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German Pages 957 [960] Year 1969
Kussy, Elektrische Niederspannungsschaltgeräte und Antriebe
Elektrische Niederspannungsschaltgeräte und Antriebe voll
Dr. Ing. Frank Werner Kussy
Mit 704
Abbildungen
Zweite Auflage
Technischer Verlag Herbert Cram • Berlin 1969
I n diese zweite A u f j a g e w u r d e a u c h das B u c h Elektrische A n t r i e b e v o n Hebezeugen u n d T r a n s p o r t a n l a g e n eingearbeitet
Copyright 1969 by Technischer Verlag Herbert Cram, Berlin 30 Printed in Germany Alle Hechte der Übersetzung, des Nachdrucks und der Photokopie auch auszugsweise vorbehalten Satz und Druck: Walter de Gruyter & Co., Berlin 30
Einleitung Die vorliegende zweite Auflage stellt eine vollständige Neubearbeitung dar und faßt das Buch über elektrische Niederspannungsschaltgeräte mit dem größten Teil des Buches über elektrische Antriebe von Hebezeugen und Transportanlagen zusammen. Da spezielle Antriebsprobleme in immer stärkerem Maße Anwendungen allgemeiner Grundprinzipien darstellen, hielt ich es nicht für notwendig, Antriebe von Hebezeugen und Transportanlagen in einem gesondertem Buch zusammen zu fassen. In dieser Ausgabe werden neben den Schaltgeräten die wichtigsten elektrischen Antriebe im allgemeinen behandelt, häufig aber wird auf spezielle Antriebe hingewiesen, wenn bestimmte Prinzipien hauptsächlich für diese besonderen Antriebe verwandt werden oder wenn ein solcher Hinweis zur Klarstellung des Grundprinzips beiträgt. Eine große Anzahl von Beispielen betrifft auch Hebe- und Transportanlagen. Die stürmische Entwicklung dieser Gebiete, die ja so wichtig für die Automatisierung sind, hat in den letzten 18 Jahren umfangreiche Veränderungen mit sich gebracht. Die Zusammenarbeit vieler Länder und starke internationale Konkurrenz haben befruchtend auf die Entwicklung gewirkt. Es ist anzunehmen, daß die Nachkriegsentwicklung, die die Angleichung verschiedener Wirtschaftsgebiete auf ein einigermaßen gleiches technisches Niveau mit sich gebracht hat, jetzt zu einem gewissen Abschluß gekommen ist und daher scheint mir die rechte Zeit für eine Neuauflage gekommen zu sein. Das Buch wendet sich in erster Linie an Konstrukteure, Projekt eure, Forscher, Ingenieure und Studenten auf den genannten Gebieten, darüber hinaus ist es gedacht als ein Hilfsmittel für alle diejenigen, die mit elektrischen Antrieben und deren Installation zu tun haben, wie z. B. Installateure, Betriebe für Transportmaschinen, Aufzüge, Werkzeugmaschinen, Kompressoren, automatischen Anlagen usw. Diejenigen Leser, die die mehr theoretisch gehaltenen Abschnitte, die mathematische Vorkenntnisse verlangen, nicht interessieren, brauchen die Ableitungen nicht zu studieren. Sie müssen nur die Ergebnisse als gegeben betrachten und auf Beweise verzichten. Einige der Leser werden bestimmte Berechnungsmethoden nicht benutzen. Das Buch bleibt verständlich, wenn der Leser diese Abschnitte nicht durcharbeitet. Der Entwicklungs- oder Laboratoriumsingenieur dagegen sollte sich auch mit den mehr theoretischen Abschnitten vertraut machen.
VI
Einleitung
Ich versuche in diesem Buch z. T. auf amerikanische und europäische Methoden einzugehen. Während die physikalischen Grundlagen natürlich überall die gleichen sind, muß der Konstrukteur sehr genau die wirtschaftlichen Vorbedingungen des Wirtschaftsgebietes, für das er entwickeln will, kennen. Diese ergeben sich nicht nur aus den relativen Lohn- und Materialkosten, den Schwierigkeiten und der Zuverlässigkeit der Beschaffung bestimmter Werkstoffe, sondern auch aus der Größe des Marktes für jedes Gerät, den nationalen oder örtlichen technischen Gewohnheiten und dem üblichsten und zweckmäßigsten Verteilungssystem der erzeugten Güter. Alle diese Gegebenheiten bestimmen die Konstruktion ebenso wie die rein technischen Fragen. Es ist daher m. E. erforderlich, daß der Ingenieur für Schaltgeräte und Anlagen nicht nur mit den technischen Grundlagen, die in diesen Buche dargestellt sind, vertraut ist, sondern durch sorgfältige Zusammenarbeit mit Verkauf und Fabrikation die markttechnischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen und örtlichen Gewohnheiten für den Bau und Anwendung der Geräte studiert. I n den letzten Jahren ist das Gebiet der Schaltgeräte in immer stärkeren Maße von der Elektronik, der Materialkunde, dem Studium der Isolierstoffe, der genauen Kenntnisse der Kontaktwerkstoffe und den mechanischen Anforderungen der anzutreibenden Maschinen und Anlagen beeinflußt worden. Viele dieser Gebiete erfordern für ihr vollständiges Studium umfangreiche Spezialbücher. Wer sich mit diesen Gebieten ausführlicher befassen will, muß die Spezialliteratur studieren. Es ist oft schwierig, in dieser Literatur die Behandlung der Fragen, die Niederspannungsschaltgeräte und elektromotorische Steuerungen betreffen, zu finden. I n dem vorliegenden Buche habe ich wie in der ersten Auflage im ersten Kapitel die theoretischen Grundlagen der Schaltgeräte behandelt. Das Kapitel ist aber ganz wesentlich erweitert worden. Durch den Bau von fabrikfertigen Installationsanlagen mußten die Wirk- und Blindwiderstände von Stromschienen ausführlich behandelt werden. Die Theorie der Erwärmung von Stromschienen wurde wesentüch ausgedehnt, die praktische Dimensionierung nach deutschen und amerikanischen Normen und Gewohnheiten behandelt. Die Behandlung der Kurzschlußströme und deren Folgen und Beherrschung wurde immer wichtiger, neue Methoden sind entwickelt worden. Die Theorie der Kontakte, die 1950 in den Anfängen stand und nur kurz in einem solchen Buche behandelt werden konnte, weil vieles, was uns heute als selbstverständlich erscheint, 1950 nicht bekannt war. Die aus wirtschaftlichen Gründen schnelle Einführung von Aluminium als Leitungsmaterial hat eine neue Forschung der Klemmentechnik nötig gemacht. Auch die Berechnungsmethoden für die im Gerätebau so wichtigen Federn haben sich verfeinert. Ganz neue Entwicklungen hat durch die Verwendung
Einleitung
VII
von neuen Isolierstoffen die Abschalttechnik erfahren, und viele neue Errungenschaften wurden eingeführt. Die immer größer werdenden Kurzschlußströme haben den Kurzschlußstrom begrenzende Einrichtungen immer wichtiger gemacht. Das zweite Kapitel ist ganz den Steuergeräten gewidmet. Neben der Berechnung und dem Bau von Widerständen ist ganz ausführlich auf den Bau von Elektromagneten eingegangen, neue Berechnungsmethoden entwickelt, die Theorie der Kurzschlußwindung erweitert, Lasthebemagnete eingeführt und die Berechnung von Ferrariswerken durchgeführt worden. Ein ganzer Abschnitt ist den magnetischen Verstärkern und Transduktoren gewidmet, die zwar im allgemeinen nicht von Niederspannungsschaltgeräte erzeugenden Firmen gebaut werden, aber sehr starke Anwendung in verschiedenartigsten Steuerungen finden. Ein weiterer Abschnitt gehört den dynamischen und statischen Steuerelementen. Die statischen Elemente sind Anwendungen elektronischer Mittel, die eine große Bedeutung in der Steuertechnik gewonnen haben. Wir erleben einen interessanten Kampf zwischen elektronischen und elektromagnetischen Elementen. Vor fünf Jahren sah es so aus, daß die Tage der elektromagnetischen Steuerelemente gezählt seien, heute scheint es immer klarer, daß für dynamische und statische Steuerelemente die Anwendungsgebiete verschieden sind und beide nebeneinander bestehen bleiben werden. Im dritten Kapitel wird die Berechnung der Größe eines Motors aus den mechanischen Grundbedingungen gezeigt. Hier hat sich nicht viel verändert. Das vierte Kapitel behandelt die Steuerungen; es ist sehr stark erweitert worden. Die Steuertechnik als die Grundlage der Automatisierung hat eine derartige Fülle von neuen Antrieben gebracht, daß man auf die Einzelheiten der Neuerungen in der Einleitung kaum eingehen kann. Nicht nur die Einführung von elektronischen Elementen und Steuerketten, auch die Berechnungsmethoden und verbesserten magnetischen Steuerungen haben den Umfang des Gebietes sehr erweitert, und der Ingenieur, der Schaltgeräte anwendet oder projektiert, muß mit allen Antriebfragen vertraut sein. Der eine oder andere Leser möchte vielleicht einige Antriebsformen kürzer und andere ausführlicher behandelt wissen. Der Leser muß aber beachten, daß viele Prinzipien für eine große Anzahl von Antriebsarten gelten und es oft unwichtig ist, bei welcher Antriebsart sie behandelt sind. Durch alle die genannten Neuerungen mußte auch das letzte Kapitel, das der Mechanik gewidmet ist, vollständig umgearbeitet und erweitert werden. Deutsche und amerikanische Konstruktionen wurden teilweise verglichen, auf Isolierstoffe, soweit sie hier interessant sind, eingegangen, neue Mechanismen studiert, auf neue Kran-Förder- und Kompressorengeräte eingegangen, Näherungsschalter besprochen, das Gebiet des Motor-, Leitungs-
VIII
Einleitung
und Berührungsschutzes ausführlich behandelt und ein Abschnitt den Anlagen und Gehäusen, die so verschieden in USA und Deutschland gebaut werden, gewidmet. Ich möchte wie in der ersten Auflage die Leser darauf aufmerksam machen, daß ich auch in diesem Buche keine Photographien von fertigen Geräten zeige. Fertige Geräte veralten, außerdem habe ich wie früher nicht fertige Geräte als Ganzes behandelt, sondern Einzelelemente, die in vielen Geräten sich wiederholen, zusammengefaßt, wie Kontakte, Abschaltmittel, Mechanismen, Klemmen, Gehäuse, Federn, Magnete usw. Ich habe oft starke Vereinfachungen vorgenommen, wenn ich Veröffentlichungen benutzt habe, um die für den betreffenden Abschnitt wesentlichen Elemente zu zeigen. Auf die Literatur, die ich benutzte, ist an den einzelnen Stellen verwiesen. Man muß beachten, daß viele der gezeigten Formen geschützt sind — der Leser soll das Buch nicht benutzen, um zu kopieren, sondern um es als Anregung für neue Entwicklungen zu benutzen. In dem behandelten Gebiet gibt es eine riesige Zahl von Patenten. Ausführliehe Beratungen mit Patentanwälten sind heute bei Neuentwicklungen unumgänglich. Bei meinen Arbeiten erhielt ich eine Unzahl von Anregungen. Ich möchte an dieser Stelle einer Anzahl von hervorragenden Ingenieuren danken, mit denen ich das Vergnügen hatte, in den letzten Jahren zusammenzuarbeiten, von denen ich viel gelernt habe, ganz besonders, den Herren J . Cataldo, J . Herrmann, R. Thomas, B. Di Marco, A. Platz und A. Kralik von der I T E Imperial Comp, und Herrn H. Stanback von der Square D Comp. Außerdem möchte ich noch dem Cram-Verlag für die Unterstützung bei der Drucklegung danken und für die Geduld, mit der er auf die zweite Auflage warten mußte.
Inhaltsverzeichnis 1. Kapitel
Allgemeine Theorie der Schaltgeräte
l
Blind- u n d Wirkwiderstand von Stromschienen Wirkwiderstand von Stromschienen I n d u k t i v e r Widerstand von Stromschienen I m p e d a n z von Mehrphasenanordnungen Theorie der E r w ä r m u n g von Stromschienen
1 1 18 23 31
Dimensionierung von Stromschienen
62
Die Berechnung des Kurzschlußstromes in Niederungsanlagen Die K r a f t - u n d Wärmewirkungen des Kurzschlußstromes auf Stromschienen Theorie der K o n t a k t e , Klemmen u n d Verbindungen Feste Verbindungen u n d Klemmen Bewegliche K o n t a k t e Die Berechnung von Federn in Schaltgeräten
71 . .
88 95 95 114 147
Theorie des Ein- u n d Ausschaltens von Gleichstrom Ein- u n d Ausschalten von Gleichstrom bei k o n s t a n t e r Selbstinduktion u n d Widerstand Veränderlicher Widerstand u n d Selbstinduktion Vorgänge im Gleichstromlichtbogen
153 153 154 158
Theorie des Ein- u n d Ausschaltens von Wechselstrom Konstante Induktivität Veränderliche I n d u k t i v i t ä t Abschalten von niedrigen Wechselspannungen
168 168 168 169
Konstruktive Mittel zum Löschen des Lichtbogens Sicherungen u n d andere strombegrenzende Mittel Sicherungen Strombegrenzende Schalter, Drosseln u n d Widerstände
181 198 198 214
2. Kapitel
Steuer- und Regelgeräte
222
Widerstände Allgemeines Allgemeines über Anlasser u n d Regler
222 222 237
X
Inhaltsverzeichnis
Magnete und magnetische Schaltgeräte 249 Gleichstrom-Magnete 249 Lasthebemagnete 263 Bremsmagnete 266 Langhubmagnete 275 Die Wicklung von Gleichstrommagneten 276 Hauptstrommagnete 287 Nullspannungs-Rückstrom- und Fernschaltmagnete 290 Zeitverzögerung mittels Gleichstrommagneten 291 Wechselstrommagnete 295 Mehrschenkel- und Mehrphasenmagnete 323 Ferrarislaufwerke 329 Magnetische Verstärker und Transduktoren 333 Transduktoren ohne Bückkopplung 333 Sättigungsdrossel und Magnetverstärker ohne Selbstsättigung 337 Rückkopplung und andere Verstärkungsmittel 346 Selbstsättigung 350 Dynamische Steuerlemente 353 Der Hilfskontakt 353 Relais 359 Verzögerungseinrichtungen 365 Spezialrelais 380 Statische Steuerlemente 381 Allgemeines 381 Statische Steuerelemente mit magnetischen Verstärkern 385 Statische Steuerelemente beruhend auf dem Transistorprinzip 393 Verwendung von Unijunction- (zweibasigen) Transistoren sowie anderen besonderen Halbleiterelementen 404
3. Kapitel
Bestimmung der Größe des Motors
410
Moment und Motorleistung Allgemeines Motorleistung unter Berücksichtigung der relativen Einschaltdauer und der relativen Lasten Die Berücksichtigung der Beschleunigung und Bremsung Schwungrad Beispiele Kran Schrägaufzug f ü r Hochofenbegichtung (Leonard- und Zu- und Gegenschaltung) Berechnung eines Schwungrades Auswahl eines Elektromotors mit Kurzschlußanker für Walzwerksrollgang .
410 410 418 426 431 434 434 444 460 464
XI
Inhaltsverzeichnis 4. Kapitel
Steuerungen von Motoren und anderen industriellen Einrichtungen
• • 472
Steuerungen von Gleichstrommotoren Allgemeines Anlasser und Ankerregler f ü r Gleichstromnebenschlußmotoren Regler Regler f ü r gleichbleibendes Drehmoment Regler f ü r mit der Drehzahl quadratisch abnehmendes Drehmoment . . Regler f ü r mit der Drehzahl abnehmendes Drehmoment Regler f ü r Maschinen mit gleichbleibender Leistung Anlassen mittels Schlupfwiderständen Regelung durch Ankerparallelwiderstände Schaltung und Berechnung von Bremswiderständen von Nebenschlußmotoren Anlassen, Ankerregelung und Bremsung von Hauptstrommotoren Regler f ü r gleichbleibendes Moment Regler f ü r mit der Drehzahl quadratisch abnehmendes Drehmoment . . Ankerparallelwiderstände Bremsung von Hauptstrommotoren Regelung im Feld von Motoren Feldschutzwiderstände Feldregelung bei Generatoren Hauptstromfeldregler f ü r Generatoren Mehrere Motoren zum Antrieb einer Welle Praktische Ausführung der Drehzahlregelung mittels Feldschwächung . . . Anwendimg der Berechnungsformeln f ü r Krananlagen Normale Fahrschaltung Senkbremsschaltung Senkkraftschaltung Geschwindigkeitsregulierungen mittels Regulierung der Spannung durch Batterien Motor-Generator-Steuerungen Leonard-Antriebe mit Maschinenverstärkern Transduktoren bei der Motorregulierung Elektronische Steuerungen von Gleichsstrommotoren Drehrichtungsumkehr mittels Gleichrichtern Steuerungen mittels Siliziumgleichrichtern
472 472 474 481 481 482 483 484 485 485 486 488 490 490 492 493 496 499 500 502 503 503 505 505 511 515
Anlassen und Steuern von Wechselstrommotoren Kurzschlußankermotoren und deren direkte Einschaltung Anlassen mit geringer Anlaßstromspitze des Ständers Mehrgeschwindigkeitswicklungen Lauferanlasser und Regler Einschalten und Regeln von Einphaseninduktionsmotoren Regeln durch Verändern der Netzfrequenz und Netzspannung Automatische Steuerungen von Schleifringankermotoren
575 575 580 587 592 595 597 598
520 522 539 543 548 559 569
xn
Inhaltsverzeichnis
Allgemeine Betrachtungen über die Anwendung der Berechnungsformeln für Drehstromregulierungen für Hebezeuge 600 Fahr- und verkürzte Senkschaltung 602 Schaltungen von Kurzschlußankermotoren im Kranbetrieb 612 Gegenstrombremsung 614 Sicherheitsbremsschaltungen 615 Gleichstrombremsung 616 Einphasige (SSW) Sicherheitssenkschaltung 617 Umgekehrte Ständerphase (BBC) 630 Spartransformator 637 639 Steuerung durch Transduktoren im Rotor Stufenlose Steuerung durch Transduktoren im Stator 640 Steuerung durch gleichzeitigen Wechsel- und Gleichstrom 642 Eidrosteuerung 645 Zwei Motoren starr gekuppelt 654 Zwei Motorensteuerungen mit Ausgleichsgetriebe 657 Die elektrische Welle 660 Antriebe für Synchronmotoren 669 Kommutatormotorensteuerungen 673 a) Drehstromreihenschlußmotor 673 b) Einphasenstromserienmotor 678 c) Repulsionsmotoren 678 d) Derimotor 679 Regelungen für andere Zwecke als Generatoren und Motoren Einschalten von Kondensatoren Einrichtungen zum Laden von Akkumulatoren Heiz-, Badstrom- und Verdunklungsregler
683 683 687 689
5. Kapitel
Mechanik der Schaltgeräte
693
Kriechwege und Luftabstände
693
Konstruieren mit Isolierstoffen Füll- und Löschmittel Druckknöpfe und verwandte Schaltelemente
695 713 714
Walzenschalter und andere Schalter mit Rastung Allgemeine Mechanik und Kinematik der Schaltgeräte Lager, Führung, Prellzeit, Kraftübertragung Freiauslösung Schnellschaltmechanismen
723 750 763 776 787
Antriebe für Hebel- und Selbstschalter
795
Fernantriebe
797
Aufzugsgeräte und Fördergeräte Aufzugssteuerungen
803 803
Inhaltsverzeichnis
XIII
Schrägaufzug Seilbahn Rollgänge Kegler für Fördermaschinen End- und Näherungsschalter Bremsschalter für Werkzeugmaschinen Geräte für Pumpen und Kompressoren Spannungsrückgang- und Fernauslösung Motor- und Leitungsschutz Thermische Auslöseelemente Bimetall Hitzdrahtauslöser Schmelzlotauslöser Induktions- und Wandlerauslöser Magnetische unverzögerte und verzögerte Auslöser Anwendung und Schaltung von magnetischen und thermischen Auslösern . . . Rückstromauslöser Fehlphasenschutz Berührungsschutzschalter Kurze Übersicht über Gehäuse und Anlagen Allgemeines Anlagen für Installationsselbstschalter Kraftverteilungsanlagen Ältere gekapselte Systeme Universalsysteme Amerikanische Verteilungs-Systeme für Klein- und Mittelverteilungsanlagen Großverteilungen und Unterstationen, ausfahrbare Steuerungen Spezialgehäuse
828 829 829 832 840 846 851 868 873 879 879 891 892 893 895 898 908 909 911 916 916 921 924 924 925 928 930 933
Register
937
1. Kapitel
Allgemeine Theorie der Schaltgeräte Blind- und Wirkwiderstand von Stromschienen Wirkwiderstand von Stromschienen Leitungsträger in Schaltapparaten sind Ellemmen, Kontakte, Litzen, Widerstandsdrähte, Spulen und andere Stromschienen. Für die Größe des Schaltapparates ist in erster Linie die Bemessung und Ausbildung dieser Leitungsträger von ausschlaggebender Bedeutung. Die Abmessungen richten sich nach der Temperatur, die in den Leitungsträgern auftreten darf, der Wärmemenge, die in ihnen erzeugt wird, nach den Abkühlungsmöglichkeiten und nach den mechanischen Erfordernissen. Die Temperatur, die in Stromschienen auftreten kann, ist von der zugeführten Wärme und von den Abkühlungsmöglichkeiten abhängig. Die zugeführte Wärme ist eine Funktion von P R, wobei I die elektrische Stromstärke in Amp. und R der Ohmsche Widerstand ist. Die Berechnung dieser Größe macht im allgemeinen bei Gleichstrom keine Schwierigkeiten. Die Größe I ist, von wenigen Ausnahmen abgesehen, die später behandelt werden, im allgemeinen im Apparatebau bekannt, und die Größe R ergibt sich bei Gleichstrom aus dem Ohmschen Gesetz. Hierbei ist der Gesamtwiderstand R = ———, q
(la)
wobei l die Länge der Schiene in Metern, q der spezifische Widerstand [ ü ~ ~ ~ ~
=
104 & c m j bei 20° C
q der Querschnitt in mm 2 ist. Die Werte von q für die wichtigsten Metalle sind in folgender Tabelle zusammengestellt 1 ): S. auch Hütte 2 Bd. 1941. 1
Kuasy, Schaltgeräte. 2. A.
2
1. Kapitel: Allgemeine Theorie der Schaltgeräte
Beines Silber Reines Kupfer Leitungskupfer Aluminiumlegierungen*) f ü r elektrische Leiter . . Reines Eisen Eisendraht Gußeisen Messing Rostfreier Stahl Bronze Zink Wolfram Graphit Chromnickel Radiohm Manganin Konstantan, Isabellin. . . Nickelin
Spezifischer Widerstand bei 20° C
Widerstandszunahme pro °C in °/ 0
0,0163 0,0173 0,0176
0,41 0,40 0,40
0,0285—0,0340 0,1008 0,125 0,6—1,6**) 0,065—0,085**) 0,66—0,95**) 0,04—0,08 0,06 0,055 12—40**) 1,08—1,12 1,32 0,48 0,49—0,51 0,4—0,44
0,40—0,35 0,50 0,50 0,12—0,20 0,09—0,13 0,16—0,20 0,4 0,48 —0,05 bis —0,1 0,012—0,017 0,07 ±0,0015 —0,005 0,018—0,021
*) Aluminium gibt es in vielen Legierungen, f ü r Leiter wird entweder gewalztes Aluminium in Blechen und Bändern von Leitfähigkeit etwa 60—62% der des Kupfers mit geringerer zulässiger Zugkraft oder gezogenes Aluminium mit etwa 51—57% der Leitfähigkeit des Kupfers von höherem Zugkraftvermögen gewählt. Man muß bei der Wahl von Aluminium die Daten vom Erzeuger verlangen. **) Es gibt zahlreiche Legierungen, man frage nach der Leitfähigkeit und Widerstandszunahme pro °C beim Erzeuger nach.
Ausführliche Tabellen befinden sich in verschiedenen Handbüchern, z.B. Hütte, Standard Handbook for Electrical Engineers sowie in Katalogen aller größeren Hersteller von Leiter- oder Widerstandsmaterial. Schwieriger ist die Bestimmung des Wechselstromwiderstandes von Leitern insbesondere bei höheren Frequenzen1). Durch den Wechselstrom entsteht ein Wechselfeld im Leiter. Die größte Felddichte ist in der Mitte des Leiters, weil dort alle Stromlinien mit dem Feld verknüpft sind. Dieses magnetische Feld induziert eine elektromagnetische Kraft im Leiter, die der ursprünglich aufgedrückten elektromagnetischen entgegengesetzt ist. Diese elektromagnetische Kraft ist induktiv und ist am größten dort, wo sie mit der größten Zahl der Feldlinien verknüpft ist, also in der Mitte des Frankel, Theorie der Wechselströme 3. Aufl. S. 124.
Blind- und Wirkwiderstand von Stromschienen
3
Leiters. Da der Spannungsabfall im Zentrum der gleiche ist, wie an der Oberfläche des Leiters, muß im Innern der induktive und nach außen zu der Ohmsche Spannungsabfall überwiegend sein. Der Strom ist also nicht mehr gleichmäßig über den ganzen Leiter verteilt. Berechnet man die Veränderung, die diese ungleichmäßige Stromverteilung in einer rechteckigen Stromschiene hervorruft, so betrachten wir zunächst einen Leiter, dessen Dicke 2 d im Verhältnis zur Länge und zur Höhe klein ist, so daß Randwirkungen vernachlässigt werden können. In einem solchen Leiter betrachten wir einen Stromfaden von der Höhe 1 und der Stärke dy. Denkt man sich in der Z Mitte des Leiters, wie ihn Abb. 1 zeigt, ein Koordinaten-System, so ergibt das erste Maxwellsche Gesetz folgende Gleichung: dy
0,4 $7T
(lb)
Hierbei ist Q die Stromdichte in Amp./cm2, § die magnetische Feldstärke in Oerstedt. Nach dem zweiten Maxwellschen Gesetz ergibt sich 3(5 _ 3£ 10" (2) f l dy~ 8t Abb. 1. Hauteffekt Hierbei ist 3(5 die Zunahme der elektrischen Feldstärke in Volt/cm. Wir untersuchen nun den Fall des einwelligen Wechselstromes von der veränderlichen magnetischen Feldstärke
§ = Hm sin a> t in komplexer Schreibweise ausgedrückt §=Hn 1 Amp. 1 Oerstedt 0,4 7i cm H = Permeabilität = [ir fi0 = 0,4 n 1 0 - 8
oder
Voltsek. Amp.
Hr = ist eine Materialkonstante Voltsek. lGauß 1 Gauß = 10- 8 Mo 1 Oerstedt cm2 Es ergibt sich 3© = jcoHmeW dt
(2a)
1. Kapitel: Allgemeine Theorie der Schaltgeräte
4
Unter Berücksichtigung der Gleichungen 1 b und 2 ergibt sich: • io- 8 jfxco!g • 10 - 8 = Q dt
(3)
1 S2§ 0,4 JI 3y2
« 2 , • 7» O^tccour • 10~ — 2jk !Q, wobei k2 — J 2g
(4)
Hierbei ist q in Q cm gemessen. Diese Differentialgleichung hat folgende allgemeine Auflösung: § = 91 e*»VW = 9t lC +*a+«i' + 212e—^d+^f
(5)
Das Koordinaten-System ist genau in die Mitte des Leiters gelegt, wie Abb. 1 zeigt. Im Koordinaten-Anfangspunkt, also für y = 0 ist die Stromdichte ein Minimum. Es ist also gemäß Gleichung 1 b oy
= ^ z = 0 = %k2 (1 + jf eW+n + 9t 2 P (1 + jf dy
Hieraus folgt 9tx = — 9l2 = A / 2 e'mt. Diesen Wert setzen wir in die Gleichung für die magnetische Feldstärke ein und erhalten § = A fäe?L
II Ii |p Abb. 20b. Ungünstige Leiteranordnung mit großer Reaktanz (Dreiphasenstrom)
auch auf andere Weise kleine Reaktanzen zu erzielen und um den Gehäuse effekt klein zu machen, sind verschiedene Leiteranordnungen entwickelt worden. Vor allem sind eine oder mehrere Phasen in verschiedene Leiter aufgeteilt, was auch den Skineffekt verringert. Jedoch hat dies wenig Einfluß auf die Reaktanz, wenn die parallel geschalteten Leiter jeder Phase nebeneinander angeordnet werden. Abbildungen 20 a und b zeigen Anordnungen solcher Art. Die Reaktanz für solche Anordnungen kann nach Abb. 14 berechnet werden. Die Reaktanz wächst mit b und s (Abstand Phase zu
26
1. Kapitel: Allgemeine Theorie der Schaltgeräte
Phase) und fällt mit dem Ansteigen von a. Man kann die Reaktanz klein halten, indem man die Phasen isoliert und möglichst dicht aneinander bringt. Eine Anordnung mit großer Reaktanz für Einphasenstrom zeigt Abbildung 21a. Die Ströme in den einzelnen Leitern sind sehr unterschiedlich verteilt (21b). Dieser ungünstige Effekt wird noch durch den Näherungseffekt vergrößert. Es gilt = -
In
/2 + /2 + ia + /4 = i t
/5 + /6 + /7 + /8 = t
u
AEX = AE2 = AE3 = AEt = AEI AEX = l.B,
+j I2X12 + jl3X13
Abb. 21a. Ungünstige Leiteranordnung mit großer Reaktanz (Einphasenstrom)
(55) + j i i X l i + j / 5 X 1 5 + jt6X16
+jl7X17
Abb. 21b. Stromverteilung in 10 Leitern, 350 mm Mittenentfernung, 12 mm Leiterentfernung (gleiche Phase), 6 mm Leiterstärke, Gesamtstrom 4380 Amp. Nach Sorflaten, Kaiser Aluminium Bus Conductors manual
In Abbildung 22 sind verschiedene Leiteranordnungen dargestellt, die geringe Reaktanz haben. Sie können in ähnlicher Weise rechnerisch erfaßt werden wie die Anordnungen nach Abbildung 19 und 21. Die Berechnung des Gleichungssystems wird dann ziemlich langwierig, da für jeden Leiter die Vektor-Gleichungen für AE und I aufgestellt werden müssen. Bei der Berechnung von Spannungsabfällen für jede Phase findet man, daß die Spannungsabfälle jeder Phase verschieden sind, sobald die drei Phasen nicht 120 Grade räumlich voneinander getrennt sind. Bei langen Leitungen und längeren „Feed in Duct" (d. h. in der Fabrik fertiggestellten Leiterkombinationen, die an Ort und Stelle nur miteinander verschraubt werden müssen) macht sich diese Verschiedenheit störend bei der Berechung der Spannungsabfälle bemerkbar. Man vertauscht dann die Leiteranordnungen
27
Blind- und Wirkwiderstand von Stromschienen
so oft, daß der Spannungsabfall über die Gesamtlänge für jede Phase etwa der gleiche ist (Phasentransformation). Bei Leitungen bis etwa 50 m Länge sind Phasentransformationen meist nicht nötig (Abb. 23). IIA 0
IIB Ire O O
0 I2A
12 B
O
O I2c
i Cz
Abb. 22. 1 2 3 4
*1A
*2A
J2B
IlC
*1B 3 l2C
OD DD
Ai B C A2
Beispiele von einigen Dreiphasenleiteranordnungen für niedrige Reaktanz IJA und I 2 A sind parallelgeschaltet Aj und A2 sind parallelgeschaltet I t A und I 2 a sind parallelgeschaltet Aj und A2 (halber Querschnitt von B und C) sind parallelgeschaltet
IA Abb. 23. Phasentransposition von langen Stromschienen mit ungleichmäßiger Reaktanz (z. B. Flache Seiten)
Eine weitere oft nicht beachtete Folge von Leiteranordnungen vor allem mit größerer Reaktanz, wie z. B. nach Abb. 20, ist die ungleichmäßige Stromverteilung unter den verschiedenen Leitern einer Phase. Die inneren der anderen Phase am meisten benachbarten Leiter führen großen Strom, die mittleren Leiter einer jeden Phase sehr geringen Strom, während die Außenleiter, die der anderen Phase nicht benachbart sind, etwas über den mittleren Strom führen. Jeder Leiter hat eine andere Reaktanz und anderen Wechselstromwiderstand. Abb. 21 b zeigt z. B. das Bild einer Strom- und Phasenverteilung von 10 Leitern, die nah (etwa 1/2") voneinander entfernt sind, bei etwa 9 " Abstand zum inneren Leiter der nächsten Phase. Alle Leiter sind 1/i x 4 " Kupfer. Alle 10 Leiter führen zusammen 4380 Amp. Strom. Will man z. B. Anordnungen mit großer Reaktanz bauen, wie dies z. B. bei Leiteranordnungen der Fall ist, die gleichzeitig zur Begrenzung des Kurzschlußstromes dienen sollen, so sind Anordnungen nach Abb. 20a ganz ungünstig. Die inneren Leiter führen in jeder Phase zu wenig Strom und werden daher nicht ausgenützt, es sei denn, daß man sie schwächer als die Leiter
28
1. Kapitel: Allgemeine Theorie der Schaltgeräte
mit geringerer Reaktanz macht. Eine ebenso ungünstige Anordnung ist die nach Abb. 20 b, für die der Verfasser einen Ohmschen Wechselstromwiderstand gemessen hat, der etwa 5- bis 6 mal so groß war wie der Gleichstromwiderstand. Eine solche Anordnung verursacht daher großen Temperaturanstieg. Man muß daher Anordnungen nach Abb. 24 wählen. ^
rnl
a
a
Ol
n=n ^
H=ü
• =
= ^
Abb. 24. Beispiele für günstige (geringer Ohmscher Wechselstromwiderstand) Anordnungen für große Reaktanz
In den meisten Fällen genügt es, was schon angedeutet, die durchschnittliche Reaktanz und den durchschnittlichen Ohmschen Widerstand zu bestimmen. Dies geschieht durch Messung des Spannungsabfalles zwischen zwei Phasen einer kurzgeschlossenen Leitung (Busduct) mit 2 Verbindungsstellen (joints) von etwa 10 m Leitungslänge. Außerdem wird die Leistimg mittels der Zweiwattmetermethode und der Strom gemessen. Der gemessene Spannungsabfall ist der Spannimgsabfall zwischen zwei Phasen, der mal größer ist als der Spannungsabfall gegen den Null-Leiter oder der Spannimgsabfall jeder Phase. Mittels der Zweiwattmetermethode kann die Wirkleistung gemessen und dann die Blindleistung berechnet werden. Der Spannungsabfall in Stromschienenanordnungen (und Busduct) ist nicht nur von der Reaktanz und dem Ohmschen Widerstand der Leiteranordnung, sondern auch von der Impedanz der Last abhängig. Betrachtet man das Vektordiagramm Abb. 25, so ergibt sich für den Spannungsabfall im Leitersystem üa = V(UR cos 0 + IRf +( UR sin 7>MwA
V///A
Abb. 56b. Kupferklemme (Schraubverbindung) im Kaltpreßverfahren hergestellt (ähnlich ITE)
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1. Kapitel: Allgemeine Theorie der Schaltgeräte
flachgepreßt und rechtwinklig gebogen, danach wird Gewinde geschnitten, das Einführungsloch gestanzt und die Klemme beschnitten. Beispiel 57 b zeigt eine Klemme, die im. Mehrfachschnittverfahren aus dem Stromleiter hergestellt wird. Diese Klemme ist z. Zt. nur bis etwa 12 mm Durchmesser herstellbar. Abb. 57 c zeigt eine Sattelklemme, wie sie besonders bei Schützen bis etwa 30 Amp. und für Hilfsströme bis 10 Amp. verwendet wird. Sie ist besonders geeignet zum Anschluß von zwei Drähten unter einem Sattel. Die Schraube selbst ist im Sattel gehalten. Der Schraubenkopf soll unten leicht
Abb. 57 a. Federklemme für einadriges Kabel (nach Zubaty, ähnlich Square D)
Abb. 57 c. Sattelklemme aus Stahl, Sattel hat eine Rippe
gerundet sein. Vermeide Sternunterlegscheiben unter dem Sattel, da die Reibung solcher Unterlegscheiben so groß ist, daß ein großer Teil des Anzugsdrehmoments nicht zur Klemmung des Drahtes verwendet wird. Für kleinere Drähte (EincLrahtverbindungen) können auch federnde Verbindungen verwendet werden, wie z. B. nach Abb. 57 a. Die Feder verklemmt sich im Draht, wenn der Draht nach einer Richtung gezogen wird. Die Feder wird mittels eines Schraubenziehers oder eines anderen Mittels in umgekehrte Richtung gestoßen und dabei geöffnet. Die Feder wird in einem Gehäuse festgehalten. Als Halter können auch eiserne Klemmen benutzt werden, wenn die Klemme selbst nur als Führung dient und keinen Strom führt. I n den letzten Jahren trat immer mehr die Forderung auf Klemmen für Geräte zu entwickeln, die sowohl für Aluminium als auch für Kupferdrähte Verwendung finden können, ohne dabei die Geräte zu verteuern 1 ). Da die Aluminiumdrähte von ungeschulten Kräften verlegt werden können, müssen die Klemmen arbeiten, auch wenn das Aluminium nicht mit einer Paste bestrichen wird. Nach dem bisherigen Stand der Forschung sind etwa folgende Bedingungen zu erfüllen: Für dünne AI-Drähte ist es schwierig, die mechanischen Prüfbedingungen zu erfüllen.
Theorie der Kontakte, Klemmen und Verbindungen
111
Die Klemme muß aus Aluminium sein. Eine kupferne Klemme dehnt sich bei Erwärmung weniger aus als die Kabeldrähte aus Aluminium, dadurch hat das aus dünnen Drähten bestehende Aluminiumkabel keinen Platz, sich unter Erwärmung auszudehnen, die einzelnen Aluminiumdrähte werden dadurch über Gebühr beansprucht und verformen sich plastisch. Erkaltet die Klemme, tritt eine Verschiebimg der feinen Drähte ein, neue Drahtsteilen werden bei erneuter Erwärmimg verformt, usf. An den Stellen, an denen der Druck nachläßt, wird das Aluminiumoxyd nicht mehr durchbrochen, die Verbindung wird allmählich schlechter, bis der Widerstand so weit gestiegen ist, daß bei Erwärmung Klemme und Draht ausglühen. Dies tritt nicht ein, wenn unter der Voraussetzung, daß die Klemme richtig bemessen ist, eine Klemme aus Aluminium für Kupferdrähte verwendet wird. Die Klemme hat wesentlich mehr mechanischen Widerstand gegen Verformung als die einzelnen dünnen Drähte, diese dehnen sich weniger aus als das Gehäuse, der Kontaktdruck auf jeden Draht wird geringer. Wie wir gesehen haben, fällt der Kontaktwiderstand bei großer Kontaktkraft nicht mehr stark, wenn die Kontaktkraft gesteigert wird. Wählt man daher das Anzugsmoment der Klemmschraube groß genug, daß die Kontaktkraft ausreichend ist auch bei Stromdurchgang, dann spielt die Verminderung der Kontaktkraft durch die geringere Ausdehnung des Kupferleiters keine Bolle. Um eine Aluminiumklemme für Aluminiumdrähte wirksam zu machen, sind verschiedene Voraussetzungen nötig. Die Klemme muß außen und innen galvanisch oder auf andere Weise verzinnt sein. Versilberte Klemmen geben schlechte Verbindungen mit unversilbertem Aluminium, Cadmium ist ebenfalls nicht gleichwertig. Dauerversuche mit Erwärmungszyklen haben dies bestätigt. Um das Aluminiumoxyd zu durchbrechen, ist ein bestimmter Druck mindestens erforderlich. Es hat sich ergeben, daß man mit etwa 150 cmkg die Klemmschraube anziehen soll, d. h., man muß eine Klemmschraube wählen, die einen Vier- oder Sechskantkopf hat. Der Vier- oder Sechskant kann auch in den Schraubenschaft eingepreßt werden. Bei Kabel bis etwa 4 mm Durchmesser kann man auch eine federnde Druckplatte an die Madenklemmschraube nieten. Dann kann man eine Schlitzschraube verwenden. Die Klemme muß genügend groß sein, um eine wirklich gute Federung zu erzielen. Abb. 58a zeigt eine 100 Amp.-Schraubklemme in Aluminiumgehäuse. (Die gleiche Klemme hat in einem eisernen Gehäuse bei Aluminiumdrähten versagt.) Durch die federnde Druckplatte wird ein gleichmäßiger Druck auf die Drähte beim Erwärmen bewahrt. Dadurch wird bei einer größeren Anzahl Drähte die Oxydschicht durchbrochen, daher kann der Druck kleiner sein. Eine solche federnde Platte kann aber bei größeren Klemmen nicht angebracht werden. Der erforderliche höhere Druck ver-
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1. Kapitel: Allgemeine Theorie der Schaltgeräte
langt eine stärkere Platte, die in dem geringen Raum in einer Klemme nicht mehr untergebracht werden kann. Bei größeren Klemmen (etwa 100 MCM = 24 mm Durchmesser und mehr) müssen mehrere Schrauben verwendet werden, um in einer genügenden Anzahl Drähten die Oxydschicht zu durchbrechen. Wenn Platz vorhanden ist,
Abb. 58 a. Klemme für eine Kupferstromschiene mit einem Aluminiumdraht
-O-
Abb. 58b. Doppelklemme für hohe Stromstärken Abb. 58 c. Klemme aus Profilaluminium
kann man auch eine Platte aus Aluminium zur gleichmäßigeren Druckverteilung vorsehen. I n allen Klemmen sind Rippen oder andere Konstruktionselemente vorgesehen, um sie für kleinere Kabeldurchmesser als den maximalen verwenden zu können. (Vgl. die Prüfmethoden auf Seite 108.) Bei der Auswahl der Aluminiumlegierung ist auf gute Verzinnbarkeit und ausreichende Leitfähigkeit zu achten. Besonders ist darauf zu achten, daß die Klemmen mechanisch dem starken Druck beim Anziehen der Schraube ohne zu „kriechen" gewachsen sind. Sie müssen reichlich bemessenen Materialquerschnitt aus einer Legierung von hoher Zug- und Druckfestigkeit haben (meist Material von mindestens 1800 kg/cm 2 Elastizitätsgrenze und 50 bis 55% Leitfähigkeit im Verhältnis zu der des Elektrolytkupfers). Die Klemmschraube soll Aluminium von sehr hoher Zugfestigkeit sein. Stahlschrauben sind zulässig. Die Meinung über deren Zulässigkeit ist geteilt. Die Verbindung von Ahiminiumklemmen zu Kupferstromschienen kann entweder mittels Schrauben und Belleville-Unterlegscheibe1) erfolgen oder 1 ) Versuche, verzinnte schwere Aluminium-Klemmen direkt auf versilberte (oder anders galvanisch behandelte) Kupferschienen unter hohem Anzugsmoment zu schrauben, haben in den letzten Jahren gute Erfolge gehabt.
Theorie der Kontakte, Klemmen und Verbindungen
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aber in der Weise, daß die Kupferschiene lose in ein Aluminiumgehäuse plaziert wird und mit dem Aluminiumkabel durch eine Klemmschraube verbunden wird. Da Kupfer sich bei Erwärmung weniger stark ausdehnt als Aluminium, muß eine federnde Druckplatte die Druckvariation auffangen. Dies ist im allgemeinen nur bei kleinen Drähten möglich, da man in Klemmen meist keinen Platz für größere federnde Scheiben hat, die den nach Seite 108 genannten Anzugsmomenten gewachsen sind. Eine andere Möglichkeit besteht darin, daß man zwischen dem Aluminiumkabel und der Kupferschiene eine etwa 2 bis 3 mm starke Aluminiumplatte anbringt. Abb. 58 a zeigt eine Kupferschiene zu AluminiumdrahtVerbindung für den Fall, daß nicht genügend Platz für eine Belleville-Unterlegscheibe vorhanden ist. Die Wirksamkeit einer solchen Aluminiumscheibe dürfte auf folgende Ursache zurückzuführen sein: Ohne eine solche Zwischenscheibe wird bei Erwärmung die Verbindung lose, da das Kupfer sich weniger ausdehnt als das Aluminium, die Drähte verschieben sich, ein oder zwei der dünnen Drähte werden in die Ecke zwischen Kupfer und Aluminium gepreßt, beim Erkalten wird dieser Draht zusammengedrückt und plastisch verformt, der Druck läßt nach. Solche Vorgänge wiederholen sich, bis nach einigen hundert Zyklen die Klemme versagt. Ist eine Aluminiumplatte zwischen Kupfer und Aluminiumgehäuse angebracht, dann kann kein Draht zwischen das Gehäuse und die Kupferschiene geklemmt werden. Es ist vielfach üblich, wenn auch für Innenräume oft nicht nötig1), Kupfer- aber besonders Aluminiumdrähte einzuklemmen statt einzuschrauben. Für solche Klemmverbindungen braucht man spezielle Werkzeuge, sie sind auch nicht lösbar ohne sie zu zerstören. Klemmen können alle möglichen Formen haben, U-, T-Klemmen, Kreuzklemmen usw. Der Druck kann statt durch Schrauben in der Mitte durch Schrauben und Muttern an den Seiten ausgeübt werden, wie z. B. bei der Klemme nach Abb. 59, die Klemmschraube kann ein flaches oder kegelförmiges Ende haben, das auf das Kabel preßt, aber die Wirkungsweise ist in jedem Fall die gleiche. In jedem Fall ist es nötig, die Klemmschrauben einzufetten, damit ein gleichmäßiger Druck gewährleistet wird. Nicht eingefettete Klemmschrauben verursachen ein Versagen der Klemme X - 1 , . ,C - 2, nach einer gewissen Zeit. ^ " uxt ~ A Abb. 59. Aluminiumklemme mit zwei Schrauben, gezogenes Aluminium *) An Stellen, wo hohe Kurzschlußströme auftreten können, sind Klemmverbindungen mit Kabelschuhen vorzusehen. 8
Kusay, Schaltgeräte. 2. A.
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1. Kapitel: Allgemeine Theorie der Schaltgeräte
Bewegliche Eontakte Die Gleichungen 164 bis 167 haben auch Gültigkeit für bewegliche Kontakte. Diese Erkenntnis hat in den dreißiger Jahren zu einer umfassenden Veränderung im Schalterbau geführt. Man hatte bis dahin für höhere Stromstärken Bürstenkontakte verwendet, die dann durch Klotzkontakte aus Kupfer ersetzt worden sind. Seit dieser Zeit sind eine Menge Kontaktmaterialien entwickelt worden, deren Eigenschaften dem Konstrukteur genau bekannt sein müssen, um das richtige Kontaktmaterial für den jeweiligen Zweck zu wählen. Kupferklotzkontakte haben auch heute noch einige Anwendungsgebiete. Sie sind billiger als alle anderen Kontaktmaterialien, die sie für eine kleine Anzahl von Anwendungsgebieten augenblicklich noch als das geeignetste Kontaktmaterial erscheinen lassen. Durch die Klotzkontakte wurde vor allem die Leistungsfähigkeit der Schalter erheblich, wie wir später sehen werden, gesteigert, da die zu bewegenden Massen bei Klotzkontakten kleiner sind als bei Bürstenkontakten. Bei der Dimensionierung der Klotzkontakte darf man jedoch nicht vergessen, daß beim Schalten Lichtbögen entstehen, und daß die hierdurch entstehende Wärme und die an der Übergangsstelle entstehende Wärme abgeführt werden muß. Es muß also auch die Größe der Klotzkontakte von der Stromstärke abhängig sein. Zusätzlich aber wirkt sich auf den Übergangswiderstand noch immer das Entstehen einer Oxydationsschicht zwischen den Metallen aus. Diese Oxydationsschicht ist vor allem bei Kupfer schlecht leitend. Bei der Bemessung von Kupferkontakten ist ständig zu beachten, daß an der heißesten Stelle im eingeschalteten Zustand niemals eine höhere Übertemperatur als 65° C 2 ) auftreten darf. Bei lang anhaltenden Temperaturen über 140° C würden bleibende Verformungen des Kontaktmaterials auftreten. Bei praktisch vorkommenden Kontakten haben kleine Unebenheiten keine wesentliche Bedeutung, da zum Schluß doch nur punktförmige Berührung stattfindet. Als Kontaktkraft für Kupferkontakte wird folgendes vorgesehen: S c h a l t e r in L u f t häufig schaltend etwa 12—13 gr pro Amp. selten schaltend etwa 17 J
gr pro Amp.
S c h a l t e r in ö l häufig schaltend 20—22 gr pro Amp. selten schaltend 25 gr pro Amp.
) Ableitung siehe Holm: „Die technische Physik der elektrischen Kontakte". ) Für Kupferkontakte sind im Dauerbetrieb jedoch keine höheren Temperaturen als 75° C in Ol oder 80° C in Luft zugelassen. In USA sind 65° C Übertemperatur für Klotzkontakte erlaubt und 30° C Übertemperatur für Kontaktfedern. 2
Bewegliche Kontakte
115
Fließt durch einen Kontakt dauernd ein Strom, der höher ist als 400 Amp., so steigert man allmählich die Kontaktkraft pro Ampere, beginnend bei 400 Amp. mit 25%, bei noch höheren Stromstärken weit mehr. Man beachte, daß Schalter, für die wegen des häufigen Schaltens nur eine geringe Kontaktkraft vorgesehen ist, nicht dauernd eingeschaltet bleiben dürfen, damit sich nicht mit der Zeit eine Oxydationsschicht bildet, durch die ein so hoher Übergangswiderstand entsteht, daß die Kontakte verschmoren. Man muß daher Schalter mit Kupferkontakten mit einer Kontaktkraft unter 17 gr/Amp. in Luft mindestens 2—3mal täglich schalten. Dies gilt nicht, wenn als Kontaktmaterial Silber verwendet wird. Die Kontaktkraft wird in ö l höher gewählt als in Luft, da infolge der Zähigkeit des Öls K r a f t zum Wegdrücken des Öls nötig ist. Durch den Lichtbogen entstehen im Kontakt Verformungen, die größer sind als durch den bloßen Stromübergang. Diese Verformungen nennt man grobe Verluste. Die Verdampfungsmenge an Kontaktmaterial ist proportional der im Lichtbogen entwickelten Energie. / gesetzt werden. Man wählt etwa 4 kg/cm2. Die Winkel oc und ß in Abb. 62 sollen höchstens 30 bzw. 25° betragen1). Da die Bürsten eine große Anzahl Übergangsstellen haben, kann man bei Bürsten den Begriff des Kontaktdruckes anwenden. Im allgemeinen wählt man die Bürste etwa halb so groß wie die Kontaktfläche. Abhängig von der Bürstenbreite b wählt man etwa folgende Stromdichten bei 100% Einschaltdauer:
Abb. 61. Flachbahn-Anlasserkontakt l
) Rhiza Seiderer, Starkstromtechnik 1921.
T
1 r
Abb. 62. Bürstenkontakt
118
1. Kapitel: Allgemeine Theorie der Schaltgeräte
Breite . . . . 10 Stromdichte Kontaktplatte 0,75 Bürste. . . . 1,5
15 0,65 1,3
20 0,6 1,2
25
30
0,57 1,15
0,55 1,1
35 mm 0,50 A/mm2 1,0 A/mm2
Bei sehr langsam einschaltenden Geräten ist es notwendig, Graphitkontakte oder Kontakte aus Bronzekohle zu verwenden, da jedes Metall bei hoher Temperatur durch Funkenübergang beim Einschalten schweißen würde. Eine Ausnahme hiervon bildet Wolfram, das jedoch für die meisten Zwecke zu teuer ist und andere Nachteile hat. Der Schmelzpunkt von Graphit liegt bei etwa 3600°. Durch Zusatz von Kupfer wird der Schmelzpunkt niedriger und der Materialverbrauch durch den Lichtbogen höher, andererseits aber die Leitfähigkeit besser. Versuche über Bronze- und Graphitkohlen
kontakt
takt mit drehbarer Bronzekohle
Abb. 63a stellt einen Graphitkontakt nebst dem Schaltbild zum Messen der Kontakteigenschaften dar. Das Schaubild Nr. 64 zeigt, welche Übertemperatur Bronzekohle und welche Übertemperatur Graphitkohle bei verschiedener Stromdichte und gleichem Kontaktdruck und verschiedener Einschaltdauer hat. Das Schaubild 65 zeigt die Entwicklung der Temperatur der Graphitkohle und des metallenen Kontakttellers bei 5 0 % Einschaltdauer und 120 Schaltungen pro Stunde. Die Graphitkohlen sind wesentlich reichlicher zu wählen als Klotzkontakte, da die Wärmeleitfähigkeit geringer ist. Man muß sich damit auch weiterhin abfinden, daß Kohle langsam zerstäubt, da stets kleine Teilchen durch den Lichtbogen mitgerissen werden. Die Graphitkohlen
Bewegliche Kontakte
119
120
1. Kapitel: Allgemeine Theorie der Schaltgeräte
müssen wegen des hohen Materialverschleißes leicht nachstellbar sein. Als Kontaktkraft für Graphitkohlen wähle man etwa 30—35 gr/Amp., bei Bronzekohle etwa 10—15 gr/Amp. Diese Werte gelten für 100% Einschaltdauer, bei 50% Einschaltdauer können diese Werte um 40% vermindert werden. Als spezifische Belastung bei Flächenkontakten wählt man etwa 90 gr/cmz. Man kann auch Kupferwälzkontakte auf einem festen Kohlekontakt abwälzen lassen. Die Kohlekontakte können in Form einer drehbaren Rolle ausgebildet werden (Abb. 63b). Es ist manchmal zweckmäßig, beim Langsamschalten die Bronzekohle dem Lichtbogen nicht auszusetzen, vor allen Dingen, wenn es sich um höhere Spannung handelt und dabei keine magnetische Lichtbogenlöschung vorgesehen ist, sondern Graphitkohle hierfür vorzusehen und zum dauernden Stromübergang eine Bronzekohle zu wählen. Es ist daher zweckmäßig, einen Graphitkohlevorkontakt und einen Bronzekohlehauptkontakt vorzusehen. In den letzten Jahren haben fast ausschließlich Edelmetallkontakte eine Verwendung im Schalterbau gefunden. Sie sind Verbindungen von Silber (oder für einige Fälle von Kupfer) mit Cadmium, Molybdän, Wolfram, Nikkei usw.; sie sind Legierungen oder gesintertes Pulver oder reines Silber. Diese Metalle erlauben weit niedrigere Kontaktkräfte als Kupferkontakte, sie haben teilweise hohen Schmelzpunkt und können daher wiederholt schwere Kurzschlüsse abschalten. Kontakte aus Gold, Platin, Iridium, Palladium finden in kleinen Relais Anwendung. Silber und Silberlegierungen: Silber hat die beste elektrische und thermische Leitfähigkeit. Silberoxyd hat die gute Eigenschaft, bei 300 bis 400° C unstabil zu werden, es hat weiter die ausgezeichnete Eigenschaft, daß der Kontaktwiderstand durch die Bildung von Fremdschichten in selten oder nicht geschalteten Kontakten wesentlich langsamer und weniger stark steigt. Durch Versuche der Wilson Company New (Union New Jersey USA) wurde festgestellt, daß der Kontaktwiderstand von Kupfer in gewöhnlicher Luft in 32 Tagen etwa 32mal stärker stieg als von Feinsilber. Der Kontaktwiderstand von reinen metallischen Kontakten wurde von Holm und von Ross untersucht. Nach ganz kurzer Zeit bildet sich aber eine Oxydschicht, so daß der rein metallische Kontaktwiderstand ohne diese Schicht für den Schaltgerätebau keine praktische Bedeutung hat, schon nach kurzer Zeit ergeben sich die in Abb. 66 a dargestellten Kontaktwiderstände abhängig von der Kontaktkraft1). Der Verfasser hat Untersuchungen darüber angestellt, wie sich die Kontakttemperatur eines Kontaktes in Luft (ohne Schaltungen unter Last) abhängig mit der Kontaktkraft bei verschiedenen Stromstärken ändert und s. Holm, Elektrische Kontakte, Springerverlag.
121
Bewegliche Kontakte Ohm
Q001 0,01 0,1
100 1000 10* K)5 106 p
Gramm
Abb. 66a. Die Abhängigkeit des Kontaktwiderstandes von der Last für reine Kontakte in Luft
kg 500
Abb. 66b. Abhängigkeit der kleinsten empfehlenswerten Kontaktkraft von der Nennstromstärke bei Tastkontakten (Schalter für selteneres Schalten, bei Schützen nur empfehlenswert, wenn die anderen im Buch dargestellten Bedingungen erfüllt werden)
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1. Kapitel: Allgemeine Theorie der Schaltgeräte
hierbei festgestellt, daß allgemein bei Steigerung der Kontaktkraft über einen gewissen Punkt eine weitere nennenswerte Herabsetzung der Temperatur nicht mehr stattfindet. Diese Kontaktkraft kann für Schalter, die nicht häufig schalten (z. B. Selbstschalter und Hebelschalter), als die günstigste angesehen werden. Sie ist in Abb. 66 b für einige Sinterwerkstoffe und Silbercadmiumoxyd dargestellt. Allgemein sieht die Abhängigkeit der Kontakttemperatur von der Kontaktkraft für eine bestimmte Stromstärke so aus, wie in Abb. 66 c dargestellt. Der Punkt P ist dann in die Abb. 66 b übernommen worden. Bei Vergleich der Werte in Abb. 66b mit den für Kupferkontakte genannten sieht man, wie groß die Veränderung von Schalterkonstruktionen durch die Verwendung von Sintermetallen und Silberlegierungen werden mußte 1 ). Bei Schaltschützen für sehr große SchalthäuKontaktkraft figkeiten liegen noch nicht genügend UntersuchunAbb. 66 c. Prinzipieller gen vor, um eine solche Kurve geben zu können. Verlauf (bei gleichen geoDie üblichen Kontaktkräfte der verschiedenen metrischen Abmessungen Firmen weichen auch stark voneinander ab. und gleicher Stromstärke) der Kontakttemperatur Für die Lebensdauer von Kontakten sind auch von der Kontaktkraft eine ganze Menge anderer Faktoren (Prellzeit, Kontaktgröße, Kontaktstärke, Durchfederung, Kontaktmaterial, Ausschaltlichtbogenspannung, Ausschaltgeschwindigkeit usw.) von größerer Bedeutung als die endgültige Kontaktkraft. Sehr wesentlich für eine geringe Prellzeit ist die Kontaktkraft beim Auftreffen des beweglichen Kontaktes auf den festen Kontakt. Das Verhältnis dieser Kraft zum Gewicht des beweglichen Kontaktarmes oder der Kontaktbrücke soll hoch sein, für ganz prellfreies Verhalten etwa 100 bis 150. Ein solches Verhältnis läßt sich bei Schützen praktisch nicht erzielen, weil die Magnete zu groß würden, so daß man wohl ein so günstig als mögliches Verhältnis erzielen soll, aber daneben noch andere Maßnahmen zur Erzielung kurzer Prellzeiten treffen muß (s. Seite 766). Es ist möglich, daß die in der Kurve 66 b genannten Kontaktkräfte auch für Schützen ausreichend sind. Es seien hier kurz einige Beschreibungen von Kontaktmetallen gegeben (soweit nicht vorher Werte bereits aufgezeigt wurden): a) Kupfer: Neigt zu Oxydbildung, erfordert hohe Kontaktkräfte für ruhende Kontakte, und Wälzkontakte für häufig schaltende Kontakte, hat gute Widerstandsfähigkeit gegen Schweißen. Billigstes Kontaktmaterial Edelmetallkontakte haben für Starkstromgeräte heute außer in USA, Schweden und England keine Temperaturgrenze mehr, natürlich darf die Temperatur nicht so hoch werden, daß die anderen Teile durch Wärmeübergang unzulässig erwärmt werden.
Bewegliche Kontakte
123
und kann für Schalter, die nicht automatisch schalten, dann verwandt werden, wenn der Mechanismus kräftig genug gebaut wird, um die erforderlichen Kontaktkräfte aufzubringen. Bei Schaltern, die gegen hohe Kurzschlüsse einschalten müssen ohne zu schweißen, sind meist hohe Kontaktkräfte ohnedies nötig (vgl. S. 92). Erweichungsspaimung (Holm) 0,12 Volt, Schmelzspannung 0,43 Volt. Die Schmelzspannung spielt eine Rolle, wenn das Verhalten eines Kontaktes bei Kurzschluß untersucht wird. Schmelztemp. 1083°. Hauptsächliches Anwendungsgebiet: Hebelschalter, Flachbahnanlasser; verliert Bedeutung als Kontaktmaterial für Schützen und Selbstschalter. b) Femsilber: Beste elektrische Leitfähigkeit, neigt mehr zum Schweißen als Kupfer, Schmelztemperatur 960° C. Wegen der geringen Härte nicht für Reibungskontakte geeignet, sehr für Tastkontakte. Läßt sich leicht auf Kontaktunterlage aus Kupfer oder Kupferlegierung (Chromkupfer oder Cadmiumkupfer) hart auflöten, nieten oder schweißen. Besonders geeignet für seltenes Schalten, weil das sich bildende Silberoxyd nicht stabil ist, Schmelzspannung 0,37 Volt. Geeignet für häufiges Schalten kleiner Leistungen (Relais, Hilfskontakte für Schützen und kleine Schützen, auch für Hauptkontakte von großen Selbstschaltern, die Lichtbogenvorkontakte haben). c) Hartsilber, Coinsilber, ähnelt dem Feinsilber, aber mit zunehmendem Kupfergehalt wird die Härte größer, Schweißfestigkeit besser, aber die Oxydbildung größer. Der Vorteil des Silbers, das bei geeigneter geometrischer Anordnung wiedergewonnen werden kann, wird kleiner. d) Silbercadmiumoxydlegierungen: Diese haben das früher verwandte Silbercadmium verdrängt, da Silbercadmium sich mit der Zeit in Silbercadmiumoxyd verwandelt. Die Legierung wird durch innere Oxydation erzielt, d. h., das Silbercadmium wird mehrere Tage unter 800° C der Luft ausgesetzt. Es gibt Legierungen mit 5%, 10% und 15% Cadmiumoxyd. Dieses Material hat mit steigendem Cadmiumoxydgehalt gesteigerte Schweißfestigkeit, es bildet sich kein Oxyd mehr beim Schalten, da das Material bereits Oxyd hat (Keil: Werkstoffe für elektrische Kontakte, Springerverlag 1960, S. 324). Das Material ist geeignet für das Einschalten bei hohen Strömen, zumindest hohen Überströmen (nicht für Kurzschlüsse von vielen tausend Ampere) wahrscheinlich bis zu etwa 5000 Amp. Für größere Ströme werden die Kontakte ziemlich groß. Hat gute Lebensdauer 1 ). Ist schwierig auf Unterlage aufzuschweißen. Es muß eine Silberschicht unter dem Kontakt haben, um diese auf das Chrom oder Cadmiumkupfer (ersteres bei mittleren, letzteres bei kleinen Schützen) hart auflöten zu können. Etwas teurer als Silber. Meist verwandtes Material für Schütze. Hilft bei Löschung des 1 ) Lebensdauer moderner Schützenkontakte bei Vollast beträgt (Einschalten etwa sechsfache Stromspitze, Abschalten Vollaststrom) mehrere Millionen Schaltungen.
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1. Kapitel: Allgemeine Theorie der Schaltgeräte
Lichtbogens, da es bei 1800° C dissoziiert und dabei Wärme entzieht, es vereinigt sich beim Erkalten wieder1). e) Silbercadmiumoxyd als Sinterwerkstoff. Hat ähnliche Eigenschaften wie die Legierung und ist in ähnlichen Prozentverhältnissen erhältlich. Ist etwa 35% teurer als die Legierung, hat wahrscheinlich bessere Schweißfestigkeit und ist bei Schützen über etwa 100 Amp. meist verwandt. Geeignet für Schalter bis zu 5000 Amp. Abschalt- (Effektivwert) und Einschaltstromstärke und mehr. Ob sich dieses Material für ganz große Schützen eignet, ist z. Z. noch umstritten, es wird z. Z. überwiegend für Schützen bis zu 600 Amp. verwandt, für höhere Stromstärken wird noch vielfach Kupfer als Kontaktmaterial verwandt, aber die Tendenz bei neueren Konstruktionen geht dahin, den Strombereich für Silbercadmiumoxyd dauernd zu erweitern. Ein gewisser Vorteil von Silbercadmiumoxyd gegen reine Silberkontakte ist die verhältnismäßig große Widerstandsfähigkeit gegen Metallwanderung bei Gleichstromschützen. In Fällen, wo es ökonomisch tragbar ist kann man bei Gleichstromschützen den negativen Kontakt aus Silbercadmiumoxyd den positiven Kontakt aus einer Silber-Cadmium -Palladium (kleine Menge) -Legierung machen. f) Wolframsilber und Molybdänsilber. Während die obengenannten Legierungen sehr geeignet sind für eine große Anzahl von Schaltungen, sind für die Abschaltung von großen Strömen, insbesondere Kurzschlüssen, Wolframsilber- und Wolframmolybdänkontakte zu verwenden. Wolframsilberkontakte sind Pulverkontakte, die im Sinterverfahren gewonnen werden. Da Wolfram einen sehr hohen Schmelzpunkt hat, haben die Kontakte große Widerstandsfähigkeit gegen Schweißen. Man kann hierbei das Prozentverhältnis zwischen Wolfram und Silber verändern. Wolfram hat den Nachteil, daß es Oxyde bildet, die mit der Zeit immer größeren Kontaktwiderstand verursachen, daher sind Wolframsüberkontakte nur dann für größere Schalthäufigkeit geeignet, wenn die Kontakte als Wälzkontakte ausgebildet sind. Sie müssen so groß sein, daß der Lichtbogenfußpunkt vom Kontaktpunkt abwandern kann, trotzdem verursachen sie leicht Überhitzung des Kupferarmes, wenn ihr Wolframgehalt nicht sehr klein ist (20 bis 30%), da der Kontaktwiderstand ständig steigt, nach einer größeren Anzahl (je nach Ausführung 500 bis 5000) Schaltungen mit normaler Last. Man muß ferner beachten, daß häufig Wolframsilberkontakte so hergestellt sind, daß sie Silberüberschuß an der Oberfläche haben, das verursacht häufig das Verschweißen neuer Kontakte beim Aufschalten auf einen Kurzschluß. In neuester Zeit ist es gelungen, Sübercadmiumoxyd-Kontakte direkt auf Kupfer zu schweißen. Kupfer erhält kleine Dellen. Der Kontakt wird unter sehr hoher Stromstärke in ein paar Perioden aufgeschweißt, indem ein Lichtbogen sich über die ganze Kontaktfläche ausbreitet (Magnaflash). Vorteil: keine Erweichung des Kupfers. Beachte S. 127.
125
Bewegliche Kontakte
Sobald das überschüssige Silber verbraucht ist, wird die Schweißgefahr stark vermindert. Es ist sehr zweckmäßig, Wolframsilberkontakte als Abschaltkontakte zu verwenden, während für dauernden Stromdurchgang Silberoder Sübercadmiumoxydkontakte verwendet werden können. Es ist durchaus möglich, Kontakte von verschiedenem Mischungsverhältnis gegeneinander schalten zu lassen. Für mittlere und kleinere Selbstschalter verwendet man Kontakte mit mittlerem (50%) und für größere Selbstschalter Kontakte als Vorkontakte mit großem Wolframgehalt (60—70%). Silbermolybdänkontakte sind etwas leichter als Silberwolframkontakte und können dort verwendet werden, wo das Gewicht eine Rolle spielt, ihre Schweißfestigkeit ist etwas geringer als Wolframsübermetalle. Während Sübercadmiumoxyd und reine Silberkontakte auch bei sehr niedriger Kontaktkraft (praktisch 20 bis 30 Gramm und weniger) verwendet werden können, sollen Wolframsilberkontakte nicht unter einer Kontaktkraft von 75 bis 100 Gramm verwendet werden. In Gleichstromschützen sollen Wolframsilberkontakte nur als Kathode verwendet werden, während Silbercadmiumoxydkontakte als Anode Verwendung finden können. Wenn es möglich ist, soll man Wälzkontakt bei Gleichstrom verwenden. Noch größere Härte als Wolframsüberkontakte haben Süber-Wolframkarbidkontakte, die ebenfalls im Sinterverfahren aus Pulver hergestellt werden. Sie sind sehr widerstandsfähig gegen Korrosion, verlangen aber wesentlich höhere Kontaktkraft als Süberwolframkontakte mit dem gleichen Prozentverhältnis. Ihr Widerstand steigt mit der Zahl der Schaltungen nicht ganz so stark wie der von Wolframsüberkontakten, ist aber anfänglich größer. Abb. 66d zeigt einige Kurven über das Ansteigen des Kontaktwiderstandes von Tastkontakten abhängig von der Zahl der Schalttingen bei normaler Last. Diese Versuchsergebnisse beziehen sich auf Relais-Kontakte. Es gibt nicht viele Veröffentlichungen ähnlicher Art über die Widerstandszunahme von Schützkontakten. Versuche zeigen, daß der Kontaktwiderstand von Sübercadmiumoxydkontakten bei kleineren Schützen prozentual größer ist als bei großen Schützen. Der Kontaktwiderstand nimmt anfänglich (10000 bis 30000 Schaltungen) stark zu und steigt dann ganz langsam an, bis der Kontakt imbrauchbar wird, was bei richtiger Konstruktion erst nach vielen Millionen Schaltungen nötig ist. Abb. 66 d. (Versuche an Relais.) Zunahme des Kontaktwiderstandes von Silber- und Silberwolframkontakten, abhängig von der Zahl der Schaltungen, Ein- und Ausschalten bei Nennstrom (nach Gerber, Techn. Mitteilungen PTT 1955 S. 89)
Zahl der Schaltungen
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1. Kapitel: Allgemeine Theorie der Schaltgeräte
g) Kupfer-WoUramverbundmetalle. Diese sind etwas billiger als Wolframsilbermetalle, sind widerstandsfähiger gegen Korrosion, sind empfindlicher gegen Oxydbildung, verlangen daher rollende Kontakte. Ihr hauptsächlichstes Anwendungsgebiet sind ölschalterlichtbogenkontakte, sie können auch als Vorkontakte in ölschützen Verwendung finden, ihre Widerstandsfähigkeit bei Kurzschlüssen ist noch etwas besser als die der Wolframsilberkontakte. Für besonders hohe Abschaltströme können auch Kupfer-Wolframkarbide verwandt werden. In welcher Weise können die Edelmetalle mit dem anschließenden stromführenden Glied verbunden werden ? Silberkontakte können auf Kupfer genietet werden, wobei Silber flach oder gewölbt sein kann, sie können auch auf eine Kupferschraube hart gelötet werden (Abb. 67), es ist auch möglich, Kontaktlegierungen auf anderes Edelmetallauflage Isolierstoff Litze oder Schiene Kupferschraubkontakt und Gegenmutter
Abb. 67. Schraubkontakt mit Edelmetallauflage
Material aufzuwalzen, was sich besonders für Massenfertigung von Schützkontakten eignen kann (Abb. 68). Gesinterte Metalle können in beliebiger Form gestaltet werden, besonders eignen sich hörnerartige Kontakte für Lichtbogenabschaltkontakte (Abb. 69). Hierbei ist darauf zu achten, daß diese Kontakte durch das Grundmaterial gut abgestützt werden. Die beste Form, gesinterte Verbundmetalle F =l
^ Kupfer arm Wolframsilberkontakt Kupfer
Abb. 68. Edelmetallauflage auf Grundmetall gewalzt
Abb. 69. Hörner hartgelötet auf Kupfer
mit dem übrigen Metall zu verbinden, ist hart löten und schweißen. Widerstandsschweißung verlangt, daß der Edelmetallkontakt eine kleine Projektion hat. Unter Druck wird der Kontakt aufgeschweißt. Eine weitverbreitete Methode ist das Hartlöten von Verbundmetallkontakten auf Kontaktgrundmaterial. Man verwendet ein Hartsilberlot, dessen
Bewegliche Kontakte
127
Schmelzpunkt niedriger ist als der des Verbundmetalles und der des Basismetalles (meist Kupfer oder eine Kupferlegierung). Dieses wird in einer Widerstandsschweißanlage zwischen dem gerippten Verbundmetallkontakt und dem (manchmal mit einem Loch versehenen) Basismetall untergebracht. Alle drei Metalle werden unter Druck zusammengelötet. Ein Lötmittel verhindert die Oxydation. Die nötige Hitze kann auch durch eine Gasflamme oder in einem Induktionsofen erzeugt werden, jedoch sind diese Verfahren nicht so üblich. Als Grundmaterial dient meist Kupfer, doch ist es sehr häufig (vor allem bei schwächerer Metallgrundlage), Metalle zu verwenden, die durch Erwärmen beim Hartlöten oder Schweißen ihre mechanische Festigkeit weniger verlieren, besonders Cadmium- oder Chromkupfer1). Bei der Konstruktion von Kontakten sind noch andere Gesichtspunkte zu beachten. Wir haben gesehen, daß die Wahl des richtigen Kontaktmaterials das Schweißen von Kontakten erschweren kann, wenn auch nur durch Inkaufnahme anderer Nachteile. Eine wichtige Forderung geht dahin, die Gefahr des Schweißens zu vermindern. Alle Kontakte, die größeren Kurzschlußströmen ausgesetzt sind, können starken kontaktabhebenden Kräften ausgesetzt sein, die ein Verschweißen der Kontakte zur Folge haben können. In Formeln 160 und 161 sind Kräfte an stromführenden Leitern in Richtung dieser Leiter berechnet worden. Danach ergibt sich eine Längskraft von (161) Zwei durch eine Querschiene verbundene Leiter gem. Abb. 70 üben auf die Querschiene eine Kraft aus. Um diese zu errechnen, differentiere man in Richtung der virtuellen Wegverrückimg, die in diesem Falle in Richtung des Leiters liegt, also man errechne dEjdl. Hierbei ist aber noch der Einfluß, den der Strom im Querleiter ausübt, vernachlässigt. Die Kraft auf dem Querleiter wird geringer sein. Nach einer Erfahrungsformel von Biermans tritt noch eine etwa 20%ige Verminderung ein und es ergibt sich (169a) Bei Tastkontakten, bei denen die Querschiene weit weg liegt oder fortfällt, kann man die auftretenden Kräfte nach dem vorangegangenen Fall !) Die Festigkeit des Kontaktgrundmaterials bleibt erhalten, wenn für das Aufschweißen des Kontaktes Magnaflash als Schweißmethode gewählt wird (s. S. 124), allerdings kann man diese Schweißmethode nur anwenden, wenn die Kontakte alle anderen Versuche erfolgreich bestehen, nachdem sie durch diese Methode aufgeschweißt wurden, insbesondere muß das Abschaltvermögen überprüft werden.
1. Kapitel: Allgemeine Theorie der Schaltgeräte
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bestimmen, da der Stromübergang nur in den Engeflächen stattfindet (Abb. 70 a). Es tritt also hier die gleiche abhebende Kraft auf, die in einem rechtwinkeligen System auftritt. Die Stromschleife versucht sich stets zu vergrößern. Es gilt also hier die gleiche Formel, nur daß der Einfluß der Querschiene wegfällt, so daß man den Biermanschen Korrekturfaktor nicht be-
ftl
u
D Abb. 70. Kraft auf eine Querschiene
Abb. 70a. Stromübergang in einer Engefläche
rücksichtigen muß. Geht man von der Annahme aus, daß die Engefläche ein Kreis ist, mit dem Radius b und der Entfernung zwischen den beiden Engeflächenmittelpunkten d, so gilt P
0,5 i 2 { i l n j + 1 j 10-8 kg
(170b)
und auf jeden Kontakt wird eine Abhebungskraft ausgeübt von P säO,25ta^4Zray + l j 10- 8 kg
(170a)
Man muß vermeiden, daß sich die Kontakte unter dem Einfluß von Kurzschlußströmen abheben können, da sonst durch den entstehenden Lichtbogen sehr bald eine Zerstörung stattfinden würde. Man wählt daher für große Stromstärken Preß- oder Lamellenkontakte, bei denen durch seitlichen Druck auf die Stromschiene die sich gegenüberliegenden parallel federnden Stromleiter mit steigendem Strom anziehen. In Verbindung mit Stiftkontakten werden derartige Lamellen radial um den Stift angelegt. Auch hier wird mit steigendem Strom eine Anziehung erzielt (Abb. 70 b, 70 c).
Bewegliche Kontakte
129
Die Federn dürfen für hohe Ströme nicht zu schwach gewählt werden, da nur der Strom an einzelnen Engeflächen übergeht, und es können daher seitliche Abhebungskräfte auftreten, was insbesondere dann möglich ist, wenn mehrere Lamellen parallel angeordnet sind. Für Schalter, die in der Lage sind, große Kurzschlüsse ohne mechanische Zerstörung zu überstehen,
muß die Federkraft entsprechend den Formeln bestimmt werden. Immerhin sind die seitlichen Abhebungskräfte bei weitem nicht so bedeutend wie die Abhebungskräfte, die bei Tastkontakten auftreten. Neben der hier angegebenen Formel 161 ist von Clerc (Perfectionment aux in errupteurs à haute tension à soufflage par air comprimé Rev. Gén. Electric. S. 741. 1935) eine etwas vereinfachte Formel entwickelt worden. P k g = 0,7 i» In - ^ r 10- 8 kg
(169b)
b' in mm = Radius der Berührungsfläche in mm (eine Berührungsfläche angenommen) Angenommen sei, die Kontaktkraft ist 50 kg und das Kontaktmaterial ist Kupfer, die Kontaktbreite 10 mm (d. h. der mittlere Abstand zwischen den Engestellen ist 5 mm). Nimmt man an, daß der Kontakt an 2 Stellen erfolgt (je 25 kg), dann gilt für jede der beiden Engeflächen: F = 25/40oo = 0,0625 cm2, daher b (Engefläche als kreisförmig angenommen) ^ 0,14 cm. 9
Kuasy, Schaltgeräte. 2. A.
130
1. Kapitel: Allgemeine Theorie der Schaltgeräte
Nach Formel 161 ist der Strom (Momentanwert) der diesen Kontakt abhebt: 50 X 108 2 In i = 43000 Amp. Berechnet man i nach der vereinfachten Formel, nimmt man nur eine Engestelle an, auf die die gesamte Kontaktkraft wirkt. Der Strom, der die Abhebung des Kontaktes bewirkt, ist dann i = 42000 Amp. Der Fehler ist gering (b' ist berechnet zu 1,96 mm). In dieser Berechnung ist die Verformung durch Schmelzen vernachlässigt. Diese Abhebekraft am Einzelkontakt wird verstärkt oder geschwächt j e nachdem, ob die Kontaktanordnung stromabhebend oder stromanziehend wirkt. Will man die Kontakte an der Abhebung verhindern und ist keine Geometrie vorgesehen, durch die diese Kraft vermindert wird, so ist meist trotzdem nicht eine Federkraft von vollen 50 kg erforderlich. Die Ursache liegt darin, daß das Kontaktmaterial unter der Einwirkung der Wärme weicher wird. Angenommen, der Kontaktwiderstand (Kupfer) ist (nach Abb. 66a) 10 - 5 Ohm, dann tritt eine Erweichung bei 0,12 Volt2), d. h. 12000 Amp. je Kontaktstelle (etwa 24000 Amp.), ein. Man kann daher annehmen, daß etwa eine Kraft von 40 kg ausreichend ist, um einem Spitzenstrom von 43000 Amp. zu widerstehen. Beachtet muß ferner werden, daß die Kontakte nicht verschweißen. Dies kann bei Kupfer bei 0,43 Volt geschehen. (Schmelzspannung)1). Dies ist bei einem Spitzenstrom von etwa 50000 Amp. je Kontaktstelle (bei zwei Kontaktstellen also 100000 Amp.) möglich. In Wirklichkeit wird die Kontaktstelle bei niedrigerem Strom verschweißen, da die Ströme sich ungleichmäßig auf die Engestellen verteilen können und werden. Über die Zahl und Verteilung der Engestellen hat man keinen Einfluß, daher ist die Schweißstromstärke bei Kupferkontakten von 40 kg Kontaktkraft bei etwa 70000 Amp. (30% Verminderung oder etwas niedriger) zu schätzen. Bei Wolframsilberkarbidkontakten wäre dieser Wert (Schmelzspannung etwa 0,8 bis 0,9 Volt) wesentlich höher. Man beachte, daß die volle Kontaktkraft, um das Schweißen zu vermeiden, an der Kontaktstelle zur Verfügung stehen muß. Die Abhebekraft kann bei geeigneter Wahl der Kontaktanordnung kompensiert werden. Die Anziehungskraft von parallelen Stromschienen kann z. B. aus den Formeln 153ff. berechnet werden. Sind sie einseitig befestigt (Abb. 70e), so ist die der Abhebekraft entgegenDie Spannungen, bei denen verschiedene Legierungen schmelzen bzw. weich werden muß, beim Hersteller erfragt werden. Für reines Silber sind die Spannungen 0.09 Volt (Erweichen) und 0,35 Volt (Schmelzen). 2 ) s. S. 123.
Bewegliche Kontakte
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wirkende Kraft 3/8 P 2 (vgl. Formeln über den einseitig eingespannten Balken mit gleichmäßig verteilter Last). Um die Abhebekraft zu kompensieren, kann mit Hilfe dieser Formeln die Geometrie der Kontakte ableiten. Man beachte, daß natürlich die Kontaktkraft zur Übertragung der Wärme und zum Vermeiden des Schweißens (Schmelzspannung) vorhanden sein muß. Es zeigt sich, daß die Wahl von mehreren parallelen Kontaktstellen von Vorteil bei der Beherrschung von Kurzschlußströmen ist. Man muß dann
Abb. 70 d. Zwei parallele Schienen als Schaltmesser
eine Stromverteilung schätzen und durch eine ausreichende Anzahl von Versuchen diesen Schätzwert bestätigt finden. Für große Kurzschlußstromstärken sind als Schaltmesser zwei parallele Schienen zweckmäßig, die sich bei Kurzschlüssen anziehen. Solche Kontaktanordnungen sind besonders für Hochstromtrennschalter notwendig. Ein weiterer Vorteil besteht darin, daß die Federn nicht stromführend sind und bei Kurzschluß daher thermisch nur wenig beansprucht werden (Abb. 70d). Bei schweren Kurzschlüssen sind alle diese Maßnahmen noch nicht ausreichend und es können, besonders wenn der Schalter mit der an- und abgehenden Leitung einen rechten Winkel bildet, so große kontaktabhebende Kräfte auftreten, daß nur dann, wenn eine besondere Festhaltevorrichtung das Messer festhält, der Kontakt an der Abhebung verhindert wird. Eine solche Festhaltevorrichtung zeigt Abb. 71 c.
Abb. 70e. Parallele Kontakte ziehen im Kurzschlußfall an, wenn 3/8 P 2 + p i > P 3 Kontaktkräfte durch Blattfeder P 2 = p • 1 = Anzugskraft im Kurzschlußfall 9'
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1. Kapitel: Allgemeine Theorie der Schaltgeräte
Die Kontaktmesser von Messerschaltern kann man in den Federn drehbar anordnen, besser ist eine Anordnung nach Abb. 71a, rechtes Bild. Bei höheren Strömen schützt man die Federn z. B. durch seitlich angebrachte Schutzbleche, wie z. B. Abb. 71b zeigt; die Schutzbleche schützen die Kontaktfedern vor mechanischer Überlastung. /lette" Stift feder
Abb. 71a. Kontaktfeder, die gleichzeitig als ein Lager für ein Kontaktmesser dient
-0
n
Abb. 71b. Schutzblechanordnung für ein Kontaktmesser
Abb. 71c. Kontaktsystem für hohe Kurzschlußkräfte
Ein besonders guter (wenn auch nicht billiger) Kontakt für schwere Niederspannungstrennschalter ist der von der Firma Pringle entwickelte Schraubkontakt. Das Prinzip besteht darin, daß die Endbewegung bei der Schließung von Trennschalterkontakten eine Schraubbewegung ist, wodurch das Kontaktmesser mit den festen Kontakten verschraubt wird. Man erhält dann eine ebenso gute Verbindung, wie durch Schraubbolzen (vgl. Abb. 72). Durch das Gestänge wird erst der Kontakt geschlossen und dann verschraubt. Es seien hier noch eine Anzahl beliebter Trennschalterkontakte gezeigt. Abb. 75 zeigt einen Kontakt auf einem mit Isolierrohr überzogenen Vierkanteisen.
W / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / / ^
Abb. 72 a. Trennschalter, Messer geht in Kontakt (geschlossene Stellung)
Bewegliche Kontakte
133 r,
7777777Z77777777777777777777777Z777Z77Z77777Z7 Abb. 72b. Trennschalter geschlossen, Schraube ist durch Hebelgestänge angezogen (kurzschlußfeste Verbindung). Das Gestänge zieht in der Endstellung die Kontaktschrauben an Abb. 74 zeigt einen Trennschalterkontakt der Firma ITE-Circuit breaker Comp. Ein aus Melamin (vgl. S. 706) gepreßter Kopf besteht aus zwei Teilen, darin ist ein Kupferkontakt geführt. Eine kurze, sehr kräftige Kontaktfeder verursacht, daß in der Endbewegung des Kopfes zwei ein wenig federnde Kontaktenden unter großem Druck zusammengehalten werden. Die Kontaktstücke sind leicht gespitzt. Der Vorteil dieses Prinzips besteht darin, daß ein eventueller Lichtbogen in einem kleinen R a u m bei kräftiger Kühlung schnell gelöscht wird. I n manchen Fällen ist es erwünscht, bei Trennschaltern die Trennstrecke sichtbar zu machen; das kann dadurch bei dem Kontaktsystem nach Abb. 74 geschehen, daß man die Schaltbewegung ge-
Abb. 73. Befestigung der Kontakte auf einem Vierkanteisen, das mit Pertinax überzogen ist
Im
Abb. 74. Hebelschalterkontakt
nügend länger als den Kopf macht, damit man das Ende der Kontakte sehen kann. Man verwendet in den letzten Jahren bei Trennschaltern auch Deoinkammern mit Tastkontakten wie bei Selbstschaltern. Der Nachteil von Tastkontakten mit geringer Abhebekraft bei Hebelschaltern besteht darin, daß bei einem Hebelschalter die Kontakte durch den Kurzschlußstrom wie bei Selbstschaltern abgehoben werden, aber nach dem Durchbrennen der Sicherung wieder zurückschalten und verschweißen,
134
1. Kapitel: Allgemeine Theorie der Schaltgeräte
während die bei einem Selbstschalter in geöffneter Stellung durch die nachfolgende Kurzschlußschnellauslösung bleiben. Man kann zwar bei solchen Hebelschaltern eine Klinke anbringen, die den Schalter in geöffneter Stellung verklinkt, aber die Gefahr besteht, daß die Kontakte bei niedrigen Kurzschlußströmen nicht vollkommen, sondern nur teilweise geöffnet werden. Bei doppelter Unterbrechung kann man das Kontaktmesser nach Abb. 75a, b, c in der beweglichen Welle befestigen. Abb. 75a stellt Messer, die in Vierkanthartpapier gesteckt sind, dar; Abb. 75b Messer auf einem mit Hartpapier überzogenen Rundeisen. Zum Schalten von kleinen Leistungen wählt man am besten reine Tastkontakte. Für Wechselstrom genügt in vielen Fällen langsame Schaltung, bei Gleichstrom muß stets schnell geschaltet werden.
75a ftetstr fibJtandutiick 0*1 ' Hartp apitr •Kttndvit/* Hartpapier rthr
75 b
Kontakt messet aus U-förmigem Material 75 c
Abb. 75a—c. Verschiedene Anordnungen für ein Kontaktmesser in einer Welle
Bei kleineren Schaltern wählt man oft schraubenlose Befestigungsarten. Einen festen Steckfinger, der um 10—15° verdreht wird und sich dadurch ohne Schrauben im Bakelitgehäuse hält, zeigt Abb. 76, einen Tastkontakt für kleine Schalter zeigt Abb. 77. Bewegen sich Kontakte auf einer Fläche, so wird immer die Oxydschicht durch die Schaltbewegung zerstört und die Kontakte können dann aus Kupfer bestehen. In jedem Falle ist es aber notwendig, daß ein besonderes, aus nichtfederndem Material bestehendes Abbrennstück verwendet wird. Walzenschalter haben für kleinere Leistungen Federfinger. Für größere Schaltleistungen werden Kontrollerfinger verwendet. Die Federfinger müssen
Bewegliche Kontakte
Abb. 76. Einfacher Rraftdruckknopfschalterkontakt für kleine Schalter
135
Abb. 77. Grundsätzliche Anordnung eines Tastkontaktes
leicht auswechselbare Kontaktstücke haben, auch sollen sie stets ein Abbrennstück besitzen. Federfinger werden nach Abb. 78 a—b angeordnet. Finger 78 a ist ein geschraubter Finger, Abb. 78b zeigt einen Finger, der ohne Schrauben befestigt ist.
Man baut heute meist anstelle kleiner Walzenschalter kleine Nockenschalter. Eine Nockenscheibe verursacht Kontaktunterbrechung. Die Kontakte können Tast- oder Federkontakte sein. Anstelle des Bronzebandes kann auch Stahlband mit parallel geschalteten Kupferlitzen verwendet werden. Man wählt meist folgende Bronzebänder für die verschiedenen Stromstärken: 15 Amp.
25 Amp.
60 Amp.
100 Amp. (dauernd)
8 X 0,6
10 X 1,0
15 X 1,2
20 X 1,2
136
1. Kapitel: Allgemeine Theorie der Schaltgeräte
Als Gegenstück zu diesen Fingern kann man entweder ein in eine Isolierwalze eingepreßtes Kupferblech oder auf Walzen aufgeschraubten Messingguß oder Preßmessing-, Kupfer- oder Messingteile verwenden (Abb. 79 a, b, c, d). Man kann auch auf Walzen aus Gußeisen Kupferstücke aufschrauben, eine Anordnung, die besonders bei Schaltwalzen üblich ist.
Abb. 79a—b. Schalterwalzenanordnung für kleine Walzenschalter
Abb. 79 c—d. Schalterwalzenanordnung für schwerere Kontrollerwalzen
Bewegliche Kontakte
137
Abb. 79a zeigt eine Walze mit auf Preßteile aufgepreßten Kupfersegmenten. Abb. 79 b zeigt eine Walze mit isolierter Vierkantwelle, aufgeschraubten, gepreßten, gedrückten oder gegossenen Kupfer- oder Messingteilen, Abb. 79 c eine Walze aus Hartpapier oder Preßstoffscheiben, auf die Kupfersegmente aufgeschraubt sind (Allen Bradley, Milwaukee, Wisc., USA), Abb. 79 d eine Walze, die aus auf isolierter Vierkantwelle aufgeschraubten Gußteilen besteht, auf der Kupfersegmente befestigt sind. Für größere Leistungen und starke Beanspruchung bei handbetätigten Apparaten, also insbesondere für Kontroller, werden gern Scharnierfinger aus Kupfer verwendet. Als Fingerbreiten wählt man bis bis bis bis bis bis
15 Amp. 25 Amp. 60 Amp. 100 Amp. 120 Amp. 150 Amp.
8 mm 10 mm 12—15 mm 18—20 mm 20 mm 25 mm usw.
Bei höheren Strömen ordnet man auch häufig mehrere Finger parallel an. Die Federkraft muß größer sein als bei Schützen. Man verwendet zur Erzeugung der Kontaktkraft lieber Druck- als Blattfedern, da sich mit diesen der Druck leichter einstellen läßt. Die Druckfeder soll leicht auswechselbar sein. Insbesondere für Kontroller ist eine leichte Einstellbarkeit der Kontakte zweckmäßig, was notwendig ist, da oft viele Kontakte auf einer Leiste befestigt sind. Abb. 80 und Abb. 81 zeigen verschiedene Formen von Kontrollerfingern. Die Kontakte von Selbstschaltern in Luft sind heute Verbundmetallkontakte, bei großen Schaltern Verbundmetallvorkontakte und Silber oder Silbercadmiumoxydhauptkontakte. Zwei weitere wesentliche Fragen sind bei der Konstruktion von Kontakten größerer Leistungsschalter zu beachten : Bei der Verwendung von Vorkontakten muß darauf geachtet werden, daß der Lichtbogen beim Abschalten von den Hauptkontakten auf die Vor-
80 81 Abb. 80 u. 81. Finger für Kontroller und schwerere Schaltwalzen
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1. Kapitel: Allgemeine Theorie der Schaltgeräte
kontakte transferiert wird. Die Hauptkontakte haben einen wesentlich geringeren Widerstand als die Vorkontakte, besonders wenn die Vorkontakte oxydiert sind, kann der Widerstand des Vorkontaktes größer sein als der Widerstand des Hauptkontaktes einschließlich eines kurzen Lichtbogens. Dies kann besonders geschehen, wenn die Kontakte beim Einschalten prellen (vgl. S. 142) oder beim Abschalten der Vorkontakt durch die kontaktabhebenden Kräfte (besonders im Kurzschlußfalle) vor dem Hauptkontakt zum Abschalten kommt. Beim Abschalten eines Kurzschlusses kann diese Erscheinung bei falsch konstruierten Kontakten auftreten. Da im allgemeinen der Ohmsche Kontaktwiderstand eines Vorkontaktes viel größer als der Blindwiderstand ist, kann man bei der Behandlung der Impedanzfrage des Vorkontaktes auf Reaktanzbetrachtungen verzichten. Folgende Lösungsmöglichkeiten sind gegeben: a) Die Vorkontakte sollen so nah wie möglich bei den Hauptkontakten angeordnet sein, damit ein an den Hauptkontakten entstehender Lichtbogen schnellstens auf die Vorkontakte übertragen wird (ungünstige Methode). b) Die Impedanz der Vorkontakte soll nicht größer als sechs- bis achtmal so groß sein, wie der Widerstand der Hauptkontakte. Kann dies nicht erreicht werden, weil dann die Vorkontakte zu wenig Wolfram haben würden und daher den Lichtbogen nicht abschalten könnten, kann man Zwischenkontakte vorsehen. Die Zwischenkontakte bestehen aus Verbundmetall mit mehr Silber und weniger Wolfram als die Vorkontakte. Während man es grundsätzlich vermeiden soll, daß ein Lichtbogen an den Hauptkontakten entsteht, kann ein Lichtbogen von sehr kurzer Dauer, der schnellstens auf die Vorkontakte übertragen wird, an den Zwischenkontakten toleriert werden. Die Zwischenkontakte unterbrechen später als die Haupt- und früher als die Vorkontakte. Die zweite wesentliche Erscheinung, die bei der Bemessung und Konstruktion von Kontakten für schwere Selbstschalter beachtet werden muß, ist die Wirkung und Größe der kontaktabhebenden und kontaktanziehenden Kräfte. Bei dem Schließen eines Selbstschalters auf einen Kurzschluß und beim Unterbrechen können die auf Seite 131 berechneten Kräfte die Trennung der Kontakte eher bewirken als der Auslösemechanismus. I n jedem Selbstschalter ist ein Mechanismus, der beim Auftreten eines Kurzschlusses den Schalter zur Auslösimg bringt. Dies kann unverzögert oder verzögert geschehen. Der Grund für verzögertes oder selektives Auslösen wird später besprochen. Wenn nun die kontaktabhebenden Kräfte viel schneller wirksam sind als der Mechanismus, dann kann die Abhebekraft verschwinden bevor der Mechanismus nachfolgt, die Kontakte schließen zum zweitenmal
Bewegliche Kontakte
139
und verschweißen. Bei selektiver Auslösung können die Kontakte (da der Lichtbogen widerstand den Kurzschlußstrom begrenzt, wodurch die kontaktabhebenden Kräfte sinken) mehrfach während der Verzögerungszeit öffnen und schließen, wodurch sie zweifellos schweißen. Um in Selbstschaltern diesem Übel abzuhelfen, gibt es verschiedene Mittel. Bei unverzögerter Auslösung kann man versuchen, den Mechanismus so schnell arbeiten zu lassen, daß die Bewegungsgröße des Mechanismus die abhebenden Kräfte überwindet. Der Nachteil einer solchen Anlage besteht darin, daß eine große Bewegungsgröße beim Einschalten Prellungen hervorruft und daß ein schneller Schaltvorgang Überspannungen hervorrufen kann. Für Selbstschalter mit leichter Auslösekraft (daher geringer Kontaktkraft) kann z. B. ein Kontakt nach Abb. 82 oder 83 verwandt werden Diese Formen der Kontakte (Haupt- oder Vorkontakt) sind so lange ausreichend,
S
S j=a_
r~T5T~ra Abb. 82. Stromanziehender fester Kontakt
i
Abb. 83. Stromanziehender beweglicher Kontakt
bis die abhebenden Kräfte groß genug sind, den beweglichen Kontakt gegen den Mechanismus abzudrücken. Wenn der Mechanismus so ausgebildet ist, daß er schnellstens nachfolgen kann, dann sind die Kräfte nicht schädlich, ja sie helfen sogar beim Abschaltvorgang. Im anderen Fall oder wenn der Schalter eingeschaltet bleiben soll bis der nachfolgende Schalter den Kurzschluß abgeschaltet hat, ist eine Kontaktschleife wie in Abb. 82 unwirksam. Man kann nun verschiedene Anordnungen treffen, wodurch in jedem Fall der Kontakt angeblasen wird. In der Abb. 83 ist eine Anordnung gezeigt, die kontaktanziehend im Kurzschlußfalle ist. Man sieht, daß ein solcher Schalter eine ziemlich komplizierte Kontaktführung und Lichtbogenkammern hat. Die Schalter sind daher teurer, aber für selektives Abschalten sind solche Einrichtungen nicht zu umgehen 1 ). 1 ) Beachte, daß in jedem Fall neben der den Kontakt anziehenden Kraft die abhebende Kraft nach Formel 161 auftritt.
140
1. Kapitel: Allgemeine Theorie der Schaltgeräte
Aber kontaktanziehende Anordnungen haben einen Nachteil, sie verlangsamen das Abschalten und können sogar das Abschalten im Kurzschluß falle ganz verhindern bis der Kurzschlußstrom sinkt. Die Schaltfeder muß daher stark genug sein, das Abschalten in jedem Falle schnell durchzuführen. Da die kontaktanziehenden Kräfte mit dem Quadrat der Stromstärke steigen, wird die Schaltleistung eines Gerätes u. a. durch diese Kräfte begrenzt. Sorgfältige Untersuchungen für jede Konstruktion sind daher für die Wirkungsweise von Kontakten bei Kurzschlußabschaltungen (vor allem bei selektiven) nicht zu umgehen. Man kann auch Kontakte für selektive Schalter so ausbilden, daß bei Kurzschluß die Kräfte sich ungefähr aufheben. Abb. 83 zeigt Gedankengänge für solche Kontaktformen. Für Schalter, die nicht für selektives Schalten verwendet werden, ist ein Kontakt mit abhebenden Kräften und schnellem Mechanismus die beste Einrichtung. Für Geräte für größere Schalthäufigkeit, also insbesondere für Schütze, ist in dem letzten Jahrzehnt immer mehr die Forderung nach langer Lebensdauer von Kontakten aufgetaucht. Hierbei ist zunächst die Frage zu klären, wann ist ein Kontakt unbrauchbar. Dies ist nur in den VDE-Vorschriften bestimmt. Die Definition geht dahin, daß ein Kontakt unbrauchbar ist, wenn die Federbewegung nach dem Berühren der Kontakte kleiner als 0,5 mm ist. Diese Erklärung ist unglücklich. Richtiger ist, einen Kontakt als unbrauchbar anzusehen, wenn er nicht mehr in der Lage ist, den Nennstrom des Gerätes ohne unzulässige Temperaturerhöhung zu führen oder wenn die Kontakte verschweißen. Die beste Lebensdauer haben Silber- und Silbercadmiumoxydkontakte. Die Ursache liegt darin, daß Silber nach der Abschaltung wiedergewonnen werden kann. Wie die vorangehenden Betrachtungen gezeigt haben, sind Silbercadmiumoxyd- und Silberkontakte oft aus anderen Gründen nicht verwendbar (geringe Widerstandsfähigkeit gegen Verschweißen oder Auflösen bei höheren Kurzschlußströmen). Silberkontakte dürfen nicht gereinigt werden. Ihr Aussehen allein darf nicht täuschen. Sie verfärben sich, bilden dünne Schichten von Silberoxyd und Silbercarbonat, die nicht schädlich sind, aber den Kontakt erst bläulich, dann bräunlich verfärben. Nur wenn Kontakte beginnen, Schweißstellen aufzuweisen, kann man darauf schließen, daß sie nicht mehr lange Lebensdauer haben werden. Die Lebensdauer von Silber- oder Silbercadmiumoxydkontakten hängt ab: a) von ihrer geometrischen Konfiguration, ^ d. h. sie müssen so ausgebildet sein, daß ein l möglichst großer Teil des im Lichtbogen entstehenden Silberdampfes wiedergewonnen Abb. 84. Beispiel einer Schütz- werden kann, daher sollen Silberkontakte z. B. kontaktanordnung nach Abb. 84 ausgebildet werden. Es hat sich
Bewegliche Kontakte
141
gezeigt, daß Schützen mit Silberkontakten am besten mit doppelter Unterbrechung ausgebildet werden. Es gibt für dieses System eine ganze Anzahl von Variationen, die sich vor allem darauf beziehen, daß die Kontakte leicht ausgewechstelt werden können, d. h. der feste Kontakt muß von vorn ohne ein Schütz aus dem Gehäuse zu nehmen und wenn möglich ohne die Anschlußkabel zu entfernen, ausgewechselt werden können, während die beweglichen Kontakte leicht zugänglich sein müssen und mit einem Handgriff ausgewechselt werden sollen. Abb. 84 zeigt eine gute Anordnung der beweglichen Kontakte an einem Schütz. Es gibt aber viele gleichwertige Anordnungen. Die Begründung, daß die Lebensdauer von Kontakten so groß sein muß, wie die von der betriebenen Maschine oder die mechanische Lebensdauer des Schützes, ist nicht stichhaltig genug, um die leichte Auswechselbarkeit der Kontakte zu vernachlässigen. Betriebsbedingungen können sich ändern — Kontakte können durch Kurzschlußströme verschweißen, Bedienungsfehler vorkommen. b) Von der Masse der Edelmetallauf läge. Man muß im allgemeinen genügend Edelmetall auflegen, damit die unvermeidlichen Verluste klein sind im Verhältnis zur Gesamtedelmetallmasse. Wilson hat für einige Fälle die Abhängigkeit der Lebensdauer von der Dicke und dem Durchmesser der Kontakte festgestellt und dabei Kurven nach Abb. 85 und 86 gefunden. Da man aber im allgemeinen Kontakte mit einer Lebensdauer von mehreren Millionen Schaltungen heute anstrebt, seien hier einige Erfahrungsziffern gegeben:
Materialstärke
Abb. 85. Abhängigkeit der Lebensdauer von runden Kontakten vom Durchmesser bei verschiedener Materialstärke (Versuche mit 20 Amp. 125 Volt)
Abb. 86. Abhängigkeit der Lebensdauer von Kontakten von 6 mm Durchmesser von der Kontaktstärke bei verschiedenen Stromstärken
Life of silver surfaced contacts on repetitive arcing AIEE Technical Paper 53—404 nov. 18, 1953.
1. Kapitel: Allgemeine Theorie der Schaltgeräte
142
Nennstromstärke Ampere 20 30 50 100 150
Leistung
kw 5 18 36 55
Edelmetallauflage Querschnitt Dicke mm2 mm 40—60 50—80 125—150 250—300 400—500
1V4-2 1V.-2
2—3
2 11 / 2 -3 11 / 2 2 / 2 -3 / 2
Der Materialverlust hängt natürlich in großem Maße von der Schalthäufigkeit, dem Einschaltstrom im Verhältnis zum Nennstrom und dem Abschaltstrom ab (dabei ist zu beachten, daß hohe Einschaltströme mit einem niedrigen Leistungsfaktor bei Motoren zusammenfallen, der Leistungsfaktor ist etwa 80 bis 90% beim Ausschalten und 30 bis 50% beim Einschalten). c) Eine besonders wichtige Größe ist die Prellzeit. Beim Einschalten eines Schalters oder Schützes wird durch den Rückstoß mehrfaches Abschalten und Einschalten verursacht, bis die Kontakte endgültig in der Einschaltstellung verharren. In manchen Fällen tritt die gleiche Erscheinung (mehrfaches Ein- und Ausschalten) beim Abschalten ein. Eine einheitliche Definition, was man unter Prellzeit versteht, besteht nicht. Der Verfasser schlägt vor, als Prellzeit diejenige Zeit zu bezeichnen, die zwischen dem ersten Auftreffen (bzw. beim Ausschalten ersten Trennen) von zwei Kontakten und dem endgültigen Einschalten dieser Kontakte (bzw. Trennen) vergeht, wobei die Kontaktspannung 6 Volt maximal betragen soll. Die Messung ist mit Gleichstrom durchzuführen, als Meßinstrument dient ein Kathodenstrahloszillograph. Prellkurven sind in Abb. 87 dargestellt. , „ __ -r, . „ .„ Unter der durchschnittlichen Prellungszeit 6 Abb. 87. Prellbild im Oszillo. „ , , , , ., , emes graphen beim Einschalten von Kontaktpaares versteht man das arithSchützkontakten metische Mittel aus 20 hintereinanderfolgenden Ablesezeiten. Unter der durchschnittlichen Prellungszeit an einem Schütz versteht man die durchschnittliche Prellungszeit an dem Hauptkontaktpaar mit der höchsten durchschnittlichen Prellungszeit. Man strebt Prellzeiten von 1 Millisek. an für Aufnahmen mit 110 Volt und höheren Spannungen, aber im Sinne der gegebenen Definition sind so geringe Prellzeiten schwer zu erreichen, meist sind schon 2 bis 3 Millisekunden recht gute Werte, mit denen bei höchster Belastung eine Kontaktlebensdauer von vielen Millionen Schaltungen erzielt werden kann. Prellzeiten von 1 Millisekunde an Relais sind leichter erzielbar. Prellzeiten können herabgesetzt werden durch hohe Kontaktkraft
Bewegliche Kontakte
143
beim Auftreffen des beweglichen Kontaktes auf den festen Kontakt (hohe Federvorspannung), leichte Kontaktbrücke, gute Abstützung der Kontaktbrücke, Stützpunkt der Kontaktbrücke nahe dem Kontakt, gute Federung zwischen Joch und Gehäuse sowohl beim Auftreffen als beim Rückstoß des Joches, gute Federung zwischen Kontaktträger und Anker, lange Kontaktfedern mit flacher Charakteristik, geringe Einschaltgeschwindigkeit, kurzer Hub, bei großen Schützen Anzug mit geringerer Kraft als die Haltekraft, z. B. bei Schützen mit Dreiphasenmagneten kann man eine Schaltung für den Magneten nach Abb. 88 wählen, dann würde man im Anfang nur mit zwei Spulen anziehen und erst nachdem sich die Kontakte berühren durch für Zuschalten der dritten Spule die volle Abb. 88. Schützmagnetanordnung sehr große Schütze Magnetkraft aufbringen. Auch Einphasenschaltungen sind möglich, durch die die Magnetanzugskraft klein und die Haltekraft groß wird.Man kann ferner die Schützen federnd montieren, was sich, wenn auch nur in geringem Maß, günstig auswirkt. Vorkontakte wirken sich ebenfalls günstig aus, eine gleichmäßige Verteilung der Gewichte gegen die Mittellage der Kontakte und des Magneten ist anzustreben. Die Lebensdauer moderner Schützkontakte für 6 fachen höchsten Motornennstrom als Einschaltstrom und Motornennstrom als Ausschaltstrom kann 0,5 bis 5 Millionen Schaltspiele sein und erheblich mehr bei Kleinschützen, die von Hilfsschützen (Relais) bei normaler Beanspruchung (Spulen) 20 bis 30 Millionen. Man muß dafür Sorge tragen, daß vor allem bei Schützen der Lichtbogen schnell von den Kontakten weggeblasen wird. Alle diese Werte gelten für eine Schalthäufigkeit von maximum mehreren tausend Schaltungen pro Stunde für Hilfsschütze, 900 Schaltungen/Std. für kleinere und mittlere Schütze (100 PS), 600 Schaltungen per Stunde für große Schütze. Bei einer Steigerung der Schalthäufigkeit sinkt die Lebensdauer der Kontakte oder man muß die Leistung herabsetzen, weil die Kontakte sehr heiß werden. Über das Verhältnis zur Lebensdauer gibt Abb. 89 Auskunft. Hierbei ist angenommen, daß bei der geringsten Lebensdauer die Kontakte voll ausgenutzt werden, d. h. mit der Leistung, die der Nennstromstärke entspricht, z. B. bei 100 Amp. 380 Volt 50 kW. Für Schleifringankermotoren kann man die Lebensdauer um etwa 70% gegenüber der bei Kurzschlußankermotoren steigern. Für Schalthäufigkeiten von 1000 (mittlere und größere Schützen) bis 1500 (kleine Schützen) Schaltungen per Stunde setze man die Leistung 20°/0 herunter, für 3000 Schaltungen per Stunde etwa 50% oder mehr.
144
1. Kapitel: Allgemeine Theorie der Schaltgeräte
Volt 220-240 330-380 410-550 40
60
80
100%
Motorleistung Abb. 89. Vergleichende Lebensdauer von Schützkontakten für Kurzschlußankermotoren (If = 6 • I n ) bei Edelmetallauilage und guter Konstruktion. Angenommene Einschaltleistung Motorleistung = —. Normalerweise ist die Nennleistung des Schützes 6 erheblich kleiner (etwa 25 bis 35% für 440 bis 550 Volt, 40 bis 70% für 220 bis 240 Volt). Mittelwert aus mehreren Katalogdaten, Kurven sind nur Richtlinien (große Abweichungen sind möglich)
Werden Geräte für häufiges Tippen verwendet, so sind die Abschaltbedingungen anders. Die Unterbrechung des Einschaltstromes verursacht starke Kontaktabnutzung. Reine Silberkontakte sind ungünstig. Silbercadmiumoxydkontakte wesentlich besser. Amerikanische Vorschriften erlauben eine Herabsetzung der Schaltleistung auf etwa die Hälfte (nicht ganz gleich für verschiedene Größen und Spannungen) bei häufigem Tippen. Ein Schütz für 10 PS sollte für nicht mehr als 5 PS bei häufigem Tippen verwendet werden. Die Lebensdauer hängt stark von der Lichtbogenblasung ab. Richtig bemessene Silbercadmiumoxydkontakte ergeben für Tippschaltung eine Lebensdauer bis etwa 1—11/2 Millionen bei kleineren Schützen und mehrere hunderttausend bei größeren. Durch Herabsetzung der Leistung kann die Lebensdauer stark vergrößert werden. Die Lebensdauer von Kontakten beim Einschalten von Wolframlampen mit 12- bis 17facher Einschaltstromspitze bei fast reiner Ohmscher (sehr schnell ansteigender) Last ist natürlich erheblich geringer1). Man darf bei der Beurteilung von Schaltgeräten natürlich die Wichtigkeit der Lebensdauer von Kontakten nicht überschätzen. Die Lebensdauer ist variierend. Der effektive Einfluß der Prellung zahlenmäßig auf die Lebensdauer unter sonst gleichbleibenden Umständen ist bisher noch nicht genü1)
Die tatsächliche Einschaltstromspitze an Lampen ist wegen des induktiven di \
hohes L — I Spannungsabfalles an den Klemmen meist niedriger (etwa 9- bis 12facher Dauerstrom).
Bewegliche Kontakte
145
gend untersucht worden. Jeder, der solche Untersuchungen an Schützen gemacht hat, kann sich überzeugen, daß Abweichungen um mehr als das dreifache von der Mindestprelldauer nicht ungewöhnlich sind beim gleichen Schütz bei Durchführung von 20 Abschaltungen — um wieviel mehr können daher im Einzelfall Abweichungen bei der Lebensdauer von der allgemeinen Regel vorkommen ? Man darf auch nicht vergessen, daß die Zahl der Schützen, die wirklich viele Millionen mal beansprucht werden, nicht sehr groß ist. Sehr große Schützen werden auch heute noch vielfach mit Kupferkontakten, mit und ohne Silberwolframauflage, als Abwälz- oder Gleitkontakte ausgeführt. Auch hier ist eine kurze Prellzeit sehr zweckmäßig. Diese wird erstens dadurch erzielt, daß man eine reine Wälzbewegung für die Kontakte anstrebt, und zweitens dadurch, daß die Kontakte durch die Ausbildung des Kontakthalters an jedem Flattern verhindert werden1). Eine fast reine Wälzbewegung wird erzielt, wenn ein Punkt der Verlängerung der Verbindungslinie Schützdrehpunkt—Kontaktdrehpunkt auf dem festen Kontakt (Berührungspunkt) beim Durchdrücken des beweglichen Kontaktes die geringstmögliche Schubbewegung (d. h. Bewegung auf dieser Verbindungslinie) auf dem festen Kontakt macht. Einen solchen Schützkontakt zeigt Abb. 90 a. Ein weiterer großer Vorteil des reinen Wälzkontaktes besteht darin, daß fittrfhmiar _£\/\ Böslicher Kontakt Kontakt bei der Wälzbewegung jeweils nur die Oxydschicht weggeschlagen wird, während das Kupfer selbst geschont wird. In dem Moment allerdings, in dem eine Schiebebewegung mit hinzukommt, wird auch Kupferstaub mit weggeschoben. Es müssen die Ablaufkanten des festen Kontaktes im geschlossenen Zustand Abb. 90a. Wälzkontakt mit dem Drehpunkt des beweglichen Kontaktes und dem Drehpunkt des Schalters in einer geraden Linie liegen. Also bei geradliniger Magnetbewegung müssen die beweglichen Kontakte parallel zur Magnetbewegung angeordnet sein. Schützkontakte müssen besonders leicht auswechselbar sein. Die völlig reine Wälzbewegung kann nur dann entstehen, wenn beide Kontakte drehbeweglich angeordnet sind. Die Abwälzung ohne Schiebimg entsteht dadurch, daß der jeweilige Wälzpunkt in Ruhe ist: dann rollen die Kurven aufeinander ab. Er muß also auf der Verbindungslinie zweier Drehpunkte und auf einer gegebenen Kurve (Kontakt), die als Rastpolbahn dient, liegen. Dann kann man den Gegenkontakt konstruieren. Man beachte, daß, wenn eine bewegliche Ebene gegen eine feste sich bewegt, man die Bewe*) Das abwälzende Stück muß so leicht wie möglich sein. 10
Kusay, Schaltgeräte. 2. A.
146
1. Kapitel: Allgemeine Theorie der Schaltgeräte
gung als eine Drehung um einen Punkt der festen Ebene betrachtet, der der Schnittpunkt der Lote von zwei in bestimmten Punkten der bewegten Ebene angegebenen Geschwindigkeitsvektoren ist. Diesen Punkt nennt man den Momentanpol. Er hat die momentane Geschwindigkeit 0. Jede ebene Bewegung läßt sich aus vielen Drehungen um solche Momentanpole zusammengesetzt denken. Die aufeinanderfolgenden Drehpunkte sind die Polbahnen, die in der ruhenden Ebene ist die Rastpolbahn und als solche muß die gegebene Abwälzkurve eines Kontaktes betrachtet werden. Die Abwälzkurve des anderen Kontaktes ist dann die Polbahn in der bewegten Ebene, die man als Gangpolbahn bezeichnet1). Man konstruiere wie folgt (Abb. 90b): Gegeben sind die Drehpunkte der beiden Kontakte sowie die Abwälzebene eines Kontaktes und ein Berührungspunkt der beiden Kontakte. Gesucht ist die Abwälzbahn des anderen Kontaktes. Der Berührungspunkt muß in jedem Falle auf der Verbindungslinie der beiden Mittelpunkte sein. Man schlage um A einen Kreis mit Radius AB. Der Schnittpunkt des Strahles AB mit der gegebenen Abwälzebene ist der Momentanpol P. Zieht man jetzt beliebige Strahlen AB± AB2 usw., so schneiden diese die gegebene Abwälzbahn in den Punkten A1 A2 usw. Der Schnittpunkt der Kreise um P mit den Radien PAX PA2 USW. mit den Kreisen mit den Radien Abb. 90b. Konstruktion einer Bx Ax B2 A2 USW. um den Punkt B ergibt mit großer Annäherung Punkte der Abwälzbahn Abwälzkurve des Gegenkontaktes. Die Lebensdauer von Luftschützwälzkontakten in Kupfer mit Blasung und 2 bis 4 Millisek. Prellzeit ergibt sich aus Abb. 91. Durch Verwendung einer Auflage von l1/2 bis 3 mm Silberwolfram an der Abbrandstelle erhöhen sich diese Lebensdauerzeiten, schätzungsweise 100%. Bei einem feststehenden Kontakt ist es zweckmäßig, die Abwälzbewegung dadurch zu erzielen, daß man die Kontaktbewegimg um den Drehpunkt so wählt, daß die senkrechte Bewegung mit einer geringen waagerechten Bewegung verknüpft ist (Abb. 92). Die Lebensdauer von Kontakten in Selbstschaltern2) und Hebelschaltern ist viel geringer. Unter Normalbedingungen genügen Lebensdauerzeiten von S. auch Grodzinski und Polster, Getriebelehre. ) Das gilt nicht für Handmotorschützschalter, deren Kontakte mehrere hunderttausend Schaltungen überstehen sollten. 3
Berechnung von Federn in Schaltgeräten
147
Volt
200-240 330-380 440-550 40
60
Motorleistung
Abb. 91. Relative Lebensdauer von Kupferwälzkontakten bei Kurzschlußankermotoren J ß (Einschaltstrom) = 6 J ^
einigen tausend Operationen (1000 für große, bis 10000 für kleinere Geräte). Im allgemeinen überdauern Kontakte im Lichtbogen nicht mehr als 10 bis 20 schwere Kurzschlüsse (innerhalb der zulässigen Grenze des Selbstschalters). Beim Einschalten auf einen Kurzschluß müssen Abb. 92. nicht nur die Kontaktkraftverhältnisse im eingeschalteAbwälzkontakt ten Zustand betrachtet werden, sondern auch die sich ändernden Bedingungen während des Einschaltvorganges. Die Schaltgeschwindigkeit muß groß genug sein, daß der Strom (d. h. der Kraftbedarf) langsamer ansteigt als die Kraft. Der Strom steigt unendlich schnell an bei rein Ohmscher Last, der Stromanstieg ergibt sich zu: ~dt ~~~L — dt
=
V
(170)
i = Strom, s = Schaltweg, v = Schaltgeschwindigkeit. Auf Grund dieser Formel ist die erforderliche Schaltgeschwindigkeit beim Einschalten auf einen Kurzschluß bestimmt.
Die Berechnung von Federn in Schaltgeräten Für die Dimensionierung 1 ) von Kontakten und Mechanismen (s. Mechanik der Schaltgeräte) ist es sehr häufig nötig, Federn zu berechnen und zu konstruieren. Im Hinblick auf die außerordentliche Wichtigkeit von Federn x
) Handbook for mechanical spring design by Associated Spring Corporations.
10»
148
1. Kapitel: Allgemeine Theorie der Schaltgeräte
und im Hinblick darauf, daß deren Berechnung dem Konstrukteur oft Schwierigkeiten bereitet, sei an dieser Stelle kurz auf Federn eingegangen, soweit sie den Apparatekonstrukteur interessieren. Man unterscheidet a) B l a t t f e d e r n (Abb. 93, 94, 95)1). Bezeichnet man mit Ob die Biegeschwingfestigkeit, so gilt für Stahl als zulässiger Wert 50—60kg/mm 2 und für Bronze 15—20kg/mm 2 . 2 )
U Abb. 93. Blattfeder
Abb. 94. Blattfeder, Dreieckform
Abb. 95. Blattfeder, frei aufliegend
Die maximale Durchbiegung / für Federn nach Abb. 93 ergibt sich zu (einseitig eingespannt): PI3 2 P (171a) f B 3EJ
"J° Eh
(J = Trägheitsmoment, E = Elastizitätsmodul) für Federn nach Abb. 94 (einseitig eingespannt): _ 6 PI3 _ P ' ~ Ebh3
(171b)
~aB~Wh
für Federn nach Abb. 95 (elliptische Feder) 1 ) PI3
/
48 EJ (frei aufliegend, Last in der Mitte konzentriert)
(172)
die Federstärke ist für Federn nach Abb. 93 h 1
=
6 PI baB
) Für einseitig eingespannte Blattfedern: / =
(173) pi3
, für zweiseitig einge5 48 EJ PI3 spannte Blattfedern: / = , Last in der Mitte konzentriert. 192 EJ 2 ) Diese Werte sind bei großer Schalthäufigkeit und erhöhter Temperatur (über 100° C bei Bronze) zu vermindern.
Berechnung von Federn in Schaltgeräten
nach Abb. 94 h =
'18 PI baB
(174)
h =
3PI 2b oB
(175)
nach Abb. 95
Eine besondere Art von Federn sind sogenannte Bellevilleunterlegscheiben1). Diese sind ausführlich von General Motors untersucht worden 2 ). Für eine Bellevilleunterlegscheibe nach Abb. 96 ergibt sich:
Abb. 96. Bellevilleunterlegscheibe
Dj D1
M 1 ——nln Di
nln •D. Di
Di D, Di ;
(176) D
*
A Di
6 / —* nln D\ D
Daraus ergibt sich: Ef P =
(h— f)d + d3
0,91 .M ( Ef
(177) [Cx (h-fl2)
+ C2d]
Auch Tellerfeder genannt. ) Trans, of Am. Soo. of Mech. Eng. 1936 Vol. 58 von Almen and Laszlo. Dort befindet sich auch die Ableitung der Formeln 176, 177. 2
1%
150
1. Kapitel: Allgemeine Theorie der Schaltgeräte
Die Werte von M, C1( C2 sind aus Abb. 97 zu ersehen. Bei der Berechnung von Bellevilleunterlegscheiben 2,2 ist zu beachten, daß besonders bei kleiner Durchbiegung die Materialtoleranzen eine große Rolle spielen. Man 0,8 1,8 muß im allgemeinen mit einer Materialtoleranz von i 0,12 mm rechnen. Ge> / 0,4 1A ringere Toleranz macht die Bellevilleunterlegscheiben teuer. Man muß da1,0 her berechnen, die Beanspruchung der 2,8 3,2 1,6 2,4 3,6 Bellevilleunterlegscheibe geringster Abb. 97. Konstante Größen für die Be- Materialstärke und die Durchbiegung rechnung von Bellevilleunterlegbei größter Materialstärke. Man kann scheiben im allgemeinen mit einer durchschnittlichen zulässigen Biegeschwingfestigkeit ob von 350 bis 400 kg/mm 2 maximal rechnen, da bei Bellevilleunterlegscheiben die maximale Beanspruchung nur auf einer sehr kleinen Fläche stattfindet. Es seien hier kurz einige Werte für Bellevilleunterlegscheiben angegeben 1 ): 1,6 J
y
Bolzen 0 Zoll
Vi 6/ 3 16 /s V.
Loch 0 Zoll
/ 32 13// 32 / 32
11 /
Außen 0 Zoll 7
1
/s
3
l /ie l 5 /»
Belastung kg
Stärke Zoll
Durchbiegung Zoll
500 700 1300 2600
0,075 0,0875 0,1046 0,140
0,011 0,012 0,02 0,028
Überbelastete Bellevilleunterlegscheiben können brechen und Kurzschlüsse verursachen. Die notwendige Belastung ergibt sich aus den Untersuchungen über Klemmenverbindungen. Man muß beachten, daß Bellevilleunterlegscheiben für Aluminiumverbindungen genügend Reserve haben, da Klemmschrauben häufig nicht mit das Drehmoment anzeigenden Mutterschlüsseln angezogen werden. b) Z u g - u n d D r u c k f e d e r n : Bezeichnet man mit r b die Verdrehungsschwingfestigkeit, so gilt für eine Feder nach Abb. 98 a oder 98 b k'
8PD
Kaiser, Aluminium Handbook von Sorflatten.
151
Berechnung von Federn in Schaltgeräten n-1, .n
n-1 n n»j
1 2 3
— Freie Länge Lf • n+j Windungen
Öfnung Abb. 98 a. Zugfeder
Abb. 9 8 b . Druckfeder
Hierin ergibt sich k' aus Abb. 99. Die Verdrehungsschwingfestigkeit für den besten Musikdraht ergibt sich zu 70—80 kg/mma, für Bronze 10—15 kg/mm2, für normalen Federstahl 30 kg/mm2. Aus Raumersparnisgründen muß man im Apparatebau mit Ausnahme wo Bronze nötig ist, meist hochwertigen Musikdraht oder Draht aus rostfreiem Stahl verwenden. Bei der Konstruktion soll man im allgemeinen D/d nicht unter 4/1, besser 6 bis 7/1 wählen. Die Durchbiegung ergibt sich zu PD3n 8 f = - 7 OD 7 7 *1 -
(17»)
1.0
->—I— 2
1
i
8
1! fy
Der Schubmodul G = 800000 kg/cm2 für Stahl Abb. 99. Bestimmung des und 400000 kg/cm2 für Bronze. Man bestimme Wertes von k' für Zugdie freie Federlänge, die Federlänge mit Vorspanund Druckfedern nung, da meistens Federn, insbesondere Kontaktfedern, mit einer gewissen Vorspannung in unbelastetem Zustand verwandt werden, die Federlänge in gepreßtem bzw. gezogenem Zustand. Eine lange Feder mit vielen Windungen hat eine flache Charakteristik, d. h. die Belastung ändert sich wenig mit der Längenänderung. Man beachte, daß die kleinste Federlänge größer sein muß als die Länge aller aufeinandergepreßten Lagen. Für Drähte mit quadratischem Querschnitt gilt (h = Lichtquerschnitt): 2,4 PD tb = „ (180 a) h3
/
5,58
PD3n
(180b) Qhl Bei konischen Federn rechne man mit dem arithmetischen Mittel des größten und kleinsten Federdurchmessers D. Bei Zugfedern besteht oft die
ffl
oa
m
Abb. 100. Hakenformen für Zugfedern: volle Rundung, reduzierte Hakenanordnung (möglich an der Seite und in der Mitte), Gewindehaken
152
1. Kapitel: Allgemeine Theorie der Schaltgeräte
Gefahr, daß sie leicht am Haken brechen. Abb. 100 zeigt einige gebräuchliche Federenden. Man vermeide kleine Durchmesser am Haken. Am Haken ergibt sich folgende Beanspruchung 32 PR X ndz
oB
rjr3
(181 und Abb. 101)
Die Torsionsbeanspruchung ist am Haken: rB
16 PR X r2/r4 nd3
Zulässig sind am Haken etwa 30 bis 50 kg/mm2 für Musikdraht und 10 bis 15 kg/mm2 für Bronze 1 ). Abb. 101. Zeichnung z u r jjGrGchnuxisr dor
c) D r e h f e d e r n :
Bezeichnet man mit M das Drehmoment in cmkg, mit T die Anzahl der Umdrehungen der Feder gegen die freie Lage, dann gilt für runde Federn (vgl. Erklärung der anderen Bezeichnungen weiter oben in diesem Abschnitt)
Hakenbeanspruchung
M
Ed*T 10,8 Dn
(182)
und für rechteckige Federn mit dem Drahtquerschnitt h X b (Breite) M
EbhsT 6,6 Dn
(183)
Die Beanspruchung von Drehfedern nach Abb. 102 ergibt sich aus den Formeln 184a und 184b. Runder Querschnitt: Se
32 M
(184a)
¥
Abb. 102. Einfache Verdrehung und doppelte Verdrehung von Torsionsfedern x)
Handbook for mechanical spring design by Ass. Spring Corporations.
153
Theorie des Ein- und Ausschaltens von Gleichstrom
Rechteckiger Drahtquerschnitt: S
B
= 6 M / b h
(184b)
2
Diese Werte sind noch mit einem Faktor k" zu korrigieren, der sich aus Abb. 103 ergibt:
V \
t
2R/d
2IVh * _
2R/d 2 R/h
Abb. 103. Bestimmung des Faktors K" zur Berechnung von Torsionsfedern
Der zulässige Wert SB ist bei Drehfedern von 5 mm Durchmesser in Stahl1) etwa (Musikdraht) 120 kg/mm2 und sinkt ab für Drahtdurchmesser von etwa l 1 / 4 cm bis zu etwa 60 kg/mm2. Die Werte für Bronze sind etwa halb so groß, aber nicht größer als etwa 40 kg/mm2 x). Allgemein beachte man die praktisch möglichen Toleranzen; Federn, besonders mit steiler Charakteristik, haben nur eine Genauigkeit von i 10% bis ± 2 0 % (Kraft, Durchfederung); genaue Daten sind beim Hersteller anzufragen. Theorie des Ein- und Ausschaltens von Gleichstrom Ein- und A u s s c h a l t e n von Gleichstrom bei konstanter Selbstinduktion und Widerstand Für Niederspannungsgeräte interessieren hier fast ausschließlich die Vorgänge, die beim Ein und Ausschalten von Widerständen und Selbstinduktionen auftreten. Unter der Annahme, daß Widerstand und Selbstinduktion unabhängig vom Strom sind, galt hier gemäß Gleichung 134 U 1
=
R i
A
+ L ^ - + B i
D
+
) Etwas höher für noch kleineren Drahtdurchmesser.
(134)
154
1. Kapitel: Allgemeine Theorie der Schaltgeräte
Man bezeichnet die Größe L/R = T' als die Zeitkonstante des Stromkreises, sie ist ein Maß für die Geschwindigkeit der Stromänderung. Es ergibt sich also aus 134 für den Ausgleichstrom: S i
+
Ä
=
0
> * ä =
*a (t
= o)
e -
R t ! L
+ Const.
(185)
Der Anfangswert Ia (t = o) ist entsprechend den Grenzbedingungen festzulegen. Beim Einschalten von Gleichstrom gilt (t oo) iD = I und für t = 0, i = 0, daher ergibt sich für den Stromverlauf: iA«
0 = iÄ (t = o) + Const I = Const = 0) = — Const. i = I (1 — e ~ * h t )
U
'
Entsprechend gilt bei Widerstandsänderung von Ra auf Rb bzw. vom Anfangsdauerstrom I = UIR auf den Enddauerstrom U / R = / a
a
b
6
Rbt
¿ = /6 + ( J 0 _ / 6 ) e " ^
(187)
Beim Kurzschließen einer Selbstinduktion über einen Widerstand (s. Feldschutzwiderstand S. 499) besteht die Anfangsbedingung t = 0, i — I und die Lösung der Gleichung 134 lautet für diesen Fall: i
(188)
=
Veränderlicher Widerstand und S e l b s t i n d u k t i o n Im allgemeinen ist aber die Selbstinduktion eine Funktion des Stromes, denn in jedem magnetischen Kreis mit Eisen ändert sich der Fluß gemäß der Magnetisierungskurve. Es gilt daher an Stelle der Gleichung 134 die Gleichung: d 0
ü = Ri + n —— (n = Windungszahl)
(189)
U — IR (212) Im Moment des Löschens wird die Lichtbogenspannung die Löschspannung Ul = VbTl
(212a)
Der Zweck eines Schalters besteht nun darin, die Lichtbogenspannung so hoch zu steigern, daß der Lichtbogen gelöscht wird. Dies ist praktisch möglich durch die auf Seite 186 angegebenen Maßnahmen. Sehr häufig, besonders bei Schaltern mit magnetischer Blasung, steigt die Lichtbogenspannung nach Formel u
B
=^-t 1
L
(TL = Löschzeit in Sek.)
(214a)
Theorie des Ein- und Ausschaltens von Gleichstrom
163
aber auch eine beinahe plötzlich auf einen konstanten Wert springende Lichtbogenspannung ist häufig, auch eine Mischung von beiden Arten kommt vor. Für eine nach Gleichung 214 a steigende Lichtbogenspannung ergibt die Auflösung der Gleichung 211 UJB = S
L
7 J
-FT
^ RTL
.__
ÜB
* ~
RTL
P
(Volt)
L
II
RTL
ÜML
t
(213a) 1 )
R?TL
UBL 6
+
U
R?TL
+
R
(AMP0
und für konstante Lichtbogenspannung ergibt sich die Auflösung der Gleichung 211: U
B=
—iiT-(Volt)
(213b)2)
¿« U—UR+UBE
*
(Amp.)
R
Man sieht, daß die Löschspannung (U L ) um so höher ist, je kürzer die Abschaltzeit ist und umgekehrt, daß man eine hohe Lichtbogenspannung haben muß, um kurze Abschaltzeiten zu erzielen. Eine hohe Lichtbogenspannung verursacht schwierige Isolationsprobleme. Man betrachtet am besten den Lichtbogen wie eine Spannungsquelle, die in umgekehrter Richtung Spannung abgibt wie die eigentliche Spannungsquelle. Der Strom, der durch die Lichtbogenspannung erzeugt wird, ist Im Falle, daß UB = UBTJTL ist, ist, wie wir aus Gleichung 213a gesehen haben, IB = VBT\RTL
+ (UBLIR*TL)
E-W
(213c)
Nun dauert es eine Zeit T b e v o r der Schalter anspricht, während dieser Zeit sind die Kontakte noch geschlossen und es muß während dieser Zeit sein Ü = IR + LDIFÄT
(214 c)
x) Boehne und Jang, Performance Criteria of DC Interrupters A I E E Technical Paper 47—173 Mai 1947. 2 ) Roth, Hochspannungstechnik 1950 Seite 419ff.
ll*
164
1. Kapitel: Allgemeine Theorie der Schaltgeräte
L ist meist viel größer als R, eine Größenordnung von 0,05 bis 0,1 Millihenry ist oft für das System annehmbar. Es gilt daher für Is = stationärer Normalstrom i = Is+IL{
i _
e
~ ' )
(214b)
Dieser Strom hat im Augenblick der Trennung der Kontakte den Wert I 1 (setze T1 für t in der Gleichung 214 b ein) erreicht. Diesem Wert entgegen wirkt nun der von der Lichtbogenspannung herrührende Strom. Dieser ist z. B. in Gleichung 213c berechnet. Für den Fall, daß die Lichtbogenspannung konstant ist, ergibt sich Gleichung i
S
= ~ — UBe~^t
(213d)
Man kann nun ähnliche Diagramme wie in Abb. 106 für die beiden genannten Lichtbogenspannungen darstellen. Der durch den Stromkreis fließende Strom ergibt sich aus der Differenz des Stromes, der ohne die Lichtbogenspannung fließen würde (man denke sich die Gleichung 214b fortgesetzt für längere Zeiten als Tt), d. h. ohne den Strom, der durch den Lichtbogen absorbiert wird. Sobald der Lichtbogenstrom den gesamten von der Hauptspannungsquelle erzeugten Strom aufgebraucht hat, erlischt der Bogen. Die Lichtbogenspannung kann nur aufrechterhalten werden, wenn die Spannung U = iR + Ldijdt zur Deckung dieser Spannung ausreicht. Die Abbildungen 108a und 108b zeigen diese Größen.
rupters by Boehne and Jang AIEE-Techn. Paper 1947) Abb. 108 b. Verlauf der Lichtbogenspannung, des induktiven und Ohmschen Spannungsabfalls sowie der Schaltströme, abhängig von der Zeit, wenn die Lichtbogenspannung mit der Zeit proportional steigt (nach Boehne and Jang) TA = Ansprechzeit, TL = Löschzeit
Theorie des Ein- und Ausschaltens von Gleichstrom
165
Die im Schalter zu vernichtende Energie ist neben der Höhe der Abschaltspannung ein Maß für die Bauart und Größe des Schalters. Die Energie im Schalter, die beherrscht werden muß, ergibt sich zu T=T,
(215) Man k a n n in die Gleichung 215 die in den Gleichungen 213 a und 213 b angegebenen Werte f ü r uB und i einsetzen und, nachdem man die Löschzeit wie oben bestimmt hat, die Gleichung 215 integrieren. Man wird dabei finden, daß Wert der Energie, die im Schalter vernichtet werden muß, größer ist als die im System aufgespeicherte Energie ^System =
Li 2j.2
(216)
Man wird ferner dabei finden, daß die Schaltenergie um so kleiner wird, je kürzer die Abschaltzeit ist, also daß man kleine Schaltenergie nur durch entsprechende Isolationsprobleme erkaufen muß, ferner, daß die Zeit T t so kurz als möglich sein muß, damit der Strom beim Einsetzen der Kontakttrennung klein ist, wenn möglich lange bevor der Schalter seine endgültige Stromstärke erreicht hat (U/R). Nun aber haben wir gesehen, daß die Stromstärke nach Eintreten eines Kurzschlusses oder Überstromes um so langsamer ansteigt, je höher die Selbstinduktion im System ist (vgl. Gleichung 186). Andererseits haben wir wieder gesehen, daß nach Gleichung 216 die aufgespeicherte Energie steigt mit wachsendem L. Man wählt trotz aller Schwierigkeit schnellschaltende Mechanismen (Seite 187), aber man sieht, daß das Abschalten von Gleichstrom große theoretische und praktische Schwierigkeiten macht. Um die nötige hohe Lichtbogenspannung zu erzielen, muß außer intensiver Kühlung meist ein großer Abstand der Lichtbogenenden vorgesehen werden. Für eine Ausführung mit Hörnern nach Abb. 109a hat BBC (vgl. Roth, Hochspannungstechnik 1950 Seite 424) angegeben Abb. 109 a. Lichtbogenhorn zur Verlängerung des Lichtbogens (Gleichung 217)
hoo = ß I°' 6 cm (¿500 = Lichtbogenlänge bei 500 Gauß Blasfeld) und dann den Wert ß experimentell bestimmt:
U ß
200 500 0,112 0,53
1000 Volt 1,3
/500
(217)
166
1. Kapitel: Allgemeine Theorie der Schaltgeräte
Hierin war l500 die Lichtbogenlänge im Abschaltaugenblick bei einem Magnetfeld von 500 Gauß, I der Schaltstrom. Die Induktion war klein. Man sieht aus dieser Tafel, wie stark l mit der Spannung steigt. Die Abschaltzeit war nicht angegeben. Die Länge l ändert sich stark mit dem erzeugten magnetischen Feld, und zwar ergab sich Feldstärke Gauß 100
200
500
1000
1500
Ijl5oo
1,5
1,0
0,7
0,55
1,85
Auf Seite 183 wird besprochen, wie man ein solches Blasfeld erzeugt. In Abb. 216a und 217b (Seite 288) sind Versuchsergebnisse der Firma Rheostat über die Verkürzung des Ausschaltweges durch ein Magnetfeld angegeben. Bei der dort angegebenen Feldstärke handelt es sich nicht um die Feldstärke im Eisenkern, sondern um die Feldstärke im Luftspalt. Diese ist, wie dort angegeben, wesentlich kleiner. Die Kontaktform nach Versuchen von Rheostat zeigt Abb. 109b. Die vorstehende Berechnungsmethode sei an einem Beispiel erklärt. Angenommen, ein Stromkreis liege an einer Netzspannung von 500 Volt, die Abb. 109 b. Lichtbogenhorn. Darstellung für die Bestimmung der Änderung von l (Lichtbogenlänge) abhängig von einem magnetischen Feld
Lichtbogenspannung soll 750 Volt betragen, der Widerstand sei 0,01 Ohm, während die Induktivität des Stromkreises 0,1 Millihenry betrage, die mechanische Ansprechzeit T A bis zum Beginn der Trennung der Kontakte sei 0,004 Sekunden. Dann ist nach Gleichung 214 b der Strom zur Zeit der Trennung der Kontakte, wenn der Dauerstrom 100 Amp. betrüge: J x = 100 + 50000 (1 — e-°>4) = 16600 Amp. Dann ergibt sich die Lichtbogenlöschzeit aus der Gleichung 213 b, wenn man anstelle U/B (1 —e~slLt) den Wert I1 + VFB (1 — e~RlL T l ) einsetzt: 0 (Strom im Moment der Abschaltung) = 16600 + 50000 (1 — e - 1 0 0 ^ ) — 75000 (1 — e~100TL) TL = 0,0107 sek. also die gesamte Schaltzeit ist T = TA + TL = 0,0147 sek. Die vom Schalter zu leistende Schaltarbeit kann man dann mit der Gleichung 215 bestimmen. Boehne und Jang 1 ) haben diese durch Integration wie folgt errechnet: (£->)} - 0 wird alle Wärme zur Erhöhung der Drahttemperatur verwendet, und es ergibt F2 sich, daß t dem Werte —— k zustrebt, 12 wobei F der Querschnitt des Drahtes
203
10* 4M04 105 Amp. Kurven von links nach rechts: 600 Amp. Sicherung, gestrichelt Minimum- und Maximum-Auslösezeit eines 600 Amp.-Schalters, 600 Amp. träge Sicherung, 2000 Amp.-Sicherung
Abb. 149. Vergleichende Charakteristik von trägen, normalen Sicherungen und Selbstschaltern. (Man sieht, daß eine 2000Amp.-Sicherung mit einem 600Amp.Schalter koordiniert werden muß)
und k in - der Kurzschlußfaktor qmm¿ a ist. Da die Betrachtung für jeden Querschnitt gilt, gilt für t ->• 0 Pt (Kurzschluß trägheit). Für t = oo gilt nach Johann I -» lg- Ig ist der Grenz ström, unterhalb dessen die Sicherung nicht mehr anspricht, die Kurzschlußträgheit ist ein der Sicherung eigentümlicher Grenzwert. Für die Abschätzung der Charakteristik ist noch ein dritter Wert nötig, und zwar ist die gemäß den Experimenten von Johann aufgespeicherte Wärme proportional bt1!3, b bezeichnet Johann als Überlastungsträgheit. Als Formel für die Kennlinie wird angegeben: I !) ETZ 1937 S. 684.
=
It
a + btWyi2 +
(233 a)
204
1. Kapitel: Allgemeine Theorie der Schaltgeräte
Mit dieser empirischen Formel kann man a, b, Ig aus drei beliebig gemessenen Punkten bestimmen und damit die Stromzeitlinie der Sicherung. Zweckmäßiger ist es jedoch, die Charakteristik experimentell festzulegen. Vorgeschrieben ist stets, daß die Sicherungen den Mindestprüfstrom 1 Stunde aushalten und den höchsten Prüfström innerhalb einer Stunde abschalten müssen1). Die minimale Ansprechzeit einer Sicherung ist ein Maß für die Leistungsfähigkeit, sie ist sehr gering und beträgt etwa minimal bei Patronensicherungen etwa 0,002 Sek. Die einfachste Form der Sicherung ist die Streifensicherung, sie hat in USA und in England eine gewisse Bedeutung. Ein Draht wird zwischen zwei Kontakten gespannt. Durch einen Griff, in dem der Draht befestigt ist, kann die Verbindung jederzeit gelöst werden. Nach Durchschmelzen des Drahtes kann derselbe jederzeit leicht ausgewechselt werden. Der Vorteil dieser Sicherung besteht vor allem darin, daß nach deren Durchschmelzen nur der Draht ausgewechselt werden muß, der Nachteil, daß beim Durchschmelzen ein offenes Feuer entsteht, außerdem ist, da kein Löschmittel vorhanden ist, die Leistungsfähigkeit und Löschgeschwindigkeit viel geringer als von Sicherungen mit Löschmittel. Gegen das Entstehen eines offenen Feuers kann man sich schützen, wenn man den Sicherungsdraht in eine Röhre aus feuerfestem Material legt. Die Stärke des Sicherungsdrahtes einer offenen Sicherung ist berechenbar nach der Formel:
l\ ^ ^ d2 > (233b) II ¿¡Inbjd1 Für dünne Drähte sind jedoch noch nicht genügend Versuche durchgeführt worden, um die Größe b definitiv zu bestimmen. Für dünne Drähte aus Platin ist B = 0,17 cm in freier Luft (s. S. 51). Man wählt in offenen Sicherungen meist Kupferstreifen. Offene Sicherungen werden praktisch nur in Prüffeldern und Laboratorien verwendet, Laien ist es nicht erlaubt, Drähte auszuwechseln. /¡w A Abb. 150 zeigt einen Sicherungsstrei111 lU '——. i fen einer erneuerungsfähigen amerikanischen Sicherung. Der Teil C dient Z U r Wärmeaufnahme, bei Überstrom Abb 150 Erneuerungsfähige Streifensicherung schmilzt der Streifen in B, bei Kurz(Economy Fuse and Manufacturer) !) VDE 0635/1 47. 2 ) s. S. 54.
Schluß in A u n d B . Patronensicherungen
Sicherungen und andere strombegrenzende Mittel
205
werden in USA nur bis zu 15 Amp. und 120 Volt verwandt, dagegen sind sie in Deutschland weit verbreitet. Eine mit Quarzsand gefüllte Patrone (Abb. 151 u. 152), in der sich zwei Drähte befinden, wird in ein Porzellangehäuse gesteckt. Durch das Festschrauben wird an den Stellen A und B je ein Druckkontakt gebildet. Parallel zu dem Schmelzdraht liegt ein dünner Draht, der mit einer Kennmarke verbunden ist, gegen die eine kleine Feder drückt. Sobald dieser Draht schmilzt, was sofort nach dem Durchschmelzen des Schmelzdrahtes geschieht, wird die Marke von der Feder weggestoßen, wodurch angezeigt wird, daß die Sicherung ausgeschaltet ist. Diese Sicherung ist eine sogenannte flinke Sicherung. Die Formel 118 ist hier nicht anzuwenden. Man muß Versuche unternehmen und anschließend daran Grenzbelastbarkeitskurven aufnehmen. Als Material wird für den Schmelzdraht in erster Linie Silber, Kupfer oder Zink (Abb. 153) verwandt. Material mit einem niedrigen Schmelz-
Kupferoder Silber-' draht
punkt hat meist den Nachteil hohen spezifischen Widerstandes, wodurch mehr Raum für den Schmelzdraht benötigt wird. Die durch den hohen Schmelzpunkt (etwa 950° C) des Silbers bedingten hohen Temperaturen im Inneren der Patrone können vermindert werden, wenn man z. B. eine Lötstelle, die bei etwa 230° C schmilzt, im Silberdraht anbringt. Bimetallsicherungen (Abb. 153) werden gern für träge Sicherungen verwendet. Ein Kupferdraht oder -streifen wird mit einem Mantel von Blei oder einer Legierung von niedrigem Schmelzpunkt bedeckt. Im Falle eines Überstromes schmilzt zuerst das Material mit dem niedrigen Schmelzpunkt, wodurch das eingeschlossene Kupfer nicht mehr gekühlt wird. Die Folge ist, daß ein sofortiges Unterbrechen des Stromkreises stattfindet. Bei einer solchen Sicherung ist der Sicherungsfaktor, das ist das Verhältnis des minimalen
206
1. Kapitel: Allgemeine Theorie der Schaltgeräte
Schmelzstromes zum Normalstrom, der ohne Materialveränderung, verursacht durch Überhitzung und Oxydation, dauernd ertragen wird, etwa 1,25, während bei Kurzschlußsicherungen der Sicherungsfaktor etwa 1,6 bis 2,0 beträgt. Mit dem Bimetall ist der Silberdraht in Reihe geschaltet; die Abschaltung bei Kurzschlüssen übernimmt der Silberdraht. Für träge Patronen wird weiterhin von folgender Möglichkeit Gebrauch gemacht: Durch Vergrößerung der Masse wird der Zeitfaktor der Erwärmungskurve vergrößert. Man kann auch an Stelle der Bimetallstreifen gut abgedichtete Patronen verwenden, durch die die Wärme schlecht abfließen kann (Abb. 152). Dies bedingt eine größere Masse der Streifen, wodurch bei kurzzeitigen Überströmen die Sicherung nicht anspricht (s. Abb. 146 = träge Charakteristik). Bei Kurzschlußsicherungen kann man die umgekehrte Tendenz verfolgen: man vermindert in der Nähe der Lötstelle den Querschnitt, indem man dort ein Loch im Sicherungsstreifen anbringt. Bei langandauernden kleinen Überströmen verteilt sich die Wärme über den ganzen Streifen, bei kurzzeitigen hohen Überströmen ist dies jedoch nicht möglich, und der Streifen schmilzt durch. Die bisher besprochenen Stöpselsicherungen werden am europäischen Kontinent bis zu etwa 200 Amp. gebaut. Darüber hinaus, und stets in Großbritannien und USA, werden Röhrensicherungen gebaut, bei denen man eine bessere Kontrolle der Kontaktgabe hat. Außerdem sind sie für die Abschaltung großer Leistungen besser geeignet, weil mehr Raum für Kühlmittel vorhanden ist. Als Kühlmittel kommen ebenfalls Quarzsand, daneben auch Silikate, Kalkpulver, Glimmerpulver, Marmor usw. in Betracht. Die Charakteristik der Sicherung hängt von der Wärmeleitfähigkeit des Löschmittels ab und muß experimentell jeweils festgelegt werden. Man soll die Patronen so ausbilden, daß sie leicht mittels eines aufsteckbaren Handgriffes ausgewechselt werden können (Abb. 154). Die Sicherung wird ausgewechselt, nachdem das Abhebestück in den Handgriff geschoben wurde. Um die hohen Beanspruchungen bei Abschaltung schwerer Kurzschlüsse zu vermindern, werden Bimetalldrähte verwendet mit Silber an Stelle von Kupfer, da wegen der besseren Leitfähigkeit die Elementenmasse geringer ist. Um den auftretenden hohen Überdrücken gewachsen zu sein, werden entweder starke keramische Wände oder Wände aus Polyesterglas gewählt oder aber es müssen Vorrichtungen geschaffen werden, durch die ein Überdruck sich ausgleichen kann. Hierfür genügen meist Fugen zwischen Metallkappe und Por-
Sicherungen und andere strombegrenzende Mittel
207
zellanrohr oder Puffer oder Löcher in der Klappe, die gegen eine starke Feder bei großen Überdrücken sich öffnen; zweckmäßiger sind Puffer. Für den Löschvorgang in körnigem Medium gibt es zwei Theorien. Nach der Theorie von Lohausen beruht der Löschvorgang darauf, daß nach Verdampfen des Sicherungsdrahtes eine Schmelzraupe entsteht, die man wegen ihrer Flüssigkeit als Leiter zweiter Klasse bezeichnen kann. Allmählich kühlt sich die Schmelzraupe ab, wodurch die Isolation wiederhergestellt wird. Der Löschvorgang 1 ) nach der anderen Theorie stellt sich wie folgt dar. Bei kleinen Strömen beginnt die Unterbrechung an einzelnen Stellen, bei größeren zerfällt der Leiter in eine größere Anzahl Tropfen, er schmilzt aber ganz durch, nachdem sich die Tropfen gebildet haben. Erst dann tritt die Verdampfung ein. Bei großen Stromstärken ist zur Tropfenbildung (10 -3 Sek.) keine Zeit (über 10000 Amp./mm 2 ) und er verdampft sofort in seiner ganzen Länge. Hierbei können infolge der schnellen Abschaltung leicht Überspannungen auftreten (Abb. 155). Man kann die Überspannungsspitzen vermindern, indem man den Sicherungsdraht teilweise verstärkt, wodurch der Draht nicht sofort in seiner ganzen Länge verdampft und eine Abschaltung in Stufen eintritt (Abb. 156 und 157). Ein anderes Mittel zur stufenweisen Abschaltung besteht in der Anbringung mehrerer dünner paralleler Drähte, wobei die parallel geführten Lichtbögen nacheinander erlöschen2). Versuche haben gezeigt, daß ein großer Unterschied zwischen Quarz (das kein Gas abgibt) und Marmorgrieß (das Kohlensäure abgibt) in der Löschwirkung nicht besteht. Der entstehende Lichtbogen breitet sich in den Hohl155
J
~~TUn
=
j^
156
nun
£
157 a
157 b -y2i-
. 1msek.
3u n
iUn
Abb. 155—157 b. Verschiedene Stufenformen und Überspannungscharakteristiken von Sicherungsstreifen (Form: linkes Bild) (nach Kriechbaum, AEG-Mitteilungen 1951 1/8) ETZ 1937 S. 426. ) ETZ 1942 S. 191.
2
208
1. Kapitel: Allgemeine Theorie der Schaltgeräte
räumen aus und wird durch das körnige Medium intensiv gekühlt. Der Überdruck wird durch Puffer aufgefangen. Für die Beurteilung von Sicherungen ist, wie wir sahen, die Größe f Pdt von Bedeutung. Rüdenberg hat in seinem Buch Transient Performance of electric power systems (Mc Graw Hill 1950) die Erscheinungen beim Schmelzen von Sicherungen untersucht. Danach ergeben sich vier Erwärmungsperioden, nämlich 1. 2. 3. 4.
Erhöhung der Verflüssigung Erhöhung der Verdampfung
Temperatur im festen Zustand des Leiters, des Leiters, Temperatur im flüssigen Zustand des Leiters, des Leiters.
Diese Temperaturerhöhungen müssen durch die zugeführte Energie gedeckt werden. Beim Abschalten eines Kurzschlusses kann man meist annehmen, daß die gesamte zugeführte Wärmemenge zur Deckung dieser 4 Temperaturerhöhungsperioden dient. Bezeichnet man mit a den Temperaturkoeffizienten des Widerstandes des Sicherungsleiters bis zur Verflüssigung, und A _ . mit ß den von der Verflüssigung bis zur u si) n ) Verdampfung, mit c 1 ) die spezifische Wärme per cm3, mit V das Volumen Abb. 158. Silberstreifen (ITE) für kurz- des Abschnitts B im trockenen Zuschlußbegrenzende Sicherung stand (Abb. 1582), mit i die Schmelzzeit, h die Verdampfungswärme per cm3, mit J die Stromdichte, qx den spezifischen Widerstand im festen, und mit q2 im flüssigen Zustand, mit r1 die Schmelztemperatur, mit r 2 die Verdamfungsund Schmelztemperatur und mit 2 (233 c) 1 Iq1 + 1 IQ2 dann gilt t,
f
J*dt = — ln{ 1 + xxj) + — + ~ l n ( l + ßr2) {?!« Qm QiP
(233d)
Hat der Sicherungsstreifen nicht konstanten Querschnitt über die gesamte Länge, oder sind die Enden nicht weit voneinander entfernt, so ist bei großen Temperaturen — auch manchmal bei mittleren Temperaturen — die Wärmeabgabe durch Wärmeleitung auch für den Kurzschlußfall nicht zu vernachlässigen. Der Streifen nach Abb. 158 wird bei Kurzschluß an der ') Beachte die spez. Wärmen auf S. 33 sind per kg angegeben. ) Vgl. S. 209 und 213.
2
Sicherungen und andere strombegrenzende Mittel
209
Stelle B etwas später schmelzen als ein Streifen, der über die ganze Länge den gleichen Querschnitt als in B hat. Angenommen, an den Stellen A, B, C herrscht vor Eintritt des Kurzschlusses die gleiche Temperatur r 0 , dann wird von den Stellen A und B nach der Stelle C (in der Mitte zwischen den beiden Stellen A und B) die Wärme abgeleitet, außerdem wird Wärme in alle anderen Richtungen abgeleitet. Allgemein gilt hierfür die Wärmeleitungsgleichung dQw
—
öx
—drdt
Man muß nun entweder eine Gleichung für q — f (x) aufstellen oder die Fläche in Streifen zerlegen und für die Gleichung einsetzen: d Qw
=
A i-^-J A TDurchschn. dt \ ® /Durchschn.
Mit dieser Ergänzung wird aus der Gleichung 233 b die Gleichung t,
I
J * d t =
-ln{
1 +
" "
h = + \ + usw. aus obigen Formeln. r 0 ist der Widerstand, bei dem der Motor anläuft (durch Probieren gefunden) 1 ). Diese Anlasser haben ein Rohrsystem, durch das das Kühlwasser geleitet wird, während die Sodalösung durch eine Pumpe außerhalb des Kühlrohrsystems in entgegengesetzter Richtung geführt wird. Aus dem Boden des Anlassers wird die Lösung für einen Kühlungsbehälter gepumpt, steigt dann wieder nach oben, kommt in einen anderen Behälter und wird durch einen Kühler wieder gekühlt und kommt dann in den Boden des Anlassers. Man kann auch die Lösung dauernd zwischen Kühler und Anlasser rotieren lassen und während des Anlassens einen Schieber schließen. Die Größenverhältnisse geben ungefähr folgende Erfahrungsgleichungen an bei Verwendung von Kühlschlangen : Hat ein Rohrsystem eine Länge von l (m) und einen Durchmesser von d (m2), so nimmt man an, daß bei einer Kühlwassertemperatursteigerung T* von 12° C, die sekundlich fließende Wassermenge von w (1/sek) abgeführt werde (c = spezifische Wärme 4,2 kWsek/°C) N = w rk c = 12 X 4,2 X
W =
51 w .
(253)
An das Rohr wird abgegeben a F r = N, wobei a für Rohre in Flüssigkeiten, die nur natürlichen Umlauf haben r* 50 + 2,6 r ist. r = Übertemperatur der Lösung (°C). Bei Rückkühlung gilt « ^ 170 + 8,5 x. Ferner ist einzusetzen für r m die mittlere Temperaturdifferenz zwischen Kühlwasser und Lösung, z. B. maximale Lösungstemperatur 90° C, minimale 70° C, maximale Kühlwassertemperatur 35° C, minimale 25° C, so 90 + 7 0 - 3 5 - 2 5 l
) Starkstromtechnik 1922 I S. 542.
^
^
245
Widerstände
(im allgemeinen wählt man die maximale Temperatur der Lösung 20° höher als die minimale und sa 10 bis 12° C. Die Rückkühler haben eine Oberfläche von 5 bis 50 m 2 . Hierbei ist Voraussetzung, daß die Temperatur der Sodalösung entsprechend fällt. Beispiel: Ein Flüssigkeitsanlasser mit den gleichen Abmessungen wie obiger ölanlasser soll für einen Motor von 800 kW l,5fachem Anlaufmoment Verwendung finden. Wie groß ist ha, z bei Flüssigkeitsanlassern a) ohne und b) mit Kühlschlangen und c) mit Rückkühlung. Ferner für welche Motoren kann er dauernd verwendet werden im Falle a), b) und c), wenn die Kühlschlangen eine Länge von 10 m haben und die Rohre einen Außendurchmesser von 5 cm. a) ta = 60 sek k = 35 X 15 X 6 = 3150 Watt 147 X 700 X 2 = 2,8 1200 X 60 a
_ 3150 X 7200 ~ 60 X 1200 X 1000 ~
U,,J15
b) k = 50 X 15 X 6 + 50 X 10 X 0,05^ (50 + 2,6 X 50) = 4500 + 14000 = 18500 Watt 14X6
51 Z
°=161/min
__ 1 X 4,2 X 50 X 700 X 2 = 4,1 ~ 1200 X 60
18500 X 7200 1 oif h„ = = 1,85 " 72000 X 1000 c) k = 50 X 15 X 6 + 7i 50 X 10 X 0,05 (170 + 8,5 X 50) = 4500 + 47000 = 51500 Watt 47 x
51
60
• --• KKM 55 1/mm
2 =4,1 K = 5.1
Dauernd kann vernichtet werden bei a) 3,15 kW, b) 18,5 kW, c) 51,5 kW. Regler müssen meist für 100% Einschaltdauer (ED) ausgelegt werden, es sei denn, daß erleichternde Vorschriften gegeben sind, so insbesondere für Hebezeuge. Für aussetzenden Betrieb gelten folgende Bedingungen:
2. Kapitel: Steuer- und Regelgeräte
246
Anlassen: Reihe
ED
I II III
12,5 20 40
%
Regeln:
Ä,/Std.
ta
s
A r /Std.
tr
82 105 285
sek 4 4 4
sek 35 23,8 7,5
6 10 10
sek 20 30 30
Abstände d. Regelungen min 10 6 6
ha = Anlaßhäufigkeit, hr = Regelhäufigkeit, ta = Anlaßzeit, s = stromlose Pause, tr = Regelzeit, E D = 1/3600 (100 hata + 100 hrtr), Kleinkrafthebezeuge werden im allgemeinen nach Reihe I bemessen, Katz- und Kranfahrwerke nach Reihe II, Aufzüge nach Reihe I I I , ebenfalls Hubwerke, Aufzüge zum Teil mit 28% ED. Als Überlastungsfaktor bei Vollastanlauf kann näherungsweise festgelegt werden: ED . . . % p . . . .
100 1
60 40 28 1,8 2,8 4
20 6
12,5 5 9 20
5 % E D wird bei Fördermaschinen f ü r die Seilrevisionsfahrt verwendet, hierbei ist: -^Seilr = 0,2 Mnorm> -^Seilr = V ö f i Jnorm
(254)
Dieser Widerstand wird zusätzlich eingeführt. Regler in ö l werden so viel wie möglich vermieden, da sie sehr teuer sind, nur f ü r Betriebe, für die starke Korrosionsgefahr besteht, müssen ölregler verwendet werden. Ebenfalls wie bei ölanlassern sieht man darauf, daß das ö l eine bestimmte Temperatur (meist 80° C) nicht überschreitet. Rollenwiderstände werden in der Weise gebaut, daß die Rollen auf Stäben aufgereiht werden, die in Rahmen befestigt sind. Vielfach werden mehrere Wicklungen auf einer Rolle parallel geschaltet. Blech- oder Gußwiderstände müssen auf dem Rahmen isoliert aufgebracht werden. Als Isoliermaterial kommt Glimmer oder ein keramischer Werkstoff in Frage. Eine konstruktive Ausbildung der Befestigung von Gußelementen zeigt Abb. 185 Bei Flachbahngeräten wird der Widerstand unmittelbar an die Flachbahnplatte angeschlossen. Die Kontakte sind bereits in Kapitel 1 dargestellt. Vielfach werden Anlasser mit Unterspannungsauslösung ausgeführt, d. h. bei Unterschreiten einer bestimmten Spannung wird der Motor abgeschaltet Die Widerstandselemente werden durch Federn zusammengedrückt und durch Scheiben aus Glimmer oder Steatit voneinander isoliert. Hierbei ist darauf zu achten, daß das Isolationsmaterial zerbrechen kann, ohne daß die Isolation dadurch aufgehoben wird.
Widerstände
247
und die Anlaßkurbel geht in die Ausgangsstellung zurück. Es wird die Kurbel dann mit einer Rückgangsfeder (meist Drehfeder) ausgestattet, und der Unterspannungsmagnet wird durch eine Klinke solange festgehalten, wie die volle Spannung herrscht. Rotoranlasser werden oft mit einem Verriegelungskontakt ausgeführt, d. h. beim Einschalten des Anlassers wird der Motor durch einen Hilfskontakt eingeschaltet, der sich auf der Kontaktplatte oder bei Schaltwalzenanlassern auf der Walzenbahn befindet und ein Schütz bedient. Dieser Kontakt muß so ausgebildet sein, daß das Schütz nur nach Rückschalten auf die Nullstellung eingeschaltet wird, d. h. er muß infolgedessen eine Feder besitzen, die auf eine Klinke, die vom Kontakt isoliert ist, wirkt. Beim Rückgang in die Nullstellung wird die Feder gespannt. Bei der Einschaltung des Anlassers wird durch den Kontakt die Klinke bewegt. Für Flachbahnanlasser zeigt Abb. 186 einen solchen Verriegelungskontakt, für Walzen Abb. 187. Beim Projektieren von Reglern rechnet man etwa 20% mehr, als sich aus der errechneten Größe ergibt, weil die Drähte nicht stets voll ausgenutzt aKmlbkte -Mllitltlu*,
Abb. 185. Befestigung von Metall-Widerstandselementen auf einem Rahmen
Abb. 186. Verriegelungskontakt an Flachbahnanlassern
in
248
2. Kapitel: Steuer- und Regelgeräte
1onraMrtet Hsds bezeichnet man mit magnetomotorische Kraft (MMK). Ähnlich dem elektrischen Ohmschen Gesetz gibt es ein magnetisches Ohmsches Gesetz MMK Hierin ist 7?
-
1
der magnetische Widerstand. Die Permeabilität ist praktisch außer im Eisen nur in Nickel und Kobalt veränderlich und in Legierungen dieser Metalle. Außerdem gilt nach der Maxwellschen Formel die Gleichung ü =
d&
3 - • 10- 8
dt
(258)
Hierin ist 0 der Kraftfluß in Maxwell und U die Spannung zwischen den beiden Spulenenden. Für den Kraftfluß gilt stets die Gleichung: BF = 0 (259)
Magnete und magnetische Schaltgeräte
255
wobei F die Fläche in cm2 ist, die senkrecht zu den Kraftlinien steht und durch die die Kraftlinien hindurchgehen. Die in einem magnetischen System enthaltene Energie ist JU Idt = j>d 0110-8
(260)
Dieser Kraftfluß ist, wie aus den vorhergehenden Gleichungen hervorgeht, abhängig von der Stromstärke I und außerdem von einer Größe, die durch die geometrischen Abmessungen der Anordnung bedingt ist. In Luft ist diese, da ¡i konstant ist, für eine bestimmte geometrische Anordnung eine Konstante und diese Konstante bezeichnet man als Selbstinduktion L, die man in Henry mißt. Im Luftspalt gilt also / Uldt = / ILdI = $ Id& = Va LP = W (magnetische Energie) (261) Will man nun die Kraft annähernd bestimmen, mit der der Magnet im Luftspalt angezogen wird, so muß man diese magnetische Energie, die dann genau so groß ist wie die mechanische, mit der ein Eisenstück angezogen wird, nach dem Kraftlinienweg differentieren. Unter der Voraussetzung der Geradlinigkeit der Kraftlinienwege gilt also jetzt für die Anzugskraft P" die Gleichung „„
dW dx
HdxBLF 2 dx
HBLF 2 dx
BIF 2 ¡i
1}
^
Diese Formel ist noch in kg auszudrücken, und es ergibt sich Bl F 0,87t • 9,81 • 10 6
kg
(263)
dies ergibt ungefähr: B\F kg 25 • 106
(264)
Man beachte bei dieser Formel, daß die Zahl der tragenden Flächen je nach der Anordnung des Magneten verschieden ist. Bei Abb. 189c,d handelt es sich um zwei tragende Flächen. / = 2, bei Abb. 189e handelt es sich ebenfalls um zwei tragende Flächen, und zwar deswegen, da jeder der beiden äußeren Schenkel nur die Hälfte der gesamten Kraftlinien durchsetzt, weil der Querschnitt der beiden äußeren Schenkel gleich dem des mittleren Schenkels ist. -ßx ist die Induktion im Luftspalt. Diese Größe ist identisch mit B', wie auf Seite 258 unten erklärt.
256
2. Kapitel: Steuer- und Regelgeräte
Es ergibt sich unter Vernachlässigung der Streuung für den Luftspalt in einem Magnetsystem, in dem H von x unabhängig ist, gemäß Gleichung 256 HlX
0,4 7i
BlX = ITn = §q = — — 0,4 7i
. _
pF l
/ORA (264a)\ (264 b)
II ist die magnetische Leitfähigkeit l die Länge des Flußpfades Für die Überwindung des magnetischen Widerstandes des Eisens sind B — ¿fe Ampere Windungen erforderlich. Hierbei ist i f e die Länge der KraftA4 linien im Eisen in cm. Auch hier ist zu beachten, daß bei Abb. 189 e die Länge von Lf e nur durch 2 Schenkel bestimmt wird, da über die beiden äußeren Schenkel nur je der halbe Magnetfluß verteilt wird. Da ¡x im allgemeinen einen sehr großen Wert hat, können in vielen Fällen die f ü r die Überwindung des magnetischen Widerstandes des Eisens erforderlichen Ampere-Windungszahlen vernachlässigt werden und für den Luftspalt allein gilt dann näherungsweise die Formel (0,4 F (2t>5)) ~ 0,8 «d» -9,81-10« k g d ist die Länge des Luftspaltes. Es seien hier noch die Zugkräfte f ü r einige besondere wichtige Anordnungen bestimmt: Die Formel 261 kann allgemein auch wie folgt ausgedrückt werden: dW _ 1 lHdx\ 1 P" = dx ~~ 2 \ 0 , 4 jr j ' dx 1 ^ dM = — & 2 dx wobei M die magnetomotorische K r a f t im Luftspalt ist 0 = MX dM 0 dl dx A2 dx 02 dX 2 Aa dx
(266)
x ) Diese Gleichung gilt für einen Luftspalt (Abb. 189f.). Für mehrere Flächen oder Luftspalte setze für F den Wert EF und für d den Wert Ed ein. Es ist z. B. S = 2 für F und d in Abb. 189 d. In dieser Formel ist die Streuung vernachlässigt. Über die Berücksichtigung der Streuung vgl. S. 258 unten.
Magnete und magnetische Schaltgeräte
Für eine Kernanordnung nach Abb. 194 ist die durchschnittliche Länge des Flußpfades im Luftspalt dx, die zum Fluß senkrecht stehende Fläche ist
257 V////////MA*
v/A
k. CSI
p dx
Abb. 194. Kernanordnung für Gleichstrommagnet
Daraus ergibt sich 2np\ 1
=
M = dl dx
(267) di •Brjrc X
0
2 jtJ
dl dl
r i
+^.
(268)
d1
M* dl 2 dx = M27Z(l
P" =
+ dy. d,
B*r\d1
B2 r\ d1 d
4 J,+ r , 2
n 1p
kg
(269)1)
P 15,8 X 10«
Bei einem Magneten nach Abb. 189b ist die Zugkraft unter Vernachlässigung der Streuung P' die Summe der beiden Zugkräfte nach den Gleichungen 269 und 264 B2
F
i 25 X 106
kg 15,8 X 10«
(270)1)
F x ist die Polfläche des Kreisringes um den abgeschnittenen Konus. Die Magnete nach den Abbildungen 189 c, d, e unter Vernachlässigung der Streuung ergeben sich zu: B2F P ' = - 1 2 ^ 1 0 ^ ^ 1
17
) Berücksichtigung der Streuung vgl. S. 258 unten. Kussy, Schaltgeräte. 2. A.
258
2. Kapitel: Steuer- und Regelgeräte
Für eine Magnetanordnung nach Abb. 195 a kann die Teilkraft P" in ähnlicher Weise wie für einen Magneten nach Abb. 194 berechnet werden X
=
2 nfira l m • l sin l cos a \ sm a
(272)
worin ra der durchschnittliche Durchmesser des abgeschnittenen Kegels im Magneten ist. Da dX 2üt[imra (273) P sin a cos a dx ergibt sich B2 r\ sin a cos x (274)1) P" = 15,8 X 106 mra
Abb. 195 a. Kernanordnung für Gleichstrommagnet
Abb. 195 b. Spezialfall einer Kernanordnung nach Abb. 195 a
Für den Sonderfall nach Abb. 195 b ergibt sich daher unter Vernachlässigung der Streuung ¿PrfooB'a kg 7,9 X 10«
(275)«)
Für einen kleinen Luftspalt ist der magnetische Widerstand des Eisens nicht mehr vernachlässigbar, auch nicht die Sättigung. Die Formeln sind daher dann ungenau. Der Wert von B ist noch einer Korrektur zu unterwerfen, da nicht alle Kraftlinien zur Erzeugung der Kraft beitragen. Das Verhältnis zwischen der durch die Amperewindungen erzeugten Induktion und der nutzbaren Induktion ist der Streuungsfaktor. In den Gleichungen 269, 270, 271, 274, 275 muß daher für den Luftspalt anstelle des Wertes B der Wert B' eingeführt werden. 1)
Vgl. Roters Electromagnetio Devices John Wiley and Sons 1941. Diese Formel gilt nur sehr annähernd für l da die Streuung bzw. der KraftVerlust an der Stelle, an der der Kolben in den Anker eintritt, so groß ist, daß diese Formel ihren Wert auch bei Einführung eines Streuungsfaktors (s. 278) fast verliert. 2)
259
Magnete und magnetische Schaltgeräte
Von den Kraftlinien führt nur ein Teil durch den Luftspalt d, während der Rest der Kraftlinien andere Wege geht. Es müssen aber soviel AmpereWindungen auf die Schenkel aufgebracht werden, daß genügend Kraftlinien erzeugt werden, die direkt durch den Luftspalt gehen. Welche Wege die Kraftlinien haben können, zeigt z. B. Abb. 196. Es ist, wie schon dargelegt, nicht möglich, hierfür Formeln aufzustellen. Auch über den Eisenquerschnitt ist die Induktion sicher nicht gleichmäßig verteilt. Die Streuung ist dann am größten, wenn der Luftspalt im Verhältnis zum Querschnitt groß ist. Sie wird kleiner sein, wenn sich der Luftspalt am Spuleninneren befindet. Das Verhältnis der Amperewindungen, die tatsächlich nötig sind, um eine bestimmte Anzugskraft bei einem gegebenen Magnetmodell zu erzielen im Verhältnis zu der Zahl der Amperewindungen, die sich aus der Be- Abb. 196. Wege von Kraftlinien rechnung nach Formel 277 ergibt, nennt man den Streuungskoeffizienten. Dieser Streuungskoeffizient kann nur abgeschätzt werden. In einigen Fälen sind zwar schon mit Hilfe konformer Abbildungen exakte Feldberechnungen durchgeführt worden. Dies ist aber nur für idealisierte Fälle bisher möglich gewesen. Die Rechnungen sind für praktische Zwecke zu kompliziert. Umfangreiche Versuche haben ergeben, daß man mit großer Näherung die Streuung vom Verhältnis Fjd abhängig machen kann. Der Streuungskoeffizient a ist für die drei wichtigsten Fälle wie folgt zu bestimmen: Er beträgt für 1. Magnete, mit Luftspalt außerhalb der Spulen, s. Abb. 235a 2. Magnete, mit Luftspalt innerhalb der Spulen, s. Abb. 235 a
(278)
3. Magnete mit konischem Kernwinkel zwischen 40—60°. F/Zd
1
Fall 3 a:
3
1,37
1,19
6
10
20
100
1,13
1,10
1,09
1,08
Führt man diese Werte für die Streuung ein, so ergeben sich für die Amperewindungszahl die folgenden Gleichungen: Für einen Magneten nach Abb. 189c, d, e unter Vernachlässigung der Amperewindungszahl zur Erzeugung des Flusses im Eisen, da Zd = 2 d 0 17*
ad 5000 ]/ PjF Amperewindungen 0,4 n
(277)
260
2. Kapitel: Steuer- und Regelgeräte
und für einen Magneten nach Abb. 189b PaUl
15,8 x 10«
+
1 (278) Pd 2al 0 + FJ25 X 10 6 0,4^ d,L ist der durchschnittliche Luftspalt. Unter Berücksichtigung der Streuung und des Flusses im Eisen ergibt sich allgemein &
=
a
B ¿Luft i B
0,4 n
¿Eisen '
n 0,4 n
(279)
Diese Gleichung wird in Verbindung mit einer der Gleichungen 269, 270, 271, 274, 275 durch Probieren gelöst. Für einen Gleichstrommagneten gilt stets 1 = UR, d. h. an konstante Spannung gelegt ist die Amperewindungszahl stets konstant unabhängig vom Luftspalt. Aus der Gleichung 277 ergibt sich daher, daß die Anzugskraft umgekehrt proportional dem Quadrat des Luftspaltes wachsen sollte. Dieser Wert ist größer als es der Erfahrung entspricht. Man muß nämlich beachten, daß bei kleiner werdenden Luftspalt die Sättigung und der magnetische Widerstand des Eisens eine immer größer werdende Rolle spielen. B strebt einer vom Material abhängigen Konstanten zu. In Abb. 196 a ist die Anzugskraft abhängig vom Hub für einen Magneten nach Abb. 197 berechnet und dargestellt. Der Kernquerschnitt ist 52 ein2, der Eisenpfad 19,5 cm, die Amperewindungszahl 1800 angenommen, dann ergibt sich:
0,1 0,2
0,2 0,4
0,3 0,6
0,4 cm Hub 0,8 cm Luftspalt
Abb. 196a. Zugkraftkurve eines Magneten nach Abb. 197 (Gleichstrom) bei unveränderter Amperewindungszahl
Magnete und magnetische Schaltgeräte
261
Hub cm
Luftsp. cm
Ffi
a
f'
B Gauß
B' Gauß
P kg
0 0,05 0,1 0,2 0,4
0 0,1 0,2 0,4 0,8
oo 1020 510 250 125
1,05 1,07 1,12 1,12 1,12
160 400 1500 1900 1900
19000 15200 11200 5600 2800
18200 14000 10100 5000 2550
1380 850 430 105 27
In ähnlicher Weise kann man die Zugkraftkurven für Magnete nach Abb. 189b, 195b und andere Formen berechnen. Der in (Abb. 196b) Formel 269 berechnete Zugkrafteinfluß ist bei geschlossenem Magneten klein, er wird aber größer, wenn man beachtet, daß die Streuung im Gleitluftspalt zunächst mit steigendem Hub nur wenig wächst, um dann, wenn der Magnet aus dem Eisen herauskommt, plötzlich stark anzusteigen. Dann
II
net Abb. 18$ b ^ - M a c nnet nac i Abb. 1515 b
0,4
0,8
1,2
1,6
2,0
2,4
cm Hub Abb. 196b. Zugkraftkurven zweier Magnete nach Abb. 189b und Abb. 195b mit dem gleichen Kernquerschnitt und der gleichen Amperewindungszahl. Die rechten Kurven sind im Maßstab nach der rechten, die linken im Maßstab nach der linken Ordinate gezeichnet
2. Kapitel: Steuer- und Regelgeräte
262
ist Formel 269 nicht mehr anzuwenden. Im allgemeinen kann man den Einfluß des Gleitluftspaltes bei großem Hub abschätzen. Bezeichnet man a die Streuung im Gleitluftspalt, dann sind für zwei Magnete mit gleichem Kerndurchmesser (3,3 cm), gleicher Amperewindungszahl (2000), gleicher Eisenlänge im Gleitluftspalt (l m a x = 2,5 cm), gleichem Pfad im Eisen (20 cm), gleichem Gleitluftspalt (0,08 cm) die folgenden Werte für einen Magneten nach Abb. 189b berechnet (196b):
Hub cm 0 0,15 0,3 0,6 1,2 2,4
l
cm 2,5 2,35 2,2 1,9 1,3 0,1
B
B'
Luftsp. cm
F/d
a
°1
f*
Gauß
Gauß
P kg
0 0,15 0,3 0,6 1,2 2,4
oo 58 29 14,5 7,25 3,13
1,05 1,08 1,10 1,13 1,15 1,25
1,10 1,11 1,13 1,14 1,16 1,25
148 400 1900 1900 1900 1900
19000 15200 8300 4150 2075 1038
18200 14000 7400 3600 1800 800
115 66 19 4,90 1,50 0,8*)
*) Dieser Wert ist nur abgeschätzt, da bei so kleinem Wert von l die Formel 270 keine Geltung mehr hat.
Für den Magneten nach Abb. 195 b mit einem Winkel a von 60° für den Kegel ergibt sich: B
Hub cm
cm
l
Luftsp. cm
Fß
(280)
gegen die Drehrichtung (Hub) 2e>"
v
'
Gewählt wird MR für Senken ungefähr (2 bis 3) MV für normale Hubwerke, etwa (3 bis 4) MV für Hüttenkräne. MV
=
Gv 9,55 Nmot n]h [mkg] bzw. MV = —Jn co lUz
2. Kapitel: Steuer- und Regelgeräte
268
(beim Hub) bei Vollast; daraus ergibt sich die Bandkraft S beim Senken (kg)
8
2 M* D(et"*— 1)
bzw. beim Heben
S,(hub)
2 M r e** D{e" x—1)
(282)
Bezeichnet man mit G das Gewicht der zu hebenden Massen, mit GD2 das Schwungmoment der zu bewegenden Massen ( = 4 g l , wobei g die Erdbeschleunigung und I das Massenträgheitsmoment ist), dann gilt für die Bremszeit bei Bremsen mit dem Bremsmoment MB nnGD 2 tu 4:g30M B (283 a) ZGD^n sek 375 M b Bei Massen, die sich geradlinig bewegen (z. B. Fahrwerken), werden alle sich drehenden Massen auf die Trieb welle des Motors beAbb. 202. Bandbremse zogen und über das Triebwerk gebremst, während die geradlinig sich fortbewegenden Massen direkt gebremst werden. Bezeichnet man mit
Gt. = G
15 bis 30 = Nutzlast + Totlast 1000
(283b)
(G = die Summe aller Laufraddrücke), zu denen im Freien noch der Winddruck Gw ( = 50 kg/m2) kommt, und mit G1Di1 die Schwungmomente aller sich drehenden Massen, bezogen auf die Motorwelle, dann gilt I\GD 2
365 + G1 D\
(283 b)
Wenn hierbei die Umdrehungszahl n2 einer Masse G2 anders ist als die Motorumdrehungszahl, so kann das auf die Motorwelle bezogene Schwungmoment für diese Massen bestimmt werden aus folgender Umrechnung:
G.D^G.Dl^-
(284a)
269
Magnete und magnetische Schaltgeräte
Damit kann man die Bremszeit wie folgt bestimmen: Beim Senken
Beim Heben
G1D\n tR mech
Gv* 365
GxD\n tR hub
M B senk 375
+
Gv2 365
375 MB h»b
(285 a)
s = la = 0,94 cm
s = Ix = 0,94 cm Schaltarbeit Ss =A'
Ss = A'
(285b)
Lüftungsarbeit ist etwa 10% größer zu wählen (Hh) A = 1,1 Ss
A=
1,1 Sa
Man beachte MR hub < MBaenken. Bei der Backenbremse (Abb. 203) unterscheidet man Einfach- und Doppelbackenbremse. Das Reibungsmoment MR (nicht das Bremsmoment) ist
Abb. 203. Doppelbackenbremse, Einfachbackenbremse
für beide Drehrichtungen gleich, die Bremse eignet sich daher für Kran-, Kraftfahr- und Drehwerke, ebenso wie für Hubwerke. Die Schaltkraft S
2 MR Dfi
(286)
Der Schaltweg l ^ 0,2 cm. Die Schaltarbeit — Ss — Sl. Die Lüfterarbeit Hh = 1,1 Ss. Das Reibungsmoment MR = (3 bis 4) Mv für Hubwerke, Mi = G2V 9,55jn für Katz-, Fahr- und Drehwerke ist Ms etwa (0,8 bis 2) Mv 102 N (die hohen Werte gelten für Hüttenbetriebe), wobei Mv — (N ist die Leistung in kW).
2. Kapitel: Steuer- und Regelgeräte
270 Die Bremszeit
365 Ge» tn (Hub) =
N
M ß
365 Gv* TS (senken) =
%
3?5
Gv* 365
¿.R (geradlinige Bewegung) = tü (Drehen) =
w
^
n2
MB=MR
3 7 5
n
+ MV
(287 a)
— MV
(287 b)
n2
1- GxD\n
^
MB=MR n2
b ff, Di n
375 M B
(^88a)
=
Z'GD2n
375 j y
^
= ^
+ ^
(288b)
Hierin ist XGD*
=GXD\
+ (^jG2Dl
+ ( - j j ' ö . D f + { ^ j 0\a\
(284b)
Gt = angehängte Last a 4 = Entfernung der Last vom Drehpunkt Nach Thomas erfolgt die Bestimmung der Größe des Bremsmagneten wie folgt (ETZ 1940/41): Danach wird der Nachlaufweg festgelegt und aus ihm das Bremsmoment und das Reibungsmoment bestimmt. Bei Fahr- und Drehwerben hat der Motor 8 Umdrehungen Nachlauf (im Freien bei 50 kg/m2 Winddruck). Bei Hubwerken wählt Thomas 5 Umdrehungen im Senkbetrieb Nachlauf. Das Lastmoment MV erhöht er um 10%, damit soll die Kraft, verursacht durch die Verzögerung (etwa 2 bis 20%), zusätzlich zum Lastgewicht abgegolten sein. Dann ergibt sich beim Senken t
R =
^ b L n
(289)
8 e k
nx = die Zahl der Nachläufe n = Drehzahl bei Beginn der Bremsung. n kann bei kleinen und mittleren Hubwerken als synchrone Nenndrehzahl gewählt werden, bei größeren Kränen hängt er von der Schaltung ab. Bei untersynchroner Bremsung wählt man am zweckmäßigsten n — 0,5 bis 0,6 nid. Die Bremszeit ist dann beim Senken t = 1 sek
n = 600
t = 0,8 sek n = 750
t = 0,6 sek n == 1000
Magnete und magnetische Schaltgeräte
271
Es besteht das Verhältnis Mi GD2
(290)
tR 4 nr (¡x0 = 1)
Nullspannungs-, R ü c k s t r o m - und F e r n s c h a l t e r m a g n e t e Nullspannungsmagnete und Spannungs-Rückgangsmagnete sollen einen verklinkten Schalter bei Unterschreiten einer bestimmten Spannung (zwischen 35% und 70%, bzw. 10% und 35% der Nennspannung) zur Auslösung bringen. Spannungsrückgangsmagnete müssen bei 80% der Nennspannung schließen. Während des Einschaltvorganges (bei höchstens 70% der Nennspannung bei warmer Spule) kommt der Magnet zum Anzug und sperrt hierdurch eine Klinke, die die Freiauslösung oder Sperre (s. darüber S. 868) an der Auslösung verhindern soll. Sobald die Spannung einen bestimmten Wert überschreitet, fällt der Magnet ab, und es wird abgeschaltet. Die Einschaltdauer der Magnete richtet sich nach der des Schaltgerätes. Rückstromschalter haben zwei Spulen, eine Spannungsspule und eine Stromspule, die einander im normalen Betrieb entgegenwirken. Sobald der Gleichstrom seine Richtung wechselt, wird die gegenseitige Wirkung aufgehoben, es wird abgeschaltet. Ein Rückstromschalter ist besonders geeignet, da er sicherer wirkt als ein Nullstromschalter. Es ist wohl richtig, daß der Strom, bevor er seine Richtung wechselt, durch 0 hindurchgehen muß, aber die Trägheit eines Magneten kann es unter Umständen doch verhindern, daß eine In den USA gilt für Spannungsrückgangsauslöser Anzugsspannung 90%, Abfallspannung 70% der Netzspannung (üblicher Wert).
Magnete und magnetische Schaltgeräte
291
rechtzeitige Abschaltung erfolgt. Dies kann insbesondere geschehen, wenn der Rückstrom sehr schnell steigt. Zur Sicherheit ist daher zum Schutze von Akkumulatorenbatterien stets ein Rückstromschalter vorzusehen 1 ). Magnete für Fernschalter müssen nur eine große Anzugskraft haben, um ein Schaltschloß zum Anzug zu bringen. Danach hält sich das Schloß selbst. Es genügt daher, eine verhältnismäßig kleine Einschaltdauer vorzusehen. Dieselbe Berechnungsgrundlage ist auch anzuwenden, wenn nicht das Schaltschloß direkt zur Einschaltung kommt, sondern erst eine Feder zu spannen ist, durch die ihrerseits wieder der Schalter zur Einschaltung kommt. Ist der Fernschalter-Magnet gleichzeitig als Nullspannungsmagnet gedacht, so verwende man in jedem Falle die Sparschaltung und bringe zwei Wicklungen auf dem Magnet an, da die Haltekraft, durch die nur die Schaltklinke zu halten ist, wesentlich kleiner als die Anzugskraft ist. Hinzu kommt noch, daß bei Magneten für Ferneinschaltung auch der Schaltweg ein verhältnismäßig großer ist, es sei denn, die Bewegung des Schaltschlosses wird durch eine Feder vorgenommen. Überstromschalter und Unterspannungsschalter haben vielfach verzögerte Ausschaltung. Zeitschalter, bei denen die Einschaltung oder Ausschaltung oder beides eines Magneten erst innerhalb bestimmter Zeitabstände eine Kontaktgabe hervorrufen oder aufheben soll, werden zweckmäßigerweise so ausgebildet, daß der Magnet sofort ein- oder ausschaltet und eine Feder hierbei spannt, die die gewünschte Wirkung hervorbringt. Es gibt aber auch Konstruktionen, bei denen der Magnet langsam abfällt oder anzieht. In diesem Falle ist darauf zu achten, daß eine entsprechende Einschaltdauer bei der Erwärmungsberechnung zugrunde gelegt wird. Zeitverzögerung mittels Gleichstrommagneten Eine weitere Anwendung des Gleichstrommagneten ist die rein magnetische zeitverzögerte Kontaktgabe. Zeitverzögerungen bis zu etwa 8 Sekunden (meist nur bis l 1 / 2 sek verwendet) können in der Weise erzielt werden, daß ein Kurzschlußring aus Kupfer um den Magneten angebracht wird zwischen Magneten und Spule. Sobald aber der Steuerschalter geöffnet wird, wird durch den sich ändernden Fluß beim Ausschalten eine Spannung im Kurzschlußring induziert, die einen Strom im Kurzschlußring erzeugt, der den Fluß aufrechtzuerhalten sucht. Dadurch ist der Gesamtfluß eine gewisse Zeit aufrechterhalten und der Magnet am Ausschalten verhindert. Die Zeit kann eingestellt werden durch Veränderung der Rückzugsfeder am Magneten oder durch eine Veränderung des Luftspaltes. Hierdurch wird der für das Halten des Magnets gegen die Rückdruckfeder notwendige Fluß variiert. Der Fluß wird aufrechterhalten durch die Summe der AmpereZur Fernauslösung werden vielfach ArbeitsstromauBlöser verwandt. 19*
292
2. Kapitel: Steuer-und Regelgeräte
Windungen beider Flüsse. Wird der Magnet ausgeschaltet, so verschwindet allmählich der Strom in Hauptwindung und der in der Kurzschlußwindung i2. Die Kurzschlußwindung soll die ganze Länge der Hauptwindung einnehmen. Der Magnet hat dann etwa eine Anordnung wie nach Abb. 218. Mit einem Parallelwiderstand ergibt sich das folgende Ersatzschaltbild der Anordnung (Abb. 219). L1 ist die Induktion der Primärspule in Henry
Abb. 218. Prinzip eines verzögerten Relais mit Kurzschlußring Torsionsfeder
Abb. 219. Ersatzschaltbild für Abb. 218 8: Schalter i 2 , L2, E2: Kurzschlußring t1( Lv Bv Kj: Spulendaten B p : Parallelwiderstand (oft fortgelassen)
Sie kann berechnet werden nach der Formel (346). Ein Luftspalt von einigen Millimetern (3 bis 4 maximum) soll auch im geschlossenen Zustand aufrechterhalten werden. Wird nun die Primärwindung abgeschaltet, so entsteht im Sekundärkreis ein Strom von U
n-,
E,
L,
und im Falle, daß die Sekundärwicklung nur eine Windung hat, ., 1 Ls = Lx
(315)
(316)
/
Diese Gleichung ist nur angenähert richtig, weil zwischen dem Abklingen des Primärstromes und dem Entstehen des Sekundärstr omes zu seiner vollen Höhe
ein kurzer Zeitintervall vergehen muß. Die Vernachlässigung dieses Zeitintervalles ist zulässig, wenn die zwei Wicklungen eine gute Kopplung haben, was fast stets der Fall ist. Das Ersatzschaltbild zeigt, daß allgemein die folgende Gleichung besteht: 0 = h (R, + R 1 ) + L 1 ^ i - + L
Magnete und magnetische Schaltgeräte
293
Unter der zulässigen Vereinfachimg, daß der Primärstrom sofort verschwindet, kann man schreiben, wenn man den Parallelwiderstand R wegläßt, 0 =I2R2
+
¿Ha ( 3
1
5
a
)
Diese Gleichung ist identisch mit der Gleichung 186 und A b b - 22 °- Z e i t " ihre Lösung ist die Gleichung 188. d^ch°Pai^elDie Abschaltzeit ist die Zeit, die benötigt wird, unter widerstand den zum Halten notwendigen Strom zu senken. Man kann auch noch kürzere Zeiten (bis etwa 1 / 2 sek) dadurch erzielen, daß man die Magnetspule über einen Widerstand kurzschließt (Abb. 220). Die Gleichung lautet hierfür di 0=i1(R9
+ R) + L1±
(316)
und die Lösung analog zur Gleichung 186 h = U / R ^
)')
(317)
woraus man die Zeit berechnen kann, bis der Magnet abfällt. Der Nachteil dieser Anordnung besteht darin, daß man erst den Magneten kurzschließen muß oder dauernd einen Widerstand R parallel zum Magneten haben muß, ehe man ausschalten kann. Ein weiterer Nachteil besteht darin, daß man nicht allzuweit mit Zeitverlängerung durch Verkleinern des Luftspaltes gehen kann, da die Ausschaltzeit mit kleiner werdendem Luftspalt nicht mehr kontrolliert werden kann, außerdem der remanente Magnetismus das Ausschalten verhindern kann. Bekanntlich gilt für den Einschaltvorgang die Gleichung 186. Die Zeitkonstante L / R k a n n durch einen während des Einschaltvorganges eingeschalteten Widerstand Rv verkürzt werden. Schütze mit einer Kurzschlußwindung können auch mit einem Ruhehauptstromkontakt ausgestattet werden. Sie können 1 bis P / 2 Sekunden Verzögerungszeit haben und dann abfallen und einen Widerstand kurzschließen. Ruhehauptstromkontakte eignen sich wegen der Schwierigkeit der Lichtbogenkammerausbildung nicht zum Abschalten großer Leistungen, aber zum Abschalten hoher Ströme, man muß nur beachten, daß nicht die Rückzugsfedern die K o n t a k t k r a f t im geöffneten Zustand zur Verfügung stellen, sondern die Kontaktfedern gegen eine feste Fläche abgestützt werden 1 ). Verzögerungsrelais können auch mit einem Kondensator auf rein elektrischem Wege gebaut werden (über mechanische Verzögerungen s. S. 365). Diese Relais sind nach Abb. 221 geschaltet. ') Vgl. Konstruktion von Schließern für Relais.
294
2. Kapitel: Steuer- und Regelgeräte
, s Relais i—o^o-« 1RPFC
Bekanntlich gilt für einen Stromkreis mit Induktivität und Kapazität die folgende Gleichung:
R1
(
ü = Rt + Abb. 221. Zeitverzögerung mit ÄfiT-Schaltung
fidt GJ
dt
(319a)
6
(Kondensator)
Die Lösung dieser Gleichung ist in verschiedenen Handbüchern (z. B. Küpfmüller, Einführung in die theoretische Elektrotechnik) zu finden. Danach ergibt sich nur dann ein schwingungsfreier Verlauf, wenn man wählt R2
Hierin ist
>
cTF^
(319b)
L die Induktivität der Spule in Henry, R der Ohmsche Widerstand, C die Kapazität in Mikrofarad.
In der Kapazität ist die folgende Energie gesammelt, die nach dem öffnen des Schalters sich über die Spule entladen kann: E = Hierin ist
CU 2 i o - 6
(320)
E die Energie in Wattsekunden, U die Netzspannung, C die Kapazität in Mikrofarad.
Nach dem Abschalten klingt der Strom ab nach der Gleichung (unter Vernachlässigung der Induktivität L) i = — e-w^ + R2
fiocio-«
(321)
Der Kondensator wird geladen nach der Gleichung (unter Vernachlässigung der Induktivität) i =ILe-mLcw-' ii 2
(322)1)
Man fügt den Widerstand R1 beim Laden ein, um die Zeitkonstante T' = 1 ¡RG
(R2 < Rx)
beim Laden viel kleiner zu machen als beim Entladen. Durch Veränderung von R kann man die Zeit regulieren, ebenfalls durch Veränderung des LuftBeachte, daß der Einschaltfunke den Schalter nicht beschädigt.
Magnete und magnetische Schaltgeräte
295
spaltes und der Rückzugsfederkraft. Man muß im allgemeinen die Windungszahl wesentlich größer wählen als für Magnete nach Abb. 220, schätzungsweise 6- bis lOmal so groß. Als Kondensatoren werden meist Elektrolytkondensatoren von einigen hundert Mikrofarad verwendet, die besonders günstige Abmessungen haben. Zeitverzögerungsrelais können auch Kurzschlußwindung und Kondensatoren haben. Relais nach dem gleichen Prinzip wie die mit Kurzschluß wicklung, jedoch ohne die Kurzschlußwicklung mit einstellbarer Rückzugsfederkraft und einstellbarem Luftspalt, sind ström- oder spannungsabhängige Relais, die bei einem Strom oder bei einer bestimmten Spannung abschalten sollen (z. B. als Stufenrelais für Gleichstromanlasser). Durch Vergrößerung der Rückzugskraft oder des Luftspaltes werden mehr Amperewindungen zum Anzug benötigt und das Relais schaltet dann nach einer geeichten Skala ein. Um die Einstellung nicht zu schwierig zu machen, soll der kleinste Luftspalt nicht zu klein gewählt werden, die Eichung würde schwierig werden. Der Magnet ist am besten nicht als Tauchanker (Luftspalt in der Spule), sondern als Klappanker (Luftspalt außerhalb der Spule) auszubilden mit einem Minimumwert von F/d, (Polfläche/Summe der Luftspalte) von nicht mehr als 40. Einen großen Luftspalt muß man auch wählen, wenn die Anzugsstromstärke nicht viel höher sein soll als die Abfallstromstärke. Auch hier wählt man am besten Klappankermagnete mit einstellbarem Luftspalt und Rückzugsfederkraft, wobei Fjd nicht viel größer als 10: 1 gewählt werden soll, der benötigte Wickelraum wird dadurch größer. Wechselstrommagnete Wechselstrommagnete haben im allgemeinen wesentlich ungünstigere Eigenschaften als Gleichstrommagnete. Dies hat seine Ursachen darin, daß im Eisen Wirbelstrom- und Hysteresisverluste auftreten und infolgedessen die Magnete aus einzelnen Blechen zusammengenietet werden müssen. Weiterhin ist für die Abhängigkeit des Stromes von der Spannung nicht nur der Ohmsche Widerstand, sondern die Impedanz der Spule maßgebend. Ferner möchte der Magnet jeweils bei dem Nulldurchgang abfallen, was man nur durch Anbringung einer Hilfswicklung (Kurzschlußring) beseitigen kann. Für größere Hubarbeit verwendet man daher nicht gern Wechselstrom. a) H y s t e r e s i s v e r l u s t e Durch die Ummagnetisierung im Eisen entstehen Verluste, da beim Wachsen der Feldstärke und der Induktion von H1 auf H2 bzw. B1 auf B2 mehr
2. Kapitel: Steuer- und Regelgeräte
296
Arbeit geleistet wird als beim Rückgang von B2 auf Bv Die restliche Arbeit wird in Wärme verwandelt, sie entspricht AbyBt = $ 1MB Joule/cm 3 (323) (siehe Abb. 193). Für die Hysteresisverluste ist von Steinmetz folgende empirische Formel angegeben worden: fBm&^VO Watt (324) 'hyst 102 10001'6 Hierbei ist Fhyat = Hysteresisverluste, / = Frequenz, v = Eisenvolumen (dm3), B = Induktion (Gauß), a = Hysteresisverlustkoeffizient = 0,6 bis 0,9 für Dynamoblech. b) W i r b e l s t r o m v e r l u s t e 1 ) Durch die Ummagnetisierung werden im Eisen Ströme induziert, die das Eisen erhitzen. Die exakte Berechnung dieser Wirbelstromverluste soll hier unterbleiben, das heißt, die Stromverdrängung, wiederum hervorgerufen durch die Wirbelströme an dem Rand des Bleches, wie sie bei massiven Leitern auftritt, soll vernachlässigt werden. Diese macht sich nur bei hohen Frequenzen, die in der Starkstromtechnik nicht vorkommen, und bei starken Blechen bemerkbar. Starke Bleche werden aber bei Wechselstrom nicht verwandt, da hier zu große Verluste auftreten. Abb. 222 a stellt den Querschnitt durch ein Blech mit der Blechdicke b dar. Nimmt man an, daß die Stromfäden über den ganzen Querschnitt gleichmäßig verteilt sind, dann tritt durch ein Rechteck von der Länge l und der Breite 2x, das symmetrisch zur Mittellinie ange-
iti 222 a
222b
Abb. 222 a. Darstellung eines Stromfadens in einem Blech von der Stärke 6 zur Bestimmung der Wechselstromverluste Abb. 222b. Effektivwertberechnung des Wechselfeldes *) Frankel, Theorie der Wechselströme, Springer Verlag.
Magnete und magnetische Schaltgeräte
297
nommen werden kann, da die Verdrängung an den Rand vernachlässigt wird, ein maximaler Induktionsfluß = _Bmax 2x = y>m&x. Bei der Ummagnetisierung ändert sich in einer halben Periode der Fluß von + y>max auf —
ipmax-
Der Mittelwert des Flusses ist derjenige Wert, der in einer Halbperiode auftreten würde, wenn das Integral der Wechselstromkurve von 0 bis 71 so T
groß wie die Fläche eines Rechteckes mit der Basis — (T = Perioden¿t
2 dauer) wäre (Abb. 222 b), er ist bekanntlich bei einer sin-Kurve— y m a x 71
2
^mittel = — Vmax
V™* = 4/y) m a x = 4 f - B m a x 2x
71
(325)
l
T / = Frequenz. Der Effektivwert unterscheidet sich vom Mittelwert durch den Form7t
faktor. Dieser beträgt bei einwelligen Wechselströmen = 1,11 = der Effektivwert = Da e = —
dt
fett =
' Y'eff = 1,11 mittel
, da (326)
> kann man den Effektivwert der EMK bestimmen zu E
e t l
=^B V2
m
^-x=if\,l\B
m
^2x
(327)
I n einem Streifen von der Breite dx entsteht nun eine Spannung nach Gleichung 258, wenn man die kleine Länge 2 d x gegenüber 2 vernachlässigt, von J (1 + 1) q, wobei q der spezifische Widerstand des Eisens und J die Stromdichte im Eisenquerschnitt ist. Es gilt also: Jq= = 1fmax sin cot.
(336)
Hierin ist rp = n&. Der Fluß 0 = BF (cm2). Die EMK ergibt sich durch Differentation von
max cos 2 nft 10~8 (337) Eea = 4,44 n «ZW 10" 8 / ~ \?U2— (/-ß) 2
(338)
woraus man die Wicklungszahl errechnet fl
=
E • 108 2nf0m&x V2
o»- •
l/[72 — { I R f - 108 2 nf0max
(339)
1/2
Dies ist die normale Transformatorgleichung. Es ergibt sich für ein bestimmtes Magnetmodell die Gleichung ^ = ^ - = 4 (340) ** fi Diese Gleichung ist wichtig für die Umrechnung der Windungszahl von einem gegebenen Magnetmodell für andere Spannungen und verschiedene Frequenzen. Der Magnetstrom ergibt sich aus Gleichung:
Der Haltestrom
I = - = = £ = K-ß2 + (coi) 2
(341)
(341a) Die in Abbildung 224 dargestellten Werte sollten für Bleche von etwa 3,6 Watt/kg Verlust um 10% ermäßigt werden 2 ). Allerdings kann zur Be2
Bei kleinem Luftspalt, wenn R vernachlässigbar ist, gilt E m U. ) Bleche mit höherem Wattverlust sind weicher.
Magnete und magnetische Sohaltgeräte
303
Stimmung des Querschnitts nicht ohne weiteres die Maxwellsche Zugkraftformel Anwendung finden, da die Selbstinduktion stark von der Streuung abhängig ist. Es gilt also die Formel 75
B'*maxF
(cm*)
25 • 106
( P ~ 1,15 P ' )
(342)
Hierin ist P die am Magneten angreifende Kraft. Wir können hier B'mSiX einsetzen, da zwei tragende Flächen vorhanden sind, also eigentlich B'Jf 2 F ^
p
' ~
p
~ - ¿ f r w
(343)
Die Größe von B'jB kann nur experimentell bestimmt werden, da jede Anordnung andere Streuverhältnisse hat. B'jB ist das Verhältnis der wirksamen zur angenommenen Induktivität. B wird ohne Berücksichtigung der Streuung und des Kurzschlußringes angenommen. Als Anhaltspunkt können die Schaubilder 225/226 bei günstig bestimmtem Kurzschlußring gewählt werden, die auf Grund einer größeren Anzahl von Versuchen aufgenommen worden sind, sie gelten für Einphasenmagnete. Eine nachträgliche experimentelle Kontrolle ist erforderlich. Für die Selbstinduktion von Spulen gilt die folgende Gleichung n0 L = --j-
10- 8
(344)
Hierin ist 0 = MX, worin X die magnetische Leitfähigkeit ist. Für die magnetische Spannung M gilt die Formel M — In Ampere
(345)
Hieraus ergibt sich für die Selbstinduktion L die folgende experimentell zu bestimmende Gleichung L' = X' n2 0,4 n 10- 8 Henry
(346)
Die wirkliche Induktion L — L'jb ist größer, es gilt: X = X'jb
(347)
L', X', w' sind die Selbstinduktion, magnetische Leitfähigkeit und magnetischer Widerstand unter Vernachlässigung des Einflusses der Streuung und des Kurzschlußringes, L, X, w die wirklichen Größen. b kann aus den Kurven L'jL abgelesen werden.
304
2. Kapitel: Steuer- und Regelgeräte
B>f /bI 0,9 0,8
0,7 0,6
0,5 0,4 0,3
-Sv
//
Dj
0,2
0,1
0
10
20
40
30
50
60
70
80 90 100 F/Xd «-
Abb. 225. Ungefähre Abhängigkeit des Verhältnisses der wirksamen Induktion B' zur Gesamtinduktion B vom Verhältnis FjEd bei verschiedenen Emphasenmagneten (cm2/cm)
A)
C)
B)
hr die Windungszahl ergibt ¿kr
') d1 und d2 sind die beiden mittleren Luftspalte.
sich dann
aus
Magnete und magnetische Schaltgeräte
307
Gleichung 337, wenn F die Polfläche, B die gewählte Induktion (z. B. Bmax = 8000 Gauß) und 0 = BF. Man bestimmt jetzt B', L' und L aus Abb. 225 und Abb. 227 und bestimmt B aus dem Verhältnis UkrIElr z, z.B. ist Ekr ™ 65 Volt bei Ukr = 72 Volt. Darum prüft man diese Werte für den offenen und geschlossenen Zustand nach und überprüft, ob der Magnet stets durchzieht, nicht zu warm wird und innerhalb der Vorschriften anzieht. Die Nachprüfung erfolgt mit den Gleichungen und Tafeln wie für den kritischen Punkt. Auch die Verluste und Veränderungen der Selbstinduktion durch die Kurzschlußwindung sind von großem Einfluß auf das Verhältnis B/B' und LjL', und man hat am Muttermodell nicht nur die Veränderung der Zugkraft bei Annahme von verschiedenen Kurzschlußwindungen, sondern auch den Wattverlust der Spule bei verschiedenen Kurzschlußwindungsmaterialien und bei verschiedenen Eisenquerschnitten, die durch die Kurzschlußwindung eingeschlossen werden, zu bestimmen. Wenn das „Brummen" des Magneten genügend klein ist, muß man die Kurzschlußwindung wählen, bei der die geringsten Jouleschen Verluste in der Spule auftreten. Schützmagnete sollen bei etwa 50% der Netzspannung bis zur Ruhelage abfallen, ohne sich vorher aus der Anzugsstellung zu bewegen und bei etwas niedrigeren als der vorgeschriebenen Mindestspannung1) anziehen2). Diese Schaltbedingungen werden am einfachsten dann erreicht, wenn der Kern nicht in die Spule eintaucht (Klappankersystem). Die Werte von LjL' und B/B' sind beim Klappankermagneten ungünstiger. Beim Tauchankersystem hat der Magnet in offenem Zustand wenig Streuung. Die erforderliche Anzugskraft wird schon bei einer niedrigen Spannung erreicht. Er bringt im geschlossenen Zustand daher nicht die erforderliche Haltekraft auf. Dimensioniert man ihn so, daß er trotzdem genügend Kraft im geschlossenen Zustand aufbringt, so fällt er bei einer Spannungserniedrigung oft nur so weit ab, daß die Kontakte sich lose berühren, während der Klappankermagnet sofort ganz abfällt. Bei einem Luftspalt von mehr als 3—4 cm werden Klappankermagnete nicht verwandt. Überstrommagnete sind Tauchankermagnete, häufig, trotz Beim Klappankermagneten ist wegen der steileren Krait-/Luftspalt-Charakteristik der Bereich des unsicheren Haltens kleiner. Eine steile Charakteristik kann aber auch bei Tauchankern durch Kunstmittel (zum Beispiel hoher Ohmscher Widerstand der Spule) erzielt werden. 2 ) Die Mindestanzugsspannung bei warmer Spule (bei cos
Lf + B2 Jgeschl =
u wZigeschl
/off
=
U V(coLoil)2 + i?2
(353 b)
Für die Festlegung des Stromes ist im offenen Zustand meist der magnetische Widerstand im Eisen zu vernachlässigen. Für die Bestimmung des Haltestromes muß folgendes beachtet werden: Bei Abb. 228a und 228d entspricht Le der gestrichelten Linie im Eisen. Der Querschnitt der äußeren Schenkel braucht nur halb so groß gewählt zu werden als der des mittleren. Bei dreischenkeligen Magneten läßt man im mittleren Schenkel in angezogenem Zustand etwa 0,2 mm Luftspalt, damit der Magnet nicht kantet und nicht klebt 1 ). Hat man einmal für eine bestimmte Anordnung die Zugkraft und den Haltestrom bestimmt, so kann man nach Formel 340 in Verbindung mit 341 a ungefähr annehmen:
0,15-0,25mm Abb. 229. Beispiel eines U-förmigen Magneten mit 0,2 mm Luftspalt. Schenkel des Joches verbunden durch unmagnetischen oder nichtrostenden Stahl oder Messing
Ui ^ ni (354) U2 n2 für jede andere Spannung der Haltestrom und Anzugsstrom und die Windungszahl festgelegt werden. Mit großer Annäherung kann man im Rahmen der Starkstromtechnik die Formel ^L
K (355) h auch bei Veränderung der Frequenz anwenden, so daß Spulenwicklungen für bis zu etwa 100 Perioden auf Grund dieser Formel umgerechnet werden können. Bei noch höheren Periodenzahlen macht sich die Frequenzabhängigkeit der Eisenverluste bemerkbar. Der Kupferquerschnitt wird auch hier wie bei Gleichstrom auf Grund einer Erwärmungsberechnung bestimmt. Grundsätzlich gilt hier stets, daß der Anzugsstrom höher ist als der Haltestrom. Daneben aber muß die Er=
U-förmige Magnete haben entweder eine Öffnung (Spalt) im Joch oder Anker (keine Abnutzung) oder an einer anderen Stelle (Abb. 229).
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Magnete und magnetische Schaltgeräte
wärmung der Spule durch das Eisen beachtet werden. Auch der Eisenquerschnitt muß auf Erwärmung hin geprüft werden, da die Isolierlackzwischenlagen keiner höheren Temperatur als 160° C ausgesetzt sein sollen. Man muß bei der Wicklung die erzeugte Wärme, verursacht durch die Kupferverluste, gemäß Gleichung = (356) wobei der äquivalente Dauerstrom gemäß Seite 283 ist, bestimmen. Für den Stromverlauf gilt Abb. 230. Näherungsweise kann folgende Betrachtung angestellt werden. Vernachlässigt man die Geschwindigkeitsveränderung beim Anzug, was bei Wechselstrom mit Rücksicht auf die Wirbelstrom-Bremswirkung des Wechselstromes und bei großen Magneten mit Rücksicht auf die Wirkung der Dämpfung, die dort stets angebracht wird, geschehen darf, so kann man mit einer linearen Abnahme des Luftspaltes abhängig von der Abb. 230. StromverZeit rechnen. Die Kurve 230 wird durch eine Gerade lauf in einem Wechersetzt. Man wähle für Wechselstrommagnete größerer selstrommagnet, der Leistung besonders bei viereckigen Spulen Draht mit an konstante Spannung gelegt ist mehr als minimaler Isolationsstärke, der bei hohen ta = Ansprechzeit 2 Strömen nicht leicht durchscheuern würde ). Auf gute Abstützung der Spulen ist zu achten. Spulen für größere Schalthäufigkeiten aus dünnem Lackdraht erhalten manchmal eine Unterlage und eine Decklage aus starkem Draht oder sie werden in Epoxyd gekapselt. Es bleibt noch zu prüfen, ob die Wärmewirkung des Stromes beim Anzug infolge des Einschwingvorganges noch größer ist als nach der Formel I = TJ\(x> ¿off und ob der Einschwingvorgang auf die Bestimmung des Kupferquerschnittes bzw. auf die Erwärmung praktisch keinen Einfluß hat. Berücksichtigt man nur den Luftspalt, so gilt Gleichung nd0
= Ldi
(357)
Hierin ist 0 in Voltsek. gemessen. Es lautet die Lösung der Gleichung Ri + wenn tg
)
(358)
coL . ist. R sin (co t -j- y) — (361) 1
= g" [-^Anz + -^Halte + ^Anz ^Halte] Für tx gilt auch hier wieder Abb. 210. Für die Bestimmung des äquivalenten Dauerstromes gilt die Gleichung n
=
{-^Anz + -^Halte +
Iadz
^Halte} + -^Halte ih — h) —
(362)
Für die meisten Fälle für die Bestimmung des äquivalenten Dauerstromes gelten die Erläuterungen auf S. 283. Die Kupferverluste betragen 1\ R 1 ) . Außer den Kupferverlusten müssen die Eisenverluste und Verluste in der betriebswarmen Kurzschlußwicklung bestimmt werden, sowohl um die Gesamterwärmung des Gerätes festzulegen, als auch um die Temperatur der Spule zu bestimmen. Die Gesamterwärmung des Gerätes ergibt sich durch Addition der Kupferverluste sowie der Eisenverluste, die man nach den Tabellen 223 c nebst den dort nachfolgenden Ausführungen bestimmen kann. Hat man die Gesamtverluste festgelegt, so bedarf es nur noch der Kenntnis der gesamten wärmeabgebenden Oberfläche, um näherungsweise die Temperatur zu bestimmen. Es gilt hier die Formel
a = Wärmeübergangszahl, O — Gewicht des Magneten in kg, M = M! + MT + MZ + MT + M.A (Abb. 231) (Oberfläche). 1
) R muß im warmen Zustand eingesetzt werden. ) Vk muß ebenso wie Ve mit der prozentualen Einschaltdauer multipliziert werden.
2
Magnete und magnetische Schaltgeräte
311
Auch die Eisenverluste hat man hierbei natürlich auf die äquivalenten Dauerverluste umzurechnen, wobei man die Formel VED =
VE
anwenden kann.
k + h = V E D -G U
(364)
= Verluste in der Kurzschlußwindung, = Eisenverluste während der Einschaltdauer, Ved = durchschnittliche Eisenverluste. Die Bestimmung der Spulentemperatur ist Abb. 231. Drehstrommagnet außer durch die Kupferverluste noch durch die Eisenverluste bedingt. Man kann also die Temperaturerhöhung um etwa 5—-10% höher schätzen als sie sich nach dieser Rechnung ergeben würde. Der Wert von a ist wieder abhängig von der Temperatur und von der Lüftung (vgl. darüber S. 32). Für alle ölmagnete und ölschütze beachte man, daß sowohl das Eisen als auch die Spule den ölkessel erwärmen. Als wärmeabgebende Fläche ist die gesamte wärmeabgebende Fläche des ölkastens zu wählen, für a ist, nachdem diese Geräte sich meist in einem gut gelüfteten Raum befinden, der Wert 20 einzusetzen, während aber für die Erwärmungsberechnung nunmehr die gesamten Verluste des Magneten einzusetzen sind. Da nach der Maxwellschen Zugkraftformel 1 ) VK rE
-Bmax F 25 • 10 6
(343)
P = Kraft in kg, F — der effektive Querschnitt des Magneten in cm 2 = q1 + q2, B' = die wirksame Induktion unter Berücksichtigung der Streuung. die Zugkraft proportional dem Quadrat der Induktion und diese wieder mit dem Strom wächst, schwankt bei Emphasen-Wechselstrommagneten die Zugkraft nach einer Kurve ~ l\ sin2 cot. Ein Magnet würde sich also mit der doppelten Frequenz des Wechselstromes bewegen, wodurch in dem Augenblick, in dem die Kraftentwicklung 0 ist, der Magnet abfallen würde. Ist nach dem Abfall die erforderliche Hubkraft klein, so daß er dann sofort wieder anzieht, würde er zumindest im Takte der zweifachen Frequenz des Wechselstromes vibrieren, was einerseits sehr starken Lärm verursachen und andererseits schnell den aus einzelnen Blechen zusammengesetzten Magnetkern zerschlagen würde. Um nun ein ruhiges Halten des Magneten !) Vgl. Abb. 257.
312
2. Kapitel: Steuer- und Regelgeräte
zu gewährleisten, versucht man ein zweites Feld zu erzeugen, das dem ersten durch den Spulenstrom erzeugten Feld um 90° el. nacheilt, um auf diese Weise die Vibration zu vermeiden oder zumindest auf ein geringes Maß herabzudrücfeen. Dies geschieht in der Weise, daß man in den Magnetschenkel einen Kurzschlußring klebt 1 ), verstemmt oder auf andere Weise befestigt. I n diesem Kurzschlußring wird ein Strom erzeugt und durch diesen wird das Feld verändert. Untersucht man nun die Wirkung eines solchen Kurzschlußringes, so ergeben sich nach den Bildern 232 a bis c folgende Feldlinien. Bezeichnet man mit d1 und d2 die Luftspalte in den beiden Schenkeln und mit Le1 die Weglänge der Feldlinien im Eisen, die durch den Spulenstrom erzeugt werden, mit Le'2 und Le'2' die Weglängen der beiden Felder im Eisen, Kurzschiudring die durch den Kurzschlußring erzeugt werden, Abb. 232a. Feldverlauf in einem so ergeben sich folgende magnetische WiderMagneten mit Kurzschlußring stände, die der magnetischen Spannung M = in1 entgegengestellt werden. Der magnetischen Spannung durch die Hauptspule mit % Windungen wird der Widerstand El entgegengesetzt, dessen Größe im dreischenkligen Magneten für einen Pfad
2 (d, + d2 +
Lejfi)
(365)