträge zur Altertumskunde 285, Berlin 2010, 289–310.

Carving Out Public Space. τόπος Inscriptions and Early Christ Groups Richard S. Ascough More than a century ago Adolf Deissmann made extensive use of epigraphic and papyrological texts to shed light on passages in the New Testament, predominantly from a linguistic point of view, but also with attention to the broader cultural world.1 Often, his insights highlighted otherwise overlooked aspects of various texts. Nevertheless, on occasion his desire to shine light into the recesses of the exegetical process caused him to point the beam in directions that resulted in false illuminations. One such example is the single place where Deissmann considers the use of the word τόπος: “Zu τόπος vom Sitzplatz Luc. 14 10 vergl. Perg. 618 (Zeit?), wo τόπος wahrscheinlich den Theaterplatz bezeichnet; als sichere Fälle dieses Gebrauchs nennt Fränkel S. 383 CIG 2421 = Lebas 2,2154 (Naxos); LBW 1724e (Myrina) unter Verweis auf Bohn-Schuchhardt, Altertümer von Aegae S. 54, no. 7.”2

A closer look at the texts in question confirms that they are in fact seating reservations, albeit not necessarily in a theatre: – IPerg 618: τόπος [— — —] on a seat in the theatre; – CIG 2421 = IGL 2124 (Naxos, Lesbos): ἀρχιερέως Ἀριστάρχου τόπος προκατέχεται (“place reserved for Aristarchus, chief-priest”) on a seat whose original location is unknown; – IGL 1724e (Myrina, Lesbos): [ Ἑρ]μαγόρου {[Τι]μαγόρου?} τοῦ | [—]λλαίου {[Τι]μαίου} ὁ τόπος. | [Ζ]ωΐλου τοῦ Τιμο|[κρ]άτους ὁ τόπος (“The place of Hermagoras Timagoras son of NN Timaios. The place of Zoilos son of Timokrates”) on a seat probably in the necropolis. 1 Epigraphic abbreviations follow SEG, along with the following: AGRW = Richard S.  Ascough / ​Philip A.  Harland / ​John S.  Kloppenborg, Associations in the GrecoRoman World: A Sourcebook, Waco 2012; see also the companion website: Harland / ​Ascough / ​ Kloppenborg, Associations in the Greco-Roman World: A Companion to the Sourcebook, http:// philipharland.com/greco-roman-associations, accessed 2015/03/30. GRA I = John S.  Kloppenborg / ​Richard S.  Ascough, Greco-Roman Associations: Texts, Translations, and Commentary, vol. 1: Attica, Central Greece, Macedonia, Thrace, BZNW 181, Berlin / ​ New York 2011. GRA II = Philip A. Harland, Greco-Roman Associations: Texts, Translations, and Commentary, vol. 2: North Coast of the Black Sea, Asia Minor, BZNW 204, Berlin / ​New York 2014. 2 Adolf Deissmann, Neue Bibelstudien. Sprachgeschichtliche Beiträge, zumeist aus den Papyri und Inschriften, zur Erklärung des Neuen Testaments, Marburg 1897, 95.

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These examples pale, however, in comparison to the plethora of τόπος reservation inscriptions now known from entertainment venues across the Greco-Roman world, as we shall see below. Nevertheless, Deissmann’s connection of such inscriptions with the text of Luke 14:8–11 is spurious. The context of the parable in Luke does not involve reserved seating in an entertainment venue or a necropolis but seating at a banqueting table: “When you are invited by someone to a wedding banquet, do not sit down at the place (τόπος) of honor, in case someone more distinguished than you has been invited by your host; and the host who invited both of you may come and say to you, ‘Give this person your place (τόπος)’, and then in disgrace you would start to take the lowest place (τόπος). But when you are invited, go and sit down at the lowest place (τόπος), so that when your host comes, he may say to you, ‘Friend, move up higher’; then you will be honored in the presence of all who sit at the table with you. For all who exalt themselves will be humbled, and those who humble themselves will be exalted.”

In this case, τόπος refers to the place where the guest of honour would recline (not sit!)3 for a meal, and although considered a ‘premier’ spot, this is much different than a permanently reserved place in a structure. At best, the final apophthegm might be a Lukan indictment of reserving special seats, although I rather doubt it. Likewise, although Deissmann does not reference the text, Paul’s use of τόπος in 1 Cor 14:16 also refers to reclining at a meal: “how will the one who fills the place of the regular member (ὁ ἀναπληρῶν τὸν τόπον τοῦ ἰδιώτου) say the ‘amen’ upon your giving of thanks …?” Paul imagines a guest taking the spot that would normally be occupied by a regular member.4 Elsewhere in the New Testament τόπος is used variously for geographic markers (e. g. villages, cities, desert) or particular spots within a city (“place called Golgotha,” Matt 27:33) or within a building (“no place … in the inn,” Luke 2:7). In some instances, τόπος is used with reference to the Jerusalem temple, a few times with the adjective “holy” (e. g., Matt 24:15; Acts 6:13 f; 21:28; cf. Acts 7:7).5 In John 11:48 Jesus’ opponents worry that “If we let him go on like this, everyone will believe in him, and the Romans will come and destroy καὶ τὸν τόπον καὶ τὸ ἔθνος.” Literally, it is “both the place and the national group,” and whereas τόπος might suggest “country”, the NRSV rendering of “holy place” with reference to the Jerusalem temple is a fair inference.6 3 Cf. Dennis Smith, From Symposium to Eucharist. The Banquet in the Early Christian World, Minneapolis 2003, 254 f, cf. 14–18. 4 For the translation and this interpretation see Richard Last, Money, Meals, and Honour. The Economic and Honorific Organization of Paul’s Corinthian Ekklesia, unpublished dissertation, University of Toronto 2013, 179–197. As Last rightly argues, ἰδιώτης here cannot mean “outsider” or “non-believer”, since in this same passage ἄπιστοι is used for such people. He adduces association inscriptions to demonstrate that ἰδιώτης is used to distinguish regular members from group leaders. 5 On τόπος as a reference to the Jerusalem temple, particularly as “holy place”, see further Helmut Köster, τόπος, TDNT 8, 197–199. For an overview of τόπος in New Testament usage see ibid, 202–207. 6 So also Köster, τόπος, 204; evidence for such usage will be noted below.

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Such texts reflect the range of usage of τόπος in inscriptions, papyri, and literary texts: “region”, “place”, “district”, “field”, “plot”, “building”, “location”, “temple”, and later even “church”, among others.7 Naturally, the context must always be taken into account when determining the signification of the term. Nevertheless, although often the context of the use of τόπος indicates its meaning – e. g., on seating blocks in amphitheatres – more broadly the word has a range of meanings that are not always obvious to modern researchers, although must have been more clear to the ancients.8 Yet Deissmann’s misapplication of the epigraphic evidence to the Lukan parable reflects a methodological problem wherein epigraphic texts are mined with a view to solving an exegetical problem, and in this case, no real exegetical problem existed to begin with, rendering Deissmann’s comments ‘illustrative’ at best, although even here the connection is of little value. But as John Kloppenborg points out in his contribution to this volume, while the exegetical process begins with a problem in the text that requires solving, commencing with epigraphy can change the questions we raise when reading the texts or researching the contexts. In this essay I will survey a selection of various types of τόπος inscriptions in the civic landscape in order to demonstrate how epigraphy can raise questions about Christ groups and their presence in the urban landscape. I include in the analysis not only texts that use the word τόπος directly, but also inscriptions that are identified as demarcating a place for an individual or a group through the use of a name in the genitive (or sometimes the nominative) and / ​or by its location or by the designation of particular spaces. I have not included boundary markers or τόπος inscriptions from funerary contexts (particularly cemeteries).9 This survey is by no means complete (far from it) and is meant to be representative of the range of τόπος inscriptions in terms of geography, time, and type. Although in and of themselves τόπος inscriptions are fascinating they are only of peripheral exegetical utility. Much more, however, can be gained from the questions they raise for thinking about how early Christ adherents both experienced their civic surroundings and located themselves as a group within the urban landscape of the ancient city.10  7 Etienne Bernand, Tόπος dans les inscriptions grecques d’Egypte, ZPE 98, 1993, 103–105. For a survey of the range of uses of τόπος see Köster, τόπος, 189–192, although the evidence is drawn predominantly from literary and papyri texts, not inscriptions.  8 Bernand, Tόπος, 110.  9 For examples of τόπος used in a funerary context see AGRW 134,149 f,154 f; cf. AGRW 117B.1 likewise have not drawn extensively on the ancient literature, for which see Elizabeth Rawson, Discrimina. The Lex Julia Theatralis, PBSR 55,1987, 83–114. 10 Although no one has examined τόπος inscriptions in light of Christ groups, Onno van Nijf has undertaken a comprehensive and compelling analysis of the theatre seating for professional associations in the Roman east. He limits his study to seating in entertainment venues since, as he rightly notes, many other τόπος inscriptions are removed from their original locations and thus do not provide “clues about their place in the cities’ symbolic geographies” (The Civic World of Professional Associations in the Roman East, Dutch Monographs on Ancient History and Archaeology 17, Amsterdam 1997, 219 f).

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1. τόπος Inscriptions in Entertainment Venues Far and away, the most extensive evidence for τόπος inscriptions comes from entertainment venues, where there is ample evidence of seat reservations for individuals, politicians, and groups of various sorts. For example, τόπος seating inscriptions can be found in the theatre at Termessos, Pisidia (TAM 3,872, I BCE–I CE), the stadium at Didyma (IDidyma 50, Hellenistic-Roman period), the theatre at Stobi, Macedonia (II–III CE),11 the stadium at Saittai, Lydia (150–300 CE),12 the theatre at Miletos (IMilet 940a–d = GRA II 135, II–V CE), and the stadium at Aphrodisias (IAphr 2007 10.21, 10.33, II–IV CE). In Rome, the proceedings of the Arvales record spaces allotted to them in three levels in the Colosseum in 80 CE (CIL 6,32363).13 In the Western provinces, reserved seating can be found in many cities such as at the amphitheatres in Gaul at Arelates (CIL 12,697.714), Nemausus (CIL 12,3316–3318), Santones (CIL 13,1052), Lugdunum (CIL 13,1667), and Treves (CIL 13,3708).14 In the city of Tarraco, Hispania, fragmentary texts from the theatre (CIL 22,14,1364–1391, I CE or later) and amphitheatre (CIL 22,14,1392–1432, II CE or later) seem to reserve seats for collegia members and, in one of these venues, delegates of the province of Hispania Citerior (CIL 2,4280, original locations unknown). In Pannonia, the amphitheatre at Aquincum has seats with reservation markers, as does the amphitheatre in Carnuntum, Noricum, although it also has two sections where inscriptions above the entranceways reserve the entire area. In North Africa reserved seats are likewise found in entertainment venues ranging from the mid-second century CE (Lambaesis; CIL 13,3293) through the fifth century CE (Carthage; CIL 13,24659). During the Greek period theatre seating was arranged by tribe (φυλή), a tendency that carried on into the imperial period in cities in the East,15 although in this later period the names of eastern civic tribes are not based on common ancestry but represent the organization of the city.16 For example, in the stadium at Ankyra, Galatia, the tribes are numbered: φυ(λή) β´ (second tribe); φυ(λή) ε´ (fifth tribe) (IAncyra 154i and 154ii, Imperial period, perhaps I CE) and another tribe is perhaps named Klaudia Athēnaia (IAncyra 154iii, I CE, heavily recon11 Balduin Saria, Die Inschriften des Theaters von Stobi, JÖAI 32, 1940, 6–34; Elizabeth Gebhard, The Theater at Stobi. A Summary, in: B. Aleksova / ​J. Wiseman, eds., Studies in the Antiquities of Stobi 3, Belgrade 1981, 15. 12 Frank Kolb, Sitzstufeninschriften aus dem Stadion von Saittai (Lydien), EA 15, 1990, 107–119. 13 Jerzy Kolendo, La répartition des places aux spectacles et la stratification sociale dans l’Empire Romain, Ktema 6, 1981, 304 f. The bench space allotted to the Arvales was 37 metres, accommodating perhaps 70–80 persons in total. See also CIL 6,32098 for other fragmentary inscriptions from the steps in the Coliseum; cf. Rawson, Discrimina, 86. See also the Lex Irnitana (91 CE), quoted in van Nijf, Civic World, 216. 14 See further Kolendo, répartition, 309–313. 15 Kolendo, répartition, 307; Rawson, Discrimina, 91. Most of the data for theatre seating comes, however, from the Roman Imperial period; see ibid., 85. 16 Alexandra Retzleff / ​Abdel M.  Mjely, Seat Inscriptions in the Odeum at Gerasa (Jerash), BASOR 336, 2004, 40.

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structed as [τό]πο(ς) Κλαυ[δίας Ἀθηναίας]).17 Other tribal seating can be found in the theatre in Neapolis (Nablus), Syria, where eight phylae are named for gods and heroes and three for the city Philious in the Peloponnese,18 and at Hierapolis, where places in the theatre demarcate tribal seating areas that date from the late Imperial period,19 although some blocks may have been used from the Hellenistic period (see SEG 57,1370). The seats in the Theatre of Dionysos in Athens were inscribed at the time of a visit of Hadrian (126 CE) with the titles of civic officials and priestly positions, but without specific names attached; “they were for the current magistrates or priests and not specific individuals.”20 Interestingly, not all groups present in the city of Athens are represented in the hierarchical seating arrangements in the theatre, nor do the positions of those named in the cavea seating reflect the actual social hierarchy within the city itself.21 Thus, at least in this instance, there seems to be some indication that the seating arrangements were not always linked to civic hierarchy. At Gerasa in Syria, the front row (ima cavea) of the Odeum has a number of seat reservation inscriptions dating from late in the second century CE, located on fourteen rows of seats. “One-quarter of the seats were assigned to a distinct group, probably the boule, while the remaining three-quarters of the seats were allotted to the civic tribes at Gerasa.”22 Each section could seat about 65–70 representatives of the tribal group in the city, presumably with the remaining attendees from each tribe being seated elsewhere in the higher rows. The reserved seating arrangement “was meant to represent a cross section of the whole citizen body.”23 In a separate section to the east all 275 seats seem to be reserved for the entire city council, as indicated by the single inscription on the front podium τό[πο]ς [β]ουλῆς.24 Of particular interest is a later τόπος inscription, added to the seat after the erasure of the previous reservation marker: “place of the linen workers” (λινουργῶν ὁ τόπος) and dated to the third century.25 Its presence as the only occupational association τόπος inscription, “which necessitated a minor reshuffling of the established seating arrangements,”26 suggests the importance of this occupation within the 17 This

is one of four possible reconstructions; see SEG 58,1481.  Itzhak Magen, Neapolis, in: E. Stern, ed., The New Encyclopedia of Archaeological Excavations in the Holy Land, vol. 4, Jerusalem 1993, 1356. 19 Frank Kolb, Zur Geschichte der Stadt Hierapolis in Phrygien. Die Phyleninschriften im Theater, ZPE 15, 1974, 255–270. 20 David B. Small, Social Correlations to the Greek Cavea in the Roman Period, in: S. Macready / ​F. H. Thompson, eds., Roman Architecture in the Greek World, London 1987, 87. 21 Small, Correlations, 87. 22 Retzleff / ​Mjely, Inscriptions, 37. Eleven of the twelve tribes are designated by the name of a Greek deity in the genitive while the twelfth is named for Hadrian (in adjectival form); in the cases of the genitive, one can assume it followed an unwritten ὁ τόπος (Retzleff / ​Mjely, Inscriptions, 38). 23 Retzleff / ​Mjely, Inscriptions, 42. 24 Retzleff / ​Mjely, Inscriptions, no. 1.1. 25 Retzleff / ​Mjely, Inscriptions, no. 4.11. Reinscribed place indicators can also be seen at Aphrodisias; see Charlotte Roueché, Performers and Partisans at Aphrodisias in the Roman and Late Roman Periods, JRSM 6, London 1993, 99 f. 117 f. 26 Retzleff / ​Mjely, Inscriptions, 40. 18

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city, which gave members of this group special status outside of the regular tribal groupings.27 Among the seat reservations in the theatre at Miletos, the one that has most caught the attention of New Testament scholars is that found on the fourth bench from the right, fifth row of sector I.4: τόπος Εἰουδέων τῶν καὶ θεοεβίον, likely dating from the late second or early third century (IJO 2,37 = AGRW 183 f).28 At first blush, the connection of Jews and God-fearers seems to confirm literary accounts, most notably in the Book of Acts, of the existence of a group of non-Jewish adherents to Judaism. The grammar of this text, however, is far from clear, and a number of different proposals have been proffered:29 1. “The place of the Jews who are also called pious ones” (taking τῶν καὶ as a form of ὁ καί, and θεοσεβίον as a genitive plural of θεοσεβής.30 This is the interpretation of Ameling in IJO 2,37: “Platz der Juden, die auch Gottesfürchtige [genannt warden]”). 2. “The place of the Jews and the God-fearers” (where τῶν καὶ is presumed to be an engraver’s error for καὶ τῶν). 3. “The place of the Jews [not real Jews but rather Judaizing Gentiles] who are also called God-fearers.” Murray Baker summarizes the arguments for, and problems with, each of these readings, ultimately rejecting all three.31 Baker draws on the work of Steven Mitchell to suggest a new reading that fits both the grammar as it is inscribed on the seat along with the wider cultural milieu of Miletos: “The place of the Jews [real Jews], who are called [are part of] the group of θεοσεβίοι [followers of the Most High God].” The Jews are, in this instance, self-presenting as part of a larger, and much better known, group of monotheists in Miletos who are followers of Theos Hypsistos, such as the gardeners (OGIS 755 = AGRW 182a, 150–200 CE) and the shell-fish fishermen (OGIS 756 = AGRW 182b, ca. 130 CE; perhaps ‘razor clam’ 27 Retzleff / ​Mjely,

Inscriptions, 41; Roueché, Performers, 45. published by Adolf Deissmann, Licht vom Osten. Das Neue Testament und die neuentdeckten Texte der hellenistisch-römischen Welt, Tübingen 1923, 391 f, the text has been much republished and discussed (see IJO 2,37, p. 168 for bibliography). The presence of Jews in Miletos in the first century BCE is attested by a letter quoted by Josephus (AJ 14.244–246) complaining that the Jews there are prevented from keeping their rituals (see Anders Runesson / ​Donald D.  Binder / ​ Birger Olsson, The Ancient Synagogue From Its Origins to 200 C. E. A Source Book, Leiden / ​ Boston 2010, n. 110). The identification of the remains of a third to fourth century CE synagogue building in the city, however, has not held up to scrutiny. 29 See survey in Murray Baker, Who Was Sitting in the Theatre at Miletos? An Epigraphical Application of a Novel Theory, JSJ 36, 2005, 413–414; Walter Ameling, Inscriptiones Judaicae Orientis, vol. 2: Kleinasien, TSAJ 99, Tübingen 2004, 169–171. 30 One would expect the genitive plural θεοσεβῶν, but the existence of another attestation of θεοσεβίον at Mileos (IJO 2,38 = AGRW 183g) suggests that this is a local variant. Thus Ameling takes it as an adjectival form of θεοσεβεῖς (Kleinasien, 171). He suggests that the whole of the Jews at Miletos have taken on the characteristic of an association (Verein) in adopting the name “pious ones” rather than their primarily foreign designation “Judeans”. 31 Baker, Sitting, 413 f. 28 First

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gatherers). A separate, hastily written, seat inscription at Miletos that reads simply θεοσεβίον is found in the second row (IJO 2,38 = AGRW 183g), suggesting that at least one or two persons among the adherents of Theos Hypsistos (possibly cult officials) could lay claim to premier seating, perhaps through contact with a wealthy benefactor.32 Baker’s reading of the Miletos seat inscription does not detract from other evidence for a group of ‘God-fearers’, such as the appearance of proselytes and θεοσεβεῖς in an inscription from Aphrodisias (IAph 2007 11.55, III or V CE). It does, however, explain how the Jews in Miletos, or at least some of them, sought to lay claim to a public presence in the city. As Murray explains, they called upon their ‘co-religionists’ – the leaders of the cult of Theos Hypsistos, particularly wellplaced patrons – to help them secure seating in the theatre.33 The situation reflects a broader context of mutual respect and accommodation that Mitchell traces.34 Two centuries later or more, a seat inscription in the same theatre seems to attest to Judean supporters of the Blues, with no indication of co-sponsorship or links to another group (βενέτων ΕΙΟ.ΕΩΝ [reading Eἰου[δ]έων or Eἰοδέων], IJO 2,39 = AGRW 183h).35 From this later time, Jews are also attested in inscriptions among those found on the nine extant rows of seats in the Odeon at Aphrodisias: on block B, row 8: “place of the Hebrews” (τόπος  Ἑ ̣β ̣ρ ̣έων; IJO 2,15) and on the adjacent block D, row 6: “place of the Blues, Hebrews, the elders” (τόπος Βενέτων |  Ἑβρέ ̣ων τῶν π ̣α ̣λειῶν; IJO 2,16).36 These inscriptions date from the end of the fifth century to the early sixth century CE, as indicated by mention of the colour factions. Although the use of “Hebrews” for Jews is not widely attested, Ameling suggests that it was likely simply the language used for the Jews of Aphrodisias at that time and thus one should not read too much other meaning into its use here.37 In many cities, the Jews were aligned with the “Blues”, one of the two main colour factions who, along with the “Greens”, very much made their presence known in the cities, primarily at sporting events, although their inter-group rivalry sometimes spilled out into the streets.38 32 Baker,

Sitting, 415.  Baker, Sitting, 416. 34 Baker, Sitting, 415 f; Stephen Mitchell, The Cult of Theos Hypsistos Between Pagans, Jews, and Christians, in: P. Athanassiadi / ​M. Frede, eds., Pagan Monotheism in Late Antiquity, Oxford 1999, 126. 35 There are no theatre seats reserved for the Greens in Miletos (Ameling, Kleinasien, 172) but there are other attestations for seats reserved for supporters of the Blues, such as “the place of the blue goldsmiths” (τόπος αὐραρίων Βενέτω(ν), AGRW 183a), one of four seating designations for sub-groupings of the goldsmiths (the others reference the “victorious goldsmiths” [τόπος ἐπινικίων | αὐραρίω(ν), AGRW 183c] and the “emperor-loving goldsmiths” [τόπος φιλα|γούστõν ̣| αὐραρίõv,̣ AGRW 183d], and the “goldsmiths” with no appellation [τόπος αὐραρίω(ν), AGRW 183b]). 36 Charlotte Roueché reads π ̣α ̣λιῶν; see Performers, 119, 47 D 6). 37 Ameling, Kleinasien, 114. “Hebrews” also appears in IJO 2,50 and 244. 38 See Tac. ann. 14,17. The other two colour factions – the “Reds” and the “Whites” – were much smaller and not as active within the cities; see further Alan Cameron, Circus Factions: Blues and Greens at Rome and Byzantium, Oxford, 1976, 45–73. Charlotte Roueché, Aurarii in the 33

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Ameling notes that official bodies of the city oversaw the allocation of such places, suggesting that the Jewish community was an integral part of the civic landscape.39 Having made application they were allocated their spaces in the Odeon. In the case of the ‘Blue Jews’, their seats are inscribed in an area in which other supporters of the “Blues” surround them.40 Roueché suggests that the Jews had occupied their seats before these sectors were officially assigned to a colour faction, as was the case with other groups designated as “Blues” such as butchers, gold-workers, or residents of particular neighbourhoods.41 In this manner, preexisting groups that had a tradition of sitting together became supporters of one colour or another; “It seems likely that every auditorium became divided between Greens and Blues, and that to sit in a particular position, which may well have been the traditional seat of some particular association for centuries, was automatically to become a supporter of one colour or the other.”42 This is not antithetical to Ameling’s suggestion, but reverses the order insofar as rather than applying for places among the Blue faction, the Jews are sitting in places officially assigned to the Blues; yet, they are no less a part of the civic landscape. That the Jews undergo periodic conflict with others can thus be explained not simply on religious grounds but, at least in part, as a result of their place within the broader Blue-Green conflicts within various urban centers.43 The foregoing brief survey of τόπος seating inscriptions is but a small representation of the available evidence, but serves to demonstrate that the practice of reserving seats in entertainment venues spanned the circum-Mediterranean in the Greek and, especially, the Roman periods, up through the fifth and sixth centuries CE. There were likely many more reserved seat indicators than are currently attested, insofar as many designations were painted onto the seats. Once an inscription was made, however it became a rather more permanent marker, although the re-cutting of seats in places such as Aphrodisias suggests that even an inscription was not a guarantee that a person or group could lay claim to that particular place for all time.44 Auditoria, ZPE 105, 1995, 37–50. Ameling cautions that one cannot assume a connection between Jews and the “Blues” in every city (Kleinasien, 116). Although Pieter van der Horst points out that the violence against Jews in some places was due to their alliance with the Blues (Jews and Blues in Late Antiquity, in: D. Accorinti / ​P. Chuvin, eds., Des Géants à Dionysos. Mélanges de mythologie et de poésie grecques offerts à Francis Vian, Alessandria, 2003, 568 f), Ameling notes that as a group they remained socially marginalized which may also account for some of their suffering, even within the riots (Kleinasien, 116). 39 Ameling, Kleinasien, 112 f. 40 Cf. IJO 2,39 from Miletos (above) and IJO 3, Syr10 from Tyre, which was found on a pillar underneath the section of the stadium stands occupied by the Blues, suggesting further a link between Jews and the Blue faction (see Jean-Paul Rey-Coquais, Inscriptions de l’hippodrome de Tyr, JRA 15, 2002, 325–335). 41 Roueché, Performers, 130 f. 42 Roueché, Performers, 131. 43 See further van der Horst, Jews, 565–571. 44 Charlotte Roueché, Aurarii, 38. Elsewhere, Roueché notes there is “extensive evidence” of use and re-use at Aphrodisias, with almost every theatre seat showing some sign of at least one let-

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In general, the higher ranked social strata sat closest to the action; senators or magistrates, priests, local elites and their families sat front and center, while behind them sat those of lesser status but still of respectable birth. The ‘marginal’ seats on the sides of the theatre and at the back were occupied by those on the margins of power – women, non-citizens, and slaves, often in anonymous, non-designated seating.45 One’s place in the theatre was thus made known to others, and just as importantly, served to remind oneself of one’s place in the social fabric.46 That said, “there does not seem to be a standard method of organization” of seating arrangements in the cavea of theatres47 insofar as non-tribal groups always occupying a particular sector (e. g., “goldsmiths always in the second row in the east kerkides”). Places of prominence were assigned based on the power and influence of the group (or its patron) within each city itself. Among a number of research benefits Small draws from his preliminary investigation of the hierarchical stratification represented in the Temple of Dionysos in Athens is the potential to understand better how different groups displayed their presence in the city, and how they grew and competed with one another.48 This raises the interesting question as to where Christians would fit in. In most cases, official consent of some sort would be required in order to stake a claim in reserving public space for oneself or one’s group. In the case of seating in entertainment venues, permission could be granted by the official overseer of the theatre or stadium or, as in some cases, seats could be apportioned for civic positions, tribal groupings, or important occupational associations through the actions of the civic government. Although no seats have been found specifically designated for Χριστιανoί in the first few centuries of the Common Era, either by name or by some other indication, one can wonder how, if at all, early Christ adherents might have imagined themselves sitting in such venues. Did they attend at all, and if so did they attempt to sit together, or did they mix and mingle with the οἱ πολλoί in the undesignated seating areas? If the latter, did they look with longing at those who had secure seating in the premier areas, or were they content not to draw attention to themselves? If Christ adherents were given the opportunity to reserve group seating, how might they have identified themselves? Would they, like the Judeans in Miletos, align themselves with the adherents of an analogous group such as the worshippers of Theos Hypsistos in order to gain legitimacy? What name might they have used? Ethnic appellations are rare, with most examples being Semitic (e. g., “Judeans”, “Hebrews”, “Samaritans”) or regional (e. g., “Macedonians”). Would one of these ter having been engraved, “but inscriptions seem to have been erased or simply cut over by later users” (Performers, 45). Those that can be dated are late, but the re-use suggests that seats were likewise reserved in earlier times. 45 Rawson, Discrimina, esp. 87–94. 46 Van Nijf, Civic World, 210, 212, 235. 47 Retzleff / ​Mjely, Inscriptions, 40. 48 Small, Correlations, 88.

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suffice, or would they prefer τόπος Χριστιανῶν? On the other hand, if wanting or needing to conceal this affiliation, would Christ adherents default to some other form of identification such as the common occupation of the core members of the group, or the name of a particular leader with whom they associated (e. g., “the τόπος of Stephanas’ people”)? If the latter, then it is unlikely that they could be identified as Christians today – we would not know these are Christian ‘places’ in this early period. At any rate, at best such markings would have been painted rather than inscribed, given both the incipient nature of the groups and their questionable status within the civic landscape. It is not until much later that we (perhaps) have any evidence of Christians designating seat inscriptions of their own. For example at Aphrodisias, in block G of the theatre, crosses appear on a couple of seats: Φροντίνου cross | Νικᾷ ἡ τύχη τοῦ (IAph 2007 8.59, row 4) and cross Νικᾷ ἡ τύχη τῶν Βενέτων (IAph 2007 8.59, row 12.i). In both cases, the cross may simply indicate “triumphs!” thus giving the readings “The fortune of Phrontinos triumphs!” and “The fortune of the Blues triumphs!” Another inscription adjacent to the latter one, however, reads cross τόπος | Σπανδι|ο ̣(υ) (IAph 2007 8.59, row 12.ii; “Place of Spandios”), which unlikely indicates “triumph”, suggesting that the cross here might indicate Christian affiliation, and thus the same might reasonably be presumed for the other occurrences, which could then be rendered “(Place of) Phrontinos. The fortune of the cross triumphs!” and “The fortune of the cross. (Place of) the Blues.”49 Crosses also occur in the Odeon at Aphrodisias, on seats in block E (IAph 2007 2.8.1, 9 and 2.14.1.i) and as graffiti scratched in the easternmost recess behind the backstage corridor (IAph 2007 2.3.i), and in the stadium (IAph 2007 10.20.AA.iii).

2. τόπος Inscriptions for Merchants and Artisans In some cities, various individuals and groups such as merchants or occupational guilds would lay claim to particular locations on a street or in a marketplace. Most instances of places reserved for merchants and artisans are not so grandiose as the Forum of the Corporations in Ostia, where black and white mosaics were set in the pavement as a means to identify the group associated with each storefront, either by name or by a scene depicting the nature of their occupation (e. g., the loading of a ship indicates the office of the shippers; see AGRW B16). For example, in second century Magnesia ad Menander, a place was demarcated for “assistant 49 See comments on IAph 2007 8.59: Charlotte Roueché, 8.59. Seat inscriptions. Theatre, Block G, http://insaph.kcl.ac.uk/iaph2007/iAph080059.html, accessed 2015/03/30; Joyce Reynolds  / ​ Charlotte Roueché / ​Gabriel Bodard, Inscriptions of Aphrodisias (2007), available at http://insaph. kcl.ac.uk/iaph2007, accessed 2015/03/30. See also IAph 2007 10.22 from the stadium, where the formula occurs without a cross: Νικᾷ ἡ τύχη τον vac. (“The fortune triumphs of the [·· ? ··]”). Crosses seem not to have been used prior to the time of Constantine; see Graydon F. Snyder, Ante Pacem. Archaeological Evidence of Church Life Before Constantine, Macon 1985, 27–29.

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builders” in the southern part of the marketplace, “when Pollion was high-priest and secretary”: τόπος ὑπηρε|τῶν οἰκοδόμων | ἐπὶ Πωλλίωνος | τοῦ ἀρχιερέος || καὶ γραμματέος (IMagnMai 239). There are quite a few other texts from this city reserving places for individuals, the original location of which has not been identified and most of which are fragmentary, although thought to be from the marketplace (see IMagnMai 241–250, II–III CE). At Ephesos, two inscriptions located on a single column dated between 200 and 210 CE record the granting of such spaces to particular occupational associations by a civic official:50 IEph 444: ἀγαθῆι τύχηι· | Μᾶρκ(ος) Φούλβιος | Πουπλικιανὸς | Νεικηφόρος || φιλοσέβαστος | καὶ ἀσιάρχης | καὶ πρύτανις | ἐχαρίσατο συν|εργασίᾳ{ς} ἀσκο||μίσθων διάστυλα | βʹ. “To good fortune. Marcus Fulvius Publicianus Neikephoros, friend of the emperor, Asiarch, and civic president (πρύτανις) granted two spaces between columns to the guild (συνεργασία) of wine-skin dealers.”

The second inscription begins with the same acknowledgement and notes that the two spaces between columns are granted to the hemp-workers who work in the stoa of Servilius (κανναβαρίοις | τοῖς ἐν τῇ Σερβει||{λ}είου στοᾷ διάστυ|λα δύο; IEph 445). These inscriptions may indicate space for stalls or, more likely, permanent shops. Around the same time, this same πρύτανις is named as granting space (τόπος) for market stalls or shops to other associations in Ephesos, as noted in a series of inscriptions found on columns and pillars in the area of the theatre: “two spaces between columns to the guild (συνεργασία) of sacred tasters” (IEph 2076), “one space between columns to the guild (συνεργασία) of private (?) bath-owners who are in Ephesos” (IEph 2078), “two spaces between columns to the guild (συνεργασία) of knobturners” (IEph 2079), “four spaces between columns to the large guild of leather-workers” (IEph 2080), “four spaces between columns (or: granted spaces 4, 5, and 9) to the leatherworkers of Elpidios Boethos” (IEph 2081), “two spaces to an association whose name has been lost” (IEph 2082), and a fragmentary text in which both the name of the association and the location of the space has been lost (IEph 2077, which appears under IEph 2076).51

For efforts such as these and other benefactions, including the hosting of gladiatorial contests, Marcus Publicianus Neikephoros was honoured by associations in the city, such as the clothing-dealers engaged in business in the market-place

50 Translations by Harland / ​Ascough / ​Kloppenborg, Associations. Companion, http://p​h​i​l​i​p​h​a​r​l​ a​n​d​.com/greco-roman-associations/grant-of-retail-space-to-guilds-iii-ce  / ​, accessed 2015/03/30. The column was found east of the Vedius gymnasium in Ephesos. Cf. similar decrees at Smyrna reflected in ISmyrna 713 = AGRW 199 (225 CE); 715 (III CE); 717 (Roman period). For other reserved retail spaces see SEG 54,652 (Philippopolis, Thrace, II CE); IDidyma 522 (undated); ISmyrna 904a and b (imperial period); ISmyrna 718 (undated); ISmyrna 719 (undated); IG 12,6 985 (Pythagoreion, Samos, I–II CE). 51 For full texts and translations see Harland /Ascough / ​Kloppenborg, Associations. Companion, http://philipharland.com/greco-roman-associations/assignment-of-shop-spaces-near-the-t​h​e​a​t​r​ e​-to-guilds-by-neikephoros-300–310-ce  / ​, accessed 2015/03/30.

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(IEph 3063, 222–235 CE) and an unidentified συνεργασία (IEph 679, 218–235 CE; the association is not identified due to the fragmentary nature of the stone). Also at Ephesos, an undated marble block found among the debris on Marble Street reserves “the place of the carpenters” (τόπος | τεκτό[νων]; IEph 549), while two undated columns on Harbour Street designate reserved places for the silversmiths (ἀργυροκόπων, IEph 547). This latter association is well-known at Ephesos from inscriptions ranging from the first through the fifth centuries CE,52 and perhaps more notoriously through the narrative of their uprising against Paul and his retinue in the Book of Acts 19:23–41. Inscriptions such as those found on these columns would demarcate the location where these craftsmen would set-up daily to ply their wares to pilgrims and visitors to the city, and in the case of the Acts account, sell silver shrines of Artemis. It is easy to imagine the silversmiths gathered around such columns railing against Paul and his companions to the passing throng on the street, causing an uproar with their accusations of vast numbers of people adopting Paul’s monotheism (a depiction very much affirmed in Acts, although of dubious value historically).

3. τόπος Inscriptions in Sacred Spaces There is no question that many associations had access to, or even owned, land and buildings, and in some instances inscriptions attest to the use of τόπος as a designation for such space and publicly declare a group’s claim on the area, particularly in Egypt,53 where similarity in language in texts that span the first century BCE through the first century CE is striking.54 In particular, there are a number 52 IEph 2212 = AGRW 161 (41–54 CE); IEph 425 = AGRW 164 (81–117 CE); IEph 586 (138–161 CE); IEph 636 (early III CE); SEG 34,1094 (250–260 CE); IEph 2441 (undated); cf. silver-melters in IEph 585 (undated). 53 Outside of Egypt, one early instance of τόπος used in connection with a sanctuary comes from the third or second century BCE in Loryma, Caria. Inscribed into the rock face at the location of the Sanctuary of Zeus Atabyrios (now in the harbour castle) is the text ἱερὸς | ὸ τόπος (“this place is holy”) underneath the altar (EA 36, no. 1). Nearby, a contemporaneous inscription in the Sanctuary of Dionysos bears the eponymous name in the genitive – Διονύσου – indicating either “place of Dionysos” or “holy to Dionysos” (EA 36, no. 4; the latter is the interpretation of SEG 53,1241). Other texts use τόπος to indicate meeting places but without necessarily ‘laying claim’ to the space; see, for example, IRhamnous 2,59 = GRA I 27 (after 216/15 BCE); OGIS 773 = AGRW 213 (Elaeussa, Cilicia, late I BCE–I CE), which is perhaps Jewish. In some instances, τόπος is used with reference to a place granted by civic decree to an association: IEph 20 = AGRW 162 (Ephesos, 54–59 CE); IDélos 1519 = AGRW 223 (Delos, 153/52 BCE). Τόπος was also used to indicate specific places within buildings, such as the location of an altar (IPerinthos 49 = AGRW 63 [I CE]; IG 12,8 643 = AGRW 260 [Mytilene, Lesbos, imperial period]) or the location of a statue or inscription set up in honour of someone (IG 22,1325 = GRA I 33 [Piraeus, 185/84 BCE]; IGLSkythia 3,44 = AGRW 74 [Kallatis, 12–15 CE]; IDélos 1520 = AGRW 224 [153/52 or 149/48 BCE]). 54 See, for example, IFayum 2,134 (Euhemeria, 79 BCE); IFayum 3,204 (Krokodilopolites, 68 BCE); IFayum 3,205 (Soknopaiou Nesos, 51 BCE); IFayum 2,71 (Ptolemaïs Hermiou, 45 CE);

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of τόπος inscriptions designating meeting spaces within temples and sanctuaries. For example, an association of geese breeders seemingly had their own place in the temple of Pnepheros at Theadelphia (IFayum 2,109, 102? BCE): ὑπὲρ β ̣ασιλίσσης | Κλεο ̣π ̣ά[τρα]ς ̣ κ ̣[αὶ βασι]|λέω̣ς ̣ [Πτολεμαί]|ου, θεῶν [Φιλομητό]||ρ ̣ων ̣ καὶ [Φ]ι̣λ ̣ο ̣π ̣ατ[όρων], | τ ̣όπ ̣ος συνόδ ̣ο ̣υ ̣ | χηνοβοσκῶν· | (ἔτους) ιε̣ ̣ʹ, Με[χεὶρ] καʹ. “On behalf of Queen Cleopatra and King Ptolemy, Philomater and Philopater gods, the place of the association (σύνοδος) of geese-breeders was dedicated in year 15, on the 21st of Menhir.”

An inscription located in the north temple dedicated to Soxis at Karanis is difficult to read (IFayum 1,96, III CE): τόπος ΣΑΛ̣ΗΛουργ(ῶν).55 The inscription seems to reserve a place within the temple precinct for workmen.56 Roberts, Skeat, and Nock note that large Egyptian temples had their own workforce comprised of artisans (masons, carpenters, metalworkers) along with other types of workers (e. g., bakers, brewers, herdsmen).57 It is thus conceivable that one or more such occupational associations had a set place for meeting within the temple precinct. Roberts, Skeat, and Nock go so far as to suggest that the inscription might indicate a “place of meeting for worship,” citing OGIS 176 and 178 as analogies. This differs from the initial suggestion of Yevin that the graffiti reserved places where regular traders would hawk their wares to pilgrims visiting the temple.58 A more legible example is found at Narmouthis, where large letters engraved at the entrance to the temple of Medinet Madi south has been interpreted as the sign of a merchant: “Place of Heron” ( Ἥρωνος τόπος, IFayum 3,192, undated).59 And on the back of the outer gallery of the temple of Ombos in (Upper Egypt) Nemesas son of Serapion invokes fortune in claiming space: “For good [fortune]. The place of Nemesas Serapion”

IFayum 2,121 (Theadelphia, 93 CE). Josephus records a letter ostensibly from Onias IV in the mid-second century BCE in which he records Onias’ observation that the Jews at Leontopolis, among “other places (τόποι) where our nation is settled” are at odds with one another, which Onias blames on the presence of temples (ἱερά) “contrary to what is proper, and for this reason they are ill-disposed toward one another, as is also the case with the Egyptians because of their temples and their varying opinions about the forms of worship.” To rectify the local situation at Leontopolis, Onias appeals to Ptolemy VI (Josephus, AJ 13.62–73). Both the appeal to Ptolemy VI and the king’s response, along with Josephus’ comment, use τόπος language very similar to dedicatory inscriptions set up by other groups in Egypt recording the establishment of sacred space (cf. the use of “on behalf of”), albeit closer to the time of Josephus than that of Onias. 55 IFayum 1,95 (III CE) is a similarly difficult to read text from the same location: τόπος Μ(άρκου) Αὐ[ρ](ηλίου) Τ[— — —] (“place of Markus Aurelius T——“). 56 SEG 29,1653 suggests σαλ ̣η̣λουργ(ῶν) could be read σκλ ̣η̣ρουργ(ῶν) (“stonemasons”). 57 Colin Roberts / ​Theodore C.  Skeat / ​Arthur D.  Nock, The Guild of Zeus Hypsistos, HTR 29, 1936, 79, no. 142. 58 Shmuel Yeivin, Notes on the Northern Temple at Karanis, Aegyptus 14, 1934, 79. Carola Zimmerman points out that it is still unclear whether associations had ownership or permanent rights to these places or simply rented them (Handwerkervereine im griechischen Osten des Imperium Romanum, RGZM 57, Mainz 2002, 121). 59 Bernand, Tόπος, 109.

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(ἐπ’ ἀγαθῷ | τόπος Νεμεσᾶς [for Νεμεςᾶτος] | Σεραπίωνος (IThèbes à Syène 211). This space would be used by merchants or perhaps as a location for worship.60 Returning to the New Testament, again the epigraphic evidence raises interesting questions. According to the Book of Acts, Christ adherents daily “spent much time together in the temple” (καθ᾽ἡμέραν τε προσκαρτεροῦντες ὁμοθυμαδὸν ἐν τῷ ἱερῷ; Acts 2:46a). Presumably the Christ adherents were in the forecourt of the temple, or within Solomon’s Portico (cf. Acts 5:12). If so, did they demarcate a particular place, perhaps with paint, so that they could meet in the same location every day? Was it marked so that newcomers could find it? What did they do if another person or group occupied ‘their’ space on a given day? And, if they had to find a new spot, how did latecomers find them? If they did have their own particular spot, did they receive permission to demarcate it as such? Beyond this early period, it seems increasingly likely that Christ adherents met in many types of locations beyond the household setting, including urban open spaces.61 Did they have any mechanism of reserving such places? One of the earliest possible uses of τόπος as a reference to a Christian meeting place may occur in a papyrus document. In a letter from an Egyptian sailor named Irenaeus in which he assures Apollinarius that he safely reached land and went up to Rome and “the place welcomed us, as the god willed” (παρεδέξατο ἡμᾶς ὁ τόπος ὡς ὁ θεὸς ἤθελεν; BGU 1,27, Fayum, II / ​III CE). This letter is considered by some as one of the earliest Christian private letters, largely due to this phrase and the use of “brother” in the greeting. Τόπος here has been understood as a reference to the meeting location of an association, and if this letter truly is Christian, the word is employed as a reference to a Christian meeting place in Rome for which association language (τόπος) is employed – a Christian meeting place as a schola collegi.62 Even among those who think the letter is not Christian,63 the word τόπος is understood as a reference to a guild hall (probably of sailors – collegium naviculariorum). Magnesia ad Menander stands out as one of the few places in which τόπος inscriptions are found in an assembly area in front of the main civic temple. At the sanctuary of Artemis Leukophryene,64 excavations between 1994 and 2000 60 Bernand,

Tόπος, 109. Edward Adams, The Earliest Christian Meeting Places. Almost Exclusively Houses?, LNTS 450, London 2013, particularly 189–191. 62 James H. Moulton / ​George Milligan, The Vocabulary of the Greek Testament Illustrated from the Papyri and other Non-literary Sources, London 1914, 639. 63 See Deissmann, Licht, 141 f, n. 11. 64 The inscriptions themselves are fully exposed on-site and can easily be read. The Magnesia ad Menander archaeological guide includes a photograph of three and descriptions of a few others; Orhan Bingöl, Magnesia on the Meander / ​Magnesia ad Maeandrum. An Archaeological Guide, Istanbul 2007, 86 f. One of these photographs appears in an earlier edition of the archaeological guide (Orhan Bingöl, Magnesia ad Maeandrum, Ankara 1998, 41) and a later article (Orhan Bingöl, Überlegungen zu Palaimagnesia, in: J. Cobet / ​V. van Graeve / ​W. D. Niemeier et al., eds., Frühes Ionien. Eine Bestandsaufnahme. Panion-Symposion Güzelçamli, 26. September–1. Oktober 1999, Mainz 2007, plate 77.1). More importantly, the first edition of the guide has a drawing of the assembly area, including the placement and text of the τόπος inscriptions, with five on the 61 See

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revealed a large open area of marble blocks measuring 75 by 125 metres in front of the Propylon and leading towards the altar, thus forming an assembly area.65 Inscriptions written along the edges of the pavement attest to the places where various groups would assemble, such as “those who love Artemis,” “those who love Dionysos,” and “those who love Zeus,”66 along with explicit τόπος inscriptions such as “young men’s place,” “women’s place,” and “place of the musicians.”67 The assemblies would take place prior to the ceremonial procession from the temple of Artemis to the temple of Zeus or during festivals.68 After a sacrifice had taken place, people due to attend a ceremony would gather together in the assigned places with other members of their associations. The ceremony procession would start here, continuing via the Propylon towards the temple of Zeus in the Agora, which is where the ceremony would be carried out. Until the ceremony started, the groups had to stay in the specific places appointed to them.69 At the Artemis sanctuary itself, on the stylobate of the marble halls in the southern part, an inscription has been scratched onto the marble floor between pillars, which reads “banqueting place of the sacred flutists and acrobats” (ὁ τόπος τρικλείνου | ἱερῶν | αὐλητρίδων καὶ ἀκροβατῶν; IMagnMai 237, undated). This group also played a role in the official activities at the sanctuary (cf. IMagnMai 199, line 17 and 122a, line 2) and thus may have participated in the ceremonies with the festival officials or stood in the assembly place of the “musicians” until the procession.70 Similar τόπος inscriptions with names inscribed in them have been found at Magnesia on the inner pillars on the stoa to the south of the assembly area. As Bingöl notes, “If these names were consistent with the names that would have been seen at the assembly area, it would be reasonable to assume that these spaces belonged to the groups or to the associations participating in the ceremony.”71 east side and six on the west, although it is not clear whether all the inscriptions are included. (Bingöl, Magnesia ad Maeandrum, 42 f, fig. 55). None of the inscriptions are carefully engraved. 65 Originally thought to be a ‘processional road’, later excavations showed that neither the marble flooring nor the τόπος inscriptions continued into the agora on the other side of the propylon, thus the site was re-identified as the assembly area of the groups that would take part in the procession (Bingöl, Überlegungen, 417). 66 In the first addition of the guidebook to the site, Bingöl has “followers of Artemis” and “followers of Dionysos,” but the photo in plate 47 on the same page clearly reads Φιλαρτεμί|δων (Magnesia on the Meander, 41). In the later edition he translates “Lovers of Artemis,” “Lovers of Dionysos,” and “Lovers of Zeus,” and includes the same Artemis photo along with a photo clearly showing φιλoδιονύσ|ων (Magnesia ad Maeandrum, 86 f). 67 Bingöl, includes a photo in which τοπό(ς) | γυνα(ι)|κῶν can be read (Magnesia on the Meander, 87). 68 Bingöl, Magnesia on the Meander, 86 f. 69 Bingöl, Magnesia on the Meander, 86 f, a change to the description in Bingöl, Magnesia ad Maeandrum, 41. 70 Other associations are attested at Magnesia in IMagnMai 117 (= AGRW 203), 215 (= GRA II 143), 239, and SEG 31,983. 71 Bingöl, Magnesia on the Meander, 89.

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These latter inscriptions may indicate meeting places of some of the associations. Together, the inscriptions provide some insight into the relative ranking of the associations in the city given their prominence in both the assembly area and the stoa. Since the inscriptions in the assembly area for a single association vary from as little as one marble block to up to ten blocks, the area designated for a particular association may be indicative of the relative honour that an association could claim when compared to another association at Magnesia during this time. The larger the space claimed indicates the more honour accorded to that association, either explicitly or implicitly and for a variety of reasons. In the early second century Ignatius of Antioch sent a letter to a Christ group at Magnesia ad Menander.72 While arguing for the unity among the Christ adherents, Ignatius makes reference to images that seem to be drawn from a general urban setting but which may also reference the immediate context of the Magnesians: “You should all run together, as into one temple of God, as upon one altar, upon one Jesus Christ, who came forth from one Father and was the one and returned to the one” (7.2).73 Interestingly, the single major commentary on the letters of Ignatius makes no reference to the importance of the temple and altar of Artemis Leukophryene at Magnesia,74 although it had a place of prominence in the urban landscape and was the civic pride of city residents and thus would be the major point of reference for understanding Ignatius’ comments. Immediately prior to his description of the Christ adherents “hurrying together” to the altar, Ignatius writes, “Since, then, I have observed, by the eyes of faith, your entire congregation through those I have already mentioned, and loved it, I urge you to hasten to do all things in the harmony of God, with the bishop presiding in the place of God (εἰς τόπον θεοῦ) and the presbyters in the place of the council of the apostles (εἰς τόπον συνεδρίου τῶν ἀποστόλων), and the deacons, who are especially dear to me, entrusted with the ministry of Jesus Christ who was with the Father before the ages and has been manifest at the end […].”75

Ignatius’ comment is suggestive of the situation at Magnesia described above, in which various groups stand on their designated τόπος during a sacrifice and then join together in a ceremonial procession. In the image created by Ignatius in Magnesians 6 f, the Christ adherents join their leaders (bishops, presbyters, and 72 Although Magnesia ad Menander is not mentioned in the New Testament, Ignatius’ letter shows that a Christ group developed in the city at least within a few generations of Jesus’ death, if not earlier. In his letter, Ignatius names a bishop, two presbyters, and a deacon at Magnesia. Later church history shows that Magnesia’s bishops played a role in significant ecclesial councils such as those at Sardis (343 CE), Ephesos (431 and 449 CE), and Chalcedon (451 CE). Thus, it seems that the early Christian community at Magnesia was important from at least the second through fifth centuries, and yet very little work has been done attempting to understand the nature and development of the Christian community there. 73 Translation from Bart Ehrman, The New Testament and Other Early Christian Writings. A Reader, Oxford 20042, 331. 74 William R. Schoedel, Ignatius of Antioch, Hermeneia, Philadelphia 1985, 116 f. 75 Translation from Ehrman, New Testament, 331.

Carving Out Public Space. τόπος Inscriptions and Early Christ Groups

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deacons) in their respective τόποι before processing – albeit moving in a hurried fashion – to be with God at the temple and altar. Since the τόπος inscriptions at Magnesia are undated, it is difficult to make a clear-cut case that Ignatius employs this image with direct reference to the assembly area, but it is striking that it is in this particular letter, and nowhere else, that he uses such imagery.76 Although clearly not linked to Magnesia, similar imagery arises in Paul’s letter to the Corinthians when he gives thanks to God, “who in Christ always leads us in triumphal procession (θριαμβεύοντι), and through us spreads in every place (ἐν παντὶ τόπῳ) the fragrance that comes from knowing him” (2 Cor 2:14). The image is one of people assembled in their (reserved) τόπος, smelling the aroma from the incense and sacrifices associated with a military or religious procession.

4. Conclusion Kolendo observes at the conclusion of his study of seating in entertainment venues that the best way to ensure a good seat in such a place is to belong to a formally constituted occupational association.77 The emotions experienced during the entertainment would solidify group bonds and boundaries,78 to the point where inter-group rivalry could erupt into physical violence, as was the case with the colour factions in various cities. The attraction of a good seating place may also help explain the increase and development of associative life in the Imperial period, suggests Kolendo.79 Good theatre seats cannot, of course, have been a motivating factor for adherents to early Christ groups, or any other groups at their earliest stages before they became a more permanent feature of the civic landscape. For some Christ adherents, their change of allegiance may well have meant giving up a claim to preferred seating at entertainment venues (and perhaps even attending at all). Ignatius, at least in his letter to the Magnesians, can be read, if not directly then indirectly, as addressing any dis-ease this may cause by assuring his auditors of their preferred presence in the τόπος of God and of the apostles. 76 The only other use of τόπος in Ignatius’ letter to the Magnesians occurs one section earlier, where Ignatius contrasts death and life and notes that “every one shall go unto his own τόπος” (5.1.). Elsewhere among Ignatius’ letters τόπος occurs just four times, and never in the sense of a reserved or designated place: “in the land of the Romans” (ἐν τόπῳ χωρίου ῾Ρωμαίων, Romans preface); “but they will have no place in your unity” (ἀλλ’ ἐν τῇ ἑνότητι ὑμῶν οὐχ ἕξουσιν τόπον, Philadelphians 2.2); “let no one become haughty because of his position / ​office” (τόπος μηδένα φυσιούτω, Smyrneans 6.1); and “vindicate your position / ​office with all fleshly and spiritual diligence” (ἐκίκει σου τὸν τόπον ἐν πάσῃ ἐπιμελείᾳ σαρκικῇ τε καὶ πνευματικῇ, Polycarp 1.2). In these latter two instances, the rendering “office” is not without problems (Köster, τόπος, 207 f; cf. perhaps so used in Acts 1:25 and AGRW 295). 77 Kolendo, répartition, 315; followed by Roueché, Performers, 127; Retzleff / ​Mjely, Inscriptions, 40. 78 Kolendo, répartition, 315. 79 Kolendo, however, probably overemphasizes reserved seating as a primary factor as other factors also come into play such as social networking, commensality, and provision of burial.

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A broad examination of τόπος inscriptions shows that while little might be gained lexically or exegetically, the questions raised through such epigraphic texts can stimulate the scholarly imagination about how groups would claim physical locations within cities, if at all. New Testament scholars need not, like Deissmann, seek a specific, if spurious, biblical text in order to profit from epigraphic research.

Die eschatologischen Aussagen kaiserzeitlicher Grabinschriften Imre Peres 1. Einleitung Bei der Beschäftigung mit griechischen Grabinschriften kann man nicht übersehen, dass ihre Aussagen weder kompakt noch systematisiert sind. Das ist eigentlich selbstverständlich, weil bei den antiken Griechen kein gemeinsames ‚Totenbuch‘ oder eine ‚kanonisierte Jenseitsbeschreibung‘ existiert. Zwar schreiben Homer und nach ihm auch Hesiod in ihren Werken auch über den Hades oder die postmortale Existenz der Seele. Die von ihnen gesammelten und präsentierten Jenseitsvorstellungen sind auch über die Jahrhunderte in ihrer ursprünglichen Form tradiert worden, aber nur teilweise und nicht überall mit gleicher Intensität – obwohl Homer und Hesiod als Vorlagen dienten. Es bleibt immer die Frage, ob die späteren Generationen der Griechen und die von hellenistischer Religion und Kultur beeinflussten anderen Völker die homerisch-hesiodische Mythostheologie wirklich, also in ihrem tiefen, aufrichtigen Glauben, übernommen haben und bis zur Zeitenwende tradierten, oder ob sie nur formal und symbolisch über Hades, Persephone, die Moiren, die unterirdischen Richter usw. sprechen, weil die sprachlichen Symbole und bildlichen Ausdrücke der alten Mythologie ihnen terminologisch angenehm waren, um Schmerz und andere menschliche Erfahrungen und Gefühle so leichter auszudrücken. Diese Frage ist tatsächlich sehr schwer zu beantworten. Es ist durchaus vorstellbar, dass ein Teil der Epigrammschreiber nicht wörtlich geglaubt hat, was sie auf die Grabsteine aufschrieben. Sie haben ihre postmortalen Bekenntnisse sprachlich-mythologisch formuliert, aber ihren Sinn schon nicht ganz oder überhaupt nicht verstanden. Eine Frau (noch dazu Kaiserpriesterin!) bezeugt, dass „das alles nur Worte“ sind (τοῦτο δὲ μῦθος).1 Ein (wahrscheinlich) kleinerer Teil konnte aber die Grabinschriften wörtlich-traditionell verstehen: Sie lebten und starben tatsächlich mit den homerisch-hesiodischen Bildern und waren von ihrer Wahrheit überzeugt. Aber, wie ich schon gesagt habe: Das ist heute sehr schwer zu bestimmen. Trotzdem aber, ohne dass wir diese Frage klar 1 R. Merkelbach / ​J. Stauber, eds., Steinepigramme aus dem griechischen Osten, Bd. 4, München / ​Leipzig 2002, 18/15/13; IK 44,226; Johannes Nollé, Grabepigramme und Reliefdarstellungen aus Kleinasien, ZPE 60, 1985, 117–135, n. 1; SEG 35,1427. Johannes Nollé übersetzt: „Das sind nur leere Worte“; Vgl. auch: AP 7,524; IGUR 1344; W. Peek, ed., Griechische Vers-Inschriften, Bd. 1: Grab-Epigramme, Berlin 1955, 1595. (= GV)

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beantworten können, lässt sich eine Beobachtung festhalten: Die Griechen haben ihre Jenseitsvorstellungen mythologisch-plastisch formuliert. Die Aussagen sind aber nicht einheitlich und nicht monothematisch, sondern wir finden eine große Vielfalt. Sie berühren zuerst im Allgemeinen die Fragen nach dem Tod und der Vergangenheit, aber genauso decken sie auch viele andere Seiten des Lebens ab. Ohne Übertreibung kann man sagen, dass sie fast alle Felder der menschlichen Existenz berühren. Für uns sind nun vor allem die eschatologischen Aussagen der kaiserzeitlichen Grabinschriften interessant. Dabei möchte ich zunächst darauf hinweisen, dass die eschatologischen Aussagen in dieser Kollektion etwas ganz Besonderes sind, und dass sie nicht so häufig vorkommen. In meiner Privatsammlung, die etwa 26.000 Grabinschriften enthält, sind es etwa 10–15 Prozent. Viele andere Texte sprechen nicht über Eschatologie, und ein Teil sind Fragmente, die die klassischen Philologen noch nicht identifizieren oder rekonstruieren konnten. Herr Kollege Prof. Pilhofer kann das z. B. im Fall der Inschriften aus Philippi bestätigen.2 Die eschatologischen Aussagen in den Grabepigrammen sind voll mit den schönsten menschlichen Gefühlen und Bekenntnissen der Liebe, aber auch mit Schauergefühl, Beklommenheit und mit den schwierigsten Zuständen, die tief in das Zentrum der menschlichen Existenz gehen. Sie drücken originär den natürlichen menschlichen Schmerz, die Angst und Traurigkeit aus. Sie zeigen, wie die antiken Griechen speziell in der Anfangszeit der apostolischen Kirche und der früheren Kaiserzeit mit dem Tod hadern, wie sie sich die ‚reale‘ Hoffnung jenseits des Grabes vorstellen, oder wie sie ohnmächtig in Skepsis fallen konnten. Das möchte ich nun an mehreren Aspekten zeigen.

2. Spezifika der griechischen eschatologischen Aussagen Zunächst ist festzuhalten, dass es in dem Bereich, in dem ein direkter Vergleich konkrete Bezüge und Analogien zwischen den griechischen Jenseitsvorstellungen und der neutestamentlichen Eschatologie zeigen könnte, noch ziemlich wenige Studien gibt. Deswegen sollen im Rahmen meiner Forschungen möglichst viele Texte aus der griechischen sepulkralen Theologie direkt zitiert werden. Es sind insbesondere sechs Bereiche, in denen die Analogien und Berührungen zwischen der Vorstellungswelt der Griechen und der apostolischen Theologie evident sind:

2 Vgl. Peter Pilhofer, Philippi, Bd. 2: Katalog der Inschriften von Philippi, WUNT 119, Tübingen 20092.

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2.1. Sprachliche und terminologische Besonderheiten Bekanntlich enthalten die griechischen Grabinschriften zahlreiche Sprachbilder. Diese bieten plastische Vorstellungen vom Grab, von der Unterwelt, vom Jenseits und auch von der Ewigkeit. So wird z. B. das Grab oftmals als Haus bezeichnet, in dem die Verstorbenen „wohnen“: Es ist ein ewiges Haus, Haus der Freiheit, dunkles Haus, ewiger Sitz, letzter Landeplatz, Türe zum Hades oder Ufer der Lethe. Als Grundproblem besteht natürlich immer die Tatsache des Todes, womit sich die Griechen nur sehr schwer abfinden konnten.3 Diese harte Realität haben sie in mehreren Variationen ausgedrückt.4 Eine Volksweisheit sagt: „Alle Sterblichen werden in den Hades kommen, der für alle bestimmt ist.“ Oder eine andere: „Viele Mütter haben zusehen müssen, wie ihre Söhne starben.“5 Und wieder eine andere: „Niemand ist unsterblich“ (οὐδεὶς ἀθάνατος),6 oder: „Das Ende ist für alle gleich“ (πᾶσιν ἲσον τὸ τέλος).7 Und noch eine: ἀλλὰ φίλος, μάντεσσι θανεῖν πεπρωμένον ἐστιν οὐδέ τιν’ ἔστι θανόντα πάλιν πόρον ὄικαδ’ ἱκέσται. „Mein Freund, allem ist es verhängt zu sterben, und niemand, ist er gestorben, kann wieder einen Weg nach Hause finden.“8

Sehr häufig wird für den Tod die τέλος-Bezeichnung verwendet. Sie hat verschiedene Bedeutungen:9 – Sie bedeutet allgemein das Ende des Lebens (= Tod) und nichts Weiteres. – Sie kann einen dramatischen, negativen Beigeschmack haben: Das Leben findet ein überraschendes Ende und damit sind auch alle Hoffnungen verflogen (= das überraschende, schmerzliche Ende). – τέλος kann auch das Ende der Lebensmühe und den im Tod endlich erreichten Frieden beschreiben (= beruhigtes τέλος). – Schließlich kann τέλος auch einen absolut positiven, eschatologischen Inhalt haben: Mit dem τέλος des Todes / ​Lebens sind die Verstorbenen bei den Göttern angekommen (= himmlisch-göttliches τέλος). 3 Vgl. z. B. das Problem des Todes bei den griechischen Frauen: Andrea Korečkova, Príčiny úmrtia antických žien [Die Ursache des antiken Frauentodes], Testimonium fidei 2, 2014, 5–13. 4 Vgl. Imre Peres, Ľudové múdroslovné výroky v gréckych epitafoch [Volksweisheitssprüche in den griechischen Epitaphien], Testimonium fidei 1, 2013, 7–24. 5 SGO 2, 08/04/41; H. Beckby, ed., Anthologia Graeca 7, München 1965, 334 f; GV, 2004; IK 18,534. 6 Eine Variante davon, z. B.: οὐδεὶς ἐπὶ γῆς ἀθάνατος (SEG 7,1165); vgl. Imre Peres, Griechische Grabinschriften und neutestamentliche Eschatologie, WUNT 157, Tübingen 2003, 26. 7 SGO 2, 08/06/99; IK 18,570; Ph. Le Bas / ​W. H. Waddington, eds., Inscriptions Grecques et Latines recueillies en Asie Mineure, t. 2: Textes en minuscules et explications, Hildesheim / ​New York 1972, 1770. 8 SGO 4, 18/01/19; Nollé, Grabepigramme, 2; SEG 35,1406; Übersetzung: Nollé. Zu dem häufigen Trostgrund „Alle Menschen müssen sterben“ vgl. Richmond A. Lattimore, Themes in Greek and Latin Epitaphs, IB 5, Urbana 1942, 1962, 200. 9 Peres, Griechische Grabinschriften, 23 f.

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Daneben zeigen Grabinschriften in Form von literarischen Texten oder Gedichten sehr schöne sprachliche Formulierungen über den Tod und das Ende des Lebens, die natürlich bildlich gemeint sind. Eine Frau sagt, dass sie in der Tiefe der unterirdischen Geister und bei der Pforte des Hauses der Persephone gestrandet ist, d. h. ihr Lebensschiff ist gestrandet.10 Eine andere Inschrift spielt auch mit dem Gedanken vom Lebensschiff, dessen Fahrt beim Hades-Hafen endet: οὐ νῆας – τί δέ μοι ναῦς αἰτίη; – οὐδὲ θάλασσαν μέμφομαι· ἐκ πελάγος δ’ ἒκφυγον εἰς λιμένα· ἂγκυραν καὶ πεῖσμα καθήρμοσα καὶ τὸν ἐς Ἅιδην ὅρμον νυκτιμανοῦς ἦλθον ’Απαρκίεω πυκνῇσιν μάστιξιν ἐλώμενος· ἁ δὲ τάλαινα θρεψαμένα σποδιὴν εἰς πόλιν ἀγάγετο. „Nicht Schiffen – wie wäre ein Schiff mir Schuld? – nicht dem Meer mache ich Vorwürfe: von hoher See rettete ich mich ja in den Hafen, den Anker warf ich aus und die Haltetaue machte ich fest – ja, zum Hades-Hafen gelangte ich so, von des nächtig rasenden Nordsturms sausenden Schlägen vorwärts gepeitscht.“11

Es gibt noch unendlich viele Beispiele, die die Metaphorik des Todes mit einfachen Worten oder auch ganz poetisch variieren. Die Metaphorik der apostolischen Schriften ist teilweise identisch mit den griechischen Bildern oder stammt aus dem griechischen Sport-, Kultur‑ und Alltagsleben, teilweise ist sie aber unabhängig davon – ihre Wurzeln können in die jüdische Eschatologie führen. Für das Neue Testament sind hier die Metaphorik des Hauses, des Hades und des τέλος besonders relevant. Daneben bieten die Grabinschriften viele Weisheitssprüche, die ihre Quellen in mythologischen oder religiös-kultischen Texten, Orakelsprüchen, bei griechischen Dichtern, in Sagen und Volksliedern oder in der alltäglichen menschlichen Erfahrung haben. Auch die neutestamentlichen Autoren benutzen solche Weisheitssprüche, die sie aus der jüdischen und auch der griechischen Umwelt übernommen haben – ohne dass sie auch ihren Inhalt übernommen hätten. Diese dienen ihnen zur Illustration oder zur Vertiefung ihrer theologischen Argumentation. Damit bereichern sie die christliche Sprache, meist mit christologischem Ziel. 2.2. Religionsgeschichtliche Anspielungen der eschatologischen Aussagen Die Grabinschriften sind voll von Motiven aus der Religionsgeschichte. Diese berühren die Welt der Götter und der Toten. Sie belegen die Angst vor dem Tod und dem willkürlichen Handeln der Götter. Wie alle Menschen, so waren auch die antiken Griechen – abgesehen von wenigen Ausnahmen – mit dem Tod gar nicht zufrieden. Den Tod bringen die unterirdischen Götter Hades und Persephone oder ihre Helfer: Hermes, die Moiren, die 10 W. Peek, 11 GG,

ed., Griechische Grabgedichte, SQAW 2, Berlin 1960, 439 (= GG); GV, 1875. 300; GV, 1129.

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Keren, der Thanatos und andere Gottheiten. Sie sind verantwortlich für den Tod der Menschen, und – nach einem Epigramm –: „wie leicht sendet den Menschen ein Gott Schmerzen und Qualen herab.“12 Die Menschen müssen so nach ihrer Willkür in jedem Alter quasi vorzeitlich aus dem Leben weggehen. Deswegen sahen die Griechen auf sie mit Hass, Neid und der Anklage, warum sie so früh sterben und die liebliche Familie oder die Schönheit des Lebens hinter sich lassen sollten. Die Charakteristika dieser unterirdischen Götter und Geister sind schrecklich: Der Daimon des Todes, der die Verstorbenen hinweg nimmt, ist neidisch (βάσκανος)13 oder der Schlechteste (κάκιστος)14; Hades ist der Erbitterte (πικρός)15, unerbittlich (βάσκανος), verhasst (στυγνός)16 und unbesiegbar (ἀνίκητος oder δισνίκατος)17; Persephone ist schrecklich (αἰνή)18 und erbarmungslos (ἄνοικτος)19; die Moira ist arg (ἀργαλέα)20 und ihre Entscheidung ist ungerecht (ἄδικος κρίσις); sie achtet die Gesetze nicht achtet21 usw. Nun zwei Beispiele dafür: εἰ δ’ ’Αΐδης ὠκύς μοι ἐπέδραμεν, ἲσθ’ ὅτι πάσης καλλοσύνης ἠθῶν τε ὁ Φθόνος ἀντίπαλος Wenn der Hades mich rasch überfallen hat, so wisse (Wanderer): der Neid ist der Gegner (ἀντίπαλος) aller Schönheit und der guten Sitten.22 αἰνὴ Φερσεφόνεια, ὅσιον δέχου ἄνδρα ’Αγαθοκλῆ πρός σε κατερχόμενον, χρηστοσύνης πρύτανιν· εὐσεβέων λειμῶνα κατοίκισον, ἦ γὰρ ἀληθής ψυχὴ καὶ καθαρὰ ζῶντι δίκαιος ἐνῆν. 23 „Schreckliche Persephoneia, als einen frommen Mann begrüße Agathokles, der zu dir herabkommt, aller Tugend und Redlichkeit Vorbild. Auf der Aue der Frommen lass ihn Wohnung nehmen; denn wahrlich: aufrichtig und rein (καθαρά) und gerecht (δίκαιος) war seine Seele (ψυχή), als er auf Erden weilte.“

Also, man kann sehen, dass die Moiren und die unterirdischen Götter und Gottheiten den Tod manipulieren. Zugleich suchten die Griechen auch die Möglichkeit einer postmortalen Rechtfertigung vor den Göttern, aus den guten Werken und Eigenschaften der Menschen. Deswegen können wir auf den Grabsteinen Formu12 Der

Autor dieses Epigramms ist Leonidas von Taren: Beckby, Anthologia Graeca 11, 662. 2, 09/02/01. 14 SGO 4, 20/15/02; GV, 847; IK 18,493. 15 SGO 2, 08/04/01; GV, 847; IK 18,493; Stefan Schmidt, Hellenistische Grabreliefs. Typologische und chronologische Beobachtungen, Arbeiten zur Archäologie, Köln / ​Wien 1991, 25. 16 GG, 471; GV, 2038; G. Kaibel, ed., Epigrammata Graeca ex lapidibus conlecta, Berolini 1878, 208; IG 12,8 441. 17 GG, 200.206. 18 GG, 208; GV, 1572. 19 GG, 99; GV, 1697; IG 2/32,11594.; Peres, Griechische Grabinschriften, 45. 20 SGO 2, 09/07/10 mit Korrektur SGO 5,30. 21 SGO 2, 08/08/16; IK 33,100. 22 SGO 2, 10/03/03; SEG 35,1332 und SEG 45,1695 (Zinzirlikuyn an der Strasse nach Bartin). 23 GG, 208; GV, 1572; Peres, Griechische Grabinschriften, 62; Fundort: Demetrias; Übersetzung: nach Peek. 13 SGO

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lierungen finden, die die menschlichen Fähigkeiten der Verstorbenen rühmen. Dazu zählt z. B. frühere Schönheit, schöne Gestalt, Kraft, Klugheit, ausgezeichnete Sportergebnisse, usw. So sagt es auch eine Grabinschrift aus Lydien: υἱὸν ἔχει κατὰ γαῖα χυτὴ κλυτὸν Εὐβούλοιο βαὶον ὑπουράνιον Μοιρῶν πάρα νῆμα λαχόντα ‘Ηφαιστίωνα, φυὴν ἀγαθὸν καὶ εἶδος ἂριστον, τὸν πᾶς ἔξοχα τείμα ὅμως νέος ἠδὲ παλαιός νοῦς ὅτι πολιὸς τό τε μείλιχον ἦν ἐπὶ ζλώσσῃ ἠϊθέῳ περ ἐόντι· καταστάξασα δὲ λήθην παιδὸς ἀφ’ ἡλικίην ὑακίνθιον ὤλεσε Κλωθώ πρὶν γένυν ἀνθῆσαι μαλακὴν τρίχα· πᾶς δ’ ἂρα δῆμος πένθος κοινώσαντο, ἐπεὶ θάνε σεμνὸς ἔφηβος· ἀλλὰ γὰρ εὐσεβέων Κυλλήνιος οὐ τέκνα φωτῶν ῥάβδῳ ἂγων ’Αχέροντι καταστυγίῳ πορθμεύει, ἀλλα’ ὅ γ’ ἐς ’Ηλύσιον πεδίον τρέπει, ἒνθα τε Πλοθτεὺς ὣρισεν ἡγώεσσιν ἐφέστιον ἀκροδίκοισιν. „Die aufgehäufte Erde umfängt den berühmten Sohn des Eubulos, der von den Schicksalsgöttinnen nur ein kurzes Dasein unterm Himmel empfing; den Hephaistion, gut in seiner Natur, ausgezeichnet in seinem Äußeren; ihn ehrte sehr ein jeder – jung sowohl als auch alt  –, da ihm, obwohl noch jung, der Verstand eines Alten und eine angenehme Redeweise zu eigen waren. Klotho, die das Vergessen (die Lethe) herabrinnen ließ, zerstörte das Hyakhintos-Alter des Kindes, bevor an der Wange der weiche Flaum hervorspross. Das ganze Volk teilte also sich ins Leid, als der tugendhafte Ephebe gestorben war. Aber die Kinder frommer Männer bringt (Hermes‑) Kyllenios, indem er sie mit seinem Stab führt, nicht dem verhassten Acheron, sondern wendet sie hin zum elysischen Feld (ἐς ’Ηλύσιον πεδίον), und dort hat Pluteus (den Verstorbenen) den überaus gerechten Heroen (ἡγώεσσιν) zum Gesellen bestimmt.“24

Etwas Ähnliches möchte auch der folgende Grabtext sagen: οὒπω νυμφιδίων κραδίηι πεπληθότα λέκτρων Δίφιλον αἰακτῶι τῶιδ’ ὑπένασσε τάφωι … τε γνωτή τε παναιδοίη{ι} Στρατονίκη{ι} ὣς καὶ ’Αλέξανδρον κοῦρον ὁμηγενέα ἀστοῖς καὶ ξείνοισι προσήνεας, ἐσθλὰ μὲν εἰπεῖν ἐσθλὰ δὲ καὶ ῥέξαι πάντας ἐπισταμένους·  Ἑρμόγενες, σὺ δὲ παῖδας ἐν ἡρώ{ι}εσσι φυλάσσοις εὐσεβέων αἰεὶ χῶρον ἐπερχόμενος „Dem [Diphi]los, der sich in seinem Herzen noch nicht am bräutlichen Bett erfüllt hatte, hat Wohnung gegeben in diesem beklagenswerten Grab (die Mutter) und die ganz ehrwürdige Schwester Stratonike, und auch dem Alexandros, dem jungen Mann von den gleichen Eltern; beide freundlich zu Bürgern und Fremden und fähig, Gutes zu allen zu sprechen und Gutes zu tun; [Hermo]genes, mögest du die Söhne unter den erhabenen Toten (den

24 SGO 1, 04/12/09; SEG 35,1233 ( Lydien [Hermostal, Saittai-area], 148/49 n. Chr); Übersetzung: G. Petzl / ​H.  Malay.

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Heroen: ἐν ἡρώιεσσι) bewahren, während du stets im Platz der Seligen (χῶρος εὐσεβέων) einhergehst.“25

Die Erwartung der Griechen war, dass sie aufgrund dieser menschlichen Fähigkeiten vor den Göttern (eventuell vor der Seelenprüfung im postmortalen Gericht) in der Unterwelt ein besseres Schicksal erwirken können. Dieses Schicksal stellten sie sich so vor: auf der Aue der Frommen (die heiligen Verstorbenen), auf der Insel der Seligen oder am Platz der Seligen (die Götter), im Elysium, allgemein im Aither, unter den Sternen, im Himmel, bei den Heroen (d. h. Halbgötter: ἡμίθεος), im Paradies, auf dem Helikon (bei den Musen) oder direkt bei den Göttern auf dem Olymp. Dazu kann man diese Inschrift zitieren: κεῖτε δ’ ἐνθάδε σῶμα τάφῳ ἐμῷ, αὐτὰρ ἐμή τοι ψυχὴ [ἐς] οὐρανὸν εἰσα[ν]έβη, [ὅ]θ’ ’Ολύμπι[ο]ς ἐών. „Es liegt hier (nur) der Leib in meinem Grab, jedoch meine Seele trat in den Himmel ein (εἰσανέβη), wo *ein Olympier seiend*.“26

Diese Hoffnung war schon sehr mutig und kommt als solche sehr selten vor. Sie erzählt vom höchsten Grad der menschlichen Möglichkeiten und der ganzen Sehnsucht nach der Vergöttlichung auf dem Olymp, dort ein Olympier (’Ολύμπιος) zu sein. Eine andere Art der Vergöttlichung zeigt die Metamorphose der Verstorbenen, die in ihrer Seele oder Gestalt stattfindet. Diese Frage wird aber bei der sepulkralen Anthropologie behandelt. Im Neuen Testament geraten die vom Tod berührten Menschen auch in Panik. Mit Jesus kommen aber im Tod ein Durchbruch und neue Hoffnung. Deswegen fehlt in den apostolischen Briefen das Motiv der Anklage wegen des Todes und niemand stirbt klagend: Die Christen sterben gehorsam und in Frieden, weil sie in Christus eine neue eschatologische Aussicht erlangen. Mit der menschlichen Gerechtigkeit vor dem Richterstuhl Gottes ist es auch anders als bei den Griechen. Insofern steht die Theologie des Paulus, demzufolge des Menschen Gerechtigkeit und Rechtfertigung allein aus der Gnade Gottes kommt, nicht nur einer jüdischen Gesetzesfrömmigkeit gegenüber, vielmehr hat sie auch Bezüge zur griechischen Welt. Die Interpretation der paulinischen Rechtfertigungslehre kann somit im Lichte der griechischen Grabinschriften wahrscheinlich eine wichtige Erweiterung und Ergänzung erfahren.

25 SGO 1, 03/02/62; Kaibel, EG, 228b; E. L. Hicks, ed., The Collection of the Ancient Greek Inscriptions of the British Museum, Bd. 3, 625a; GV, 677.692; E.  Pfuhl / ​H.  Möbius, eds., Die ostgriechischen Grabreliefs, 869; IK 15,1625A (Ephesos, späthellenistisch); Übersetzung: Merkelbach / ​ Stauber. 26 LBW, 1034b; IK 4,74a; SGO 1, 07/02/02; Peres, Griechische Grabinschriften, 206 – dort auch Ergänzung zur weiteren Lesart: Wenn die griechische Form ὅθ’ ’Ολύμπιος ἐών statt ἐών auch als αἰών zu verstehen sein könnte, sollte dann [ὅ]θ’ ’Ολύμπι[ο]ς αἰών mit „wo olympische Ewigkeit herrscht“ übersetzt werden, was aber kaum sein kann. Vgl. Peek, Griechische Versinschriften aus Kleinasien, Wien 1980, 9 f, 2; SEG 30,1398; Übersetzung von: H.-G. Nesselrat / ​I. Peres.

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2.3. Sepulkrale Anthropologie Anthropologisch belegen die Grabinschriften die Auffassung, dass alle Komponenten der menschlichen Person (Leib, Knochen, Herz, Seele, Geist, Pneuma, Gewissen, (Nous / ​Gedanken), die im Leben eine kompakte Persönlichkeit bilden, im Tod voneinander gelöst werden. Das Bild ist ganz einfach: Im Tod kommt es notwendigerweise zur Trennung der menschlichen Elemente. Der Tod bedeutet eigentlich deren Zerstörung. Wenn es keine Kraft oder Möglichkeit mehr gibt, diese zusammenzuhalten, erlöscht die Funktion des irdischen Lebens. Das muss aber nicht die absolute Vernichtung der Menschen bedeuten. Die Toten sind nicht total zerstört. Ein verstorbenes Mädchen sagt aus dem Grab: „Nun liege ich, aber nicht ohne Lebensatem“ (κεῖμαι δ’ οὐκ ἂψυχος).27 Das Leben setzt sich also auch nach dem Tod fort und diese postmortale Existenz kann unterschiedliche Formen haben. a) Die einfachste Vorstellung vom postmortalen Sein der Toten ist, dass sie schlafen. So wie im Leben. Offen bleiben die Fragen, ob der Schlaf ewig dauert oder ob daraus eine Wiederkehr möglich ist. So sagt eine Grabinschrift:28 εἰ πάλιν ἒστι γενέσθαι, ἒ[χει οὐκ ἐπὶ δηρὸν,] εἰ δ’ ἐπὶ ἒστιν πάλιν ἐλθεῖν, αἰών[ιος ὕπνος.] „Wenn es Wiedergeburt gibt, dann wird Schlaf dich nicht lange festhalten; wenn es nicht möglich ist zurückzukommen, dann hält dich ewiger Schlaf.“

Hier ist nicht klar, ob die Formulierungen πάλιν ἐλθεῖν und πάλιν γενέσθαι als eine Wiedergeburt die Bedeutung für eine Erweckung, eventuell Auferstehung, oder Reinkarnation sein soll. Wenn aber die Griechen im Jenseitsglauben bei dem Schlaf bleiben, soll er süß und ruhig sein: Die Seelen der Frommen leben im Schlaf weiter (ζῶσιν ἄγαν).29 Das kann als eine Art des ruhigen Genusses der Ewigkeit verstanden werden.30 b) Die dualistische Anschauung spricht von einer stärkeren Trennung: Der Leib (σάρξ) und die Knochen (ὀστέα) gehen in das Grab, d. h. in die Erde. Das Herz (καρδία oder κραδία) ist oftmals identisch mit der Seele, oder es gibt einen Wohnort für die Seele, von dem aus die Seele in den Äther oder in den Himmel ausfährt. Ein Knabe sagt es auf seiner Grabstele so: ψυχὴ δ’ ἐ κραδίης δράμ’ ἐς αἴθερον εἴκλετος αὔρηι κοῦφον ἐπαιωροῦσα δρόμῳι πτερὸν ἠέρι πολλῶι. 27 SGO

4, 18/15/14; IK 44,228. 1, 05/01/63; Kaibel, EG, 304; GV, 1133; IK 23,557 (Tepecik [Osten von Smyrna], nach Peek 2. Jh. n. Chr.). 29 Peres, Griechische Grabinschriften, 70; GG, 339; GV,1484; Kaibel, EG, 443; LBW, 2322; AP 3,2, 554. 30 Peres, Griechische Grabinschriften, 71; GV, 647; Beckby, Anthologia Graeca 7, 549, Anm. 451. 28 SGO

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„Meine Seele fuhr aus meinem Herzen wie ein Luftzug in den Äther empor, indem sie den leichten Flügel in dichter Nebelwolke im Laufen emporhob.“31

Die Seele kann auch aus dem Leibe auffliegen (ψυχή ἐκ μελέων ἀποπταθείση).32 Romana, eine städtische Kaiserpriesterin, betont in ihrer Inschrift, dass diese Vorstellung ziemlich verbreitet ist: „Einige erzählen, dass die Seelen der Toten nach der vielen Drangsal des Lebens in die weite Luft (ἀήρ) fliegen (πωτᾶσθαι).“33 In anderem Fall kann eben das Herz, als die Seele oder Atem, geradewegs aus der Brust des Verstorbenen ausfliegen oder auf einer Treppe (κλίμαξ) zum Himmel emporsteigen. Nun dazu ein Epigramm: ‘Ο τύμβος οὗτος σοί, Πολύευκτε, κλίμαξ, ἐφ’ ἧς σὺ βαίνων ἒδραμες πρὸς αἰθέρα. „Dies Grab war, Polyeuktos, eine Leiter dir, auf der du aufwärts steigend rasch zum Äther kamst.“34

Das menschliche Sein, als Grundprinzip des Lebens, ist transformiert in die Seele, die in der Vorstellung der Griechen ewig lebt (ψυχή γάρ ἀείζως)35: Sie kann sich mit dem Geist, Pneuma und Nous verbinden und sie trägt weiter die Charakteristika der Persönlichkeit. c) Eine andere Möglichkeit für das postmortale Leben ist die Metamorphose. Es war – wahrscheinlich bei exponierten Personen – ein Wunsch, nach dem Tod eine Verwandlung zu erreichen: Die Grabinschriften sprechen über die Versternung, bei der die Seele am Himmel nur einfach leuchten würde wie ein abendlicher oder morgendlicher Stern, den ihre Verwandten auf der Erde sehen und begrüßen können.36 In einem anderen Fall können die Verstorbenen einen irgendwie astralischen Leib für das neue Leben im Himmel oder bei den Göttern bekommen. Es gibt mehrere Grabtexte, die über eine Metamorphose sprechen, d. h. die Verstorbenen verwandeln sich in die Gestalt der Nymphen oder Musen. Eine Mutter, die von Vernymphung ihrer Tochter Isidora spricht, drückt es so aus: ὄντως αἱ Νύμφαι σοι ἐτεκτήναντ’, ’Ισιδώρα, Νύμφαι τῶν ὑδάτων θυγατέρες, θάλαμον· οὐκέτι σοι μέλλω θύειν, θύγατερ, μετὰ κλαυθμοῦ, ἐξ οὗ δὴ ἒγνων, ὡς θεὸς ἐξεγένου. λοιβαῖς εὐφημεῖτε καὶ εὐχωλαῖς ’Ισιδώραν, 31 SGO 1, 05/01/64; CIG 2,3398; Kaibel, EG, 312; GV, 1765; GG, 391; IK 23,539; Paul Hoffmann, Die Toten in Christus. Eine religionsgeschichtliche und exegetische Untersuchung zur paulinischen Eschatologie, Münster 1978, 50. 32 GG, 465; GV, 1978; Kaibel, EG 261; IG 9,1 882 f. 33 SGO 4, 18/15/13; IK 44,226; SEG 35,1427; Nollé, Grabepigramme, 1; vgl. dazu Franz Cumont, Lux perpetua, Paris 1949, 189–183; Lattimore, Themes, 31–33. 34 Beckby, Anthologia Graeca 7, 610, Anm. 748; Übersetzung von H. Beckby. 35 GG, 353; GV, 1763; IG 14,2241; AP 3,2, 536; Kaibel, EG, 651; Hoffmann, Die Toten in Christus, 55; Peres, Griechische Grabinschriften, 85. 36 GG, 343.

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ἥ Νύμφη Νυμφῶν ἁρπαγίμη γέγονεν. Χαῖρε, τέκνος· Νύμφη ὄνομ ’ ἐστι σοί37 „Wirklich, die Nymphen haben dir deine Kammer gebaut, Isidora, die Nymphen der Gewässer, Tochter … Mit Spendengüssen und Gebeten naht euch in heiligem Schweigen Isidora, die, von Nymphen geraubt, eine Nymphe geworden ist (ἥ Νύμφη Νυμφῶν ἁρπαγίμη γέγονεν). Gruß Dir, mein Kind, eine Nymphe heißt du jetzt (Νύμφη ὄνομ ’ ἐστι σοί).“

Isidora konnte so eine Stufe der Unsterblichkeit erreichen und solche Anerkennung, wie sie den unsterblichen Göttern gebührt. Wie das aber tatsächlich geschehen sollte, bleibt allgemein ein Geheimnis. Es kann auch damit zusammenhängen, dass die verwandelte Verstorbene eine Art neuer Natur (φύσις) erreicht. Man kann auch von der Verwandlung in die Gestalt der Musen lesen. In anderen Fällen möchten einige Griechen Heroen (ἥρως) oder Halbgötter (ἡμίθεος) werden. Dieser Wunsch aber führt schon ganz eng zur Divinisierung – zu dem höchsten Grad der positiven Eschatologie, die in den Grabinschriften auch ihre Belege hat. Für die neutestamentliche Eschatologie kann z. B. eine Inschrift interessant sein, die schildert, dass ein Mädchen, das Artemispriesterin war, nach seinem Tod in die himmlische Gruppe aufgenommen wird (ἐρανίζω) und beim Eintritt zu den seligen Göttern mit einem chorischen Lied (κληδών) willkommen geheißen wird38 – damit wird bestätigt, dass sie zu den Seligen gehört. Das Neue Testament formuliert die postmortale Bleibe der Menschen anders, nämlich christologisch. Es bestreitet auch, dass der Übergang zur Jenseitswelt in Schlaf und Traum erfolge. Während die paganen Griechen eine Art postmortale Metamorphose (z. B. die Verwandlung in Nymphen, Sterne, Musen, Heroen oder Halbgötter, wie soeben gezeigt wurde) erwarten, spricht die apostolische Eschatologie von der Entrückung oder Auferstehung und darin von einer Verwandlung, sowie von einem pneumatischen Leib. In diesem Sinn helfen unsere Inschriften im Gegensatz zur christlichen Eschatologie, wesentliche anthropologische Auffassungen profiliert zu beschreiben. 2.4. Ethische Aspekte der eschatologischen Aussagen Im Bereich der Ethik gibt es zahlreiche Grabinschriften, die viele verschiedene Themen aus dem Leben, aus der Kultur und der Gesellschaft berühren. Hier möchte ich aber nur kurz zwei solche Inschriften analysieren, die Erkenntnisse über die Probleme der antiken griechischen Gesellschaft und auch über die persönliche Lebensführung bringen, mit der Aussicht auf die Eschatologie. Die Auswahl ist nur beispielhaft. 37 GG, 450; GV, 1897; SEG 8,473 f; Samson Eitrem, ARW 34,1937, 313–316. F. Preisigke / ​F. Bilabel u. a., eds., Sammelbuch Griechischer Urkunden aus Ägypten, Wiesbaden 1915, n. 7540 f (Aufgemalte Inschrift eines Grabbaus aus Hermopolis Magna [Ägypten], 2. Jh. n. Chr.). 38 SGO 4, 18/15/14; IK 44,228; SEG 35,1427. Dort gibt es dazu umfangreichere Erklärungen mit Hinweis auf die Vorstellung, die Vergil im 6. Buch seiner Aeneis beschreibt.

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In den Grabinschriften finden sich auch Szenen, die erotische Motive beinhalten.39 Die Nekropole und „Grabbauten waren oft Treffpunkte für Liebespaare“40, wie auch Martial schreibt.41 Die erotischen Grabinschriften mussten aber nicht immer von den ursprünglichen Autoren und Grabbauern stammen, sondern von den eifersüchtigen Männern oder Frauen oder ihren Agenten, die die Liebespaare in Grabbauten oder beim / ​im Sarkophag gefunden und ‚entschleiert‘ haben. Erotische Eschatologie oder erotische Ironie kann man auch in solchen Grabinschriften finden, die über den Raub der schönen jungen Leute durch die Herrscher der Unterwelt sprechen: Hades raubt für sich schöne Mädchen, um mit ihnen das unterirdische Bett zu genießen, und Persephone raubt für sich schöne Jungen, um in ihrer (Schlaf‑) Kammer die Liebe auszukosten (θάλαμος). Solche Epigramme sind häufig auf den Gräbern zu finden, wenn die Verstorbenen wirklich schöne junge Leute waren oder sie z. B. am Tag ihrer Hochzeit gestorben sind. Hier ein Beispiel für ein solches Epigramm: ῎Αρτι μὲν ἐν θαλάμοις Νικιππίδος ἡδύς ἐπήχει λωτός, καὶ γαμικοῖς ὕμνος ἒχαιρε κρότοις θρῦνος δ’ εἰς ὑμέναιον ἐκώμασεν· ἡ δὲ τάλαινα, οὔπω πάντα γυνή, καὶ νέκυς ἐβλέπετο δακρυόεις ’Αίδη, τί πόσιν νύμφης διέλυσας αὐτὸς ἐφ’ ἁρπαγίμοις τερπόμενος λέχεσιν „Eben noch klang in Nikippis’ Gemach die liebliche Flöte, jauchzend im Hochzeitslärm tönte ein festliches Lied. Doch in das Festlied schallte der Wehruf hinein, und die Arme, ehe sie völlig noch Frau, ward schon als Tote gesehn. Hades, tränenumgebner, was trennst du die Braut von dem Gatten? Freut nicht auch dich eine Frau, die du ins Bett dir geraubt?“42

Diese sepulkrale, erotisch-ironische Anspielung muss nicht überraschen, weil die ganze griechische Mythologie mit erotischen Szenen voll ist. In einer Grabinschrift43 steht, dass Zeus den verstorbenen jungen Markus (παῖς) aus Liebe 39  Es findet sich auch ein Epigramm, das sich gegen erotische Szenen in der sepulkralen Kunst wendet; vgl. A. Riese, ed., Anthologia Latina: sive poesis Latinae supplementum, Bd. 1: Carmina in codicibus scripta, 319: Streit mit einem Balbus, der auf seinem Grab pornografische Szenen angebracht hat. Das Epigramm protestiert gegen ihn und drückt die Überzeugung aus, dass er „mit seinen schmutzigen Gebräuchen den Tartarus beschwert hat“: SGO 2, 08/01/47; GV, 1792; GG, 232; SEG 14,769; IK 18,520; Johann H. Mordtmann, Zur Epigraphik von Kyzikos, Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung 7, 1882, 255, n. 27; vgl. Franz Cumont, Une pierre tombale érotique de Rome, L’Antiquité Classique 9, 1940, 5–11; Chrestos Karusos, ΑΣΠΙΛ᾿ ΕΝ ΝΕΟΙΣΙΝ, Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung 77, 1962, 121–129. 40 SGO 4, 21/09/01; vgl. dazu noch weitere Belege: James Hordern, An Erotic Inscription from Marisa, Judea, ZPE 126, 1999, 81 f; Wilhelm O. Crönert, Das Lied von Marisa, Rheinisches Museum für Philologie 64, 1909, 433–443. 41 Vgl. Martial 1,34,8 und 3,93,14 f. 42 Beckby, Anthologia Graeca 7, 186. 43 SGO 3, 16/46/01; MAMA 7,84 359. Dieses Motiv ist auch ziemlich häufig.

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(ἐφίλησεν) zu sich entrafft, wahrscheinlich im Sinne des Mythos von Ganymed.44 Dieses Motiv ist auch ziemlich häufig in den Epigrammen zu finden.45 Neben dem erotischen Moment wird damit auch die Überzeugung ausgedrückt, dass der Knabe so in die positive Eschatologie eingebettet ist: Er ist in den Himmel oder geradewegs auf den Olymp zu Zeus oder anderen Göttern entrückt und dort dient er zur Freude der Götter. Das Ganymed-Motiv kann neben der erotischen Sehnsucht der Götter auch „als Symbol der Hoffnung auf Unsterblichkeit” dienen, wie Franz Cumont sagt.46 Für die apostolische Kirche war die regulierte Sexualität ein Segen Gottes, aber sie ist für die Ehe bestimmt. Sog. freie Liebe ist für die Kirche unvorstellbar: Sie ist definiert als Unzucht, und die neutestamentlichen Autoren warnen, dass diejenigen, die sie betreiben, nicht in das Reich Gottes oder in das himmlische Jerusalem eingehen können. Der Herr schäkert nicht mit seinen Gläubigen und er ist nicht schelmisch zu ihnen. Aus den Grabinschriften können wir die paganen und ganz menschlich orientierten Modalitäten der ehelichen Liebe entnehmen. Auch für die Griechen war es wichtig, in der Ehe im Glück zu leben. Wenn aber der Tod die Familie zerstört hat, kamen schmerzliche Klagen auch aus der Mund der Verstorbenen aus dem Grab. Als Beispiel dafür soll ein Epigramm vom Tod einer Frau, die wahrscheinlich von einem schlechten Arzt getötet wurde, zitiert werden:47 … οὐ ψυχὴ μία ὑπῆρχέ μοι σὺν ἀνδρὶ καὶ βίος γλυκύς τούτων ἁπάντων ἀθλία λελησμένη ἀρὰς τίθημι, τοῖα ἔχουσα πήματα, αὐτοῖσι καὶ τέκεσσι παρρίζους μολεῖν ῞Αιδου μέγαν κευθμῶνα καὶ σκότου πύλας. „War ich nicht ein Herz (ὑπῆρχέ) und eine Seele (ψυχὴ μία) mit meinem Mann und genoss das süße Leben? All das sollte ich Unglückliche vergessen und fluche nun und flehe in solchem Schmerz: mitsamt ihren Kindern sollen sie (die Mörder) ausgerottet werden und zu des Hades mächtiger Höhle und den Pforten der Finsternis fahren.“

In der christlichen Theologie wird der Stand der Familie geistlicher verstanden und ist auf die Liebe (ἀγάπη) gegründet. Neben dem Evangelium und seinen 44 Der Tote wird vielmal mit Ganymed verglichen: vgl. z. B. SGO 3, 16/46/01, oder auch christlich (!) 14/02/04: „[…] er war bei weitem der liebste, rein, unerfahren in der Liebe (ἀπιρόγαμος), ein Freund Christi (Χριστοῦ φίλός), den Gott selbst, bevor er in der (bösen) Welt seinen Sinn in Schlechtigkeit verdarb, entrückt hat (ἥρπασε), um ihn im Paradies (ἐν Παραδίσσῳ) unsterblich und nicht-alternd zu machen.“ 45 Vgl. z. B. SGO 1, 05/01/64.09/05/40.16/01/01.16/23/06. 46 SGO 3, 206; Franz Cumont, Recherches sur le symbolisme funéraire des Romains, 1942, 97–99; Wenn Ganymed in der Inschrift nicht wörtlich genannt wird, aber wenn auf dem Grab ein Adler (z. B. mit ausgebreiteten Flügeln) eingeprägt ist, ist das ein Symbol des Zeus-Vogels, der seinem Herrn auf den Flügeln die jungen Knaben emporgehoben hat; vgl. z. B. SGO 3, 16/23/07; Le Bas / ​Waddington, Inscriptions Grecques, 900; CIG 3,3846; Kaibel, EG, 374; GV, 667. 47 GG, 439; GV, 1875.

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eschatologischen Aspekten war es vor allem die christliche Ethik, die die griechisch-römische Welt überzeugt hat. 2.5. Sozialgeschichtliche Beziehungen a) Für die Sozialgeschichte bieten die Grabinschriften sehr viel Material. Es gibt viele positiv und auch negativ geprägte Aussagen. Daraus können wir sehen, welche Beschäftigungen und Berufe die Menschen hatten, wie sie arbeiteten, Krieg führten, Sport trieben oder kulturelle Aufgaben wahrnahmen. Alles war auf die eigene Ehre bezogen. Hier und da sagen noch die Verstorbenen mit bitterem Stolz, dass sie noch größeren Ruhm gewonnen hätten, wenn sie weiter gelebt hätten. Dazu wähle ich eine Inschrift von einem jungen Dichter: ’Οππιανὸς κλέος εἷλον ἀοίδιμον, ἀλλά με Μοιρῶν βάσκανος ἐξήρπαξε μίτος κρυερός τ’ ’Αΐδης με καὶ νέον ὄντα κατἐσχε τὸν εὐεπίης ὑποφήτην εἰ δὲ πολύν με χρόνον ζωὸν μίμνειν φθόνος αἰνός εἴασ’ , οὐκ ἄν τις μοι ἴσον κλέος ἔλλαχε φωτῶν „Ich, Oppianos, hätte vielbesungenen Ruhm errungen; aber der neidische Faden der Schicksalsgöttinnen hat mich hinweggerafft und der schaurige Hades hat mich, den Jungen, behalten, den Dichter der schönen Verse. Wenn der schreckliche Neid mich lange Zeit leben gelassen hätte, dann hätte kein Mann gleichen Ruhm (κλέος) wie ich gewonnen.“48

Hingegen orientiert sich die christliche Theologie dann dahingehend um, dass unsere Arbeit und der Beruf auf Gottes Ehre ausgerichtet sein sollen. Die Christen sollen nicht für sich selbst arbeiten, sondern für den Herrn, und von ihm kann man am letzten Tag den Preis im Himmel bekommen. In den Grabinschriften kann man auch Aussagen finden, dass z. B. die Treue der Diener und Sklaven ihren Herrscher auch in das Jenseits begleitet. Das betont auch die nachfolgende Inschrift: Λυδὸς ἐγώ, ναὶ Λυδὸς, ἐλευθερίῳ δέ με τύμβῳ, δέσποτα, Τιμάνθη τὸν σὸν ἔθευ τροφέα. εὐαίων ἀσινῆ τείνοις βίον· ἢ δ’ ὑπὸ γήρως πρός με μόλῃς, σὸς ἐγώ, δέσποτα, κἠν ’Αίδῃ. „Lyder bin ich, ja Lyder; doch hast du ins Grab eines Freien mich, den Timanthes, 0 Herr, der dich gepflegt hat, gesenkt. Lebe denn lange in leidlosem Glück! Und kommst du im Alter zu mir gegangen, ich bin, Herr, auch im Hades noch dein.“49

Die hier ausgesagte Sehnsucht berührt eine Vorstellung, die unter den Sklaven verbreitet gewesen sein dürfte: Dass es eine Ehre ist, einem guten Herren auch in den Hades nachzufolgen und ihm dort weiter treu zu dienen. 48 SGO 4, 19/17/03; GV, 1114. Zum Dichter Oppian siehe: Rudolf Keydell, Oppianos, RE 18,1, 1942, 698–703. 49 Beckby, Anthologia Graeca 7, 178.

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b) Beim Versuch, die eschatologischen Aussagen der Inschriften genauer zu systematisieren, könnte man untersuchen, in welchem Typ der Grabinschriften sie (häufiger) vorkommen, und wo diese fehlen. Bisher gibt es noch keine Statistik darüber, doch kann ich aufgrund meiner bisherigen Forschungen Folgendes sagen: Die eschatologisch prägnanten Aussagen kommen fast immer bei Kindern und jung Verstorbenen sowie bei jüngeren Frauen oder bei Ehepaaren, die zusammen glücklich lebten, vor. Der Tod fügte ihnen und ihrer Liebe eine drastische Wunde zu: Sie suchten eine bessere Vorstellung von der Zukunft und die positive Eschatologie konnte ihnen so tiefere Ruhe geben. Und wo fehlen die eschatologischen Aussagen? Mehr oder weniger auf den Gräbern der Krieger und Soldaten, der Gladiatoren, Wissenschaftler, Lehrer und anderer Fachleute. Das ist wahrscheinlich deshalb der Fall, weil sie sich stark auf dieses Leben und auf alles, was es gibt, orientierten. Deswegen sind ihre Aussagen eher materialistisch, pessimistisch oder im Licht der Eschatologie ziemlich gleichgültig, bzw. irrelevant. Natürlich kommen gelegentlich auch Ausnahmen vor, aber die auf dieses Leben orientierte Tendenz dieser Inschriften ist klar. Diese Bestätigung könnte für unsere Forschung aus Sicht der apostolischen Mission interessant sein: Sie könnte zeigen, welche Schichten, Gruppen und Bewohner des Griechentums sich dem Evangelium geöffnet haben. Und was bietet das Evangelium, dass es ihre Gefühle berührt und sie zum Leben in Christus motiviert? Die positive apostolische Eschatologie und tröstende Antworten waren dabei gewiss wichtige Komponenten.

3. Mögliche Beziehungen der Grabinschriftaussagen zum Neuen Testament 3.1. Beziehungen und Differenzen In den vorher genannten Bereichen bietet sich am ehesten ein Vergleich zwischen den griechischen Sepulkralinschriften und dem Neuen Testament an. Meine Skizze untersucht die jeweiligen (ausgewählten) Themen in den Sepulkralinschriften und bietet sodann den Vergleich mit der neutestamentlichen Situation, um dadurch zu einem profilierten Verständnis von deren Verhältnis zueinander zu kommen. So lässt sich der gesellschaftliche, kulturelle und religiöse Hintergrund erhellen. Zugleich wird deutlich, wie die frühe Kirche auf das alltägliche Leben und die damit verbundenen Vorstellungen reagiert hat. Diese Reaktion kann konfrontativ, rezeptiv oder modifizierend sein. Aus dem Hinweis auf das Neue Testament geht hervor, wie die christliche Kirche auf die existentiellen Probleme der einfachen Leute, besonders auf den Tod als der schmerzlichsten Realität, für Heiden wie für Christen, eingehen konnte. Doch werden auch die spezifischen Differenzen erkennbar: Neben dem Trost und normaler menschlicher Empathie verkündigt

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die apostolische Theologie die Hoffnung in Christus, deren Wirklichkeit allgegenwärtig ist. 3.2. Paulus und die Aussagen der griechischen Grabinschriften Die Beziehungen der griechischen Grabinschriften zum Neuen Testament können wir an mehreren Beispielen auch konkreter zeigen. Ich nehme jetzt nur eines heraus, gleichsam ein Muster-Beispiel, den Fall des Apostels Paulus.50 Wir können davon ausgehen, dass sich Paulus selbstverständlich für die hellenistische Welt interessierte. Sie war für ihn das Missionsfeld. Nach Hans-Heinrich Schade „nimmt Paulus aus der urchristlichen Missions‑ und Gemeindepredigt Aussagen auf, die die Rettung der Glaubenden durch Christus aus dem Vernichtungsgericht ausdrücken“.51 Gegenüber seinen Mitarbeitern war er aber aufmerksam und achtsam. Wie wir aus seinen Briefen erfahren, reagierte Paulus aktuell auch auf die Probleme einer eschatologischen Hoffnung (‑slosigkeit), und zwar nicht nur hinsichtlich des zeitlichen Horizonts, sondern auch im theologischen Sinn. In 1 Thess 4,13 reagiert er auf die konkrete Situation der bereits Verstorbenen, der „Entschlafenen“, was den Thessalonichern ihren Glauben an die Auferstehung erschwerte. In 1 Kor 15 erklärt Paulus den Korinthern die Bedeutung der historischen Auferstehung Jesu und der eschatologischen Auferstehung im Fall aller Christen – gegen die Verleugnung letzterer, wie es auch an den Gräbern in dieser Form vorkam: οὐθεὶς ἀποθανών ἐγείρεται.52 Später, in seinem weiteren Brief, schreibt er genauso aktuell über den Zwischenzustand der nackten Seele im Tod und neuen Körper, sowie über den Richterstuhl Jesu (2 Kor 5,1–10) als wichtige Grenze zum ewigen Leben. Früher, in Athen, reagierte er in seiner areopagischen Rede auf die vielen göttlichen Statuen (und Stelen?), die er bei seinem Spaziergang durch die Stadt sah. Hier führte er seine Rede auch zur eschatologischen Zuspitzung, mit dem Hinweis auf das eschatologische Gericht und die Auferstehung Jesu (Apg 17,30 f). Noch früher, in Lystra, musste er die Menge davon abbringen, ihm und Barnabas zu opfern und sie zu vergöttlichen (Apg 14,18). Auch das war eine konkrete Reaktion auf eine ganz schwierige Situation. Schließlich: Paulus schreibt auch den Christen in Rom, dass die Nichtjuden das Gesetz gleichwohl in sich tragen, weil es in ihrem Herzen geschrieben ist, und dass Gott an einem eschatologischen Tag durch Jesus Christus alles, was unter den Menschen verborgen ist, seinem Gericht unterziehen wird.53 „Dass die Heiden sich selbst ein Gesetz sind, drückt sich aber nicht durch irgendeine Philosophie aus, sondern allein durch 50 Vgl. Imre Peres, Sünde und Versöhnung aus eschatologischer Sicht bei Paulus, in: M. Beintker / ​S. Fazakas, eds., Die öffentliche Relevanz von Schuld und Vergebung. Perspektiven Reformierter Theologie, Studia Theologica Debrecinensis, Debrecen 2012, 81– 95: 92–94. 51 Hans-Heinrich Schade, Apokalyptische Christologie bei Paulus, Göttingen 1981, 47; vgl. 1 Thess 1,9 f; 5,9 f. 52 GG, 480; GV, 1367; IG 14,2130; Peres, Griechische Grabinschriften, 28; Kaibel, EG, 946a; IGUR 3,1406. 53 Vgl. Röm 2,14–16; 1 Kor 4,5.

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das Vorhandensein der Tat, welche dem jüdischen Gesetz entspricht“.54 Paulus hat so die hellenistische Welt (mit ihrem Naturgesetz) und seine apostolische Eschatologie im Gedanken des Jüngsten Gerichts zusammengebunden.55 Dies alles zeigt, dass Paulus in seinem Verhalten und seiner theologischen Argumentation die konkreten Fragen oder konkreten Probleme seiner Hörer, Gemeindeglieder oder Opponenten beantwortete. Es ist außerdem vorstellbar, wie schon gezeigt wurde, dass Paulus die Gedankenwelt seiner hellenistischen Umwelt gut kannte, inklusive des postmortalen Volksglaubens und der Jenseitsvorstellungen. Ja, er muss auch die hellenistische „Friedhofspoesie“56 gut gekannt haben. Auf seinen Reisen musste er oftmals auch in die Städte gehen, wo an den Straßenrändern viele Epitaphsteine und Grabstelen mit reichen Texten standen. Er wusste, wie die Griechen dazu stehen, sich in den Hades zu schicken, oder ein positives Jenseitsleben für sich zu sichern. Dazu sollten ihnen alle positiven menschlichen Eigenschaften und Fähigkeiten dienen. Dies war eigentlich alles, was den Griechen im Tod als Argument vor dem Richterstuhl der Götter zur Verfügung stand.57 Paulus kannte gewiss diese griechischen, volksreligiösen Meinungen und den Eifer, sich so für das Jenseits zu erretten. Er konnte das sicherlich menschlich verstehen, aber theologisch nicht akzeptieren. Dies konnte ihm ein wichtiges Signal oder eine Inspiration zur Applikation geben, denn er wusste von einer anderen Hoffnung auf das ewige Leben für den ’Ιουδαίον τε πρῶτον καὶ ῞Ελληνα (Röm 14,10). Der Grund dieser Hoffnung liegt nicht im Menschen selbst, sondern in der Versöhnung durch Jesus.58 So waren die persönlichen Voraussetzungen für die Jenseitshoffnung für Paulus nicht in den besten menschlichen Eigenschaften verwurzelt, sondern im persönlichen Glauben an Jesus Christus und in seiner Versöhnung.59

4. Kurze Rückschau Am Ende kann ich kurz zusammenfassend sagen: Mein Wunsch war zu zeigen, welches Bild des Alltagslebens die griechischen antiken Grabinschriften spiegeln, unter besonderer Berücksichtigung der Eschatologie, und welche eschatologischen Aussagen wir in der Kaiserzeit markieren können. Bekanntlich war die antik-mediterrane Gesellschaft um die Zeitenwende stark von Eschatologie und Jenseitsglaube geprägt. Diese Tendenz hat sich in der Kaiserzeit noch mehr 54 Christian Maurer, Die Gesetzeslehre des Paulus, nach ihrem Ursprung und in ihrer Entfaltung dargelegt, Zollikon / ​Zürich 1941, 78. 55 Ulrich Luz, Neutestamentliche Lichtblicke auf die dunklen Seiten Gottes. Überlegungen zu den Gerichtsaussagen der Paulustradition, in: M. P. Frettlöh / ​H. P. Lichtenberger, eds., Gott wahr nehmen, Neukirchen-Vluyn 2003, 257–276. 56 Vgl. Georg Kaibel, Griechische Friedhofspoesie, Deutsche Revue 19, 1894, 367–380. 57 Vgl. Ulrich Luz, Das Geschichtsverständnis des Paulus, BEvTh 49, München 1968, 310–317. 58 Vgl. Daniel Patte, Paul’s Faith and the Power of the Gospel, Philadelphia 1983, 77–79. 59 Luz, Geschichtsverständnis, 258.

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verstärkt. Die Eschatologie der hellenistischen und früheren Kaiserzeit war zugleich eine der entscheidenden Voraussetzungen für die christliche Mission.60 Die Theologie der neutestamentlichen Schriften greift intensiv auf die Auffassungen ihrer griechisch-römischen Umwelt zurück. Einige Aspekte dieser Umwelt, hauptsächlich im Kontext ihrer sepulkralen Eschatologie, wollte ich erhellen, und zwar mit Hilfe konkreter epigraphischer Beiträge, die als authentische Texte zum Verständnis der Voraussetzungen der frühchristlichen Mission und Theologie gewiss von hohem Wert sind.

60 Imre Peres, Eschatológiai motívumok az apostoli missióban [Eschatologische Motive in der apostolischen Mission], in: Gy. Benyik, ed., Világi közösség – vallási közösség [Weltliche Gesellschaft – religiöse Gemeinschaft], Szeged 2004, 211–224.

Epigraphy, Papyrology and the Interpretation of the New Testament: Member Contributions to the Eucharist John S. Kloppenborg More than a century ago, in 1880, Edwin Hatch delivered the Bampton Lectures in Divinity at Oxford University. Availing himself of a spate of recent epigraphical publications by Mommsen, Le Bas, Waddington, de Rossi and others,1 and convinced that the support for the poor lay at the heart of Christ groups, Hatch concluded that financial administration was a critical structural element of early Christ groups.2 From the observation that the term ἐπιμελητής appeared frequently in the inscriptions of cult associations to designate presiding officers, Hatch made the modest proposal that ἐπίσκοπος commended itself as an administrative title for Christian churches precisely because, along with ἐπιμελητής, it was a key title for a financial administrator.3 Reaction to Hatch was swift and for the most part negative.4 The most usual alternate suggestion was that ἐπίσκοπος likely came from the Septuagint and not 1 Theodor Mommsen, Inscriptiones confoederationis Helveticae latinae, Mittheilung der antiquarischen Gesellschaft in Zürich 10, Zürich 1854; Ph. Le Bas / ​W. H. Waddington, eds., Inscriptions grecques et latines recueillies en Asie Mineure, Voyage archéologique en Grèce et en Asie Mineure, t. 3, cinquième partie : Asie Mineure, Paris 1870 (repr. Hildesheim / ​New York 1972); Giovanni Battista de Rossi, I collegii funeraticii famigliari e loro denominazioni, in: Commentationes philologae in honorem Theodori Mommseni scripserunt amici, Berlin 1877, 705–711. 2 Edwin Hatch, The Organization of the Early Christian Churches: Eight Lectures, Bampton lectures 1880, London 1881, 36: “Other associations were charitable: but whereas in them charity was an accident, in the Christian associations it was of the essence.” He quotes Chrys., Hom. in ep. ad Hebraeos 12, Hom. 32 (PG 63,224): οὐδὲν οὕτω χαρακτηριστικὸν Χριστιανοῦ ὡς ἐλεημοσύνη. 3 Hatch, Organization, 37, citing CIG 119 (= GIBM 20); 120 (= IG 22,1292); LBW 3438 (= TAM 5,1 537, ἐπιμελησαμένων); and Jos., BJ 2,123.129 as examples. For ἐπίσκοπος, he cites IG 12,3 329.11–14 (Thera; II BCE): δεδόχθαι ἀ[ποδε]|ξαμένος τὰν ἐπαγγελίαν τὸ μ[ὲν ἀρ]|γύριον ἐγδανεῖσαι τὸς ἐπισκό[πος] | Δίωνα καὶ Μελέϊππον ἐπὶ ὑ[ποθέμα]|τι ἀξιόχρεωι, “it was resolved that having accepted this promise, that the overseers (episkopoi) Dion and Meleippos shall invest the money against sufficient security […].” 4 For a discussion of Hatch, see John S. Kloppenborg, Edwin Hatch, Churches, and Collegia, in: B. McLean, ed., Origins and Method: Towards a New Understanding of Judaism and Christianity: Essays in Honour of John C. Hurd, JSNTSup 86, Sheffield 1993, 212–38. For German scholarship in the 19th century, see Thomas Schmeller, Brechungen: Urchristliche Wandercharismatiker im Prisma soziologisch orientierter Exegese, SBS 136, Stuttgart 1989, 16–21; idem, Hierarchie und Egalität: Eine sozialgeschichtliche Untersuchung paulinischer Gemeinden und griechischrömischer Vereine, SBS, 162 Stuttgart 1995, 11–16.

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from the cultural environment of the church at Philippi.5 Some critics allowed that churches might have appeared as collegia to many outsiders and that the existence of collegia would have facilitated the spread of the church; but they were quite unprepared to concede that collegia exerted any substantial influence on the organization of churches, particularly in the realm of official terminology. The terminology of Christian ministry came from Jewish, rather than gentile, sources and usage.6 With this, the resort to epigraphy for thinking about the structure of early Christ groups was eclipsed. The reticence to use ‘pagan’ analogies for thinking about the social structures adopted by early Christ groups continued in the early part of the twentieth century, funded by both historiographic habits, and by theological convictions. The historiographic habit is illustrated by the highly influential and otherwise outstanding work of Wayne Meeks, who famously argued that “the urban Christian groups obviously had the diaspora synagogue as the nearest and most natural model.”7 Meeks surveyed other organizational models – the household, the voluntary association, and the philosophic or rhetorical school – and while he found a few similarities with Christ groups, in the end found each of these models wanting. Christ groups even distinguished themselves importantly from diaspora synagogues: the titles for officers differed; Christ groups preferred the term ἐκκλησία to συναγωγή; women played a more prominent role in Christ groups than in synagogues8; and membership was not ethnically based.9 The apogee of this approach appeared a few years later in James Burtchaell’s “From Synagogue to Church”, in which Burtchaell argued that since the earliest stages of the Jesus movement were exclusively Jewish, it would have organized 5 William Sanday, The Origin of the Christian Ministry, vol. 2: Criticism of Recent Theories, The Expositor 5, 3rd series, 1887, 97–114: 102: “I have indeed no objection in principle to the use of analogies from the Greek and Roman civil or religious organizations, but where the option is given of going either to these or to the Septuagint for the groundwork of a theory, the latter seems to me distinctly preferable.” For a similar position, see Charles Gore, The Church and the Ministry: A Review of the Rev. E. Hatch’s Bampton Lectures, London 1882 (4th ed., London 1900), 16 f. 6   E. g., Charles Gore, The Ministry of the Christian Church, London 1888, 31–36. 7 Wayne A. Meeks, The First Urban Christians: The Social World of the Apostle Paul, New Haven 1983, 80. 8 Meeks’ book was likely too late in its publication schedule to take into account Bernadette J. Brooten, Women Leaders in Ancient Synagogues: Inscriptional Evidence and Background Issues, Brown Judaic Studies 36, Chico CA 1982, who challenged the long-standing belief that women did not serve as leaders in synagogues of the early Roman period. Meeks did, however, refer to Brooten’s comments on Junia (Rom 16:7) in Bernadette J. Brooten, “Junia … Outstanding Among the Apostles” (Rom 16:7), in: L. Swidler / ​A. Swidler, eds., Women Priests: A Catholic Commentary on the Vatican Declaration, New York 1977, 141–144. 9 Meeks, Urban Christians, 81. Meeks recently himself modified his earlier views, arguing now that one might conceive of Pauline groups as associations of “artificial immigrants,” analogous to groups of resident aliens in a host city, of which diasporic Judean synagogues are but one instance. See Wayne A. Meeks, Taking Stock and Moving On, in: T. D. Still / ​D. G. Horrell, eds., After the First Urban Christians: The Social-Scientific Study of Pauline Christianity Twenty-Five Years Later, London 2009, 134–146: 141.

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itself on “the familiar and conventional ways of the synagogue.”10 But in order to differentiate itself from Diaspora synagogues, the Jesus movement adopted nomenclature that disguised its Jewish roots. Apart from a handful of designations such as ταῖς δώδεκα φυλαῖς ταῖς ἐν τῇ διασπορᾷ (Jak 1:1) and συναγωγή (Jak 2:2), the overwhelming preference was for ἐκκλησία, replacing συναγωγή, a preference that reflected the developing consciousness of separateness from Judaism. Burtchaell even conjectured that the leaders were at first called ἀρχισυνάγωγοι but that the process of differentiation led to the adoption of ἐπίσκοπος, chosen to avoid any identification with synagogues and pagan associations that used the same title. Thus, for Burtchaell, the indebtedness of ἐκκλησίαι to the synagogue is shown both in (alleged) general structural similarities and in the ways in which ἐκκλησίαι employed alternate terminology in order to distinguish themselves from synagogues.11 This approach to the social description of Christ groups – preferring to derive their structures and nomenclature from ‘Judaism’ and then, ironically, to differentiate those groups from Judaism – illustrates what Jonathan Z. Smith observed more generally: that in many forms of twentieth century scholarship, “Judaism has served a double (or, a duplicitous) function. On the one hand it has provided apologetic scholars with an insulation for early Christianity, guarding it against ‘influence’ from its ‘environment’. On the other, it has been presented by the very same scholars as an object to be transcended by Christianity.”12

A second factor contributing to the notion that Christ groups were incomparable with anything in their cultural environment is theological. As Dietrich-Alex Koch and Dirk Schindel have argued, dialectical theology, influential especially in Protestant circles, stressed against the liberal theology of the nineteenth century the radical otherness God, and emphasized the critical differences between (Christian) revelation and history. This theological conviction had a historiographical corollary: that Christianity, as God’s initiative in effecting salvation rather than any human striving, was incommensurable with contemporary forms of ‘religious’ expression. Christian theology and ecclesial practices were fundamentally different from anything that was of human initiative. This created the tendency to imagine the practices and structures of Christ groups as, in the words of Koch and Schinkel, “staatsunabhängige Kirchenstrukturen.”13 10 James T. Burtchaell, From Synagogue to Church: Public Services and Offices in the Earliest Christian Communities, Cambridge / ​New York 1992, 274. 11 See further, John S. Kloppenborg, Graeco-Roman Thiasoi, the Corinthian Ekklesia at Corinth, and Conflict Management, in: R. Cameron / ​M. Miller, eds., Redescribing Paul and the Corinthians, Early Christianity and Its Literature 5, Atlanta 2011, 187–218. 12 Jonathan Z. Smith, Drudgery Divine: On the Comparison of Early Christianities and the Religions of Late Antiquity, Chicago 1990, 83. 13 Dietrich-Alex Koch / ​Dirk Schinkel, Die Frage nach den Vereinen in der Geistes‑ und Theologiegeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts unter besonderer Berücksichtigung des zeitgenössischen Vereinswesens und der Wende in der protestantischen Theologie nach 1918, in: A. Gutsfeld / ​ D.-A. Koch, eds., Vereine, Synagogen und Gemeinden im kaiserzeitlichen Kleinasien, Studien und Texte zu Antike und Christentum 25, Tübingen 2006, 129–148: 144.

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Epigraphy and papyrology were not entirely neglected, of course. Adolf Deissmann’s 1908 „Licht vom Osten” showed how the language of inscriptions and papyri illumined the lexicography of the New Testament and Septuagint,14 and rich epigraphical and papyrological data informed the lexicon of Moulton and Milligan, “The Vocabulary of the Greek Testament Illustrated from the Papyri and other Non-literary Sources”.15 It was not, however, until almost eighty years after Hatch, that epigraphy and papyrology (and serious attention to Graeco-Roman cultural forms) again began to inform exegesis of the New Testament. Early gestures in this direction are found in the works of the New Zealand classicist Edwin Judge (1960), and Robert Wilken (1971), both of whom adduced Graeco-Roman collegia as comparators for early Christ groups.16 It was also in 1981 that Gregory H. R. Horsley inaugurated the influential and useful series, New Documents illustrating Early Christianity, surveying inscriptions and papyri that have a potential bearing on both the social and intellectual context of New Testament documents, and on New Testament lexicography.17 The same year Barton and Horsley also republished and discussed the inscription from the domestic cult group of Zeus from Philadelphia in Lydia (Syll3 985 = LSAM 20), using its data as comparanda to think about the foundation, organization, practices and ultimate orientation of Pauline churches.18 14 Adolf Deissmann, Licht vom Osten: Das Neue Testament und die neuentdeckten Texte der hellenistisch-römischen Welt, Tübingen 1908 (19234), ET: Light from the Ancient East: The New Testament Illustrated by Recently Discovered Texts of the Graeco-Roman World, London 1910. 15 James H. Moulton / ​George Milligan, The Vocabulary of the Greek Testament Illustrated from the Papyri and other Non-literary Sources, London 1930 (repr. Grand Rapids 1980). Of course, New Testament scholars had noted such important inscriptions as IPriene 105 and its use of εὐαγγέλια as a possible context for the use of εὐαγγέλιον in Christian sources but in accord with the tendency to prefer ‘Jewish’ to ‘pagan’ contexts, the Hebrew Bible’s ‫ בשֹר‬was often invoked as the proximate source of the New Testament usage. See Millar Burrows, The Origin of the Term “Gospel”, JBL 44, 1925, 21–33; Gerhard Friedrich, εὐαγγελίζομαι, εὐαγγέλιον, προευαγγελίζομαι, εὐαγγελιστής, TDNT 2, 1964, 707–737 (German original 1935). 16 Edwin A. Judge, The Social Pattern of Christian Groups in the First Century: Some Prolegomena to the Study of New Testament Ideas of Social Obligation, London 1960; repr. in: David M. Scholer, ed., The Social Distinctives of the Christians in the First Century, Peabody 2008, 1–56: 27–34: “[…] even if the constitutional and legal situation of the Christian association could be shown to be distinctive, they would still have to be classified under this heading [viz., associations] on the grounds of their objects and activities. The summary description of the behaviour of the first group at Jerusalem would, with a few technical terms changed to suit, do very nicely as an idealized version of the activities of many other Hellenistic religious associations” (listing initiation, mysteries, equal participation, a communal meal, wonder-working, and mutual assistance); Robert L. Wilken, Collegia, Philosophical Schools and Theology, in: S. Benko / ​J. J. O’Rourke, eds., The Catacombs and the Colosseum: The Roman Empire as the Setting of Primitive Christianity, Valley Forge 1971, 268–291. 17 G. H. R. Horsley, ed., New Documents Illustrating Early Christianity: A Review of the Greek Inscriptions and Papyri, vols. 1–5 , North Ryde 1981–1989; S. R. Llewelyn, ed., New Documents Illustrating Early Christianity, vols. 6–9, North Ryde 1992–2002; S. R. Llewelyn / ​J. R. Harrison, eds., New Documents Illustrating Early Christianity, vol. 10, Grand Rapids 2012. 18 Stephen Barton / ​Gregory H. R.  Horsley, A Hellenistic Cult Group and the New Testament

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In the latter part of the twentieth century and in particular in the early 2000s, this ‘rediscovery’ of the exegetical use of epigraphy and papyrology has continued with energy. Of course, publication and discussion of papyrus copies of New Testament books had never abated.19 But increased attention was now given to quarrying non-literary papyri to elaborate the lexicographic, grammatical, conceptual, social and economic contexts of early Christian literature and practice. Important initiatives in this regard are the “Papyrologische Kommentare zum Neuen Testament”, directed by Peter Arzt-Grabner,20 and many individual studies on the New Testament and early Christian letters,21 parables,22 key metaphors (such as the βασιλεία, κοινωνία and πολίτευμα),23 legal terminology,24 re­ci­pro­ Churches, JAC 24, 1981, 7–41. See also Gregory H. R.  Horsley, The Inscriptions of Ephesos and the New Testament, NT 34, 1992, 105–168. 19  For a recent survey, see Eldon J. Epp, The Papyrus Mansucripts of the New Testament, in: B. D. Ehrman / ​M. W. Holmes, eds., The Text of the New Testament in Contemporary Research: Essays on the Status Quaestionis, NTTS 42, Leiden 2013, 1–39. 20 Peter Arzt-Grabner, Philemon, PKNT 1, Göttingen 2003; idem, 1. Korinther, PKNT 2, Göttingen 2006; Christina M. Kreinecker, 2. Thessaloniker, PKNT 3, Göttingen 2010; Peter ArztGrabner, 2. Korinther, PKNT 4, Göttingen 2014; Stephen R. Llewelyn, Paul’s Letter to Philemon in the Light of Documentary Papyri, BZ 49, 2005, 262–263. 21 Peter Arzt-Grabner, Die Paulusbriefe im Lichte der Alltagspapyri, ZNT 14, 2004,  22–30; Lincoln Blumell, Lettered Christians: Christians, Letters, and Late Antique Oxyrhynchus, NTTS 39, Leiden / ​Boston 2012. Earlier, John Lee White, Light from Ancient Letters, Foundations and Facets, Philadelphia 1986; Stephen R. Llewelyn, Prescripts and Addresses in Ancient Letters, in: S. R. Llewelyn, ed., New Documents 8: A Review of Inscriptions and Papyri Published in 1984–85, North Ryde / ​Grand Rapids 1997, 122–128. 22 John S. Kloppenborg, The Tenants in the Vineyard: Ideology, Economics, and Agrarian Conflict in Jewish Palestine, WUNT 195, Tübingen 2006; idem, Pastoralism, Papyri and the Parable of the Shepherd, in: P. Arzt-Grabner / ​Ch. M. Kreinecker, eds., Light from the East: PKNT, Philippika: Marburger Altertumskundliche Abhandlungen 39, Wiesbaden 2010, 48–69; idem, The Representation of Violence in the Synoptic Parables, in: E.-M. Becker / ​A. Runesson, eds., Mark and Matthew 1: Comparative Readings: Understanding the Earliest Gospels in Their First Century Settings, WUNT 271, Tübingen 2011, 323–351; idem, The Parable of the Burglar in Q: Insights from Papyrology, in: D. Roth / ​R. Zimmermann / ​M. Labahn, eds., Metaphor, Narrative, and Parables in Q, WUNT 315, Tübingen 2014, 287–306; John S.  Kloppenborg / ​Callie Callon, The Parable of the Shepherd and the Transformation of Pastoral Discourse, Early Christianity 1, 2010, 218–260; Erin Vearncombe, Searching for a Lost Coin: Papyrological Backgrounds for Q 15:8–10 (Luke 15:8–10), in: R. Zimmermann / ​D. Roth / ​M. Labahn eds., Metaphorik und Narrativität in der Logienquelle Q, WUNT 315, Tübingen 2014, 307–337. 23 Giovanni Battista Bazzana, BASILEIA – The Q Concept of Kingship in Light of Documentary Papyri, in: P. Arzt-Grabner / ​Ch. M. Kreinecker, eds., Light from the East: PKNT, Philippika: Marburger Altertumskundliche Abhandlungen 39, Wiesbaden 2010, 153–168; idem, Basileia and Debt Relief: The Forgiveness of Debts in the Lord’s Prayer in the Light of Documentary Papyri, CBQ 73, 2011, 511–525; Julien M. Ogereau, Paul’s ΚΟΙΝΩΝΙΑ with the Philippians: A SocioHistorical Investigation of a Pauline Economic Partnership, Ph.D. diss., Macquarie University 2013; Peter Arzt-Grabner, Die Stellung des Judentums in neutestamentlicher Zeit anhand der Politeuma Papyri und anderer Textes, in: J. Herzer, ed., Papyrologie und Exegese, WUNT 341, Tübingen 2013, 127–158; Karl-Heinrich Ostmeyer, Politeuma im Neuen Testament und die Politeuma Papyri von Herakleopolis, ibid., 159–172. 24 Joachim Hengstl, Rechtsterminologie in den griechischen Papyri und ihre Bedeutung für die Interpretation neutestamentlicher Texte, in: J. Herzer, ed., Papyrologie und Exegese, WUNT 341, Tübingen 2013, 19–46.

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city,25 book culture,26 and the construction of Christianity at locations such as Oxyrhynchus.27 Epigraphy has become central to the study of the practices and organization of early Christ groups where data from Greek and Roman associations provides critical comparanda for imagining the practices of early Christ groups.28 Recent publications have adduced epigraphical data in relation to the foundation,29 organization,30 attractive qualities,31 and membership practices of Christ groups,32 as well as the significance of the preference for ἐκκλησία as a selfdesignation.33 Studies of various locales in which Christ groups existed have drawn heavily on epigraphy.34 25 John S. Kloppenborg, Agrarian Discourse in the Sayings of Jesus, in: B. Longenecker  / ​ K. Liebengood, eds., Engaging Economics: New Testament Scenarios and Early Christian Interpretation, Grand Rapids 2010, 104–128. 26  Malcolm Choat / ​Rachel Yuen-Collingridge, A Church with No Books and a Reader Who Cannot Write: The Strange Case of POxy 33,2673, BASP  46, 2009,  109–138; Roger S. Bagnall, Early Christian Books in Egypt, Princeton, N. J. 2009; Annemarie Luijendijk, Reading the Gospel of Thomas in the Third Century, in: C. Clivaz / ​J. Zumstein, eds., Reading New Testament Papyri in Context: Lire les papyrus du nouveau testament dans leur contexte, BETL 242, Leuven 2011, 241–267; Kim Haines-Eitzen, Imagining the Alexandrian Library and a “Bookish” Christianity, in: ibid., 207–218; John S. Kloppenborg, Literate Media in Early Christian Groups: The Creation of a Christian Book Culture, JECS 22, 2014, 21–59. 27 Annemarie Luijendijk, “Greetings in the Lord”: Early Christians and the Oxyrhynchus Papyri, Harvard Theological Studies 60, Cambridge 2008. 28  See John S.  Kloppenborg / ​Richard S.  Ascough, Greco-Roman Associations: Texts, Translations, and Commentary, vol. 1: Attica, Central Greece, Macedonia, Thrace, BZNW 181, Berlin / ​ New York 2011 (= GRA I); Richard S.  Ascough / ​Philip A.  Harland / ​John S.  Kloppenborg, Associations in the Greco-Roman World: A Sourcebook, Waco 2012; Philip A. Harland, Greco-Roman Associations. Texts, Translations, and Commentary, vol. 2: North Coast and the Black Sea, Asia Minor, BZNW 204, Berlin / ​New York 2014. 29 James C. Hanges, Paul, Founder of Churches: A Study in Light of the Evidence for the Role of “Founder-Figures” in the Hellenistic-Roman Period, WUNT 292, Tübingen 2012. 30  E. g., Richard S. Ascough, Paul’s Macedonian Associations: The Social Context of Philippians and 1 Thessalonians, WUNT 161, Tübingen 2003 and many articles by Ascough; Philip A. Harland, Associations, Synagogues and Congregations: Claiming a Place in Ancient Mediterranean Society, Minneapolis 2003 and many articles; Edward Adams, First-Century Models for Paul’s Churches: Selected Scholarly Developments Since Meeks, in: T. D. Still / ​D. G. Horrell, eds., After the First Urban Christians: The Social-Scientific Study of Pauline Christianity Twenty-Five Years Later, London 2009, 60–78; Markus Öhler, Die Jerusalemer Urgemeinde im Spiegel des antiken Vereinswesens, NTS 51, 2005, 393–415; idem, Aposteldekret und antikes Vereinswesen: Gemeinschaft und ihre Ordnung, WUNT 280, Tübingen 2011; David J. Downs, The Offering of the Gentiles: Paul’s Collection for Jerusalem in Its Chronological, Cultural, and Cultic Contexts, WUNT 248, Tübingen 2008, 73–119 and others. 31 Eva Ebel, Die Attraktivität früher christlicher Gemeinden: Die Gemeinde von Korinth im Spiegel griechisch-römischer Vereine, WUNT 178, Tübingen 2004. 32 John S. Kloppenborg, Disaffiliation in Associations and the ἀποσυναγωγός of John, Hervormde Theologiese Studies 67, 2011, 159–174; idem, Membership Practices in Pauline Christ Groups, Early Christianity 4, 2013, 183–215. 33 George H. van Kooten,  Ἐκκλησία τοῦ θεοῦ: The “Church of God” and the Civic Assemblies (ἐκκλησίαι) of the Greek Cities in the Roman Empire: A Response to Paul Trebilco and Richard A. Horsley, NTS 58, 2012, 522–548. 34  See e. g., Peter Pilhofer, Philippi, Bd. 1: Die erste christliche Gemeinde Europas, WUNT 87, Tübingen 1995; idem, Philippi, Bd. 2: Katalog der Inschriften von Philippi, WUNT 119, Tübingen

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In this paper I wish to illustrate what epigraphy and papyrology have to offer by looking at a particular issue in the organization of the finances of early Christ groups. For this I will look to Greek, Graeco-Egyptian, and Roman associations. In approaching the topic of associations and Christ groups it is not necessary to assume that Christ groups were or were not associations. There has been much recent debate on the appropriateness of the model of associations for describing early Christ groups, with advocates and detractors of the model, the latter who advance as alternates the models of the synagogue, the household, or the philosophical school.35 Each of the models has a certain salience. But models do not manufacture data about early Christ groups; rather, they manufacture questions that allow us to look at the data from Christ groups in different ways. In particular, using ancient associations as a lens through which to view Christ groups allows us to ask very concrete and practical questions concerning membership size, the social significance and benefits of membership, and the policing of membership, in order to complement and discipline the theological explanations that have hitherto been given in relation to Christ groups. What I wish to do in this paper is to illustrate how knowledge of the financial practices associated with the meals of Greek, Graeco-Egyptian, and Roman associations helps to define a set of terrains on which we might try, heuristically, to locate the practices of Christ groups, about which we know so much less than we do about associations.

1. Financing Meals That Christ groups had full meals – perhaps even weekly – is indicated not only by 1 Cor 11:17–34 but also from Pliny’s letter to Trajan (ep. 10.96.7: ad capiendum cibum, promiscuum tamen et innoxium).36 What possibilities exist for the funding of such meals? 20092 and in general, Peter Pilhofer / ​Eva Ebel / ​Jens Börstinghaus, Zur lokalgeschichtlichen Methode, in: P. Pilhofer, ed., Die frühen Christen und ihre Welt: Greifswalder Aufsätze 1996–2001, WUNT 145, Tübingen 2002, 1–57. 35 See in general, Richard S. Ascough, What Are They Saying About the Formation of Pauline Churches?, New York / ​Mahwah 1998. For defences of salience of philosophical groups as models for Christ groups, see Edwin A. Judge, The Early Christians as a Scholastic Community, JRH 1, 1960–1961, 4–15, 125–37; idem, Did the Churches Compete with Cult Groups?, in: J. R. Harrison, ed., The First Christians in the Roman World, Augustan and New Testament Essays, WUNT 229, Tübingen 2008, 596–618; Steve Mason, PHILOSOPHIAI: Graeco-Roman, Judean, and Christian, in: J. S. Kloppenborg / ​S. G. Wilson, eds., Voluntary Associations in the Graeco-Roman World, London / ​New York 1996, 31–58; Stanley K. Stowers, Does Pauline Christianity Resemble a Hellenistic Philosophy?, in: R. Cameron / ​M. P. Miller, eds., Redescribing Paul and the Corinthians, Early Christianity and Its Literature, vol. 5, Atlanta 2011, 218–243. 36 It is sometimes supposed that Justin’s description of the Eucharist already assumes that the rite has already become a purely token distribution of bread and wine. Apol. 1.65.5 οἱ καλούμενοι παρ’ ἡμῖν διάκονοι διδόασιν ἑκάστῳ τῶν παρόντων μεταλαβεῖν ἀπὸ τοῦ εὐχαριστηθέντος ἄρτου καὶ οἴνου καὶ ὕδατος καὶ τοῖς οὐ παροῦσιν ἀποφέρουσι, “those who are called by us ‘deacons’

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Dining and drinking are perhaps the most consistent practices evidenced in associations, and rules pertaining to dining are a standard part of virtually every nomos and lex known. Dining routinely occurred in connection with periodic – often monthly – meetings, and was sometimes associated with the funerary commemorations of deceased members, founders, or benefactors. Banquets, of course, require food and wine, which must be procured. Various sources of income were available to associations: entrance or initiation fees; monthly (or periodic) dues; required contributions by leaders, analogous to Roman summa honoraria; income from patrons and family trusts; endowments owned by associations themselves; and sundry income from rent, fines, charges to non-members for access to a temple, special bequests, and special donations from members.37 In what follows I will illustrate each of these sources of income, and assess the degree to which each was capable of underwriting the routine meals of associations. 1.1. Rent, Fines, and Occasional contributions It is doubtful that the last category – rents, fines and other occasional gifts – could have single-handedly funded meals of typical associations. Several associations are known to have leased out the property they owned and derived rental income. IG 22,1361 is a decree of Thracian ὀργεῶνες of Bendis in the Piraeus, who evidently derived rental income from a “house” they owned but who expressly limited the use of this income to repairs on the house: ὅπως δ’ ἂν ἡ οἰκία καὶ τὸ ἱερὸν ἐπισκε[υ]άζηται, τὸ ἐν[οίκιον τῆ]ς οἰ[κίας] καὶ τὸ ὕδωρ ὅσου ἂμ πραθῆι ε‑ 10 [ἰς τὴν ἐ]πισκε ̣υὴν τοῦ ἱεροῦ [καὶ τῆς] οἰκίας, εἰς ἄλλο δὲ μηδὲν ἀναλίσκειν, ἕ‑ [ω]ς ἂν τ[ὸ ἱερὸν] ἐπισκευ[ασ]θῆι κ[αὶ ἡ οἰκία] IG 22,1361 8–11 (330–324/23 BCE) = GRA I 4 “In order that the house and the sanctuary be repaired, the income from the house and the (sale of) water is to be spent (on it and) not for any other reason, until the sanctuary and the house are repaired.”

The sacrificial activities of the group – held perhaps only once a year – were funded by members’ contributions: διδόναι δὲ 18 [τοῖς ἱ]εροποιοῖς εἰς τὴν θυσίαν :β´: δραχμὰς ἕκαστον τῶν ὀργεώνων οἷς μέτεστι [το]ῦ [ἱ]εροῦ τοῦ Θαργηλιῶνος πρὸ τῆς ἕκτης ἐπὶ δέκα distribute to each of those present to partake from the bread and wine and water which has been blessed and to convey (it) to those who are not present.” Yet Justin says nothing of the quantities of bread and wine that are distributed. A generation later Hippolytus’s eucharistic prayers include prayers not only over the bread and wine, but over cheese and olives, probably indicating a full meal. See Paul F.  Bradshaw / ​Maxwell E.  Johnson / ​L.  Edward Phillips, The Apostolic Tradition: A Commentary, Hermeneia, Minneapolis 2002, 52–54. 37 Erich G. L.  Ziebarth, Das griechische Vereinswesen, Stuttgart, 1896 (repr. Wiesbaden 1969), 156–161.

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Each of the orgeōnes who have a share in the sanctuary shall give to the hieropoioi 2 drachmae during Thargelion for the sacrifice, before the 16th day (of the month).

The association of the Worldwide Dionysiac Artists in Nysa (Ionia) in the midsecond century CE also derived substantial income from rent from properties they owned, but distributed these, in the manner of Roman sportulae, among the members on the birthday of Hadrian (IEph 22,21–23: νεμόμενοι τὰ[ς προ]|[σ]όδους καθ’ ἑκάστην ἐτήσιον θεοῦ Ἁδρ[ιανοῦ] |[γ]ενέθλιον ἡμέραν). The other activities, including sacred rites and libations, were evidently funded from other sources.38 Honors and recognitions received by members of an association sometimes brought with them the obligation to provide wine for the group. Thus, the Iobakchoi required that births, marriages, legacies, honors and appointments to civic magistracies be celebrated by the recipient providing libations “commensurate with the appointment” (IG 22,1368.125–136); but such contributions could not have been a regular or predictable source of wine and food. Nor could fines, which are routinely levied by associations for a variety of infractions and which were often quite modest,39 be depended upon for the support of monthly banquets. Instead the Iobakchoi levied a monthly charge, called a φορά, to support the cost of wine (IG 22,1368 46 f). Individual members of associations or patrons occasionally funded one or two dinners or celebrations. In the year that he was elected priest, the long-time treasurer of the Soteriastai of Athens hosted the entire group (IG 22,1343 24–27 [Athens, 37/36 or 36/35 BCE] = GRA I 48): κατασταθεὶς δὲ καὶ ἱερεὺς τῆς Σωτείρας ἐν τῶι ἐ‑ 25 πὶ Μενάνδρου ἄρχοντος ἐνιαυτῶι ἐκαλλιέρησεν καὶ ἀφιλαργύρως ἱστανόμενος ἡστίασεν τοὺς ἐρανιστὰς ἐκ τῶ⟦ι⟧ν ἰδίων ἀναλώσας οὐκ ὀλίγον χρῆμα “And when he was appointed as priest of (Artemis) Soteira during the year that Menandros was archon, he sacrificed with favorable omens and, not being addicted to money, he hosted the eranistai at his own expense, spending not a little money.”

The use of ἑστιάζειν suggests that the priest underwrote the costs of at least one banquet, but even in this instance, there is no indication that his largesse lasted longer than his year of service, or that this was a continuing and expected practice of priests of Artemis Soteira. Other inscriptions likewise attest the generosity of 38 See ll 54–57: τετειμῆσθαί τε αὐτὸν ἀναγορε[ύειν] || χρυσῷ στεφάνῳ ἐν ταῖς τοῦ διὰ πάντων ἀγῶ[νος] | ἱερουργίαις τε καὶ σπονδαῖς καὶ κατὰ πάντα σ[ύν]|λογον ἀναγορεύεσθαί τε καὶ προτειμᾶσθαι, “They will honor him with a gold crown and announce (the crown) in sacred rites and libations of every the contest, and will make a public announcement and honor him during each meeting.” 39 E. g., P.Tebt. 3,2 894.frag. 3.v.1.13; frag. 4.v.2.19, 24 (?) (Tebtynis, 114 BCE) levies fines of 400 dr. and 100 or 125 dr. on members, but given Ptolemaic copper inflation, these have the equivalent silver value of 0.83 and 0.20 dr. Since the cost of wine in the late second century BCE ranged from 1500–4000 (cu) dr., occasional fines of a few hundred drachmae could not have funded even a single meal. For a partial list of fines, see GRA I 303 f.

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patrons who supplied one or two banquets, but there is little or no evidence of a continuing obligation to fund the banquets or sacrifices.40 1.2. Leitourgiae and Summa Honoraria Both Greek and Latin evidence suggests that it was often the responsibility of yearly officials to provide food and drink. This might be the case with a Dionysiac association from near Priene (SEG 31,983). The inscription gives a list of those who have “promised” wine and foodstuffs or a series of dinners: [ – παρ]‑ [έ]ξειν δὲ καὶ οἶνον [τ]ὸν [ἱκανὸν] ἀπὸ πρωΐθεν Σ[1–2]ΝΩ προε[πηγ]‑ γείλατο με(τρητὰς) vacat 5 [·±3·]αγόρας Πρωτομάχου [παρέ]ξειν δὲ καὶ οἶνον τὸν ἱκανὸ[ν] vacat προεπηγγείλατο με(τρητὰς) ρ’ [Διονύ]σιος Διονυσίου παρέξει[ν] [καὶ ο]ἶνον τὸν ἱκανὸν καὶ μαγε[ι]‑ 10 [ρικοὺς] ἐργάτας καὶ μουσικ[οὺς] [τῷ ἀρί]στωι ἄρτων χοίνικα[ς ..]

SEG 31,983 (Söke, Ionia)

“… provided sufficient wine previously … he had promised x metretai. […] agoras son of Protomachos [pro]vided sufficient wine; he had promised 100 metretai; [Diony]sios son of Dionysios provided sufficient wine and cooks and musician[s] for [the ban]quet and x choinikes of bread […]”

The formulaic alternation of προεπηγγείλατο and παρέξειν suggests that members undertook to supply wine or food for a series of dinners and provided portions of the entire amount at each dinner. This suggestion gains probability when one attends to the amounts involved. The presence of wine at a dinner is no surprise, but the quantities are: με(τρητὰς) ρ’ or 3900 litres, assuming that the reading of l. 7 (ρ’) is correct.41 The individual in l. 5 had apparently promised (προεπηγγείλατο) to supply wine for a number of 40 For other instances of a benefactor hosting or supporting a festival or special meal, see IDélos 1519.26 f (Delos, 153/2 BCE): καὶ ἐδέξατό τε τὸν θίασον ἐφ’ ἡμέρας δύο ὑπὲρ | τοῦ ὑοῦ “and he hosted the thiasos for two days on behalf of his son”; IG 12,1 155.2.49 f (Rhodes, II BCE): ἐν τᾶι τῶν Βακχείων ὑποδο||χᾶι κατὰ τριετηρίδα, “when he received the Baccants at the biennial festival”; IG 22,1338 16.38 (after 86 BCE): ὑπεδέξατο τὴν σύνοδον ἐκ τῶν ἰδίων μεγαλομερῶς, “he hosted the association at his own expense in a lavish manner”; IG 5,2 265.22–24 (Mantineia, Pelopponese; 64–61 BCE): [ὑ]πεδέξατο | δὲ καὶ τὰν θεὸν εἰς τὰν ἰδίαν οἰκίαν, καθώς ἐστιν ἔθος | τοῖς [ἀ]ε[ὶ] γινομένοις ἱερεῦσιν, “she received the god into his own house as was always the custom of those who served as priests”; IKios 22.11–13 (Kios, Hellenistic / ​early Roman): (οἱ θιασῶται ἐτίμησαν) τὸν αὐτὸν [Ἀ]ν[ου]βίωνα ἐγδεξάμε|νον [τ]ὰ ̣ Χα ̣[ρ]μόσυνα τῆς  Ἴσιδος | ἱε[ρο]πρεπῶς καὶ φιλοδόξως, (the thiasotai honoured Anoubion, who supported the Charmosyne (festival of Isis) in a seeming and ambitious manner.” 41 Hasan Malay, Une inscription nouvelle d’Ionie, RA 1981, 77 f: 78 wonders about the figure (“si du moins la lecture du chiffre est assuré”) but says that the figure seems clear (“le chiffre semble fort”).

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banquets, perhaps a year’s worth of dinners, and had provided (παρέξειν) the appropriate amount for the banquet in question. Curiously, meat is not listed among the donations, but the mention of cooks (μαγειρικοί ἐργάται) indicates that meat was expected to be available at the meal. While it is not entirely clear that those “promising” wine and other foodstuffs were leaders, there is no doubt that some leaders were expected to supply the banquet. The magistri cenarum of the cultores of Diana and Antinoüs (CIL 14,2112) were required to supply wine, bread, sardines and warm water, with no indication that these expenses were to be reimbursed by the secretary or treasurer. The same pattern is seen in IPerg 2,274 (AGRW 117), whose last three faces outline the responsibilities of the εὔκοσμος, ἱερεύς and γραμματεύς to supply food and wine.42 1.3. Benefactions, Legacies and Endowments Many associations were the recipients of endowments, some funerary and others used to fund special banquets and sacrifices. Various kinds of endowments are attested: a trust that provided yearly income to an association – often created as a provision of the will – to fund a yearly (or more frequent) funerary commemoration; the deeding of the use of productive land to an association, usually on the condition that it observe rites on behalf of the donor; and the full transfer of land or capital to an association to invest and derive benefit from the interest. a) Family Trusts Among the most detailed funerary endowments is the foundation of Epikteta from Thera, about 200 BCE.43 The donor, Epikteta daughter of Grinnos, built a Mou42 Whether this duty ever fell to non-leaders is unclear. Artemidoros offers a humorous anecdote about the burden of leitourgiae:  Ἔδοξέ τις τοὺς συμβιώτας καὶ φράτορας αὐτοῦ ἐπιστάντας αἰφνίδιον λέγειν αὐτῷ “ὑπόδεξαι ἡμᾶς καὶ δείπνισον”, αὐτὸς δὲ λέγειν ὡς “τὸν χαλκὸν οὐκ ἔχω οὐδ’ ὅθεν ὑμᾶς ὑποδέξομαι”, ἔπειτα ἀπεληλακέναι αὐτούς. τῇ ὑστεραίᾳ περιπεσὼν ναυαγίῳ καὶ εἰς ἔσχατον ἐλθὼν κίνδυνον μόλις ἐσώθη, εἰκότως ἀποβάντος αὐτῷ καὶ κατὰ λόγον τοῦ ὀνείρου. ἔθος μὲν γὰρ τοῖς συμβιώταις καὶ εἰς τὰ τῶν ἀποθανόντων εἰσιέναι καὶ δειπνεῖν, ἡ δὲ ὑποδοχὴ λέγεται γενέσθαι ὑπὸ τοῦ ἀποθανόντος κατὰ τιμὴν τὴν ἐκ τῶν συμβιωτῶν εἰς τὸν ἀποθανόντα (Oneirocritica 5.82) “A man dreamt that his fellow association members and brothers suddenly appeared and said to him, ‘Receive us as guests and provide us a banquet’. He replied, ‘I do not have the money nor the means to receive you’. Then he sent them away. On the next day, he was in a shipwreck, facing extreme danger and barely escaping with his life; the dream came true for him justly. For it is customary for members of an association to go to the house of the deceased and to have a banquet there, and it is said that the reception is given by the deceased in return for honors paid to him by the members of the association.” The last sentence indicates that offering a banquet was an essential part of the exchange of honor: the one providing the food and drink could expect to be toasted and probably supplied with a crown. Since, however, the scenario described by Artemidoros is one of a banquet fictively offered by a deceased member, we cannot be sure that this was an actual duty of such non-leaders. 43 IG 12,3 330 = LSCG 135 = AGRW 243. The most recent study is Andreas Wittenburg, Il testamento di Epikteta, Università degli studi di Trieste, Dipartimento di scienze dell’antichità, Trieste 1990.

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seion for her deceased husband and sons and established by her testament a funerary association of twenty-five male relatives (κοινὸν ἀνδρεῖον τῶν συγγενῶν) with a gift of three thousand drachmae. The interest from this endowment, specified as 210 dr. (7 %), was to fund a yearly three-day set of sacrifices and banquets dedicated to the Muses, Epikteta and her husband, and her deceased sons, designated as Heroes. The decree also established “monthly officers” (ἐπιμήνιοι) selected by rota based on age who were to perform sacrifices and distribute part of the offerings to the members present. The Mouseion and its temenos remained the property of Epikteta’s daughter Epiteleia as did the properties generating the 210 drachmae. Accordingly, there were provisions to ensure, in the event that Epikteta’s heirs failed to deliver the money to the koinon, that the association could recover the sum from the produce of Epikteta’s estate (ll 69–75). Although Epikteta’s estate contributed funds to support the three-day sacrifice, the monthly officers were also expected to provide at their own expense (δωρεάν) good wine sufficient for three toasts, a crown, music, and perfumed oil (ll 139– 142). The inscription even imagines the possibility of the exhausting of the rota of ἐπιμήνιοι who serve at their own expense and mandates the selection of other members by rota, who would be given 50 drachmae each in order to perform their leitourgia at the festival (ll 155–160). This probably means that the ἐπιμήνιοι were likely to expend about the same amount in the conduct of their office. Hence, even when endowments were available, leitourgiae might still be expected in order to cover all of the expenses of banquets and sacrifices. b) Use of Real Estate While in the case of Epikteta’s will, her estates remained under the control of the donor and her heirs; only a portion of income of the estate was transferred to the association. In other cases, the association appears to have obtained possessio or χρῆσις of productive land (rather than full ownership [dominium, κτῆσις]). This meant that the association gained rights over the productive capacity of the land, but codicils in the title stipulated that should the association not fulfill the conditions of the bequest, the land would revert either to the original owner or to someone else. Thus, for example, a first-century CE Phrygian association was the recipient of two vineyards totaling 6 plethra (about 0.56 ha.) on the condition that they conduct yearly funerary commemoration for the donor’s daughter. The inscription is broken at the bottom but appears to contain a stipulation that anticipates both possibility of the demise of the association, and its failure to perform the required rites. These provisions imply that the donor retained κτῆσις or full ownership and could re-assign the use of the vineyards if that became necessary.44 IG 10,2.1 260 (GRA I 81, Thessalonike, III CE) records the donation of the use of a vineyard of 44 CIMRM 1,22 = REG 1889,19 (Amorion [Phrygia], I CE): 2 vineyards (1.5 plethra, 4.5 plethra).

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two plethra (0.19 ha) with tombs nearby donated to the μυσταί of Dionysos. In the event that the donor’s conditions for funerary commemorations were not met, the use of the vineyard would transfer to another thiasos and, failing that, to the polis. Viticulture was often a profitable undertaking. Because the start-up costs were substantial and because of the high demand for wine in the early Imperial period, the gift of a producing vineyard could be a great boon to an association.45 Nevertheless, the two vineyards mentioned above are on the low end of comparable vineyards from the period, which typically ranged from 0.5–4.5 arourae (0.14–1.25 ha.).46 Hence, it is unknown how much actual profit they would generate after taxes, equipment and labour costs had been deducted. Other inputs might have been required to maintain the activities of the association. Patrons sometimes provided other real estate. A patroness of a collegium Silvani in Rome (CIL 6,10231, II / ​III CE) allowed the collegium to build their schola on land she owned and afforded them the right to sacrifice, eat and hold their dinners in perpetuity (quandiu is collegius steterit). The donation, however, was not unconditional: quodsi aliter factumfuerit quod ad collegium pertinet [Si]lvani is locus sacratus restituetur [. . .]i sine ulla controversia (ll. 15–18) But if something otherwise is done pertaining to this collegium of Silvanus, this sacred place shall be restored [to Julia?] without any complaint.

The inscription says nothing about any other donations, and so we are left to assume that the collegium provided for its sacrifices and banquets in some other way. c) Productive Land and Monetary Endowments Finally, some collegia gained full title to productive land or received monetary endowments, the interest of which funded banquets. A Macedonian donor gave a small vineyard (five plethra = 0.47 ha.) to an association devoted to the Zeus and Dionysos Gongylos in Thessalonike to support three yearly banquets, two of which were the Rosalia and the Parentalia. The condition of the gift was that the vineyard not be sold, a provision that suggests that the donor had alienated the land.47 It is unknown what proportion of the association’s activities this bequest would have supported; but the membership of the group suggests Italian immigrants, some of them imperial freedmen. According to Kubińska and Jaccottet, the association, which met in the Serapeion, was

45 On the economics of viticulture, see Nicholas Purcell, Wine and Wealth in Ancient Italy, JRS 75, 1985, 1–19; Kloppenborg, Tenants, 295–303. 46 See Kloppenborg, Tenants, Appendix II. 47 IG 10,2.1 259 (Thessalonike, I CE) = GRA I 76 = AGRW 50.

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drawn from the political elite and their clients.48 Such a membership profile could be expected to support the group’s activities in other ways as well. Monetary endowments, some from patrons external to the association, and others by members, are especially common. For example: IG 12,3 329 (Thera, II BCE): 500 dr. in support of yearly festival IG 9,1 278 (Opus, II BCE): donation of unspecified amount for yearly sacrifices IG 9,2 1107b (Demetrias [Magnesia], II BCE): 1000 dr. for a yearly meeting of the Hypostoloi IG 22,1325 = GRA I 33 (185/84 BCE): 1000 dr. donated to the association’s treasury IG 22,1326 = GRA I 36 (176/75 BCE): 1500 dr. and a place for sacrifice OGIS 326 = CIG 3069 (Teos, 146–133 BCE): 10,500 silver drachmae of Alexander in support of θυσίας τε καὶ συνόδους.49 BCH 24, 1900, 304,1 (Pieris [Macedonia], imperial period): 120 den. SEG 31,122.10 f [50] (Attica, early II CE): an endowment of unspecified size, but generating about 300 drachmae yearly CIL 3,703 (undated): 300 den. IMagnMai 117 (Magnesia, II CE): list of (small) bequests made by members of a Dionysiac group CIL 6,10234 (Rome, 153 CE): HS 60,000 (15,000 dn.), the interest of which provided sufficient funds to distribute sportulae at seven banquets during the year CIL 14,2112 (Lanuvium, 136 CE): interest on 15,000 sesterces, namely, HS 800 (= 5.3 %)50 disbursed in two payments Philippi 2,133/G441,13–16 = GRA I 69 (Philippi, II–III CE): 150 den.

It will be noted that most of the endowments, apart from OGIS 326 and CIL 6,10234, are quite small and that many of them were earmarked for a yearly festival or funerary commemoration rather than the more routine banquets and gatherings. The main exception to this is CIL 6,10234, the Roman collegium of Asclepius and Hygeia, which offers an important but rare example of an association that appears to have had an endowment that covered most of its activities. The donor, Salvia Marcellina, donated land and a building for the use of the collegium and an endowment of HS 60,000, to support the activities of its 60 members. Assuming 48 Jadwiga Kubińska, Tiberius Claudius Lycus de Thessalonique et son thiase, ZPE  137, 2001, 153–160: 158; Anne-Françoise Jaccottet, Choisir Dionysos: les associations dionysiaques ou la face cachée du dionysisme, vol. 2, Zürich 2003, 51. 49 Jonathan Ryan Strang, The City of Dionysos: A Social and Historical Study of the Ionian City of Teos, Ph.D. diss., Buffalo 2007, 286 says “the 10,500 Alexander left behind by Kraton were far in excess of the needs of the association for sacrifices and feasts.” An endowment of 10,500, however, would produce an income of 5–7 % or 525–735 dr., more than twice what Epikteta’s will allowed for a three-day festival. But Kraton’s gift was intended to support both sacrifices on behalf of the Attalids and also the meetings (σύνοδοι) of the group, which evidently involved banqueting. Without knowing the size of the group, the number of meetings, and the extent of the sacrifices it is impossible to know how well Kraton’s gift met the expenses of the club. 50 Jean-Pierre Waltzing, Étude historique sur les corporations professionnelles chez les Romains depuis les origines jusqu’à la chute de l’Empire d’Occident, t. 3, Leuven 1899, 646: “Au lieu de HS XV M N, il faut peut-être corriger en XVI; en effet, 16000 sesterces à 5 % donnent 800 sesterces.”

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a 5 % return, the endowment income would net HS 2500 or 625 denarii yearly. The lex mandated six meetings yearly, two of which involved the distribution of sportulae (in varying levels) to members, and four involving the distribution of sportulae as well as the provision of bread and wine, in rather prodigious quantities.51 On the assumption that an amphora of wine cost about HS 61,52 the total expended in sportulae and bread distributions came to 357 dn. and the cost of 828 sextarii of wine would have been about 268 dn., which accounts for the entire investment income of 625 dn. If the investment return were higher – say, 6 % as Duncan-Jones assumes –, the club would be able to afford better wine, or have a surplus for some other activity. At a later date, an imperial freedman donated a further HS 10,000 (2500 den) which would have added another 125 dn. to the income of the group, but this was to be allocated to sportulae rather than additional funding for a meal. But the quinquennalis for life, Gaius Ofilius Hermes, agreed to fund a seventh meeting with both sportulae and a meal, which on our assumptions about the cost of wine, would represent a personal outlay of about 320 dn. The large initial endowment, coupled with the substantial outlay of Ofilius Hermes, hence, covered the costs of seven meetings, five of them with meals. There is also mention of the sale of the places of deceased members to others, and contributions of a funeral fee, which indicates that the endowment did not cover all of the expenses of the collegium. Other forms of contributions were required. A near-contemporary association devoted to Diana and Antinoüs was not nearly as well-off. It had a smaller endowment (HS 15,000) generating a yearly income of HS 800 (200 dn.) that was distributed during two of the group’s six banquets. How were these funds used? Bendlin observes that the donor’s endowment came three and half years after the foundation of the collegium, “at which time financial arrangements for the dinners and funerals must long have been established. Clearly the correct solution must be to see the endowment fund of 15,000 sesterces as an investment to provide the membership with an extra annual cash handout of twice 400

51 For 9 sextarii (4.91 l.) for the quinquennalis and pater collegi; 6 sextarii (3.27 l.) for immunes and curatores, and 3 sextarii (1.63 l.) each to ordinary members. 52 There is some uncertainty in this figure, since CIL 6,10234 is in fact one of the bases for the calculation of wine prices by Duncan-Jones and Conison. See Alexander Conison, The Organization of Rome’s Wine Trade, Ph.D. diss., Ann Arbor 2012, 15 f, who assumes the cost of an amphora at HS61. R. Duncan-Jones (The Economy of the Roman Empire: Quantitative Studies, Revised edition, Cambridge 1982, 364 f) assumes a 6 % draw on income, and calculates the price of an amphora of wine at HS 61–88. Conison argues that the donor would not likely have authorized the purchase of the cheapest wine. Graffiti from Pompeii and elsewhere suggests that wine prices fell to as low as HS 15 per amphora, due to the swamping of Italian markets by imported wine (Columella, De re rustica 3.3.10), but Domitian prohibited the growing of wine in the provinces (Suet. Dom. 7.2; 14.2; Statius, Silvae 4.3.11 f), which like led to an increase in prices in the second century. On this, see Harry C. Schnur, The Economic Background of the “Satyricon”, Latomus 18, 1959, 790–799: 795.

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sesterces, distributed as the members were holding their formal dinners on the respective birthdays of Diana and Antinoüs.”53

With a hypothetical membership of forty-eight, Bendlin offers a financial model for this collegium: as the lex collegii indicates, the collegium’s six banquets were funded by the four yearly magistri as a kind of liturgy, each laying out HS 432, for a total of HS 1728 (432 denarii). This sum is already more than twice the endowment income. How that income was spent is not stated: it might have been used to supplement what the magistri were mandated to bring (an amphora of wine, bread costing 2 asses, four sardines, the table setting, and warm water), although nothing indicates that other food was available. I think it more likely that the money was distributed in the form of cash sportulae, especially since the two lots of HS 400 were paid out on birthdays, which was a typical time for the distribution of sportulae.54 The point I wish to make in this context, however, is that while in CIL 6,10234 the endowment likely covered the costs of six of the seven meals, in the case of CIL 14,2112 the endowment income could not have met the full dining needs of the collegium. This conclusion is consistent with Jinyu Liu’s study of endowments in the Latin West. She observed that less than one-third of endowments were greater than HS 20,000;55 the majority ranged from 1,000 to 8,000 sesterces. At the usual interest rates of between 5–12 %, these endowments would not yield sufficient income to support all the activities of the groups. A dramatic case in point is an association of corporati from Ostia.56 In what is largely a list of patrons, honorary and ordinary quinquennales, and an album of members, the inscription records a donation: “Aulus Egrilius Faustus by his will bequeathed four thousand sesterces on the following condition: that from the interest on above-mentioned sum they shall hold a banquet on the fifth of the Kalends of December (November 27) each year” (CIL 14,246; Ostia, 140–172 CE)

An endowment of HS 4,000 would generate HS 200–480 yearly, enough perhaps to purchase three to seven amphorae of good wine,57 but dramatically insufficient for 53  Andreas Bendlin, Associations, Funerals, Sociality, and Roman Law The Collegium of Diana and Antinous in Lanuvium (CIL 14,2112) Reconsidered, in: M. Öhler, ed., Aposteldekret und antikes Vereinswesen, WUNT 280, Tübingen 2011, 207–296: 260. 54 Willam J. Slater, Handouts at Dinner, Phoenix 54, 2000, 107–122:111. The two distributions of HS 400 occurred on the birthdays of Diana and Antinoüs, the Ides of August (13 Aug) and five days before the Kalends of December (27 Nov), respectively. Compare CIL 6,33885 (Rome, 117–138 CE), where sportulae were distributed to all members on New Year’s day (the Kalends of Jan), the eighth of the Kalends of February, the birthday of Emperor Hadrian, on the birthday of the patron, Iulius Aelianus, the birthday of Iulius Flaccus, the son of Iulius Aelianus, and three days before the Ides of August (11 Aug), on the day of Hadrian’s reception of the imperium. 55 Jinyu Liu, The Economy of Endowments: The Case of the Roman Collegia, in: K. Verboven / ​ K. Vandorpe / ​V. Chankowski, eds., Pistoi Dia Tèn Technèn. Bankers, Loans and Archives in the Ancient World. Studies in Honour of Raymond Bogaert, Studia Hellenistica 44, Leuven 2007, 231–256: 235. 56 CIL 14,246 (addenda) (Ostia [Latium, Regio I], 140–172 CE) = AGRW 313. 57 See above, n. 451.

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the complete banqueting needs of the 181 members that are listed in the album.58 Some other source of funds for the banquet would be essential. Thus, it is likely that associations which had endowment income still had to rely on entrance fees, monthly dues, fines and other donations.59 d) Monthly Levies and Membership Dues The most commonly attested practice for funding banquets was the charging of monthly fees, called φορά, συμβολαί, or stips menstrua, levied to maintain the solvency of the association’s treasury, from which loans were made, funeral costs were paid, and items for the banquets were purchased.60 It is obvious that members of associations who contributed monthly dues were not the abject poor, living just at or below the subsistence level (as is sometimes assumed about members of early Christ groups).61 The cultores of Diana and Antinoüs (CIL 14,2112), comprised mainly of freedmen and slaves, were likely among the large and rather amorphous sector of middling incomes, located above the subsistence level, but well below the 3 % of the population that enjoyed large surpluses. The monthly stips, at HS 1.25 (0.3125 den.), was modest, but the initiation fee of HS 100 (25 den.) along with the cost of an amphora of good wine (likely about HS 60–80)62 would have put membership beyond the reach of the abject poor. Moreover, as Bendlin has argued, it is unlikely that their patron, Lucius Caesennius Rufus, who was also the patron of the municipality, would have taken the trouble to act on behalf of a collegium of indigent persons.63 And like it was noted above, the obligation of the magistri cenarum to underwrite the cost of six yearly banquets at HS 432 yearly likewise placed membership beyond the capability of the very poor. The Iobakchoi of Athens (IG 22,1368 47 f) probably represented some of the moderately wealthy members of second century Athenian society. Not only did 58 By contrast, CIL 11,5047 (Mevania [Umbria], uncertain date) records an endowment given to the collegium centonariorum of HS 1000 for a banquet to be held at the donor’s tomb on the Parentalia, for no fewer than 12 men. Assuming a 12 % return (which is perhaps too high), this would generate sufficient for two amphorae of wine, or one amphora and other foodstuffs. 59 Liu, Endowments, 238. On endowments in general, see Frank M. Ausbüttel, Untersuchungen zu den Vereinen im Westen des Römischen Reiches, Frankfurter Althistorische Studien 11, Kallmünz 1982, 49–59; Andreas Wittenburg, Grandes familles et associations cultuelles à l’époque hellenistique, Ktèma 33, 1998, 451–455. 60 Tert. apol. 39 notes that Christians bring stips to each meeting, but claims that they are not spent on banquets or drinking but on feeding and burying the poor, supporting orphans, and saving shipwrecked persons. 61 For a model of economic stratification, see Walter Scheidel / ​Stephen J.  Friesen, The Size of the Economy and the Distribution of Income in the Roman Empire, JRS 99, 2009, 61–91. 62 See above, n. 451. 63 Bendlin, Associations, Funerals, Sociability, 265: “[I]t is hardly conceivable that Caesennius Rufus or any other member of Lanuvium’s political elite would have taken pains to present the collegium’s case to the Roman Senate, or the Senate to consult on the matter, if this affair had concerned only men ‘of more modest means’ from the nearby municipality of Lanuvium.”

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they manage to attract the fabulously wealthy and influential Herodes Atticus as a patron and priest, but ll 125–136 presuppose that many of its members were among those who might be elected to magistracies and accorded honors such as rod-bearer, Council member, president of the games, Panhellene, member of the gerousia, eirenarch, or sacred-victor. The fees charged are not fully known: the entrance fee was 50 dn., half of that for the son of member (IG 22,1368 38); ‘monthly dues’ for the purchase of wine (μηνιαίαν | τὴν ὁρισθεῖσαν εἰς τὸν οἶνον φοράν) are not specified; but we are likely right in assuming that the costs of membership were beyond the means of the abject poor.64 The routine nature of the practice of charging monthly (or other) dues in support of the banquet is underscored by the equally routine appearance of persons designated as immunes, ἀτελεῖς or ἀσύμβολοι in the alba of associations – persons exempt from dues and other services. Indeed, these can be found in association alba of all economic levels. Two Athenian demesmen were voted gold crowns and declared to be ἀτελεῖς by the ὀργεῶνες of Amynos and Asklepios (IG 22,1252 999.11 [Athens, late IV BCE]); a benefactor who built a temple for a Dionysiac association in Megara (141 CE) was awarded a lifetime priesthood and exemption from dues and other services (IDionysosJ 7.6–9 = GRA I 60); and a “kinsman of the [Ptolemaic] king” who donated land to an association of farmers was declared to be ἀζήμιον καὶ ἀσύμβολον (IDelta 446.40 f [Psenamosis, 67–64 BCE). But exemptions of this sort from dues were not only for wealthy members and benefactors. On the contrary, groups much lower on the economic ladder were prepared to grant immunity from dues, which of course implies that they normally charged dues. Two such examples are P.Tebt. 3,2 894.frag. 2.r.1.4 (Tebtynis, 114 BCE) and SB 3,7182.55, 90 (Philadelphia, II / ​I BCE), very modest Ptolemaic associations which I will discuss in more detail below, which both charged dues and designated some members as ἀσύμβολοι.65 Thus, we should not assume that it was only relatively affluent urban plebs who could afford to belong to an association.66 On the contrary, evidence from Egypt illustrates a wide variety of clubs and guilds, related to almost any occupation 64 Similarly, the dues charged by a guild of sheep owners (P.Mich. 5,243.2 [Tebtynis, time of Tiberius]), set at 12 silver drachmae, reflects the relative affluence of the membership. 65 For other instances of persons declared to be exempt from dues and services, see ABSA 56, 1961, 5,5.9 (Cyprus, 114–106 BCE); ASAtene 22, 1939/40, 147,1.5, 10 (Rhodes, II BCE); CIL 6.10234.12 (Rome, 153 CE); IDélos 1519,44 (Delos, 153/52 BCE); IDelta 1,446.40 (Psenamosis [Kom Tukala], Egypt; II BCE); (ἀτελεία): ASAtene 22, 1939/40, 147,1.5, 10 (Rhodes, II BCE); IDionysosJ 7.6–9 (Megara, 141 CE); IG 22,1361 3 (330–324/23 BCE); IG 12,1 155.2,45, 80, 114 (Rhodes, II BCE); IG 12,7 22.9 (Amorgos, III BCE); IG 12,7 241.18 (Amorgos, III BCE); IRhod. Per. 12 = Rhodian Peraia 110 (Rhodes, III / ​II BCE); P.Tebt. 3,2 894.frag. 2.r.1.4 (Tebtynis [Fayum], 114 BCE); SB 3,7182.55, 90 (Philadelphia [Fayum], II / ​I BCE). 66 Onno Van Nijf, Collegia and Civic Guards: Two Chapters in the History of Sociability, in: W. Jongman / ​M. Kleijwegt, eds., After the Past: Essays in Ancient History in Honour of H. W. Pleket, Mnemosyne Supplements 233, Leiden 2002, 307, relying mainly on epigrapical evidence, concludes that associations “provided men of middling wealth and status with a focus for their sociability and civic self-definition.”

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imaginable and at many economic levels.67 Hence, we should imagine a sliding scale from collegiati from the higher reaches of middling figures, to occupational, diasporic, and cult associations, further down the economic ladder. Membership, regardless of one’s economic standing, afforded a person with the right to participate in the prestige (and mutual protection) of the association. For many urban collegia, the general membership was composed of what Veyne called the plebs media; ‘working-class’ people, making enough money to cover living expenses and in addition to engage in social activities such as college membership, but hardly enough to live in luxury.”68 Most of our evidence of these lower-ranked associations comes from Egypt, unsurprisingly, since it is there that papyrus documents are preserved – the kind of media within the reach of groups that could not afford to have a stele or plaque inscribed.69 SB 3,7182 is the account of at least seven meetings of a Fayumic association from the late-second century BCE.70 The names of some of its member – Thibron, Kaies, Kamax (“vine-prop, pole”) and Psammetichos – are attested as slave-names,71 and only one of those named (a guest) is given a patronym. The group was evidently not very large or wealthy: their banquets ranged from six to eight members plus guests, and they did not have a regular meeting place, but met variously in a storeroom, in the harness room of a stable, and once in the local temple of Isis. The group appears to have met more than once a month, at least in some months, and 67 Egyptian evidence attests the existence of a large variety of occupational guilds: bakers, beer merchants, butchers, coppersmiths, donkey drivers, embalmers, fishermen, fish merchants, fish sauce merchants, fullers, goldsmiths, perfumers, potters, salt merchants, sheep owners, weavers, wool merchants, tavern owners, etc. Izhak F. Fikhman, Grundfragen der handwerklichen Produktion in Ägypten vom 4. bis zur Mitte des 7. Jahrhunderts, Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte 4, 1969,  149–171 collects over 190 for different trades attested in Egypt from the fourth to the seventh centuries. Peter Van Minnen, Urban Craftsmen in Roman Egypt, Münstersche Beiträge zur antiken Handelsgeschichte 6/1, 1987, 31–88: 37 f suggests that Byzantine Oxyrhynchus, with a population of 15,000–20,00, included 6,000–9,000 engaged in crafts. “This would in its turn suggest that a considerable part of the population (30–50 %) did not live on agriculture, but were engaged one way or the other in a particular craft. The same will also hold for the preceding centuries of Roman rule. The evidence of early fourth-century Panopolis suggests that some 25–30 % of the house-owning population of that city was engaged in a professional craft.” 68  Koenraad Verboven, The Associative Order: Status and Ethos Among Roman Businessmen in Late Republic and Early Empire, Athenaeum 95, 2007, 861–893: 881, citing Paul Veyne, La “plèbe moyenne” sous le Haut-Empire romain, Annales: histoire, sciences sociales 55, 2000, 1169–1199: 1170–1172. 69 See now Richard Last, Money, Meals, and Honour: The Economic and Honorific Organization of the Corinthian Ekklēsia. The Social Benefits of Joining the Early Corinthian Group, Ph.D. diss. Toronto 2013, chap. 2, “Three modest clubs.” 70 Published by Campbell C. Edgar, Records of a Village Club, in: Raccolta di scritti in onore di Giacomo Lumbroso (1844–1925), Pubblicazioni di “Aegyptus”, Serie scientifica 3, Milano 1925, 369–376; Reinhold Scholl, Corpus der ptolemäischen Sklaventexte, Forschungen zur antiken Sklaverei, Beiheft 1, vol. 1, no. 91, Stuttgart 1990. 71 Maximilian Lambertz, Die griechischen Sklavennamen, Jahresbericht über das k.k. Staats­ gymnasium im VIII. Bezirke Wiens für das Schuljahr 1906/1907, Wien 1907; Linda Collins Reilly, Slaves in Ancient Greece: Slaves from Greek Manumission Inscriptions, Chicago 1978.

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like other associations had a pattern of rotating offices: in the first meeting, Hermias is said to have undertaken to be ἐπιμελητής, probably a presiding officer, and two members served as ἱεροποιοί, “sacrifice makers” at different meetings. Both of these terms are very well known from Athenian associations. Dues were charged for the meetings, and the club kept a careful record of both income and expenditures. Contributions ranged from 270 to 800 dr. This appears onerous until one recognizes that the inflation of copper currency in Egypt from 149 BCE until 30 BCE meant that 270 dr. had the silver equivalent of 0.56 silver drachmae.72 This was not an insignificant amount, given that the income of a slave may have been, in Edgar’s view, only five drachmae monthly,73 but it is far less in real terms than the fees charged, for example, by a guild of sheep owners at the time of Tiberius, which required monthly payments of twelve silver drachmae (P.Mich. 5,243). The variation in contributions (called συμβολαί) has not had a satisfactory explanation. The group may have tolerated a sliding scale of contributions. One member is said to have contributed twice, either because he had failed to contribute at a previous meeting, or because he was paying for an invited guest. At least five guests (ξένοι) are mentioned and it seems likely that they were expected to contribute a fee for the banquet and wine, if other similar club accounts are a guide. Two of those called ξένοι appear in later columns, now as members of the association. This perhaps suggests that the association used its banquets as a recruitment tool. From the perspective of the guest, we may surmise that he joined the group in order to participate in its conviviality and to enjoy the social solidarity and even protection that membership conferred;74 the association also had an interest in maintaining its membership, and therefore its income and financial stability.75 72 See Tony Reekmans, Monetary History and the Dating of Ptolemaic Papyri, Studia Hellenistica 5, 1948, 15–43; idem, The Ptolemaic Copper Inflation, in: E. van’t Dack / ​T. Reekmans, eds., Ptolemaica, Studia Hellenistica 7, Leiden / ​Louvain 1951, 61–118. 73  Edgar, A Village Club, 371. 74 On economic reasons for joining guilds, see Philip F. Venticinque, Family Affairs: Guild Regulations and Family Relationships in Roman Egypt, GRBS 50, 2010, 273–294; Matthew Gibbs, Trade Associations in Roman Egypt: Their Raison d’Être, Ancient Society 41, 2011, 291–315. 75 The consequences of a failure of membership maintenance and new recruitment are vividly illustrated by the rather pathetic notice filed by the magistrate and two treasurers of a collegium of Iupiter Cernenus in Albernus Major (Dacia; CIL 9,924–927, no. 1; 9 Feb 167 CE). They state that of the original fifty-four members only seventeen remained, that the co-magistrate had never come to a meeting and that no one was willing to attend meetings or to contribute the funeral fees. The public notice concluded: si quis defunctus fuerit, ne putet se colle‑ gium (h)abere aut ab eis aliquem petitio‑ 20 nem funeris (h)abiturum. “no member should suppose that, should he die, he belongs to a collegium or that he shall be able to make any request of them for a funeral.”

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P.Tebt. 3,2 894 (Tebtynis, 114 BCE) offers an even more detailed at the inner workings of a slightly larger, but also non-élite association. Most of its members have Egyptian names. The account contains details of at least a dozen meetings of the group, with most meetings having 20–25 persons present, some members, and others guests. The ledger of income and expenses is much more complicated than that for SB 3,7182; contributions expected from each member range from 100 to 300 dr. (in the devalued currency of 114 BCE, the equivalent of 0.21–0.62 silver drachmae) although the magistrates and other officials of the club evidently contributed additional sums. As with SB 3,7182 guests were present at several meetings, and the practice was that the guests contributed amounts ranging from 40 to 200 dr., apparently depending on whether beer or wine was on offer. Similar accounts preserved in P.Tebt. 1,118 (Tebtynis, 112 BCE), P.Tebt. 1,177 (Tebtynis, 109/108 BCE), and P.Tebt. 1,224 (Tebtynis, 109/108 BCE) reflect a similar membership size (18–22 members) and contributions in the 100 dr. range (0.20 ar dr.). And as with P.Tebt. 3,2 894, guests were routinely present at these meetings (P.Tebt. 1,118.4,12; P.Tebt. 1,177; P.Tebt. 1,224 r.1.). Wine or beer represented the largest single meal expense. The club represented by SB 3,7182 bought wine for one of its meetings76 but used τρύξ, cheaper unfermented grape juice, on other occasions for its 6–8 members and guests. In P.Tebt. 3,2 894, the total costs of a banquet seems to have been between 4000 dr. and one copper talent (equivalent to 8.5–12.5 silver drachmae) for 20–25 members, that is, on average about one third or one half of a drachma per person.77 About the same time P.Tebt. 1,118 (Tebtynis, 112/11 BCE) records three monthly meetings of an association, numbering between 21–23 diners, on the first and second meetings, with four or five guests sufficient to bring the diners (and contributors) up to about twenty-two. The cost of wine was constant, at 2000 dr. (4 1/6 dr. in silver) for a 6-choes jar (19.5 l.), and so the main variable was the number of members versus the number of guests: Meeting of Hathyr 17 Expenditures: wine (2000 dr.); bread (190 dr.) Income: Members: 18; Guests: 4; Total 22 at 100 dr. = 2200 dr.; surplus: 10 dr. Meeting of [Choiak] 20 Expenditures: wine (2000 dr. ); crown: 120 dr. Income: Members: 18; Guests: 5 Total 23 at 100 dr. = 2300 dr. surplus: 180 dr. 3,7182.92: οἴνου Μεμφί(του) κ ̣[·±·]. banquets themselves appear to have been quite simple: one keramion (9.72 litres) of wine for 22 participants and some cabbage for one meeting (P.Tebt. 3,2 894.frag. 2.r.1); the same amount of wine with perfumed oil and a flute player for another meeting with 20 persons (P.Tebt. 3,2 894.frag 2.v.2); one keramion of wine and 2 loaves of bread for 19 men (P.Tebt. 1,224 r.); and two keramia of cheaper wine, along with crowns, perfumed wine and cakes, evidently more a more festive occasion (P.Tebt. 3,2 894.frag. 10.r.). 76 SB

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Meeting of Tybi 25 Expenditures: wine (2000 dr.); crown: (120 dr.) Income: Members: 21 at 100 dr. = 2100 dr.; over draft: 20 dr.

This ledger illustrates several important features: the careful financial accounting adopted by the group (typical, as it would seem, of associations); the very modest monthly dues (0.21 ar. dr.); and the simple nature of the meal.78 But it also points to the role of guests in supplying sufficient income to make the feast possible. P.Tebt. 3,2 894, P.Tebt. 1,118 and P.Tebt. 1,224, all in late II BCE Fayum, indicate that wine and beer was purchased by the keramion (9.72 l.) or 6-choes jar, at 2000–4000 dr. / ​ keramion.79 The association represented by P.Tebt. 1,118 needed about 22 paying persons in order to fund the banquet. If there were insufficient members to attend, it was necessary to invite guests, who might, as SB 3,7182 indicates, later become members. Likewise, P.Tebt. 3,2 894 records the income and expenses for a banquet in Pauni (June-July; frag. 2.r) where the presence of a paying guest made the difference between having a surplus of 35 dr. and losing 165 dr. For a meal in Mecheir (Feb; frag. 4.r.1) the presence of four guests brought the ledger within 20 dr. of balance. Hence, while we might naively suppose that invitations to non-members were simply acts of generosity or efforts to put the honour of the group on display, we might also suppose that there was a financial incentive for a club to make sure that all seats were filled, and to recruit new members, especially as honoured members were declared to be immunes and therefore did not contribute dues.

2. Meals in Christ Groups How did Christ groups underwrite the costs of their meals? Surprisingly perhaps, the question is hardly ever asked in this form, commentators often being more interested in the theological and symbolic aspects of the meals of early Christ groups than in their financial structures. When the question is raised, it is usually assumed that Christ groups relied either on “peer-benefaction”80 (the largesse of memberspatrons), or that they had developed what I will call an eranistic practice, whereby members supported communal meals by each contributing part of the meal. 78 These “banquets” is a far cry from the sumptuous feasts decried by Philo and Tertullian as typical of associations. See Philo ebr. 20 f, 23; Tert. apol. 39 quips ad fumum coenae Serapiacae sparteoli excitabuntur, “And at the smoke of Sarapis’ banquet the firefighters will have to get up.” Liv. 39.8 also suggests that excessive consumption contributed to the Bacchanalia conspiracy. 79 According to Maresch’s compilations of wine prices in the late second century Fayum, 2000 dr. is at the lowest end of the range. Klaus Maresch, Bronze und Silber: Papyrologische Beiträge zur Geschichte der Währung im ptolemäischen und römischen Ägypten bis zum 2. Jahrhundert n. Chr., Abhandlungen der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften, Papyrologica Colonensia 25, Wiesbaden 1996, 189 f. 80 Kloppenborg, Graeco-Roman Thiasoi, 212. I distinguish “peer benefaction” from “patronage”. The latter refers to resources drawn from someone who is not a member of the group (though might be invited to its meetings); the former is benefaction from a group member.

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These solutions presuppose that members of Christ groups did not contribute towards the meals they ate because they were drawn from subsistence levels of the Roman economy. So common is this assumption, that it might even be considered as axiomatic. Yet there are several reasons to question the assumption. First, the existence of a collection for Jerusalem indicates that Corinthian Christ believers as well as those in Macedonia and Galatia were generally at least at an economic level that allowed Paul to imagine that contributions to a collection were possible, even if this was ad hoc and a one-time-only event. His shaming comments in 2 Cor 8:2, that the Macedonians gave generously out of their “deep poverty” (ἡ κατὰ βάθους πτωχεία αὐτῶν), are surely both rhetorical exaggerations and presuppose that he expects more from the Corinthian group. The Christ group in Philippi evidently collected funds to relieve Paul’s distress while in prison, probably in Ephesus. These constitute prima facie evidence against the assumption that early Christ believers were too poor to afford dues of any kind. Of course the sub-elite population of the Empire was stratified, with a spectrum ranging from the utterly destitute, living significantly below the subsistence level, to those at the subsistence level, those with slight surpluses, moderate surpluses, and greater surpluses.81 But to assume that most early Christ believers were at the bare subsistence level or were utterly destitute collides with the plain sense of Paul’s exhortations on the collection.82 Second, the assumption that members of Christ groups were too poor to contribute to meals, as collegiati did, because they were located one or two economic steps below that of occupational guilds83 represents a false assumption about the economic level of guild members. Some, like those represented by Italian collegia such as the cultores of Diana and Antinoüs and the grain measurers of Ostia, were likely better off than many other craftspersons. Associative life in the Roman world, however, should be imagined to exist on a sliding scale from the middling wealthy to various groups of urban (and rural) poor. The Egyptian associations illustrate the existence of just this sort of banqueting groups among the poor.84 The example of SB 3,7182 and P.Tebt. 3,2 894, with members contributing differing sums to the association raises the possibility that some groups that required contributions nonetheless had mechanisms to accommodate members with limited Scheidel / ​Friesen, Size of the Economy, for an attempt to model this stratification. also collides with the ‘new consensus’. The beginnings of the ‘new consensus’ are already in Adolf Deissmann, Das Urchristentum und die unteren Schichten, Göttingen 1908, who argued that the early church comprised “men and women from the middle and lower classes (Schichten, plural; idem, Paul: A Study in Social and Religious History, New York 1912, 241. This is reinforced by Meeks’s conclusion (Urban Christians, 51) that the first urban Christians “reflected fair crosssection of urban society.” 83 Bruce W. Longenecker, Remember the Poor: Paul, Poverty, and the Greco-Roman World, Grand Rapids 2011, 69 and Downs, The Offering of the Gentiles, 110, 107 f. 84 I have developed this argument further in John S. Kloppenborg, Early Christian Occupations: Rethinking Pauline Poverty, in: A. Marjanen, ed., Gender, Social Roles and Occupations in the New Testament World, Leiden 2014, forthcoming. 81 See 82 It

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resources.85 There is little reason to posit for Christ groups an economic sector that was entirely disconnected from the sectors in which associations flourished. And if van Minnen is right86 that guild members account for 30–50 % of the urban population, it is a priori likely that some early Christ followers were guild members. It seems likely then, that the Christ-followers addressed by Paul were not utterly destitute, and it is likely that some at least occupied the same socio-economic niches of occupational associations and groups such as those discussed above from the Fayum. If we place the Christ groups of Corinth and Thessaloniki alongside associations we know of, several possibilities present themselves, and several seem unlikely. The model of peer benefaction is complicated by the fact that we know of no other association that could depend on such peer benefaction whereby one small set of members continually acted as meal sponsors for the rest. Peer benefaction certainly occurred, but it was normally limited to a single banquet, or perhaps all of the banquets of a single year. There is no evidence of continuing peer benefaction. The notion that peer benefactors of Christ groups routinely supplied not only the needs of poor diners some fifty times per year, and also looked after the burial needs of the indigent, while a lovely and inspiring thought, is far removed from any historical analogy. As far as endowments are concerned, even for groups that enjoyed the patronage of wealthy donors, endowments almost never covered the full costs of group meals. Other revenues had to be sought. As to eranistic practices among associations, there is no certain evidence of such a practice in associations.87 No other associations of the early Roman period are known to have engaged in the eranistic practice, at least in the form that is routinely imagined for the Corinthians, in which each member was expected to bring a portion of the meal.88 It is true that some groups imposed liturgies on some 85 Compare P.Mich. 8,511 (Memphis? III CE), a letter from a son to his father, indicating that although he has been invited to join a Sarapis association, he cannot afford the initiation and banquet fees. Nevertheless, by assuming the role of agoranomos in the association and supplying five donkey loads of wood, he can be present at the meeting and even enjoy a double portion. 86 Above, n. 466. 87 IG 22,1252 999.10–12 (GRA I 6), a late fourth-century BCE Athenian group of citizen orgeones of Amynos and Asklepios speaks of two benefactors being “exempt from the ‘heap’ ”: εἶναι δ᾿ αὐτοῖς καὶ | ἀτέλειαν τοῦ χοῦ ἐν ἀμφοῖν τοῖν ἱεροῖν | καὶ ‹α›ὐτοῖς καὶ ἐγγόνοις, “They shall have immunity from ‘the heap’ in both the temples, both they and their relatives.” The meaning of “heap” is uncertain, but seems to refer either to monetary contributions or contributions in kind to a banquet. Athenaeus 8.365d: ἀργεῖοι δ’, ὡς ἐν τοῖς ὑπομνήμασί φησιν  Ἡγήσανδρος· γράφει δ’ οὕτως· “τὴν συμβολὴν τὴν εἰς τὰ συμπόσια ὑπὸ τῶν πινόντων εἰσφερομένην Ἀργεῖοι χῶν καλοῦσι, τὴν δὲ μερίδα αἶσαν”, But the Argives, as Hegesander says in his Commentaries, have other words [for contributions to symposia]: “The contribution brought in to the symposia by the drinkers is called by the Argives a ‘heap’, while the single share is called an ‘lot’.” This may be no different from member-contributions to a banquet, in which case ἀτέλεια simply means “dues-exempt”. If it refers to food for the banquet, it might be an instance of an eranos-type meal. 88  E. g., Peter Lampe, Das korinthische Herrenmahl im Schnittpunkt hellenistisch-römischer Mahlpraxis und paulinischer Theologia Crucis [1 Kor 11,17–34], ZNW  82, 1991,  183–212;

Epigraphy, Papyrology and the Interpretation of the New Testament

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members to supply meals, usually leaders as in CIL 14,2112. But in these cases, the liturgical requirement existed only as long as the person or persons in question were in office (normally one year, sometimes more), at which point another member assumed that responsibility. If it is difficult to assume that Christ groups extraordinarily enjoyed substantial endowments; or that just as extraordinarily had attracted one or two benefactors who were prepared to underwrite the full costs of meals on a permanent basis; or that Christ groups had, contrary to the practice of other small groups in antiquity had developed a pattern of peer-benefaction or eranistic practices, what is left? Once one dispenses with the analogy of the wealthy Italian collegia as the model of all associative practices, and look instead to the Egyptian associations described above, a different set of possibilities emerges. These were associations comprised of slaves (SB 3,7182) who had to move from one venue to another for their meetings, including using the harness room in a stable and room in a storeroom, only occasionally being allowed into a temple of Isis. Or the association that left behind P.Tebt. 3,2 894 whose members paid the equivalent of 0.21 to 0.42 silver drachma as a contribution to the banquet – consisting of bread, wine and cabbage, or the association of P.Tebt. 1,118 whose 18–23 members, each contributing 100 dr. (= 0.2 ar. dr.), collectively spent the equivalent of 4.16 dr. on wine and 0.40 dr. on bread. These groups met at least monthly, and for simple food. They collected very modest dues, sometimes evidently accommodating members who could not pay as much as others. I do not want to claim that I know that Pauline Christ believers likewise contributed to their group. What I want to claim is that given the fact that meals of some sort were offered by the group, there are only a limited number of mechanisms of which we know available for the underwriting of costs. Fines, small gifts were likely insufficient, as they were for other associations. Leitourgiae of the group’s officers are possible sources, but as with other groups that employed liturgies, we probably must imagine a flat hierarchy where most or all members took turns in serving as president or magister. This system, naturally, required that those elected as president had sufficient resources in that year to fund the meal, perhaps with the help of several colleagues. As has been noted already in several contexts, endowments from patrons were rarely if ever sufficient to cover all of the costs of an associations. Peer-benefaction, while it surely occurred in Christ groups as well as in other associations, was hardly of the scale that could serve as a continuing source of funds for all meals and other activities. This leaves member contributions as a possible source, and the analogy of other groups on the lower end of income hierarchies at least invites serious consideration. We know that by the time of Ignatius and Tertullian, member contributions were solicited and presumably not simply on a ‘voluntary’ basis. idem, The Eucharist: Identifying with Christ on the Cross, Int 48, 1994, 36–49. Similarly, James D. G.  Dunn, Christianity in the Making, vol. 2: Beginning from Jerusalem, Grand Rapids / ​Cambridge 2009, 644.

Sünde, Bekenntnis und Sühne in kleinasiatischen „Beichtinschriften“und dem 1. Johannesbrief 1 Markus Öhler Mit den folgenden Ausführungen werden in vier Teilen 1) ein bei Exegeten und Exegetinnen relativ unbekanntes Corpus von Inschriften und die Forschungslage vorgeführt, 2) drei für die Auslegung des 1. Johannesbriefs wichtige Themen in diesen Inschriften genauer betrachtet (Sünde, Bekenntnis und Sühne), 3) eine Untersuchung zweier einschlägiger Texte zu diesem Themenkomplex im 1. Johannesbrief gegeben, und 4) versucht, die jeweiligen Aussagen vergleichend zusammenzustellen.

1. Einleitung und Forschungslage 1.1. Kurze Einführung zu den „Beichtinschriften“ Mit der Bezeichnung „Kleinasiatische Beichtinschriften“2 ist eine Gruppe von epigraphischen Zeugnissen gemeint, die aus Teilen Lydiens und Phrygiens stammen3 und zwischen dem 1. und 3. Jh. n. Chr. entstanden. Der Titel „Beichtinschriften“ verweist darauf, dass darin Menschen Vergehen bekennen, die sie gegen Gottheiten oder Mitmenschen begangen haben. Die Inschriften befinden sich auf Stelen, die teilweise mit bildlichen Darstellungen versehen sind und in Heiligtümern errichtet wurden. Der Ablauf der Entstehung eines solchen Dokuments lässt sich relativ klar rekonstruieren:4 Aus einem Unglück schloss ein Mensch, dass er von einer Gottheit 1 Für

Anregungen danke ich Kerstin Böhm sowie den an der Tagung Beteiligten. Bezeichnung findet sich u. a. schon bei Franz S. Steinleitner, Die Beicht im Zusammenhange mit der sakralen Rechtspflege in der Antike, München 1913, und hat sich durch die Ausgabe von G. Petzl, ed., Die Beichtinschriften Westkleinasiens, EA 22, Bonn 1994 (= BIWK), im deutschen Sprachraum durchgesetzt (dort auch VII eine Thematisierung der Bezeichnungen). 3 Zentrum war die Katakekaumene am oberen Hermos (nördlich von Philadelphia), vereinzelte Belege stammen aus dem Gebiet um das westlich der Katakekaumene gelegene lydische Sardis, dem in Phrygien bei Hierapolis gelegenen Heiligtum des Apollo Lairbenos (südlich der Katakekaumene) sowie dem mysischen Tiberiopolis (nördlich der Katakekaumene). 4 Vgl. allerdings Richard Gordon, Raising a sceptre: confession-narratives from Lydia and Phrygia, JRA 17, 2004, 177–196: 182 f: „There is no single model. There are more or less close compositional similarities between texts which were certainly or probably erected at the same temple, but there are only family resemblances between texts from widely-separated geographical areas.“ 2 Die

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(oder mehreren) bestraft wurde – u.U. angeregt durch einen Traum5 – und wandte sich an die Priester eines Tempels. Diese gaben ihm die nötigen Anweisungen, um mit der Gottheit wieder in ein positives Verhältnis zu kommen. Unter Umständen wurden aber auch Anschuldigungen gegen Dritte vorgebracht und das Eingreifen einer Gottheit erbeten, sodass aus Strafe und Einsicht schließlich wieder ein bereinigter Zustand werden konnte. Abschluss der Sühnehandlung bzw. Bericht über das ganze Geschehen war die Errichtung einer Stele (oft mit Abbildung der Gottheit, der erkrankten Körperteile oder des Ritus der Entsühnung), auf der die ganze Geschichte zum Lob der Gottheit und ihrer Macht festgehalten wurde.6 In der Forschung (s. u.) ist zu Recht gegen die Bezeichnung dieser Texte als „Beichtinschriften“ Einspruch erhoben worden. Sie ist nicht nur aufgrund eines christlich geprägten Beichtverständnisses problematisch. Hinzu kommt, dass das durch die Inschrift öffentliche Geständnis von Vergehen durchaus ein wichtiger Aspekt ist, das eigentliche Thema aber die Wiederherstellung eines positiven Verhältnisses zur Gottheit darstellt. Überdies enthalten einige der Inschriften das Versprechen, bestimmte Dinge zu tun (u. a. die Stele zu errichten), was sie in den Kontext der auch in Lydien und Phrygien verbreiteten Weiheinschriften stellt. Andere wiederum sind in erster Linie auf den Dank für die Heilung und das Lob der Gottheit ausgerichtet. Überdies gehören die Inschriften – wie etwa auch Verfluchungen – in den Kontext von Texten, die den subjektiven Wunsch nach Gerechtigkeit zum Ausdruck bringen.7 Man könnte sie also auch „Versöhnungsinschriften“8 oder „Sühneinschriften“9 nennen, wenngleich damit wohl unzutreffend suggeriert würde, dass die Versöhnung10 bzw. Sühne durch die Inschrift selbst erfolgt. Denn tatsächlich berichten die Inschriften von einem umfassenderen Geschehen zur Wiederherstellung des Gottesverhältnisses, das oft auch als Ret 5 Für den Verweis auf einen Traum vgl. BIWK 11; 106. Auch die Erscheinung eines göttlichen Boten begegnet, ist aber doch wohl auch als Traum zu denken (BIWK 3,38).  6 Vgl. zum Lob der Gottheit als Ziel der Inschriften BIWK 20; 36 f; 62; 64; 80; 101 (jeweils mit εὐλογεῖν). In BIWK 11; 73; 122 u. ö. findet sich der Dank für Rettung bzw. Heilung. Dazu siehe insgesamt Hans-Josef Klauck, Die kleinasiatischen Beichtinschriften und das Neue Testament, in: ders., ed., Religion und Gesellschaft im frühen Christentum. Neutestamentliche Studien, WUNT 152, Tübingen 2003, 57–81: 76–78; Nicole Belayche, Les stèles dites de confession. Une religiosité originale dans l’Anatolie impériale?, in: L. de Blois / ​P. Funke / ​J. Hahn, eds., The Impact of Imperial Rome on Religions, Ritual and Religious Life in the Roman Empire, Leiden / ​Boston 2006, 66–81.  7 Vgl. dazu Hendrik S. Versnel, Beyond Cursing: The Appeal to Justice in Judicial Prayers, in: Ch. A. Faraone / ​D. Obbink, eds., Magika Hiera. Ancient Greek Magic and Religion, New York / ​ Oxford 1991, 60–106.  8 Vgl. Aslak Rostad, Confession or Reconciliation? The Narrative Structure of the Lydian and Phrygian „Confession Inscriptions”, SO 77, 2002, 145–164.  9 So Angelos Chaniotis, „Tempeljustiz“ im kaiserzeitlichen Kleinasien. Rechtliche Aspekte der Sühneinschriften Lydiens und Phrygiens, in: G. Thür / ​J. Vélissaropoulos-Karakostas, eds., Symposion 1995. Vorträge zur griechischen und hellenistischen Rechtsgeschichte, AGR 11, Köln / ​ Weimar u. a. 1997, 353–379. 10 Allerdings begegnet ἀλλάσσω / ​ἀ λλάττω genauso wenig in den Inschriften wie die etwaigen Komposita.

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tung11 oder Heilung12 bezeichnet wird. Wenn wir sie also im Folgenden dennoch konventionell als „Beichtinschriften“ bezeichnen, ist zugleich der facettenreiche Charakter und die Einbettung in die Vielfalt griechisch-römischer Religiosität zu bedenken. Zur Einführung drei Beispiele, die schön zeigen, wie in diesen Texten Religiosität zum Ausdruck kommt.13 Bei BIWK 73 (199/200 n. Chr.) handelt es sich um eine kurze Inschrift, die keine Strafe nennt und das Vergehen unbestimmt lässt, dafür aber auf eine Opferhandlung verweist: „Groß ist Anaitis. Als Phoibos sich eine Verfehlung hatte zuschulden kommen lassen, erfragte er ein gefälliges Opfer. Er erstattet jetzt in Dankbarkeit, nachdem er versühnt hat. Im Jahre 284, am 2. des Monats Artemision.“14

In BIWK 60 (o.Dat.) findet sich der nicht seltene Fall, dass zunächst eine Anklage bei der Gottheit erfolgte, die – nach erfolgter Strafe – den Übeltäter zur Einsicht brachte: „Für Men Axiottenos. Da Hermogenes, Sohn des Glykon, und Nitonis, Tochter des Philoxenos, den Artemidoros wegen Weines verleumdet hatten, reichte Artemidoros eine Tafel ein. Der Gott strafte den Hermogenes; und er hat den Gott versühnt und preist (ihn) von jetzt an.“15

Der Zusammenhang von Sünde (ἁμαρτία), Sühne und Erbarmen wird in folgender außergewöhnlich langer und mit verschiedenen Sprechern agierender Inschrift besonders schön deutlich (BIWK 5; 235/36 n. Chr.): „Im Jahre 320, am 12. des Monats Panemos. Entsprechend bin ich von den Göttern, von Zeus und dem großen Men Artemidoru, zur Einsicht gebracht worden.  – Ich habe den Theodoros an seinen Augen bestraft entsprechend den Verfehlungen, die er begangen hat. – Ich bin zusammengekommen mit Trophime, der Sklavin des Haplokomas, der Frau des Eutyches, im Praetorium. – Er nimmt die erste Verfehlung weg mit einem Schaf, einem Rebhuhn und einem Maulwurf. – Zweite Verfehlung: Obwohl ich ein Sklave der Götter in Nonu war, kam ich mit der unverheirateten Ariagne zusammen. – Er nimmt hinweg mit einem „Ferkel“ (genannten Fisch), einem Tunfisch und einem weiteren Fisch. – Bei der dritten Verfehlung kam ich zusammen mit der unverheirateten Arethusa. – Er nimmt hinweg mit einem Huhn, einem Spatz und einer Taube; mit einer Kypros Gersten-Weizen-Gemisch und mit einer Prochos Wein. Eine Kypros Weizen hat er als Reiner den Priestern abgeliefert und eine Prochos. – Als Rechtsbeistand erhielt ich den Zeus. – Siehe! Ich hatte ihn entsprechend seiner Taten geblendet, jetzt aber hat er die Vergehen weggenommen, weil er die Götter 11 BIWK

41,4 (81/82 n. Chr.): ὑπὲρ τῆς ἰδίας σωτηρίας καὶ τῶν τέκνων; vgl. auch 10,8; 114,7. 94,3; 43,7; 62,5; vgl. auch die ebenfalls aus diesem Gebiet stammende Weiheinschrift TAM 5,1 323. 13 Die Übersetzungen sind im Folgenden angelehnt an Petzl, Beichtinschriften. 14 BIWK 73: Μεγάλη Αναειτις· ἐπεὶ ἡμάρτησεν Φοῖβος, ἐπεζήτησεν ἱερο[π]όημα· ἀποδεί[δι] νῦν εἱλασάμενος καὶ εὐχαριστῶν.  Ἔτους σπδʹ, μη(νὸς) Ἀρτεμεισίου βʹ. 15 BIWK 60: Μηνὶ Ἀξιοττηνῷ.  Ἐπὶ  Ἑρμογένης Γλύκωνος καὶ Νιτωνις Φιλοξένου ἐλοιδόρησαν Ἀρτεμίδωρον περὶ οἴνου, Ἀρτεμίδωρος πιττάκιον ἔδωκεν.  Ὁ θεὸς ἐκολάσετο τὸν  Ἑρμογένην, καὶ εἱλάσετο τὸν θεὸν καὶ ἀπὸ νῦν εὐδοξεῖ. 12 BIWK

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versühnt und es auf einer Stele aufgezeichnet hat. Befragt von dem Rat (verkünde ich): Ich bin gnädig, da meine Stele aufgestellt wird an dem Tag, den ich festgesetzt hatte. Du magst das Gefängnis öffnen, ich entlasse den Übeltäter nach einem Jahr und zehn Monaten.“16

Theodoros sieht in dieser Inschrift gleich drei Vergehen ein. Nachdem er an den Augen erkrankte, deutete er drei sexuelle Begegnungen als ἁμαρτία. Wahrscheinlich war er zur sexuellen Abstinenz verpflichtet, wobei das erste seiner Vergehen auch den Bruch einer Ehe bedeutete. Alle drei Verfehlungen wurden durch passende Opfer beseitigt (ἀπαίρω), sodass Theodoros mit den Gottheiten versühnt wurde. Zeus habe dabei als Beistand (παράκλητος) gewirkt, sodass die Götter gnädig waren (εἵλεος). Die Gnade besteht hier – wohl metaphorisch gemeint – in der Entlassung aus dem Gefängnis. Nicht klar wird, ob damit die Heilung der Augenkrankheit im Blick ist oder das wieder geordnete Verhältnis zu Zeus und Men. 1.2. Die althistorische Erforschung der „Beichtinschriften“17 Die erste umfassendere Beschäftigung mit den „Beichtinschriften“ (allerdings auf der Basis von lediglich 35 Belegen) stammt von Franz Seraph Steinleitner. Steinleitner nennt trotz des Titels seiner Untersuchung die Zeugnisse „Sühninschriften“18 und ordnet sie in den Bereich der Volksfrömmigkeit ein. Die Beichte der nach Steinleitner ausschließlich kultischen Vergehen diene19 vor allem zur Wiederherstellung der physischen und kultischen Normalität, wobei sie durch den öffentlichen Charakter „doch auch einen sittlichen Wert bekommt“ 20. Gemeinsam mit anderen Zeugnissen aus der Antike – u. a. den Fluchtafeln aus Knidos – ließen

16  Ἔτους τκʹ, μη(νὸς) Πανήμου βιʹ· κατὰ τὸ ἐφρενωθεὶς ὑπὸ τῶν θεῶν ὑπὸ τοῦ Διὸς κὲ τοῦ (Μηνὸς) μεγάλου Ἀρτεμι(5)δώρου· ἐκολασόμην τὰ ὄματα τὸν Θεόδωρον κατὰ τὰς ἁμαρτίας, ἃς ἐπύησεν. Συνεγενόμην τῇ πεδίσχῃ τῶ Ἁπλοκόμα, τῇ Τροφίμῃ, τῇ γυναικὶ τῇ Εὐτύχηδος εἰς τὸ πλετώ(10)ριν· ἀπαίρι τὴν πρώτην ἁμαρτίαν προβάτῳ[ν], πέρδεικι, ἀσφάλακι. Δευτέρα ἁμαρτία· ἀλλὰ δοῦλος ὢν τῶν θεῶν τῶν ἐν Νονου συνεγενόμην τῇ Ἀριάγνῃ τῇ μοναυλίᾳ· ’παίρι χύρῳ, θείννῳ ἐχθύει. Τῇ (15) τρίτῃ ̣ ἁμαρτίᾳ συνεγενόμην Ἀρεθούσῃ μοναυλίᾳ· ’παίρι ὄρνειθει, στρουθῷ, περιστερᾷ, κύ(πρῳ) κρειθοπύρων, πρό(χῳ) οἴνου· κύ(προν) πυρῶν καθαρὸς τοῖς εἱεροῖς, πρό(χον) αʹ.  Ἔσχα παράκλητον τὸν Δείαν· εἴδαι, κατὰ τὰ πυήματα πεπηρώκιν, (20) νῦν δὲ εἱλαζομένου αὐτοῦ τοὺς θεοὺς κὲ στηλογραφοῦντος ἀνερύσετον τὰς ἁμαρτίας.  Ἠρωτημαίνος ὑπὸ τῆς συνκλήτου· εἵλεος εἶμαι ἀναστανομένης τῆς στήλλην μου, ᾗ ἡμέρᾳ ὥρισα· ἀνύξαις τὴν φυλακήν, ἐξαφίω (25) τὸν κατάδικον διὰ ἐνιαυτοῦ κὲ μηνῶν ιʹ περιπατούντων. 17 Vgl. dazu u. a. den bis 2005 reichenden Überblick bei Aslak Rostad, Human Transgression – Divine Retribution. A Study of Religious Transgressions and Punishments in Greek Cultic Regulations and Lydian-Phrygian Reconciliation Inscriptions, Diss. Bergen 2006. 18 So etwa auch schon Josef Keil / ​Anton v. Premerstein, Bericht über eine Reise in Lydien und der südlichen Aiolis: ausgeführt 1906 im Auftrage der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, DÖAW.PH 53, Wien 1908, Seite 16 (mit älterer Literatur). 19 S. Steinleitner, Beicht, 91 f. 20 Steinleitner, Beicht, 121. Er hält darüber hinaus fest, dass in der Auffassung der Sünde der größte Unterschied zwischen der paganen und christlichen Ansicht bestünde (85).

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die ‚Sühninschriften‘ eine orientalisch geprägte Religiosität erkennen, die mit „dem aufstrebenden Christentume um die Herrschaft kämpfen“21 musste.22 Einen wesentlichen Anschub erhielt die Forschung mit der Sammlung der Inschriften, die Georg Petzl 1994 vorlegte.23 Petzl, der sich eigentlich nicht auf den Begriff „Beichtinschriften“ festlegen will,24 bringt 124 Inschriften mit Übersetzung und Kommentar.25 Er thematisiert in seiner Einleitung die Zusammenhänge von weltlicher und geistlicher Gerichtsbarkeit (ohne die Grenze scharf ziehen zu wollen), die Dörfer mit ihren Tempeln („tempelstaatliche Organisation“26) und ihrer Ausstattung, rekonstruiert den Ablauf der Aussühnung mit der Gottheit sowie die Kommunikation zwischen Gottheit und Mensch. Auch die bildliche Gestaltung wird summarisch dargestellt. Gegenüber einer Ableitung aus hethitischen bzw. babylonischen Traditionen, wie sie Raffaele Pettazzoni stark machte, bleibt er skeptisch.27 Als Quellenbasis ist dieser Band unverzichtbar geworden, eine systematische Aufarbeitung stellt er allerdings nicht dar. Eine Sammlung der Inschriften legte auch Marijana Ricl vor, allerdings in serbischer Sprache.28 Ricl betont v. a. den orientalischen Charakter der „Beichtinschriften“, der auf hethitisches Erbe zurückgehe.29 Sie verweist dazu auf Parallelen in der Benennung der Gottheiten, die Vorstellung einer Verunreinigung von Gottheiten,30 den Kontext einer Gerichtsverhandlung vor den Göttern mit einer 21 Steinleitner,

Beicht, 123; vgl. auch 9. Pettazzoni widmete in seinem dreibändigen Werk zur Beichte in der Antike sowie in einem späteren Beitrag den „Beichtinschriften“ einen Schwerpunkt. Darin verweist er sehr deutlich auf den orientalischen Charakter der Beichte, die er von der griechischen Mentalität stark abgrenzt: Raffaele Pettazzoni, La Confessione dei Peccati, Storia delle Religioni 8.11.12, 3 Bde., Bologna 1929–1936; ders., Confession of Sins, in: ders., Essays on the History of Religions, Leiden 1954, 43–67. 23 Petzl, Beichtinschriften; vgl. auch ders., Sühne, Strafe, Wiedergutmachung, EA 12, 1988, 155–166; ders., Ländliche Religiosität in Lydien, in: E. Schwertheim, ed., Forschungen in Lydien, AMS 17, Bonn 1995, 37–48; ders., Neue Inschriften aus Lydien, Bd. 2: Addenda und Corrigenda zu „Die Beichtinschriften Westkleinasiens“ (Epigr. Anatol. 22, 1994), EA 28, 1997, 69–79; ders., Die Beichtinschriften im römischen Kleinasien und der Fromme und Gerechte Gott, NRWAkW.G 355, Opladen / ​Wiesbaden 1998; ders., Klage der Menschen – Klage der Götter: Aspekte der kleinasiatischen Beichtinschriften, in: M. Jaques, ed., Klagetraditionen. Form und Funktion der Klage in den Kulturen der Antike, OBO 251, Fribourg / ​Göttingen 2011, 63–81. 24 S. Petzl, Beichtinschriften, VII. 25 Ergänzt wurde der inschriftliche Befund durch Peter Herrmann / ​Hasan Malay, New Documents from Lydia. With 103 Figures and a Map, ÖAW.Phil.-Hist. 340, TAM Erg.24, Wien 2007, No. 46 f; 54–56; 66; 70; 83–85. 26 Petzl, Beichtinschriften, XIV. 27 S. Petzl, Beichtinschriften, XVII f mit Anm. 60. 28 Zu einzelnen Inschriften vgl. Marijana Ricl, CIG 4142 – A Forgotten Confession-Inscription from North-West Phrygia, EA 29, 1997, 35–43; dies., The Appeal to Divine Justice in the Lydian Confession-Inscriptions, in: E. Schwertheim, ed., Forschungen in Lydien, AMS 17, Bonn 1995, 67–73. 29 Vgl. dazu jüngst Marijana Ricl, Continuity and Change in Anatolian Cults. The Case of Lydian Confession-Inscriptions, Belgrade Historical Review 5, 2014, 7–21. 30 Vgl. etwa die Aussagen in BIWK 51 f; SEG 49,1720; 57,1223, die Ricl, Continuity, 15, als Reinigung der Gottheiten interpretiert. Sie könnten freilich ebenso auf den Loskauf des Betroffenen bei der Gottheit gedeutet werden (siehe Kommentar zu SEG 49,1720; 57,1223). 22 Raffaele

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Mittlergottheit,31 Rituale mit lebendigen Tieren und neue griechische Wörter, die sich nur in den lydischen Inschriften finden (z. B. θυμολυσία, ἱεροπόημα oder προάπαρσις). Die Kontextualisierung der „Beichtinschriften“ in das Feld antiker Gerechtigkeitserwartungen ist Anliegen mehrerer Beiträge von Hendrik S. Versnel.32 Er ordnet sie u. a. eng mit den Defixiones aus Knidos zusammen – Fluchtafeln des 2./1. Jh. v. Chr. aus dem Demeter-Heiligtum –, aber auch mit lateinischen Quellen.33 Zwischen dem Gebet um Gerechtigkeit bzw. anklagenden Gebet („Judicial Prayer“) und den Beichtinschriften sieht er durchaus eine genealogische Verbindung.34 Die Fluchtafeln dokumentieren nach seiner Meinung den Anfang eines quasi rechtlichen Verfahrens, die „Beichtinschriften“ den für den Kläger positiven Abschluss desselben.35 Richard Gordon beleuchtete vor allem die Funktion der Inschriften und der durch sie zum Ausdruck kommenden Sozialstruktur mit ihren Normen. Die Untersuchung der narratio innerhalb der Inschriften zeige, dass diese unter anderem als Warnungen dienen, sich nicht mit der Gottheit anzulegen. Der Zusammenhang von menschlicher Verfehlung, göttlicher Strafe und Anerkenntnis dieser sei in der Antike weit verbreitet gewesen.36 Dabei habe in Lydien / ​Phrygien der Tempel eine wesentliche Rolle gespielt, weil die Priester den Konnex von Vergehen und Strafe sowohl aufdeckten als auch eine individuelle Lösungsmöglichkeit anboten. Die Inschriften waren somit Wege zur Konfliktlösung innerhalb der Gesellschaft.37 Mit seiner Dissertation aus dem Jahr 2006 versuchte Aslak Rostad die Forschung in eine andere Richtung zu lenken. Zum Ausdruck gebracht wird dies zunächst durch die Umbenennung der „Beichtinschriften“ in „Versöhnungsinschriften“ („Reconciliation inscripitions“). Nach seiner Ansicht seien die Strafen und die Versöhnung sämtlich in einen kultischen Kontext gebettet. Selbst dort, wo es sich um zwischenmenschliche Angelegenheiten handelte, wären diese nur durch Intervention bei den Göttern (Bitte um Gerechtigkeit, Bindezauber) zu deren Sache 31 V.a. die oben genannte Inschrift BIWK 5 hat diesen Kontext; vgl. auch SEG 57,1186. Ricl verweist auch auf eine weitere Nennung eines Parakleten in einer bisher unveröffentlichten Inschrift (Continuity, 16). 32 Vgl. Versnel, Beyond Cursing; ders., Fluch und Gebet. Magische Manipulation versus religiöses Flehen? Religionsgeschichtliche und hermeneutische Betrachtungen über antike Fluchtafeln, Hans-Lietzmann-Vorlesungen 10, Berlin / ​New York 2009. 33 Versnel, Beyond Cursing, 72–79: 76: „There is, to be sure, a time difference of at least one – and most likely two or three – centuries, but the dated confession inscriptions themselves prove precisely how persistently a religious practice can be maintained over two centuries, even to details of wording.“ Versnel geht dabei noch davon aus, dass die „Beichtinschriften“ ausschließlich aus dem 2./3. Jh. stammen (75). Den „orientalischen“ Einfluss hält Versnel für heute allgemein anerkannt (Fluch und Gebet, 31). 34 S. Versnel, Beyond Cursing, 91. 35 Versnel, Beyond Cursing, 79, wobei er darauf hinweist, dass dies kein offizielles Verfahren vor einem Priestergericht war. 36 Gordon, Raising, 190. 37 Gordon, Raising, 194–196.

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gemacht worden, sodass eine Versöhnung mit der Gottheit notwendig geworden sei.38 Die Götter seien also nicht unmittelbar in die menschlichen Angelegenheiten verwickelt. Aslak Rostad, der die Inschriften später übrigens als „Propitiation Inscriptions“ bezeichnet39, legt darüber hinaus besonderen Wert darauf, dass die „Beichtinschriften“ lediglich einen Aspekt der lydischen Religiosität darstellen. Die Wahrnehmung, dass in Phrygien und Lydien die Götter in erster Linie wegen ihrer strafenden Macht gefürchtet wurden, greife zu kurz.40 Vielmehr unterscheide sich lydische Religiosität mit Ausnahme dieser besonderen Zeugnisse nicht von der in anderen Gebieten Kleinasiens.41 Der systematischen Untersuchung der „Beichtinschriften“ hat sich in vielerlei Hinsicht Angelos Chaniotis gewidmet.42 Er ordnet die Inschriften („Propitiatory Inscriptions“) u. a. in den Kontext von Krankheit und Heilung ein und zeigt auf, wie eng Religiosität  – konkret die Entsühnung von Sünde  – und Gesundung verbunden werden konnten. Chaniotis verweist auch auf den Konnex zwischen den spezifischen Anforderungen an Gerechtigkeit als göttlicher Forderung, wie sie durch die Inschriften öffentlich gemacht wird, und einer allgemeinen Erwartung auf die Durchsetzung göttlicher Gerechtigkeit in der Antike, die u. a. in Gebeten und magischen Formeln begegnet. Der Sinn der Inschriften liege gerade in der Veröffentlichung der Wiederherstellung von Reinheit und Gerechtigkeit. Gegenüber einer Beschränkung dieser Art von Frömmigkeit auf den lydisch38 Rostad,

Transgression, 221. Rostad, The Religious Context of the Lydian Propitiation Inscriptions, SO 81, 2006, 88–108; vgl. auch ders., Confession. 40 Rostad, Context, 101–103; ders., Transgression, 176: „Apart from the reconciliation inscriptions there were no basic differences between religion here and other places in Anatolia.“ Rostad verweist auf Weihungen und Ex-voto-Inschriften, die das positive Wirken der Götter in den Vordergrund rücken; vgl. auch Gordon, Raising, 183 f. Für die lydische Religiosität vgl. María Paz de Hoz, Die lydischen Kulte im Lichte der griechischen Inschriften, Asia Minor Studien 36, Bonn 1999, bes. 114–124. 41 Rostad, Transgression 44 f: „The genre is local, there can be no doubt about that. […] It is possible to analyse the reconcilitaion inscriptions within a wider context of ancient religion.“ Einen orientalischen Einfluss schließt Rostad daher aus (Transgressions, 243). Vgl. auch Angelos Chaniotis, Under the watchful eyes of the gods: divine justice in Hellenistic and Roman Asia Minor, in: S. Colvin, ed., The Greco-Roman East. Politics, Culture, Society, Cambridge 2004, 1–43: 9: „These texts remind us that, despite some particular features of the inscriptions of Asia Minor, the ideas concerning divine justice circulated widely in the ancient Mediterranean (and beyond)“; Hildebrecht Hommel, Antike Bußformulare. Eine religionsgeschichtliche Interpretation der ovidischen Midas-Erzählung, in: ders., Sebasmata 1, WUNT 31, Tübingen 1983, 351–370, verweist auf aufschlussreiche literarische Parallelen. 42 Angelos Chaniotis, Illness and cures in the Greek propitiatory inscriptions and dedications of Lydia and Phrygia, in: Ph. J. van der Eijk / ​H. F. J. Horstmanshoff / ​P. H. Schrijvers, eds., Ancient Medicine in its Socio-Cultural Context, Bd. 2, Amsterdam / ​Atlanta 1995, 323–337; ders., Tempeljustiz; ders., Von Ehre, Schande und kleinen Verbrechen unter Nachbarn. Konfliktbewältigung und Götterjustiz in Gemeinden des antiken Anatolien, in: F. R. Pfetsch, ed., Konflikt, Heidelberger Jahrbücher 48, Heidelberg 2004, 233–254; ders., Ritual performances of divine justice: the epigraphy of confession, atonement and exaltation in Roman Asia Minor, in: H. M. Cotton / ​ R. G. Hoyland / ​J. J. Price u. a., eds., From Hellenism to Islam: cultural and linguistic change in the Roman Near East, Cambridge 2009, 115–153. 39 Aslak

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phrygischen Raum schätzt Chaniotis diese Texte als „one of the many expressions of the belief in divine justice“ ein.43 Der Vollzug von Gerechtigkeit war nicht nur eine Sache römischer Rechtsordnung, vielmehr wirkten auch die Tempel bei der Durchsetzung von Normen mit, ein Anspruch, der „wohl in vorpersischen einheimischen Traditionen“ verwurzelt war.44 Die Rolle der Priester bestand vor allem darin, den Sünder über die bereits erfolgte Strafe aufzuklären und den jeweiligen Weg zur Entsühnung aufzuzeigen.45 Nicole Belayche hat schließlich darauf hingewiesen, dass die „Beichtinschriften“ nicht nur zur Sozialreglementierung dienten, sondern als Danksagung und Lobpreis der Gottheit(en) gedacht waren, deren Kraft und Größe proklamiert wurde.46 Ihre primäre Funktion sei das Zeugnis für die Gottheit.47 Zusammenfassend lassen sich als Schwerpunkte der althistorischen Forschung erkennen: Die Einordnung der „Beichtinschriften“ in den Kontext antiker Religiosität, die besondere Gestaltung der Inschriften unter lokalen Bedingungen sowie die dahinter erkennbaren sozialen Mechanismen.48 1.3. Die neutestamentliche Forschung und die „Beichtinschriften“ Innerhalb der neutestamentlichen Exegese ist die Bezugnahme auf die „Beichtinschriften“ bisher ausgesprochen schmal ausgefallen. Neben vereinzelten – vor allem lexikographischen – Bezügen in der älteren Literatur ist erst in jüngerer Zeit ein gewisses Interesse dafür entstanden. Einen Überblick über die Inschriften und mögliche Bezugspunkte zum Neuen Testament bietet der Beitrag von Hans-Josef Klauck in der Festschrift für Martin Hengel.49 Klauck referiert die Forschungsgeschichte beginnend mit Steinleitner 43 Chaniotis, Ritual Performances, 143. Das öffentliche Bekenntnis von Übertretungen findet sich u. a. auch in knidischen Fluchtafeln (145) und südarabischen Belegen (146). Vgl. auch Fritz Graf, Confession, Secrecy, and Ancient Societies, in: B. Luchesi / ​K. von Stuckrad, eds., Religion im kulturellen Diskurs – Religion in Cultural Discourse, RGVV 52, Berlin / ​New York 2004, 259–271: 262 f. Auf den antiken Kontext der Inschriften verweist auch Stephen Mitchell, Anatolia. Land, Men, and Gods in Asia Minor, Bd. 1: The Celts in Anatolia and the Impact of Roman Rule, Oxford 1993, 194: „It is implausible to imagine that the gods of northern Lydia or Apollo Lairbenos played a radically different part in men’s lives than the gods elsewhere.“ 44 Chaniotis, Tempeljustiz, 378. 45 Chaniotis, Tempeljustiz, 373. 46 Belayche, Stèles; dies., Rites et „croyances“ dans l’épigraphie religieuse de l’Anatolie impériale, in: Rites et croyances dans les religions du monde Romain, Entretiens sur l’antiquité classique 53, Genf 2007,73–103; dies., Du texte à l’image: les reliefs sur les stèles „de confession“ d’Anatolie, in: S. Estienne u. a., eds., Image et religion dans l’Antiquité gréco-romaine, Neapel 2008, 181–194. 47 BIWK 8; 17; 68; vgl. auch Petzl, Klage, 80; Graf, Confession, 265: „Cults needed promotion.“ 48 Vgl. dazu auch die Beiträge von Gian Franco Chiai, Religiöse Kommunikationsformen auf dem Land im kaiserzeitlichen Phrygien. Der Beitrag der Epigraphik, in: R. Häussler, ed., Romanisation et épigraphie. Études interdisciplinaires sur l’acculturation et l’identité dans l’Empire romain, Archéologie et Histoire Romaine 17, Montagnac 2007, 351–374; ders., Allmächtige Götter und fromme Menschen im ländlichen Kleinasien der Kaiserzeit, Millenium 6, 2009, 61–106. 49 Klauck, Beichtinschriften.

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und geht dann die Inschriften systematisch durch. Dabei unterscheidet er zwei Grundtypen: Zeugnisse für eingestandene Verfehlungen und Anklagen ungesühnten Unrechts. Anschließend werden „Aufbaumomente“ behandelt, wobei jeweils biblische Bezüge angedeutet werden: Götter und Menschen, Verfehlungen, Strafen, das Bekenntnis, die Sühnung, der Dank und die Mahnung. Hinsichtlich der Gattung sieht Klauck eine Nähe zu Heilungsberichten. Im Zusammenhang der Erörterung der Datierungsfrage verweist Klauck einerseits auf Dichterzeugnisse (Plutarch, Juvenal etc.) und die Fluchtafeln aus Knidos, um zu zeigen, dass die hinter den „Beichtinschriften“ stehenden religiösen Überzeugungen älter als die Inschriften selbst sind. Andererseits hält Klauck fest, dass es ihm nicht um genetische Ableitung neutestamentlicher Gegebenheiten geht: „Aber auch unterhalb jener Schwelle bleibt noch genug zu tun, angefangen mit der einfachen Illustrierung frühchristlichen Vokabulars aus zeitlich benachbarten Quellen. Ein möglicher Rezeptionshorizont für die christliche Botschaft kann aufgewiesen werden; strukturell verwandte Phänomene sind unabhängig von der zeitlichen Zuordnung auf Ähnlichkeiten und Unterschiede hin zu befragen. Auch die Beobachtungen zur Gattungsfrage […] reichen als Erkenntnisziel schon aus.“50 Eckhard J. Schnabel unternimmt in seinem Beitrag den Versuch, die „Beicht­ inschriften“ als Folge der Ausbreitung des frühen Christentums in Lydien und Phrygien zu verstehen.51 Er konzentriert sich auf den Zusammenhang von Vergehen, Strafe und öffentlichem Bekenntnis sowie auf die Rolle der Priester: Diese hätten durch die Verpflichtung zu Beichte und Gotteslob die religiöse Leitung über die Menschen innegehabt. Da dies weder aus dem griechischen noch aus dem anatolischen Kontext schlüssig ableitbar sei, sei möglicherweise die Verkündigung des Evangeliums Anlass für diese Entwicklung. Die geographische Nähe und die zeitlich Abfolge würden seiner Ansicht nach ebenso dafür sprechen wie religiöse Motive: Gotteslob und die Verbindung von Bekenntnis und Vergebung würden sich in christlichen wie paganen Texten finden. Das apologetische Interesse der Tempelpriester gegen das Christentum habe schließlich zur Einführung dieser besonderen Form von Religiosität geführt, die den Menschen die Furcht einflößende Kraft der Götter einschärfen sollte.52 50 Klauck,

Beichtinschriften, 63. J. Schnabel, Divine Tyranny and Public Humiliation. A Suggestion for the Interpretation of the Lydian and Phrygian Confession Inscriptions, NT 45, 2003, 160–188. 52 Dies wird explizit gemacht etwa durch ausdrückliche Mahnungen in einigen Inschriften, aus der Lektüre zu lernen, die Anweisungen der Gottheit bzw. diese selbst nicht zu verachten (BIWK 9 f; 106 f; 109–112; 117; 120; 212). Auf die „Beichtinschriften“ geht auch Susan Elliott, Cutting Too Close for Comfort. Paul’s Letter to the Galatians in its Anatolian Cultic Context, JSNT.S248, London / ​New York 2003, ein. Sie werden von Elliott unter dem Titel „A Divine Judicial System“ behandelt und sollen den religiösen Hintergrund der Adressaten und Adressatinnen, aber auch von Paulus selbst beleuchten. In der Auslegung des Galaterbriefs spielen die Inschriften dann allerdings keine große Rolle, sie unterstreichen aber das Drohungsszenario der Unterwerfung unter das Gesetz (354–356). Vgl. hingegen zu diesen Ansätzen die Kritik von Rostad, Context, 103: „The men and women Paul met when travelling through Asia Minor worshipped gods who they believed had the power to influence their life in a positive way if paid due respect, or negative 51 Eckhard

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In einem Beitrag aus dem Jahr 2005 verwendete Clinton E. Arnold die Beichtinschriften in ähnlicher Weise, um den religiösen Hintergrund der Christusgläubigen in Galatien zu rekonstruieren. Genauerhin geht es ihm darum zu erklären, warum die sog. Judaistischen Lehrer in den galatischen Gemeinden so erfolgreich darin waren, bei den durch Paulus zum Glauben gekommenen Galatern die Unterwerfung unter das Gesetz zu erreichen.53 Wichtig ist dabei für Arnold grundsätzlich, dass die Inschriften als repräsentativ gelten für eine anatolische Religiosität, die schon weit vor Paulus als Volksfrömmigkeit („Folk Belief“) verankert war.54 Als für seine These besonders wesentlich hebt Arnold die Verpflichtung zur Beachtung kultischer Vorschriften verbunden mit der Strafandrohung55 sowie den Zwang zur Erfüllung guter Werke56 hervor.57 Von beidem hätte die paulinische Botschaft befreit, auf beides hätten die toratreuen Lehrer in Galatien aber bei ihren Versuchen, die Galater für die Toraeinhaltung zu gewinnen, gesetzt.58 Auf den Bereich des Ethos konzentrieren sich die Beiträge von Walter Ameling und Karl-Wilhelm Niebuhr.59 Ameling kommt im Vergleich mit den auch in den Beichtinschriften erkennbaren ethischen Standards zum Schluss, dass die Besonderheit jüdisch-christlicher Ethik durchaus in Zweifel zu ziehen ist. Ähnlich das Ergebnis bei Niebuhr: Die Rezeption frühchristlicher Texte und Überzeugungen – if disrespected. How the god that Paul preached came to be regarded as more powerful than Mēn, Anaitis and Zeus is not just a question of freedom from fear of divine punishment.“ Die weite Verbreitung der Furcht vor Göttern thematisiert Angelos Chaniotis, Constructing the Fear of Gods. Epigraphic Evidence from Sanctuaries of Greece and Asia Minor, in: ders., ed., Unveiling Emotions, Stuttgart 2012, 205–234. 53 Clinton E. Arnold, „I Am Astonished That You Are So Quickly Turning Away!“ (Gal 1.6). Paul and Anatolian Folk Belief, NTS 51, 2005, 429–449: 429 f. 54 Arnold schließt sich hier an Ricls These einer hethitischen Herkunft dieser Vorstellung an (Astonished, 435 f). 55 S. Arnold, Astonished, 438–440. 56 S. Arnold, Astonished, 440–443. 57 Für letzteres rekurriert Arnold auf die Inschriften für die Götter Hosios und Dikaios, die freilich erst für das 3. Jh. n. Chr. belegt sind; vgl. dazu auch Petzl, Der Fromme und Gerechte Gott, 13–23. 58  Es handelt sich also um ein breites religionsgeschichtliches Potpourri, mit dem Arnold versucht, das Vorgehen der Gegner und die paulinische Argumentation in den Kontext anatolischer Volksfrömmigkeit zu betten. Zuletzt nimmt Arnold auch die paulinische Verwendung von Fluch (Gal 1,8 f; 3,10.13) bzw. Verzauberung (Gal 3,1) auf sowie Pauli wiederholte Verweise auf Engel (Gal 1,8; 3,19; 4,14) bzw. Offenbarungen (Gal 1,12.16; 2,2; 3,23). Kritisch kann man einwenden, dass es sich Arnold mit der Lokalisierung – eine Entscheidung zwischen nord‑ oder südgalatischer Hypothese hält er nicht für nötig – und der Datierung sehr leicht macht. Die früheste Inschrift (SEG 53,1344) wird auf 58 n. Chr. datiert, also nach dem Galaterbrief. Die nächstälteste „Beichtinschrift“ BIWK 41 stammt aus dem Jahr 81/82 n. Chr. 59 Walter Ameling, Paränese und Ethik in den kleinasiatischen Beichtinschriften. Zu den Voraussetzungen christlicher Mission in Kleinasien, in: R. Deines / ​J. Herzer / ​K.-W. Niebuhr, eds., Neues Testament und hellenistisch-jüdische Alltagskultur, WUNT 274, Tübingen 2011, 241–249; Karl-Wilhelm Niebuhr, Jüdisches, jesuanisches und paganes Ethos im frühen Christentum. Inschriften als Zeugnisse für Rezeptionsmilieus neutestamentlicher Texte im kaiserzeitlichen und spätantiken Kleinasien am Beispiel des Jakobusbriefes, in: R. Deines / ​J. Herzer / ​K.-W. Niebuhr, eds., Neues Testament, 251–274.

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Niebuhr geht v. a. auf den Jakobusbrief ein – konnte darauf aufbauen, dass auch in paganer Tradition ethische Vorgaben, wie sie in den „Beichtinschriften“ begegnen, in einen religiösen Zusammenhang eingeordnet wurden.60

2. „Sünde“, „Bekenntnis“ und „Sühne“ in den Beichtinschriften 2.1. Vergehen („Sünde“) Die geläufigen Bezeichnungen für die Vergehen – der Begriff „Sünde“ ist wegen der jüd.-chr. Konnotation eher ungeeignet –, die in den lydischen und phrygischen Inschriften genannt werden, sind ἁμαρτία bzw. ἁμάρτημα.61 In der bereits genannten Inschrift des Theodoros (235 n. Chr.) werden gleich drei ἁμαρτίαι aufgezählt, die sich der Tempelsklave zuschulden kommen ließ. Auf einer Stele (BIWK 95) aus dem 2. Jh. berichtet Ammias davon, durch Krankheit62 bestraft worden zu sein δι’ ἁμαρτίαν („wegen des Vergehens“). Dieses bestand anscheinend darin, ein verbotenes Wort gesprochen oder ein Schweigegebot verletzt zu haben.63 Dass der Gott selbst das ἁμάρτημα untersucht (ἐπιζητέω), findet sich ebenfalls, etwa im Blick darauf, dass ein gewisser Severus das Abschneiden von Zweigen für Kränze nicht gestattete, die für den Kult bestimmt waren (BIWK 4; 200/201 n. Chr.).64 Das Verbum ἁμαρτάνω ist noch häufiger zu finden (8–9 mal)65, wobei wir auch hier, wie bei einigen Belegen für die beiden Nomen (BIWK 11,4; 23,8; 24,7; 40,9), nur selten erfahren, was eigentlich vorgefallen ist. Das liegt z. T. am fragmentarischen Charakter mancher Inschriften, eine Beschreibung der Vergehen scheint aber grundsätzlich nicht verpflichtend gewesen zu sein.66 Das lässt zumindest den Beichtcharakter etwas fraglicher erscheinen. Die Verwendung von ἁμαρτάνω und ἁμαρτία verweist u. a. auf hellenistische Papyrustexte, die Rechtsfragen ansprechen und den Zusammenhang von Sünde 60 Vgl. zum Jakobusbrief auch James R. Strange, The Moral World of James. Setting the Epistle in its Greco-Roman and Judaic Environments, Studies in Biblical Literature 136, New York 2010. Unter der Überschrift „Ways Not Taken by James: The Everyday Practice of Greco-Roman Religion” behandelt Strange auch die ‚Beichtinschriften’ (107–112). Als Übereinstimmung zwischen „Beichtinschriften“ und dem Jakobusbrief sieht er das forensische Setting von Bekenntnis und Besserung, hält aber zugleich fest, dass der Gemeinschaftsbezug im Jakobusbrief der individualistischen Ausrichtung der Inschriften widerspricht. 61 ἁμαρτία in BIWK 5; 11; 23; 24; 40; 95; ἁμάρτημα in BIWK 4 und 22. 62 Inschrift und Abbildung verweisen auf eine Erkrankung der Brüste. Zu den verschiedenen Krankheiten vgl. etwa Chaniotis, Illness, 327–330, der zu Recht betont, dass die Heilungen auch als real erfahren wurden (336 f). 63 Vgl. Petzl, Beichtinschriften, 113; Rostad, Transgression, 213. 64 Vgl. etwa auch BIWK 40. Mit ἐπιζητέω kann auch die Nachforschung des Betroffenen selbst gemeint sein (BIWK 74): ἐπεὶ ἡμάρτησεν Στρατονίκη καὶ Φῦβος ἐπεζήτησεν ἱεροπόημα (vgl. auch BIWK 73; 75). Um Tempeldiebstahl handelt es sich bei dem Vergehen zweier Kinder, das durch ihre Eltern wieder gut gemacht wurde (BIWK 22, 215/16 n. Chr.). 65 BIWK 24; 66; 73 f; 100; 109; 112; 117 f, wobei 100 und 118 nicht ganz eindeutig sind. 66 Vgl. dazu u. a. Gordon, Raising, 179.

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und Strafe abbilden.67 In dem lydischen und phrygischen Inschriftencorpus bezeichnet die ἁμαρτία aber nicht nur allgemein ein Vergehen, sondern bedeutet eine Störung des Gottesverhältnisses: Die Gottheit straft und lässt erst nach Einsicht und Sühnehandlung von dieser Strafe wieder ab. Es lässt sich ein Katalog von Vergehen erstellen.68 Die Mehrheit der genannten Delikte sind Sakrilegien, Verstöße gegen Reinheitsvorschriften, Verletzungen des Tempeleigentums, Beleidigungen der Götter.69 Ebenso finden sich  – wenn auch deutlich seltener – Vergehen gegen die soziale Ordnung wie Diebstahl, Verleumdung, Unterschlagung von Geldern usw. Hier ist auch öfters der Fall, dass Menschen, die durch andere geschädigt wurden, Inschriften hinterließen.70 Zumindest aus solchen Texten wird deutlich, dass – ähnlich wie bei Fluchtafeln oder einem Gebet um Gerechtigkeit – die Strafe für das Vergehen von dem Betroffenen an die Gottheit übertragen, also in einen religiösen Kontext gestellt, wurde.71 Die meisten gesellschaftlichen Konflikte sind hingegen nicht auf diese Weise ausgetragen worden, sondern vor ordentlichen Gerichten, zumal etwa Kapitalverbrechen nicht auftauchen. Die Einordnung dieser Inschriften in den historischen Kontext römischer Herrschaft in Anatolien hat gegenüber früheren Annahmen72 erkennen lassen, dass das Verfahren, das durch die Stelen erkennbar wird, ein zusätzliches Vorgehen am Tempel darstellt. Die Sache des betroffenen Einzelnen wird damit zur Sache der Gottheit gemacht, auf deren strafendes und Gerechtigkeit herstellendes Eingreifen gehofft wird. In einem engen Zusammenhang mit dem Vergehen steht die Strafe: Unglücksfälle aller Art werden hier genannt, vor allem aber Krankheit und Tod. Während Krankheit in der Regel durch den Betroffenen selbst behoben werden kann, sind in manchen Fällen (bei Tod?) die Angehörigen dafür verantwortlich (BIWK 4; 67 Chaniotis, Tempeljustiz, 359; vgl. James H.  Moulton / ​George Milligan, The Vocabulary of the Greek Testament Illustrated from the Papyri and other Non-literary Sources, Grand Rapids, Mich. 1980 (Nachdr. v. 1930), 25; Amphilochios Papathomas, Juristische Begriffe im ersten Korintherbrief des Paulus. Eine semantisch-lexikalische Untersuchung auf der Basis der zeitgenössischen Papyri, Tyche Supplement 7, Wien 2009, 194. Anders im Anschluss an Steinleitner etwa noch Gustav Stählin / ​Walter Grundmann, Art. ἁμαρτάνω κτλ. E. Sünde und Schuld im klassischen Griechentum und Hellenismus, ThWNT 1 (1933), 304, die die „Beichtinschriften“ in den Kontext primitiver Religion einordnen, der „aus dem allgemein griechisch-hellenistischen Denken“ herausfällt. Der gängige Begriff für Strafen in den „Beichtinschriften“ ist übrigens κολάζω. 68 Vgl. Chaniotis, Illness, 327: „We are dealing almost exclusively with religious offences, i. e. with ritual impurity and sacrilege. […] The only exceptions are the few cases of theft.“ Etwa ein Viertel der Inschriften enthält nicht einmal eine allgemeine Erwähnung des Anlasses der Strafe. 69 Vgl. etwa Chaniotis, Tempeljustiz, 354; Petzl, Beichtinschriften, XII f; Gordon, Raising, 187 f; Klauck unterscheidet rituelle Vergehen, soziale Vergehen, unwissentliche Sünden und unverzeihliche Sünden (Beichtinschriften, 66–69). 70 Rostad, Transgressions, 182, unterscheidet drei verschiedene Anlässe für Strafen: Verletzungen kultischer Vorschriften, Gebete um Gerechtigkeit und Eide. Die nicht-kultischen Vergehen werden nur in Gebeten derer, die geschädigt wurden, erwähnt. 71 Ein sichtbares Zeichen dürfte das immer wieder textlich oder bildlich vorkommende Zepter (σκῆπτρον) sein; vgl. dazu Gordon, Raising, 185–187; Rostad, Transgressions, 147 f. 72 Josef Zingerle, Heiliges Recht, in: JÖAI 23 – Beiblatt, Wien 1926, 5–72.

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15; 34; 44; 58; 68).73 Erst aufgrund des Unglücks wird überhaupt danach gesucht, welches Vergehen vorliegen könnte und welche Gottheit man damit verärgert hat. Die sehr realen Erfahrungen von Schicksalsschlägen, die den eigenen Körper74, das Leben, die Familie oder den Besitz trafen, konnten durch die Hinwendung an die göttlichen Verursacher möglicherweise behoben oder wenigstens bewältigt werden, zumindest sollten weitere Strafen damit verhindert werden.75 2.2. Bekenntnis Sinn und Ziel der Inschriften kann verschieden bestimmt werden: Für den Menschen, der unter der Strafe leidet, geht es bei dem ganzen Verfahren darum, die Gottheit zu versöhnen, den Schaden wieder von sich abzuwenden und gegebenenfalls wieder in die Gesellschaft integriert zu werden.76 Das gilt auch und vor allem, wenn das konkrete Vergehen entweder nicht bekannt ist oder unabsichtlich begangen wurde.77 Für die Gottheit geht es in der hinter den Inschriften stehenden mythologischen Erzählung darum, die Einsicht des Übeltäters zu sehen, die entsprechenden Opfer zur Sühnung zu erhalten und damit machtvoll zu demonstrieren, dass er oder sie Herr oder Herrin über das Gebiet und seine Bewohner und Bewohnerinnen ist. Dass dies vor allem durch Priester und Priesterinnen vermittelt wird und mit konkretem Handeln sowie einer dazu gehörigen Botschaft verbunden ist, versteht sich von selbst. Für die Gemeinschaft haben diese Inschriften vor allem die Funktion, dass sie die Durchschlagskraft (δύναμις) göttlicher Macht einschärfen und so dazu führen, dass die Menschen diese kultischen und sozialen Regeln auch einhalten. Wer sie übertritt, wird von den Göttern gestraft, und die Strafe wird den Mitgliedern der Gesellschaft oft wohl nicht verborgen geblieben sein. Die Straferfahrung anderer wird so zur Strafandrohung, die sozialdisziplinierend wirken soll. Zugleich eröffnet sie aber auch, weil sie den ersten Schritt zur ‚Zurechtbringung‘ darstellt, den Weg zur Wiedereingliederung in die Gesellschaft. Das durch die Inschrift öffentliche Bekenntnis hat also eine Schlüsselrolle im Gottesverhältnis und im sozialen Miteinander. Die Terminologie ist gemeingriechisch und entspricht der Rechtssprache: ὁμολογέω, ὁμολογία, ἐξομολογοῦμαι begegnen hier immer wieder. Das Bekennen von Missetaten, auch wenn nicht explizit von „Bekennen“ die Rede ist, ist conditio sine qua non dieser besonderen Indazu u. a. Rostad, Transgressions, 221. denken ist dabei auch an die häufigen Darstellungen von Körperteilen in diesen Inschriften. 75 Dabei ist zu beachten: Negative Erfahrungen – ausbleibende Heilung, nicht wiederhergestellte Gerechtigkeit usw. – wurden selbstverständlich nicht auf Stelen festgehalten. 76 Vgl. Gordon, Raising, 189: „Without punishment, we may say, there is no confession-text.“ 77 Zu ersterem vgl. BIWK 38; 51; 53, zu zweiterem BIWK 6; 10 f; 34; 76; 115 (11; 76: κατὰ ἄγνοιαν). 73 Vgl. 74 Zu

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schriften. So heißt es in einem Zeugnis aus dem Heiligtum des Apollo Lairbenos78 in der Nähe von Hierapolis (BIWK 109; 2./3. Jh.): „Groß ist Apollo Leimenos! Der Priester Sophron wurde von Apollo Leimenos bestraft, da er ein Sünder war. – Nach meinem Bekenntnis habe ich die beschriftete Stele aufgestellt und verkünde, dass keiner verachten soll […].“79

Die oben genannten Aspekte kommen hier deutlich zum Ausdruck: Bekenntnis und Aufstellung der Stele sind durch die Worte ἐξομολογεσάμενος εἰστηλογράφησα ausgedrückt. Ziel ist die Demonstration der Wiederherstellung des Gottesverhältnisses. Durch die Lektüre sollen andere lernen, ihr Leben an den darin festgehaltenen kultischen und moralischen Vorgaben auszurichten. 2.3. Sühne Die Götter ‚gnädig zu stimmen‘ bzw. ‚zu versühnen‘ ist notwendige Bedingung, um aus dem Unglücksstatus wieder herauszukommen. Die Wiederherstellung des positiven Gottesverhältnisses wird dabei durch λύω, λύτρον und λυτρόομαι ausgedrückt, das Ergebnis durch (ἐξ‑)ἱλάσκομαι.80 Entsprechend häufig finden sich entsprechende Aussagen auf den Stelen. Manchmal sind dabei Opfer im Spiel (BIWK 5; 6), zumeist werden sie stillschweigend vorauszusetzen sein. Dass Sühne für das Gottesverhältnis bestimmend ist, ist für antike Religiosität und Mythologie selbstverständlich. In der Inschrift des Theodoros wird durch die Gottheit selbst bestätigt, dass die Götter gnädig gemacht wurden, ja der Gott selbst kann sagen: „Ich bin gnädig.“ (εἵλεος εἶμαι; vgl. Hebr 8,12). Die Versühnung kann auch auf die folgenden Generationen ausgeweitet werden (BIWK 6,20). Stets geht es darum, die Götter wieder gnädig zu stimmen, denn nur so kann die Strafe überwunden werden. Das „bringt materielle Aufwendungen mit sich“81 – Gaben an den Tempel, die Stele selbst – und ist durch die Stele auch für die Öffentlichkeit festzuhalten. Einmal ist es auch im Passiv formuliert (BIWK 112,10–12; 3. Jh.): „Eutychis, von der hier die Rede ist, hat es von sich aus gemacht und bekannt und (der Gott) wurde versühnt.“82

Eine Besonderheit liegt dort vor, wo jemand Bekenntnis und Sühne für eine andere Person vollzieht, vor allem Kinder für ihre Eltern83, oder jemand anderer zu diesem Heiligtum Kevin M. Miller, Apollo Lairbenos, Numen 32, 1985, 46–70. Ἀπόλλω Λειμηνός· Σόφρον ἱερὸς κολεθὶς ἑπὸ Ἀπόλλωνος Λειμηνοῦ δει τὸ ἑμαρτηνκένε … ἐξομολο[γ]ησάμενος εἰστηλογρ̣ ̣ά ̣φησα· παραγέλω μηδὶς καταφορνήσει […] 80 Klauck, Beichtinschriften, 74. 81 Petzl, Beichtinschriften, 40. 82  Ἐπόισ’ ἐτόνμετον ἡ προγεμένε [Εὐτ]υ ̣χεὶς καὶ ἐξομολογησά[το] καὶ ε ̣ἱλάθη. 83 Für das Vergehen (ὑπὲρ ἁμαρτίας), das der Vater begangen hat, bringen Sohn und Enkel eine Weihung dar (BIWK 24, 173/74 n. Chr.). Vgl. auch eine Inschrift aus dem Jahr 162/63 (BIWK 72): „Groß ist Meter Anaitis. Apollonios, Sohn des Menodoros, für seinen Bruder Dionysios. Da er sich einer kultischen Waschung unterzogen und den (von) der Göttin (angeordneten) Termin 78 Vgl.

79 Μέγας

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die Strafe erhält. Letzteres findet sich etwa in BIWK 45 (o. Dat.; vgl. auch BIWK 22, 215/16 n. Chr.): „Nachdem Diogenes dem Zeus Peizenos für sein Rind ein Gelübde getan und (es) nicht eingelöst hatte, wurde seine Tochter Tatiane an ihren Augen bestraft. Jetzt nun haben sie versühnt und (die Stele) aufgestellt.“84

Dass am Ende der Inschriften in der Regel auch von Dankbarkeit die Rede ist oder ein Lobpreis der Gottheit und ihrer Macht ausgesprochen wird, zeigt an, dass die Sühne erfolgreich war. Sonst gäbe es ja auch keine Stele! Zugleich wird damit auch anerkannt, dass das Vergehen nicht mehr geschehen soll. Es wird hier nicht abstrakt beschrieben, aber zugleich impliziert: Die Verehrung des Men Axiottenos, der Artemis, des Apollo Lairbenos, des Zeus Sabazios oder der Meter Phileis ist mit ἁμαρτία nicht vereinbar. Die Gottheit ist zu mächtig und lässt nicht mit sich spaßen. Im Eigentlichen dienen die Stelen daher auch dem Lob der Gottheit, deren Macht sie wiederholt betonen.85 2.4. Die Sozialstruktur hinter den Beichtinschriften Die Fundorte der Beichtinschriften in Lydien und Phrygien sind ländliche Gegenden mit kleinen Dörfern, die eng an einzelne Heiligtümer angeschlossen waren. Die Gottheit wird öfters als König und Herrscher bezeichnet, was diese enge Verbindung noch unterstreicht. Trotz einiger Verbindungen zu griechisch-römischer und wohl auch orientalischer Religiosität sowie Einflüssen von juristischen Abläufen handelt es sich bei diesen Inschriften um eine auf diesen kleinen und durch kleinteilige Dorfstrukturen geprägten Bereich beschränkte Form. Sie spiegeln daher ein gruppenspezifisches Verhalten wieder, das sich genauerhin folgendermaßen beschreiben lässt: Der Übeltäter, die Übeltäterin, war Teil der Gemeinschaft, die sich an ein Heiligtum gebunden wusste. Ihre Taten waren, wie wir gesehen haben, zum einen kultischer Natur, zum anderen aber auch Vergehen gegenüber anderen Mitgliedern der Dorfgemeinschaft. Das Motiv für Bekenntnis und Errichtung der Stele war vor allem die Kundgabe der Befreiung von der göttlichen Strafe, die sie selbst bzw. ihre Angehörigen erlitten hatten. Darauf antworteten sie u. a. mit dem Lob der Gottheit. Die Geschädigten kommen in vielen Inschriften nicht direkt zur Sprache. Vor allem bei kultischen Angelegenheiten war dies ja die Gottheit selbst. Anders nicht eingehalten hatte, hat diese ihn getötet. Im Jahre 247, am 30. des Monats Loos.“ (Μεγάλη Μήτηρ Ἀναειτις. Ἀπολλώνιος Μηνοδώρου ὑπὲρ Διονυσίου τοῦ ἀδελφοῦ.  Ἐπὶ κατελούσετο καὶ οὐκ ἐτήρησε τὴν προθεσμίαν τῆς θεοῦ, ἀπετελέσετο αὐτόν.  Ἔτους σμζʹ, μη(νὸς) Λώου λʹ.). Gedacht ist hier vielleicht daran, dass der mit dem Tod bestrafte Dionysios durch die Sühneleistung seines Bruders (die hier nur implizit vorhanden ist) eine bessere postmortale Existenz bekommt. Es könnte aber auch die Hoffnung auf Schutz des noch lebenden Bruders Anliegen der Stele sein. 84 Διεὶ Πειζηνῷ Διογένη[ς] εὐξάμενος ὑπὲρ τοῦ βοὸς κὲ μὴ ἀποδούς, ἐκολάσθη αὐτοῦ ἡ θυγάτηρ Τατιανὴ ἰς τοὺς ὀφθαλμούς. Νῦν οὖν εἱλασάμενοι ἀνέθηκαν. 85 Vgl. v. a. Belayche, Stèles, 73–80.

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war dies in jenen Fällen, in denen die Betroffenen mit Namen genannt wurden, was unter anderem dann geschah, wenn sie selbst eine Anklage bei der Gottheit vorgebracht hatten und dies auf der schließlich errichteten Stele auch berichtet wurde.86 Man wird gerade in jenen Fällen davon ausgehen dürfen, dass das öffentliche Bekenntnis der Untat eine Rolle im Verarbeitungsprozess der Angelegenheit spielte.87 Übeltäter bzw. Übeltäterin und Geschädigte waren Teil derselben dörflichen und kultischen Gemeinschaft. Die Bewohner und Bewohnerinnen der Dörfer, die die lokalen Gottheiten verehrten, gaben damit eine – sicherlich nicht die einzige – Art vor, wie kultische und zwischenmenschliche Vergehen bewältigt werden konnten. Sie bestimmten damit auch grundsätzlich, was richtiges und falsches Verhalten war. Wer sich an die Art der Sühneleistung hielt (Bekenntnis, Opfer, Stele) und damit öffentlich die gemeinsamen Werte unterstützte, erwies sich als vollwertiges Mitglied der Gemeinschaft. Eine mögliche Stigmatisierung aufgrund von Krankheit, Unglück oder Verfluchung wurde so wieder aufgehoben. So verstanden war das den eigenen Status eigentlich schmälernde öffentliche Bekenntnis nicht notwendig eine Handlung, die tatsächlich zu Ehrverlust führte. Immerhin erwies sich die Person damit als jemand, der den Gemeinschaftsvorgaben in kultischer und sozialer Hinsicht folgte und sich erfolgreich um die Wiederherstellung des Gottesverhältnisses bemüht hatte.88 Eine Schlüsselrolle spielten in diesem Prozess die Priester und Priesterinnen, deren Rolle in den Inschriften allerdings nicht erwähnt wird.89 Sie entschieden über die Schuld und den Prozess der Entsühnung und sorgten so dafür, dass die moralischen Prinzipien in diesen kleinen Gemeinschaften gewahrt blieben.90 Dabei ist selbstverständlich zu betonen, dass sie selbst auch Mitglieder dieser Gemeinschaften waren und selbst unter diese Regeln fielen. Ihre mediatorische Rolle zwischen den Sündern und Sünderinnen und den Gottheiten war für Betroffene freilich unerlässlich.91 86 Darauf weist v. a. Rostad, Transgressions, hin. Er sieht die primäre Funktion jener „Beichtinschriften“, die nicht von kultischen Vergehen handeln, darin, Flüche und Bitten um Gerechtigkeit an die Götter wieder aufzuheben. 87 Vgl. etwa Gordon, Raising, 195. 88 Vgl. dazu u. a. Rostad, Transgressions, 240: „Reconciliation inscriptions thus offered an opportunity for a person stigmatised by the allegation of impious behaviour to regain his or her former position.“ 89 Vgl. zum Folgenden u. a. Gordon, Raising, 190–194. Mitchell, Anatolia 1,194 f, ist demgegenüber skeptischer, was die Rolle der Priester in diesem Prozess angeht. 90 Chaniotis, Divine Justice, 43: „There is also evidence that these sanctuaries were the keepers of a strict moral order, mediators of legal thought in these areas.“; ders., Tempeljustiz, 377; Ameling, Paränese, 248 f. 91 An Beteuerungen, unwissend die Sünde begangen zu haben bzw. auch Versöhnung für Vergehen gesucht zu haben, die man nicht erkannt habe, lässt sich vielleicht auch eine gewisse Verhandlung zwischen Priestern und Betroffenen erkennen; vgl. Gordon, Raising, 191–193; Chaniotis, Tempeljustiz, 360–363. Diese Beteuerungen richteten sich zugleich auch an die Leser und Leserinnen der Inschrift, die so erkennen konnten, wie der Betroffene seine ‚Sünde‘ einschätzte.

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In dieser Struktur mit zu bedenken ist selbstverständlich auch die Gottheit selbst. Sie wird in dieser Art von Inschriften vor allem als strafende präsentiert, die Vergehen gegen sich selbst ebenso ahndete wie jene innerhalb der Gemeinschaft.92 Die Gottheit gewährte Einsicht in den Zusammenhang von Leid, Strafe und Vergehen durch Träume, göttliche Boten und Orakel, direkt oder indirekt durch Priester und Priesterinnen. Sie empfing das Lob derjenigen, die sie durch Bekenntnis und Stele gnädig stimmen konnten. Die transzendente Macht ordnete diese religiösen und sozial wirksamen Vorgänge genau in dieser Weise und garantierte auch ihre Wirksamkeit.93 Die Beichtinschriften trugen dies als Monumente weiter und affirmierten dies so nachhaltig, dass dieser Usus über wenigstens 200 Jahre beibehalten wurde, wenn nicht überhaupt deutlich älter ist.

3. Sünde, Bekenntnis und Sühne im 1. Johannesbrief Die Theologumena ἁμαρτία, ὁμολογία und ἱλασμός – im Folgenden mit „Sünde“, „Bekenntnis“ und „Sühne“ wiedergegeben – spielen im 1. Johannesbrief eine wichtige Rolle und sind bis heute Gegenstand exegetischer Kontroversen.94 Zwei Passagen zu diesem Themenkomplex in diesem wohl aus dem westlichen Kleinasien des 1. Jh. stammenden Schreiben finden sich am Anfang und Ende des Textes. 3.1. Sündenbekenntnis und Sühne durch Christus: 1 Joh 1,5–2,2 Nach dem Proömium (1,1–4) kommt der Verfasser relativ unvermittelt auf das Thema des gott‑ und gemeinschaftsgemäßen Verhaltens zu sprechen, das sich am richtigen Umgang mit Sünde entscheidet (1 Joh 1,5–2,2). Der Aufbau ist ab 1,6 planvoll konstruiert:95 Eine Reihe von Aussagen wird durch die Formel ‚wenn wir sagen‘ (ἐὰν εἴπωμεν) eingeführt, der jeweils eine – nach dem Urteil des Verfassers – falsche Ansicht folgt: … dass wir Gemeinschaft mit ihm (Gott) haben und in der Finsternis wandeln (1,6) „Even the temple-script had to make compromises with the viewpoints of the confessors.“ (Gordon, Raising, 194). 92 Vgl. Chaniotis, Divine Justice, 43; Gordon, Raising, 185. 93 Unwirksames Bekenntnis und Sühnehandeln begegnen naturgemäß in den Inschriften nicht. 94 Das Wortfeld „Sünde“ hat für den 1. Johannesbrief Rainer Metzner, Das Verständnis der Sünde im Johannesevangelium, WUNT 122, Tübingen 2000, 284–287, aufgearbeitet. Es konzentriert sich auf die Abschnitte 1,5–2,2; 3,4–10 und 5,14–21. 95 Vgl. dazu etwa Hans-Josef Klauck, Der erste Johannesbrief, EKK 23,1, Zürich / ​NeukirchenVluyn 1991, 86 f; Colin G. Kruse, Sin and Perfection in 1 John, Australian Biblical Review 51, 2003, 60–70: 65; Dirk G. van der Merwe, „Experiencing Fellowship with God“ According to 1 John 1:5–2:28. Dealing with the Change in Social Behaviour, Acta Patristica et Byzantina 18, 2007, 231–262: 237 f; Ed Glasscock, Forgiveness and Cleansing According to 1 John 1:9, BS 166, 2009, 217–231: 218 f.

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… dass wir keine Sünde (ἁμαρτία) haben (1,8) … dass wir nicht gesündigt haben (οὐχ ἡμαρτήκαμεν 1,10)

Auch die richtigen Ansichten werden zunächst mit ἐάν eingeleitet: … wenn wir im Licht wandeln (1,7) … wenn wir unsere Sünden (ἁμαρτίας) bekennen (1,9)

Die letzte Aussage wird durch die betonte Einleitung „Meine Kinder“ (τεκνία μου) als das besondere Anliegen des Verfassers deutlich. Dieser tritt in 2,1.2 als Person aus dem Kollektiv heraus und stellt sich als autoritative Lehrerfigur über seine Adressatinnen und Adressaten: „Dies schreibe ich euch, damit ihr nicht sündigt“ (2,1: ταῦτα γράφω ὑμῖν ἵνα μὴ ἁμάρτητε). Die Sachaussagen sind relativ eindeutig: Zum einen ist Glaube, der hier als Gemeinschaft mit Gott beschrieben wird, nicht vereinbar mit Sünde (1,6), zum anderen ist aber auch die Behauptung, nicht zu sündigen, eine Selbstlüge (1,8) und Beleidigung Gottes (1,10). Die Einschärfung, sich an die Gebote Gottes – vor allem das der Liebe zu den Geschwistern – zu halten (2,3), ist verbunden mit der realistischen Wahrnehmung, dass nicht alle dies auch tatsächlich zu tun vermögen. Erst das Eingeständnis von Sünde, also das öffentliche Bekennen des Fehlverhaltens,96 bringt die Reinigung durch das Blut Christi (καθαρίζειν 1,7.9), die Vergebung der Sünden (ἀφίεναι 1,9) und die Sühne durch Christus (ἱλασμός 2,2). Sünde wird so zwar als Teil christlicher Existenz erkannt, zugleich wird aber auch deutlich, dass ihre Unterlassung zu den eigentlichen Identitätsmarkern des Christusglaubens gehört. Sündigen ist nicht Teil des Lifestyles von Glaubenden, wenn es auch Teil der Erfahrung ist, dass einzelne Gemeindeglieder Sünden begehen.97 Alle ἀδελφοί sündigen, aber nicht alle leben aus der Sünde (3,8: aus dem Teufel). So lautet die Zusage des Autors denn auch: Auf das Bekenntnis der Sünden hin tritt Christus als παράκλητος bei dem Vater für „uns“ ein (2,1), sodass Gemeinschaft mit Gott und untereinander wieder möglich ist (vgl. 1,6 f). 3.2. Fürbitte und zwei Folgen von Sünden: 1 Joh 5,14–21 Der andere Abschnitt, auf den im Folgenden näher eingegangen werden soll, da er noch einmal das Thema Sünde ausführlich erörtert, steht zu den Ausführungen am Beginn des Briefes in einer gewissen Spannung.98 Im Rahmen der Schlussparänese (5,14–21) kommt unser Autor erneut auf die Sünde zu sprechen. Nach einer 96 Ein innerliches bzw. einsames Bekenntnis ist sehr unwahrscheinlich, da ὁμολογέω sonst deutlich einen öffentlichen Charakter verlangt (2,23; 4,2 f.15; vgl. 2 Joh 7); so u. a. Rikard Roitto, Practices of Confession, Intercession, and Forgiveness in 1 John 1.9; 5.16, NTS 58, 2012, 235–253: 238. 97 Vgl. Jan G. van der Watt, Ethics in First John: A Literary and Socioscientific Perspective, CBQ 61, 1999, 491–511: 499: „John is thinking of isolated instances of disobedience, of transgressions that have not yet became [sic] a lifestyle.“ 98 Vgl. dazu u. a. John Painter, 1, 2, and 3 John, Sacra Pagina Series 18, Collegeville 2002, 312–330; Roitto, Practices, 238–240.

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Bestärkung der Gewissheit, dass Gott Gebete erhört, wenn sie seinem Willen entsprechen (5,14 f), thematisiert er das Gebet für Sünder und Sünderinnen (5,16 f). Wie in 1,6 mit ἐάν eingeleitet, werden die Leser und Leserinnen ausdrücklich dazu aufgefordert, durch das Gebet für den Sünder diesen zu retten („Leben zu geben“; 5,16).99 Glaubende übernehmen damit die Funktion des Parakleten Christus (vgl. 2,1). Eine Ausnahme gibt es allerdings: Sünde zum Tod (ἁµαρτία πρὸς θάνατον). Für Menschen, die eine solche Sünde begangen hätten, könne und solle man nicht beten (5,16). Wie es freilich eine Sünde zum Tod gebe, so auch eine „nicht zum Tod“ (5,17). Jede Ungerechtigkeit (ἀδικία) sei zwar Sünde, aber für Ungerechtigkeit hatte schon 1,9 die Zusage formuliert: Von ihr wird man gereinigt. „Sünde zum Tod“ wird nun aber leider nicht definiert. Das machte Auslegern und Auslegerinnen seit jeher Probleme.100 Handelt es sich um moralisch besonders gravierende Sünden?101 Geht es um eine Unterscheidung zwischen wissentlichen und unwissentlichen Vergehen?102 Oder verläuft die Trennlinie zwischen Sünden (oder Ungerechtigkeit), die in der Gemeinde stattfinden, und dem unentschuldbaren Vergehen jener, die sich von der Gemeinde trennten?103 Ist die Sünde zum Tod das johanneische Pendant zur Lästerung gegen den Heiligen Geist (Mk 3,29 f), also Abfall vom Glauben?104 Auch das Johannesevangelium hatte eine Unterscheidung zwischen vergebbaren und unvergebbaren Sünden bereits formuliert (Joh 20,23), nach der Sünden vergeben (ἀφίεναι) oder behalten werden (κρατεῖν).105  99 Umstritten ist, wer Subjekt und Objekt von δώσει αὐτῷ ζωήν ist. Es kann (1) so gedeutet werden, dass Gott dem Sünder auf die Fürbitte hin Leben schenkt. Andererseits könnte (2) auch der Fürbittende selbst durch sein Eintreten bei Gott dem Sünder Leben geben. Und schließlich wäre auch möglich (3), dass der Fürbittende selbst Leben bekommt, weil er für den Sünder bei Gott eintritt. Mit Klauck, 1 Joh, 325 f, und der Mehrheit der gegenwärtigen Forschung ist die zweite Lösung zu favorisieren; anders etwa Rudolf Schnackenburg, Die Johannesbriefe, HThK 13,3, Freiburg u. a. 19632, 276. 100 Beispiele aus der patristischen Zeit finden sich bei G. Bray, ed., James, 1–2 Peter, 1–3 John, Jude, Ancient Christian Commentary on Scripture 11, Downers Grove 2000, 226 f; zur Forschungsgeschichte vgl. Ingrid Goldhahn-Müller, Die Grenze der Gemeinde. Studien zum Problem der Zweiten Buße im Neuen Testament unter Berücksichtigung der Entwicklung im 2. Jh. bis Tertullian, GTA 39, Göttingen 1989, 38–47. 101  So Tert. pud. 2,14–16; 19,25–28 (homicidium, idololatria, fraus, negatio, blasphemia, utique et moechia et fornicatio, et si qua alia uiolatio templi Dei); Marc. 4,9; Beda, In epist. sept. cath. zu 1 Joh 5,17 (PL 93,118); vgl. auch den Katechismus der Katholischen Kirche 3.1.1 Art. 8/IV, der freilich auch für Todsünden die Möglichkeit der Umkehr einräumt. 102 Auf diese Möglichkeit weisen u. a. Num 15,22–30 hin (vgl. auch Lev 4,1 f), wo Vergehen, die unabsichtlich (ἀκουσίως) geschehen, von jenen „mit erhobener Hand“ (ἐν χειρὶ ὑπερηφανίας) unterschieden werden. Wer letzteres begeht, soll getötet werden; vgl. Udo Schnelle, Die Johannesbriefe, ThHK 17, Leipzig 2010, 178. 103 So etwa in jüngerer Zeit Klauck, 1 Joh, 329; Metzner, Verständnis 300 f; Dirk G. van der Merwe, Understanding „sin“ in the Johannine epistles, Verbum et Ecclesia 26, 2005, 543–570: 559; Painter, 1 Joh 318 f. Anders etwa Georg Strecker, Die Johannesbriefe, KEK 14, Göttingen 1989, 305, Anm. 45. 104 So Augustin, De serm. Dom. 1,22,73. 105 Metzner, Verständnis, 291, verweist auf die analoge Stellung dieser Bestimmungen am Ende der jeweiligen Bücher, die den Aussagen über das sühnende Wirken des Christus am Anfang entsprechen (1 Joh 2,2 und Joh 1,29).

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Für die Frage nach der konkreten Umsetzung von 1 Joh 5,16 ist auffällig, dass der Verfasser damit einsetzt, dass ein Mitglied der Gemeinde ein anderes dabei beobachtet (ἰδεῖν)106, wie es eine „Sünde sündigt“ (ἁµαρτάνοντα ἁµαρτίαν).107 Die Verwendung von ἀδελφός ist ein erster Hinweis darauf, dass die durch eine abweichende Christologie charakterisierten Gegner des Verfassers hier nicht gemeint sind, da sie laut 1 Joh 2,19 die Gemeinde bereits verlassen haben.108 Sie sind gerade keine Brüder bzw. Schwestern mehr, ja sie waren es eigentlich auch nie. Bei welcher Gelegenheit eine Sünde beobachtet wird, bleibt offen. Was der Verfasser aber auf jeden Fall voraussetzt, ist die Fähigkeit der Person, die die Sünde sieht, zu unterschieden, ob es sich um ein Vergehen nicht zum Tod handelt oder um eines zum Tod. Das muss sie wissen, um entscheiden zu können, ob sie ein Fürbittgebet sprechen soll, durch das dem Übertreter Leben gegeben wird (5,16). Eine Entscheidung durch eine Instanz oder die Gemeindeversammlung ist hingegen nicht im Blick.109 Woher weiß aber nun der‑ oder diejenige, ob es sich tatsächlich um eine Sünde zum Tod handelt? Eine Möglichkeit ist, dass der Verfasser voraussetzt, dass diese Unterscheidung bekannt ist. Allerdings scheint mir der Text recht eindeutig so ausgerichtet zu sein, dass der Verfasser neue Informationen geben will. Sätze wie „Es gibt (eine) Sünde zum Tod“ (5,16) bzw. „aber es gibt (eine) Sünde nicht zum Tod“ (5,17) sind m. E. kaum anders zu deuten.110 Zumindest ist von 3,14 her klar, dass mit „Tod“ kein realer Tod gemeint ist, sondern der „geistliche Tod“, das Sein auf der Seite des Todes. Das wird in 3,14 für jene behauptet, die nicht lieben. Von daher legt sich eigentlich nahe, die Rede von der Sünde zum Tod tatsächlich auf jene Menschen zu beziehen, die „nicht lieben“, die also das Grundgebot des Kyrios nicht halten. Wäre dem aber tatsächlich so, würde es nun aber für niemanden eine Fürbitte geben können, wenn Liebe als umfassende Haltung zu verstehen ist, die auf Dauer nicht umfassend einzuhalten ist.111 Ginge es hingegen Goldhahn-Müller, Grenze, 40. ähnliche Zusammenstellung von ἁμαρτάνω und ἁμαρτία als figura etymologica findet sich sonst nicht im Neuen Testament, hat aber in der Septuaginta gewisse Parallelen (Ex 32,30; Lev 5,6 f.10.13; Ez 18,24) ebenso wie in BIWK 24,7 f: […] ὑπὲρ ἁμαρτίας, ἧς ἥμαρτεν […]. In 1 Joh 3,4.8 f formuliert der Vf. hingegen mit ποιέω. 108 Vgl. etwa Goldhahn-Müller, Grenze, 46. Mit der Bezeichnung ist aber zugleich klargestellt, dass „Sünde zum Tod“ nicht jene Sünde meint, die Außenstehende begehen; anders van der Merwe, Understanding, 565 f. 109 Anders etwa Schnelle, 1 Joh, 178, der die Vermeidung einer Definition konstatiert und festhält: „Die Gemeinde behält dadurch die Freiheit, in ihrer Mitte jeweils selbst darüber zu entscheiden, welche Verfehlung als vergebbare Sünde anzusehen ist und wo eine Sünde zum Tode vorliegt.“ Allerdings hält auch Schnelle „Abfall vom Glauben“ für die Sünde zum Tode (178); ähnlich etwa schon Strecker, Johannesbriefe, 304; Goldhahn-Müller, Grenze, 49. Dass das Bekenntnis der Sünde ein Bestandteil dieser Fürbitte war (wie es 1,9 grundsätzlich voraussetzt), ist nicht angedeutet; anders Roitto, Practices, 240. 110 Aus dem Fehlen des Artikels lässt sich möglicherweise schon schließen, dass der Verfasser nicht an zwei Klassen von Sünden denkt; vgl. van der Merwe, Understanding, 556. 111 Vgl. u. a. Strecker, Johannesbriefe, 297: „Die christliche Gemeinde ist […] nicht eine empirisch sündlose, sondern eine stets von der Sünde angefochtene Gemeinschaft.“ Anders Metzner, 106 Vgl.

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um das konkrete Bekenntnis zu Christus als dem fleischgewordenen Sohn Gottes, ist zu fragen, warum der Verfasser nicht so eindeutig formuliert, wie er sonst tut (2,23: „Wer den Sohn leugnet …“; 3,14: „Wer nicht liebt …“ usw. 4,3: „Wer nicht bekennt …“). In vier Bereichen lassen sich hingegen konkrete Spuren im 1. Johannesbrief finden:112 Die erste Näherbestimmung ergibt sich aus dem bereits besprochenen Abschnitt zu Beginn des Briefcorpus: Die Behauptung, keine Sünde zu haben, wird als Lüge gegenüber Gott qualifiziert (1,10), die dann tatsächlich Sünde ist (2,1). Gott in diesem Sinn zu belügen, ist nun auch tatsächlich sichtbar, denn das Bekenntnis der Sünde ist ein öffentliches Geschehen in der Gemeindeversammlung. Darauf verweisen vor allem die entsprechenden Formulierungen: Zwar ließe sich ἐὰν εἴπωμεν noch im Sinne eines Selbstgespräches verstehen, zumal die Behauptung, keine Sünde zu haben, als Selbstlüge (und Gotteslüge) qualifiziert wird (1,8.10), mit ἐὰν ὁμολογῶμεν ist aber die Öffentlichkeit als Forum impliziert. Das wird sowohl durch den Sprachgebrauch in der Septuaginta und im Neuen Testament und darüber hinaus wahrscheinlich gemacht, als auch durch die in 1 Joh 1,7 angesprochene Gemeinschaft, für deren Bestand das Bekenntnis und die folgende Vergebung von Sünden unerlässlich ist.113 Eine weitere Formulierung von Fehlverhalten, das auf der Seite des Todes steht, findet sich in 2,15–17: Die Liebe zum Kosmos wird hier mit der ἐπιθύμια von Fleisch und Augen sowie der Lust an materiellen Gütern zusammengeführt. Menschen, die dies tun, setzen ihre Priorität nicht auf Gott und die Gemeinschaft der Glaubenden, sondern auf das, was im Kosmos zählt.114 Sie offenbaren damit aber auch, dass sie grundsätzlich auf die Seite des Todes gehören. Noch deutlicher wird dies in 3,15–18: Der Hass gegen den Bruder wird als Tötungsdelikt verstanden, das zum Verlust des Lebens führt (3,15). Dementsprechend ist die Lebenshingabe analog zum Handeln Jesu gefordert (3,16; vgl. 2,6), die sich unter anderem daran zeigt, dass ökonomische Hilfe gewährt wird, wo sie für ein anderes Gemeindemitglied nötig ist (3,17). Der Brudermord, von Verständnis, 301, der die Sünde zum Tod explizit mit dem Hass gegen den Bruder aus 3,14 verbindet. Roitto, Practices, 251, denkt ebenfalls an Vergehen gegen einzelne Mitglieder der Gemeinde. 112 Vgl. zur Ethik in den Johannesbriefen van der Watt, Ethics; Dirk G. van der Merwe, „A matter of having fellowship“. Ethics in the Johannine epistles, in: J. G. van der Watt, ed., Identity, Ethics, and Ethos in the New Testament, BZNW 141, Berlin / ​New York 2006, 535–563; Udo Schnelle, Ethical Theology in 1 John, in: J. G. van der Watt / ​R. Zimmermann, eds., Rethinking the Ethics of John, WUNT 291, Tübingen 2012, 321–339. Van der Watt und van der Merwe verweisen vor allem auf den Hintergrund der Familienmetaphorik, die in der Tat geeignet ist, die Ethik des 1 Joh über weite Strecken einordnen zu können. 113  Vgl. v. a. Klauck, 1 Joh, 94 f. Zu denken ist einerseits an das Christusbekenntnis, das, um es beurteilen zu können, öffentlich sein muss (1 Joh 2,23; 4,2 f.15; vgl. 2 Joh 7; Joh 9,22; 12,42). Andererseits ist im Neuen Testament das Bekenntnis von Sünden auch sonst öffentlich gedacht (Mk 1,5 par; Apg 19,18; Jak 5,16), ausdrücklich in Did 4,14: ἐν ἐκκλησίᾳ ἐξομολογήσῃ τὰ παραπτώματά σου. Auch Philo praem. 163, fordert neben dem innerlichen auch das öffentliche Bekenntnis von Vergehen, die Regeln 1QS 1,24–26; CD 20,28 f geben dazu auch den Wortlaut vor. 114 Vgl. van der Watt, Ethics, 510; van der Merwe, Matter, 552.

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dem die Geschichte von Kain und Abel handelt (3,12), ist nichts anderes als das Verschließen des Herzens (wörtlich: der Eingeweide) vor der Not des Bruders. Die soziale Dimension der Sünde wird hier so angesprochen, dass deutlich wird, dass auch sie „zum Tod“ führt (vgl. auch 2,9.11).115 Die kleine Gemeinschaft der johanneischen Christusgläubigen soll diesen Aspekt so sehr verinnerlichen, dass an der Verpflichtung zu Fürsorge und Solidarität keinerlei Zweifel besteht. In 5,18–21 folgt schließlich eine weitere Dimension, die damit eingeleitet wird, dass der Autor versichert: πᾶς ὁ γεγεννημένος ἐκ τοῦ θεοῦ οὐχ ἁμαρτάνει („Jeder, der aus Gott geboren ist, sündigt nicht.“; vgl. 3,8 f). Die „unmögliche“ Sünde, das ist die Sünde zum Tod.116 Sie macht offenbar, dass jemand in Wirklichkeit gar nicht „aus Gott gezeugt ist“, sondern immer schon auf der Seite des Todes war. In 5,21 wird, das Schreiben abschließend, dies dann weiter konkretisiert: Τεκνία, φυλάξατε ἑαυτὰ ἀπὸ τῶν εἰδώλων. („Kinder, hütet euch vor den Götzen!“).117 Wie bei der Vernachlässigung des Mitbruders handelt sich auch hier um ein offensichtliches Handeln, das wenig Interpretationsspielraum lässt. Diese Warnung – strategisch an das Ende des Briefes gesetzt, um ihre Unbedingtheit einzuschärfen – verweist nun – wie vielleicht auch schon 2,15–17 – auf das pagane Umfeld, in dem sich die Gemeinde befindet.118 So sehr der Verfasser die Abgrenzung beschwört, so sehr ist ihm auch bewusst, dass die Hinwendung zur griechisch-römischen Götterwelt eine beständige Gefahr darstellt. Der Ort der Sünde zum Tod ist also nicht allein die Gemeindeversammlung, diese Sünde geschieht auch außerhalb. Sie hat ihren sozialen Ort dann in den Kultfeiern der Polis, in religiösen Ritualen in Vereinsversammlungen oder schlicht in der Religion des Hauses. Dass Christusgläubige diese Grenze zu paganen Kulten nicht beachten wollten oder konnten, war ein Problem, das nicht nur in Kleinasien bestand, aber eben auch dort besonders virulent war, wie die Johannesapokalypse zeigt.119 Die Gründe für die Hinwendung zu Götterkulten, die aus der Perspektive der Betroffenen nicht automatisch eine Abwendung vom Christuskult implizieren musste, können Situationen äußeren Drucks gewesen sein,120 konnten sich aber der Watt, Ethics, 508 f; van der Merwe, Matter, 553–555: 555: „To live is to love.“  Vgl. Metzner, Verständnis, 296 u. ö., der im Anschluss an Schnackenburg von der „unmöglichen Möglichkeit“ spricht. 117 Vgl. auch Strecker, Johannesbriefe, 312 (mit einer allerdings sachlich kaum zutreffenden Erweiterung auf alles, „was an die Stelle Gottes treten könnte“); Schnelle, 1 Joh, 178. Zur grammatikalischen Gestalt der Warnung vgl. Strecker, Johannesbriefe, 311, Anm. 66. 118 Gegen eine metaphorische Deutung von εἴδολα (etwa bei Goldhahn-Müller, Grenze, 30 f) vgl. zu Recht Klauck, 1 Joh, 342 f. 119 Vgl. nur die Sendschreiben nach Pergamon (Apk 2,14) und Thyatira (2,20). Aus römischer Perspektive berichtet Plinius d. J. über Christusgläubige, die im Kontext der Verfolgung Kaiserbilder und Götterstatuen verehren (ep. 10,96). 120 Darauf hat Klaus Wengst hingewiesen (Der erste, zweite und dritte Brief des Johannes, ÖTK 16, Gütersloh / ​Würzburg 19902, 225; ähnlich Ekkehard Stegemann, „Kindlein, hütet euch vor den Götterbildern!“ Erwägungen zum Schluss des 1. Johannesbriefes, ThZ 41, 1985, 284–294: 287–289. Wengsts (und R. Bultmanns) These, in 1 Joh 5,14–21 handle es sich um einen späteren Zusatz (Wengst, 1 Joh, 20 f; ähnlich Klauck, 1 Joh, 318 f), hat sich zu Recht nicht durchgesetzt; vgl. dazu Goldhahn-Müller, Grenze, 29–34; Metzner, Verständnis, 297–299. 115 Van

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auch einschneidenden persönlichen Erfahrungen verdanken. Kleine und große Unglücksfälle waren häufige Anlässe dafür, sich an die Götter zu wenden, was nicht nur in den „Beichtinschriften“ überliefert ist, sondern zur Grunddisposition griechisch-römischer Religiosität gehörte, wie die zahllosen Weiheinschriften demonstrieren. Freilich ist noch nicht entschieden, wo für den Verfasser  – und seine Gemeinde – die Hinwendung zu den εἴδωολα einsetzte: Betraf es lediglich die ausdrückliche Verehrung paganer Gottheiten? Galt es auch bei passiver Beteiligung im Kontext von Polisfesten oder häuslicher Religiosität? Oder war schon das Essen von Tempelopferfleisch bereits „Sünde zum Tod“? Vor diesem Hintergrund wird – so deutlich die Anweisung nach dem ersten Eindruck gestaltet ist – erkennbar, dass die Interpretation des Handelns durch die beobachtende Person von entscheidender Bedeutung sein musste. Dabei darf freilich nicht vergessen werden, dass auf der Seite des Todes nicht nur steht, wer sich gegenüber Gott (Lüge, Götzendienst), im Verhältnis zur Welt (Lebensstil) oder gegenüber einem Mitglied der Gemeinschaft (Fürsorge) falsch verhalten hat, sondern dass dies ebenso für jene gilt, die ein falsches christologisches Bekenntnis haben, ja, dass dies eigentlich nicht zu trennen ist. Die Zugehörigkeit zu Gott – genauerhin: das Gezeugtsein aus Gott – wird an der Liebe (2,3–6; 4,7) oder an gerechten Taten (2,29) ebenso erkennbar (3,10; 4,2) wie am Bekenntnis zum Sohn (2,22 f; 4,1). In einer groben Systematisierung lässt sich die Darstellung der Sünde im 1. Johannesbrief daher so zusammenfassen, dass sie zwar alle Glaubenden betrifft (1,8.10), aber hinsichtlich ihrer Begründung im Wesen des Menschen (3,6–9), der auch ein Bruder sein kann (5,16 f), oder hinsichtlich ihrer konkreten Umsetzung (sozial bzw. kultisch) unterschiedlich gewichtet wird. 3.3. Die Sozialstruktur hinter dem 1. Johannesbrief Ohne hier breit auf die vielfältigen Rekonstruktionsvorschläge zur johanneischen Gemeinde eingehen zu können, gehe ich davon aus, dass wir es hier mit einigen kleinen Gemeinden in Kleinasien zu tun haben, die durch autoritative Einzelpersonen wie den Verfasser des 1. Johannesbriefs und gemeinsame Traditionen eng verbunden sind. Dabei gab es auch persönliche und inhaltliche Differenzen, die zu Abspaltungen und scharfer Polemik führten. Die Gemeinden befinden sich in einem Prozess der Identitätskonstruktion bzw. Identitätsneukonstituierung, wobei der Fokus stark auf die (Neu‑) Ordnung von Theologie und Ethos ausgerichtet ist. Daher gehört das Thema „Sünde“ auch zu den Schwerpunkten des 1. Johannesbriefs. Hinsichtlich des Umgangs mit Sünde lässt sich Folgendes erkennen: Der Sünder / ​die Sünderin ist Teil der Gemeinde. Inhaltlich wird die Sünde allgemein als Vergehen gegen das Liebesgebot definiert, ist also ganz eng an die Gemeinschaft gebunden. Von kultischen Vergehen ist im Blick auf den Götzendienst die Rede, für den es sehr wahrscheinlich keine Vergebung geben kann. Zudem geht der

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Verfasser davon aus, dass jeder und jede Sünden begangen hat. Eine völlige Unberührtheit durch Sünde sei illusorisch (trotz 3,9), vielmehr ist das Bekenntnis von Sünden unerlässlich, um (wieder) Teil der Gemeinschaft zu sein. Das Bekenntnis des Sünders geschieht öffentlich vor dem Forum der Gemeinde (1,9), sehr wahrscheinlich unter Anführung der Missetaten.121 Die Gemeinschaft ist darauf verwiesen, sich für die Sünder und Sünderinnen bei Gott einzusetzen. Eine bestimmte Amtsfunktion ist damit nicht verbunden. Jedem und jeder wird zugemutet, die Sünde in der Gemeinde zu erkennen, richtig zu qualifizieren und gegebenenfalls fürbittend für den Bruder bzw. die Schwester einzutreten. Diese Fürbitte wird als Lebensgabe beschrieben, rettet also vor dem Tod im Gottesgericht.122 Die Verbindungen von Bekenntnis und Vergebung bzw. von Fürbitte und Vergebung haben damit eine regulierende Funktion: Konflikte können so auf der Ebene der Gemeinschaft bzw. auf individueller Ebene überwunden werden.123 Wer sich durch das öffentliche Bekenntnis von Sünde den Vorgaben der Gemeinschaft unterwarf, signalisierte, dass er oder sie hinsichtlich des Glaubens ein verlässliches Mitglied der johanneischen Gemeinde war.124 Für die Gemeinschaft hatte dies aber zugleich auch eine die Bedeutung des Ethos unterstreichende Wirkung.125 Der Verfasser des Briefs hat eine unverzichtbare Funktion, gerade hinsichtlich der Ordnung des Zusammenhangs von Sünde, Bekenntnis und Sühne. Er schärft die Grundsätze ein, die der Gemeinde zwar nicht völlig neu sein werden, deren unbedingte Gültigkeit und aktualisierte Anwendung im ablaufenden Identitätsprozess aber nach seiner Ansicht unerlässlich sind. Der Verweis auf Gottes Vergebungsbereitschaft, auf die Sühne durch Christus und dessen Fürsprecherfunktion, aber auch auf die interzessorische Funktion der Gemeindeglieder selbst ordnet den Umgang mit Vergehen strukturell. Zugleich macht der Verfasser mit dem Liebesgebot und seinen Konkretionen sowie mit der Warnung vor „Götzendienst“ die wesentlichen inhaltlichen Vorgaben. Gott wird als gerecht und treu beschrieben, gerade hinsichtlich seiner Vergebungsbereitschaft. Sie ist begründet im kultisch gedeuteten Tod Christi, der zugleich als Fürsprecher für Sünder und Sünderinnen bei Gott, der in Kap. 1 vor 121 Eine religionswissenschaftliche Systematisierung von Beichtformen ist zu finden bei Christoph Auffarth, Art. Beichte, HRWG 2 (1990), 116–119. Philo v. Alexandrien hielt die Bedeutung der Umkehr zunächst bei sich selbst, dann aber auch öffentlich „zum Zwecke der Besserung der sie Anhörenden“ für wichtig (praem., 163). 122 Vgl. dazu auch die sachliche Parallele Jak 5,15, wonach das Gebet den Kranken retten wird, sodass er vom Kyrios aufgerichtet wird und seine Sünden vergeben werden. Der Zusammenhang von Krankheit und Sünde wird u. a. in Mk 2,1–12 und Joh 9,1–5 vorausgesetzt, nur dass dort Jesus selbst heilend eingreift und das Gebet daher nicht auftaucht. 123 Vgl. Roitto, Practices, 242. 124 Die Einordnung dieser Vorgänge in das Schema von „Ehre und Schande“ (Roitto, Practices, 242–249) macht überdies wahrscheinlich, dass die Bereitschaft zum Bekenntnis von Sünden den Bindungsgrad der Glaubenden an die Gemeinde und das Christusbekenntnis erkennen lassen sollte. 125 Vgl. Graf, Confession, 264.

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allem als Richtergestalt gedacht wird, eintritt. Die Unvereinbarkeit von Sünde und Gottesbeziehung steht dabei grundsätzlich außer Frage, sie wird aber durch Gottes Gnade, die freilich an das Bekenntnis der Sünde gebunden ist, überwunden. Zugleich bleiben bestimmte Vergehen unvergebbar.

4. Der 1. Johannesbrief und die „Beichtinschriften“ Dass vieles, was wir in den Ausführungen über Sünde, Bekenntnis und Sühne im 1. Johannesbrief lesen können, einen auch bzw. vor allem alttestamentlich-jüdischen Hintergrund hat, ist unbestreitbar. Zahlreiche Einzeluntersuchungen und die Kommentarliteratur führen dies in zahlreichen Details vor, sodass dies hier nicht geleistet werden muss. Das Corpus der „Beichtinschriften“ eröffnet nun aber auch den Blick darauf, wie in einer paganen Perspektive, die sich sicherlich aus griechischer und möglicherweise auch aus orientalischer Religiosität speist, der Umgang mit Unglück und die Aufarbeitung mithilfe religiöser Deutungskategorien versucht wurde. Im Folgenden werden daher Aspekte angeführt, die zeigen, in welchen Bereichen Übereinstimmungen und Differenzen zwischen dem Textcorpus der Inschriften aus Kleinasien und dem 1. Johannesbrief bestehen. Dies dient nicht dazu, Abhängigkeiten in die eine oder andere Richtung zu konstruieren, sondern zum Aufweis der jeweiligen Spezifika, aber auch des gemeinsamen Hintergrundes der jeweiligen Aussagen zu Sünde, Bekenntnis und Sühne. 4.1. Begrifflichkeit Sprachlich stehen sich die beiden unterschiedlichen Korpora teilweise recht nahe: ἁμαρτάνω und ἁμαρτία sind zentrale Lexeme, um die Verfehlungen zu bezeichnen. Die „Sühne“ (ἱλασμός / ​ἱλάσκομαι), die durch das Bekennen (ἐξ-ὁμολογέω) erreicht werden kann, gehört ebenso zur gemeinsamen Terminologie. Ihr jeweiliges Ziel ist die Rettung, wenngleich diese inhaltlich anders gefüllt wird. Schon in diesen zentralen Begriffen wird der beiden Korpora gemeinsame Hintergrund hellenistischer Kultvorstellungen – seien sie paganer, seien sie alttestamentlichbiblischer Herkunft  – erkennbar.126 Das sollte freilich nicht verdecken, dass sie sprachlich auch spezifische Eigenheiten haben. Die im 1. Johannesbrief zentrale ἀγάπη als positive Bestimmung des Verhaltens, der Wechselbegriff ἀδικία für ἁμαρτία (1 Joh 1,9; 5,17) usw. lässt sich in den Inschriften nicht nachweisen. 126 Angeführt werden können auch Termine wie die Rede von Strafe (κολάζω κτλ. in zahlreichen Beichtinschriften sowie 1 Joh 4,18), der Gebrauch von αἴρω zum Lösen der Strafe bzw. Sünde (BIWK 55 und 1 Joh 3,5) sowie die Formulierung in 1 Joh 3,8, wonach der Sohn Gottes die Werke des Teufels löse, die mit der Lösung von Flüchen und Strafen in den Beichtinschriften zu vergleichen ist (vgl. etwa BIWK 58 u. ö.). Vgl. zur Terminologie auch den Überblick bei Paz de Hoz, Kulte, 114–124.

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Umgekehrt haben Lexeme wie ἐπιζητέω (für die Verfolgung durch die Götter), ἀποδίδωμι (für die Sühneleistung) oder das Lob der δύναμις der Gottheit keine Entsprechungen in den Johannesbriefen. 4.2. Sünde und Verfehlung a) Der Zusammenhang von ἁμαρτία und Strafe ist im 1. Johannesbrief ebenso selbstverständlich vorausgesetzt wie in den Beichtinschriften. Eine mögliche Differenz besteht darin, dass der 1. Johannesbrief nur eine Strafe nennt, den Tod. Der Tod umgreift jetzt schon das Leben derjenigen, die Christus nicht kennen, sich von ihm ab‑ und den „Götzen“ zuwenden (5,21) und das Liebesgebot nicht halten (3,14 f).127 Eine Konkretisierung über den Untergang im Gericht Gottes hinaus (4,17) hat der Autor sehr wahrscheinlich nicht im Blick, wenngleich sie in der Formulierung πρὸς θάνατον (5,16) indirekt erschlossen werden könnte. Aus der Perspektive jener Menschen, die in Lydien und Phrygien ihre Sünden bekannten, weil sie oder ihre Angehörigen von einem Unglück heimgesucht wurden, war der physische Tod aber unmittelbare Reaktion der Gottheit auf Verfehlungen. Was bei dem Presbyter hinsichtlich des ewigen Lebens gesprochen ist, ist dort auf das Ende des irdischen Lebens hin gesagt. Die Gottheit straft im Extremfall mit dem Tod.128 b) Eine überaus verwerfliche Haltung in beiden Bereichen ist jene der Uneinsichtigkeit. 1 Joh 1,8–10 benennt sie als Selbstlüge und Beleidigung Gottes. Auch die „Beichtinschriften“ thematisieren mangelnde Einsicht,129 lassen aber auch sonst schon durch ihre Existenz erkennen, wie wichtig es ist, die eigene Sünde zu bekennen. Manchmal werden allerdings Übeltäter erst dadurch zur Einsicht gebracht, dass die durch die Untat Betroffenen diese vor die Gottheit bringen und die folgende Bestrafung zur Einsicht führt. Die Beteuerung, Sünde begangen zu haben, ist sogar dann für die Sühne wichtig, wenn man nicht einmal weiß, was das Vergehen genau gewesen sein mag. Für beide Traditionen ist dabei klar, dass es sich um gottesfeindliche Akte handelt, die nicht ungestraft bleiben: Wer nicht einsieht, dass er Sünder ist, stellt Gott selbst in Frage. Er macht ihn zum Lügner (1 Joh 1,10) bzw. zweifelt an seiner Macht.

127 Schicksalsschläge und Krankheit werden im Corpus Johanneum insgesamt nicht in dem Sinne verstanden, dass sie als Strafe gedeutet werden. Sie dienen vielmehr dazu, die δόξα Gottes und seines Gesandten zu offenbaren (Joh 9,3). Aber selbst in diesem Zusammenhang wird die Verbindung von Sünde und Strafe durch Behinderung nicht in Abrede gestellt. 128 Blickt man über den 1. Johannesbrief hinaus, zeigt sich der Zusammenhang von Sünde und Strafe im Neuen Testament. So geht Paulus davon aus, dass Krankheit, Schwäche und Tod unter den Gemeindegliedern in Korinth ihre Ursache darin haben, dass sie in der Praxis des Herrenmahls den Leib des Herrn und damit die Gemeinde nicht richtig beurteilen (1 Kor 11,29 f). Die Geschichte von Ananias und Saphira in Apg 5 illustriert erzählerisch, dass ein Vergehen gegen Gott ganz konkret den Tod zur Folge hat; vgl. auch Apg 13,8–11. 129 Vgl. BIWK 12; 15; 34; 68 f; 71.

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c) Sünde und Sühne, das wird in den Inschriften wie im 1. Johannesbrief ebenfalls deutlich, sind gemeinschaftsrelevant und nicht eine Angelegenheit des Einzelnen. Während im 1. Johannesbrief die Betonung der Gemeinschaft ausgesprochen deutlich ausfällt, wird dies in den „Beichtinschriften“ dadurch erkennbar, dass diese Stelen überhaupt errichtet werden. Die Strafe ist der Gemeinschaft schon bekannt (Krankheit, Unglück, Tod), das Vergehen, aber auch die Wiederherstellung des Gottesverhältnisses sollen ihr bekannt gemacht werden. Die hinter beiden Textgruppen stehenden Gemeinschaften (christliche Hausgemeinden bzw. Dorfgemeinschaften) sind überdies klein genug, um dies alles auch für die Gemeinschaft als Ganze als relevant zu begreifen. Daher ist es auch nötig, dass jeder und jede Einsicht bezüglich seiner oder ihrer Sünde zeigt, das Bekenntnis öffentlich ablegt bzw. veröffentlicht und Sühne bei der Gottheit erreicht. 4.3. Bekenntnis a) Das zentrale Anliegen, das hinter den „Beichtinschriften“ sowie in den Anweisungen des 1. Johannesbriefs erkannt werden kann, ist diese Wiederherstellung des Gottesverhältnisses. Menschen, die sich der Sünde schuldig gemacht haben, stehen in einem kritischen Verhältnis zur Transzendenz: Sie werden gestraft durch Krankheit und Unglück (BIKW) oder bleiben im Todesverhängnis (1 Joh). Das positive Gottesverhältnis wird im 1. Johannesbrief u. a. als Gemeinschaft mit Gott bezeichnet (1 Joh 1,6), in den „Beichtinschriften“ ist das Erreichen der Versühnung, der Gnade etc. das entsprechende Äquivalent. Dabei geht der 1. Johannesbrief davon aus, dass jeder gesündigt hat (1,8), nicht nur einzelne. Krankheit und Unglück sind kein Anlass, nach Vergehen gegen die Gottheit zu suchen, vielmehr ist die gesamte Existenz offenbar – wie auch bei Paulus – eine unter der Sünde. b) Der Vorgang des Bekennens gehört hingegen in beiden Traditionen zur Voraussetzung des Heilwerdens. Mag es bei den Beichtinschriften teilweise auch um eine konkrete Gesundung gehen, so ist in allen Inschriften wie in den Anweisungen im 1. Johannesbrief das Ziel die Wiederherstellung des Gottesverhältnisses. Damit wird auch die Strafe beseitigt, sei es der Zorn der Gottheit, der sich im irdischen Leben auswirkt, sei es der Ausschluss vom ewigen Leben. c) Ebenfalls übereinstimmend ist der öffentliche Charakter des Bekennens, in einem Fall durch die errichtete Stele, im anderen durch das Aussprechen der Sünde in der Gemeindeversammlung. Eine gewisse Differenz besteht darin, dass die Erinnerung an die Vergehen in den Beichtinschriften dauerhaft – in der Tat bis heute – bewahrt wurde. In der johanneischen Gemeinde ist sie an die beteiligten Personen gebunden. In beiden Gruppen bedeutet das Bekennen aber zunächst Ehrverlust, der freilich korrigiert wird. Die Häufigkeit der „Beichtinschriften“ lässt darauf schließen, dass die Errichtung zu den Vorgaben dieser kleinen Gemeinschaften gehörte. Und auch die johanneische Gemeinde schätzt das Sündenbekenntnis – wenn auch nicht die Sünde selbst – positiv ein, ja fordert es geradezu.

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d) Gemeinsam ist beiden Traditionen auch der forensische Kontext. Die Gottheit wird als richtend verstanden, Sünder als Straffällige. Die Parallelität geht so weit, dass in beiden Textgruppen ein Fürsprecher wichtig werden kann, der Paraklet. In 1 Joh 2,1 wird den reuigen Sündern zugesagt: „Wir haben einen Parakleten bei dem Vater, Jesus Christus, der Gerechte.“130 Christus wird hier als einer, der sich vor Gericht für einen Angeklagten einsetzt, sei es ein Anwalt, Patron oder sonstiger Fürsprecher, genannt. Er hat diese Funktion, weil er gerecht ist, also wohl sündlos (vgl. u. a. 2 Kor 5,21). In seiner Inschrift formuliert der bestrafte und versöhnte Theodoros an einer Stelle (BIWK 5, 235/36 n. Chr.): „Als Parakleten erhielt ich den Zeus“ (ἔσχα παράκλητον τὸν Δείαν).131 Im Konflikt mit der Gottheit Men Artemidorou stehend, an den Augen bestraft, wandte sich Theodoros an die Priester im Tempel und erhielt wahrscheinlich ein Orakel des Zeus als Antwort. Vielleicht wurde dabei sogar die Gerichtsverhandlung nachgespielt und ein Priester trat als Zeus auf. Die Funktion der Gottheit ist dabei die eines Fürsprechers, der die notwendigen Sühneleistungen verhandelt bzw. bekannt macht. Der forensische Kontext legt die Verwendung bestimmter Metaphorik offenbar nahe, auch wenn die spezifische Ausprägung durchaus unterschiedlich sein mag. Gewiss hat der Verfasser von 1 Joh 2 durchaus auch die Funktion himmlischer Fürsprecher im Hinterkopf, wie sie in der atl.-jüd. Tradition belegt sind (ohne freilich den Begriff παράκλητος), doch lässt die Parallelität mit der Formulierung in dieser Inschrift doch erahnen, wie weit sich reale Erfahrung und religiöse Metaphorik hier angeglichen haben. 4.4. Sühne und Vergebung Das Anliegen der Menschen, die uns diese Stelen hinterließen, ist ein Leben frei von Krankheit, von Tod und göttlichen Strafen. Für die Christusgläubigen des 1. Jahrhunderts mag das nicht anders gewesen sein, in ihren Texten geht es aber um das ewige Leben, das nur durch Christusbekenntnis und das Bleiben in der geschwisterlichen Liebe erreicht werden kann. In ihren Grundstrukturen wie in manchen Einzelheiten lassen sich dennoch manche Übereinstimmungen erkennen. a) Die Parallelität der Begrifflichkeit ist relativ klar, wenngleich sich in den Beichtinschriften das Nomen ἱλασμός bisher nicht gefunden hat. Sünde wird auch nicht vergeben (ἀφίημι 1 Joh 1,9), sondern weggenommen (ἀπαίρω; BIWK 5; vgl. aber 1 Joh 3,5; vgl. Joh 1,29). Gerade bei letzterem fällt eine wesentliche Differenz auf: Die Wegnahme der Sünde und der damit verbundenen Strafe erfolgt durch den Übeltäter (bzw. seine Angehörigen) selbst. In der Inschrift des Theodoros wird 130 Παράκλητον

ἔχομεν πρὸς τὸν πατέρα  Ἰησοῦν Χριστὸν δίκαιον.

131 Für einen Beleg für παρακαλέω in derselben Funktion vom Ende des 2. Jh. vgl. Petzl, Beicht-

inschriften, 10; Ricl, Continuity, 16.

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die Darbringung von Opfern genannt, sodass die Gottheit feststellt (BIWK 5): „Er nimmt hinweg die erste Verfehlung …“ (ἀπαίρι τὴν πρώτην ἁμαρτίαν …). Auch sonst werden öfters Opferhandlungen genannt, die die Wegnahme ermöglichen (vgl. auch BIWK 6).132 Möglich war auch einfach die Wiedergutmachung des Schadens bzw. die Erfüllung der religiösen Pflicht bzw. des Gelübdes. In einigen Fällen begegnen auch Zahlungen zur Lösung eines Eides (BIWK 33; 58). In den meisten Inschriften erfahren wir zwar nicht, was unternommen wurde oder ob überhaupt mehr als das Bekenntnis nötig war, doch die Wegnahme der Schuld wird festgestellt. Der 1. Johannesbrief, wie überhaupt die neutestamentliche Tradition, sieht es hingegen als selbstverständlich an, dass die Sünden durch Gott weggenommen (1 Joh 3,5) bzw. vergeben werden. Der Mensch ist gerade nicht Herr über seine Sünde. b) Dem korrespondiert die unterschiedliche Zuordnung der Sühneleistung selbst: Sie ist aus paganer Perspektive selbstverständlich Aufgabe des Sünders. Opfer, Reinigungen und die Errichtung der Stele stimmen die Gottheit gnädig, sodass sie von ihrer Strafe ablässt. Der Straferlass, den die Christusgläubigen anstreben und der sie zum ewigen Leben führt (1 Joh 1,2; 2,25; 3,15; 5,11), wird durch Christus selbst erwirkt. Er tritt nicht nur als gerechter Paraklet für sie vor Gott ein, er ist selbst „die Sühne“ (1 Joh 2,2), er reinigt selbst durch sein Blut (1 Joh 1,7). Das kultische Opfer, auf das mit der Rede vom Blut wohl angespielt wird, ist bereits erbracht. Das Bekennen von Sünde, nicht das Erbringen von Sühneleistungen, ist für die Christusgläubigen daher ihre einzige Leistung, um von jeder Ungerechtigkeit rein zu werden (1,9). c) In beiden Textcorpora spielt der Gedanke der Reinigung eine wichtige Rolle: Während 1 Joh Sünde als Unreinheit deutet, von der der Glaubende durch das Blut Christi gereinigt wird (1 Joh 1,7), ist in den Beichtinschriften kultische Unreinheit das, was in vielen Fällen zur Strafe durch die Gottheit führte. Während der 1. Johannesbrief kultische Metaphorik verwendet, geht es in den Beichtinschriften um reale Kultfähigkeit. In beiden Traditionen ist aber klar: Nur die Wiedererreichung des Status der Reinheit qualifiziert zur Rettung. d) In beiden Corpora spielen Mittlerfiguren eine wichtige Rolle. Sprachlich wird dies an der Verwendung von παράκλητος sehr deutlich, einer göttlichen Figur, die zwischen dem Sünder und der Gottheit interveniert. In den „Beichtinschriften“ sind darüber hinaus auch Boten (ἄγγελοι) wichtig, da sie dem Sünder seine Sünde erst erkenntlich machen.

132 In den meisten Inschriften erfahren wir zwar nicht, was unternommen wurde oder ob überhaupt mehr als das Bekenntnis nötig war, doch die Wegnahme der Schuld ist Aufgabe des jeweils von der Strafe Betroffenen.

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e) Als Mittlerfiguren, die das Vergehen als solches benennen, fungieren aber auch die Priester an den Tempeln bzw. der Verfasser des 1. Johannesbriefs. Es braucht nämlich autoritative Personen, die festlegen, was Sünde ist und was nicht. Vergehen werden zwar in den „Beichtinschriften“ und im 1. Johannesbrief konkret unterschiedlich definiert, sie bewegen sich aber jeweils im Rahmen von Kult und Gemeinschaft. Entscheidend ist, dass die menschlichen Mittlerfiguren jeweils das bereits bestehende Ethos bestätigen bzw. verstärken und gewichten. Dabei stehen sie selbstverständlich an der Stelle der Gottheit, die durch sie hindurch wirkt und damit die Festlegungen autorisiert. f) In beiden Traditionen findet sich die Beteiligung Dritter vor der Gottheit. Während aber in 1 Joh 5,16 das Gebet dazu wirkt, dass einem anderen Leben geschenkt wird, ist die Situation in den „Beichtinschriften“ eine völlig andere: Bekenntnis und Sühne finden wegen der Schuld anderer statt, von der die unschuldigen Akteure – in der Regel Familienmitglieder – selbst betroffen sind. Der eigentliche Sünder kann dies nicht leisten, weil er unfähig, in der Regel tot, ist. Während also beide Textcorpora das Gebet von Unschuldigen kennen und sich dies jeweils dazu im Bereich der (realen bzw. fiktiven) Familie abspielt, ist die Ausrichtung unterschiedlich: In einem Fall geht es um die eigene Existenz („Beichtinschriften“), im anderen um die Existenz des fiktiven Familienmitglieds (1 Joh). g) Sowohl der 1. Johannesbrief als auch die „Beichtinschriften“ kennen den Umstand, dass Sünde nicht vergeben, Verfluchung nicht gelöst werden kann bzw. eine Lösung dem Betroffenen nichts mehr nützt. Beides führt zum Tod, der freilich unterschiedlich bestimmt wird. h) Beide Textcorpora haben eine klar paränetische Ausrichtung: Es geht immer darum aufzuzeigen, was Vergehen sind, was sie bewirken und dass die Gottheit sie nicht unbeachtet lässt. Ziel ist das gottgemäße Leben, die Beachtung der Regeln und Normen, die für die Gemeinschaft wichtig sind.

5. Schluss Die Perspektive anderer religiöser Traditionen der antiken Welt einzunehmen, um zu verstehen, wie durch sie Menschen mit den Herausforderungen des Lebens und Sterbens umgingen, eröffnet neue Verstehenshorizonte für das Neue Testament. Es ging im Blick auf die lydischen und phrygischen „Beichtinschriften“ daher nicht um genetische Verknüpfungen, sondern darum, die Aussagen des 1. Johannesbriefs in ihrer Allgemeinheit und Besonderheit zu erkennen. Beide Textcorpora wurden daher einerseits als Dokumente religiös orientierter Wirklichkeitsdeutung und ‑bewältigung untersucht, deren Vergleich andererseits aber auch das spezifische Profil des Umgangs mit Sünde in den johanneischen Gemeinden deutlicher vor Augen treten lässt.

Antike Literatur 1QS 1,24–26 175 2Makk 2,13 32 Artemidoros Oneirocritica 5,82 139 Augustin De serm. Dom. 1,22,73 173 Beda In epist. sept. cath. 173 Didache 4,14 175 Diognet Laert. 1,110 12 Euseb h. e. 5,24,6

57

Hieronymus Comm. in ep. ad Titum 1,12 12 vir. ill. 45 57 Hirt des Hermas 17,7; 43,12

22

Ignatius Magn. 5,1 109 6 f 108 7,2 108 Phil. 2,2 109 Pol. 1,2 109 Rom. 109 Smyr. 6,1 109 Iuvenal Sat. 14, 96.101

8

Johannes Chrysostomos educ. lib. 47 54 Hom. in ep. ad Hebraeos 12, Hom. 32 129 Josephus BJ 2,123.129 129 5,194 19 AJ 13,62–73 105 14,244–246 98 15,417 19 Justin Apol. 1,65,5 135

186 Koran 18. Sure

Antike Literatur

67

Sirach 31,11 21

Martial

Tacitus

Epigr. 1,34,8 121 3,93,14 f 121

ann. 13,32 51 14,17 99 15,44,3 15

Minucius Felix 6,2 12 Pausanias 1,1,4 12 5,14,8 12 Philo ebr. 20 f. 23 leg. 306 praem. 163

150 15 178

Philostratus VA 6, 3

11

Plinius ep. 10,96

50, 135, 176

Ps. Antoninus v. Piacenza 20 13

Tertullian apol. 39

145, 150

Marc. 1,9 12 4,9 173 pud. 2,14–16 173 19,25–28 173 Theophylaktos PG 125,745 12 Vergil Aeneis 6 120

Bibelstellen Altes Testament Ex 32,30 174 Lev 4,1 f 5,6 f.10.13

173 174

Num 15,22–30 173 Dtn 21,22 LXX

27–29 34 27,26 LXX 33 28,22.28 34 Ps 2,7 83 Ez 18,24 174

33

Neues Testament Mt 1,18.20 85 1,23 85 2 f 85 2,15 85 3,13–17 85 5,21.27 f.31–33.  38.43 17 6,2–4 21 8,5 18 8,22 25 14,33 85 16,28 25 23,5–7 22 24,1 21 24,15 94 25,1–13 10 27,2.11.14 f.   21.27 f 15 27,33 94 27,43.54 85 28,14 15

Mk 1,1 83 1,5 175 1,9–11 83 f 2,1–12 178 2,6 17 3,29 f 173 9,7 83 9,14 17 12,39 22 13,1 21 15,39 83 Lk 1 f 85 1,28 11 1,34 f 84 1,63 16 2,2 15 2,7 94 3,21 f 85 4,16–19 16 9,60 25

188 10,26 17 11,43 22 14,7 22 14,8–11 93 f 19,8 16 20,46 22 21,5 21 24,50–53 89 f Joh 1,34.49 86 3,17 f 86 4,42 6 5,19 6 5,25 86 7,15 17 8,6 16 9,1–5 178 9,3 180 9,22 175 9,31 8 10,36 86 11,4 86 11,27 86 11,48 94 12,42 175 19,7 86 19,19 f 12.16 19,22 13 20,23 173 20,31 86 Apg 1,9–11 89 f 1,25 109 2,33 f 87 2,46a 106 4,13 17 5 180 5,12 106 6,13 f 94 7,7 94 9,38 10 13,8–11 180 13,16.26 8 14,18 125 15,23.27 18 16,14 8 17,4.17 8

Bibelstellen

17,22 f 11 18 f 61 19,18 175 19,23–41 3, 104 21,28 94 23,24.26.33 15 24,1.10 15 26,30 15 28,21 f 18 Röm 1,1 42 1,3 f.9 82 f 2,14–16 125 5,10 82 8,3.29.32 82 9,3 31 14,10 126 15,4 19 16,1 f 29 16,7 130 1 Kor 4,5 125 11,17–34 3, 135 11,29 f 180 12,3 31 14,16 94 15 125 16,22 31 2 Kor 1,8–10 35 1,19 42 2,14 109 5,1–10 125 5,21 182 8,2 151 10,10 31 Gal 1,8 f 31, 164 1,12.16 164 1,16 82 2,2 164 2,20 82 3 34 3,1 164 3,10 33, 164

Bibelstellen

3,13 33, 164 3,19.23 164 4,4.6 82 4,14 164 Eph 6,21 f

18

Phil 2,9 f 88 4,4 68 Kol 4,7 f

18

1 Thess 1,9 f 31, 82 f, 125 4,13 125 5,9 f 125 1 Joh 1,2 183 1,5–2,2 4, 171 1,6 171–173, 181 1,7 172, 175, 183 1,8–10 177, 180 1,8 172, 175, 181 1,9 172–174, 178 f, 182, 183 1,10 172, 175, 180 1,29 173, 182 2 182 2,1 182 2,1.2 172 f, 175, 183 2,3–6 177 2,3 172 2,6 175 2,9.11 176 2,15–18 175 f 2,19 174

2,22 f 172, 175, 177 2,25 183 2,29 177 3,4–10 171, 174 3,5 179, 182 f 3,6–9 177 3,8 f 172, 176, 178 f 3,10 177 3,12 176 3,14 f 174 f, 180, 183 3,15–17 175 4,1 177 4,2 177 4,2 f.15 172, 175 4,7 177 4,17 180 4,18 179 5,11 183 5,14–21 4, 171–173, 176 5,16 f 174, 177, 179 f, 184 5,21 176, 180 2 Joh 7 175 Hebr 8,12 168 Jak 1,1 131 2,2–4 22, 131 5,15 178 5,16 175 Apk 2,14 176 2,20 176 13,18 62

189

Inschriften* ABSA (The Annual of the British School in Athens) 56, 1961, 5 146 An.Ép. 1964, 96 1965, 205 1969/70, 32 1984, 131 1988, 529

40 39 37 39 36

AGRW (Ascough u. a., Associations in the Greco-Roman World) B16 102 117B. 1 95 134 95 149 f 95 154 f 95 183a–d 99 183 f.g 98 295 109 AM (Athenische Mitteilungen) 35, 1910, 454, 39 12 44, 1919, 16–20, 7 38 Anat. St. (Anatolische Studien) 27, 1994, 59 10 Anth. Gr. (Anthologia Graeca) 7, 178 123 7, 186 121 AP 3,2, 536 119 15,34 8

ASAtene (Annuario della Scuola archeologica di Atene e delle Missioni italiane in Oriente) 22, 1939/40, 147 146 AvP (Habicht, Altertümer von Pergamon) 8,3 36 146,3 36 BCH (Bulletin de correspondence ­hellénique) 2, 1878, 609,29 39 4, 1180, 178,38 34 24, 1900, 304,1 142 BGU (Ägyptische Urkunden aus den Königlichen / ​Staatlichen Museen zu Berlin. Griechische Urkunden) 1, 27 33, 106 BIWK (Petzl, Beichtinschriften ­Westkleinasiens) 3 156 4 165 f 5 157, 160, 165, 168, 182 f 6 167 f, 183 8 162 9 f 163 10 f 167 11 156, 165, 167 12 180 15 167, 180 17 162 20 156 22 165, 169 23 165 24 165, 168, 174 33 183 34 167, 180

* Wenn nicht anders angegeben, richten sich die Abkürzungen nach SEG: http://reference​ works.brillonline.com/entries/supplementum-epigraphicum-graecum/abbreviations-aabbr, 7. 9. 2016

Inschriften

36 f 156 38 167 40 165 41 157, 164 43 157 44 167 45 169 51 167 51 f 159 53 167 55 179 58 168, 179, 183 60 157 62 156 f 64 156 66 165 68 162, 168 68 f 180 71 180 72 168 73 f 156 f, 165 75 165 76 166 f 80 156 94 157 95 165 101 156, 165 106 165 106 f 163 109 165, 168 109–112 163 112 165, 168 115 167 117 163 117 f 165 120 163 122 156 212 163 CIG 119 129 120 129 2421 93 2664 31, 33 2664 33 3398 119 3846 122 4142 159 4380 37

CIIP 1,1,2 19 1,1,3 20 1,1,4 22 1,1,9 19 1,1,10–12 22 1,1,15 12, 16, 19 2,1277 15 CIL 12,2700 36 12,3195 36 2,4280 96 3,703 142 3,1324 36 3,2723 39 5,88 8 5,1830 36 5,5380 37 6,685 36 6,6267 37 6,10231 141 6,10234 142–144, 146 6,32098 96 6,32363 96 6,33768 36 6,33885 144 9,924–927 148 10,1913 39 10,3960 36 10,4307 36 10,5787 36 11,5047 145 12,727 47 12,697 96 12,714 96 12,3316–3318 96 13,1052 96 13,1667 96 13,3293 96 13,3708 96 13,24659 96 14,246 144 14,1138 36 14,1364–1391 96 14,1392–1432 96 14,2112 139, 142, 144 f, 153 15,8464a 36

191

192

Inschriften

CIMRM 1,22 140 EA (Epigraphica Anatolica) 15, 1990, 107–119 96 36, 2003, n. 1.4 104 39, 2006, 59 37 GG (Peek, Griechische Grabgedichte) 99 115 200 115 206 115 208 115 300 114 339 118 343 119 353 119 439 114, 122 465 119 471 115 480 125 1133 117 GR 1–128 (Taeuber, Graffiti und Dipinti, in: Thür, Hanghaus 2) 1 65 27 f 64 47 64 60 65 73 66 88 f 63 GR 129–195 (Taeuber, Graffiti, in: Krinzinger, Hanghaus 2) 135 65 140 65 149 66 154 66 180 64 186 65 GR 196–308 (Taeuber, Graffiti und Steininschriften, in: Thür / Rathmayr, Hanghaus 2) 228 63 238 63

GR 309 – 445 (Taeuber, Graffiti, in: Rathmayr, Hanghaus 2) 312 62 372 66 GR 446 – 494 (Taeuber, Graffiti der ­Wohneinheiten 3 und 5) 451 64 GRA I (Harland, Greco-Roman ­Associations) 303 f 137 Peres, Griechische Grabinschriften 28 125 70 117 f 71 118 85 119 GV 667 122 847 115 1367 125 1484 118 1697 115 1763 119 1978 119 2038 115 IAncyra 154i–iii 96 IAphr. 2007 2.3 2007 2.8 2007 2.14 2007 10.20 2007 10.21 2007 10.22 2007 10.33 2007 11.55 2007 8.59

102 102 102 102 96 102 96 99 102

ICUR 1415 53 3156 53 6021 53 12891 51 12900 51

Inschriften

17246 53 26144 11 27057 53 IDélos 1519 104, 138, 146 1520 104 1526 f 138 IDelta 446 146 IDidyma 50 96 325 37 522 103 IDionysosJ (Jaccottet, Choisir Dionysos) 7 146 IEph 4 13 20 104 21 13 22 137 27 66 425 104 444 f 103 549 104 585 f 104 636 104 679 104 1448 f 39 2076–2082 103 2212 104 2441 104 2546β 36 2544A 37 3063 104 IFayum 1,95 f 105 2,71 104 2,109 105 2,121 105 2,134 104 3,192 105 3,204 f 104

193

IG 22,1252 146, 152 22,1325 104, 142 22,1326 142 22,1338 138 22,1343 137 22,1361 136, 146 22,1368 137, 145 f 2/32,11594 115 3,3 S. XIII–XIV 32 3,3509 31 3, App. 29 39 3, App. 109 39 5,1, n. 45 49 5,2 265 138 9,12.1 148 34 9,1 278 142 9,1 882 f 119 9,2 1107b 142 10,2.1 259 141 10,2.1 260 140 12,1 155 2.49 f 138 12,2 645 42 f 39 12,3 329 129, 142 12,3 330 139 12,6.1 7 38 12,6.1 56 38 12,6 985 103 12,7 241 146 12,8 160 37 12,8 441 115 12,8 643 104 12,9 955 34 12,9 1179 34 12, Suppl. 168,5 39 14,88 111 53 14,88 534 53 14,88 848 53 14,2130 125 14,2241 119 22,3602 49 22,3734 49 IGLSkythia (Pippidi / Russu, Inscriptiones Scythiae Minoris Graecae et Latinae) 3,44 104 IGR 3,719 92

194 4,309 92 4,694 25 IGUR 1,160 36 3,1406 125 IHadrianoi 9 37 25 37 77 37 126 37 183 37 IJO 2,15 f 99 2,36 21 2,39 99 f 2,50 99 3, Syr10 100 IK (Inschriften griechischer Städte aus Kleinasien) 10,2 10 13,661 10 18,493 115 33,100 115 44,228 118, 120 IKibyra 44 111 147 36 269 39 IKios 22 138 IKyz. 2 92 86 37 ILabraunda 8A 34 39 39 ILaodikeia am Lykos 48 36

Inschriften

IMagnMai 117 107 122a 107 199 107 215 107 237 107 239 103, 107 241–250 103 IManisa 234 36 IMilet 940a–d 96 IOropos 521,62 38 525,68 f 38 529,22 f 38 IPerg 2,274 139 81 92 341 36 618 93 IPerinthos 49 104 IPhilippi (Pilhofer, Philippi) 002 75 004 74 f, 77 030 77 031 75, 79 037 75 043 75 074b 75 088 76 132 74 133 142 145 75, 77 201 74, 78 202 77, 80 203 74, 76 208 79 226 75 232 f 74 241 75, 80 243 78

Inschriften

249 76 254 78, 81 256 75 276 75 281 77 282 76 283 78, 81 289 75 296 75 340 78 376 75 395 78, 80 412 75, 79 414 78, 81 436 74 452 76 455 75 463 75 505 75 531a 75, 79 539 74 544 74 617 78 629 74 639 75 700–703 75 721 75 IPriene 105 132 131 37 313 36 IRhamnous 2,59 104 IRhod.Per. 12 146

IThèbes à Syène 211 106 JÖAI (Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Institutes in Wien) 31, 1940, 6–34 96 Kaibel, EG 208 115 261 119 374 122 443 118 651 119 946a 125 LBW 900 122 1724e 93 2322 118 3438 129 MAMA 3,349 53 6,335 34 6,17 34 7,235 f 46, 52 8,413 39 OGIS 6,31 f 39 176 105 178 105 326 142 458 72 755 98 756 98 773 104

ISardis 130a 36

SB 3,7182 146 f, 149–151, 153 5,7898 42 12144 13

ISmyrna 713 103 715 103 717 103 718 103 719 103 904a.b 103

SEG 7,1165 113 8,13 8 8,473 f 120 11,160 31 15,795 23, 51 15,810 36

195

196 16,645 37 18,143 29 20,741 37 26,1288 36 28,1148 34 29,250 31 29,1653 105 31,122 142 31,427 38 31,983 107, 138 33,307 31 33,350 39 33,609 31 34,1094 104 34,1469 32 35,1249 36 35,1232 36 35,1289 36 36,1080 36 37,1263 31 38,1445 39 40,1085 36 41,969 39 41,1070 36 41,1073 23, 51 41,1199 37 41,1365 36 42,1194 36 43,24 28 43,912 36 45,1174 31 45,1670 36 47,974 39 47,1729 37 47,1730 37 47,1732 f 37 48,992 53 49,1420 37 49,1720 159 50,1133 36 51,1697 37 52,418 31 53,1241 104 53,1344 164 54,652 103 57,1176 36 57,1186 160 57,1210 49 57,1223 159

Inschriften

57,1370 97 58,1481 97 59,1564 36 SGO 1, 03/02/62 1, 04/12/09 1, 05/01/63 1, 05/01/64 1, 07/02/02 2, 08/01/47 2, 08/04/01 2, 08/04/41 2, 08/06/99 2, 08/08/10 2, 08/08/16 2, 09/02/01 2, 09/05/40 2, 09/07/10 2, 10/03/03 3, 14/02/04 3, 16/01/01 3, 16/07/02 3, 16/23/06 3, 16/23/07 3, 16/46/01 4, 18/01/19 4, 18/15/13 4, 18/15/14 4, 19/17/03 4, 20/15/02 4, 21/09/01

117 116 118 119, 122 117 121 115 113 113 37 115 115 122 115 115 122 122 25 122 122 121 f 113 111, 119 118, 120 123 115 121

TAM 2,1026 39 3,872 96 5,1 130 49 5,1 323 157 5,1 360 36 5,1 701 36 5,1 702 36 5,1 707 36 5,1 768 36 5,2 1252 36 5,3 1758 37 ZPE (Zeitschrift für Papyrologie und ­Epigraphik) 126, 1999, 81 f 121

Papyri P.Bas. 16, 19–21 33 65 33 P.Lond. 6,1912 28 P.Mich. 5,243,2 146, 148 8,482 33 8,511 152

P.Oxy. 42, 3057

24

P.Tebt. 1,118 149 f, 153 1,177 149 1,224 149 f 3,2 894 137, 146, 149–151, 153

Autorenregister Accorinti, D. ​100 Adams, E. ​106, 134 Aland, B. ​17, 37 Aland, K. ​17, 37 Aleksova, B. ​96 Alföldy, G. ​15, 71 Almar, K.  P. ​47 Alston, R. ​18 Ameling, W. ​1, 14, 20, 23, 25, 29, 34, 49, 70 f, 98 f, 100, 164, 170 Anderson, J. G. C. ​7 Angeli Bertinelli, M. G. ​49 Angerstorfer, A. ​48 Arndt, W.  F. ​37 Arnold, C.  E. ​164 Arzt-Grabner (Arzt), P. ​2, 27 f, 30, 32 f, 40 f, 74, 133 Ascough, R. S. ​3, 30, 93, 103, 134 f Athanassiadi, P. ​99 Auffarth, C. ​178 Aune, D.  E. ​41 Ausbüttel, F.  M. ​145 Bagnall, R.  S. ​134 Baker, M. ​98  f Barton, St. ​132 Bauer, W. ​17, 37 Bazzana, G.  B. ​133 Beckby, H. ​113, 115, 118 f, 121, 123 Becker, E.  M. ​133 Beintker, M. ​125 Belayche, N. ​156, 162, 189 Bendlin, A. ​143–145 Benko, S. ​132 Benyik, G. ​127 Berger, K. ​9, 41 Bernand, E. ​95, 105 f Bernays, J. ​8 Bilabel, F. ​120 Billerbeck, P. ​21 Binder, D.  D. ​98 Bingöl, O. ​106  f

Bleicken, J. ​47 Blumell, L. ​133 Bodard, G. ​102 Boffo, L. ​9 Bohn, R. ​93 Bormann, L. ​73, 75, 79, 92 Börstinghaus, J. ​73, 89, 135 Bradshaw, P.  F. ​136 Brandenburger, S.  H. ​72 Brandt, B. ​66 Bray, G. ​173 Bremmer, J.  M. ​24 Brooten, B.  J. ​130 Brown, P. ​8 Buckler, W.  H. ​34 Buresch, K. ​36 Burrows, M. ​132 Burtchaell, J.  T. ​131 Calder, W. M. ​23, 34, 51 Callon, C. ​133 Cameron, A. ​99 Cameron, R. ​131, 135 Carter, W. ​71 Catling, R. W. V. ​46, 48 Cavassini, M.  T. ​33 Chaniotis, A. ​38, 156, 161 f, 164–166, 170 f Chankowski, V. ​144 Chiai, G.  F. ​162 Chiricat, E. ​24 Choat, M. ​134 Chuvin, P. ​100 Clauss, M. ​71, 75, 78, 84, 87, 89, 92 Clivaz, C. ​134 Cobet, J. ​106 Cockle, W. E. H. ​28 Collins, A. Y. ​83, 88, 92 Collins, J.  J. ​18 Colpe, C. ​41 Colvin, S. ​161 Conison, A. ​143 Corsten, S. ​54

Autorenregister

Corsten, Th. ​2, 7, 36, 47, 51 Cotton, H. M. ​20, 28, 38, 161 Cougny, E. ​118  f Cox, C. ​18 Cribiore, R. ​18 Crönert, W.  O. ​121 Cugusi, P. ​40 Cumont, F. ​7, 24, 119, 121 f Dana, D. ​46 Danker, F.  W. ​37 Dassmann, E. ​69 Davies, J. ​54 Davila, J.  R. ​83 Dawid, M. ​66 De Blois, L. ​156 De Hoz, P. ​161, 179 De Ligt, L. ​13 De Rossi, G. B. ​129 Deines, R. ​164 Deissmann, A. ​5 f, 23, 28 f, 31–33, 38, 43, 93–95, 98, 106, 110, 132, 151 Del Tredici, K. ​92 Delehaye, H. ​54 Delling, G. ​5 Destephen, S. ​24, 50, 53, 55, 58 Dignas, B. ​52 Dobbeler, A. v. ​82 Dobias-Lalou, C. ​47 Dobschütz, E.v. ​5 Donati, A. ​49 Dormeyer, D. ​41, 92 Downs, D. J. ​134, 151 Dresken-Weiland, J. ​48, 53 Dubois, L. ​10, 47 Dumézil, B. ​24, 50 Duncan-Jones, R. ​143 Dunn, J. D. G. ​17, 153 Ebel, E. ​2, 7, 73, 89, 134 f Ebner, M. ​70  f Eck, W. ​13–16, 49 Edgar, C. C. ​147 f Egelhaaf-Gaiser, U. ​70 Ehrman, B. ​108, 133 Eitrem, S. ​120 Elliott, S. ​163 Ellis, E.  E. ​41 Engster, D. ​92

Epp, E.  J. ​133 Erlemann, K. ​7, 82 Ernst, M. ​29  f Esch-Wermeling, E. ​70  f Ettl, C. ​72 Eve, E. ​92 Fantham, E. ​47 Faraone, Ch. A. ​34, 156 Fazakas, S. ​125 Feissel, D. ​54 Felle, A. E. ​7, 11 Fikhman, I.  F. ​147 Fishwick, D. ​78 Flint, P.  W. ​18 Fragiadakis, Ch. ​40 Frede, M. ​99 Frettlöh, M.  P. ​126 Friedrich, G. ​132 Friesen, S. J. ​145, 151 Funke, P. ​49, 156 Furneaux, H. ​51 Gabba, E. ​8 Gagarin, M. ​47 Gassner, V. ​66 Gebhard, E. ​96 Georgi, D. ​71 Georg-Zöller, Ch. ​92 Geraty, L.  T. ​14 Gerber, A. ​5  f Geyer, U. ​89 Gibbs, M. ​148 Gibson, E. ​50, 54 Gielen, M. ​35, 71 Gingrich, F.  W. ​37 Giovannini, A. ​9 Glasscock, E. ​171 Goldhahn-Müller, I. ​173 f, 176 Gordon, R. ​155, 160 f, 165, 167, 170 f Gore, Ch. ​130 Graf, F. ​162, 178 Gräßer, E. ​41 Greenspoon, L.  J. ​18 Grégoire, H. ​7 Grundmann, W. ​166 Guarducci, M. ​23 Guillaume, Ph. ​14 Gutsfeld, A. ​131

199

200

Autorenregister

Haehling, R. v. ​92 Hahn, J. ​156 Hahn, U. ​75, 156 Haines-Eitzen, K. ​134 Hanges, J.  C. ​134 Harland, Ph. A. ​30, 70, 93, 103, 134 Harris, W.  V. ​17 Harrison, J. R. ​29, 41, 132, 135 Hatch, E. ​129 f, 132 Hauser, L. ​92 Häussler, R. ​162 Heen, E.  M. ​88 Heid, S. ​25 Heiligenthal, R. ​82 Heimbrock, H.  G. ​71 Heininger, B. ​74 Hemelrijk, E.  A. ​13 Hengel, M. ​6, 42, 162 Hengstl, J. ​18, 133 Henrichs, A. ​92 Hermary, A. ​38 Herrenbrück, F. ​16 Herz, P. ​70  f Herzer, J. ​18, 28, 133, 164 Hezser, C. ​17 Hicks, E.  L. ​117 Hieke, T. ​72 Hirt, M. ​9 Hoffmann, P. ​119 Holmes, M.  W. ​133 Hommel, H. ​161 Hoppe, R. ​71 Horbury, W. ​6 Hordern, J. ​121 Hornblower, S. ​34 Horrell, D. G. ​130, 134 Horsley, G. H. R. ​7, 10, 29, 46, 52, 56, 132 f Horsley, R. A. ​88, 134 Horstmanshoff, H. F. J. ​161 Houwink ten Cate, P. H. J. ​58 Hoyland, R. G. ​20, 161 Hübner, S. ​49

Jones, H.  S. ​82 Jongman, W. ​146 Jördens, A. ​16 Judge, E. A. ​132, 135

Inglebert, H. ​24, 50

Labahn, M. ​92, 133 Ladstätter, S. ​61, 66 f Lambertz, M. ​147 Lampe, G. W. H. ​8 Lampe, P. ​85, 152 Last, R. ​94, 147

Jaccottet, A.  F. ​142 Jaeger, B. ​38 Johnson, C. ​54 Johnson, M.  E. ​136

Kaibel, G. ​115, 117–119, 122, 125 f Kajanto, I. ​48 f, 55, 57 Karusos, Ch. ​121 Karwiese, St. ​61 Kaufmann, C.  M. ​8 Keil, J. ​158 Keydell, R. ​123 Kierdorf, W. ​88 Kim, T.  H. ​83 Kingsbury, J.  D. ​85 Klauck, H. J. ​9, 70–72, 156, 162 f, 166, 168, 171, 173, 175 f Kleijwegt, M. ​146 Klein, H. ​73 Kloner, A. ​14 Kloppenborg, J. S. ​3, 7, 27, 30, 42, 93, 95, 103, 129, 131, 133–135, 141, 150 f Kneissl, P. ​13 Knibbe, D. ​61 Koch, D. A. ​69, 131 Koch, G. ​51 Kolb, F. ​96, 97 Kolendo, J. ​96, 109 Kollmann, B. ​92 Konradt, M. ​85 Korečkova, A. ​113 Köster, H. ​94 f, 109 Kramer, B. ​30 Kramer, N. ​92 Krause, J.  U. ​35 Kreinecker, Ch. M. ​27, 133 Krinzinger, F. ​61  f Kritzer, R. E. ​28, 30, 32, 41 Kruse, C.  G. ​171 Kubińska, J. ​142 Kügler, J. ​71 Kunst, C. ​75

Autorenregister

Lattimore, R. A. ​113, 119 Le Bas, Ph. ​113, 117 f, 122, 129 Lee, J. A. L. ​29 Lewis, G.  S. ​83 Lichtenberger, H.  P. ​126 Liddell, H.  G. ​82 LiDonnici, L.  R. ​9 Liebengood, K. ​134 Liu, J. ​144  f Llewelyn, S. R. ​18, 24, 29, 132 f Lochman, T. ​23, 51 Lohfink, G. ​89, 90 Lona, H.  E. ​69 Longenecker, B. ​134, 151 Lösch, St. ​9 Losemann, V. ​13 Luchesi, B. ​162 Luijendijk, A. ​134 Luppe, W. ​30 Luz, U. ​126 Macready, S. ​97 Maehler, H. ​30 Magen, I. ​87 Malay, H. ​116, 138, 159 Mandouze, A. ​56 Marchand, F. ​46, 48 Maresch, K. ​150 Mason, St. ​135 Masson, O. ​47 Matthews, E. ​46–48 Maurer, Ch. ​126 Mayordomo-Marín, M. ​85 Mazzoleni, D. ​48, 49, 55 McKechnie, P. ​14 McLean, B. H. ​23, 25, 129 Meeks, W. A. ​130, 134, 151 Mell, U. ​88 Melzer-Keller, H. ​80 Merkelbach, R. ​11, 25, 33, 37, 111, 113, 115–123 Merkt, A. ​48 Metzner, R. ​171, 173 f, 176 Michel, 8 Millar, F. G. B. ​28 Miller, K.  M. ​168 Miller, M. P. ​131, 135 Milligan, G. ​29, 37, 43, 106, 132, 166 Miltner, F. ​67  f

201

Minnen, P. V. ​147, 152 Mitchell, St. ​10, 23, 25, 49, 98 f, 162, 170 Mjely, A. M. ​96–98, 101, 109 Möbius, H. ​117 Mommsen, Th. ​8, 129 Mordtmann, J.  H. ​121 Morenz, S. ​92 Moretti, L. ​125 Moulton, J. H. ​28 f, 37, 43, 106, 132, 166 Mowery, R.  L. ​85 Moxter, M. ​71 Müller, H.  P. ​69 Müller, U.  B. ​81–83 Münter, F. ​5 Naldini, M. ​33 Nesselrath, H. G. ​69, 117 Newman, C.  C. ​83 Niebuhr, K. W. ​164, 165 Niehr, H. ​14, 20 Niemeier, W.  D. ​106 Nock, A.  D. ​105 Noethlichs, K.  L. ​7 Nollé, J. ​111, 113, 119 Norden, E. ​11  f Noy, D. ​6–8 O’Rourke, J.  J. ​132 Obbink, D. ​34, 156 O’Callaghan, J. ​33 Ogereau, J.  M. ​133 Öhler, M. ​4, 134, 144 Oliver, J. H. ​8, 28 Olsson, B. ​98 Ostmeyer, K.  H. ​133 Painter, J. ​172  f Papathomas, A. ​28, 32, 41, 55, 166 Patte, D. ​126 Peek, W. ​111, 114 f, 117 f Peppard, M. ​84 Peres, I. ​113, 115, 117–119, 125, 127 Pernot, L. ​34 Pesce, M. ​27 Pesch, R. ​17 Petersen, S. ​80 Pettazzoni, R. ​159 Petzl, G. ​10, 116, 155, 157, 159, 162, 164–166, 168, 182

202

Autorenregister

Pfanner, M. ​89 Pfetsch, F.  R. ​161 Pfuhl, E. ​117 Phillips, L.  E. ​136 Pietersma, A. ​18 Pietri, Ch. ​58 Pietri, L. ​58 Pilhofer, P. ​6, 17, 35, 73–81, 89, 112, 134, 135 Pillinger, R. ​61 Plümacher, E. ​69 Porter, St. E. ​41 Preger, Th. ​11 Preisigke, F. ​120 Premerstein, A. v. ​158 Price, J. J. ​19 f, 22, 161 Price, S. F. R. ​71, 78 Prostmeier, F.  R. ​92 Purcell, N. ​141 Radt, W. ​70 Rathmayr, E. ​61 Rawson, E. ​95 f, 101 Reekmans, T. ​148 Reichmann, V. ​37 Reilly, L.  C. ​147 Reitz, Ch. ​92 Retzleff, A. ​96–98, 101, 109 Rey-Coquais, J.  P. ​100 Reynolds, J. ​102 Ricl, M. ​48, 159 f, 164, 182 Riemer, U. ​75 Riese, A. ​121 Ritter, H.  W. ​75 Robert, L. ​8–10, 24, 34 Roberts, C. ​105 Roitto, R. ​172, 174 f, 178 Roques, D. ​55 Rostad, A. ​156, 158, 160 f, 163, 165–167, 170 Roth, D. ​133 Roueché, Ch. ​97–100, 102, 109 Rühl, M. ​69 Runesson, A. ​98, 133 Sacco, G. ​36  f Salomies, O. ​48 Salway, B. ​47 Sanday, W. ​130

Sänger, D. ​88 Saria, B. ​96 Sato, M. ​85 Schade, H.  H. ​125 Schäfer, A. ​70 Schede, M. ​38 Scheidel, W. ​145 Scherrer, P. ​61, 70 Schiffmann, L.  H. ​14 Schinkel, D. ​69, 131 Schmeller, Th. ​71, 129 Schmidt, St. ​115 Schnabel, E.  J. ​163 Schnackenburg, R. ​13, 173, 176 Schnelle, U. ​6, 30, 173–176 Schnur, H.  C. ​143 Schoedel, W.  R. ​108 Scholer, D.  M. ​132 Scholl, R. ​42 f, 147 Schreiber, St. ​72 Schrijvers, P.  H. ​161 Schuchhardt, C. ​93 Schuler, Ch. ​92 Schürer, E. ​13, 15 Schwartz, S. ​19–21 Schwarzer, H. ​70 Schwertheim, E. ​159 Scott, R. ​82 Seelig, G. ​5, 30, 32 Sehlmeyer, M. ​90 Siegert, F. ​69 Sijpesteijn, P. ​16 Singor, H.  W. ​13 Skeat, Th. C. ​105 Slater, W.  J. ​144 Small, D. B. ​97, 101 Smith, D. ​94 Smith, J.  Z. ​131 Smith, R. R. R. ​52 Snyder, G.  F. ​102 Söding, Th. ​82 Solin, H. ​40, 47, 49, 51–58 Spahlinger, L. ​92 Spallek, A. ​38 Speyer, W. ​32 Stählin, G. ​166 Standhartinger, A. ​92 Stange, E. ​5 Stanton, G.  R. ​33

Autorenregister

Stark, R. ​24 Stauber, J. ​11, 25, 33, 37, 111, 113, 115–123 Stauffer, E. ​71 Stegemann, E. ​176 Stein, A. ​11 Steinleitner, F. S. ​155, 158 f, 162, 166 Steinleitner, S. ​158 Stepper, R. ​75 Sterck-Degueldre, J.  P. ​73 Sterling, G.  E. ​18 Still, T. D. ​130, 134 Stirewalt, M. L. ​40 f Stowers, S.  K. ​135 Strack, H.  L. ​21 Strang, J.  R. ​142 Strange, J.  R. ​165 Strasser, J.  Y. ​38 Strecker, G. ​30–32, 173 f, 176 Strelan, R. ​92 Strobel, A. ​41 Strocka, V.  M. ​67 Strubbe, J. H. M. ​34 Stuckrad, K. v. ​162 Swidler, A. ​130 Swidler, L. ​130 Taeuber, H. ​2, 40, 61, 66 Theißen, G. ​9 Theobald, M. ​82 Thompson, F.  H. ​97 Thonemann, P. ​23 f, 52 Thür, G. ​156 Thür, H. ​61, 66, 70 Thüry, G.  E. ​40 Tobin, J. ​34 Tov, E. ​18 Trebilco, P. ​34, 134 Turpin, W. ​47 Ulrich, E. ​18 Van der Eijk, P. J. ​161 Van der Horst, P. W. ​34, 100 Van der Merwe, D. G. ​171, 173–176 Van der Watt, J. G. ​172, 175 f Van Graeve, V. ​106 Van Kooten, G. H. ​134 Van Nijf, O. ​95 f, 101, 146 Van Unnik, W. C. ​41

Van’t Dack, E. ​148 Vanderkam, J. ​18 Vandorpe, K. ​144 Vearncombe, E. ​133 Vegge, I. ​41 Vélissaropoulos-Karakostas, J. ​156 Venticinque, P.  F. ​148 Verboven, K. ​144, 147 Versnel, H. S. ​156, 160 Veyne, P. ​19, 147 Vogel, L. ​89 Vögtle, A. ​83 Vollenweider, S. ​69, 88 Waddington, W. H. ​113, 117 f, 122, 129 Waelkens, M. ​23, 25 Walch, J. E. I. ​5 Walser, A.  V. ​52 Waltzing, J.  P. ​142 Ward, A. ​54 Watson, L. ​34 Weber, E. ​49 Weinreich, O. ​9, 11 f Welles, Ch. B. ​28, 41 Wengst, K. ​15, 71, 176 Wessely, C. ​33 White, J. L. ​41, 133 Wilcken, U. ​33 Wilhelm, A. ​9 Wilken, R.  L. ​132 Wilkes, J. ​54 Wilson, S. G. ​7, 135 Winterling, A. ​71 Wiseman, J. ​96 Witschel, Ch. ​71, 91 Wittenburg, A. ​139, 145 Witulski, T. ​71 Wolter, M. ​9 Wünsch (Wuensch), R. ​32, 39 Yeivin, Sh. ​105 Youtie, H.  C. ​17 Yuen-Collingridge, R. ​134 Zangenberg, J. ​92 Zanker, P. ​71, 89 Zappella, M. ​29 Zeller, D. ​71, 85 Zgusta, L. ​58

203

204 Ziebarth, E. G. L. ​136 Ziethen, G. ​92 Zimmermann, C. ​105 Zimmermann, N. ​48, 53, 61, 67 f

Autorenregister

Zimmermann, R. ​86, 92, 133, 175 Zingerle, J. ​166 Zuiderhoek, A. ​22 Zumstein, J. ​134

Sachregister Aberglaube / ​superstitio ​12, 51 Abgrenzung ​69, 71, 81, 83, 176 Antonius ​73, 76 – Antonius Felix ​15 Aphrodisias ​3, 37, 39, 96 f, 99 f, 102 (Johannes‑)Apokalypse ​63, 176 Apostel ​48, 54, 108 f – apostolisch ​112, 114, 117, 120, 122, 124–126 Apostelgeschichte ​11 f, 16, 50, 73 Appia  / ​Apphia ​35–37, 58 aramäisch ​38, 13 f, 19, 22 Archippos ​35, 37 Artemis ​56, 104, 106–108, 169 – Artemispriesterin ​s. Priester – Priester der Artemis Sotoreia ​137 Augustus ​70, 72–77, 79, 89, 91 f Asia ​12, 35, 58, 68 – Kleinasien / ​Asia Minor / ​kleinasiatisch ​ 25, 58, 65, 161, 163 – kleinasiatische Inschriften ​92, 155 Athen ​11 f, 47, 49 f, 53, 58, 97, 101, 125, 137, 145 f, 148, 152 Attika ​28, 31, 39 f, 47 Auferstehung ​67, 82 f, 118, 120, 125 Autorität / ​autoritativ ​17, 172, 177, 184 Barnabas ​125 Begräbnis ​143, 145, 148 – Begräbnis‑ 95, 136, 139–142 – Begräbnisgebühr ​s. Gebühr – Staatsbegräbnis ​88 Bescheidenheit ​48–50, 57, 59 Bier ​147, 149  f Bischof / ​ἐπίσκοπος ​48, 52–59, 129, 131 „Blaue“ 99 f, 102 Blut Christi ​172, 183 Brief / ​brieflich ​3, 18, 22, 24, 31, 33, 40 f, 81 f, 98, 105 f, 108 f, 117, 125, 133, 135, 152 – Briefwechsel ​73 – Ignatiusbrief ​3, 108  f – Jakobusbrief ​164  f

– Kaiserbrief ​28 – Paulusbriefe ​31, 40 f, 50 – Galaterbrief ​163  f – Philipperbrief ​73, 82, 88 – Römerbrief ​82 – Zweiter Korintherbrief ​109 – Privatbrief / ​private Briefe ​33, 40 f, 106 Bronze ​13 f, 174–176, 178 Brot ​24, 50, 65, 135 f, 138 f, 143 f, 149, 153 Bruder ​168  f, 174–178 – ἀδελφός ​18, 169, 172, 174 – Brudermord ​175 (römisches) Bürgerrecht / ​römischer Bürger ​ 36, 46 f, 49, 57, 59 centurio ​18, 76 Christinnen und Christen ​6, 8, 18, 23–25, 33, 45–59, 68–73, 80, 82, 117, 123–125, 145, 151 – Christentum ​23, 45 f, 49–51, 54, 56 f, 59, 61, 66, 70, 80, 91, 131, 134, 159, 163 – Christenverfolgung (Decius, Diokletian) ​ 67 f – Christusanhänger ​95, 101 f, 106, 108 f christliche Gruppierungen / ​Gemeinden ​ 3, 42, 50, 95, 108 f, 129 f, 130–132, 134 f, 145, 150–153 – „Christen für Christen“-Formulierung / ​ -Inschriften ​50, 54, 59 – Nicht-Christen ​59 Christologie  / ​christologisch ​82, 85, 114, 120, 174, 177 collegium ​96, 106, 130, 132, 141–145, 147 f, 151, 153 Constitutio Antoniniana ​46, 48 f, 52 f, 59 cultores von Diana und Antinoüs ​139, 145, 151 Datenbank ​11, 27, 30, 72 Decius ​67  f Delos ​104, 138, 146 Denar / ​denarius ​64–66, 143  f

206

Sachregister

Diakon ​108  f, 135 Diaspora (‑Synagoge) ​34, 130 f Didyma ​37, 96, 103 Dionysios ​10, 45–47, 53, 58, 138, 168 f Dionysos ​56, 58, 97, 101, 104, 107, 141 Divinisierung ​87–90, 120 – Divinisierungsbeschluss ​84, 87  f Domitian ​77, 80, 89, 143 Dorf / ​dörflich ​4, 17 f, 27, 94, 159, 169 f δόξα ​41 – δόξα Gottes ​s. Gott drachma ​137, 140, 142, 146, 148 f, 153 δύναμις ​84 f, 167, 180 Edikt ​13, 28 – kaiserliches Edikt ​8 Ehe  / ​ehelich ​122, 158 – Ehebruch, ‑brecherin ​63, 122 – Ehefrau ​75, 77, 79 f, 87 – Ehemann ​79 – (Herrscher‑) Ehepaar ​77, 79, 124 Ephesos / ​Éphèse / ​ephesisch ​2 f, 10, 35–37, 39, 50, 53, 57, 61, 63, 66, 70, 103 f, 108, 117, 151 – Ephesier ​61, 66 Epidauros Epigraphik ​1, 5–8, 10 f, 13, 20, 23 f, 26, 30, 43 f – „epigraphic habit“ 2, 7, 19, 22 – Epigraphikerinnen und Epigraphiker ​ 11, 13, 26, 29 epigraphisch ​1, 3, 6, 19 f, 24–29, 31–33, 36–38, 43 f, 50 f, 61, 67, 72–74, 77, 79–82, 87, 90, 92 f, 95, 106, 110, 127, 129, 132, 134, 155 – Epigraphische Kommentare zum Neuen Testament ​4, 27, 30, 43 Epitaph,-stein, ‑inschrift ​25, 34, 126 erotisch ​121  f Eschatologie  / ​eschatologisch ​3, 112–114, 117, 120–127 Essen und Trinken ​136, 138 f, 141, 145 Ethik / ​ethisch ​3, 21, 120, 123, 164 f, 175 – Staatsethik ​41 Ethos ​164, 177 f, 184 eucharistisch ​3, 136 – panis eucharisticus ​50  f Euergetismus / ​euergetistisch / ​Euergeten ​ 19–22

Eumeneia-Formel ​50 Eusebius ​53 Evangelium / ​εὐαγγέλιον ​38 f, 72, 82, 122, 124, 132, 163 Familie ​45, 47–52, 56 f, 59, 78, 80, 85, 101, 115, 122, 167, 184 – Familienmetaphorik ​175 – Familienmitglied ​54, 78, 184 – Familientradition ​80 Fayum / ​fayumisch ​104–106, 146 f, 150, 152 Festus ​15 Flavier  / ​flavisch ​77, 80, 92 Fluch / ​fluchen ​31–34, 122, 164, 170, 179 – Fluchformel ​31, 33 f, 50 Fluchtafeln ​158, 160, 162 f, 166 – Verfluchung / ​Verfluchter / ​verfluchen ​ 31–34 forensisch ​165, 182 Friedhof  / ​Nekropole ​93–95, 121 – Friedhofspoesie ​126 frühbyzantinisch ​31 Freigelassene ​36, 39, 57, 77 Fürbitte, ‑bitter, ‑bittgebet, ‑bittend ​ 172–174, 178 Gabe, Spende, Stiftung ​3, 20–22, 103, 120, 136, 139–145, 150, 152 f, 168 Gabriel ​84  f Gaius Iulius Caesar ​76 Galatien ​50, 96, 151, 164 – Galater ​164 – Galaterbrief ​s. Brief – südgalatische Hypothese ​164 Ganymed ​122 Gast ​94, 139, 147–150 – Gastfreundschaft ​64 – Gastmahl ​s. Mahl Gebet ​120, 160 f, 166, 184, 173, 178 Gebühr ​3, 136 f, 145 f, 148, 153 – Begräbnisgebühr ​143, 148 – Eintrittsgebühr ​145  f – Initiationsgebühr ​136, 145, 152 – Mahlgebühr ​148, 152 Geld ​3, 16, 129, 137, 139 f, 144, 147 – Geld‑ 152, 141 f Gemeinde ​21 f, 29, 42, 69, 73, 173–178, 180

Sachregister

– ἐκκλησία ​22, 130 f, 134, 175 – johanneische Gemeinde ​177 f, 181 Gemme ​8 Gerechtigkeit  / ​δικαιοσύνη ​38, 117, 156, 160–162, 166 f, 170 – gerecht / ​δíκαιος ​115 f, 177 f, 182 f – Ungerechtigkeit / ​ἀδικία / ​ungerecht ​115, 173, 183 Gladiator ​66, 103, 124 Gott / ​Göttin / ​Götter / ​göttlich ​11 f, 23, 34, 42 f, 45 f, 58, 64, 67, 71, 77 f, 80, 82–88, 92, 87, 90, 113–115, 117, 119 f, 122, 125 f, 156–158, 160 f, 163 f, 165–173, 175–177, 180–183 – divus, ‑i, diva / θεός ​2, 75–81, 83 f, 86–92 – δόξα Gottes ​180 – Geist Gottes ​85 – Gnade Gottes ​117 – Götterkult ​s. Kult – Göttername ​s. Name – Götterwelt, ‑kult, ‑statuen ​176 – gottesfeindlich ​180 – Gottesfürchtige ​98 – Gottesgericht / ​Gericht Gottes / ​Richterstuhl Gottes ​117, 125 f, 178, 180 – Gotteslob ​163 – Gotteslüge ​175 – Gottesknecht / ​‫ יהוה עבד‬42 – Gottessohnschaft / ​Sohn Gottes / ​Gottessohn, ‑söhne ​81–87, 175, 179 – υἱὸς τοῦ θεοῦ ​82–86 – θεοῦ υἱός / ​divi filius ​78, 81, 85, – Gottesverhältnis, ‑beziehung ​156, 166–168, 170, 179, 181 – gottgemäß ​171, 184 – Gottheit ​43, 53, 56, 70, 78, 115, 155–163, 166–171, 177, 180–184 – göttliche Verehrung ​78, 88 – Göttlichkeit ​78, 80 f, 90 f – Hand Gottes  / ​θεοῦ χεῖρ ​9 – Halbgötter  / ​ἡμίθεος ​117, 120 – Kriegsgott ​46 – Mittlergottheit ​160 – Schicksalsgöttinnen ​116, 123 – Staatsgott, ‑göttin, ‑gottheit ​87 – φιλόθεος / ​φιλοχήρα ​50 – θεοσεβίον ​98  f – Vergöttlichung  / ​vergöttlicht ​s. auch Di­vi­ nisierung ​69, 75–81, 83, 87–90, 117, 125

207

– Weingott ​45 Grab ​22, 25, 34, 68, 112 f, 116–119, 121–125 – Arcosolgrab ​67  f – Bodengrab ​68 – Grabbau  / ​-bauer, ‑monument, ‑mal ​25, 33, 66, 120f Grabinschrift, ‑epigramm, ‑text ​3, 10 f, 20, 22 f, 25, 33 f, 50–52, 78, 111–114, 116–126 Grabschänder ​33  f – Grabstein ​25, 49–51, 75, 78, 111, 115 – Grabstele ​23, 118, 126 – leeres Grab ​9 Graffiti ​2, 40, 61 f, 65 f, 102, 105, 143 „Grüne“ 99 f griechisch ​3, 6, 11, 13 f, 17–20, 24, 28 f, 34, 36, 38, 42, 45–49, 55, 62, 70, 74, 78, 80, 96 f, 100, 111–114, 117, 120 f, 123–126, 130, 132, 134 f, 138 159 f, 163, 166 f, 179 – Griechenland ​52 f, 55, 19, 23, 35, 37 – griechische Inschrift ​7, 14, 19, 37, 74 f – griechischer Osten ​51, 53, 55 f, 65, 75 – griechisch-römisch ​3, 20, 23, 27, 32, 35, 38–40, 42, 69, 81, 127, 132, 157, 169, 176 f – nichtgriechisch ​56 Hades ​111, 113–115, 121–123, 126 Hadrian ​28, 78–81, 86, 97, 137, 144 Handel ​70, 147, – Handelsmetropole ​66 – Händler ​3, 102, 105 f, 147 Handwerk ​97, 100, 103, 105 Haus / ​οἶκος / ​häuslich ​35, 78, 113 f, 136, 138 f, 147, 176 f – Hanghaus ​2, 61 f, 64 f, 67 – Hausdiener ​39 – Hausgemeinde ​35–37, 181 – Haushalt ​64 f, 106, 130, 135 – Hausverband ​35 – Hausverwalter ​65 – Häuserblock ​62 – Kaiserhaus ​s. Kaiser – Lehrhaus ​21 – οἰκονόμος ​39 – Zollhausabrechnung ​16 hebräisch ​13, 19, 38, 63, 132 – Hebräer ​99, 101

208

Sachregister

heidnisch ​s. auch pagan ​8, 21, 23, 25, 45, 48, 50, 52–56, 58 f, 68 Heilungswunder ​6, 9, 92 Herodes ​49, 85, 146, 149 Heroen ​12, 116 f, 120, 140 Hierapolis ​37, 52 f, 97, 155, 168 Hierarchie / ​hierarchisch ​15, 77, 97, 101, 153 Himmelfahrt ​89  f Hinrichtung ​12–14 Hellenismus / ​hellenistisch ​28, 32, 38, 41, 111, 125 f, 132, 165 f, 179 – hellenistisches Judentum ​6, 13 – hellenistische Zeit ​11, 37, 96 f, 127, 138 – Panhellene ​146 – späthellenistisch ​36  f, 117 Holz ​13, 16, 65, 152 – Holztafel  / ​-täfelchen ​13, 27 homerisch-hesiodisch ​111 Identität – Identitäts(findungs)prozess ​69, 178 – Identitätskonstruktion, ‑neukonstituierung ​177 – Identitätsmarker ​95, 172 Ignatius ​108  f, 153 Inschrift ​1, 3 f, 6, 8, 10–16, 19 f, 22, 29, 31, 33 f, 37–39, 45, 50, 52, 72, 75–81, 91 f ​ 94–96, 99, 101, 103 f, 106–108, 114, 117, 119 f, 122 f, 132, 137, 156–158, 160 f, 164, 167, 170 – Aberkios-Inschrift ​23 – Bauinschrift ​19, 22, 78 – Beichtinschrift ​3, 155–166, 169–171, 177, 179–184 – Ehreninschrift ​10, 19, 34 f, 75, 77 f, 80 – Epidaurische Iamata / ​ἰὰματα / ​Heilungsinschrift ​6, 9 – Epigramm, ‑schreiber ​64, 111, 115, 119, 121 f – Epitaphinschrift ​s. Epitaph – Euergetismus-Inschrift ​20 – Grabinschrift ​s. Grab – griechische Inschrift ​s. griechisch – Kaiserinschrift ​s. Kaiser – Kalenderinschrift von Priene ​72, 91 – kleinasiatische Inschriften ​s. Asien – lateinische Inschrift ​s. lateinisch – lydische Inschrift ​s. Lydien

– Memorialinschrift ​13 – pagane Inschrift ​s. pagan – philippische Inschrift ​s. Philippi – Pilatus-Inschrift ​14 – Pilgerinschrift ​67 – phrygische Inschrift ​s. Phrygien – Sepulkralinschrift ​s. sepulkral – stadtrömische Inschrift ​s. Rom – Steininschrift ​s. Stein – Stifter-Inschrift ​22 Sühninschrift  / ​Versöhnungsinschrift ​156, 158 f, 160 f, 170 Theodoros-Inschrift ​165, 168, 182 – Theodotos-Inschrift ​19  f – τόπος-Inschrift ​s. Sitzplatz – Vereinsinschrift ​84, 129 – Versöhnungsinschrift ​160  f, 170 – Weihinschrift ​105 Iobakchoi ​137, 145 Ionia ​34, 36, 137 f Isis ​42, 56, 138, 147, 153 isopsephisches Rätsel ​62 (Süd‑)Italien ​35–37, 52 Jakobusbrief ​165 Jenseits ​113, 123, 126 Jerusalem ​2, 14, 17–20, 22 f, 35, 90, 94, 132, 151 Jesus ​3, 6, 8 f, 16–18, 25 f, 71 f, 81–88, 90, 94, 108, 117, 125 f, 178, 182 – Jesusbewegung ​24, 130  f – Jesus-Worte ​25 Johannes (Evangelist) ​13–15 Johannes (Jünger) ​17 Johannes (Name) ​54–56, 58 Johannes der Täufer (s. auch Taufe) ​83, 86 Johannes (Theologos) ​61 – johanneische Gemeinde ​s. Gemeinde – Johannesapokalypse ​s. Apokalypse – Johannes Chrysostomos ​54 – Johannesbasilika ​61 – Johannesbriefe ​175, 180 – 1. Johannesbrief ​3 f, 155, 171, 175, 177, 179–181, 183 f – Johannesevangelium ​1, 86, 92, 173 Josephus ​8, 20 f, 98, 105 Juden / ​jüdisch ​14, 17, 20, 38, 49, 53, 58, 98–100, 104 f, 130–132 – Hebräer ​s. hebräisch

Sachregister

– hellenistisches Judentum ​s. Hellenismus – (Früh‑)Judentum ​38, 70, 81, 98 – Nichtjuden ​14, 98, 125 Juno, Juppiter ​78–80 Justinian ​46, 54, 56 – justinianische Zeit ​61 Juvenal ​8, 163 Kain und Abel ​176 Kaiser / ​kaiserlich ​2, 40, 50, 63, 66 f, 69–72, 74 f, 77–81, 84–92, 103, 144 – Gegenkaiser ​84 – Kaiserapotheose ​89 – Kaiserbild ​176 – Kaiserbrief ​28 – Kaisergattin ​77 – Kaiserhaus ​78 – Kaiserinschrift ​82 – kaiserkritisch ​69, 72 f, 74, 86, 91 – Kaiserkult ​66, 70–72, 74, 78–80, 83, 88, 91 – kaiserliebend ​99 – kaiserlicher Freigelassener ​39, 141, 143 – kaiserliches Edikt ​s. Edikt – Kaiserpriesterin ​111, 119 – Kaisertitulatur ​80 – Kaiserthron ​92 – Kaiserverehrung ​71 Kaiserzeit / ​kaiserzeitlich ​11, 13, 16, 26, 33, 35, 40, 61, 65, 96, 103 f, 109, 111 f, 126 f, 141 f – frühe Kaiserzeit  / ​frühkaiserzeitlich ​11, 36 f, 45, 47, 52, 90 – hohe Kaiserzeit ​10, 23, 61, 66 – späte Kaiserzeit ​97 – vorkaiserzeitlich ​53 Katakomben ​51, 53 – Priscilla-Katakombe ​10 Keramik ​13 – keramion ​149  f Kind ​34, 54, 57 f, 76, 80, 116, 120, 122, 124, 165, 168, 172, 176 – Kindheitsgeschichten ​85 Knidos ​158, 160, 163 Kolonie / ​colonia ​23, 73–79, 90 Konsekrationsritual ​89 Konstantin ​2, 53 f, 56, 102 – konstantinische Wende ​7, 10, 46, 53 f, 59 – vorkonstantinische Zeit ​23

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Kontinuität und Diskontinuität ​69 Koran ​67 Korinth ​29, 31, 50, 53, 59, 180 – Korinther ​125 – Korintherbrief ​s. Brief Kreuz ​1, 24, 50 f, 102 – Kreuzabnahme ​13 – Kreuzigung / ​Gekreuzigter / ​gekreuzigt ​ 8, 13, 83 – Kreuzlinien ​51 – Kreuzzeichen ​24 – Spottkruzifix ​8 – titulus crucis ​13 f, 16, 18–20 Kryptographie ​63 Kult / ​kultisch ​52, 69 f, 72, 75, 77, 79, 97, 114, 158, 160, 164–170, 176–179, 183 f – Christuskult ​176 – Götterkult ​176 – Herrscherkult ​s. Kaiserkult – Kultfähigkeit ​183 – Kultpersonal ​75, 79, 81 – Märtyrer-Kult ​70  f Kultur / ​kulturell ​20, 25, 38 f, 49, 61, 65, 74, 111, 114, 120, 123 f – Erinnerungskultur ​24  f – Kulturkreis ​39 – Schriftkultur ​34 Landwirtschaft ​43, 147 lateinisch (Sprache) ​13 f, 36 f, 78, 80, 138, 160 – lateinische Inschrift  / ​Epigraphik ​11, 14, 36, 39 – lateinischer Privatbrief ​40 – lateinischer Westen ​144 – lateinisches (Latrinen‑)Graffito ​66 Lebensschiff ​114 Livia ​75, 77, 79 f – Liviapriesterin ​s. Priester Lukas / ​lukanisch ​9, 11 f, 15 f, 17 f, 21, 73, 84 f, 89, 94 f – lukanisches Doppelwerk ​74 – Lukasevangelium ​84, 90 Lydien ​36 f, 51, 96, 132, 116, 155, 161 f – Lydien und Phrygien / ​lydisch-phrygisch ​ 3, 156, 160–163, 165 f, 169, 180, 184 – lydische Inschrift ​160 – Saittai  / ​Lydien ​36, 49, 96

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Sachregister

Magnesia ​102, 106–109, 142 Mahl ​3, 94, 132, 135–139, 143 f, 149–153 – Gastmahl ​3, 63 f, 94, 107, 132, 135–153 – Herrenmahl ​180 Makedonien / ​Macedonien / ​makedonisch / ​ Makedonier ​39, 73, 96, 101, 141 f, 151 Maria ​11, 16, 61, 84 f – Maria Magdalena ​80 Marmor – Marmorblock ​104, 107  f – Marmorboden ​107 – Marmorhallen ​107 – Marmorinkrustation ​62 – Marmorstraße ​104 Markus, ‑evangelium ​15, 17, 84 f, 121 Markt ​3, 65, 70, 102 f Märtyrer ​54, 56, 59, 67 – Märtyrer-Kult ​s. Kult Matthäus, ‑evangelium ​21, 85 Men Artemidor(o)u ​157, 182 Milet ​6, 41, 53, 96, 98–101 Miliarium ​79 Militär / ​militärisch ​18, 38 f, 91, 109, – Militärdiplom ​77 – Militärwesen ​70 Mission ​61, 124 f, 127 – Missionar ​2, 31 – Missionspredigt ​31, 125 Mitglied ​94, 96, 98, 102, 107, 136–140, 142–153 – (Mitglieds‑)Beitrag ​3, 129, 136 f, 143, 148 f, 151–153 – Mitgliedschaft ​130, 134–136, 141–149 – Nicht-Mitglied ​136, 150 Moiren ​111, 114  f monatliche Zahlung / ​φορά / ​συμβολαί / ​ stips menstrua, 136 f, 145 f, 148, 150 – ἀσύμβολοι ​146 Muse ​65, 117, 119 f, 140 Naherwartung ​25 Name ​2, 35 f, 39, 45–48 , 52 f, 57 f, 61 f, 64, 66, 77, 95, 97 f, 101–104 – agnomina ​47  f – Anthroponym ​55  f – Beiname / ​cognomen / ​supernomen ​47  f, 55, 91 – duo nomina / ​tria nomina ​47  f – Eigenname ​47

– heidnisch-theophore Namen ​56 – Individualname / ​cognomen / ​praenomen ​ 47 f, 87 – Frauenname ​36 – Göttername ​52  f, 56 – Männername ​37 – Namenbestand ​59 – Namenfamilie ​36 – Namengebung, ‑system ​46–49, 54, 56, 59 – Name der Familie / ​nomen gentile  / ​ gentilicium ​47–49, 55, 68 – Name des Vaters  / ​Vatersname ​47 – Polyonymität  / ​Polyonymi ​48 – Satzname ​56 – Sklavenname ​40, 52, 57, 147 Nero ​49 Neuer Wettstein ​6, 30 New Documents / ​New Docs. 7, 29, 132 Nordafrika ​55 f, 58 f Nous ​118  f Nymphe, Vernymphung ​119  f Oberschicht ​48, 57, 64 f, 89 Observationenliteratur ​5 öffentlich ​1, 3, 13, 19, 21, 27, 33, 40 f, 70, 77, 79, 84 f, 99, 101, 104, 137, 148, 161, 167, 170 – öffentliches Bekenntnis ​156, 158, 162 f, 167, 170, 172, 175, 178, 181 – Öffentlichkeit ​20, 22, 40, 168, 175 – Veröffentlichung ​161, 181 Olymp / ​olympisch ​78 f, 117, 122 Onesimos ​35, 39, 40, 53 Onias IV. 105 Onomastik / ​onomastisch ​2, 45 f, 52, 54 f, 59 Opfer / ​opfern ​38, 79, 107–109, 125, 137–142, 148, 157 f, 167 f, 170, 183, – Tempelopferfleisch ​177 Oppian ​123 Orakel, ‑spruch ​114, 171, 182 Ossuar ​20, 22  f Ostia ​36 f, 102, 144, 151 Ostraka ​19, 27–29 Oxyrhynchos ​134, 147 pagan ​s. auch heidnisch ​2, 10, 32 – 34, 39, 120, 122, 130–132, 158, 163, 165, 176 f, 179, 183 – pagane Inschrift ​38, 42

Sachregister

Palästina ​13 f, 23, 28, 38 Papier ​13 Papyrologie / ​papyrologisch / ​Papyrologe ​1, 3, 5, 24, 27–29, 42, 93, 129, 132 f, 135 – magische Papyri  / ​Zauberpapyri ​6, 8 – Papyrus ​5–7, 13, 17 f, 24, 27 f, 32, 40, 95, 106, 132 f, 147, 165 – Papyrologische Kommentare zum Neuen Testament (PKNT) ​2, 27, 30, 43,133 Paraklet / ​παράκλητος ​158, 160, 172 f, 182 f Passionsbericht ​13, 15 Paulus / ​paulinisch ​9, 11 f, 18, 21–35, 37, 41 f, 46, 55, 59, 61, 73, 82 f, 88, 117, 125 f, 163 f, 166, 180 f – nachpaulinisch ​34 – Paulusbrief ​s. Brief – Paulusgrotte ​61 Pergamon ​12, 36, 92, 176 Persephone ​111, 114 f, 121 Petrus ​17, 31, 52, 55, 87 Pharisäer ​17, 21 Philadelphia ​12, 36 f, 132, 146, 155 Philemon ​35–37, 39 Philo ​13, 150, 178 Philippi / ​philippisch ​2, 35, 50, 73–80, 87, 90, 130, 151 – colonia (Augusta) Philippiensis ​74, 76, 78 – Philipperbrief ​s. Brief – Philipperhymnus ​88 – philippische Inschrift ​74, 76, 80–82, 86 f, 112, 142 Phrygien / ​phrygisch ​23 f, 33 f, 36, 39, 50–52, 54, 155, 162 – phrygische Inschrift ​37 Pilatus ​1, 13–15, 86 – Pilatus-Inschrift ​s. Inschrift Pilger ​104  f – Pilgerinschrift ​s. Inschrift – Pilgerort ​67 plebs ​146  f Plotina ​66 Pneuma / ​pneumatisch ​118 f, 120 Polis / ​Poleis ​18, 65, 141, 176 f Praefekt / ​praefectus ​15  f Priene ​36 f, 72, 91, 132, 138 proconsul ​16, 68 Prokurator / ​procurator ​15  f, 39 Ptolemaios II. 41 – Ptolemaios VI. 105

211

– ptolemäisch ​40, 42, 137, 146, 150 Presbyter ​108, 180 Priester,-in ​17, 58, 75, 77, 79, 93, 97, 101, 137 f, 146, 156 f, 160, 162 f, 167 f, 170 f – Artemispriesterin ​120 – Hohepriester ​103 – Kaiserpriesterin ​s. Kaiser – Livia-Priesterin ​75, 77, 80 – Priestergericht ​160 – Priestertum ​146 – sacerdos ​75, 87 – Tempelpriester ​17, 156, 163, 182, 184 privat ​27, 33, 40, 66, 70, 103 – Privatbrief ​s. Brief – Privatunterricht ​65 – Privatwohnung ​66 Religion / ​religio / ​religiös ​2 f, 6, 8, 11, 17 f, 21 f, 24 f, 31–33, 38, 45 f, 57, 66, 69–71, 77, 80 f, 91, 99 f, 109, 111, 114, 124, 126, 130–132, 160 f, 163–166, 171, 176, 179, 182–184 – Heilsreligion ​57 – religionsgeschichtlich ​3, 114, 164 – religionswissenschaftlich ​178 – Religionszugehörigkeit ​45, 51  f – Religiosität ​157, 159, 161–163, 168 f, 177, 179 Richter ​97, 101, 148 f – Richteramt ​137, 146 – Richterstuhl Gottes ​s. Gott Rom ​12 f, 15 f, 19, 33, 35–37, 39 f, 46, 48, 50–53, 55–57, 59, 66, 82, 89, 91, 96, 106, 125, 141 f, 144, 146 – nichtrömisch ​56 – reichsrömisch ​65 – Römer ​13, 36, 38, 42, 46, 94, 109 – Römerbrief ​s. Brief römisch ​1, 12, 14–16, 23, 28, 32 f, 35, 39–41, 45–48, 53–56, 68, 70–74, 77, 79 f, 83–85, 87–90, 92, 96, 100, 103, 130, 134–138, 142, 145, 147, 150–152, 162, 166, 176 – römischer Osten ​95 – römisches Reich / ​Imperium Romanum ​ 20, 28, 46, 49, 54 f, 69–73, 75, 79, 88, 91 – romkritisch ​72 – stadtrömische Inschrift ​51, 57

212

Sachregister

Sardis ​36, 108, 155 Sarkophag ​67, 121 Schatzmeister ​137, 139, 148 Senat ​84, 87–89, 145 – Senator ​16, 101 Septuaginta ​18, 38, 129 f, 132, 174 f sepulkral ​112, 117 f, 121, 127 – Sepulkralinschrift ​124 sevir / ​sexvir ​75, 87 Siebenschläfergrotte, ‑Zömeterium ​53, 66 f Sitzplatz ​3, 93–97, 99, 101, 109 – τόπος ​12, 16, 93–95, 97–99, 102–109 – τόπος-Inschrift ​3, 36, 94–97, 100, 102, 104–107, 109 f Sklave,-in / ​servus / ​δοῦλος ​35, 39, 42, 46, 56 f, 64 f, 101, 123, 145, 148, 153, 157 – δοῦλος Χριστοῦ ​42 – ἱερόδουλος ​42 – Sklavenname ​s. Name – Sklaverei ​39, 57 – σύνδουλος ​18 – Tempelsklave ​165 – vilicus ​39 Smyrna ​53, 103, 118 Soldat ​14, 124 – Soldatenteller ​40 Soteriastai ​137 sportula ​137, 142–144 Spende, Stiftung ​s. Gabe Stadt / ​städtisch ​16, 18, 20, 22 f, 41, 47, 50, 55 ff, 65, 70, 72–80, 94–101, 103 f, 106, 108, 119, 125 f, 130, 146 f, 151 f – Hauptstadt ​88 – Heimatstadt ​10 – Stadtgeschichte ​73 – Stadtwohnung ​66 Stamm / ​φυλή / ​tribus ​34, 47, 76, 96 f Strafe / ​strafen(d)/ κολάζω ​4, 156  f, 160–164, 166–169, 171, 179–183 – Straferlass ​183 Stein ​13–16, 24, 33, 104 – Epitaphstein ​s. Epitaph – Grabstein ​s. Grab – Steininschrift ​62, 66 – Steinmetz ​105 Stele ​51, 125, 147, 155 f, 158, 165–171, 181–183 – Beichtstele ​10 – Grabstele ​s. Grab

Sünde / ​ἁμαρτία / ​Vergehen ​155–158, 160 f, 163, 165–181, 183 f – Sünder, ‑in ​10, 162, 168, 170, 173, 177 f,180, 182–184 – Sündenbekenntnis ​4, 171, 175, 178, 180 f, 183 – Sünde zum Tod / ​ἁμαρτία πρὸς θάνατον ​ 173–177, 180 – Todsünde ​173 Sühne, ‑handlung, ‑leistung / ​ἱλασμός / ​ sühnend ​4, 155 ff, 165 f, 168–173, 178–184 – Sühneinschrift ​s. Inschrift Synagoge / ​συναγωγή ​16, 18 f, 21 f, 98, 130 f, 135 – ἀρχισυνάγωγος ​19, 131 – Diasporasynagoge ​s. Diaspora Syrien ​14 f, 23, 28, 50, 97 Taufe (Jesu) / ​sich taufen lassen ​52, 83–85 – Täufer ​8 τέλος ​113  f Tempel ​20–22 , 43, 70, 94 f, 101, 105–109, 136, 146 f, 152 f, 155, 159 f, 162, 166, 168, 171 – Tempelberg ​20–23 – Tempeldiebstahl ​165 – Tempeleigentum ​166 – Tempelmauer ​40 – Tempelopferfleisch ​s. Opfer – Tempelpriester ​s. Priester – Tempelsklave ​s. Sklave (Amphi‑)Theater ​6, 15, 66, 77, 93, 95–103, 109 – Theaterzimmer ​65 Theos Hypsistos ​98 f, 101 Tertullian ​12, 150, 153 Theodoros ​157  f – Theodoros-Inschrift ​s. Inschrift Thessalonike, ‑i ​39, 50, 140 f, 152 Thyatira ​74, 176 Tiberius ​36, 76, 81, 86, 146, 148 Titus ​77, 80, 89 – Titusbogen ​89 Tod ​12, 16, 25, 83, 85, 87, 109, 112–119, 122, 124–126, 166, 169, 174–178, 180–182, 184 – Sünde zum Tod ​s. Sünde

Sachregister

– Tod Jesu / ​Christi ​24, 108, 178 – Todsünde ​s. Sünde Torah(‑einhaltung) ​20, 164 Trajan ​50, 66, 78 f, 81, 86, 146, 148 Traube ​24, 51 Traum / ​träumen ​120, 139, 156, 171 Trilingue ​13 Verein ​3, 22, 42, 68, 70, 95, 97 f, 100 f, 103–109, 129–132, 134–153 – Vereinsinschrift ​s. Inschrift – Vereinssatzung ​28 – Vereinsversammlung ​176 – Vereinswesen ​6, 30 Stern ​65, 117, 119 f – Versternung ​119 Vergnügungsort ​3, 94–96, 100 f, 109 Vespasian ​77, 80, 89, 92

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Vorsteher, ‑sitzender / ​magister / ​ἐπιμελητής ​ 129, 139, 144 f, 148 Wachstafel / ​-täfelchen / ​Diptycha ​27, 64 Wandmalerei ​s. auch Graffiti ​62, 65, 67 Wein ​6, 64 f, 135–141, 143–146, 148–150, 153, 157 – τρύξ ​149 – Weingarten ​140  f – Weingott ​s. Gott – Weinkrug, ‑flasche ​64 Zeus ​104, 107, 121 f, 132, 141, 157 f, 164, 169, 182 – Zeus-Vogel ​122 Zunft / ​συνεργασία ​102 f, 106, 146–148, 151 f – Zunftbrüder / ​collegiati ​147, 151