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German Pages 185 Year 1998
MARKUS KALTENBORN
Entwicklungsvölkerrecht und Neugestaltung der internationalen Ordnung
Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft Herausgegeben im Auftrag der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Westfalischen Wilhelms-Universität in Münster durch die Professoren Dr. Hans-Uwe Erlebsen Dr. Helmut Kollhosser Dr. Jürgen Welp
Band 113
~ntvrickJtungsvöUkerrecht
tund Neugestaltung der internationalen Ordntung Rechtstheoretische und rechtspolitische Aspekte des Nord-Süd-Konflikts
Von
Markus Kaltenborn
Duncker & Humblot · Berlin
Die Deutsche Bibliothek- CIP-Einheitsaufnahme Kaltenborn, Markus: Entwicklungsvölkerrecht und Neugestaltung der internationalen Ordnung : rechtstheoretische und rechtspolitische Aspekte des Nord-Süd-Konflikts I von Markus Kaltenbom. - Berlin : Duncker und Humblot, 1998 (Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft; Bd. 113) Zugl.; Münster (Westfalen), Univ., Diss., 1997 ISBN 3-428-09223-6
D6 Alle Rechte vorbehalten Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Wemer Hildebrand, Berlin Printed in Germany
© 1998 Duncker &
ISSN 0935-5383 ISBN 3-428-09223-6 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 8
Vorwort Die vorliegende Untersuchung wurde im Wintersernester 1996/97 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelrns-Universität Münster als Dissertation angenommen. Literatur und Rechtsprechung konnten bis Februar 1997 berücksichtigt werden. Für die Betreuung der Arbeit möchte ich Herrn Professor Dr. Valentin Petev danken. Er hat ihren Fortgang mit kritischem Rat begleitet und in vielfältiger Hinsicht gefördert. Herrn ProfeS,sor Dr. Dr. Albert Bleckmann bin ich für die Erstellung des Zweitgutachtens und für eine Reihe weiterführender Hinweise dankbar. Den Herausgebern der "Münsterischen Beiträge zur Rechtswissenschaft", den Herren Professoren Dres. Hans-Uwe Erichsen, Helmut Kollhosser und Jürgen· Welp, möchte ich meinen Dank für die Aufnahme der Arbeit in ihre Schriftenreihe aussprechen. Des weiteren danke ich dem Cusanuswerk - Bischöfliche Studienförderung - für die großzügige finanzielle Förderung im Rahmen eines Promotionsstipendiums. Mein besonderer Dank gilt meinen Eltern und meiner Frau, die durch ihre bereitwillige Unterstützung zum Entstehen der Arbeit maßgeblich beigetragen haben. Ihnen ist diese Arbeit gewidmet.
Münster, im Februar 1997
Markus Kaltenborn
Inhaltsverzeichnis
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13
ll. Begriff und Funktionen des Entwicklungsviilkerrechts . . . . . . . . . . . .
19
lll. Die Völkerrechtspolitik der Dritten Welt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
30
I.
I. Die Reform des Wirtschallsvölkerrechts (Beispiel 1) . . . . . . . . . . . . . a) Die Dritte Welt im Weltwirtschatlssystem der Nachkriegszeit . . . . b) Das Programm der Neuen Weltwirtschatlsordnung . . . . . . . . . . aa) Handel/Industrialisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rohstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Transnationale Untemehmen!Investitionsrecht . . . . . . . . . . dd) Technologietransfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Entwicklungshilte/Verschuldung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ft) Süd-Süd-Beziehungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Kritik der Industrienationen an den Reformbestrebungen der Dritten Welt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Die Entwicklung des Nord-Süd-Wirtschallsvölkerrechts bis zur Mitte der 90er Jahre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
32 34 37 39 40 41 43 44 46 47 51
2. Die Neue Weltinformationsordnung (Beispiel2). . . . . . . . . . . . . . . . 64 a) Das Nord-Süd-Ungleichgewicht im Nachrichten- und Konununikationswesen 64 71 b) Der Streit um die Neue Weltinformationsordnung in der UNESCO . 3. Zwischenergebnis: Entwicklungsvölkerrecht in der "Neuen Weltordnung" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
78
IV. Rechtstheoretische Aspekte des völkerrechtlichen Nord-Süd-Dialogs . .
85
I. Strukturwandel in der Rechtsquellenlehre des Völkerrechts . . . . . . . . a) Die rechtspolitische Gestaltung der Nord-Süd-Beziehungen durch Völkervertrags- und Völkergewohnheitsrecht sowie durch Resolutionen Internationaler Organisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Funktionen des soft law im Entwicklungsvölkerrecht . . . . . . . . .
85
87 96
Inhaltsverzeiclmis
8
103
2. Rechtsgeltung und Funktion völkerrechtlicher Prinzipien a) b) c) d)
Die BedeutWig von Rechtsprinzipien im EntwicklWigsvölkerrecht Völkerrechtliche Prinzipientheorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geltung und Funktion der Prinzipien im Rechtssystem . . . . . . . "Völkerrechtliche Optimierungsgebote" als Instrumente des Nord-Süd-Dialogs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . .
103 112 117
.
122
3. EntwicklWigsvölkerrecht =Rückkehr zum Naturrecht? . . . . . . . . . . . 131 a) Der Nord-Süd-Konflikt aus der Sicht der katholischen Soziallehre . 131 b) Zur rechtspositivistischen Begründung des EntwicklWigsvölkerrechts 136
V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
143
Literaturverzeiclmis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
146
Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
179
Abkürzungsverzeichnis Add.
AFDI AJIL AKP ALADI AMRK APEC ASEAN BMZ Bull. BYIL CARICOM CEA CEEAC CMLR COMESA Cornell ILJ CWRJIL CYIL ders. dies. Doc. EA(D) ebd. ECOWAS EJIL epd EPIL EU E+Z F+E GA GATS IllLJ
Addendum Arumaire fran~ais de droit international American Journal of International Law Afrikanisch/Karibisch/Pazifisch Asociaci6n Latinoamericana de Integraci6n Amerikanische Menschenrechtskonvention Asian Pacific Economic Cooperation Asscociation of South-East Asian Nations Bundesministerium fiir wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Bulletin The British Year Book of International Law Caribbean Community Communaute Economique Africaine Communaute Economique des Etats de l'Afrique Centrate Common Market Law Review Common Market for Eastern and Southern Africa Cornell International Law Journal Case Western Reserve Journal oflnternational Law The Canadian Y earbook of International Law derselbe dieselbe(n) Document Europa-Archiv (Dokumentation) ebenda Economic Community ofWest African States European Journal oflnternational Law Evangelischer Pressedienst Encyclopedia of Public International Law Europäische Union Entwicklung und Zusammenarbeit Finanzierung und Entwicklung General Assembly General Agreement on Irade in Services Harvard International Law Journal
10
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Abkürzungsverzeichnis Hmnan Rights Quarterly Herausgeber ICJ, Reports of Judgments, Advisory Opinions and Orders International and Comparative Law Quarterly Indian Journal oflnternational Law International Law Association International Legal Materials insbesondere International Organization International Program for the Development of Commwrication The Japanese Annual oflnternational Law Journal of African Law Journal du droit international Journal ofWorld Irade Journal ofWorld Irade Law Least Developed Countries Mercado Commim Centroamericano Mc Gill Law Journal Mercado Comim del Cono Sur Million Milliarde Most Seriously Affected Countries North American Free Irade Association New International Economic Order Netherlands International Law Review Nordic Journal of International Law Neue Weltinformationsordnung Neue Weltwirtschaftsordnung Netherlands Yearbook oflnternational Law Organization of African Unity Organization ofEastern Caribbean States Österreichische Zeitschrift ft1r öffentliches Recht und Völkerrecht PCIJ Ser. A: Collection of Judgments, Nos. 1 - 24 ( 1923 - 30) The Polish Yearbook oflnternational Law Preferential Irade Area for Eastern and Southern African States Recueil des Cours de l'Academie de droit international de Ia Haye Revue des droits de l'homme Randnummer Report(s) Resolution Revue generate de droit international public Reform der Internationalen Ordnung
Ab~gsverzeicbmUs
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SEANWFZ SELA STABEX TILJ
TR.IMs TRIPs UDEAC UEMOA UMA UNCED UNCIO UNDP
UNITAR Verf. VUWLR WTO
z.T.
11
Revue Juridique et Politique, lndependence et Cooperation South Asian Association for Regional Cooperation Southern Africa Development Community Southeast Asia Nuclear Weapon-Free Zone Sistema Econ6mico Latinoamericano System zur Stabilisierung von Exporterlösen Texas International Law Journal Irade Related Investment Measures Irade Related Intellectual Property Rights Union Douanit!re et Economique de l'Afrique Centrale Union Economique et Monetaire Ouest-Africaine Union du Maghreb Arabe United Nations Conference on Environment and Development United Nations Conference on International Organization United Nations Development Programme United Nations Institute for Training and Research Verfasser Victoria University ofWellington Law Review World Irade Organization zum Teil
Die übrigen Ab~gen sind aus dem Zusammenhang ersichtlich bzw. erklärt in Hildebert Kirchner, Ab~gsverzeicbmUs der Rechtssprache, 4. Aufl., Berlin 1993.
I. Einleitung "Wenn es richtig ist, daß Westeuropa seit 1945 zu einer Insel des Friedens, der Freiheit Wld des Wohlstands geworden ist, so ist es auch seine Pflicht, anderen dabei zu helfen, daß sie in den Genuß vergleichbarer EntwicklWlgen gelangen. Trotz des 8. Mai 1945 leben wir in einer Welt, in der Krieg Wld Gewalt, HWlger Wld Not noch inuner ihre Rolle spielen. Wir werden schon alle Hände voll damit zu t\Ul haben, die Insel, auf der zu leben WlS vergönnt ist, zu sichern Wld zu bewahren. Aber es ist auch \Ulsere Pflicht Wld Schuldigkeit, sie mit allen Kräften zu erweitern. Die Insel muß größer werden, Stück filr Stück und Land filr Land. Nur wenn \Ulsere Generation, wenn wir Europäer das schaffen, sind wir dessen würdig, was \UlS nach dem 8. Mai 1945 geschenkt wurde Wld was \Ulsere Väter in einem Meer von Trümmern Wld über Strömen von Blut geschaffen haben."
Die Verpflichtung der Europäer zu aktiver weltweiter Solidarität hätte kaum in deutlichere Worte gekleidet werden können als in diese, mit denen sich Bundespräsident Roman Herzog am 8. Mai 1995 anläßtich eines Staatsaktes zum 50. Jahrestag des Kriegsendes an das Auditorium im Berliner Schauspielhaus wandte1 . Unmißverständlich warnt er davor, die Sicherung des eigenen Freiheitsraums und Wohlstands zur obersten Maxime zu erheben und die Augen vor der wachsenden Armut in den übrigen Teilen der Welt zu verschließen. In der Tat lassen die Statistiken der internationalen Entwicklungsorganisationen eine bedrohliche Ausweitung des weltweiten Wohlstandsgefälles erkennen: Nach Schätzungen des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP) haben sich die Einkommensdisparitäten zwischen den 20 % Reichsten und den 20 % Ärmsten der Weltbevölkerung von 30: 1 im Jahre 1960 auf 45:1 im Jahre 1980 und 61:1 im Jahre 1991 erhöhe. Vor allem in Afrika, Asien und Lateinamerika- denjenigen Teilen der Erde also, für die im allgemeinen Sprachgebrauch die Sammelbegriffe "Entwicklungsländer" bzw. "Dritte Welt" geprägt worden sind3 - wächst die Zahl der Menschen, deren Vgl. Süddeutsche Zeit\Ulg vom 9.5.1995, S. 10. Vgl. Stiftung Entwicklung und Frieden, Globale Trends 1996, S. 40. 3 Die Begriffe sind nicht \Ulurnstritten: Sie stehen filr "ein höchst heterogenes Gemisch aus großen Wld kleinen, einigen sehr großen Wld vielen sehr kleinen, rohstoffreichen Wld -armen, ethnisch vielfarbigen Wld kulturell vieltaltigen, sozioökonomisch Wlterschiedlich strukturierten, ungleich entwickelten, innen- Wld außenpolitisch verschieden orientierten alten Nationalstaaten in Lateinamerika Wld von den Kolonialmächten künstlich geschaffenen )Wlgen Staaten' in Afrika Wld in großen Tei1
2
14
I. Einleitung
Lebensbedingungen durch Hunger oder Unterernährung, Krankheiten, mangelnde ärztliche und hygienische Versorgung, unzureichende Bildungsmöglichkeiten sowie unzumutbare Wohnverhältnisse gekennzeichnet sind. Legt man als Meßgröße für die Bestimmung der Armutsgrenze ein Pro-Kopf-Einkommen von weniger als 370,- US-$ pro Jahr zugrunde, stieg die Zahl der Armen zu Beginn der 90er Jahre weltweit auf über 1,13 Milliarden4 . Mindestens 780 Millionen Menschen sind chronisch unterernährt, ca. 23 % der Bevölkerung in den Entwicklungsländern haben keinen Zugang zu Gesundheitsdiensten, die Zahl der Analphabeten im Erwachsenenalter beläuft sich auf über 870 Millionen Menschen5 . Noch bedrückender stellt sich die Situation der Kinder in der Dritten Welt dar: Jährlich sterben 3 Millionen Kinder an Krankheiten, die mit nur geringem Kostenaufwand vermieden oder behandelt werden könnten. Etwa 130 Millionen Kinder im Primarschulalter haben keine Möglichkeit, eine Schule zu besuchen; viele Kinder sind darüber hinaus aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen, zum Unterhalt der Familien beizutragen, und müssen deshalb die Schule vorzeitig verlassen. Man vermutet, daß von dem Problem der Kinderarbeit ca. 100- 200 Millionen Jungen und Mädchen betroffen sind und daß die Metropolen der Dritten Welt von mittlerweile über 80 Millionen obdachlosen Straßenkindem bevölkert werden. Zusätzliches Leid widerfährt den Menschen in den Entwicklungsländern durch die Vielzahl der kriegerischen Auseinandersetzungen und inneren Unruhen, die ihre Ursache oftmals in den wirtschaftlichen und sozialen lnstabilitäten der jeweiligen Länder haben. Die seit 1945 geführten Kriege forderten bereits mehr als 20
len Asiens.", vgl. Nohlen!Nuscheler, in: dies. (Hrsg.), Handbuch der Dritten Welt, Bd. I , S. 14. Trotz der Heterogenität dieser Staatengruppe und den damit verbundenen Schwierigkeiten, zu einheitlichen Kriterien einer Definition der "Dritten Welt" bzw. der "Entwicklungsländer" zu gelangen, wird an dieser Terminologie- vor allem mangels besserer Alternativbezeichnungen - in der Entwicklungstheorie überwiegend festgehalten, siehe hierzu Nohlen!Nuscheler, ebd., S. 14 (29 f.); Nuscheler, Lern- und Arbeitsbuch Entwicklungspolitik, S. 68 ff.; Brock, Aus Politik und Zeitgeschichte 1992/B 50, S. 13 ff. 4 Stiftung Entwicklung und Frieden, Globale Trends 1996, S. 47. 633 Millionen Menschen verfUgen über ein jährliches Pro-Kopf-Einkommen von weniger als 275,US-$ und gelten damit als "extrem ann", vgl. Weltbank, Weltentwicklungsbericht 1990, S. 33 ff. 5 Zu diesen und den folgenden Zahlen siehe Stiftung Entwicklung und Frieden, Globale Trends 1996, S. 40 tT.; Nuscheler, Lern- und Arbeitsbuch Entwicklungspolitik, S. 116 ff. Die Angaben beruhen überwiegend auf dem statistischen Material, das in den Entwicklungsberichten der Weltbank und des UNDP aus den Jahren 1990 - 1994 sowie den Jahresberichten weiterer UN-Organisationen - u. a. FAO, ILO, WHO, UNESCO und UNICEF - enthalten sind.
I. Einleitung
15
Millionen Todesopfer- überwiegend unter der Zivilbevölkerung6 . Unzählige weitere Menschen wurden in diesen Konflikten verwundet, dauerhaft körperlich oder seelisch geschädigt, ihrer Familien beraubt und aus ihrer Heimat vertrieben. Zwar bliebe das - hier ohnehin nur in groben Linien skizzierte - Bild der Lebensverhältnisse in der Dritten Welt unvollständig und einseitig, wenn man nicht auch die vielen positiven Entwicklungen der vergangenen Jahrzehnte berücksichtigen würde (u. a. den Rückgang der Kindersterblichkeit, die insgesamt höhere Lebenserwartung, die Steigerung der Lebensmittelproduktion in den Entwicklungsländern) oder aber die enormen Einkommensunterschiede innerhalb dieser Länder unerwähnt ließe. Ebenso steht außer Zweifel, daß auch in den sog. "reichen" Ländern des Nordens die Armut ein keineswegs unbekanntes Phänomen darstellt, sondern sich dort ebenfalls deutlich ausweitet7. Gleichwohl wird man in der Bekämpfung des globalen Wohlstandsgefa.Iles, das die Nord-Süd-Beziehungen prägt, eine der wohl größten und zugleich schwierigsten Herausforderungen erkennen müssen, mit denen sich die Menschheit heute konfrontiert sieht. Das Entwicklungsvölkerrecht zählt zu den wissenschaftlichen Disziplinen, die sich dieser Aufgabe angenommen haben, indem sie versuchen, die Ursachen der wirtschaftlichen und sozialen Kluft zwischen Industrie- und Entwicklungsländern zu analysieren und Wege zu ihrer Überwindung aufzuzeigen. Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es, einen Einblick in den von der entwicklungsvölkerrechtlichen Forschung erfaßten rechtlichen Regelungsbereich zu vermitteln sowie zur Klärung einiger der rechtstheoretischen Fragestellungen beizutragen, die sich aus einem Vergleich der Funktionen des Entwicklungsvölkerrechts mit denen des "allgemeinen Völkerrechts" ergeben. Wenn Roman Herzog in seiner Rede zum 8. Mai von der "Pflicht und Schuldigkeit" der Europäer spricht, ihre Insel des Friedens, der Freiheit und
6 Allein im Jahr 1993 herrschten in 42 Ländern der Welt größere bewaffnete Konflikte, in weiteren 37 Ländern kam es zu politischen Gewalttaten. 65 dieser insgesamt 79 Staaten zählen zur Dritten Welt, vgl. UNDP, Bericht über die Menschliche Entwickhmg 1994, S. 55. 7 So sind z. B. in den USA lokale Armutszonen entstanden, in denen die Arbeitslosigkeit, Kindersterblichkeit, medizinische Versorgung und soziale Sicherheit sich auf dem Niveau von Entwicklungsländern mit niedrigem Einkommen befmden. Die durchschnittliche Lebenserwartung der Einwohner Harlems (New York) liegt mit 46 Jahren niedriger als in Bangladesh, einem der ärmsten Länder der Dritten Welt, vgl. Brock, Aus Politik und Zeitgeschichte 1992/B 50, S. 13 (21 ). Zur wachsenden Armut in den Industrieländern vgl. auch Stiftung Entwicklung und Frieden, Globale Trends 1996, S. 48 ff.
16
I. Einleitung
des Wohlstands zu erweitern und auch die Menschen in den übrigen Teilen der Welt an diesen Errungenschaften teilhaben zu lassen, dann wird er vor allem an eine entsprechende moralisch-ethische Verpflichtung gedacht haben. Inwieweit die westeuropäischen Staaten und mit ihnen andere wohlhabende Industrienationen (z. B. die USA, Kanada oder Japan) darüber hinaus auch eine rechtliche Pflicht zur Unterstützung der Länder der Dritten Welt in ihren Bemühungen um wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt trifft, ist eine der Fragen, mit denen sich das Entwicklungsvölkerrecht beschäftigt. In immer neuen Variationen- sei es als "Anspruch auf Entwicklungshilfe", "Pflicht zur zwischenstaatlichen Kooperation bzw. Solidarität", als "ausgleichende Ungleichheit" und "Gebot der internationalen Gerechtigkeit" oder als "Recht auf Entwicklung"- wird diese Frage seit Jahren kontrovers diskutiert und wohl auch weiterhin ein zentrales Streitthema sowohl in der Völkerrechtspraxis als auch in der Lehre bleiben. Die bereits bestehende Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen Industrie- und Entwicklungsländern bildet einen zweiten Forschungsschwerpunkt des Entwicklungsvölkerrechtlers: Dargestellt und analysiert werden hier nicht nur die zahlreichen bi- und multilateralen Abkommen, an denen Vertreter beider Staatengruppen beteiligt sind, sondern auch der Stand des entwicklungspolitisch relevanten Gewohnheitsrechts, die Struktur und Funktionsweise der mit Problernen der Nord-Süd-Beziehungen befaßten Internationalen Organisationen sowie die Rechtsfragen, die sich aus den Kontakten zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren (z. B. multinationalen Konzernen) in der Dritten Welt ergeben. Ein weiterer Aspekt der entwicklungsvölkerrechtlichen Forschung, auf den sich die vorliegende Untersuchung in erster Linie konzentrieren wird, besteht schließlich in der Frage nach der Reformbedürftigkeit - und damit auch der Reformfähigkeit - des Völkerrechtssysterns, um auf die Herausforderungen des Nord-Süd-Konflikts angernessen reagieren zu können. Bereits im Jahr 1960 ist dieses Problern von dem niederländischen Völkerrechtler Bernard V A. R6/ing angesprochen worden: "In the past the prosperaus nations created for themselves an international law of liberty, a law guaranteeing liberty for the sovereign state. The prime function of this law was to reconcile the freedom of the one state with the freedom of the other. The new, poor nations, vulnerable and economically weak, require from the law of nations protection against the states with greater military and economic strength. And they expect to receive technical and economic assistance from the world community, since their low standard ofliving has become intolerable. A community in which the majority of the members are indigent has need of a law that expresses the responsibility of the whole for the part. The alteration in the sociological structure of the community of nations should, therefore, be accompanied by an alteration in law. In this way the interdependence of the nations, and the related development of a sense
I. Einleitung
17
of solidarity, Ieads to an alteration of international law aimed at creating the conditions needed for a peaceful and prosperous world...x
Die Forderungen nach einem Wandel der internationalen Rechtsordnung als Reaktion auf die veränderten Bedürfnisse der Staatengemeinschaft bzw. - wie es Ernst-Uirich Petersmann formuliert hat - nach einer Ergänzung des neoliberalen Wirtschaftsvölkerrechts durch ein redistributiv-solidarisches Gemeinschaftsrecht9 haben die Völkerrechtspolitik der Dritten Welt über Jahrzehnte hinweg geprägt und sind heute noch genauso aktuell wie in der Anfangsphase der Dekolonisation. Im folgenden soll daher nach einer kurzen Einfuhrung in den Begriff und die Funktionen des Entwicklungsvölkerrechts (Kapitel II) diese rechtspolitische Entwicklung nachgezeichnet werden (Kapitel III): Dabei werden insbesondere die Bemühungen der Entwicklungsländer um eine Neugestaltung des Weltwirtschaftssystems (Kapitel III. 1) sowie der Weltinformationsordnung (Kapitel III. 2) Gegenstand dieses Teils der Arbeit sein 10. In dem sich hieran anschließenden rechtstheoretischen Abschnitt (Kapitel IV) soll zunächst der Frage nachgegangen werden, ob die Reformpolitik der Dritten Welt zu grundsätzlichen Veränderungen in der Rechtsquellenlehre des Völkerrechts geführt hat; Anhaltspunkte hierfür ergeben sich aus der besonderen Bedeutung, die das sog. soft law (Kapitel IV. 1) und die Prinzipien bzw. Rechtsgrundsätze (Kapitel IV. 2) in der entwicklungsvölkerrechtlichen Praxis erfahren. Abschließend wird zu untersuchen sein, inwieweit die Völkerrechtspolitik der Entwicklungsländer als eine Rückkehr zu den naturrechtliehen Ursprüngen der internationalen Rechtsordnung zu beurteilen ist (Kapitel IV.
Röling, International Law in an Expanded World, S. XV- XVI. Petersmann, ZaöRV 36 (1976), S. 492 (496). 10 Die Beschränkung des Untersuchungsgegenstandes auf solche Retormbestrebungen, die dem internationalen Recht gelten, bringt es mit sich, daß im Laufe der Arbeit überwiegend auf diejenigen entwicklungshemmenden Faktoren hingewiesen wird, die der Struktur der internationalen Beziehungen - also insbesondere dem Machtungleichgewicht und den daraus resultierenden Abhängigkeiten zwischen Industrie- und Entwicklungsländern - zuzuordnen sind. Dies solljedoch nicht bedeuten, daß die internen Faktoren demgegenüber zu vernachlässigen wären. Zur Diskussion der verschiedenen exogenen und endogenen Ursachen des Phänomens "Unterentwicklung" vgl. z. B. Nohlen!Nuscheler, in: dies. (Hrsg.), Handbuch der Dritten Welt, Bd. 1, S. 31 (37 tf.); Wagner/Kaiser, Ökonomie der Entwicklungsländer, S. 27 tr. jeweils m.w.N. 8 9
2 Kaltenborn
18
I. Einleitung
3). Gerade in einer Zeit, in der völkerrechtstheoretischen und -philosophischen Fragestellungen in zunehmenden Maße Aufmerksamkeit zuteil wird11 , dürfte auch die rechtstheoretische Positionsbestimmung des Entwicklungsvölkerrechts von Interesse sein.
11 Aus der Fülle der in den vergangenen Jahren hierzu erschienen Literatur vgl. nur Kennedy, International Legal Structures; Carty, The Decay of International Law?; Koskenniemi, From Apology to Utopia; Fastenrath, Lücken im Völkerrecht; Franck, 1l1e Power ofLegitimacy.
II. Begriff und Funktionen des Entwicklungsvölkerrechts Die erstmalige Verwendung des Begriffs "Entwicklungsvölkerrecht" wird Andre Philip zugeschrieben, der anläßlich eines im Mai 1965 in Nizza veranstalteten Kolloquiums zum Thema "L'Adaption de l'O.N.U. au Monde d'Aujourd'hui" die Verantwortung der internationalen Gerneinschaft gegenüber den jungen Staaten· in der Dritten Welt betonte und zur Bewältigung ihrer wirtschaftlichen und sozialen Probleme die Einrichtung eines internationalen sozialen Sicherheitssystems vorschlug12. Der in diesem Zusammenhang von Philip benutzte Terminus eines in der Entstehung begriffenen "droit international du developpernent" wurde noch im selben Jahr von dem französischen Rechtstheoretiker und Völkerrechtler Michel Virally aufgegriffen. In seinem Aufsatz "Vers un droit international du developpernent" 13 versuchte dieser erstmals, die zahlreichen Institutionen, Regeln und Rechtsprinzipien der Nord-Süd-Beziehungen von einem übergeordneten Standpunkt aus zu erfassen und auf diese Weise die Grundlagen für das Entwicklungsvölkerrecht als neuen Rechtsbereich zu schaffen14 . Einen ähnlichen Begriff wählte auch der amerikaDisehe Rechtswissenschaftler Wolfgang Friedmann, der in seinen Untersuchungen zum Strukturwandel der internationalen Gemeinschaft das "international econornic development law" als neu entstehenden Bereich der Völkerrechtsordnung beschrieb15• Anders jedoch als Virally, dessen Analyse den gesamten Bereich des entwicklungspolitisch relevanten Rechts einschließlich des institutionellen Rahmens urnfaßt, konzentrierte sich Friedmann dabei auf die Rechtsproblerne, die im Zusammenhang mit sog. "international econornic transactions" auf dem Gebiet der Entwicklungskooperation (z. B. Investitionsvorhaben, Entwicklungshilfeabkommen) entstehen. Der demgegenüber wohl wichtigere Beitrag Friedmann's in der Entstehungsphase des Entwicklungsvölkerrechts bestand darin, daß er als einer der ersten Völkerrechtswis12 Philip, in: Association Fran9aise pour le Developpement du Droit Mondial (Hrsg.), L'Adaption de l'O.N.U. au Monde d'Aujourd'hui, Paris 1965, S. 129 ff. 13 AFDI 11 (1965), S. 3 ff., neu abgedruckt in: Virally, Le droit international en devenir, S. 417 ff. 14 Benedek, Festschrift Universität Graz, S. 881 (891). 15 Friedmann, Columbia Law Review 62 (1962), S. 1147 (1164 f.); ders. , The Changing Structure oflntemationa1 Law, S. 176 ff.
20
II. Begriffund Funktionen des Entwicklungsvölkerrechts
senschaftler den Wandel der internationalen Ordnung vorn Koexistenz- zum Kooperationsvölkerrecht (z.T. antizipatorisch) darstellte16 und damit auch wesentliche Anstöße für die Herausbildung des Kooperationsprinzips als eines der zentralen Grundsätze des Entwicklungsvölkerrechts gab17 . Als neu etablierter Forschungsbereich stieß das Entwicklungsvölkerrecht insbesondere in der französischsprachigen Völkerrechtswissenschaft auf ein reges Interesse. Das Recht der Nord-Süd-Beziehungen wurde dort nicht nur in zahlreichen Monographien und Lehrbüchern thernatisiert18 , sondern war auch Gegenstand mehrerer eigens hierzu veranstalteter wissenschaftlicher Kolloquien19. Darüber hinaus bemühten sich - neben einigen namhaften Völkerrechtlern der Dritten Wele0 - vor allem niederländische21 , österreichische22 16 Vgl. Friedmann, The Changing Structure of International Law, S. 60 ff.; ders., in: Falk!Biack (Hrsg. ), The Future of the International Legal Order, Bd. Il, S. 3 (8 f. ); zum Kooperationsvölkerrecht siehe auch Wolfrom , EPIL 9, S. 193 ff.; Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht,§ 53; Bleckmann, Allgemeine Staats- und Völkerrechtslehre, S. 737 ff.; McWhinney, in: Bedjaoui (Hrsg.), International Law, S. 425 ff. 17 Neben Philip, Virally und Friedmann seien noch eine Reihe weiterer Autoren genannt, die sich schon in den 60er Jahren mit den völkerrechtlichen Problemen der durch den Dekolonialisierungsprozeß erweiterten Staatengemeinschaft auseinandersetzen, ohne dabei jedoch explizit auf das "Entwicklungsvölkerrecht" als neu entstehenden eigenständigen Rechtsbereich einzugehen, so z. B. Röling, International Law in an Expanded World; Castaiieda, 10 15 (1961), S. 38 ff.; Fatouros, Virginia Law Review 50 (1964), S. 783 ff.; Falk, R. A., RdC 118 (1966 1), S. 1 ff.; Prakash Sinha, New Nationsand the Law ofNations; Anand, AJIL 56 (1962), S. 383 ff.; Abi-Saab, Howard Law Journal 8 (1962), S. 95 ff.; Sahovic, AFDI 12 (1966), S. 5 ff.; Sereni, RGDIP 72 (1968), s. 305 ff. 18 Vgl. u. a. Bedjaoui, Pour un nouvel ordre economique international; Bennouna, Droit international du developpement; Benchikh, Droit international du sousdeveloppement; Flory, Droit international du developpement; Feuer/Cassan, Droit international du developpement; Henry, Mutations du droit international du developpement; Pellet, Le droit international du developpement; Buirette-Maurau, La participation du Tiers Monde; Bouveresse, Droit et politiques du developpement et de Ia cooperation. Zu den unterschiedlichen entwicklungstheoretischen Positionen, die den Arbeiten der französischen und der nord-afrikanischen Autoren zugrunde liegen, vgl. Flory, in: Snyder/Siinn (Hrsg.): International Law of Development, S. 11 ff. , und Mahiou, in: Flory!Mahiou/Henry (Hrsg.), La formationdes normes en droit international du developpement, S. 17 ff. 19 So z. B. 1973 in Aix-en-Provence, vgl. Societe Fran~aise pour le Droit International (Hrsg.), Pays en voie de developpement et transformation du droit international; 1976 in Algier, vgl. Office des Publications Universitaires d'Aiger (Hrsg. ), Droit International et Developpement; sowie erneut in Aix-en-Provence im Jahr 1982, vgl. Flory!Mahiou/Henry (Hrsg.), La formationdes normes en droit international du developpement. 20 Anand, Confrontation or Cooperation?; ders., International Studies 22 (1985), S. 95 ff.; Haq, TILJ 14 (1979), S. 389 ff.; Elias, Africa and the Development oflnter-
II. Begriffund Funktionen des Entwicklungsvölkerrechts
2I
und deutsche Wissenschaftler3 um eine systematische Aufarbeitung der durch den Nord-Süd-Konflikt aufgeworfenen Rechtsfragen, während die Reaktionen in der anglo-amerikanischen und spanischsprachigen Völkerrechtslehre hierzu eher zurückhaltend blieben24 . Nach den bis in die Mitte der 80er Jahre intensiv geführten Diskussionen über eine Reform der internationalen Ordnung, welche von den Entwicklungsländern im Rahmen der Vereinten Nationen bzw. ihrer Spezialorgane und Sonderorganisationen gefordert worden war25, wurde es sowohl auf der politischen Bühne als auch im Schrifttum etwas stiller um das Entwicklungsvölkerrecht Erst das Ende des Ost-West-Konflikts und die sich damit eröffnenden Chancen für eine Neubelebung des Nord-Süd-Dialogs brachten auch neuen Schwung in die völkerrechtspolitische Debatte zwischen Industrie- und Entwicklungsländern. Beispiele hierfür bilden die Bemühungen der Vertreter beider Staatengruppen um konsensfähige Ergebnisse auf den globalen Konferenzen, die seit 1990 von den Vereinten Nationen veranstaltet werden26, aber auch die Abschlußverhandlungen der Uruguay-Runde im Rahnational Law, ders., New Horizons oflnternational Law, Abi Saab, Revue Egyptienne de Droit International (29 (I973), S. 27 ff.; Wang Tieya, in: MacDonald!Johnston (Hrsg.), The Structure and Process oflnternational Law, S. 955 ff. 21 Vgl. z. B. die Beiträge in de Waart/Peters!Denters (Hrsg.), International Law and Development; Verwey, Economic Development, Peace and International Law, ders., IJIL 21 (198I), S. I ff.; Verloren van Themaat, The Changing Structure oflnternational Economic Law. 22 Benedek, Festschrift Universität Graz, S. 881 ff.; ders., ÖZöRV 36 (1986), S. 289 ff.; Ginther, in: Neuhold u. a. (Hrsg.), Österreichisches Handbuch des Völkerrechts, S. 29 ff. ; Ginther!Benedek (Hrsg.), New Perspectives and Conceptions of International Law, Seidl-Hohenveldem, ÖZöRV 33 (1982), S. I99 ff. 23 Vgl. u. a. Petersmann, JIR 17 (1974), S. 145 ff.; ders., ZaöRV 36 (1976), S. 492 ff.; Schröder, D., Die Dritte Welt und das Völkerrecht; Gusy, Völkerrecht und Politik im Prozeß der friedlichen Beilegung des Nord-Süd-Konflikts; Wulff, Entwicklungshilfe zwischen Völkerrecht und Weltwirtschaftssystem; lpsen, Law and State 25 (1982), S. 7 ff.; Kimminich, AVR 20 (1982), S. 2 ff.; Tomuschat, GYIL 25 (I982), S. 85 ff.; Bennigsen, Das "Recht auf Entwicklung"; Bleckmann, VRÜ I2 (I979), S. 5 ff.; Kewenig (Hrsg.), Völkerrecht und internationale wirtschaftliche Zusammenarbeit; Oppennann!Petersmann (Hrsg.), Reforming the International Economic Order. 24 Zu den Ausnahmen zählen u. a. die Arbeiten von Gros-Espiell, Derecho internacional del desarrollo; Peldez Maron, La crisis del derecho internacional del desarrollo; Garcia-Amador, The Ernerging International Law of Development; Schachter, Columbia Journal of Transnational Law I5 (1976), S. I ff.; Slinn, in: Snyder/Slinn (Hrsg.), International Law ofDevelopment, S. 27 ff.; Schwarzenberger, ebd., S. 49 ff. 25 In erster Linie handelt es sich hierbei um die sog. "Neue Weltwirtschaftsordnung" und die "Neue Weltinformationsordnung", auf die im folgenden noch näher eingegangen wird (siehe Kap. ID.). 26 Die Konferenzserie wurde eingeleitet durch den Weltkindergipfel in New York (29.- 30.9.1990). Es folgten der Umwelt- und Entwicklungsgipfel in Rio de Janeiro (I.- 12.6.1992), die Menschenrechtskonferenz in Wien (14. - 25.6.1993), die Interna-
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II. Begriff und Funktionen des Entwicklungsvölkerrechts
men des GATI oder die Halbzeitrevision des IV. Lome-Abkommens zwischen der EU und den AKP-Staaten. Angesichts der stetig zunehmenden Ausdifferenzierung der einzelnen entwicklungspolitisch relevanten Rechtsmaterien wird es zwar für den Völkerrechtswissenschaftler immer schwieriger, eine Analyse der diesen Teilsystemen gemeinsam zugrundeliegenden Strukturen vorzunehmen. Neuere Veröffentlichungen27 bestätigenjedoch die nach wie vor bestehende Notwendigkeit einer "Gesamtschau" der entwicklungsvölkerrechtlichen Prinzipien, Regeln und Institutionen, wie sie Vira//y in seinem grundlegenden Aufsatz aus dem Jahr 1965 vorgeschlagen hat. Unterschiedliche Auffassungen bestehen hinsichtlich der näheren inhaltlichen Bestimmung des Begriffs "Entwicklungsvölkerrecht". Vor allem britische und deutsche Völkerrechtler sehen hierin eine neue Dimension bzw. einen Teilbereich des Wirtschaftsvölkerrechts28 . Diese Zuordnung erklärt sich nicht zuletzt aus der Tatsache, daß die Entstehungsphase des Entwicklungsvölkerrechts in enger Verbindung zu den Forderungen der Dritten Welt nach einer Reorganisation der internationalen Wirtschaftsbeziehungen steht. In den meisten Standardwerken zum Entwicklungsvölkerrecht werden daher auch ausführlich diejenigen Themen behandelt, die Gegenstand des 1974 von der UNO-Generalversammlung verabschiedeten Aktionsprogramms zur Errichtung einerNeuen Weltwirtschaftsordnuni9 waren, so z. B. das Recht der Handelsbeziehungen zwischen Industrie- und Entwicklungsländern, das internationale Rohstoffrecht, der Schutz ausländischer Investitionen und die Kontrolle der Tätigkeit multinationaler Unternehmen in Ländern der Dritten Welt, die Regulierung des Technologietransfers sowie das die Nord-Süd-Beziehungen betreffende internationale Finanzrecht Das Entwicklungsvölkerrecht
tionale Konferenz über Bevölkerung und Entwicklung in Kairo (5.- 13.9.1994), der Weltgipfel für Soziale EntwicklWlg in Kopenhagen (6. - 12.3.1995), die Weltfrauenkonferenz in Peking (4. - 15.9.1995), die Habitat-li-Konferenz über Wohn- Wld Siedlungswesen in Istanbul (3.- 15.6.1996) Wld der Welternährungsgipfel in Rom (13.17.ll.l996 ). 27 Vgl. z. B. Schütz, Solidarität im Wirtschaftsvölkerrecht; Beck, Die Differenzierung von Rechtspflichten; Paul, HILJ 36 (1995), S. 307 ff.; Blanc, JDI 118 (1991), S. 901 (903 ff.). 28 /psen, Völkerrecht,§ 45, Rdnr. 2; Petersmann, JIR 17 (1974), S. 145 ff; ders., ZaöRV 36 (1976), S. 492 (499); Heinz, in: Wolfrum (Hrsg.), Handbuch Vereinte Nationen, S. 1080 (1087). Zum "International Development Law" aus der Perspektive der britischen Völkerrechtslehre vgl. Slinn, in: Flory!Mahiou!Henry (Hrsg.), La formation des normes en droit international du developpement, S. 105 ff.; ders., in: Snyder/S/inn (Hrsg.), International Law ofDevelopment, S. 27 ff. 29 UN-GA-Res. 3201 (S-VI) vom 1.5.1974.
ß . Begriff Wld Funktionen des Entwickl\Ulgsvölkerrechts
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lediglich als "rechtliches Substrat der 'Neuen Weltwirtschaftsordnung"'30 zu bezeichnen bzw. es "durch die Finalität der Weltwirtschaftsreform zugunsten der Dritten Welt" definiert zu sehen31 , würde jedoch nur einen (wenn auch wichtigen) Teil der diesem neuen Rechtsbereich zugrundeliegenden Entwicklungsproblematik erfassen. In Theorie und Praxis der Entwicklungspolitik hat sich bereits seit längerem die Erkenntnis durchgesetzt, daß "Entwicklung" nicht einfach mit wirtschaftlichem Fortschritt und hierdurch erreichtem materiellen Wohlstand gleichgesetzt werden kann, sondern dartiber hinaus auch soziale, politische, kulturelle, ökologische und andere nicht-ökonomische Komponenten beinhalten muß. Wie schwierig es ist, zu einer allgernein akzeptierten Definition des Entwicklungsbegriffs zu gelangen, wird von Dieter Nohlen und Franz Nuscheler in ihrem gemeinsamen Beitrag "Was heißt Entwicklung?" im Handbuch der Dritten Welt beschrieben: "'EntwicklWlg' ist ein in den verschiedensten Zusammenhängen verwendeter, entsprechend vieldeutiger, defmitorisch kaum exakt erfaßbarer Wld dem MeinWlgsWld Ideologiestreit entrückbarer Begriff. Die Schwierigkeiten einer Defmition, die begriffslogischen Forder\Ulgen nach Klarheit, Eindeutigkeit Wld intersubjektiver Überprüfbarkeit gerecht wird, liegen erstens im nicht-statischen Wesen Wld Wortsinn von EntwicklWlg: Der Begriff ist wie sein Gegenstand dauernder VeränderWlg \Ulterworfen. Zweitens ist jeder Begriff von EntwicklWlg - weil er sich nicht auf einen statischen Zustand, sondern auf ein Ziel bezieht- ein normativer Begriff, abhängig von individuellen Wld kollektiven Wertvorstell\Ulgen in Raum Wld Zeit. Der Entwickl\Ulgsbegriff ist nicht allgemeingültig (im Sinne ahistorischer Allgemeingültigkeit) de~mierbar; er ist ein Cluster-Be!Wff, dessen konstitutive Eigenschaften mcht verbmdhch festgelegt werden können." 2
Ausdrücklich betonen Noh/en und Nuscheler daher auch, daß der von ihnen selbst vorgeschlagene Entwicklungsbegriff nicht statisch, sondern für Veränderungen in der Wirklichkeit und der wissenschaftlichen Diskussion offen see3 . Aufbauend auf den fünf Einzelzielen Wachstum, Arbeit, Partizipation, 30 Ruge, Der Beitrag von UNCTAD zur HerausbildWlg des EntwicklWlgsvölkerrechts, S. 5. 31 Petersmann, JIR 17 (1974), S. 145 (146); ähnlich auch Kwakwa, Georgia Journal oflntemational and Comparative Law 17 (1987), S. 431 (433): "The international law of development is the ernerging legal structure of the proposed New International Economic Order (NIEO). This law is the principal means through which attempts are being made to achieve a NIEO." An einer anderen Stelle seines Aufsatzes betont Kwakwa allerdings, daß er sich zum Zwecke einer "klaren Analyse" nur mit den ökonomischen Aspekten der EntwicklWlgsproblematik befaßt (vgl. S. 434, Fn. 10 a. E.). 32 Nohlen!Nuscheler, in: dies. (Hrsg.), Handbuch der Dritten Welt, Bd. 1, S. 55 (56). 33 Ebd.
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ß. Begrifftmd Funktionen des EntwicklWigsvölkerrechts
Gleichheit/Gerechtigkeit und Unabhängigkeit!Eigenständigkeit definieren sie Entwicklung als "die eigenständige EntfaltWlg der Produktivkräfte zur Versorgoog der gesamten Gesellschaft mit lebensnotwendigen materiellen sowie lebenswerten kulturellen Gütern Wld DienstleistWlgen im Rahmen einer sozialen Wld politischen OrdnWlg, die allen Gesellschaftsmitgliedern Chancengleichheit gewährt, sie an politischen EntscheidWigen mitwirken Wld am gemeinsam erarbeiteten Wohlstand teilhaben läßt. n34
Zusätzlich in den Entwicklungsbegriff aufzunehmen sei außerdem die ökologische Dimension im Sinne des sustainable development-Konzepts, das 1987 durch den Brundtland-Bericht in die internationale Diskussion eingeführt worden ise5 . Der UNO-Generalsekretär benennt in seinem 1994 der Generalversammlung vorgelegten Bericht über eine "Agenda für Entwicklung"36 fünf verschiedene Grundkomponenten bzw. "Dimensionen" der Entwicklung: I. Den Frieden als Grundvoraussetzung jeglicher Entwicklungsbemühungen, 2. wirtschaftliches Wachsturn als Motor des Fortschritts, 3. den Schutz der Umwelt als Grundlage einer bestandsfaltigen Entwicklung, 4. soziale Gerechtigkeit als Stützpfeiler der Gesellschaft und 5. Demokratie als gute Staatsführung. Bereits diese beiden - hier nur stellvertretend für eine Vielzahl anderer Beispiele genannten- Definitionsvorschläge von Nohlenl Nuscheler und Boutros Ghali zeigen die Bedeutung nicht-ökonomischer Aspekte bei der näheren Bestimmung des Entwicklungsbegriffs. Auch in der Völkerrechtswissenschaft wird man diesen Erkenntnissen Rechnung tragen müssen37 . Die Ebd., S. 73. Ebd., S. 74. Zu dem Begriff sustainable development vgl. auch Harborth, in: Nohlen/Nuscheler (Hrsg. ), Handbuch der Dritten Welt, S. 231 ff.; Hauff(Hrsg. ), Unsere Gemeinsame Zukunft (sog. "Brundtland-Bericht"); Sachs, Development 1995/4, S. 26 ff.; Stenge[, Grenzen Wld Spielräume nachhaltiger EntwicldWlg der Dritten Welt; zu den völkerrechtlichen Aspekten dieses Begriffs vgl. u. a. die Beiträge in Ginther!Denterslde Waart (Hrsg.), Sustainable Development and Good Govemance; Chowdhury, in: Chowdhury!Denterslde Waart (Hrsg.), The Right to Development, S. 233 ff.; Singh, in: de Waart/Peters!Denters (Hrsg.), International Law and Development, S. l ff.; Gutil~rrez Posse, Revista Juridica de Buenos Aires 1989 ß- ill, S. 83 ff.; Schröder, M. , A VR 34 (1996), S. 251 ff. ; Robinson, Environmental Policy and Law 22 (1992), S. 22 ff. 36 EntwicldWig und internationale wirtschaftliche Zusammenarbeit. Agenda fiir EntwicldWig. Bericht des Generalsekretärs. UN-Doc. A/48/935 vom 6.5.1994. 37 Ein Beispiel hierfiir bildet der jüngst von James C. N. Paul vorgestellte Prinzipienkatalog eines "new international development law", in dem vor allem ökologische Kriterien sowie die verschiedenen Ausprägoogen des UNO-Menschenrechtskonzepts im Zentrum des EntwicklWigsbegriffs stehen; in: HILJ 36 (1995), S. 307 ff. Zu den nicht-ökonomischen Dimensionen des EntwicklWigsvölkerrechts siehe auch 34
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II. Begriff Wld Funktionen des EntwicklWlgsvölkerrechts
25
Konseque~ wäre daher, das Entwicklungsvölkerrecht nicht mehr bloß als Teil des Wirtschaftsvölkerrechts zu begreifen, sondern es als eine eigenständige Rechtsmaterie innerhalb der Völkerrechtsordnung zu definieren, die sich aus den entwicklungspolitisch relevanten Regeln, Prinzipien und Institutionen der anderen völkerrechtlichen Regelungssysteme (z. B. des internationalen Wirtschaftsrechts, des Umweltvölkerrechts und des internationalen Menschenrechtsschutzes) zusammensetzt.
Noch weiter in der Begriffsbestimmung gehen allerdings diejenigen - zumeist französischen - Rechtswissenschaftler, die im Entwicklungsvölkerrecht weniger einen Teilbereich des Völkerrechts als vielmehr eine neue Dimension der gesamten internationalen Rechtsordnung erblicken38 . In Anlehnung an den von Wolfgang Friedmann beschriebenen Strukturwandel vom Koexistenzzum Kooperationsvölkerrecht wird das Entwicklungsvölkerrecht als eine weitere Phase bzw. neue Perspektive in der Geschichte des Völkerrechts angesehen. Da die Entwicklungsproblematik heute nicht mehr nur die wirtschaftliche Seite, sondern alle Bereiche der internationalen Beziehungen betreffe, durchdringe das Leitmotiv der Entwicklung auch das Völkerrechtssystem in seiner Gesamtheie9 . Besonders prägnant komme dieser Strukturwandel in dem Prinzip der dualite des normes zum Ausdruck, das den Staaten der Dritten Welt eine spezielle Rechtsstellung in den internationalen Beziehungen mit dem Ziel einer generellen Vorzugsbehandlung gegenüber den Industrienationen vermittle. Man geht dabei von der Überlegung aus, daß die den Entwicklungsländern als Mitglieder der Staatengemeinschaft zustehende "souveräne Gleichheit" (Art. 2 Ziff. 1 UNO-Charta) in Anbetracht der tatsächlichen Entwicklungsunterschiede weitgehend eine Fiktion darstellt und deshalb der Schritt zu einer wertenden Betrachtung dieses Völkerrechtsgrundsatzes zu vollziehen sei: An die Stelle des traditionellen formalen Gleichheitsbegriffs Garcia-Amador, The Ernerging International Law of Development, S. 17 ff.; GrosEspiell, Derecho internacional del desarrollo, S. 23 f.; Flory, in: Snyder/Sathirathai (Hrsg.), Third World Attitudes, S. 801 (804); Bennouna, in: Bedjaoui (Hrsg.), International Law, S. 619 (620); Chatterjee EPIL 9, S. 198 (199 f. ). 38 Vgl. z. B. Virally, RJPIC 29 (1975), S. 279 ff.; ders., in: Societe Franfaise pour le Droit International (Hrsg. ), Pays en voie de developpement et transformation du droit international, S. 307 (310 f. ); Bennouna, Droit international du developpement, S. 17 f.; Stern, in: Flory!Mahiou!Henry (Hrsg.), La formation des normes en droit international du developpement, S. 43 (46); Henry, ebd., S. 29 (34 f.); Flory, Droit international du developpement, S. 31 , S. 165; Feuer, in: Snyder/Slinn (Hrsg.), International Law of Development, S. 137 f. hn deutschsprachigen Schrifttum hat sich dieser AuffassWlg Wolfgang Benedek angeschlossen, in: Festschrift Universität Graz, S. 881 (898 ff. ). 39 Vgl. Benedek, Festschrift Universität Graz, S. 881 (901 ).
Il. Begriffund Funktionen des Entwicklungsvölkerrechts
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trete nun der Anspruch auf materielle Gleichheit mit dem Inhalt einer in gleichem Ausmaß bestehenden wirtschaftlichen Betätigungs- und Entwicklungsmöglichkeit40. Die durch die formalrechtliche Gleichbehandlung der Entwicklungsländer de facto bewirkte Schlechterstellung soll daher mittels differenzierender Rechtsregeln, die zu einer grundsätzlichen Präferenzbehandlung der Entwicklungsländer gegenüber den Industrieländern fiihren, überwunden werden41 . Ob das gegenwärtige Völkerrecht sich tatsächlich bereits als eine derartige "duale Normenordnung" qualifizieren läßt, ist allerdings mnstritten: Die Befiirworter einer solchen Auffassung verweisen auf die zahlreichen Sonderregeln, die zugunsten der Entwicklungsländer in verschiedenen Teilbereichen des internationalen Rechts (z. B. im internationalen Wirtschaftsrecht, im Seerecht oder im Umweltvölkerrecht42) vertraglich vereinbart worden sind43, während die Vertreter der gegenteiligen Meinung gerade in dieser Vertragspraxis die Bestätigung dafür sehen, daß eine "besondere Völkerrechtssubjektivität" der Entwicklungsländer sich gewohnheitsrechtlich also außerhalb der durch spezielle Abkommen erfaßten Regelungskomplexe bisher nicht hat durchsetzen können44 . Ein zweiter Aspekt, der die Interpretation des Entwicklungsvölkerrechts als eine "neue Perspektive" der internationalen Rechtsordnung in der französischen Völkerrechtslehre maßgeblich beeinflußt hat, ist das Merkmal der "Finalität": Das Entwicklungsvölkerrecht wird als ein droit oriente, droit d'anticipation bzw. droit de .finalite charakterisiert, das sich weniger durch den von ihm erfaßten Regelungsbereich als vielmehr durch seine Zielrichtung,
Vgl. Kemper, Nationale Verfitgung über natürliche Ressourcen, S. 114. Ebd., S. 116. 42 Vgl. hieiZU die Übersicht bei Petersmann, ZaöRV 36 (1976), S. 492 (536 ff.), sowie speziell zum internationalen Handelsrecht Schütz, Solidarität im Wirtschaftsvölkerrecht, S. 291 ff. 43 Zusätzlich zu den in Fn. 38 aufgefuhrten Vertretern der französischen Völkerrechtslehre seien hier genannt Ginther, in: Neuhold u. a. (Hrsg. ), Österreichisches Handbuch des Völkerrechts, S. 29 (37 f.); Kwakwa, Georgia Journal of International and Comparative Law 17 (1987), S. 431 (438 ff.); Köhler, Sozialpolitische und sozialrechtliche Aktivitäten, S. 1169; Erasmus, The New International Economic Order, S. 294 ff.; Verwey, Festschrift Lachs, S. 531 (555); ders., Economic Development, Peace and International Law, S. 265 ff.; vgl. auch die Nachweise bei Schütz, Solidarität im Wirtschaftsvölkerrecht, S. 112. 44 Vgl. Beck, Die Differenzierung von Rechtspflichten, S. 217; Hartwig, in: Leisinger!Hösle (Hrsg.), Entwicklung mit menschlichem Antlitz, S. 187 (202); Ipsen, Law and State 25 (1982), S. 7 (13 f.); Stemberg, Die Charta der wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten, S. 208; Schütz, Solidarität im Wirtschaftsvölkerrecht, S. 113 f. 40
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ll. Begriff und Funktionen des Entwicklungsvölkerrechts
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die Überwindung der globalen Entwicklungsdisparitäten, definiere45 . Seine Aufgabe bestehe darin, den unter dem Leitmotiv der "Entwicklung" angestrebten Transformationsprozeß in der internationalen Ordnung mittels prospektiv wirkender, programmatischer Normen zu unterstützen, ja sogar systematisch voranzutreiben. Überlegungende lege ferenda, die über Regeln des soft law sich zu positivem Recht entwickeln können, und allgemein formulierte Rechtsprinzipien, die den normativen Rahmen der weiteren völkerrechtspolitischen Entwicklung bilden, gewinnen vor diesem Hintergrund eine für das Recht der Nord-Süd-Beziehungen ebenso große Bedeutung wie die bereits positivierten Normen des Vertrags- und Gewohnheitsrechts46 . Doch nicht nur für die Rechtsquellenlehre ergeben sich Konsequenzen aus dem teleological approach to international law41 : Wenn z. B. Jean Touscoz die Finalität des Entwicklungsvölkerrechts mit dem Bild der "Hefe im Teig des klassischen Völkerrechts" umschreibt48, dann kommt hierin zugleich auch eine Akzentverschiebung innerhalb des völkerrechtlichen Funktionenkatalogs zum Ausdruck: Die Betonung liegt nun nicht mehr vorrangig auf der stabilisierend wirkenden Ordnungsfunktion, welche das klassische Koexistenzvölkerrecht prägte und auch heute noch ein wesentliches Charakteristikum des modernen Kooperationsvölkerrechts darstellt49, sondern vielmehr auf der Planungs- und Programmfunktion des Rechts50. Das Entwicklungsvölkerrecht wird damit in der französischen Doktrin als ein Instrument des globalen politischen und sozialen Wandels betrachtet; indem es für die politischen Akteure normativ formulierte - und insoweit möglicherweise legitimierende Wirkungen entfaltende - Programmvorgaben und Orientierungsleitlinien bereithält, 45 Feuer!Cassan, Droit international du developpement, S. 24; Flory, Droit international du developpement, S. 31; Blanc, JDI ll8 (1991), S. 901 (903);Bouveresse, Droit et politiques du developpement et de Ia cooperation, S. 81; Stern, in: Flory!Mahiou/Henry (Hrsg. ), La formation des normes en droit international du developpement, S. 43 ff.; Feuer, in: Snyder/Slinn (Hrsg.), International Law of Development, S. 137 (I38). Allgemein zur Finaldetermination des Rechts siehe Krawietz, Das positive Recht und seine Funktion, S. 76 ff. 46 VgL hierzu \Ulten Kapitel IV. 1. und 2. 47 Bedjaoui, in: ders. (Hrsg.), International Law, S. I (I5). 48 Zitiert nach Flory, Droit international du developpement, S. 31 f 49 Zur Ordnungsfunktion des Völkerrechts vgl. lpsen, Völkerrecht, § 3, Rdnr. 6 ff. 50 Allgemein zur Planungsfunktion des Rechts vgL Llewellyn, Yale Law Journal49 (I939/40), S. 1355 (1387 ff.); Rehbinder, Festschrift König, S. 354 (362 ff.); Fastenrath, Lücken im Völkerrecht, S. 264, sowie speziell zum Völkerrecht: Barkun, Georgia Journal oflnternational and Comparative Law I (I970), S. I9 (22 f.); Delbrück, Die Friedenswarte 58 (I975), S. 240 (246 ff.); Blenk-Knocke, Zu den soziologischen Bedingungen völkerrechtlicher Normenbefolgung, S. 200 ff.; Wasilkowski, Festschrift Lachs, S. 307 (308 f ).
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II. Begriff lllld Funktionen des Entwicklllllgsvölkerrechts
die den Weg der intendierten rechtspolitischen Entwicklung vorzeichnen, wird es zu einem progressiven, dynamischen Element in den Beziehungen zwischen Industrie- und Entwicklungsländern. Dies bedeutet zwar nicht, daß das Entwicklungsvölkerrecht nicht zugleich auch andere, eher statisch ausgerichtete Funktionen wahmimmt51 : So beweist z. B. die ausgeprägte Vertragspraxis auf dem Gebiet der wirtschafts- und entwicklungspolitischen Kooperation die Bedeutung der Ordnungsfunktion in der rechtlichen Gestaltung der Nord-SüdBeziehungen; ferner zeigt sich die instnunentale Funktion des Entwicklungsvölkerrechts in der Gewährleistung formaler Rahmenbedingungen der Entwicklungspolitik, wie z. B. der völkerrechtlichen Rechtserzeugungs- und Kooperationsverfahren sowie der unterschiedlichen Formen institutionalisierter Kooperation (insbesondere im Rahmen globaler und regionaler Wirtschafts-, Finanz- und Entwicklungsorganisationen)52 Gleichwohl wird man das Entwicklungsvölkerrecht aus der Perspektive der französischen Völkerrechtslehre in erster Linie als ein ius progressionis53 bezeichnen müssen, das sich durch seine dynamische Funktion und explizite Zielorientierung von den Strukturen des konventionellen Koexistenz- und Kooperationsvölkerrechts unterscheidet. Damit stellt das Merkmal der Finalität das zentrale Argument zugunsten der These dar, daß das Entwicklungsvölkerrecht als eine neue Phase in der Geschichte der gesamten Völkerrechtsordnung - und nicht bloß einzelner seiner Teilbereiche- angesehen werden kann. Die beiden hier vorgestellten Auffassungen zum Begriff des Entwicklungsvölkerrechts schließen sich nicht gegenseitig aus; sie versuchen lediglich, das gleiche Phänomen aus zwei unterschiedlichen Perspektiven - einer rechtsdogmatischen sowie einer rechtstheoretischen - zu erfassen. In Anlehnung an eine von Wolfgang Benedek vorgeschlagene Kategorisierung54 kann man folglich unterscheiden zwischen ( 1.) dem Entwicklungsvölkerrecht im engeren Sinne als einem neuen Rechtsbereich, der das gesamte völkerrechtliche Instrumentarium (Regeln, Prinzipien, Institutionen) auf dem Gebiet der Entwicklungspolitik umfaßt, und (2.) dem Entwicklungsvölkerrecht im weiteren Sinne als Ausdruck eines Funktionen- und Strukturwandels, welcher das Völkerrecht durch die Finalität der Entwicklung in seiner Gesamtheit betrifft und damit als eine neue Dimension in der Entwicklung der Völkerrechtsordnung zu qualifizieren ist. Vgl. /psen, Law and State 25 (1982), S. 7 (18 f.). Zur instrumentalen Ftmktion des Völkerrechts siehe /psen, Völkerrecht, § 3, Rdnr. 17 ff., sowie speziell im Ralunen der Entwicklllllgskooperation ders., Law and State 25 (1982), S. 7 (9 ff. ); außerdem Wälde, GYIL 23 (1980), S. 59 ff. 53 Vgl. Terz, AVR 30 (1992), S. 442 (449). 54 Vgl. Benedek, Festschrift Univerität Graz, S. 881 (902). 51
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ll. Begriffund Funktionen des Entwicklungsvölkerrechts
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Inwieweit die Völkerrechtspolitik der Dritten Welt nicht nur zur Herausbildung eines Entwicklungsvölkerrechts im engeren Sinne beigetragen hat, sondern darüber hinaus auch die den einzelnen Regelungsbereichen zugrundeliegenden Strukturen des Völkerrechtssystems beeinflußt, wird im folgenden zu untersuchen sein.
m. Die Völkerrechtspolitik der Dritten Welt Als im Jahr 1945 mit der Gründung der Vereinten Nationen eine neue Epoche in der Geschichte der internationalen Beziehungen und damit auch des Völkerrechts eingeleitet wurde, stammten 29 der damals insgesamt 51 Mitgliedstaaten aus der Dritten Welt. Ihre Zahl stieg während der Dekolonialisierungsphase der folgenden Jahrzehnte rapide an, Mitte der 70er Jahre war sie bereits auf über 100 angewachsen. Die hierdurch bedingte zahlenmäßige Überlegenheit in den mit der Fortbildung des internationalen Rechts befaßten Gremien und Organen der Weltorganisation versetzte die Entwicklungsländer schon frühzeitig in die Lage, gegenüber den Industrienationen eine engagierte - und z. T. auch erfolgreiche - Völkerrechtspolitik zu betreiben. Obwohl nur lose in der Bewegung der Blockfreien55 und der "Gruppe der 77"56 zusammengeschlossen, gelang es den Staaten der Dritten Welt, die innerhalb dieser Gruppierungen bestehenden regional- und länderspezifischen Interessenunterschiede zu überwinden und ein gemeinsames völkerrechtspolitisches Programm zu entwickeln, das dann auf den zahlreichen internationalen Konferenzen sowie in der Generalversammlung und den Sonderausschüssen und Spezialorganisationen der Vereinten Nationen auch überwiegend einheitlich vertreten wurde57 • War anfangs das Augenmerk vor allem auf die im Zusammenhang mit dem Entkolonialisierungsprozeß stehenden Rechtsfragen gerichtet (u. a. Probleme
55 Vgl. hierzu Bedjaoui, RdC 151 (1976 ill), S. 339 ff. ; Matthies, Die Blockfreien, S. 20 ff.; Park, Boston College Third World Law Journal 7 (1987), S. 37 (43 ff.). 56 Sauvant, VN 1981 , S. 189 ff. ; zur "multilateralen Entwicklungsdiplomatie" und Blockbildung innerhalb der Vereinten Nationen vgl. Petersmann, ZaöRV 36 (1976), S. 492 (524 f., 528 ff.); Bennigsen , in: Wolfrum (Hrsg.), Handbuch Vereinte Nationen, S. 62 ff. 57 Vgl. Buirette-Maurau, La participation du Tiers Monde, S. 42 ff.; Murase, JapAniL 25 (1982), S. 45 ff. Wichtige Gremien zur Abstimmung der völkerrechtlichen Positionen unter den Entwicklungsländern sind der lnter-American Council ofJurists, die Arab Commission of International Law und das Asian-African Legal Consultative Committee, vgl. Dhokalia, The Codification of Public International Law, S. 266 ff.; Elias, New Horizons oflnternational Law, S. 21 ff.; Jahn , EPIL 9, S. 8 ff.
III. Die Völkerrechtspolitik der Dritten Welt
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der Staatennachfolge58, die Anerkennung des Selbstbestimmungsrechts der Völker59, der Status nationaler Befreiungsbewegungen im humanitären Völkerrecht60), so wurden bald darauf auch andere Regelungsmaterien in den völkerrechtlichen Nord-Süd-Dialog rniteinbezogen. Insbesondere im internationalen Wirtschaftsrecht kollidierten die unterschiedlichen Interessen von Industrie- und Entwicklungsländern, so daß sich hier mit dem Streit um die "Neue Weltwirtschaftsordnung" 61 das bis heute wichtigste Konfliktfeld zwischen den beiden Staatengruppen formierte. Darüber hinaus haben die Staaten der Dritten Welt auch in anderen Teilbereichen des internationalen Systems eigenständige Rechtspositionen formuliert, die oftmals im Widerspruch zu den entsprechenden völkerrechtspolitischen Vorstellungen des Nordens stehen: Wichtige Beispiele sind u. a. die Auseinandersetzungen wn das "Gemeinsame Erbe der Menschheit" im internationalen Seerecht62 und Weltrawnrecht63, die völkerrechtliche Beurteilung der globalen Umweltproblematik, welche zunehmend in den Verdergrund des entwicklungspolitischen Interesses rückt64, oder aber die Frage, inwieweit der internationale Menschenrechtsschutz wn eine kollektive Dimension - insbesondere um ein "Recht auf Entwicklung", das auch Volksgruppen und Staaten zustehen soll65 - erweitert werden kann. 58 Bedjaoui, RdC 130 (1970 II), S. 463 ff.;Makonnen, RdC 200 (1986 V), S. 93 ff.; ders., International Law and the New States of Africa; Okoye, International Law and the New African States, S. 46 ff.; Prakash Sinha, New Nationsand the Law ofNations, S. 69 ff. 59 Chowdhury, in: Snyder!Sathirathai (Hrsg.), Third World Attitudes, S. 87 ff.; Prakash Sinha, IJIL 14 (1974), S. 332 ff.; Gros-Espie/1, VN 1982, S. 54 ff.; zu weiteren Nachweisen siehe Verdross!Simma, Universelles Völkerrecht,§§ 510 ff. 60 Elias, New Horizons of International Law, S. 199 ff.; Abi-Saab, in: Snyder!Sathirathai (Hrsg. ), Third World Attitudes, S. 125 ff. 61 Vgl. hierzu Kap. III 1. b)- d). 62 Opoku, in: Studier (Hrsg.), Seerechtskonferenz lUld Dritte Welt, S. 223 ff.; Faundez, in: Hossain (~sg.), Legal Aspects ofthe New International Economic Order, S. 174 ff.; Bello, VRU 13 (1980), S. 201 (204 ff.); vgl. auch Buirette-Maurau, La participation du Tiers Monde, S. 137 ff.; Mawdsley, NILR 39 (1992), S. 63 ff. 63 Jakhu, Developing Countries and the fundamental principles of international space law, Murty, I.TII., 21 (1981), S. 193 ff.; Elias!Akinjide, Africa and the development of internationallaw, S. 248 ff.; vgl. auch Gorove, Developments in Space Law, S. 113 ff.; Mau, Suffolk Transnational Law Journal 8 ( 1984), S. 221 f.; zu aktuellen Entwicklungen siehe Benkö!Schrogl, ZLW 44 (199S), S. 291 ff. 64 Siehe oben Kap. II. bei Fn. 3S sowie allgemein zum Zusammenhang zwischen entwicklungs-und umweltpolitischen Fragestell\Ulgen Weltbank, Weltentwickl\Ulgsbericht 1992 und die Nachweise bei Nuscheler, Lern- und Arbeitsbuch Entwickl\Ulgspolitik, S. 247 ff. und S. 554. 65 M'Baye, RDH S (1972), S. SOS ff.; Abi-Saab, in: Dupuy, R.-J. (Hrsg.), Le droit au developpement au plan international, S. 159 ff. ; Bedjaoui, in: ders. (Hrsg.), International Law, S. 1177 ff.; ders., in: Snyder!Slinn (Hrsg. ), International Law of Develop-
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ill. Die Völkerrechtspolitik der Dritten Welt
Da eine umfassende Darstellung all dieser entwicklungsvölkerrechtlichen Teilkomplexe den Rahmen der vorliegenden Arbeit sprengen würde, soll im folgenden lediglich ein exemplarischer Einblick in die Völkerrechtspolitik der Dritten Welt gegeben werden. Angesichts der grundlegenden Bedeutung für das Beziehungsgefüge zwischen Entwicklungsländern und Industrienationen erscheint dabei eine Erörterung der diesbezüglicqen wirtschaftsvölkerrechtlichen Problernstellungen unverzichtbar. Als weiteres Beispiel ist mit dem während der 70er und 80er Jahre vornehmlich in der UNESCO verhandelten Reformprojekt "Neue Weltinforrnationsordnung" ein Thema für diesen Teil der Untersuchung ausgewählt worden, das zwar gegenwärtig nicht mehr im Vordergrund des allgerneinen entwicklungspolitischen Interesses steht, gleichwohl aber noch immer ein bedeutsames Problern der Nord-Süd-Beziehungen darstellt. Welche Rückschlüsse sich aus der Analyse dieser beiden speziellen Konfliktformationen auf die Grundstrukturen der Völkerrechtsordnung ergeben, wird Gegenstand des sich hieran anschließenden rechtstheoretischen Abschnitts der Arbeit sein.
1. Die Reform des Wirtschaftsvölkerrechts (Beispiel!) Im Zentrum der Bemühungen der Entwicklungsländer um eine Neugestaltung der zwischenstaatlichen Beziehungen und des Völkerrechtssystems steht die Forderung nach einer Reform des internationalen Wirtschaftsrechts. Unter dem Stichwort "Neue Weltwirtschaftsordnung" (NWWO) wurden während der 70er und zu Beginn der 80er Jahre zahlreiche Einzelaspekte der internationalen Wirtschaftsbeziehungen z. T. äußerst kontrovers zwischen Industrie- und Entwicklungsländern diskutiert. Diese vor allem im Rahmen der Vereinten Nationen ausgetragene Auseinandersetzung stellt sich heute im Rückblick als der vorläufige Höhepunkt des Nord-Süd-Konflikts dar66 . Inwieweit dabei das Konzept der NWWO tatsächlich einen fundamentalen Interessengegensatz zwischen Nord und Süd und damit ein entsprechend hohes Konfliktpotential offenbart, wird unterschiedlich beurteilt: Während hierin auf der einen Seite der Versuch gesehen wird, die Nord-Süd-Wirtschaftsbeziehungen mit dem ment, S. 87 ff. ; vgl. hierzu auch Bennigsen, Das "Recht auf Entwicklung" m.w.N. Zur Diskussion um "kollektive Menschenrechte" siehe darüber hinaus Sanders, HRQ 13 (1991), S. 368 ff.; Riede/, Berichte der Deutschen Gesellschaft filr Völkerrecht 33 (1994), S. 49 ff. 66 Clemencon, Perceptions and Interests, S. 73; vgl. auch Matthies, Aus Politik und Zeitgeschichte 1991/B 25-26, S. 3; Senghaas, EA 1990, S. 610.
I. Die Refonn des Wirtschaftsvölkerrechts
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Ziel der vollständigen Gleichberechtigung der Dritten Welt gänzlich umzustruktieren67, verstehen andere die NWWO eher als ein Progranun, das an dem bestehenden Weltwirtschaftssystem festhält, jedoch sich durch Reformen der internationalen Institutionen und Abkommen um eine stärkere Integration der Entwicklungsländer in dieses System bemüht68 . Der überaus hohe Anspruch, der mit dem neuen Konzept verbunden wird, kommt anschaulich in den einleitenden Sätzen der von der UNO-Generalversammlung im Mai 1974 angenommenen "Erklärung über die Errichtung einer neuen internationalen Wirtschaftsordnung"69 zum Ausdruck: Dort heißt es, daß die Mitgliedstaaten ihre gemeinsame Entschlossenheit verkünden, "nachdrticklich auf die Errichtung einer Neuen Weltwirtschaftsordnung hinzuwirken, die auf Gerechtigkeit, souveräner Gleichheit, gegenseitiger Abhängigkeit, gerneinsamem Interesse und der Zusammenarbeit aller Staaten ungeachtet ihres wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Systems beruht, die Ungleichheiten behebt und bestehende Ungerechtigkeiten beseitigt, die Autbebung der sich vertiefenden Kluft zwischen den entwickelten Ländern und den Entwicklungsländern ennöglicht und eine sich ständig beschleunigende wirtschaftliche und soziale Entwicklung in Frieden und Gerechtigkeit für heutige und künftige Generationen sicherstellt". Als Grundelemente der NWWO können zwei Aspekte hervorgehoben werden: Zum einen die Demokratisierung der internationalen Beziehungen durch verstärkte Mitspracherechte der Entwicklungsländer innerhalb derjenigen Institutionen, die durch ihre Entscheidungen auf die Volkswirtschaften der Dritten Welt Einfluß auszuüben vermögen, und zum anderen die globale Umsetzung des Solidaritätsgedankens durch einseitige Vorzugsbehandlung der Entwicklungsländer und Einräumung materieller Chancengleichheit in den internationalen Wirtschaftsbeziehungen70. Bereits diese beiden Forderungen lassen erkennen, in welch engem Zusanunenhang rechtspolitische und rechtstheoretische Fragen gerade in der Entwicklung des modernen Wirtschaftsvölkerrechts stehen.
Vgl. z. B. Akinsanya/Davies, ICLQ 33 (1984), S. 208 (209). Wälde, Aus Politik und Zeitgeschichte 1981/B 20, S. 3. Zum reformistischen Charakter des NWWO-Konzepts siehe auch Bennouna, Droit international du developpement, S. 36, und Kapteyn, NILR 25 (1978), S. 217 (220). 69 UN-GA-Res. 3201 (S-VI) vorn 1.5.1974. 70 Bennouna, Droit international du develQppernent, S. 36; Endres, Direktinvestitionen in Entwicklungsländer, S. 13. 67
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3 Kaltenborn
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ill. Die Völkerrechtspolitik der Dritten Welt
a) Die Dritte Welt im Weltwirtschaftssystem der Nachkriegszeit
Die heutige internationale Wirtschaftsordnung, an der sich die Kritik der Entwicklungsländer entzündet, ist in ihren Grundstrukturen im wesentlichen während der Endphase des Zweiten Weltkriegs und der frühen Nachkriegszeit entstanden71 . Noch unter dem Eindruck der Weltwirtschaftskrise, die sich während der 30er Jahre zunehmend nachteilig auf die zwischenstaatlichen Beziehungen ausgewirkt hatte, bemühten sich vor allem die USA und Großbritannien als die beiden zu der Zeit größten Welthandelsmächte um eine Neustrukturierung des internationalen Wirtschaftssystems. Angestrebt war eine grundsätzlich liberal-marktwirtschaftlich ausgerichtete Weltwirtschaftsordnung, die allerdings im Unterschied zur Vergangenheit eine stärkere vertragliche Abstützung mit festgelegten Spielregeln und eine - zumindest ansatzweise - internationale Steuerung und Überwachung durch noch neu zu schaffende zwischenstaatliche Organisationen erfahren sollte12. Bereits in der Atlantik-Charta des U.S.-Präsidenten Roosevelt und des britischen Premierministers Churchill vom 14.8.1941 waren das Prinzip der internationalen wirtschaftlichen Zusammenarbeit und ein allgemeines Diskriminierungsverbot als wesentliche Grundsätze der neuen Ordnung enthalten. Die Verhandlungen hinsichtlich der Teilbereiche Währung und Kapitalhilfe wurden noch vor Beendigung des Krieges auf der Konferenz von Bretton Woods 1944 erfolgreich mit der Gründung des Internationalen Währungsfonds (IMF) und der Internationalen Bank fiir Wiederaufbau und Entwicklung (ffiRD) - kurz "Weltbank" genannt- abgeschlossen. Schwieriger gestaltete sich die Konstituierung des dritten Teilsektors, welcher der Regulierung der zwischenstaatlichen Handelsströme dienen sollte. Ein umfassendes Konzept, das alle zentralen Fragen des internationalen Handels und Wettbewerbs erfaßte und darüber hinaus auch die Gründung einer Spezialorganisation fiir den gesamten Handelsbereich, der International Trade Organisation (ITO), beinhaltete, wurde nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs auf der ON-Konferenz für Handel und Vollbeschäftigung in Havanna diskutiert. Das am 24. März 1948 von 54 Staaten unterzeichnete Abschlußdokument dieser Konferenz, die sog. Havanna-Charta, trat jedoch mangels einer ausreichenden Zahl an Rati71 Zum folgenden vgl. Andersei'J, in: Woyke (Hrsg.), Handwörterbuch Internationale Politik, S. 469 (471 ff.); Ruge, Der Beitrag von UNCTAD zur Herausbildung des Entwickungsvöl.kerrechts, S. 16 tr.; Tetzlaff, in: Nohlen!Nuscheler (Hrsg.), Handbuch der Dritten Welt, Bd. l (2. Aufl. ), S. 273 (275 ti); Adams, Worlds Apart, S. 19 tf. u. S. 67 tr. 12 Andersen, in: ders. (Hrsg.), Entwicklungspolitik und Neue Weltwirtschaftsordnung, S. 3 (7).
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fikationen niemals in Kraft. Insbesondere die USA sahen sich zu diesem Schritt nicht in der Lage, da sie eine zu starke dirigistische Beeinflussung ihrer Wirtschaft durch die als supranationale Behörde konzipierte ITO befürchteten73. Grundlage der neuen Welthandelsordnung wurde nun vielmehr das auf einer Vorbereitungstagung zur Havanna-Konferenz ausgehandelte General Agreement on Tarifft and Trade (GATD. Man war darin übereingekommen, die während der Vorverhandlungen schon erreichten Vereinbarungen über gegenseitige Zollzugeständnisse gemeinsam mit einem Teil der handelspolitischen Bestimmungen des Charta-Entwurfs als Übergangsregelung in Kraft zu setzen. Aufgrund des Scheiteros der Havanna-Charta wurde dann aber aus dem ursprünglich nur als Provisorium geplanten GATI eine permanente Einrichtung und damit der für die nächsten Jahrzehnte maßgebliche völkerrechtliche Rahmen der internationalen Handelsbeziehungen. Der Einfluß der Entwicklungsländer auf die Neugestaltung der internationalen Wirtschaftsordnung war allein schon aufgrundder Tatsache, daß die meisten von ihnen zu dieser Zeit noch Kolonien und damit nicht mitspracheberechtigte Mitglieder der Völkerrechtsgemeinschaft waren, nur sehr gering. Die spezifischen Interessen dieser Staatengruppe - insbesondere im Rohstofibereich und auf dem Gebiet der Entwicklungszusammenarbeit - fanden somit in einer wichtigen Formationsphase des Weltwirtschaftssystems kaum Berücksichtigung74 . Zwar ist zu Recht darauf hingewiesen worden, daß mit der Gründung der Weltbankgruppe75 schon frühzeitig der Gedanke der internationalen Solidarität und die Pflicht zur Entwicklungskooperation in die im übrigen der klassischen Liberalisierungsmaxime verpflichteten Weltwirtschaftsordnung Eingang gefunden hatten76, doch zeigte sich recht bald, daß das Bretton-Woods-System in erster Linie auf die ökonomischen Interessen
Fikentscher, Wirtschaftsrecht, Bd. I, S. 96. Andersen, in: ders. (Hrsg.), Entwicklungspolitik und Neue Weltwirtschaftsordnung, S. 3 (8); der Vorschlag des an dem Planungsprozeß beteiligten britischen Nationalökonomen John Maynard Keynes, gesonderte Regelungen filr den Rohstoffsektor in den neuzuschaffenden Abkommen aufZunehmen, blieb ohne entsprechende Resonanz, ebd., S. 7. 75 Als Tochtergesellschaften der Weltbank wurden 1956 bzw. 1960 die International Finance Cooperation (IFC) und die International Development Association (IDA) gegründet. Während es Aufgabe der IDA ist, durch Gewährung von Krediten zu besonders günstigen Bedingungen die Entwicklungsländer bei der Bewältigung ihrer Verschuldungsproblerne zu unterstützen, fordert die IFC mittels fmanzieller und technischer Hilfestellung private Investitionen in der Dritten Welt; vgl. hierzu Gloria, in: Ipsen, Völkerrecht, § 40, Rdnr. 23 f. 76 Oppermann, in: Bryde (Hrsg.), Neuordmmg der Weltwirtschaft?, S. II (14). 73
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des industrialisierten Nordens zugeschnitten war und einen wirksamen Schutz der wirtschaftlich schwächeren Staaten des Südens nicht zu leisten vermochte. Insbesondere das auf den Grundsätzen der Reziprozität, Meistbegünstigung und Nichtdiskriminierung aufgebaute GATT bot keine genügenden Voraussetzungen, die zur Überwindung der weltweiten ökonomischen Disparitäten notwendige Ausgewogenheit in den internationalen Handelsbeziehungen herzustellen. Während der Güteraustausch zwischen den Industrienationen in den ersten Nachkriegsjahrzehnten florierte und damit zu einem beträchtlichen wirtschaftlichen Wachstum sowie einer dementsprechenden Wohlstandssteigerung in diesen Ländern beitrug, gelang es den Entwicklungsländern nicht, in auch nur annähernd gleichem Maße an der positiven weltwirtschaftliehen Entwicklung teilzuhaben77 . Auch verschiedene globale und regionale Initiativen zur Unterstützung der zumeist nochjungen Mitglieder der Staatengemeinschaft- so z. B. das von der UN-Generalversammlung im Jahr 1961 erklärte "Jahrzehnt der Entwicklung"78, die im gleichen Jahr ausgerufene "Allianz fiir den Fortschritt" zwischen den USA und den lateinamerikanischen Staaten oder die 1963 bzw. 1968 von der Europäischen Gemeinschaft mit ehemaligen afrikanischen Kolonien abgeschlossenen Assoziierungsabkommen von Yaounde und Arusha erwiesen sich als unzureichend, die wirtschaftliche und soziale Situation in den Entwicklungsländern spürbar zu verbessern. Auf der 1964 gegen den Widerstand der westlichen Industrieländer veranstalteten Welthandels- und Entwicklungskonferenz der Vereinten Nationen (UNCTAD) brachten die Entwicklungsländer erstmals einheitlich ihre Unzufriedenheit mit dem bestehenden Ordnungsrahmen der Weltwirtschaft zum Ausdruck: Unter Berufung auf die von den Ökonomen Raitl Prebisch, Hans W Singer und Gunnar Myrdal aufgestellte These, daß die Verschlechterung der Austauschbedingungen im internationalen Handel (terms oftrade) als das entscheidende Entwicklungshemmnis anzusehen sei, forderten sie einschneidende Systemveränderungen, durch die ihren spezifischen Interessen im Welthandel besser als bisher Rechnung getragen werden könnte. Im GATT reagierte man auf diese Forderung bereits im darauffolgenden Jahr mit einer Ergänzung des Abkommens um einen Teil IV über "Handel und Entwicklung", welcher den Verzicht der Industrieländer auf reziproke Be77 Der Anteil der Entwicklungsländer (ohne OPEC-Staaten) an den Welthandelsexporten sank von 31,6% im Jahr 1950 auf 16% im Jahr 1974, vgl. Petersmann, AVR 18 (1979/80), S. 17 (29). 78 UN-GA-Res. 1710 (XVI) vom 19.12.1961.
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handlung seitens der Entwicklungsländer beinhaltete79. 1971 erfolgt dann durch eine zunächst auf zehn Jahre befristete Ausnahmeregelung vom Meistbegünstigungsgrundsatz die Einführung eines Allgemeinen Präferenzsystems (APS), das den Industrieländern erlaubt, über die GATI-Vereinbarungen hinausgehend einseitige Zollermäßigungen zugunsten der Entwicklungsländer zu gewähren80. Obwohl die meisten Industrienationen in der Folgezeit auch tatsächlich bereit waren, derartige Präferenzsysteme - wenngleich unter z. T. weitreichenden Einschränkungen (z. B. Kontingentierungen) - in Kraft zu setzen, drängten die Entwicklungsländer auf weitere, umfassendere Reformschritte. Ermutigt durch die Erfahrungen der OPEC während der ersten Ölkrise, welche die Abhängigkeit der Industrieländer von den Rohstoffimporten und damit das Machtpotential der Dritten Welt erkennen ließ, erhoben sie schließlich erneut ihre Forderungen, und zwar diesmal im Rahmen der Vereinten Nationen unter dem Stichwort "Neue Weltwirtschaftsordnung"81 . b) Das Programm der Neuen Weltwirtschaftsordnung
Zahlreiche Dokumente der verschiedenen mit Wirtschafts- und Entwicklungsfragen befaßten internationalen Organisationen - insbesondere der UNO und ihrer Unter- und Sonderorganisationen (z. B. UNCTAD, UNIDO), aber auch der unterschiedlichen Staatenzusammenschlüsse der Dritten Welt (z. B. der Blockfreienbewegung oder der "Gruppe der 77") - lassen sich dem Gesamtkomplex der NWWO zuordnen. Den programmatischen Kern des Reformprojekts bilden jedoch die auf der 6. Sondergeneralversammlung der UNO im Mai 1974 angenommene "Erklärung über die Errichtung einerneuen internationalen Wirtschaftsordnung" und das darauf aufbauende "Aktionsprogramm"82 sowie die "Charta der wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten", die von der Generalversammlung im Dezember des gleichen Jahres verabschiedet wurde83 . Während die beiden erstgenannten Resolutionen im Vgl. hierzu Westreicher, Der Grundsatz der Gegenseitigkeit, S. 81 ti Ebd., S. 96 ff. 81 Aus völkerrechtlicher Sicht vgl. hierzu Hossain (Hrsg.), Legal Aspects of the New International Economic Order; Dupuy, R.-J. (Hrsg.), Le nouvel ordre economique international; Kimminich, AVR 20 (1982), S. 2 ff.; Petersmann, AVR 18 (1979/80), S. 17 ff.; Murase, JapAniL 25 (1982), S. 45 fi; Bettati, Le nouvel ordre economique international; McJtninney, cm 14 (1976), S. 57 tf. 82 UN-GA-Res. 3201 und3201 (X-VI) vom 1.5.1974. 83 UN-GA-Res. 3281 (XXIX) vom 12.12.1974. Vgl. Castafieda, AFDI 20 (1974), S. 31 ff.; Virally , AFDI 20 (1974), S. 57 fi; Feuer, RGDIP 79 (1975), S. 273 ff. ; /da , Festschritt Abendroth, S. 118 ff.; Petersmann, EPTI... 8, S. 71 fi ; Stemberg, Die Charta 79
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wesentlichen die politischen Zielsetzungen der neuen Ordnung und die zu deren Verwirklichung erforderlichen Maßnahmen aufzählen, benennt die Charta konkrete rechtliche Verpflichtungen der am internationalen Wirtschaftsverkehr beteiligten Staaten; sie stellt insofern das völkerrechtliche Grundlagendokument der Neuen Weltwirtschaftsordnung dar. Nach den Vorstellungen des Vorsitzenden der mit der Ausarbeitung der Charta betrauten Arbeitsgruppe, des Mexikaners Jorge Castaiieda, sollte ein Rechtsinstrument geschaffen werden, das in den internationalen Wirtschaftsbeziehungen eine ähnliche Bedeutung erlangen würde wie die Satzung der Vereinten Nationen im allgemein politischen Bereich84 . Die Charta knüpft in ihrem ersten Kapitel, das mit dem Titel "Grundlagen der internationalen Wirtschaftsbeziehungen" überschrieben ist, an zahlreiche Rechtsprinzipien an, die bereits in der klassischen Völkerrechtsordnung oder doch zumindest seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs weltweit Anerkennung gefunden haben85 . Zu nennen sind insbesondere der Grundsatz der souveränen Gleichheit der Staaten, das Interventionsverbot, die Pflicht zur friedlichen Beilegung von Streitigkeiten, das Selbstbestimmungsrecht der Völker, die Verpflichtung zur Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie das Prinzip der redlichen Erfüllung internationaler Verpflichtungen. Die Pflicht zur internationalen Zusammenarbeit, der in den Dokumenten zur NWWO eine herausragende Bedeutung zugemessen wird (insbesondere Art. 8 und 9 der Charta), stellt ebenfalls ein bereits zu diesem Zeitpunkt anerkanntes Völkerrechtsprinzip dar86, wenngleich seine konkreten Ausprägungen gerade im Nord-Süd-Kontext bislang noch zu den umstrittensten Fragen des internationalen Rechts zählen87 • Eine neue Tendenz in der Entwicklung des Wirtschaftsvölkerrechts wird hingegen durch die besondere Betonung des Gerechtigkeitsprinzips angedeutet, welches im Grundlagenkapitel der Charta gleich dreifache Erwähnung -jeweils in unterschiedlichen Varianten88 - findet und auch darüber hinaus zu den maßgeblichen Leitbegriffen der NWWO zählt.
der wirtschaftlichen Rechte Wld Pflichten der Staaten; Tomuschat, ZaöRV 36 (1976), s. 444 ff. 84 Vgl. Tomuschat, ZaöRV 36 (1976), S. 444 (446). 85 Kimminich, A VR 20 (1982), S. 2 (10 f). 86 Vgl. nur Art. 1 Nr. 1 Wld Art. 55 f der UNO-Charta. 87 Zur KonlcretisiefWlg völkerrechtlicher Prinzipien siehe unten Kap. IV. 2. d). 88 1. Die Pflicht zur BeseitigWlg von Ungerechtigkeiten, die gewaltsam herbeigefiilut worden sind und die ein Volk der ft1r seine normale EntwicklWlg notwendigen natürlichen Mittel berauben; 2. das Prinzip des gegenseitigen Wld gerechten Nutzens sowie 3. die Verpflichtung zur FörderWlg der internationalen sozialen Gerechtigkeit.
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Die "wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten" sind im folgenden Kapitel der Charta zusammengestellt: Sie entsprechen weitgehend den Reformforderungen, die bereits in der "Erklärung" und dem "Aktionsprogramm" dokumentiert worden waren, und spiegeln die Vielfalt der Schwierigkeiten wider, mit denen sich die Staaten der Dritten Welt im internationalen Wirtschaftsverkehr konfrontiert sehen. Einige der wichtigsten hier genannten Problemfelder sowie die zu ihrer Lösung vorgeschlagenen völkerrechtlichen Instrumentarien seien im folgenden kurz erörtert89• aa) HandeUindustrialisierung Ein zentrales Anliegen der Entwicklungsländer bei ihren Bemühungen um eine Neuordnung der Weltwirschaftsbeziehungen ist die Erhöhung ihres Anteils an der Weltindustrieproduktion. Eine Änderung der bisherigen internationalen Arbeitsteilung, in welcher die Staaten der Dritten Welt vornehmlich die Rolle der Rohstofflieferanten für den Norden einnehmen, während die Industrieländer den Süden als Absatzmarkt für ihre Fertigwaren benötigen, wird als eine wesentliche Voraussetzung für die Erhöhung des Lebensstandards in der südlichen Hemisphäre angesehen. Nach den Vorstellungen der Entwicklungsländer soll ihr Anteil an der industriellen Erzeugung der Welt, welche Mitte der 70er Jahre nicht einmal lO % betrug, bis zur Jahrtausendwende auf 25 % gesteigert werden. Um die hierfür noiwendigen wirtschafts- und handelspolitischen Rahmenbedingungen zu schaffen, seien eine Ausdehnung der internationalen Handelsbeziehungen und eine vollständige Integration der Länder der Dritten Welt in den Welthandel erforderlich. Die Forderungen der Entwicklungsländer sind daher vornehmlich auf eine Öffnung der Märkte des Nordens für ihre Produkte gerichtet: Durch einen Abbau der Handelsbarrieren, welche die Industrieländer zum Schutz ihrer Volkswirtschaften z. B. in Form von Zöllen, Importmengenbeschränkungen, nichttarifären Maßnahmen oder restriktiven Geschäftspraktiken errichtet haben, müsse die Einfuhr sowohl von Rohstoffen als auch industriellen Halb- und Fertigwaren aus der Dritten Welt erleichtert werden. Gern. Art. 14 der Charta "sollen alle Staaten zusammenarbeiten, um u. a. den fortschreitenden Abbau der Handelshemmnisse und die Verbesserung des internationalen Rahmens t\lr die
89 Angesichts der Vielzahl politik-, wirtschafts- und völkerrechtswissenschatUicher Publikationen, die zu den einzelnen Teilgebieten der NWWO erschienen sind, wird an dieser Stelle auf die Literatur verwiesen, welche zu den jeweiligen Themenkomplexen in den folgenden Sammelbänden aufgeführt ist: Nohlen (Hrsg.), Lexikon der Politik, Bd. 6; ders. (Hrsg.), Lexikon Dritte Welt; Bemhardt (Hrsg.), Encyclopedia of Public International Law, Instalment 7; Wolfrom (Hrsg.), Handbuch Vereinte Nationen.
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Abwicklung des Welthandels herbeizufUhren; dazu müssen koordinierte Anstrengungen zu einer gerechten Lösung der Handelsprobleme aller Länder unternommen werden, wobei die spezifischen Handelsprobleme der Entwicklungsländer zu berücksichtigen sind".
Neben einem verstärkten Einschreiten gegen protektionistische Tendenzen in der Weltwirtschaft werden von den Staaten der Dritten Welt verschiedene andere handelspolitische Maßnahmen eingefordert, so z. B. ein weiterer Ausbau der bereits bestehenden Präferenzsysteme90, die Herstellung "fairer und gerechter" Preisrelationen zwischen Importen und Exporten im Nord-Süd- · Handel91 sowie volkswirtschaftliche Strukturanpassungsmaßnahmen im Norden, die geeignet sind, "die Ausweitung und Diversifizierung der Einfuhren aus den Entwicklungsländern zu erleichtern und dadurch eine zweckmäßige, faire und gerechte internationale Arbeitsteilung zu ermöglichen"92 • bb) Rohstoffe Im handelspolitischen Teil der NWWO spielt das Rohstoffproblem eine besonders wichtige Rolle: Da die Exporte mineralischer und agrarischer Rohstoffe den bei weitem größten Anteil an den Gesamtausfuhren und damit auch den Deviseneinnahmen der meisten Entwicklungsländer ausmachen, wirken sich die Schwankungen der Rohstoffpreise auf dem Weltmarkt und die langfristig zu beobachtende Verschlechterung des Preisverhältnisses zwischen Industriegütern und Rohstoffen vielfach massiv zuungunsten der Volkswirtschaften des Südens aus. Aufgrund der zumeist noch aus der Kolonialzeit stammenden monokulturell geprägten Wirtschaftsstrukturen sind zahlreiche Staaten der Dritten Welt von dem Erlös abhängig, den sie durch den Export eines oder einiger weniger Rohstoffe erzielen. Die mangelhafte Kalkulierbarkeit der durch die Rohstoffausfuhr erwirtschafteten Deviseneinnahmen stellt damit vor allem die ärmsten Staaten in ihrer langfristig orientierten Entwicklungsplanung vor nahezu unlösbare Probleme. Die Bemühungen der Entwicklungsländer in diesem Bereich der NWWO konzentrieren sich auf die Eindämmung der extremen Preisschwankungen sowie auf eine kontinuierliche Verbesserung des Preisniveaus der Rohstoffe. Verschiedene Maßnahmen werden empfohlen, um eine Umsetzung dieser Zielvorstellungen in die Praxis zu ermöglichen: So sieht z. B. Art. 5 der Charta nach dem Vorbild des OPEC-Kartells ein Recht aller Staaten vor, sich 90 91
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Art. 18 und 19 der Charta. Aktionsprogramm Nr. I. I. d). Aktionsprogramm Nr. I. 3. a) vii.
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zur Entwicklung ihrer Volkswirtschaften und der Stabilisierung der hierfür erforderlichen Finanzierungsgrundlagen in Organisationen von Grundstofferzeugern zusammenzuschließen. Die Aushandlung langfristiger mehrseitiger Rohstoffabkommen, in deren Rahmen die Interessen sowohl der Erzeuger als auch der Verbraucher angemessen zu berücksichtigen seien, wird in Art. 6 der Charta postuliert. Auf der vierten Welthandelskonferenz in Nairobi 1976 (UNCTAD IV) wird diese Forderung dahingehend erweitert, daß ein "Integriertes Rohstoffprogramm" geschaffen werden soll, dessen Hauptbestandteil in dem Abschluß entsprechender Abkommen für mindestens 18 Rohstoffe besteht. Die Einrichtung von Warenausgleichslagern (sog. bu.!Jerstocks), langfristige Abnahme- und Lieferverpflichtungen, Preisgarantien bzw. Ausgleichsfinanzierungen bei Ausfuhrerlösschwankungen und Exportdiversifizierungsmaßnahmen zur Förderung von Strukturveränderungen in den Entwicklungsländern werden als Instrumente zur Regulierung des Weltrahstoffhandels vorgeschlagen. Die Finanzierung des Programms soll nach den Vorstellungen der Dritten Welt über eine eigens dafür einzurichtende neue Finanzorganisation, den "Gemeinsamen Rohstoffonds", erfolgen. cc) Transnationale Unternehmen/Investitionsrecht Die Suche nach einem rechtlichen Rahmen für die Investitionstätigkeit ausländischer Unternehmen in der Dritten Welt bildet einen weiteren Schwerpunkt der Reformdiskussion im internationalen Wirtschaftsrecht Privatinvestitionen aus den Industrienationen stellen für die Entwicklungsländer in mehrfacher Hinsicht einen bedeutenden wirtschaftlichen Faktor und damit eine wichtige Ergänzung der öffentlichen Entwicklungshilfe dar93 : Neben dem Beitrag, den sie zur Deckung des Kapitalbedarfs im Empfiingerstaat und damit zur Entlastung seiner Zahlungsbilanz zu leisten vermögen, können sie sich durch die Schaffung neuer Arbeitsplätze und die Weiterqualifizierung des einheimischen Personals günstig auf den Arbeitsmarkt und die Sozialstandards des Gastlandes auswirken. Positive Effekte aus entwicklungspolitischer Sicht bestehen auch in dem Transfer Unternehmerischen und technologischen know-how's sowie in der Förderung des von den meisten Entwicklungsländern angestrebten wirtschaftlichen Diversifizierungsprozesses. Doch die Tätigkeit der multinationalen Unternehmen in der Dritten Welt ist nicht unumstritten. Von Kritikern werden ihnen zahlreiche entwicklungshemmende Einflüsse auf die jeweiligen Gastländer vorgeworfen: So verschaffe 93 Zum folgenden vgl. Nuscheler, Lern- und Arbeitsbuch Entwicklungspolitik, S. 491 f; Lachmann, Entwicklungspolitik, S. 186 fi
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z. B. der technologische Vorsprung den ausländischen Investoren erhebliche Wettbewerbsvorteile, die zu einer Verdrängung der heimischen Industrie und der Herausbildung oligopolistischer Machtstrukturen führe. Durch die bevorzugte Ansiedelung der "Multis" in Wachstumszentren (wie z. B. Sao Paulo in Brasilien, das eine Zeit lang aufgrund der Anzahl der dort tätigen deutschen Unternehmen als größte "deutsche" Industriestadt galt94) und die Konzentration auf bestimmte, besonders profitable Produkte würden regionale und sektorale Ungleichgewichte in den Entwicklungsländern verschärft und damit die jeweiligen wirtschaftpolitischen Entwicklungsprioritäten weitgehend unberücksichtigt gelassen. Auch seien die zumeist technologieintensiven Investitionen nur selten dazu geeignet, positive Beschäftigungseffekte zu erzielen; ebensowenig könne man davon ausgehen, daß die Einhaltung sozial- und arbeitsrechtlicher Mindeststandards in den - vor allem zur Einsparung von Lohn- und Lohnnebenkosten aus den Industrieländern ausgelagerten - Konzernniederlassungen der Regelfall sei. Aus umweltpolitischer Sicht wird den multinationalen Konzernen der Raubbau an den natürlichen Ressourcen des Gaststaates sowie die Umgehung der zumeist strengeren umweltrechtlichen Auflagen des Herkunftstaates angelastet. Der von den Befürwortern vorgebrachten These, daß ausländische Investitionen sich positiv auf die Zahlungsbilanz auswirken, wird von den Kritikern die Gefahr des unkontrollierten Kapitalabflusses entgegengehalten, der sich vor allem aufgrund von Steuermanipulationen und konzerninternen Gewinnverlagerungen ergeben kann. Einer der Hauptvorwürfe, die gegen die Tätigkeit transnationaler Konzerne in der Dritten Welt erhoben werden, betrifft schließlich den Mißbrauch der ökonomischen Machtstellung zur politischen Einflußnahme auf das Gastland, die "von mehr oder weniger legalem Lobbyismus über direkte Bestechung von Regierungsmitgliedern bis hin zum Extremfall, daß mißliebige Regierungen destabilisiert oder gar gestürzt werden" 95 reiche. Angesichts dieser mit dem Kapitalimport verbundenen Risiken haben sich die Regierungen der Entwicklungsländer schon lange vor der Thematisierung einer NWWO innerhalb der Vereinten Nationen veranlaßt gesehen, eine Verbesserung der Kontrollmöglichkeiten über die Aktivitäten transnationaler Konzerne einzufordern. Unter Berufung auf den Grundsatz der "permanenten Souveränität über die natürlichen Reichtümer", der als Ausdruck der wirtschaftlichen Selbstbestimmung bereits in den 50er und 60er Jahren Gegenstand verschiedener Resolutionen der UNO-Generalversammlung gewesen
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Nuscheler, Lern- und Arbeitsbuch Entwicklungspolitik, S. 489. Kasch u. a. , Multis und Menschenrechte in der Dritten Welt, S. 68.
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wa?6 , erhoben sie den Anspruch, auf der Grundlage des jeweilig geltenden nationalen Rechts die Zulassung, Beschränkung oder anderweitige Regelung jeglicher Investitionstätigkeit auf ihrem Staatsgebiet vornehmen zu können; insbesondere behielten sie sich das Recht vor, ausländisches Eigentum gegebenenfalls auch enteignen bzw. nationalisieren zu dürfen. Die Dokumente zur NWWO knüpfen an diese Rechtsauffassung an: In Art. 2 Abs. l der Charta heißt es, daß jeder Staat "die volle und permanente Souveränität einschließlich des Besitz-, Nutzungs- und des Verfügungsrechts über alle seine Reichtümer, Naturschätze und wirtschaftlichen Betätigungen" habe und diese Souveränität ungehindert ausübe. Seine Konkretisierung findet dieser Grundsatz in dem in Abs. 2 der Vorschrift festgeschriebenen Recht der Staaten, ausländische Investitionen bzw. die Tätigkeit transnationaler Gesellschaften nach Maßgabe der nationalen Vorschriften und in Übereinstimmung mit den wirtschaftlichen und sozialen Zielsetzungen des Gastlandes zu regeln; ausländisches Vermögen soll gegen Zahlung einer angemessenen Entschädigung verstaatlicht oder enteignet werden können. Im Aktionsprogramm wird darüber hinaus die Ausarbeitung eines Verhaltenskodex für transnationale Konzerne gefordert, der u. a. dazu beitragen soll, die Einmischung solcher Unternehmen in die inneren Angelegenheiten des Gaststaates und die Anwendung restriktiver Geschäftspraktiken zu verhindem sowie die Rückführung der im Gastland erwirtschafteten Gewinne zu fördern. dd) Technologietransfer Eine der wesentlichen Ursachen für den geringen Industrialisierungsgrad der Entwicklungsländer besteht in dem beträchtlichen technologischen Rückstand der meisten dieser Länder gegenüber dem industrialisierten Norden. In dem RIO-Bericht an den Club of Rome heißt es dazu, daß die Diskrepanz zwischen den Industrienationen und den Staaten der Dritten Welt nirgends deutlicher werde als im Bereich der wissenschaftlichen Forschung und technologischen Entwicklung: 90 % aller Techniker und Wissenschaftler arbeiteten in den Industrieländern und konzentrierten ihre Forschungstätigkeit wiederum zu 90 % auf die Bedürfnisse des reichen Nordens97 • Die Entwicklungsländer 96 Der Begriff Pennanent Sovereignty over Natural Resources wird erstmalig in der UN-GA-Res. 837 (IX) vom 14.12.1954 verwendet, geht aber in seinem Grundgedanken auf die bereits im Jahr 1952 angenommene UN-GA-Res. 523 (VI) zurück; von Bedeutung sind in diesem Zusammenhang darüber hinaus UN-GA-Res. I 803 (XVII) vom 14.12.1962, UN-GA-Res. 2158 (XXI) vom 25.11.1966 und UN-GA-Res. 3016 (XXVII) vom 18.12.1972; zu Inhalt und Entstehungsgeschichte dieser Resolutionen siehe Kemper, Nationale Verfügungen über natürliche Ressourcen, S. 24-43. 97 Tinbergen (Hrsg.), Wir haben nur eine Zukuntl, S. 49.
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sind hingegen - mit Ausnahme einiger Schwellenländer insbesondere in Ostund Süd-Ost-Asien -bislang nicht in der Lage, die für den Aufbau ihrer Industrien notwendigen Technologien in einem auch nur annähernd ausreichendem Maße selbst zu produzieren. Angesichts der großen Bedeutung des Technologiesektors für den wirtschaftlichen Entwicklungsprozeß stellt die Überwindung dieser Kluft ein zentrales Anliegen der Staaten der Dritten Welt bei ihren Bemühungen um eine gerechte internationale Arbeitsteilung dar. Im Rahmen der NWW098 fordern sie daher von den Industrienationen, ihnen den Zugang zu modernen Technologien zu erleichtern und ihnen Unterstützung bei der Entwicklung ihrer wissenschaftlichen und technologischen Infrastruktur sowie der Schaffung einheimischer Technologien zukommen zu lassen; die zu übertragende Technologie soll dabei möglichst an die besonderen wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Bedingungen des Empfängerlandes angepaßt werden (sog. appropriate technology). Um einer weiteren Monopolisierung des technologischen Wissens durch die Industrieländer wirksam entgegenwirken zu können, wird ein verstärktes Vorgehen gegen wettbewerbsbeschränkende Geschäftspraktiken der Technologieinhaber - insbesondere also der in den Entwicklungsländern tätigen transnationalen Konzerne angemahnt und eine Reform des internationalen Patentrechts vorgeschlagen. Schließlich soll ein Verhaltenskodex ausgearbeitet werden, der den Technologietransfer an Entwicklungsländer zu Vorzugsbedingungen rechtsverbindlich gewährleistet. ee) EntwicklungshilfeNerschuldung Ein weiterer Forderungskomplex innerhalb der NWWO betrifft den finanziellen Ressourcentransfer von Nord nach Süd in Form von öffentlichen Entwicklungshilfeleistungen sowie die Lösung der die Staaten der Dritten Welt zunehmend belastenden Verschuldungskrise. Bereits im Jahr 1970 war von den Industrieländern im Rahmen der von der UNO-Generalversammlung verabschiedeten "Internationalen Strategie für die Zweite Entwicklungsdekade"99 eine Aufstockung der öffentlichen Kapitalhilfe auf 0, 7 % ihres Bruttosozialprodukts zugesagt worden, wobei sie sich allerdings diesbezüglich nicht auf einen vorgegebenen Zeitrahmen festlegen lassen wollten. Die Entwicklungsländer hatten hingegen gefordert, daß das 0 ,7 %-Ziel schon bis zur Mitte der Dekade erreicht sein sollte. Tatsächlich gelang es jedoch nur einer kleinen
98 99
Vgl. insbesondere Art. 13 der Charta und Kapitel IV. des Aktionsprogramms. UN-GA-Res. 2626 (XV) vom 24.10.1970.
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Minderheit unter den Industrienationen, diese Vorgabe auch einzuhalten100 : 1975176 hatten lediglich Schweden (0,82 %) und die Niederlande (0,79 %) die 0,7 %-Marke überschreiten können, während der Durchschnitt der öffentlichen Entwicklungshilfeleistungen aller OECD-Staaten mit 0,34 %nicht einmal die Hälfte dessen betrug; die Hilfe mancher wichtiger Geberländer war sogar in Relation zum Bruttosozialprodukt seit Beginn der 70er Jahre kontinuierlich gefallen101 . Die Entwicklungsländer nahmen diese unerfreuliche Entwicklung zum Anlaß, ihrer Forderung nach einer substantiellen Steigerung des Ressourcentransfers durch Aufnahme in die Dokumente zur NWWO nochmals Nachdruck zu verleihen. Nach Art. 22 der Charta sollen alle Staaten unter Berücksichtigung der bereits eingegangenen Verpflichtungen "den allgemein anerkannten oder einvernehmlich festgelegten Entwicklungsbedürfnissen und -zielen der Entwicklungsländer entsprechen, indem sie die Nettozuflüsse realer Ressourcen jeder Herkunft in die Entwicklungsländer fördern". Insbesondere wird dabei auf die Notwendigkeit einer Erhöhung des öffentlichen Anteils am Kapitaltransfer und einer Verbesserung der Vergabebedingungen hingewiesen. Um der Gefahr einer zunehmenden Zweckentfremdung der Entwicklungshilfe, wie sie z. B. in deren Instrumentalisierung durch die Geberländer zur Durchsetzung vorrangig eigener wirtschafts- und außenpolitischer Interessen gesehen wird102, entgegenwirken zu können, drängen die Staaten der Dritten Welt auf eine stärkere Multilateralisierung und Automatisierung des Ressourcentransfers sowie auf die Aufhebung der vielfach bestehenden Lieferbindung von Entwicklungshilfezusagen. Währungspolitische Maßnahmen (u. a. die Stabilisierung der Wechselkurse) sollen zur Bewältigung der Zahlungsbilanzschwierigkeiten der Entwicklungsländer beitragen. Zudem wird eine Reform der internationalen Finanzinstitutionen angestrebt, die eine gleichberechtigte und wirksamere Beteiligung der Entwicklungsländer am Entscheidungsprozeß in den jeweilig zuständigen Organen ermöglichen soll103 . In engem Zusammenhang mit der Forderung nach einer Erhöhung des Kapitaltransfers sind 100 Vgl. zum folgenden die Angaben in OECD, Twenty-five Years of Development Co-operation, S. 93. 101 Als Beispiele seien genannt die USA (1970171: 0,31 % - 1975176: 0,26 %), Frankreich- ohne die Hilfe an die Übersee-Departements- (0,46 %/0,38 %), Großbritannien (0,42 %/0,39%), Italien (0,17 %/0,12%) und Japan (0,23 %/0,22 %). Der Anteil der öffentlichen Entwicklungshilfe am Bruttosozialprodukt der Bundesrepublik Deutschland stieg im verglichenen Zeitraum von 0,33% auf0,38 %. 102 Vgl. hierzu den Überblick bei Nuscheler, Lern- und Arbeitsbuch Entwicklungspolitik, S. 220 ff.; Braun, Nord-Süd-Konflikt und Dritte Welt, S. 218 ff.; Klemp, Entwicklungshilfekritik-Analyse und Dokumentation, S. 97 ff. 103 Vgl. Art. I 0 der Charta und Kap. li. I . d) g) und 2. c) des Aktionsprogramms.
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ill. Die Völkerrechtspolitik der Dritten Welt
schließlich auch die in Kapitel II des Aktionsprogramms vorgesehenen Maßnahmen zur Lösung des Verschuldungsproblems zu sehen (u. a. Erlaß der öffentlichen Schulden der ärmeren Entwicklungsländer, Ablösung bzw. Konsolidierung der privaten Schulden, Ausarbeitung multilateraler Umschuldungsrichtlinien und ein institutionalisiertes Mitspracherecht der Schuldnerländer bei Umschuldungsverhandlungen). fl) Süd-Süd-Beziehungen
Ein Gedanke, der sich in nahezu sämtlichen Einzelbereichen der NWWO wiederfindet, ist der des "Vertrauens in die eigene Kraft" (se/f-reliance) und damit - übertragen auf die internationale Ebene - einer verstärkten Zusammenarbeit der Entwicklungsländer untereinander (col/ective self-reliance). Ausgehend von dependenztheoretischen Analysen, die das wirtschaftliche Ungleichgewicht in den Nord-Süd-Beziehungen und die sich daraus ergebenden Abhängigkeiten als Hauptursache der zunehmenden Wohlstandsdiskrepanz zwischen Industrie- und Entwicklungsländern begreifen, wird das Konzept der kollektiven Eigenständigkeit und (selektiven) Ausgliederung der Dritten Welt aus der bestehenden internationalen Arbeitsteilung bereits seit den 60er Jahren als wichtige Ergänzung bzw. Alternative zum vorherrschenden Modell weltmarktintegrativer Entwicklung angesehen. Durch den Ausbau der wirtschaftlichen und politischen Kooperation zwischen den Staaten der Dritten Welt soll eine bessere Nutzung der eigenen Ressourcen erreicht werden, die es ihnen ennöglicht, die Asymmetrie in den Beziehungen zu den Industrieländern allmählich zu überwinden und eine wirkungsvolle Gegenmachtposition auf dem Weltmarkt aufzubauen. Während man zunächst vorrangig um eine verstärkte handelspolitische Zusammenarbeit auf regionaler bzw. subregionaler Ebene bemüht war, erfuhr das Konzept der col/ective selfreliance in den 70er Jahren eine sowohl zunehmend globale Orientierung104 als auch inhaltliche Erweiterung (u. a. durch Vorschläge zur intensiveren Kooperation in Finanz- und Währungsfragen, in den Bereichen Industrialisierung, Forschung und Technologie sowie auf dem Gebiet des Transportwesens). Das Aktionsprogramm zur NWWO enthält demgemäß einen umfangreichen Katalog an Empfehlungen zur Förderung der Süd-Süd-Zusammenarbeit105 . Dabei werden zwar in erster Linie die Entwicklungsländer selbst in die Pflicht genommen, jedoch bleibt der Norden auch hier nicht von Forderungen verschont: Ihm obliegt die Aufgabe, die Kooperations- und Integrationsbemühungen in der Dritten Welt durch geeignete handelspolitische Maßnahmen 104 105
Vgl. Engels, VN 1989, S. 41 f Kapitel VII.
1. Die Reform des Wirtschaflsvölkerrechts
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und eine Ausweitung der finanziellen und technischen Hilfeleistungen tatkräftig zu unterstützen. c) Die Kritik der Industrienationen an den Reformbestrebungen der Dritten Welt
Der Überblick über die einzelnen Teilkomplexe der NWWO hat bereits erkennen lassen, welche tiefgreifenden Interessendivergenzen zwischen Industrie- und Entwicklungsländern in wichtigen Fragen einer Reform des internationalen Wirtschaftsrechts bestehen. Zwar war es auf der im Frühjahr 1974 abgehaltenen UNO-Sondergeneralversammlung noch gelungen, die Erklärung und das Aktionsprogramm zur NWWO im Konsensus-Verfahren anzunehmen106, doch sahen sich die meisten Industrienationen während der darauffolgenden Sitzung der Generalversammlung nicht mehr in der Lage, auch die Charta der wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten mitzutragen. Sechs Staaten - Belgien, die Bundesrepublik Deutschland, Dänemark, Großbritannien, Luxemburg und die USA - votierten gegen die Charta, weitere zehn westliche Staaten enthielten sich der Stimme107. Lediglich drei OECDStaaten- Australien, Neuseeland und Schweden- trugen zu der mit 120 positiven Voten überaus deutlich ausgefallenen Abstimmungsmehrheit bei. Die Kritik des Nordens an dem von den Entwicklungsländern vorgelegten Reformkonzept, welche schließlich auch zu der ablehnenden Haltung gegenüber der Charta fiihrte, konzentriert sich vor allem auf die darin enthaltenen interventionistisch-dirigistischen Elemente, die im Widerspruch zu dem bislang verfolgten Modell einer liberalen, marktorientierten Weltwirtschaftsordnung stehen108 . Die Einführung einer "Weltplanwirtschaft" ließe aus der Sicht der Industrienationen befürchten, daß zunehmend am tatsächlichen Bedarf vorbeiproduziert würde und eine angemessene Versorgung mit den notwendigen Industriegütern nicht sichergestellt werden könne109. Globale Regelungs106 Die Vertreter der Billldesrepublik Deutschland, Frankreichs, Großbritanniens, Japans illld der USA gaben jedoch auch hier schon gegen mehrere Bestimmungen der beiden Resolutionen förmliche Vorbehalte ab, vgl. ILM 13 ( 1974 ), S. 744 tr. 107 Frankreich, Irland, Israel, Italien, Japan, Kanada, Niederlande, Norwegen, Österreich illld Spanien. 108 Vgl. allgemein zur Kritik an der Neuen Weltwirtschaflsordnung Wul.ff, AVR 23 (1985), S. 337 ff.; Matthies, Neue Weltwirtschatlsordnung, S. 24 ff; Agarwala, The New International Economic Order, S. 216 tf; Lachmann, Entwicklilllgspolitik, S. 176 ff. 109 Kurth, VN 1975, S. 74.
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systeme und Umverteilungsbürokratien i. S. einer Weltwohlfahrtsordnung würden darüber hinaus der Dritten Welt ihre Eigenverantwortung nehmen, die menschliche Kreativität lähmen und sich daher -ähnlich wie bereits in zahlreichen Volkswirtschaften des Südens- eher entwicklungshemmend auswirken110. Als besonders krasser Eingriff in das Spiel der freien Marktkräfte wird die von den Entwicklungsländern vorgeschlagene automatische Anpassung des Preisniveaus ihrer Exportgüter (also insbesondere der Rohstoffe) an die Preissteigerungen der von ihnen importierten Industriewaren angesehen. Auf ebenfalls deutliche Ablehnung stieß die im Zusammenhang mit der Preisindexierung aufgestellte Forderung nach einem integrierten Rohstoffprogramm: Die Industrieländer kritisierten sowohl die hohen Kosten der geplanten Ausgleichslager als auch die grundsätzliche Ausschaltung des Marktmechanismus im Rohstofihandel, da sie hierin die Gefahr von Anreizen zur Überproduktion und somit von Fehlallokationen sehen, die angesichts der Knappheit der vorhandenen Ressourcen nicht verantwortbar seien; auch wird darauf hingewiesen, daß die Vorteile eines solchen Programms keineswegs allen Entwicklungsländern in gleicher Weise zugute kämen und die höheren Exporterlöse schließlich auch keine Garantie für deren entwicklungspolitisch sinnvolle Verwendung durch die jeweilige Regierung darstellten111 . Darüber hinaus sei die unzureichende Berücksichtigung der rohstoffpolitischen Wünsche des Nordens im Aktionsprogramm und der Charta exemplarisch für die einseitige Interessenausrichtung des gesamten Reformkonzepts zugunsten der Entwicklungsländer. Mangelnde Gegenseitigkeit und Ausgewogenheit wird der NWWO auch im Hinblick auf diejenigen Abschnitte der einschlägigen Dokumente vorgeworfen, die die Regulierung der Tätigkeit ausländischer Investoren betreffen. Die Betonung des Prinzips der "permanenten Souveränität über die natürlichen Ressourcen" stehe in einem deutlichen Widerspruch zu dem Postulat der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen den Staaten112. Auf Widerstand bei den Industrieländern stößt insbesondere die den kapitalimportierenden Staaten eingeräumte Möglichkeit, ausländisches Vermögen nach Maßgabe der einschlägigen nationalen Vorschriften - also gegebenenfalls entschädigungslos 11
°Köhler, Die Dritte Welt und wir, S. 92 f.
Kaiser/Wagner, Entwicklungspolitik, S. 374; zur Kritik am integrierten Rohstoffprogramrn vgl. auchMatthies, Neue Weltwirtschaftsordnung, S. 31 ff.; Tetzlaff, in: Nohlen/Nuscheler (Hrsg.), Handbuch der Dritten Welt, Bd. 1 (2. Aufl.), S. 273 (281 ff.). 112 Vgl. Gusy, Völkerrecht und Politik im Prozeß der friedlichen Beilegung des Nord-Süd-Konflikts, S. 64 f.; Kemper, Nationale Verfugung über natürliche Ressourcen, S. 132 f. 111
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zu enteignen. Während zwar darüber Einigkeit besteht, daß Enteignungen, soweit sie im öffentlichen Interesse erfolgen, aufgrund der als Element des Souveränitätsprinzips geltenden Territorialhoheit grundsätzlich zulässig sind, zählt die Frage, inwieweit der enteignende Staat zu Entschädigungsleistungen verpflichtet ist, zu den arn heftigsten umstrittenen Problernen des Wirtschaftsvölkerrechts113 Die tiefe Kluft zwischen der Auffassung der westlichen Industrienationen einerseits, die nach der sog. "Hu//-Forrnel" Eingriffe in ausländisches Eigentum nur gegen eine sofortige, volle und effektive Entschädigung ("prompt, adequate and effective cornpensation") für zulässig erachten, und der auf die Ca/vo-Doktrin zurückgehenden Ansicht der Entwicklungsländer andererseits, wonach ein Staat völkerrechtlich nicht dazu verpflichtet ist, Ausländern einen weitergehenden Schutz als seinen eigenen Staatsangehörigen zu gewähren, und somit auch nicht zur Zahlung einer vollen Entschädigung gezwungen werden kann, war im Jahr 1962 notdürftig durch eine Kornprornißforrnel überbrückt worden: In der UN-GA-Res. 1803 (XVII) hatten sich die kapitalimportierenden und -exportierenden Staaten darauf verständigt, als künftigen Maßstab bei Enteignung-smaßnahmen eine zwar sofortige und effektive, allerdings lediglich angemessene ("appropriate") Entschädigung zu akzeptieren, wobei die genaue Festlegung in Übereinstimmung sowohl mit den einschlägigen Bestimmungen des enteignenden Staates als auch den Regeln des Völkerrechts erfolgen müsse. Von lediglich zwei Staaten - Frankreich und Südafrika - war die Resolution abgelehnt worden, allerdings hatten sich die sozialistischen Staaten sowie Ghana und Burma der Stimme enthalten, weil sie ihre Vorstellungen von einer stärkeren Betonung des Souveränitätsprinzips nicht durchzusetzen vermocht hatten114. Die Charta hingegen stellt nun ebenso wie schon die im Jahr zuvor verabschiedete UN-GA-Res. 3171 (XXVIII) vorn 17. Dezember 1973 - eine eindeutige Abkehr von diesem Kornprorniß dar, indem sie in Art. 2 Abs. 2 c auf die Einbeziehung völkerrechtlicher Beurteilungsmaßstäbe weitgehend verzichtet und die Bestimmung der Entschädigungshöhe letztlich den jeweiligen nationalen Instanzen überläßt. Die hierdurch geschaffene Rechtsunsicherheit wird von den Vertretern der westlichen Industrienationen als eine der entscheidenden Schwachstellen der NWWO betrachtet, wobei allerdings in erster Linie auf die nachteiligen Wirkungen dieser Regelung für die Entwicklungsländer selbst hingewiesen wird: Diese hätten unter dem aufgrunddes erhöhten Risikos zu erwartenden Rück113 Vgl. Gloria, in: /psen, Völkerrecht, § 43, Rdnr. 13 tT.; Cassese, International Law in a Divided World, S. 345 tT.; Carreau!Flory!Juillard, Droit international economique, S. 664 tT.; Dolzer, Eigentwn, Enteignung und Entschädigung im geltenden Völkerrecht; ders., EPIL 8, S. 214 tT. 114 Kemper, Nationale Verfügung über natürliche Ressourcen, S. 30, Fn. 54. 4 Kaltenborn
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gangs auswärtiger Investitionen wirtschaftlich am meisten zu leiden, da sie zur Ankurbelung ihrer Volkswirtschaften auf den Zufluß ausländischen Kapitals zumeist dringend angewiesen seien115 . Trotz der z. T. weitreichenden ordnungspolitischen Kritik des Nordens ist der Forderungskatalog der Dritten Welt aber keineswegs aufuneingeschränkte Ablehnung gestoßen, vielmehr finden manche Punkte der NWWO durchaus auch die ausdrückliche Zustimmung der Industrienationen116 : So wird z. B. angesichts der sich zuspitzenden Schuldenproblematik auch von der Geberseite die Notwendigkeit einer Erhöhung der öffentlichen Finanzhilfen gesehen; ebenso besteht zwischen Nord und Süd - zumindest im Grundsatz - Einigkeit darüber, daß nur über einen konsequenten Abbau des Protektionismus gerechte und dem Wohlstand aller beteiligten Partner dienende Welthandelsstrukturen geschaffen werden können. Auch zeigt sich der Norden aufgeschlossen gegenüber den Bemühungen um eine verstärkte Süd-Süd-Zusammenarbeit - zumindest soweit sie nicht in der extremen Variante einer allmählichen Abkopplung vom Weltmarkt erfolgt-, weil er sich hiervon stimulierende Wirkungen für den internationalen Handel und den Technologietransfer erhofft. Unterstützung finden die Anliegen der Dritten Welt insbesondere in einer Reihe von Stellungnahmen unabhängiger, aus Vertretern sowohl der Industrie- als auch der Entwicklungsländer bestehender Expertenkommissionen, die im Zuge der Diskussionen um eine Neuordnung des Weltwirtschaftssystems mit einer Analyse der globalen ökonomischen und politischen Zusammenhänge und der Ausarbeitung praktischer Vorschläge für eine Neuorientierung der Nord-SüdPolitik beauftragt worden waren. Der 1976 veröffentlichte RIO-Bericht ("Reform der Internationalen Ordnung"), der von 21 Experten unter der Leitung von Jan Tinbergen für den Club of Rome erstellt wurde, betont nachdrücklich die zwischen Industrie- und Entwicklungsländern bestehenden Interdependenzen und die Bedeutung umfassender Strukturveränderungen zur Überwindung des weltweiten Wohlstandsgefälles: "Sowohl die reiche als auch die anne Welt hat drückende, noch nie dagewesene Probleme. Sie sind nicht voneinander zu trennen; sie können nicht unabhängig voneinander gelöst werden. Die mißliche Lage der Menschheit hat ihre Wuneln in der Vergangenheit, in den wirtschaftlichen und sozialen Strukturen, die innerhalb und zwischen den Nationen entstanden. Die gegenwärtige Krise in der Weltwirtschaft und in den Beziehungen zwischen den Nationen ist eine Krise der internationalen Strukturen. Womit sich beide Welten auseinandersetzen müssen, ist ein in
m Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium for Wirtschaft, AVR 20 (1982), S. 82 (94 u. 108); Tomuschat, VN 1975, S. 93 (94). 116 Vgl. hierzu Matthies, Neue Weltwirtschaftsordnung, S. 26; Adams, Worlds Apart, S. 131 .
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den Fundamenten krankes System, das nicht durch eine schnelle wirtschaftliche Erste-Hilfe-Aktion geheilt werden kann. Marginale Änderungen werden nicht ausreichen. Erforderlich sind grundlegende institutionelle Reformen, die auf der Erkelllltnis gemeinsamer Interessen und gegenseitiger Beziehungen einer zunehmend interdependenten Welt basieren. Erforderlich ist eine neue internationale Ordnung, in der alle aus dem Wandel Nutzen ziehen WÜrden. "117
Die in dem Bericht detailliert ausgearbeiteten Vorschläge zur Reform der internationalen Ordnung118 entsprechen dabei weitgehend dem von der Dritten Welt verfolgten Programm einer Neuordnung der Weltwirtschaft. In eine ähnliche Richtung zielen die Grundaussagen der beiden Berichte, die die Unabhängige Kommission fiir Internationale Entwicklungsfragen (sog. "Nord-SüdKommission") unter dem Vorsitz von Willy Brandt Anfang der 80er Jahre der Öffentlichkeit vorstellte und die weltweit ein breites Echo fanden 119• Zahlreiche der vom Süden in die Diskussion eingebrachten Reformvorschläge finden sich auch in dem 1987 vorgelegten Bericht "Unsere gemeinsame Zukunft" wieder, der im Auftrag des UNO-Generalsekretärs von einer internationalen Kommission unter Leitung der Norwegerin Gro Har/em Brundtland zu dem Problemkomplex "Ökologie und Entwicklung" erarbeitet worden war120. d) Die Entwicklung des Nord-Süd-Wirtschaftsvölkerrechts bis zur Mitte der 90er Jahre
Trotz der vielen eindringlichen Appelle an die Verantwortlichen in der Staatengemeinschaft, die Umstrukturierung des Weltwirtschaftssystems mit dem Ziel eines gerechteren Interessenausgleichs zwischen Nord und Süd aktiv voranzutreiben, ist dem Bemühen der Dritten Welt um die Errichtung einer NWWO und damit einer grundsätzlichen Neuorientierung des Wirtschaftsvölkerrechts bislang nur verhältnismäßig geringer Erfolg beschieden gewesen 121 • Der Forderungskatalog des Aktionsprogramms und der Charta war zwar seit 1974 Gegenstand mehrerer internationaler Staatenkonferenzen, jedoch fanden diese aufgrund mangelnder Kompromißbereitschaft der Verhandlungspartner Tinbergen (Hrsg. ), Wir haben nur eine Zukuntl, S. 31 . Ebd., S. 206 ff. 119 Nord-Süd-Kommission, Das Überleben sichern; Brandt (Hrsg.), Hilte in der Weltkrise. 120 Hauff(Hrsg.), Unsere gemeinsame Zukunft (insbes. S. 70 ff.). 121 Adams, Worlds Apart, S. 136 ff.; Khan, Nord-Süd-Dialog, S. 12 tf.; Matthies, Neue Weltwirtschaftsordung, S. 27 f.; Spero, The Politics of International Relations, S. 156 f. 117
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zumeist in konfrontativer Atmosphäre statt und waren spätestens seit dem Ausbruch der Schuldenkrise zu Beginn der 80er Jahre von einer zunehmend defensiven Haltung des Südens gekennzeichnet. Neben verschiedenen Konferenzen im Rahmen des UNO-Systems zu einzelnen Teilsektoren der NWWO - z. B. den UNIDO-Generalkonferenzen in Lima 1975, Neu-Delhi 1980 und Wien 1984, der Weltbeschäftigungskonferenz der lLO in Genf 1976, der FAO-Weltkonferenz über Agrarreform und ländliche Entwicklung in Rom 1979 oder der UN-Konferenz über Wissenschaft und Technologie in Wien 1979 - waren vor allem die Generalversammlungen sowie die Handels- und Entwicklungskonferenzen der Vereinten Nationen (UNCTAD)122 die maßgeblichen Foren, welche den Entwicklungsländern zur Bekräftigung und weiteren Präzisierung ihrer Reformvorstellungen dienten. Darüber hinaus fanden in den Jahren 1976/77 Verhandlungen eines kleineren Kreises von Industrie- und Entwicklungsländern in Paris statt (sog. "Pariser Nord-Süd-Dialog")123 , die allerdings ebensowenig wie die großen Staatenkonferenzen der UNO zu einer Beilegung der wirtschaftspolitischen Nord-Süd-Kontroversen führten: Weder das zu diesem Zeitpunkt bereits in den Vordergrund der Debatte gerückte Schuldenproblem der Entwicklungsländer noch der Wunsch der Industrieländer, eine internationale Energiebehörde zur langfristigen Sicherung der Energieversorgung einzurichten, konnten einer einvernehmlichen Lösung näher gebracht werden. Die 1979 von der UNO-Generalversammlung vorgeschlagenen "Globalen Verhandlungen" 124, in deren Rahmen die Kernprobleme der Weltwirtschaft vor dem Hintergrund der Auseinandersetzungen zwischen Nord und Süd thematisiert werden sollten, kamen aufgrund der tiefgreifenden Meinungsverschiedenheiten zwischen den beiden Ländergruppen erst gar nicht zustande. Als einer der wenigen entwicklungsvölkerrechtlichen Lichtblicke in der Anfangsphase der NWWO-Verhandlungen ist hingegen die Lome-Politik der Europäischen Gemeinschaft zu werten. Diese schloß 1975 mit insgesamt 46 schwarzafrikanischen, karibischen und pazifischen Entwicklungsländern (sog. AKP-Staaten) ein Assoziierungsabkommen, das nahezu alle entwicklungspolitisch relevanten Kooperationsfelder umfaßte und daher zuweilen auch als Modell für eine zukünftige globale Nord-Süd-Partnerschaft gepriesen wur-
122 Zu UNCTAD IV in Nairobi (1976), UNCTAD V in Manila (1979), UNCTAD VI in Belgrad (1983) und UNCTAD VIl in Genf (1987) vgl. den Überblick bei Wagner/Kaiser, Ökonomie der Entwicklungsländer, S. 151 ff. 123 Khan, Nord-Süd-Dialog, S. 41 ff. 124 Ebd., S. 117 ff.
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de125 . Kritiker werfen dem Lome-Vertrag, der bereits mehrfach neu ausgehandelt wurde und dabei eine sowohl geographische als auch inhaltliche Ausweitung erfahren hat126, zwar zahlreiche Schwachstellen vor - so werden insbesondere die handelspolitischen Zugeständnisse sowie die finanzielle Ausstattung der Abkommen als unzureichend beanstandet127 -, doch wird man angesichts des runfassenden thematischen Ansatzes und der langfristigen Ausrichtung der europäischen Assoziierungspolitik die sog. "Partnerschaft von Lome" tatsächlich als den bislang weitreichendsten Schritt auf dem Weg zu einer NWWO anerkennen können128. Insgesamt haben sich die weltwirtschaftliehen Rahmenbedingungen in den vergangeneo beiden Dekaden für die meisten Entwicklungsländer deutlich verschlechtert. Neben der Verschuldungskrise, die in den 80er Jahren zum Kardinalproblem der Dritten Welt avancierte und sämtliche entwicklungspolitischen Bemühungen in den anderen Bereichen der internationalen Wirtschaftsordnung überschattete129, war in diesem Zeitraum vor allem ein weite125 Zur europäischen Entwickhmgspolitik vgl. die Nachweise bei Bleckmann, Europarecht, § 10 u. § 25; Lingnau, in: Thiel (Hrsg.), Entwickhmgspolitiken - 33 Geberprofile, S. 78 ff.; Nuscheler, Lern- und Arbeitsbuch Entwicklungspolitik, S. 471 ff. u. S. 550. 126 Der Text des 1989 geschlossenen IV. Lome-Abkommens in der 1995 geänderten Fassung ist abgedruckt in: The Courier 155 (Jan./Febr. 1996). Vertragspartner sind die EU, ihre 15 Mitgliedstaaten und 70 AKP-Staaten. Zum Inhalt des Abkommens siehe Kuschet, EA 1990, S. 333 ff.; Betz, Jahrbuch Dritte Welt 1991, S. 104 ff.; Simmonds, CMLR 28 (1991), S. 521 ff.; sowie zu den 1995 eingefuhrten Neuerungen Vernier, The Courier 155 (Jan./Febr. 1996), S. 8 ff. Die Kommission hat im November 1996 ein "Grünbuch über die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und den AKPStaaten an der Schwelle zum 21. Jahrhundert" (KOM 96/570 endg. v. 20.11.1996) vorgelegt, in dem sie verschiedene Optionen fitr die zukünftige Gestaltung der Partnerschaft zwischen den beiden Staatengruppen vorstellt. Neben einer Überprüfung des geographischen Rahmens - u. a. wird auch über eine Auflösung des Lome-Vertrages zugunsten regionaler Abkommen nachgedacht - regt die Kommission in dem Dokument eine Reform der im Rahmen der bisherigen Kooperation eingeräumten Handelspräferenzen an, deren Ergebnis als insgesamt enttäuschend bewertet wird. Weitere Vorschläge betreffen die Intensivierung der politischen Beziehungen zwischen der EU und den AKP-Staaten, den Abbau von Koordinierungs- und Kohärenzdefiziten auf Seiten der Union, die verstärkte Berücksichtigung prioritärer entwicklungspolitischer Aktionsfelder (z.B. Privatwirtschaftsförderung, Annutsbekärnpfung, Umweltschutz, Aufbau der Institutionen) sowie Verbesserungen im Bereich der fmanziellen und technischen Zusammenarbeit. 127 Vgl. Nuscheler, Lern- und Arbeitsbuch Entwicklungspolitik, S. 475 ff. 128 Zur Vorbildfunktion des Lome-Abkommens fur die Nord-Süd-Zusammenarbeit siehe Lingnau, in: Thiel (Hrsg.), Entwicklungspolitiken- 33 Geberproft.le, S. 78 (88). 129 Auf die Entwicklung und das Ausmaß der Verschuldungskrise sowie die unterschiedlichen Ansätze zu ihrer Überwindung soll im folgenden nicht näher eingegangen
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III. Die Völkerrechtspolitik der Dritten Welt
res Anwachsen des Nord-Süd-Ungleichgewichts in den internationalen Handelsbeziehungen zu beklagen. Während das Außenhandelsvolumen einer relativ kleinen Gruppe von Schwellenländem130 hohe Wachstumsraten aufwies, konnte die überwiegende Zahl der Entwicklungsländer an der zunehmenden Expansion des Welthandels nur geringfügig oder z. T. auch gar nicht partizipieren. Ihr gesamter Anteil am Außenhandel sank von 28% im Jahr 1980 auf 23 % im Jahr 1991; noch deutlicher zeigte sich die unfreiwillige Abkopplung weiter Teile der Dritten Welt vom Weltmarkt bei den ännsten Entwicklungsländern, deren Anteil arn Welthandel sich von 1980 bis 1988 um ein Viertel auf 0,3 % verringerte131 . Die Europäische Union als wichtigster Handelspartner der Dritten Welt exportierte im Jahr 1993 Waren im Wert von 176,8 Mrd. ECU in die Entwicklungsländer und steigerte damit ihre Ausfuhr gegenüber dem Vorjahr um knapp 10 %. Indessen sank die entsprechende Importquote um 2,5 Mrd. ECU bzw. 1,7% auf 143 Mrd. ECU; gegenüber der AKP-Staatengruppe, die sich überwiegend aus LLDC's zusammensetzt, betrug der Importrückgang im gleichen Jahr sogar 18,8 % 132 . Eine der Hauptursachen für die anhaltend schlechte wirtschaftliche Situation vieler Entwicklungsländer liegt in dem weiteren Rückgang der auf dem Weltmarkt erzielten Preise fur agrarische und mineralische Rohstoffe, von deren Export die meisten Volkswirtschaften der Dritten Welt unvermindert abhängig sind. Zwar gelang es den ostasiatischen Ländern, mittels konsequenter Diwerden; vgl. hierzu den Überblick und die Nachweise bei Sangmeister, in: Nohlen!Nuscheler (Hrsg. ), Handbuch der Dritten Welt, Bd. I, S. 328 ff.; Petersen, in: Opitz (Hrsg.), Grundprobleme der Entwicklungsländer, S. 194 ff.; BMZ (Hrsg.), Die Auslandsverschuldung der Entwicklungsländer; Nuscheler, Lern- und Arbeitsbuch Entwicklungspolitik, S. 305 ff. Zu den speziell völkerrechtlichen Aspekten der Verschuldungsproblematik siehe Baloro, VRÜ 24 (1991), S. 28 ff.; Bothe!Bn"nk, GYIL 29 (1986), S. 86 ff.; Leyendecker, Auslandsverschuldung und Völkerrecht; Feuer/Cassan, Droit international du developpement, S. 463 ff.; Herdegen, Internationales Wirtschaftsrecht, S. 231 ff. m.w.N. 130 Hierzu zählen insbesondere die ostasiatischen Staaten China, Taiwan, Südkorea, Singapur, Malaysia und Hongkong, aber auch z. B. Mexiko und Brasilien. 131 Die Angaben beruhen auf Statistiken der UNCTAD, vgl. die Nachweise bei Windfuhr, E + Z 35 (1994), S. 76 (77) und Stiftung Entwicklung und Frieden, Globale Trends 1991, S. 114 ff. Eine Verbesserung der weltwirtschaftliehen Rahmenbedingungen ftlr die Entwicklungsländer läßt sich seit Mitte der 90er Jahre feststellen. Regional fallen jedoch die Wachstumsraten in der Dritten Welt weiterhin sehr unterschiedlich aus: insbesondere den Schwellenländern Ostasiens gelingt es, von der allgemeinen Dynamik auf dem Weltmarkt zu profitieren, während zahlreiche lateinamerikanische und afrikanische Staaten nur vergleichsweise geringe wirtschaftliche Erfolge aufweisen können; vgl. zur aktuellen Entwicklung die Angaben bei Betz!Brilne, Jahrbuch Dritte Welt 1996, S. 9 ff. und 1997, S. 9 ff. 132 Nord-Süd aktuell31l994, S. 349.
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versifizierungsprogramme den Anteil der Rohstoffe an den Ausfuhrerlösen, der 1965 noch 75 %betrug, bis zum Ende der 80er Jahre auf 26 % zu verringern, doch konnten andere Entwicklungsländergruppen keine vergleichbaren Erfolge aufweisen: In den Staaten Subsahara-Afrikas bilden die Rohstoffe immer noch mit 83 % (1965: 92 %) die mit Abstand wichtigsten Exportgüter133. Der rapide Verfall der Rohstoffpreise, der einerseits auf einen steigenden Angebotsüberhang insbesondere bei den Agrarprodukten, andererseits aber auch auf erfolgreiche Substituierungs- und Recyclingmaßnahmen sowie rohstoffsparende Technologien in den Industrieländern zurückführen ist134, setzte sich - nach einer kurzen Erholungsphase gegen Ende der 80er Jahre weiter fort; erst seit 1994 läßt sich in diesem fiir die Nord-Süd-Handelsbeziehungen wichtigen Bereich eine Trendumkehr bzw. Stabilisierung feststellen135. Nur teilweise vermochten die Staaten der Dritten Welt ihre Forderung nach Einrichtung eines Integrierten Rohstoffprogramms durchzusetzen. Wohl gelang es den Verhandlungspartnern aus Industrie- und Entwicklungsländern, sich im Juni 1980 auf einen Vertrag zur Begründung des Gemeinsamen Fonds für Rohstoffe zu einigen, der - wenngleich auch mit einer erheblich geringeren Finanzausstattung als ursprünglich vorgesehen136 - am 19.6.1989 schließlich in Kraft trat137 . Den Beratungen über entsprechende preisstabilisierende Rohstoffabkommen als dem zweiten Part des Integrierten Rohstoffprogramms war hingegen weniger Erfolg beschieden: Nach dem Scheitern der Marktregulierungsmechanismen für Zinn, Kakao und Kaffee sieht heute nur noch das Internationale Naturkautschukabkommen von 1995 Maßnahmen zur Preisstabilisierung durch Warenausgleichslager vor; die übrigen in Kraft befindlichen Rohstoffabkommen dienen lediglich der Markttransparenz, Verbrauchsforderung oder der Koordinierung der Produktionspolitik138. Das von den Entwick133 Stiftung Entwicklung und Frieden, Globale Trends 1991, S. 119.
134 Ebd., S. 118; Opitz, 'in: ders. (Hrsg.), Grundprobleme der Entwickhmgsländer, S. 7 (19 f.). 135 Vgl. BMZ (Hrsg.), Journalistenhandbuch Entwickhmgspolitik 1996, S. 355 f.; UNCTAD, Trade and Development Report 1996, S. 6 ff. 136 Den Schätzungen der UNCTAD, die allein filr die Anschaffimg der Erstausstattung der Marktausgleichslager Kosten in Höhe von 5,1 Mrd. US-$ veranschlagte, steht eine tatsächliche fmanzielle Ausstattung des Fonds in Höhe von lediglich 470 Mio. US-$ gegenüber; vgl. Wagner/Kaiser, Ökonomie der Entwicklungsländer, S. 158 ff. 137 Die Bundesrepublik Deutschland ist seit 1985 Mitglied dieses Übereinkommens (Text in: BGBI. 1985 ll, S. 714); allgemein zum Rohstoffonds siehe Betz, VRÜ 12 (1979), S. 25 ff.; Feuer!Cassan, Droit International du developpement, S. 557 ff.; ElBaghadi/Suliman, JWIL 23 (1989) 4, S. 25 ff.; Michaelowa/Naini, Der gemeinsame Fonds. 138 Vgl. hierzu den "Dritten Bericht der Bundesregierung über die Aktivitäten des Gemeinsamen Fonds filr Rohstoffe und der einzelnen Rohstoffabkommen" vom
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lungsländern propagierte Modell einer internationalen Regulierung der Weitrohstoffmärkte ist damit von seiner tatsächlichen Verwirklichung weit entfernt. Die Industrieländer geben grundsätzlich einer Exporterlösstabilisierung von Rohstoffen, wie sie z. B. das STABEX-System der Lome-Verträge beinhaltet, den Vorrang vor preisstabilisierenden Maßnahmen139• Die Zunahme protektionistischer Tendenzen im Welthandel während der beiden vergangenen Jahrzehnte stellt einen weiteren Grund für die verschlechterte wirtschaftliche Position vieler Entwicklungsländer dar. Seitdem die direkten Importabgaben nach den verschiedenen Zollsenkungsrunden im Rahmen des GATT140 sowie der Einführung von nationalen und regionalen Zollpräferenzsystemen141 ihre Funktion als ehemals wichtigstes handelspolitisches Instrument weitgehend eingebüßt hatten, griffen die Industrieländer vermehrt zu nicht-tarifären Handelshemmnissen, um sich gegen konkurrenzfähige Anbieter aus der Dritten Welt zu schützen. Typische Beispiele hierfür bilden die Subventionierung der Agrarexporte durch die Europäische Union142 oder der Abschluß sog. "freiwilliger Selbstbeschränkungsabkommen", in denen sich die Exportnationen zur Einhaltung bestimmter Ausfuhrhöchstmengen gegenüber den Importländern verpflichten143 . 20.05.1996 (BT-Drucks. 13/4655) sowie BMZ (Hrsg.), Journalistenhandbuch Entwicklungspolitik 1996, S. 358 f; Pelikahn, AVR 26 (1988), S. 67 ff; Wagner/Kaiser, Ökonomie der Entwicklungsländer, S. 131 ff.; Weberpals, Internationale Rohstoffabkommen; Feuer/Cassan, Droit International du developpement, S. 546 ff.; Bouveresse, Droit et politiques du developpement et de la cooperation, S. 199 ff. 139 Vgl. z. B. fi1r die Bundesrepublik Deutschland BMZ (Hrsg.), Journalistenhandbuch Entwicklungspolitik 1996, S. 360. Zum System der Exporterlösstabilisierung siehe Wagner/Kaiser, Ökonomie der Entwicklungsländer, S. 166 ff., sowie speziell zunt STABEX-System Carreau!Flory/Juillard, Droit international economique, S. 200 ff.; Kibola, JWTL 18 (1984), S. 32 ff. 140 Die Zollsätze von ursprünglich durchschnittlich 40% (vor Aufnahme der ersten Verhandlungsrunde in Genf 1947) dürften nach Umsetzung der in der Uruguay-Runde erzielten Ergebnisse an den EU-Außengrenzen weniger als 3 % betragen, außerhalb Europas 6- 7 %, vgl. Neuschwander, in: Woyke (Hrsg.), Handwörterbuch Internationale Politik, S. 119 (120). 141 Zum Allgemeinen Präferenzsystem (APS), das die EU im Handel mit Entwicklungsländern anwendet, vgl. Friedrich, RIW 1995, S. 315 ff. Einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu einer Ausweitung des Süd-Süd-Handels stellt das 1988 im Rahmen UNCTAD beschlossene und seit 1989 in Krafl befindliche "Globale System der Handelspräferenzen zwischen Entwicklungsländern" dar, vgl. hierzu Engels, VN 1989, S. 41 (43 ff.). 142 Vgl. Nuscheler, Lern- und Arbeitsbuch Entwicklungspolitik, S. 290 f 143 Zum Ende der 80er Jahre existierten über 270 Abkommen dieser Art; vgl. Stiftung Entwicklung und Fn"eden, Globale Trends 1991, S. 124. Einen ftlr die Nord-SüdBeziehungen besonders wichtigen Anwendungsfall stellt das Welttextilabkommen von
1. Die Reform des Wirtschaftsvölkerrechts
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Diese und andere wichtige Fragen der Nord-Süd-Handelsbeziehungen (z. B. auch der Dienstleistungssektor und der Schutz geistigen Eigennuns) waren Gegenstand der achten Verhandlungsrunde zum GATT, die im September 1986 in Punta del Este (Uruguay) begonnen hatte und - nachdem sie vor allem wegen handelspolitischer Differenzen zwischen den USA und der EU zwischenzeitig mehrfach vorn Scheitern bedroht gewesen war - im April 1994 mit der Unterzeichnung der Schlußakte in Marrakesch (Marokko) erfolgreich abgeschlossen werden konnte144. Die hierbei erzielten Ergebnisse werden nach verbreiteter Einschätzung nicht nur zu einer deutlichen Ausweitung des Welthandels insgesamt führen, sondern auch die Position der Entwicklungsländer auf dem Weltmarkt stärken. So rechnet z. B. die Weltbank bei vollständiger Umsetzung der in der Uruguay-Runde ausgehandelten Bestimmungen mit einer Erhöhung des Welteinkommens um jährlich mindestens 200 bis 300 Mrd. US-$ (in Preisen von 1992), wobei der Anteil der Entwicklungsländer auf 80 Mrd. US-$ geschätzt wird145. Vor allem von der zusätzlichen Senkung der Zolltarife, der Liberalisierung des Handels mit Agrarprodukten durch den Abbau der Exportsubventionen und der für das Jahr 2003 vorgesehenen Beendigung der "freiwilligen Selbstbeschränkung" im Textilbereich erhofft man sich positive Effekte für das Wirtschaftswachstum in den Ländern der Dritten Welt. Doch nicht nur optimistische Stimmen melden sich zu Wort, wenn es um die Beurteilung der neuen Welthandelsordnung und ihrer Konsequenzen für die zukünftigen Wettbewerbschancen des Südens auf den globalen Märkten geht. Kritiker bemängeln u. a. das Fehlen jeglicher Verbesserung im Rohstoffbereich, die weiterhin fortbestehende Zolleskalation, durch die der Übergang zur Weiterverarbeitung von Produkten in den Entwicklungsländern behindert wird, oder den sich vor allem auf dem pharmazeutischen und agrotechnologi1974 dar, aufgrund dessen ein großer Teil des Exports vor allem ärmerer Entwicklungsländer einer Mengenregulierung unterworfen ist; vgl. Wagner/Kaiser, Ökonomie der Entwicklungsländer, S. 125. 144 Der Text der GATT-Vereinbarungen ist abgedruckt in: ILM 33 (1994), S. 1 ff. u. S. 1125 ff. Einen Überblick über die wesentlichen Neuerungen der Welthandelsordnung nach Abschluß der Uruguay-Runde bieten die Beiträge von Senti, ordo 45 (1994), S. 301 ff.; May, EA 1994, S. 33 ff.; Wartenweiler, VN 1994, S. 87 ff., und Petersmann, EJIL 6 (1995), S. 161 ff. Zur Position der Entwicklungsländer während der Uruguay-Runde des GATT vgl. Schultz, Intereconomics 24 (1989), S. 227 ff.; Engels, Jahrbuch Dritte Welt 1992, S. 49 ff.; Raghavan, Recolonization. GATT, the Uruguay-Round and the Third World; Feuer/Cassan, Droit international du developpement, S. 509 ff.; lpsen/Haltem , Reform des Welthandelssystems (u. a. S. 77 ff.; 91 ff. u. 101 ff.). 145 Weltbank, Jahresbericht 1994, S. 31.
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III. Die Völkerrechtspolitik der Dritten Welt
sehen Sektor fiir die Entwicklungsländer negativ auswirkenden strikten Patentschutz, den das neu eingeführte Abkommen über den Schutz geistiger Eigentumsrechte (Agreement on Trade Related Aspects of Jntellectual Property Rights, TRIPs) vorsieht146• Auch wird der in dem Agrarstreit zwischen den USA und der EU erzielte Kompromiß hinsichtlich des Abbaus der Exportsubventionen als unzureichend empfunden, da 64 % der bisherigen Subventionen weiterhin an die Landwirtschaft gezahlt werden können und außerdem Einkommenstransfers erlaubt bleiben, die nicht direkt der Produktionssteigerung dienen147 • Schließlich befiirchtet man, daß die zu erwartenden Preissteigerungen auf dem Weltargarmarkt zwar einerseits denjenigen Entwicklungsländern zugutekommen, die zu der Produzentenseite zählen, andererseits aber fiir die ärmeren, auf Nahrungsmittelimporte angewiesenen Entwicklungsländer eine zusätzliche finanzielle Belastung bedeuten werden148. Ähnlich wie die Handelsbeziehungen zwischen Nord und Süd sind in den vergangeneo Jahren auch andere Schlüsselbereiche der NWWO aus der Sicht der Entwicklungsländer sowohl von vereinzelten Fortschritten als auch z. T. gravierenden Negativtendenzen geprägt gewesen. Im internationalen Technologietransfer- und Investitionsschutzrecht vermochten die Entwicklungsländer sich mit ihren völkerrechtspolitischen Forderungen, die sie im Aktionsprogramm und in der Charta der wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten 1974 formuliert hatten, trotzlangjähriger Verhandlungen mit den OECDStaaten nicht durchzusetzen. Weder gelang es bisher, im Rahmen der UNCTAD einen fiir alle Seiten akzeptablen Verhaltenskodex über den Technologietransfer auszuarbeiten149, noch konnten sich Industrie- und EntwickEngels, E + Z 35 (1994), S. 72 (75). Windfuhr, E + Z 35 ( 1994 ), S. 76 (77). 148 Ebd., S. 76 f. Zu den prognostizierten Auswirkungen des neuen GAlT-Abkommens auf die Nord-Süd-Handelsbeziehungen vgl. auch Engels, E + Z 35 (1994), S. 72 (75); Wahl, E + Z 38 (1997), S. 108 ff.; von Schöppenthau, Außenwirtschaft 48 (1993), S. 309 ff. (speziell zum Welttextilhandel) sowie Harmsen , F + E 1995/3, S. 22 (24). Das Problem einer weiteren Marginalisierung vieler Entwicklungsländer in der Weltwirtschaft war auch Gegenstand der Beratungen auf der 1. Ministerkonferenz der WTO, die vom 9. bis zum 13. Dezember 1996 in Singapur stattfand (der Text der Abschlußerklärung ist abgedruckt im Bull. EU 12-1996, S. 186 ff.). Die Umsetzung des auf der Konferenz verabschiedeten Comprehensive and Integrated WIO Plan of Action for the Least-Developed Countries soll diese Staaten in die Lage versetzen, die Möglichkeiten des internationalen Handelssystems zukünftig besser zu nutzen; vgl. hierzu auch die Kritik von Falk, R., E + Z 38 (1997), S. 32 f 149 Nach einer vieljährigen Vorbereitungsphase wurden ab 1978 im Rahmen der United Nations Conference on an International Code of Conduct on the Transfer of Technology förmliche diplomatische Verhandlungen über den Verhaltenskodex gefiihrt, die allerdings Mitte 1985 ins Stocken gerieten. Seitdem fanden nur noch Konsul146
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1. Die Reform des Wirtschaftsvölkerrechts
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lungsländer auf gerneinsame Richtlinien zur Kontrolle der Investitionstätigkeit multinationaler Unternehmen einigen150. Neben Differenzen in inhaltlichen Fragen bestehen zwischen den Verhandlungspartnern vor allem unterschiedliche Auffassungen über die Rechtsnatur der vorgeschlagenen Kodizes: Während die Industrieländer hierin lediglich unverbindliche Empfehlungen an Staaten bzw. multinationale Unternehmen erblicken, möchten die Entwicklungsländer erreichen, daß den Kodizes eine verbindliche Rechtswirkung zukommt151 . Damit ist zwar das ursprüngliche entwicklungsvölkerrechtliche Ziel, einen sowohl von Industrie- als auch Entwicklungsländern anerkannten Rechtsrahmen für die Betätigung ausländischer Investoren in Ländern der Dritten Welt und den Transfer von Technologien zu schaffen, bislang nicht erreicht worden, gleichwohl lassen sich auch in diesen beiden Teilkomplexen der von den Entwicklungsländern angestrebten Weltwirtschaftsreform bereits einige Fortschritte feststellen: So enthalten mittlerweile verschiedene regional bzw. sektoral begrenzte völkerrechtliche Dokumente konkrete Bestimmungen über die technische Zusammenarbeit und den Technologietransfer zwischen Industrieund Entwicklungsländern (z. B. Art. 275 - 280 des IV. Lorne-Abkommens, Art. 144 und 266 ff. des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen von 1982 oder Kapitel 34 der auf der UNCED-Konferenz in Rio 1992 verabtationen statt, die bisher ergebnislos verliefen, vgl. Stall, Technologietransfer, S. 88 ff.; Osterrieth, Die Neuordmmg des Rechts des internationalen Technologietransfers, S. 32 ff.; Yusrif, in: Bedjaoui (Hrsg.), International Law, S. 691 ff.; Feuer/Cassan, Droit international du developpement, S. 363 ff.; Bouveresse, Droit et politiques du developpement et de la cooperation, S. 278 ff.; Fikentscher, The Draft International Code of Conduct on the Transfer ofTechnology. 150 Zu den Bemühungen der als Hilfsorgan des UN-Wirtschafts- und Sozialrats eingerichteten Commission on Transnational Corporations um die Ausarbeitung universeller Verhaltensrichtlinien für transnationale Unternehmen siehe Böckstiegel!Catranis, NJW 1980, S. 1823 ff.; Spröte, GYIL 33 (1990), S. 331 ff.; Czempiel, VN 1989, S. 149 ff.; Feuer!Cassan, Droit international du developpement, S. 263 ff.; Herdegen , Internationales Wirtschaftsrecht, S. 59 f.; der Text des von der Kommission erarbeiteten UN-Draft Code of Conduct on Transnational Corporations vom 1.2. 1988 ist abgedruckt bei Kunig/Lau!Meng, International econornic law, S. 686 ff. hn Jahr 1976 hat der Ministerrat der OECD eine Erklärung über internationale Investitionen und multinationale Unternehmen verabschiedet, die in ihrem Anhang einen Verhaltenskodex für multinationale Unternehmen enthält. Der Text der Erklärung fmdet sich bei Kunig/Lau!Meng, a.a.O., S. 679 ff.; vgl. hierzu auch Gloria, in: Jpsen, Völkerrecht, § 42, Rdnr. 17 f.; Fikentscher, Wirtschaftsrecht, Bd. I, S. 152 ff.; Fischer, in: Neuholdu. a. (Hrsg.), Österreichisches Handbuch des Völkerrechts, S. 384 (404). 151 Buck, Geistiges Eigentum und Völkerrecht, S. 203; Osterrieth, Die Neuordnung des Rechts des internationalen Technologietransfers, S. 48 ff.; Spröte, GYIL 33 (1 990), S. 331 (348).
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ill. Die Völkerrechtspolitik der Dritten Welt
schiedeten Agenda 21). Im Investitionsrecht haben der Abschluß von bilateralen Investitionsschutzabkommen152 und die Aufnahme von investitionsfordernden Bestimmungen in multilateralen völkerrechtlichen Verträgen - so z. B. im 1988 in Kraft getretenen Abkommen über die Gründung der Multilateralen Investitions-Garantie-Agentur (MIGA)153 - den alten Nord-Süd-Grundsatzstreit über die Zulässigkeil entschädigungsloser Enteignungen in den Hintergrund rücken lassen. Während noch bis zur Mitte der 80er Jahre ein Rückgang der privaten Kapitalströme in die Staaten der Dritten Welt zu beobachten war, führten die Bemühungen der Entwicklungsländer um möglichst günstige Investitionsbedingungen für ausländische Untemehmen154 spätestens seit Beginn dieser Dekade zu einem deutlichen Anstieg der Direktinvestitionen- von 27 Mrd. US-$ im Jahr 1989 auf 80 Mrd. US-$ im Jahr 1993; der Gesamtanteil der Entwicklungsländer an den weltweiten Investitionsflüssen betrug im Jahr 1993 bereits 41 %, nachdem er im Zeitraum von 1986 bis 1990 noch bei durchschnittlich 16% gelegen hatte155 . Vor allem die Wachstumsregionen in Asien und Lateinamerika konnten von dieser Entwicklung profitieren, der afrikanische Kontinent wies hingegen vergleichsweise geringe Steigerungsraten auf 56 .
152 Nach Angaben der UNCTAD gab es Mitte 1995 bereits über 900 derartige Abkommen, von denen 60 % erst nach 1990 zustandegekommen sind, vgl. Nord-Süd aktuell 4/1995, S. 479; zum bilateralen Investitionsschutz siehe auch Feuer/Cassan, Droit international du developpement, S. 248 ff.; Herdegen, Internationales Wirtschaftsrecht, S. 211 ff.; Akinsanya, ICLQ 36 (1987), S. 58 ff.; Peters!Schrijver, NILR 39 (1992), S. 355 (368 ff.); Maschke, ÖZöRV 37 (1986), S. 201 ff. 153 BGBl. 1987 ll, S. 454 ff.; vgl. hierzu Feuer!Cassan, Droit international du developpement, S. 269 ff.; Herdegen, Internationales Wirtschaftsrecht, S. 215 f.; Gloria, in: Ipsen, Völkerrecht, § 43, Rdnr. 6 ff. Weitere in diesem Zusammenhang wichtige Beispiele sind der investitionspolitische Teil des IV. Lome-Abkommens (Art. 258 274), die 1992 zwischen den USA, Kanada und Mexiko geschlossene Nordamerikanische Freihandelsvereinbarung (NAFTA), die Vorarbeiten der OECD zu einem "Multilateralen Investitionsübereinkommen" sowie die neuen GATT-Regeln über handelsrelevante Investitionsmaßnahmen (TRIMs), den Schutz geistigen Eigentums (TRIPs) und über den Handel im Dienstleistungsbereich (GATS). Zu den jüngsten Projekten einer Kodifizierung des internationalen Investitionsschutzes im Rahmen des GATT, der NAFTA und der OECD siehe Kar/, RIW 40 (1994), S. 809 ff. sowie UNCTAD, World Investment Report 1994, S. 277 ff. 154 Zur Investitionsgesetzgebung in Entwicklungsländern vgl. Buxbaum/Riesenfeld, EPIL 8, S. 346; Fischer, Festschrift Seidl-Hohenveldern, S. 103 ff.; Peters!Schrijver, NILR 39 (1992), S. 355 ff.; Agyemang, JAL 33 (1989), S. 31 ff.; Elias/Akinjide, Africa and the Development oflnternational Law, S. 237 ff. 155 UNCTAD, World Investment Report 1994, S. 12. 156 Nicht einmal 1/15 der gesamten Investitionsströme in die Dritte Welt fließen in die 47 ännsten - zumeist afrikanischen - Entwicklungsländer; vgl. Nord-Süd aktuell
1. Die Reform des Wirtschaftsvölkerrechts
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Ein wesentlicher Grund ftir die nach wie vor mangelnde Attraktivität der afrikanischen Staaten als Investitionsstandort bildet - neben politischer Instabilität, hohen Wechselkursschwankungen und ungenügend ausgebauten Verkehrs- und Kommunikationssystemen- die geringe Größe der Binnenmärkte. Zwar sind in Afrika diverse Versuche unternommen worden, mittels regionaler und subregionaler Wirtschaftszusammenschlüsse den grenzüberschreitenden Handel zu erleichtern und auf diese Weise die Absatzmärkte ftir inländische Produkte zu erweitern157, doch blieben diese Integrationsbestrebungen bislang weitaus weniger erfolgreich als vergleichbare Projekte z. B. im lateinamerikanischen Raum158 . Von der afrikanischen Wirtschaftsgemein2/1994, S. 194 f.; Bergsman/Shen, F + E/Dez. 1995, S. 6 ff.; Stiftung Entwicklung und Frieden , Globale Trends 1996, S. 160 ff. 157 Die wichtigsten Regionalorganisationen zur Förderung der Wirtschaftsintegration auf dem afrikanischen Kontinent sind die Westafrikanische Wirtschaftsunion (UEMOA), die Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten (ECOWAS), die Zoll- und Wirtschaftsunion Zentralafrikas (UDEAC; 1994 wurde eine Umwandlung dieser Organisation in eine Zentralafrikanische Wirtschafts- und Währungsunion, CEMAC, beschlossen), die Mano River Union, die Wirtschaftsgemeinschaft Zentralafrikanischer Staaten (CEEAC), die Handelspräferenzzone filr die Staaten im Osten und Süden Afrikas (PTA, seit 1993: Gemeinsamer Markt filr Ost- und Südafrika, COMESA), die Entwicklungsgemeinschaft fi1r das Südliche Afrika (SADC) und die Union des arabischen Maghreb (UMA). Hinzu kommen mehrere afrikanische Entwicklungsbanken sowie eine Reihe zwischenstaatlicher Organisationen, die sich mit der Koordinierung bestimmter regionaler Entwicklungsprogranune befassen; vgl. Hofmeier, in: Noh/en (Hrsg.), Lexikon der Politik, Bd. 6, S. 429 ff.; Feuer/Cassan, Droit international du developpement, S. 532 ff; Mahiou, RdC 241 (1993 IV), S. 9 (73 ff, 111 ff., 169 ff.). 158 Als Beispiel sei nur der im März 1991 durch den Vertrag von Asuncion ins Leben gerufene Südamerikanische Gemeinsame Markt (MERCOSUR) genannt, der bereits in der Entstehungsphase zu einer deutlichen Expansion des intraregionalen Warenaustausches geführt hat; vgl. Nord-Süd aktuell 211994, S. 199 und 411996, S. 621. Zum MERCOSUR und den zahlreichen weiteren Formen regionaler Wirtschaftskooperation in Lateinamerika (z. B. ALADI, SELA, MCCA, Anden-Pakt, CARICOM, OECS, Rio-Gruppe, "Gruppe der Drei") vgl. Zimmerling/Wisniwski, in: Nohlen (Hrsg.), Lexikon der Politik, Bd. 6, S. 439 ff.; Mannora, Jahrbuch Dritte Welt 1993, S. 257 ff.; Mols, Außenpolitik 43 (1992), S. 72 ff.; Fritz, Jahrbuch Dritte Welt 1996, S. 243 ff. Im asiatischen Raum bilden zur Zeit die ASEAN-Gruppe, der Südasiatische Verband filr regionale Zusammenarbeit (SAARC) und die Organisation filr Asiatisch-Pazifische Wirtschaftskooperation (APEC) die maßgeblichen Foren filr den weiteren Ausbau der regionalen wirtschaftlichen Zusanunenarbeit; vgl.: Pretzell!Rothennund, in: Noh/en (Hrsg.), Lexikon der Politik, Bd. 6, S. 434 ff., Pretzell, Jahrbuch Dritte Welt 1992, S. 309 ff. m.w.N. sowie die Dokumentation zur politischen und wirtschaftlichen Entwicklung in Asien in: Internationale Politik 1011995, S. 61 ff.. Einen Überblick über die Integrationsbemühungen in der arabischen Welt vermittelt der Beitrag von Koszinowski, in: Jahrbuch Dritte Welt 1990, S. 298 ff.
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III. Die Völkerrechtspolitik der Dritten Welt
schaft (CEA), deren Giiindung 1991 von den Mitgliedstaaten der OAU in Abuja (Nigeria) beschlossen wurde159, erhofft man sich nun einen neuen Impuls fiir die zwischenstaatliche Kooperation und wirtschaftliche Entwicklung auf dem krisengeschüttelten Kontinent. Eine Bilanz des Reformprojekts "Neue Weltwirtschaftsordnung" muß angesichtsder nur wenigen bescheidenen Erfolge, die die Staaten der Dritten Welt im wirtschaftsvölkerrechtlichen Nord-Süd-Dialog aufweisen können, zweifellos negativ ausfallen. Die handelspolitische Situation derjenigen Entwicklungsländer, deren Exportpalette sich überwiegend aus Rohstoffen zusammensetzt, hat sich - wie gezeigt - in den beiden vergangeneo Jahrzehnten weiter verschlechtert. Die Verschuldungskrise stellt trotz verschiedener Initiativen zur Erleichterung der Schuldenlast (z. B. Umschuldungsvereinbarungen, teilweiser Schuldenerlaß) auch heute noch fiir die meisten Volkswirtschaften der südlichen Hemisphäre eine gravierende Belastung dar. Von dem bereits seit 1970 mehrfach bekräftigten Ziel, 0,7 %des Bruttosozialprodukts fiir öffentliche Entwicklungshilfeleistungen bereitzustellen, ist die internationale Gebergemeinschaft noch immer weit entfernt: Nach Angaben der OECD hatten 1995 nur vier ihrer Mitglieder (Norwegen, Dänemark, Schweden und die Niederlande) dieses Ziel erreicht; die Durchschnittsquote aller OECD-Staaten hingegen betrug 0,27 % und war damit auf einem neuen Tiefstand angelangt160. Viele der Probleme, die in den 70er und 80er Jahren auf den NordSüd-Konferenzen diskutiert wurden, sind auch heute noch ungelöst oder haben sich teilweise sogar verschärft. Auch wenn die entwicklungsvölkerrechtlichen Dokumente nun nicht mehr ausdrücklich Bezug auf den Begriff Neue Weltwirtschaftsordnung nehmen161 , haben die Entwicklungsländer die Umstrukturierung des globalen Wirtschaftssystems als völkerrechtspolitisches Ziel keineswegs aufgegeben. Die an den Themenkatalog der Neuen Weltwirtschaftsordnung anknüpfende Forderung nach einem neuen Konzept globaler Partnerschaft in den internationalen Wirtschaftsbeziehungen, die im Vorfeld der UN-Konferenz fiir Umwelt und Entwicklung 1992 in Rio von den Vertre159 Der Vertragstext ist abgedruckt in: ILM 30 (1991), S. 1241 ff.; vgl. hierzu Mahiou, AFDI 39 (1993), S. 798 tf.; ders., RdC 241 (19931V}, S. 9 (14ltf.). 160 OECD, Development Co-operation, DAC-Report 1996, S. 95 f. Zugwtsten der am wenigsten entwickelten Länder haben die Gebernationen im Jahr 1993 lediglich 0,07 % ihres BSP filr öffentliche Entwicklungshilfeleistungen zur Verfügwtg gestellt; vgl. UNDP, Bericht über die menschliche Entwicklung 1996, S. 128. Zur internationalen Entwicklungsfmanzierung siehe auch Wagner/Kaiser, Ökonomie der Entwicklungsländer, S. 179 ff.; Stiftung Entwicklung und Frieden, Globale Trends 1993/94, S. 225 tf.; Feuer!Cassan, Droit international du developpement, S. 377 tf.; Bouveresse,
Droit et politiques du developpement et de Ia cooperation, S. 243 tf. 161 Vgl. Flory, AFDI 36 (1990), S. 606 (609).
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tern der Dritten Welt erhoben worden war, dann jedoch auf Druck der Industriestaaten aus den Verhandlungen ausgeklammert blieb162, unterstreicht die Bedeutung und Aktualität der bereits mehr als 20 Jahre alten Reformvorschläge. In der Botschaft der Blockfreien-Bewegung an die Führer der G-7Staaten beim Weltwirtschaftsgipfel in Tokio 1993 kommt gleichfalls die Kontinuität des von den Entwicklungsländern verfolgten völkerrechtspolitischen Programms zum Ausdruck: "Den blockfreien Ländern ist bewußt, daß globale Probleme miteinander verknüpft sind, besonders im wirtschaftlichen Bereich. Und weil die meisten der heutigen Probleme von Natur aus weltweit sind, können sie nicht über kurzfristige Erholungsmaßnahmen oder durch eine stückweise Reform gelöst werden. Folglich ist es an der Zeit, daß die Länder des Nordens und des Südens einen neuen Pakt zur Entwicklung schmieden und eine neue demokratische Partnerschaft bei der Ausarbeitung von globalen Lösungen fi1r die Probleme eingehen. Nur so können wir die Weltwirtschaft aus ihrer momentanen Unordnung befreien und die ungerechten internationalen Strukturen und Modalitäten verändern, die eine sich vertiefende Ungleichheit und inakzeptable Ungerechtigkeiten in den internationalen Wirtschaftsbeziehungen zur Folge hatten. Nur auf diese Art können wir die sich weitende Lükke von Wohlstand und Technologie zwischen den entwickelten und den Entwicklungsländern stoppen und umkehren sowie das internationale Wirtschaftssystem neu strukturieren, um es gerechter und damit lebensfähiger Z11 machen." 163
Da es innerhalb der bestehenden weltwirtschaftliehen Strukturen offensichtlich nicht gelingt, für die überwiegende Mehrheit der Menschen auch nur die elementaren Grundlagen zur Gestaltung eines menschenwürdigen Lebens zu sichern, bleibt die Suche nach einer neuen Weltwirtschaftsordnung - die nicht notwendigerweise mit der "Neuen Weltwirtschaftsordnung" der 70er Jahre identisch sein muß- eine Aufgabe von höchster Prioritäe 64 . Das Völkerrecht vermag hierzu einen wichtigen Beitrag zu leisten, wenn es nicht lediglich als statisches, stabilisierend und konservierend wirkendes Element in den zwischenstaatlichen Beziehungen begriffen wird, sondern als "Entwicklungsvölkerrecht" i. S. der von der französischen Völkerrechtslehre vertretenen Theorie des droit de finalite 165 eine progressive, dynamische Funktion bei der Fortentwicklung des internationalen Systems übernimmt.
162 Stahl, Jahrbuch Dritte Welt 1993, S. 48 (55); vgl. auch Brock, Aus Politik und Zeitgeschichte B 50/1992, S. 13 (19); Wöhlcke, Der ökologische Nord-Süd-Konflikt, S. 57 ff. 163 EA 1993, D S. 325, S. 327. 164 Vgl. Bryde, in: ders. (Hrsg.), Neuordnung der Weltwirtschaft?, S. 29. 165 Siehe oben Kap. II. bei Fn. 45.
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III. Die Völkerrechtspolitik der Dritten Welt
2. Die Neue Weltinformationsordnung (Beispiel2) Einen weiteren, neben der Reform des internationalen Wirtschaftsrechts zentralen Komplex des Entwicklungsvölkerrechts stellt die Debatte um die Errichtung einer Neuen Weltinformationsordnung (NWIO) dar, die zwischen Industrie- und Entwicklungsländern seit Beginn der 70er Jahre hauptsächlich in der UNESCO, darüber hinaus aber auch in verschiedenen anderen internationalen Organisationen auf universeller Ebene166 geführt wird. Ähnlich ihren Bemühungen um eine Neustrukturierung des Weltwirtschaftssystems versuchen die Staaten der Dritten Welt, in internationalen Foren auf die entwicklungshemmenden Auswirkungen des Ungleichgewichts im Informationsfluß zwischen Nord und Süd aufmerksam zu machen und über völkerrechtliche Instrumentarien eine Verbesserung der aus ihrer Sicht ungerecht 167 ausgestalteten Rechtslage in diesem Bereich der internationalen Beziehungen zu erreichen. a) Das Nord-Süd-Ungleichgewicht im Nachrichten- und Kommunikationswesen
Die Forderung nach einer "Entkolonialisierung im Informationsbereich" - so eine Formulierung auf der Medienkonferenz der Blockfreien im Mai 1976168 bildet die Reaktion auf eine Vielzahl von Abhängigkeiten der Entwicklungsländer auf den Sektoren Kommunikation und Information, die in ihrer entwicklungspolitischen Tragweite mit weltwirtschaftliehen Problemen im NordSüd-Kontext durchaus vergleichbar, wenn nicht gar noch weitreichender sind. Beklagt wird insbesondere die Asymmetrie im Nachrichtenfluß zwischen Nord und Süd, die aufgrund der Dominanz der großen, transnational operierenden Nachrichtenagenturen Agence France Presse (AFP), Reuters, United Press International (UPI) und Associated Press (AP) nahezu einen "Einbahnstraßen166 Zu neiUlen sind hier insbesondere die Generalversammlung und der Weltraumausschuß der Vereinten Nationen, die /ntemational Telecommunications Union (ITU), das Intergovemmental Bureau for lnfonnatics (IBI), die UNIDO und die UNCTAD, vgl. Borlnick, Cornell ILJ 14 (1981 ), S. 333 (344 fi); Schwartz, TILJ 18 (1983), S. 573 (575). 167 In der UNESCO-Medien-Deklaration von 1978 (Text in: VN 1979, S. 36 ff.) wird ausdrücklich auf den Gerechtigkeitsaspekt Bezug genommen, indem in der Präambel (Nr. 16) von der "Errichtung einer neuen, gerechteren und leistungstahigeren Weltinformations- und Kornmunikationsordnung" gesprochen wird. 168 Matthies, Die Blockfreien S. 68.
2. Die Neue WeltinformationsordnWlg
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Charakter" angenommen hat und damit auch den Informationsaustausch zwischen den Entwicklungsländern selbst behindert169. Die Kritik des Südens betrifft dabei nicht nur die quantitative Seite des Infonnationsflusses, sondern richtet sich auch gegen die Art und Weise der Berichterstattung, wie sie in den Medien der Industrienationen über Geschehnisse in den übrigen Teilen der Welt erfolgt: Das Interesse der Nachrichtenagenturen konzentriere sich überwiegend auf spektakuläre politische Angelegenheiten in der Dritten Welt, die zumeist im Zusammenhang mit Krisen, Staatsstreichen und gewaltsamen Konflikten präsentiert werden, während beispielsweise Entwicklungsprogramme, die das Leben weiter Bevölkerungsschichten verändern, nahezu unberücksichtigt blieben170. Ein ähnliches Ungleichgewicht wird im Bereich der Radio- und Femsehunterhaltung, des Films und der Buchproduktion beklagt: So füllen zahlreiche Staaten der Dritten Welt weit mehr als die Hälfte - zum Teil bis zu 80%- ihrer TV-Programmstunden mit Importsendungen aus den Industrienationen, darunter maßgeblich aus den USA171 . Modeme kommunikationstechnologische Errungenschaften, wie z. B. die durch die Satellitentechnik geschaffene Möglichkeit der grenzüberschreitenden Ausstrahlung von Fernsehprogrammen, fuhren zu einer zusätzlichen Verschärfung der Situation. Wiederum sind es sowohl die quantitativen als auch die qualitativen Aspekte der Problematik, welche die Kritiker auf den Plan rufen: In dem Bericht der von der UNESCO eingesetzten Internationalen Kommission zum Studium der Kommunikationsprobleme (sog. "MacBride-Kommission") heißt es hierzu: "Die Medien in den EntwicklWlgsländern beziehen einen Großteil ihrer Kultur- Wld Unterhaltungsinhalte aus einigen wenigen entwikelten Ländern, vorwiegend von einigen großen Produzenten in diesen Ländern. Der Fluß in die andere Richtung ist im Vergleich dazu nicht mehr als ein Tropfen. Die Probleme dürfen aber nicht nur in quantitativen Begriffen dargestellt werden. Die entwickelten Länder erhalten von den Kulturen der EntwicklWlgsländer (hauptsächlich Musik Wld Tanz) nur das Allerbeste; die EntwicklWlgsländer aber bekommen, objektiv betrachtet, das Minderwertigste, was in den Industrieländern produziert wird. Dieser Wlgleiche Austausch schadet den nationalen Kulturen in den EntwicklWlgsländern. Thre Schriftsteller, Musiker, Filmproduzenten Wld anderen kreativen Künstler stehen mit ihren Produkten hinter den Importen an zweiter Stelle." 172 169 Vgl. Stiftung Entwicklung und Frieden, Globale Trends 1991 , S. 250 ff.; ausfUhrlieh hierzu Alscheid-Schmidt, Die Kritik am internationalen Jnformationsfluß, S. 58 ff. 170 Deutsche UNESCO-Kommission (Hrsg.), Viele Stimmen- eine Welt, S. 192. 171 Züm, Gerechte internationale Regime, S. 134. 172 Deutsche UNESCO-Kommission (Hrsg.), Viele Stimmen - eine Welt, S. 209. Der MacBride-Bericht beinhaltet eine detaillierte Analyse Wld zugleich scharfe Kritik der gegenwärtigen internationalen KommWlikationsstrukturen, enthält sich jedoch einseitiger SchuldzuweisWlgen. Vielmehr wird an verschiedenen Stellen der Studie
5 Kaltenborn
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Als Folge dieser Unausgewogenheiten im kulturellen Informationsfluß zwischen Nord und Süd wird die Verstärkung eines kulturellen Übernerndungsprozesses in den Entwicklungsländern beftirchtet, der sich in der Übernahme westlicher Wertvorstellungen und Lebensgewohnheiten äußert und dem neben der Gefahr des kulturellen Identitätsverlustes auch ein nicht zu unterschätzendes Konfliktpotential innewohnt. So vermag vor allem die Übertragung westlicher Konsumbedürfnisse auf die Gesellschaften der Dritten Welt mittels importierter TV-Werke und Unterhaltungsprogramme sozial destabilisierende Effekte auszulösen, da hierdurch Erwartungen in der Bevölkerung geweckt werden, die sich zumeist wirtschaftlich nicht erfiillen lassen173 . Die im Vergleich zum industrialisierten Norden nur ungenügende Ausbildung der Kommunikationsinfrastruktur in vielen Entwicklungsländern stellt ein weiteres zentrales Element in der Diskussion um eine Neustrukturierung der Weltinformationsordnung dar. Wie groß die Unterschiede zwischen den Industrienationen und der Dritten Welt hinsichtlich der medialen Versorgung ihrer Bevölkerungen sind, verdeutlichen die Zahlenangaben, die von der MacBride-Kommission ftir verschiedene Ländergruppierungen (Gruppe A: Entwicklungsländer mit einem Bruttosozialprodukt von weniger als 400 US-$ pro Einwohner; Gruppe B: Entwicklungsländer mit einem Bruttosozialprodukt zwischen 400 und 2.500 US-$ pro Einwohner; Gruppe C: Industrieländer) zusammengestellt worden sind. Danach ergibt sich zu Beginn der 80er Jahre für die vier wichtigsten Massenkommunikationsmittel jeweils pro 1.000 Einwohner folgende Verteilung: Tageszeitungen = A: 19,2; B: 19,0; C: 328,0 I Radiogeräte = A: 56,0; B: 57,2; C: 741 I TV-Geräte = A: 5,4; B: 22,5; C: 338,0 I Telefon174 = A: 1,3; B: 15,1; C: 352,0175 . Neuere Angaben lassen sogar vermuten, daß die informationeHe Lücke sowohl zwischen Industrie- und Entwicklungsländern als auch innerhalb der Entwicklungsländer zwischen Zentren und Peripherie weiterhin im Wachsen begriffen ist176. Das Ungleichgewicht zwischen Nord und Süd im Nachrichtenfluß wie auch in der Medieninfrastruktur hat die Entwicklungsländer veranlaßt, in AnlehB. S. 191, 210 f. , 214) auch auf die z. T. erhebliche Mitverantwortung der Eliten in der Dritten Welt an den kritisierten Zuständen hingewiesen. Ausfilhrlich zum MacBride-BerichtHolzberg, CWRJIL 14 (1982), S. 387 (403 ff.); Witzmann , Völkerrechtliche Aspekte, S. 45 ff. 173 Malanczuk, ZaöRV 44 (1984), S. 257 (267). 174 Hierbei sind Angaben die Volksrepublik China nicht berücksichtigt. 175 Deutsche UNESCO-Kommission (Hrsg.), Viele Stimmen- eine Welt, S. 170. 176 Reimann, in: Nohlen (Hrsg.), Pipers Wörterbuch, Bd. 6, S. 315 (318 f.); vgl. auch Stiftung Entwicklung und Frieden, Globale Trends 1996, S. 456 u. 466. (z.
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nung an ihre Bemühungen um die Errichtung einerNeuen Weltwirtschaftsordnung auch eine grundlegende Reform des weltweiten Informations- und Kommunikationssystems anzustreben. Ihre Hauptforderungen lassen sich wie folgt zusammenfassen: - Auf- bzw. Ausbau leistungsfähiger Kommunikationskapazitäten in der Dritten Welt sowohl durch verstärkte Eigenanstrengungen der Entwicklungsländer als auch durch Ressourcentransfer und praktische Medienhilfe der Industriestaaten; die Masserunedien sollen dabei u. a. als Instrumente zur Förderung eigenstaatlicher Entwicklung, z. B. durch Integration in nationale Entwicklungsstrategien eingesetzt werden. - Herbeifiihrung eines ausgewogeneren Informationsflusses zwischen Nord und Süd und Schutz der kulturellen Identität der Importländer, insbesondere durch Ausweitung der nationalen und internationalen Kontrollmöglichkeiten gegenüber transnationalen Akteuren; Presse- und Informationsfreiheit werden unter Einbeziehung der Verantwortung ihrer Träger (z. B. Nachrichtenagenturen, Medienkonzerne, Journalisten) geschützt. Die Ausstrahlung grenzüberschreitender Satellitenfernsehprogramme soll nur nach vorheriger Zustimmung des jeweiligen Empfangstaates (prior consent) erfolgen können. - Anerkennung eines sowohl individuellen als auch kollektiven Rechts auf Information und damit u. a. auch auf Teilhabe an der modernen Informationstechnologie, z. B. durch Technologietransfer und gleichberechtigten Zugang zur geostationären Umlaufbahn fiir Rundfunksatelliten; - Förderung der internati~nalen Zusammenarbeit im Informationsbereich durch Ausbau der Beziehungen zwischen Industriestaaten und Entwicklungsländern sowie durch engere Kooperation zwischen den Entwicklungsländern. Ähnlich wie in der Debatte um die Neue Weltwirtschaftsordnung fanden manche der medien- und informationsrechtlichen Forderungen des Südens zwar die Zustimmung des Nordens, der größte Teil des Reformpakets stieß jedoch weitgehend auf Ablehnung. Während ein Abbau des weltweiten Informationsungleichgewichts grundsätzlich auch von den Industrieländern angestrebt wird177 und diese sich daher bereit erklärten, dem Süden beim Aufbau
177 Vgl. z. B. Ausfilhrungen des Bundesaußenministers Genscher im Jahre 1978 vor der 20. Generalkonferenz der UNESCO, der eine der vordringlichsten Aufgaben der internationalen Gemeinschaft darin sah, "eine Teilung der Welt in Informationsgeber auf der einen Seite und Informationskonsumenten auf der anderen Seite zu verhindern", zitiert bei Dill, VN 1983, S. 179 (183).
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seiner Kommunikationsinfrastrukturen behilflich zu sein178, erteilten sie jeglichem Versuch, mittels staatlicher oder zwischenstaatlicher Intervention eine Regulierung bzw. Kontrolle des internationalen Informationsflusses vorzunehmen, eine deutliche Absage179. Die Industrienationen begründeten ihre ablehnende Haltung gegenüber diesem zentralen Aspekt der NWIO mit dem hohen völkerrechtlichen Stellenwert des Prinzips der Informationsfreiheit, welches die Inpflichtnahme bzw. Kontrolle privater Medien verbiete. Tatsächlich finden sich zahlreiche universelle wie auch regionale völkerrechtliche Dokumente, in denen die Informationsfreiheit als Menschenrecht verbürgt ist, so z. B. in Art. 19 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen von 1948180, Art. 19 Abs. 2 des Internationalen Paktes über Bürgerliche und Politische Rechte von 1966181 , Art. 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) von 1950182, Art. 13 der Amerikanischen Menschenrechtskonvention (AMRK) von 1969183 und in Art. 9 der Afrikanischen Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker (sog. "BanjulCharta") von 1981 184• Teilweise wird sogar über diese vertraglichen Gewährleistungen hinaus eine bereits völkergewohnheitsrechtliche Geltung des Prinzips der Informationsfreiheit angenommen185 . Völkerrechtliche Kritik, die sich 178 Schwartz, TILJ 18 (1983), S. 573 (577); Witzmann , Völkerrechtliche Aspekte, S. 62; Grewlich, Außenpolitik 36 (1985), S. 54 (61 ); Becker, Law and State 33 (1986), S. 44 (52 f. u. 55). 179 Becker, Law and State 33 (1986), S. 44 (50). Lediglich einige wenige Industrieländer (Kanada, Schweden, Frankreich) sahen sich in der Lage, zumindest in der Frage der grenzüberschreitenden Nutzung des Satellitenrundfunks die Fordenmg der Entwicklungsländer nach Einfiihrung des prior-consent-Prinzips zu unterstützen, vgl. Malanczuk, ZaöRV 44 (1984), S. 257 (270 f.). AusfUhrlieh zur Kritik der Industrieländer an der NWIO: Mölich, Der Entstehungsprozeß der Neuen Internationalen Informationsordnung, S. 113 tT. 180 UN-GA-Res. 217 (ID) vom 10.12.1948. 181 BGBI. 1973 li, S. 1533. 182 BGBI. 1952 li, S. 685, 953. 183 Vgl. EuGRZ 7 (1980), S. 435. 184 Vgl. EuGRZ 13 (1986), S. 678 ff. ; zu weiteren Rechtsquellen der Informationsfreiheit vgl. Delbrück, in: Wolfrum (Hrsg.), Handbuch Vereinte Nationen, S. 1057 (I 060 tT. ); Dahinden, Die rechtlichen Aspekte des Satellitenrundfunks, S. 136 tT. sowie allgemein Gornig, Äußerungsfreiheit und Informationsfreiheit. 185 Delbrück, in: Wolfrum (Hrsg.), Handbuch Vereinte Nationen, S. 1057 (1064); Engelhard, Satellitendirektfernsehen, S. 137. Ob allerdings tatsächlich von einer prinzipiellen Anerkennung des Grundsatzes der Informationsfreiheit ausgegangen werden kann, ist auch im westlichen Schrifttum umstritten; vgl. hierzu z. B. Pinto, JDI 108 (1981 ), S. 459 (476 tT. ); Frowein, Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht 19 ( 1979), S. I (35); Delbrück, Direkter Satellitenrundfunk und nationaler Regelungsvorbehalt, S. 51; Streinz, Meinungs- und Informationsfreiheit zwischen Ost und West,
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gegen den Versuch einer radikalen Einschränkung des freien Informationsflusses wendet, scheint vor diesem Hintergrund nur berechtigt zu sein. Doch greift diese Kritik aus zwei Gründen zu kurz: Einerseits stellt das Projekt der NWIO keineswegs eine vollständige Abkehr von den allseits akzeptierten Prinzipien der Informations- und Pressefreiheit dar, sondern beinhaltet allenfalls eine auf die spezifischen sich im Nord-Süd-Kontext ergebenen Problemkonstellation bezogene nähere Ausgestaltung dieser grundlegenden Freiheitsrechte. In den Empfehlungen des MacBride-Berichts zur Umgestaltung der internationalen Informationsordnung kommt dieser Aspekt der Diskussion deutlich zum Ausdruck: "Alle Länder müssen geeignete Maßnalunen ergreifen, um die Informationsquellen, die der Bürger tagtäglich benötigt, zu erweitern. Bestehende Gesetze und Bestimmungen sollten sorgfliltig im Hinblick darauf überprüft werden, Beschränkungen, Geheimhaltungsbestimmungen und andere Zwänge in der Informationspraxis auf ein Minimum zu reduzieren. ... Die Zensur oder die willkürliche Kontrolle von Infonnationen sollte abgeschaßt werden. In Bereichen, in denen vernünftige Beschränkungen notwendig scheinen, sollten diese gesetzlich geregelt, ihre Anwendung einer richterlichen Kontrolle unterzogen werden und in Übereinstimmung mit den Grundsätzen stehen, die in der Charta der Vereinten Nationen, der UNOMeschenrechtsdeklaration und den Internationalen Abkommen über die Menschenrechte, wie auch in anderen Urkunden, die die Völkergemeinschaft ratifiziert hat, verankert sind" 186.
Auf der anderen Seite müssen sich die Verfechter des .free jlow of information in ihrer völkerrechtspolitischen Auseinandersetzung mit den Forderungen der Dritten Welt auch entgegenhalten lassen, daß das Recht auf Informationsfreiheit als Menschenrecht zwar möglicherweise bereits weltweite Anerkennung gefunden hat, jedoch keine vorbehaltlose Geltung beanspruchen S. 184; Rudolf/Abmeier, AVR 21 (1983), S. 1 (26); Witzmann, Völkerrechtliche Aspekte, S. 158, S. 173 und S. 191; Bueckling, NJW 1981, S. 1113 (1116); Fauteux, CYIL 28 (1980), S. 248 (249 f. u. 262). 186 Deutsche UNESCO-Kommission (Hrsg.), Viele Stimmen- eine Welt, S. 333, Nr. 55 und 56. Zu dem an die Adresse der Entwicklungsländer gerichteten Vorwurf, sie würden mit ihren Bemühungen um eine NWIO das Prinzip der Informationsfreiheit untergraben, vgl. auch Nordenstreng, in: The Mass Media Declaration of UNESCO, S. XIII: "Certainly, there is a great deal ofignorance involved in this campaign, but it is also obvious that to accuse Unesco of promoting governmental controls is, in many cases, only an excuse to defend the status quo - the old order with its built-in bias against the very principles of the Mass Media Declaration: to strengthen peace and international understanding, to promote human rights, to counter racialism, apartheid, and war propaganda. Whereas it is not fashionable to refrain from supporting these noble ideals of the international community - at least from paying lip service to them- it is a virtue to defend 'freedom' against 'censorship'."
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kann. Vielmehr enthalten alle einschlägigen, völkerrechtlich verbindlichen Regelungen z. T. weitreichende Schrankenbestirnmungen: Nach Art. 19 Abs. 2 des Internationalen Paktes über Bürgerliche und Politische Rechte schließt z. B. das dort verbürgte Recht auf freie Meinungsäußerung zwar die Freiheit ein, "ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen Informationen und Gedankengut in Wort, Schrift oder Druck, durch Kunstwerke oder andere Mittel eigener Wahl sich zu beschaffen, zu empfangen und weiterzugeben", jedoch wird im nachfolgenden Absatz ausdrücklich auf die "besonderen Pflichten" und die "besondere Verantwortung" hingewiesen, die mit der Ausübung dieses Rechtes verbunden sind. Danach kann die Informationsfreiheit ''bestimmten, gesetzlich vorgesehenen Einschränkungen unterworfen werden, die erforderlich sind (a) für die Achtung der Rechte oder des Rufes Anderer; (b) für den Schutz der nationalen oder der öffentlichen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung (ordre pub/ic), der Volksgesundheit oder der öffentlichen Sittlichkeit."187 Noch detaillierter und umfassender sind die Einschränkungsmöglichkeiten, die den Vertragsstaaten der EMRK bei der Gewährleistung der Informationsfreiheit eingeräumt sind. In Art. 10 Abs. 2 heißt es dort: "Da die Ausübung dieser Freiheiten Pflichten und Verantwortung mit sich bringt, kann sie bestimmten, vom Gesetz vorgesehenen Formvorschriften, Bedingungen, Einschränkungen oder Strafdrohungen unterworfen werden, wie sie vom Gesetz vorgeschrieben und in einer·demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen Sicherheit, der territorialen Unversehrtheit oder der öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verbrechensverhütung, des Schutzes der Gesundheit und der Moral, des Schutzes des guten Rufes oder der Rechte anderer, um die Verbreitung von vertraulichen Nachrichten zu verhindern oder das Ansehen und die Unparteilichkeit der Rechtsprechung zu gewährleisten, unentbehrlich sind."
Ähnliche Schrankenregelungen finden sich in Art. 13 Abs. 2 bis 5 AMRK. Die Banjul-Charta, die in Art. 9 Nr. 1 jedermann ein Recht auf Information zubilligt, stellt das Recht der freien Meinungsäußerung und Verbreitung sogar unter einen allgemeinen Gesetzesvorbehalt (Art. 9 Nr. 2) und verweist darüber hinaus in den Art. 27 bis 29 auf einen umfassenden Pflichtenkatalog zugunsten der Gemeinschaft (Familie, Staat, Gesellschaft), in dessen Rahmen sich die Ausübung der Grundfreiheiten des Einzelnen zu halten haben. Schon die187 Vgl. hierzu Witzmann, Völkerrechtliche Aspekte, S. 158 ff., der darauf hinweist, daß angesichts der divergierenden ideologischen Voraussetzungen in den verschiedenen Teilen der Welt insbesondere der ordre public-Vorbehalt eine nahezu unbe-
grenzte Möglichkeit eröffnet, die Gewährleistung der Informationsfreiheit einzuengen (ebd., S. 172). Frowein bezeichnet die Klausel als "faktisch umfassenden Souveränitätsvorbehalt", in: Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht 19 (1979), S. 1 (34).
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ser kurze Überblick über den Umfang der völkerrechtlichen Gewährleistung und Einschränkbarkeit der Infonnationsfreiheit188 zeigt, daß die Bestrebungen der Entwicklungsländer um eine stärkere Kontrolle des transnationalen Infonnationsflusses durchaus nicht im Widerspruch zum geltenden internationalen Recht stehen, sondern lediglich die ohnehin in nahezu allen Teilen der Welt- wenngleich in unterschiedlicher Ausprägung- bestehende Neigung der Staaten zur Abschinnung der eigenen Bevölkerung gegen unerwünschte Medieneinflüsse von außen widerspiegeln189. b) Der Streit um die Neue Weltinformationsordnung in der UNESCO
Die Anfange der Debatte um die NWIO lassen sich bis in die unmittelbare Nachkriegszeit zurückverfolgen. Zwar gab es auch schon frühere Forderungen nach einer Neuordnung des Weltinfonnationssystems - so z. B. während des Zweiten Weltkrieges angesichts der Kartellbildung und Monopolisierung auf dem internationalen Nachrichtenmarkt _. 90, doch standen diese noch nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem die aktuelle Diskussion prägenden Nord-Süd-Gegensatz. Auf der Grundlage von Studien, die zwischen 1947 und 1951 von der UNESCO durchgeführt worden waren und eine Unterversorgung bestimmter Teile der Welt auf dem Nachrichtensektor feststellten, wurden Anfang der 50er Jahre Vorschläge zur Schaffung nationaler und regionaler Nachrichtendienste für diese vernachlässigten Regionen ausgearbeitet191. Während zunächst noch die technische Hilfe zur Bildung medialer Infrastrukturen im Vordergrund der UNESCO-Kommunikationspolitik stand, richtete die Organisation in den 60er Jahren vermehrt ihr Augenmerk auf die sozio-kulturelle Rolle der Medien und die Inhalte der verbreiteten Infor-
188 Vgl. ausführlich hierzu Gornig, Äußerungsfreiheit und Informationsfreiheit, S. 191 ff. 189 Zu weiteren Schranken des Prinzips der grenzüberschreitenden Informationsfreiheit, insbesondere dem völkerrechtlichen Interventionsverbot und dem Selbstbestimmungsrecht der Völker, siehe Delbrück, in: Wolfrum (Hrsg.), Handbuch Vereinte Nationen, S. 1057 (1065); Mölich, Der Entstehungsprozeß der Neuen Internationalen lnformationsordnung, S. 222 ff und 234 ff.; Witzmann, Völkerrechtliche Aspekte, S. 230 ff. 190 Delbrück, in: Wolfrum (Hrsg.), Handbuch Vereinte Nationen, S. 1057 (1058); Schwartz, TILJ 18 (1983), S. 573 (575); zu der Kartellpolitik der drei großen europäischen Nachrichtenagenturen (Havas, Reuter, Wo/ff), die bis in die 50er Jahre des 19. Jahrhunderts zurückreicht, vgl. Zürn, Gerechte internationale Regime, S. 114 ff. 191 Witzmann, Völkerrechtliche Aspekte, S. 6.
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mationen192 . Auf der 16. Generalkonferenz der UNESCO im Jahr 1970 wurde von den Vertretern mehrerer Entwicklungsländer auf die Problematik der ungleichen Verteilung der Medien hingewiesen und die Schaffung bedarfsgerechter und besser ausgewogener Systeme des grenzüberschreitenden Nachrichtenaustausches gefordert193 . Ein auf dieser Konferenz von der UdSSR vorgebrachter Vorschlag, Prinzipien für den Gebrauch der Massenmedien in den internationalen Beziehungen zu formulieren, fand dementsprechend Unterstützung vor allem aus den Reihen der Entwicklungsländer194• Einen ersten Höhepunkt erreichte die Diskussion im Jahr 1972, als die UNESCO auf ihrer 17. Generalkonferenz bei 22 Enthaltungen und 7 Gegenstimmen eine "Erklärung über die Leitlinien für den Gebrauch von Satellitenfunk für den freien Informationsfluß, die Verbreitung von Erziehung und einen größeren kulturellen Austausch" annahm. In dieser Resolution kommt der- oft als Widerspruch bezeichnete195 - Konflikt zwischen staatlichem Souveränitätsanspruch bzw. Schutz der kulturellen Identität einerseits und der Verpflichtung der Staaten zur Beachtung der Menschenrechte inklusive des Prinzips der Informationsfreiheit andererseits erstmals deutlich zum Ausdruck. Die folgenden Jahre waren nun von intensiven Bemühungen insbesondere der Blockfreienbewegung um eine Thematisierung der globalen Kornmunikationsprobleme geprägt. Im Abschlußkornrnunique ihrer 4. Gipfelkonferenz 1973 in Algier wird eine "Reorganisation bestehender Kornrnunikationskanäle" gefordert, "die ein Erbe der kolonialen Vergangenheit sind und bisher die freie, direkte und schnelle Kornmunikation miteinander behindert haben" 196. Außerdem enthält das Kornrnunique die Auflistung mehrerer Maßnahmen im Hinblick auf eine stärkere Zusammenarbeit der Entwicklungsländer untereinander auf dem Gebiet der Massenkommunikationsmittel; eine der dort enthaltenen Anregungen wurde bereits zwei Jahre später mit der Einrichtung des Nachrichtenpools der Blockfreien aufgegriffen, anfangs noch als eine auf bilateralen Vereinbarungen beruhende Kooperation zwischen der jugos1awischen Nachrichtenagentur Tanjug und 16 afrikanischen und asiatischen Agenturen, später dann als eigenständige Organisationseinheit im Rahmen der Blockfreienbewegung zur Ausweitung des gegenseitigen Nachrichtenaustau-
Ebd., S. 7. Deutsche UNESCO-Kommission (Hrsg.), Viele Stimmen- eine Welt, S. 67. 194 Wolfrom, in: Böckstiegel (Hrsg.), Handbuch des Weltrawnrechts, S. 395 (415). 195 Vgl. z. B. Delbrück, in: Wolfrom (Hrsg.), Handbuch Vereinte Nationen, S. 1057 (1068); Züm, Gerechte internationale Regime, S. 166. 196 Zitiert nach Mölich, Der Entstehungsprozeß der Neuen Internationalen fuformationsordnung, S. 86. 192
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sches197 . Weitere wichtige Impulse erhielt das Reformprojekt durch eine Reihe von Veranstaltungen der Blockfreien, die im Laufe des Jahres 1976 stattfanden, so z. B. das Symposium über Informations- und Medienfragen in Tunis, auf dem der Begriff der NWIO erstmalig offiziell in den internationalen Sprachgebrauch eingeführt wurde198, weiterhin ein Treffen der Informationsminister in Neu Delhi sowie schließlich die 5. Gipfelkonferenz der Staats- und Regierungschefs; in den Abschlußerklärungen der beiden letztgenannten Zusammenkünfte wurde jeweils hervorgehoben, daß die Errichtung einer neuen internationalen Ordnung im Informationswesen und den Massenmedien ebenso wichtig sei wie die NWW0199. Eine Vielzahl weiterer internationaler und regionaler Konferenzen in dieser Zeit200 geben Zeugnis von den Bemühungen der Entwicklungsländer, die Neuordnung des Weltinformationssystems zu einem hochrangigen, globalen Anliegen werden zu lassen. Nachdem sich Industrie- und Entwicklungsländer noch auf der 19. UNESCO-Generalkonferenz 1976 in Nairobi aufgrund der tiefgreifenden Meinungsverschiedenheiten in der Frage des .free jlow of information nicht auf einen gemeinsamen Deklarationstext zu diesem Problemfeld hatten einigen können, erreichte man zwei Jahre später auf der Nachfolgekonferenz in Paris dann doch einen Durchbruch: Durch Akklamation - also ohne weitere Aussprache und insofern "einstimmig" - wurde am 28.11.1978 im Plenum eine "Erklärung über die Grundprinzipien für den Beitrag der Massenmedien zur Stärkung des Friedens und der internationalen Verständigung, zur Förderung der Menschenrechte und zur Bekämpfung von Rassismus, Apartheid und Kriegshetze" 201 angenommen, welche unter dem Schlagwort "UNESCO-Mediendeklaration" in die Geschichte der Nord-Süd-Beziehungen eingegangen ist. Die Erklärung war erst nach heftigen Kontroversen in den vorbereitenden Beratungen zustandegekommen: Zwar gelang es den Vgl. hierzu Matthies, Die Blockfreien, S. 68 ff. Witzmann, Völkerrechtliche Aspekte, S. 23. Eine Bekräftigung des Souveränitätsanspruchs der Entwicklungsländer im Infonnationsbereich enthält Punkt 12 der Schlußresolution des Symposiums (zitiert nach Witzmann, ebd., S. 23): "Alle Entwicklungsländer haben das Recht, volle Souveränität über Nachrichten auszuüben, sowohl über die, die täglich an ihre Bevölkerung von außen übennittelt werden, als auch über die, die das Tagesgeschehen nach außen berichten; ebenso haben sie das Recht, objektiv infonniert zu werden über das, was im Ausland geschieht und wie ihr nationales Bild der Weltöffentlichkeit dargestellt wird." 199 Witzmann, Völkerrechtliche Aspekte, S. 25. 200 Vgl. Mölich , Der Entstehungsprozeß der Neuen Internationalen lnfonnationsordnung, S. 92 f. 201 Text abgedruckt in: VN 1979, S. 36 f.; vgl. hierzu Nordenstreng, The Mass Media Declaration ofUNESCO, S. 79 ff. 197 198
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Entwicklungsländern, ihren Verhandlungspartnern aus dem Norden das Versprechen abzuringen, die Hilfe beim Aufbau der Infrastrukturen in dem Medienbereich der Dritten Welt zu intensivieren. Auch wurde ein Artikel in den Deklarationstext aufgenommen, der die Massenmedien zur Unterstützung der unterdrückten Völker auffordert, "die gegen Kolonialismus, Neokolonialismus, ausländische Besetzung und alle Formen der Rassendiskriminierung und Unterdrückung kämpfen und die nicht in der Lage sind, sich in ihren eigenen Ländern Gehör zu verschaffen" 202 . Andererseits enthält die Deklaration jedoch ein vorbehaltloses Bekenntnis zum Prinzip der Informationsfreiheit und entspricht damit eher der völkerrechtlichen Position der Industrieländer. Auch wenn zugleich von der Notwendigkeit eines ausgewogeneren Nachrichtenflusses die Rede ist und sogar das "Streben der Entwicklungsländer nach Errichtung einer neuen, gerechteren und leistungsfähigeren Weltinformations- und Kommunikationsordnung" in der Präambel (Nr. 16) ausdrückliche Erwähnung findet, wurde die Mediendeklaration angesichts der Verbannung nahezu aller staatlichen Kontrollmöglichkeiten aus dem Resolutionstext vielfach als ein "Sieg des Westens" gewertee03 . Die Freude über diese - scheinbare - Einigkeit zwischen Nord und Süd währte nicht lange. Schon zwei weitere Jahre später war der bereits erwähnte204 Bericht der 1977 von der UNESCO eingesetzten MacBride-Kornmission Gegenstand heftiger Kontroversen zwischen den Delegierten, die zur 21. Generalkonferenz der Organisation im Herbst 1980 in Belgrad zusammengekommen waren. Trotz weiterbestehender westlicher Bedenken wurden jedoch - wiederum in dem mittlerweile für die UNESCO typisch gewordenen Beschlußverfahren des Konsenses - zwei für die weitere Diskussion wichtige Resolutionen verabschiedet, die sich maßgeblich an dem Forderungskatalog des MacBride-Berichts orientieren: Zum einen die sog. Medien-Resolution205, in der die Grundprinzipien der noch zu errichtenden NWIO aufgefiihrt sind, zum anderen der Beschluß zur Einrichtung eines "Internationalen Programms Art. li, Abs. 3. Vgl. Righter, EA 1979, S. 211 (215); Mölich, Der Entstehungsprozeß der Neuen Internationalen Informationsordnung, S. 119. Daß diese Einschätzung zumindest insoweit nicht zutriffi, als das Prinzip der Informationsfreiheit nicht als eine ausschließlich vom Westen vertretene Interessenposition eingestuft werden kann, wurde bereits ausgeführt. Darüber hinaus merken Righter (ebd.) und Witzmann (Völkerrechtliche Aspekte, S. 36) zu Recht an, daß die fundamentalen Probleme und Kontroversen zugunsten einer möglichst breiten Konsensfähigkeit in der Deklaration lediglich übertilncht, nicht jedoch gelöst werden konnten. 204 Siehe oben Kap. ill. 2. bei Fn. 172. 205 Res. Nr. 4119, Fundstelle: UNESCO, Records of the General Conference, 21. sess., Belgrade, 23.9.- 28.10.1980, vol. l, Resolutions, S. 71 ff. 202 203
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für die Entwicklung der Kommunikation" (IPDCi06, welches mittels eines festen administrativen Rahmens praktische Hilfestellungen bei der Zusammenarbeit der Staaten im Medienbereich und insbesondere bei der Entwicklung der Kommunikationsinfrastrukturen in der Dritten Welt gewähren soll207 . Doch obwohl gerade die letztgenannte Resolution mit ihren betont praxisorientierten Anregungen eine Chance zur Entideologisierung und Versachlichung der Debatte ooe08, spitzte sich der Streit um das Prinzip des freien Inforrnationsflusses in den darauffolgenden Jahren weiter zu und fand seinen Höhepunkt in dem Austritt der USA aus der UNESCO arn 31.12.1984209. Die für diesen Schritt angeführte Begründung, daß die Organisation sich durch eine "gefährliche Politisierung" zu weit von ihren satzungsgernäßen Aufgaben entfernt habe, war begleitet von massiven Vorwürfen gegenüber dem damaligen Generalsekretär, dem Senegalesen Amadou Mahtar M'Bow. Ihm wurde die Verantwortung für zahlreiche Mißstände in der Arbeit der UNESCO angelastet, u. a. die Vergendung finanzieller Mittel sowie die Aufblähung des Verwaltungsapparates in der Pariser Zentrale. Ein weiterer, völkerrechtlich besonders interessanter Grund für die Entscheidung der USA, welche zu einem Einnahmeausfall von ca. 1/4 des UNESCO-Budgets führte, ist darüber hinaus in der wachsenden Skepsis des Hauptbeitragszahlers gegenüber dem System des Multilaterialisrnus zu erblicken, das sich aufgrund des nahezu im gesamten UNO-Apparat- so auch in der UNESCO- geltenden "one state, one vote"Prinzips vor allem durch ein für manche Mitglieder deutliches Mißverhältnis von Beitragszahlungen und politischem Einfluß auszeichnet. Dieses im völkerrechtlichen Grundsatz der Staatengleichheit verwurzelte Strukturproblern der Weltorganisation wird von manchen Beobachtern auch als das maßgebliche Motiv für die arnerikanische Haltung gegenüber der UNESCO gewertee10.
Res. Nr. 4/21, ebd., S. 83 ff. Zum IPDC vgl. Wine, Universitas 38 (1983), S. 1263 (1271 f.); Witzmann, Völkerrechtliche Aspekte, S. 51 ff.; Deutsche UNESCO-Kommission (Hrsg.), Jahrbuch 1994/95, S. 84.; Breunig, Nord-Süd aktuell 4/1996, S. 697 (702 f). 208 Grewlich, Außenpolitik 36 (1985), S. 54 (60). 209 Ein Jahr später folgten den USA in dieser Entscheidung auch Großbritannien und Singapur. Allgemein zur Krise in der UNESCO vgl. Dicke, Jahrbuch Dritte Welt 1989, S. 72 ff.; Dtiwell, VN 1985, S. 6; Becker, Law and State 33 (1986), S. 44 (53 ff.); Schmitz, Zeitschrift ftir Internationale Beziehungen 2 (1995), S. 107 (125 ff.). 210 So z. B. Dicke, Jahrbuch Dritte Welt 1989, S. 72 f. Vgl. auch Züm, Gerechte internationale Regime, S. 158, Fn. 37, der darauf hinweist, daß der Austritt der USA als Bestandteil einer übersektoralen Bi1ateralisierungsstrategie der Reagan-Adrninistration gedeutet werden muß und außerdem ein Exempel statuieren sollte, um generelle Rückzugsdrohungen der USA aus dem UNO-System glaubhaft zu machen. 206 207
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ill. Die Völkerrechtspolitik der Dritten Welt
Aufgrund der durch den Austritt wichtiger Beitragszahler hervorgerufenen "finanziellen Disziplinierung" der UNESCO hat sich die Debatte um die NWIO seither deutlich beruhigt. Unter dem Druck der westlichen Industrieländer ließen die Entwicklungsländer sich von ihrem Vorhaben einer völkerrechtlichen Gesamtkodifikation abbringen und akzeptierten die Formulierung, daß die Neustrukturierung des Weltinformationssystems als "kontinuierlicher, evolutionärer Prozeß" angesehen werden muß211 . Auf den Generalkonferenzen der UNESCO in den Jahren 1989 und 1991 wurde denn auch eine Wiederaufnahme des sich über Jahre hinweg lähmend auf die Arbeit der Organisation auswirkenden Streites über den .free jlow of information vermieden212 . Wie die gegenwärtige Situation und die Zukunftsperspektiven der NWIO einzuschätzen sind, wird nicht einheitlich beantwortet: Während manche die Nord-Süd-Kontroverse im Medienbereich nunmehr als beendet ansehen213, ist für andere die Diskussion angesichts der fortbestehenden Inforrnationskluft zwischen Industrie- und Entwicklungsländern noch keineswegs abgeschlossen und ihr Ausgang weiterhin offen214. Trotz einiger bescheidener Fortschritte - z. B. beim Aufbau von Nachrichtenagenturen in der Dritten Welt215, im Bereich der Satellitennutzuni16 sowie der regionalen und globalen Süd-Süd-Zusammenarbeie17 - wird man in der Tat konstatieren müssen, daß die Probleme, denen die Entwicklungsländer mittels ihrer Reforrnforderungen in der UNESCO während der 70er und 80er Jahre entgegensteuern wollten, weitgehend ungelöst geblieben sind, z. T. sich sogar noch
Delbrück, in: Wolfrum (Hrsg.), Handbuch Vereinte Nationen, S. 1057 (1069). Betz/Matthies, Jahrbuch Dritte Welt 1993, S. 9 (16). Die seither im Rahmen der UNESCO und auf verschiedenen Regionalkonferenzen zu diesem Themenkomplex verabschiedeten Erklärungen enthalten überwiegend ein uneingeschränktes Bekenntnis zur Pressefreiheit sowie zu Pluralismus und Unabhängigkeit der Massenmedien, vgl. Breunig, Nord-Süd aktuell4/1996, S. 697 (70 I f. ). 213 Geh/hoff, EA 1992, S. 557 (560). 214 Delbrück, in: Wolfrum (Hrsg.), Handbuch Vereinte Nationen, S. 1057; Krennerich, in: Nohlen (Hrsg.), Lexikon Dritte Welt, S. 505 (506); Krabbe, asien, afrika, Iateinamerika 18 (1990), S. 424; Breunig, Nord-Süd aktuell4/1996, S. 697 (704 ). 215 Beispiele hierfür sind die Dritte-Welt-Nachrichtenagentur Inter-Press-Service (IPS), der Nachrichten-Pool der Blockfreien-Bewegung und die Pan-African News Agency (PANA) der OAU, die allerdings allesamt Schwierigkeiten haben, sich auf dem Weltnachrichtenmarkt zu behaupten, vgl. Stiftung Entwicklung und Frieden, Globale Trends 1991, S. 251 f.; dies. , Globale Trends 1993/94, S. 363; Deutsche UNESCOKommission (Hrsg.), Jahrbuch 1994/95, S. 86. 216 Delbrück, in: Wolfrum (Hrsg.), Handbuch Vereinte Nationen, S. 1057 (1069 f.); siehe auch Benkö!Schrogl, ZLW 44 (1995), S. 291 ff.; Schrogl, Zivile Satellitennutzung in internationaler Zusammenarbeit, S. 157 ff. und 205 ff. 217 Krabbe, asien, afrika, Iateinamerika 18 (1990), S. 424 ff. 211
212
2. Die Neue WeltinformationsordnWlg
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verschärft haben218 • In einer Studie der Stiftung Entwicklung und Frieden heißt es hierzu: "Bei der kommenden internationalen Infonnatisierung aller Lebensbereiche in allen Regionen der Welt sind an der Schnittstelle von Ökonomie Wld Kultur die Konflikte programmiert. Angesichts der ökonomischen BedeutWlg der Ware Information wird sich die wachsende Kluft zwischen 'Habenden' Wld 'Habenichtsen' um eine zusätzliche Kluft zwischen den 'information rieb' und den 'information poor' vertiefen. Diese Kluft wird sich international, inner-gesellschaftlich Wld an der Trennlinie zwischen Massenmedien Wld spezialisierten Individuahnedien zeigen. Angesichts der sich beschleunigenden technologischen Dynamik der Infonnatisierung werden ein Großteil der Entwicklungsländer und maginalisierte Gruppen innerhalb der Industrieländer in die Rolle von 'information poor' abgedrängt, während wenige Industrieländer und die dortige politische Elite sich immer schnellerer, aktuellerer Wld umfassenderer dialogischer Informationssysteme bedienen können. Gleichzeitig wird der Zugang zu Massenmedien mit steigendem UnterhaltWlgsangebot fi1r viele Konsumenten immer billiger werden, während der Zugang zu Informationssystemen mit hoch sensiblen Wissensbeständen nur fi1r wenige noch bezahlbar sein wird."219
Vor dem Hintergrund einer solchen Analyse sind die Aussichten auf eine Weltinformationsordnung, in der sowohl der Zugang zu den Errungenschaften der modernen Kommunikationstechnologie als auch die gleichberechtigte Teilnahme am freien Informationsfluß nicht nur einem kleinen, privilegierten Teil der Weltbevölkerung vorbehalten bleiben, eher pessimistisch zu beurteilen. Zugleich bestätigt aber diese Perspektive auch die Entwicklungsländer in ihrem Bemühen, die Notwendigkeit einer Urnstrukturierung und Neuorientierung der internationalen Informationspolitik in den hierfür zuständigen
218 Zur gegenwärtigen entwicklungspolitischen BedeutWlg des globalen Informations- und Kommurrikationsungleichgewichts siehe Stiftung Entwicklung und Frieden, Globale Trends 1991, S. 250 ff.; dies., Globale Trends 1996, S. 466; Ayish, International Affairs 68 ( 1992), S. 487 (480 u. 509); Brock, E + Z 36 ( 1995), S. 110 ( lll ). Vgl. darüber hinaus die Schlußfolgenmgen der G-7-Konferenz über die Informationsgesellschaft (25./26.2.1995 in Brüssel), Bull. EU 1/2-1995: "Der reibWlgslose und erfolgreiche Übergang zur Informationsgesellschaft ist eine der wichtigsten Aufgaben, die es im letzten Jahrzehnt des 20. JahrhWlderts zu bewältigen gilt. ... Reformstaaten und EntwicklWlgsländer müssen die Chance erhalten, an diesem Prozeß in vollem Umfang mitzuwirken, da er ihnen Möglichkeiten bieten wird, bestimmte Stufen der technischen EntwicklWlg zu überspringen und der sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung neue Schubkraft zu verleihen." Eine Analyse der Chancen und Gefahren neuer Kommurrikationstechnologien (wie z. B. des Internet) fur die Länder der Dritten Welt enthalten die Beiträge von Afemann, Jahrbuch Dritte Welt 1997, S. 78 ff.; Neyer, Internationale Politik 611996, S. 28 ff.; Brüne, Nord-Süd aktuell4/l996, S. 679 ff. m.w.N. 219 Stiftung Entwicklung und Frieden, Globale Trends 1991, S. 264.
Ill. Die Völkerrechtspolitik der Dritten Welt
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Foren weiterhin anzumahnen und an ihrem völkerrechtspolitischen Ziel, einer "gerechteren" Weltinformationsordnung, langfristig festzuhalten.
3. Zwischenergebnis: Entwicklungsvölkerrecht in der "Neuen Weltordnung" "Peut-on encore parler d'un droit du developpement?" Dieser Titel eines Aufsatzes von Gerard Blanc, der 1991 im Journal du droit international veröffentlicht wurde220, deutet auf eine tiefe Krise hin, in der sich das Entwicklungsvölkerrecht derzeitig zu befinden scheint. Zieht man ein Resumee der bisherigen Entwicklung der Nord-Süd-Beziehungen, dann fallt es in der Tat schwer, auf die von Blanc aufgeworfene Frage eine positive Antwort zu geben. Wenig von dem, was in den 70er und 80er Jahren auf internationalen Konferenzen und in Internationalen Organisationen an völkerrechtlichen Reformvorhaben von den Staaten der Dritten Welt eingefordert worden war, ist bis heute in die rechtliche Praxis umgesetzt worden. Weder ist es den Entwicklungsländern gelungen, im Rahmen der globalen Nord-Süd-Verhandlungen ihr Modell eines "gerecht" ausgestalteten Weltwirtschaftssystems durchzusetzen, noch ließ sich das Projekt einer Neuen Weltinformationsordnung realisieren, welche dem Süden zu einer günstigeren Position auf den internationalen Nachrichten- und Kommunikationsmärkten verhelfen sollte. Gleichwohl gelangt Blanc in seinem Aufsatz zu einem optimistischen Ergebnis. Er erblickt in dem Ende des "Kalten Krieges" die Chance fiir eine von ideologischen Antagonismen weitgehend unbelastete Wiederbelebung des Nord-Süd-Dialogs und damit auch eine neue Perspektive fiir das Entwicklungsvölkerrecht: "Est-ce a dire que l'echec du droit du developpement est definitif? On fera au Contraire un pari plus optimiste. L'actualite dans les pays de l'Est europeen peut foumir en effet l'occasion d'une nouvelle chance pour un droit du developpement plus realiste et delivre de ses scories ideologiques. La partie est certes loin d'etre jouee car chacun sait que Ia liberalisation risque de s'accompagner d'une nouvelle forme de colonialisme economique, social et culturel. Mais Ia multiplication des echanges entre l'Est et l'Ouest permet aussi d'esperer l'emergence d'une instnunentation juridique forgee par des partenaires qui auront tire !es le«;ons d'un passe recent. Des lors les pays du Sud pourraient au moins sur le plan juridique profiter a terme des nouvelles pratiques mises en oeuvre. "221
220 221
Blanc, JDI 118 (1991 ), S. 901 (903). Ebd., S. 944 f.
3. Entwicklungsvölkerrecht in der "Neuen Weltordnung"
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Ob die Überwindung des Ost-West-Gegensatzes tatsächlich den Raum für eine "Neue Weltordnung" geschaffen hat, in der langfristig auch mit einer Entschärfung des Nord-Süd-Konflikts gerechnet werden kann222, wird - wie Blanc es in seinem Fazit andeutet - von entscheidender Bedeutung für die weitere Zukunft des Entwicklungsvölkerrechts sein. Doch nicht nur die seit Beginn der 90er Jahre sich vollziehenden Veränderungen der globalen Machtkonstellationen lassen die völkerrechtspolitische Dimension der Entwicklungsproblematik in einem neuen Licht erscheinen. Friedensforscher und Sicherheitspolitiker richten ihr Augenmerk in jüngster Zeit zunehmend auf die "neuen Bedrohungen aus dem Süden", die sich z. B. in großräumigen, sozialen und ökologischen Katastrophen, Flucht- und Migrationsbewegungen, dem Anwachsen fundamentalistischer Orientierungen sowie in der Ausbreitung von Terrorismus und organisierter Wirtschaftskriminalität (etwa in Gestalt des Drogenhandels) manifestieren223 . Berücksichtigt man zusätzlich die Risiken, die sich aus der unkontrollierten Proliferation von Massenvernichtungswaffen und Raketentechnologien ergeben, dann wird die Sorge vor der "ChaosMacht"224 des Südens und dem hierin vermuteten Destabilisierungspotential für das gesamte zwischenstaatliche System verständlich. Der Dialog zwischen Industrie- und Entwicklungsländern und damit auch das Entwicklungsvölkerrecht stellen vor diesem Hintergrund zentrale Elemente der modernen internationalen Konfliktprävention dar225 . Auf Dauer werden sich die Industrienationen der überwiegend nicht-militärischen globalen Gefahren nur dann erfolgreich erwehren können, wenn sie mit den Staaten der Dritten Welt gemeinsam nach Lösungen für die dringendsten Menschheitsprobleme suchen und verbindliche völkerrechtliche Vereinbarungen treffen, welche die Einhaltung der insoweit übernommenen internationalen Verpflichtungen garantieren. Dabei versteht es sich von selbst, daß diese immer mehr in den Vordergrund rückende Funktion des Entwicklungsvölkerrechts als Instrument der 222 Skeptisch zur Rolle der Entwicklungsproblematik in der Neuen Weltordnung äußern sich z. B. Falk, R., Blätter fiir deutsche und internationale Politik 1993, S. 662 ff.; Chomsky, Year 501, S. 44 f.; Menzel, Das Ende der Dritten Welt, S. 185 ff.; Hippler, Die Neue Weltordnung, S. 93 ff.; Nuscheler, Lern- und Arbeitsbuch Entwicklungspolitik, S. 28 f. m.w.N.; Czempiel, Weltpolitik im Umbruch, S. 122 ff.; Adams, Worlds Apart, S. 241 ff. 223 Manhies, Aus Politik und Zeitgeschichte 1991 , B 25-26, S. 3 (5); Woehlcke, Außenpolitik 42 (1991), S. 252 ff.; Nohlen!Thibaut, in: Woyke (Hrsg.), Handwörterbuch Internationale Politik, S. 344 (348fT.); vgl. auch Adams, Worlds Apart, S. 240 f. 224 Senghaas, Konfliktformationen im internationalen System, S. 170 f. 225 Siehe hierzu Gusy, Völkerrecht und Politik im Prozeß der friedlichen Beilegung des Nord-Süd-Konflikts, S. 29fT. u. S. 51 fT.; van de Sand, epd-Entwicklungspolitik 1995, 2/3, S. n ff.; Ho/tz, in: ders./Deutscher, Die Zukunft der Entwicklungspolitik, S. 1 (36 f. ); Stiftung Entwicklung und Frieden, Globale Trends 1996, S. 336 f.
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III. Die Völkerrechtspolitik der Dritten Welt
Friedenserhaltung nicht allein auf die Wahrung der sicherheitspolitischen Interessen des Nordens beschränkt sein darf, sondern den Schutz der "menschlichen Sicherheit"226 auf dem gesamten Planeten zum Ziel haben muß. Seit Beendigung des Kalten Krieges ist in der politischen und rechtlichen Gestaltung der Nord-Süd-Beziehungen eine neue Dynamik zu verzeichnen. Insbesondere die großen Weltkonferenzen, die in den vergangeneo Jahren von den Vereinten Nationen zu den wichtigsten global- und entwicklungspolitischen Themen veranstaltet worden sind227 , aber auch die Berichte verschiedener Expertenkommissionen228 und Internationaler Organisationen (z. B. der Weltbank und des UNDP) haben dazu beigetragen, daß an Initiativen und Vorschlägen zur Beilegung des Nord-Süd-Konfliktes auch in den 90er Jahren kein Mangel herrscht. Unter den vielfältigen entwicklungsvölkerrechtlich relevanten Ereignissen der jüngsten Vergangenheit sind vor allem hervorzuheben: - die Abschlußerklärungen der UNO-Konferenzen von Rio de Janeiro, Wien, Kairo und Kopenhagen, in denen u. a. das von den Staaten der Dritten Welt seit langem geforderte Recht auf Entwicklung weltweite Anerkennung gefunden hae29, 226 Zu diesem Begriff vgl. UNDP, Bericht über die menschliche Entwicklung 1994, S. 27 ff.; Kaul, in: Röscheisen (Hrsg.), Nord-Süd-Politik, S. 101 ff., sowie die "BonnDeclaration" der Europäischen Parlamentarier-Konferenz ("Building Global Human Security"), Text in: Development 1993/4, S. 61 ff. und Environmental Policy and Law 23 (1993), S. 290. 227 Siehe oben Kap. II. Fn. 26. 228 So z. B. das Memorandum der Stockholmer Initiative for globale Sicherheit und Weltordnung: "Die gemeinsame Verantwortung in den 90er Jahren" vom 22. April 1991 (abgedruckt in: Blätter filr deutsche und internationale Politik 1991, S. 743 ti und 883 ff.), weiterhin der 1990 vorgelegte Bericht der Sud-Kommission: "Die Herausforderung des Südens" (deutsche Fassung herausgegeben von der Stiftung Entwicklung und Frieden), die Empfehlungen der Commission on Global Govemance, die 1995 unter dem Titel "Our Global Neighbourhood" veröffentlicht wurden, sowie schließlich der 1996 vom South Centre herausgegebene Bericht "For a Strong and Democratic United Nations: A South Perspective on UN Reform". 229 Prinzip 3 der Rio-Deklaration, Text in: EA 1993, D S. 28 ff.; Nr. 10 des Schlußdokuments der Wiener Menschenrechtskonferenz, Text in: EA 1993, D S. 498 ff.; Grundsatz 3 des Aktionsprogramms der Konferenz über Bevölkerung und Entwicklung in Kairo, Text in: Internationale Politik 511995, S. 75 ff.; Verpflichtung 1 der Abschlußerklärung des Kopenhagener Sozialgipfe1s, Text in: Nord-Süd aktuell 111995, S. 135 ff. Die im Konsens verabschiedete Wiener Menschenrechts-Erklärung nimmt ausdrücklich Bezug auf die Deklaration zum Recht auf Entwicklung, die 1986 von der UNOGeneralversammlung gegen die Stimme der USA und bei acht Enthaltungen weiterer
3. Entwicklungsvölkerrecht in der ''Neuen Weltordnung"
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2e
30, die ein um- die auf der Konferenz von Rio verabschiedete Agenda fassendes umwelt- und entwicklungspolitisches Handlungsprogramm für die kommenden Jahrzehnte enthält, die ebenfalls in Rio von Industrie- und Entwicklungsländern gemeinsam unterzeichnete Klimarahmenkonvention zum Schutz der Erdatmosphäre231 sowie die insbesondere auf Wunsch der afrikanischen Staaten erarbeitete Konvention der Vereinten Nationen zur Bekämpfung der Wüstenbilduni32, - die in den Dokumenten des Kopenhagener Sozialgipfels bekräftigte Verpflichtung der Staatengemeinschaft, wirkungsvollere Schritte zur Bekämpfung von Armut, Arbeitslosigkeit und sozialer Ausgrenzung einzuleiten233, - der Abschluß der Uruguay-Runde im GAIT und die Gründung der Welthandelsorganisation234, - das Inkrafttreten des Seerechtsübereinkonunens der Vereinten Nationen im November 1994 und die Neugestaltung des zwischen Industrie- und Entwicklungsländern bis dahin besonders umstrittenen Tiefseebergbau-Regimes235, sowie schließlich - die unbefristete Verlängerung des Vertrages über die Nichtverbreitung von Kernwaffen, welcher sowohl in sicherheits- als auch energiepolitischer Hinsicht die zukünftige Entwicklung der Nord-Süd-Beziehungen prägen wird236. wichtiger Industrienationen angenommen worden war (UN-GA-Res. 411128 vom 4.12.1986); vgl. hierzu Mbaya!Palm-Risse, VN 1987, S. 194 ff. sowie zur Wiener Konferenz 1993: Wolfrum, EA 1993, S. 681 ff.; Mbaya, ZRP 1994, S. 256 ff.; lpsen, in: Institut for Entwicklungsforschung und Entwicklungspolitik (Hrsg.), Neuorientierungen der Entwicklungspolitik, S. 181 ff. 230 Text in: UN-Doc. A/Conf. 151/26. 231 Text in: ILM 31 (1992), S. 851 ff.; siehe hierzu Palm-Risse, VN 1992, S. 122 ff.; Lang, AVR 31 (1993), S. 13 ff.; insgesamt zu den Ergebnissen der UNCED 1992 und dem bisherigen Folgeprozeß Beyerlin, ZaöRV 54 (1994), S. 124 ff.; Malanczuk, Festschrift Bernhardt, S. 985 ff.; Stahl, Jahrbuch Dritte Welt 1993, S. 48 ff.; Rest, AVR 34 (1996), S. 145 ff. 232 Text in: ILM 33 (1994), S. 1332 ff.; vgl. hierzuLührs, VN 1995, S. 61 ff. 233 Vgl. hierzu Martens, VN 1995, S. 118 f.; Adamy, Soziale Sicherheit 44 (1995), S. 121 ff. 234 Siehe oben Kap. III. 1. d) bei Fn. 144. 235 Text des Durchfuhrungsübereinkommens zum XI. Teil der Seerechtskonvention in: ILM 33 (1994), S. 1311 ff.; vgl. hierzuBerenbrok!Nussbaum, RIW 1994, S. 910 ff.; Eitel, EA 1994, S. 701 ff. ; Anderson, ICLQ 44 (1995), S. 313 ff. 236 Text in: ILM 34 (1995), S. 959 ff.; siehe dazu Dembinski, VN 1995, S. 114 ff.; Krause, VN 1995, S. 1 ff. Seit Beendigung des Kalten Krieges sind darüber hinaus 6 Kaltenborn
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ill. Die Völkerrechtspolitik der Dritten Welt
Ebenfalls der neueren entwicklungsvölkerrechtlichen Praxis zuzuordnen sind die rechtspolitischen Initiativen einzelner Staatengruppen, wie z. B. die Entscheidung der EU-Mitgliedstaaten, in den Maastrichter Vertrag ein eigenes Kapitel zur Entwicklungszusammenarbeit aufzunehrnen237 , der auf dem 1994 in Miami (Fiorida) veranstalteten Summit of the Americas angenommene Prinzipienkatalog einer panamerikanischen Entwicklungspartnerschaft238 oder aber die von der OAU auf ihrer Gipfelkonferenz 1990 in Abuja (Nigeria) erhobene Forderung an die Industrienationen, Wiedergutmachung fiir das während der Kolonialzeit den afrikanischen Völkern zugefügte Unrecht zu leisten239. Auch die Bemühungen der Entwicklungsländer um regionale politische und wirtschaftliche Integration, die in den vergangeneo Jahren eine Neubelebung erfahren haben240, sowie ihre Vorschläge zur Reform des UNOSicherheitsrates241 müßten in diesem Zusammenhang Erwähnung finden. Schließlich wäre die obige Auflistung aktueller entwicklungsvölkerrechtlicher Dokumente noch um eine Reihe wichtiger Resolutionen der UNO-Generaleine Vielzahl weiterer abrttstungspolitischer Schritte \Ulternommen worden, die als Bestandteile einer - noch in der EntstehWlgsphase befmdlichen - neuen globalen Sicherheitsarchitektur dazu beitragen sollen, die Eskalation von Konflikten im Nord-SüdVerhältnis sowie zwischen einzelnen Staaten der Dritten Welt zu verhindern: hierzu zählen z. B. die "Vereinbar\Ulg von Wassenaar filr Exportkontrollen bei konventionellen Waffen, Dual-Use-Gütern Wld -Technologien" vom 19.12.1995, die UnterzeichnWlg des Übereinkommens zum Verbot chemischer Waffen im Januar 1993 Wld des Atomteststopp-Vertrages im September 1996, die Bemüh\Ulgen um eine verbesserte Umsetzung der Konvention zum Verbot biologischer Waffen von 1972 sowie die Vereinbar\Ulg atomwaffenfreier Zonen in Südostasien (Vertrag zur GrßndWlg der SEANWFZ vom 15.12.1995) Wld in Afrika (Vertrag von Pelindaba vom 11.4.1996); vgl. hierzu Brauch, VN 1996, S. 171 ff. 237 Titel XVll (Art. 130u - 130y) des Vertrags zur GründWlg der Europäischen Gemeinschaft in der Fass\Ulg vom 7.2.1992. 238 Text der Prinzipien-Deklaration Wld des Aktionsplans in: ILM 34 (1995), S. 808 ff.; zur Folgekonferenz im Dezember 1996 in Santa Cruz de la Sierra (Bolivien) siehe Internationale Politik 111997, S. 129. 239 Hofmeier, Jahrbuch Dritte Welt 1992, S. 295 (303 f.). 240 Siehe oben Kap. m. 1. d) bei Fn. 157 ff. 241 Vgl. z. B. die StellWlgnahmen Brasiliens, Indiens Wld Nigerias zur UN-GA-Res. 47/62 v. 11.12.1992 (Gegenstand: Frage der ausgewogenen Vertretung Wld der ErhöhWlg der Zahl der Mitglieder im Sicherheitsrat), abgedruckt in: EA 1993, S. 381 ff. u. S. 389 f.. Von Malaysia stammt der Vorschlag, daß nicht mehr einzelne Länder, sondern Regionalorganisationen einen ständigen Sitz im Sicherheitsrat erhalten sollen, vgl. Nord-Süd aktuell 111996, S. 15. Zur Diskussion um die Erweiteroog des Sicherheitsrates siehe auch Czempiel, Die Reform der UNO, S. 62; Kühne, EA 1994, S. 685 ff.; Ramphal, Development 1995/4, S. 5 ff.; Grant, International Affairs 71 (1995), S. 567 (585 f.); South Centre, Fora Strong and Democratic United Nations, S. 146.
3. Entwicklungsvölkerrecht in der ''Neuen Weltordnung"
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versamrnlung sowie anderer internationaler Gremien zu ergänzen, die seit Beginn dieses Jahrzehnts zu Themen der Nord-Süd-Politik verabschiedet worden sind242 . All diese Beispiele zeigen, daß Gerard Blanc mit seiner Antwort auf die Frage, ob "man noch von einem Entwicklungsrecht sprechen könne", durchaus Recht behalten hat: Mit dem Wegfall des Ost-West-Gegensatzes ist ·in die Völkerrechtspolitik sowohl der Industrie- als auch der Entwicklungsländer neuer Schwung gekommen. Der Abschluß eines "Sozialpaktes auf globaler Ebene" 243 und der Aufbau einer "neuen weltweiten Partnerschaft"244 werden gefordert, die Notwendigkeit der Einbeziehung völkerrechtlicher Gestaltungsformen und der Stärkung internationaler Institutionen im Hinblick auf eine friedliche Beilegung des Nord-Süd-Konflikts ist wiederholt unterstrichen worden245. Umwelt- und sicherheitspolitische Fragen, soziale und politische Menschenrechte sowie kulturelle Aspekte haben in der internationalen Entwicklungsdiplomatie neben den ökonomischen Themen an Bedeutung gewonnen und damit dem Entwicklungsvölkerrecht ein neues Gepräge verliehen246. Dennoch dürfen die gegenwärtig in sämtlichen Sparten der Nord-Süd-Politik zu
242 So z. B. die Abschlußerklärung der 18. Sondertagung der Generalversammlung zu Fragen der internationalen wirtschaftlichen Zusammenarbeit (UN-GA-Res. S-18/3 vom 1.5.1990), die Internationale Entwicklungsstrategie für die Vierte Entwicklungsdekade der Vereinten Nationen (UN-GA-Res. 45/199 vom 21.12.1990}, die Verlängerung des Aktionsprogramms zugunsten der am wenigsten entwickelten Länder (UNGA-Res. 45/206 vom 21.12.1990) sowie die Schlußdokumente der VIII. und IX. Handels- und Entwicklungskonferenz der Vereinten Nationen (UNCTAD VIII im Februar 1992 in Cartagena bzw. UNCTAD IX im Mai 1996 in Midrand). 243 So der UNO-Generalsekretär in seiner Rede auf dem Weltsozialgipfel, vgl. epdEntwicklungspolitik 1995, 7/8, S. n. 244 Entschließungen des Europäischen Parlaments vom 14. Mai 1992, ABI. C 150 vom 15.6.1992. Vgl. auch das auf dem 22. westlichen Wirtschaftsgipfel im Juni 1996 in Lyon verabschiedete Wirtschaftskommunique mit dem Titel "Erfolgreiche Globalisierung zum Nutzen aller", in dem die fuhrenden Industrienationen (sog. G 7) eine "neue globale Partnerschaft für Entwicklung" ankündigen, welche in erster Linie die Verwirklichung einer nachhaltigen Entwicklung sowie die Verringerung von Armut und sozialer Ungerechtigkeit zum Ziel haben soll; der Text des Dokuments ist abgedruckt in: Bull. EU 6-1996, S. 202 ff. 245 Vgl. z. B. Kapitel ill C. (Nr. 172 - 192) des Berichts des UNO-Generalsekretärs zur "Agenda für Entwicklung", UN-Doc. N48/935 v. 6.5.1994; Nr. 13 der Erklärung anläßlich des fiinfzigsten Jahrestages der Vereinten Nationen, in der ausdrücklich auf die Bedeutung des "Entwicklungsvölkerrechts" verwiesen wird, UN-GA-Res. 50/6 vom 24.10.1995 (Text in: VN 1996, S. 34 ff.); Stiftung Entwicklung und Frieden (Hrsg.), Die Herausforderung des Südens. Der Bericht der Südkommission, S. 404 f.; UNDP, Bericht über die menschliche Entwicklung 1994, S. 89 f. und 95 ff. 246 Paul, HILJ 36 (1995), S. 307 (319 ff.).
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ID. Die Völkerrechtspolitik der Dritten Welt
verzeichnenden Verrechtlichungstendenzen nicht mit allzu optimistischen Erwartungen an das völkerrechtliche Konfliktlösungspotential verbunden werden. Ob die in den Abschlußdokumenten der großen UNO-Weltkonferenzen enthaltenen entwicklungspolitischen Programme tatsächlich jemals in die Realität umgesetzt werden, hängt letztendlich nicht von ihrer jeweiligen rechtlichen Ausgestaltung, sondern vielmehr allein vom politischen Willen der beteiligten Staaten ab. Das Entwicklungsvölkerrecht vermag bei der Suche nach Lösungen für die globalen Menschheitsprobleme lediglich unterstützende Funktionen zu übernehmen, indem es das rechtliche Instrumentarium für die Umsetzung der von den Regierungen übernommenen politischen Verpflichtungen bereithält und einen Orientierungsrahmen für die weitere Zusammenarbeit zwischen Industrie- und Entwicklungsländern schafft.
IV. Rechtstheoretische Aspekte des völkerrechtlichen Nord-Süd-Dialogs 1. Strukturwandel in der Rechtsquellenlehre des Völkerrechts Im einleitenden Teil dieser Untersuchung sind die unterschiedlichen Konzeptionen vorgestellt worden, die in der völkerrechtlichen Literatur mit den Begriffen "Entwicklungsvölkerrecht", "droit international du developpement" oder "international development law" verbunden werden247 • Folgt man der vor allem in der französischen Völkerrechtslehre vertretenen Auffassung, daß das Entwicklungsvölkerrecht nicht lediglich einen Teilbereich des internationalen Rechts darstellt, welcher sich auf die im Nord-Süd-Kontext relevanten Rechtsfragen beschränkt, sondern als Ausdruck eines Perspektivenwandels des gesamten Völkerrechtssystems zu interpretieren ist, dann stellt sich die Frage, auf welchen Ebenen sich dieser Wandel im einzelnen vollzieht. Bereits aufgezeigt wurde die Akzentverschiebung innerhalb des völkerrechtlichen Funktionenkatalogs durch die in der französischen Doktrin besonders betonte Finalität des Entwicklungsvölkerrechts2411 . Desweiteren haben die Ausführungen im vorangegangenen Abschnitt - zumindest in groben Umrissen - erkennen lassen, daß das Völkerrecht auch in materiell-inhaltlicher Hinsicht tiefgreifenden, durch den Nord-Süd-Konflikt geprägten Veränderungen unterliegt. Doch nicht nur Inhalt und Funktionen einer Rechtsordnung gilt es in Hinblick auf einen möglicherweise sich vollziehenden "Gestaltwandel" - so der von Wolfgang Benedek benutzte Terminus249 - zu untersuchen: auch die einzelnen Siehe oben Kap. li. bei Fn. 28 tf. Siehe oben Kap. li. bei Fn. 45. 249 Festschrift Universität Graz, S. 881 (903). Benedek verwendet diesen Begriff in Anlehnung an die von Thomas S. Kuhn entwickelte Theorie des Gestaltwandels bzw. Paradigmenwechsels in den Wissenschaften (vgl. Kuhn, The Structure of Scientific Revolutions). In der von Vira/ly aufgezeigten Dimension des Entwicklungsvölkerrechts sieht er die Grundlage fllr eine völkerrechtswissenschaftliche Perspektivenänderung, die dem Kuhn'schen Modell der Theoriendynamik entspricht; vgl. Benedek, ebd., S. 904: "Anomalien bzw. Fehlentwicklungen, die durch die alte Theorie nicht mehr entsprechend erklärt werden können, ftlhren zu einem Krisenbewußtsein und damit einerseits zwn Versuch der Anpassung der alten Theorie an die neuen Gegebenheiten, 247
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N. Rechtstheoretische Aspekte des Nord-Süd-Dialogs
Strukturelemente des Rechtssystems, insbesondere seine Quellen und Subjekte müßten in eine derartige Analyse miteinbezogen werden, da sich hierin ein langfristiger Transformationsprozeß besonders deutlich manifestiere50. Einige der sich aus der entwicklungsvölkerrechtlichen Praxis ergebenden Veränderungen auf der Ebene der Rechtssubjekte sind im Rahmen der bisherigen Erörterung bereits verschiedentlich angeklungen251 und sollen im folgenden nicht weiter vertieft werden. Im Mittelpunkt der weiteren Untersuchung wird vielmehr die Rechtsquellenlehre stehen, die seit jeher zu den rechtstheoretischen Grundproblemen des Völkerrechts zählt und auch von den Autoren, die sich mit dem Entwicklungsvölkerrecht befaßt haben, in der Regel ausfuhrlieh erörtert wird252 . Da die Diskussion um Tragweite und Effizienz der Rechtserzeugungsverfahren in den Nord-Süd-Beziehungen ein besonders anandererseits zur Suche nach neuen Theorien bzw. Sichtweisen, die auch die sogenannte 'Anomalie' erklären.... Der Gestaltwandel der Fakten und dementsprechend auch der Theorien zeigt sich in einer 'Veränderung der Perspektive'. Dies ist nun genau die These von Virally, der das Entwicklungsvölkerrecht als eine neue Perspektive, eine neue Sichtweise des Völkerrechts, als einen andersartigen Ansatz, der das Völkerrecht in seiner Gesamtheit betriffi, bezeichnet." Zur Übertragbarkeit der Kuhn'schen Thesen vom Paradigmenwechsel auf die Völkerrechtswissenschaft siehe auch Koskenniemi, From Apology to Utopia, S. 84, sowie Ginther, Festschrift Lipstein, S. 31 (55); allgemein zur Theoriesubstitution in der Rechtswissenschaft siehe Krawietz, Gedächtnisschrift Marcic, S. 359 ff. 250 Zur Strukturanalyse im Völkerrecht vgl. Bleclonann, Die Aufgaben einer Methodenlehre, S. 45 ff.; ders., Rechtstheorie 9 (1978), S. 143 ff. 251 Sou. a. die von einigen Autoren vorgeschlagene "besondere Völkerrechtssubjektivität" der Entwicklungsländer (siehe oben Kap. ll. bei Fn. 39 ff.) sowie die Tendenzen zur Anerkennung neuer Völkerrechtssubjekte, wie z. B. der multinationalen Unternehmen (vgl. Herdegen, Internationales Wirtschaftsrecht, S. 208) oder von Völkern bzw. Volksgruppen als Träger eines Rechts auf Entwicklung (vgl. hierzu die Literaturangaben in Fn. 65); zur wachsenden Bedeutung der Nicht-Regierungsorganisationen im Entwicklungsvölkerrecht siehe Paul, Hll..J 36 (1995), S. 307 (316 u. 328). 252 Vgl. z. B. Anand, Confrontation or Cooperation?, S. 129 ff.; Bedjaoui, Pour un nouvel ordre economique international, S. 125 ff.; Feuer/Cassan, Droit international du developpement, S. 159 ff.; Bennouna, Droit international du deve1oppement. S. 84 ff.; Bouveresse, Droit et politiques du developpement et de 1a cooperation, S. 137 ff.; Benchikh, Droit international du sous-developpement, S. 293 ff.; Buirette-Maurau, La participation du Tiers Monde, S. 57 ff.; Flory, Droit international du deve1oppement, S. 68 ff.; Gros-Espiell, Derecho internacional del desarrollo, S. 31 ff.; Garcia-Amador, The Ernerging International Law ofDevelopment, S. 41 ff.; Pellet und Feuer, in: Snyder/Slinn (Hrsg. ), International Law of Development, S. 117 ff. bzw. S. 137 ff.; Bulajic, Principles of International Development Law, S. 66 ff.; Dupuy, R.-J., RdC 165 (1979 N), S. 169 ff.; Schachter, Columbia Journal of Transnational Law 15 (1976), S. 1 (3 ff. ); Pelaez Maron, La crisis del derecho internacional del desarrollo, S. 35 ff.
1. Strukturwandel in der Rechtsquellenlehre des Völkerrechts
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schauliebes Beispiel des gegenwärtigen Strukturwandels in der Völkerrechtsordnung darstellt, erscheint sie auch arn ehesten geeignet, einen Zugang zu den rechtstheoretischen Fragestellungen zu ermöglichen, die durch die in der französischen Lehre vertretenen Konzeption des Entwicklungsvölkerrechts aufgeworfen werden. a) Die rechtspolitische Gestaltung der Nord-Süd-Beziehungen durch Völkervertrags- und Völkergewohnheitsrecht sowie durch Resolutionen Internationaler Organisationen Die traditionellen, in Art. 38 IGH-Statut aufgefiihrten Quellen des Völkerrechts- das Vertragsrecht, das Gewohnheitsrecht und die allgerneinen Rechtsgrundsätze - werden von den neuen Mitgliedern der Staatengemeinschaft zwar grundsätzlich als internationale Rechtserzeugungsarten akzeptiert253 und auch in ihre Völkerrechtspraxis einbezogen: So ist insbesondere der Vertrag mittlerweile zu einer bedeutenden Quelle des Entwicklungsvölkerrechts avanciert, da die Staaten der Dritten Welt sowohl untereinander als auch in ihren Beziehungen zum industrialisierten Norden regen Gebrauch von der Möglichkeit gernacht haben, bi- und multilaterale Abkommen über entwicklungsrelevante Aspekte zu schließen254• Gleichwohl haben die Entwicklungsländer von Beginn an eine kritische Position gegenüber der traditionellen, europäisch geprägten Rechtsquellenlehre bezogen. Das Völkergewohnheitsrecht wurde von ihnen schon deshalb argwöhnisch betrachtet, weil die meisten der neuen Staaten sich zum Zeitpunkt ihrer Aufnahme in die Staatengemeinschaft mit einer Vielzahl gewohnheitsrechtlicher Normen konfrontiert sahen, an deren Entstehungsprozeß sie nicht beteiligt gewesen waren und die sie oftmals auch nicht ohne weiteres akzeptieren wollten. Zwar besteht in der Völkerrechtslehre weitgehend Einigkeit darüber, daß - in Analogie zum Vorbehaltsrecht bei internationalen Verträgen - ein neu entstehender Staat durch eine entsprechende ausdrückliche Erklärung d~e Bindungswirkung bestimmter Regeln des Völkergewohnheits-
Prakash Sinha, New Nations and the Law ofNations, S. 137 f. Dupuy, P.-M., Droit international public, S. 454; Hofstetter, Die Bedeutwtg rechtlicher Nonnen, S. 86 f.; Bennigsen, Das "Recht auf Entwicklwtg", S. 39; Feuer!Cassan, Droit international du developpement, S. 162 ff.; Blanc, JDI 118 (1991), S. 901 (911 ff.); Schweitzer, EPIL 7, S. 349 (352); Bouveresse, Droit et politiques du developpement et de la cooperation, S. 144 f. 253 254
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IV. Rechtstheoretische Aspekte des Nord-Süd-Dialogs
rechts für sich ausschließen kann255 . Dennoch hat diese Frage in den 60er und 70er Jahren für viel Konfliktstoff in den Nord-Süd-Beziehungen gesorgt. Der Streit um den völkergewohnheitsrechtliehen Schutz privater Auslandsvermögen vor entschädigungsloser Enteignungen durch den Gaststaat ist das in diesem Zusammenhang sicherlich bekannteste Beispiee56 . Ein weitaus wichtigerer Grund für die skeptische Haltung der Dritten Welt gegenüber dem Völkergewohnheitsrecht liegt in den Besonderheiten seiner Entstehungsweise. Um die Existenz einer völkergewohnheitsrechtliehen Norm zu belegen, ist der Nachweis sowohl einer den Inhalt der Norm bestätigenden Übung als auch der Anerkennung dieser Übung als Recht erforderlich; eine gewohnheitsrechtsbegründende Übung ist dabei nur dann anzunehmen, wenn die betreffenden Verhaltensweisen der Staaten eine gewisse Dauer, Einheitlichkeit und Verbreitung aufweisen257 . In welchem Maße diese Kriterien im einzelnen erfüllt sein müssen, wird in der Völkerrechtslehre kontrovers diskutiert und auch in der Staatenpraxis nicht einheitlich gehandhabe58 . Aus der Perspektive der Entwicklungsländer stellte sich jedenfalls der Entstehungsprozeß eines Gewohnheitsrechtssatzes zu langsam und schwerfällig dar, als daß in einer solchen Norm ein wirkungsvolles Instrument zur Reform der internationalen Ordnung erblickt werden konnte. Wie wenig Sympathie die Völkerrechtler der Dritten Welt über lange Zeit hinweg dem klassischen Völkergewohnheitsrecht entgegenbrachten, hat unmißverständlich der Algetier Bedjaoui zum Ausdruck gebracht: "Tournee vers le passe, conservatrice parce que statique, inique dans son contenu, pesante dans sa formation, la coutume dans sa conception classique ne peut etre d'wle utilite certaine dans l'elaboration des re§les nouvelles et risque en rc!alite de faire barrage atoute tentative de changement." 59 .
Gegenüber dem Völkervertragsrecht nahmen die Entwicklungsländer aus ähnlichen Gründen eine kritische Haltung ein. Auch wenn diese Rechtsquelle 255 Rudolf, AVR 17 (1977178), S. I (31); vgl. auch Schweitzer, EPIL 7, S. 349 (351); Prakash Sinha, New Nations and the Law of Nations, S. 142; Heintschel von Heinegg, in: lpsen, Völkerrecht, § 16, Rdnr. 49 ff.; Okoye, International Law and the New African States, S. 193 f. / 256 Siehe oben Kap. III. I. c) bei Fn. 112 ff. 257 Heintschel von Heinegg, in: Jpsen , Völkerrecht, § 16, Rdnr. 2 und 6. 258 Vgl. nur ders., a.a.O., Rdnr. 7 ff.; Fastenrath, Lücken im Völkerrecht, S. 95 ff. jeweils m.w.N. 259 Bedfaoui, Pour un nouvel ordre economique international, S. 140; vgl. auch Bouveresse, Droit et politiques du developpement et de Ia cooperation, S. 143; Pathak, IJIL 19 (1979), S. 483 (490 f.); Okoye, International Law and the New African States, S. 194; Cassese, International Law in a Divided World, S. 181.
I. Strukturwandel in der Rechtsquellenlehre des Völkerrechts
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die entwicklungsvölkerrechtliche Praxis eindeutig dominiert, so hat sie sich gleichwohl als ein wenig flexibles Instrument der Nord-Süd-Rechtspolitik erwiesen. Mehrere Faktoren lassen sich hierfiir benennen: a) die lange Verhandlungsdauer insbesondere bei den für den globalen Nord-Süd-Dialog wichtigen multilateralen Verträgen - als Beispiele hierfiir lassen sich die Dritte Seerechtskonferenz der Vereinten Nationen (UNCLOS III) und die UruguayRunde im GATI anführen-, b) die sich an den Vertragsschluß anschließende Ratifizierungsphase, die - sofern sie überhaupt zu einem Abschluß gelangt sich oftmals noch sehr viel länger hinzieht als die Verhandlungsphase, und schließlich c) der den Vertragsparteien während der Aushandlung des Abkommens auferlegte Zwang zur Suche des "kleinsten gemeinsamen Nenners", welcher notwendig ist, um am Ende eine von allen Seiten gebilligte Norm in den Vertragstext aufnehmen zu können. Berücksichtigt man nun zusätzlich die Tatsache, daß die Entwicklungsländer sich aufgrund ihrer wirtschaftlich und damit auch politisch schwächeren Position häufig genötigt sehen, ein besonders hohes Maß an Kompromißbereitschaft gegenüber den Verhandlungspartnern aus dem Norden aufzubringen260, dann wird die Skepsis verständlich, mit der manche Völkerrechtler der Dritten Welt dem Völkervertragsrecht - trotz seiner Bedeutung für das Entwicklungsvölkerrecht - begegnen26I. Weder im Völkergewohnheitsrecht noch im internationalen Vertragsrecht vermochten die Entwicklungsländer somit die geeigneten Instrumente zu erblicken, die sie zu einer Umgestaltung des aus ihrer Sicht zu einseitig auf die Interessen der Industrienationen zugeschnittenen internationalen Ordnungs260 Dieser Umstand wirkt sich vor allem bei bilateralen Vertragsschlüssen nicht selten zu Lasten der Entwicklungsländer aus; vgl. Bouveresse, Droit et politiques du developpement et de la cooperation, S. 145. Zum Problem der zwischen ehemaligen Kolonialmächten und den Neustaaten geschlossenen "ungleichen Verträge" siehe Morvay, EPll.. 7, S. 514 (516); Udokang, A VR 15 (1971172), S. 145 (190); Okoye, International Law and the New African States, S. 191; Umozurike, IJIL 18 (1978), S. 352 (358 ff.); Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, §§ 753 ff.; Röling, International Law in an Expanded World, S. 73 ff., S. 88 f. 261 Bedjaoui, Pour un nouvel ordre economique international, S. 140 ff.; Bennouna, Droit international du developpement, S. 83; vgl. auch Pellet, in: Snyder/Slinn (Hrsg.), International Law ofDevelopment, S. 117 (122). Durch ihre aktive Teilnahme an der Wiener Vertragsrechtskonferenz in den Jahren 1968/69 erreichten die Staaten der Dritten Welt, daß einige für sie wesentliche Bestimmungen - insbesondere bzgl. der Ungültigkeit völkerrechtlicher Verträge - in das von der Konferenz verabschiedete Abkommen aufgenommen wurden; vgl. Cassese, International Law in a Divided World, S. 189; Buirette-Maurau, La participation du Tiers Monde, S. 58 f.; Wang Tieya, in: MacDonald/Johnston (Hrsg. ), The Structure and Process of International Law, S. 955 (972).
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IV. Rechtstheoretische Aspekte des Nord-Süd-Dialogs
rahmens benötigten. Aus der Perspektive des Südens stellt sich das überkommene Rechtsquellensystem in seiner Grundausrichtung eher statisch und konservativ dar- ein "Bollwerk der bestehenden Ordnung", wie der indische Völkerrechtler Anand es formulierte262 - und ist daher auch nicht in der Lage, den veränderten Anforderungen der modernen internationalen Gesellschaft gerecht zu werden263 . Die Entwicklungsländer sind jedoch nie soweit gegangen, eine völlige Abschaffung des traditionellen Völkerrechts und damit auch seiner Quellen zu fordem264. Ihre Bemühungen gehen vielmehr dahin, diejenigen Modifikationen des Völkerrechtssystems durchzusetzen, die langfristig auf einen gerechten Interessenausgleich zwischen Nord und Süd ausgerichtet sind, und die es ihnen erlauben, in gleichberechtigter Weise an dem Ausbau einer solchen Ordnung mitzuwirken. Ein hierfiir geeignetes Forum wurde in der Generalversammlung der Vereinten Nationen gefunden. Das dem Grundsatz der Staatengleichheit entsprechende Abstimmungsprinzip "one state, one vote" verleiht den Staaten der Dritten Welt bei Beschlüssen, die in diesem Gremium gefaßt werden, gewissermaßen eine automatische Mehrheit265 . Aufgrund ihres numerischen Übergewichts gegenüber den Industriestaaten gelang es den Entwicklungsländer daher, die Verabschiedung einer Vielzahl von Resolutionen durchzusetzen, in denen sie ihre sozialen und politischen Forderungen vor der Weltöffentlichkeit verlautbaren konnten. Bis Ende 1989 hat die Generalversammlung insgesamt 6.683 Resolutionen angenommen, davon 41 besonders feierliche Erklärungen, die in der UNO-Praxis auch "Deklarationen" genannt werden266. Die wichtigsten Erklärungen betreffen u. a. die Men-
Anand, in: Snyder!Sathirathai (Hrsg.), Third World Attitudes, S. 5 (11). Pellet, in: Snyder/Siinn (Hrsg.), International Law ofDevelopment, S. 117 (123); vgl. auch Bulajic, Principles of International Development Law, S. 66 f.; Riede/, E.JIL 2( 1991), S. 58; Sepulveda, GYIL 33 (1990), S. 431 (439). 264 Dies ist von Völkerrechtswissenschaftlern in der Dritten Welt immer wieder betont worden, vgl. z. B. Anand, in: Snyder/Sathirathai (Hrsg. ), Third World Attitudes, S. 5 (16); Sarin, ebd., S. 33 (47 f.); Prakash Sinha, ebd., S. 23; ders., New Nationsand the Law ofNations, S. 137, 145; Udokang, AVR 15 (1971172), S. 145 (150); Makonnen, RdC 200 (1986 V), S. 93 (121); Syatauw, Some Newly Established Asian States, S. 230 f.; Mukherjee, Major Issues in International Law, S. 49; Wang Tieya, in: MacDonald/Johnston (Hrsg.), The Structure and Process oflntemational Law, S. 955 (962). Zur grundsätzlichen Anerkennung des Völkerrechts durch die seit 1945 unabhängig gewordenen Staaten vgl. auch Rudolf, AVR 17 (1977178), S. 1 (21 u. 45); Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, § 27; Sereni, RGDIP 72 (1968), S. 305 (313 f.); Schröder, D., Die Dritte Welt und das Völkerrecht, S. 41 f. 265 van Hoof, Rethinking the Sources oflnternational Law, S. 186. 266 Lagoni/Nunez-Muller, in: Wolfrum (Hrsg.), Handbuch Vereinte Nationen, S. 693 (694). Zur Terminologie siehe auch Heidenstecker, VN 1979, S. 205; Tomuschat, ZaöRV 36 ( 1976), S. 444 (467). 262
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I. Strukturwandel in der Rechtsquellenlehre des Völkerrechts
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schenrechte267 und die Abschaffung der Rassendiskriminieruni68, die Unabhängigkeit der Kolonialvölker69, die Hoheitsrechte der Staaten über ihre natürlichen Reichtümer70, die Erforschung und Nutzung des Weltraums271 , die Bemühungen um Fortschritt und Entwicklung auf sozialem Gebiee72, die völkerrechtlichen Prinzipien hinsichtlich der freundschaftlichen Beziehungen und Zusammenarbeit unter den Staaten273 , die Errichtung einerNeuen Weltwirtschaftsordnuni74 und die sich hieraus ergebenden wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten275, die internationale wirtschaftliche Zusammenarbeit insbesondere im Hinblick auf die Revitalisierung des Wachstumsprozesses in den Entwicklungsländern276, die Weltentwicklungsdekaden277 sowie schließlich die Rechte der Völker aufEntwickluni78 und Frieden279 • Diese hier nur beispielhaft aufgezählten Deklarationen stellen allesamt bedeutsame Dokumente der globalen Nord-Süd-Politik dar, welche die Beziehungen zwischen Industrie- und Entwicklungsländern -wenn auch in unterschiedlichem Maße- geprägt haben und z. T. auch heute noch nachhaltig beeinflussen. Anders als die Industrienationen messen die Staaten der Dritten Welt der UNO-Resolutionenpraxis jedoch nicht allein politische Bedeutung zu, sondern sehen hierin zugleich ein für sie wichtiges völkerrechtliches Instrumentarium. In ihrer Vorstellung verkörpert die Generalversammlung der Vereinten Nationen eine Art Weltparlament, das zur Fortbildung des internationalen Rechts im Wege "demokratischer" Mehrheitsbeschlüsse autorisiert ist. Anschaulich wird diese Sichtweise von Bedjaoui beschrieben:
UN-GA-Res. 217 (ill) vom 10.12.1948. UN-GA-Res. 1904 (XVill) vom 20.11 .1963. 269 UN-GA-Res. 1514 (XV) vom 14.12.1960. 270 UN-GA-Res. 1803 (XVII) vom 14.12.1962, vgl. auch UN-GA-Res. 2158 (XXI) vom 25.11.1966, UN-GA-Res. 3016 (XXVII) vom 18.12.1972 und UN-GA-Res. 3171 (XXVill)vom 17.12.1973. 271 UN-GA-Res. 1721 (XVI) vom 20.12.1961 und UN-GA-Res. 1962 (XVill) vom 13.12.1963. 272 UN-GA-Res. 2542 (XXIV) vom 11.12.1969. 273 UN-GA-Res. 2625 (XXV) vom 24.10.1970. 274 UN-GA-Res. 3201 und 3202 (S-VI) vom 1.5.1974. 275 UN-GA-Res. 3281 (XXIX) vom 12.12.1974. 276 UN-GA-Res. S-18/3 vom 1.5.1990. 277 UN-GA-Res. 1710 (XVI) vom 19.12.1961, UN-GA-Res. 2626 (XXV) vom 24.10.1970, UN-GA-Res. 35156 vom 5.12.1980 und UN-GA-Res. 45/199 vom 21.12.1990. 278 UN-GA-Res. 411128 vom 14.12.1986. 279 UN-GA-Res. 43/51 vom 18.1.1988. 267
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IV. Rechtstheoretische Aspekte des Nord-Süd-Dialogs "De l'avis des pays en developpement, les organisations internationales, et plus particulierement les Nations Unies, offrent un cadre ideal pour l'ebauche d'un new deal juridique en vue de la transformation de l'ordre economique international et du developpement de tous les peuples. Par son caractere egalitariste, son assise majoritaire et donc son origine democratique, la resolution leur parait presenter des garanties suffisantes d'une methode d'elaboration de la norme internationale repondant aux besoins de notre temps. "280
Die Frage der Rechtswirkung von Generalversammlungsbeschlüssen gehört bereits seit Jahrzehnten zu den meistdiskutierten Problemen der Völkerrechtstheorie281 . Erst in jüngster Zeit ist es um dieses Thema etwas stiller geworden, was jedoch weniger auf eine Annäherung der unterschiedlichen Positionen als vielmehr darauf zurückzuführen sein dürfte, daß alle wesentlichen Argumente in dieser Kontroverse mittlerweile ausgetauscht sind282. Die- zumindest in der westlichen Völkerrechtslehre - eindeutig herrschende Meinung geht davon aus, daß Resolutionen der Generalversammlung, soweit sie nicht lediglich organisationsinteme Regelungen beinhalten oder sonst durch eine ausdrückliche Bestimmung in der UNO-Charta mit Bindungskraft versehen worden sind, grundsätzlich keine unmittelbaren rechtlichen Verpflichtungen zu begründen vermögen283 . Diese Auffassung wird vor allem auf den Wortlaut und die Entstehungsgeschichte der entsprechenden Charta-Bestimmungen gestützt: In Art. 10 ff. der Satzung wird der Generalversammlung ausdrücklich nur die Kompetenz zur Abgabe von "Empfehlungen" zugestanden; ein Antrag der
280 Bedjaoui, Pour un nouvel ordre economique, S. 142; vgl. auch Cassese, International Law in a Divided World, S. 194 und 198; Dupuy, P.-M., Droit International Public, S. 277; Skubiszewski, in: Bemhardt u. a. (Hrsg.), Die Bedeutung der Resolutionen, S. 25. 281 Zu den frühesten Arbeiten, die sich mit dieser Thematik befassen, zählen u. a. S/oan, BYTI... 25 (1948), S. 1 ff.; Virally, AFDI 2 (1956), S. 66 ff.; Higgins, The Development oflntemational Law; Asamoah, The Legal Significance; Verdross, ZaöRV 26 (1966), S. 690 tT.;Falk, R. A., AJIL 60 (1966), S. 782 ff.; Schwelb, AVR 13 (1966/67), S. 1 ff.; Bleicher, AJIL 63 (1969), S. 444 ff.; Jenks, A New World of Law?, S. 200 ff.; Castaneda, RdC 129 ( 1970 I), S. 205 ff. Seither ist eine Fülle an Literatur zu diese Frage erschienen, vgl. z. B. die Nachweise bei Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, ~ 634, undFastenrath, Lücken im Völkerrecht, S. 115. 282 Vgl. Schachter, International Law in Theory and Practice, S. 86: "Some issues were clarified though by no means settled. In fact, the issues have become more controversial as more declaratory reso1utions have been adopted and as increasing emphasis has been p1aced on their authority."; Higgins, RdC 230 (1991 V), S. 9 (53 ff.); Kennedy, International Legal Structures, S. 39. 283 Tomuschat, ZaöRV 36 ( 1976), S. 444 (465); vgl. auch Dahm/Delbrück!Wolfrum, Völkerrecht Bd. I/1 , S. 73; Heintschel von Heinegg, in: lpsen, Völkerrecht, § 18, Rdnr. 21; Seidl-Hohenveldem, Völkerrecht, Rdnr. 490; Bos, GYTI... 20 (1977), S. 9 (68 f.).
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Philippinen, weitergehende Legislativbefugnisse in die Charta aufzunehmen, war auf der Gründungskonferenz der UNO in San Francisco abgelehnt worden284. Die in der Völkerrechtsliteratur unternommenen Versuche, den Resolutionen bzw. Deklarationen der UNO-Vollversammlung dennoch eine rechtliche Bindungswirkung zuzugestehen, werden von der herrschenden Meinung abgelehnt Weder könne man sie als Akte einer internationalen "Quasi-Legislative"285 und somit als neue eigenständige Völkerrechtsquelle betrachten, noch sei es möglich, die Resolutionen einer der traditionellen Rechtsquellen sei es dem Vertragsrecht286, dem Gewohnheitsrecht (etwa in Gestalt eines instant customary /aw287 ) oder den allgemeinen Rechtsgrundsätzen288 - zuzuordnen. Ebensowenig hat sich der Vorschlag durchsetzen können, die Re-
UNCIO, Docurnents, Bd. 9, S. 70 Wld 360. So z. B. Falk, R. A., AJIL 60 (1966), S. 782 (785); Sohn, in: Bos (Hrsg.), The Present State of International Law, S. 52; Sepulveda, GYIL 33 (1990), S. 431 (447 f.), Wld insbesondere Elias!Akinjide, Africa and the Development of International Law, S. 73: "If there is Wlanimity in the Assernbly during the vote, all are boWld, provided the subject falls within its competence. Ifthe vote is divided, then those States that vote for a particular resolution by the requisite majority are boWld on the groWld of consent and of estoppel. Those that abstain are also boWld on the ground of acquiescence and tacit consent, since an abstention is not a negative vote; while those that vote against the resolution should be regarded as boWld by the democratic principle that the majority view should always prevail where the vote has been truly free and fair and the requisite majority has been secured. To hold otherwise would be contrary to the democratic principle that, if every State has bad its say, the requisite majority must have its way." Vgl. auchHingorani, Modern International Law, S. 27, der aufeine im Jahr 1970 von nepalesischen Wld indischen Völkerrechtslehrern verfaßte Erklänmg verweist (sog. "Patna-Declaration"), derzufolge Resolutionen, die mit einer Drei-Viertelmehrheit von der GeneralversammlWlg angenommen werden, als "enm1ciating a principle of International Law" behandelt werden sollten. 286 Diese AuffassWlg vertritt z. B. Asamoah, The Legal Significance, S. 66 f. , S. 70; vgl. hierzu Simma, in: Bemhardt u. a. (Hrsg.), Die Bedeutung der Resolutionen, S. 45 (51); Tomuschat, ZaöRV 36 (1976), S. 444 (472 f.); Dieckert, Die Bedeutung WlVerbindlicher EntschließWlgen, S. 25 ff. 287 Cheng, DlL 5 (1965), S. 23 ff.; vgl. hierzu Kirchner, Völkergewohnheiten aus Sicht der RechtsanwendWlg, S. 20 ff.; Skubiszewski, in: Bemhardt u. a. (Hrsg.), Die Bedeutung der Resolutionen, S. 39; Schachter, International Law in Theory and Practice, S. 88. 288 Asamoah, The Legal Significance, S. 61 f.; Verdross, ZaöRV 26 (1966), S. 690 (694 f.); vgl. hierzu Simma, in: Bemhardt u. a. (Hrsg.), Die Bedeutung der Resolutionen, S. 45 (51 f.); Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, § 639; van Hoof, Rethinking the Sources oflnternational Law, S. 183; Dieckert, Die Bedeutung WlVerbindlicher Entschließm1gen, S. 27 ff. 284 285
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solutionen als "authentische" Interpretation der UNO-Charta289 aufzufassen und sie damit an deren Rechtsverbindlichkeit teilhaben zu lassen. Angesichts der eindeutigen Opposition des Westens gegen die Aufwertung der UNO zu einem "Weltparlament" können diese und andere Erklärungsansätze, die im vorliegenden Zusammenhang diskutiert werden290, allenfalls Zeugnis von der Lebendigkeit der Rechtsquellendiskussion in der gegenwärtigen Völkerrechtstheorie ablegen, werden jedoch kaum in der Lage sein, der Generalversammlung der Vereinten Nationen auf absehbare Zeit tatsächlich zu einer echten Legislativgewalt zu verhelfen. Dennoch sind ihre Beschlüsse keineswegs rechtlich bedeutungslos. Nach heute einhelliger Auffassung im Schrifttum und in der Völkerrechtspraxis übernehmen die Resolutionen der UNO-Vollversammlung eine rechtserzeugende Funktion als sog. "materielle Rechtsquelle", indem sie bei der Bildung neuen Völkerrechts vorbereitend mitwirken291 . Sie können zum Inhalt völkerrechtlicher Kodifikationen werden, wie dies z. B. im internationalen Menschenrechtsschutz und im Weltraumrecht geschehen ist: So diente die allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948292 als Grundlage fiir die Ausarbeitung der Europäischen Menschenrechtskonvention und der beiden Menschenrechtspakte der Vereinten Nationen, während die in den Deklarationen über die Erforschung und Nutzung des Weltraums293 enthaltenen Prinzipien Eingang in den wenige Jahre später unterzeichneten Weltraumvertrag fanden294 . Neben dem kodifi289 Vgl. hierzu Heidenstecker, VN 1979, S. 205 (208 f.); Tomuschat, ZaöRV 36 (1976), S. 444 (471 f.); Arango-Ruiz, The United Nations Declaration on Friendly Relations, S. 81 ff.; Schachter, International Law in Theory and Practice, S. 86 f.; Seidl-Hohenveldern, Völkerrecht, Rdnr. 494. 290 Zu nennen wäre insbesondere noch die Theorie des formlosen Konsenses zwischen den einheitlich votierenden Mitgliedstaaten der UNO und die Ableitung der Rechtswirkung von Resolutionen aus dem Vertrauensschutzgrundsatz (estoppelPrinzip). Vgl. zur Konsenstheorie d'Amato, CYIL 8 (1970), S. 104 ff; Simma, in: Bernhardt u. a. (Hrsg.), Die Bedeutung der Resolutionen, S. 45 (57 ff.); van Hoof, Rethinking the Sources oflnternational Law, S. 215 ff.; Verdross!Simma, Universelles Völkerrecht, §§ 519 ff. und § 639; Fastenrath, Lücken im Völkerrecht, S. 110 ff.; Kirchner, Völkergewolmheiten aus Sicht der Rechtsanwendung, S. 14 ff.; K6hler, Sozialpolitische und sozialrechtliche Aktivitäten, S. 1094 ff. Zwn estoppel-Prinzip vgl. Dahm!Delbrilck/Wolfrum, Völkerrecht Bd. I/1, S. 73; Simma, a.a.O., S. 56. 291 Zwn Begriff der "materiellen Rechtsquelle" siehe Fastenrath, Lücken im Völkerrecht, S. 84; Detter de Lupis, The Concept of International Law, S. 44 f.; Webb, VUWLR 14 (1984), S. 389 (412). 292 UN-GA-Res. 217 (ill), vom 10.12.1948. 293 UN-GA-Res. 1721 (XVI) vom 20.12.1961 und UN-GA-Res. 1962 (XVIll) vom 13.12.1963. 294 Weitere Beispiele bei Verdross!Simma, Universelles Völkerrecht, § 638 und Heidenstecker, VN 1979, S. 205 (206). Vgl. darüber hinaus Pellet, in: Snyder!Siinn
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katorischen Aspekt kommt den Resolutionen der Generalversammlung aber vor allem Bedeutung hinsichtlich der Bildung von Völkergewohnheitsrecht zu295 : Sie können zur Konsolidierung noch in der Entstehungsphase befindlicher Normen des Gewohnheitsrechts beitragen oder aber auch den Anstoß zur Entwicklung neuer Normen geben, sofern die in den Beschlüssen zum Ausdruck kommende Rechtsüberzeugung durch die nachfolgende Staatenpraxis bestätigt wird296. Daß die Staaten den UNO-Resolutionen nicht unwesentlichen Einfluß auf das Völkergewohnheitsrecht beimessen, zeigt nicht nur das Abstimmungsverhalten bei kontroversen Beschlußfassungen, sondern noch sehr viel deutlicher die mittlerweile übliche Praxis, rormliche Vorbehaltserklärungen zu den strittigen Passagen einer Resolution abzugeben297 • Auch der IGH hat in seiner Nicaragua-Entscheidung bestätigt, daß in der Zustimmung zu einer Resolution der Ausdruck einer entsprechenden opinio iuris gesehen werden könne298 . Aus der Perspektive der Entwicklungsländer ist diese spezifische Form der Gewohnheitsrechtsbildung insbesondere deswegen interessant, weil auf diese Weise ein Geltungsnachweis bestimmter entwicklungsvölkerrechtlicher Prinzipien gelingen kann; hierauf wird im weiteren Verlauf der Arbeit noch näher einzugehen sein299. Bereits an dieser Stelle läßt sich jedenfalls festhalten, daß die Funktion der UNO-Resolutionen als "materielle Rechtsquelle" in Fragen der Nord-Süd-Beziehungen immer mehr Beachtung findet und aus diesem Grunde auch die Staaten der Dritten Welt
(Hrsg. ), International Law of Development, S. 117 ( 127 tT. ); Peltiez Maron, La crisis del derecho internacional del desarrollo, S. 123; Schachter, International Law in Theory and Practice, S. 85; Sepulveda, Derecho internacional, S. 107; Schröder, M;' in: Wolfrum (Hrsg.), Handbuch Vereinte Nationen, S. 1020 (1024 ff.); Westreicher, Der Gnmdsatz der Gegenseitigkeit, S. 143 f. 295 Vgl. hierzu van Hoof, Rethinking the Sources oflnternational Law, S. 182; Higashi, JapAniL 25 (1982), S. 11 (14 u. 24); Bierzanek, PoiYIL 17 (1988), S. 21(32 f.); Bos, GYIL 20 (1977), S. 9 (69); Fastenrath, EJIL 4 (1993), S. 305 (318 f.); Frowein, ZaöRV 36 (1976), S. 147 (154 f.); Venna, IJIL 29 (1988), S. 38 (47 f.); Moncayo u. a., Derecho internacional publico, S. 164; Gupta, International Studies 23 (1986), S. 143 (154); Seidl-Hohenveldem, RdC 163 (1979 ll), S. 169 (225); Dahm!DelbrUck/Wolfrum, Völkerrecht Bd. I/1 , S. 72; Carillo Salcedo, EI derecho internacional, S. 120; Voitovich, JWT 24 (1990), S. 21 (35 f.); Higgins, RdC 230 (1991 V), S. 9 (52); Heintschel von Heinegg, in: /psen, Völkerrecht, § 16, Rdnr. 23; Villiger, Customary International Law and Treaties, S. 144. 296 Verdross!Simma, Universelles Völkerrecht,§ 637. 297 Dupuy, R.-J., Festschrift Röling, S. 247 (253); Tomuschat, ZaöRV 36 (1976), S. 444 (483). 298 Military and Paramilitary Activities in and against Nicaragua, ICJ-Reports 1986, S. 99 f. 299 Siehe unten Kap. IV. 2. d).
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IV. Rechtstheoretische Aspekte des Nord-Süd-Dialogs
heute gegenüber dem Völkergewohnheitsrecht eine weitaus positivere Haltung einnehmen, als dies in der Vergangenheit der Fall war300. b) Funktionen des soft law im Entwicklungsvölkerrecht
Für Rechtsakte, die einerseits nicht dem Katalog der formellen Völkerrechtsquellen zugeordnet werden können, andererseits aber auch nicht jeglicher rechtlichen Relevailz entbehren, ist in der Literatur der Begriff soft law geprägt worden301 • Hierunter fallen nicht nur die Resolutionen der UNO bzw. anderer Internationaler Institutionen, sondern auch sog. gentlernen agreements w1d informelle Auslegungsabsprachen für völkerrechtliche Verträge, zwischenstaatliche politische Absichtserklärungen wie etwa die Schlußakte der KSZE-Konferenz von Helsinki sowie nicht zuletzt die vornehmlich an transnationale Unternehmen gerichteten Verhaltenskodizes, die im Rahmen internationaler Wirtschaftsorganisationen ausgearbeitet worden sind302 • Da die w1terschiedlichen Formen des soft law in zunehmendem Maße sowohl das internationale Wirtschaftsrecht als auch das Umweltvölkerrecht und den internationalen Menschenrechtsschutz prägen, sind sie auch für die Fortbildung des Entwicklungsvölkerrechts von nicht zu unterschätzender Bedeutung. In der Völkerrechtswissenschaft begegnet diese stetig wachsende Grauzone zwischen Recht und Nicht-Recht jedoch z. T. erheblichen Bedenken: Der wohl prominenteste Kritiker des soft law, der französische Völkerrechtler Prosper Weil, vermißt eine eindeutige Unterscheidbarkeil zwischen Iex lata und Iex ferenda in den zwischenstaatlichen Beziehungen und sieht darin Anzeichen für einen pathologischen Zustand des internationalen Normensystems; er befürchtet, daß das Phänomen der "relativen Normativität" nicht nur die Konturen des Rechtsquellenbegriffs verschwimmen lasse, sondern sich auch auf die 300 Bouveresse, Droit et politiques du developpement et de Ia cooperation, S. 143; vgl. auch Cassese, International Law in a Divided World, S. 181 ti; Sicart-Bozec, Les Juges du Tiers Monde a Ia Cour internationale de justice, S. 240 tf. 301 Der Terminus wurde erstmals von dem ehemaligen Präsidenten des IGH Lord McNair, verwandt, vgl. Dupuy, R.-J. , Festschrift Röling, S. 247 (252). Insgesamt zur Konzeption des soft law siehe Reuse/, "Weiches Völkerrecht", S. 42 tf.; Chinkin, ICLQ 38 (1989), S. 850 ff.; Grucha/la-Wesierski, McGillLJ 30 (1984), S. 37 fi; SeidlHohenveldem, RdC 163 (1979 II), S. 169 tf.; Thürer, Zeitschrill für Schweizerisches Recht 104 (1985), S. 429 tT.; Jabloner!Okresek, ÖZöRV 34 (1983), S. 217 ti 302 Siehe hierzu die Beispiele in Kap. ill. 1. d) bei Fn. 149 f.; generell zum Rechtscharakter der Verhaltenskodizes siehe Weimar, RIW 39 (1993), S. 85 tf.; Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, 546 f.; Großfeld, Internationales Unternehmensrecht, § 29; Petersmann, EPIL 7, S. 28 ff. jeweils m.w.N.
1. Strukturwandel in der Rechtsquellenlehre des Völkerrechts
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Völkerrechtsordnung insgesamt destabilisierend auswirke303 . Claus Eiseistein beobachtet eine Auflösung des überkommenen Rechtsverständnisses zugunsten kurzfristiger Erfolge, die mit "Verbalkompromissen wie soft law und dergleichen" erreicht würden; dies müsse langfristig jedoch zu einer Schädigung der künftigen Ordnung fuhren, soweit man diese noch als Rechtsordnung bezeichnen will 304 . Auch von anderen Autoren wird die Sorge um Einheit und Autorität der Völkerrechtsordnung angesichts der durch den Nord-Süd-Konflikt entfachten Rechtsquellendiskussion geteilt: Die Aufwertung der Generalversammlungsresolutionen zu verbindlichen Rechtsakten ließe befürchten, daß die politische Krise der Vereinten Nationen sich ausweiten könnte und schließlich die Industrienationen nicht mehr bereit wären, an den Entscheidungen der Generalversammlung mitzuwirken305 . Der politische Konsens zwischen den beteiligten Völkerrechtssubjekten sei aber die unabdingbare Voraussetzung fur die Entstehung neuen Rechts und zugleich eine Garantie fur dessen Effektivitäe06 . Auch wenn sich übereinstimmende rechtspolitische Positionen in vielen Teilbereichen der internationalen Politik häufig nur noch unter großen Schwierigkeiten und Eingebung weitreichender Kompromisse finden ließen, so könne doch auf den Minimalkonsens als Grundlage fiir die Entwicklung neuer Rechtsnormen nicht verzichtet werden. Unterhalb der völkerrechtlichen hard /aw-Ebene sei es daher nicht möglich, operable Normen und damit konkret justiziable Rechte und Pflichten von Staaten zu begründen307. Darüber hinaus wird der Begriff soft law auch in tenninologischer Hinsicht als bedenklich empfunden, da es sich bei den hiervon erfaßten Erscheinungsformen eben nicht um Recht handele308 . Weil, AJIL 77 (1983), S. 413 (416 f., 421, 423). Eise/stein, Die Europäische Gemeinschaft in der Weltwirtschaftsordnung, S. 29. 305 Vgl. Dicke, Zeitschrift für Gesetzgebung 3 (1988), S. 213 (218); Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht Bd. J/1, S. 73; siehe hierzu auch Mahari, Codes of conduct, S. 398; S/inn, in: Snyder!Siinn (Hrsg.), International Law ofDevelopment, S. 27 (31). 306 /psen, Law and State 25 (1982), S. 7 (8). 307 Schütz, Solidarität im Wirtschaftsvölkerrecht, S. 355. Bezweifelt wird in diesem Zusammenhang auch die generelle Notwendigkeit eines Rückgriffs auf Normen des soft 1aw, vg1 z. B. Klabbers, NorJIL 65 (1995), S. 167 (181): "Our binary law is weil capable of handling all kinds of subtleties and sensitivities; within the binary mode, law can be more or less specific, more or less exact, more or less deterrninate, more or less wide in scope, rnore or less pressing, more or less serious, more or less far-reaching; the only thing it cannot be is more or less binding. II 308 Heintschel von Heinegg, in: lpsen, Völkerrecht,§ 18, Rdnr. 15; Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, § 654; zur Kritik des soft law vgl. auch van Hoof, Rethinking the Sources of International Law, S. 189 f.; Bierzanek, PolYIL 17 (1988), S. 21 303 304
7 Kaltenborn
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IV. Rechtstheoretische Aspekte des Nord-Süd-Dialogs
Daß eine "Verwischung der Grenzen von Recht und Nicht- (bzw. NochNicht-) Recht" 309, wie sie sich insbesondere im internationalen Wirtschaftsrecht beobachten läßt, nicht gerade als begrüßenswerte rechtspolitische Entwicklung empfunden wird, leuchtet ohne weiteres ein. Insofern ist den Kritikern des soft law beizupflichten, wenn sie auf einer klaren Unterscheidung zwischen rechtlich verbindlichen und lediglich politisch bzw. moralisch verpflichtenden Nonnen im zwischenstaatlichen Verkehr beharren, um einem zusätzlichen Autoritätsverlust des ohnehin schon wegen seines (angeblich) geringen Effektivitätsgrades viel kritisierten Völkerrechts vorzubeugen310. Ob hierbei der Rechtsquellenkatalog des Art. 38 Abs. I IGH-Statut weiterhin als Orientierungsgrundlage dienen soll oder zukünftig auch auf andere - noch zu entwickelnde -Formen des völkerrechtlichen hard law zurückgegriffen werden kann, ist wiederum eine andere Frage. Grundsätzlich wird von der herrschenden Meinung in der Völkerrechtslehre ein durch Art. 38 Abs. I IGH-Statut vorgegebener numerus clausus der formellen Völkerrechtsquellen abgelehnt311, so daß es der Staatengemeinschaft unbenommen bliebe, neue Rechtserzeugungsverfahren zu schaffen. Nachdem es den Staatenvertretern und Völkerrechtslehrern der Dritten Welt jedoch trotz mittlerweile jahrzehntelanger (38 f.); Hofstetter, Die Bedeutung rechtlicher Normen, S. 104; Koskenniemi, From Apology to Utopia, S. 162 ff. 309 Eise/stein, Die Europäische Gemeinschaft in der Weltwirtschaftsordnung, S. 28. 310 Zur Effektivität des Völkerrechts vgl. /psen, Völkerrecht, § 3, Rdnr. 13; BlenkKnocke, Zu den soziologischen Bedingungen völkerrechtlicher Normenbefolgung, S. 86 ff.; Brownlie, BYIL 52 (1981), S. 1 ff.; Bleclanann, Die Funktionen der Lehre, S. 320 f.; Hocking!Smith, World Politics, S. 302 f. 311 Heintschel von Heinegg, in: /psen, Völkerrecht, vor § 9, Rdnr. 4; Bos, GYIL 20 (1977), S. 9 (18); Brownlie, Principles of Public International Law, S. 3; Strebe/, ZaöRV 36 (1976), S. 301 (322); Simma, in: Bernhardt u. a. (Hrsg.), Die Bedeutung von Resolutionen, S. 45 (62 u. 76); Lagoni!Nuiiez-Müller, in: Wolfrum (Hrsg.), Handbuch Vereinte Nationen, S. 693 (695); van Hoof, Rethinking the Sources of International Law, S. 195 ff. (insbesondere S. 197); Pellet, in: Snyder!Slinn (Hrsg. ), International Law of Development, S. 117 ( 123 f.); Wang Tieya, in: MacDonald!Johnston (Hrsg. ), The Structure and Process of International Law, S. 955 (963); Buirette-Maurau, La participation du Tiers Monde, S. 77 f. ; Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, § 518; Tomuschat, ZaöRV 36 (1976), S. 444 (485); Okoye, International Law and the New African States, S. 190; Bleclanann, Die Funktionen der Lehre, S. 338. Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Kritik Bleckmanns an einer ausschließlich an Art. 38 Abs. I IGH-Statut orientierten Rechtsquellenlehre (ebd., S. 323): "Es ist eine die wissenschaftliche Rechtsfmdung und -entwicklung hemmende, und das tatsächliche Vorgehen der Rechtsprechung, Praxis und Lehre verengt wiedergebende Eigenart gerade der völkerrechtlichen Rechtsquellenlehre, daß sie vor ihrer vollen Entwicklung in scholastischer Begriffiichkeit, in alleiniger Ausrichtung auf die drei 'echten' Rechtsquellen erstarrt ist und die Ausrichtung am tatsächlichen Völkerrechtssystem damit weitgehend verloren hat."
I. Strukturwandel in der Rechtsquellenlehre des Völkerrechts
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Bemühungen nicht gelungen ist, Resolutionen und Deklarationen der UNOGeneralversammlung einen festen Platz im Katalog der formellen Völkerrechtsquellen zu sichern, spricht vieles dafiir, daß auch in Zukunft allein das Vertrags- und Gewohnheitsrecht sowie die allgemeine Rechtsgrundsätze dem hard /aw-Kern des internationalen Normenbestandes zuzurechnen sein werden. Nicht zugestimmt werden kann hingegen der in der Rechtsquellendiskussion gelegentlich erhobenen Forderung, die Grauzone des soft law so klein wie möglich zu halten312. Unter der Voraussetzung, daß eine klare Grenzziehung zwischen "hartem" und "weichem" Recht weitestgehend aufrechterhalten bleibe 13, kommen den Verhaltdenskodizes und Resolutionen Internationaler Organisationen wesentliche Funktionen im völkerrechtlichen Normbildungsprozen zu, auf die die Staatengemeinschaft gerade wegen ihrer Heterogenität und der damit verbundenen Probleme bei der Konsenstindung heute nicht mehr verzichten kann: Bereits genannt wurde die für die Fortentwicklung des internationalen Rechts wichtige Aufgabe des soft law, als materielle Rechtsquelle bei der Vorbereitung von Kodifikationen und vor allem bei der Bildung neuen Völkergewohnheitsrechts mitzuwirken314 . Da das Bedürfnis der Staatengemeinschaft an einer rechtlich verbindlichen Ausgestaltung zwischenstaatlicher und globaler Sachverhalte zusehends wächst, ist jedes Mittel, das der Beschleunigung und weiteren Ausdifferenzierung des Verrechtlichungsprozesses dient, prinzipiell nur zu begrüßen. Häufig wird in diesem Zusammenhang auf die größere Flexibilität hingewiesen, welche das soft law gegenüber den in Art. 38 Abs. I IGH-Statut aufgefiihrten Rechtsquellen auszeichnee15: Bevor der Prozeß des Aushandeins und der Ratifikation eines internationalen Vertrages abgeschlossen ist bzw. die Entstehung einer Norm des Völkergewohnheitsrechts nachgewiesen werden kann, sind oftmals viele Jahre vergangen, die sich angesichts eines möglicherweise dringenden Regelungsbedarfs als großer Zeitverlust erweisen. Soft /aw-Normen, die zu ihrem "Wirksarnwerden" keiner parlamentarischen Billigung oder langjährigen Staatenpraxis bedürfen, sind daher nicht selten sehr viel besser als das Vertrags- und Gewohnheitsrecht geeignet, dem Erfordernis einer rechtzeitigen
Vgl. van Hoof, Rethinking the Sources oflntemational Law, S. I 90 m.w.N. Vgl. Riede!, EJIL 2 (I 991 ), S. 58 (84). 314 Siehe oben Kap. IV. I. a) bei Fn. 291. 315 Vgl. z. B. Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, § 655; Tomuschat, ZaöRV 36 (1976), S. 444 (487); Schreuer, ÖZöRV 34 (1986), S. 243; van Hoof, Rethinking the Sources oflnternational Law, S. 189; Gruchalla-Wesierski, McGillLJ 30 (1984), S. 37 (43); Bothe, NYll.. I 980, S. 65 (92); Bierzanek, PolYlL I 7 (I 988), S. 21 (38 f). 312 313
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IV. Rechtstheoretische Aspekte des Nord-Süd-Dialogs
und effektiven rechtspolitischen Reaktion auf ein internationales Problem Rechnung zu tragen. Dabei muß der Verzicht auf ein formelles Rechtserzeugungsverfahren nicht notwendigerweise mit einem Autoritätsmangel der stattdessen gewählten Normen bezahlt werden: Die Rechtsnatur einer Bestimmung ist nur einer von vielen Faktoren für den Grad ihrer tatsächlichen Befolgung; ebenso entscheidend kann sich der politische oder moralische Druck auswirken, der von der jeweiligen Norm ausgehe16• Auf diese Weise nimmt das soft law trotzseiner rechtlichen Unverbindlichkeit eine wichtige Steuerungsfunktion im internationalen System wahr, da sich die Staaten ihm in ihrer Argumentation und ihrem Handeln zumeist kaum noch entziehen können317 . Die Völkerrechtspraxis zeigt vielmehr, daß Resolutionen und nicht bindende Vereinbarungen ebenso häufig wie internationale Verträge zur Rechtfertigung und Begründung bestimmter politischer Positionen herangezogen werden318 . Auf der anderen Seite erscheint eine pauschale Bevorzugung der sog. hard /awQuellen wegen ihres angeblich höheren Autoritätsgrades auch schon deshalb nicht gerechtfertigt, weil zahlreiche völkerrechtliche Vertragstexte nicht nur "harte", justiziable Rechtsnormen, sondern auch "weiche" Bestimmungen wie z. B. Programmsätze oder wenig konkrete Absichtserklärungen enthalten319. Die Frage, welche Völkerrechtsquelle im konkreten Fall das größere Maß an Effektivität verspricht, muß letztlich immer vor dem Hintergrund des jeweils 316
(405).
Sepulveda, GYIL 33 (1990), S. 431 (447); Webb, VUWLR 14 (1984), S. 389
317 Bleckmann, Grundprobleme und Methoden, S. 341; vgl. auch Kimminich, Einführung in das Völkerrecht, S. 236; Villiger, Customary International Law and Treaties, S. 144 f. 318 Pellet, in: Snyder/Slinn (Hrsg. ), International Law of Development, S. 117 (127); Schreuer, GYIL 20 (1977), S. 103 (104 f.). 319 Vgl. hierzu Brownlie, in: Cassese!Weiler (Hrsg.), Change and Stabi1ity, S. 66 (69 f. ): "... even when you have something which is obligatory in principle (a treaty, a bilateral treaty, or even a rule of customary law), some aspects ofthat may still need to be clarified. Even when you take the clearest type of obligation: for example, bilaterial treaties or the kind of treaty which you fmd listed in the U.N. treaty series, you may fmd that some such treaties do not have any normative content at all. Some treaties are treaties in form but are really simply pieces of State conduct involving expressions of good will, with the element of actual performance very minor indeed. . .. In other words even when something is flying the flag of obligation or Iex Iota in particular respects, when you Iook at it closely, you may fmd that the normative content is very smal1 and perhaps almost completely absent." Vgl. auch Baxter, ICLQ 29 (1980), S. 549 ff.; Chinkin, ICLQ 38 (1989), S. 850 (851 ); Riphagen, VUWLR 17 (1987), S. 81 (87); Zamora, GYIL 32 (1989), S. 9 (34 ff.).
I. Struktwwandel in der Rechtsquellenlehre des Völkerrechts
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politisch Machbaren beantwortet werden: Angesichts der Heterogenität der gegenwärtigen Staatengemeinschaft läßt sich in vielen Sachbereichen - so insbesondere auch in wirtschafts- und entwicklungspolitischen Themen - ein zu klaren, rechtlich verbindlichen Übereinkünften fUhrender Konsens nur selten herstellen. Den beteiligten Völkerrechtssubjekten bleibt daher oft gar keine andere Wahl als der Rückgriff auf Instrumente des soft law, wenn sie nicht auf jegliche Form "rechtlicher" Regelung in der jeweils strittigen Frage verzichten wollen320. In seiner Abhandlung zur "Theorie der Menschenrechtsstandards" stellt Eibe Riede/ hierzu fest, "daß die Staaten sich ungeachtet ihrer sonstigen großen kulturellen, ideologischen und ökonomisch-politischen Divergenzen der völkerrechtlichen Standards gerade wegen ihrer fundamentalen, konsensvereitelnden Gnmddifferenzen in zunehmendem Maße bedienen: Überall dort, wo neue Probleme dringend einer Lösung harren, wo Nichtstun fatal wäre, wo Teillösungen oder unverbindliche, aber dennoch aufgrundvon unabweisbaren Sachzwängen fakultativ befolgte Verhaltensrichtlinien als weniger effektive, aber dennoch nützliche Handlungsinstnunente geschaffen werden, muß die Staatengemeinschaft notgedrungen, ob sie es will oder nicht, anstelle von vollverbindlichen völkerrechtlichen Normen relativ unverbindliche Standards pro tempore formulieren und akzeptieren, in der durchaus berechtigten Hoffnung, daß sich daraus dann allmählich geltende und effektive Rechtssätze entwickeln werden. "321 .
Nicht auf alle Funktionen des soft law im internationalen System kann hier im einzelnen eingegangen werden. Erwähnenswert wäre sicherlich noch die wichtige Aufgabe, die den Resolutionen, Verhaltenskodizes oder anderen soft /aw-Bestimmungen bei der Auslegung und Konkretisierung bereits bestehenden Völkerrechts zukomme22; auch sollte der sog. "InternationalisierungsEffekt" genannt werden, der darin besteht, daß Sachverhalte, die einmal Gegenstand einer derartigen Norm gewesen sind, nicht mehr zu den vom Nichteinmischungsgebot erfaßten internen Angelegenheiten eines Staates gezählt
320 Vgl. Condorelli, in: Cassese/Weiler (Hrsg.), Change and Stability, S. 37 (81); Bierzanek, PolYIL 17 ( 1988), S. 21 (37). 321 Riede/, Theorie der Menschenrechtsstandards, S. 342. 322 Thürer, Zeitschrift für Schweizerisches Recht I 04 (1985), S. 429 (446); Riede/, EJIL 2 (1991), S. 58 (83); Hofstetter, Die Bedeutung rechtlicher Normen, S. 98; Fastenrath, EJIL 4 ( 1993), S. 305 (324): "Soft law is an instrument which provides, in as positivist a way as possible, understandings on the existence of rules, their formulation and interpretation. Without it, the Iaw would faunder on the rocks of divergent legal concepts and modes of interpretation.".
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N. Rechtstheoretische Aspekte des Nord-Süd-Dialogs
werden können323. Besondere Beachtung aus der Perspektive des Entwicklungsvölkerrechts muß jedoch die "Programmfunktion"324 finden, die das soft law in weitaus stärkerem Maße als die formellen Völkerrechtsquellen wahrnimmt. Insbesondere die Resolutionen der UNO-Generalversammlung, aber auch nicht-verbindliche Beschlüsse anderer Internationaler Organisationen dienen der Staatengemeinschaft als wichtige Instrumente zur Formulierung gemeinsamer politischer Ziele und Wertmaßstäbe325 . Ihre Aufgabe ist es daher nicht allein, als "materielle Rechtsquellen" die Konsolidierung einer bereits in statu nascendi befindlichen Norm des Völkergewohnheitsrechts zu unterstützen, sondern darüber hinaus auch zukünftige, von den Staaten mehr oder weniger übereinstimmend intendierte Rechtsentwicklungen gewissermaßen antizipatorisch zu erfassen und damit den Anstoß für die Herausbildung neuen Völkerrechts zu geben. Rene Jean Dupuy, der hierfür den Begriff des programmatory law geprägt hat, sieht das Umwelt- und Entwicklungsrecht als diejenigen Sektoren der völkerrechtlichen Normenordnung an, in denen derart prospektiv wirkende Resolutionen die bislang weiteste Verbreitung gefunden haben326 . Als typische Beispiele für ein solches "internationales Programmrecht" können die Resolutionen zu den Weltentwicklungs-Dekaden, das Aktionsprogramm zur Errichtung einerNeuen Weltwirtschaftsordnung oder aber auch die 1992 in Rio verabschiedete Agenda 21 genannt werden. In ihnen und anderen Programmnormen kommt anschaulich das zum Ausdruck, was mit der besonderen "Finalität" des Entwicklungsvölkerrechts gemeint ist. Die Herausforderungen, denen sich die Staatengemeinschaft im Rahmen der globalen Entwicklungs- und Umweltproblematik stellen muß, lassen sich nicht mehr allein mit dem herkömmlichen, eher konservierend und stabilisierend wirkenden völkerrechtlichen Instrumentarium bewältigen. Der offenkundige Bedarf an flexiblen, zielorientierten Rechtssätzen ist damit letztlich auch der Grund, warum sich die Rechtsquellenlehre des Völkerrechts in einem Wandlungsprozeß befindet, dessen Ende bislang noch nicht abzusehen ist. Daß die unterschiedlichen Ausprägungen des soft law eine deutliche Tendenz zur Entwicklung neuer Formen der internationalen Rechtserzeugung erkennen lassen, dürfte heute kauni noch bestritten werden327 . Der Anstoß hierzu ist nicht aus323 Baxter, ICLQ 29 (1980), S. 549 (565); Pellet, in: Snyder!Siinn (Hrsg.), International Law of Developrnent, S. 117 (128); Gruchalla-Wesierski, McGi11LJ 30 (1984), S. 37 (58 ff.). 324 Siehe hierzu oben Kap. II. bei Fn. 50. 325 Lagoni!Nunez-Müller, in: Wolfrum (Hrsg.), Handbuch Vereinte Nationen, S. 693 (700). 326 Dupuy, R.-J., Festschrift Röling, S. 247 (254). 327 Fastenrath, EJIL 4 (1993), S. 305 (339).
2. Rechtsgeltung und Funktion völkerrechtlicher Prinzipien
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schließlich, aber doch zu einem ganz wesentlichen Teil von den Ländern des Südens ausgegangen: Sie haben mit ihrer Völkerrechtspolitik einen Strukturwandel des internationalen Rechtssystems eingeleitet, welcher - wie Virally es zutreffend beschrieben hae28 - als die eigentliche Dimension des Begriffs "Entwicklungsvölkerrecht" verstanden werden kann.
2. Rechtsgeltung und Funktion völkerrechtlicher Prinzipien a) Die Bedeutung von Rechtsprinzipien im Entwicklungsv6/kerrecht
Die Bedeutung der Rechtsquellenlehre ftir die theoretische Durchdringung des Entwicklungsvölkerrechts ist bereits zu Beginn dieses Abschnitts hervorgehoben worden329. Sie ergibt sich allerdings nicht allein aus der Intensität, mit welcher die Diskussion über die Rechtsqualität von Resolutionen und anderen soft /aw-Bestimmungen geführt wird. Ein in diesem Zusammenhang mindestens ebenso wichtiges, wenngleich in der Literatur bisher weniger ausführlich erörtertes Thema stellt die Geltungsweise und Funktion allgemeiner Völkerrechtsprinzipien dar330• Von den Entwicklungsländern werden die Prinzipien als völkerrechtspolitisches Instrument schon seit langem bevorzugt eingesetzt, um bestimmte Sachbereiche, in denen sich über präzise Detailregelungen kein Konsens finden läßt, zumindest mittels genereller Normen rechtlich erfassen zu können331 • Cassese erklärt diese Prinzipienpräferenz im völkerrechtlichen Nord-Süd-Dialog wie folgt: "First, there is the fact that principles, being generaland sweeping in character, are more acceptable to Westerncountries than detailed rules in areas where they oppose new developments demanded by the Third World. Often the West accepts a principle but enters the explicit or tacit reservation that in any case it is no more than a political guideline or that it is too woolly to possess definite legal content. ... Yet, their misgivings and reservations notwithstanding Western countries do not ultimately oppose the reaffirmation of principles in official documents. Developing countries count this as considerable success, for it makes room for the gradual transformation of general tenets into definite standards of behaviour to be used in ap-
Siehe oben Kap. li. bei Fn. 38 ff. Siehe oben Kap. IV. 1. bei Fn. 252. 330 Nur wenige Arbeiten zum Entwicklungsvölkerrecht enthalten eine Analyse dieser Thematik, vgl. z. B. Benedek, ÖZöRV 36 (1986), S. 289 (291 ff.); Bulajic, Principles of International Development Law, S. 191 ff.; Schütz, Solidarität im Wirtschaftsvölkerrecht, insbes. S. 94 ff. 331 Cassese, International Law in a Divided World, S. 119 f. 328
329
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IV. Rechtstheoretische Aspekte des Nord-Süd-Dialogs
praising the conduct of States and exposing it to public condernnation in case of violation. As far as developing countries are concemed, the adoption of a principle in an official document is not the end ofthe story. Quite the contrary, it is the starting-point of a long process in the course of which the principle is restated, specified, elaborated, expanded, updated, in short gradually rnade workable and operational as an international parameter. Another advantage of general principles is that, being loose and flexible, they are more likely to be interpreted and applied in such a way as to allow for future developments and demands. By contrast, detailed rules may crystallize and even ossizy the circumstances for which they are enacted.... "332
Völkerrechtliche Grundprinzipien sind vor allem in multilateralen Verträgen (z. B. UNO-Satzung, GATI, Lome-Abkommen) und Beschlüssen internationaler Organisationen bzw. Staatenkonferenzen enthalten333 . Das bekannteste Beispiel hierfür bildet die 1970 von der UNO-Generalversammlung ohne formliehe Abstimmung angenommene "Declaration on Principles of International Law Concerning Friendly Relations and Co-Operation Among States in Accordance with the Charter of the United Nations" 334 (sog. Friendly Relations-Declaration), an deren Entstehung die Staaten der Dritten Welt maßgeblichen Anteil hatten335 . Eine ausgesprochene "Prinzipien-Orientierung" kennzeichnet auch die Völkerrechtspolitik der Entwicklungsländer im Rahmen ihrer Bemühungen um eine Reform des Weltwirtschaftssystems336• Nachdem die Verabschiedung der Charta der wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten im Dezember 1974 nur gegen die Stimmen der wichtigsten Industrienationen hatte erfolgen können337 und damit die Herstellung eines Konsenses zwischen Nord und Süd über zentrale Grundsätze des internationalen Wirtschaftsrechts zunächst gescheitert war, beauftragte die UNO-Vollversammlung Ebd., S. 120. Vgl. z. B. die Auflistungen bei Virally, in: ders., Le droit international en devenir, S. 195 ( 199 f.) und Monaco, EPIL 7, S. 424 (431 ). 334 UN-GA-Res. 2625 (XXV) vom 24.10.1970. Vgl. hierzu Arango-Ruiz, The United Nations Declaration on Friendly Relations; Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, §§ 451 ff. m.w.N. 335 Zum Einfluß der Entwicklungsländer auf die inhaltliche Ausgestaltung der Deklaration vgl. Graf zu Dohna, Die Grundprinzipien des Völkerrechts, S. 175 f., S. 186 f., S. 216 f. ; Scheuner, VN 1978, S. 111 (112 f.); Neuhold, Internationale Konflikte, S. 36 ff. 336 Generell zur Bedeutung von Rechtsprinzipien im internationalen Wirtschaftsrecht siehe Verloren van Themaat, RabelsZ 43 (1979), S. 632 (639 ff. ); Herdegen, Internationales Wirtschaftsrecht, S. 43 ff.; Picone/Sacerdoti, Diritto internazionale dell'econornia, S. 137 ff.; Roessler, GYIL 21 ( 1978), S. 27 (28 und 56); Schwarzenberger, RdC 117 ( 1966 1), S. 1 (27 ff. ); Eise/stein, Die Europäische Gemeinschaft in der Weltwirtschaftsordnung, S. 40 ff. 337 Siehe oben Kap. m. I. c) bei Fn. 107. 332 333
2. Rechtsgeltung und Funktion völkerrechtlicher Prinzipien
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bereits wenige Jahre später den Generalsekretär, in Zusammenarbeit mit dem Forschungsinstitut der Vereinten Nationen (UN1TAR) eine Studie über die Normen und Prinzipien des Wirtschaftsvölkerrechts im Hinblick auf die Errichtung einer Neuen Weltwirtschaftsordnung zu erstellen338 . In dem 1984 vorgelegten Abschlußbericht präsentierte UNITAR der Generalversammlung eine Liste mit insgesamt acht bereits existierenden bzw. noch im Entstehungsprozeß befindlichen Prinzipien339. Im einzelnen sind dies: - die permanente Souveränität der Staaten über ihre natürlichen Ressourcen, - der Grundsatz der partizipatorischen Gleichheit der Entwicklungsländer in den internationalen Wirtschaftsbeziehungen, - das Recht eines jeden Staates, sein ökonomisches System selbst zu wählen, - das Prinzip der präferentiellen Behandlung der Etwicklungsländer, - der Anspruch der Entwicklungsländer auf Entwicklungshilfe, - das Prinzip der Exportstabilisierung zugunsten der Entwicklungsländer, - das Recht der Staaten, von Fortschritten der Wissenschaft und Technologie zu profitieren, sowie schließlich - das Prinzip des "gemeinsamen Erbes der Menschheit". Die drei erstgenannten Prinzipien werden von den Verfassern der UNITARStudie dem Grundsatz der souveränen Gleichheit der Staaten zugeordnet, während die übrigen fiinf Grundsätze unter die zwischen den Staaten bestehende allgemeine Kooperationspflicht fallen. Gemeinsam konstituieren alle Einzelprinzipien das Recht auf Entwicklung, welches damit gleichsam als entwicklungsvölkerrechtliches Fundamentalprinzip fungiert. Nach den Vorstellungen der Entwicklungsländer sollen die Ergebnisse der Studie in den weiteren Verhandlungsprozeß über die Errichtung der Neuen Weltwirtschaftsordnung einbezogen werden. Bei der Verabschiedung der Resolutionen, mit denen die UNO-Generalversammlung die Mitgliedstaaten zu diesbezüglichen Stellungnahmen und Vorschlägen fiir das weitere Vorgehen aufforderte, ent-
UN-GA-Res. 34/150 vom 17.12.1979 lllld 351166 vom 15.12.1980. "Progressive Development of the Principles and Norms of International Law Relating to the New International Economic Order", Report of Secretary General, UNDoc. N39/504, Add. 1, Annex ill, S. 28- 111 . Autor der UNITAR-Studie ist der ägyptische Völkerrechtler Georges Abi-Saab. Zur Entstehllllgsgeschichte vgl. Benedek, ÖZöRV 36 (1986), S. 289 (298 ff.); Makarczyk, Principles of a New International Economic Order, S. 122 ff. 338
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N. Rechtstheoretische Aspekte des Nord-Süd-Dialogs
hielten sich die wichtigsten Industrienationen zwar der Stirnme340, jedoch läßt das Fehlen ausdrücklicher Gegenvoten bereits erkennen, daß das Reformprojekt Weltwirtschaftsordnung auf der "Prinzipien-Ebene" nicht mehr so kontrovers beurteilt wird wie noch in den 70er Jahren. Einen ähnlichen Prinzipienkatalog wie die UNITAR-Studie enthält die "Declaration on the Progressive Development of Principles of Public International Law Relating to a New International Economic Order", welche am 30.08.1986 von der International Law Association (ILA) auf ihrer 62. Konferenz in Seoul beschlossen wurde (sog. Seoul-Erklärung)341 . Abgesehen von einigen Unterschieden vor allem hinsichtlich der Berücksichtigung klassischer, etablierter Grundsätze des internationalen Wirtschaftsrechts wie z. B. der "Herrschaft des Völkerrechts in den internationalen Wirtschaftsbeziehungen" oder des pacta sunt servanda-Prinzips - die UNITAR-Studie läßt diese unerwähne42, währen die ILA sie an erster Stelle nennt-, besteht ein erstaunlich großes Maß an Übereinstimmung zwischen den beiden Dokumenten343. Auch die Seoul-Erklärung enthält die zentralen entwicklungsvölkerrechtlichen Prinzipien wie z. B. das Recht auf Entwicklung, die permanente Souveränität über natürliche Ressourcen, die Pflicht zur zwischenstaatlichen Zusammenarbeit, den Anspruch der Entwicklungsländer auf Entwicklungshilfe, den Grundsatz des "gemeinsamen Erbes der Menschheit", die Präferenzbehandlung der Entwicklungsländer in den internationalen Wirtschaftsbeziehungen und schließlich das Recht aller Staaten auf Teilhabe an den Fortschritten von Wissenschaft und Technologie. Anders als in der UNITARStudie werden darüber hinaus noch die Prinzipien der Billigkeit (equity), Solidarität und Gleichheit (bzw. Nichtdiskriminierung) sowie der Grundsatz der friedlichen Streitbeilegung genannt. Die Seoul-Erklärung enthält keine erschöpfende Auflistung der für die Weltwirtschaft maßgeblichen Völkerrechtsprinzipien, sondern beschränkt sich lt. Präambel (Abs. 16) ausdrücklich auf eine Auswahl derjenigen Grundsätze, über die ein allgemeiner zwischenstaatlicher Konsens erwartet werden kann344 . Gerade hierin liegt auch - trotz des non-gouvernementalen Status der ILA - die besondere Bedeutung dieser Er340 Vgl. z. B. UN-GA-Res. 39n5 vom 13.12.1984 und UN-GA-Res. 40/67 vom 11.12.1985; abgedruckt in: Bulajic, Principles of International Development Law, s. 388 ff. 341 IIA, Report of the 62nd Conference, S. I tT.; abgedruckt auch in: Oppermann!Petersmann (Hrsg.), Reforming the International Economic Order, S. 47 ff. 342 Vgl. hierzu die Kritik von Makarczyk, Principles of a New International Economic Order, S. 157. 343 Benedek, OZöRV 36 (1986), S. 289 (318). 344 Oppennann, Festschrift Seidl-Hohenveldern, S. 449 (453).
2. Rechtsgeltung wtd Funktion völkerrechtlicher Prinzipien
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klärungfür das Entwicklungsvölkerrecht Ihre Funktion soll nach den Vorstellungen ihrer Verfasser vor allem darin bestehen, die Kontroversen überwinden zu helfen, welche zwischen Industrie- und Entwicklungsländern bezüglich der "Charta" von 1974 entstanden sind und zum Stillstand der globalen Nord-SüdVerhandlungen gefiihrt haben345 . Dementsprechend war in dem !LA-Komitee, das sich seit 1978 unter dem Vorsitz von Kamal Hossain (Bangladesh) mit den rechtlichen Aspekten einer Neuen Weltwirtschaftsordnung befaßte, ein Dokument ausgearbeitet worden, welches die Zustimmung aller nationalen Zweigvereinigungen der ILA finden konnte. Nach Auffassung des bundesdeutschen Komitee-Mitglieds Thomas Oppennann stellt die Seoul-Erklärung "erstmals seit der weitgehend mißlungenen Charta der ökonomischen Rechte und Pflichten von 1974 ein Modell grundsätzlichen wirtschaftsrechtlichen Denkens zur Verfiigung, auf das sich namhafte Sachverständige aus Praxis und Theorie des internationalen Wirtschaftsrechts sowohl von Entwicklungswie von Industrieländerseite zu einigen vermochten" 346 . Sowohl die UNITAR-Studie als auch die Seoul-Erklärung der ILA enthalten nicht nur bereits existente, allgemein anerkannte Völkerrechtsgrundsätze, sondern explizit auch solche Prinzipien, die sich noch in der Entstehungsphase befinden (sog. evolving principles), somit als völkerrechtliches soft law zu qualifizieren wären347 . Da beide Dokumente letztlich keine autoritativen Stellungnahmen der Staatengemeinschaft darstellen, bleibt zunächst die Frage offen, welche der genannten Prinzipien nun tatsächlich völkerrechtliche Verbindlichkeit beanspruchen können. Die Breite des im völkerrechtlichen Präambel der Seoul-Erklärung, Abs. 11. Oppermann, Festschrift Seidl-Hohenveldern, S. 449 (470). 347 Die Unterscheidwtg zwischen bereits anerkannten wtd noch in der Entstehwtg befmdlichen Prinzipien fmdet sich in Abs. 16 der Präambel der Seoul-Erklärung: 11 ••• the proposed declaration should not be seen as an exhaustive Iist of existing and evolving legal principles relating to a New International Economic Order, but as a selection of the most important of such principles on which a consensus can be expected; ... II Eine älmliche Differenzierung enthält die UNITAR-Studie, UN-Doc. A/39/504, Add. 1, Annex Ill, aufS. 38 f.: 11 The principles and norms of international law relating to the NIEO which are studied in this Report, are both those which are called upon in the international negotiations, practice and behavior relating to the different items ofthe NIEO as well as those which are called for by the objectives and policy-measures of the NIEO. In other words, they are both the existing principles and norms of international law [...] and the new principles and norms of international law which are needed to complete the legal environment necessary for the establishment and the maintenance of the NIE011 • 345
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IV. Rechtstheoretische Aspekte des Nord-Süd-Dialogs
Schrifttum diesbezüglich vertretenen Meinungsspektrums348 läßt die Schwierigkeiten erkennen, die sich bei der Beurteilung des rechtlichen status quo von Rechtsgrundsätzen im Entwicklungsvölkerrecht ergeben. Gleichwohl zeigt die entwicklungspolitisch relevante Völkerrechtspraxis - also insbesondere die einschlägigen Vertragsschlüsse (z. B. die Lome-Konventionen) sowie das Abstimmungsverhalten der Staaten auf internationalen Konferenzen und in der UNO-Generalversammlung-, daß sich ein Kernbestand entwicklungsvölkerrechtlicher Prinzipien herausgebildet hat, welcher mittlerweile von Entwicklungsländern und Industrienationen gleichermaßen anerkannt wird und auch in der Völkerrechtswissenschaft heute nahezu unbestritten ise49. Hierzu zählen zunächst der in Art. 55 f. der UNO-Charta aufgestellte und durch die Friendly-Relations-Declaration bestätigte Grundsatz der wirtschaftlichen und sozialen Kooperation350 sowie das Prinzip der zwischenstaatlichen Solidaritäe51, welches eine generelle Unterstützungspflicht der stärkeren gegenüber 348 Vgl. hierzu den Überblick bei Schütz, Solidarität im Wirtschaftsvölkerrecht, S. 102 ff. 349 Bereits an dieser Stelle muß allerdings betont werden, daß die völkerrechtliche Anerkennung eines Rechtsprinzips unabhängig von der Frage zu beurteilen ist, welche konkreten Detailregelungen aus dem jeweiligen Grundsatz abzuleiten sind; vgl. hierzu Kap. IV. 2. d). 350 Vgl. die im Konsens angenommene Erklärung über internationale wirtschaftliche Zusammenarbeit, UN-GA-Res. S 18/3 vom 1.5.1990 sowie Kimminich, EPIL 7, S. 262 (264); Babovic, in: Sahovic (Hrsg.), Principles of International Law, S. 277 (289 f.); Heinz, in: Wolfrum (Hrsg.), Handbuch Vereinte Nationen, S. 1080 (1087); Bulajic, Principles oflnternational Development Law, 8.! 290; Verwey, Economic Development, Peace and International Law, S. 273 ff., S. 340 f.; Cassese, International Law in a Divided World, S. 151 ; Tomuschat, GYIL 25 (1982), S. 85 (98 f.: "Unbezweifelbar ist, daß die Existenz einer internationalen Kooperationspflicht nicht mehr in Abrede gestellt werden kann."); Oppermann, Festschrift Seidl-Hohenveldern, S. 449 (458 f.); McWhinney, in: Bedjaoui (Hrsg.), International Law, S. 425 (435); Köhler, Sozialpolitische und sozialrechtliche Aktivitäten, S. 1165 f.; Verwey, IJIL 21 (1981), S. 1 (20); Kwakwa, Georgia Journal of International and Comparative Law 17 ( 1987), S. 431 (436 f.); Falterbaum, Entwicklungshilfe, S. 144; Bryde, in: ders. (Hrsg.), Neuordnung der Weltwirtschaft?, S. 29 (34 f.). Nach Auffassung Brydes läßt sich sogar die rechtliche Geltung eines internationalen Sozialprinzips nachweisen, ebd., S. 37; vgl. hierzu auch Bleckmann, VRÜ 12 (1979), S. 5 (10 ff.); Petersmann, JlR 17 (1975), S. 145 (150); Cassese, a.a.O., S. 151. 351 Kimminich, AVR 20 (1982), S. 2 (13 ff.); ders., Einfilhrung in das Völkerrecht, S. 95, 308 f., 312; Tomuschat, GYIL 25 (1982), S. 85 (99); Verloren van Themaat, The Changing Structure oflnternational Economic Law, S. 240; Bulajic, Principles oflnternational Development Law, S. 236; Bedjaoui, in: Snyder!Slinn (Hrsg.), International Law and Development, S. 87 (95 ff.); Lee, Regionales Wirtschaftsintegrationsrecht, S. 292; Feuer!Cassan, Droit international du deve1oppement, S. 34 ff.; Schütz, Solidarität im Wirtschaftsvölkerrecht, S. 132: Nach Schütz stellt zwar "das Solidaritätsprinzip in seiner zentralen Komponente der Sozialverantwortlichkeit der Staaten-
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schwächeren Mitgliedern der Staatengemeinschaft beinhaltet. Ebenso diesem Kernbestand zuzuordnen ist das früher lange Zeit zwischen Nord und Süd umstrittene, nunmehr auf mehreren Staatenkonferenzen auch von Seiten der Industrieländer grundsätzlich akzeptierte Recht auf Entwicklung, aus dem sich - in seiner zwischenstaatlichen Dimension- eine Verpflichtung der Industrieländer zur Förderung des wirtschaftlichen und sozialen Fortschritts in den Staaten der Dritten Welt ergibt352 . Weiterhin dürfte heute Einigkeit darüber bestehen, daß der Grundsatz des gemeinsamen Menschheitserbes im See-, Weltraum- und Umweltvölkerrecht eine generelle globale Anerkennung gefunden hat und auch hierin ein fiir die Gestaltung der Nord-Süd-Beziehungen grundlegendes Rechtsprinzip zu erblicken ist353 .
gemeinschaftund ihrer Mitglieder und einem allgemeinen Wohlfalutsfilrderungsgebot mit daraus ableitbaren entwicklungsspezifischen Verhaltensschranken und Unterlassungspflichten geltendes Völkerrecht" (Hervorhebung vom Verf.) dar, "positive Leistungspflichten als individuelle konkrete und operable Sozialrechte" seien hieraus jedoch nicht begründbar. 352 Gern. Art. 4 der Erklärung zum Recht auf Entwicklung (UN-GA-Res. 411128 vom 4.12.1986) haben die Staaten die Pflicht, "einzeln und gemeinschaftlich Maßnahmen zur Aufstellung internationaler Entwicklungspolitiken zu ergreifen, die darauf gerichtet sind, die volle Verwirklichung des Rechts auf Entwicklung zu erleichtern." Weiterhin heißt es in Art. 4 Abs. 2 S. 2 der Erklärung: "Ergänzend zu den Anstrengungen der Entwicklungsländer ist eine wirksame internationale Zusammenarbeit unerläßlich, damit diese Länder die geeigneten Mittel und Einrichtungen erhalten, um ihre umfassende Entwicklung weiter vorantreiben zu können." Diese zwischenstaatliche Dimension des Rechts auf Entwicklung wird durch das im Konsens angenommene Abschußdokument der Wiener Menschenrechtskonferenz von 1993 bestätigt, welche in Nr. 10 auf die Deklaration von 1986 verweist; vgl. hierzu auch die Nachweise oben in Fn. 229. Zum "Prinzipien"-Charakter des Rechts auf Entwicklung siehe Tomuschat, GYIL 25 (1982), S. 85 (100 f.), de Waart, in: ders. u. a. (Hrsg.), International Law and Development, S. 371 (372), und Riede/, Theorie der Menschenrechtsstandards, S. 227 m.w.N. 353 Das Prinzip des common heritage of mankind wird in seinen wesentlichen Komponenten ( 1. das Okkupations- bzw. Annexionsverbot bzgl. der noch staatsfreien Räume, 2. das Gebot der ausschließlich friedlichen sowie umwelt- und ressourcenschonenden Nutzung dieser Räume und 3. die durch eine internationale Verwaltung gewährleistete Partizipation aller Staaten an den zu erwirtschaftenden Erträgen) heute grundsätzlich von den Industrie- ebenso wie von Entwicklungsländern akzeptiert. Auch der letztgenannte Aspekt - die insbesondere im Seerecht hinsichtlich des Tiefseebergbaus bislang strittige Frage der Verwaltung der staatsfreien Gebiete - hat durch das Durchfiihrungsübereinkommen zur Seerechtskonvention eine konsensfähige, wenngleich von den ursprünglichen Vorstellungen der Entwicklungsländer weit entfernte Präzisierung erfahren; vgl. hierzu UN-GA-Res. 48/263 v. 28.7.1994; Paech, Nord-Süd aktuell3/1994, S. 396 (399); Berenbrok/Nussbaum, RIW 1994, S. 910 (912 ff.); Tyagi, JWT 27 (1993), S. 143 ff. Zum Rechtsstatus des common heritage-Prinzips siehe darüber hinaus Wolfrom, Die Internationalisierung staatsfreier Räume, S. 688; French,
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Neben diesen vier zentralen Grundsätzen des Entwicklungsvölkerrechts "Kooperation", "Solidarität", "Recht auf Entwicklung" und "gemeinsames Menschheitserbe" - besteht eine zweite Gruppe von Prinzipien, die in materieller Hinsicht bereits einen höheren Spezifizierungsgrad aufweisen, z. B. der Grundsatz der wirtschaftlichen Präferenzbehandlung der Entwicklungsländer, der Anspruch auf Entwicklungshilfe, die Stabilisierung der Exporterlöse oder die Teilhabe an den Fortschritten in Wissenschaft und Technologie. Für sie lassen sich in der Völkerrechtspraxis zwar durchaus eine Vielzahl von Anwendungsfallen benennen354, jedoch stellen sie wohl weniger von den Staaten übereinstimmend akzeptierte, eigenständige Völkerrechtsgrundsätze dar, als vielmehr für bestimmte Sachbereiche speziell sich herausbildende Konkretisierungen der vier entwicklungsvölkerrechtlichen Grundprinzipien. Eine dritte Gruppe beinhaltet schließlich diejenigen Grundsätze, die weder in absehbarer Zeit international konsensfähig sein werden, noch als Konkretisierung bereits etablierter Prinzipien interpretiert werden können, so u. a. der wegen der offenen Fragen der Enteignungsentschädigung seit jeher umstrittene Grundsatz der permanenten Souveränität über natürliche Ressourcen355 oder auch das Prinzip der partizipatorischen Gleichheit, über dessen Anerkennung die Entwicklungsländer eine gleichberechtigte Mitentscheidungsbefugnis in denjenigen Internationalen Organisationen erreichen wollen, die aufgrund von Stimmenwägungsverfahren bislang von den Industrieländern dominiert werden356 .
Der Tiefseebergbau, S. 157 ff.; Fitschen, in: Wolfrum (Hrsg.), Handbuch Vereinte Nationen, S. 2ll (219). 354 Vgl. hierzu die Ausführungen oben in Kap. ill. l. a) bei Fn. 79 ff. und ill. l. c) bei Fn. 136 ff. 355 Zum Streitstand siehe oben Kap. ill. 1. c) bei Fn. 112 und ill 1. d) bei Fn. 152. 356 Zur Kritik der Entwicklungsländer an den Mehrheitsverhältnissen in den internationalen Finanzorganisationen vgl. die Botschaft der Bewegung der Blockfreien an die Führer der G-7-Staaten beim Weltwirtschaftsgipfel in Tokio vom 7.- 9. Juli 1993, in: EA 1993, D S. 327: "Es gibt ... ein klares Bedürfuis, den Entscheidungsprozeß in den multilateralen Finanzinstitutionen demokratischer zu gestalten, um sicherzustellen, daß die Interessen und Bedürfuisse der Entwicklungsländer angemessen vertreten sind." Siehe dazu auch Hartwig, in: Leisinger!Hösle (Hrsg.), Entwicklung mit menschlichem Antlitz, S. 187 (195 ff.); Bennouna, in: Bedjaoui (Hrsg.), International Law, S. 619 (626); Ginther, in: Neuhold u. a. (Hrsg.), Österreichisches Handbuch des Völkerrechts, S. 29 (34); Anand, RdC 197 (1986JI), S. 9 (138 ff.); Türk, in: de Waart u. a. (Hrsg.), International Law and Development, S. 341 (345 ff.); Gerster, JWT 27 (1993), S. 121 (125 ff.); Woljf, Entwicklungspolitik - Entwicklungsländer, S. 201. Allgemein zum System der Stimmenwägung in Internationalen Organisationen vgl. Epping, in: lpsen, Völkerrecht, § 27, Rdnr. 28.
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Eine Sonderstellung in dieser Kategorisierung der entwicklungsvölkerrechtlichen Prinzipien nimmt der equity-Grundsatz ein. In der Seoul-Deklaration der ILA wird er an herausgehobener Position genannt - unmittelbar im Anschluß an die klassischen Prinzipien der Herrschaft des Völkerrechts und der Vertragstreue in den internationalen Wirtschaftsbeziehungen: "Without ensuring the principle of equity there is no true equality of nations and states in the world community consisting of countries of different Ievels of development. A new international economic order should therefore be developed by the United Nations and international organizations, by treaties and by State practice in conformity with the principle of equity, which means that this development should aim at a just balance between converging and diverging interests and in particular between the interests of developed and developing countries. The principle is also an integral element in the interpretation of the law by international courts or arbitration tribunals and may be applied by them to supplement the law."357
Equity im Sinne von "Billigkeit" ist als Auslegungsmaxime und einzelfallbezogenes Korrektiv zum positivierten Recht ein bereits seit langem in der Völkerrechtspraxis akzeptierter Rechtsgrundsatz358 . Im Entwicklungsvölkerrecht wird dieses Prinzip jedoch zumeist in einer anderen inhaltlichen Bedeutung verwandt: Im Vordergrund steht hier der Aspekt der materiellen Gerechtigkeit, der auf der internationalen Ebene vor allem dem Abbau der wirtschaftlichen Ungleichheiten zwischen Industrie- und Entwicklungsländern dienen soll. Obwohl nicht nur die Seoul-Deklaration, sondern auch zahlreiche andere Dokumente des Entwicklungsvölkerrechts auf den equity-Grundsatz in dieser Bedeutungsvariante Bezug nehmen359, wird man bezweifeln müssen, ob
357 Nr. 3.1. der Seoul-Deklaration. 358 Vgl. IGH, North Sea Continental Shelf, ICJ-Rep. 1969, S. 3, 47; IGH, Continental Shelf (Tunisia!Libya), ICJ-Rep. 1982, S. 18, 60; IGH, Continental Shelf (Libya/Malta), ICJ-Rep. 1985, S. 12, 38 f.; Villiger, AVR 25 (1987), S. 174 ff.; Chemillier-Gendreau, in: Bedjaoui (Hrsg.), International Law, S. 271 ff; Akehurst, ICLQ 25 (1976), S. 801 ff.; McWhinney, in: Newman (Hrsg.), Equity in the World's Legal System, S. 581 ff.; Manga Fombad, Revue Egyptienne de Droit International 45 (1989), S. I ff.
359 z. B. die Deklaration über die Errichtung einerNeuen Weltwirtschaftsordnung, UN-GA-Res. 3201 (S-VI) vom 1.5.1974, Abs. 3 der Präambel, Ziff. 4 j; Charta der wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten, UN-GA-Res. 3281 (XXIX) vom 12.12.1974, Präambel sowie Art. 6, 8 und 14; UN-Seerechtsübereinkommen von 1982, Präambel sowie Art. 59, 74, 82 f., 140, 160 und 162; UNCED-Klimarahmenkonvention, Art. 3 Abs. I. Auf den Wandel des equity-Prinzips im Völkerrecht unter dem Einfluß der Staaten der Dritten Welt weist Bermejo hin, in: ÖZöRV 36 ( 1986), S. 219 (236 ff.); vgl. auch L4chs, RGDIP 96 (1992), S. 545 (547); Franck, RdC 240 (1993 ill), S. 9 (62 ff.). Schachter, International Law in Theory and Practice, S. 55 f. , unter-
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ein derartiges Prinzip der "internationalen Gerechtigkeit" bereits den der anerkannten Völkerrechtsgrundsätzen zugerechnet werden kann. Ganz abgesehen von den rechtsphilosophischen Begründungsproblemen, die mit einer näheren inhaltlichen Bestimmung dieses Begriffs verbunden sind360, dürfte auch auf der rechtspolitischen Ebene eine konsensfähige Präzisierung und daraus resultierende völkerrechtlich verbindliche Umsetzung des Gerechtigkeitsprinzips auf kaum überwindbare Schwierigkeiten stoßen. Wie eine "gerechte" Weltwirtschafts- oder Weltinformationsordnung auszusehen hat, ist letztlich die eigentliche Streitfrage im völkerrechtlichen Nord-Süd-Dialog, welche auch durch eine "Aufwertung" des Gerechtigkeitspostulats zum Völkerrechtsprinzip einer einvernehmlichen Lösung nicht näher gebracht wird. b) Völkerrechtliche Prinzipientheorien
Nicht nur die eindeutige Identifizierung derjenigen Grundsätze, die zu dem gesicherten Kernbestand entwicklungsvölkerrechtlicher Prinzipien gehören, bereitet Schwierigkeiten, im weitaus größerem Maße noch ist ihre nähere normentheoretische Qualifizierung problematisch. Selbst wenn hinsichtlich eines Prinzips Einigkeit darüber bestehen sollte, daß es von einem allgemeinen Staatenkonsens getragen ist und als geltendes Völkerrecht betrachtet werden scheidet fllnf verschiedene Bedeutungsvarianten des equity-Prinzips im gegenwärtigen Völkerrecht: "( 1) Equity as a basis for 'individualized' justice tempering the rigours of strict law. (2) Equity as consideration of fairness, reasonableness and good fiüth. (3) Equity as a basis for certain specific principles of legal reasoning associated with fiürness and reasonableness: to wit, estoppel, unjust enriclunent, and abuse of rights. (4) Equitable standards for the allocation and sharing of resources and benefits. (5) Equity as a broad synonym for distributive justice used to justify demands for economic and social agreements and redistribution of wealth." 360 Vgl. aus der Fülle der hierzu erschienen Literatur Rawls, A Theory of Justice, S. 377 ff.; Bany, The Liberal Theory of Justice, S. 130 n:; Beitz, Political Theory, S. 125 ff.; Hoffmann, Duties beyond Borders, S. 141 fi. ; O'Neill, in: Held (Hrsg.), Political Theory Today, S. 276 ff.; Fisk, The State and Justice, S. 219 ff.; Nagel, Equality and Partiality, S. 169 ff.; Nardin, Law, Morality and the Relations of State, S. 255 ff.; Thompson, Justice and World Order. Zur Übertragung philosophischer Gerechtigkeitskonzeptionen auf das internationale Rechtssystem vgl. ausführlich Bleckmann, Allgemeine Staats- und Völkerrechtslehre, S. 857 tf.; ders., Grundprobleme und Methoden, S. 263 ff.; Franck, Notre Dame Law Review 64 (1989), S. 945 ff. ; Franck!Hawkins, Michigan Journal of International Law 10 (1989), S. 127 tr.; D'Amato, Denver Journal of International Law and Policy 5 (1975), S. 525; Skubik, Denver Journal of International Law and Policy 14 (1986), S. 231 ff.; Dinstein, Derecho Comparado 7 (1988), S. 3 ff.
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kann, so heißt dies noch lange nicht, daß damit auch seine spezifische rechtliche Wirkungsweise und insbesondere sein Verhältnis zu anderen Normen des Völkerrechts geklärt sind361 . Probleme entstehen bereits bei der Frage, welcher der in Art. 38 Abs. 1 IGH-Statut genannten formellen Völkerrechtsquellen die Prinzipien zuzuordnen sind. Die herrschende Meinung in der Literatur vertritt die Auffassung, daß Völkerrechtsprinzipien entweder vertraglich oder gewohnheitsrechtlich anerkannt sein müssen, um rechtliche Bindungskraft entfalten zu können362 . Sie seien streng zu unterscheiden von den allgemeinen Rechtsgrundsätzen i. S. d. Art. 38 Abs. I c) IGH-Statut, wozu ausschließlich solche Prinzipien zählten, die den innerstaatlichen Rechtsordnungen mehr oder weniger aller Nationen gemeinsam sind und auf den zwischenstaatlichen Verkehr übertragen werden können363 (Beispiele hierfiir sind: der Grundsatz von Treu und Glauben einschließlich des Verbots des Rechtsmißbrauchs, die ungerechtfertigte Bereicherung, die allgemeinen Haftungsgrundsätze, das Verbot des Verstoßes gegen die guten Sitten oder die Grundsätze der Auslegung von Rechtsgeschäften). Demgegenüber will eine Reihe von Autoren den Anwendungsbereich des Art. 38 Abs. I c) IGH-Statut nicht ausschließlich auf die in foro domestico vorgefundenen Rechtssätze beschränkt wissen. Wenngleich die Entstehungs361 Insofern beklagt Schütz keineswegs zu Unrecht die "teilweise recht diffusen Qualifikationen in der Literatur", mit denen die allgerneine Geltung eines Rechtsprinzips der Solidarität zu begründen versucht wird, in: Solidarität im Wirtschaftsvölkerrecht, S. 109. Vgl. auch Benedek, ÖZöRV 36 (1986), S. 289 (294): "For the international lawyer it has become an increasingly difficult task to determine the exact legal value of those principles, their state of legal evolution and their range of application."; ebenso Riede/, Theorie der Menschenrechtsstandards, S. 336; Koskenniemi, Oikeustiedejurisprudentia 18 (1985), S. 117 (124). 362 Vgl. Virally, in: ders., Le droit internationalen devenir, S. 195 (206); ders., in: Sorensen (Hrsg.), Manual ofPublic International Law, S. 116 (144); Buirette-Maurau, La participation du Tiers-Monde, S. 66; Stoker, Das Prinzip des Common Heritage of Mankind, S. 143; Oppennann/Conlan, Ordo 41 (1990), S. 75 (83); Fastenrath, Lücken im Völkerrecht, S. 125 f.; Bemhardt, ZaöRV 36 (1976), S. 50 (52 ff.); Benedek, ÖZöRV 36 (1986), S. 289 (294 f.); Mössner, in: Seidl-Hohenveldem (Hrsg.), Lexikon des Rechts, Völkerrecht, S. 221 (222); Heintschel von Heinegg, in: lpsen, Völkerrecht, § 16, Rdnr. 40. 363 Geiger, Grundgesetz und Völkerrecht, S. 83; Strebe/, ZaöRV 36 (1976), S. 301 (339); Pathak, IJIL 19 (1979), S. 483 (491); Steinberger, in: lsensee/Kirchhof(Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. Vll, § 173, Rdnr. 18 f.; Bleckmann, Grundgesetz und Völkerrecht, S. 64; Schütz, Solidarität im Wirtschaftsvölkerrecht, S. 107; Seidl-Hohenveldem, Völkerrecht, Rdnr. 506 ff. ; Heintschel von Heinegg, in: lpsen, Völkerrecht, § 17, Rdnr. 1 und 3; vgl. hierzu auch Riede/, Theorie der Menschenrechtsstandards, S. 249 f. , Bassiouni, Michigan Journal oflnternationa1 Law 11 (1990), S. 768 (770 ff. ), und Vitanyi, RDGIP 86 (1982), S. 48 (103 ff.)jeweils m.w.N. 8 Kaltenborn
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geschichtedieser Norm eine derartige Interpretation nahelege364, schließe der Wortlaut andere mögliche Formen der Objektivierung solcher Grundsätze nicht aus: So seien nach Ansicht von Verdross/Simma "in den letzten Jahren allgerneine Rechtsgrundsätze außerhalb der nationalen Rechtsordnungen in der Weise entstanden, daß sich die Staaten in der UN-Generalversarnmlung durch inhaltlich übereinstimmende einseitige Erklärungen oder durch formlosen zwischenstaatlichen Konsens zu neuen Rechtsgrundsätzen bekennen, noch bevor diese in das Völkergewohnheitsrecht oder Vertragsrecht eingegangen sind. "365 Auch Mosler subsumiert solche Prinzipien, die nicht im Wege der Rechtsvergleichung zu gewinnen sind, sondern als Völkerrechtsprinzipien unmittelbar auf der internationalen Ebene zur Entstehung gelangen, unter den Terminus "allgemeine Rechtsgrundsätze": Er zählt hierzu "die mit der Struktur der Völkerrechtsgemeinschaft zusammenhängenden und den Verkehr zwischen den Rechtssubjekten betreffenden Grundsätze" 366 sowie diejenigen Prinzipien, "die nicht im normalen Rechtserzeugungsvorgang entwickelt werden konnten, weil keine ausreichende Zeit fiir eine kontinuierliche Praxis zur Verfügung steht, die aber gelten müssen, wenn die internationale Gesellschaft sich nicht selbst negieren will" 367 . Cassese plädiert ebenfalls fiir eine weite Auslegung des Begriffs "allgemeine Rechtsgrundsätze" 368 : Nachdem die meisten Privatrechtsanleihen aus den nationalen Rechtsordnungen mittlerweile Eingang in das Völkervertrags- bzw. Völkergewohnheitsrecht gefunden hätten -die in diesem Zusammenhang wichtigste Kodifikation stellt die Wiener Vertragsrechtskonvention dar-, habe Art. 38 Abs. 1 c) IGH-Statut seinen ursprünglichen Anwendungsbereich weitgehend eingebüßt. Eine zeitgemäße Interpretation dieser Vorschrift erfordere daher die Einbeziehung auch solcher Prinzipien, die entweder im Wege der Induktion durch Generalisierung einzelner, bereits bestehender völkerrechtlicher Vertrags- und Gewohnheitsnonnen gewonnen würden369 oder aber von den Staaten als grundlegende Verhaltens364 Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, § 606; ausftihrlich hierzu Bos, GYIL 20 (1977), S. 9 (33 ff.). 365 Verdross!Simma, ebd.. Ähnlich auch Zemanek, The Year Book ofWorld Affairs 19 (1965), S. 199 (208 ff.); Simma, Festschrift Zemanek, S. 95 (111 f.). 366 Mosler, ZaöRV 36 (1976), S. 6 (44). 367 Ebd.; ders., EPIL 7, S. 89 (101); vgl. hierzu Vitanyi, RDGIP 86 (1982), S. 48 (109) undRiedel, Theorie der Menschenrechtsstandards, S. 251 f. 368 Cassese, International Law in a Divided World, S. 173 f. 369 Zu diesem Verständnis der Völkerrechtsprinzipien als Verallgemeinerung einzelner Völkerrechtsregeln vgl. auch Fastenrath, Lücken im Völkerrecht, S. 126; Schwarzenberger, The lnductive Approach, S. 72 ff.; ders., RdC 117 (1966 I), S. I (66); Bleckmann, GYIL 28 (1985), S. 144 (152); Brownlie, Principles ofPublic International Law, S. 19; Koskenniemi, Oikeustiede jurisprudentia 18 (1985), S. 117 (142 ff.).
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standards der internationalen Gemeinschaft aufgestellt worden seien370. Cassese bezieht sich hierbei explizit auf die in der UNO-Charta und der FriendlyRelations-Declaration enthaltenen Völkerrechtsgrundsätze371 und schlägt damit die Brücke zu den fiir das Entwicklungsvölkerrecht maßgeblichen Prinzipien wie z. B. dem Grundsatz der zwischenstaatlichen Kooperation oder dem Solidaritätsgebot Ähnlich umstritten wie die Einordnung der Völkerrechtsprinzipien in den Rechtsquellenkatalog des Art. 38 IGH-Statut ist in der Völkerrechtstheorie auch die Bestimmung ihres Verbindlichkeitsgrades sowie ihrer spezifischen Wirkungsweise. Zwar gehen nur wenige Autoren soweit, den Prinzipien jegliche Narrnativität abzusprechen und lediglich konkrete Völkerrechtsregeln (ru/es) als bindendes Recht zu akzeptieren372 . Doch auch die gegenteilige Auffassung, welche den Völkerrechtsprinzipien unter bestimmten Umständen eine wunittelbare Rechtswirkung zugestehe 73, wird nicht von der Mehrheit der Völkerrechtler geteilt: So geht z. B. Tomuschat davon aus, daß ein Prinzip nicht ohne weiteres in vollem Umfang vollzugsfahi.g sei, insbesondere dann nicht, wenn es nicht bloß Unterlassungspflichten statuiere, sondern von den Normadressaten ein positives Tun verlange; es bedürfe vielmehr der Ausgestaltung und Konkretisierung durch Rechtsakte, die Anspruchsinhaber und Anspruchsschuldner in eindeutiger Weise festlegten374. Da sich der Betrachter eines "bloßen" Prinzips von vornherein bewußt sei, daß dieses noch der Um-
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Cassese, International Law in a Divided World, S. 174: "At present, in addition to the two traditional sources, it is possible to have recourse to those general principles which can be inferred by way of induction and generalization from conventional and customary rules of international law or which have been laid down by States for the purpose of setting out the fundamental standards of behaviour of the international community. The reference to the 'princip1es' laid down in Article 38 of the ICJ Statute should be interpreted to the effect that it adverts to the two categories just mentioned: if this were not the case Article 38 wou1d turn out to be meaning1ess, and, as such contrary to the principle on interpretation whereby in case of doubt a rule should be so construed as to be given a legal meaning and purport." 371 Ebd., S. 126 ff. 372 So z. B. Schwarzenberger, RdC 117 (1966 I), S. 1 (66); ders., Dynamics oflnternational Law, S. 2; Schwarzenberger!Brown, A Manual oflnternational Law, S. 17. 373 Bryde, in: ders. (Hrsg.), Neuordnung der Weltwirtschaft?, S. 29 (43); Koskenniemi, Oikeustiede jurisprudentia 18 (1985), S. 117 (132); vgl. in diesem Zusammenhang auch Benedek, ÖZöRV 36 ( 1986), S. 289 (296 ), der zwischen "programmatic (d. h. im konkreten Fallaufgrund ihrer Allgemeinheit bzw. Abstraktheit nicht anwendbaren) principles" und "operational principles" differenziert. 374 Tomuschat, GY1L 25 (1982), S. 85 (100); ähnlich auch Falterbaum, A VR 33 (1995), S. 245 (264). 37
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setzung, Ausgestaltung und Anpassung an die bestehenden faktischen Verhältnisse bedarf, sei die Berufung auf einen solchen Grundsatz politisch weit weniger wirksam als das Einfordern eines konkreten Rechts375 . Eine ähnliche Sichtweise vertritt Schütz: Ein Prinzip habe selbst keinen unmittelbar vollziehbaren Inhalt, bilde aber die Grundlage und Rechtfertigung für eine Konkretisierung des Rechts in Form von Vorschriften und Regeln376; insofern könne es über diese spezifischen, deduzierten Normen zwar unmittelbar Anspruchsgrundlage sein, allerdings nur unter der Voraussetzung, daß das Prinzip selbst auch Bestandteil des geltenden Völkerrechts ist und nicht etwa "nur 'soft /aw"'-Qualität besitze77 . Offen bleibt allerdings sowohl bei Tomuschat als auch bei Schütz die Frage, ob ein Völkerrechtsprinzip möglicherweise eine Verpflichtung zur Konkretisierung des Prinzipieninhalts durch speziellere Völkerrechtsnormen statuiert. Ebenso wenig geklärt ist das Problem, wie gegebenenfalls eine solche Konkretisierung aussehen müßte und ob sich dem Prinzip bereits Maßstäbe für die weitere Ausgestaltung der spezielleren Normen entnehmen lassen. Eine umfassende theoretische Ausarbeitung der verschiedenen Fragen, die sich in Bezug auf die Unterscheidung von Regeln und Prinzipien im internationalen Recht stellen, ist bislang - trotz der stetig zunehmenden Bedeutung der Rechtsprinzipien in der gegenwärtigen Völkerrechtsordung378 noch nicht erfolgt. Im folgenden soll daher der Versuch unternommen werden, einige der in der allgemeinen rechtstheoretischen Forschung erzielten Er375 Tomuschat, GYIL 25 (1982), S. 85 (101); siehe dazu auch Riede/, Theorie der Menschenrechtsstandards, S. 337 f., sowie allgemein zur politischen Wirkung von Rechtsprinzipien Virally, in: ders., Le droit internationalen devenir, S. 195 (198). 376 Schütz, Solidarität im Wirtschaftsvölkerrecht, S . 99. 377 Ebd., S. 100. 378 Nachdrücklich wird dies betont von Cassese, International Law in a Divided World, S. 128: "In the present world comrnunity, where States are divided economically, po1itically, and ideo1ogical1y to such an extent that their relations are daily beset with friction and tensions, the principles at issue possess tremendous importance, for they represent the only set of standards on which States are not fundamentally divided. They constitute the core of the 'rules of the game' on which all States basically agree and which allow a modicwn of relatively smooth international re1ations. The three major segments of the world comrnunity are aware of the existence of differences and of conflicting views on nwnerous international issues. These disagreements mak:e the principles all the more indispensable, for without them the world comrnunity would resemble a tower of Babel where, in addition to confusion and difficulties in comrnunication, there would be a Iot of dissent and contention. The principles make up the apex of the whole body of internationallegislation." Vgl. auch Falterbaum, AVR 33 (1995), S. 245 (263 f.); Mal/er, Die Chance der Kooperation, S. 39; Roessler, GYIL 21 (1978), S. 27 (59); Bassiouni, Michigan Journal of International Law 11 ( 1990), S. 768 (769 f. ).
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kenntnisse über die Wirkungsweise von Rechtsprinzipien auf das internationale Normengefüge zu übertragen, um auf diese Weise auch zu einem tieferen Verständnis der Grundstrukturen und Funktionen des Entwicklungsvölkerrechts zu gelangen. c) Geltung und Funktion der Prinzipien im Rechtssystem
Im Unterschied zur Völkerrechtstheorie beschäftigt sich die allgemeine rechtstheoretische Forschung bereits seit längerem intensiv mit dem Phänomen des "Rechtsprinzips". Spätestens seit der Kritik, die Ronald Dworkin an der rechtspositivistischen Theorie seines Lehrers H. L. A. Hart übte379, hat sich hier eine breite Diskussion über die Rolle der Prinzipien im Rechtssystem entwickele80. Ebenso wie Hans Kelsen vertritt Hart eine analytische Rechtstheorie, nach der sich das Rechtssystem als reines Regelmodell charakterisieren läßt und die rechtliche Geltung der Normen nach ausschließlich formellen bzw. empirischen Kriterien bestimmt werden kann381 • Während nach der Auffassung Kelsens die Nonnativität des Rechts auf einer vorausgesetzten Grundnorm beruht, derzufolge man sich so verhalten soll, wie es "einer tatsächlich gesetzten, im großen und ganzen wirksamen Verfassung und daher 379 Dworkin, Taking Rights Seriously, S. 22. Weiter ausgebaut hat Dworkin später seine Theorie in den Werken "A Matter of Principle" und "Law's Empire". Einen Einblick in die Debatte um die Thesen Dworkin's in der anglo-amerikanischen Rechtstl!eorie vermitteln die Aufsätze von Ball, Ratio Iuris 3 (1990), S. 340 tl'., und Utz, Ratio Iuris 5 ( 1992 ), S. 23 ff. Aus dem deutschsprachigen Schrifttum vgl. u. a. Bittner, Recht als interpretative Praxis, S. 114 ff.; Sieckmann, Regelmodelle und Prinzipienmodelle, S. 54 ff.; Alexy, Rechtstl!eorie Beiheft I (1979), S. 59 ff.; Ott, Der Rechtspositivismus, S. 178 ff.; Weinberger, Gedächtnisschrift Marcic, S. 497 fl'.; Dreier, NJW 1986, S. 890 (892 f ); Habermas, Fak1izität und Geltung, S. 248 ff. 380 Wenn auch die Arbeiten Dworkin's heute im Zentrum der rechtstl!eoretischen Prinzipiendiskussion stehen, so ist dieser jedoch nicht der erste Theoretiker, der diesem Thema grundlegende Untersuchungen widmete. Bereits Anfang der 20er Jahre hat Benjamin Cardozo in seiner Schrift "The Nature of tl!e Judicial Process" auf die Bedeutung der Prinzipien im amerikanischen Rechtsdenken hingewiesen und eine entsprechende Metl!odologie entwickelt (vgl. Fikentscher, Methoden des Rechts, Bd. II, S. 82 f, S. 242 ff. ). Eines der wichtigsten europäischen Werke auf diesem Gebiet stellt das 1956 veröffentlichte Buch von Josef Esser "Grundsatz und Norm in der richterlichen Fortbildung des Privatrechts" dar. Zur Prinzipiendiskussion vor Dworkin vgl. darüber hinaus die Nachweise bei Alexy, Rechtstheorie Beiheft I (1979), S. 59 (64 tf.). Zur Terminologie ist anzumerken, daß anstelle .von "Rechtsprinzipien" häutig auch von "Rechtsgrundsätzen" gesprochen wird, vgl. Penski, JZ 1989, S. I 05. Inhaltliche Unterschiede ergeben sich hieraus i. d. R. jedoch nicht. 381 Sieckmann, ARSP 78 (1992), S. 145 (154).
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den gemäß dieser Verfassung tatsächlich gesetzten, im großen und ganzen wirksamen Normen" entspriche82, erblickt sein Oxf"order Kollege den Geltungsgrund der Rechtsnormen in einer von den Rechtsanwendungsorganen anerkannten obersten Erkennungsregel, der sog. ultimate rule of recognition383. Aufgrund dieser Erkennungsregel könnten die der Rechtsordnung zuzuordnenden Normen identifiziert werden und von anderen sozialen Regeln wie z. B. denen der Moral - abgegrenzt werden. Hinsichtlich der auf diese Weise feststellbaren Rechtsnormen unterscheidet Hart weiterhin zwischen sog. Primär- und Sekundärregeln384: Zu den erstgenannten zählt er diejenigen Regeln, die das Verhalten der Mitglieder einer Rechtsgemeinschaft normieren, ihnen also bestimmte Rechte verleihen bzw. Pflichten auferlegen; sekundäre Regeln sind hingegen solche, die die Festsetzung, Modifikation und Anwendung der Primärregeln bestimmen. Normen, die sich nicht in dieses Regelsystem einordnen lassen, gehören nach Ansicht Hart's nicht der Rechtsordnung an. Wenn daher der Rechtsanwender einen Fall zu beurteilen hat, in dem ihm das Recht keinen konkreten Maßstab an die Hand gibt - etwa weil keine einschlägigen Regeln existieren oder diese zu vage sind-, dann könne er nur nach außerrechtlichen Maßstäben entscheiden und besitze insofern einen Ermessensspielraum385. In derartigen "schwierigen Fällen" (sog. hard cases) werde also notwendigerweise eine neue Regel geschaffen und nicht auf eine bereits bestehende Verpflichtung rekurriert. An dieser Stelle setzt Dworkin's Kritik ein386: Auch in schwierigen Fällen existiert nach seiner Auffassung eine von der Rechtsordnung vorgesehene, allein richtige Entscheidung. Das Rechtssystem bestehe nämlich nicht nur aus Regeln, sondern beinhalte darüber hinaus Prinzipien, welche - ebenso wie die Regeln - rechtlich verbindlich seien. Sofern eine Entscheidung aufgrund von Regeln nicht getroffen werden könne, müsse sie anband der jeweils einschlägigen Prinzipien vorgenommen werden. Dworkin versteht Regeln und Prinzipien als zwei logisch voneinander zu unterscheidende Arten von Rechtsnormen387 : Regeln seien in einer "Alles- oder Nichts-Weise" anwendKelsen, Reine Rechtslehre, S. 219. Hart, The Concept ofLaw, S. 92, S. 97 ff. Zu Problemen, die sich bzgl. der Anerkennung der obersten Erkennungsregel nach der Konzeption Harls ergeben vgl. Sieclanann, Regelmodelle und Prinzipienmodelle, S. 118 ff. m.w.N. 384 Hart, The Concept ofLaw, S. 77 ff. 385 Ebd., S. 121 ff. 386 Vgl. zum Folgenden: Dworkin, Taking Rights Seriously, S. 22 ff. 387 Die logische, nicht bloß graduelle Unterscheidbarkeil der beiden Normtypen wird auch als "starke Trennungsthese" bezeichnet. Vertreter einer "schwachen Trennungsthese" verwenden das Kriterium der Generalität als Abgrenzungsmerkmal zwi382 383
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bar, d. h. wenn eine gültige Regel in einem konkreten Fall für einschlägig erachtet wird, müsse die von ihr geforderte Rechtsfolge auch akzeptiert werden; ist die Regel hingegen nicht gültig, dann habe sie auf die Entscheidung auch keinen Einfluß388 • Gegen eine solche Beschreibung der Normstruktur spreche auch nicht die Tatsache, daß Regeln Ausnahmen haben könnten, denn diese seien - zumindest theoretisch - aufzählbar und somit Bestandteil einer vollständigen Formulierung der Regee89• Prinzipien zeichneten sich demgegenüber durch eine hiervon deutlich zu unterscheidende Funktionsweise aus: Anders als bei einer Regel treten nach Auffassung Dworkin's die von einem Prinzip statuierten Rechtsfolgen nicht automatisch ein, selbst wenn dessen tatbestandliehe Voraussetzungen gegeben sind. Prinzipien enthalten danach lediglich Gründe, die ftir oder gegen eine bestimmte Entscheidung sprechen, sie jedoch nicht zwingend festlegen 390• Wenn zwei Prinzipien miteinander in Konflikt geraten- die in ihnen enthaltenen Argumente also in unterschiedliche Richtungen weisen-, dann gebe das Prinzip mit dem relativ größeren Gewicht den Ausschlag, ohne daß das andere Prinzip dadurch seine Gültigkeit verliere; vielmehr seien bei anderen Fallgestaltungen auch andere Gewichtungen mit entsprechenden Vorrangkonstellationen denkbar. Eine hiermit vergleichbare "Dimension des Gewichts" fehle hingegen den Regeln: Wenn diese mitein~nder kollidieren, könne stets nur eine von ihnen gültig sein. Die Entscheidung darüber, welche der jeweils einschlägigen Regeln im konkreten Fall gilt, ließe sich aufgrund anderer Normen - z. B. der Iex posterior derogat legi priori-Regel - oder der Wichtigkeit der den Regeln zugrundeliegenden bzw. sie stützenden Prinzipien treffen391 • Im deutschsprachigen Schrifttum hat Robert Alexy die Thesen Dworkin's aufgenommen und darauf aufbauend eine eigene Prinzipientheorie entwik-
sehen Regeln und Prinzipien; insofern sehen sie ebenfalls einen logischen Unterschied, welcher jedoch lediglich gradueller Natur ist. Verneint wird die logische Unterscheidbarkeit von Autoren, die der sog. "Übereinstimmungsthese" folgen; vgl. zwn Ganzen Alexy, Rechtstheorie Beiheft 1 (1979), S. 59 (64 t:), und Sieckmann, Regelmodelle und Prinzipienmodelle, S. 52 f. m.w.N. 388 Dworkin, Taking Rights Seriously, S. 24. Kritisch hierzu Alexy, Rechtstheorie Beiheft 1 (1979), S. 59 (68 ff.), und Koch, ARSP Beiheft 37 (1990), S. 152 (153). 389 Dworkin, Taking Rights Seriously, S. 25. 390 Ebd., S. 25 f. 391 Ebd., S. 27. Kritik an der "Dimension des Gewichts" als Kriteriwn zur Unterscheidung von Prinzipien und Regeln üben MacCormick, Legal Reasoning, S. 155 f. und Raz, Yale Law Journal 8I (I972), S. 823 (834); vgl. hierzu Sieckmann, Regelmodelle und Prinzipienmodelle, S. 60 f.; Bayles, Principles of Law, S. I I.
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kelt392 . Auch Alexy lehnt ein reines Regelmodell ab und sieht Prinzipien als dem Rechtssystem zugehörig an. Zwar hält er das "Alles- oder Nichts"K.riterium fur ungeeignet zur Unterscheidung von Prinzipien und Regeln393, jedoch stimmt er mit Dworkin darin überein, in dem unterschiedlichen Kollisionsverhalten der beiden Normtypen ein brauchbares Abgrenzungskriterium zu sehen. Prinzipienkollisionen und Regelkonflikte seien auf kategorial verschiedenen Ebenen anzusiedeln: Im Falle konfligierender Regeln müßte regelmäßig über deren Zugehörigkeit zur Rechtsordnung entschieden werden; Prinzipienkollisionen fanden hingegen innerhalb der Rechtsordnung statt und seien dahingehend aufzulösen, daß das Prinzip mit dem jeweils größeren Gewicht vorgehe, ohne daß dadurch das zurücktretende Prinzip generell fur ungültig erklärt würde394 . Nach Alexys Auffassung können sich dabei Prinzipien sowohl auf individuelle Rechte als auch auf kollektive Güter beziehen; hierin unterscheidet er sich wiederum von Dworkin, der in diesem Zusammenhang unterschiedliche Begriffe (Prinzipien i. e. S. bzw. policies i. S. v. Zielbestimmungen) benutzt, damit jedoch keine Abweichungen hinsichtlich der logischen Eigenschaften beider Normarten verbindee95. Zur Kennzeichnung der besonderen Wirkungsweise von Rechtsprinzipien gegenüber Rechtsregeln fuhrt Alexy den Begriff des Optimierungsgebotes ein: "Der ftlr die UnterscheidWlg von Regeln Wld Prinzipien entscheidende Punkt ist, daß Prinzipien Normen sind, die gebieten, daß etwas in einem relativ auf die rechtlichen Wld tatsächlichen Möglichkeiten möglichst hohen Maße realisiert wird. Prinzipien sind demnach OptimierW1gsgebote, die dadurch charakterisiert sind, daß sie in Wlterschiedlichen Graden erftU1t werden können Wld daß das gebotene Maß ihrer ErftU1Wlg nicht nur von den tatsächlichen, sondern auch von den rechtlichen 392 Vgl. Alexy, Rechtstheorie Beiheft 1 (1979), S. 59 ff.; ders. , Theorie der GrWldrechte, S. 71 ff.; ders., ARSP Beiheft 25 (1985), S. 13 ff.; ders. , Rechtstheorie 18 (1987), S. 405 (407 ff.). Weitere Autoren aus dem deutschen Sprachraum, die sich in der jüngeren Vergangenheit mit dem Phänomen "Rechtsprinzipien" befaßt haben, sind u. a. Larenz, Methodenlehre, S. 421 ff. Wld S. 474 ff.; Bydlinski, FW1damenta1e Rechtsgnmdsätze; Penski, JZ 1989, S. 105 ff.; Sieckmann, Regelmodelle Wld Prinzipienmodelle; Weinberger, Recht, Institution und Rechtspolitik, S. 119 ff.; ders., Gedächtnisschrift Marcic, S. 497 (503 ff.); ders. , Norm Wld Institution, S. 95 ff. ; Höffe, Kategorische Rechtsprinzipien; Petev, ARSP 74 (1988), S. 348 (354 ff.). 393 Alexy, ARSP Beiheft 25 (1985), S. 13 (16 f.); ders., Rechtstheorie Beiheft 1 (1979), S. 59 (68 ff.). 394 Alexy, Theorie der GrWldrechte, S. 79; ders., ARSP Beiheft 25 (1985), S. 13 (17 u. 19). Als Beispiele ftlr die Lösung von Prinzipienkonflikten dienen Alexy die Güterabwägungen des Bundesverfassungsgerichts im Falle kollidierender GrWldrechtsnormen ( ebd. ). Zum Kollisionsverhalten von Prinzipien vgl. auch Koch, ARSP Beiheft 37 (1990), S. 152 (154). 395 Alexy, Theorie der GrWldrechte, S. 98 f.
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Möglichkeiten abhängt. Der Bereich der rechtlichen Möglichkeiten wird durch gegenläufige Prinzipien und Regeln bestimmt. Demgegenüber sind Regeln Nonnen, die stets nur entweder erfullt oder nicht erfullt werden können. Wenn eine Regel gilt, dann ist es geboten, genau das zu tun, was sie verlangt, nicht mehr und nicht weniger. Regeln enthalten damit Festsetzungen im Raum des tatsächlich und rechtlich Möglichen. "396
Während Regeln somit als "reales Sollen" beschrieben werden können, verkörpern Prinzipien ein "ideales Sollen", das "nicht voraussetzt, daß das, was gesollt ist, rechtlich möglich ist, das dafur aber möglichst weitgehende oder approximative Erfiillung verlangt."397 Die Qualifizierung der Rechtsprinzipien als Optimierungsgebote bzw. "ideales Sollen" deckt sich dabei annähernd mit dem, was andere Autoren als den programmatischen, richtungsweisenden oder auch teleologischen Charakter der Prinzipien bezeichnen398 • Wenn man folglich mit Alexy davon ausgeht, daß ein Prinzip die möglichst weitgehende Realisierung eines Ideals gebietet und damit auf der Ebene der Rechtsanwendung im Zusammenwirken mit anderen Normen die Einführung von Abwägungsverfahren erforderlich macht, darf dies jedoch nicht zu dem Fehlschluß fuhren, daß der Verbindlichkeitsgrad der Rechtsprinzipien geringer als derjenige der Regeln einzuschätzen wäre. Die Übertragung des Prinzipienmodells auf das deutsche Verfassungsrecht, welche Alexy mit seiner Interpretation der Grundrechte als Optimierungsgebote vomimme99, zeigt vielmehr deutlich, daß Prinzipien hinsichtlich ihrer normativen Wirkung und Verbindlichkeit den Rechtsregeln keineswegs nachgeordnet sind. Zu Recht weist daher auch Weinherger darauf hin, daß es beim Vergleich zwischen Prinzipien und Regeln nicht um ein "Mehr- oder Weniger-Gelten" geht, sondern um den Ebd., S. 75 f. Alexy, Rechtstheorie Beiheft 1 (1979), S. 59 (81); vgl. auch Peczenik, On Law and Reason, S. 74 ff. 398 Vgl. Atienza/Ruiz Manero, in: Festschrift Garzon Va/des, S. 109 (112); Penski, JZ 1989, S. 105 (107); Larenz, Methodenlehre, S. 421; Sieckmann, Regelmodelle und Prinzipienmodelle, S. 78; Weinberger, Gedächtnisschrift für Marcic, S. 497 (507). Wenn im folgenden Alexys Prinzipientheorie als Grundlage der weiteren Untersuchung dient, so soll gleichwohl angemerkt sein, daß diese Theorie nicht unwidersprochen geblieben ist. Kritisch insbesondere hinsichtlich der von Alexy eingefilhrten Kriterien zur Unterscheidung von Regeln und Prinzipien bzw. Optimierungsgeboten äußern sich z. B. Günther, Der Sinn für Angemessenheit, S. 269 ff. (vgl. hierzu die Erwiderung von Alexy im ARSP Beiheft 37 (1990), S. 9 (22, Fn. 45); Habermas, Faktizität und Geltung, S. 255; Penski, a.a.O. , S. 109 f., und Atienza/Ruiz Manero, a.a.O., S. 109 (116 f.). Eine Weiterfilhrung der Gedanken Alexys und teilweise Modiflzierung seiner Prinzipientheorie fmdet sich bei Sieckmann, a.a.O. , S. 65 ff.; vgl. auch dens., ARSP 78 (1992), S. 145 (151 f.). 399 Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 87. 396
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spezifischen Sinn der Nonnen, welcher jeweils unterschiedliche Fonneo der Anwendung impliziert400. Die Frage, ob eine Nonn eher dem sofl/aw oder bereits dem hard law angehört, ist unabhängig von der jeweiligen Nennstruktur (Prinzip oder Regel) und der sich hieraus ergebenden Geltungsweise (Optimierungsgebot oder definitive Anordnung) zu beurteilen. Rechtsprinzipien können ebenso wie Rechtsregeln dem hard law zuzurechnen sein, sofern sie eine entsprechende gesetzliche, vertragliche oder gewohnheitsrechtliche Anerkennung im Rechtssystem gefunden haben. d) "Völkerrechtliche Optimierungsgebote" als Instrumente des Nord-Sud-Dialogs
Überträgt man nun die von Alexy entwickelte Prinzipientheorie auf die internationale Nonnenordnung, dann lassen sich Völkerrechtsprinzipien wie folgt definieren: Völkerrechtsprinzipien sind auf einen internationalen Sachverhalt bezogene Optimierungsgebote, die bestimmen, daß ein als Zielvorgabe beschriebener Zustand in einem - gemessen an den tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten der beteiligten Völkerrechtssubjekte - möglichst hohem Maße realisiert werden soll.
Ein solches Verständnis des völkerrechtlichen Prinzipienbegriffs ermöglicht nicht nur eine klare Unterscheidbarkeil der verschiedenen Normtypen im internationalen Rechtssystem, sondern kommt auch denjenigen entgegen, die der Anerkennung insbesondere entwicklungsvölkerrechtlicher Grundsätze 400 Weinberger, Recht, Institution und Rechtspolitik, S. 121. Noch weitergehend Wroblewski, Ratio Iuris 3 (1990), S. 100 (110), der einen generellen Vorrang der Rechtsprinzipien gegenüber den Regeln annimmt: 11The role of the PLP (=positive law principles, Amn. des Verf.) as a justificatory argument is different from the role of SL-rules (=sensu strictu legal rules, Amn. des Verf.) only in sofaras the PLP prevail over or are more important arguments than a reference to SL-rules. They prevail when there is a question of contlict of legal rules. They are more important when they are taken into account in interpretation. 11 Vgl. auchPetev, Ratio Iuris 5 (1992), S. 104 (108): 11According to an institutional-realistic conception, to which I subscribe, 1aw appears tobe an (institutionally) organized whole of social relationships that is govemed by a set of principles and rules. The constitutional principles, dominating the entire legal system, make rationally consistent legal decisions on alllevels possible, not only because oftheir (formal) priority in the legal system but also because oftheir firr reaching content. 11
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eher skeptisch gegenüberstehen, weil sie hierin eine mögliche Rechtsgrundlage für konkret einklagbare Leistungspflichten (z. B. die Pflicht zur Gewährung von Entwicklungshilfe in Höhe eines exakt zu ermittelnden Betrages) vermuten. Diese Befürchtung erweist sich als unbegründet, wenn man ein Völkerrechtsprinzip als Optimieriungsgebot i. S. d. vorgeschlagenen Definition begreift: Rechtlich geboten ist dann nämlich "lediglich" eine generelle Optimierung des status quo, d. h. die arn Prinzipienziel orientierte Weiterentwicklung des in einem bestimmten Zeitpunkt vorgefundenen Zustandes; die konkrete Ausgestaltung dieses Optimierungsvorganges - also insbesondere die Instrumente, mit denen das vorn Prinzip her vorgegebene Ziel erreicht werden soll, der Zeitrahrnen, der für die Umsetzung der Zielvorgabe in die Praxis benötigt wird bzw. als ausreichend erachtet wird, oder aber auch die Frage, wer in welchem Maße Gläubiger bzw. Schuldner des in dem Prinzip enthaltenen Rechtsanspruchs ist - bleibt hingegen einer spezielleren völkerrechtlichen Regelung, die zumeist vertraglicher Art sein wird, vorbehalten401 . Dies bedeutet jedoch nicht, daß das Völkerrechtsprinzip selbst keinerlei konkrete normative Aussage beinhaltet: Auch ohne Hinzutreten vertrags- oder gewohnheitsrechtlicher Detailregelungen ergeben sich aus einem "völkerrechtlichen Optimierungsgebot" exakt bestimmbare Rechtsfolgen, und zwar l . die Verpflichtung der Staaten, in konstruktive Verhandlungen über eine rechtliche Konkretisierung des Prinzips einzutreten, wobei die angestrebten Einzelregelungen gemäß den in dem Prinzip enthaltenen Zielvorgaben ausgestaltet sein müssen bzw. ihnen nicht offensichtlich zuwiderlaufen dürfen402; sowie 2. die Verpflichtung der Staaten, sich aller (rechtlichen und faktischen) Maßnahmen zu enthalten, die der Verwirklichung des Zieles, welches durch
401 Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, daß einzelne Elemente dieses Optimierungsvorganges oftmals bereits durch vertrags- oder gewohnheitsrechtliche Nonnen vorgegeben sind, die sich gewissermaßen als "Nebenprodukt" zum Entstehungsprozeß eines Völkerrechtsprinzips herausgebildet haben. Im Regelfall wird man also zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht nur die völkerrechtliche Geltung eines Prinzips feststellen können, sondern zugleich auch das Bestehen (oder doch zumindest "Entstehen") konkreter völkerrechtlicher Ausgestaltungen dieses Prinzips. Als Beispiele hierfilr lassen sich die zahlreichen bi- und multilateralen Entwicklungshilfeverträge und Kooperationsabkommen zwischen Industrie- und Entwicklungsländern benennen, die den Entstehungsprozeß bestimmter entwicklungsvölkerrechtlicher Grundsätze (z. B. des .Solidaritätsprinzips oder des Rechts auf Entwicklung) begleitet und gefördert haben. Zur gegenseitigen Beeinflussung von Prinzipien und Einzelrechtsnormen vgl. auch Bleckmann, GYIL 28 (1985), S. 144 (152). 402 Dicke, Zeitschrift ft1r Gesetzgebung 3 (1988), S. 213 (221 f.); vgl. auch Bennouna, Droit international du developpement, S. 96 ff.
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IV. Rechtstheoretische Aspekte des Nord-Süd-Dialogs
das Völkerrechtsprinzip vorgegeben ist, entgegenwirken403 • Hierunter lassen sich sowohl diejenigen Handlungen bzw. Rechtsakte fassen, die im Ergebnis auf eine weitere Entfernung von der Zielvorgabe hinauslaufen, als auch solche, die den grundsätzlich als änderungsbedürftig befundenen Status quo weiter konsolidieren404. "Völkerrechtlichen Optimierungsgeboten" lassen sich somit auf der Rechtsfolgenseile klar umrissene Handlungsanweisungen entnehmen, die auch soweit sich die betreffenden Völkerrechtssubjekte einer entsprechenden Gerichtsbarkeit unterwerfen würden - in letzter Konsequenz justitiabei wären. Sieht man einmal von den methodologischen Problemen ab, mit denen sich ein Richter oder sonstiger Rechtsanwender bei der Interpretation jeglicher Formen internationalen oder innerstaatlichen Rechts konfrontiert sieht (z. B. Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe, Lückenfiillung, Güterabwägung usw.) und die naturgemäß die Anwendung von Rechtsgrundsätzen in besonders hohem Maße betreffen, so unterscheidet sich der normative Gehalt bzw. Grad rechtlicher Verbindlichkeit eines Völkerrechtsprinzips in keinerlei Hinsicht von dem einer jeden anderen Rechtsnorm. Wenn daher in der völkerrechtstheoretischen Literatur grundsätzlich zu Recht auf das Problem hingewiesen wird, "daß man sich trotz allseitiger Anerkennung eines Rechtsprinzips in einer wertpluralistischen und politisch gespaltenen Welt noch lange nicht ohne weiteres aufkonkrete Folgerungen aus diesem Prinzip wird einigen können" 405 , dann trifft diese Einschätzung nach der hier vorgeschlagenen Definition des Völkerrechtsprinzips nur für einen Teil der Rechtsfolgenseite nämlich den der jeweilig "positiv" aufgegebenen materiell-rechtlichen Ausgestaltung - zu. Der andere Teil, welcher sich aus den prozeduralen Konsequenzen (Verhandlungs- und Konkretisierungsgebot) sowie den "negativen" materiell-rechtlichen Folgerungen (Verbot von Maßnahmen, die dem Erreichen des Optimierungsziels entgegenwirken) zusammensetzt, ist im Regelfall für die Rechtsanwendung ausreichend konkret bestimmt oder doch zumindest unter Vgl. Bryde, in: ders. (Hrsg.), Neuordnung der Weltwirtschaft?, S. 29 (43). Aktuelle Bedeutung hat dies z. B. fur die Frage, ob ein EntwicklWlgshilfegeber, der das bereits seit langem konsentierte 0,7 o/o-Ziel (siehe oben Kap. ill. I. b) ee) bei Fn. 99) noch nicht erreicht hat, eine Verringeroog der von ihm bereitgestellten Finanzmittel fur die öffentliche EntwicklWlgszusammenarbeit beschließen darf. Nach der hier vertretenen AuffassWlg müßte ein solches Verhalten als völkerrechtswidrig eingestuft werden, da es im Widerspruch zu den sich aus den Prinzipien der Kooperation, der Solidarität sowie aus dem Recht auf EntwicklWlg ergebenden völkerrechtlichen Verpflichtungen steht. 405 Fastenrath, Lücken im Völkerrecht, S. 132; vgl. auch Schütz, Solidarität im Wirtschaftsvölkerrecht, S. 99; Koskenniemi, Oikeustiede jurisprudentia 18 (1985), S. 117 (159). 403
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2. Rechtsgeltung lmd Funktion völkerrechtlicher Prinzipien
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Anwendung der gängigen rechtsrnethodologischen Techniken als hinlänglich bestimmbar zu qualifizieren. Zusätzliche Schwierigkeiten ergeben sich allerdings dann, wenn ein bestimmtes Völkerrechtsprinzip nicht isoliert auf einen Sachverhalt angewandt werden kann, sondern in Konkurrenz zu anderen, ebenfalls im konkreten Fall zu berücksichtigenden Prinzipien gerät. Nach Alexy's Theorie muß in einem solchen Fall eine Abwägung zwischen den miteinander konfligierenden Prinzipien erfolgen406 . Da sich aus Völkerrechtsprinzipien, die vorn Konsens der Staatengemeinschaft getragen sind und deshalb dem hard law zugerechnet werden können, konkrete (prozedurale und "negativ" materiell-rechtliche) Rechtsfolgen ergeben, bleibt auch dem Völkerrechtler im Falle einer Prinzipienkollision die Abwägung nicht erspart407 • Im Hinblick auf die Anwendung der entwicklungsvölkerrechtlichen Prinzipien stellt sich dabei vor allem die Frage, inwieweit diese durch den Grundsatz der souveränen Gleichheit der Staaten (Art. 2 Abs. 1 der UNO-Charta) eine Einschränkung erfahren. Von einigen Autoren wird die Auffassung vertreten, daß hierin eine der wesentlichen Hürden fur die Durchsetzung entwicklungsvölkerrechtlicher Ansprüche zu erblicken ist. Da im Wege der systematischen Auslegung der UNOCharta auch das Prinzip der souveränen Gleichheit zu berücksichtigen sei, könne man aus dem ebenfalls in der Charta enthaltenen Wohlfahrtsforderungsgebot allenfalls bestimmte entwicklungsspezifische Verhaltensschranken bzw. Unterlassungspflichten herleiten, nicht jedoch konkrete positive Leistungspflichten408 . Eine solche Sichtweise, die den Souveränitätsgrundsatz gewissermaßen als "Gegenvektor" zu den Prinzipien des Entwicklungsvölkerrechts begreift, berücksichtigt jedoch nicht hinreichend den Wandel, den der Begriff "Souveränität" im modernen Kooperationsvölkerrecht erfahren hat: Während die traditionelle Völkerrechtstheorie noch davon ausging, daß das Souveränitätsprinzip den Staaten eine umfassende Handlungsfreiheit einräume, welche lediglich in bestimmten, ausdrücklich anerkannten Fällen durch
Siehe oben Kap. IV. 2. c) bei Fn. 394. Allgemein zur Kollision von Völkerrechtsprinzipien: Schachter, RdC 109 (1963 TI), S. 165 (192); Koskenniemi, Oikeustiede jwisprudentia 18 (1985), S. 117 (129 ff.); Falterbaum, AVR 33 (1995), S. 245 (264); Bleckmann, in: Simma (Hrsg.), Charta der Vereinten Nationen, Kommentar, Art. 2 Ziff. 1, Rdnr. 10; Singh, in: Roberts/Kingsbury (Hrsg.), United Nations, Divided World, S. 384 (416). 408 Schatz, Solidarität im Wirtschaftsvölkerrecht, S. 106; vgl. auch Cassese, International Law in a Divided World, S. 163; Chemillier-Gendreau, in: Snyder/Siinn (Hrsg.), International Law of Development, S. 57 (64); Kwakwa, Georgia Journal of Internationaland Comparative Law 17 (1987), S. 431 (455). 406
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das Völkerrecht begrenzt sei409, setzt sich heute zunehmend die Erkenntnis durch, daß angesichts der stetig wachsenden Interdependenz der Staaten eine derartige allgemeine Handlungsfreiheit nicht nur rein faktisch überholt sei410, sondern sich auch völkerrechtstheoretisch nicht nachweisen lasse. In seiner Untersuchung zu den "Lücken im Völkerrecht" hat Fastenrath jüngst diesen Wandlungsprozeß in der Interpretation des völkerrechtlichen Souveränitätsbegriffs herausgearbeitet: "Der übersteigerten Souveränitätslehre mit dem Prinzip der Handlungsfreiheit liegt ein überholtes, sehr mechanisches Weltbild zugrunde, wonach sich die Weltgesellschaft aus voneinander geschiedenen, freien Partikeln (Staaten) zusammensetzt, die nach festen Regeln miteinander in Verbindung stehen. Das ist die Welt der Koexistenz der Staaten. In dem Maße, in dem es um Kooperation, die gemeinsame Bewältigung gemeinsamer Aufgaben, das Miteinander statt des Gegeneinander geht, kann das Prinzip der Handlungsfreiheit nicht mehr uneingeschränkt gelten. Aus dem Souveränitätsprinzip folgt also nicht so sehr die Gewährung rechtlicher Handlungsfreiheit als die Regel, daß Völkerrecht nur insoweit besteht, als die Staaten Rechtssätze aufgestellt haben; außerhalb dieses Bereichs liegt ein rechtsfreier Raum."411
409 So der StiGH im sog. "Lotus-Fall", PCD Ser. A., No. 10, S. 18 f.; vgl. auch die Nachweise bei Bleckmann, ÖZöRV 29 (1978), S. 173 (174 ff.). Allgemein zur geschichtlichen Entwicklung des Souveränitätsprinzips siehe Quaritsch, A VR 17 (1977178), S. 257 ff.; Pieper, JA 1995, S. 988 (991 f.); Steinberger, EPIL 10, S. 397. 410 Vgl. Seide/mann, in: Nohlen (Hrsg.), Lexikon der Politik, S. 493 (494 f.): "In den Internationalen Beziehungen wird der Souveränitätsbegriff im Gegensatz zum Völkerrecht kaum mehr verwendet. Er gilt als ordnungs- und realpolitisch überholt. ... Souveränität von Nationalstaaten wird dabei nicht nur als nicht wünschenswert, sondern auch als real nicht vorhanden bezeichnet. Neben der Rolle transnationaler Konzerne und des privaten Kapitalverkehrs wird auf die zunehmende militärische, wirtschaftliche und politische Interdependenz, die Globalisierung von Information und die leichte Internationalisierung selbst lokaler und innerer Konflikte (z. B. Nahost) verwiesen. Die politische Realanalyse geht vielmehr von Handlungsspielräumen, Abhängigkeitsbilanzen und Verflechtungshierarchien aus, innerhalb derer der Nationalstaat die Inhalte, Instrumente, Strategien und auch die Reichweite seiner Politik bestimmen kann. Der Souveränitätsbegriff ist also durch ein in sich differenziertes und gradualistisches Konzept von Einflußmöglichkeiten im und auf das internationale System abgelöst worden." Vgl. auch Narr/Schubert, Weltökonomie, S. 155 ff. und S. 256 ff.; Lapidoth, Journal of International Affairs 45 (1992), S. 325 (334 f.); Czempiel, Weltpolitik im Umbruch, S. 86 ff.; Beitz, in: Held (Hrsg.), Political Theory Today, S. 236 (242); Koskenniemi, From Apology to Utopia, S. 201 f. 411 Fastenrath, Lücken im Völkerrecht, S. 246. Zur näheren rechtstheoretischen Begründung sei auf die diesbezUgliehen Ausfuhrungen Fastenraths verwiesen, ebd., S. 239-248.
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Auf die Notwendigkeit, den Souveränitätsbegriff im Zeitalter des Kooperationsvölkerrechts neu zu deuten, hat auch wiederholt Bleckmann hingewiesen: "Typisch ft1r das Kooperationsvölkerrecht ist, daß sich heute runfassende und wichtige Allgemeininteressen der gesamten Völkerrechtsgemeinschaft entwickeln. Selbst wenn man das Allgemeininteresse der Völkerrechtsgemeinschaft als Swnme der Nationalinteressen seiner Mitgliedstaaten defmiert - eine andere Defmition ist angesichts der nur lockeren Integration der Völkerrechtsgemeinschaft auch heute wohl kawn möglich-, hat sich die Lage im Verhältnis zwn Koexistenzvölkerrecht erheblich verschoben. Denn im Gegensatz zwn Koexistenzvölkerrecht richtet sich das Allgemeininteresse der Völkerrechtsgemeinschaft heute nicht mehr nur auf den Schutz der Souveränität, sondern auch auf die Durchsetzung der Wohlfahrtsinteressen der Völker. Das hat zur Folge, daß die aus dem Souveränitätsprinzip entwickelten Kompetenzen heute weitgehend nicht mehr als Selbstzweck, sondern nur als Mittel zur Durchsetzung der Allgemeininteressen begriffen werden. ... Zunehmend begründet das Völkerrecht kein Bündel subjektiver Rechtsverhältnisse mehr, sondern stellt sich dar als im Allgemeininteresse liegendes objektives Recht. Das aber bedeutet, daß die Handlungsfreiheit der Staaten heute nicht erst an den subjektiven Rechten anderer Staaten, sondern im objektiven Völkerrecht ihre Schranken fmdet. "412
Völkergewohnheitsrechtlich läßt sich ein Prinzip des Inhalts, daß mangels einer Verbotsnorm ein Recht zum beliebigen Handeln besteht, nicht nachweisen; vielmehr haben sich lediglich einzelne, konkrete Ausprägungen des Souveränitätsgrundsatzes, wie z. B. die Territorial- und Personalhoheit oder die Vertragsschließungsfreiheit im Wege des Gewohnheitsrechts herausbilden können413 . Mit diesen Grundsätzen stehen aber die Prinzipien des Entwicklungsvölkerrechts nicht typischerweise in einem Konflikt. Um als "Gegenvektor" zu den Grundsätzen der zwischenstaatlichen Solidarität und Kooperation eine Prinzipienabwägung erforderlich zu machen - welche dann gegebenenfalls zu einer Relativierung der entwicklungsvölkerrechtlichen Ansprüche bzw. Verpflichtungen führen würde-, müßte das Souveränitätsprinzip einen Rechtssatz beinhalten, der besagt, daß die Staaten in der Gestaltung ihrer internationalen Beziehungen sich größtmöglicher Freiheit erfreuen sollen. Ein solcher Rechtssatz ergibt sich aber - wenn man sich der von Fastenrath und Bleckmann vertretenen Auffassung anschließt- weder unrnit412 Bleckmann, in: Simma (Hrsg.), Charta der Vereinten Nationen, Kommentar, Art. 2 Ziff. 1, Rdnr. 30 und 32; ders., GYIL 28 (1985), S. 144 (152 ff); ders. , AVR 23 (1985), S. 450 (464 ff.); ders., AVR 31 (1993), S. 353 (364); ausftlhrlich neuerdings ders., Allgerneine Staats- und Völkerrechtslehre, S. 96 ff., S. 200 ff., S. 472 ff., S. 502 ff. und S. 737 ff. Vgl. auch Kiss/Shelton, NYIL 17 (1986), S. 45 (68) f.; Sathirathai, HILJ 25 (1984), S. 395 (412); Kimminich , Einftlhrung in das Völkerrecht, S. 95 ff. 413 Fastenrath, Lücken im Völkerrecht, S. 247. Vgl. hierzu auch die Übersicht bei Steinberger, EPIL 10, S. 397 (410 ff.).
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telbar aus dem kooperationsvölkerrechtlichen Souveränitätsbegriff noch besteht eine vertragliche oder gewohnheitsrechtliche Praxis, die für die rechtli· ehe Existenz dieses Satzes irgendeinen Anhaltspunkt bieten könnte. Als Kon· sequenz läßt sich somit festhalten, daß das Souveränitätsprinzip heute nicht mehr notwendigerweise ein Gegengewicht zu den Prinzipien des Entwicklungsvölkerrechts darstellen muß. Denkbar ist allerdings, daß innerhalb des Entwicklungsvölkerrechts selbst Konfliktsituationen entstehen, etwa wenn bei der völkerrechtlichen Beurteilung von Entwicklungshilfeansprüchen eine Differenzierung zwischen den unterschiedlichen Staatengruppen innerhalb der Dritten Welt (LDCs, MSACs, Schwellenländer usw.) angestrebt wird414 oder einzelne Grundsätze (z. B. das Prinzip des gemeinsamen Menschheitserbes und das Recht auf Entwicklung) zumindest partiell in unterschiedliche Rich· tungen weisen. In diesen Fällen erfordert der - rechtlich vorgegebene415 Konkretisierungsprozeß zugleich eine Abwägung zwischen den verschiedenen Prinzipien; maßgebliches Kriterium dürfte hierbei die jeweilige politische Prioriätensetzung der beteiligten Völkerrechtssubjekte sein, da sich die Gewichtung von formal gleichrangigen Völkerrechtsprinzipien einer rein rechtlichen Beurteilung weitgehend entzieht. Erklärt man die Normstruktur von Völkerrechtsprinzipien im Sinne der von Alexy für die Grundrechte entwickelten Theorie, dann kann die in der Völkerrechtswissenschaft umstrittene Frage, welcher der in Art. 38 Abs. 1 IGHStatut aufgeführten Rechtsquellen diese Prinzipien zugeordnet werden sollten416, letztlich offen bleiben. Eine Charakterisierung der Völkerrechtsprinzipien als allgemeine Rechtsgrundsätze oder aber - wie es von der wohl herrschenden Meinung vertreten wird - als völkerrechtliche Normen, die einer gewohnheitsrechtliehen Anerkennung bedürfen, soweit sie nicht bereits ver· traglieh festgeschrieben sind, läßt den spezifisch normativen Gehalt des "völkerrechtlichen Optimierungsgebots" grundsätzlich unberührt. Will man sich der herrschenden Lehre anschließen und Völkerrechtsprinzipien in erster Linie dem Gewohnheitsrecht zugerechnet wissen, wird allerdings eine Modifizierung der Anforderungen notwendig, die üblicherweise an die Staatenpraxis als eines der Elemente für die Entstehung von Völkergewohnheitsrecht ge· stellt werden. Anders als bei Rechtsnormen, die keine Optimierungsgebote, sondern konkrete, positive Verhaltensregelungen enthalten, wird eine "allgemeine Übung" i. S. d. Art. 38 Abs. 1 b) IGH-Statut wohl bereits dann festgestellt werden können, wenn die rechtliche Überzeugung, daß ein bestimmtes Roessler, GYIL 21 (1978), S. 27 (57). Siehe oben Kap. IV. 2. d) bei Fn. 402 ff. 416 Siehe oben Kap. IV. 2. b) bei Fn. 362 ff.
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Prinzip gültig ist, von den betroffenen Völkerrechtssubjekten wiederholt kundgetan (z. B. durch Zustimmung zu entsprechenden Resolutionen Internationaler Organisationen oder durch sonstige Verlautbarungen) bzw. unwidersprochen geblieben ist417 . Weitergehende Anforderungen aufzustellen etwa die Maßgabe, daß ein dem in dem Prinzip enthaltenen Ziel entsprechendes (faktisches) Verhalten des Völkerrechtssubjekts nachgewiesen werden muß-, würde der Normstruktur der Völkerrechtsprinzipien als Optimierungsgebote widersprechen418 . Voraussetzung für die Gültigkeit eines Ziels - und gerade hierin besteht ja der wesentliche Inhalt eines Optimierungsgebots kann nicht sein, daß dieses Ziel bereits erreicht ist. Demzufolge muß es für die Entstehung eines entsprechenden Völkergewohnheitsrechtssatzes ausreichen, wenn die Staaten sich auf eine bestimmte Zielvorgabe geeinigt haben und sich auch in der nachfolgenden Zeit weiterhin dazu bekennen419. Dieser wichtige Unterschied in der Herausbildung gewohnheitsrechtlicher Prinzipien i. S. v. Optimierungsgeboten einerseits und den übrigen Normen des Völkergewohnheitsrechts andererseits unterstreicht auch erneut die Bedeutung, die den Resolutionen der UNO-Generalversammlung sowie anderer internationaler Gremien im völkerrechtlichen Norrnbildungsprozeß zukommt. Die Existenz von Prinzipien in der Völkerrechtsordnung bestätigt die von den französischen Entwicklungsvölkerrechtlern vertretene These, daß das internationale Rechtssystem nicht nur stabilisierende bzw. konservierende 417 Zur AnerkennWlg von "Äußenmgen" als filr die EntstehWlg von Völkergewohnheitsrecht relevante Form der Staatenpraxis, siehe z. B. Heintschel von Heinegg, in: /psen, Völkerrecht, § 16, Rdnr. 5; Chinkin, ICLQ 38 (1989), S. 850 (857: "State practice is evidenced by what states do, as weil as by what they say. "); Villiger, Customary International Law and Treaties, S. 5 ff. m.w.N.; Bleckmann, Grundprobleme Wld Methoden, S. 111; Zemanek, Festschrift Bernhardt, S. 289 (292 f.); Pathak, IJIL 19 ( 1979), S. 483 (489). Auf die sowohl in der RechtsprechWlg des IGH als auch in der Lehre zu beobachtende Tendenz, die Anforderungen an das Kriterium der Staatenpraxis bei der ErzeugWlg von Gewohnheitsrecht deutlich zu erleichtern, weist Fastenrath hin, Lücken im Völkerrecht, S. 96 f. m.w.N. 418 Vgl. hierzu Bryde, in:- ders. (Hrsg.), NeuordnWlg der Weltwirtschaft?, S. 29 (41 ): "Die SpannWlg zwischen sich rasch fortentwickelnden, anspruchsvollen Leitprinzipien der VölkerrechtsordnWlg Wld schwertalligen Mechanismen zu ihrer VerwirklichWlg muß ... ausgehalten werden; sie kann auch nicht dadurch aufgelöst werden, daß man aus der gegenläufigen Praxis auf die Unverbindlichkeit der Prinzipien schließt. Auch 'bloße' Prinzipien sind verbindliche Bestandteile einer RechtsordnWlg." 419 Als klassisches Beispiel sei auch hier das sog. "0,7 o/o-Ziel" (siehe oben Kap. m. I. b) ee) bei Fn. 99) genannt, das - als Ausdruck des entwicklungsvölkerrechtlichen Solidaritätsprinzips - bereits 1970 den Konsens der Staatengemeinschaft gefimden hat Wld seither immer wieder neu bekräftigt worden ist.
9 Kaltenborn
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Funktionen in der Weltpolitik wahrnimmt, sondern darüber hinaus als sog. droit de jina/ite progressive, dynamisierende Wirkungen entfaltet420. Den Akteuren der internationalen Gemeinschaft ist die Möglichkeit eröffnet, übereinstimmend konkrete politische Ziele und Programme in Form von Grundsätzen zu formulieren, die dann -je nach rechtlichem Verbindlichkeitsgradals Richtschnur ftir den weiteren Normsetzungsprozeß bzw. die politische Umsetzung dieser Ziele im Einzelfall dienen können421 • Da Prinzipien flexibler und einer dynamischen Interpretation eher zugänglich sind als strikte Regeln, bilden sie oftmals die erste Stufe einer generellen Orientierung und Koordinierung in solchen Aktionsfeldem, ftir die eine rechtliche Regelung noch nicht gefunden wurde422 . Gerade das Völkerrecht, welches aufgrundder zunehmenden Internationalisierung nahezu sämtlicher Politikfelder einer stetigen Erweiterung und Ausdifferenzierung unterworfen ist, bedarf derartiger richtungsweisender, im Konsens verabschiedeter Regulierungsinstrumente423 . Das von Dicke als "Prinzipienweg"424 bezeichnete Verfahren, wonach zunächst bestimmte Grundsätze verabschiedet werden, die dann den weiteren rechtlichen Konkretisierungsprozeß vorstrukturieren, hat gegenüber dem herkömmlichen völkerrechtlichen Kodifikationsverfahren den Vorteil, daß sowohl die Interpretation bestehender als auch die Findung neuer Detailregelungen sich an einer vorgegebenen Richtungsangabe orientieren können und damit durch die Kristallisationswirkung konsentierter Prinzipien zugleich eine "höhere Einheit des Völkerrechts" ermöglicht wird425 . Angesichts der in viel-
Siehe oben Kap. ll. bei Fn. 45. Vgl. Wasilkowski, Festschrift Lachs, S. 307 (309): "Generally speaking, the drafting function of international law expresses itself mainly through a proclamation of new principles, which become later a starting point for future law-making process and states' practice." EbensoBenedek, ÖZöRV 36 (1986), S. 289 (292 f.) Wld Oppermann/Conlan, Ordo 41 (1990), S. 75 (81 f.). 422 Benedek, ÖZöRV 36 (1986), S. 289 (293). 423 Nastase, Revue Roumaine d'Etudes Internationales 19 (1985), S. 417 (422). 424 Dicke, VN 1984, S. 100. 425 Dicke, Zeitschrift filr GesetzgebWlg 3 (1988), S. 213 (221 f.); vgl. auch Nastase, Revue Roumaine d'Etudes Internationales 19 (1985), S. 417 (424): "In our view the principles have the following functions in the international order: (a)the constnlctive (stimulative) function, for the elaboration, interpretation and applicaton of rules of intemationallaw, (b)the axiological (value)function, serving as a criterion in the evaluation of international 'facts' or ru1es; ( c) the orientative function, determining the bases of reference for unilateral, bilateral and multilateral actions of states; 420 421
3. Entwicklungsvölkerrecht =Rückkehr zum NatWTecht?
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facher Hinsicht divergierenden völkerrechtspolitischen Interessen zwischen Industrie- und Entwicklungsländern erscheint diese Vorgehensweise sogar als der wohl einzige gangbare Weg, überhaupt zu einer normativen Lösung der sich aus dem Nord-Süd-Gefalle ergebenden wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und umweltpolitischen Problerne zu gelangen. Die Tatsache, daß bereits weitgehend Einigkeit über einen Kernbestand entwicklungsvölkerrechtlicher Prinzipien erreicht worden ist426, rechtfertigt zwar durchaus eine optimistische Einschätzung der Realisierbarkeil dieses Projekts. Betont werden muß allerdings, daß man sich - trotz des bereits auf der Ebene der Prinzipien erreichten Grades an Narrnativität - nicht mit dem bloßen Grundsatz-Konsens zufrieden geben darf: Der möglicherweise ein noch sehr viel höheres Maß an Kornprornißbereitschaft erfordernde Konkretisierungsprozeß ist unverzichtbar, wenn der entwicklungsvölkerrechtliche "Prinzipienweg" konsequent zu Ende gegangen werden soll.
3. Entwicklungsvölkerrecht =Rückkehr zum Naturrecht? a) Der Nord-Süd-Konflikt aus der Sicht der katholischen Soziallehre Dem Völkerrechtstheoretiker stellt sich nach näherer Beschäftigung mit den Thesen des Entwicklungsvölkerrechts unweigerlich die Frage, ob in dieser "neuen Perspektive des Völkerrechts" 427 nicht zugleich eine Rückkehr zu den naturrechtliehen Wurzeln der internationalen Rechtsordnung zu erbliken ist. Die Tatsache, daß die überwiegend rechtspositivistisch orientierte Völkerrechtslehre der Gegenwart428 sich unter dem Einfluß der Staaten der Dritten Welt in zunehmenden Maße mit Rechtsansprüchen auseinandersetzen muß, die auf Gerechtigkeits- oder Solidaritätserwägungen beruhen, läßt eine solche Vermutung nicht unbegründet erscheinen. In seiner Studie über "Die Dritte Welt und das Völkerrecht" stellt Sehröder eine prinzipiell ablehnende Haltung der Entwicklungsländer gegenüber dem Völkerrechtspositivismus und der damit verbundenen besonderen Betonung der Staatenpraxis als Element des ( d)the )'urisprudential' function, as the last resort, for evaluating concrete provisions for examining aspects not covered by the provisions of positive law." 426 Siehe oben Kap. IV. 2 a) bei Fn. 349 ff. 427 Siehe oben Kap. ll. bei Fn. 38 ff. 428 Zu den verschiedenen rechtspositivistischen Schulen in der Völkerrechtswissenschaft vgl. Ago, EPIL 7, S. 385 ff.; Fastenrath, Lücken im Völkerrecht, S. 52 ff.; Steiner, EPIL 7, S. 297 (305 tf.).
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IV. Rechtstheoretische Aspekte des Nord-Süd-Dialogs
völkerrechtlichen Normbildungsprozesses fest. Den Staaten der Dritten Welt gehe es heute um eine Überprüfung des klassischen Völkerrechts anband eines weltweit geltenden Gerechtigkeitsmaßstabes, der offenbar als vorgegeben und natürlich betrachtet werde: "hn Gnmde handelt es sich also wn eine neue naturrechtliche Fassung des Völkerrechts, vo~ der a~s ~ine Neuint.~reta~on _überlieferte Völkerrechtssätze erfolfen soll. Es wrrd damit eme überpos1t1ve Orientierung des Völkerrechts gefordert."42 .
Vergleicht man die Vorstellungen der Dritten Welt von einem gerecht und solidarisch ausgestalteten Entwicklungs- bzw. Kooperationsvölkerrecht mit den naturrechtlich begründeten Postulaten, welche insbesondere in der Sozialethik der katholischen Kirche bezüglich der Lösung der globalen sozialen Frage aufgestellt worden sind, dann ergeben sich in der Tat eine Reihe auffälliger Parallelen430. Spätestens seit der Enzyklika Materet magistra, die Papst Johannes XXJ/J. im Jahre 1961 der Weltöffentlichkeit vorlegte, stellt der Nord-Süd-Konflikt ein zentrales Thema der katholischen Soziallehre dar. Johannes XXJ/J. sieht in den Beziehungen zwischen den Industrie- und Ent429 Schröder, D., Die Dritte Welt und das Völkerrecht, S. 44. Ähnliche Beobachtungen sind auch von anderen Völkerrechtlern angestellt worden, vgl. z. B. Terz:, A VR 30 (1992), S. 442 (452); Johnson, Revue Egyptienne de Droit International36 (1980), S. 1 (20); Wasilkowski, Festschrift Lachs, S. 307 (310 f.); Weil, AJIL 77 (1983), S. 413 (422 f.): "In view of the multiplication of states and their increasing diversity, this will to transcend the traditional international society made up of juxtaposed egoisms, and to forge an international community animated by the quest for the 'common good' and common 'values', is all the more precious. One could even see in it an unexpected return to the historic sources of internationallaw: to 'irreducible naturallaw', no doubt, but also to that fundamental unity of the hwnan race expressed in the 16th century by Vitoria's famous Totus orbis, qui aliquo modo est una res publica', of which the 'international community of States as a whole' is, after all, simply a modernized version." 430 Die Verbindungslinien zwischen entwicklungsvölkerrechtlicher und naturrechtlieber Argwnentation sollen im folgenden am Beispiel der katholischen Soziallehre skizziert werden. Zu entsprechenden wirtschafts- und sozialethischen Maximen der evangelischen Kirche sowie der nicht-christlichen Religionen vgl. den Überblick und die Nachweise bei Schütz, Solidarität im Wirtschaftsvölkerrecht, S. 27 ff. Wie weit - trotz aller kulturellen und religionsspezifischen Differenzen - die interreligiöse Übereinstimmung hinsichtlich der globalen ethischen Herausforderungen der Gegenwart reicht, zeigt eindrucksvoll die im September 1993 vom Parlament der Weltreligionen verabschiedete "Erklärung zum Weltethos", in der u. a. auch explizit auf die Verpflichtung zur Schaffimg einer gerechten und solidarischen Weltwirtschaftsordnung eingegangen wird; vgl. Küng/Kusche/ (Hrsg.), Erklärung zwn Weltethos, S. 33 f.; Küng, Projekt Weltethos; Fuchs, Stimmen der Zeit 211/1993, S. 147 ff.; Wolfinger, in: Hausmanninger (Hrsg. ), Christliche Sozialethik, S. 171 ff.
3. Entwickhmgsvölkerrecht =Rückkehr zum Naturrecht?
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wicklungsländern das bedeutendste soziale Problern unserer Zeit und betont daher die Verantwortung, welche die wirtschaftlich stärkeren Mitglieder der Weltgesellschaft gegenüber denjenigen Völkern trifft, "deren Angehörige mit so großen inneren Schwierigkeiten zu kämpfen haben, daß sie vor Elend und Hunger fast zugrunde gehen und nicht in angemessener Weise in den Genuß der wesentlichen Menschenrechte kommen. Dies um so weniger, als die Staaten täglich mehr voneinander abhängig werden und ein dauerhafter und segensreicher Friede nicht gewährleistet ist, wenn die wirtschaftliche und soziale Lage des Einen von der des Anderen all zu stark abweicht. "431
Durch wissenschaftliche, technische und finanzielle Hilfeleistungen soll dem globalen Entwicklungsgefälle entgegengewirkt werden432. Unmißverständlich warnt Johannes XXIII. dabei vor den drohenden Gefahren neo-kolonialistischer Herrschaftsformen und einer kulturellen Überfremdung der Entwicklungsländer durch die Industrienationen433 . Sein Nachfolger, Papst Paul VI., setzt sich mit der Entwicklungsproblematik in der 1967 veröffentlichten Enzyklika Populorum progressio auseinander, welche auch als "Magna Charta christlicher Solidarität" bezeichnet worden ist434. Der Entwicklungsbegriff darf nach Auffassung des Papstes nicht einfach mit wirtschaftlichem Wachsturn gleichgesetzt werden, sondern muß die Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit sowie der Menschheit insgesamt zum Ziel haben435 . Betont wird die Verpflichtung der reichen Nationen, die Völker der Dritten Welt in ihren Entwicklungsbemühungen zu unterstützen. So müsse z. B. durch die Einrichtung eines "Weltfonds", der aus einem Teil der Beträge, die für Rüstungszwecke ausgegeben werden, gespeist werden könne, das finanzielle Engagement auf dem Gebiet der Entwicklungshilfe nachhaltig verstärkt werden. Besonders intensiv widmet sich Pau/ VI. im zweiten Teil seiner Enzyklika dem Ungleichgewicht zwischen Entwicklungsländern und Industrienationen in den internationalen Handelsbeziehungen436 . Der freie Austausch von Gütern sei nur dann recht und billig, wenn er.mit der Forderung der sozialen Gerechtigkeit übereinstirnrne437 . Zwar gelte es nicht, den freien Markt gänzlich abzuschaffen, jedoch würde der Grundsatz des Liberalismus als Regel des internationalen Handels spätestens dann überaus fragwürdig, wenn die Johannes XXIII., Materet magistra, Nr. 157. Ebd., Nr. 163 ff. 433 Ebd., Nr. 169 ff. 434 Furger, Christliche Sozialethik, S. 40. 435 Paul VI., Populorum progressio, Nr. 14 ff. 436 Ebd., Nr. 56 ff. 437 Ebd., Nr. 59. 431
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IV. Rechtstheoretische Aspekte des Nord-Süd-Dialogs
Bedingungen von Land zu Land zu ungleich sind, um eine gerechte und sozial ausgewogene Preisentwicklung zu ermöglichen. Durch den Abschluß internationaler Abkommen, welche z. B. Preisregulierungen oder Maßnahmen zum Schutz von im Aufbau befindlichen Industrien in der Dritten Welt zum Gegenstand haben könnten, soll nach den Vorstellungen des Papstes ein Mindestmaß an Chancengleichheit in den Weltwirtschaftsbeziehungen hergestellt werden438. Seine Ablehnung der beiden wirtschaftspolitischen Extrempositionendes "Liberalkapitalismus" einerseits und "technokratischen Kollektivismus" andererseits - zeigt die Sympathie des Papstes für das Konzept der sozialen Marktwirtschaft, das er auf die Weltebene übertragen wissen will439. Gerade dieser zweite Teil der Enzyklika Populorum progressio, der sowohl hinsichtlich der Analyse der Nord-Süd-Beziehungen als auch der daraus abgeleiteten Forderungen an die Staatengemeinschaft in vielem den sieben Jahre später von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedeten Dokumenten zur Errichtung einer Neuen Weltwirtschaftsordnung ähnelt440, läßt die Verwandtschaft zwischen bestimmten Grundaussagen der katholischen Soziallehre und dem Entwicklungsvölkerrecht besonders deutlich hervortreten. Die Gedanken Johannes' XXIII. und Pauls VI. werden von Johannes Paul ll. in seinen 1988 bzw. 1991 veröffentlichten Sozialenzykliken Sollicitudo rei socialis und Centesimus annus aufgegriffen und konsequent weitergeführt. Erneut befaßt sich der Papst mit dem Entwicklungsbegriff, den er von einer die humanen und religiösen Werte unberücksichtigt lassenden Fortschrittsideologie abgrenzt441 : Die Völker und Nationen hätten ein Recht auf ihre eigene volle Entwicklung, die neben den wirtschaftlichen und sozialen Aspekten auch die entsprechende kulturelle Identität umfassen müßte442 . Ziel sei es daher nicht, die Völker der Dritten Welt auf das gleiche Niveau zu heben, dessen sich heute die reichen Länder erfreuen, sondern vielmehr allen Menschen in solidarischer Zusammenarbeit ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen443. Ähnlich wie Paul VI. fordert Johannes Paul Il. eine globale soziale Marktwirtschaft, in der die Wettbewerbsfähigkeit der Entwicklungs-
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Ebd., Nr. 61.
439 Ockenfels, Kolonialethik, S. 134; vgl. auch Spieker, Ordo 45 (1994), S. 169 ff.
(insbes. S. 182 ff.). 440 Vgl. Fischer, Festschrift Kardinal Casaroli, S. 453 (472), sowie allgemein hierzu Zwiefelhofer, Neue Weltwirtschaftsordmmg und katholische Soziallehre, S. 18 f. und S. 77 ff. 441 Ockenfels, Kolonialethik, S. 136. 442 Johannes Paul 11., Sollicitudo rei socialis, Nr. 32. 443 Johannes Paul !I., Centesimus annus, Nr. 29.
3. Entwicklungsvölkerrecht =Rückkehr zum Naturrecht?
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Iänder gewährleistet ist und ihnen der Zugang zu den Märkten der Industrienationen ermöglicht wird444 • Auch der 1993 erschienene neue Weltkatechismus der katholischen Kirche enthält zu der Problematik des Nord-Süd-Konflikts eindeutige Aussagen: Auf internationaler Ebene seien die wirtschaftlichen Ressourcen und Mittel so ungleich verteilt, daß zwischen den Nationen ein regelrechter Graben aufgerissen werde445 • Verschiedene Ursachen religiöser, politischer, wirtschaftlicher und finanzieller Natur verliehen heute der sozialen Frage ein weltweites Ausmaß. Es gelte, den "entarteten Mechanismen" Einhalt zu gebieten, die die Entwicklung der wirtschaftlich schwachen Länder behindern: "Mißbräuchliche, wenn nicht gar wucherische Finanzsysteme, ungerechte Handelsbeziehungen zwischen den Nationen und der Rüstungswettlauf sind durch gemeinsame Anstrengungen zu ersetzen, um die Ressourcen flir sittliche, kulturelle und wirtschaftliche Entwicklungsziele einsetzen ZU können."446
Der Katechismus unterstreicht die "große sittliche Verantwortung" der reichen Nationen gegenüber denen, die die Mittel zu ihrer Entwicklung nicht selbst aufbringen könnten oder durch tragische geschichtliche Ereignisse daran gehindert worden seien. Entwicklungshilfe sei eine Pflicht der Solidarität und der Liebe, "aber auch eine Pflicht der Gerechtigkeit, falls der Wohlstand der reichen Nationen aus Ressourcen stammt, die nicht angernessen bezahlt wurden" 447 . Die Anstrengungen der Dritten Welt seien daher sowohl durch Maßnahmen der Direkthilfe als auch mittels einer Umgestaltung der internationalen Wirtschafts- und Finanzinstitutionen zu unterstützen, damit diese sich in verstärktem Maße fiir gerechte Weltwirtschaftsbeziehungen einsetzen könnten448•
Vgl. Ockenfels, Kolonialethik, S. 136. Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 2437. 446 Ebd., Nr. 2438. 447 Ebd., Nr. 2439. 448 Ebd., Nr. 2440; vgl. hierzu auch Attar, AFDI 39 (1993), S. 480 (490). Eine Vielzahl weiterer kirchlicher Dokumente wären hier zu benennen, anband derer sich Überstimmungen zwischen den Thesen des Entwicklungsvölkerrechts und der katholischen Soziallehre aufzeigen ließen; vgl. z. B. Vaticanum //, Die pastorale Konstitution über die Kirche in der Welt von heute "Gaudium et spes" (insbesondere Nr. 69 ff. und 84 ff.); BischofSkonferenz der Vereinigten Staaten, Wirtschaftliche Gerechtigkeit fl1r alle (Kapitel 3 D); Die deutschen Bischöfe, Christliche Verantwortung in veränderter Welt (Kapitel ill. 7); Deutsche Kommission Justitia et Pax, Gerechtigkeit fl1r alle. Zum Nord-Süd-Konflikt aus der Perspektive der katholischen Soziallehre vgl. auch die Beiträge von Furger und Ockenfels in: Pöner!Habisch (Hrsg.), Signale der Solidarität, S. 49 ff. u. 69 ff.; sowie von Farre//, in: Hanermann!Scannonne (Hrsg.), Lateinamerika 444
445
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IV. Rechtstheoretische Aspekte des Nord-Süd-Dialogs
b) Zur rechtspositivistischen Begründung des Entwick/ungsvölkerrechti49
In den Texten der katholischen Soziallehre, die eine Stellungnahme zu der Problematik der Nord-Süd-Beziehungen enthalten, finden sich immer wieder Begriffe wie z. B. das Recht auf Entwicklung, die Pflicht zur Kooperation und Hilfe, das Postulat internationaler Gerechtigkeit oder das Prinzip der Solidarität450, die auch zum Standardvokabular des Entwicklungsvölkerrechtlers zählen. Wenn man sich nun vor Augen führt, daß die katholische Kirche den verpflichtenden Charakter ihrer Sozialprinzipien in erster Linie naturrechtlich
und die katholische Soziallehre, S. 19 ff. und Koiff, in: Hertz u. a. (Hrsg. ), Handbuch der christlichen Ethik, Bd. 3, S. 349 ff. 449 Der Tennirms "Rechtspositivismus" umfaßt nach einem Definitionsvorschlag Walter Otts "jede Theorie, die unter Venneidung metaphysischer Annahmen den Begriff des Rechts mit Hilfe empirischer Merkmale bestimmt, die jeweils veränderlich sind (=Rechtspositivismus im weiteren Sinne)"; vgl. Ott, Gedächtnisschrift Marcic, S. 413 (417); ders., Der Rechtspositivismus, S. 104 tf. Hiernach lassen sich nicht nur die sog. "etatistischen" Theorien, wie sie z. B. von Bergbohm, Kelsen oder Austin vertreten werden, dem Rechtspositivismus zuordnen(= Rechtspositivismus im engeren Sinne), sondern auch rechtsrealistische (psychologische und soziologische) Theorien sowie "Mischfonnen" des Rechtspositivismus, zu denen Ott die Rechtstheorie von Hart und den von MacConnick/Weinberger entwickelten Institutionalistischen Rechtspositivismus zählt (vgl. Ott, Der Rechtspositivismus, S. 32 tf., S. 59 fi und S. 89 ff.). Dieser "weite Begriff des Rechtspositivismus" soll der folgenden Darstellung zugrunde gelegt werden. 450 Insbesondere dem Grundsatz der Solidarität kommt in den Stellungnahmen der Kirche zur Entwicklungsproblematik eine herausgehobene Bedeutung zu. Papst Johannes Paul I/. schreibt hierzu in seiner Enzyklika Sollicitudo rei socialis (Nr. 38): "Vor allem die Tatsache der gegenseitigen Abhängigkeit wird als entscheidendes System von Beziehungen in der heutigen Welt mit seinen wirtscha!Uichen, kulturellen, politischen und religiösen Faktoren verstanden und als moralische Kategorie angenommen. Wenn die gegenseitige Abhängigkeit in diesem Sinne anerkannt wird, ist die ihr entsprechende Antwort als moralische und soziale Haltung, als 'Tugend', die Solidarität. Diese ist nicht ein Gefilhl vagen Mitleids oder oberflächlicher Rührung wegen der Leiden so vieler Menschen nah und fern, im Gegenteil, sie ist die feste und beständige Entschlossenheit, sich für das Gemeinwohl einzusetzen". Vgl. darüber hinaus auch von Nell-Breuning, Gerechtigkeit und Freiheit, S. 46 f.; ders., Baugesetze der Gesellschaft, S. 48 ff. ; Giers, in: Mertens u. a. (Hrsg.), Markierungen der Humanität, S. 371 ff. ; Metz, Glaube in Geschichte und Gesellschaft, S. 220 ff.; Höhn, in: Pöner!Habisch (Hrsg.), Signale der Solidarität, S. 139 (140 ff.); Rottländer, ebd., S. 153 (176 ff.: insbesondere zur Unterscheidung zwischen dem Solidaritätsbegriff der klassischen katholischen Soziallehre und dem vor allem in der lateinamerikanischen Befreiungstheologie entwikelten Verständnis von Solidarität als "Option für die Annen"); ders., in: Hausmanninger (Hrsg. ), Christliche Sozialethik im Modeme und Postmoderne, S. 225 (238 ti ).
3. Entwickhmgsvölkerrecht =Rückkehr zwn Naturrecht?
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begründet451 , dann erscheint tatsächlich eine entsprechende rechtstheoretische Einordnung des Entwicklungsvölkerrechts naheliegend. Gleichwohl muß die eingangs aufgeworfene Frage, ob die Völkerrechtspolitik der Dritten Welt zu einer Renaissance des Naturrechts in der internationalen Rechtsordnung geführt hat, verneint werden: Trotz der vielfaltigen Parallelen zwischen naturrechtlichen und entwicklungsvölkerrechtlichen Prinzipien und Argumentationslinien besteht keine notwendige (!) Verbindung zwischen den beiden Theorien. Man mag zur Begründung entwicklungsvölkerrechtlicher Ansprüche zwar durchaus auf das Naturrechtsdenken zurückgreifen können, ist hierzu jedoch aus rechtstheoretischer Sicht keineswegs gezwungen452. Die im vorangehenden Kapitel angestellten Untersuchungen zur Normstruktur und zu den Entstehungsvoraussetzungen von Völkerrechtsprinzipien haben vielmehr gezeigt, daß die rechtspositivistische Quellenlehre - also insbesondere das in Art. 38 Abs. I IGH-Statut dem Völkerrechtler zur Verfügung gestellte Instrumentarium an Rechtserzeugungsverfahren - eine ausreichende Grundlage für die rechtsgeltungstheoretische Absicherung entwicklungsvölkerrechtlicher Ansprüche bzw. Verpflichtungen zu bieten vermag. Einige der wichtigsten das Verhältnis zwischen Industrie- und Entwicklungsländern prägenden Prinzipien lassen sich heute bereits dem völkergewohnheitsrechtliehen hard /aw zuordnen453 und bilden damit auch für den Positivisten eine gesicherte Rechtsgrundlage. Darüber hinaus existiert in den Nord-Süd-Beziehungen mittlerweile eine Vielzahl bilateraler und multilateraler Abkommen, in denen 451 Vgl. die Ansprache von Papst Paul VI. and das diplomatische Korps beim Heiligen Stuhl vom 7. Januar 1965, zitiert nach: Demmer, in: Pöner!Habisch (Hrsg.), Signale der Solidarität, S. 13 ( 19 f. ): "Ein ... Leitprinzip unserer Teilhabe am internationalen Geschehen lautet: Der Heilige Stuhl anerkennt, befi1rwortet und unterstützt die legitimen Bestrebungen der Völker. Auch wenn das Recht diesbezüglich noch nicht explizit in allen Details formuliert worden ist, beruht es dennoch ursprünglich auf dem Naturrecht und muß folglich von allen angenommen und anerkannt werden." Siehe hierzu auch Messner, Das Naturrecht (insbesondere S. 1248 ff. zu Fragen der internationalen sozialen Gerechtigkeit), sowie zur gegenwärtigen Bedeutung des Naturrechts in der katholischen Soziallehre: Koif.f, in: Baadte!Rauscher (Hrsg. ), Christliche Gesellschaftslehre, S. 31 ff.; Tanner, Zeitschrift für Evangelische Ethik 34 (1990), S. 51 f. ; Nothelle-Wildfeuer, in: Furger!Heimbach-Steins (Hrsg.), Perspektiven christlicher Sozialethik, S. 55 (58 ff.); von Nell-Breuning, Gerechtigkeit und Freiheit, S. 331 ff. 452 Zu den Effektivitäts- und Begründungsproblemen einer ausschließlich auf Naturrechtssätze rekurrierenden Völkerrechtspolitik vgl. Schütz, Solidarität im Wirtschaftsvölkerrecht, S. 40 f. ; Dahm!Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht, Bd. I/1, S. 39 f. ; Schröder, D., Die Dritte Welt und das Völkerrecht, S. 45 ff. ; lpsen, Völkerrecht, § 1, Rdnr. 30 ff. 453 Siehe oben Kap. IV. 2. a) bei Fn. 349 ff.
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IV. Rechtstheoretische Aspekte des Nord-Süd-Dialogs
konkrete Verhaltensanforderungen und Leistungspflichten ebenfalls positivrechtlich festgelegt sind. 454 Auch die häufige Verwendung von Begriffen wie "Gerechtigkeit" und "Solidarität" in den Völkerrechtsbeziehungen zwischen Industrie- und Entwicklungsländern stellt kein verläßliches Indiz fiir eine Naturrechtsrenaissance dar. Die Orientierung an Werten oder Idealen ist kein Privileg des Naturrechtlers, sondern vermag ebenso im Rahmen einer positivistischen Beurteilung von Rechtsverhältnissen eine wichtige Rolle zu spielen. Wie eng oftmals wertorientiertes und positivistisches Rechtsdenken miteinander verknüpft sind, zeigt u. a. die überwiegend kritische Haltung, die in der rechtstheoretischen Literatur gegenüber dem sog. "Prinzipienargument"455 eingenommen wird. Hierunter versteht man die - maßgeblich von Dworkin vertretene - These, daß sich aufgrund der Existenz von Prinzipien im Rechtssystem ein positivistischer Rechtsbegriff als nicht mehr haltbar oder zumindest als inadäquat erweise. Nach Auffassung Dworkin's können die in einem schwierigen Fall anzuwendenden Prinzipien nicht durch einen positivistischen Herkunftstest identifiziert werden; vielmehr müsse der Richter hierzu im wesentlichen moralische Erwägungen anstellen456. Dworkin unterscheidet dabei einerseits Prinzipien, die im Rechtssystem ausdrücklich statuiert sind oder kraft eines institutional support in Gesetzen, Präjudizien, Rechtsgewohnheiten und dogmatischen Lehrmeinungen als rechtlich geltend qualifiziert werden können, und andererseits solche Rechtsgrundsätze, die keine hinreichend belegbare institutionelle Stützung aufweisen, aber dennoch als Bestandteil der political oder community morality Präjudizien überwindende Wirkung entfalten und insofernkraftihres Inhalts rechtlich gelten457 • Der besondere Stellenwert, den gerade die letztgenannte Prinzipiengruppe in Dworkin's Rechtstheorie einnimmt, läßt deutlich werden, warum er seine Thesen als einen "allgemeinen Angriff auf den Positivismus" begreift458 • Auch Alexy wendet sich gegen den positivistischen Rechtsbegriff, indem er durch Fortentwicklung des
Vgl. Feuer!Cassan, Droit international du developpement, S. 22 f.: "L'evolution du droit international du developpement a ainsi abouti, malgre de nombreux aleas, a la formation progressive d'un veritable droit positif, qui prend une specificite de plus en plus marquee par rapport au droit international general." 455 Vgl. hierzu Dreier, NJW 1986, S. 890 (892); ders. , ARSP Beiheft 44 (1991), S. 55 (62); On, Der Rechtspositivismus, S. 178. 456 Dworkin, Taking Rights Seriously, S. 67 f. 457 Dreier, NJW 1986, S. 890 (893). 458 Dworkin, Taking Rights Seriously, S. 22. 454
3. Entwickhmgsvölkerrecht =Rückkehr zwn Naturrecht?
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Prinzipienarguments zu einem begrifflich notwendigen Zusammenhang zwischen dem Recht und der "richtigen Moral" gelangt459. Den zahlreichen kritischen Einwänden, die die Thesen Dworkin's und Ale-
xy's hervorgerufen haben, kann hier im einzelnen nicht nachgegangen werden460. Festzustellen ist allerdings, daß die These einer Unhaltbarkeit bzw. Inadäquatheit des positivistischen Rechtsbegriffs sich jedenfalls nicht als zwingende Schlußfolgerung des Prinzipienarguments ergibt. Wenn man nämlich davon ausgeht, daß moralische oder politische Prinzipien nur dann als Rechtsprinzipien bezeichnet werden sollten, wenn sie durch einen Inkorporalionsakt - z. B. durch Setzung oder gewohnheitsrechtliche Anerkennung auch Eingang in das Rechtssystem gefunden haben, dann erweist sich der Rückgriff auf naturrechtliche Geltungskriterien als unnötig. Zwar besteht insofern eine konzeptionelle Verbindung zwischen Recht und Moral, als ethische Ideen und Prinzipien nach ihrer Inkorporation in das Rechtssystem dessen sozial-ethischen Gehalt bilden und Kriterien fur seine Befolgung und Anwendung konstituieren461 ; hierdurch wird jedoch die grundsätzliche Unterscheidharkeil von Recht und Moral - und so auch von Rechtsprinzipien und moralisch geltenden Grundsätzen- nicht aufgehoben462 • Die unbestreitbare Tatsache, daß ethische Prinzipien in Kodifikationen aufgenommen worden sind und daher als positives Recht gelten, führt lediglich zu einem de-factoZusammenhang von Recht und Moral; eine notwendige argumentative Abhängigkeit juristischer Entscheidungsbegründungen von moralischen Forderungen läßt sich hieraus jedoch nicht ableiten, denn die Entscheidungen werden weiterhin allein nach Maßgabe des positiven Rechts getroffen463 . Der - häufig
459 Alexy, ARSP Beiheft 37 (1990), S. 9 (25); vgl. auch Dreier, ARSP Beiheft 44 (1991), S. 55 (62 ff.). 460 Zu Dworkin vg1. Sieckmann, Regelmodelle und Prinzipienmodelle, S. 178 ff.; Ball, Ratio Ioris 3 (1990), S. 340 (342 ff.); Utz, Ratio Ioris 5 (1992), S. 23 ff., jeweils m.w.N. Kritisch zuA/exys diskurstheoretischen Begründungsmodell Petev, ARSP Beiheft 51 (1993), S. 219 (224); ders., Analisi e diritto, S. 253 (255 f.). 461 Petev, ARSP 74 (1988), S. 348 (354). 462 Vgl. Sieckmann, Regelmodelle und Prinzipienmodelle, S. 257. 463 Koch, ARSP Beiheft 37 (1990), S. 152 (161); vgl. auch Höffe, Politische Gerechtigkeit, S. 126; Hoerster, ARSP Beiheft 37 (1990), S. 24 (28). Nach Habermas, Faktizität und Geltung, S. 252 f., besagt die Tatsache, daß Moral sich im Recht wiederfmdet, "nicht mehr, als daß moralische Gehalte in den Rechtskode übersetzt und mit einem anderem Geltungsmodus ausgestattet werden. Eine Überlappung der Inhalte ändert nämlich nichts an jener Differenzierung zwischen Recht und Moral, die auf dem postkonventionellen Begründungsniveau und unter den Bedingungen des modernen Weltanschauungspluralismus unwiderruflich eingetreten ist. Solange die Differenz
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IV. Rechtstheoretische Aspekte des Nord-Süd-Dialogs
über Rechtsprinzipien vermittelte- sozial-ethische Gehalt des Rechts darf nicht verwechselt werden mit einem naturrechtliehen Rechtsbegriff: Während nämlich der Naturrechtier einen generellen rechtlichen Geltungsanspruch ethischer Ideale formuliert, erblickt der Rechtspositivist das entscheidende Bindeglied zwischen Recht und Moral in dem bereits genalinten Inkorporationsvorgang; aus Moralprinzipien werden Rechtsprinzipien, ohne daß sich durch diesen "Statuswechsel" eine inhaltliche Änderung vollziehen muß464 • Das Prinzipienargument vennag daher den Rechtspositivismus nicht zu widerlegen, ·~a, stellt ihn nicht einmal vor ernste Probleme"465 . Besonders hervorgehoben wird die Vereinbarkeil eines positivistischen Rechtsbegriffs mit der Existenz von Rechtsprinzipien in der von Weinherger und MacCormick entwickelten Theorie des "Institutionalistischen Rechtspositivismus". Hiernach sind Rechtsgrundsätze nicht als Elemente der Moral oder des Naturrechts, sondern als Bestandteile der institutionellen Realität des Rechtslebens- somit also des positiven Rechts- anzusehen466. Ihre Geltung ist begründungsbedürftig und auch begründungsfähig, ohne daß dabei auf naturrechtliche Voraussetzungen rekurriert werden müßte467 . Erforderlich ist vielmehr, daß sie als im Rechtssystem geltend nachgewiesen werden können. Dies kann u. a. dadurch geschehen, daß sie sich als abstrakte Regeln oder Zweckbestimmungen in den Rechtsquellen auffinden lassen, daß sie dem System der geltenden Bestimmungen durch Abstraktion entnommen werden können, oder daß sie als gewohnheitsrechtlich bestehend aufgewiesen werden468. Die heute anerkannten zentralen Grundsätze des Entwicklungsvölkerrechts - das Koopeder Sprachen aufrecht erhalten bleibt, bedeutet das Einwandern moralischer Gehalte ins Recht keine wunittelbare Moralisienmg des Rechts." 464 Vgl. Petev, ARSP 74 (1988), S. 348 (355). 465 Koch, ARSP Beiheft 37 (1990), S. 152 (160). 466 MacConnick/Weinberger, Grundlagen, S. 33; vgl. auch ebd., S. 53, S. 105, S. 147 und S. 211 f.; Weinberger, Moral und Vernunft, S. 306; ders., Gedächtnisschrift Marcic, S. 497 (505 f.); ders., Norm und Institution, S. 96 f.; MacConnick, Legal Reasoning, S. 233: "There is a relationship between the 'rule of recognition' and principles of law, but it is an indirect one. The rules which are rules of law are so in virtue of their pedigree; the principles which are principles of law are so because of their function in relation to those rules, that is, the function which those who use them as rationalizations of the rules thus ascribe to them. This, it may be said, suggests antipositivistically that law is not after all value-free. Not so much does it suggest it, it thunderously proclaims it- but there is nothing antipositivistic about saying that law is not valuefree." 467 Weinberger, Gedächtnisschrift Marcic, S. 497 (515). 468 Weinberger, Recht, Institution und Rechtspolitik, S. 120.
3. EntwicklWlgsvölkerrecht =Rückkehr zum Naturrecht?
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rations- und Solidaritätsprinzip, das Prinzip des gemeinsamen Menschheitserbes sowie das Recht auf Entwicklung469 - erfüllen allesamt diese vom Institutionalistischen Rechtspositivismus aufgestellten Anforderungen an die Geltung von Rechtsprinzipien. Als Bestandteile der positiven Rechtsordnung müssen sie daher bei jeder Analyse der bi-und multilateralen Rechtsbeziehungen zwischen Industrie- und Entwicklungsländern eine ihrer Normstruktur als Optimierungsgebote entsprechende Berücksichtigung finden. Zusammenfassend kann somit festgestellt werden, daß das Entwicklungsvölkerrecht trotz der vielfaltigen Parallelen, die zu den in der katholischen Soziallehre entwickelten Vorstellungen einer gerechten und solidarischen Weltordnung bestehen, nicht als ein Wiederaufleben naturrechtliehen Denkens im Völkerrecht gedeutet werden muß, sondern sich durchaus auch mit modernen rechtspositivistischen Theorien - wie z. B. dem lnstitutionalistischen Rechtspositivismus - vereinbaren läßt. Lediglich diejenigen unter den Rechtspositivisten, die Prinzipien als eigenständige Bestandteile des Rechtssystems nicht akzeptieren und damit das Recht als reines Regelmodell verstehen470, werden sich auch mit den spezifischen Strukturen des Entwicklungsvölkerrechts nur schwerlich anfreunden können471 . Die Befürchtung, daß eine rechtspositivistisch betriebene Völkerrechtswissenschaft nicht in der Lage ist, einen wirkungsvollen Beitrag zur Lösung globaler Probleme (z. B. der Bedrohung der menschlichen Umwelt oder des Nord-Süd-Konflikts) zu leisten472, erweist sich also bei näherer Betrachtung als unbegründet. Eine rechtspositivistische Theorie setzt nicht notwendig einen ethischen Relativismus voraus473. Daß dies in nicht minderem Maße auch für die Völkerrechtswissenschaft gilt, zeigt anschaulich das Beispiel Wolfgang Friedmann's, der als
469
Siehe oben Kap. IV. 2. a) bei Fn. 349 ff.
470 In der Völkerrechtswissenschaft ist hier insbesondere der "rule approach" Georg
Schwarzenhergers zu nellllen, siehe dazu oben Kap. IV. 2. b) bei Fn. 372, sowie die Kritik von Koskenniemi, From Apology to Utopia, S. 160 ff. Wld Baum, Jahrbuch filr Rechtssoziologie Wld Rechtstheorie 1 (1970), S. 258 (261 f.). 471 Vgl. Schwarzenberger, in: Snyder/Slinn (Hrsg.), International Law of Development, S. 49 ff. 472 Terz, AVR 30 (1992), S. 442 (445 f.); ähnlich auch de Waart, in: ders. u. a. (Hrsg.), International Law and Development, S. XXID (XXVI), Wld Verdross!Koeck, in: MacDonald!Johnston (Hrsg. ), The Structure and Process of International Law, S. 17 (42). 473 Koller, Gedächtnisschrift Marcic, S. 337 (354); vgl. auch Shaw, International Law, S. 2; Ott, Gedächtnisschrift Marcic, S. 413 (421).
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IV. Rechtstheoretische Aspekte des Nord-Süd-Dialogs
"einer der beredsten Advokaten modernen Positivismus' im Recht und ... deutlicher Gegner eines jeden Naturrechts" 474 die erste umfassende Darstellung des modernen Kooperationsvölkerrechts verfaßt hat und damit zugleich auch zu den Wegbereitem des Entwicklungsvölkerrechts zählt475 .
474 475
Fikentscher, Methoden des Rechts Bd. li, S. 428. Siehe oben Kap. li bei Fn. 15.
V. Zusammenfassung Die wesentlichen Ergebnisse der vorliegenden Studie lassen sich in den folgenden fünf Thesen zusammenfassen: 1. (Kapitel 11.:) Als "Entwicklungsvölkerrecht" wird derjenige neue Rechtsbereich bezeichnet, welcher das gesamte in den Nord-Süd- bzw. Süd-SüdBeziehungen zur Anwendung gelangende völkerrechtliche Instrumentarium umfaßt. Teile des internationalen Wirtschafts- und Kommunikationsrechts sind hierzu ebenso zu zählen wie die entwicklungspolitisch relevanten Normen und Institutionen anderer völkerrechtlicher Regelungsbereiche (z. B. des internationalen Umweltrechts, des Seerechts oder des internationalen Menschenrechtsschutzes).
Aus der Perspektive vornehmlich der französischen Völkerrechtstheorie steht der Begriff "Entwicklungsvölkerrecht" zugleich für einen grundlegepden Funktionen- und Strukturwandel, dem das Völkerrechtssystem angesichtS der sich aus dem Nord-Süd-Konflikt ergebenden rechtspolitischen Herausforderungen unterliegt. Während das klassische Koexistenz- und auch das moderne Kooperationsvölkerrecht in erster Linie als statische, stabilisierend und ordnend wirkende Faktoren des internationalen politischen Systems betrachtet werden, beinhaltet das Entwicklungsvölkerrecht als sog. droit de finalite darüber hinaus auch prospektive bzw. progressive Elemente und übernimmt damit Planungs- und Programmfunktionen in der Gestaltung der zwischenstaatlichen Beziehungen. 2. (Kapitel III. :) Die Bemühungen der Entwicklungsländer um eine Neuordnung der Weltwirtschafts- und Weltinformationsordnung gelten zwar gemeinhin als gescheitert, dennoch hat der Nord-Süd-Konflikt seine politische und völkerrechtliche Brisanz bis heute nicht eingebüßt. Da es weder gelungen ist, die auf den großen Nord-Süd-Konferenzen der 70er und 80er Jahre verhandelten Streitfragen einer für beide Seiten befriedigenden Lösung entscheidend näher zu bringen, noch damit gerechnet werden kann, daß die "neuen" globalen Probleme insbesondere in der internationalen Umwelt-, Sozial- und Sicherheitspolitik sich langfristig bewältigen lassen, wenn Industrie- und Entwicklungsländer in den dringlichsten weltpolitischen Fragen nicht zu einer Einigung finden, wird die Fortführung eines intensiven und konstruktiven Nord-Süd-Dialogs auch zukünftig eine Aufgabe von höchster politischer
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V Zusammenfassung
Priorität darstellen. Das Entwicklungsvölkerrecht vennag hierbei eine wichtige Hilfestellung zu geben, indem es das rechtliche Instrumentarium für die Umsetzung politischer Verpflichtungen bereithält und einen Orientierungsrahmen für die weitere Zusammenarbeit zwischen Industrie- und Entwicklungsländern schafft. 3 (Kapitel IV 1 ·) Neben dem Völkergewohnheitsrecht und den internationalen Verträgen gewinnen "materielle" Rechtserzeugungsverfahren wie z. B die Resolutionenpraxis der UNO-Generalversanunlung in der entwicklungsvölkerrechtlichen Normenbildung zunehmend an Bedeutung. In ihrer rechtlichen Bindungswirkung sind die in Resolutionen und anderen soft /awQuellen enthaltenen Bestimmungen zwar deutlich vom völkerrechtlichen hard law zu unterscheiden, dennoch bilden sie unverzichtbare Elemente des infolge der wachsenden Heterogenität der Staatengemeinschaft immer schwieriger werdenden internationalen Verrechtlichungsprozesses. Die Funktionen des soft law sind dabei nicht nur auf die Konsolidierung bereits in der Entstehung befindlichen Gewohnheitsrechts bzw die Unterstützung völkerrechtlicher Kodifikationsvorhaben beschränkt; zugleich dient es den am Nord-Süd-Dialog beteihgten Regierungen auch als Instrument zur Formulierung gemeinsamer politischer Ziele und Wertmaßstäbe, die die Leitlinien für zukünftige Rechtsentwicklungen darstellen können. 4 (Kapitel IV 2. ) Kennzeichnend für die Völkerrechtspraxis in den Beziehungen ZWischen Industrie- und Entwicklungsländern ist eine bevorzugte Verwendung von Rechtsprinzipien, um bestimmte Sachverhalte, in denen sich über präzise Detailregelungen kein Konsens finden läßt, zumindest mittels genereller Normen rechtlich erfassen zu können. Als wichtige entwicklungsvölkerrechtliche Prinzipien sind z. B. der Grundsatz der wirtschaftlichen und sozialen Kooperation zwischen den Staaten, das Solidaritätsprinzip, das Recht auf Entwicklung und der Grundsatz des gemeinsamen Menschheitserbes hervorzuheben. In der Rechtstheorie werden Prinzipien und Regeln vor allem hinsichtlich Ihrer Funktionen im Rechtssystem und der von ihnen statuierten Rechtsfolgen unterschieden: Während Rechtsregeln von den Normadressaten ein konkretes, exakt festgelegtes Rechtsverhalten verlangen, besteht die normative Aussage eines Rechtsprinzips darin, daß eine bestimmte Zielvorgabe in einem möglichst hohen Maße realisiert werden soll; Rechtsprinzipien werden daher auch als "Optimierungsgebote" (Alexy) bezeichnet. Überträgt man diese Unterscheidung auf die Ebene des internationalen Rechts, dann lassen sich aus der Anerkennung eines Völkerrechtsprinzips zwar unmittelbar keme konkreten Ansprüche bzw Leistungsverpflichtungen ableiten, da eine solche Rechtsfolge den Völkerrechtsregeln vorbehalten bliebe. Gleichwohl verpflichtet das Völ-
V. ZusammenfassWlg
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kerrechtsprinzip die ihm zustimmenden Staaten dazu, in Verhandlungen über eine rechtliche Konkretisierung des Prinzips zu treten sowie sich aller (rechtlichen und faktischen) Maßnahmen zu enthalten, die der Verwirklichung des in ihm zum Ausdruck kommenden Optimierungszieles entgegenwirken. Ebenso wie die verschiedenen Ausprägungen des soft law stellen damit die Rechtsprinzipien typische Erscheinungsformen der entwicklungsvölkerrechtlichen Programm- und Planungsfunktion dar.
5. (Kapitel IV. 3.:) Obwohl die völkerrechtspolitischen Forderungen der Entwicklungsländer - z. B. nach internationaler sozialer Gerechtigkeit und Solidarität - eine Reihe von auffälligen Parallelen zu den Postulaten der überwiegend naturrechtlich argumentierenden katholischen Soziallehre aufweisen, wird man im Entwicklungsvölkerrecht keine Rückkehr zu den naturrechtliehen Traditionen der internationalen Rechtsordnung erblicken müssen. Auch rechtspositivistische Theorien sind in der Lage, den sozial-ethischen Gehalt des Rechts zu erklären: Da moralische bzw. politische Erwägungen durch einen vertraglichen, gesetzlichen oder gewohnheitsrechtliehen Inkorporalionsakt Eingang in das Rechtssystem finden können, erweist sich der Rückgriff auf naturrechtliche Geltungskriterien - auch im Entwicklungsvölkerrecht - als unnötig.
10 Kaltenborn
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Sachregister Abrüstungspolitik 81 Fn. 236 Afrikanische Charta der Menschenrechte Wld Rechte der Völker 68, 70 Afrikanische Wirtschaftsgemeinschaft s. CEA Agenda für EntwicklWlg 24, 83 Fn. 245 Agenda21 60, 81, 102 Agrarhandel 40, 55 ff. Aktionsprogranun zugunsten der am wenigsten entwickelten Länder 83 Fn. 242 ALADI 61 Fn. 158 Allgemeines Präferenzsystem 37, 56 Fn. 141 Allgemeininteressen 127 Allianz für den Fortschritt 36 AMRK 68, 70 Anden-Pakt 61 Fn. 158 Anspruch aufEntwicklWlgshilfe 16, 105 f., 110, 128 APEC 61 Fn. 158 Arab Cornmission oflnternational Law 30 Fn. 57 Armut 13 ff., 53 Fn. 126, 81, 83 Fn. 244 ASEAN 61 Fn. 158 Asian-African Legal Consultative Cornmittee 30 Fn. 57 AssoziiefWlgsabkomrnen der EG 36, 52 f. Atomteststopp-Vertrag 81 Fn. 236 Atomwaffen, Vertrag über die Nichtverbreitung 81 Atomwaffenfreie Zonen 81 Fn. 236 BefreiWlgsbewegwgen 31 Billigkeits. equity Blockfreie 30, 37, 63 f., 72 f., 110 Fn. 356 Bretton Woods, Konferenz von 34 BfWldtland-Bericht 24, 51 Calvo-Doktrin 49
CEA 61 CEEAC 61 Fn. 157 CEMAC 61 Fn. 157 Chaos-Macht 79 Charta der wirtschaftlichen Rechte Wld Pflichten der Staaten 37 ff., 47 tT., 58, 104, 107, 111 Fn. 359 Club ofRome 43, 50 codes ofconduct 43 f., 58, 96, 99, 101 collective self-reliance 46 COMESA 61 Fn. 157 Cornmission on Global Governance 80 Fn.228 Cornmission on Transnational Corporations 59 Fn. 150 comrnon heritage ofmankind 31, 105 f., 109 f., 128, 137, 144 Deklarationen s. Resolutionen DekolonialisierWlg 17,20 Fn. 17, 30, 60,91 DemokratisierWlg der internationalen BeziehWlgen 33, 63, 91, 110 Fn. 356 Dritte Welt - Begriff 13 - Völkerrechtspolitik 30 tT. droit de fmalite s. Finalität dualite des nonhes 25 ECOWAS 61 Fn. 157 Effektivität des Völkerrechts 97 f., 100, l37Fn. 452 EMRK 68, 70 EnteignWlg 43, 49, 60, 88, 110 EntwicklWlg - Begriff 23 f. - nachhaltige s. sustainable development EntwicklWlgsdekade 36, 44, 83 Fn. 242, 91, 102 EntwicklWlgshemmnisse, interne Wld externe 17 Fn. 10, 36
180
Sachregister
Entwicklungshilfe 19,41,44f.,62, 123, 124 Fn. 404, 128, 133, 135 - Anspruch aufs. dort Entwicklungsländer s. Dritte Welt Entwicklungsorganisationen 13, 14 Fn. 5, 16,21,28,37,80 Entwicklungsvölkerrecht - Begriff 19 ff. - als Mittel der Konfliktprävention 79 - als Paradigmenwechsel 85 Fn. 249 - als Perspektivenwandel 25 f., 85, 131 Enzyklika - centesimus annus 134 - mater et magistra 132 - populorum progressio 133 f. - sollicitudo rei socialis 134, 136 Fn. 450 Erklärung zum Weltethos s. Weltethos equity 106, 111 f. estoppel-Prinzip 94 Fn. 290 Europäische Entwicklungspolitik 52 f., 82 evolving principles s. Prinzipien ExportdiversiflZierung 40 f., 55 Exporterlösstabilisierung (s. auch STABEX) 56
Generalversammlung der UNO 24, 30, 52, 64 Fn. 166, 90 ff., 108, 144 Gerechtigkeit in den internationalen Beziehungen 16, 33, 38, 63, 83 Fn. 244, 111 f., 132 f., 135 ff., 145 Geschäftspraktiken, restriktive 39, 43 Gleichheit der Staaten 16, 25 f., 33, 38, 75, 90, 105 f., 110 f., 125 Globales System der Handelspräferenzen zwischen Entwicklungsländern 56 Fn. 141 Globale Verhandlungen 52, 78, 107 Grundprinzipien, entwicklungsvölkerrechtliche 110 Gruppe der Drei 61 Fn. 158 Gruppe der 77 30, 37
Finalität des Entwicklungsvölkerrechts 26ff.,85, 102 Finanzorganisationen, internationale 28, 41, 45, 110 Fn. 356, 135 Finanzrecht, internationales 44 ff. free flow ofinformation 69, 73, 76 Friendly-Relations-Declaration 104, 108, 115 Funktionen des Völkerrechts - instrumentale Funktion 28 - Ordnungsfunktion 27 f. - Programmfunktion 27, 102, 143, 145
IDA 35 Fn. 75 IFC 35 Fn. 75 11.-A s. Seoul-Erklärung Industrialisierung 39 ff. Informationsfluß s. Nachrichtenfluß Informationsfreiheit 67 ff. Informationstechnologie 67, 77 instant customary law s. Resolutionen institutional support 138 Inter-American Council of Jurists 30 Fn. 57 Integriertes Rohstoffprogramm 41 , 48,
G 7-Konferenz über die Informationsgesellschaft 77 Fn. 218 GAlT (s. auch Uruguay-Runde) 35 ff., 56 f., 100 Geltungsgrund des Rechts 118 Gemeinsamer Rohstoffonds 41 , 55 Gemeinsames Erbe der Menscheit s. common heritage
IPDC 75 Investitionsrecht 41 ff., 58 ff. Interventionsverbot 38 Investitionsschutzabkommen 60 IPS 76 Fn. 215 ius progressionis 28
Habitat II-Konferenz 22 Fn. 26 Handelsbeziehungen (s. auch Welthandelsordnung) 22, 34 ff., 39 ff., 54 ff., 133, 135 Handelsbeschränkungen 39, 56 hard cases 118 Havanna-Charta 34 f. Hull-Formel 49 Humanitäres Völkerrecht 31
55
Kapitaltransfer 45 Katholische Soziallehre 131 ff.
Sachregister Kernwaffen s. Atomwaffen Klimaralunenkonvention 81, 111 Fn. 359 Koexistenzvölkerrecht 20, 25, 27 f., 127, 143 Kolonialismus 74, 133 Kolonialzeit, WiedergutmachWlg filr Schäden aus der 82 Kommunikationsinfrastruktur 66, 68, 71, 74 f. Kommunikationstechnologie s. Informationstechnologie Konferenzen, globale s. Staatenkonferenzen Konflikte 15, 65, 77, 81 Fn. 236, 126 Fn.410 Konfliktprävention s. Entwicklungsvölkerrecht Konsenstheorie 94 Fn. 290 Konvention zum Verbot biologischer Waffen 81 Fn. 236 Konvention zum Verbot von Chemiewaffen 81 Fn. 236 Kooperation, internationale 16, 46, 67, 126 - institutionalisierte 28 - Prinzip der 35, 105, 108, 110, 115, 124 Fn. 404, 127, 136, 141, 144 Kooperationsvölkerrecht 20, 25, 27 f., 125, 127 f., 132, 142 f. Kopenhagener Sozialgipfel s. Weltgipfel fiir soziale Entwicklung Kulturelle ÜberfremdWlg 66, 133 Lome-Abkommen 22,52 f., 56, 59, 60 Fn. 153, 104, 108 Maastricht-Vertrag 82 MacBride-Kommission 65 f., 69, 74 Mano River Union 61 Fn. 157 MCCA 61 Fn. 158 MeistbegünstigWlgsgroodsatz 36 f. Menschenrechtskonferenz von Wien 21 Fn. 26, 80, 109 Fn. 352 Menschenrechtsschutz 25, 31 , 94, 96, 143 MERCOSUR 61 Fn. 158 MIGA 60
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Mindeststandards, sozial- u. arbeitsrechtliche 42 Moralprinzipien 139 f. Multilaterales Investitionsübereinkommen der OECD 60 Fn. 153 Multinationale Unternehmen 16, 22, 41 ff., 59, 64, 86 Fn. 251 , 96, 126 Fn. 410 Nachrichtenagenturen 64 ff. , 76 Nachrichtenfluß zwischen Nord u. Süd 64 ff., 72, 77 Nachrichtenpool der Blockfreien 72 NAFTA 60 Fn. 153 Naturrecht 131 ff. Neue WeltinformationsordnWlg 64 ff. - Kritik der Industrienationen 66 ff. Neue WeltordnWlg 78 ff. Neue WeltwirtschaftsordnWlg 37 ff. - Aktionsprogramm 22, 37 ff., 102 - Kritik der Industrienationen 47 ff. NichtdiskriminierWlg 34, 36, 106 Nicht-RegieTWlgs-Organisationen 86 Fn. 251 NichtverbreitWlg von Kernwaffen s. Atomwaffen Nord-Süd-Dialog 21, 31, 52, 62,78 f. , 103, 112, 143 f. Nord-Süd-Konflikt 16, 31 f , 78 ff., 81, 84, 131 ff. Nord-Süd-Kommission 51 Normativität, relative 96 OAU 62, 76 Fn. 215, 82 OECD 45, 47, 58, 59 Fn. 150,60 Fn. 153,62 OECS 61 Fn. 158 Ölkrise 37 "one state-one vote"-Prinzip 75, 90 OptimieTWlgsgebot (s. auch Völkerrechtsprinzipien) 120 ff., 122 ff. , 144 OrdnWlgsfunktion s. Funktionen ordre-public-Vorbehalt 70 Ost-West-Konflikt 21, 79 PANA 76 Fn. 215 Panamerikanische EntwicklWlgsgemeinschaft 82
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Sachregister
Paradigmenwechsel s. Entwicklungsvöl~rrecht
Pariser Nord-Süd-Dialog 52 Partizipation 23 Patentrecht, internationales 44, 58 Perspektivenwandel s. Entwicklungsvöl~rrecht
policies 120 Präferenzbehandlung 26, 37, 40, 56, 106, 110 Pressefreiheit s. Informationsfreiheit Prinzipien I 03 ff. - evolving principles 107 - Funktionen im Rechtssystem 117 ff., 130 Fn. 425 - Inkorporation 139 f., 145 Prinzipienargument 138 ff. Prinzipienweg 130 ff. prior-consent-Prinzip 67 f. programmatory law I 02 Programmfimktion s. Funktionen Programmnormen 102 Protektionismus 40, 50, 56 PTA 61 Fn. 157 Recht auf Entwicklung 16, 31, 80, 86 Fn. 251,91, 105 f., 109 f., 124 Fn. 404, 128, 136, 141, 144 Recht auf Information 67, 69 f. Rechtsgrundsätze, allgemeine 87, 93, 99, 113 f., 128 Rechtspositivismus 117, 131, 136 Fn. 449, 137, 140 f., 145 - Institutionalistischer 136 Fn. 44 9, 140 f. Rechtsprinzipien s. Prinzipien Rechtsquellenlehre s. Völkerrechtsquellen Reform der internationalen Ordnung, Bericht an den Club ofRome 43, 50 Reformflihigkeit des Völkerrechts 16 Regelmodell 117, 120, 141 Resolutionen 90 ff., 96 f., 99, 102, 129, 144 - authentische Interpretation der UNOCharta 94 - instant customary law 93 - materielle Rechtsquelle 94 f., 99
- Praxis der UNO-Generalversanunlung 90 ff., 144 - rechtliche Wirkung 92 ff., 99, 103 Ressourcen, Souveränität über natürliche 48, 105 f., 110 Reziprozität 36 Rio-Gruppe 61 Fn. 158 Rohstoffe 35, 37, 39, 40 ff., 48, 54 ff. Rohstoffabkommen (s. auch Integriertes Rohstoffprogramm) 41,55 SAARC 61 Fn. 158 SADC 61 Fn. 157 Schuldenkrise s. Verschuldung Schwellenländer 44, 54, 128 Seerecht 26, 31, 89, 143 Seerechtsübereinkommen 59, 81 , 89, 109 Fn. 353, 111 Fn. 359 SELA 61 Fn. 158 Selbstbeschränkungsabkommen 56 f. Selbstbestimmungsrecht der Völker 31, 38, 71 Fn. 189 self-reliance s. collective self-reliance Seoul-Erklärung der ILA 106 f. , 111 Sicherheit, menschliche 80 Sicherheitsrat 82 soft law 27, 96 ff., 107, 116, 122, 144 f. So1idariätsprinzip 16, 35, 106, 108, 110, 115, 127, 136, 141, 144 South Centre 80 Fn. 228 Souveräne Gleichheit s. Gleichheit Souveränität 72 - Begriff 125 ff. - Prinzip der 49, 125, 127 f. - über die natürlichen Ressourcen s. Ressourcen sozial-ethischer Gehalt des Rechts 139 f., 145 Sozialenzyklika s. Enzyklika Sozialgipfel s. Weltgipfel ftJr soziale Entwicklung Sozialprinzip, internationales 108 Fn. 350 Staatenkonferenzen 21, 30, 51 f., 104, 109, 143 Staatennachfolge, Recht der 31 Staatenpraxis (s. auch Völ~rgewohn heitsrecht) 88, 95, 99, 128, 131 STABEX 56
Sachregister Stockholmer Initiative fttr globale Sicherheit Wld WeltordnWlg 80 Fn. 228 Streitbeilegung, friedliche 106 Struktwwandel 19, 25, 28,85 ff., 103, 143 Subventionen 56 ff. Süd-Kommission 80 Fn. 228 Süd-Süd-Zusammenarbeit (s. auch Wirtschaftsintegration) 46 ff., 50, 56 Fn. 141, 76 sustainable development 24 Technologie, angepaßte 44 Technologietransfer 22,43 ff., 50, 58 f., 67 teleological approach 27 terms of trade 36 Textilhandel 56 Fn. 143, 57 Tiefseebergbau 81 , 109 Fn. 353 Transformationsprozeß, internationaler 27,86 Transnationale Konzerne s. Multinationale Unternehmen TrennWlgsthese 118 Fn. 387 TRIMs 60 Fn. 153 TRIPs 58, 60 Fn. 153 UDEAC 61 Fn. 157 UEMOA 61 Fn. 157 u1timate rule of recognition 118 UMA 61 Fn. 157 UmschuldWlgsvereinbarungen 46, 62 Umweltvölkerrecht 25 f., 96, 109 UNCED 21 Fn. 26, 59, 62, 80, 81 UNCLOS s. Seerechtsübereinkommen UNCTAD 36 f., 41, 52,56 Fn. 141 , 58, 64 Fn. 166, 83 Fn. 242 UNESCO 32, 64 f. , 71 ff. UNESCO-Medien-Deklaration 64 Fn. 167, 73 f. UNITAR-Studie 105 f. United Nations Conference on an International Code of Conduct on the Transfer ofTechnology 58 Fn. 149 Uruguay-RWlde im GATI 21, 56 Fn. 140, 57, 81,89 Verhaltensrichtlinien s. codes ofconduct
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VerrechtlichWlg 84, 99, 144 VerschuldWlg 44 ff., 50, 52 f., 62 Verträge, Wlgleiche 89 Fn. 260 Vertragsrecht 26 ff., 87 ff., 99 f., 104, 114, 122 f., 145 Vertragspraxis in Nord-Süd-BeziehWlgen 16,26,28 Vertragsrechtskonferenz 89 Fn. 261 Völkergewohnheitsrecht 16, 27, 87 ff., 95 f. , 99, 102, 113 f., 122, 127 ff., 137, 139 f., 144 f. Völkerrechtstheorie 17, 33, 92, 94, 117, 125, 143 Völkerrechtspolitik der Dritten Welt 30 ff. Völkerrechtspositivismus 131, 137, 141 Völkerrechtsprinzipien (s. auch Prinzipien) 103 ff., 144 - Defmition 122 - Konkretisierung 116, 123 f. - Konkurrenz 125 f. - Verallgemeinerung einzelner Völkerrechtsregeln 114 - Verbindlichkeitsgrad 115, 124 - völkerrechtliche Optimierungsgebote 122 f[ Völkerrechtsquellen 27, 85 ff. , 96 ff., 113 - materielle s. Resolutionen - numerus clausus 98 Völkerrechtssubjekt 86, 122, 124, 128 f. Völkerrechtssubjektivität, besondere 26 Völkerrechtsverträge s. Vertragsrecht Völkerrechtswissenschaft u. Nord-SüdKonflikt 19 ff. Währungspolitik 45 Waffenexportkontrollen 81 Fn. 236 Weltbank 35 Weltethos 132 Fn. 430 Welternährungsgipfel 21 Fn. 26 Weltfrauenkonferenz 21 Fn. 26 Weltgipfel fttr soziale EntwicklWlg 21 Fn.26,81 WelthandelsordnWlg 35, 57 Weltkonferenz über Bevölkerung Wld EntwicklWlg 21 Fn. 26, 80 Weltraumrecht 31, 94 Welttextilabkommen 56 Fn. 143
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Sachregister
Weltwirtschaftskrise 34 Wiedergutrnachungsfordenmgen s. Kolonialzeit Wirtschaftsgipfel von Lyon 83 Fn. 244 Wirtschaftsrecht, internationales 17, 22, 25 f., 31 ff., 96, 98, 104 ff. Wirtschaftsintegration, regionale s. SadSad-Zusammenarbeit
Wirtschaftsvölkerrecht s. Wirtschaftsrecht Wohlstandsgefalle 13, 15, 50 WTO 58 Fn. 148, 81 Wüstenbildung, Konvention zur Bekämpfung der 81 Zusanunenarbeit, internationale s. Kooperation