Einführung in die frühneuzeitliche Ikonographie 3534248325, 9783534248322

Das Wissen um die komplexen Inhalte frühneuzeitlicher Bilder ist heute weitgehend verlorengegangen. Diese Einführung in

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German Pages [158] Year 2014

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Table of contents :
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Titel
Impressum
Inhalt
Vorwort
I. Einführung
1. Ikonographie
2. Frühe Neuzeit
3. Fürs Sehen gemacht
II. Bilder sehen und verstehen
1. Jerusalem ist überall
2. Text und Bild
3. Bilder für „das Volk“
4. Typologie
III. Erzählende Bilder
1. Bilderfolgen
2. Konfessionalisierung
3. Die Bibel im Haus
4. Stoffe, Themen und „Gemeinplätze“ (Loci communes)
5. Homer und Vergil
6. Ovids Verwandlungen und die Allgegenwart der Bilder
IV. Von der Allegorese zum Sinnbild
1. Die Welt hinter den Dingen
2. Sinnbild und Bildsinn – Sinnproduktion und -deutung
3. Hieroglyphen
4. Impresen
5. Embleme
6. Personifikationen
V. Erfreuen, informieren und emotional anrühren
1. Rhetorik in Theorie und Praxis
2. Sinnbildsysteme als Lebenswirklichkeit
3. Titelblätter
4. Hof und Kirche
5. Apotheose
6. Sprechende Bilder als Alltag – Alltag in sprechenden Bildern
7. Grenzen der Verständlichkeit
VI. Vom Ende der sprechenden Bilder
VII. Anhang
Abkürzungen
Literatur
Namenregister
Bildnachweis
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Einführung in die frühneuzeitliche Ikonographie
 3534248325, 9783534248322

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Nils Büttner

Einführung in die frühneuzeitliche Ikonographie

WBG� Wissen verbindet

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.de abrufbar.

Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und d ie Einspeicherung in und Verarbeitung durch elektronische Systeme. © 2014 by WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt

Die Herausgabe dieses Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der WBG ermöglicht. Satz: Lichtsatz Michael Glaese GmbH, Hemsbach Umschlagabbildung: Gian Lorenzo Bernini, Apollo und Daphne, 1622. Galleria Borghese, Rom. © akg-images / Nimatallah

Einbandgestaltung: schreiberVIS, ßickenbach Printed in Germany

Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-wissenverbindet.de ISBN 978-3-534-24832-2

Elektronisch sind folgende Ausgaben erhältlich: eßook (PDF): 978-3-534-72582-3 eBook (epub): 978-3-534-72583-0

Inhalt Vorwort....... I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

7 11

1.

I konographie..............................

11

2.

Frühe Neuzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

14

3.

Fürs Sehen gemacht.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

15

11. Bilder sehen und verstehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

19

1.

Jerusalem ist überall.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

19

2.

Text und Bild.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

21

3.

Bilder für "das Volk" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23

4.

Typologie................................

26

111. Erzählende Bilder .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32

1.

Bilderfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32

2.

Konfessionalisierung .........................

39

3.

Die Bibel im Haus.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

43

4.

Stoffe, Themen und "Gemeinplätze" (Loci communes). . . . .

46

5.

Homer und Vergil. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

51

6.

Ovids Verwandlungen und die Allgegenwart der Bilder .. . .

54

IV. Von der Allegorese zum Sinnbild.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

61

1.

Die Welt hinter den Dingen.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

61

2.

Sinnbild und Bildsinn - Sinnproduktion und -deutung .. . . .

67

3.

Hieroglyphen .............................

70

4.

I mpresen ................................

74

5.

Embleme ................................

80

6.

Personifikationen ...........................

89

V. Erfreuen, informieren und emotional anrühren.. . . . . . . . . . . .

96

Rhetorik in Theorie und Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

96

1. 2.

Sinnbildsysteme als Lebenswirklichkeit. . . . . . . . . . . . . .

106

3.

Titelblätter ...............................

115

4.

Hof und Kirche.............................

121

5.

Apotheose ...............................

126

6.

Sprechende Bilder als Alltag - Alltag in sprechenden Bildern.

133

7.

Grenzen der Verständlichkeit.. . . . . . . . . . . . . . . . . . .

141

VI. Vom Ende der sprechenden Bilder . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

147

VI I. Anhang .........................

149

Abkürzungen......................

149

Literatur .........................

150

Namenregister ..

158

Bildnachweis...

160

Vorwort Es gibt zahlreiche Einführungen in die Ikonographie. Zumeist beginnen sie mit dem Hinweis, dass diese kunstwissenschaftliche Methode sich der In­ haltsdeutung von Werken der Bildenden Kunst widme. Doch was ist über­ haupt der Inhalt eines Kunstwerks und in welchem Verhältnis steht er zu des­ sen Materialität und Gestaltung? Diese zentrale Frage findet oft nur am Rande Beachtung. Auch wird oft nur wenig Aufmerksamkeit darauf verwen­ det, dass jede Form der Interpretation von Kunstwerken einen Medientrans­ fer bedeutet. Was in einem Bild gezeigt, in einer Skulptur oder einem Bau­ werk ausgedrückt wird, muss aus dem jeweiligen Medium der Kunst in das der Sprache übersetzt und dem Denken verfügbar gemacht werden. Die Konventionen, denen dieser Übersetzungsprozess folgt, haben sich im Laufe der Zeit verändert. Auch die kunsthistorischen Methoden der Interpretation waren und sind historischen Wandlungen unterworfen. Die Deutung von Kunstwerken muss deshalb einerseits der Fachgeschichte Rechnung tragen, andererseits den historischen Vorstellungen über den angemessenen Um­ gang mit Kunstwerken, die zur Zeit der Entstehung der jeweils betrachteten Werke gültig waren. Diese Einführung in die Ikonographie erläutert deshalb die Methoden der Inhaltsdeutung ausschließlich an Werkbeispielen der frü­ hen Neuzeit. Denn nach Ende des Mittelalters und vor Beginn der Moderne gab es etliche für diese Epoche spezifische Bildinhalte und - was noch wich­ tiger ist - eine verbindliche Art, mit Kunstwerken und ihrer inhaltlichen Di­ mension umzugehen. Im besonderen Maße galt das für Bilder. Sowohl die Künstler der frühen Neuzeit als auch ihr Publikum gingen in der Regel davon aus, dass ein Bild stets "ein in sich sinnvolles Ganzes ist" (Büttner 1994, 27), dass es als visuelle Botschaft verfertigt war und verstan­ den werden sollte. Zugleich erschien damals die Übersetzung eines Bildes in Sprache bei weitem nicht als das Problem, das die modernen Kultur- und Kunstwissenschaften darin entdecken. Wort und Bild wurden in der frühen Neuzeit gleichermaßen als einen Sachverhalt darstellende Begriffsfiguren verstanden (Warncke 1987, 17). Entsprechend den aus der Antike tradierten Vorstellungen ging man davon aus, dass es kein Denken ohne Anschauung geben könne und selbst abstrakte mathematische Lehrsätze ohne die ihnen zugrunde liegenden Vorstellungen nicht gedacht werden könnten. Nach­ haltige Wirkung hatte vor allem die von Aristoteles in Oe memoria und Oe Anima verwandte Metapher des Gedächtnisses, das einem Gemälde ent­

spreche. Sie führte zur Annahme einer prinzipiellen Gleichartigkeit von Vorstellungsbild und materiellem Bild. In einer Synthese aristotelischer und platonischer Auffassungen kursierte in der damaligen Rhetoriktheorie die Annahme einer Einheit von Idee und gestaltetem Gegenstand. Die mimeti-

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Vorwort

sche Gestaltung war nach dieser Auffassung nicht allein die Nachahmung der Natur als Kopie, sondern beinhaltet zugleich die Imitatio von deren We­ sensbegriff. Was anfangs vor allem für die gestaltete Sprache galt, dass sie nämlich weniger das individuell Gestaltgewordene wiedergebe als viel­ mehr das ideale Seinsprinzip der Dinge, galt nun zunehmend auch für Bil­ der (Warncke 1987, 23). ut pictura poesis

Der nach heutiger Vorstellung allein über Wörter vermittelte Erkenntniswert wurde damals auch Bildern zugestanden. Schlagwortartig kam die gleichgestimmte Erwartungshaltung in den immer wieder zitierten Worten aus Horaz' Ars poetica zum Ausdruck: "ut pictura poesis" ("wie Malerei so die Poesie"). Der Sinngehalt hatte sich allerdings seit der Antike deutlich ver­ schoben. Was ursprünglich eine an die Wortkünstler gerichtete Forderung war, sich einer bildreichen Sprache zu bedienen, wurde zum zentralen Ar­ gument für die Gleichstellung sprachlicher und bildlicher Kunstwerke und Künste. Die unter Rechtfertigungsdruck stehende Kunsttheorie proklamierte die grundsätzliche Gleichartigkeit von Sprache und Bild und etablierte im allgemeinen Verständnis das Bild als Form der Sprache. Im Rückgriff auf die aristotelische Auffassung einer Entfaltung allen Denkens auf der Basis von Anschauung wurde es sogar möglich, das Auge und den Sehsinn sowie die für das Sehen gestalteten Gegenstände der Kunst in ihrer Möglichkeit zur Er­ kenntnisvermittlung nicht allein als dem sprachlichen Kunstwerk gleichartig aufzufassen. Bilder sprachen zwar eine sozusagen stumme, aber dafür eine alle Sprachbarrieren überwindende, universelle Sprache. So erwartete man in der Regel von Bildern Beredtheit und ein Sprechen in sichtbaren Worten. Das von Plutarch in seiner Schrift Über den Ruhm der Athener(346 F) über­ lieferte Diktum des Simonides, der Malerei stumme Dichtung und Dichtung sprechende Malerei nennt, wurde auf das Bild selbst übertragen, obwohl mit "pictura loquens" ursprünglich das "sprechende Bild" als eine Redefigur ge­ meint war (Sprigath 2004). Unter Verweis auf die prinzipiell gleiche Aufgabe der Naturnachahmung und das allen Künsten gleichermaßen zugrunde ge­ legte Regelgerüst der Rhetorik proklamierte die zeitgenössische Kunst- und Dramentheorie die Vergleichbarkeit von Wort-, Bild- und Tonkunst. Auch bei der an das Medium Bild herangetragenen Erwartung orientierte man sich allgemein an der Rhetorik, der zufolge eine gute Rede erfreuen, be­ lehren und bewegen sollte, um die Hörer möglichst wirksam zu überzeugen und zu seiner sittlichen, moralischen und religiösen Besserung beizutragen. Dabei wurden selbstverständlich nicht alle Aspekte in allen Bildern in gleicher Gewichtung akzentuiert, doch ist mit dieser an der Rhetorik orien­ tierten Erwartungshaltung zumindest ein zeitgenössischer Rahmen skizziert, innerhalb dessen sich das Reden über Bilder vollzog. Emblembücher, die auf dem engen Zusammenspiel von Wort und Bild ba­ sieren, sind gleichsam ein Kennzeichen dieses Bildverständnisses und der Epoche seiner Gültigkeit (Heinen 2009, 208). Sie geben zugleich einen Hin­ weis auf den damals gepflegten Bildumgang und die ihm zugrunde liegende Denkweise. In Emblemata wird nämlich im Zusammenspiel von Text und

Inhalt

Bild nur ein Definitionsrahmen für den gemeinten Sachverhalt abgesteckt. Die Aufdeckung der Bezüge zwischen Text und Bild sowie die daraus abge­ leiteten Schlussfolgerungen konnten dem Betrachter überlassen bleiben. Die intellektuelle Eigenleistung des Betrachters war im Rahmen der frühneuzeit­ lichen Auffassung Bestandteil der bildlichen Mitteilung. Dem Publikum kam gegenüber dem grundsätzlich als vieldeutig angenommenem Werk eine be­ deutungsschaffende Funktion zu (vgl. S. 83). Dabei konnten die Produktion und Rezeption von Bildern sehr hohe Anforderungen an Intellekt und Kom­ munikationsfähigkeit der Künstler wie des Publikums stellen. Der konstituti­ ve und teils beinahe spielerische Eigenanteil der frühneuzeitlichen Betrach­ ter an der Sinnproduktion der Bilder beförderte die Entwicklung einer spezifisch europäischen Kultur des diskursiven Bildverstehens (Heinen

2009). Das hier vorliegende Buch ist als knappe Einführung in frühneuzeitliche Bild- und Bildungswelten angelegt. Vor dem Hintergrund des zeitgenössi­ schen Bildumgangs und der historischen Medienverständnisse soll es in den Kanon jener Stoffe einführen, die in der frühen Neuzeit besonders häufig umgesetzt wurden und exemplarisch mit zentralen Themen vertraut ma­ chen. Die behandelten Werke sind dabei zugleich so ausgewählt, dass sie einen möglichst repräsentativen Querschnitt durch Medien und Gattungen der Bildenden Kunst vermitteln. Die Auswahl dient dabei gleichermaßen dazu, bedeutende Bauten und Skulpturen, Bilder und Bildtraditionen vorzu­ stellen, wie dem Hinweis auf literarische Quellen. Damit sind einerseits die immer wieder gelesenen und zitierten klassischen Texte gemeint, anderer­ seits aber auch jene Bücher und Kompendien, die Rückschlüsse auf den zeit­ genössischen Bildumgang zulassen oder die zur Erschließung von Themen und Motiven nützlich sind. Den Ausgangspunkt bilden dabei stets einzelne Werke. Deren Analyse soll über den jeweiligen Einzelfall hinaus das Be­ wusstsein dafür schärfen, welche Deutungsangebote Bilder und Bauten dem zeitgenössischen Betrachter offerierten und wie das damalige Publikum mit ihnen umging. Auf eine Trennung zwischen religiöser und profaner Ikono­ graphie ist bewusst verzichtet, da beide Bereiche einander in der Vormoder­ ne durchdrangen. Als exemplarische Einführung versammelt der Band insge­ samt vierzig knapp gehaltene Fallbeispiele, wobei selbstverständlich vieles nur angedeutet und nicht erschöpfend behandelt werden kann. Deshalb wollen die Hinweise auf weiterführende Literatur und die Bibliographie im Anhang zum vertiefenden Selbststudium einladen. Dabei wird gleicherma­ ßen auf aktuelle Forschungsliteratur verwiesen, wie auf den Kanon von lite­ rarischen Werken und jene Handbücher, die schon in der frühen Neuzeit zur Verfügung standen und genutzt wurden.

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I. Einführung 1. Ikonographie Der Begriff Ikonographie bezeichnet seit dem

19. Jahrhundert die Bestim­

mung und Interpretation der Themen und Inhalte von Kunstwerken. Der aus den beiden griechischen Wörtern et'KWV ("Bild") und ypdrpelV

C,schreiben")

zusammengesetzte Begriff entstammt eigentlich der Porträtkunde. Ganz der etymologischen Bedeutung gemäß, wurden seit der Renaissance die Ver­ zeichnung von antiken Bildnissen und die Dokumentation der Taten der Dargestellten so genannt, aber auch Sammlungen von Porträts. So wurde beispielsweise eine zwischen etwa

1626 und 1635 entstandene Serie von Iconogra­

Bildnisstichen nach Antoon Van Dyck seit dem 18. Jahrhundert als

phia bezeichnet (s. S. 103). Mit dem Aufkommen der modernen Kunstwissenschaft wurde der Begriff

Begriffsgeschichte

zunehmend verwandt, um die Lehre von den Inhalten christlicher Bilder zu bezeichnen. Spätestens als

1898 die "Internationale Gesellschaft für ikono­

graphische Studien" gegründet worden war, um "die Darstellungsgegenstän­ de und Vorstellungsinhalte" von Kunstwerken zu erforschen, hatte sich mit dem Begriff auch ein neues Forschungsfeld etabliert. Zu seinen Wegberei­ tern zählte Emile Male, dessen Dissertation über die kirchliche Kunst in

(L'Art religieux du xlne siede en France) 1906 auch in deutscher Studie über die Ikonogra­ phie des Mittelalters und ihre Quellen die Kunst der Kathedralen vor dem Frankreich

Übersetzung erschien. Male interpretierte in dieser

Hintergrund der zeitgenössischen intellektuellen und literarischen Kultur als didaktische Bilder-Enzyklopädie. In Deutschland bemühte sich Aby Warburg, angeregt durch die P hiloso­ phie Ernst Cassirers, über die formale Kunstbetrachtung und die stilistisch ar­ gumentierende Epochenzuweisung hinaus zu gelangen. In einem berühm­ ten Vortrag über das Bildprogramm der Fresken des Palazzo Schifanoia, den er

1912 auf dem Kunsthistorikerkongress in Rom gehalten hatte, forderte er

eine Erweiterung der methodischen Grenzen des Faches Kunstgeschichte. Statt starrer Entwicklungskategorien forderte er einen "weltgeschichtlichen Rundblick", der es ermögliche, Kunstwerke als Bedeutungsträger in einem weiteren historischen und ideengeschichtlichen Kontext zu interpretieren. Der später gedruckte Vortrag ist ein kulturhistorischer Schlüsseltext, der zum Gründungsdokument einer neuen kulturwissenschaftlichen Methode wurde. Erwin Panofsky hat Warburgs Verfahren der minutiösen Interpretation der Schriftquellen und der Kontexte systematisiert und durch die lehrbuchhafte Aufbereitung in eine dreistufige Interpretation überführt, die als methodolo­ gisches Paradigma bis heute fortwirkt. In Anlehnung an ein Schema der

von Warburg zu Panofsky

12 I. Einführung "Weltanschauungsinterpretation", das er von dem österreichischen Soziolo­ gen Karl Mannheim übernommen hatte, war in drei Schritten ein immer tie­ feres Eindringen in das Kunstwerk vorgesehen. In einer "vor-ikonographi­ schen Beschreibung" sollte sich der Interpret dessen versichern, was er "sieht". Darauf sollte die "ikonographische Analyse" folgen, die das "sekun­ däre oder konventionelle Sujet" in den Blick nimmt, "das die Welt von Bil­ dern, Anekdoten und Allegorien bildet". Dahinter liegt die in der dritten Stu­ fe, der "ikonologischen Analyse", zu ermittelnde "eigentliche Bedeutung oder Gehalt". Wie problematisch jeder Versuch ist, sich in sorgsamer Einhaltung der drei Schritte der "eigentlichen Bedeutung" eines historischen Kunstwerks zu nä­ hern, erweist schon die Lektüre von Panofskys Ikonographie und Ikonologie. Der erstmals 1939 publizierte Text erschien 1955 in einer zweiten, leicht modifizierten Fassung. Um den Unterschied von Form und Bedeutung zu illustrieren, griff Panofsky auf ein Bild aus dem Alltagsleben seiner Zeit zu­ rück. Er beschrieb die Begegnung mit einem Bekannten, der ihn auf der Stra­ ße durch Hutziehen grüßt. Diese Handlung lasse sich, so Panofsky, formal beschreiben, lasse aber gegebenenfalls auch Rückschlüsse auf die Stimmung des Grüßenden zu, die er als "ausdruckshaft" bezeichnete. Die bloße forma­ le Beschreibung des Vorgangs nannte er "tatsachenhaft" und dessen "aus­ druckshafte" Dimension schied er von der Erkenntnis, dass das Hutziehen für ein Grüßen stehe. "Diese Form des Grüßens ist der abendländischen Welt eigentümlich und ein Überrest des mittelalterlichen Rittertums: Bewaff­ nete pflegen die Helme abzunehmen, um ihre friedlichen Absichten und ihr Vertrauen in die friedlichen Absichten anderer kundzutun. Weder von einem australischen Buschmann noch von einem alten Griechen könnte man die Erkenntnis erwarten, daß das Ziehen des Hutes nicht nur ein praktisches Er­ eignis mit gewissen ausdruckshaften Nebenbedeutungen ist, sondern auch ein Zeichen der Höflichkeit. Um das Tun des Herrn in dieser Bedeutung zu verstehen, muß ich nicht nur mit der praktischen Welt von Gegenständen und Ereignissen vertraut sein, sondern auch mit der mehr als bloß prakti­ schen Welt von Bräuchen und kulturellen Traditionen, die einer bestimmten Zivilisation eigentümlich sind" (Panofsky 1978, 36). Die Zeiten, da Männer Hüte trugen und diese zur Begrüßung zogen, sind vorbei. Das vermeintlich Selbstverständliche und Alltägliche ist einem P ro­ zess der kulturellen Wandlungen unterworfen. So ist das Hutziehen ein heu­ te praktisch nicht mehr vorkommendes Ereignis und die zu Panofskys Zeiten noch selbstverständliche "ausdruckshafte Nebenbedeutung" dieser Geste wird zunehmend erklärungsbedürftig. In den Kulturwissenschaften gibt es heute einen weitgehenden Konsens, dass kulturelle Muster, subjektive Erfahrungen und Emotionen die menschli­ che Wahrnehmung prägen und strukturieren. Die unreflektierte Anwendung von Panofskys methodischem Dreischritt birgt deshalb die Gefahr in sich, historische Kunstwerke schon durch die vermeintlich unbefangene Beschrei­ bung zur P rojektionsfläche für subjektive Stereotypen der Gegenwart zu de-

1.lkonographie

gradieren. Das ändert nichts an der Tatsache, dass Panofskys Einführung bis heute weit über die Grenzen des Faches Kunstgeschichte hinaus die Vorstel­ lung von dem prägt, was eine kunsthistorische Bildanalyse ausmacht. Daran hat auch die begründete Kritik an dieser zu Beginn des 20. jahrhunderts ent­ wickelten Methode nichts geändert, die in der Würdigung seiner Verdienste Panofsky im Kontext der Fachgeschichte verortet hat. Man hat der Ikonogra­ phie vorgeworfen, sie sei nicht nur ausgesprochen subjektiv, sondern auch allzu literarisch und logozentrisch orientiert. Zudem ignoriere der ikonogra­ phische Ansatz die soziale Dimension und stehe dem gesellschaftlichen Kontext genauso indifferent gegenüber wie der Geschichtlichkeit. Tatsäch­ lich zielte Panofskys Methode darauf ab, "die" Bedeutung eines Bildes zu su­ chen, ohne danach zu fragen: "Bedeutung für wen?" Da der Begriff Ikonographie indifferent ist, hat jan Biafostocki 1973 vorgeschlagen, zwischen einer "beabsichtigten" und einer "interpretierenden Ikonographie" zu unterscheiden, wobei erstere die "Haltung des Künstlers, des Auftraggebers oder des zeitgenössischen Betrachters im Hinblick auf die Funktion und Bedeutung von visuellen Symbolen und Bildern" bezeichne, während letztere die "historisch ausgerichtete Kunstforschung" benenne, die Inhalte identifiziert und interpretiert. Wenn hier eine exemplarische Einführung in die Ikonographie der frühen Neuzeit versucht wird, dann zielt diese vor allem auf jenen Bereich, den Biafostocki als "beabsichtigte Ikonographie" bezeichnete. Schon ein jahr zuvor hatte sich Ernst H. Gombrich in seinem hier nachdrücklich zur Lektüre empfohlenen Aufsatz Ziele und Gren-

zen der Ikonologie dafür eingesetzt, zwischen dem "beabsichtigten Sinn" und weiteren "Bedeutungsschichten" zu unterscheiden. Die in jedem Falle schrittweise zu vollziehende Interpretation habe nach dem intendierten Sinn zu fragen und das "Genre" zu bestimmen, etwa "ob das vorliegende Kunstwerk als eine ernste Tragödie oder als Parodie gedacht ist" (Gombrich 1972, 14f.). Genauso wichtig war ihm die möglichst präzise Bestimmung des historischen Ortes und Kontextes, dem ein Werk zugehört: "Ikonologie hat mit der Untersuchung der Institution anzufangen, ehe sie sich den Symbolen zuwendet" (ebd. 35). Es soll im Folgenden nicht darum gehen, sämtliche Stoffe zu erklären, die in Bildern dargestellt sind oder umfassend Figuren und Bilderzählungen auf religiösen und profanen Bildern der frühen Neuzeit zu identifizieren. Das Spektrum der Stoffe, Themen und Motive ist zwar nicht vollends unüber­ schaubar (pigier 1974), für den Rahmen einer knappen Einführung aber zu groß. Zudem hängen Bedeutung und Deutung von Motiven und Bildern stets auch von den Orten und Zusammenhängen ab, für die Bau- und Bildwerke geschaffen und in denen sie wahrgenommen wurden. Panofsky definierte seinerzeit die Ikonographie noch als den "Zweig der Kunstgeschichte, der sich mit dem Sujet (Bildgegenstand) oder der Bedeutung von Kunstwerken im Gegensatz zu ihrer Form beschäftigt" (Panofsky 1978, 36). Doch der von Panofsky vor dem Hintergrund der Diskurse seiner Zeit behauptete Gegen­ satz zwischen Form und Inhalt kann heute keine Allgemeingültigkeit mehr

Bedeutung für wen?

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14

I. Einführung

beanspruchen. Wer sich um die Inhaltsdeutung von Werken der Kunst be­ müht, muss auch ihre Form berücksichtigen, der als ihrem medienspezifi­ schen Inhalt Bedeutung zukommt (Warncke 1987; Puttfarken 2000). Wie auch ein sprachlicher Inhalt nicht allein durch die Wörter, sondern auch durch die Form der Darbietung und ihren Ort bestimmt wird, kommt auch bei Bild- und Bauwerken dem Ort und der gewählten Form inhaltliche Be­ deutung zu.

2. Frühe Neuzeit Epochenschwellen sind nicht gegeben, sondern werden von Historikern ent­ sprechend ihren jeweiligen Fragestellungen gesetzt. Genau wie die Ge­ schichte nichts Vorgefundenes ist, sondern erst entsteht, wenn man beginnt, sich mit Gewesenem zu beschäftigen. In den Geschichtswissenschaften ist der Epochenbegriff "Frühe Neuzeit" fest etabliert und durch die Einrichtung entsprechender Lehrstühle und die Edition von Buchreihen und Zeitschrif­ ten, die den Begriff im Titel führen, institutionalisiert (Neuhaus 2009; Höfe­ le/Müller/Oesterreicher 2013). In der historischen und sozialwissenschaftli­ chen Forschung wird die Frühe Neuzeit dabei zumeist als Vormoderne gedeutet, aus der sich die europäische Gesellschaft der Moderne entwickelt hat. Grundlage dieser Vorstellung sind als historische Zäsur wahrgenomme­ ne Ereignisse und deren Folgen. So werden beispielsweise die Erfindung des Buchdrucks oder die Entdeckung Amerikas als Marker für den Beginn der Epoche in Anspruch genommen, die Revolutionen des 18. Jahrhunderts für deren Ende. Schon die Zeitgenossen haben dabei ein Periodenbewusstsein entwickelt. Und das bis heute wirkende Schema der historischen Einteilung in Altertum, Mittelalter und Neuzeit begegnet in dieser Ausdrücklichkeit erstmals 1685 bei Christoph Cellarius. Auch die Wahrnehmung der Ära des Buchdrucks oder der großen gesellschaftlichen und sozialen Umbrüche des

18. Jahrhunderts lässt sich in zeitgenössischen Quellen belegen. Dieses Epo­ chenbewusstsein der Zeitgenossen arbeitete den Periodisierungsbemühun­ gen der Geschichtswissenschaftier zu, die aus der historischen Distanz Ent­ wicklungsstrukturen konstruieren,

um historische Verläufe sichtbar zu

machen. Dabei werden beispielsweise mit der zunehmenden "Disziplinie­ rung" oder der "Konfessionalisierung" unterschiedliche Interpretamente in Anschlag gebracht, um den Epochenstatus der schon von den Zeitgenossen wahrgenommenen Periode nach Ende des Mittelalters zu beschreiben. Um das Phänomen des Absolutismus und die Entwicklung des "frühneuzeitli­ chen Machtstaates" differenzierter zu beschreiben, prägte der Historiker Gerhard Oestreich 1969 den Begriff der "Sozialdisziplinierung". Wo Oest­ reich eine Disziplinierung von oben wirken sah, die er als Wechselwirkung von innerlicher Selbstregulierung und obrigkeitlicher Disziplinierung deute­ te, betrachtete der französische Historiker und Philosoph Michel Foucault die Disziplinierung als Resultat anonymer "Machttechnologien", die ausge-

3. Fürs Sehen gemacht

hend von deren Rändern die gesamte Gesellschaft durchdringen. Gefängnis, Klinik und Schule werden von Foucault als prototypische Instanzen der Ver­ einnahmung des Körpers sowie als Inbegriff und Modell der modernen "Dis­ ziplinargesellschaft" beschrieben. Zugleich zeigte er auf, wie sich die Struk­ tur der über Glauben und Wissen, Sinn und Sinnlichkeit geführten Diskurse, die sogenannten episteme, als für eine Epoche spezifisch interpretieren ließ. Mit dem Begriff episteme beschrieb Foucault, was innerhalb einer zugleich dadurch gekennzeichneten Epoche als wahr angenommen oder überhaupt innerhalb eines Diskurses verhandelt wird. Gerade für die frühe Neuzeit be­ schrieb er einen grundlegenden epistemischen Umbruch, innerhalb dessen die Wissensorganisation nach den Prinzipien der Ähnlichkeit und Verwandt­ schaft im 17. und 18. Jahrhundert durch eine neue Wissensordnung abgelöst worden sei. In der Kunstgeschichte wurde Michel Foucaults Konzept 1987 von Carsten-Peter Warncke aufgegriffen, der die frühe Neuzeit nicht mehr allein als Oberbegriff und Bündelung für die Epochen von der Renaissance bis zur Aufklärung verwandte, sondern als einen über die seinerzeit wirksa­ men Medienverständnisse klar konturierbaren

Epochenbegriff

(Heinen

2009). Tatsächlich lassen sich in Bildwerken aus der Zeit zwischen etwa 1400 und 1800 innerbildliche Ordnungs- und Einheitsvorstellungen feststellen, die sie deutlich von früheren oder späteren Werken unterscheiden (puttfarken 2000). Offensichtlich vollzog sich am Ende jener Epoche, die man schon bald als Mittelalter bezeichnete, ein allmählicher Wandel in der allgemeinen Anschauung, was Bilder seien und wie sie zu sein hätten. Diese veränderte Auffassung ist gleichermaßen in Texten ablesbar wie in den erhaltenen Bauten, Bildern und Objekten. Vor allem Bilder sind dafür eine wichtige Quelle, die seinerzeit in einem bislang nicht gekannten Ausmaß als Träger von Informationen wirksam wurden. Schon mehr als fünfzig Jahre bevor im

15. Jahrhundert durch den Druck mit beweglichen Lettern ein neues Zeitalter der vervielfältigten Information anbrach, hatte man mittels druckgraphischer Techniken Bilder reproduziert. Gedruckte Bilder wurden zu einem Massenmedium und entfalteten in einer in weiten Teilen illiteraten Gesellschaft ihre Macht. Weil sie aber noch nicht so omnipräsent waren, wie sie es heute sind, wurde Bildern ein hohes Maß an Aufmerksamkeit entgegengebracht.

3. Fürs Sehen gemacht Architektur und Bildwerke wurden von Beginn an geschaffen, um gesehen, betrachtet und bewundert zu werden. Dieser schon für die Produktion von Kunstwerken wesentliche Aspekt ist auch für deren Wahrnehmung zentral. Eine differenzierte ikonographische Analyse muss dabei stets auch der spezi­ fischen durch das jeweilige Medium vermittelten Auffassung Rechnung tra­ gen, die - ob intentional oder ungewollt - das individuelle Erscheinungsbild

Bilder als Epochensignum

15

16 I. Einführung eines Kunstwerkes bestimmt. Zugleich strukturiert und leitet die Form eines Werkes den Prozess des Sehens. Weder ein Gebäude, noch eine Skulptur oder ein Bild und seine Gegenstände lassen sich auf einen Blick erfassen. Die Form der Gestaltung, Licht und Schatten, Formen und Farben wirken blicklenkend. Auch und gerade bei Bildern muss sich die schon von Erwin Panofsky angemahnte genaue Betrachtung deshalb nicht allein der gezeigten Gegenstände versichern, sondern auch den strukturierenden Formen ihrer Anordnung, ihrer Farbigkeit und Beleuchtung. Medienhistorische

Die Form eines Werkes ist sein medienspezifischer Inhalt, weshalb die In­

Analyse

haltsdeutung stets auch der Form Rechnung tragen muss. Diese Einführung ist methodisch deshalb weniger der "interpretierenden Ikonographie" ver­ pflichtet, die Form und Inhalt gleichsam als Gegensatz auffasst, als vielmehr der von Carsten-Peter Warncke 1987 etablierten medienhistorischen Analy­ se. Diese Methode bedeutet den Versuch der systematischen Rekonstruktion historischer Medienverständnisse. Ausgangspunkt ist dabei die Beobach­ tung, dass jedes Medium seine eigene Geschichtlichkeit hat, die es zu be­ rücksichtigen gilt. Da das Sehen und Erleben von Bildern einem historischen und kulturellen Wandel unterworfen sind, muss bei der Rekonstruktion historischer Medienverständnisse entsprechend sensibel vorgegangen wer­ den. Der Ausgangspunkt sind die Werke selbst, die stets Spuren der Bedin­ gungen in sich tragen, unter denen sie geschaffen wurden. Sie sind stets Er­ gebnis eines künstlerischen Prozesses und nicht allein das Symbol oder Symptom der Kultur ihrer Entstehungszeit. Es gilt also stets auch das spezi­ fisch Künstlerische in der Umsetzung eines Themas zu bedenken, das zu­ gleich ebenfalls wieder eine inhaltliche Dimension repräsentiert. Die thema­ tischen und motivischen Inhalte sind stets an ein Medium gebunden, in dessen materieller Gestaltung Strukturen ablesbar werden, in denen sich in­ haltliche Aspekte aussprechen. Es sind also nicht nur die Stoffe von Bedeu­ tung, denen beispielsweise die Themen einer bildlichen Darstellung ent­ nommen sind, sondern auch die jeweilige Auffassung des gewählten Themas und die medienspezifischen Bedingungen seiner Erscheinung (Bütt­ ner/Gottdang 2006, 16-19). Frühneuzeitliche Bilder sind nie bloße Überset­ zungen von Texten in ein anderes Medium und Bauten keine Stein geworde­ ne Transformation einer literarisch verfassten Doktrin. Und dennoch sind die materiellen Monumente der Überlieferung untrennbar mit dem Denken der Zeit verbunden, in der sie entstanden. Weil die Werke der Bildenden Kunst stets von dem Medienverständnis ge­ prägt sind, das zur Zeit ihrer Entstehung gültig war, kann man Werke der Bau- und Bildkünste aufgrund gemeinsamer Eigenschaften, die gemeinhin unter dem Begriff "Stil" subsummiert werden, oft erstaunlich genau zeitlich und räumlich einordnen (Brückle 2003). Der Stil eines Kunstwerkes ist mit­ telbar Ausdruck einer bestimmten Vorstellung davon, wie ein Werk zu sein habe und was es leisten kann oder soll. Dabei werden nicht nur die indivi­ duellen Vorstellungen eines Künstlers wirksam, sondern auch die in einer Zeit oder Region weithin geteilten Ideen. So trafen die Werke einst auf ein

3.FürsSehengemacht

Publikum, das ebenfalls eine mehr oder weniger konkrete Idee davon hatte, wie ein Werk zu verfertigen und zu betrachten sei. Für die Betrachtung und Analyse von Bildern hat das zur Folge, dass es "das Bild" als eine der Zeit enthobene Konstante weder gibt noch gab. "Es gibt unveränderliche und ver­ änderliche Determinanten, die es konstituieren. Die Art ihres Zusammenwir­ kens wird immer wieder neu bestimmt. Deswegen hat das Medium bereits an sich eine Geschichte. Weil das Medium aber Voraussetzung des Kunst­ werks ist, müssen wir die besonderen Formen der Geschichtlichkeit kennen, um jenes verstehen zu können" (Warncke 1987, 10). In jedem Bild materia­ lisiert sich die zur Zeit seiner Verfertigung gültige Medienauffassung, die gleichsam in einem engen Wechselspiel und Austausch von den verfertigten Bildern beeinflusst wird. Anders als das materielle Bild bleibt die Auffassung von dem, was ein Bild sei, wie man es anzufertigen und zu betrachten habe, was man von ihm erwarten und was in ihm ausgedrückt sei, zwar ohne phy­ sische Substanz, aber doch in jeder Weise substantiell. Doch ist es eben nicht überzeitlich. Vielmehr wird es über die Zeiten hin immer wieder neu ausgehandelt und an den materiellen Objekten und im Austausch mit ihnen entwickelt. Der sprachliche Diskurs wird durch die materiell manifestierten Bilder geprägt, wie die Bilder durch Sprache und Denken. Die materielle Form eines Werkes wird nicht allein durch individuelle künstlerische Ent­ scheidungen bestimmt, sondern auch durch mediale Diskurse, die sich gleichermaßen in der physischen Substanz aussprechen. Um diese Wechselbeziehung der inhaltlichen Reflexion verfügbar zu ma­ chen, bedarf es einer Sprache, die gleichermaßen Form und Inhalt des je­ weils zeitgebundenen Mediendiskurses ist. Erst im Zusammenspiel des ma­ teriellen Objektes und der jeweils gültigen Medienauffassung wird ein Bild zu dem, als das es erscheint. Seine intentionale Bedeutung gewinnt es dabei nur innerhalb des Diskurses, in dem und aus dem heraus es verfertigt wurde (Warncke 1987, 60-63). Bilder und Bauten stehen prinzipiell einer schier unendlichen Zahl von Rezeptions- und Wahrnehmungsmöglichkeiten offen (Eco 1973). Doch gilt an dieser Stelle, was der Historiker Reinhart Koselleck

(1995, 153) das "Vetorecht der Quellen" nannte. Die zahlreich erhaltenen materiellen Zeugnisse, Bilder, Urkunden und Dokumente legen zwar nicht fest, was man über historische Zusammenhänge sagen kann oder soll, aber sie bestimmen durchaus, was nicht gesagt werden darf. Die genaue analysierende Betrachtung ist als heuristischer Zugang unabdingbare Voraussetzung der Deutung eines Kunstwerkes. Doch ist jede Betrachtung zugleich mittelbar eine Interpretation, denn es gibt keinen unschuldigen Blick, wie es auch keine unschuldigen Bilder gibt (Bringeus

1982, 5 f.). Die subjektive Betrachtung bedarf mithin eines methodischen Korrektivs, da die individuelle Beobachtung durch persönliche Erfahrungen und die kulturellen Muster der eigenen Zeit geprägt ist. So läuft man bei der vermeintlich neutralen Betrachtung Gefahr, durch die Projektion impliziten Wissens, Stereotype zu reproduzieren und simple, aber ahistorische Erklärungsmuster zu entwickeln. Eine Lösung für dieses Problem bei der Betrach-

Sehen und Verstehen

17

18 I. Einführung tung historischer Kunstwerke bieten zeitgenössische Texte, die den damali­ gen Umgang mit Bildern beleuchten und in denen die Erwartungshaltung des zeitgenössischen Publikums oder historische Rezeptionsgewohnheiten dokumentiert sind. Selbstverständlich eröffnen auch derartige Texte herme­ neutische Probleme. Auch dürfen sie keinesfalls mit der tatsächlichen Re­ zeption gleichgesetzt werden. Aber man kann mit ihrer Hilfe zumindest je­ nen Möglichkeitsraum aufzeigen, in dem sich die Intentionen der Verfertiger und der Betrachter von Kunst- und Bildwerken damals bewegten. Die Kunst­ werke und die auf ihre Produktion und Rezeption bezogenen textlichen Quellen sind gleichermaßen Teil jenes historischen Diskurses, der die Erwar­ tungen der Künstler und ihres Publikums an den Medientransfer zwischen Werken und Worten koordinierte. Auch wenn diese Texte weder mit damali­ gen Sichtweisen noch mit den damals gültigen Regeln des Medientransfers identisch sind, lassen sich an ihnen doch die Mechanismen der wechselseiti­ gen inhaltlichen Übertragung von Bildern und Sprache ablesen (Heinen 1996, 15 f.).

Die ikonographische Analyse und Interpretation von Werken der Bilden­ den Kunst der frühen Neuzeit muss den historischen Wandlungen der Me­ dienverständnisse Rechnung tragen. Jede Interpretation ist historisch gebun­ den, wie auch jeder von Menschen gefertigte Gegenstand Ausdruck einer spezifischen Form von Geschichtlichkeit ist. Eine vom Objekt ausgehende Analyse sollte deshalb stets so genau wie möglich zu ergründen versuchen, was der jeweilige Gegenstand über seine Zeit, seine Herkunft und seine ur­ sprüngliche Intention verrät. Dabei kann und soll es nicht darum gehen, einem Kunstwerk irgendwelche Vorstellungen überzustülpen, die als für sei­ ne Zeit typisch gelten. Wer das tut, läuft Gefahr, Zirkelschlüssen zu erliegen. Vielmehr muss es darum gehen, die Herkunft eines Objektes möglichst ge­ nau zu bestimmen und außerhalb des Werkes liegende Quellen zu seiner einst intendierten Funktion für die Deutung heranzuziehen. Dazu gehört die möglichst präzise Bestimmung seines Herstellers. Genauso wichtig sind aber auch Informationen über die einstigen Besteller oder Besitzer und die Orte und Formen der zeitgenössischen Wahrnehmung.

11. Bilder sehen und verstehen 1. Jerusalem ist überall Je genauer der einstige Kontext eines Werkes bestimmbar ist, desto besser gelingt zumeist die historisch fundierte Interpretation. Die systematische Re­ konstruktion zeitgenössischer Vorstellungen und Erwartungen, wie des histo­ rischen Bildungshorizonts der Künstler und ihres Publikums, gilt deshalb heute als Voraussetzung der Deutung eines Kunstwerkes (Schütze 2005). Die sorgsame Berücksichtigung der zeitgenössischen

episteme kann zu­

gleich vor dem Irrtum bewahren, jedem aus der historischen Distanz rätsel­ haft anmutenden Werk zu unterstellen, dass es absichtsvoll als Rätsel verfer­ tigt oder schon von den Zeitgenossen als solches verstanden wurde (Arnulf 2002). Um die zahlreichen symbolischen Implikationen der so naturgetreu ins Bild gesetzten Motive in den religiösen Historienbildern Jan van Eycks zu

Early Netherlandish Painting 1953 den Begriff der "versteckten Symbolsprache" ein, des "disgui­

charakterisieren, führte Erwin Panofsky in seinem Buch

sed symbolism". Dieser Begriff etablierte sich in der kunstwissenschaftlichen Literatur, die sich auf den Spuren Panofskys auf die Suche nach verborgenen Symbolen machte. Die Formulierung ist unglücklich gewählt, denn sie un­ terstellt den Bildern fälschlich geheimnisvolle und geheime Inhalte. Dabei war das Denken in Analogien, in vergleichenden Bildern und symbolischen Bezügen eine im Mittelalter weit verbreitete Praxis. Es steht außer Frage, dass das Verständnis der symbolischen Gehalte eines Bildes gewisse Kennt­ nisse erforderte, doch war deren Sinnbildlichkeit keineswegs versteckt. Denn viele derartige Bilder waren an öffentlichen Orten zu sehen, in Rat­ häusern genauso wie in Kirchen. Es gab Bilder in unterschiedlichsten Medien, Formaten und Materialien, die in unterschiedlichsten Kontexten standen. Manche waren spezifischen Gruppen vorbehalten, andere appel­ lierten an sehr weit gefasste Personenkreise. Manche Bilder waren in priva­ tem Eigentum und Gebrauch, andere gehörten sozialen Gruppen oder Kör­ perschaften. Trotz dieser Vielfalt hatte sich im Mittelalter ein überschaubares und verhältnismäßig fest umrissenes Themenspektrum etabliert. Man folgte weithin der von Horaz in seiner

Ars poetica (128f.) gegebenen Empfehlung,

besser ein vertrautes Thema zum wiederholten Male darzustellen, als etwas gänzlich Neues zu erzählen. Immer wieder wurden Personen und Ereignisse der Heilsgeschichte dargestellt. Hinzu kamen die aus der antiken Mytholo­ gie und dort vor allem den

Metamorphosen Ovids entlehnten Themen. Au­

ßerdem wurden historische Ereignisse, Schlachten und Siege dargestellt, wo­ bei Weltgeschichte und Heilsgeschichte als untrennbare Einheit verstanden

offensichtliche Symbolik

20 11. Bilder sehen und verstehen wurden. Dieses Geschichtsbild hatte schon im Mittelalter dafür gesorgt, dass Ereignisse der profanen Geschichte problemlos darstellbar waren und oft ne­ ben und mit Ereignissen der Heilsgeschichte dargestellt wurden. Gemäß der in der Vormoderne weit verbreiteten Idee "jerusalem ist über­ all" (Ehbrecht 2001), finden sich immer wieder auf Altarretabeln im Kontext des Heilsgeschehens Abbildungen identifizierbarer Städte. Die Bürgerge­ meinde einer Stadt verglich sich dem Himmlischen jerusalem, und tatsäch­ lich war das ewige jenseits ein fester Bestandteil der in jedem Gottesdienst beschworenen Gemeinschaft der Lebenden und der Toten. Auch darf man nicht vergessen, dass die Glaubensvorstellung die vorhandenen Reliquien mit der geistigen Gegenwart der jeweiligen Heiligen verband. Christus selbst war im Rahmen einer Messfeier nach der Transsubstantiation in Gestalt der Hostie und des Weines leibhaftig anwesend. Dem Heiligen war dadurch ein fester Platz im Diesseits zugewiesen und dem Diesseits sein Platz in der Heils­ geschichte, die nicht als etwas Vergangenes wahrgenommen wurde. Gottes Schöpfungsplan bestimmte die Gegenwart, wie auch Gott allgegenwärtig war. Der gemalte Ausschnitt der sichtbaren Welt, in dem die heiligen Figuren gezeigt waren, visualisierte in religiösen Bildern mithin die unzweifelhafte Bedeutung des hei Isgeschichtlichen Geschehens für das Hier und jetzt. Sehen und Hören

Im Bereich des christlichen Themenkreises hatte sich seit dem Mittelalter ein fester Kanon an Bildern und Motiven etabliert, die stetig reproduziert und variiert wurden. In Wandbildern und Altarwerken, die bis zur Reforma­ tion alle Kirchen schmückten, wurden immer wieder Christus und das von ihm ausgehende Heil visualisiert. Es wurden sein Leben und Sterben ins Bild gesetzt, genauso wie die Legenden Mariens und jener Heiligen und Märty­ rer, die den rechten Glauben verbreitet hatten oder gar für ihn gestorben wa­ ren. Diese Bilder wurden seit dem Mittelalter als Medium der Glaubensun­ terweisung verstanden und eingesetzt. Entsprechend vielzitiert war das berühmte Diktum von Papst Gregor dem Großen, dass Bilder nützlich seien, "damit jene, die nicht lesen können, wenigstens aus den Erscheinungen auf den Wänden entnehmen können, was sie aus den Büchern nicht verstehen würden" (Registrum XI, 10, Ed. Norberg 11, 874; Hecht 2014, 63 f.). In eine ähnliche Richtung zielte der Sentenzenkommentar des hl. Thomas: "Es gab eine dreifache Begründung für die Einführung der Bilder in der Kirche. Zu­ erst wegen der Unterweisung der Ungebildeten, die durch die Bilder gleich­ sam wie durch besondere Bücher unterrichtet werden. Zweitens, damit das Geheimnis der Fleischwerdung und die Beispiele der Heiligen stärker im Gedächtnis wären, wenn sie täglich vor Augen stehen. Drittens, um die Nei­ gung zur Andacht anzuregen, die durch das Gesehene wirksamer angeregt wird, als durch das Gehörte" (Hecht 2012, 250). Vor allem die vielzitierten Worte Gregors dürfen dabei allerdings nicht dahingehend missverstanden werden, dass Bilder vor allem für jene hergestellt worden seien, die nicht le­ sen und schreiben konnten. Im Gegenteil entstanden Bildwerke aller Art auch und vor allem für die Angehörigen der Bildungsschichten, allen voran für den Klerus.

2. Text und Bild

2. Text und Bild Für das Verstehen und die Interpretation von Bildern ist die Kenntnis der text­ lichen Quellen von großer Bedeutung. Dabei sind die Bilder allerdings oft mehr als Illustrationen dessen, was man den Texten entnehmen kann. Es hat­ te sich im Verlauf des Mittelalters mit den immer wiederholten Themen auch ein Kanon von Motiven etabliert, die als visuelle Formeln verwendet wur­ den. Aus versatzstückartig kombinierten Bildelementen ließen sich mit ihrer Hilfe immer wieder neue Bilder komponieren. Zu den im Kontext der Frömmigkeits- und der Bildgeschichte am häufigs­ ten zitierten Beispielen zählt ein auf festem Papier gedruckter und später ko­ lorierter Holzschnitt (Abb.

1). Die im Zentrum stehende Figur eines bärtigen

Mannes in antikisch anmutender Gewandung ist durch den gelb gefassten Heiligenschein, den Nimbus, als eine Figur der Heilsgeschichte ausgewie­ sen. Durch die gezeigte Handlung, aber auch durch charakteristische Beiga­ ben wird die Figur eindeutig identifizierbar. Zu diesen Attributen zählt bei­ spielsweise der Blätter treibende Stab, auf den der durch das Wasser

Abb. 1: Buxheimer Christophorus, ca.

1450

®

Kat. Washington/Nür nberg 2006,

28,85 366 (17249)

Holzschnitt,

Manchester, Universitätsbibliothek, Ms.

153-156.

x

20,7 cm

21

22 11. Bilder sehen und verstehen watende Heilige sich stützt. Das achtbändige Lexikon der christlichen Iko­

nographie (LCI) I iefert nicht nur eine präzise Definition dessen, was Attribute sind (LCI 1, 197-202), sondern vermittelt auch einen guten Überblick zu den Darstellungstraditionen christlicher Themen und Motive. Die ersten vier Bände sind der "allgemeinen Ikonographie" gewidmet. Beginnend mit dem "A-O" bis zur "Zypresse". Die Bände fünf bis acht sind der "Ikonographie der Heiligen" gewidmet, von "Aaron" bis zu den "Zweiundvierzig Märtyrern von Amorium". Dieser achte Band enthält zugleich ein Register der Attribu­ te, dem man entnehmen kann, dass ein "Stab, Blätter treibend" den hl. Chris­ tophorus auszeichnet. Diesem bis heute besonders verehrten Heiligen ist ein längerer Eintrag gewidmet (LCI 5, 495-508). Die Quellen zur legendari­ schen Vita dieses Heiligen sind dort genauso verzeichnet wie Beispiele für die unterschiedlichen Darstellungstypen und Attribute. Dort kann man dann unter anderem erfahren, dass sich im Verlauf des 12. Jahrhunderts aus der bilderschriftlichen Ausdeutung des Namens "Christum fero" ("ich trage Christus mit mir") das Bild des Christusträgers abgeleitet wurde, der zugleich die allgemeine Vorstellung des wahren Gläubigen verkörpert, der Christus in sich trägt. So wird auch das Christkind, das der Heilige auf der Schulter trägt, zum Attribut (LCI 8, 14) und der einzelne Fisch, der zu Füßen des Heiligen im Wasser gezeigt ist (LCI 8, 15). Der Fisch ist als christliches Symbol vielfäl­ tig deutbar (LCI 2, 35-39) und vermag genau wie der als Palme gestaltete Stab des Heiligen vielfältige Inhalte zu transportieren, die über die Illustra­ tion der in theologischen Schriften und der Legenda aurea geschilderten Er­ eignisse hinausweisen. Diese "Goldene Legende" ist eine im 13. Jahrhundert von dem Dominikaner Jacobus de Voragine in lateinischer Sprache verfasste Sammlung von ursprünglich 182 Erzählungen zu den Festen des Kirchenjah­ res. Zu ihnen zählen nicht nur Ostern, das Weihnachtsfest, Pfingsten und die Sonntage, sondern auch die Gedenktage der Heiligen. Es gab im christlichen Europa eine Vielzahl von liturgischen Traditionen, die regional verschieden waren. Doch bestimmte Heiligenfeste wurden überall am gleichen Tag ge­ feiert. Das Datum wurde dabei in der Regel durch den Todestag des Heiligen bestimmt, der zugleich sein Geburtstag im Himmel war. Als Tag des hl. Christophorus galt der auch im Martyrologium Romanum überlieferte 25. Juli. Dieses erstmals 1584 veröffentlichte Verzeichnis aller Heiligen und Se­ ligen der römisch-katholischen Kirche versammelt auch die Legenden, die sich um den furchtbaren Riesen Probus (oder Reprobus) ranken, der nach seiner Taufe zum Christophorus wurde. Teil dieser in der Legenda aurea

(498-503) berichteten Ereignisse ist auch der auf dem Holzschnitt rechts am Ufer gezeigte Eremit, der den einst wilden Hünen bekehrt hatte, der dem mächtigsten Herrn dienen wollte und sich bereits dem Teufel verschrieben hatte, bis dieser vor einem Kruzifix erschrak. mehr als eine TextiII ustration

Ohne die Kenntnis der Heiligenlegende wäre der Holzschnitt schwer ver­ ständlich. Doch ist das Blatt fraglos mehr als eine bloße Textillustration. Auch muss man sich vor Augen halten, dass lange bevor die heilsgeschichtli­ chen Texte im Druck vervielfältigt wurden, massenhaft verbreitete Bilder

3. Bilderfür "das Volk"

entstanden. Bevor der Christophorus-Holzschnitt wohl im Skriptorium des Klosters Buxheim auf den hinteren Innendeckel eines Buches geklebt wurde, hatte er vermutlich an einer Wand oder einem Möbelstück gehangen. Da­ rauf deuten die vier kleinen Löcher in den Ecken des Blattes hin. Einen Hin­ weis auf die konkrete Funktion des Blattes vermittelt auch die am unteren Bildrand angebrachte Inschrift: "Cristofori faciem die quacumque tueris non morieris

+

+

I

lila nempe die morte mala

Millesimo ccccO xxO tercio" ("Wann immer du das Antlitz des

Christophorus betrachtest, men Todes sterben.

+

+

wirst du fürwahr an diesem Tage keines schlim­

1423")

Das im Druckstock angegebene Datum verweist vermutlich auf ein heute vergessenes Ereignis und nicht auf die Entstehungszeit des Blattes, die allge­ mein um das Jahr

1450 angenommen wird. Doch selbst dieses spätere Da­

tum liegt noch einige Jahre vor der ersten sicher datierten, im Druck verviel­ fältigten

Buchausgabe.

Die

Textzeilen

unter

dem

Holzschnitt

geben

zugleich einen Hinweis auf die Funktion des Bildes, das seine Betrachter vor einem "schlimmen Tod" bewahren sollte. Damit war ein Sterben gemeint, ohne die letzten Sakramente erhalten zu haben. Ausweislich überlieferter Texte und Bilder war das für die Christen jener Tage eine der schlimmsten Ängste. Die dieser Furcht geschuldeten Bilder wurden aber für kritische Theologen schon lange vor der Reformation zum Anlass für Kritik. In seinem "Handbüchlein des christlichen Streiters" hat Erasmus von Rotterdam, der große Kritiker seiner Zeit,

1503 jenen Götzendienst gegeißelt, der nicht

mehr auf Christus gerichtet sei, sondern auf die Anbetung von Heiligenbil­ dern. Und in seinem

1511 in lateinischer Sprache publizierten "Lob der

Torheit", das schon bald in Nachdrucken und Raubkopien in ganz Europa verbreitet war, stellte er den "Aberglauben des Bilderkultes" und die sinnent­ leerte Heiligenverehrung satirisch bloß. Man solle die Heiligen nicht als Schutzpatrone verehren und ihre Bilder anbeten, sondern sich an ihren Taten für die eigene Lebensführung ein Vorbild nehmen. Auch für derartige Betrachtungen konnte dieser Holzschnitt zum Anlass werden, der in den Bilddetails vieles mitteilt, das über den Legendentext hi­ nausweist. So ist zum Beispiel der kleine Eremit mit einer Laterne gezeigt, die er dem Heiligen entgegen hält. Die in der

Legenda aurea nicht erwähnte

Lampe darf als sprechender Hinweis darauf gelesen werden, dass der Eremit durch seine Unterweisung dafür sorgte, dass Reprobus ein Licht aufging, er sich taufen ließ und zu Christophorus wurde. Mit seiner Laterne weist er sinnbildlich, sowohl innerlich als auch äußerlich den Weg.

3. Bilder für "das Volk" Gedruckte Bilder wie der Buxheimer Christophorus galten lange Zeit als "ausschließlich für den kleinen Mann" bestimmt (Brückner 1969,

10). Nach

allem was man heute über die Besitzerinnen und Besitzer dieser frühen Blät-

23

24 11. Bilder sehen und verstehen

Abb. 2: Braunschweiger Annengroschen, 1534 Silbermünze, 02,9 cm Stuttgart, Landesmuseum Württemberg

® Jesse 1962, Nr. 26; Leschhorn 2010, 100f.

ter und deren Funktionskontexte weiß, bestand das Publikum dieser Bilder anfangs vor allem aus wohlhabenden Angehörigen der städtischen Ober­ schicht (Hernad 1990). Selbst in den Gebetbüchern von männlichen und weiblichen Angehörigen des Hochadels finden sich eingeklebte Graphiken, so dass beim Gebrauch gedruckter Bilder offensichtlich nach oben keine Grenzen der sozialen Zugehörigkeit bestanden. Die Verbreitung von Druck­ graphik auch unter der ländlichen Bevölkerung ist dabei zumindest für spätere Jahrhunderte gut dokumentiert. So zeigen zum Beispiel Genresze­ nen, die glaubhaft Einblicke in bäuerliches Wohnambiente gewähren, dass auch in Bauernstuben an Wänden und Möbeln Druckgraphik angebracht war (Kat. EssenlWien/Antwerpen 1997, 115). Druckgraphische Blätter wa­ ren, soweit man über Preise unterrichtet ist, in der Regel nicht teuer und tat­ sächlich massenhaft verbreitet (Landau/Parshall 1994, 30-32). So berichtet zum Beispiel ein Antwerpener Verleger um die Mitte des 17. Jahrhunderts, dass sein Drucker in der Lage sei, 4.000 Abzüge von einer Kupferplatte herzustellen, eh diese überarbeitet werden müsse (Voet 1969-72, 11, 2200. Auch von hölzernen Druckstöcken ließen sich gewaltige Auflagen drucken. Und Druckgraphiken waren nicht die einzigen massenhaft verbreiteten Bil­ der. Wo von Bildern die Rede ist, muss auch an ein anderes Massenmedium der Vormoderne erinnert werden, nämlich Münzen (Abb. 2). Weil die Stadt Braunschweig mit schlechten auswärtigen Münzen über­ schwemmt worden war, hatte der Rat 1499 beschlossen, eigene Groschen zu prägen. Mit dieser neuen Währung, über deren Wert und Gewicht man sich auch mit anderen Städten und einigen Fürsten verständigt hatte, sollten im Ein­ fluss- und Machtbereich der Vertragspartner fürderhin "die Bäcker, Brauer, Handwerker und Tagelöhner bezahlt werden". Zugleich garantierte der soge­ nannte Hildesheimer Vertrag von 1501 die Festsetzung der Preise für bestimm­ te Waren und Handelsgüter (Leschhorn 2010, 100 f.). Die Vorderseite der

3. Bilderfür "das Volk"

Braunschweiger Münzen zeigt einen Wappenschild mit dem Wahrzeichen der Stadt, dem Löwen. Die Umschrift erläutert, um was es sich bei dieser Prä­ gung handelt: "MONETA



NOVA. BRVNSWICG", die "neue Braunschwei­

ger Münze". Die Rückseite, die dem Geldstück zugleich den Namen gab, wur­ de mit wechselnden Motiven versehen. Anfangs hatten sich die Braun­ schweiger im Vertrag von Hildesheim auf eine Abbildung des hl. Christopho­ rus verpflichtet. Die neue Währung war allerdings in vielen Städten unbeliebt. Man brachte deshalb neue Münzen in Umlauf, die ein anderes Bild zeigten und die auch so das Vertrauen in die neue Währung stärken sollten. Zwischen

1533 und 1542 prägte man in Braunschweig so genannte Annengroschen, die ihren Namen der auf der Rückseite gezeigten "ANNA. MATER. VIRGI [NI]S •

MARI [JE]" verdankten, "Anna, Mutter der Jungfrau Maria". Die Darstellung folgt dem im Mittelalter ausgeprägten Bildtyp der "Anna

selbdritt" (LCI 5, 185-190), wobei der mit einem Nimbus ausgezeichneten Heiligen die Kinder auf ihrem Arm gleichsam als Attribut dienen. Auf ihrem rechten Arm trägt sie die mit einem langen Gewand bekleidete und bekrönte Mutter Gottes, auf ihrem linken Arm den nackten Jesusknaben. Die Verständlichkeit der Darstellung wurde nicht nur durch die umlaufende Inschrift garantiert, sondern vor allem durch die weite Verbreitung der Bilder. Hier kam gerade den Münzen große Bedeutung zu, die ein Massenmedium waren und eine großflächige Verteilung erfuhren. Die auf den Kursmünzen angebrachten Wappen, Porträts und Bilder sorgten dafür, dass es ein weithin geteiltes Wissen über Religion und Politik gab. Selbstverständlich hing die Wahrnehmung und Interpretation der auf den Münzen angebrachten Bilder vom Vorwissen der Betrachter ab und wurde durch den jeweiligen Bildungsgrad und die Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Schicht bestimmt, die zum Beispiel auf Sprachkenntnisse und Lesefähigkeit wirkte. Dennoch sollte man Münzen als Vermittler von Bilderwissen nicht unterschätzen, da sie als echtes Massenmedium Bilder und mit ihnen das Wissen über bestimmte Bildtypen bis in entlegenste Orte brachte. Die Bibel schweigt zu den familiären Umständen Marias. Erst das um die Mitte des 2. Jahrhunderts entstandene Protevangelium des Jakobus (1-4) be­ richtet ausführlich von der Herkunft Marias und liefert den Grundstock an Legenden, die auch in die Legenda aurea (676-688) Eingang fanden. Die Geschichten um Herkunft und Kindheit Mariens wurden nicht nur immer wieder erzählt und aufgeschrieben, sondern waren auch ein besonders be­ liebter Bildgegenstand. Wo Welt- und Heilsgeschichte untrennbar miteinan­ der verflochten sind, steht dem zeitlich limitierten, individuellen irdischen Sein die Ewigkeit gegenüber. Der biblischen Heilsgewissheit gemäß begann sie mit dem Ende der weltlichen Ordo, am Tag des Gerichts. Und dabei war den Worten des hl. Augustinus folgend gewiss, dass "weitaus die Mehrzahl aller Menschen der ewigen Verdammnis anheimfallen" sollte, "Non omnes, sed multo plures non fiunt salvi" (Enchiridon ad Laurentium, c 97). Heilige Bilder konnten, indem sie daran erinnerten, einen Beitrag zur Rettung der Seelen leisten. Zugleich konnten sie der Hoffnung auf ein gnädiges Geschick

Massenmedien

25

26

11.

Bilder sehen und verstehen Ausdruck verleihen, die sich auch in Bildern und Gebeten aussprach. Nach der in Texten und Bildern gleichermaßen ablesbaren theologischen Auffas­ sung war Maria, die Mutter Gottes, schon bei ihrer Geburt von der Erbsünde frei. Die legendäre Begegnung ihrer greisen Eltern an der Goldenen Pforte des Tempels von Jerusalem, nachdem ihnen getrennt voneinander die Ge­ burt eines Kindes geweissagt worden war, galt als Präfiguration der jungfräu­ lichen Geburt.

4. Typologie Schon im Mittelalter war eine hermeneutische Lesart der Bibel etabliert, die man gemeinhin als

typologisch bezeichnet. Der Begriff beschreibt eine Me­

thode der Bibelinterpretation, bei der aufgrund inhaltlicher Gemeinsamkei­ ten die im Alten Testament beschriebenen Personen oder Ereignisse mit neu­ testamentlichen Begebenheiten oder mit Christus selbst in Beziehung gesetzt werden (LCI 4, 395-404). Der im Alten Testament beschriebene Teil dieser Gegenüberstellung wird dabei als Typus aufgefasst, als Vorwegnahme und Präfiguration eines neutestamentlichen Ereignisses oder als Verweis auf Christus und das von ihm ausgehende Heil, das die Erfüllung oder den Anti­ typus der alttestamentlichen Vorankündigung bedeutet. Der griechische Be­

typos (n5noerklären," (Roeck 2004, 67). Das gilt beispielsweise, wenn von "volkstümlicher Fröm­ migkeit" die Rede ist. Sie wird gerne bemüht, wo es um populäre Druck­ graphik geht (Brückner 1969), um illustrierte Flugblätter (Harms 2008) oder um Bibelfliesen. praktisch und beliebt

Unter dem Einfluss spanischer und italienischer Vorbilder begann man im Antwerpen des 16. jahrhunderts keramische Wandfliesen mit farbigen Glasuren herzustellen. Die Technik breitete sich von dort schnell über die niederländischen Provinzen aus. Mit der Blüte des niederländischen See­ handels wurden die von Manufakturen in Amsterdam, Rotterdam, Harlin­ gen, Makkum und Utrecht produzierten Fliesen zu einem internationalen Handelsgut. Sie dienten den ausfahrenden leeren holländischen Handels­ schiffen als notwendiger Ballast und wurden in den jeweiligen Zielhäfen ver­ kauft. So fanden sie ihren Weg nach Skandinavien, in den baltischen Ostsee­ raum und nach Deutschland, wo sie sich entlang der Küsten, aber auch weit ins Landesinnere verbreiteten. Sie waren kein ganz billiger Wandschmuck, so dass sie in den Häusern von Kaufleuten und Bauern zu Prestigeobjekten wurden. In stetig zunehmender Zahl produziert, wurden sie im Verlauf des 18. jahrhunderts zur erschwinglichen Massenware. Die nicht selten nach druckgraphischen Vorlagen gestalteten Bilder sind zumeist - angelehnt an das kostbare chinesische Porzellan - in einem Kobaltoxid-Blau ("Delfter Blau") ausgeführt, seltener im farblich zwischen Violett und Braun angesie­ delten Mangan. Die bildgeschmückten Fliesen hatten nicht nur eine ästheti­ sche Funktion, sondern dienten ganz praktischen Zwecken. Sie wurden um Kamine und Öfen herum verlegt, um die Wände vor Funkenflug zu schüt­ zen. In Feuchträumen schützten sie die Wände vor durchschlagender Nässe und an den Stoßkanten von Wand und Fußboden dienten sie als Scheuer­ leiste. In einem heute als Museum eingerichteten Haus des Beginenhofs der Stadt Brügge gibt es eine mit dreißig Bibelfliesen ausgestattete Nische, auf denen unterschiedliche Episoden aus dem Alten und Neuen Testament wie­ dergegeben sind (Abb. 7). Über das sehr spezifische Eckmotiv, den soge­ nannten Spinnenkopf (spin), lassen sie sich in die Zeit um 1680 datieren und der Rotterdamer Fayencewerkstatt SchiedamsedijkJLeuvehaven zuweisen, die zwischen 1675 und 1692 von Abraham van Lier geführt wurde. Die Fliese mit der Darstellung der Geschichte von Abraham und Isaak ist sowohl formal wie inhaltlich ein typisches Beispiel für die aus insgesamt dreißig Fliesen bestehende Bilderfolge, die aus sechs Reihen zu je fünf Flie­ sen zusammengesetzt ist. Die Opferung /saaks (Gen 22, 9-13) gehört zu den am häufigsten interpretierten und dargestellten Szenen des Alten Testaments. Es ist die Geschichte des gottesfürchtigen Stammvaters Abraham, der auf Weisung Gottes bereit war, seinen langersehnten Sohn zu opfern. Er hatte

3. Die Bibel im Haus 45

Abb. 7: Manufaktur des Abraham van Lier: Opferung Isaaks, ca. 1680

Wandfliese, 13,2

x

13,2 cm

Brügge, Beginenhofmuseum

® Steiger/Heinen 2006; Pluis 1994, S82f.; Joliet 1996. ihn schon gebunden und das Schlachtmesser in der Hand, als ein Engel ihn anrief und ihn abhielt. "Da hob Abraham sein Augen auf und sah einen Wid­ der hinter sich in der Hecke mit seinen Hörnern hangen und ging hin und nahm den Widder und opferte ihn zum Brandopfer an seines Sohnes Statt" (Gen 22, 13). Auf dem Fliesenbild wird Abraham, der ikonographischen Tra­ dition folgend, nicht durch das Wort, sondern durch das tätige Eingreifen des Engels am Mord gehindert, während im Hintergrund schon der Widder be­ reitsteht. Seit wann die Bibelfliesen die Wand des Beginenhauses zieren, lässt sich nicht mehr mit Sicherheit feststellen. Doch ist über den Ort ihrer Anbringung zumindest ein soziales Milieu bestimmbar, das dem protestantischen Her­ stellungsort denkbar fern stand. Der Beginenhof Ten Wijngaerde in Brügge wurde im 17. und 18. Jahrhundert von in klosterähnlicher Gemeinschaft le­ benden Beginen bewohnt. Der Beginenhof war zunehmend zu einem Zufluchtsort für die unverheirateten Töchter aus adeligen Häusern und dem gehobenem Bürgertum geworden, wobei für den Eintritt so enorme Geldbe­ träge zu entrichten waren, dass wegen dieser finanziellen Hürde zeitweilig etliche Häuser leer standen. An diesem Ort sind die Bibelfliesen an der Wand also weder durch den streng katholischen Hintergrund der Hausbe­ wohnerin noch über deren Zugehörigkeit zur sozialen Oberschicht ein Aus­ druck "volkstümlicher Frömmigkeit".

"Volksfrämmigkeit" als Hochkultur

46

111. Erzählende Bilder

Die Bibelfliesen werden noch heute gerne als "Bilderbibel" vermarktet und betrachtet, was zahlreiche digitale und analoge Publikation bezeugen, deren Verfasser die Fliesen zum Anlass frommer Betrachtungen nehmen. Ob und in welcher Form die Bilder dazu im ursprünglichen Kontext dienten, lässt sich nicht mit letzter Sicherheit bestimmen. Tatsächlich scheint aller­ dings, und hierin erweist sich das Fliesenfeld in Brügge als typisches Bei­ spiel, der Anordnung der Einzelbilder kein theologisches Konzept zugrunde zu liegen. So ist links neben der Darstellung der Opferung Isaaks das im Al­ ten Testament berichtete Opfer von Kain und Abel (Gen 4,

4-5) gezeigt. Mag

man noch geneigt sein, die beiden Darstellungen in einen inhaltlichen Zu­ sammenhang zu setzen, wird das mit Blick auf die rechts schließende Fliese

39, 11-12). Da­ 1, 28-31) und der dem

schon schwieriger, die joseph mit Potifars Weib zeigt (Gen runter erscheinen die Verkündigung an Maria (Lk

Wal entronnene jona (2, 11), darüber die Weisen aus dem Morgenland (Mt 2, 9) und der Gang nach Emmaus (Lk 24, 15; Mk 16, 12). Das Fehlen eines klaren theologischen Programms wird spätestens dort offensichtlich, wo man entdeckt, dass die Zerstörung von Sodom und Gomorra (Gen

19, 26)

gleich zweimal gezeigt wird. Die Vielfalt der Bilder kann und konnte gerade deshalb auf unterschied­ lichste Weise zum Anlass von Meditation und Gebet, aber auch von Unter­ weisung werden. Denn wer mit den Typen und Motiven von Bibelfliesen, Flugblättern, Graphikfolgen und den auf Möbeln und Einrichtungsgegen­ ständen allgegenwärtigen Bildern vertraut war, dem waren fraglos auch die Themen und Stoffe präsent, ohne dass es einer steten oder intensiven Lektüre bedurft hätte. Und dabei waren nicht nur Heiligenlegenden und biblisches Geschehen auf diese Weise in Bildern gegenwärtig, sondern auch Stoffe der antiken Dichtung, mit deren Motiven und Figuren öffentliche Bauten, Adels­ sitze und die Häuser der Reichen geschmückt waren. Auf Wandteppichen und Tafelgeschirren genauso wie im Medium der Druckgraphik waren die heidnischen Mythen präsent, die so selbst denen vertraut sein konnten, die keine literarische Bildung besaßen.

4.

Stoffe, Themen und "Gemeinplätze" (Loei communes)

Wer den Begriff "Ikonographie" bei Google eingibt, erhält knapp eine halbe Million Treffer. Sucht man im Karlsruher virtuellen Katalog danach (http:// www.ubka.uni-karlsruhe.de/kvk.html). findet man mehr als 10.000 Publika­ tionen, die mit diesem Begriff verschlagwortet sind oder ihn im Titel führen. Die heutige Literaturflut lässt leicht vergessen, dass die Produktion von Tex­ ten sich vor allem in den letzten jahrzehnten exponentiell vermehrt hat. Heute erscheinen allein in Deutschland jährlich knapp 100.000 Bücher, fast eine Million Titel sind gegenwärtig lieferbar. Noch unübersehbarer ist die Flut von Bildern, mit denen man heutzutage konfrontiert ist. Das bleibt nicht

4. Stoffe, Themen und "Gemeinplätze"

(Loei communes) 47

ohne Auswirkungen auf die Wahrnehmung und den Umgang mit Medien und Texten. Ganz anders die Situation in der frühen Neuzeit. Zwar hatte schon der antike Dichter Seneca die Last der viel zu vielen Bücher beklagt. "Wozu die unzähligen Bücher und Bibliotheken, deren Besitzer in seinem ganzen Leben kaum die Inhaltsverzeichnisse gelesen hat? Es belastet den Lernenden die Masse, statt ihn zu belehren." (Sen. tranq. IX, 4). Diese Klage ist seither nie verstummt und so fühlten sich auch vormoderne Autoren von den allzu vielen ungelesenen Büchern gestresst (Rädle 2000). Und doch war es tatsächlich noch im Zeitalter Goethes möglich, in allen denkbaren Wis­ sensgebieten beschlagen zu sein und gleichermaßen die Klassiker zu ken­ nen, sowie einen annähernden Überblick der wichtigen Neuerscheinungen zu wahren. Dabei folgte manch einer Senecas Ratschlag, der in seiner Schrift über die Seelenruhe der Klage über die viel zu vielen Bücher den Ratschlag anschloss, "sich besser wenigen Autoren anzuvertrauen, als durch viele sich zu verirren" (Sen. tranq. IX, 4). Unter den Künstlern seiner Zeit war Peter Paul Rubens fraglos eine Ausnahme, der mit circa 500 Titeln über eine der größten Büchersammlungen Antwerpens verfügte. Rembrandts Lehrer, der Maler Pieter Lastman, nannte ungefähr 150 Bücher sein Eigen, Rembrandt selbst besaß eine Bibel, eine von Tobias Stimmer illustrierte Ausgabe der jü­ dischen Altertümer von Flavius josephus und wenige andere Bücher (Golah­ ny 2003). Vergleichbare Zahlen sind aus der frühen Neuzeit auch aus den anderen Ländern Europas für den Bücherbesitz von Künstlern dokumentiert (Dammffhimann/ZitteI2012). Die geringe Bücheranzahl muss dabei nicht verwundern, denn tatsächlich reichte eine recht überschaubare Anzahl von Werken aus, um mit den Themen und Motiven der Kunst vertraut zu sein. Überblickt man die abendländischen Bildkünste, lassen sich in neunzig Prozent der Fälle die literarischen Stoffe in den immer gleichen fünf Büchern finden. Die Bibel und die Sammlungen von Heiligenlegenden, deren bekannteste und am häufigsten gedruckte die Legenda aurea des jacobus de Voragine ist, liefern die literarische Grundlage für die meisten Stoffe des christlichen Themenkreises. Für die klassische Literatur kommen Homers /lias, der Aenaeis Vergils und vor allem den Metamorphosen Ovids überragende Bedeutung zu. Hinzu traten jene Autoren, an deren Werken man die lateinische Sprache erlernte. Sie war die Grundlage der im gesamten christlichen Abendland geltenden Bil­ dungsstandards und garantierte den grenzübergreifenden Wissensaustausch. Der Lektürekanon der Lateinschulen unterschied sich in den einzelnen Ländern Europas kaum und die konfessionsbedingten Unterschiede zwischen den katholischen und protestantischen Schulen waren minimal (Fuhrmann 2004, 25). Zum Anfangsunterricht kamen zeitgemäß abgefasste Einführungen in Grammatik und Rhetorik zum Einsatz. Vor allem aber las man die lateinischen Klassiker, wobei Cicero und Vergil eine zentrale Stellung zukam. Darüber hinaus wurden Werke von Caesar und Horaz gelesen sowie, oft in für die Schule aufbereiteten Auszügen, Ovid, Terenz, Cato, Sallust, Livius und Curtius. Zumindest in lateinischen Übersetzungen las man auch griechi-

Lektürekanon

48 111. Erzählende Bilder sche Autoren, wenn man sich an Xenophon nicht sogar im Griechischen übte. Homer, Aesop und Hesiod kannte man zumindest in Auszügen. An "neueren" Autoren lernte man Dantes Oivina Commedia zumindest in Aus­ wahl kennen, die Schriften Petrarcas, Ludovico Ariostos Orlando furioso, Torquato Tassos Gerusalemme liberata und Erasmus von Rotterdam, dessen

Oe Civitate morum puerilium in den Niederlanden seit 1625 verbindlich auf dem Lehrplan stand. Exempla und

Diese Bücher wurden dabei nicht nur einfach gelesen und rezitiert. Viel­

Gemeinplätze

mehr lernte man die wichtigsten klassischen Werke ganz oder doch zumin­ dest in Teilen auswendig. Die antiken auctores waren nämlich nicht nur die Vorbilder für den richtigen sprachlichen Ausdruck, sondern wurden als Schatz der Lebens- und Weltweisheit betrachtet. Die Leser fanden in der klassischen Literatur Hunderte, ja Tausende von Versen, in denen eine menschliche Erfahrung anschaulich auf knappste Form gebracht war und die als Lebensregel taugte (Curtius 1948, 68 f.). Deshalb lernte man sie auswen­ dig, sammelte sie, brachte sie in alphabetische Ordnung, um sie im rechten Moment parat zu haben. Man legte sich Bücher an, in die hinein man die Zitate abschrieb. Solch eine Blütenlese von Klassikerzitaten, die man auch

Florilegium nannte, wurde zum Fundus immer wieder gebrauchter Zitate, die dadurch zu Gemeinplätzen wurden, zu loei communes. Aus diesem ste­ ten Sammeln, Rekapitulieren und Rezitieren hatten sich schon in der Antike philologische Gesellschaftsspiele entwickelt, die auch in der frühen Neuzeit wieder lebendig waren. Vor allem aber waren die Werke der klassischen Au­ toren als Ratgeber in allen Lebenslagen beliebt und dienten als Sammlungen von exempla, von Musterbeispielen menschlicher Vorzüge und Schwächen. Für all jene, denen der Erwerb einer umfassenden Bildung zu zeitraubend schien, gab es gedruckte Florilegien, denen man die passenden Zitate ent­ nehmen konnte, auch ohne die klassischen Epen in Gänze gelesen zu ha­ ben. Auch sie trugen dazu bei, dass bestimmte Klassikerzitate lebendig blie­ ben und zum Beispiel beim Blick auf ein Bildwerk umgehend die Erinnerung an einen klassischen Text aufgerufen wurde. Das ist zum Beispiel für eine Skulpturengruppe dokumentiert, die Felice de Fredis am 14. Januar 1506 in seinen Weinbergen auf dem Esquilin in Rom, nahe den Ruinen von Neros

Oomus aurea entdeckt hatte. Die Neuigkeit sprach sich schnell herum, wo­ bei sich der Architekt Giuliano da Sangallo noch sechzig Jahre später genau erinnerte, dass er gemeinsam mit Michelangelo Buonarroti von Papst Julius 11. zu de Fredis geschickt wurde. Er sei in die Grube hinabgesprungen, erin­

nerte sich Sangallo, und habe ausgerufen, das sei "der Laokoon, den Plinius erwähnt!" (Barkan 1999, 3). Tatsächlich erwähnt C. Plinius Secundus der Ältere in seiner 77 n. Chr. veröffentlichten Naturalis historia ein schon in der Antike berühmtes Bildwerk der drei rhodisehen Bildhauer Hagesandros, Polydoros und Athanadoros (Plin. nat. 37, 37-38). Ganz unmittelbar rief die Statuengruppe auch die Erinnerung an Vergils Schilderung vom Tod des Lao­ koon auf (Verg. Aen. 2, 199-267), wobei Lodovico Dolce mutmaßte, Vergil habe sich für seine Schilderung an der berühmten Skulptur orientiert (Barkan

4. Stoffe, Themen und "Gemeinplätze"

(Loei communes) 49

1999, 4). Die wiederentdeckte Skulptur wurde dem Papst übergeben und zählte seither zu den berühmtesten Sehenswürdigkeiten der an Attraktionen nicht armen vatikanischen Sammlungen. Die gebauten und plastischen Zeugnisse antiker Größe wurden Gegen­ stand intensiver künstlerischer und gelehrter Beschäftigung. Mit den geogra­ phischen Bestrebungen jener Tage und der Entdeckung neuer Welten hatte auch die Wiederentdeckung der alten Welt eingesetzt. Es war die Zeit, in der die "grand tour" und der Begriff "Tourist" entstanden. Vor allem für Rom, die einstige Hauptstadt des größten abendländischen Imperiums, begann man sich zu interessieren. Davon zeugt zum Beispiel die Topographia antiquae Romae des aus Pavia stammenden Bartolommeo Marliano. 1534 war diese Schrift erstmals in Lyon gedruckt worden. Zehn Jahre später erschien unter dem Titel Urbis Romae Topographia eine reich illustrierte Neuausgabe im Folioformat (Abb. 8). Sie enthielt zahlreiche Pläne und Ansichten antiker Bauten, deren Grund- und Aufrisse, aber auch Abbildungen berühmter Sta­ tuen. Dazu zählten auch die der Gründungslegende Roms verbundene römi­ sche Wölfin und eine Abbildung der Laokoongruppe. Einen Beleg für das große Interesse an dieser Publikation bietet die Tatsache, dass der Baseler Verleger Oporin 1546 bei seinem Straßburger Freund, dem Pfarrer Conrad Hubert, Kopien der Holzschnittillustrationen von Marlianos Buch bestellte. Hubert beauftragte die Zeichnungen für die Holzstöcke bei dem Straßburger Maler und Illustrator David Kandel, der einige der Nachzeichnungen mit sei­ nem Monogramm versah. Der Briefwechsel zwischen Oporin und Hubert überliefert sogar den Namen des Formschneiders, "Meister Christoph", den auch in anderen Zusammenhängen bezeugten Christoph Schweicker (Stein­ mann 1969). Es gab dabei nicht nur zahlreiche historisch orientierte Publikationen, in denen man sich über die aus der Antike überlieferten Monumente informie­ ren konnte, sondern auch zahlreiche Handbücher zur antiken Mythologie. Sie vermitteln einen guten Eindruck vom zeitgenössischen Assoziationshori­ zont, den Bilder aufriefen, deren Personal den heidnischen Legenden ent­ stammte. So sind sie bis heute für die ikonographische Analyse nützliche Hilfsmittel, wobei die historischen Bücher, soweit sie nicht in modernen Ausgaben vorliegen, wie etwa Giovanni Boccaccios vielfach nachgedruckte Genealogia deorum gentilium, zumeist kostenlos als digitale Volltexte ver­ fügbar sind. Unendlich oft neu aufgelegt wurden zum Beispiel Natale Contis zuerst 1551 gedruckte Mythologiae, sive explicationis fabularum libri de­ cem. Ähnlich beliebt waren Vincenzo Cartaris erstmals 1556 in Venedig ge­ druckte Imagini con la apositione de i dei de gli antichi. Ein bis heute nütz­ liches Handbuch ganz vom Ende der hier behandelten Epoche, dessen Goethe sich gerne bediente, weil es die antiken Quellen der Mythen sehr präzise benennt, ist Benjamin Hederichs Gründliches mythologisches Lexi­ con (Leipzig: Gleditsch, 1724). Mit noch größerer Vollständigkeit leisten das auch Wilhelm Heinrich Roschers Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie, dessen zehn Bände zwischen 1884 und 1886

Handbücher zur Mythologie

50 111. Erzählende Bilder

VIlBIl

"'OMA" TO'OGIlA'1I.

Scd quoniam dcftprem SaH" dc quibus modd rada dl mentio, &: dc loeo in rhtnnis DiocJcliani Bone d. rhcrm;r nuncup310, magna dtqurllio,eui ufui c!fenr:non ignorandum. aquarurn t'1Illdla fllilfc . Nam non modd thcrm:c publids ufiblls depum;r ra Ilel la habebant, in qua: iuxta moduli crogation.rn fuas ölwpitbanc quinar;as. qua. balocis,prour ufus cxigult,fumminillrarcnd.d crü priwtis,ur FrOIt rinua Abb. 8: David Kandel: Laokoon, 1550 Nach der Skulptur im Vatikan, Buchillustration zu Bartolomeo Marliani:

Urbis Romae Topographia, Basel: Johannes Oporin, 1550, 110. Holzschnitt, 19,1

x

16 cm

® Kat. Basel 1992, Nr. GG 294. publiziert wurden, und das moderne Lexicon Iconographicum Mythologiae

Classicae (LIMO. Die Reihe umfasst acht Text- und Tafelbände und einen In­ dexband in je zwei Teilbänden sowie Supplement-Bände. Die Artikel sind, je nach Sprache des Autors, auf Deutsch, Englisch, Französisch und Italie­ nisch verfasst. Das LlMC ist als umfassendes Nachschlagewerk der antiken Ikonographie ungemein nützlich. Bei einem vermuteten Vorbildcharakter

5. Homer und Vergil

eines antiken Stückes für ein Werk der frühen Neuzeit ist dabei jedoch stets zu prüfen, ob das Exemplar tatsächlich schon in der Vormoderne bekannt war, da das Lexikon auch vieles verzeichnet, was erst in den letzten 200 Jah­ ren ans Licht kam. Deshalb sollten auch die schon in der frühen Neuzeit be­ kannten Texte zu Rate gezogen werden, wobei die Handbücher stets unter Verweis auf die klassische Literatur argumentieren.

5. Homer und Vergil Die Bekanntheit der Stoffe und Themen der klassischen Literatur verdankte sich in der Vormoderne nicht nur und vielleicht sogar am wenigsten der zumeist lauten - individuellen und kollektiven Lektüre. Und es war auch nicht ein vordringlich philologisches Interesse, das ihre weite Bekanntheit und ihren festen Platz im kulturellen Gedächtnis garantierte, sondern ihre Herrschaft legitimierende Funktion. Sie wurde nämlich zum Anlass, die klas­ sischen Themen immer wieder von neuem aufzugreifen und umzusetzen. Ganz am Beginn dieser Entwicklung, wie auch der europäischen Literatur, steht Homer. In seiner

J1ias hatte er sich im achten vorchristlichen Jahrhun­

dert in Form eines Heldenliedes an Ereignisse einer zu seiner Zeit 500 Jahre zurückliegenden Epoche erinnert. Es ist darauf hingewiesen worden, dass erst der tiefe gesellschaftliche Bruch zwischen der mykenischen und der ar­ chaischen Gesellschaft die Konstitution einer Vergangenheit im Sinne eines heroischen Zeitalters ermöglicht habe. Diese Vergangenheit bildete dann das Szenario für Geschichten, in denen die aristokratische Gesellschaft des achten und neunten vorchristlichen Jahrhunderts sich selbst erlebte und fei­ erte. Sie adoptierte diese Geschichten als ihre eigene Vergangenheit und führte ihre eigenen Stammbäume auf die legendären Gestalten der Troja­ Sage zurück. An diesem Umgang mit dem Mythos lassen sich zwei Formen des kulturellen Gedächtnisses - "Modi memorandi" - ablesen, die auch für die weitere Überlieferung des Troja-Stoffes bedeutsam werden sollten. So ar­ beitet historisches Bewusstsein stets nur auf zwei Ebenen, nämlich der Ur­ sprungszeit und der jüngsten Vergangenheit. Für die jüngste Vergangenheit gibt es noch reichliche Informationen, die dann jedoch umso spärlicher wer­ den, je weiter man in die Vergangenheit zurückgeht. Für die früheren Zeiten findet man entweder einen Sprung oder ein bis zwei zögernd genannte Namen. Für noch frühere Perioden stößt man wiederum auf eine Fülle von Informationen und hat es mit Überlieferungen des Ursprungs zu tun. Ein an­ deres bedeutsames Phänomen historischen Erinnerns ist es, dass im kollekti­ ven Gedächtnis nicht die Vergangenheit als solche bewahrt bleibt, sondern nur das, was die Gesellschaft in jeder Epoche mit ihrem jeweiligen Bezugs­ rahmen rekonstruieren kann. Es gibt, mit den Worten des Philosophen Hans Blumenberg gesprochen, "keine reinen Fakten der Erinnerung" (Blumenberg

1998,89). In genau diesem Sinne wurde dann auch das Gründungsepos der griechischen Nation vom römischen Dichter Vergil adaptiert und zur Fun-

51

52 111. Erzählende Bilder dierung der römischen nationalen Vergangenheit ausgedeutet. Die Aeneis, das vielleicht bedeutendste Werk der lateinischen Dichtkunst, mit dessen Ausarbeitung Vergil seit dem Jahr 30 v. Chr. bis zu seinem Tode beschäftigt war, hat den Schicksalsweg des Trojaners Aeneas zum Thema, der nach dem Fall seiner Vaterstadt mit seinen Gefährten eine neue Heimat sucht. Nach leidvollen Irrfahrten und zahlreichen Prüfungen gelangt der Held schließlich nach Latium, wo er neue Kämpfe zu bestehen hat, die schließlich den Weg zur Gründung Roms eröffnen. In diesem Nationalepos, das den gesamten Ablauf der römischen Geschichte als eine zielgerichtete, auf die augustei­ sche Gegenwart zulaufende Entwicklung deutet, wird Vergil zum rühmen­ den Verkünder der imperialen Bedeutung Roms, die mit der Flucht des Aeneas ihren Anfang nahm. Diese Herrschaft legitimierende Funktion sollte auch für die nachantike Rezeption des Mythos verbindlich bleiben, so dass sich Kaiser, Könige und Päpste gleichermaßen auf Aeneas als ihren mythi­ schen Ahnen beriefen.

Von Troja nach Rom

Nachdem der Grammatiker Quintus Caecilius Epirota in seiner 26 v. Chr. gegründeten Schule neben anderen zeitgenössischen Autoren auch Vergil in den Lektürekanon eingeführt hatte, nahm die inzwischen mehr als zwanzig Jahrhunderte unangefochtene Rolle Vergils als grundlegender Schulautor ih­ ren Anfang. In der Antike wurden Vergils Werke im Unterricht auswendig gelernt. Man erklärte an ihnen die Elemente der Metrik und der Grammatik, zugleich lieferten Vergi Is Epen den Stoff für prosaische oder dichterische Stil­ übungen und für die Ausbildung in der Rhetorik. Noch im Mittelalter galt Vergil nicht allein als der größte antike Dichter, sondern sogar als der Dichter schlechthin. In den Klosterschulen, in denen seit dem 9. Jahrhundert mit nur wenigen Ausnahmen Vergil-Handschriften vorhanden waren, blieb er der meistgelesene klassische Autor, wobei seine Werke auch weiterhin für den grammatikalisch-rhetorischen Unterricht unentbehrlich blieben. Gab es auch immer wieder Versuche, die nicht christlichen Literaturwerke aus dem Bildungskanon zu verdrängen, so wurde doch die beherrschende Stellung Vergils nie dauerhaft in Frage gestellt. Über die bestimmende Stellung, die er im Bildungswesen bis in die Neuzeit hinein innehatte, wurde Vergil zu einem prägenden Faktor im geistigen und kulturellen Leben. In den Bild­ künsten wurde vor allem die Flucht des Aeneas aus Troja immer wieder auf­ gegriffen. Ein Beispiel dafür bietet ein um 1530 entstandener Teller aus der Werkstatt des Meisters Francesco Xanto Ave11i da Rovigo aus Urbino. Als Vorlage diente ihm ein Kupferstich von Jacopo Caraglio nach einem Detail aus Raffaels Fresko mit der Darstellung des Borgobrandes aus der Stanza del­ l'lncendio des Vatikanischen Palastes. Raffael hatte diesen Raum zwischen Sommer 1514 und März 1517 vollständig ausgemalt. Die Wandfresken stei­ len im Liber Pontificalis überlieferte Ereignisse aus der Amtszeit der Päpste Leo 111. und Leo IV. dar. Diese Historien aus dem 9. Jahrhundert sind in den Fresken auf die aktuelle Kirchenpolitik Leos X. übertragen, der durch das hi­ storisierende Bildprogramm seinen absoluten Machtanspruch untermauern wollte. Zu den Ereignissen aus dem Leben Leos IV., die sich für eine solche

5. Homer und Vergil

Abb. 9: Francesco Xanto Ave11i da Rovigo

(Urbino): Flucht des Aeneas aus Troja, um 1530

Majolika, Durchmesser 27 cm Braunschweig, Herzog Anton Ulrich Museum

® Lessmann 1979, Nr. 141; Kat. StuttgartiBraunschweigiBonn 2001, 257-271.

Darstellung anboten, zählte auch jener im Sachsenviertel ausgebrochene Brand, der 847 den Borgo, die nächste Umgebung der Peterskirche, ergriff und der auch die Basilika zu vernichten drohte, bis der Segen des Papstes dem Brand Einhalt geboten habe. Die Darstellung des historischen Ereignis­ ses ist dabei mit vielfältigen Anspielungen auf Personen und Geschehnisse unterschiedlicher Zeitebenen verbunden. Und so brannte der Borgo wie der­ einst das mächtige Troja. Schon Giorgio Vasari erkannte, dass Raffael die Gruppe der Fliehenden am linken Bildrand in genau jener Weise gestaltet habe, "wie Vergil beschreibt, dass Anchises von Aeneas getragen worden ist" (Vasari 4, 359). Man darf wohl annehmen, dass diese von Vasari geäu­ ßerte Assoziation von Raffael intendiert war. Zumindest wurde die Gruppe verschiedentlich in dieser Weise gedeutet und in der Folge immer wieder ko­ piert, wie nicht zuletzt der bemalte Teller aus Urbino zeigt (Abb. 9). Der Teller ist zugleich ein gutes Beispiel für den sogenannten Istoriati-Stil, den "Historienstil", der sich nach langer Dominanz einer ornamentalen Ma­ jolikamalerei in den italienischen T öpferstädten Faenza und Caffagiolo ent­ wickelte. Wohl mit dem Maler Nicola Pelliparios aus Castel Durante, der sich 1528 dort niederließ, gelangte diese figürliche Art des Tellerdekors auch nach Urbino. Zumeist wurde der ganze Teller zum Bildträger, wobei die Mo­ tive nicht nur das Innere schmückten, den Spiegel, sondern auch den Rand, die sogenannte Fahne. Dass aufwendig gemalte Keramik sich damals überall in Europa größter Beliebtheit erfreute, hängt mit kulturellen und sozialen

53

54

111. Erzählende Bilder

Veränderungen zusammen, die Ende des

15. Jahrhunderts zu einem neuen

Idealbild angemessener Lebenshaltung geführt hatten. Dieser Geschmacks­ wandel zog im Bereich des Kunsthandwerks zahlreiche Innovationen nach sich, mittels derer auch die Bilder antiker Mythen eine immer weitere Ver­ breitung fanden. Zu den Bereichen des Lebens, die im Zuge dessen eine Ver­ feinerung erfuhren, gehörte auch die Ausstattung von Wohn- und Speiseräu­ men mit Prunkgeschirren. Zum ersten Mal seit der Antike wurde damals auch Keramik wieder zum Bildträger. Dabei zeigten die aufwendig dekorier­ ten Geschirre nicht nur Themen und Motive aus der antiken Mythologie, sondern auch biblische Geschichten oder Ereignisse der Welt- oder Heilsge­ schichte, Allegorien und Impresen, Porträts oder Wappen. Tafelzier

Derartige Prunkgeschirre dienten dabei nicht allein dem ästhetischen Vergnügen. Vielmehr sollten die kostbaren Stücke das Prestige ihres Besitzers mehren und zugleich durch ihre Dekoration komplexe Sinngehalte trans­ portieren. Nicht zuletzt sollten sie auch die Konversation befördern: Der Ta­ felschmuck konnte die Tischgesellschaft zu einem "guten Gespräch" anre­ gen, zum Nachdenken über die "alten Gschichtl vnd was darbey zu lernen vnd zu bhalten sey", wie es ein Zeitgenosse formulierte (Bursche

1974, 43).

Die allegorischen Anspielungen blieben dabei nicht allein auf die Bemalun­ gen des Tafelgeschirrs beschränkt, sondern umfassten den gesamten Bereich der Festdekoration. Außer dem mit Geschirren und Tafelaufsätzen reich ge­ deckten Tisch und den auf mannigfaltige Weise geschmückten und angeord­ neten Speisen, gehörten zur "Tafelzier" auch sogenannte "Schaugerichte", die historische oder allegorische Szenen und Figuren darstellen konnten. Solche nach gelehrten Programmen von Köchen und Zuckerbäckern zube­ reiteten Arrangements fehlten bei keinem größeren Gastmahl. Sie waren Teil einer einheitlichen Inszenierung, zu der auch aufwendige architektonische Dekorationen, musikalische Darbietungen, T änze, Schauspiele und Feuer­ werke gehören konnten. Der heutigen Anschauung sind sie kaum mehr zu­ gänglich, denn gedruckte Beschreibungen, Gemälde und die erhaltenen ma­ teriellen Zeugnisse vermögen kaum mehr als einen Abglanz der alle Sinne umfangenden Dynamik eines frühneuzeitlichen Festes zu geben (Dickhaut! SteigerwaldIWagner

2009). Ihres einstigen Kontextes beraubt, haben sich

die damals benutzten Gegenstände aus Edelmetall, Glas oder Keramik erhal­ ten, wenn auch sicher nur ein Bruchteil des Bestandes dieser Kleinkunst die Zeiten überdauert hat.

6. Ovids Verwandlungen und die Allgegenwart der

Bilder Noch größerer Beliebtheit als die Aeneis erfreuten sich bei bildenden Künst­ lern wie bei der lesenden Öffentlichkeit - bei aller Bewunderung, die man Vergil entgegenbrachte - die Werke seines Zeitgenossen Publius Ovidius Naso. Wohl kaum ein Werk eines antiken Dichters hat in der europäischen

6. Ovids Verwandlungen und die Allgegenwart der Bilder

Kunst und Literatur so deutliche Spuren hinterlassen wie Ovids Metamor­

phosen. In fünfzehn Büchern, die den Zeitraum von der Entstehung der Welt bis zum Zeitalter julius Caesars umfassen, wird von dem ständigen Wandel berichtet, dem alles Belebte und Unbelebte unterworfen ist, und vom Anteil, den die Götter daran haben. Deren Liebschaften und Intrigen bilden den Schwerpunkt des Gedichtes, das aber nicht nur als Motivreperto­ rium betrachtet wurde, sondern das auch als Vorbild in Fragen der Erzähl­ kunst und des Stils galt sowie als Lehrbuch der Moral. Auch die Erzählungen Ovids wurden jedoch nicht ungebrochen als historischer Text überliefert. Vielmehr wurde sein Werk je nach dem Geist der rezipierenden Epoche ver­ ändert: Man erweiterte die stoffliche Grundlage mit Material aus anderen mythographischen Quellen, man integrierte Erklärungen und Kommentare in den Text, veränderte die Reimform der Verse und formulierte aus den ein­ zelnen Sagen prägnante moralische Lehrsätze. Bei der Vermittlung des Tra­ ditionsgutes über die Gelehrtenkreise hinaus spielten die volkssprachlichen Wiedergaben eine gewichtige Rolle. Sie waren auch für den des Lateini­ schen Unkundigen verständlich und dienten oft auch den bildenden Künst­ lern als Motivfundus und Inspirationsquelle für ihre Darstellungen. Auf den Titelblättern zahlreicher Übersetzungen der "Metamorphosen" findet sich deshalb explizit der Hinweis, dass dieses Buch "jedermann lüstlich, beson­ ders aber allen Malern, Bildhauwern, unnd dergleichen allen Künstnern nützlich" sei. Dieser Nutzen ließ die Kenntnis der "Metamorphosen" Ovids im Verlauf des 16. jahrhunderts zum Bestandteil der künstlerischen Ausbil­ dung werden. Als Karel van Mander im jahre 1604 sein Schilder-Boeck he­ rausbrachte, umfasste dieses Handbuch für angehende Maler deshalb nicht nur eine gereimte Anweisung für den Umgang mit Pinsel und Farbe und eine Sammlung von Lebensbeschreibungen berühmter Künstler, sondern auch eine Uytleggingh op den Metamorphosis Pvb. Ovidii Nasonis ("Ausle­ gung der Metamorphosen des Publius Ovidius Naso"). Dieses Buch sei für Maler, Dichter und Kunstliebhaber gleichermaßen von Nutzen, heißt es auf dem Titelblatt. Das Vorwort führt dazu näher aus, dass Maler mit Hilfe die­ ser Schrift ihre Darstellungen von Szenen aus Ovid nicht nur selbst verste­ hen lernten, sondern sogar in die Lage versetzt würden, anderen ihre Bilder zu erklären. Sorgsam, Buch für Buch, versucht van Mander die klassischen Erzählungen als Gleichnisse von allgemeiner Gültigkeit auszudeuten, ohne dabei den "heidnischen Fabeln" einen christlichen Sinn zu unterlegen. In seinem Kommentar zu Ovids Beschreibung des Untergangs von Troja misst van Mander deshalb den Taten des Tugendhelden Aeneas besondere Bedeu­ tung bei. Dieser habe aus dem brennenden Troja nicht etwa Reichtümer ge­ rettet, sondern die Hausgötter und das Feuer der Vesta, während er zugleich seinen alten Vater auf den Schultern trug und seinen Sohn bei der Hand hielt. Ausführlich wird diese von Künstlern so gern ins Bild gesetzte Szene gedeutet: So wie Aeneas zuerst die Götter gerettet habe, solle man Gott von jugend an lieben und ehren. Ehre gebühre auch den Eltern, die man zu un­ terstützen und vor dem "Feuer der Armut" zu bewahren habe. Schließlich

55

56 111. Erzählende Bilder erweise das Beispiel des Aeneas auch die Liebe zu den Kindern, die wiede­ rum aller Eltern P flicht sei, genau wie die Liebe zum Ehepartner, der in der vergeblichen Suche des Aeneas nach seiner Gattin Creusa ein ewiges Denk­ mal gesetzt sei. Als Tugendbeispiel im Sinne eines "Imago pietatis" wurde die Szene auch in der Emblematik des 16. Jahrhunderts immer wieder auf­ gegriffen und gedeutet. Metamorphosen

Mit Blick auf die Häufigkeit, mit der die Flucht des Aeneas aus dem brennenden Troja in Werken der Bildkunst begegnet, erscheint die Ausführlich­ keit, mit der van Mander sich der Kommentierung dieser Szene widmet, durchaus gerechtfertigt. Der Kenner von Ovids Werk wird jedoch erstaunt konstatieren, dass gerade dieses spezielle Ereignis in den Metamorphosen kaum Erwähnung findet. Während andere Szenen, wie der Brand der Stadt, ausführlich und lang beschrieben werden, ist die Flucht des Aeneas nur am Rande erwähnt. Mit seiner besonderen Wertschätzung dieser Szene steht van Mander allerdings nicht alleine da. Durchblättert man zum Beispiel jene Serie von 150 Ovid-Illustrationen, die 1641 der in Straßburg geborene Miniaturmaler und Radierer Johann Wilhelm Baur herausgab, stellt man fest, dass auch hier die von Ovid so ausführlich beschriebene Feuersbrunst hinter der Darstellung der Flucht zurücktritt. Es scheint, als sei der seinen Vater tragende Aeneas so fest mit dem Bild vom feurigen Untergang Trojas verbunden gewesen, dass diese Szene sowohl van Mander als auch Baur unverzichtbar schien, obwohl sie bei Ovid nur am Rande erwähnt wird. Dieses P hänomen mag den Umstand illustrieren, dass die klassischen Mythen und Geschichten spätestens mit Beginn des 17. Jahrhunderts ein Eigenleben entwickelt hatten, das sie - nicht zuletzt durch ihre optische P rä­ senz in der Bildkunst - im kollektiven Bewusstsein lebendig hielt. Wenn in diesem Zusammenhang von Bildkunst die Rede ist, sind damit ausdrücklich nicht nur Graphiken und Gemälde gemeint, sondern auch Münzen, Medail­ len, Skulpturen, Tapisserien, Wandbilder und kunstgewerbliche Gegenstän­ de. Ein beeindruckendes Beispiel für eine mythologische Bilderzählung im Medium der Skulptur entstand für den Palast des Kardinals Scipione Borghe­ se, eines Neffen Papst Pauls V. (Abb. 10). Der Kardinalnepot führte die Re­ gierungsgeschäfte des Vatikans und war nach seiner Ernennung 1605 zu einem bedeutenden Mäzen geworden. Nachdem er eine erste bei dem Bild­ hauer Gian Lorenzo Bernini beauftragte Figurengruppe an Kardinal Ludovi­ co Ludovisi verschenkt hatte, gab er 1622 bei dem erst vierundzwanzig Jah­ re alten Künstler die neue Gruppe mit Apoll und Daphne in Auftrag. Die Geschichte wird in Ovids Metamorphosen (Ov. met. 1,452-567) erzählt. In Liebe entflammt verfolgt der Gott Apoll die Nymphe Daphne. Sie ergreift die Flucht und sucht Schutz bei ihrem Vater, einem Flussgott, der die Flie­ hende in einen Lorbeer verwandelt. Die Marmorgruppe zeigt den Moment der Verwandlung, wobei in den zarten Blättern und Haaren, aber auch in den ausgreifenden Gliedmaßen, den Unterschneidungen, Höhlungen und Bohrungen des Materials ein Gipfel der Virtuosität erreicht ist, der schon

6. Ovids Verwandlungen und die Allgegenwart der Bilder 57

Abb. 10: Gian Lorenzo Bernini: Apoll und Daphne, 1622-1625

Marmor, Höhe: 243 cm Rom, Galleria Borghese

® Kruse 2006; Mormando 2011 , 45 f.

den Zeitgenossen höchste Bewunderung abnötigte. Bernini bediente sich dabei der Hilfe diverser Werkstattmitarbeiter, wobei die wehenden Haare, genau wie die Lorbeerzweige und -blätter, vermutlich das Werk Giuliano Fi­ nellis waren (Mormando 2011,45). Die Arbeit zog sich über mehrere Jahre hin. Im September 1625 wurde die Skulptur in der Villa Borghese aufgestellt. Ursprünglich stand die Gruppe dort auf einem sehr flachen Sockel, nah einer Treppe vor der Wand. Wer den Raum betrat, sah zuerst den Gott Apoll von hinten und erst im Weiterschreiten die Nymphe, die sich im Prozess der Ver­ wandlung befand. Der historisch dokumentierte Ort der Aufstellung gibt klar vor, dass die Skulptur von hinten beginnend in einem Halbkreis umschritten und im Umschreiten betrachtet werden sollte. Die dynamische Betrach­ tungssituation und die implizite Thematisierung von verstreichender Zeit fin­ det eine Entsprechung im Sujet, der fortschreitenden Verwandlung der Nym-

58 111. Erzählende Bilder phe in einen Lorbeer. In der sukzessiven Wahrnehmung entwickelt die Gruppe eine narrative Struktur. Auch durch den deutlichen Ortsbezug ist Berninis plastische Bilderzählung ein typisches Beispiel für die barocke Plastik, die zumeist auf einen realen Betrachter in einer speziellen Situation ausgerichtet ist. Ei ne plastische Schi Ideru ng

Im Tagebuch des Paul Freart de Chantelou, der den Aufenthalt Gian Lo­ renzo Berninis am Hof Ludwigs XlV. dokumentierte, ist ein lebendiger Be­ richt der zeitgenössischen Wahrnehmungen und Würdigung der Skulptu­ rengruppe

bewahrt

geblieben

(Chantelou/Schneider/Zitzlsperger 2006,

26-28). Chantelou hatte die ehrenvolle Aufgabe, dem damals schon weltbe­ rühmten Bernini während dessen Aufenthalt in Paris 1665 als maftre-d'h6tel, Dolmetscher und Fremdenführer zu dienen. Am Freitag, den 12. Juni wurde Bernini von heftigem Durchfall geplagt. Das hinderte ihn aber nicht, sich über zwei Stunden mit Chantelou über Kunst zu unterhalten. Dabei habe Be­ rnini auch "von den verschiedenen Geschmacksrichtungen in der Kunst" ge­ sprochen: "Es gebe nichts Allgemein-Gefälliges, denn die Menschen seien allzu verschieden veranlagt. Es dürfe nicht sein, daß man nur produziere, was der ganzen Welt gefällig wäre. Nach Vollendung seiner Daphne sei Papst Urban VIII. eines Tages mit dem Kardinal de Sourdis zu ihm gekom­ men. Letzterer habe zum Kardinal Borghese, für den die Daphne bestimmt war, gesagt, es sei anstößig, die Figur im Hause zu haben, die Gestalt eines so schönen nackten Mädchens errege die Sinnlichkeit. Seine Heiligkeit habe geantwortet, mit zwei Zeilen sei Abhilfe geschaffen, und machte ein Epi­ gramm über die Fabel von Apollo und Daphne: Apollo jagt ihr nach, holt sie ein und im Moment, da er sie ergreift, verwandelt sie sich in einen Lorbeer­ baum. Er bittet die Blätter, seine Liebe zu vermitteln, küßt sie und findet sie bitter. Er sagt, für ihn sei Daphne auch nach der Verwandlung so schön wie zuvor. Die Essenz des Epigramms lautet: >Welch ein Genuß, dem wir hinter­ herlaufen: Entweder erreicht man ihn nie, oder, wenn man ihn erreicht, schmeckt er bitter.< Im Lateinischen lautet es so: >Quisquis amans sequitur fugitivae gaudia formae, fronde manus implet baccas seu carpit amaras.< >Der Liebende, der vergängliche Schönheit umklammern wollte, pflückt bit­ tere Frucht; er wird nur trockene Blätter ergreifen. LottolChiodi/Scotti, 37-62; Galis 1980; Rohark 2007, 127f., 255; Franco 2012, 177-203.

Sicher ist, dass Lottos Bilder sich ausschließlich an Geistliche richteten, weil nur sie Zugang zum Chorgestühl hatten. Auch oblag es selbstverständ­ lich den geistlichen Auftraggebern, die Motive zu erdenken, auch wenn Lo­ renzo Lotto durchaus aktiv an den Entscheidungsprozessen beteiligt war. Ausweislich eines Dokuments vom 18. Mai 1525 wurde er dafür bezahlt, sich in zahlreichen Kolloquien, die wegen der Neugestaltung des Chores stattfanden, eingebracht und diverse Zeichnungen angefertigt zu haben (Lot­ tolChiodi/Scotti, 58: "Laurentius Lotus pictor debet habere pro eius mercede interveniendi in plurimis colloquis super fabricha chori novi, similiter in fa­ ciendi diversas designationes"). Die erhaltene Korrespondenz lässt zugleich den Schluss zu, dass die Bedeutungsfindung von Beginn an den Betrachtern überlassen blieb. In einem Brief vom 10. Februar 1528 lässt Lotto seine Auf­ traggeber nämlich wissen, dass die Bedeutung der Deckplatten eben nicht festgeschrieben sei, sondern dass es dem Vorstellungsvermögen überlassen bleibe, sie ans Licht zu bringen (LottoIChiodi/Scotti, 57: "Circha li designi de li coperti, sapiate che son cose che non essendo scritte, bisogna che la ima­ ginatione le porti a luce"). Ein Zeitgenosse bezeichnete Lorenzo Lottos "co­ perti" als "simbolici geroglifici", als "hieroglyphische Symbole" (LottoIChio­ di/Scotti, 55), und ordnete sie damit einer Bildgattung zu, die sich damals größter Beliebtheit erfreute.

70

IV. Von der Allegorese

zum

Sinnbild

3. Hieroglyphen Die schon im Mittelalter etablierte allegorische Bildauffassung wurde weiter­ entwickelt und erfuhr in vielen Bereichen sogar eine Neubelebung durch die katholische Reform, die aus protestantischer Perspektive als Gegenreforma­ tion erschien. Dabei verwendeten selbstverständlich auch protestantische Autoren und Künstler neue oder tradierte Bilder und Symbole, denn das Nachdenken über Bildsinn und Sinnbilder war über alle konfessionellen Grenzen hinweg beliebt. Die Sinnbildpraxis konnte ihre grenzüberschrei­ tende Wirkung entfalten, weil die europäischen Höfe, die zum eigentlichen Motor der kulturellen Entwicklung wurden, miteinander in engem Austausch standen. Die notwendige Statusrepräsentation der geistlichen und weltli­ chen Herrscher Europas gab immer neue Anlässe zur Gestaltung von Kunst­ werken aller Art. Sie bot den Künstlern Beschäftigung, aber auch den huma­ nistisch gebildeten Gelehrten, die miteinander in engem Austausch standen. Die Knotenpunkte dieses Europa überspannenden Netzwerkes waren wie­ derum die Höfe, an deren Lebensstil und Repräsentationsformen sich auch das aufstrebende Bürgertum in den stetig wachsenden Städten orientierte. Horapolio

In der Stadtrepublik Florenz stritten zu Beginn des 15. Jahrhunderts zwei Familien um die Vorherrschaft, die zur Untermauerung der Legitimität ihrer Ansprüche alle Formen der höfischen Repräsentation praktizierten. Das Mä­ zenatentum Cosimo dei Medicis, der zum Begründer des späteren Einflusses seiner Familie wurde, brachte zum Beispiel eine vielbeachtete und bedeu­ tende Handschrift nach Florenz. Cristoforo Buondelmonti hatte sie 1419 auf einer in Cosimos Auftrag unternommenen Reise auf der Kykladeninsel An­ dros erworben. Bei dem von einem unbekannten Übersetzer namens Philip­ pos ins Griechische gebrachten Manuskript, das den Titel

Hieroglyphica

trug, handelte es sich um zwei Bücher mit insgesamt 189 Erklärungen von zumeist ägyptischen Hieroglyphen. Der als Horus-Apollon oder kurz Hora­ polio

(Qpand)).wv) bezeichnete Verfasser behauptete von sich, Ägypter zu

sein und gab so falsch wie folgenreich vor, die geheimnisvolle ägyptische Bilderschrift entziffert zu haben. Die erste echte Übersetzung ägyptischer Hieroglyphen gelang erst 1822 dem Franzosen Jean-Fran 11 ve-

D

°

/

Abbo 24: Unbekannter Formschneider: Personifikation der Perfektion (Perfettio­

ne),1603 Holzschnitt, 12,5

x

8,5 cm

Buchillustration zu Cesare Ripa: Iconologia: Overo Descrittione di diverse Imagini cauate dall'antichita, & di propria inuentione, Rom: Lepido Faeij, 1603,391

® Werner 1977; LogemannfThimann 2011. Kenntnis der frühneuzeitlichen Sinnbild-Kompendien schärft vor allem den Blick für die Sensibilität, mit dem das frühneuzeitliche Kunstpublikum Deu­ tungsangebote wahrnahm. Zugleich kann Ripas Bilder-Kosmos lehren, die Bedeutung von Einzelmotiven als vom jeweiligen Kontext abhängig zu be­ greifen. Nur allzu leicht führt nämlich ein der gegenwärtigen Zeichenkultur verpflichtetes Vorverständnis beim Blick auf die symbolische Bedeutung ein­ zelner Bildmotive in die Irre. Das Schwert zum Beispiel, das Justitia als Zei­ chen der Gerechtigkeit in Händen hält, wird in der Hand von Collerico, der Personifikation des cholerischen Temperaments, zum Sinnbild für den Wil­ len zum Kampf (Ripa 1603, 75 f.).

6. Personifikationen 93

Abb. 25: Joris Hoefnagel: Hermathena, 1593 Deckfarbe auf Pergament, 11,8

x

16,5 cm

Antwerpen, Stedelijk Prentenkabinet

® Vandenbroeck 1985; Kat. Antwerpen 1993, Nr. 151; Kat. Essen/Wien 2002, Nr. 15.

Ein Motiv abgelöst von seinem Kontext im Sinne nur einer festgelegten Bedeutung zu interpretieren führt in die Irre. Selbst innerhalb einer Zeit und eines Kulturraumes kann ein und dasselbe symbolische Motiv je nach Kontext ganz unterschiedliche Bedeutungen und Subtexte transportieren. Deshalb verbietet sich beispielsweise der Gebrauch von Nachschlagewerken, die vorgeben, die "Symbole" aller Zeiten und Völker zu erklären. Sie sind für eine historisch argumentierende Interpretation genauso nutzlos wie ikonographische Handbücher, in denen die jeweiligen textlichen und bildlichen Quellen der Themen und Motive nicht präzise angegeben sind. Darauf hier immer wieder hinzuweisen heißt vermutlich "Eulen nach Athen tragen", doch mag gerade dieses sprichwörtliche Motiv erweisen, wie unterschiedlich ein und dasselbe Motiv verwendet und gedeutet werden konnte. Für seinen Freund, den Geographen und Historiker Abraham Ortelius, hat der Maler und Zeichner Joris Hoefnagel ein Stammbuchblatt auf Pergament ausgeführt, in dessen Zentrum eine Eule sitzt. Das Blatt ist Ausdruck einer

Vieldeutigkeit

94 IV. Von der Allegorese zum Sinnbild künstlerisch-literarischen Freundschaftskultur, die in der frühen Neuzeit ein zentrales Spielfeld der Sinnbildpraxis war. Es war einst Teil jener erlesenen Sammlung von Münzen, Kunstwerken und Raritäten, die Ortelius selbst stolz als sein "Museum" bezeichnete (Büttner 1998). Er sammelte Zeugnisse der antiken Kultur, aber auch Werke der Kunst und Naturalia, Zeugnisse der Na­ turgeschichte, von getrockneten Pflanzen bis zu Insekten. Wie wohl die meisten anderen Gelehrten seiner Zeit besaß Abraham Ortelius auch ein Al­

bum amicorum (Puraye 1969). Das war eine Sammlung literarischer Freund­ schafts- und Gunstbezeugungen, die entfernt mit dem neuzeitlichen Poesie­ Album verwandt ist (Kat. Den Haag 1990; Ludwig 2012). Da diese Alben in der Vormoderne ein fester Bestandteil der akademischen Kultur waren, las­ sen sich mit ihrer Hilfe die kommunikativen Netzwerke der Zeit rekonstruie­ ren. Zu diesen Netzwerken gehörten dabei nicht nur humanistisch gebildete Akademiker, sondern auch manche Künstler. Abraham Ortelius stand zu den Künstlern seiner Heimatstadt Antwerpen auch deshalb in Verbindung, weil er als Kartenzeichner und -verleger Mitglied der Lukas-Gilde war, in der die Maler Antwerpens organisiert waren. Für den bildlichen Schmuck seines Al­

bum amicorum sorgten aber nicht nur die Einträge seiner diversen Künstler­ freunde. Um eine durchgängige Gestaltung zu erreichen, die gleichermaßen ansprechend und anspielungsreich war, hatte Ortelius die Entwurfszeich­ nungen zu einer von ihm edierten numismatischen Buchpublikation als Ba­ sis des Albums genutzt. Andere Freundschaftsalben der Zeit bestehen aus durchschossenen Exemplaren von gedruckten Emblem-Büchern oder sind mit gedruckten oder gezeichneten Sinnbildern angereichert, die auf die lee­ ren Seiten geklebt sind. Die emblematischen Darstellungen, Texte und Bil­ der eines Albums waren dabei nicht allein für sich zu interpretieren, sondern standen mit den anderen Bildern und Texten in einem Dialog, den die um Beiträge gebetenen Freunde aufgriffen und bereicherten. Georg Hoefnagel hatte sich bereits am 1. September 1574 mit seinem rückseitig beschrifteten Porträt im Album amicorum von Abraham Ortelius verewigt (Puraye 1969, fol. 6). 1593 dedizierte der Maler dem Geographen ein weiteres "Denkmal der Freundschaft". Als ,,' D· [omino] AßRAHAMO O RTELIo l Amicitice monumen­ tum" ist das Blatt links unten ausdrücklich beschriftet. Rechts steht der Name des Herrn Künstlers, der das Werk "geleitet von seinem Genie" 1593 verfer­ tigte: "Georgivs Hovfnaglivs I·D· Genio duce M

D

XCIII". In der zentralen

Schriftkartusche am oberen Rand steht "ARS NEMINEM HAßET INIMICUM PRJETER IGNORANTEM", "die Kunst hat keinen Feind außer dem Unwissenden". Am

unteren Rand steht, durch den blauen Hintergrund der Kartusche hervorge­ hoben, "Hermathena". Denkmal der

Die ideelle Verbindung von Merkur und Minerva (griech. Hermes und

Freundschaft

Athena) war ein schon aus der Antike tradiertes Motiv (eie. Att. 1, 1; 4; 8; 9;

10). In der frühen Neuzeit wurde es immer wieder gerne aufgegriffen und neu interpretiert, wobei es sich um das Jahr 1600 besonders am Prager Hof größter Beliebtheit erfreute (Irmscher 2009). Die Kombination der beiden Götterfiguren war vielfältig deutbar, denn Minerva galt gemeinhin als

6. Personifikationen

Schirmherrin der Künste und Wissenschaften, Merkur als Gott der Bered­ samkeit, aber auch des Handels und der Diebe. Das konnte man beispiels­ weise bei Vincenzo Cartari nachlesen oder in dem vom Humanisten Achille Bocchi herausgegebenen Symbolicarum quaestionum de universo genere

(1574, 216, Nr. 102). Den im Begriff "Hermathena" nahegelegten symboli­ schen Anspruch von Hoefnagels Darstellung bringt vor allem die im Zen­ trum gesetzte Eule zum Ausdruck, die sich durch einen opakeren Farbauftrag und durch den Merkurstab in ihrer Klaue als zentrales Symbol zu erkennen gibt. Dieser Caduceus (griech. KryPV'KBLOV) zeigt nicht wie sonst üblich einen von zwei Schlangen umwundenen geflügelten Stab, sondern besteht aus einem von Vipern umwundenen Pinsel. Durch den Merkurstab in der Klaue wird die Eule zum Symboltier von Merkur und Minerva, schließlich galten diese Vögel, wie Albericus Philosophus in Oe deorum Imaginibus (8) schreibt, als Abzeichen der Göttin der Weisheit. Auf Hoefnagels Zeichnung steht die Eule auf einer Weltkugel, die wiederum auf einem Buch liegt. Dass aus der Erdkugel links und rechts fruchttragende Pflanzen wachsen, mag man als Hinweis darauf lesen, dass jede Blüte der Welt sich zwischen den Polen Wissen (scientia) und Denken (ratio) entwickelt, die durch das Buch und die Eule verkörpert werden. Die Eule auf dem Buch mochte aber auch an ein von Gabriel Rollenhagen publiziertes Emblem verweisen, dessen Motto "Studieo et Vigilantia" ("Durch Eifer und Aufmerksamkeit") prokla­ mierte, dass nur der verdiene Gelehrter genannt zu werden, der mit Eifer Bü­ cher studiert (Henkel/Schöne 1967, 897). Für den niederländischen Betrachter der Zeit lag in der Darstellung jedoch ein gewisser Witz, da die Eule dort gemeinhin ein negativ gedeutetes Symbol war (Vandenbroeck 1985). Hoefnagels Zeitgenossen verbanden dem Nacht­ vogel schon wegen seiner Lichtscheu eine Vielzahl negativer Deutungen. Sie sahen in der Eule geistige Blindheit, Faulheit und Sünde verkörpert. Auch der Schmetterling wurde nicht durchgängig als Symbol der Seele verstanden, sondern wurde in der Emblematik mit vielfältigen, teils auch negativen Be­ deutungen belegt (Henkel/Schöne 1967, 911-913). Ein vieldeutiger Gegen­ stand waren auch die Muschelschalen, die von Malern der Zeit als Farb- und Mischbehälter genutzt wurden. Allein in Picinellis Mundus symbolicuswer­ den für Muscheln (conchylia) zwei Dutzend unterschiedliche Deutungen vorgeschlagen (Picinelli 1681, Register). Gleiches gilt auch für den Zirkel, der auch zu den von Cesare Ripa besonders gern verwandten Attributen zählt und der genauso für das Zählen und Messen stehen kann wie für Per­ fektion (Abb. 24). Mit ihren zahlreichen symbolisch deutbaren Motiven for­ derte und erlaubte Hoefnagels Miniatur etliche unterschiedliche Lesarten, die sich auf Ortelius, ihn selbst und ihre Freundschaft beziehen ließen. Das kleine Blatt steht damit exemplarisch für eine anspielungsreiche und hoch­ komplexe Sinnbildpraxis, die in monumentaler Form in ephemeren architek­ tonischen Gestaltungen aber auch in Kirchenbauten und Palästen und deren Ausstattung ihre Fortsetzung fand.

95

V. Erfreuen, informieren und emotional

anrühren 1. Rhetorik in Theorie und Praxis Um die Mitte des 14. Jahrhunderts hatte sich ein von Humanisten und Künst­ lern getragener, intensiver literarischer Austausch über Malerei, Skulptur und Architektur entwickelt. Dieser Diskurs führte schnell dazu, dass die Lücke zwischen Theorie und Praxis des Machens und Wahrnehmens von Werken der Bau- und Bildkünste geschlossen wurde. Wichtigster Bezugs­ punkt des damaligen Schreibens über die Produktion und Rezeption von Ar­ chitektur und Bildkünsten waren dabei die aus der Antike überlieferten Texte zur Rhetorik. Eine gute Rede und ein gutes Bild sollten den gleichen Regeln folgen, wobei Cicero den besten Redner als jemanden bestimmte, "der durch seine Rede die Geister seiner Zuhörer belehrt, erfreut und bewegt. Lehren ist Pflicht, Erfreuen ehrenvoll und Rühren notwendig" (Cie. opt. gen. 1,3,4: "Optimus est enim orator qui dicendo animos audientium et docet et

delectat et permovet. Docere debitum est, delectare honorarium, permovere necessarium"). Dass diese rhetorische Trias auch für Bilder gelte, hatte mit besonderem Nachdruck auch Leon Battista Alberti proklamiert, dessen Schriften zugleich von der herausragenden Bedeutung zeugen, die dem Me­ dium Bild damals von der intellektuellen Elite Europas zugeschrieben wur­ de. Alberti gehörte einer vornehmen Florentiner Familie an, war Doktor bei­ der Rechte und später als Kanzleischreiber und päpstlicher Berater für die römische Kurie tätig. Er verfasste zahlreiche Abhandlungen zu unterschied­ lichsten Themenbereichen und äußerte sich zu Problemen der Philosophie, zu Poesie, Geschichtsschreibung, Naturwissenschaft und Technik sowie zu den bildenden Künsten. Am Beginn seiner Beschäftigung stand dabei ein Traktat über die Malerei, der 1435 vollendet war und von dem er selbst im Jahr darauf eine italienische Übersetzung anfertigte. Es folgten eine Abhand­ lung über die Architektur, die 1451/52 vorlag, und ein Buch über die Skulp­ tur, das um das Jahr 1464 fertiggestellt wurde. Mit diesen Schriften legte AI­ berti das kunsttheoretische Fundament zu einer medialen Unterscheidung der Kunstgattungen. Die bis heute übliche und vertraute, jedoch keinesfalls überzeitlich gültige Gattungseinteilung hat hier ihren Ursprung. Ohne selbst zu diesem Zeitpunkt bereits künstlerisch tätig gewesen zu sein und lange be­ vor er sich mit der Architektur beschäftigte, eröffnete Alberti die Reihe seiner theoretischen Erörterungen ausgerechnet mit einem Traktat über die Malerei. Vorbild und Muster für eine gattungsbasierte Kunsttheorie war, als einzige größere aus der Antike überlieferte kunsttheoretische Abhandlung, die Ar­ chitekturlehre Vitruvs. Es erweist die Bedeutung, die man damals der Male-

1. Rhetorik in Theorie und Praxis

rei oder allgemeiner dem Medium des Bildes zumaß, dass Alberti lange be­ vor er selbst als Architekt tätig wurde, einen Traktat über die Malerei an den Beginn seiner theoretischen Schriften stellte, von denen er gewusst haben muss, dass sie eine neue Epoche der Kunstauffassung einleiteten. Albertis Traktat über die Malerei hatte die Nobilitierung dieser Kunst und der sie ausübenden Künstler zum Ziel. Sein Anspruch war es dabei, die Malerei als eine intellektuelle T ätigkeit auszuweisen, deren gesetzmäßige Grundlagen lern- und vermittelbar waren. Auf der anderen Seite war er bemüht, die antike Dichtungstheorie und die Regeln der Rhetorik auf die Bildkunst anzuwenden, auch um dadurch den Nachweis zu erbringen, dass die Malerei eine freie Kunst und den Wissenschaften ebenbürtig sei. Nach den Gesetzen der Rhetorik, der auch viele der verwandten Begriffe entlehnt sind, ist der Traktat strukturiert und gegliedert. Das erste Buch entwickelt erstmals ausführlich in schriftlicher Form eine Methode zentralperspektivischer Bildkonstruktion. Das zweite Buch lehrt, in der Art einer Bildgrammatik, den aus Linien, Flächen und Körpern zusammengesetzten kompositionellen Aufbau eines Bildes. Das dritte Buch schließlich ist dem Künstler und den von ihm zu fordernden Fertigkeiten gewidmet, wie den Bedingungen bildnerischen Erzählens überhaupt, wobei die Wirkung des Gemäldes auf den Betrachter zum obersten Ziel der Malkunst erklärt wird. Ausführlich entwickelt Alberti in seinem Traktat die idealen Forderungen für die Gestaltung eines Gemäldes, seine Komposition und die Konstruktion räumlicher Illusion, die alle auf den spezifischen Gesetzmäßigkeiten fußen, die dem zweidimensionalen Medium des Bildes eigentümlich sind. Die hier sich abzeichnende kunsttheoretische mediale Unterscheidung der Kunstgattungen und das sich zunehmend entwickelnde Bewusstsein für die Eigenheiten des Mediums Bild markiert die Grenze zum mittelalterlichen Bildverständnis, dem die Unterscheidung zwischen zwei- und dreidimensionalen Bildwerken fremd war. Zugleich beginnt mit Alberti die systematische Rhetorisierung des Bildes, das in der Anlehnung an die Argumentationsstruktur von Texten damals zu einer dem Wort gleichrangigen und der Sprache entsprechenden Mittei­ lungsform entwickelt wurde. "Ut pictura poesis" - "ein Gedicht soll wie ein Gemälde sein" -, hatte der römische Dichter Horaz in seiner Ars poetica

(361) geschrieben. Aus dieser von Malern und Kunsttheoretikern bewusst missverstandenen Maxime, war mit der Umkehrung dieser Forderung - "ein Gemälde soll wie ein Gedicht sein" - die Doktrin erwachsen, dass für Bilder gelten solle, was auch für die Poesie galt. Gemälde sollten nicht nur kunst­ voll gemacht, sondern auch als Kunst erdacht sein. Erfindungen einer künst­ lerischen Phantasie, die man zuvor nur Literaten zugestanden hatte, bean­ spruchten nun auch die Maler. Und wo die antike Theorie von den Literaten Anschaulichkeit gefordert hatte, erwuchs nun die Forderung, dass die Bilder wie eine Dichtung zu sein hätten. Alberti sah dabei die unterschiedlichen Aufgaben der Bildkunst einem gemeinsamen kunsttheoretischen Ziel unter­ geordnet, indem er alle öffentlichen Bilder als Mittel ästhetischer Erziehung

Leon Battista Alberti

97

98 V. Erfreuen, informieren und emotional anrühren dem Wohl des Gemeinwesens einordnete. Und auch darin orientierte er sich an der Rhetorik, in der allen Aufgaben der Rede ein gemeinsamer Zweck innewohnte, denn sie sollte erfreuen, belehren und bewegen, um die Hörer möglichst wirksam zu überzeugen und sie zu sittlichen Haltungen und Handlungen zu leiten. ut pictura poesis

Dass dabei Vorstellungen zum Tragen kamen, die sich auf eine bis weit in die Antike zurückreichende Tradition berufen konnten, verdeutlich ein fast vollständig aus antiken Quellen kompilierter Traktat des Kunsttheoretikers Franciscus Junius. In seiner Abhandlung "über die Malerei der Alten" (Oe

pictura veterum) bezeichnete Junius 1637 (I, 4, 2) unter Verweis auf Simoni­ des und andere klassische Autoritäten Dichtung und Malerei als "Schwes­ terkünste" (I, 3, 12). "Wie sollten denn unsere Wissenschaften von der Nachahmung aller sichtbaren Dinge nicht aneinanderhängen?", heißt es entsprechend bei dem holländischen Maler und Kunstschriftsteller Samuel van Hoogstraten (1678, 70). Er bezeichnete 1678 die Malerei sogar als Wis­ senschaft, "um alle Ideen oder Denkbilder darzustellen, die die ganze sicht­ bare Natur geben kann" (ebd. 24). In ihrem Bemühen um Nachahmung und Naturstudium sei die Malerei "eine echte Schwester der reflektierenden Philosophie" (Hoogstraeten 1678, 347 f.). Die hier beschworene Verwandt­ schaft erklärte sich aus der universellen Anwendbarkeit der Rhetorik, deren Regelwerk auch seinen Überlegungen zugrunde lag (Weststeijn 2008, 118). Entsprechend den officia oratoris, den Pflichten des Redners von der Verfer­ tigung einer Rede bis zum Vortrag, formulierte auch Hoogstraten, ganz im Sinne anderer Theoretiker seiner Zeit, die Aufgaben des Malers und der idealen Malerei in der Rhetorik entlehnten Begriffen (Weststeijn 2008, 69, 111). Die Anforderung an die Vermittlung durch Bilder bezog sich dabei nicht allein auf die Sinnanreicherung durch symbolische Motive, sondern - ganz den Forderungen der Rhetorik gemäß - auf den der Aussageabsicht ange­ messenen Gesamtcharakter der Darstellung. Sehr eindringlich formulierte Antoine Coypel 1721 auf einer Conference der Academie Royale de Peintu­

re et de Sculpture diese für alle Künste gleichermaßen geltende Forderung. "Er [gemeint ist hier der Maler] muss, wie der Musiker, einen Modus wählen, der dem Gegenstand angemessen ist und dadurch für das Auge den wahren Charakter, sei es Freude, Entsetzen oder Trauer, ausdrückt." Uouin 1883, 301: ,,11 faut prendre, comme les Musiciens, un mode qui convienne au sujet, et en exprimer par le coup d'ceil le veritable caractere, soit de joie, soit d'horreur ou de tristesse"). Schon am 6. Juni 1675 hatte der Akademie-Sekre­ tär, der Maler Henri Testelin, an gleicher Stelle ausgeführt, dass "alle Teile der Komposition den Charakter des darzustellenden Gegenstandes tragen sollen, so dass dessen Idee vom Bild zum Geist des Betrachtenden unmittel­ bar übergehen kann, damit Gefühle, die von dem Gegenstand verlangt wer­ den, erweckt werden. So soll z.B. bei einem Thema der Zufriedenheit und des Friedens alles angenehm und friedlich erscheinen. Bei einem Thema des Krieges soll alles unruhig, voll von Erschrecken und Verwirrung scheinen,

1. Rhetorik in Theorie und Praxis

bei einem würdigen und großen Thema soll man überall Größe und Majestät sehen lassen" (Biatostocki 1966,21; Jouin 1883,Tab. vor 167). Künstler und Kunsttheoretiker haben sich intensiv mit den Modi der expressiven Form und der formalen und inhaltlichen Bedeutung der Stil-Lagen auseinandergesetzt (Biatostocki 1966,9-35; Puttfarken 1985,29-37; Göttler 1999), die beson­ ders für die Interpretation der Werke von Nicolas Poussin in Anspruch ge­ nommen wird (Stumpfhaus 2007). In der Kunsttheorie der Zeit nahm die Modus-Lehre einen so bedeutenden Platz ein, weil sie unmittelbar mit dem grundlegenden regulativen Prinzip der Rhetorik verbunden war, dem aptum oder decorum. Mit diesen meist synonym gebrauchten Begriffen wurde die allgemeine Anforderung beschrieben, alle Elemente und Teilaspekte einer Rede aufeinander und die jeweils spezifischen Äußerungskontexte abzustimmen. Für bildende Künstler erwuchs daraus die Forderung, die passenden Bildgegenstände zu den - zumeist ja durch Auftragskontexte vorgegebenen - Themen auszuwählen, deren lokale und funktionale Einbindung zu bedenken sowie einen möglichst genau zu Anlass, Ort und Gesamtaussage passenden Modus, die angemessene Stil-Lage, zu wählen, um dem decorum als Prinzip der Angemessenheit zu genügen. Schon die antiken Lehrbücher der Rhetorik hatten dabei die Forderung der Angemessenheit im Kontext eines sozialen Normenkodexes verstanden. So war schon bei Vitruv zu lesen, dass bei der Errichtung von Gebäuden und Wohnanlagen stets die soziale Stellung der Bewohner zu berücksichtigen sei, weshalb "für Leute, die nur durchschnittlich vermögend sind, prächtige Vorhallen, Empfangssäle und Atrien nicht notwendig sind (. ..) Für hochstehende Personen allerdings ( ...) müssen fürstliche, hohe Vorhallen, sehr weiträumige Atrien und Peristyle gebaut werden, Gartenanlagen und geräumige Spazierwege, die der Würde angemessen angelegt sind" (Vit. V, 1,2). Auch Cicero hatte in seinem Orator (74) die konventionelle moralische Dimension genauer umrissen, die jedes öffentliche Auftreten einer Person als notwendig dem familiären Status, dem Beruf, Geschlecht und Alter angemessen beschrieb. Das betraf die von Cicero betonte notwendige Angemessenheit der Körpersprache, aber auch die angemessene Kleidung, durch die soziale Zugehörigkeiten deutlich markiert wurden. Denn, dass Kleider Leute machen, lehrte schon Seneca (epist. 47,16: "Homo ex veste aestimatur"). Die aus der frühen Neuzeit in großer Zahl überlieferten "Policey-" und Kleiderordnungen legen beredt davon Zeugnis ab, wie sensibel die Zeitgenossen mit den Medien der sozialen Distinktion umgingen und wie differenziert das soziale Verständnis von Angemessenheit war. Diese Angemessenheit bezog sich dabei natürlich auch auf die notwendi­ ge Verständlichkeit. Diese Grundforderung, die in der Vormoderne gleicher Weise für Wort und Bild galt, hatte Cicero in seinem Orator (8) eindringlich formuliert: "Die Einsicht der Zuhörer war für die Beredsamkeit der Redner immer maßgeblich. Denn alle, die Beifall finden wollen, sehen auf das, was die Zuhörer wünschen, richten sich ganz danach und passen sich ganz dem Urteil und dem Willen ihrer Zuhörer an" ("Semper oratorum eloquentiae mo-

aptum - decorum

99

100 V. Erfreuen, informieren und emotional anrühren deratrix fuit auditorum prudentia. Omnes enim qui probari volunt volunta­ tem eorum qui audiunt intuentur ad eamque et ad eorum arbitrium et nutum totos se fingunt et accommodant"). Die in den Begriffen der Rhetorik sich ar­ tikulierenden Bilddiskurse hatten einen ganz unmittelbar lebensweltlichen Bezug, der hier keinesfalls aus dem Auge verloren werden darf. Für die sach­ gerechte ikonographische Analyse sind weniger die theoretischen Diskurse von Bedeutung, als die in ihnen konservierten Verweise auf die Wahrneh­ mung von Normalität und Devianz. Viele Botschaften, die den seinerzeit an­ genommenen Sprachcharakter der Bilder maßgeblich bestimmten, lassen sich nur vor dem Hintergrund eines Wissens darum erschließen, was von den Zeitgenossen als Normalität verstanden wurde oder was als besonders und von der Norm abweichend galt. Das ist in jedem Einzelfall durch den Ver­ gleich mit zeitgenössischen Bild- und Textzeugnissen zu ermitteln. Die engen Zusammenhänge zwischen Rede und Bild seien im Folgenden exemplarisch an einem Altarwerk aufgezeigt, das Peter Paul Rubens 1611 für die 1798 abgebrochene Kirche St. Walburga in Antwerpen geschaffen hatte. In einer Maßstäbe setzenden Weise sind für die Kreuzaufrichtung (Abb. 26) die frühneuzeitlichen Formen der Bildproduktion und des Bildver­ stehens untersucht und dargestellt worden (Heinen 1996).

Abb. 26: Peter Paul Rubens: Kreuzaufrichtung, 1611

Öl auf Holz, 462 x 341 cm (Mitteltafel); 462 Antwerpen, Kathedrale

x

150 cm (je Flügel)

® Heinen 1996; Lawrence 1999; Judson 2000, Nr. 20-28.

1. Rhetorik in Theorie und Praxis 101

Mit einem dem Hochaltar einer Kirche angemessenen Pathos inszeniert

Stumme Predigt

Rubens auf diesem beeindruckenden Retabel eine visuelle Predigt über den Kreuzestod Christi. Die Kreuzaufrichtung ist den lokalen Traditionen entsprechend als Triptychon gestaltet, auf dessen Außenflügeln die Heiligen Amandus und Walburga sowie Eligius und Katharina dargestellt sind. Die fast sechseinhalb Meter breite und mehr als viereinhalb Meter hohe Innenseite zeigt, über alle drei Tafeln ausgebreitet, den Berg Golgatha im Moment der Aufrichtung des Kreuzes Christi. Eine detaillierte Analyse des Werkes er­ weist, wie sich Rubens zwischen Predigt und Kunst, ganz im Sinne der nach dem Konzil von Trient entwickelten katholischen Bild- und Kunsttheorie, als "geräuschloser Prediger" mit medienspezifischen Mitteln in den Dienst der Glaubensunterweisung stellt. Dieses monumentale Altarwerk war der größte und schwierigste Auftrag, den Rubens in Antwerpen erhielt, nachdem er 1609 aus Italien zurückgekehrt war. Er bot ihm die Möglichkeit, sein maleri­ sches Können zu demonstrieren und seine Überlegungen zu den nachtri­ dentinischen Ideen über die Rolle und Bedeutung von Bildern in einem gro­ ßen Altarwerk umzusetzen. Rubens dürfte dabei mit dem für die katholische Bildertheologie zentralen Traktat des Bologneser Theologen Gabriele Paleot­ ti vertraut gewesen sein, dem 1582 publizierten Oiscorso intorno alle imagi­

ni sacre e profane. Das durch den Auftrag geforderte zentrale Motiv der Kreuzaufrichtung fehlt in den bibli­ schen Passionsberichten, hat aber eine weit zu­ rückreichende Bildtradition. Sie nimmt von der mittelalterlichen

Passionsfrömmigkeit

ihren

Ausgang, deren Ziel es war, die schrecklichen Leiden Christi möglichst intensiv zu vermitteln. Die meditative Versenkung und das Mitleid mit den Martern Christi galt zu Rubens' Zeit und lange darüber hinaus als wichtiger Schritt auf dem Weg einer innerlichen und äußerlichen "Nachfolge Christi", wie sie schon im Mittelal­ ter Thomas von Kempen beschrieben hatte. Vor dem Hintergrund dieser

Frömmigkeitspraxis

war Rubens' Retabel als visuelle Predigt ange­ legt, in der sich ein exordium, eine narratio, eine argumentatio und eine peroratio unter­ scheiden lassen (Heinen 1996, 45-73). Das

exordium fungiert dabei als seine Hinführung, durch die das Publikum grundlegend einge­ stimmt wird, um es für das vorzutragende An­ liegen zu gewinnen. Diese Aufgabe übernimmt die Alltagsseite des Retabels (Abb. 26a), auf der die als Vorbilder für die ideale Nachfolge Chri­ sti stehenden Heiligenfiguren gezeigt sind. Ein

Abb. 26a: Peter Paul Rubens: Außenflügel der Kreuzaufrichtung, 1611

Öl auf Holz, 462 x 341 cm Antwerpen, Kathedrale

102 V. Erfreuen, informieren und emotional anrühren konkretes Motiv dieses exordiums sind die gemalten Früchtegirlanden auf den als Grisaille gemalten Figurensockeln auf den Außenseiten der Flügel des Retabels, mit denen das auf gleicher Höhe durchlaufende Motiv der Ka­ pitelle des Langhauses wieder aufgegriffen wird. Im Kontext des Kirchenrau­ mes und der Bilderzählung des Triptychons verweisen die Festons auf die "Früchte", die das am Kreuz erbrachte Opfer Christi trägt. Immer wieder be­ gegnet in der nachtridentinischen Theologie der Verweis auf die "Früchte" des Kreuzesopfers, die den Gläubigen durch das Messopfer zuteil werde. Das derartige emblematische Motive im Kontext eines komplexen ikonogra­ phischen Programms tatsächlich als exordium verstanden werden konnten, bezeugt auch die Beschreibung Gian Pietro Belloris, der 1672 die "emble­ mi" der Fresken Annibale Carraccis in der Galleria Farnese als exordium des "argomento delle immagine" beschrieb (Heinen 1996,49). visuelle

Die narratio von Rubens' Altarwerk, die Schilderung des Sachverhaltes,

Argumentation

wird auf dem geöffneten Triptychon entfaltet. Dort wird unter Wahrung des für die dramatische Szene angemessenen Dekorums das Leiden Christi an­ schaulich gemacht. In einem körpersprachlichen Ausdruck, durch Bewegun­ gen sowie durch sorgsam abgestimmte Gesten und Blicke, werden das Lei­ den Christi und die Emotionen der Zuschauer unmittelbar nachvollziehbar. Zugleich wird die an den Kreuzestod gebundene Erlösungshoffnung im Bild reflektiert, wobei in die diesbezügliche visuelle Argumentation auch die heu­ te nur fragmentarisch erhaltenen Teile der architektonischen Einfassung ein­ bezogen waren. Die Lichtstimmung verweist schon auf die beim Tode Christi eintretende Sonnenfinsternis, während der Mund Christi zum Sprechen ge­ öffnet scheint. Das Altarwerk wird in dieser Perspektive zu einer stummen Predigt über das erste Kreuzeswort Christi, "Vater, vergib ihnen, denn sie wis­ sen nicht, was sie tun." (Lk 23, 34). Als Vorbilder im Glauben erscheinen links die nahezu unbewegten Figuren von Maria und Johannes, der ihr trö­ stend die Hand auf den Arm legt und ihr gut zuzureden scheint. Sie sind ge­ nauso Zeugen und Adressaten der Rede des sterbenden Jesus wie der reuige Hauptmann auf dem sich umwendenden Pferd, dessen Gestik sein biblisches Zeugnis illustriert: "Wahrhaftig, dieser Mensch war Gottes Sohn!" (Mk

15,39). Das argumentum und seine visuelle Erörterung führen vom histori­ schen Sinn der Darstellung biblischen Geschehens, der Exegese nach dem mehrfachen Sinn der Schrift folgend, zu einer allegorischen Auslegung. In diese Ausdeutung des heilsgeschichtlichen Sinns lassen sich alle Teile des Bildensembles einbeziehen, wobei sogar die Pflanzensymbolik zur Deutung beiträgt. Zugleich wird in der visualisierten Vergebungsbitte Christi, die un­ mittelbar an den Betrachter appelliert, die tropologische Deutung der Bibel­ exegese greifbar, die Frage nach der Bedeutung für das Leben des Gläubigen. Die von Rubens entwickelte visuelle Predigt, deren subtile Aussagegehal­ te hier nur in unzureichender Verkürzung ausgebreitet werden können, appellierte dabei an ein breites Publikum, das sich aus Betrachtern mit unter­ schiedlichen Bildungshintergründen zusammensetzte. Rubens strebte offen­ sichtlich danach, mit bildnerischen Mitteln eine allgemeine Übereinstim-

1. Rhetorik in Theorie und Praxis

mung der Wahrnehmung herzustellen, einen "consensus gentium" oder "consenso universale dei popolo", wie es Pa I eotti (1582, 497) formulierte. Das Altarwerk sollte von den gebildeten Betrachtern als großartiges Kunst­ werk wahrgenommen werden und den Gläubigen eine inhaltlich komplexe Predigt vor Augen stellen, die auf alle gleichermaßen emotional und affizie­ rend wirkte (Heinen 1996, 99). Um das zu erreichen, folgte Rubens beispielsweise der in verschiedenen nachtridentinischen Bildtraktaten gegebenen Empfehlung, sich bei der Gestaltung des leidenden Christus der Figur des Laokoon zu bedienen (Abb. 8), die man damals als stoisches Tugendmuster und exemplum doloris deutete, als vorbildhaften Ausdruck des Leidens. Einen Kunstgriff von unmittelbarer Wirkung bedeutet die in der dezenten Übertreibung der Posen zum Ausdruck gebrachte Kraftanstrengung, mit der die muskulösen Schergen ihrem verbrecherischen Tun nachgehen. Ihre Körperlichkeit unterstreicht die Brutalität der Szenerie, deren emotionaler Wirkung sich selbst völlig unvoreingenommene Betrachter nicht entziehen können. Ein beredtes Zeugnis der frühneuzeitlichen Affektkultur sind auch die in großer Zahl überlieferten Porträts. Das Bemühen, einen Menschen bekannt zu machen, und das Interesse, einen berühmten Menschen nicht nur vom Namen, sondern auch im Bild kennenzulernen, ließen in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts das druckgraphische Bildnis entstehen. Seit der Mitte des 16. Jahrhunderts brachten dann alle europäischen Herrscher, die in die politischen Geschicke ihrer Zeit involviert waren, gestochene Bildnisse ihrer Person in Umlauf. Zugleich entstanden erste Sammlungen von Porträts, die eine ganze Gruppe von Menschen abbilden und würdigen sollten, wie zum Beispiel Regenten, Heerführer, Gelehrte oder Künstler. Das bekannteste Porträtwerk des 17. Jahrhunderts war die sogenannte Ico­

nographie des Antoon Van Dyck (Abb. 27). Dabei handelt es sich um eine Sammlung von Bildnissen bedeutender Diplomaten und Fürsten der Zeit, so­ wie von Künstlern, Kunstliebhabern und Gelehrten. Zum ersten Mal erschei­ nen hier Bildnisse von Künstlern gleichrangig neben denen von Fürsten und Gelehrten, ja an Zahl diesen sogar weit überlegen. Neben den von verschie­ denen Kupferstechern nach Entwürfen Van Dycks gestochenen oder zumin­ dest mit dem Grabstichel vollendeten Bildnissen, enthält die zweite, 1645/ 46 posthum erschienene Ausgabe der lconographie auch fünf eigenhändige Radierungen, die unvollendet blieben. Über die Datierung wie über die Ab­ sichten, die Van Dyck mit den radierten Porträts verfolgte, ist nur wenig be­ kannt, doch entstanden sie vermutlich als Arbeitsgrundlage für die an dem Porträtwerk beteiligten Kupferstecher. Die Entstehungsgeschichte der Serie reicht bis in den Winter des Jahres 1631/32 zurück, als Van Dyck aus Italien nach Den Haag zurückgekehrt war (Kat. Antwerpen/Amsterdam 1999, 72-91). Von dieser Zeit an bis zu seinem Tod im Jahre 1641 scheint er das Unternehmen mit unterschiedlicher Intensität betrieben zu haben. Sein Ziel war es dabei, eine Serie von Bildnissen berühmter Zeitgenossen zu schaffen, die, nicht zuletzt durch deren Berühmtheit auch den Ruhm Van Dycks als

Tugendmuster

103

104 V. Erfreuen, informieren und emotional anrühren

CI.ARlSSlMVS lvSTVS.

LIPSIVS

REGIVS PROFESSOR

HISTOR IQOR.APHVS

CONSlJAIUVS I>TC.

Abb. 27: Schelte Adamsz. Bolswert nach Antoon Van Dyck: Bildnis des justus

Lipsius, um 1635 Kupferstich, 25,3

x

16,8 cm

® Mauquoy-Hendrickx 199 1, Nr.22; Barnes/de Poorter/MiliarNey 2004, Nr.111.156.

Porträtist mehren sollte. Um die Mitte der dreißiger Jahre übernahm der Ant­ werpener Verleger Marten Van den Enden die Distribution der Serie. 1 641 , im Todesjahr Van Dycks, waren schon zwei Auflagen von 80 Bildnissen er­ schienen, wobei die Serie stetig ergänzt und erweitert wurde, bis sie am Ende des Jahrhunderts 190 Blätter umfasste. Sprechende

Zu den noch zu Lebzeiten Van Dycks veröffentlichten Blättern gehört

Bildnisse

das Porträt des Justus Lipsius, den die Bildunterschrift als berühmten könig­ lichen Historiker, Professor, königlichen Rat und weiteres ausweist ("Claris­ simvs Ivstvs Lipsivs Historiographvs / Regivs Professor Consliarivs [sic!] Etc.I/ ). Darunter finden sich noch die Hinweise auf den Maler ("Ant. van Dyck pinxit /l) und den Verleger, der das durch ein Privileg geschützte Blatt herausgegeben hatte ("mart. vanden. enden excudit cum priuilegio"). Die

1. Rhetorik in Theorie und Praxis

Druckplatte, von der bis ins 19. Jahrhundert hinein tausende von Abzügen gemacht wurden, hat sich erhalten und befindet sich heute im Louvre (lnv.

2401). Auch die Stichvorlage existiert noch, wobei sich Van Dyck für diese Grisaille auf das Vorbild eines anderen Künstlers stützen musste, da Lipsius schon 1606 gestorben war. Es mag dies ein Gemälde seines Lehrers Rubens gewesen sein, das selbst auf ein verlorenes Gemälde von Abraham Janssens zurückging, das Pieter de Jode druckgraphisch reproduziert hatte. Van Dycks Porträt zeigt den Gelehrten in einer Schaube mit Leopardenfell-Kra­ gen, einem extravaganten Kleidungsstück, das in verschiedenen Quellen erwähnt wird und das von den Zeitgenossen als Statusrepräsentation ver­ standen wurde (Zitzlsperger 2010). Lipsius hatte sich vor allem als Altphilo­ loge einen Namen gemacht und seine bis ins 18. Jahrhundert nachgedruck­ ten kritischen Gesamtausgaben von Tacitus (1573/81) und Seneca (1605/

15) genossen international großes Ansehen. Darüber hinaus war er über alle Konfessions- und Klassengrenzen hinweg einer der wichtigsten und po­ pulärsten Philosophen seiner Zeit. Seinen Ruhm begründeten vor allem die

1584 erstmals edierten Oe constantia libri duo, ein in der politischen Ge­ genwart angesiedelter, von der Philosophie inspirierter Dialog über die Standhaftigkeit. Dem Leser seiner Schriften mochte das Porträt als Ausdruck der Seelenruhe erscheinen, denn das bärtige Gesicht wirkt völlig ruhig. Der Blick ist in die Ferne gerichtet. Die rechte Hand steckt zwischen den Seiten eines Buches, die Linke ist sprechend erhoben. Obwohl der Mund kaum geöffnet scheint, redet Lipsius doch mit den Händen. Dem kam nach Quintilian für den überzeugenden Vortrag größte Bedeutung zu (Quint. Inst. XI 3, 85-124). Um dieses eigentliche Ziel jeder Rede zu erreichen, empfiehlt dieses antike Handbuch der Rhetorik aber vor allem die Affekter­ regung. "Solcher Gefühlsregungen aber gibt es, wie wir seit alters gelernt haben, zwei Arten: die eine nennen die Griechen Pathos, was wir im Latei­ nischen richtig und im eigentlichen Sinn mit Affekt [adfectusl wiedergeben, die andere Ethos, wofür wenigstens nach meinem Empfinden die lateini­ sche Sprache kein Wort hat. ( ...) Das Ethos, das wir meinen und in der Rede verlangen, ist ein Gefühl, das sich vor allem durch seine Lauterkeit und Güte empfiehlt, nicht nur sanftes und gefälliges, sondern meist auch liebenswürdiges und recht menschliches Wesen, das auch für die Zuhörer einnehmend und angenehm wirkt" (Quint. Inst. VI 2, 8 u. 13; Übers. H. Rahn). Van Dycks Publikum war vermutlich mit Quintilians Institutionis

oratoriae vertraut und wird um die Bedeutung der Entgegenkommen aus­ drückenden geöffneten Hand gewusst haben. Lipsius empfiehlt sich in dem Stich durch ruhiges Sprechen und sein Offenheit ausdrückendes Erschei­ nungsbild als Rhetor, der mit dem für einen glaubwürdigen Vortrag uner­ lässlichen Ethos ausgestattet ist. In der Perspektive modernen Bildumgangs ist ein Porträt schlicht die Ab­ bildung einer real existierenden Person. In der vormodernen Wahrnehmung fiel den Bildnissen eine Vielzahl an Aufgaben zu, die sich zum Beispiel im Kontext des Stifterbildes im fließenden Übergang zwischen profanen und sa-

imaginäre Gegenwart

105

106

V. Erfreuen, informieren und emotional anrühren

kralen Bildern bewegte (Hecht 2012,

132-134). Wie anders Bildnisse in der

Vormoderne gesehen und wahrgenommen wurden, vermag ein Blick in Jo­ hann Heinrich Zedlers Universa/-Lexicon zu verdeutlichen, das mit Abstand umfangreichste Lexikon des

18. Jahrhunderts. Dort kann man im Artikel

"Bildnis" nachlesen, wie Herrscherporträts im zeremoniellen Kontext ge­ nutzt und betrachtet wurden: "Was das Bild eines souverainen Herrns anlanget, so stehet selbiges in denen Audientz-Zimmern, bey denen Gesandten zwischen dem Bal­ dachin und dem Barade-Stuhl, meistens in Form eines Brust-Bildes erhö­ het. Es präsentiret die Person, gleich als wäre selbe gegenwärtig, dahero mag auch sei bigen im Sitzen nicht leicht der Rücken zugewendet werden, auch niemand in dem Zimmer, wo das Bildnis eines regierenden Potenta­ ten befindlich, mit bedecktem Haupte, die Ambassadeurs ausgenommen, erscheinen darff" (Zedler 1732-54,

3, Sp. 1825).

2. Sinnbildsysteme als Lebenswirklichkeit Schon seit der Antike hatte sich ein reichhaltiges Repertoire an zeremoniel­ len Inszenierungen herrscherlicher Macht etabliert. In der frühen Neuzeit wurden diese Inszenierungspraktiken weiterentwickelt, aus denen sich zur Blütezeit des Absolutismus eine "Zeremonialwissenschaft" entwickelte (Vec

1998). Julius Bernhard von Rohrs 1729 publizierte Ein/eitung zur Cerema­ nie/-Wissenschaft der grossen Herren ist ein typisches Beispiel für diese für

die ikonographische Forschung als Quelle bedeutsame Literaturgattung, in der aus der Perspektive der juristischen und politischen Theorie die für Di­ plomatie und Rechtswissenschaft bedeutsame Frage der Herrschaftsreprä­ sentation reflektiert wird. Ein bedeutendes Dokument für den ikonographi­ schen Aufwand, der in zeremoniellen Kontexten betrieben wurde, sind die Festdekorationen für den Empfang des neuen Statthalters der Niederlande in Antwerpen, an deren künstlerischer Umsetzung Peter Paul Rubens seit Herbst

1634 gearbeitet hatte. Für die allegorischen Inschriften und andere

inhaltliche Details des Programms war der mit Rubens eng befreundete Hu­ manist Jan Gaspar Gevaerts zuständig. Die Stadt hatte zu diesem Anlass we­ der Kosten noch Mühen gescheut und insgesamt vierzigtausend Gulden in­ vestiert. Die Pampa Introitus oder B/ ijde Inkamst, wie der feierliche Einzug auf Niederländisch hieß, war dabei nicht nur ein aufwendiges Fest, sondern ein symbolisch aufgeladenes politisches Ritual, mit dem die niederländi­ schen Städte ihre Loyalität gegenüber dem Regenten ausdrückten, der im Gegenzug ihre Rechte und Privilegien anerkannte und erneuerte. Für Ant­ werpen verbanden sich mit dem Amtsantritt des neuen Statthalters große Hoffnungen, schließlich war Ferdinand der berühmte Sieger der bedeuten­ den Schlacht von Nördlingen. Die politische Situation war angespannt. Der über Jahre sich hinziehende Krieg mit den nördlichen Provinzen hatte Ant­ werpen an den Rand des Ruins gebracht. Die Stadt litt nicht nur unter der

2. Sinnbildsysteme als Lebenswirklichkeit 107

Abb. 28: Theodor van Tulden nach Peter Paul Rubens: Portikus der habsburgi­ schen Herrscher; 1635

Radierung von zwei P latten, 53,9 x 84,3 cm Doppelseite aus Jan Gaspar Gevaerts: Pompa introitus honori Serenis­ simi Principis Ferdinandi Austriaci hispaniarum Infantis S. R. E. Card. Belgarum et Burgundionum gubernatoris, Antwerpen: Meursius, 1641,

fol. B4r.

® Martin 1972, Nr. 21; Berghaus 2005; Knaap/Putnam 2014.

Sperrung der Scheide durch die Truppen der nördlichen Allianz, sondern auch unter den von der spanischen Zentralregierung verfügten Handeisbe­ schränkungen. Das gesamte ikonographische Programm der Festdekoratio­ nen erschließt sich vor dem Hintergrund der politischen Situation als drin­ gender Appell an den spanischen König und seinen neuen Statthalter, Antwerpen in der schwierigen Zeit militärisch und fiskalisch beizustehen. Zu seinen Höhepunkten zählte der Portikus der habsburgischen Herrscher (Abb.28). Der Entwurf war am 5. Dezember 1634 vollendet, wobei Rubens den ausgesprochen komplizierten Portikus durch Zeichnungen vorbereitete. Hinzu kam eine Serie von Ölskizzen in Grisaille mit den Porträts der habs­ burgischen Herrscher, die den Bildhauern als Vorlage dienen konnten, die diese Bildnisse in monumentale steinerne Statuen umsetzen sollten. Die nach den Entwürfen ausgeführte Festarchitektur war ein hybrides Gebilde, das aus einer Säulengalerie und einem Triumphbogen bestand. Dabei standen insgesamt zwölf Steinskulpturen in einer aus Holz und Leinwand verfertigten Arkadenarchitektur, die das von einem Obelisken und zwei ge­ drehten Säulen bekrönte Portal flankierte. Zu Füßen des von einer Sonne bekrönten Obelisken saßen zwei Adler. Darüber hinaus war er mit den Fah-

Eine beredte Festdekoration

108 V. Erfreuen, informieren und emotional anrühren nen des Reiches, des Hauses Habsburg sowie mit Wappen geschmückt. Über den kannelierten ionischen Pilastern, die das Portal flankierten, erho­ ben sich die bekrönten salomonischen Säulen, um die sich Schriftbänder mit dem Motto "plus ultra" ("Darüber hinaus") wanden. Es war die Imprese Karls v., die selbstverständlich auch in Paolo Giovios Dia/ogo del/'imprese erläutert wurde. Sockel, Architrav, Gebälk und die umlaufende Balustrade waren reich mit Girlanden und den Impresen der Herrscher des Hauses Habsburg dekoriert, für die sich ein Blatt mit originalen Entwurfszeichnun­ gen erhalten hat (Martin 1972, 106). Oben über dem Mittelportal standen geflügelte Victorien mit Lorbeerkränzen in den Händen, genau wie an den äußeren Enden der Konstruktion, wobei die linke von zwei Greifen flankiert wurde, die rechte von zwei Löwen. Zwischen den zwölf Herrscherbildnis­ sen waren zwölf Hermen mit Götterbildern angeordnet, sechs männliche und sechs weibliche, deren Identität und Bedeutung das von Gevaerts ver­ fasste Konzept erläutert. Mit allen Sinnen

Die aufwendige Festbühne hatte ihren Platz auf der prominentesten Straße Antwerpens, dem Meir. Die Route des Festzugs und sein Verlauf sind genau dokumentiert. So weiß man, dass der Termin des festlichen Einzuges von Kardinal-Infant Ferdinand von Österreich in Antwerpen wegen nicht enden wollenden Regens und eines Kälteeinbruchs mehrfach verschoben werden musste. Als es am 16. April 1635 endlich soweit war, lag Rubens krank im Bett, doch dürfte er das Spektakel zumindest akustisch unmittelbar miterlebt haben, lag doch sein Haus am Wapper nur wenige Meter vom Meir entfernt, auf dem die Teilnehmer des Festzuges zuerst einen großen mit einem Wal geschmückten Wagen sahen. Nur wenige Meter weiter brachte ein extrava­ gantes pyrotechnisches Spektakel den Zug ins Stocken, das die Postmeister zu Ehren des Statthalters arrangiert hatten. Wohl auch durch das Feuerwerks­ spektakel angelockt begleitete eine stetig wachsende Menschenmenge den Zug entlang des Meir. Trompeten und Schalmeien sorgten für eine passende musikalische Untermalung, als nahe der Garenstraat mit dem Portikus der habsburgischen Herrscher die spektakulärste Schaubühne sichtbar wurde,

die Rubens für die B/ijde Inkomst entworfen hatte (Abb. 28). Die großforma­ tige Radierung Theodor van Tuldens, so beeindruckend sie sein mag, vermit­ telt fraglos nur einen höchst unzulänglichen Eindruck von der Magnifizenz und Pracht der Gesamtinszenierung. Mit ihrer Vielzahl farbiger Figuren, den emblematischen Devisen, flatternden Flaggen und der grandiosen Architek­ tur, die von Trompetenschall und Jubel umtost wurde, muss diese großartige Solennität die Bevölkerung Antwerpens genauso beeindruckt haben wie das höfische Publikum. Um die appellative Wirkung des ikonographischen Programms nachhaltig zu unterstreichen, ließ Gevaerts das von ihm entwickelte Programm dru­ cken. Kaum einen Monat nach dem Einzug sandte er ein Exemplar des Text­ es nach Brüssel. In der Hoffnung, durch den Verkauf einer prachtvollen Pu­ blikation einen Teil der enormen Kosten des Unternehmens refinanzieren zu können, beauftragte der Magistrat der Stadt Theodor van Thulden, fünfund-

2. Sinnbildsysteme als Lebenswirklichkeit

zwanzig Darstellungen der Triumphbögen und Festbauten sowie fünfzehn Detailansichten der darin enthaltenen Hauptgemälde zu radieren, die dann zusammen mit Gevaerts Text publiziert werden sollten. Die Publikation ge­ staltete sich schwierig, so dass der Band erst fünf Jahre nach dem Ereignis erschien. Heute vermittelt die luxuriöse Buchpublikation zumindest einen Eindruck von der Intention des ikonographischen Programms und die verein­ zelt bewahrt gebliebenen gemalten Teile der Dekoration lassen die verlore­ ne Pracht zumindest erahnen. Nur noch Spuren alter Pracht zeigen heute auch die meisten Tapisserien. Mit diesem französischen Lehnwort bezeichnet man auf Hochwebstühlen hergestellte Gewebe, in die Bilder eingewirkt sind, so dass sie oft auch als Bildteppiche bezeichnet werden. In der frühen Neuzeit zählten sie auch wegen ihrer außerordentlichen Kostbarkeit zu den primären Bildmedien der höfischen Repräsentation. Tapisserien sind allerdings wie alle textilen Materialien ausgesprochen lichtempfindlich. Deshalb hat kaum ein Wandteppich den Zeitläuften widerstehen können. Die einst kräftigen Farben sind heute blass und verschossen. Weil besonders die Gelbanteile der grünen Farbtöne diesen Oxydationsprozessen unterliegen, wirken viele Tapisserien heute blaustichig. Zumeist bekommen nur Restauratoren und Museumsmitarbeiter einen Eindruck von der einstigen Pracht, die dank ihres direkten Zugangs zu den Objekten die Möglichkeit haben, die Rückseiten der Teppiche zu sehen, deren Farben zumeist weit besser erhalten sind. Zu den bedeutendsten Werkstätten für dieses exklusive höfische Bildme­ dium gehörte im 17. Jahrhundert die "Manufacture Royale des Gobelins" in Paris. 1607 war sie als privates Unternehmen gegründet worden, doch wur­ de sie zwischen 1662 und 1667 Teil des von Finanzminister Jean-Baptiste Colbert entwickelten Konzeptes zur Zentralisierung der kunsthandwerkli­ chen Produktion. Damals wurde CharIes Le Brun zum künstlerischen Direk­ tor bestellt, der dieses Amt bis 1690 innehaben sollte. Im Auftrag des Königs und seines Finanzministers entstanden dort kostbare Teppich-Serien zur Ver­ herrlichung des Monarchen und seiner Regentschaft (Abb. 29). Zu den ersten Teppichen der Manufaktur gehörte eine 1664 von der Petite Academie konzipierte und von Le Brun entworfene Serie zu den Vier Ele­ menten. Die Teppiche waren eine Gemeinschaftsproduktion, wobei die Zeichnungen zuerst einmal in originalgroße Kartons übersetzt wurden, die den Webern als Vorlage dienten. Die Kartons der Hauptszene zeichnete Baudrin Yvart, die für die ornamentalen Rahmen Isaac Moillon. Die Gesamt­ verantwortung für die Teppichfertigung lag in den Händen des Tapissiers Jean Jans d.Ä., dessen Name später auch zusammen mit der Datierung in den Teppich eingewoben wurde. Die Tapisserien zeigen jeweils eines der vier Elemente, die allegorisch für die Taten und charakterlichen Vorzüge des Königs stehen. In allen Teppichen ist das ganze Spektrum der technischen Möglichkeiten der Manufaktur voll ausgeschöpft. In 79 Farben zeigen sie in Wolle, Gold und Seide durchweg im Zentrum die große allegorische Darstellung des jeweiligen Elementes

Tapisserie

109

110 V. Erfreuen, informieren und emotional anrühren

Abb. 29: Manufacture Royale des Gobelins: Das Wasser, aus seiner Serie von

vier Teppichen zu den Elementen und vier Zwischenstücken

(entre fPnetres), 1 666 Wolle, Seide und vergoldete Metallfäden, 4,88

x

6,88 cm

Florenz, Palazzo P itti

® Warncke 2005, 1 44 f.; Kat. New YorkJMadrid 2007, Nr. 39; Kat. Los Angeles 201 0, 32.

und der ihm zugeordneten Jahreszeit durch Gestalten der antiken Mytholo­ gie. Jeder Teppich wird von einer prachtvollen Bordüre gerahmt, die über den ornamentalen Schmuck hinaus auch der Lesbarkeit der Symbolik zuar­ beitet. In den Ecken sind jeweils vier emblematische Darstellungen ange­ bracht, in denen die vier königlichen Tugenden Frömmigkeit, Großmut, Güte und Tapferkeit versinnbildlicht sind. Die politische Botschaft der Tapis­ serien bestand in der allegorischen Veranschau I ichung der segensreichen Wirkung, die mit Ludwigs Regierungsantritt und seiner Eheschließung mit Maria Theresia von Österreich verbunden waren. In der Verbildlichung des Elements Wasser wird die Szene von Neptun und der Meernymphe Thetis dominiert, die auf einem von Seepferden gezogenen Wagen aus den Wogen hervorbrechen. Durch die unmittelbar auf die Taten des französischen Kö­ nigs bezogene lateinische Inschrift der Kartusche wird dieser mit dem Meer­ gott gleichgesetzt. Ludwig XlV., heißt es dort, habe das Meer von Piraten be­ freit, die Seeblockade überwunden und seine Franzosen in die blühenden Kolonien entsandt. Die Gleichsetzung des Königs mit dem Gott des Meeres wird aber zugleich dadurch eingeschränkt, dass auf dem von Thetis gehalte­ nen Schild zu lesen ist, dass "die Wogen dem Dreizack weniger gehorchen"

(" PARET

MINUS UNDA TRIDENTI

"

) . Denn tatsächlich schränkt die in den kleinen

2. Sinnbildsysteme als Lebenswirklichkeit

Schiffen der Bordüre verdeutlichte französische Seegeltung sogar die Macht Neptuns ein. Die dargestellten sinnbildlich deutbaren Motive, deren Aus­ wahl jeweils durch das Rahmenthema bestimmt wurde, ließen sich dabei in vielfältiger Weise zu komplexen Aussagen zusammenfassen, die jeweils auf den französischen König bezogen werden konnten. Als höfische Geschenke waren Tapisserien ein bedeutendes Propaganda-

gewirkte Propaganda

Instrument. So gelangte zum Beispiel der hier abgebildete Teppich 1669 als Geschenk des französischen Königs an Großherzog Cosimo 111. de' Medici nach Florenz. Doch nicht nur als exklusives Geschenk entfaltete die Serie ihre propagandistische Wirkung, sondern auch durch die im Druck verbreitete Beschreibung, die Andre Felibien schon 1665 zu den Entwürfen Le Bruns verfasst hatte und die noch vor der Fertigstellung der Teppiche publiziert wurde. Für eine 1667 publizierte zweite Auflage hatte Charles Perrault zu den Emblemen passende Epigramme verfasst. Sie wurden gemeinsam mit Felibiens Erklärungen 1670 veröffentlicht und erlebten zahlreiche Neu- und Nachdrucke. Eine deutsche Ausgabe wurde 1690 von Johann Ulrich Krauß herausgegeben, der mit seinen Nachstichen in einer französisch-deutschen Ausgabe beweisen wollte, dass "Gott unser hochwerthes V atterland Teutscher Nation nit weniger mit grossen Künstlern ( ...) herrlich gezieret" (Felibien 1690). Die weit verbreiteten Reproduktionen mit den zugehörigen Erläuterungen dokumentierten die intendierte Bedeutung und sorgten für die Popularisierung der emblematischen Bildsprache der Teppichfolge. Darüber hinaus bezeugen sie, welche überragende Bedeutung den Tapisserien als Bildmedium seinerzeit beigemessen wurde. Zu den heute weitgehend aus dem Bewusstsein verschwundenen Medien der darstellenden Kunst der frühen Neuzeit gehört auch die Goldschmiedekunst. Nach der Architektur waren Tapisserien, Gold- und Silberschmiedearbeiten die primären visuellen Medien der höfischen Selbstinszenierung. Auch jenseits möglicher allegorischer Deutungen konnte man durch die prestigeträchtige Zurschaustellung von Kostbarkeiten der beanspruchten gesellschaftlichen Position Ausdruck verleihen. Die prachtvolle Ausgestaltung des Wohnambientes machte den Reichtum sichtbar, an dem sich der jeweilige Stand ablesen ließ. Noblesse oblige sagte man, "Adel verpflichtet", und so galt es für jeden, der eine hohe Stellung und gesellschaftliches Prestige behaupten wollte, diesen Status durch eine entsprechend reiche und kostspielige Repräsentation in der gesamten Lebensführung ständig in der Öffentlichkeit unter Beweis zu stellen. Gold- und Silberschmiedearbeiten, aber auch kostbare Tapisserien waren zur Statusrepräsentation besonders geeignet, wobei in Anlehnung an Aristoteles glanzvolle Inszenierungen und höfische Prachtentfaltung als erste Tugend eines jeden Mächtigen galten, dessen Magnifizenz dann zugleich als Ausdruck und Summe seiner Tugenden verstanden wurde. "Der Großartige gleicht dem Wissenden" hatte Aristoteles in seiner Nikomachischen Ethik (IV, 4, 5) geschrieben und gleichzeitig festgestellt, dass es auch zum Großartigen gehöre, "sein Haus entsprechend seinem Reichtum einzurichten".

Noblesse oblige

111

112 V. Erfreuen, informieren und emotional anrühren

Abb. 30: Elias Geyer: Straußeneipokal, um 1589-1595 Staußenei in Silberfassung, 46,3 x 36,0 cm, Fuß 18,4

x

13,9 cm

Dresden, Staatliche Kunstsammlungen, Grünes Gewölbe

® Menzhausen 1963; Bock 2005, 131-148; Syndram 2006, 104.

Ein sprechendes Beispiel für die ikonographisch anspruchsvolle Gestal­ tung frühneuzeitlicher Goldschmiedekunst ist der von Elias Geyer zwischen 1589 und 1595 geschaffene Straußeneipokal aus dem Besitz der sächsischen

Herzöge. Derartige Gefäße waren schon im Mittelalter als exotische Kostbar­ keit begehrt. In der frühen Neuzeit gehörten sie zu den obligatorischen Aus­ stattungsstücken fürstlicher Kunst- und Wunderkammern. Noch heute gehö­ ren fast dreißig Werke des Goldschmieds Elias Geyer zum Bestand des Grünen Gewölbes, der von August dem Starken für die von seinen Vorfahren ererbten und selbst gesammelten Kostbarkeiten eingerichteten Schatzkam­ mer. Wohl auf Vermittlung des Leipziger Kunsthändlers Veit Böttiger war es Kurfürst Christian 11. gelungen, zahlreiche Stücke des eigenwilligen Gold­ schmieds Elias Geyer zu erwerben, der bevorzugt mit exotischen Materialien arbeitete. Neben Straußeneiern nutzte Geyer auch Muscheln, Kokosnüsse oder Perlmutt. Der Straußeneipokal gehört zu einer ganzen Serie von einst­ mals sieben Stücken, die bereits im Kunstkammerinventar von 1595 aufge-

2. Sinnbildsysteme als Lebenswirklichkeit

führt werden und von denen heute noch fünf erhalten sind. Man darf sich fraglos vorstellen, dass sie auf festlichen Tafeln oder Schau-Buffets als En­ semble arrangiert wurden. Da die Köpfe der beeindruckend großen Vögel abnehmbar sind, ist es durchaus denkbar, dass sie auch als Utensilien für Trinkspiele dienten. Dass man sich dabei besudelte, schon weil zwischen der Montierung und dem Ei Flüssigkeit entwich,dürfte beabsichtigt gewesen sein. Denn beim Anheben des Pokals schlugen dem Trinker zudem die Flü­ gel des Tieres ins Gesicht,während er sich mühen musste,die stoßweise aus dem Hals des Gefäßes herausdringende Flüssigkeit aufzunehmen. Das M e­

morial-Buch des Hans von Schweinichen,der Ende des 16. Jahrhunderts sei­ ne Erlebnisse an verschiedenen deutschen Höfen aufzeichnete, bezeugt lei­ der kein Trinkspiel in Straußenform.

Dafür vermittelt es aber einen

lebendigen Eindruck von der höfischen Kultur jener Tage, wobei Schweini­ chen eine kaum unterbrochene Folge alkoholischer Exzesse und unter­ schiedlichster Formen der Prachtentfaltung beschreibt (Schweinichen/He­ gaur,60 f.). Das Straußeneigefäß vermochte dabei für einen gebildeten Betrachter­ über den unterhaltenden Aspekt des Trinkspiels hinaus - vielfältige Bedeu­ tungen zu transportieren. Einen Hinweis darauf gibt das Hufeisen, das der Vogel im Schnabel trägt. Zwar hatte schon Albertus Magnus in seinen Oe

animalibus libri XXVI (23, 139) die Überlieferung in Zweifel gezogen, dass der Strauß Eisen fresse, das durch seine Verdauung geläutert werde; "denn ich habe mehreren Straußenvögeln mehrfach Eisen vorgesetzt und sie woll­ ten es nicht essen". Kleine Knochenstücke und Steine hätten die Tiere aller­ dings gierig verzehrt. So behielt die schon in der Antike kolportierte Behaup­ tung noch lange Gültigkeit, dass der Strauß selbst aus Widrigkeiten Nutzen ziehe. Der eisenfressende Strauß wurde in einigen Sprachen sprichwörtlich und ging auch in die Emblematik ein (Henkel/Schöne 1967,806-808). Auch wurde aus der vermeintlichen Robustheit des exotischen Vogels darauf ge­ schlossen, dass auch von den aus seinen Eiern genossenen Getränken eine digestive Wirkung ausgehe (Bock 2005, 56-79). Darüber hinaus wusste der

Physiologus über den Strauß zu berichten, dass er stets zum Himmel blicke, um mit dem Aufgang der Pleiaden den richtigen Zeitpunkt für die Ablage sei­ ner Eier zu erkennen, die dann von der Hitze ausgebrütet würden. Daraus ließ sich die christliche Lehre ableiten, empor zum Himmel zu blicken, das Irdische zu vergessen und Christus nachzufolgen. Zudem galt der Strauß des­ halb im christlichen Kontext als Symbol der unbefleckten Empfängnis (LCI4, 218). Man mochte sich aber auch an den Bericht des älteren Plinius erin­ nern, der in seiner Naturalis historia (10, 1) den Strauß als besonders alber­ nen Vogel charakterisierte, der sich schon für verborgen halte, wenn er nur seinen Kopf verstecke. Im Kontext einer Tafelgesellschaft gab der Straußenei­ pokal mithin reichlich Gelegenheit für Konversation. Den gleichen Zweck erfüllte auch ein Satz von Silberbechern mit einem zugehörigen Deckel, in die jeweils drei Embleme eingraviert sind (Abb. 31).

Spiel mit Bedeutungen

113

114 V. Erfreuen, informieren und emotional anrühren

Abb. 31: Michael Müller: Satzbecher mit Emble­ men , 1621 Silber, Höhe ca. 9 cm Nürnberg, Germanisches Nationalmu­ seum

® Warncke 1982; Kat. Nürnberg 1987, 113-115; Warncke 2005, 113-120.

Im Inneren des Deckels ist das Allianzwappen des Nürnberger Chirurgen Conrad Schortz und seiner Frau Maria, einer geborenen Kiechlin, ange­ bracht (Warncke 1982). Auch durch diese genau nachvollziehbare Zuord­ nung wird der vom Nürnberger Goldschmied Michael Müller geschaffene Bechersatz zu einem sprechenden Beleg dafür, dass in Kreisen der europäi­ schen Oberschicht die sinnbildliche Gestaltung zum Allgemeingut gewor­ den war. Dabei macht dieses Ensemble von ineinandergeschobenen Be­ chern zugleich die Mitwirkung des

Betrachters bei der

Sinnfindung

anschaulich, da die ineinandergesteckten Becher ihren emblematischen Sinn erst enthüllen können, wenn man den Deckel abnimmt und sie neben­ einander auf den Tisch stellt. Ein gemeinsames Lemma bedeutet das auf dem Deckel angebrachte "AD FAMAM", das die Auslegung der unter diesem Motto vereinten Embleme nahelegt. Der lateinische Begriff erlaubt dabei unterschiedliche Übersetzungen, die vom (guten) Ruf über die öffentliche Meinung bis zu Ruhm und Nachruhm reichen. Die nummerierten Embleme präzisieren dabei durch ihre argumentative Reihung die "möglichen Themen auf das Gerücht, den Leumund, die öffentliche Meinung" (Warncke 2005,

3. Titelblätter

113). Für die unter dem Deckel vereinten Becher müssen die Benutzer die jeweils argumentativ sinnvollen Reihenfolgen selbst festlegen, indem sie zum Beispiel die den Emblemen verbundenen Begriffe in eine syntaktische Ordnung bringen. Carsten-Peter Warnckes 1982 vorgelegte Analyse vermag zu zeigen, wie stark die Auswahl der Embleme auf den Bechern auch durch die Biographie des ersten Besitzers der Becher bestimmt war, der sich 1602 als Meister der Wundarznei in Nürnberg etabliert hatte. So kann man das ikonographische Programm des Bechersatzes nicht nur als Ausdruck der politischen Anschauungen des Besitzers deuten, sondern auch als Stellung­ nahme zur zeitgenössischen Wundarznei, wobei die vom wahren, lutheri­ schen Glauben bestimmte christliche Lebensführung und die in diesem Sin­ ne wirksame Fama stets im Zentrum stehen. Für die ikonographische Analyse eines solchen deutungsoffenen Sinnbild-Ensembles ist dabei der Kontext seiner Benutzung entscheidend. Der Bechersatz funktioniert näm­ lich nicht wie eine ausformulierte sinnbildliche Abhandlung, sondern wie ein Gesellschaftsspiel. Die Becher wurden gemeinschaftlich genutzt und ge­ deutet. Im Bemühen durch witzige Deutungen zu brillieren, dürften dann geist- und humorvolle Interpretationen genauso vorgekommen sein wie Fehldeutungen und Entgleisungen. Denn auch wenn die Becher dem rheto­ rischen Ideal einer Verbindung von Unterhaltung und Belehrung verpflichtet sind, ermöglichen die als Anagramme lesbaren Becherinschriften sogar eine auf das Geschlechtsleben zielende Deutung. Je nach der Zusammensetzung der Tischgesellschaft und fraglos nicht unbeeinflusst vom Alkoholpegel reichte das Spektrum der möglichen Interpretationen von der ernsthaft from­ men Belehrung bis zur pornographischen Entgleisung. Die in zahlreichen er­ haltenen Monumenten, in Büchern und Bildern, in Kunsthandwerk und Raumausstattungen ablesbare Sinnbildpraxis ist dabei stets nur in ihren je­ weiligen gesellschaftlichen Kontexten deut- und verstehbar. Eine ikonogra­ phische Deutung hat nach den Kontexten und möglichen Intentionen zu fra­ gen und muss sich immer auch für den Konventionen des gesellschaftlichen Miteinanders interessieren, zu denen in der frühen Neuzeit vielfältige For­ men mehr oder weniger geistreicher Konversation gehörten.

3. Titelblätter Einen literarischen Reflex der frühneuzeitlichen Gesprächskultur bilden die acht Bände der seit 1641 in jährlicher Folge im Nürnberger Verlag von Wolf­

Frauenzimmer Gesprächsspiele. Die ab dem dritten Gesprächsspiele bezeichnete Sammlung war gleicher­

gang Endter publizierten Band nur noch als

maßen als Einführung in die Kunst der Konversation angelegt. Die üppige Ausstattung der im Queroktav-Format gedruckten Bände deutet auf deren gehobenes Publikum, dem sie eine Sammlung und bunte Mischung von Sprichwörtern,

Sentenzen,

Geschichten,

Figurengedichten,

Sing-

und

Schauspielen, Sinnbildern und Grabsprüchen bot, "dannenher auch das For-

115

116 V. Erfreuen, informieren und emotional anrühren mat! wegen der Lieder

=

Kupfer

=

und Reimenzier". Die Gesprächsspiele

sind ein noch heute unterhaltsames Kompendium zu beinahe allen klassi­ schen und frühneuzeitlichen Wissensgebieten. Das Spektrum reicht von der Rhetorik, von bildender Kunst und Musik über die Philosophie bis zu Mathe­ matik und Chemie. Zu den zahlreichen auf den zeitgenössischen Alltag be­ zogenen Beobachtungen gehört auch Harsdörffers Feststellung der unver­ zichtbaren Illustration von Buchtitelblättern: "Bey dieser Zeit! ist fast kein Buch verkauflich/ ohne einen Kupfertitel/ welcher dem Leser desselben In­ halt nicht nur mit Worten/ sondern auch mit einem Gemähl vorbildet" (Hars­ dörffer 1644-49, VI, Vorrede, A vi'; Zeller 2005,215). Gesprächsspiele

In der frühen Neuzeit wurden Bücher in der Regel ohne Einband verkauft. Zwar boten einige Druckereien ihren Kunden eine Art Verlagseinband an, der von einem dem Verlagshaus verbundenen Buchbinder hergestellt wurde, doch in der Regel wurden die gefalteten Druckbogen unbeschnitten verkauft (Voet 1969-72, 11, 244). Die Käufer ließen sich dann, entsprechend ihrem Geschmack und ihren finanziellen Möglichkeiten, mehr oder wenige auf­ wendige Einbände gestalten. Diese boten dann auf den Deckeln die Mög­ lichkeit Wappen oder Impresen einprägen zu lassen, die zugleich als Besitz­ kennzeichnung dienen konnten. Gegen Ende der hier behandelten Epoche wurden auch Exlibris immer beliebter. Diese gedruckten Zettel wurden als Besitzvermerk auf dem Innendeckel angebracht und boten ebenfalls Platz für Wappen oder Sinnbilder. Die dekorative Ausstattung der Titelblätter von Büchern hatte sich mit Be­ ginn des 16. Jahrhunderts sprunghaft entwickelt. Inkunabeln, die auch als Wiegendrucke bezeichneten Bücher, die vor dem Jahr 1500 gedruckt wur­ den, haben überhaupt keine Titelblätter. So zeigt zum Beispiel die 1493 ge­ druckte Weltchronik des Nürnberger Humanisten Hartman Schedel, die auf beeindruckende Weise das spätmittelalterliche Weltbild illustriert, auf der ersten Seite nicht den Titel, sondern die Worte "Registrum huius operis libri cronicarum", "Register des Buchs der Chroniken", in der deutschen Ausga­ be. Der exponentiell wachsende Buchmarkt und die Konkurrenz zahlreicher Neuerscheinungen, die auf Warentischen und Messeständen nebeneinander ausgebreitet lagen, ließ eine Kennzeichnung der Inhalte auf dem ersten Blatt sinnvoll und nützlich werden. Um die Attraktivität ihrer Angebote noch zu steigern, bedienten sich die Verleger der Hilfe von Künstlern, die ornamenta­ le Rahmungen der Titelblätter schufen, die zunehmend auch mit visuellen Anspielungen auf den Inhalt der Bücher angereichert wurden. Für die Ge­ staltung der Titelbilder etablierte sich dabei schnell ein festes Repertoire an bildlichen und textuelien Mitteln, die als lebendiger Reflex des auch in Bil­ dern und Bauten praktizierten Vorgehens erscheinen (Peil 2008). So ist der formale Bild-Aufbau zum Beispiel oft an der Architektur orientiert, wobei die aus der Fassadengestaltung von Bauwerken vertrauten Motive wieder aufgegriffen werden. Oft werden in den von Säulen oder Pilastern gerahmten Freiflächen der Titelseite Textzeilen eingebaut, aber auch Bilder, Embleme oder Wappen. Es war dabei vor dem Hintergrund der auch in anderen Me-

3. Titelblätter

dien lebendigen Praxis naheliegend, dass dem das Bild gliedernden System zugleich die Aufgabe zufiel, eine sinnbildliche Aussage zu transportieren. So konnte zum Beispiel die auf dem Titelblatt vorgeführte Architektur als Tem­ pel der Weisheit gelesen werden. Zugleich ließen sich über die Darstellun­ gen Aussagen über den Inhalt des Werkes treffen. Dabei konnten dann die auch aus der Hieroglyphik und Emblematik vertrauten res zum Einsatz kom­ men. Zum Beispiel der auch von Cesare Ripa als Symbol geschätzte Zirkel, der auf dem Titelblatt etwa einer Enzyklopädie metonymisch für die Geome­ trie stehen konnte. Genauso konnten bekannte Geistesgrößen metonymisch die Disziplinen verkörpern, für die sie standen, wie etwa Seneca die Moral­ philosophie. Selbstverständlich bot sich für die Titelblattgestaltung auch das gesamte von Ripa ausgebreitete Repertoire der Personifikationen von Diszi­ plinen an oder deren Darstellung durch antike Götter. Mars zum Beispiel eignete sich trefflich zur Illustration einer Abhandlung über die Kriegskunst, Vulkan für den Verweis auf alle metallverarbeitenden Gewerbe. Genauso naheliegend war es, die oft metaphorischen Titel der Werke ins Bild zu set­ zen und beispielsweise ein Schatzhaus oder einen Schauplatz zu zeigen, ein Theatrum oder eine Piazza. Durch seine regelmäßige Tätigkeit für eines der führenden Verlagshäuser seiner Zeit, die Officina Plantiniana in Antwerpen, hat Peter Paul Rubens ent­ scheidend dazu beigetragen, dass im Verlauf des 17. Jahrhunderts die von ar­ chitektonischen Gestaltungen beeinflusste Strukturierung der sinnbildlichen Titelblätter zunehmend dynamisiert und verlebendigt wurde (Abb. 32). Zu den schönsten Beispielen einer sprechenden Buchgestaltung von Peter Paul Rubens gehört das von Cornelis Galle in einen Kupferstich umgesetzte Titelbild zu den Gedichten von Maffeo Barberini, jenes dichtenden Papstes Urban VIII., der die Beischrift zu Berninis Apo" und Daphne verfasst hatte (Abb. 10). Der von Balthasar Moretus im gleichermaßen repräsentativen wie handlichen Quartformat gedruckte Band versammelt auf insgesamt 290 Sei­ ten Gedichte zu unterschiedlichen Themenbereichen, wobei die meisten christlichen Stoffen und biblischen Themen gewidmet sind. Neben Para­ phrasen von Psalmen und frommen Gesängen sind auch Gedichte über vor­ bildliche Heilige, frühere Päpste, die Stadt Rom oder die Schönheit der griechischen Sprache enthalten. Durch glückliche Umstände sind die Ge­ schäftsunterlagen des Antwerpener Verlegers und Teile der Korrespondenz mit dem päpstlichen Hof erhalten geblieben, die der Publikation vorausgin­ gen. So bemühte sich der Verleger gleich in mehreren Schreiben um eine päpstliche Stellungnahme zu der geplanten Publikation, in die er einiges investierte. Am 16. August 1633 hatte Rubens den Entwurf fertiggestellt Uud­ sonNan de Velde 1977, 57), für dessen Umsetzung am 3. Februar 1634 zu Händen des Kupferstechers Cornelis Galle ein Honorar von 60 Gulden aus­ bezahlt wurde. Damit waren der Titelkupfer, ein Autorenporträt und die Ma­ terialkosten abgegolten. Das Titelblatt und Autorenbildnis waren zu diesem Zeitpunkt noch unbeschriftet. Erst am 14.

März 1634 wurde Paulus

Adriaenssen mit zwei Gulden und 13 Stuivern dafür honoriert, die notwen-

sprechende Titelbilder

117

118 V. Erfreuen, informieren und emotional anrühren

Abb. 32: Cornelis Galle nach Peter Paul Rubens: Samson mit der Löwenhaut, 1634

Kupferstich, 19,7

x

14,1 cm

Titelblatt zu MAPH/fl S{ANCTAE} R{OMANAE} E[CCLESIAE} CAR{OINALlS} BARBERINI NUNC VRBANI P{A}P{AE} POEMATA, Antwerpen: Officina

Plantiniana, 1634

® JudsonNan de Velde 1977, Nr. 68; Glang-Süberkrüb 1977, 635-642; Kat. Siegen 1992, Nr. 199.

digen Buchstaben in die Platten geschnitten zu haben. Am 29. April 1634 wurde dann noch einmal eine Zahlung von sechzehn Gulden und acht Stui­ vern an Johannes Galle verbucht, der 1025 Blätter mit dem Titelblatt und auf der Innenseite des Bogens mit dem Autorenbildnis bedruckt hatte. Allein das war schon mehr Geld, als Rubens für den gezeichneten Entwurf erhalten hat­ te. Will man einem Brief glauben, den Moretus 1630 an einen Autor gesandt hatte, erklärte sich Rubens' Honorierung von durchschnittlich zwölf Gulden pro Zeichnung in Quarto daraus, dass der Maler die Entwürfe nur in seinen Nebenstunden ausführe, da er sich an Werktagen kaum mit solchen Kleinig­ keiten aufhalten könne und sonst hundert Gulden für eine Zeichnung verlan­ gen müsse (Büttner 2006, 130). Rubens dürfte für seinen Entwurf als Teil des

3. Titelblätter

Honorars ein Exemplar des Buches erhalten haben, das noch in der Biblio­ thek seines Sohnes nachweisbar war (Arents/Thijs 2001, 356 ). Das Werk wurde von Moretus für zweieinhalb Gulden verkauft. Für einen Handwer­ ker, der für diesen Betrag bis zu zwei Wochen arbeiten musste, lag der Er­ werb eines solchen Buches außerhalb seiner Möglichkeiten. Das von Rubens entworfene Titelblatt kombiniert eine monumentale anti­ kisch anmutende Figur mit einer an italienischen Beispielen des 1 6. Jahrhun­ derts orientierten rustizierten Architektur, die den eigentlichen Buchtitel trägt. Der architektonische Sockel ist in eine dezente Landschaftskulisse ein­ gebunden, die hinter dem prominenten Hauptmotiv allerdings gleichsam verschwindet. Der hünenhafte Mann, der mit kräftigem Griff die Kiefer des Löwen auseinanderreißt, aus dessen Rachen Bienen entweichen, nimmt un­ mittelbar den Blick gefangen. Dem theologisch gebildeten Betrachter dürfte klar gewesen sein, dass die gezeigte Szene auf eine im Alten Testament ge­ schilderte Begebenheit bezogen ist. Dort wird im Buch der Richter (Ri 14, 5-9) von Samson erzählt, der einen noch vom Fell überzogenen Kadaver eines Löwen fand, der einem Bienenvolk als Wohnstatt diente. Unter Beru­ fung auf die antike Vorstellung, dass Bienen aus toten Körpern geboren wur­ den, ließen sie sich auch als Bild der zum Himmel aufsteigenden Seele deu­ ten. Auf diese traditionelle Vorstellung spielt auch eines der in dem Band abgedruckten Gedichte an, das der Erinnerung Antonio Barberinis gewidmet ist, des verstorbenen Bruders des Verfassers. In diesem Gedicht heißt es, dass Samson Honig aus des Löwen Maul empfangen habe (ebd. 253: "Ac veluti Samson dulces ex ore perempti Leonis accipit favos"). Der sinnbildliche Gehalt von Rubens' Entwurf erschöpft sich dabei nicht im Bezug zu der in vielen Gedichten gegenwärtigen Idee der Auferstehung und der Visualisierung eines konkreten Verses. Seit dem Altertum wurden der Biene zahlreiche gute Eigenschaften zugeschrieben, wobei sie in der Emblematik zum Sinnbild von Gemeinnutz, Gelehrsamkeit und nützlichem Sammeltrieb erhoben wurde, die im Dichtungsverständnis der Zeit zugleich als Prämissen guter Poesie galten (Henkel/Schöne 1967, 919f. ). Hierzu fügt sich die Lyra, die zwischen Samsons Bein und dem Baum im Hintergrund gezeigt ist. Als offensichtlich bedeutungsvolles Motiv nimmt sie ebenfalls auf den Inhalt des Buches Bezug. Als Attribut Apollos und Sinnbild der Poe­ sie ließ sie sich gleichermaßen auf den Verfasser wie auf seine Gedichte be­ ziehen. Die dem Löwenrachen entfliegenden Bienen ließen sich dabei auch in anderer Weise mit dem Autor in Verbindung bringen. Sie sind als Anspie­ lung auf das Wappen der Familie von Papst Urban VIII. zu lesen, wobei die dem Bildmotiv verbundene Anspielung besonders in jenen Bienen greifbar wird, die sich über Samsons linkem Unterarm als ideales Dreieck vom hei­ len Hintergrund abheben. Wenn auch nicht alle Bücher mit einem so offen­ sichtlichen bibliophilen Anspruch gestaltet wurden, wie die fast durchweg auf teures weißes Papier gedruckten Poemata Urbans VIII., lag es doch im Interesse der Verleger, ihre Bücher für die Kunden möglichst attraktiv zu ge­ stalten. Ein t ypisches Beispiel dafür bietet auch die Titelgestaltung der um-

sinnreiche Nebentätigkeit

119

120 V. Erfreuen, informieren und emotional anrühren fassendsten emblematischen Enzyklopädie der frühen Neuzeit. Der mehr als 1000-seitige Mundus symbolicus des Augustiner-Chorherrn Phillippo Picinelli war aus einer anfänglich kleinen Sammlung rhetorischer Bilder und exegetischer Exempla erwachsen, die er zur Ausschmückung seiner Predigten angelegt hatte. Ausgehend von der in den Römerbriefen (Röm 1, 20) formulierten Idee, dass seit der Erschaffung der Welt die unsichtbaren Geheimnisse Gottes durch seine Werke der Erkenntnis zugänglich seien, wird die Welt zum Gleichnis. Das anfänglich in italienischer Sprache abge­ fasste und 1653 in Mailand publizierte Werk wurde später von dem Augus­ tiner Augustinus Erath nicht nur ins Lateinische übersetzt, sondern auch um etliche Deutungen vermehrt und erweitert. Diese erstmals 1681 in Köln ge­ druckte, erweiterte lateinische Ausgabe erfuhr insgesamt sechs Neuauflagen und Nachdrucke. Trotz des Umfangs von mehr als 1000 Textseiten enthält das Werk nur wenige illustrierende Kupferstiche, deren Anfertigung ein enormes verlegerisches Risiko bedeutet hätte. Denn trotz der nur wenigen beigegebenen Illustrationen war die über zwei Teile mit insgesamt 35 Bü­ chern ausgebreitete Emblem-Enzyklopädie enorm teuer. Das hinderte nicht, dass man sich in der südlich von Danzig gelegenen Zisterzienser-Abtei Pel­ plin zum Ankauf entschloss. Der Mundus Symbolicus wurde 1682 für 18 Gulden angeschafft, wobei man sich den Einband für die kostbare Neuer­ werbung noch einmal 3 Gulden 15 Groschen kosten ließ (Frydrychowicz 1905, 159). Mundus Symbol ieus

Den Erfordernissen eines rhetorischen Hilfsmittels gemäß begnügt der Verfasser sich zumeist mit einer kurzen Benennung der res, der Sache oder des Sachverhalts die Gegenstand des Bildes sind. Der Beschreibung der pic­

tura ist stets ein Motto beigegeben, teils in mehreren voneinander abwei­ chenden Varianten. Es folgt dann eine kurze Erörterung des emblematischen Sachverhalts, der die möglichen Deutungen und Bedeutungen und ihre Quellen darlegt. Die Bedeutungen werden dabei stichwortartig in der Margi­ nalspalte wiedergegeben, um eine schnelle Orientierung zu ermöglichen. Piccinellis Quellenverzeichnis umfasst drei Dutzend gedruckte Emblembü­ cher und knapp zwanzig Handschriften. Die enzyklopädischen Kommenta­ re berufen sich auf beinahe 650 unterschiedliche Verfasser, von den Größen der Antike über die Kirchenväter und exegetische Schriften bis zu Autoren der neueren Zeit. Allen emblematischen Bedeutungsträgern ist jeweils ein eigenes Kapitel gewidmet, wobei sie nach verschiedenen Sachgruppen ge­ ordnet sind. Den Anfang machen im ersten Teil die Himmelskörper und die Elemente, denen die verschiedenen Tiere, Pflanzen, Steine und Metalle fol­ gen. Der zweite Teil ist den Corporibus artfactis gewidmet. Die Reihe der künstlichen Corpora beginnt mit den Kirchengeräten, den Dingen des Hau­ ses, worauf die mechanischen, mathematischen, militärischen und landwirt­ schaftlichen Dinge folgen. Am Schluss stehen die Corpora mixta, vermischte Gegenstände, von diversen Bögen über Gewandspangen bis zu Bildern. Der voluminöse Band wird durch ein kleinteiliges Inhaltsverzeichnis am Anfang und durch zahlreiche Register am Ende erschlossen, die alle behandelten

4.HofundKirche

Bilder, Gegenstände und Motti darbieten.Stichwortartig sind auch schon die Grundbedeutungen aller

res behandelt, weshalb das umfängliche Register

auch in Henkel/Schöne 1967 abgedruckt ist.Das ebenfalls ans Ende gesetzte Verzeichnis der zitierten Bibelstellen verweist dabei deutlich auf den ur­ sprünglichen Gebrauchszusammenhang als Hilfsmittel bei der Vorbereitung bildhafter Predigten. Doch nicht nur für Theologen war Piccinellis

Mundus

symbolicus ein nützliches Hilfsmittel. So empfahl 1682 auch Daniel Georg Unterricht Von Der Teutschen Sprache und Poesie aus­

Morhof in seinem

drücklich den Gebrauch von Emblemen als rhetorischen Schmuck. "Die Ita­ liäner sind hierin die sinnreichsten", schrieb er und riet dazu, sich der gut verschlagworteten Nachschlagewerke zu bedienen. "Es sein sehr gute Indi­ ces hierin/ welche eingetheilet sein nach den Inscriptionibus, wie auch nach den Bildern/ darauß man manche chöne Erfindung ziehen kann.Des Picinel­ li

Mundus symbolicus it noch volltändiger" (Morhof 1682, 775). Weil die

emblematische Literatur Autoren und Künstlern gleichsam als Mustersamm­ lung diente, ist ihre Kenntnis und Benutzung bei der ikonographischen Ana­ lyse unverzichtbar.Man darf aber selbst Piccinellis umfassende Enzyklopä­ die nicht im Sinne eines Musterbuches missverstehen, das unverrückbare Deutungsgewissheiten festschreiben würde.Die Nachschlagewerke können nur helfen, den Interpretationsrahmen zu umreißen, der jedoch stets durch die Kontexte der Verwendung und Rezeption geprägt wurde.

4. Hof und Kirche Will man die unterschiedlichen Determinanten besser verstehen, die not­ wendigerweise jede ikonographische Deutung bestimmen, ist es besonders anschaulich, architektonische Gestaltungen in den Blick zu nehmen.Zu den beeindruckendsten Zeugnissen frühneuzeitlicher Landschaftsplanung zäh It dabei fraglos die am Ende des 17. Jahrhunderts begonnene Umgestaltung des Habichtswaldes, einer steilen Anhöhe über der Stadt Kassel. Das auf einer Terrasse des Berghangs stehende Schloss wurde dabei über eine beein­ druckende Allee mit der Stadt verbunden, während auf der Hügelkuppe ein steinernes Oktogon erreichtet wurde, bekrönt von einem Standbild des Her­ kules, von wo eine Wasserkaskade sich den Hang hinunter auf das Schloss zu bewegte. Landgraf Karl von Hessen-Kassel, der von 1699 bis 1700 Italien bereist hatte, brachte von dort die Idee zu der großartigen Gestaltung mit, zu deren Realisierung er den italienischen Architekten Francesco Guerniero an seinen Hof berief.Er schuf in den Jahren zwischen 1701 und 1717 den Her­ kules,

das 2013 zum Weltkulturerbe deklarierte Wahrzeichen Kassels

(Abb.33). In Abstimmung mit seinem Auftraggeber hatte der Architekt eine Planung vorgelegt, die 1706 sogar in Kupferstiche umgesetzt, jedoch nicht realisiert wurde, weil sie die finanziellen Möglichkeiten des Landgrafen überstieg. Deshalb wurden die auf der Hügelkuppe beginnenden Kaskaden nicht un-

Tugendbild mit Weitblick

121

122 V. Erfreuen, informieren und emotional anrühren

Abb. 33: Giovanni Francesco Guerniero/Johann Jacob Anthoni: Herkules, 1701-1717 Gesamthöhe der Pyramide inklusive Statue: 37,85 m Kassel, Wilhelmshöhe

® Lukatis/Ottomeyer 1997; Benak 2011, bes. 9-18.

4.HofundKirche

mittelbar an das Schloss herangeführt. Was realisiert wurde, blieb dennoch beeindruckend. Die Hügelkuppe wird von einer monumentalen oktogona­ len Architekturkulisse bekrönt, die aus einem naturhaft anmutenden Felsen­ sockel in eine sorgsam gegliederte Architektur übergeht. Unter dem Bau­ werk verbirgt sich ein gewaltiges Wasserreservoire, das die Kaskaden des dem Schloss zustürzenden Wasserfalls speist. Über außen angebrachte Frei­ treppen gelangt man auf die im dritten Stockwerk gelegene Aussichtsplatt­ form, das Belvedere. Auf der Ostseite der Plattform erhebt sich auf quadrati­ schem

Grundriss

der

Sockel

der

Herkulesfigur,

die

der

Augsburger

Goldschmied johann jacob Anthoni im Kasseler Messinghof in Kupfer getrie­ ben hat. Die 1717 vollendete Statue wiederholt ein berühmtes Monument der antiken Skulptur, den sogenannten Herkules Farnese. Der über seine Taten nachsinnende Heros stützt sich auf seine Keule, wobei das darüber hängende Fell des Nemeischen Löwen und die drei Äpfel in seiner auf dem Rücken gehaltenen Hand auf seine Taten anspielen. Die Figur des Herkules gehört zu den besonders beliebten Motiven der Herrschaftsikonographie, weil sich Tugend und Stärke der mythischen Figur unmittelbar auf den Herr­ scher beziehen ließen. Doch nicht nur die Figur selbst ließ sich in dieser Weise deuten, sondern auch alle Details. So konnten die Äpfel für Liebe, Fruchtbarkeit und ewige jugend stehen und das Löwenfell für Kraft und Stär­ ke. Die Figur des Herkules und der Verweis auf seine Taten waren in der vi­ suellen Kultur der frühen Neuzeit so omnipräsent, dass die meisten Zeitge­ nossen sich wohl nicht eigens in der mythographischen Literatur über den klassischen Heros und seine Taten informieren mussten. Der fraglos vom Auftraggeber intendierte Bezug zur traditionellen Herrscherikonographie ist dabei als inhaltliche und thematische Determinante zu bedenken. Der Ort der Skulptur auf der Hügelkuppe über dem Schloss, mit dem sie über die von der Kaskade in die Landschaft geschnittene Sichtschneise verbunden ist, be­ stimmt den Deutungsrahmen. Mit der räumlichen Situation ist neben den vom Auftraggeber formulierten Eckpunkten der Gestaltung eine weitere De­ terminante benannt, die dabei weit über die ästhetischen Bedingungen der räumlichen Situation hinausreicht. Im Falle des Herkules erweitert der bau­ liche Kontext, der auf die landschaftliche Situation reagiert, die möglichen Deutungen. Auch die Kaskaden, deren beeindruckendes Wasserspiel sich entfaltet, wenn die oben in der Zisterne gespeicherten 350.000 Liter Wasser die 80 Meter Höhenunterschied überwinden, sind mit auf das Element Was­ ser bezogenen mythologischen Figuren dekoriert und sorgsam choreogra­ fiert. Der Wasserfluss braucht knapp eine halbe Stunde von der Zisterne bis zu dem vom Schloss aus gut sichtbaren Neptunbecken. Bis ganz hinunter zum westlich des Schlosses gelegenen Fontänenteich sogar eine ganze Stun­ de. Ein mit den Herkulestaten vertrauter Betrachter mochte mit Blick auf den versonnen über den Wasserfall hinwegblickenden Heros sich der Geschich­ te von der an nur einem Tag vollzogenen Reinigung des Augias-Stalls erin­ nern (Hederich 1724, 1011). Die Herkules aufgetragene unmögliche Aufga­ be bestand in der Reinigung der völlig verdreckten Rinderställe, die er löste,

123

124 V. Erfreuen, informieren und emotional anrühren indem er die Wasser eines Flusses umleitete, der diese Arbeit für ihn erledig­ te. An diese segensreiche Reinigung zu denken, während sich der Wasser­ strom auf das Schloss und die im Tal liegende Stadt zu wälzte, war gerade mit Blick auf die Identifikation des Landgrafen mit dem mythischen Heros nicht ohne Witz. Mit diesem gleichsam performativen Aspekt ist eine weite­ re Determinante der Deutung benannt. Die Interpretation wird nämlich nicht allein durch den spezifischen Ort, sondern auch durch Ereignisse, indi­ viduelle oder kollektive Handlungen bestimmt, die sich in der Zeit vollzogen und in deren Kontext Bauten und Bilder mit Bedeutung aufgeladen und für das jeweilige Publikum lesbar wurden. Was hier in aller Kürze für den Kasse­ ler Herkules aufgezeigt wurde, ist ein Phänomen, das sich auf zahlreiche frühneuzeitliche Monumente übertragen lässt. Sie prägt profane Bauten ge­ nauso wie Kirchen, wobei die heute als getrennt wahrgenommenen Sphären in der Vormoderne oft nicht scharf voneinander geschieden waren, sondern einander wechselseitig durchdrangen. Der für die frühe Neuzeit so bezeichnende Zusammenhang zwischen Hof und Kirche, Staat und Religion, ist besonders gut an einer Reihe imponieren­ der Kirchenbauten ablesbar, die in den Jahrzehnten um 1700 in verschiede­ nen europäischen Metropolen errichtet wurden. Ein besonders sprechendes Beispiel dafür ist die Karlskirche in Wien (Abb. 34). Am 22. Oktober 1713 hatte Kaiser Karl VI. während der letzten großen Pestepidemie im Wiener Stephansdom gelobt, für die Errettung des Landes seinem Namenspatron eine Kirche zu errichten. Nach den Plänen des Archi­ tekten Johann Bernhard Fischer von Erlach wurde deshalb zwischen 1716 und 1736 der dem 1610 kanonisierten Mailänder Pestheiligen und Reform­ bischof Carlo Borromeo geweihte sakrale Staatsbau errichtet. Die einem frommen Gelübde geschuldete Votivkirche sollte darüber hinaus an den

1714 mit einem Friedensvertrag glücklich beendeten Spanischen Erbfolge­ krieg erinnern, der sich über mehr als zehn Jahre hingezogen hatte. Als Frie­ densdenkmal war die Kirche nach dem Willen des Bauherrn dem Kaiserhaus und den Provinzen seines Reichs gewidmet. Schon diese dem Bauunterneh­ men von Beginn an verbundenen Bestimmungen sorgten dafür, dass sich gleichermaßen religiöse und politische Botschaften in dem Bauwerk aus­ sprechen mussten. Gebaute Botschaften

Diese doppelte Zuweisung macht schon die mehrteilige Schaufront beredt deutlich, die als separater Baukörper vor dem Kirchenschiff steht, aber mit der hohen Kuppel zugleich eine visuelle Einheit bildet. Den weltlich-trium­ phalen Gehalt transportieren auf besonders eindringliche Weise die beiden von Laternen bekrönten Monumentalsäulen. Durch den umlaufend nach oben geführten bildlichen Dekor nehmen sie unverkennbar auf die berühm­ te Trajans-Säule in Rom und den Typus der römisch-antiken Ehrensäulen Be­ zug. Zugleich verweisen sie auf die bei Gibraltar lokalisierten Säulen des Herkules und mithin auf den habsburgischen Anspruch auf Spanien. Auch ohne das berühmte Motto Karls V. ausdrücklich zu zitieren stehen sie für je­ nes "Plus ultra", das die globalen imperialen Ansprüche des Hauses Habs-

4.HofundKirche 125

Abb. 34: Johann Bernhard Fischer von Erlach: Karlskirche, 1716-1739

Wien ® Lorenz 1992, 150-157; Kreul 2006, bes. 63-95.

burg zum Ausdruck brachte. In diesem Sinne begegnet das Säulenpaar schon 1635 im Kontext der Pampa Introitus Ferdinandi auf dem von Rubens ent­

worfenen Portikus der habsburgischen Herrscher (Abb. 28). Auch Fischer von Erlach hatte dieses traditionelle Motiv der Habsburgikonographie schon vor dem Bau der Karlskirche im Entwurf eines dem Kaiser zugeeigneten Triumphbogens erprobt. Im architektonischen Kontext der Karlskirche wer­ den die Säulen in ihrer Bedeutung als imperiales Symbol auch dadurch her­ vorgehoben, dass die Laternen mit der Reichskrone und mit vergoldeten Reichsadlern geschmückt sind. Die an den Säulenschäften angebrachten Reliefs zeigen Szenen aus der Vita des heiligen Carlo Borromeo, wobei auch hier eine komplexe Ver­ schränkung politischer und religiöser Bedeutungsebenen zu beobachten ist. Über die fromme Verehrung des Stifters für den heiligen Bischof aus Mailand riefen die Szenen zugleich die Erinnerung daran wach, dass die Lombardei nach der Schlacht von Turin an Wien gefallen war. Die Säulen ließen sich

126

V. Erfreuen, informieren und emotional anrühren

darüber hinaus auch als allgemeines Tugendsymbol lesen, das gleicherma­ ßen auf die Stärke und Beständigkeit des Heiligen wie des Stifters zu bezie­ hen war. In diesem Sinne, als Sinnbild der Standfestigkeit

(constantia), war

das Motiv der Säule auch in der Porträtkunst allgegenwärtig. Vor einer Kirche stehend, waren die Doppelsäulen als Verweis auf die im Alten Testament überlieferte Beschreibung des Tempels Salomo lesbar

(1 Kön 7, 21), vor des­

sen Front zwei Monumentalsäulen gestanden haben sollen. Der umfassend gebildete Architekt war mit diesem Motiv vertraut, wie ein Blick in seinen

1721 publizierten Entwurff einer historischen Architektur erweisen kann. Es war ein chronologisch arrangiertes Tafelwerk, das von den Bauten der anti­ ken Hochkulturen bis zu den eigenen Entwürfen reichte. Die Fassade der Karlskirche ist ein gleichermaßen politisches wie religiöses Schaubild. Der ikonographische Rahmen mit seinen einander durchdringenden katholisch­ konfessionellen und politisch-imperialen Sinnschichten waren dem Archi­ tekten durch die kaiserlichen Berater vorgegeben. Die vielfältigen histori­ schen und symbolischen Anspielungen waren dabei stets auf die politische und religiöse Situation der Gegenwart bezogen. Die besondere Qualität der Umsetzung bezeigt sich dabei in der für die visuelle Argumentation frucht­ bar gemachte Zusammenstellung der heterogenen Elemente, die in stummer Rede eine Vielzahl politischer und religiöser Aussagen vermitteln.

5. Apotheose In seinem

Traum des Scipion hatte Cicero geschrieben, "daß allen, die die

Heimat bewahrt, unterstützt, vergrößert haben, ein bestimmter Ort im Him­ mel sicher ist, wo sie selig ein ewiges Leben genießen" (Cie. rep.

6, 13). Die

aus dem antiken Heroenkult abgeleitete Vorstellung der Apotheose (griech. dnoeeomr; ) , einer Person, die schon in der Antike auf Herrscher übertragen

wurde, war mit christlichen Werten nicht vereinbar (Mt 22,21). Doch wurde sie in der frühen Neuzeit zu einer vielgenutzten rhetorischen Figur, die auch in Bildern und Bildprogrammen Niederschlag fand (Simson

1936). Zu den

eindrucksvollsten Zeugnissen für die damals zur Blüte gebrachte Bildspra­ che gehören die schon von den Zeitgenossen bewunderten ikonographisch komplexen Bilderfindungen von Rubens. Dessen Meisterschaft im Umgang mit der symbolischen Bildsprache zeige sich gleichermaßen "im Buch über den Einzug des Kardinals Infanten in die Stadt Antwerpen (Abb.

28) oder an­

hand der Gemälde in der Galerie von Luxemburg", schrieb Roger de Piles

1699 in seinem Abrege de la vie des peintres (59). Vor allem Rubens' Bilder für die Galerie im Palais de Luxembourg nötigten de Piles Respekt ab. In den insgesamt vierundzwanzig Bildern zu "Geschichte und heroischen Taten" für den Wohnsitz von Maria de' Medici wurden die Schlachten, Siege und Eroberungen Heinrichs IV. verherrlicht, um die in Misskredit geratene König­ in zu rehabilitieren. Sie war nach einem offen ausgetragenen Konflikt mit ih­ rem noch minderjährigen Sohn, dem regierenden König, kurz vor der Auf-

5.Apotheose

tragsvergabe aus dem Exil zurückgekehrt. Entsprechend komplex war die bildlich zu vermittelnde politische Botschaft. In den Bildern sind die realen Personen und zeitgeschichtlichen Ereignisse mit antiken Göttern, Genien, Personifikationen und Symbolen verwoben, wobei das allegorische Personal vielfach gänzlich die Handlung bestimmt. Die erhaltenen Korrespondenzen und Entwürfe dokumentieren, wie sorgsam die Themen erwogen und aufei­ nander abgestimmt wurden. Genau wie die Ablehnung mancher Vorschläge des Malers erweist auch das ebenfalls schriftlich fixierte Hin und Her um De­ tails wie Rüstungen und Bekleidung der Figuren, dass man mit einer äußerst genauen Betrachtung und Bewertung durch das höfische Publikum rechnete. Kein Maler habe je so gelehrt, so klar wie Rubens allegorische Themen be­ handelt, schrieb de Piles mit Blick auf die Medici-Galerie: "Da die Allegorie eine Gattung der Sprache ist, muss sie folglich durch den Gebrauch autori­ siert werden, auch da sie von vielen gehört wird. Er hat allein die Symbole der Antike eingeführt, die die Medaillen und andere Monumente der Antike bekannt machten, zumindest unter Gebildeten. Dieser Maler wusste nicht nur, so geschickt die Objekte zu erfinden, die er in seine Kompositionen mit­ einbeziehen wollte, er hatte auch noch die Kunstfertigkeit, sie so vorteilhaft zu arrangieren, dass nicht nur jedes Objekt im Einzelnen beim Betrachten Freude bereitet, sondern jedes auch noch zum Gesamteffekt beiträgt" (Piles 1699, 402). Rubens' bemerkenswerte Bilderfindungen, deren zeitgenössi­ sche Wahrnehmung vielfältig bezeugt ist, sind dabei zugleich ein gutes Bei­ spiel dafür, dass der intendierte Sinn eines Bildes eine andere Lesart durch­ aus nicht ausschloss. So berichtet Rubens selbst von der diplomatisch delikaten Situation, die entstand, als der König die von seiner Mutter beauf­ tragten Bilder zu sehen wünschte. In einem Brief, den er nach der Eröffnung der Galerie am 13. Mai 1625 an Peiresc sandte, schildert Rubens, dass der König von Claude de Maugis durch die Galerie geführt wurde. Der Abt von St. Ambroise habe es dabei meisterhaft verstanden, "den wahren Sinn eini­ ger Darstellungen zu verschleiern", um nicht Anlass zu neuem Zwist zwi­ schen Mutter und Sohn zu geben (Rooses/Ruelens 1887-1909, 11, 353). Der Bedeutungsgehalt eines Bildes wurde innerhalb unterschiedlicher politischer und sozialer Kontexte und Räume immer wieder neu diskutiert und ausgehandelt: Das Bilderbetrachten war ein performativer Prozess. Für die intendierten Formen frühneuzeitlicher Bildbetrachtung und als Beispiel für Ikonographie und Intention einer bildlichen Apotheose sei hier im Fol­ genden Pietro da Cortonas Deckenfresko im großen Saal des Palazzo Barbe­ rini in Rom angeführt (Abb. 35). Wie in jedem Palast ist der wichtigste Raum die "Sala Grande", die sich im Hauptgeschoss, dem "piano nobile" befindet und die sich im Falle des Palazzo Barberini über zwei Stockwerke erstreckt. Der riesige Raum wird von einer gewaltigen Decke überspannt, deren Maße mit mehr als 24 Metern in der Länge und 14 Metern in der Breite zum Zeitpunkt der Errichtung alles bislang Geschaffene übertrafen. Von Beginn an war vorgesehen, die gewölb­ te Decke auszumalen. Darauf weisen die unterhalb des Kranzgesimes ange-

Die Sprache der Allegorie

127

128 V. Erfreuen, informieren und emotional anrühren

Abb. 35: Pietro da Cortona: Divina sapienza, 1632-1639 Deckenfresko im großen Saal, ca. 24 x 14 m Rom, Pal azzo Barberini

® Posse 1919; Merz1991, 235-274; Scott 1993; Oy-Marra2005, 220-273 .

5.Apotheose

brachten Fenster hin, die eine optimale Ausleuchtung garantieren. Zusam­ men mit der durch die Lage des Raumes festgelegten Eingangssituation ist damit die Lokalität beschrieben, auf die Pietro Berretini da Cortona eingehen musste, als er im juli 1632 die Arbeit an dem erst sieben jahre später fertigge­ stellten Deckenfresko aufnahm. Eine dem Maler als Vorbild empfohlene Ge­ staltung war im vatikanischen Palast zu sehen, wo Cherubino und Ludovico Alberti Ende des 16. jahrhunderts zur Glorifizierung des Papstes aus dem Hause Barberini eine Deckengestaltung entwickelt hatten. Die sichtbaren Anklänge unterstrichen den Nobilitätsanspruch der Familie, die sich in dem illusionistischen Deckenbild des neuen Palastes verherrlichen ließ. Dank der Tatsache, dass im Auftrag der Familie schon bald nach der Fertigstellung des Freskos eine gelehrte Erläuterung in Auftrag gegeben wurde, ist die intendier­ te Wirkung gut dokumentiert (Merz 1991,241). Der Text des Federigo Ubal­ dini zugeschriebenen Pellegrino, 0 vero la Oichiarazione delle Pitture della

Sala Barberina ist fiktional, vermittelt aber eine Idee davon, wie sich die Auf­ traggeber die ideale Rezeptionssituation vorstellten. Die Beschreibung ist aus der Perspektive eines P ilgers abgefasst, der auf seinem Weg durch Rom von der Palastarchitektur gefesselt stehen bleibt. Der Ich-Erzähler wird da­ raufhin von einem Gelehrten angesprochen, der sich als Diener des Hauses erweist und sich entbietet, den Fremden durch den Palast zu führen. Nach­ dem man über ein repräsentatives Treppenhaus den großen Saal erreicht, wird der Besucher von dem großartigen Eindruck überwältigt, wobei sich nach dem erquicklichen Genuss der Malerei der Wunsch einstelle, mehr über diese Bilder zu erfahren. Die durch die Mittel der Malerei erreichte emotionale Anrührung und der Genuss werden, ganz den rhetorischen Vor­ stellungen der Zeit gemäß, zur Voraussetzung einer Belehrung, die den Be­ trachter letztlich überzeugen soll. Dieser Wunsch des P ilgers wird zum An­ lass einer ausführlichen Würdigung aller Teile der Gesamtkomposition. Die Einzelbilder werden dabei immer wieder zum Ausgangspunkt längerer Aus­ führungen, die stets zu einem Lob der Tugenden der Familie Barberini Anlass geben. Die sukzessive Betrachtung der Bilder folgt im Abschreiten des Rau­ mes der in der visuellen Argumentation des Freskos angelegten Choreogra­ phie einer Betrachtung, die im wahrsten Sinne des Wortes schrittweise er­ folgt. Die für eine solche Rezeption nötigen Erklärungen ließen die Barberini

1640 drucken. Ohne großen rhetorischen Aufwand werden in einfachen Worten die Darstellungsgegenstände benannt. Die von Mattia Rosichino verfasste Beschreibung nimmt von dem gleich bei Betreten des Raumes sichtbaren Zentralmotiv ihren Ausgang, der "göttlichen Vorsehung, die auf einer Wolke sitzt, inmitten einer Strahlenglorie, mit einem Zepter, im Begriff, der Gegenwart und der Zukunft zu gebieten" (Rosichino 1640, 5: "In quella di mezzo e la diuina Prouidenza, che sieda sopra vna nuuola, ornata di splendori con 10 settro in atto di commandare al presente, & al futuro"). Da­ von ausgehend wird das weitere Personal identifiziert und auf das zur Ewig­ keit erhobene Wappen von Papst Urban VIII. verwiesen, den Schild mit den

Anrührung, Genuss und Belehrung

129

130 V. Erfreuen, informieren und emotional anrühren Bienen, den die drei theologischen Tugenden umschweben, Glaube, Liebe und Hoffnung. Es folgen die Benennungen der weiteren Bilddetails, ohne dass eine zusammenhängende Gesamtaussage referiert würde. Sie blieb dem Betrachter überlassen, der einzig in der Identifizierung der EinzeIsze­ nen und -figuren unterstützt wurde. Diese Identifizierung war jedoch nicht die Interpretation des Bildes, sondern nur deren Voraussetzung. Je nachdem, wie man die unterschiedlichen Bilder zueinander in Beziehung setzte, wa­ ren ganz unterschiedliche Interpretationen möglich. Von der Eingangsseite aus betrachtet vollzog sich dank der segensreichen "Göttlichen Vorsehung" im Himmel der Triumph der Barberini. Möglich wurde das durch die Verei­ nigung der links gezeigten Würde und der rechts dargestellten Weisheit, ver­ körpert durch die kämpferische Göttin Minerva. Hierzu fügten sich die vier Personifikationen der christlichen Tugenden Gerechtigkeit, Klugheit, Kraft, Mäßigkeit, mit denen die vier Pfeiler des architektonischen Gerüstes besetzt waren. Die Identifikation der Personifikationen ist mittels Ripas Iconologia leicht möglich, die auch Pietro da Cortona besessen und verwendet haben mag. In jedem Falle scheint dem Künstler und seinen Auftraggebern daran gelegen gewesen zu sein, mit den zentralen Aussagegehalten des in die Palastarchitektur eingebundenen Bildes verstanden zu werden, auch wenn die Interpretation vollständig an die Betrachter delegiert wurde. Mit dem gleichen Anspruch auf Verständlichkeit ist auch das größte De­ ckenfresko ausgeführt, das je gemalt wurde. Das rund 600 Quadratmeter messende Gemälde wurde in den Jahren 1750 bis 1753 von dem eigens aus Venedig berufenen Maler Giovanni Battista Tiepolo im Treppenhaus der Würzburger Residenz ausgeführt (Abb. 36). Der Würzburger Fürstbischof hatte sich von dem Baumeister Balthasar Neumann einen Palast entwerfen lassen, wie es ihn noch nie gegeben hatte. Besonders beeindruckend geriet eine prunkvolle dreiläufige Treppenanlage mit Umgang, über die man die Repräsentationsräume erreichte. Das insge­ samt 18 Meter breite und 30 Meter lange Treppenhaus überwölbte der Hof­ architekt mit einem stützenfreien Muldengewölbe, das mit seinen enormen Ausmaßen eine bautechnische Meisterleistung ist. Mit der bildlichen Aus­ stattung wurde Giovanni Battista Tiepolo beauftragt, der bereits zur Ehre Frankens und zum Ruhme des amtierenden Bischofs Karl Philipp von Greif­ fenklau den großen Saal der Residenz ausmalte. Selbstverständlich wurde nämlich mit der bildlichen Ausstattung des zeremoniell wichtigsten Raumes begonnen. Als Programm für das monumentale Treppenhaus hatte man sich für den Aufgang der Sonne über den vier Erdteilen der Welt entschieden. Dabei stellte das von Balthasar Neumann entwickelte dynamische Raum­ konzept der Treppenanlage den Maler vor nicht geringe Probleme, da der auszumalende Plafond keinesfalls auf einen Blick erfasst werden konnte. Im Rahmen der zeremoniellen Nutzung des Treppenhauses galt es, ein Pro­ gramm zu entwickeln, das sich im gemessenen Beschreiten der Haupttrep­ pe kontinuierlich entwickelte und allmählich erschloss. Sich bei einem offi­ ziellen Besuch offenen Mundes den Hals zu verrenken, um das Fresko in

5.Apotheose 131

Abb. 36: Giovanni Battista Tiepolo: Der Aufgang der Sonne über den vier Erdteilen, 1750-1753 Fresko, 18

x

30 m

Würzburg, Residenz

® Lindemann 1994, 152-162; Kat. Würzburg 1996; Helmberger 2006.

132 V. Erfreuen, informieren und emotional anrühren Gänze zu erfassen oder beim zeremoniellen Abschreiten der Treppe stehen­ zubleiben, sich umzublicken und vielleicht sogar dem Gastgeber den Rü­ cken zuzuwenden, hätte eine unvorstellbare Verletzung des Dekorums be­ deutet. im Gehen sehen

Die Lösung des Problems war es, die Komposition des Freskos auf die ständig wechselnden Blickwinkel des die Treppe allmählich emporsteigen­ den Betrachters abzustimmen. Dabei mussten die Erdteildarstellungen selbstverständlich in der Darstellung Europas kulminieren, das nach Ansicht der Zeit auf der höchsten Stufe der kulturellen Entwicklung stand. Entspre­ chend war der Erdteil, der nach allgemeiner Auffassung auf der untersten Schwelle jeder Zivilisation stand, schon vom Fuß der Treppe aus zu sehen. In Amerika lebten Kannibalen und Wilde, das galt als gewiss. Deshalb hatte Cesare Ripa in seiner lconologia die Personifikation Amerikas als eine beina­ he nackte, federgeschmückte Frau mit einem Krokodil vorgestellt. Zur Cha­ rakterisierung des personifizierten Kontinents dienten noch weitere Attribu­ te: "Der Schmuck von Federn ist ihr Gebrauch (...) Bogen und Pfeil sind ihre Waffen/ welcher sich auch an unterschiedlichen orten die Frauen gebrau­ chen. Der Menschen-Kopf unter den Füssen/ bedeutet ihre Wildheit! und das sie theils gewohnet sind Menschen zu fressen" (Ripa/Greflinger 1659,

58). Auf dem ersten Treppenabsatz geraten dann die beiden nächsten Konti­ nente in den Blick. Das an Schätzen und Handelsgütern reiche Afrika und das auf einer noch weit höheren Stufe der Kultur stehende Asien. In Zedlers

Universal-Lexicon kann man unter dem Stichwort "Asien" erfahren, wie man zu Tiepolos Zeit über diesen Kontinent dachte. "Es hat dieses Welt-Theil vor anderen das voraus", heißt es dort, "daß der erste Mensch darinne gewe­ sen; Der Heyland daselbst geboren, und die christliche Religion von daraus ausgebreitet worden; Die grösten Monarchien darinnen entstanden, und die Künste und Wissenschafften daselbst entsprungen sind. Das Land ist allbereit wegen seiner Fruchtbarkeit bey denen Alten berühmt gewesen, und noch jetzo giebt es denen andern Welt-Theilen an Gold und Silber-Minen, herrli­ chen Früchten, köstlichen Waren und allerhand Seltenheiten nichts nach, doch muß es wegen der wohlgesitteten Einwohner dem Welt-Theile Europa weichen" (Zedler 1732-54, 2, Sp. 1844). Genau in diesem Sinne zeigt Tie­ polo Asien als Ursprungsland von Künsten, Wissenschaften und Architektur, als den Geburtsort des Christentums und als Europa unterlegen. Im Ersteigen des letzten Treppenabschnitts wendete sich der Blick auf den am höchsten stehenden Kontinent, auf Europa. Über Europa geht die Sonne auf, verkör­ pert durch den gänzlich friedlich auftretenden Gott Apoll und das als Bild im Bild eingesetzte Porträt des Fürstbischofs. Sein Porträt entspricht in seiner Form genau dem von Zedler beschriebenen Respekt heischenden Staatspor­ trät (s. S. 106). Gleichsam als Analogie zum Fürsten erscheint ApolI, dem alle Zeichen seiner den Feinden schädlichen Macht fehlen und der einzig als Friede, Milde und Glück bringende Sonne gezeigt wird. Dass der Sonnenauf­ gang tatsächlich im Sinne einer politischen Allegorie verstanden werden

6. Sprechende Bilder als Alltag - Alltag in sprechenden Bildern

konnte, mag der Blick in ein 1666 in Heidelberg erschienenes Emblem­ Buch verdeutlichen. In Julius Wilhelm Zincgrefs

corum Centuria wird als Nummer

Emblematum Ethico-Politi­

39 unter dem Lemma "Omnibus exorior"

("ich gehe für alle auf") ein Sonnenaufgang gezeigt, der die segensreiche Wirkung fürstlicher Macht versinnbildlicht. Die Botschaft des Bildes im Treppenhaus der Würzburger Residenz könnte klarer nicht sein. So wie all­ täglich die Sonne aufgeht, herrscht Karl Philipp von Greiffenklau als milder und guter Fürst über Franken. Diese visuelle Huldigung an die Herrschertu­ genden der "Sonne Frankens" traf auf ein Publikum, dass es gewohnt war, selbst Bilder des Alltags auf ihren allegorischen Sinn zu befragen, die damals den europäischen Kunstmarkt dominierten.

6. Sprechende Bilder als Alltag - Alltag in sprechenden

Bildern Vor allem von zwei Dingen zeigten sich Ausländer beeindruckt, die im 17. Jahrhundert die Niederlande bereisten. Zum einen von der außerordentli­ chen Reinlichkeit, die vor allem Deutsche nicht genug loben konnten, zum anderen von dem ungeheuren Bilderreichtum. So schrieb Jean de Parival, dass zweifellos kein Land auf der Welt existiere, "wo es so viele und so aus­ gezeichnete Gemälde gibt". Und auch der englische Diplomat und Gelehrte John Evelyn, der 1641 durch die Niederlande reiste, zeigte sich nicht nur von der ungewohnten Sauberkeit dieses Landes beeindruckt. "Gemälde sind hier sehr verbreitet, und es gibt kaum einen einfachen Handwerker, dessen Haus nicht damit geschmückt ist", notierte er nicht ohne Verwunderung in sein Tagebuch. Gerade sein Bericht ist so oft zitiert worden, dass der Ver­ dacht der Übertreibung aufkam. Angesichts heutiger Preise für niederländi­ sche Gemälde mag ein derart kostbar erscheinender Wandschmuck tatsäch­ lich verwundern, doch legt nicht nur die große Zahl erhaltener Werke von der Wahrheit dieser Aussage beredt Zeugnis ab. Auch gemalte Interieurs und erhaltene Nachlassinventare belegen den außergewöhnlichen Bilderreich­ tum. Es gab in den Niederlanden aber nicht nur mehr Bilder als in jedem ande­

mehr Maler,

ren Land Europas, es gab auch bei weitem mehr Maler. Es ist immer wieder

mehr Bilder

zu recht konstatiert worden, dass diese Entwicklung mit dem enormen wirt­ schaftlichen Aufschwung zusammenfiel, den die junge Republik seit Beginn des 17. Jahrhunderts erlebt hatte. In Folge der politischen Ereignisse hatten sich zwischen 1580 und 1620 unzählige Emigranten aus dem Süden in Hol­ land niedergelassen, darunter auch zahlreiche Maler. Nicht zuletzt in Folge dieses Zustroms kam es nach der Jahrhundertmitte zu einer Übersättigung des Kunstmarktes. Manche Maler mussten angesichts fallender Preise einem zweiten Erwerb nachgehen oder malten nur noch im Nebenberuf. Unter ihnen gab es Brauer und Bäcker, Zolleinnehmer und Schiffer, Kunst- und

133

134 V. Erfreuen, informieren und emotional anrühren Strumpfhändler, Schulmeister, Ziegelbäcker und manch anderes mehr. Der Landschaftsmaler Aert van der Neer arbeitete beispielsweise als wyntapper und betrieb in Amsterdam eine Kneipe. Vielen Malern gelang es überhaupt nur durch die massenhafte Produktion eng umgrenzter und damit leicht zu reproduzierender Themen zu ausreichendem Einkommen zu gelangen. Rembrandt, der Historienbilder und Porträts, Allegorien, Landschaften und anderes mehr malte, gehört zu den Ausnahmen in Holland. Die Regel waren sogenannte "Fachmaler", das heißt Spezialisten für Porträts wie Frans Hals, für Genre wie jan Steen, für Landschaft wie Salomon van Ruysdael und jan van Goyen oder für Stillleben wie Pieter Claesz. Neben der Landschaftsma­ lerei erlebte vor allem dieses Fach in den Niederlanden des 17. jahrhunderts eine nie dagewesene Blüte, so dass es nicht verwundert, dass hier auch erst­ mals der Versuch unternommen wurde, sich des Stilllebens in theoretischer Perspektive anzunehmen. In seinem 1712 publizierten "Großen Malerbuch"

(Groot schilderboek) widmete sich Gerard de Lairesse ausführlich der Frage, "was das Wort Stillleben bedeutet und welche wichtigsten Arten von Gegen­ ständen in den Stillleben gebräuchlich sind" (Lairesse 1712, 259). Vier Hauptgegenstände unterscheidet er dabei. "Erstens die Blumen, zum Zwei­ ten: Früchte, zum Dritten: Gold, Silber und kostbare Schätze, zum Vierten: Musikinstrumente" (ebd.). Dabei kennt er für eine dieser Erscheinungsfor­ men sogar einen Sammelbegriff, nämlich für "diejenige die aus allerhand Kostbarkeiten besteht, wie Gold, Silber, Kristall und anderen Gläsern, Per­ len, Edelsteinen und Perlmutt, die gemeinhin Vanitas genannt wird" (Laires­ se 1712,266). Als in dieser Art Bilder besonders erfahren, erwähnt der Autor Willem Kalf, der vor allen anderen höchstes Lob verdiene. "Doch obwohl der berühmte Kalf in Stillleben alle anderen übertraf, hat er dennoch nie, so wenig wie seine Vorgänger oder Nachfolger, zu seinen Darstellungen erklä­ ren können, warum er dieses oder jenes zeige, außer dass es ihm eben in den Sinn gekommen sei ( ... ), er hat es dargestellt, ohne sich sonderlich Ge­ danken zu machen, statt etwas von Belang hervorzubringen, dem ein beson­ derer Sinn innewohnt, oder alles irgendwie an diesen anzupassen" (Lairesse,

1712, 268). "Um allerdings zu zeigen, dass solches genau wie in anderen Darstellungen zu tun sei", gab de Lairesse, der ein Malen um des Maiens willen völlig unangemessen fand, einige Anregungen und Hilfestellungen für sinnfällige Gestaltungen. Vanitas

Die Äußerung de Lairesses belegt, dass es offensichtlich Maler gab, die sich nicht um die Inhaltsdeutung scherten. Sie erweist jedoch gleicherma­ ßen, dass eine solche Haltung mit einem gehobenen Bildungsanspruch un­ vereinbar war. Auch zeigt sich, dass es so selbstverständlich war, Prunkstill­ Ieben in der Art wie Willem Kalf sie malte als Sinnbilder der Vergänglichkeit zu lesen, dass sich Vanitas, das Wort der Vulgata für die weltlichen Eitelkei­ ten (Pred 1,2), schon als Gattungsbegriff für derartige Bilder etabliert hatte. In der kunsthistorischen Auseinandersetzung mit niederländischen Bildern der frühen Neuzeit macht sich zuweilen eine gewisse Skepsis bemerkbar, ob sich in den so getreulich geschilderten Szenen tatsächlich tiefere Sinnschich-

6. Sprechende Bilder als Alltag - Alltag in sprechenden Bildern

ten verbergen. 1976 hatte Eddy de Jongh in einer bahnbrechenden Ausstel­ lung im Amsterdamer Rijksmuseum die gemalten Alltagsszenen zur Emble­ matik in Beziehung gesetzt, die schon im Titel auf die rhetorische Forderung

Tot lering en vermaak ("zu Belehrung und Vergnügen") hinwies (Jongh 1976; Kat. Braunschweig 1978). In der Folge wurde die zunehmend als Interpre­ tationshilfe genutzte Emblematik dahingehend missverstanden, dass die

Subscriptio eines Emblems die Bedeutung eines in einem Bild gezeigten Ge­ genstandes eindeutig bestimme. Die dem emblematischen Denken zuwider­ laufende Festlegung dann zu missbrauchen, um das Bild in seiner Gesamt­ heit auf diesen Sinn festzulegen, führt gänzlich in die Irre. Gleichsam wie eine Antwort auf die unterkomplexen emblematischen Motivdeutungen wirkte ein ebenfalls epochemachendes Buch der amerikanischen Kunst­ historikerin Svetlana Alpers, die Holländische Malerei des 17. Jahrhunderts als "Kunst der Beschreibung" charakterisierte (Alpers 1983). Der Hinweis darauf, dass die niederländische Malerei der getreuen Abbildung der den Menschen umgebenden Natur verpflichtet sei, und die Frage nach den Grün­ den dafür rückten die Bilder selbst verstärkt in den Blick. Nun wurde auch vermehrt die Frage nach den Bildmitteln und den malerischen Grundlagen der Realitätswiedergabe gestellt. Dieser Aspekt kann tatsächlich in seiner Bedeutung nicht überschätzt werden. Einem an der Rhetorik orientierten Kunstdiskurs mussten nämlich die Gestaltungsmittel wichtig sein, so wie für das Durchdringen eines Textes Lexik und Grammatik wichtig waren, die Wahl der Wörter und ihre Anordnung. Das niederländische Kunstpublikum, von den Künstlern selbst gar nicht zu reden, war dabei in der Wahrnehmung malerischer Finessen weit erfahrener als das durchschnittliche Kunstpubli­ kum unserer Tage. Eine Einführung in die Zeichenkunst war in der frühen Neuzeit ein selbstverständlicher Bestandteil jeder besseren Erziehung (Kemp

1979). Der Diplomat Constantijn Huygens hatte beispielsweise in seiner Ju­ gend nicht allein wegen des von Erziehungsratgebern durchgängig betonten Nutzens für alle Bereiche der Wissenschaft Zeichenunterricht erhalten oder weil diese Fertigkeit den Vorzug brachte, auf Reisen schnell etwas skizzieren zu können, was zu beschreiben höchst langwierig wäre, sondern vor allem deshalb, weil die eigene Kunstübung für die Beurteilung von Werken der Bil­ denden Kunst unerlässlich sei. Grundlage für den kennerschaftlichen Blick war ein Wissen um das Machen von Bildern, über das zumindest die Ange­ hörigen der besseren Gesellschaft durchweg verfügten. Doch das Bewusst­ sein für die künstlerischen Gestaltungsmittel schloss ja, wie auch durch Ge­ rard de Lairesse bezeugt, die Forderung nach einer inhaltlich bedeutsamen und emotional anrührenden Gestaltung nicht aus, im Gegenteil. Die holländische Kultur des 17. Jahrhunderts war durch Literatur und Theater, genauso aber auch durch Bilder mit der Einsicht vertraut, dass die Dinge oft nicht so waren, wie sie auf den ersten Blick schienen. Gerade die

dissimulatio artis, das "Verbergen der Kunst", galt der Rhetorik als Voraussetzung jeder erfolgreichen Überzeugungsarbeit. Der differenzierte Umgang mit Fiktion und Illusion, mit T äuschung und Doppeldeutigkeit war Teil der

dissimulatio artis

135

136 V. Erfreuen, informieren und emotional anrühren

Abb. 37: Joseph Mulder nach Philipp Tidemann: Vorbild einer Vanitas, 1706 Kupferstich, 14

x

11 cm

Illustration zu Gerard de Lairesse: Groot schilderboek, Amsterdam: Henri Desbordes, 1712, 189

® Jongh 1976, 26f.; Kat. Braunschweig 1978, 15 f.

gesellschaftlichen Praktiken von Kunst und Literatur. Deren genauere Erfor­ schung hat in neuerer Zeit für einen weitgehenden Konsens gesorgt, dass Mi­ mesis und Bedeutung einander keinesfalls ausschließen. Gerard de Lairesse, der sich in seinem Croot schilderboek auf vielen Seiten über die notwendi­ gen Voraussetzungen der getreuen Naturwiedergabe auslässt, gibt immer wieder auch Beispiele idealer Gestaltungen, die einen Eindruck davon ver­ mitteln, wie er sich die Interpretation seiner Bilder vorstellte. Besonders ein­ dringlich lässt sich das an seinem Voorbeeld van een Vanitas zeigen (Abb.

37). Dieser sinnbildliche Entwurf bot sich de Lairesse folgend auch für ein vielfiguriges Familienporträt an, das dadurch zu einer sinnfälligen Komposi­ tion aufgewertet werden konnte. Nachdem er in der Reihenfolge der Verfertigung des Gemäldes alle De­ tails und ihre Anordnung beschrieben hat, schreitet der Autor zur Deutung: "Man muss wissen, dass die junge Frau vorne am Tisch zusammen mit der Alten am Schrank die Eitelkeit bedeuten. Doch man könnte möglicherweise auch sagen, dass die erste genauso gut auf den Hochmut verweisen kann und die zweite, weil sie vor dem Silberzeug steht und lachenderweise die Hände danach reckt, ganz natürlich auch die Gier ausdrückt. Und der alte

6. Sprechende Bilder als Alltag - Alltag in sprechenden Bildern

Mann, der hier als ein Philosoph betrachtet wird, sollte folglich die Wissen­ schaft zu erkennen geben. Aber wir sagen, dass dies allein der Anschein ist: Wenn man nämlich die Interpretation auf diese Weise vornehmen würde, wird sich das ganze nicht als knappes Sinnbild erweisen, sondern als Eintopf aus ganz unterschiedlichen Dingen und worauf sollte das am Schluss hinauslaufen?" (Lairesse 1712, 192). Gerard de Lairesse, dem an der Klarheit besonders gelegen war, die auch von einer guten Rede gefordert wurde, gab selbst die Antwort. Das von ihm entworfene Gemälde sei dann richtig ge­ deutet, wenn tatsächlich alle Motive sinnvoll aufeinander bezogen würden. Und hier nun kämen die am Fenster stehenden Kinder ins Spiel, "die bislang nicht dabei waren, weil die anderen Figuren und Dinge mit unterschiedli­ chem Sinn belegt werden können, wie Hochmut, Gier, Wissenschaft und so weiter. Aber die Kinder, die ihre Zeit damit durchbringen Seifenblasen zu pusten, sind die Seele dieses Werks, anders wird es keine Zusammenfassung, keinen Schluss geben" (ebd.). Die schon zu Zeiten Varros sprichwörtliche Idee, dass der Mensch einer Seifenblase gleiche (Varro rust. 1, 1, 1: "quod, ut dicitur, si est homo bulla"), ließ das kindliche Spiel mit den Seifenblasen zu einem eindeutigen Sinnbild werden. Dieses nur in einer Weise deutbare sinnbildliche Motiv sorgte dafür, dass alle anderen Bilddetails auf den Vani­ tas-Gedanken bezogen werden konnten und sich eine bei aller Vielfalt im Detai I doch klare Aussage formu I ieren ließ. Selbstverständlich lassen sich die an einem zur Erläuterung der Prinzipien der Interpretation erfundenen Bild gewonnenen Beobachtungen nicht beliebig auf andere Bilder übertragen. Es kann jedoch als Richtschnur gelten, dass man beim Versuch der Interpretation stets alle Details berücksichtigen sollte. Was passiert, wenn man das nicht tut, vermag die von Goethe überlieferte Lesart eines Gemäldes von Gerard ter Borch zu erweisen, in dem der Dichter eine "Väterliche Ermahnung" erkannte. Im fünften Kapitel des zweiten Teils seiner Wahlverwandtschaften beschreibt Goethe eine Abendgesellschaft, in deren Verlauf lebende Bilder nachgestellt werden: "Man suchte nun Kupferstiche nach berühmten Gemälden (... ) Mit diesen und andern Bildern beschäftigte man sich sehr ernstlich. (... ) Als drittes hatte man die sogenannte Väterliche Ermahnung von Terburg gewählt, und wer kennt nicht den herrlichen Kupferstich unseres Wille von diesem Gemälde! Einen Fuß über den andern geschlagen, sitzt ein edler, ritterlicher Vater und scheint seiner vor ihm stehenden Tochter ins Gewissen zu reden. Diese, eine herrliche Gestalt im faltenreichen, weißen Atlaskleide, wird zwar nur von hinten gesehen, aber ihr ganzes Wesen scheint anzudeuten, daß sie sich zusammennimmt. Daß jedoch die Ermahnung nicht heftig und beschämend sei, sieht man aus der Miene und Gebärde des Vaters; und was die Mutter betrifft, so scheint diese eine kleine Verlegenheit zu verbergen, indem sie in ein Glas Wein blickt, das sie eben auszuschlürfen im Begriff ist" (Goethe WA 1.20, 253 f.). Das Gemälde ter Borchs hängt heute in der Berliner Gemäldegalerie, wo man Goethes Lesart gut am Original überprüfen kann. Dem niederländischen Publikum des 17. Jahrhunderts mag schon die

Väterliche Ermahnung

137

138 V. Erfreuen, informieren und emotional anrühren ausgesprochen modische Kleidung der Figuren auf dem Bild aufgefallen sein. Und mehr noch der für ein gesellschaftlich legitimes Zusammentreffen zwischen den Geschlechtern völlig unangemessene Ort der Begegnung. Im Hintergrund steht nämlich, von roten Vorhängen verhüllt, ein Himmelbett, dessen leuchtende Farbe dem zeitgenössischen Betrachter ebenfalls als Sig­ nal erschien. Goethe hat aber ein noch wesentlicheres Detail übersehen, das die Szene recht genau zu bestimmen vermag. Er übersah nämlich die Münze in den Händen des Mannes, der augenscheinlich weniger "ein ed­ ler, ritterlicher Vater" als eher ein Kunde sexueller Dienstleistungen war. Der Hinweis darauf wurde durch das Zusammenspiel unterschiedlicher Motive garantiert, die über das Anekdotische der Bildhandlung hinaus zu einer moralischen Wertung des Geschehens herangezogen werden konn­ ten. Beiwerk, das ver­

Einmütig forderten die niederländischen Kunsttheoretiker der frühen Neu­

deckt etwas erklärt

zeit die sorgsam durchdachte Sinnanreicherung der Bildinhalte. So lobte Karel van Mander 1604 (fol. 123v) die dem Publikum angenehmen "sin­ rijcke Wtbeeldingen", während später im 17. Jahrhundert Samuel van Hoog­ straten schrieb, dass Gemälde dann besonders angenehm seien, wenn sie "mit der einen oder anderen lehrsamen Bedeutung bekleidet sind" (Hoog­ straten 1678, 89 f.). Deshalb, so Hoogstraten an anderer Stelle, gelte es Ge­ mälde durch Sinnbilder zu bereichern, eine Erkenntnis, die er seinem Leser auch in Versform mitgibt: "Ein Einzelstück gar preislich zu verzieren, Geschieht aufs Beste, aus vielen Manieren, mit Beiwerk das verdeckt etwas erklärt" (ebd. 90). Wie auch die paradox anmutende Formulierung Hoogstratens, "Met bywerk dat bedektlijk iets verklaert", hat die emblematische Einfügung keine eindeutige oder auch nur luzide Bildaussage zum Ziel. Der sinnbildliche Charakter der Darstellung sollte den Betrachter zum Nachdenken anregen, wobei unterschiedliche Betrachter durchaus unterschiedliche Schlussfolge­ rungen aus ein und demselben Bild ziehen konnten. In ganz ähnlicher Weise lässt sich auch aus der Vielfalt der Bedeutungsangebote, die Vermeers Gemäl­ de dem Betrachter liefern, die unterschiedlichsten Interpretationen ableiten. Selten ist ein Bild Vermeers dabei so reich an eindeutigen Anspielungen wie die unterbrochene Musikstunde (Abb. 38). Sie dürfte zwischen 1658 und 1659 entstanden sein. Gezeigt ist ein mit einem Mantel bekleideter Mann, der auf ein Notenblatt schaut, das eine sich aus dem Bild wendende Frau in Händen hält. Vor ihr auf dem Tisch finden sich, neben Notenblättern und einer Laute, eine Weinkanne und ein mit Rotwein gefülltes Glas. Über dem Tisch hängt neben dem Fenster ein Vogelkäfig, hinter dem Paar, an der rückwärtigen Wand, das schon bekannte Gemälde Caesar van Everdingens mit dem ausschreitenden Putto, der einen Liebesbrief hochhält. Es ist nicht allein dieses Bild eines Liebesboten, das der Szene eine erotische Note ver-

6. Sprechende Bilder als Alltag - Alltag in sprechenden Bildern 139

Abb. 38: Jan Vermeer: Oie unterbrochene Musikstunde, um 1658-1661

Öl auf Leinwand, 73,3 x 44,4 cm New York, Frick Collection ® Aillaud/Blankert/Montias 1992, Nr. b2; Liedke 2008, Nr. 9.

leiht. Sie kommt schon darin zum Ausdruck, wie der Mann, den linken Arm auf der Rückenlehne ihres Stuhles platziert, sich ihr zuneigt. Der auf zahlrei­ chen auch im Medium der Druckgraphik verbreiteten Darstellungen begeg­ nende Vogelkäfig darf hier als eindeutiger Verweis darauf gelesen werden, wohin dieses Miteinander führen kann. Darauf mag auch der diesmal rote Wein hinweisen, dem eine in j eder Weise stärkere Wirkung zugeschrieben wurde als dem hellen Rebensaft. In diesem Zusammenhang ist es vermutlich auch kein Zufall, dass die sich ungebührlich betragenden Frauen alle rot ge­ kleidet sind. Für Adriaen Poirters, der 1649 in seinem Buch Het masker van­

de wereldt afgetrocken auch die Geschichte von der vielfachen Bedeutung des Hundes mit dem Totenschädel berichtet, sprachen auch Kleiderfarben eine Sprache und rot war dabei durchaus negativ konnotiert, stand beispiels-

140

V. Erfreuen, informieren und emotional anrühren

weise für Rachsucht. Man mag aber vor allem daran denken, dass Cesare Ripa die Trunkenheit als eine "rote, lachende Frau" personifiziert, "gekleidet in der Farbe vertrockneter Rosen" (Ripa 1603,493; RipaiPers 1644,96). Das Motiv der Kommunikation der handelnden Figuren mit dem Betrachter lässt sich der Deutung des Bildes zwanglos einfügen. Denn männliche wie weib­ liche Betrachter werden gleichermaßen in die Rolle versetzt, das gezeigte Paar in flagranti zu ertappen. üb man sich dabei als störender Eindringling oder Retter der Moral verstehen will, bleibt jedem selbst überlassen. Was Maler

Das Publikum der Zeit wusste vermutlich damit umzugehen, wie ein

so dahin malen

1613 publiziertes Theaterstück von Gerbrandt Adriaensz Bredero erweist.

Darin unterhalten sich Trijn jans und Piet über Bilder. "ja, was für ein schö­ nes Bild", sagt Trijn, "Weißt Du nicht, ob das nur irgendeine Geschichte zeigt oder ein Werk der Dichtkunst?" Worauf Piet antwortet: "Was weiß ich, ob das aus der Schrift ist oder irgendeine Schelmerei. Die Maler malen eben alles Mögliche so dahin" (Bredero/Daan, 173). Ein Bild, dem keine "poeete­ ry" zugrunde lag, war also durchaus denkbar. Und wenn man den karikie­ renden Aspekt beiseite lässt und bei einem gebildeten Betrachter mehr Be­ reitschaft voraussetzt, sich auf das einzulassen, was "Maler so dahin malen", kommt man dem zeitgenössischen Blick auf Bilder vermutlich recht nahe. Ein Publikum, das mit der antiken Literatur so vertraut war wie mit den Re­ geln der Emblematik und Bilddeutung, fand vermutlich gerade an den sinn­ offeneren Bildfindungen und den daraus resultierenden Interpretationsmög­ lichkeiten Gefallen. Entsprechend experimentierten damals fast alle Maler mit Bildern, denen es an einer ausschließlichen und eindeutigen Aussage mangelt. Die Gemälde Vermeers und seiner Zeitgenossen bieten dem Be­ trachter ein breit gefächertes Spektrum möglicher Deutungen, aus dem jeder nach individueller Kenntnis literarische oder sonstige Erklärungsangebote auswählen mochte, und zwar je nach persönlicher Betroffenheit. Für diese Form des Bildumgangs sind die emblematischen Illustrationen der im 17. jahrhundert immer wieder aufgelegten Zinne- en Minnebeelden des viel gelesenen jacob Cats ein gutes Beispiel. Dort erfahren die 52 emble­ matischen Kupferstiche jeweils drei ganz unterschiedliche Auslegungen, in­ dem sie zuerst durch ein Liebesgedicht erläutert werden, dann durch einige auf das gesellschaftliche Miteinander bezogene Zeilen, um zum Schluss eine biblisch-religiöse Auslegung zu erfahren. Dass es den einzelnen Bildern an einer ausschließlichen und eindeutigen Aussage mangelt, war dabei ge­ wollt. Wie Cats nämlich an anderer Stelle mitteilt, "lehrt die Erfahrung, dass viele Dinge von besserer Art sind, wenn sie nicht vollkommen klar erkenn­ bar sind, sondern uns etwas bemäntelt und verschattet begegnen" (Cats 1712, 1,480). "Es verschafft nämlich dem Leser", heißt es weiter in der Vor­

rede zu seinem Spiegel van den ouden ende nieuwen tijdt, "der schließlich ihren Zweck und Sinn gefunden hat, ein seltsames Vergnügen, ähnlich dem, der nach langer Suche, endlich unter dichtem Laubwerk eine schöne Traube entdeckt" (ebd.). Diese Suche scheint weit wichtiger gewesen zu sein als die Aufdeckung und Erschließung eines festgelegten Sinns. Entsprechend war es

7. Grenzen der Verständlichkeit

gewollt, dass es den einzelnen Bildern an einer ausschließlichen und ein­ deutigen Aussage mangelt. Daher bieten auch Vermeers Gemälde dem Be­ trachter ein breit gefächertes Spektrum möglicher Deutungen. Eine alle an­ deren Lesarten ausschließende Interpretation war weder möglich noch gewünscht. Es sei hier noch einmal an die diskursive Bilddeutung erinnert, die Jan de Brune und Adrianus Poirters schildern (S. 83). Von derartigen historischen Diskursen und Aushandlungsprozessen zeu­ gen nicht nur Texte, sondern auch Bilder, die das Betrachten von Bildern thematisieren. Vor allem die im Antwerpen des 17. Jahrhunderts zur eige­ nen Bildgattung entwickelten Ansichten frühneuzeitlicher Sammlungen, wie sie etwa die Angehörigen der Malerfamilie Francken seit dem ersten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts in großer Zahl schufen, vermögen davon einen guten Eindruck zu vermitteln (Welzel 1997). Die Bilder waren und blieben weitgehend bedeutungsoffen, wobei schon Georg Philipp Harsdörf­ fer davor warnte, bei derlei "Gesprächsspielen" sich nicht in Überinterpre­ tationen zu verlieren: "Man muss auch in diesen Sachen nicht gar zu weit gehen; dann sonsten die vermeinten Geheimnissen fast lächerlich, in dem die Deutungen bey den Haaren herbeygezogen werde" (Harsdörffer

1644-49,111,226). Die Wege und Grenzen der Deutung von Bildern lassen sich im Einzelfall kaum nachvollziehen und die einst vor den Bildern geführten Gespräche sind nicht mehr rekonstruierbar. Doch kann man im Wissen um diese Ge­ sprächskultur und ihre performative Rezeption frühneuzeitliche Bilder als handlungsstiftende Präsenzmedien begreifen. Schon seit Langem wird von Kunsthistorikern die Frage nach dem intentionalen Betrachter gestellt, nach den Bildkonzepten der Werke und nach den Spuren, die ihre soziale Funk­ tion den oft für spezifische Orte und funktionale Kontexte entstandenen Wer­ ken eingeschrieben hat. Doch manches bleibt dunkel.

7. Grenzen der Verständlichkeit Es konnte nicht ausbleiben, dass die frühneuzeitlichen Kunstdiskurse auch Werke hervorbrachten, in denen die Grenzen der Verständlichkeit über­ schritten werden. Viele Jahrhunderte vor offenem Kunstwerk und Abstrak­ tion wird in diesen Arbeiten mit den medienspezifischen Mitteln des Kunst­ werkes Geltung beansprucht, ohne dass sich die Bedeutung erschließen ließe. Es ist wie bei den ägyptischen Hieroglyphen, die zwar immer als Schrift erkennbar waren, aber ihren Sinn über viele Jahrhunderte nicht preis­ geben wollten. Diese Werke, die nach allen Regeln der Kunst gestaltet als sinnvoll erscheinen, sind so sinnoffen, dass sie sich nicht decodieren lassen. Zu den berühmtesten Beispielen dafür gehört ein Kupferstich Albrecht Dü­ rers, über den mehr geschrieben wurde als über jedes andere Werk der gra­ phischen Kunst (Abb. 39).

Freude an Vieldeutigkeit

141

142 V. Erfreuen, informieren und emotional anrühren

Abb. 39: Albrecht Dürer: Melancholia I, 1514

Kupferstich, 23,9

x

18,5

cm

® Schoch u.a. 2001-04, I, Nr. 71; Schuster 1991; Panofsky/Klibansky/ Sax I 1990; Schauerte 2012, 182-201 .

Dürers druckgraphisches Hauptwerk "Melencolia I" aus dem Jahre 1514 ist fraglos das wohl "meistbegrübelte Bild der Kunstgeschichte" (Schauerte

2012, 15). Es steht in engem zeitlichen und formalen Zusammenhang mit zwei weiteren Kupferstichen, dem von Dürer selbst als "Ritter" bezeichneten Blatt, das seit dem 17. Jahrhundert Ritter, Tod und Teufel heißt, und dem hl.

Hieronymus im Gehäuse. Die Dürer-Literatur fasst die drei 1513/14 entstan­ denen Blätter unter dem Begriff der Meisterstiche zusammen. Am meisten

7. Grenzen der Verständlichkeit

hat die im Blatt als "Melencholia I" bezeichnete Darstellung die Forschung herausgefordert. In einer im Medium des Kupferstichs kaum mehr wieder er­ reichten Feinheit zeigt dieses bemerkenswerte Blatt im Vordergrund die gro­ ße, geflügelte Personifikation der Melancholie. Ihr Gesicht ist dunkel ver­ schattet. Sie stützt im "Gestus melancholicus" den Kopf schwer auf die zur Faust geballte linke Hand. Die Rechte ruht, einen Zirkel haltend, auf einem Buch in ihrem Schoß. Am Gürtel ihres Kleides baumeln ein Schlüsselbund und ein Geldbeutel, die Dürer selbst auf einer Vorzeichnung als Zeichen für Gewalt und Reichtum interpretierte (Tietze 11, Nr. 583). Schräg hinter ihr sitzt oben auf einem Mühlstein ein Putto, der auf ein T äfelchen kritzelt. Zu ihren Füßen liegt zwischen verstreuten Werkzeugen ein magerer Hund zusam­ mengerollt. Vor ihm befindet sich eine Kugel, dahinter ein großer Rhomboe­ der. Auch andere Gegenstände verlangen nach Erklärung, eine Waage etwa, ein Stundenglas mit Sonnenuhr, eine Glocke und ein merkwürdiges Zahlen­ quadrat. Es ist an der Mauer hinter der Figur angebracht, an der auch eine Leiter lehnt. Links geht der Blick auf eine weite Küstenlandschaft. Von einem Regenbogen überfangen, vor einem gleißenden Kometen, breitet oben eine Fledermaus die Flügel aus, auf denen als Lemma des Blattes "Melencolia I" geschrieben steht. Es würde den Rahmen dieses Buches sprengen, wollte man auch nur an­ satzweise versuchen, die Deutungen vorzustellen, die diesem Blatt zuteil ge­ worden sind (Schuster 1991). Der Titel und die Darstellungsgegenstände ha­ ben zu gelehrten Erörterungen Anlass gegeben, in denen der sinnbildliche Inhalt des Blattes zu literarischen Traditionen und anderen Bilderfindungen in Beziehung gesetzt wurde. Fraglos nimmt das Blatt auf die Melancholie Be­ zug und mithin auf die vier Temperamente. Ebenso offensichtlich sind die vi­ suellen Bezugnahmen auf die Geometrie und die Sieben Freien Künste. Vor allem mag das Blatt aber mit der von Willibald Pirckheimer im Auftrag Kaiser Maximilians begonnenen Übersetzung Horapollos in Beziehung stehen. Pirckheimer hatte 1512 mit der Übersetzung der Hieroglyphica begonnen. Dürer setzte damals die ersten Hieroglyphen in Zeichnungen um und es ist wohl kaum ein Zufall, dass er zur gleichen Zeit in kaiserliche Dienste trat. Man mag in ihm den idealen Illustrator Horapollos gesehen haben (Schauerte

2012, 184). Die Übersetzung der Hieroglyphica wurde nie gedruckt und auch Dürers "Denkbilder", um einen Begriff Peter Klaus Schusters zu verwen­ den, fanden nach der Melancholie 1514 keine Fortsetzung mehr. Im spezifi­ schen Kontext ihrer Entstehung dürfen Dürers so rätselhaft anmutende Bilder­ findungen als über ihre Symbolik weitgehend sinnoffene Bilder gelten, in denen er seine Betrachter einlud, ihr Bildungswissen zu erproben und seinen Kupferstichen jeweils einen individuellen Sinn beizumessen. Ein Bild, dessen enigmatischer Charakter sich weniger seinem Anspielungs- und Detailreichtum verdankt als der bemerkenswerten Form seiner Bilderzählung, hängt heute in Schwerin. Wenn es auch weniger bekannt ist als Dürers Melancholie, zählt es doch fraglos zu den bemerkenswertesten Bildern seiner Zeit (Abb. 40).

traumhaft

143

144 V. Erfreuen, informieren und emotional anrühren

Abb. 40: Jacob Jordaens: Nächtliche Erscheinung, 1635

Öl auf Leinwand, 133 x 144 cm Schwerin, Staatliche Museen ® Seelig 2003, Nr. 31; Büttner 2014,64-68.

Es wäre wegen der Deutlichkeit der Darstellung naheliegend, in dem Ge­ mälde eine Szene aus einer der häufig verwandten literarischen Quellen zu vermuten, aus Gvids Metamophosen etwa (Gv. met . 13, 576-622). Hier könnte man sich an Eos (Aurora) und Kephalos erinnert fühlen, etwa an jene Szene, wo Aurora zu dem schlafenden Kephalos hinabsteigt, um ihn zu rau­ ben, während er, noch im Halbschlaf, sich dagegen zu wehren versucht (Gv. met . 7, 700-722). Nun gibt es aber bei den bekannten Darstellungen dieser Szene dahingehend Übereinstimmungen, dass - wie allgemein für Bilder von Götterliebschaften üblich - beide weitgehend nackt sind. Der Schlafen­ de in dem Antwerpener Bild hat aber eine zeitgenössische Nachtbekleidung

7. Grenzen der Verständlichkeit

an, während die Frau nackt ist. Zudem finden die erzählerischen Details des Gemäldes und die beiden hereindringenden Figuren bei Ovid keine Erklä­ rung. Um zu einer Erklärung zu finden, bemühte der Kunsthistoriker Erwin Bielefeld eine Erzählung des Phlegon von Tralleis, der in seinem Buch der

Wunder vom Traum des Machates berichtet, der als Gast im Hause des De­ mostrates im Traum vom Geist der Philinion heimgesucht wird, der jüngst verstorbenen Tochter der Familie (Phlegon/Brodersen, 77f.). Die Nackte wäre dann ein Vampir, während die Hereinstürzenden als die Mutter der To­ ten und ein Dienstmädchen identifiziert werden müssten. Doch was zeigt jordaens' Gemälde eigentlich? Es ist Nacht und der Mond scheint durch das Fenster. Ein schlafender Mann träumt intensiv von einer nackten Frau, die durch ihr Schweben und die Wolken als Vision oder Traumbild charakterisiert ist. Ein junger Mann und eine Alte mit einer Kerze, die gespenstisch den Schatten einer Hand auf die Tür wirft, dringen in das Schlafgemach ein. Sie stoßen den Nachttisch um, so dass ein Nachtgeschirr und ein Kerzenleuchter auf den Boden fallen. Der Schläfer wird erwachen, der Traum enden. Traumerzählungen von wie­ derkehrenden Toten sind in der antiken Literatur verschiedentlich bezeugt und selbst für erotische Alpträume gibt es eine ganze Reihe literarische Bele­ ge. Doch keine dieser Erzählungen passt zu der erzählerisch aufgefassten Szene, die jordaens zeigt. Auch der von Artemidor als gutes Vorzeichen ge­ deutete erotische Traum davon, mit einer unbekannten Frau zu schlafen, passt nicht auf jordaens' Gemälde, denn dort heißt es, dass "die schön, an­ mutig, kostbar und fein gekleidet, mit goldenen Halsketten geschmückt ist und sich selbst anbietet, dann ist das für den Träumenden ein erfreuliches Zeichen und kündigt ihm einen großen Erfolg bei seinen Unternehmungen an". In einem orientalischen Traumbuch findet ein vergleichbares positives Vorzeichen Erwähnung, das besser zu jordaens' Gemälde passt. Sieht man im Traum eine nackte Frau, heißt es dort, und ist dieselbe weiß, üppig und verführerisch, so sind große Freuden und außergewöhnliches Gelingen aller Pläne zu erwarten. Dieses Traumbuch dürfte allerdings in Antwerpen zu jor­ daens' Zeit kaum bekannt gewesen sein. Doch mit erotischen Träumen war man durchaus vertraut. Allerdings galten die in einem katholischen Milieu weniger als positives Vorzeichen, denn als vom Teufel verursachtes Problem. Schon die Kirchenväter hatten damit gerungen und darüber geschrieben. Und schon ihre mittelalterlichen Kommentatoren hatten auf dieser Grund­ lage konkrete Bußvorschriften entwickelt, wie sie beispielsweise in Bur­ chards von Worms' Corrector überliefert sind: "Hast du geglaubt, dass es Frauen gibt, genannt die Sylvani, die in körperlicher Form erscheinen und wenn sie sich ihren Liebhabern zeigen wollen und wenn diese, wie man sagt Gefallen an ihnen gefunden haben und wenn sie sie verlassen wollen, ver­ schwinden sie. Wenn du das glaubst, sollst du Buße tun für zehn Tage mit Brot und Wasser" (Büttner 2014,65 f.). Auch in den theologischen Diskursen zu jordaens Zeit waren diese Überlegungen präsent. Träume und Traumge­ sichte waren dabei nicht allein ein Thema für Theologen, das verrät das

145

146 V. Erfreuen, informieren und emotional anrühren 1564 als Manuskript verfasste Libro dei sogni Giovan Paolo Lomazzos ge­ nauso wie die erotischen Traummotive in den Gedichten P ietro Aretinos. Hier finden sich Schilderungen, die in ihrer Drastik weit über Jordaens' Ge­ mälde hinausgehen, das jedoch mit diesen literarischen Quellen genauso wenig in Verbindung zu bringen ist wie mit anderen volkssprachlichen Traumerzählungen. Eher schon lässt sich eine lose Verbindung zur zeitge­ nössischen Poesie aufzeigen, etwa zu Paul Flemings Gedicht Über seinen

Traum aus dem Jahre 1635. um die Leinwand

Was Jordaens' Gemälde mit den literarischen Traumgesichten verbindet,

zu füllen

ist die Tatsache, dass auch hier nicht allein ein erotischer Traum gezeigt ist, sondern gleichsam eine szenische Handlung. Dass es sich überhaupt um ein Traumgesicht handelt, verdeutlicht Jordaens durch einen Wolkenkranz, der Gerard de Lairesse bei Abfassung seines Groot Schilderboek ausgerechnet dieses Gemälde in Erinnerung rief (Lairesse 1712, 155 f.). Er gedachte näm­ lich zu erläutern, dass man einen dünnen Dampf um eine Figur nutzen kön­ ne, um einen Unterschied zwischen wirklichen Menschen und wahnhaften Einbildungen zum Ausdruck zu bringen, "een onderscheid te maaken tus­ schen menschen en gewaande menschen". In diesem Zusammenhang erin­ nerte er sich des Jahre zuvor gesehenen Bildes von Jordaens, "wo ein Mann lag und träumte; und vor seinem Bett stand eine nackte Frau, die sich nicht anders erschienen wäre, als eine Frau, die zu ihm ins Bett wollte, wenn da nicht einige Wolken hinzugefügt gewesen wären, eben so, als stünde sie in einer Tür aus Wolken. Das ließ mich glauben, dass es ein Spuk gewesen sei. Aber das ganze vermittelte keinen schlüssigen Eindruck, weil der Spuk, wie mich deuchte, zu viel mit dem Rest gemeinsam hatte. Die Frau war gerade­ wegs von hinten abgebildet und ausgesprochen schöner Farbe. So haben ich und mehrere andere dieses Bild für nichts anderes angesehen, als ein Aktmo­ del, wo der Rest nur hinzugefügt war um die Leinwand zu füllen" (Lairesse

1712, 156). Die Tatsache, dass der zum Zeitpunkt von Jordaens' Tod acht­ unddreißigjährige Gerard de Lairesse annehmen konnte, sein älterer Kollege habe ein Bild ohne jede literarische Vorlage gemalt, sollte man ernst neh­ men. Das Gemälde offerierte dem zeitgenössischen Betrachter unterschied­ liche Möglichkeiten, das Geschehen zu werten. Dabei reflektiert Jordaens im Medium der Malerei einen zeitgenössischen Diskurs über erotische Träu­ me. Zugleich ließ sich das Gemälde als gemalte Reflexion über die medien­ spezifischen Bedingungen des Erzählens in der Malerei betrachten. Eine sich ihrer erzählerischen Möglichkeit bewusste Malerei tritt hier gleichberechtigt neben die Literatur. Mit Blick auf dieses Bild und im Rückblick auf das in die­ sem Büchlein Ausgeführte bleibt als vorläufiges Fazit nur die Feststellung, dass eine umfassende und letztgültige Erklärung eines Bildes unmöglich ist, dass eine sorgfältige ikonographische Analyse aber viel zum Verständnis bei­ tragen kann.

VI. Vom Ende der sprechenden Bilder Zunehmend schwand im Laufe der Geschichte das Wissen um die in der frü­ hen Neuzeit entwickelten Formen der visuellen Kommunikation und die Be­ redsamkeit der Bilder. Selbst in zeremoniellen Kontexten, deren detailliertes Protokoll jeden einzelnen Schritt der politischen Akteure regelte, verlor sich das Wissen um die Sprache der Bilder. Davon legt eine Episode aus der Bio­ graphie Johann Wolfgang Goethes beredt Zeugnis ab, der im Mai des Jahres 1770 als Student in Straßburg die Gelegenheit hatte, den ihrer Vermählung

vorausgehenden Grenzübertritt der zukünftigen französischen Königin Ma­ rie Antoinette mitzuerleben. Besonders fiel ihm dabei das mit kostbaren Wandteppichen dekorierte Gebäude auf, "das zu ihrem Empfang und zur Übergabe in die Hände der Abgesandten ihres Gemahls auf einer Rheininsel zwischen den beiden Brücken aufgerichtet stand. Was mich aber daran be­ sonders interessierte", schreibt er, "und weswegen ich manches Büsel (ein kleines damals kurrentes Silberstück) nicht schonte, um mir von dem Pfört­ ner einen wiederholten Eintritt zu verschaffen, waren die gewirkten Tapeten, mit denen man das Ganze inwendig ausgeschlagen hatte." Diese Bilder zeigten als "Beispiel der unglücklichsten Heirat" mythologische Szenen von Frauenraub und Gattenmord. "Daß man Christum und die Apostel in die Sei­ tensäle eines Hochzeitgebäudes gebracht, war schon ohne Wahl und Ein­ sicht geschehen, und ohne Zweifel hatte das Maß der Zimmer den königli­ chen Teppichverwahrer geleitet; allein das verzieh ich gern, weil es mir zu so großem Vorteil gereichte: nun aber ein Mißgriff wie der im großen Saale brachte mich ganz aus der Fassung, und ich forderte, lebhaft und heftig, mei­ ne Gefährten zu Zeugen auf eines solchen Verbrechens gegen Geschmack und Gefühl. - >Was!< rief ich aus, ohne mich um die Umstehenden zu be­ kümmern; >ist es erlaubt, einer jungen Königin das Beispiel der gräßlichsten Hochzeit, die vielleicht jemals vollzogen worden, bei dem ersten Schritt in ihr Land so unbesonnen vors Auge zu bringen! Gibt es denn unter den fran­ zösischen Architekten, Dekorateuren, Tapezierern gar keinen Menschen, der begreift, daß Bilder etwas vorstellen, daß Bilder auf Sinn und Gefühl wir­ ken, daß sie Eindrücke machen, daß sie Ahndungen (siel) erregen! Ist es doch nicht anders, als hätte man dieser schönen und, wie man hört, lebens­ lustigen Dame das abscheulichste Gespenst bis an die Grenze entgegenge­ schickt.< Ich weiß nicht, was ich noch alles weiter sagte, genug, meine Ge­ fährten suchten mich zu beschwichtigen und aus dem Hause zu schaffen, damit es nicht Verdruß setzen möchte. Alsdann versicherten sie mir, es wäre nicht jedermanns Sache, Bedeutung in den Bildern zu suchen; ihnen wenigs­ tens wäre nichts dabei eingefallen, und auf dergleichen Grillen würde die ganze Population Straßburgs und der Gegend, wie sie auch herbeiströmen

148 VI. Vom Ende der sprechenden Bilder sollte, so wenig als die Königin selbst mit ihrem Hofe jemals gerathen" (Goethe WA 1.27, 240f.). interesseloses

Was den klassisch gebildeten Goethe erregte, schien seinen Kommilito­

Wohlgefallen

nen bereits keines Nachdenkens mehr Wert. Die Episode markiert einen tiefen Bruch und bezeichnet zugleich das unwiederbringliche Ende der früh­ neuzeitlichen Bildauffassung, das Ende des beredten Bildes. Das frühneu­ zeitliche Bildverständnis, das sprechende Bilder als sichtbare Worte ver­ stand, wurde gegen Ende des 18. Jahrhunderts durch ein in der Folge dominant werdendes Bildkonzept abgelöst, dem Form und Inhalt als Antino­ mie erschienen. Betrachtet man allerdings den zeitgenössischen Kunstdis­ kurs, wird deutlich, dass dieser Wechsel in der dominanten Bildauffassung weniger das Ergebnis eines Verständnisverlustes war, als vielmehr ein von der literarischen Aufklärung bewusst inszenierter Bruch mit einem kommu­ nikativ instrumentalisierten Bildbegriff, der in der frühen Neuzeit an die Ins­ titutionen Hof und Kirche gebunden war. Mit Beginn der von Alexander Gottlieb Baumgarten als eigenständiger Wissenschaft etablierten Ästhetik begann die Ablehnung jeglicher externer Zweckbestimmung eines Kunst­ werkes sich zunehmend durchzusetzen. Einen frühen Höhepunkt erlebt der hier beginnende theoretische Diskurs in Immanuel Kants Bestimmung des ästhetischen Urteils als Ausdruck eines "interesselosen Wohlgefallens" (Kant/Weischedel 5, 288). Es entwickelte sich damals jene - bei allen Diffe­ renzen im Detail - von Karl Philipp Moritz, von Goethe und Schiller sowie später auch von Schopenhauer gleichermaßen vertretene Autonomieästhe­ tik, die im Kunstwerk eine innere Vollkommenheit suchte, die keinem äuße­ ren Zweck folgte. Damit rückte die ästhetische Wirkung eines als ganzheit­ lich aufgefassten Werkes der Kunst ins Zentrum der Betrachtung. Autonomie wurde um 1800 zu einem Ideal, sowohl was die gesellschaftliche Stellung von Kunst und Künstler betraf als auch die Wirkung des Kunstwerkes auf den Betrachter (Scholl 2007, 22-38). Resultat dieser Bemühungen war das Dogma, dass sich der Gehalt eines Kunstwerkes frei von allegorischer Sinn­ vermittlung formal anschaulich zu vermitteln habe. In dieser Ablehnung al­ legorisch argumentierender Sinnhaftigkeit durch die klassische Autono­ mieästhetik wurzelt zugleich das Bemühen der Romantiker, von Caspar David Friedrich, Philipp Otto Runge und anderen, die hier eine Lücke und den Verlust an Bedeutung spürten, den Bildern wieder zu einer neuen, sub­ jektiv motivierten allegorischen Bildsprache zu verhelfen. Mit der Einforde­ rung der Autonomie des künstlerischen Subjektes waren sich die Romantiker mit den Vertretern der klassizistischen Kunstdoktrin einig. Doch während die künstlerische Subjektivität auch für die Rezipienten zu einer allgemein akzeptierten Prämisse im Umgang mit Kunst wurde, blieben die Versuche der Romantiker, eine neue Sinnbildkunst zu etablieren, weitgehend unver­ standen.

VII. Anhang In seinem Essay über das Büchersammeln formulierte Walter Benjamin, dass die bei Weitem meisten Bücher wohl nur deshalb geschrieben würden, weil die Autoren mit denen nicht zufrieden wären, die sie kaufen könnten. Soviel Wahres daran sein mag, ist zumindest dieses Buch nicht geschrieben, um Bücher zu ersetzen, die es gibt, sondern um diese zu ergänzen. So sind die im Text gegebenen Literaturverweise ausdrücklich als Einladung zum Nach­ und Weiterlesen gemeint. Nachdrücklich sei an dieser Stelle die Lektüre von Christian Hechts umfassender Untersuchung zur katholischen Bildertheolo­ gie der frühen Neuzeit (2012) empfohlen, der die vorliegende Einführung viel verdankt, genau wie Carsten-Peter Warnckes Überlegungen zum Bild­ verständnis in der frühen Neuzeit (1987). Ausdrücklich hingewiesen sei auch noch einmal auf die Arbeiten von Heinen (1996 und folgende), Münch

(2009), Arnulf (2002), Schütze (2005) und Linke 2014. Empfohlen seien ab­ schließend auch die anders angelegten Einführungen von Warncke 2005, Telesko 2006 und Büttner/Gottdang 2006, wobei letztere auch durch ihr kommentiertes Literaturverzeichnis besonders nützlich ist (276-304). Ge­ nauso wichtig aber ist der Hinweis darauf, dass neben der umfassenden Lek­ türe auch das sehr bewusste eigene Hinsehen, das intensive Studium der überlieferten Monumente der frühneuzeitlichen Kultur zur Grundlage eines Verständnisses der Ikonographie werden kann. Denn recht eigentlich lässt sich die Methode nur an solchen Beispielen erproben und erlernen, die man noch nicht kennt oder dank der Erklärungen Dritter zu kennen meint.

Abkürzungen Biblische Bücher sowie die Autoren der klassischen Antike und ihre Werke sind im Literaturverzeichnis nicht eigens ausgewiesen. Die in den Klammern angegebenen Stellenangaben richten sich im Falle der biblischen Bücher nach den Loccumer Richtlinien. Die Stellenangaben antiker Werke erfolgen hinsichtlich der Textausgabe und der Zitierweise (paragraph, Kapitel, Buch, Seitenzählung etc.) nach Maßgabe des Indexbandes des Thesaurus Linguae

Latinae.

150 Anhang

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Schäublin, Darmstadt 2000

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Abteilung:

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guls", in: Dresdener Kunstblätter 48,2004,278-281

buch für Kunstgeschichte 50,1997,131-158

158 Anhang

Namenregister Aesop 48 Albericus Philosophus 95,151

d'Escoubleau de Sourdis,Fran.;ois 58 d'Este,lsabella 73,74,152

Alberli, Leon Battista 33,67,77,96,97,129,151

Dolce, Lodovico 48 Dürer,Albrecht 32,35,38,64,71,81,85,141,142

Alciati,Andrea 80-85,88 AlexanderVII., Papst 73,148,155,156 Anglicus, Bartholomaeus 61,62 Ariosto, Ludovico 48 Aristoteles, Philosoph 7,86, 111 Athanadoros 48 Augustinus von Hippo 25,26,61,63,120,152 Baumgarten,Alexander Gottlieb 148 Baur,johannWilhelm 56 Bellori, Gian Pietro 68,102 Bernini, Gian Lorenzo 56-58,73,137,152,154,155 Beza, Theodorus 88 Bialostocki,jan 13,99,151 Blumenberg, Hans 51,151 Boccaccio, Giovanni 49 Bocchi,Achille 95,151

Dyck,AntoonVan 11,103-105,151,154,155 Enden, MartenVan den 104 Epirota, Quintus Caecilius 52 Eriugena,johannes Scotus 61 Eyck,jan van 19,76 Felibien,Andre 111 Ferdinand 1., Erzherzog von Österreich 107,108 Ferrata, Ercole 73 Feyerabend,Sigismund 81 Finelli, Giuliano 57 Foucault, Michel 14,15,62,152 Fredis,Felice de 48 Friedrich, Caspar David 148,157

Bordone, Benedetto 72,73

Galle, Philipp 64 Gauricus, Pomponius 76

Borges, jorge Luis 62,151 Borghese,Scipione 56,58

Gevaerts,jan Gaspar 106-109,151 Giovio, Paolo 74,75,108,156

Borgia, Lucrezia 75 Bruegel, Pieter (der Ältere) 43 Brune,jan de 83,141

Goethe,johannWolfgang von 49,137,138,147,148,153

Bruyn, Barthel (der Ältere) 84,158 Buonarroli, Michelangelo 48

Gonzaga, Francesco 74 Graf Eberhard 1., genannt im Bart, Herzog von Württemberg 78,79,152,156

Buondelmonti, Cristoforo 70 Caesar, Gaius lulius 47,55 Calanda,Silvestro 76 Calvin,johannes 42,88,152 Capoferri, Giovan Francesco 68 Caraglio,jacopo 52 Carracci,Annibale 70, 102 Cartari,Vincenzo 49,95,152 Casella, Pier Leone 91 Cassirer, Ernst 11 Cato, Marcus Porcius Cato Censorius 47 Cats,jacob 88,140,152 Cellarius, Christoph 14 Ceresara, Paride da 77

Gombrich, Ernst Hans 13,64,153 Gonzaga, Barbara 79,154

Greflinger, Georg 90,132,157 Gregor der Große, Papst 20 Gretser,jacob 41 Hagesandros 48 Hederich, Benjamin 49,123,153 Held,jeremias 81 Henkel,Arthur 80,81,85,89,95,113,119,121,153 Hesiod 48 Hoefnagel, loris 93-95 Homer 47,48,51,53,57 Hoogstraten,Samuel van 98,138,153,158 HorapolIo, Horus-Apollon 70-72,143,153 Horaz, Quintus Horatius Flaccus 8,19,47,84,87,97

Champollion,jean-Fran.;ois 70 Chantelou, Paul Freart de 58,152

Hubert, Conrad 49 Hugo, Hermann 88,157

Chelidonius, Benedictus, gen. Musophilus 34 Cicero, Marcus Tullius 47,96,99,126

Hüter,Simon 81

Colbert,jean-Baptiste 109 Conti, Natale 49,152 Costa, Lorenzo 76 Courteys, Martial 89,90 Courteys, Pierre 89,90 Coypel,Antoine 98 Cranach, Lukas (der Ältere) 39,156 Curtius, Quintus Curtius Rufus 47

Imhof,Andreas 86 Isselburg, Peter 85-87,153 janssens, Abraham 105 jode, Pieter de 105 josephus,Flavius 47 julius 11., Papst 48 junius,Franciscus 98 juvenel, Paul 85,87

Namenregister Kandel, David 59,60 Kant, Immanuel 148,154 Karl V., Kaiser des Heiligen Römischen Reiches 108,124 Kempen, Thomas von 101 Koselleck, Reinhart 17,154 Lairesse, Gerard de 134-137,146,155 Lastman,Pieter 47 Le Brun,CharIes 109,111,154 Leo 111., Papst 52 Leo IV.,Papst 52 Leo X.,Papst 52 Lier,Abraham van 44,45 Lipsius,justus 104,105 Livius, Titus 47 Lotto, Lorenzo 68,69,152,154 Ludovisi, Ludovico 56 Ludwig XlV., König vonFrankreich 110 Luther,Martin 32,41,42,155,156 Lyra, Nikolaus von 63 Male, Emile 155 Mander, Karel van 55,56,59,60,138 Mannheim, Karl 12 Mantegna,Andrea 76-78,152,154 Manutius, Aldus 70,72,73 Marie Antoinette, Königin vonFrankreich 147 Markgräfin vonCotrone, s. unter Orsini dei Balzo Marliano, Bartolommeo 49 Meder,joseph 33,154 Medici,Cosimo 111. de' 70,111 Melanchthon,Philipp 32,154 Michelangelo, s. unter Buonarroti

Quinlilian,MarcusFabiusQuintilianus 81,105,106 Raben, Georg 81 Raffael, Raffaelo Santi 52,53 Rembrandt, Harmensz. van Rijn 47,134,153 Remus, Georg 86 Reni, Guido 65,66, Richard von St. Victor 61 Ripa, Cesare 90-92,95,117,130,132,140, 155-158 Rohr, julius Bernhard von 106 Rollenhagen, Gabriel 87,95,158 Roscher, Wilhelm Heinrich 49,157 Rotterdam, Erasmus von 23,48,72 Rovigo,Francesco Xanto Avelli da 52,53 Rubens,PeterPaul 47,100-103,105-108,117-119,

125-127,151-157 Runge,Philipp Otlo 148,157 Ruscelli, Girolamo 74 Sallust, Gaius SallusliusCrispus 47 Sandrart, joachim von 59,60 Sangallo, Giuliano da 48 Schiller,Friedrich 148 Schöne,Albrecht 80,81,85,88,95,113,119,121,

153,157 SchOtlelius,justus Georg 81 Schweicker,Christoph 49 Seneca, Lucius Annaeus 47,99,105,117 Sichem,Christoffel van 39 Simonides von Keos 8,98,157 Solis, Virgil 59,60,81,82,151 Sourdis, Kardinal de, s. unter Escoubleau de Sourdis Stimmer, Tobias 47

Molanus,johannes 66,153

Straet,jan van der 64

Musophilus, s. unterChelidonius, Benedictus

Tacitus,PubliusCornelius 105

Moritz, Karl Philipp 148

Nero, NeroClaudiusCaesar Augustus Germanicus, römischer Kaiser 48 Oestreich, Gerhard 14,156

Tasso, Torquato 48 Terenz, Publius Terentius Afer 47 Tertullian,Quintus SeptimiusFlorens Tertullianus 26,152 Testelin, Henri 98

Oporinus,johannes Uohannes Herbst) 157

Thomas von Aquin 63

Ortelius,Abraham 93-95,152,156

Tulden, Theodor van 107,108

Orsini dei Balzo,Eleonora 75

Overbeck,Adrian van 27,28,153 Ovid,Publius Ovidius Naso 19,47,54-56,59,60,144,

145,151,153 Paets, Pieter jacob 39 Paleotti, Gabriele 101,102,153,156 Panofsky,Erwin 11-13,16,19,36,156 Paul V.,Papst 56 Pavia, Lorenzo da 76 Pelliparios, Nicola 53 Peutinger, Konrad 80 Philipp 11., König von Spanien 107 Picinelli,Philippo 85,95,129,121 Pirkheimer, Willibald 71,85 Platon 61

Plinius d. Ä., Gaius Plinius Secundus Maior 48,86,113 Plutarch 8,70 Poirters, Adrianus 83,88,139,141 Polydoros 48 Poussin, Nicolas 99,157

Trajan,Marcus Ulpius Traianus, römischer Kaiser 30 Urban VIII., Papst 58,117,119,129 Valeriano, Giovanni Pierio 72,85 Valois,Marguerite de, Königin vonFrankreich 80,155 Vasari, Giorgio 53,158 Vergil,Publius Vergilius Maro 47,48,51-54,83 Vitruv,Marcus Vitruvius Pollio 96,99 Volckamer, Georg 86 Voragine,jacobus de 22,47,155 Warburg,Aby 11 Warncke,Carsten-Peter 7,8,14-17,35,36,59-61,67,68,

72,85-88,114,115,149,150,158 Westerburg,Arnold von 84 Westerburg, Gerhard von 84 Wierix, Hieronymus 64,155 Wrage,jan Gillisz 27,28 Xenophon 48 Zedler,johann Heinrich 106,132,158

159

160 Anhang

Bildnachweis akg / Bildarchiv Monheim: Abb. 33 Archiv des Verfassers: Abb. 4,5,11,12,15,16,20,24,

26,27,28,32,37,40 Archiv des Verlages: Abb. 10,14 Augsburg, Staats- und Stadtbibliothek, Signatur 2 Th B VII 54: Abb. 6 Braunschweig, Herzog Anton Ulrich-Museum: Abb. 9,

23 Drös 1994: Abb. 19

Jesse 1962: Abb. 2 Kat. New YorkiMadrid 2007: Abb. 29,39 Toman, R./Bednorz, A. (Hrsg.): Die Kunst des Barock, Köln 1997: Abb. 35,36 Kat. Antwerpen 1993: Abb. 25 Kat. Washington/Nürnberg 2006: Abb. 1 SLUB Dresden / Deutsche Fotothek: Abb. 22 Universitätsbibliothek Basel, Sign. EUU V 15:1: Abb. 8 Warncke 2005: Abb. 31

Ebert-Schifferer 1998: Abb. 21

Welzel/Lentes/Schlie 2003: Abb. 3

Ferino-Pagden 1994: Abb. 17,18

Wiki Commons: Abb. 34,38

Grünes Gewölbe, Staatliche Kunstsammlungen Dres­ den, Foto: Jürgen Karpinski: Abb. 30

Wiki Paintings: Abb. 13 Wilhelm Joliet: Abb. 7