Elektromobilität und Sektorenkopplung: Infrastruktur- und Systemkomponenten [2. Aufl.] 9783662620359, 9783662620366

Den Kern des Buches bildet die systematische, durchgehende und logische Darstellung von Elektromobilität in Verbindung m

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German Pages XVII, 239 [253] Year 2020

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Table of contents :
Front Matter ....Pages I-XVII
Einführung in die Elektromobilität – Kritische Infrastrukturen und Sektorenkopplung (Przemyslaw Komarnicki, Jens Haubrock, Zbigniew A. Styczynski)....Pages 1-41
Physikalisch-technische Beschreibung des E-Kraftfahrzeugs (Przemyslaw Komarnicki, Jens Haubrock, Zbigniew A. Styczynski)....Pages 43-66
Elektrische Komponenten des E-Kfz (Przemyslaw Komarnicki, Jens Haubrock, Zbigniew A. Styczynski)....Pages 67-116
Standards und Rahmenbedingungen (Przemyslaw Komarnicki, Jens Haubrock, Zbigniew A. Styczynski)....Pages 117-143
Elektromobilität als technisches System (Przemyslaw Komarnicki, Jens Haubrock, Zbigniew A. Styczynski)....Pages 145-222
Autonomes Fahren (Przemyslaw Komarnicki, Jens Haubrock, Zbigniew A. Styczynski)....Pages 223-236
Back Matter ....Pages 237-239
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Elektromobilität und Sektorenkopplung: Infrastruktur- und Systemkomponenten [2. Aufl.]
 9783662620359, 9783662620366

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Przemyslaw Komarnicki Jens Haubrock Zbigniew A. Styczynski

Elektromobilität und Sektorenkopplung Infrastruktur- und Systemkomponenten 2. Auflage

Elektromobilität und Sektorenkopplung

Przemyslaw Komarnicki · Jens Haubrock · Zbigniew A. Styczynski

Elektromobilität und Sektorenkopplung Infrastruktur- und Systemkomponenten 2., erweiterte und überarbeitete Auflage

Przemyslaw Komarnicki Hochschule Magdeburg-Stendal und Fraunhofer IFF Magdeburg, Deutschland

Jens Haubrock FH Bielefeld Bielefeld, Deutschland

Zbigniew A. Styczynski Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg Magdeburg, Deutschland

ISBN 978-3-662-62035-9 ISBN 978-3-662-62036-6  (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-662-62036-6 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018, 2020 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Planung/Lektorat: Dr. Daniel Fröhlich Springer Vieweg ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer-Verlag GmbH, DE und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Heidelberger Platz 3, 14197 Berlin, Germany

für Aneta, Ann Christin und Maria die Autoren

Vorwort

Der Klimawandel ist momentan einer der wichtigsten Treiber vieler Innovationen. Der Transport gehört seit Jahren zu den größten „Verschmutzern“ der Umwelt. Die Abwendung von Verbrennungsmotoren und die Entwicklung von alternativen Antrieben, besonders Elektroantriebe für Fahrzeuge, können diesen „schlechten Ruf“ wesentlich verbessern und die Nachhaltigkeit des Transports sichern. Zusammen mit elektrischen Energiesystemen, die auf regenerativer Erzeugung basieren, und einem breitem Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologie für Verkehr und Logistik als kritische Infrastrukturen kann eine solche Lösung es ermöglichen, die europäischen und deutschen Ziele einer 80 %igen CO2-Emissionsminderung bis 2050 zu erreichen. Das Buch baut auf der vieljährigen Erfahrung der Autoren auf den Gebieten der Elektromobilität und regenerativen elektrischen Energiesysteme auf. In zahlreichen Forschungs- und Anwendungsprojekten haben sich die Autoren mit Technologien und Optimierungsansätzen beschäftigt. Diese Techniken wurden auch im Rahmen von zahlreichen Diplom- sowie Master- und Promotionsarbeiten untersucht. Die dazu konzipierten Vorlesungen sind an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, der Hochschule Magdeburg-Stendal und der Fachhochschule Bielefeld gelesen und kontinuierlich aktualisiert worden. Sie finden stets einen sehr guten Zuspruch bei den Studierenden. Den Kern des Buches bildet die Darstellung einer systematischen, durchgehenden und logischen Kette, die zur breiten Einführung von Elektromobilität führen kann. Dies wird im Kontext der Bestrebungen zur nachhaltigen Gestaltung aller kritischen Infrastrukturen eingebettet. Die Relevanz der richtigen Zuordnung der Technologien zu Anwendungsfällen wird herausgearbeitet, und daraus abgeleitete notwendige Schritte werden technisch und organisatorisch (Normung) betrachtet. Besonderes Augenmerk wird auf die didaktische Darlegung des Stoffes gelegt, um diese neue, schwierige und komplexe Problematik „so einfach wie möglich, aber nicht einfacher“ 1 vorzustellen.

1nach

Einstein. VII

VIII

Vorwort

Im Buch werden vertiefte und wissenschaftlich fundierte Antworten auf folgende Fragen gegeben werden: Welche Technologien für die Elektromobilität stehen grundsätzlich zur Verfügung? Wie soll der Einsatz von Elektromobilität methodisch für unterschiedliche Funktionen und in unterschiedlichen Bereichen geplant werden? Wie ist die Wechselwirkung zwischen kritischen Infrastrukturen wie Transport, Energie und Informations- und Kommunikationstechnik (IKT)? Welche Vorteile ergeben sich aus der Kopplung der o.g. Systeme? Die Elektromobilität lässt sich nur in einem systemischen Gesamtansatz, gekoppelt an moderne elektrischen Netze, Kommunikations- und Verkehrsinfrastrukturen, wirtschaftlich gestalten. Dieser neuen Chance für die Elektromobilität ist Kap. 1 des Buches gewidmet. Die Energiequelle (Elektrotankstelle) für die Elektromobilität bildet im Gesamtsystem das Bindeglied zum elektrischen Netz, gespeist überwiegend durch regenerative Energieerzeuger. Im Smart Grid stellt die Elektromobilität eine wichtige Flexibilitätsoption für den Netzbetrieb dar. Um eine systemtechnische Analyse durchführen zu können, wird das Elektrofahrzeug anhand geeigneter Modelle in dieses System eingebettet. Das wird in Kap. 2 durch Beschreibung der physikalischen Eigenschaften und der mathematischen Modellierung des E-Fahrzeugs dargelegt. Hier werden auch ausgewählte Einzelelemente des E-Kfz detailliert vorgestellt. In Kap. 3 werden die elektrischen Komponenten des E-Kfz genauer beschrieben. Die Konzepte des Bordnetzes, das im E-Kfz neue Aufgaben zu bewältigen hat (u. a. die Verteilung von Antriebsenergie), werden vorgestellt. Die Leistungselektronik, die eine zentrale Rolle für die Steuerung des E-Kfz annimmt, wird präsentiert. Weiter werden die Antriebskonzepte dargestellt, welche die optimale Verteilung der Zugkräfte zum Ziel haben. Schließlich wird der elektrische Energiespeicher – der Tank des E-Kfz – beschrieben. Hierfür werden die Vor- und Nachteile unterschiedlicher Speichertechnologien zusammen- und gegenübergestellt. Das E-Kfz-System verlangt neue technische Richtlinien und Standards, weil es als erste Technologie infrastrukturübergreifend agiert (elektrisches Netz, Verkehr). An diese wird der Leser in Kap. 4 herangeführt. Da die Normung noch nicht vollständig abgeschlossen ist, werden ausgehend vom aktuellen Stand der Richtlinien auch die sich abzeichnenden Tendenzen in diesem Bereich skizziert. In Kap. 5 wird zum Schluss die Elektromobilität als Teilsystem des Verkehrs und des Elektroenergiesystems gleichzeitig beschrieben. Diese systemtechnische, einheitliche Darstellung bildet die Grundlage für eine wirtschaftliche und sichere Nutzung der Elektromobilität, besonders in der Zukunft. So werden auch wichtige Geschäftsmodelle und Konzepte wie Vehicle-to-Grid vertieft untersucht und die Chance für eine Umsetzung der Elektromobilität in dieser Form aufgezeigt. In Kap. 6, um welches die zweite Auflage des Buches ergänzt wurde, werden die Konzepte des automatisierten Fahrens vorgestellt. Das automatisierte Fahren, das sich in 5 Stufen unterteilen lässt, wird immer öfter in E-Fahrzeugen zum Einsatz kommen und

Vorwort

IX

schließlich ab 2035 in die Stufe 5, das autonome Fahren übergehen. Damit wird es noch einfacher sein E-Fahrzeuge in die Funktionalitäten der Sektorenkopplung anzubinden. In diesem Kapitel werden die Grundinformationen zum autonomen Fahren, wie notwendige sensorische Ausstattung, Kommunikationskonzepte in und um das Fahrzeug und die Grundlagen der Interaktion zwischen Verkehrsteilnehmern mittels sicherer Protokolle vermittelt. Diese Basisinformationen werden durch zahlreiche Beispiele und Lösungsansätze aus dem Bereich der Energieversorgung illustriert. Somit trägt das Buch wesentlich zum praktischen Verständnis der Anwendung von Elektromobilität bei. Das Buch ist an alle Leser adressiert, die sich für Elektromobilität, im Besonderen für deren Anwendung in Zusammenspiel mit Smart Grid, interessieren. Verkehrsplanungsund Logistikingenieure, Wissenschaftler, die auf dem Gebiet forschen, aber auch und vor allem Studierende der Elektrotechnik werden in diesem Buch viele brauchbare Informationen und Tipps finden. Die Autoren bedanken sich bei vielen Projektpartnern, besonders aus den Leuchtturmprojekten (RegModHarz (Förderprogram E-Energy) und Harz.EE-Mobility (Förderprogramm IKT für Elektromobilität), bei Mitarbeitern, Studierenden sowie Doktorandinnen und Doktoranden, die durch ihre Arbeiten und Ergebnisse zu der endgültigen Form dieses Buches beigetragen haben. Zunächst gilt unser Dank Herren Prof. Dr.-Ing. Gerhard Müller und Dipl.-Ing. Michael Kranhold für die zündende Inspiration und kräftige Unterstützung bei der Umsetzung von vielen Projekten aus dem Bereich Elektromobilität. Wir bedanken uns sehr bei Frau Livia Fuchs und Herrn Dr. Roland Bauer von 50Hertz Transmission GmbH, Herren Thomas Schäfer und Jens Oberländer von Stromnetz Berlin GmbH und Herrn Prof. Seddik Bacha von der Universität Grenoble für die Bereitstellung von passenden Beispielen. Besonderer Dank gilt Herr Dr.-Ing. Christoph Wenge, Dr.-Ing. Stephan Balischewski, Prof. Dr.-Ing Fabian Behrendt und für ihre zielführende inhaltlichen Beiträge und Expertise sowie Frau Tatjana Strasser und Frau Elise Diestelhorst für die sorgfältige redaktionelle Bearbeitung des Manuskripts, und Frau M. Sc. Polina Sokolnikova für die gelungene grafische Gestaltung des Buches. Dem Springer Verlag, und hier besonders Frau Eva Hestermann-Beyerle, Herrn Michael Kottusch und Frau Kollmar-Thoni, gilt der Dank der Autoren für die Initiative, Diskussion und die Übernahme dieses Buches ins Portfolio des Verlags. Bei der Leitung des Fraunhofer-Instituts für Fabrikbetrieb und -automatisierung in Magdeburg und bei der Geschäftsführung der Firma 50Hertz Transmission GmbH aus Berlin bedanken sich die Autoren für das Interesse an der Arbeit und für die finanzielle Unterstützung bei der redaktionellen Bearbeitung der beiden Auflagen des Buches. Die Bedeutung der Sektorenkopplung und damit auch die Rahmenbedingungen für Elektromobilität haben sich in den letzten 3 Jahren wesentlich verändert. Neue Impulse sind nicht zuletzt durch die Pläne der Europäischen Union, dem s.g. Green Deal aus dem Jahre 2019 und auch durch direkte Auswirkungen die Corona-Krise (2020), entstanden.

X

Vorwort

Die zweite Buchauflage beinhaltet daher aktualisierte Hintergrundinformationen und wurde durch ein weiteres Kapitel zum Thema autonomes Fahren ergänzt. Dem Springer Verlag danken wir für die Initiative, die von Herrn Dr. Daniel Fröhlich ausging. Mit neuen Informationen für die zweite Auflage hat uns diesmal Herr Dipl.-Ing. Michael Kranhold von der Fa. 50Hertz Transmission GmbH versorgt und grafisch wurde die Auflage in bewehrter Form von Frau M. Sc. Polina Sokolnikova unterstützt. Magdeburg, Deutschland Bielefeld, Deutschland Magdeburg, Deutschland im Herbst 2020

Przemyslaw Komarnicki Jens Haubrock Zbigniew A. Styczynski

Inhaltsverzeichnis

1 Einführung in die Elektromobilität – Kritische Infrastrukturen und Sektorenkopplung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1.1 Kritische Infrastrukturen im 21. Jahrhundert. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1.1.1 Definition und Überblick. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1.1.2 Transport und Verkehr. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 1.1.3 Energieversorgung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 1.1.4 Informations- und Kommunikationstechnologien. . . . . . . . . . . . 7 1.2 Energie zur Sicherung der kritischen Infrastrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . 9 1.2.1 Elektrische Energie – Anführer des Fortschritts . . . . . . . . . . . . . 9 1.2.2 Energieverbrauch im Verkehr- und Transportsektor . . . . . . . . . . 14 1.2.3 Energieverbrauch und New Economy. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 1.3 Geschichte des Verkehrs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 1.3.1 Elektroauto. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 1.3.2 Fahrzeug als Verkehrsmittel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 1.4 Neue Herausforderungen für Elektromobilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 1.4.1 Erneuerbare Energien und Smart Grid in der Zukunft . . . . . . . . 22 1.4.2 Flexibilitätsoptionen des Smart Grid. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 1.4.3 Verkehrssektor im Wandel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 1.5 Sektorenkopplung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 2 Physikalisch-technische Beschreibung des E-Kraftfahrzeugs . . . . . . . . . . . . 43 2.1 Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 2.2 Aufbau von Elektrofahrzeugen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 2.2.1 Antrieb und Antriebsstrang. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 2.2.2 Energiespeicher. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

XI

XII

Inhaltsverzeichnis

2.3

Leistungsbedarf des Fahrzeugs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 2.3.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 2.3.2 Energiewandlungskette im konventionellen Fahrzeug . . . . . . . . 51 2.3.3 Energiewandlungskette im Elektrofahrzeug . . . . . . . . . . . . . . . . 52 2.3.4 Energiewandlungskette im Brennstoffzellenauto . . . . . . . . . . . . 53 2.4 Leistungsberechnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 2.5 Fahrenergiebedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 2.6 Nebenverbraucher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 2.6.1 Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 2.6.2 Niederspannungsverbraucher. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 2.6.3 Hochspannungsverbraucher. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 2.6.4 Fahrsituationen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 2.6.5 Leistungsbedarf der Nebenaggregate. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 3 Elektrische Komponenten des E-Kfz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 3.1 Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 3.2 Ladetechnik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 3.3 Design . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 3.4 Leistungselektronik im E-Kraftfahrzeug. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 3.4.1 Halbleiter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 3.4.2 Leistungsdioden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 3.4.3 Thyristoren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 3.4.4 Transistoren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 3.5 Grundschaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 3.5.1 Anleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 3.5.2 Wechsel- und Drehstromsteller. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 3.5.3 Gleichstromsteller (Chopper) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 3.5.4 Gleichrichter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 3.5.5 Wechselrichter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 3.5.6 Umrichter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 3.6 Antriebssysteme im E-Kraftfahrzeug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 3.6.1 Anleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 3.6.2 Gleichstrommaschinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 3.6.3 Asynchronmaschinen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 3.6.4 Synchronmaschinen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 3.6.5 Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 3.7 Antrieb im Elektrofahrzeug/BLDC-Motor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 3.7.1 Wirkungsgrad und Aufbau. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 3.7.2 Drehzahl-Drehmoment-Verhalten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99

Inhaltsverzeichnis

XIII

3.8 Batteriesysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 3.8.1 Lithium-Ionen-Zellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 3.8.2 Ladung und Kapazität. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 3.8.3 Alterung von Lithium-Ionen-Batterien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 3.9 Brennstoffzellensysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 3.9.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 3.9.2 Leerlaufspannung der PEM-Brennstoffzelle. . . . . . . . . . . . . . . . 108 3.9.3 Reversible Zellspannung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 3.9.4 Temperaturabhängigkeit der Leerlaufspannung . . . . . . . . . . . . . 109 3.9.5 Druckabhängigkeit der Leerlaufspannung. . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 3.9.6 Nernst-Gleichung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 3.10 Brennstoffzellensysteme im Elektrofahrzeug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 3.11 Wasserstoffspeicher im Elektrofahrzeug. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 4 Standards und Rahmenbedingungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 4.1 Technische Richtlinien – Einführung und Hintergrund. . . . . . . . . . . . . . . 117 4.2 Normungsrelevante Komponenten und technische Einrichtungen in der Elektromobilität. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 4.2.1 Übersicht und Normungsarbeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 4.2.2 Komponenten im Fahrzeug. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 4.2.3 Komponenten der Ladeinfrastruktur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 4.2.4 Anforderung an die Netzanbindung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 5 Elektromobilität als technisches System. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 5.1 Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 5.2 Elektromobilität als Teil des Elektroenergieversorgungssystems . . . . . . . 147 5.2.1 Allgemeine Bemerkungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 5.2.2 Ladeinfrastruktur und Elektrofahrzeuge. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 5.2.3 Informations- und Kommunikationstechnik als notwendiges Bindeglied von Sektoren und Komponenten. . . . . . . . . . . . . . . . 158 5.3 Elektromobilität als Teilelement des Verkehrssystems . . . . . . . . . . . . . . . 167 5.3.1 Grundlagen des Verkehrssystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 5.3.2 Verortung der Elektromobilität im Verkehrssystem. . . . . . . . . . . 171 5.3.3 Verkehrsinfrastruktur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 5.3.4 Verkehr in Deutschland. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 5.3.5 Nutzergruppen der Elektromobilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 5.3.6 Planungsinstrumente zur Förderung der Elektromobilität und Ladeinfrastruktur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 5.3.7 Verkehrliche Wirkungen von E-Mobilität. . . . . . . . . . . . . . . . . . 188

XIV

Inhaltsverzeichnis

5.4 5.5

Geschäftsmodelle für Elektromobilitätsbranche. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 Umsetzung des Gesamtsystems. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 5.5.1 Gesamtarchitektur und Anforderungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 5.5.2 Hardware- und Softwarekomponenten für die Systemumsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 6 Autonomes Fahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 6.1 Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 6.2 Fahren als Regelungsaufgabe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 6.3 Sensoren und Aktoren des autonomen Fahrzeugs. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 6.4 Protokolle und Vernetzung der Fahrzeuge. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 6.5 Akzeptanz versus rechtlicher Rahmen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 6.6 Autonomes Fahren und Sektorenkopplung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 Stichwortverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237

Abkürzungsverzeichnis

AC Alternating Current (Wechselstrom) ACEA Association des Constructeurs Européens d’Automobiles ACSI Abstract Communication Services Interface AK Arbeitskreis AR Anwendungsrichtlinie BEV Battery Electric Vehivle BHKW Blockheizkraftwerk BIP Bruttoinlandprodukt BSC Baseband Serial Communication BSD Battery Service Disconnect CAM Cooperative Awareness Massages CAN Controller Area Network CCS Combined Charging System CEE Commission on the Rules for the Approval of the Electrical Equipment CEN Comité Européen de Normalisation CENELEC European Committee for Electrotechnical Standardization CHAdeMO Charge de Move CIM Common Information Model CP Control Pilot DC Direct Current (Gleichstrom) DEKRA Deutscher Kraftfahrzeug-Überwachungs-Verein DENM Decentralised Envirnoment Notification Message DIN Deutsches Institut für Normung DKE Deutsche Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik EIA Energy Information Administration E-Kfz Elektrokraftfahrzeug Elek. Elektrisch EMV Elektromagnetische Verträglichkeit EN Europäische Norm

XV

XVI

Abkürzungsverzeichnis

EnWG Energiewirtschaftsgesetz ETSI European Telecommunications Standards Institute EU European Union EV Electric Vehicle EVCC Electric Vehicle Charging Controller FC Fuel Cell FLOP Floting Point Operations Per Second (Gleitkommaoperationen pro Sekunde) GAK Gemeinschaftsarbeitskreis GHD Gewerbe, Handel und Dienstleistungen GPS Global Positioning System GOOSE Generic Object Oriented Substation Events GTO Gate Turn Off HLC High Level Communication HV- HochvoltICCB In-Cable Control-Box IC-CPD In-Cable Control and Protection IEC International Electrotechnical Commission IEEE Institute of Electrical and Electronics Engineers IGBT Insulated-Gate Bipolar Transistor IKT Informations- und Kommunikationstechnik IP Internet Protocol ISO International Organization for Standardization ITU International Telecommunication Union JTC Joint Technical Committee JWG Joint Working Group KEP Kurier-Express-Pakete KKW Kernkraftwerke LD Logical Devices LIDAR Light Detection and Ranging LKW Lastkraftwagen MCLP Maximal Coverage Location Problem MIV Motorisierter Individualverkehr MOSFET Metall-Oxid-Halbleiter-Feldeffekttransistor NAAutomobil DIN-Normenausschuss Automobiltechnik NEFZ Neuer Europäischer Fahrzyklus OECD Organization for Economic Co-operation and Development OSI Open System Interconnection ÖV Öffentlicher Verkehr ÖPNV Öffentlicher Personalnahverkehr PE Protective Earth (Schutzleiter) PEM Proton Exchange Membrane

Abkürzungsverzeichnis

PHEV Plug-in Hybrid Electric Vehicle PKW Personenkraftwagen PLC Power Line Communication PTC Positive Temperature Coeffizient PP Proximity Pin oder Plug Present PV-Anlage Photovoltaikanlage PWM Pulsweitenmodulation RADAR Radio Detection and Ranging Schuko Schutzkontakt SEA Internationale Society of Automobile Engineers SECC Supply Equipment Charging Controller TAB Technische Anschlussbedingungen TC Technical Committee TCP Transmission Control Protocol UCTE Union for the Co-ordination of Transmission of Electricity UDP User Datagramm Protocol UML Unified Modeling Language VDE Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik VDI Verein Deutscher Ingenieure e.V. WLAN Wireless Local Area Network WSC World Standard Co-operation

XVII

1

Einführung in die Elektromobilität – Kritische Infrastrukturen und Sektorenkopplung

1.1 Kritische Infrastrukturen im 21. Jahrhundert 1.1.1 Definition und Überblick Mit der erheblichen weltweiten Steigerung der Lebensqualität in den letzten Jahren ist auch die Abhängigkeit des Menschen von technischen Infrastrukturen und deren Teilsystemen gestiegen. Während noch vor einigen Jahrzehnten in den Industrieländern die Stromversorgung häufig unterbrochen war, gehört Strom heute zu den zuverlässigsten Energiequellen. Er versorgt in Deutschland mehr als 80 Mio. Menschen kontinuierlich mit Energie, wobei eine mittlere Jahresunterbrechung von etwa 12 min [1] für das Gesamtsystem zu nennen ist. Heute ist es im täglichen Leben nicht mehr denkbar, dass wir ohne Strom auskommen. Deswegen zählt die elektrische Energieversorgung zu den sog. kritischen Infrastrukturen. Das Gleiche gilt auch für Transport und Verkehr, die in der heutigen globalisierten Welt unabdingbar sind. Grundsätzlich sind kritische Infrastrukturen (KRITIS) Organisationen oder Einrichtungen mit wichtiger Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen, bei deren Ausfall oder Beeinträchtigung nachhaltig wirkende Versorgungsengpässe, erhebliche Störungen der öffentlichen Sicherheit oder andere dramatische Folgen eintreten würden (s. Abb. 1.1) [2]. Neben den Sektoren Energie und Transport/Verkehr zählen auch Informationstechnik und Telekommunikation sowie die Wasserversorgung zu den überlebensnotwendigen technischen Basisinfrastrukturen. Eine Übersicht über alle Sektoren und Branchen kritischer Infrastrukturen zeigt Tab. 1.1. Gerade in 2020 wurde uns allen durch die Corona-Krise die Bedeutung von der kritischen Infrastruktur vor Augen geführt. Der Schutz der kritischen Infrastrukturen ist eine wichtige Aufgabe vorsorgender Sicherheitspolitik. Die nationale Strategie zum © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 P. Komarnicki et al., Elektromobilität und Sektorenkopplung, https://doi.org/10.1007/978-3-662-62036-6_1

1

2

Einführung in die Elektromobilität – Kritische Infrastrukturen …

Abb. 1.1   Bedrohung für kritische Infrastrukturen (allgemeine Darstellung)

Tab. 1.1  Systematik der kritischen Infrastrukturen gemäß Bundesministerium für Inneres [2] Technische Basisinfrastrukturen

Sozioökonomische Dienstleistungsinfrastrukturen

Energieversorgung (EV)

Gesundheitswesen, Ernährung

Informations- und Kommunikations-technologie (IKT)

Notfall- und Rettungswesen

Transport und Verkehr (TuV)

Parlament, Regierung, öffentliche Verwaltung, Justizeinrichtungen

(Trink-) Wasserversorgung und Abwasserentsorgung

Finanz- und Versicherungswesen Medien und Kulturgüter

Schutz kritischer Infrastrukturen (KRITIS-Strategie [2]) fasst die Zielvorstellungen und den politisch-strategischen Ansatz des Bundes auf diesem Politikfeld zusammen. In diesem Buch werden wir uns mit den technischen Infrastrukturen beschäftigen, wobei die folgenden im besonderen Fokus dieses Buches stehen: Energieversorgung, Informations- und Kommunikationstechnik sowie Verkehr (s. auch Tab. 1.1). Dabei wird versucht, die Konvergenz zwischen diesen Strukturen abzubilden. Grundsätzlich wird erwartet, dass durch die Konvergenz eine Symbiose/Synergie der Infrastrukturen entstehen wird, die zu einem überaus zuverlässigen Gesamtsystem führt, da vorhandene bzw. neu entstehende Informationen genutzt werden können. Eine andere Erklärung für den Begriff der Konvergenz stellt die Möglichkeit dar, notwendige neue Dienstleistungen

1.1  Kritische Infrastrukturen im 21. Jahrhundert

3

für ein gewandeltes System durch ein anderes System zu erbringen, z. B. Strom für Elektrofahrzeuge bereitzustellen. Da die Systematik des Bundesministeriums des Innern auch von Sektoren als Synonym für Infrastrukturen spricht, ist ebenso der Begriff Sektorenkopplung gebräuchlich, der noch besser die gewollten Effekte in den konvergenteren kritischen Infrastrukturen beschreibt. Er wird in diesem Buch daher als Erwartungszustand der Weiterentwicklung der kritischen Infrastrukturen verwendet. Wie sieht die heutige Kopplung zwischen technischen Sektoren aus? Bis jetzt ist sie generell ziemlich locker und von Fall zu Fall unterschiedlich stark, was bedeutet, dass die Sektoren weitgehend unabhängig voneinander sind. Der Ausfall des Informationsnetzes beispielsweise hat fast keinen Einfluss auf das Funktionieren von elektrischen Energiesystem en oder Verkehrssystemen, welche auf eigene Informationsinfrastrukturen zurückgreifen. Umgekehrt wird erst ein dauerhafter Ausfall von elektrischen Energiesystemen die Funktionen der anderen Infrastrukturen massiv, wenn auch nicht direkt beeinflussen. So wird die Bahn beispielsweise elektrisch betrieben und infolgedessen bei einem Stromausfall zum Stillstand kommen, obwohl sie über eigene Kraftwerke verfügt. Man kann sich hier weitere Szenarien überlegen, die zeigen, dass schon heute Ansätze für die Kopplung (gegenseitige Wechselwirkung) zwischen Sektoren im Falle einer Havarie bestehen. Zukünftig wird sich dieser Zustand wesentlich verändern, weil aus verschiedenen Gründen die Infrastrukturen drastischen Wandlungen unterzogen werden. Zu nennen sind hier Gründe wie Umwelt- und Energieprobleme oder der IKT -Ausbau. Mögliche Szenarien hierzu werden in den weiteren Teilen dieses Buches (Kap. 5) präsentiert. Gleichzeitig wird auch untersucht, wie man die Sektorenkopplung intelligent gestalten kann, um schon bei der Planung die Infrastrukturen als konvergente Strukturen zu betrachten und somit gekoppelte Systeme sicher gestalten und betreiben zu können. Um den Maßstab der Problematik zu skizzieren, sind im Folgenden einige Kennziffern zu drei, in dem Buch behandelten, technischen Infrastrukturen angegeben.

1.1.2 Transport und Verkehr Transport und Verkehr spielen in allen Ländern der Erde eine wichtige Rolle, besonders natürlich aber in den Industrieländern. Ohne Personen- oder Warenmobilität kann man sich heute keine Wirtschaft vorstellen. Dominierend ist hier die individuelle Mobilität, die in Deutschland etwa 70 % des gesamten Personenverkehrs ausmacht. Weltweit steht für den Autoverkehr ein Straßennetz von insgesamt 29.357.026 km Länge zur Verfügung [3]. Dies entspricht

4

Einführung in die Elektromobilität – Kritische Infrastrukturen …

Tab. 1.2  Straßennetz weltweit, ausgewählte Daten [3] Land

Position auf der Liste

Länge in 1000 km

Netzdichte m/km2

USA

1

6.586.610

662,10

Russische Föderation

5

1.283.387

57,40

Frankreich

8

1.028.446

1595,50

Deutschland

12

645.000

1805,00

Belgien

33

154.012

4987,42

einer 730-maligen Umrundung der Erde am Äquator1 – eine bemerkenswerte Zahl. Mit unterschiedlicher Straßennetzdichte, gemessen in m/km2, erstreckt sich das Straßennetz fast ohne Ausnahme über alle Länder der Erde. In Tab. 1.2 sind die Angaben zum Straßennetz in unterschiedlichen ausgewählten Ländern vorgestellt. Straßennetze haben unterschiedliche Qualität, abhängig von Straßenart (z. B. Autobahn, Landstraße) und landesspezifischen Eigenschaften. Die höchste Straßennetzdichte ist charakteristisch für kleine Länder. Belgien beispielsweise hat eine der höchsten Straßennetzdichten weltweit mit etwa 5 km/km2 [3]. In Europa beträgt die Straßennetzdichte im Schnitt etwa 1,5 km/km2 [3]. Deutschland verfügt über 230.082 km Schnellstraßen im Jahr 2016. Die Unterteilung der Straßen in Deutschland ist in Abb. 1.2. dargestellt. Ergänzend zum Straßennetz werden für den Transport und Verkehr auch das Schienennetz, Wasserwege und das Luftverkehrsnetz genutzt. Das weltweite Schienennetz erstreckt sich über 1.370.782 km, was einer ca. 34-maligen Umrundung der Erde auf dem Äquator entspricht. In Deutschland spielt der Schienenverkehr mit einer etwa 15 %igen Beteiligung am Personentransport eine wichtige Rolle. In Tab. 1.3 sind die Längen der Schienennetze für ausgewählte Länder angegeben. Sowohl die Länge als auch die Netzdichte ist beim Schienennetz etwa 20-mal kleiner als die entsprechenden Kennzahlen für das Straßennetz. Die Wasserstraßen und Flugverkehrsnetze spielen aufgrund ihrer Spezifika (Ortsgebundenheit) nur punktuell (z. B. für große Entfernungen) eine wichtige Rolle im Transport und werden in diesem Buch deshalb nicht betrachtet. Die exakten Daten zu diesen Sektoren sind bei Statista oder Wikipedia oder aber auch in anderen Quellen im Internet einfach nachzulesen.

1Der Umfang des Äquators beträgt 40.075,017 km. https://de.wikipedia.org/wiki/%C3%84quator. Zugriff 18. Sept. 2017.

1.1  Kritische Infrastrukturen im 21. Jahrhundert

5

Abb. 1.2   Länge des Straßennetzes in Deutschland 2019 in km [4]

Tab. 1.3  Schienennetz weltweit, ausgewählte Daten [5] Land

Position

Länge in km

Netzdichte m/km2

USA

1

293.564

29,87

China

2

191.270

19,93

Russland

3

87.157

5,10

Deutschland

6

43.468

121,75

Frankreich

9

29.640

46,04

Tschechische Republik

24

9622

122,00

Schweiz

33

5652

136,93

6

Einführung in die Elektromobilität – Kritische Infrastrukturen …

1.1.3 Energieversorgung Die Energieversorgung in den Industrieländern basiert grundsätzlich auf elektrischer Energie. Die elektrische Energie, auch Elektrizität genannt [6], ist eine Sekundärenergie, die sich vielfältig verwenden lässt. Die Energiewirtschaft umfasst alle technischen und wirtschaftlichen Maßnahmen der Primärenergieerschließung und Gewinnung, deren Umwandlung, Transport und Verteilung bis hin zu Energieanwendungen beim Endverbraucher. Die Energiewirtschaft verbraucht etwa 35 % der Primärenergiequellen (s. auch Abschn. 1.2). Die erzeugten Strommengen steigen ständig (s. Abb. 1.3) und betragen weltweit etwa 25.700 TWh pro Jahr. Deutschland gehört mit etwa 650 TWh pro Jahr zu einem der größten Energieproduzenten und gleichzeitig Verbraucher weltweit. Der Stromverbrauch pro Kopf, der über die Industrialisierung des Landes und den dortigen Lebensstandard mit entscheidet, ist weltweit sehr unterschiedlich. Während bei den Industrieländern der durchschnittliche Verbrauch bei etwa 7000 kWh pro Kopf und Jahr liegt, ist er in Entwicklungsländern zweimal kleiner. Island hat mit Abstand den höchsten Stromverbrauch der Welt. Für drei Viertel davon ist dort die Aluminiumindustrie verantwortlich. Zugleich ist der Strom in Island so klimafreundlich wie in kaum einem anderen Land: Er wird komplett aus Wasserkraft und Erdwärme erzeugt. In den USA treiben die Klimaanlagen den Stromverbrauch im Sommer auf die Spitze, sodass dort ein höherer Verbrauch vorliegt, welcher 12.950 kWh pro Kopf und Jahr beträgt. Das führt zu unterschiedlichen Konsequenzen, die in Abschn. 1.2 näher beleuchtet werden. Tab. 1.4 fasst den gegenwärtigen Verbrauch pro Kopf für ausgewählte Länder zusammen. Die Länge der Stromnetze in Deutschland beträgt 1,8 Mio. km [11], was circa 45 Erdumrundungen am Äquator entspricht; sie sind etwa dreimal so lang wie alle Straßen in Deutschland zusammen. Die elektrischen Netze besitzen mehrere Spannungsebenen Abb. 1.3   Weltweit erzeugte Strommengen in den Jahren 1990 bis 2017 [7]

1.1  Kritische Infrastrukturen im 21. Jahrhundert

7

Tab. 1.4  Stromverbrauch pro Kopf weltweit [8] Land

Position auf der Liste

Verbrauch pro Kopf in kWh/Jahr

Stromverbrauch in TWh [9, 10]

Island

1

53.160

16 (2008)

USA

10

12.950

3913

Japan

22

7750

934

Deutschland

25

7140

533

Frankreich

26

7370

431

China

61

3480

5523

Haiti

137

50

0,39 (2008)

(von der Niederspannung, je nach Land 110 V bzw. 230 V, über Mittelspannung 10 kV bis 30 kV bis zur Hochspannung bzw. Höchstspannung 110 kV bis 750 kV), die den optimalen Energietransport- und Verteilungsaufgaben angepasst sind. In Deutschland beträgt die Länge der Niederspannungsnetze 1,20 Mio. km, während sich die Mittelspannungsnetze über 0,5 Mio. km erstecken und die Hochspannungsnetze über etwa 130.000 km. Bemerkenswert ist dabei, dass über 80 % der Netze in Deutschland durch Erdkabelnetze gebildet werden, was eine hohe Zuverlässigkeit der Energiebereitstellung garantiert und ein Alleinstellungsmerkmal des deutschen Energiesystems darstellt. Freileitungen hingegen sind stärker durch externe Einflüsse (wie Blitzschlag oder mechanische Zerstörung) beeinträchtigt.

1.1.4 Informations- und Kommunikationstechnologien Das Internet hat die Informations-und Kommunikationstechnik revolutioniert. Heute sind 4,13 Mrd. Menschen als Internetnutzer registriert [12], was einer Quote von 57 % [13] entspricht (s. auch Abb. 1.4). Die Länder, in denen der höchste Anteil an Haushalten mit dem Internet verbunden ist, liegen vorwiegend in Europa. Eine Ausnahme ist Südkorea als Spitze des Rankings mit 98,8 %. Es folgen Luxemburg mit 96,8 %, Norwegen mit 96,6 % und Island mit 96,6 %. Deutschland liegt mit 90,3 % auf Rang 13 [15]. Der durchschnittliche Nutzer in Deutschland setzt das Internet 277 min pro Tag [12] ein, was bedeutet, dass die meisten ständig „online“ bleiben. Damit sind auch Vorgänge des alltäglichen Lebens wie z. B. Planen, Buchen, Einkaufen, Verwalten wesentlich individueller geworden. Auch die Idee des Smart Home (vernetztes, „intelligentes“ Heim) wird immer öfter angewendet. Durch diese IKT -Vernetzung lassen sich Haushaltsgeräte auch aus der Ferne steuern und untereinander vernetzen.

8

Einführung in die Elektromobilität – Kritische Infrastrukturen …

Abb. 1.4   Schätzung der Anzahl der Internetnutzer weltweit nach Regionen in Mio. (2019) [14]

Als Meilensteine in der Entwicklung des modernen Internets sind zu nennen: • 1983: Einführung von TCP/IP2 als Grundlage für den Datenaustausch im Internet, • 1984: Entwicklung des DNS3 zur Übersetzung von normalen Adressnamen in IPAdressen, • 1991: Vorstellung des World Wide Web am CERN, • 1993: Einführung des ersten Grafik-basierten Browsers, • 1995: Entwicklung der objektorientierten Programmiersprache JAVA, • 1996: Erstes Smartphone, das Nokia Communicator 9000, • 1998: Gründung von Google, • 2004: Gründung von Facebook, • 2006: Versand des ersten Tweets durch Twitter-Gründer Jack Dorsey. Die IT-Branche setzte im Jahr 2019 weltweit 3737,0 Mrd. US$ [16] um, davon in Deutschland 93,0 Mrd. EUR [17].

2Transmission

Control Protocol/Internet Protocol: Internetprotokollfamilie. Name System (DNS): Dienste in IP-basierten Netzwerken. Seine Hauptaufgabe ist die Beantwortung von Anfragen zur Namensauflösung. Das DNS funktioniert ähnlich wie eine Telefonauskunft.

3Domain

1.2  Energie zur Sicherung der kritischen Infrastrukturen

9

1.2 Energie zur Sicherung der kritischen Infrastrukturen 1.2.1 Elektrische Energie – Anführer des Fortschritts Die elektrische Energie, als sekundäre, veredelte Form der Energie, hat sich in den letzten Jahren als einer der Haupttreiber des Fortschritts herausgestellt. Merkmale wie leichte Handhabung, Transport und Rückwandlung in unterschiedliche andere Formen der Energie, z. B. thermische oder mechanische Energie, macht Strom eindeutig zum Mittel der Wahl für diese Rolle. Die elektrische Energie wird weltweit hauptsächlich durch die Wandlung von vorwiegend fossilen primären Energieträgern gewonnen. Per Definition ist Primärenergie [18] diejenige Energie, die aus der Sonnenenergie stammt und in den Brennstoffen als chemische Energie gespeichert wird. Durch Oxidation der brennbaren Bestandteile wie Kohle, Wasserstoff und anderer Elemente wird sie wieder in Wärme umgesetzt. Als Oxidationsmittel dient meist Luft, manchmal auch mit Sauerstoff angereichert, aber selten reiner Sauerstoff. Die Primärenergien sind durch folgende Merkmale [18] charakterisiert: • Heiz- und Brennwert (s. DIN 5499), • maximaler CO2-Gehalt, • Zündtemperatur. In Tab. 1.5 sind die primären Energiequellen systematisch zusammengestellt. Die Vorkommen der natürlichen primären Energiequellen sind endlich und reichen, den heutigen Grad der Nutzung zugrunde legend, nur für die nächsten 60 Jahre (Gas) bzw. 200 Jahre (Kohle) aus. Man soll aber nicht vergessen, dass der Energieverbrauch weltweit jährlich steigt, was grundsätzlich durch das Streben der Entwicklungsländer bedingt ist, die Lücke in der Lebensqualität zu den Industrieländern zu schließen. Mit der Steigerung des Energieverbrauches ist, als negative Auswirkung, der Anstieg des CO2-Ausstoßes verbunden, was zur globalen Erwärmung der Erde führt. Es müssen also in naher Zeit Gegenmaßnahmen ergriffen werden, um den globalen Erwärmungsprozess zu stoppen bzw. zu stabilisieren. Die Erderwärmung wurde schon von mehr als 20 Jahren als weltweites Problem erkannt, erste Gegenmaßnahmen wurden im sog. Kyoto-Protokoll im Jahr 1995 vorgeschlagen und später im Pariser Klimaabkommen im Jahr 2015 konkretisiert [19]. Das Abkommen wurde dann im Oktober 2016 durch die EU [20], China, USA, Japan und andere Länder ratifiziert und beinhaltet eine Reduzierung der CO2-Emission um 40 % im Vergleich zum Jahr 1990. Erste Ergebnisse der Vereinbarungen aus dem Jahr 1995 sind schon heute zu beobachten. Der Anstieg des Energieverbrauchs in den Industrieländern [21] und in Konsequenz dazu der Anstieg der CO2-Emissionen hat sich vom Bruttoinlandsprodukt (BIP) entkoppelt. In den Entwicklungsländern jedoch steigt weiter der Energieverbrauch proportional zum BIP.

10

Einführung in die Elektromobilität – Kritische Infrastrukturen …

Tab. 1.5  Systematische Darstellung von primären Energiequellen Art

Herkunft

Beispiele

Feste Brennstoffe

Natürliche feste Brennstoffe

Torf, Braunkohle, Steinkohle

Künstliche feste Brennstoffe

Kohlebriketts, Holzkohle, Koks

Abfallbrennstoffe

Müll, Pflanzenabfälle

Flüssige Brennstoffe

Natürliche flüssige Brennstoffe Erdöl Künstliche flüssige Brennstoffe Steinkohle-Teeröl, Schalöl, Schieferöl

Gasförmige Brennstoffe oder Brenngase

Abfallbrennstoffe

Altöl, Zellstoffablage

Natürliche Brenngase

Erdgas

Künstliche Brenngase

Verkokungsgas, Stadtgas, Generatorgas, Gichtgas, Wassergas, Druckvergasungsgas, künstliches Erdgas

Abfallbrenngase

Raffineriegas, Klärgas

Kernbrennstoffe Oxidische Metallische Flüssige Andere feste Brennstoffe Regenerative Energien

Windenergie Solarenergie Geothermische Energie Biogas Biomasse

Wie aus Abb. 1.5 ersichtlich, ist der Anstieg des Energieverbrauchs in den OECD4 -Ländern seit vielen Jahren nahezu null (Abb. 1.5a grüne Fläche und Abb. 1.5b grüne Balken). Diese Entwicklung ist das Ergebnis aus der Umstellung auf effiziente Produktionsverfahren und den Einsatz energieeffizienter Haushaltsgeräte in diesen Ländern. In anderen Ländern beträgt der Anstieg des Energieverbrauchs immer noch zwischen 2 % und 5 % jährlich, was auf einen über viele Jahre akkumulierten Nachholbedarf im Lebensstandard zurückzuführen ist. Gegenwärtig ist der Energieverbrauch pro Kopf, wie bereits in Abschn. 1.1 erwähnt, in einigen Entwicklungsländern mit sehr 4OECD:

Organization for Economic Co-operation and Development.

1.2  Energie zur Sicherung der kritischen Infrastrukturen

11

Abb. 1.5   a Energieverbrauch in toe,b Anstieg des Energieverbrauchs in % (in unterschiedlichen Regionen) [22]

großen Einwohnerzahlen wie China oder Indien immer noch um 50 % geringer als der entsprechende Verbrauch in den industrialisierten Ländern. (5) Der Mix des Verbrauchs von primären Energiequellen ändert sich fast jährlich aus zwei Hauptgründen: Knappheit der primären Energiequellen und notwendige Reduktion der CO2-Emissionen (s. Abb. 1.6). Unabhängig davon, dass der Ölpreis momentan niedrig ist, verliert diese Energiequelle langsam ihre dominante Rolle innerhalb des Energiemix, so wie auch Kohle und Kernenergie an Bedeutung verlieren (s. Abb. 1.6a). Gleichzeitig ist aber ein dynamischer Anstieg der Energieerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen zu verzeichnen, wobei dieser Trend sich gemäß zahlreichen Prognosen in den nächsten Jahrzehnten fortsetzen wird (s. Abb. 1.6b). Auch die Nutzung von Gas wird in Zukunft zunehmen, da mithilfe von Gaskraftwerken und ihren flexiblen Erzeugungsmöglichkeiten für den Ausgleich von Versorgungsschwankungen (s. hierzu Abschn. 1.4.1) gesorgt werden kann. Betrachtet man die genannten Trends, kann man feststellen, dass diese einen globalen Charakter haben. Sowohl außerhalb als auch innerhalb Europas wird intensiv daran gearbeitet, neue wirtschaftlich effiziente und erneuerbare Erzeugungstechnologien zu entwickeln (Abb. 1.7a), nicht zuletzt besonders in Deutschland mit der nationalen Strategie zur Energiewende. Sowohl Windenergie als auch im Besonderen die Photovoltaik-Technologie sind in den letzten 20 Jahren zwei- bis viermal kostengünstiger geworden, legt man die zugehörigen Energieproduktionskosten zugrunde. Entsprechend sind die installierten Leistungen für diese Technologien exponentiell gestiegen. Windenergieanlagen, mit Energieproduktionskosten von etwa 50 €/MWh, stellen eine ernsthafte Konkurrenz für die traditionellen Technologien der Energieerzeugung dar (s. Abb. 1.7b) und sind der Motor für die erfolgreiche und breite Nutzung der erneuerbaren Energieerzeugungstechnologien.

5Eine

Tonne des oil equivalent (toe) kann auch als Maß der Energie definiert werden. Eine toe entspricht etwa 42 Gigajoule.

12

Einführung in die Elektromobilität – Kritische Infrastrukturen …

Abb. 1.6   a Mix der Primärenergieträger, b jährlicher Zuwachs der erzeugten Energie nach Art des Energieträgers [22]

Abb. 1.7   a Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung, b durchschnittliche Energiegestehungskosten in Nordamerika [22]

Sowohl für Windenergie- als auch PV-Anlagen existiert ein globaler Markt, welcher einen weltweiten Vergleich der Energiepreise pro MWh basierend auf der Nutzung dieser Technologien erlaubt (s. Tab. 1.6). Als Ergebnis dieser weltweiten Anstrengungen sind bereits heute zwei positive Effekte zu verzeichnen: • Entkopplung des BIP (Bruttoinlandsprodukt) von der Nutzung primärer Energien (Abb. 1.8), • Entkopplung der CO2-Emission en im Energiesektor vom Verbrauch (Abb. 1.9).

1.2  Energie zur Sicherung der kritischen Infrastrukturen Tab. 1.6  Vergleich der Energieerzeugungspreise für onshore Wind und PV im Jahr 2015 [23]

13

Land

Onshore Wind, US$/MWh

Photovoltaik, US$/MWh

USA

47

65–70

Kanada

66



Deutschland

67–100

95

Brasilien

49

81

Chile



85–89

Uruguay



90

Südafrika

51

65

Indien



88–116

China

80–91



Türkei

73



Ägypten

41–50



Australien

69



Abb. 1.8   Entkopplung des GDP vom Energieverbrauch in den Industrieländern [22]

Der letztgenannte Effekt ist vielversprechend und resultiert aus den Maßnahmen zur Verminderung der CO2-Emissionen, die in vielen Ländern in Form von Energieeffizienzerhöhung, Verbesserung der Wirtschaftlichkeit der Industrieproduktion und Einsatz von erneuerbaren Energien mit Null-Emission ergriffen worden sind. Der Verbrauch der elektrischen Energie in Ländern wie China, Indien oder in der Region Südostasien wird gemäß den Prognosen (s. Abb. 1.9) weiter steigen, da, wie schon erwähnt, der Verbrauch pro Kopf auch dort ansteigen wird, um die Lebensqualität

14

a

Einführung in die Elektromobilität – Kritische Infrastrukturen …

b

Abb. 1.9   a Entkopplung der CO2-Emission en im Energiesektor vom Verbrauch elektrischer Energie, b CO2 Emissionen nach Regionen [23]

weiter an die der Industrieländer anzupassen. Positiv bleibt allerdings festzuhalten, dass sich die Emissionen dabei verringern werden, im Gegensatz zu früheren Jahrzehnten, in denen eine Zunahme zu verzeichnen war. Die weltweite Industrialisierung charakterisiert sich deswegen durch eine nahezu gleichbleibende CO2-Emission dar (s. Abb. 1.9a). Um diesen Prozess der Senkung der CO2-Emissionen weiter zu unterstützen, wurden im Rahmen des Pariser Klimaabkommens Zahlungen in Höhe von 90 Mrd. € vereinbart, die in den nächsten fünf Jahren von den Industrieländern den Entwicklungsländern zur Verfügung gestellt werden. Zusätzlich dazu startete im 2020 die EU einen neue Initiative, s.g. Green Deal, die weiteren 100 Mrd. € mobilisieren wird.

1.2.2 Energieverbrauch im Verkehr- und Transportsektor Transport und Verkehr sind einer der größten Energieverbraucher. In Deutschland wurden an dieser Stelle mehr als 25 % des Gesamtenergieverbrauchs umgesetzt, wobei Mineralölprodukte heute dort die absolut dominierenden Energiequellen darstellen (s. Abb. 1.10). Die elektrische Energie macht erst 1,6 % des gesamten Energieverbrauchs in diesem Sektor aus, trotz der Tatsache, dass die Bahn (Fernbahn, S-Bahn und U-Bahn, s. auch Abb. 1.11) grundsätzlich elektrisch betrieben wird.

1.2  Energie zur Sicherung der kritischen Infrastrukturen

15

Abb. 1.10   Endenergieverbrauch im Verkehrssektor im Jahr 2015 [24]

Abb. 1.11   Moderne ICE-Züge; die Bahn verbraucht weniger als 2 % der Energie im Verkehrssektor in Deutschland [5]

16

Einführung in die Elektromobilität – Kritische Infrastrukturen …

1.2.3 Energieverbrauch und New Economy Seit dem ersten Bericht des Clubs of Rome6 mit dem berühmten Titel Die Grenze des Wachstums (1972) hat das Bewusstsein für nachhaltiges Wachstum und eine nachhaltige Ökonomie wesentlich zugenommen. In der neusten Veröffentlichung mit dem Titel: Club of Rome. Der große Bericht, die anlässlich des 50-jährigen Bestehens der Organisation im Jahre 2018 erschienen ist, wurden Prognosen aus dem Jahre 1968 durchaus bestätigt. Besonders die letzten Jahre haben gezeigt, dass wir nicht mehr in einer leeren Welt leben. Der Begriff leere Welt wurde vom Club of Rome kreiert und nimmt an, dass Zitat [44] „die Wirtschaft im Vergleich zu Ökosphäre relative klein ist, wo unsere Technik der Extraktion und Ernte noch schwach sind und unsere Ziele gering. Fische vermehren sich schneller als wir sie fangen können, Bäume wachsen schneller, als wir sie fällen würden, Mineralien in der Erdkruste sind reichlich vorhanden, und die natürlichen Ressourcen sind nicht wirklich knapp. In der leeren Welt wurden die unerwünschten Nebenwirkungen unsere Produktionssysteme weit verteilt und wurden oft mit geringerem Aufwand absorbiert“. Auch wenn diese These vor 50 Jahren utopisch klang, sind wir heute wegen des z. B. durch den Temperaturanstieg sichtbar gewordenen Klimawandels mehr als überzeugt, dass unsere Welt nicht mehr unbegrenzt genutzt werden kann und dadurch eben eine volle Welt ist. Ein spürbares Beispiel hierfür ist die messbare Abgasverschmutzung in der Atmosphäre, die sich nicht mehr regenerieren kann und damit den o.g. Erderwärmungseffekt zementiert. Im Laufe der Jahre entstand die Idee einer New Economy, die sich eine nachhaltige Entwicklung der Menschheit in einer vollen Welt zum Ziel nimmt. Das setzt zunächst voraus, dass komplexe und nicht einfache Wachstumsmessinstrumente zum Einsatz kommen. An Stelle des BIP (Bruttoinlandprodukts), der praktisch keine Restriktionen berücksichtigt und am Gewinnmaximum orientiert ist, wurden andere Bewertungsfaktoren vorgeschlagen und eingeführt. Die Agenda 2030 der Vereinigten Nationen beinhaltet siebzehn Nachhaltigkeitsentwicklungsziele (Sustainable Development Goals, SDGs) [45]. Diese können bei den Entwicklungsplänen bis zu den Kommunen angewendet werden, um bereit bei der Planung die hohe Komplexität des nachhaltigen Wachstums zu berücksichtigen. Dazu stehen unterschiedliche Werkzeuge zur Verfügung, die im Internet ausführlich beschrieben werden, z. B. unter www.sdg-portal.de. Die SDGs 1-11 charakterisieren sozioökonomische Ziele. SDG 12 ist der nachhaltigen Konsumption und Produktion gewidmet, SDGs 13-15 formulieren das Umweltziel und SDGs 17 und 18 die Gerechtigkeit und Partnerschaft. Schon diese einfache

6The

Club of Rome wurde im 1968 als unabhängige Initiative gegründet. Mehr lesen Sie unter https://clubofrome.org/ oder auch auf Deutsch unter https://www.clubofrome.de/.

1.2  Energie zur Sicherung der kritischen Infrastrukturen

17

Auflistung zeigt, dass diese Systematik sich nicht mit der eindimensionalen Logik des BIP ausdrücken lässt. Nutzt man diese Systematik können nicht nur Kommunen, sondern auch Länder nach den SDG-Prinzipien bewertet werden. Mit 100 als der maximal erreichbaren Zahl dieser multikriteriellen Bewertung wurden 2016 die skandinavischen Länder (Schweden, Dänemark, Norwegen7 und Finnland) mit einer Punktzahl zwischen 84,5 und 81,0 am höchsten bewertet [49]. Diese werden von der Schweiz (80,9) und Deutschland (80,5) gefolgt. Die USA mit 72,7 Punkten liegt auf Platz 27, die Russische Föderation (66,4) auf Platz 47 und China mit 53,1 Punkten auf dem Platz 76. Das Schlusslicht bildet Zentralafrikanische Republik mit 26 Punkten. Aus der Diskussion der Agenda 2030 ist klargeworden, dass alle siebzehn Ziele gleichzeitig verfolgt werden müssen. Eine kohärente Politik ist erforderlich, um diese sozioökonomischen und umweltpolitischen Ziele zu erreichen. Dazu gehört aber die gegenwärtigen technologischen, wirtschaftlichen und politischen Ziele zu überarbeiten. Um die Vergleichbarkeit der bisherigen ökonomischen Indices mit der Nachhaltigkeitsbewertung zu erreichen hat die New Economic Fundation ein GPI-Index (Genuine Progress Indicator) entwickelt, der sowohl private Konsumausgaben (also Bestandteile des BIP) als auch 25 andere Komponenten, die die Nachhaltigkeit und den Lebenskomfort ausdrücken, beinhaltet [46]. Die ersten Untersuchungen haben gezeigt, dass sich der GPI Faktor von der BIP in den 70-er Jahren entkoppelt hat. Der BIP stieg in der vollen Welt weiter an, während der GPI konstant blieb. Das macht deutlich, dass für eine volle Welt die Wohlfahrt der Menschen anders gemessen werden muss als mit dem BIP. Nur so kann sich das Handeln an einer Wohlfahrtssteigerung ausrichten. Zusammenfassend kann man feststellen, dass nicht nur die technischen Begrenzungen, wie Knappheit der Ressourcen bzw. steigende Emissionen, sondern auch sozioökonomische Zielsetzungen, die in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen haben, die Ziele der Energiewende noch stärker in den Vordergrund stellen werden. Nach dem sich die regenerative Stromerzeugung aus PV bzw.- Windanlagen über 20 Jahren etablierte und heute ohne Subventionen im Wettbewerb zu fossilen Techniken stehen kann, ist durchaus vorstellbar, dass durch komplexe Bewertungen, z. B. mit GPI- Faktor, weitere technische Entwicklungen, wie z. B. bei der Elektromobilität mehr effektiv unterstützt werden können. Deswegen ist es nicht besonders überraschend, dass die Elektromobilität momentan in den skandinavischen Ländern die rasanteste Entwicklung erlebt. Dort herrscht eine entsprechend hohe Akzeptanz für die nicht nur am BIP orientierten Wohlfahrtsziele der Gesellschaft.

7Norwegen

führt in Anwendung von E-Kfz weltweit mit fast 50 % Zulassungsquote.

18

Einführung in die Elektromobilität – Kritische Infrastrukturen …

1.3 Geschichte des Verkehrs 1.3.1 Elektroauto Das Elektroauto, das per Definition durch einen Elektromotor angetrieben wird und die dazu notwendige Energie aus einer Elektrobatterie bzw. einer anderen portablen Elektroenergiequelle wie z. B. einer Brennstoffzelle bezieht und welches auch durch Strom aus dem elektrischen Netz aufgeladen werden kann, ist an sich nichts Neues. Bereits Werner von Siemens hat es entwickelt und ist mit seinem Elektromotor im Jahr 1882 gefahren [25], ebenso wie Ferdinand Porsche mit seinem Lohner-Porsche [26] im Jahr 1900 (s. Abb. 1.12). Zu dieser Zeit stellten die Elektroautos mit einer Reichweite von 100 km und einer Spitzengeschwindigkeit von 105 km/h die zweite Generation von Autos dar und lösten die mit Dampf betriebenen Fahrzeuge der ersten Generation ab. Der Vorteil und die Zukunftsperspektive der Elektroautos lagen damals in der einfachen und sehr zuverlässigen Konstruktion der Elektromotoren und der allgemein zugänglichen elektrischen Energie, welche insbesondere zur Versorgung in den Städten diente. Erst die Entwicklung von Verbrennungsmotoren verdrängte diese Technologie zu Beginn der Zwanzigerjahre des letzten Jahrhunderts. Anfang der 1990er-Jahre war das Interesse am Elektroauto, bedingt durch die Ölkrise, zurückgekehrt, und seit etwa 2003 verfestigt sich der Trend hin zum Elektroauto (s. Abb. 1.13). Heute hat der typische Elektro-Pkw (s. Abb. 1.14) eine Batterienennkapazität zwischen 8 und 70 KWh – in besonderen Fällen, wie beim Modell Tesla Model S, sogar 100 kWh – und eine potenzielle Reichweite zwischen 100 und 400 km. Diese Leistungsdaten sind ausreichend für Stadtfahrten. Gegenwärtige Argumente für die Nutzung von Elektroautos sind das emissionsfreie Fahren, besonders in den Städten, die hohe Effizienz und die Möglichkeit einer technischen und wirtschaftlichen Konvergenz von zwei Infrastrukturen: elektrische Energieversorgung und Verkehr auf der Basis von erneuerbaren Energien.

Abb. 1.12   Erste Elektroautos von a Werner von Siemens, b Ferdinand Porsche

1.3  Geschichte des Verkehrs

19

Abb. 1.13   Anzahl der zugelassenen Elektroautos in Deutschland von 2010 bis 2020 [27]

Abb. 1.14   Modernes Elektroauto – Kleinwagen. (https://www.bmw.de/de/neufahrzeuge/bmw-i/ i3/2017/auf-einen-blick.html?bmw=sea:717986766:36918861589:bmw%20i3)

1.3.2 Fahrzeug als Verkehrsmittel 75 % des Personenverkehrs wird durch die Nutzung von Pkw realisiert. Diese Zahl zeigt, wie wichtig in der heutigen Zeit die individuelle Mobilität ist [28]. Die folgenden Vorteile (nach [29]) tragen großteils zur individuellen Mobilität im modernen Auto (s. Abb. 1.15) bei: • Im Auto ist man „unter sich“, ungestört von Mitmenschen (Statussymbol und persönliche Beziehung). • Mit dem Auto lässt sich mehr Gepäck mühelos transportieren als mit irgendeinem anderen Verkehrsmittel.

20

Einführung in die Elektromobilität – Kritische Infrastrukturen …

Abb. 1.15  Moderner Pkw – Kleinwagen. (https://tt.mercedes-benz.de/ebroschuere/direkt/AKlasse.pdf)

• Der Fahrpreis ist bei voll besetztem Auto sehr niedrig. • Der Autofahrer macht seinen eigenen, individuellen Fahrplan, indem er zumindest die Abfahrtzeit nach eigenem Interesse festlegen kann. • Am Urlaubsort ist es eigentlich immer nützlich, ein Auto zu haben. • Wer mit dem Auto fährt, sieht etwas von der Welt – soweit sie zwischen seinem Startpunkt und seinem Zielort liegt. • Man kann die Reise immer dann und dort unterbrechen, wann und wo man will. Die Nachteile (nach [29]) sind: • Autofahren ist keine Erholung. • In jedem Jahr sterben mehr als 30008 Menschen auf den deutschen Straßen – zu viert in einem Auto gibt es immerhin eine 1:10.000-Chance, dabei zu sein. • Wenn man die Versicherungen gegen alles, was einem unterwegs passieren kann, und darüber hinaus auch Steuern, Anschaffungs- und Unterhaltskosten dazu zählt, dann sind Autoreisen gar nicht mehr so kostengünstig. • So frei man die Abfahrtszeit bestimmen kann, so wenig Kontrolle hat man über die Ankunftszeit. • Während der Autoreise setzt man sich stundenlang einer der größten Gesundheitsgefährdungen aus: dem dauernden Einatmen von Kohlenoxydgasen. • Das Auto wird auch am Urlaubsort dazu verführen, sich seiner Pferdestärken zu bedienen und die menschlichen Stärken verkümmern zu lassen. In Vergleich zum Auto mit Verbrennungsmotor hat ein Elektro-Pkw folgende Vor- und Nachteile:

8Im

Jahr 2019 starben 3059 Menschen bei Unfällen im deutschen Straßenverkehr.

1.3  Geschichte des Verkehrs

21

Vorteile • Geringe Betriebs- und Unterhaltskosten, da ein Elektroauto mit Strom statt Benzin bzw. Diesel betankt wird. Eine Betankung kostet je nach Stromtarif sowie Verbrauch maximal 5,00 € für 100 km Fahrt.9 • Niedrige Steuerlast und Versicherungsbeiträge. Im Jahr müssen nur 10 bis 30 € an Kfz-Steuern gezahlt werden. Eine günstige Kfz-Versicherung kostet nur 100 € jährlich. • Hohe Umweltfreundlichkeit, denn ein Elektroauto erzeugt keine Abgase. • Elektromotoren sind weniger wartungsintensiv als Verbrennungsmotoren. • Elektroautos schonen die Umwelt, weil sie im Gegensatz zu Pkw mit Verbrennungsmotoren sehr leise fahren. Nachteile • Elektroautos sind derzeit leider noch sehr teuer in der Anschaffung, Kleinstautos wie der Stromer Nissan Leaf kostet etwa 23.000 € (inkl. Batterieeinheit). • Lange Ladezeit der eingesetzten Batterien, eine Aufladezeit kann sich auf bis zu zehn Stunden belaufen. • Geringe Reichweite von aktuell 80 bis zu 300 km, eine große Reichweite gibt es derzeit nur bei teuren E-Autos. Das günstige Fahren mit einem Elektroauto ist mit einem hohen Wirkungsgrad der elektrischen Energiewandlung verbunden. Ein klassisches Elektroauto besteht aus einer Batterie, einem Inverter und einem Elektromotor, die zusammen einen Energieübertragungsstrang von der Stromladeinfrastruktur zu den Rädern bilden. In Abhängigkeit von der Art und Weise der verwendeten Komponenten wie z. B. Auslegung des Elektromotor s (Asynchron-, Synchron- bzw. Gleichstrommotor) erreicht der Gesamtwirkungsgrad des Energieübertragungsstrangs einen Wert von mehr als 85 %, was ein sehr hoher Wert für Transportsysteme ist (in rein elektrischen Systemen sind Wirkungsgrade von 95 % und mehr die Regel). Abb. 1.16 zeigt schematisch die Elemente des Energieübertragungsstrangs eines Elektroautos und seine Wirkungsgrade. Aufgrund der relativ begrenzten Reichweite gibt es auch sog. hybride Lösungen (Hybrid Electric Vehicles, HEV). Ein HEV hat keine eingebaute Möglichkeit für die Zufuhr externer elektrischer Energie. Die Batterie muss entweder durch Rekuperation (Wiedergewinnung der elektrischen Energie beim Bremsen) oder durch direktes Ausnutzen eines Leistungsanteils des Verbrennungsmotors, welcher auch einen Generator antreibt, geladen werden. Für den Fall, dass die Batterie aus einer externen Stromquelle geladen werden kann, spricht man auch von einem Plug-in-Hybrid.

9Ein

E-Kfz verbraucht im Mittel etwa 15 kWh elektrische Energie je 100 km.

22

Einführung in die Elektromobilität – Kritische Infrastrukturen …

Abb. 1.16   Effizienz der Energiewandlung im Energieübertragungsstrang eines Elektroautos [30]

1.4 Neue Herausforderungen für Elektromobilität 1.4.1 Erneuerbare Energien und Smart Grid in der Zukunft Erneuerbare Energiequellen und moderne Industrieprodukte dominieren heute das Geschehen, obwohl die elektrischen Energienetze ursprünglich mit einem Planungshorizont von 30 bis 50 Jahren für ganz andere Rahmenbedingungen konzipiert worden sind. Prognosen z. B. von Energy Information Administration (EIA) für das Jahr 2030 (s. Abb. 1.17) nennen einen 14,6 %-Anteil der erneuerbaren Energien am Weltenergiemix und eine entsprechende Absenkung des Kohleverbrauchs als primäre Energiequelle. Die Europäische Union hat noch stärker ambitionierte, konkrete Pläne, was den Energiemix in der Zukunft angeht. Damit verbunden sind drei strategische Ziele für 2020:

Abb. 1.17   Prognose zum Weltenergiemix 2030 [23]

1.4  Neue Herausforderungen für Elektromobilität

23

1. Absenkung des Energieverbrauchs um 20 %, grundsätzlich durch Erhöhung der Effektivität des Energieverbrauchs, 2. Absenkung der CO2-Emissionen um 20 %, 3. 20 %-Anteil von erneuerbarer Erzeugung am Energiemix in Europa. In der EU werden grob etwa 40 % der primären Energiequellen für die Erzeugung elektrischer Energie verwendet, und die restlichen 60 % werden für die Nutzung im Verkehrssektor und der Wärmeversorgung eingesetzt. Für die Erzeugung durch erneuerbare Energiequellen sind in erster Linie Wind-, PV-, Wasserkraft- und Biogasanlagen prädestiniert, s. Abb. 1.18 und 1.19. Aus der Praxis

In der EU ist konsequent geplant, dass die elektrische Energie im Jahr 2020 zu 20 % aus diesen Energiequellen erzeugt werden soll. Das geht auch aus dem sog. SET-Plan der Europäischen Kommission [31] hervor, dessen Grundzüge in Tab. 1.7 zusammengefasst sind.

Diese Pläne bekräftigen auch die Wichtigkeit der Gewinnung von Energie durch solarthermische Kraftwerke, was beispielsweise mit der Umsetzung des sog. DESERTEC -Konzepts (Abb. 1.20) [34] erzielt werden soll. Dabei werden große solarthermische Kraftwerke in der Sahara, wo besonders vorteilhafte Sonnenverhältnisse herrschen, elektrische Energie erzeugen, die dann nicht nur in Afrika verbraucht werden soll, sondern auch Europa versorgen kann. Dazu sollen auch entsprechend starke Netzverbindungen zwischen Afrika und Europa gebaut werden. Dieses Projekt beinhaltet viele politische, technische und wirtschaftliche Risiken.

Abb. 1.18   Moderner Offshore-Windpark [32]

24

Einführung in die Elektromobilität – Kritische Infrastrukturen …

Abb. 1.19   PV-Park [33]

Tab. 1.7  Erneuerbare Energieerzeugung und Erzeugung durch Blockheizkraftwerke in Europa [1, 31] SET PLAN Kraftwerkstyp

2020 Energie, %a

Leistung, GWb

2030 Energie, %

Leistung, GW

Wind

11

180

18

300

PV

3

125

44

665

Solarthermie

1,6c

1,8

5,5c

4,6

Wasserkraft (große KW)

8,7

18

8,3

112

Wasserkraft (kleine KW)

1,6

18

1.6

19

Wellenenergie

0,8

10

1,1

16

Biobrennstoffe

4,7

30

5,3

190

BHKW

18

185

21

235

Summe

59,4

65,8

75,8

1542

aRelativ

zum jährlichen Verbrauch, bInstallierte Leistung, cTeilweise Importe aus Nordafrika

Erneuerbare Energien und BHKW-Kraftwerke werden im Jahr 2030 zusammen eine Leistung erbringen, die die heutige Leistung des europäischen Energiesystems übersteigt (früher Union for the Co-ordination of Transmission of Electricity: UCTE). Die Vision des elektrischen Energienetzes der Zukunft wurde durch eine europäische Expertengruppe im Rahmen der sog. technologischen Plattform „Smart Grid“ zwischen 2005 und 2008 [36] entwickelt. Die Definition des Smart Grid ist im strategischen Dokument, einem von drei Abschlussdokumenten der Plattform [36], wie folgt präzisiert:

1.4  Neue Herausforderungen für Elektromobilität

25

Abb. 1.20   DESERTEC-Projekt zur Nutzung des Solarpotenzials in Nordafrika [35]

Das Smart Grid ist ein elektrisches Energienetz, das in intelligenter Art und Weise die Wirkung von allen an das Netz angeschlossenen Teilnehmern – Erzeuger, Verbraucher und Prosumer – mit dem Ziel einer effizienten, nachhaltigen, wirtschaftlichen und sicheren Energieeinspeisung integriert.10 Aus der Praxis

Der Begriff Smart Grid umfasst auch innovative Produkte und Dienstleistungen, wie intelligente Überwachung und Regelung, Informations- und Kommunikationstechnologien und self-healing-Funktionalitäten, um folgende Aufgaben zu erfüllen: • • • •

Integration der Teilnehmer mit neuen Anforderungen, bessere Integration aller Generatoren, unabhängig von Größe und Technologie, Erhöhung der Effizienz des Netzbetriebs, Möglichkeit zur aktiven Teilnahme des Verbrauchers bei der Optimierung des Netzbetriebs,

10Originaltext:

„A Smart Grid is an electricity network that can intelligently integrate the actions of all users connected to it – generators, consumers and those that do both – in order to efficiently deliver sustainable, economic and secure electricity supplies.“

26

Einführung in die Elektromobilität – Kritische Infrastrukturen …

• Information der Verbraucher über die Wege der Energieversorgung und die Möglichkeit zur Wahl des Energieversorgers, • Verbesserung der Markteffektivität und Kundenbetreuung, • signifikante Verminderung des Einflusses der Energieversorgung auf das Umfeld, • Sicherstellung einer sehr hohen Zuverlässigkeit, Qualität und Sicherheit der Energieversorgung.

Grundsatz der europäischen Smart-Grid-Vision Die Einspeiser in das elektrische Energieversorgungsystem werden in der Zukunft in zentrale und dezentrale Kraftwerke eingeteilt. Beide o. g. Arten können Energie aus regenerativen Energiequellen gewinnen, wobei einige von ihnen auch einen volatilen Charakter haben bzw. in ihren Produktionsmöglichkeiten begrenzt sind. Zwar besteht für erneuerbare Energien ein Trend zu kleinen Einheiten, jedoch können durch Bündelung auch kleinen Anlagen (z. B. in einem Windpark) zu große Einheiten aggregiert werden. Zusätzlich werden durch die Platzierung der Erzeugungseinheiten in der Nähe des Verbrauchers die Übertragungsverluste wesentlich verkleinert. Abb. 1.21 zeigt grafisch die Vision der zukünftigen elektrischen Energieversorgung [37]. Es gibt unterschiedliche Prognosen für die Erzeugung der elektrischen Energie und den zugehörigen Energiemix in Deutschland. In Abb. 1.22 ist eine dieser Prognosen für

Abb. 1.21   Energieversorgung der Zukunft: 1 Wasserkraftwerk, 2 Windfarm onshore, 3 Kleinwasserkraftwerk, 4 Solarthermisches Kraftwerk, 5 Biomasse-Kraftwerk, 6 Windfarm offshore, 7 Fossiles Kraftwerk mit Niedrigemission, 8 Hochspannungsgleichstromübertragung, 9 Leitwarte, 10 Mikrogrid, 11 Wellenkraftwerk, 12 PV-Kraftwerk, 13 Unterirdische Energieübertragung, 14 Solarheizung, 15 Wasserstofftankstelle, 16 Kleine Batterie, 17 Thermische Speicher, 18 Elektrische Speicher, 19 Kogeneration, 20 Brennstoffzelle

1.4  Neue Herausforderungen für Elektromobilität

27

Abb. 1.22  a Deutscher Energiemix 2010 für die Erzeugung elektrischer Energie und b prognostizierter Mix für 2030 [38]

das Jahr 2030 im Vergleich zum Jahr 2010 in grafischer Form zusammengefasst. Drei Beobachtungen sind hierbei festzustellen: 1. Strom aus Kernenergie macht im Jahr 2010 einen Anteil von 21 % aus, im Jahr 2030 einen Anteil von 0 %. 2. Fossile Brennstoffe hatten im Jahr 2010 hatte einen Anteil von 62 %; für das Jahr 2030 beträgt der prognostizierte Anteil 50 %. 3. Windenergie hatte im Jahr 2010 einen Anteil von 6 %; im Jahr 2030 liegt der prognostizierte Anteil bei 28 %. Die Akademien der Wissenschaften Deutschland (acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften, Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina, Union der deutschen Akademien der Wissenschaften) veröffentlichten im Jahr 2015 [39] die Energiemixprognose für das Jahr 2050 (s. Abb. 1.23), ein repräsentatives Szenario mit dem Code P1aS4.

Abb. 1.23   Energiemix für die Stromerzeugung in Deutschland 2050 (normierte Darstellung)

28

Einführung in die Elektromobilität – Kritische Infrastrukturen …

Windenergie und PV-Energie dominieren die Erzeugung in diesem Szenario deutlich. Allerdings benötigt es die Nutzung von zwei zusätzlichen Technologien, um das dort entworfene System mit seinen volatilen Einspeisern zu stabilisieren: 1. Power-to-Heat (P2H) in der Größenordnung von 15 bis 20 TWh und 2. Erzeugungsmanagement in der Größenordnung von 40 TWh. Die genannten Beispiele zeigen, dass der sichere Betrieb des zukünftigen Energiesystems eine große Herausforderung darstellt. Das Smart Grid wird eine sehr hohe Flexibilität in den Bereichen Erzeugung, Verbrauch und Übertragung der elektrischen Energie verlangen [6]. Die zukünftige Betriebsführung des Smart Grid wird ebenso eine intelligente Koordination von Netzkunden, sowohl Erzeuger als auch Verbraucher, erfordern, sodass auch in Extremsituationen eines möglichen Energiedefizits das Energiesystem durch die Zuschaltung der begrenzt verfügbaren Anzahl fossiler Kraftwerke sicher betrieben werden kann. Die ambitionierten Pläne der Bundesregierung sehen Deutschland als Vorreiter bei der Einführung der Smart Grid- Technologien. Dies kann allerdings nur dann gelingen, wenn alle neuen erforderlichen Technologien entsprechend ausgereift sind. Netzbetrieb in der Zukunft – Notwendigkeit von mehr Flexibilität im Smart Grid Die elektrischen Netze in Deutschland erstrecken sich über Zehntausende von Kilometern (Abb. 1.24) und benötigen für den stabilen Betrieb sog. Systemdienstleistungen. Wie das Autobahnnetz müssen auch die elektrischen Netze „in Schuss“ gehalten werden, und zwar zu jeder Millisekunde. Die Frequenz, das Spannungsniveau, der Blindleistungshaushalt und andere Parameter [1] müssen innerhalb sehr schmaler Grenzen konstant gehalten werden, um die zuverlässigen Energieflüsse im Netz zu gewährleisten. Sind die Systemdienstleistungen nicht vorhanden, ist der Netzbetrieb gestört und in kritischen Fällen kollabiert das Netz. Wir sprechen dann von einem Blackout.

1.4.2 Flexibilitätsoptionen des Smart Grid Die genannten neuen Rahmenbedingungen für den Betrieb des Smart Grid, besonders der hohe Anteil der erneuerbaren, meist volatilen Erzeugung, verlangen die Einführung von neuen Maßnahmen, um den sicheren und zuverlässigen Betrieb der Energieversorgung in gleichem Maße wie heute zu gewährleisten. Diese Maßnahmen, auch Flexibilitätsoptionen genannt, sind systematisch in Abb. 1.25 dargestellt. Die Einführung dieser Optionen ist notwendig, um die Energiewende erfolgreich zu bewältigen und das Konzept des Smart Grid vollständig zu realisieren. Der Einsatz von Flexibilitätsoptionen ist sowohl als einzelne als auch als kombinierte Maßnahme vorgesehen und ermöglicht die Bereitstellung der oben beschriebenen Netzdienstleistungen, muss hierfür allerdings auch vollständig geliefert werden.

1.4  Neue Herausforderungen für Elektromobilität

Abb. 1.24   Elektrische Übertragungsnetze in Deutschland [40]

Abb. 1.25   Flexibilitätsoptionen für das Smart Grid [41]

29

30

Einführung in die Elektromobilität – Kritische Infrastrukturen …

Tab. 1.8 stellt systematisch dar, für welche Systemdienstleistungen welche Flexibilitätsoptionen angewendet werden können. Eine der wichtigsten Flexibilitätsoptionen ist der Einsatz von Energiespeicher (Batterie). Die Technologie der Energiespeicherung ist seit vielen Jahren bekannt und findet im elektrischen Energiesystem breite Anwendung. Sie bietet ein großes Spektrum von Möglichkeiten, was die Unterstützung des Netzbetriebs angeht (s. Tab. 1.8). Eine detailliertere Beschreibung dieser Maßnahmen im Allgemeinen findet man in [32] und im Speziellen über die Möglichkeiten der Energiespeicher in Elektroautos in Kap. 5 dieses Buches. Weitere Informationen zu den Eigenschaften der anderen Flexibilitätsoptionen enthält [1]. Welche Nachfrage an Flexibilitätsoptionen sich in den zukünftigen Energiesystem en einstellt, wurde auch im Rahmen der schon erwähnten ESYS-Studie [41] untersucht. Abb. 1.26 stellt die Ergebnisse dieser Untersuchung zum Energiemix 2050 mit der Annahme einer 100 %igen Reduktion des CO2-Ausstoßes, also ohne Nutzung von fossilen Energiequellen, dar. Zur Stabilisierung des Smart Grid-Betriebes wurden innerhalb dieser Studie als notwendige Optionen Biomasse, Power-to-Heat, Wasserstoffspeicherung und DSM identifiziert. Hinter DMS verstecken sich in diesem Szenario auch Elektroautos, die meistens über den elektrischen Hausanschluss mit dem Smart Grid verbunden sind. Beispiel

Beispielhaft soll hier die Notwendigkeit der Anwendung von Flexibilitätsoptionen für den Systembetrieb \des Netzgebietes der 50 Hz Transmission GmbH erklärt werden. Die erneuerbare Erzeugung ist stark vom Wetter abhängig. Der Energieversorger stellt jeden Tag die sog. Fahrpläne für die kommenden 24 h zusammen, um den Verbrauch und die Erzeugung zu bilanzieren. Die Wetterprognosen für die nächsten 24 h sind für begrenzte Gebiete heute zwar ziemlich genau (der mittlere Fehler beträgt 3–5 %), jedoch gibt es immer wieder Abweichungen, die zeitweise auch gravierende Werte annehmen können. Ein Beispiel eines solchen Prognosefehlers vom 5. Juli 2015 ist in Abb. 1.27 gezeigt. Die Wetterprognose vom Vortag hatte eine starke Windfront vorhergesagt, die sich anhand einer Windleistung von etwa 10 GW in der Regelzone 50 Hz manifestieren sollte. In der Realität jedoch wurden nur maximal 8 GW Windeinspeisung gemessen. Der Prognosefehler betrug in diesem Fall 20 % für eine Zeitspanne von 8 h. Dieser Fehler musste durch unplanmäßiges Zuschalten von Reservekraftwerken (2 GW) kompensiert werden, wodurch hohe Kosten durch Redispatch und Brennstoff verursacht wurden. Durch den massiven Anstieg der Windeinspeisung sind die Kosten zur Korrektur von Prognosefehlern im Jahr 2015 drastisch angestiegen und betragen allein in der Regelzone von 50 Hz mehr als 100 Mio. € (s. Abb. 1.28). In den folgenden Jahren hat sich aber der Markt für die Reserveleistung weiterentwickelt, die Qualität der Prognose ist gestiegen und die zusätzlichen Netzinvestitionen wurden getätigt. Damit sind die Redispatchkosten, trotz weitem Anstieg der Windeinspeisung, angemessen. ◄

X

X

X

X

Power-to-Gas

Flexible Kraftwerke

Stromgeführte BHKW

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

VQ Blindleistungsregelung

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

RB RI Black Inselstart cap. betrieb

X

X

X

X

X

X

X

X

SQ Power Quality

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

SO Asset management

erbringen nicht direkt die Systemdienstleistungen, sind aber notwendig für den optimalen Betrieb und die Koordination der Systemdienstleistungen in Smart Grid [1]

X

X

aIKT-Systeme

X

IKTa

X

X

X

X

X

X

X

X

PD VT Scheduling Stufen& Re-dispatch schalterregelung

Netzentwicklung

DSM (Haushalt und Elektromobilität)

X

X X

DSM (Industrie)

Lastgeführte Bio-BHKW

X

X

X

X

X

X

X

X

X

Elekt. Energiespeicher

X

X (negativ) X (negativ)

FM Minutenreserve

Power-to-Heat

FP FS Primär- Sekundärregelung regelung

Tab. 1.8  Anwendung der Flexibilitätsoptionen für Systemdienstleistungen [41]

1.4  Neue Herausforderungen für Elektromobilität 31

32

Einführung in die Elektromobilität – Kritische Infrastrukturen …

Abb. 1.26   Notwendige Flexibilitätsoptionen für eine Zero-Emission-Elektritzität in Deutschland im Jahr 2050. Ergebnisse der Acatech-Untersuchungen für das Szenario P3S4 (normierte Darstellung)

Abb. 1.27   Windenergieerzeugung in der 50 Hz-Regelzone am 5. Juli 2015 [40]

1.4.3 Verkehrssektor im Wandel Mehr als 7.000.000 Elektroautos waren im Jahr 2029 weltweit zugelassen [42]. Unter der Annahme, dass die mittlere Batteriekapazität eines Elektroautos 30 kWh beträgt, bilden schon heute alle Elektroautos einen virtuellen Energiespeicher mit einer Gesamtkapazität von 210  GWh. Wenn wir weiterhin eine Reichweite von 100 km annehmen (welche mit einem Elektroauto innerhalb einer Stunde zurückgelegt werden kann), ergibt sich eine Gesamtleistung aller Fahrzeuge von 105 GW,11 was momentan der Spitzenleistung des elektrischen Netzes in Deutschland übersteigt.

11Der Vergleich

der weltweiten Speicherleistung in konventionellen Speichern beträgt 130 GW.

1.4  Neue Herausforderungen für Elektromobilität

33

Abb. 1.28  Entwicklung marktbezogener Maßnahmen (z. B. Redispatch) gemäß § 13 Abs. 1EnWG, Strommengen und Kosten [40]

Allein in Deutschland waren im Jahr 2020 136.617 Elektroautos zugelassen, Tendenz steigend (s. Abb. 1.29). Die Ergebnisse unterschiedlicher Studien, die die weltweite Entwicklung der Elektromobilität prognostizieren, werden periodisch publiziert. Abb. 1.30 fasst die wichtigsten Ergebnisse dieser Studien für Deutschland zusammen [43].

Abb. 1.29   Prognose für den Bestand von Elektrofahrzeugen in Deutschland [43]

34

Einführung in die Elektromobilität – Kritische Infrastrukturen …

Abb. 1.30   Weltweiter Anstieg der Anzahl an Elektroautos bis zum Jahr 2030 [42]

1.5 Sektorenkopplung Betrachtet man die Tendenzen bei der Entwicklung der in diesem Buch behandelten drei kritischen Infrastrukturen Strom, Verkehr/Transport und IKT zusammengenommen, so stellt man einige Trends fest, die unmittelbar zu einem konsequenten Zusammenwachsen dieser Sektoren führen werden. In Tab. 1.9 sind diese Trends und daraus resultierende Konsequenzen zusammengestellt. Betrachtet man weiter diese Verkettung von Trends (Tab. 1.9) und die sich ergebenden Konsequenzen genauer, wird ersichtlich, dass die Sektoren Stromversorgung und Verkehr im Optimalfall aus erneuerbaren Energien gespeist werden sollten. Solche Tab. 1.9  Entwicklung von Trends und deren Konsequenzen für die kritischen Infrastrukturen Kritische Infrastruktur

Trends

Konsequenzen

Elektrische Energieversorgung

Verknappung der fossilen Energieträger Ausstieg aus der Atomenergie Emissionsfreie Erzeugung Erzeugung basierend auf erneuerbaren Energien

Erhöhung der Energieeffizienz und Erschließung von neuen Energieerzeugungsquellen Anstieg der EE-Erzeugung Hohe Volatilität der Erzeugung mit hohen Kosten verbunden

Verkehr/Transport

Verknappung der fossilen Energieträger Stärkung der individuellen Mobilität und des individuellen Transports Emissionsfreier Verkehr

Erhöhung der Energieeffizienz und Erschließung von neuen Energiequellen Ausbau von Infrastrukturen Elektrisch angetriebene Fahrzeuge

IKT

Allgemein verfügbarer Zugang zum Internet Hohe BandbreiteHohe Informationssicherheit

Hoher Grad der Vernetzung bis in jeden Haushalt Hohe Qualität der Übertragung Möglichkeiten der kommerziellen Nutzung

1.5 Sektorenkopplung

35

Abb. 1.31   Energieverbrauch in unterschiedlichen Sektoren, Beispiel Deutschland [24]

Szenarien mit einer 100 %igen regenerativen Erzeugung, wie sie schon in den vorigen Abschnitten dieses Kapitels vorgestellt worden sind, lassen sich technisch realisieren, verlangen aber hohe Investitionen und besonders viel Zeit für den Transformationsprozess des Systems. In einem schrittweise zu realisierenden Ausbauplan zur Umsetzung der Erzeugung durch erneuerbare Energien wird es bis zum Jahr 2050 möglich sein, beispielsweise in Deutschland ein solches System in die Realität zu überführen. Hieraus ergibt sich aber auch eine unmittelbare Notwendigkeit zur Kopplung der Sektoren Strom und Verkehr. Für eine optimale Nutzung der elektrischen Energie in Haushalten, in der Industrie und im Verkehr, welche hinsichtlich der Energieverbräuche eine vergleichbare Größe aufweisen (s. Abb. 1.31), ist eine optimale Steuerung aller Komponenten notwendig, welche durch IKT -Dienste gewährleistet werden kann. Was wird eine solche Kopplung im Detail bedeuten? Zunächst zeigen die Ergebnisse der Untersuchungen für unterschiedliche Szenarien [43] im Bereich der Elektromobilität, dass bei einer zunehmenden Bedeutung von elektrisch betriebenen Fahrzeugen im Personen- und Güterverkehr die Stromnachfrage des Verkehrssektors bis zum Jahr 2030 mit etwa 6 % der gesamten Stromnachfrage noch relativ moderat ausfällt. Gemäß definierter Szenarien zum Klimaschutzbeitrag [43] des elektrischen Verkehrs bis zum Jahr 2050 steigt der Anteil des elektrisch angetriebenen Verkehrs und wird einen Anteil von 5 % bis 15 % der Stromnachfrage ausmachen. Der Verkehrssektor entwickelt sich somit zu einem zentralen Nachfrager im Gesamtsystem. Bei einem zusätzlichen Einsatz von strombasierten Kraftstoffen fällt dieser Anteil noch höher aus. In einem weiteren Szenario, welches (ähnlich wie viele gängige Szenarien) von einem weiteren Wachstum der Verkehrsnachfrage ausgeht, würde allein der Strombedarf des Verkehrs von 17 TWh im Jahr 2010 auf über 150 TWh bis zum Jahr 2050 steigen. Bei einem Alternativszenario, welches eine moderatere Entwicklung der Verkehrsnachfrage und eine Verlagerung auf weniger energieintensive Verkehrsmittel annimmt, beschränkt sich der Strombedarf des Verkehrs auf 75 TWh.

36

Einführung in die Elektromobilität – Kritische Infrastrukturen …

Die genannten Ausführungen zeigen, dass die Umstellung des Verkehrs auf Elektromobilität den weiteren Ausbau der elektrischen Energieerzeugung verlangt, wobei diese grundsätzlich durch regenerative Energiequellen umzusetzen ist. Aus der Praxis

Die Sektoren Verkehr mit 751 TWh jährlichem Energieverbrauch (s. Abb. 1.10) und elektrische Energie mit einer erzeugten Energie von etwa 650 TWh/Jahr (was in der Tat mehr als 1000 TWh Primärenergieverbrauch entspricht) sind durchaus energetisch vergleichbar. Für die Kopplung dieser Sektoren sprechen neben der vergleichbaren Größenordnung auch folgende Argumente: • Möglichkeiten des angebotsabhängigen Ladens von Elektrofahrzeugen: angepasstes Laden an die wetterbedingte Erzeugung elektrischer Energie durch regenerative Energiequellen, • Möglichkeiten der Nutzung von gespeicherter elektrischer Energie in Elektrofahrzeugen für die Unterstützung des Netzbetriebes (z. B. mit 10 Mio. Elektrofahrzeugen lässt sich das System theoretisch über neun Stunden in Betrieb halten: 10.000.000 PKW × 30 kWh/PKW ≈ 300 GWh und weiter 300 GWh/40 GW ≈ 9 h). Wobei 40 GW ist die mittlere Leistungswert in Deutschland. Diese Funktionalitäten sind nur abrufbar, wenn vollständige Informationen über die Zustände von beiden Seiten des gekoppelten Systems vorliegen. Das kann durch IKT gewährleistet werden, weswegen diese ein unbedingt notwendiges Element für die Sektorenkopplung darstellt. Schematisch ist die Sektorenkopplung in Abb. 1.32 wiedergegeben. Ein wichtiges Merkmal des gekoppelten Systems bilden die Schnittstellen (grün markiert). Diese erlauben, gesteuert durch die IKT, einen bedarfsorientierten Energieaustausch zwischen beiden Systemen (Verkehr und Elektrizität). Die intelligente Steuerung dieses Energieflusses entscheidet über die Wirtschaftlichkeit und damit auch über die Zweckmäßigkeit der Kopplung und wird als Beispiel in Kap. 5 genauer behandelt. Viele aus der Kopplung der Sektoren resultierende Effekte lassen sich aus Abb. 1.32 direkt ablesen. Der Übersichtlichkeit halber sind sie dennoch in Tab. 1.10 zusammengefasst. Um die genannten Effekte zu erzielen, müssen die gekoppelten Systeme einschließlich IKT von vornherein gezielt und angepasst geplant werden. Dazu sind entsprechende Anlagen und Vorrichtungen in allen Teilen des Systems (s. auch Abb. 1.31) bereits in der Planungsphase sorgfältig vorzusehen. Darüber hinaus muss eine weitgehende Standardisierung der Systemkomponenten und verwendeten IKT-Protokolle im internationalen Maßstab vorgenommen und abgeschlossen werden, da die Elektromobilität als ein kommerzielles Produkt den Massenmarkt adressieren soll. Erst dadurch

1.5 Sektorenkopplung

37

Abb. 1.32   Schematische Darstellung für die Kopplung der technischen Sektoren

werden die Grundlagen für eine erfolgreiche Sektorenkopplung gegeben. Diesen Themen werden die nachfolgenden Kapitel dieses Buches gewidmet. Fragen zu Kapitel 1 • Welche Infrastrukturen können als kritischen Infrastrukturen bezeichnet werden und warum? Nennen Sie bitte Bespiele für kritische Infrastrukturen und charakterisieren sie diese. • Welche natürlichen Ressourcen (Primärenergiequellen) werden für die Erzeugung von elektrischer Energie in Deutschland heute genutzt? Welche von diesen gehören zu den erneuerbaren Energien? • Definieren Sie den Begriff Erneuerbare Energie. Geben Sie Beispiele dazu und erklären Sie die entsprechenden Wandlungsketten. • Die Kopplung von unterschiedlichen Sektoren kann Synergieeffekte mit sich bringen. Welche Sektoren werden durch zunehmende Nutzung von Elektroautos gekoppelt? Welche Vorteile bringt das Elektroauto für diese Kopplung mit?

38

Einführung in die Elektromobilität – Kritische Infrastrukturen …

Tab. 1.10  Zusammenfassung der Effekte bei der Sektorenkopplung Strom und Verkehr System I

System II

Merkmal

Kopplungseffekt für

Verkehr

Energieversorgung

CO2-freier Ver- System I kehr Elektromobilität versorgt aus EEErzeugung System II Zusätzlicher Ausbau von EE-Erzeugung zur Abdeckung von E-Mobilitätsbedarf Erhöhter Anteil von EE Sehr hohe Volatilität der Einspeisung Hohe Kosten

Energieversorgung

Verkehr

Sicherheit der Versorgung versus Wirtschaftlichkeit

System I Neue Adressierung von Systemdienstleistungen Punktuelles Erzeugungsmanagement System II Einsatz der KfzBatterie für Systemdienst-leistungen

Maßnahmen im System I Notwendigkeit von neuen flächen-deckenden Ladeinfrastrukturen System II Notwendige Anpassung der Verteilungsnetze an die Ladeinfrastrukturen Notwendige Umsetzung von Flexibilitätsoptionen

System II Erfüllung der Flexibilitätsaufgaben durch die Kfz-Batterie Intelligentes Laden und Entladen, marktgesteuert

• Was verbirgt sich hinter dem Begriff Flexibilität von Smart Grid? Geben Sie Beispiele der Flexibilisierung? • 20-20-20 ist eine Initiative der EU. Was bedeutet das? Erklären Sie die Zielstellung dieser Initiative. • Wie viel PKW gibt es derzeit in Deutschland und wie viele davon sind E-PKW? Welche Arten von E-PKW gibt es im Allgemeinen? • Definieren Sie bitte den Begriff Sektorenkopplung. Welche Argumente sprechen für die Anwendung der Sektorenkopplung? Was sind dazu notwendige Rahmenbedingungen? • Welche Rolle spielt die IKT bei der erfolgreichen Realisierung der Sektorenkopplung? Geben Sie bitte Beispiele dazu.

Literatur

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Einführung in die Elektromobilität – Kritische Infrastrukturen …

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2

Physikalisch-technische Beschreibung des E-Kraftfahrzeugs

2.1 Einführung Unsere Gesellschaft setzt ein hohes Maß an Mobilität voraus, sei es zum Transport von Waren und Gütern oder zur Beförderung von Personen. Die individuelle Mobilität wird dabei neben dem öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) meist durch Personenkraftwagen realisiert. Damit Waren und Güter oder Personen transportiert werden können, sind ein Antrieb und ein Speicher zur Bevorratung von Antriebsenergie notwendig. Im Kraftfahrzeug mit Verbrennungsmotor ist dies ein Otto- oder Dieselmotor. Diese Motoren verbrennen einen chemischen Kraftstoff und wandeln die chemische Energie in Antriebskraft um. Dabei hat das konventionelle Fahrzeug gegenüber dem Elektrofahrzeug einen gewichtigen Vorteil, nämlich den Tank als Energiespeicher. Flüssige Kraftstoffe wie Benzin oder Diesel haben eine ca. 70-fach höhere Energiedichte als moderne LithiumIonen-Akkumulatoren. Für die Bevorratung von 1 kWh werden 7 kg Lithium-IonenAkkumulator benötigt, dem stehen 11,1 kWh bis 11,6 kWh Energie in 1 kg Benzin gegenüber. Hierdurch wird deutlich, dass die Reichweiten moderner Verbrennungskraftfahrzeuge mit einem Tankinhalt von 40 bis 60 L Kraftstoff (ein Liter entspricht bei Superbenzin etwa 0,77 kg) zu einer Reichweite von 600 und mehr Kilometern führen. Ein weiterer wichtiger Vorteil herkömmlicher Verbrennungskraftfahrzeuge ist die hohe Geschwindigkeit des Tankvorgangs, dieser dauert in der Regel nur wenige Minuten. Eine der größten Herausforderungen bei der Substitution konventioneller Fahrzeuge durch Elektrofahrzeuge (E-Kfz) sind daher die Reichweite und die lange Dauer des Wiederaufladevorgangs bei Batteriefahrzeugen. Eine Alternative stellen Brennstoffzellenfahrzeuge dar. Diese verfügen über einen elektrischen Antrieb, der seinen Fahrenergiebedarf aus einer Brennstoffzelle erhält. Die Brennstoffzellentechnologie

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 P. Komarnicki et al., Elektromobilität und Sektorenkopplung, https://doi.org/10.1007/978-3-662-62036-6_2

43

44

2  Physikalisch-technische Beschreibung des E-Kraftfahrzeugs

nutzt Energiespeicherung des Wasserstoffs. Dieser hat mit 33,33 kWh/kg eine sehr hohe Energiedichte und übertrifft auch Benzin sowie andere flüssige Kraftstoffe deutlich. Einen Vergleich der Reichweiten von Batterie-Elektrofahrzeugen (Battery Electric Vehicle, BEV) und Brennstoffzellenfahrzeugen zeigen Tab. 2.1 und 2.2. Die Herstellerangaben der Fahrzeugreichweiten sind in Bezug auf reale Fahrleistung kritisch zu betrachten. In der alltäglichen Praxis werden die angegebenen Reichweiten in der Regel nicht erreicht [1, 2].

Tab. 2.1  Herstellerangaben verschiedener batterieelektrischer Fahrzeuge und Brennstoffzellenfahrzeuge Batterieelektrofahrzeuge Kleinwagen

Mittelklasse

Oberklasse

Typ

Max. Leistung (kW)

Batteriekapazität (kWh)

Reichweite laut Hersteller (km)

VW eUp!

60

18,7

160

Mitsubishi iMiev

49

16,0

160

Peugeot iOn

49

14,5

150

VW eGolf

100

35,8

300

Hyundai IQNIQ Elektro

88

28,0

180

BMW i3 (60Ah)

125

18,8

190

Tesla Model S 90D 319

90,0

557

Tab. 2.2  Herstellerangaben verschiedener Brennstoffzellenfahrzeuge Brennstoffzellen-Elektrofahrzeuge Kleinwagen

Mittelklasse

Oberklasse

Typ

Die Daten sind hier Die Daten sind Reichweite laut nicht nötig Max. hier nicht nötig Hersteller (km) Leistung (kW) Tankinhalt (kg H2)

Fiat Panda Hydrogen

40

2

220

Hyundai ix35 Fuel 100 Cell

5,64

594

Mercedes Benz B Klasse F-Cell

100

3,70

400

Honda FCX

95

4,00

570

5,00

650

Honda Clarity Fuel 130 Cell

2.2  Aufbau von Elektrofahrzeugen

45

2.2 Aufbau von Elektrofahrzeugen 2.2.1 Antrieb und Antriebsstrang Der generelle Aufbau eines Elektrofahrzeugs unterscheidet sich äußerlich wenig von dem eines Fahrzeugs mit Verbrennungsmotor. Die Unterschiede liegen vor allem im Antrieb und in den daraus resultieren Veränderungen in der Technik sowie im Fahrverhalten. Der Motor eines Elektrofahrzeugs ist ein elektrischer Antrieb. Im Vergleich zum Verbrennungsmotor hat diese Antriebsform u. a. den Vorteil, dass der Elektroantrieb in Vierquadranten der Drehzahl-Drehmoment-Ebene betrieben werden kann. Dies ermöglicht es, mit dem Motor auch zu bremsen und die Bremsenergie in die Batterie zurückzuspeisen. Diese regenerative Bremsung wird als Rekuperation bezeichnet (siehe Abb. 2.1). Das Drehmoment-Drehzahl-Verhalten eines elektrischen Antriebs stellt einen weiteren Unterschied zu konventionellen Fahrzeugen dar. Ein Verbrennungsmotor liefert im Stillstand (Drehzahl n = 0) kein Drehmoment. Dies hat zur Folge, dass der Motor beim Bremsen bis zum Stillstand des Fahrzeugs von der Antriebswelle abgekoppelt werden muss. Für diesen Zweck ist eine Kupplung notwendig. Beim Anfahren wird der Kraftschluss zwischen Motor und Antriebswelle über das Rutschen der Kupplung (Einkuppeln) realisiert, und das Fahrzeug kann mit konstanter Drehzahl bei schleifender Kupplung anfahren. Diesen Nachteil hat der Elektroantrieb nicht, denn dieser verfügt bereits im Stillstand über ein hohes Drehmoment. Hierdurch ist ein Abbremsen des

Abb. 2.1  Funktionsweise eines Elektrofahrzeugs. a Drehzahl-Drehmoment-Kennlinie [3], b Fahrzeugkonzept mit direkt angetriebenen Rädern [3]

46

2  Physikalisch-technische Beschreibung des E-Kraftfahrzeugs

Fahrzeugs bei kraftschlüssiger Verbindung zwischen Antrieb und Antriebswelle bis zum Stillstand des Fahrzeugs möglich. Ebenso gelingt das Anfahren aus dem Stillstand, also Drehzahl 0, ohne Kupplung. Beim generatorischen Bremsen mit dem Antrieb kann nur das Drehmoment des Motors genutzt werden. Das Bremsmoment ist in der gleichen Größenordnung wie das Antriebsmoment. Dieses Moment allein reicht für ein schnelles Bremsen zur Vermeidung eines Unfalls nicht aus, daher müssen alle Elektrofahrzeuge über eine weitere mechanische Bremsvorrichtung (Scheibenbremse oder Trommelbremse) verfügen. Dies gilt ebenfalls für die Feststellbremse. In Abb. 2.1a ist die Drehmoment-Drehzahl-Ebene eines elektrischen Synchronantriebs dargestellt. Im ersten und dritten Quadranten arbeitet der Antrieb im Motorbetrieb, er treibt die Räder an. Das Drehmoment wird zur Beschleunigung des Fahrzeugs eingesetzt. Gilt für den ersten Quadranten die Vorwärtsrichtung, so fährt das Fahrzeug im dritten Quadranten rückwärts. Im zweiten und dritten Quadranten sind die Vorzeichen der Drehzahl n und des Drehmoments M entgegengesetzt. Der Antrieb arbeitet als Generator und bremst, im zweiten Quadranten in Fahrtrichtung vorwärts und im dritten Quadranten in Fahrtrichtung rückwärts. Moderne Serienelektrofahrzeuge sind im Allgemeinen mit einem zentralen Elektroantrieb ausgestattet. Die Antriebskraft wird dabei ggf. über ein Getriebe an eine Antriebswelle abgegeben, welche über ein Differenzial die Räder antreibt. Es können alle vier Räder gleichzeitig oder nur zwei Räder eines Fahrzeugs auf einer Achse angetrieben werden. Diese Bauform hat den Vorteil, dass nur ein Antrieb gesteuert werden muss. Im Falle einer Synchronmaschine, deren Drehzahl starr an die Frequenz der Ständerspannung gekoppelt ist, wird die Drehfrequenz des speisenden Drehstromsystems der gewünschten Motordrehzahl und damit der Fahrgeschwindigkeit entsprechend eingestellt. Ein alternatives Konzept stellt der Direktantrieb dar. Bei dieser Variante werden die Räder direkt vom Motor angetrieben. Es entfallen dadurch jegliche Wellen und Getriebe (wie bei Verbrennungsfahrzeugen), und dies führt zu einer erheblichen Vereinfachung. Abb. 2.1b zeigt ein Konzept für ein Fahrzeug mit direkt angetriebenen Rädern. Die exakt selbe Drehzahl an allen Rädern einer Achse ergibt sich jedoch nur bei strengem Geradeausfahren. Bei Fahrzeugen mit einem Zentralmotor wird die unterschiedliche Drehzahl der Räder einer Achse durch das Differenzial ausgeglichen. Im Falle eines Direktantriebs mit einer Drehstromsynchronmaschine muss daher jede Maschine aus einem getrennten, dreiphasigen Wechselrichter gespeist werden, um ein Verspannen wie bei starr gekoppelten Rädern zu verhindern. Dieser erhöhte Regelaufwand ist bei Drehstromasynchronmaschinen nicht erforderlich. Die Drehzahl einer Asynchronmaschine ist nicht starr an die Frequenz des speisenden Systems gebunden, sondern kann schlupfabhängig variieren. Eine Vertiefung zu den Antrieben in Elektrofahrzeugen und deren Ansteuerung erfolgt in Kap. 3 [3, 4].

2.2  Aufbau von Elektrofahrzeugen

47

2.2.2 Energiespeicher An den Energiespeicher in Elektrofahrzeugen werden hohe technische Anforderungen gestellt, da dieser in Konkurrenz zum Tank in konventionellen Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor steht. Der elektrische Energiespeicher nimmt einen gewissen Anteil des Autovolumens ein und erhöht die Masse des Fahrzeugs, womit er indirekt zur Erhöhung des Fahrenergiebedarfs beiträgt. Ein niedriges Gewicht des Energiespeichers ist daher anzustreben. Der Energiespeicher soll also zwei Voraussetzungen erfüllen: • Er soll möglichst flexibel an den vorhandenen Bauraum angepasst werden können, um den Komfort der Insassen nicht einzuschränken, und • sein Volumen muss klein sein, sodass der Speicher in dem Fahrzeug keinen zu hohen Anteil des Bauraums einnimmt. Zusätzlich soll der Energiespeicher beim Ein- und Ausspeichern über einen hohen Wirkungsgrad verfügen und sich auch bei Stillstandzeiten möglichst nicht selbst entladen. Für elektrischer Energiespeicherung können verschiedene Technologien verwendet werden. Nur in einem Kondensator oder in einer Spule kann elektrische Energie direkt gespeichert werden, beide können also als elektrische Energiespeicher bezeichnet werden. Sie speichern die Energie im elektrischen Feld (Kondensator) oder im magnetischen Feld (Spule). Alle anderen Speichertechnologien für elektrische Energie sind als Energiewandler zu bezeichnen und speichern in der Tat kinetische, pneumatische oder chemische Energie. Kinetische Energiespeicher Ein Beispiel für einen kinetischen Energiespeicher ist der Schwungradmassenspeicher. Die Rotationsenergie WKin eines kinetischen Energiespeichers ist quadratisch von seiner Drehzahl anhängig (s. Gl. 2.1):

WKin =

1 JM · ω 2 2

(2.1)

wobei JM- Moment- und ω Winkelgeschwindigkeit sind. Die hohen Drehzahlen werden durch eine reibungslose Magnetlagerung der rotierenden Schwungmasse in einem evakuierten Raum ermöglicht. Mit modernen Schwungradspeichern wird eine spezifische Leistungsdichte von 50 bis 100 kWh/m2 erreicht, damit ist der Schwungradspeicher für die Verwendung als Energiespeicher im Elektroauto vorstellbar. Jedoch ist die Masse aufgrund des Speicherprinzips hoch und wird zusätzlich durch den im Verkehr notwendigen Berstschutz vergrößert.

48

2  Physikalisch-technische Beschreibung des E-Kraftfahrzeugs

Bei gleichem Speichervermögen kann das Gewicht der Schwungmasse kleiner ausgelegt werden, wenn gleichzeitig die Drehzahl vergrößert wird (s. Gl. 2.1). Bei Drehzahlen bis zu 100.000 U/min kommen die Schwungradspeicher dabei mit akzeptabler Masse aus. Moderne Schwungradspeicher erreichen bei einem Gewicht inklusive Berstschutz von 200 kg ein Speichervermögen von 1 kWh. Die Einbausituation dieser Speicher ist unflexibel und kann nicht oder nur sehr begrenzt dem vorhandenen Bauraum angepasst werden. Ebenso bereitet der Kreiseleffekt Probleme und beeinträchtigt das Fahrverhalten bei Spuränderungen. Der Kreiseleffekt bewirkt, dass die rotierende Masse bei Richtungsänderung ihrer Drehachse der ändernden Kraft eine Kraft entgegensetzt. Der Lade-/Entladewirkungsgrad eines Schwungradspeichers ist mit Werten über 70 % hoch, nachteilig wirkt sich allerdings die hohe Selbstentladung von 3 bis 20 % pro Stunde aus. Diese Tatsache macht den Einsatz von Schwungrad in Personenkraftwagen als alleinigen Energiespeicher schwierig bis unmöglich. Als zusätzlicher Energiespeicher zur Aufnahme von Bremsenergie und Abgabe bei Beschleunigung ist dieser jedoch vorstellbar und in Rennfahrzeugen der Formel 1 und anderen Versuchsfahrzeugen, beispielsweise im Porsche 997 GT3 Hybrid, bereits erprobt [2]. Pneumatische Energiespeicher Pneumatische Energiespeicher arbeiten bei Drücken bis 300 bar. Ein kohlefaserverstärkter Druckbehälter wird mit Druckluft beladen und die gespeicherte Energie über eine Arbeitsmaschine in Kraft zum Antrieb des Fahrzeugs umgewandelt. Bei einem solchen Antrieb handelt es sich also nicht um ein Elektrofahrzeug, sondern um ein Fahrzeug mit einem alternativen Antrieb (s. Abb. 2.2) [5]. Chemische Energiespeicher Chemische Energiespeicher, zu deren Kategorie auch Batterien gehören, wandeln beim Entladen die gespeicherte Energie in elektrische Energie um.

Abb. 2.2   AirPOD von MDI (Motor Development International), vorgestellt auf dem Genfer Autosalon 2009 [5]

2.3  Leistungsbedarf des Fahrzeugs

49

Die Spannung, die dabei von einer Zelle erreicht wird, hängt von den verwendeten Materialien ab. Eine bereits seit über 100 Jahren bekannte Technik ist die Blei-SäureBatterie. Diese besteht aus Blei und Bleioxide und einem wässrigen Elektrolyten (Schwefelsäure). Eine Pb-Zelle erreicht eine Zellspannung von ca. 2 V. Frühe Elektroautos fuhren mit Blei-Säure-Batterien, jedoch war aufgrund des hohen Gewichts und der begrenzten Energiedichte die erzielte Reichweite gering (etwa 30 bis 70 km). In den 1990er-Jahren ist von Sony der erste Lithium-Ionen-Akkumulator entwickelt worden. Dieser bietet durch seine hohe Energiedichte (bis zu siebenmal höher als beim Pb-Akku) eine größere Reichweite von Elektrofahrzeugen. Elektrochemische Energiespeicher werden heute oft in Elektrofahrzeugen eingesetzt [6].

2.3 Leistungsbedarf des Fahrzeugs 2.3.1 Grundlagen In der Fahrzeugdynamik werden verschiedene Achsen des Fahrzeugs unterschieden. Für die Verbrauchs- und Reichweitenbestimmung von Elektrofahrzeugen ist es ausreichend, die Längsachse zu betrachten. Dies ist die Achse, in der sich das Fahrzeug beim Fahren vorzugsweise bewegt. Um ein Fahrzeug mit einer bestimmten Masse m in der Längsrichtung zu bewegen, muss die Antriebskraft FA größer sein als die Summe der Widerstandskräfte. Abb. 2.3 stellt die Kräfte an einem Fahrzeug auf einer schiefen Ebene in der Längsachse dar. Die Widerstandskräfte setzen sich aus dem Luftwiderstand FL, dem Rollwiderstand FR, der Neigungskraft der Fahrstrecke (Straße) FS und der Beschleunigungskraft FB zusammen.

Abb. 2.3   Krafteinwirkung auf ein Fahrzeug auf einer schiefen Ebene [7]

50

2  Physikalisch-technische Beschreibung des E-Kraftfahrzeugs

Der Luftwiderstand FL (Gl. 2.2) beschreibt den Widerstand der verdrängten Luft auf die Front des Fahrzeugs beim Fahren. Er hängt von der Frontfläche A, dem Luftwiderstandsbeiwert cw, der Dichte der Luft pL und der Geschwindigkeit des Fahrzeugs v ab:

� L = 1 · A · cW · ρL · v�2 F 2

(2.2)

Über die Räder wirkt der Rollwiderstand FR (Gl. 2.3). Er beschreibt die Walkarbeit der Reifen infolge der entstehenden Deformation durch das Fahrzeuggewicht. Weiterhin hängt der Rollwiderstand von der Oberfläche des Straßenbelags und von den Proportionen sowie den Parametern des Reifens ab. Ein Beiwert cR von 0,01 für niedrige Reibungsverluste bei Betrieb mit Sommerreifen auf geteerten Straßen und ein Beiwert cR von 0,012 für höhere Reibungsverluste bei Verwendung von Winterbereifung auf geteerten Straßen liefern in der Praxis gute Ergebnisse:

� R = m · g� · cR F

(2.3)

Die Neigungskraft FS (Gl. 2.4) berücksichtigt den Effekt des bergauf und bergab Fahrens. Neben der Masse des Fahrzeugs m und der Erdbeschleunigung g ist die Neigung der Fahrstrecke (Steigung) anzugeben:

� S = m · g� · sin φ F

(2.4)

Die Beschleunigungskraft FB (Gl. 2.5) beschreibt die Kraft bei Geschwindigkeitsänderungen des Fahrzeugs (in der Regel Beschleunigung). Die Rollreibung und der Luftwiderstand können nur positive Werte haben, wohingegen die Neigung der Fahrstrecke und die Beschleunigung sowohl positive als auch negative Werte annehmen können:

� B = a� · m F

(2.5)

Das Produkt aus Antriebskraft FA und Geschwindigkeit v ergibt die mechanische Leistung P (Gl. 2.6), die von dem Fahrzeug am Rad angefordert wird:

� A (t) · v�(t) P(t) = F

(2.6)

Die mechanische Leistung P, welche nach [7] zum Antreiben des Fahrzeuges über die Räder an die Straße abgegeben wird, ist für den Vortrieb des Fahrzeugs notwendig. Die bestimmenden Faktoren sind die Fahrzeugmasse m, der Ortsfaktor g, der Rollreibungskoeffizient cR, der Luftwiderstandsindex cW, die Fahrzeugfrontfläche A, die Luftdichte ρL, die Steigung sin φ, die Beschleunigung a und die Geschwindigkeit v. Zusammengefasst ergibt sich Gl. 2.7 zur Berechnung der benötigten Antriebsleistung am Rad:   1 a� + Acw ρL v�3 PA, Rad = mg�v cR + sin φ + (2.7) g� 2

2.3  Leistungsbedarf des Fahrzeugs

51

Wird die Leistung P für eine bestimmte Zeit t aufgebracht, z. B. bei einer Fahrt mit konstanter Geschwindigkeit v, so wird die Strecke s zurückgelegt. Zum Antreiben der Räder eines Fahrzeugs ist dafür eine bestimmte Energie aufzubringen. Der Energieverbrauch eines Fahrzeugs kann also anhand des beschriebenen Modells für eine Fahrstrecke bestimmt werden. Die wesentlichen Parameter, die den Energieverbrauch bestimmen, sind die Masse des Fahrzeugs, die Fahrgeschwindigkeit und die Beschleunigung sowie das Höhenprofil der Strecke [4, 7–9].

2.3.2 Energiewandlungskette im konventionellen Fahrzeug Konventionelle Fahrzeuge mit einem Verbrennungsmotor wandeln die chemische Energie des Kraftstoffs aus dem Tank in eine antreibende Kraft um, dabei entstehen aber auch Umwandlungsverluste. Der Kraftstoff wird vergast und explosionsartig im Motor verbrannt. Der entstehende Druck treibt dabei einen Kolben in einem Zylinder nach unten, welcher über eine Kurbelwelle eine Drehbewegung mit einem Drehmoment erzeugt. Diese Kraft wird über ein Getriebe an die Räder weitergegeben und bewirkt den Vortrieb des Fahrzeugs. Abb. 2.4 zeigt die idealisierte Energiewandlungskette eines konventionellen Fahrzeugs. Verluste werden sowohl in thermischer als auch in mechanischer Form verursacht. Durch die Kühlung des Motors gehen 27 bis 33 % der Antriebsleistung verloren, weitere 30 bis 35 % werden über den Abgasstrom freigesetzt. Durch Reibung im Motor gehen 8 bis 10 % und durch Reibung im Getriebe und im Differenzial jeweils 1 bis 2,5 % verloren. Weitere 5 bis 7 % Verluste entstehen durch Leerlauf und Bremsvorgänge und ebenfalls 5 bis 7 % durch Ladungswechsel durch den Ausstoß der verbrannten Gase. Die elektrischen Verbraucher (Nebenaggregate) führen ebenfalls zu Einbußen in Höhe von ca. 2 bis 4 %. Insgesamt ergibt sich damit ein mittlerer realistischer Wirkungsgrad für den Antrieb eines Fahrzeugs mit konventionellem Verbrennungsmotor (Benzin) von nur 10 bis 15 % [4]. Die maximale Leistung liefert ein Verbrennungsmotor bei hohen Drehzahlen, die häufigsten Fahrzustände liegen jedoch im Drehzahlteillastbereich. So wird der optimale Betriebsbereich eines Verbrennungsmotors im Fahrbetrieb nur selten erreicht. Abb. 2.5 zeigt das Kennfeld eines Ottomotors.

Abb. 2.4   Energiewandlung als Blockschema (idealisiert) [10]

52

2  Physikalisch-technische Beschreibung des E-Kraftfahrzeugs

Abb. 2.5   Kennfeld eines Ottomotors [4]

Aufgrund des relativ kleinen optimalen Betriebsbereichs eines Verbrennungsmotors ist für die Verbesserung der Momentübertragung ein Getriebe zwingend notwendig.

2.3.3 Energiewandlungskette im Elektrofahrzeug Die benötigte Energie wird in Elektrofahrzeugen meistens von der Traktionsbatterie zur Verfügung gestellt. Aufgrund der wirkungsgradbewerteten Umwandlung in der Energiewandlungskette ist die von der Batterie gelieferte Energie stets größer als die über die Räder nutzbare Antriebsenergie. Die Wirkungsgradkette (s. Abb. 2.6) im Elektrofahrzeug besteht aus den Komponenten Batterie, Leitung und Umrichter, Antrieb, Getriebe und Rad. Für die elektrochemische Energiewandlung einer Traktionsbatterie kann mit einem mittleren Wirkungsgrad von 97 % gerechnet werden. Bei der Energieleitung und dem

Abb. 2.6  Wirkungsgradkette unter Berücksichtigung der wesentlichen Energieumwandlungsschritte [7]

2.4 Leistungsberechnung

53

Umrichter liegt dieser bei 95 %, und für den Antrieb kann ein Wirkungsgrad von 88 % angegeben werden. Das Getriebe weist einen mechanischen Wirkungsgrad von 95 % auf. Durch Multiplikation der Teilwirkungsgrade kann der mittlere Wirkungsgrad der Energiewandlungskette bestimmt werden. Elektrische Teilsysteme erreichen ihren optimalen Umwandlungswirkungsgrad im Teillastbetrieb, im Spitzenlastbereich arbeiten sie mit reduziertem Wirkungsgrad. Im Gegensatz hierzu weisen mechanische Teilsysteme gerade im Spitzenlastbereich einen optimalen Wirkungsgrad auf und im Teillastbereich einen reduzierten Wirkungsgrad. In der Praxis werden keine Fahrsituationen eintreten, bei denen alle Komponenten im optimalen Bereich arbeiten, sodass der maximale Wirkungsgrad der gesamten Energiewandlungskette von 87 % und der minimale Wirkungsgrad von 64 % erreicht werden. Insgesamt wird bei Elektrofahrzeugen im mittleren Teillastbereich der typische Wirkungsgrad über eine weite Spanne des Betriebsbereiches erreicht. Für die überschlägige Berechnung ist dieser typische Wirkungsrad ausreichend und kann mit einem Wert von 77 % angesetzt werden. Im Unterschied zu Verbrennungsmotoren können elektrische Maschinen in vier Quadranten der Drehzahl-Drehmoment-Ebene (Abb. 2.1) arbeiten. Beim Verzögern arbeitet die Maschine als Generator und lädt über den Traktionsumrichter die Batterie – das Elektrofahrzeug rekuperiert. Auch hier wird die gesamte Wirkungsgradkette durchlaufen, sodass von der an den Rädern aufgenommenen Energie maximal 77 % in der Batterie gespeichert werden können [7].

2.3.4 Energiewandlungskette im Brennstoffzellenauto Brennstoffzellenfahrzeuge sind Elektrofahrzeuge, deren Fahrenergie nicht allein in einem Batteriespeicher bevorratet wird, sondern die zusätzlich über einen Wasserstoffspeicher verfügen. Die Energiewandlungskette unterliegt selbstverständlich auch hier Umwandlungsverlusten. Die Brennstoffzellenfahrzeuge speichern chemische Energie in Form von gasförmigem Wasserstoff in Druckbehältern. Die Speicherung des Wasserstoffs in gasförmigem Zustand setzt der speicherbaren Masse klare Grenzen [11].

2.4 Leistungsberechnung Unabhängig vom Energiespeicher des Fahrzeugs kann zu jedem Fahrzustand eine Fahrbedarfsleistung berechnet werden. Um das Fahrzeug in dem Fahrzustand anzutreiben, ist eine Antriebsleistung notwendig, welche mit dem typischen Wirkungsgrad auf die

54

2  Physikalisch-technische Beschreibung des E-Kraftfahrzeugs

Bedarfsleistung umgerechnet wird. Der Fahrzustand wird durch eindeutig definierte Zustandsgrößen bestimmt: • Zustand des Fahrzeugs: Gewicht, Bereifung, Luftwiderstand, • Zustand der Umgebung: Straßenzustand, Luft, Steigung, • Bewegungszustand des Fahrzeugs: Geschwindigkeit, Beschleunigung. Ist ein Fahrzustand eindeutig beschrieben, können die energetischen Größen des Fahrzustandes bestimmt werden. Energetische Größen sind Kraft (N), Drehmoment (Nm), Leistung (W) und Energie (J bzw. kWh). Beispiel

Am Beispiel des VW eGolf soll die Leistung für verschiedene Fahrzustände bestimmt werden, dazu benötigen wir neben den technischen Daten die Beschreibung des Fahrzustandes. Technische Daten VW eGolf (2017): • Fahrzeugmasse: 1,518 kg ohne Fahrer, 1,593 kg mit Fahrer, • Luftwiderstandsbeiwert cW = 0,32, Querschnittsfläche A = 2,25 m2 Fahrzustand 1: Das Fahrzeug (VW eGolf) fährt mit konstanter Geschwindigkeit v (50 km/h, 80 km/h, 120 km/h und 150 km/h) auf einer ebenen, asphaltierten Fläche (Rollreibungskoeffizient 0,01). Ergebnisse der Berechnungen sind grafisch in Abb. 2.7 dargestellt. Jede Abweichung einer Straße (Fahrstrecke) von der Ebene wird als Steigung bezeichnet. Wird bergauf gefahren, hat dies einen positiven Wert, bergab ergibt sich ein negativer Wert. Die Steigung p wird in % angegeben und ist als Verhältnis der horizontalen zur vertikalen Wegstrecke definiert. Über die trigonometrischen Zusammenhänge kann der Winkel der Steigung ϕ mit Gl. 2.8 berechnet werden:  p  − Abstand einf¨ugen ϕ = arctan (2.8) 100 Fahrzustand 2: Das Fahrzeug soll bei diesen Geschwindigkeiten in der Lage sein, die zulässige Steigung zu bewerkstelligen. Zur Überwindung der Neigungskraft FS muss eine zusätzliche Kraft aufgewendet werden, der Leistungsbedarf PS. Die zusätzlich benötigte Leistung für die Steigungsfähigkeit des Elektrofahrzeugs liegt bei maximal 25,9 kW, die Ergebnisse sind in Tab. 2.3 eingetragen. Fahrzustand 3: Das Fahrzeug soll mit a = 1 sm2 beschleunigen können. Dies setzt eine Beschleunigungskraft FB von 1593 N voraus. Je nach Geschwindigkeit v des Fahrzeugs ergibt sich hierfür ein Leistungsbedarf von z. B. 44,25 kW bei 80 km/h.

2.5 Fahrenergiebedarf

55

Abb. 2.7   Leistungsbedarf des VW eGolf bei verschiedenen Fahrgeschwindigkeiten auf ebener, asphaltierter Strecke

Tab. 2.3  Zulässige Steigung im Straßenverkehr nach [12] und zusätzlicher Leistungsbedarf, berechnet auf Basis eines VW eGolf von 2017 Entwurfsgeschwindigkeit (km/h)

Zulässige Steigung im Straßenverkehr Außerhalb Zusätzlicher Innerhalb geschlossener Leistungsbedarf geschlossener Ortschaften (%) PS (kW) Ortschaften (%)

Zusätzlicher Leistungsbedarf PS (kW)

50

9

19,5

12

25,9

80

6

20,8

7

24,2

100

4,5

19,5

5

21,7

Die Leistung eines Fahrzeugs kann entsprechend der gegebenen Zusammenhänge berechnet oder alternativ anhand eines geforderten Fahrprofils des Fahrleistungsbedarfs bestimmt werden. Somit können bei gegebener Fahrstrecke der Leistungsbedarf und damit auch der benötigte Energiebedarf errechnet werden. ◄

2.5 Fahrenergiebedarf Mit dem Modell aus Abschn. 2.3.1 kann für eine vorgegebene Fahrsituation die benötigte Fahrleistung an den Reifen berechnet werden. Bewertet mit dem Umwandlungswirkungsgrad bestimmt man bei Elektrofahrzeugen die Batterieleistung. Durch Integration der Leistung über die Zeit erhält man die der Batterie entnommene Energiemenge.

56

2  Physikalisch-technische Beschreibung des E-Kraftfahrzeugs

Damit die Reichweite realistisch eingeschätzt werden kann, ist der Energieverbrauch bei verschiedenen Fahrzyklen zu analysieren. Fahrzyklen dienen der allgemeinen Fahrzeuguntersuchung in den Punkten Verbrauch und CO2-Emission. Diese sind immer an gewisse Rahmenbedingungen geknüpft, u. a. an Starttemperatur, Schaltpunkte (nur Fahrzeuge mit Handschaltgetriebe), Fahrzeugvorbereitung (Konditionierung), Zuladung und Beginn der Abgasmessung. Mit den Fahrzyklen werden möglichst realistische Fahrten simuliert und so ein Durchschnittsprofil erstellt. Die Aufnahme des Fahrzyklus wird üblicherweise auf einem Motoren- oder Rollenprüfstand durchgeführt. So sind die einzelnen Zyklen der verschiedenen Fahrzeugmodelle und Hersteller untereinander vergleichbar. Die Fahrtzyklen dienen also dazu, den Verbrauch des Elektrofahrzeuges realistisch zu ermitteln, indem alle Fahreigenschaften berücksichtigt werden [13, 14]. In Abb. 2.8 ist beispielsweise der Neue Europäische Fahrzyklus (NEFZ) dargestellt. Beim Neuen Europäischen Fahrzyklus handelt es sich um den aktuellen Fahrzyklus der Europäischen Union, der seit dem 1. Januar 1996 eingesetzt wird. Der NEFZ dauert 1180 s, enthalten sind ein Stadtzyklus mit 780 s und ein Überlandzyklus mit 400 s. Der Stadtzyklus besteht aus vier periodischen Abschnitten. Die mit dem NEFZ ermittelten Energiemengen entsprechen jedoch nicht dem realen Verbrauch, sondern sind tendenziell zu niedrig. Einen alternativen Fahrzyklus stellt der in Abb. 2.9 gezeigte FTP 72 dar. Dieser USamerikanische Fahrzyklus basiert auf echten Messfahrten und hat somit einen näheren Bezug zur Realität. Die Vorgehensweise ist mit diesem Fahrzyklus ähnlich wie beim NEFZ. Die Berechnungsgleichungen und Wirkungsgrade sind die gleichen, der einzige Unterschied sind Fahrintervalle, Fahrtdauer und Fahrtzeiten. Mit dem FTP 72 ergeben sich die in Tab. 2.4 eingetragenen Werte.

Abb. 2.8   Neuer Europäischer Fahrzyklus (NEFZ) [13, 15]

2.6 Nebenverbraucher

57

Abb. 2.9   FTP 72-Fahrzyklus (USA) Tab. 2.4  Ergebnisse der Verbrauchsberechnung mit dem NEFZ Gefahrene Strecke

Dauer

Fahrenergiebedarf

Fahrenergiebedarf bezogen auf 100 km

NEFZ

11,11 km

20 min

1,3 kWh

11,67 kWh

FTP 72

12,07 km

23 min

1,65 kWh

13,63 kWh

Aus der PraxisMit dem NEFZ und dem FTP 72 gelangt man zu einem Ergebnis für den Verbrauch, rein auf Basis des zurückgelegten Weges, das in Tab. 2.4 zusammenstellt ist. Die Fahrenergiebedarfsrechnung ist mit den technischen Daten eines Peugeot iOn erfolgt. Der Gesamtwirkungsgrad ist gemittelt und mit 0,77 angenommen und der Wirkungsgrad der Rekuperation mit einem Wert von 0,56 aus einer DEKRAStudie entnommen worden.

2.6 Nebenverbraucher 2.6.1 Einleitung Elektrofahrzeuge müssen allgemein die aktuellen sicherheits- und komfortrelevanten Standards, die an Personen- und Lastkraftwagen gestellt werden, erfüllen. Komfortsysteme wie Klimaautomatik, Sitzheizung, elektrisch verstellbare Sitze und andere, aus modernen Fahrzeugen bekannte Ausstattungsmerkmale sind auch in voll elektrischen Fahrzeugen nachgefragt. Batterie betriebene Fahrzeuge haben dabei gegenüber konventionellen Fahrzeugen den Vorteil, die Komfortaggregate unabhängig vom Antrieb betreiben zu können. Eine Batterie- oder Standklimatisierung ist dementsprechend ohne Weiteres möglich, allerdings wird durch die nun ausschließlich elektrischen Hilfsaggregate das Bordnetz stärker belastet. Es ist zu erwarten, dass besonders die leistungsstarken Nebenverbraucher zunehmend direkt mit der Traktionsbatterie verbunden werden. Diese Batterie weist, im ­Gegensatz

58

2  Physikalisch-technische Beschreibung des E-Kraftfahrzeugs

zu der aus herkömmlichen Fahrzeugen bekannte 12 V-Starterbatterie, eine deutlich höhere Spannung auf. Aus diesem Grund werden die Nebenverbraucher in Verbraucher, die an Hochspannung und in solche, die an Niederspannung betrieben werden, eingeteilt. Die meisten Nebenaggregate im Elektrofahrzeug sind klassische 12 V-Verbraucher, wie sie in jedem benzinbetriebenen Fahrzeug auch vorhanden sind [16, 17].

2.6.2 Niederspannungsverbraucher Die Versorgung der Niederspannungsverbraucher in einem E-Kfz ist über einen DC/DCWandler realisiert, der die Energie der Hauptbatterie entnimmt. Dieser DC/DC-Wandler ersetzt die aus konventionellen Fahrzeugen bekannte Lichtmaschine. Die Niederspannungsverbraucher lassen sich dann nochmals in drei Unterkategorien einteilen: • Grundlastverbraucher, • sicherheitsrelevante Verbraucher, • Komfortverbraucher. Bei Grundlastverbrauchern handelt es sich um die Verbraucher, die für die Funktion des Fahrzeugs unabdinglich sind. Hierzu zählen vor allem Steuergeräte, die ohne Unterbrechung betrieben werden müssen. Zusätzlich muss der Motor gesteuert und gekühlt werden, auch diese Nebenverbraucher zählen zur Grundlast. Die zweite wichtigste Gruppe beinhaltet die sicherheitsrelevanten Komponenten. Tab. 2.5 zeigt einen Großteil der sicherheitsrelevanten Verbraucher am Beispiel des Peugeot iOn. Zusätzlich sind aus der Literatur entnommene Leistungswerte aufgeführt. Die dritte Gruppe bilden die Komfortverbraucher, bei welchen es in den letzten Jahren die deutlichste Leistungszunahme gab. Mit der PTC-Heizung (PTC – Positiv Temperatur Element – temperatur-abhängige Widerstand) und dem Klimaanlagenkompressor sind jedoch die größten Verbraucher bereits bei den Hochvoltverbrauchern Tab. 2.5  Ausgewählte Sicherheitsverbraucher und ihre Anschlussleistung

Nebenaggregat

max. Leistung

Quelle

Bremskraftverstärker

1,0 kW

[16]

ABS/ESP

2,0 kW

[16]

Abblendlicht

0,15 kW

[7]

Bremslicht

40 W

[7]

Scheibenwischer vorne

8W

[7]

Scheibenwischer hinten

5W

[7]

Standlicht

8W

[16]

Blinker

42 W

[16]

Nebelschlussleuchte

21 W

[16]

2.6 Nebenverbraucher Tab. 2.6  Ausgewählte Komfortverbraucher und ihre Anschlussleistung

59 Nebenaggregat

max. Leistung [W]

Quelle

Autoradio

20 W

[16]

Sitzheizung

0,2 kW

[7]

Beheizbare Außenspiegel

56 W

[7]

Heckscheibenheizung

0,2 kW

[16]

Heizung

5,0 kW

[18]

Klimakompressor

4,5 kW

[18]

Gebläse Innenraum

0,15 kW

[7]

Instrumente

20 W

[16]

untergebracht. In Tab. 2.6 sind die häufigsten Komfortverbraucher mit aus der Literatur entnommenen Leistungen aufgelistet. Die höchste Leistung weisen die Heizungsgeräte und das Gebläse auf.

2.6.3 Hochspannungsverbraucher Bei den Hochspannungsverbrauchern handelt es sich vor allem um leistungsstarke Verbraucher. Im Fall des Peugeot iOn sind diese das Heizgerät und der Klimaanlagenkompressor. Beide Geräte sind direkt am 330 V-Bordnetz der Traktionsbatterie angeschlossen. Heizung Konventionelle benzinbetriebene Fahrzeuge bieten die Möglichkeit, den Fahrzeuginnenraum mit der Abwärme des Motors zu heizen. Die Abwärme ist hierbei ein Abfallprodukt, welches sonst nicht weiter genutzt werden kann. Diese Möglichkeit gibt es in Elektrofahrzeugen mit Batteriespeicher nicht. Über einen Wasserkreislauf und ein Gebläse wird der Fahrzeuginnenraum aufgeheizt. Die Wasserzirkulation wird mithilfe einer Pumpe aufrechterhalten. In Abb. 2.10 ist der Aufbau des Fahrzeugheizsystems schematisch dargestellt. Das Gebläse und der benötigte Wärmetauscher sind als HVAC-Modul (Heating, Ventilation and Air Conditioning) gekennzeichnet. Die Abwärme der permanenterregten Synchronmaschine allein reicht nicht aus, um ein Fahrzeug zu heizen, weshalb in batterieelektrischen Fahrzeugen zusätzliche Heizgeräte verbaut werden müssen. Im iOn wird ein PTC-Heizgerät der Firma Mitsubishi verwendet. Dieses ist speziell für den Einsatz in Elektro- bzw. Hybridfahrzeugen entwickelt worden. Das Heizgerät nutzt einen PTC-Halbleiter (Positive Temperature Coefficient) als Heizelement. Der Kaltleiter reduziert bei sinkender Temperatur seinen elektrischen Widerstand und ist so in der Lage, selbstständig auf Temperaturänderungen zu reagieren.

60

2  Physikalisch-technische Beschreibung des E-Kraftfahrzeugs

Abb. 2.10   Aufbau der Heizung in a konventionellen und b batterieelektrischen Fahrzeugen [17]

Eine Überhitzung und die damit ­verbundene Brandgefahr sind somit deutlich reduziert. Außerdem kann die Temperatur im Innenraum, trotz Schwankungen der Batteriespannung, nahezu konstant gehalten werden. Wie in Abb. 2.10b ebenfalls zu erkennen ist, wird in BEV oder PHEV (Plug-in Hybrid Electric Vehicle) ebenfalls mit einem Wasserkreislauf gearbeitet. Die PTC-Halbleiter werden hierbei direkt zwischen zwei Isolatoren mit einer extrem hohen Leitfähigkeit verbaut. Die Wärme kann so in zwei Wasserbehältern ober- und unterhalb der PTC-Halbleiter transportiert werden [17, 18]. Der Wasserkreislauf wird auch bei BEV oder PHEV mit einer Pumpe realisiert. Beide Wasserbehälter werden nacheinander durchlaufen. Der Gesamtaufbau des Heizgerätes beinhaltet neben den drei bereits genannten Schichten noch eine Kontrolleinheit, die über den anderen drei Schichten montiert ist. Insgesamt handelt es sich aber um eine sehr kompakte Bauweise, die zu einer Montage unter dem Fahrzeug führt. Auch für den Peugeot iOn sind in Abb. 2.10b der Lüfter und der Wärmetauscher im HVAC-Modul zusammengefasst. Der Hersteller gibt für die Heizung eine Leistung von 5 kW an. Diese Angabe gilt es natürlich ausgiebig für die verschiedenen Schaltstufen zu überprüfen [19]. Klimaanlagenkompressor Der Klimaanlagenkompressor wird als Verdichter des Kältemittels im Klimaanlagenkreislauf benötigt. Der Kältemittelkreislauf ist in Abb. 2.11 dargestellt. Die Funktionsweise wird im Nachfolgenden mit den in Abb. 2.11 nummerierten Bauteilen erklärt. Das vom Klimaanlagenkompressor verdichtete Kühlmittel wird in komprimierter Form in den Kondensator geleitet, wo das Kühlmittel Wärme abgibt. Zusätzlich wird das Kühlmittel durch einen Kondensatorlüfter gekühlt, was seine Verflüssigung zur Folge hat. Um ein Vereisen des Expansionsventils zu vermeiden, werden eventuelle Wasserreste in der Trocknerflasche entfernt. Das Expansionsventil gibt die komprimierte Kühlflüssigkeit dosiert in den Verdampfer ab. Bei diesem Prozess verliert das Kältemittel an Druck. Es geht im Verdampfer wieder in den gasförmigen Zustand zurück.

2.6 Nebenverbraucher

61

Abb. 2.11   Kühlkreislauf [17]

Um zu verdampfen, entzieht das Kältemittel der Umgebung die für diesen Vorgang benötigte Wärme. So entsteht in Kombination mit dem Gebläse kalte Luft [19]. Die Funktionsweise macht die Unterschiede zur Heizung deutlich. Es ist zu erwarten, dass die Leistungsaufnahme des Klimaanlagenkompressors deutlich unter derjenigen der Heizung liegt. Energiebedarf der Nebenaggregate Der Betrieb oder der Gebrauch von Nebenaggregaten in Elektrofahrzeugen ist immer von der jeweiligen Umgebungssituation abhängig. Der Fahrzeugführer erkennt diese Umgebungssituation und reagiert mit dem passenden Einsatz von Nebenaggregaten. Das Verkehrsaufkommen, die Temperatur oder die Dämmerung sind z. B. Faktoren, die den Verbrauch durch Nebenaggregate aktiv beeinflussen. Im Nachfolgenden werden die Einflüsse in Kategorien eingeteilt und erläutert. Die Fahrsituation ist ein Ausschnitt der vom Fahrer wahrgenommenen Verkehrssituation und somit eine Teilmenge der Verkehrssituation. Beides sind verkehrstechnische Klassifikationen. Zusammengefasst ist unter dem Faktor Fahrsituation die Wahrnehmung des Fahrers einer bestimmten Verkehrssituation in Kombination mit der darauffolgenden Reaktion gemeint. Die Reaktion des Fahrers beinhaltet die Verwendung der jeweiligen Nebenaggregate. Die Gestaltung des Verkehrsraums wird ebenfalls als Verkehrssituation und somit auch als Fahrsituation bezeichnet. Mit der Gestaltung des Verkehrsraums sind die Straßengestaltung und die Verkehrsführung gemeint [20].

62

2  Physikalisch-technische Beschreibung des E-Kraftfahrzeugs

2.6.4 Fahrsituationen Im Nachfolgenden werden realistische Beispiele für Fahrsituationen und ihre Einflüsse auf die Verwendung von Nebenaggregaten gezeigt. Fahrten im innerstädtischen Bereich gehen meist einher mit einem ständigen Stop-and-go des Fahrzeugs. Dies führt zu überdurchschnittlichem Gebrauch der Bremse, was eine hohe Beanspruchung des Bremskraftverstärkers, aber auch der Bremsleuchte nach sich zieht. Weitere Merkmale des Stadtverkehrs sind Spurwechsel und Abbiegevorgänge, die mit einem häufigen Gebrauch der Blinkanlage verbunden sind. Überland- und Autobahnfahrten weisen eine deutlich höhere durchschnittliche Geschwindigkeit auf, welche in extremen Situationen abrupt gesenkt werden muss. Es ist zwingend erforderlich, dass das Fahrzeug in solchen Fahrsituationen stabil und lenkfähig bleibt. Hierfür sind im Fahrzeug Stabilisatoren wie ABS und ESP verbaut. Ihr Einsatz kann ebenfalls zu einem höheren Verbrauch führen. Des Weiteren wird durch das erwähnte Bremsmanöver der Verbrauch durch den Bremskraftverstärker und die Bremsleuchte gesteigert. Die Umweltsituationen können auf natürliche Einflüsse beschränkt werden. Diese werden von der Natur vorgegeben und lassen sich nicht beeinflussen. Gemeint sind die Lichtverhältnisse, die Temperatur und die Witterung. Die Umweltsituationen werden genauso wie die Fahrsituationen vom Fahrzeugführer wahrgenommen. Mit der situationsgerechten Reaktion des Fahrers wird ihnen entgegengewirkt. Beeinflusst wird vor allem die Beleuchtungsanlage. Dabei handelt es sich nicht nur ausschließlich um die am Fahrzeug vorhandenen Front- und Heckscheinwerfer, sondern teilweise auch um die Innenraumbeleuchtung im Fahrzeug. Den signifikantesten Einfluss hat jedoch das Abblendlicht. Dieses wird vor allem in Wintermonaten benötigt. Unter Witterung versteht man zum einen den Einfluss durch Niederschlag wie Regen oder Schnee, zum anderen eine Sichteinschränkung durch auftretenden Nebel. Die Niederschläge sorgen für einen erhöhten Betrieb der Scheibenwischanlage. Dabei sind sowohl die Front- als auch die Heckscheibe betroffen. Der Niederschlag verursacht zusätzlich eine erhöhte Feuchtigkeit im Fahrzeug. Die Belüftung der Frontscheiben durch temperierte Luft ist unverzichtbar für einwandfreie Sichtverhältnisse. Der Lüfter, die Heizung und ggf. die Klimaanlage sind hier betroffen. Optional kann die Heckscheibenheizung verwendet werden. Nebel hingegen zieht den Gebrauch der Scheinwerfer nach sich. Unter gegebenen Umständen sorgen Nebelscheinwerfer für einen zusätzlichen Verbrauch. Eine zufriedenstellende Fahrzeugklimatisierung ist wohl der signifikanteste Faktor für den Nebenverbrauch. Nicht zuletzt verantwortlich ist eine Vielzahl an leistungsstarken Nebenaggregaten, mit denen sich der Fahrzeuginnenraum temperieren lässt. Am meisten ins Gewicht fallen hier die Heizung und die Klimaanlage. Sie sind die Verbraucher mit der höchsten Leistungsaufnahme. Aber es gibt noch weitere Varianten, den Fahrzeuginnenraum zu klimatisieren. An heißen Tagen ist neben der Klimaanlage wohl die

2.6 Nebenverbraucher

63

einfachste Handhabung, die Fenster zu senken. Hier findet durch den Fahrtwind ein Luftaustausch statt, der die Innenraumtemperatur reduziert. An kalten Tagen hingegen wird gerne auf die Sitzheizung zurückgegriffen. Ihr Vorteil besteht im schnellen Wärmetransport zum Fahrer.

2.6.5 Leistungsbedarf der Nebenaggregate Aus der PraxisDer Leistungsbedarf der Nebenaggregate lässt sich schwer berechnen, da die jeweilige Nutzungsdauer sehr unterschiedlich ist und stark von der Fahrsituation abhängt. In einem Forschungsprojekt in Kooperation mit dem Deutschen Roten Kreuz (DRK, Sozialdienste) sind Fahrten mit Elektrofahrzeugen ausgewertet worden. Bei den Strecken des mobilen Pflegedienstes handelt es sich um Tagestouren zwischen 20 und 50 km im städtischen Umfeld. Alle Fahrten wurden mit einem Peugeot iOn durchgeführt; die Nebenverbräuche sind in Tab. 2.7 zusammengestellt.

Fragen zum Kapitel 2 • Welche Nutzenergie kann aus: 1 kg Benzin, 1 kg Lithium-Ion Batterie, 1 kg flüssigem Wasserstoff entnommen werden? • Welcher Energieverbrauch in kWh je 100 km kann damit abgedeckt werden? • Die Ladezeit und die Reichweite sind zwei Merkmale, die oftmals gegen E-Kfz ausgeführt werden. Welche Reichweiten weisen gegenwärtige E-Kfz auf und wie lange dauert das Laden der E-Kfz? • Welche Vorteile weist ein Elektromotor gegenüber Verbrennungsmotoren auf? Bitte nennen und erläutern Sie einige kurz. • Welche Arten von Energiespeichersystemen (z. B. mechanische, elektrochemische, usw.) können in Fahrzeugen genutzt werden? Bitte erklären Sie Vor- und Nachteile unterschiedlicher Speichersysteme. • Welche Kräfte wirken während der Fahrt auf ein Fahrzeug und wie werden diese bei der Berechnung des Energiebedarfs des Fahrzeugs berücksichtig? Geben Sie bitte entsprechende mathematische Formel an und erklären Sie kurz. • Mit welchem Gesamtwirkungsgrad wird im Antriebsstrang bei Verbrennungs- und Elektromotoren Energie umgewandelt? Welche Verluste treten dabei wo auf? • Was sind standardisierte Fahrzyklen und wozu sind sie nötig? Geben Sie dazu Beispiele und charakterisieren Sie diese, bitte.

17

46

0,5 %

Fahrt 5 E[Wh]

Anteil am Energiebedarf

Bremskraftverstärkung

16 0,2 %

139

1,5 % 0,2 %

Fahrt 4 E[Wh]

Anteil am Energiebedarf

aElektrische

0,1 %

1,1 % 0,1 %

0,1 %

6

16

0,3 %

0,2 %

11

Anteil am Energiebedarf

0,1 %

10

2,6 %

126

19

Anteil am Energiebedarf

8

29 0,4 %

Fahrt 3 E[Wh]

245

Fahrt 2 E[Wh]

0,1 %

0,5 %

43

0,4 %

36

0,2 %

28

0,5 %

32

0,6 %

41

9

312

4,5 %

Fahrt 1 E[Wh]

Anteil am Energiebedarf

Blinker Brems-licht ELBKVa

Licht

0,0 %

2

0,0 %

2

0,0 %

2

0,0 %

3

0,4 %

26

0,0 %

0

0,0 %

1

0,0 %

0

0,0 %

0

0,1 %

8

Rück-licht Scheibenwischer

40,9 %

3655

28,6 %

2669

13,5 %

1603

19,5 %

1330

9,3 %

645

Heizung

Tab. 2.7  Anteil der Nebenverbraucher am Gesamtenergieverbrauch bei Testfahrten bei kalter Witterung

1,4 %

121

0,6 %

59

0,5 %

55

0,7 %

49

1,1 %

75

Lüftung

3,4 %

307

4,3 %

400

3,4 %

403

6,4 %

434

7,9 %

551

Grundlast

46,9 %

4198

35,8 %

3337

18,9 %

2238

31,1 %

2121

24,1 %

1696

Verbraucher ges.

64 2  Physikalisch-technische Beschreibung des E-Kraftfahrzeugs

Literatur

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• Mit der Energie muss besonders im Elektrofahrzeug sparsam umgegangen werden. Wovon ist der Energieverbrauch im E-Kfz abhängig? Welche Verbraucher müssen bei der Berechnung berücksichtig werden und warum? Inwieweit ist der Energieverbrauch von Fahrweise und Fahrsituation abhängig? • Welche Rolle spielt die IKT in der Realisierung der Sektorenkopplung? Bitte geben Sie entsprechend Beispiele dazu.

Literatur [1] DIN (2017) DIN EN 228 Kraftstoffe für Kraftfahrzeuge – Unverbleite Ottokraftstoffe – Anforderungen und Prüfverfahren. https://www.beuth.de/de/norm/din-en-228/273470473. Zugegriffen: 22. Jan. 2018 [2] Rummich R (2009) Energiespeicher. Grundlagen, Komponenten, Systeme und Anwendungen. Verlag Expert, Renningen. ISBN 978 3 81692736 5 [3] Hofer K (2015) E-Mobility, Elektromobilität. VDE Verlag GmbH, Berlin, Offenbach. ISBN 978 3 8007 3596 9 [4] Funke H (2017) Skript zur Vorlesung Fahrzeugdynamik. Fachhochschule Bielefeld, Bielefeld [5] Autos H (2009) Lufticus. https://www.heise.de/autos/artikel/Luftikus-MDI-praesentiertAirPod-und-OneFlowAir-447915.html?view=bildergalerie. Zugegriffen: 22. Jan. 2018 [6] Ozawa (2009) Lithium ion rechargeable batteries – materials, technology, and new application. Wiley-VCH Verlag Co. KGaA, Weinheim [7] Henningsen W, Linssen J (2012) Netzintegration von Fahrzeugen mit elektrifizierten Antriebssystemen in bestehenden und zukünftigen Energieversorgungsstrukturen (Net-Elan). Advances in Systems Analysis 1, Forschungszentrum Jülich, Zentralbibliothek, Jülich. ISBN 978-3893368112 [8] Ottensmann A (2013) Technische Anforderungsanalyse an Traktionsbatterien für Elektrofahrzeuge am Beispiel einer ambulanten Pflegeflotte. Abschlussarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Master of Science an der Fern Universität Hagen, Fakultät für Mathematik und Informatik, Lehrgebiet elektrische Energietechnik, Prof. Dr.-Ing. D. Hackstein, Hagen [9] Haubrock J et al (2014) Abschlussbericht zum Ziel2-NRW Projekt Pfleg!E-Mobil Aktenzeichen 64.65.69. FH Bielefeld, Bielefeld [10] Braess H, Seiffert U (2013) Handbuch Kraftfahrzeugtechnik. Verlag Springer Vieweg, Wiesbaden. ISBN 978-3-322-93874-9 [11] Eichsleder H, Klell M (2012) Wasserstoff in der Fahrzeugtechnik. Verlag Vieweg + Teubner, Wiesbaden. ISBN 978-3-8348-1754-9 [12] RAS-L (1995) Richtlinien für die Anlage von Straßen. https://de.scribd.com/doc/68065554/ RAS-L-1995-Horizontal-Alignment. Zugegriffen: 22. Jan. 2018 [13] Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (UN/ECE) (2012) Einheit liche Bedingungen für die Genehmigung der Personenkraftwagen (…) hinsichtlich der Messung(…) des Stromverbrauchs und der elektrischen Reichweite (…). Regelung Nr. 101 [14] Ottensmann A, Haubrock J (2014) Fahrstreckenanalyse kommerzieller und öffentlicher Fuhrparke hinsichtlich der Umstellung auf Elektrofahrzeuge. VDE Kongress 2014: Smart Cities – Intelligente Lösungen für das Leben in der Zukunft. VDE, Frankfurt a. M. ISBN 978-3-8007-3641-6

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2  Physikalisch-technische Beschreibung des E-Kraftfahrzeugs

[15] ADAC (2017) Neuer Europäischer Fahrzyklus. https://www.adac.de/_mmm/pdf/27473_ 118924.pdf. Zugegriffen: 22. Jan. 2018 [16] VDE-Studie Elektrofahrzeuge (2010) Einfluss verschiedener Nebenverbraucher auf Elektrofahrzeuge, VDE, Frankfurt a. M. [17] Matzel M (2014) Ermittlung der Leistung der Nebenverbraucher in Elektrofahrzeugen für verschiedene Fahr- und Umweltsituationen am Beispiel des Peugeot iOn. Abschlussarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Bachelor of Engineering an der FH Bielefeld, Fachbereich Ingenieurwissenschaften und Mathematik, Lehrgebiet Prof. Dr.-Ing. Jens Haubrock, Bielefeld [18] Umezu K, Hideto N (2010) Air conditioning system for electric vehicles. SAE Automotive Refrigerant & System Efficency Symposium [19] Mitsubishi Heavy Industries LTD (2010) Coolant PTC heater for electric vehicles and plug in hybrid vehicles. Mitsubishi Heavy Ind Tech Rev 47(4) [20] Schneider J (2009) Modellierung und Erkennung von Fahrsituationen und Fahrmanövern für sicherheitsrelevante Fahrassistenzsysteme. Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades Doktor-Ingenieur. Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik der TU Chemnitz, Chemnitz

3

Elektrische Komponenten des E-Kfz

3.1 Einführung Zentrale Elemente eines batteriebetriebenen Elektrofahrzeugs sind die Traktionsbatterie und der Antrieb. Mit der Batterie sind mehrere Umrichter verbunden, über welche die Verbraucher mit elektrischer Energie unterschiedlicher Spannung versorgt und gesteuert werden. Durch die Weiterentwicklung von Elektrofahrzeugen auf der Basis von Verbrennungskraftfahrzeugen existieren zwei bis drei verschiedene Bordnetzspannungen im Elektrofahrzeug. Dies ist notwendig, da die Verbraucher große Unterschiede in ihrer Leistungsaufnahme aufweisen. Verbrauchergruppen oder leistungsstarke Verbraucher werden mit höherer Spannung versorgt, um die Verluste zu minimieren, die beim Stromfluss über die Leitungen anfallen. Leistungsschwache Verbraucher und solche, die der Sicherheit dienen, wie beispielsweise die Beleuchtung (Abblendlicht, Blinker, Bremslicht etc.), werden ähnlich wie bei konventionellen Fahrzeugen über ein 12 V-Gleichspannungsnetz versorgt. Leistungsstarke Einzelverbraucher oder Verbrauchergruppen, wie z. B. die elektrisch betriebene Heizung und die Klimaanlage, werden mit einer höheren Gleichspannung oder direkt aus der Traktionsbatterie versorgt. Der Antrieb des Fahrzeugs ist der leistungsstärkste Verbraucher und wird in der Regel über ein eigenes Stromversorgungssystem betrieben. Abb. 3.1 zeigt eine Übersicht des Bordnetzes von Elektrofahrzeugen. Das Niederspannungsbordnetz wird mit einer Nennspannung von 12 V betrieben. Es dient der Versorgung sicherheitsrelevanter Verbraucher wie z. B. der Beleuchtung. Damit diese Verbraucher nach einem Unfall oder einer technischen Störung der Hauptbatterie weiter betrieben werden können, verfügt dieser Stromkreis über einen eigenen Batteriespeicher. Zur Ladung der 12 V-, 24 V- oder zukünftig 48 V-Batterie-Gleichspannung wird

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 P. Komarnicki et al., Elektromobilität und Sektorenkopplung, https://doi.org/10.1007/978-3-662-62036-6_3

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3  Elektrische Komponenten des E-Kfz

Abb. 3.1   Elektrisches Bordnetz eines Elektroautos und dessen Komponenten [1]

ein Gleichstromsteller (Tiefsetzsteller) verwendet. Dieser setzt die hohe Spannung der Traktionsbatterie auf die Ladespannung der Niedervoltbatterie herunter. Der Gleichstromsteller wird auch als elektronische Lichtmaschine bezeichnet. Verbrauchergruppen oder einzelne Verbraucher mit größerer Leistung werden direkt aus der Traktionsbatterie über Gleichstromsteller oder Wechselrichter versorgt. Die Traktionsantrieb das ist eine Viederholung ist in modernen Elektrofahrzeugen als permanent erregte Synchronmaschine ausgeführt. Diese benötigt ein Drehstromnetz mit variabler Frequenz zur Speisung. Der Antrieb wird dabei im Fahrbetrieb versorgt, und bei der generatorischen Bremsung (Rekuperation) erfolgt eine automatische Umkehrung des Energieflusses, wodurch der Umrichter die Batterie speist. In Abb. 3.2 ist die Anordnung der Stromverteilung im Elektrofahrzeug dargestellt. Zum einen ist das Niederspannungsbordnetz mit einer Nennspannung von 12 V vorhanden, bekannt aus den herkömmlichen Verbrennungskraftfahrzeugen im PkwSegment, oder mit einer Nennspannung von 24 V, bekannt aus dem Segment der Lastkraftwagen, und zum anderen mit der modernen, höheren Bordspannung von 48 V. Die 48 V-Technologie ist eine Reaktion auf die Vielzahl an elektrisch betriebenen Komfortverbrauchern in modernen Fahrzeugen und der damit verbundenen höheren Gesamtleistung, die erbracht werden muss. Ob die 48 V-Niederspannungsbordnetze sich durchsetzen werden, ist noch nicht abschließend geklärt. Aktuell (2018) dominieren noch die 12 V-Bordnetze. Ein zweites Gleichstrombordnetz (s. Abb. 3.2) dient zur Versorgung des Antriebs und weist in modernen Fahrzeugen eine Nennspannung von 90 V bis 800 V auf.

3.2 Ladetechnik

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Abb. 3.2   Stromverteilung (Hochspannung und Niederspannung) im Elektrofahrzeug [2]

3.2 Ladetechnik Die Ladung von Elektrofahrzeugen erfolgt in folgenden verschiedenen Modi. Ladebetriebsmodus 1 Die Ladung nach Modus 1 beschreibt das Laden der Fahrzeugbatterie aus einer einphasigen Wechselstromquelle. Als Wechselstromquelle fundiert meistens die in deutschen Haushalten eingesetzten Schutzkontaktsteckdose oder der CEE-Steckdose. Das Ladegerät (Gleichrichter) befindet sich bei dieser Ladebetriebsart im Fahrzeug selbst, es findet keine Kommunikation mit der Ladestromversorgungseinrichtung statt. Weiterhin muss die verwendete Steckdose durch einen Fehlerstromschutzschalter abgesichert sein. Der maximale Ladestrom ist auf 16 A bei einer Spannung von maximal 250 V in einphasigen Netzen begrenzt, was bei einem Anschluss an eine Schutzkontaktsteckdose einer maximalen Ladeleistung von 3,7 kW entspricht. Jedoch wird aufgrund der nicht vorhandenen Kommunikation und der Begrenzung durch die Schutzkontaktsteckdose die Ladeleistung durch das Fahrzeug häufig reduziert, um eine Überlastung von möglicherweise unzureichend ausgelegten Leitungen oder Installationen zu vermeiden [3]. Ladebetriebsmodus 2 Der Ladebetriebsmodus 2 beinhaltet das Laden des Elektrofahrzeugs mit einer einphasigen Wechselstromquelle mit maximal 16 A und 3,7 kW sowie einer dreiphasigen Quelle mit bis zu 32 A und einer Ladeleistung von 22 kW. Es wird bei dieser Betriebsart in der Regel eine im Ladekabel vorhandene In-Cable Control-Box (ICCB) eingesetzt, die sowohl Kontroll- als auch Schutzfunktionen ausführt. Die Kommunikation der

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3  Elektrische Komponenten des E-Kfz

­ ontrol-Box mit dem im Fahrzeug installierten Ladegerät ermöglicht bei dieser LadeC betriebsart u. a. eine Einstellung des maximalen Ladestroms durch den Benutzer, mit einer Signalisierung mittels eines pulsweiten gesteuerten Pilotsignals [3]. Ladebetriebsmodus 3 Der Ladebetriebsmodus 3, ein mit dreiphasigem Wechselstrom betriebener Lademodus, ist für die Bereitstellung der Ladeleistung durch eine Ladestation für Elektrofahrzeuge festgelegt. Die maximale Ladeleistung beträgt bei dieser Ladebetriebsart 43,5 kW, was einem Ladestrom von 63 A bei einer Spannung von 400 V entspricht. Die für die öffentliche Nutzung verwendbaren Ladestationen beinhalten Steuer- und Schutzfunktionen. Die Kommunikation zwischen der Ladestation und dem im Elektrofahrzeug befindlichen Ladegerät findet auch hier über ein pulsweites gesteuertes Pilotsignal statt. Weiterhin ist bei dieser Ladebetriebsart die Verwendung von normgerechten Steckvorrichtungen gemäß DIN EN 62196-2 vorgesehen. Dabei können die Ladekabel fest an der Ladestation installiert oder über eine Steckvorrichtung mit der Ladestation verbunden werden [3]. Ladebetriebsmodus 4 Der Ladebetriebsmodus 4 umfasst das Laden des Elektrofahrzeugs an einer Gleichstromladestation. Anstelle des im Elektrofahrzeug intergierten Ladegeräts bzw. Gleichrichters wird beim Laden mit Gleichstrom ein fest in die Ladestation installiertes Ladegerät verwendet, wodurch in der Regel erheblich höhere Ladeleistungen möglich werden. Über das fest mit der Ladestation verbundene Ladekabel wird eine Kommunikation auf unterschiedlichen Ebenen ermöglicht. So wird bei der Gleichstromladung auch die Basiskommunikation mittels PWM-Signal (PWM - Puls-Weite-Modulation) eingesetzt. Des Weiteren werden bei der Gleichstromladung weitreichende Schutzfunktionen durch die Ladestation vorgesehen, beispielsweise durch ein galvanisch vom Versorgungsnetz getrenntes IT-System mit einer Isolationsüberwachungseinrichtung [3]. Induktives Laden Eine weitere Möglichkeit, den Akkumulator eines Elektrofahrzeugs aufzuladen, bieten induktive Ladesysteme. Diese Technik wird bereits in kleineren Anwendungsfällen eingesetzt, wie bei elektrischen Zahnbürsten oder modernen Smartphones. Der große Vorteil dieser Ladetechnik ist die Option, auf eine Kabelverbindung zwischen Versorgungsnetz und dem zu ladenden Gerät zu verzichten. Allerdings gibt es für das induktive Ladesystem bislang keine Standardisierung, außerdem wird dieses auch nicht in Serienfahrzeugen eingesetzt. Angewendet wird dieses System bereits beim Aufladen von Elektrobussen im öffentlichen Personennahverkehr in Braunschweig. Hier werden seit Dezember 2014 vier Busse mit elektrischem Antrieb durch ein induktives Ladesystem betrieben [4].

3.3 Design

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Ladezeit Die benötigte Ladedauer des Fahrzeugakkumulators hängt sowohl von der durch die Ladeanlage bereitgestellten Leistung als auch von der speicherbaren Energie und der maximalen Laderate des Akkumulators ab. Die speicherbare Energie des Akkumulators unterscheidet sich je nach Hersteller und Modell des Elektrofahrzeugs. Des Weiteren ist zu beachten, dass das im Elektrofahrzeug eingesetzte Ladegerät, welches für die Ladebetriebsarten 1 bis 3 verwendet werden muss, häufig nicht die Ladeleistung bereitstellen kann, die durch den Lademodus ermöglicht wird. Aus der Praxis

So bietet das Onboard-Ladegerät des Nissan Leaf eine Ladeleistung von maximal 6,6 kW, der VW e-up! 3,6 kW und der BMW i3 3,7 kW. Dadurch kann auch bei hohen möglichen Ladeleistungen von bis zu 43 kW im Ladebetriebsmodus 3 die geringe Ladedauer von 0,7 h für den Nissan Leaf nicht erreicht werden. Dieses Fahrzeug hat eine minimale Ladedauer von 4,5 h von 0 auf 100 % bei einem Ladevorgang mit Wechselstrom. Die Auslegung der fahrzeuginternen Ladegeräte auf diese geringen Ladeleistungen ist in erster Linie darin begründet, dass mit einer Auslegung auf höhere Leistungen auch erheblich höhere Kosten verbunden sind [5].

Darüber hinaus bietet der Ladebetriebsmodus 4 (Laden mit Gleichstrom) die Möglichkeit, den Fahrzeugakkumulator unabhängig von der Ladeleistung des im Fahrzeug verbauten Onboard-Ladegeräts aufzuladen. Aus diesem Grund ermöglicht der Gleichstromladebetriebsmodus eine deutlich geringere Ladedauer als die Ladebetriebsarten mit Wechselstrom. Weiterhin ist jedoch zu beachten, dass beim Ladevorgang der Fahrzeugakkumulator nur auf einen Ladezustand von etwa 80 % der maximal zulässigen Leistung aufgeladen wird. Bei einem Ladezustand höher als 80 % wird die Ladeleistung durch die Ladeanlage reduziert, um eine Überschreitung der Ladeschlussspannung einzelner Akkumulatorzellen zu vermeiden. Daher geben Hersteller von Elektrofahrzeugen meist eine Ladedauer von 0,5 h für die Gleichstromladung von 0 bis 80 % an. Die Ladedauer auf einen Ladezustand von 100 % ist durch die Reduzierung der Ladeleistung dementsprechend höher [6].

3.3 Design Bei der Anordnung des Antriebs von Elektrofahrzeugen existieren unterschiedliche Ansätze. In Abb. 3.3 sind verschiedene Konzepte dargestellt. Die Anordnung in Abb. 3.3a ist mit dem Antriebskonzept eines Verbrennungskraftfahrzeugs vergleichbar. Der elektrische Antrieb ist zentral angeordnet und überträgt die Kraft auf eine Achse.

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3  Elektrische Komponenten des E-Kfz

Abb. 3.3  Designkonzepte zur Anordnung des Antriebs im Elektrofahrzeug [1]: a zentrale Anordnung, b Tandemantrieb, c Radnabenantrieb

Dabei ist es notwendig, ein Getriebe und ein Differenzial zwischenzuschalten. Das Getriebe wird gebraucht, um die niedrige Drehzahl des Rads an die höhere Drehzahl des Antriebs anzupassen. Bei dem in Abb. 3.3b dargestellten Design handelt es sich um einen Tandemantrieb. Hierbei wirken zwei Maschinen in Nähe der Räder auf eine Achse, wodurch auf das mechanische Differenzial verzichtet werden kann. Abb. 3.3c zeigt einen Radnabenantrieb. Durch eine geeignete Regelung kann auf ein Getriebe und ein Differenzial verzichtet werden. Der Elektroantrieb ist hierbei in die Radnabe integriert. Stand der Technik ist der Zentralantrieb mit Vorderrad- oder Hinterradantrieb [7].

3.4 Leistungselektronik im E-Kraftfahrzeug 3.4.1 Halbleiter Die Leistungselektronik ist ein Teilgebiet der energetischen Elektrotechnik und wird verwendet, um elektrische Energie zu schalten, zu steuern und umzuformen. Dazu werden elektronische Leistungshalbleiter (Ventile) verwendet. Leistungselektronische Umformer sollen dabei möglichst verlustarm arbeiten. Leistungselektronische Komponenten im Elektrofahrzeug werden vor allem zur Herstellung eines synthetischen, frequenzvariablen Drehstromsystems für den Antrieb aus der Batteriegleichspannung benötigt. Neben diesem Umformer gibt es im Elektrofahrzeug weitere Anwendungen für Leistungselektronik, z. B. für die Ladung der Batterie, die Versorgung der 12 V-Verbraucher, die Steuerung und Regelung von z. B.

3.4  Leistungselektronik im E-Kraftfahrzeug

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der Temperatur, der Fensterheber, der Sitzheizung etc. Die Liste der Anwendungen von Leistungselektronik im Kraftfahrzeug ist lang. In Metallen kommt es durch die kristalline Struktur zur Bildung freier Ladungsträger, die nicht ortsgebunden sind und sich daher im Leitermaterial bewegen können. Wird eine Spannung an den Leiter angelegt, so können sich die Elektronen bewegen (Strom ist die gerichtete Bewegung freier Elektronen!). Die Metalle zählen daher zu den Elektronenleitern mit einem sehr niedrigen spezifischen Widerstand. Da der Widerstand bei Leitern sehr niedrig ist, wird zu ihrer Beschreibung häufig der Kehrwert des Widerstandes angegeben, nämlich der Leitwert. Die spezifische Leitfähigkeit von Kupfer beträgt 56 S/m bzw. als spezifischer Widerstand ausgedrückt 0,01786 Ωm. Dem stehen die Isolatoren gegenüber, die durch einen extrem hohen spezifischen Widerstand (von Schiefer mit 106 Ωm bis Glimmer mit ca. 1015 Ωm) gekennzeichnet sind. In dem Bereich dazwischen sind die Halbleiter angesiedelt. Stoffe, die zu dieser Gruppe gehören, weisen zwar eine Kristallstruktur auf, es kommt jedoch nicht zu der für Metalle typischen Bildung freier Ladungsträger. Die Leitfähigkeit von Halbleitern liegt im Bereich 10−4 und 106 Ωm. Bei diesen Halbleitern kann durch das gezielte Einbringen von Elektronen die Leitfähigkeit um Zehnerpotenzen verändert werden. Ein solchermaßen behandelter Halbleiter wird als positiv dotiert (p) bezeichnet. In dem Sinne, wie dies mit Donatoren möglich ist, bei denen gezielt Material mit einem überschüssigen Elektron in den Halbleiter eingebracht wird, funktioniert dies umgekehrt auch. Durch Akzeptoren können bewusst Fehlstellen (im Sinne eines Loches aufgrund des fehlenden Elektrons) eingebracht werden, sodass ein negativ dotierter Halbleiter entsteht. Bringt man nun unterschiedlich dotierte Halbleiter zusammen, bei denen die p und n dotierten Materialien aneinanderstoßen, so bildet sich ein p-n-Übergang. Stoßen ein n- und ein p-leitender Bereich unmittelbar aneinander, so diffundieren durch die Grenzschicht (Übergangsschicht zwischen n- und p-dotiertem Material) in der einen Richtung bevorzugt Elektronen, in der anderen Löcher. Es bildet sich ein stromrichtungsabhängiger Widerstand, der eine Ventilwirkung beim Anlegen einer Spannung aufweist: Bei der einen Spannungsrichtung kann Strom fließen, wird nun die Polarität geändert (entgegengesetzte Spannungsrichtung), wird der Halbleiter keinen Stromfluss zulassen [8]. Charakteristische Kenngrößen der Belastbarkeit von Halbleitern sind die Spitzensperrspannung, der Dauergrenzstrom und die thermische Beanspruchung. Die Spitzensperrspannung darf keinesfalls überschritten werden, und der Dauergrenzstrom als zulässiger arithmetischer Mittelwert des Durchlassstroms muss ebenfalls eingehalten werden, da Halbleiterbauelemente gegenüber Grenzwertverletzungen nicht tolerant sind. Die thermische Beanspruchung führt zu einer Dauerübertemperatur, die ebenfalls nicht überschritten werden darf. Begrenzend wirkt hier die maximal zulässige Sperrschichttemperatur. Über den Wärmewiderstand sind die Bauelemente in engen Grenzen tolerant. In der Leistungselektronik werden Halbleiterventile für verschiedene Zwecke verwendet. Im weiteren Verlauf erfolgt eine Beschreibung der wichtigsten Halbleiterventile und ihrer Funktionen sowie der Grundschaltungen mit Fokus auf die Anwendung im oder am Elektrofahrzeug.

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3  Elektrische Komponenten des E-Kfz

3.4.2 Leistungsdioden Leistungsdioden bestehen aus unterschiedlich dotierten Halbleitern, bei denen die p- und n- dotierten Materialien aneinanderstoßen und einen p-n-Übergang bilden. Das Schaltungssymbol der Diode ist in Abb. 3.4 abgebildet. Wird an der Anode (A) eine positive Spannung und an der Kathode (K) eine negative Spannung angelegt, so ist die Diode in Durchlassrichtung geschaltet (Abb. 3.4c). Ist die Polung umgekehrt (Abb. 3.4b), so sperrt die Diode und man spricht von der Sperrrichtung. Die Sperrwirkung der Diode lässt in Abhängigkeit der anliegenden Spannung nur sehr kleine Ströme passieren, bis es bei der maximal zulässigen Spannung in Sperrrichtung (Durchbruchspannung) zum Durchbruch kommt und die Diode leitet. Mit Ausnahmen spezieller, für diesen Fall gebauter Dioden (z. B. Z-Diode) ist die Diode dann zerstört. In Durchlassrichtung fällt eine Spannung über die Diode ab, die im Bereich von 0,3 V bei Germaniumdioden und 0,6 bis 0,7 V bei Siliziumdioden liegt. Bei Überschreiten dieser Durchlassspannung wird die Diode leitend und lässt Stromfluss zu. Das Verhalten der Diode ist im Diagramm von Abb. 3.5c dargestellt. Leistungsdioden gibt es für Sperrspannungen bis 4 kV und für Durchlassströme bis zu 3 kA. Sie werden vielfach zur Gleichrichtung eingesetzt.

3.4.3 Thyristoren Ein einschaltbarer p-n-Übergang wird als Thyristor bezeichnet. Dieser besteht aus p- und n-dotierten Halbleitern mit einem Anoden- und einem Kathodenanschluss. Das Anlegen einer Spannung (+ an die Anode und – an die Kathode) reicht nicht aus, um dieses Halbleiterventil leitend zu machen. An einem dritten Anschluss, dem Gate, muss eine positive Abb. 3.4   Leistungsdioden. a p-n-Übergang (Diode) spannungslos, b Diode in Sperrrichtung, c Diode in Durchlassrichtung

3.4  Leistungselektronik im E-Kraftfahrzeug

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Abb. 3.5   Schaltzeichen a, prinzipielle Schichtstruktur b und statische Ausgangskennlinie c einer Diode

Spannung angelegt werden, damit der Thyristor leitet. Das Einschalten bezeichnet man als Zünden. Nach dem sicheren Zünden kann die Spannung am Gate wieder abgeschaltet werden, der Thyristor leitet nun. Wenn sich die Spannung an der Anode und der Kathode umkehrt, also an der Kathode die positive Spannung und an der Anode die negative Spannung anliegt, sperrt der Thyristor wieder. Er ist also einschaltbar, kann aber nicht durch das Gate ausgeschaltet werden. Das Abschalten erfolgt durch die Polung an den Leistungsanschlüssen. Schaltsymbol, Schichtstruktur und Ausgangskennlinie des Thyristors sind in Abb. 3.6 dargestellt. Spezielle Designs und Anordnungen der unterschiedlich dotierten Halbleitermaterialien haben zur Entwicklung von abschaltbaren Thyristoren geführt. Diese als Gate Turn Off (GTO) bezeichneten Thyristoren sind über den Steuerstrom ein- und ausschaltbar. Der Aufbau der GTOs ist in Abb. 3.7b dargestellt. Anhand der prinzipiellen Darstellung der Schichtstruktur in der Abbildung ist zu erkennen, dass ein GTO aus

Abb. 3.6   Schaltzeichen a, prinzipielle Schichtstruktur b und statische Ausgangskennlinie c eines Thyristors

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3  Elektrische Komponenten des E-Kfz

Abb. 3.7   Schaltbare Thyristoren. a Gate Turn Off (GTO), b Triacs

mehreren parallelen Thyristoren aufgebaut ist. Durch einen positiven Strom am Gate (G) wird der GTO leitend. Aufgrund der Aufteilung auf mehrere parallele interne Thyristoren kann der GTO über einen negativen Strom am Gate zwischen Anode und Kathode in den Sperrbereich gebracht werden. Hierzu ist jedoch ein Strom mit einer Stärke von bis zu 50 % des Laststroms notwendig. Das Ausschalten des Ventils ist also verlustbehaftet, was eine Anwendung im höheren Leistungsbereich schwieriger macht, da die Forderung nach Energieeffizienz stets höchste Priorität hat. Ein gezündeter Thyristor verhält sich im eingeschalteten Zustand wie eine Diode, wird die Spannung an seinen Klemmen (Anode und Kathode) umgepolt, so sperrt er wie eine solche. Bei einem Triac werden zwei Thyristoren antiparallel geschaltet. Über einen Strom am Gate kann der Triac gezündet werden (s. Abb. 3.7a), woraufhin er zwischen seinen Anschlussklemmen leitend wird und in der Lage ist, auch bei Umpolung an seinen Klemmen seine Leitfähigkeit zu behalten. Dies funktioniert, da beide Thyristoren eingeschaltet sind und der Triac daher einen Stromfluss in beide Richtungen zulässt. Er sperrt wieder, wenn der Haltestrom unterschritten wird.

3.4.4 Transistoren Transistoren gehören zu den bekanntesten Halbleiterbauelementen, und es gibt sie in verschiedenen Leistungsklassen, von einigen Milliwatt bis zu einigen hundert Kilowatt und mehr. Abb. 3.8 zeigt Schandzeichen, Schichtstruktur und Ausgangskennlinie eines Transistors. Transistoren können über den Steuerstrom ein- und ausgeschaltet werden und sind mit npn- oder pnp-Schichtstruktur ausgestattet. Das Ein- bzw. Ausschalten erfolgt beim pnp-Typ über einen negativen und beim npn-Typ über einen positiven Steuerstrom. Transistoren werden in der Energietechnik als Schalter und nicht als Verstärker betrieben. Zum Einschalten des Transistors ist ein Steuerstrom notwendig, der während

3.4  Leistungselektronik im E-Kraftfahrzeug

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Abb. 3.8   Schaltzeichen a, prinzipielle Schichtstruktur b und statische Ausgangskennlinie c eines Transistors

der Leitdauer über den Widerstand RDS des Transistors und über den Zusammenhang PV = I2 RDS zu Verlusten führt. Einen über die Spannung steuerbaren Transistor stellt der MOSFET dar. Das Halbleitermaterial ist ein Metalloxid (MOS), und der Halbleiterschalter wird als Feldeffekttransistor (FET) bezeichnet. Dieser ist zwar in seinem Schaltverhalten langsamer als ein Transistor, erweist sich aber aufgrund der Schaltbarkeit mittels Anlegen einer Spannung als vorteilhaft für Anwendungen in der Energietechnik. Durch die Kombination beider Typen, des MOSFETs und des Transistors, können die Vorteile vereint werden. Dieser Typ wird als Insulated Bipolar Transistor (IGBT) bezeichnet. Beim IGBT wird ein MOSFET genutzt, um den Bipolartransistor anzusteuern. Das Schaltzeichen, die Schichtstruktur und die statische Ausgangskennlinie des IGBTs sind in Abb. 3.9 dargestellt.

Abb. 3.9   Schaltzeichen a, prinzipielle Schichtstruktur b und statische Ausgangskennlinie c eines Insulated Bipolar Transistors (IGBT)

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3  Elektrische Komponenten des E-Kfz

3.5 Grundschaltungen 3.5.1 Anleitung Die Nutzung von Leistungselektronik erlaubt eine Wandlung der Frequenz und Amplitude elektrischer Energie. Leistungselektronische Schaltungen, die die Amplitude eines Stroms ändern, werden als Gleichstromsteller (Chopper) für Gleichstrom oder als Wechselstrom-/Drehstromsteller bezeichnet. Umrichter oder Wandler, welche die Frequenz ändern, werden als Gleichrichter oder Wechselrichter bezeichnet. Leistungselektronische Wandler, die aus einem frequenzstabilen Drehstrom ein synthetisches System mit variabler Frequenz wandeln, werden Umrichter oder auch Frequenzumrichter genannt. Als Gleichrichter werden Wandler bezeichnet, die Wechselstrom oder Drehstrom gleichrichten und in eine Gleichspannung wandeln. Die Umkehrung, also die Wandlung eines Gleichstroms in Wechsel- oder Drehstrom, wird als Wechselrichten und der Wandler als Wechselrichter bezeichnet. Der Sammelbegriff für die Schaltungen zur Anpassung elektrischer Energie lautet Stromrichter. Abb. 3.10 fasst die Grundschaltungen zur Wandlung der elektrischen Energie zusammen. Die Bezeichnung der Stromrichterschaltungen ist in der Norm DIN IEC 971 festgelegt. Die Bezeichnung M steht dabei für Mittelpunktschaltung und B für Brückenschaltung, der Buchstabe W steht für eine Wechselwegschaltung. An zweiter Stelle steht eine Ziffer, welche die Pulszahl angibt.

3.5.2 Wechsel- und Drehstromsteller Wechsel- und Drehstromsteller dienen dem Anpassen eines Wechselstroms bzw. bei größerer Leistung dem Anpassen eines Drehstroms. Durch das zeitweise Einschalten der Ventile kann eine Phasenanschnitt- oder eine Schwingungspaketsteuerung realisiert werden. Eine Phasenanschnittsteuerung ist in Abb. 3.11 dargestellt.

Abb. 3.10   Grundschaltungen zu Wandlungen elektrischer Energie [9]

3.5 Grundschaltungen

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Abb. 3.11   Wechselstromsteller W1

Hierbei sind zwei Ventile (Thyristoren) antiparallel geschaltet, was diese Stromrichtertypen als Wechselwegschaltungen kennzeichnet (Kennzeichen W). Die positive Halbwelle wird von T1 übernommen, die negative Halbwelle von T2. Durch eine Zeitverzögerung beim Einschalten der Ventile nach dem Nulldurchgang der sinusförmigen Spannung wird diese nur „angeschnitten“ zum Verbraucher (in der Abbildung ein Widerstand R) durchgelassen. Es entsteht der in Abb. 3.12 dargestellte Verlauf des Stroms. Der Strom der Phasenanschnittsteuerung ist abhängig vom Steuerwinkel α (s. Abb. 3.12). Die Steuergeschwindigkeit ist hoch. Mit der Phasenanschnittsteuerung können ohmsche und induktive Lasten gesteuert werden. Bei einer rein ohmschen Last entsteht aufgrund der Phasenverschiebung der Grundschwingung des Stroms zur Spannung dennoch Blindleistung, diese wird als Steuerblindleistung bezeichnet.

Abb. 3.12   Verlauf des Stroms bei der Phasenanschnittsteuerung, a bei ohmscher Last und b bei induktiver Last

80

3  Elektrische Komponenten des E-Kfz

Bei induktiver Last muss der Steuerwinkel α größer als der Phasenwinkel ϕ der Last sein, um die Ausgangsspannung beeinflussen zu können. Ist α = ϕ, so erhält die Last die volle Spannung und es fließt ein sinusförmiger Strom. Kommt der Zündimpuls zu einem Ventil, bevor der Strom im anderen Ventil zu null geworden ist (α > φ), dann kann dieses Ventil den Strom nicht übernehmen; am Ausgang des Wechselstromstellers erscheint ein pulsierender Gleichstrom, ein unerwünschter Betriebszustand. Abhilfe: Die Thyristoren erhalten Zündimpulse in kurzer Folge vom Zeitpunkt ωt = π. Bei der Schwingungspaketsteuerung werden die Ventile des Wechselstromstellers so gesteuert, dass jeweils ganze Sinuswellen, z. B. zwei volle Perioden (s. Abb. 3.13), in der Zeitperiode Te, durchgelassen und anschließend gesperrt werden. Hierdurch wird ein rein sinusförmiger Strom bei rein ohmscher Last erreicht, d. h., es entsteht keine Steuerblindleistung und keine Verzerrungsblindleistung. Schwingungspaketsteuerung eignet sich aufgrund ihrer großen Totzeit und der langsamen Steuerbarkeit nicht für dynamische, sondern eher für träge Verbraucher, wie z. B. elektrische Heizungen. Drei Wechselstromsteller können zu einem Drehstromsteller (Abb. 3.14) verschaltet und zum Steuern eines Drehstromverbrauchers genutzt werden. Beim Einschalten des Drehstromstellers muss zum Vermeiden größerer Ausgleichsströme folgendermaßen vorgegangen werden (Abb. 3.14): • Zwei Phasen werden eingeschaltet (z. B. die Thyristoren T1a und T2b), damit überhaupt ein Strom fließen kann. Der Steuerwinkel α muss bezüglich u12 gleich dem Lastwinkel ϕ sein. • Die dritte Phase wird 90° oder π/2 später eingeschaltet, wenn der Strom i3 seinen natürlichen Nulldurchgang hat. Das Ausschalten geschieht durch Unterdrücken aller Zündimpulse. Erst erlischt die Phase, deren Strom als erster zu null wird, die beiden anderen Phasen erlöschen 90° später.

Abb. 3.13   Schwingungspaketsteuerung

3.5 Grundschaltungen

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Abb. 3.14   Drehstromsteller W3

3.5.3 Gleichstromsteller (Chopper) Um Gleichstromverbraucher verlustarm steuern zu können, wird zwischen Gleichspannungsquelle und Verbraucher ein Gleichstromsteller (DC/DC-Steller) geschaltet. Ist die Verbraucherspannung stets kleiner als die Spannung der Quelle, wird ein Tiefsetzsteller (Abwärtswandler) eingesetzt. Ist sie größer, so wird ein Hochsetzsteller (Aufwärtswandler) verwendet. Tiefsetzsteller In Abb. 3.15 ist das Ventil als Tiefsatzsteller dargestellt. Befindet sich dieser in geschlossenem Zustand (Ventil leitend, s. auch Abb. 3.15b), wird der Strom durch die induktive Last entsprechend dem Induktionsgesetz vergrößert. Bei offenem Schalter treibt die Induktivität den Strom über die Freilaufdiode weiter. In dieser Phase nimmt der Strom exponentiell ab. Das Verhältnis von Einschalt- und Ausschaltdauer bestimmt die mittlere Ausgangsspannung. Als Steuerverfahren wird verwendet: • die Pulsbreitensteuerung – bei konstanter Taktfrequenz f wird die Einschaltdauer T verändert: PE ∼ = T2 • die Pulsfrequenzsteuerung – bei konstanter Einschaltdauer wird die Taktfrequenz f verändert:

P∼ = f2

82

3  Elektrische Komponenten des E-Kfz

Abb. 3.15   Tiefsetzsteller. a Abwärtsregler mit passiver Last und b zeitliche Verläufe

Das Takten mit der Frequenz 1/T erzeugt Oberschwingungen, welche bei nichtkonstanter Taktfrequenz schwer auszufiltern sind. Aus diesem Grund wird die Pulsbreitensteuerungsmethode bevorzugt angewendet. Hochsetzsteller Ein Hochsetzsteller dient zum Heraufsetzen einer Gleichspannung. Der Aufbau besteht aus einer Induktivität, die in Reihe zu einer Diode geschaltet ist (s. Abb. 3.16a). Außerdem ist in einem Querzweig zwischen Diode und Induktivität ein Schalter eingefügt. Bei eingeschaltetem Schalter steigt der Strom durch die Induktivität an und lädt sie auf (s. Abb. 3.16b). Bei ausgeschaltetem Schalter treibt die Induktivität den Strom durch die Diode zum Verbraucher. Der Schalter wird in der Regel als Bipolartransistor mit isolierter Gate-Elektrode (Insulated-Gate Bipolar Transistor (IGBT)) ausgeführt. Durch das getaktete Ein- und Ausschalten des IGBTs und durch Variieren der Einschaltzur Ausschaltdauer kann die Höhe der hochgestellten Spannung gesteuert werden.

3.5.4 Gleichrichter Gleichrichter haben einen Wechsel- oder Drehstromeingang und einen gleichgerichteten Ausgang. Eine häufig genutzte Schaltung ist die Brückenschaltung. Brückenschaltungen sind eine Serienschaltung von zwei Mittelpunktschaltungen, die von derselben Wechselspannung gespeist werden.

3.5 Grundschaltungen

83

Abb. 3.16   Hochsetzsteller. a induktiver Schaltkreis und b zeitliche Verläufe

Ein Beispiel einer Brückenschaltung ist in Abb. 3.17 dargestellt. Die anliegende Wechselspannung wird über die Ventile T1 bis T4 gleichgerichtet. Für die positive Halbwelle des speisenden Wechselstroms sind die Ventile T1 und T4 leitend. Die negative Halbwelle wird über die Ventile T2 und T3 geleitet. Am Ausgang der Brückenschaltung entsteht eine pulsierende Gleichspannung. Da bei dieser Schaltung pro Periode zwei Pulse entstehen (jeweils von der positiven und der negativen Halbwelle), wird diese Schaltung als B2-Schaltung bezeichnet. Bei dem angegebenen Beispiel handelt es sich um eine vollgesteuerte Brücke, da alle Ventile mit schaltbaren Halbleitern (Thyristor) ausgestattet sind. Eine halbgesteuerte Brücke liegt vor, wenn die Ventile T1 und T3 gesteuert und T2 und T4 mit Dioden bestückt sind. Eine ungesteuerte Brückenschaltung liegt vor, wenn alle Ventile T1 bis T4 mit Dioden besetzt sind. Wird die Gleichrichterschaltung aus einem Transformator gespeist, so fließt auch sekundärseitig ein reiner Wechselstrom, eine einfache Trafobauweise ist dadurch möglich. Bei einer Brückenschaltung wird der Trafo besser ausgenutzt als bei einer Mittelpunktschaltung, weil bei den Brückenschaltungen die einzelnen Trafowicklungen doppelt so oft Strom führen. Die Brückenschaltung wird daher der Mittelpunktschaltung häufig vorgezogen. Sechspuls-Brückenschaltung B6 Die B6-Schaltung besteht aus der Serienschaltung zweier M3-Schaltungen. Die negativen Halbwellen der Speisespannung sind gegenüber den positiven um 60° verschoben. Die Ausgangsspannungspulse der zweiten M3-Schaltung liegen zwischen denen der ersten, sodass sich die Gesamtpulszahl verdoppelt. Der Stromflusswinkel der Ventile ist θ = 360°/q mit q = 3 bei der B6- Schaltung.

84

3  Elektrische Komponenten des E-Kfz

Abb. 3.17   Vollgesteuerte, zweipulsige Brückenschaltung (B2) mit ohmsch-induktiver Last mit Gegenspannung (Gleichstrommotor). a Schaltung und b zeitliche Verläufe

Brückenschaltungen mit ohmscher Last Bei ohmscher Last hat der Laststrom die Form der Lastspannung. Die Stromlücken setzen ein, wenn die Spannung negativ wird (Steuerwinkel α > 60°). Um sicherzustellen, dass nach einer Stromlücke die Brücke wieder arbeitet, müssen die Ventile in beiden M3-Schaltungen erneut gezündet werden. Das erfordert für jedes Ventil zwei Zündimpulse im Abstand von 60° oder die Verwendung von Zündimpulsketten. Brückenschaltungen mit motorischer Gegenspannungslast Brückenschaltungen, insbesondere B6-Schaltungen, werden zum Betrieb von großen Gleichstrommotoren verwendet. In Abb. 3.18 sind die Schaltung und die Zeitverläufe einer Sechspuls-Brücke dargestellt. Der Motor induziert eine Gegenspannung, die proportional zur Motordrehzahl ist. Die Differenz zwischen der vom Stromrichter gelieferten Spannung udiα und der Motorspannung UM wird von der Glättungsdrossel Ld (+ Ankerinduktivität) aufgenommen und bestimmt den Verlauf des Stromes id im Stromrichter bzw. Motor. Ungesteuerte Gleichrichter Bei ungesteuerten SR-Schaltungen führt jeweils das Ventil (Diode) mit der positiven Anodenspannung den Strom; am Schnittpunkt der Spannung erfolgt die natürliche Kommutierung zum nächsten Ventil.

3.5 Grundschaltungen

85

Abb. 3.18   Sechspuls-Brückenschaltung B6. a Schaltung und b zeitliche Verläufe

Unter Vernachlässigung der Spannungsabfälle erhält man die maximale Ausgangsgleichspannung durch Integration und Mittelung über einen Spannungsimpuls, der in Gl. 3.1 mathematisch beschrieben ist, wobei für die Pulszahl p = 1 als Lösung Gl. 3.3 und für p ≥ 2 Gl. 3.2 gilt:

Udi =

1 π/2 √ ∫ 2U∼ cos ωt dωt 2π/p −π/2

Udi =

sin πp √ 2U∼ π

f¨ur p ≥ 2

((3.1))

((3.2))

p



1 . fur p = 1 π Die für die Gleichrichtung maßgebliche Spannung U~ ist im Falle von Udi =

2U∼

((3.3))

• M-Schaltungen die Sternspannung USM, • B-Schaltungen die verkettete Spannung US. Tab. 3.1 fasst die Ausgangsspannungen des ungesteuerten Gleichrichters in Abhängigkeit von der Pulszahl zusammen.

86

3  Elektrische Komponenten des E-Kfz

Tab. 3.1  Ausgangsspannung des ungesteuerten Gleichrichters Pulszahl p Udi/U~

1

2

3

6



√ 2 2 π

√ 3 6 π

√ 3 2 π

0,9

1,17

1,35

2 π

Udi/U~

0,45

12 √ 6( 3−1) π

1,4

Gesteuerte Gleichrichter Die Stromübergabe der steuerbaren Ventile (Thyristoren) wird um den Steuerwinkel α verzögert. Bei der Berechnung der Ausgangsspannung wird das Integrationsintervall ebenfalls um α verschoben. Der Steuerwinkel α kann maximal zwischen 0° und 180° verändert werden. Tab. 3.2 fasst die Formeln für die Berechnung der Ausgangspannungen des gesteuerten Gleichrichters zusammen.

3.5.5 Wechselrichter Wechselrichter dienen der Umformung einer Gleichspannung in eine Wechselspannung. Sie werden auch als DC-AC-Wandler bezeichnet. Meist wird eine Brückenschaltung mit Transistoren als Wechselrichter eingesetzt (s. Abb. 3.19). Durch gegenphasiges Schalten der Brückenzweige wird an der Last im einfachsten Fall eine rechteckförmige Spannung eingeprägt (Spannungswechselrichter, Rechteckwechselrichter). Die diagonal liegenden Schalter 1 und 2 werden gleichzeitig eingeschaltet. Nach einer halben Periode werden sie ausgeschaltet und die Schalter 3 und 4 eingeschaltet. Am Brückenausgang entsteht eine rechteckförmige Wechselspannung. Tab. 3.2  Gleichungen für die Berechnung der Ausgleichsspannung des gesteuerten Gleichrichters Betrieb Fall A (Bei nicht lückendem Betrieb schließen die Ausgangsspannungspulse nahtlos aneinander an.)

Betrieb Fall A (Bei Lückbetrieb (ohmsche Last) endet der Stromfluss bei p/2, bevor sich das nächste Ventil eingeschaltet hat.)

Gleichungen für die Berechnung der Ausgangsspannung

Gleichungen für die Berechnung der Ausgangsspannung

Udi α = Udi =

1 2π/p

α+π/2 √



α−π/2   √ sin πp 2U∼ π/p cos

Udi α = Udi cos α ITAV =

1 I z·q d

π/2

2U∼ cos ωt dωt α

(3.4) (3.5)

Udi α = Udi α =

1 2π/p



α−π/2   1−sin α− πp   Udi 2 sin πp

ITAV =

Udi α z·q·R

(3.8) (3.9)

+ πp (3.10)    √ 2U∼ p = z·R·2πq 1 − sin α − πp (3.11)

(3.6) Udi α = 0 f¨ur α ≥ (3.7)

√ 2U∼ cos ωt dωt

π 2

3.5 Grundschaltungen

87

Abb. 3.19   Vierquadran­ tensteller

Zwischen den Steuerimpulsen für die Schalter 1 und 4 (bzw. 2 und 3) ist eine Totzeit t0 notwendig, damit kein Kurzschluss bei ungleich schnell schaltenden Bauelementen entstehen kann. Damit ist die Betriebsfrequenz eingeschränkt. Allerdings erzeugen hohe Betriebsfrequenzen auch hohe Schaltverluste, sodass in der Praxis die thermischen Verluste die maximale Betriebsfrequenz bestimmen. Die Stromform durch die Last hängt von deren Impedanz ab. Mit dieser Schaltung kann die Ausgangswechselspannung in Amplitude und Frequenz verändert werden. Die Gleichspannung kann aus einer Batterie oder über einen Gleichrichter vom Netz bezogen werden. Im letzteren Fall spricht man auch von einem Frequenzumrichter, da die Netzspannung in eine Wechselspannung mit anderer Frequenz umgewandelt wird. Bei induktiver Last (vorwiegend der Fall) hat der Strom nach dem Umschalten der Spannung einen exponentiell ansteigenden (abfallenden) Verlauf. Daher sind für die Zeit nach der Spannungsumkehr Dioden notwendig, die den Strom so lange führen, bis auch dieser seine Richtung umgekehrt hat. In dieser Phase wird Energie in den Gleichstromkreis zurückgespeist. Ist α kleiner als 21 π , dann arbeitet die Vollbrücke als Gleichrichter. Das Schaltbild in Abb. 3.20 wird von links nach rechts gelesen. Wichtig ist hier, dass kein Energiespeicher an den Klemmen rechts angeschlossen ist. Ist α größer als 21 π , so arbeitet die Vollbrücke als Wechselrichter und das Schaltbild wird von rechts nach links gelesen. In diesem Fall muss ein Energiespeicher an den Klemmen rechts angeschlossen werden, hierzu kann z. B. eine Batterie oder eine Windkraftanlage verwendet werden. Gleiche Prinzipien gelten für eine Drehstrombrückenschaltung, die in Abb. 3.21 dargestellt ist.

88 Abb. 3.20   B2CGleichrichter: a Schaltung b zeitliche Verläufe

Abb. 3.21   Drehstrombrückenschaltung

3  Elektrische Komponenten des E-Kfz

3.5 Grundschaltungen

89

3.5.6 Umrichter Durch eine geschickte Beschaltung der Schaltelemente ist es möglich, einen reversiblen Umkehrstromrichter zu bauen. In Abb. 3.22 sind Struktur und Arbeitsebene eines B6-Umkerstromrichters dargestellt. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Leistungselektronik heute hinsichtlich Spannung und Frequenz alle Arten von Wandlung der elektrischen Energie erlaubt und damit auch die Grundlage für moderne Bordnetze in E-Kfz bildet. Abb. 3.23 zeigt eine Zusammenstellung der in diesem Abschnitt beschriebenen Grundschaltungen.

Abb. 3.22   B6-Umkehrstromrichter: a Schaltung, b Betriebsarten

90

3  Elektrische Komponenten des E-Kfz

Abb. 3.23   Zusammenfassung der leistungselektronischen Wandler

3.6 Antriebssysteme im E-Kraftfahrzeug 3.6.1 Anleitung Der elektrische Motor ist eines der Kernstücke eines Kraftfahrzeugs. Elektrische Antriebe bieten gegenüber Verbrennungskraftmaschinen deutliche Vorteile, wie die folgende Übersicht zeigt: • • • • •

Deutlich besserer energetischer Wirkungsgrad. Der Kennlinienverlauf entspricht den Antriebsbedürfnissen im Fahrzeug. Stufengetriebe sind im Allgemeinen nicht erforderlich. Hohe Leistungsdichte. Elektrische Antriebe sind weitaus weniger komplex als Verbrennungsmotoren.

Ein elektrischer Antrieb (Motor) wandelt die elektrische Energie in mechanische Energie um. Die vom Antrieb aufgenommene elektrische Leistung Pel entspricht dabei der Summe aus abgegebener mechanischer Leistung Pmech und Verlustleistung PV des Antriebs. Es gelten hier Gl. 3.12 für die Wandlung und Gl. 3.13 für die Berechnung der mechanischen Energie:

3.6  Antriebssysteme im E-Kraftfahrzeug

91

Pel = Pmech + PV

((3.12))

Pmech = M · 2π · n

((3.13))

Die Bildung eines Drehmoments im Antrieb erfolgt analog zur Kraft einer stromdurchflossenen Leiterschleife im homogenen Magnetfeld. Die Kraft ist dabei proportional zur Stromstärke in der Leiterschleife und zum Magnetfeld [10]. Es müssen folglich ein Magnetfeld und ein Stromfluss existieren, der in einem rechten Winkel zum Magnetfeld steht. Das Magnetfeld kann entweder durch einen Elektromagneten oder durch Permanentmagneten erzeugt werden. In Abb. 3.24 ist eine Klassifizierung zwischen Antrieben dargestellt. Grundsätzlich kann zwischen Antrieben, die mit Gleichstrom und solchen, die mit Drehstrom gespeist werden, unterschieden werden. In der Gruppe der Drehstrommaschinen unterscheidet man solche, die eine zur Frequenz synchrone Drehzahl aufweisen, und solche, die eine von der Belastung abhängige, stets niedrigere Drehzahl asynchron zeigen. Bei der Gruppe der Gleichstrommaschinen wird vor allem noch die Art der Erregung unterschieden.

3.6.2 Gleichstrommaschinen Die prinzipielle Konstruktion einer Gleichstrommaschine ist in Abb. 3.25 dargestellt. Zunächst wird im Stator ein Magnetfeld aufgebaut. Dieses kann durch einen Elektromagneten oder durch einen Permanentmagneten erzeugt werden. Der drehbar gelagerte Anker enthält die Ankerwicklung. Diese wird vom Ankerstrom durchflossen und baut ein Ankerquerfeld auf, das zusammen mit dem Erregerfeld des Stators das Motordrehmoment erzeugt. Die Aufgabe des Kommutators zusammen mit den Bürsten ist es, stets die räumliche Zuordnung von Anker- und Erregerfeld in der Gleichstrommaschine bei jeder Winkelstellung des Ankers konstant zu halten. Die Überlagerung von Anker- und Erregerfeld verursacht eine Verzerrung des letzteren. Daraus folgen die Schwächung des

Abb. 3.24   Flussdiagramm zur Klassifikation rotierender elektrischer Maschinen

92

3  Elektrische Komponenten des E-Kfz

Abb. 3.25   Gleichstrom­ maschine, schematische Darstellung. A Ankerwicklung, J Joch, E Erregerwicklung, K Kommutator, P Pol

Erregerfeldes und eine Verlagerung der feldneutralen Zone aus der Bürstenebene. In der feldneutralen Zone soll der Kommutierungsvorgang erfolgen. Die Spannungsgleichung des Ankerkreises ist durch Gl. 3.14 beschrieben:

U = R · I − E = R · I + c · B · n

((3.14))

mit: U – Spannung, ΦB – magnetischer Fluss, n – Drehzahl, c – die von der Konstruktion der Maschine abhängige Konstante, E – mittlere induzierte Spannung des Ankers, I – Ankerstrom, R – Widerstand des Ankerkreises. Das Drehmoment M einer Gleichstrommaschine ist mit Gl. 3.15 gegeben:

M=

−(E · I) c Pmech = = 2·π·n 2·π·n 2 · π · �B · I

((3.15))

Die Drehzahl einer Gleichstrommaschine lässt sich durch die Einführung von zusätzlichen Widerständen in den Ankerkreis, eine Schwächung des Erregerfeldes oder durch die Änderung der Ankerspannung verändern. Die Gleichstrommaschinen sind in unterschiedlichen Anordnungen ausgeführt. Eine Übersicht der Bauarten der Gleichstrommaschinen ist in Abb. 3.26 zusammengestellt.

3.6.3 Asynchronmaschinen Die Asynchronmaschine wird hauptsächlich als Motor verwendet, lässt sich aber auch als Generator betreiben (Rekuperation), bei vorhandener Erregung z. B. durch Remanenz

3.6  Antriebssysteme im E-Kraftfahrzeug

93

Abb. 3.26   Bauarten Gleichstrommaschine. a Nebenschlusserregung– Nebenschlussmaschine, b Reihenschlusserregung – Reihenschlussmaschine, c Permanenterregung – permanenterregte Maschine, d Neben- und Reihenschlusserregung – Verbundmaschine, e Fremderregung

im Eisen. Bei der Asynchronmaschine sind im Ständer drei Wicklungen im 120°-Winkel zueinander angeordnet. Wird die Ständerwicklung von einem um 120° verschobenen Drehstromsystem versorgt, so entsteht im Läufer ein rotierendes Drehfeld mit der zur Frequenz proportionalen Drehfrequenz ω0, das im Luftspalt der Maschine umläuft. Im Läufer befindet sich ein drehbar gelagerter Kurzschlussläufer, bestehend aus elektrisch leitenden Kupfer- oder Aluminiumstäben, die in Längsrichtung der Maschine (parallel zur Achse) verlaufen. Die Stäbe sind über Kurzschlussringe am Anfang und Ende kurzgeschlossen. Falls eine Differenz zwischen der synchronen Drehzahl des Ständerfeldes und der Drehzahl des Läufers vorhanden ist, werden vom mit dem Ständerstrom verketteten magnetischen Fluss die Läuferströme im Käfig induziert. Läuferströme erzeugen wiederum ein magnetisches Feld, das in der Ständerwicklung Gegenspannungen induziert, die die Ständerströme begrenzen. Aus dem Zusammenwirken von mit den Ständer- und Läuferströmen verketteten magnetischen Flüssen entsteht ein Drehmoment, das den Läufer mitreißt. Falls nmech = ns, wird in der Läuferwicklung keine Spannung induziert, da der Läufer von einem konstanten Magnetfeld durchströmt wird. Die mechanische Läuferdrehzahl ist eine Funktion des Schlupfes s; folgende Arbeitsweisen der Asynchronmaschine sind bekannt: • ist s < 0, d. h. nmech > nS, dann arbeitet die Asynchronmaschine im Generatorbetrieb, • ist s > 0, d. h. nmech < nS, dann arbeitet die Asynchronmaschine im Motorbetrieb. Die Synchrondrehzahl ns lässt sich mit Gl. 3.16 bestimmen. Der Schlupf s kann aus Gl. 3.17 bestimmt werden, und die Drehfrequenz errechnet man mithilfe der Gl. 3.18:

94

3  Elektrische Komponenten des E-Kfz

ns =

60 · fS p

nmech = nS · (1 − s) ω0 =

2π · fS p

((3.16)) ((3.17)) ((3.18))

In Gl. 3.16 bis 3.18 bedeuten die Variablen Folgendes: nS – synchrone Drehzahl, fS – Frequenz des speisenden Drehstromsystems, p – Polpaarzahl, nmech – Läuferdrehzahl, s – Schlupf, ω0 – Drehfrequenz. Der Aufbau und das elektrische Ersatzschaltbild der Asynchronmaschine sind in Abb. 3.27 dargestellt. Die Drehzahl-Drehmomenten-Kennlinie der Asynchronmaschine, die in Abb. 3.28 gegeben ist, kann mithilfe der vereinfachten Gl. 3.19 beschrieben werden:

Mk =

1 U21 · 2 Xσ

((3.19))

In Gl. 3.19, Abb. 3.27 und 3.28 bedeuten die Variablen Folgendes: MK – Kippmoment, U1 – Ständerspannung, Xσ1 – Ständerstreureaktanz, Xσ2 – Läuferstreureaktanz, Xh – Hauptreaktanz, R2 – Läuferwiderstand, Uh – Hauptfeldspannung. Die Drehzahl-Drehmomenten-Kennlinie der Asynchronmaschine lässt sich durch folgende Maßnahmen beeinflussen (s. auch entsprechende Teilabbildungen in Abb. 3.29):

Abb. 3.27   Aufbau a und Schaltbild b einer Asynchronmaschine

3.6  Antriebssysteme im E-Kraftfahrzeug

95

Abb. 3.28   DrehzahlDrehmomenten-Kennlinie

Abb. 3.29   Beeinflusste durch a Wiederstand b Spannung und c Frequenz Drehzahl-DrehmomentKennlinie der Asynchronmaschine.

a) Einführung von zusätzlichen Widerständen in den Läuferkreis (nur bei Schleifringläufern möglich, da wartungsintensiv und daher für Elektrofahrzeuge ungeeignet), b) Änderung der Ständerspannung, c) Änderung der Ständerfrequenz oder der Polpaarzahl.

3.6.4 Synchronmaschinen Eine Synchronmaschine ist im Ständer so aufgebaut wie eine Asynchronmaschine, und zwar mit drei um je 120° versetzt angeordneten Ständerwicklungen. Werden diese von einem Drehstromsystem versorgt, so entsteht ein mit der synchronen Drehfrequenz ω0 rotierendes, umlaufendes Drehfeld im Luftspalt der Maschine. Im Rotor befindet sich ebenfalls ein magnetisches Feld. Dieses entsteht durch Permanentmagnete (permanenterregte Maschine) oder durch eine Läuferwicklung, die über Schleifringe mit einem Gleichstrom gespeist wird. Das Ständerfeld überlagert sich mit dem Erregerfeld des

96

3  Elektrische Komponenten des E-Kfz

Abb. 3.30   Aufbau a und Schaltbild b einer Synchronmaschine

Läufers zu einem resultierenden Drehfeld, das den Läufer mitzieht. Der Läufer rotiert mit der synchronen Winkelgeschwindigkeit ω0. Ein Widerstandsmoment an der Motorwelle verursacht nur eine lastabhängige Drehwinkeldifferenz zwischen dem rotierenden Ständerfeld und dem Läuferfeld (auch Polrad genannt). Die Drehzahl der Synchronmaschine ist starr an die Frequenz des Läuferdrehfeldes gekoppelt. In Abb. 3.30 sind der Aufbau und das Schaltbild einer Synchronmaschine dargestellt. Gl. 3.20 beschreibt die Berechnung des mechanischen Moments einer solchen Maschine:

M=−

3 · p U · Up · · sin θ ω Xd

((3.20))

wobei sind: p- Polpaarzahl, Θ – Polradwinkel, Xd – Generatorreaktanz. Eine Drehzahlverstellung der Synchronmaschine ist nur über die Frequenz des speisenden Drehstroms möglich.

3.6.5 Zusammenfassung Gleichstromantriebe bieten den Vorteil einer einfach zu realisierenden Drehzahlsteuerung, sind jedoch wartungsintensiv, da sie durch den Kommutator über Strombürsten verfügen, die regelmäßig getauscht werden müssen.

3.7  Antrieb im Elektrofahrzeug/BLDC-Motor

97

Tab. 3.3  Vergleich der Motortypen [10] Drehmoment

ASM

SM

GSM

o

++

o

Drehzahlregelung

+

o

++

Wirkungsgrad bei variierender Last (Fahrt)

+

+

+

Kosten

+



++

Materialverfügbarkeit

++

+

++

Entwicklungsstand

++

+

o

Permanenterregte Drehstromsynchronmotoren haben zwar den Vorteil der Drehstrommaschinen, dass sie keine Bürsten besitzen, sind jedoch aufgrund der verwendeten Materialien für die Permanentmagnete (Seltene Erden) teuer in der Herstellung. Asynchronmaschinen, wie sie in der Industrie sehr häufig eingesetzt werden, sind kostengünstig herzustellen und wartungsfrei im Betrieb. Ihre Nachteile sind die Baugröße und speziell im Vergleich zu den permanenterregten Synchronmaschinen das schlechtere Leistungsgewichtsverhältnis. In Tab. 3.3 sind Vor- und Nachteile der besprochenen elektrischen Maschinen zusammengestellt. Der ideale Antrieb für Elektrofahrzeuge ist eine Kombination aus einem Drehstrommotor (da er einfach aufgebaut ist) und einem permanenterregten Gleichstrommotor (wegen seines hohen Anlaufmoments und der hohen Leistungsdichte). Diese Kombination stellt eine permanenterregte Synchronmaschine dar. Im Zusammenhang mit Elektrofahrzeugen wird dieser Antrieb häufig als bürstenloser Gleichstrommotor bezeichnet (BrushLess.DirectCurrent-Motor, BLDC). Nachteilig ist der Bedarf an Seltenen Erden für die Dauermagnete. Somit ist es eine Fallentscheidung und Kostenabwägung, welcher Antrieb im Fahrzeug verwendet wird. Eine günstige und robuste Alternative, jedoch größer und schwerer, ist die Asynchronmaschine.

3.7 Antrieb im Elektrofahrzeug/BLDC-Motor 3.7.1 Wirkungsgrad und Aufbau Der am häufigsten in modernen Elektrofahrzeugen verbaute Antrieb ist der BLDCMotor. Dieser ist eine gewöhnliche Drehstrommaschine mit sehr leistungsstarken Permanentmagneten. Er ist einfach im Aufbau, robust und verfügt über eine hohe Leistungsdichte. Der Antrieb wird über einen Umrichter mit einem synthetischen Drehstromsystem gespeist. Die Drehzahlverstellung des Antriebs erfolgt über das Verändern der Frequenz des speisenden Drehstromsystems. Die Drehzahl des Motors

98

3  Elektrische Komponenten des E-Kfz

ist proportional zur Frequenz des Drehstromsystems. Da die relativ niedrige Drehzahl der Fahrzeugreifen einen drehmomentstarken Motor benötigt, ist es aus Gründen der Gewichtsersparnis vorteilhafter, einen Motor mit hoher Drehzahl zu konstruieren, der ein entsprechend niedrigeres Drehmoment aufweist, und die hohen Motordrehzahlen der niedrigeren Raddrehzahlen durch ein Festgetriebe anzupassen. Für die Leistung eines Antriebs gilt der Zusammenhang zwischen Drehzahl n, Drehmoment M und Leistung Pmech, der in der Gl. (3.21) gegeben ist:

Pmech = 2π · M · n

((3.21))

Der Antrieb stellt den leistungsstärksten Verbraucher im Elektrofahrzeug dar. Ein hoher Wirkungsrad des Antriebs erhöht die Reichweite, da die in der Fahrzeugbatterie gespeicherte Energie effizient eingesetzt wird. Auch wenn Drehzahl und Drehmomente variieren, soll der Antrieb über einen hohen mittleren Wirkungsgrad verfügen. Die Verlustleistung des Antriebs führt zu einer unerwünschten Erwärmung des Motors, welche aufwendig abgeführt (gekühlt) werden muss. Eine Überhitzung des Motors bringt eine Verschlechterung des Wirkungsgrades mit sich, was wiederum zu einer Erhöhung der Verlustleistung führt. Bei Temperaturen über 120 °C können die Permanentmagnete des Motors zerstört werden. Die Verlustleistung des Motors ergibt sich aus den Kupferverlusten, den Eisenverlusten und den Reibungsverlusten. KupferverlustePV entstehen in den Wicklungen und sind vom Strom quadratisch abhängig (s. Gl. 3.22). Sie sind verbunden mit • Stromwärmeverlusten aufgrund des ohmschen Widerstands der Ständerwicklung RCu, • Verlustleistung, abhängig von der Stromstärke I im Ständer:

PV = 3 · I2 · RCu

((3.22))

Die Kupferverluste können im Kurzschlussversuch gemessen werden. Hierfür wird die Welle des Motors blockiert und die Spannung an den Klemmen so weit erhöht, bis Nennstrom fließt. Aus Ständerspannung und Ständerstrom kann dann RCu berechnet werden. Eisenverluste entstehen in den magnetischen Kreisen und sind verbunden mit • Verlusten im Eisen durch Ummagnetisierung (Hystereseverluste), • Wirbelströmen im Blechpaket. Die Eisenverluste steigen mit der Frequenz des speisenden Drehstromsystems und können durch Spezialmessungen bestimmt werden. Reibungsverluste entstehen durch die Rotation im Lager der Maschine und durch die Luftreibung. Die Ermittlung der Eisen- (PFe) und Reibungsverluste (PRbg) erfolgt im Leerlauf bei unterschiedlicher Ständerspannung und konstanter Drehzahl. Bei dieser Messung

3.7  Antrieb im Elektrofahrzeug/BLDC-Motor

99

Abb. 3.31   Schematische Darstellung eines dreipoligen BLDC-Motors

werden die Ständerverluste als Funktion der Ständerspannung gemessen. Die Eisenverluste hängen vom Quadrat der Ständerspannung ab. Bei der grafischen Darstellung der Verluste über dem Spannungsquadrat ergibt sich daher eine Gerade. Man unterscheidet somit zwischen spannungsabhängiger und spannungsunabhängiger Verlustleistung. Zur Lageerkennung beim Starten des Motors, ausgehend von Drehzahl 0 (Anfahren), muss die Lage von Läufer und Ständer zueinander bekannt sein. Hierzu werden Sensoren als Geber eingebaut. Die schematische Darstellung eines BLDC-Motors ist in Abb. 3.31 gegeben.

3.7.2 Drehzahl-Drehmoment-Verhalten Die typische Kennlinie eines Motors stellt das Drehmoment über die Drehzahl dar. Häufig werden auch die Linien (Kurven) des konstanten Wirkungsgrades (oder z. B. des Verbrauchs) gezeigt. In Abb. 3.32 ist das Drehmoment eines BLDC-Motors über die Drehzahl wiedergegeben. Die Flächen geben den Bereich des minimalen Wirkungsgrades innerhalb der dazugehörigen Kurve an. Folgende Kriterien charakterisieren einen BLDC-Motor: • • • •

Hohes Anfahrmoment. Maximalleistung bei Nenndrehzahl. Der Wirkungsgrad steigt mit zunehmender Drehzahl. Auch im Teillastbereich sind Wirkungsgrade über 85 % möglich.

100

3  Elektrische Komponenten des E-Kfz

Abb. 3.32   Drehmoment eines BLDC-Motors über die Drehzahl [10]

• Höhere Drehzahlen sind bei reduziertem Drehmoment möglich. • Wirkungsgrad ist bei erhöhter Drehzahl über 90 % möglich. • Drehmomentverlauf ermöglicht den Verzicht auf ein Stufengetriebe.

3.8 Batteriesysteme 3.8.1 Lithium-Ionen-Zellen Die Anforderungen an Traktionsbatterien sind vielfältig, grundsätzlich aber soll möglichst viel Energie in der Batterie speicherbar sein, gleichzeitig das Gewicht jedoch gering bleiben. Bei der Auswahl der Technologie und Dimensionierung gilt es somit, ein Optimum zwischen Reichweite, also speicherbarer Energiemenge, Gewicht und natürlich den Kosten zu finden [11]. Auch zwischen Energie und Leistungsdichte muss abgewogen werden. Eine höhere Leistungsdichte und damit stärkere Beschleunigung zieht eine Reduzierung der Reichweite nach sich. In Tab. 3.4 sind die Eigenschaften der unterschiedlichen Batteriesysteme zusammengestellt. Nachdem sich die Lithium-Ionen-Technologie in tragbaren Geräten wie Smartphones, Kameras, Klapprechnern etc. durchgesetzt hat, findet diese Variante immer mehr Aufmerksamkeit bei Transportanwendungen in Elektrofahrzeugen. Die zulässige Betriebstemperatur von 45 °C führt dazu, dass die Lithium-Ionen-Akkumulator en im Betrieb mit hohen Strömen gekühlt werden müssen. Lithium-Ionen-Akkumulatoren überzeugen durch ihre vorteilhaften Eigenschaften:

101

3.8 Batteriesysteme Tab. 3.4  Eigenschaften von Batterien [12, 13] Typ

Energiedichte in Wh/kg

Leistungsdichte in Wh/kg

Zyklen

ηWh

θArbeitsbereich

Kosten in €/ kWh

Blei

20–50

100–300

200–1500

0,8–0,9

−40 °C–60 °C

100–150

NiCd

25–80

200–600

1000–4000

0,57–0,7

−20 °C–60 °C

250

NiMH

55–85

600–750

>2000

0,7

0 °C–50 °C

300–350

Li-Ion

90–160

1350 (Hoch- 2000 leistung)

0,9–0,95

20 °C

300

NaNiCl (Zebra)

80–120

90–160

600–3700

0,91

280 °C–330 a < 3 % 7% 12 t zGG). Leichte Nutzfahrzeuge und Lkw bis 7,5 t zGG finden vorwiegend Einsatz für Dienstleistungen und Auslieferungen im Nahbereich und urbanen Räumen. Lkw zwischen 7,5 t und 12 t zGG werden für Fahrten in der Region und für Volumengüter im urbanen Raum genutzt. Die Fahrzeuge der Klasse N3 dienen der Langstrecke, dem Baustellenverkehr und als Sattelzug auf dem Verteilverkehr im Handel [27]. Batterieelektrische Nutzfahrzeuge für den urbanen Verteilverkehr stellen aktuell einen Schwerpunkt bei E-Kfz dar. Von der Deutschen Post DHL in Zusammenarbeit mit Ford wird der Streetscooter (Abb. 5.24) dafür eingesetzt [29]. Auch andere Logistikdienstleister wie UPS arbeiten an elektrischen Zustellfahrzeugen [30]. Für die regionalen und langen Strecken werden verschiedene Konzepte und Prototypen vorgestellt. Siemens testet aktuell im Feld Hybrid-Lkw, die per Oberleitung mit Energie versorgt werden [31]. In der bevorstehenden Verknüpfung der Elektromobilität mit dem automatisierten Fahren zeigen sich Entwicklungstrends, welche Fahrzeugkonzepte und -klassen verändern können. Generell lässt sich eine zunehmende Entwicklung von Kleinfahrzeugen erkennen. Im Personenverkehr sind diese neuen, teilweise bereits oben angesprochenen Kleinfahrzeuge, aber auch eine zunehmende Anzahl an E-Rädern dominierend. Stärker ausgeprägt ist der Trend in der (städtischen) Logistik, wo autonome kleine Fahrzeuge den Bedarf an kleinteiligeren, häufigeren und schnelleren Sendungen erfüllen sollen.

5.3  Elektromobilität als Teilelement des Verkehrssystems

177

Abb. 5.24   Beispiel eines E-Nutzfahrzeugs. (Bild: www. streetscooter.eu)

Dabei befinden sich sowohl vollständig autonome Fahrzeuge als auch von Menschen begleitete Modelle in einer ersten Erprobungsphase. Im Personenverkehr befeuern auf der einen Seite ÖPV-Unternehmen mit dem Einsatz von autonomen Kleinbussen die Entwicklung, auf der anderen Seite ebenso RideSharing-Firmen wie Uber. Letztere sind Vorboten des Konzepts autonomer, geteilter Fahrzeugflotten. Dass diese zu einer höheren Verkehrsleistung und damit zu höherem Stromverbrauch führen können, wird in [32] aufgezeigt.

5.3.3 Verkehrsinfrastruktur Die Gestaltung der Verkehrssysteme in Deutschland wird generell aus der „gesellschaftspolitischen Wertvorstellung“ abgeleitet. Dem Verkehrsträger Straße kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Er verfügt in der Bundesrepublik über ein flächendeckendes, sehr feinmaschiges und differenziertes Netz. Das Straßennetz besteht aus Kanten (Straßen), Straßenknoten (Kreuzungen) und Anlagen des ruhenden Verkehrs [33]. Die Gestaltung des Straßenverkehrsnetzes ist in der Richtlinie zur integrierten Netzgestaltung (RIN) [13] geregelt und orientiert sich an der räumlichen Siedlungskonzentration auf Basis des Systems leistungsfähiger zentraler Orte nach [13] Orte werden entlang ihrer Funktion und Größe zwischen Gemeinde und Metropole eingestuft. Die Wertigkeit bestimmt dann die Anbindung an die Straßen des Fernverkehrs (Autobahn und Fernstraßen), welche Oberzentren und Metropolen miteinander verbinden. Die überregionale und regionale Verbindung von Mittel- und Grundzentren sowie deren Anbindung an Oberzentren erfolgt mittels Landstraßen (Überregionalstraße, Regionalstraße). Hauptverkehrsstraßen dienen der Verbindung im Vorfeld oder innerhalb von bebauten Gebieten und haben teilweise eine Erschließungsfunktion. Die Erschließung von Gebäuden erfolgt vorwiegend mittels Erschließungsstraßen. Für den öffentlichen Personenverkehr ist eine analoge Systematik vorzufinden, die in der RIN geregelt ist.

178

5  Elektromobilität als technisches System

Tab. 5.5  Straßenkategorien nach [13], vereinfachte Darstellung Straßenkategorie

Angestrebte Pkw-Fahrtgeschwindigkeit (km/h)

Standardentfernungsbereich (km)

Autobahn

100–120 (Stadt 70–90)

40–500 (Stadt 10–70)

Landstraße

50–90

5–160

Hauptverkehrsstraße (anbaufrei)

30–60



Hauptverkehrsstraße (angebaut)

15–30



Erschließungsstraßen





Die Unterscheidung der Straßenkategorien hat wesentlichen Einfluss auf die Dimensionierung und angestrebte Pkw-Fahrtgeschwindigkeit. Autobahnen sind mindestens zweispurig auszuführen, Landstraßen und Hauptverkehrsstraßen können abschnittsweise zweibahnig sein. Die restlichen Straßen werden in der Regel einbahnig ausgeführt. Die angestrebten Geschwindigkeiten (inklusive Wartezeiten an Straßenknoten) sind Tab. 5.5 zu entnehmen. Anlagen des ruhenden Verkehrs sind zum temporären Abstellen von Fahrzeugen vorgesehen (s. [33]). Je nach Ort und Situation kann das Parken zwischen wenigen Minuten bis zu mehreren Wochen (oder mehr) dauern. An den Parkplätzen kann Strom mithilfe von Lademöglichkeiten bereitgestellt werden. Geeignet sind Verkehrsknoten mit einer längeren Aufenthaltsdauer des Fahrzeugs. Dazu zählen Wohn- und Betriebsorte sowie Freizeitanlagen oder Einkaufszentren. Derartige Parkplätze sind besonders innerhalb von Ortschaften oder in Gebieten mit Sondernutzung (z. B. Einkaufszentren auf der grünen Wiese) zu finden. Die längere Parksituation tritt in der Regel am Ende einer Wegekette oder als ihre lange und gewollte Unterbrechung auf. Zusätzlich zu den oben benannten Parkplätzen sind im Fernverkehrsnetz Anlagen für den kurzzeitig ruhenden Verkehr etabliert. Diese dienen entlang der Kanten (Autobahn, teilweise Bundesstraße) als Raststätten und/oder Tankstellen der Erholung und Versorgung.

5.3.4 Verkehr in Deutschland Mit Elektromobilität wird das Potenzial, Ortsveränderungen mittels strombetriebener Verkehrsmittel zu realisieren, bezeichnet. Zu seiner Identifizierung wird zunächst ein Blick auf den gesamten (Personen-)Verkehr geworfen und der Wissensstand zur aktuellen Realisierung des elektromobilen Verkehrs dargestellt.

5.3  Elektromobilität als Teilelement des Verkehrssystems

179

Die Studie „Mobilität in Deutschland“ aus dem Jahr 2008 ist die einzige umfängliche Untersuchung der Mobilität der rund 82 Mio. Einwohner in Deutschland. Von diesen nehmen 90 % täglich am Verkehr teil, indem sie das Haus verlassen [16]. In Deutschland werden so pro Tag durchschnittlich 281 Mio. Wege (Verkehrsaufkommen) und 3214 Mrd. Personenkilometer (Verkehrsleistung) im Personenverkehr zurückgelegt. Jede einzelne Person legt somit täglich durchschnittlich 3,4 Wege und 39 km zurück. Es ergeben sich jedoch starke Unterschiede bezüglich der Wegzwecke, -längen und zeitlichen Verteilung. Diese werden nachfolgend ausgeführt. Die Betrachtung des Wochenverlaufs zeigt eine deutliche Differenz zwischen Werktagen und Wochenenden. Die durchschnittliche Anzahl an Wegen steigt im Verlauf der Woche an und nimmt zum Wochenende ab. Werden an Wochentagen durchschnittlich bis zu 3,8 Wege zurückgelegt, weist das Wochenende ein Verkehrsaufkommen von durchschnittlich 2,8 Wegen auf. Dies ist auf den Wegfall eines Großteils der Arbeitsund Dienstwege sowie der Wege bedingt durch Ausbildungen zurückzuführen [16]. Im Gegenzug nehmen die Wege für Freizeitaktivitäten stark zu, welche am Wochenende besonders mit längeren Wegstrecken verbunden sind. Der Verteilung der Wegzwecke über alle Wochentage ist in Abb. 5.25 zu finden. Die Freizeitaktivitäten stellen den größten Anteil der insgesamt zurückgelegten Wege dar. Rund 91 Mio. Wege (32 %) dienen der Freizeit. Die Wege zum Einkaufen umfassen rund 58 Mio. Wege und bilden 21 % am Gesamtaufkommen ab. Insgesamt zwei Drittel der Gesamtheit an Wegzwecken dienen Freizeit, Einkaufen und Erledigungen. Diese sind geprägt durch einen hohen Anteil des Fußverkehrs [16]. Die Dienst- und Arbeitswege nehmen mit insgesamt 57 Mio. Wegen nur einen Anteil von 20 % aller Wege ein. Die Distanzen je Wegzweck weichen stark voneinander ab (Abb. 5.25) und erklären damit zum Teil die Verkehrsmittelanteile. Dienst- und Arbeitswege sind im Mittel mit 20,4 km und 17,7 km am längsten. Jedoch sind nur 1,4 % der Arbeitswege länger als 100 km. Bei den dienstlichen Wegen sind es 3,6 % [34]. Mit einer durchschnittlichen Entfernung von 14,1 km reihen sich hier die Freizeitaktivitäten an dritter Stelle ein.

Abb. 5.25   Wegzwecke und Hauptverkehrsmittel [34]. Prozentuale Verteilung der Hauptverkehrsmittel auf Grundlage der bundesweiten Basiserhebung von 25.922 Haushalten, 60.713 Personen zu 193.290 Wegen [16]

180

5  Elektromobilität als technisches System

Abb. 5.26   Prozentuale Verteilung der Weglängen innerhalb der Wegzwecke [34]. Prozentuale Verteilung der Weglängen auf Grundlage der bundesweiten Basiserhebung [16]

Die häufig angetretenen Wege für Einkauf und private Erledigungen zeigen den höchsten Anteil an Wegen unter 2 km (s. Abb. 5.26). Sie sind somit im für den Fußverkehr geeigneten Nahbereich zu verorten. Die Freizeitwege zeigen neben 38,6 % Nahbereich hingegen auch den zweithöchsten Anteil an Wegen über 100 km. Sie sind nach Dienst- und Arbeitswegen im Bereich der längeren Strecken von 25 km bis 100 km zu finden. Insgesamt haben drei Viertel (76 %) der Wege eine Entfernung unter 5 km, was ÖPNV sowie Fuß- und Radverkehr begünstigt [16, 34]. Die meisten Wege aller Verkehrsmittel werden mit dem MIV (Motorisierter Individualverkehr) (58 %) zurückgelegt. Der Pkw stellt damit das wesentliche Verkehrsmittel in Deutschland dar. Bei den Arbeits- und Dienstwegen nimmt er eine vorherrschende Rolle ein. Der Weg zur Arbeit wird dabei zu 65 % durch den MIV abgedeckt, dienstliche Wege liegen sogar bei 86 %. Bei den Arbeitswegen ist jedoch auch ein starker Anteil an Radverkehr und ÖPNV zu verzeichnen. Ebenso wird eine Mehrheit der Einkäufe und Begleitungen mit dem Pkw durchgeführt. Keine dominierende Rolle hat der Pkw bei Freizeit- und Ausbildungswegen. Letztere sind stark durch den ÖPNV geprägt (Schülerverkehr). Aus der Praxis

Die präferierte Wahl des Hauptverkehrsmittels im Personenverkehr liegt damit deutlich mit über 162 Mio. Wegen beim MIV. Dies teilt sich auf in MIV-Fahrer (120 Mio. Wege) und -Mitfahrer (42 Mio. Wege). Bei der Verkehrsleistung, den gefahrenen Kilometern, zeigt sich die Dominanz mit 2532 Mrd. Personenkilometern (79 %) noch stärker [16]. Der durchschnittliche Besetzungsgrad der Fahrzeuge liegt bei 1,5 Insassen pro Fahrzeug. Die Verteilung der Entfernung der Wege per MIV weist ein analoges Bild zu den Wegzwecken auf. Eine Mehrheit der Wege findet im Nahbereich statt. 66 %

5.3  Elektromobilität als Teilelement des Verkehrssystems

181

der mit dem Pkw zurückgelegten Wege sind unter 10 km lang. Ein weiteres Drittel (31 %) der Fahrten ist bis zu 100 km lang. Lediglich der restliche geringe Teil der Wege (2,4 %) hat eine Länge von über 100 km. Diese werden vorwiegend auf Dienstfahrten und in der Freizeit zurückgelegt. Im Mittel ist jede einzelne Fahrt nur 16,5 km lang (s. Abb. 5.27). Selbst bei 3,4 Wegen am Tag werden im Durchschnitt nicht mehr als 100 km mit dem Pkw zurückgelegt [34].

Die Nutzungsanteile des Pkw fallen je nach Gebietsform unterschiedlich aus. Außerhalb der Städte werden ca. 62 % der Wege mit dem Verkehrsmittel zurückgelegt. In Kernstädten sinkt dieser Wert auf 49 %. Dennoch bleibt auch hier der Pkw die bevorzugte Verkehrsform [34]. Der Unterschied ist durch die Siedlungsstruktur zu erklären, die in Städten kürzere Entfernungen zwischen den Aktivitätenzielen ermöglicht. Dies zeigt sich auch in den mit dem Pkw zurückgelegten Weglängen. Mit durchschnittlich 14,4 km fallen diese geringer aus als im Umland [16]. Neben den kurzen Entfernungen sind die hohen Kosten des Fahrzeugs, der bewusste Verzicht und die Möglichkeit, alternative Verkehrsmittel zunutzen, Gründe für die geringere Pkw-Nutzung. Bewohner der Stadt nutzen deutlich häufiger den ÖPNV (15 %), gehen zu Fuß (27 %) oder nehmen das Fahrrad (10 %) [34]. Die Nutzung des Pkw steht dabei in direkter Abhängigkeit zur Anzahl der verfügbaren Pkw in einem Haushalt. Sobald ein Fahrzeug zur Verfügung steht, sinkt der Anteil der nicht-motorisierten Wege auf 40 % und nimmt mit zusätzlichen Fahrzeugen weiter ab [16]. Zusammengefasst zeigt sich, dass 75,9 % der Wege maximal 10 km und nur 1,4 % über 100 km lang sind. Besonders in der Alltagsmobilität (Freizeit, Einkaufen, Arbeit) ist ein hoher Anteil kurzer Wege (bis 10 km) vorzufinden. Der Pkw stellt dabei das Hauptverkehrsmittel dar. 97,3 % der Wege per Pkw sind kürzer als 100 km. Die Anforderung der hohen Reichweite mag ein psychologisch wichtiger Faktor bei der Bewertung der Elektromobilität sein, für über 97,7 % der Wege (< 100 km) und für die Alltagsmobilität ist sie aus Verkehrssicht zum großen Teil nicht erforderlich.

Abb. 5.27   Mittlere Weglängen und prozentuale Verteilung der MIV-Fahrer und -Mitfahrer [34]. Prozentuale Verteilung der Weglängen und mittleren Weglängen auf Grundlage der bundesweiten [16]

182

5  Elektromobilität als technisches System

5.3.5 Nutzergruppen der Elektromobilität Um die Nutzergruppen der Elektromobilität zu identifizieren, ist zunächst eine Unterteilung in Personen- und Güterverkehr möglich. Weiterhin kann zwischen privatem und gewerblichem Verkehr unterschieden werden. Private Nutzer Der private Nutzer von Elektrofahrzeugen ist momentan vorwiegend männlich, mit hohem Bildungsabschluss und relativ hohem Einkommen. Er ist umweltbewusst und lebt in einem Einfamilienhaus mit Stellplatz und Lademöglichkeit [35]. Für Privatleute in Deutschland sind derzeit vor allem Fahrspaß und ein komfortables Fahrgefühl wichtige Gründe bei der Neuanschaffung eines Pkw. Im Bereich der Elektromobilität wird diese Nachfrage in der Mittelklasse eher durch Plug-in-Hybrid -Modelle als durch reine Elektroautos gedeckt [36]. Verglichen mit Norwegen sind Elektroautos in Deutschland noch relativ wenig verbreitet [37]. Trotzdem wird angenommen, dass sich das Nutzungsverhalten der Fahrer beider Länder ähnelt. Es scheint außerdem der Nutzung konventioneller Autos zu entsprechen. Aus der Praxis

Demnach legen Befragte einer norwegischen Umfrage aus dem Jahr 2014 mit ihrem Elektrofahrzeug jährlich zwischen 14.000 und 15.000 km zurück. Der größte Anteil der Fahrten erfolgt täglich (81 %) oder drei- bis fünfmal pro Woche (16 %) [37].

Das entspricht der in Abb. 5.28 dargestellten Befragung von E-Nutzern durch den DLR in Deutschland, wonach Elektroautos überwiegend für tägliche Fahrten eingesetzt werden. Die Auswertung beschreibt das Nutzungsverhalten von Haushalten mit mindestens zwei Pkw, von denen ein Fahrzeug elektronisch angetrieben wird. Das Letztgenannte wird in der Regel bevorzugt verwendet [35]. Die Nutzung der Elektrofahrzeuge für (längere) Urlaubsfahrten ist generell weniger stark verbreitet, steigt jedoch an (Elektroautos werden für verschiedene Alltagszwecke des Personenverkehrs, wie das Pendeln zur Arbeit, das Erledigen von Einkäufen sowie den Freizeitverkehr, eingesetzt [37]. Carsharing-Konzepte Aufgrund der vergleichsweise teuren Anschaffung eines Elektroautos ist es sinnvoll, alternative Mobilitätskonzepte zu fördern, um die Akzeptanz von Elektromobilität zu erhöhen [38]. Ein wichtiger Ansatz ist in diesem Zusammenhang der Einsatz von Elektroautos im Rahmen des Carsharing. Dabei ist zunächst zwischen Free F ­ loating-Carsharing und stationsgebundenem Carsharing zu unterscheiden [36].

5.3  Elektromobilität als Teilelement des Verkehrssystems

183

Abb. 5.28   Allgemeine Verkehrsmittelnutzung privater Nutzer [35]

Unabhängig vom spezifischen Konzept werden Fahrzeuge der Carsharing-Flotten hauptsächlich für kurze Wegstrecken bei geringen zu transportierenden Lasten eingesetzt. Genau wie beim Carsharing ermöglichen Bikesharing-Modelle die multimodale Verknüpfung mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Durch den Einsatz von Elektromobilen können nachhaltige Transportlösungen besonders in Städten geschaffen werden [35]. Gewerbliche Nutzer Wie im privaten Bereich ist auch auf dem Gebiet des Wirtschaftsverkehrs die Beschreibung eines durchschnittlichen Nutzers möglich. Typische gewerbliche Elektrofahrzeugnutzer sind demnach vorrangig kleine Unternehmen mit lediglich einem Standort und einer gemischten Flotte mit bis zu neun Fahrzeugen [35]. Unternehmen, die mindestens ein Elektrofahrzeug in ihrer Flotte haben, nutzen außerdem überdurchschnittlich häufig Strom aus erneuerbaren Energien und werden nach [35] als umweltbewusste Unternehmen eingestuft. Dennoch ist gewerblichen Nutzern die Wirtschaftlichkeit bei der Anschaffung eines Elektroautos wichtiger als Imagegründe [36]. Elektrofahrzeuge kommen vorwiegend im Personen- und Güterwirtschaftsverkehr sowie im Dienstleistungsverkehr zum Einsatz. Vorrangige Nutzer sind Fahrzeuge der Intralogistik, Kurier-Express-Paket-Dienste (KEP-Dienste), Serviceleistungen in der Gesundheitsbranche (z. B. ambulante Pflege) sowie kommunale Nutzfahrzeuge [36]. Die Fahrzeuge werden überwiegend im städtischen Verkehr für regelmäßige Fahrleistungen verwendet, während lange Einzelstrecken selten sind [35, 36]. Ihre Nutzung dient dabei vor allem der Versorgung der Bevölkerung und dem Austausch von Waren und Dienstleistungen zwischen Unternehmen. Aufgrund ihrer planbaren Routen sind die Fahrzeuge

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5  Elektromobilität als technisches System

der kommunalen Nutzfahrzeuge besonders geeignet für die Verwendung von Elektrofahrzeugen. Aber auch für Werksverkehre und KEP-Dienste sind sie vor allem aufgrund ihres festen Fahrzeugstandorts gut für die Elektromobilität geeignet [36]. Die in Elektrofahrzeugen zum Einsatz kommenden Lithium-Ionen-Batterien haben ein zehn- bis hundertfach höheres Gewicht als Starterbatterien. Durch dieses hohe Eigengewicht batteriebetriebener Nutzfahrzeuge besteht die Gefahr, dass das zulässige Gesamtgewicht von 3500 Kg überstiegen wird und die Fahrer dadurch einen Führerschein der Klasse C1 benötigen [39]. Besonders für schwere Sonderfahrzeuge besteht daher Forschungsbedarf [36]. KEP-Dienste sind prädestiniert für Elektromobilität, da die zu transportierenden Lasten ihre Ladungsrestriktion im Volumen finden. Auch eine Prognose der TU Hamburg Harburg und der Handelskammer Hamburg [40] (s. Abb. 5.29) schätzt das Potenzial batteriebetriebener Lkw im Dienstleistungsbereich als besonders hoch ein. Ein stärkeres Wachstum des Marktes für Elektromobilität scheint sowohl im privaten als auch im gewerblichen Bereich vor allem durch hohe Anschaffungspreise gehemmt und stellt somit eine Barriere zur breiten Einführung der Elektromobilität dar [36]. Außerdem zweifeln Kaufinteressenten an der Alltagstauglichkeit (insbesondere an der ausreichenden Reichweite) der Elektroautos [36, 37]. Im Wirtschaftsverkehr sind weitere Hemmnisse für den Erfolg der Elektrofahrzeuge die fehlende Serienreife, zu geringe Modellvielfalt der Lkw/Busse sowie die als unzureichend eingestufte öffentliche Ladeinfrastruktur [36]. Dabei wird nicht nur die fehlende Anzahl an Ladepunkten, sondern auch deren fehlende Auslegung für Nutzfahrzeuge beklagt [36]. Insgesamt ist die Wirtschaftlichkeit von Elektrofahrzeugen sehr stark von der Entwicklung verschiedener Rahmenbedingungen (z. B. Energiepreise, Fahrzeugrestwert) abhängig [42].

Abb. 5.29   Einsatz von Elektronutzfahrzeugen (bis 3,5 t) im Jahr 2020 [41]

5.3  Elektromobilität als Teilelement des Verkehrssystems

185

5.3.6 Planungsinstrumente zur Förderung der Elektromobilität und Ladeinfrastruktur In der Gesellschaft wird die Elektromobilität vor allem durch Ziele wie die Reduktion verkehrsbedingter CO2-Emissionen, die Technologieführerschaft bei Kernkomponenten sowie die Unabhängigkeit von Erdölimporten vorangetrieben [38]. Die Elektromobilität soll auf dem Verkehrsträger Straße in Deutschland weiter gefördert werden. Sinnbildlich steht dafür das einst postulierte Ziel der Bundesregierung, nämlich die Zulassung von 1 Mio. E-Fahrzeugen bis zum Jahr 2020 [43]. Auf organisatorisch-politischer und gestalterischer Seite stellt sich dabei die Frage nach den geeigneten Instrumenten der Förderung. Während in der Bundesrepublik noch viele Bedenken bezüglich der E-Fahrzeuge bestehen, finden sie in Norwegen bereits breiten Einsatz, der auch Rückschlüsse auf die Wirkung von geeigneten Instrumenten zur Marktverbreitung zulässt [37]. Sie lassen sich entsprechend Tab. 5.6 gliedern. In Norwegen gilt die Elektromobilität bereits als etabliert. Das Land hat dafür eine breite Palette an Fördermaßnahmen eingesetzt (Tab. 5.6). Ein wichtiges Element war dabei, early adopters mit finanziellen Kaufanreizen zur Anschaffung von ­E-Fahrzeugen zu bewegen. Sie übernehmen schnell Innovationen und haben eine ausgeprägte Multiplikatorenfunktion. Norwegen hat dabei gezeigt, dass seine Erfahrungen mit E-Fahrzeugen im Alltag grundlegend positiv waren. Durch die Erkenntnis, dass viele Bedenken nicht wie erwartet eingetreten sind (z. B. Reichweitenproblem), haben sich die Akzeptanz in der Gesellschaft und die Nutzeranzahl deutlich vergrößert [37].

Tab. 5.6  Instrumente der Marktetablierung von E-Fahrzeugen nach [37], D = Deutschland, N = Norwegen Förderanreiz

Instrumente

Finanzielle Marktanreize

• Befreiung (D)/Senkung (N) der Kfz-Besteuerung •K  ostenfreies Parken auf öffentlichen Parkplätzen, gemeindeabhängig (D/N) • Befreiung von Zulassungs- und Mehrwertsteuern (N) • Befreiung von Import- und Zollgebühren • Mautbefreiung (N) • Zuschlag auf die Pendlerpauschale (N) •K  ostenfreies Laden an öffentlichen Ladestationen, gemeindeabhängig (N)

Nicht-finanzielle Marktanreize

• Mitbenutzung von Bus- und Taxispuren (D/N) • Spezielle Kennzeichnung (Kennzeichen E) (D/N)

Bereitstellung von Infrastruktur

• Bedarfsorientierter Ausbau der Ladeinfrastruktur (D/N)

Förderung von Forschung und Entwicklung

• Forschungsförderung (D) • Förderung von Aus- und Weiterbildung (D)

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5  Elektromobilität als technisches System

Für diesen Prozess ist der Einsatz einer Palette von Maßnahmen statt von Einzelmaßnahmen nötig. So ist es weiterhin wichtig, E-Fahrern Prestigevorteile zu gewähren, eine Sichtbarkeit zu erzeugen, die Ladeinfrastruktur auszubauen und gezielte Image- und Informationskampagnen zu betreiben. Der Ausbau der Ladeinfrastruktur ist ein wesentliches Instrument für die Etablierung der Elektromobilität. Bei der Förderung durch den Gesetzgeber steht eine bedarfsgerechte Ladeinfrastruktur besonders im Fokus [36]. Diese wird von Nutzern und Interessierten von Elektrofahrzeugen momentan als stark ausbaufähig eingestuft. Bei der Planung des weiteren Ausbaus ist jedoch zu unterscheiden zwischen Normal-Ladekonzepten und Schnell-Ladekonzepten. Aufgrund der Ladedauer sind ­ erstere bevorzugt an Orten zu positionieren, an denen Fahrzeuge für eine längere Zeit stehen, also an Verkehrsknoten. Die Zweitgenannten eignen sich besonders für die Versorgung von Kanten. Damit einher gehen unterschiedliche Anforderungen an die Planung von Standorten in Hinsicht auf den konkreten Ort und die Dimension. Die Bereitstellung der Ladeinfrastruktur kann in den privaten, den halböffentlichen und den öffentlichen Bereich unterschieden werden. Der private Zugang beschreibt den heimischen Stromanschluss an Garagen oder Stellplätzen. Die Abrechnung erfolgt ohne größeren Aufwand über den hauseigenen Stromvertrag. Der halböffentliche Bereich kennzeichnet die Ladeinfrastruktur bei Arbeitgebern sowie Freizeit- und Sportstätten [44]. Diese Infrastruktur wird durch Einrichtung öffentlicher Ladesäulen für Parkplätze in städtischen Wohnstraßen oder Siedlungen sowie in allgemein zugänglichen Bereichen (Autobahnrasthöfe etc.) ergänzt. Die Form der öffentlichen Bereitstellung ist jedoch mit höheren Anforderungen (z. B. an Stabilität, Sicherheit, Abrechnungssystem) verbunden [44]. Das Laden mit Wechselstrom (AC-Laden) und einer relativ geringen Ladeleistung (bis zu 22 kW) wird als Normalladen bezeichnet. Die Ladedauer liegt dabei zwischen 3 und 16 Stunden, bis die Batterie vollständig geladen ist, und kann über Haushaltssteckdosen sowie Industriestecker erfolgen. Diese sind für viele Nutzergruppen zu Hause oder beim Arbeitgeber verfügbar [45, 46]. Ein hoher Bedarf an Lademöglichkeiten ergibt sich potenziell in Gebieten mit großem Parkdruck und längeren Aufenthaltszeiten wie beim Einkaufen, am Arbeitsplatz oder zu Hause. Regulatorisch können Kommunen mit dem Instrument der Stellplatzsatzung beim Neu- und Umbau derartiger Verkehrsknoten den Ausbau der Ladeinfrastruktur im privaten und halböffentlichen Bereich fördern. Der hohe Anteil an Arbeits-, Dienst- und Einkaufswegen weist hier ein Potenzial zum weiteren Ausbau auf. Bei gewerblichen Nutzern zeigt sich, dass der firmeneigene Betriebshof während (nächtlicher) Standzeiten als Mittelpunkt der gewerblichen Ladeinfrastruktur dient [35]. Sobald Fahrzeuge der betrieblichen Flotte auch privat zum Einsatz kommen, kann die Ladung der Elektroautos auch im privaten Bereich der Haushalte erfolgen. Bei der regelmäßigen Verwendung ist der Einsatz von Fahrzeugen mit höherer Ladeleistung sinnvoll, um kurze Lade- und Standzeiten zu ermöglichen [36]. Der Aufbau betrieblicher Ladeinfrastrukturen kann durch Regularien (z. B. Stellplatzsatzung) oder durch Förderungen unterstützt werden. Momentan erfolgt die Aufladung des Elektrowagens im

5.3  Elektromobilität als Teilelement des Verkehrssystems

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Bereich der privaten Nutzung vorrangig zu Hause oder am Arbeitsplatz. Ladesäulen im öffentlichen bzw. halböffentlichen Raum werden hingegen eher unregelmäßig genutzt. Diese Infrastruktur wird vorrangig als Ergänzung gesehen [36]. In größeren Städten verfügen Autofahrer teilweise nicht über eine private Lademöglichkeit. Obwohl diese Gruppe vergleichsweise klein ist, wünscht sich eine Vielzahl aller Nutzer von Elektroautos mehr Ladesäulen im öffentlichen Raum. Für die Ermittlung bestmöglicher Standorte der Ladeinfrastruktur eignen sich klassische Location-Allocation-Modelle. Damit sind Algorithmen bezeichnet, welche geeignete Standorte bei einer gegebenen Menge an Nachfragepunkten ermitteln. Letztere ist dabei häufig statisch betrachtet. Covering-Modelle stellen Untermodelle dar. Sie zielen darauf ab, die Nachfrage in den Bereichen mit den zu positionierenden Einrichtungen (Ladepunkten) maximal abzudecken [47]. Zwei weitere Verfahren sind das p-Median-Modell und das Maximal Coverage Location Problem (MCLP). Ersteres ist distanzbasiert und verfolgt das Ziel, die Distanz (ggf. nachfragegewichtet) zwischen den Nachfrageorten (Verkehrsknoten) und den Ladepunkten zu minimieren. Das Modell neigt dazu, die Stationen verkehrsgünstig zu positionieren, sodass eine komfortable Nutzung für den Nachfrager gewährleistet werden kann [47–50]. Das Maximal Coverage Location Problem (MCLP) ist flächenbasiert. Es berücksichtigt die Nachfrageorte in einem vorgegebenen Radius um die Ladestationen. Unter der Rücksichtnahme der definierten Maximaldistanz (bzw. maximalen Fahrtzeit) zwischen den Nachfrageorten und Ladepunkten wird eine fixe Anzahl an Ladestationen platziert. So wird eine maximale Anzahl an Nachfrageorten abgedeckt und ein vorgegebenes Serviceniveau erreicht [51–53]. In der Diskussion zur Elektromobilität nimmt Carsharing eine bedeutende Rolle ein. Bei stationsbasierten Systemen ist die Ladestation geeignet an den Ausleihstationen zu platzieren. Die Ladeinfrastruktur des stationsgebundenen Carsharing wird üblicherweise durch den Betreiber der Flotte errichtet und betrieben. In Großstädten sind auch Free-Floating-Carsharing-Systeme ohne feste Stationen vorzufinden. Die Flotten des mobilen Free-Floating nutzen überwiegend die Ladeinfrastruktur öffentlicher Bereiche. Diese muss dabei grundsätzlich von jedem und ad hoc nutzbar sein [36]. Deren Ladestationen können sinnvoll in den Aufbau eines ­halb-öffentlichen oder öffentlichen Systems durch die öffentliche Hand eingebunden werden. Die Energiebereitstellung in Form von Schnellladekonzepten zeichnet sich durch vergleichsweise kurze Ladezeiten aus. Sie ist im öffentlichen Raum, vorwiegend entlang der Kanten des Fernverkehrs, zu verorten. Mit ca. 20 Minuten gleicht die Dauer der einer konventionellen Betankung von Fahrzeugen. Für derartige Betankungsprobleme in Verkehrsnetzen wurde das Flow-Refueling Location Model (FRLM) entwickelt. Es ist ein Optimierungsmodell, welches den absoluten Verkehrsfluss, der eine Schnellladesäule passiert, durch die Wahl der geeigneten Standorte optimiert [54]. Gegenüber anderen Modellen kann es abbilden, dass ein Fahrzeug mehrere Ladestationen besucht. Dabei wird davon ausgegangen, dass die Fahrzeuge von ihrer Route

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5  Elektromobilität als technisches System

nicht abweichen. Eine alternative Formulierung stellt das Deviation-flow Refueling Location Model dar. Bei diesem wird davon ausgegangen, dass Fahrer eine bestimmte Bereitschaft besitzen, von ihrer Route abzuweichen, um eine Station zu erreichen. Diese Formulierung kann eine höhere Realitätstreue erreichen, erfordert jedoch eine sehr sorgsame Modellierung der Abweichungsbereitschaft. Ein nicht auf Optimierung basierendes Verfahren ist von [55] im Projekt „Laden 2020“ angewandt. Hier werden alle Quell-Ziel-Relationen im Fernverkehr und der sich durch Nutzungsmuster ergebende Ladebedarf auf Streckenabschnitte des Fernverkehrs umgelegt. Pro Abschnitt wird über die Menge an E-Fahrzeugen [56] der Bedarf an Ladestationen ermittelt. Bei den vorgestellten Verfahren konnte zum aktuellen Stand keine integrierte Berücksichtigung des Energienetzes in den quantitativen Verfahren der Standortfindung ermittelt werden.

5.3.7 Verkehrliche Wirkungen von E-Mobilität Mit dem Verkehr gehen externe Effekte und negative Wirkungen, die von der Gesellschaft getragen werden müssen, einher. Relevant sind neben den Aspekten der Raumtrennung (Landschaftszerschneidung, Stadtzerschneidung durch Verkehrstrassen), der Folgewirkung von Verkehrsunfällen, des Produktivitätsverlustes durch Zeitverlust im Verkehr (Stau) auch die direkte Umweltbelastung durch Emissionen (Schadstoffe, Lärm) und der Verbrauch natürlicher Ressourcen. Mit dem Klimaabkommen von Paris (COP21) haben sich Staaten zu dem Ziel einer CO2-neutralen Gesellschaft bis 2050 geeinigt [40]. Zur Erreichung ist je Dekade beginnend mit den Jahren 2020 bis 2030 eine Halbierung der weltweiten Treibhausgasemissionen zu erzielen [57]. In Verdichtungsräumen zeigen sich zusätzlich Probleme der verkehrsbedingten Lärm-, Feinstaub- und Stickoxidemissionen, die zum Teil europäische Grenzwerte überschreiten und zur Gefährdung der Gesundheit beitragen. Infolge des Trends zur Urbanisierung [58] nehmen Verkehre in Ballungsräumen zu und konkurrieren zunehmend mit Bürgern und deren Ansprüchen auf attraktive, ruhige Städte um knappe Flächen. Die Lösung von Verkehrsproblemen wie Stau oder fehlende Parkplätze durch Kapazitätsausweitungen ist in vielen Ballungsräumen durch die dichte Baustruktur kaum noch möglich [11, 58]. Elektromobilität kann deswegen nur dann ihren Anteil zur Kapazitätsverbesserung beitragen, wenn sie bei gleicher Verkehrsleistung zur Reduzierung der Flächeninanspruchnahme beiträgt. Pkw verursachen bei einer Richtgeschwindigkeit von 50 km/h einen zehnmal höheren Flächenbedarf als andere Verkehrsmittel (s. Abb. 5.30). Für eine Verbesserung des Verkehrs in Ballungszentren sind somit LEV und andere Verkehrsformen neben der Elektrifizierung von Pkw zu empfehlen.

5.3  Elektromobilität als Teilelement des Verkehrssystems

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Abb. 5.30   Flächenbedarf der Verkehrsformen [59]

Die Umweltwirkung von Produkten und Prozessen kann mit einer Umweltbilanz (auch bekannt als Ökobilanz, LCA) erfasst werden. Diese ist in der DIN ISO 14040 geregelt. Dabei werden alle Umweltwirkungen durch Stoffeinsatz und Emissionen von der Herstellung bis zur Entsorgung betrachtet. Dieses Verfahren ermöglicht festzustellen, ob E-Fahrzeuge in der Gesamtbetrachtung zu einer Verbesserung führen. Eine Umweltbilanz von E-Pkw hat das Umweltbundesamt [60] aufgestellt. Abb. 5.31 zeigt eindeutig, dass ein E-Pkw mit reinem Netzstrom beladen zu einer CO2-Minderung führen kann. Große Traktionsbatterien führen jedoch nicht zu einer Verbesserung. Die Diskrepanz ist durch die unterschiedliche Kapazität der Batterien (100 km zu 250 km) zu erklären, die mit ihrem höheren Gewicht einen höheren Energieverbrauch erzeugen. Einen stärkeren Effekt erzeugt jedoch die Wahl des Stroms. Erfolgt die Beladung mit Windstrom, so fallen die Emissionen deutlich und eine direkte Verbesserung der Emissionen wird ersichtlich. Ein ähnliches Ergebnis erzielt die Studie zu E-Fahrzeugen aus Österreich [61].

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5  Elektromobilität als technisches System

Abb. 5.31   CO2-Emissionen von Pkw über den Lebenszyklus [60] (PHEV – Plug-In Hybrid, BEV – E-Pkw, Nummer gibt elektrische Reichweite an)

Elektrofahrzeuge haben schon heute eine günstige Klimabilanz [60], insofern regenerativer Strom für den Antrieb eingesetzt wird. Um das Potenzial der Elektromobilität zur Senkung der verkehrsbedingten Treibhausgasemissionen auszuschöpfen, ist der Ausbau der erneuerbaren Energien fortzuführen. Zur Erreichung der Emissionsziele wird aber auch eine Senkung der Pkw-Zahlen notwendig [62]. Daten zeigen, dass bei der Erzeugung von Feinstaub die Emissionen gegenüber konventionellen Fahrzeugen im Lebenszyklus höher ausfallen [60]. Dies ist jedoch auch auf die Herstellung zurückzuführen. Allerdings stammen hohe Mengen der PM10-Emissionen im Fahrtbetrieb nicht aus dem Motor [63], sodass Minderungspotenziale an dieser Stelle begrenzt sind. Bei Stickoxiden lassen sich hingegen erhebliche Verbesserungen durch den Wegfall des Verbrenners erzielen.

5.4 Geschäftsmodelle für Elektromobilitätsbranche Die Durchdringung der Elektromobilität als alternatives Verkehrsmedium wie auch als sektorübergreifendes Bindeglied hängt einerseits von der technischen Realisierbarkeit dieser neuen Technologie und deren Eigenschaften und anderseits von der wirtschaftlichen Nutzbarkeit und den Möglichkeiten der Etablierung von neuen Dienstleistungen und Geschäftsmodellen ab. Ein Geschäftsmodell ist eine modellhafte Repräsentation der logischen Zusammenhänge, wie eine Organisation bzw. ein Unternehmen Mehrwert für Kunden erzeugt und einen Ertrag für die Organisation sichert [64]. Dabei wird zwischen

5.4  Geschäftsmodelle für Elektromobilitätsbranche

191

verschiedenen Arten von Geschäftsmodellen unterschieden. Beispielhafte Arten von Geschäftsmodellen sind folgende: • Entflechtungs-orientiertes Geschäftsmodell: Die drei Bereiche Kundenbeziehung, Produktinnovation sowie Bereitstellung und Wartung von Infrastrukturen werden in unterschiedlichen Ausprägungen vereint [64]. Dies könnte im Sinne der Elektromobilität z. B. die Bereitstellung der Ladeinfrastruktur sein. • Nischenprodukt-orientiertes Geschäftsmodell: Eine überlegene Logistik ermöglicht es einem Unternehmen, normalerweise unrentable Nischenprodukte anzubieten [64]. Dies könnte im Sinne der Elektromobilität z. B. die spezielle Ladetechnik bzw. Komponentenbereitstellung für Sonderanwendungen sein. • Mehrseitige Geschäftsplattform: Eine Plattform ermöglicht die Interaktion von zwei oder mehr unabhängigen Gruppen. Der Wert für eine einzelne Gruppe entsteht durch die Präsenz einer anderen Gruppe [64]. Dies könnte im Sinne der Elektromobilität z. B. die Mobilitätsdienstleistung sein. • Freemium-Geschäftsmodell: Eine Standarddienstleistung wird unentgeltlich angeboten; erweiterte Funktionalitäten bedürfen eines kostenpflichtigen Abonnements. Dies könnte im Sinne der Elektromobilität z. B. der Flatrate-Ladetarif unter bestimmten, sehr begrenzten Konditionen sein. • Geschäftsmodell für verknüpfte Produkte: Ein kostengünstiges oder unentgeltliches Erstprodukt oder eine Dienstleistung motiviert zur Nutzung zukünftiger kostenpflichtiger Ersatzprodukte oder Dienstleistungen [64]. Dies könnte im Sinne der Elektromobilität z. B. die Batteriemiete bzw. das Leasing mit Rückgabepflicht sein. Dabei lässt sich feststellen, dass Elektromobilität als Technologie, die in unterschiedlichen Infrastrukturen (Energie, Verkehr, IKT) und Nutzergruppen (privat, Industrie, öffentlich) und somit auch diversen Märkten präsent ist, ein sehr großes Potenzial für wirtschaftlichen Mehrwert/Geschäftsmodelle aufweist. Auf der anderen Seite wird deutlich, dass in der Elektromobilitätsbranche viele sehr unterschiedliche Akteure mit verschiedenentechnisch-wirtschaftlichen Zielen und Anreizen unterwegs sind und dies zu einer sehr hohen Komplexität bei der Geschäftsmodellentwicklung führt. Dabei zeigt sich auch, dass diese Vielfalt an Akteuren und Schwerpunkten eine besondere Elektromobilitätsproblematik mit sich bringt, die häufig als HEP (Henne-Ei-Problematik) bezeichnet wird und welche die grundlegende wirtschaftliche Herausforderung darstellt [65]. Die Fragestellung, wer als Erster eine flächendeckende Ladeinfrastruktur baut oder ob sie erst in Abhängigkeit von Fahrzeug-/ Nutzerzahl definiert wird, stellt insbesondere in der Anfangsphase eine große Hürde für die Geschäftsmodellentwicklung dar. Darüber hinaus besteht die Herausforderung, all diese Akteure in einem wirtschaftlich tragbaren Betriebsmodell zu kombinieren und „unterzubringen“ [65].

192

5  Elektromobilität als technisches System

Bei der Ausgestaltung der möglichen Geschäftsmodelle im Bereich Elektromobilität können drei grundsätzliche Schwerpunkte, bezogen auf Infrastruktur und Anwender, aufgezeigt werden: • Mobilitätsdienstleistung für Privatpersonen und geräuscharme Logistik: Im Bereich Mobilitätsdienste für Privatpersonen sind derzeit besonders die sog. Carsharing-Konzepte gefragt. Dabei geht es darum, die Möglichkeit der Mobili­ tät (Fortbewegung) durch den organisierten Einsatz von einem oder mehreren Autos oder anderen elektrisch angetriebenen Fortbewegungsmitteln (E-Scooter, E-Fahrräder) als Dienst unter bestimmten Rahmenvereinbarungen anzubieten und entgeltlich zunutzen. Der Unterschied zur herkömmlichen Fahrzeuganmietung besteht darin, dass die Elektrofahrzeuge auch für kurze Zeitabstände (Minutenbereich) genutzt werden können. Der Bereich der geräuscharmen Logistik fokussiert sich darauf, in eingeschränkt befahrbaren oder geschlossenen Zonen (Lärmschutz- oder Umweltzonen) beispielsweise in Stadtzentren durch elektrisch angetriebene Fahrzeuge eine Verbreitung der Elektromobilität zu erreichen und wirtschaftlich zu realisieren (Zeitersparnis, Effizienzsteigerung, Umweltschonung durch regenerative Strombetankung, Image). Hier sehen sich Fahrzeughersteller, Mobilitäts- und Logistikdienstleister als mögliche Nutznießer dieses Potenzials für Geschäftsmodelle. • Netzdienstleistungen – lokal und regional: Elektrofahrzeuge mit ihren leistungselektronischen Komponenten und Batterien sind generell in der Lage, Energie bzw. Leistung vom Netz zu entnehmen und ins elektrische Netzrückzuspeisen. Als elektrische Anlagen (Prosumer – Erzeuger und Verbraucher) bzw. Betriebsmittel unterliegen sie dabei genormten Netzanschlüssen und Betriebsrichtlinien wie beispielsweise VDE-Anwendungsregel VDE-AR-N 410 und sind damit verpflichtet, sich netzkonform zu verhalten (Netzparametermerkmale). In Abhängigkeit von ihrer Kapazität und Leistung (also einzelne oder gepoolte, zusammengeschaltete Elektrofahrzeuge) können sie theoretisch unterschiedliche Dienste für das elektrische Energieversorgungssystem erbringen. Dabei können sie angefangen von klassischen Netzdienstleistungen wie globaler Frequenzhaltung (durch Wirkleistung) und lokaler Spannungsstützung (durch Blindleistung) bis hin zu zukünftigen Services wie Lastmanagement (durch Wirkleistung), lokale Phasensymmetrierung (durch Wirkleistung), Spannungsqualitätsverbesserung (durch Verzerrungsblindleistung) oder im kritischen Fall die Kurzschlussleistungsbereitstellung (durch Wirkleistung) einen enormen positiven Beitrag zur Stabilisierung der elektrischen Netze leisten. Mögliche Nutznießer dieses Potenzials für Geschäftsmodelle könnten besonders Energieversorgungsunternehmen, Fahrzeughersteller und Elektrofahrzeug- bzw. Flottenbesitzer sein.

5.5  Umsetzung des Gesamtsystems

193

• Infrastruktur- und Komponentenanbieter: Die Elektromobilität als System besteht, wie bereits zuvor beschrieben, nicht nur aus elektrischer und Transport-/Verkehrsinfrastruktur, sondern aus einer Vielfalt an weiteren Komponenten und Akteuren, die keiner der Infrastrukturen direkt zugeordnet werden und trotzdem durch neue direkte oder indirekte Dienstleistungen und Produkte für die Elektromobilitätsbranche profitieren können. Dabei geht es vom klassischen Produktverkauf wie beispielsweise Ladestationen bis hin zu neuen Dienstleistungen wie Abrechnung und Metering. Es muss jedoch beachtet werden, dass unabhängig von der Infrastruktur und dem Geschäftsanwendungsfall die Analyse und die Bildung des Betriebsmodells separat und genau untersucht werden müssen, da hier unterschiedliche Faktoren eine entscheidende Rolle spielen können. Hierbei können bei einigen Modellen wie beispielsweise zukünftigen Netzdienstleistungen die notwendigen technischen und regulatorischen Rahmenbedingungen fehlen oder Beschränkungen für den Zugang zum Energiemarkt vorhanden sein. Darüber hinaus sind weitere Trends und Prognosen zur technischen und wirtschaftlichen System- und Komponentenentwicklung, aber auch Nutzerwünsche und Nutzerverhalten besonders zu berücksichtigen, da es sich heutzutage noch immer um eine kostenintensive Technologie handelt, die einem mittel- bzw. eher langfristigen Return of Invest unterliegen wird. Wie in Tab. 5.7 gezeigt, ist bei den Nettokosten der öffentlich zugänglichen Ladeinfrastruktur für 2020 laut NEP (Nationale Plattform Elektromobilität) eine absinkende Tendenz zu erkennen. Die Hardwarekosten beispielsweise werden sich je nach Ladetechnologie ungefähr halbieren, während die Kosten für Genehmigung/Planung und Montage annähernd gleich bleiben werden [7]. Dabei sind für die Entwicklung eines Geschäftsmodells, beispielsweise für Anbieter oder Betreiber von Ladeinfrastruktur, weitere Parameter und Kriterien relevant, wie die Anzahl der Ladestationen in Stadtbezirk und Kreis, Nutzungszeiten, Ladeleistungen oder Strombezugskosten. Diese wiederum sind aktuell noch schwer prognostizierbar.

5.5 Umsetzung des Gesamtsystems Die Elektromobilität kann sich nur als System durchsetzen, wenn sie in der Lage ist, alle beteiligten heterogenen Akteure und Komponenten und zugehörige Infrastrukturen zu verbinden. Die elektrische Infrastruktur und das Verkehrsnetz müssen unter Berücksichtigung der diversen Infrastrukturanforderungen miteinander über die Informationsund Kommunikationsinfrastruktur zu einem Gesamtsystem integriert werden. Dabei muss sie den Weg von begrenzt steuerbaren mobilen Energiespeichern hin zum vollintelligenten System gehen, das sich sehr flexibel in das Energie- und Verkehrssystem integrieren lässt und beispielsweise auf die Volatilität der regenerativen Energieerzeugung reagieren kann, ohne die Bedürfnisse der Mobilität einzuschränken. Gleichzeitig müssen sich daraus Geschäftsmodelle realisieren lassen (s. Abb. 5.32).

194

5  Elektromobilität als technisches System

Tab. 5.7  Schätzung der Nettokosten öffentlich zugänglicher Ladeinfrastruktur für 2020 [7] Ladetechnik

Smarte Ladebox

Ladesäule

Ladesäule

Spannungstyp

AC

AC

DC

Smart Meter und Energiemanagement

Ja

Ja

Ja

Ladepunkt

1

2

1

Ladeleistung (kW)

>3,7 kW

11 oder 22

50

2015

Prognose 2020

2015

Prognose 2015 2020

Prognose 2020

Hardware komplett, inkl. Kommunikation und Smart Meter

1200 €a

700 €

5000 €

2500 €

25000 €

15000 €

Netzanschlusskosten

0–2000 €

0–2000 €

2000 €

2000 €

5000 €b

5000 €

Genehmigung/Planung/ Standortsuche

500 €

500 €

1000 €

1000 €

1500 €

1500 €

Montage/Baukosten/ Beschilderung

500 €

500 €

2000 €

2000 €

3500 €

3500 €

Gesamte Investition (CAPEX)

2200 €

1700 €

10.000 €

7500 €

35.000 €c

24.000 €

Sondernutzung

Beispiel Ausschreibung Berlin: 180 €

Hotline-, Wartungs-, Entstörungskosten

Marktübliche Wartungsverträge/Erfahrungen aus Ladesäulenbetrieb

Kommunikationskosten

Marktübliche Mobilfunkverträge/Erfahrungen aus Ladesäulenbetrieb

Vertragsmanagement/ Abrechnung

Annahme: ½ bis 1 Mitarbeiter

IT-System

Nach Eigenaufwand bzw. Marktangebot

Laufende Kosten (€/a) OPEX

1000 €

500 €

1500 €

750 €

3000 €

1500 €

aohne

Kommunikation/Energiemanagement/Abrechnungsmöglichkeit ab ca. 500 €bErste Kostenschätzungen für Netzanschluss für 3 × 150 kW und entsprechend 630 kVA inklusive Investition in Trafostation ergeben 150.000 €.cAktuelle Förderprojekte haben gezeigt, dass die Errichtungskosten für DCLadesäulen je nach Standort zwischen 20.000 € und 30.000 € liegen. Im Einzelfall können jedoch auch die Errichtungskosten deutlich höher sein.

Das gesamte Elektromobilitätssystem mit allen Akteuren, Komponenten und Infrastrukturen ist als ein sehr komplexes und umfangreiches System zu sehen (s. schematische und beispielhafte Darstellung in Abb. 5.33). Die jeweilige Infrastrukturebene (elektrisches Netz, Verkehr und Informations- und Kommunikationstechnologien) sollen nicht nur die Aufgaben der eigenen Infrastruktur realisieren können, sondern darüber hinaus die Mehrwertdienste für die andere Ebene ermöglichen und als Systemkoppler dienen.

5.5  Umsetzung des Gesamtsystems

195

Abb. 5.32   Elektromobilitätssystem – Entwicklungstufen und Infrastrukturen am Beispiel des Forschungsvorhabens Harz.Erneuerbaren Energien-Mobility [66]

Die elektrische Netzinfrastruktur ist vor allem für die Sicherheit und Zuverlässigkeit der Energieversorgung verantwortlich, also für die kontinuierliche Gleichgewichtsherstellung zwischen Verbrauch und Erzeugung. Dabei gilt es, die zunehmenden und sehr flexiblen Lasten/Speicher (Elektromobilität) zu berücksichtigen und vor allem im Sinne einer Zero- Emission-Elektromobilität die Integration der regenerativen Energiequellen zu bevorzugen. Die verkehrstechnische Infrastruktur befasst sich grundsätzlich mit den typischen Aufgaben der Mobilitätssicherstellung und besonders im Sinne der Elektromobilität mit der Definition der Platzierung und Bereitstellung der geeigneten Ladestellen zur Gewährleistung einer durchgängigen und attraktiven Elektromobilität. Dabei werden die technischen Aspekte wie Sicherheit und Funktion der Ladestationen in Abhängigkeit vom Aufstellort (öffentlich, halböffentlich, privat) beachtet und daraus resultierende Folgen für den uneingeschränkten Zugang und die Sicherstellung der Elektromobilität berücksichtigt. Die Informations- und Kommunikationsinfrastruktur hat innerhalb des Elektromobilitätssystems die generelle Aufgabe, alle notwendigen Daten- und Informationen bereitzustellen. Hierzu gehören u. a. Statusinformationen, beispielsweise bezüglich bestehender Kommunikationsverbindungen zur Ladestation, eine gültige Nutzerauthentifizierung, Abrechnung der Ladevorgänge sowie im Netz erfasste Parameter und geschäftliche Prozesse, welche es sicher und zuverlässig zu übertragen gilt. In den nächsten Abschn. 5.5.2 dieses Kapitels werden die Gesamtarchitektur des Systems sowie Einzelheiten der

196

5  Elektromobilität als technisches System

Abb. 5.33   Elektromobilitätssystem – Komponenten und Schnittstellen am Beispiel des Forschungsvorhabens Harz.Erneuerbaren Energien-Mobility [66]

Komponenten und Akteure der jeweiligen Infrastruktur beschrieben, die notwendig sind, um das Elektromobilitätssystem umsetzen zu können.

5.5.1 Gesamtarchitektur und Anforderungen Zur Realisierung des Elektromobilitätssystems ist im ersten Schritt eine Anforderungsanalyse erforderlich. Dadurch wird sichergestellt, dass das erarbeitete Konzept alle relevanten Anforderungen erfüllt. Ziel der Anforderungsanalyse ist das Festlegen von Systemgrenzen und Schnittstellen sowie die Beschreibung der Funktionalitäten des Gesamtsystems. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen folgende Schritte durchgeführt werden: • • • •

Definition der Systemgrenzen und der Schnittstellen, Identifikation der Akteure und deren Aufgaben, Identifikation und Beschreibung der Funktionalitäten, Festlegung eines einheitlichen Domänenmodells [66].

197

5.5  Umsetzung des Gesamtsystems

Dieser sehr komplexe Prozess und die Vorgehensweise sind erforderlich, um das Gesamtsystem mit all seinen Facetten (beteiligte Personen, Komponenten, deren Rollen und Funktionen, Daten- und Informationen) in einem einheitlichen Bild zu erfassen, und werden in den nächsten Abschnitten kurz vorgestellt. Akteure des Elektromobilitätssystems Das Gesamtsystem stellt bestimmte Services für die verschiedenen Akteure bereit. Wie in Abb. 5.34 zu sehen ist, sind Anzahl und Rollen der jeweiligen Akteure recht breit gestreut. Hier finden die Elektro- und Logistikingenieure, Parkplatz- und diverse Anlagenbetreiber, Autonutzer und unterschiedliche Systeme wie Wetter- und Verkehrsvorhersage, Erzeugungsprognose und Steuerungskomponenten für Gesamtinfrastruktur und Elektrofahrzeuge ihren Platz. Dabei können durch Verknüpfungen und Systemnachbildung beispielsweise die Elektrofahrzeugnutzer ihr Fahrzeug gesteuert (also gemäß ihren Wünschen und Anforderungen) laden bzw. mittels additiver Applikationen wie E-Navigation sich zur nächsten freien Ladestation führen lassen [66]. Der Elektroingenieur und der Logistikingenieur, die beide in der Mobilitätsleitwarte, also der zentralen Monitoring- und Steuerungseinheit des Mobilitätssystems tätig

Abb. 5.34   Akteure im Gesamtsystem ErneuerbarenEnergien-Mobility [66]

am

Beispiel

des

Forschungsvorhabens

Harz.

198

5  Elektromobilität als technisches System

sind, werden dort mit aktuellen Informationen zur Auslastung des elektrischen Netzes und der Ladeinfrastruktur oder auch mit aktuellen Einspeiseprognosen der erneuerbaren Energien versorgt. Für diese Einspeiseprognosen werden Wetterprognosen und Prognosen der einzelnen erneuerbaren Energiequellen benötigt. Diese können von einem externen Wetterinformationssystem und einem externen Informationssystem für regenerative Erzeugungsanlagen wie Biogas-, Windpark- und Photovoltaikanlagen bereitgestellt werden. Der Betreiber der Mobilitätsleitwarte könnte im Auftrag des lokalen Netzbetreibers handeln, der zur Überwachung des elektrischen Netzes eine eigene Leitwarte betreibt, welche weitere Detailinformationen des elektrischen Netzes verwaltet [66]. Anwendungsfälle und Anwendungsszenarien Ausgehend von den spezifizierten Akteuren werden dann Anwendungsszenarien abgeleitet und diese zu Anwendungsfällen zusammengefasst. Als Basis für die Spezifikation der Anwendungsfälle dienen weiterhin storylines, die zu Beginn der Systementwicklung erarbeitet werden. Diese storylines beschreiben typische Situationen aus Sicht konkreter Nutzer, die innerhalb des gesamten Mobilitätssystems typischerweise auftreten. Es werden Anwendungsfälle für unterschiedliche Bereiche spezifiziert, wie beispielsweise Anwendungsfälle für die Erstellung von Prognosen, die in der Mobilitätsleitwarte benötigt werden, oder Anwendungsfälle, die nur von den E-Kfz-Nutzern initiiert werden, wie das Aufladen der Autobatterie. In Abb. 5.35 sind die Anwendungsfälle zusammenfassend dargestellt, die der E-Kfz-Nutzer im Mobilitätssystem am Beispiel des Forschungsprojektes Harz.EE-mobility durchführt [66]. Für jeden Anwendungsfall wird eine Anwendungsfallbeschreibung erarbeitet. Diese Anwendungsfallbeschreibung enthält weitere Informationen wie eine Kurzbeschreibung des Anwendungsfalls, beteiligte Akteure, auslösende Ereignisse, Ergebnisse, Eingabedaten, Ausgabedaten, Vor- und Nachbedingungen, eine grobe Ablaufbeschreibung und nichtfunktionale Anforderungen [66]. In Tab. 5.8 ist exemplarisch die Beschreibung des Anwendungsfalles „Nächstgelegene Ladepunkte finden“ dargestellt. Basierend auf den erarbeiteten Anwendungsfällen und deren Beschreibungen werden dann die Abläufe der Anwendungsfälle detaillierter spezifiziert. In Abb. 5.36 ist exemplarisch der Anwendungsfall „Nächstgelegene Ladepunkte finden“ in Form eines Aktivitätsdiagramms dargestellt [66]. Systemkomponenten und Schnittstellen Als nächster Schritt zur Erstellung der Gesamtarchitektur und der späteren Umsetzung des Elektromobilitätssystems sind basierend auf den Anwendungsfällen Systemkomponenten innerhalb der Systemarchitektur zu erstellen, die an den jeweiligen Anwendungsfällen beteiligt sind und dabei verschiedene Aufgaben übernehmen. In Abb. 5.37 ist eine grobe Übersicht der beteiligten Komponenten und deren Schnittstellen zusammenfassend dargestellt [66].

5.5  Umsetzung des Gesamtsystems

199

Abb. 5.35  Anwendungsfälle, die von den E-Kfz-Nutzern initiiert werden, am Beispiel des Forschungsvorhabens Harz.ErneuerbarenEnergien-Mobility [66]

Des Weiteren werden die Schnittstellenbeschreibungen spezifiziert, d. h., es wird angegeben, welche Daten über welche Funktionen ausgetauscht werden. Diese Schritte der Anforderungsanalyse, Definition der Akteure, Anwendungsfälle, Komponenten und Schnittstellen sowie Beschreibung von Aktivitätsdiagrammen müssen für jeden im System gegebenen Fall definiert und berücksichtigt werden, um das Gesamtsystem darstellen zu können.

5.5.2 Hardware- und Softwarekomponenten für die Systemumsetzung Elektrofahrzeug – Umsetzung des Teilsystems Um die Funktionalität des Elektromobilitätssystems zu realisieren, müssen alle daran beteiligten Komponenten, beginnend mit dem Elektrofahrzeug, in die Lage versetzt werden, die notwendigen Informationen und Daten bereitzustellen (Monitoring) und zu empfangen (z. B. Steuerung). Dabei müssen manchmal die Informationen lange Distanzen über diverse Instanzen zurücklegen und oft mehrfach konvertiert und angepasst werden, da sie durch unterschiedliche Schnittstellen/Interfaces versendet werden.

200

5  Elektromobilität als technisches System

Tab. 5.8  Anwendungsfallbeschreibung „Nächstgelegene Ladepunkte finden“ am Beispiel des Forschungsvorhabens Harz.ErneuerbarenEnergien-Mobility [66] Anwendungsfall

Bestimmung der Ladestation

Beschreibung

Der Logistikingenieur soll den Benutzer (Fahrer des E-Kfz) bei der Suche nach einer geeigneten Ladestation unterstützen, wobei der Fahrer Stationen sowohl in der Nähe seines Standortes als auch an einem anderen Ort suchen kann. Die Ladestation kann vorgeschlagen werden, wenn sie die notwendigen Bedingungen erfüllt, insbesondere hinsichtlich: • verfügbar für notwendige Ladezeit, • gewünschtes Ladeprofil erlaubt (z. B. Schnellladen, Grün-StromLaden), • ist innerhalb der Reichweite des Ladezustandes, • ist hinsichtlich der Netzbelastung freigegeben

Aktoren

Logistikingenieur, Elektroingenieur

Trigger (Anstoß)

E-Pkw braucht elektrische Energie

Aufgabe

Suche mögliche, freie Ladestation

Vorgaben

Standort und Reichweite des E-Pkws, Ladeprofile, Ladestationsstatus

Voraussetzungen

• Verbindung zwischen E-Pkw und E-Mobility-Management-Server verfügbar

Ergebnis

Liste der Ladestationen

Lage

Der E-Pkw Fahrer kann die Ladestation auswählen

Notwendige Schritte

1. Abfrage der Parametern des E-Pkw Fahrers 2. Abfrage der Informationen vom Elektroingenieur 3. Bestimme die Liste der optimalen Ladestationen

Zusätzliche Bedingungen

Abb. 5.36   Aktivitätsdiagramm „Nächstgelegene Ladepunkte finden“ am Beispiel des Forschungsvorhabens Harz.ErneuerbarenEnergien-Mobility [66]

5.5  Umsetzung des Gesamtsystems

201

Abb. 5.37  Komponentendiagramm am Beispiel des Forschungsvorhabens Harz.Erneuerbaren Energien-Mobility [66]

In Abb. 5.38 ist beispielhaft eine fahrzeuginterne Kommunikation dargestellt. Dabei geht es zunächst darum, die notwendigen technischen Daten von den klassischen Fahrzeugkomponenten (beispielsweise Antrieb) sowie Batterieinfrastruktur (Batterie-Management-System, Laderegler, Batterie-Controller) zu erhalten. Dies ­ funktioniert normalerweise über das CAN-Protokoll, welches heutzutage in allen Fahrzeugen umgesetzt ist. Der CAN (Controller Area Network) ist ein für den Automobilbereich konzipierter Bus. Er wurde zur Vernetzung von elektronischen Komponenten im Fahrzeug konzipiert. Hierbei gelten hohe Anforderungen bezüglich der elektromagnetischen Verträglichkeit. Der CAN-Bus wird aufgrund seiner einfachen Verkabelung, Störfestigkeit und flexiblen Einsatzmöglichkeit nicht nur allein im Bereich mobiler Systeme verbaut, er kommt zudem in der Industrie (z. B. Produktionsautomatisierung, Gebäudeleittechnik) zur Anwendung. Beim CAN-Bus werden Übertragungsstörungen durch die CRC erkannt und mittels error-frame gemeldet. Der CAN-Baustein filtert Nachrichten heraus, die nicht dem CAN-Protokoll entsprechen. Durch die lineare Bus-Topologie können weitere Bus-Teilnehmer relativ einfach hinzugefügt werden. Der schnelle Bus-Zugriff erlaubt Echtzeitanwendungen. Zudem ist er als weltweiter Standard ­(ISO-11898) normiert. Als nachteilig kann die für heutige Verhältnisse geringe Bandbreite von bis zu 1Mbit/s genannt werden, die sich mit zunehmender

Abb. 5.38   Komponentendiagramm der Schnittstellen von und innerhalb von Elektrofahrzeugen in einem Mobilitätssystem mit Mobilitätsleitwarte (MACC) am Beispiel des Forschungsvorhabens Harz.ErneuerbarenEnergien-Mobility [66]

202 5  Elektromobilität als technisches System

5.5  Umsetzung des Gesamtsystems

203

Tab. 5.9  Arten des CAN-Bus und ihre Spezifikation CAN-BUS im Bereich Automotiv High-Speed-CAN CAN-C

• Datenrate: bis 1MBit/s • High und Low-Pegel • Geringe Fehlertoleranz • Kommunikation Antrieb

Low-Speed-CAN CAN-B

• Datenrate: bis 128kBit/s • Max. 32 Geräte am BUS • Größerer Störspannungsabstand • Masseversatz • Kommunikation noch mit einem Draht möglich • Komfortfunktionen z. B. Klimaanlage

Single-Wire-CAN

• Datenrate: bis 33,3kBit/s • Ein-Draht-Kommunikation mit Massebezug • High-Level-Voltage Wake-up

Pegel-Charakteristik

Streckenlänge verringert. Problematisch kann eine fehlerhafte Terminierung der BusLeitung am Ende sein, die den gesamten Bus funktionsunfähig macht. Der CAN-Bus kann in Standardausführung mit zwei Datenleitungen oder als ­single-wire realisiert werden. Die Übertragungsgeschwindigkeit ist hierbei von der Kabellänge und der CAN-Bus-Technologie abhängig (s. Tab. 5.9). Auf der anderen Seite werden auch über das CAN-Protokoll weitere Informationen, über speziell dafür blockierte Register, bezüglich Fahrbetrieb und Fahrsicherheit übertragen, die jedoch für Elektromobilitätskomponenten nicht immer relevant und nicht zugänglich sind (z. B. Steuergeräteeinstellungen, ABS- und Airbag-Settings). Dabei kann festgestellt werden, dass bezogen auf das unterste Architekturlevel im Elektrofahrzeug das CAN-Protokoll unerlässlich für die Realisierung der Grundfunktionen eines Elektroautos (Laden, Entladen, Fahren) ist und in jedem Fall in unterschiedlichen Ausprägungen umgesetzt und zugänglich gemacht werden muss. Zur Bereitstellung weiterer standortspezifischer Fahrzeuginformationen werden sog. Telematikeinheiten eingesetzt. Die Anbindung dieser Einheiten ist bidirektional gestaltet, sodass einerseits Daten oder Anfragen vom Fahrzeug zur Leitwarte, andererseits auch Informationen zum Fahrzeug übermittelt werden können. Die Telematiksysteme verfügen über einen GPS-Empfänger und werden in der Regel als separate bzw.

204

5  Elektromobilität als technisches System

integrierte Einheit verbaut. Diese Systeme sind in der Lage, relevante Daten für den Systembetrieb zu erfassen und zu übermitteln [66]. Dazu gehören • Position (Latitude, Longitude), • Höhe über NN (Altitude), • Bewegungsrichtung (Grad, Nordausrichtung: 0° = Nord), • Geschwindigkeit, • Batterieladestand (State of Charge), • Motordrehzahl (RPM). Der Erfassungszyklus der genannten Informationen unterscheidet sich je nach Aufnahmequelle. Zum einen werden Informationen mithilfe des GPS-Empfängers aufgenommen und bewegungsorientiert erfasst. Das bedeutet, dass bei Veränderung bestimmter Parameter (Bewegungsrichtungsänderung, 500 m geradeaus gefahren, 5 Höhenmeter überwunden etc.) eine Position mit den genannten Informationen gespeichert wird. Zum anderen werden die Betriebsdaten in dem Intervall aufgezeichnet, wie sie vom CAN-Bus übermittelt werden. Die aufgezeichneten Daten können zum Aufbau von Mobilitätsprofilen sowie zur Bestimmung der aktuellen Position und des aktuellen Zustands (primärer Batterieladestand) genutzt werden. Darüber hinaus können mithilfe der aufgenommenen Betriebsdaten die Mobilitätsprofile erstellt werden, welche es ermöglichen, das Nutzerverhalten bei der Nutzung elektrisch angetriebener Fahrzeuge zu unterstützen. Damit kann anhand des aktuellen Bewegungsmusters zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Prognose über den Energiebedarf und den Zielpunkt (dem Punkt, an welchem der Energiebedarf beim Aufladen entstehen wird) durchgeführt werden [66]. Diese Informationen können beispielsweise vom Systembetreiber benötigt werden, um anhand der Prognosen den Energiebedarf der Elektromobilität zu bestimmen und geeignete Maßnahmen zur Einhaltung die Netzparametermerkmale einleiten zu können. Weiterhin ist es möglich, durch Analyse von Standorten und Standzeiten der Fahrzeuge diejenigen Orte zu identifizieren, an welchen der Bedarf an Strom besteht und wo zunächst ohne Analyse der technischen Voraussetzungen eine Ladesäule sinnvollerweise aufzustellen wäre. Standzeiten und -orte fließen somit in die Standortplanung ein, in welcher neben der Bestimmung der Bedarfspunkte auch eine Prüfung der elektrotechnischen Voraussetzungen durchgeführt werden muss (s. Abb. 5.39). Darüber hinaus bietet der Informationsaustausch über das Telematiksystem eine Art von Datenredundanz für das Elektrofahrzeug und kann in bestimmten kritischen Situationen nützlich und vorteilhaft sein (Notdienste oder Störungsbeseitigungsdienste). Das Telematiksystem besitzt eine weitere Schnittstelle zum Endnutzer mittels Endapplikationen/Fahrerinformationssystemen und bietet mit seinen Daten direkt weitere Dienste wie E-Navigation, Anzeige von Ladestationen oder Anzeige von Fahrzeugbetriebsdaten für den Fahrzeugnutzer an. Über das Fahrerinformationssystem können aktuelle Informationen zu Ladestationen in der Nähe, am Zielort oder entlang

5.5  Umsetzung des Gesamtsystems

205

Abb. 5.39   Verwendung des Telematiksystems im Zusammenspiel mit der Mobilitätsleitwarte am Beispiel des Forschungsvorhabens Harz.ErneuerbarenEnergien-Mobility [66]

der Strecke abgerufen werden, um diese als Ziel für eine Navigation auswählen zu können. Der Nutzer kann sich so zu einer Ladesäule navigieren lassen, wenn er in einer unbekannten Umgebung unterwegs ist. Die Informationen über Ladestationen können online vom zentralen Mobilitätssystem heruntergeladen werden, um ebenfalls den aktuellen Status der Ladestation zu erhalten. Der Nutzer kann somit sehen, welche Ladesäule frei oder belegt ist. Im Fahrerinformationssystem können die Betriebsdaten des Fahrzeugs angezeigt werden, welche vom Telematiksystem aus dem CAN-Bus ausgelesen werden. Der Nutzer kann so neben der Drehzahl und der Geschwindigkeit auch den Batterieladestand des Fahrzeugs auslesen. Das System kann den Fahrer ebenfalls über einen zu niedrigen Akkuladestand informieren, sodass dieser mit dem System eine Ladestation suchen und die Navigation dorthin starten kann [66]. Ladestation und Infrastruktur – Umsetzung des Teilsystems Die Ladestationen sind das wichtigste Bindeglied zwischen Elektrofahrzug und externen Infrastrukturen wie dem elektrischen Netz. Im Abschn. 5.2.2 wurden bereits sehr viele Aspekte bezüglich ihrer technologischen und infrastrukturellen Anforderungen und

206

5  Elektromobilität als technisches System

Eigenschaften erläutert und beschrieben. Die Ladestation als Komponente des Elektromobilitätssystems soll grundsätzlich drei Funktionen erfüllen: • Ladevorgang gestalten (Identifikation,Abrechnung), • Ladevorgang durchführen (Messen von relevanten Parametern, Strom bidirektional leiten), • alle beteiligten Akteure während des Prozesses entsprechend schützen (security und safety). Dieses System hat zwei elektrische und zwei Informationskanäle, zum einen in Richtung Elektrofahrzeug (Kommunikation möglicherweise über ISO IEC 15118) und zum anderen in Richtung elektrisches Netz bzw. zur übergeordneten Stelle wie zur Mobilitätsleitwarte, die zunächst technologieunabhängig ist (Kommunikation möglicherweise über IEC 61850). Aufgrund der geforderten Funktionen und Schnittstellen, welche zu realisieren sind, sowie weiterer Kriterien wie der Installationsort können unterschiedliche Ladestationen mit diversen Eigenschaften entstehen, die an den jeweiligen Anwendungsfall angepasst sind. Dabei geht es vor allem darum, das technische Optimum und wirtschaftliche Maximum unter Einhaltung der regulatorischen und technischen Richtlinien zu erreichen. Wie in Abb. 5.40 dargestellt, werden in Abhängigkeit des Aufstellorts unterschiedliche Ladestationen eingesetzt, die sich durch ihre Anforderungen und den somit verbundenen Eigenschaften und Kosten wesentlich unterscheiden können. Bei öffentlichen Ladestationen werden besondere Anforderungen beispielsweise an die softwareseitige Identifikation der Nutzer und der Zuordnung des Ladevorgangs und konstruktionsseitig an den Schutz gegen Vandalismus gestellt (sichere und robuste Gehäuse). Im nicht-öffentlichen Bereich hingegen, z. B. beim Laden

Abb. 5.40  Prototypische Ladestationen, a öffentlich, b nicht-öffentlich zugänglich/Wallbox, c Ladestation Bedienoberfläche – am Beispiel des Forschungsvorhabens Harz. Erneuerbaren Energien-Mobility [66]

5.5  Umsetzung des Gesamtsystems

207

zu Hause, spielen die Aspekte fast keine Rolle. Eine Wallbox für das Laden zu Hause kann in Abhängigkeit von der Hausanschlusskonfiguration auf geeichte Messgeräte verzichten, was hingegen bei einer öffentlichen Ladestation nicht möglich ist. Es lässt sich zusammenfassend feststellen, dass die jeweilige Ladestation vor der Umsetzung einer genauen fallbezogenen Analyse unterzogen werden muss, in der sowohl die Anforderungen als auch mögliche Einsatzszenarien betrachtet werden und eine optimale Lösung (notwendige Komponenten, Betriebsweise) erarbeitet wird. Mobilitätsleitwarte Das Elektromobilitätssystem, welches aus vielen Hardware- und Softwarekomponenten besteht und in verschiedenen Formen mit Akteuren mit unterschiedlichen Rollen interagiert, benötigt eine koordinierende Stelle, in der zunächst Informationen gesammelt und daraus Entscheidungen zur Ausgabe von entsprechenden Steuerungssignalen getroffen werden können, um das System optimal zu betreiben. Diese Koordinierungsfunktion kann entweder zentral oder verteilt, also dezentral realisiert werden. Im Rahmen dieses Kapitels wird der zentralisierte Ansatz verfolgt, der sich in der sog. Mobilitätsleitwarte abspielt. Die Mobilitätsleitwarte ist eine Zusammensetzung von unterschiedlichen Hardwarekomponenten (Datenbanken, Back-up-Systemen) und Softwareteilen, die für den zuverlässigen Betrieb der gekoppelten Infrastrukturen Strom, Verkehr und IKT als Elektromobilitätssystem notwendig sind (s. Tab. 5.10). Dabei werden die Anforderungen und Aufgaben der jeweiligen Infrastruktur zugeordnet, die je nach Ausführung und Systemeinsatz auch variieren können. Jede diese Infrastrukturen unterteilt grundsätzlich ihre Applikationen in das Monitoring (Überwachung von elektrischen Parametern wie Spannung und Strom, Überwachung von Verkehrsflüssen, Überwachung von data traffic), die Prognose (erneuerbare Energien, Energieverbraucher, Verkehrsaufkommen) und die Steuerung (Ladestationssteuerung, Reservierung, Abrechnung, Identifikation). Dabei haben die elektrischen Systeme grundsätzlich die Aufgabe, eine zuverlässige und sichere Versorgung ihrer Verbraucher, hier Elektroautos, zu gewährleisten, wobei das Angebot und die Verfügbarkeit an regenerativen Energien zu berücksichtigen und existierende technische Richtlinien und Normen einzuhalten sind. Um diese Aufgabe zu realisieren, werden diverse Parameter gemessen und an ein zentrales Daten- und Informationssystem gesendet. Dort werden diese weiterverarbeitet (Berechnung von weiteren Netzparametermerkmalen) und für Simulationszwecke genutzt (Lastflussberechnung für Netzabschnitte). Dabei werden die direkt gemessenen elektrischen Parameter wie beispielsweise Spannung gemäß existierender Normen geprüft, um mögliche Verletzungen (Überschreitung des minimal bzw. maximal zugelassenen Bandes) feststellen und ggf. direkt entgegenwirken zu können. Die Simulation ermöglicht darüber hinaus einen Blick auf das Gesamtsystem, um zu analysieren, ob das System unter den gegebenen Voraussetzungen seine Aufgaben erfüllen kann (Beispiel: Ist ausreichend Erzeugung für den aktuellen Verbrauch vorhanden?). Dafür wird auch die Erzeugung (bzw. in dem untersuchten Netzabschnitt) die

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5  Elektromobilität als technisches System

Tab. 5.10  Systemebenen einer Mobilitätsleitwarte Systemebene

Aufgaben, Eigenschaften und Einfluss der Systemebenen • Geeignete elektrische Versorgungsstruktur, Verbindung von Erzeugern und Lasten mit Ladeinfrastruktur • Stabile und zuverlässige Energieversorgung in entsprechender Qualität • Informationen zur Struktur und Charakteristika der örtlichen Netztopologie und sich daraus ableitende Anforderungen an die Ladeinfrastruktur und Steuerung • Informationen zur Erzeugung- und Lastzusammensetzung sowie zu Tarifen • Prognosedaten zum Lastgang und zur EE-Einspeisung für DSM und DSR Strategien • Verbindet elektrisches mit logistischem System • Vernetzung der Systemkomponenten mit MACC • Kommunikationsstrukturen und Schnittstellen im System • Zuverlässiger Datentransfer und -interpretation über unterschiedliche Kommunikationswege, Schnittstellen und Systemgrenzen • Zuverlässige Datenhaltung und -verfügbarkeit • Gewährleistung von Datenschutz und Datensicherheit • Erkennung und Berücksichtigung von Mobilitätsmustern • Ermitteln des Energiebedarfs und der benötigten Kapazitäten an Ladestellen • Selektion geeigneter und Navigation zu verfügbaren Ladestellen in Zielnähe • Koordinierung von E-Kfz innerhalb der Ladestellenstruktur • Prognose des zeitlich auftretenden Energiebedarfs • Prognose der zeitlich verfügbaren steuerbaren Lasten und Speicherkapazitäten • Identifikation geeigneter Positionen für Ladestellen aus dem Mobilitätsverhalten

Erzeugungskapazität kontinuierlich gemessen und für die Zukunft prognostiziert. Aufseiten der Last, bzw. beim Verbraucher, passiert das Gleiche, wobei man hier zwischen stationärer Last (Industrie, Gewerbe und Haushalt) und mobiler Last (Elektrofahrzeuge) unterscheidet [66]. Für die Prognose der Elektromobilität als elektrische mobile Verbraucher existieren noch keine standardisierten Werkzeuge. Diese gilt es daher zukünftig zu entwickeln, um eine Sektorenkopplung unter Einsatz der Elektromobilität zu ermöglichen. Im Rahmen des Betriebs der elektrischen Netzinfrastruktur werden kontinuierlich und abhängig von der Netzsituation die sog. Ladepläne für Elektrofahrzeuge ermittelt und an das Fahrzeug gesendet (gesteuertes Laden). Hierdurch werden einerseits die Kundenwünsche (Anforderungen der Fahrzeugnutzer) optimal erfüllt, und anderseits ist die Möglichkeit

5.5  Umsetzung des Gesamtsystems

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gegeben, netzfreundlich (Vehicle-for-Grid -Konzepte) zu laden bzw. zu entladen und damit einen positiven Beitrag für das elektrische Netz zu leisten. Die Informations- und Kommunikationsinfrastruktur ist zunächst als notwendiges Bindeglied zwischen logistischer und elektrischer Infrastruktur erforderlich. Darüber hinaus vernetzt und verbindet sie alle im System vorhandenen Komponenten (z. B. Fahrzeug und Ladestation) und Akteure (z. B. Ladestationsbetreiber und Fahrzeugnutzer) miteinander sowie auch mit dem zentralen Mobilitätsleitsystem und leistet somit einen entscheidenden Beitrag zur Aufrechterhaltung des gesamten Betriebs des Elektromobilitätssystems. Dabei geht es einerseits darum, alle zur Realisierung der Teilprozesse notwendigen Daten und Informationen schnell und optimal über einen zuverlässigen Datentransfer und deren Interpretation zu realisieren. Andererseits müssen der entsprechende Datenschutz und die Datensicherheit gewährleistet werden. Die Realisierung erfolgt dabei über unterschiedliche Kommunikationswege, Schnittstellen und Systemgrenzen (Nutzeridentifikation, Tarife oder Ladepläne). Die logistische Infrastruktur kümmert sich um die Elektrofahrzeuge, die sich gerade auf der Straße befinden. Dabei geht es darum, Mobilitätsmuster aus der Menge von Fahrzeugen zu erkennen, um bestmögliche Services anzubieten (beispielsweise Reservierung von Ladestationen). Darüber hinaus wird aus der sich auf der Straße bewegenden Elektrofahrzeugflotte eine Prognose abgeleitet und dem elektrischen Netzbetreiber mitgeteilt, um in Abhängigkeit der Verkehrssituation und des Verkehrsaufkommens (z. B. staubedingte Notladung nötig) die notwendige Leistung vorhalten zu können. Dabei unterstützt die logistische Infrastruktur den Elektrofahrzeugführer mit speziellen Diensten wie beispielsweise E-Navigation, um geeignete Ladestationen zu finden bzw. energetisch optimierte Fahrstrecken zu erstellen. Bei der Planung der Standorte für Ladestationen ist die Mobilitätsleitwarte in der Lage, Berechnungen aus Sicht der gekoppelten Infrastrukturen (Strom und Verkehr) umzusetzen, um geeignete und optimale Standorte der Ladestation (Minimierung der Netzbelastung und in Hinsicht auf das Verkehrsaufkommen Bestimmung optimaler relevanter points of interest) zu definieren. In der Mobilitätsleitwarte ist es möglich, direkt und abhängig von der Relevanz verschiedene Informationen der Systemarchitektur zu entnehmen bzw. Steuerbefehle zu senden. Dabei können statische, also sich selten ändernde Parameter wie Fahrzeugparameter (Kennzeichen, Batteriekapazität, Ladegerät, Ladekennlinie etc.) oder Ladestationen (Standort, nominale Ladeleistung, verfügbare Steckertypen) angezeigt werden (s. Abb. 5.41). Diese sind beispielsweise für Erstnutzer oder Carsharing -Anbieter und -Anwenderinteressant und können somit schnell abgerufen werden. Darüber hinaus stellen diese Daten einen gewissen Mehrwert für die Flottenbetreiber und Dienstleister dar, um bezüglich relevanter Parameter aktuelle Informationen hinsichtlich Wartung und Service zu erhalten. Zusätzlich können natürlich auch direkt erfasste bzw. ermittelte Parameter oder Statusinformationen dynamisch dargestellt werden, die für den Betrieb des Elektromobilitätssystems von Bedeutung sind. Dazu zählen beispielsweise die Berechnung

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5  Elektromobilität als technisches System

Abb. 5.41   Statische Daten – Überblick über technische Daten eines Elektrofahrzeugs und Ladestation im Mobilitätsportal am Beispiel des Forschungsvorhabens Harz.ErneuerbarenEnergienMobility [66]

Abb. 5.42   Dynamische Daten – Überblick über a aktuelle Leitungsauslastung und b, kurz- und langfristige Prognose der regenerativen Energieerzeugung im Mobilitätsportal am Beispiel des Forschungsvorhabens Harz.ErneuerbarenEnergien-Mobility [66]

der Leitungsauslastungen im elektrischen Netz sowie die Prognose der erneuerbaren Energieerzeugung (Abb. 5.42). Ebenfalls können direkt von Komponenten kontinuierlich erfasste Informationen wie Fahrzeugposition und Fahrzeugzustand sowie der Betriebsmodus von Ladestationen dargestellt werden (Abb. 5.43). Die einzelnen Berechnungsmodule und Funktionen wie beispielsweise die Algorithmen zur Ladeplanberechnung oder Prognose der erneuerbaren Energieerzeugung sind für den Endanwender nicht sichtbar und befinden sich im sog. ­Back-End-System.

5.5  Umsetzung des Gesamtsystems

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Abb. 5.43   Dynamische Daten – a Ladestationenstatus und Betriebsmodus b sowie Elektrofahrzeuginformation (Position, State of Charge) im Mobilitätsportal am Beispiel des Forschungsvorhabens Harz.ErneuerbarenEnergien-Mobility [66]

Mobile Anwendungen Um dem Nutzer erhöhten Komfort und Unabhängigkeit bei der Nutzung des Elektromobilitätssystems garantieren zu können, werden unterschiedliche Funktionen und Services entwickelt, implementiert und auf herkömmlichen mobilen Endgeräten (Smartphones) bereitgestellt (s. Abb. 5.44). Nach dem Anmelden haben die Nutzer die Möglichkeit, ihre Fahrzeug- und Nutzerdaten sowie Informationen zu den infrage kommenden Ladestationen zu sehen. Für die Fahrzeuge wird die Information angezeigt,

Abb. 5.44  Ladeapplikation für das Smartphone am Beispiel des Forschungsvorhabens Harz. ErneuerbarenEnergien-Mobility [66]

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5  Elektromobilität als technisches System

ob diese an eine Ladesäule angeschlossen sind, an welcher Ladesäule und welche maximale Ladeleistung zur Verfügung gestellt werden kann. Zusätzlich sind auch charakteristische Angaben zu ausgewählten Tankstellen abrufbar. Hierzu gehören u. a. die Art der elektrischen Anschlüsse und die Information, ob die Stromtankstelle verfügbar ist und welche Tarife angeboten werden [66]. Aus der Praxis

Mit der Ladeapplikation am Smartphone kann der Nutzer den Ladevorgang für das auf ihn registrierte Fahrzeug starten. Mit dem Start der Applikation erfolgt die Authentifizierung des Nutzers und die Ladeklappenvorrichtung der Ladesäule wird entriegelt. Das Beenden der Anwendung entriegelt die Stecker des Ladekabels und die Ladeklappenvorrichtung. Der Anwender kann mit dem Smartphone den Ladevorgang steuern und jederzeit den Status abfragen – vorausgesetzt, das Gerät ist im Mobilfunknetz eingebucht und hat Empfang. Die Smartphone-Applikation kann Zugriff auf die folgenden Funktionen und Informationen ermöglichen: Laden • • • •

Starten und Beenden des Ladevorganges über das Smartphone Auswahl der Ladeart: Schnell vs. Eco (= „gesteuertes Laden“) Vorgabe der gewünschten Reichweite Vorgabe der Standzeit

Status-Anzeige • Aktueller Ladezustand und Reichweite • Informationen zum laufenden Ladevorgang Navigation • Anzeige verfügbarer Ladesäulen, Navigation dorthin • Fußgänger-Navigation zum geparkten Fahrzeug Gesteuertes Laden und damit die optimale Nutzung der regenerativen Energien ist mit dem Smartphone über Eco-Laden möglich [66].

Es lässt sich bei der Umsetzung des Elektromobilitätssystems mit allen möglichen Facetten, Komponenten und Akteuren recht schnell feststellen, dass es sich hier um ein sehr komplexes und disziplinenübergreifendes Projekt handelt. Daher ist es empfehlenswert, für den jeweiligen Rahmen zugeschnittene Anwendungsfälle zu beschreiben und

5.5  Umsetzung des Gesamtsystems

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diese mit den notwendigen Elementen umzusetzen, sodass das Elektromobilitätssystem einerseits technisch zuverlässig und anderseits ökonomisch optimal funktioniert und betrieben werden kann. Modellierung der Elektromobilität Die technische Realisierung der Elektromobilität soll sorghaft geplant werden. Unabhängig davon, ob dies regional oder überregional erfolgt, sollen die wichtigen Merkmale der Elektromobilität grundsätzlich in den Energiebilanzen berücksichtigt. Beispiel

Um den Einfluss der Elektromobilität auf die Sektorenentwicklung zu berücksichtigen, wird sie (bei der Planung der Sektoren im Makromaßstab) unterschiedlich modelliert. Zum einen muss die energetische Bilanz betrachtet werden, wobei die Elektromobilität nur ein Element einer Vielzahl von Energieverbrauchern in den Berechnungen darstellt. Als Beispiel werden hier die Methodiken einiger Studien vorgestellt, die sowohl das Klima als auch die Energiebilanzen und nicht zuletzt die technische Infrastruktur im Hinblick auf die Elektromobilität analysieren. Unter anderem haben sich die Akademien der Wissenschaften mit Themen wie „Energiesysteme der Zukunft“ und hier im Speziellen mit der Sektorenkopplung ausführlich beschäftigt [67]. Auch die DENA und unterschiedliche Institute der Fraunhofer-Gesellschaft waren in diesem Bereich in den vergangenen Jahren bei vergleichbaren Studien aktiv. Durch das [68] hat die Bundesregierung einen einheitlichen Rahmen für das Thema Elektromobilität geschaffen. Die Studien gehen von verschiedenen Systematiken aus, wobei die szenarienbasierte Vorgehensweise mit ganzheitlichem Einsatz, beginnend bereits in der perspektivischen Planung, dominiert. Die Szenarien bestimmen die Rahmenbedingungen der Entwicklung und sind an die Entwicklungsziele gebunden. Basierend auf diesen Szenarien werden energetische und technische Berechnungen für bestimmte Zeitperioden durchgeführt, die im Falle der Energiebetrachtung hauptsächlich durch Bestimmung der residualen Last zu charakterisieren sind. Durch die Vollkostenrechnung werden optimale Varianten der Entwicklung bestimmt. Im Falle der technischen Berechnungen wird die Notwendigkeit zur Bereitstellung zusätzlicher Kapazitäten der elektrischen Netze für die Versorgung der Elektromobilitätladeinfrastrukturen auch im Rahmen von Simulationsrechnungen (z. B. Lastflussberechnungen) ermittelt (hierfür s. Abschn. 5.2.2). Die Untersuchungssystematik wird hier anhand einiger Beispiele genauer dargelegt. Das Institut ISE der Fraunhofer-Gesellschaft geht in seiner Studie Energieversorgung Deutschland 2050 [69] von Voraussetzungen zur Absenkung der CO2-Emissionen bis zu 95 % im 2045 gemäß Abb. 5.45 aus. Diese Angaben

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5  Elektromobilität als technisches System

wurden anschließend entsprechend der Emissionen der vier Sektoren Industrie/ GWB, Wärme, Stromerzeugung, Verkehr in unterschiedliche Planungsjahre aufgeteilt (Abb. 5.46). Die größte Einsparung der Emissionen ist in den Sektoren Stromerzeugung und Wärme zu beobachten, wobei auch der Verkehr die ­CO2-Emissionen bis 2030 reduzieren wird.

Abb. 5.45   Zusammensetzung des Treibhausgasemissionen in Deutschland. (Nach [69])

Abb. 5.46   CO2-Emissionen für unterschiedliche Sektoren. (Nach [67, 69])

5.5  Umsetzung des Gesamtsystems

215

Die Modellierung wurde sektorenweise durchgeführt, wobei die Kopplung durch die Medien (Strom, Gas, H2 etc.) entsteht. Die vereinfachte, schematische Darstellung des Modells zeigt Abb. 5.47. Das Diagramm zeigt unterschiedliche Sektoren und Energieflüsse. Die angegebenen Energiemengen beziehen sich jeweils auf bestimmte Variantenrechnungen und sind hier nur zur Information genannt. Grundsätzlich sind die Sektoren detaillierter modelliert und können auch interne regenerative Erzeugung besitzen. Abb. 5.48 zeigt die Modellierung des Verkehrs in der nächsten Detailstufe. Die Vorgehensweise bei der Optimierung ist in Abb. 5.49 schematisch dargestellt. Nach der Zusammenstellung von Modellen und Eingangsdaten werden die Optimierungsrechnungen in Strom- und Wärmesystemen durchgeführt. Zielfunktion ist dabei die Minimierung der jährlichen Vollkosten. Als Ergebnisse der Berechnungen sind optimale Parameter der geplanten Komponenten (Leistungen) zu erwarten.

Wichtige praktische Bedeutung hat auch Bestimmung der konkreten Ladevorgängen (s. Anwendungsfall im der Tab. 5.8). Dazu sind unterschiedliche Strategien für integriertes Lastmanagement zu verwenden die ausführlich in der Literatur, z. B. [70], vorgestellt und erklärt worden sind.

Abb. 5.47   Modellierungsverfahren der energetischen Sektorenkopplung (durchgezogene grüne Linie: Brennstofffluss, gestrichelte blaue Linie: Stromfluss). (Nach [69])

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5  Elektromobilität als technisches System

Abb. 5.48   Modellierung des Sektors Verkehr in der zweiten Detailstufe. (Nach [69])

Abb. 5.49   Vorgehensweise bei der Optimierung nach dem ISE-Algorithmus [69]

Beispiel

Bei dem Laden ist wichtig die elektrische Netze nicht zu überlasten. Da meistens das einphasige Laden stattfindet, entsteht eine Strom- und Spannungsunsymmetrie im TN-C-Netz, die durch einen Strom auf dem PEN-Leiter ausgeglichen wird (Abb. 5.50). Nach EN 50160 beträgt der einzuhaltende Grenzwert für den Spannungsabfall 2 % je Spannungsebene.

5.5  Umsetzung des Gesamtsystems

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Abb. 5.50   Unsymmetrie im öffentlichen TN-C Netz [71]

Hohe Ströme auf dem PEN-Leiter müssen vermieden werden, denn es besteht die Gefahr einer unzulässigen Potenzialanhebung > 50V zwischen PEN-Leiter und Erde. Zusätzlich verschlechtert sich der Gesamtwirkungsgrad des Energiesystems insbesondere durch die zusätzlichen Verluste bei den Transformatoren. Das elektrische Netz weist allgemeine Phasenunsymmetrie aus. Auftretende, einphasige Ladevorgänge der Elektrofahrzeuge können die gegenseitige Phasenlage in den Netzen verschlechtern. Um den Unsymmetrieeffekt zu minimieren wurde, von der Firma Stromnetz Berlin GmbH, ein Gerät entwickelt [72], der „Phasenwähler“ heißt. Der Phasenwähler hat die Aufgabe die Ladevorgänge in Abhängigkeit von der Phasenspannung zu symmetrisieren. Dabei „wählt“ der Phasenwähler automatisch die Ladephase mit der niedrigsten Belastung bzw. mit der höchsten Spannung. Die prinzipielle Darstellung des Phasenwählers ist in Abb. 5.51 gegeben. Über drei Spannungsmesswandler werden die Effektivwerte der Spannungen der Phasen L1, L2 und L3 erfasst. Jeweils vor Beginn des Ladens wird über ein Relais der Ladebox an die automatisch gewählte Phase geschaltet. Während des Ladevorgangs bleibt die Phasenzuordnung erhalten wodurch ein ständiges Hinund Herschalten vermieden wird (Netzbeeinflussung). Durch den Phasenwähler wird die Spannungsunsymmetrien verringert und auch die im Netz vorhandenen Netzunsymmetrien ausgeglichen. Das schließt die Verringerung der PEN-Leiterbelastung mit ein. Dadurch ist es möglich eine höhere Abb. 5.51   Prinzipielle Darstellung des Phasenwählers [71]

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5  Elektromobilität als technisches System

Abb. 5.52   Prototyp des Phasenwählers [71]

Anzahl von einphasigen Ladevorgängen gleichzeitig zu erreichen. Das vorhandene Niederspannungsnetz kann somit optimal ausgenutzt werden. In Abb. 5.52 ist ein Prototyp des Phasenwählers dargestellt.

Fragen zum Kapitel 5

• Das elektrische Energiesystem besteht aus mehreren Netzebenen. Welche Ebenen kennen Sie und wie begründen Sie, dass die Übertragung der Energie mit sehr hoher Spannung erfolgen soll? Wie erfolgt die Anpassung der Spannungen zwischen den Netzebenen? • Nennen Sie die Hauptenergieverbrauchsektoren in Deutschland? Wie hoch ist derzeit etwa der Energieverbrauch in Deutschland und welche Energieträger werden dazu genutzt? • Wie viele E-Kfz sind derzeit in Deutschland zugelassen und welche Entwicklungen werden für die nächsten Jahre bis etwa 2040 erwartet? Was sind die größten Hemmfaktoren für die Elektromobilität? • Welche Themen umfasst die Normungsreihe IEC 61850 und was ist das IEC 61850 Referenzmodel? • Was bedeutet CIM? Für welche Aufgaben werden CIM-Modelle herangezogen? Was bedeutet Mapping? • Wie wird ein Anwendungsfall erstellt? Erklären Sie die Eigenschaften eines Anwendungsfalls am Beispiel der Nutzung von Elektroautos. • Welche Funktionen erfüllt eine Mobilitätsleitwarte? Warum können und sollen E-Kfz-Flotten mit IKT vernetzt werden?

Literatur

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222

5  Elektromobilität als technisches System

[60] Helms H et al (2016) Weiterentwicklung und vertiefte Analyse der Umweltbilanz von Elektrofahrzeugen. Umweltbundesamt, Dessau-Roßlau [61] Pötscher F et al (2014) Ökobilanz alternativer Antriebe – Elektrofahrzeuge im Vergleich. Umweltbundesamt, Wien [62] Rudolph F, Koska T, Schneider C (2017) Verkehrswende in Deutschland. Greenpeace e.V., Wuppertal Institut, Hamburg [63] Beckmann KJ, Holzapfel H, Sammer G (2017) Elektromobilität: Macht der Wandel des Fahrzeugantriebs den Verkehr umweltfreundliche? https://www.motor-talk.de/forum/aktion/ Attachment.html?attachmentId=757916. Zugegriffen: 24. Jan. 2017 [64] Springer Gabler Wirtschaftslexikon (2016) http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/154125/ geschaeftsmodell-v11.html. Zugegriffen: 1. Nov. 2017 [65] FZI Forschungszentrum Informatik und Fraunhofer IAO (2014) Abschlussbericht zum Forschungsvorhaben „Geschäftsmodelle und IKT-basierte Dienstleistungen für Elektromobilität“, Version 2.2 [66] Styczynski ZA, Komarnicki P, Naumann A (Hrsg) (2012) Abschlussbericht H ­arz. ErneuerbareEnergien-mobility. Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Magdeburg. ISBN: 978-3-940961-71-6 [67] Acatech (2016) Sektorenkopplung – Option für die nächste Phase der Energiewende. http:// www.acatech.de/fileadmin/user_upload/Baumstruktur_nach_Website/Acatech/root/de/ Publikationen/Kooperationspublikationen/ESYS_Stellungnahme_Sektorkopplung.pdf. Zugegriffen: 18. Jan. 2018 [68] BMWE (2017) Ergebnispapier Strom 2030. Langfristige Trends – Aufgaben für die kommenden Jahre. http://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Energie/strom-2030ergebnispapier.html. Zugegriffen: 18. Jan. 2018 [69] Henning HM, Palzer A (2013) Energiesystem Deutschland 2050. Sektor- und Energieträgerübergreifende, modellbasierte, ganzheitliche Untersuchung zur langfristigen Reduktion energie-bedingter CO2-Emissionen durch Energieeffizienz und den Einsatz Erneuerbarer Energien. Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE, Freiburg. https://www.ise. fraunhofer.de/content/dam/ise/de/documents/publications/studies/Fraunhofer-ISE_Energiesystem-Deutschland-2050.pdf. Zugegriffen: 18. Jan. 2018 [70] Ovelle A, Hably A, Bacha S (2018) Grid optimal integration of electric vehicles: Examples with Matlab implementation. Verlag Springer, Heilderberg [71] Noske T, Mercker M (2017) E-Mobilität: Phasenwähler als Alternative zum Netzausbau. EW Magazin für die Energiewirtschaft 10:54–57 [72] Oberländer J (2018) Phasenwähler der Firma Stromnetz Berlin GmbH. Autoreninformation vom 21.02.2018

6

Autonomes Fahren

6.1 Einführung Automatisiertes Fahren, also der autonome Ablauf von Lenk-, Beschleunigungs- und Bremsmanövern ohne menschliches Eingreifen, ist seit der flächendeckenden Etablierung von Kraftfahrzeugen von großem Interesse. Schon in den 1930er-Jahren wurden mit der Steuerung von außen, die ersten Versuche auf dem Weg zum vollautomatisierten Fahren unternommen [1]. Seit 2005 werden immer leistungsfähigere und zuverlässigere Steuerungssysteme für Automobile entwickelt (Hardware und Softwarekomponenten), die auch auf die rasante Entwicklung der Computertechnik zurückzuführen sind. Beim automatisierten Fahren, dessen letzte Stufe das autonome Fahren bildet, geht es im Allgemein um die Nachbildung der Reaktionen des menschlichen Fahrens auf die ständig veränderliche Straßen- und Umgebungslage. Landläufig wird sich die Frage gestellt: Wenn Flugzeuge bereits seit langem durch einen Autopiloten gesteuert werden, sogar während des Starts und bei der Landung, und dies auch bei unbemannten Drohnen im täglichen Einsatz angewendet wird, warum ist es da nicht schon längst bei KFZ möglich? Schließlich stellt ein Flugzeug ein technisch nochmals deutlich komplexeres Fortbewegungsmittel dar, welches sich zusätzlich bei deutlich größeren Geschwindigkeiten bewegt, als die KFZ auf den Straßen. Jedoch gibt es einen gravierenden Unterschied, die Hauptherausforderung der Adaption auf den Straßenverkehr besteht in der hohen Verkehrsdichte, die im Personenund Warenverkehr auf der Straße vorherrscht. Beim kollisionsfreien Autofahren agieren gleichzeitig eine Vielzahl an Akteuren (Autos, Fußgänger, enge Straßen, Straßenzeichen usw.). Die Menge an Informationen, die zum Treffen einer richtigen Entscheidung verarbeitet werden müssen, ist daher enorm hoch. Es wird geschätzt, dass für Fahrten mit einer gemäßigten Geschwindigkeit in der Stadt etwa das 1000-fache [2] an Informationen im Vergleich zu einem Landeanflug eines durch einen Autopiloten gesteuerten Flugzeugs © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 P. Komarnicki et al., Elektromobilität und Sektorenkopplung, https://doi.org/10.1007/978-3-662-62036-6_6

223

224

6  Autonomes Fahren

verarbeitet werden müssen. Die notwendige Leistung des Mikroprozessors für solch einen Landeanflug wird auf 40 MFLOPS1 geschätzt. Heutige Mikroprozessoren weisen eine Verarbeitungsrate von 50 und mehr GFLOPS [3] auf und sind damit dieser Aufgabe gewachsen. Tesla setzt bereits auf einen neuartigen 600-GFLOPS Mikroprozessor [4] für das autonome Fahren und will damit die anfallenden Videodaten für die Fahrt vollständig verarbeiten. Einen weiteren Meilenstein auf dem Weg zur Automatisierung des Fahrens stellte die Einführung von Elektroantrieben in Fahrzeugen dar. Ein elektrisch angetriebenes Fahrzeug lässt sich im Vergleich zu konventionellen Fahrzeugen, einfacher und präziser steuern. Der Grund liegt darin, dass beim Elektrofahrzeug alle Steuerbefehle direkt durch Impulse in elektrischen Aktor-Sensor-Systemen ausgeführt werden. Demgegenüber ist bei Verbrennungsfahrzeugen die Kette der elektrischen Steuerung durch die Steuerung des flüssigen Treibstoffes unterbrochen bzw. mit unterschiedlichen Zeitkonstanten verbunden. Da die Frage des automatisierten Fahrens alle Automobilhersteller gleichermaßen betrifft, wurde durch die Internationale Society of Automotive Engineers (SAE) eine Systematik eingeführt, die zwischen fünf Stufen des automatisierten Fahrens unterscheidet2 [5–7]. Tab. 6.1 basiert auf den Daten der SAE und des ADAC und fasst die wichtigsten Merkmale der unterschiedlichen Stufen zusammen. Die Gelb markierten Felder stellen die Stufen des automatisierten Fahrens dar, bei welchen der Fahrer verpflichtet ist das Auto zu führen. Die Grün markierte Felder identifizieren hingegen die Stufen, bei welchen das Kfz einige Fahraufgaben bzw. Funktionalitäten selbstständig erledigen kann, bis in der 5. Stufe vollständig auf einen menschlichen Fahrer während der Fahrt verzichtet werden kann. Fahrzeugsysteme, welche die Anforderungen der Stufen 3 bis 4 erfüllen, werden bereits als teilautonomes Fahren bezeichnet, während das vollständig autonome Fahren erst bei Stufe 5 erreicht wird.

6.2 Fahren als Regelungsaufgabe Im Allgemeinen kann Autofahren als eine kontinuierliche Regelungsaufgabe, wie sie in Abb. 6.1 dargestellt ist, verstanden werden. Nach der Festlegung des Ziels werden durch den Controller (diese Rolle übernimmt traditionell der Fahrer und in den zukünftigen Fahrzeugen ein Mikroprozessor) Steuerbefehle erteilt, die wiederum beim

1Giga

Floating Point Operations Per Second (GFLOPS) auf Deutsch Gleitkommaoperationen pro Sekunde, ist ein Maß für die Leistungsfähigkeit von Computern oder Prozessoren und bezeichnet die Anzahl der Gleitkommazahl-Operationen (Additionen oder Multiplikationen), die von ihnen pro Sekunde ausgeführt werden können [Wikipedia]. 2ADAC postuliert auch nur 3 Stufen des Fahrens: Unterstütztes Fahrens, Automatisiertes Fahren, autonomen Fahren.

Beispiele

Automatisches Notbremsen Totwinkelwarnung

All-ON

Hand-OFF

Stauautonomes Fahren

Eyes-OFF

Lokale Taxi

Mind-OFF

(Fortsetzung)

Fahrzeug kann sicher fahren in allen Bedingungen

Person-OFF

Unterstützung beim Autonomes Fahren Autonomes Fahren Autonomes unter begrenzten unter begrenzten Fahren unter allen Fahrzeugführen Bedingungen Bedingungen Bedingungen und Bremsen/ Beschleunigen

Spurhalteassistent Spurhalteassistent und adaptives (LKAS – Lane Abstandhalten Keeping Assistant System) oder adaptives Abstandhalten (ACC – Active Cruise Control)

Feet-OFF

Unterstützung beim Fahrzeugführen oder Bremsen/ Beschleunigen

So lange automatische Systeme arbeiten, fährt das Fahrzeug autonom. Fahrer wird nie aufgefordert die Aufgaben des autonomen System zu übernehmen So lange automatische Systeme arbeiten, fährt das Fahrzeug autonom. Fahrer wird nie aufgefordert die Aufgaben des autonomen System zu übernehmen

So lange automatische Systeme arbeiten, fährt das Fahrzeug autonom. Wenn aufgefordert, muss der Fahrer die Fahrzeugführung übernehmen

Nur der Fahrer fährt. Der Fahrer überwacht die tätigten Aktion, wenn Unterstützungsfunktionen eingeschaltet sind, und gegeben falls korrigiert sie

Nur der Fahrer fährt. Der Fahrer überwacht die tätigten Aktion, wenn Unterstützungsfunktionen eingeschaltet sind, und gegeben falls korrigiert sie

Nur der Fahrer fährt. Der Fahrer überwacht die tätigten Aktion, wenn Unterstützungsfunktionen eingeschaltet sind, und gegeben falls korrigiert sie

Aufgaben des Fahrers

Aufgaben des auto- Kein automatisierten Systems matisiertes System aktive

Autonomes Fahren

Vollautomatisiertes Fahren

Hochautomatisiertes Fahren

Teilautomatisiertes Fahren

5

Assistiertes Fahren

4

Kein eingreifendes System aktiv

3

Erläuterung

2

1

0

Stufe nach SAE

Tab. 6.1  Stufen der Automatisierung des Fahrens nach SAE [5, 7]

6.2  Fahren als Regelungsaufgabe 225

Der Fahrer haftet für Der Fahrer Verkehrsverstöße und haftet für Verkehrsverstöße Schäden und Schäden

Haftung

1

0

Stufe nach SAE

Tab. 6.1   (Fortsetzung) 5 Es gibt nur Passagiere ohne Fahraufgaben. Die Passagiere haften während der autonomen Fahrt nicht für Verkehrsverstöße oder Schäden. Fahrten ohne Insassen sind möglich

4 Der Fahrer ist auf bestimmten Strecken zum Passagier und haftet während der vollautomatisierten Fahrt nicht für Verkehrsverstöße oder Schäden. Fahrten ohne Insassen sind möglich

3 Der Fahrer haftet nur dann, wenn er dieser Aufforderung nicht nachkommt

2 Der Fahrer haftet für Verkehrsverstöße und Schäden

226 6  Autonomes Fahren

6.2  Fahren als Regelungsaufgabe

227

Abb. 6.1   Fahren als Regelungsaufgabe – allgemeine Regelstrecke

konventionellen Fahren durch den Fahrer selbst und beim automatisierten Fahren durch die Steuergeräte ausgeführt werden. Die Steuergeräte kontrollieren die Richtung und Geschwindigkeit des Fahrzeugs und sorgen dafür, dass das Ziel sicher erreicht wird. Jede neue Position des Fahrzeugs wird im System fortlaufend mit der Zielposition vergleichen. Die resultierenden Abweichungen aus Ist- und Sollposition führen zur Korrektur der Steuerbefehl unter Beachtung physikalischer Grenzen. Diese überaus nüchterne, technische Beschreibung des Fahrens als Regelungsprozesses verdeckt die tatsächlichen hohen Anforderungen. Dies wird bei einem Vergleich der Anforderungen, die der Fahrer eines Fahrzeugs im Straßenverkehr zu bewältigen hat, deutlich. Dieser Vergleich verdeutlicht auch, wie stark vereinfacht dieses Konzept die Wirklichkeit beschreibt. Das Erreichen des globalen Ziels wird beim realen Fahren im Straßenverkehr durch die Vielzahl an Regelungsbefehlen, aufgrund der sich ständig verändernden Randbedingungen (Verkehrssituation) überlagert. Im Weiteren wird daher diese Überlagerung genauer betrachtet. Intuitiv verstehen wir, dass eine Autobahnfahrt grundsätzlich weniger Regelungsaufwand verlangt als eine Fahrt in der Stadt. Dies begründet sich dadurch, dass in der Stadt auf engem Raum viele Teilnehmer miteinander agieren müssen. Die Einhaltung einer Vielzahl an Verkehrsregeln und die Rückkopplung einer sich ständig verändernden Umgebung erschweren die Regelaufgabe. Der Mensch als Fahrer (Regler) verfügt zur Bewältigung dieser Aufgabe über Sinne die es ihm erlauben, die Verkehrssituation ständig zu beobachten, zu erfassen. Dieser Prozess wird in der menschlichen CPU – dem Gehirn – analysiert und die Ergebnisse dieser Analyse führen zu entsprechenden Handlungen. Beim automatisierten Fahren sind unterschiedliche Sensoren notwendig, welche die Umgebung abtasten und ein digitales Abbild der Lage erstellen. Durch Steuergeräte und Aktoren werden dann gewünschte bzw. notwendigen Aktionen automatisch (z. B. Lenken, Notbremsen usw.) vorgenommen.

228

6  Autonomes Fahren

6.3 Sensoren und Aktoren des autonomen Fahrzeugs Die Analyse des Fahrprozesses macht deutlich, dass komplexe Sensoren notwendig sind, um das Fahrzeug sicher im Straßenverkehr zum Ziel zu führen. Die Regeln des Straßenverkehrs basieren auf jahrelangen Erfahrungswerten und auf menschlichen Methoden der Situationserfassung. Zur Analyse der Straßenlage nutzen die Menschen ihre naturgegebenen Sinne. Grundsätzlich das Sehvermögen aber auch das Hören erlaubt es dem Menschen, sich im Verkehrsfluss zu orientieren. Da das autonome Fahren zunächst in Koexistenz mit dem traditionellen Fahren stattfindet, wird sich die Auswahl der Sensoren an ähnliche Informationsquellen wie bei Menschen orientieren, um die Sicherheit des zukünftigen Verkehrs nicht zu gefährden. Es ist leicht vorstellbar, dass technisch effektivere Verkehrsregeln für den Fall eines vollautomatisierten Verkehrs entwickelt werden könnten. Beobachtungen beispielsweise im industriellen Bereich wie z. B. in einem Containerhafen, wo sich die autonomen Fahrzeuge nicht nach den uns bekannten Verkehrsregeln bewegen müssen, legen diese Vermutung nahe. Das System wird dadurch sicherer und letztlich sogar effektiver [8]. Wobei hier natürlich eine gesellschaftliche Akzeptanz vorausgesetzt werden muss. In heutigen automatisierten Fahrzeugen werden unterschiedlichste Sensoren genutzt, die dem Controller alle notwendigen Information für die Steuerbefehle liefern. Eine, oder besser gesagt mehrere Kameras, liefern reale Bilder der Umgebung im sichtbaren bzw. infraroten Spektrum. Durch Bildverarbeitungsprogramme werden auf diesen Bildern Objekte erkannt, qualifiziert und die Situation aufgrund der so ermittelten Parameter, wie Lage, Geschwindigkeit, Beschleunigung usw., analysiert und bewertet. Aufgrund dieser digitalen Informationen werden optimale Fahrspuren des automatisierten Fahrzeugs berechnet und entsprechende Steuergeräte aktiviert. Das LIDAR-Verfahren (light detection and ranging) liefert ähnlich wie bei klassischen Kameras ein reales Bild der Umgebung, allerdings basiert dieses Bild aufgrund der Abtastung der Umgebung mit einem Laserstrahl. Eine Laserdiode sendet dabei kontrollierte Impulse in gewünschte Richtungen, das reflektiere Laserlicht wird von einer Fotodiode empfangen. Die Analyse dieses Laserbildes führt zu einem Abbild der Umgebung, ähnlich wie bei herkömmlichen Kamerabildern. Die Kameras und das LIDAR arbeiten mit elektromagnetischen Wellen im ­Terahertz-Bereich (THz) und bewegen sich damit im gleichem Bereich wie das menschliche Auge (siehe Abb. 6.2). Es ersetzt damit in abstrakter Weise das klassische Sehen des Fahrers. Das Radar hingegen arbeitet im Gigahertz-Bereich (77 bzw. 24 GHz). Der Radarstrahl (Ping bzw. Dauerstrahl – Frequency-Modulated Continuous Wave; FMCW) wird in die gewünschte Richtung gesendet und die von Objekten reflektierten Radarwellen werden durch eine hochfrequente Antenne empfangen. Damit können die Objekte im Raum lokalisiert werden. Mithilfe des Dopplereffekts können Abstand und ­Geschwindigkeit

6.3  Sensoren und Aktoren des autonomen Fahrzeugs

229

Abb. 6.2   Wellenspektrum der menschlichen Sinne und Sensoren des automatisierten Fahrens

der Objekte ermittelt werden. Das Radar liefert im Vergleich zum LIDAR bzw. zur Kamera keine genauen Charakteristika der Objekte, hat aber gegenüber diesen Techniken den Vorteil, dass Radarwellen unempfindlich gegenüber Verdunkelung sind und somit auch Bilder bei Nebel und in der Nacht liefern. Der Ultraschall ermöglicht ebenfalls eine genaue Lokalisierung der Objekte, ist aber wegen seines Energiespektrums nur für kurze Distanz nützlich. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich die Sensortechnik für automatisiertes Fahren in eine Richtung entwickelt hat, die eine Koexistenz dieser Art des Fahrens mit dem von Menschen gesteuerten Fahrzeugen ermöglicht. Dies illustriert auch Abb. 6.2, in der die Spektren der menschlichen Sinne, den Spektren der Sensoren gegenüber gestellt sind. Es lässt sich eine erstaunliche Übereinstimmung der Spektren feststellen. Da die einzelnen Sensoren unterschiedliche und sich teilweise ergänzende Aufgabe erfüllen können, werden diese, auch auf Grund der notwendigen Redundanz, gleichzeitig genutzt. In solche Situation wird von einer kombinierten Nutzung von Sensoren gesprochen. In der Tab. 6.2 sind die Sensoren des automatisierten Fahrens und seinen Charakteristika zusammengestellt. Wird das autonome Fahren unter Berücksichtigung von verschiedenen Sensordaten als Regelungsaufgabe (vergl. auch Abb. 6.1) verstanden, so ergeben sich im Minimum drei überlagerte Schichten der Entscheidungsfindung: • strategische Planung, • taktische Manöver, • operative Steuerung. Die Abb. 6.3 stellt diese detaillierteren Regelungsaufgaben grafisch dar. Für die strategische Planung (grün hinterlegte Schicht) wird in Minutenintervallen die Lage des Fahrzeugs in Verbindung mit dem übergeordneten Ziel (Fahrziel) analysiert. Grundsätzlich werden weiträumige Entscheidungen getroffen, die sicherstellen, dass das Fahrzeug sich seinem Ziel nährt.

230

6  Autonomes Fahren

Tab. 6.2  Sensoren im automatisierten Fahrzeugen und ihre Funktionen System

Wellenlängea [9, Spezifikation 10]

Kamera [11]

Sichtbare Licht 780–380 THz

800 × 1200 Pixel Verkvorhanden sein (siehe 100 m auchehrsschilderkennung Parkassistent Spurhalteassistent Digitale Seitenspiegel

Lidar [12]

420 THz 640 THz 905 nm

Leserdiode/ Photodiode

Stop-and-Go, Blind-Spot 150 m Erkennung Notbremsung, Fußgänger Erkennung, Kollisionsvermeidung Umgebungsvermessung

Radar [13, 14]

24,25 – 26,65 GHz (bis 2022) 24,0524,25 GHz 77–81 GHz 76–77 GHz

Kurzstreckenradar (SRR) bis 30 m Mittelstreckenradar (MRR) bis 150 m Langstreckenradar (LRR) bis 250 m

Stop-and-Go, Blind-Spot Erkennung Querverkehrwarnung Toterwinkelassistent Distanzwarnsystem Adaptive Geschwindigkeitsregelung

30–250 m

Ultraschall [15]

400 kHz

Automatisches Parken Toterwinkelassistent

1–250 cm bis 15 m

Nachtsicht

bis 150 m

Infrarot

Anwendungen [10]

Reichweite

aDie entsprechenden Frequenzbänder sind in Deutschland durch die Bundesnetzagentur (BNetzA) in einem Frequenzplan gelistet [xx]

Abb. 6.3   Schematische Darstellung der unterschiedlichen Schichten des Fahrens nach [16]

6.4  Protokolle und Vernetzung der Fahrzeuge

231

Etwa alle 10 s werden zusätzlich taktische Manöver (gelb hinterlegte Schicht) neu berechnet und falls notwendig ausgeführt. Hier handelt es sich im Wesentlichen um solche Fahrmanöver wie Abbiegen, Spurwechsel und dergleichen. In der operativen Steuerung (rot hinterlegte Schicht) werden Aktionen wie Bremsen, Beschleunigen bzw. Wenden vorgenommen. In Abb. 6.3 ist dies am Beispiel des Lenkens, bei dem im Millisekunden Bereich korrekte Drehmomente erzeugt werden müssen, um die berechneten Winkel der Fahrzeugräder anzusteuern. Je mehr Daten über die Sensoren zur Auswertung vorhanden sind und umso zuverlässiger diese Daten sind, je sicherer wird das autonome Fahren sein. Es ist also anzunehmen das zukünftige, autonome Fahrzeuge sicherer auf den Straßen unterwegs sind als dies in unserem heutigen System mit menschlichen Fahrern möglich ist.

6.4 Protokolle und Vernetzung der Fahrzeuge Die Anzahl der Informationen, die ein modernes, automatisiertes Fahrzeug aufgrund der installierten Sensortechnik sammelt, ist enorm [17]. Diese Fülle an Informationen wird nicht nur zur Unterstützung des Fahrers bzw. zum autonomen Fahren innerhalb des Fahrzeugs genutzt, sondern wird auch mit anderen Teilnehmern des Straßenverkehrs ausgetauscht werden. Diese Vernetzung der Teilnehmer wird zur Erhöhung der Sicherheit beitragen. Die ganze Kommunikation ist normiert und erfolgt durch die Familie von s.g. Vehicle-to-X (V2X)- Protokollen [18]. Zunächst werden in der Zukunft die Fahrzeuge miteinander vernetzt. Diese ­Fahrzeug-zu-Fahrzeug-Kommunikation wird kurz V2V (Vehicle-to-Vehicle3) genannt. In der Regel wird die Kommunikation über WLAN (5G) oder Mobilfunktechnik erfolgen. Das Fahrzeug wird durch eine Client-ID eindeutig identifiziert und damit auch im digitalen Straßenbild erkennbar. Weitere Vernetzung erfolgt zwischen dem Fahrzeug und der Verkehrsinfrastruktur und wird daher kurz V2I (Vehicle-to-Infrastructure) genannt. Die Kommunikation im Fahrzeug selbst wird häufig auch in-vehicle (InV) Kommunikation genannt. Im V2X-Modell sind alle Akteure sowohl Sender als auch Empfänger von Echtzeit-Informationen. Die wichtigsten Zusammenfassungen dieses Informations­ stromes (wie z. B. Warnungen) erscheinen auf dem Display des Fahrers bzw. werden von Prozessoren des automatisierten Fahrzeugs in Steuerbefehle überführt. Allgemeine Informationen über die im Straßenverkehr teilnehmenden Fahrzeuge werden durch Nachrichten CAM (Cooperative Awareness Messages) allen Teilnehmern des Systems zugänglich gemacht und beinhalten folgende Daten: Fahrzeugtyp, Position,

3In

USA wird anstatt Wort Vehikel das Wort Car benutzt. So heißt es V2V – C2C und V2X C2X usw.

232

6  Autonomes Fahren

Tab. 6.3  Schichten in der IST – Kommunikation [20] Informationsschicht (layer)

Informationsprotokoll

Bemerkungen

Anlagenschicht

CAN, DENM, ……

Lokale Daten von V2V und I2V

Vernetzungs- und Transportschicht

BTP (Basic Transport Protocol) GeoNetworking

Siehe auch ETSI EN 302 636-5-1 Siehe auch ETSI EN 302 636-1

Zugangsschicht

DCC (Decentral Congestion Control) IEEE 802.2 LLC IEEE 802.11p

[21] LLC- Logical Link Control ITS – WLAN- Technik

Geschwindigkeit und Richtung. Die Wiederholungsrate dieser Information erfolgt im Sekundentakt. Die Infrastruktur sendet DENM (Decentralised Envirnoment Notification Message) Nachrichten, die regionale Ereignisse (wie z. B. Umfälle oder Verkehrseinschränkungen) beschreiben. Mit diesen Informationen lässt sich das „Bild“, das dank der Informationen aus Fahrzeugsensoren und externen Quellen entsteht, für das automatisierte Fahren plausibilisieren und ergänzen. Die o.g. Protokolle sind standardisiert und deren Entwicklung wird durch das Konsortium Car-to-Car-Communication (C2C-CC) koordiniert [18]. Die ­C2C-CC-Mission ist die Entwicklung eines kooperativen intelligenten Transportsystems(C-IST) [19]. Tab. 6.3 fasst die Grundzüge der C2X (V2X) Protokolle in drei Schichten zusammen: • Anlagenschicht (Fahrzeug, Verkehrsinfrastruktur, usw.) • Vernetzungsschicht, • Zugangsschicht. Der wichtigste Punkt ist hier die Sicherheit des sehr komplexen Informationsnetzes. Sofern in einem solchen echtzeitbetriebenen Verkehrsinformationsnetz Verfälschungen (gewollte oder ungewollte) auftauchen, kann das gesamte Verkehrssystem gestört werden, was schlussendlich zum Systemkollaps führt. Bei der Car2X-Kommunikation werden zwangsläufig große Datenmengen erfasst. Um potenziellem Datenmissbrauch einen Riegel vorzuschieben, muss in jedem Fall die europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) eingehalten werden. Außerdem muss der Fahrer wissen, wann welche Daten und zu welchem Zweck erhoben werden. Zudem muss er eigenständig entscheiden können, welche vom Hersteller angebotenen Dienste er nutzen möchte und welche Daten dieser verwenden darf. Außerdem muss die eingesetzte Informationstechnik (IT) stets auf dem aktuellen Stand der Sicherheitstechnik gehalten werden, um Manipulationen zu verhindern und mögliche Sicherheitslücken aufzudecken und zu schließen. Da IT-Sicherheit und funktionale Sicherheit der eingesetzten Systeme miteinander verwoben sind, ist die IT-Sicherheit ein kritischer Faktor für eine erfolgreiche Einführung von vernetztem und autonomen Fahren.

6.6  Autonomes Fahren und Sektorenkopplung

233

Die Sicherheit des Informationssystems des autonomen Kfz muss gewährleistet werden. Hier sind unterschiedlichen Gefahren des externen Angriffs vorzubeugen [22].

6.5 Akzeptanz versus rechtlicher Rahmen Der rechtliche Rahmen des Straßenverkehrs ist in der StVO [23] und den angrenzenden Vorschriften geregelt. Was die Haftung des Fahrers und Fahrzeugproduzenten betrifft, wird dort ausführlich aufgeschlüsselt. Wird das Fahrzeug ohne Fahrer geführt, so wird zunächst davon aus gegangen, dass sich dieses mit gleicher bzw. größerer Sicherheit bewegen wird [24]. Die automatisierten Fahrzeuge werden die Verkehrsregeln genauer ausführen und mit viel kürzerer Reaktionszeit auf unerwartete Situationen reagieren können. Das lässt vermuten, dass die Sicherheit des Verkehrs steigen wird. Damit ist das autonome Fahren zunächst einmal theoretisch möglich und muss jetzt in unterschiedlichen Vorschriften verankert werden. Dazu werden aktuell autonome Systeme, auch auf der Basis von Beispielsituationen (use cases), entwickelt, die zukünftig die Grundlage für die Bewertung der Handlungen sein werden. Welche Konsequenzen das autonome Fahren auf den rechtlichen Rahmen des Straßenverkehrs haben kann, lässt sich unteranderem aus der Dissertation von Frau Raith [25] ableiten. Die ersten Untersuchungen zu Akzeptanzfragen des autonomen Fahrens [26] zeigen, dass dieser Technik mit entsprechender Neugier begegnet wird. Mehr als 40 % der Befragten glauben, dass mit dem autonomen Fahren ein Fortschritt verbunden sein wird [26]. Wie bei jeder Einführung einer neuen Technik existiert jedoch auch hier eine große Gruppe der Skeptiker (ca. 25 %), die diese Technik ablehnen. Da es momentan keine bemerkenswerte Anzahl von autonomen Fahrzeugen gibt, tragen solche Befragungen sehr theoretischen Charakter und müssen zu späteren Zeiten erneut durchgeführt werden, um die Repräsentativität zu erhöhen.

6.6 Autonomes Fahren und Sektorenkopplung Autonomes Fahren bringt eine Reihe von Vorteilen für die Sektorenkopplung mit sich. Durch voll automatische Bewegung der Fahrzeuge lassen sich die Ladevorgänge genau steuern und Energieverhalten genauer abschätzen. Schon heute sind die Prognosen der Energieerzeugung aus regenerativen Energien, die zur Kraftwerkseinsatzplanung täglich gebrauchen werden, sehr genau. Diese Prognosemechanismen werden die Grundlage für Ladepläne von Elektrofahrzeuge bilden. Wird die Energie aus erneuerbaren Energien im Überschuss, z. B. an einem sonnigen Samstag oder während einer windreicher Nacht, gewonnen, werden autonome Fahrzeuge automatisch zur Ladestationen fahren und dort ihre Batterien wieder aufladen. Bei Fahrzeugflotten, die eine hohe Fahrleistung pro Jahr aufweisen, werden Schnell-Ladestationen vorhanden sein (siehe auch Abb. 4.9), die

234

6  Autonomes Fahren

einen hohen Durchsatz an Ladevorgängen erlauben. Auch Privatfahrzeuge können die gebotsorientierte Energieerzeugung der Zukunft unterstützen und durch entsprechende Preissignale am Hausanschluss (siehe auch Abschn. 5.5.2) gesteuert werden. Im Falle des Energiedefizits im Netz können sowohl autonome als auch andere Elektrofahrzeuge das Netz unterstützen, was im Falle der autonomen Fahrzeuge auch automatisch erfolgen kann. In dem unten ausgeführten Beispiel sind Berechnungen für zwei Fälle dargestellt, die den Grad der Kopplung zwischen den unterschiedlichen Systemen Strom und Verkehr durch autonome (elektrische) Fahrzeuge illustrieren. Eine aus autonomen Fahrzeugen bestehende Fahrzeugflotte kann eine Kopplung von etwa 2 % ausweisen, was als vergleichsweise gering bezeichnet werden kann. Einen Flotte von 10 Mio. Privatfahrzeugen wird dagegen einen Grad der Kopplung von etwa 10 % ausweisen, was wiederum ein bedeutendes Maß darstellt. Beispiel

Für das Jahre 2035 wird eine breite Einführung von autonomen Fahrzeugen prognostiziert [27]. In erster Linie werden Flotten mit solchen vollelektrischen Fahrzeugen ausgestattet werden, was den Einsatz dieser Fahrzeuge zur Kopplung der Sektoren Strom und Verkehr begünstigt. Mit der Annahme, dass zukünftig Taxidienste in Deutschland durch autonome Fahrzeuge realisiert werden, lässt sich abschätzen welcher Grad der Kopplung erreicht wird. A) Angaben: Jährliche Fahrleistung L = 125.000 km; Anzahl der Taxis in Deutschland N2035 = 560.000; Verbrauch pro 100 km V = 15 kWh. Wirkungsgrad des Energiewandlungsprozesses ƞ = 0,85 Jährlicher Stromverbrauch der Taxiflotte ET = (L x N)/100 × V x ƞ = 10,5 TWh Vergleich: Pumpspeicherwerk Goldisthal EGT = 8 GWh • Taxiflotte Energieverbrauch = 1.312 Energiegehalt EGTjährliche Stromverbrauch Deutschland – Prognose 2020 [28] ED2020 = 472 TWh • ET = 2,2 % ED2020 • Ladeleistung  = 44 kW jährliche Ladezeit pro Fahrzeug = 1h • Ladeleistung der Ladestationen = 580 MW B) Alle autonome Fahrzeuge 10.000.000; jährliche Leistung L = 40.000 km; sonstige Annahmen wie in A) jährlicher Stromverbrauch der AF EAF = 51 TWh Vergleich: • EAF = 10 % ED2020 ◄

Literatur

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Fragen zum Kapitel 6

• Warum kann autonomes Fahren als eine Regelungsaufgabe betrachtet werden? Erläutern Sie bitte anhand eins Schaltbildes für Regelkreise. • Autonomes Fahren ist ein Begriff aus der Systematik der internationale Society of Automotive Engineers (SAE). Was bedeutet autonomes Fahren? Welche anderen Stufen des automatisierten Fahrens beinhaltet die SAE-Systematik? • Welche Sensoren werden für welche Aufgaben beim automatisierten und autonomen Fahren benutzt? • Beschreiben Sie die Funktionsweise eines Lidar? • Wer bestimmt die Arbeitsfrequenzen der Sensoren und wie sind diese Bänder momentan belegt? • Das Fahrzeug wir in der Zukunft mit der Umgebung vernetzt. Welche Vernetzung sind geplant? Beschreiben Sie kurz die Funktions- und Nutzungsweise dieser Vernetzungen. • Welche Informationen übertragen die Protokolle CAM und DENM? • Was muss sich in den rechtlichen Rahmenbedingungen ändern, um das autonome Fahren zu ermöglichen?

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236

6  Autonomes Fahren

10. NTT Data Germany GmBH (2018) Whitepaper Serie Autonomes Fahren. Technische Voraussetzungen. https://de.nttdata.com/-/media/NTTDataGermany/Files/2018-DE-WPAutonomes-Fahren-03-Technische-Vorraussetzungen.pdf/?utm_source=googleads&utm_ medium=cpc&utm_campaign=connected_car&utm_content=technische_voraussetzungen_ autonomes_fahren. Zugegriffen: 31. März 2020 11. Balzer P (2014) Fahrzeugumfeldsensorik: Überblick und Vergleich zwischen Lidar, Radar, Video. https://www.cbcity.de/fahrzeugumfeldsensorik-ueberblick-und-vergleich-zwischenlidar-radar-video. Zugegriffen: 7. Apr. 2020 12. Dahlmann D (2017) Welche Sensoren gibt es im Auto – und wofür sind sie da? https://www. gruenderszene.de/automotive-mobility/welche-sensoren-gibt-es-im-auto-und-wofuer-sind-sieda?interstitial. Zugegriffen: 7. Apr. 2020 13. Shaffer B, Kirchbeck B (2018) Kfz-Radarsysteme: Die Gründe für den Wechsel von 24 GHz auf 77 GHz. Elektronik Praxis. https://www.next-mobility.news/kfz-radarsysteme-diegruende-fuer-den-wechsel-von-24-ghz-auf-77-ghz-a-698641/. Zugegriffen: 7. Apr. 2020 14. CETECOM (2019) Frequenzbereiche für automotive Radartechnologie. https://www.cetecom.com/ de/news/frequenzbereiche-fuer-die-automotive-radar-technologie/. Zugegriffen: 30. März 2020 15. Mazzari V (2017) Ultraschallsensoren für Kollisionvermeidung. Tutorial. https://www. generationrobots.com/blog/de/ultraschallsensoren-fur-kollisionvermeidung. Zugegriffen: 7. Apr. 2020 16. Shoji N, Yoshida M, Nakade T, Fuchs R (2019) Haptic shared control of electric power steering – a key enabler for driver automation system cooperation. In Bertram T (Hrsg) Automatisiertes Fahren 2019, Proceedings. Springer, Wiesbaden. ISBN 978-3-658-27990-5 17. ADAC (2018) Car2X. https://www.adac.de/rund-ums-fahrzeug/ausstattung-technik-zubehoer/ autonomes-fahren/technik-vernetzung/car2x-kommunikation/. Zugegriffen: 30. März. 2020 18. Sjöberg K, Andres P, Buburuzan T, Brakemeier A (2017) C-ITC development in Europecurrent status and outlook. https://arxiv.org/ftp/arxiv/papers/1609/1609.03876.pdf. Zugegriffen: 30. Apr. 2020 19. C2C-CC (2020) Homepage. https://www.car-2-car.org/. Zugegriffen: 7. Apr. 2020 20. Festag A (2014) Cooperative intelligent transport systems standards in Europe. IEEE Commun Mag 52(12):166–172 21. Lyamin N, Vinel A, Smely D, Bellalta B (2018) ETSI DCC: decentralized congestion control in C-ITS. IEEE Commun Mag 56(12):112–118 22. NTT Data Deutschland GmBH (2020) Whitepaper- Serie Autonomes Fahren. #04 Sicherheit. https://de.nttdata.com/-/media/NTTDataGermany/Files/2019-DE-WP-Automomes-Fahren04-Sicherheit.pdf/?utm_source=googleads&utm_medium=cpc&utm_campaign=connected_ car&utm_content=sicherheit_autonomes_fahren. Zugegriffen: 15. März 2020 23. Straßenverkehrsordnung (2020) https://www.stvo.de/strassenverkehrsordnung. Zugegriffen: 9. Apr. 2020 24. Gasser T M (2015) Grundlegende und spezielle Rechtsfragen für autonome Fahrzeuge. In Maurer M et al (Hrsg) Autonomes Fahren. Springer, Wiesbaden. ISBN 978-3-662-45854-9 25. Raith N (2019) Das vernetzte Automobil im Konflikt zwischen Datenschutz und Beweisführung. Springer, Wiesbaden. ISBN 978-3-658-26013-2 26. Fraedrich E, Lenz B (2015) Gesellschaftliche und individuelle Akzeptanz des auto nomen Fahrens. In Maurer M et al (Hrsg) Autonomes Fahren. Springer, Wiesbaden. ISBN ­978-3-662-45854-9 27. Deloitt (2019) Urbanes Mobilität und autonomes Fahren im Jahre 2035. https://www2. deloitte.com/content/dam/Deloitte/de/Documents/Innovation/datenland-deutschland-autonomes-fahren.pdf. Zugegriffen: 8. Apr. 2020 28. Umweltbundesamt (2020) Stromverbrauch Deutschland. https://www.umweltbundesamt.de/ daten/energie/stromverbrauch. Zugegriffen: 9. Apr. 2020

Stichwortverzeichnis

50 Hertz, 32, 139

A AC/DC-Wandler, 157 AC-Laden, 128, 129, 131, 186 AC-Netz, 129 Aufladen, 70 Aufladezeit, 21

B Batteriekapazität, 44 Battery Electric Vehicle, 44 Beschleunigungskraft, 50 Betterplace, 158 Bordnetz, 125, 126 Brückenschaltung mit ohmscher Last, 84 Bruttoinlandsprodukt, 11, 14

C CAM (Cooperative Awareness Messages), 230 CAN-Bus, 205 Carsharing, 182, 187, 209 Car-to-Car-Communication, 230 CO2-Emission, 11, 13, 14, 150 Control Pilot, 129, 132 Covering-Modell, 187

D DC/DC-Wandler, 58, 86 DC-Laden, 129, 157

DENM (Decentralised Envirnoment Notification Message), 230 DESERTEC-Konzept, 25 Drehzahl-Drehmoment-Kennlinie, 45, 95

E Eisenverlust, 98 Elektroantrieb, 45, 46, 72 Elektroauto, 18, 19, 22, 34, 47, 49, 68, 101 Elektrofahrzeug, 224 Elektromotor, 19, 22 Elektro-Pkw s. s. Elektroauto Energiemix, 24, 26, 27, 32 Energiespeicher, 44, 47, 53, 87 chemischer, 48 kinetischer, 47 pneumatischer, 48 Energiesystem, 3, 7, 28, 32, 146, 150, 153, 159, 161, 213, 217 Energieverbrauch, 10, 13, 15, 34, 51, 64, 139, 149, 189, 207 Entscheidungsfindung, 228 Europäische Union, 24

F Fahren automatisiertes, 223 autonomes, 223 autonomes – Akzeptanz, 231 autonomes – Haftung, 231 teilautonomes, 225 Fahrzeug-Kommunikation, 230

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 P. Komarnicki et al., Elektromobilität und Sektorenkopplung, https://doi.org/10.1007/978-3-662-62036-6

237

238 Flexibilitätsoption, 29, 30, 32

G Gleichrichter gesteuerter, 86 ungesteuerter, 84 GPS-Empfänger, 204

H Harz.ErneuerbarenEnergien-Mobility, 199 Hochsetzsteller, 82

I Informationsnetz Sicherheit, 230 Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT), 2, 3, 8, 35, 38, 147, 158, 191, 207 Infrastruktur, kritische (KRITIS), 1, 9, 34 Internationale Society of Automotive Engineers (SAE), 224 IT-Sicherheit, 231

K Konvergenz, 2 KRITIS s. s. Infrastruktur, kritische Kupferverlust, 98 Kyoto-Protokoll, 10

L Ladefreigabe, 129, 131 Ladefreigabesignal, 140 Ladeinfrastruktur, 22, 117, 120, 127, 130, 139, 155, 157, 185, 186, 191, 194, 198, 208, 213 Ladestation, 70, 120, 134, 140, 154, 155, 185, 187, 193, 197, 200, 204, 205 Ladesteckdose, 129 Ladesystem, kabelgebundenes, 128 Ladevorgang, 232 LIDAR-Verfahren (light detection and ranging), 227 Lithium-Ionen-Akkumulator, 43, 49, 100 Luftwiderstand, 50, 54

Stichwortverzeichnis M Mennekes, 131 Mikroprozessor Verarbeitungsrate, 224 Mobilität, individuelle, 3, 20, 43 Mobilitätsleitwarte, 197, 207

N Neigungskraft, 50 Neuer Europäischer Fahrzyklus (NEFZ), 56

P PEM-Brennstoffzelle, 107, 110, 112 Phasenwähler, 217 Plug-in-Hybrid, 23, 60, 182 Primärenergie, 10 Prosumer, 192

R Radar, 227 Regelungsaufgabe, 225, 228 Regelungsaufwand, 226 Reibungsverlust, 98 Reichweite, 43, 44, 49, 56, 98, 100, 114 Rekuperation, 23, 45, 57, 68, 92, 112 Rollwiderstand, 50 Rückspeisung, 128, 137, 145

S Schienennetz, 5 Schuko, 128 Sechspuls-Brückenschaltung B6, 83 Sektorenkopplung, 232 Sensor, 227, 228 Sicherheit, 229 Siemens, Werner von, 151 Smart Grid, 25, 28 Steuerbefehl, 225 Straßennetzdichte, 4 Streetscooter, 176 Stromnetz, 6, 68 Berlin, 217 Stromverbrauch, 6

Stichwortverzeichnis T Tesla, 19, 101, 158, 175 Tiefsetzsteller, 81

U Ultraschall, 227

239 V Vehicle-for-Grid, 209 Verkehrsdichte, 223 Verkehrsregeln technisch effektive, 226 Verkehrssystem, 146, 167, 171, 177