Einführung in das Werk Gottfrieds von Straßburg 3534190807, 9783534190805

Diese Einführung behandelt mit Gottfried von Straßburg einen der bekanntesten deutschen Autoren des Mittelalters. Sein »

128 94 7MB

German Pages [143] Year 2012

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Table of contents :
Front Cover
Titel
Impressum
Inhalt
I. Epoche und Literatur
II. Forschungsgeschichte
III. Der Autor und sein Werk
1. Biographische Fragmente und puzzles
2. Autor und Texte in der Überlieferung
IV. Gottfrieds (?) Lyrik
1. ,Lyrik' im Mittelalter
2. Lyrische Genres in der mittelalterlichen deutschen Literatur
3. Lyrik unter Gottfrieds Namen; Aporien der Echtheitsdiskussion
4. Textanalytische Ansätze
V. Gottfrieds Tristan
1. Handlungsüberblick
2. Der Tristan-Stoff und seine Literarisierungen im Mittelalter
3. Gottfrieds Umgang mit dem Stoff
4. Strukturierungen
5. Sprache, Form, Stil
6. Interpretationsansätze
VI. Gottfried-Rezeption
1. Allgemeines
2. Ebenen und Epochen der Rezeption
Literaturverzeichnis
Register
Back Cover
Recommend Papers

Einführung in das Werk Gottfrieds von Straßburg
 3534190807, 9783534190805

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

Einführungen Germanistik Herausgegeben von Gunter E. Grimm und Klaus-Michael Bogdal

Rüdiger Brandt

Einführung in das Werk Gottfrieds von Straßburg

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in und Verarbeitung durch elektronische Systeme. © 2012 by WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt

Die Herausgabe dieses Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der WBG ermöglicht. Satz: Lichtsatz Michael Glaese GmbH, Hemsbach Einbandgestaltung: schreiberVIS, Bickenbach Printed in Germany

Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-wissenverbindet.de

ISBN 978-3-534-19080-5

Elektronisch sind folgende Ausgaben erhältlich: eBook (PDF): 978-3-534-71362-2 eBook (epub): 978-3-534-71364-6

Inhalt 7

I. Epoche und Literatur .

14

11. Forschungsgeschichte

27

111. Der Autor und sein Werk

1. Biographische Fragmente und puzzles

27

2 . Autor und Texte i n der Überlieferung

33

IV. Gottfrieds (?) Lyrik

. . . . . . . . . . . .

1. ,Lyrik' im Mittelalter

. . . . . . . . .

2. Lyrische Genres in der mittelalterlichen deutschen Literatur

38 38 39

3. Lyrik unter Gottfrieds Namen; Aporien der Echtheitsdiskussion

4. Textanalytische Ansätze V. Gottfrieds Tristan . . . . . .

1. Handlungsüberblick

. .

40

43 55 55

2. Der Tristan-Stoff und seine Literarisierungen im Mittelalter

63

3. Gottfrieds Umgang mit dem Stoff

65

4. Strukturierungen

66 76

. . .

5. Sprache, Form, Stil

. .

6. Interpretationsansätze . .

109

. . . . .

109

VI. Gottfried-Rezeption

1. Allgemeines

80

.

2. Ebenen und Epochen der Rezeption

109

Literaturverzeichnis

119

Register

136

I. Epoche und Literatur Gottfrieds Tristan, einziges ihm sicher zuzuschreibendes Werk, lässt sich

Gottfried

auf um 1210 datieren. Damit gehört er zu einer von ungefähr 1170 bis

der ,Klassiker'

1230 reichenden Epoche der deutschen Literatur, die immer schon beson­

deres Prestige genossen hat. Die Folgen reichen bis heute: Gottfried und an­ dere Autoren aus dieser Zeit sind auch in außerwissenschaftlichen Kreisen noch immer präsent; und wissenschaftsintern wurden ihre Werke intensiver und aspektreicher untersucht als andere - obwohl solche im Rahmen neu­ erer Paradigmen sicher nicht weniger Bedeutung für ein Gesamtbild besit­ zen. Die ,mittelhochdeutsche Klassik' hat wesentliche Grundlagen für die weitere Entwicklung geschaffen - repräsentativ für ,die' deutsche Literatur ,des' Mittelalters ist sie nicht. Das gilt umso mehr, wenn man sich vergegen­ wärtigt, dass eine Reihe ihrer sprachlichen, ästhetischen, inhaltlichen Stan­ dards ab ca. 1250 wieder teilweise verschwindet - Folge veränderter An­ sprüche und Moden. Dies zu berücksichtigen, sollte vor einer Verabsolutie­ rung literarischer Maßstäbe in die Gegenwart hinein warnen. Gottfrieds Tristan nicht als ästhetisches Meisterwerk zu feiern, käme einem Sakrileg

gleich - wiewohl auch die Wissenschaftsgeschichte immer wieder divergie­ rende Wertungen hervorgebracht hat. Theoretisch ist eine normative Poetik überholt; in der Praxis findet man immer noch Spuren. Deutschsprachige Schriftliteratur existiert seit dem 8. Jh., wird Mitte des 10. Jhs. für ungefähr hundert Jahre unterbrochen und setzt erst danach wie­

der neu ein. Sie war anfänglich eine Domäne geistlicher Autoren - nur sie konnten zunächst lesen und schreiben - und besaß mit wenigen Ausnah­ men auch ihr inhaltliches Hauptgewicht im Bereich religiöser Themen. Selbst Genres, die eigentlich weltanschaulich ,neutral' sind, wurden oft zu religiösen Zwecken funktionalisiert oder religiös überhöht. Den offiziellen Schwerpunkt bis 1050 stellte ,pastorale Gebrauchsliteratur' dar: Überset­ zungen religiöser ,Basistexte' für die noch nicht lange missionierten Sprach­ teilhaber. Aber schon in dieser Anfangszeit kann man bei den klerikalen Schreibern so etwas wie eine mediale Verselbständigung feststellen. Sie be­ schränken sich bei der Abfassung deutscher Schrifttexte nämlich keines­ wegs auf die ,Grundversorgung' der Laien mit Literatur der o. a. Art, sondern entdecken weitere Möglichkeiten. Vielleicht schon simultan, jedenfalls nicht mit großer zeitlicher Verzögerung entstehen freie Übersetzungen oder neu verfasste Texte, als deren Publikum man sich kaum Laien aus dem ,ein­ fachen Volk' vorstellen kann, wie z. B. Otfrieds von Weißenburg Evange­ lienharmonie,

Rechtstexte,

dokumentierend-panegyrische

Hofdichtung

nach Art des Ludwigsliedes, der Heliand und die Genesis. Hier wird sich schon das repräsentative Potenzial von Schriftliteratur geltend gemacht ha­ ben bzw. die Entdeckung der Speicherfähigkeit des Mediums Schrift. Bald nach ihrer Entstehung wachsen der deutschsprachigen Schriftliteratur also neue Anwendungsbereiche zu. Und sogar Texte, die angesichts ihrer Her­ kunft aus der vorchristlichen Kultur unter dem Verdikt des ,Heidnischen'

Die früheste Epoche deutscher Schriftliteratur

8 I. Epoche und Literatur standen (Zaubersprüche, Hildebrandslied) finden ihren Weg aufs Perga­

Schriftlichkeit und Mündlichkeit

Verselbständigung des Mediums

Frühmittelhochdeutsche Literatur

ment, wenn auch aus unbekannten Gründen und (wie überhaupt die meis­ ten deutschen Texte der Frühzeit) nur als ,Füllsel' in ansonsten lateinische Texte enthaltenden Handschriften. Dass deutsche Schriftliteratur kirchli­ cherseits eigentlich nur auf eine Art religiöser Grundbelehrung zielte, lässt sich daraus entnehmen, dass sie 815 per Erlass beendet wurde. Ein Jahr nach dem Tod Karls des Großen, der ihr dieses Ziel gesetzt und für seine Erreichung gesorgt hatte, wurde das Vorhandene als für die Zwecke der Laien ausreichend deklariert und weitere Produktion untersagt. Traditionen konnte die deutsche Schriftliteratur vor 1050 so gut wie nicht ausbilden, mithin auch keine Kontinuität. Beides kann man erst ab der nächsten Epo­ che beobachten - seit dann allerdings ohne Unterbrechungen und auch schon mit deutlich ausgeprägten Phänomenen der Intertextualität. Schriftlichkeit stellte oft eine Zwischenstufe zur erneuten Mündlichkeit dar; deutschsprachige Schrifttexte wurden vorgelesen oder vorgetragen, nicht in Privatlektüre rezipiert - was wegen der bis ins 16. Jh. noch nicht verbreiteten Lesekenntnisse noch länger so bleiben wird. Dass die religions­ politisch induzierte offizielle ,Beendigung' 815 erst nach mehr als 100 Jah­ ren Wirkung zeigte, beweist, dass deutsche Schriftliteratur schon durch Selbstläufereffekte gekennzeichnet war - ein mediales Phänomen, das sich auch anderwärts beobachten lässt: Sobald man sich an ein neues Medium gewöhnt hat, wird es auch unabhängig von vorgegebenen Funktionen genutzt. Die Volkssprachen galten theologisch gegenüber den sacrae linguae, den heiligen Sprachen Hebräisch, Griechisch, Latein als minderwertig. Die­ se Minderwertigkeit war nicht nur religiös begründet, sondern auch ästhe­ tisch. Mit der rhetorischen Gestaltung des Deutschen nach Maßgabe der an­ tiken Rhetorik, mit seiner Ästhetisierung durch Formen der gebundenen Rede und auch durch die Tatsache der Verschriftlichung wurde die deutsche Sprache aufgewertet. Das gilt umso mehr dann, wenn deutsche Schriftlitera­ tur in den Dienst neuer kultureller Muster tritt: die des Adels nämlich und nicht mehr nur solche der Kirche. Der Anstieg der Produktion weltlicher Schrifttexte in deutscher Sprache lässt auf Dauer einen Fundus an Literatur entstehen, der ein Gegengewicht gegen die religiöse Literatur bildet. Im Be­ reich dieser deutschen Literatur selbst kehren sich die Verhältnisse zwischen 1170 und 1250 sogar rasch um: Die Überlieferung scheint zu zeigen, dass weltliche Lyrik und Epik in diesem Zeitraum deutsche religiöse Literatur zeitweilig fast verdrängt haben. Die Möglichkeiten, die das Speichermedi­ um Schrift bietet, führen allerdings auch zu neuen Anforderungen an die Autoren: Mündliche Kulturen sind s ystemimmanent ,vergesslich' - behalten und weitergegeben wird nur, was aktuelle Verwendung findet; schriftliche Kulturen dagegen häufen Wissen an - was die Auseinandersetzung mit Quellen nötig macht; einen deutlichen Reflex darauf stellen etwa die Quel­ lenräsonnements im Tristan dar. Der entscheidende Schritt auf dem Weg zur Entwicklung und Kontinuität wurde jedoch, nur scheinbar paradoxer Weise, zunächst von der frühmittel­ hochdeutschen Geistlichenliteratur (ungefähr 1050 bis 1160) vollzogen. Sie stand wahrscheinlich im Kontext eines Versuchs der ,Binnenmissionierung' des weltlichen Adels durch die Kirche. Im Unterschied zur althochdeut­ schen Epoche war das Christentum mittlerweile fest etabliert; die wesent-

I. Epoche und Literatur

lichsten Glaubensgrundsätze waren bekannt, religiöse Gebrauchstexte in deutscher Sprache vorhanden. Die Kirche sah es nun als ihre Aufgabe an, die Inhalte der christlichen Religion zu festigen und religiöses Wissen aus­ zubauen. Hatte man bei der Missionierung der ,heidnischen' Bevölkerung meist bei den Führungsschichten angesetzt, so gingen die klerikalen Verfas­ ser dieser Literatur den gleichen Weg: Die neuen Texte waren, soweit fest­ stellbar, überwiegend für die weltliche Führungsschicht, den Adel gedacht. Und es gibt ab 1050 noch eine zweite literatursoziologische Änderung: Die Autoren sind zwar nach wie vor Kleriker, aber nicht mehr Mönche, sondern überwiegend Weltgeistliche, die nicht relativ abgeschieden in Klöstern leb­ ten, sondern im engeren Kontakt mit ihrem Publikum (Hofkapläne etwa). Der Adel muss ein Interesse an den neuen religiösen Texten gehabt haben­ denn er finanzierte sie. Die religiöse Schriftliteratur vor 1050 hatte zur bis­ herigen weltlichen, von mündlicher Überlieferung getragenen Literatur des Adels (Heldenlieder, Herrscherlobdichtung, genealogische Überlieferun­ gen) in einem doppelten Konkurrenzverhältnis gestanden: Mündliche Lite­ ratur galt dem Adel als bewährtes Medium, aus dessen Inhalt man histori­ sches Wissen und Sei bstwertgefüh I bezog. Das neue Medium der Schrift wurde dagegen vom illiteraten Adel zunächst eben wegen seiner Neuheit und UndurchschaubarkeitiUnbeherrschbarkeit eher mit Misstrauen betrach­ tet. Schriftliteratur stellte nur eine kleine Enklave in einer ansonsten in we­ sentlichen Lebensbereichen von Mündlichkeit geprägten Gesellschaft dar. Die Kirche ihrerseits versuchte, die traditionelle mündliche Literatur zu diskreditieren - wegen ihrer Inhalte, die sich oft kaum mit dem geistlichen Wertesystem in Übereinklang bringen ließen, und wegen ihrer ,Unzuverläs­ sigkeit' (mündliche Überlieferung führt eher zu Änderungen und Verlusten als schriftliche). Der christliche Klerus als Vertreter einer sog. ,Buchreligion' sah im Medium der Schrift etwas Höherwertiges. Ursprünglich hatten sich also unter klerikaler Perspektive folgende Gegensatzpaare ergeben: Schriftliteratur

mündliche Literatur

religiös

weltlich

wahr

unwahr

lateinisch

volkssprachlich

Durch die Entstehung deutscher religiöser Schrifttexte wurde eine solche Pa­ rallelsetzung aufgebrochen. Hauptsächlich drei Gründe kommen für das In­ teresse des Adels an der neuen geistlichen Schriftliteratur ab 1050 in Frage:

1. Angesichts der Einbindung der Religion in die Gesellschaft wurden reli­ giöse Inhalte ernst genommen. Man hielt sich zwar oft nicht an die Vor­ schriften dieser Religion, erkannte aber prinzipiell ihre Bedeutung an und verlangte nach Belehrung. 2. 300 Jahre nach der Entstehung deutschspra­ chiger Schriftliteratur wurde Schriftlichkeit auch vom selbst noch überwie­ gend illiteraten Adel nicht mehr als ,fremd' wahrgenommen; sie war immer noch eine Ausnahme, aber zumal in religiösen Kontexten mittlerweile et­ was ,Normales' - wegen ihrer Seltenheit aber gleichzeitig etwas Besonde­ res. Da sie materiellen und zeitlichen Aufwand erforderte, eignete sie sich für repräsentative Zwecke. Die Abfassung religiöser Texte zählte als ,gutes Werk', und ein Adliger, der solche Literatur in Auftrag gab, bewies materiel-

9

10 I. Epoche und Literatur le Potenz ebenso wie religiöse Qualitäten. 3. Repräsentativ ist diese Litera­ tur aber noch in einem anderen Sinn - als sprachliches Kunstobjekt näm­ lich. Wegen ihrer Form (durch Reim und Metrik gebundene Rede, also nicht Prosa) wurde sie ästhetischen Ansprüchen gerecht und war daher zur ästhe­ tischen Überhöhung und zum Ersatz der traditionellen Adelsliteratur geeig­ net. Auch die Gebundenheit der Verfasserschaft an Kleriker löst sich in An­ sätzen auf. So gibt es etwa den Fall, dass nicht erbberechtigte Söhne von Adligen ins Kloster gehen, dort eine klerikale Ausbildung auf der Basis von Schreiben und Lesen durchlaufen und sich dann relaikalisieren lassen, wenn der erbberechtigte Bruder stirbt. Über sonstige Faktoren, die die Lite­ rarisierung des weltlichen Adels gefördert haben könnten, weiß man wenig; anders als in Frankreich scheinen alphabetisierte Adlige in Deutschland zu­ nächst seltener gewesen sein. Zentral höfe

Um 1150 entstehen in Gesellschaft und Kultur einige Faktoren, die in ihrem Zusammenwirken eine weitere Entwicklung der deutschen Literatur be­ fördert haben. Aus der Vielzahl von Adelshöfen, die sich vorher in Struktur und Größe noch wenig unterschieden hatten, entwickelten sich einige zu Zentralhöfen mit Residenzcharakter. Bisher hatten Adlige ihre Herrschaft weitgehend direkt ,vor Ort' ausgeübt, indem sie, zusammen mit ihrem Hofstaat, permanent ihr Herrschaftsgebiet durch,reisten'. Die Höfe neuer Art waren u.a. durch den Ausbau des Verwaltungsapparates gekennzeich­ net, für den auch Schriftlichkeit eine zunehmende Bedeutung hatte (Kanz­ leien, Archive). Entsprechend der mittelalterlichen Option für die Konkreti­ sierung abstrakter Konzepte durch sinnlich wahrnehmbare Gegenstände und Vorgänge lässt sich an den Höfen ein gesteigerter Repräsentationsbe­ darf feststellen. Durch ihre gewachsenen Funktionen stellten die Höfe auch einen Anziehungspunkt für karrierewillige Adlige dar, und das Zusammen­ leben von mehr Menschen beförderte nicht zuletzt die Sphäre der Gesellig­ keit und den kulturellen Austausch mit anderen Höfen. In den Dienst dieser kulturellen Repräsentation trat auch die Literatur - wozu sie sich allerdings inhaltlich umgestalten musste. Denn das gewachsene kulturelle Selbstbe­ wusstsein des Adels verlangte nach Texten, welche die alten und vor allem die neuen Bestandteile des adligen Selbstbildes zur Geltung brachten: also nach weltlichen Inhalten, in deren Kontext sich kulturelle Konzepte und Wünsche spiegelten und die formalen und sprachlichen Ansprüchen ge­ recht werden konnten. Eine gewichtige Rolle bei dieser Entwicklung spielt der Einfluss der französischen Hofkultur. Diese wurde ab ca. 1150 in Deutschland offenbar als Vorbild empfunden und breit rezipiert - häufig in­ klusive der entsprechenden Lexik; sogar Wortbildungsmaterialien werden übernommen (dt. Verb-Endung -ieren aus der burgund.-frz. Endung -ier, dt. Substantiv-Endung -fe, nhd. zu -ei geworden, aus frz. -ie; afrz. ley

=

,Art'

wird im Deutschen als Endung -lei an einige Adjektive angehängt). Franzö­ sische Texte wurden zu Stofflieferanten für die deutsche Epik; damit ging bis um 1250 ein Wechsel von lateinischen zu französischen Übersetzungsvor­ lagen einher. Auch die zunächst anscheinend autochthon entstandene deut­ sche Liebeslyrik des Adels, der Minnesang, gerät inhaltlich und formal bald unter den Einfluss nordfranzösischer und südfranzösischer (provenzalischer) Liebeslyrik. In der Epik wird durch die Übersetzungen antiker Stoff erschlos­ sen. Das Interesse an ihm hat man u.a. dadurch erklärt, dass seine Rezep-

I. Epoche und Literatur

tion eine Möglichkeit des ,Austestens' neuer kultureller Muster ermöglichte: Wurde die Artikulation adligen Selbstwertgefühls von der Kirche stets mit Misstrauen betrachtet, so konnte die Präsentation antiker Stoffe wegen de­ ren Bindung an die ,heidnische' Kultur durch ihren gleichsam historischen Charakter exkulpiert werden, aber über ihre Inhalte das adlige Interesse an Themen wie Liebe, Kampf, Prunkentfaltung befriedigen. Die frz. Epik wird in Deutschland aber nicht nur als Vermittlerin antiker Stoffe funktionalisiert; sie liefert auch ihre eigenen Stoffe, vor allem die (über England?) aus dem Keltischen stammende sog. matiere de Bretagne (,Stoff aus der Bretagne'). Dazu gehört auch der Tristan-Stoff, vor allem aber die Artussage, über die Ritter der Tafelrunde mit dem Grals-Stoff verbunden, inklusive ihrer durch Anlagerung von Handlung an einzelne Ritter der Tafelrunde entstandenen Verästelungen. Die erste deutsche Bearbeitung des Tristan-Stoffes ist Eilharts von Oberg Tristrant (um 1170). Prägend für die Rezeption des Artus-Stoffs war Hart­

mann von Aue mit den Epen Erec (um oder nach 1185) und Iwein (um oder nach 1200), beide verfasst nach Epen Chretiens de Troyes. Dabei hat der Erec insofern eine besondere Stellung, als in ihm erstmals das neue persona­

le Leitbild adligen Selbstwertgefühls erscheint - der Ritter. Das Wort bezeichnete ursprünglich einen im Adelsdienst stehenden Unfreien. Im Erec werden nun auch Adlige als Ritter bezeichnet, was ohne eine Bedeutungsverbesserung unlogisch wäre. ,Ritter' verdrängt nicht nur allmählich ältere Heldentermini wie degen, wfgant, guot kneht, sondern gewinnt zusätzliches Profil durch die Übernahme von Attributen des frz. chevalier; der neue Ritter-Held ist nicht nur tapferer Kämpfer, sondern engagiert bei der Hilfe für Bedrängte, schön, höfisch gebildet, höflich, elegant, sprachlich-kommunikativ versiert, zuvorkommend gegenüber den Damen, staete (beständig und zuverlässig), der maze verpfl ichtet (Ausgewogenheit im Wollen und Verhalten) und triuwe (,treu' in einem umfassenden, gleichsam juristischen Sinn der Einhaltung von Verpflichtungen). All dies gipfelt in der ,Leit-Tugend' des (nicht übersetzbaren, sondern nur zu paraphrasierenden) hohen muotes, einer permanenten ,Hochgestimmtheit'. Schon die Bündelung all dieser Tugenden verweist darauf, dass es hier um literarische Stilisierungen geht, nicht um die Abbildung von Realität. Gleichwohl hatten Bestandteile der Realität Einfluss auf das Ideal. In Bezug auf die Kirche ist etwa auf Versuche der Pazifizierung des Kriegeradels hinzuweisen; die gesellschaftlichen Ideale wurden geformt von den Ansprüchen des o.a. neuen Hof-Typus. Das Bild der literarischen Szenerie der Großepik vor und zur Zeit Gott­ frieds wird komplettiert durch schriftliterarische Bearbeitung von Stoffen aus im weitesten Sinn einheimischer Tradition. Zu nennen sind hier vor al­ lem die Anonyma Herzog Ernst (deutsche Reichsgeschichte) und König Rot­ her (langobardischer Stoff?). Und um 1200 wird mit der Verschriftlichung

des Nibelungenlieds auch die sog. Heldenepik für die neue Literatur er­ schlossen. Die Verschriftlichung mündlicher Stoffe war wohl ebenfalls Folge einer zunehmenden Bewusstwerdung der Möglichkeiten des Mediums Schrift, das potenziell geeignet ist, die Gesamtheit des kulturellen Wissens zusammenzufassen, abzuspeichern und präsent zu halten. Wenn man in Bezug auf das Mittelalter von ,deutscher' Literatur redet, ist das missverständlich: Es gab nicht wie heute eine Literaturproduktion, die

Höfische ,Tugenden'

11

12 I. Epoche und Literatur

Regelpoetik

flächendeckend für alle deutschen Sprachteilhaber gedacht und von diesen erreichbar gewesen wäre. Immerhin gibt es Ansätze zu einer Regionalisie­ rung, zu einer Vernetzung, deren ,Knoten' die o.a. Zentralhöfe darstellen. Die Autoren stellen sich sogar schon auf die Möglichkeit überregionaler Re­ zeption ein, indem sie sich nämlich z. T. um Reime bemühen, die in allen deutschen Dialekten rein sind. Bemerkenswert ist, dass die mhd. Literatur mit der ,höfischen Dichtersprache' ein Phänomen hervorgebracht hat, das man in der Linguistik ,Funktiolekt' oder ,Register' nennt. Dabei handelt es sich um eine (hier schriftsprachliche) Ausprägung, die nur für einen ganz bestimmten Bereich der Kommunikation gedacht ist. Die höfische Dichter­ sprache ist also kein Soziolekt (auch der Adel spricht im Alltag nicht so, wie in den Texten gesprochen wird), und sie kann auch nicht als Fachsprache gekennzeichnet werden (dazu ist der allgemeinsprachliche Anteil zu groß). Als eine ,situative Varietät' ist dieser höfische Funktiolekt nur für die literari­ sche Kommunikation am Hof gedacht und darauf zugeschnitten. Neben Wortentlehnungen und Lehnprägungen lassen sich als Spezifika dieser Va­ rietät auch Stilistika beobachten (personifikationen, passivische Konstruktio­ nen, Nominalstil). Ferner kommt es durch den Einfluss einzelner Autoren dazu, dass aus deren heimischem Dialekt Wörter in die allgemeine Dichter­ sprache übernommen werden. Aus klerikaler Perspektive hierarchisiert, sind Deutsch und Latein im Be­ reich des Mediums Schrift durch einen besonderen Umstand verbunden: Wer Schreiben und Lesen lernte, konnte dies nur an einer kirchlichen Bil­ dungseinrichtung. Gelernt wurde (mit gelegentlichen propädeutischen Aus­ nahmen) an lateinischen Texten - an lateinischer Fachliteratur ebenso wie an lateinischer Dichtung. Auch für die Abfassung dichterischer Texte war zuständig das Trivium, die drei ersten Fächer der septem artes liberales. Die Grammatik lehrte das sprachlich richtige, die Dialektik das logisch richtige Schreiben; der Schwerpunkt lag jedoch auf der Rhetorik, die lehrte, wie man Texte ,schön' gestalten konnte, so dass die Ästhetik die sachliche Rich­ tigkeit und ,Gutheit' des Inhalts hervorhob. Über die Bezeichnung ars wa­ ren die artes liberales mit anderen Wissensbereichen verbunden; wie das mittelhochdeutsche kunst konnte ars auf mindestens drei Bereiche ange­ wendet werden, die heute terminologisch getrennt sind: auf Wissenschaft, Handwerk und Kunst. Diese Nomenklatur rechtfertigte sich durch die Über­ zeugung, dass der Erwerb von Fähigkeiten in allen Fällen als gleich gedacht wurde: Man konnte lernen, ein guter Handwerker, ein guter Wissenschaftler und eben auch ein guter Autor zu sein. Das Lernen erfolgt nach Regeln; de­ ren Anwendung garantierte auch für Texte Qualität. Grundlage, vor allem im Unterricht, bildeten antike Lehrschriften. Seit dem 12. Jh. entstehen neue Poetiken; sie sind ebenfalls auf Latein verfasst, bringen aber neue Im­ pulse. Deutsche volkssprachliche Poetiken gibt es noch nicht - poetologi­ sche Vorstellungen werden jedoch in den Dichtungen selbst artikuliert, be­ sonders in Prologen und Exkursen (vgl. den ,Literaturexkurs' im Tristan), und hier stößt man auch auf spezifischere Vorstellungen gegenüber der lat. Regelpoetik. Im Vergleich zum Autorkonzept des 18. Jhs., das unsere heuti­ gen Vorstellungen noch prägt, ist also der mittelalterliche Autor einerseits im Bewusstsein des zeitgenössischen Publikums eine eher mediokre Größe: Er ist an Regeln gebunden und kein ,Genie' - der Topos ,göttlicher Inspira-

I. Epoche und Literatur

tion' hat dazu nur vage Analogien; seinen Stoff darf der Autor nicht erfin­ den, sondern muss ihn finden, also bereits vorhandenen Stoff übernehmen (inventio-Lehre der Rhetorik); er sucht sich, zumindest bei umfangreicheren Texten, sein Publikum nicht selbst, sondern verfasst seine Werke im Auftrag, weswegen der Auftraggeber inhaltlich und formal beträchtlichen Einfluss hat. Aber in der Praxis entwickelt die höfische Literatur Eigengewicht und neue Vorstellungen, trifft eine Auswahl, sucht sich neue Vorbilder - und zwar eben auch in den eigenen Reihen - und verwirft andere. So lobt und kritisiert Gottfried im Literaturexkurs des Tristan deutsche Autoren und be­ freit sich im Prolog vom Image eines bloßen Auftragsdichters durch die Kon­ struktion einer idealen Rezeptionsgemeinschaft. Aber Traditionen machen sich ebenfalls geltend - im Stofflichen auch über die direkte Vorlage hinaus: In der Schilderung der Minnegrotte stellt Gottfried den Bezug zur Antike her; ferner erwähnt er Gestalten aus der antiken Mythologie und Geschichte (z.B. Apollon, Aurora, Dido, Kassandra, Orpheus, Helikon und Kythäron als Sitz der Musen, die Sirenen, Thisbe, Phyllis von Thrakien). Sein eigentlicher Stoff entstammt der matiere de Bretagne; durch die Erwähnung von Artus und dessen Tafelrunde zitiert er dessen zweiten, von der Überlieferung her weitaus größeren Bereich herbei - und zwar im Sinn einer Überbietung (das Leben in der Minnegrotte übertrifft das am Artushof Vorfindbare). Eine direkte Verbindung beider Themenkreise wird dadurch hergestellt, dass der Herkunftsort des Hündchens Petitcreiu nach Avalon verlegt wird, der eben­ falls aus der Artussage bekannten Feeninsel. Gottfried flicht nicht nur ein­ zelne französische Wörter und Wendungen in den Tristan ein, sondern kennt mindestens zwei französische Tristan-Epen. Eine vage Anspielung auf die deutsche Stofftradition und Geschichte enthält die Erwähnung von Kar­ Ies 18t, d. h. des traditionell als gleichermaßen streng wie gerecht geltenden ,Gesetzes' Karls des Großen. Vor allem Gottfrieds unter den deutschen Autoren seiner Zeit hervorstechenden rhetorischen Fähigkeiten verraten seine intensive Vertrautheit mit den Schulrhetorikern; er scheint aber auch von den neuen zeitgenössischen lateinischen Poetiken zumindest die des Matthäus von Vend6me gekannt zu haben - und Werke deutscher Autoren. Wie diese entwickelt er im Rahmen der Tradition distinkte literarische Techniken.

13

11. Forschungsgeschichte Funktionen von Forschungs­ geschichte

Bibliographien

Forschungsgeschichte hat die Funktion einer Vergegenwärtigung des jeweils Erreichten und ist damit integraler Bestandteil jeder Wissenschaft. Sie dient einerseits der Wissenschaftsökonomie, indem sie präsent macht, welche Themen und Inhalte im Verlauf der Forschung behandelt worden, welche Fragen offengeblieben sind. Sie hat aber auch Älteres auf seine potenzielle Weiterverwendbarkeit zu untersuchen, also ein heuristisches Potenzial älte­ rer Arbeiten zu eruieren. Und indem sie Paradigmenwechsel nachzeichnet, ist sie gleichzeitig eine Geschichte wissenschaftlicher Interessen. Die Literatur zu Gottfried von Straßburg ist gut dokumentiert, muss aber aus einer ganzen Reihe von Bibliographien und Forschungsberichten zu­ sammengestellt werden: Neben vollständigen Verzeichnissen zu fortlaufen­ den Zeiträumen stehen solche, die kleinere Ausschnitte abdecken, damit zwar Übersehenes nachliefern, aber die Übersicht auch erschweren. Auch werden die unter Gottfrieds Namen kursierenden lyrischen Texte nicht im­ mer mit einbezogen, und auf der anderen Seite muss Literatur über Gott­ fried und den Tristan erst aus Bibliographien herausgefiltert werden, die dem Tristan-Stoff im internationalen Zusammenhang und seinen verschie­ denen Bearbeitungen gelten (z. B. Waiden Adams 1935/1943). Bibliogra­ phien, die in Teilen erschienen sind, sortieren das Material nicht immer un­ ter gleichen Rubriken. Manchmal stößt man bei der Kategorienbildung auf terminologische Änderungen; so trägt etwa Teil XI. in Steinhoff 1971 die Überschrift "Weltanschauung", in Steinhoff 1986 liest man "Interpretatio­ nen", und die Weltanschauung findet sich nur noch in der Formulierung "Geistesgeschichtlich/weltanschaulich" als Titulus für eine Unterrubrik. Die bis zum Erscheinen seines Referenzwerkes erschienenen Bibliogra­ phien hat Batts 1969 zusammengestellt. Zu Rate zu ziehen sind immer auch die allgemeinen germanistischen Standardbibliographien. Die Biblio­ graphien von Steinhoff 1971 und 1986 versammeln Ausgaben und Untersu­ chungen bis 1983 relativ vollständig und weisen vor allem auch Rezensio­ nen nach. Eine Anschlussbibliographie für die Zeit von 1984 bis 2002 von Huber - allerdings nur zum Tristan - steht im Internet; sie ist eine Erweite­ rung der gedruckten Bibliographie Hubers (2002a) und enthält auch ein Schlagwortregister, wenn auch mit Lücken und Fehlern. Kontinuierliche Veröffentlichungsnachweise für i. d. R. einjährige Berichtszeiträume liefern die Bibliography of Critical Arthurian Literature (ab 1940 in der Zs. Modern Language Quarterly) und das Bulletin bibliographique de la Societe interna­ tionale arthurienne. Bibliographical bulletin of the International Arthurian Society (1949-1969). Ergänzungen liefert ab 1975 die Zs. Tristania.

Forschungsberichte

Wichtige Forschungsberichte, also Vertreter einer ,Gattung' der Wissen­ schaftsliteratur, die das Material nicht nur bibliographisch erfasst, sondern auch kritisch sichtet und in Zusammenhänge stellt, liegen vor von Batts 1983/84, Bindschedler 1953, van Dam 1930, Dietz 1974, Fromm 1954, Pi­ cozzi 1971. Der früheste bekannte Forschungsbericht ist wohl Röttigers

11. Forschungsgeschichte

Schul-Programmschrift von 1897 - Indiz dafür, dass zu dieser Zeit bereits Veranlassung für eine Sichtung bestanden haben muss. Aus Forschungsbe­ richt und angehängter Bibliographie besteht die (ungedruckte) Arbeit von Reinnagel 1967. Einen Sonderfall stellt die detaillierte und nützliche Arbeit von Fritsch-Rößler 1989 dar: Untersucht wird darin die Behandlung von Gottfrieds Tristan speziell in deutschen Literaturgeschichten aus der Zeit von 1768 bis 1985, wobei differenziert wird zwischen wissenschaftlichen, populären und Schul-Literaturgeschichten und auch Seitenblicke auf Lehr­ pläne erfolgen; zu vergleichen ist der Aufsatz von Schneider 1992 zur Dar­ stellung des Tristan in der wissenschaftlichen Literaturgeschichtsschreibung nach Ehrismann. Einen Schwerpunkt auf Stoff- und Motivgeschichte legt der Forschungsbericht von Langmeier 1978. Den Charakter eines Forschungs­ berichtes haben auch Passagen in G. Weber 1953 (I, 9-31, 11, 7-46), Wetzel 1996 sowie in den Einführungsbänden von G. Weber (11962, 51981 zus. mit Hoffmann), Chinca 1997, Huber 22001 (12000), Tomasek 2007b. Eine Zusammenstellung forschungsgeschichtlich wichtiger Aufsätze bis zum Be­ ginn der 70er Jahre enthält der Sammelband von Wolf 1973. Angesichts der Spezifika der Überlieferungslage mittelalterlicher Texte beginnt die Forschungsgeschichte nicht mit deren Existenz schlechthin: Da Handschriften nur Unikate sind, also nicht an mehreren Orten und für eine

Primärtexte (Editionen, Übersetzungen)

größere Anzahl von Wissenschaftler/inne/n greifbar, kann ihr prinzipielles Vorhandensein noch keine kohärente Forschung in Gang setzen. Eine sol­ che beginnt vielmehr erst mit der Umsetzung des Manuskripts in Medien, die den Text der Wissenschaft in größerer Anzahl und in identischen Fassun­ gen zur Verfügung stellen. Auf ein frühes Interesse an Gottfrieds Tristan deutet eine Abschrift, die 1722 von einer verlorenen Handschrift genommen wurde (Sigle S); auch diese Abschrift ist aber unikai und nimmt damit forschungsgeschichtlich die gleiche Position ein wie mittelalterliche Handschriften. Die ersten mit Gott­ frieds Namen verbundenen Texte, die ediert wurden, waren dann keine Handschriften des Tristan, sondern die heute verbreitet als unecht geltenden Lieder. Sie finden sich in der Ausgabe von Texten der Minnesang-Sammel­ handschrift C, die Bodmer und Breitinger 1759 herausgegeben haben ("Pro­ ben" daraus schon 1748). 1785 folgte dann die erste Tristan-Ausgabe (zur Geschichte der Ausgaben s. Picozzi 1971) des Bodmer-Schülers Myller; ihr liegt die Florentiner Hs. F zugrunde, die nicht lange vorher entdeckt worden war. Die zeitliche Nähe zwischen Auffindung und Edition deutet also auf ein bereits entwickelteres Interesse am Autor hin. Dass es sich bei der Edition um einen einfachen Ab­ druck ohne text- und überlieferungskritische Bearbeitung handelte, kenn­ zeichnet andererseits ihre Isoliertheit - andere Handschriften waren durch­ aus schon bekannt. Die Ausgabe wird also noch nicht den Ansprüchen der sich seit kurz vor der Mitte des 18. Jhs. entwickelnden editorischen Prämis­ sen und Forderungen Karl Lachmanns und seiner Schule gerecht, hat jedoch heute wieder einen besonderen Stellenwert: Mit der Abkehr von den Bemü­ hungen um die Rekonstruktion einer möglichst autornahen Textfassung aus verschiedenen Hss. wird der einzelne Überlieferungsträger wieder interes­ sant: Bei ihm kann man davon ausgehen, dass es sich um einen Text han­ delt, der in seiner Zeit so und nicht anders existiert hat - und ein solcher

Die erste Tristan-Ausgabe

15

16 11. Forschungsgeschichte Text kann Grundlage für Interpretationen werden, ohne dass man mit den Unsicherheiten einer künstlich rekonstruierten Fassung leben muss. Die erste Tristan-Ausgabe, die mehrere Handschriften einbezogen hat, ist die von Groote 1821. Sie stützt sich auf H, bezieht aber Lesarten aus B, F, N, 0, R, W mit ein, gibt Erläuterungen und enthält ein Glossar. Diese Edi­ tion hat in der Wissenschaft Anstöße gegeben, denn bereits 1823 erschien eine weitere Ausgabe (von der Hagen). Sie stand insofern unter einem un­ günstigen Stern, als vor dem Satz das Manuskript mit den Lesarten verbrann­ te, weshalb sie ohne diese gedruckt werden musste. Dafür enthält sie aber schon die Fortsetzung Ulrichs von T ürheim, französische und englische Tris­ tan-Texte sowie ein in der Liederhs. C unter ,Gottfried' rubriziertes Lied über die Armut. Gegen diese Ausgaben wurden verschiedene Einwände er­ hoben, aber offensichtlich reichten sie für die Bedürfnisse der Forschung zu­ nächst aus, so dass es bis zur nächsten Edition (Maßmann 1843) 20 Jahre dauerte. Maßmann stützte sich ebenfalls auf H, arbeitete aber auch als ers­ ter Lesarten aus M ein. Damit ist neben gemeinsamen Schwerpunkten (eben der Bevorzugung von M) ein gewisses Auseinanderlaufen der editorischen Bemühungen zu konstatieren, das eine Zusammenführung der bisherigen Lesarten aus den anderen Handschriften wünschenswert erscheinen ließ. Diesem Desiderat kommen die nächsten beiden Ausgaben (Bechstein 1869/70, Golther 1888/89) im Ansatz nach, indem sie zwar ganz offensicht­ lich auf bisherigen Editionen gründen, aber auch inzwischen neu bekannt gewordene Textzeugen erfassten. Die Vermutung, dass Wort- und Sacher­ klärungen sowohl bei Bechstein als auch bei Golther auf die Absicht hin­ deuten, "ein breiteres P ublikum" zu bedienen (Tomasek 2007b, S. 61), ist nicht von der Hand zu weisen; mehr für eine Popularisierung haben aber sicher die ersten Übersetzungen geleistet - überwiegend von Autoren, die im Bereich der Übersetzung oder Nachdichtung mittelalterlicher deutscher Literatur auch sonst produktiv waren: Kurtz 1844, Simrock 1855, Hertz 1877 (unter Einbezug des afrz. Tristan von Thomas de Bretagne!), Pannier 1903 (auch mit einer Übersetzung des Spruchs ,Vom gläsernen Glück'), von Kremer 1926. Diese Übersetzungen folgen also zeitlich auf die Edition von Massmann und ,umrahmen' die Ausgaben von Bechstein und Golther. Zwi­ schen Kurtz und Simrock erschien noch Haupts Ausgabe des Gottfried zu­ geschriebenen Marien- und Christuslobs (1844), kurz nach Pannier abge­ druckt wurde der Spruch ,Vom gläsernen Glück' von Junk (1904) im Kontext seiner Darstellung der Überlieferungsgeschichte von Rudolfs von Ems Ale­ xander, wo Gottfried dieser Spruch zugeschrieben wird. Diesen und einen weiteren Spruch zum Thema ,Mein und Dein', den die Forschung wegen Formgleichheit ebenfalls Gottfried zugeschrieben hat, findet man in von der Hagens Minnesingern (1838). Die Tristan-Editionen

Unterbrochen von einer neuen Ausgabe des Marien- und Christuslobs

von Marold und

durch Wolff 1924 folgen nun zwei Tristan-Editionen, die bis heute folgen­

Ranke

reich geblieben sind, nämlich die von Marold (1906, 21912) und Ranke (1930). Über ihren Stellenwert informieren Schröder in der vorerst letzten Neubearbeitung von Marolds Edition (2004) sowie (mit Kritik an Schröders Handschriftenüberblick) K. Klein 2006. Um den Stellenwert einschätzen zu können, muss erwähnt werden, dass Marold, wo er Grundlage der Neuedi­ tion geworden ist, wichtige Ergänzungen findet durch die eingearbeiteten

11.

Forschungsgeschichte 17

Kollationen Rankes. üb Marold oder Ranke die zu benutzende maßgebli­ che Ausgabe bietet, war lange umstritten; die erwähnte ,Synthese' von Schröder hat diesen Streit nun erledigt, da sie mehr bietet als die beiden Edi­ tionen zusammen; aber ganz glücklich ist man auch mit der neuen Ausgabe nicht. Eine Auswahlausgabe seines Tristan hat Ranke 1946 veranstaltet. In den Deutschen Liederdichtern des 13. Jahrhunderts von Carl von Kraus (1952) finden sich Teile der Gottfried zugeschriebenen Lyrik. Dann folgen zunächst wieder nur Ausgaben (Weber 1967 mit Nacherz., Ganz 1978) und Übersetzungen des Tristan (Kramer 1966, Mohr 1979; engl. Hatto 1972). Die Editionen bieten hinsichtlich des Textes keine wesentlichen Fortschritte, wohl aber in Bezug auf Kommentare u.Ä. Die Ausgabe von Ganz, die sich auf Bechstein stützt, ist in der Reihe Deutsche Klassiker des Mittelalters er­ schienen und war daher verbreitet. Ein wichtiges Arbeitsinstrument für ei­ genständige Textvergleiche stellt das Faksimile der Hs. M dar (1997 mit Beitr. von Montag und GichteI). Die Frage nach der Zuverlässigkeit von Edi­ tionen zieht sich natürlich weiter in den Bereich der Übersetzungen, deren Kette nicht abreißt: von Ertzdorff u. a. 1979, Krohn 1980 u.ö., Gentry 1988 (engl.), Kühn 1991. Am einflussreichsten im akademischen Ausbildungsbe­ trieb ist derzeit Krohn (nach Ranke); von Ertzdorff (inzwischen vergriffen, aber nicht selten benutzt) stützt sich dagegen auf Marold in der Ausgabe von 1977, die eine Vorform der Bearbeitung durch Schröder darstellt). In einem Beitrag zu einem Sammelband über Marienverehrung bietet Brinker 1993 einen nützlichen Parallelabdruck des Marien- und Christus­ lobs aus den Hss. K, B und C; die Echtheit wird auch von ihr bestritten. Eine Ausgabe von Gottfrieds Tristan in einem Band mit frühen europä­ ischen Stoff-Fassungen wurde besorgt von Buschinger 1995. Echte Fort­ schritte für die wissenschaftliche Arbeit am Text (über die sukzessive Ver­ besserung von Marolds Ausgabe hinaus) bietet nur der diplomatische Abdruck der Hs. W durch Firchow. Die Edition von Spiewok dagegen stützt sich wieder auf H und fügt dem Vorhandenen wenig hinzu. Keinen eigen­ ständigen editorischen Wert, aber angesichts der beigegebenen Erschl ie­ ßungs-Hilfsmittel Vorteile für die praktische Arbeit besitzt die Ausgabe von Putmans 1995.

2008 und 2009 sind dann noch einmal gleich vier Übersetzungen erschienen. Kann die von Gravigny (Versuch einer Nachdichtung in frz. assonierenden Versen) noch als manieristisches Experiment einen gewissen Reiz besitzen, so bieten die von KurtziMohr 2008 (Neuauflage von Kurtz/Mohr 1979, geadelt durch ein Nachwort von Peter Wapnewski), und Kühn 2008 nichts wirklich Neues. Dass Kühn nun in das ,Korpus' mittelalterlicher Texte des Fischer Verlags geraten ist, kann als bedenklich gelten, weil sein Text damit in eine Reihe gestellt wird mit wissenschaftlichen Übersetzungen dieser Reihe von de Boor, Brackert, Cramer usw. Eine Auseinandersetzung mit modernen Tristan-Übersetzungen unter kulturwissenschaftlicher Perspektive findet sich bei Batts 1993. Fazit: Textkritische Bemühungen um die Lyrik dümpeln vor sich hin, was damit zusammenhängt, dass keine wirklichen neuen Bemühungen um die Echtheitsfrage zu verzeichnen sind. Die editorische Arbeit am Tristan dage­ gen ist nicht zum Stillstand gekommen, zeigt aber gleichermaßen L ücken wie Redundanzen. Zu fragen ist auch, ob unter Berücksichtigung des Wech-

Neue Übersetzungen

18 11. Forschungsgeschichte sels editorischer Prämissen von kritischen Ausgaben mit Kontaminationen, Emendationen, Konjekturen zu überlieferungsnäheren Editionen eine weite­ re Arbeit an Marolds Ausgabe nicht an Sinn verloren hat. Selbst wenn die Tristan-Überlieferung in den Handschriften durchweg als relativ homogen und qualitativ besser als bei anderen Texten gilt, rechtfertigt das doch nicht, die überwiegende inhaltliche ,Festigkeit' als Anlass dafür zu nehmen, die vorhandenen Divergenzen durch Vereinheitlichung in kritischen Ausgaben zu negieren. Gerade aktuellere inhaltliche Auseinandersetzungen mit dem Tristan unter kulturwissenschaftlicher Perspektive zwingen oft zu einer Ent­ scheidung dahingehend, dem Wortlaut welcher Handschrift man sich an­ schließt, bzw. zu einer Überprüfung von auf eine spezielle Handschrift ge­ gründeten Hypothesen an anderen Überlieferungsträgern. Die Alternative einer Ausgabe mit umfassendem Lesartenapparat dürfte in der Benutzung unpraktisch sein. Es besteht also Bedarf an Einzelausgaben der vollständi­ gen Handschriften und Sammelausgaben der Fragmente (beides in Form di­ plomatischer Abdrucke), möglicherweise auch an synoptischen Ausgaben. Forschungs­

Quantitativer Befund: Statistik ist nicht alles - aber eine statistische Auf­

geschichte:

bereitung von Bibliographien gewährt oft Einblicke in Forschungsentwick­

Sekundärliteratur

lungen, die sonst verborgen bleiben würden. Eine Gesamterhebung ein­ schlägiger Daten für die Gottfried-Forschung fehlt; sie ist aus den Bibliogra­ phien auch nicht ohne Mühen zu erstellen. So nummeriert Steinhoff 1976 innerhalb sämtlicher Kategorien die Titel fortlaufend durch, was zumindest schon einen groben quantitativen Überblick bietet. In seiner Bibliographie von 1986 verwendet er aber ein anderes Nummerierungssystem, und bei Huber 2002b findet man gar keine Nummerierung, so dass man in diesen beiden Fällen von Hand auszählen muss. Bibliographien, die die Titel chro­ nologisch nach Erscheinen anordnen, stehen solche gegenüber, die eine al­ phabetische Reihenfolge verwenden. Rezensionen werden manchmal mit­ gezählt, manchmal nicht.

Forschung bis 1969

Bis 1969 (erster Berichtszeitraum von Steinhoff), also innerhalb der ersten ca. 170 Jahre der Gottfried-Forschung sind 769 Forschungsbeiträge erschie­ nen. Zieht man davon Ausgaben und Übersetzungen, Beiträge in Handbü­ chern und Literaturgeschichten, stoffgeschichtliche Darstellungen, die sich mit anderen Tristan-Fassungen beschäftigen, sowie Rezensionen ab, kommt man auf eine Zahl von rund 690 Untersuchungen zu Gottfried (darunter 16 zu den Liedern, den Sprüchen und zum Marien-/Christus-Lob), was vier Ver­ öffentl ichungen pro Jahr bedeuten würde. Dieser Durchschnitt ist natürl ich rein fiktiv; eine Auszählung für Dekaden etwa würde andere Ergebnisse lie­ fern. Für einen ersten Eindruck und zur Gewinnung von Vergleichsmöglich­ keiten mag das Konstrukt erlaubt sein. In den folgenden 14 Jahren zwischen 1970 und 1983 (zweiter Berichtszeitraum von Steinhoff) lassen sich 646 Ti­ tel registrieren. Nach einer Bereinigung um die o.a. ,Genres' verbleiben 527 Titel, nun also im Schnitt bereits 37 pro Jahr. Huber 2002b führt dann für die nächsten 14 Jahre bis 2002 bereinigt 496 Titel auf: pro Jahr durch­ schnittlich 35. Die Zeiträume 1970-1983 und 1984-2002 sind also gut ver­ gleichbar, und der allgemeine statistische Befund verliert an Abstraktheit. Von 2003-2010 sind dann mindestens 160 weitere Abhandlungen erschie­ nen, damit ergibt sich ein Zuwachs von rund 20 Veröffentlichungen pro Jahr, der immer noch annähernd zur Entwicklung seit 1970 passt.

11. Forschungsgeschichte

Qualitativer Befund: Im allgemeinen zeigt die Geschichte der Arbeiten über den Tristan und die Lyrik unter Gottfrieds Namen zunächst ein ähnli­ ches Bild wie bei anderen mittelalterlichen Autoren und Werken, die ab dem 18. Jh. Gegenstand wissenschaftlicher Beschäftigung wurden und sich dann in der universitär institutionalisierten Germanistik als Gegenstände etablierten: Auf Bekanntmachung von Handschriften, Editionen, textkriti­ sche Beiträge folgen Arbeiten zu Grammatik, Wortschatz, Form, Sprache, Stil, Rhetorik, z. T. schon gemischt mit inhaltlichen Wertungen und Interpre­ tationen; danach dann Stoff- und Textvergleiche, ebenfalls manchmal inter­ pretatorisch affiziert, und motivgeschichtliche Untersuchungen; schließlich umfassendere Interpretationen zu ,Gehalt' und Aussage. In Bezug auf die Gottfried zugeschriebenen lyrischen Texte ist dieses Bild unscharf, da dazu viel weniger Arbeiten vorliegen als zum Tristan; dafür ist es bei diesem dann um so deutlicher. Allerdings gibt es Kategorisierungsprobleme - sie vergrößern sich, je feiner die Differenzierung wird. So fällt eine Behandlung der Akrosticha sicher unter die Kategorie ,Bauformen/Strukturen', lässt sich aber auch einordnen unter ,EinzelproblemelTeile'; ein ,Einzelproblem' ist si­ cher auch das Konzept der edelen herzen, es handelt sich dabei jedoch auch um ein wort- und bedeutungsgeschichtliches Thema; Analysen von Raum- und Zeitdarstellungen können motivgeschichtlich-deskriptiv erfol­ gen, aber auch im Rahmen einer Untersuchung kulturell gesteuerter Wahr­ nehmungsformen, so dass eine Zusammenfassung beider Vorgehensweisen zum Teil irreführend ist usw. Auch hier geht es also i. F. nur um die Skizzie­ rung von forschungsgeschichtlichen Tendenzen. Weber 1962, 47ff. charakterisiert die Forschung des 19. Jhs. zu Gottfried in Bezug auf den Tristan als gekennzeichnet durch die Schwerpunkte Stoffgeschichte, Verhältnis zur Quelle, Stil, dichterische Technik; das ist der oben beschriebene Normalfall in Forschungsfrühphasen, wobei Stoffanalysen beim Tristan zeitiger ansetzen und reichhaltiger sind, weil sich dafür angesichts der Internationalität des Stoffs mehr Anlässe bieten. Einige Arbeiten aus dieser Zeit sind auch heute noch brauchbare Hilfsmittel (z. B. Lobedanz 1878, Preuss 1881 und 1883, Kaindl 1892 und 1893, Rothe 1895), aber zunehmend schwerer greifbar; oft gelten sie nicht nur Gottfried, sondern sind vergleichend angelegt (Steiner 1875, Badstüber 1897/1901). Der stoffgeschichtliche Schwerpunkt zeigt nach Weber drei Facettierungen: Gestellt wurden die Fragen 1. nach "Vorgeschichte" und geographischem "Ursprung" des Tristan-Stoffs, 2. nach der Existenzform der ersten Tristan-Dichtungen (Liedertheorie - Entstehung durch Zusammenfügung von EinzeIliedern - vs. Theorie eines von einem Autor verfassten, selbständig existierenden ,Ur- Tristan'), 3. nach dem Verhältnis des Gottfriedschen Tristan zum Tristan des Thomas de Bretagne. In Bezug auf die erste Frage ist man von Versuchen abgekommen, die eine oder andere Theorie beweisen zu wollen: anglonormannische und französisch-bretonische Einflüsse sind beide für die Entstehung konstitutiv gewesen. Außerdem haben Untersuchungen an außereuropäischen Texten plausibel gemacht, dass manche Bestandteile des Tristan-Stoffs als internationale Erzählmotive gelten können, so dass man also auch von Phänomenen der Polygenese ausgehen muss. Bei der zweiten Frage dominierte zunächst die Liedertheorie, bis sie durch vergleichende Untersuchungen an Einzeltexten an Überzeugungskraft verlor.

Charakteristik

19

20 11. Forschungsgeschichte Moralische

Man kann häufig lesen, dass die frühe Germanistik sich bis auf philologi­

Vorbehalte

sche Aspekte aus moralischen Gründen inhaltlich wenig mit dem Tristan auseinandergesetzt habe. Diese Ansicht stützt sich vor allem auf ein be­ rühmtes Lachmann-Zitat (Lachmann 1820 bzw. 1876 [zit.l, S. 159), demzu­ folge das Epos zwar in sprachlich-stilistischer Hinsicht "eine gehaltene, ver­ ständig geschmückte Darstellungsweise" zeige; "aber anderes als Üppigkeit oder Gotteslästerung boten die Hauptteile seiner weichlichen, unsittlichen Erzählung nicht dar". Auch in frühen Literaturgeschichten, etwa bei Gervi­ nus, findet sich Ähnliches. Fritsch-Rößler 1988, die die einschlägigen Passa­ gen zusammengestellt hat, kann aber auch belegen, dass solchen Einschät­ zungen widersprochen wurde. Sie weist ferner auf die Beobachtung P faffen­ bergers (1981) hin, dass sich die Kanonisierung der drei ,großen Epenauto­ ren' (Gottfried neben Hartmann und Wolfram) schon 1815 bei Jacob Grimm nachweisen lässt. Zu fragen wäre auch, wie die Übersetzungen von Kurtz 1844, Hertz 1877, Simrock 1855, Pannier 1903 zu erklären sind, wenn es wirklich so große Inhibitionen gegeben hätte. Und die frühen edi­ torischen Bemühungen würden dann zumindest zeigen, dass sich die For­ schung trotz möglicher inhaltlicher Abneigungen nicht von einer professio­ nellen Zugangsweise hat abhalten lassen. Ich vermute daher, dass eine zu­ nächst nur zögerliche inhaltliche Beschäftigung mit dem Tristan eher an der beschriebenen ,natürlichen' Abfolge der Forschungsentwicklung liegt als an moralischen Vorbehalten. Spätestens ab 1850 kann man von einer festen Etablierung Gottfrieds in der Germanistik ausgehen, und bis 1900 liegt auch außerhalb von Literaturgeschichten schon eine Reihe von ,Gesamtwürdi­ gungen' vor; es gibt einen ersten Forschungsbericht (Röttiger 1897), und ne­ ben Stoffgeschichtlichem, Stil, Rhetorik, Versbau, Metrik sind in diesem Zeitraum vor allem literarische Beziehungen zu anderen mhd. Dichtern un­ tersucht worden, wobei Gottfrieds Rolle als Geber häufiger im Vordergrund steht als die des Nehmers.

Forschung

Die Zeit zwischen 1900 und 1950 erbringt für die Gottfried-Forschung,

1900-1950

speziell wieder die zum Tristan, in den schon behandelten Bereichen Ver­ dichtung und Ausbau, teilweise auch schon Korrekturen bisheriger Ansich­ ten. Im Bereich der Stilforschung zeigt sich eine große Kontinuität (rund 50 Neuveröffentlichungen, allerdings wenige Synthesen). Vor allem jedoch er­ scheint eine Reihe von Untersuchungen zu religiösen, geistesgeschichtli­ chen, kulturellen Hintergründen (Vorarbeiten zu Weber 1953 enthält We­ ber 1948/1950), deren Thesen zwar mittlerweile mit Distanz betrachtet wer­ den, an denen sich aber zumindest tendenziell auch die heutige Forschung noch abarbeitet - etwa dann, wenn es um die Frage geht, ob der Tristan ein ,philosophischer' Roman sei. Gesonderte Erwähnung verdient, weil die be­ treffenden Abhandlungen nicht nur in der Gottfried-Forschung Spuren hin­ terlassen haben, der Einbezug des Tristan bei Ehrismann 1919 (zum ,höfi­ schen Tugendsystem'), Müller 1924 (Übertragung des Gradualismus-Ge­ dankens auf die mittelalterliche deutsche Literatur), Rehm 1928 (zum ,To­ desgedanken' vom Mittelalter bis zur Romantik), Mockenhaupt 1924 (Fröm­ migkeit in Wolframs Parziva�, Schwietering 1943 (der Tristan und die Mys­ tik Bernhards von Clairvaux). Weitergewirkt in die Literaturgeschichte des Verfassers hat der (von heute aus leicht als reduktionistisch missverstehbare) Aufsatz von de Boor 1940. Eine erste und schon recht gründliche Auseinan-

11. Forschungsgeschichte 21

dersetzung mit latenter Hofkritik im Tristan bietet Keferstein 1936. Nach wie vor aktuell und neben den neueren Darstellungen von Assunto 1963 und Eco 1991 mit Gewinn zu lesen ist Glunz 1937: Die Kontextualisierung von Verfahrensweisen und Äußerungen in einzelnen Werken im Rahmen li­ terar- und kunstästhetischer Schriften des Mittelalters bewahrt einerseits da­ vor, einzelne Autoren vorschnell als originell und einzigartig zu bewerten, macht andererseits aber auch den Blick frei für tatsächlich Innovatives und Singuläres. In die Antike greifen z. B. aus Hoffa 1910, Traub 1933 und Schwander 1944 - prinzipiell wichtige Untersuchungen, die jedoch nicht immer genügend über mögliche Einflusswege reflektieren, daher manchmal im Motivgeschichtlichen stecken bleiben und nicht im eigentlichen Sinn re­ zeptionsgeschichtlich akzentuiert sind. Die wahrscheinlich wichtigste Ar­ beit aus diesem Zeitraum ist die von Ranke (1925) zur Allegorie der Minne­ grotte, weil sie für Jahrzehnte eine Sichtweise geprägt hat, die sich an theo­ logischen Deutungsmustern orientierte. Dass Gottfried in der Germanistik auch außerhalb Deutschlands zunehmendes Prestige gewinnt, zeigt die ver­ gleichsweise hohe Zahl englischer und französischer Sekundärliteratur, die bis heute nicht abgenommen hat. Bei den Publikationen ab 1951 fällt zunächst das Erscheinen einer Reihe weiterer wichtiger Hilfsmittel auf; hervorzuheben sind die ältere Einzeiarbeiten zusammenfassende und ausbauende Darstellung des Wortschatzes von Mosselman 1954; der Index von Valk 1958 und die Wortkonkordanz von Hall 1992; der dreibändige Stellenkommentar von Okken 1984 ff. Wichtig sind in Hinsicht auf einzelne Passagen auch immer übergreifende Spezialwörterbücher, in denen das Material aus Gottfrieds Roman aufgenommen und erläutert wird (wie Dalby 1964 zum ma. dt. Wortschatz im Bereich der Jagd). Selbstverständlich haben die neuen computergestützten Möglichkeiten der Lexikographie auch den Tristan erreicht (Sappler/Schneider-Lastin 1991). Stilistische Untersuchungen fristen heute eine unauffälligere Existenz, sind aber wieder mit 67 Abhandlungen vertreten. Ihr Schwerpunkt hat sich verschoben von der Deskription hin zu Versuchen, Stilspezifika für das Werkverständnis nutzbar zu machen (am deutlichsten wohl bei Christ 1977).

Bei Analysen von Bauformen und Strukturen (11 Abh.)

herrscht gegenüber dem vorhergehenden Zeitraum (10) Konstanz. Untersuchungen zu topographischen und Zeitdarstellungen (auf 26) und Beiträge zu realien- und kulturgeschichtlichen Themen (von 28 auf 67) haben sich dagegen mehr als verdoppelt. Reim- und Versanalysen sind weiter zurückgegangen (von 11 auf 4), offensichtlich aber nach wie vor nicht uninteressant geworden. Vergleiche zwischen Gottfrieds Tristan und anderen Fassungen haben sich von 13 auf 35 fast verdreifacht; das hängt damit zusammen, dass diese Vergleiche nicht mehr nur unter quellengeschichtlichem, sondern vermehrt auch unter dem Aspekt von Motivvergleichen stattfinden. Vergleiche mit Thomas - gefördert sicher durch die Publikation des CarlisleFragments 1995 - dominieren mit 24 der genannten 35 immer noch, aber unter motivgeschichtlicher, oft kulturwissenschaftlich angereicherter Perspektive werden nun auch wieder Berol und Eilhart interessant. Neu gegenüber der Forschung bis 1950 ist das gewachsene Interesse an der spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Rezeption (14 Untersuchungen). Und gefördert durch den allgemeinen Forschungstrend zur Mittelalterrezeption seit

1951 bis heute

22

11.

Forschungsgeschichte den späten 70er Jahren des 20. Jhs. sind Forschungen zur Rezeption in der Neuzeit beträchtlich angestiegen (von 13 auf mindestens 36 Beiträge). Dar­ stellungen und Analysen bildlicher Darstellungen sowie zu Handschriften­ illustrationen haben sich fast verzehnfacht (28 statt zwischen 1900 und 1950 drei Veröffentlichungen); hier liegt ein entscheidender Grund in der mediengeschichtlich und medientheoretisch induzierten Diskussion über das Verhältnis von Bild und Text. Diese Beobachtung führt zu Aspekten von Paradigmenwechseln:

Ältere und neuere Perspektiven und Methoden

Tomasek 2007, 237-248 gibt einen Überblick über "Grundpositionen der Werkanalyse seit dem 19. Jahrhundert". Er unterscheidet zwischen 1. der moralisierenden Betrachtungsweise des 19. Jhs.; 2. einer Betrachtung unter dem Gesichtspunkt der Alterität, die dem Text ein Recht auf zeitgenössische Werte ebenso belässt wie die Möglichkeit, in seiner Zeit gegen das theore­ tisch Verpflichtende Alternativen zu entwickeln; 3. stilistisch-rhetorischen Untersuchungen

mit Ausweitung in

grundsätzlichere

Fragestellungen;

4. einer traditionellen Texthermeneutik, die an einer Sinnrekonstruktion in Bezug auf das Textganze interessiert ist; 5. Herangehensweisen, die mit mehr oder weniger Anlehnung an postrukturalistisch-dekonstruktivistische Methodik und Axiomatik die Existenz eines einheitlichen Textsinns bestrei­ ten. Diese Unterscheidungen sind wichtig und erhellend, lassen aber die Methoden- und Aspektvielfalt der Forschung seit etwa 1970 noch nicht deutlich werden: Nach der herkömmlichen Rubrizierung der Bibliogra­ phien müsste man weit über 400 P ublikationen der letzten 30 Jahre unter der Sammelkategorie ,einzelne Stellen, Motive, Passagen, Details, Rollen, literarische Figuren' usw. einordnen - das macht nur noch für begrenzte Zwecke Sinn. Bei Steinhoff 1971 war diese Kategorie noch eine Restklasse, unter der bis 1950 24 Beiträge verbucht wurden, von 1951 bis heute aber die genannten über 400 hätten verbucht werden können. Steinhoff hatte einer genaueren Kategorisierung schon vorgearbeitet, indem er eine Sonder­ kategorie ,Einzelprobleme' ausgliederte, die wieder in einige besonders zentrale Themenbereiche aufgefächert wurde; im Überblick: VeröffentI ichung

1900-1950

1950-heute

P rolog und Akrostichon

5

edelez herze

2

9

Literaturexkurs

7

37

GottesurteiI

5

26

Minnegrotte

2

42

38

3

30

,Sonstiges'

19

257

zus.

43

439

Musik, Kunst

Die Relevanz der von Steinhoff gesondert aufgestellten und anfänglich noch nicht besonders umfangreich bestückbaren Kategorien hat sich also bestä­ tigt - die Zuwächse sind fast durchweg enorm, meist sogar im Vergleich mit anderen Rubriken überproportional. Fächert man das ,Sonstige' auf, ergibt sich der Befund, dass sich hier der Bezug zu bestimmten Passagen oder spe­ ziellen Aspekten des Tristan löst zugunsten einer Bindung eben an verschie­ dene Paradigmen: Der seit langer Zeit prominente Text öffnet sich fast

11. Forschungsgeschichte

selbstverständlich für - jeweils - aktuelle Fragestellungen. Sein Erkenntnis­ wert ist dabei im Prinzip zunächst nicht größer als der anderer Texte; aber er gewinnt sein Aussagepotenzial aus seiner Bekanntheit: aus der mittelal­ terlichen wie aus der seit dem 18. Jh. in der Forschung neu einsetzenden. Dabei ergeben sich zwei gegensätzliche Gefahren: Der Text kann zum Steinbruch degradiert werden, aus dem man sich für bestimmte Zwecke be­ dient, ohne auf eine mögliche eigene Kohärenz Rücksicht zu nehmen. 2. Der Text gewinnt wegen seiner Popularität in der Diskussion um bestimmte Themen mehr Gewicht, als ihm eigentlich zukommt. Man vergleiche dazu die Sottisen hinsichtlich einer angeblichen ,Verflachung' des Liebestodes durch Konrad von Würzburg im Herzmaere durch ,banales' Wörtlichneh­ men des Eucharistiegedankens aus dem Tristan-Prolog; hier hatte man sich daran gewöhnt, Gottfried als unerreichbares Muster zu sehen, und verkann­ te demgegenüber die Implikationen der Radikalität dieses Wörtlichnehmens ebenso wie die Tatsache, dass Konrad das Motiv des gegessenen Herzens übernommen, durch seine Berufung auf Gottfried jedoch in einen neuen Kontext gestellt und somit Re-Interpretationsarbeit geleistet hat. Was man als Widersprüchlichkeiten usw. im Text betrachtet, scheint mir

Widersprüche?

daher nicht unbedingt immer aus diesem selbst zu resultieren. Je mehr und je kleinteiligere Aspekte untersucht werden, desto eher muss es fast notwendig zu Widersprüchen kommen. Der Tristan öffnet sich für alle möglichen Ansätze; aber er verschließt sich deswegen auch gegenüber dem Versuch, alle diese Ansätze zu vereinen. Von den seit ca. 1970 in der Altgermanistik in regem Wechsel neu auftretenden Paradigmen hat sich die Literatursoziologie auf den Tristan vergleichsweise wenig ausgewirkt (engagierte Versuche haben vorgelegt Seitz 1979 und Bräuer 1985; speziell zur Kaufmannsdarstellung Buschinger 1987; zur Rolle von Intellektualität in der Stadtkultur Ernst 2008; Thesen zu Gottfrieds Gönner: Krohn 1997; zusammen mit semiotischen und GenderAspekten Schultz 1996; frühe Beiträge in Bezug auf die in germanistischer Mediävistik und Geschichtswissenschaft immer aktueller gewordenen Kategorien mittelalterlicher Privatheit und Öffentlichkeit: Wenzel 1986b, 1988). Beziehungen zu diesem Paradigma haben sich ergeben durch die Verortung des Textes in einer Stadt und mögliche Bindungen an einen Hof - aber entsprechende Versuche sind ins Stocken geraten, weil städtische Literatur im Mittelalter noch keine so ausgeprägten Konturen besitzt wie die bürgerliche Literatur seit dem 18. Jh. Literaturpsychologische Ansätze sind in Bezug auf Gottfried ebenfalls spärlich geblieben; die Übertragung Freudscher Theorien und Axiome auf mittelalterliche Verhältnisse hatte sich zu sehr diskreditiert, als dass noch jemand grundlegende Anstrengungen unternommen hätte. Das ist insofern zu bedauern, als die Fortführungen und Umakzentuierungen Freuds durch Lacan durchaus Ansatzpunkte für entsprechende Sichtweisen auf den Tristan, möglicherweise auch auf die beiden Sangsprüche erlauben. Interessante Grundlagen für psychologische Deutungen bieten etwa Vrablik 1989 und Altpeter-Jones 2009. Affinität zum Psychologischen weisen die zahlreichen Untersuchungen zu Identitätskonzepten auf (Gottzmann 1989, Hohenberg Thompson 1994, Feistner 1996, Haug 1996, Schausten 2001, Hermann 2006, Koch 2006, Becker 2009) sowie emotionsanalytische Arbeiten (Tomasek 1999, Bleumer 2006, Sassenhausen 2007,

Neue Paradigmen

23

24 11. Forschungsgeschichte Eming 2009). Strukturalistische Arbeiten sind in der Gottfried-Forschung eher spärlich und selten so elaboriert wie bei Simon (1990 a). Deutliche Einflüsse auf die Gottfried-Forschung hat dagegen der semiotic turn genom­ men: Das Spektrum reicht von dezidiert zeichentheoretisch fundierten Ab­ handlungen bis zu Beiträgen, in denen der Terminus ,Zeichen' mit eher wis­ senschafts-umgangssprachlicher Bedeutung verwendet wird (s. etwa Rauds­ zus 1985, die allerdings nützliches Material bietet). Verstärkt Interesse ge­ funden hat die Zeichenfunktion von Körpern, so dass auch für den Tristan einige Untersuchungen zu verzeichnen sind, die sich diesem Zusammen­ hang widmen (Draesner 1996, Schulz 2007, Kaminski 2008). Dass diskurs­ analytische Arbeiten in spürbarem Ausmaß vorhanden sind, ist weniger Folge einer Mode als vielmehr des Sachverhalts, dass der Tristan über seine Inhalte an einer ganzen Reihe von mittelalterlichen Diskursen beteiligt ist­ literarischen, ethischen, religiösen, rechtlichen, ästhetischen. Zu allen die­ sen Bereichen lagen schon recht früh Untersuchungen vor; aber neuere Diskurstheorien in der Tradition Foucaults mit Fortführungen etwa bei Link und Jäger haben die Untersuchungsrichtung neu akzentuiert. Es geht nicht mehr nur um die Feststellung von Parallelen und Unterschieden zwischen Texten, was die Behandlung spezieller Themen betrifft, sondern vor allem um die aktive Gestaltungskraft von Diskursen etwa hinsichtlich der Struktu­ rierung ihrer Gegenstände (vgl. die Arbeiten von Wharton 1990, Meyer 1996, Thibault-Schäfer 1996, Haug 2000, Stevens 2005, Tomasek 2005, Clason 2008b). In breitem Ausmaß ist die Tristan-Forschung auch von Fra­ gestellungen der Mediengeschichte und Medientheorie (mit Subkategorien wie Text und Bild, Vergessen/Erinnerung, Visualität, Wahrnehmung, Gesten/ Gebärden, MündlichkeitiSchriftlichkeit) erfasst worden; Überschneidungen mit anderen Aspekten sind hier besonders zahlreich, weshalb hier keine Namen aufgeführt werden. Auch Gendertheorie und feministische Perspek­ tiven fanden im Fall des Tristan Anwendung (von Ertzdorff 1984, Classen 1989, Dallapiazza 1995, Rabine 1995, Diem 1999, Sterling-Hellenbrand 1999 und 2001, Maier-Eroms 2009, Uttenreuter 2009). Interessant wäre eine Ausweitung dieser Perspektiven in die neuzeitliche Rezeptionsge­ schichte - dort könnte man nämlich feststellen, wie lange Gottfriedsche Rollenkonfigurationen (oft unter Inkaufnahme von Missverständnissen) wei­ tergewirkt haben. Und auch die Erzähltheorie - früher eher allgemeiner, mittlerweile häufiger unter Anlehnung an die Narratologie Genettes - hat in die Gottfried-Forschung Einzug gehalten (Schultz 1987a und b, Simon 1990b, Peschel-Rentsch 1991, Classen 1992, Haug 1996 und 2002, Kellner 1999, A. Weber 1999, Haferland 2000, Schausten 2001, Casson-Szabad 2006). Kulturwissen­

Fast alle diese Aspekte kann man je nach Ausrichtung dem Paradigma

schafti iche Ansätze

eines kulturwissenschaftlichen Ansatzes im Sinn der Cultural Studies zu­ oder unterordnen. Diese weisen in Deutschland z.T. weit zurückreichende Traditionen vor allem in den Bereichen der Kulturanthropologie, der Kultur­ philosophie und der Soziologie auf, erhielten aber seit den 60er Jahren einen von England und später den USA ausgehenden neuen Impetus durch interdisziplinäre Ausrichtung und die Erforschung der Konstruktion von AII­ tagspraxis einschließlich der Kunst. Kulturrelevante Denk- und Verhaltens­ weisen, Kommunikationsformen, Begriffe u.a.m. werden des Charakters

11. Forschungsgeschichte

der Selbstverständlichkeit entkleidet, indem man sich bemüht, sie als Pro­ dukte gesellschaftlicher Übereinkunft zu erweisen (sogar Textkritik wurde in diesen Ansatz eingebunden: Baisch 2006). Die Soziologie steuert dazu Ana­ lysen gesellschaftlicher Ordnungen und Regeln bei; die Psychologie kann die Internalisierung literarischer Gefühlsvorgaben untersuchen; die Semi­ otik beschäftigt sich mit der Rolle von Zeichen im Rahmen gesellschaftli­ cher Kommunikation; Medientheorie untersucht die Einflüsse spezieller Me­ dien auf die Kommunikation (ein Medium ist nicht nur Transportmittel für Informationen, sondern steuert und verändert diese auch), gendertheoreti­ sche Untersuchungen versuchen die gesellschaftliche Konstruktion von Ge­ schlechterrollen nachzuvollziehen und liefern dadurch eine Kritik an deren Festschreibung; Diskursanalysen zeigen, dass Diskurse es nicht mit starren Objekten zu tun haben, sondern ihre Gegenstände auch beeinflussen und so selbst Realitäten schaffen können. Unabhängig von diesem cultural turn (und vor ihm) lässt sich ein beacht­ licher Aufschwung der Rezeptionsgeschichte feststellen. Im Fall der Gott­ fried-Forschung zeigen die meisten rezeptionsgeschichtlichen Arbeiten nur begrenzte Bindung an die Rezeptionsästhetik der sog. ,Konstanzer Schule' (Fuhrmann, Iser, Jauß, Preisendanz) und ihrer Nachfolger/innen; sie sind aber fast durchweg ertragreich, weil sie mit der Rezeptionsästhetik ein wesentliches Element teilen: Mit der Verlagerung der Perspektive von Werk und Autor auf die Reaktion bei Zeitgenossen und Nachfahren können sie Sinnkonstruktionen der Wissenschaft aufbrechen oder relativieren - durch Befunde zu anderen Sinngebungen und Lektüredispositionen. Zu einem eigenen kleinen ,Subparadigma' haben sich Vergleiche zwi­ schen Gottfried und Konrad von Würzburg entwickelt; sie besitzen schon eine längere Tradition, vor allem in Bezug auf Stilvergleiche (vgl. Halbach 1930 und zahlreiche kleinere Untersuchungen), verlagern sich aber zuneh­ mend auf den kulturwissenschaftlichen Bereich. Dabei werden durchaus nicht nur Tristan und Konrads Herzmaere verglichen (Kiening 2007); unter speziellen Aspekten ergeben sich auch Vergleiche mit dem Engelhard Uackson 2003, Witthöft 2005, Marani 2006) und dem Partonopier (Ridder 1999, Dallapiazza 2003, Classen 2007). Versucht man sich an einer Bilanz des heutigen Forschungsstands, kann man prinzipielle quantitative Konstanz bei einer gewissen inhaltlichen Zerfaserung konstatieren. Diese Zerfaserung ist aber kein vermeidbares Manko, sondern notwendige Folge der Auflösung der I iteraturwissenschaftlichen Kategorie ,Autor'. Damit wird nicht der radikalisierten These vom Tod des Autors das Wort geredet (für bestimmte Fragestellungen ist dieser bei Vorliegen der notwendigen Voraussetzungen nach wie vor relevant). Der Verlust deutlicher Konturen der heutigen Gottfried-Forschung resultiert aus einer fehlenden Mitte; die Möglichkeit der Existenz einer solchen Mitte wird aus theoretischen Erwägungen heraus zunehmend bestritten. Die einzige Mitte, die bleibt, ist künstlich: Das Gottfried-Bild der Wissenschaft wird zusammengehalten durch den Tristan; aber angesichts lediglich vager biographischer Bezüge ist der Name ,Gottfried' nur Sigle für ,Verfasser des Tristan'. Dieser Tristan jedoch entzieht sich einer einheitlichen Deutung. Damit ist auch die Zeit großer Gottfried-Synopsen wohl vorbei. Bei all ihren Qualitäten zeigen dies doch gerade die zuletzt erschienenen Darstellungen von Huber 2000

Rezeptions­ geschichte

Gesamtcharakteristik

2S

26 11. Forschungsgeschichte e2001, neu konzipierter Nachfolgeband von Huber 1986) und Tomasek 2007b: Sie bieten Vieles und Wesentliches - aber umfassend repräsentativ konnten sie nicht mehr sein (was selbstverständlich auch für meine Einfüh­ rung gilt). Was aber möglich ist und bald realisiert werden sollte, bevor noch mehr Unübersichtlichkeit um sich greift, das ist eine Zusammenfas­ sung und Ergänzung vorliegender Bibliographien, geordnet nach praktikab­ len und forschungsadäquaten Kategorien und zusätzlich erschlossen durch ausführliche Register. Möglicherweise stellen sich dann bei einer Auswer­ tung ja doch neue verbindende Elemente heraus.

111. Der Autor und sein Werk 1. Biographische Fragmente und puzzles Mittelalterliche Autoren selbst liefern nur spärliche Informationen über ihr Leben, und es gab keine Instanzen, die solche Daten systematisch doku­ mentiert hätten. Das hängt damit zusammen, dass der mittelalterliche Autor, selbst wenn er erfolgreich ist, noch nicht das Prestige des , Dichters' späterer Zeiten besitzt. Nur selten und dann gebunden an bestimmte Kontexte findet man biographisch verwertbare Informationen. Autoren selbst erwähnen sich häufiger gegenseitig. Biographisch ist der Ertrag meist gering; je nach Erwähnung eines Autors als noch lebend oder tot kann man aber zumindest zu Hilfsdatierungen gelangen. Interessanter ist, dass solche Erwähnungen oft Wertungen enthalten, die Ersatz für eine noch nicht vorhandene volks­ sprachliche Literaturtheorie bieten. Wenn man über einen Autor biogra­ phisch wenig weiß, stellt schon seine zeitliche Einordnung ein Problem dar. Anhaltspunkte muss man sich neben den o.a. Erwähnungen bei anderen Autoren aus Rekursen etwa auf historische Ereignisse in den Texten zusammensuchen. Meist kommt man nicht über einen terminus post quem (Zeitpunkt, nach dem ein Werk verfasst, sein Autor geboren oder gestorben sein muss) oder das Gegenteil, einen terminus ante quem, hinaus. Gottfried gehört zu den mittelalterlichen Autoren, über die Auskünfte besonders dünn gesät sind. Er selbst nennt im Tristan nicht einmal seinen Namen; vielmehr ist dieser versteckt und in verstümmelter Form nur in einem Akrostichon zu finden. Ansonsten kennt man seinen Namen aus Nennungen bei anderen Autoren: AutorIText

Information

Rudolf von Ems, Alexander

lobende Erwähnung des wise[n]

(beend. nach 1243)

Gotfrit von Strazburc als Tristan-Autor;

Zuschreibung und Zitierung eines Sangspruchs ,Vom gläsernen Glück' Rudolf von Ems, Willehalm von Griens (zwischen

1235 und 1243)

Konrad von Würzburg, Herzmaere (um

1260?)

lobende Erwähnung maister Goetfrides von Strazburc und seines Tristram (so!)

inhaltliche Berufung auf Gottfried für den Gedanken, dass Lektüre von Liebesdichtung den rechten Weg zur Liebe weise

Konrad von Würzburg,

lobende Erwähnung von Strazburc

Oie goldene Schmiede

meister Gotfrit[s] als unerreichbares

(vor 1287)

Vorbild

Konrad von Stoffeln, Gauriel von Muntabel (nach

1250)

neutrale Erwähnung (meister Gotfrit hat - wie andere - nichts über den Ritter ge­ schrieben, über den Konrad berichtet)

Hilfsdatierungen

28 111. Der Autor und sein Werk Heinrich von Freiberg, Tristan-Forts. (um 1280/90?)

- Lob meister Gotfrit[s] von Strazburc, dessen Können Anlass für (topische) Selbstzweifel ist - bei Erwähnung der Minnegrotte: die fossiurenldie meister Gotfrit hat ge­ nant/la fossiure a la gent amant

Ulrich von T ürheim,

Klage über den Tod meister Gotfrit[s],

Tristan-Forts. (vor 1243)

der als Grund für die Nichtfertigstellung des Tristan gesehen wird; emphatisches Lob

johann von Würzburg,

lobende Erwähnung als unerreichbares

Wilhelm von Österreich

Vorbild (awe zarter maister clarlgenen­

(beend. 1314)

der StrazburgerlGoetfrid ein guot tihter usw.)

Manessische Liederhandschrift

drei Lieder (Minnelied, Marieniob, reli­

(Minnesang-Sammelhs. C;

giös-didaktisches Lied Von der Armut; s.

entst. ab ca. 1300 entst.)

Kap. IV) mit vorangestelltem Autorbi Id; Überschrift Meister Goetfrit von Stras­ burg

Kleine Heidelberger Liederhand­

ein Minnelied (dass., das auch in C über­

schrift (Minnesang-Sammelhs. A;

Iiefert ist, aber mit einer Strophe weni­

etwas älter als C)

ger), Überschrift Gotfrit von Strasburc

Wolfram von Eschenbach,

Lieferung eines terminus post quem (falls

Parziva/(um 1200/1210)

die Kritik in Gottfrieds Literaturexkurs auf den Parzival bezogen ist)

Erwähnungen Gottfrieds gibt es noch bis ins 15. jh. (Ulrich Füetrer, jacob Püterich von Reichertshausen), sie fügen an Informationen nichts hinzu. Die groben Datierungen lassen sich verfeinern durch Hinweise auf Tristan­ Rezeption in Werken anderer Autoren; eine solche Rezeption ist zeitnah nachweisbar in Rudolfs von Ems Der gute Gerhard, wodurch man einen ter­ minus ante quem von etwa 1220 gewinnen könnte. Problematisch ist, dass die Datierung anderer Werke auch selten fest steht - Datierungen bewegen sich also z. T. im Kreis. Das gilt im Fall Gottfrieds auch aus umgekehrter Perspektive, nämlich für seine Nennung lebender (Bligger von Steinach, Hartmann von Aue, Walther von der Vogelweide) und verstorbener Autoren (Heinrich von Veldeke, die Nachtigall ,von Hagenau' [= Reinmar der Alte]) im Literaturexkurs des Tristan. Hinzu kommt an ,Informationen' im Tristan im Prolog-Akrostichon die Erwähnung eines DIETERICH. Hinter diesem ver­ mutet man einen Auftraggeber. Um die Wende vom 12. zum 13. jh. sind aber in Straßburger Urkunden mehrere Personen dieses Namens nachweis­ bar; für keinen von ihnen hat man Hinweise gefunden, die eine genauere Zuordnung ermöglichen. Die wenigen Fakten

Greifbar ist also nur Folgendes: Der Name ,Gottfried' (in Schreibvarianten) für den Verfasser des Tristan und lyrischer Texte steht fest. Der Zusatz ,von Straßburg' ist gut belegt - ob er den Herkunfts- oder den Wirkungsort bezeichnet, ist nicht feststellbar. Die dialektalen Kennzeichen des Tristan

1. Biographische Fragmente und puzzles

sind mit der regionalen Zuordnung vereinbar. Eine Datierung des Tristan auf um 1210/15 ist plausibel. Für den Tristan lässt sich ein Auftraggeber

Oieterich vermuten; dieser ist jedoch nicht identifizierbar. Dass der Auf­ traggeber in Straßburg ansässig war, ist nicht zu beweisen; es käme auch eine Zugehörigkeit zum Adel in der Umgebung der Stadt in Frage. Ein Epos vom Umfang des Tristan ist aber in dieser Zeit nur als Auftragswerk denkbar. Über eine literarische Szene in Straßburg im 12. und 13. Jh. weiß man wenig (anders als z.B. in Bezug auf Basel, Zürich oder einige Adels­ höfe). Literatur steht aber im Mittelalter immer im allgemeinen Kontext re­ präsentativer Funktionen und spielt dort bis ins 15. Jh. eine herausgehobe­ ne Rolle. In Straßburg bzw. an den adligen Höfen der Umgebung muss es daher in gewissem Umfang ein literarisches Leben gegeben haben - über Spezifika, etwa Gattungsvorlieben, liegen keine Kenntnisse vor. Der von Rudolf von Ems als eine Art Literaturkenner erwähnte maister Hesse/von

Strasburg der scribaere (Willehalm von Orlens 2280f.) ist mit Sicherheit ein Indikator für ein solches literarisches Leben; aber auch hier ist die Aus­ sagekraft beschränkt: Der Passus steht im Zusammenhang eines Räsonne­ ments des Erzählers über die eigene literarische Leistungsfähigkeit. Es geht um die Frage, ob der Dichter den von anderen Vertretern des Metiers ge­ setzten Qualitätsmaßstäben gerecht werden kann. Hesse ist Bestandteil eines langen Namenskatalogs; als Autor eines Werkes wird er nicht er­ wähnt. scribaere meint mehr als den ,technischen' Schreiber: Wer im Mit­ telalter professioneller Schreiber ist, gehört zum Stand der Gebildeten und verfügt auch über literarische Kenntnisse, weil zu seiner T ätigkeit z.B. das Abschreiben anderer Texte gehört. Man glaubt, Hesse mit dem Straßburger Stadtschreiber und Vorsteher der Stadtkanzlei Hesso notarius burgensium (drei urk. Belege aus den Jahren 1233 und 1237) identifizieren zu können, der von der Forschung in Beziehung zu Rudolf von Ems und Konrad von Winterstetten (Auftraggeber des Tristan-Fortsetzers Ulrichs von T ürheim, Großvater des Minnesängers Ulrich von Winterstetten) gesetzt wurde. Hes­ so soll auch Leiter einer Schreibstube gewesen sein, in der eine Parzival­ Hs. und die Hs. M des Tristan entstanden sind. Gleichgültig, wie viel da­ von im Einzelnen stimmt, verfügt man damit doch über ein Beispiel für die Kontakte Straßburger Führungsschichten mit Literatur. Denn als Stadtschrei­ ber stand Hesso auch in politischen Kontexten, was Beziehungen zu po­ tenziellen Auftraggebern impliziert. Das wirft ein Schlaglicht auf literatur­ soziologische Konstellationen in Straßburg und Umgebung, aber mehr nicht. Die historische Person Gottfried von Straßburg liefert also keine Hilfe bei der Interpretation seiner bzw. der ihm zugeschriebenen Texte. Bei dem Ver­ such, umgekehrt aus den Texten Informationen über den Autor zu destillie­ ren, ist man heute vorsichtig geworden: Die Einführung der Kategorien ,Rol­ len-Ich' und ,Erzähler', die beide nicht identisch sind mit dem biographi­ schen Autor, verbietet eine Auffassung des in Texten Geäußerten als ,Mei­ nung'l,Lebenseinstellung'l,Konzept' usw. des Autors. So gewinnt man aus Äußerungen des Erzählers in der Minnegrotten-Episode des Tristan über sein eigenes ,jugendliches Liebesleben' keine biographischen Informatio­ nen, da es sich um ein lediglich prätendiert biographisches Spiel handeln kann. Möglich sind jedoch Befunde zu Gottfrieds Bildung, in Zusammen-

29

30 111. Der Autor und sein Werk hang damit mit einiger Einschränkung auch zu seinem Stand: In den o.a. Quellen wird Gottfried positiv bewertet, als wise (klug, schriftliterarisch ge­ bildet) bezeichnet und als meister tituliert. Mhd. meister, kontrah. aus lat. magister, meint einen akademischen Titel, den man an einer Hochschule er­ werben kann, oder ist ein lobendes Epitheton, das die besondere Könner­ schaft einer Person in einem bestimmten Metier hervorhebt, und zwar schon vor der Institutionalisierung des Titels im handwerklichen Bereich vor allem in Bezug auf Wissen und poetische Qualifikation. In der Liederhs. C werden außer Gottfried noch als meister tituliert Teschler, Hadlaub, Konrad von Würzburg, Frauenlob, Friedrich von Sonnenburg, Sigeher, Rumslant. Nicht bei allen Genannten wird der meister-Titel auch sonst verwendet; um­ gekehrt findet sich anderwärts die Bezeichnung auch für Autoren, die in C nicht so benannt werden. Ob Gottfried einen Magister-Titel an einer Hoch­ schule erworben hat, weiß man nicht; denkbar wäre als Ausbildungsort auch eine kirchliche Bildungseinrichtung in Straßburg oder Umgebung. Da­ her kann das meister-Epitheton Anerkennung von Kennerschaft und Könner­ schaft ohne Bezug auf den institutionell-universitären Bereich ausdrücken. Denn die Tatsache, dass Gottfried überhaupt Verfasser (zumindest) des Tris­ tan ist, setzt schon schriftliterarische Bildung voraus. Seit der 1. Hälfte des 13. Jhs. wird meisterschaftlmeisterschefte besonders im Bereich der Sang­

spruchdichtung zu einem Konstituens künstlerischen Selbstbewusstseins, mit dem eine Abgrenzung des schreib- und lesefähigen Autors von nicht ge­ bildeten, allenfalls rudimentär literarisierten Konkurrenten stattfindet. Das ist rückgebunden an die Implikationen des Schreibens und Lesens. Lesen macht Stoffe und Vorlagen zugänglich; Gottfrieds Quellenkritik im Tristan­ Prolog oder seine Kritik an zu fabulösen Motiven wurde erst möglich durch die Kenntnis mehr als einer Tristan-Fassung; das, was er im Literaturexkurs über Autoren äußert, setzt Vertrautheit mit Texten und literarischen Entwick­ lungen voraus. Und im Rahmen des Schreiben-Lernens erwirbt man die Fä­ higkeit, insbesondere den Ornatus, den dichterischen Schmuck, zu verfei­ nern und auszubauen. Beides fließt ineinander, indem das Lesen von Texten rhetorische Vorbilder liefert, aber auch Inhalte, die eine Anreicherung der Texte über deren Kerninhalt hinaus ermöglichen. Eine solche ist Demonstra­ tion des eigenen Bildungshorizontes und führt zu einem ,wissenschaftlichen Mehrwert' für das Publikum: Epen erzählen nicht nur eine spezifische Handlung, sondern bieten auch allgemeines ,Weltwissen', das der Hand­ lung zusätzliche Perspektiven verleiht; lehrhafte Sangsprüche binden ihren jeweils speziellen Lehrgegenstand in einen größeren Komplex von ,Weis­ heit' ein. artesliberales

Der Tristan beweist über schriftliterarische Grundfertigkeiten hinaus besondere Fähigkeiten im Bereich des Triviums, aber auch Kenntnisse in wei­ teren Fächern der septem artes liberales sowie im Bereich der aktuellen Poetik. Im 12. und 13. Jh. sind eine Reihe neuer Poetiken erschienen. Zwei Verfasser, Matthäus von Vendöme und Galfredus de Vino Salvo, sind Zeit­ genossen Gottfrieds; an eine Galfredus-Rezeption wäre zu denken im Zu­ sammenhang mit dessen Konzept des Dichters als Architekt (Minnegrotte) und der Herausstellung der Bearbeitungstechniken von abbreviatio (Kür­ zung) und dilatatio/amplificatio (Erweiterung); auch Gottfrieds Ansätze zur Quellenkritik im Tristan-Prolog könnten durch entsprechende Maximen in

1. Biographische Fragmente und puzzles

neueren Poetiken angeregt worden sein. Dass Gottfried angesichts seiner Vorlage über frz. Sprachkenntnisse verfügt hat, ist möglich, war aber für eine Bearbeitung nicht notwendig: Es gibt Fälle, in denen Bearbeiter sich der Hilfe eines Übersetzers bedient haben. Andererseits flicht Gottfried in den Tristan relativ viele frz. Wendungen ein, so dass eine über Grundkennt­ nisse hinausgehende Vertrautheit vorhanden gewesen sein könnte. Latein­ kenntnis ist auf jeden Fall vorauszusetzen, da das Studium der septem artes schon auf der Stufe des Triviums mit lateinischer Lektüre verbunden war. Unter den Schulautoren - einen festen Kanon gibt es nicht, dafür aber breite Überschneidungsbereiche - befinden sich solche, die formal und stofflich einflussreich waren, antike, spätantike und mittelalterliche. Angesichts der Verbreitung ihrer Schriften muss eine Rezeption nicht immer direkt erfolgt sein, und aus dem freien Umgang mit den Quellen können durchaus ver­ schiedene Ausprägungen eines Autors bzw. Guvres als Vorlage resultieren (vgl. etwa die Ovid-Interpretation der Schule von Chartres). Zur Bildung des Autors Gottfried gehört auch die Kenntnis deutschsprachiger Literatur: Wer auf Deutsch für ein sozial hochstehendes Publikum schreibt, muss, wenn er den Ansprüchen eines Auftraggebers entsprechen will, über inhaltliche und sprachliche Muster verfügen. Mit dem Tristan bewegt Gottfried sich inner­ halb einer seit Heinrichs von Veldeke Eneit (beend. 1187/89) fortlaufenden Tradition neuer höfischer Epik. Bei den unsicheren Werken wäre für das Minnelied zu verweisen auf die Richtung des ,hohen Minnesangs' (seit ca.

1170); das MarienIob steht zwar einerseits in mittellateinischen Traditionen, konnte sich aber zur Zeit Gottfrieds auch schon auf einen Fundus deutsch­ sprachiger Texte des Genres stützen. Unter dem Aspekt seiner Schichtzugehörigkeit ist Gottfried also Mitglied der Bildungselite - was nach mittelalterlichen Maßstäben für eine soziale Verortung nicht genügt: Nicht die Bildung definiert einen Menschen sozial, sondern seine Zugehörigkeit zu einem Stand, denn nur dieser regelt die Rechte und Pflichten einer Person und ordnet sie in die Gesellschaft ein. Gottfried war wohl kaum Niederadliger oder Ministeriale; bei seiner relativen Bekanntheit wäre es sonst seltsam, dass nirgendwo diesbezügliche Hinweise zu finden sind. Im Autorbild der Manesse wurde ihm auch kein Wappen zugeordnet. Von den o.a. in C als meister Bezeichneten fehlen nur noch bei Konrad von Würzburg, Sigeher und Rumslant Wappen, während Teschler, Hadlaub, Frauenlob und Sonnenburg eines beigegeben worden ist. Boppe, der Schmied gewesen sein soll, hat ein Wappen bekommen, desgleichen der sog. Tugendhafte Schreiber, der wegen seiner Berufsbezeichnung auch kaum als Adliger gegolten haben dürfte. Weder schließt also der meister-Titel eine Vorstellung eines Autors als adlig aus, noch beweist die Beigabe eines Wappens den Adelsstatus. Gottfrieds Bildung, die eine klerikale Ausbildung voraussetzt, lässt aber auch keinen sicheren Schluss auf klerikalen Status zu. Es ist nicht selten, dass jemand für eine klerikale Laufbahn bestimmt war, eine entsprechende Ausbildung genossen hat, dann aber doch nicht ordiniert wurde bzw. sich hat relaikalisieren lassen. Sollte Gottfried jedoch Kleriker gewesen sein, muss man sich ihn nicht unbedingt als Inhaber einer Pfarrstelle, Hofkaplan o.Ä. vorstellen: Seine Ausbildung hätte auch Grundlage dafür sein können, ihn in sonstigen Funktionen einzusetzen. Für die Frage nach der intellektuellen Sphäre, in der

Bildung und Stand

31

32 111. Der Autor und sein Werk Gottfried sich bewegte und die Grundlage seiner Dichtung war, ist dies un­ erheblich: Alle genannten T ätigkeiten gründen auf Schreib- und Lesekennt­ nissen, alle führen daher auch zu den erwähnten Auswirkungen dieser Kenntnisse auf die eigene literarische T ätigkeit. Einzugehen ist noch auf mögliche Zusammenhänge bestimmter Inhalte des Tristan und der beiden religiösen Lieder mit der Stadt. Der Beiname ,von Straßburg' verweist ja auf ein städtisches Umfeld. Für ein solches ergä­ be sich bei den religiösen Liedern ein spezieller Resonanzraum, da sich die Stadt ab dem 13. Jh. neben den literarischen Zentren Kloster und Adelshof zu einem breiteren Rezeptionsumfeld für Literatur entwickelt, in dem reli­ giöse Texte eine besondere Rolle spielen. Solche erlebten seit etwa 1220 einen Aufschwung durch die Intensivierung der Seelsorge in den Städten, und in diesem Rahmen besaß Literatur eine wichtige Funktion. Das Spekt­ rum der Texte ist breit; es reicht von katechetischen Anweisungen über Le­ genden bis zur emotional-psychologisierenden

Evozierung bestimmter

Frömmigkeitshaltungen. In diesen Kontext fügen sich auch das Marieniob und das Lied von der A rmut ein - aber das ist noch kein Beweis für ihre Ent­ stehung in der Stadt, da entsprechende Texte sich natürlich nicht nur dort lokalisieren lassen (in der religiösen Lyrik an Adelshöfen etwa war Marienly­ rik zeitweise dominant). Städtische Bezüge?

Im Fall des Tristan gibt es vor allem zwei inhaltliche Bestandteile, die dazu geführt haben, eine besondere Aktualität in der Stadt bzw. speziell in Straßburg anzunehmen: 1. An einigen TextsteIlen werden Kaufleute erwähnt. So wird Tristan von Kaufleuten entführt, spielt aber auch, um seine Identität zu verbergen, die Rolle eines Kaufmanns und stellt sich in Irland mit den Worten vor (8800ff./ Ranke, 8804ff./Marold): wir sln werbende liute/und mugen uns des niht ge­ schamen./koufliute heizen wir binamen (,Wir sind Leute, die sich um Kun­ den bemühen, und haben keine Ursache, uns deswegen zu schämen. Des­ halb bezeichnet man uns als Kaufleute.' Übersetzungen in einfachen An­ führungszeichen von mir; R. B.). Kaufleute, insbesondere Fernhändler, spie­ len in den größeren mittelalterlichen Städten eine wichtige Rolle. Das Zitat drückt ein gewisses Selbstbewusstsein aus - aber das gehört zur Rollenfik­ tion Tristans. Die Wertschätzung kann also nicht unbedingt als allgemeines Lob verstanden werden, zumal die einzigen Akteure im Tristan, die tatsäch­ lich Kaufleute sind, eine negative Rolle spielen. Um ein Identifikationsange­ bot kann es sich also wohl kaum handeln, jedenfalls nicht, wenn der Auf­ traggeber des Tristan aus den Kreisen der hohen Geistlichkeit oder der Adels stammt. Man wird dann nur von einer bloßen Reminiszenz an etwas ausge­ hen können, das zum Erfahrungsbereich von Menschen gehört, die in Städ­ ten leben. Dass Tristan sich als Kaufmann verkleidet, macht auf der Textebe­ ne Sinn, weil zu den Kennzeichen dieses Standes die Mobilität gehört; da­ mit wird ein Erscheinen an fremden Orten plausibel. Das ist aber bei Spiel­ leuten genauso der Fall, und Tristan agiert ja auch als ein solcher. Daher fin­ det man in anderen Texten ebenfalls solche Rollenübernahmen, wenn es darum geht, die eigene Identität zu verbergen und einen Aufenthalt an Or­ ten, an denen man unbekannt ist, zu begründen. 2. In eine andere Katego­ rie gehört das betrügerische Gottesurteil im Tristan; hier hat man gemeint, Anspielungen auf einen Fall aus der Straßburger Geschichte sehen zu kön-

1. Biographische Fragmente und puzzles

nen: Gottesurteile waren in der Kirche umstritten, Ende des 12. Jhs. domi­ nierten die ablehnenden Stimmen, was 1215 zu einem Verbot durch das IV. Laterankonzil führte. Der Straßburger Bischof Heinrich von Veringen dage­ gen gehörte zu den Befürwortern und erhielt 1212 eine Mahnung Papst In­ nonenz' 111., keine gottesgerichtlichen Prozeduren mehr anzuwenden (spe­ ziell erwähnt wird u.a. das iudicium ferri, die Eisenprobe, um die es sich auch im Gottfriedschen Tristan handelt). Anlass für diese Mahnung könnte ein Straßburger Ketzerprozess von 1211/12 gewesen sein, dessen Verlauf die Kritik an der Zuverlässigkeit von Gottesurteilen bestätigte. Unabhängig von der genauen Datierung des Tristan bietet für die Zeitgenossen die Dar­ stellung eines Gottesurteils, vor allem aber Gottfrieds Kommentar aktuelle Assoziationsmöglichkeiten: Kuriales Verbot, Mahnschreiben an den Bischof und Prozess sind nur Schlusspunkte einer länger andauernden und öffent­ lichkeitswirksamen Diskussion. Gottfried muss sich dieser Aktualität be­ wusst gewesen sein (auch wenn betrügerische Gottesurteile in Literatur au­ ßerhalb des Tristan-Stoffs ebenfalls vorhanden sind). Die Kaufmannsthematik fügt sich also in ein städtisches Umfeld ein, das Gottesurteil in eine historische Phase der Stadt Straßburg. Das macht den Tristan noch nicht zu städtischer Literatur - und schon gar nicht zu ,bürger­ licher'; beides ist nämlich angesichts der Heterogenität der mittelalterlichen Stadtbevölkerung und ihrer Wertvorstellungen noch nicht identisch. Höfi­ sche Literatur bedient auch in der Stadt traditionelle Adelsinteressen. Die gleiche Einschränkung gilt für andere Textaspekte wie die Herausstellung von Rationalität, Langzeitplanung, Ps ychologisierung oder die Aufstiegsthe­ matik; auch dies und noch mehr ,passt', aber es ist nicht dezidiert stadtbür­ gerlich.

2. Autor und Texte in der Überlieferung Neben dem Tristan gibt es noch sechs weitere Texte, die mit Gottfried als Autor in Verbindung gebracht wurden oder werden; fünf davon gehören der Lyrik an. Zu unterscheiden ist zwischen mittelalterlicher und neuzeitlicher (wissenschaftlicher) Zuschreibung: Text

Ü berlieferungsträger

1.Sangspruch ,Vom

Hs. C, dort unter

Forschung auf

gläsernen Glück'

Ulrich von

Grundlage von Rudolf

(1 Strophe)

Liechtenstein

von Ems, Alexander

zugewiesen in/von

20621-20631 Hs. C, hinter Nr. 1.,

Forschung (Teil-,Zitat'

,Mein und Dein'

ebenfalls unter U I rich

in Rudolfs von Ems

(1 Strophe)

von Liechtenstein

Willehalm von Orlens)

2.Sangspruch

3. Lied Diu zft ist

Hs. C HS.A

Hs. C unter ,Gottfried'

wunneclich

als erster Text; Hs.A

(C 6 Strophen,

unter ,Gottfried' als

A 5 Strophen)

einziger Text

[?]

Texte unter Gottfrieds Namen

33

34 111. Der Autor und sein Werk 4. Marieniob (C 63 Strophen,

Hs. C (ohne Verfasser­

Hs. C unter ,Gottfried'

namen und in abw.

nach Nr. 3

B 36 Strophen,

Fassungen auch in

K 11 Strophen)

B

=

Stuttgart-Wein­

gartner Liederhs. und K

=

St. Georgen,

LB Karlsruhe Cod. Perg. Germ. XXXVIII) 5. (religiös-didakt.)

Hs. C

Hs. C unter ,Gottfried' nach Nr. 4

Lied von der Armut (13 Strophen) 6. Konrad von

Hss. A und W von

Schreiber der

Würzburg:

Konrads Herzmaere

Herzmaere-Hss. A

Herzmaere

(14. bzw. Anf. 15. Jh.)

und W

Außer Betracht bleiben kann die Zuschreibung von Konrads Herzmaere, da es sich bei ihr um einen Irrtum handelt, der aus der Nennung Gottfrieds im Prolog resultiert. Von den anderen Texten ist nur der Tristan im Mittelalter überregional bekannt. Selektive Autorrezeption wäre kein Spezifikum Gott­ frieds. So divergent wie etwa bei Konrad von Würzburg gestaltet sich die Situation bei Gottfried allerdings nicht - dafür ist die Tristan-Überlieferung quantitativ und in Bezug auf ihre Verbreitung zu dominant; die Verbindung der l yrischen Texte mit seinem Namen beschränkt sich auf ein regional en­ ges Umfeld. Prinzipielle

Bei der Zuordnung mittelalterlicher Texte zu Autoren können sich folgen­

Zuordnungs­

de Probleme ergeben: 1. Texte sind ohne Autornamen überliefert. 2. In

schwierigkeiten

Quellen finden sich Autornamen, denen man keine Texte zuordnen kann. 3. Identischen Texte sind in verschiedenen Überlieferungsträgern verschie­ dene Autornamen zugeordnet. 4. Texte existieren in verschiedenen Fassun­ gen, die inhaltlich so divergent sind, dass man sie nach neuzeitlichen Maß­ stäben kaum einem Autor zuordnen möchte. 5. Texte, die mit dem Namen eines auch durch andere Texte bekannten Autors überliefert sind, ,passen' nach verschiedenen Kriterien nicht zu Letzteren. Lyrische Texte Konrads sind im Fall des Lieds von der Armut und des Ma­ rienlobs zusammen mit seinem Namen in Handschriften nur je einmal überliefert; das Minnelied findet sich unter seinem Namen mit unterschied­ lichem Strophenbestand in zwei Handschriften; der Sangspruch ,Vom glä­ sernen Glück' steht in einer Handschrift unter einem anderen Autornamen und wird nur von Rudolf von Ems mit Gottfried in Verbindung gebracht; im Mittelalter überhaupt nicht als Text Gottfrieds reklamiert wurde der Sang­ spruch ,Mein und Dein'. Vom Tristan dagegen sind 34 Textzeugen überliefert bzw. in einem Fall durch eine Abschrift nachweisbar (verschollene Hs. *S; das derzeit komplet­ teste Handschriftenverzeichnis - nur das u. a. Fragment ist natürlich noch nicht enthalten - bietet K. Klein 2006, 215f.): 11 mehr oder weniger voll­ ständige Handschriften sowie 23 Fragmente. Das vorerst letzte Fragment wurde erst im Sommer 2012 im Hessischen Hauptstaatsarchiv gefunden. Bevor man einen Text interpretiert, muss man sich darüber klar werden, wie

2.

Autor und Texte in der Überlieferung 35

dieser Text zustande gekommen ist. Keine der überlieferten Hss. ist als Ori­ ginal identifizierbar. Es stellt sich also die Frage, auf welche(n) Überliefe­ rungsträger sich Textdeutungen stützen sollen. Interpreten beziehen sich i.d.R. auf bereits vorliegende Editionen. Das ist unter arbeitspraktischen Ge­ sichtspunkten verständlich, aber nicht unproblematisch, weil damit schon eine Entscheidung für bestimmte Überlieferungsträger übernommen wird und Eingriffe der Herausgeber nicht mehr zur Diskussion stehen. Ein Bei­ spiel: Eine gewichtige Rolle bei Tristan-Interpretationen spielt der Prolog. An dessen Beginn findet man Überlegungen über die Verpflichtung von Menschen, Dankbarkeit für ,Gutes' dadurch zu zeigen, dass man sich erin­ nert. In den heute gängigsten Editionen findet sich für die ersten vier Verse folgender Wortlaut: Ausgabe Marold

Ausgabe Ranke

Gedenkt man ir ze guote niht, von den der werlde guot geschiht, so waere ez allez alse niht, swaz guotes in der werlde geschiht.

Gedaehte mans ze guote niht, von dem der werlde guot geschiht, so waere ez allez alse niht, swaz guotes in der werlde geschiht.

Die Divergenzen in den beiden ersten Versen werden umso relevanter, je mehr man dem Prolog eine Lenkungsfunktion für alles Folgende aufbürdet, in ihm ein Programm sieht, für das man dann nach Bestätigungen sucht. Im Text nach Marold wird zur Dankbarkeit gegenüber einer Gruppe aufgefor­ dert. Da durch den Prolog nach der Lehre der Rhetorik das Publikum ,wohl­ wollend' gemacht werden soll, wird ein solches potenzielles Wohlwollen durch Evozierung einer Gruppe (ir nach Hs. M

=

,ihrer') weniger direkt auf

den Autor dieses speziellen Textes gelenkt; dieser ordnet sich vielmehr in ein Kollektiv von ,Literaten' ein und kommt damit der ebenfalls traditionel­ len Verpflichtung zur Bescheidenheit nach. Dies ist auch der Fall in Hs. E, wo der (Genitiv Plural

=

,derer') steht. mans bei Ranke ist aus metrischen

Gründen verkürzt aus man des (Hs. M). Die Übersetzungen fassen des als Genitiv von der auf (Kaprizierung auf den Autor). Aber des kann auch Ge­ nitiv von daz sein; dann wäre zu übersetzen: ,Würde man etwas nicht als gut bewerten, durch das der Welt Gutes geschieht'; damit kann entweder ein bestimmtes Werk gemeint sein oder allgemein die Literatur, was wieder einen Akzentunterschied ausmacht. Ähnlich problematisch für jemand, der an ,Konsistenz' einer Deutung interessiert ist: In zwei Hss. (F, 0) fehlt der betr. Passus zusammen mit weiteren Prologteilen ganz. Und das Bild, das sich bezüglich dieses Textstücks bietet, lässt sich mit anderen Beispielen ausbauen. So präsentiert etwa ausgerechnet die wahrscheinlich älteste über­ lieferte vollständige Hs. (M) eine viel kürzere Fassung als die anderen. Wenn man also von ,Gottfrieds Tristan' spricht, dann ist das eigentlich nur eine Abbreviatur für: ,der in der Überlieferung und in der Wissenschaft un­ ter Gottfrieds Namen kursierende Text, der sich erst in verschiedenen, unter­ einander nie völlig identischen Handschriftenfassungen konkretisiert'. Zwar gilt die "Kernüberlieferung" von Gottfrieds Tristan als vergleichsweise "ho­ mogen" (Huber 22001, 11); es gibt aber keinen Anlass, Varianten nicht ernst zu nehmen. Je subtiler oder weitreichender Interpretationen ausfallen, desto sorgfältiger muss man sich darüber orientieren, ob die Überlieferung Thesen

Varianten und ihr Einfluss auf Deutungen

36 111. Der Autor und sein Werk trägt. Was für heutige Herausgeber nicht mehr als statthaft gilt - in Editionen verschiedene Hss. zu künstlichen Texten zu kontaminieren -, das war im Mittelalter gängig und lässt sich auch am Tristan beobachten: Eine Reihe von Schreibern hat sich offenbar auf verschiedene Vorlagen bezogen. Diese Texte durch ,kritische' Operationen wieder voneinander zu lösen, besitzt keinen literarhistorischen Erkenntniswert.

Das ,Leben' von Texten in der Überlieferung

Neben der Vergewisserung über den Text hat die Überlieferungswissen­ schaft noch eine zweite Aufgabe: Sie untersucht, wie ein Text in einer be­ stimmten Zeit, in bestimmten geographischen Bereichen und in jeweiligen sozialen Kontexten ,gelebt' hat, gibt also Aufschluss über seine Rezeption. Mit dem Autor des Originals hat das kaum noch etwas zu tun - allenfalls mit Bildern, die man sich von diesem machte oder die man zu erinnern glaubte.

Angesichts der Heterogenität der literarischen Rezeptionsräume im Mittelal­ ter, die unter der Sigle ,deutsches Sprachgebiet' nur abstrakt zusammenfass­ bar sind, gibt eine Analyse der Textüberlieferung aber konkretere Aufschlüsse über die geographischen Bewegungen eines Textes bzw. seiner Abschriften: Die lyrischen Texte unter Gottfrieds Namen waren regional nicht verbrei­ tet. Die Hs. C mit Minnelied, Lied von der Armut und Marieniob ist für diese Zusammenstellung ein unikaler Überlieferungsträger; sie ist ab ca. 1300 ent­ standen, und zwar wahrscheinlich in Zürich. Hs. A bietet das Minnelied mit einer Strophe weniger; die Hs. ist wohl etwas älter als C, als wahrscheinlichs­ ter Entstehungsraum gi It das Elsass, als Ort käme Straßburg in Frage. Beides hat zu Spekulationen über eine dort noch vorhandene spezielle Gottfried­ Tradition geführt, die dann die Sammler von C beeinflusst habe. Offen bliebe dann, woher die Mehrkenntnisse von C (zwei zusätzliche Texte, eine zusätz­ liche Strophe) stammen. In den alemannischen Raum verweisen auch die St. Georgener Hs. LB Karlsruhe Cod. Perg. Germ. XXXVIII und die Stuttgart­ Weingartner Liederhs. (Konstanz?); sie enthalten Fassungen des MarienIobs­ aber ohne Zuweisung an Gottfried, so dass sie in die Diskussion nicht einbe­ zogen werden können. Daher ergeben sich im Fall der Lyrik keine klaren Überlieferungsprofile. Anders beim Tristan. Aus den oben erwähnten Hand­ schriften und Fragmenten lässt sich u. a. Folgendes ablesen:

Überlieferung: quantitativ und regional

Von der Zahl der Überlieferungsträger her gehört der Text zu den verbrei­ tetesten deutschsprachigen Romanen des Mittelalters, weit übertroffen zwar von Wolframs Parzival (16 Hss., 66 Fragm., ein Druck), aber doch eindeutig in einer Spitzengruppe. Der Schwerpunkt der Handschriftenentstehung liegt im Westen und Südwesten Deutschlands (gegenüber K. Klein 1988 aktuali­ sierte Karte der Überlieferung bei Tomasek 2007 b, 50, wo andererseits die bei Klein 2006 aufgeführten Fragmente noch nicht alle berücksichtigt wer­ den konnten). Grundlage für diese Erkenntnis sind dialektale Befunde, die insofern nicht ganz stichhaltige Belege bieten, als Schreiber z. T. ihre heimi­ schen Schreibdialekte in einem neuen Umfeld beibehalten oder regionale Schreibweisen aus ihren Vorlagen übernehmen. Angesichts der relativ brei­ ten Grundlage an Überlieferungsträgern ist die geographische Einordnung aber wohl im Ganzen zutreffend. Ohne Überlieferungszeugen bleiben da­ mit der niederdeutsche und der bairisch-österreichische Bereich. So weit zu gehen, der Überlieferung eine )ast provinzielle Beschränktheit" zu attestie­ ren (K. Klein 1988, 125), halte ich für überzogen: Immerhin ist im nd. und bair.-österr. Sprachraum der Besitz von Tristan-Hss. nachweisbar, und die

2.

Autor und Texte in der Überlieferung 37

Zufälligkeiten der Überlieferung lassen mit dem einen oder anderen Verlust durchaus rechnen. Auch haben die wegen der sehr aktiven Förderer von Großepik in Thüringen, Bayern und Ostfranken vermutbaren speziellen lite­ rarischen Geschmacksausprägungen nichts mit Provinzialität anderer Räu­ me zu tun, sondern eher mit einer Art von ,Blockade' von Texten durch do­ minante Prägungen literarischer Regionen. Gegenüber diesem Gesamtbild umso auffälliger ist dann allerdings eine regionale Abweichung vom west­ südwestdeutschen Schwerpunkt: Vom 13. bis 15. Jh., also über den gesam­ ten Zeitraum der mittelalterlichen Tristan-Überlieferung - mit einer (viel­ leicht allerdings verlustbedingten) Lücke in der 2. H. des 14. Jhs. - lassen sich eine Hs. und fünf Fragmente, davon zwei zu einer Hs. gehörend, auch im Gebiet zwischen Sachsen und Böhmen lokalisieren (Dialekte: ostmd.­ böhmisch, ostfränk.). Erklärt wurde das mit speziellen Literaturinteressen am Hof der Böhmerkönige Wenzel 11., Karll. (als dt. Kaiser KarllV.), Wenzel IV. Naheliegender als Grund ist der Verweis auf die Tristan-Fortsetzung Heinrichs von Freiberg (zw. 1270 und 1300), der als Auftraggeber den böh­ mischen Adligen Reinmunt von Liuchtenburg nennt (Heinrich von Freiberg, Tristan 77, 75): Diese Fortsetzung hat der Tristan-Rezeption möglicherweise

einen neuen Schub gegeben, der sich aber nicht nur auf den ostmd. Bereich auswirkte, sondern auch auf den ostalem. (Hs. E) und moselfränk.-rhein­ hess. (Hs. 0). Zeitlich stammen von den 11 vollständigen Hss. zwei aus dem 13., vier aus dem 14. und fünf aus dem 15. Jh. Bei den Fragmenten ist der Trend um­ gekehrt: Die deutliche Mehrzahl stammt aus dem 13. Jh., auch wenn man einige Fragmente nicht mit einbezieht, deren Datierung schwankt. Für die Beurteilung der zeitlichen Überlieferungsgegebenheiten ist der Unterschied irrelevant - man muss natürlich Fragmente und Hss. zusammenrechnen. Die stemmatologische Aufarbeitung der Überlieferung, rund 80 Jahre lang dominiert vom Modell Rankes (zwei Hauptüberlieferungszweige), ist in Be­ wegung geraten durch ein alternatives Modell von Wetzei, das von drei Hauptzweigen ausgeht. Die Diskussion ist nicht abgeschlossen, wird es auch vielleicht nie sein. Was die Co-Überlieferung betrifft, so ist diese in den meis­ ten Handschriften homogen: Es dominieren Zusammenstellungen mit den Fortsetzungen Ulrichs von Türheim und Heinrichs von Freiberg, zweimal wurde in Gottfried-Hss. der Tristan als Mönch aufgenommen, einmal Eilharts von Oberge Tristrant. In vier Fällen dagegen finden sich Zusammenstellun­ gen mit Hartmanns Iwein (Hs. F), Wolframs Parzival (Fragm. zlz1), der Säch­ sischen Weltchronik (Hs. N; hier zusätzlich Lyrik und didaktische Kleinfor­

men) und Freidanks Sprichwörtersammlung Bescheidenheit (Hs. H). Fazit: Die Überlieferungsträger des Tristan sind vergleichsweise zahlreich - insbesondere dann, wenn man sie mit denen der Vorläufer vergleicht. Demgegenüber ist die regionale Verbreitung begrenzter. Eine Prosabearbei­ tung wie Ei Iharts Tristrant hat Gottfrieds Werk nicht erfahren, es ist auch nicht mehr in den Druck gelangt. Der Autor Gottfried war also auch mit dem Tristan im Mittelalter weniger einflussreich, als man das angesichts der Tristan-Emphase in der Neuzeit vermuten könnte. Andererseits war es fast ausschließlich dieser Roman, der für eine relative Kontinuität von Gottfrieds Bekanntheit gesorgt und zu lobenden Erwähnungen des Autors bei anderen Autoren geführt hat.

Stemma und Co-Überlieferung

IV.

Gottfrieds (?) Lyri k

1. ,Lyrik' im Mittelalter ,Naturgattungen'

Innerhalb der drei ,Naturgattungen' gilt die Lyrik als die subjektivste. In Ly­ rik steht nicht Handlung im Mittelpunkt, sondern es geht um Gedanken, Gefühle, Reflexionen. Diese werden artikuliert von einem ,lyrischen Ich', sind also nicht wie in der Epik gefiltert durch einen berichtenden Erzähler und werden nicht durch Co-Akteure relativiert wie in der Dramatik. Ande­ rerseits wird zur Lyrik auch gezählt das sog. genre

objectif.

Neben lyrischen

Texten, in denen Gefühle direkt von dem davon affizierten lyrischen Ich ge­ äußert werden

(genre subjectif),

gibt es solche, in denen eine narrative Ins­

tanz über Gefühle von Personen berichtet (pastorellen, Tagel ieder). Form

Kein Indikator für

Lyrik ist die Form. Nicht selten findet man in Handbü-

chern eine Gleichsetzung von Lyrik und ,Gedicht', und unter Gedichten werden verstanden Texte, die nicht in Prosa, sondern in einer ,gebundenen' Sprachform verfasst sind. Eine solche Gleichsetzung ist in doppelter Hin­ sicht falsch: Nicht nur im Mittelalter, sondern lange darüber hinaus wird ge­ bundene Rede auch für epische und dramatische Texte verwendet. Umge­ kehrt haben eine Reihe von Autor/inn/en der Moderne für ihre Lyrik den sog.

vers libre verwendet,

eine Sprachform, die zwar terminologisch noch

den ,Vers' als alte Organisationseinheit mitschleppt, diesen aber nur noch drucktechnisch (abgesetzte Verszeilen) deutlich werden lässt. Auch ein wei­ terer Indikator, der für neuzeitliche Lyrik ins Spiel gebracht wird - eine ,schwierig' zu entschlüsselnde Semantik - ist bei der Beurteilung mittelalter­ licher Gattungsvertreter nicht stichhaltig. Lyrische Sprache gilt als besonders bildhaft und ,verdichtet'. Angesichts der rhetorischen Schulung mittelalterli­ cher Autoren verwundert es jedoch nicht, dass eine solche Bildhaftigkeit auch in anderen Gattungen anzutreffen ist. Selbst der sog. ,geblümte Stil', eine u.a. durch extremen Gebrauch von Tropen (Schmuckmitteln mit über­ tragener Bedeutung) gekennzeichnete, dem Stilprinzip der

obscuritas

ver­

pflichtete Schreibweise, ist nicht nur in der Lyrik anzutreffen, sondern auch in der Epik. Umgekehrt sind viele Texte, die angesichts ihrer Entfaltung prä­ tendiert subjektiver Gefühle unstreitig zur Lyrik gehören, sprachlich eher schlicht. Und schließlich muss man bei der Analyse mittelalterlicher Lyrik Abschied nehmen von der Vorstellung, dass das lyrische Ich identisch sei mit dem biographischen Ich oder nur auf dem Hintergrund einer konkret­ realen Autorpersönlichkeit verstanden werden könne. Eine solche Vorstel­ lung ist im 18. Jahrhundert in einer Epoche entstanden, in der die L iteratur­ kritik als Qualitätskriterium von Lyrik deren ,Wahrheit' eingeführt hat; und für diese Wahrheit musste die Biographie der Autoren geradestehen. Aber mittelalterliche Lyrik ist keine

Erlebnislyrik,

sondern

Rollenlyrik.

Ihre Funk­

tion bestand nicht in der Vermittlung individueller Gefühle, sondern in einem Beitrag zum gesellschaftlichen literarischen Leben. Auch der Verfas­ ser von Liebeslyrik schlüpfte in Rollen, wollte sich nicht als Individuum prä-

1. ,Lyrik' im Mittelalter

sentieren, sondern I iterarische Muster erfüllen, ggf. modifizieren oder neue Moden lancieren. Nicht einmal das Problem, dass über mittelalterliche Dichter wenig biographisches Material zur Verfügung steht, hat die For­ schung bis in die Mitte der 60er Jahre des 20. Jhs. (z. T. auch darüber hinaus) davon abhalten können, die Texte als Produkt biographischer Lebensläufe verstehen zu wollen. Man ging nur den umgekehrten Weg: Da biographi­ sche Fakten fehlten, versuchte man, aus den Texten Biographien zu rekons­ truieren. In der Gottfried-Forschung ist etwa zu erinnern an Watterich 1858,

der die gehaltliche Diskrepanz zwischen dem Tristan einerseits, dem Marien­ Iob und dem Lied von der Armut andererseits, die er für Werke Gottfrieds

hielt, dadurch erklären zu können glaubte, dass letztere Produkt einer Ab­ kehr des Dichters von weltlichen Werten gewesen seien. In Str. IV des Min­ nelieds (s.u.) äußert das l yrische Ich, es sei seiner Angebeteten so ergeben, dass es sogar nach ,Babyion' ziehen würde, wenn sie es befehle. Das kann Umschreibung sein für das im Mittelalter oft als ,Babyion' bezeichnete Kai­ ro oder für ,Heidenschaft'. Watterich liest aus dem ,Wenn sie mir befiehlt' eine schon erteilte Aufforderung zur Teilnahme an einem Kreuzzug heraus. Dieser Kreuzzug habe Spuren hinterlassen: Gottfried sei gewandelt zurück­ gekehrt und habe sich den Franziskanern angeschlossen. Literarische Refle­ xe dieser Wandlung seien die beiden religiösen Lieder gewesen

-

negativer

Reflex der Entschluss, die Arbeit am Tristan zu beenden (womit also dessen Fragmentstatus erklärt wird). Heute sieht man solche Versuche als eher be­ fremdlich an; aber so ganz sind biographische Deutungen noch nicht ganz verschwunden: Zumindest lebt teilweise die Vorstellung weiter, dass man die Echtheit eines Textes dadurch auf die Probe stellen könne, dass man un­ tersucht, ob er zu anderen, ,unstrittigen' Werken des gleichen Autors passt. Als einzig wirklich verlässliches Kriterium für mittelalterliche Lyrik bleibt nur die thematische Schwerpunktsetzung im Bereich des Gefühlshaften

Das thematische Kriterium

und/oder Gedanklich-Reflektorischen; die gebundene Redeform ist ein notwendiges, aber kein hinreichendes Kriterium; eine dominante Bildhaftigkeit und ,Verdichtung' stellt nur eine optionale Möglichkeit dar; relevante biographische Bezüge können nicht vorausgesetzt werden und existieren angesichts des zeitgenössischen Verständnisses von der kollektiv-repräsentativen Funktion von Lyrik weder auf Autoren- noch auf Rezipientenseite als Konzept.

2. Lyrische Genres in der mittelalterlichen

deutschen Literatur Inhaltlich ergibt sich eine Grobeinteilung der mittelalterlichen Lyrik in reli­

Religiöse und

giöse und weltliche Texte, wobei es nur vereinzelt ,Unschärfen' gibt: Bei ei­

weltliche Lyrik

nigen Liedern ist nicht klar, ob die darin verehrte vrouwe die angebetete Minne-Herrin ist oder Maria, und in eindeutig religiösen Liedern wird Maria mit Epitheta aus dem Minnesang adressiert (z. B. Lied von der Armut IV,6: du minnekliche, Marieniob 1,5: herze lieb vur alles leit, V,5: minne trank,

XLlI,l: süeze amys

=

Freundin, Geliebte); in Str. LVII des Marieniobs wird

39

40

IV. Gottfrieds

(?)

Lyrik

Lieder - Sangsprüche

der Text als minnesanc apostrophiert. Formal hat man es im Wesentlichen

- Leichs

mit Liedern, Sangsprüchen und Leichs zu tun; diese Einteilung geht noch auf Karl Simrock (1802-1876) zurück. Der Leich ist eine lyrische Großform, die im Unterschied zu Liedern und Sangsprüchen nicht strophisch geglie­ dert ist, sondern kompliziertere Bauformen aufweist. Alle drei Formen sind für den gesanglichen Vortrag bestimmt. Während sich beim Leich klare for­ male Unterscheidungsmerkmale ergeben, sind die Kriterien zur Unterschei­ dung von Lied und Sangspruch unsicherer, und die zeitgenössischen Termi­ ni liet und spruch sind unpräzise. In der Forschung kursieren hauptsächlich folgende Abgrenzungskriterien, die nicht in jedem Einzelfall zutreffen müs­ sen, zum Teil umstritten sind, für die Praxis aber recht brauchbar - denn ihre Applikation auf Texte bleibt ja im Einzelfall differenzierungsfähig (,Iied­ artiger Sangspruch' und umgekehrt):

Strophenzahl Form

Lied

Sangspruch

mehrstrophig

einstrophig

jedes Lied hat ein eigenes

mehrere, auch thematisch

metrisch-musikalisches

nicht zusammengehörige

Schema (don)

Sprüche können in einem

don verfasst sein Melodie Stand der Verf. Thematik

eher ,rezitativ' angelegt

melodiös ,entfalteter'

häufig adlige Dilettanten

überwiegend Berufsdichter

im weltlichen Lied fast

thematisch potenziell

ausschließlich Thema Liebe, unbegrenzt, in der Regel meist Fiktion persönlicher

belehrender und damit

Betroffenheit

,objektiver' Gestus

3. Lyrik unter Gottfrieds Namen;

Aporien der Echtheitsdiskussion Die lyrischen Texte, die im Mittelalter unter Gottfrieds Namen überliefert sind bzw. die im von der Forschung zugeschrieben werden, wurden in Kap. Echtheitsdiskussion

111. zusammen mit ihren Überlieferungsträgern aufgeführt. Für Echtheits-I

Unechtheitsargumente innerhalb der i. F. genannten Kategorien wurden die Vergleichsmaßstäbe aus dem Tristan gewonnen: 1. biographisch (,echte Empfindung'l,Meinung des Autors'?); 2. dialektal (passt die Sprachform zum Alemannischen des Tristan der Zeit um 1220?); 3. reim- und verstech­ nisch, metrisch (hält der jew. Text den Qualitätsstandard des Tristan ein?); 4. inhaltlich (wie vertragen sich die Tendenzen und Aussagen des jew. Tex­

tes mit denen des Tristan?). Die dazu angestellten Untersuchungen sind älte­ ren Datums. Eine Berufung auf diese Untersuchungen in unserer Zeit ist aber nicht wegen ihres abstrakten Alters zu kritisieren, sondern weil neuere axiomatische Entwicklungen nicht mit einbezogen werden - die Ergebnisse gelten nur unter bestimmten Voraussetzungen, und diese Voraussetzungen sind heute bestreitbar.

3. Lyrik unter Gottfrieds Namen

Biographische und inhaltliche Argumente: Die ältere Literaturwissen­ schaft sah Dichtung inhaltlich in engem Zusammenhang mit dem dahinter stehenden Autor als biographischem Subjekt; ein solcher Ansatz gilt heute als nicht mehr begründbar. Das schließt selbstverständlich nicht aus, dass Meinungen des Autors in einen Text eingegangen sind - aber dahingehende Deutungen sind nicht mehr verifizierbar und daher letzten Endes sinnlos. Erstaunlich ist, dass trotz dieser Erkenntnis biographische Ansätze nicht aus­ gestorben sind, sondern manchmal durch die Hintertür wieder eingeführt werden. Dies geschieht besonders in Fällen, in denen ein Text im literatur­ wissenschaftlichen Diskurs ein so starkes Gewicht erhalten hat, dass er die Deutung anderer Texte seines Autors beeinflusst; und umgekehrt beeinflusst ein solcher Text auch die Diskussion um die Echtheit von Texten, deren Ver­ fasserschaft unsicher ist. Rein theoretisch bleibt dabei die Trennung zwi­ schen Autor und Erzähler bzw. lyrischem Rollen-Ich erhalten; in der Praxis konstruiert man damit für Autoren einen Automatismus, verschiedene Texte hinsichtlich einer übergreifenden aussagemäßigen Tendenz zu verklam­ mern oder zu trennen. Im Fall Gottfrieds wird dann gefragt, ob die Inhalte der unsicheren Texte zum Tristan ,passen'. Damit versteht man den Tristan als ,Programm' für ein ,Lebenswerk' - und dahinter steht wieder das obsolet gewordene Konzept eines biographischen Autors. Diesem spricht man den Willen zu, im Tristan das ausgesagt zu haben, was über diesen einen Text hinaus auch grundsätzlich seinen Konzepten und Einstellungen entspreche. Dass dies nicht möglich ist, zeigt sich, wenn man andere Autoren und Werke hinzuzieht: Unter den Werken Konrads von Würzburg befinden sich u.a. die klein­ epischen Texte Das Herzmaere und Der Welt Lohn. Im Herzmaere wird die Radikalität einer außerehelichen Liebe gefeiert, die ihren Höhepunkt im Tod der Liebenden erfährt. Diese unbedingte Liebe wird als vorbildhaft de­ klariert. In Der Welt Lohn dagegen wird ein Protagonist vorgestellt, der in allen höfischen Tugenden, vor allem im Frauendienst, vorbildlich ist, durch die Konfrontation mit den Folgen einer Fixiertheit auf weltliche Werte aber zur radikalen Abkehr von seinem bisherigen Leben gebracht wird. Beide Texte sind für den Autor Konrad sicher belegt; die Divergenz zwischen ihnen ist so groß, dass man in keinen davon Konrads ,wirkliche', ,eigene' Meinung hineininterpretieren kann; die beiden Erzähler aber verkünden mit gleicher Verve die widersprüchlichen Lehren aus den Geschichten. Was der Held in Der Welt Lohn auf der Ebene der fiktionalen Handlung vollzieht­ eine conversio -, das inszeniert der Erzähler von Hartmanns Cregorius im Prolog für seine eigene Person. Biographisch ausdeutbar unter Bezug auf die weltlichen Werke Hartmanns ist dies nicht: Mit einer conversio passt sich der Autor-Erzähler an Zwecke und Tendenz des Cregorius an, der reli­ giöse Lehren enthält und daher einen entsprechenden Erzähler-Charakter benötigt. Ähnlich erklären sich die Unterschiede in den Prologen zum Iwein und zum Armen Heinrich des gleichen Autors: Im Armen Heinrich betont der Autor-Erzähler seine Schreib- und Lesekenntnisse und beschreibt die umfangreiche Suche nach einem Stoff, der seinem Publikum religiös dien­ lich sein soll. Im Iwein-Prolog wird ebenfalls erwähnt, dass der Autor-Erzäh­ ler in Büchern lese und ,gelehrt' sei - er lese aber nur, wenn er nichts an­ deres zu tun habe. Die Irritationen lösen sich, wenn man berücksichtigt,

Stichhaltigkeit der Kriterien

41

42 IV. Gottfrieds (?) Lyrik dass es im Armen Heinrich um einen religiösen Text geht; damit tritt der lai­ kaie Autor in potenzielle Konkurrenz zum Klerus und muss daher erst ein­ mal nachweisen, dass er die Fähigkeiten für eine inventio besitzt. Im welt­ lichen Iwein dagegen darf der Autor-Erzähler sich nicht zu weit von den Idealen seines weltlich-höfischen Publikums entfernen, und dazu gehört ex­ tensive Lektüretätigkeit in dieser Zeit sicher nicht. Als letztes Beispiel sei da­ rauf hingewiesen, dass sich im lyrischen Guvre einiger mittelalterlicher Au­ toren neben traditioneller Liebesdichtung auch Kreuzzugslieder befinden oder dass in einigen lyrischen Autorcorpora Liebes,konzepte' gegensätzli­ cher Art propagiert werden. Dialektale, metrische, reim- und verstechnische Spezifika: Sind es im Fall inhaltlicher Inkompatibilitäten vor allem erzähltheoretische Befunde und Gattungseigenheiten, die ignoriert werden, so werden bei Untersuchungen zu sprachlichen und formalen Übereinstimmungen oder Nicht-Überein­ stimmungen zwischen dem Tristan und den lyrischen Texten Aspekte der Textüberlieferung ausgeklammert, z. T. auch Gattungskonventionen. Mittel­ alterliche Texte sind nur selten im Original überliefert, sondern überwie­ gend als Abschriften. Schreiber verändern ihre Vorlagen oft auch dialektal; das betrifft dann über die Lautung ggf. auch die Reime. Ferner machen Ab­ schreiber auf der einen Seite Fehler, greifen auf der anderen Seite in die Textvorlagen ein. Auch dies lässt nicht zu, Sprache und Form eines überlie­ ferten Textes auf das hypothetische Original zu übertragen und auf dieser Grundlage dann durch Vergleiche mit anderen Texten eines Autors Indika­ toren für Echtheit/Unechtheit gewinnen zu wollen. Überdies sind im Mittel­ alter Texte selbst unabhängig von solchen Faktoren prinzipiell ,unfest': Es ist stets damit zu rechnen, dass ein Text in mehreren Fassungen existiert hat, und speziell im Fall der Minnesang-Sammelhss. weiß man in den seltensten Fällen, auf welche Vorlage sich ein Schreiber überhaupt bezogen hat. Was Stilistika betrifft, so verbieten sich Vergleiche bei unterschiedlichen Gat­ tungskonventionen oder speziellen inhaltlichen Aspekten der verglichenen Texte: Dass das Lied von der Armut nicht den gleichen stilistisch-rhetori­ schen Prunk zeigt wie der höfische, überdies in der Tradition neuerer latei­ nischer Poetiken stehende Tristan, lässt keine Folgerungen hinsichtlich der Nichtidentität der Autoren zu; dass das gattungsgemäß auf die Aneinander­ reihung von Epitheta u. dgl. hin angelegte Marieniob anderen rhetorischen Prinzipien verpflichtet sein muss als der häufig dem räsonierenden Sprach­ stil verpflichtete Tristan, erlaubt auch in diesem Fall keine Vergleiche; die literarischen Konventionen der ,hohen Minne' in Oiu zft ist wunneclich re­ präsentieren andere Konstellationen als der durch die Quellen auf eine voll­ zogene Ehebruchsliebe hin festgelegte Tristan. Perspektivwechsel :

Fazit: Die zusätzlich zum Tristan unter Gottfrieds Namen im Mittelalter

Von der Echtheits­

firmierenden Texte lassen sich mit Ausnahme von Konrads Herzmaere (ne­

diskussion zur Rezeptions­ geschichte

gativer Befund) heute weder als echt noch als unecht erweisen. Wenn aber Echtheitsfragen in diesem Fall obsolet geworden sind, dann muss man ande­ re Perspektiven auf die Texte entwickeln: Mittelalterliche Zuschreibungen von Texten an Gottfried sind Bestandteile der Gottfried-Rezeption. In Bezug auf die fünf hier vorgestellten Texte - Marieniob, Sangsprüche ,Vom gläser­ nen Glück' und ,Mein und Dein', ,Lied von der Armut', Minnelied Oiu zft ist wunneclich - stellt sich die Situation damit folgendermaßen dar: Zwi-

3. Lyrik unter Gottfrieds Namen

schen ca. 1220/1250 (Schaffenszeit Rudolfs von Ems) und dem 1. Drittel des 14. jhs. (Große Heidelberger Liederhs., Kleine Heidelberger Liederhs.) hat in einem relativ eng begrenzten Umkreis Gottfried nicht nur als Autor des Tristan, sondern auch als Minnelyriker, Sangspruchdichter und Verfasser religiöser Lyrik gegolten. In diesem Zusammenhang erinnere ich an Hein­ richs von Freiberg Tristan-Fortsetzung (um 12 70?/um 1300?), in der das trau­ rige Ende im Epilog als ,Spiegel der Vergänglichkeit der weltlichen Liebe' gesehen wird. Da Heinrich Gottfried nicht kritisiert, erscheint dieser bei ihm implizit, aber deutlich als ,Lieferant' dieses Spiegels; das zeigt, dass schon im 13. jh. das Bild von Gottfried als Tristan-Autor mit dem des Verfas­ sers von religiöser Literatur kompatibel war. Die Sammler der Manesse er­ finden also ein solches doppeltes Gottfried-Bild nicht, sondern können sich dafür auf Vorläufer berufen. Bedeutung könnte haben, dass in der Manesse nach dem dritten unter Gottfried aufgeführte Lied (Von der Armut) der Rest der Spalte frei geblieben ist und noch zwei komplett leere Blätter folgen; haben die Sammler damit gerechnet, weitere lyrische Texte, die unter Gott­ frieds Namen kursierten, nachtragen zu können? Dass der Platz speziell für die beiden Sangsprüche freigehalten worden sei (Tomasek 2007b, 69 Anm.

9), ist nicht plausibel, weil sie in

C ja bereits unter Ulrich von Liechtenstein

aufgeführt sind. Die kombinatorische Ausprägung ,Großepiker, Minnelyriker, Sangspruch­ dichter und Verfasser religiöser Lyrik' wäre nicht unvorstellbar, auch wenn sie in genau gleicher Form erst bei einem etwas späteren Autor auftritt, näm­ lich wieder bei Konrad von Würzburg. Konrad zeigt ein solches Profil, sogar noch deutlicher konturiert, mit einem umfangreicheren und gattungsmäßig noch breiteren Guvre. Aber auch andere Autoren decken zumindest ein ähnliches Spektrum ab, wie es ein hypothetisches, aus dem Tristan und den fünf lyrischen Texten Gottfrieds bestehendes Gesamtwerk zeigen würde: Hartmann und Wolfram haben neben ihren Großepen Minnelieder verfasst; neben Weltlich-Höfischem ist der religiöse Bereich vertreten. Auch Rudolf von Ems hatte Religiöses im ,Programm' (Barlaam und Josaphat, verlorene Eustachius-Legende), desgleichen Heinrich von Veldeke (Servatius-Legen­ de), der überdies ebenfalls neben seinen epischen Werken Minnelieder ver­ fasst hat. Bei Lyrikern ist seit Walther von der Vogelweide neben dem Lied häufiger auch der Sangspruch vertreten; von Autoren von Minneliedern sind z. T. religiöse Leichs überliefert, desgleichen von Sangspruchautoren. Unter dem Namen des Tannhäusers ist in der jenaer Liederhandschrift auch ein religiöses Lied mit Bußthematik überliefert, das aus den ansonsten weltlich geprägten Liedern dieses Autors hervorsticht.

4. Textanalytische Ansätze Oie beiden Sangsprüche Beim Sangspruch ,Vom gläsernen Glück' ergibt sich eine Art Mischung der ,zuweisenden Instanzen': Letzten Endes erfolgte die Zuweisung durch die Forschung; sie stützt sich aber auf die Angabe Rudolfs von Ems, dass Gott­ fried ,über das glesfn gelücke gesungen' habe.

43

44 IV. Gottfrieds (?) Lyrik ,Alexander'

Spruch in C unter,Ulrich von Liechtenstein'

Der wi'se meister Gotfrit sanc

Gelücke daz W wunderli'chen an und abe.

daz glesi'n gelücke.

man vindet ez vil li'hter danne manz behabe.

des veste si' broede und kranc, ez wenket, da man ez niht wol besorget. ez breche in kleiniu stücke

swen ez beswaeren will, dem gi't ez Pder zi't

swenn ez schi'n allerbeste.

und nimt ouch Pder zi'te wider, swaz ez gegi't.

gelücke gPbald an und abe

ez tumbet den, swem ez ze viI geborget.

und si' vi I selten veste.

fröide gi't den smerzen.

vil li'hter danne manz behabe, Pdaz wir ane swaere si'n des Ii'bes und des [herzen, laze ez sich uns vinden,

man vindet Pdaz glesi'ne gelücke.

und si' si'n gunst vii selten lanc. daz hat kranke veste: ez kan vii gahes swinden.

wenn ez uns under ougen spilt und schi'net [aller beste, so brichet ez vil li'hte in kleiniu stücke.

(Spruch zitiert nach der Ausgabe von Carl von Kraus, in welcher der über­ lieferte Text in metrisch und reimtechnisch geglätteter Form erscheint und als Text Gottfrieds gilt.) Rudolfs Formulierungen klingen zitathaft (s. die Unterstreichungen); der Zi­ tiermodus wird durch die indirekte Rede betont (Konjunktiv nach dem Zi­ tatverb sanc). Es ist daher möglich, dass Rudolf den in C überlieferten Spruch kannte oder sogar vorliegen hatte; im Anschluss referiert er einen inhaltlich anders akzentuierten Freidank-Spruch zum Thema

,Glück'.

Wenn Rudolf dagegen aus dem Gedächtnis zitiert, deutet dies auf Verbrei­ tung und Bekanntheit des Textes. Ein P roblem stellt dar, dass C den Spruch unter dem Namen Ulrichs von Liechtenstein aufführt. Entweder lag also Ru­ dolf ein Text mit der Angabe Gottfrieds als Verfassername vor oder er erin­ nerte sich an den Spruch, nicht aber an einen anderen Verfassernamen, und hat den Spruch assoziativ Gottfried zugeordnet. Grund dafür könnte sein, dass die Wandelbarkeit des Glücks als Motiv im Tristan eine Rolle spielt - ebenso wie der Gedanke des Miteinanders von ,Freude und Schmerz'. Dann hätte Rudolf also den Spruch einem Verfasser zugewiesen, zu dessen bekanntestem Werk der Inhalt Parallelen aufweist. In der For­ schung wird überwiegend (aber nicht ausschließlich) Rudolfs Zuschreibung für korrekt gehalten. Dabei wird die Nähe zu Tristan-Motiven dann nicht zum Argument für eine spontan-assoziative Zuweisung, sondern für die Echtheit des Spruchs. So kann man aber nicht argumentieren: Die Motivik als solche ist ja im Tristan nicht singulär. Wie gefährlich das erläuterte Be­ weisverfahren für die Echtheit ist, zeigt der Blick auf den zweiten Sang­ spruch ,Mein und Dein'. Er steht in der Handschrift vor dem über das ,glä­ serne Glück'. In der Neuausgabe von Des Minnesangs Frühling sind die beiden Sangsprüche nach dem Usus, lyrische Texte mit dem ersten Vers oder dessen Beginn zu betiteln, zusammenfasst durch die Überschrift Liut unde lant. Inhaltlich zusammengehörig sind sie aber nicht. Metrisch und

reimtechnisch dagegen sind sie gleich gebaut: Auf zwei kürzere, identische Teile (Schweifreime 1-3: aab, 4-6: ccb) folgt ein längerer Teil, der diese Reimart fortsetzt (7-12: dde ffe), aber metrisch variant ist. Der diesen letz-

4. Textanalytische Ansätze

ten Teil einleitende Vers 7 ist der kürzeste in der ganzen Strophe, wodurch die klingende Kadenz ein besonderes Gewicht erhält. In I, 7 (diu vertane g(te) wird dadurch ein thematisches Leitwort hervorgehoben, in 11, 7 die

Sentenz fröide glt den smerzen, welche ein Resümee hinsichtlich der Folgen des Glückswechsels enthält. Mit der Dreiteilung 1-3,4-6,7-12 ergibt

Stollen-/

sich die für Minnesang und Sangspruch seit ca. 1170 ,klassisch' gewordene

Kanzonenstrophe

Stollen- oder Kanzonenstrophe: Auf zwei identisch gebaute Stollen, die zusammen den sog. ,Aufgesang' bilden, folgt der ,Abgesang'. Die Gleichheit des Baus könnte darauf hindeuten, dass wir es mit dem gleichen Autor zu tun haben; aber ganz sicher ist das nicht: Soweit feststellbar, gibt es zwar zunächst nur wenige Fälle, in denen ein Autor den don eines anderen übernommen hat. Im Bewusstsein der Zeitgenossen lag die Möglichkeit der Nutzung eines dones durch verschiedene Autoren aber durchaus; der Marner (Schaffenszeit zwischen ca. 1230 bis 1265/70) wirft seinem Zeitgenossen Reinmar von Zweter in einem Sangspruch vor, ein doenediep zu sein. Da doene andererseits als ,Markenzeichen' der Autoren galten (in der späteren Überlieferung ist eine ganze Reihe von doenen nach Autoren benannt), ist es auch nicht unwahrscheinlich, dass in den Handschriften Texte mit gleichem don gegen die eigentliche Autorschaft von den Sammlern/ Schreibern unter dem Namen des Hauptvertreters einsortiert wurden. Auch die Forschung rechnet mit solchen Fällen - anders ließen sich Versuche, in Sangspruchcorpora von Texten eines dones einige als unecht auszusortieren, logisch ja gar nicht rechtfertigen. In der Handschrift steht der ,Mein und Dein'-Spruch jedenfalls auch unter ,Ulrich von Liechtenstein'. Wer für Gottfrieds Autorschaft in Bezug auf den ,Glück'-Sangspruch plädiert, könnte sich gedrängt fühlen, den anderen Sangspruch ebenfalls Gottfried zuzuweisen. Ein kleines Sekundärargument dafür hat sich dadurch ergeben, dass man geglaubt hat, in Rudolfs von Ems Willehalm von GrIens 270ff. ein ,Zitat' daraus zu finden. Spruch 1,1 f.

,Willehalm von Orlens'

Liut unde lant diu möhten mit genaden sln,

Zwai claine wort ,mln unde dln'

wan zwei viI kleiniu wortelln ,mln' unde ,dln' Begunden sere werren Baidenthalp die herren.

(Im Willehalm von GrIens 273 ist die Rede von den ,Herren' von Hennegau und Brabant, Ländern, die aneinanderstoßen, was in den Grenzgebieten wegen unklarer Lehnsverhältnisse zu Streitigkeiten führt.) Das ist, auch wenn im Willehalm in Vers 266 noch lande genannt werden, im Vergleich zu den wörtlichen Übereinstimmungen zwischen dem Passus aus dem Alexander und dem ,Glück'-Spruch mager und gewinnt nur Ge­ wicht, wenn man Rudolf aufgrund der Vertrautheit mit Letzterem zu einem ,Gottfried-Kenner' stilisiert. So hangelt man sich von Vermutung zu Vermu­ tung, und scheinbare P lausibilisierungen haben nie zusätzliches Eigenge­ wicht, sondern werden erst zu Argumenten, wenn man Vorannahmen macht. Das Bild von den Mosaiksteinchen, die sich zu einem Bild fügen, wäre hier schief: Man rekonstruiert kein Bild, das einmal existiert hat, son­ dern man erstellt interpretativ ein neues.

4S

46 IV. Gottfrieds (?) Lyrik Das Minnelied Ich beziehe mich wieder auf die Ausgabe von Carl von Kraus, wo der Text im Gegensatz zu den Sangsprüchen als nicht-gottfriedisch rubriziert wird. Die zehnversigen Strophen zeigen das Reimschema abc - abc - dede. Der veränderten Reimstruktur des Schlussquartetts korrespondiert eine gegen­ über den beiden Terzetten ebenfalls veränderte Metrik; es handelt sich also wieder um eine Stollenstrophe. Natureingang

Das Lied beginnt mit einem Natureingang. Der die Natur mit Freude er­ füllende Mai wird kontrastiert dem Alleinsein des lyrischen Ichs mit implizi­ tem Wunsch nach Zweisamkeit (I). Es folgt darauf in 11 noch keine Erwäh­ nung eines ,individuellen' Wunschobjekts für diese Zweisamkeit, sondern

Vom Lob ,der'

ein allgemeines Lob der Frauen. Erst der letzte Vers verlegt die Perspektive

Frauen zum Lob

auf eine dieser Frauen - die trotz der vorher beschriebenen Qualitäten aller

der Gel iebten

Frauen bei ,ihm' Schmerz hervorruft. 111 nennt als Grund für diesen Schmerz zunächst die eigene Unfähigkeit, die Liebe zu erklären: Die Anwesenheit der Geliebten lässt den Mann verstummen, weil er die Fassung verliert und seine Liebe nur visuell zu erkennen geben kann (durch Schüchternheit und rot Werden: Bestandteile einer topischen, vielleicht aus Ovid bezogenen

,Hohe Minne'

Liebessymptomatik). IV bringt die Thematik der sog. ,hohen Minne' ins Spiel: Der Mann liebt eine Frau, die sich ihm versagt. Das Reden, dessen durch Schüchternheit bedingtes Ausbleiben vorher beklagt wurde, wird nun als ohnehin sinnlos dargestellt: Wenn er sich ihr gegenüber mit seinen Wünschen äußerte, würde sie sein Reden doch mit zwei kurzen Worten

Une wil- ,ich will nicht') beenden. Aufzugeben, zu verzagen, wird als eine nur theoretische Alternative deklariert - das will er nicht. Diese individuelle Entscheidung wird eingebunden in den Kontext einer universellen, sentenz­ artig präsentierten Erkenntnis: Wer sich entmutigen lässt (swen ez verdriu­

zet) , der wird nie Erfolg haben. Entsprechend kommt er zu dem Entschluss, einen neuen Versuch zu unternehmen und im Dienst an ihr nicht nachzu­ lassen, auf ihren Befehl sogar nach Babil6ne zu ziehen. Damit wird die Konstellation des hohen Minnesangs komplettiert: Trotz Ablehnung bleibt der liebende Mann treu und dient seiner Dame weiter. V evoziert wieder Naturbildlichkeit; da in Hs. A keine weitere Strophe folgt, bildet dort die Naturthematik also einen Rahmen. Vom kommenden Sommer wird ge­ wünscht, dass er der Geliebten eine schöne Zeit beschere. Alles in der Na­ tur - Laub, Gras, Vogelstimmen - soll die Geliebte grüßen; die Bestandteile des loeus amoenus bilden also nicht mehr nur eine Staffage, sondern wer­ den personifiziert und als aktiv handlungsfähig einbezogen. VI in C beginnt mit einem sog. Schönheitspreis, wobei die Schönheit dann zum zusätz­ lichen Grund für die Trauer des Mannes über die Abweisung wird. Die Frau wird aufgefordert, darüber nachzudenken und den Kummer des Mannes zu stillen, indem sie ihm die Hand reiche - sonst müsse er weiter sorgenvoll leben; das ,die Hand reichen' ist eine verhüllende Umschreibung für den ,Liebeslohn'. Die Geliebte möge sich anders besinnen, sich ihm nicht ent­ ziehen/ihm nicht untreu werden (niht entwenke) und die Fessel lösen. Das Lied gehört also zum genre subjeetif und repräsentiert den Typus der Minneklage eines Mannes mit Bitte um ,Erhörung'. Huber (22001, 27) be­ zeichnet es als "recht harmlos[.]" - will sagen: eher konventionell. Für aus­ geschlossen hält Huber die Verfasserschaft jedoch nicht - womit er eine

4. Textanalytische Ansätze 47

Minderheitsposition in der Forschung einnimmt. Die Etikettierung als "harmlos" hat dabei wohl die Funktion zu signalisieren, dass man den äs­ thetischen Abstand zwischen dem Lied und dem Tristan natürlich erkannt habe, dass dieser aber kein entscheidender Grund gegen die Verfasserschaft Gottfrieds sei. Die ästhetische Wertung ist also normativ, wodurch Huber sich aber nicht den Blick des Wissenschaftlers verstellen lässt: Würde man den ,Abstand' zwischen Minnelied und Tristan zum Argument für die Unechtheit des ersteren macht, negierte man die Gattungsdifferenz; so, wie das Lied mit seiner Liebesdarstellung der Mode des hohen Minnesangs folgt, so folgt Gottfried mit der Darstellung ,realisierter' illegitimer Minne seiner direkten Quelle und einer langen Stofftradition. Bei einer ästhetischen Ab­ qualifizierung kommt auch der Umstand nicht zur Geltung, dass gerade das, was wir als konventionell empfinden, durchaus in der Absicht eines Autors gelegen haben kann; er kennt den Geschmack seines Publikums, kann und wird ihn also berücksichtigen.

Das ,MarienIob' Der Text firmiert auch unter ,Marien- und Christuslob' . Ich bleibe bei dem

Titelfragen

reduzierten Titel, da das Lied in Hs. C mit einer Apostrophe an Maria beginnt und damit deutlich einen thematischen Schwerpunkt setzt, der im Folgenden durch die quantitative Verteilung der Inhalte weiter ausgebaut wird. Auf Maria (I-X, XVI-XXII, XXXIX-XLII) entfallen mehr Strophen als auf Christus; die Strophen an bzw. über Christus sind außerdem aufgefächert durch die Einbringung der Trinitätskomponenten, also in dieser Hinsicht weniger einheitlich als die Marienstrophen, und stets führt erst das Thema ,Maria' zum Bezug auf Christus. Einige Strophen sind, vielleicht durch überliefe­ rungsbedingte Umstellungen, hinsichtlich der Adressierung uneindeutig (XIV, XV, XLIV); dazu gibt es Strophen, die ans Publikum gerichtet sind und Rezeptionshaltungen vorgeben wollen (Lllf., LV, LVllf.). In LlX findet man einen Bescheidenheitstopos des lyrischen Ichs in Form einer Selbstbezichtigung: Es rede von der (religiösen) Liebe, zeige aber selbst diese Haltung sehr wenig; wäre mehr Liebe in seinem Herzen, könne es besser über das Thema sprechen; leider habe es in seinem Leben nur selten an diese Liebe gedacht. Dem Demutsgestus entspricht eine Bitte an Gott um Vergebung und Gnade (LXI), an die sich in der nächsten Strophe eine ebenfalls topische Bitte an das Publikum anschließt, es möge seiner dvr got ze gotte gedenken. Die Schlussstrophe (LXIII) beendet explizit die klage und kündigt an, sich nun wieder dem Lob zuwenden zu wollen. Dass diese Strophe als verstellt aufgefasst wurde (sie könnte eine Einleitung des Marieniobs sein), ist verständlich; aber ganz ohne mögliche Funktion ist ihre Endpositionierung nicht: Es kann ja, gerade auf dem Hintergrund der vorangegangenen confes-

siones, ein Lob gemeint sein, dass das lyrische Ich in Zukunft (außerhalb des Liedes) artikulieren will. Die meisten der in C 36 Strophen haben im Textabdruck der Manesse von PfaffiSalowsky, nach dem ich zitiere, 14 Verse; I, X, XIV, XLVI, LI weisen 13 Verse auf, VI und LXIII 11 Verse, XXXI 12 und XLIV 16 Verse. Die Stro­

phenbezifferung von Pfaff bezieht sich auf die Gesamtstrophen im Gottfried-Teil der Manesse; abzurechnen sind also, wenn man die Strophenfolge im MarienIob eruieren will, jeweils die Strr. des vorausgehenden Minne-

Textverluste?

48 IV. Gottfrieds (?) Lyrik I ieds. Ich selbst habe die Strophen des Marieniobs für sich durchnummeriert und nenne die entsprechenden Zahlen. Strophen müssen nicht notwendig den gleichen Versbestand aufweisen, aber die Differenzen erklären sich wohl zumindest teilweise durch Verluste oder Schreiberversehen (anders im Fall des deutlich überlangen Verses I, 9 - hier wurde einfach in der Edition der Versumbruch vergessen, was auch in der verbesserten Ausgabe nicht korrigiert wurde). In der Edition von Wolff 1924 werden die Unregelmäßig­ keiten in Versbestand, Reimtechnik und Metrik nachvollziehbar ,repariert'; die Ausgabe kontaminiert jedoch die Liedfassungen in B, C und K - der da­ durch entstehende Text hat so nie existiert. Brinker 1993 bietet den Text sy­ noptisch nach B, C und K, erlaubt also einen genaueren Einblick in den Überlieferungsbestand, lässt den ,Varianten'charakter der drei Fassungen deutlich werden und zeigt jeweils nur das in den Hss. Vorfindbare; aller­ dings hält sie sich an die Reihenfolge der Rekonstruktion von Wolff, wo­ durch dann letztlich auch bei ihr die Spezifika der drei Textfassungen nicht deutlich werden. Welche Folgen das haben kann, zeigt sich am erwähnten Textanfang in C: Das tatsächlich Überlieferte weist den Text bereits ein­ gangs als an Maria adressiert aus; Brinker beginnt mit den Strr. Lli und LlII, die eine Publikumsapostrophe enthalten, in der zur Aufmerksamkeit aufge­ fordert wird und in der sich die religiös positiven Folgen einer Rezeption hervorgehoben finden. Die im Versbestand kompletten vierzehnversigen Strophen (wie z. B. Stro­ phe 11) lassen das Stollenschema erkennen; die beiden je vierversigen Stol­ len zeigen einen Dreireim mit abschließendem Schweifreim (aaab - cccb), der sechsversige Abgesang - deddde - greift dieses Muster auf, platziert da­ vor aber noch zwei Verse, die die Reime dieses Viererblocks sozusagen vor­ wegnehmen; dadurch wird die Blockbildung 2 Verse - 4 Verse überlagert von einer aus zwei dreiversigen Einheiten bestehenden, reimtechnisch va­ riierten Ordnung: umarmender Reim ded - Schweifreim dde. Insgesamt ist die Strophenform also preziöser und komplizierter als die im Minnelied und vor allem als im ,Lied von der Armut' (s. u.). Das lockert die tendenzielle Monotonie, die sich - bei einem Text mit lobendem Charakter gewollt - aus der formelhaften Aneinanderreihung von Anreden und Epitheta ergibt, auf. Die gleiche Wirkung hat die Metrik: Die Taktzahl der reimenden Verse wird variiert; Zäsuren nach syntaktischen Einheiten unterbrechen den regelmäßi­ gen Fluss; männliche Kadenzen wechseln mit klingenden (11,1-3: Dv rosen

tal dv viol veltl dv wüneberndes herzen geltl dv blüender he/tl dv süesse ga­ tes wünne). tu-Formel

Die Strophen I-V nach der C-Fassung zeigen mit dem anaphorischen Dv am Beginn des jeweils ersten Verses durchgängig Apostrophencharakter; auch später findet sich Dvam Beginn weiterer Strophen; das entspricht der aus der mlat. Hymnik bekannten tu-Formel (Brinker 55), ohne dass man in dieser Zeit noch von einer bewussten Übernahme ausgehen müsste - auch in der deutschen Literatur war die Formel mittlerweile konventionalisiert. Weitere Pronomina der 2. Person Singular verdichten den Anredegestus (I

9: din, V 8 und 11: dich usw.). Ferner gibt es stropheninterne Anaphernket­ ten mit ,du', daneben Anredevarianten. Die Adressierung ist also eindeutig. Dass auch Christusthematik vertreten ist, liegt am heilsgeschichtlichen Zu­ sammenhang zwischen Maria als Mutter Christi: Maria war an der Mensch-

4.

werdung Gottes in Christus beteiligt; diese Leistung wird betont dadurch, dass das Wirken Christi im Text angesprochen wird. Das ist mehr oder min­ der in allen Marieniobdichtungen der Fall. Neuere umfassende Untersuchungen zum Marieniob gibt es nicht; seit man sich dem Unechtheitsverdikt P feiffers und Wolffs angeschlossen hatte, war der Text als ,nicht-gottfriedisch' wohl uninteressant geworden - was er in mehrfacher Hinsicht sicher nicht ist. Zumindest in Details sind nämlich neue Akzente gesetzt worden: Hatte etwa Wolff (56) das Werk dezidiert in den Kontext der deutschsprachigen religiösen Lyrik gestellt und darin keinen Anhaltspunkt für den Einfluss lateinischer Gattungspendants gesehen, weist Brinker (53) auf die Tradition des lateinischen Gruß- bzw. Mariengrußhym­ nus hin. Eine besondere Aktualität gewinnt das Lied als Bestandteil der wachsenden Marienverehrung. Das, Lied von der Armut' Da der Text in der Forschung noch mehr in Vergessenheit geraten ist als das Marieniob, stelle ich eine vollständige Übersetzung voran. Zugrunde liegt wieder der Textabdruck der Manesse. Die Übersetzung versucht, möglichst nahe am Original zu bleiben, nimmt dafür auch Wendungen in Kau( die heute steif oder antiquiert wirken, und bemüht sich nicht um eine ,Verein­ fachung' der Syntax. Umgekehrt waren, um den Sinn verständlich zu ma­ chen, manchmal elaboriertere Paraphrasen nötig: I. Kind, wenn das Glück dich meiden will, indem Gott dich arm macht, dann sollst du das geduldig leiden, und du sollst deswegen nicht traurig sein. Du sollst ihm aus ganzem Herzen dafür danken. In Bezug darauf sollst du niemals wankend werden: Sieh, er verheißt dir, dir dort [= im Jenseits] Ansehen und Freude zu schenken. -11. Kind, wisse das, lieber Freund: Wer Armut willig trägt, den - das sollst du mir glauben - rettet sie vor der tiefen Hölle. Sie kann Körper und Seele aller Sünden berauben. Armut ist die größte Versühnerin gegenüber Gottes Zorn. Sie lässt Liebe zwischen Gott und uns entstehen - was kein Engel zu tun in der Lage ist. Nimm dies in deinen Sinn auf. -111. Kind: Der erste, der existierte und der auch der mäch­ tigste ist, der immer war und ewig sein wird, hat die Armut geliebt. Armut war von Anfang an bei ihm, als ihn seine ,süße' Mutter in dieses Elend [erg. der Welt] hinein geboren hat [,süß' hat kontextuell häufig eine religiöse Denotation; vgl. auch die Häufung dieses Epithetons im Marieniob, XI,l ff.]. Armut litt er Tag und Nacht, mit Armut schied er aus dieser Welt. Mit Armut musste er uns wiedergewinnen [= durch seinen Opfertod von den Folgen der Erbsünde befreien, also für das ewige Leben gewinnen]. Sieh, diese Ar­ mut musst auch du lieben, wenn du der Hölle entgehen willst. - IV. Kind, lass dich von niemandem trügen. Wenn du nicht um Gottes willen die Ar­ mut im Herzen liebst, dann musst du hinunter in die Hölle, wo du endlos den immer währenden Schmerz dulden musst. [Auch] seiner Mutter wollte Gott nicht zwei Himmelreiche geben - die Liebliche musste bittere Armut leiden, sie, der an Würde weder Mensch noch Engel gleichkommt. V. Kind, Gott sprach mit eigenem Mund [Mat 5,3, Luk 6,20], dass das Him­ melreich denen gehört, die willentlich arm sind. Nimm dies zu aller Zeit in dein Herz auf. Lass dich nie vom Wunsch nach Reichtum erhitzen. Besitz ist ein nicht messbarer Schaden in Hinsicht auf das ewige Heil. Er führt den

Textanalytische Ansätze 49

Interpretatorische Neuansätze

Übersetzung

50 IV. Gottfrieds (?) Lyrik Menschen in vielerlei Hinsicht vom rechten Weg ab. Wende deinen Sinn davon ab, wenn du im Jenseits froh sein willst. - VI. Liebes Kind, jetzt will ich dir erklären, weshalb Besitz so schädlich ist. Er verhindert, dass man Gott von Herzen liebt, wenn man davon zu viel hat/wenn man ihn zu sehr schätzt [Original: da mans niht hat zemaze. Die Übersetzung hängt von der Bedeutung von han/haben ab. Das Verb kann bedeuten ,haben' i. S. v. ,besit­ zen'; das Objekt steht dann meist im Genitiv; man�

=

man des. Belegbar ist

aber auch die Bedeutung ,halten für', aus der ,schätzen' abgeleitet werden könnte]. Besitz hat Gott schon viele Seelen am Wegesrand abspenstig ge­ macht. Besitz führt zu Hoffart und Überheblichkeit und dazu, Gott oft zu vergessen. Wer Besitz hat, will Frauen, Wein und leckeres Essen. Deswegen müssen viele den Weg hinunter zur Hölle einschlagen. - VII. Kind, nun will ich dich darüber informieren, aus welchem Grund Besitz sowohl in Bezug auf Gott als auch in Bezug auf die (Mit-)Menschen schädlich ist. Besitz macht manchen Narren [govch] so stolz, dass sein blindes Herz nicht mehr in der Lage ist, jemandem Ehrerbietung zu erweisen. Außerdem gehört es zu seinen Wirkungen, dass jemand, der [auch nur etwas] davon erlangt, sei­ ne Denkkraft [muot] verliert - wodurch er sich von Gott entfernt und sich der Hölle nähert. - VIII. Kind, nun will ich dir noch besser/genauer erklä­ ren, weshalb Besitz so schädlich ist bei allem, was Gott betrifft. Besitz hat die Macht, ein geistliches/religiöses Leben zu verleiden. Er hat die Macht, Leid zu verhindern, und ermöglicht ein angenehmes Leben. Sein Einfluss verjagt die süße Liebe zu Gott aus dem Herzen. "Wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz" [Mat 6,21; Luk 12,34] - das sind Gottes eigene Worte. Sieh, lass diese Worte in dir reifen [?; diu wort diu la dir alten inne. Mhd.

alten lässt sich nur in der Bedeutung ,alt werden' nachweisen]. - IX. Kind, jetzt will ich dich noch besser belehren - darüber, weshalb Besitz schädlich ist, wenn man zu den himmlischen Chören gelangen will. Sieh, er bringt manchen grauhaarigen Alten dazu, dass er in Bezug auf gute Werke einfäl­ tig wie ein Narr [tore] wird; denn sein übermütiges Herz wird vom [Gedan­ ken an den] Besitz so erfüllt, dass er Gott aus seinem Sinn verdrängt - der ihn mit seinem Herzblut am Kreuz erlöst hat. - X. Kind, wenn du von den Menschen gering geachtet wirst, weil du keinen Besitz hast, dann lass dich davon nicht belasten. Sieh: Gott will/wird [wi/: mhd. wellen

=

,wollen'

kann auch als Hilfsverb zur Futurumschreibung dienen] dich deswegen von Herzen lieben - während viele reiche Leute ihm gleichgültig werden. Wäh­ le entweder, was hier auf Erden gut für dich ist, was aber im Jenseits endlo­ sen Schmerz einbringt. Oder nimm hier auf Erden bereitwillig deinen Schmerz an zum Tausch für immer währendes Wohlergehen nach dem Elend dieser Welt. - XI. Kind, Gott ist nichts so lieb und wohlgefällig an Männern und Frauen wie Demut. Andererseits ist ihm nichts so widerwärtig wie die Hoffart - denn die kann ihre Anhänger der Hölle zutreiben. Von den Hoffärtigen siehst du nirgendwo mehr als unter den reichen Menschen. Deren Art ist es, sich Tag und Nacht der Hoffart auszuliefern. Deshalb sollst du den Reichtum nicht zu viel lieben. - XII. Kind, wenn du willst, dass Gott dich für deine Armut belohnt, dann sollst du fünferlei lieben: Nimm Rein­ heit in deinen Geist auf, Keuschheit in dein Herz, barmherzige Freigebigkeit in dein Gemüt; Tag und Nacht sollst du um Demut bemüht sein - und ge­ duldig sein gegenüber Frauen und Männern. Sieh, dann wirst du dort im

4. Textanalytische Ansätze

Jenseits nicht zusammen mit denen in den Bann getan, die gebannt werden. - XIII. Wenn die reichen Menschen in ein vorgerücktes Alter kommen, so dass sie selbst kein Leben in Hoffart mehr führen können, dann spießen sie die Jungen auf/stacheln sie die Jungen an [spizzent uf In den Wbb. ist nur

spiezen belegt, aber nicht in der Bedeutung ,anstacheln'. ,Aufspießen' könnte Sinn geben, wenn etwa gemeint wäre: ,Die Alten bringen die Jungen dazu, sich so zu verhalten, dass der Teufel sie aufspießt'], indem sie diese lehren, hoffärtig zu sein - was Gott betrübt. Auf diese Weise sind die Alten dann doch auch selbst bis zu ihrem Lebensende hoffärtig; so verlassen sie dieses Leben - und dann gibt es kein Zurück mehr. Gott gebe uns allen durch seinen Opfertod seine Gnade. Im Gegensatz zum Minnelied und zum Marieniob, die beide nur implizit

Explizite Didaxe

lehrhafte Elemente enthalten, ist das Armutslied vom Inhalt wie vom sprachlichen Gestus her explizit didaktisch. Das Lied wurde wegen seines Themas als von "franziskanischem Geist" geprägt beurteilt (zusammenfassend Tomasek 2007b, 73f.). Das scheint mir aus zwei Gründen nicht zwingend zu sein: 1. Die Kontrastierung von gottgefälliger Armut und die Seele gefährdendem Reichtum ist nicht spezifisch franziskanisch; eine religiös induzierte Armutsbewegung und Armutstheologie existiert schon seit dem 11. Jahrhundert, eine Thematisierung der Armut in verschiedenen religiösen Texten begleitet darüber hinaus die christliche Religion und Theologie schon seit ihren Anfängen. 2. Mit ,Armut' ist im Text nicht nur das materiell-ökonomische Armsein gemeint, sondern auch das Leben ohne gesellschaftliche Anerkennung. Gefordert werden im Lied ferner nebeneinander die aktive Aufgabe von weltlichem Besitz und Ansehen und die Akzeptanz schicksalhafter bzw. von Gott verhängter Armut (s. besonders I) - weshalb es im eigentlichen Sinn nicht durchgängig um eine Aufforderung zur imitatio Christi geht, sondern zunächst einmal um die Herausstellung ,sachgegebener' Ähnlichkeiten des äußeren Lebens Christi und der Apostel einerseits, der Existenz eines ,Armen' andererseits. Aufgefordert wird mithin zur Zufriedenheit, zum Arrangement mit dem von Gott Bestimmten. An welche Adressatengruppe man dann zu denken hat, ist freilich unklar angesichts der Tatsache, dass die Manessische Hs. für einen Kreis sozial hochstehender Literaturliebhaber verfasst wurde. Eher auf solche Rezipienten zugeschnitten wären die Mahnungen, nicht am (also als vorhanden gedachten) Reichtum zu hängen (XI), den Gefahren des Reichtums zu entgehen (V, VI) sowie den Verlust von Reichtum zu akzeptieren und als Chance zu begreifen (I). Genrebezogen steht das Lied in der Tradition des Lehrgesprächs - nur dass hier nicht wie im Lucidarius oder in der Winsbekin auf Fragen belehrend geantwortet wird, sondern dass eine nicht durch Fragen unterbrochene fortlaufende Lehre erfolgt - wie im Winsbeke. Der Winsbeke (Lehren eines Vaters an seinen Sohn) und die Winsbekin (Lehren einer Mutter an ihre Tochter) sind u.a. ebenfalls in der Manessischen Hs. überliefert; die Miniaturen zu beiden zeigen Lehrende und Belehrte. Die wie bei der Mutter ausgestreckte rechte Hand der Tochter vergegenwärtigt die dialogische Situation, die ausgestreckte Rechte des Vaters und die passiv gekreuzten Hände des Sohnes die monologische Lehre. Deutliche strukturelle Anklänge an Lehrgespräche finden sich in den das Fortschreiten einer Argumentation betonenden bzw. den Charakter einer Argumentation evozierenden Weiterlei-

Lehrgespräch

S1

52 IV. Gottfrieds (?) Lyrik tungsfloskeln in den Strophenanfängen des Blocks VI-IX (,Nun will ich er­ klären', ,Jetzt will ich noch besser belehren' usw.). Der lyrische Charakter im oben erläuterten Sinn ergibt sich aus reflektorischen und emotionalen Elementen; reflektorisch ist die Entwicklung komplexerer Gedankengänge, emotionalisierend insbesondere die Darstellung der negativen Folgen reli­ giösen Fehlverhaltens. Als Lied ausgewiesen wird der Text durch seine stro­ phische Gliederung. Anders als beim Marieniob haben sich hier in der Überlieferung auch keine Verluste im Versbestand ergeben: Alle 13 Stro­ phen zeigen 7 Verse; auf vier kreuzweise gereimte Verse folgt jeweils ein Dreireim (ab ab ccc). Schon vom Reimbau her haben wir es also wieder mit einer Stollenstrophe zu tun, und auch die Metrik verändert sich im Abge­ sang. Der Aufbau ist relativ einfach, die Schlichtheit themenadäquat und funktional, weil sie insbesondere bei auditiver Rezeption das Verständnis er­ leichtert. Das korrespondiert der überschaubaren syntaktischen Gliederung. Es gibt keine Strophenenjambements; die Aussage jeder Strophe ist vom Satzbau her klar konturiert. Der Autor setzt jedoch nicht auf Zeilenstil, Asyndeta oder bloße Parataxe - nur bleiben eben die Bindungen und hypo­ taktischen Fügungen im Verlauf einer Strophe stets nachvollziehbar. Sünden-und

Erkennbar ist, dass der Autor/Sprecher nicht nur eine mit Bibelzitaten ab­

Tugendlehre

gesicherte Armutslehre liefert, sondern auch eine Sünden- und Tugendlehre entwickelt: Aus Reichtum entsteht Hoffart (VI, elaboriert wieder aufgenom­ men in XI). Hoffart entspricht der superbia, der nach der heilsgeschichtli­ chen Chronologie ersten (Luzifer hat sich gegen Gott erhoben) und auch schlimmsten der sieben Todsünden - sie generiert weitere Sünden. Wer dem Reichtum nachjagt (V), ist der Todsünde der avaritia (Habgier) verfal­ len; Reichtum ermöglicht aber auch ein angenehmes Leben mit "Frauen, Wein und leckere[m] Essen" (VI). Das Thema ,Frauen' führt zur Todsünde der luxuria (Wollust), Übermaß im Essen und Trinken entspricht derjenigen der gula (Völlerei). Die Lehre ist strikt dualistisch - es gibt nur ein Entweder­ Oder. In IV wird das am Beispiel Marias expliziert; X fordert zu einer kom­ promisslosen Wahl zwischen diesseitigem und jenseitigem Leid bzw. dies­ seitiger und jenseitiger Freude auf; das Ergebnis der Wahl impliziert im je­ weils anderen Bereich das Gegenteil. Der Sündenlehre gegenübergestellt wird in XII ein Tugendkatalog: ,Reinheit im Geist', ,Keuschheit des Her­ zens', ,barmherzige Freigebigkeit', ,Demut' und ,Geduld gegenüber allen Menschen'. Das entspricht nicht dem in der christlichen Lehre existierenden Katalog von sieben Tugenden, bestehend aus den drei ,theologischen' Tu­ genden Glaube, Hoffnung, Liebe (nach 1 Kor 13,13) und den vier Kardinal­ tugenden Weisheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit, Mäßigung (nach Ambrosius von Mailand, 4. Jh., aber mit antiken Vorläufern); diese Heptade wird in der Auslegung als positive Entsprechung zu den sieben Todsünden dargestellt. Es gibt aber noch andere Tugendsysteme, und auch diese werden in der Theologie oft in Beziehung zueinander gesetzt. Freigebigkeit und Geduld führen etwa zu den sieben geistlichen Werken der Barmherzigkeit (Unwis­ sende belehren, Zweifelnde beraten, Trauernde trösten, Sünder zurechtwei­ sen, Beleidigern verzeihen, Lästige geduldig ertragen, für Verstorbene und Lebende beten.) und den sieben weltlichen (Hungrige speisen, Obdachlo­ sen Unterkunft geben, Nackte kleiden, Kranke besuchen, Gefangene besu­ chen, Kranke trösten, Tote begraben, Almosen geben). Dabei könnte Ge-

4. Textanalytische Ansätze

duld dann noch als positives Pendant zur Todsünde der ira (Zorn) aufgefasst werden. Die in XII genannten Tugenden sind also soziale, aber vor allem solche, die sich auf eine Einstellung/Haltung des Einzelnen beziehen. Soziale Implikationen hinsichtlich eines christlichen Kollektivs ergeben sich jedoch direkt und indirekt an anderen Stellen: Aus Reichtum resultiert die Vernachlässigung guter Werke (IX), und eine andere Gefahr des Reichtums liegt darin, dass die ihm Verfallenen ihre Sündhaftigkeit, wenn sie alt sind, an die nächste Generation durch ein schlechtes Vorbild weitergeben (XIII). Dieser Gedanke setzt dadurch, dass er in der letzten Strophe artikuliert wird, einen besonderen Akzent, und auch hier könnte sich wieder die Frage nach dem Zielpublikum stellen. Dann wechselt die Perspektive wieder von den jungen zu den Alten: Durch die ,Weitervererbung' der Hoffart sind auch Letztere bis zum Lebensende hoffärtig und sterben somit im Zustand der Sündhaftigkeit. Die Gnade, die im schlussgebetartigen, aber nicht in direkter Anrede an Gott adressierten letzten Vers vns allen gewünscht wird (XIII, 7), lässt sich nicht auf diese Alten beziehen; denn wer im Zustand einer Todsünde stirbt, ist der ewigen Verdammnis verfallen. Gemeint sein kann nur die Gnade, rechtzeitig zur Erkenntnis zu gelangen. Das Thema des Lebensalters kommt noch an einer anderen Stelle zur Geltung: Zu den negativen Folgen der Liebe zum Reichtum gehört es, dass das rationale Denken beeinträchtigt wird (VII, 7); und dieser Aspekt wird besonders durch die These betont, dass ,selbst grauhaarige Alte sich wie Toren aufführen', indem sie nämlich die Pflicht zu guten Werken vernachlässigen (IX), mithin von ihrer altersgemäßen Lebenserfahrung keinen Gebrauch machen. Synonym zu tor ist auch das in VII, 3 verwendete govch. Das ist Vorklang eines Narrenkonzepts, das Ende des 15. jhs. von Sebastian Brant differenzierter im

Narrenschiff entwickelt wird: Ein Narr ist nicht mehr jemand, der einen im pathologischen Sinn unzulänglichen Verstand besitzt, sondern jemand, der noch nicht richtig belehrt worden ist. Entsprechend sind Sünden dann nicht Folge von Bosheit, sondern von mangelnder Aufgeklärtheit. Eine solche Aufklärung wird im Lied geliefert, indem die verschiedensten Aspekte positiver Armut und negativen Reichtums vorgestellt und erläutert werden. Man hat es also nicht mit abstrakten und systematischen theologischen Erläuterungen zu tun, sondern mit einer ,lebenspraktischen' Katechese. Dazu passt die als persönlich insinuierte Redesituation: Ein Ich wendet sich mit seiner Lehre an ein immer wieder als kint angesprochenes ,Du'. kint ist im Lied von

der Armut nicht altersbezogen zu verstehen, sondern im Sinn von ,geistlichem Kind', weshalb man für den Belehrenden die Rolle eines Geistlichen annehmen kann. Ein klerikaler Verfasser des Liedes muss deswegen nicht vorausgesetzt werden: Inhaltlich präsentiert das Lied eher religiöses Basiswissen, über das seit dem letzten Drittel des 12. jhs. auch gebildetere Laien verfügen. Vielleicht spricht die mangelnde Systematik sogar gegen einen klerikalen Verfasser: So werden etwa nach kaum durchschaubaren Maßstäben nur fünf der sieben Todsünden evoziert (bis auf Hoffart aber nicht benannt). Es fehlen invidia (Neid) und accedia (Trägheit) - bei beiden hätte sich ein thematischer Bezug leicht herstellen lassen. Die Vernachlässigung guter Werke wird in IX nicht auf Trägheit zurückgeführt, sondern auf geistige Defizienz. Der Verfasser greift nicht ungeschickt, jedoch letzten Endes eklektizistisch nur auf die theologischen Details zurück, die er im jeweili-

,Narrheit'

S3

54 IV. Gottfrieds (?) Lyrik gen Argumentationszusammenhang benötigt. Auffällig ist im Zusammen­ hang mit sozialen Aspekten eine Stelle in VII, 4: Hoffart führt nicht nur zu religiösem Fehlverhalten, sondern auch zur Unfähigkeit, anderen Ehrerbie­ tung zu erweisen, was auf Statuskonflikte innerhalb von Führungsschichten anspielen könnte, allerdings nicht muss: niemanne dehein ere erbieten be­ deutet unter religiösem Aspekt auch, dass die Fähigkeit verloren gegangen ist, Gott oder den in seinem Namen agierenden Klerus zu ehren. Immerhin jedoch steht der Vers noch im Kontext der vorangehenden Äußerung, dass Besitz sowohl in Bezug auf Gott als auch im Umgang mit Menschen schäd­ lich ist.

V. Gottfrieds Tristan 1. Handlungsüberblick 245ff. Nach dem P rolog wird zunächst die Geschichte Riwalins von Par-

Vorgeschichte

menie und Blanscheflurs, Schwester König Markes von Cornwall und England, erzählt; sie sind Tristans Eltern. Riwalin lernt Blanscheflur auf einem Fest am Hof Markes kennen. Beide verlieben sich. Bei einem Kampf wird Riwalin schwer verwundet. Blanscheflur begibt sich heimlich an sein Krankenlager; sie wird bei der ,Begegnung' schwanger, er gesundet. Als Riwalin wieder in einen Kampf ziehen muss, nimmt er Blanscheflur auf deren Bitten hin mit: Sie befürchtet den Zorn ihres Bruders, wenn dieser von ihrer Schwangerschaft erfährt. Auf Anraten seines Marschalls Rual heiratet Riwalin Blanscheflur. Er fällt im Kampf; der Schock löst bei Blanscheflur die Geburt aus, bei der sie stirbt. - 1751ff. Rual und seine Frau Floraete geben das Kind als ihr eigenes aus, um es vor Nachstellungen zu schützen. Tristan erhält eine Erziehung, die nicht nur kriegerische und höfisch-adlige Fertigkeiten umfasst, sondern auch Lesen, Schreiben, Fremdsprachenkenntnisse. Bevor er 14 wird, lässt Rual ihn sein Land durchreisen, um ihn auf seine Herrschaft vorzubereiten. - 2149ff. In Parmenie landet ein norwegisches Kauf-

Tristans Entführung

mannsschiff. Tristan erregt durch seine Kenntnisse die Aufmerksamkeit der Kaufleute; während er mit einem von ihnen Schach spielt, segelt das Schiff ab: Man plant, Tristan zu entführen und Geld mit ihm zu verdienen. Ein aufkommender Sturm wird als göttliche Strafe ausgelegt; man setzt Tristan wieder an Land (wie sich herausstellt: an der Küste von Cornwall, Reich von Tristans Oheim - Mutterbruder - Marke). Gegenüber P ilgern und dann einer Jagdgesellschaft gibt Tristan sich vorsichtshalber als Kaufmannssohn aus. Mit seinen jagdkundlichen Fähigkeiten erregt er Erstaunen; man bringt ihn an den Hof, wo Marke ihn zum

jegermeister ( 3370) macht.

Der ganze Hof

ist von seiner Schönheit, Bildung, höfischen Aufführungsweise und seinen musikalischen Fähigkeiten beeindruckt. - 3757ff. In der Zwischenzeit hat Rual in vielen Ländern nach Tristan gesucht. In Cornwall findet er ihn. Tristans Inkognito wird gelüftet; Rual berichtet von Tristans Herkunft, die diesem selbst bisher noch nicht bekannt war. Marke schlägt Tristan zum Ritter und stellt ihm in Aussicht, sein Nachfolger als König zu werden. 5172ff. Tristan segelt mit Rual nach Parmenie, erschlägt Herzog Morgan, als dieser sich weigert, ihn mit dem väterlichen Erbe zu belehnen, und übergibt die Herrschaft über das Land an Rual. Danach macht er sich wieder zu Marke auf. - 5868ff. In Cornwall erfährt er, dass Morold, Schwager des iri-

Der Morold-Kampf

schen Königs Gurmun, gekommen ist, um für diesen Tribut einzutreiben. Tristan fordert zum Widerstand auf; aber alle haben Angst vor Morold. Da übernimmt Tristan es, gegen Morold anzutreten. Er tötet Morold; ein Stück von Tristans Schwert bleibt in der Wunde zurück. Auch Tristan hat durch das vergiftete Schwert seines Gegners eine Wunde erlitten, die nur Morolds

Erste Fahrt

Schwester Isolde, Frau Gurmuns und Mutter Isoldes, heilen kann. In Beglei-

nach Irland

56 v. Gottfrieds Tristan tung von sieben Männern, darunter Kurvenals, seines ehemaligen Erziehers und späteren Vertrauten, macht Tristan sich nach Irland auf. Vor der Küste bei Develin schickt er seine Begleiter mit dem Schiff zurück, setzt sich mit einer Harfe und etwas Proviant in ein Boot und lässt sich treiben. 7507ff. Als man von Develin aus das Boot sieht, schickt man ein Schiff. Aus dem Boot tönen Harfenspiel und Gesang, wie man sie noch nie gehört hat. Tristan gibt sich als Kaufmann und ehemaliger Spielmann Tantris aus; er sei von Seeräubern überfallen und verwundet worden. Man bringt ihn an Land, wo er auch andere mit seinem Spiel und seinen Fremdsprachenkenntnissen beeindruckt. Nachrichten über den ,Spielmann' gelangen an den irischen Königshof; Königin Isolde verspricht, ihn zu heilen, wenn er ihre Tochter unterrichte. Tristan sagt zu. Später bittet er unter dem Vorwand, seine Ehe­ frau aufsuchen zu müssen, darum, Abschied nehmen zu dürfen; er erhält Zurück am

die Erlaubnis und wird reich beschenkt. - 8226ff. An Markes Hof freut man

Marke-Hof

sich über Rückkehr und Heilung; Tristan berichtet von der Schönheit der Königstochter Isolde. Erstmals artikulieren sich Neider; es entsteht das Ge­ rücht, Tristan habe seine Erfolge Zauberei zu verdanken. Man überredet Marke, Isolde zu heiraten, um einen Erben zu bekommen - das würde die Herrschaftsübernahme durch Tristan verhindern. Marke selbst lehnt zu­ nächst ab, beruft aber dann einen Hofrat ein. Bei den Argumenten für eine Heirat mit Isolde spielt auch eine Rolle, dass dadurch Frieden zwischen Ir­ land und Cornwall gestiftet werden könnte. Als Werber wird Tristan vorge­ schlagen. Tristan erklärt sich zur Werbung bereit, besteht aber auf Beglei­

Zweite Irland-Fahrt

tung durch 20 von Markes Fürsten. - 8679ff. Tristan lässt nach der Über­ fahrt weit vor dem Hafen ankern und weist seine Begleitung an, sich nicht an Deck sehen zu lassen. Müsse man länger als vier Tage auf ihn warten, solle man ohne ihn zurückkehren. In Begleitung Kurvenals fährt er mit einem Boot in den Hafen ein, wo er schon von Truppen erwartet wird. Die­ se haben den Auftrag, bei Ankömmlingen festzustellen, ob sie aus Markes Reich kommen. Tristan gibt sich als Kaufmann aus der Normandie aus, der durch einen Sturm von seiner Begleitung getrennt worden sei. Er bietet Ge­

Der Drachenkampf

schenke und Warenzoll an, woraufhin man ihm freies Geleit gewährt. In Irland haust ein Drache, der dem Land schweren Schaden zufügt; König Gurmun hat demjenigen, der diesen Drachen tötet, seine Tochter Isolde ver­ sprochen. Darauf hatte Tristan, wie man jetzt erfährt, vor der Abreise seinen Plan aufgebaut. Er bricht auf, um den Drachen zu suchen. Unterwegs beob­ achtet er eine fliehende Gruppe und schließt daraus, dass der Drache in der Nähe sein muss. Bei der Gruppe befindet sich der Truchsess des Königs, ein notorischer Prahlhans und Feigling, der schon immer versucht hat, sich Isol­ de geneigt zu machen. Tristan findet den Drachen, tötet ihn, schneidet ihm die Zunge heraus und schiebt sie unter seine Rüstung. Von den Ausdünstun­ gen der Zunge wird er ohnmächtig. Durch das Gebrüll des sterbenden Drachens aufmerksam geworden, kommt auch der Truchsess und findet das Tier. Er zerbricht seine Lanze und steckt die Spitze in die Kehle des Dra­ chens. Dann reitet er in die Königsresidenz Weisefort zurück, gibt sich als Drachentöter aus und verlangt Isolde. Zur Regelung seines Anspruchs wird eine Verhandlung anberaumt. Isolde ist unglücklich und will sich lieber töten, als den Truchsess zu heiraten. Ihre Mutter verspricht ihr, die Ehe zu verhindern. Durch magische Praktiken führt die Mutter einen Traum herbei,

1. Handlungsüberblick 57

der ihr enthüllt, dass der Truchsess nicht der Drachentöter war. Die beiden Isoiden, der Knappe Paranis und Brangaene, Hofdame und Verwandte der Königin, brechen auf, um den Drachen zu suchen. Die Tochter findet den ohnmächtigen Tristan; beim Lösen seiner Rüstung entdeckt man die Zunge. Die Königin appliziert Tristan eine Arznei; er erwacht und wird als Spiel­ mann Tantris erkannt, als der er sich bei seinem ersten Irlandaufenthalt aus­ gegeben hatte. Heimlich bringt man ihn in die Residenz; am nächsten Mor­ gen erklärt er mit einer weiteren erfundenen Geschichte seine Anwesenheit: Er habe als Kaufmann in Irland Geschäfte machen wollen und den Drachen erschlagen, um sich Frieden und Schutz zu sichern. Beides wird ihm zuge­ sagt. - 9699ff. Auf dem Gerichtstag trägt der Truchsess seinen Anspruch vor. Die Königin will den wahren Drachentöter präsentieren; der Truchsess äußert, wer das zu sein behaupte, müsse mit ihm im Zweikampf sein Recht unter Beweis stellen. Daraufhin wird die Verhandlung vertagt. - 9983ff.

Isolde entdeckt

Isolde betrachtet häufig Tristan und bedauert, dass ein Mann von solcher

Tristans Identität

Schönheit und solchem Auftreten kein Adliger ist. Als Paranis Tristans Waffen herrichtet, nimmt Isolde das Schwert in die Hand - und bemerkt das fehlende Stück. Ihr Verdacht bestätigt sich, als sie das Stück aus Morolds Wunde, das man aufbewahrt hat, einpasst, über die Silben tan und tris reflektiert und sie neu kombiniert: Tantris ist Tristan. Im Affekt will sie Tristan erschlagen. Ihre Mutter, die hinzukommt, hindert sie und wird von der Tochter aufgeklärt. Auch die Königin ist betroffen, betont aber, dass man auf Tristan angewiesen sei, um Isoldes Ehe mit dem Truchsess zu verhindern. Brangaene stimmt dem zu. Alle drei geben Tristan, der sie anschließend über den wahren Zweck seiner Reise, die Werbung für Marke, informiert, den Friedenskuss. Die Königin verspricht, sich bei Gurmun für eine Versöhnung einzusetzen. Dieser ist einverstanden und betont, dass der Wille seiner Frau als Blutsverwandter des getöteten Morold entscheidend sei. Tristan lässt Kurvenal die auf dem Schiff Wartenden über die glückliche Wendung unterrichten. - 10803ff. Die Gerichtsverhandlung wird fortgesetzt. Mit Hilfe der Zunge wird der Anspruch des Truchsessen widerlegt. Als er dennoch auf dem Zweikampf insistiert, kritisieren ihn selbst seine Freunde und Verwandten; widerwillig gibt er auf. Gurmun informiert seinen Hof über Tristans Identität und die Werbung um Isolde. Die Iren freuen sich über die nach einer Heirat gesicherte Versöhnung der beiden Reiche. Nach Regelung der Morgengabe und weiterer rechtlicher Details übergibt Gurmun Isolde in die Verantwortung Tristans - ihres ,Feindes', wie der Erzähler betont, denn sie hasst ihn immer noch. Auf Bitten Tristans entlässt Gurmun alle Menschen, die Cornwall und England den Iren als Tributleistung überantwortet hatten, in ihre Heimat. Dann bereitet man sich auf die Abreise vor. Isoldes Mutter stellt einen Trank her, den Brangaene nach der Hochzeit/nach der ersten sexuellen Vereinigung (Text unklar; s. jedoch 12438ff.) ihrer Tochter und Marke kredenzen soll. Sie ermahnt Brangaene, niemand anderen davon trinken zu lassen: Zwei Personen, die den Trank zu sich nehmen, werden sich, ohne sich dagegen wehren zu können, bis zum Tod gegenseitig mehr als alles andere lieben. Tristan, Isolde und ihre Begleitung segeln ab. 11536ff. Auf der Überfahrt besucht Tristan manchmallsolde in ihrer Kajüte, um sie zu trösten; sie ist traurig darüber, dass sie ihr Land und ihre Verwandten verlassen muss. Tristan nimmt sie in seine Arme, allerdings nur so, ,wie

Der Minnetrank

58 v. Gottfrieds Tristan ein Lehnsmann es mit seiner Herrin macht' (11561). Ihr ist das unange­ nehm, weil sie daran denkt, dass er ihren Oheim getötet hat. Bei einem Zwischenaufenthalt an Land lässt sich Tristan durch eine Zofe etwas zu trin­ ken bringen. Diese holt nichts ahnend den Minnetrank; Tristan bietet davon höflich zunächst Isolde an, die trinkt und das Glas dann an Tristan weiter­ reicht. Brangaene kommt hinzu, sieht, was geschehen ist, und bricht in hef­ tige Klagen aus. Tristan und Isolde spüren sofort die Wirkung; beide deuten ihre Gefühle aber noch nicht als Liebe. Als sie merken, was mit ihnen ge­ schehen ist, versuchen sie, sich zu wehren. Dann gestehen sie sich ihre Lie­ be. Bei der Weiterfahrt kommt es auf dem Schiff zur sexuellen Vereinigung, wozu ihnen Brangaene, die weiß, dass die beiden sonst an ihrer Sehnsucht sterben würden, mehrfach Gelegenheit verschafft. Aus Angst davor, dass Marke Isoldes verlorene Virginität bemerken könnte, überredet man Bran­ gaene, in der Hochzeitsnacht Isoldes Rolle zu spielen. Die Angekommenen werden prächtig empfangen. Marke bemerkt nicht, dass er mit Brangaene Isoldes Mordplan

schläft (in dOhte wlP alse wlP; ime was ein als ander 12666, 12669). -

12696ff. Isolde hat Angst davor, dass Brangaene sich in Marke verlieben und das Geheimnis ausplaudern könnte. Zwei knehte erhalten von ihr den Auftrag, Brangaene zu töten; als Beweis für den Vollzug sollen sie Brangae­ nes Zunge mitbringen. Unter dem Vorwand, Brangaene möge im Wald Heilkräuter holen, schickt sie sie mit den Männern los. Als Brangaene merkt, was mit ihr geschehen soll, erzählt sie den beiden eine Geschichte, die auf der Oberfläche einen banalen Anlass für den Mordauftrag enthält, für Isolde jedoch, denen die Männer diese Geschichte erzählen sollen, un­ ter anderem eine Versicherung ihres Stillschweigens enthält. Aus Mitleid verschont man Brangaene und schneidet als fingierten ,Beweis' einem Jagd­ hund die Zunge ab. Als Isolde die Worte Brangaenes überbracht werden, beschimpft sie die ,Mörder' und bringt sie schließlich dazu, die Wahrheit zu sagen. Isolde ist froh, lässt Brangaene zu sich holen und versöhnt sich mit ihr. - 12935ff. Tristan und Isolde führen am Hof ihr Liebesverhältnis fort. Neben Lust und Freude tritt immer wieder Leid, wenn sie keine GeleDie Gandin-Episode

genheit finden, sich allein zu treffen. Eines Tages erscheint Gandin an Mar­ kes Hof, ein wegen seines Auftretens belächelter, wegen seines Aussehens bewunderter irischer Ritter. Er liebt Isolde schon lange und gewinnt sie nun durch eine List: Neugierig gemacht durch eine kleine Rotte (Saiteninstru­ mentl, die er immer auf dem Rücken trägt, bittet man ihn, darauf zu spielen. Gandin provoziert Marke zu einem Blankoversprechen: Wenn er spielt, soll er bekommen, was immer er sich wünscht. Sein Spiel findet Beifall - als Lohn verlangt er Isolde. Marke sträubt sich, wird aber von Gandin unter Hinweis auf das küneges reht (13228), das einen König an sein gegebenes Wort bindet, dazu gezwungen nachzugeben. Niemand wagt, Gandin Isolde gewaltsam fortzunehmen; er reitet mit ihr zum Strand, um auf sein Schiff zu warten. Tristan, der sich auf der Jagd befunden hatte, kehrt, nachdem er von dem Vorfall gehört hat, zurück und macht sich auf den Weg. Ohne Pferd und unbewaffnet, nur mit einer Harfe ausgestattet, begrüßt er Gandin, der vergeblich versucht, die weinende Isolde zu trösten, gibt sich als Ire aus und bittet, wieder in seine Heimat mitgenommen zu werden. Gandin will eine Kostprobe von Tristans Harfenspiel hören. Von dieser ist er so begeis­ tert - zumallsolde danach nicht mehr weint -, dass er mehr hören will.

1.

Handlungsüberblick S9

Wieder folgt Tristan seiner Bitte. Inzwischen ist aber die Strömung so stark geworden, dass man ohne ein großes Pferd nicht mehr das Fallreep des Schiffs erreichen kann, um an Bord zu gehen. Tristan verspricht dem ratlo­ sen Gandin, ein solches Pferd zu bringen, holt sein eigenes, hängt die Harfe auf den Rücken, setzt Isolde vor sich und reitet mit ihr weg. Den wütenden Gandin klärt er im Fortreiten auf: ,Was Ihr mit Eurer Rotte Marke listig ab­ genommen habt, das nehme ich Euch mit der Harfe weg. Ich bin Tristan.' (13414ff.) Wieder am Hof, tadelt Tristan Marke heftig und fordert ihn auf, in Zukunft besser auf Isolde aufzupassen (!). - 13451ff. Tristan hat engen Um-

Marjodo und Melot

gang mit Markes Truchsess Marjodo. Dieser träumt, dass ein Eber (Tristans Wappentier; s. 4942, 6614) in Markes Schlafgemach eindringt und das Bett mit seinem Schaum beschmutzt. Er wacht auf und will Tristan davon erzählen, der sich aber heimlich zu Isolde aufgemacht hat. Marjodo folgt Tristans Spuren, gelangt zu dem Zimmer, in dem dieser sich mit Isolde aufhält, und hört, was dort geschieht. Er spricht Tristan nicht auf den Vorfall an und legt ab jetzt ein distanziertes Verhalten an den Tag, was Tristan auffällt und ihn zu größerer Vorsicht bewegt. Marjodo berichtet Marke, dass man am Hof über ein mögliches Verhältnis zwischen Tristan und Isolde munkele, und fordert den König auf, dagegen etwas zu unternehmen. Marke schwankt zwischen Eifersucht und der Unlust, seinen leitestern Isolde (13657) zu verdächtigen, beobachtet jedoch ihr Verhalten genau. Es folgt eine Kette von Episoden, die jeweils von Bettgesprächen zwischen Marke und Isolde ausgehen; bei den ersten drei will Marke seine Frau aushorchen und auf die Probe stellen. Dabei spielt der Zwerg Melot eine Rolle, den Marjodo auf Isolde ansetzt: Melot ist ein Vertrauter Markes, darf auch die Kemenaten der Damen betreten und eignet sich daher als Spion bestens. Am Hof wird jetzt tatsächlich über das Liebespaar geredet. Gemeinsam ist den Episoden zunächst, dass es nie zu eindeutigen Beweisen kommt. So sieht es jedenfalls Marke, dessen gefühlsmäßige Zerrissenheit ein konstantes Motiv bleibt. Schließlich beruft er seinen Hofrat ein; als Zweck wird jedoch angegeben, Tristan und Isolde vom öffentlichen Verdacht zu befreien (15275f.). Man rät ihm, in Lunders ein Konzil einzuberufen, das sich mit der Angelegenheit befassen solle. Der Bischof von Thamise rät zunächst, Isolde selbst Stellung nehmen zu lassen. Sie erklärt, zu allem bereit zu sein, was ihre Unschuld beweisen könne. Daraufhin fordert Marke sie auf, sich einem Gottesurteil, dem Tragen eines glühenden Eisens, zu unterwerfen. Isolde ist einverstanden. - 13534ff. Isolde hat vor dem Gottesurteil Angst und wendet sich mit Gebeten um Hilfe an Gott. Dann arbeitet sie einen Plan aus, der erst im Verlauf der folgenden Handlung durchschaubar wird. Da die Wendung an Gott (15544ff.) und die Erwähnung der list (15550ff.) direkt aufeinander folgen, lässt sich der Plan, der später auch gelingt, als Produkt göttlicher Hilfe sehen. Isolde bittet Tristan, der mittlerweile vom Hof entfernt worden ist, in einem Brief, er möge nach Caerleon kommen, wo das Gottesurteil stattfinden soll. Verkleidet als Pilger und mit entstelltem Gesicht erscheint Tristan dort. Als Isolde mit dem Schiff landet, will sie sich von dem ,Pilger' an Land tragen lassen. Während Tristan sie auf den Armen hält, raunt sie ihm zu, er möge sich am Strand mit ihr fallen lassen. Das geschieht, und Isolde äußert gegenüber Marke und ihrer Begleitung wie zum Scherz, nun könne sie nicht mehr schwören, in niemandes außer Markes Armen gelegen zu haben. Vor

Konzil und Gottesurteil

60 v. Gottfrieds Tristan dem Gottesurteil verschenkt Isolde Silber, Gold, Schmuck, Pferde und Klei­ der, damit Gott ihrer waren schulde ... niht gedaehte/und si zlir Pren braeh­

te (15648ff.); dann nimmt sie an einer Messe teil. Die Reliquie, auf die sie schwören soll, wird gebracht; das Eisen liegt bereits im Feuer. Unter den An­ wesenden herrscht Uneinigkeit darüber, was genau Isolde schwören soll. Diejenigen, die ihren Nachteil wollen, möchten die Schwurformel genau vorschreiben. Isolde wendet sich an Marke, äußert, vor allem er müsse mit dem Wortlaut einverstanden sein, und legt einen ,Probeeid' ab: Sei Marke damit einverstanden, wenn sie schwöre (15707ff.), dass nie ein Mann ihren Leib ,kennen gelernt' habe und dass sie nie neben oder in den Armen eines lebenden Mannes gelegen habe außer in denen Markes und eben jenes Pil­ gers bei dem Vorfall, den alle hätten beobachten können? Wenn das nicht reiche, wolle sie den Schwur so verändern, wie Marke das wünsche. Marke aber ist einverstanden und fordert sie au( das glühende Eisen in die Hand zu nehmen. Sie macht dies, ohne sich zu verbrennen. Es folgt ein Erzähler­ kommentar (15733ff.; zu einer möglichen zeitgenössischen Aktualität im Der ,anpassungs­

Zusammenhang mit Diskussionen über Gottesurteile s. Kap. 111): ,Daran

fähige Gott'

zeigte sich deutlich, dass Gott in seiner Allmacht sich dem Wind anpasst wie ein Ärmel. Wenn man sich auf richtige Weise an ihn zu wenden ver­ steht, fügt er sich den Bitten, wie er es rechtens soll. Er ist allen Herzen will­ fährig - zu frommen und zu betrügerischen Zwecken. üb ernsthaft oder mit Hintersinn: Er ist immer so, wie man es haben will. Das wurde offenkundig an der gewitzten Königin: Ihre betrügerische List und ihr vergifteter Schwur, den sie auf Gott ablegte, retteten sie, so dass ihre Ehre unbeschädigt blieb.'

Petitcreiu

- 15765ff. Nach dem Gelingen des Plans verlässt Tristan den Hof wieder. Er zieht nach Swales zu Herzog Gilan. Als dieser Tristans Niedergeschlagen­ heit bemerkt, lässt er den kleinen Hund Petitcreiu bringen, den er von einer Fee erhalten hat. An dessen Hals hängt ein Glöckchen; sein Klang macht jeden sofort froh. Tristan plant, Petitcreiu Gilan abzugewinnen. Dabei macht er sich zunutze, dass Gilans Land durch den Riesen Urgan schwerer Schaden zugefügt wird. Tristan fragt Gilan, was es ihm wert sei, wenn er dieses Problem aus der Welt schaffe - und erhält auch ein Blankoverspre­ chen: Er werde bekommen, was immer er verlange. Nach schwerem Kampf besiegt er Urgan und verlangt Petitcreiu als Lohn. Gilan hält widerstrebend sein Versprechen, obwohl er ,außer Ehre und Leben' nichts so sehr liebt wie das Hündchen. Durch einen Spielmann lässt Tristan Petitcreiu Isolde brin­ gen. Diese schreibt Tristan einen Brief mit der Mitteilung, er solle an den Hof kommen; es sei ihr gelungen, ihm Marke wieder geneigt zu machen. Tristan folgt der Aufforderung. Ihrem Ehemann erzählt Isolde, sie habe den Hund von ihrer Mutter erhalten. Das Glöckchen jedoch hatte sie sofort vom Halsband entfernt, als sie seine Wirkung bemerkte: Sie will nicht weniger Kummer tragen als Tristan. - 16403ff. Tristan und Isolde werden am Hof wieder geehrt und geliebt. Sie sind sehr vorsichtig und gewinnen Glück al­ lein schon aus dem Willen, sich zu lieben. Trotzdem löst ihr Umgang mit­

Verbannung vom Hof, Leben in Wald und Minnegrotte

einander bei Marke wieder Misstrauen aus. Er teilt den beiden mit, dass er ihre Liebe respektiere, sie auch nicht bestrafen wolle, wie es ihm zustünde, verbannt sie aber vom Hof. Tristan und Isolde ziehen in die Wildnis zu einer Grotte, die Tristan bei früherer Gelegenheit auf der Jagd entdeckt hatte. Kur­ venal wird zurückgeschickt mit dem Auftrag zu erzählen, die beiden seien

1. Handlungsüberblick

nach Irland gefahren, und soll auch durch regelmäßige Nachrichten vom Hof sicherstellen, dass man nicht ohne Informationen bleibt. Die Grotte, die fossiure a la gent amant (16700), wurde vor Urzeiten von Riesen aus dem Fels gehauen und später, gesichert durch eherne Türen, wie andere sol­ cher Grotten Zufluchtsort für Liebende. In der Mitte steht ein Kristallbett, das in antiker Zeit der gotinne Minne (16723) geweiht war. Gottfried liefert eine extensive Beschreibung und Allegorese der Grotte, welche die Eigen­ schaften vollkommener Liebe darstellt. In der Wildnis führt das Paar ein na­ hezu ideales Leben, das der Liebe, dem gemeinsamen Spazieren und Musi­ zieren, dem Erzählen von Liebesgeschichten, der Jagd gewidmet ist - allem, was auch das höfische Leben kennzeichnet. Dazu passt das idyllische Am­ biente, der locus amoenus (die Artifizialität der Grotte, das Kulturell-Zivili­ satorische, und die Natur verbinden sich also bei der Gestaltung des Le­ bensraums). Die Abwesenheit von Menschen wird kompensiert durch einen ,Hofstaat', der aus Bäumen, Vögeln und anderen Tieren besteht, zu denen auch Tristans Jagdhund Hiudan gehört (nicht Petitcreiu, wie der Erzähler 16659 betont). Selbst die Jagd dient nur dem Vergnügen, nicht der Nah­ rungsversorgung: Man lebt von der Liebe und vermisst nichts - außer der Pre (16877), der öffentlichen gesellschaftlichen Anerkennung; dafür liefern Grotte und gemeinsame Idylle keinen Ersatz. - 17275ff. Währenddessen trauert Marke um seine Frau. Als bei einer Jagd sein jegermeistereinem wei­ ßen Hirsch nachspürt, entdeckt er die Grotte und erblickt durch eines der Fenster einen Mann und eine wunderschöne Frau, die er allerdings nicht er­ kennt. Er berichtet Marke von seiner Entdeckung; dieser macht sich selbst auf den Weg. Tristan und Isolde sind vorbereitet: Sie haben das Gebell der Jagdhunde gehört. Als Marke durch das Fenster schaut, sieht er Ehefrau und Neffen zwar auf dem Kristallbett liegen, aber einander abgewandt und zwi­ schen sich ein Schwert. Marke interpretiert das als Zeichen ihrer Unschuld, zumal der Anblick Isoldes erneut heftiges Verlangen in ihm geweckt hat. Er beruft seinen Hofrat ein, berichtet, was er gesehen hat, und fordert zu Stel­ lungnahmen auf. Der Hof merkt, was Marke sich wünscht, und gibt daher die taktische Empfehlung ab, Marke möge auf sein Herz hören, also Tristan und Isolde wieder zurückholen. Kurvenal wird als Bote losgeschickt. Nach ihrer Rückkehr bringt man den beiden große Achtung entgegen; aber Offenheit und freier Umgang miteinander gehen verloren (1771Of.). Marke bittet sie um vuoge (,passendes Benehmen', 17716) im Umgang miteinander und um das Unterlassen vertrauter Blicke und Gespräche; er ist mit dem neuen Zustand zufrieden, was dem Erzähler Anlass für einen Exkurs über die Blindheit der Liebe und die Nutzlosigkeit der huote (,Bewachung') von Ehefrauen gibt (17738-18114). Aus Sehnsucht gibt Isolde schließlich die Zurückhaltung auf und arrangiert ein Treffen. Dabei wird sie durch Zufall in flagranti von Marke ertappt; Marke entfernt sich, um Zeugen zu holen. Aus Sorge um Isolde nimmt Tristan von ihr Abschied, und als Marke wieder mit Mitgliedern seines Hofrats erscheint, findet man nur noch Isolde im Bett vor. Seine Räte tadeln Marke - er sei zu eifersüchtig, werde daher nie vröude (18388) finden und solle in Zukunft seine Ehre und die seiner Frau nicht mehr durch Vorwürfe gefährden. Marke geht, ohne etwas zu unternehmen. - 18405ff. Tristan versammelt sein Gefolge, verlässt zu Schiff Cornwall, reist in viele Länder und zeichnet sich in Deutschland (Almanje, 18445)

Wieder am Hof

61

62 v. Gottfrieds Tristan durch seine Tapferkeit aus. Isolde trauert ihm nach; nur der Gedanke daran, Tristan in Arundel; Isolde Weißhand

dass er lebt, lässt sie selbst weiterleben. Nach einigen weiteren Stationen kommt Tristan in das Herzogtum Arundel, das Krieg mit seinen Nachbarn führt. Tristan unterstützt erfolgreich den Herzog und freundet sich mit des­ sen Sohn Kaedin an. Dieser hat eine Schwester; ihre Schönheit und ihr Name - Isolde (Epitheton: ,mit den weißen Händen') - erinnern Tristan schmerzhaft an ,seine' Isolde. Seine Seufzer und Blicke wirken nach außen als Zeichen von Verliebtheit. Und tatsächlich schwankt Tristan bald zwi­ schen der Treue zu der ,irischen' Isolde und dem Wunsch, mit Isolde Weiß­ hand ein neues und nicht durch Schwierigkeiten eingeschränktes Glück zu finden. Diese zeigt sich aufgeschlossen, und ihr Bruder Kaedin fördert das­ vor allem aus politischem Kalkül, denn der Krieg ist noch nicht beendet. Gottfrieds Text endet mit Zweifeln Tristans an der Liebe der irischen Isolde­ schließlich habe sie nicht nach ihm suchen lassen. In den letzten drei Ver­ sen des erhaltenen Textes (19546-48) ändert sich diese Tendenz möglicher­ weise in eine Absage an die eigene Berechtigung, von ihr Liebe zu fordern: ,Ich mac (kann) von ihr nicht begehren, was mir auf dieser Welt vröude

unde vr6/fchez leben schenken würde.' Die Deutung hängt davon ab, was man als Grund für das ,Nicht-Können' vermutet: Kann er Isoldes Liebe nicht verlangen, weil sie ihn seiner Ansicht nach nicht (mehr) liebt - oder weil er glaubt, nichts verlangen zu dürfen, was Recht und Moral widerspricht und damit Isolde überfordern würde? Der nicht

Ein Ende der Geschichte I iefern vollständige Tristan-Epen, fragmentari-

überlieferte Schluss

sche Texte, die den Schlussteil enthalten, und die deutschen Fortsetzungen (s. Kap. VI). Ob es das Ende ist, das man auch bei Gottfried vorfinden wür­ de, wenn er seinen Tristan beendet hätte, ist in Bezug auf den Handlungs­ kern sicher anzunehmen: Zwar ist das mittelalterliche Publikum in Bezug auf Stofftreue weniger konservativ, als oft angenommen; aber dass bei der Bekanntheit des Plots auch bei Gottfrieds Publikum der Autor gewagt hätte, diesem etwa ein Happyend zuzumuten, ist mehr als unwahrscheinlich. Ebenso wenig ist allerdings anzunehmen, dass der Autor in der Gestaltung von Details und bei Akzentsetzungen mit Vorlagen weniger frei umgegan­ gen wäre, als er dies in den erhaltenen Teilen seines Werks macht. Bei der folgenden Zusammenfassung gehe ich nicht auf Unterschiede zwischen den einzelnen Überlieferungsträgern ein, sondern beschränke mich auf die Handlungsstationen, die die Brücke zum Ende der Geschichte schlagen: Tristan heiratet trotz aller Bedenken Isolde Weißhand. Ein sexueller Voll­ zug der Ehe unterbleibt jedoch, wofür Tristan Ausreden anführt, die bei Isol­ de auf teils mehr, teils weniger Verständnis stoßen. Die Nachricht von der Heirat gelangt auch an Markes Hof, wohin Tristan sich inkognito begibt. Zu­ rückgekehrt, wird Tristan in einem Kampf verwundet; kein Arzt kann ihm helfen. Er bittet Kaedin, die irische Isolde aus Cornwall zu holen, von der er sich Heilung verspricht (die Tochter übernimmt also die Rolle der Mutter bei der ersten Heilung, nur dass es diesmal nicht um eine medizinische Be­ handlung geht, sondern um Heilung durch Liebe - oder zumindest ein letz­ tes Sehen der Geliebten vor dem Tod). Als Zeichen dafür, dass Kaedin Tris­ tans Geliebte mitbringt, soll sein Schiff weiße Segel setzen, ansonsten schwarze. Das Gespräch mit Kaedin wird von Isolde Weißhand belauscht, die rasend eifersüchtig wird, ihre Kenntnis des Sachverhalts aber vor Tristan

1. Handlungsüberblick

verbirgt. Die irische Isolde macht sich mit Kaedin auf die Reise. Als das

Tristans und Isoldes

Schiff zu sehen ist und Tristan Isolde Weißhand nach der Segelfarbe fragt,

Tod

ist ihre Antwort: ,Schwarz'. Tristan stirbt. Als die irische Isolde ankommt und von seinem Tod hört, begibt sie sich an den Ort seiner Aufbahrung, um­ armt und küsst den Leichnam und haucht ebenfalls ihr Leben aus (damit en­ det das letzte Thomas-Fragment). Marke beklagt, nachdem er von den Vor­ gängen erfahren hat, den Tod der beiden und sorgt für eine gemeinsame Be­ stattung.

2. Der Tristan-Stoff und

seine Literarisierungen im Mittelalter Den Kern des Tristan-Stoffes bildet eine tödlich endende Liebesbeziehung

Stoffkern

zwischen einem Mann und einer Frau, die mit einem anderen Mann verhei­ ratet ist; gebunden wird dieser Kern erzählerisch an eine bestimmte Schau­ platzgeographie und an Personen, die durch ihre Namen in der Überliefe­ rung distinkt werden. Bei der I iterarischen Gestaltung des Tristan-Stoffs und den genetischen Verbindungen zwischen einzelnen Texten kann man zeit­ lich bis zu Gottfrieds Text grob drei Ebenen bzw. Schichten unterscheiden:

1. Gottfrieds Text leitet sich hauptsächlich von einer unter mehreren frz. Fas­ sungen her, die der Autor im Prolog nicht, wie z. T. zu lesen, als Quelle an­ gibt, aber als heuristisches Mittel, um die ,wahre Quelle' zu finden (s. u.)­ vom Tristan-Epos des Thomas (Tumas, Thomas d'Angleterre, Thomas de Bretagne); daneben wurde punktuell ein deutscher Text benutzt, Eilharts von Oberge Tristrant (um 1170?). Die genaue frz. Vorlage Eilharts ist nicht feststellbar; Einflüsse Thomas' (Text entst. um 1170, Fragmente von 6 Hss. Ende 1 2. bis 2. H. 13. Jh.) und eines Berol (Berol, Beroul, um 1180, 1 fragm. Hs., 13. Jh.) sind zu erkennen, aber auch hier muss direkte Vorlage ein anderer, nicht erhaltener Text gewesen sein. 2. Die Ebene vor Berol, Thomas, Eilhart und Gottfried wird besetzt von eben diesem nicht erhaltenen Text bzw. verschiedenen, aber ebenfalls nur in ihrer prinzipiellen Existenz wahrscheinlich zu machenden Texten (sog. ,Estoire'-Stufe - nach Berols Apostrophierung seiner Quelle als estoire). Vor dieser Überlieferungsebene lassen sich keine Texte mehr nachweisen, die den gesamten Tristan-Stoff präsentieren.

3. Entsprechend sind Texte, die einzelne Handlungszüge, Motive oder Na­ men enthalten, hinsichtlich ihres Einflusses kaum einzuschätzen. Am ehesten lässt sich ein Zusammenhang mit sog. ,Episodengedichten' ver­ muten, d. h. Texten geringeren Umfangs, die entweder einzelne Hand­ lungszüge erzählen, welche auch Bestandteile der verschiedenen Tristan­ Romane sind, oder die aus dem dort enthaltenen Material neue Handlun­ gen konstruieren, die nur auf dem Hintergrund der Vollfassungen ver­ ständlich sind (Maries de France Chievrefoi/; anon. Geschichten von Tristan als Narr, als Mönch, als Spielmann). Völlig unsicher sind Einflüsse griechischer, byzantinischer, indischer, chinesischer Texte, die Stoffähn­ lichkeiten aufweisen. Der o. a. Handlungs- und Problemkern des Tristan, das ,Liebesdreieck', ist nicht so speziell und einzigartig, dass inhaltlich

Drei Bearbeitungs­ ebenen

63

64 v. Gottfrieds Tristan Verwandtes ohne weitere Indizien für eine Beeinflussung in Anspruch ge­ nommen werden könnte. Und was im Ganzen gilt, gilt auch für EinzeImo­ tive wie gefälschte Gottesurteile, Unterschieben einer Frau in der Hoch­ zeitsnacht, Kämpfe mit Drachen: Dergleichen ist zu häufig, um Texte in ein genetisches Verhältnis zu den Romanen setzen zu können. Die Dekla­ rierung als ,Wandermotive' löst das Problem nicht - die Frage wäre immer, auf welchen Wegen eine Wanderung stattgefunden haben könnte, um in direkte Vorstufen der Romane zu gelangen. Die in der Nachfolge des phi­ lologischen Positivismus stehende Fixierung auf eine Monogenese ist nicht mehr haltbar; prinzipiell ist immer mit Polygenese ähnlicher Phäno­ mene zu rechnen, deren einzelne Ausprägungen unabhängig voneinander erfolgt sein können. Überhaupt nichts mit der Stoff-Geschichte zu tun ha­ ben müssen überlieferte Namensformen, die mögliche Vorstufen von Namen der Protagonisten der Romane sind: piktisches Orust, kornisches Orvstans, Marcus in einer mlat. Heiligenvita. Solche Namen beweisen

nur, dass die späteren Verfasser der verschiedenen Tristan-Texte Namen von Protagonisten nicht erfunden haben. - Insgesamt existieren mehr als

150 (oft allerdings fragmentarische) Überlieferungsträger aus verschiede­ nen europäischen Literaturen. Erwähnt wird Tristan-Stoff nicht nur in der Epik, sondern auch in Form von Anspielungen in der mittelalterlichen dt. und frz. Lyrik. Umstritten ist, in welchem Ausmaß die frz. Fassungen auf inselkeltische (also im Bereich von ,Großbritannien' - im Unterschied zum ,kleinen' Britannien, der frz. Bretagne - beheimatete), evtl. sogar vor­ christliche Texte zurückgehen; für Namen und Handlungszüge ist das plausibel zu machen; die schriftlich erhaltenen keltischen Texte sind aber durchweg später überliefert als die höfischen frz. Fassungen. Weiterleben des

Der Tristan-Stoff lebt auch in der Neuzeit weiter; je mehr man zeitlich fort-

Stoffs in der Neuzeit

schreitet, desto unklarer werden jedoch Bezüge zu konkreten Fassungen. Der Stoff als solcher ist mittlerweile international geworden. Er öffnet sich damit einem eklektizistischen Gebrauch mit Vorlagenmischungen, Auslas­ sungen, Hinzudichtungen, Umakzentuierungen (was natürlich kein Anlass für Kritik sein kann, auch wenn Puristen sich darüber nicht selten mokieren: eklektizistisch und kontaminierend ist ja etwa auch der hoch gefeierte Wag­ ner mit dem Stoff verfahren). Und natürlich lassen sich postmoderne literari­ sche Spiele mit diesem Stoff und Umdeutungen konstatieren. So resultiert in John Updikes Brazil (1994) mit den Protagonisten Tristao und Isabel der Konflikt aus dem sozialen Gegensatz der Protagonisten; Kontrolle über Isa­ bel übt kein Gatte aus, sondern der Vater; die Ermordung Tristaos führt zu einer Mischung mit dem Romeo und Julia-Stoff. Fassungen mit literarischem Anspruch steht Populäreres gegenüber, wobei es auch zum Medienwechsel kommt (Verfilmungen, Comics, Fantasy-Literatur, Kinder- und Jugendbuch). Oft ist der Gebrauch von Namen nur noch eine Sigle mit vagem Verweis­ charakter (vgl. die 1969 gegr. norwegische Gothic-Metal-Band "Tristania"). Umgekehrt gilt dies auch, wenn literarische Texte, die genetisch nichts mit dem Tristan-Stoff zu tun haben, stofflich in dessen Nähe gebracht werden. Das ist etwa der Fall bei U. Müller 1988, der zur inhaltlichen Charakterisie­ rung von Romanen der indischen Autoren Raja Rajo und Vasant A. Shahane auf die Markierungen ,Tristan', ,Parsifal' und ,Faust' zurückgreift.

2.

Der Tristan-Stoff 6S

3. Gottfrieds Umgang mit dem Stoff Im Prolog (131ff.) setzt Gottfried sich, was zu seiner Zeit nicht singulär, aber auch nicht die Regel ist, mit dem Quellenproblem auseinander. Auch

Gottfrieds Quellenkritik

später geht er kritisch auf andere Fassungen ein, z. B. 8601ff., 14241ff., 16909ff. Und 12651ff. könnte von der Kritik möglicherweise sogar Thomas betroffen sein: Denn dass von dem Minnetrank etwas übrig geblieben sei (was die auf Thomas fußende

Tristrams saga berichtet), deklariert Gottfrieds

Erzähler als unwahr - Brangaene habe den Rest ins Meer geschüttet. Gott­ fried spricht von ,vielen', die bereits von Tristan

gelesen (mhd. lesen auch

=

,vorlesen', ,erzählen') hätten, billigt seinen Vorgängern Qualität und beste

niht reh­ te erzählt; als diese Ausnahme wird Thomas genannt. Dieser sei für ihn An­ lass gewesen, nach der ,Ur-Quelle' zu suchen. Nach Recherchen in wal­ schen (italienischen? französischen?) und lateinischen Büchern habe er in einem Buch den Beweis für die Richtigkeit der Thomasschen Darstellung gefunden. Was Gottfried hier beschreibt, ist der Prozess der inventio, der Findung eines Stoffes, den die Rhetoriken als den ersten Arbeitsschritt bei

Absicht zu, meint aber dennoch, sie hätten bis auf eine Ausnahme

der Abfassung eines Textes fordern. Die Betonung, dass eine ambitionierte

inventio stattgefunden habe, muss man nicht für bare Münze nehmen - vo­ rauszusetzen wäre erst einmal eine Zugänglichkeit der genannten Bücher.

Prologfunktionen

Die Funktion der Stelle liegt eher darin, das Publikum im Sinn der traditio­

attentus, benevolens gegenüber Text und Autor so­ docilis zu machen und die Quelle, auf die Gottfried sich dann stützt, zu

nellen Prologfunktionen wie

rechtfertigen. Diese nun ist nach allem, was man ermitteln kann, tatsächlich eine Fassung des frz.

Tristan des Thomas. Dieser ist zwar nur fragmentarisch

überliefert, und 4 der 6 Fragmente überliefern vorwiegend Schlusspartien, zu denen es bei Gottfried nicht mehr gekommen ist. Überschneidungen bie­ ten nur gut 20 0 Verse: Ein Viertel davon entfällt auf das

Oxforder Fragment,

das aus der auch bei Gottfried behandelten zweiten ,Baumgartenepisode' stammt. Erst 1995 wurde im Kloster Holm Cultram nahe Carlisle (NW-Eng­ land, Gft. Cumbria) das nach letzterem benannte Carlisle-Fragment ent­

Das Carlisle­ Fragment

deckt, eingeklebt als Vorsatzblatt in ein lat. Urkundenregister; es enthält das gegenseitige Liebesgeständnis auf dem Meer, die Ankunft des Paares in Cornwall und die Schilderung der Hochzeitsnacht. Das ist natürlich eine arg schmale Vergleichsbasis. Aber immerhin bieten die beiden Fragmente bezüglich der Bearbeitungstendenzen ein ähnliches Bild: Gottfried folgt der

Bearbeitungs­ tendenzen

Struktur der Vorlage, erweitert die Darstellung und setzt z. T. andere Akzen­ te. Inwieweit man das hochrechnen kann, ist eine andere Frage, denn We­ sentliches ist ungeklärt und wird sich auch kaum klären lassen. Vor allem: Repräsentieren die Fragmente einen Thomas-Text, der Gottfrieds direkte Vorlage dargestellt hat? Auf der anderen Seite gilt: Der Struktur einer Vorla­ ge zu folgen, Umakzentuierungen vorzunehmen, zu erweitern, neue Ne­ benfiguren einzufügen - das sind

grundsätzliche Möglichkeiten der Bear­

beitung, die auch von anderen mittelalterlichen Autoren genutzt wurden. Und während bezüglich der Bedeutung des Carlisle-Fragments in der For­ schung derzeit noch überwiegend Euphorie herrscht, hat man in anderer Hinsicht gelernt, vorsichtiger zu sein: Auf Thomas fußen auch die altnord.

Tristrams saga

Tristrams saga eines Bruders Robert (einzige vollst. Fassung zeitgenössisch

Sir Tristrem

und

66

v. Gottfrieds Tristan

datiert auf 1226) und der mittelenglische oder schottische Sir Tristrem (spä­ tes 13. jh., Verf. Thomas [of Erceldoune?l; überliefert im Auchinleck Manu­

script von 1330/40). Aus diesen beiden Texten hat man hat bis in die 40er jahre des 20. jhs. einen vollständigen Thomas-Text zu rekonstruieren ver­ sucht und auf Basis dieses Konstrukts Vergleiche mit Gottfrieds Tristan ange­ stellt - heute ist man von solchen Experimenten wegen der bestreitbaren Axiomatik überwiegend abgekommen. Das Carlisle-Fragment dagegen bie­ tet nicht nur weitere Belege für eine gezielte Thomas-Rezeption Gottfrieds, sondern macht wegen einiger Abweichungen von Thomas auch Gottfrieds Kenntnis einer Fassung von Ei Iharts Tristrant wahrschein Iicher. Wesentlicher als vielleicht unvermeidbare Übereinstimmungen sind gezielte Abgrenzun­ gen Gottfrieds von Eilhart, dessen Namen er allerdings nicht erwähnt (viel­ leicht war der Tristrant zunächst anonym und wurde erst in der SpätüberlieGottfried und Eilhart

ferung Eilhart zugeschrieben). Unterschiede zu Eilhart betreffen vor allem die Darstellung der Wirkung des Minnetranks (Eilhart: begrenzt statt dauer­ haft), die Bewertung des Waldlebens in der Minnegrotten-Episode (Eilhart: armseliges Exil statt Idylle und Lustort; in der Hs. M von Gottfrieds Tristan ist die Episode stark gekürzt; s. Meyer 1996, 392), die Ablehnung bestimm­ ter Motive als zu ,fabulös'. Für Eilharts Gestaltungen gibt es jeweils Paralle­ len in anderen Texten. Die magische Wirkung des Minnetranks wird bei Gottfried möglicherweise relativiert, wenn man in der vorherigen Handlung Tendenzen zu einer Anbahnung der späteren Liebe sieht (wozu es in der Forschung Gegenmeinungen gibt), auf jeden Fall aber durch die Artikulation einer bewussten Akzeptanz der Wirkung des Tranks und durch den Fortfall der Vierjahresfrist für seine absolut zwingende Wirkung.

Der Erzähler

Der gegenüber der Vorlage und anderen Fassungen souveräne Umgang Gottfrieds mit dem traditionellen Stoff korrespondiert einer nicht weniger selbstbewussten Ausgestaltung der Erzählerfigur und - gemessen an der Tra­ dition - des Ausbaus narrativer Möglichkeiten und Techniken; beides hat in den letzten jahren, bedingt durch ein allgemein gesteigertes und narratolo­ gisch neu fundiertes Interesse, in der Forschung schon deutliche Spuren hin­ terlassen.

4. Strukturierungen Alle Strukturmodelle zum Gesamttext stehen unter dem Vorbehalt der Tatsa­ che, dass Gottfrieds Tristan Fragment geblieben ist. Erkennbar sind jedoch Strukturierungselemente verschiedener Kategorien und auf mehreren Ebe­ nen. jeder Gliederungsversuch ist bereits Interpretation; schon im 15. jh. wurden in einigen Hss. durch Zwischenüberschriften und registerartige Bei­ gaben solche Versuche vorgenommen. Die Ausgabe Bechsteins hat sich ohne Anschluss an die genannten mittelalterlichen Strukturierungen an Gliederungen versucht, die bei Golther und Krohn rezipiert wurden, die auch Sinn ergeben - aber eben diskutierbar bleiben. Es lassen sich aufgrund ihres inhaltlichen Gewichts in jedem Fall ,Blöcke' herauslösen. Die Vorgeschichte

Auf der Makroebene ist zunächst vor allem die Vorgeschichte hervorzuheben. Sie hat eine doppelte Funktion: Zum einen platziert sie den P rotago­

Präfiguration

nisten Tristan genealogisch. Zum anderen setzt sie inhaltliche Akzente, da

4.Strukturierungen

sie sich mit der Tristan-Isolde-Handlung in Bezug auf das Liebe-Leid-Tod­ Thema zu einem präfigurativen Gefüge verbindet und damit für diese Hand­ lung ein Interpretationsmodell anbietet. Die Präfiguration (Typologie, Figuraldeutung) ist ein Interpretationsmodell, das aus der klerikalen Her­ meneutik stammt und zunächst auf das Verhältnis von Altem und Neuem Testament angewendet wurde. Deshalb gibt es in der Forschung ab und an Vorbehalte gegen eine Übertragung der Termini auf entsprechende Verfah­ ren in weltlichen Texten; da die Deutungsmethode jedoch bereits von Kleri­ kern auch auf andere Ebenen übertragen wurde (s. u.), sollte man hier nicht puristisch sein - schließlich ist die reine Technik identisch. Man ging in der Bibelhermeneutik davon aus, dass wesentliche Inhalte des NT im AT ,vor­ gebildet', präfiguriert waren, dass also das heilsgeschichtlich Ältere auf das Jüngere verweist. Der von Moses gesehene brennende Dornbusch, der nicht verbrennt, verweist auf Maria, die Christus gebiert, aber Jungfrau bleibt, der von einem Fisch verschlungene Jonas, der wieder an Land gesetzt wird, auf den begrabenen und wieder auferstandenen Christus. Das AT liefert in den genannten und anderen Fällen jeweils eine figura, die den Typus für einen zeitlich folgenden Antitypus darstellt; dieser Antitypus übertrifft jeweils den Typus in Bezug auf Dignität und Relevanz. Schon im klerikalen Bereich findet eine Ausweitung auf andere Bezugsebenen statt, wenn etwa Johannes der T äufer Christus präfiguriert (NT-NT) oder die Israeliten auf dem Weg nach Kanaan die Christen auf dem Weg in das ewige Leben (NT-Gegen­ wart). Sogar vorchristliche Zeiten und Ereignisse werden in präfigurative Bezüge gestellt: Die jungfräuliche Diana präfiguriert Maria (Antike-NT), die griechischen Titanen sind Typoi des Holofernes (Antike-AT). Angesichts des Erwerbs von Schreib- und Lesekenntnissen auch laikaler Autoren an kirchli­ chen Bildungseinrichtungen und wegen der Popularität des typologischen Deutungsmodus, von dem Laien im religiösen Alltag z. B. durch Predigten Kenntnis erhalten, verwundert es nicht, dass dieses Verfahren in weltliche Texte eindringt. Deutlich wird auch eine thematische Gliederung des Hauptteils: Auf eine Vorgeschichte Uugend des Helden) folgt der Weg an den Marke-Hof. Aus dieser Station entwickelt sich der spätere Kontakt mit Isolde, vorbereitet durch großzügig dimensionierte Bewährungs- und Konfliktkomplexe, aus denen die beiden Irland-Aufenthalte als Zentralelemente herausragen. Die Einnahme des Minnetranks schürzt den ,dramatischen Knoten'; ab hier geht es darum, wie die zunächst künstlich herbeigeführte Liebe gelebt wird, weiche Schwierigkeiten sich ihr in den Weg stellen, wie diese Schwierigkeiten bewältigt und manchmal auch nicht bewältigt werden. Das entstehende Misstrauen gegenüber Tristan und Isolde führt dann zu einer weiteren Blockbildung. Diese umfasst antithetisch-responsorisch gebaute Aktionen und Gegenaktionen: Versuche Markes, Marjodos und Melots, die Wahrheit herauszufinden und Fallen zu stellen, provozieren Gegenlisten des Liebespaares und seiner Helferin Brangaene. Einen Abschluss, aber auch eine neue Qualität gewinnt dieses agonale Handeln der Kontrahenten zunächst durch das Gottesurteil. Mit dessen Bestehen kehrt für eine Zeit Ruhe ein; aber diese steht nicht im Dienst des Liebesverhältnisses, sondern ist nur äußerlich und vorläufig. Nachdem Tristan an den Hof zurückgekehrt ist, werden er und Isolde Marke doch wieder verdächtig: durch reine Beobachtung

Blöcke im Hauptteil

67

68 v. Gottfrieds Tristan ihres vertraulichen Verhaltens, nicht als Resultat einer gestellten Falle. Von einem nur repetitiven Element wird man nicht sprechen können, denn die­ ser neue Verdacht führt zur Verbannung vom Hof und damit zur Minnegrot­ tenepisode. Mit dieser erfährt die Liebesgeschichte einen positiven Höhe­ punkt - weder vor- noch nachher ist es Tristan und Isolde möglich, ohne Angst vor gesellschaftlicher Kontrolle, daher auch ohne Zwang zur Verstel­ lung miteinander zu leben. Einen zweiten Höhepunkt hätte auch bei Gott­ fried der Tod der Liebenden dargestellt; er wäre aber gleichfalls als positiv zu werten, weil er die im Prolog entwickelte Konfiguration idealer Liebe als Miteinander von Freude und Leid, deren Aufgipfelung im Tod erreicht wird, einlöst. Vorher spielt das Leid ebenfalls eine konstante Rolle; aber es ist das Leid von Liebenden, die in der Ausübung ihrer Liebe immer wieder auch gehindert werden, die sich manchmal nicht sicher sind, ob der/die andere genauso empfindet wie man selbst, die Trennungsphasen überstehen müs­ sen - ein eher ,alltägliches' Liebesleid also, das dem Prologmodell noch nicht gerecht wird, weil es nur als zu überwindender, nicht wirklich akzep­ tierter Störfaktor verstanden werden könnte. Die Minnegrottenepisode ist ferner ein markanter Punkt, weil sie sich als retardierendes Moment auffas­ sen lässt: Alle Schwierigkeiten des Paares haben sich gelöst. Aber man hat es nicht nur mit einer Verzögerung zu tun, auf die Abstieg und Katastrophe folgen. Um eine Katastrophe handelt es sich beim Liebestod eben gerade nicht; dieser stellt vielmehr eine ,Erfüllung' sui generis dar. Ein Abstieg ist in Relation zu den Wünschen des Paares alles, was folgt (und der Liebestod folgt bei Gottfried ja nicht mehr), natürlich sehr wohl. Verunklart wird diese Pre

Deutung durch zweierlei: Die Idealität des Waldlebens ist nicht ungetrübt: Eins vermisst das Paar doch, die Pre (16877); darunter ist nicht etwa nur der gute Ruf in der Außenwelt zu verstehen, sondern die gesellschaftliche Aner­ kennung, die allein die höfische Öffentlichkeit gewähren kann. Die Freude darüber, an den Hof zurückkehren zu können, ist angesichts der vorherigen Zweisamkeit begrenzt; aber zwei Aspekte, über die man sich freuen kann, gibt es doch: erneut die Pre (17698), was zu der vorherigen Stelle passt, und Gott (ebd.). Letzteres ist unklar: Dass Tristans und Isoldes Ansehen vor Gott durch die Rückkehr wieder hergestellt wird, kann man nicht sagen: Die reli­ giöse Verwerflichkeit ihres bisherigen Tuns wird dadurch nicht behoben; eine Buße hat nicht stattgefunden, und der Ehebruch wird danach wieder fortgesetzt - ,in Gedanken, Worten und Werken'. Eher zu denken wäre da­ ran, dass den beiden mit der Anwesenheit am Hof auch wieder die Teilhabe am institutionellen religiösen Leben möglich ist (Gottesdienst, Kommunion, Beichte). Dass das Signalwort ,Gott' ohne Erläuterung stehen bleibt, mag angesichts der sonstigen Kommentierungsfreudigkeit des Autors verwun­ dern; vielleicht konnte er bei seinen Rezipienten ein Verständnis im o.a.

,Minnereligion'?

Sinn voraussetzen. Rekurriert man jedoch auf den Prolog, wäre dies dann ein ,Versagen' vor der Radikalität der dort skizzierten ,Minnereligion': Wenn es für Gott keinen Ersatz gibt, dann ist die Minnereligion nicht gleich­ berechtigt, noch nicht einmal ,parallelweltlich', sondern kategorial unterge­ ordnet - was natürlich dem Denken des christlichen Mittelalters entspricht. Was also von der Handlung her klar gegliedert erscheint, kann seine struk­ turelle Prägnanz durch Einzelinhalte und -aussagen verlieren. Im Vergleich zu mit einer deutlichen symbolischen Struktur versehenen Epen (Erec,

4. Strukturierungen

Iwein) oder solchen mit korrespondierend aufgebauten Teilen der Makro­ struktur (Parziva� kann man Gottfrieds Tristan als "einen relativ locker ge­ fügten Episodenroman" bezeichnen (Brunner 2011, 75). Aber Strukturierun­ gen sind deutlich, die Vorgaben des Prologs lassen die Zahl der Episoden nicht als beliebig vermehrbar erscheinen und die Episoden stehen in einem deutlichen Bedingungsverhältnis zueinander. Teils überlagert, teils ergänzt werden Blöcke im Hauptteil durch perma­ nente Bewegungen Tristans zwischen verschiedenen Orten, die Handlungs­

Mobilität und Handlungsräume

räume darstellen. Dies setzt im Rahmen der Entführung schon zu Beginn der Tristan-Handlung ein, wird fortgeführt mit den beiden Reisen nach Ir­ land und bleibt bis zum Schluss so, da Tristan zeitweise vom Marke-Hof entfernt wird oder sich selbst entfernt, sich bei Herzog Gilan aufhält, an Kriegen teilnimmt, nach Arundel zieht. In geringerem Maß, weil nicht durch eigene Aktivität, sondern durch Fremdbestimmung herbeigeführt, gilt diese topographische Beweglichkeit auch für Isolde. Erst im nicht erhalte­ nen Schlussteil wird sie, wenn auch auf die durch Kaedin übermittelte Bitte Tristans hin, mit der Schiffsreise nach Arundel einen aktiven Ortswechsel vornehmen. Alle bekannten Tristan-Epen zeigen in hohem Ausmaß Verdoppelungen oder Vervielfachungen von Handlungen, Namen, Motiven. Auch bei Gott­ fried ist dies der Fall. Dergleichen hat keine im engeren Sinn strukturellen Funktionen, schafft jedoch Merkpunkte, die bei einem Wiedererkennen durch das Publikum Akzente setzen können, überdies ab einer gewissen Quantität möglicherweise den Glauben des Mittelalter daran bestätigen, dass das menschliche Leben durch anthropologische Konstanten, die Wie­ derkehr gleicher Prinzipien und dadurch hervorgerufene Ordnungen ge­ kennzeichnet ist - also durch Faktoren, die auch in der christlichen Kosmo­ logie eine Rolle spielen. Drei bedeutende Figuren tragen den Namen ,Isol­ de' (in einigen Fassungen taucht im bei Gottfried nicht erhaltenen Schluss­ teil auch noch ein zweiter Tristan auf - ein Zwerg, dem Tristan bei der Wie­ dergewinnung seiner Geliebten hilft, wobei er die tödliche Wunde erhält). Zweimal ist bzw. soll eine Zunge Beweisstück sein (für die Tötung Brangae­ nes, für die Tötung des Drachens). Die in der Epik häufige Rolle des ,bösen' Truchsessen ist mit Marjodo und seinem irischen Pendant doppelt besetzt. Die Protagonisten werden wiederholt von Helfern unterstützt (das Paar von Brangaene und Kurvenal, Marke von Melot und Marjodo; und auch Tristan ist als Helfer tätig: in der Morold-, Gandin-, Gilan- und der Drachenepiso­ de, bei der Brautwerbung für Marke). Sprachreflexion und Sprachmanipula­ tion werden mehrmals thematisiert; auf die wiederholten Bettszenen wurde bereits hingewiesen; Musik und Musikinstrumente haben immer wieder be­ deutsame Funktionen, genauso wie die Jagd. Tristan legt sich häufig ver­ schiedene Identitäten zu; die List als Mittel der Durchsetzung spielt eine konstante Rolle, ebenso wie die Vorausplanung. Die Funktion solcher Wie­ derholungen ist durchaus verschieden: Die mehrfachen Versuche, das Lie­ bespaar zu überführen, dienen vielleicht primär der Spannungserzeugung und Emotionalisierung. Bei Namensdoppelungen werden die Träger zum Teil in ein typologisches Verhältnis gesetzt, das auch das Moment der Über­ bietung umfasst (Mutter und Tochter Isolde, Isolde Weißhand und die iri­ sche Isolde). Für eine sinnlenkende Funktion kann man vor allem die Wie-

Strukturelle Elemente auf der Mikro-Ebene

69

70 v. Gottfrieds Tristan ,Rechtsgewinnung

derholung des Motivs ,Rechtsgewinnung durch Handeln' anführen; bei Tris­

durch Handeln'

tan ist mindestens dreimal feststellbar, dass er durch Aktionen eine Art Recht auf ,Objekte' erwirbt, deren Besitz von ihm gar nicht intendiert war, die aber seinen moralischen Status charakterisieren: 1. In der Morold-Episode nimmt er Funktionen wahr, die Marke als König obliegen würden; Tristan schützt das Reich und die Untertanen seines Oheims. Was Marke ihm an­ bietet und wozu es dann nicht kommt, nämlich sein Erbe zu werden und dann als König von Cornwall und England zu agieren, wird also inhaltlich gerechtfertigt - Tristan beweist, dass er dafür geeignet wäre. 2. In der Dra­ chenkampfepisode erfüllt Tristan die Bedingung, die Gurmun durch einen Eid rechtsverbindlich festgelegt hat: Wer Irland vom Drachen befreit, soll, sofern adlig und Ritter, Isolde als Frau erhalten. Alle drei Klauseln erfüllt Tristan; Isolde stünde ihm zu. Allerdings ist er als Markes Werber tätig, so dass er von diesem Recht keinen Gebrauch machen kann. Die Frage, wie auf dem Hintergrund des damaligen Rechtsverständnisses der Konflikt zwi­ schen triuwe-Verpflichtung gegenüber Marke und ,Nutzung' eines tatsäch­ lich erworbenen Rechts gelöst worden wäre, ist akademisch; denn ein sol­ cher Konflikt ergibt sich nicht: Noch gibt es keine Liebe Tristans zu Isolde, die ihn veranlassen könnte, sein Recht wahrzunehmen. Für die Publikums­ perspektive ist der Rechtserwerb jedoch nicht unerheblich. 3. In den glei­ chen Kontext gehört die Gandin-Episode. Hier erweist Tristan sich als einziger fähig, Isolde wieder zu gewinnen. Marke ist durch sein Blankoversprechen gebunden, anderen Mitgliedern des Hofs fehlt der Mut. Die wohl aus der Erzähler- und Publikumsperspektive durchaus auch ironisch verstehbare Kritik Tristans an Marke inklusive der Mahnung, dieser möge in Zukunft mf­ ner vrouwen baz hüeten (13450), lenkt die Aufmerksamkeit darauf, dass Tristan der ,bessere' Ehemann für Isolde wäre. Er erwirbt also wieder ein im­ plizites Recht auf Isolde - auf das er sich natürlich nicht berufen kann. Nicht nur, aber besonders bei dieser dreifachen ,Rechtsgewinnung' wird eine wei­ tere Funktion von Motivwiederholungen deutlich: Sie verzahnen die Episo­ den der Handlung, indem sie die Aufmerksamkeit immer wieder auf wichti­ ge Momente zurücklenken.

Die Exkurse

Der Handlungsverlauf wird nicht nur durch zahlreiche neue Ereignisse und Wendungen angereichert, sondern immer wieder auch durch (zum Teil quantitativ exuberante) Exkurse des Autors/Erzählers unterbro chen. Exkurse sind in mittelalterlicher Literatur nichts Außergewöhnliches, sind z. B. im Rahmen der Rhetorik als digressio (Abschweifung) und interpretatio ein Mit­ tel der amplificatio, der Text,aufschwellung'. Da einem mittelalterlichen Autor zumindest theoretisch die Etfindung von neuen Inhalten versagt ist, gehören bei der Bearbeitung von Vorlagen solche Mittel zu den Möglichkei­ ten eines Autors, seine Qualität unter Beweis zu stellen. Gottfrieds Exkurse besitzen jedoch einen sehr viel höheren Stellenwert im Textganzen und ent­ sprechend eine größere prinzipielle Bedeutung als bei vielen anderen Auto­ ren. Sie beschränken sich nicht auf Akzentuierungen von Inhalten, deren Deutung sich im Wesentlichen schon aus der Handlung selbst ergibt, son­ dern ,entdecken' zusätzliche Aspekte und beanspruchen oft Gültigkeit über den Text hinaus. Damit werden sie zur ,Interpretation' im neuzeitlichen Sinn, während die o.a. lehrbuchgemäße interpretatio nichts auslegt, son­ dern identische Sachverhalte nur durch immer neue Betrachtung aus ver-

4.Strukturierungen

schiedenen Perspektiven im Bewusstsein der Rezipienten verankert: durch Wiederholung von Inhalten, die in direkter Rede präsentiert worden sind, in indirekter Rede (oder umgekehrt); erneute Schilderung von Inhalten, die der Erzähler bereits präsentiert hat, durch Figuren der Handlung; resümierendes Aufgreifen von bereits Geschehenem durch den Erzähler an Stellen, in denen vergangene Ereignisse erstmals oder wieder Bedeutung erhalten. Auch diese traditionelle Art der interpretatio ist im Tristan - wie in anderen Texten - häufig. Mit Gottfrieds Exkursen ist also der Erzähler nicht nur auk­ torial in dem Sinn, dass er durch sein Wissen über die Handlung verfügt und sie durch seine Deutungen zur ,Entfaltung' bringt. Bei einem solchen Verfahren hätte die Handlung noch eine gegenüber dem Autor-Erzähler len­ kende Funktion - sie wäre das Wichtigste, nur in ihren Dienst träte der Er­ zähler. Indem der Tristan-Erzähler jedoch häufig das Verständnis in unvor­ hersehbare Richtungen lenkt, wird so etwas wie eine Erzählerfigur auf einer zweiten Ebene spürbar - oder ein Autor sui generis, der zwar auch nicht mit dem biographischen Autor in eins gesetzt werden kann, der aber hierar­ chisch auf einer höheren Ebene steht als der reine Handlungs-Erzähler. Die wichtigsten und umfangreichsten Exkurse sind der Literaturexkurs

(4600ff. innerhalb der Schilderung von Tristans Schwertleite), der Minne­ Exkurs (12187ff., im Anschluss an die Minnetrankepisode) und der huote­ Exkurs (17827ff., nach der Rückkehr des Paares an den Hof). Darüber, ob auch die Grottenallegorese (16923ff.) als Exkurs zu werten

Die Grottenallego­

ist, kann man streiten: Sie setzt nach einer Unterbrechung die Grottenalle­

rese als Exkurs?

gorie (16703ff.) fort und bildet mit dieser eine Einheit. Und da die Grotte Bestandteil der Handlungstopographie ist, stehen Allegorie und Allegorese in deren Dienst; folglich hat die Allegorese zumindest im engeren Sinn nichts Exkurshaftes. Allerdings ist ein prätendiert ,autobiographischer' Ex­ kurs eingelagert, der eine Zwischenstellung einnimmt: Vom Thema Liebe her fügt er sich in die Handlungsthematik ein, verbindet Erzählergegenwart und die Vergangenheit des Erzählten zu einer ubiquitären und überzeitli­ chen Präsenz der ,Institution' von Minnegrotten und suggeriert eine negative Typologie: Was dem Paar vergönnt war, war dem Erzähler nicht vergönnt. Andererseits hat das Erzähler-Erleben mit der Tristan-Handlung genauso we­ nig zu tun wie der Literaturexkurs mit dem Bericht über Tristans Schwertlei­ te; Bezüge ergeben sich dagegen zum Beginn des minne-Exkurses, wo der Autor-Erzähler auf mangelnde eigene Erfahrung mit der Liebe rekurriert, sein Expertentum aber auf etwas anderes gründet: auf den muot (Denk- und Empfindungsfähigkeit). Der Literaturexkurs steht kategorial auf einer anderen Ebene als Exkurse, die Kommentare des äußeren und inneren Geschehens darstellen oder die­ ses transzendieren; die Handlung bietet den Anlass, aber der Inhalt des Lite­ raturexkurses hat keine Beziehung zur Handlung. Der Erzähler verknüpft je­ doch beides: Ausgehend von der topischen Erklärung seiner Unfähigkeit, den Prunk bei Tristans Schwertleite adäquat darstellen zu können (4589ff.), weil andere über dieses Thema schon baz Cbesser'; 4615) gesprochen hät­ ten, stellt er einen kleinen Katalog dieser ,anderen' zusammen. Den Topos an sich kann man nicht wörtlich nehmen: Der gottfriedsche Erzähler schil­ dert an anderen Stellen gleichartige Sujets sehr wohl in konventioneller Ausführlichkeit. Interessanter ist eine hinzugesetzte Begründung für die ei-

Der Literaturexkurs

71

72 v. Gottfrieds Tristan gene Unfähigkeit, die in ganz andere argumentative Zusammenhänge führt: Der Erzähler liefert nicht nur deshalb keine Schilderung, weil er das nicht so gut könnte wie seine Vorgänger, sondern weil diese Vorgänger durch ihre Schilderungen den Beschreibungsgegenstand mit rede zetriben (,vertrie­ ben', ,zerstreut', ,abgenutzt'; 4616-18) hätten. Das ist zwar immer noch Rhetorik: Auf eine individuelle Schilderung repräsentativer Prachtentfaltung wird das Publikum kaum Wert gelegt haben. Denn Sinn solcher Schilderun­ gen war es nicht, anhand distinkter Bestandteile Unverwechselbarkeit zu er­ zeugen, sondern möglichst vollständig zu versammeln, was gemäß kultu­ rell-gesellschaftlicher Konvention als repräsentativ und prunkvoll galt - bei anderen beschreibenden Topoi (Herrschertugenden, loeus amoenus, Frau­ enschönheit) ist das nicht anders. Aber hinter der Rhetorik scheinen mögli­ cherweise neue Gedanken auf, die zeigen, dass die Lehrbuchpoetik Raum gelassen hat für Entwicklungen: Material des Dichters ist die Sprache - aber deren Wirksamkeit nutzt sich ab. Der Dichter ,leidet' also nicht unter der eigenen Unzulänglichkeit, sondern an der Unzulänglichkeit seines Mate­ rials - einige hundert Jahre später gerinnt dies dann zur Attitüde. Für Gott­ frieds Zeit wäre die Klage über die Sprache etwas Besonderes; schließlich ist sie, resultierend aus der Spreehfähigkeit, ein dem Menschen von Gott verliehenes Geschenk. Daher kann man zu fragen, ob der Hauptakzent nicht doch auf einer latenten Kritik an den Vorgängern liegt: Sie haben den Gegenstand zerredet und damit in Zukunft für eine literarische Behandlung untauglich gemacht. Dazu passt dann nicht, dass unter den im Literaturex­ kurs Gelobten besonders Hartmann von Aue hervorgehoben wird - der nämlich von deseriptiones gerne und häufig Gebrauch gemacht hat. huote-Exkurs

Auch huote- und minne-Exkurs haben bezüglich der Handlung keine reine ,Zulieferungsfunktion'; sie bieten vielmehr einen gewaltigen Deutungs­ überschuss, indem sie, von der Handlung ausgehend, Aussagen enthalten, die von dieser keineswegs nahegelegt werden, auf diese z. T. nicht einmal Rücksicht in Bezug auf ,logische' Stimmigkeit nehmen. Im ersten Fall ne­ giert die Absage an Kontrollversuche eines Ehemanns gegenüber seiner Frau etwa den Umstand, dass Marke selbst zunächst eher arglos war, nur durch öffentliche Gerüchte und Nachträgereien von Einzelpersonen zu huote-Ver­ suchen veranlasst wurde und es schon aus Gründen seines Prestiges gar nicht unterlassen konnte, Informationen nachzugehen; in der erwähnten Kritik Tristans an Marke nach Abschluss der Gandin-Episode wird explizit zum hüeten aufgefordert, wenn auch nicht im Sinn einer Bewachung zwecks Vermeidung von Untreue - huote hat also durchaus einen Doppel­ charakter, worauf der Erzähler aber nicht eingeht. Überraschend ist die Ein­ bindung der Eva-Typologie (17925ff.): Während die theologischen Räson­ nements über die Frucht, die Eva verbotenerweise gegessen hatte, nicht als für die Thematik notwendig erachtet werden können, liefert die Evozierung des Bedingungsverhältnisses zwischen einem Verbot und der Entstehung von Sünde (was nicht verboten ist, kann auch nicht sündhaft sein) eine Tie­ fendimension für den gesamten Diskurs. Und insofern dieser Diskurs nicht nur darum kreist, ob man eine Frau überhaupt kontrollieren sollte, sondern auch ein Frauenbild entwickelt (u.a. haben Frauen eine Verpflichtung zur Selbstachtung und ein Recht auf Selbstschätzung - was ein indirekter An­ griff auf die traditionelle feudale und religiöse Misogynie sein könnte), trifft

4.Strukturierungen

die Rubrizierung des gesamten Teils als , huote-Exkurs' den Sachverhalt ei­ gentlich nicht. Schnell hat daher bereits 1984 eine der Programmatik ge­ rechter werdende Umbenennung in "Frauenexkurs" vorgeschlagen. Im Fall des minne-Exkurses (z. T. auch unter ,Minnebußpredigt' firmie­

minne-Exkurs

rend) wird die triuwe-Thematik des Prologs aufgegriffen; dann folgt eine pauschale Kritik an der Gegenwart (in welche die Autor-Figur sich selbst einbindet), weil diese dem Ideal nicht mehr gerecht werde. Nach rhetori­ schen Kategorien ist das der Topos der Zeitklage - nach einer ,logischen' Verbindung zum Prolog sucht man vergeblich. Denn dort wurde ja mit dem Idealpublikum der edelen herzen (45ff.) eine zeitgenössische Gruppe be­ nannt, die durchaus in der Lage sei, das hohe Ziel zu erreichen. Auch die Minne erscheint hier unter einer ganz anderen Perspektive: Sie ist nicht die absolute, selbständige (12301: vrfe), unwandelbare und unantastbare ,Her­ rin der Gefühle' (12300: künegin), die eine veredelnde Wirkung hat, son­ dern eine Größe, die Wandlungen bis hin zum Negativen erfahren kann, korrumpierbar ist. Und dadurch muss sie, wenn es wieder eine Besserung zum Guten geben soll, von den Liebenden beeinflusst werden: Erst durch deren korrektes Verhalten wird die Minne wieder zu dem, was sie einmal war und was sie wieder sein sollte. Dazu, Gottfried fehlende Stringenz vor­ zuwerfen, besteht kein Grund - denn man würde dann erst einmal voraus­ setzen müssen, dass ihm an einer solchen Stringenz gelegen gewesen sei: Prolog, Exkurse und sonstige Kommentare sind zwar sachgegeben durch die übergeordnete Liebesthematik und die Problemkonstellation verbunden; aber diese Teile haben doch stets auch ein Eigengewicht. Die Frage nach Strukturen des Tristan führt auch in medientheoretische Bereiche: Neben Strukturierungen und Gliederungselementen, die sich aus dem Handlungsverlauf, Personen, Motiven ergeben und die auch von einem hörenden Publikum nachvollzogen werden können, lassen sich mit Namen-Kryptogrammen auch solche finden, die sich nur bei der Lektüre er­ schließen lassen. Sie sind dem Text fast wie Hypertexte eingelagert, können aber, anders als solche, nicht bei der Rezeption abgerufen werden und füh­ ren auch zu keinen anderen Informationen als denen, die in ihnen selbst enthalten sind. Diese Informationen sind im Tristan ohnehin vergleichswei­ se begrenzt: Das Notationssystem der Kryptogramme sind Akrosticha; diese dienen der Bildung von Namen. Beim Akrostichon formen die Anfangs­ buchstaben korrespondierender Texteinheiten (im Fall des Tristan: der Ver­ se) Wörter oder Sätze. Wenn die Endbuchstaben diesem Zweck dienen, spricht man von Telestichon, bei Mittelbuchstaben von Mesostichon. Eine Verbindung von Akrostichon und Telestichon ist das Akroteleuton. Der Fin­ digkeit der Autoren bei der Technik sind auch sonst prinzipiell keine Gren­ zen gesetzt: Die Platzierung der Buchstaben kann versetzt sein (erste, zwei­ te, dritte usw. Buchstaben des ersten, zweiten, dritten Verses), eine Reihung kann nach alphabetischer Folge vorgenommen werden (Abecedarium) usw. je komplizierter der Bau ist, desto eher kann man annehmen, dass manieris­ tische Tendenzen im Spiel sind - was nach der mittelalterlichen Kunst- und Literaturtheorie nicht sein ,dürfte', da eine Entsprechung von Form und In­ halt gefordert wird. Akrosticha findet man etwa im 9. jh. bei Otfried von Weißenburg in seiner Evangelienharmonie, nach Gottfried bei dessen Be­ wunderer Rudolf von Ems, in johannes' von Tepl Der Ackermann aus Böh-

Die Namen­ Kryptogramme der Akrosticha

73

74 v. Gottfrieds Tristan men, wohl auch im Eulenspiegel-Druck von 1515, was zur Bestätigung al­

lerdings den Ansatz von Textverstellungen und deren Reparatur verlangt. Letzteres zeigt, dass eine rein technische Funktion, die man den betr. Ver­ fahren zuspricht - nämlich die, den Urtext vor Eingriffen zu schützen -, nicht sicher funktioniert. Erwähnt wurden in Bezug auf Gottfrieds Tristan bereits das Autor-Akrosti­ chon und das (Auftraggeber-?)Akrostichon DIETERICH. Letzteres taucht nur im Prolog in den Akrosticha der Vierreim-Strophen li-X auf, also in den Ver­ sen 5, 9, 13, 17, 21, 25, 29, 33, 37. Der Autorname und die Namen der Protagonisten dagegen durchziehen den gesamten Text, und der Bau ist hier komplizierter (detailliert Schirok 1984, 213): Gebildet werden die Namen nämlich nicht fortlaufend, sondern hintereinander stehen jeweils die ersten (GT!), zweiten (ORS), dritten (TIO) und vierten Buchstaben (ESL); in allen Fällen bleiben die Namen also fragmentarisch (GOTE; TRIS, ISOL). Zusätz­ lich werden die Buchstaben der Namen von Tristan und Isolde in umgekehr­ ter Reihenfolge wiederholt, so dass die Buchstaben Tristans diejenigen Isol­ des umschließen - wie beim umarmenden Reim (abba) oder bei der chiasti­ schen Personennennung in V. 129f. (ein man ein wfp, ein wfp ein man ... Tristan Isolt, 150ft Tristan), also TIIT, RSSR usw. Lese- und Hör­

Ob Gottfried mit einer Leserezeption gerechnet hat oder ob es sich hier

rezeption;

um ein mehr oder minder selbstgenügsames ,Spiel' handelt, ist unklar; viel­

Entschlüsselungen

leicht ist beides der Fall. Die Themen Laut und Schrift, Zeichen und Be­ zeichnetes/Bedeutung, Entschlüsselung von Sinn u.Ä. tauchen im Tristan ja mehrfach auf; Beispiele: Isolde entschlüsselt Tristans wahre Identität durch ein dingliches Zeichen (Schwertscharte und -splitter) und durch eine sprachliche Operation (Ver­ tauschung der Silben seines Decknamens Tantris). Während das Paar nach der Einnahme des Minnetranks versucht, sich über seine Gefühle klar zu werden, verwendet Isolde mehrfach das Wort lameir (11986ff.; Variationen in den Hss.); das gibt Tristan Anlass (11993ff.), über den Mehrfachsinn des Lautkörpers zu reflektieren: la mer I'amour

=

=

,das Meer', amer

=

,bitter', I'amor/

,die Liebe'). Brangaene entwickelt für Tristan und Isolde ein ge­

heimes Kommunikationssystem (14421 ff.): Die Anwesenheit Tristans am verabredeten Ort soll dieser durch mit den Namensinitialen T und I be­ schrifteten Spänen signalisieren, die er in einem Bach schwimmen lässt, der an den Frauengemächern vorbeifließt. Die Drachenzunge ist unwider­ legbares Zeichen dafür, dass Tristan diesen getötet hat. Zeichen führen aber nicht immer direkt zur Erkenntnis, sondern führen manchmal erst zu ande­ ren, dann ,ultimativen' Zeichen: Marjodo folgt den Spuren Tristans und kann dadurch erst das Paar überraschen. Manchmal sind Zeichen auch un­ sicher (Marke kommt durch reine Beobachtung der Verhaltenssymptomatik des Liebespaares zu keiner definitiven Erkenntnis) oder direkt irreführend (die Hundezunge als Substitut für die Zunge Brangaenes). Auch gibt es Fäl­ le, in denen erst das Zusammenwirken mehrerer Zeichen die ,richtige' Be­ deutung erzeugt bzw. für verschiedene Adressaten eine verschiedene Be­ deutung: Das göttliche Zeichen der bestandenen Eisenprobe funktioniert erst durch die sprachliche An- und Einpassung der Eidformel; es beweist dem Wortsinn des Eides nach die Wahrheit, aber nicht die von Marke ge­ suchte Wahrheit.

4.Strukturierungen

Der Autor initiiert mit dem Kryptogramm jedenfalls indirekt ein Lese- und ein Hör-Publikum in das Phänomen des ,verborgenen Schriftsinns', das in der christlichen Hermeneutik große Bedeutung hat und Zusammenhänge aufweist mit der Heuristik des mehrfachen Schriftsinns; auf diesem Hinter­

Mittelalterliche Hermeneutik und , verborgener Schriftsinn'

grund kann man dann sicher nicht mehr von ,Spiel' sprechen: Außen und Innen eines Textes sind, wie auch im Fall von Dinglich-Materiellem, in ihrer Aussage nicht identisch, können aber in Beziehung zueinander gesetzt wer­ den. Das Äußere enthält nur eine reduzierte Wahrheit; indem es jedoch auf das Innere verweist, nähert es sich dessen Wahrheitsgehalt und Aussagekraft an. In der christlichen Ontologie steht dahinter die Auffassung, dass die oberste, reine Wahrheit nur Gott zugänglich sei. Den Menschen würde sie blenden; deshalb habe Gott dafür gesorgt, dass diese Wahrheit nur in abge­ stufter Form erscheine, durch angemessene Deutung aber zur rechten Er­ kenntnis führe. Gott halte in der Natur mit Bestandteilen der Schöpfung ein großes Potenzial an Bedeutungsträgern bereit, mit dessen Hilfe der Mensch eine Anleitung zum Entschlüsseln der Wahrheit finde. Eine solche semioti­ sche Aufladung von Oberflächenphänomenen wird dann als didaktisches Wirk- und Verständnismittel auch in Produkte von Menschen (Gebäude, Bilder, Texte) übernommen; also nutzt ein Autor nicht nur durch die Ver­ wendung von Zeichen aus der Schöpfung ein göttliches Zeichensystem; er ahmt auch den göttlichen Schöpfungsakt nach, wenn er die von ihm ge­ schaffenen Texte mit einem internen Zeichensystem versieht. Für Leser etwas weniger kryptisch werden die Akrosticha dadurch, dass sie in den Vierreimstrophen bzw. bei einzeln stehenden Vierreimstrophen auch im nächsten Vers nach der Strophe lokalisiert sind. Von diesen Stro­ phen gibt es insgesamt 21,nämlich 11,in welche die ersten 44 Verse des Prologs angeordnet sind, und 10 weitere (131, 1751, 1791, 1865, 5069, 5099,5177,12183,12431,12503; jeweils ff.). Interpretativ wird man für die Strophen ab V. 1751 auch eine Markierung von "Hauptfugen der Hand­ lung" konstruieren können (Tomasek 2007 b, 92); inhaltlich handelt es sich um kleine Exkurse oder Übergänge zu solchen. Jedenfalls sind diese Stro­ phen stets für Erzählerrede reserviert, heben also hinsichtlich der Akrosticha die Rolle des Erzählers als ,Zeichensetzer' hervor:

1751: Einleitung der Klage des Erzählers über den Tod von Tristans Eltern 1791: Einleitung zu Bemerkungen über die Loyalität und zum Lob von Rual und Floraete

1865: 5069: 5099: 5177:

Wandel von Glück und Unglück Kummer und Glück Anfälligkeit der Jugend für Zorn ,Wenn ihr nun gerne hören wollt': topische Einleitung zur Schilde­ rung der Begrüßung Tristans durch Rual

12183: Rechtfertigung der brevitas als Einleitung zum Minne-Exkurs 12431: ,Liebe verleiht auch jungen Menschen Klugheit' (vor Isoldes Plan des Brautunterschubs)

12503: ,Wer liebe (,Angenehmes') sucht, muss auch leide in Kauf nehmen.' In Bezug auf die Überlieferung bieten die Akrosticha ein Mittel, um ver­ schiedene Hss. miteinander zu vergleichen. Die große Unregelmäßigkeit

Die Vierreim­ strophen

7S

76

v.

Gottfrieds

Tristan

der Abstände zwischen den Vierreimstrophen schränkt dagegen ihre Brauchbarkeit für die Rekonstruktion eines Gottfriedschen ,Gesamtplans' oder Berechnungen des Umfangs eines vom Autor beendeten

Tristan ein.

5. Sprache, Form, Sti I Normative Ästhetik?

In der Forschung bestand und besteht Einigkeit über Gottfrieds sprachliche, formale und stilistische Meisterschaft. Dieses Urteil hat sich verselbständigt - plausibel zu machen ist es heute schwer. Denn in der derzeitigen For­ schung gilt (einmal mehr:

theoretisch) eine normative, überzeitliche Ästhe­

tik als obsolet. Qualitätskriterien sind einerseits kulturell, andererseits indi­ viduell geprägt. So zu tun, als ob das, was die Zeitgenossen an Gottfried oft genug unspezifisch - gelobt haben und was im Mittelalter für eine gewis­ se Zeit (s. nämlich Kap. VI. zum Auslaufen der Rezeption!) nachgeahmt wurde, fraglos überzeitliches Wohlgefallen hervorrufe, ist genauso wenig sinnvoll wie umgekehrt der Versuch, Gottfried von anderen Maßstäben aus wegen seiner Exkurse Redseligkeit zu unterstellen, die Banalität des Tan­ tris-ffristan-,Geheimnisses' zu bekritteln oder sein mangelhaftes Franzö­ sisch zu monieren - was allerdings ohnehin niemand wagen würde, weil dergleichen ja als Beweis mangelnder ,Empfänglichkeit' ausgelegt werden könnte. Aber auch unterhalb der Wertungsebene, nämlich bei der Deskrip­ tion, wird es schwierig, wenn man Einzelbefunde bündeln will: Was Gott­ frieds Sprache gern attestiert wird - ,Musikalität', ,Biegsamkeit', ,Geschmei­ digkeit', ,Sinnlichkeit' ete. -, das sind Metaphern, die wissenschaftlichen Intersubjektivierungsversuchen nicht standhalten. Natürlich muss man nur einige Passagen aus dem

Tristan, aus dem Pa rzi va I, aus dem Erec usw. laut

lesen, um Autorenspezifika, also auch die Gottfrieds, zu bemerken. Aber das sprachliche Produkt ist Resultat eines komplexen Zusammenwirkens von Metrik, Reimtechnik, Klang, rhetorischem Ornatus, Wortwahl, Syntax. Und über die Mittel, dieses Zusammenwirken zu erfassen und zu beschrei­ ben, verfügt man nicht. Es gibt eine große Zahl von Einzel- und Gesamtana­ lysen zu diesen Aspekten, allerdings sehr wenige aktuelle. Ältere Darstel­ lungen haben ein bemerkenswertes heuristisches Potenzial, sind aber häufig revisionsbedürftig (vgl. die an der antiken Metrik orientierte Terminologie Scharchuchs, die einige Phänomene der mhd. Metrik verstellt). Deskriptive Vorgehensweise, Kategorisierung und Auszählung einzelner Stilmittel ste­ hen in einem seltsamen Kontrast zu der Emphase, die sich in generellen ästhetischen Bewertungen äußert. Die Spezifika eines Autor-Sprachstils er­ fasst man nicht mit statistischen Erhebungen zu Einzelphänomenen. Und man kann auch nicht ersatzweise eigene Eindrücke auf Reaktionen eines zeitgenössischen Publikums zurückprojizieren. Sprache und Stil des

Tristan

sind unverwechselbar. Der Autor zeigt, was man aus den poetologisch-rhe­ torischen Vorgaben und den volkssprachlichen Traditionen machen konnte - aber daraus resultiert kein sprachliches Nonplusultra, sondern

Originalität

eine Aus-

prägung unter mehreren möglichen. Ob Gottfried sich selbst als sprachlich ,originell' betrachtet haben würde, ist natürlich eine müßige Frage; es ist aber deutlich, dass Originalität für ihn keinen unbegrenzten Wert gehabt haben dürfte - anders ist seine Invektive gegen den nicht beim Namen ge-

5. Sprache, Form, Stil

nannten Wolfram von Eschenbach im Literaturexkurs kaum verständlich. Diese Invektive lässt im Übrigen kein Verständnis dafür erkennen, dass an­ dere Autoren sprachlich andere Wege einschlagen können. üb man diese Kritik wörtlich nehmen kann, ist ohnehin bezweifelbar: Als in der Rhetorik

obscuritas und

geschulter Autor musste Gottfried wissen, dass die Lehrbücher der ansons­

claritas

ten verpönten obscuritas in dichterischen Texten durchaus eine Lizenz ertei­ len. Und umgekehrt wird Hartmann von Gottfried zwar wegen seiner der

obscuritas entgegen gesetzten claritas gelobt (der Literaturexkurs enthält eine ganze Reihe deutscher Termini, die wohl als Pendants zum lateini­ schen Fachwortschatz älterer und zeitgenössischer Poetiken aufgefasst wer­ den können; zu Einzelheiten s. Müller-Kleimann 1990); davon, dass Gott­ fried selbst sich diesem Vorbild angeschlossen habe, kann jedoch keine Rede sein: Er zeigt, vor allem durch seine Vorliebe für Tropen, aber auch im syntaktischen Bereich Annäherungen an den ,geblümten Stil'; und in seiner Vorliebe für Neologismen ist er Wolfram durchaus verwandt. Die bisher beigebrachten Argumente für die These, dass Gottfried im Tristan die im Literaturexkurs entwickelten Ideale (und gar so viele sind es ja gar nicht) selbst realisiere, können also nicht als überzeugend gelten. Man müsste da­ rüber nicht weiter räsonieren, wenn sich aus einer verselbständigten ästhe­ tischen Hochschätzung des Tristan nicht die Tendenz entwickelt hätte, die ästhetische Qualität in immer neuen Anläufen und aus immer weiteren Per­ spektiven heraus festschreiben zu wollen. Erfreulicherweise (!) existiert auch hier jedoch ein gravierender Dissens in der Forschung: Der überwie­

Form und Sprache

genden Ansicht, dass Form und Sprache stets im Sinn des Inhalts stünden,

vs.

Inhalt?

stehen immerhin einige Meinungen gegenüber, die einen partiellen Ausein­ anderfall sehen (Warning 2003, ).-D. Müller 2003). Letzten Endes hat sich die positivistisch erscheinende statistische Erfassung sprachlicher und for­ maler Aspekte durchaus noch nicht überlebt; die Ergebnisse müssten nur vernetzt und intensiver mit Befunden zu anderen Autoren verglichen wer­ den: Wenn statistische Analysen möglichst viele Aspekte umfassen und auf die handschriftliche Überlieferung gestützt sind (also nicht auf ,geglättete' Editionen), dann können sie die Besonderheiten des Tristan in Bezug auf diese Aspekte verdeutlichen. Und dann kann man auch versuchen, Korres­ pondenzen zwischen Befunden in verschiedenen Bereichen (Syntax, Reim­ technik, Metrik, ürnatus) herzustellen. Man wird damit den letzten Ursa­ chen ästhetischer Eindrücke immer noch nicht auf die Spur gekommen sein; aber dies ist ein tragbarer Verlust, der durch den Gewinn an Perspektive mehr als aufgewogen wird. Versucht man sich an einer Generalisierung des bisher Erreichten, kann man Folgendes feststellen: Gottfrieds Repertoire an Stilistika und rhetorischen Mitteln entspricht dem, was in den zeitgenössischen Lehrbüchern vorfindbar ist. Spezifisch für ihn sind einerseits Breite und Menge beim Einsatz dieser Mittel insgesamt (annähernde Vollständigkeit), andererseits deutliche Schwerpunktbildungen (Auswahl). Das quantitative Element ist als Folge von überdurchschnittlicher Bildung, aber sicher auch als Ergebnis des Versuchs zu werten, diese Bil­ dung, evtl. gelenkt von Auftraggeber-Ansprüchen, unter Beweis zu stellen. Bei Schwerpunkten gibt es Anlass, sie nicht als Resultat bloßer Vorlieben zu sehen, sondern sie in Beziehung zu thematischen Aspekten des Tristan zu setzen:

Rhetorik und Stil

77

78 v. Gottfrieds Tristan Semantik,

Der Bedeutung semantischer Aspekte der Kommunikation, der wieder­

Neologismen

holt aufscheinenden Probleme bei der Findung des ,rechten Wortes' ent­

Tropen

wertet, das sprachliche Zeichenrepertoire zu erweitern. Während die tradi­

sprächen dann etwa die Neologismen, wenn man sie nämlich als Versuch tionelle Poetik Neologismen mit einem gewissen Misstrauen betrachtete, gibt es zur ,Sagbarmachung des Unsagbaren' ein anderes, prinzipiell fraglos akzeptiertes Mittel: das ,uneigentliche Sprechen' in Form von Tropen (da­ runter vor allem Allegorie, Metapher, Metonymie, Antonomasie, Hyperbel, Metaphern

Ironie, Litotes, Oxymoron, Umschreibung, Personifikation). Als besonders gut erforscht kann beim Tristan der Bereich der Metaphorik gelten. Meta­ phern und Allegorien vermitteln die Einsicht, dass verschiedene Seinsebe­ nen miteinander in Verbindung stehen und übergeordnete, dem gesamten Sein zu Grunde liegende Prinzipien durch Parallelisierung auffindbar sind; mit dem Gebrauch dieser Tropen hebt ein Autor spezielle Aussagen zur Handlung seines Textes also auf eine allgemeinere, grundsätzliche Ebene. Die Allegorie nimmt eine Sonderstellung ein, da es neben der Allegorie im Sinn der Rhetorik (ausgebaute Metapher) auch eine mit der mittelalterlichen theologischen Hermeneutik verbundene ,ontologische' Allegorie gibt: Diese schmückt den Text nicht nur, verbildlicht nicht lediglich die gemeinte Aus­ sage, sondern ist, als von Gott geliefertes Erkenntnismittel, selbst eine abge­

Figuren:

stufte Wahrheit (s. o. zu den Akrosticha). Unter den Figuren (Schmuckmittel,

Doppelformeln

bei denen die wörtliche Bedeutung erhalten bleibt) sind im Tristan sehr häu­ fig Doppelformeln/Wortpaare; bei ihrem Gebrauch wird das formale Reper­ toire (Reimformeln, alliterierende Formeln, Assonanzen) ebenso ausgenutzt wie das inhaltliche (synonyme, antithetische, variierende, steigernde For­ meln). Angesichts der hohen Zahl kann es nicht verwundern, dass sich unter den Doppelformeln auch viel bereits gängiges Material findet. Die Sinn­ und Aussageebene ist davon insofern betroffen, als gerade Doppelformeln als Versuch betrachtet werden können, für Aussagen eine Art von Totalität und absoluter Gültigkeit auszudrücken, wenn sie bei antithetischer Kons­ truktion nicht Gegensätze betonen, sondern eine inhaltliche Spannweite vermitteln (alles, was den Raum zwischen Antithesen ausfüllt, ist von der jeweiligen Aussage betroffen). Vielleicht sind daher auch außerhalb von

Antithesen

Formeln bei Gottfried Antithesen häufig. Der von Gottfried propagierten idealen Liebe-Leid-Minne ist Antithetik ebenso immanent wie dem für Handlung und Gehalt bedeutsamen Verhältnis von Leben und Tod. Philoso­ phisch gesehen könnte man in manchen Fällen die Antithetik auch nur als Oberflächenphänomen ansehen, dessen Gegensätzlichkeit nicht wesens­ mäßig ist, sondern durch ein dialektisches Verhältnis eine übergeordnete Verbindung eingehen kann. Solche Fälle ähneln in ihrer Funktion dann dem Tropus des Oxymorons: einer scheinbar paradoxen Aussage, aus deren Neuperspektivierung sich eine übergeordnete und stimmige Wahrheit er­

Sentenzen

gibt. - Was oben als mögliches Ziel weiterer Forschungen formuliert wurde, die vernetzte und vergleichende Erfassung Gottfriedscher Spezifika, ist für die Figur der Sentenz bereits geleistet worden im Rahmen der Arbeit am "Handbuch der mittelhochdeutschen Sentenzen im höfischen Versroman des 12. und 13. Jhs. /I. In Band 2 (Tomasek 2009) wurde das Material aus dem Tristan zusammengestellt, und obwohl man um die prinzipielle Bedeu­ tung für den Text schon wusste, überraschen die quantitativen Befunde: Im

5. Sprache, Form, Stil 79

Schnitt findet sich alle 150 Verse eine Sentenz, was eine Gesamtzahl von rund 130 Sentenzen ergibt. Wichtiger noch: Die weitaus überwiegende Zahl dieser Sentenzen, nämlich an die 70%, werden für Erzählerrede reser­ viert; damit ergibt sich eine Parallele zu sonstigen Versuchen, den Erzähler mit Autorität auszustatten, diese Autorität aber rückzubinden an allgemei­ neres Wissen - denn Sentenzen sind auf Allgemeingültigkeit hin angelegt und müssen daher auch dem Publikum einleuchten. Dies ist vergleichbar mit dem Einsatz von Topoi (gängigere Sentenzen können durchaus selbst als Topoi bezeichnet werden): Durch deren Gebrauch versucht ein Autor, eine gemeinsame kommunikative Basis mit seinem Publikum zu begründen. Und schließlich kann man die Sentenz in Beziehung setzen zu der auch zu Gottfrieds Zeit virulenten Kontroverse zwischen Realismus und Nominalis­ mus, zum ,Universalienproblem': Diese Kontroverse entstand durch die Fra­ ge, ob hinter Universalien (Allgemeinbegriffen wie ,Pflanze' oder Abstrakta wie ,Tugend') etwas real Existierendes in Form geistiger Entitäten stehe (Po­ sition des Realismus), oder ob, nach Auffassung des Nominalismus, Univer­ salien nur gedankliche Abstraktionen, von Menschen geschaffene Namen

(nomina) seien. Unter dem Aspekt der Erkenntnistheorie zeigen Sentenzen eine Affinität zum Realismus, denn in der Verallgemeinerung von Aussagen drückt sich bis zu einem gewissen Grad die Anschauung aus, dass das All­ gemeine/Universelle das Ursprüngliche ist, indem es zeitlich vor den Einzelphänomenen existiert, die unter die allgemeine Aussage fallen (uni­

versale ante rem). Wer an Wahrheit und Anwendbarkeit von Sentenzen glaubt, verträte dann eine ,realistische' Position im o.a. Sinn. Unterstellte man dies auch für den ausgeprägten Sentenzengebrauch im Tristan, geriete man in Widerspruch zu Forschungspositionen, die Gottfried auf dem Hin­ tergrund auftauchender Differenzen zwischen sprachlichem Zeichen und Bedeutung in die Nähe des Nominalismus Abaelardscher Prägung rücken. Weniger auffällig scheinen Metrik, Versbau und Reimtechnik zu sein ,scheinen', weil alle Untersuchungen auf Ausgaben beruhen, in denen ,Unregelmäßigkeiten' beseitigt wurden. Außerdem gibt es, anders als im Fall der Rhetorik, hier auch nicht die Möglichkeit, den Text mit Lehrbü­ chern zu vergleichen; denn für Metrik und Reimtechnik volkssprachlicher Texte gab es keine zeitgenössischen Lehrbücher: Die wissenschaftlichen Systematisierungen und Regelungen sind aus den Texten selbst gewonnen, stellen gewichtete statistische Befunde dar. Feststellen kann man allerdings, dass Gottfried sich im Rahmen des bisher erreichten Standards bewegt: Die Reime sind rein (soweit feststellbar auch überwiegend dialektrein); met­ risch macht er von allen Möglichkeiten der Kadenz und der Füllung des Versinneren Gebrauch und nutzt die Lizenz der Auftaktfreiheit. Dadurch wird der Sinn metrischer Ordnung erfüllt, gleichzeitig aber starrer Schema­ tismus vermieden - die Beweglichkeit der Metrik ist der Flexibilität der Ge­ dankengänge angemessen. Die Kabinettstückchen der Vierreimstrophen und ein bei Gottfried erstmals anzutreffendes Maß an Reimbrechungen ha­ ben mit Konrad von Würzburg einen Nachfolger gefunden, der sich nicht auf bloße Nachahmung beschränkt, sondern diese formalen Mittel gezielt ausbaut.

Metrik, Versbau, Reimtechnik

80

v. Gottfrieds Tristan

6. Interpretationsansätze Die Deklarierung der folgenden Abschnitte als ,Ansätze' ist kein Bescheiden­ heitstopos, sondern resultiert aus der Forschungssituation. Sinn der Darle­ gungen ist,

Themen und Fragen präsent zu machen sowie Meinungen dazu

zu referieren. Es wäre ein faszinierender Gedanke, eine Einführung in Gott­ ,Problemhaftigkeit', Ambiguität

frieds

Tristan nur in Frageform zu schreiben. Zwar gibt es zu diesem Text

schon eine ganze Reihe von Einzelabhandlungen, die das Wort ,Problem' o. Ä. im Titel führen (Baisch 2006, van Dam 1930, Dietz 1974, Gottzmann 1989, Grubmüller 1985). Aber es sind nicht nur Einzelthemen, deren Aus­ wertung Probleme macht - vor allem dann, wenn kleineren Textsteilen eine große Beweislast für übergeordnete Themen aufgebürdet wird; auch die ge­ samte Forschung scheint problematisch geworden zu sein (mittlerweile lie­ fern einzelne Autoren zu verschiedenen Zeiten schon verschiedene Deutun­ gen, ohne auf die Abweichungen hinzuweisen). Hinzu kommt, dass ,Prob­ lemhaftigkeit' auch bei anderen mittelalterlichen Texten in der Forschung fast zu einem eigenen Paradigma geworden ist; dadurch "verliert sich das Spezifische von Gottfrieds ,Tristan' in einer generellen ,Ambivalenzierung' von Dichtung./I (R. Schnell 2004, 110). Die Gottfried-Forschung kann sich z. T. nicht genug daran tun, die ,Uneindeutigkeit' dieses Autors als Ausweis seiner besonderen Leistung zu feiern. Texten als Ansammlung sprachlicher Zeichen ist aber Uneindeutigkeit bis hin zur Widersprüchlichkeit inhärent. Genau umgekehrt gibt es Tendenzen, festgestellte Aussagendifferenzen ins­ besondere in den Exkursen (Chinca 1997, Christ 1977, Hübner 2003, Schnell 1992) durch interpretatorische Operationen ihres widersprüchlichen Cha­ rakters zu entkleiden (Tomasek 2007 b, 120f.). Trotz der attestierten und z. T. als Qualitätskriterium firmierenden Uneindeutigkeit (,Gottfried - der Autor, der sich nicht festlegen lassen will und nicht festlegen lässt') trifft man auf Be­ merkungen der Art, diese oder jene Frage, dieses oder jenes Problem sei

noch nicht gelöst. Angemessener wäre ein Bekenntnis dazu, dass sich aus verschiedenen Gründen eine Lösung vieler Fragen gar nicht herbeiführen lässt. Dass freilich alle Forschungsdivergenzen so gravierend sind, wie sie z. T. dargestellt werden, kann man bezweifeln: Manchmal geht es nur um Nuancen, und statt Differenzen zu betonen wäre es vielleicht angebrachter, das unterschiedlich Erscheinende in übergreifende Deutungsmodelle zu in­ tegrieren. Gottfried gehört zu den am intensivsten behandelten deutschen Autoren des Mittelalters, und ein Stagnieren der Publikationen ist nicht zu er­ warten. Vor allem die ästhetische Faszination, die er ausgeübt zu haben scheint, dauert an - so wird es jedenfalls behauptet. Dies sei natürlich jedem Rezipienten unbenommen; aber das ästhetische Potenzial, das der

Tristan

den Zeitgenossen geboten hat, kann nicht mehr zuverlässig rekonstruiert werden. Mittlerweile schleichen sich durch die Hintertür vereinzelt wieder Immanenz und Nachfühlungsphilologie ein. Ob das oft emphatische Lob des

Tristan immer tatsächlicher Überzeugung entspricht, eine vorbeugende De­ communis (?) opinio der gegenwärtigen Wissenschaft

mutsgeste vor einer

darstellt oder reine Attitüde ist, wird man nicht entscheiden können. Erinnern dürfen wird man aber daran, dass es nicht Aufgabe der Wissenschaft ist, Ge­ schmacksurteile auszutauschen - und wo es um

historische Werturteile geht,

müssen diese begründet oder zumindest plausibilisiert werden.

6.lnterpretationsansätze

Der Prolog Prologe bieten dem mittelalterlichen Autor, verglichen mit seiner Verpflich­ tung auf Stofftreue, eine relative Freiheit bei der Setzung von Akzenten, der Rezeptionslenkung, der Artikulation von Gedanken, die den Handlungsin­ halt nicht betreffen. Zwar liefert die Topik auch für Prologe Muster, aber To­ poi können variabel und zu verschiedenen Zwecken eingesetzt werden. Der Tristan-Prolog thematisiert nicht nur die Quellenproblematik, sondern liefert ein Bündel von einerseits allgemeineren, andererseits das Verständnis der Handlung lenkenden Aussagen. Fraglich ist, ob man in ihm ein ,Pro­

Ein Prolog­

gramm' sehen kann, das für alles Folgende tatsächlich Verbindlichkeit be­

,programm'?

sitzt; an Versuchen, diesen Programmcharakter nachzuweisen, fehlt es nicht. Stets mit zu bedenken ist aber, dass gemäß der Rhetorik ein Prolog vor allem die Aufgabe hat, das Publikum aufmerksam, wohlwollend und belehrbar zu machen; wie diese Aufgaben erfüllt werden, ist zunächst ein­ mal sekundär. Die Trennung der Funktionen ist nur eine analytische; Über­ schneidungen sind möglich und häufig. Belehrbarkeit setzt gleichzeitig Auf­ merksamkeit voraus, Wohlwollen führt auch zu Aufmerksamkeit usw. Inte­ ressant ist die Maxime, Belehrbarkeit zu erzielen, das Publikum also in einen Zustand zu versetzen, in dem es sich leichter belehren lässt: Wenn das für alle Texte gilt, dann wird Literatur damit gleichzeitig immer ein be­ lehrendes Potenzial bzw. ein belehrende Aufgabe zugesprochen. Das steht im Mittelalter in der Tradition religiöser Texte (mit denen Schriftliteratur ja im Wesentlichen beginnt); ihnen haftet eine solche Funktion gleichsam au­ tomatisch an. Wenn das Programm einer belehrenden Funktion von Litera­ tur dann auch für Texte mit weltlichem Inhalt übernommen wird, kann man darin einen Reflex auf die Tatsache sehen, dass weltliche Literatur in einem Konkurrenzverhältnis zu religiöser Literatur steht: Sie muss sich rechtferti­ gen, und sie macht dies, indem sie eben suggeriert, man könne (auch) aus ihr etwas lernen. Inwieweit dies dann immer einer Überzeugung der Auto­ ren entspricht, lässt sich nicht feststellen. Den Tristan-Prolog kann man zunächst nach zwei Kategorien gliedern:

prologus praeter

Formal zerfällt er in zwei strophische (1-44, 233-244) und einen stichi­

rem, prologus ante

schen Teil (45-232). Die in Rhetoriken anzutreffende inhaltliche Unter­

rem

scheidung zwischen prologus praeter rem (,außerhalb der Sache', d. h. der Handlung) und prologus ante rem (,vor der Sache'; enthält allgemeine Äu­ ßerungen zum Thema, nimmt aber keine wesentlichen konkreten Hand­ lungsbestandteile vorweg) wird dadurch überlagert. Nach der o. a. Bestim­ mung entfallen, abstrakt gesehen, auf den p. praeter rem die Verse 1-124 und 135-209, auf den p. ante rem die Verse 125-134 und 211-244. So stellt es sich zumindest einem Publikum dar, das den Text das erste Mal hört und beim fortlaufenden Hören keine Möglichkeit hat, wie ein Leser Rück­ und Querbezüge herzustellen. Inhaltlich zeigen sich für ein Lesepublikum und ein Hörpublikum, das den Stoff bereits kennt, auch in Teilen, die tradi­ tionell zur Exordial-Topik und damit zum p. praeter rem gehören, durchaus Zusammenhänge mit dem späteren Inhalt. So ist z. B. der Topos der causa scribendi (Nennung des Schreibgrunds: der Text soll etwaigen Kummer des Publikums erträglicher machen: 71 ff.) eng verbunden mit der inhaltlichen Vorausdeutung, dass die Geschichte auch von der not der Protagonisten er­ zähle (221).

81

82 v. Gottfrieds Tristan ,Dankbarkeit' des

Der Prolog beginnt mit einer indirekten Aufforderung des Publikums zur

Publikums

Dankbarkeit gegenüber dem Urheber von ,Gutem'; je nach Handschrift (s. Kap. 111) kann man darunter den Autor dieses Textes, Autoren von guter Lite­ ratur überhaupt oder den speziellen Text verstehen (1-4). Als Maßstab dafür, ob etwas gut ist, wird nicht die absolute Qualität des Geschaffenen genannt, sondern die gute Absicht des Urhebers (5-8). Dies relativiert die prätentiöse Selbsteinreihung des Erzählers unter diejenigen, die Gutes in die Welt brin­ gen, und gerät in die Nähe eines Bescheidenheitstopos - ohne doch direkt ein solcher zu sein: Viele Autoren operieren in ihren Prologen mit der ,guten Absicht', benutzen dann aber Wendungen wie: ,Verzeiht Fehler - ich habe

Publikumskritik

mein Bestes gegeben'. Dann wird Publikumskritik thematisiert (9-12), aber an Beispielen, die eine solche Kritik als nicht sehr substanziell erscheinen lassen und ihr einen Mangel an klarer Linie unterstellen. Solche Fehlhaltun­ gen werden (anders als später) nicht zur Ausgrenzung von Publikumsteilen benutzt, sondern korrigiert (13-16), so dass die Belehrungswilligen und er­ folgreich Belehrten sich weiter zum Publikum zählen dürfen. Resümierend und fortführend sind die Verse 17-28: Das rechte Publikum versteht es, zwi­ schen ,gut' und ,schlecht' zu differenzieren. Das kann Bezug auf literarische Qualität nehmen, aber auch eine moralische Dimension besitzen: Die Ehe­ bruchsgeschichte ist moralisch bedenklich, aber das könnte nur vordergrün­ dig so sein, wenn man sie ,richtig' wertet. Angemessene Bewertungsmaß­ stäbe werden nicht nur gefordert in Hinsicht auf Literatur, sondern auch be­ züglich des Autors (19f.). Eine solche Bewertung geht über den Einzelfall hinaus, indem sie das Entstehen von Literatur begünstigt: lop ist nicht das ,Brot des Künstlers', sondern der Nährboden, auf dem Können (list) gedeiht (21-24). Und Lob sorgt für das Weiterleben guter Literatur, so wie umge­ kehrt Literatur, die resonanzlos bleibt, in Vergessenheit gerät (25-28). Recht traditionell ist dagegen die Kritik am Geschmacksverfall der eigenen Zeit

,Neid'

(29-32: Topos der Zeitklage mit impliziter laudatio temporis actJ). Einen ori­ ginelleren Gedanken präsentieren die Verse 33-36: cunst und nahe sehen­

der sin (Verstand, der Objekte genau in Augenschein nimmt) wirken effektiv zusammen - werden aber beide ,ausgelöscht', wenn etwas Drittes hinzu­ tritt: der ntt (sowohl ,Feindseligkeit' als auch ,Neid'); im ntt ist wohl am ehesten eine entsprechende Haltung von Rezipienten oder Konkurrenten zu sehen, die nur kritisieren, weil sie einem Autor Erfolg und Ansehen nicht gönnen. 37-40 betonen, wie schwer es sei, tugent zu erreichen; das mhd. Wort bedeutet mehr als nhd. ,Tugend', indem es jede als positiv geltende Eigenschaft bezeichnen kann (alles, was ,taugt', zu etwas nützlich ist); gelobt wird entsprechend schon derjenige, der sich darum bemüht, tugent zu erreichen. Das reflektiert der Erzähler wieder zurück auf sich selbst bzw. auf seine Rolle als Autor: Wenn er ein inaktives Leben führen würde, würde er in der ,Welt', der Gesellschaft, zu der er und sein Publikum gehören, nicht die Funktion einnehmen, die er besitzt. Das Wortspiel der werft ... ge­

werldet lässt sich in seiner genauen Bedeutung nicht erschließen, erlaubt daher einen breiten assoziativen Spielraum. (gewerldet gehört zu einer Gruppe von Neologismen Gottfrieds, die durch Neukonstruktion von Ver­ ben zu einem Nomen gebildet wurden.) Der Beginn des stichischen Prologs (45ff.) greift den Gedanken der Akti­ vität und des Bemühens um etwas Sinnvolles wieder auf: ,Ich habe mich

6.lnterpretationsansätze

einer unmüezekeit (Gegenbegriff zur schaffenden Aktivität) unterzogen'. In

werltund

den Genuss des Produkts dieser T ätigkeit kommen die werft (die höfisch-ad-

edele herzen

lige Gesellschaft) und die edelen herzen. Was hier noch nebeneinander gesteilt wird, findet sich im Folgenden voneinander getrennt: Die werft ist die übergeordnete Kategorie; aber nur einem Teil von ihr gelten das Werk und sein Nutzen. Die soziale Dimension wird also nicht ausgeklammert; aber sie ist nicht das allein Entscheidende für die Qualifikation des vom Erzähler gewünschten Publikums. edel meint ursprünglich ,adlig', muss aber hier im übertragenen Sinn gemeint sein. Übersetzbar ist das Wort allenfalls weiträumig paraphrasierend; der Erzähler macht deutlich, was ein ,edelez Herz' auszeichnet: ein ganz bestimmtes Lebens- bzw. ,Erlebens'ziel. Ausgrenzung unerwünschter Publikumsteile ist ebenfalls nicht selten in Prologen; sie richtet sich sonst gegen Störer der Aufführungssituation, Missgünstige, Ungläubige ete.; dass ein Publikum nach Erfahrung und Geschmack zusammengestellt wird, ist sehr viel seltener und findet sich im Tristan-Prolog in spezieller Ausprägung. Die vom Publikum gewünschte/verlangte Qualifikation ist zunächst einmal, anders als in den vorhergehenden Prologteilen, keine literarische. Der Text soll sich an die richten, die in ihrem eigenen Leben für komplexe und bipolare Empfindungen optieren. Sie wünschen sich nicht nur vröude, sondern auch swaere (i. F. zu beidem terminologische Varianten). Was gemeinhin antithetisch erscheint, wird also hier zur Herstellung von ,Ganzheit' zusammengefügt. Damit wird andererseits die anfänglich als einheitlich apostrophierte werft in zwei Teile aufgebrochen: Die edelen herzen sind die ander werft. An sie richtet sich der Erzähler nicht nur; ihr erklärt er sich auch als zugehörig: Dem Leben, das die edelen herzen wünschen und führen, soll auch sein Leben ergeben sein. Über Beziehungen der Chiffre ,edles Herz' zur Antike einerseits, zu speziellen theologischen Richtungen (Mystik?) andererseits wurde lebhaft diskutiert. Sollte eine gezielte Invektive gegen höfische Werte vorliegen, ergäben sich inhaltliche Beziehungen zum Armutslied (s. Kap. IV). Erscheint bis hierhin das Miteinander von Angenehmem und Leidvollen als erstrebenswert, so wirkt das Folgende (71 ff.) in dieser Hinsicht inkonsequent: Eine Aufgabe des vorgelegten Werkes ist es, das Leid des Publikums zu geringen (kleiner zu machen). ,Leid' hat also eine doppelte Gestalt: Es soll zum Zweck einer umfassenden Erlebnisfähigkeit nicht nur passiv akzeptiert, sondern aktiv angestrebt werden; es ist aber auch ein Gefühl, das des Trostes bedarf und gegen das anzugehen daher legitim ist. Diese Inkonse­ quenz?/Ambivalenz? kennzeichnet auch den Inhalt: Tristan und Isolde leiden unter den Hindernissen für ihre Liebe, wollen den Tod als Folge unerfüllter Liebe vermeiden, versuchen Leidvollem aus dem Weg zu gehen, sehen in der glücklichen Liebe eine Kompensation für Liebesleid. Der (in der Psychologie bemerkenswert aktuelle) Gedanke einer geradezu therapeutischen Wirkung von Literatur in diesem Zusammenhang ist ein schon aus der Antike stammender Topos. Nach Aussage des Prologs geht es dabei aber nicht um Ablenkung - die Literatur, die das Leid lindern soll, muss inhaltlich selbst von liebe und leit handeln (86ff.). Die Funktionalisierung von Dichtung mit dem Thema ,Liebe und Leid' als Trost wird variierend vorgetragen in 101 ff. als sog. refutatio (vorwegnehmende Widerlegung möglicher Ein­ wände): Der Erzähler thematisiert die Meinung, dass Liebesleid durch die

,Leid'

83

84

v.

Gottfrieds

Tristan

Rezeption von Liebesgeschichten nur vergrößert werde. Dem widerspricht er nicht inhaltlich, aber hinsichtlich der damit verbundenen negativen Wer­ tung: Auch ein durch Liebesdichtung hervorgerufenes Leid bringt Freude und steigert die Empfindungsfähigkeit. Und eine solche Dichtung soll nun folgen (123ff.): Die Protagonisten des Epos sind edele senedaere (,Sehnen­ de', aber auch ,traurig Sehnende'; 126); das Beiwort stellt sie mit Erzähler und konstruiertem Publikum auf eine Ebene.

Quellenbewertung

Es folgen die Quellenräsonnements, die mit dem Bisherigen dadurch in Verbindung stehen, dass ein Kriterium für die ,Wahrheit' einer Quelle die Kompatibilität mit der der Geschichte vom Erzähler unterlegten Aussagedi­ mension ist. 172ff. wird der Gedanke des Nutzens wieder aufgegriffen, 184ff. der des Miteinanders von Liebe und Leid. Eine auffällige Spezifizie­ rung bieten die Verse 201ff., in denen nun plötzlich ein quantitatives Ele­ ment in die Argumentation eingebracht wird: Liebe und Leid erscheinen doch nicht als prinzipiell gleichgewichtig; Leid ist etwas Negatives, aber die aus Liebe resultierende Freude wiegt den damit verbundenen Kummer mehr als auf (203: durch manege vröude ein ungemach).

memoria

211 ff. bezieht den Gedanken des Fortlebens von Personen durch Literatur ein, also die im Mittelalter in mehrfacher Hinsicht so wichtige memoria. Die Geschichte von Tristan und Isolde wird als historisch deklariert - sie sind zwar lange tot, aber eben das impliziert, dass sie wirklich gelebt haben. Ihr Name lebe fort, weil von ihnen immer noch erzählt werde. (Ähnlich Hartmann von Aue im Iwein-Prolog - wobei dort allerdings eine Art ,meta­ phorischer' Realitätsgehalt konstruiert wird: Der Erzähler rekurriert auf eng­ lische Sagen, nach denen Artus immer noch lebe; damit hätten sie insofern Recht, als er zwar leiblich gestorben sei, sein Name aber wegen seiner Ta­ ten, die von ihm berichtet werden, weiterlebe.) Unbeschadet seiner Vorbe­ halte gegen einzelne Stoff-Fassungen stellt der Tristan-Erzähler sich hier also in eine literarische Tradition. Aber nicht nur die Erinnerung an das Paar lebt

Eucharistie­ Metaphorik

weiter; auch sein Tod perpetuiert sich gleichsam, ,lebt' gar (229, 234). Denn es wird behauptet, dass sein Tod für die Lebenden, d. h. für die Rezi­ pienten ihrer Geschichte, brot, geistige und spirituelle Nahrung bedeute eine schon früh als Anspielung auf die Eucharistie gedeutete Formulierung. Selbst dem ist widersprochen worden; für die Zeitgenossen müssen sich aber Parallelen aufgedrängt haben: In der Messe hat die Eucharistie glei­ chermaßen eine memoriale wie auch eine reaktualisierende Funktion in Be­ zug auf die Einsetzung des Abendmahls durch Christus, und aus der reak­ tualisierenden Wiederholung ergibt sich eine theologische Wirkung (Christi Tod bewirkt für die Gläubigen die Möglichkeit des ewigen Lebens nach dem körperlichen Tod). Diese ,Gläubigen' wären dann im Kontext der Re­ aktualisierung der Geschichte von Tristan und Isolde im Akt des Erzählens die edelen herzen. Ob diese sicher kühne Parallelisierung dafür ausreicht, in Bezug auf Gottfrieds Tristan von der Entwicklung einer Liebes,theologie' zu sprechen, ist eine andere Frage. Jedenfalls wird die eucharistische An­ spielung auch formal betont; in den neu einsetzenden Vierreimstrophen 233-240 werden die entscheidenden Stichworte chiastisch als Reimwörter verwendet. In der abschließenden Strophe (241 ff.), dem letzten Textteil vor Beginn der Handlung, wird noch einmal das Publikum apostrophiert: Es soll nicht nur die Ohren öffnen, sondern auch sein herz; dann finde es in der

6.lnterpretationsansätze

Geschichte von Tod, Freude und Klage alles, was es wünsche; mit dem ,Herz' wird wieder auf die vorher geforderte Einstellung Bezug genommen.

Ein Liebes/konzept'? Was allgemein zum Prolog gesagt wurde, gilt für einen speziellen Aspekt­ die Vorgabe einer ,idealen Liebe' - auch in Verbindung mit späteren Teilen, in denen sich ebenfalls Aussagen über ,richtige' und ,falsche' Liebe finden: Fraglich ist (nicht nur, weil das Ende fehlt), ob man solche Äußerungen zu einem stringenten theoretischen Konzept zusammenfügen und die Hand­ lung der Protagonisten so ausdeuten kann, dass Erzähler-Theorie und über Handlung vorgeführte ,Praxis' zusammenpassen. Wie die Erläuterungen

,Stimmigkeit' und

zum huote-Exkurs zeigen, treiben die Deutungsambitionen den Autor-Er­

,Realismus'

zähler oft so weit, dass Kommentare nicht als stimmig im Sinn einer abstrak­ ten Logik gelten können. Das hat aber auch im Mittelalter anscheinend nie­ mand verlangt: Es gibt zwar Kritik an allem möglichen; aber man findet kei­ ne Belege für Vorwürfe, die sich gegen mangelnde Stringenz richten - aller­ dings solche gegen mangelnde Plausibilität und Wahrscheinlichkeit. In Gottfrieds Invektive gegen den fabulösen Charakter des Schwalbenhaar-Mo­ tivs etwa (8601 ff.) geht es um ,Realismus', nicht um Stimmigkeit; und ange­ sichts dessen, was Gottfried selbst an ,unrealistischen' Inhalten bietet, be­ steht die Funktion der Kritik außerdem eher im Nachweis der Kenntnis an­ derer Quellen und der Suggerierung von Auswahlkriterien. Die Frage nach einem Liebeskonzept Gottfrieds, also danach, ob Gottfried ein kohärentes Liebesmodell entwickelt, das gleichermaßen distinktiv wie handlungslen­ kend ist, wurde gleichwohl in der Forschung immer wieder gestellt - und verschieden beantwortet. Der Erzähler selbst setzt seine Rezipienten auf diese Spur, nämlich durch eine Art von Modellskizze im Prolog, wo ideale Empfindungsfähigkeit als Bereitschaft dargestellt wird, mit dem ,Angeneh­ men' auch das Leid der Liebe zu akzeptieren und beides zusammen als ge­ steigerten Wert wahrzunehmen. Diese Totalität erfährt Brüche, indem näm­ lich schon im Prolog Leid leidvoll bleibt und dem Angenehmen eine kom­ pensatorische Funktion zugesprochen wird. Durch die folgende Handlung und die aus der Erzählerperspektive, also mit dem Anspruch auf Objektivität geschilderten Gefühle des Paares wird weniger das radikale Konzept einer nur durch Liebe und Leid zur Vollkommenheit führenden Empfindungsfä­ higkeit eingelöst als vielmehr das zweite, abgemilderte. Das Handeln bei­ der Protagonisten ist auf Gewinnung von Lust (allerdings nicht nur sexuel­ ler) und die Vermeidung von Leid angelegt. Die Liebe der beiden ist hand­ lungsintern also nicht schon ideal, wenn sie Leid erfahren, sondern nur dann, wenn das Leid die Liebe zueinander steigert und nicht beeinträchtigt. Damit wird die Verantwortung dem Paar zugeschoben. Dem steht gegen­ über, dass die Gelegenheit dazu, sich als durch Bestehen von Schwierigkei­ ten ideales Paar zu zeigen, stets von außen kommen muss: durch einzelne Widersacher, durch die Gesellschaft und durch gesellschaftliche Institutio­ nen. Der Erzähler fordert im Prolog von den ,edlen Herzen' eine bestimmte Einstellung und reiht sich durch sein eigenes Bekenntnis zu dieser Einstel­ lung unter die edlen Herzen ein; als Beispiel erzählt er die Geschichte von Tristan und Isolde, und dieses Beispiel ist insofern nicht stimmig, als die bei­ den eine andere Haltung zeigen als die im Prolog geforderte. Während die

,Lust' und ,Leid'

8S

86 v. Gottfrieds Tristan Schwierigkeiten, an denen das Paar sich beweisen kann/könnte, von außen kommen, kommt die ,Haltung', mit denen solchen Schwierigkeiten begeg­ net wird, von innen. Und auch hier zeigt sich, dass beide keineswegs von Anfang an souverän das Erzählerkonzept leben können und sich diese Fä­ higkeit auch nicht sukzessive aneignen. Der wiederholte sexuelle Kontakt auf der Überfahrt ist zunächst Selbstschutz: Ohne körperliche Realisierung der Liebe würden sie sterben. Gleichzeitig findet diese erste Liebesphase in einem geschützten Raum statt: Die Personen, die eine kontrollierende Ge­ sellschaft vertreten könnten, sind nicht zahlreich, so dass Brangaene die Möglichkeit hat, die beiden abzuschirmen. Der spätere Mordversuch an Brangaene resultiert bemerkenswerterweise zunächst aus der Furcht, Bran­ gaene könne Gefallen an ihrer Rolle als Braut-Substitut finden (12620ff.); erst im zweiten Schritt würde dies zur Entdeckung führen, die Spott und Ge­ rede nach sich zöge (12628). Es kann also keine Rede davon sein, dass sich alle ,edlen Herzen' gegenseitig erkennen; Isoldes Einstellungsänderung ge­ genüber Brangaene wird erst durch deren verklausulierte Botschaft bewirkt. Isoldes Angst gilt auch nicht der Bedrohung der Liebe, sondern gesellschaft­

I icher Verachtung. Das lässt sich mit dem Bedauern über die fehlende Pre in der Minnegrotten-Episode verbinden; hier sehen diesmal beide Liebespart­ ner fehlende gesellschaftliche Anerkennung als Nachteil an, obwohl sie doch ungestört zusammen sind und bleiben könnten. Und auch vom Gottesurteil erhofft Isolde sich nicht den Schutz ihrer Liebe, sondern die Restituierung der Pre (15648ff.). Die Schlussteile bei Gottfried und das in den erhaltenen Fassungen erzählte Ende deuten immerhin eine Rückfüh­ rung zum Ideal an: Tristan besteht eine doppelte massive Versuchung (die, ohne Isolde sein ,Glück' zu finden, und die, ein solches Glück mit der prä­ senten und willigen Isolde Weißhand zu realisieren). Dass es zu einer sol­ chen Versuchung kommt, zeigt, dass er nicht von Anfang an ein ,edles Herz' ist; aber er ist gefühlsmäßig nicht fähig, die andere Isolde zu lieben. Und die blonde Isolde geht ohne Zögern und diesmal ohne Rücksicht auf die Gesellschaft auf seine Bitte ein, zu ihm zu kommen; nach Tristans Tod Tod-Liebe-Leid

stirbt auch sie. Beider Tod (bei Gottfried nicht mehr erzählt, aber schon im P rolog vorausdeutend erwähnt) ist in gewissem Sinn die Einlösung der Liebe-Leid-Maxime: Motivation ist die Liebe zum anderen, und um dieser Liebe willen akzeptieren sie das größte Leid, den Tod. Dieser kann nicht mehr kompensiert werden, so dass Liebe und Leid endlich auch handlungs­ bezogen auf einer Ebene stehen. Von der Realisierung eines über den gesamten Text hin durchgängigen ,Konzepts' kann man also, wenn man die Widersprüche nicht spitzfindig wegdiskutieren will, nicht reden. Natürlich weisen die allgemeinen Aussa­ gen zur Liebe und die zur Liebe des Paares eine ganze Reihe von Berüh­ rungspunkten auf, was nicht weiter erstaunen kann; Gottfried artikuliert in

Kohärenz?

dieser Beziehung auch manch bereits traditionellen Gedanken. Aber völlige Kohärenzerzeugung findet nicht statt und konnte wohl auch nicht geleistet werden: Die Liebe Tristans und Isoldes ist nicht gesellschaftskonform und verstößt gegen religiöse Normen. Der Erzähler begleitet, von gelegentlicher Detailkritik an einzelnen Verhaltensweisen abgesehen, das Paar aber mit seiner Sympathie, tadelt (anders als zumindest indirekt Heinrich von Frei­ berg durch seine religiöse Umdeutung im Epilog) nirgendwo die Tatsache,

6.lnterpretationsansätze

dass sie ihrer Liebe nachgeben und sie, wo immer möglich, realisieren wol­ len. In dieser Hinsicht war der Autor (nicht nur der Erzähler) nachgerade zur Konsequenz gezwungen: So, wie im rechtlich-theologischen Diskurs die Ehe unantastbar ist, so ist Liebe ohne institutionelle Rückbindung im kulturell-literarischen Diskurs ein Wert. Auf der ersten Argumentationsebene nicht zu verwechseln mit der Frage

,Tristanl iebe'

nach einem Liebeskonzept ist die nach der Spezifität einer ,Tristanliebe'j ,-minne', obwohl natürlich Wechselbeziehungen bestehen und beides in­ einander aufgehen kann. ,Liebeskonzept' meint kohärente Vorstellungen über Bedingungen, Normen, Art und Ausprägung von Liebe; Jristanminne' eine bestimmte Art von Liebe, die sich aus einer stofflich definierten Grund­ konstellation ergibt, die sich in der Tristan-Geschichte erstmals zeigt, die dann aber auch prinzipiell zur Kennzeichnung annähernd identischer Kon­ stellationen in anderen Texten verwendet werden kann. Im Kern meint ,Tris­ tanliebe' eine Ehebruchsliebe, die innertextuell nicht kritisiert und sogar gefeiert wird, weil die Schwierigkeiten dem Paar Anlass für gesteigerte Em­ pfindungsfähigkeit, eine Auseinandersetzung mit den eigenen Gefühlen, mit Gegennormen, mit der Gesellschaft bieten. Diese aus der Grundthema­ tik resultierende Facettierung ist in den verschiedenen Tristan-Fassungen nicht identisch. Jristanminne' hat also eine doppelte Bedeutung: Gemeint sein kann ein Grundbestandteil, der unabhängig aller sonstigen Unterschie­ de in allen Tristan-Fassungen anzutreffen ist, oder die konkrete Ausgestal­ tung in einem bestimmten Werk. Im zweiten Fall kann man dann ,Liebes­ konzeption' und ,Tristanminne' in Bezug auf ein einzelnes Werk synonym verwenden. Auch wenn man die Frage nach einem stringenten Liebeskon­ zept Gottfrieds negativ beantwortet, lassen sich im Vergleich mit anderen

Tristan-Fassungen (Eilhart, Berol, Thomas) natürlich Unterschiede in der Liebesdarstellung finden - jüngeren Untersuchungen zufolge allerdings auch Gemeinsamkeiten, sogar solche mit Epen außerhalb des Tristan-Stoffs.

,Gemischte Charaktere? Wenn eine derart ,radikal' konzipierte Liebe vorgeführt werden soll wie in Gottfrieds Tristan, dann kann deren Idealität nur vermittelt werden, wenn man sie mit Problemen konfrontiert. Was die äußeren Probleme betrifft, so erscheinen diese in den Quellen fast komplett vorgebildet; Gottfried setzt aber Akzente, z. B. durch seine vertiefende Psychologisierung Markes oder die Schilderung des Hofs als eines prinzipiellen Ortes von Intrigen - bei Be­ rol etwa wird eher auf die charakterliche Defizienz einzelner ,Böser' bzw. einer namentlich identifizierbaren Gruppe von Intriganten abgestellt, wo­ von bei Gottfried nur Melot und Marjodo übrig bleiben. Die Gefährdung

Gefährdung von

der idealen Liebe erfolgt nicht nur von außen, sondern auch von innen.

außen und innen

Wenn Tristan und Isolde unter Bezug auf den Prolog zu ,Minneheiligen' sti­ lisiert werden, so ist das in zumindest einer Hinsicht irreführend: Heilige, selbst solche vom Typus der ,Sünderheiligen', also einer Gruppe, die zu einem Gott wohlgefälligen Leben erst nach einer Abkehr von bisheriger Sündhaftigkeit gefunden hat, sind in ihrer einmal erreichten oder von An­ fang an vorhandenen Haltung konstant und glaubensstark. Das aber sind Tristan und Isolde nicht. Ihre positiven Qualitäten in verschiedenster Hin­ sicht werden mehrfach geschildert; neben dem, was Protagonistlinn/en hö-

87

88 v. Gottfrieds Tristan fischer Epen gemeinhin auszeichnet, zeigen sie Eigenschaften, die unty­ pisch sind. Und daneben weiß der Erzähler auch Negatives von ihnen zu berichten. Sie tragen daher Züge eines ,gemischten Charakters'. Dies natür­ lich noch nicht im Sinn der späteren Forderungen Lessings für dramatische Dichtung; aber einige Gemeinsamkeiten zeigen sich doch, zumal wenn man Gottfrieds differenziertere Figurengestaltung mit dem vorher dominie­ renden Trend zur Typisierung vergleicht. Auch als Typen dargestellte Perso­ nen verlassen ab und an ihre Rolle und ändern dann die damit verbundenen Eigenschaften; sobald sie aber (etwa nach der obligaten Rehabilitierung im Artusroman) ihre Rolle wieder ausfüllen, zeigen sich ihre typischen EigenCharaktere

schaften erneut. Gottfried dagegen verleiht einigen seiner Figuren Charakte­

re, und diese sind zum Teil nicht einheitlich. Ob man in Bezug auf mittel­ alterliche Literatur von Charakteren sprechen kann - oder etwa auch von den damit in enger Beziehung stehenden Kategorien ,Identität' und ,perso­ nale Individualität' - ist allerdings ebenfalls umstritten. Der Streit ist in einer Hinsicht unfruchtbar: Es gibt auch heute kein allgemein akzeptiertes Ver­ ständnis von ,Charakter', ,Individualität', ,Identität'. Man wäre also in je­ dem Fall gezwungen, natürlich unter Einbezug der Forschungsdiskussion, aber letzten Endes doch nach eigenem Verständnis Definitionen zu er­ stellen; dann allerdings kann es sinnvoll sein zu untersuchen, ob die Per­ sonendarstellungen solche Definitionen erfüllen oder nicht und vor allem Vergleiche vorzunehmen. Um die Darstellung nicht mit konkurrierenden Definitionen zu überfrachten, sind die folgenden Hinweise primär deskrip­ tiv-phänomenologisch orientiert. Was beim Tristan überhaupt zu entspre­ chenden Fragestellungen führt, ist die nicht wegzudiskutierende Tatsache, dass er, zumal im Vergleich mit der vorherigen und für ihn zeitgenössischen Epik seine Figuren mit ,Tiefendimensionen' ausstattet, sie also nicht ,flä­ chig-eindimensional' anlegt. Zu diskutieren bliebe, ob eine Mischung von Eigenschaften, Verhaltsweisen, moralischen Einstellungen usw. nicht über­ haupt erst einen ,Charakter' ausmacht. Dann würde die Kategorie ,gemisch­

ter Charakter' zwar nicht überflüssig, unterschiede sich vom ,Charakter' aber nur graduell, indem bei ersterem die Mischung durch stärker antago­ nistische Charakterbestandteile gekennzeichnet ist. Eine vielleicht neutrale­ re Formulierung ist es, in Bezug auf Figuren im Tristan von einem ,hohen Grad an Personalisierung' zu sprechen; Analyserichtung und Analysezweck sind aber auf jeden Fall ähnlich. Isolde

Bei Isolde ist ein ,Charakter' anfänglich noch nicht zu erkennen. Zunächst entspricht sie vor allem der traditionellen ,Geliebten in spe': Sie ist ,wohlerzogen' und schön; dass ihre Schönheit ,magisch' oder ,irritierend' sei, ist vielleicht übertrieben. Die Hyperbolik ist rollenkonform (der beste Mann erhält die schönste Frau) und der Helena-Vergleich für den gebildeten Gottfried naheliegend. Ungewöhnlich sind Umfang und Grad ihrer Bildung - und zwar nicht, weil diese prinzipiell unrealistisch wären, sondern weil der Erzähler sie so detailliert vorstellt; in dieser Hinsicht gab es in der deut­ schen Epik kaum Vergleichbares. Ungewöhnlich ist ferner, dass ihre Mutter sie trotz der schon stupenden Kenntnisse in verschieden Bereichen weiter ausbilden lässt - und zwar von jemandem, den alle für einen Spielmann halten; die Fähigkeiten, die der Lehrer vorher unter Beweis gestellt hat, ma­ chen also mögliche soziale Vorbehalte unwirksam. Dieser Spielmann trägt

6.lnterpretationsansätze

seiner Schülerin Isolde einen Wissenskatalog vor, aus dem er sie selbst aus­ suchen lässt, was sie zu lernen wünscht (7966ff.). Dies macht sie und zeigt damit, dass sie über eigene Interessen und Kriterien verfügt, also nun kein bloßes Objekt mehr ist. Der Lehrer gibt weiter, was er kann, und schafft da­ mit letzten Endes eine gewisse Identität zwischen beiden. Isoldes Erziehung weist in einigen Bereichen deutliche Übereinstimmungen mit der Tristans auf:

Fremdsprachen, Gesang, Instrumentalmusik, später unspezifizierte

häfschlfche liste (8043), also wohl eine Gesamtheit von am Hof erwarteten und nützlichen Fähigkeiten. Unter anderem die musischen Fertigkeiten bei­ der ermöglichen während des Wald- und Grottenlebens ein miteinander Umgehen auf gleicher Ebene, die gegenseitige Erfüllung von umfassenden Ansprüchen und Wünschen. Dazu kommt in Isoldes Erziehung als Beson­ derheit die moraliteit (8004ff.), ein Fremdwort, das der Erzähler nicht über­ setzt, dessen Bedeutung er aber aufschlüsselt: Es handelt sich um etwas, das man aus Büchern lernen kann (8008); es vermittelt schoene site, hat mit der

werlde und mit gote zu tun, indem sie lehrt, was man tun muss, um beiden zu gefallen; unverzichtbar ist sie für die edelen herzen, die nämlich ohne sie weder Ansehen noch Besitz (!) erlangen können. Übersetzungen wie ,Sittenlehre' (Krohn), ,Ethik' (von Ertzdorff u.a.) oder die Re-Latinisierung

moralitas (Knecht) treffen das nicht ganz, weil die praktisch-utilitaristischen Funktionen nicht zur Geltung kommen. Vom weiteren Verlauf her betrach­ tet ist die Ausbildung in moraliteit nur dann erfolgreich, wenn andere Fähig­ keiten und glückliche Umstände hinzutreten. Sie schützt nicht durchgängig vor Neid und Nachstellungen, und ob Isoldes Handeln auch Gott ,gefällt', bleibt bezweifelbar. Umgekehrt zeigt Isolde Eigenschaften und Charakter­ züge, die mit den Erziehungsinhalten in überhaupt keinem Zusammenhang stehen: Sie kann, zugunsten der Paarbeziehung, listig sein. In drohender Ge­ fahr, real oder geglaubt, ist sie unter völliger Hintanstellung moralischer Be­ denken wie beim Mordversuch an Brangaene zu radikalen Lösungen bereit. Auch steht die von didaktischer Literatur (z. B. bei Thomasin von Zirclaria) von adligen Damen geforderte und in höfischer Epik immer wieder vorge­ führte emotionale Selbstbeherrschung und würdevolle Haltung, die sich in ihrem Auftreten in der Öffentlichkeit zeigt, im Kontrast zu spontanen, lau­ nenhaften Zügen: Nachdem sie Brangaenes Botschaft verstanden hat, be­ schimpft sie die knehte, die von ihr ja schließlich mit dem Mord beauftragt worden waren, als ,Mörder'; als sie erfahren hat, dass Brangaene lebt, zeigt sie sich ihnen gegenüber als großzügige Herrin. Emotional verständlicher, aber sicher nicht rollenkonform ist ihre Absicht, den wehrlosen Tristan zu erschlagen, nachdem sie dessen Identität festgestellt hat. Spontan handelt sie auch in der Petitcreiu-Episode. Aber die Zerstörung des Glöckchens rich­ tet sich gegen eine Gefahr, die aus ihr selbst hervorgehen könnte; sie will genau so leiden wie Tristan und nimmt sich deshalb die Möglichkeit, durch ein magisches Mittel Ablenkung und künstliche ,Freude' zu finden (diesmal also durchaus eine Realisierung des Konzepts eines ,edlen Herzens'). Ihr Verhältnis zu Gott ist bemerkenswert naiv; das ist, wenn man etwa Beicht­ spiegel oder sonstige katechetische Literatur heranzieht, durchaus keine modernistische Deutung, weil sie mit ihrem Verhalten anlässlich des Gottesurteils in die Nähe der Sünde der praesumptio, einer ,vermessenen' Gnadenerwartung gerät: Sie plant einen formal korrekten Eid und will damit

89

90 v. Gottfrieds Tristan sozusagen für Gott die Möglichkeit schaffen, sie das Ordal überstehen zu lassen, sichert sich aber zusätzlich durch Messbesuch und Spenden ab. Mit der Konstruktion der Eidformel entsprechend den vorher eingefädelten Er­ eignissen zeigt sie sich als listfähig; allerdings sichert der Erzähler das da­ durch ab, dass schon der Plan selbst als göttliche Eingabe gedeutet werden kann. Vergleicht man dies alles mit ihrer anfänglichen Passivität, dann macht sie unter dem Einfluss äußerer Ereignisse eine Art innerer Entwick­ lung durch, die sich dann wieder nach außen in konkretem Verhalten zeigt. In den Versen 12431ff. deutet der Erzähler in einer Sentenz selbst recht deutlich eine solche Entwicklung an, indem er den Einzelkasus auf den all­ gemeinen Sachverhalt zurückführt, dass die Liebe junge Mädchen erwach­ sen mache; dieses Erwachsenwerden wird spezifiziert mit den Begriffen wit­

ze und liste, im Wesentlichen also als intellektuelles Phänomen gedeutet. Das gilt aber nur, so lange sich keine allzu großen moralischen Probleme stellen - denn anlässlich des Mordversuchs hatte der Erzähler Isolde kriti­ siert: Sie figuriert bei ihm als Beispiel dafür, was passieren kann, wenn man

laster unde spot, also gesellschaftlichen Skandal, mehr fürchtet als Gott (12711). Solche negativen Erzählerkommentare in Verbindung mit der Tat­ sache, dass sie, anders als etwa männliche Protagonisten im Artusroman, überhaupt keine Gelegenheit findet, sich für phasenweises Fehlverhalten zu rehabilitieren, heben die Deutung ihres Personenprofils als ,gemischt' aus der Sphäre nachempfindender anachronistischer Spekulation heraus. Auf einer anderen Ebene liegen Verhaltensweisen, die unter der Perspektive des Ziels einer Sicherung der Liebe als ,Fehler' gedeutet werden können: Sie dienen, wie das Missverstehen der Absicht Markes (13682: Isolde ,fängt sich' in der von Marke ausgelegten ,Schlinge'), der Spannungserzeugung und haben insofern eine handlungsimmanente Funktion. Aber auch derglei­ chen ist insofern aufschlussreich, als damit an Isolde demonstriert wird, dass sie ihre intellektuellen Fähigkeiten nicht konstant anzuwenden weiß. Sie missversteht andere, erfasst also nicht das gesamte semantische und pragmatische Spektrum einer Äußerung, obwohl sie selbst bei anderen Ge­ legenheiten in der Lage ist, adressatenspezifisch doppeldeutig zu reden (Baumgartenepisode, bes. 14717ff.). Dies zeigt aber dann auch, dass das Er­ ziehungsmodell zum Teil in der Luft hängt: Erziehung ist kein völliger Ga­ rant für Erfolg; und auf manche Situationen, denen Isolde sich ausgesetzt sieht, hat ihre Erziehung sie natürlich überhaupt nicht vorbereitet. Tristan

Auch Tristan genießt eine breite Erziehung, die in Hinsicht auf kriegerische Bestandteile und die Vorbereitung auf Herrscherfunktionen rollenkon­ form ist, in Bezug auf Buchwissen, Fremdsprachen und Musisches eher un­ typisch. Wie Isolde kann er einen großen Teil der Erziehungsinhalte erfolg­ reich funktionalisieren. Sollte jedoch bei Isolde die Ausbildung in moraliteit dem Zweck dienen, der ,Welt' zu gefallen, so ist es bei ihm einzeln oder im Zusammenwirken vor allem die Beherrschung der Hofkünste, die seine Umgebung beeindruckt, zum schnellen Aufstieg an Markes Hof führt, die Übertrumpfung Gandins ermöglicht. Ausgeprägter als bei Isolde ist bei ihm ein Hang zur Selbstreflexion, der besonders bei seinen widerstreitenden Ge­ fühlen hinsichtlich Isolde Weißhands zum Tragen kommt. Diese Selbstrefle­ xion ist ein intellektueller Prozess; kontrovers dazu steht im letzten Teil ein Verlust an distanzierter Reflexion über die äußeren Gegebenheiten: Wie im

6.lnterpretationsansätze

ersten Teil nach seiner Entführung ist Angst konstatierbar; diese richtete sich früher auf andere Personen, deren Verhalten er noch nicht einschätzen konnte, im Schlussteil aber auf sich selbst. Das eigene Ich wird für ihn un­ kalkulierbar, Entscheidungen und Verhaltensweisen werden zunehmend von Gefühlen gesteuert. Eine Nähe zum Melancholie-Typus sehe ich nicht, da Tristans truren stets außeninduziert ist, nicht auf Disposition beruht, son­ dern in jedem Einzelfall nachvollziehbare Gründe hat; auch die etymologi­ schen Erläuterungen zum Namen ,Tristan' (1984ff.) operieren nicht mit einem melancholischen Charakter, sondern mit dem Schicksal seiner Eltern, das sich in ihm dann freilich fortsetzt. Vom Autor-Erzähler aus wäre eine Charakterisierung Tristans als Melancholiker geradezu dysfunktional: Leid/ Trauer soll bewusst empfunden werden. Wo die Situation entsprechend ist, ist Tristan wie Isolde vro unde vruot (13457). - Tristan ist in vielerlei Hin­ sicht aktiver als Isolde; als adliger Mann hat er mehr Möglichkeiten, in wichtigen Bereichen zu agieren (das ,Staatsgeschäft' der Werbung, kriegeri­ sche Unternehmungen, Reisen). In einer Hinsicht jedoch ist er passiver: Er gerät, anders als Isolde, nie aus eigenem Handeln in eine direkte Konfronta­ tion mit Gott, wenn man einmal vom stoffimmanenten Ehebruch absieht, dessen religiöse Bedenklichkeit nirgendwo deutlich thematisiert wird. Als es auch für ihn im Zusammenhang mit dem Gottesurteil zu einem Konflikt mit religiösen Institutionen kommt, ist dies vermittelt: Sein Verhalten wird völlig durch Isoldes Plan bestimmt. Natürlich ist das auch Ausweis seiner Loyalität und seines Vertrauens, eines Vertrauens, das möglicherweise auf der durch die Erziehung erfolgten Abstimmung der beiden Charaktere ba­ siert, aber, wie die Unsicherheit über Isoldes Einstellung während seiner Ab­ wesenheit zeigt, nicht konstant bleibt. Weniger deutlich ist seine Passivität in Bezug auf die Fügsamkeit gegenüber Brangaenes Ratschlägen, denn auch Isolde befolgt diese - und guten Ratschlägen zu folgen gehört zum Kanon der von der mittelalterlichen Didaktik empfohlenen Verhaltensweisen. In der Regel sind Tristans Aktivitäten zweckgesteuert, erfolgen nach vor­ heriger Überlegung und sind von Vorsicht begleitet. Auch davon gibt es zu­ mindest eine deutliche Abweichung: Ist sein Verhalten in der Marjodo-Epi­ sode (13460ff.) noch dadurch zu erklären, dass er den Zimmergenossen schlafend glaubt, so zeigt er sich beim ,Bettsprung' (15117ff.) impulsgesteu­ ert - denn Brangaene hatte ihm von dem ausgestreuten Mehl berichtet, so dass er wissen konnte, dass er unter Beobachtung stand. Diese Abweichung ist umso auffälliger, als er schon auf den durch Marjodos verändertes Ver­ halten bewirkten Verdacht hin vorsichtiger wird (13626-13633). Auch sonst pendelt Tristan zwischen Spontaneität und Kalkül, nur dass bei anderen Ge­ legenheiten (Aufforderung zum Widerstand gegen Morold; Entschluss, ge­ gen diesen zu kämpfen) spontanes Verhalten genauso von Erfolg gekrönt sein kann wie das häufigere Agieren nach Planung - oder doch, wie bei der Tötung Morgans, keine negativen Folgen zeitigt. Dieser Mord zeigt eine ge­ wisse Parallele zu Isoldes latenter Disposition zur Gewalttätigkeit. Da die vielen positiven und die wenigen negativen Verhaltensweisen nicht chrono­ logisch geordnet werden, sondern wechseln, glaube ich nicht, dass man von einem Entwicklungsprozess im Sinn einer Vervollkommnung sprechen kann. Am Ende ist Tristan selbst gar nicht mehr in der Lage zu agieren, und der tödlichen Verwundung geht die Phase der Zweifel und Selbstzweifel vo-

91

92 v. Gottfrieds Tristan raus. - Tristans Ambivalenz ist aber nicht nur durch das Nebeneinander von Positivem und Negativem gekennzeichnet: Auch im Bereich positiver Eigen­ schaften zeigt er Abweichungen von einheitlicheren Heldenbildern außer­ halb der Tristan-Epik: Er ist höfischer Ritter, entspricht dem in seinem Äuße­ ren und beherrscht auch das Verhaltensrepertoire eines solchen, fungiert, wenn auch nur begrenzt, als vorbildlicher Landesherr (5284ff.) und zeigt im Kampf gegen Morold ebenso beherztes wie kämpferisch regelhaftes Verhal­ ten. Aber sein Kämpferprofil zeigt auch etwas Archaisches, teils bedingt durch die Gegner (wie beim Kampf gegen den Drachen und den Riesen Ur­ gan), teils durch eigenes Verhalten (Erschlagung Morgans ohne Fehdeansa­ ge). Er ist natürlich auch, mit den wenigen genannten Ausnahmen, der vor­ bildliche höfische Minneritter und zeigt hier ein ungewöhnlich facettenrei­ ches Verhalten. Vorbildlichkeit zeigt sich nämlich nicht nur in Verehrung und Höflichkeit, sondern auch in einem breiten Repertoire von Verhaltens­ weisen und Fähigkeiten im direkten Umgang mit dem Partner. Dabei sind weniger die Tätigkeiten selbst auffällig (Konversation, Musik, gewählte Rede findet man auch in anderen Epen), sondern das Ausmaß, in dem sie Anwendung finden. Als Minneritter profiliert Tristan sich nicht durch Tur­ nierkämpfe; man vgl. 5053ff. die so dezidierte wie ironische Weigerung des Erzählers, vom Turnier nach der Schwertleite zu berichten - von dieser Iro­ nie wäre auch das gefeierte Vorbild Hartmann von Aue betroffen, bei dem Turniere breit und ausführlich dargestellt werden. Tristan beherrscht viel­ mehr Kontaktformen, die auf ein gemeinsames Agieren hinauslaufen, am deutlichsten natürlich in der Phase des Waldlebens, aber auch in anderen Episoden und sogar außerhalb der Liebesbeziehung: Alle beeindruckt er mit seinem Aussehen, seinen musikalischen Fähigkeiten und der vorbildlichen Anwendung sonstiger Kenntnisse (Arrangement zeremonieller Auftritte wie bei der Organisation der Rückkehr der Jagdgesellschaft; a la mode-Herrich­ tung eines erlegten Hirschs; Schachspiel; Fremdsprachen). Aufschlussreich ist, dass die Konflikte Tristans mit der Hofgesellschaft nie oder doch zumin­ dest nicht explizit durch diesen Bereich seines Handeins und Verhaltens hervorgerufen werden: Neid entsteht nur, wenn sein Handeln Auswirkun­ gen auf Machtkonstellationen hat. Mit dem Kämpfer und dem Minneritter verbindet sich in seiner Person also der Hofritter - der (wie in den o. a. Jagd­ episoden) Fähigkeit und Neigung besitzt, einer Gesellschaft, die ältere oder weniger ausgeprägte kulturelle Standards aufweist, den neuesten Schliff zu geben. Mit guten Gründen hat es in der Forschung Stimmen gegeben, die Tristans Konfigurierung auch als Stilisierung zum ,Künstler' deuten; Künstler wäre er dann unter einem doppelten Aspekt: Er ist durch die vorbildliche Ausübung von artes als Künstler im mittelalterlichen Sinn tätig, und er zeigt Eigenschaften eines neuzeitlichen Künstlers in Hinsicht auf seine ästheti­ sche Wahrnehmungsfähigkeit und Empfänglichkeit. Tristans Ästhetisierung führt zu einer frappierenden Ähnlichkeit mit dem Minneritter Gandin: Des­ sen kämpferische Fähigkeiten werden zwar erwähnt, aber auffälliger sind sein Gehabe und sein Hauptattribut, die deine (nicht ,klein' wie bei Krohn, sondern ,fein gearbeitet', ,hübsch', ,zierlich'), mit Gold und Edelsteinen ge­ schmückte Rotte. Andere Figuren

Ein Spezifikum des Tristan scheint zu sein, dass sich gegensätzliche Charakterzüge nicht nur bei den Protagonisten, sondern auch bei Figuren auf

6.lnterpretationsansätze

der mittleren (Marke, Brangaene) und unteren Ebene beobachten lassen; das wäre ein zusätzliches wichtiges Indiz für eine grundsätzliche Tendenz des Autors. Die traditionelle Typisierung fehlt nicht: Bei den ,Helfern' Rual,

,Helfer' und

Floraete, Kurvenal findet sich eine positive Stilisierung, beim Widersacher

, Widersacher'

Melot eine negative. Eine Typisierung in ganz anderem Kontext findet sich im Literaturexkurs: Dort gibt es bis auf den ,Hasen auf der Wortheide', den nicht beim Namen genannten Wolfram, nur Lob, das bei Veldeke, Hart­ mann und Bligger stichwortartig spezifiziert wird, bei (Reinmar) von Hagen­ ouwe und Walther trotz der sprachlichen Emphase inhaltsleer bleibt. Sehr schwach oder gar nicht konturiert werden Gurmun, Kaedins Eltern Karsie und Jovelin; dass verschiede Figuren je nach Handlungsrelevanz verschie­ den intensiv dargestellt werden, ist natürlich kein Spezifikum mittelalterli­ cher Epik. Unentscheidbar ist wohl die Frage, ob Tristans Eltern als ,ge­ mischte Charaktere' gelten können. Eine positive Typisierung dominiert; Verhaltensdetails könnten negativ ausgelegt werden, finden sich jedoch durch die Apotheose der Liebe im Tod eliminiert. Bei anderen Figuren gibt es deutlichere ,Mischungen': Wenn die Liebe zwischen zwei Personen positiv dargestellt wird und die­ sen vom Erzähler fast jedes Recht gewährt wird, diese Liebe zu realisieren und zu schützen, dann wird jemand, der diese Liebe stört, spontan in die Rolle einer Negativfigur gedrängt. Im Fall Markes sorgt der Erzähler zum Teil selbst für eine solche Sicht, am deutlichsten wohl im Kommentar zu der Tatsache, dass Marke die Vertauschung in der Hochzeitsnacht nicht be­ merkt (12666, 12669). Immerhin überlegenswert wäre, ob solche Negativ­ stilisierungen im Tristan nicht den gleichen Zweck erfüllen wie der Minne­ trank: Das Liebespaar muss moralisch exkulpiert werden, und im Fall des liebeshungrigen Marke bestünde die Exkulpierung dann in der Tatsache, dass er, anders als Tristan, auf ein personal-individuelles Liebesobjekt kei­ nen Wert legt - also nicht der ideale Partner ist. Nicht einbeziehen in eine solche Sicht kann man Markes ihm von Tristan unterstellte ,Nachlässigkeit' in der Gandin-Episode. Psychologisierend könnte man von ,Verschiebung' sprechen; Tristan verhält sich als Ehebrecher wie als dem König subordinier­ tes Hofmitglied weder normenkonform noch loyal, und seine Kritik an Mar­ ke unterstellt nun diesem Normenbruch und Illoyalität. Marke hat sich aber im Rahmen der höfischen Ethik nichts zu Schulden kommen lassen, denn in einem Gratisversprechen kulminiert das adlige Ethos der mitte. Der Tristan präsentiert nicht den einzigen Fall, in dem das problematische Folgen hat. Aber diese richten sich sonst moralisch gegen denjenigen, der das Verspre­ chen mit unlauteren Intentionen provoziert hat, oder aber ein solches Arran­ gement ist Ausweis besonderer Klugheit (wie bei Tristan, der ja bei der Ge­ winnung Petitcreius ebenfalls jemanden zu einem solchen Versprechen be­ wegen kann). Und im Fall Königin Isoldes und Gurmuns beweist die Ge­ währung eines Blankoversprechens ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen Bittender und Gewährendem (10630ff.). Über den gesamten Text hin ist das Bild Markes jedenfalls durchaus ebenfalls ,gemischt'. Anfangs er­ scheint er als der großzügige König, der die Qualitäten seines noch uner­ kannten Neffen zu würdigen weiß. Er zeigt also Empfänglichkeit für solche Qualitäten, insbesondere im ästhetischen Bereich; und auch seine Empfäng­ lichkeit für die Schönheit Isoldes lässt sich in dieser Richtung interpretieren.

Marke

93

94 v. Gottfrieds Tristan Mithin ist er der Forderung des Prologs, den Wert von ,Gutem' zu erkennen und zu honorieren, gewachsen. Seine Königsrolle füllt Marke zunächst aus, wenn er Tristan fördert, sich bei der Schwertleite und der Ausstattung des Neffen mit finanziellen Mitteln äußerst generös zeigt. Wird er 13907 vom Erzähler als geloubec bezeichnet wird, weil er Isoldes Versuch, Verdäch­ tigungen zu zerstreuen, nicht durchschaut, so gehört Leichtgläubigkeit doch nicht prinzipiell zu seinem Charakter: Er erkennt etwa die wahren Motive seiner Barone für den Vorschlag, Tristan als Werber auszuschicken. Marjo­ dos Hinweisen schenkt er anfänglich keinen Glauben, allerdings nur, weil es ihm widerstrebt, seinen leitestern Isolde verdächtigen zu müssen (13652ff.); bei dieser Gelegenheit bezeichnet der Erzähler ihn als den ge­ triuweste[n] und beste[n]. Dem Vorschlag einer Heirat leistet er zunächst heftigen Widerstand, weil er zu seinem Versprechen stehen will, Tristan als Erben einzusetzen. Moralisch vertritt er die geltenden Werte ritterlicher Ethik, wie aus seiner Belehrung Tristans nach der Schwertleite hervorgeht (5022ff.). Wie Tristan und Isolde gerät Marke jedoch durch die Umstände wieder­ holt in innere Zerrissenheit und füllt seine Rolle als Gehörnter, als Hahnrei, keinesfalls als komische Figur aus, zu der er etwa im Tristan als Mönch nicht ganz, aber teilweise wird. Er leidet, und dieses Leiden wird vom Erzähler mehrfach thematisiert, wobei es, ebenfalls wie bei Tristan und Isolde, zu In­ trospektiven und psychologischen Deutungen des Erzählers kommt. Der Er­ zähler belegt ihn in der Baumszene mit dem Epitheton truric (14916) - kurz vorher war vom truren Isoldes (14909) und Tristans (14914) die Rede. In der Fähigkeit, trauern zu können, sind die drei also verbunden. Markes Trauer hat hier allerdings einen anderen Grund: Er schenkt der vorgespielten Szene Glauben und leidet darunter, neven und Wlp verdächtigt zu haben. Was Re­ zipienten, aber auch dem Erzähler offensichtlich Schwierigkeiten macht, ist der immanente Sachverhalt, dass Marke ,Recht' hat, aber nicht zuviel Recht haben darf, um Tristans Recht auf Isolde nicht zu gefährden. Würde Marke zu sympathisch, verstellte er den Blick auf die Protagonisten; würde er zu unsympathisch, ginge ein wichtiges Element der emotionalen Dimension verloren. In der Goetheforschung hat es den Versuch gegeben, die Iphigenie zur ,Tragödie des Thoas' umzudeuten - Analoges ist natürlich für Marke im Tristan nicht möglich; aber es gibt Ansätze, auch in seine Richtung Sympa­ thien zu lenken. Und selbst wo Unterschiede manifest sind, kann man nur schwer von einem antithetischen Verhältnis zu Tristan sprechen. Nicht we­ niger stark als dessen Liebe zu Isolde ist auch die Markes; sie ist nur einseiti­ ger auf äußere Schönheit und Sexualität gegründet, so dass sich keine ,See­ lenverwandtschaft' finden lässt. Die Zuneigung zu seinem Neffen und die Liebe zu seiner Frau bleiben aber über den gesamten Text hin konstant (s. bes. 16521 ff.). Auch sind nicht nur materielle, sondern ebenso ideelle Züge von Großmut und Großherzigkeit zu finden. Zwar übersieht Marke Indika­ toren für Isoldes Untreue oft primär deswegen, weil sie ihm die Hoffnung rauben würden. Aber als er Klarheit hat, verbannt er das Paar, statt von sei­ nen Rechten als König und Ehemann Gebrauch zu machen, die erheblich schärfere Sanktionen ermöglicht hätten. Die Konstanz dieses Großmuts zeigt sich in anderen Fassungen noch einmal in den Schlussteilen bzw. in den Gottfried-Fortsetzungen: Marke führt durch die gemeinsame Bestattung

6.lnterpretationsansätze

eine symbolische Vereinigung der Liebenden im Tod herbei, erkennt also den Zusammenhang zwischen Liebe und Tod. Züge eines ,edlen Herzens' im Sinne des Prologs sind ihm folglich nicht abzusprechen, und auch der Erzähler gibt sich keine merkbare Mühe, eine solche Deutungsmöglichkeit zu verstellen. Wenn man so will, verstrickt er sich (z. T. natürlich schon durch die Quelle verursacht) in dem o. a. Dilemma, die rechte Dosierung bei der Zeichnung positiver und negativer Züge zu finden. So ist etwa seine Suggestion, Marke höre auf bloße Verdächtigungen (16533f.), nicht ,lo­ gisch': Was der Hof an Beschuldigungen in Bezug auf Tristan und Isolde vorbringt, beruht nicht auf bloßen Verdächtigungen, sondern auf empiri­ schen Befunden oder zumindest Indikatoren. Dass Marke dem nach anfäng­ lichem Zögern nachgeht, ist nach mittelalterlichem Verständnis sein Recht ebenso wie seine Pflicht. An einer wichtigen Nahtstelle von zwei Hand­ lungszügen (18195 ff.) unterliegt Marke der Konkurrenz zweier Anforderun­ gen: Als er das Paar eng umschlungen im Bett findet, hat er endlich für sich einen endgültigen Beweis für den Ehebruch - kann ihn aber nicht nutzen, weil er das macht, was man ihm direkt oder indirekt immer abverlangt: Er holt Zeugen, will also die persönliche Erfahrung objektivieren, und zerstört dadurch den Beweis. Dass er aber auf Zeugen angewiesen ist, musste er mehrmals erfahren. Am deutlichsten stellt darauf der Bischof von Thamise in seiner Rede ab (s. u. zum Marke-Hof). Selbst politisch zu agieren, ver­ sucht Marke möglicherweise mit dem Gottesurteil: Schließt man sich der nachvollziehbaren Interpretation Kucabas (1997) an, würde dies auch zei­ gen, dass Marke auf andere Instrumente ausweicht, um verlorenes Prestige wiederzugewinnen: Das Ordal dient in dieser Sicht nicht primär zur abs­ trakten Wahrheitsfindung, sondern dem Schutz des herrscherlichen Presti­ ges. Brangaene ist, bezogen auf die Rolle, die sie spielt - Vertraute und Helfe-

Brangaene

rin des Paares - grundsätzlich eher typisierend angelegt. Ungewöhnlich ist aber das Engagement, mit dem sie ihre Rolle ausfüllt. Sie ist nicht nur passive Helferin auf Anforderung hin, sondern macht aktiv Vorschläge; sie kritisiert das Paar auch, wenn sie dies für nötig hält. Vor allem aber führen die Anforderungen des Paares und das Verhalten Isoldes sie in einem sonst kaum anzutreffenden Maß an die Grenzen der Belastbarkeit der Rolle. Sie opfert zugunsten des Paares ihre Jungfräulichkeit - für mittelalterliche Vorstellungen sicher eine Art der teilweisen Selbstaufgabe -, und sie wird, ohne dafür durch eigenes Verhalten Anlass zu zeigen, für so gefährlich gehalten, dass Isolde sie töten lassen will. Züge eines gemischten Charakters hat sie nicht; zeitweises Versagen in der Aufmerksamkeit kann jedenfalls nicht in diesem Sinn ausgelegt werden, zumal solche ,Fehler' eine wichtige Handlungsfunktion besitzen: Aus Fehlern folgen Probleme, Probleme setzen weitere Handlung in Gang. Eher ist Brangaene durch eine ,gemischte Rolle' gekennzeichnet, was besonders deutlich wird im Vergleich mit der männlichen Helferfigur Kurvenal: Anders als dieser wird Brangaene in das Verhältnis zwischen Tristan und Isolde handlungstechnisch, moralisch und emotional unvergleichbar stärker mit einbezogen, und eine personale Beziehung weist Kurvenal nur zu Tristan auf. Auch bei den Nebenfiguren gibt es einige, die sich völliger Typisierung entziehen. Während man bei den Figuren der oberen und mittleren Ebene

Nebenfiguren

95

96

v.

Gottfrieds

Tristan

eine Enttypisierung und Mehrschichtigkeit noch als angesichts der Stoffvor­ gaben fast unvermeidlich ansehen kann, sind gegenläufige Eigenschaften bei Nebenfiguren insofern interessant, als sie im Sinne der Handlung nicht notwendig wären, also vielleicht auf ein grundsätzlicheres psychologisches Interesse des Autors deuten. Da für die i.F. behandelten Nebenfiguren keine entwickelte Charakterdarstellung vorliegt, sind diese zwar keine ,gemisch­ ten Charaktere', aber ebenso wenig einheitliche Typen.

Marjodo

Marjodo ist nicht von vornherein der Prototyp eines missgünstigen Intriganten. Als Truchsess wie als Angehöriger der Gruppe der Barone nimmt er am Hof eine herausgehobene Funktion wahr, zeigt aber (auch nach dem Bruch mit Tristan) keinerlei Konkurrenzverhalten, entspricht also nicht den auf Erfolge neidischen Hofleuten oder Melot, der sich als Spion funktionali­ sieren lässt. Der Erzähler spricht sogar von einer anfänglichen freundschaft­ lichen Zuneigung Marjodos zu Tristan (13467). Diese findet ihr Ende, als Marjodo Tristans Verhältnis mit Isolde entdeckt. Als er nach seinem Traum, von dem er Tristan erzählen will, diesen nicht auf der gemeinsamen Schlaf­ steile findet, lässt ihn das zwar tougenlfchiu teidinc vermuten (,geheime Machenschaften'; 13549). Aber sein Verdacht ist unspezifisch und seine erste Reaktion daher nur ein vriuntlfchez zorne/fn (ein ,Zörnchen in Freund­ schaft'; 13555): Der, den er für einen Freund gehalten hat, hat Geheimnisse vor ihm, aber Marjodo betrachtet ihn immer noch als Freund. Anders als alle anderen Gegnerfiguren auf der unteren Ebene befindet er sich also nicht von Anfang an in einer Kontraposition zu Tristan. Als er die Tür zu den Frauengemächern offen findet, verfällt er nicht spontan auf eine negative Er­ klärung, sondern reflektiert über mögliche akzeptable und negative Erklä­ rungen (übel unde guot; 13575). Als er die Wahrheit erfahren hat, legt er sich als ein geleidegeter man wieder hin. Eine Übersetzung mit ,beleidigt' (Krohn) stellt zu einseitig auf eine Enttäuschung Marjodos darüber ab, dass Tristan ihn nicht ins Vertrauen gezogen hat, und klammert die Möglichkeit aus, dass das Entdeckte ihm ,Leid' bereitet (geleideget ist jemand, dem Leid zugefügt wurde; die Hss. N und B haben leidlich das in den Wbb. nicht belegt ist, aber wohl/eideclich

=

,betrübt' entspricht). Erst 13637 wird er als

nfdec bezeichnet (,neidisch', aber auch ,feindselig'; s.o. zum Substantiv nft im Prolog). Dass Marjodo Marke von Gerüchten über Tristan berichtet, stellt ihn noch nicht in die Ecke des Intriganten: Als Truchsess des Königs hat er diesem gegenüber Verpflichtungen; dass er nicht alles sagt, was er weiß, kann man auch dahingehend auslegen, dass er Tristan nicht direkt ins Un­ glück bringen will. Wie Tristan, Isolde und Marke würde er dann jemand sein, der gegensätzlichen Verpflichtungen ausgesetzt ist und sich deshalb nicht mehr absolut richtig verhalten kann.

Morold

Morold ist im Gegensatz zu Marjodo von Anfang an eine Gegnerfigur und wird auch sofort mit negativen Eigenschaften ausgestattet. Tristan be­ zichtigt ihn indirekt der hOhvart (6217; vgl. 5938 seine Charakterisierung als vermezzen durch den Erzähler); Morold kann sich allerdings im Recht fühlen, da für ihn der Unterwerfungsvertrag gültig ist (6339). Ihm haftet aber ein unhöfisches Wesen an, da er durchweg aggressiv auftritt. Seine Ausstattung mit Zügen eines Riesen betont dieses ,unzivilisatorische' Ele­ ment; in der Diskussion mit Tristan wirkt er herablassend, also im doppel­ ten Sinn unhöflich, und sein übersteigert selbstbewusstes Auftreten lässt Re-

6.lnterpretationsansätze

flexion nicht zu. Die Allegorisierung des Zweikampfs zum Kampf zweier Viererrotten (6873) lässt erkennen, dass der Erzähler die negativen Züge verstärken will: Die eine ,Partei' erreicht die Vierzahl nur quantitativ (Mo­ rold hat die Kraft von vier Männern: 6879); zusammen mit Tristan kämpfen aber

willeger muot (absolute Entschlossenheit), Gott und das Recht

(6883ff.). Während man Entschlossenheit natürlich auch Morold nicht ab­ sprechen kann, erscheint er durch das Fehlen der anderen Attribuierungen Tristans unter weltlich-rechtlichem und religiösem Aspekt defizitär. Die Fra-

Recht und Gewalt

ge, ob Tristan oder Morold im Recht ist, lässt sich nicht klar beantworten: Markes Reich ist durch die Niederlage im Krieg gegen Irland unter feudal­ rechtlichem Aspekt zinspflichtig; im Zeitalter feudaler Anarchie gibt es kein abstraktes Recht - Recht ist, was man mit Gewalt durchsetzen kann (man vgl. 6328ff. Tristans Pläne und Formulierungen für den Fall, dass er mit einem Heer Irland besiegt). Der Autor/Erzähler wechselt die Diskurs­ ebene, denn er macht Morold und den Iren das moralische Recht auf die Zinsherrschaft streitig. Ähnlich im Fall Morgans, der sich bei seiner schrof­ fen Absage an Tristans Forderung nach dem väterlichen Erbe ebenfalls im Recht fühlt (5386ff.): Tristans Mord ist abstrakt-rechtlich negativ; der Erzäh­ ler macht den Vorgang aber zum Exempel für die Wahrheit des sprichwor­

tes, dass Schulden, auch wenn sie lange liegen, nicht verfaulen (5456ff.). Morold zeigt jedoch an zwei Stellen einen abweichenden Charakterzug: Unmittelbar vor Kampfbeginn fordert er Tristan auf, von seinen Ansprüchen abzulassen - denn es wäre ihm zware ... sPre leit, ihn töten zu müssen (6816); die Wortgruppe leit gehört zur Zentralterminologie des Tristan, dient häufig zur Charakterisierung von Empfindungsfähigkeit einer Person. Obwohl die Siegessicherheit zu seiner superbia passt, zeigt Morold hier eine soziale Emotion; Tristan ist es also gelungen, Empathie bei ihm hervor­ zurufen. Ähnlich zu werten ist das Angebot, seinen ganzen Besitz mit Tris­ tan zu teilen, wenn dieser ihm den Tribut zugestehe (6958ff.); sie steht im Kontext der Verwundung Tristans, durch die dieser dem Tod geweiht wäre. Morold klärt ihn über den Sachverhalt auf, nennt die einzige Möglichkeit der Rettung (Heilung durch Morolds Schwester) und macht dann die o. a. Offerte. Gerade weil Morold davon ausgeht, gewonnen zu haben, bleibt als immanente Erklärung für dieses Verhalten nur, dass er Mitleid mit Tris­ tan empfindet. Nachdem Tristan Morold dann die tödliche Wunde zugefügt hat, schlüpft er vom Gehabe her gleichsam in die Rolle seines Gegners, indem er ihn verspottet (7065ff.), bevor er dem wehrlos Gewordenen den Kopf abschlägt.

Gandin ist auf der negativen Seite Frauendieb und potenzieller Ehebrecher (denn dadurch, dass Marke ihm Isolde überlässt, wird diese ja im rechtlichen und kirchenrechtlichen Sinn nicht frei für eine neue Beziehung). Er vertritt aber auch den Typus des dienstbereiten und geduldigen Minneritters, lässt sich von der amüsierten Reaktion seiner Umwelt bei seinem Auftreten nicht beeindrucken (13143 ff., 13169ff.) und zeigt als vollendeter Rottespieler Züge eines Künstlers. Seine Tapferkeit ist bekannt und anerkannt, die Ausstattung eines Kämpfers führt er aber nicht mit sich (13117); sondern be­ eindruckt nur durch seine Gestalt, seine Kleidung und das wertvolle Instrument. Tristan gegenüber, den er noch nicht gesehen hat, ist er höflich, obwohl er ihn für einen Spielmann hält (13385). Auf Tristans Bitte, ihn mit

Gandin

97

98 v. Gottfrieds Tristan nach Irland zu nehmen, reagiert er spontan hilfsbereit. Noch mehr von Tris­ tans hervorragendem Spiel zu hören, ist ihm wichtiger als eine wegen der Zeitverzögerung drohende Gefahr, vor der man ihn warnt (13331 ff.). Grund dafür ist nicht nur ein künstlerisch-ästhetisches Bedürfnis, sondern auch die Annahme, dass das Harfespiel eine positive Wirkung auf die weinende Isol­ de hat (13309ff., 13350). Gandin ist also an Isoldes Gefühlen gelegen - sie Marke abgewonnen zu haben, reicht ihm nicht aus; auch um ihr körperli­ ches Wohlergehen ist er besorgt (13404f.). So zeigt, wenn auch in ganz an­ derem Ausmaß, Gandin Züge, die auch Tristan eignen. In Bezug auf die Po­ sitiva ist noch seine Klugheit zu erwähnen (auch wenn er gerade hier von Tristan am Ende übertrumpft wird); negativ ist das, wenn auch bei ihm nur grob skizzierte, spontan-emotionale ,Aus-der-Rolle-Fallen' am Schluss der Episode: Er verliert die Contenance, was sich in seiner Sprache äußert: Tris­ tan wird als gauch (,Narr'; 13411) bezeichnet. Tristan seinerseits hält die höfischen Spielregeln nicht ein, wenn er Marke kritisiert, wobei im Bereich der Intellektualität dem gauch der spezielle Vorwurf an Marke korrespon­ diert, dessen Verhalten sei unsin (13443). Gilan und Kaedin;

Gi/an und Kaedin spielen eine Art Freundesrolle - die aber bei beiden

Freundschaft

nicht absolut ist. Literaturgeschichtliche Bedeutung hat dies, weil der Autor Tristan in personale Konstellationen führt, die eine Nähe zu literarischen Freundschaftsmustern aufweisen (Olivier - Roland, Gawein - Iwein, Ami­ cus-Amelius-Typus usw., antike Freundespaare), aber nicht ,vollkommen' sind: Gi/an freut sich über Tristans Ankunft, weil dessen Ruf ihm vorausge­ eilt ist, und möchte alles tun, was Tristans Pre, vröude und gemach dienlich sein könnte. Ihn um Petitcreiu zu bitten, kommt Tristan jedoch gar nicht erst in den Sinn - er bietet eine Leistung an, fordert aber keinen konkreten Preis, sondern führt das erwähnte Blankoversprechen herbei. Tristan sieht Gilan also wohl nicht als Freund in einem umfassenderen Sinn, und Gilans an­ fängliche Versuche, sich der Konsequenz des Versprechens zu entziehen, zeigen bei ihm eine ähnliche Haltung (s. bes. 16260ff.). - Bei der Bekannt­ schaft mit Kaedin wird das Motiv der Entstehung von Freundschaft nicht nur ,angespielt' (unter identischen Begleitumständen: Tristan ist eine Berühmt­ heit, und Kaedin bemüht sich, alles für Tristans Pre zu tun; 18728ff., 18741), sondern weiter ausgeführt. Tristan lässt sich darauf ein; man führt einen Wettstreit darum, wer dem anderen am meisten diensthaft ist, und schließlich besiegelt man sogar triuwe und geselleschaft formell mit einem Gelöbnis (18745ff.). Als sich später eine Verbindung Tristans mit Kaedins Schwester anbahnt, wird das von Kaedin aber nicht aus freundschaftlichen, sondern aus politischen Motiven unterstützt. Freundbeziehungen in einem idealisierend-umfassenden Sinn unterhält Tristan also in den bei Gottfried überlieferten Teilen, nachdem Marjodo sein Feind geworden ist, nur zu Männerfiguren, die in der Feudalhierarchie unter ihm stehen (Rual, Kurve­ nai). In Fassungen, die den Schlussteil überliefern, wächst Kaedin dann eine uneingeschränkte Freundesrolle zu; erkennbar ist das vor allem, als er auf Bitten Tristans Isolde herbeiholt und damit gegen die Interessen der eigenen Schwester verstößt. Eine Vorausdeutung des Erzählers auf diese gesteigerte Freundschaft findet sich schon bei Gottfried im o. a. Bericht über das Freundschaftsgelöbnis: Kaedin und Tristan halten beide an ihrer Freund­ schaft fest unz an ir beider ende (18751).

6.lnterpretationsansätze 99 ,Starke Frauen' Nicht direkt mit der Darstellung von personalen Charakteren, sondern eher mit Rollencharakteren zu tun hat der Befund, dass einige Frauen im Tristan nicht nur eine besonders große Bedeutung haben, sondern dass mit dieser Bedeutung rollenuntypische oder zumindest seltenere Charakterisierungen korrelieren. Das gilt zunächst natürlich für Tristans Geliebte: Es gibt zwar kein völlig kohärentes Liebeskonzept; aber die mit aller Verve eines aukto­ rialen und durch die Verpflichtung auf das docere gleichzeitig gebundenen wie abgesicherten Erzählers vorgetragenen Maximen und der Entwurf einer extrem außergewöhnlichen Liebe verlangen offensichtlich eine kräftige Konturierung beider Liebespartner. Da sie nur zusammen als Modell fungie­ ren können, sind sie bis zu einem gewissen Grad durch Gleichartigkeit so­ wie durch emotionale und moralische Gleichrangigkeit gekennzeichnet (14326ff.) - im Positiven wie im Negativen. Die einzige Abweichung stellt Isoldes Mordplan dar; davon, dass Tristan eingeweiht worden wäre, wird nichts berichtet. Darin könnte man eine Verstärkung des Erzählerverdikts gegen den P lan sehen: Nicht nur, dass dieser an sich schon unmoralisch ist - Isolde zerstört auch phasenweise das Vertrauensverhältnis mit Tristan. An­ sonsten agieren die Beiden gegen Außenwiderstände nur gemeinsam, was allerdings nicht stetiges Zusammensein voraussetzt. Tristan kann sich also nicht auf die Rolle des Beschützers beschränken, Isolde nicht auf die der Beschützten. Während es für eine entsprechende Konturierung des männli­ chen Parts genügend Modelle gab, die ,nur' noch angepasst werden muss­ ten, fehlt es an elaborierten Mustern für den weiblichen Part. Aber auch sonst ergeben sich in Gottfrieds Tristan wesentliche Ereignisse, Probleme, Lösungen erst aus der Mitwirkung bestimmter Frauen. Traditionell ist die Frau eher Objekt männlicher Liebeswünsche oder prinzipieller Hochschät­ zung, muss beeindruckt oder ,erobert' werden, wirkt dabei ab und an mit oder widersetzt sich auch männlichen Anforderungen - dies aber dann auf mittlere Sicht im Interesse der Moral oder zugunsten des männlichen Part­ ners (wie bei Enite im Erec). Die profilierteren Frauenfiguren im Tristan be­ wegen sich jedoch fast durchgängig zwischen Rollenkonformität und atypi­ schem Verhalten. Auf ein auch in dieser Beziehung vorhandenes Interesse Gottfrieds scheint die Tatsache zu deuten, dass er die Rolle der Mutter Isol­ des im Vergleich zu anderen Fassungen, aber wohl nach dem Vorbild des Thomas verstärkt und ausbaut. Wenn man zwischen der alten und der jun­ gen Isolde eine präfigurative Beziehung gesehen hat, ist das zweifellos legi­ timiert durch Akzente des Erzählers, stößt aber an Grenzen: Die junge Isol­ de übertrifft nicht in jeder Beziehung ihre Mutter - diese ist z. B. deutlich reflektierter, was natürlich altersgemäß ist, für die Handlung aber gewichti­ ge Folgen hat. Die Mutter steuert die Tochter über Erziehung, Ermahnungen und Ratschläge; in den emotionalen Bereich erstreckt sich die Fügsamkeit der Tochter jedoch nicht. Sie unterwirft sich der Begnadigung Tristans und der Verheiratung; aber unter dem Abschied von Irland leidet sie, und sie hasst Tristan noch auf der Überfahrt nach Cornwall, bis sie den Minnetrank zu sich genommen hat. Sind bei ihr anfänglich noch innere Selbständigkeit und Subordination gegenüber Außenansprüchen zu konstatieren, so könnte man im späteren Verlauf von einer gewissen Umkehrung sprechen: Bedingt durch die Liebe verliert sie Tristan gegenüber an innerer Selbständigkeit; zu-

Frauen als Objekte und Subjekte; Rollentypik und Rollenabweichung

100 V. Gottfrieds Tristan gunsten der Realisierung dieser Liebe verstößt sie zunehmend gegen gesell­ schaftliche und religiöse Normen; eine Unterordnung ist nur noch äußerlich und taktisch. Ihre Mutter verfügt nicht nur über erstaunliche medizinische und magische Fähigkeiten, sondern spielt beim Konflikt um die Drachentö­ tung, bei der Begnadigung Tristans, damit für die erfolgreiche Werbung um ihre Tochter und die Versöhnung zwischen Irland und England eine bzw.

die entscheidende Rolle. Sie neutralisiert nämlich die nirgendwo themati­ sierte, aber offenkundige Schwachstelle in Tristans Plan: Was geschieht, wenn der König nach der Entdeckung von Tristans Identität das mit der Dra­ chentötung verbundene Versprechen nicht mehr als wirksam ansieht? Bei ihren Plänen, Taktiken und Entschlüssen gesteht Gurmun seiner Frau Hand­ lungsfreiheit zu. Obwohl die Tötung Morolds ein Akt gegen seine Herr­ schaft war, überlässt er ihr die Entscheidung darüber, ob Tristan verziehen werden soll; als Argument führt er die Verwandtschaft seiner Frau mit Morold an. Das wäre kompatibel mit den matrilinearen Wurzeln der Be­ deutung des Mutterbruders, entspricht aber nicht mehr zeitgenössischen aktuellen Konventionen: Legitimation erfolgt also auch hier, wie im Fall der juristischen Probleme zwischen Tristan und Morgan bzw. Morold, nicht Gurmun und Isolde als Co-Akteure

über geltendes abstraktes Recht, sondern im Kontext moralischer Aspekte. Gurmuns Verhalten ist sicher kein Zeichen von Nachgiebigkeit oder höfi­ scher Courtoisie, wenn man an die der Morold-Episode vorausgehenden Schilderung des Königs als eines autokratischen, machtbewussten und gera­ dezu machtgierigen Herrschertypus (5879ff.) denkt. Eher zeigt sich darin Klugheit: Er kennt die Qualitäten seiner Frau und weiß, dass er sich auf sie verlassen kann. In der Verhandlung mit dem Truchsess fungiert er zwar als Gerichtsherr (9793 ff.), aber seine Frau reagiert als erste auf den Anspruch des Truchsessen, obwohl dieser an den König gerichtet war. Als der Truch­ sess die Königin deswegen kritisiert und in ihre institutionellen Schranken verweisen will (9825ff.), beseitigt Gurmun die tendenziell peinliche und ,innenpolitisch' heikle Situation durch eine formelle Übertragung des Rede­ rechts an die Königin, die für sich, die Tochter und ihn sprechen soll (9830f.); indirekt wird also hier auch die väterliche Gewalt über die Tochter an die Mutter abgetreten. Neben der Ehe Markes mit Isolde und der Liebes­ beziehung zwischen Tristan und Isolde findet man in dieser Darstellung eines ,partnerschaftlichen' Verhältnisses also einen dritten Typus von Mann­ Frau-Beziehung, wie ihn etwa z. T. die Artusepik zeigt (Artus - Ginover).

Frauen verhandeln

Es gibt eine Episode, in welcher der Erzähler alle drei ,starken Frauen' zu­

über Tristan:

sammenführt und in welcher der einzige anwesende Mann, Tristan, phasen­

Die Bad-Episode

weise nur Gegenstand von Diskussionen und Entscheidungen ist: Nachdem die junge Isolde Tristan identifiziert hat und ihn erschlagen will, kommt ihre Mutter hinzu und verhindert die Tötung. Ihre Argumentation bezieht sich nicht auf den aggressiven Akt als solchen, sondern auf das dahinter stehen­ de, für eine Dame unpassende Verhalten (10170) und mangelnde Rationali­ tät (10171). Erst als die Tochter den Sachverhalt erläutert, wird auch die Mutter emotional - allerdings nicht in Form von Zorn, sondern von Klagen (10191 ff.). Die Mutter verweist auf das Tantris von ihr gegebene Sicherheits­ gelöbnis. Die Tochter argumentiert, dass dies nicht Tristan gegeben worden, mithin ungültig sei; die Mutter fühlt sich gebunden. In einem Einschub meint der Erzähler, dass Isolde ihn auch dann nicht getötet hätte, wenn ihre

6.lnterpretationsansätze

Mutter nicht dabei gewesen wäre - weil sie eben doch kein hartes Herz hat­ te (10232ff.). Dann versichert die Mutter sie ihres Mitgefühls, betont aber, dass ihr eigener Schmerz größer sei. Es gebe auch etwas, das sie noch mehr schmerze: der Gedanke, dass die Tochter den Truchsess heiraten müsse. Da­ für führt sie einen politischen Grund an: Die ganze Familie könnte ihre Pre verlieren (10305ff.). Die Königin reflektiert noch einmal über ihre wider­ streitenden Gefühle und entschließt sich, gegenüber Tristan auf gewalt (10346, 10351, 10352) zu verzichten. Dann kommt Brangaene hinzu und wird auf ihre Fragen hin informiert. Dabei fällt die Königin hinter den be­ reits erreichten Reflexionsgrad zurück: Sie wisse nicht, ob sie sich an Tristan rächen solle oder nicht, und fragt Brangaene um Rat. Was angesichts des vorher bereits gefassten Entschlusses seltsam wirkt, betont die Konstruktion des Gesprächs als eine Art consilium: Vorgänge von erheblichem Gewicht werden, bevor die Angelegenheit offiziell wird, von Frauen diskursiv behan­ delt. Alle drei stellen typenkonforme Empfindungsfähigkeit und Emotionali­ tät unter Beweis, alle drei sind aber auch durch Reflexion und Bereitschaft zum Kalkül gekennzeichnet. Letzteres gilt auch für die junge Isolde, die ja nicht beim Gefühl stehen bleibt, sondern auf rechtlicher Ebene gegen eine Einhaltung des Sicherheitsgelöbnisses argumentiert. Eine andere Art von Stärke oder zumindest Konsequenz beweist sie, indem sie trotz der mütterli­ chen Vorhaltungen zu einem Teil ihrer Gefühle steht (vgl. auch noch einmal 10534 ff.: Sie gewährt Tristan den rituellen Versöhnungskuss, macht dies aber widerstrebend, während für Brangaene und die Mutter die Situation geklärt ist). Nachdem Tristan fort ist, führen die drei Frauen noch ein Ge­ spräch untereinander (10590ff.), das zum Handlungsverlauf nichts beiträgt, aber noch einmal die Perspektive darauf richtet, wer hier agiert hat. Die Kö­ nigin übernimmt es, Gurmun zu überzeugen (10628ff.); hinsichtlich eines positiven Ergebnisses hatte sie sich schon vorher sehr sicher gezeigt (10588f.). Der Marke-Hof Ein Herrscherhof ist ein Ort, eine Institution und eine Ansammlung von Personen. Er zeigt, insofern er mit dem Herrscher eine Spitze hat, eine hierarchische Konstruktion, aber nicht durchgängig: Für ein erfolgreiches Agieren ist der Herrscher auf die Mitwirkung seines Hof angewiesen. Das betrifft Politisches, Militärisches, Kulturelles. Ein funktionierender Hof repräsentiert sich einerseits selbst, erzeugt ein kollektives positives Selbstwertgefühl seiner Mitglieder; und durch die Anpassung an die allgemeinen Normen des Hofs kann der Einzelne sein Recht unter Beweis stellen, zu diesem Hof zu gehören. Ein Hof übernimmt aber auch die Aufgabe der Außenrepräsentation: Seine Wirkung auf andere Höfe oder einzelne Personen, die nicht zu diesem Hof gehören, kennzeichnet seinen Wert und den seiner Mitglieder. In für den Adel verfassten Epen spielt daher die Institution des Hofs eine wichtige Rolle; denn trotz aller Idealisierungen des Adelslebens werden natürlich Elemente der sozialen Wirklichkeit mit in die Literatur einbezogen. Ein Hof ist keine statische, passive Größe; er verhält sich, positiv oder negativ, aktiv oder reaktiv über seine Angehörigen zum Herrn des Hofs, zu einzelnen Mitgliedern, zu von außen Kommenden. Es gibt in epischen Darstellungen keinen Hof, der über die gesamte Handlung und in jeder Bezie-

Allgemeines

Der Hof als Akteur

101

102 v. Gottfrieds Tristan hung ideal bleiben würde; das geht nicht immer zu Lasten des Hofs, aber angesichts seiner komplexen Strukturen ist er anfällig für das Versagen ein­ zelner seiner Mitglieder oder von Gruppierungen und für negative Außen­ einwirkungen. Der Verzicht auf umfassende Idealisierung kann seine Ursa­ che in einer Tendenz der Autoren zu einem ,Detailrealismus' besitzen, weil Schwächen und Gefährdungen eines Hofs im Mittelalter schon früh präsent Hofkritik im Mittelalter

waren. Das zeigt z. B. klerikale Hofkritik in Literatur von Geistlichen, die sich nicht auf religiöse Vorbehalte gegen weltliche Kulturformen beschrän­ ken, sondern auch schon Machtmechanismen, Intrigen, Interessenkollisio­ nen, usurpatorische Tendenzen thematisieren. Wenn also der Marke-Hof in seiner literarischen Darstellung zum Teil negativ erscheint, dann ist dabei stets mit zu bedenken, dass es für eine misstrauische Sicht auf den Adelshof schon eine länger existierende ,Diskursfolie' gibt. Negative Perspektiven auf den Hof bzw. auf einzelne Aspekte höfischen Lebens vermehren und diffe­ renzieren sich aus, seit sich die größeren Territorialhöfe in Bezug auf Funk­ tionen und eingelagerte Institutionen umgestalten. Für ,Dichter', die für einen Hof arbeiten, ist das Thema auch deswegen aktuell, weil sie aus eige­ ner Erfahrung dessen Spezifika kennen.

Möglichkeiten

Literarisch können Höfe verschiedene Figurationen aufweisen. Ein Hof

literarischer

kann Schauplatz wesentlicher Handlungen sein oder Durchgangsstation.

Hofdarstellung

Neben dem für ein Epos wichtigsten Hof können andere Höfe eine Rolle spielen - dann meistens mit abgestufter Relevanz oder Dignität. Ein Hof kann eher Statik oder eher Dynamik zeigen; Statik kommt der Darstellung repräsentativer Elemente entgegen, Dynamik ergibt sich aus Handlung und

betont die Handlungselemente. Die an den dargestellten Höfen entstehen­ den Probleme können ignoriert oder zu lösen versucht werden (erfolgreich oder vergeblich). Lösungen werden etwa gesehen in der Entfernung oder Selbstentfernung von für den Hof problematisch gewordenen Personen; der Hof hat dann die Möglichkeit, weiter unbeschädigt zu existieren; nach er­ folgter Rehabilitation kann er die ausgegliederten Personen wieder integrie­ ren. In manchen Epen stellt die Gewinnung eines eigenen Hofs durch den Protagonisten den Gipfel des Erfolges dar; aber auch der eigene Hof kann wieder Probleme zeigen oder hervorrufen. Der Marke-Hof

In diesem Spektrum von Möglichkeiten zeigt der Marke-Hof in fast allen Bereichen Mischungen und Facetten. In Bezug auf das wesentlichste Thema des Tristan, die Liebesbeziehung, ist der Marke-Hof der Ort, an dem die Problematik der Beziehung entsteht und sich äußert. Rechtlich ist die Bezie­ hung zwischen Tristan und Isolde auch an anderen Orten illegitim, selbst während des Waldlebens; prekär wird sie aber am deutlichsten dort, wo der Hof als Ansammlung von Personen zu direkten, häufigeren und gefährliche­ ren Kontakten führt und wo die Institution des Hofs Kontrollfunktionen wahrnimmt. Die Figuren des ,Dreiecks' leben hier über weite Teile der

Kontrolle durch

Handlung zusammen. Dadurch wird der Hof als Institution problematisch:

den Hof

An ihm spielt sich etwas ab, was das Prestige des Hof-Herrn, Markes, ge­ fährdet, und der Hof kontrolliert potenziell immer, phasenweise direkt und gezielt das illegitime Paar. Über die Gefährdung von Markes Prestige ist auch der Ruf des gesamten Hofs gefährdet - aber dieses Element wird nicht thematisiert: Man argumentiert gegenüber Marke bei Aufforderungen zur Kontrolle nur mit dessen Ehre. Dadurch wirkt der Hof trotz aller aktionsrei-

6.lnterpretationsansätze

chen Einzelepisoden etwas statisch: Die Mitglieder des Hofs sind mehr mit sich selbst beschäftigt als mit der Außenwirkung des Hofs oder den Folgen einer Prestigebeschädigung des Königs für den gesamten Hof. Von den drei wesentlichen Bereichen, in denen hierarchische Spitze, Gruppen und ein­ zelne Hofmitglieder zusammenwirken müssten - Politisches, Militärisches, Kulturelles -, werden die ersten beiden ausgeklammert bzw. nur dann zum Thema, wenn sie von außen herangetragen werden, und die Thematisierung besteht in Versuchen, Probleme zu ignorieren bzw. als nicht lösungsfähig zu deklarieren (Zinsherrschaft Irlands, Raub Isoldes durch Gandin). Einzig der Bereich der Kultur ist ein positives Distinktionsmerkmal des Marke­ Hofs: Er wird deswegen von außen aufgesucht (durch Riwalin) oder nach zufälligem Kontakt als Lebensraum gewählt (von Tristan). Das Kulturelle umgreift auch das Repräsentative; dieses ist zwar im Kern latent immer auch politisch, zeigt sich im Tristan aber nicht in dieser Funktion. Das ,handlungstechnisch' Wichtige am Marke-Hof ist, dass sein Herr mit der Frau verheiratet ist, die eine Beziehung zu Tristan unterhält. Dass Marke auch Tristans Oheim ist, verschärft die emotionalen Konflikte, ist aber nur in einer Hinsicht wirklich wichtig: Die Verwandtschaft mit Tristan bringt Mar­ ke dazu, ihn als Erben einsetzen und selbst nicht heiraten zu wollen - und

das führt zu Widerständen am Hof. Es geht also nicht um eine dem Marke­

Intrige als Problem­

Hof häufig prinzipiell unterstellte Neigung zur Intrige, die dann gleichsam

lösungsmittel

wie ein moralischer Makel erscheint, den ein ,edles Herz' nie aufweisen würde. Intrige ist ein systemimmanentes Konfliktlösungsmittel, um Konkur­ renz auszuschalten. Allerdings fragt sich, inwiefern Tristan überhaupt als designierter künftiger Herrscher eine Konkurrenz darstellen würde; die Ba­ rone optieren ja für eine Heirat Markes zur Gewinnung eines Sohnes-Erben, machen sich also keine Hoffnung darauf, dass einer von ihnen die Herr­ schaft übernehmen könnte. Einziger plausibler Erklärungsgrund auf der Textebene ist wohl, dass dieser Hof sich gegen Neuerungen sperrt, die in das alte Machtgefüge eingreifen würden: Marke ist kalkulierbar, sein Sohn

in spe könnte bis zum Erreichen des zur Herrschaftsübernahme nötigen Al­ ters kalkulierbar gemacht werden - Tristan aber besitzt bereits ein ausge­ prägtes eigenes Profil. Das zeigt sich, als er zum Widerstand gegen Morold auffordert und damit dem König und den Baronen etwas abverlangt, was aus deren Sicht unkalkulierbare Folgen hätte, wenn es misslänge. Und hier

Politik und Kultur;

zeigt sich wieder die Divergenz zwischen dem Stellenwert von Politischem

Traditionalismus und

und Kulturellem: Ist der Hof im kulturellen Bereich durchaus willens, Neues

Innovation

anzunehmen (die durch Tristan eingeführten Jagdzeremonien), ist er poli­ tisch konservativ. Die partielle kulturelle Rückständigkeit nimmt sich etwas seltsam aus angesichts der Attraktivität, die der Marke-Hof für Riwalin und Tristan (schon vor dem Eintritt Isoldes in die Handlung!) besitzt. Zu fragen wäre - aber nicht zu beantworten ist -, von welchem Hof Tristan seine arri­ vierten Moden denn wohl mitgebracht hat. Eine Hierarchisierung innerhalb des Hofs ist vorauszusetzen, wird aber ebenfalls nicht Gegenstand von Erörterungen. Festmachbar sind: die Hof­ spitze (der König); eine bis auf Marjodo anonyme Gruppe von Baronen; durchgängig anonyme Gruppen von Anhängern und Gegnern Tristans und/ oder Isoldes, die bei oder nach öffentlichen Vorgängen (Tristans Rückkehr von der ersten Irlandfahrt, Gottesurteil, Rückkehr des Paares nach der Ver-

Hierarchisierungen

103

104 v. Gottfrieds Tristan bannung) ihre Meinung artikulieren; Tristan, der gleichzeitig Außenseiter wie auch Hofmitglied ist; Melot, der eine niedere Stellung einnimmt, aber seinen Einfluss speziellen Konstellationen zu verdanken hat: Als subalterne ,Unperson' findet er selbst wenig Beachtung, verfügt deswegen über mehr Mobilität als Personen höheren Ranges, pflegt Umgang mit Marke und hat u.a. Zutritt zu den Frauengemächern; damit verfügt er über die Möglichkeit besserer Beobachtung, deren Ergebnisse er dann weitergibt (an seinen Auf­ traggeber Marjodo und an Marke - aber nicht an andere Gruppen am Hof). Ein Zusammenwirken von Hofspitze und unteren Gliedern der Hierarchie gibt es nur auf ,privater' Ebene, nämlich in Bezug auf den Versuch, Klarheit über das Verhältnis zwischen Isolde und Tristan zu gewinnen. Der private Charakter ist natürlich eingeschränkt, da alles, was einen König betrifft, po­ tenziell öffentliche Bedeutung hat; dennoch kann man zwei Sphären aus­ einanderhalten. Denn Markes Ehe hat auf der Textebene politisch-öffentlich eine mindere Bedeutung als etwa das Verhältnis zu Irland. Mit den Baronen zusammen agiert Marke, nachdem er, beeindruckt durch den Bericht über Isoldes Schönheit, nun doch heiraten will; das Zusammenwirken ergibt sich aber aus dem Sachverhalt, dass die Barone den König dazu gebracht haben, das zu wollen, was sie wollen. Ein vorheriges gemeinsames Interesse ist also nicht Ursache des gemeinsamen Handeins. Und selbst der Ansatz von Gemeinsamkeit wird noch dadurch eingeschränkt, dass Tristan es versteht, einen Teil der Barone, die ihn in Gefahr bringen wollen, am Risiko durch Koalitionen

ihre Mitnahme zu beteiligen. In diesem Fall bleibt Marke hart; er schließt sich also mit einem Mitglied des Hofs (Tristan) gegen eine wichtige und mächtige Gruppe des Hofs zusammen. Gemeinsames Agieren am Marke­ Hof ist also nicht ein Zusammenwirken aller, sondern ein Co-Agieren von Teilen des Hofs, das die Interessen anderer Personen oder Gruppen schä­ digt. Weniger Beachtung gefunden hat, dass Tristans Option auf die Thron­ folge nicht ganz entfällt: Anlässlich der Vermählung informiert der Erzähler über die neue rechtliche Lage: Isolde wird mit der Heirat Herrscherin über Cornwall und England; werde sie jedoch keinen Erben gebären, solle Tristan Erbe der Herrschaft sein. Dass diese Bestimmung auf Marke zurückgeht, wird nicht gesagt - etwas anderes ist aber nicht vorstellbar. Marke wäre also zumindest ansatzweise konsequent geblieben und hätte sich gegenüber den Baronen durchgesetzt. Neben dem Marke-Hof gibt es im Tristan noch andere Höfe, was Rezi­

Der Hofvon

pienten assoziative Vergleiche ermöglicht. Der Hof von Parmenie hat eine

Parmenie

eingeschränkte Bedeutung. Er erscheint anfangs gefährdet: von außen durch den Konflikt mit Morgan, von innen durch die längere Abwesenheit des Hofherrn Riwalin. Nachdem das Problem mit Morgan geregelt wurde, die äußere politische Situation geklärt ist und Tristan seine Herrschaft aufgege­ ben hat, zeigt sich dieser Hof statisch und insofern ,ideal', als es keine Prob­ leme an ihm und für ihn gibt - eine Idealität der Abwesenheit von Negati­ vem und der pauschal positiven Darstellung Ruals und seiner Söhne; von

Der Hofvon Arundel

internen Strukturen kann man sich kein Bild machen. Der Hof von Arundel hat zunächst nur äußere Probleme (sein Herr befindet sich im Krieg), ge­ winnt also auch kein Profil, das mit dem des Marke-Hofs verglichen werden könnte. Eine latente innere Gefährdung ergibt sich erst in den in Gottfrieds Fassung nicht mehr erhaltenen Teilen, weil die (aus politischem Kalkül) von

6.lnterpretationsansätze

Kaedin unterstützte Ehe problematisch verläuft. Wesentlich interessanter ist

Der irische

der irische Königshof: Er zeigt im Vergleich zum Marke-Hof ein nahezu per­

Königshof

fektes Zusammenwirken der verschiedenen Glieder der Hof- (und ,Staats'-) Hierarchie, bedingt dadurch, dass alles geschieht, was der König bzw. die Königin will. Schon das Zusammenwirken des Herrscherpaares stellt ein Gegenbild zum Marke-Hof dar, wo die Königin nicht an Problemlösungen beteiligt ist, sondern Probleme macht. Ein Konflikt scheint sich durch die Heiratsambitionen des irischen Truchsessen anzubahnen, zumal dieser am Hof über Unterstützung durch Verwandte und Freunde verfügt. Diese quer zu den Herrschaftsstrukturen verlaufenden verwandtschaftlichen Beziehun­ gen eines Hofmitglieds, die gefährlich werden, wenn die Interessen dieses Mitglieds nicht mit denen des Herrn und/oder anderen Hofmitgliedern kom­ patibel sind, zeigen sich häufig in Epen aus der Chansons de Geste-Tradi­ tion (Rolandslied,

Willehalm). Im Ansatz findet sich Ähnliches auch am

Marke-Hof: Tristan soll nach Markes Willen ja die Herrschaft nicht erben, weil er vorbildliche Eigenschaften hat; diese vorbildlichen Eigenschaften rechtfertigen nur inhaltlich den Entschluss, ihn aufgrund seines Verwandt­ schaftsstatus als Erben einzuplanen. Am irischen Hof wird dieses Problem interner Parteiungen gelöst - z. T. von außen durch Tristan, zu einem we­ sentlichen Teil aber intern, da die Hofspitze klug genug ist, Vorbehalte ge­ gen diesen zugunsten wichtigerer Ziele zurückzustellen (Rettung der Pre der Königsfamilie durch Verhinderung einer degoutant erscheinenden Ver­ bindung mit dem Truchsess; Versöhnung mit England und Cornwall). Die besondere Gefährdung durch interne Widersacher löst sich dadurch, dass die Anhängerschaft des Truchsessen, nachdem er des Betrugs überführt wur­ de, zur Königspartei umschwenkt; sie nimmt selbst darauf Einfluss, dass der Truchsess aufgibt und keine Gefahr mehr darstellt. Im Fall des Truchsessen hat man also auch ein Beispiel für eine misslungene Selbstrepräsentation am Hof, aus der der Hof unbeschädigt hervorgeht, weil gerade durch das Misslingen eine negative Außenrepräsentation des gesamten Hofs verhin­ dert wird. Der irische Hof wirkt fast schon zentralistisch; eine Mitwirkung der Barone findet bei wichtigen Entscheidungen zwar statt, beschränkt sich aber auf Zustimmung und Akklamation. Hof und Barone billigen Entschei­ dungen, weil sie für alle gut sind. Markes Hof und Markes Barone wider­ sprechen oder sabotieren Entscheidungen Markes, geben ihm Ratschläge, die eher in ihrem eigenen Interesse liegen; damit zeigen sie durchaus realis­ tische Züge, denn die Pflicht zum Consilium gegenüber dem Herrn wird von Vasallen zunehmend als Recht interpretiert - man will vor wichtigen Entscheidungen gehört werden. Der Rat an Marke, seinem Herzen bei der Entscheidung zu folgen, ob er Tristan und Isolde wieder an den Hof holen soll, basiert darauf, dass die Gefragten schon gemerkt haben, was Marke sich wünscht. Sie riskieren also keine Konfrontation und wälzen gleichzeitig die Verantwortung von sich ab; das ist eine später häufig thematisierte Ver­ haltensweise - man muss merken, was der Herr wünscht, und das von ihm Gewünschte als eigenen Vorschlag präsentieren. Einfühlungsvermögen ist also nicht nur literarische Sigle eines ,edlen Herzens', sondern am Hof eine Überlebenstechnik. Die Herrscherfunktion Markes ist mithin nicht nur da­ durch geschwächt, dass Tristan Aufgaben übernimmt, die er lösen müsste, oder dass die Gerüchte über seine Frau sein Prestige beeinträchtigen: Marke

consilium

105

106 v. Gottfrieds Tristan wird auch zum Spielball seines Hofs, der ihn zu funktionalisieren versucht. Er kann sich nicht darauf verlassen, dass Hof und Rat der Barone in seinem Interesse agieren; damit verliert er neben der Kontrolle über seine Ehefrau auch die über ein Herrschaftsinstrument und damit über einen Teil seiner Macht. Ein möglicher Restituierungsversuch durch Ausweichen auf die Insti­ tution des Konzils wurde bereits erwähnt. Der Hof in der Sicht

Dieser kurze Einblick in Facetten höfischen Verhaltens findet eine Ergän­

der handelnden

zung in dem Befund, dass der Autor Figuren ein Bewusstsein von höfischen

Personen

Negativmerkmalen verleiht und sie entsprechende Befunde als Argumente verwenden lässt - mit der Intrigenhaftigkeit wird intrigiert: Isolde äußert im Gespräch mit Tristan, das, wie sie weiß, von Marke belauscht wird, Angst vor Nachrede, Tristan greift dies auf, wenn er von den ,Lügnern' spricht (14742ff., 14798ff.). Und Melot fingiert, um seine Insinuation, für Tristan Botendienste leisten zu können, glaubhafter zu machen, Angst vor dem ho­ vegesinde (14562), wenn es ihn mit Tristan beobachte. ,Man weiß ja, wie es an Höfen zugeht.' Auch Kommunikationsstrukturen am Hof sind den Figu­ ren bewusst - weshalb Isolde für den Anschlag auf Brangaene Personen aus­ wählt, die nicht aus Cornwall kommen, sondern vremede sind (12714). In neutraler Form thematisiert der Bischof von Thamise sowohl die Probleme von Gerüchten als auch die Notwendigkeit, solchen Gerüchten auf den Grund zu gehen, und die Gefahr, die unabhängig von ihrer Berechtigung aus ihnen entsteht (15367ff.).

Der ,Hof' im Wald

Neben den ,realen' Höfen gibt es im Tristan noch den metaphorischen Hof, an dem sich das Leben des Paares während des Grotten- und WaIdle­ bens abspielt. Wesentliche Funktionen eines Hofs - aber wieder nur die im kulturell-zivilisatorischen Bereich - werden durch die Autorität des Erzäh­ lers als eingelöst deklariert, und dieser spricht ja auch explizit von hof. Da­ durch, dass die Protagonisten hier ein idealeres und weiter gehendes ge­ meinsames Leben führen als vorher und für eine gewisse Zeit später noch einmal am Marke-Hof, entsteht also ein Konkurrenzmodell; der irische Hof kann kein solches sein, weil die Protagonisten zu ihm nicht in einem ver­ gleichbaren Verhältnis stehen. Das Konkurrenzmodell ist aber, wie erwähnt wurde, nicht perfekt: Der metaphorische Hof bietet nicht alles, nämlich nicht die Pre. Das Verlassen des Hofs als Alternative ist erst literarisch dar­ stellungsfähig, als die bürgerliche Sicht auf den Hof als Raum einer negativ empfundenen gesellschaftlich-öffentlichen Sphäre zum Konzept des Rück­ zugs ins Privatleben führt (Gellerts Leben der schwedischen Gräfin von G***, Sophie von La Roches Geschichte des Fräuleins von Sternheim). Für das positiv gewertete Verlassen eines Hofs gibt es im Mittelalter sogar ein Modell - die moniage; aber dieses steht natürlich in ganz anderen Kontex­ ten.

Hofund Pre

Dass Tristan und Isolde nach ihrer Rückkehr ihre Prewiedererlangen kön­ nen, suggeriert der Erzähler indirekt - zumindest äußert er, dass Marke, Hof und gesinde an Tristans und Isoldes Pre starke gevlizzen waren (,sehr um ihr Ansehen bemüht waren': 17707ff.; vgl. in Bezug auf Isolde den Bericht nach dem Gottesurteil - Marke, liute und lande ,lieben, ehren, loben und verherrlichen' sie. 15752ff.). Eingerahmt ist diese Stelle jedoch von zwei Bemerkungen darüber, dass sie keine Gelegenheit zum heinlfeh[en], vrilf­ ch[en] und offenbaere[n] (vertrauten, freien und offenen: 17702, 1771Of.)

6.lnterpretationsansätze

Umgang miteinander mehr haben. Damit erscheint also sowohl der ,Wald­ hof' als auch der Marke-Hof nicht perfekt - was aber nicht an diesem spe­ ziellen Hof liegt, sondern daran, dass im Rahmen der zeitgenössischen Vor­ stellungen kein Hof für die Art von Liebe, die zwischen Isolde und Tristan herrscht, einen idealen Entfaltungs- und Resonanzraum bietet. Auch dies muss man mit bedenken, bevor man die Schilderung des Marke-Hofs als Folge einer grundsätzlich hofkritischen Darstellung deuten will. - Das Mo­ dell des Artushofs, Probleme einzelner Mitglieder, die die Idealität des Hofs gefährden könnten, durch Exkludierung dieser Mitglieder zu neutralisieren, funktioniert am Marke-Hof nicht. Ausgliederung findet statt, aber das ent­ scheidende Problem wird dadurch nicht bewältigt: Wenn Tristan sich ent­ fernt, bleibt Isolde am Hof zurück; Isolde kann sich nicht allein vom Hof entfernen; und die gemeinsame Abwesenheit während des Waldlebens hinterlässt am Hof und im Zusammenleben eine Lücke. Aus dem arthuri­ schen ,Modell' stammt auch das Element der Reintegration; es ist im Tristan ebenfalls vorhanden, indiziert aber auch keine Lösung des Problems, son­ dern sorgt für dessen Fortsetzung. Damit ist der Marke-Hof beides: Hand­ lungsschauplatz und Durchgangsstation. Beides ist auch der ,Minnegrotten­ hof', vor allem aber der irische Hof: Hier wird Tristan geheilt, hier wird er Erzieher Isoldes, hier wird die Werbung um Isolde erfolgreich beendet; aber er ist nie endgültiges Ziel, da er zugunsten des wichtigeren Schauplatzes wieder verlassen werden muss. Der Marke-Hof ist Durchgangsstation auf Dauer; zum End- und Zielpunkt kann er für die Protagonisten nicht werden. Dass Tristan auf seinen eigenen Hof verzichtet und später keinen neuen mehr gewinnt, also nicht (wie Parzival, Erec, Iwein u.a.m.) den Karrieregip­ fel eines Helden erreicht, ist weniger ,bezeichnend' als vielmehr hinsicht­ lich der Problemkonstellation konsequent: Mit einem eigenen Hof kann er nichts anfangen, da er die verheiratete Isolde dort nicht als Herrin installie­ ren könnte. Aufschlussreich ist allerdings der Verzicht auf Parmenie schon zu einem Zeitpunkt, als von einer Liebe Tristans überhaupt noch keine Rede ist. Die Akzentuierung der ,Heimatlosigkeit' der Liebe wird also frühzeitig vorbereitet durch die ,Hoflosigkeit' des Protagonisten. Insgesamt zeigt der Marke-Hof prinzipiell nicht weniger problematische Züge als andere in Literatur dargestellte Höfe. Einen Intriganten weist etwa auch der Kaiserhof im Herzog Ernst auf; durch unklare Hierarchien gekenn­ zeichnet ist der Kaiserhof in Konrads Heinrich von Kempten; Konkurrenz­

verhalten zeigt sich in Hartmanns Iwein zwischen dem Protagonisten und dem Musterritter Gawein bzgl. der Frage, wer die Brunnenaventiure beste­ hen darf, im gleichen Epos wird in einer Nebenepisode Artus' Frau entführt und muss von Gawein befreit werden; im Fall des frz. Lancelot wird der Ar­ tushof intern durch eine mit dem Tristan vergleichbare Beziehung geschä­ digt, die Liebe zwischen dem Titelhelden und Artus' Frau. Die Darstellung des Marke-Hofs demonstriert einige grundsätzliche Probleme, die einem ,System Hof' immanent sind: Höfisches Leben ist gekennzeichnet von Kon­ kurrenz und Rivalität, Beobachtung und Abschottung gegen Beobachtung, problematischer Kommunikation, Schwierigkeiten interner und externer Kooperation. Hinzu kommt ein prinzipielles Element von Unsicherheit Er­ folg und Misserfolg am Hof sind nie völlig verlässlich zu kalkulieren (was besonders im Kontrast zu Tristans Kalkül und Planung auffällt, mit denen er

Höfe in anderen Epen

107

108 v. Gottfrieds Tristan oft, aber eben nicht immer Erfolg hat). Erreichtes ist nie von Dauer; das ent­ spricht zwar auch der grundsätzlichen Rolle von Zufall und Schicksalsunter­ worfenheit im Tristan, kommt aber eben bemerkenswert häufig im Zusam­ menhang mit dem Hofleben zur Geltung. Zurückgeführt werden die Nega­ tiva jedoch nur auf die moralische Defizienz derer, die der Liebe des Paares im Wege stehen. Die Hofdarstellung ist also kaum analytisch angelegt, wozu der Autor, wie die psychologisierenden Personencharakterisierungen oder die Liebeskonzeptualisierungen zeigen, durchaus in der Lage gewesen wäre. Die in der Forschung häufig zu lesende pauschale Charakterisierung der am Hof agierenden negativ bewerteten Figuren als ,Höflinge' ist irrefüh­ rend: Es geht nicht nur um subalterne Hofschranzen und überhaupt nicht um aufstiegswillige und daher konkurrenzbewusste Chancenjäger.

Die

wirklich gefährlichen Hofmitglieder stammen aus der Gruppe direkt unter­ halb des Königs, die am Hof anwesend sind oder dann zum Hof gehören, wenn sie zum Zweck des consilium an diesen bestellt werden: Die Barone sind nicht aufstiegswillig, sondern auf Zementierung des status qua be­ dacht. Möglicherweise wendet Marke sich deshalb mit dem Konzil an eine Institution, von der er sich mehr erhoffen kann als von seinem unkalkulier­ bar gewordenen Hof. Denn sein Ruf leidet nur hofintern (also anders als der Erecs, der nicht mehr aufgesucht wird, weil sein Herr ritterliche Aktivität vermissen lässt) und nur wegen Isolde, nicht wegen mangelnder außenpoli­ tischer Aktivität - in dieser Hinsicht zeigen Marke und die Barone ein ver­ gleichbares Verhaltensprofil. Gottfrieds Primärziel war wohl nicht eine all­ Die literarische Funktion des Marke-Hofs

gemeine Hofkritik. Die Darstellung des Marke-Hofs resultiert aus dessen Funktion für den Verlauf der Liebe. Der Hof ist in dieser Beziehung vor al­ lem ein Hindernis, verursacht aber gerade dadurch das zur Komplettierung idealer Liebe notwendige Leid. Tristan und Isolde sind von ihrem eigenen textimmanenten ,Bewusstsein' her auf den Hof wegen des gesellschaftli­ chen Lebens und der Pre angewiesen; der Autor benötigt den Hof als Wi­ derpart, an dem sich sein Paar im Kampf um seine Liebe abarbeiten kann. Gottfried kritisiert den Hof weniger wegen prinzipieller Defizite - er b e­

nutzt die Defizite, die für seine Zeitgenossen nachvollziehbar gewesen sein werden, um für sein Paar einen Gegner von Rang zu schaffen.

VI. Gottfried-Rezeption 1. Allgemei nes ,Rezeption' meint die ,Wiederaufnahme' eines Textes - von der reinen Kenntnisnahme über die Auseinandersetzung mit Inhalten, Formen, Sprache bis zur Übernahme von Vorstellungen, Stoffen, ästhetischen Konzepten. Wenn Autoren und Werke nicht nur passiv rezipiert werden, sondern ande­ re Autoren beeinflussen, kann man statt von Rezeptions- auch von Wir­

kungsgeschichte sprechen. Eigentlich ist eine rein passive Aufnahme gar nicht möglich, weshalb ich i.F. terminologisch nicht differenziere: Indem Rezipienten Texten einen Sinn geben, gehen diese Texte in den Fundus des Wissens von Rezipienten ein und beeinflussen direkt oder indirekt, bewusst oder unbewusst andere Bestandteile dieses Wissens. Schon die Kenntnis-

Diskurse und

nahme eröffnet eine Kommunikation; der Text, aus Diskursen hervorgegan-

Intertextualität

gen, tritt in diese Diskurse ein und wirkt in ihnen weiter; er ist ein Produkt der Intertextualität und wirkt seinerseits auf andere Texte. Von der Stoffgeschichte grenzt sich trotz einiger Überschneidungen die Rezeptionsgeschichte dadurch ab, dass sie sich nicht auf allgemeine Inhalte bezieht, die in verschiedenen Texten behandelt werden, sondern auf spezielle Fassungen eines Stoffes. - Rezeptionsgeschichtliche Arbeiten hat es in der Forschung immer gegeben; ein eigener Bereich ,Rezeptionsgeschichte' bildete sich in der Altgermanistik seit Mitte der 70er Jahre des letzten Jhs. heraus.

2. Ebenen und Epochen der Rezeption Die Rezeption durch die Forschung ist in Bezug auf Gottfried wohl am klarsten zu erfassen; es existieren Untersuchungen bis in einzelne wissen­ schaftliche ,Genres' hinein (z. B. zu Literaturgeschichten). Die wissenschaft­ liche Rezeptionsgeschichte deckt sich mit der Forschungsgeschichte; da diese in Kap. 11 dargestellt wurde, hebe ich nur generelle Tendenzen hervor:

Rezeption in der

In Gang gekommen ist die Gottfried-Forschung relativ spät; dass dafür mo­

Forschung

ralische Vorbehalte gegenüber dem Tristan verantwortlich gewesen seien, kann man bezweifeln. Die editorische Lage hat sich nur schrittweise verbes­ sert und ist immer noch nicht zufriedenstellend. Die sonstige wissenschaft­ liche Behandlung dagegen hat schnell aufgeholt, hat sich seit den 60er Jah­ ren des 20. Jhs. für aktuellste Paradigmen stets offen gezeigt, sich dement­ sprechend immer weiter differenziert und ist heute fast unüberschaubar ge­ worden.

Rezeption im Mittelalter Erste Zeugnisse einer literarischen Rezeption stellt natürlich die handschrift­ liche Überlieferung der unter Gottfrieds Namen überlieferten Texte dar,

110 VI. Gottfried-Rezeption dann Namensnennungen in anderen Texten, Gottfrieds Apostrophierung als Tristan-Autor, lobende Erwähnungen, Zitate, Stil-Imitationen und vor allem die Tristan-Fortsetzungen. Gottfried-Rezeption im Mittelalter ist fast aus­ schließlich Tristan-Rezeption, in der Neuzeit und bis heute mit Ausnahme der wissenschaftlichen Rezeption der lyrischen Texte nur eine solche. In Reinmars von Zweter Spruch 91 - Gelückes rat ist sinewel- werden einige Verse aus dem Spruch Vom gläsernen Glück fast wörtlich zitiert (s. Noltel Schupp 2011, S. 410); der Spruch ist aber nicht mit Gottfrieds Namen überDominanz des Tristan

liefert. Die einzelnen Ausprägungen der Rezeption stehen in Bezug auf den Tristan in deutlichen Zusammenhängen: Dieser Roman muss von Anfang an

erfolgreich gewesen sein, denn auf ihn bezieht sich das Lob des Autors; aus ihm werden Zitate in andere Werke übernommen; er prägt stilistisch Nach­ ahmer (auch wenn man von der Vorstellung einer Gottfried-,Schule' abge­ kommen ist); er wird immer wieder abgeschrieben - und das Interesse an ihm war so groß, dass sich zwei Fortsetzer gefunden haben: Ulrich von T ürWerke mit Tristan-Rezeption?

heim und Heinrich von Freiberg. Stileigenheiten und Zitate (vermutet z. B. in der Kudrun, im Moriz von Craun, in Albrechts Jüngerem Titurel oder Wernhers Helmbrechtl, sind am schwierigsten einzuordnen: Bei Stilistika steht im Hintergrund die alle mittelalterlichen Autoren prägende Tradition des Unterrichts im Trivium. Insgesamt kursieren mindestens 30 Werke, für die stilistische Rezeption Gottfrieds reklamiert wurde oder in denen man Tristan-Zitate aufzufinden geglaubt hat. Die entsprechenden Untersuchun­ gen fußen allerdings oft auf Ausgaben, die angesichts der ehemaligen Kon­ jekturalfreudigkeit gerade für Sprachliches nur eine unsichere Grundlage bieten. Der am ehesten als stiIistischer Nachfolger apostrophierbare Konrad von Würzburg (der sich ja auch auf Gottfried beruft) zeigt gleichzeitig in verschiedener Hinsicht Tendenzen zur ,Überbietung', kann also nicht als einfacher Imitator durchgehen. Nicht immer eindeutige Rezeptionszeugnis­ se sind auch Zitate; es ist nie klar, ob jemand sich direkt bei Gottfried be­ dient oder auf einen durch Gottfried mit aufgefüllten Fundus an FormeIma­ terial zurückgegriffen hat. Deutlichste Zeugnisse für eine Rezeption bleiben daher die Zahl der Handschriften und die Fortsetzungen. Letztere sind nicht nur in inhaltlicher Hinsicht klare Rezeptionsbelege; sie beweisen auch auf Seiten der Auftraggeber ein Interesse an Gottfrieds Text dergestalt, dass man dieses Werk vollendet sehen wollte. Aber der Tristan ist nicht der einzige

Fall, in dem ein unvollendeter Text fortgesetzt wurde; hier macht sich also auch bemerkbar, dass das Mittelalter die Optionen des Mediums Schrift zu einer Abrundung der fixierten Wissensbestände und einer Vergewisserung über das Vorhandene genutzt hat. Dies korrespondiert der zunehmenden Zahl von ,Summen' - nicht nur im theologischen und wissenschaftlichen Bereich, sondern auch bei literarischen Texten (Sammelhandschriften; bei Neubearbeitungen alter Texte Ergänzung durch hinzugefügte Vor- und Nachgeschichte). Gleichfalls in diesen Kontext gehört die Co-Überlieferung verschiedener Tristan- Texte. Ulrich von Türheim

Ulrichs Fortsetzung umfasst in Hs. H 3730 Verse (nach dem letzten Verspaar ein Amen), wird auf 1240 oder etwas früher datiert und wurde laut Aussage des Autors im Auftrag des schwäbischen Ministerialen Konrad von Winterstetten verfasst. Sie ist - mit sehr unterschiedlichem Textbestand überliefert in 6 Hss. von Gottfrieds Tristan. Gottfrieds und Ulrichs Text be-

2. Ebenen und Epochen der Rezeption

einflussen sich also in der Rezeption gegenseitig - genauso wie im Fall der Co-Überlieferung von Gottfried und Heinrich von Freiberg (s. u.). In der Hs. P folgen auf Gottfrieds Text nur 14 Verse aus Ulrichs Fortsetzung, die eigent­ liche Fs. bildet Eilharts Tristrant. In den Hss. S - neuzeitliche Abschrift (1722) einer verlorenen Hs. des 15. Jhs. - und R steht zwischen Gottfried und T ürheim der Tristan als Mönch (s. u.). Die Hss. P, R und S zeigen also, wie sich Rezeptionsprozesse überlagern und ausdifferenzieren können. UI­ rich führt die Nichtvollendung des Tristan, die er in Vers 1 als schade (Scha­ den, Verlust, Unglück) bezeichnet, auf Gottfrieds Tod zurück. Im Kontrast zur Wertschätzung steht die in der Forschung verbreitete, aber nicht unbe­ stritten gebliebene Ansicht, dass Ulrich sich auf Eilharts Tristrant stützt. An­ sonsten ist jedoch auf verschiedenen Ebenen eine Anlehnung an Gottfried erkennbar. Inhaltlich klammert Ulrich, anders als Eilhart, den Artushof ebenso aus wie Gottfried; im Bereich der rhetorischen Schmuckmittel scheint er nicht bei den Tropen, wohl aber bei den Figuren die gleichen Vor­ lieben wie Gottfried gehabt zu haben. Den Vierreim 3601-3604 wird man als Rezeptionszeugnis nicht überbewerten können, da Gottfried diese Form eher ,strophisch' gestaltet, sie häufiger und mit gliedernd-hervorhebender Funktion verwendet. Neben Gottfried und Eilhart sind entweder weitere Vorlagen benutzt worden - oder aber es handelt sich bei den betr. Passagen um selbständige Hinzudichtungen. Die sprachästhetische und gehaltliche Bewertung Ulrichs hat lange Zeit unter dem übermächtigen Vergleichsob­ jekt Gottfried gelitten; Nachahmungen galten als Imitation, Umakzentuie­ rungen, wie sie sich vor allem im Strukturellen zeigen, als Indikator für Un­ verständnis gegenüber dem ,Konzept' Gottfrieds (das in wesentlichen Zügen Interpretat ist). Heute setzt sich in der Forschung eher ein Verständnis dafür durch, dass es sich um eine bewusste Umkonzeptualisierung handelt, bei der auch der Auftraggeber seinen Einfluss geltend gemacht haben könnte. Jedenfalls war Ulrich eine Art Spezialist für Fortsetzungen, denn er hat auch Wolframs Willehalm beendet (Rennewart), vielleicht auch den Cliges Kon­ rad Flecks (nicht überliefert). - Im Epilog wird das Publikum zum Gebet für Tristan, ,den treuesten Menschen' (3706) aufgefordert, falls er noch in der Hölle sein sollte; denn für seine Treue stehe ihm Lohn zu. Auch für Isolde soll gebetet werden; Gott möge beide an seiner rechten Hand aus der not führen 3716f.). Es folgt ein Erzähler und Publikum verbindendes Schlussge­ bet (,Gott lasse uns in sein Reich kommen' usw.). Interessant ist ein für Schlussgebete in der deutschen Literatur recht früher Beleg für die Vorstel­ lung, dass ein Engel in der Todesstunde die missetat[enl eines Menschen ab­ wägt - was, wie mittelalterliche Bilder zeigen, wörtlich zu verstehen ist. Heinrichs Fortsetzung ist in 4 Hss. zusammen mit Gottfrieds Tristan über­ liefert. Ob es sich auch bei Fragment g um ein Textzeugnis der Fs. Heinrichs handelt, ist nicht sicher. Anders als bei Ulrich von T ürheim sind keine Text­ zeugen überliefert, in denen ein dritter Tristan-Text erscheint. Heinrichs Text hat 6890 Verse. In Hs. 0 fehlen die letzten 185 Verse. Die Datierungsspan­ ne umfasst den Zeitraum 1270-1300. Auftraggeber war Rei(n)mund von Lichtenberg, der im Umkreis des böhmischen Königshofes anzusiedeln ist oder zumindest Kontakte dorthin besaß. Sowohl die Vorstellung des Auf­ traggebers als auch das Lob Gottfrieds und die Klage über den hier ebenfalls als verstorben Bezeichneten fällt bei Heinrich umfangreicher aus als bei UI-

Heinrich von Freiberg

111

112 VI. Gottfried-Rezeption rich. Dessen Fortsetzung wird von Heinrich nicht erwähnt. - Heinrich hatte in der Forschung weniger unter den aus Gottfried bezogenen Normen zu leiden. Insbesondere sprachlich-stilistisch hat man ihm Könnerschaft attes­ tiert. Seine Umakzentuierungen betreffen vor allem Folgendes: Tristan wird, noch über Eilharts Charakterisierung hinaus, zum mustergültigen Hof-, Aventiure- und Minneritter stilisiert; daher macht es Sinn, dass Heinrich dem Artushof eine größere Bedeutung beimisst, indem er diesen in die Handlung integriert. Bei Gottfried wurde der Artushof nur zu einem Ver­ gleich herangezogen, aus dem das kulturelle Angebot der Minnegrotte als Sieger hervorging. Heinrichs Gestaltung könnte ein Reflex auf die Interessen des o.a. Prager Hofes sein. Entsprechend (?) wird der Herr des Hofes von Cornwall, König Marke, einerseits auffällig positiv dargestellt, andererseits nicht weniger auffällig für negative Verhaltensweisen unter Hinweis auf Informationsdefizite entschuldigt. Eine interessante Parallele für diese ,kom­ munikationstheoretische' Sicht bildet die Nibelungenklage, wo die Katas­ trophe damit begründet wird, dass Etzel nicht genügend über die Zusam­ menhänge informiert gewesen sei. Vor allem aber: Heinrich nutzt das ,trau­ rige Ende', um seinem Publikum die zum Tod führende illegitime Liebe Tristans und Isoldes als spiegel (6848) vorzuhalten, in dem man sehen kön­ ne, dass weltliche Liebe vergänglich sei. Jeder Christ solle sich daher der unvergänglichen Liebe zuwenden, die bei Gott zu finden sei. Rose und Weinstock, die sich auf dem Grab der Protagonisten ineinander schlingen, sind daher nicht Sinnbild der exzeptionellen, den Tod überdauernden Liebe der beiden, sondern Allegorie der Liebe zwischen Christus (die Rose - we­ gen seiner blutenden Kreuzwunden) und den Menschen (die Weinrebe, die durch von Gott verliehenen sin und vernunft fruchtbar geworden ist und Trauben hervorbringt). Eine solche, die vorherigen Inhalte konterkarierende conversio nimmt auch Wirnt von Grafenberg im Epilog des Wigalois vor.

Darauf ist womöglich zurückzuführen, dass Konrad von Würzburg in Der Welt Lohn den Protagonisten nach diesem Autor benennt. Dort werden die

Bekehrungsbedürftigen im Prolog als ir werfte minnaere (,ihr Liebhaber der Welt'; Heinrich 6847: ir werlde minner) apostrophiert. Es folgt bei Heinrich eine Aufforderung zum Gebet; beschlossen wird dieses mit einem dreifa­ chen amen, das anders als bei Ulrich als Reimwort in das letzte Verspaar integriert ist. Die religiöse Umdeutung relativiert nicht den Charakter des gesamten Textes, der eine Liebes- und Abenteuergeschichte bleibt. Aber sie ist ein weiterer Beleg dafür, dass die Geschichte verschiedenen moralischen Wertungen unterzogen werden konnte und dass solche keiner chronologi­ schen Entwicklung unterzuordnen sind: In Dantes Divina Commedia (Canto

5; verf. 1307-1320) schmachtet Tristan mit Dido, Kleopatra, Helena, Paris und anderen im zweiten Kreis der Hölle, Bußort der ,Wollüstigen'; im En­ semble der Runkelstein-Fresken (um 1400, s. u.) setzt der "Triumph des Paa­ res im Gottesurteil" den Schlussakzent (Dietl 2009, 35). Während wegen der direkten Berufung auf Gottfried und der expliziten Absicht, dessen Tristan zu vollenden, die Fortsetzungen Ulrichs und Hein­ richs deutliche Zeugnisse für eine direkte und produktive Rezeption sind, ist das bei drei weiteren Texten weniger sicher: Tristan als Mönch

Der anonyme Tristan als Mönch ist nur zusammen mit Gottfrieds Tristan überliefert (2 Hss., 15. Jh.), muss aber in der Ursprungsform selbständig ge-

2. Ebenen und Epochen der Rezeption

wesen sein. Er repräsentiert trotz des vergleichsweise großen Umfangs

(2705 Verse) den Typus des sog. ,Episodengedichts': Tristan, inzwischen mit Isolde Weißhand verheiratet, will an einem Fest bei Artus teilnehmen, um die blonde Isolde wiederzusehen. Er verbreitet die Nachricht von seinem Tod und begleitet als Mönch den ,eigenen' Leichnam (als Double muss ein Ritter herhalten, den Tristan tot im Wald gefunden hat). Alle am Hof beklagen ihn, besonders die beiden Isoiden (1130-1178, 1286-1320, 1343-1365), am ausführlichsten aber Marke (1560-1681). Artus arrangiert ein opulentes Begräbnis. Tristan assistiert als Kaplan dem Abt, der die Be­ stattungsriten durchführt, und kann so ,seine' Beisetzung beobachten. Spä­ ter fingiert die blonde Isolde vor Marke Freude über den Tod und wird dafür von diesem heftig getadelt. Schließlich wird Tristan als bruoder Wft Isolde von Marke als Arzt zugeteilt. Was bei Tristans ärztlichen Praktiken wirklich geschieht, gibt dem Erzähler Anlass, Marke mit dem Wolf /sengrfn, Isolde mit dessen Frau Hersant und Tristan mit dem Fuchs Reinhart zu vergleichen. (Was sich im Reinhart Fuchs und anderen Stoff-Fassungen zwischen Rein­ hart und der Frau des Wolfs abspielt, ist allerdings keine einvernehmliche Liebe, sondern Vergewaltigung.) Der TaM enthält also viel Schwankhaft­ Burleskes, das freilich im Stoff bereits angelegt ist; auch manchen Episoden bei Gottfried ist Komik nicht abzusprechen. Neben dem Burlesken gibt es Sentimentales und interessante psychologisierende Einzelszenen. Inhaltlich kann Gottfried nicht Quelle gewesen sein; im Detail finden sich Anklänge, die auf direkte oder indirekte Rezeption verweisen (Zeitangaben, Namens­ schreibungen). Besonders aber lässt sich eine Rezeption stilistisch plausibel machen, obwohl eine entsprechende Prägung mittlerweile auch über ande­ re Autoren (Rudolf von Ems, Konrad von Würzburg), die sich Gottfried stilis­ tisch angeschlossen haben, erfolgt sein kann. - Der TaM spielt möglicher­ weise eine gewisse Rolle für die Einordnung des niederfränkischen Tristan­ Fragments: Dieses Bruchstück (158 Verse, kontrovers datiert auf Mitte bis Ende 13. Jh.) lässt sich bis jetzt allenfalls indirekt in den Kontext einer Gottfried-Re-

Das niederfränkische Tristan-Fragment

zeption stellen. Es ist aber Beleg für die Existenz eines zweiten deutschen Tristan-Textes, der auf Thomas fußt. üb das Fragment zu einer ehemals voll-

ständigen Bearbeitung von Thomas' Tristan gehört hat oder (seit Tomasek

2002 wahrscheinlicher) aus einer Fortsetzung von Gottfrieds Tristan stammt, ist nicht zu entscheiden. Im ersten Fall hätte man es mit keinem Zeugnis für Gottfried-Rezeption zu tun, im zweiten Fall mit einem indirekten: Hinter ihm hätte dann das Interesse eines weiteren Auftraggebers an einer Fortsetzung von Gottfrieds Text gestanden. Auch im nfr. TF findet man aber etwas, was nicht zu Gottfrieds Konzept passt: Erneut wird der Artushof als Aktionsort und Akteur mit einbezogen. Das hat zu der These geführt, dass in der Hs., aus der das Fragment stammt, dem Text der Tristan als Mönch vorausgegangen sein müsse: Dessen Kenntnis hätte nach Tomasek 2002, 81 einem Leser/Hörer nach den rigorosen Raffungen der Thomas-Vorlage "einen relativ nahtlosen Anschluß" geboten. Ein sicheres Zeugnis für zumindest partielle Gottfried-Rezeption, das gleichzeitig den im Mittelalter einzigen für uns bekannten Fall einer solchen über das deutsche Sprachgebiet hinaus darstellt, ist der alttschechische Tristram (Ende 14. Jh. ?). Überwiegend lassen sich Inhalt und Struktur auf Eilhart

Der alttschechische Tristram

113

114 VI. Gottfried-Rezeption zurückführen, abschnittweise setzt er aber die Kenntnis von Gottfrieds Text voraus. Der Prosa- Tristrant

Rezeptionsgeschichtlich ähnlich einzuordnen wie der alttschechische

des15.jhs.

Text ist der deutsche Prosa- Tristrant: Vorlage war eine Eilhart-Fassung, die sich auch dominant auf die Gestaltung ausgewirkt hat, aber Spuren von Gottfried-Kenntnis sind nachweisbar.

Bildzeugnisse

Rezeptionszeugnisse können nicht nur Texte, sondern auch Bilder sein. Diese sind allerdings z. T. nur Belege für die Bekanntheit eines Stoffs, nicht für die einer bestimmten Stoff-Fassung. Oft entwickeln sie gegenüber den Texten ein Eigenleben, sind nicht als dessen Erläuterung gedacht oder schließen sich nicht an spezielle textlich realisierte Autorkonzepte an, son­ dern setzen, ihrem Medium entsprechend, auf das optische Wirkungspoten­ zial einzelner Szenen. Zu unterscheiden sind Bildzeugnisse in Tristan-Hss. (s. etwa Brüggen/Ziegeler 2002 zur Hs. B; illustriert sind auch die Hss. M und R) und solche, bei denen es sich um andere Überlieferungsträger han­ delt. Im ersten Fall findet eine Art ,interner' Rezeption statt - Bilder bezie­ hen sich direkt auf einen Text, der als solcher schon ein Rezeptionszeugnis darstellt. Der Auftrag für Illustrationen ist auf jeden Fall Indikator für die Wertschätzung, die man dem betr. Text entgegenbringt. Im zweiten Fall stei­ len Bilder eine externe Rezeption dar; sie existieren unabhängig von einem bestimmten Text und setzen vielleicht nur eine allgemeine Kenntnis von Stoffen voraus. Sie beziehen sich auf einzelne Motive aus komplexen Zu­ sammenhängen, und diese Einzelmotive können in verschiedenen Fassun­ gen existieren. Zu einem Beleg für konkrete Rezeption einer bestimmten Fassung werden solche Bilder dann, wenn Bildinhalte erscheinen, die sich auf etwas beziehen, das nur in dieser Fassung erscheint. Dies ist in Bezug auf Gottfrieds Tristan im Fall der Bilder auf dem Wienhäuser Tristan-Teppich (14. jh.) nicht so, wohl aber bei den Fresken von Schloss Runkelstein (Süd­ tirol, entstanden 1388 bis um 1410) und Schloss Rhäzüns (Graubünden, 2. H. 14. jh. oder annähernd zeitgleich mit den Runkelstein-Bildern?). Anders als die auf Rhäzüns fügen sich die Tristan-Fresken auf Runkelstein in einen Zyklus mit weiteren Sujets ein.

Auslaufen der

Nicht mangelndes Interesse am Stoff (der nämlich in neuen Bearbeitun­

mittelalterlichen

gen weiterlebt), sondern Vorlagenwechsel ist verantwortlich für das Auslau­

Gottfried-Rezeption

fen einer ausgeprägten Gottfried-Rezeption und deren Reduktion auf nur noch punktuelle Nutzung. Gefolgt wird nun verstärkt Eilhart, dessen Rezep­ tion einen neuen Impetus erfährt (Überlieferung: Fragmente von drei Hss. des 11./12. jhs., 3 vollst. Hss. aus dem 15. jh.). Das bedeutet aber auch, dass ein Geschmackswandel stattgefunden haben muss - denn Hss. von Gottfrieds Tristan wären ja noch greifbar gewesen. Für rund 150 jahre hat­ ten diese vorher genauso wie Eilharts Fassung den Einfluss des frz. Tristan en prose (um 1230, 80 Hss., 8 Drucke) auf Tristan-Dichtungen im deut­ schen Sprachraum blockiert, während diese frz. Prosafassung ansonsten in Europa sehr einflussreich war. Im Übrigen wird man das Auslaufen der Gott­ fried-Rezeption nicht ohne Differenzierungen in die 2. Hälfte des 15. jhs. verlegen dürfen: Mindestens zwei vollständige Hss. (*S: 1489, P: 1461) stammen aus dieser Zeit, vielleicht auch noch R (um 1440? um 1455/60?), und auch eine Reihe älterer Hss. stand immer noch zur Verfügung. Zumin­ dest ist ein Aussetzen der passiven Rezeption nicht beweisbar; und für eine

2. Ebenen und Epochen der Rezeption 115

aktive Rezeption sprechen möglicherweise Affinitäten in einigen Texten, für die stilistischer Gottfried-Einfluss vermutet wurde; unter diesen befinden sich nämlich auch solche, die weit über ihre Entstehungszeit hinaus hand­ schriftlich überliefert wurden und deshalb Belege einer Gottfried-Rezeption zweiten Grades sind, bspw. johanns von Konstanz Minne/ehre, Wirnts Wiga/ois, Wernhers He/mbrecht, Die Er/ösung, johanns von Würzburg Wi/­ helm von Österreich; zu erinnern ist auch an späte Hss. von Konrads Go/de­ ner Schmiede und Herzmaere sowie an die Nennungen Gottfrieds und seines Tristan bei Ulrich Füetrer und jacob Püterich von Reichertshausen (Ehrenbrief Str. 101). Püterich beschränkt sich nicht nur auf die Nennung, sondern gibt Auskunft darüber, dass sich Gottfrieds Tristram (so!) in seiner Bibliothek befinde. je weiter man allerdings zeitlich fortschreitet, desto un­ klarer wird, ob sich ,Nutzer' des Tristan direkt oder indirekt auf Gottfried, nur auf Gottfried oder auch auf andere ma. Bearbeitungen des Stoffs bezie­ hen oder ob man es mit Quellenmischungen zu tun hat. Ab dem 16. jh. wird die Rezeptionssituation vollends unklar: Rezeption in der Frühen Neuzeit

Die wohl bekannteste deutsche Bearbeitung des Tristan-Stoffs aus der frü­ hen Neuzeit stammt von Hans Sachs; sie stellt gleichzeitig die erste deut­ sche dramatische Bearbeitung dar - aber sie geht nicht auf Gottfried zurück, sondern indirekt auf Eilhart, vermittelt nämlich über den erwähnten ge­ druckten Prosa-Tristrant (1484; mindestens 13. Aufl. bis einschI. 17. jh.; 1587 Aufnahme in Siegmund Feyerabends Buch der Liebe). Sachs hat den Stoff auch im Genre des Meisterlieds behandelt. üb in seiner Tragedia die für den Prosa- Tristrant belegbaren Gottfried-Rudimente noch aufzufinden sind, wurde noch nicht untersucht. Die Chancen einer Spurensuche sind aber auch sonst bei weitem nicht ausgereizt. Unlängst hat Dietl (2009, 37 ff.) auf die Möglichkeit einer punktuellen Gottfried-Rezeption bei den Schildfarben im Weißkunig (Maximilian I./Marx Treitzsaurwein) hingewie­ sen. Weitere, allerdings nicht notwendig durch Gottfried induzierte Paralle­ len lassen sich im Weißkunig in der Darstellung der Ausbildung des jungen Königs finden Uagdfertigkeiten, Fremdsprachen, Musik) - womit genau die Fähigkeiten ausgewählt worden sind, die in der Handlung des Tristan für den Helden eine besondere Rolle spielen. Rezeption in der Neuzeit: 18.-20. jh.

Das Mittelalter besitzt - über Gebäude, Relikte der Sachkultur, literarische Stoffe, Motive und bestimmte Texte - auch in unserer unmittelbaren Gegen­ wart eine bemerkenswerte Präsenz; zu den Problemen einer Gleichsetzung dieser "Ubiquität" des Mittelalters mit tatsächlicher Rezeption s. aber Cra­ mer 1986. Zur literarischen Präsenz des Mittelalters leistet Gottfrieds Tristan einen nicht unerheblichen Beitrag. Allerdings ist der Umgang mit mittelal­ terlichen Relikten und eben auch Texten in der Neuzeit nicht weniger kom­ pilativ als im Mittelalter. üb man also überall da, wo Gottfrieds Name oder sein Tristan auftaucht, von Gottfried-Rezeption in dem Sinn sprechen kann, dass es um ein gezieltes, mit dem Interesse an einem Weiterleben des Au­ tors im kulturellen Gedächtnis verbundenes Aufgreifen geht, ist häufig un­ klar. Falls dies nicht der Fall ist, kann das heute natürlich kein Anlass für Kri-

Mittelalterpräsenz Rezeption?

=

116

VI.

Gottfried-Rezeption

Literarische Rezeption: Neu- und ,Umdichtungen' Übersetzungen

Gattungspräferenzen

Autoren

Richard Wagner

tik sein: Postmoderne oder ältere Richtungen mit manieristischen Tenden­ zen stehen mittlerweile auf einem breiten Fundament theoretischer Recht­ fertigungen und Erklärungen. - Eine literarische Rezeption des Tristan setzt etwa 60 bis 120 jahre nach dem Beginn der wissenschaftlichen Beschäfti­ gung mit dem Text ein - je nachdem, ob man diese 1722 mit der Abschrift der Hs. *S beginnen lässt oder 1785 mit der ersten Edition (s. Kap. 11). Beför­ dert wurde sie wesentlich durch Übersetzungen - die ihrerseits auch eigent­ lich ,literarisch' waren, also nicht schwerpunktmäßig an philologischer Kor­ rektheit orientiert. Das ist ein interessanter Vorgang: Übersetzungen be­ reiten den Boden für eine breitere Rezeption vor, und das entstandene Inte­ resse führt zu neuen Versuchen einer dichterischen Umsetzung. Gleichwohl machte sich auch die Wissenschaft bei Art und Ausprägung dieser Dichtun­ gen bemerkbar: Die deutlichen Gattungsunterschiede - einer schwerpunkt­ mäßig dramatischen Auseinandersetzung seit der zweiten Hälfte des 19. jhs. geht ein ausgewogeneres Verhältnis zwischen epischen (z. T. allerdings als ,Romanzen' Iyrisiertenl und dramatischen Bearbeitungen voraus - könn­ te zusammenhängen mit zeitgenössischen wissenschaftlichen Diskursen über solche Gattungen; je nach Aktualität entdeckt man dann das epische, lyrisch-epische oder dramatische Potenzial des Tristan. Eindeutig zwischen populärer und ,gebildeter' Rezeption trennen kann man nicht: Neben Auto­ ren von Neudichtungen wie August Wilhelm Schlegel, Ludwig Schneegans oder Wilhelm Wackernagel, die sich auch als Wissenschaftler mit mittelal­ terlicher Literatur auseinandergesetzt haben, stehen Autoren von anerkann­ tem Rang aus dem außerwissenschaftlichen Bereich (Immermann, Storm, Emil Ludwig, später Georg Kaiser, Günter de Bruyn); als dritte Gruppe er­ scheinen als - zu Recht oder Unrecht - minor poets bezeichenbare Auto­ ren, deren Namen man selbst in der Literaturwissenschaft heute kaum noch oder überhaupt nicht mehr kennt (Tomasek 2007b, 302 weist darauf hin, dass bei Grosse/Rautenberg 1989 auch Texte aufgeführt werden, die nicht auf Gottfried zurückgehen). Vom 19. bis weit ins 20. jh. haben sich bei Neubearbeitungen normative Vorstellungen geltend gemacht. Der Streit der Forschung um die Rolle des Liebestranks etwa prägte im 19. jh. die künst­ lerische Auseinandersetzung mit dem Stoff. An der mittelalterlichen Gestal­ tung wurde oft bemängelt, dass die Einnahme des Tranks Zufall gewesen sei; man optierte dann für diejenigen Neubearbeitungen, welche die Liebe schon vorher hatten entstehen lassen. - In sehr viel weitere Dimensionen führte Wagners Tristan und Isolde (Urauff. 1865). Für Wagner ist sowohl der Besitz von wissenschaftlichen Ausgaben nachweisbar als auch (wie für Storm) der der Kurtzschen Übersetzung (s. Kap. 11); aber beides hat auf sei­ nen individuellen Umgang mit der Materie weniger Einfluss gehabt als sein Konzept des Gesamtkunstwerks, die Auseinandersetzung mit Schopen­ hauer, Einflüsse der Romantik, zeitgenössische Bearbeitungen u. a. von Pla­ ten und julius Mosen oder der Kontakt mit Robert Schumann (der eigene Ideen zu einer - nicht realisierten - Tristan-Oper mit Wagner austauschte). Wagners Tristan und Isolde führt weit von Gottfried weg, hat aber die künst­ lerische und zeitweise sogar die wissenschaftliche Befassung mit diesem enorm beeinflusst. - Die Popularisierung des Tristan treibt manchmal auch seltsame Blüten: "Tantris", also Tristans Deckname in Irland, ist das Verfas­ ser-Pseudonym des pornographischen Romans Das Fünfeck, der inhaltlich

2. Ebenen und Epochen der Rezeption 117

keinerlei Bezüge zum Tristan aufweist, angesichts seiner Entstehungszeit (ErstaufI. 1909 - also in direkter Nähe zu einer ganzen Reihe von Tristan­ Dramatisierungen) und seiner Situierung im deutschsprachigen Raum durchaus noch als Zeichen einer Gottfried-Rezeption in Form einer nur ,Ge­ bildeten' verständlichen punktuellen Anspielung gewertet werden kann. Im exaltierten Ausbau des tristanschen Beziehungsdreiecks zum Fünfeck könn­ te man mit etwas Wohlwollen Ironie entdecken. Gottfrieds Tristan in der jüngeren Gegenwart

Während die wissenschaftliche Rezeption in Form von Interpretationen im-

Literarische

mer mehr anschwillt, geht die literarische Rezeption zurück bzw. bedient

Rezeption

sich in der Regel nur noch bruchstückhaft bei Gottfried. Davon gibt es zumindest eine Ausnahme: Dieter Kühn hat im Rahmen seines MittelalterZyklus eine Übersetzung von Gottfrieds Tristan vorgelegt (die in Form von zwei Hörbüchern auch in den Medienverbund gelangt ist). Kühn gibt seinen

Übersetzungen einerseits einen wissenschaftlichen Anstrich (z. B.

durch hypertrophe Literaturverzeichnisse), grenzt sich aber andererseits etwas prätentiös von der Wissenschaft ab, indem er für sich größere ,Lebendigkeit' etc. reklamiert. Eine andere Möglichkeit ist es zu erwähnen, dass es eine wissenschaftliche Beschäftigung mit Gottfried gibt, diese aber bewusst auszuklammern - wie im folgenden Beispiel: "Anders als bei der Oper von Richard Wagner aus dem Jahre 1865, die mit dem Liebestod der beiden endet, bricht die Erzählung Gottfrieds mit der Trennung Tristans von Isolde ab. Warum? - Darüber streiten sich die Experten. Die Inszenierung spielt mit offenen Karten und nicht mit falscher Psychologie. Sie sucht sowohl nach den Brüchen in dem Werk, die uns heute lachen lassen, wie nach denen, die wir nach 800 Jahren immer noch nicht verstehen." (Aus einer Internet-Präsentation von Maximilian Merkers Tristan - a cocktail named love. http://theaterdiscounter.de/?p=2360. Einsehdatum 26.11.2011.)

Neben dem Medienverbund steht der Medienwechsel: Von Karin Bellinkrodt und Ingomar von Kieseritzky stammt ein Hörspiel mit dem schönen Titel Tristan und Isolde im Wald von Morois oder Der zerstreute Diskurs (Lesefassung 1987), das freilich allenfalls vermittelt, nämlich wieder über literaturgeschichtliche Kenntnisse der Rezipientlinn/en, ein Zeugnis für Gottfried-Rezeption ist. Auch jüngere Autoren wenden sich dem Stoff ab und an zu - sieht man sich ihre Biographien an, lässt sich vermuten, dass sie mit dem Stoff im Rahmen ihres Studiums in Verbindung gekommen sind. So hat der Germanist (wie Kühn), Historiker und Lehrer Norbert Silberbauer (1959-2008) die Kurzgeschichte Tristan & Veronika, Franz & Isolde publiziert (1992), aus welcher der Roman Franz (1994) hervorgegan-

gen ist. Der Titel der Kurzgeschichte zeigt erneut, dass die literarische Tradition nicht nur fruchtbar ist, sondern auch fungibel (in diesem Fall wird aus dem Drei- ein Viereck). Im Programm des Theaters Handgemenge (Berlin) befindet sich ein Puppenspiel für Erwachsene von Friederike Krahl und Pierre Schäfer mit dem Titel Tristan und Isolde. Ein Spiel von Liebe und Zufall nach Gottfried von Straßburg (z. T. auch andere Titel). Zum Pro-

gramm der Volksbühne Berlin gehört das Stück Tristan und Isolde, Isolde, Isolde (ohne Autorangabe) "nach Gottfried von Straßburg und Richard

Wagner"

(http://www.volksbuehne-berlin.de/praxis/tristan_und_isolde_isol

118 VI. Gottfried-Rezeption de_isolde; Einsehdatum 11.12.2011), das neben Schauspiel und Opernele­ menten auch filmische Gestaltungsmittel einsetzt. Trennung der

Ein Hauptkennzeichen der letzten ca. 50 Jahre ist hinsichtlich der Rezep­

Rezeptionssphären

tion von Gottfrieds Tristan sicher, dass die verschiedenen Rezeptionssphä­ ren deutlich getrennt sind. Die wissenschaftliche Behandlung regt ange­ sichts ihrer Spezialisierung eine populäre Rezeption kaum noch an; eine populäre Rezeption wirkt sich auf die Wissenschaft nur insofern aus, als Be­ arbeitungen im Rahmen der Rezeptionsgeschichte Gegenstand wissen­ schaftlicher Analyse werden; die künstlerische Rezeption findet nur noch im Bereich der ,Hochkultur' statt; zumindest steht hinter den Texten der An­ spruch, ,künstlerisch Wertvolles' zu liefern. Auch hier kann man auf eine Ausnahme verweisen: das - wohl nicht für Kinder gedachte - Text-Bilder­ buch Tristan Blue und Isolde Puss von Gisela Röhn (1987, 21990). Es trägt persönlich-biographische Züge (Bein 1996, 1 Of.), verweist aber explizit auf Gottfried als Anreger und zeigt strukturell und inhaltlich trotz der Transpo­

Kinder- und Jugendliteratur

nierung ins Katzenmilieu auch Beziehungen zum mittelalterlichen Text. Ganz neu erschienen (2011, stolze 912 Seiten) ist der für Leser/innen ab 14 Jahren ausgewiesene Tristan. Roman um Treue, Liebe und Verrat von Martin Grzimek, der im Klappentext Gottfried erwähnt, aber Umdeutungen der ,Abenteuer' zu Stationen einer Art von Bildungsreise vornimmt; vergleich­ bar mit Gottfried ist der Ansatz, Normen zu problematisieren.

Schulische

Eine sehr neue Erscheinung ist das Wiederaufleben der Tristan-Rezeption

Rezeption

im Schulunterricht. Zwar war Gottfrieds Text aus erklärbaren Gründen dort auch früher schon eher selten vertreten. Aber Beispiele wie der Publikati­ onsort von Blocks Aufsatz zu dramatischen Tristan-Bearbeitungen (Oie neu­ eren Sprachen. Zeitschrift für den neusprachlichen Unterricht, 1908) oder Gottfrieds Aufnahme in Lesebücher bis in die Mitte der 60er Jahre des letz­ ten Jhs. zeigen doch, dass der Text zu den Teilen des Bildungskanons ge­ hörte, deren vorsichtig-auszugsweise Weitergabe auch an Gymnasien für wichtig gehalten wurde. Der Anteil mittelalterlicher Literatur im Deutsch­ unterricht ist immer mehr ausgedünnt worden - je nach Bundesland in ver­ schiedenem Ausmaß. Dagegen hat mittlerweile eine schon spürbare Ge­ genbewegung eingesetzt. Zwar setzt ein Erfolg gegen die Verdummung durch angebliche ,Entrümpelung' letzten Endes den Nachweis voraus, dass mittelalterliche Literatur im Deutschunterricht hinsichtlich bestimmter Er­ kenntnisziele nicht ersetzbar ist. Aber zunächst einmal ist erfreulich, dass die Zahl didaktischer Arbeiten zu mittelalterlichen Texten, der Entwürfe von Unterrichtsreihen usw. wieder angestiegen ist - und davon profitiert auch schon der Tristan. Ein Projekt der 7. (!) Klasse des Werner von Braun-Gym­ nasiums Friedberg aus dem Jahr 2007 galt, ausgehend von Günter de Bruyns Nacherzählung von Gottfrieds Tristan, dem Vergleich mit dem Original, Wagners Musikdrama und neueren Verfilmungen. Und einer der jüngsten Beiträge stammt von Dorothee Lindemann, die auf der "mittelneu"-Tagung (Essen, September 2011) zum Thema "ich dunke iuch ungehiure? Oder: Kei­ ne Angst vor alten Texten - Ausschnitte aus dem ,Tristan' in der Mittelstufe" referiert hat (noch ungedruckt).

Literaturverzeichnis I. Im Forschungsbericht erwähnte Literatur

Alexander. In: Beitr. z. Gesch. der dt. Sprache u. Literatur

(chronologisch)

29,

1904,

369-469.

(Abdruck

des

Spruchs ,Vom gläsernen Glück'). Bodmer, johann jacob/Breitinger,

johann jacob:

Sammlung von Minnesingern aus dem schwaebi­ sehen Zeitpuncte [ ...]. 2. Theil. Zürich 1759. (Da­ rin 183-185 die unter Gottfried aufgeführte Lieder aus der Hs. C) Myller, Christoph Heinrich: Tristran [so!]. In (ders.): Sammlung deutscher Gedichte aus dem XII., XIII. und XlV. jh. Bd. 2. Berlin 1785.

Marold, Karl: Gottfried von Straßburg, Tristan. Erster Teil [mehr nicht ersch.]:

Text. Leipzig 1906.

21912. Wolff, Ludwig: Der Gottfried von Straßburg zuge­ schriebene Marienpreis und Lobgesang auf Chris­ tus. Untersuchungen und Text. jena 1924. von Kremer, Rosa: Die Tristansage nach Gotfrit von Straßburg. In Prosa bearb. Leipzig 1926.

Groote, Eberhard von: Tristan, von Meister Gotfrit

Ranke, Friedrich: Gottfried von Straßburg, Tristan

von Straszburg. Mit der Fortsetzung des Meisters

und !sold. Text [mehr nicht ersch.]. Berlin 1930.

Ulrich von Türheim, in zwey Abtheilungen. Berlin

Nachdr. 1949. Neuausgabe von E[mil] Studer

1821.

1958. Dublin, Zürich 151967.

von der Hagen, Friedrich Heinrich: Gottfrieds von Straßburg Werke, aus den beßten Handschriften mit Einleitung und Wörterbuch. 2 Bde. Berlin 1823. von der Hagen, Friedrich Heinrich: Minnesinger. 4 Bde. und Atlasband, Leipzig 1838. Nachdr. Aalen 1963. (277f. die beiden Gottfried von d. For­ schung zugeschriebenen Sprüche) Massmann, Hans Ferdinand: Tristan und Isolt von Gottfried von Straßburg. Leipzig 1843. Nachdr. Hildeheim, New York 1977. Kurtz [auch Kurz], Hermann: Tristan und Isolde. Ge­ dicht von Gottfried von Straßburg. Stuttgart 1844. Haupt, Moriz (Hg.): Lobgesang auf Maria und Chris­

Ranke, Friedrich: Gottfried von Straßburg, Tristan und Isold. In Auswahl. Bern 1946.21956. Kraus, Carl von: Deutsche Liederdichter des 13. jhs. Bd.l: Text. Tübingen 1952.21978. (darin die bei­ den Gottfried zugeschriebenen Sprüche und das Minnelied). Weber, Gottfried: Gottfried von Straßburg, Tristan. Text, Nacherzählung, Wort- und Begriffserklärun­ gen. Darmstadt 1967. Kramer, Günter: Gottfried von Straßburg: Tristan. Aus dem Mhd. übertr. und erl. Berlin o.j. [1966]. e1970). Hatto, A[rthur] T[homas]: Gottfried von Straßburg, Tristan. Translated entire for the first time. With the

tus von Gottfried von Straßburg. In: ZfdA 4 (1844),

surviving fragments of the Tristan of Thomas. Har­

513-555.

mondsworth 1972.

Simrock, Karl: Tristan und Isolde. Von Gottfried von Straßburg. 2 Tle. Leipzig 1855. Bechstein, Reinhold: Gottfried's von Strassburg Tris­ tan. 2 Tle. Leipzig 1869, 1870. 21873, 31890, 1891, 41923, 51930. Hertz, Wilhem: Tristan und Isolde von Gottfried von Straßburg. Neu bearb. und nach den altfranzösi­ schen Tristanfragmenten des Trouvere Thomas er­ gänzt. Stuttgart 1877.

Ganz, Peter F.: Gottfried von Straßburg, Tristan. Nach d. Ausg. von R. Bechstein. 2 Tle. Wiesbaden 1978. Mohr, Wolfgang: Gottfried von Straßburg: Tristan und Isold. Nach der Übertr. von H. Kurtz bearb. Göppingen 1979. von Ertzdorff, Xenja [u. a.]: Gottfried von Straßburg: Tristan. München 1979. (Übers. nach Marold) Gottfried von Straßburg: Tristan und Isolde. Mit der

Golther, Wolfgang: Tristan und Isolde und Flore und

Fs. Ulrichs von Türheim. 2 Bde. Textband mit Bei­

Blanscheflur. 2 Bde. Stuttgart o.j. [1888, 1889].

trägen von U. Montag und P. Gichtel. Stuttgart

Röttiger, Wilhelm: Der heutige Stand der Tristanfor­ schung. Progr. Hamburg 1897.

1979. (Faksimile der Münchener Hs. M

=

cgm 51)

Krohn, Rüdiger: Gottfried von Straßburg. Tristan.

Pannier, Karl: Tristan und Isolde. Höfisches Epos von

Nach dem Text von F. Ranke neu hg., ins Nhd.

Gottfried von Straßburg. 2 Bde. Leipzig 1903. (mit

übers, mit e. Stellenkommentar und e. Nachw. 3

dem Spruch vom ,Gläsernen Glück'). junk, Victor: Die Überlieferung von Rudolfs von Ems

Bde. Stuttgart 1980 [u.ö.]. Pfaff, Fridrich (Hg.): Die große Heidelberger Lieder-

120 Literaturverzeichnis handschrift. 2., verb. und erg. Auf!. von Hellmut

226 Biblioteca Nazionale Centrale di Firenze). Göppingen 2010. [auch Diss. Siena 2006].

Salowsky. Heidelberg 1984. Gentry, Francis G.: Gottfried von Straßburg: Tristan and Isolde. New York 1988 (eng!. Übers.).

Gottfried von Straßburg: Tristan und !sold. Hg. W. HaugiM. G. Scholz. Mit dem Text des Thomas hg.,

Spiewok, Wolfgang: Das Tristan-Epos Gottfrieds von Straßburg. Mit der Fs. des Ulrich von Türheim nach der Heidelberger Hs. Cod. Pa!. Germ. 360 [= Hs. H]. Berlin 1989.

übers. u. kommentiert von W. Haug. 2 Bde. Berlin 2011. Gottfried von Straßburg: Tristan und !sold. Hg. W. HaugiM. G. Scholz. Mit dem Text des Thomas hg.,

Kühn, Dieter: ,Tristan und Isolde' des Gottfried von Straßburg. Ulrich von Türheim: Tristan. Eine Fort­

übers. u. kommentiert von Walter Haug. 2 Bde. Frankfurt/M. 2012.

setzung. Frankfurt/M.,Leipzig 1991. Gottfried von Straßburg: Tristan. Nach dem Text von F. Ranke, in der von R. Krohn herausgegebenen Fassung. EDV- Text, Wortformenverzeichnis mit

11. Andere Tristan-Fassungen, motivverwandte

Texte, mhd. Fortsetzungen (Auswahl)

Frequenzangaben und rückläufigem Wortformen­ verzeichnis. Hg. J. L. C. Putmans. Heerlen 1995. Diskette.

Berol: Tristan und Isolde. Übers. von Ulrich Mölk. München 1962.

Buschinger,Danielle: Gottfried de Strasbourg: Tristan

Beroul: "Tristan et Y seut". Hg. u. übers. von Anne

et Isolde. In: C. Marchello-Nizia (u.a., Hg.) Tristan

Berthelot/Danielle BuschingerlWolfgang Spiewok.

et Iseut, Les premieres versions europeennes. Paris 1995,389-635 [ Text],1400-1469 [Komm.]. Brinker, Claudia: Marienbilder - Marienrollen. Das Marieniob des P seudo-Gottfried von Straßburg. In: C. Opitz (u.a., Hg.): Maria in der Welt. Zürich 1993, 53-80.

Greifswald 1994. [Carlisle-Fragment] Benskin, Michaelffony Hunt/ lan Short (Hg.): Un nouveau fragment du Tristan de Thomas. In: Romania 113, 1995,289-319. [Carlisle-Fragment] Zotz, Nicola: P rogrammatische Vieldeutigkeit und verschlüsselte Eindeutigkeit.

Gottfried von Straßburg. Hg. von Karl Marold. Bd. 1.

Das Liebesbekenntnis bei Thomas und Gottfried

Text. Unveränd. 5. Abdruck nach dem 3., mit

von Straßburg (mit einer neuen Übersetzung des

einem auf Grund von F. Rankes Kollationen verb. krit. Apparat besorgt und mit einem erw. Nachw.

Carlisle-Fragments). In: GRM 50, 2000, 1-19.

[Folie Tristan] Kittler,Friedrich/Gumbrecht, Hans UI­

versehen von Werner Schröder. Nachdr. d. Ausg.

rich: Isolde als Sirene. Tristans Narrheit als Wahr­

Leipzig 1906. Berlin [u.a.] 2004. Bd. 2. Überset­

heitsereignis. Mit e. Übers. der Folie Tristan a.d.

zung von Peter Knecht. Mit e. Einführung in d. Werk von Tomas Tomasek. Ebd. 2004.

Altfrz. von F. Kittler. München 2012. Eilhart von Oberg: Tristrant. Synoptischer Druck der

Firchow, Evelyn Scherabon: Gottfried von Straßburg:

ergänzten Fragmente mit der gesamten Parallel­

Tristan und Isolde. Diplom. Textausgabe der Zi­

überlieferung. Hg. von Hadumod Bußmann. Tü­

melienhandschrift Codex Vindobonensis 2707 mit Konkordanzen und Wortlisten auf CD. Stuttgart

bingen 1969. Eilhart von Oberg: Tristrant und Isalde. Mhd./Nhd.

2004. (Die Einleitung auch in [dies.]: Wege und

Von

Irrwege der mittelalterlichen Textausgaben. Aus­

Greifswald 1993. (nach Hs. H).

gew. Aufsätze. Stuttgart 2007, 235-263 mit diplo­ mat. Abdruck der Verse 1-152).

Danielle

BuschingerlWolfgang

Spiewok.

Heinrich von Freiberg. Hg. von Alois Bernt. Nachdr. d. Ausg. Halle/S. 1906. Tübingen 1978.

Tristan.

Heinrich von Freiberg: Tristan und Isolde. Original­

Trad. du moyen haut allemand pour la premiere

text (nach der Florenzer Hs. ms. B. R. 226) von Da­

fois en vers assonances. Göppingen 2008.

nielle Buschinger. Versübers. von Wolfgang Spie­

Gravigny, Louis: Gottfried von Straßburg:

Gottfried von Straßburg: Tristan und Isolde. Übers. aus dem Mhd. von H. Kurtz, überarb. von Wolf­ gang Mohr. Mit e. Nachw. von Peter Wapnewski. München 2008. Gottfried von Straßburg: Tristan und Isolde. Übers. von Dieter Kühn. Mit dem Werkbeitrag aus Kind­ lers Literaturlexikon. Frankfurt/M. 2008. Gottfried von Straßburg: Tristan. Übers. von H. Kurtz bearb. von Stephan Dohle. Köln 2009.

wok. Greifswald 1993. Les Tristan en vers: Tristan de Beroul, Tristan de Tho­ mas,Folie Tristan de Berne,Folie Tristan d'Oxford, Chevrefeuille de Marie de France. Texte, trad., in­ trod.,bibliogr. et notes par Jean-Charles Payen. Pa­ ris 2010. Marie de France: Die Lais. Übers. und einge!. von Dietmar Rieger. München 1980. [darin 366-373 der "Geißblatt-Lai"/"Chievrefoil"].

Gherardini, Laura: 11 Tristano di Goffredo di Stras­

[Sir Tristrem] Kölbing, Eugen: Die englische Version

burgo. Ed. integrale dei testimone fiorentino (B. R.

der Tristan-Sage. Nachdr. der Ausgabe Heilbronn

Literaturverzeichnis 1882 [urspr. Titel: Die nordische und die englische

Mittelalters.

Version der

101-120.

Tristan-Sage.

Teil 2.]. Hildesheim

[u.a.] 1985. Thomas:

Hg.

*Baisch, Martin:

Tristan.

Eingel., textkritisch bearb. und

übers. von Gesa Bonath. München 1985. Tristan als Mönch, deutsches Gedicht aus dem 13. Jh. Hg. von Hermann Paul. Sb. d. kgl. bayer. Ak. d. Wiss. Phil.-Hist. KI. H. 111. München 1895.

[Tristan als Mönch:] Bushey, Betty c.: ,Tristan als

Mönch'. Untersuchungen und krit. Edition. Göp­

E.

Andersen.

2005

Textkritik als Problem der Kultur­

wissenschaft. Tristan-Lektüren. Berlin [u.a.] 2006. *Barandun, Anina:

Die

Tristan- Trigonometrie des

Gottfried von Strassburg. Tübingen [u.a.] 2009. *Battles, Dominique: The literary source of the "Min­ negrotte" in Gottfried von Strassburg's Tristan. In: Neophilologus 93,2009,465-469. *Battles, Dominique: The heroic voice in Gottfried von Strassburg's Tristan. In:

pingen 1974. [Tristrams saga] Kölbing, Eugen: Die nordische Ver­

Berlin

Tristania 25, 2009,

1-24.

sion der Tristan-Sage. Tristrams saga ok fsondar.

Batts, Michael: Hohes Mittelalter (Handbuch der dt.

Mit e. literarhist. Einl., deutscher Übers. und An­

Literaturgeschichte. 2. Abt.: Bibliographien, 2).

merkungen hg. von - . Nachdr. d. Ausg. Heilbronn 1878 [urspr. Titel: Die nordische und die englische Version der

Tristan-Sage.

Teil 1.]. Hildesheim

[u.a.] 1978.

Bern,München 1969. Batts, Michael: Research since 1945 on Gottfried's Tristan. In: Tristania 9,1983/84,40-48. *Batts, Michael:

Ulrich von Türheim: Tristan. Hg. von Thomas Kerth.

Doppelte

Fremdheit?

Moderne

Übersetzungen eines mittelalterlichen Textes. In: Übersetzen, verstehen, Brücken bauen. Hg. A. P.

Tübingen 1979.

Frank [u. a.]. Berlin 1993,647-654. Bayer, Hans: Gralsburg und Minnegrotte. Die reli­ 111.

Forschungsliteratur (alphabetisch)

Literatur nach 2002 (Aufnahmegrenze der Bibliogra­ phie von Huber/lnternetfassung), auch solche, in der

giös-ethische Heilslehre Wolframs von Eschen­ bach und Gottfrieds von Straßburg. Berlin 1978. Bechstein, Reinhold: ,Tristan und Isolt' in deutschen Dichtungen der Neuzeit. Leipzig 1876.

nicht nur der Tristan behandelt wird, wurde mög­

*Becker, Anja: Körper, Selbst, Schöpfung. Körper

lichst vollständig nachgewiesen, auch wenn im Text

und Identität in den Rückkehrabenteuern der Tris­

von mir darauf nicht Bezug genommen wurde; das

tan- Tradition. In: Beitr. z. Gesch. der dt. Sprache

soll einen Ersatz bieten bis zum Erscheinen einer ak­

u. Literatur 131,2009,277-307.

tualisierten Bibliographie (die betr. Texte sind mit *

*Becker, Anja: Poetik der wechselrede. Dialogsze­ nen in der mittelhochdeutschen Epik um 1200.

gekennzeichnet).

Frankfurt/M. (u. a.) 2010. Allgaier, Karl: Der Einfluß Bernhards von Clairvaux

Bein, Thomas: Betrachtungen zur Tristan-Rezeption

auf Gottfried von Straßburg. Frankfurt/M., Bern

im Fantasyroman, im Bilder-, Kinder- und Jugend­

1983.

buch. In: Tristan - Tristrant. Melanges en I'honneur

*Altpeter-Jones, Katja: Love me, hurt me, heal me. Isolde healer and Isolde lover in Gottfried's Tris­ tan. In: The German quarterly 82,2009,5-23.

*Andersen, Peter Hvilsh0j (Hg.): Heros epique et he­ ros romanesque au Moyen Age. Amiens 2004. Assunto, Rosario: Die Theorie des Schönen im Mit­ telalter. Köln 21982.

Badstüber, Hubert: Die Nomina agentis auf aere bei Wolfram und Gottfried. Leipzig 1901. *Baier,Sebastian: Heimliche Bettgeschichten. Intime Räume in Gottfrieds Tristan. In: Raumwahrneh­ mung und Raumvorstellung im Mittelalter. Hg. E. Vavra. Berlin 2005,189-202. *Baisch, Martin:

"abbreviatio" im Spannungsfeld

de Danielle Buschinger a I'occasion de son 60eme anniversaire. Hg. A. CrepinIW. Spiewok. Greifs­

waid 1996,7-24. Bein, Thomas: Textkritik. Eine Einführung in Grund­ lagen germanistisch-mediävistischer Editionswis­ senschaft. Frankfurt/M. [u.a.] 2008. *Bennewitz, Ingrid: Die Welt ist so wenig poetisch. Moderne Hörspiel-Bearbeitungen des Tristan-Stof­ fes von Ingomar von Kieseritzky,Karin Bellingkrodt und Herbert Rosendorfer. In: Das lange Mittelalter. Hg. M. Schausten. Göppingen 2011,173-182. Benskin, Michael/Tony Hunt/lan Short (Hg.):

Un

nouveau fragment du Tristan de Thomas. In: Ro­ mania 113,1995,289-319.

von Textkritik und Hermeneutik. Zur Kurzfassung

Bertau, Karl: Literatur als Anti-Literatur? Zur soge­

der höfischen Erzähltexte Gottfrieds von Straßburg

nannten ,Bußpredigt' in Gottfrieds " Tristan". In: 11

und Ulrichs von Türheim im Cgm 51. In: Texttyp und Textproduktion in der deutschen Literatur des

romanzo di Tristano nella letteratura dei medio­

evo. Hg. P. Schulze-Belli/M. Dallapiazza. Triest 1990,7-18.

121

122 Literaturverzeichnis Betz, Werner: Gottfried von Straßburg als Kritiker

toritäten. Literaturexkurse und Dichterkataloge als

höfischer Kultur und Advokat religiöser erotischer

Mittel zur Selbststilisierung. In: Autorität der/in

Emanzipation. In: Chr. Gellinek (Hg.): FS K. Rei­

Sprache, Literatur, Neuen Medien. Vorträge d.

chardt. Bern, München 1969,168-173.

Bonner Germanistentages 1997. Bd. 2. Hg. j. Fohr­

Bibliography of Critical Arthurian Literature. Ab 1940 in Modern Language Quarterly.

mann [u. a.]. Bielefeld 1999,442-464. Brinkmann, Hennig: Der Prolog im Mittelalter als li­

Bindschedler, Maria: Der heutige Stand der For­ schung über Gottfried von Straßburg. In: DU 5, 1953,90-94.

terarische Erscheinung. In: WW 14,1964, 1-21. Brüggen, Elke/Ziegeler, Hans-joachim: Der Tristan­ stoff und die Manuskriptkultur des Mittelalters.

*Birkhan, Helmut: Die keltisch-germanische Erzähl­

Text und Bild in der Kölner Tristan-Handschrift B.

gemeinschaft im Nordseeraum. In: Analecta sep­

In: Der Tristan Gottfrieds von Straßburg. Hg. Chr.

tentrionalia. Hg. W. Heizmann. Berlin

[u.a.]

2009,94-124. *Bleumer, Hartmut: Wahrnehmung literarisch. Ein Versuch über ,Parzival' und ,Tristan'. In: Das Mit­ telalter 8,2003,137-155. *Bleumer,Hartmut: Das Vertrauen und die Vertraute:

HuberN. Millet. Tübingen 2002, 23-74. *Brunner, Horst:

Tristan als Mörder. In: K. Boll/K.

Wenig (Hg.): kunst und saelde. FS Trude Ehlert. Würzburg 2011,75-85. *Brunner, Horst/Herweg, Mathias (Hg.): Gestalten des Mittelalters. Stuttgart 2007.

Aspekte der Emotionalisierung von gesellschaftli­

*Bulang, Tobias: Tristan lacht. Betrugsszenario und

chen Bindungen im höfischen Roman. In: Frühmit­

Akte des Fingierens in Tristan als Mönch. In: List,

telalterliche Studien 39,2006,253-270.

Lüge,

*Bleumer, Hartmut: Gottfrieds Tristan und die ge­ nerische Paradoxie. In: Beitr. z. Gesch. d. dr. Spra­ che und Literatur 130. 2008,22-61. Block, [ ...]: Die Sage von Tristan und Isolde in dra­ matischer Form. In: Die neueren Sprachen. Zs. für den neusprachlichen Unterricht 16, 1908,65-83, 145-160,338-348,397-412. Boesch, Bruno: Die Kunstanschauung in der mittel­ hochdeutschen Dichtung von der Blütezeit bis zum Meistergesang. Nachdr. d. Ausgabe Bern, Leipzig 1936. Hildeheim, New York 1976.

Täuschung. Hg. C. Laude/E. Schindler­

Horst. Bielefeld 2005,362-378. Bulletin bibliographique de la Societe internationale arthuriennen. Bibliographical bulletin of the Inter­ national Arthurian Society. Paris (ab Bd. 20: Lon­ don) 1949-1969. Bumke, joachim: Die Wolfram von Eschenbach-For­ schung seit 1945. München 1970. Bumke, joachim: Geschichte der deutschen Literatur im hohen Mittelalter. München 42000. Bumke, joachim: Höfische Kultur. 2 Bde. München. 112005.

Bolz, Norbert: ,Tristan und Isolde' - Richard Wagner

Buschinger, Danielle: Die Tristan-Sage im deutschen

als Leser Gottfrieds. In: Mittelalter-Rezeption. Hg.

Mittelalter. In: Zur gesellschaftlichen Funktionali­

j. Kühnel [u.a.]. Göppingen 1979,273-293.

tät mittelalterlicher deutscher Literatur. Greifswald

Bonath, Gesa: Nachtrag zu den Akrosticha in Gott­ frieds ,Tristan'. In: ZfdA 115,1986,101-116. de Boor, Helmut: Die Grundauffassung von Gott­ frieds Tristan. In: DVjs 18 (1940),262-306. Brandt, Rüdiger: Konrad von Würzburg. Darmstadt 1987. Brandt,Rüdiger/Loleit,Simone: Art. ,Poetik, Mittelal­

1984,67-88. Buschinger, Danielle: Das Bild des Kaufmanns im Tristan-Roman und bei Wolfram von Eschenbach. In: ZfGerm 8,1987,532-543. *Buschinger, Danielle: La chevalerie en Allemagne. Les romans de Tristan d'Eilhart von Oberg et Gott­ fried von Straßburg,et la Chanson des Nibelungen

ter'. In: Historisches Wörterbuch der Rhetorik. Hg.

(fin Xlle et debut du Xille siecles). In: Revue des

G. Ueding. Bd. 6. Tübingen 2003,1314-1320.

langues romanes 110,2006,99-124.

Bräuer, Rolf: Reichspolitik, Artusidealität und Tris­ tanminne. In: ZfGerm 6,1985,189-199. Braunagel, Robert: Die Frau in der höfischen Epik des Hochmittelalters. Ingolstadt 2001. Brennig, Heribert R.: Der Kaufmann im Mittelalter: Literatur - Wirtschaft - Gesellschaft. P faffenweiler 1993. Brinker, Claudia: Marienbilder - Marienrollen. Das Marieniob des P seudo-Gottfried von Straßburg. In: Claudia Opitz (u.a., Hg.): Maria in der Welt. Zü­ rich 1993,53-80. Brinker-von der Heyde, Claudia: Autorität dank Au-

*Cain Van D'Elden,Stephanie: Boats and Sea Passa­ ges in Tristan Illustrations. In: K. McConnel1 (Hg.): "Er ist ein wol gevriunder man". Essays in honor of Ernst Dick on the occasion of his eightieth birth­ day. Hildesheim [u.a.] 2009,73-92. *Calomino, Salvatore: Sources, manuscripts, editi­ ons: Ongoing problems in research on Tristan to­ ward 2010 and beyond. In:

Tristania 25, 2009,

155-174. Caples, Cynthia Barrett: Brangaene and Isold in Gottfried von Strassburg's Tristan. In: Coll. Germ. 9,1975,167-176.

Literaturverzeichnis *Casson-Szabad, Christine: Spiel der Welten. Fiktio­

literature: Herzog Ernst, Gregorius, Tristan, and

nalität als narratives Paradigma in Mittelalter und

Partonopier und Meliur. In: Studia neophilologica

Postmoderne:

79,2007,69-80.

von Gottfrieds

Tristan bis

Peter

Handke. Erlangen [u.a.12006. Chinca, Mark: Gottfried von Straßburg: Tristan. Cam­ bridge 1997. *Chinca, Mark: Metaphorische Interartifizialität. Zu

Literature. Outsiders, Critics, or Revolutionaries? Gardener's Meier Helmbrecht, and Oswald von Wolkenstein.

(Hg.): Interartifizialität. Berlin 2009,17-36.

101-115.

de civilisation medievale 52,2009,159-165. Christ,Winfried: Rhetorik und Roman. Untersuchun­ gen zu Gottfrieds von Straßburg Tristan und /sold. Meisenheim/Glan 1977. Christian, Peter: Ein und ein. A New Stylistic Device in Gottfrieds Tristan. In: Euph. 84,1990,1-44. *Christoph, Siegfried: Tristan. Love, Honor and Sha­ me Reconsidered. In: Tristania 22,2004,49-65. *Clason, Christopher R.: Deception in the Boudoir: Gottfried's Tristan and "Lying" in Bed. In: Journal

=

Gottfried von Straßburg's Tristan, Wernher the

Gottfried von Straßburg. In: S. Bürkle/U. Peters *Chocheyras, Jacques: Tristan et David. In: Cahiers

( Classen 2007a).

*Classen, Albrecht: Polyglots in Medieval German

In:

Neophilologus

91,

2007,

( Classen 2007b). =

*Classen,Albrecht: The power of a woman's voice in medieval and early modern literatures. Berlin (u.a.) 2007.

( Classen 2007c). =

*Classen, Albrecht: Spatiality in Gottfried von Strass­ burg's Tristan: Social and lived space within the courtly world. In: Tristania 25,2009,25-47. Clausen, IIse: Der Erzähler in Gottfrieds Tristan. Diss. Kiel 1970. Combridge, Rosemary: Das Recht im Tristan Gott­ frieds von Straßburg. Berlin 21964. Cramer, Thomas: Einleitung zu "Themen der Mittel­

of English and Germanic philology 103, 2004,

alterrezeption". In: Mittelalterrezeption. Ein Sym­

277-296.

posion.

*Clason,Christopher R.: A Good Tale,and Reading it

Hg.

P.

Wapnewski.

Stuttgart

1986,

141-144.

Weil. Truth,Fiction and a Future Critical Perspecti­

Dalby, David: Lexicon of the Mediceval German

ve on Gottfried's Tristan. In: K. BusbylChr. Klein­

Hunt. Berlin 1965.

henz (Hg.): Courtly Arts and the Art of Courtliness.

Dallapiazza, Michael:

Cambridge 2006,309-320.

Männlich-Weiblich:

Bilder

des Scheiterns in Gottfrieds Tristan und Wolframs

*Clason, Christopher R.: "Good Lovin". The Langua­

Titurel. In: F. Wolfzettel (Hg.): Arthurian Romance

ge of Erotic Desire and Fulfillment in Gottfried's

and Gender - Masculin/Feminin dans le roman

Tristan. In: A. Classen (Hg.): Sexuality in the Midd­

arthurien medieval/Geschlechterrolien im mittel­

le Ages and Early Modern Times. Berlin (u.a.)

alterlichen

2008,257-278. (Clason 2008a).

176-182.

*Clason, Christopher R.: The Bitterness of Love on the Sea.

Artusroman.

Amsterdam

1995,

*Dallapiazza, Michael: La citta come fantasmagoria

Isolde's Amorous Discourse Viewed

e la nueva mentalita urbana nel Partonopier und

Through Gottfried's Crystalline Transparency. In:

Meliur di Konrad von Würzburg. In: Prospero 10

A. Classen (Hg.): Words of Love and Love of Words in the Middle Ages and the Renaissance. Tempe 2008,275-289. (Clason 2008b). *Clason, Christopher R.: Thomas Mann's Tristan: Is there anything left of Gottfried? In: Tristania 25, 2009,139-154.

(2003),193-204. van Dam,Jan: Tristanprobleme. 1.-111. In: Neophilolo­ gus 15,1930,18-34,88-105,183-201. Deighton, Alan:

Die

Randbemerkungen

in

den

Handschriften des Tristan Gottfrieds von Straß­ burg. In: Euph. 78,1984,266-274.

Classen, Albrecht: Matriarchy versus Patriarchy: the

Deighton, Alan: Die Quellen der Tristan-Fortsetzun­

Role of Irish Queen Isolde in Gottfried von Straß­

gen Ulrichs von Türheim und Heinrichs von Frei­

burg's Tristan. In: Neoph. 73,1989,77-89.

berg. In: ZfdA 126,1997,140-165.

Classen, Albrecht: Die narrative Funktion des Trau­

*Deighton, Alan: Ein Anti-Tristan? Gottfried-Rezep­

mes in mittelhochdeutscher Literatur. In: Mediae­

tion in der Tristan-Fortsetzung Heinrichs von Frei­

vistik 5,1992,11-37. Classen, Albrecht: Sprache und Gesellschaft - Kom­ munikative Strategien in Gottfrieds von Straßburg Tristan. In: D. Buschinger (Hg.): Europäische Lite­

raturen im Mittelalter. Melanges en I'honneur de Wolfgang Spiewok a I'occasion de son 65eme an­ niversaire. Greifswald 1994,79-98. *Classen,Albrecht: Caught on an island. Geographic and spiritual isolation in medieval German courtly

berg. In: Deutsche Literatur des Mittelalters in und über Böhmen 11. Hg. V. BoklH.-J. Behr. Hamburg 2004,111-126.

Dembeck, Ti11: Der wintschaffene (wetterwendische) Christus und die Transparenz der Dichtung in Gottfrieds Tristan. In: ZfG 10,2000,491-507. Dick, Ernst S.: Gottfried's !solde. Coincidentia oppo­ sitorum? In: Tristania 12,1987,15-24.

Dickerson, Harold D.: Language in Tristan as a Key

123

124 Literaturverzeichnis to Gottfried's Conception of God. In: ABäG 3, 1972,127-145.

burg. In: G. Bellmann, u. a., Hg.): FS K. Bischoff. Köln, Wien 1975,357-389.

Diem, Albrecht: nu suln auch wir gesellen sin -

Eifler, Günter: Das Carlisle-Fragment und Gottfried

Über Schönheit, Freundschaft und mann-männli­

von Straßburg. Unterschiedliche Liebeskonzepte?

che Liebe im

Tristan. In: Tristania 19, 1999,

45-96.

In: W. Haubrichs (u.a., Hg.): Vox Sermo Res. FS Uwe Ruberg. Stuttgart,Leipzig 2001,113-130.

*Dietl, Cora: !sold und Feireflz. Fremde Spiegelbil­

*Eming,lutta: Ritualisierte Konfliktbewältigung bei

der der Helden. In: Impulse und Resonanzen. Tü­

Eilhart und Gottfried. Der Mordanschlag auf Bran­

binger mediävistische Beiträge zum 80. Geb. von

gäne und das Gottesurteil. In: W. Haubrichs (Hg.):

Walter Haug. Hg. G. Vollmann-Profe. Tübingen

Ritual und Literatur. Stuttgart 2006,9-29. *Eming, lutta: On Stage. Ritualized Emotions and

2007,167-177. *Dietl, Cora: Artus. Ein Fremdkörper in der Tristan­ tradition? In: The European dimensions of Arthu­ rian literature. Hg. B. Besamusca. Cambridge

Theatricality in Isolde's Trial. In: MLN 124, 2009, 555-571. *Eming,lutta: Weiterlieben,weitererzählen. Der Ab­ schiedsmonolog Isoldes und die Verwerfung der

2007,33-49. *Dietl, Cora: Zwischen Christus und Tristan. Bilder

poetologischen Alternative. In: M. Baisch (Hg.):

einer kaiserlichen Kindheit. In: Kaiser Maximi­

Der Tod der Nachtigall. Liebe als Selbstreflexivität

lian

von Kunst. Göttingen 2009,189-211.

I. (1459-1519) und die Hofkultur seiner

Zeit. Hg. S. Hartmann/F. Löser. Wiesbaden 2009 Ob. der Oswald von

Wolkenstein-Gesellschaft;

Engel, Evamari;Jacob,Frank-Dietrich: Städtisches Le­ ben im Mittelalter. Köln [u. a.] 2006. Engels,Paul: Die äußeren Stilmittel in vagantenhafter

17),35-45. Dietz, Reiner: Der Tristan Gottfrieds von Straßburg. Probleme der Forschung (1902-1970). Göppingen 1974.

Lyrik und bei Gottfried von Straßburg. Diss. Köln 1928. Ernst, Ulrich: Gottfried von Straßburg in komparatis­

Dilg, Wolfgang: Zur Frage der Gliederung des Tris­ tan-Prologs Gottfrieds von Straßburg. In: Euph. 71, 1977,269-271.

tischer Sicht. Form und Funktion der Allegorese im Tristanepos. In: Euph. 70,1976,1-72. *Ernst, Ulrich: Häresie und kritische Intellektualität

Dilg, Wolfgang: Der Literaturexkurs des Tristan als Zugang zu Gottfrieds Dichtung. In: R. Krohn (u. a., Hg.): Stauferzeit. Stuttgart 1978,270-278. *Dimpel, Friedrich Michael: Die Zofe im Fokus. Per­

in der mittelalterlichen Stadtkultur. Gottfrieds von Straßburg Tristan als Antwort auf die Ketzerverfol­ gung im 13.lh.ln: ZfdA 137,2008,419-438 . *Ernst, Ulrich: Illumination und Transludizität: Vom

spektivierung und Sympathiesteuerung durch Ne­

mythischen Palast zur christlichen Kathedrale. In:

benfiguren vom Typus der Confidente in der höfi­

S. Bürkle/U. Peters (Hg.): Interartifizialität. Berlin

schen Epik des hohen Mittelalters. Berlin 2011.

2009,221-245. (238ff. zur Minnegrotte).

Draesner, Ulrike: Zeichen - Körper - Gesang. Das

Ertzdorff, Xenja von: Liebe, Ehe, Ehebruch und Tod

Lied in der Isolde- Weißhand-Episode des Tristan

in Gottfrieds Tristan. In: X. von Ertzdorff/M. Wynn

Gotfrits von Straßburg. In: M. Schi11ing/P. Stroh­

(Hg.): Liebe - Ehe - Ehebruch in der Literatur des

schneider (Hg.): Wechselspiele. Kommunikations­

Mittelalters. Gießen 1984,88-98.

formen

und

Gattungsinterferenzen

mittelhoch­

deutscher Lyrik. Heidelberg 1996,77-101. Eckhardt,Holger: ,Wintschaffen oder tugenthaft'? Zu Lösungsmethoden werkimmanenter ,Widersprü­ che' am Beispiel von Gottfrieds Verdikt über Christus. In: Neoph. 81,1997,577-581. Eco, Umberto: Kunst und Schönheit im Mittelalter. München, Wien 1991. Ehrismann, Gustav: Die Grundlagen des ritterlichen Tugendsystems. In: ZfdA 56 (1919),137-216. Ehrismann, Otfrid: Theologie und Erotik. Die geistes­

Ertzdorff, Xenja von (Hg.): Tristan und Isolt im Spät­ mittelalter. Amsterdam 1999,309-329. Feistner, Edith:

Rollenspiel

und

Figurenidentität.

Zum Motiv der Verkleidung in der mittelalterli­ chen Literatur. In: GRM 46,1996,257-269. *Firchow, Evelyn Scherabon: Wege und Irrwege der mittelalterlichen Textausgaben. Ausgewählte Auf­ sätze. Stuttgart 2007. *Firchow, Evelyn Scherabon: Stammen die Wiener Tristan-Handschriften und die

Wiener Notker­

Psalmen aus der Büchersammlung Maximilians I.?

geschichtliche Wende der Tristan-Rezeption und

In:

ihr Heiterkeitsdefizit. In: W. Fritsch-Rößler (Hg.):

(1459-1519) und die Hofkultur seiner Zeit. Wies­

S.

Hartmann

(Hg.):

Kaiser

Maximilian

I.

Uf der maze pfat. FS W. Hoffmann. Göppingen

baden 2009 Ob. der Oswald von Wolkenstein-Ge­

1991,115-134.

seilschaft; 17),167-177.

Eifler, Günter: Publikumsbeeinflussung im strophi­ schen Prolog zum Tristan Gottfrieds von Straß-

*Flecken-Büttner, Susanne:

Wiederholung und Va­

riation als poetisches Prinzip. Exemplarität, Identi-

Literaturverzeichnis

tät und Exzeptionalität in Gottfrieds Tristan. Berlin 2011.

*Glauch, Sonja: Die fabelen sol ich werfen an den wint. Der Status der arthurischen Fiktion im Re­

*Francini, Marusca: La materia dei Tristano. Tradi­ zione scandinava e tradizione europea. In: 11 con­

flex:

Thomas, Gotfrid und Wolfram. In: Poetica

(München) 37,2005,29-64. Glauche,Günther: Schullektüre im Mittelalter. Mün­

fronto letterario 23,2007,7-28. *Franz, Leonie: Wahre Wunder. Tiere als Funktions­ und Bedeutungsträger in mittelalterlichen Grün­ dungslegenden. Heidelberg: Winter,2011.

chen 1970. Glendinning, Robert: Gottfried von Strassburg and the School- Tradition. In: DVjs 61,1987,617-638.

Freytag,Wiebke: Das Oxymoron bei Wolfram, Gott­

Glunz, Hans H.: Die Literarästhetik des europä­

fried und anderen Dichtern des Mittelalters. Mün­

ischen Mittelalters. Bochum 1937. Nachdr. Frank­

chen 1972.

furt/Mo 1963.

Fritsch-Rößler, Waltraud: Der Tristan Gottfrieds von

*Godlewicz-Adamiec, joanna: Milose Riwalina i

Straßburg in der deutschen Literaturgeschichts­

Blanscheflur: zapowiedz los6w Tristana w Tristan

schreibung

(1768-1985).

Frankfurt/M.

[u.a.]

1989.

und 150ft Gottfrieda von Straßburg. In: Studia niemcoznawcze 44,2010,277-284.

*Fritsch-Rößler, Waltraud: Falsche Freunde, Markes

*Goller, Detlef: wan bi' minen tagen und P hat man

Ohren und der Autor als Intimus. In: "Von Mythen

50 rehte wal geseit. Intertextuelle Verweise zu den

und Mären". Mittelalterliche Kulturgeschichte im

Werken Hartmanns von Aue im Tristan Gottfrieds

Spiegel einer Wissenschaftler-Biographie. FS Ot­ frid Ehrismann. Hg. G. Marci-Boehncke. Hildes­

ria im dogmatischen Verständnis des Mittelalters.

heim 2006,80-93. *Fritsch-Rößler, Waltraud:

von Straßburg. Frankfurt/M. [u.a.l 2005. Gössmann, M. Elisabeth: Die Verkündigung an Ma­

Nachgetragene Moral.

Wie die Unsittlichkeit in Gottfrieds von Straßburg

München 1957. Gottzmann, Carola L.: Identitätsproblematik in Gott­

Tristan kam und warum sie lange dort blieb. In: S.

frieds ,Tristan'.ln: GRM 39 (1989),S. 129-146.

Neuhaus (Hg.): Literatur als Skandal. Göttingen

Gräff, Marie-Luise: Studien zum Kunst- und Stilwan­ del des XIII. jhs. Diss. Tübingen 1946.

2007,157-169. *Fritsch-Rößler, Waltraud: Gottfried von Straßburg.

Gravigny, Louis: La composition de Tristan de Gott­

Der Literaturexkurs im Tristan. Literaturkritik als

fried de Strasbourg et les initiales dans le princi­

Voraussetzung für Literatur. In: S.P. Scheichl (Hg.):

paux manuscripts et fragments. In: Et. Germ. 26,

Große Literaturkritiker,Innsbruck 2010,90-105. Fromm, Hans: Zum gegenwärtigen Stand der Gott­ fried-Forschung. In: DVjs 28,1954,115-138.

1971,1-17. *Gravigny, Louis: jeu d'initiales de Tristan de Gott­ fried von Straßburg. In: ZfdPh 128, 2009, Sonder­

Fromm, Hans: Gottfried von Straßburg und Abae­ lard. In: D. Schmidtke/H. Schüppert (Hg.): FS Inge­ borg Schröbler. Tübingen 1973,196-216.

heft,673-689. Grill, Dorothee:

Tristan-Dramen des 19. jhs. Göp­

pingen 1997.

Geerdts, Hans-jürgen: Die Tristan-Rezeption in der

Grosse,Siegfried/Rautenberg,Ursula: Die Rezeption

deutschen Literatur des 19. jhs. In: Wiss. Zs. der

mittelalterlicher deutscher Dichtung. Eine Biblio­

Universität jena 5,1955/56,741-746.

graphie ihrer Übersetzungen und Bearbeitungen

Geerdts,Hans-jürgen: Thomas Manns ,Tristan' in der literarischen

Tradition. In:

Betrachtungen

und

seit der Mitte des 18. jhs. Tübingen 1989. Grubmüller, Klaus: Probleme einer Fortsetzung. An­

Überblicke. Hg. G. Wenzel. Berlin,Weimar 1966,

merkungen

190-206.

Schluß. In: ZfdA 114,1985,338-348.

zu

Ulrichs

von

Türheim

Tristan­

*Gerok-Reiter, Annette: Individualität. Studien zu

Grubmüller, Klaus: ,ir unwarheit warbaeren'. Über

einem umstrittenen Phänomen mittelhochdeut­

den Beitrag des Gottesurteils zur Sinnkonstitution

scher Epik. Tübingen 2006. *Gerok-Reiter, Annette: Kindheitstopoi in Gottfrieds Tristan. In: Alterstopoi. Hg. D. Elm [u.a.]. Berlin 2009,113-136. *Gherardini,Laura: II testimone fiorentino dei Trista­

in Gotfrids Tristan. In: Philologie als Kulturwissen­ schaft. FS K. Stackmann. Hg. L. Grenzmann [u.a.]. Göttingen 1987,149-163. Grubmüller, Klaus:

Mündlichkeit, Schriftlichkeit,

Unterricht. Zur Erforschung ihrer Interferenzen in

no di Gottfredo di Strasburgo. In: La giovane ger­

der Kultur des Mittelalters. In: DU 41, 1989,

manistica italiana. A cura di E. Oe Angelis. Pisa

41-54.

2006,106-117.

Grundlehner, Philip: Gottfried von Strassburg and

*Glauch, Sonja: Inszenierungen der Unsagbarkeit.

the Crisis of Language. In: W. McDonald (Hg.):

Rhetorik und Reflexion im höfischen Roman. In:

Spectrum Medii Aevi. FS G.F. jones. Göppingen

ZfdA 132,2003,148-176.

1983,139-155.

125

126 Literaturverzeichnis Grundmann, Herbert: Litteratus - illitteratus. Der Wandel einer Bildungsnorm vom Altertum zum Mittelalter. In: A KG 40,1958,1-65.

mit e. Vorw. von C. Brinker-von der Heyde. Darm­ stadt 2009. Haupt, Barbara: Zum Prolog des Tristan Gottfrieds

Gruenter, Rainer: Der Favorit. Das Motiv der höfi­ schen Intrige in Gotfrids ,Tristan und Isold'. In: Euph. 58,1964,113-128.

von Straßburg. In: G. Kaiser (Hg.): Literatur - Pub­ likum - historischer Kontext. Bern [u. a.] 1977, 109-136.

Haferland, Harald: Gottfrieds Erzählprogramm. In:

*Haupt, Barbara: ... ein vrouwe hab niht vii list. Zu

Beitr. z. Gesch. der dt. Sprache u. Literatur 122,

Dido und Lavinia, Enite und Isolde in der höfi­

2000,230-258.

schen Epik. In: H. Finger (Hg.): Die Macht der

Hahn, Ingrid: Raum und Landschaft in Gottfrieds Hahn, Ingrid: Zu Gottfrieds von Straßburg Literatur­ schau. In: ZfdA 96,1967,218-236. Konrad von Würzburg. ,Klassik' und ,Barock' im

Wien [u.a.] 2007,44-66. *Henkel, Nikolaus: Wann werden die Klassiker klas­ sisch? In: Tradition, Innovation, Invention. Hg. H.­

13. jh. Stuttgart 1930. Hall, Clifton D: A Complete Concordance to Gott­ fried von Strassburg's Tristan. Lewiston 1992. *Hammer, Andreas: Tradierung und Transformation. Mythische Erzählelemente im Tristan Gottfrieds von Straßburg und im Iwein Hartmanns von Aue.

j. Schmidt. Berlin [u.a.] 2005,441-467. *Hepfer, Karl: Immer wieder Tristan. In: jahrbuch für Literatur und Ästhetik 27,2009,203-218. Herchert, Gaby:

Einführung in den

Minnesang.

Darmstadt 201 O. *Hermann, Henning: Identität und Personalität in

Stuttgart 2007. Harris, Nigel: God, Religion, and Ambiguity in Tris­ tan. In: W. Hasty (Hg.): A Companion to Gottfried

Strassburg's

Rhetorik in deutschsprachigen Texten des Mittelal­ ters. In: L. Kolmer (Hg.): Rhetorik des Genusses.

Halbach, Kurt Herbert: Gottfried von Straßburg und

von

Frauen. Düsseldorf 2004,145-168. *Hausner, Renate: Die Rhetorik des Genusses der

Tristan. München 1963.

Tristan.

Rochester

2003,

Gottfrieds von Straßburg Tristan. Hamburg 2006. Herzmann, Herbert: Warum verlassen Tristan und Isolde

die

Minnehöhle?

In:

Euph. 69, 1975,

219-228.

113-136. *Hasty, Will (Hg.): A Companion to Gottfried von Haubrichs, Wolfgang: Von den Anfängen zum ho­ hen Mittelalter. Teil 1: Die Anfänge.

Hoffa, Wilhelm: Antike Elemente bei Gottfried von Straßburg. In: ZfdA 52,1910,339-350.

Strassburg's Tristan. Rochester 2003. Tübingen

21995.

Hoffmann, Werner: Die von Tristande hant gelesen. Zu den narrativen Erneuerungen der mittelalterli­ chen

*Hauenstein, Hanne: Zu den Rollen der Marke-Figur in Gottfrieds Tristan. Göppingen 2006.

Tristan-Dichtungen. In: Euph. 91, 1997,

431-465. Hohenberg Thompson,juliet: Identity and the Creati­

Haug, Walter: Erzählen als Suche nach personaler Identität. Oder: Gottfrieds von Straßburg Liebes­ konzept im Spiegel des neuen ,Tristanfragments von Carlisle'. In: Erzählungen in Erzählungen. Hg. H. Haferland [u.a.] München 1996,177-187. Haug, Walter: Der Tristanroman im Horizont der

ve Hero in Four Twelth-Century Tristan Stories. In: Tristania 15,1994,1-11. Hollandt, Gisela: Die Hauptgestalten in Gottfrieds Tristan. Berlin 1966. Huber, Christoph: Wort-Ding-Ensprechungen. Zur Sprach- und Stiltheorie Gottfrieds von Straßburg.

erotischen Diskurse des Mittelalters und der frü­

In: K. Grubmüller (u.a., Hg.): Befund und Deu­

hen Neuzeit. Freiburg i.Üe. 2000.

tung. FS H. Fromm. Tübingen 1979,268-302.

Haug, Walter: Erzählung und Reflexion in Gottfrieds Tristan. In: Der Tristan Gottfrieds von Straßburg.

Hg.

Chr.

HuberN.

Millet.

Tübingen

2002,

281-294.

Huber, Christoph: Gottfried von Straßburg: Tristan. Berlin 22001. Huber, Christoph: Bibliographie zum Tristan Gott­ frieds von Straßburg (seit 1984). In: Encomia­

*Haug, Walter: Literaturtheorie und Fiktionalitätsbe­

Deutsch. Tübingen 2002,80-128. (Huber 2002a).

wußtsein bei Chretien de Troyes, Thomas von Eng­

Huber, Christoph: Bibliographie zum Tristan Gott­

land und Gottfried von Straßburg. In: Ders.: Positi­

frieds von Straßburg (1984-2002). http://bibliogra

vierung von Negativität. Letzte kleine Schriften.

phien.mediaevum .delbibliographien/bibliogra

Hg. U. Barton. Tübingen 2008,172-186.

phie_tristan.htm [letzter Aufruf: 23.1.2012 (Huber

*Haug, Walter: Vom Tristan zu Wolframs Titurel oder Die Geburt des Romans aus dem Scheitern am Absoluten. In: DVjS 82,2008,193-204. *Haug, Walter: Literaturtheorie im deutschen Mittel­ alter. Nachdr. der 2.,überarb. und erw. Aufl. 1992

2002 b). *Huber,Christoph: Merkmale des Schönen und volks­ sprachliche Literarästhetik. Zu Hartmann von Aue und Gottfried von Straßburg. In: Das fremde Schö­ ne. Hg. M. Braun. Berlin [u.a.] 2007,111-141.

Literaturverzeichnis Hübner, Gert: Lobblumen. Studien zur Genese und Funktion der ,Geblümten Rede'. Tübingen, Basel

Wörter bei Gottfried von Straßburg. In: ZfdPh 17, 1893,335-367. *Kaminski, Nicola: Zeichenmacht:

2000. *Hübner, Gert: Erzählform im höfischen Roman. Stu­ dien zur Fokalisierung im Eneas, im Iwein und im Tristan. Tübingen, Basel 2003.

Gottfrieds Tris­

tan. In: Oxford German Studies 37,2008,3-26. Karg, Ina: Die Markefigur im Tristan. In: ZfdPh 113, 1994,66-87.

Hurst, Peter W.: Zur Interdependenz von Gottfrieds

*Karner, Daniela: Täuschung in Gottes Namen. Fall­

blintheit- und huote-/maze-Exkursen. In: ZfdPH

studien zur poetischen Unterlaufung von Gottes­

105,1986,321-332.

urteilen in Hartmanns von Aue Iwein, Gottfrieds

*Hutter, Verena: Der schöne Schein: Kriemhild und

von Straßburg Tristan, Des Strickers Das heiße

Blanscheflur. In: "Er ist ein wol gevriunder man".

Eisen und Konrads von Würzburg

Essays in honor of Ernst Dick on the occasion of

Frankfurt am Main [u.a.12010.

his eightieth birthday. Hg. K. McConnel1. Hildes­ heim [u.a.12009, 203-212.

Engelhard.

Keck, Anna: Die Liebeskonzeption der mittelalterli­ chen Tristanromane. München 1998.

*Jackson, Timothy R.: Typus und Poetik. Heidelberg

Keferstein, Georg: Die Entwertung der höfischen Ge­ sellschaft im Tristan Gottfrieds von Straßburg. In:

2003. Jackson, William Thomas Hobdeli: Tristan the Artist.

GRM 24,1936,421-440. Kellermann-Haaf,Petra: Frau und Politik im Mittelal­

In: PM L A 77,1962,364-372. Jackson, William Thomas HobdelI: The Stylistic Use

ter. Untersuchungen zur politischen Rolle der Frau

of Word-Pairs and Word-Repetions in Gottfried's

in den höfischen Romanen des 12., 13. und 14.

Tristan. In: Euph. 59,1965,229-251.

Jhs. Göppingen 1986.

Jaffe, Samuel: Gottfried von Strassburg and the Rhe­

Kellner, Beate: Autorität und Gedächtnis. Strategien

toric of History. In: J. J. Murphy (Hg.): Medieval

der Legitimierung volkssprachlichen Erzählens im

Eloquence. Berkeley [u. a.l,288-318.

Mittelalter am Beispiel von Gottfrieds von Straß­

Jaeger, C. Stephen: The Barons' Intrigue in

Gott­

burg Tristan. In: J. Fohrmann (u.a., Hg.): Autorität der/in Sprache, Literatur, neuen Medien. Vorträge

fried's Tristan. In: JE GP 83, 1984,46-66. *Jaeger, C. Stephen: Wunder und Staunen bei Wolf­

des Bonner Germanistentages 1997. Bd. 2. Biele­

ram und Gottfried. In: M. Baisch (Hg.): Inszenie­

feld 1999,484-508.

rungen von Subjektivität in der Literatur des Mit­

*Keppler-Tasaki, Stefan:

telalters. KönigsteinfTs. 2005,122-139. Janota, Johannes: Fortuna vitrea. In: W. HaugIB. Wachinger

(Hg.):

Fortuna.

Tübingen

Internationalisierung und

Hybridität. Komparatistische Perspektiven auf die 1995,

344-362.

Tristan-Rezeption des 19. bis 21. Jhs. In: GRM 59, 2009,459-482. *Kern, Manfred: Prag als Tor zur Aventiure. Neues

Janssen, Hildegard: Das sogenannte ,genre objectif'. Göppingen 1980.

höfisches Erzählen bei Heinrich von Freiberg. In: Deutsche Literatur und Sprache im Donauraum.

Jantzen, Ulrike/Kröner, Nils: Zum neugefundenen Tristan-Fragment des

Thomas d'Angleterre.

In:

Euph. 91,1997,291-301. Jeep, John M.: Gottfried von Straßburg's Tristan and the Tradition of the Alliterating Word-Pair. In: Tris­ tania 19,1999,13-43.

Hg. Chr. Pfau. Olomouc 2006,121-141. *Kern, Manfred: "Blumen zerpflücken": Philologie und Kritik im Literaturexkurs von Gottfrieds Tris­ tan. In: Germanistik und Literaturkritik. Hg. P.-H. Kucher/D. Moser. Wien 2007,83-96. *Kern, Manfred: Welt und Unruhe im Tristanroman:

*Jung-Kaiser, Ute: "Tristan Isolt, Isolt Tristan". Zur

Gottfried von Straßburg und Heinrich von Frei­

Restituierung eines altorientalischen Liebesideals.

berg. In: Ders.: Weltflucht. Poesie und Poetik der

In: Das Hohelied.

Vergänglichkeit in der weltlichen Dichtung des

Liebeslyrik als Kultur(en) er­

schließendes Medium? Hg. U. Jung-Kaiser. Bern 2007,85-105. Jupe,Wolfgang: Die ,List' im Tristanroman Gottfrieds

12. bis 15. Jhs. Berlin/New York 2009,343-388. *Kern, Peter: Blick-Kontakte in der mittelhochdeut­ schen Literatur. In: Rituale des Verstehens - Verste­

von Straßburg. Intellektualität und Liebe oder die

hen der Rituale. Hg. von der Japanischen Gesell­

Suche nach dem Wesen der individuellen Exis­

schaft für Germanistik. München 2006,121-133.

tenz. Heidelberg 1076. Kaindl, R[aimundl F[riedrichl: Einige Bemerkungen über den Gebrauch der Fremdwörter bei Gottfried

Kerth, Thomas: Kingship in Gottfried's Tristan. In: Monatshefte 80,1988,444-458. Kerth, Thomas: Marke's Royal Decline. In: A. Ste­

von Straßburg. In: Germania [Stuttgartl 37, 1892,

vens/R. Wisbey (Hg.):

272-382.

and the Medieval Tristan

Kaindl, R[aimundl F[riedrichl: Die französischen

1990,105-116.

Gottfried von Strassburg Legend. Cambridge

127

128 Literaturverzeichnis Kesting, Peter: Art. ,Lobgesang auf Maria (Pseudo­ Gottfried

von

Straßburg)'.

In:

2V L

5, 1985,

884-886.

B. Krause (Hg.): Verstehen durch Verkunft. FS Wer­ ner Hoffmann. Wien 1997,227-246. *Krohn, Rüdiger: Gottfried von Strassburg and the

*Kiening,Christian: Ästhetik des Liebestods. Am Bei­

Tristan myth. In: German literature of the High

spiel von Tristan und Herzmaere. In: M. Braun

Middle Ages. Hg. W. Hasty. Rochester/NY [u.a.]

(Hg.): Das fremde Schöne. Berlin [u.a.] 2007,

2006. *Krywalski, Diether:

171-193. *Klein, Dorothea: Inspiration und Autorschaft. Ein

Ein Tristan für Böhmen. Zum

Leben und Werk des böhmischen Dichters Hein­

Beitrag zu mediävistischen Autorendebatte. In:

rich von Freiberg. In: Stifter-jahrbuch 24, 2010,

DVjs 80,2006,55-96.

49-65.

Ermittlung, Darstellung und Deutung

Kucaba, Kelley: Höfisch inszenierte Wahrheiten. Zu

von Verbreitungstypen in der Handschriftenüber­

Isoldes Gottesurteil bei Gottfried von Straßburg.

Klein, Klaus:

lieferung mittelhochdeutscher Epik. In: Deutsche

In: W. Harms/C. St. jaeger (Hg.): Fremdes Wahr­

Handschriften 1100-1400. Hg. V. Honemann/

nehmen - fremdes Wahrnehmen. Stuttgart, Leip­

N.F. Palmer. Tübingen 1988,110-167.

zig 1997,73-93.

*Klein, Klaus: Stillstand. Zur handschriftlichen Über­ lieferung von Gottfrieds ,Tristan'. In: ZfdA 135, 2006,213-216.

*Küenzlen, Franziska:

Erzählen von vollkommener

Liebe. Die Tristan-Romane Eilharts von Oberg und Gottfrieds von Straßburg. In: Vollkommenheit. Äs­

Klinger, judith: Möglichkeiten und Strategien der Subjekt-Reflexion im höfischen Roman.

Tristan

und Lancelot. In: j.-D. Müller/H. Wenzel (Hg.): Mittelalter. Neue Wege durch einen alten Konti­ nent. Stuttgart, Leipzig 1999,127-148.

thetische Perfektion in Antike,Mittelalter und Frü­ her Neuzeit. Hg. V. Olejniczak Lobsien [u.a.]. Ber­ lin 2010,45-73. Kuhn, Hugo: Bemerkungen zur Rezeption des ,Tris­ tan' im deutschen Mittelalter. In: Wissen aus Erfah­

*Klinkert, Thomas: Zum Status von Intertextualität im Mittelalter: Tristan, Lancelot, Francesca da Ri­ mini. In: Deutsches Dante-jb. 81,2006,27-71.

rungen. FS H. Meyer. Hg. A. von Bormann. Tübin­ gen 1976,53-63. Küsters, Urban: Liebe zum Hof. Vorstellungen und

Trauer und Identität. Inszenierungen

Erscheinungsformen einer ,höfischen' Lebensord­

von Emotionen in der deutschen Literatur des Mit­

nung in Gottfrieds Tristan. In: G. Kaiser/j.-D. Mül­

telalters. Berlin [u.a.] 2006.

ler (Hg.): Höfische Literatur,Hofgesellschaft, höfi­

*Koch, Elke:

Kolb, Herbert: Der Hof und die Höfischen. Bemer­ kungen zu Gottfried von Straßburg. In: ZfdA 106, 1977,236-252. Kolb, Herbert: Isoldes

sche Lebensformen um 1200. Düsseldorf 1986, 141-176. Lachmann, Karl: Auswahl aus den hochdeutschen

Eid. In: ZfdPh 107, 1988,

*Kolerus,Alexander: Aula memoriae: Zu Gestalt und Funktion des Gedächtnisraums im Tristan Gott­ frieds von Straßburg und im mittelhochdeutschen Prosa- Lancelot. Frankfurt am Main u.a.:

Dichtern des 13. jhs. [1820]. Wieder abgedr. in (ders.): Kleinere Schriften. Bd. 1: Kleinere Schrif­

321-335.

Lang,

2006. *Kragl,Florian: Kanonische Autorität. Literaturexkur­ se und Dichterkataloge bei Rudolf von Ems. In: Der Kanon - Perspektiven, Erweiterungen und Re­ visionen. Hg. j. Struger. Wien 2008,347-375. Kraschewski-Stolz, Siegrun: Studien zu Form und Funktion der Bildlichkeit im Tristan Gottfrieds von Straßburg. Göppingen 1983. Krohn, Rüdiger: Gottfrieds Tristan und der Minne­ sang. In: D. Buschinger (Hg.): Tristan et Iseut. Göp­ pingen 1987,199-211.

ten zur deutschen Philologie. Hg. K. Müllenhoff. Berlin 1876. Nachdr. Berlin 2002. *Lähnemann,Henrike: Leich, Lied und Leise. Singen im Tristan. In: Impulse und Resonanzen. Tübinger mediävistische Beiträge zum 80. Geb. von Walter Haug. Hg. G. Vollmann-Profe. Tübingen 2007, 179-191. Langer, Otto: Der ,Künstlerroman' Gottfrieds - Pro­ test bürgerlicher ,Empfindsamkeit' gegen höfisches ,Tugendsystem'? In: Euph. 68,1974,1-4l. Langmeier, Beatrice Margaretha: Forschungsbericht zu Gottfrieds von Straßburg Tristan mit besonderer Berücksichtigung der Stoff- und Motivgeschichte für die Zeit von 1759-1925. Zürich 1978. *Largier, Niklaus: Liebe als Medium der Transgres­

Krohn, Rüdiger: Der Minnesänger Gottfried von

sion. Überlegungen zu Affektgemeinschaft und

Straßburg. In: (ders.,Hg.): Da hoeret ouch geloube

Habitusformung in Gottfrieds Tristan (mit einer

FS Günther Schweikle. Stuttgart, Leipzig

Anm. zur Hohelied-Mystik). In: Norm und Krise

zuo.

1995,89-102. Krohn, Rüdiger: Dietherus cellerarius. Mutmaßun­ gen über den Gönner Gottfrieds von Straßburg. In:

von Kommunikation. Hg. A. Hahn. Berlin [u.a.] 2006,209-224. *Layher, William: S6 süeze waz der schellen klanc.

Literaturverzeichnis 129 Music, Dissonance and the Sweetness of Pain in Gottfried's Tristan. In: Beitr. z. Gesch. der Deut­ schen Sprache und Literatur 133, 2011,

*McDonald, William c.: Erec der wundercere, Tris­ tan der wundercere. In: Studi medievali 50, 2009,

235-264.

*Mcmurtry, A.ine: Reading Tristan in Ingeborg Bach­ mann's Ich weiss keine bessere Welt und Malina. In: German Life and Letters 60,2007,534-553. Meißburger, Gerhard: Vorläufige Bemerkungen zu der Funktion Gottes in Gottfrieds Tristan. In: W. Besch (u.a., Hg.): Studien zur deutschen Literatur und Sprache des Mittelalters. FS H. Moser. Berlin

Lewis, Gertrud jaron: Die Metapher als Motiv in Gottfrieds Tristan. In: H.A. Pausch (Hg.): Kommu­ nikative Metaphorik. Bonn 1976,36-60. *Lieb, Ludger: Ein neuer doppelter Kursus in Hart­ manns Erec und seine Kontrafaktur in Gottfrieds Tristan. In: DVjs 83,2009,193-217. *Lienert, Elisabeth: "so getriuwe und so geminne". Über Helferfiguren in Gottfrieds Tristan. In: Archiv 158,2006,259-275.

*Linden, Sandra: Wie die Ratio das Irrationale ge­ biert. Überlegungen zur Minnereflexion in Exkur­ sen Hartmanns von Aue, Gottfrieds von Straßburg und Wolframs von Eschenbach. In: Reflexion und Inszenierung von Rationalität in der mittelalterli­ chen Literatur. In Verb. mit W. Haubrichs hg. von K. Ridder. Berlin 2008,95-118. *Linden, Sandra: Die Amme der edelen herzen. Zum Konzept der moraliteit in Gottfrieds Tristan. In: Dichtung und Didaxe. Hg. H. Lähnemann [u.a.]. Berlin 2009,117-133. Lobedanz, Emil: Das französische Element in Gott­ fried's von Straßburg Tristan. Schwerin 1881. *Maier-Eroms, Verena Eleonore: "Heldentum" und "Weiblichkeit" im Mittelalter und in der Neuzeit. Am Beispiel von Wolframs Parzival, Gottfrieds Tristan und Richard Wagners Musikdramen. Mar­ burg 2009. *Manuwald, Henrike: Der Dieb und der Fisch: Zu einer Bildbeischrift im Münchener Tristan-Codex Cgm 51. In: ZfdPh 127,2008,429-436. *Marani, Tommaso: La triuwe nell' Engelhard di Konrad von Würzburg e nel Tristan di Gottfried von Straßburg. In: Universita degli Studi di Napoli l'Orientale: Annali/Sezione germanica 15, 2006, 99-129.

*Masse, Marie-Sophie: Von der Neugeburt einer ab­ genutzten Praxis. Die descriptio in Gottfrieds Tris­ tan. In: GRM 55,2005,133-156. *Masse, Marie-Sophie: "so ward ich durch sie tore". Narrheit und Liebespassion im Tristrant Eilharts von Oberg. In: Der Narr in der deutschen Literatur im Mittelalter und der Frühen Neuzeit. Hg. j. Schillinger. Bern [u.a.] 2009,13-28. Mazzadi, Patrizia: Auorreflexionen zur Rezeption: Prolog und Exkurse in Gottfrieds Tristan. Triest 2000.

*Mazzadi, Patrizia: Narrare, leggere, confessare I'amore. Sofferenza amorosa e ricezione attiva in Thomas, Gottfried e Petrarca. In: jb. der Oswald von Wolkenstein-Gesellschaft 16, 2007, 351-363.

191-202.

1974,135-141.

Mertens, Volker: Richard Wagner und das Mittelalter. In: Richard Wagner und sein Mittelalter. Hg. Ursula und Ulrich Müller. Anif, Salzburg 1989,9-84. *Mertens, Volker: Wahrheit und Kontingenz in Gott­ frieds Tristan. In: Kein Zufall. Konzeptionen von Kontingenz in der mittelalterlichen Literatur. Hg. C. Herberichs [u.a.]. Göttingen 2010,186-205. Meyer, Matthias: Desaster in der Minnegrotte. Tristan und Isolde im Diskursgestrüpp. In: A. Crepin/W. Spiewok (Hg.): Tristan - Tristrant. Melanges en I'honneur de Danielle Buschinger a I'occasion de son 60eme anniversaire.Greifswald 1996,381-392. Mieder, Wolfgang: "liebe und leide". Sprichwörtli­ che Liebesmetaphorik in Gottfrieds von Straßburg Tristan. In: Das Mittelalter 2, H. 2,1997,7-20. Mikasch-Köthner, Dagmar: Zur Konzeption der Tri­ stanminne bei Eilhart von Oberg und Gottfried von Straßburg. Stuttgart 1991. Mockenhaupt, Benedikt: Die Frömmigkeit im Parzi­ val des Wolfram von Eschenbach. Bonn 1942. Mohr, Wolfgang: ,Tristan und Isold' als Künstlerro­ man. In: Euph. 53,1959,153-174. Mosselman, Frederik: Der Wortschatz Gottfrieds von Straßburg. s'Gravenhage 1953. *Motif-Index of German Secular Narratives From the Beginning to 1400. Ed. by the Austrian Academy of Sciences. 3 vols. Berlin [u.a.] 2005. Mühlherr, Anna: Unstimmigkeit als Kalkül. Gott­ frieds Rühmen und Schelten zu Beginn des poeto­ logischen Exkurses. In: Der Tristan Gottfrieds von Straßburg. Hg. Chr. HuberN. Millet. Tübingen 2002,317-326.

Müller, Günther: Gradualismus. Eine Vorstudie zur altdeutschen Literaturgeschichte. In: DVjs 2, 1924,681-720.

Müller, jan-Dirk: Tristans Rückkehr. Zu den Fortset­ zern Gottfrieds von Straßburg. In: FS W. HaugIB. Wachinger. Bd. 2. Tübingen 1992,529-548. * Müller, jan-Dirk: Gottfried von Straßburg: Tristan. Transgression und Ökonomie. In: G. Neumann/R. Warning (Hg.): Transgressionen. Freiburg 2003, 213-242.

*Müller, jan-Dirk: Mythos und mittelalterliche Litera­ tur. In: j. Keller/ F. Kragl (Hg.): Mythos - Sage - Er-

130 Literaturverzeichnis zählung. Gedenkschrift für Alfred Ebenbauer. Göt­

schichte der deutschen Litteratur und Sprache.

tingen [u.a.] 2009,331-349.

Wien 1867,111-148.

Müller, Ulrich: Ein Tristan und Parsifal aus Indien,

*Pfeiffer, jens: Satz und Gegensatz. Narrative Strate­

ein Faust in Indien. In: FS Ingo Reiffenstein zum

gie und Leserirritation im Prolog des Tristan Gott­

60. Geb. Hg. P. K. Stein [u. a.]. Göppingen 1988, 621-640.

frieds von Straßbug. In: Wolfram-Studien 18,

*Müller, Ulrich: Mittelalter-Rezeption als Erinnerung an das Mittelalter. Das Projekt von Thomas und

2004,151-169. Picozzi, Rosemary: A History of Tristan Scholarship. Bern, Frankfurt/M. 1971.

Viktor Mann zu einem Film über Tristan und Isolde

*Plate, Ralf: Wortbedeutung, Gebrauchstyp und

(1923). In: Studia niemcoznawcze 45, 2010, 21-32.

Textverständnis in der historischen Beleglexiko­

Müller-Kleimann, Sigrid: Gottfrieds Urteil über den

Gebrauch im Tristan Gottfrieds von Straßburg. In:

zeitgenössischen deutschen Roman. Stuttgart 1990. *Nanz, Ute:

Die Isolde-Weißhand-Gestalten im

graphie. Am Beispiel von mhd. bOwen und seinem "Texte zum Sprechen bringen". FS Paul Sappler. Hg. Chr. Ackermann/U. Barton. Tübingen 2009,

365-384.

Wandel des Tristanstoffs. Heidelberg 201 O. Nellmann, Eberhard: Brangaene bei Thomas, Eilhart

Pörksen, Uwe: Der Erzähler im mittelhochdeutschen Epos. Berlin 1971.

und Gottfried. In: ZfdPh 120,2001,24-38. *Nellmann, Eberhard: "Gedaehte man ir ze guote

Preuss, Richard: Stilistische Forschungen über Gott­

niht". Der memoria-Topos im Tristanprolog. In:

fried von Straßburg. Diss. Straßburg 1881. Erw.

Mittelalterliche Poetik in Theorie und Praxis. Hg.

Fass. unter dem gl. Titel in: Straßburger Studien 1,

T. Hennings [u.a.]. Berlin 2009,241-255.

1883,1-75.

*Nolte, Theodor/Schupp, Volker (Hg., Übers.): Mit­

*Przybilski, Martin: Ichbezogene Affekte im Tristan

telhochdeutsche Sangspruchdichtung des 13. jhs.

Gottfrieds von Strassburg. In: Beitr. z. Gesch. der

Stuttgart 2011.

dt. Sprache u. Literatur 126,2004,377-397.

Okken, Lambertus: Kommentar zum Tristan-Roman Gottfrieds von Straßburg. 3

Bde. Amsterdam

*Przybilski, Martin: Gesellschaft der I>re und Ge­ meinschaft der minne. Das komplexe Dreiecksver­

1984,1985,1988.2. Aufl. in 2 Bden. ebd. 1996.

hältnis in Gottfrieds von Straßburg ,Tristan'. In: K.

*Otis-Cour, Leah: Mariage d'amour, charite et socie­

Boll/K. Wenig (Hg.): kunst und saelde. FS Trude

te dans les "romans de couple" medievaux. In: Le Moyen Age 111,2005,275-292.

Ehlert. Würzburg 2011,131-147. *Punzi, Arianna: Tristano. Storia di un mito. Rom

Ott, Norbert H.: ,Tristan' auf Runkelstein und die übrigen zyklischen Darstellungen des Tristanstof­

2005. *Quast, Bruno: Gottfried von Straßburg und das

fes. In: Runkelstein. Hg. W. Haug [u.a.]. Wiesba­

Nichthermeneutische. Über Wortzauber als lite­

den 1982,194-239.

rarästhetisches Differenzkriterium. In: Mitt. des

Penn, Gareth S.lTubach, Frederic c.: The Constella­ tion of Characters in the Tristan of Gottfried von Strassburg. In: Monatshefte 64,1972,326-333. Peschel-Rentsch, Gerd-Dietmar: Prolog-Programm und Fragment-Schluß in GOTFRITs Tristanroman. Erlangen 1976.

Dt. Germanistenverbandes 51,2004,377-397. Rabine, Leslie W.: Love and the New Patriarchy. Tris­ tan and Isolde. In: j. Tasker Grimbert (Hg.): Tristan and Isolde. New York 1995,37-74. Ranke, Friedrich: Die Überlieferung von Gottfrieds ,Tristan'. In: ZfdA 55,1917,157-278,381-438.

Peschel-Rentsch, Gerd-Dietmar: Gott, Autor, Ich.

Ranke, Friedrich: Die Allegorie der Minnegrotte in

Skizzen zur Genese von Autorbewußtsein und Er­

Gottfrieds Tristan (Schriften d. Königsberger Gel.

zählerfigur im Mittelalter. Erlangen 1991.

Ges. 2. geisteswiss. KI. 2). Berlin 1925.

Peters, Ursula: Roman courtois in der Stadt. In: LiLi

48,1982,10-28.

Queen Isolde and Princess Isolde in Gottfried von

Peiffer, Lore: Zur Funktion der Exkurse im Tristan Gottfrieds von Straßburg. Göppingen 1971. Literaturgeschichtschreibung. Eine wissenschafts­ Betrachtung. Frankfurt/M.,

Strassburg's "Tristan und Isolde". In: Th.S. Fenster (Hg.):

Pfaffenberger, Wolfgang: Blütezeiten und nationale geschichtliche

Rasmussen, Ann Marie: Ez ist ir g'artet von mir.

Bern

1981. Pfeiffer, [Franz]: Über Gottfried von Straßburg. In: Germania [Stuttgart] 3,1858,59-80. Auch u.d.T. ,Über den Lobgesang auf Christus und Maria' in (ders.): Freie Forschung. KI. Schriften zur Ge-

Arthurian Women. New York, London

2000,41-57. Raudszus, Gabriele: Die Zeichensprache der Klei­ dung. Hildesheim [u.a.] 1985. Rehm, Walther: Der Todesgedanke in der deutschen Dichtung vom Mittelalter bis zur Romantik. Halle

1928. Reinnagel, Edith G.: Gottfried-Forschung im 20. jh. Diss. (masch.) Graz 1967.

Literaturverzeichnis Ridder, Klaus: Ästhetisierte Erinnerung - erzählte

*Schausten, Monika: "da hovet ir iuch sei ben mite":

Kunstwerke. Tristans Lieder, Blanscheflurs Schein­

Höfische jagdkunst im Spiegel klerikaler Kritik am

27 (1997),

grab, Lancelots Wandgemälde. In: LiLi

62-85.

Beispiel des Tristan Gottfrids von Straßburg. In: LiLi 41,2011,139-164.

Ridder, Klaus: Liebestod und Selbstmord. Zur Sinn­

Schild, Wolfgang: Das Gottesurteil der Isolde. In: H.

konstitution im ,Tristan', im ,Wilhelm von Orlens'

Höfinghoff (u. a., Hg.): Alles was Recht war. FS R.

und in ,Partonopier und Meliur'. In: X. von Ertz­

Schmidt-Wiegand. Essen 1996,55-75.

dorff (Hg.): Tristan und Isolt im Spätmittelalter.

1999 (Chloe. Beihefte zum Daphnis 29),309-329. Amsterdam

*Riedo, Dominik: Der Status der Fragen im deut­ schen hochhöfischen Roman. Bern [u. a.] 2008.

Schirok, Bernd: Zu den Akrosticha in Gottfrieds ,Tris­ tan'. Versuch einer kritischen und weiterführen­ den

Bestandsaufnahme.

In: ZfdA

113, 1984,

188-213. Schirok, Bernd: Handlung und Exkurse in Gottfrieds

*Rocher, Daniel: Between Epic and Lyric Poetry. The

Tristan. In: H. Löffler (u.a., Hg.): Texttyp, Sprecher­

Originality of Gottfried's Tristan. In: W. Hasty

gruppe, Kommunikationsbereich. FS H. Steger.

(Hg.): A Companion to Gottfried von Strassburg's Tristan. Rochester 2003,205-221.

Berlin, New York 1994,33-51. Schlageter, Emil: Reimwörterbuch zu Gottfrieds Tris­

Rothe, Paul: Die Conditionalsätze in Gottfried's von Straßburg Tristan und Isolde. Diss. Halle 1895. Ruberg, Uwe: Zur Poetik der Eigennamen in Gott­ frieds Tristan. In: A. Greule/U. Ruberg (Hg.): Spra­ che - Literatur - Kultur. FS W. Kleiber. Wiesbaden

1989,301-320.

tan. München 1926. *Schlechtweg-jahn, Ralf: Virtueller Raum und höfi­ sche Literatur am Beispiel des Tristan. In: Virtuelle Räume 2005,69-85. Schmitz, Silvia: Reisende Helden. In: Th. Cramer (Hg.): Wege in die Neuzeit. München

*Rllzickova, jana: Das ,Gottfriedische' im alttschechi­

1988,

198-228.

schen Epos ,Tristram a Izalda'. In: Deutsche Litera­

*Schmitz, Silvia: Die Poetik der Adaption. Literari­

tur des Mittelalters in und über Böhmen [I]. Hg. D.

sche inventio im "Eneas" Heinrichs von Veldeke.

FlieglerN. Bok. Wien 2001,125-139.

Tübingen 2007.

Rupp, Heinz: Deutsche religiöse Dichtungen des 11. und 12. jhs. Bern, München

21971.

*Schmitz, Silvia: Omnia vincit amor. Gottfrieds Tris­ tan im Vergleich mit dem Fragment von Carlisle.

Sappler, Paul/Schneider-Lastin, Wolfram: Ein Wörter­ buch zu Gottfrieds ,Tristan'. In: K. Gärtner (u.a., Hg.): Maschinelle Verarbeitung altdeutscher Texte Bd. 4. Tübingen 1991,19-28.

In: S. Bürkle/U. Peters (Hg.): Interartifizialität. Ber­ lin 2009,247-267. Schneider, Damaris: Die Darstellung des Tristan von Gottfried von Straßburg in der Literaturgeschichts­

*Sassenhausen, Ruth: Emotionsdarstellungen als Ins­ trument differenter Kindheits- und jugendentwürfe

schreibung nach Gustav Ehrismann. In: R. Bräuer/ o. Ehrismann (Hg.): Mediävistische Literaturge­

im Parzival Wolframs von Eschenbach und im Tris­

schichtsschreibung. Göppingen 1992,195-213.

tan Gottfrieds von Straßburg. In: R. Schnell (Hg.)

Schnell, Rüdiger: Rechtsgeschichte und Literaturge­

Mediennutzung, Medienwirkung, Medienregulie­

schichte. Isoldes Gottesurteil. In: Akten des V I. Int.

rung. Stuttgart, Weimar 2007,155-168. Sawicki, Stanislaw: Gottfried von Straßburg und die Poetik des Mittelalters. Berlin 1932.

Germanisten-Kongresses Basel

1980. TI 4. Hg. H.

Rupp/H.-G. Roloff. Bern 1980,307-319. Schnell, Rüdiger: Gottfrieds Tristan und die Institu­

Sayce, Olive: Der Begriff edelez herze im Tristan

tion der Ehe. In: ZfdPh

101,1982,334-369.

33, 1959,

Schnell, Rüdiger: Der Frauenexkurs in Gottfrieds Tris­

*Sayers, William: Celtic echoes and the timing of

Schnell, Rüdiger: Suche nach der Wahrheit. Gott­

Tristan's first arrival in Cornwall (Gottfried von

frieds Tristan und Isold als erkenntniskritischer Ro­

Gottfrieds von Straßburg. In: DVjs

389-413.

Strassburg).

tan (V.17858-18114). l n:ZfdPh 103 , 1984,1-26.

In:

Neuphilologische

Mitteilungen

108,2007,743-750.

man. Tübingen

1992.

Schnell, Rüdiger: Rez. zu: Der Tristan Gottfrieds von

Scharchuch, Heinz: Gottfried von Straßburg. Stilmit­ tel- Stilästhetik. Berlin 1938.

Schausten, Monika: ich bin, alse ich Mn vernomen, ze wunderlichen maeren komen. Zur Funktion bio­

Straßburg. Hg. Chr. HuberN. Millet. Tübingen

2002. In: ZfdA 133,2004,100-111. Schoenwald, Ulrich: Hermes' Spuren: Geist und Struktur in Gottfrieds Tristan. Göttingen 2005.

graphischer und autobiographischer Figurenrede

*Scholl, Dorothea: Das Mittelalter zwischen "Recyc­

für die narrative Konstitution von Identität in Gott­

ling" und neuem Wissen. Tristans alte und neue

frieds von Straßburg Tristan. In: Beitr. z. Gesch. der

Geschichte. In: Literaturwissenschaftliches jb.

dt. Sprache u. Literatur 123

2007,69-108.

(2001),24-48.

48,

131

132 Literaturverzeichnis Schröder,Walther johannes: Bemerkungen zur Spra­ che Gottfrieds von Straßburg. In: K. Bischoff/L. Röhrich (Hg.): Volk, Sprache, Dichtung. FS K. Wagner. Gießen 1960,49-60.

Einführung in die

den 1979,222-261. Simon, Ralf: Einführung in die strukturalistische Poe­

Schröder, Werner: Text und Interpretation. Das Got­ tesurteil im Tristan Gottfrieds von Straßburg. Wies­ baden 1979.

tik des mittelalterlichen Romans. Würzburg 1990.

( Simon 1990a). =

Simon, Ralf: Thematisches Programm und narrative

Schröder,Werner: Versuch über Tristanliebe bei Gott­ fried von Straßburg. In: P. Erlebach (u.a., Hg.): Ge­ schichtlichkeit und

Neuanfang im sprachlichen

Kunstwerk. FS F. W Schulze. Tübingen 1981,49-57.

Schröder, Werner: Text und Interpretation 11. Isoldes Mordanschlag auf Brangaene im Tristan Gottfrieds Schröder,Werner: Text und Interpretation IV. Zu Aus­ sage und Funktion des huote- Exkurses im Tristan von Straßburg. Stuttgart 1993.

Schröder 1993a).

(W

Schröder, Werner: Text und Interpretation V. Über die Liebe der Getrennten im Tristan Gottfrieds von Straßburg. Stuttgart 1993.

Muster im Tristan Gottfrieds von Straßburg. In: ZfdPh 109(1990),354-380.

( Simon 1990b) =

'Soriat, Helmut: Zerhau' der Sprache Welschheit! Mittelalterrezeption und Sprachenkampf der All­ deutschen Bewegung in Österreich. Göppingen 2004. 'Sprague, W. Maurice: Down the rabbit-hole: "Das

von Straßburg. Stuttgart 1989.

Gottfrieds

Frey/W. Raitz/D. Seitz (Hg.):

deutsche Literatur des 12. bis 16. jhs. Bd. 1. Opla­

(W Schröder 1993b).

Häslein", Gottfried von Straßburg und Hartmann von Aue. In: jb. der Oswald von Wolkenstein-Ge­ seilschaft 15(2005),315-348. Stackmann, Karl:

Gite und

GelÜcke.

Über die

Spruchstrophen Gotfrids. In: W. Simon (u. a., Hg.): Festgabe für Ulrich Pretzel zum 65. Geb. Berlin 1963,191-204.

Schultz, james A.: Why Do Tristan and Isolde Leave

Stein, Peter K.: Formaler Schmuck und Aussage im

for the Woods? Narrative Motivation and Narrative

,strophischen' Prolog zu Gottfrieds von Straßburg

Coherence in Eilhart von Oberg and Gottfried von Straßburg.

In:

Modern

(1987),586-607.

Language

Notes

102

( Schultz 1987a).

Tristan. In: Euph. 89,1975,371-387. Stein, Peter K.: Tristan. In: Epische Stoffe des Mittel­ alters. Hg. V. Mertens/U. Müller. Stuttgart 1984,

=

Schultz, james A.: Why Does Mark Marry Isolde? And Why Do We Care? An Essay on Narrative Mo­

(

365-394. Steiner, Otto: Die Fremdwörter in den bedeutend­

Schultz

sten mittelhochdeutschen epischen Dichtwerken.

Schultz,james A.: Clothing and Disclosing. Clothes,

Steinhoff, Hans-Hugo: Bibliographie zu Gottfried

tivation. In: DVjs 61 (1987), 206-222. 1987b)

=

In: Germanist. Studien 2(1875),239-258.

Class, and Gender in Gottfried's Tristan. In: Trista­ nia 17(1996),111-123.

von Straßburg, Berlin 1971. [bis 1969/70] Steinhoff, Hans-Hugo: Art. ,Meister Hesse'. In: 2VL

'Schulz, Arnim: Das Reich der Zeichen und der un­

3,1981,1196-1197.

kenntliche Körper des Helden. Zu den Rückkehr­

Steinhoff,Hans-Hugo: Bibliographie zu Gottfried von

abenteurn in der Tristan-Tradition. In: Körperkon­

Straßburg, Bd. 2. Berichtszeitraum 1970-1983.

zepte im arthurischen Roman. Hg. F. Wolfzettel. 'Schumacher, Meinolf: Einführung in die deutsche Literatur des

Berlin 1986. Sterling-Hellenbrand, Alexandra: Places to Play: To­

Tübingen 2007,311-336. Mittelalters. Darmstadt 2010. (zu

pographies of Gender in Gottfried von Strassburg's Tristan. In: Essays in Medieval Studies 16 (1999), 53-66.

Gottfried 86-91). Schwander, Annemarie: Das Fortleben des spätanti­

Sterling-Hellenbrand, Alexandra: Topographies of

ken Romans in der mittelalterlichen Epik. Untersu­

Gender in Middle High German Arthurian Ro­

chungen zu Gottfrieds Tristan. Diss. (masch.) Schweikle, Günther (Hg.): Dichter über Dichter in mittelhochdeutscher Literatur. Tübingen 1970. Schwietering, julius:

mance. New York 2001. Sterling-Hellenbrand, Alexandra: Uta and Isolde:

Frankfurt/ M. 1944.

Der Tristan Gottfrieds

Designing a Perfect Woman. In: Essays in Medie­ val Stuies 19,2002,70-89.

von

'Stevens, Adrian: Im Auftrag der Freundschaft? Gott­

Straßburg und die Bernhardische Mystik. Abhh. d.

fried, Thomas und die Diskurse der Freundesliebe

Preuß. Ak. d. Wiss. Phil.-hist. KI. 5. Berlin 1943.

im Tristanroman. In:

'Seeber, Stefan: ,Ein vriuntlkhez zornelln'. Zu den Freundschaftsdarstellungen in den deutschen Tris­ tanbearbeitungen des 12. und 13. jhs.ln: Oxford German Studies 36(2007),Heft 2,268-283. Seitz, Dieter: Gottfried von Straßburg: Tristan. In: W.

E. Andersen (Hg.): Texttyp

und Textproduktion in der deutschen Literatur des Mittelalters. Berlin [u.a.] 2005,85-99. Stökle, Ulrich: Die theologischen Ausdrücke und Wendungen im Tristan Gottfrieds von Straßburg. Ulm 1915.

Literaturverzeichnis Strasser, Ingrid: Isold, die Mutter, Isold, die Tochter,

*Tomasek, Tomas: Die Gestaltung der Zeit in Gott­

und Isold als blansche mains. In: P. Schulze-Bellil

frieds Tristan. In: Th. Bein (Hg.): Mit clebeworten

M. Dallapiazza (Hg.): II romanzo di Tristano nella

underweben. FS Peter Kern. Frankfurt/M. [u.a.]

letteratura dei Medioevo. Triest 1990,67-78.

2007,41-51. (

Strohschneider,

Peter:

Gotfrit-Fortsetzungen.

Tomasek 2007a).

*Tomasek, Tomas: Gottfried von Straßburg. Stuttgart

Definite Nominalphrase und

*Tomasek, Tomas in Zusammenarb. mit H. Rüther

DVjs 65,1991,70-98. *Sumidai, Yasunori:

=

In:

Status ihres Referenten. Exemplarisch untersucht

2007. (

=

Tomasek 2007b).

und H. Bismark [... ]: Artusromane nach 1230,

an Beispielen aus Tristan. In: Energeia 35, 2010,

Gralromane,Tristanromane (Handbuch der mittel­

37-54.

hochdeutschen Sentenzen im höfischen Versro­

*Takeichi, Osamu: Zum Gebrauch der kontrahierten Formen der Verben "legen" und "ligen" in der mit­ telhochdeutschen Epik. In: Sprachwissenschaft 30, 2005,279-308. T äuber, Georg: Die Bedeutung der Doppelformel für die Sprache und den Stil Gottfrieds von Straßburg. Diss Greifswald 1912. Tax, Petrus W.: Wort, Sinnbild, Zahl im Tristanro­ man. Berlin 21971. Tervooren, Helmut: Sangspruchdichtung. Stuttgart 22001. *Tervooren, Helmut: Van der Masen tot op den Rijn.

man des 12. und 13. jhs. Hg. M. EikelmannlT. To­ masek. Bd. 2). Berlin 2009. Touber, Anton H.: Gottfrieds Tristan und der Minne­ sang. In: A. Crepin/W. Spiewok (Hg.): Tristan - Tri­ strant. FS Danielle Buschinger. Greifswald 1996, 513-519. Traub, Gerhard: Studien zum Einfluß Ciceros auf die höfische Moral. Greifswald 1933. Der Tristan Gottfrieds von Straßburg. Symposion Santiago de Compostela, 5. bis 8. April 2000. Hg. Chr. HuberN. Millet. Tübingen 2002. T schirch, Fritz: Wernhers Helmbrecht in der Nach­

Ein Handbuch zur Geschichte der mittelalterli­

folge von Gottfrieds Tristan. In: Beitr. z. Gesch. der

chen volkssprachlichen Literatur im Raum von

dt. Sprache u. Literatur 80,1958,292-314.

Rhein und Maas. Geldern 2005. Theisen, joachim: Des Helden bester Freund. Zur

T schirch, Fritz: Geschichte der deutschen Sprache. Bd. 11. 31989.

Rolle Gottes bei Hartmann, Wolfram und Gott­

*Uecker, Heiko: Tristan und Isolde im Norden. In:

fried. In: Chr. Huber (u.a., Hg.): Geistliches in

Th. Bein (Hg.): Mit clebeworten underweben. FS

weltlicher und Weltliches in geistlicher Literatur

Peter Kern zum 65. Geb. Frankfurt/M. (u. a.) 2007,

des Mittelalters. Tübingen 2000,153-169.

19-40.

Thibault-Schäfer,jacqueline: The Discourse of Figu­

Urbanek,Ferdinand: Die drei Minne-Exkurse im Tris­

ral Narrative in the IIluminated Manuscripts of

tan Gottfrieds von Straßburg. In: ZfdPh 98, 1979,

Tristan. In: Word and Image in Arthurian Litera­

344-371.

ture. Hg. K. Busby. New York 1996,174-202. Thurlow, Peter: Gottfried and Minnesang. In: Ger­ man Life and Letters 48 (1995),401-412. Tomasek, Tomas: Die Utopie im Tristan Gotfrids von Straßburg. Tübingen 1985. Tomasek, Tomas: Überlegungen zu den Sentenzen

*Uttenreuther, Melanie: Die (Un)ordnung der Ge­ schlechter: Zur Interdependenz von Passion, gen­ der und genre in Gottfrieds von Straßburg Tristan. Bamberg 2009. Valk, Melvin Ehrman: Word-Index zu Gottfried's Tristan. Madison 1958.

in Gotfrids Tristan. In: D. Lindemann (u.a., Hg.):

Voss, Rudolf: Subjektive und objektive Motivation.

bickelwort und wildiu maere. FS E. Nellmann.

Zur epischen Struktur und zum weltanschaulichen

Göppingen 1995,199-224.

Problemgehalt des Tristan Gottfrieds von Straß­

Tomasek,Tomas: Überlegungen zum truren im Tristan

burg. In: A. Greule/U. Ruberg (Hg.): Sprache - Li­

Gottfrieds von Straßburg. In: LiLi 29,1999,9-20.

teratur - Kultur. FS Wolfgang Kleiber. Stuttgart

Tomasek, Tomas: Das niederfränkische Tristanfrag­ ment. In: Der Tristan Gottfrieds von Straßburg. Hg. Chr. HuberN. Millet. Tübingen 2002,75-86. *Tomasek, Tomas: Sentenzverwendung im höfischen

1989,321-336. Vrablik, Vlastimil: Die Minnegrotte in Gottfrieds von Straßburg Tristan und Isolde. Ein Versuch zur Psy­ chologie der Liebe. In: Rüdiger Krüger [u.a.,Hg.]:

Roman des 12. und 13.jhs.ln: E.C. Lutz (Hg.): lite­

Ist zwivel herzen nachgebur. FS Günther Schweik­

ratur und Wandmalerei 11. Tübingen 2005,47-63.

le zum 60. Geb. Stuttgart 1989,181-192.

*Tomasek, Tomas: Zur Tristanliebe. Anläßlich von

Wachinger, Burghart: Zur Rezeption Gottfrieds von

Anna Keck, Die Liebeskonzeption der mittelalter­

Straßburg im 13. jh. In: Dt. Literatur des späten

lichen Tristanromane (München 1998). In: Beitr. z.

Mittelalters. Hg. W. Harms/L. P. johnson. Berlin

Gesch. der dt. Sprache u. Literatur 128, 2006, 467-471.

1975,56-82. Wachinger, Burghart: Geistliche Motive und geistli-

133

134 Literaturverzeichnis che Denkformen in Gottfrieds Tristan. In: Der Tris­

Kultur und Gedächtnis im Mittelalter. München

tan Gottfrieds von Straßburg. Hg. Chr. HuberN.

1995.

Millet. Tübingen 2002,243-255.

Wessei, Franziska: Probleme der Metaphorik und die

Wade, Marjorie 0.: Gottfried's von Strassburg Eider Isolde: Das Wise Wip. In: Tristania 3, 1977, 17-31.

Minnemetaphorik in Gottfrieds von Straßburg "Tristan und Isolde". München 1984. Wetzei, Rene: Die handschriftliche Überlieferung

Wagner, Wilfried: Die Gestalt der jungen Isolde in Gottfrieds Tristan. In: Euph. 67,1973,52-59.

des Tristan Gottfrieds von Straßburg. Untersucht an ihren Fragmenten. Freiburg i. Üe. 1992.

Waiden Adams,Robert Dana: A Tristan Bibliography. Diss. Los Angeles 1935 (Teildruck 1943).

Wetzei, Rene: Der Tristanstoff in der Literatur des deutschen

Mittelalters.

Forschungsbericht

*Walworth,julia c.: Parallel narratives. Function and

1969-1994. In: Forschungsberichte zur Germanis­

form in the Munich illustrated manuscripts of Tris­

tischen Mediävistik. jb. f. Int. Germ. C 5/1. Bern

tan und Willehalm von Griens. London 2007.

[u. a.] 1996,190-254.

Wandhoff, Haiko: Der epische Blick. Eine medien­

Wharton, janet: Daz lebende paradis? A Considera­

geschichtliche Studie zur höfischen Literatur. Ber­

tion of the Love of Tristan and Isot in the Light of

lin 1996.

the huote Discourse. In: A. StevensiR. Wisbey

*Wandhoff, Haiko: In der Klause des Herzens. Alle­ gorische Konzepte des inneren Menschen in mit­ telalterlichen Architekturbeschreibungen. In:

K.

Philipowski/A. Prior (Hg.): Anima und sPie. Berlin 2006,145-163.

(Hg.): Gottfried von Strassburg and the Medieval Tristan Legend. Cambridge 1990,143-154. Willms, Eva: Der lebenden brot. In: ZfdA 123, 1994, 19-44. *Winkelman,johan H.: Walewein en Tristan parallel

*Warning, Rainer: Die narrative Lust an der List:

gelezen. Een intertekstuele analyse als sleutel tot

Norm und Transgression im Tristan. In: G. Neu­

interpretatie. In: Spiegel der letteren 49 (2007),

manniR. Warning (Hg.): Transgressionen. Frei­ burg/Br. 2003,175-212. Watterich,johann Matthias: Gottfried von Straßburg, ein Sänger der Gottesminne. Leipzig 1858. Weber, Alexander: Allegorie und Erzählstruktur in Gottfrieds Tristan, Grimmelshausens Simplicissi­ mus und Thomas Manns Zauberberg. In: Collo­

quia Germanica 32,1999,223-255. Weber, Gottfried: Gottfrieds Tristan in der Krise des hochmittelalterlichen Weltbildes um 1200. In: ZfdA 82 (1948/50),335-388. Weber, Gottfried: Gottfrieds von Straßburg Tristan

377-401. *Wintgens, Hans-Herbert: Gottfried von Straßburgs Epos Tristan und Isolde. In: Weltliteratur. Hg. H.-j. Grtheil. Bd. 1. Hildesheim 2008,242-262. Witteck, Klaus: Welt und Kunst im Tristanroman. Diss. Köln 1974. *Witthöft, Christiane: Selbst-loses Vertrauen? Prob­ leme der Stellvertretung im Engelhard Konrads von Würzburg und im Nibelungenlied. In: Früh­ mittelalterliche Studien 39 (2005),387-409. Wodtke, Friedrich Wilhelm: Die Allegorie des ,inne­ ren Paradieses' bei Bernhard von Clairvaux,Hono­

und die Krise des hochmittelalterlichen Weltbildes

rius Augustodunensis,Gottfried von Straßburg und

um 1200. 2 Bde. Stuttgart 1953.

in der deutschen Mystik. In: H. Moser (u.a., Hg.):

Weber, Gottfried: Gottfried von Straßburg. Stuttgart 1962. (5. Aufl. von G. W. und Werner Hoffmann, Stuttgart 1981). Wehrli, Max:

Literatur im deutschen Mittelalter.

Stuttgart 1984. Wenzel,Horst: Zentralität und Regionalität. In: Akten

FS j. Quint. Bonn 1964,277-290. Wolf, Alois (Hg.): Gottfried von Straßburg. Darm­ stadt 1973. Wolf, Alois: Die "Große Freude". Vergleichende Be­ trachtung zur Eros-exsultatio in Minnekanzonen, im Erec und im Tristan. In: Literaturwiss. jb. 34

des VII. Internationalen Germanistenkongresses.

(1993), 49-79. Wieder in (ders.): Erzählkunst des

Bd. 7. Tübingen 1986,14-26. (Wenzel 1986a).

Mittelalters. Hg. M. Backes [u. a.]. Tübingen 1999,

Wenzel, Horst: Ze hove und ze holze - offeniich und taugen. Zur Darstellung und Deutung des Un­

365-397. Wolff, Ludwig: Der Gottfried von Straßburg zuge­

höfischen in der höfischen Epik und im Nibelun­

schriebene Marienpreis und Lobgesang auf Chris­

genlied. In: G. Kaiser/j.-D. Müller (Hg.): Höfische

tus. Untersuchungen und Text. jena 1924.

Literatur, Hofgesellschaft, höfische Lebensformen

Wynn, Marianne: Nicht-tristanische Liebe in Gott­

um 1200. Düsseldorf 1986, 277-300. (Wenzel

frieds Tristan. In: X. von ErtzdorfflM. Wynn (Hg.):

1986b). Wenzel, Horst: Öffentlichkeit und Heimlichkeit in Gottfrieds Tristan. In: ZfdPh 107 (1988),335-361. Wenzel, Horst: Hören und Sehen - Schrift und Bild.

Liebe - Ehe - Ehebruch in der Literatur des Mittel­ alters. Gießen 1984,56-70. Wynn, Marianne: Gottfried's Heroine. In: A. Ste­ vens/R. Wisbey (Hg.): Gottfried von Strassburg

Literaturverzeichnis

and the Medieval Tristan

Legend. Cambridge

IV. Der Tristan im Medienverbund

(Auswahl, chronologisch)

1990,127-141. Wyss, Ulrich: Tristan und die "Nachtigallen". In: Chr. HuberN. Millet (Hg.): Der

Tristan Gottfrieds

von Straßburg. Tübingen 2002,327-338. 'Wyss, Ulrich: Minnesang im Roman. In: Der Tod der Nachtigall. Liebe als Selbstreflexivität von Kunst. Hgg. M. Baisch u. B. Trinca. Göttingen

2009,139-150. Zak, Nancy: The Portrayal of the Heroine in Chretien

Erec et Enide, Gottfried von Strassburg's Tristan an Flamenca. Göppingen 1983.

de Troye's

Kieseritzky, Ingomar von/Bellingkrodt, Karin: Tristan und Isolde im Wald von Morois oder Der zerstreu­ te Diskurs. Graz 1987 [Hörspiel]. Röhn, Isolde: Tristan Blue und Isolde Puss. Hamburg

2 1987. 1990.

Tristan und Isolde - Eine Liebe für die Ewigkeit. DII. (it. Titel:

Tristano e Isotta). Regie: Fabrizio Costa.

Kinowelt Film Entertainment 1998. Als DVD:

2008.

'Zettl, Evamaria: "In dirre wilden cluse": Gottfrieds

Gottfried von Straßburg: Die Geschichte der Liebe

von Strassburg Minnegrotten-Episode und die Ere­

von Tristan und Isolde. In der Übertragung von

mitenlegende. In: Archiv 159,2007,241-259. Zotz, Nicola: Programmatische Vieldeutigkeit und

Dieter Kühn. [Audiobook, CDl. Ostfildern 2008. Wagner, Richard/Stern, Loretta: Tristan und Isolde -

verschlüsselte Eindeutigkeit. Das Liebesbekennt­

erzählt als Hörspiel mit berühmten Melodien und

nis bei Thomas und Gottfried von Straßburg (mit

Arien. [Audiobook, CDl. Kirchheim 2008.

einer neuen Übersetzung des Carlisle-Fragments). In: GRM 50,2000,1-19. 'Zotz, Nicola: Vaterverlust oder Vatergewinn? Rual zwischen Riwalin und Marke. In: Das Abenteuer der Genealogie. Hg. J. Keller. Göttingen 2006,

87-103. Zutt, Herta:

Bemerken und betrahten. Ein Stilele­

ment Gottfrieds von Straßbug und seine Funktio­

Ist mir getroumet mfn leben? FS K.-E. Geith. Göppingen 1998,

nen. In: A. Schnyder (u.a., Hg.):

175-189.

Gottfried von Straßburg: Tristan und Isolde. Gel. von Rolf Boysen. Bearb. und Regie: Laura Olivi. 6 CDs. Hamburg 2010. (Gekürzte Lesefassung der Übers. von Dieter Kühn). Der Tristan des Gottfried von Straßburg. Gelesen und kommentiert von Peter Wapnewski Hörbuch-Downloadl. Hamburg 201 O.

[Hörbuchl

135

Register Register zur

Foucault, Michel 24

Knecht, Peter 89

Forschungsliteratur

Freud, Sigmund 23

Koch, Elke 23

Fritsch-Rößler, Waltraud 15,20

Kramer, Günter 17

Altpeter-Jones, Katja 23

Fromm, Hans 14

von Kraus, Carl 17,44,46

Assunto, Rosario 21

Fuhrmann, Manfred 25

von Kremer, Rosa 16

Badstüber, Hubert 19

Ganz, Peter F. 17

Baisch, Martin 25,80

Genette, Gerard 24

Kucaba, Kelley 95

Krohn, Rüdiger 17,23,66,89,

92,96

Batts, Michael 14,17

Gentry, Francis G. 17

Kühn, Dieter 17,117

Bechstein, Reinhold 16,17,66

Gichtei, Paul 17

Kurtz, Hermann 16,17,20,116

Becker, Anja 23

Golther, Wolfgang 16,66

Bein, Thomas 118

Glunz, Hans H. 21

Bindschedler, Maria 14

Gottzmann, Carola L. 23,80

Lachmann, Karl 15,20

Bleumer, Hartmut 23

Gravigny, Louis 17

Langmeier, Beatrice Margaretha

Lacan, Jacques 23

15

Bodmer, Johann Jacob 15

Grimm, Jacob 20

de Boor, Helmut 17,20

von Groote, Eberhard 16

Lindemann, Dorothee 118

Brackert, Helmut 17

Grosse, Siegfried 116

Link, Jürgen 24

Bräuer, Rolf 23

Grubmüller, Klaus 80

Lobedanz, Emil 19

Haferland, Harald 25

Maier-Eroms, Verena Eleonore 24

von der Hagen, Friedrich

Marani, Tommaso 25

Breitinger, Johann Jacob 15 Brinker (Brinker-von der Heyde), Claudia 17,48,49 Brüggen, Elke 114

Heinrich 16

Brunner, Horst 69

Halbach, Kurt Herbert 25

Buschinger, Danielle 17,23

Hall, Clifton D. 21

Marold, Karl 16,17,18,32,35 Maßmann (auch Massmann), Hans Ferdinand 16

Hatto, Arthur Thomas 17

Meyer, Matthias 24,66

Casson-Szabad, Christine 24

Haug, Walter 23,24

Mockenhaupt, Benedikt 20

Chinca, Mark 15,80

Haupt, Moriz 16

Mohr, Wolfgang 17,

Christ, Winfried 21,80

Hermann, Henning 23

Montag, Ulrich 17

Clason, Christopher R. 24

Hertz, Wilhelm 16,20

Mosselman, Frederik 21

Classen, Albrecht 24,25

Hoffa, Wilhelm 21

Müller, Günther 20

Cramer, Thomas 17,115

Hohenberg Thompson, Juliet 23

Müller, Jan-Dirk 77

Huber, Christoph 14,15,18,25, Dalby, David 21

26,35,46,47

Müller, Ulrich 64 Müller-Kleimann, Sigrid 77

Hübner, Gert 80

Myller, Christoph Heinrich 15

Iser, Wolfgang 25

Nolte, Theodor 110

Dietz, Reiner 14,80

Jackson, Timothy R. 25

Okken, Lambertus 22

Draesner, Ulrike 24

Jäger, Siegfried 24

Dallapiazza, Michael 24,25 van Dam, Jan 14,80 Diem, Albrecht 24 Dietl, Carola 112,115

Eco, Umberto 21

Jauß, Hans Robert 25

Pannier, Karl 16,20

Junk, Victor 16

Peschel-Rentsch, Gerd-Dietmar

Kaindl, Raimund Friedrich 19

Pfaffenberger, Wolfgang 20

24

Ehrismann, Gustav 15,20 Eming, Jutta 24 Ernst, Ulrich 23

Kaminski, Nicola 24

Pfeiffer, Franz 49

von Ertzdorff, Xenja 17,24,89

Keferstein, Georg 21

Picozzi, Rosemary 14,15

Kellner, Beate 24

Preisendanz, Wolfgang 25

Feistner, Edith 23

Kiening, Christian 25

Preuss, Richard 19

Firchow, Evelyn Scherabon 17

Klein, Klaus 16,34,37

Putmans, Jean L. C. 17

Register Rabine,Leslie W. 24

Weber,Gottfried 15,17,19,20

Ranke, Friedrich 16,17,21,32,

Wenzel,Horst 23

35,37

Wetzei, Rene 15,37

Raudszus,Gabriele 24

Wharton, Janet 24

Rautenberg, Ursula 116

Witthöft, Christiane 25

Rehm,Walther 20

Wolf,Alois 15

Reinnagel, Edith G. 15

Wolff,Ludwig 16,48,49

Reichertshausen Eilhart von Oberg(e), Tristrant 11, 21,37,63,66,87,111,112, 113,114,115

Engelhards. Konrad von Würzburg

Eneits. Heinrich von Veldeke

Ridder, Klaus 25 Rothe,Paul 19

Ehrenbriefs. Püterich von

Ziegeler,Hans-Joachim 114

Enite 99

Erecs. Hartmann von Aue,

Röttiger,Wilhelm 14,20

s. Chretien de Troyes Sappler,Paul 21

Autoren, Werke,

Sassenhausen, Ruth 23

Gattungen, Namen

Erec (Person) 107,108 Die Erlösung 115 Etzel (Atti ja) 112

Scharchuch, Heinz 76 Schausten, Monika 23,24

Abaelard(us),Petrus 79

Eulenspiegel 74

Schirok,Bernd 74

Albrecht Uüngerer Titure� 110

Eustachius s. Rudolf von Ems

Schlegel,August Wilhelm 116

Alexanders. Rudolf von Ems

Eva, Eva-Typologie 72

Schneegans,Ludwig 116

Amicus und Amelius 98

Evangelienharmonie s. Otfried

Schneider, Damaris 15

ApolIon 13

Schneider-Lastin,Wolfram 21

Artus 13,84,100,107,111,112,

Schnell, Rüdiger 73,80 Schröder,Werner 16,17 Schultz,James A. 23,24 Schulz,Arnim 24

113 Artussage,-epik,-roman 11,88, 90,100,107 Aurora 13

Schupp,Volker 110 Schwander,Annemarie 21 Schwietering,Julius 20

von Weißenburg Feyerabend,Siegmund 115 Fleck, Konrad (Cliges) 111 Floraete 55,75,93 Frauenlob (Heinrich von Meißen) 30,31 Freidank (Bescheidenheit) 37,44

Barlaam und}osaphats. Rudolf von Ems

Friedrich von Sonnenburg 30,31 Füetrer, Ulrich 28,115

Das Fünfecks. Tantris (Pseud.)

Seitz, Dieter 23

Bellinkrodt, Karin 117

Simon, Ralf 24

Bernhard von Clairvaux 20

Simrock, Karl 16,20,40

Berol (Berol,Beroul) 21,63,87

Galfredus de Vino Salvo 30

Spiewok,Wolfgang 17

Bescheidenheits. Freidank

Gandin 58f., 69,70,72,90,92,

Steiner, Otto 19

Blanscheflur 55

Steinhoff, Hans Hugo 14,18,

Bligger von Steinach 28,93

22 Sterling-Hellenbrand,Alexandra 24 Stevens, Adrian 24 Thibault-Schäfer, Jacqueline 24

Boppe 31 Brant,Sebastian (Narrenschiff ) 53

Brazil s. Updike, John

113,116

von Stoffeln Gawein 98,107 Geliert, Christian Fürchtegott 106

de Bruyn,Günter 116,118

Genesis, altsächsische 7

Buch der Liebe 115

Geschichte des Fräuleins von

Tomasek,Tomas 15,16,22,23, 24,26,36,43,51,75,78,80,

93, 97f., 103

Gauriel von Muntabel s. Konrad

Sternheim s. La Roche,Sophie Cassandra s. Kassandra

von

Chretien de Troyes 11

Gilan 60,69,98

Traub,Gerhard 21

Cliges s. Fleck, Konrad

Ginover 100

Uttenreuter, Melanie 24

Dante Alighieri (La divina

Die goldene Schmiede s. Konrad commedia) 112 Valk, Melvin Ehrman 21 Vrablik, Vlastimil 23

Der Welt Lohn s. Konrad von Würzburg Dido 13,112

Wackernagel,Wilhelm 116 Waiden Adams, Robert Dana 14 Wapnewski,Peter 117 Warning, Rainer 77

Dieterich (Gottfrieds Auftraggeber?) 28,29,74

La divina commedia s. Dante Alighieri

Watterich,Johann Matthias 39

Drust 64

Weber,Alexander 24

Drvstans 64

von Würzburg Goethe, Johann Wolfgang von Ophigenie) 94

Gregorius s. Hartmann von Aue Grzimek, Martin (Tristan. Roman

um Treue, Liebe und Verrat) 118 Gurmun 55,56,57,70,93,100, 101

Der gute Gerhard s. Rudolf von Ems

137

138 Register Hadlaub, Johannes 30, 31 Hartmann von Aue (Erec, Iwein,

Karll. von Böhmen (

=

IV. von

Dtld.) 37

Der arme Heinrich, Gregorius)

Karl der Große 8, 13

11, 20, 28, 37, 41, 42, 43, 68,

Kassandra 13

69, 72, 76, 77, 84, 92, 93, 99,

Kieseritzky, Ingomar von 117

107 Heinrich von Freiberg (Tristan­ Fs.) 28, 37, 43, 86, 110, 111 ff.

Heinrich von Kempten s. Konrad von Würzburg Heinrich von Meißen s. Frauenlob Heinrich von Veldeke (Eneit,

Servatius) 28, 31, 43, 93

Nibelungenklage 112 Nibelungenlied 11 niederfränkisches TristanFragment 113

Klage s. Nibelungenklage

Olivier 98

Kleopatra 112

Orpheus 13

König Rother 11 Konrad, Pfaffe (Rolandslied) 105 Konrad von Stoffeln (Gauriel von Muntabe� 27

Otfried von Weißenburg 7, 73

Konrad von Winterstetten 29,

Paranis 57

110 Konrad von Würzburg

Ovid (Publius Ovidius Naso) 31, 46

Paris (- und Helena) 112

Partonopier s. Konrad von

Helena 88, 112

(Engelhard, Der Welt Lohn, Die goldene Schmied, Heinrich von Kempten, Herzmaere, Partonopier) 23, 25, 27, 30,

Parzival (Figur) 107

Heliand, altsächsischer 7 Helmbrechts. Wernher der

31, 34, 41, 42, 43, 79, 10�

Pastorelle 38

110, 112, 113, 115

Petitcreiu (Hund) 13, 60, 61, 89,

Heinrich von Veringen 33 Heldenepik 11 Heldenlieder 9

Gartenaere

Krahl, Friedrike 118

Würzburg

Parzival s. Wolfram von Eschenbach

93, 98

Hersant 113

Kreuzzug, Kreuzzugslyrik 39, 42

Herzmaere s. Konrad von

Kudrun 110

Platen, August Graf von 116

Kurvenai 56, 57, 60, 61, 69, 93,

Prosa- Tristrant, dt. 114, 115

Würzburg

Herzog Ernst 11, 107

95, 98

Püterich von Reichertshausen, Jacob (Ehrenbrief ) 28, 115

Hesse, Hesso (Straßburger Stadtkanzlist) 29

Phyllis von Thrakien 13

Lancelot 107

Hildebrandslied 8

La Roche, Sophie von 106

Rajo, Raja 64

Hiudan (Hund) 61 Hymnik, mlat. 48, 49

Leben der schwedischen Gräfin von G*** s. Geliert, Christian

Rei(n)mar von Zweter 45, 110

Immermann, Karl 116

Lehrgespräch 51

Innozenz 111. 33

Leich 40, 43

Iphigenie auf Tauris s. Goethe,

Liebeslyrik 10, 38

Rennewarts. Ulrich von Türheim

Fürchtegott

Reinhart Fuchs 113 (Reinmar) von Hagenau 28, 93 Rei(n)munt von Liuchtenburg! Lichtenberg 37, 111

Lucidarius 50

Riwalin 55, 103, 104,

Isabel 64

Ludwig, Emil 116

Robert, Bruder (Tristrams saga)

Isengrin (Wolf) 113

Ludwigslied 7

Johann Wolfgang von

jungen Isolde) 55-57, 60, 88,

Marcus 64

93, 99, 100f.

Marjodo 59, 67, 69, 74, 87, 91,

Isolde Weißhand 62f., 69, 86, 90, 113

Iwein (Yvain) s. Hartmann von Aue, s. Chretien de Troyes Iwein (Person) 98, 107

94, 96, 98, 103, 104 Marner, Der 45

lehre) 115 Johann von Würzburg (Wilhelm

von Österreich) 28, 115 Johannes von Tepl 73

jüngerer Titurel s. Albrecht

Kaiser, Georg 116

Rolandslied, deutsches s. Konrad, Pfaffe Romanzen 116

Maximilan I. 115

Romeo und julia (Shakespeare)

Melot 59, 67, 69, 87, 93, 96,

64

Rother s. König Rother

Merker, Maximilian (Tristan­

Rual 55, 75, 93, 98, 104

a cocktail named love) 117 Minnelehre s. Johann von

Rudolf von Ems (Alexander,

Konstanz Morgan 55, 91, 92, 97, 100, 104

Moriz von CraOn 110 Morold 55, 57, 69, 70, 91, 92,

Kaedin 62f., 69, 93, 98, 105

Isolde Puss) 118 Roland 98

Matthäus de Vend6me 13, 30

104, 106 Johann von Konstanz (Minne­

65 Röhn, Gisela (Tristan Blue und

Isolde, irische Königin (Mutter der

Barlaam und josaphat, Eustachius, Der gute Gerhard, Willehalm von Orlens) 16, 27-34, 43-45, 73, 113 Rumslant 30, 31

96f., 100, 103 Mosen, Julius 116

Sachs, Hans 115

Register

Sächsische Weltchronik 37 Sangspruch,einzelne

Tristrants. Eilhart von Oberg(e), s. Prosa- Tristrant

Sangsprüche 23,27,30,33, 34,40,42,43-45 Schäfer,Pierre (Tristan und Isolde.

Servatius s. Heinrich von Veldeke Shahane,Vasant A. 64 Sigeher 30,31

und Isolde, Isolde, Isolde) Wagner,Richard 64,116,117, 118 Walther von der Vogel weide 28, 43,93

Weißkunig 115

Tristan & Veronika [...]) 117 Sir Tristrem s. Thomas (of

Wenzel I!. von Böhmen 37

Erceldoune?)

Tagelied 38 Tannhäuser 43 Tantris,Pseud. Tristans 56,57, 74,76,100 Tantris,Verf.-Pseud. (Das

Fünfeck) 116 Teschler,Heinrich 30,31 Thisbe 13 Thoas 94 Thomas de Bretagne (d' Angleterre) 16,19,21,63, 65,87,99,113 Thomas (of Erceldoune?: Sir

Tristrem) 66

Tristan als Mönch 37,94,111, 112f.

von Würzburg

Willehalm s. Wolfram von Eschenbach

Willehalm von Orlens s. Rudolf von Ems

Winsbeke, Winsbekin 51 Wirnt von Grafenberg (Wigalois) 112,115 WIt, Bruder (Fig. aus Tristan als

Mönch) 113

40f.,42-47,62,65,67,70,71, 73,75-79,81,82,102,109, 110,114,115 (s. auch Erzähler vs. Autor) Autorbilder (in Hss.) 28,31 Avalon,Feenreich 13

avaritia (Todsünde) 52

Barmherzigkeit, geist!. und weltliche Werke der - 52 Barone 94,96,103-106,108

Orts-, Motiv- und Sachregister

Basel 29 Bayern,als Literaturraum 37

abbreviatio (poet.-rhet. Verfahren) 30 Abecedarium 73 Abgesang 45,48,52

accedia (Todsünde) 53 73-75,78

benevolens s. Prologfunktionen Beobachtung 67f.,74,91,104, 107 Bescheidenheits- (humilitas-) Topos 35,47,80,82 beschreibende Topoi 72 Bett, Bettgespräche 59,69,91, 95 (s. auch Kristallbett) Bi Iddarstellungen (Tristan-Stoff)

71,78,97,112 (s. auch

22,24,75,111,114�.auch

Minne grottenallegorie)

Fresken,Wienhausen)

Almanje 61 alten (mhd.,Verb) 50 amplificatio (poet.-rhet. Verfahren) 30,70 Anapher 48 Angst 55,58,59,68,86,91,106

Tristan Blue und Isolde Puss

Antike 8,10,11-13,21,31,52,

Tristan en prose 114 Tristrams saga s. Robert

21,25,27-31,34-37,38f.,

,Babyion' 39,46

,Ur- Tristan' 19 s. Röhn,Gisela

Autor,Autorschaft 8,9,12f.,19,

(Parzival, Willehalm, Lyrik) 20,

Allegorie und Allegorese 21,61,

Updike,John (Brazm 64

9,13,28,29,31,32,37,74, 77,110,111,113,114

28,36,37,43,77,93,111

Tugendhafte Schreiber,Der 31

Urgan 60,92

Auftraggeber,Auftragsdichtung

Wolfram von Eschenbach

Akroteleuton 73

Ulrich von Winterstetten 29

109,111

Auftaktfreiheit 79

Tristram, alttschechischer 113,114 Tristrams saga s. Robert, Bruder

Rennewart)

24,25,47,76f.,80,92,93,98,

Aufgesang 45

Akrostichon 19,22,27,28,

Ulrich von Türheim (Tristan-Fs.,

Ästhetisierung 7,8,10,12,21,

(Helmbrecht) 110,115 Wigalois s. Wirnt von Grafenber g Wilhelm von Österreich s. Johann

Tristao 64

Ulrich von Liechtenstein

Ästheti k,ästhetisch,

Wernher der Gartenaere

Tristan (Zwerg) 69

Martin

Artusstoff 11 Arundel 62,69,104

attentus s. Prologfunktionen

(Der welsche Gast) 89

Tristan. Roman um Treue, Liebe und Verrats. Grzimek,

ars, artes 12,30f.,92

Wenzel IV. von Böhmen 37

Thomasin von Zirclaria/Zerclaere Treitzsaurwein,Marx 115

Armutsbewe gung,-theologie 51 Artushof 13,107,111,112,113

Silberbauer,Norbert (Franz;

Storm,Theodor 116

Apostel 51 Apostrophen 47,48,84

Volksbühne Berlin (Auff. Tristan

Ein Spiel [...]) 117 Schumann,Robert 116

Antitypus s. Präfiguration

Bildung, Bildungseinrichtungen, Bildungsinhalte 10,12,29f., 30f.,56,67,77,88-90,115, 118 (s. auch septem artes

liberales) Blankoversprechen,Gratisversprechen 58,60,70,93,98

61,67,76,83,98 (s.auch

Böhmen,als Literaturraum 37

Bildung,Mythologie)

Brabant 45

Antithesen 67,78,83,94

Bretagne 11,13,64

139

140 Register brevitas-Topos 75 Buchreligionen 9 Bürgerlichkeit,bürgerliche Literatur 23,33,106 Burleske,Burleskes 113

Emotion, Emotional ität, Emotionsanalyse 23,32,52, 69,89,94,95,97-101,103 Empathie 97 Episodengedichte 63,113 Epitheton 30,39,42,48,49,62,

Caerleon 59 Carlisle-Fragment 21,65 f. causa scribendi (Topos) 81 Charakter 41, 87f., 89,91 f.,94, 95, 96f., 99,108 Chartres,Kathedralschule 31 chevalier 11 (s. auch Ritter) Chiasmus 74,84 claritas 77 consilium 101,105,108 (s. auch Hofrat) conversio 41,112 cultural studies s. Kulturwissen­ schaft

94 Erlebnislyrik 38 Erzähler vs. Autor, Erzählerrede, -bericht,-perspektive 29,38, 41 f.,52,57,60,61,65,66,70, 71 f.,75,7�82,83-8�8� 90-97,98,99,100,104,106,

degen s. Heldentermini

Detailrealismus 102 Deutsche Klassiker des Mittelalters (Reihe) 17 Develin 56 Dialekte, Dialektreinheit 12,28, 36,37,40,42,79 Dialektik,im Rahmen der septem artes 12 digressio (poet.-rhet. Verfahren) 70 dilatatio (poet.-rhet. Verfahren) 30 Diskurs, Diskursanalyse 24,25, 72,87,97,101,102,109 docere 99 docilis s. Prologfunktionen don 40,45 Doppelformeln (Wortpaare) 78 Drache 56f.,64,69,70,74,92, 100 Dreireim 48 Dualismus 52

Eber 59 Edition, Editionstechniken, Editionsgeschichte 15-20, 35 f.,48,77,109,116 (s. auch Textkritik) Ehre, Pre 54,60,61,102 Eid s. Schwur Einfühlungsvermögen s. Empathie Eisenprobe s. Gottesurtei I Elsass 36

111 Erzähltheorie 24,38,42,66 Erziehung 55,89-91,99 (s. auch Bildung) ,Estoire-Stufe' 63 Eucharistie 23,84 Exkurs, Exkurse 12,61,70-73, 75,76,80 (s. auch huote­ Exkurs, Literaturexkurs,Minne­ Exkurs) Exordialtopik 81 Fee 13,60 feministische Literaturtheorie 24 feudale Anarchie 97 Figur (rhetorische) 78,111 Figuraldeutung s. Präfiguration La fossiure a la gent amant 28, 61 Franziskaner 39,51 französische Hofkultur,12./ 13. Jh. 10f. ,freie Künste' s. septem artes liberales

Fremdsprachen 55,56,89,90, 92,115 Fresken s. Rhäzüns,s. Runkelstein Freundschaft 96,98 Friedenskuss s. Kuss frühmhd. Geistlichenliteratur 8 Funktiolekt 12 Gattungskonventionen, -differenzen 42,47,116 geblümter Stil 38,77 gebundene Rede 8,10,38,39 Gender,-forschung 23 Genealogie 9,66 Geniebegriff 12 genre subjectif vs. genre objectif

38,46 Gerichtstag 57

Gewalt,-tätigkeit 58,91,97,101 Glück und Unglück 16,28,33, 44,45,49,57,60,62,75,86, 89,96,110,111 Gottesurteil 22, 32f., 59f., 64, 67,86,89-91,95,103,106, 112 gouch 50,53,98 Gradualismus 20 Grals-Stoff 11 Grammatik,im Rahmen der septem artes 12 Gratisversprechen s. Blanko­ versprechen Großbritannien (,große Bretagne') 64 gula (Todsünde) 52 guot knehts. Heldentermini haben/han (mhd.) 50

Handschriften Tristan-Hss.

B 16,17,96,114 E 35,37 F 15,16,35,37 g 111 H 16,17,37,110 M 16,17,29,35,66,114 N 16,37,96 o 16,35,37,111 P 111,114 R 16,111,114 �S* 15,34,111,114,116 W 16,17 zlzl 37 Minnesang-Sammelhss. A (Kleine Heidelberger Liederhs.) 28,33,36,46 B (Stuttgart-Weingartner Liederhs.) 34,36 C (Manessische, Große Heidelberger Liederhs.) 15,16,1�2�30,31, 33 f�3�43,4�46f.,48 sonstige Auchinleck Manuscript 66 Herzmaere-Hss. (Konrad von Würzburg) A und W 34 St. Georgener Hs. LB Karlsruhe Cod. Perg. Germ. XXXVIII (Marienlob-Hs. K) 34 (s. auch Carlisle-Fragment, Oxforder Fragment) Harfe 56,58f., 98

Register 141 ,heilige Sprachen' (Lat.,Griech., Hebr.) vs. Volkssprachen 8 Heldentermini 11 Helikon ( Musensitz) 13 Hennegau 45 Hermeneutik , Mittelalter 67,75, 78 Herrscherlobdichtung 9 (s. auch Panegyrik) Hierarchisierung (am Hof) 101, 103f.,105,107 Hirsch 61,92 Hochzeitsnacht 57,58,64,65, 93 Hof 101-108 (s. auch Zentral hof) höfische Dichtersprache 12 Hofkritik 21,102,108 Höfling 108 Hofrat 56,59,61 (s. auch consilium)

Kanzonenstrophe s. Stollen­ strophe Karies lot 13

Kaufmann, Kaufleute 23,32,33, 55,56f. Ketzerprozess (Straßburg 1211/ 12) 33 Klöster 9,10,32,65, 85,90,93 Kommunikation 11,12,24f.,74, 78,79,106,107,109,112 ,Königsrecht' 58

luxuria (Todsünde) 52

lyrisches Ich 38,39,47 Magie 56,66,88,89,100 Manessische Hs. s. Handschriften Manierismus 17,73,116 Maria, Marienverehrung, Marienhymnik 39,47f.,52, 67

106f.,108 Konkurrenz ,literarische 9,30, 42,81,82 Konstanz ,als Literaturraum 36 ,Konstanzer Schule' 25 Konzilien (histor. und literar.) 33,

Identität ,Identitäten 23,32,57,

Topos) 46,61,72 Lunders 59

Konkurrenz (am Hof) 95f.,103,

hOher muot 11

(Frauenexkurs) 61,71,72f.,85

29 locus amoenus (beschreib.

Konkordanz (zum Tristan) 21

Konversation 92

huote, huote-Exkurs

Literatursoziologie 9,23,24f.,

Kommentare 33,60,68,71,73,

,hohe Minne' 31,42,46,47 Holm Cultram, Kloster 65

Literaturpsychologie 23,25

59,106,108 Kosmologie,christi iche, Mittelalter 69

matiere de Bretagne 11,13

Matrilinearität 100, maze 11,50

Mediengeschichte , Medientheorie 7-9,11,12,22,24, 25,64,73,110,114,117 Medizin 62,100 meister 27,28,30,31f.,44,55,

61 Melancholie 91

Kreuzreim 52

memoria 84

Kreuzzug, Kreuzzugslyrik 39,42

Mesostichon 73

Kristallbett 71

Metapher 78,84,106

i//itterati 9

Kryptogramme 73,75

milte 93

Illustrationen ( Tristan-Stoff,

Kultur - Natur 61

Minneexkurs

69,74,88,89,100

Tristan-Hss.) 22,114 imitatio Christi 51

Index (zum Tristan) 21

Kulturgeschichte 21 Kulturwissenschaft 17,18,21, 24f.

( ,Minnebußpredigt') 71,72, 73,75 Minnegrotte 13,21,22,28,29,

Individualität 88

kunst, mhd. 12

30,60f.,66,68,71,86,89,

Inspiration,göttliche 13f.

Künstler,als Typus 30,82,92,

106f.,112 (s. auch La fossiure a

Intellektualität 23,32,90,98 interpretatio (poet.-rhet.

Verfahren) 70f.

97,98

,Minneheilige' 87

Kythäron, Musensitz 13

Minneklage 46 Minne,religion' 68

Intertextualität 8,109 Intrige 87,102f.,106

Laterankonzi I, IV. ( 1215) 33

inventio 13,42,65

laudatio temporis acti (Topos) 82

invidia (Todsünde) 53

Leid,leiden 49,50,52,67,68,

ira (Todsünde) 53

75,78,83-86,89,91,94,96,

Ironie 70,78,92

99,108

iudicium ferri s. Gottesurtei I

Lesepublikum vs. Hörpublikum 81

Jagd,Jagdhund 21,55,58,60, 61,69,92,103,115 Jungfräulichkeit 67,95 Kadenzen ( Metrik) 45,48,79 Kairo 39 Kalkül 62,91,101,103,104, 107,108 Kanzleien 10,29

la gent amant, Waldleben)

Kuss 57,63,101

Liebes,theologie' 84

Minnesang-Sammelhandschriften s. Handschriften Des Minnesangs Frühling

(Ausgabe) 44 Minnetrank 39,57f.,65,66,67, 71,74,93,99,116 Mönch (Figur), Mönche (Stand) 9,37,63,94,111,112-113

Liebestod 23,68,117

moniage 106

Liedertheorie vs. Ur- Tristan 19

moraliteit 89f.

List ,list 58,59,60,67,69,82,

Morgengabe 57

89,90 Literaturexkurs 12,13,22,28, 30,71f.,77,93 Literaturgeschichten 15,18,20, 110

Motivdopplungen 69 mündliche Literatur 8,9,11 muot 50,71,97 (s. auch hOher muot)

Musen 13

142 Register Musik 22,40,55,69,89,92, Musikinstrumente 69 (s. auch

72,89,103,104,106 Prolog (Tristan) 13,22,23,28,

Harfe, Rotte) Mutterbruder s. Oheim

Rose 49,112 Rotte (Saiteninstrument) 58,59, 92,97 Runkelstein-Fresken 112,114

30,34,35,63,65,68f,73-75,

Mystik 20,83

81-87,94f.

Mythologie 13 Namendopplungen 69

Sachsen,als Literaturraum 37

Prologfunktionen 65,81

Schach 55,92

prologus ante rem, - praeter rem

Schriftsinn (verborgener, mehrfacher) 75

81

Narr 50,53,63,98 (s. auch

gouch, torfe})

Prosa, Prosa-Bearbeitungen 10,

Natur 46,61,75

locus

Psychologisierung (durch

Niederdeutschland,als

Autoren) 32,33,87,94,96,

Schwertleite 71,92,94 Schwur, Eid 60,70,74,80,89f. Seeräuber 56

Quellenkritik,-diskussion 8,19, 30,63,65,81,84f.

Nominalstil 12

Rationalität, Rationalisierung 33,

Öffentlichkeit s. Privatheitl Heimlichkeit

Selbstreflexion 90

turn 23-25,

75 Sentenz 45,46,78f.,90

53,100 Realismus vs. Nominalismus 79

obscuritas 38,77

Segel 62f. Semiotik, semiotic

Literaturraum 36 Nominalismus s. Realismus

Schweifreim 44,48

108,113

amoenus) Neologismen 77,78,82

Schulrhetorik 13 Schwalben haar-Motiv 85

37,38,114,115

Narratologie s. Erzähltheorie Natureingang 46 (s. auch

PrivatheitiHeimlichkeit vs. Öffentlichkeit 23,59,61,68,

115

Recht 57,62,70,87,94,95,

septem artes liberales 12,30, 31

96f.-98,100,101,102,104,

Sirenen 13

105

Spielmann, Spielleute 32,56,57,

Oheim 55,58,70,103

refutatio (rhet. Figur) 83

Ordal s. Gottesurteil

Regionalisierung von Literatur,

60,63,88,97

spiezen, spizzen (mhd. Verb) 51

Ornatus 30,76,77

Regionalität 12,29,34,

Spontaneität 89,91,98

Ö sterreich,als Literaturraum 36

36f.

Sprache,Sprachreflexion 8,12,

Ostfranken,als Literaturraum 37

Register (i. S. v. Funktiolekt) 12

Oxforder Fragment 65

Reim, Reimtechnik 10,12,21,

Oxymoron 78

40,42,44,46,48,52,76f.,78,

39,72,76-79,98 Stadt, städtische Literatur 23,29, 32f.

79,84,112 (s. auch

staete 11

Panegyrik 7

umarmender -,Schweifreim,

Stoffgeschichte 19,109

Paradigmen,-wechsel 7,14,

Dreireim, Vierreim)

Stollenstrophe 45,46,48,52

Reimbrechung 80

Strukturalismus 24

Parmenie 55,104,107

Reintegration (in den Hof) 107

Sünde, Sündenlehre 49,52f.,72,

Passivkonstruktionen 12

Reliquie 60

Personalisierung 88

Repräsentation 7,9f.,29,39,72,

22-25,80,109

Personifikation (Tropus) 12,46, 78 Pilger 56,59f. Planung (Langzeitplanung,

89 (s. auch Todsünde) Sünderheilige 87

superbia (Todsünde) 52,97

101-103,105 Residenzen 10,56,57

,süß' 49,50

Rezeption, Rezeptionsästhetik,

Swales 60

-geschichte,-theorie 11-13,

Symbolstruktur 68

Vorausplanung) 33,56,58,

21-25,28,30-32,34,36f.,42,

59-61,69,75,89-91,97,99f.,

47f.,52,66,73,74,76,81,84,

Tafelrunde 11,13

105,107

109-118

Telestichon 73

Poetik, volkssprachliche 12

Rhäzüns-Fresken 114

Poetiken,12./13. Jh. 12f.,30f.,

Rhetorik, Rhetoriken 8,12f.,

42,77 (s. auch Galfredus de

19f.,22,30,35,38,42,65,70,

Vino Salvo,Matthäus de

72f.,76-79,81,111 (s. auch

Vendöme)

Ornatus, Schulrhetorik)

Polygenese (von Motiven) 19, 64 Präfiguration 66f.,99

praesumptio 89 Prag,Hof 112

Riesen 60,61,92,96 Ritter 11,55,70,92,94,107, 108,112 (s. auch

chevalier)

Rollen-Ich, Rollendichtung, Rollenlyrik 29,38,41

terminus ante quem, - post quem 27,28 Textkritik 17,19,25 (s. auch Edition) Thamise 59,95,106 ,Theater Handgemenge' 117 Thüringen, als Literaturraum 37 Todsünden 52,53 (s. auch

accedia, avaritia, gula, invidia, ira, luxuria, superbia)

Register 143 Topik, Topoi 12,28,46,47,71, 72,73,75,79-83(s. auch Exordialtopik,beschreibende Topoi) tor[el (mhd.) 53 Traum 56,96 Tributpflicht s. Zinspflicht Tristania(Band) 64 Tristania(Zeitschrift) 14 ,Tristanliebe' 87 triuwe, ,Treue' 11,62,70,73, 98,111,118 Trivium 12,30,31,110 Tropus, Tropen 38,77,78, 111 Truchsess 56f., 59,69,96,100f., 105 tu-Formel 48 Tugend,-lehre,theologische Tugenden, Kardinaltugenden 11,2�41,52f,72,7�82 Turnier 92 Typen, Typisierung 11,46,67, 8�8�91,93,95-101,113 Typologie, Typus s. Präfiguration

Übersetzungen (Tristan) 15-18, 2�35,8�9�116f umarmender Reim 48,74 Universalien,-problem, universale ante rem 79 Varietät,situative 12 Verkleidung 32,59 vers libre 38 Versöhnungskuss s. Kuss Verwandtschaft 57,100,103, 105 Vierreim,Vierreimstrophen 74-76,79,84,111 Volkssprachen,volkssprachlich 8,9,12,27,76,79 vrouwe 39,70 vuoge 61 Waldleben 66,68,92,102, 1 06f. (s. auch Minnegrotte) walsch, welsch 65 Wappen 31,59 Wappentier 59 Weinrebe,-stock 112

Weisefort 56 wellen(mhd.,,wollen') 46,50 Weltgeistliche 9 Wienhausen, Kloster (Wienhäuser Tristan- Teppich) 114 wfgants. Heldentermini Wirkungsgeschichte 109 Wortbi Idungsmaterial,frz. 10 Wortpaare s. Doppelformeln Wortschatzuntersuchungen 19, 21,77 Zäsur(Metrik) 48 Zauberei s. Magie Zaubersprüche 8 Zeitklage( Topos) 73,82 Zentralhof 10,12, Zeugen 61,95 Zinspflicht 97 Zufall 61,103,108,116,117 Zunge(Brangaene, Hund, Drache) 56,57,58,69,74 Zürich 29,36 Zwerge(Melot, Tristan) 59,69