Ein Marktprozeßansatz in der Analyse des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG) - insbesondere bei Publikums-Immobilienfonds [1 ed.] 9783428498468, 9783428098460

Das KAGG enthält als Spezialgesetz für Anlageintermediäre umfangreiche Rechnungslegungsvorschriften. Diese sollen einen

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Ein Marktprozeßansatz in der Analyse des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG) - insbesondere bei Publikums-Immobilienfonds [1 ed.]
 9783428498468, 9783428098460

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ALEXANDER OLDENBURG

Ein Marktprozeßansatz in der Analyse des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG) insbesondere bei Publikums-Immobilienfonds

Schriften zur wirtschafts wissenschaftlichen Analyse des Rechts herausgegeben von

Heinz Grossekettler, Münster· Bernhard Großfeld, Münster Klaus J. Hopt, Harnburg . Christi an Kirchner, Berlin Dieter Rückle, Trier· Reinhard H. Schrnidt, Frankfurt/Main

Band 42

Ein Marktprozeßansatz in der Analyse des Gesetzes über Kapitalan1agegesellschaften (KAGG) insbesondere bei PublikumsImmobilienfonds

Von Alexander Oldenburg

Duncker & Humblot . Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Oldenburg, Alexander: Ein Marktprozeßansatz in der Analyse des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG) - insbesondere bei Publikums-Immobilienfonds I von Alexander Oldenburg. Berlin : Duncker und Humblot, 1999 (Schriften zur wirtschaftswissenschaftlichen Analyse des Rechts; Bd. 42) Zug!.: Berlin, Techn. Univ., Diss., 1998 ISBN 3-428-09846-3

D83 Alle Rechte vorbehalten

© 1999 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Wemer Hildebrand, Berlin Prlnted in Germany ISSN 0935-5065 ISBN 3-428-09846-3 Gedruckt auf aIterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

e

Vorwort Die vorliegende Dissertation entstand während meiner Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl ftlr Betriebswirtschaftliehe Steuerlehre der Technischen Universität Berlin. Das gute Arbeitsklima an diesem Lehrstuhl war der eigenverantwortlichen Forschungstätigkeit stets ilirderlich. Hierfür möchte ich Herrn Prof. Dr. Bernd Aschfalk herzlich danken, der auch die Erstellung des Erstgutachtens übernommen hat. Für die Übernahme des Koreferats danke ich Herrn Prof. Dr. Axel Hunscha. Bei der Entstehung der Dissertation haben mir Prof. Dr. Helmuth Wilke, Dr. Dirk-Oliver Kaul, Dr. Ulrich Niehus, die Kollegen vom Lehrstuhl Prof. Sertling,Dipl.-Volksw. Andre Starkloffund insbesondere Dr. Anna und Emil Oldenburg fachlich und persönlich stets zur Seite gestanden. Herr Prof. Dr. Rückle, Trier, und Herr Prof. Dr. Dr. Kirchner, Berlin, haben auf meine Anfrage hin die Aufuahme der Arbeit in die vorliegende Schriftenreihe geprüft. Für die unkomplizierte Handhabung meines Anliegens möchte ich mich ausdrücklich bedanken. Während der methodische und der analytische Teil im Sommer 1997 abgeschlossen wurden, mußten die filr eine Aktualität wichtigen Rechts- und Literaturquellen im Verlaufe des Promotionsverfahrens stetig der Entwicklung angepaßt werden. Insbesondere das dritte FinanzmarktfOrderungsgesetz ist in der durch das Steuerentlastungsgesetz geänderten Fassung berücksichtigt. Berlin, im Juni 1999 Alexander Oldenburg

Inhaltsübersicht A. Problemstellungen und Gang der Untersuchung ............................................ 27 B. Methodischer Teil: Explikation eines Marktprozeßansatzes in der öko. nomischen Analyse des Rechts .......................................................................... 33 I.

Zielsetzungen und Untersuchungsgegenstände in ökonomischen Analysen des Rechts ................................................................................................ 33

11. Mögliche Leitbilder eines funktionsflihigen (Kapital-) Markts ...................... 36 III. Argumente für die Wahl eines Marktprozeßansatzes als Leitbild der ökonomischen Analyse des Rechts ................................................................ 46 IV. Zur Methodik einer marktprozeßorientierten Analyse und Beurteilung des Kapitalmarktrechts ................................................................................... 50 V. Ein Vergleich mit rechtswissenschaftlichen Aspekten eines funktionsflihigen Kapitalmarkts und Überlegungen zum Anlegerschutz ...................... 58 VI. Ergebnisse zur Untersuchungsmethodik ........................................................ 62 C. Analytischer Teil: Unternehmungsprozesse bei Investmentimmobilienfonds als Anlageintermediäre ............................................................................ 63

I.

Grundzüge der Markt- und Unternehmungsprozesse bei Anlagen in Investmentanteilen ............................................................................................ 63

11. Unternehmungsregeln zur planmäßigen Zahlungsverteilung ......................... 84 III. Unternehmungsregeln zur Unsicherheitsreduktion bei der Vertragsdurchführung ............................................................................................... 235 D. Ergebnisse und weiterführende Überlegungen .....•..•.....•.•.....•.........•...••.•...... 292 I.

Rechnungslegung aus einem Guß? .............................................................. 292

11. Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts und Ausgestaltung des KAGG ......... 297

Inhaltsübersicht

8

III. Würdigung des Untersuchungsansatzes in der ökonomischen Analyse des Rechts .................................................................................................... 308 E. Anhang .............................................................................................................. 313 I.

Glossar: Die wichtigsten Begriffsbestimmungen bei Schneider .................. 313

11. Rangfolgestabilität der Modellsteuer auf den kapitaltheoretischen Gewinn ............................................................................................................. 318 III. Zu C.II.3.d)(I)(d) ......................................................................................... 318 IV. Zu C.II.3.d)(2)(e) ......................................................................................... 324 V. Kopie einer Besteuerungsübersicht für "Immobilienfonds" ........................ 326 VI. Auszug aus den Allgemeinen und Besonderen Vertragsbedingungen des Bundesverbands deutscher Investmentfonds e.V ......................................... 327 Verzeichnis der Gerichtsentscheidungen, Verwaltungsanweisungen, Parlamentaria und sonstiger Quellen ................................................................... 335 Literaturverzeichnis .............................................................................................. 338 Sachverzeichnis ..................................................................................................... 356

Inhaltsverzeichnis A. Problemstellungen und Gang der Untersuchung ............................................ 27 B. Methodischer Teil: Explikation eines Marktprozeßansatzes in der ökonomischen Analyse des Rechts .......................................................................... 33 I.

Zielsetzungen und Untersuchungsgegenstände in ökonomischen Analysen des Rechts ................................................................................................ 33

H. Mögliche Leitbilder eines funktionsfllhigen (Kapital-) Markts ...................... 36 I. Neoklassik und Neoinstitutionalismus ..................................................... 39 2. "Marktprozeßdenken" .............................................................................. 43 III. Argumente für die Wahl eines Marktprozeßansatzes als Leitbild der ökonomischen Analyse des Rechts ................................................................ 46 IV. Zur Methodik einer marktprozeßorientierten Analyse und Beurteilung des Kapitalmarktrechts................................................................................... 50 I. Analysekriterien ....................................................................................... 50 a) Planungshandlungen und die Trennung von entscheidungslogischem und Informationsrisiko als Aspekte der Einkommensunsicherheit ............................................................................................ 50 b) Überindividuelle Sichtweise und "Verteilungsfolgen" ............... ....... 53 2. Gerechtigkeitskriterien und Verbesserung der Planbarkeit ...................... 54 V. Ein Vergleich mit rechtswissenschaftlichen Aspekten eines funktionsfllhigen Kapitalmarkts und Überlegungen zum Anlegerschutz ...................... 58 I. Rechtswissenschaftliche Argumentationsmuster ...................................... 58 2. Ein Würdigungsversuch aus Sicht des Marktprozeßansatzes ................... 60 VI. Ergebnisse zur Untersuchungsmethodik ........................................................ 62 C. Analytischer Teil: Unternehmungsprozesse bei Investmentimmobilienfonds als Anlageintermediäre ............................................................................ 63

10

Inhaltsverzeichnis I.

Grundzüge der Markt- und Unternehmungsprozesse bei Anlagen in Investmentanteilen ............................................................................................ 63 I. Zeitaspekt, Markt- und Unternehmungsstrukturen und -regeln als mögliche Gliederungsmerkmale von Kapitalanlagevorgängen ................ 63 2. Marktprozesse in der Anbahnungsphase .................................................. 65 a) Marktstrukturmerkmale von Publikumskapitalanlagen ...................... 65 b) Marktregeln bei Investmentfonds ....................................................... 68 3. Unternehmungs- und Marktprozesse in der Durchfiihrungsphase ............ 71 a) Unternehmungsstrukturen von Anlageintermediären ......................... 71 (I) Merkmale von Finanzierungsbeziehungen .................................. 71

(2) Merkmale bei kollektiver Vermögensverwaltung ........................ 73 b) Unternehmungsregeln bei Investmentfonds ....................................... 76 (1) Privatrechtliche Grundzüge ......................................................... 79 (2) Steuerrechtiiche Probleme der intermediativen Anlage ............... 82 c) Ergebnisse zum Fortgang der Analyse von Unternehmungsregeln in der Durchfiihrungsphase ........................................................ 83 II. Unternehmungsregeln zur planmäßigen Zahlungsverteilung ......................... 84 I. Aufuahme und Aufgabe von Anteilen ...................................................... 85

a) Ansätze zur Anteilbewertung ............................................................. 85 b) Referenzmodelle ................................................................................ 89 ( 1) Ein- und Austritt .......................................................................... 90 (a) Keine Änderung der internen Verzinsung durch Änderung des Kapitalbestands ....................................................... 91 (b) Interne Verzinsung reagiert auf Änderung des Kapitalbestands ................................................................................. 94 (2) Anteilerwerb und -veräußerung ............................................. ,..... 99 (3) Zwischenergebnis ...................................................................... 101 c) Indirekte Anteilbewertung bei Anlageintermediären, insbesondere Grundstücksunternehmungen ................................................... 103 (I) Doppelt indirekte Anteilbewertung ............................................ 103

(2) Modifikationsprinzipien fiir den Ertragswertkalkül ................... 109 (3) Das öffentlich-rechtliche Verfahren zur Grundstückswertschätzung ................................................................................... 111

Inhaltsverzeichnis

1\

(4) Ertragswertmodifizierungen in der WertV ................................. 116 (5 ) Zwischenergebnis .......... ............................................................ 119 d) Anteilpreis, Anteil- und Unternehmungswert bei Investmentfonds ................................................................................................ 121 e) Bewertung des Investmentvermögens .............................................. 122 f)

Aufnahme und Aufgabe von Anteilen an Investmentimmobilienfonds ................................................................................................ 126 (1) Gründung und planmäßige Abwicklung des Sondervermögens ............................................................................................ 126 (2) Anteilbewertung bei Ein- und Austritt ....................................... 128 (a) Einflußgrößen des Inventarwerts und Verbundeffekte ........ 128 (b) Anteilausgabe und -rücknahme ........................................... 132 (3) Überlegungen zur Anteilübertragung......................................... 138

g) Vergleich marktprozeßorientierter und neoinstitutionalistischer Analyseergebnisse ............................................................................ 140 2. AusschUttungsregelung .......................................................................... 146 a) Ausschüttungskonzeption als Ausformung der finanziellen Zielsetzungen ......................................................................................... 146 (I) Vermögensmaximierung der Unternehmung ............................. 147 (2) AusschUttungsmaximierung und Regeln rechnungsmäßiger Unternehmungserhaltung ........................................................... 148 (a) Bilanzrechtskonzeptionen .................................................... 149 (b) Ertragswerterhaltung ....... .................................................... 150 (3) Vermögensmaximierung der Anteilseigner ............................... 154 (4) Anpassung typisierter an subjektive finanzielle Präferenzen ..... 157 (5) Zwischenergebnis ...................................................................... 158 b) AusschUttungsregelung bei Investmentfonds ................................... 159 (1) Grundsätze der Ausschüttungsregelung bei GrundstücksSondervermögen ........................................................................ 159 (2) Sonderpositionen der AusschUttungsregelung ........................... 162 (3) Abtrennung der Ergebnisverwendung ........................................ 165 (4) AusschUttungsregelung und finanzielle Zielsetzung der Fondsleitung .............................................................................. 165

12

Inhaltsverzeichnis (5) Überlegungen zu Planbarkeitsfolgen der Ausschüttungsregelung bei den Kapitalgebern .................................................... 167 c) Vergleich marktprozeßorientierter und neoinstitutionalistischer Analyseergebnisse ............................................................................ 169 3. Besteuerung............................................................................................ 171 a) Steuerneutralität ............................................................................... 171 (1) Bemessungsgrundlagen entscheidungsneutraler Modellsteuern in der Diskussion ................................................................. 171 (a) Einkommensteuern .................................... ................ .......... 172 (b) Andere Bemessungsgrundlagen ........................................... 177 (2) Ableitung von Entscheidungswirkungen im Bezugsmodell der Steuer auf den kapitaltheoretischen Gewinn ........................ 178 (3) Planbarkeit und Gleichmäßigkeit als Merkmale steuerrechtlicher Tauschgerechtigkeit ......................................................... 181 b) Zum "Grundsatz der steuerlichen Transparenz" bei Investmentfonds ................................................................................................ 182 c) Die Besteuerungskonzeption bei Grundstücks-Sondervermögen aus rechtlicher Sicht.. ....................................................................... 185 (I) Ebene des Sondervermögens ..................................................... 185

(a) Ermittlung der Einkünfte des Sondervermögens ................. 186 (b) Behandlung der dem Sondervermögen zu- und abfließenden Steuern.................................................................... 190 (c) Nachweis der Besteuerungsgrundlagen ............................... 192 (2) Ebene des Anteilinhabers ........................................................... 193 (a) Anteile im Privatvermögen .................................................. 193 (b) Anteile im Betriebsvermögen .............................................. 194 (3) Zwischenergebnis ...................................................................... 196 d) Die Besteuerungskonzeption aus ökonomischer Sicht.. ................... 197 (I) Investitionsneutralität und Kapitallenkung ................................ 198 (a) BegrUndbarkeit und Auswahl von Vergleichsobjekten ........ 198 (b) Vergleichsaspekte zur "Direktanlage" ................................. 200 (c) Vergleichsaspekte zu Grundstücks-Sondervermögen des nicht-organisierten Kapitalmarkts ........................................ 202

Inhaltsverzeichnis

13

(d) Modellrechnung zur Vorteilhaftigkeitswirkung für Anlagen im steuerlichen Privatvermögen ................................. 207 (e) Würdigung der Modellergebnisse ........................................ 211 (2) Zurechnungs- und Ergebnisverwendungsneutralität.. ................ 213 (a) Besteuerungsgrundlage und Anteilwert ............................... 213 (b) Besteuerung verwendbarer Ergebnisbestandteile ................ 215 (c) Einfluß der Verwendungsreihenfolge auf die Besteuerungsgrundlagen .................................................................. 218 (d) Verteilungsneutralität und Ertragsausgleich ........................ 221 (e) Effektive Grenzsteuerbelastung der Zurechnungs- und Verwendungsregeln ............................................................. 224 (f) Zwischenergebnis ................................................................ 229

e) Vergleich marktprozeßorientierter und neoinstitutionalistischer Analyseergebnisse ............................................................................ 230 111. Unternehmungsregeln zur Unsicherheitsreduktion bei der Vertragsdurchführung ............................................................................................... 235 I. Referenzüberlegungen zur Reduktion von Einkommensunsicherheiten ...................................................................................................... 236 a) Übernahme von Einkommensunsicherheiten ................................... 236 b) Investitionsmischung ....................................................................... 238 c) Probleme des Auftragshandelns ....................................................... 241 (I) Maßnahmen zur Unsicherheitsreduktion bei Auftragsverhältnissen über die Ausübung von Unternehmerfunktionen ...... 242 (2) Agency-Kosten als Merkmal "vertragseffizienter" Kontrollund Anreizsysteme? ................................................................... 243 2. Unternehmungsregeln zur Unsicherheitsverringerung bei Investmentfonds unter Ausklammerung von Problemen des Auftragshandelns ....................................................................................................... 246 a) Veränderung des Wissensstands der Kapitalgeber ........................... 247 (1) Inhalt des gesetzlich geregelten Rechenschaftsberichts ............. 247 (2) Weitere potentielle Informationsquellen .................................... 249 (3) Würdigungsversuche ................................................................. 250 b) Anpassung der Kapitalanlageentscheidung an den Informationsstand ................................................................................................. 254

14

Inhaltsverzeichnis c) Risikomischung und Anlagerichtlinien ............................................ 256 (1) Zum Grundsatz der Risikomischung .......................................... 256

(2) Würdigungsversuche ................................................................. 258 d) Zur Unsicherheitsübernahme durch die KAG .................................. 262 (I) Beschränkung des Verlustrisikos der Anteilinhaber .................. 262 (2) Kapitalstruktur des Sondervermögens ....................................... 263 (3) Mindestkapitalausstattung der KAG .......................................... 265 (4) Garantieübernahmen und Garantiefonds .................................... 267 (5) Würdigungsversuch ................................................................... 269 3. Verborgenes Handeln und Verfilgungsrechtsverteilung bei Investment-Anlageintermediären ..................................................................... 270 a) Leistungskontrolle bei Investmentfonds .................. ........ .. .............. 271 (I) Merkmale zur Leistungsbestimmung ......................................... 272 (a) Verhaltensindikatoren .......................................................... 272 (b) Ergebnisindikatoren ............................................................. 274 (2) Leistungsprüfung ....................................................................... 275 b) Anpassungshandlungen und Anreizsystem ...................................... 277 (I) Sanktions- und Belohnungshandlungen des Kapitalgebers ........ 277

(2) Sanktionshandlungen der Aufsichtsstelle ................................... 278 (3) Regeln über das Leistungsentgelt der Anlageintermediäre ........ 279 (a) Bemessungsgrundlagen der Vergütungsansprüche von Anlageintermediären ........................................................... 280 (b) Beispielhafte Verteilungswirkung im Investmentdreieck .... 283 (c) Mögliche Entscheidungswirkungen beim Anlageintermediär .................................................................................. 285 c) Zusammenfassende Würdigung ....................................................... 287 4. Vergleich marktprozeßorientierter und neoinstitutionalistischer AnaIyseergebnisse ........................................................................................ 288 D. Ergebnisse und weiterführende Überlegungen .............................................. 292 I.

Rechnungslegung aus einem Guß? .................. ............................................ 292

[I.

Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts und Ausgestaltung des KAGG ......... 297

Inhaltsverzeichnis

15

1. Zur methodischen Umsetzung der Leitbilder ......................................... 298 2. Zu den Untersuchungsergebnissen der KAGG-Regelungen der Durchfilhrungsphase .............................................................................. 302 3. Kurzer Ausblick auf Regelungen der Nachordnungsphase .................... 306 III. Würdigung des Untersuchungsansatzes in der ökonomischen Analyse des Rechts .................................................................................................... 308 E. Anhang .............................................................................................................. 313 I.

Glossar: Die wichtigsten Begriffsbestimmungen bei Schneider .................. 313

11. Rangfolgestabilität der Modellsteuer auf den kapitaltheoretischen Gewinn ............................................................................................................. 318 III. Zu C.II.3.d)(I)(d) ......................................................................................... 318 1. Der modifizierte Kalkulationszinsfuß im Modellsteuersystem ............... 318 2. Die Beispielzahlungsreihe im Modellsteuersystem ................................ 319 3. Zur Besteuerung der explizit erfaßten Anlagealtemativen und ihrer Entscheidungswirkung ........................................................................... 320 4. Dem Diagramm zugrundeliegende Daten ............................ .. ...... .......... 323 IV. Zu C.II.3.d)(2)(e) ......................................................................................... 324 V. Kopie einer Besteuerungsübersicht rur "Immobilienfonds" ........................ 326 VI. Auszug aus den Allgemeinen und Besonderen Vertrags bedingungen des Bundesverbands deutscher Investmentfonds e.V ......................................... 327 Verzeichnis der Gerichtsentscheidungen, Verwaltungsanweisungen, Parlamentaria und sonstiger Quellen ................................................................... 335 Literaturverzeichnis .............................................................................................. 338 Sachverzeichnis ..................................................................................................... 356

Tabellen- und Abbildungsverzeichnis Tabelle 1:

Alternative Gliederungsmerkmale einer Finanzierungsbeziehung ........ 71

Tabelle 2:

Basisannahmen rur die Referenzüberlegungen ..................................... 90

Tabelle 3:

Partial-Finanzplan zu Beispiel 1... ......................................................... 93

Tabelle 4:

Mögliche Verbundwirkungen von Kapitalbestandsänderungen ............ 95

Tabelle 5:

Kapitalbestandselastische Periodenergebnisse bei der ein- und austrittsoffenen Unternehmung in Beispiel 2 ............................................. 96

Tabelle 6:

Modifizierte Anteile bei unelastischen Periodenergebnissen in Beispiel 3 .............................................................................................. 98

Tabelle 7:

Modifizierte Anteilermittlung rur kapitalbestandselastische Periodenergebnisse bei der eintrittsgeschlossenen Unternehmung in Beispiel 4 .............................................................................................. 99

Tabelle 8:

Finanzplan zur Grundstücksunternehmung in Beispiel 7 .................... 105

Tabelle 9:

Unternehmungswerte zur Austrittsbewertung in Beispiel 8 ................ 106

Tabelle 10:

Unternehmungswerte zur Eintrittsbewertung in Beispiel 9 ................. 107

Tabelle 11:

Verteilungsfolgen des Beispiels 9, Fall 2 und Varianten ..................... 108

Tabelle 12:

Vollständiger Finanzplan zum Beispiel 10.......................................... 115

Tabelle 13:

Überblick über Schätzverfahren rur Verkehrseinzelwerte des Sondervermögens ...................................................................................... 124

Tabelle 14:

KAGG-Fondswerte zur Austrittsbewertung im Beispiel 13 ................ 134

Tabelle 15:

KAGG-Fondswerte zur Eintrittsbewertung im Beispiel 14 ................. 135

Tabelle 16:

Ermittlung des kapitaltheoretischen Gewinns im Beispiel 16 ............. 151

Tabelle 17:

Ertragswertreihe der Unternehmung und Einkommenstrom des Kapitalgebers in Beispiel 16 ............................................................... 152

Tabelle 18:

Zahlungsreihen und Modell-Bemessungsgrundlagen des Beispiels 19 ........................................................................................................ 174

Tabelle 19:

Vor- und Nachsteuergrößen der Modellsteuern in Beispiel 19 ........... 175

Tabelle 20:

Zahlungsreihen einer Modellsteuer auf den Ertragswert ..................... 178

Tabelle 21:

Vereinfachtes Schema zur Ermittlung der Einnahmen aus Investmentanteilscheinen mit Maximalumfang (+) und Abzügen (-) ........... 196

Tabelle 22:

Besteuerungsgrundlagen des Beispiels 21 ........................................... 197

Tabelle 23:

Basisannahmen des Beispiels 22 ..................................... ........... ......... 208

Tabelle 24:

Ergebnisse der Modellrechnungen des Beispiels 22 ........................... 209

Tabellen- und Abbildungsverzeichnis Tabelle 25:

17

Ergebnisverwendungsvarianten im folgenden Beispiel 23 ........... ....... 218

Tabelle 26:

Zusammensetzung der Fondswertänderung in Beispiel 23 ................. 218

Tabelle 27:

Einfluß der Ergebnisverwendung auf die Einnahmen aus Investmentanteilen in Beispiel 23 ................................................................. 219

Tabelle 28:

Verteilung der Bemessungsgrundlagenteile des Beispiels 24 auf Anteilscheine im Privatvermögen und summarisch aus Sicht des Fiskus .................................................................................................. 221

Tabelle 29:

Besteuerungsgrundlage bei einer Modellsteuer auf den kapitaltheoretischen Gewinn .......................................................................... 225

Tabelle 30:

V orteilhaftigkeitswirkung im Beispiel 26 ........................................... 226

Tabelle 31:

Besteuerungsgrundlagen des Beispiels 28 bei Anteilscheinen im Betriebsvermögen ............................................................................... 227

Tabelle 32:

Vorteilhaftigkeitswirkung der Besteuerungsgrundlagen flir ausgewählte Fälle der Beispiele 27 und 28 .................................................. 229

Tabelle 33:

Einperiodige Besteuerungswirkung der Verschuldung in Beispiel 29 ........................................................................................................ 264

Tabelle 34:

Die Entgeltverteilung auf KAG, Depotbank und Bodengutachter im Beispiel 30 ..................................................................................... 283

Tabelle 35:

Der steuermodifizierte Kalkulationszinsfuß im Finanzplan ................ 319

Tabelle 36:

Die Beispielzahlungsreihe im Modellsteuersystem ............................. 319

Tabelle 37:

Die direkte Wertpapieranlage .............................................................. 320

Tabelle 38:

Die direkte Wertpapieranlage ohne Besteuerung des Disagios ........... 320

Tabelle 39:

Die direkte Grundstücksanlage ........................................................... 321

Tabelle 40:

Die direkte Grundstücksanlage ohne Sonder-AfA .............................. 321

Tabelle 41:

Die Anlage in Anteilscheinen an einem Investmentimmobilienfonds ................................................................................................... 322

Tabelle 42:

Die Beteiligung an einem Immobilienfonds des nicht-organisierten Kapitalmarkts ...................................................................................... 322

Tabelle 43:

Effektive Grenzsteuersätze bei Variation des Gleichgewichtszinssatzes ................................................................................................... 323

Tabelle 44:

Effektive Grenzsteuersätze bei Variation des Gleichgewichtszinssatzes, aber konstanten periodischen Grenzsteuersätzen ..................... 323

Tabelle 45:

Besteuerungsgrundlage bei einer Modellsteuer auf den kapitaltheoretischen Gewinn in Beispiel 25 ................................................... 324

Tabelle 46:

Finanzpläne zum Beispiel 26 .............................................................. 324

Tabelle 47:

Finanzpläne zu den Beispielen 27 und 28 ........................................... 325

Tabelle 48:

Kopie aus "Steuerliche Behandlung inländischer Investmenterträge bei der Einkommensteuerveranlagung 1998" ................................. 327

2 Oldenburg

18

Tabellen- und Abbildungsverzeichnis

Abbildung I:

Vereinfachter Zusammenhang mikroökonomischer Ansätze ................ 37

Abbildung 2:

Aufspaltung des Kapitalanlagemarkts aus Sicht der Anlageintermediäre .................................................................................................. 67

Abbildung 3:

Alternative Wege der Anteilaufnahme und -aufgabe ............................ 75

Abbildung 4:

Investmentdreieck als Anlageintermediär der Durchfiihrungsphase ..... 77

Abbildung 5:

Grundproblem der indirekten Anteilbewertung..................................... 91

Abbildung 6:

Vereinfachte Darstellung der "doppelt indirekten" Anteilbewertung ..................................................................................................... 104

Abbildung 7:

Effektive Grenzsteuersätze der Handlungsaltemativen in Beispiel 22 ........................................................................................................ 212

Abbildung 8:

Wohlfahrtsniveau und Agency-Kosten im neoinstitutionalistischen Kalkül. ................................................................................................. 244

Abbildung 9:

Zusammensetzung der an die KAG fließenden Entgelte des Beispiels 30 .............................................................................................. 284

Formel- und Beispielverzeichnis Formel I:

Anteilermittlung bei einer Kapitalzufiihrung ........................................ 91

Formel 2:

Ergebniselastizität des Kapitalbestands ................................................. 94

Formel 3:

Anteilermittlung mit Ausgleich von Verbundeffekten .......................... 97

Formel 4:

Verkehrswert eines Grundstücks nach dem Ertragswertverfahren der WertV ........................................................................................... 112

Formel 5:

Überfilhrung des investitionstheoretischen Ertragswerts in den Kalkül der WertV ................................................................................ 113

Formel 6:

Änderung des Grundstücksertragswerts zwischen zwei Zeitpunkten ....................................................................................................... 114

Formel 7:

Wert eines Anteilscheins an einem Investment-Sondervermögen ....... 121

Formel 8:

Anteilermittlung aus der Zahl umlaufender Anteilscheine .................. 133

Formel 9:

Maßgrößen zur Analyse von Entscheidungswirkungen ...................... 179

Formel 10:

Zur Rangfolgestabilität der Rentabilitäten einer Steuer auf den kapitaltheoretischen Gewinn in der planmäßigen Zahlungsverteilung .... 318

Beispiel I:

Ein- und Austrittsbewertung bei konstanter interner Verzinsung .......... 92

Beispiel 2:

Ein- und Austrittsbewertung bei elastischen Periodenergebnissen ........ 96

Beispiel 3:

Ein- und Austrittsbewertung bei unelastischen Periodenergebnissen ......................................................................................................... 97

Beispiel 4:

Austrittsbewertung bei eintrittsgeschlossener Unternehmung mit elastischen Periodenergebnissen ........................................................... 98

Beispiel 5:

Direkte Anteilbewertung bei zweiseitig offener Unternehmung ......... 100

Beispiel 6:

Direkte Anteilbewertung bei eintrittsgeschlossener Unternehmung.... 100

Beispiel 7:

Periodenergebnisse und Fondsendwert bei einer Grundstücksunternehmung ......................................................................................... 104

Beispiel 8:

Austrittsbewertung bei der Grundstücksunternehmung ...................... 106

Beispiel 9:

Eintrittsbewertung bei der Grundstücksunternehmung ....................... 106

Beispiel 10:

Bewertung einer Grundstücksunternehmung nach dem Kalkül der WertV .................................................................................................. 114

Beispiel 11:

Anteilsplitting ..................................................................................... 122

20

Fonnel- und Beispielverzeichnis

Beispiel 12:

Anteilwert und Anteilzahl bei einer Kapita1zufilhrung zu einem Investmentfonds .................................................................................. 132

Beispiel 13:

Austrittsbewertung bei einem Grundstücks-Sondervermögen ............ 133

Beispiel 14:

Eintrittsbewertung bei einem Grundstücks-Sondervennögen ............. 135

Beispiel 15:

Verzerrung der Anteilziffern bei der Eintrittsbewertung ..................... 137

Beispiel 16:

Kapitaltheoretischer Gewinn als Ausschüttungsbemessungsgrundlage ...................................................................................................... 151

Beispiel 17:

Wirkungsweise des Ertragsausgleichsverfahrens ................................ 163

Beispiel 18:

Einfluß der Ausschüttungsregelung auf die Anteilbewertung bei Grundstücks-Sondervennögen ............................................................ 168

Beispiel 19:

Eigenschaften einer Modellsteuer auf den Cash-Flow und den kapitaltheoretischen Gewinn im Vergleich ............................................. 173

Beispiel 20:

Modellsubstanzsteuer auf den Ertragswert .......................................... 177

Beispiel 21:

Ennittlung der Besteuerungsgrundlagen bei Anteilen an Grundstücks-Sondervennögen im Betriebs- und Privatvennögen ................ 197

Beispiel 22:

Steuerrechtliche Kapitallenkung bei Direktanlagen und Fondsanlagen .................................................................................................... 208

Beispiel 23:

Einfluß der Ergebnisverwendung auf die Ennittlung der Besteuerungsgrundlagen .................................................................................. 218

Beispiel 24:

Besteuerungsgrundlagen bei Ein- und Austritten mit und ohne Ertragsausgleich (bei Anteilen im Privatvennögen) ............................... 221

Beispiel 25:

Entscheidungsneutrale Steuerbemessungsgrundlagen bei Ein- und Austritt ............................................................................................... 224

Beispiel 26:

Wirtschaftliche Steuerbelastungen in Thesaurierungsfallen des Beispiels 24 ......................................................................................... 225

Beispiel 27:

Wirtschaftliche Steuerbelastungen bei Anteilen im Privatvennögen in Ausschüttungsflillen des Beispiels 23 ....................................... 226

Beispiel 28:

Besteuerungsgrundlagen der Beispiele 23 und 24 bei Anteilen im Betriebsvennögen ............................................................................... 227

Beispiel 29:

Zum behaupteten steuerlichen Vorteil der Fonds-Fremdfinanzierung ..................................................................................................... 264

Beispiel 30:

Durchschnittliche Verteilung der Intennediärsentgelte bei Grundstücks-Sondervennögen im Kalenderjahr 1994 .................................. 283

Abkürzungs- und Symbolverzeichnis Abkürzungen

AfA AGB-Gesetz AktG AO Aufl. AuslInvestmG AVB BAKred BauGB ber. BewG BFH BGB!. BGH BMG(t) BStB!. BT-Drucksache

BV BVB BV! DepotG

Absetzungen rur Abnutzung, steuerrechtiich planmäßige Abschreibung Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen vom 9.12.1976, BGB!. I S. 3317, zuletzt geändert am 22.6.1998, BGB!. I, S. 1747. Aktiengesetz vom 6.9.1965, BGB!. I, S. 1089, zuletzt geändert am 28.10.1994, BGB!. I, S. 3210 Abgabenordnung (AO 1977) vom 16.3.1976, BGB!. I 613, ber. 1977 I S. 269, zuletzt geändert am 22.6.1998, BGB!. I, S. 1747. Auflage Auslandinvestment-Gesetz in der Fassung v. 9.9. 1998, BGB!. I S.2820. Allgemeine Vertragsbedingungen (z.B. rur Grundstücks-Sondervermögen) Bundesaufsichtsamt rur das Kreditwesen Baugesetzbuch in der Fassung vom 27.8.1997, BGB!. I, S. 2141, ber. 1998, S. 137, zuletzt geändert am 15.12.1997, BGB!. I, S.2902. bereinigt Bewertungsgesetz in der Fassung vom 1.2. I 991, BGB!. I, S. 230, zuletzt geändert am 29.6.1998, BGB!. I, S. 1962. Bundesfinanzhof Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Bemessungsgrundlage (im Zeitpunkt t) Bundessteuerblatt Bundestagsdrucksache; die folgenden Ziffern geben an: die Legislaturperiode/die Nummer der Drucksache; die Seitenzahl bezieht sich auf die FundsteIle, die nicht der Drucksache entsprechen muß steuerrechtliches Betriebsvermögen Besondere Vertragsbedingungen (z.B. rur Grundstücks-Sondervermögen) Bundesverband Deutscher Investmentfonds e.V. Gesetz über die Verwahrung und Anschaffung von Wertpapieren in der Fassung der Bekanntmachung vom 11.1.1995, BGB!. I 1995, S. 34, zuletzt geändert am 22.6.1998, BGB!. I, S. 1747.

22 d.h. EStG EStH EStR

FM Fn FördergebietsG GE GewO GewStG GewStR ggf. GmbH GoB Habil. HGB hrsg. Hs. i.S.(d.) IVG(en) i.V.m. KAG(en) KAGG KAGG-Bewertungsverordnung KAGG-RE

KStG KStR

Abkürzungs- und Symbolverzeichnis das heißt Einkommensteuergesetz 1997 vom 16. April 1997, BGBI. S. 821, zuletzt geändert am 24.3.1999, BGBI. I, S. 402. Hinweise 1996 zu den Einkommensteuer-Richtlinien 1996 Einkommensteuer-Richtlinien 1998 in der Fassung vom 15.12.1998, BStB\. I, S. 1518, 1528. Finanzminister(ium) Fußnote Gesetz über Sonderabschreibungen und Abzugsbeträge im Fördergebiet vom 23.9.1993, BGB\. I 1993 S. 1654, zuletzt geändert am 24.3.1998, BGB\. I, S. 529. Geldeinheit( en) Gewerbeordnung in der Fassung vom 1.1.1987, BGB\. I 1987, S. 425, zuletzt geändert am 22.6.1998, BGB\. 11996, S. 1474. Gewerbesteuergesetz 1991 in der Fassung der Bekanntmachung vom 21.3.1991, BGB\. I, S. 814, zuletzt geändert am 24.3.1999, BGB\. I. 402. Gewerbesteuer-Richtlinien 1998 vom 21.12.1998 BStBI. I, Sondernummer 2, S. 91. gegebenenfalls Gesellschaft mit beschränkter Haftung Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung Habilitation Handelsgesetzbuch (ohne Seehandel) vom 10.5.1897, RGB\. S. 219, zuletzt geändert am 25.6.1998, BGB\. I, S. 1588. herausgegeben Halbsatz im Sinne (des) Investmentgesellschaft( en) in Verbindung mit Kapitalanlagegesellschaft(en) Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften in der Fassung vom 9. 9. 1998 BGB\. I 1998, S. 2726, zuletzt geändert am 24.3.1999, BGB\. I, S. 402. Verordnung über die Bewertung stiller Beteiligungen gemäß § 25d Abs. 3 des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften vom 14.12.1988, BGB\. I 1988, S.2237, zuletzt geändert am 27.12.1993, BGB\. 11993 S. 2378. Referentenentwurf zur Änderung des KAGG in Artikel 4 des Entwurfs eines Gesetzes zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland (Drittes Finanzmarktförderungsgesetz), Stand 25.3.1997. Körperschaftsteuergesetz 1996 in der Fassung vom 22.2.1996, BGB\. I, S. 340, zuletzt geändert am 20.12.1996, BGB\. I, S.2049. Körperschaftsteuer-Richtlinien 1995 vom 15.12.1995, BStB\. I 1996, Sondernummer I.

Abkürzungs- und Symbolverzeichnis KWG m.w.N. n.F. öAR o.V. PV Rz. S. sog. Sp. TDM Tz. u.a. uaw. UmgestaltungsG

Univ. UStG UStR Verordnung zu § 180 (2) AO VStG WertR 1991

WertR 76/96

WertV WpHG z.T.

23

Gesetz über das Kreditwesen in der Fassung vom 9.9.1998, BGBI. I, S. 2776. mit weiteremln Nachweis/en neue Fassung ökonomische Analyse des Rechts ohne Verfasserangabe steuerrechtliches Privatvermögen Randziffer Seite; in Rechtsquellen: Satz sogenannt... Spalte Tausend Deutsche Mark [Einheit] Textziffer unter anderemln und anderswo Vorschriften über die Umgestaltung bestehender risikomischender Immobilienfonds - Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften und der Gewerbeordnung vom 28.7.1969, BGBI. I, S.986 [992], abgedruckt in: InvestmentHandbuch, hrsg. von Beckmann, Klaus/Scholtz, Rolf-Detlev, Loseblattsammlung, Fach 435,1995. Universität Umsatzsteuergesetz 1993 in der Fassung vom 27.4.1993, BGBI. I S. 565, ber. BGBI. I, S. 1160, zuletzt geändert am 24.3.1999, BGBI. I, S. 402. Umsatzsteuer-Richtlinien 1996 vom 7.12.1995, BStBI. I, Sondemummer4, ber. BStBI. 11996, S. 1206 und 1997, S. 127. Verordnung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 (2) der Abgabenordnung vom 19.12.1986, BGBI. I 1986, 2663, zuletzt geändert am 15.12.1995, BGBI. I 1995, 1783. Vermögensteuergesetz in der Fassung vom 14.11.1990, BGBI. I, S. 2467, zuletzt geändert am 18.12.1995, BGBI. I, S. 1959. Richtlinien des Bundesministers fllr Raumordnung, Bauwesen und Städtebau fllr die Ermittlung der Verkehrswerte von Grundstücken in der Fassung vom 11.6.1991, (Beilage Bundesanzeiger 182a), zuletzt geändert am 7.3.1994 (Bundesanzeiger Nr. 58). Richtlinien des Bundesministers fllr Raumordnung, Bauwesen und Städtebau fllr die Ermittlung der Verkehrswerte von Grundstücken in der Fassung vom 11.6.1991, (Beilage Bundesanzeiger 182a), zuletzt geändert am 20.9.1998 (Bundesanzeiger Nr. 170). Verordnung über Grundsätze fllr die Ermittlung der Verkehrswerte von Grundstücken vom 6.12.1988, BGBI. I S. 2209, zuletzt geändert am 18.8.1997, BGBI. I S. 2081. Gesetz über den Wertpapierhandel vom 9.9.1998, BGBI. I, S.2708. zum Teil

24 zug\. 5. VermBG

Abkürzungs- und Symbolverzeichnis zugleich Fünftes Gesetz zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer, in der Fassung vom 4.3.1994, BGB\. I, S.406, zuletzt geändert am 27.9.1998, BGB\. I, S. 2647.

Symbole· a A, B AfA, A,N Aw, Az/ Az,N BMG,

Bw B/IJ

Etwl, Etws, EtwJT)

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Ausgabeaufschlag nach § 21 (1) S.2 KAGG in % Ohne Indizes: Kapitalgeber Steuerrechtliche Abschreibung für eine Periode t Anteil des Kapitalgebers N im Zeitpunkt t Wert eines Anteilscheins im Zeitpunkt t Summe der umlaufenden Anteilscheine im Zeitpunkt t Anzahl der Anteilscheine des Kapitalgebers N im Zeitpunkt t Bemessungsgrundlage (einer Ausschüttung, einer Steuer) der Periode bzw. des Zeitpunks t Bodenwert nach §§ 13, 14 WertV (Summe der) Kapitalzuführung(en) im Zeitpunkt t, in Finanzplänen mit negativem Vorzeichen Nachhaltiger Reinertrag eines Grundstücks nach § 16 WertV Änderung des Ertragswert der Vorperiode gegenüber der laufenden Periode t Ertragswert nach Ausschüttung im Zeitpunkt t auf Basis von i, Ertragswert nach Steuern im Zeitpunkt tauf Basis von is Ertragswert einer Handlungsmöglichkeit im Zeitpunkt t (bei einem Planungshorizont von 1) Fondswert am Ende der Periode t (vor Kapitalzuführungen) "Kapitalintensität"; unterstellter konstanter Kapitalbestand einer Periode im Anschluß an eine Kapitalbestandsänderung B'_1 Fondswertänderung zwischen zwei Zeitpunkten Im Beispiel 22: Anlage in Anteilen an einem geschlossenen Immobilienfonds Im Beispiel 22: direkte, ungemischte Grundstücksanlage Kalkulationszinsfuß, Gleichgewichtsanlage, Kontoanlage Vereinfacht ermittelte Vorsteuerverzinsung einer Handlungsmöglichkeit n, die die Nachsteuerverzinsung is bietet Ausschüttungsmodifizierter Kalkulationszinsfuß Nachsteuerkalkulationszinsfuß (ggf. der Periode t) Liegenschaftszinssatz nach § 11 WertV Ausschüttungsquote Effektive (wirtschaftliche) Mindestrenditeerhöhung

'Indizes und Variablen hier nur auszugsweise; ihre Verwendung ergibt sich jeweils aus dem Textzusammenhang.

Abkürzungs- und Symbolverzeichnis

.

1]

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25

Zähler Vereinfacht ermittelte Vorsteuerrenditeänderung der Handlungsmöglichkeit n Einperiodige Ergebniselastizität des Kapitalbestands; Renditeelastizität Mehrperiodige Ergebniselastizität des Kapitalbestands; Renditeelastizität Im Beispiel 22: Anlage in Anteilen an einem offenen Immobilienfonds Qualifizierte interne Rendite, in der Regel am Ende des Planungshorizonts T Grenzrendite einer Kapitalintensität Durchschnittsrendite einer Kapitalintensität Vervielfliltiger (nachschüssiger Rentenbarwert) nach § 16 (3) WertV Qualifizierte interne Rendite nach Steuern, in der Regel am Ende des Planungshorizonts T Rest(veräußerungs)wert in Periode T Tariflicher (rechtlicher) Grenzsteuersatz Effektiver (wirtschaftlicher) Grenzsteuersatz Steuererstattung (positives Vorzeichen); Steuerzahlung (negatives Vorzeichen) Zeitpunkt, Periode, Ende des Planungshorizonts Vermögensendwert am Ende des Planungshorizonts T Vermögensendwert nach Steuern am Ende des Planungshorizonts T

Nicht im Zahlungssaldo erfaßter Teil der Werbungskosten LS.d. §§ 20, 21 EStG Im Beispiel 22: direkte, ungemischte Wertpapieranlage Periodenergebnisse bezogen auf eine resultierende Kapitalintensität Ergebnisänderung bezogen auf eine resultierende Kapitalintensität Zahlungssaldo der Periode t Zahlungssaldo nach Steuern der Periode t Zahlungssaldo nach Ausschüttung der Periode t

A. Problemstellungen und Gang der Untersuchung Die vorliegende Ausarbeitung beschäftigt sich mit dem Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG)'. Es handelt sich um ein Teilgebiet des deutschen Investmentrechts 2 , das außerdem auch das hier nicht betrachtete Auslandsinvestmentgesetz (AuslInvG)3 über Vermögensmassen ausländischen Rechts umfaßt. Es läßt sich als Spezialgesetz beschreiben, das eine besondere Form kollektiver Geldanlage regelt und abgrenzt: Die Vermögensverwaltung wird von zwei Kreditinstituten durchgefilhrt, von einer Kapitalanlagegesellschaft und der von ihr beauftragten Depotbank, so daß gegenüber dem Anleger ein "Dreiecksverhältnis" entsteht. Das Gesetz legt außerdem den Kreis der Vermögensgegenstände fest, aus denen Anlageangebote gebildet werden dürfen; dies filhrt zur Abgrenzung von Vermögenstypen, etwa auch den Grundstücks-Sondervermögen, mit denen sich die Ausarbeitung vorrangig beschäftigen wird. Das deutsche Investmentrecht ist starkem Wandel unterworfen 4 und wird anscheinend von den Wünschen der "Investmentindustrie" maßgeblich beeinflußt. Starke Veränderungen hat das 3. Finanzmarktflirderungsgesetz mit Wirkung zum 1.4.1998 bewirkt, das "den Kapitalanlagegesellschaften neue Betätigungsfelder erschlossen und bestehende Handlungsspielräume erweitert"s hat. Die Umgestaltung beabsichtigt andererseits, " ... die private Erspamisbildung im Wege einer mittelbaren Anlage in Risikokapital vermehrt in die Wirtschaft zu lenken. Dem Sparer werden neue Anlagemöglichkeiten geboten, die ihm bislang verschlossen blieben ... Bei den Maßnahmen wird darauf geachtet, das Vertrauen der Investmentsparer in die Sicherheit und Solidarität6 der

, Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften, in der Fassung vom 14.1.1970, BGB!. 1 1970, S. 127, zuletzt geändert am 20.12.1996, BGB!. I 1996,2049. 2 "To invest" = "Geld anlegen". 3 Gesetz über den Vertrieb ausländischer Investmentanteile und über die Besteuerung der Erträge aus ausländischen Investmentanteilen vom 28 .7.1969, BGB!. I S. 986, zuletzt geändert am 11.10.1995, BGB!. I S. 1250. Dem KAGG unterliegen dagegen nur Vermögensmassen deutschen Rechts. 4 Vgl. zur Entwicklung der Rechtsgrundlagen z.B. o. V./lnvestment ( 1995), S. 15 f. S Begründung zum Dritten Finanzmarktförderungsgesetz, S. 2. 6 In der Begründung zum Referentenentwurf zur Änderung des KAGG, Stand 25.3.1997, S. 7, ist zutreffend von "dem Vertrauen in die Solidität der Investmentanlage" die Rede.

28

A. Problemstellungen und Gang der Untersuchung

deutschen Fonds zu schützen und den hohen Sicherheitsstandard des deutschen Investmentwesens zu bewahren.,,7 Diese Zielvorstellung zur Ausgestaltung des Investmentrechts beruft sich insbesondere auch auf nicht näher bestimmte finanzielle Zielsetzungen von Kapitalgebem. Letztere haben vor allem bei den öffentlich angebotenen KAGGAnlagemöglichkeiten, den Publikumsfonds, grundsätzlich keine Möglichkeit zu individuellen Vereinbarungen. Sie mUssen vielmehr die gesetzlichen Regelungen akzeptieren, die durch ein System gefestigter "allgemeiner und besonderer Vertragsbedingungen" ergänzt werden und die wie allgemeine Geschäftsbedingungen das Verhältnis zwischen den Kapitalgebern und den mit der Durchführung der Anlage beauftragten Banken regeln. Hierbei enthalten KAGG und Vertragsbedingungen Vorschriften zu Regelungskomplexen, die aus betriebswiitschaftlicher Sicht besonders interessieren: die Bewertung von Anteilen, AusschUttungsregelungen und die Durchführung der Besteuerung, sowie zu Maßnahmen, die hier mit dem Begriff der "Verringerung von Planungsunsicherheiten" zusammengefaßt werden. Die rechtliche Ausgestaltung kann allerdings zwischen verschiedenen Vermögenstypen differieren und führt bei GrundstUcks-Sondervermögen zu spezifischen Problemen. In AnknUpfung an die Zielvorstellung zur rechtlichen Ausgestaltung der KAGG-Anlagen fuhrt dies zu den Fragestellungen, inwieweit die geltenden oder geplanten Regelungen einerseits "im Interesse der Kapitalgeber" und deren "Vertrauenserwartungen" begrUndbar sind und sich andererseits im Marktgefüge auch im Hinblick auf eine noch näher zu konkretisierende "Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts" rechtfertigen lassen. Hierfür sollen die ökonomischen Wirkungen des KAGG-Investmentrechts insbesondere bei grund stUcksverwaltenden Publikums-Sondervermögen ermittelt werden. Das KAGG hat auf dem Kapitalmarkt auch eine empirische Bedeutung: Mit Ablauf des Jahres 1994 waren in 556 unter das KAGG fallenden Publikumsinvestmentfonds gut 229 Mrd. DM angelegt, davon mehr als 52 Mrd. DM bzw. 22,7% in 16 Grundsrucks-Sondervermögen 8 • Werden diese Beträge grob abschätzend auf die Summe aller Geldanlagen privater Haushalte bezogen, hat der Anteil an Anlagen in Investmentfonds zu diesem Zeitpunkt insgesamt 5,3%, hiervon in Immobilienfonds 1,2%9, betragen.

7 Begründung zum Dritten Finanzmarktförderungsgesetz, S. 2. Vgl. o. V./Deutsche Bundesbank (1996), S. 52 f.; Ende 1996 betrug der Anteil des in grundstücksverwaltenden Publikumsinvestmentfonds angelegten Kapitals 73 Mrd. DM von 282 Mrd. DM bzw. 25,9%. 9 Basis 1994: 4.320 Mrd. DM, vgl. o. V. (1995), S. 8. Die Summe aller privaten Geldanlagen umfaßt auch Anlagen bei Versicherungen und die Pensionszusagen von Betrie8

A. Problemstellungen und Gang der Untersuchung

29

Aus methodischer Sicht wird die Aufgabe "Untersuchung und Beurteilung rechtlicher Regelungen aus ökonomischer Sicht" auch in der Betriebswirtschaftslehre oft als ökonomische Analyse des Rechts (öAR) bezeichnet. Dieser Begriff wurde in den USA im Rahmen der Rechtswissenschaften geprägt, und beschreibt das Vorhaben, Rechtsgestaltungsaufgaben mit mikroökonomischen Kalkülen zu lösen. Der ökonomische Ansatz, der hierbei zur Anwendung kommt, wird als "neoinstitutionalistisch" bezeichnet. Es wird sogar behauptet, daß "die öAR aus der Denkschule des Neoinstitutionalismus hervorgegangen"l0 ist. Der neoinstitutionalistische Ansatz hat insbesondere in betriebswirtschaftlichen Arbeiten der letzten Jahre einen starken Aufschwung erlebt. Er befaßt sich schlagwortartig mit "Institutionen, Marktversagen und Transaktionskosten" und fUhrt regelmäßig zu einer "Verrechtlichung" der Untersuchungsobjekte, den "Institutionen", die als vernetzte "VerfUgungsrechte" interpretiert werden 11. "Mit der Entwicklung des Neoinstitutionalismus konnte der Betriebswirt plötzlich auf ein reiches mikroökonomisches Fundament zurückgreifen, das einerseits in der neoklassischen Tradition verhaftet war und insofern den Ruf einer harten Theorie rur sich verbuchen konnte, sich aber andererseits nicht gegen die Fragen der Unternehmenspraxis verschloß ... Kaum 20 Jahre sind vergangen ... und schon hat eine Welle des Neoinstitutionalismus sämtliche Teildisziplinen der Betriebswirtschaftslehre erfaßt,,12.

Diese Euphorie fiir neoinstitutionalistische Ansätze wird aber offenbar in den Rechtswissenschaften nicht geteilt: "In Deutschland hat es den Anschein, als sei die Bereitschaft zu einer Rezeption der economic analysis of law ... innerhalb der Wirtschaftswissenschaften erheblich stärker ausgeprägt, als innerhalb der Rechtswissenschaft"l3. Auch dort findet sich zwar eine Gruppe von BefUrwortern ökonomischer Analysen des Rechts, die mit neoinstitutionalistisehen Kalkülen arbeiten. Andererseits regt sich deutlicher Widerstand gegen diese Form von Interdisziplinarität: "Juristen billigen der öAR nur eine bescheidene Problemlösungskapazität typischer rechtswissenschaftlicher und rechtspolitischer Fragestellungen ZU"I : "Paretianische Optimalität, Allokationseffizienz und Coase-Theorem sind Denkmuster einer ökonomischen Rechtstheorie, die sich Aussagen zur Güterordnung und Einkomben. Die Summe der Geldanlagen nicht-privater "Nichtbanken" wird nicht erhoben, so daß die hier geschätzten Anlagequoten entsprechend zu hoch ausgewiesen sind. 10 Weigel. W (1992), S. 209; unter Anpassung der Schreibweise. 11 Zur Entwicklung vgl. z.B. Pfaffmann. E. (1996). 12 Terberger. E. (1994), S. 23, 25; unter Anpassung der Schreibweise. Im folgenden soll der verbreiteten, aber umständlichen Sprachregelung "neoinstitutionalistische Ansätze" gefolgt werden. 13 Fezer. K. (1986), S. 817. 14 Weigel. W (1992), S. 214; unter Anpassung der Schreibweise.

30

A. Problemstellungen und Gang der Untersuchung

mensverteilung versagt"15 und "rechtsethische Bindungen durch das Nutzenkalkül des homo oeconomicus,,16 ersetzt.

Die rechtswissenschaftlichen Bedenken beziehen sich aber offensichtlich nicht auf den Umstand, daß auch in den Wirtschaftswissenschaften Rechtsanalysen betrieben werden. Sie kritisieren vielmehr das aus neoklassischen Kalkülen abgeleitete Instrumentarium des Neoinstitutionalismus. Die folgende Ausarbeitung schließt sich der Skepsis an einer neoinstitutionalistischen Rechtsanalyse an und lehnt die Untersuchungsmethode aus betriebswirtschaftlicher Sicht eng an einen maßgeblich von Dieter Schneider entwickelten Ansatz an. Schneider hat zum einen Impulse filr die Durchfilhrung ökonomischer Analysen des Rechts gegeben, und ist zum anderen als beständiger Kritiker neoinstitutionalistischer Ansätze hervorgetreten. Ein Überblick über seine methodischen Überlegungen bildet sich allerdings erst in der Zusammenschau zahlreicher älterer und neuerer Veröffentlichungen, in denen eine Entwicklung erkennbar wird, die noch nicht abgeschlossen ist. Hierfiir ist eine Auseinandersetzung mit seinem spezifischen, häufig wenig "benutzerfreundlichen" Begriffssystem erforderlich. Seinen Ansatz hat Schneider in den allerneuesten Schriften präzisiert und nunmehr als Bestandteil einer umfassenderen "evolutorischen Theorie der Unternehmung" bezeichnet. Diesem Schritt wird hier begrifflich noch nicht gefolgt, sondern der von ihm in frühen Arbeiten verwendete Ausdruck "Marktprozeßansatz" verwendet. Eine Analyse im Investmentrecht bietet in der vorliegenden Arbeit somit auch den Anlaß für eine intensive Auseinandersetzung mit der Analysemethodik. Fragestellung ist daher auch, welcher mikroökonomische Ansatz die Zusammenführung individueller und überindividueller Zielsetzungen in der ökonomischen Analyse des Rechts überzeugender lösen kann. Dies wird in der Ausarbeitung zu einer starken Betonung methodischer Aspekte fUhren, die sich wie folgt rechtfertigt: •

Die Aufgabe, die Regelungsausgestaltung des KAGG zu untersuchen, bedarf einer Zielvorstellung. Werden die dargelegten Zweifel an der Aussageflihigkeit neoinstitutionalistischer Ergebnisse aber nicht stillschweigend akzeptiert, verbleibt nur der Rückgriff auf eine Alternativkonzeption, hier den "Marktprozeßansatz". Die Ausarbeitung soll sich dabei mit der Auswertung des deutschsprachigen Schrifttums begnügen: Der von Schneider geprägte Marktprozeßansatz hat im englischsprachigen Raum kein Vorbild l7 und der Neoinstitutionalismus ist in all seinen Varianten mittlerweile umfassend aus

15 Fezer, K. (1986), S. 823. 16 Kühler, F. (1990), S. 690. 17 Seine historischen Quellen lassen sich allerdings nicht regional eingrenzen, vgl. zur Entwicklung mikroäkonomischer Ansätze Schneider, D. (1995), S. 245 ff.

A. Problemstellungen und Gang der Untersuchung

31

der englischsprachigen Literatur rezipiert l8 • Soweit die neoinstitutionalistische Literatur in der öAR mit Hilfe finanzierungstheoretischer oder anderer neoklassischer Kalküle argumentiert, werden diese hier ebenfalls als "neoinstitutionalistisch" subsumiert. •

In den Rechtswissenschaften ist im Hinblick auf die öAR eine Polarisierung eingetreten. Zwar wird einerseits gewichtige Kritik an neoinstitutionalistisehen Ansätzen in der öAR geübt, andererseits sind ökonomische Kalküle offenbar nicht gänzlich verzichtbar, insbesondere zur Beurteilung von Kapitalmarktsachverhalten. Die Beftlrworter neoinstitutionalistischer Ansätze beschäftigen sich deshalb häufig auch mit Problemen auf Kapitalmärkten. Hier scheint sich ftlr öffentliche Anlageangebote eine Sonderentwicklung anzubahnen. Ein Rechtsgebiet "Kapitalanlagerecht"19 soll neu formiert werden, von dem auch das KAGG erfaßt würde: die hierin vorgenommenen Überlegungen zur Ausgestaltung des "Anlegerschutzes" und der Funktionsfiihigkeit des Kapitalmarkts lassen Ähnlichkeiten mit neoinstitutionalistischen Argumentationsweisen erkennen, die hier kritisiert werden sollen. Rechtswissenschaftliche Aspekte der öAR werden in der folgenden Untersuchung aber stets nur am Rande verfolgt werden.



Eine kürzlich erschienene betriebswirtschaftliche Dissertation beschäftigt sich mit der "ökonomischen Position von Anteilinhabern an offenen Immobilienfonds"20. Ihre Argumentation ist im Sinne der obigen Begriffsbestimmung neoinstitutionalistisch geprägt. Sie soll unter anderem zum Vergleich der Problemsichten und Lösungsvorschläge des hier ausgearbeiteten Marktprozeßansatzes mit denen des Neoinstitutionalismus dienen. Die Untersuchung wird daher wie folgt gegliedert:

Im methodischen Teil der Ausarbeitung wird aus Zielen und Inhalten ökonomischer Analysen des Rechts das Erfordernis von Leitbildern eines funktionsfiihigen (Kapital-)markts hergeleitet. Hierftlr wird ein Gegensatz zwischen dem neoinstitutionalistischen und dem Marktprozeßansatz hergestellt. Letzterer wird nach einer intensiven Ausarbeitung kurz rechtswissenschaftlichen Aspekten eines funktionsflihigen Kapitalmarkts gegenübergestellt.

18 Als fester Bestandteil der Finanzierungslehre unter der Kategorie "neuere Finanzierungstheorie" z.B. bei Schmidt, R./Terberger, E. (1997), S. 66 ff., 383 ff.; Perridon, L./Steiner, M. (1995), S.485 ff.; Spremann, K. (1990), S. 587 ff.; Krahnen, 1. (1983), S. 139 ff.; in entsprechender Sichtweise fur Teilaspekte z.B. bei Franke, G./Hax, H. (1994), S. 407 ff.; Swoboda, P. (1994); Drukarczyk, 1. (1993). 19 Vgl. zur Rechtfertigung: Assmann, H.ISchütze, R. (1990), S. V. 20 Bats, W (1994). Ein weiteres Beispiel neoinstitutionalistischer Prägung bietet die weniger umfassende Arbeit von Hartmann, A. (1990), "Ökonomie des Investmentsparens", die nur ergänzend herangezogen wird.

32

A. Problemstellungen und Gang der Untersuchung

Der analytische Teil beginnt mit der Darstellung von Grundzügen des Kapitalanlage- und Investmentrechts, die nach Begriffen des Marktprozeßansatzes gegliedert wird; die Bedeutung von Anlageintermediären wird herausgearbeitet. Hieran anschließend erfolgt im Hauptteil die Auseinandersetzung mit Regelungskomplexen des KAGG: Als Aspekte der "planmäßigen Zahlungsverteilung" werden die Anteilbewertung, die Ausschüttungsregelung und die Besteuerungskonzeption untersucht, darauf folgend werden Einzelmaßnahmen zur "Unsicherheitsverringerung während der Vertragsdurchfilhrung" betrachtet. Es werden jeweils neoinstitutionalistische und marktprozeßanalytische Problemsichten und Ergebnisse einander gegenübergestellt. In der Ergebnisdarstellung sollen einzelne Ergebniskomplexe und der Untersuchungsansatz zur Durchfilhrung ökonomischer Analysen des Rechts zusammenhängend gewürdigt werden.

B. Methodischer Teil: Explikation eines Marktprozeßansatzes in der ökonomischen Analyse des Rechts Eine Rechtsanalyse scheint nicht zwangsläufig an bestimmte mikroökonomische Kalküle gebunden zu sein. Die Verwendung eines Ansatzes, der eine Anknüpfung an neoklassische Argumentationsmuster soweit wie möglich vermeiden will, ist jedoch unüblich und daher begründungsbedürftig. Die folgende Darstellung soll schrittweise zu den Inhalten und Eigenschaften des hier verwendeten Marktprozeßansatzes in der ökonomischen Analyse von Regelungen des KAGG hinfUhren und die Unterschiede zum Neoinstitutionalismus verdeutlichen. Im folgenden Abschnitt soll zunächst ein Überblick über Zielsetzungen und Untersuchungsgegenstände in öAR bei Juristen und Wirtschaftswissenschaftlern gegeben werden. Im anschließenden Abschnitt wird aufgezeigt, daß mit der Auswahl des Untersuchungsansatzes Leitbilder, Problemstellungen und Ergebnisse ökonomischer Rechtsanalysen vorbestimmt werden. Die Wahl eines Marktprozeßansatzes wird schließlich gerechtfertigt und seine Merkmale herausgearbeitet.

J. Zielsetzungen und Untersuchungsgegenstände in ökonomischen Analysen des Rechts Im juristischen Schrifttum wird die Aufgabe der öAR vorrangig darin gesehen, rechtliche Regelungen auf ihre Effizienz, d.h. auf ihre Folgen fUr die Ressourcenallokation zu beurteilen I. Ihre Grundlage ist die Behauptung, daß Recht, bzw. die Rechtsordnung als ein Faktor anzusehen ist, der die Entscheidungen einzelner Wirtschaftssubjekte beeinflussen kann und daher Bedeutung für das Funktionieren der Gesamtwirtschaft erlange. Hieraus sollen Handlungsempfehlungen abgeleitet werden, die bei der Auslegung oder Neuschöpfung von Recht zu beachten sind). Es sollen diejenigen Rechtsetzungen zur Anwendung I Vgl. z.B. Schäfer. HIOtt, C (\995), S. I; Überblick bei: Koboldt, CILeder, M.ISchmidtchen, D. (1992). 2 Vgl. Schäfer, HIOtt, C (1995), S. 10; Kirchner, C (1983), S. 137 ff.; Weigel, W (1992), S. 210; Lehmann, M. (1983), S. 7 ff., 54 ff. ) Vgl. Kirchner, C (1983), S. 139; auf den Bereich der Gesetzgebung einschränkend: Eidenmüller, H (1995), S. 8.

3 Oldenburg

34

B. Methodischer Teil

kommen, die eine Verschwendung von Ressourcen minimieren 4 • Ziel ist die Entwicklung eines rechtlichen Rahmens einer geordneten Wirtschafts. Der Hauptanwendungsbereich wird in der Analyse des Privatrechts gesehen 6, öffentliches Recht, etwa das Steuerrecht, wurde bislang offenbar nicht betrachtet. In den Rechtswissenschaften steht die öAR unter dem Zwang, die Einordnung des Effizienzbegriffs in die Rechtsdogmatik zu rechtfertigen; auf diesem Aspekt liegt ein Schwerpunkt des Schrifttums 7• Auch im Bereich der Wirtschaftswissenschaften wird nach einer "effizienten Ausgestaltung des Rechts" geforscht. Allgemeiner: die öAR "widmet sich dem Verständnis und der Würdigung eines historischen, gegenwärtigen oder geplanten Rechtsbereiches unter Berücksichtigung ökonomischer Sprache und Modelle und darauf basierender Hypothesen und empirischer Ergebnisse"s. Es verschwimmen jedoch die Grenzen zwischen den Aufgaben der Volks- und Betriebswirtschaftslehre 9 • Ursächlich ist neben ähnlichen Problemstellungen vor allem, daß die öAR mit mikroökonomischer Methodik arbeitet, die in Betriebs- und Volkswirtschaftslehre gleichermaßen verwurzelt ist'°. Dennoch verbleiben aber Unterschiede, weil sich die betriebswirtschaftliche Analyse des Rechts in der Regel detailliert mit Rechtsvorschriften auseinandersetzt und diese häufig in Kalkülen modelliert, die noch einer entscheidungsorientierten Sichtweise entsprechen 11. Allokations- bzw. Entscheidungswirkungen werden aus betriebswirtschaftlicher Sicht beispielsweise bei Regelungen des Gesellschaftsrechts 12, der Rech-

V gl. Schäfer, H./Ott, C (1995), S. 1. V gl. Lehmann, M. (1983), S. 54 f. 6 Als Betätigungsbereiche dienen beispielsweise: Schadensrecht, Vertragsrecht und Recht der Verfligungsrechte, einschließlich Unternehmensrecht bei Schäfer, H./Ott, C (1995), S. 95 ff.; Deliktsrecht, Umweltrecht und Gesellschaftsrecht, werden von Assmann, H./Kirchner, C/Schanze, E. (1993), S. XIV genannt; Unternehmensrecht bei Kirchner, C. (1983) und Schanze, E. (1983); Gesellschaftsrecht bei Schmidt-Herscheidt, F. (1983); Eigentumsrechte bei Buhbe, M. (1980); das AGB-Gesetz bei Adams, M. ( 1984). 7 Vgl. Eidenmü/ler, H. (1995); Schäfer, H. (1989), m.w.N.; vgl. auch unten, S. 42. S Ballwieser, W. (1996), S. 503. 9 V gl. auch Terberger, E. (1994), S. 4, 26. Für eine deutliche Trennung z.B. Wöhe, G. (1993), S. 28. Zum Verhältnis von Privatwirtschaftslehre und Nationalökonomie vgl. Schneider, D. (1995), S. 231 tf. 10 V gl. Schneider, D. (1995), S. 244; besonders in der betriebswirtschaftlichen Investitions- und Finanzierungstheorie. 11 Vgl. hierzu Wöhe, G. (1993), S. 78 tf.; zur Entwicklung der Ansätze Schneider, D. (1995), S. 241 tf. 12 Z.B. Ausschüttungsregelungen bei Kapitalgesellschaften bei Niedernhuber, G. (1988); gesetzliche und vertragliche Abfindungsregeln bei Personengesellschaften bei 4

5

I. Zielsetzungen und Untersuchungsgegenstände

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nungslegung 13 , im Bereich des Insolvenzrechts l4 und in zahlreichen Analysen steuerrechtlicher Regelungen l5 untersucht. Während einige dieser Arbeiten ausdrücklich als "ökonomische Analyse des Rechts" bezeichnet werden 16, verzichten andere daraufl 7 • Teilweise erfolgt eine Diskussion oder Fortentwicklung der Methodik der öAR I8 • Rechtskritik und -gestaltung wird mit sehr unterschiedlichen Begründungen zum Gegenstand der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre gezählt l9, allerdings nur ausnahmsweise als öAR bezeichnet2°. Die Erweiterung des ursprünglich enger gefaßten Aufgabenbereichs hin zur "Steuerrechtsptlege"21 resultiert vor allem aus Kontroversen über den gesamtwirtschaftlichen Nutzen einer "Steuervermeidungslehre", die Steuerplanung entweder als unproduktive Tätigkeit22 oder als innovative Schulungsmaßnahme für den Gesetzgeber betrachtet23 • In der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre wird zudem die Auseinandersetzung darüber geführt, inwieweit neben Fragen der Effizienz auch die Gerechtigkeit

Wangler, C. (1994) und Wagner, F. (1994); zivilrechtliche Steuerausweichhandlungen bei Marx, F. (1990). 13 Vgl. den von Wagner, F. (1993) herausgegebenen Sammelband; Schneider, D. (1997), dort aber auch internes Rechnungswesen; Lauer, C. (1995); Hartmann- Wendels, T (1991); Überblick bei Ballwieser, W (1996). 14 Umfassend bei Schmidt, R. (1980); Drukarczyk, J (1984); Drukarczyk, J (1986). 15 Z.B. bei Schwinger, R. (1992); Wagner, F. (1983), besonders S. 44 f.; Siegel, T (1983), S. 1 - 35. 16 Vgl. Schmidt, R. (1980); Drukarczyk, J (1986); Niedernhuber, G. (1988); der von Wagner, F. (1993) herausgegebene Sammelband; Wangler, C. (1994), S. 54 ff.; Marx, F. (1990), S. 6 ff; Schwinger, R. (1992), S. 7 ff.; Ehrmann, T (1989). 17 Drukarczyk, J (1984), S.681 - 704; Riekhof. H. (1984); Hartmann-Wendels, T (1991). 18 Grundsätzlich Elschen, R. (1987), S. 215 - 242; vgl. auch Schmidt, R. (1980); Wangler, C. (1994), S. 54 ff.; sehr kurz bei Marx, F. (1990), S. 6 ff. 19 Den Rang einer von mehreren Hauptaufgaben nimmt die Rechtsgestaltung mit folgenden Argumenten ein: z.B. bei Dziadkowski, D. (1983), S. 2049. 2050 "Gesetzgeber ... allein nicht in der Lage ... , die ökonomischen Wirkungen von Steuernormen ... zu erkennen"; Wöhe, G. (1988), S. 26 "zugleich ... prüfen. ob ... Grundsatz der Gleichmäßigkeit ... verletzt wird"; ROSE, G. (1992), S. 19 f. "betriebswirtschaftliches Instrumentarium einer (zweck-)gerechten Ausgestaltung des Steuerrechts nutzbar ... machen"; Kussmaul, H. (1995), S. 9 f. "Offenlegung lobbyistischer Bemühungen"; Grotherr, S. (1995), S. 102 "Kritik an negativen ökonomischen Wirkungen ... aus betriebswirtschaftlicher Sicht ... üben". Vgl. dagegen aber den Forschungsgegenstand der finanzwissenschaftlichen "Theorie der optimalen Besteuerung", z.B. bei Elschen, R. (1984), S. 267 - 289. 20 V gl. grundlegend Schneider, D. (1983). 21 Vgl. Wagner, F. (1991). 22 Vgl. Wagner, F. (1986), S. 38. 23 V gl. Schneider, D. (1997), S. 486 f.

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B. Methodischer Teil

des Steuerrechts beurteilt werden darf4 . Problematisiert wird einerseits, inwieweit und in weIcher Form der Analysierende eigene Wertungen vornehmen darf 5, andererseits wie Effizienz und Gerechtigkeit methodisch zu präzisieren sind. HierfUr erscheint es unablässig, zunächst zwei Aspekte von Regelungswirkungen zu unterscheiden 26 : einerseits die Entscheidungswirkungen von Rechtsnormen, d.h. ihr Einfluß auf Planungsgrößen einzelner Marktteilnehmer und deren Anpassungshandlungen, andererseits die Verteilungsfolgen, die insbesondere den Regelungseinfluß auf bereits verwirklichte Marktergebnisse beschreiben, die bei mehreren Marktteilnehmern verglichen werden. Diese Begriffe können nicht nur in der Rechtsanalyse eingesetzt werden, sie helfen auch bei der Auseinandersetzung mit dem mikroökonomischen Instrumentarium, um die Bedingungen zu ergründen, aus denen Rechtsgestaltungsempfehlungen hergeleitet werden können 27 • Hierauf soll das folgende Kapitel eingehen, das vor allem die nachstehenden Thesen untersucht: •

Zur Bestimmung von Effizienz- und Gerechtigkeitskriterien werden mikroökonomische Methoden benötigt, die zugleich die möglichen Analyseergebnisse determinieren 28 •



Durch die Auswahl eines mikroökonomischen Instrumentariums konkretisiert sich zugleich die Zielvorstellung eines funktionsfähigen Markts 29

11. Mögliche Leitbilder eines funktionsfähigen (Kapital-) Markts Mikroökonomische Ansätze lassen sich in "Denkstile" einordnen; eine ausführliche Darstellung der für die Betriebswirtschaftslehre bedeutenden mikroökonomischen Quellen findet sich bei SchneiderJo • Diese sollen für die an-

24 Pro: Elschen, R. (1994), S. 196 tf., 254 tf.; Schneider, D. (1994), S. 20 tf.; contra: Döring, U. (1977), besonders S. 303; Wöhe, G. (1983), soweit Werturteile erforderlich, aber pro, soweit die Gleichmäßigkeit der Besteuerung berührt ist, vgl. Wöhe, G. (1984), S. 388 f.; ebenso im Hinblick auf die Planbarkeit von Rechtsfolgen Rose, G. (1985). 25 Vgl. z.B. Elschen, R. (1988), S. 15. 26 Vgl. Schneider, D. (1994), S. 20; Schneider, D. (1990), S. 534; EIsehen, R. (1994), S. 224 ff.; ab S. 51 werden die Überlegungen ausgeweitet. 27 Vgl. z.B. Schneider, D. (1994), S. 70 -72; zur Würdigung Wagner, F. (1995). 28 V gl. z.B. Elschen, R. (1991), S. 99 - 115 überblicksweise zu Effizienzkriterien aus steuerjuristischer, finanzwissenschaftlicher und betriebswirtschaftlicher Sicht. 29 Ähnlich Elschen, R. (1987), S. 217 ff. zur Bedeutung von "Markttheorien" rur die betriebswirtschaftliche Analyse des Rechts. 30 Vgl. Schneider, D. (1995), S. 245 ff.

II. Mögliche Leitbilder eines funktionsfilhigen (Kapital-) Markts

37

schließende Darstellung, stark vereinfachend, in zwei Gruppen zusammengefaßt werden.



Klassische (National-)Ökonomie

Marktprozeßdenken

~

Neoklassik



Neoinstitutional ismus

Abbildung I: Vereinfachter Zusammenhang mikroökonomischer Ansätze

Diese Gliederung erscheint aus zwei Gründen gerechtfertigt: •

Anhänger des "Neoinstitutionalismus" sehen sich selbst in der Tradition der "Neoklassik"31.



Vertreter des mit "Marktprozeßdenken" bezeichneten Zweigs knüpfen methodisch bewußt an "vor-neoklassische" Kalküle an und suchen eine Abgrenzung zum "Neoinstitutionalismus"32.

Überlagert wird die Methodengegenüberstellung von einer Fülle einzelner neuerer Fragestellungen und Untersuchungsprobleme, die sich auf den Neoinstitutionalismus beziehen33 . Es wird jedoch gezeigt werden, daß es grundsätzlich keinen Sinn macht, diese lediglich einem mikroökonomischen Ansatz zuzuordnen, da sie genauso gut aus einem anderen Blickwinkel untersucht werden können. Dies gilt auch filr die öAR, die mitunter als Spezialgebiet der "Neuen Institutionenökonomik" vereinnahmt wird34 . Unter dem Begriff der öAR vereinen sich aber vielmehr eine Anzahl von Problemstellungen, deren Beurteilung

31 Vgl. Schmidt, R/Terberger, E. (1997), S.386 ff.; Terberger, E. (1994), S.23; Richter, R.lBindseil, U. (1995), S. 132; Koch, H. (1981), S. 170; Schmidt, R. (1981); vgl. auch Perridon, L.lSteiner, M (1995), S. 485 ff; zu argumentativen Unterschieden z.B. Ordelheide, D. (1991), S. 511 ff. 32 V gl. Schneider, D. (1983a), S. 214; deutlich Elschen, R. (1994), S. 202 ff; den Begriff verwendet auch Schauenberg, B. (1995). Allgemeiner Schneider, D. (1997a), S. 38, 42 ff.: "Wirtschaftliche Erfahrungssachverhalte als Vor-Bilder für eine evolutorische Theorie der Unternehmung". 33 "Als Bausteine des Neoinstitutionalismus": Schmidt, R./Terberger, E. (1997), S.396 ff.; vgl. auch Thiele, M (1994); Richter, R.lBindseil, U. (1995); Perridon, L./Steiner, M (1995), S. 486. 34 Vgl. Richter, R.lBindseil, U. (1995), S. 134; Thiele, M (1994), S. 996. Dagegen wird der Neoinstitutionalismus gelegentlich wiederum selbst als Bestandteil der politischen Ökonomie aufgefaßt, vgl. z.B. Boettcher, E. (1983).

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B. Methodischer Teil

und Lösung mit Hilfe eines "frei wählbaren" mikroökonomischen Instrumentariums erfolgen kann 35 . Die hier dargestellte Gegensätzlichkeit der Ansätze wird bereits in der begrifflichen Bestimmung des Sachverhalts "Kapitalmarkt", als wesentliches ökonomisches Einsatzgebiet, deutlich: •

Im banküblichen Sprachgebrauch grenzt der Begriff lediglich bestimmte Kapitalüberlassungsformen und -fristen sachlich als Marktsegment vom "Geldmarkt" ab 36 .



Aus neoinstitutionalistischer Sicht wird "Kapitalmarkt ... als theoretischer Begriff gebraucht", der "die Gesamtheit von Angebot und Nachfrage und die Art ihrer Abstimmung" bezeichnet; "dieser theoretische Begriff ist von dem empirischen Begriff des Kapitalmarkts zu unterscheiden,m.

Für den Marktprozeßansatz stellvertretend verwendet Schneider den Begriff zwar einerseits auch für eine sachliche Abgrenzung38 ; andererseits wird der "Markt als Handlungssystem" Bezeichnung "für einen zu untersuchenden Erfahrungssachverhalt"39. Hiermit wird ausgedrückt, daß der Markt nicht selbst Bestandteil eines Modells wird. Soweit Märkte vielmehr als Folge von und Rahmenbedingung rur untemehmerisches Handeln angesehen werden40, können beobachtbare Marktsachverhalte in einem Ansatz unmittelbar interpretiert werden. Diese Diskussion strahlt auf die Rechtswissenschaften aus, auf der Suche nach Abgrenzungsmerkmalen für das Arbeitsgebiet "Kapitalmarktrecht" in verschiedenen Kapitalmarktdefinitionen nur "vorjuristische Begriffsstreitigkeiten [zu] sehen"41. Statt dessen folgt aus dem "Kapitalmarktrecht" als juristische Kategorie implizit auch ein eigener Kapitalmarktbegriff: Bei einer Auffassung von Kapitalmarktrecht "neben Aktien- und Börsenrecht" etwa als

35 Vgl. ebenso: Kirchner, C. (1993), S. 77 f. 36 Vgl. Neuber, F. (1988), S. 63. 37

Schmidt, R./Terberger, E. (1997), S. 56 Fn 20.

38 Als "Name rur die Gesamtheit der Finanzmärkte ... auf denen Nachfrager nach

Geld heute mit Nachfragern rur künftige Einnahmeansprüche zusammentreffen und Anbieter von Geld heute mit Anbietern künftiger Auszahlungsansprüche": Schneider, D. (1992), S. 12; gegebenenfalls auch um den Handel von "Sacheinlagen" erweitert, Schneider, D. (1995), S. 50. 39 Vgl. Schneider, D. (1995), S. 78. 40 Vgl. Schneider, D. (1995), S. 77,102 ff. 4; Der Begriff gehört "im Hinblick auf seine Abgrenzbarkeit zu anderen Märkten nicht einmal in den Wirtschaftswissenschaften - die am ehesten berufen sind, ihm Gestalt zu verleihen - zu den klar konturierten Begriffen", Assmann, H. (1990), S. 3, mit Einfiigung; ähnlich: Hopt, K. (1977), S. 419 ff.

11. Mögliche Leitbilder eines funktionsfiihigen (Kapital-) Markts

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"Gesamtheit der Grundsätze und Normen ... , die sich mit dem öffentlichen Vertrieb und Umlauf von Unternehmensbeteiligungen und ... fungiblen Kapitalmarktpapieren ... befassen, um den Individualschutz der Kapitalanieger und den Funktionenschutz von Kapitalmarkt und Wirtschaft zu gewährleisten"

begrenzt sich der Kapitalmarktbegriff auf "das Angebot, mit dem die Gesellschaften an den Kapitalmarkt treten"42. Abweichende ökonomische und juristische Kapitalmarktbegriffe scheinen sich jedoch dort zu relativieren, wo die ,,'Funktionsflihigkeit des Kapitalmarkts' als Regelungsziel"43 auch ökonomische Begriffe erfordert. Hierfilr wird festgestellt: "Vor allem unter dem Einfluß wirtschaftswissenschaftlicher Erkenntnisse gewinnt die Auffassung an Boden, daß dem Kapitalmarktrecht ... die Aufgabe zukommt, die Voraussetzungen eines funktionsflihigen, effizienten Kapitalmarkts zu schaffen"44. Dies fiihrt aber zurück zu der Überlegung, daß filr das Leitbild eines funktionsflihigen Kapitalmarkts ein ökonomischer Ansatz erforderlich ist, dessen Festlegung die Regelungsziele, die Ermittlung von Regelungswirkungen und die Beurteilung von Rechtsnormen beeinflußt. Dies soll im folgenden filr die hier gebildeten Gruppen "Neoinstitutionalismus" und "Marktprozeßansatz" dargestellt werden. 1. Neoklassik und Neoinstitutionalismus In der Wohlfahrtsökonomie wird Effizienz über das "Pareto-Optimum" marginalanalytisch ermittelt45 : effizienter Tausch und effiziente Produktion sind gegeben, wenn die Güternutzen von jeweils zwei Individuen nicht weiter erhöht werden können. Die Substitution von produzierbaren Gütern oder weiterer Tausch kann ihre Nutzenpostionen nicht mehr verbessern. In diesem Zustand ist "Pareto-" bzw. "Allokationseffizienz" erreicht46 . Die Bedingungen zur Erfiillung der Effizienz werden im "Modell der vollständigen Konkurrenz" als gegeben angesehen 47 . Hierbei handelt es sich um verschiedene Varianten 48 eines mathematischen Modells, das den Abgleich der 42 Rapt, K. (1977), S. 431, 421; Überblick über die Entwicklungen: Assmann, H. (1990), S. 4 ff.; neuerdings auch bei Schmidt, K. (1997), 13 f. 43 Vgl. Assmann, H. (1990), S. 10 ff. 44 Assmann, H. (1990), S. 10, m.w.N. 45 Vgl. Fritsch. M/Wein, T./Ewers, H. (1996), S. 18 ff. 46 Vgl. F/·itsch, MlWein, T./Ewers, H. (1996), S. 14 ff. 47 Vgl. Fritsch, MlWein, T./Ewers, H. (1996), S. 323. 48 Überblick bietet beispielsweise Schneider, D. (1987), S. 159 - 196 oder Schneider, D. (1981), S. 282 ff.

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B. Methodischer Teil

Pläne der betrachteten Individuen fonnal definiert. Es beschreibt einen allgemeinen und statischen Gleichgewichtszustand, der durch "Gleichgewichtspreis" und "Gleichgewichtsmenge" charakterisiert wird49 . Gegenüber der klassischen Nationalökonomie, die sich mit Tauschbeziehungen im Wettbewerb und der Signalwirkung von Konkurrenzpreisen auf Marktverhalten beschäftigt hat 50, hebt sich das Bestreben der Neoklassik ab, die Bedingungen ftIr die Existenz eines Marktgleichgewichts abzuleiten. Weil solche Prämissen sprachlich schwierig präzise zu fonnulieren sind, verlagern sich die Überlegungen konsequent in die analytische Ebene und münden in der Existenzaussage für ein generelles Gleichgewicht. Die "Allokationseffizienz" wird zwar im Modell der vollständigen Konkurrenz in einem Zustand der Nutzenmaximierung dargestellt, über das Niveau der Nutzen wird aber nichts ausgesagt 51 : Haben die Modellmarktteilnehmer unterschiedlich starke Ausgangspositionen hinsichtlich Güter, Produktionsmittel, Zahlungsmittel und, sofern berücksichtigt, Infonnationen, dann sind auch die Tauschergebnisse im Gleichgewicht, die Nutzenniveaus, unterschiedlich hoch. Diese Modelleigenschaft wird im Hinblick auf reale Märkte dahingehend interpretiert, daß vollständige Konkurrenz einen feststehenden Gerechtigkeitsmaßstab impliziert: "Leistungsgerechtigkeit"52. Der Schlüssel ftIr die neuere Entwicklung von Methodik und Forschungsschwerpunkten ist die Vorstellung, Abweichungen zwischen den Ergebnissen realer Märkte und denen des Modells vollkommener Konkurrenz ließen sich als "Marktversagen" interpretieren53 ; das Modell wird zum Leitbild funktionsflihigen Wettbewerbs erhoben. Dies wird vor allem auch an der Überlegung deutlich, Unternehmungen als Institutionen existierten nur aufgrund der mangelnden Funktionsflihigkeit der Märkte 54 : die Begriffe "Markt" und "Unternehmung" stellen daher einen Gegensatz dar 55 . Im Zielzustand des allgemeinen Gleichgewichts wären solche Institutionen neben "dem Markt" wieder entbehrlich 56 . Um die gesamtwirtschaftliche Mittelverschwendung zu minimieren, 49 Vgl. Fritsch. M./Wein. T.lEwers. H. (1996), S. 34 ff. 50 Vgl. Schneider. D. (1995), S. 246 ff., m.w.N. 51 Hierdurch kann das "Optimum Optimorum", die Nutzenmaximierung aller Markt-

teilnehmer verfehlt werden, vgl. Fritsch. M.lWein. T.lEwers. H. (1996), S. 25, 323 f. 52 Eischen. R. (1994), S. 281. 53 Vgl. ausfilhrlich Schneider. D. (1984) und zur Herleitung aus einem "Koordinationsmängelkonzept" Fritsch. M./Wein. T/Ewers. H. (1996), S. 53 ff., 285 ff, 312. 54 Ausgangspunkt ist der "Transaktionskostenansatz", der zunächst nur eine Marktmangelmöglichkeit erfaßt: vgl. z.B. Schmidt. R./Terberger. E. (1997), S. 403 ff. Überblick bei Schneider. D. (1985a). 55 Deutlich bei Kübler. F.lSchmidt, R. (1988), S. 2. 56 Vgl. aber Schmidt. R./Terberger. E. (1997), S. 72 ff.

11. Mögliche Leitbilder eines funktionsfiihigen (Kapital-) Markts

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müssen diese Fehlerquellen aufgespürt und korrigiert werden 57 . Als mögliche Ursachen ftlr "Marktmängel", bzw. "Reibungsverluste"58 sind unter anderem externe Effekte, Transaktionskosten, ungleiche Wissensverteilungen und fehlende Rationalität bei den Marktteilnehmern, sowie Rechtsvorschriften untersucht worden 59. Dieser "Denkstil" wird als Neoinstitutionalismus bezeichnet, da Institutionen ausgehend vom neoklassischen Modell erklärt werden 60 . Im Zusammenhang mit Problemen des Kapitalmarkts ist der Begriff in Deutschland erstmals von Schmidt61 eingefilhrt worden. Hierunter ist nach der oben geführten Herleitung die Untersuchung von Institutionen als Marktmangelsymptome, unter dem Leitbild eines vollkommenen Kapitalmarkts, zu verstehen, die eine Interessenkoordination "kostengünstiger"62 oder wohlfahrtsfördernder63 durchführen können als "der Markt". Institutionen werden hierftlr oft als "Geflecht von Verrugungsrechten" angesehen64 , die wiederum selbständig handel- und bewertbare Marktgegenstände bilden65 . In der neoinstitutionalistischen Analyse des Rechts werden rechtliche Regelungen aus zwei Perspektiven betrachtet: sie sollen entweder helfen, die Folgen von Marktversagen zu beseitigen 66 oder sie werden selbst als Quelle von Marktmängeln ins Visier genommen67 . In betriebswirtschaftlichen Untersuchungen wird Effizienz oft investitions-, bzw. finanzierungstheoretisch modelliert. Eine effiziente Ressourcenallokation gilt als erreicht, wenn Entscheidungsneutralität68 gewahrt werden kann; dies soll auch im Hinblick auf den Ausgleich von Marktmängeln durch Regeln mit

57Vgl. Fritsch, M/Wein, T./Ewers, H. (1996), S. 62 ff. 58 Vgl. Terberger, E. (1994), S. 23. 59 Vgl. stellvertretend Fritsch, M.lWein, T.lEwers, H. (1996), S. 73 ff. 60 Vgl. Terberger, E. (1994), S. 23. 61 Vgl. Schmidt, R. (1981) und Schmidt, R. (1981a). 62 Schmidt, R./Terberger, E. (1997), S. 404 f.; Wilke, H. (1996), S. 72. 63 Untersucht fiir Rechnungslegung als Institution bei Hartmann-Wendels, T. (1991), S. 19 ff., 28. 64 Vgl. z.B. Terberger, E. (1994), S. 122. 65 V gl. Richter, R.lBindseil, U. (1995), S. 136; ausftihrlich Schneider, D. (1995), S. 254 ff. 66 Etwa auch als Maßnahmen gegen Wissensunterschiede, vgl. bei Perridon, L./Steiner, M (1995), S. 489 f. 67 "Staatsversagen", vgl. Feldhoff, M (1994), S. 532. 68 Vgl. z.B. Wagner, F. (1986).

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B. Methodischer Teil

gezielten Anreizwirkungen gelten 69 . Die postulierte Wirkung wird daher als Nonn fUr Rechtsetzungen aufgefaßt, die Allokationseffizienz im Hinblick auf einen funktionsfähigen Wettbewerb erreichen sowo. Die Modelle sind allerdings trotz umfangreich modifizierter Annahmen 71 über den vollkommenen Kapitalmarkt in der Gleichgewichtstheorie verwurzelt 72 • Hierin werden entscheidungslogische Sätze mit Nutzenfunktionen verknüpft 73 und mit Hilfe der Entscheidungstheorie unter Ungewißheit Optima über die Pareto-Bedingung ennittele4 • Auch aus juristischer Sicht schließt die öAR Marktversagensursachen ein, besonders Transaktionskosten und Infonnationsprobleme 75 . Sie arbeitet insofern "neoinstitutionalistisch". Aus den volkswirtschaftlichen Weiterentwicklungen der Wohlfahrts ökonomie werden außerdem zur Modifikation des Pareto-Merkmals Kriterien entlehnt, die auch einfache Verteilungsabwägungen ermöglichen 76 . Die Diskussion um den Status der öAR zeigt aber das Problem einer methodischen Verwurzlung in der Neoklassik: die schwerwiegendste Kritik bezieht sich auf das modellhafte "Menschenbild"77 der Rechtsanalyse, das sich nicht in das herkömmliche Rechtsdenken fUgt78. Die Verfechter der juristischökonomischen Rechtskritik sehen genau hierin einen Vorzug der öAR79 und behaupten, im Zivilrecht würden ohnehin schon unbemerkt Effizienzkalküle zur Anwendung kommen 80. An dieser Stelle scheint aber nur ein Gegenargument gerechtfertigt: Der Hinweis, daß der "homo oeconomicus" gar kein notwendiges Merkmal der Mikroökonomik ist.

69 "Allokationspolitik", vgl. Fritsch, M./Wein, T./Ewers, H. (1996), S. 286, 306 ff; hierfür müßten Wirkungsweise und Ausmaß von Fehlallokationen bekannt sein, vgl. z.B. Schwinger, R. (1992), s. 15. 70 Vgl. z.B. Wagner, F. (1992). 71 Vgl. etwa bei Hartmann-Wendels. T. (1990). 72 V gl. Schneider, D. (1992), s. 102. 73 Vgl. für Entscheidungen unter Ungewißheit z.B. Drukarczyk, J. (1993), S. 93 ff. 74 Vgl. z.B. Franke. G./Hax. H. (1994), S.437 f.; Laux. H. (1988); Horst. M./Schmidt. R./Terberger. E. (1982). 75 Vgl. z.B. Schäfer. H. (1989) und weitere Aufsätze desselben Sammelbands. 76 Vgl. Schäfer, H./Oft. C. (1995), S. 29. 77 Kirchgässner. G. (1991), S. 105; Fezer, K. (1988), S. 227 f. 78 Vgl. besonders Fezer. K. (1986), S. 822 ff; andere Uuristische) Zielsetzungen WÜrden hierdurch ausgeklammert, vgl. Eidenmüller. H. (1995), S. 8; entgegengesetzte Auffassung: Koch. H. (1981), S. 189. 79 Vgl. Kirchgässner. G. (1991), besonders S. 111. 80 Vgl. Schäfer. H./Oft. C. (1995), S. 47 f.

11. Mögliche Leitbilder eines funktionsfähigen (Kapital-) Markts

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2. "Marktprozeßdenken" Vereinfacht lassen sich zwei Gruppen mikroökonomischer Quellen bestimmen, denen das Denken in Konkurrenzgleichgewichten fremd ist: die nationalökonomische Klassik und die neuere österreichische Mikroökonomik81 • Das Leitbild eines generellen Gleichgewichts wird hierin jedoch nicht lediglich durch ein Ungleichgewicht ersetzt; funktionale Abhängigkeiten zwischen den anbietenden und nachfragenden Marktteilnehmern werden vielmehr negiert 82 • Statt dessen werden die Handlungsfolgen auf den Märkten, die Marktprozesse in den Mittelpunkt der Betrachtung gestellt83 • Für Schneider bilden die Marktprozesse allerdings nur ein Element einer "evolutorischen Einzelwirtschaftstheorie der Institutionen", bei der der "Ausübung von Unternehmerfunktionen" durch Marktteilnehmer eine zentrale Bedeutung zukommt84 : Bei Schneider wird das Marktprozeßdenken durch ein "Denken in Unternehmerfunktionen" konkretisiert. Daß in der vorliegenden Arbeit dennoch der Begriff "Marktprozeßdenken" als Kennzeichen eines hieran knüpfenden mikroökonomischen Ansatzes gewählt wird, soll verdeutlichen, daß auch eine von Schneider abweichende Ausfiillung denkbar ist85 • Schneider weist jedoch daraufhin, daß die Bezeichnung "Marktprozeß" mehrdeutig ist, da sie auch in nicht-evolutorischen Theorien verwendet wird 86 , auf die hier aber insoweit kein Bezug genommen wird. Schneider hat seinen Ansatz schon vergleichsweise umfassend ausformuliert87 und in Analysen eingesetzt. Charakteristisch ist allerdings eine eigene Begriffswelt. Im Rahmen seiner Einzelwirtschaftstheorie der Institutionen werden zahlreiche Begriffe neu oder in ungewohnter Weise bestimmt. Dies erschwert den Zugang zu seinen Überlegungen 88 •

81 In Anlehnung an Schneider, D. (1995), S. 245 ff.; Schneider, D. (1985a), S. 1238; besonders deutlich bei Schneider, D. (1983a), S. 214 ff. mit Nachweisen. 82 Vgl. aber Schneider, D. (1983a), S. 214. 83 Z.B. bei Eischen, R. (1994), S. 210 ff. Vgl. aber auch Fritsch, M.lWein, T./Ewers, H. (1996), S. 66: "Das Modell der vollständigen Konkurrenz ist nur sehr bedingt zur Beurteilung von Marktprozessen geeignet"; im Original mit Hervorhebung. 84 Schneider, D. (1985a), S. 1238. Die Begriffsbestimmung folgt weiter unten. 85 Z.B. bei Eischen, R. (1994), S. 210 ff.; vgl. noch bei Schneider, D. (1983a), S. 214. 86 V gl. Schneider, D. (1997a); vgl. z.B. Grossekettler, H. (1987). 87 Schmidt, R. (1983), S. 516 ff. hat noch das Fehlen einer eigenständigen Theorie der Unternehmung in Schneiders Überlegungen kritisiert und im Sinne neoinstitutionalistischer Mikroökonomik angeregt. Diese Kritik dürfte obsolet sein. 88 Das Glossar im Anhang, Punkt E.I, soll im weiteren Verlauf den Zugriff auf übernommene Begriffe ermöglichen.

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B. Methodischer Teil

Seinen Betrachtungsgegenstand beschränkt Schneider aus betriebswirtschaftlicher Sicht auf den "Einkommensaspekt" menschlichen Handelns 89 . Marktteilnehmer werden Unternehmer, indem sie unter planerischer Unsicherheit einen eigenverantwortlichen Einkommenserwerb verfolgen 90 • Neben dieser Unternehmerfunktion untersucht Schneider drei weitere Unternehmerfunktionen, die schon in der klassischen Nationalökonomie diskutiert wurden 91 • Die wichtigste Unternehmerfunktion bildet hierbei die Übernahme von Einkommensunsicherheiten anderer Marktteilnehmer92 • Hierin ist seiner Auffassung nach die Ursache zur Entstehung von Institutionen zu sehen: Institutionen werden mit dem Bestreben gebildet, Einkommensunsicherheiten zu reduzieren, bzw. "um einer entscheidungslogisch noch nicht handhabbaren Unsicherheit zu begegnen"93 und die Planbarkeit des Einkommenserwerbs zu verbessern. Der Begriff "Institution" wird als Oberbegriff fUr Regelsysteme und Handlungssysteme verwendet, umfaßt also sowohl eine betrachtete "Ordnung" als Menge von Regeln, als auch die hierdurch geordneten Handlungsabläufe 94 • Evolutorische Institutionen können dann sowohl der Markt als auch die Unternehmung sein, einen Gegensatz bilden sie im Marktprozeßdenken nicht 95 . Wird versucht, rückblickend die Entstehung von Institutionen nachzuvollziehen, so ist nur selten ein ordnender Plan zu entdecken. Im Nachhinein betrachtet, haben Institutionen oftmals einen Entwicklungsprozeß durchlaufen, so daß sie vom Status quo aus gesehen wie von "unsichtbarer Hand" entstanden wirken 96 • Als Marktprozeß bezeichnet Schneider "die durch Ausübung von Unternehmerfunktionen gelenkten ... Wissensänderungen ... ,Verhandlungen zu einer Tauschvereinbarung und der Austausch von Verfilgungsrechten aus einer Tauschvereinbarung während eines Beobachtungszeitraums"97. Der Marktprozeß fUhrt zu einem kontinuierlichen Wissensaufdeckungsprozeß und enthält im Zeitablauf eine unumkehrbare Abhängigkeit: eine Wissensänderung durch die Feststellung, inwieweit die tatsächlichen Marktergebnisse von den Wirtschafts-

89 Vgl. Schneider, D. (\995), S. 24 ff., 119 ff.

Vgl. Schneider, D. (1995), S. 31 f.; Schneider, D. (\ 986), S. 171. Vgl. zu den einzelnen Unternehmerfunktionen und ihren vor-neoklassischen Wurzeln Schneider, D. (\ 995), S. 33 ff.; Schneider, D. (1991), S. 373; Schneider, D. (1985a), S. 1245 ff. 92 V gl. Schneider, D. (1995), S. 114 f. zur Rangordnung der Unternehmerfunktionen. 93 Schneider, D. (1985a), S. 1249, im Original überwiegend hervorgehoben. 94 V gl. Schneider, D. (1995), S. 20 ff. 95 Vgl. Schneider, D. (1995), S. 73 ff. 96 Vgl. Schneider, D. (1995), S. 110 ff.; Schneider, D. (1993). 97 Schneider, D. (1995), S. 79. 90 91

II. Mögliche Leitbilder eines funktionsfllhigen (Kapital-) Markts

45

plänen abweichen98 • Dies ist ein entscheidender Unterschied zur Gleichgewichtstheorie, die von einer "allgemeinen Interdependenz sämtlicher Bestimmungsgrößen des Wirtschaftens"99 und von einem unveränderlichen, von außen vorgegebenen Stand des Wissens und Könnens ausgeht lOo • Die Handlungsabläufe innerhalb der Institution "Markt" 101 , die Marktprozesse, werden allerdings nicht nur durch Regelsysteme, den Marktregeln, sondern durch weitere, faktische Einflußgrößen geordnet, der Marktstruktur. Zur Marktstruktur zählt Schneider etwa Merkmale wie Produktdifferenzierung und Anzahl und Größe der Marktteilnebmer lO2, als Marktregeln bezeichnet er dagegen 103 •

vertragliche Vereinbarungen, gesetzliche Regelungen und Verhaltensnormen, die zusammen die "Marktverfassung" bilden;



"informelle" Regelsysteme, die auf Erfahrungswerten, Theoriebildung etc. beruhen.

Marktregeln im Sinne dieser Begriffsbestimmung sind Gegenstand der öAR. Ihre Beurteilung orientiert sich an dem zugrundegelegten Leitbild eines funktionsfähigen Markts. In dem von Schneider dargestellten Marktprozeßansatz müssen die gesetzlichen Regelungen, die die Wirtschaftsordnung bilden, die eigenverantwortliche Ausübung von Unternehmerfunktionen zum Zwecke der Einkommenserzielung im Wettbewerb lO4 mit anderen Marktteilnehmern fördern l05 . Insoweit sollen die Marktprozesse einer "Wettbewerbsordnung"I06 •

in "Regeln gerechten Verhaltens eingebunden" sein,



"ungleiche Wissensverteilungen abbauen helfen" und



"Einkommensunsicherheiten zu verringern erlauben".

"Regeln gerechten Verhaltens" sollen Annahmen über unerwünschte Überraschungen in Marktprozessen zugrunde liegen, zu deren Vermeidung eine Einschränkung der Handlungsfreiheit der Marktteilnehmer fiir erforderlich gehalVgl. Schneider, D. (1995), S. 253 f. Schneider, D. (1995), S. 253 f. 100 Vgl. Schneider, D. (1997a), S. 42. 101 Entsprechende Überlegungen werden fiir die Institution "Unternehmung" angestellt, vgl. Schneider, D. (1995), S. 98 f. 102 Vgl. Schneider, D. (1995), S. 83. 103 Vgl. Schneider, D. (1995), S. 83 f.; eine Ähnlichkeit mit dem Verfugungsrechtsbegriff besteht nicht, vgl. Schneider, D. (1995), S. 254 ff. 104 Zu diesem Begriff im Marktprozeßansatz vgl. Schneider, D. (1986), S. 167. 105 Vgl. Schneider, D. (1995), S. 57 f.; unklar aber bei Schneider, D. (1992), S. 40, wo die Funktionsfllhigkeit auf einen "geräumten" Markt bezogen wird. 106 Schneider, D. (1995), S. 59 f., 71. 98

99

46

B. Methodischer Teil

ten wird, etwa damit "sich niemand in die Verwendung bestimmter Mittel einmischt", kriminelle Handlungen verfolgt und das Einhalten von Verträgen erzwungen werden 107. Die Aufgabe der einzelwirtschaftlichen Analyse des Rechts leitet Schneider schließlich aus den bis hier dargestellten Begriffen ab. Sie kann 108 "als Suche nach Rechtsetzungen verstanden werden, die eine Wettbewerbsordnung nicht beeinträchtigen ... Über Regeln zur Verbesserung der Allokation durch Marktprozesse und Marktzufuhrhandlungen ... hinaus sind zudem in einer Wettbewerbsordnung Regeln gerechten Verhaltens zu beachten. So schließt z.B. eine ökonomische Analyse des Steuerrechts nicht nur 'dessen Entscheidungswirkungen ein, sondern auch die Probleme gleichmäßiger Besteuerung ... sowie Fragen der unterschiedlichen Belastung verschieden hoch gemessener steuerlicher Leistungsfliliigkeit ... In einer ökonomischen Analyse des Rechts einer Wettbewerbsordnung dürfen Verteilungsfolgen nicht ausgeklammert werden".

111. Argumente für die Wahl eines Marktprozeßansatzes als Leitbild der ökonomischen Analyse des Rechts Über Aufgaben eines funktionsflihigen Kapitalmarkts besteht zwischen den beiden Denkstilen kein grundsätzlicher Dissens: Preise sollen auf Märkten die Planabstimmung von anbietenden und nachfragenden Marktteilnehmern koordinieren und die Bewertung von Handlungsalternativen, insbesondere in der gegenwärtigen Einschätzung der Zukunft, ermöglichen ,09 • Die Unterschiede äußern sich aber insbesondere darin, wie die Ansätze Marktsachverhalte abbilden und erklären und die Ableitung von Handlungsempfehlungen fiir reale Kapitalmärkte, etwa zur Rechtsgestaltung, erlauben I 10. Für die Erklärung von Kapitalmarktsachverhalten bereitet im neoinstitutionalistischen Ansatz die Orientierung am Konkurrenzgleichgewicht gedankliche Probleme. So scheint nicht schlüssig, wie die ftlr Marktversagen identifizierten Ursachen als Abweichung realer Märkte vom Modell voneinander abgegrenzt werden, da in diesem Ansatz außerhalb des Gleichgewichts alle Einflußgrößen interdependent sind 111. Das willkürliche Herausgreifen vermuteter MarktversaVgl. Schneider, D. (1990a), S. 879; Schneider, D. (1995), S. 62 f. Schneider, D. (1997), S. 239. Hierbei soll das "Heran schaffen von Angebot und Nachfrage" als "Marktzufuhr" bezeichnet werden, vgl. Schneider, D. (1995), S. 85. 109 Ähnlich Schneider, D. (1992), S. 40; dagegen ein Katalog weiter Aufgaben aus neoklassischer Sicht, z.B bei Fritsch, M./Wein, T/Ewers, H. (1996), S. 60. 110 Zu alternativen Formen betriebswirtschaftlicher Theorien vgl. Schneider, D, (1995), S. 117 f; Schneider, D. (1994), S. 71 f; zur Abgrenzung auch Schneider, D. (1992), S. 20 I. 111 Vgl. Schneider, D. (1995), S. 253 f. 107

108

III. Argumente für die Wahl eines Marktprozeßansatzes

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gensursachen zeigt sich besonders an verschiedenen "Transaktionskosten"Begriffen, in die jeweils nur ausgewählte Kostenarten einbezogen werden 112. Ohnehin ist fraglich, warum unterstellt wird, die Marktteilnehmer wählten Institutionen nur aufgrund von Kostenvergleichen und nicht auf Basis von Investitionsrechnungen. Wenn aber die Abgrenzung von Marktversagensursachen keinen zwangsläufigen Regeln folgt, dann muß dies auch einen Einfluß auf die Deutung von Institutionen haben, die als Folge jeweils bestimmter Marktversagensursachen angesehen werden. Störend fällt zudem auf, daß Vorgänge auf realen Märkten, in denen Wettbewerb herrscht, der aber durch Funktionsmängel beeinträchtigt sein soll,. im Hinblick auf ein "Konkurrenz"-Gleichgewicht erklärt werden, in dem Wettbewerb nicht existiert 113 • Der Marktprozeßansatz hat mit dieser Sichtweise nichts gemein: Hierin wird das Handeln von Marktteilnehmern schlicht über "Unternehmerfunktionen" erklärt und auf Probleme des Einkommenserwerbs beschränkt. HierfUr dienen einige wenige, wenn auch sprachlich umständliche Merkmale, die schließlich zu der zentralen Annahme über die Ursache der Institutionenbildung fUhrt: die Teilung und Übernahme von Einkommensunsicherheiten durch Marktteilnehmer. Im Untersuchungsansatz scheint damit der Anlaß fiir die Entstehung von Institutionen vollständig benanne 14; "Funktionsstörungen" sind hierin nicht definiert. Die im Neoinstitutionalismus unter diesem zentralen Begriff erfaßten realen Phänomene helfen im Marktprozeßansatz bei der Erklärung unsicherer Erwartungen, die im Marktprozeß zu Überraschungen fUhren können. Der Sollzustand ist im Neoinstitutionalismus als Konkurrenzgleichgewicht festgelegt. Hierbei wird zunächst unterstellt, daß die Beseitigung von Marktmängeln die Allokationsfähigkeit des Wettbewerbs fördert. Gleichzeitig wird die Behauptung aufgestellt, daß ein funktionsfähiger Wettbewerb tendenziell zum Gleichgewicht hinfUhrt l15 • Hierfiir existiert jedoch kein zuverlässiger Beweis 116. Bezweifelt man jedoch die Gültigkeit der Hypothese, dann ist auch das Referenzmodell fraglich. Problematisch ist auch die Modellannahme über die kollektive, wohlfahrtsökonomische Nutzensteigerung 117 durch Annäherung an das Gleichge112 Vgl. auch Schneider, D. (1995), S.268 ff., der in der Literatur aufgetauchte Transaktionskostenbegriffe diskutiert. 113 V gl. insbesondere die Diskussion zwischen Schneider, D. (1987) und Krahnen, J. ( 1987). 114 Vgl. Schneider, D. (1995), S. 102 ff. 115 Vgl. Hayek. F. (1937), z.B. S. 44. 116 Vgl Schneider, D. (1987), S. 184,192. 117 Hierzu ausführlich Eischen, R. (1994), S. 202 -209; Eischen, R. (1987), S. 223 (

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B. Methodischer Teil

wicht: Aus betriebswirtschaftlicher Sicht werden als Maß der Allokationseffizienz häufig Entscheidungswirkungen ermittelt 118, in bezug auf die Ausgestaltung rechtlicher Regelungen oft "Entscheidungsneutralität" gefordert 119. Hierbei handelt es sich um ein einzelwirtschaftliches Kriterium, das auch nur einen einzelwirtschaftlichen Nutzen abbilden kann. Dennoch kommt das wohlfahrtsökonomische Modell aus einer Aggregation von Einzelnutzen zum kollektiven Nutzenmaximum: im Gleichgewicht beurteilen alle Marktteilnehmer Nutzen gleich, ihre Präferenzen werden als identisch unterstellt. Diese Bedingung ist jenseits des Gleichgewichts naturgemäß nicht erfUllt, so daß bei planerischer Ungewißheit eine einheitliche, gesamtwirtschaftliche Auffassung über "Effizienz" entscheidungslogisch nicht darstellbar ist 120 • Folgt man dieser Argumentation, dann würde Rechtsgestaltung auf Basis quantitativer neoklassischer Modelle ein "Können oder Sollen" staatlicher Steuerung nur "vorgaukeln"121. Der Marktprozeßansatz fUhrt hier zu einem anderen Problem: Zwar läßt sich umreißen, welche Aspekte ein funktionsfiihiger Marktprozeß im Hinblick auf Unsicherheiten beim Einkommenserwerb tendenziell erfiillen soll. Ein eigener Maßstab wird hiermit jedoch nicht zur Verfiigung gestellt. Die Beurteilung muß sich daher auch hier auf investitions- und finanzierungstheoretische Modelle stützen 122, in denen beispielsweise "Entscheidungsneutralität" dargestellt wird l2J • Hier scheint zunächst der Einwand treffend, das neoklassische Leitbild werde auf Umwegen doch wieder zu einer Norm für Rechtsgestaltung l24 . Schneider entgegnet, Entscheidungsneutralität dürfte nur als "Eichstrich" verwendet werden, die Rechenmodelle nur als "Referenz", als Diagnosehilfe 125 ,

118 Für Kompromiß- bzw. Second-best-Lösungen können aus dem Gleichgewichtsmodell aber keine Handlungsempfehlungen abgeleitet werden, vgl. Fritsch, M.lWein, T./Ewers, H. (1996), S. 52, 289. 119 AusfiihrIich: Wagner, F. (1992); Schwinger, R. (1992), S. 9 ff.;Wagner, F.lWissel, H. (1995). In der Anwendung z.B. Siegel, T. (1983), S. 15 f. Zum Verhältnis von Entscheidungsneutralität und Allokationseffizienz grundsätzlich: Elschen, R. (1991), S. 99115. Eine generelle Neutralitätsnorm, insbesondere im Steuerrecht, aber ablehnend: Rose, G. (1985), S. 340; Haase, K. (1990), S. 112 f. 120 Elschen, R. (1994), S. 210. Dies dürfte sich schon allein aus der Vielzahl und in ihrer Gesamtheit unbekannten Präferenzfunktionen ergeben. 121 V gl. Elschen, R. (1987), S. 230 f. Hieraus erschließt sich die wohl auch spöttische Bemerkung von Schneider, D. (1989), S. 24 ff., daß mit Hilfe des Neoinstitutionalismus lediglich "planwirtschaftliches Können" erprobt werde. 122 Vgl. Schneider, D. (I 985a), S. 1251. 123 Vgl. z.B. Schneider, D. (1997), S. 250 ff. 124 Vgl. Schwinger, R. (1992), S. 18, Fn 1. 125 Z.B. Schneider, D. (1997), S. 250; Schneider, D. (l992a), S. 1738 f.; nicht jedoch als "Therapiemittel", vgl. Schneider, D. (1992), S.200 f.; ebenso auch Elschen, R. (1987), S. 229 f.

III. Argumente für die Wahl eines Marktprozeßansatzes

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solange keine alternativen fonnalisierten Modelle zur Verfilgung stehen 126. Schon die Anwendungsbedingungen einer modellgestützten Aussage vor dem Leitbild eines funktionsflihigen Wettbewerbs herauszuarbeiten, könnte bereits ein neues Licht auf Handlungsempfehlungen werfen 127. Diese müßten allerdings von einer weitschweifigen Diskussion von Modellprämissen begleitet werden 128. Die weiteren Ausfiihrungen werden jedoch zeigen, daß filr den Marktprozeßansatz nicht nur Bedeutung hat, was in Modellen abbildbar ist, sondern vielmehr auch diejenigen Unsicherheitsquellen betrachtet werden sollen, die nicht modelliert werden können. Der funktionsflihige Markt im Prozeßansatz enthält explizit nur eine individuelle, einzelwirtschaftliche Nutzenvorstellung: wenn Marktteilnehmer ihrem Einkommenserwerb eigenverantwortlich folgen können l29 • Es wird unterstellt, Markthandlungen erfolgten nur, soweit jeder Einzelne eine persönliche Nutzenmehrung bei planerischer Ungewißheit erwartet 130. Hieraus kann aber zumindest ex-ante, mittelbar auf eine kollektive Nutzenmehrung geschlossen werden 13l : Auch im Marktprozeßansatz wird in der erwarteten Nutzenmehrung von Markthandlungen daher eine gesellschaftliche Aufgabe von Märkten gesehen, im Abbau ungleich verteilten Wissens eine weitere l32 • Im Wettbewerb als "Entdeckungsverfahren" soll Wissen über Neuerungen stets zu einer abennaligen Ungleichverteilung filhren 133 • Das Leitbild beruht jedoch lediglich aufindividuellen Nutzenvorstellungen, hier zeigt sich seine einzelwirtschaftliche Verwurzelung 134 • Zusammenfassend wird deutlich, daß zur Abgabe von Rechtsgestaltungsempfehlungen umfangreiche Vorbedingungen zu erfüllen sind. Die Marktprozeßkonzeption auf Basis der Unternehmerfunktionen im Sinne von Schneider koppelt sich bewußt von der vorherrschenden Methodik ab und erscheint dem im Gleichgewichtsmodell geschulten Denken zunächst fremd. Insofern könnte man von einern "Gegenentwurt" sprechen. Es handelt sich aber den Belegen Schneiders zufolge um eine Weiterverfolgung "historischer" Quellen, die konsequent eine einzelwirtschaftliche Sichtweise vollziehen IJ5.

Vgl. Schneider. D. (1985a), S. 1251. Vgl. Schneider. D. (l990b), S. 76. 128 Vgl. KÜtlner. M. (1984), S. 158. 129 Vgl. Elschen. R. (1994), S. 192 f.; deutlich auch Elschen. R. (1987), S. 227 ff. 130 V gl. Schneider. D. (1995), S. 4. 131 V gl. Elschen. R. (1994), S. 210 ff. IJ2 Vgl. Schneider. D. (1995), S. 4,13. 133 V gl. Schneider. D. (1995), S. 298. 134 Vgl. Elschen. R. (1994), S. 194; vgl. auch Schneider. D. (I 990a). 135 V gl. z.B. Schneider. D. (1995), S. 33 ff. 126 127

40ldenburg

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B. Methodischer Teil

Die folgende Untersuchung an einen Marktprozeßansatz zu knüpfen rechtfertigt sich dann durch Neugier und das Vertrauen, hier könne ein schlüssigeres Konzept für die Rechtsanalyse vorliegen. Zwangsläufig wird allerdings die Auseinandersetzung mit den Schriften Schneiders einen breiten Raum einnehmen. Hierdurch soll auch das in der Literatur beobachtbare "Rosinenpicken" vermieden werden: die Beimengung von Ergebnissen. des Marktprozeßdenkens zu einer neoklassisch orientierten Argumentation lJ6 • Zu Schwierigkeiten dürfte jedoch das Begriffssystem Schneiders filhren, das den Leser wegen seiner Interdependenzen manchesmal vor kaum überwindbare Verständnisprobleme stellt. Zudem scheinen in seinen zahllosen Veröffentlichungen manche Begriffsbestimmungen noch im Fluß. Sie dienen häufig der Präzisierung, aber manchesmal der Polemik lJ7 • Die folgende Analyse wird die Begriffsflut notgedrungen eindämmen und Unklarheiten auslegen.

IV. Zur Methodik einer marktprozeßorientierten Analyse und Beurteilung des Kapitalmarktrechts Im folgenden wird das Instrumentarium zur marktprozeßorientierten Untersuchung und Beurteilung von Rechtsetzungen festgelegt. Es soll der Bestimmung von Entscheidungs- und Verteilungsfolgen dienen und Kriterien filr die "Verringerung von Einkommensunsicherheiten" liefern. Es wird sich jedoch auch zeigen, daß Begriffsverwendungen und Vorgehensweisen noch zahlreiche Unklarheiten aufwerfen und daher Auslegungsbedarf besteht. Die folgende Darstellung ist nach den Aufgaben: "Beschreibung von Regelungswirkungen" und "Beurteilung der Rechtsetzungen" gegliedert. 1. Analysekriterien

a) Planungshandlungen und die Trennung von entscheidungslogischem und Informationsrisiko als Aspekte der Einkommensunsicherheit

Durch "Planung als vernünftiges Vorausbedenken von Handlungen"\38 können die Marktteilnehmer versuchen, Einkommensunsicherheiten zu verringern, "ex-post-Überraschungen" möglichst auszuschließen 139 • In Anlehnung an 136 "Rosinenpicken" beispielsweise bei Schauenberg, B. (1995), besonders deutlich S. 521. 137 Vgl. z.B. die recht umfassende Kritik bei Bal/wieser, W (1995). \38 Schneider, D. (1995), S. 10. \39 Vgl. Schneider, D. (1995), S. 9.

IV. Zur Methodik einer marktprozeßorientierten Analyse

51

Schneider läßt sich die Planungsaktivität des Entscheidungsträgers zur Minderung von Einkommensunsicherheiten gliedern in die Schritte 140: (1) "Wissen" sammeln und systematisieren;

(2) im Versuch "vernünftiger" Planung die Folgen möglicher Handlungen durchdenken; (3) im Bewußtsein von Wissenslücken nicht nur originäre Handlungsmöglichkeiten, sondern auch die Anpassung möglicher Entscheidungen an zusätzlich zugehendes Wissen bedenken; (4) mit anderen Marktteilnehmern Vereinbarungen treffen, die die Anzahl möglicher Zukunftslagen einschränken können. "Wissen" bezieht sich in diesem Zusammenhang nicht nur auf Tatsachen über Handlungsmöglichkeiten, sondern ganz allgemein auf Einflußgrößen der Planung. Der Begriffumfaße 41 •

"Tatsachen, ... vergangene Ereignisse, einschließlich der Ausgangsbedingungen, die für eine zu treffende Entscheidung zu beachten sind .. ,



Theorien, mit deren Hilfe man aus Tatsachen ... auf zukünftige Ereignisse schließt .. ,



Erwartungen über Fremdereignisse, ...



Neigungen im Sinne psychischer Veranlagung bzw. Bereitschaft",

Die Planung des Entscheidungsträgers erfolgt insoweit "vernünftig", als er versucht, sein Wissen in Entscheidungsmodelle zu übertragen und zielentsprechende Handlungsalternativen auszuwählen. Dieses "entscheidungslogische Rationalprinzip" sagt allerdings nichts darüber aus, ob Planungen in der Realität tatsächlich vernünftig erfolgen 142. Entscheidungsprobleme werden jedoch "planbar" , sobald die Sachverhalte entscheidungslogisch erfaßbar werden 143. Mit Hilfe von Entscheidungsmodellen soll versucht werden, auf Basis des im Planungszeitpunkt verfügbaren Wissens zweckgerechte Entscheidungen zu treffen 144.

Vgl. Schneider, D. (1995), S. 14 ff., dort verstanden als "Lernprozeß". Schneider, D. (1993a), S. 8 ff., im Original teilweise hervorgehoben und auf "unvollständiges Wissen bezogen"; inhaltsgleich mit Schneider, D. (1995), S. 7 ff. 142 Zu verschiedenen Interpretationsmöglichkeiten des Rationalitätsbegriffs, vgl. Schneider, D. (1995), S. 130 ff. 143 Vgl. Schneider, D. (1986), S. 171, vgl. auch Schneider, D. (\995), S. 136 ff., ausführlich auch Schneider, D. (1997), S. 71 ff. 144 Vgl. Schneider, D. (1992), S. 38. 140 141

B. Methodischer Teil

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Im Rahmen der Planung seiner Handlungsmöglichkeiten legt der Entscheidungsträger mit der Verwendung eines bestimmten Entscheidungsmodells auch fest, welches Wissen in der Planung verwertet werden kann. Schneider definiert hierfUr den Begriff Information als "Tatsachenwissen, das fUr die Anwendung eines vorgegebenen Prognose- oder Entscheidungsmodells benötigt wird"145. Die Verwendung eines Entscheidungsmodells verursacht allerdings Risiken, da auch hierdurch nicht ausgeschlossen wird, daß im Anschluß an den Planungszeitpunkt Wissen zugehen kann, das die Planungsgrundlage zerstört. Dies gilt auch filr diejenigen Entscheidungsmodelle unter Ungewißheit, in denen unterstellt wird, die erfaßten Zukunftslagen seien zugleich alle tatsächlich möglichen l46 . Eine ex-post-Enttäuschung kann offenbaren, daß der Modellanwender im Planungszeitpunkt l47 : •

unvollständiges Wissen über Vergangenes hatte;



fehlerhafte Prognosen aus zutreffenden Informationen gezogen hat, indem er Theoriewissen nicht oder falsch angewendet oder fehlerhafte Schlüsse gezogen hat, seine eigenen Voraussetzungen falsch eingeschätzt oder aus anderen Gründen mögliche Schlüsse unterlassen hat;



über Wissen nicht verfUgen konnte, das erst nach dem Planungszeitpunkt erhältlich war und das die Prognosen zu anderen Ergebnissen gefUhrt hätte.

Für untemehmerisches Handeln unter Unsicherheit bezeichnet Schneider mit dem Begriff Informationsrisiko diejenigen Zweifel, die ex-ante an der Verläßlichkeit eines Entscheidungsmodells geäußert werden können 148. In dieser "Restgröße" werden gedanklich alle diejenigen Unsicherheitsquellen zusammengefaßt, die der Entscheidungsträger in seiner Planung nicht explizit berücksichtigt hat, die also nicht im entscheidungs logischen Risiko erfaßt wurden. Dieser Begriff bietet eine der wichtigsten Argumentationshilfen im Marktprozeßansatz. Für eine Abbildung der Entscheidungswirkungen von Rechtsetzungen wird hier vorgeschlagen, an die oben dargestellten Aspekte eines Planungsprozeßes anzuknüpfen. Eine Analyse kann dann filr die untersuchten Regelungen beschreiben:

145 Schneider, D. (1997), S. 200, im Original hervorgehoben; Aus dem Begriff soll "Wissen über Theorien" ausgeklammert werden, vgl. aber noch: Schneider, D. (1992),

S.468.

146 Vgl. Schneider, D. (1992), S. 38. 147 "Ursachen von ex-post-Überraschungen" in enger Anlehnung an Schneider, D.

(1992), S. 38 f.; Schneider, D. (1995), 130. 148 Vgl. Schneider, D. (1992), S. 39 f.; Schneider, D. (1997), S. 436.

IV. Zur Methodik einer marktprozeßorientierten Analyse

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(1) Die Wirkung auf die Sammlung und Auswertung von Wissen. Hier könnte betrachtet werden, inwieweit die Wissenserlangung vereinfacht oder erschwert wird. Es könnte auch diskutiert werden, welche Planungsmodelle Entscheidungsträger verwenden und welches Wissen hierfilr Information bietet.

(2) Die Wirkung auf die Beurteilung verschiedener Handlungsmöglichkeiten. Der in den Planungsmodellen erfaßte Regelungseinfluß kann die Vergleichbarkeit alternativer Handlungen erleichtern oder erschweren. Eine Entscheidungswirkung im "engeren Sinne" beschreibt die modellhaften Folgen von Rechtsnormen auf einzelne Entscheidungsprobleme, etwa der Auswahl von Handlungsmöglichkeiten. (3) Den Einfluß auf Möglichkeiten zur Verringerung von Einkommensunsicherheiten. Unter diesem Aspekt sollen Anpassungsmöglichkeiten der einmal getroffenen Entscheidung an einen veränderten Wissenstand dargestellt werden. (4) Effekte auf die Teilungs- und Übernahmemöglichkeiten von Einkommensunsicherheiten auf dem Kapitalmarkt. Rechtsetzungen können Markthandlungen zur Eingrenzung möglicher Zukunfts lagen fördern oder behindern. b) Überindividuelle Sichtweise und" Verteilungsfalgen"

Neben der einzelwirtschaftlichen Sichtweise im Hinblick auf die Planung von Markthandlungen können in der öAR Verteilungsfolgen von Rechtsnormen durch Vergleich von Größen zwischen Marktteilnehmern erfolgen: etwa der Einfluß auf die Ausprägungen der fmanziellen Zielgrößen von Wirtschaftssubjekten betrachtet in Form ihres Einkommens oder Vermögens 149. Dies soll in einer modellhaften "ex-post-Sichtweise" erfolgen, bei der mögliche Enttäuschungsquellen im Marktprozeß berücksichtigt werden. Andererseits erscheint es aber unschlüssig, die überindividuelle Sichtweise auf "ex-post-Größen" zu beschränkeniso. Auch auf die oben dargestellten Aspekte der Planung unter Unsicherheit kann der Regelungseinfluß überindividuell untersucht werden, also aus einer "ex-ante"-Sichtweise: überlegt werden könnte, wie Rechtsetzungen sich auf die Wissensverteilung auswirken oder auf die Vereinbarungen zwischen Marktteilnehmern, Einkommensunsicherheiten untereinander aufzuteilen.

149 150

Vgl. Schneider. D. (1994), S. 20 f. So offenbar bei Schneider. D. (1994), S. 21.

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B. Methodischer Teil

Die Beschreibung von überindividuellen Verteilungsfolgen als Analysehilfsmittel soll daher im folgenden als Ergänzung und Gegensatz zur einzelwirtschaftlich orientierten Sichtweise der Entscheidungswirkungen von Rechtsetzungen verstanden werden. Sie wird nicht auf quantitative Marktergebnisse eingeschränkt, sondern kann sich ebenso wie die Aspekte des Planungsprozesses auch auf andere Größen beziehen, die für den Einkommenserwerb bedeutend erscheinen, etwa den Wissensstand.

2. Gerechtigkeitskriterien und Verbesserung der Planbarkeit Es soll nun überlegt werden, in weIcher Form eine Bewertung der Analyseergebnisse über Regelungswirkungen möglich ist, die schließlich auch zu Rechtsgestaltungsempfehlungen im Hinblick auf einen funktionsflihigen Kapitalmarkt führen kann. Hierbei ergeben sich aber massive Probleme bei der Begriffswahl und der Abgrenzung von Beurteilungskriterien. Als Aufgaben der öAR sollen nach Schneider l51 Entscheidungs- und Verteilungsfolgen ermittelt und im Hinblick auf Normen zur Verbesserung der Allokation und auf Regeln gerechten Verhaltens diskutiert werden. Aus der Begriffswahl wird nicht deutlich, ob Allokationsaspekte nur mit Entscheidungswirkungen, "Verhaltensregeln" nur mit Verteilungsfolgen korrespondieren. Dies wird auch nicht in seinen "Anforderungen an eine Wirtschaftsordnung"152 deutlich, dort tritt die Forderung nach Abbau ungleicher Wissensvertei/ung neben die Verringerung von Einkommensunsicherheiten und die Regeln gerechten Verhaltens. An anderer Stelle heißt es "Gerechtigkeit umfaßt also Entscheidungswirkungen und Verteilungsfolgen"lS3. Ein einfaches Schema, Entscheidungswirkungen im Hinblick auf Effizienz, Verteilungs folgen als Problem der Gerechtigkeit zu betrachten, ist offenbar nicht ausreichend. Im Sprachgebrauch beschreibt "Gerechtigkeit" grundsätzlich ein überindividuelles Wertungsproblem. Auch die Gliederung "klassischer Gerechtigkeitskriterien", die Elschen zur Abgrenzung des Marktprozeßansatzes vorschlägt, führt zu keinem einfachen Schema: •

Regeln, die "Verteilungsgerechtigkeit" verfolgen, bestimmen unmittelbar die Zuordnung bestimmter Ergebnisse zu bestimmten Personen, d.h. die

151 Vgl. S. 46, Zitat zu Fn 108. 152 Vgl. S. 45. 153

Schneider. D. (1994), S. 21.

IV. Zur Methodik einer marktprozeßorientierten Analyse

55

Verwendung bereits entstandener Marktergebnisse durch Eingriff einer "rechtlich übergeordneten" Institution oder Person l54 . •

"Verfahrensregeln" sollen auf einem "chancenorientierten und regelgesteuerten Markt bei freien Tauschvereinbarungen" der Marktteilnehmer Tauschgerechtigkeit zwischen "rechtlich gleichgeordneten" Institutionen oder Personen gewährleisten 155; diese Regeln werden für einen "anonymen Markt" geschaffen.

Die Aufspaltung zweier Gerechtigkeitsbegriffe läßt sich hier methodisch rechtfertigen: Sie ermöglicht eine Abgrenzung zum Mechanismus der Gleichgewichtsmodelle, bei denen mit dem Regelungsziel "Pareto-Optimum" durch den Marktmechanismus immer zugleich das Tauschergebnis und seine Verteilung eindeutig festgelegt wird l56 . Als Eigenschaft des Prozeßansatzes wurde dagegen die Ausrichtung auf eine einzel wirtschaftliche Nutzenvorstellung im Hinblick auf einen eigenverantwortlichen Einkommenserwerb festgestellt, in einem Marktprozeß, dessen Ergebnisse nicht vorherbestimmbar sind 157 • Elschen folgert aus dieser Trennung zweier Gerechtigkeitsprinzipien: Markteffizienz ist durch Regeln über die Tauschgerechtigkeit herzustellen I58 • Dies bedeutet auch, daß die Beurteilung von Regelungswirkungen im Marktprozeßansatz nur unter dem Aspekt der Tauschgerechtigkeit möglich ist, Wertungen zur Verteilungsgerechtigkeit müssen ausgeklammert werden 159. Unter dem Begriff der Tauschgerechtigkeit scheinen gleichwohl Entscheidungswirkungen und Verteilungsfolgen miteinander verknüpft. Dies mag die Forderung nach dem "Abbau von Wissensunterschieden,,160 beispielhaft zeigen: aus individueller Sicht könnte befürwortet werden, durch Marktregeln den Wissensstand einzelner Marktteilnehmer grenzenlos immer weiter zu erhöhen, da dies tendenziell der Planbarkeit des Einkommenserwerbs dient. Gefordert wird aber nicht eine beliebige Wissensverbesserung bei einzelnen Marktteilnehmern, sondern nur eine gleichmäßigere Verteilung des bereits bei anderen vorhandenen Wissens. Dies betrifft aus den Aspekten des hier verwendeten Wissensbegriffs 161 zudem nur "Vergangenheitswissen", weil eine Verteilung des in den 154 Vgl. Elschen. R. (1994), S. 232 f. 155 Vgl. Elschen. R. (1994), S. 189 fr.; Elschen. R. (1987), S. 228; Elschen. R. (1994),

S. 232, m.w.N. 156 Vgl. Elschen. R. (1994), S. 199. 157 Vgl. S. 49. 158 Vgl. Elschen. R. (1994), S. 215 ff. 159 Diese Trennung scheint auch Schneider. D. (1995), S. 63, m.w.N. vorzunehmen, der die "Regeln gerechten Verhaltens" als "Ordnung" zum Einkommenserwerb auffaßt und von Regeln über die Verwendung bereits entstanden Einkommens abgrenzt. 160 Vgl. Schneider. D. (1995), S. 12 f. 161 Vgl. S. 51.

56

B. Methodischer Teil

Plänen anderer Marktteilnehmer darüber hinaus enthaltenen Wissens deren Wettbewerbsfähigkeit vernichten müßte l62 • Eine ähnliche Wechselwirkung von Entscheidungs- und Verteilungsfolgen findet sich auch in der Äußerung, "Planbarkeit als speziell betriebswirtschaftliches Gerechtigkeitserfordernis" zu betrachten 163. Dies scheint darauf hinzudeuten, daß im Rahmen einer öAR eine Beurteilung von Rechtsvorschriften nur in der Abwägung von Entscheidungs- und Verteilungswirkungen möglich ist: •

Als Indikatoren für eine Verbesserung der Planbarkeit können die im letzten Abschnitt dargestellten Merkmale dienen: wenn der Wissensstand der Marktteilnehmer steigt und eine Auswertung des Wissen erleichtert wird l64 , wenn die Handlungsmöglichkeiten vergleichbarer werden l65 , wenn Möglichkeiten zur Entscheidungsanpassung gegeben werden 166 und wenn die Marktteilnehmer untereinander ungehindert Vereinbarungen über Einkommensunsicherheiten treffen können 167.



Für die Beurteilung überindividueller Regelungswirkung kann es einen feststehenden Maßstab nicht geben. Gerecht im Hinblick auf bestimmte Verteilungsfolgen "kann vieles sein". Es soll daher nicht Aufgabe der folgenden öAR sein, eigene Gerechtigkeitsvorstellungen zu entwerfen; diese sollen vielmehr aus der Analyse behaupteter Regelungsziele gewonnen und problematisiert werden, die beispielsweise aus Gesetzesbegrundungen oder Kommentierungen stammen. Ausnahmsweise können ergänzende eigene Wertungen erforderlich sein, die deutlich herausgestellt werden müssen 168.

Am Beispiel von Steuerwirkungen wendet sich Schneider jedoch gegen eine Substitutionalität von Entscheidungs- und Verteilungsfolgen 169: Er kritisiert insbesondere, daß die Begriffe ftir eine Abwägung nicht hinreichend operationalisiert seien, eine gesamtwirtschaftliche Austauschfunktion nicht ermittelt werden kann und eine Erreichung von Optimalzuständen nicht gesichert wäre. Diese Kritik richtet sich aber ausdrücklich nur gegen den finanzwissenschaftlichen Versuch, eine Austauschfunktion für Entscheidungs- und Verteilungsfolgen in einem wohlfahrtsökonomischen Modell abzubilden. Eine Wertung über das Verhältnis von Entscheidungs- und Verteilungsfolgen nimmt er vielmehr Vgl. Schneider, D. (1986), S. 161. Rose, G. (1985), S. 335 und tT. 164 Vgl. Schneider, D. (1997), S. 436. 165 Vgl. Schneider, D. (1992), S. 738. 166 Vgl. Schneider, D. (l983b), S. 22. 167 "Verbesserung der Risikoallokation", vgl. Schneider, D. (1986), S. 161 f. 168 Regelungsziele sind selten eindeutig fonnuliert, vgl. E/schen, R. (1987), S. 232 f, der eigene Wertungen grundsätzlich nicht ablehnt. 169 Vgl. Schneider, D. (1992), S. 751. 162 163

IV. Zur Methodik einer marktprozeßorientierten Analyse

57

selbst vor: "Effizienz vor Gleichmäßigkeit ... solange ein Ziel nicht zu Lasten der anderen geht" 17O. Die hier behauptete Wechselwirkung von Entscheidungs- und Verteilungsfolgen scheint sich bei Schneider aber auch zu bestätigen, indem er etwa "Vertragsgerechtigkeit" als überindividuelles Problem in einem Entscheidungsmodell darstellt 171 und Ergebnisverteilungsabreden unter Gesellschaftern als "Regeln gerechten Verhaltens"l72 klassifiziert. Andererseits will er aber aktienrechtliche Gewinnverteilungsregeln unter dem Aspekt der "Verteilungsgerechtigkeit" untersuchen l73 ; nach den oben festgelegten Begriffsverwendungen fehlt es bei diesem Gestaltungsproblem aber an einem "rechtlichen Überordnungsverhältnis"l74, so daß auch die Analyse von Ausschüttungsregelungen aus dem Blickwinkel der Tauschgerechtigkeit erfolgen kann. Aus dieser Diskussion müssen Konsequenzen rur den weiteren Fortgang gezogen werden: •

Begriffe und Vorgehensweisen rur die Beurteilung von Rechtsetzungen haben sich im Marktprozeßansatz offenbar noch nicht verfestigt. Die Trennung zweier Beurteilungsprinzipien, wie sie bei EIsehen vorgeschlagen wurde, bietet sich jedoch als Ausgangspunkt an. Hierdurch kann auch die Verwendung von Begriffen Schneiders vermieden werden, deren Bestimmung und Einordung letztlich nicht möglich war, etwa den "Regeln gerechten Verhaltens".



Den Schwerpunkt der Ausarbeitung wird hiernach die Analyse von Regelungswirkungen bilden, für die je nach Sachverhalt Entscheidungs- oder Verteilungsprobleme im Vordergrund stehen. Eine Würdigung der Ergebnisse im Hinblick auf mutmaßliche Regelungsziele und im Vergleich mit Vorschlägen aus dem neoinstitutionalistischen Ansatz ist nur rur die Sichtweise der Tauschgerechtigkeit in Begriffen des Marktprozeßansatzes möglich. Hierbei müssen Regelungswirkungen auf die Planbarkeit und ihre

170 Schneider, D. (1992), S. 749, im Original mit Hervorhebungen; zu den Begriffen vgl. unten Punkt C.II.3.a)(3). 171 Vgl. zur Interpretation seines Eichstrichs der "Gewinnverwendungsneutralität": Schneider, D. (1997), S. 335. 172 Vgl. Schneider, D. (1997), S. 270: "Eine Regel gerechten Verhaltens für die Bemessung vertraglicher gewinnabhängiger Auszahlungsansprüche geht vom verwirklichten Reinvermögenszugang am Periodenende aus, also unter Einschluß von Ex-postÜberraschungen", im Original mit Hervorhebungen. 173 Vgl. Schneider, D. (1997), S. 110: "Regeln zur Verteilungsgerechtigkeit bedarf es ... bei der handelsrechtlichen Ergebnisverwendung, welche die Macht derjenigen begrenzt, ... die Auszahlungsansprüche der ... Emptanger gewinnabhängiger Ausgaben beschneiden können". 174 Vgl. Elschen, R. (1994), S. 232, der den Begriff auf die "Staatsmacht" bezieht.

58

B. Methodischer Teil

Verteilungsfolgen abgewogen werden. Für Probleme der Verteilungsgerechtigkeit liefert das Marktprozeßdenken keine Hinweise filr eine Beurteilung. •

Die abgegrenzten Gerechtigkeitsbegriffe werden von EIsehen und Schneider als Attribute von Rechtsetzungen verwendet 175 • In einer öAR scheint es aber erforderlich, Tausch- und Verteilungsgerechtigkeit lediglich als Blickwinkel aufzufassen, aus dem Regelungen untersucht werden.

V. Ein Vergleich mit rechtswissenschaftlichen Aspekten eines funktionsfähigen Kapitalmarkts und Überlegungen zum Anlegerschutz Im Verlaufe der AusfUhrungen wurde deutlich, daß auch in den Rechtswissenschaften Kriterien diskutiert werden, die eine Rechtsausgestaltung im Hinblick auf einen funktionsfähigen Kapitalmarkt gewährleisten sollen. Hierbei wird allerdings vom Schrifttum nicht immer explizit dargelegt, ob die Überlegungen an die neoinstitutionalistische Sichtweise anknüpfen. Im folgenden soll daher kurz der Diskussionsstand um Regelungsziele auf dem Kapitalmarkt und zum Anlegerschutz in der rechtswissenschaftlieh orientierten Literatur 176 dargestellt werden. Anschließend sollen auf mögliche Schwächen der vorgeschlagenen Kriterien eines funktionsfähigen Kapitalmarkts hingewiesen und die mutmaßlichen Vorzüge des marktprozeßanalytischen Instrumentariums hervorgehoben werden. 1. Rechtswissenschaftliche Argumentationsmuster Die rechtswissenschaftlieh orientierte Literatur unterscheidet drei Anforderungen an einen funktionsfähigen Kapitalmarkt 177 :

175 Z.B. als "Verfahrensregeln", "Regeln, die Verteilungsgerechtigkeit verfolgen", "Regeln gerechten Verhaltens". 176 Da sich ein eigenständiges Kapitalmarktrecht im Vergleich zu den traditionsreichen Gebieten Handelsrecht, Gesellschaftsrecht und Steuerrecht offenbar noch nicht gebildet hat, wird das Schrifttum hinsichtlich der Leitbildsuche stark durch die Wirtschaftswissenschaften beeinflußt; eine streng fachliche Abgrenzung der Quellen scheint daher im folgenden nicht zweckmäßig. 177 Mit etwas abweichenden Inhalten vgl. im folgenden Kohl, H./u.a. (1974), S. 16 f.; Kübler, F. (1977), S. 89; jeweils m.w.N., die auch die Herkunft der Kriterien aus dem englischsprachigen Raum belegen; Assmann, H (1990), S. 10 f.

V. Ein Vergleich mit rechtswissenschaftlichen Aspekten

59



Mit "institutionaler Effizienz" wird unter anderem "ein Minimum an institutionellen Sicherungen" bezeichnet, ohne die "kein oder nicht genügend Anleger ihr ... Einkommen zur Verfügung stellen wUrden"l78.



"Operationale Effizienz" soll gewährleisten, daß die Transaktionskosten der Kapitalmarktvorgänge möglichst gering gehalten werden.



Unter dem Begriff der "allokativen Effizienz" wird verlangt, die Fähigkeit des Kapitalmarkts zur Kapitallenkung nicht zu beeinträchtigen. Hierunter wird auch gefordert, Markttransparenz zu gewährleisten.

Neben diesen Formen des Funktionenschutzes wird das Erfordernis eines Individualschutzes für Marktteilnehmer diskutiert J79 • Gefragt wird, inwieweit ein Kapitalgeber gegen "Substanzverluste durch unseriösere Angebote ... und gegen die Schmälerung seiner Gewinnchancen" geschützt werden mußISO. Dies dürfte im wesentlichen dem in der Literatur untersuchten "Anlegerschutzproblem" entsprechen ISI. Das Erfordernis eines Anlegerschutzes wird dabei häufig auf kollektive Vermögens anlagen beschränkt, deren Vermittlung über den öffentlichen Kapitalmarkt an Privatpersonen erfolgtl82. Eine weitere Eingrenzung wird gelegentlich im Hinblick auf "kleinere, oft wirtschaftlich unerfahrene Kapitalanleger" vorgenommen lS3 . Gerade anband dieser Beschränkung zeigt sich das Problem eines anlegerbezogenen Individualschutzes: wo soll eine Grenze gezogen werden? Gegen einen personenbezogenen Schutzgedanken wird vor allem eine sozialpolitische Komponente des Anlegerschutzes ins Feld gefilhrt, etwa: wer zum Zwecke der Steuervermeidung spekuliere, brauche nicht von Staats wegen gegen Verluste geschützt zu werden ls4 . Einige Untersuchungen fassen Anlegerschutz aber auch als Oberbegriff einer Diskussion über Individual- und Funktionenschutz des Kapitalmarkts aufiSS: Aufgrund der dargestellten Zweifel an einem personenbezogenen Anleger-

17S

179

Kohl, H.lu.a. (1974), S. 16.

Vgl. auch das Zitat zu Fn 42, S. 39.

ISO Kübler, F. (1977), S. 87. ISI Vgl. z.B. Loistl, 0. (1978), S.821 ff; Peltzer, M. (1976), S. 1617; Kaligin, T. (1983), S. 149 ff.; Grotherr, S. (1988), S. 741; Schmidt, K. (1997), S. 13 f., 1684 ff. IS2 Vgl. Wiedemann, H. (1975), S. 1591. IS3 Grotherr, S. (1988), S. 741, ebensoSchniewind, F./Hausmann, R. (1986), S. 26. IS4 Kübler, F. (1977), S. 87; ebenso Hommelhoff, P. (1977), S. 137; Crezelius, G.

(1985), S. 215, 217. ISS Hopt, K. (1975), S. 333 ff.; Koch, H.lSchmidt, R. (1981), S. 235, 237 f., Koch, H. (1981); bei Horst, P. (1987), 204 ff, 216 aber fragwürdig, die Aspekte eines funktions-

fahigen Kapitalmarkts als "makroökonomisches Problem" aufzufassen.

60

B. Methodischer Teil

schutz, wird argumentiert, der Schutz der Kapitalmarktfunktionen wäre der wichtigste Beitrag eines wirksamen Anlegerschutzes.

2. Ein Würdigungsversuch aus Sicht des Marktprozeßansatzes Schon die sehr knappe Darstellung zeigt das unklare Verhältnis der Begriffe Anlegerschutz, Individual- und Funktionenschutz im Hinblick auf Zielsetzungen und Methodik. Die Unbestimmtheit muß insbesondere für den "Anlegerschutz" verwundern, der sehr häufig als Zielvorstellung für Rechtsgestaltungsempfehlungen verwendet wird l86 . Andererseits scheinen eine isolierte Ausrichtung auf "Anleger-" bzw. "Individualschutzziele" und die hiermit verbundenen Abgrenzungsprobleme im Kapitalmarktzusammenhang grundsätzlich problematisch. Dasselbe Sicherungsbedilrfnis ist offenbar auch Gegenstand des institutionalen Aspekts des Funktionenschutzes, allerdings ohne auf ein bestimmtes Kapitalmarktsegment eingegrenzt zu sein. Ein Nebeneinander von Individualund Funktionenschutz scheint insoweit nicht begründet. Zwar geht aus den Teilaspekten eines funktionstahigen Kapitalmarkts als Regelungsziel eine neoinstitutionalistische Ausrichtung nicht deutlich hervor, Kübler läßt aber an einer solchen Deutung keinen Zweifel: der Funktionenschutz fragt "nach den idealen Voraussetzungen des Kapitalmarkts, nach den marktrationalen Bedingungen seiner Effizienz"187. "Kapitalmarkt" wird hier als "theoretischer Begriff'188 verwendet, der ein Konkurrenzgleichgewicht beschreibt. Hiermit wird die neoinstitutionalistische Vorgehensweise implementiert: unter dem Leitbild des vollkommenen Kapitalmarkts soll durch Rechtsgestaltung Marktversagen reduziert werden; hierfür sollen aus den neoklassisch fundierten Kalkülen Handlungsempfehlungen hergeleitet werden. Insoweit erfolgt eine Synthese juristischer und ökonomischer Wertungen. Die Abgrenzung der drei Aspekte des Funktionenschutzes scheint jedoch willkürlich. Dies ist möglicherweise Folge davon, daß ihre Herleitung aus vermutetem Marktversagen realer Märkte gegenüber einem vollkommenen Markts erfolgt. Durch eine solche Gegenüberstellung werden zwar Abweichungen vom Bezugspunkt sichtbar, eine Diagnose einzelner Marktversagensursachen scheint aber überschneidungsfrei nicht möglich 189. Diese Unbestimmheit muß aber auch für Kriterien gelten, die zur Beschreibung der Abweichungen und der Wirkungsanalyse für Gegenmaßnahmen dienen sollen: In den Funktionsschutz186 Vgl. überblicksweise Koch, H./Schmidt, R. (1981). 187

Kübler, F. (1977), S. 89.

188 Vgl. S. 38. 189 Vgl. auch oben S. 46.

V. Ein Vergleich mit rechtswissenschaftlichen Aspekten

61

Aspekten wird institutionale Effizienz über Anreiz- bzw. Entscheidungswirkungen beschrieben; die operationale Effizienz will transaktionskostenminimierende Rechtsgestaltungen fördern; die Allokationsfunktion soll gewährleisten, daß das Kapital in die ertragsreichsten Verwendungsformen tließt l90 • Alle drei Merkmale formulieren zwar unterschiedliche Entscheidungsprobleme aus Sicht der Marktteilnehmer, setzen hierbei aber lediglich dieselbe Zielvorstellung "Annäherung an die Modellbedingungen" in unterschiedlichen Rechenmodellen um. Verteilungsfolgen werden nicht erfaßt. Der Marktprozeßansatz kennt den Begriff des Anlegerschutzes nicht; ein nur personen bezogenes und nur auf bestimmte Marktransaktionen beschränktes Analyseinstrumentarium läßt sich hierin fUr einen Kapitalmarkt nicht rechtfertigen. Für diesen sollen grundsätzlich einheitliche Bedingungen gelten, so daß auch einheitliche Beurteilungsmerkmale erforderlich sind. Der hier gewählte Marktprozeßansatz beschäftigt sich in Anknüpfung an Schneider vorrangig mit Einkommensunsicherheiten. Diese sind aber keine Form von Marktversagen und sollen auch nicht durch Maßnahmen beseitigt werden. Vielmehr soll unter Anerkennung von Ungewißheit als Eigenschaft realer Märkte und der Möglichkeit von ex-post-Überraschungen "Tauschgerechtigkeit" gewährleistet werden. Hierzu gehört die Verbesserung der Planbarkeit des Einkommenserwerbs der Marktteilnehmer und die Vermeidung vermuteter unerwünschter Verteilungsfolgen, soweit es durch Gerechtigkeitserwägungen begründbar erscheint. Bei der Ermittlung von Regelungseinflüssen auf die Planungshandlungen der Marktteilnehmer stehen aber nicht die Ergebnisse von Modellanalysen im Mittelpunkt der Betrachtung, sondern deren Anwendungsbedingungen. Vom Standpunkt eines externen Beobachters wurden alle Zweifel an der Verwendung derartiger Kalküle in dem Begriff des "Informationsrisikos" zusammengefaßt. Ein Informationsrisiko besteht jedoch nicht nur bei den Marktteilnehmern, sondern auch bei dem externen Gutachter, der geltende oder geplante Rechtsnormen untersucht und Modelle zu ihrer Wirkungsanalyse einsetzt. Auch hier besteht das Problem, daß Handlungsempfehlungen über Regelungsausgestaltungen zu ex-post-Überraschungen fUhren und offenbaren können, daß die Aussagen auf unvollständigem Wissen beruhten, fehlerhafte Prognosen durchgefUhrt wurden oder Einflüsse erst nachträglich entstanden sind l91 • Ökonomische Rechtsanalysen können daher allenfalls besser oder schlechter begründete Vermutungen über Regelungswirkungen anstellen; das Aufdecken von Wissen um Regelungswirkungen ist dagegen eine Aufgabe, die definitionsgemäß nur der Markt und die Gesamtheit seiner Teilnehmer erflillen kann. 190 191

Vgl. Punkt B.V.I und Walz, R. (1993), S. 100. Vgl. S. 52.

62

B. Methodischer Teil

Hieraus ~uß gefolgert werden, daß der Diskussion der Anwendungsbedingungen von Modellen eine zentrale Bedeutung in der öAR zufallt, insbesondere wenn diese Kalküle auch von Marktteilnehmern angewendet werden. Die Analyse kann dann Hinweise liefern, welche Einflußgrößen fUr die Planung oder fUr bestimmte Verteilungsfolgen bedeutend sind und hierauf Vermutungen gründen, auf welche Weise eine Reduktion von ex-post-Enttäuschungen bei Handlungsentscheidungen möglich erscheint.

VI. Ergebnisse zur Untersuchungsmethodik Im methodischen Teil dieser Ausarbeitung wurden bis hierher, stark vereinfachend, zwei mikroökonomische Ansätze gegenübergestellt und ihre Eigenschaften im Rahmen der öAR einer ersten Prüfung unterzogen. Hinsichtlich der Untersuchung von Kapitalmarktsachverhalten dominieren derzeit offenbar neoinstitutionalistische Leitbilder und auch die in der rechtswissenschaftlich orientierten Literatur diskutierten "Funktionenschutzaspekte" lassen sich hierauf zurückfUhren. Eine Reihe von Argumenten gegen den neoinstitutionalistischen Ansatz in der Rechtsanalyse wurde zunächst bestätigt und als Alternative, die diese Mängel vermeiden soll, auf einen "Marktprozeßansatz" zurückgegriffen. Für diesen kann zwar die Zielvorstellung eines funktionsfähigen Kapitalmarkts deutlich dargelegt werden, das Untersuchungs instrumentarium filr die Analyse und Beurteilung von Marktregeln hat sich jedoch noch nicht verfestigt. Für die folgende Untersuchung von Regelungen des KAGG wurden aus Überlegungen von Schneider Planbarkeitskriterien zur Beschreibung von Entscheidungswirkungen hergeleitet. Für die Darstellung von Verteilungsfolgen schien anderseits die von Schneider vorgenommene Eingrenzung auf modellhafte ex-postSachverhalte zu eng. Schließlich wurde die Sichtweise der "Tauschgerechtigkeit" in der öAR hier als Diskussion von Entscheidungs- und Verteilungsfolgen unter Gerechtigkeitserwägungen festgelegt; Einwendungen von Schneider gegen eine substitutionale Beziehung zwischen Entscheidungs- und Verteilungsfolgen schienen nicht gegen die hier dargelegte Methodik, sondern gegen wohlfahrtsökonomische Kalküle gerichtet. Auch im weiteren Verlauf der Ausarbeitung wird die öAR in der Auseinandersetzung marktprozeßanalytischer und neoinstitutionalistischer Methodik gefUhrt. Zwar verfolgt die eigentliche Untersuchung ausgewählter Regelungen des KAGG die Sichtweise des Marktprozeßansatzes. Grundsätzlich werden jedoch im Analysehauptteil jeweils einleitend methodische Hinweise auf das neoinstitutionalistische Schrifttum erfolgen und jeweils abschließend die Untersuchungsergebnisse aus neoinstitutionalistischer Sicht denjenigen der vorliegenden Ausarbeitung gegenübergestellt werden.

c. Analytischer Teil: Unternehmungsprozesse bei Investmentimmobilienfonds als Anlageintermediäre J. Grundzüge der Markt- und Unternehmungsprozesse bei Anlagen in Jnvestmentanteilen Im folgenden Unterkapitel sollen Anhaltspunkte für den Aufbau und den Ablauf der Analyse gewonnen werden. In diesem Rahmen sollen auch ein erster Überblick über den Untersuchungsgegenstand gegeben und weitere von Schneider eingefllhrte Begriffe bestimmt werden. Die hieran anschließenden Unterkapitel bilden den "Analysehauptteil". 1. Zeitaspekt, Markt- und Unternehmungsstrukturen und -regeln als

mögliche Gliederungsmerkmale von Kapitalanlagevorgängen

Der Begriff Kapitalanlagerecht soll ,jene rechtlichen Leitbilder, Grundsätze und Regelungen zusammenfassen, die den Rahmen für die Projektierung, das öffentliche Angebot und den Vertrieb von Kapitalanlagen einerseits und die Erftlllung der daraus erwachsenden Rechtsverhältnisse andererseits abgeben" I. Die Abgrenzung dieses Rechtsgebiets wird als zweckmäßig angesehen, um "verstreute ... Regelungsbereiche unter dem systematisierenden Gesichtspunkt eines Kapitalanlagerechts als Teil des Kapitalmarktrechts"2 zusammenfassen zu können. Diese Begriffsbestimmung geht aber zumindest über die weiter oben dargestellte rechtswissenschaftliche Definition von Kapitalmarktrecht hinaus, da sie auch die DurchfUhrung der Kapitalanlagen erfaße. Sie verdeutlicht einen zeitlichen Aspekt der Kapitalanlagevorgänge, der sich wie folgt gliedern läßt4 : •

In eine Anbahnungsphase. Hierin werden Marktprozesse nur bis zum Zeitpunkt eines Vertragsabschlusses untersucht.



In eine DurchfUhrungsphase, in der die angebahnten Marktprozesse fortgefUhrt werden. Sie dauert je nach Standpunkt des Beobachters beispielsweise 1 Assmann,

H. (1990), S. 2, vgl. aber auch dort S. 12. Assmann, H./Schütze, R. (1990), S. V. 3 Vgl. S. 39. 4 Vgl. z.B. Schmidt, R. (1981a), S. 193 tI.; Koch. H./Schmidt, R. (1981), S. 238 tI.; Drukarczyk, J. (1993), S. 7; Hartmann, A. (1990), S. 51 ff. 2

C. Analytischer Teil

64

bis zur Auflösung der Unternehmung oder bis zur Beendigung einzelner Finanzierungsbeziehungen an. •

Zusätzlich könnte eine Nachordnungsphase gesondert betrachtet werden. Sie müßte Vorgänge erfassen, in denen durch Eingriff und auf Weisung "marktordnender Institutionen"s eine nachträgliche Änderung der Ergebnisverteilung auf Märkten vorgenommen wird.

Neben dieser "Ablaufgliederung" von Kapitalmarktvorgängen erscheint es im Rahmen einer ökonomischen Analyse zweckmäßig, zwischen "Leitbildern und Grundsätzen" als modellgestützte Referenzüberlegungen einerseits und den zu untersuchenden Rechtsetzungen andererseits zu unterscheiden. Eine solche Trennung wird im Begriffssystem Schneiders vollzogen, der "Strukturen" und "Regeln" als Einflußgrößen von Markt- und Unternehmungsprozessen unterscheidet6 : •

Strukturen sind hiernach solche Merkmale, "die jenseits einer gerade geltenden ... [Markt- bzw. Unternehmungsverfassung] Aufgaben, Bereiche und Inhalte"7 von Markt- bzw. Unternehmungsprozessen erklären helfen. Hierfiir sollen "theoretische Begriffe"s verwendet werden, die aus "Einzelaufgaben ... , die sich beim Ausüben von Unternehmerfunktionen ergeben haben"9, abgeleitet werden sollen.



Der Begriff der Regeln soll dagegen "Regelsysteme fiir das Ausüben von Unternehmerfunktionen ... , die nicht durch die Wirtschaftsordnung vorgegeben sind" 10, umfassen, sowie die "Markt- bzw. Unternehmungsverfassung", die unter anderem aus der Wirtschaftsordnung folgen soll".

Diese Unterscheidung von Einflußgrößen der Markthandlungen ist offenbar als Argumentationshilfe gedacht: in der Rechtsanalyse können Strukturmerkmale helfen, Regelungswirkungen zu beschreiben und Anforderungen an ihre Ausgestaltung abzuleiten. Überlegungen zu Markt- und Unternehmungsstrukturmerkmalen sollten einer Diskussion von Regelungswirkungen daher vorangehen.

S Zu

diesem Begriffvgl. Schneider, D. (1995), S. 73. Vgl. Schneider, D. (1995), S. 83 f., 99 f. 7 Schneider, D. (1997), S. 27, mit ergänzender EinfUgung; im Original als Erläuterung fUr "Rechnungswesenstrukturen". S Schneider, D. (1995), S. 83. 9 Schneider, D. (1997), S. 28. 10 Schneider, D. (1995), S.83, 100. Hierin besteht die Wirtschaftsordnung "aus einem Regelsystem, das Handeln im Wettbewerb mit anderen ermöglicht", Schneider, D. (1995), S. 58. V gl. zu den Begriffen auch oben Punkt B.l1.2 und das Glossar Punkt E.1. " V gl. Schneider, D. (1995), S. 83, 100. 6

I. Grundzüge der Markt- und Unternehmungsprozesse

65

Die folgende Darstellung der "Grundzüge der Markt- und Unternehmungsprozesse bei Anlagen in Investmentanteilen" wird die vorstehenden Überlegungen zur Ablauf- und Aufbaugliederung aufgreifen: Marktprozesse in der Anbahnungsphase und Unternehmungs- und Marktprozesse in der Durchfilhrungsphase sollen skizziert und hierbei die Einflußgrößen "Strukturmerkmale" und "geltende Regelungssysteme" voneinander getrennt werden. Die Nachordnungsphase ist nicht Gegenstand des analytischen Teils, da deren Regelungen aus dem Blickwinkel der Verteilungsgerechtigkeit zu beurteilen wären l2 • Hierzu sollen im Ergebnisteil der Ausarbeitung lediglich ergänzende Überlegungen erfolgen.

2. Marktprozesse in der Anbahnungsphase Marktstrukturuberlegungen sollen in der Phase "vor Vertragsabschluß" dazu dienen, die Marktteilnehmer und die angebotenen Produkte zu charakterisieren, insbesondere Merkmale von Anlageintermediären darzustellen, die auf Pub likumsunternehmungen eingegrenzt sind. Im Anschluß soll eine Einordnung des Investmentrechts nach "Aspekten des Kapitalmarktrechts" erfolgen und Regeln des KAGG mit Wirkung in der Anbahnungsphase kurz dargestellt werden. a) Marktstrukturmerkmale von Publikumskapitalanlagen Publikumskapitalanlagen werden öffentlich, d.h. nicht nur einem begrenzten Kreis von Marktteilnehmern angeboten. Eine eindeutige Beschreibung und Abgrenzung dieses Kapitalmarktsegments nach Kapitalnachfragern, Kapitalgebern und der Ausgestaltung der Kapitalüberlassungsformen scheint jedoch wegen ihrer Heterogenität unmöglich: Der Kreis der Kapitalnachfrager als Anlageinitiatoren differenziert mit der rechtlichen Ausgestaltung der Kapitalanlagen, filr die eine "zunehmende Verwischung ... [von] Risikokapitalmarkt und Geld(anlage)markt" festgestellt wird\3; eine Abgrenzung des "amorphen Anlegerkreis[ es] auf seine soziale Schichtung, den Anteil Privater an einzelnen Anlage arten oder vergleichbarer Parameter" erscheint nicht zweckmäßig l4 • In einem solchen Markt sind die Wissensunterschiede zwischen Kapitalnachfragern und potentiellen Kapitalgebern häufig groß. Hier bieten sich An-

12

Vgl. S. 64: "Eingriff in die Ergebnisverteilung durch marktordnende Institutionen".

14

Assmann, H. (1990), S. 17, mit Einfiigung.

\3 Assmann, H. (1990), S. 15, mit Einfiigung.

5 Oldcnburg

66

C. Analytischer Teil

lageintennediäre der Anbahnungsphase 15 an, im Marktprozeß durch Wissensvennittlung über Anlagemöglichkeiten und auch durch Verhandlungen zum Abschluß der Vereinbarungen über die Kapitalüberlassung teilzunehmen l6 • Sie dienen einerseits den Kapitalnachfragern, d.h. den Initiatoren von Kapitalanlagen, indem sie fUr diese teilweise oder vollständig die Unsicherheiten bei Marktzufuhren übernehmen, andererseits potentiellen Kapitalgebern, indem sie diesen die Wissenserarbeitung über mögliche Kapitalverwendungsfonnen erleichtern 17. Als eine mögliche Produktvariante des Kapitalanlagemarkts treten Publikumsunternehmungen als Anlageintennediäre der Durchfilhrungsphase 18 auf. Sie bieten den Kapitalgebern mit der Erledigung der VennögensverwaItung 19 häufig die Möglichkeit, "ohne eigenen Arbeitseinsatz Ertragschancen aus planmäßig risikobehafteten Investitionen zu verwirklichen"20. Sie übernehmen hierbei Einkommensunsicherheiten der Kapitalgeber in der Entscheidung über die DurchfUhrung bestimmter Kapitalanlagen 21 . Diese Anlageintennediäre können insbesondere zur Erzielung von Verbundeffekten dienen; hierunter lassen sich unter anderem folgende, nicht überschneidungsfreie Tätigkeitsmerkmale zusammenfassen: •

"Als Kapitalsammelstellen die Transfonnation kurzfristiger Anlagemittel in langfristig bindungstahiges (Risiko-)Kapital [zu] bewerkstelligen"22.



Die Transfonnation von Anlagen, die einzelne Kapitalgeber aufgrund von Unteilbarkeiten nicht hätten durchfUhren können, in kleine Losgrößen vorzunehmen 23 .



Die Erringerung von Größenvorteilen zu ennöglichen 24 .

15 Vgl. Assmann, H. (1990), S. 16 f.; zu den Erscheinungsfonnen auch Melcher, C. (1981 ). 16 Vgl. ausführlich Heymann, E. (1990). 17 Ähnlich: Wilke, H. (1996), S. 89, m.w.N. 18 Ähnlich Assmann, H. (1990), S. 16 f. Zu "Finanzintennediären" vgl. Gebhardt, G.lGerke, W.lSteiner, M. (1993), S. 7 ff.; aus neoinstitutionalistischer Sicht auch der "Staat als Intennediär" bei Schmidt, R.lTerberger, E. (1997), S. 462 ff. 19 Vgl. ausführlich Schäfer, F. (1997); für Investmentfonds deskripitiv Perridon, L./Steiner, M. (1995), S. 263 ff. 20 Schneider, D. (1992), S. 622. Dagegen wird die Tätigkeit des Finanzintennediärs "Bank" in Untersuchungen lediglich auf die Weitervergabe von Einlagen beschränkt, vgl. bei Schmidt, R.lTerberger, E. (1997), S. 465 ff. 21 Schneider, D. (1995), S.33 ff, 82 ff.; Anlageintennediäre übernehmen die "Marktzufuhren" . 22 Assmann, H. (1990), S. 17, mit Einfiigung. 23 Vgl. Gessler, E. (1957), S. 11; Gebhardt, G.lGerke, W.ISteiner, M. (1993), S. 11.

I. Grundzüge der Markt- und Unternehmungsprozesse

67



Investitionsmischungen durchzufilhren 25 •



Die kollektive Ausschöpfung von Steuervorteilen als "Arbitragen gegen Regulierungen" anzustreben 26 •

Anlageintermediäre spalten den Kapitalanlagemarkt in wirtschaftlicher Sichtweise auf: sie treten an Stelle der Anbieter von Kapitalanlagen als Kapitalnachfrager auf und fragen an Stelle von Kapitalanlegem Anlagemöglichkeiten nach; sie handeln Geldgebote und zukünftige Zahlungsansprüche. Der Markt filr Anlageobjekte ist ihr Beschaffungsmarkt, der Markt der Kapitalanbieter ihr Absatzmarkt.

Kapitalangebot Anlageintermediär der Anbahnungsphase

Anlageintermediär der Durchführungsphase

Kapitalnachfrage

Abbildung 2: Aufspaltung des Kapitalanlagemarkts aus Sicht der Anlageintermediäre

Für die Kapitalgeber ist in der Anbahnungsphase problematisch, daß ihnen in der Regel unbekannt ist, ob die Kapitalnachfrager, d.h. auch die Anlageintermediäre, vertrauenswürdig sind 27 • Aus neoinstitutionalistischer Sicht wurden zahlreiche Modelluntersuchungen über mögliche Wirkungen und Lösungsmaßnahmen filr Wissensunterschiede "vor Vertragsabschluß" durchgefilhrt28 • Hierin werden die Intermediäre bereits als institutionelle Lösung filr "Informationsasymmetrien" angesehen, seltener als zusätzliches Problem29 •

24 Vgl. z.B. Süchting, 1. (1995), S.535 f. Als Folge von Unteilbarkeiten: Fritsch, M./Wein, T./Ewers, H. (1996), S. 143 tf. 25 "Risikotransformation", vgl. Gebhardt, G./Gerke, W.ISteiner, M. (1993), S. 11; Süchting, 1. (1995), S. 360 tf. 26 Vgl. Schneider, D. (l986a). 27 Vgl. z.B. Drukarczyk, 1. (1993), S. 7; Schmidt, R. (1981 a), S. 190. 28 Vgl. stellvertretend Perridon, L./Steiner, M. (1995), S. 487 ff. 29 Vgl. als Hinweis bei Wilke, H. (1996), S. 94.

68

C. Analytischer Teil

b) Marktregeln bei Investmentfonds

Das deutsche Kapitalmarktrecht wird häufig wie folgt systematisiertl°: •

phasenorientiert, getrennt nach "vertriebsrechtlichen" Regelungen, die schon in der Anbahnungsphase ohne Vorliegen von gegenseitigen Rechtsgeschäften ansetzen, und "gesellschaftsrechtlichen" Regelungen, die wirksame Rechtsgeschäfte, insbesondere durch Gesellschaftsverträge, erfordern;



nach dem Grad der Organisiertheit wird von einem "organisierten" Teilkapitalmarkt gesprochen, wenn die rechtlichen Regelungen an das Vorliegen von Wertpapieren als verbriefte Rechte 31 anknüpfen, ansonsten sollen Regelungen des nicht-organisierten bzw. "grauen" Kapitalmarkts vorliegen 32 •

Diese Gliederung symbolisiert eine rechtliche "Spaltung des Kapitalmarkts", die zu unterschiedlichen Wettbewerbsbedingungen und "nach Art, Ansatzpunkten und Ausmaß differierenden Regelungsinstrumenten" führt 33 , die auch im Ausschnitt des Kapitalanlagerechts zu beobachten istl 4 • Ein Gesetzentwurf zu einer vereinheitlichenden Regelung von Marktprozessen in der Anbahnungsphase ist gescheitert35 . Das deutsche Investmentrecht regelt einen Ausschnitt des organisierten Kapitalmarkts durch zwei Gesetze 36 : das AuslInvestmG und das KAGG, wobei letzteres als Aufsichts-, Organisations- und Vertriebsgesetz angesehen wird37 . Das deutsche Investmentrecht wird durch europäisches Recht beeinflußt, in der Vergangenheit insbesondere durch die Transformation der Richtlinie des Rates [der Europäischen Gemeinschaften] vom 20.12.1985 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGA W)38. Der Begriff "Investment" beschreibt zunächst nur die Anlage von "Geldkapital"39. Als "Investment-Idee" wird "eine in ihrem Risiko geminderte Form der 30 Vgl. Koch, H.lSchmidt, R. (1981), S. 238; Wiedemann, H. (1980), S. 482 ff.; Assmann, H. (1990), S. 9. 31 Vgl. Quack. F. (1990), S. 1349 "Wertpapier". 32 Vgl. aber auch Legaldefinition in § 2 (5) WpHG. J3 Assmann, H. (1990), S. 9. 34 Vgl. Assmann, H.lSchütze, R. (1990), S. V. 35 Vgl. Assmann, H. (1990), S. 7; zu den Einzelheiten des Entwurfs eines Vennögensanlagengesetzes: Biener, H. (1978). 36 Vgl. Punkt O. 37 Vgl. Beckmann, K. (1995), S. 15 der KAGG-Ein1eitung. 38 Vgl. ausführlich im Rechtsquellenverzeichnis. 39 Als unmittelbarer Begriffsinhalt in den angelsächsischen Ländern, vgl. Baur, 1. (1990), S. 533, m.w.N.

1. Grundzüge der Markt- und Unternehmungsprozesse

69

Verwaltung von Vermögen, die sich an einen größeren Kreis von Anlegern wendet und im Hinblick auf die gemeinsame Anlage keine eigene untemehmerische Zielsetzung kennt", beschrieben, die außerdem mit der "Ausgabe von Wertpapieren in Vertretung anderer Wertpapiere" verbunden ist40 . In dieser Form kollektiver Vermögensverwaltung41 finden sich einige der rur Anlageintermediäre charakteristischen Strukturmerkmale wieder42 . In Anknüpfung an § 1 (1) KAGG wird eine Marktabspaltung solcher Kapitalanlagen erreicht: Unternehmungen, "deren Geschäftsbereich darauf ausgerichtet ist, bei ihnen eingelegtes Geld im eigenen Namen fiir gemeinschaftliche Rechnung der Kapitalgeber (Anteilinhaber) nach dem Grundsatz der Risikomischung in den nach diesem Gesetz zugelassenen Vermögensgegenständen gesondert vom eigenen Vermögen ... anzulegen und über die hieraus sich ergebenden Rechte der Anteilinhaber Urkunden (Anteilscheine) aus ... stellen" 43,

unterliegen als "Kapitalanlagesellschaft" (KAG) einer Marktaufsicht: sie haben ihre Geschäfte aufzugeben oder sich im übrigen den Regeln des KAGG zu unterwerfen 44 . Nach § 2 (1) KAGG sind Kapitalanlagegesellschaften (KAGen) Kreditinstitute und unterliegen mit dem Gesetz über das Kreditwesen (KWG) auch der Aufsicht des Bundesamts fiir das Kreditwesen (BAKred)45. Für eine Betriebserlaubnis muß die KAG als Kapitalgesellschaft ein eingezahltes Nennkapital von mindestens 5 Mio. DM ausweisen. Die §§ 51 ff. KAGG sehen dartiber hinaus den Typus der "Investmentgesellschaft" (IVG)46 vor, deren Unternehmensgegenstand als "Anlage und Verwaltung ihrer [eigenen] Mittel nach dem Grundsatz der Risikomischung ... mit dem einzigen Ziel, ihre Anteilseigner an dem Gewinn aus der Verwaltung des Vermögens zu beteiligen,,47

40 Vgl. Baur. J (1990), S. 533. 41 V gl. Schäfer, F. (1997), Rz. 11 ff. 42 Investmentgesellschaften als Finanzintermediäre, vgl. Gebhardt, G.lGerke, W./Steiner, M (1993), S. 15; Schneider, D. (1997), S. 373 f. 43 Das KAGG bildet einige Wortzusammensetzungen mit "Anteil-" im Gegensatz zum Sprachgebrauch ohne Fugen-"s", z.B.: "Antei.l!!chein", "Anteilinhaber". Die Ausarbeitung wird der Gebrauchsweise des KAGG insoweit folgen. 44 Beckmann. K. (1995), Rz. 2 zu § 1 KAGG, verweist zwar darauf, daß die Entstehung einer "faktischen" KAG selten sein dürfte. Vgl. aber die Vorschriften über die Umgestaltung bestehender risikomischender Immobilienfonds - Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften und der Gewerbeordnung vom 28.7.1969 (UmgestaltungsG). 45 Vgl. § 2 (1) KAGG, § 6 KWG. 46 Der Begriff "Investmentfonds" wird aber im folgenden allgemein fiir dem KAGG unterliegende Vermögen verwendet. 47 § 51 (3) KAGG, mit Einfiigung.

c. Analytischer Teil

70

festgelegt wird. Als Aktiengesellschaft muß deren Grundkapital nach § 51 (5) Nr. I KAGG mindestens 2 Mio. DM betragen. Die aus diesen Regelungen folgenden Marktzugangsbeschränkungen 48 werden verknüpft mit einem Schutz der "Firmenbezeichnung" nach § 7 KAGG, die alle Geschäfte betrifft, die auf die Anlage von Geldvermögen gerichtet sind und die Wortbestandteile "Kapitalanlage-" und "Invest-" fiihren 49 • Diese Vorschriften können als "vertrauens schaffende Maßnahmen" gedeutet werden, die dem Kapitalgeber Wissen über bestimmte Eigenschaften vermitteln und Erwartungen über die zukünftige Qualität der Kapitalanlage hervorrufen sollen50 • Das KAGG sieht in der Anbahnungsphase noch weitere Regeln über Wissensänderungen vor: Nach § 19 (1) KAGG ist dem Erwerber von InvestmentAnteilscheinen auf Anfrage kostenlos ein Verkaufsprospekt zur Verfügung zu stellen, der die Vertragsbedingungen der Durchfilhrungsphase, Rechenschaftsberichte, Angaben über zu leistende Vergütungen und weitere Mindestangaben "die im Zeitpunkt des Erwerbs filr die Beurteilung der Anteilscheine von wesentlicher Bedeutung sind" enthalten soll und der ständig aktualisiert werden muß. Eine Beschränkung des öffentlichen Anlagevertriebs auf bestimmte Anbahnungsmittler ist dagegen nicht vorgesehen. Die KAGG-Investmentanteile werden im Inland über Banken, Sparkassen, Versicherungen, Versandhäuser und zunehmend über "freie Vermittler" vertrieben, die als General-, Mehrfachagenten, Makler und nebenberufliche Vertreter tätig werden 51 ; alle genannten Gruppen unterliegen allerdings gesonderten Aufsichtsgesetzen und -organen, etwa auch durch Regelungen der Gewerbeordnung 52 • Neben den Publikums-Investmentanlagen regelt das KAGG auch die Vermögensverwaltung in "Spezialfonds", die nicht öffentlich angeboten werden und "deren Anteilscheine ... jeweils von nicht mehr als zehn Anteilinhabern, die nicht natürliche Personen sind, gehalten werden"s3. Bei dieser Anlageform sind nur ausgewählte Bestimmungen des KAGG beachtlich und Individualabreden zwischen Kapitalgebern und Vermögensverwalter möglich. Spezialfonds sind nicht Gegenstand der Ausarbeitung.

V gl. Schneider, D. (1992), S. 653. Vgl. § 7 (3) KAGG. so V gl. Schneider, D. (1995), S. 44 f. SI Vgl. Päsler, R. (1991), S. 49 f.; Baur, J. (1990), S. 580 ff. 52 V gl. z.B. § 34c GewO. 53 § I (2) S.I KAGG.

48

49

I. Grundtzüge der Markt- und Untenehmungsprozesse

71

3. Unternehmungs- und Marktprozesse in der Durchführungsphase Im Anschluß an diesen kurzen Überblick über die Anbahnungsphase sollen nun Prozesse bei Investmentfonds als Anlageintermediäre der Durchruhrungsphase nach Strukturen und Regelungen gesondert betrachtet werden. Hierfiir werden zunächst Merkmale zusammengetragen, die rur eine Analyse der Kapitalüberlassungs- bzw. Finanzierungsbeziehung zwischen Intermediär und Kapitalgeber bedeutend erscheinen. a) Unternehmungsstrukturen von Anlageintermediären

(1) Merkmale von Finanzierungsbeziehungen Die Überlassung von Kapital an eine Unternehmung gegen zukünftige Auszahlungsansprüche erfordert Vereinbarungen, die einen Teil der Unternehmungsstruktur bilden. Die folgende Tabelle enthält eine Auswahl von Gliederungsvorschlägen ft1r Merkmale von Finanzierungsbeziehungen.

Tabelle 1

Alternative Gliederungsmerkmale einer Finanzierungsbeziehung

Beispiele aus der neoinstitutionalistischen Literatur: Drukarczyka) differenziert "Teilungsregeln" im Hinblick auf • Erfolge, • Risiko, • Informationen, • Kontrollrechte und • Entscheidungsrechte zwischen Kapitalgeber und -nachfrager. FrankelHaxb) unterscheiden • Teilungsregeln tUr das finanzielle Ergebnis der Unternehmung; • Einwirkungsrechte, mit denen Kapitalgeber Unternehmungsentscheidungen beeinflussen können; • die Beschränkung des Handlungsspielraums der mit der Unternehmungsleitung Beauftragten; • Regelungen zur Übermittlung von Informationen an die Kapitalgeber; • und das Recht, die Handlungen der Unternehmungsleitung zu kontrollieren. (Fortsetzung nächste Seite)

C. Analytischer Teil

72 (Fortsetzung Tabelle 1)

Beispiele aus dem rechtswissenschaftlichen Schrifttum: Wiedemann c) differenziert den Regelungsinhalt von Finanzierungsverträgen aus Sicht der Kapitalgeber nach: • Verwaltungsinteresse • Bestands- und Ertragsinteresse • Informations- und Kontrollinteresse • Liquiditätsinteresse. Hoptd) ermittelt Regelungsbedarf aus Anlegerschutzbedürfnissen im Hinblick auf: • Substanzrisiko • Informationsrisiko • Abwicklungs- und Verwaltungsrisiko • Interessenvertretungsrisiko • Konditionenrisiko.

Beispiel/llr eine neoinstitutiona/istisch-rechtswissenschaftliche Synthese: KüblerlSchmidte) reduzieren die Beschreibung von "Rechtsformen" aus Sicht der Kapitalgeber auf Gestaltungsvarianten der • Entscheidungskompetenzen als "Innenbeziehungen" und • Verteilungsregeln als "Außenbeziehungen".

Gliederungsvorschlag im Marktprozeßansatz: Schneider> zerlegt die Finanzierungsbeziehung als Darstellungshilfe in folgende Elemente: • planmäßige Zahlungsverteilung; • Maßnahmen zur Unsicherheitsverringerung bei der Vertragsdurchfiihrung; • Regelungen zur Verteilung der Verfiigungsmacht. Vgl. Drukarczyk, J. (1993), S. 7. - b) Vgl. Franke, G./ Hax, H. (1994), S. 439 - 442. Vgl. Wiedemann, H. (1980), S. 489 ff. - d) Vgl. Hopt, K. (1975), S. 82 ff. - e) Vgl. Kübler, F./Schmidt, R. (1988), S. 159 ff. - f) Vgl. Schneider, D. (1992), S. 620 ff. a)

- c)

Im Vergleich wiederholen sich in den Systematisierungsvorschlägen EinzeIelemente einer Finanzierungsbeziehung mit unterschiedlichen Beschreibungen 54 • Der Vorschlag von Schneider könnte aber über eine bloße Aufzählung hinaus eine Zerlegung in ökonomische Teilprobleme bieten, die eine Subsumtion der genannten Merkmale und eine Darstellung verschiedener Finanzierungsformen ermöglicht55 •

Der Vorschlag von KüblerlSchmidt wird erst unten, S. 299, wieder aufgegriffen. Zur Erklärung verschiedener Finanzierungsformen aus neoinstitutionalistischer Sicht vgl. dagegen Schmidt, R./Terberger, E. (1997), S. 409 ff. 54 55

I. Grundzüge der Markt- und Untemehrnungsprozesse

73

Hiernach wird im Rahmen der planmäßigen Zahlungs verteilung die Planabstimmung zwischen dem investierenden Unternehmer und dem finanzierenden Geldgeber im Hinblick auf die Zahlungs- und Risikoverteilung im Zeitablauf betrachtet; die Vereinbarungen betreffen die Höhe des hingegebenen Geldbetrags und die dafilr zu gewährenden künftigen AuszahlungsansprUche, die je nach gewünschter Risikoverteilung in Betrag und Zeitpunkt festgeschrieben werden oder nicht 56 • "RestbetragsansprUche" liegen vor, wenn die Kapitalentgeite nicht nach Höhe und Zeitpunkt festgelegt, sondern ergebnisabhängig sind57 • Als Maßnahmen zur Unsicherheitsverringerung während der Vertragsdurchfiihrung können Regelungen betrachtet werden, die in den übrigen Gliederungsvorschlägen keine Entsprechung haben: etwa die beschränkte Haftung des Kapitalgebers, oder die Verpflichtung des Kapitalnehmers, Sicherheiten beizubringen 58 • Dagegen betreffen die übrigen im Vergleich genannten Merkmale im wesentlichen die Verteilung der Verfiigungsmacht. Unter diesem Aspekt können insbesondere Unternehmungen betrachtet werden, bei denen Planungs- und Anordnungsrechte als Bestandteile der Unternehmerfunktionen von beauftragten Managern ausgeübt werden. Hier kann aus Sicht der Inhaber von RestbetragsansprUchen beispielsweise die Regelung von Kontro11-, Weisungs- und Austrittsrechten erforderlich werden, um Unsicherheiten, die aus der Übertragung der Verfiigungsrechte resultieren können, zu begrenzen 59 • Die Gliederung von Finanzierungsmerkmalen soll helfen, den Analysehauptteil der Ausarbeitung in Teilaspekte aufzugliedern. Zunächst müssen aber noch weitere Strukturmerkmale filr die Überlassung von Kapital gegen RestbetragsansprUche an Anlageintermediäre erarbeitet werden. Hierbei wird im folgenden eine Auswahl von Begriffen untersucht, die bei Investmentanlagen strukturbildend sind. (2) Merkmale bei kollektiver Vermögensverwaltung Die Verwaltung des überlassenen Kapitals und die Durchfiihrung der Investitionen erfolgt nicht durch die Kapitalgeber, sondern durch von diesen beauftragten "Spezialisten". Ihre Vereinbarungen können sehr unterschiedlich ausgestaltet sein: es könnte einerseits eine Weisungsbefugnis durch Kapitalgeber

Vgl. Schneider, D. (1992), S. 621. Zur Abgrenzung von Festbetrags- und Restbetragsansprüchen als Darstellungshilfe vgl. Schneider, D. (1992), S. 48, rn.w. N. 58 Vgl. Schneider, D. (1992), S. 621 f. 59 Vgl. Schneider, D. (1992), S. 622 f. 56

57

74

c. Analytischer Teil

vorgesehen sein, die diese aber bei Publikumsunternehmungen nicht einzeln, sondern über Gremien ausüben müßten 6O • Bei Kapitalüberlassungen mit dem Ziel der Vermögensverwaltung entsteht jedoch häufig eine Ausgestaltung, die als "wirtschaftliches Treuhandverhältnis" bezeichnet werden kann 61 : die selbständige Wahrnehmung fremder Interessen durch den Beauftragten. Bei einem Treuhandauftrag über Vermögens verwaltung sind Anlagerichtlinien erforderlich, die den Entscheidungsspielraum des Beauftragten über mögliche Vermögensverwendungen und -umschichtungen einengen 62 • Neben dieser Verwaltungstreuhand kann sich ein gesonderter Treuhandauftrag auf die Ausübung der hieraus folgenden Kontrollbefugnisse beziehen63 • Das von Anlageintermediären gesammelte Kapital wird häufig als "Fonds" bezeichnet. Der Begriff "Fonds" ist allerdings der aus ausländischem juristischen Sprachgebrauch entlehnte Name filr "Sondervermögen"64. Hiermit wird eine Vermögensmasse bezeichnet, die keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzt, aber die aufgrund ihrer Zweckbestimmung anderen, nicht näher bestimmten rechtlichen Regelungen unterliegt, als das übrige Vermögen der Rechtsinhaber65 • Bei Publikumsunternehmungen sind die Kapitalgeber nur zu Bruchteilen am Sondervermögen berechtigt. Diese Anteile können auf verschiedenen Wegen aufgenommen oder aufgegeben werden. Im Gesellschaftsrecht sind hierfilr Begriffe, wie "Eintritt und Anteilerwerb" und "Austritt, Ausscheiden und Anteilveräußerung" gebräuchlich, wobei aber der Austritt als "Kündigung" begrifflich eine Variante des "Ausscheidens" darstellt66 • Daneben werden als Formen des Ausscheidens im engeren Sinne Sachverhalte wie die Ausschließung oder das Ausscheiden kraft bestimmter Regelungen bezeichnet67 • Im folgenden soll dagegen mit den Begriffspaaren "Eintritt!Austritt", die mit einer Veränderung des Kapitalbestands im Sondervermögen zusammenhängen, entgeltlicher "Anteilerwerb/-veräußerung", die den Kapitalbestand unberührt lassen und dem gemeinsamen Oberbegriff "Aufnahme/Aufgabe von Anteilen" gearbeitet werden. Die folgende Darstellung soll die beschriebene Begriffshierarchie verdeutlichen. 60 Bei IVGen sind die üblichen Organe einer Aktiengesellschaft vorgesehen, vgl. auch § 51 (2) S.2 KAGG. 61 V gl. Wöhe, G. (1995), S. 250 f.; als "Treuhandschaft im weiteren wirtschaftlichen Sinne" bei Müller, H. (1992), S. 342. 62 V gl. Schäfer, F. (1997), Rz. 9 ff. 63 V gl. Wiedemann, H. (1975), S. 1595 f. 64 Vgl. Quack. F. (1990), S. 413 "Fonds". 65 V gl. Huber, U. (1970), S. 61 ff.; Wiedemann, H. (1980), S. 195 ff., 248 ff. 66 Vgl. etwa bei Schmidt, K. (1997), S. 1312. 67 V gl. Schmidt, K. (1997), S. 1312 f.

I. Grundzüge der Markt- und Unternehmungsprozesse Aufnahme von Anteilen Anteilübertragung Anteilerwerb! andere Formen

Eintritt

75

Aufgabe von Anteilen Ausscheiden Austritt !

! Anteilübertragung

andere Formen

! Anteilveräußerung

Abbildung 3: Alternative Wege der Anteilaufnahme und -aufgabe

Die Wahlfreiheiten zum Ein- oder Austritt bei kollektiven Vermögensanlagen werden häufig mit dem Begriffspaar "offener und geschlossener Fonds" bezeichnet. Diese Ausdrücke sind jedoch leicht irreruhrend, da nicht ersichtlich wird, ob die Fonds gegenüber Eintritten und/oder Austritten offen bzw. geschlossen sind; diese Eigenschaften können auch an bestimmte Fristen geknüpft sein. Der Vorschlag, zwischen "zweiseitig offen" und "halboffen" zu unterscheiden 68 , kann wegen der mehreren möglichen Varianten rur "einseitig offene Fonds"69 keine Klarheit schaffen. Es scheint daher zweckmäßig, Formulierungen wie "befristet austrittsgeschlossene Fonds" usw. zu verwenden. Gelegentlich werden als "offene Fonds" auch jederzeit "aufgabe- bzw. veräußerungsoffene Fonds" bezeichnet, wenn Intermediäre daneben oder statt dessen den Rückkauf von Anteilen gewährleisten 70 • Die Übertragung der Untemehmerfunktionen an Beauftragte erfordert die Regelung von Rechenschaftspflichten, die unter anderem eine Bemessung von gegenseitigen Ansprüchen und Verpflichtungen ermöglichen 71. Abrechnungen sind rur unterschiedliche Sachverhalte denkbar, etwa72 : •

zur Bestimmung des Anteils der Kapitalgeber bei Eintritt, sowie zusätzlich der Restbetragsansprüche bei Austritt aus der Unternehmung;



rur deren Ansprüche auf periodische Zwischenauszahlungen, soweit dies vorgesehen ist;



rur Ansprüche des Fiskus aus der Kapitalanlage, soweit sie die Kapitalgeber betreffen;

• fiir Ansprüche der Kapitalgeber auf Darstellung der Leistung der Beauftragten;

68 Vgl. o. V./Investment-Handbuch (1995), Rz. 7 zu § II KAGG. 69 Hiermit könnte befristet oder unbefristet eintritts-, bzw. austrittsoffen gemeint sein.

Vgl. Z.B. o.v.lInvestment-Handbuch (1995), Rz. 48 f. zu § 2 AusllnvG. Vgl. Schneider, D. (\ 997), S. 4 ff, 14 ff., 27 ff. zum Begriff der "Rechnungswesenstruktur"; zum Begriff der Rechnungslegung als Oberbegriff für verschiedene Rechenschaftsaufgaben auch Ellerich. M. (1995), S. \01 ff. 72 V gl. für Teilsachverhalte Schneider, D. (1997), S. 15 ff., 19 ff. 70 71

76

C. Analytischer Teil

• filr EntgeltansprUche der Beauftragten, insbesondere, soweit diese nicht im Betrag festgelegt sind.

Aus dem Rechnungszweck soll der Rechnungsinhalt, das Ermittlungsverfahren folgen 73 • Vom Zweck soll etwa abhängig sein, ob die Ermittlung von Restbeträgen, bzw. von "Ergebnissen", nur aus einer Zahlungssaidenrechnung erfolgt oder inwieweit auch Bewertungsregeln filr nicht-pagatorische Sachverhalte zu beachten sind 74 . Publikums unternehmungen ermöglichen in der Regel keine Einzelvereinbarungen über die Ausgestaltung der Verfügungsrechte; die an einen Anteil geknüpften Rechte und Pflichten sind meistens durch die Anlageinitiatoren exante festgelegt und werden durch die Kapitalgeber mit Anteilaufnahme akzeptiert. Für Anteile, deren Rechte und Pflichten gleich ausgestaltet sind, kann ein Gleichbehandlungsgebot zweckmäßig sein 75 . Sofern sich im Analysehauptteil keine anderweitigen Ausgestaltungsziele ermitteln lassen, soll dieser Grundsatz zur Diskussion der KAGG-Regelungen aus Sicht der Tauschgerechtigkeit gegebenenfalls aufgegriffen werden. Die Unternehmungsprozesse und hieran knüpfenden Marktprozesse der Anlageintermediäre werden außer durch die überblicksweise dargestellten Unternehmungsstrukturen auch durch Unternehmungsregeln beeinflußt, durch Investmentrecht, das im folgenden beschrieben wird.

b) Unternehmungsregeln bei Investmentfonds "Als der Gesetzgeber im Jahre 1957 das ... KAGG ... verabschiedete, waren bereits fünf deutsche Investmentgesellschaften tätig. Diese fünf Gesellschaften hatten sich bei der Wahl ihrer Rechtsform und auch in bezug auf die Ausgestaltun ihrer Rechtsbeziehungen zu ihren Anlegern an der Praxis im Ausland ... orientiert,,7 .

f

Auf Betreiben einer Anzahl von Kreditinstituten war auch in Deutschland ab 1949 ein Depotmodell entwickelt worden 77: im Mittelpunkt der Vertragsbeziehungen stand ein Wertpapierdepot, der Investmentfonds, über das die Sammelverwahrung des eingelegten Vermögens erfolgen sollte und das im Miteigentum der Kapitalgeber stand 78 • Das Fondsvermögen der Rechtsgemeinschaft 73 Vgl. Schneider, D. (1997), S. 33. 74 Vgl. Schneider, D. (1997), S. 32. 75 Vgl. aus gesellschaftsrechtlicher Sicht differenziert Wiedemann, H. (1980), S. 427 ff; Schmidt, K. (1997), S. 468 ff. 760hl, K. (1989), S. 9, m.w.N. 77 Vgl. Ohl, K. (1989), S. 23 ff. 78 Vgl. § 6 (1) DepotG, §§ 741 ff. BGB.

I. Grundtzüge der Markt- und Untenehmungsprozesse

77

sollte darüber hinaus auch dazugehörige Zins- und DividendenanspTÜche sowie Bankguthaben umfassen. Die Anteile an dem Depot wurden als Wertpapiere ausgestaltet, ihre Inhaber von der Teilnahme an der Gemeinschaftsverwaltung ausgeschlossen. Eine Kapitalanlagegesellschaft übernahm die Besorgung des Anlagegeschäfts; die Verwahrung des Investmentvermögens wurde dagegen einer Treuhänderbank überlassen. Letztere sollte außerdem die Ausgabe und Rücknahme von Anteilen durchfUhren, täglich Verkaufs- und Rücknahmepreise ermitteln und die Einhaltung der von den Initiatoren selbst festgelegten Anlagebestimmungen durch die Kapitalanlagegesellschaft überwachen; diese sahen einen Grundsatz der Risikomischung vor, nach dem Anteile eines Ausstellers nur bis zu einer Höchstgrenze erworben werden durften 79 • Diese Konstellation wird häufig als "Investmentdreieck" bezeichnet. Die Eckpunkte und Kanten des Dreiecks werden aber unterschiedlich definiert: je nachdem, ob das Sondervermögen oder die Anteilinhaber im Dreieck zu KAG und Depotbank stehen, sollen entweder wirtschaftliche Sachverhalte oder Rechtsverhältnisse dargestellt werden 80 • In jedem Fall wird nur ein sehr einfaches Abbild erreicht, was auch fiir die folgende Darstellung gilt; sie zeigt in wirtschaftlicher Sichtweise, wie der Anlageintermediär, der aus Perspektive der Kapitalgeber das gesamte Investmentdreieck umfaßt, eine Bündelung von Kapitalmarktsachverhalten erreicht. Das KAGG, das am 18.4.1957 in Kraft trat81, hat diese Konzeption aufgegriffen. Es ist demnach nicht am Reißbrett entstanden.

Anlageintennediär der Durchführungsphase

"'--;::::==::::;--71

Sonder-

10 I

elastisch a)

O:5Tl r' "" 7,89%; F= 9% => (1+F)2 -1 = 18,81%; TJ'=1,16411,1881 "" 97,97%; AB' = TJ'* 100 GEI 210 GE "" 46,65%. 163 Im Fall eines renditeändernden Austritts läßt sich aus der Elastizitätenformel nur ein zutreffender Faktor TJ' ermitteln, wenn im Zähler die Differenz aus den Periodenergebnissen ohne Austritt, 22 GE und denen, die ohne Austritt auf die verbleibenden Anteile entfallen, 11 GE, gebildet wird. "r'" = I 0% ist dann jedoch keine Grenzverzinsung, sondern entspricht der Durchschnittsverzinsung vo!:..Austritt => (1 + q2 -I = 21 %; F = 11% resultierende Durchschnittsverzinsung => (1+ r )2 -I = 23,21 %; TJ =1,211 1,2321 "" 98,21%; AA' = TJ' * 50% "" 49,1%. Dem entspricht hier AB' = 1 - AA' = 50,9%. Der erforderliche Zuschlag im Auszahlungszeitpunkt entspricht dem Ertragswert des Mehrergebnisses, diskontiert mit der internen Durchschnittsverzinsung: (135,53 133,10)GE/l,IP"" 1,97 GE.

7 01denburg

C. Analytischer Teil

98

Tabelle 6 Modifizierte Anteile bei unelastischen Periodenergebnissen in Beispiel 3 Periode Fall 1

Fall 2

Fall 3

- Bt Zt Ft - Bt Zt Ft - Bt Zt Ft

1 -100,00 10,00 110,00 -200,00 20,00 220,00 -200,00 20,00 220,00

2 -100,00 18,90 228,90 110,00 12,10 122,10 111,97 11,88 119,91

3 0,00 20,60 249,50 0,00 13,43

135,53 0,00 13,19 133,10

Die Anteilermittlung berücksichtigte hier über das Verhältnis vergangen er und zukünftiger Ergebnisse hinaus auch die Wirkung von Verbundeffekten. Die Höhe der erforderlichen Zu- oder Abschläge mußte vom Verlauf der internen Verzinsung abhängig gemacht werden. Die Ausgleichsregelung kann im Modell bei einer Renditeelastizität kleiner eins bewirken, daß sich die Vermögensposition von Altinhabern bei einer KapitalzufUhrung nicht ändert und sie dem Vorgang indifferent gegenüberstehen. Bei Kapitalbestandsminderungen bewirkt dieselbe Regel spiegelbildlich eine Erhöhung des Auszahlungsbetrags an Austretende l64 • Abweichende Zurechnungsregeln können auch fUr austrittsoffene, aber eintrittsgeschlossene Unternehmungen untersucht werden. HierfUr soll eine Unternehmung auf befristete Dauer betrachtet werden, die eine planmäßig bestimmte kollektive Vermögensanlage durchfUhren will, deren Regeln Austritte trotz eines gemeinsamen Anlagezwecks aber nicht generell ausschließen. Es könnte vereinbart sein, daß verbleibende Anteilinhaber durch Austritte nicht beeinflußt werden sollen, ihnen ein "Bestandsschutz" gewährt wird l65 • Im Fall elastischer Periodenergebnisse wären die finanziellen Folgen ausschließlich dem Austretenden zuzurechnen. Beispie/4 Durch den Austritt des B sinke die periodische Rendite von 10% auf 9%. Bei einer Abfindung des B in Höhe des anteiligen Fondswerts in t l würde in Fall I der verblei-

164 In der Literatur werden Abfindungszuschläge gegenüber der hier modellierten kapitalmäßigen Verbundwirkung eher durch personale Ergebniswirkungen gerechtfertigt, etwa im Fall des "lästigen Gesellschafters", vgl. Schuhmann, H (1996), S. S3 ff. 165 Vgl. z.B. zur "Buchwertklausel als Kaufgarantie" ausführlich Wangler, C. (1994), S. 118 ff., 246; kritisch Wagner, F. (1994), S. 488 ff.

11. Unternehmungsregeln zur planmäßigen Zahlungsverteilung

99

bende Vermögensendwert auf 130,69 GE sinken. Eine abweichende Regelung könnte einen Teil des aufB entfallenden Ergebnisses dem A zurechnen: Um eine Indifferenz des bleibenden Anteilseigners zu erreichen, müßte in Fall 2 eine Minderung von AB durch 11·1 auf knapp 49,08% erfolgen l66 . B erhielte dann einen Auszahlungsbetrag von \07,97 GE 167 .

Tabelle 7

Modifizierte Anteilermittlung fIlr kapitalbestandselastische Periodenergebnisse bei der eintrittsgeschlossenen Unternehmung in Beispiel 4 Fall 1

Fall 2

Periode - Bt Zt Ft - Bt Zt Ft

1 -200,00 20,00 220,00 -200,00 20,00 220,00

2 110,00 9,90 119,90 107,97 10,08 122,11

3 0,00 10,79

130,69

0,00 10,99

133,10

Unter einfachen Modellbedingungen lassen sich die Verbundwirkungen von Kapitalbestandsänderungen durch Ein- und Austritte beziffern und mögliche Ausgleichsregelungen darstellen. Bevor ein erstes Zwischenergebnis gezogen wird, sollen kurze Überlegungen zur Preisfindung bei Anteilerwerben und -veräußerungen erfolgen. (2) Anteilerwerb und -veräußerung Im Gegensatz zum Ein- oder Austritt ist Kennzeichen der Anteilübertragung, daß die übrigen Anteilinhaber grundsätzlich finanziell nicht beeinflußt werden, da der Kapitalbestand der Unternehmung nicht berührt wird. Unter den Bedingungen eines vollkommen Kapitalmarkts ist der Wert des zu übertragenden Anteils zugleich sein modellhafter Marktwert l68 : alle übrigen Marktteilnehmer als potentielle Erwerber beurteilen den Anteil auf Basis derselben Präferenzen. Der Anteilwert wird hierbei direkt aus den erzielbaren Zahlungsströmen ermittelt. Ein Einigungsbereich potentieller Anteilpreise kann jedoch wegen der

166 "r'" =\0% (siehe Fn 163. S. 97) => (1 + r')' -I = 21%; f = 9% => (1+ f)2 -I = 18,81%; 11· =1,21/ 1,1881 '" 101,84%; AA· = 11·'" 50% '" 50,92%. Dem entspricht ftlr AB· = 1 - AA· = 49,08%. 167 220 GE ... 49,08% '" 107,97 GE. 168 Vgl. z.B. Drukarczyk, J. (1993), S. 31 ff.

100

C. Analytischer Teil

Gleichschaltung der Präferenzen nicht entstehen; hierfür ist vielmehr ein Modell mit partiellem Ungleichgewicht erforderlich. Beispie/5 Kapitalgeber B möchte seinen Anteil an der in Tabelle 3, Fall J dargestellten Unternehmung in t l veräußern, da er beispielsweise einen dringenden Konsumbedarf decken muß 169. Bei der Suche nach einer Kaufpreisforderung könnte er die folgenden Überlegung anstellen: ein Austritt würde wie in Fall 3 zu einem Zufluß von 110 GE fUhren; der Barwert der fortgefUhrten Kapitalüberlassun beträgt aus seiner Sicht bei einem alternativen Anlagezins von 5% in t l 120,73 GEI o. Ein Erwerber C, der ausschließlich Ersparnisse einsetzt, könnte allerdings in t l in die zweiseitig offene Unternehmung mit 110 GE selbst eintreten und in t3 133,10 GE erlösen.

ß

Auch unter den hier dargestellten Bedingungen ist der Einigungsbereich auf einen Punkt, 110 GE, reduziert, der lediglich eine Indifferenzbedingung wiedergibt, aber keine Erklärung fUr eine Anteilübertragung bietet. Dies beruht auf der Annahme, alle Marktteilnehmer könnten an dem partiellen Ungleichgewicht auch durch jederzeitigen Unternehmungseintritt teilhaben. Ein Einigungsbereich läßt sich daher nur für die eintrittsgeschlossene Unternehmung abbilden: Beispie/6 Derselbe Kapitalgeber B möchte nunmehr seinen Anteil an der eintrittsgeschlossenen Unternehmung des Beispiel 4 in t l veräußern. Ein Austritt aus dem Fonds würde ohne besondere Verteilungsregel zu einem Zufluß von 110 GE, oder dort in Fall 2 zu 107,97 GE fUhren. Der Barwert der fortgefUhrten Anteils beträgt unverändert in t l von 120,73 GE. Die Preisobergrenze eines Erwerbers C, der ausschließlich Ersparnisse einsetzt, beträgt daher 120,73 GE.

Innerhalb des Einigungsbereichs von beispielsweise [107,97; 120,73] erfolgt eine in dem gewählten Modell nicht darstellbare Verhandlung über die Verteilung von zukünftigen, unter Umständen auch von erzielten Unternehmungsergebnissen l7l • Abgesehen von den Maximal- bzw. Minimalwerten kann unter den hier dargestellten Bedingungen eine Anteilübertragung wegen des Erhalts des Ergebnisanspruchs aus der Unternehmung beide Marktseiten finanziell besser stellen, als der Austritt. Der Einigungsbereich wird jedoch durch die Modifizierung der Bewertungsregel offensichtlich beeinflußt, hier im Hinblick auf die Preisuntergrenze.

169 Das Erfordernis der Anteilveräußerung läßt sich jedoch nur unter weiteren Modifikationen der Bedingungen eines vollkommenen Kapitalmarkts abbilden, etwa durch einen Gleichgewichtssollzinssatz, der oberhalb der Rate fUr Geldanlagen liegt. 170 266,20 GE • 50% /1,05 2 ~ 120,73 GE. 171 Ein Verhandlungspreis von unter 110 GE würde einen Teil der in der Unternehmung bereits vorher erzielten Ergebnisse auf den Erwerber verteilen.

II. Unternehmungsregeln zur planmäßigen Zahlungsverteilung

101

(3) Zwischenergebnis Bei einer vennittelnden Anteilbewertung sind Gerechtigkeitspostulate erforderlich, für die eine Auslegung nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz für Kapitalanteile zunächst naheläge 172 • Beim Auftreten von Verbundeffekten durch Kapitalbestandsänderungen ist aber schon in einfachen Modellrechnungen eine Gleichbehandlung nicht ohne zusätzliche Annahmen quantifizierbar. Hier hilft auch nicht der Verweis, daß der Aufteilung von Verbundwirkungen etwas willkürliches anhaftet, weil der bewußte Verzicht auf eine Regelung ebenso willkürlich erscheint 173 • Aus Sicht des Marktprozeßansatzes schien es daher zunächst nur zweckmäßig, mögliche Ausgestaltungen einer Anteilbewertungsregel anhand von Kombinationen modellhaft ennittelter Entscheidungswirkungen und insbesondere von Verteilungsfolgen zu diskutieren. Die Überlegungen zeigen Ähnlichkeiten mit dem Schrifttum, das für Einund Austritte in Unternehmungen ebenfalls Entscheidungs- und Verteilungswirkungen diskutiert und hieran die Ennittlung von Ausgleichszahlungen knüpft: •

In Modellen wird etwa das Aufgeld ennittelt, das bei Kapitalzuführungen zu leisten wäre, damit Altkapitalgeber zur Aufnahme zusätzlichen Kapitals gegen Restbetragsansprüche bereit sind: berechnet wird ein Mindestbetrag, mit dem der Altinhaber im Hinblick auf die Verteilungsfolgen entscheidungsindi fferent wäre 174.



Regelungen zum Bestandsschutz bei Kapitalbestandsminderungen sollen einen Ausgleich unerwünschter Verteilungsfolgen erreichen; gleichzeitig wird die erwünschte Entscheidungswirkung hervorgehoben, derzufolge Austritte an Vorteilhaftigkeit verlieren 175.



Ähnlich ist die Beurteilung in dem hier nicht weiter zu betrachtenden Fall des Ausscheidens von einflußIosen Anteilinhabem: Anreize, Minderheitsgesellschafter herauszudrängen, sollen beseitigt werden, indem deren Ab-

Der Gleichbehandlungsgrundsatz als "Willkürverbot": Schmidt, K. (1997), S. 471. Gleiches Ergebnis bei der Aufteilung von Verbundeffekten in Unternehmensverbünden, vgl. Moxter, A. (1983), S. 92 f.; ähnlich Busse von Colbe, W. (1982), S. 269 ff. 174 Vgl. die Quellen zu Fn 159, 160, S. 96. 175 Zur Abschätzung der Entscheidungswirkung einer solchen Regel müßten die jeweiligen Handlungsalternativen der Kapitalgeber betrachtet werden. Vgl. zur "unterwertigen Abfindung" bei personenbezogenen Unternehmungen Sieben, G.lLutz, H. (1985), S. 208; Wagner, F. (1994), S. 492. 172 173

102

C. Analytischer Teil

findungen die Höhe des oberen Grenzpreises der Mehrheitsgesellschafter erreichen sollen 176. Auffiillig ist, daß solche Überlegungen nur jeweils eine Richtung der Kapitalbestandsänderungen betrachten. Regeln über die indirekte Bewertung von Anteilen an einer Publikumsunternehmung haben jedoch zumindest bei zweiseitig offenen Unternehmungen mögliche spiegelbildliche Verbundwirkungen zu beachten und zu rechtfertigen. Die Unternehmensbewertungslehre fordert filr Vermittlungswerte grundsätzlich eine Überprüfung ihrer Akzeptanz: Starre Gerechtigkeitspostulate können "leicht eine Partei benachteiligen"m. Hierftlr soll der indirekt ermittelte Anteilwert mit den Grenzpreisen der direkten Anteilwertermittlung verglichen werden: liegt er in ihren Grenzen, wäre ein "effizienter Vertrag" erreicht, der Pareto-Optimalität wahren kann 178 , also schon dann, wenn der Nutzen nur einer Vertragspartei maximiert wird und die Gestaltung filr die andere Seite gerade noch akzeptabel erscheint 179 • Diese neoinstitutionalistische Übertragung des Pareto-Kriteriums auf zweiseitige Vertragsgestaltungsprobleme ermittelt demnach gerade kein wohlfahrtsökonomisches Optimum; dieses wäre erst gegeben, wenn die Grenznutzen der Vertragsparteien bezogen auf eine Anteilwertänderungen gleich groß und dadurch der beiderseitige Gesamtnutzen maximiert wäre; Nutzenfunktionen werden zur Ermittlung von Eingungsbereichen jedoch nicht erhoben. Eine Verknüpfung von Einigungsbereich und Vermittlungs wert muß aber filr Bewertungsregeln bei Publikumsunternehmungen ohnehin scheitern, da hierin die finanziellen Interessen von mehr als zwei Parteien zu beachten wären. Die Überlegungen zur Anteilübertragung zeigten zudem, daß ftlr den zweiseitig offenen Fonds unter den hier dargestellten Modellbedingungen kein Einigungsbereich existiert. Aber auch ftlr den nur austrittsoffenen Fonds konnte ein zwingender Zusammenhang zwischen Grenz- und Vermittlungspreisen modellhaft nur in umgekehrter Richtung dargestellt werden: Regeln über die indirekte Anteilbewertung können die Grenzpreise der Anteilübertragung beeinflussen. In den Ausftlhrungen bis hier wurde noch nicht geklärt, inwieweit der Ertragswertkalkül filr die Durchftlhrung der Ein- und Austrittsbewertung anwendbar scheint. Dessen Anwendungsbedingungen werden auch im folgenden eine Rolle spielen: Hierftlr soll zunächst die Annahme aufgehoben werden, der 176 V gl. ausfUhrlich Matschke, M. (1981), S. 117 ff., 122 ff. Die Abfindungsberechnung auf Basis eines Untemehmungsgrenzpreises, wie sie modellhaft bei Siegel, T. (1986), S. 162 f. durchgefUhrt wird, behandelt daher nur einen Spezialfall. m V gl. Ballwieser, W/Leuthier, R. (1986), S. 550. 178 Vgl. Matschke, M. (1981), S. 124. 179 Vgl. Franke, G.lHax, H. (1994), S. 416 f.

II. Unternehmungsregeln zur planmäßigen Zahlungsverteilung

103

Anlageintermediär könne im partiellen Marktungleichgewicht nur eine "Kontoanlage" durchfUhren. Eine KapitalrUckzahlung in Höhe des Anlagebetrags wurde hierdurch als gesichert und jederzeit durchfUhrbar angesehen. Diese Unterstellung ermöglichte, den Unternehmungswert ohne Rückgriff auf einen Ertragswertkalkül als Zahlungsmittelbestand zu bestimmen, so daß auch die Ableitung des Anteilwerts zur Bestimmung der Anteilziffer grundsätzlich unproblematisch war. Die Annahme wird im folgenden fiir die indirekte Anteilbewertung bei Grundstücksunternehmungen teilweise aufgehoben. c) Indirekte Anteilbewertung bei Anlageintermediären,

insbesondere Grundstücksunternehmungen

(1) Doppelt indirekte Anteilbewertung Bei der im folgenden betrachteten modellhaften Grundstücksunternehmung wird das planmäßige Unternehmungsergebnis von Zahlungsreihen bestimmt, in denen der Betrag des angelegten Kapitals ganz oder teilweise durch laufende Überschüsse "zurUckverdient" werden muß und entsprechend die Veräußerung von Anlageobjekten planmäßig zu Erlösen fUhrt, die von den Anschaffungsausgaben abweichen 180. Es stellt sich die Frage, inwieweit die Zuflüsse, zukünftig oder bereits realisiert, in die Anteilbewertung einfließen sollen. Eine Konvention könnte beispielsweise lauten, realisierte und wiederangelegte Zahlungssalden in vollem Umfang einzubeziehen, unrealisierte nur insoweit, als ein potentieller Erwerber bereit wäre, diese im Bewertungszeitpunkt zu vergüten. Der Wert der Unternehmung würde zu einem Zeitpunkt um so größer ausfallen, je umfangreicher Kapitalmarktteilnehmer die zukünftigen Ergebnisse der Unternehmungsinvestitionen übernehmen könnten und vergüten würden. Den Wert nach der Unternehmung im ganzen zu bemessen, scheint hingegen nicht zweckmäßig: Einerseits ist ein potentieller Erwerber einer Publikumsunternehmung im ganzen kaum vorstellbar; zum anderen wird insbesondere zur Bestreitung der AuszahlungsansprUche einzelner Kapitalgeber allenfalls die Veräußerung von Unternehmungsteilen erforderlich 181. Die Sichtweise verlagert sich insofern von der Unternehmung auf ihre Einzelobjekte; die Anteilbewertung erscheint "doppelt indirekt". 180 Zur Unterscheidung von Fruchtziehung und Kapitalerfolg in der Quellentheorie des Einkommens, vgl. z.B. Schneider, D. (1997), S. 20 ff., 243 ff. 181 Insofern ist hier die Suche nach einem "Verkehrswert der Unternehmung" entbehrlich, vgl. zur Diskussion eines solchen Wertbegriffs Engel. D./Giese, R. (I983) und Stellungnahme von Schildbach. T. (1983).

C. Analytischer Teil

104

Anlageintermediär

Bewertung? ____ Bewertung? _

Bewertung?

Abbildung 6: Vereinfachte Darstellung der "doppelt indirekten" Anteilbewertung

Die Verwendung eines abgezinsten Vennögensendwerts, der sich in der Totalperiode planmäßig bei Unternehmungsfortfiihrung ergäbe, scheidet damit im Modell aus l82 • Statt dessen könnte der Ertragswertkalkül zur Ennittlung des Barwerts realisierter und unrealisierter Zahlungen einzelner Objekte verwendet werden. Hierin kann die Abbildung von Grenzpreisen möglicher Erwerber aber nicht zweckgerecht sein, da nicht nach Preisobergrenzen, sondern nach ex-postPreisen gesucht wird, die im Marktprozeß potentiell realisiert werden. Die Höhe der als realisiert zu behandelnden zukünftigen Unternehmungsergebnisse dürfte auch von der Abgrenzung von Bewertungseinheiten abhängig sein; hiennit wird festgelegt, inwieweit ein gedachter Erwerber bereit wäre, auch Verbundeffekte zu vergüten. Bei Grundstücksunternehmungen ist die Bildung von Teileinheiten vennutlich oft unproblematisch: jedes bebaute oder unbebaute Grundstück kann als Unternehmungsteil aufgefaßt werden. Für sonstige Gegenstände der Unternehmung muß entschieden werden, ob sie im Verbund mit den Grundstücken, oder einzeln bewertet werden sollen. Im ersten Fall bilden sie zusammen mit dem Grundstück die Einflußgröße des erwarteten Veräußerungspreises. Zur Prognose der Veräußerungswerte einer Grundstücksunternehmung sind vor allem mögliche Marktprozesse am "Grundstücksmarkt" zu beurteilen. Bevor dieser Gedanke jedoch weiterentwickelt wird, sollen in Fortfiihrung der Modellbeispiele mögliche Verteilungswirkungen einer doppelt indirekten Bewertungsregel fiir Ein- und Austritte betrachtet werden. Beispiel 7 Um den Einfluß der Realisierungsannahmen auf den Unternehmungswert besser verfolgen zu können, wird nun unterstellt, Wiederanlagen der Unternehmung seien ebenfalls nur in Höhe des Gleichgewichtszinses von i =5% möglich. In Fall I werden

182

Vgl. dagegen die Ausführungen zu Beispiel I, S. 92.

11. Untemehmungsregeln zur planmäßigen Zahlungsverteilung

105

neben den Wiederanlagezinsen Objektüberschüsse von knapp 21 GE und ein zusätzlicher Veräußerungserlös in t3 von 200 GE erwartet 183 . In Fall 2 betragen die planmäßigen Periodenergebnisse vor Wiederanlage dagegen lOGE und der Veräußerungserlös knapp 234,68 GE 184 .

Tabelle 8 Finanzplan zur Grundstücksunternehmung in Beispiel 7

Periode Fall 1

-Bt Zt

Fall 2

-Bt Zt

Ft

Ft

1 -200,00 21,00 ? -200,00 10,00 ?

2 0,00 22,05 ? 0,00 10,50 ?

3 0,00 223,15 266,20 0,00 245,70 266,20

Wegen der in beiden Fällen identischen internen Verzinsung müßte die Bewertungsgrundlage trotz des abweichenden Verlaufs der Zahlungsströme auf Basis eines "Ertragsendwerts" in jeder Periode zum gleichen Betrag filhren l85 • Wie schon angedeutet, kann die Ermittlung eines Fortfilhrungswerts jedoch nicht zweckmäßig sein, weil im Falle eines Austritts das Verteilungsergebnis der verbleibenden Kapitalgeber unter anderem von der möglichen Teilbarkeit der Grundstücksanlage, dem vorzeitigen Veräußerungserlös oder von hier nicht betrachteten Verschuldungsmöglichkeiten abhängt, also je nach Einzelfall voneinander abweichen wird. Im folgenden sei unterstellt, die Anlageobjekte der Publikumsunternehmung könnten jederzeit und in beliebiger Teilbarkeit liquidiert werden und in jeder Periode sei der erwartete Endveräußerungserlös schon in voller Höhe erzielbar l86 •

183 In den folgenden Tabellen werden Veräußerungserlöse im Zeitpunkt ihrer planmäßigen Realisierung im Zahlungssaldo "Ergebnis" erfaßt, es sei denn, sie fallen durch zwischenzeitliehe Austritte an; F3 = 21 GE+ 22,05 GE+ 23,15 GE+ 200 GE = 266,20

GE.

184 Z3 = 11,03 GE+ 234,68 GE ~ 245,70 GE. 185 Z.B. in Höhe von F 1 = 266,20 GE/(I,OI)2 = 220 GE. 186 Diese Annahme wird aus Vereinfachungsgründen gewählt; hiernach könnten jedoch alle Beteiligten zum frühest möglichen Zeitpunkt austreten und anschließend durch unternehmungsexterne Anlagen einen höheren Vermögensendwert als bei Verbleib in der Unternehmung erzielen. Die Überlegungen der folgenden Unterabschnitte sollen eine Loslösung von dieser Prämisse ermöglichen.

C. Analytischer Teil

106

Beispiel 8 in Fortführung von Beispiel 7 Der Anteil des in t l austretenden B betrage wieder 50%. Als Bemessungsgrundlage wird die Summe aus aufgelaufenen Periodenergebnissen und des erwarteten Veräußerungserlöses vor Austritt gewählt: In Fall J erhält B einen Betrag von 110,50 GE, in Fall 2, wegen des betragsmäßig größeren Einflusses des Veräußerungserlöses sogar 122,34 GE. In beiden Fällen kann der verbleibende A einen Endwert von 133, I 0 GE erzielen.

Tabelle 9

Unternehmungswerte zur Austrittsbewertung in BeispielS Periode Fall 1

-B. Zt

Ft

Fall 2

-B. Zt Ft

1 -200,00 21,00 221,00 -200,00 10,00 244,68

2 110,50 11,02 121,52 122,34 5,25 127,59

3

0,00 111,58 133,10

0,00 122,85 133,10

Als modellhafte Verteilungsgrundlage zur Austrittsbewertung hat sich in diesem Beispiel der Periodenendwert bewährt. Hierin wurden einerseits die bereits zahlungswirksamen und wiederangelegten Periodenergebnisse als "expost-Größen" erfaßt. Andererseits wurden erwartete, noch nicht verwirklichte Zahlungen unter der Annahme erfaßt, sie könnten jederzeit in voller Höhe realisiert werden. Im folgenden sei zusätzlich die Annahme getroffen, Kapitalzufilhrungen durch Neueintritte seien jederzeit durchfilhrbar und in identische Anlageobjekte investierbar 187 • Beispiel 9 Die in Beispiel 8 betrachteten Fälle seien nun in Tabelle 10 auf den Fall eines später eintretenden Kapitalgebers B übertragen, der in t l Kapital von 100 GE zufilhren will. A habe bereits eine halbe Anlage des Beispiels 8 getätigt. Entsprechend der Realisierungsannahme berechne sich der Fondswert F 1188 • In Fall J ergibt sich AB = 100/2 I 0,50 .. 47,5 I %, in Fall 2 mit 100/222,34 .. 44,98%.

187 Diese Annahme wird ebenfalls aus VereinfachungsgrUnden gewählt; in diesem Fall ist aber unter den ansonsten geltenden Bedingungen eines vollkommenen Kapitalmarkts kaum begTÜndbar, weshalb die aufgelaufenen Periodenergebnisse nicht auch in besser verzinsliche Anlageobjekte reinvestiert werden. Die Überlegungen der folgenden Unterabschnitte sollen eine Loslösung auch von dieser Prämisse ermöglichen. 188 In Fall I: 221 GE/2 = 110,50 GE; in Fall 2: 244,68 GE/2 = 122,34 GE.

11. Unternehmungsregeln zur planmäßigen Zahlungsverteilung

107

Tabelle JO Unternehmungswerte zur Eintrittsbewertung in Beispiel 9 Periode Fall 1

-Bt Z

Ft

Fall 2

-Bt Z

Ft

1 -100,00 10,50 110,50 -100,00 5,00 122,34

2 -100,00 21,52 232,02 -100,00 10,25 232,59

3 0,00

222,60

254,62 0,00 245,44 260,69

Gegenüber Beispiel 1189 haben sich die Anteile der Kapitalgeber zu Lasten des Neueintretenden verschoben, und zwar um so stärker, je umfangreicher zukünftige Zahlungen im Fondswert bereits als realisiert gelten. Eine hier vergleichsweise niedrigere Quote wirkt sich auf die Verteilung in allen Folgeperioden aus, also auch bei planmäßiger Beendigung der Unternehmung. Eine Interpretation der Ergebnisse wird allerdings dadurch erschwert, daß sich hier und im Beispiel 8 gegenüber der Kontoanlage l90 teilweise die Vermögensendwerte der Kapitalgeber erhöht haben: in Beispiel 8 jeweils nur bei B, in Beispiel 9 jeweils das gemeinsame Verteilungsergebnis von A und B. Ursache ist die vereinfachende Annahme über die laufzeitunabhängige Entstehung des Veräußerungserlöses. Dies fUhrt implizit zu einer Änderung der Durchschnittsrendite: zu einer Verbundwirkung l91 • Zur Veranschaulichung der Verteilungs folge im Vergleich zur Kontoanlage soll im folgenden versuchsweise eine gedankliche Aufspaltung der Rückzahlungsbeträge an die Kapitalgeber in Beispiel 9, Fall 2, in die Fondswertbestandteile: Fruchtziehung, Kapitaleinsatz und restlicher Veräußerungserfolg vorgenommen werden. Fortführung des Beispiels 9 Tabelle II stellt zunächst die Verteilungsfolgen der Bewertungsregel in Fall 2 dar. Obwohl die Unternehmungsanlagen eine interne Verzinsung von mehr als 10% erreichen, erhält A rur sein Kapital eine geringere Auszahlung als 100 GE· 1,)2 = 121 GE. Es sollen daher auch abweichende Anteilziffern betrachtet werden: In Fall 2a berücksichtige die Quote rur B den bei ihm annahmegemäß "sofort" entstandenen zuVgl. S. 92; AB dort in Fall 2: 47,62%.. Vgl. Tabelle 3 zu Beispiel I, Fälle 2 und 3 aufS. 93. 191 Fall I, rur die Perioden 2 und 3: r = (254,62 GEI 210,5 GE)Y' -I = 9,98%, aber r' = «254,62-133,10) GEI 100 GE)'h -1 = 10,24%, 11' '" 100,23%; Fall 2, für die Perioden 2 und 3: = (260,69 GEI 205 GE)'h -I = 12,77%, r' = «260,69-133,10) GEI 100 GE)'h-1 = 12,96%, 11 • '" 100, 17%. 189 190

r

108

C. Analytischer Teil

künftigen Veräußerungserlös von II 7,34 GE, es ergibt sich ein AB = I 17,34/(122,34+ II 7,34) '" 48,96%. In Fall 2b erfolge eine gesonderte Zurechnung des durch die KapitalzufUhrung verursachten Kapitalgewinns von jeweils 17,34 GE. Im übrigen sei dort aber der Anteil nur auf Basis von Kapitalstamm und realisierten Ergebnissen mit 100/205 '" 48,78% berechnet: A erhält nunmehr 133,10 GE, die Verbundwirkung wird aIIein dem B zugerechnet l92 •

Tabelle J J Verteilungsfolgen des Beispiels 9, Fall 2 und Varianten Fondswert-bestandteil

Fall 2 Fall2a Fall2b

Summen

hiervon erhält B: hiervon erhält A: hiervon erhält B: hiervon erhält A: hiervon erhält B: hiervon erhält A:

Kapitaleinsatz

200,00 89,95 110,05 97,91 122,34 97,56 102,44

Periodenergebnisse

26,01 11,70 14,31 12,73 15,91 12,69 13,32

Veriiußerungserfolg

34,68 15,60 19,08 16,98 17,70 17,34 17,34

Summe

260,69 117,25 143,44 127,62 133,06 127,59 133,10

Die Suche nach einer alternativen Ergebnisverteilung rechtfertigt sich hier einerseits darin, daß der Neueintretende nach Formel I trotz eines gemeinsam höheren Vermögensendwerts nur eine geringeren Anteil am Endverteilungsbetrag als bei der Kontoanlage erhält. Andererseits können die Intermediärsinvestitionen hier als zwei identische, aber zeitverschobene Anlagen betrachtet werden, in denen der zutretende Kapitalgeber nur ein Periodenergebnis und die daraus folgenden Wiederanlagezinsen nicht verwirkliche 93 • Beispiel 9, Fall 2 würde dann auf eine mangelnde "Gleichbehandlung" der gleich hohen Kapitaleinsätze hinweisen. Während eine einzige Anteilziffer offenbar die gewünschte Verteilung von Periodenergebnissen und des Veräußerungserlöses im Fall 2 nicht gleichzeitig löst, wird in Fall 2b mit Hilfe einer Quote verteilt, die lediglich auf Basis von Kapitaleinsatz und realisierten Periodenergebnissen ermittelt wurde, die annahmegemäßen Veräußerungserlöse dagegen nach einer Kapitalquote zugewiesen. Den Kapitalgebern wird genau der Teilbetrag des erwarteten Veräußerungserlöses "reserviert", der jeweils durch sein Kapital verursacht wird. Hiermit ist im Modell aber auch eine Wertung über die Verteilung von Verbundeffekten verbunden; Verteilungsproblem und Lösungsversuch erscheinen inso192

127,59 GE - 121 GE = 260,69 GE - 254, 10 GE = 6,59 GE, vgl. Beispiel I, FalI 2,

193

Vgl. TabelIe I I, FalI 2b: 133,10 GE- 127,59 GE", 5 GE*(I,05)2.

S.92.

11. Untemehmungsregeln zur planmäßigen Zahlungsverteilung

109

fern noch willkürlich an die gesetzten Realisierungsprämissen gebunden. Die folgenden Arbeitsschritte sollen diese ersetzen helfen. Hierfür wird zunächst überlegt, inwieweit der Ertragswertkalkül zur doppelt indirekten Anteilbewertung modifiziert werden kann, da keine Grenzpreise rur Einzelobjekte ermittelt, sondern mutmaßliche Veräußerungswerte im Marktprozeß prognostiziert werden sollen. Im folgenden seien Modifikationsüberlegungen der Unternehmensbewertungslehre und hieran anschließend, ein öffentlich-rechtliches Schätzverfahren filr Grundstückswerte dargestellt.

(2) Modifikationsprinzipien fiir den Ertragswertkalkül Im Gegensatz zur Investitions- und Finanzierungstheorie, die stets von modellhaften "Individualwerten"194 ausgeht, kennt die Unternehmensbewertung auch folgende zwei Modifikationsprinzipien rur Wertbestimmungsgrößen: die Typisierung und die Objektivierung l95 . Die Objektivierung soll vorrangig dazu dienen, den Ermessensspielraum des Bewertenden zu verringern; in den Bewertungskalkül sollen nachprüfbare Größen einbezogen werden 196. Demgegenüber will die Typisierung lediglich die Erfassung von Individualwerten vereinfachen: sie sucht nach Ausprägungen der Einflußgrößen, die filr den Bewertenden oder das Bewertungsproblem repräsentativ sein können l97 . Bezogen auf ein Bewertungssubjekt erfolgt hierdurch eine teilweise Entsubjektivierung mit Informationsverlusten, aber nur insoweit, als subjektive Merkmale durch "typische" ersetzt werden. Der Versuch, zu typisieren, scheint vor allem rur Verteilungsprobleme zweckmäßig, denn bei diesen sollen Lösungen fllr interpersonelle Beziehungen gesucht werden; erforderlich ist, eine abgrenzbare Menge an Marktteilnehmern und -sachverhalten zu konkretisieren, auf die sich die Suche nach gemeinsamen Merkmalen beziehen kann. Nach dem hier zugrundegelegten Verständnis stehen beide Prinzipien nicht im Widerspruch zueinander. Eine Typisierung durch Verwendung "marktüblicher" Werte könnte gleichzeitig objektivierend wirken l98 . Dagegen scheint eine 194 Vgl. hierzu ausftlhrlich Drukarczyk, J (1970) und Moxter, A. (1964). 195 Die Begriffsbestimmung folgt in Anknüpfung an Moxter, A. (1983), S. 26. Kritisch zur uneinheitlichen Verwendung in der Literatur: Wagner, F. (1994), S. 481. 196 Vgl. Moxter, A. (1983), S. 33. 197 Vgl. Moxter, A. (1983), S. 25. Ungeeignet scheint dagegen, von den Anforderungen des Bewertungskalküls losgelöst, von Typisierung nur zu sprechen, wenn diese "unvermeidbar" ist, von Objektivierung, wenn typisierende Annahmen sich als nachprüfbar erweisen, so Mandl, G./Rabel, K. (1991), S. 453. 198 Dies scheint sich aus Moxter, A. (1983), S. 25 zu ergeben.

110

C. Analytischer Teil

Aussage unmöglich, inwieweit eine Objektivierung im hier verwendeten Sinn mit einer Entsubjektivierung einhergeht. Dies belegt selbst im Versuch gezielter Entsubjektivierung die Diskussion um den "objektivierten Unternehmungswert" 199, dessen Kritiker darlegen, dieser wäre niemals frei von individuellen Wertvorstellungen zu ermitteln2°O. Allein schon die Festlegung, was als typisch oder objektiv anzusehen ist, wirkt "wertend"201. Anstelle von Attributen eines Werts scheinen die Prinzipien daher besser zur Beschreibung geeignet, mit welcher Intention Wertbestimmungsgrößen eines Kalküls modifiziert werden, der in seiner gleichgewichtstheoretischen Fundierung filr Individualwerte bestimmt ist. Bei der Wertermittlung auf Basis des Ertragswertkalküls können beide Prinzipien zur Anwendung kommen: •

Einer "Objektivierung" bieten sich dann zunächst zwei Ansatzpunkte 202 : der Kapitalisierungszinssatz und die zu bewertenden Zahlungsströme, die über Vergleichs- bzw. Vergangenheitswerte bestimmt werden können 203 • Eine Objektivierung kann auch durch eine Phasenteilung der Zahlungsströme angestrebt werden204 . Daneben hebt Moxter die "Einzelbewertung" als alternative Objektivierungsmethode der Unternehmensbewertung hervoros: Hierbei soll der Wert einer Unternehmung indirekt bestimmt werden, aus der Summe der Teilzahlungsströme, die durch einzelne Vermögensobjekte und Schulden verursacht werden 206 . Je nach Abgrenzung der Bewertungseinheiten können sich Verbundeffekte nicht mehr wertbestimmend auswirken, da filr die Objekte "marktgängige" Veräußerungswerte, nicht aber Fortfilhrungswerte gesucht werden 207 . Da aber selbst "marktübliche" Werte oft nicht ohne zusätzliche Annahmen ermittelbar sind, wird zur weiteren Verringerung von Ermessenspielräumen vorgeschlagen, auch "Anschaffungspreise" oder hieraus abgeleitete Werte anzusetzen 208 . Hierdurch ent-

199 Subjektive Einflüsse sollen hierbei isoliert werden, vgl. Dörner, W (1992), S. 6 f.; o. V./lnstitut der Wirtschaftsprüfer (1983), S. 472 f. 200 Vgl. z.B. Hartmann, B. (1981), S. \099. 201 Vgl. Grossfeld, B. (1987), S. 24, nur rur die Typisierung; allgemein Schneider, D. (1994), S. 45 ff. 202 Vgl. Moxter, A. (1983), S. 33. 203 Vgl. Moxter, A. (1983), S. 33 f. 204 Vgl. o.v./lnstitut der Wirtschaftsprüfer (1983), S. 478. 205 Vgl. Moxter, A. (1983), S. 35 ff.

206 Eine Komplexitätsreduktion könnte schon durch bloße Segmentierung der Unternehmung erreicht werden, vgl. Barthel, C. (1994), S. 1323 tT. 207 "Teilobjektivierung", vgl. Moxter, A. (1983), S. 35,37. 208 "Vollobjektivierung", vgl. Moxter, A. (1983), S. 35.

11. Unternehmungsregeln zur planmäßigen Zahlungsverteilung

111

stehen jedoch Probleme, diese Beträge als Zahlungsströme in einem Ertragswertkalkül zu deuten. •

Eine "Typisierung" müßte dagegen darauf hinauslaufen, nach subjektiven Gemeinsamkeiten der Marktteilnehmer zu suchen. Dies dürfte zunächst für deren fmanziellen Präferenzen möglich sein. Ansatzpunkt ist hier der Kalkulationszinsfuß, für den beispielsweise Annahmen über typische Renditeforderungen getroffen werden209 • Auch die Verwendung typisierter Zahlungsströme ist denkbar, wenn begrUndbar erscheint, daß ein Erwerber typischerweise nur "marktüblich" erzielbare Zahlungsströme im Kaufpreis eines Unternehmungsgegenstandes entgelten wird. Die Typisierung eröffnet möglicherweise den Weg, ein Grenzpreiskalkül "Ertragswert" auch für überindividuelle Wertbestimmungsprobleme einzusetzen.

Wird den Ausführungen Moxters gefolgt, dann wäre die "doppelt indirekte Anteilbewertung" Objektivierungsbestrebungen zuzuordnen. Im vorangegangenen Abschnitt erfolgte die Herleitung aber aus einer Typisierungssichtweise: mangels sachgerechter Präferenzen für die Bewertung des Anlageintermediärs sollten Präferenzen typischer Marktteilnehmer und Einsatzmöglichkeiten der auf den jeweiligen Märkten zu veräußernden Einzelobjekte für die Bewertung maßgeblich sein. Die Vermutung, daß sich beide Moditkationsprinzipien des Ertragswertkalküls nicht gegenseitig ausschließen, soll im Anschluß an die folgende formale Erläuterung eines Ermittlungsverfahrens für einzelne Grundstückswerte erhärtet werden.

(3) Das öffentlich-rechtliche Verfahren zur Grundstückswertschätzung § 194 Baugesetzbuch (BauGB) definiert den Verkehrswert als "durch den Preis bestimmt, der in dem Zeitpunkt, auf den sich die Ermittlung bezieht, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den rechtlichen Gegebenheiten und tatsächlichen Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und der Lage des Grundstücks ... ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre."

Zur Konkretisierung eines Schätzverfahrens wurde durch Rechtsverordnung ein gesondertes Regelungssystem erlassen, die WertV 2IO • Sie wird ergänzt durch die WertR 1991 211 • Die WertV bietet eine Ausformulierung von "Prakti-

209 Vgl. z.B. Moxter, A. (1983), S. 136, zur Typisierung der Risikoneigung im Kalkulationszinsfuß. 210 Verordnung über Grundsätze rur die Ermittlung der Verkehrswerte von Grundstücken (Wertermittlungsverordnung - WertV) vom 6.12.1988, LV.m. § 199 (1) BauGB. 211 Richtlinien des Bundesministers ftlr Raumordnung, Bauwesen und Städtebau ftlr die Ermittlung der Verkehrswerte von Grundstücken (Wertermittlungs-Richtlinien 1991,

112

C. Analytischer Teil

ker-Verfahren"212 und nimmt eine Auswahl von drei Schätzmethoden vor, die die "Ermittlung des Verkehrswerts von Grundstücken nach einheitlichen und marktgerechten Grundsätzen und Verfahren sicherstellen"2IJ sollen 214 : I. das Vergleichswertverfahren; 2. das Sachwertverfahren; 3. das Ertragswertverfahren. Die Verordnung sieht zunächst keine Festlegung auf ein bestimmtes Verfahren vor, sondern legt den Verkehrswert lediglich als "Ergebnis des herangezogenen Verfahrens unter Berücksichtigung der Lage auf dem Grundstücksmarkt"215 fest. Das anzuwendende Verfahren soll insbesondere nach seiner Plausibilität und den "Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs ausgewählt werden 2l6 • Eine Verknüpfung der Ermittlungswege ist nur zulässig, soweit dies vorgeschrieben wird2l7 • Bei gegen Nutzungsentgelt fremdgenutzten Immobilien kommt in der Regel das Ertragswertverfahren zur Anwendung 2l8 . § 15 WertV trennt allerdings die Wertermittlung von Boden und baulichen Anlagen voneinander ab: Für den Boden soll das Vergleichswertverfahren, filr die bauliche Anlage, im folgenden sei nur von Gebäuden die Rede, sollen die Regeln des Ertragswertverfahrens angewandt werden 2l9 , sofern nicht ausnahmsweise vergleichbare Objekte zur Verfiigung stehen 220 • Der "Ertragswert" eines bebauten Grundstücks setzt sich in formaler Schreibweise dann insgesamt zu einem Zeitpunkt t wie folgt zusammen 221 . Formel 4: Verkehrswert eines Grundstücks nach dem Ertragswertverfahren der WertV Etw,

=

(E' - k

Rbw

,

* Bw) * Rbw, + Bw, mit l+k(-'-l

=(

(l+k(-'*k

.

bzw. 76/96 - WertR 1991, bzw. 96) in der Fassung vom 11.6.1991, zuletzt geändert am 20.9.1998 (Bundesanzeiger Nr. 179). 212 Vgl. Rössler, R./u.a. (1990), S. 27 f.; Troll, M./Simon, J. (1986), S. 322. 213 WertR 1991, Tz. 1, vgl. aberNr. 1.5.5.1 WertR 96. 214 Vgl. § 7 (1) S.2 WertV. 215 Vgl. § 7 (1) S.2 WertV. 216 Vgl. § 7 (1) S.3, (2) WertV. 217 Vgl. Rössler, R./u.a. (1990), S. 29, 33 mit Rechtsquellennachweisen. 218 Vgl. WertR 1991, Tz. 3.1.2. f., vgl. Nr. 3.1 WertR 96. 219 Das Sachwertverfahren soll hier nicht weiter untersucht werden. 220 Vgl. § 12 WertV. 221 Vgl. § 16 WertV.

11. Untemehmungsregeln zur planmäßigen Zahlungsverteilung

113

Der "nachhaltige" Reinertrag E' des Grundstücks wird gemindert um die "angemessene" Verzinsung des Bodenwerts k * Bw und mit Hilfe des nachschüssigen Rentenbarwerts Rbw, genannt "Vervielfliltiger", auf die geschätzte Restnutzungsdauer T-t des Gebäudes kapitalisiert. Zu diesem Wert kommt in jeder Periode der unveränderliche Betrag Bw hinzu, den die WertVals Bodenwert bezeichnet, der aber auch als ewige Bodenrente aufgefaßt werden kann 222 • Im Vervielfliltiger ist ebenfalls die Größe k zu verwenden, der als "Liegenschaftszinssatz" bezeichnet wird. Hierunter versteht § 11 (1) WertV den "Zinssatz, mit dem der Verkehrswert von Liegenschaften im Durchschnitt marktüblich verzinst wird". Die Definition beschreibt den Wert zutreffend, denn er soll mit Hilfe des Ertragswertverfahrens retrograd aus Kaufpreisen, Reinerträgen und Bodenwerten bereits in der Vergangenheit erfolgter vergleichbarer Transaktionen gewonnen werden 223 • Nun soll überlegt werden, inwieweit das im "Ertragswertverfahren" geregelte Ermittlungsschema der WertV formal mit dem Ertragswertkalkül der Investitionstheorie übereinstimmt. Von der materiellen Bedeutung der hierin einfließenden Größen sei zunächst abgesehen. Der Zeitindex rur die Zahlungsreihe des Gebäudes betrachtet eine "Restlaufzeit" . Insofern weicht ihre abnehmende Zählungsweise von der in der Investitionsrechnung üblichen aufsteigenden ab. In Periode Tliefert der Ertragswert der WertV einen Restwert Bw. Eine formale Anpassung des investitionstheoretischen Ertragswerts an diese Schreibweise ist allgemein möglich, wenn bei einem Kalkulationszinsfuß k aus dem Zahlungs saldo Zr ein Restwert R r ausgegliedert wird. Außerdem kann Z,., wenn in allen Perioden konstant, durch E' ersetzt werden 224 • Formel 5: Überruhrung des investitionstheoretischen Ertragswerts in den Kalkül der WertV Etw

="r (1 +Zkr-I n

1

+

;;,

zusätzlich isf 25 ;

R r

(1 + kf-' Rr

(1 + k )r-I

mithin ergibt sich Etw,

=

E



* Rbw, +

Rr r (I + k) -I

Rr - k * Rr * Rbw , ;

(E' - k * Rr ) * Rbw, + Rr .

222 Bw = k* Bwl k; auf die Ermittlung von B kann verzichtet werden, wenn statt dessen unmittelbar die Bodenrente k*B bekannt ist, vgl. Pensel, J. (1993), S. 372 f. 223 Vgl. § 11 (2) WertV. 224 Vgl. Fn 118. Vgl. auch zur formalen Identität: Pensel, J. (1993), S. 372. 225 Überführung bei Pensel, J. (1993), S. 372. 801denburg

114

C. Analytischer Teil

Aus der Identität folgt: der Ertragswertkalkül der WertV bietet nur eine abgewandelte Schreibweise eines einheitlichen Werts, der in eine befristete und eine unbefristete Zahlungsreihe aufgespalten wird 226 . Die Änderung der Ertragswerte zwischen zwei Perioden wird in der Kapitaltheorie unter anderem als "Ertragswertabschreibung" bezeichnet: Sie läßt sich darstellen als Differenz des Zahlungssaldos einer Periode und dem "kapitaltheoretischen Gewinn", letzterer als "Zinsen auf den Ertragswert zum Periodenanfang" 227. Wegen der formalen Identität muß dies auch rur den Ertragswert der WertV gelten. Der Zusammenhang sei über die Differenz zwischen den Perioden t =1 und t+ 1 =T =0 hergeleitet. Formel 6: Änderung des Grundstücksertragswerts zwischen zwei Zeitpunkten Etwo Etw,

=

( E* - k * Bw) * k k*(l+k)

Etw, - Etwa =

+ Bw =

=

Bw

E* + . Hieraus läßt sich umfonnen: (l+k)

E* -k* Bw (

*

l+k

= E - k•

Bw;

E* + k

)

(Bw+E *)

* E* - k * Bw - k * E* (I + k) *

(I + k) = E - k • Etw 1

=> Etw l - Etw 1+1

=

E* - k * Elwl

Im folgenden Beispiel soll die Wirkung des Kalküls zunächst im Gleichgewichtsmodell dargestellt werden, d.h. unter der Bedingung, daß der Liegenschaftszinssatz dem Gleichgewichtszinssatz entspricht. Beispiel 10 Mit einem Eigenkapital von 100 GE erwerbe eine Unternehmung ein unbebautes, aber erschlossenes Grundstück im Wert von 40 GE und errichte in to fUr 60 GE ein Gebäude. Die Räume werden vennietet und fUhren zu Nettoeinnahmen nach pagatorischen Betriebskosten von gut 29,53 GE pro Periode. Das Gebäude habe eine Nutzungsdauer von T=3 Perioden und als Kalkulationszinsfuß sei i = k = 5% verwendet. Der Bodenwert soll sich im Zeitablaufnicht ändern 228 . Der Verkehrswert des Grundstücks nach der WertVergibt sich unmittelbar nach der Bebauung in to 114,98229 . In t 3 kann die Unternehmung nun einen Vennögensendwert von 133,10 GE erzielen. 226 Entgegen der Vennutung von Bals, W (1994), S. 179 Fn 47, wird daher nur ein einheitliches Investitionsobjekt bewertet. 227 Vgl. Schneider, D. (1995), S. 211, mit Nachweisen; auch "ökonomischer Gewinn". 228 Die erwartete Bodenrente k * Bw beträgt 5% * 40 GE = 2 GE. 229 Etwo= (29,53 - 2)GE *RBWo +2 GEI 5% '" 114,98 GE. Der nachschüssige Rentenbarwertfaktor beträgt hier gut 272,32%.

II. Unternehmungsregeln zur planmäßigen Zahlungsverteilung

115

Der "kapitaltheoretische Gewinn" jeder Periode ermittelt sich aus dem Objektüberschuß vor Wiederanlage abzüglich der Ertragswertänderung als Differenz der Verkehrswerte der laufenden und der Vorperiode.

Tabelle /2 Vollständiger Finanzplan zum Beispiel 10 Zeitpunktt Anfangsausgabe IClljektllbeschuß Wederanlagezinsen kurrulierte Perl isse Er1ös Grundstück abgezinster VermögenserxMert Restnutzungsdauer Gebiiude Ver1:. M.lOhl. K. (1988), S. 63. 307 Dies läßt sich mit Blick auf Tabelle 12, S. 115, herleiten.

132

C. Analytischer Teil

Bals vermutet, daß die gutachterliche Bewertung einem Prozeß "gleitender Durchschnitte" ähneltl°8 ; die Sachverständigen bewerten "vorsichtig" und räumen der Wertentwicklung der Bewertungsobjekte in den vergangenen Perioden ein großes Gewicht ein. Unter dieser Annahme würden die Wertanpassung des Fonds verlangsamt und besonders starke Wertausschläge möglicherweise gedämpft. Die Bewertung folgt keinem Stichtagsprinzip. Vielmehr "wird angestrebt, die Wertfortschreibungen der verschiedenen Liegenschaften gleichmäßig über das Jahr zu verteilen, um eine kontinuierliche Entwicklung zu erreichen"309 Wegen der erforderlichen Sachverständigen-Beschlüsse dUrften sich die Wertfestellungen dennoch auf wenige variable und nicht bekanntgemachte Termine konzentrieren 3lO • Mangels Kenntnis können ein- oder austretende Kapitalgeber durch. Abschätzung der Lage am Grundstücksmarkt und durch Auswahl des Kauf- oder Rückgabetermins ihre Vorteilhaftigkeit nicht planmäßig beeinflussen. Dies hätte Verteilungs wirkungen zwischen den Anteilseignern zur Folge, die offenbar vermieden werden sollen, indem Kapitalgebern gleichmäßig Informationen vorenthalten werden, die entscheidungswirksam sind.

(b) Anteilausgabe und -rücknahme Bei einem zweiseitig offenen Fonds ist der Erwerb von zusätzlichen Anteilen an einem Sondervermögen börsentäglich möglich. Ausgabestelle ist nach § 12 (1) S.1 KAGG die Depotbank. Eine Verpflichtung zur Ausgabe neuer Anteile ist jedoch gesetzlich nicht geregelt. Der Gegenwert der ausgegebenen Anteile muß nach § 21 (1) S.2 KAGG unverzüglich dem Sondervermögen zugeführt werden. Zwischen zwei Bewertungszeitpunkten erhöht sich der Fondswert im Fall einer Kapitalzufilhrung dann nominal um den Betrag des zugefilhrten Kapitals, wenn von anderen Einflüssen abgesehen wird. Da die Anzahl der insgesamt umlaufenden Anteile gleichzeitig proportional steigt, bleibt das Verhältnis zwischen Fondswert und Anzahl der Anteile und damit der Anteilwert filr alle Anteilinhaber ceteri paribus konstant.

Beispiel!2 Beträgt der Wert des Fondsvermögens in t l 100 Mio. GE bei 1 Mio. ausgegebener Anteile, dann müßte ein Kapitalanieger filr zusätzliche I Mio. GE 10.000 Anteile erVgl. Ba/s. W (1994), S. 182 ff. Vgl. § 3 (4) Mustergeschäftsordnung des Bundesverbandes Deutscher investmentGesellschaften e.V. für die Sachverständigenausschüsse. 3\0 Nach § 4 Mustergeschäftsordnung des Bundesverbandes Deutscher investmentGesellschaften e.V. für die Sachverständigenausschüsse sind hierfllr keine Zusammenkünfte erforderlich. 308 309

11. Unternehmungsregeln zur planmäßigen Zahlungsverteilung

133

halten. Der Wert des Fondsvermögens erhöht sich in t l unmittelbar nach der Kapitalzufllhrung auf 101 Mio. GE und bei 1,01 Mio. umlaufenden Anteile beträgt der Wert eines Anteils weiterhin 100 GE311 • Wegen des erheblichen Fondsvolumens 312 ist die betragsmäßige Ermittlung von Anteilziffern fUr jeden einzelnen Kapitalgeber nicht sinnvoll: Die Anspruchsverhältnisse werden schon implizit durch Anteilwert und Anteilzahl ausgedrückt: der Anteil eines Zertifikatsinhabers ergibt sich dann auch aus der Anzahl seiner Anteilscheine und -bruchteile Azl N im Verhältnis zur Anzahl insgesamt umlaufener Anteile. Formel 8: Anteilermittlung aus der Zahl umlaufender Anteilscheine Im Zuge des Eintritts:

Al' =

:1

N

BI +F;

Zu einem späteren Zeitpunkt: AN = Az: .

,

Az,r.



Rechnerisch bleibt der Anteilwert bei jeder Änderung des Kapitalbestands durch Ausgabe oder Rücknahme von Zertifikaten unbeeinflußt. Implizit ergibt sich jeweils eine neue Anteilziffer für die Altinhaber, da die Zahl der insgesamt umlaufenden Anteile sich ändert.



Für das Investmentrecht ist austrittsseitig die Regelung des § 11 (2) KAGG charakteristisch: Der Anteilinhaber kann grundsätzlich jederzeit die Auszahlung seines Anteil am Sondervermögen von der Depotbank verlangen. Der RUcknahmepreis der Anteilscheine muß hierbei nach § 21 (5) KAGG dem Anteilwert i.S.d. § 21 (2) KAGG entsprechen.

Beispiel]3 A und B haben in to je einen Fondsanteil von 100 GE erworben. Der Betrag werde fllr zwei identische Investitionen des Beispiels 10313 verwendet. B wolle in t2, A in t3 austreten. In Fall 1 betrage i = k = 5%. Der Fondswert wird in t2 mit 2* 126,76 GE

311 AW 1

F1

100

AzE

I

=--=I

B; Aw t

mit - - =

/.000.000 GE /00 GE / Anteil

= Az

N t

= /0.000 Neuanteile

312 Der durchschnittliche Fondswert von grundstücksverwaltenden Publikumsfonds betrug 1994 ca. 3,25 Mrd. DM, berechnet nach o. V.l1nvestment (1995), S. 58. 313

Vgl. S. 114.

C. Analytischer Teil

134

ermittelt, von dem B genau 100/200 = 50% ausgezahlt erhält. Durch die Fortfilhrung der Investition verbleibt A schließlich ein Endwert von 133,10 GE. In Fall 2 sei bei i = 5% der Liegenschaftszinssatz k mit 13%, in Fall 3 k dagegen mit 3% angesetzt. A kann jeweils 13 3,10 GE, B dagegen jeweils nur einen bewertungsabhängigen Wert erzielen 314 •

Tabelle 14

KAGG-Fondswerte zur Austrittsbewertung im Beispiel 13 Periode Fall 1

Fall 2

Fall 3

- BI ZI FI - BI ZI FI - BI ZI FI

1 -200,00 59,06 241,45 -200,00 59,06 220,24 -200,00 59,06 247,49

2 0,00 62,02 253,52 0,00 62,02 244,15 0,00 62,02 256,10

3 126,76 98,78 133,10 122,07 94,09 133,10 128,05 100,07 133,10

Das Beispiel ist ein einfaches Abbild der KAGG-Regeln zur Bewertung von Anteilen an Grundstücks-Sondervermögen: Zu jedem Zeitpunkt wird der Fondswert als Summe der Einzelwerte der Fondsgegenstände ermittelt, hierin insbesondere Bankguthaben zum Nennwert, sowie Grundstücke nach der Werty 3I5 • Im Beispiel 13 wird weiterhin unterstellt, daß die nach der Bewertungskonzeption ermittelten Grundstückswerte in jeder Periode mit den erzielbaren Yeräußerungserlösen übereinstimmen. A erhält daher je nach Wertprognose schwankende Auszahlungsbeträge; Yerteilungsfolgen durch ex-post-überraschende Erlöse entstehen zwischen A und Bannahmegemäß nicht: Unabhängig von dem zugrundegelegten Liegenschaftszinssatz erhält A hier nach planmäßigem Ablauf der Gebäudeinvestition alle angesammelten Periodenüberschüsse, sowie den im Kalkül als Restwert ermittelten konstanten Bodenerlös. Für die Yerteilungsfolgen zwischen den ZertifIkatsinhabem ist unter den getroffenen Annahmen daher nicht entscheidend, wie sich die fInanziellen Präferenzen der Anteilinhaber und der im modifIzierten Ertragswertkalkül verwendete Liegen314 Der Fondswert als Summe aus aufgelaufenen Periodenergebnissen und Verkehrswert der bei den Grundstücke wurde entsprechend Tabelle 12 auf Basis des jeweiligen Liegenschaftszinssatzes ermittelt. 315 Vgl. Tabelle 12, S. 115, letzte Zeile.

11. Untemehmungsregeln zur planmäßigen Zahlungsverteilung

135

schaftszinssatz zueinander verhalten 316 • Jenseits von Modellüberlegungen erhält der Austretende einen Anspruch auf die anteiligen prognostizierten Veräußerungserlöse, der verbleibende Kapitalgeber trägt das Risiko, daß dieser Betrag erzielt werden kann oder die Chance, soweit eine Fortfilhrung möglich ist, höhere als marktübliche Überschüsse zu erzielen. Im folgenden Beispiel soll die eintrittsseitige Wirkung der Bewertungskonzeption dargestellt werden.

Beispiel 14

A. der in t3 seinen Austritt beabsichtigt, habe in to einen Fondsanteil von 100 GE erworben. Mit diesem Betrag werde wiederum genau eine Investition des Beispiels 10317 durchgefilhrt. Der Gleichgewichtszinssatz betrage i = 5%. In Fall 1 mit k = 5% ist F I bereits auf 120,73 GE gestiegen. Zu diesem Zeitpunkt kann B, der erst in t4 wieder austreten möchte, mit einer Zufilhrung von 100 GE nur noch einen Anteilbruchteil von 100 GE/120,73 GE", 82,83% erwerben. Hiermit werde eine identische Investition durchgefilhrt. In t3 sind 1,8283 Anteile im Umlauf.

Tabelle 15 KAGG-Fondswerte zur Eintrittsbewertung im Beispiel 14 Periode Fall 1

Fall 2

Fall 3

- Bt Zt Ft - Bt Zt Ft - Bt Zt Ft

1 -100,00 29,53 120,73 -100,00 29,53 110,12 -100,00 29,53 123,74

2 -100,00 60,54 247,49 -100,00 60,54 232,19 -100,00 60,54 251,79

3 0,00 103,57 259,86 0,00 103,57 255,17 0,00 103,57 261,15

4 142,13 72,11 123,62 133,73 72,53 132,44 144,43 71,99 121,20

Der Wert eines Anteils würde in Fall 1 bei einem Fondswert von 259,86 GE/I,8283 Anteile", 142,13 GE betragen 318 • Bei einem AA von knapp 54,7% und AB von 45,3%

316 Subjektive Präferenzen spielen dagegen bei den Anlageentscheidungen der Fondsleitung eine Rolle, filr die die prognostizierten Grundstücks-Verkehrswerte aber als Transaktionsgrenzen gelten. 317 Vgl. S. 114. 318 Das Periodenergebnis 11 setzt sich zusammen: (29,53 + 3,03 + 29,53 + 1,48 + 40) GE = 103,57 GE. F3 = 133,10 GE+ 126,76 GE = (93,10 + 40 + 60,54 + 66,22)GE = 259,86 GE.

136

C. Analytischer Teil

kann A in t3 142,13 GE erlösen3!9. Die Fortführung der Anlage führt bei B in t4 jedoch nur zu einem Ergebnis von 123,62 GE 320 . In FaU2 mit k = 13% erwirbt B dagegen mit gut 47,59% 0,9081 von 1,9081 Zertifikaten, in Fall 3 mit k = 3% nur gut 44,69% von 1,8081 Anteilscheinen. Da in der Modellrechnung zwei identische Investitionen durchgefilhrt werden, wäre prinzipiell eine Gleichverteilung, wenn auch periodenverschoben, denkbar. Da jeder Kapitalgeber bis zum Ablauf "seiner Investition" verbleibt und einen Bodenerlös erzielt, bleibt k beim Austritt einflußlos 321 . Im übrigen liegen Verbundwirkungen nicht vor322 • Die Anteilziffer, die sich nach den Formeln 8 ergibt, ermöglicht dennoch nicht, einem Anteilseigner aus dem gemeinsamen Unternehmungswert einen Betrag herauszurechnen, der dem einer isolierten Investition entspricht. Hiergegen könnte zwar eingewendet werden, daß die kollektive Vermögensanlage eine gesonderte, "verursachungsgerechte" Abrechnung gerade nicht anstrebt. Sie scheint hier jedoch bei gleichen, lediglich zeitverschobenen Kapitalzufilhrungen und identischen Anlagemöglichkeiten und -dauern zur Rechtfertigung einer ungleichen Gewichtung von Auszahlungsansprüchen nicht zu genügen. In der KAGG-Bewertungskonzeption ergibt sich der Eintrittspreis unmittelbar aus dem Fondswert und bestimmt damit unmittelbar den Anteil zukünftiger AuszahlungsansprUche. Die Modellüberlegungen sollten hier helfen, einen Teil der aus dieser Regelung folgenden Verteilungswirkungen abzubilden, die sich allerdings in realen Unternehmungsprozessen mit den Folgen anderer Einflußgrößen vielfältig überlagern. Wird aber schon im Modell ein Ergebnis erzielt, das nicht erwünscht scheint, dann ist zumindest möglich, daß sich dieser Einfluß auch jenseits von Modellbedingungen auswirkt, wenn diese filr das Modellergebnis nicht zwingend erforderlich sind. Zur Abschätzung des Fondswerts über einzelne Fondsobjekte schien die Anknüpfung an die WertV filr Grundstücke vertretbar. Fraglich ist, ob der Anteilwert auch einem Anteilpreis entsprechen muß, der bei der Eintrittsbewertung erreichen soll, daß summarisch nur während der Dauer der Kapitalüberlassung entstandene Ergebnisse zugerechnet werden und abgesehen von Verbundeffekten gleich hohe Kapitalanteile planmäßig gleich hohe Ergebnisanteile erzie319 AA = 1/1,8283 Anteile'" 54,7%; AB = 0,8283/1,8283 Anteile'" 45,3%. Anspruch A in t3: 259,86 GE* 45,7% '" 142,13 GE. 320 F4 =(103,57 + 60,54 + 29,53 -142,13)GE * 1,05 + 29,53 + 40 GE '" 123,62 GE. 321 Die nominale Summe der periodenverschobenen Auszahlungsbeträge unterscheidet sich jeweils um die durch die Umverteilung erzwungenen höheren oder niedrigeren Wiederanlagezinsen. Im Fall 1 beispielsweise 142,13 GE+ 123,62 GE+ (142,13 133, 10)GE * 5% "" 266,20 GE. 322 Dies läßt sich an F3 = 259,86 GE= 133,10 GE+ 126,76 GE entsprechend Tabelle 11, S. 108 erkennen; eine Ermittlung als Elastizität scheitert hier wegen der Phasenverschiebung bei nur in der Totalperiode identischen Durchschnittsverzinsungen.

II. Untemehmungsregeln zur planmäßigen Zahlungsverteilung

137

len können. Auf diese algebraische Aufgabe bezogen, wird unklar, wie ein Schätzwert ftlr GrundstUcksveräußerungspreise hier hilfreich sein soll. Dieser kann zwar als Konvention zur Bestimmung der bei den Altinhabern bereits entstandenen Ergebnisse verwendet werden, einer Gleichverteilung von Ergebnissen, die etwa die periodischen Wiederanlagezinsen zu beachten hat, scheint er nicht dienlich; er begünstigt vielmehr eine zu geringe Festlegung der Anteile Neueintretender. Selbst bei einem k = 13% > i = 5% ist im Beispiel eine Gleichverteilung im Fall 2 noch nicht erreicht. Zwar gehen in den Zähler des Kalküls modifizierte Zahlungsgrößen ein, die auch zu einer Verringerung des GrundstUckswerts beitragen, nach den obigen Ausführungen werden aber auch die Liegenschaftszinssätze offenbar sehr gering, beispielsweise unterhalb von 5%, angesetzt. Werden die Anteilpreise aber tatsächlich regelmäßig zu hoch berechnet, so vervielfältigt sich der Effekt bei jeder durch Eintritte veranlaßten Neubestimmung der Anteile von Altkapitalgebern, die ihre zukünftigen Ansprüche zu Lasten der Neueintretenden verbessern können.

Beispie/15 Würde in Beispiel 14, Fall 1, in t2 ein weiterer Kapitalgeber C 100 GE zuführen, ergäbe sich in t3 ein Fondswert von 380,58 GE 323 • A könnte hiervon eine Auszahlun in Höhe von 38,96%324 beanspruchen, gegenüber Beispiel 14 schon 148,26 GE 32 . Dies ist zugleich der Preis für einen Anteil 3 6.

r

Dagegen erfolgt bei Austritten zwar implizit auch eine Neufestlegung der Anteilziffern, das Verhältnis der Anteile der verbleibenden Kapitalgeber kann sich jedoch nicht ändern. Hält man dieses Modellergebnis auch für Unternehmungsprozesse als eine denkbare Verteilungsfolge, wird die im KAGG geregelte Gleichung von Ausgabe- und Rücknahmepreis als Anteilwert fraglich 327 : Zwar ist bezweckt, daß die Kapitalgeber zu unterschiedlichen Zeitpunkten für denselben Anteilpreis unterschiedlich hohe Ansprüche auf Zahlung aus dem Fondsvermögen erwerben, da eine gesonderte Kontoführung bereits entstandener Ergebnisse nicht vorgenommen wird und diese von den zukünftigen Zahlungsansprüchen Eintretender daher summarisch ausgenommen werden müssen. Darüber hinaus be-

323 F3 = 259,86 GE ohne zusätzlichen Eintritt + 29,53 GE zusätzlicher Objektüberschuß + 91,19 zusätzlicher Verkehrswert = 380,58 GE. 324 A/ = A/ *247,49 GE/347,49 GE = 120,73 GEI 220,73 GE *247,49 GEI 347,49 GE "'38,96%. 325 Das Verhältnis AA/AB bleibt hingegen konstant. 326 A hält noch immer genau einen Anteilschein bei Az/ 347,49/247,49 * 220,73/120,73'" 2,567 insgesamt umlaufenden Zertifikaten. 327 Vom Ausgabeaufschlag sei hier abgesehen.

138

C. Analytischer Teil

steht aber keine Notwendigkeit zu einer Verringerung der Zahlungsansprüche, so daß auch jenseits von Modellbedingungen wie im Modell bei gleicher interner Verzinsung in gleichen Zeiträumen gleiche Austrittsauszahlungen erfolgen müßten. Es wurden daher Fälle dargestellt, in denen der Ausgabepreis geringer sein müßte als der Anteilwert zum selben Zeitpunkt. Eine alternative Konzeption zur Bestirpmung der Eintrittspreise ist hier allerdings nicht augenfällig. Für die Fälle in Beispiel 14 läßt sich der zweckgerechte Anteilkurs bei Neueintritt nur deduktiv gewinnen, z.B. bei i = k: 105 GE32s • Dieser Betrag scheint bei identischer interner Verzinsung in der Totalperiode durch das Verhältnis von Wiederanlagezinsen und Liegenschaftszins bestimmt zu sein. Als mögliche Rechtfertigungen filr die Aufrechterhaltung der Gleichung von Ausgabepreis und Anteilwert könnte aber der Hinweis auf Vereinfachungseffekte, auf eine stärkere Verteilung von Wertsprüngen bei der Fertigstellung von Immobilien bei realen Fonds oder aber auf eine bewußte Begünstigung längerer Verweildauern, bzw. auf einen Ausgleich möglicher negativer Verbundwirkungen durch Neueintritte in Betracht kommen. Den Einfluß der Thesaurierungsannahme auf die dargestellten Ergebnisse wird ein folgendes Unterkapitel kurz prüfen329 •

(3) Überlegungen zur Anteilübertragung Jedem Anteilseigner steht es grundsätzlich frei, seinen Anteil freihändig zu veräußern 33o • Der Anteilhandel ist jedoch nicht institutionalisiert; ein öffentlicher Sekundärrnarkt rur Investmentanteile exstiert niche 31 • Die Zusammenruhrung von Angebot und Nachfrage wird hierdurch erschwert. Soweit aber bei den zweiseitig offenen Investmentfonds Anteilausgabe und Anteilrückgabe grundsätzlich jederzeit zum Anteilwert erfolgen, entsteht zwischen potentiellen Marktparteien ohnehin kein Einigungsbereich, der einen gemeinsamen Vorteil einer Anteilübertragung begründen könnte. Dies wird offenbar vom Gesetzgeber bezweckt, damit "bei dem open-endfund spekulative Sonderentwicklungen der Anteilkurse vermieden werden"332 328 Erforderlicher A3B : I - 133,10 GE/259,86 GE", 48,78%; entsprechend AWI : (100 GE * 1/48,78%) - 100 GE '" 105 GE, Ffiir Fall 2 ergibt sich analog ein AWI '" 109,40 GE, in Fall 3 ein AWI '" 103,94 GE. 329 Vgl. Punkt C.II.2.b)(5). 330 Vgl. o. V.llnvestment-Handbuch (1995) zu § 18 KAGG, S. 3. 3JI Von den Investmentgesellschaften wird dieser Weg "totgeschwiegen", vgl. o. V./lnvestment (1992), S. 36 ff., der den Anteilerwerb nur als Variante der Anteilausgabe darstellt. 332 Bericht des Abgeordneten Neuburger, BT-Drucksache 11/2973, S. 2.

11. Unternehmungsregeln zur planmäßigen Zahlungsverteilung

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können. Hieraus ergibt sich die einzig auffmdbare Rechtfertigung einer Verknüpfung von Zertifikatspreis und Anteilwert. Ein "Marktpreis" mit Signalwirkung neben dem Anteilwert, als multifunktionale Bewertung des Fonds durch Kapitalmarktteilnehmer, kann sich daher nicht bilden. Erwartete Über- oder Unterbewertungen des Fondsvermögens fUhren nicht durch vermehrte oder verminderte Anteilaufnahmen zu einer Veränderung des Zertifikatspreises. Bei eintrittsgeschlossenen Investmentfonds könnte allerdings eine Nachfrage nach "Gebraucht-Anteilen" schon deswegen bestehen, da zurückgegebene Anteile vom Markt verschwinden. Hier ist der "Marktpreis" nur ausnahmsweise mit dem Rücknahmewert identisch 333 , der die Preisuntergrenze markieren dürfte. Da aber bei den zweiseitig offenen Grundstücks-Sondervermögen die Stabilisierung des Fondsvolumen als wichtige Aufgabe der KAG angesehen wird, ist die Anteilübertragung möglicherweise doch eine ilirderungswürdige Alternative: Die KAG muß das Sondervermögen mit einer hohen Liquiditätsreserve ausstatten, um Mittelabflüsse zu bedienen, die nicht immer parallel mit MitteIzuflüssen verlaufen. Dies wurde als ein Grund fiir negative Verbundeffekte aufgefaßt. Durch Anteilübertragungen könnte ein Teil der Ein- und Austrittsprozesse "externalisiert" werden. Die KAG könnte die erforderlichen Liquiditätsreserven reduzieren. Diese Überlegung liegt der Erweiterung des KAGG um die IVG zugrunde, bei der trotz regelmäßig ermittelter und veröffentlichter Inventarwerte die Anteile vorrangig an der Börse gehandelt werden sollen und Rücknahmeangebote tur eigene Aktien durch die IVG nur ergänzend vorgesehen sind334 • Ein Ausgabeaufschlag auf neu ausgegebene Anteile an KAG-Sondervermögen kann allerdings einen Einigungsbereich begründen. Dieser Arbitragegewinn dürfte aber in der Regel durch Kosten der ZusammenfUhrung der Marktparteien aufgezehrt werden. Geschäftsbanken dürften wenig geneigt sein, der "Koalition gegen Spesen" als Anbahnungs-Intermediär zur VerfUgung zu stehen, da sie mittelbar oder unmittelbar Verteilungsbegünstigte der Erhebung von Ausgabeaufschlägen sind335 •

333 Vgl. o.v.l/nvestment-Handbuch (1995), Rz. 8 zu § 11 KAGG mit Beispielen rur eintrittsgeschlossene, befristete Fonds. 334 Vgl. §§ 64 f. KAGG. 335 Die Beträge sollen sonst übliche Bankprovisionen beträchtlich übersteigen, vgl. Büschgen. H. (1971), S. 189. In einer Kommentierung von 1971 weist o.v./lnvestmentHandbuch (1995), Rz. 13 zu § 21 KAGG aber noch darauf hin, daß manche "Anteilrückgaben" als Anteilübertragungen erfolgten, bei denen die Anleger rur ihre Anteilscheine auch "einen höheren als den veröffentlichten Rücknahmepreis bekommen, weil manche Depotbanken die Differenz zwischen Anteilwert und Ausgabepreis zwischen dem zurückgebenden Anteilinhaber und einem Neuerwerber des Anteilscheins teilen".

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C. Analytischer Teil

Auch in der modellhaften Eintrittsbewertung des Beispiels 14 scheint ein Einigungsbereich nicht abbildbar. Zwar wird der Eintrittspreis eines Neueintretenden im Verhältnis zum erzielbaren Endwert zu hoch festgesetzt, entsprechend hoch wäre aber auch die Preisuntergrenze eines Anteilinhabers, der durch AnteilrUckgabe jederzeit den anteiligen Fondswert erzielen kann 336 • Im Fall i = k kann ein potentieller Anteilerwerber schon bei Zahlung des anteiligen Fondswerts nur noch die Gleichgewichtsverzinsung von 5% erzielen 337 , sofern nicht durch einen Neueintritt wie in Beispiel 14 sein Ergebnisanspruch aufgebessert wird 338 • Tritt er jedoch, wie in Fall 1, selbst zusätzlich ein, dann kann er im vergleichbaren Zeitraum immer noch eine höhere Rendite erzielen als beim Anteilerwerb 339 • g) Vergleich marktprozeßorientierter und neoinstitutionalistischer Analyseergebnisse

Als Varianten der Anteilaufnahme und -aufgabe bei Publikumsunternehmungen wurden hier Ein- und Austritte sowie Anteilveräußerung und -erwerbe betrachtet. Für Publikums-Sondervermögen von KAGen ist nach dem Regelungsmodell des KAGG charakteristisch, daß kapitalbestandsändernde Aufnahme-, zwingend aber Aufgabeprozesse jederzeit möglich sind. Hierfllr werden vorab festgelegte Regeln zur Anteilbewertung erforderlich, da EinzeIverhandlungen bei einer großen Anzahl wechselnder Kapitalgeber nicht vorgesehen und auch nicht praktikabel sind. Für solche vermittelnden Bewertungsaufgaben kann bei gleicher Ausgestaltung der Anteilrechte grundsätzlich eine Gleichbehandlung der Kapitalanteile erstrebenswert erscheinen. Schwierig erscheint jedoch, die Anwendungsbedingungen eines solchen Postulats zu ermitteln. Gesetzesbegründung und Kommentierung zum KAGG sehen die Aufgabe darin erfiillt, nur gleichwertige Anteile am Fondswert zuzulassen und zu bestimmen, daß Ausgabe- und Rücknahmepreise der Anteilscheine zu einem 336 In t, würde A mindestens 120,73 GE verlangen. die er auch bei Anteilrückgabe erlösen könnte. 3J7 Bei einem Endwert der isolierten Grundstücksanlage in t3 entsprechend Tabelle 11, S. 108: (133,10 GE/ 120,73)Y' - I ~ 5%. 338 Verzinsung anstelle des A zwischen t, und t3, Fall I: (142,13 GE/120,73)'" -I = 8,5%. 339 Die Verzinsung des B zwischen t, und t3, Fall I muß den Prämissen zufolge unabhängig vom Anlagebetrag der Anlage von 100 GE entsprechen: (117,73 GE/100)'" -1 = 8,5%, mit dem Auszahlungsbetrag in t3 von 117,73 = 259,86 GE* 100 GE/220,73GE. Eine Berechnung bis t4 würde dem Kalkül der WertV entsprechend eine geringere Durchschnittsverzinsung ergeben.

11. Unternehmungsregeln zur planmäßigen Zahlungsverteilung

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Zeitpunkt grundsätzlich unmittelbar mit dem Anteilwert übereinstimmen müssen. Hierdurch sol1 bei Anteilübertragungen auch die Entstehung "spekulativer", durch Angebot und Nachfrage gesteuerter, bzw. durch Erwartungen über die zukünftige Entwicklung der Zahlungsströme determinierter Anteilpreise ausgeschlossen werden. Diese Absicht wird von den Fondsleitungen mitgetragen, die die Möglichkeit zur Börsennotierung von Anteilen an Sondervermögen nicht ausgeschöpft haben. Im KAGG in der Fassung des Dritten Finanzmarktförderungsgesetzes wird vielmehr neben dem von KAGen verwalteten Sondervermögen mit der IVG als börsennotierte Aktiengesel1schaft ein völlig unabhängiges Marktsegment geschaffen, das Grundstücksanlagen zunächst nicht vorsieht. Kritik an der mangelnden Handelbarkeit der Anteilscheine wird in der ökonomischen Untersuchung von Bals geübt: der Gesetzgeber habe im Mißtrauen in die Preisbildung auf Märkten ein "Marktwertsubstitut" rur Zertifikatspreise geschaffen, das den Nachweis konzeptionelIer Überlegenheit bisher schuldig geblieben istl 40 ; dieser habe ,,- implizit die Nichtexistenz volIkommener ... realer Märkte vor Augen - die Wertermittlung durch die von ihm erlassenen Regeln als 'fairer' oder marktgerechter erachtet als die Bewertung der Zertifikate auf einem mit einem bestimmten Grad an Unvol1kommenheit ... behafteten realen Markt"341. Soweit die Regelungen eine "marktgerechte Bewertung" nicht gewährleisten können, würden "Kapitalanlageentscheidungen von Investoren verzerrt werden und somit Fehlal1okationen von Kapital resultieren"342. Als Bezugspunkt seiner neoinstitutionalistischen Herangehensweise zur Untersuchung der Verteilungsprobleme der Bewertungskonzeption stel1t Bals die Annahme heraus, auf informationseffizienten Kapitalmärkten könnte eine "faire Bepreisung" von Finanztiteln gesichert werden 343 : "faire Anteilpreise" würden sämtliche am Markt verrugbare Informationen reflektieren und erwartete Zukunftserfolge der Unternehmung ausnahmslos bewerten 344 ; Über- und Unterrenditen würden nur denjenigen Anlegern zugerechnet werden, mit deren Mitteln sie erzielt werden 345 . Da aber der "wahre Wert" von Anteilscheinen, der sich auf vollkommenen Märkten ergäbe, nicht bekannt ist, sucht Bals statt dessen "systemimmanente Abweichungen von einem hypothetischen Markt-

340 Vgl. Bals. W (1994), S. 263.

Bals. W (1994), S. 14. Bals. W (1994), S. 15. 343 Vgl. Bals. W (\994), S. 10. 344 Vgl Bals. W (1994), S. 175,268. 345 Vgl. Bals. W (1994), S. 10 f. 341

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C. Analytischer Teil

wert"346 durch eine ModelIierung der marktgerechten Zertifikatspreisbildung in einem kapitalmarkttheoretischen Modell zu erreichen 347 . Einen Verstoß der Bewertungskonzeption gegen das "Gleichgewichtspreisprinzip" sieht er insbesondere in der Ausgestaltung des Einzelbewertungsgrundsatzes der WertV gegeben: Unter Modellbedingungen muß der Marktwert eines Anteils seinem über die Einzelobjekte berechneten indirekten Wert entsprechen 348 . Durch Vernachlässigung von Verbundeffekten könne die Bewertung nach der KAGG-Konzeption daher regelmäßig nicht zu Marktwerten in diesem Sinne ftlhren 349 . Hieraus entwickelt er die Handlungsempfehlung, die Vermögensaufstellung, über die der Fondswert ermittelt wird, an eine "kap italtheoretische Bilanz" anzunähern 350, in der "Einzelmarktwerte" anzusetzen sind, die die Additivitätseigenschaft aufweisen 351 . Zur Verminderung von Informationsproblemen, die einer marktgerechten Bewertung ebenfalls im Wege stehen können, schlägt er vor, zwei Einflußgrößen des Marktpreises vorzugeben: die vom "Markt" zukünftig erwarteten Gesamtzahlungsströme der Fonds durch gutachterliche Schätzung, offenbar entsprechend der Größen, die in die kapitaltheoretische Bilanz eingehen sollen und den zur Diskontierung benötigten "risikoäquivalenten Kapitalkostensatz" des Fonds, der "aus einem kapitalmarkttheoretischen Preisbildungsmodell" abgeleitet werden soll352. Aus der Perspektive des Marktprozeßansatzes wird zunächst die magische Anziehungskraft der Eigenschaften eines vollkommenen Kapitalmarkts sichtbar, die zum Maß der Forderung werden, die Realität an die Bedingungen eines allgemeinen Gleichgewichts anzunähern. Die Untersuchung von Bals demonstriert, daß vom wohlfahrtsökonomischen Pareto-Optimum die Hoffnung ausgeht, neben Entscheidungseffizienz auch eine faire Zahlungsverteilung zu erreichen; eine solche muß per definitionem vorliegen, wenn die Pläne aller Marktteilnehmer im Gleichgewicht erftlllt werden. Die Folge ist jedoch, daß bei Bals verschiedene Wege der Anteilaufnahme und -aufgabe nicht mehr getrennt werden: die dargestellte Marktpreisermittlung bezieht sich ausdrücklich nur auf den 346 Vgl. Bals, W. (1994), S. 25 f 347 Vgl. Bals, W. (1994), S. 203 ff., insbesondere auch für mehrwertige Zahlungs-

ströme.

348 Bals, W. (1994) stellt dies als Gegensatz "objektivierte Einzelbewertung gegen subjektivierte Gesamtbewertung dar", vgl. dort S. 175. 349 Vgl. Bals, W. (1994), S. 185. 350 Vgl. Bals, W. (1994), S. 177 ff, 273; dazu .z.B. Linn, D. (1974), S. 197 - 201. 351 Zum "Theorem der Additivität von Marktwerten", vgl. z.B. bei Wilhelm, J. (1983), S. 521; als Implikation des kapitaltheoretischen Separationsprinzips vgl. bei Rudolph, B. (1983), S.271. Dies würde bedeuten, die Fondsobjekte könnten jeweils zu Grenzpreisen veräußert werden. 352 Vgl. Bals, W. (1994), S. 205.

II. Unternehmungsregeln zur planmäßigen Zahlungsverteilung

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Handel von Anteilscheinen 353 • Ein- und Austritte bei Unternehmungen als ebensolchen Handel abzubilden, flUIt dagegen schwer: Hier verhandeln zum einen nicht einzelne Marktteilnehmer miteinander, sondern die Gesamtheit der Fondskapitalgeber mit jeweils Ein- bzw. Austretenden, vermittelt über die Regelungen zur Anteilbewertung. Zum anderen fUhren diese Prozesse zu Kapitalbestandsänderungen, bei denen fiIr die über den Anteilpreis zu lösenden Verteilungsprobleme andere Determinanten zu beachten sind, als bei der Anteilübertragung. Vermutlich geht Bals davon aus, daß sich etwaige Unterschiede bei einer Annäherung an ein Kapitalmarktgleichgewicht auflösen. In der vorliegenden Arbeit wurden dagegen zwischen einer entscheidungsund verteilungsorientierten Sichtweise deutlicher getrennt und die Bewertungskonzeption hier im wesentlichen nur im Hinblick auf ihre Verteilungsfolgen analysiert. Die Konvention des "Pareto-Kriteriums", die Allokationseffizienz und "Verteilungsgerechtigkeit" gleichzeitig über explizite Nutzenvergleiche gewährleisten soll, scheint im Marktprozeß nicht geeignet: Verteilungsflihig ist grundsätzlich nur, was vorliegt, realisierte ex-post-Ergebnisse 354 • Diese strenge Anforderung widerspricht jedoch der Notwendigkeit, während der Lebensdauer einer Unternehmung auch noch nicht am Markt verwirklichte Ergebnisse in die Verteilung einzubeziehen. Als ein Problem der Tauschgerechtigkeit sind rur diese Bewertungsaufgabe Konventionen zur Schätzung des Verteilungsvolumens erforderlich, insbesondere wenn das Ertragswertverfahren Anwendung finden soll, das die Bedingungen eines vollkommenen Kapitalmarkts erfordertJ55 • In der KAGG-Bewertungskonzeption erhält die Bewertung von Grundstükken nach der WertV ein großes Gewicht. Dieses Verfahren regelt notwendige Modifikationen der im Ertragswertkalkül erfaßten Größen, um eine vermittlungsorientierte Bewertungsaufgabe erfullen zu können: hier erschienen Typisierungserwägungen durch das Gleichbehandlungsprinzip geboten 356 • Der Einfluß von Objektivierungsbestrebungen wurde an dieser Stelle nicht weiter problematisiert. Die Typisierungskonvention richtete sich bei der doppelt indirekten Anteilbewertung allerdings nicht auf Präferenzen möglicher Anteilseigner oder eines fiktiven Unternehmungserwerbers. Vielmehr erfolgte die Festlegung, zukünftige Zahlungen nur insoweit zu erfassen, als mögliche Erwerber der Einzelobjekte sie vergüten würden. Die Modifikation sollte daher deren mutmaßliche Präferenzen und Marktbedingungen erfassen helfen. Hierin ist ein weVgl. Z.B. Ba/s, W (\994), S. 203: " ... sofern man den Handel unterstellt". Schneider, D. (1997), S. 270: "Eine Regel gerechten Verhaltens für die Bemessung vertraglicher gewinnabhängiger Auszahlungsansprüche geht vom verwirklichten Reinvermögenszugang am Perioden ende aus". 355 V gl. Schneider, D. (1985), S. 1680 f. 356 Ausdrücklich Ballwieser, W/Leuthier, R. (\ 986), S. 550. 353

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C. Analytischer Teil

sentlicher Unterschied zum Vorschlag von Bals zu sehen, der Zertifikatspreise über "Gesamtzahlungsströme" des Fonds in einem einperiodigen Modell auf Basis eines markteinheitlichen, aber subjektiven Kalkulationszinsfußes potentieller Kapitalgeber ermitteln will. Die Einzelveräußerungsorientierung ist aus Sicht ihrer Verteilungsfolgen eine Wertung zur Tauschgerechtigkeit, zur Aufteilung zwischen vergangenen und erwarteten zukünftigen Ergebnissen der Anteilseigner. Sie erfordert die Prognose von Veräußerungspreisen, die in der KAGG-Konzeption beispielsweise bei Wertpapieren durch Übernahme des Durchschnittspreises des letzten Handelstags festgelegt wird, bei Grundstücken nach der WertVals Verkehrswertschätzung erfolgt. Problematisch ist hierin aber die Tendenz zu imparitätischer, bzw. "vorsichtiger" Bewertung, wie sie im Sachverständigen-Verfahren denkbai157 und bei sonstigen Fondsgegenständen und Schulden offenbar üblich istl 58 • In einfachen Modellüberlegungen wurde geprüft, wie die Ergebnisse identischer Intermediärsanlagen nach den Regeln des KAGG auf die Kapitalgeber verteilt werden. Im Fall der Austrittsbewertung erfolgte hier offenbar eine angestrebte Verteilung. Problematisiert wurde, ob dasselbe Verfahren auch bei der Bestimmung der Kapitalanteile im Zuge des Eintritts praktikabel ist: Zumindest rur den an dieser Stelle dargestellten Ausschnitt von Modellbedingungen ruhrt die KAGG-Eintrittsbewertung bei Isolierung von Verbundeffekten zu einer bislang nicht begründeten Verteilung von Auszahlungsansprüchen. Dieses Modellergebnis ist nicht notwendig an die Bedingungen eines vollkommenen Kapitalmarkts geknüpft und es wirft die hier nicht lösbare Frage auf, inwiefern mögliche Verteilungsfolgen durch die Berücksichtigung von prognostizierten Zahlungen in der Anteilbestimmung über den Eintrittspreis erwünscht sind. Im übrigen ist dies dem Wortlaut nach kein Problem des "Gleichbehandlungsgrundsatzes", da dieser nur die Gleichbehandlung von Kapitalanteilen betrifft, deren Höhe hier aber noch strittig ist. Eine Anteilbewertungskonvention enthält aber nicht nur Annahmen über die zukünftige EntWicklung der Unternehmung, sondern auch über die Verteilung der Unsicherheit, die die betroffenen Kapitalgeber aufgrund der Prognosen zu tragen haben. Vor allem wegen dieses zweiten Aspekts ist eine Bewertungsregel auf Basis von Einzelveräußerungspreisen einem Rückgriff auf den vollkommenen Kapitalmarkt und Modellen zur "marktgerechten" Bewertung von Gesamtzahlungsströmen im Hinblick auf eine Unternehmungsfortfilhrung überlegen: Sie kann die Prognose auf Wissen stützen, insbesondere auf die Er-

Vgl. S. 132. Vgl. Schneider, D. (1985), S. 1679; ebenso "Grundsatz der Unbeachtlichkeit des Vorsichtsprinzips" o. V./lnstitut der Wirtschaftsprüfer (1983), S. 475. 357

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II. Untemehmungsregeln zur planmäßigen Zahlungsverteilung

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gebnisse vergangener Marktprozesse 3S9 • Diese Bedingung dürfte aber nur durch homogene, gut handelbare Objekte zufriedenstellend erfiillt werden 360 . Hieraus ergibt sich auch die Kontroverse um die Einfiihrung von stillen Beteiligungen als zulässiges Sondervermögen: diese Bewertungsgegenstände erfiillen die Anforderung der Handelbarkeit, faktisch aber auch der Homogenität nicht, so daß der zur Bewertung vorgesehene Ertragswertkalkül letztlich nicht begründbar modifiziert werden kann und das verordnete Wertermittlungsverfahren von Schneider daher zutreffend als "Spekulation" bezeichnet wird 361 . Grundstücke sind zwar naturgemäß Unikate, aber oft noch gut handelbar und unterliegen einer "geringeren Unsicherheitsdimension"362. Sondervermögen sollten daher grundsätzlich aus handelbaren, möglichst "homogenen" Fondsobjekten gebildet werden. Dies entspricht auch der ursprünglichen Intention des Gesetzgebers: "Das Investmentsparen ist auf börsengängige Wertpapiere beschränkt, weil nur diese jederzeit bewertbar und veräußerlich sind"363. Die durch die in §§ 27a ff. KAGG erfolgte Erweiterung des zulässigen Vermögens der Grundstücksfonds auf Beteiligungen an "Grundstücks-Gesellschaften" in beliebiger Rechtsform scheint zumindest fiir die Anteilbewertung keine zusätzlichen Probleme aufzuwerfen: Als Verkehrswert der Beteiligung soll nach dem hier dargestellten Verfahren die Summe der anteiligen Einzelwerte des Gesellschaftsvermögens erfaßt werden. Die anteiligen Gegenstände der "Grundstücksgesellschaft" werden daher unter Berücksichtigung umfassender Anlagevorschriften wie ausgegliedertes Vermögen der Grundstücksfonds behandelt. Insgesamt geht die Tendenz des Gesetzgebers dahin, den Investmentgedanken auf aus Verteilungssicht weniger geeignete Vermögen auszudehnen, wie Grundstücks- und Beteiligungs-Sondervermögen. Die hieraus resultierenden Probleme sind nur wenig belegt und auch nur wenig populär: Sie sind ex-post praktisch nicht meßbar, da es hierfiir eines Bezugspunkts bedarf, der aus Bewertungskonventionen nur im Modellrahmen abgeleitet werden kann.

Vgl. Schneider. D. (1985), S. 1680. Vgl. Schneider. D. (1985), S. 1684; zur Verteidigung durch einen der Gesetzesinitiatoren vgl. Hesse. W. (1985), S. 2121 - 2125. 361 Im Hinblick auf die Bewertung bei Beteiligungs-Sondervermögen, vgI. Schneider. D. (1985), S. 1681. 362 VgI. Schneider. D. (1985), S. 1679. 363 Bericht des Abgeordneten Neuburger, BT-Drucksache 11/2973, S. 3. 359 360

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2. Ausschüttungsregelung a) Ausschüttungskonzeption als Ausformung der finanziellen Zielsetzungen

Im vorangegangenen Kapitel wurde angenommen, daß die Kapitalgeber Ansprüche auf Auszahlungen aus der Unternehmung nur für den Fall des Austritts und der planmäßigen Abwicklung der Unternehmung erwerben. Dies entspricht der Unterstellung, sie würden eine Maximierung ihres Endvennögens verfolgen. Die Investitions- und Finanzierungstheorie fonnuliert neben der finanziellen Präferenz Vennögensstreben unter der Nebenbedingung bestimmter Konsumentnahmen, die bis hier gleich null gesetzt waren, aber auch die Zielsetzung des Entnahmestrebens unter der Nebenbedingung eines bestimmten Endvennögens, sowie das Wohlstandsstreben, das Entnahme- und Endvennögenspositionen substitutional beurteiltl64 • Wegen der als Austauschrate heutiger und zukünftiger Konsummöglichkeiten interpretierten finanziellen Präferenz der Kapitalgeber kann sich der Bedarf nach periodischen Ausschüttungen aus einer Unternehmung ergeben. Die planmäßige Vorteilhaftigkeit einer Kapitalüberlassung ergibt sich dann aus den insgesamt resultierenden Zahlungs strömen der im Gegenzug gewährten Zahlungsansprilche. Die Leitung einer Publikumsunternehmung muß ihr Handeln üblicherweise mit den Präferenzen mehrerer Interessengruppen in Übereinstimmung bringen 365 • Dagegen muß sich das Management eines Anlageintennediärs der Durchführungsphase zunächst nur an den Zielsetzungen der Kapitalgeber orientieren. Aber bei Publikumsintennediären entsteht wiederum das Problem, daß die in der Unternehmungs verfassung festgelegten Richtlinien zur MitteIverwendung nicht den Präferenzen aller gegenwärtigen und potentiellen Kapitalgeber entsprechen können. Die Unternehmungsleitung kann jedoch versuchen, deren Zielsetzungen zu typisieren, so daß diese für eine möglichst große Anzahl von Kapitalgebern ..repräsentativ" und akzeptabel erscheinen. Die hieraus folgende Ausgestaltung legt dann einerseits die Höhe der periodischen Zahlungsanspruche der Kapitalgeber fest, bestimmt aber anderseits auch die Höhe der in der Unternehmung verbleibenden Ergebnisteile, der Innenfinanzierung 366 • Als .. idealtypische" Ausfonnungen einer Ausschüttungsregelung lassen sich dann unterscheiden 367 :

Vgl. Schneider, D. (1997), S. 400 f. Vgl. Ballwieser, WISchmidt, R. (1981). 366 Zum Begriffvgl. Perridon, L.lSteiner, M (1995), S. 394 ff. 367 Vgl. Schneider, D. (1992), S. 143 ff.; Schneider, D. (l968a), S.727 f.; Heigl, A.lMelcher, G. (1974), S. 12 f., 15; vgl. auch Wagner, F. (1982), S. 750 f. 364

365

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eine ex-ante Festlegung der Verteilungsbeträge unter der finanziellen Zielsetzung "Vennögensmaximierung der Unternehmung";



eine Maximierung der an die Anteilseigner fließenden Ausschüttungen bei "Erhaltung der Unternehmung als Einkommensquelle";



die Ennittlung der Verteilungsbeträge unter unmittelbarer Beachtung der Zielsetzung "Maximierung des Vennögens der Anteileigner".

Unter den Bedingungen eines vollkommenen Kapitalmarkts sind diese Regelungen aufgrund des Separationsprinzips entbehrlich, untereinander austauschbar und bilden keinen möglichen Widerspruch zu den tatsächlichen Präferenzen der Kapitalgebe~68. Unter abweichenden Bedingungen können Vorteilhaftigkeitswirkungen entstehen: die finanziellen Präferenzen der Kapitalgeber können gegenüber den aus typisierten Zielgrößen folgenden Zahlungsreihen zusätzliche Auszahlungen aus der Unternehmung zu Konsum- oder Investitionszwecken erforderlich machen oder den Wunsch nach eine Wiederanlage von Einkommensteilen in der Unternehmung wecken. Im folgenden sollen die idealtypischen Ausschüttungskonzeptionen zunächst weitgehend knapp nebeneinander dargestellt werden. Anschließend sollen das Verhältnis typisierter und subjektiver Präferenzen problematisiert und die Ergebnisse schließlich auf die Diskussion um die KAGG-Ausschüttungsregeln übertragen werden.

(1) Vennögensmaximierung der Unternehmung Für eine Unternehmungs leitung, die im finneneignen Vennögensinteresse handeln soll, muß vor der Kapitalüberlassung eine Festlegung über die Höhe der innerhalb der Totalperiode planmäßig zu verteilenden Ergebnisse getroffen werden. Diese gehen funktional als Nebenbedingung in die Zielsetzung der Unternehmungsleitung ein 369 . Eine solche Verteilungsregel kann vorab bestimmte Auszahlungen in konstanter, steigender oder sinkender Höhe, aber auch den vollständigen Verzicht auf Auszahlungen vorsehen 370 . Die Unternehmungs leitung orientiert sich bei dieser Zielsetzung ausschließlich am Wachstum des Unternehmensverrnögens 371 . Sofern die Unternehmung 368 Ausführlich zum Separationsprinzip: Rudolph, B. (1983). 369 Bei Publikumsunternehmungen des grauen Kapitalmarkts finden sich zahlreiche Spielarten. Als Alternativkonzeptionen für Aktiengesellschaften vgl. Diskussion bei Wagner, F. (1987), S. 421 ff. 370 Vgl. Schneider, D. (1997), S. 400. 371 Schneider, D. (I 993b ), S. 498 und (l968a), S. 728 geht davon aus, daß die Unternehmungsleitung insofern auch im eigenen Interesse handelt.

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zeitlich befristet ist, sucht sie das Stichtagsvennögen zu maximieren. Die Nebenbedingung kann allerdings im Hinblick auf die Lebensdauer der Unternehmens restriktiv wirken; es ist möglich, daß die Mittel der Unternehmung im Marktprozeß vor ihrem planmäßigen Ende verbraucht werden 372 • Die Vorabfestlegung der intertemporären Zahlungsbeträge kommt der Planbarkeit des Einkommenserwerbs der Kapitalgeber entgegen. Diese können unter alternativen Handlungsmöglichkeiten diejenigen aussuchen, deren planmäßige Zahlungsströme den Präferenzen am besten entsprechen. Gleichwohl filhrt die Vennögensmaximierung der Unternehmung nur dann auch zu einer Vermögensmaximierung des Kapitalgebers, wenn individueller und typisierter Planungsstichtag übereinstimmen und er zu diesem Zeitpunkt über seinen Kapitalanteil verfügen kann. Die Höhe seines Vennögens bei Anteilaufgabe ist planmäßig Uber die Bewertungskonzeption bestimmbar, im Marktprozeß freilich ungewiß.

(2) Ausschüttungsmaximierung und Regeln rechnungsmäßiger Unternehmungserhaltung Sollen die aus der KapitalUberlassung resultierenden periodischen Zahlungen an die Kapitalgeber maximiert werden, dann muß eine Nebenbedingung das zu erhaltende Endvennögen am Planungshorizont festlegen. Die Bedingung wird aber in der Regel durch Annahmen Uber die "wirtschaftliche Leistungsflihigkeit"373 der Unternehmung ersetzt und auf die Sicherung der Einkommensquelle, der Ertragsfähigkeit der Unternehmung, ausgerichtet374 • Die zu maximierende Zielgröße der Unternehmungsleitung, d.h. die Höhe der periodischen Auszahlungen als Kapitalgebereinkommen, ergibt sich ftlr einen typisierten zeitlichen Verlauf dann unmittelbar aus der Erhaltungsrechnung375 . Das verteilungsflihige Einkommen der Unternehmung 376 als "Gewinn" oder "Überschuß" wird in Konzeptionen der rechnungsmäßigen Unternehmungser-

372 Ebenso Wagner, F. (1987), S. 423, 425. 373 Vgl. Wagner, F. (1982), S. 750 f.; noch unschlüssig: Wagner, F. (1976), SA88 f. 374 Vgl. z.B. Schneider, D. (1963), S. 466; Niedernhuber, G. (1988), S. 12 f.; vgl. aber Wagner, F. (1982), S. 750 und (1976), S. 488. Prinzipiell denkbar wäre auch, exante eine funktionale Steigerung oder Minderung der Leistungsflihigkeit festzulegen. 375 Vgl. Schneider, D. (1997), S. 400 f. Andernfalls wäre wegen zu vieler Freiheitsgrade keine eindeutige Vorteilhaftigkeitsbestirnrnung möglich. 376 Während bis hierher nur vom Einkommenserwerb des Kapitalgebers die Rede war, kommt nun als gesonderter Begriff die Einkommensverwendung der Unternehmung durch die Unternehmungsleitung hinzu, vgl. zu den verschiedenen Sichtweisen des Einkommensbegriffs Schneider, D. (1997), S. 35.

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haltung als Änderung eines zu bewahrenden Anfangsvermögens der Unternehmung definiert und in einern Bestandsvergleich fUr jede Periode aufs neue ermittelt377 • Über einen zweckgerechten Inhalt des zu erhaltenden Vermögens existieren jedoch abweichende Vorstellungen. In einer stark komprimierten Darstellung soll im folgenden eine Unterscheidung danach getroffen werden, ob die Erhaltungsrechnung im Rahmen einer kaufmännischen Gewinnermittlung oder über einen investitionsrechnerischen Kalkül erfolgen soll378.

(a) Bilanzrechtskonzeptionen

Der Erhalt der Unternehmungsertragsflihigkeit wird in Konzeptionen des kaufmännischen Bilanzrechts nur mittelbar angestrebtJ79 • Im geltenden Bilanzrecht wird grundsätzlich das arn Periodenbeginn in der Unternehmung investierte Reinvermögen als nominell erhaltenswert angesehen 380 • Alternative Entwürfe sehen dagegen den Einbezug von Kautkraftänderungen, Wiederbeschaffungspreisen und Kapazitätswirkungen vorl81 • Parallel wird im Bilanzrecht der ausschUttungsflihige Gewinn als modifizierter Reinvermögenszugang festgelegt 382 • Hiernach sind etwa Vermögenszuwächse schon vor ihrem Zufluß grundsätzlich verteilungsflihig, soweit sie sich im Marktprozeß konkretisiert haben 383 , unrealisierte dagegen kein Gewinnbestandteil 384 ; hinzu kommen weitere Regeln, die Ermessensspielräume der Unternehmungsleitung bei der Vermögensbewertung einschränken sollen385 : durch eine Einzelerfassung und Einzelbewertung der Unternehmungsobjekte 386 • Eine alleinige Interpretation des Bilanzrechts als Gewinnermittlungsgrundlage zur Bemessung der periodischen ZahlungsansprUche der Kapitalgeber greift zu kurz. Es wird vielmehr als Regelungssystem zum Interessenausgleich

377 Vgl. Schneider, D. (1997), S.239 f.; Moxter, A. (1984), S. 100 f.; Sigloch, J. (1987), S. 184. 378 Vgl. eine ähnliche Abgrenzung bei Wöhe, G. (1992), S. 362 ff., ~75. 379 Vgl. Siegel, T (1976), S. 207; Schneider, D. (1963), S. 466, m.w.N. 380 Als Aufgabe im Rahmen der GoB vgl. z.B. Baetge, J./Kirsch. H. (1995), S. 146 ff. 381 V gl. Schneider, D. (1997), S. 240 tT.; Wöhe, G. (1992), S. 366 ff.; Sigloch, J. (1987), S. 184. 382 Das Realisationsprinzip wird durch das Verlustantizipations- bzw. Imparitätsprinzip modifiziert. 383 Ähnlich Schneider, D. (1997), S. 37. 384 Ausführlich zu Realisationsprinzip und AusschUttungsbemessung vgl. Schneider, D. (1971), S. 608 ff.; zu alternativen Konzeptionen vgl. Schneider, D. (1997), S. 314 ff. 385 Vgl. Moxter, A. (1984), S. 164 f. 386 Vgl. Schneider, D. (1997), S. 43; z).lr "Vollobjektivierung vgl. S. 65, Fn 424.

ISO

C. Analytischer Teil

verschiedener Adressaten genutzt 387 ; der Zweck einer aus "ökonomischer Sicht vertretbaren Ausschüttungsbemessung" sogar grundsätzlich negiertl 88 . Ein abbildbarer Zusammenhang zwischen den finanziellen Zielsetzungen der Kapitalgeber und den zur Verteilung bestimmten Ergebnissen kann ohnehin verloren gehen, wenn die Ermittlungsrechnung etwa auf imparitätischen Realisationsannahmen beruht und statt zukünftiger Zahlungen fortentwickelte Anschaffungswerte vergangener Perioden angesetzt werden 389 • Das Bilanzrecht kann sich insofern Erklärungsversuchen einer ausschüttungsorientierten "betriebswirtschaftlichen Gewinnermittlung" entziehen 390 . Dies ändert jedoch nichts daran, daß Bilanzrechtskonzeptionen im Hinblick auf ein Rechnungsziel "Gewinnermittlung als Ausschüttungsgrundlage"391 aus Sicht der Kapitalgeber als Ausformungen der idealtypischen Unternehmungszielsetzung "Ausschüttungsmaximierung bei einem bestimmten Verlauf unter der Nebenbedingung des nominalen Erhalts des Anfangsvermögens" interpretiert werden können. Die Zuordnung ist insofern bedeutend, als die Unternehmungsleitung im Interesse der Eigentümer ihre finanzielle Zielsetzung ebenfalls an einer Ausschüttungsmaximierung orientieren müßte.

(b) Ertragswerterhaltung

Wird das zu erhaltende Periodenanfangsvermögen dagegen als "Ertragswert der Gesamtzahlungsströme einer Unternehmung" bestimmt, ergibt sich die Höhe des auszuschüttenden Ergebnisanteils als "kapitaltheoretischer Gewinn". Die "Ertragskraft" der Unternehmung aus Sicht der Kapitalgeber wird dann unter den Bedingungen eines vollkommenen Kapitalmarkts stetig erhalten, bzw.: eine Innenfmanzierung in Höhe der Ertragswertänderung filhrt zum Ertragswert der Vorperiode392 . Hierin werden auch unrealisierte Zahlungssalden berücksichtigt. Um dieses Modell, das prämissenbedingt einer Übertragung in den Marktprozeß nicht zugänglich ist, rankt sich eine "historische" Kontroverse" über ei-

387 Vgl. z.B. Baetge. J./Kirsch, H. (1995), S. 149; zur Entwicklung z.B. Schneider, D. (1978). 388 Vgl. Ellerich, M. (1995), S. 105, allerdings: "dem Gedanken einer 'ökonomischen Ausschüttungssperre' [wird] Rechnung" getragen; mit Einfilgung. 389 Vgl. Moxter, A. (1966), S. 58, ohne Unterscheidung von Typisierungs- und Objektivierungssichtweise. 390 Vgl. grundsätzlich Moxter, A. (1966); Schneider, D. (I 983c ); vgl. zur aktienrechtlichen Ausschüttungsregelung Schneider, D. (1971). 391 Als gesondertes bilanzielles Rechnungsziel auch bei Moxter, A. (1984), S. 98 ff. 392 Vgl. Schneider, D. (1968), S. 14; Schneider, D. (1963), S. 466.

H. Unternehmungsregeln zur planmäßigen Zahlungsverteilung

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ne Umsetzung als "betriebswirtschaftlich begründete Ausschüttungsregel"393. Schneider bemüht sich neuerdings um eine "Renaissance" des Modells im Rahmen der öAR394 : Regelungen, nach denen Ergebnisansprüche an die Unternehmung unmittelbar nach dem kapitaltheoretischen Gewinn einer Periode bemessen werden, sollen aus Sicht der Unternehmungsleitung systematisch eine Entscheidungsneutralität wahren können395 • Weil hinsichtlich der Anwendbarkeit dieses Bezugsmodells auf Auszahlungsansprüche der Kapitalgeber aber Zweifel aufgekommen sind396 und eine Parallelität zur Diskussion des Ertragswertkalküls im vorangegangenen Unterkapitel besteht, soll zu diesem Problem hier Stellung genommen werden. Beispiel 16 Betrachtet sei eine Unternehmung, die eine Investition des Beispiels 10 durchführe. Ihr periodischer Ertragswert auf Basis eines Gleichgewichtskapitalkostensatzes von i= 5% entspricht in diesem Fall dem nach der WertVermittelten Grundstückswert. Der kapitaltheoretische Gewinn als Restzahlungssaldo diene als Ausschüttungsgrundlage.

Tabelle 16

Ermittlung des kapitaltheoretischen Gewinns im Beispiel 16 Zeitpunktt

Originare Zahlungsreihe (Zt) Ertragswert der Untemehmungszahlungsreihe (Etw.) Ertragswertänderung (Etwa. = Etw~. - Etw.) Kapitaltheoretischer Gewinn (BMGt = Zt - Etwa.)

1 0 2 i 3 -100,00 29,53 i 29,53 i 69,53 114,98 91,19 66,22 0,00 23,78 24,97 66,22 5,75 4,56 3,31

In Höhe der Ertragswertänderung erfolgt eine Innenfinanzierung aus Gewinnermittlung. Soweit zusätzlich ein Teil des kapitaltheoretischen Gewinns nicht ausgeschüttet wird, liegt eine Innenfinanzierung aus Gewinnverwendung

393 Der ökonomische Gewinn als MindestausschUttung bis maximal zur Höhe des kaufmännischen Gewinns, vgl. ausführlich befilrwortend Schneider, D. (1963); Schneider, D. (1971), S. 614 ff.; vgl. z.B. auch Linn, D. (1974); Drukarczyk, 1. (l974a); Siegel, T. (1976). Zu neuerlichen Transformationsüberlegungen: Süchting, 1. (1995), S. 552; Niedernhuber, G. (1988), S. 281 ff.; aus neoinstitutionalistischer Sicht: Ordelheide, D. (1991), S. 507 - 534; daran anknüpfend Lauer, C. (1995). 394 Vgl. Schneider, D. (1997), S.250 ff. Aber als Handlungsempfehlung für eine Ausschüttungsregelung im Marktprozeß nunmehr "Modellmißbrauch", vgl. Schneider, D. (1989a), S. 36 f. und dort Fn 69. 395 Vgl. Schneider, D. (1997), S. 251. 396 Vgl. Ballwieser, W. (1995), S. 726 - 734.

c. Analytischer Teil

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vor. Die Ausschüttung soll sich mit dem Faktor I nach dem kapitaltheoretischen Gewinn bemessen. Um den Erhalt des Unternehmungsertragswerts systematisch zu gewährleisten, muß die aus beiden Innenfinanzierungsformen gebildete Restzahlungsreihe nun mit dem Kalkulationszinsfuß von i,=(1-I)*i bewertet werden 397 • Durch den ungewöhnlich "ausschüttungsmodifizierten" Kalkulationszinsfuß wird erreicht, daß der Unternehmungsertragswert unabhängig vom Umfang der Gewinnverwendung bewahrt werden kann. Fortführung des Beispiels 16 Die gewünschte Entnahmeverteilung betrage hier konstant I = 100%. Zur Errechnung des Unternehmungsertragswerts aus den verbleibenden Zahlungssalden wäre hier ein i, = 0% anzuwenden. Dies bedeutet, daß keine zusätzliche Innenfinanzierung aus der Gewinnverwendung resultiert. In diesem Fall ist die gewünschte Konstanz der Ertragswertreihe nach Gewinnverwendung aus Sicht der Unternehmungsleitung gegeben. Wird unterstellt, es gebe nur einen Kapitalgeber und wird die Unternehmung in t3 aufgelöst, beträgt der Endwert bei i = 5% aus allen unternehmungsinternen und -externen Wiederanlagen 133,10 GE398 •

Tabel/e J 7

Ertragswertreihe der Unternehmung und Einkommenstrom des Kapitalgebers in Beispiel 16 Zeitpunktt Restzahlungsreihe der Unternehmung (ZIt) Ertragsvet der UntemehlTlJng bei il=O"lo (EtWt) Zahlll1QSreihe Kapitalgeber

0 -100,00 114,98 -100,00

1 23,78 91,19 5,75

2 24,97 66,22 4,56

3

66,22 0,00 121,97

Endt.ert

133,10

Gegen diesen Kalkül wendet Ballwieser ein: "Hier offenbart sich - wahrscheinlich ungewollt - ein Konzept des Unternehmens an sich, ... in Widerspruch zu seiner [Schneiders] steuerlichen Analyse ... , bei der er auf die Ebene der Eigentümer rekurriert"399; eine Modifikation des Kalkulationszinsfußes, die der Beurteilung von Steuerwirkungen entlehnt werde, wirke in der Erweiterung auf Ausschüttungs-, bzw. Entnahmeregeln "gekünstelt"4°O. Diese Kritik scheint allerdings in zwei Punkten nicht gerechtfertigt: Einerseits ist nicht zutreffend, daß das Modell originär aus der Steuerwirkungslehre Vgl. Schneider, D. (1989a), S. 6. (5,75 GE*I,05)+4,56 GE)*1,05+3,31 GE+118,66 GE '" 133,10 GE. Der Endverteilungsbetrag aus der Unternehmung ergibt sich aus (23,78 GE*I,05)+24,97 GE)*1,05+66,22 GE", 118,66 GE. 399 Bal/wieser, W (1995), S. 730, mit Einfilgung. 400 Vgl. Bal/wieser, W (1995), S. 730. 397 398

11. Unternehmungsregeln zur planmäßigen Zahlungsverteilung

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stammt, denn zuvor war es bereits als Erhaltungskonzeption diskutiert worden40I • Andererseits zeigt die Gliederung der vorliegenden Arbeit seine Zweckbestimmung darin, daß der Unternehmungserhalt nicht als Zielsetzung, sondern lediglich als Nebenbedingung in die typisierte Kapitalgeberpräferenz "Entnahmestreben" eingeht und daher eine konsequent eigentümerbezogene Sichtweise verfolgt wird. Eine Interpretation des Modellmechanismus im Rahmen von AusschUttungsregelungen wird gleichwohl durch die Darstellungsweise von Schneider erschwert, der das Modell des kapitaltheoretischen Gewinns zur Analyse aller Regeln über ergebnisabhängige Auszahlungen verwenden möchte 402 , etwa auch als Modellbemessungsgrundlage rur Steuerzahlungen 403 • Da die in den Ertragswert eingehenden Größen je nach Betrachtungsgegenstand aber unterschiedlich interpretiert werden müssen, scheint eine solche Zusammenfassung hinderlich: Der wesentliche Unterschied gegenüber durch Gewinnermittlung verlagerten Steuerzahlungen besteht darin, daß alternative Ausschüttungsreihen unter Modellbedingungen den Vermögensendwert des Kapitalgebers nicht beeinflussen. Frühere oder spätere Ausschüttungsbeträge verändern zwar das Vermögen der Unternehmung, bei unterstellt identischen unternehmungsintemen und -externen Wiederanlagezinsen kann aber, anders als bei der Besteuerung, aus Sicht des Kapitalgebers "nichts gewonnen oder verloren" werden. In Vorteilhaftigkeitsrechnungen kann auf die Erfassung von Steuerzahlungen regelmäßig nicht verzichtet werden, weil sich die Rangordnung der nachSteuer-Restzahlungsreihen gegenüber den originären Zahlungsreihen durch den Einfluß verschiedener Handlungsmöglichkeiten in der Gewinnermittlung verändern kann404 • Für eine Unternehmungsleitung aber, die bei Ausklammerung von Steuerpflichten die Auswahl von Handlungsmöglichkeiten an einer Entnahmemaximierung mit einem bestimmten Verlauf ausrichten soll, besagt die Nebenbedingung lediglich: beachte bei der Auswahl von Handlungsmöglichkeiten mit vorteilhaften originären Zahlungsreihen auch den Einfluß auf die durch Gewinnermittlung mögliche Innenfinanzierung, bzw. auf die Höhe des Unternehmungsvermögens! Nur im Modell des kapitaltheoretischen Gewinns wird der Anfangsertragswert aber per definitionem in jeder Periode erneut erhalten, unabhängig vom Verlauf der originären Zahlungsreihen. Nur in diesem Modell läßt sich das Vgl. zu den Wurzeln Schneider, D. (1981 a), S. 368. Beispielsweise gegenüber dem Fiskus, Fremdkapitalgebern mit atypischer Entgeltvereinbarung, mit der Ausübung von Unternehmerfunktionen Beauftragten. 403 Vgl. hierzu auch ab Punkt C.lI.3. 404 Vgl. auch "Steuerparadoxon", Schneider, D. (1992), S. 246; Wagner, F./Dirrigl, H. (1980), S. 38 f. 401

402

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C. Analytischer Teil

Verhältnis von Innenfinanzierung und Gewinnermittlung und -verwendling einheitlich in der Modifikation des Kalkulationszinsfußes ausdrücken. Gleichwohl bleibt es für eine diesem System nicht folgende Gewinnermittlung, anders als bei den Besteuerungsfolgen, im Gleichgewichtsmodell ohne Bedeutung, ob die Unternehmungsleitung ihre Vorteilhaftigkeit an originären oder an Restzahlungsreihen ausrichtet, da die Kapitalgeberpräferenzen annahmegemäß "gleichgeschaltet" sind. Jenseits der Gleichgewichtsbedingungen können zwar nicht vereinbarte Veränderungen des Unternehmungswerts oder Ausschüttungsverläufe die Vorteilhaftigkeit der Kapitalgeber beeinflussen, in diesem Fall ist aber der kapitaltheoretische Modellgewinn nicht mehr ermittelbar. Es erscheint daher fraglich von einer innenfinanzierungsbedingten Entscheidungswirkung der Gewinnermittlung bei der Unternehmungsleitung zu reden405 und zu unterstellen, die Unternehmungsleitungen könnten im Interesse der Kapitalgeber die Folgen verschiedener Handlungsmöglichkeiten in der Gewinnermittlung auf das Ausschüttungsvolumen und damit auf die Innenfinanzierung ermessen und würden hiernach ihre Auswahl treffen. Schneider sieht den Nutzen der Modellüberlegung "Gewinnverwendungsneutralität der Gewinnermittlung" unter anderem darin, einen systematischen Bezugspunkt für die häufig entgegengerichteten Interessen der ausschüttungsberechtigten Kapitalgeber und der innenfinanzierungsorientierten Unternehmungsleitung zu liefern 406 : "Wenn man die [modellbedingte] ordnungstheoretische Begründungslücke zu überspringen bereit ist, läßt sich in Gewinnverwendungsneutralität eine Verwirklichung von 'Vertragsgerechtigkeit' ... sehen"407. Dieser Spagat zwischen dem neoklassischen Modell und den Bedingungen beobachtbarer Märkte scheint jedoch nicht mehr nachvollziehbar. (3) Vermögensmaximierung der Anteilseigner Verfolgt die Leitung einer Unternehmung die Zielsetzung "Vermögensmaximierung der Anteilseigner" wird die Ergebnisverwendung von folgendem Vergleich abhängig gemacht: Wird das Endvermögen der Kapitalgeber im Planungszeitraum durch Ausschüttung und unternehmungsexterne Wiederanlage oder durch Thesaurierung und unternehmungs interne Reinvestition maxi-

405 Vgl. Schneider, D. (1994), S. 88; Schneider, D. (1997), S. 251 f. 406 Vgl. Schneider, D. (1997), S. 251. 407

Schneider, D. (1997), S. 335, mit Einfügung.

IL Unternehmungsregeln zur planmäßigen Zahlungsverteilung

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miert408? Ein möglicher Konsum von Ausschüttungsbeträgen ist im Entscheidungsfeid nicht enthalten409 . Hierbei ist jedoch ein Problem noch nicht gelöst: die Ausschüttungsbemessungsgrundlage als Gegenstand der Vergleichsbetrachtung. Die Literatur geht offenbar nur ausnahmsweise unmittelbar von einem Zahlungssaldo aus, sondern regelmäßig von einem "Gewinn"410. Wird aber eine Gewinnennittlung vorgeschaltet, dann bedeutet dies in idealtypischer Sichtweise entweder, daß die Vergleichsbetrachtung im Hinblick auf die Kapitalgeberendvennögen als zusätzliche Bedingung zu einer Ergebnisennittlung im Sinne einer Ausschüttungsmaximierung eingefilhrt wird oder daß die Gewinnennittlung einem anderen Rechnungsziel als der Ausschüttungsbemessung dient411 . Andererseits ist nicht einzusehen, weshalb die Unternehmungsleitung nicht auch über den Gewinn hinaus den Kapitalbestand der Unternehmung insgesamt in die Vergleichsbetrachtung zu Gunsten ihrer Kapitalgeber einbeziehen so1l412; dies würde jedoch den Rahmen einer Ausschüttungsregel sprengen. Die Unternehmungs leitung müßte mehrperiodige Vergleiche von Grenzverzinsungen analog zu Budgetierungsproblemen vornehmen413 • Verteilungstahig wäre in einer Periode nur ein Betrag, der im Planungszeitraum außerhalb der Unternehmung einer besseren Grenzverzinsung zugeführt werden kann414 . Die Bestimmung des ausschüttungstahigen Betrags fUhrt damit zu einem OptimumProblem415 . Seine Einflußgrößen müssen sich an typisierten finanziellen Präferenzen eines "Durchschnitts-Anteilseigners" orientieren. Hierzu gehört beispielswiese auch die Annahme über einen Zeitraum, auf den sich die zu ennittelnden Projektverzinsungen beziehen416 . Die für den Vorteilhaftigkeitvergleich zu beachtenden finanziellen Präferenzen des Durchschnitts-Anteilseigners wer408 Vgl. Schneider, D. (1992), S. 143; Süchting, J. (1995), S. 543 ff. 409 Vgl. Schneider, D. (1993b), S. 499. 410 Zahlungssaldo: Drukarczyk, J. (1993), S. 72; Gewinn: Schneider, D. (1992), S.143 f.; Swoboda, P. (1994), S. 114 ff. m.w.N.; ausführlich Süchting, J. (1995), S. 543 ff. 411 In der Regel wird die Vermögensmaximierung der Anteilseigner als zusätzliche Gewinnverwendungsregel zu einem bilanzrechtlich ermittelten Gewinn diskutiert; dies dürfte aber zu Interpretationsproblemen führen, wenn die Konzeption kapitalmarkttheoretisch modelliert wird, da sich darin ein bilanzrechtlicher Gewinn nicht schlüssig einfügt, vgl. etwa bei Süchting, J. (1995), S. 544 ff. und oben S. 149. 412 Vgl. Wagner, F. (1982), S. 767; Niedernhuber, G. (1988), S. 68, 224, 230 ff. 413 Vgl. z.B. Süchting, J. (1995), S. 544 ff.; Schmidt, R.lTerberger, E. (1997), S. 169 ff. 414 Vgl. analog Bühner, R./Weinberger, H. (1991), S. 194. 415 Vgl. Schneider, D. (1993b), S. 498 f.; Schneider, D. (1968a), S. 729 ff. 416 Zu den Einflußgrößen der Marktwertmaximierung vgl. bei Drukarczyk, J. (1993), S. 67 ff.

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C. Analytischer Teil

den aber jenseits von Modellen üblicherweise nicht ex-ante festgelegt, wie es aus Typisierungsgesichtspunkten erforderlich wäre, sondern laufend und im Ermessen der Unternehmungs leitung ausgelegt417. Wird aber die Wahlentscheidung ohne jede Festlegung auf die Unternehmens leitung übertragen, besteht eine Planbarkeit der Einkommenströme für die Kapitalgeber nicht. Das Wahlproblem wird in neoklassischen Modellen als "Marktwertmaximierung der Unternehmung" umformuliert4l8 • Ein solcher Marktwert existiert definitionsgemäß nur im Kapitalmarktgleichgewicht; hierbei wird der Wert der Unternehmung direkt anhand der Verzinsung der Gleichgewichtsanlagen bewertet. Ihr Marktwert kann nur steigen, wenn die Periodenergebnisse in vorteilhaftere Anlagen fließen, als der Gleichgewichtszinssatz repräsentiert. Dies wird auch deutlich rur die häufig gleichbedeutend verwendete Zielsetzung der Anteilwertmaximierung, die als Handlungsempfehlung für Leitungen von Unternehmungen des organisierten Kapitalmarkts angesehen wird4l9 • Hiernach wäre nur insoweit auszuschütten, als "der Kapitalmarkt" auf eine vermutete Steigerung der internen Unternehmungsverzinsung bei der direkten Anteilbewertung reagieren könnte. Für die Konzeption der Anteilwertmaximierung wären daher zunächst Prognosen zu erstellen, welche Einflußgrößen sich und in weichem Umfang auf den Anteilwert auswirken können 42o . Die Überlegenheit der Konzeption "Anteilwertmaximierung" wird filr börsennotierte Unternehmungen regelmäßig darin gesehen, daß Anteilseigner ihre persönlichen Präferenzen durch Veräußerung und Erwerb von Anteilen jederzeit verwirklichen können421 . Unschlüssig ist jedoch, diese Möglichkeit der Resubjektivierung von Zahlungsströmen als Eigenschaft einer einzigen Ausschüttungskonzeption darzustellen, wie der folgende Abschnitt zeigen soll.

417 Vgl. z.B. Jaensch, G. (1995), S. 343. 418 Ausführlich, aber kritisch: Ballwieser, W/Schmidt, R. (1981); Schmidt,

R.lTerberger, E. (1997), S. 58. 419 Vgl. ausfilhrlich Serfling, K. (1974), S. 142 ff.; zum "Shareholder ValueKonzept", vgl. etwa Ballwieser, W (1994); Bühner, R. (1996); Bühner, R.lWeinberger, H. (1991), S. 192 ( 420 Vgl. etwa Schneider, D. (I 993b ), S. 499 f.; Süchting, J (1995), S. 547 ff., 552 ff. zu Gewinn- und Dividendenthese sowie Marktbewertungsmodellen; zu Einflußgrößen: Schneider, D. (1992), S.638 f.; ausfilhrlich auch Schmidt, R.lTerberger, E. (1997), S. 199; insbesondere 209 ff. 421 Vgl. z.B. Serfling, K. (1974), S. 151; differenziert: Drukarczyk, J (1993), S. 74 ff.

1I. Unternehmungsregeln zur planmäßigen Zahlungsverteilung

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(4) Anpassung typisierter an subjektive fmanzielle Präferenzen Bis hier wurde das Wahlproblem eines Kapitalgebers nur in der Kombination: einmalige Anteilaufnahme und -aufgabe, sowie zwischenzeitliche Ausschüttungen dargestellt. Hierbei kann die Vorteilhaftigkeit über die typisiert planmäßig resultierenden Zahlungsströme der Handlungsmöglichkeit ermittelt werden. Bei manchen Unternehmungen haben Kapitalgeber jedoch Wahlfreiheiten, auch intertemporär Anteilaufnahmen und -aufgaben vorzunehmen. Hierdurch können sie planmäßig eine Anpassung der vorgegebenen Zahlungsreihen an ihre eigenen Präferenzen vornehmen: die Anteilseigner können durch zusätzliche Anteilaufnahmen Reinvestitionen zu hoch empfundener Ausschüttungen bzw. durch zusätzliche Anteilaufgaben Desinvestitionen wegen zu niedrig erachteter Ausschüttungen fUr Konsumzwecke oder unternehmungsexterne Anlagen durchfUhren. In ihrer Vorteilhaftigkeitswirkung sind die Möglichkeiten der Anteilaufnahme und -aufgabe, die Einflußgrößen von Anteilpreisen und die Ausschüttungsregelung daher interdependent. Für die dargestellte Austauschbarkeit von Ausschüttung und Kapitalanteiländerung wäre unter anderem erforderlich, daß •

zumindest zu den Ausschüttungsterminen Anteilaufnahmen und -aufgaben und beliebige Stückelungen möglich sind;



die Anteilpreise die marginale Vorteilhaftigkeit einer unternehmungs internen Anlage der zuviel oder zuwenig ausgeschütteten Beträge widerspiegeln,



sich durch Anteilaufnahme oder -aufgabe eine entsprechende Änderung zukünftiger Ergebnisansprüche ergibt;



in den betrachteten Alternativen Kosten bzw. Prämien 422 in identischer Höhe anfallen.

Die hier dargestellten Voraussetzungen weisen darauf hin, daß eine vollständige Austauschbarkeit vermutlich nur in Modellen darstellbar ist. Insofern trifft aber zu, daß bei börsengehandelten Anteilen an Publikumsgesellschaften eine begrenzte Substitution möglich ist, da diese in feststehenden Stückelungen werktäglich erworben und veräußert werden können und sich in den Anteilpreisen unter anderem bewertete Ausschüttungserwartungen niederschlagen. Weshalb aber eine solche "Feinabstimmung" finanzieller Präferenzen nur im Rahmen der Konzeption der Vermögensmaximierung des Anteilseigners möglich sein soll, wird von der Literatur nicht dargelegt. 422 Vgl. z.B. Schneider, D. (1968a), S. 730 ff., "Ausschüttungsprämie" als "Betrag, den die Anteilseigner bei Ausschüttung mehr investieren können als die Unternehmung bei Selbstfinanzierung".

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C. Analytischer Teil

Als ein weiteres Verfahren zur Resubjektivierung von Ausschüttungsbeträgen könnte dagegen die Abtrennung der Ergebnisverwendungsentscheidung von der Ergebnisermittlung aufgefaßt werden: Je nach Ausgestaltung der Unternehmungsregeln könnte den Kapitalgebern zur Disposition gestellt werden, einen ausschüttungsfllhigen Betrag zur Auszahlung oder Thesaurierung zu verwenden. Hiermit wäre ein Minimum an Innenfmanzierung durch Gewinnermittlung bereits festgelegt423. Sofern die Ausgestaltung der Publikumsunternehmung eine Behandlung von Einzelentscheidungen der Kapitalgeber nicht zuläßt, könnte dies auch vereinfacht als kollektive Mehrheitsentscheidung durchgefUhrt werden 424 , die wiederum nur zu einer Typisierung fUhrt. Aus neoinstitutionalistischer Sicht wird die kollektive Stimmrechtsausübung grundsätzlich als ein Instrument zur Verbesserung der Allokationseffizienz, der Kapitallenkung, aufgefaßt425 . (5) Zwischenergebnis In den Referenzüberlegungen wurde die Transformation individueller Präferenzen von Kapitalgebern in Unternehmungsziele anhand idealtypischer Ausschüttungsregelungen untersucht. Einerseits entfalten die hieraus folgenden Zahlungsströme unmittelbar eine Vorteilhaftigkeitswirkung, andererseits bestimmen sie die fmanzielle Zielsetzung der Unternehmungs leitung und beeinflussen deren Auswahl von Handlungsmöglichkeiten. Auch in der folgenden Analyse der Ausschüttungskonzeption des KAGG sollen daher vorrangig Entscheidungswirkungen betrachtet werden. Ausschüttungsregelungen berechnen geradewegs den Betrag eines Auszahlungsanspruchs oder legen diesen anderweitig fest. Es zeichnete sich in den Ausftlhrung aber bereits ab, daß von dieser modellhaften Anforderung abgewichen wird und Regelungstypen miteinander vermengt werden. Derartige Mischsysteme erschweren aber die Analyse ihrer finanziellen Wirkungen und dürften dazu fUhren, daß Unternehmungsleitungen keine eindeutigen Zielvorgaben zur VerfUgung stehen.

423 Vgl. Schneider, D. (l993b), S. 497. 424 Als Maßnahme zur multilateralen Kontliktlösung bei Aktiengesellschaften vgl. Wagner, F. (1976), S. 489ff. und (1987), S. 415 ff., 424. 425 Vgl. z.B. Niedernhuber, G. (1988), S. 197 ff.

11. Unternehmungsregeln zur planmäßigen Zahlungsverteilung

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b) Ausschüttungsrege/ung bei Investmentfonds Nach § 15 (3) i) KAGG muß die KAG bei Auflegung eines PublikumsSondervermögens in ihren Vertragsbedingungen allgemeingültig regeln, ob die "Erträge" einer Periode grundsätzlich ausgeschüttet oder von der Fondsleitung wieder angelegt werden sollen426 . Die KAG muß sich insofern entscheiden, ob sie eine Maximierung des Unternehmungsvermögens ohne Nebenbedingung oder eine andere K9nzeption verfolgen will. Für ausschüttende Fonds enthält das KAGG allerdings Regelungen zur Ausschüttungsbemessung, die teilweise zwingendes Recht, teilweise dispositiv sind. In den Vertragsbedingungen eines Sondervermögens muß die KAG hierauf Bezug nehmen427 . Insofern muß sich die Fondsleitung in ihrer "Ausschüttungspolitik" festlegen 428 . Ein institutionalisierter Einfluß der Kapitalgeber auf die Ergebnisverwendung ist nicht vorgesehen. Grundstücks-Sondervermögen sind bislang ausschließlich als ausschüttende Fonds konzipiert worden 429 Die Ausschüttungen sollen nach § 10 Nr.6 BVB rur Grundstücks-Sondervermögen jährlich erfolgen 430 .

(1) Grundsätze der Ausschüttungsregelung bei Grundstücks-Sondervermögen In § 10 Nr.l BVB scheint sich die KAG zunächst auf einen "Grundsatz der Vollausschüttung" festzulegen431 : "Die Gesellschaft schüttet grundsätzlich alle während des Geschäftsjahres fUr Rechnung des Sondervermögens angefallenen und nicht zur Kostendeckung verwendeten Erträge aus den Liegenschaften und dem sonstigen Vermögen ... aus". Die Begriffswahl dieser Regelung ist jedoch problematisch, da die Definition der Stromgrößen nicht offensichtlich ist. Als auszuschüttender Betrag scheint hierin nicht ein bloßer Zahlungsüberschuß bestimmt zu werden, denn die benutzten Begriffe lehnen sich an die Erfolgs- und Betriebsergebnisrechnung an, die nicht-pagatorische Größen umfas-

426 Nach § 37h (2) KAGG müssen nur Altersvorsorge-Sondervermögen zwingend alle Überschüsse thesaurieren. 427 Vgl. §§ 15 (3) i), 33 (2) KAGG. 428 Vgl. Beckmann, K. (1995), Rz. 33 zu § 15 KAGG. 429 Dies ergibt sich z.B. aus der Aufstellung der Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main vom 12.9.1996, S 2252 A-3-St 11 32, S. 1250, vgl. Anhang Punkt E.V. 430 Muster-Vertragsbedingungen des Bundesverbandes Deutscher InvestmentGesellschaften rur Grundstücks-Sondervermögen, S. 8. 431 Ähnlich Bals, W. (1994), S. 107.

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C. Analytischer Teil

sen 432 • Der Begriff "Erträge" könnte daher eine finanzbuchhalterische Ermittlung bezwecken, eine Anknüpfung an die kaufmännische Rechnungslegung ist aber weder im KAGG noch in den BVB vorgesehen. Aber auch das Ertragswertverfahren nach der WertV rechnet mit "Erträgen", ein Bezug zur Fondswertermittlungsrechnung ist aber ebenfalls nirgendwo ersichtlich. § 11 BVB enthält allerdings eine abschließende Aufstellung der zur "Kostendekkung" bestimmten pagatorischen Beträge, die aus dem Sondervermögen beglichen werden müssen. Auch LauxiOhl zufolge nehmen die Fondsleitungen eine "abgewandelte Liquiditätsrechnung" vor, allerdings 433 : "Ziel ... ist die ... Ennittlung der rur die Dotierung der Einbehalte sowie der Ausschüttung an die Zertifikatsinhaber verfilgbaren Liquidität. In bezug auf ihren Umfang und ihre Fonn enthält die Aufwands- und Ertragsrechnung wesentliche Elemente einer Einnahmen-/ Ausgabenrechnung". In dieser Darstellung werden mögliche Begriffsbestimmungen weiter aufgelöst. Die mangelnde Festlegung setzt sich dann fort in den von den KAGen durchgeführten Erfolgsermittlungen434 : In diesen werden "Erträge und Aufwendungen" gegenübergestellt und auf dem Weg zum Ausschüttungsbetrag als "Jahresüberschuß" oder "Nettoüberschuß zur Ausschüttung" verdichtet, wobei noch weitere ausschüttungswirksame Positionen berücksichtigt werden, allerdings nicht als "Aufwendungen oder Erträge" bezeichnet werden. Einheitlich scheint hierin nur die Zusammensetzung der "Aufwendungen", in die nur pagatorische "Kosten" eingehen, die in § 11 BVB abschließend aufgezählt werden. Es scheint daher in der folgenden Darstellung zunächst nicht zweckmäßig, den Aufbau der Ermittlungsregel zu diskutieren. Vielmehr soll für weitere ausschüttungswirksame Positionen deutlich werden, in welchem Umfang sie die Ausschüttungsbasis verschmälern oder verbreitern können. Eine Berücksichtigung nicht zahlungswirksamer Sachverhalte folgt aus dem "Grundsatz der Substanzerhaltung,,435 des § 33 (1) KAGG. Hiernach dürfen Erträge insoweit nicht ausgeschüttet werden, als sie für künftige Instandsetzungen vorgehalten werden müssen436 . Die Regelung soll einen "Raubbau an Grundstücksvermögen"437 verhindern. Hierunter werden im Gegensatz zur laufenden pagatorischen Instandhaltung aperiodisch auftretende Erhaltungsmaßnahmen 432 Zur Unterscheidung von Finanz-, Erfolgs- und Kostenrechnung vgl. z.B. Schnei-

der, D. (1997), S. 46 ff. 433 Laux, M./Ohl, K. (1988), S. 91. 434 Vgl. Bals, W. (1994), S. 80 f.; Laux, M./Ohl, K. (1988), S. 96. 435 Vgl. Päsler, R. (1991), S. 48.

436 Ebenso § 10 Nr.2 BVB. 437 Bericht des Abgeordneten Schmidhuber, zu BT-Drucksache V/44 14, S. 42.

11. Unternehmungsregeln zur planmäßigen ZahlungsverteiIung

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verstanden, die antizipiert werden sollen, um Ausschüttungsschwankungen zu venneiden 438 • Diese zwingende Regelung wird überwiegend als Überschußverwendungsvorschrift angesehen und als "Rücklage" bezeichnet439 • Sie wird aber gleichzeitig auch als materiell nur wenig bedeutend eingestuft44o • § 33 (2) KAGG verlangt zusätzlich eine Vertragsbestimmung über die Behandlung von Wertminderungen bei Fondsobjekten in der Ausschüttungsrechnung. § 10 Nr.2 BVB sieht den Einbehalt von Gegenwerten nur bei liegenschaften vor, ohne aber eine Ausgestaltung vorzugeben. Einige Fonds nehmen hierfUr eine buchhalterische Verteilung der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten auf eine geschätzte Nutzungsdauer vor441 ; die Ennittlung des Abschreibungsausgangsbetrags ist jedoch nirgends geregelt. Andere Fonds rechnen statt dessen mit einem prozentualen Abschlag von den "Liegenschaftserträgen", wobei vennutlich die Bruttornieteinnahmen als Bemessungsgrundlage gewählt werden 442 • Eine Anknüpfung an die Bewertungskonzeption filr Liegenschaften und der hierin ennittelten Ertragswertänderungen erfolgt nicht. Der Regelung in den Mustervereinbarungen zufolge werden fUr das übrige Fondsvennögen keine Wertminderungen berücksichtigt. Eine spiegelbildliche Behandlung von Werterhöhungen ist in § 33 (2) KAGG nicht vorgesehen.

§ 16 KAGG verlangt eine vertragliche Ausschüttungsregelung zur Behandlung von Veräußerungserfolgen. § 10 Nr. 3 BVB erklärt Veräußerungsgewinne filr ausschüttungsflihig. Die Ennittlungsweise eines solchen Gewinns, etwa als Differenz zwischen der pagatorischen Größe "Veräußerungserlös" und einem Buchwert, ist hingegen nicht geregelt. Die Fondsleitungen orientieren sich hier aber offenbar an den steuerrechtlichen Regelungen über Ansatz und Fortfilhrung von Buchwerten443 • Die nach der Bewertungskonzeption berechneten Verkehrswerte werden nicht aufgegriffen. In den Vertragsbedingungen soll außer-

Vgl. o. V./Investment-Handbuch (1995), Rz. 2 zu § 33 KAGG. Als Überschußermittlungsvorschrift "Rückstellung": z.B. Wa/dmann. K. (1989), S. 414; als "Rücklage": Ba/s. W. (1994), S.81, 107 und dort Fn 45; o.v./lnvestmentHandbuch (1995), Rz. 2 zu § 33 KAGG. 440 Vgl. Wa/dmann. K. (1989), S. 414. 441 Vgl. Trog/auer. P. (1979), S. 389: die "unter kaufmännischen Gesichtspunkten ermittelten Abschreibungsbeträge ... liegen in der Regel unterhalb der steuerlich zulässigen Beträge"; Ba/s. W. (1994), S. 108. 442 V gl. Trog/auer. P. (1979), S. 389: "Hierdurch wird auf längere Sicht eine Dynamisierung der Abschreibungseinbehalte erreicht, da Fondserträge aufgrund der Wertsicherung der Mieten steigen"; Ba/s. W. (1994), S. 108. 443 Vgl. Bals. W. (1994), S. 98. 438

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11 Oldenburg

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c. Analytischer Teil

dem bestimmt werden, ob Veräußerungsgewinne in der Ermittlungsrechnung mit Veräußerungsverlusten saldiert werden dürfen444 . Bis hierher sehen die insoweit geregelten Grundsätze der Ausschüttungsregelung einige wenige, zumindest sachlich bestimmte Abweichungen von einer Zahlungssaidenrechnung vor445 : Sie werden jedoch durch die Generalklausel des § 10 Nr. 5 BVB wieder relativiert: "Im Interesse der Substanzerhaltung können Erträge teilweise, in Sonderfiillen auch vollständig zur Wiederanlage im Sondervermögen bestimmt werden". Bals sieht die Ausschüttungen damit faktisch im Ermessen der Fondsleitung liegen, da die Begriffe "Substanzerhaltung"446, aber auch "Sonderfiille" nirgends bestimmt sind. Ermessensentscheidungen erfordern aber einen Ermessensrahmen, der hier jedoch vollständig fehlt, so daß ergänzend von einem "Grundsatz der Willkürhaftigkeit von Ausschüttungen" gesprochen werden könnte. Zumindest scheinen die Ausschüttungen bis hierher nach oben begrenzt: auf den Zahlungs saldo einer Periode.

(2) Sonderpositionen der Ausschüttungsregelung

§ 10 Nr.3 BVB läßt die Ausschüttung einer "Eigengeldverzinsung ftlr Bauvorhaben" zu, die "in den Grenzen der ersparten marktüblichen Bauzinsen" liegen muß. Hierdurch wird offensichtlich die Möglichkeit eröffnet, die Ausschüttungshöhe während der DurchfUhrung von Bauvorhaben gesondert zu beeinflussen. Die Eigengeldverzinsung wird einhellig als "kalkulatorischer Posten" aufgefaßt, und über die Wertobergrenze spekuliert447 : das in der Bauphase eingesetzte Anlagekapital des Fonds soll entweder mit einer durchschnittlichen internen Rendite, mit einem Fremdkapitalzins oder einer Differenz hieraus angesetzt werden. Die Suche nach einem zweckmäßigen Inhalt des kalkulatorischen Postens dürfte sich aber erübrigen, da das Rechnungsziel "Ausschüttungsbemessung" nicht der Bestimmung von Größen der "kurzfristigen Erfolgsrechnung" dienen kann448 .

444 Vgl. Muster-Vertragsbedingungen des Bundesverbandes Deutscher InvestmentGesellschaften für Wertpapier-Sondervermögen, Anmerkung zu § 14, S. 13. Unklar ist ob die Saldierung perioden bezogen vorgenommen werden muß. 445 Dies scheint sich auch aus Bals, W. (1994), S. 81, 107; Laux, M./Ohl, K. (1988), S. 96 zu ergeben. 446 Vgl. Bals, W. (1994), S. 111. 447 Vgl. Bals, W. (1994), S. 90 mit Nachweis und Süber/ing, G. (1988), S. 386; Laux, M.tOhl, K. (1988), S. 113. Die Wortwahl der BVB-Regelung impliziert auch eine Untergrenze, ohne jedoch Anhaltspunkte zu liefern. 448 Die Suche nach einer zutreffenden "Bezugsbasis" bei Bals, W. (1994), S. 91 ( wäre insoweit überflüssig.

11. Untemehmungsregeln zur planmäßigen Zahlungsverteilung

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Zur Rechtfertigung dieser investmentrechtlichen Bestimmung wird eine Analogie zu einer ehemaligen aktienrechtlichen Nonn hergestellt449 • § 10 Nr. 3 BVB stellt aber einen Zusammenhang mit der Behandlung von Veräußerungsgewinnen her. Bals sucht die Eigengeldverzinsung entsprechend als eine "vorweggenommene Werterhöhung" zu interpretieren, die sich ansonsten erst nach Bauabschluß im Verkehrswert der Liegenschaft konkretisiert, dann aber keine Rückwirkung auf die Ausschüttungsgrundlage hat450 • Diese ungewöhnliche Regelung zur Gewinnantizipation dürfte aber lediglich folgende Absicht haben: da die Durchfiihrung eines Bauvorhabens den Zahlungssaldo belastet und noch keine Einzahlungen aus dem Objekt gegenüberstehen, soll filr diesen Zeitraum die Ausschüttungsbemessungsgrundlage verbreitert werden. Hierfilr spricht die praxisübliche Erfassung der Bauzinsen in einer Staffelrechnung neben zahlungsgleichen Erträgen451 • Der Fondsleitung eröffnen sich somit über den Grundsatz der Vollausschüttung hinaus Freiräume452 • Aus den ausschüttungsbezogenen Ertragsaufstellungen der Sondervennögen geht hervor, daß die Eigengeldverzinsung, die nicht von allen Fonds durchgefilhrt wird, durchschnittlich 2% der "Jahreserträge" erreicht453 •

§ 15 (3) i) KAGG schreibt die privatvertragliche Regelung einer weiteren Spezialität des Investmentrechts vor: das Ertragsausgleichsverfahren. Hiernach sollen die Vertragsbedingungen festlegen, inwieweit ausschüttende Fonds bei der Anteilausgabe diejenigen Teile des zu leistenden Entgelts bei der folgenden Ausschüttung selbst als "Ertrag" und ausschüttungsflihig behandeln, die auf seit dem vorangegangenen Ausschüttungstennin aufgelaufene Ergebnisteile entfallen. Beispiel 17 Zu Periodenbeginn betrage der Anteilwert eines Fonds 100 GE bei einem Volumen von 100 Mio. GE. Im Laufe der Periode steige der Fondswert ergebnisbedingt um 10 Mio. GE, der Anteilwert auf 110 GE. Ausschüttungsfliliig sei ein Betrag von insgesamt 6 Mio. GE. Unmittelbar vor dem Stichtag der Ausschüttung fUhre nun ein Anleger neues Kapital von II Mio. GE hinzu. Die vorgesehene Ausschüttung von 6 Mio. GE wäre nunmehr auf 1,1 Mio. Anteile zu verteilen, die zwar vor Auskehrung je 110 GE wert sind, ausschüttungsfliliig wären aber pro Anteil nur etwa 5,45 GE. Jeweils lOGE des Ausgabepreises könnten jedoch als Entgelt fUr aufgelaufene Ergebnisse und davon 6 GE selbst als ausschüttungsfliliig interpretiert werden; bei einer

449 Bis 1979 ließ § 57 (3) AktG a.F. bei Dividendenzahlungen im Zusammenhang mit NeugrUndungen auch KapitalrUckzahlungen begrenzt zu. Vgl. sehr ausfUhrlich Bals, W. (1994), S. 91; Laux, M.lOhl, K. (1988), S. 113. 450 Vgl. Bals, W. (1994), S. 93 ff, 91; unklar bleibt, weswegen und wo er die Bauzinsen "aktivieren" will. 451 Vgl. Laux, M.lOhl, K. (1988), S. 96. 452 V gl. auch Bals, W. (1994), S. 92. 453 Vgl. Päsler, R. (1991), S. 207.

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C. Analytischer Teil

Auskehrung von 6,6 Mio. GE wäre pro Anteil wieder ein Zufluß von 6 GE erreicht. Bei einem Fondswert von 114,4 Mio. GE unmittelbar nach Ausschüttung beträgt der Anteilwert 104 GE.

Da alle Anteile gleich ausgestaltet sind, ist der neu ausgegebene Anteil sofort ergebnisberechtigt. Jede zusätzliche Anteilausgabe vermindert rechnerisch den auf einen Anteilschein möglichen Ausschüttungsbetrag. Entsprechend muß jede Anteilrückgabe diesen erhöhen. Da eine Ergebnisabschichtung nach innerperiodischen Ein- und Austrittszeitpunkten nicht stattfindet, ändert sich das Ausschüttungspotential pro Anteil, ohne aber das anteilige Vermögen der Anteil inhaber insgesamt zu berühren. Der positive Ertragsausgleich bezweckt, das neu zugeflossene Kapital so "umzupoolen", daß die ursprüngliche "Ausschüttungsrendite" erhalten bleibt. Da eine Trennung zwischen Kapitalanteil und Ergebnisanteil aber im übrigen nicht erfolgt, scheint es nicht zwingend, hierin eine "Substanzausschüttung" zu sehen454 • Der Ertragsausgleich bildet eine eigenständige Ertragsposition der Ausschüttungsbemessungsgrundlage 455 , sein Anteil an den jährlichen Bruttoeinnahmen soll durchschnittlich bis zu 5,4% betragen haben 456 • Der Betrag ist jedoch aufzuteilen: nach § 10 Nr.l BVB ist das auf laufende Überschüsse entfallende Entgelt grundsätzlich, das nach § 10 Nr.3 BVB auf Veräußerungsgewinne entfallende dagegen nur wahlweise auszuschütten. Noch eher als im Fall innerperiodischer Eintritte könnte man das Umpoolungsverfahren bei Austritten erforderlich halten: das Ausschüttungsvolumen der Periode bliebe unberührt, obwohl durch Kapitalrückzahlungen bei Anteilrückgaben aufgelaufene Periodenergebnisse "mitgenommen" werden. Dennoch wird nicht deutlich, ob die Fondsleitungen einen "negativen Ertragsausgleich" mit einer entsprechenden Verringerung des ausschüttungsfiihigen Betrags parallel durchfilhren 457 • Dies geht auch nicht aus den Vertragsbedingungen hervor.

Vgl. o. V.llnvestment-Handbuch (1995),Rz. 2 "nach § 15 KAGG". Vgl. Laux, M/Ohl, K. (1988), S. 96. 456 Vgl. die Aufstellung bei Bals, W. (1994), S. 85 für die Jahre 1973-80, in den Folgejahren wurden die Beträge nicht mehr in den Rechenschaftsberichten ausgewiesen. 457 o. V.llnvestment-Handbuch (1995), Rz. 4 nach § 15 KAGG zufolge existieren noch Unsicherheiten über die Zulässigkeit; Laux, M./Ohl, K. (1988), betrachten den Ausgleich im Rahmen der Ausschüttungsregelungen grundsätzlich nur rur Eintritte; Bals, W. (1994), S. 85 zufolge können bei einigen Fonds auch negative Ertragsausgleichssalden entstehen. 454

455

11. Untemehmungsregeln zur planmäßigen Zahlungsverteilung

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(3) Abtrennung der Ergebnisverwendung Grundsätzlich muß die nach dem "Willkürgrundsatz" ermittelte und durch Sonderpositionen veränderte Ausschüttungsbemessungsgrundlage in voller Höhe filr die Ausschüttung verwendet werden. Die Vertragsbedingungen sehen aber auch darüber hinaus noch eine zeitliche Abtrennung der Ergebnisverwendung von dem der Höhe nach ermittelten Ergebnis vor: Durch § 10 Nr. 4 BVB wird die KAG zum zeitlich unbegrenzten Vortrag der zur Ausschüttung bestimmten Beträge ermächtigt. Die Regelung wird von der Aufsichtsbehörde nicht beanstandet; sie ftlhrt aus: "Das BAK[red] möchte hiermit sicherstellen, daß die InvestmentGesellschaft nicht gezwungen ist, alle ordentlichen Erträge auszuschütten, wenn die Entwicklung der Anteilpreise dies nicht zuläßt"458. Zwar sinkt der Anteilwert proportional mit dem Ausschüttungsbetrag, einen bestimmten Handlungsauftrag zur Interessenabwägung durch die KAG enthält die Regelungjedoch nicht. Der Ermessensspielraum der Fondsleitung erstreckt sich grundsätzlich auf das Periodenergebnis in voller Höhe. Eine Einschränkung erfolgt im Zeitablauf lediglich dadurch, daß der Ergebnisvortrag insgesamt einen privatrechtlich bestimmten Anteil am Sondervermögen nicht überschreiten darf. In einem solchen Fall ist offenbar eine "Zwangsausschüttung" vorzunehmen. Das BAKred hält die Regelung eines Vortrags bis maximal 150/0 des Sondervermögenswerts für zulässig459 . Die Vertragsbedingungen bei Grundstücksfonds sehen in der Regel einen Betrag von 10% vor460 .

(4) Ausschüttungsregelung und finanzielle Zielsetzung der Fondsleitung An den Ausschüttungsregeln bei Grundstücks-Sondervermögen lassen sich keine deutlichen Konturen einer typisiert-eigentümerorientierten finanziellen Zielsetzung der Untemehmungsleitung erkennen. Zunächst scheint der Grundsatz der Vollausschüttung zu bestätigen, daß in den Ausschüttungsregelungen ein auszukehrender Betrag unmittelbar bestimmt wird. Dieser könnte sich filr ein Entnahmestreben der Kapitalgeber eignen, da

458 Muster-Vertragsbedingungen des Bundesverbandes Deutscher InvestmentGesellschaften filr Wertpapier-Sondervermögen, Anmerkung zu § 14 BVB, S. 13, mit Einfilgung. 459 Vgl. Muster-Vertragsbedingungen des Bundesverbandes Deutscher InvestmentGesellschaften filr Wertpapier-Sondervermögen, Anmerkung zu § 14 BVB, S. 12. 460 Vgl. Bals. W. (1994), S. 110.

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C. Analytischer Teil

Bedingungen aufgestellt werden, die wortwörtlich auf den Erhalt eines nicht näher bestimmten Fondsvermögens ausgerichtet sind. Die mangelnde Bestimmtheit läßt sich auch an den fi1r eine Erhaltungsrechnung erforderlichen investmentrechtlichen Bestands- und Stromgrößen erkennen, die keiner einheitlichen Definition folgen. Statt dessen erlaubt der "Grundsatz der WillkUrhaftigkeit von Ausschüttungen" zusammen mit dem zeitlich unbegrenzte Ergebnisvortrag, die sich nicht über Erhaltungsrechnungen begründen lassen, die entnahmeorientierte Sichtweise zu verlassen. Im Verbund mit Regelungen, die eine Ausdehnung der den Erhaltungsregeln folgenden Ausschüttungsgrundlage bewirken, erweitert sich der Spielraum der Fondsleitung zur Festlegung des Auskehrungsumfangs. Hierin könnte man die Chance erblicken, die Fondsleitung zur Vermögensmaximierung eines typisierten Anteilinhabers zu verpflichten. Hierfür müßten allerdings Indizien sprechen, die erkennen lassen, daß die Fondsleitung auch die Vorteilhaftigkeit unternehmungsexterner Kapitalanlagen prüft. Diese Voraussetzung läßt sich auch nicht ftlr die vereinfacht abgeleitete Zielsetzung der Anteilwert- bzw. "shareholder-value"-Maximierung umgehen: erforderlich wäre eine Bewertung der Anteile "aus Sicht des Kapitalmarkts", eine typisierte direkte Anteilbewertung, die ähnlich börsengehandelter Wertpapiere ihre Vorteilhaftigkeit im Marktzusammenhang widerspiegelt. Statt dessen zeigt sich eine Ausrichtung der Investmentfondsleitungen an der Anteilwert-"Performance". Diese Maßgröße für den Anlageerfolg einer KAG wird in Deutschland nach einer dominanten Konvention ermittelt461 : Sie erfaßt die Wertveränderung eines Anteilscheins im Zeitablauf unter der einheitlichen Annahme, die auf diesen entfallenden Ausschüttungen würden sofort im Fonds reinvestiert, Ausschüttungsprämien nicht existieren. Hieraus wird eine auf Jahres beträge bezogene interne Verzinsung bestimmt. Maßgebend für diese Berechnung ist das dargestellte KAGG-Verfahren zur indirekten Anteilwertermittlung. Es handelt sich daher nicht um einen "shareholder-value" im Sinne der Vermögensmaximierung der Anteilseigner, der alternative unternehmungsexterne Anlagen des Anteilgegenwerts prüft 462 • Im Hinblick auf diese Anlageerfolgsgröße definieren die Fondsleitungen ihre Anlagepolitik; daher wird auch von einem "Performance-Kult" gesprochen463 • Im Gegensatz zu anderen Fondstypen soll bei Grundstücks-Sondervermögen 461 Die Marktregel wird vom Bundesverband Deutscher Investment-Gesellschaften e.V. als "BVI-Methode" vertreten, vgl. im folgenden o. V/Investment (1992), S. 60 - 63 und Schreiben des Bundesverbands Deutscher Investment-Gesellschaften e.V. vom 25.4.1973, S.2. 462 Überlegungen zu alternativen Maßgrößen bei Büschgen. H. (1971), S. 108. 463 Vgl. Büschgen. H. (1971), S. 76 tT.

11. Unternehmungsregeln zur planmäßigen Zahlungsverteilung

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aber anstelle starker Anteilwertzuwächse eher eine möglichst kontinuierliche Wertentwicklung erzielt werden: die Volatilität als jährliche Standardabweichung der Anteilwertentwicklung soll gering gehalten werden 464 , ein "Performance-Korridor"465 wird anvisiert. Obwohl die Höhe einer Ausschüttung unmittelbar Einfluß auf den Anteilwert hat, wird dieser in der Performancerechnung wegen der vollständigen Wiederanlageannahme neutralisiert. Die Ausschüttungshöhe ist damit von der Zielgröße losgelöst. Gleichzeitig haben die Grundstücksfonds-Leitungen bislang auf eine Verstetigung ihrer Ausschüttungen geachtet466 : dies ist jedoch im Ergebnis Ausdruck einer Vermögensmaximierung der Unternehmung, unter einer Nebenbedingung, die hier lediglich den Charakter einer Selbstbindung hat467 . Die Ausschüttungsregelung des KAGG bestimmt oder verlangt von den Fondsleitungen entgegen ihrem Wortlaut somit effektiv keine FestIegung ihrer Ausschüttungspolitik. Aus Sicht der KAG wird hiermit "alles offen gehalten". (5) Überlegungen zu Planbarkeitsfolgen der Ausschüttungsregelung bei den Kapitalgebern

Der Kalkül des kapitaltheoretischen Gewinns wurde zwar als Bezugsmodell zur Ermittlung von Entscheidungswirkungen bei den Kapitalgebern und zur Regelung eines möglichen Interessengegensatzes verworfen, hierin wird jedoch zumindest ein Zusammenhang zwischen Ausschüttungsbemessung, Vermögensbestand der Unternehmung und Vorteilhaftigkeit aus Sicht der Kapitalgeber hergestellt. Dies führt jenseits idealtypischer Ausschüttungsregelungen zu der Frage zurück, inwieweit die Ausschüttungspolitik der Beauftragten im "Interesse der Kapitalgeber" ist und bei diesen die Vorteilhaftigkeit der Kapitalüberlassung beeinflußt. Hier erscheint es vorschnell, lediglich darauf hinzuweisen, daß die Unternehmungsleitungen Präferenzen typisieren müssen und daß

464 Zur Ermittlung vgl. o.v./lnvestment (1992), S. 62; dort ergibt sich auf S. 61 filr Immobilienfonds zwischen 1981 und 91 eine jährliche Standardabweichung von 1% gegenüber bestimmten Aktienfonds von 17% und bestimmten Rentenfonds von etwa 3,5%. 465 Vgl. z.B. Süberling. G. (1988), S. 386: zwischen 5 und 9% Anteilwertsteigerung jährlich. 466 Vgl. Bals. W (1994), S. 52 tT., 111. Seiner Untersuchung nach konzentrierte sich die Ausschüttungsquote eines bereits um Substanzerhaltungspositionen modifizierten und vermutlich nicht einheitlich definierten Ertragsüberschusses der GrundstücksSondervermögen zwischen 1973 und 90 auf durchschnittlich knapp 79%; entsprechend geringer flUlt die Quote zum unmodifizierten Zahlungssaldo aus. Nicht signifikante Schwankungen filhrten zu Spitzen bei etwa 40 und 120% der Bezugsgröße. 467 Ähnlich Schneider. D. (l968a), S. 728.

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C. Analytischer Teil

Entscheidungswirkungen bei den Kapitalgebern nicht meßbar sind: es ist vielmehr zusätzlich zu prüfen, inwieweit die Kapitalgeber durch Anteilaufnahmen und -aufgaben eine Resubjektivierung der Ausschüttungsreihen vornehmen können. Bei den Investment-Sondervermögen können nicht erwünschte Fondswertänderungen oder Ausschüttungsverläufe grundsätzlich jederzeit durch Anteilaufnahmen oder -aufgaben kompensiert werden. Diese Möglichkeit zur Präferenzenanpassung wird sogar institutionalisiert: Soweit fiir die Anteilinhaber ein Investmentkonto gefilhrt wird, bietet die KAG eine Feinabstimmung der Einkommenströme an; hierzu gehört üblicherweise die Vereinbarung, fiir Ausschüttungsbeträge unverzüglich neue Anteile zu erwerben 468 • Eine Substitutionalität von Thesaurierung durch Ausschüttung und Wiederanlage könnte aber durch die Erhebung des Ausgabeaufschlags verhindert werden. Bei der unmittelbaren Reinvestition über Investmentkonten erlassen die Fondsleitungen aber in der Regel den Ausgabeaufschlag469 • Eine Entscheidungswirkung ergibt sich daher nur bei der Eigen- oder Fremddepotverwahrung von Investmentanteilen. Hierdurch erhoffen die KAGen vermutlich eine Kapitallenkung zur verbundenen Depotbank und den Auftrag zur Führung eines Investmentkontos, das zum Teil kostenlos gefilhrt wird, aber den Abschluß von Zusatzleistungen erleichtert, etwa die Durchfilhrung von Sparprogrammen. In der Literatur wird behauptet, die Anteilbewertung verhalte sich neutral auf die Substituierbarkeit von Ausschüttungsentscheidungen 470 . Dies ist aber keineswegs offensichtlich. Es stellt sich die Frage, ob die Präferenzenanpassung auch bei der oben471 behaupteten Verteilungsfolge der Anteilbewertungskonzeption möglich ist. Die erforderliche Reinvestion subjektiv zu hoher Ausschüttungen könnte zu einer Vorteilhaftigkeitswirkung filhren.

Beispie/18 In Anknüpfung an Beispiel 14472 , Fall 1, gelte für einen Fonds die Ausschüttung des Periodenergebnisses am Periodenende als vereinbart. Dies entspricht in t l einer Zahlung von knapp 29,53 GE an A. Der Fondswert beträgt nun gut 91,19 GE. Unmittelbar anschließend, zu Beginn von Periode 2, wolle A diesen Betrag reinvestieren und B wie im Ausgangsbeispiel zusätzlich 100 GE zuführen. Der Fondswert steigt auf 220,73 GE. Bei einem Anteilwert von 91,19 GE hält A nun etwa 1,324 Anteile, B etwa 1,097 bei insgesamt 2,421 Anteilen 473 • Gegenüber dem Ausgangsbeispiel ist die Vgl. o. V./Investment (1992), S. 38. Vgl. z.B. Laux, M/Ohl, K. (1988), S.97; Schreiben des Bundesverbands Deutscher Investment-Gesellschaften e.V. vom 25.4.1973, S.2 Nr.3. 470 Vgl. Päsler, R. (1991), S. 47 f.; Laux, M./Ohl, K. (1988), S. 97. 471 V gl. Punkt C.II.l.f)(2)(b). 472 Vgl. S. 135. 473 Für A: 1+29,53 GE/91, 19 GE.. 1,324; für B: 100 GE/91, 19 GE.. 1,097 Anteile. 468 469

II. Unternehmungsregeln zur planmäßigen Zahlungsverteilung

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Anzahl umlaufender Anteile im gleichen Zeitpunkt höher, der Anteilwert geringer. Eine Veränderung der Anteilverhältnisse ist hingegen nicht eingetreten: AA"" 54,7%, AB unverändert "" 45,3%474. Wenn sich allein durch Ausschüttung und Reinvestition realisierter Periodenergebnisse die Anteilverhältnisse in der Modellrechnung nicht ändern, kann dies zwar als Beleg rur die Austauschbarkeit der Ausschüttungsregelung angesehen werden; andererseits läßt sich aber das oben behauptete Verteilungsproblem der Eintrittsbewertung beim zweiseitig offenen Fonds nicht allein durch Ausschüttungen beseitigen.

c) Vergleich marktprozeßorientierter und neoinstitutionalistischer Analyseergebnisse Die Analyse der Ausschüttungskonzeption bei Bals erfolgt außerhalb seines finanzierungstheoretischen Arbeitsteils überwiegend deskriptiv als "Problematik der Erfolgsennittlung und des Erfolgsausweises" und ohne deutlich herauszuheben, welche Rechnungslegungsaufgabe betrachtet werden so1l475. Hierbei werden fUr die Ausschüttungsregeln des Grundstücks-Sondervennögens verstreut verschiedene fmanzielle Zielsetzungen genannt476 , eine gegenüberstellende Würdigung und Einbettung denkbarer Konzeptionen erfolgt hingegen nicht. Bals neigt dazu, Rechnungslegungsregeln an die Fondsbewertungskonzeption anzuknüpfen477 , die erst später als kapitaltheoretische Bilanz konkretisiert wird. Gleichzeitig präferiert er in seinen AusfUhrungen schon sehr früh und ohne tiefere Diskussion die Vennögensmaximierung der Anteilseigner, da dies "eine den Interessen der Anleger konfonne Ausschüttungsstrategie"478 darstelle. Die hierin noch unausgesprochene neoinstitutionalistische Implikation offenbart sich schließlich in Verbindung mit dem von ihm erstellten kapitalmarkttheoretischen Modell: "Mit einer Politik der Anteilswertmaximierung wird die beste Ausgangssituation rur die individuelle Optimierung der Konsumpläne durch Anteilinhaber gegeben: Eine 'zu geringe' Ausschüttung kann durch Anteilscheinruckgaben kompensiert und mit durch eine 'zu hohe' Ausschüttung 'zuviel' zugeflossenen Mitteln können weitere Anteilscheine erworben werden,,479.

474 AA = 111,8283"" 1,324/2,421; BB = 0,8283/1,8283"" 1,097/2,421. 475 Vgl. Balso W. (1994), S. 75 ff. 476 Vgl. Balso W. (1994), S. Ill. 477 Vgl. Balso W. (1994), S. 108 ff., 265 ff. 478 Vgl. Balso W. (1994), S. 158. 479 Vgl. Ba/so W. (1994), S. 268.

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C. Analytischer Teil

An diesem Ergebnis ist zu kritisieren: •

Grundsätzlich ist die Anteilwertmaximierung nur unter den Bedingungen eines vollkommenen Kapitalmarkts gleichzeitig im Interesse aller Marktteilnehmer; dies gilt auch fiir alle anderen Konzeptionen. Liegen diese Bedingungen nicht vor, müssen filr die Anteilwertmaximierung typisierte Präferenzen und Entscheidungsfelder verwendet werden. Für diesen Fall läßt sich aber nicht allgemeingültig aussagen, ob die tUr eine individuelle Optimierung der Konsumpläne beste Ausgangssituation im Vergleich zu alternativen Ausschüttungskonzeptionen tatsächlich erreicht wurde. Dies fUhrt zu dem Verdacht, daß die Anteilwertmaximierung vor allem als "Rechtfertigung branchenüblicher Ausschüttungen" beliebt ist480 und Unternehmungsleitungen dazu verftlhrt, eigene fmanzielle Ziele zu verfolgen. Die Fondsleitungen verfolgen nachweislich keine Anteilwertmaximierung im finanzierungstheoretischen Sinne.



Die Möglichkeit zur individuellen Anpassung der Einkommenströme ist bei zweiseitig offenen Fonds gleichwohl filr alle Ausschüttungskonzeptionen gegeben. Zusätzliche Entscheidungs- und Verteilungsfolgen scheinen bei Ausklammerung von Steuerwirkungen nicht aufzutreten. Wird dieses Ergebnis als zutreffend angesehen, drängt sich die Frage auf, weshalb überhaupt bürokratiestiftende Ausschüttungsregelungen gesucht und entworfen werden. Als gängige Rechtfertigung dient die Behauptung, Investmentsparer würden zur Deckung ihres Lebensunterhalts auf Ausschüttungen Wert legen481 • Präferenzgerechte Auszahlungsreihen ließen sich aber statt dessen besser durch planmäßige Anteilrückgaben in einzelvereinbarten Sparprogrammen mit der KAG erreichen482 •

Gegenüber Anteilen an Publikumsunternehmungen, die an einer Börse gehandelt werden, ist die Planbarkeit der Ausschüttungsregelung bei Investmentfonds grundsätzlich erhöht: Der Wert eines Investmentanteils verändert sich infolge der Bewertungskonzeption exakt um die Höhe realisierter Überschüsse, soweit diese die Ausschüttungsbemessungsgrundlage bilden; Verhaltensannahmen über Marktteilnehmer sind zur Prognose der Wertänderung nicht erforderlich483 • Vgl. Jaensch, G. (1995), S. 343, zum "Shareholder Value-Konzept". Vgl. z.B. Päsler, R. (1991), S.47; Law:, MtOhl, K. (1988), S.97. Letztere behaupten zudem, durch eine Wiederanlage könnte ein Kumulativeffekt an zukünftigen Ergebnissen erreicht werden. Hier erfolgt offenbar ein sinnwidriger Vergleich eines konsumierenden mit einem reinvestierenden Anteilseigner. 482 Zu verschiedenen Varianten von Auszahlungsplänen vgl. Päsler, R. (I 99\), S. 75 ff. 483 Zu den Schwierigkeiten der modellhaften Verhaltensbestimmung von Marktteilnehmern am börslichen Kapitalmarkt vgl. Schneider, D. (1992), S. 568 ff. 480

481

11. Unternehmungsregeln zur planmäßigen Zahlungsverteilung

171

Im Gegensatz zur Ergebnisennittlungs- und -verwendungsregelung bei Kapitalgesellschaften, die Schneider immer wieder als ordnungspolitisches Problem stilisiert484 und unter dem Aspekt der Verteilungs-, besser: der Tauschgerechtigkeit diskutiert485 , kann im Verhältnis von Ausschüttungs- und Bewertungsregelung bei Investmentfonds bis hierher keine Beeinträchtigung der Kapitallenkung nach den Plänen der Anspruchinhaber entdeckt werden. Fraglich bleibt nur, weswegen KAGG und Vertragsbedingungen Ausschüttungsregeln enthalten, denen die Fondsleitungen im Ergebnis nicht folgen und derer die Anteilinhaber offensichtlich nicht bedürfen.

3. Besteuerung a) Steuerneutralität

Als Grundlage ökonomischer Analysen des Steuerrechts dienen häufig Modellüberlegungen zur "Steuerneutralität"486. Anhand einer modellhaften "Einflußlosigkeit des Steuerrechts" soll die vennutete Aneutralität geltender oder geplanter Steuerrechtsregelungen nachgewiesen werden, etwa im Hinblick auf ihre Entscheidungswirkungen; sie dient aber auch zur Diskussion möglicher Verteilungsfolgen, als Problem der "Gleichmäßigkeit der Besteuerung"487. Im folgenden sollen zunächst Modellrahmen und Untersuchungsbedingungen zur Analyse von Entscheidungswirkungen erörtert und ein Untersuchungsinstrumentarium ausgewählt werden. Mit diesen Überlegungen soll schließlich die "Tauschgerechtigkeit des Steuerrechts" im Hinblick auf Entscheidungs- und Verteilungsfolgen fonnuliert werden. (1) Bemessungsgrundlagen entscheidungsneutraler Modellsteuern in der Diskussion Die Suche nach entscheidungsneutralen Modellsteuern verweist auf die Zielgrößen der Kapitalmarktteilnehmer: "Wenn Steuerzahlungen ausschließlich und unverzüglich aus der finanziellen Zielgröße des Entscheidenden erfolgen, dann können bei vernünftigem Handeln die Steuerzahlungen auf die Entscheidung keinen Einfluß nehmen"488. Bei einer solchen Bemessungsgrundlage ist 484 Vgl. Schneider, D. (1992), S. 641 f. 485 Vgl. Schneider, D. (1997), S. 110,335. 486 Vgl. ausführlich: Elschen, R./Hüchtebrock, M (1983); Elschen, R. (1991). 487 Vgl. Wagner, F. (1992); Elschen. R./Hüchtebrock, M. (1983), S. 261 f. 488 Schneider, D. (1992), S. 206, im Original hervorgehoben, m.w.N.

C. Analytischer Teil

172

die Suche nach Ausweichhandlungen zur Minderung der Steuerlast unvernünftig, weil sich hierdurch gleichzeitig der Zielerreichungsgrad verschlechtert489 • Die Eigenschaften entscheidungsneutraler Steuersysteme werden in der Diskussion in Teilaspekte aufgespalten, im Rahmen der planmäßigen Zahlungsverteilung unter anderem in die Merkmale 490 •

Investitionsneutralität, als Eigenschaft, etwa die Rangordnung der Vorteilhaftigkeit ausgewählter Handlungsmöglichkeiten nicht zu verändern 491 ;



Konsumneutralität, bei der die im Kalkulationszinsfuß repräsentierte finanzielle Präferenz eines Marktteilnehmers durch Steuerpflichten systematisch nicht beeinflußt wird492 ;



Kapitalkostenneutralität, als Eigenschaft von Steuersystemen, den Investitionsumfang durch Gewinnverwendungsentscheidungen der Unternehmung nicht zu verändern 493 •

Als Bemessungsgrundlage wählen die Modellsteuern in der Regel das "finanzielle Ergebnis" eines Steuerpflichtigen; im Hinblick auf geltende Steuersysterne wird aber auch die Besteuerung der Mittel und der Leistungen der Marktteilnehmer modelliert, die hier aber nur ergänzend dargestellt werden 494 • Eine Analyse von Entscheidungswirkungen erfolgt dabei stets als Grenzbetrachtung495 •

(a) Einkommensteuern

In der Diskussion um Modellsteuern auf das finanzielle Ergebnis eines Marktteilnehmers, die jeweils ein oder mehrere der Neutralitätskriterien erfilllen, haben sich im wesentlichen zwei Pole herausgebildet, die gelegentlich ge-

489 "Zielgrößenbesteuerung", vgl. Wagner. F.lSchwinger. R. (1991), S.496; eine "entscheidungsfixe Steuer" bleibt dagegen von vernünftigen Ausweichhandlungen gänzlich unberührt, etwa eine "Kopfsteuer"; kritisch: Schneider. D. (1997), S. 426 f. 490 Vgl. Schneider. D. (1992), S. 204 f., (1990), S. 450; Wagner. F.lWissel. H. (1995), S.66 f.; auch Siegel. T. (1991), S.522 tf.; ausfilhrlich Elschen. R.lHüchtebrock, M (1983), S. 257 ff. 491 Differenziert bei Schneider. D. (1992), S. 205. 492 Betrachtet wird die intertemporale Austauschrate "Konsum" gegenüber "Sparen", vgl. Wagner. F.lWissel. H. (1995), S. 66 f. 493 V gl. Schneider. D. (1992), S. 204, 205. 494 Vgl. Schneider. D. (1992), S. 175. 495 V gl. Schneider. D. (1992), S. 178.

H. Unternehmungsregeln zur planmäßigen Zahlungsverteilung

173

meinsam als "Einkommensteuern" bezeichnet werden 496 : die Cash-FlowSteuer497 und die Steuer auf den kapitaltheoretischen Gewinn 498 • Es lassen sich folgende Merkmale feststellen: Beide Modellsteuern gehen grundsätzlich von einem Zahlungssaldo aus, der aber modifiziert wird: die Cash-Flow-Steuer schließt in ihrer bekanntesten Ausprägung jegliche Kapitalzinsen aus der Bemessungsgrundlage aus 499 ; der kapitaltheoretische Gewinn korrigiert den Zahlungssaldo dagegen um die Änderung des Unternehmungsertragswerts der Vorperiode gegenüber der laufenden Periode. Die CashFlow-Steuer wird schon im Zeitpunkt 10 erhoben und fUhrt durch eine Anschaffungsausgabe unmittelbar zu einer Steuererstattung; die Steuer auf den kapitaltheoretischen Gewinn kann schon wegen der erforderlichen Berechnung einer Ertragswertdifferenz im folgenden Zeitpunkt I1 erstmals bemessen werden. Für beide Modellsteuersysteme müssen grundsätzlich die Bedingungen eines vollkommenen Kapitalmarkts gegeben sein 50o • Beispiel 19 Konsumsteuer und Einkommensteuerlast seien in Anknüpfung an die Zahlungsreihe des Beispiels 10 ermittelt. Es gelte bei einem Gleichgewichtszinssatz von i = 5% ein konstanter marginaler Steuersatz von s = 30%. Ausgehend vom Zahlungsstrom ZI werden die jeweiligen Bemessungsgrundlagen der Modellsteuern dargestellt: ZI als Cash-Flow bzw. ZI - EtwÜt rur den kapitaltheoretischen Gewinn. Mit der Steuerzahlungsreihe SI ergibt sich die Nettozahlungsreihe ZSI' Etws, stellt die NachsteuerErtragswerte der Zahlungsreihen dar, die bei der Cash-Flow-Steuer mit i berechnet werden, da Kapitalzinsen nicht steuerbar sind, bei der Steuer auf den kapitaltheoretischen Gewinn dagegen mit is = i * (1-s) = 3,5%.

496 Als gemeinsamer Oberbegriff bei Wagner, F./Wissel, H. (1995), dagegen "Konsum- vs. Einkommensteuer" bei Schwinger, R. (1994); Besteuerung des finanziellen Ergebnisses als Oberbegriff, Besteuerung des Einnahmenüberschusses vs. Besteuerung der Entnahmen rur die Modellbemessungsgrundlagen bei Elschen, R./Hüchtebrock. M. (1983), S. 268 ff. Die Variante der zinskorrigierten Einkommensteuer" wird im folgenden ausgeklammert, vgl. hierzu etwa Wagner, F./Wissel, H. (1995), S. 69 f. 497 Als Oberbegriff rur eine Vielzahl von Erhebungsvarianten vgl. Feldhoff, M. (1989); Schneider, D. (1987a), S. 442 f.; dagegen als Unternehmungsteuer gegenüber einer "Konsumsteuer" auf Haushaltsebene: Schwinger, R. (1992), S. 176 ff. 498 V gl. z.B. Kahle, H. (1995), auch als Steuer auf den "ökonomischen Gewinn" bezeichnet, vgl. etwa Haase, K. (1990); hierzu Schneider, D. (1992), S. 219. 499 "R-base-tax", vgl. Schwinger, R. (1992), S. 42, 47. 500 Vgl. Schneider, D. (1992), S. 206 - 212; im einzelnen vgl. unten, S. 180 f.

174

C. Analytischer Teil

Tabelle 18 Zahlungsreihen und Modell-Bemessungsgrundlagen des Beispiels 19 Zeitpunktt

Zt

1 0 -100,00 29,53 Cash-Flow-Steuer -100,00 29,53 30,00 -8,86 -70,00 20,67

2

3 29,53

69,53

29,53 -8,86

69,53 -20,86

20,67 80,48 63,84 46,35 Steuer auf den ka italtheoretischen Gewinn Etw\ 114,98 91,19 66,22 Etwät= Etw\.1-Etw\ -23,78 -24,97 5,75 BMGt = Zt-Etwät 4,56

48,67

BMGt=Zt St

ZSt

Etw5t

St

ZSt

Etw5t

-1,72 -100,00 114,98

0,00 -66,22

3,31

-1,37

-0,99

27,81

28,16

68,54

91,19

66,22

In den Modellen wird "Entscheidungsneutralität" durch eine Systematik zwischen Vor- und Nachsteuergrößen hergestellt: Soweit ftlr alle Handlungsmöglichkeiten die Vor- und Nachsteuerausprägung eines Entscheidungskriteriums in einem linearen oder einem anderen monoton-funktionalen Zusammenhang steht, kann es bei Auswahlentscheidungen nicht zu einer steuerbedingten Rangfolgeveränderung kommen: die Modellsteuem wahren Investitionsneutralität. Dies soll an den modellhaften Zielgrößen: Ertragswert Etwo , und der aus dem Verhältnis von Vermögensendwert und Anschaffungsausgabe ermittelten Rendite r dargestellt werden. Hierbei ist ftlr die Steuer auf den kapitaltheoretischen Gewinn zu beachten, daß sie rur alle Projekte mit r ;c i keine augenflillig lineare Beziehung zwischen der Vor- und Nachsteuerrendite herstelleo l • Ihre Herleitung ergibt sich erst aus dem Ansatz von König 502 ; zum Nachweis der Rangfolgestabilität sei auf den Anhang verwiesen 503 •

501 Vgl. Schneider, D. (1992), S.243, der von einem "Meßdilemma" spricht, weil "nach derzeitigem Wissensstand nur vor-quantitative Urteile über die Empfindlichkeit, mit denen sich Vor- und Nachsteuerrenditen bei Änderungen des Steuerrechts ... entwikkeln", möglich seien: Schreibweise wie im Original. 502 Vgl. Oldenburg, A. P998), S.42 ff.; König, R. (1997), S. 54 ff.: rs = (I+r)*[Is*i/( I +i)]-I, mit r = (V,./Zo) l/n)_I. 503 Vgl. Punkt 5.2.

11. Unternehmungsregeln zur planmäßigen Zahlungsverteilung

175

Fortführung von Beispie/19 In Tabelle 19 werden zunächst der Einfluß der Modellsteuer auf den Gleichgewichtszinssatz und auf die jeweiligen Projekt-Ertragswerte dargestellt. Der Vermögensendwert beträgt vor Steuern jeweils V3 = 133,10 GE, nach Steuern VS 3 = 93,17 GE bzw. 127,48 GE 504 . Hieraus läßt sich die Vorsteuerrendite r"" 10% und die Nachsteuerrendite rs = \0% bzw. 8,4% ermitteln. In der jeweils ersten Spalte ist das Verhältnis für die gerundeten Werte des Beispiels 19, in der folgenden Spalte formal dargestellt50S .

Tabelle 19 Vor- und Nachsteuergrößen der Modellsteuern in Beispiel 19 7/.1sa",reI'iU7J is'i Etv.sd~ rs/r

C:ish-AaNSte.s 1CU'1o =1 7(1'/0 - (1-5) 1CU'1o =1

Sta.eraicEn ~sctm GMim 7(1'10

1CU'1o

84%

= (1-5) -1 = (1+1/r)11-5*V(1-+i»)-1/r

Grundsätzlich erfolgt die Modifikation des Zahlungssaldos durch entscheidungsneutrale Modellsteuem nach einem einheitlichen Prinzip: der Barwert der Abschreibungsgegenwerte muß ein bestimmtes Verhältnis zur Differenz der Vor- und Nachsteuerkapitalwerte einer Steuer ohne Zahlungssaldomodifikation einhalten506 . Die Periodisierung der Investitionsausgaben erfolgt bei der Steuer auf den kapitaltheoretischen Gewinn im Beispiel nominal in Höhe der Ertragswertabschreibungen von 114,98 GE; es werden nominal Gegenwerte in Höhe des Ertragswerts von to gebildet. Die Steuerbemessungsgrundlage bildet nur der darüber hinausgehende nominale Teil der Zahlungssalden 507 . Bei der Cash-Flow-Steuer wird dagegen die Anschaffungsausgabe als negativer Bemessungsgrundlagenteil erfaßt und filhrt zu einer "Sofortabschreibung"508. Dies hat im Modell aber einen unangenehmen Nebeneffekt: es erfolgt keine voll-

504 (7,35 GE* 1,05 + 7,35 GE)* 1,05 + 77,35 GE"" 93,17 GE; (8,78 GE* 1,035 + 8,85 GE)* 1,035 + \08,92 GE"" 127,48 GE. 505 Bei der Steuer auf den kapitaltheoretischen Gewinn wurde der Zusammenhang rslr durch Umformung der Formel in Fn 502 gewonnen. 506 Hierzu sei auf die ausführliche Herleitung von König, R. (1997), S. 46 ff. verwiesen, der auch die Überleitung von Cash-Flow- und Steuer auf den kapitaltheoretischen Gewinn vornimmt; hieraus ergibt sich aber auch, daß die Barwertsummen der Abschreibungsbeträge nicht gleich hoch sind. 507 Da der Ertragswert sich aus den Zahlungssalden ableitet und bis zum Unternehmungsende erhalten werden soll, gilt: L Zt - Etwo = L BMG t = 128,59 GE - 114,98 GE "" 5,75 GE+ 4,56 GE+ 3,31 GE = 13,62 GE. 508 Zu der Bezeichnung z.B. Sigloch, J. (1987), S. 174.

176

C. Analytischer Teil

ständige Abbildung der Zahlungsströme, da in Höhe der Steuererstattung von So = 30 GE zusätzliche Investitionen möglich sind; dieser Effekt wiederholt sich und das Investitionsvolumen steigt auf Zr/O-s) z 143 Gp09. Die Vorteilhaftigkeitsziffem sind daher nicht mehr ohne weitere Annahmen mit denen der Steuer auf den kapitaItheoretischen Gewinn vergleichbar5lO • Gegen die Cash-F1ow-Steuer wird daher geltend gemacht, sie könne keine Investitionsneutralität im Hinblick auf den Investitionsumfang gewährleisten 511 . Einer Steuer auf den kapitaItheoretischen Gewinn wird entgegengehalten, sie könne keine Konsumneutralität gewährleisten, da die Modifizierung des Kalkulationszinsfußes zugleich eine Veränderung der finanziellen Präferenz des Entscheidungsträgers bewirkt512 • Eine weitere Bewertung dieser Argumente kann hier nicht erfolgen; eine Einschätzung fllllt schon deswegen schwer, da beide Modelle nur unter den kaum faßbaren Bedingungen eines Kapitalmarkts im Gleichgewicht gelten. Um so erstaunlicher ist, daß die Diskussion häufig von der Zielsetzung geleitet wird, entscheidungsneutrale Modellsteuersysteme in den Marktprozeß übertragen zu wollen 5l3 , hierzu zählen auch die Überlegungen zu "allokationseffizienten" Steuersystemen in den Finanzwissenschaften 514 • Die Modellsteuer auf den kapitaltheoretischen Gewinn ist offensichtlich einer unmittelbar praktischen Umsetzung nicht zugänglich, da eine verfahrensrechtliche Regelung zur Ermittlung der Periodisierungsbeträge kaum vorstellbar ist 515 ; aber auch bei Varianten der Cash-Flow-Besteuerung ergäben sich Probleme bei der Sicherung des Besteuerungsanspruchs 516 • Allen bekannten Modellsteuersystemen ist darüber hinaus gemeinsam, daß sie nur unter den Bedingungen eines vollkommenen Kapitalmarkts Entscheidungsneutralität wahren können 5l7 •

V gl. ausfilhrlich Schneider. D. (1989b), S. 318 tT. Erforderlich wäre bei der Cash-Flow-Steuer unter anderem die Annahme, das Zusatzkapital filhre zu keiner Änderung der gesamten Durchschnittsverzinsung. 511 Vgl. Schneider. D. (1989b), S. 319. 512 Vgl. z.B. Wagner. F./Schwinger. R. (1991), S. 497; Wagner. F.lWissel. H (1995); differenziert: Siegel. T. (1991), S. 523, 526. Das Argument scheint fragwürdig, da es als Bezugspunkt eine Welt "ohne Steuern" oder mit einem Cash-Flow-System wählt. 513 So etwa bei Wagner. F.lWissel. H (1995); Schwinger. R. (1992), z.B. S. 341 ff. Hierin könnte man einen neoinstitutionalistischen Zweig der Steuerlehre sehen. 514 "Theorie der optimalen Besteuerung", vgl. Elschen. R. (1984), S. 279 ff. 515 Vgl. Sigloch. J. (1987), S. 174; Haase. K. (1990). 516 Vgl. Wagner. F.lWissel. H (1995), S. 69 f. 517 Dies gilt aber auch filr die "zinskorrigierte Besteuerung", auf der das ab 1994 geltende Steuersystem Kroatiens beruht, vgl. Wagner. F.lWissel. H (1995), S. 70; Schneider. D. (1989a), S. 24 ff. 509 510

11. Untemehmungsregeln zur planmäßigen Zahlungsverteilung

177

Als Ausgangs- und Bezugspunkt einer marktprozeßorientierten öAR scheint die Auswahl eines Modellsteuersystems eher eine "Geschmacksfrage" zu sein 5l8 • Im folgenden soll die Steuer auf den kapitaltheoretischen Gewinn ausgewählt werden. Hierfilr sprechen die folgenden Argumente: •

Die Bemessungsgrundlage dieser Modellsteuer ist materiell geltenden Ertragsteuersystemen ähnlicher, da der kapitaltheoretische Gewinn Kapitalzinsen berücksichtigt und eine Abschreibungsreihe gebildet wird.



Der steuermodifizierte Kalkulationszinsfuß kommt ungeachtet seiner modelltheoretischen Voraussetzungen häufig in der Steuerplanung zur Anwendung 5I9 • Diese Vereinfachung ist aber nur dann zutreffend, wenn ein reales Steuersystem zu Bemessungsgrundlagen fUhrt, die mit dem kapitaltheoretischen Gewinn übereinstimmen: dies ist der Fall, wenn der Kalkulationszinsfuß die Verzinsung einer Gleichgewichts-Kontoanlage angibt, deren Rückzahlungs- dem Anlagebetrag entspricht. Der Ertragswert bleibt dann zwischenzeitlich in jeder Periode konstant, die Bemessungsgrundlage entspricht jeweils der Zinszahlung520 •



Die Weiterentwicklung filr den Renditezusammenhang bei Handlungsmöglichkeiten mit r ~ i reicht über den von Schneider521 konstatierten" Wissensstand" hinaus. Eine erstmalige Anwendung erscheint deshalb interessant.

(b) Andere Bemessungsgrund/agen

In Analogie zur Modelleinkommensteuer auf den kapitaltheoretischen Gewinn wird auch eine Modellsubstanzsteuer auf den Ertragswert einer Handlungsmöglichkeit hergeleitet: hieraus wird die Substanzsteuermodifikation des Kalkulationszinsfußes in der Kapitalwertrechnung von is = i -s gerechtfertigt522 • Beispie/20 Die Darstellung in Tabelle 20 ergibt sich aus s = 1%, i = 5% und is = 5% - 1%= 4%.

518 Vgl. aber König. R. (1997), S.62, der die Auswahl filr Fragestellungen der öAR zunächst von einer "Einigung über die 'richtige' Zielgröße der Besteuerung" abhängig machen will. 519 Vgl. Z. B. ausfilhrlich Georgi. A. (1994); Wagner. F./Dirrigl. H. (1980), S. I3 ff., 23 ff. 520 Vgl. hierzu auch unten Punkt C.II.3.d)(1)(d). 521 Vgl. S. 173, Fn 501. 522 Vgl. Wagner. F./Dirrigl. H. (1980), S. 63 ff.; EIsehen. R./Hüchtebrock, M (1983), S.274. 12 Oldenburg

C. Analytischer Teil

178

Tabelle 20

Zahlungsreihen einer Modellsteuer auf den Ertragswert523 Zeitpunkt t

Zt

=ElWt-1

--_ ....BMGt --- ... --

St -----Zst---ElWSt

0 -100,00

r _).!~~~__ -100,00 114,98

1

2 : 29,53 ~ ____9~-'-~ __ ~ __~~_-+,

29,53

-1,15 28,38 91,19

-0,91 28,62 66,22

I

i i

__

3 69,53 O,OO __ -0,66 68,87 0,00

Die dargestellte Modifikation des Kalkulationszinsfußes führt aber offenbar bei einer Steuer auf den Ertragswert in einen logischen Widerspruch, wenn gleichzeitig eine Kürzung der Zählergrößen um Substanzsteuerzahlungen erfolgt524. Wegen dieses Einwands, aber auch wegen des schwindenden materiellen Einflusses von Substanzsteuerzahlungen ist die Modifikation schon im Rahmen der Steuerplanung umstritten 525 • Von einer Berücksichtigung in der öAR soll im folgenden Abstand genommen werden. Auch Wirkungen indirekter Steuern könnten modelliert werden. Hierbei stünde aber eine Fragestellung im Vordergrund, die bei den übrigen Modellsteuern stillschweigend ausgeblendet wird: mögliche Wirkungen von Steuerlasten auf Angebots- und Nachfragepreise im Marktprozeß, ihre Überwälzung526 . Hierfür müßte das Verhalten von Kapitalmarktteilnehmern modelliert werden, was in der folgenden Untersuchung aber ausgeklammert wird.

(2) Ableitung von Entscheidungswirkungen im Bezugsmodell der Steuer auf den kapitaltheoretischen Gewinn

In der ökonomischen Analyse des Steuerrechts wird unter anderem angestrebt, den Einfluß von Steuerrechtsnormen auf die Vorteilhaftigkeit von Handlungsmöglichkeiten zu beziffern. Dies kann elegant durch die Ermittlung

523 Die Ertragswerte nach Steuern errechnen sich durch Diskontierung der Nachsteuerzahlungsreihe mit iso 524 Unter anderem sollen sich in vollständigen Finanzplänen die "Ertragseinheitswerte" der zu prüfenden und der Vergleichsalternative saldieren, vgl. ausführlich Schneider, D. (1988), S. 289; Schneider, D. (1992), S. 315 fT.; gleicher Vorwurf bei Blohm, H.ILüder, K. (1988), S. 133 f. 525 Vgl. schon Mellwig, W (1985), S. 177 ff. 526 Vgl. Schneider, D. (1982); Schneider, D. (1994), S. 58 ff.

11. Unternehmungsregeln zur planmäßigen Zahlungsverteilung

179

effektiver Steuersätze erfolgen 527, die im Vergleich zu nominalen, rechtlichen Steuersätzen auch Einflüsse der Steuerbemessungsgrundlage und von Zinseffekten erfassen sollenS28 • Das Bezugsmodell einer Steuer auf den kapitaltheoretischen Gewinn liefert hierftir das Wissen über die modellhaften Zusammenhänge von Vorsteuer- und Nachsteuerzielgrößen529 • Hieraus muß eine Zielgröße ausgewählt werden, die einen unmittelbaren Zusammenhang zum Steuersatz herstellen kann: geeignet ist die qualifizierte interne Rendite, die nunmehr auch fiir vorteilhafte und unvorteilhafte Handlungsmöglichkeiten systematisch ermittelt werden kann 530 ; Kapital- bzw. Ertragswerte scheiden aus, weil sie im Bezugsmodell vom Steuersatz unabhängig sind. In einer Marginalanalyse kann nun filr den Ausschnitt zu untersuchender Steuerrechtsetzungen aus vorgegebenen Vorsteuerrenditen und ermittelten Nachsteuerrenditen ein effektiver Grenzsteuersatz errechnet werden 531 • Formel 9: Maßgrößen zur Analyse von Entscheidungswirkungen Aus rs

S*i) -I, mit = (1 + r) *( 1- --. 1+1

Endvermägen

r=

_ 1 532

Anfangsvermägen

läßt sich der effektive Grenzsteuersatz durch einfache Umformung erhalten:

s

ei!

(r-rs)*(1+i) = -'---,--....!.-.,-'-_.!.. (1 +r) * i r-rs

Nur filr i = r gilt: rs = r* (J -s) ~ sei! = - - . Aus der Mindestrenditeerhöhung533 r mei! = 1

sei! - sei!

'

soll vereinfacht eine Vorsteuerrenditen-DifJerenz ermittelt werden, die angibt, wieviel weniger Vorsteuer-Rendite eine Handlungsmöglichkeit n steuerbedingt erbringen muß, um mindestens die Nachsteuerverzinsung der Gleichgewichtsanlage zu bieten:

·n 'ei!

n) * IS. = (1 + mei!

~

n rdiJf

= r n·n - 'ei! .

527 Vgl. ausfilhrlich z.B. Schneider, D. (1990c); Schneider, D. (I 992a), Schneider, D. (1999). 528 V gl. z.B. Dirrigl, H./Müller, R. (1990), S. 397. 529 Vgl. Schneider, D. (1992), S. 239 ff. 530 V gl. Oldenburg, A. (1998). 531 Vgl. King, M./Fullerton, D. (1984), S. 11; Schwinger, R. (1992), S. 345. 512 V gl. Fn 502, S. 174. 533 Vgl. Schneider, D. (1992), S. 240 f.; nur bei i = r gilt m.tf= (r - rs) /rs.

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C. Analytischer Teil

Per definitionem entspricht der filr eine "Versuchsanordnung" ermittelte effektive Grenzsteuersatz demjenigen rechtlichen Grenzsteuersatz, der im Modell des kapitaltheoretischen Gewinns zum selben Verhältnis von Vor- und Nachsteuerzielgröße filhrt. Ein Vergleich der aus verschiedenen Rechtsetzungen und Handlungsmöglichkeiten bei sonst gleichen Bedingungen folgenden effektiven Steuersätze läßt sich dann im Bezugsmodell unmittelbar als Vergünstigung oder Benachteiligung gegenüber dem rechtlichen Steuersatz interpretieren. Die Formel weist allerdings schon darauf hin, daß die Ergebnisse jeweils vom zugrundegelegten Gleichgewichtszinsatz i abhängig sind. Die steuerbedingte Mindestrenditenerhöhung gibt systematisch an, wieviel Prozent der Nachsteuerrendite zusätzlich verdient werden müssen, um die effektive Steuerlast begleichen zu können. Dieses Maß kann jedoch filr i ;r r nicht mehr unmittelbar aus der Nachsteuerrendite, sondern nur noch über den effektiven Grenzsteuersatz ermittelt werden. Es soll hier nur genutzt werden, um die effektive Steuerlast in Vorsteuerrenditepunkte rndiff umzudeuten. Allerdings ist im Modellsteuersystem nur die Differenz zwischen i und i"ejf definiert, eine Veränderung von r würde auch zu abweichenden Grenzsteuersätzen filhren. Die Renditendifferenz kann daher allenfalls als Näherung verstanden werden. Für Anlageintermediäre bietet es sich an, die Maßgrößen aus Sicht der Kapitalgeber, über den Kapitalmarkt hinweg zu berechnen und die Besteuerungswirkung nicht lediglich unternehmungsbezogen zu ermitteln 534 • Bei einer Interpretation der Ergebnisse ist zu beachten, daß die Analyse von Entscheidungswirkungen an die Bedingungen des vollkommenen Kapitalmarkts geknüpft ist. Es wird insbesondere auch unterstellt, daß 535 •

Liquiditätswirkungen vernachlässigt werden können, bzw. Steuersätze unter 100% der Bemessungsgrundlage betragen;



das Entscheidungsfeld des Zielträgers durch die Besteuerung nicht verändert wird;



eine Überwälzung von Steuerzahlungen durch Veränderung der Angebotsoder Nachfragepreise auf andere Marktteilnehmer nicht möglich ist;



der Fiskus auch Steuererstattungen vornimmt oder unbeschränkte Verlustausgleichsmöglichkeiten bestehen;



die Steuerzahlungen oder -erstattungen jeweils unmittelbar am Periodenende erfolgen.

534 Es werden etwa "Kapitalmarktsteuersätze" ansteHe von "Unternehmungsteuersätzen" ermittelt, vgl. zu den Begriffen Schneider, D. (1992), S. 240 f. 535 Vgl. Schneider, D. (1992), S. 206 - 212, 239; Schneider, D. (1997), S. 257 ff.

11. Unternehmungsregeln zur planmäßigen Zahlungsverteilung

181

Außerhalb dieser Bedingungen entspricht die Rendite nicht mehr der Bemessungsgrundlage einer Zielgrößensteuer auf den modifizierten Einnahmeüberschuß 536, da die Möglichkeit entflillt, diese Zielgröße ohne Veränderungen des Konsumpotentials in das Einkommenstreben zu überfUhren. Die öAR muß daher die Modellgrenzen sehr genau beachten. (3) Planbarkeit und Gleichmäßigkeit als Merkmale steuerrechtlicher Tauschgerechtigkeit Wenn eine Steuer auf den kapitaltheoretischen Gewinn nicht unmittelbar als Norm zur Ausgestaltung des Steuerrechts dienen kann, ist zu fragen, wie über dieses Modell ermittelte effektive Grenzsteuersätze interpretiert und beurteilt werden können: Durch entscheidungsaneutrale Steuerrechtsregelungen weichen effektive und rechtliche Grenzsteuersätze verschiedener Handlungsmöglichkeiten voneinander ab; fiir die Marktteilnehmer erschwert dies tendenziell die Auswertung des Wissens und die Abschätzung der wirtschaftlichen Folgen der Handlungsalternativen. Als Maß fUr modellhaft ermittelte Entscheidungswirkungen läßt der wirtschaftliche Grenzsteuersatz daher Annahmen über die Wirkung auf die Planbarkeit des Einkommenserwerbs zu. Schneider schlägt vor, anstelle eines umfassenden Neutralitätsideals grundsätzlich nur eine Verkürzung der Spannweiten effektiver Grenzsteuersätze anzustreben und darüber hinaus im Einzelfall nachgewiesene und unerwünschte Entscheidungsverzerrungen zu korrigieren 537 • Eine Analyse des Steuerrechts erfordert aus dem Blickwinkel der Tauschgerechtigkeit aber auch die Beachtung von Verteilungsfolgen. Verteilungswirkungen des Steuerrechts fragen nach modellierten Steuerlastverteilungen, betrachtet fiir eine Mehrzahl von Marktteilnehmern. HierfUr ist aber eine Abgrenzung gegenüber den aus dem Blickwinkel der Verteilungsgerechtigkeit zu untersuchenden Verteilungs folgen erforderlich538 : eine verteilungsorientierte Untersuchung steuerlicher Regelungen aus dem Blickwinkel der Tauschgerechtigkeit scheint mit dem Begriff der "horizontalen Gerechtigkeit" zu korrespondieren und mit der Frage nach der "Gleichmäßigkeit der Besteuerung" gleichsetzbar539 • Geprüft werden kann, ob "gleiche empirische Sachverhalte" unterVgl. auch Schneider, D. (1992), S. 211 f. Vgl. Schneider, D. (1992), S. 738,759. 538 Vgl. Elschen, R. (1994), S. 250 f. 539 Vgl. Schneider, D. (1994), S. 22; Musgrave, R.lMusgrave, P.lKullmer, L. (1988), S. 18; Schneider, D. (1995), S. 56 "als Regel gerechten Verhaltens"; aber Schneider, D. (1997), S. 110: als Problem der Verteilungsgerechtigkeit. Als Quelle eines Gleichmäßigkeitsgebots dient Artikel 3 (I) GG, vgl. Tipke, K./Lang, J. (1994), S. 72 ff. und die Begriffsbestimmung zu Tauschgerechtigkeit oben, S. 22. 536 537

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C. Analytischer Teil

schiedslos besteuert werden 540 . In dieser zusätzlichen Betrachtung von Verteilungsfolgen liegt der Unterschied zur neoinstitutionalistisch orientierten Argumentationsweise, derzufolge Gleichmäßigkeit allein schon durch Entscheidungsneutralität hergestellt werden so1l541. Hierbei kann das methodische Problem entstehen, festzulegen, was als "empirisch gleich" gelten soll und abzugrenzen, inwieweit Regelungen Umverteilungszielen entstammen kQnnen 542 . Im weiteren Verlauf der Ausarbeitung soll die Schwierigkeit jedoch dadurch umgangen werden, daß aus Sicht der Gleichmäßigkeit der Besteuerung nicht Steuerlastverteilungen bei Marktteilnehmern, sondern lediglich die Zurechnung von Besteuerungsgrundlagen zu Inhabern von Investmentzertifikaten desselben Fonds betrachtet werden, fUr die eine "Vergleichbarkeit" leicht herzustellen ist. Die Besteuerungskonzeption des KAGG fUr Investmentintermediäre soll daher aus dem Blickwinkel der Planbarkeit und der Gleichmäßigkeit der Besteuerung untersucht werden. Für eine Würdigung im Hinblick auf die Tauschgerechtigkeit ist grundsätzlich eine Abwägung der Ergebnisse erforderlich. Aus diesem Grund wirkt sich letztlich auch das "Dilemma" nicht aus, auf das Schneider hingewiesen hat: Die modellhafte Bemessungsgrundlage einer entscheidungsneutralen Besteuerung kann als verteilungsungerecht angesehen werden 543 . Ein möglicher Widerspruch zeigt daher keinen Fehler auf, sondern das Erfordernis, Prioritäten zwischen vermuteten Entscheidungs- und Verteilungsfolgen zu bilden, sofern Rechtsgestaltungsempfehlungen abgegeben werden sollen.

b) Zum" Grundsatz der steuerlichen Transparenz" bei Investmentfonds In der einleitenden Kurzdarstellung zum Entstehungsprozeß des KAGG war dargelegt worden, daß das Investmentrecht Regelungen zur steuerlichen Behandlung der Sondervermögen umfassen sollte, um "steuerliche Nachteile, die sich aus der Zwischenschaltung der Kapitalanlagegesellschaft ergeben, zu beseitigen"544. Dies betrifft vor allem die Regelung der Einkünftezurechnung im

540 Vgl. Schneider, D. (1994), S. 23. 541 Vgl. z.B. Wagner, F. (1992), S. 13. 542 Ähnlich Elschen, R. (1994), S. 250 ff. 543 Vgl. Schneider, D. (1992), S. 243 ff. Es betriill etwa den Ausschluß von Kapitalgewinnen aus der Bemessungsgrundlage des kapitaItheoretischen Gewinns, bzw. der Kapitalzinsen bei der Cash-Flow-Steuer. 544 Vgl. oben S.40 und Bericht des Abgeordneten Neuburger, BT-Drucksache 11/2973, S. 2, im Original mit Hervorhebungen.

11. Untemehmungsregeln zur planmäßigen Zahlungsverteilung

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Rahmen der Steuersubjekts-Fiktion fUr das Sondervermögen545 ; hiernach sind Besteuerungsmerkmale der KAG fUr die steuerliche Behandlung des Sondervermögens und der Anteilinhaber grundsätzlich unbeachtlich. Anfangs wurde "der Erwerb von Anteilscheinen als steuerbegUnstigter Kapitalansammlungsvertrag zugelassen", um "steuerlich die Gleichstellung des Anteilinhabers mit dem unmittelbaren Erwerber von Wertpapieren"546 zu erreichen. Diese Absicht fmdet sich zur Zeit noch in § 19a EStG und dem 5. Vermögensbildungsgesetz wiede~47; Anteile an GrundstUcks-Sondervermögen werden hiervon aber nicht beruhrt. Aussagen, wie die in der GesetzesbegrUndung hervorgehobenen Merkmale fUr die Besteuerung: Unbeachtlichkeit der Intermediärskonstruktion und Gleichstellung des Anteilinhabers mit einem "Direktanleger" haben offenbar die Entwicklung eines im Schrifttum immer wieder aufgegriffenen Leitbilds begUnstigt: den "investmentrechtlichen Transparenzgrundsatz der Besteuerung"548. Aus Sicht des ehemaligen BFH-Richters und Investmentrechts-Kommentators Scholtz soll beim Anteilscheininhaber "durch die Zwischenschaltung des Sondervermögens ... keine höhere steuerliche Belastung, im Prinzip aber auch keine geringere Belastung eintreten"549. Diese Auffassung wird im Schrifttum oft unreflektiert Ubemommen 55o . Noch während der Amtszeit von Scholtz fiihrte der BFH aber in einem Urteil aus, daß "der Umfang der Transparenz ... durch den Gesetzgeber im einzelnen geregelt worden" sei, so daß im Einzelfall nicht davon ausgegangen werden kann, die Steuervorschriften des KAGG "enthielten eine LUcke LS. einer planwidrigen Unvollständigkeit des Rechts, die es erlauben wUrde, das Gesetz LS. einer völligen Durchsetzung des Transparenzprinzips zu ergänzen"551.

545 Vgl. Punkt C.I.3.b)(2). 546 Bericht des Abgeordneten Neuburger, BT-Drucksache II/2973, S. 5, im Original mit Hervorhebungen. 547 Vgl. § 19a (3) NrA, 5 EStG, § 2 (1) Nr.lc,d) 5. VermBG; ausführlich Päsler, R. (1991), S. 95 ff. Nach § 10 (1) Nr. 4 EStG a.F. konnten dagegen von April 1957 bis Ende 1958, durch Rechtsverordnung bestimmt, Ausgaben für den ersten entgeltlichen Erwerb von Anteilscheinen an bestimmten Wertpapier-Sondervermögen als Sonderausgaben berücksichtigt werden, vgl. Gessler, E. (1957), S. 32. 548 Vgl. Sorgenfrei, U. (1994), S.467; Laux, M.lOhl, K. (1988), S. 112; Scholtz, R. (1995) Rz. 4 vor § 37a KAGG; Päsler, R. (1991), S. 195 ff.; Sorgenfrei, U.lTischbirek., W (1990), S. 1860. 549 Scholtz, R. (1995) Rz. 4 vor § 37a KAGG, im Original mit Hervorhebungen. 550 Vgl. z.B. bei Dötsch, E. (1996), Rz. 52 zu § 20 EStG; Laux, M.lOhl, K. (1988), S. 112. 551 BFH vom 4.3.1980, Urteil VIII R 48/76, S. 455.

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C. Analytischer Teil

Mit diesem Urteil gelingt es dem BFH, die steuerrechtlichen Regelungen des KAGG und seine eigene Rechtsprechung gegen Kritik zu immunisieren, die sich auf die Auslegung der Gesetzesbegrundung beruft: Da den Regeln des KAGG nicht anzusehen ist, ob sie dem Grundsatz folgen oder eine Ausnahme regeln sollen, wird ihr Regelungsinhalt im Ergebnis einer Überprüfung anhand des mutmaßlichen Gesetzgebungsziels entzogen. Dagegen legt die Auffassung von Scholtz, der von "steuerlichen Belastungen" spricht, eine ökonomische Interpretation der Besteuerungskonzeption nahe. Hierfilr wäre jedoch konkret zu bestimmen, worauf sich eine Mehr- oder Minderbelastung bezieht und in welchem Fall sie als erwünscht, bzw. unerwünscht anzusehen wäre. Scholtz verschweigt das Problem und unterscheidet die KAGG-Regeln zur Besteuerung lediglich nach "vermuteter" Zielkonformität und möglichem Ausnahmeanspruch. Letzteren definiert er filr Normen, die "sich im allgemeinen zum Vorteil des Anteilscheininhabers, mitunter aber auch zu seinem Nachteil auswirken" können 552 • Auch im Vergleich zur übrigen literatur folgt hieraus, daß als Regelungen im Sinne der Transparenz offenbar solche anzusehen sind, die gegenüber nicht näher konkretisierten Direktanlagen 553 belastungsneutral wirken. Scholtz kommt zu der Behauptung: die "Abweichungen beinträchtigen - insgesamt gesehen - nicht die positiven Wirkungen des steuerlichen Transparenzprinzips. Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß die steuerliche Transparenz in ihrer gesetzgeberischen Ausgestaltung wesentliche Impulse rur den wirtschaftlichen und sozialpolitischen Erfolg des Investmentgedankens gegeben hat und weiter gibt,,554. Ein Beleg dafilr, daß die Besteuerungskonzeption einen maßgeblichen Einfluß auf das Mittelaufkommen der KA GG-Investmentfonds hat, existiert jedoch nicht. Es ist auch fraglich, ob ein solcher Beweis allgemeingültig getUhrt werden kann. Hieran knüpft auch die weitere Darstellung an: Zunächst müssen die formalen Regelungszusammenhänge der KAGG- Besteuerungskonzeption verdeutlicht werden, anschließend kann eine Diskussion aus ökonomischer Sicht erfolgen. In letzterer sollen Aspekte der Planbarkeit und mögliche Verteilungsfolgen untersucht, sowie der "Transparenzgrundsatz" hinterfragt werden.

552 Vgl. Scholtz, R. (1995), Rz. 11 vor § 37a KAGG. 553 Vgl. z.B. Päsler, R. (1991), S. 131; Sorgenfrei, U. (1994), S. 467. 554 Scholtz, R. (1995) Rz. 17 vor § 37a KAGG, im Original mit Hervorhebungen.

11. Unternehmungsregeln zur planmäßigen Zahlungsverteilung

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c) Die Besteuerungskonzeption bei Grundstücks-Sondervermägen aus rechtlicher Sicht Nach Ansicht des BFH ist der Umfang der Transparenz insbesondere in den Bestimmungen des KAGG zur Steuerpflicht, Steuerbefreiung und dem Zufluß der Erträge beim Anteilinhaber festgelegt555. In den gesetzlichen Regelungen wird aber auch bestimmt, im Rahmen welcher Einkunftsarten und in welchem Umfang den Anteilinhabem Einnahmen aus Investmentanteilen zufließen sollen, je nachdem, ob die Anteile zu einern ertragsteuerlichen Betriebs- oder Privatvermögen gehören. Hiermit zeichnet sich schon ab, daß das KAGG über den Kapitalmarkt hinwegreichende Spezialnormen kennt, die sich vorn "allgemeinen Steuerrecht" abheben. Trotz starker Interdependenzen zwischen der einkommen-, bzw. körperschaftsteuerlichen Behandlung des Sondervermögens und seiner Eigentümer soll im folgenden eine Trennung zwischen den beiden Ebenen vorgenommen werden, um die Grundstrukturen des Besteuerungskonzepts herauszuarbeiten und Wertungsprobleme deutlicher darstellen zu können. Hierbei sei bereits auf ein vereinfachtes zusammenfassendes Schema und ein Beispiel verwiesen, die der Darstellung folgen 556 . Auf Erläuterungen zur vermögensteuerlichen Behandlung kann verzichtet werden, da das KAGG durch das Jahressteuergesetz 1997 um die vermögensteuerlichen Regelungen bereinigt wurde 557 •

(1) Ebene des Sondervermögens Wie bereits in Punkt C.I.3.b)(2) dargestellt, gilt nach §§ 44, 38 KAGG für die Körperschaftsteuer eine gesetzliche Fiktion der Steuersubjektivität, so daß Tatbestände der KAG, obwohl zivilrechtliche Eigentümerin des Sondervermögens, für dessen körperschaftsteuerliche Behandlung nicht originär zu beachten sind. Im Zusammenhang mit den investmentrechtlichen Besonderheiten des Besteuerungsverfahrens werden an späterer Stelle aber auch kurz Folgen für diejenigen Steuerarten aufgezeigt, für die die Subjektivitätsannahme nicht gilt.

555 Vgl. BFH vom 4.3.1980, Urteil VIII R 48/76, S. 455. 556 Vgl. S. 196. 557 Ursächlich: Bundesverfassungsgericht vom 22.6.1995, Beschluß 2 BvL 37/91,

S.665.

C. Analytischer Teil

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(a) Ermittlung der Einkünfte des Sondervermögens

Als Körperschaftsteuersubjekt kann das Sondervermögen nach § 8 (1) KStG grundsätzlich nahezu alle Einkunftsarten des § 2 (1) EStG erzielen S58, weil § 8 (2) KStG mangels handelsrechtlicher Buchfilhrungspflicht nicht eingreift. Gleichzeitig ist das Sondervermögenjedoch von der Körperschaftsteuer befreit, so daß sich die Frage stellt, ob überhaupt eine eigenständige Einkunftsermittlung erforderlich ist. Dies wird durch die Regeln des sechsten Abschnitts des KAGG klargestellt: bestimmte Besteuerungsgrundlagen sind filr das Sondervermögen zu ermitteln, die anschließend den Anteilinhabern zugerechnet werden. Die Aufstellung hat sich dabei nach §§ 47, 41 KAGG an der Recheneinheit "ein Anteilschein" zu orientieren. Für die Besteuerung bei den Anteilinhabern muß das auf einen Anteil entfallende Fondsergebnis in verschiedene Komponenten aufgespalten werden. Je nach sachlicher Steuerpflicht der Anteilinhaber sollen hieraus nur die jeweils maßgeblichen Beträge zugerechnet werden. Das KAGG regelt hierftir ein Ermittlungsverfahren, das gedanklich in zwei Stufen zerlegt werden kann: 1.

Die Besteuerungsgrundlagen werden zunächst ohne Ansehen der sachlichen Steuerpflicht der Anteilinhaber einheitlich in ihrem maximalen Umfang berechnet.

2.

Im Hinblick auf den sachlichen Besteuerungsumfang der Anteilinhaber werden Beträge gesondert ermittelt, die von den zunächst ermittelten Besteuerungsgrundlagen wieder abzuziehen oder anderweitig im Besteuerungsverfahren bedeutsam sind.

Im ersten Schritt geht in die Besteuerungsgrundlage grundsätzlich in voller Höhe der pro Anteil geleistete Ausschüttungsbetrag einer Periode nach §§ 39 (1) S.I, 45 (I) S.I KAGG als "Ertrag" ein. Nicht ausgeschüttete Einnahmen des Sondervermögens einer Periode werden nach §§ 39 (1) S.2, 45 (1) S.I, 3 KAGG erfaßt, soweit sie die Tatbestände der §§ 20, 21 oder § 23 (1) S.1 Nr. 1, 3 EStG erfilllen 559 und nicht zur "Kostendeckung verwendet" werden. Diese Regelung gilt filr thesaurierende und ausschüttende Fonds gleichermaßen. Im zweiten Schritt sind unter anderem folgende Positionen gegenüberzustellen: Ein gesonderter Ausweis erfolgt nach §§ 40 (1), 46 (1) KAGG ftir die in den Ausschüttungen enthaltenen Veräußerungsgewinne von Wertpapieren

Zu Ausnahmen vgl. A 27 (1) KStR. Änderung durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002: Veräußerungsgewinne LS.d. § 23 Abs. 1 insbesondere aus Grundstücken, nicht jedoch aus Wertpapieren und anderen Wirtschaftsgütern werden den Anteilinhabern auch bei Thesaurierung zugerechnet. Hierbei gilt bei Grundstücken die verlängerte Aufgriffsfrist von zehn Jahren. 558 559

11. Unternehmungsregeln zur planmäßigen Zahlungsverteilung

187

und Grundstücken 56O, es sei denn, die Grundstücksveräußerung erfüllt beim Sondervermögen die Voraussetzungen der §§ 22 Nr.2, 23 EStG 561 . Gesondert auszuweisen sind außerdem ausländische Einkünfte, die von einer inländischen Besteuerung freigestellt sind, oder fiir die ausländische Steuern im Inland anrechenbar sind, nach §§ 46 (1) und § 48 (1) KAGG 562 . Ein gesonderter Ausweis ist fiir die im ersten Schritt ermittelten Thesaurierungsbeträge nach § 48 (1) KAGG nur fiir bestimmte ausländische Einkünfte erforderlich, Veräußerungsgewinne sind hierin definitionsgemäß nicht enthalten. Das skizzierte zweistufige Ermittlungsverfahren ist rur Ausschüttungsbestandteile bei jeder Ausschüttung, rur Thesaurierungsbeträge dagegen nur jeweils mit Ablauf eines Fondsgeschäftsjahrs durchzuftihren 563 . Dagegen ist zusätzlich börsentäglich eine Bestimmung von "Zinszwischengewinnen" vorgesehen 564 : es handelt sich um bestimmte Einnahmen und Ansprüche des Sondervermögens i.S.d. § 20 (1) Nr.7, (2) EStG, insbesondere um "Stückzinsen"565. Allein diese Zusammenstellung der Besteuerungsgrundlagen ist keine Einkünfteermittlung des Sondervermögens, denn es werden keine Einkünfte nach Einkunftsarten bestimmt. Dies zeigt sich besonders deutlich an dem Nebeneinander der Bruttogröße "Ausschüttung" und der Nettogröße "Thesaurierungsbetrag" im ersten Schritt: Grundsätzlich setzt sich die Ausschüttung eines Sondervermögens aus aufgelaufenen Überschüssen zusammen, die noch nicht der Besteuerung unterlagen. In den §§ 39 (1) S.l, 45 (1) S.l KAGG ist jedoch nicht geregelt, wo die hierauf entfallenden Kosten zu berücksichtigen sind. Der Thesaurierungsbetrag soll sich nach diesen Vorschriften als Überschuß der Einnahmen i.S.d. §§ 20, 21 und 23 EStG über bestimmte "Kosten" ergeben. Hier wäre es offenbar unbillig, nur die auf Thesaurierungsbeträge entfallende Kosten zu erfassen: Kosten, die im Zusammenhang mit der Ausschüttung stehen, werden im Thesaurierungsbetrag daher ebenfalls berücksichtigt566.

560 Genauer: von Gegenständen des § 27 KAGG. 561 Die Verlängerung der Besteuerungsfrist bei Grundstücken gern. § 23 (I) Nr. I EStG dürfte jedoch zahlreiche Grundstückstransaktionen betreffen. Wertpapierveräußerungen werden von dieser Regel auch weiterhin nicht erfaßt, vgl. § 40 (I) KAGG. 562 Mit Verweis auf §§ 40 (3), (4) KAGG. 563 Vgl. §§ 48, 47, 41 (1),39 (2) S.2 KAGG. Das jeweilige Fondsgeschäftsjahr ist in § 11 BVB festgelegt. 564 Vgl. § 39 (la) KAGG. Diese sind nach § 41 (4) KAGG mit dem Rückgabepreis fiir Anteilscheine zu veröffentlichen. Bei Grundstücks-Sondervermögen wird mangels Regelung und unter Beachtung von § 34 (2) KAGG auf die faktische Ermittlungshäufigkeit abgestellt, vgl. Scheuerle, F. (1994), S. 9109. 565 Vgl. ausfiihrIich Scheuerle, F. (1994), S. 9102. 566 Vgl. z.B. o. V/Investment-Handbuch (1995), Rz. 29 zu § 45 KAGG.

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Aus Sicht der Finanzverwaltung liegt bislang die Bestimmung der Kosten nach Art und Umfang als Werbungskosten der Einkünfte aus Kapitalvermögen bei Wertpapier-Fonds "nahe" und eine "entsprechende" Ermittlung bei Grundstücksfonds 567 • Für letztere sind wohl mit der Literatur568 die Regeln für Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung anzuwenden. Nicht problematisiert wird in diesem Zusammenhang, daß das Sondervermögen unabhängig von einer späteren Behandlung bei den Anteilseignern grundsätzlich auch Einkünfte anderer Einkunftsarten beziehen kann 569 . Aber selbst für Kapital- und Vermietungseinkünfte erfolgen aus den gesetzlichen Bestimmungen der §§ 39 (1),45 (1) S.2 KAGG eindeutige Verweise auf das EStG wohl nur rur die Ermittlung der Einnahmen des Sondervermögens 570 • Lediglich für die steuerrechtlichen Abschreibungen des Vermietungsvermögens ist ein ausdrückliches Gebot enthalten, demzufolge die in § 7 EStG vorgesehene Beträge nicht überschritten werden dürfen. Andererseits dürften etwaige Lücken der steuerrechtlichen Regelungen des KAGG als "lex specialis" über die Brücke des § 8 (1) KStG geschlossen werden. Die Verweise auf die §§ 20, 21 und 23 EStG deuten darüber hinaus an, daß der Investmentgesetzgeber das Fondsvermögen als steuerliches Privatvermögen behandeln will. Für Grundstücks-Sondervermögen, die sowohl umfangreiches Kapital- und Grundvermögen, als auch sonstige Gegenstände enthalten können, müssen demnach zunächst Einnahmen und Ausgaben aus Kapitalvermögen und Vermietung und Verpachtung nach allgemeinen Bestimmungen und gesondert ermittelt werden, bevor sie in der oben dargestellten Gliederung in völlig anderer Form zusammengestellt werden. Hierbei dürfen grundsätzlich auch Kostenüberschüsse entstehen 571 • In den auf Ebene des Sondervermögens von den Anteilseignern gemeinsam zu tragenden Werbungskosten sind insbesondere auch intermediationsspezifische Kosten enthalten, etwa die Erstattung von Auslagen 572 und die nach BVB zulässigen Vergütungen der Treuhänder. Einigkeit besteht darüber, daß "Kosten" des Sondervermögens nach § 9 (1) S.l EStG nur berücksichtigt werden sollen, soweit sie mit steuerbaren Einnahmen im Zusammenhang stehen. Zur Abgrenzung von Ausgaben auf das VerVgl. FM Niedersachsen vom 20.5.1975. Erlaß S 1980a - 10 - 312, Tz. 1.,2. Vgl. o. V/Investment-Handbuch (1995), Rz. 22 zu § 45 KAGG. 569 Vgl. zum möglichen Vorliegen von Einkünften aus Gewerbebetrieb weiter unten, S.204. 570 Vgl. § 39 (I) KAGG: "Einnahmen im Sinne des § 20 EStG"; § 45 (I) S.2 KAGG: "Erträge aus der Vermietung und Verpachtung ... ". 571 Vgl. BMF vom 24.3.1970, Schreiben IV B/4 -S 1980- 17170; o.v/lnvestmentHandbuch (1995), Rz. 26 ff. zu § 45 KAGG. 572 Beispiele für "Verwaltungskosten" bei o. V/Investment-Handbuch (1995), Rz. 22 zu § 45 KAGG. 567 568

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mögen, dürfte dann wiederum auf die allgemeinen Regeln der §§ 20, 21 als auch 23 EStG abzustellen sein S7J • Bei den Ausgaben auf das Vennögen handelt es sich um Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten, hierin etwa auch Maklergebühren, Notariatskosten, etc. 574, die filr abnutzbare Wirtschaftsgüter nach § 9 (1) Nr.7 EStG periodisiert als Werbungskosten berücksichtigt werden können. Für die Periodisierung von Investitionsausgaben ist auf die Verhältnisse beim Steuersubjekt "Sondervennögen" abzustellen. Insofern muß nach allgemeinen Grundsätzen geprüft werden, inwieweit der Fonds selbst als Hersteller, bzw. Bauherr oder Erwerber der Fondsobjekte anzusehen ist. Eine Beurteilung des Investmentvennögens nach den besonderen Regeln der Finanzverwaltung filr "Gesamtobjekte" im Sinne des § 1 (1) Nr.2 der Verordnung zu § 180 (2) AO ist aber ausdrücklich nicht vorgesehen 575 • Die nach § 45 (1) S.2 KAGG auf die Regelung des § 7 EStG beschränkte Abschreibung schließt erhöhte und Sonder-AfA aus; die "Beträge" dieser Regelung dürfen jedoch unterschritten werden 576 • Hierbei ist fraglich, wie der Verweis auf § 7 EStG zu verstehen ist: ob möglicherweise eine methodische Loslösung und die Aussetzung, sowie Autholung von Abschreibungsbeträgen durch § 45 (1) S.2 KAGG gedeckt wird, und ein "Abschreibungsplan" entbehrlich ist. Da das Sondervennögen offenbar als Steuersubjekt mit Privatvennögen anzusehen ist, wirkt sich dies auch bei der Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 7 EStG als Höchstgrenze aus: Es verbleiben zur Bemessung der Gebäude-AfA § 7 (4) S.l Nr.2 EStG und ab 1996 § 7 (5) S.l Nr.3b) EStG. Die Besteuerungsgrundlagen werden den Anteilinhabern schließlich zugerechnet und können dort als Einnahmen aus Investmentanteilen Bestandteil eines Betriebsvennögensvergleichs werden. Besteuerungsmerkmale der Anteilinhaber sind aber auf Ebene des Sondervennögens grundsätzlich unbeachtJich, es gilt ein steuerliches Trennungsprinzip 577.

573 Zur "Aufteilung von Unkosten" vgl. grundsätzlich FM Niedersachsen vom 20.5.1975, Erlaß S 1980a - 10 - 312, Tz. 1.,2. Dagegen erfordert die Erfassung des § 23 EStG im Katalog der fiktiv zugeflossenen Einkünfte eine eigene Abgrenzung des bei der privaten Veräußerung zu erfassenden Überschußvermögens und der hiermit zusammenhängenden Kosten. 574 Vgl. o. V./Investment-Handbuch (1995), Rz. 12 zu § 46 KAGG. 575 Der BMF vom 31.8.1990, Schreiben IV B 3 - S 2253a - 49/90 beschränkt die Anwendung in Tz. 1,5 auf gesellschaftsrechtliche, sog. geschlossene Immobilienfonds. 576 Vgl. BFH vom 7.4.1992, VIII R 79/88, S. 789 f. zur Begründung der gleichlautenden Regelung in § 18 (I) S.2 AuslInvestmG. 577 Vgl. aber Bals. W. (1994), S. 126 ff., der entgegen dem Gesetzeswortlaut eine Reflexwirkung auf die Ermittlung der Gebäude-AfA befUrwortet; diese Forderung müßte jedoch schlüssig mit einer völligen Aufgabe der Subjektflihigkeit des Sondervermögens als Zweckvermögen hin zu einem Ermittlungsobjekt wie bei Personengesellschaften einhergehen.

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C. Analytischer Teil

Der zwei stufige Ennittlungsweg macht es schließlich erforderlich, daß Veräußerungsgewinne des Privatvennögens auch außerhalb des § 23 EStG ennittelt werden müssen, und zwar als Abzugstatbestand, "soweit" sie im Ausschüttungsbetrag der ersten Stufe "enthalten sind"578. Für diese Rechnung können die Regeln der §§ 20, 21 EStG aber nicht maßgeblich sein, da Veräußerungsgewinne nicht Gegenstand der Überschußeinkunftsarten sind. Die KAGen nehmen eine Ennittlung offenbar analog zu § 23 (3) EStG vor579 • Die bis hier dargelegte Behandlung gibt auch Hinweise auf die steuerliche Behandlung der nach den BVB nicht ausschüttbaren Instandhaltungsbeträge: im Rahmen einer Werbungskostenüberschußrechnung ist grundsätzlich § 11 EStG zu beachten, so daß nur auf den tatsächlichen Abfluß abzustellen ist. Aus steuerlicher Sicht entsteht daher weder eine Rückstellung 580 noch eine Rücklage 581 •

(b) Behandlung der dem Sondervermögen zu- und abfließenden Steuern

Aufgrund der eigenen Steuersubjektivität kann das Sondervennögen in begrenztem Umfang Gläubiger bzw. Schuldner von Körperschaftsteuer, der als Kapitalertragsteuer erhobenen Körperschaft- und Einkommensteuer, sowie des Solidaritätszuschlags sein 582 • Nach § 38 (2) KAGG wird der Depotbank für das Sondervennögen auf Antrag eine Vergütung von Körperschaftsteuer auf bestimmte empfangene Dividenden gewährt. Kommen derartig vergütungsberechtigte Erträge des Sondervennögens zur Ausschüttung oder werden sie im thesaurierten Überschuß erfaßt, dann hat die KAG allerdings insoweit rur das Sondervennögen eine Ausgleichsteuer nach § 38a KAGG in Höhe der Ausschüttungsbelastung des § 27

Zur Ergebnisverwendungsentscheidung der Fondsleitung vgl. unten ab S. 215. Vgl. z.B. o. V/Investment-Handbuch (1995), Rz. 11 zu § 46 KAGG. 580 Vgl. Tullius, H (\969), S. 1722 und o.v. (1995) zu §45 KAGG, S. 6. Hiernach sollen bei Berücksichtigung der Ausschüttungssperre Werbungskosten entstehen, die im Zeitpunkt der Verausgabung gegengerechnet werden. 581 Vgl. Bals, W (\994), S. 107 und dort Fn 45, der eine Rücklagenbildung aus versteuerten Fondsüberschüssen befurwortet. Der Begriff der Rücklage paßt sich jedoch nicht in den Rahmen einer EinkUnfteermittlung nach § 2 (2) Nr.2 EStG ein, so daß besser nur von einem ausschüttungstechnischen "Merkposten" die Rede wäre. 582 Vgl. im folgenden auch Scholtz, R. (1995), Rz. 17 zu § 38 KAGG. 578

579

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KStG abzufilhren S83 • In gleicher Höhe kann nach § 39a KAGG ein Anrechnungs- bzw. Vergütungsanspruch bei den Anteilinhabem entstehen s84 • Nach § 38 (3) KAGG wird einerseits grundsätzlich die von Kapitalerträgen des Sondervennögens abgefiihrte Kapitalertragsteuer an die Depotbank zu Gunsten des Fonds erstattet. Die andererseits nach § 38b KAGG von den Anteil inhabern zu erhebende Kapitalertragsteuer lehnt sich als Zinsabschlagsteuer den Regeln des EStG an S8S • Sie wird auf ausgeschüttete und thesaurierte Kapitalerträge i.S.d. § 38a und b KAGG erhoben s86 • Hierunter fallen bei Grundstücks-Sondervennögen allerdings auch Fondsergebnisse i.S.d. § 21 EStG, sowie ausgeschüttete Veräußerungsgewinne nach § 23 EStG S87 • Zinszwischengewinne werden durch § 38b (4) KAGG der Zinsabschlagsteuer unterworfen. Die Ennittlung und der Abzug der Beträge obliegt bei ausschüttenden Fonds in der Regel den jeweiligen Depotbanken als Zahlstelle, bei thesaurierenden Fonds nach § 38b (3) KAGG der KAG. Der Solidaritätszuschlag teilt grundsätzlich nach § 51 a EStG das Schicksal der jeweiligen Steuer, auf die er erhoben wird, also auch eine etwaige Befreiung 588 • Zweckvennögen können selbst Unternehmer i.S.d. § 2 UStG sein; die Fiktion des § 38 (1) S.1 KAGG wurde jedoch ausdrücklich nicht auf die Umsatzsteuer ausgedehnt S89 • Demzufolge gehört das Sondervennögen zum unternehmerischen Bereich der KAG. Kein Innenumsatz, sondern ein steuerbarer Leistungsaustausch zwischen KAG und Anteilinhaber liegt aber filr Leistungen der KAG vor, fiir die diese eine Verwaltungsvergütung oder ein Auslagenersatz aus dem Sondervennögen bezieht590 • Die sonstige Leistung der KAG wird jedoch insgesamt nach § 4 Nr.8h) UStG steuerbefreit. Leistungen der Depotbank als 583 Eine sinngemäße Anwendung der §§ 27 bis 42 KStG über § 43 KStG, insbesondere zur Gliederungsrechnung, wird in A 96 (2) KStR ausgeschlossen, vgl. auch Dötsch, E. (1996), Rz. 6 zu § 43 KStG. 584 Vgl. ausfUhrlich Dötsch, E. (1996), Rz. 52 zu § 20 EStG. 585 "Kapitalertragsteuer eigener Art"; zu den erfaßten Kapitalerträgen vgl. Marquard, J.lHagenbücher, D. (1992), S. 2271 f. 586 Ausdehnung des Kapitalertragsteuerabzugs durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 auch auf anrechnungsberechtigende Dividendenerträge, die das Sondervermögen an die Anteilinhaber ausschüttet. 587 § 44 S.2,3 LV.m. § 45 KAGG, vgl. Marquard, J.lHagenbücher, D. (1992), S.2272. 588 Die KSt-Vergütung an den Fonds und die Herstellung der Ausschüttungsbelastung fUr die Ausgleichsteuer haben hingegen keinen Einfluß auf den SoIZ, vgl. Dötsch, E. (1993), S. 1444. 589 Abweichend aber Malitzky, H. (1996), Rz. 7/2 zu §§ 1-3 UStG. 590 Vgl. A 69 (I) S. 1 ff. UStR 1996. "AufRechnung der Anteilinhaber", vgl. Köhler, W (1996), Rz. 178 zu § 4 Nr. 8 UStG.

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c. Analytischer Teil

Überwachungstreuhänderin fUhren dagegen grundsätzlich zu steuerbaren Umsätzen59 \ , die im einzelnen nach allgemeinen Regeln zu beurteilen sind. Dagegen kann die KAG durch Erwerbsvorgänge fiir das Sondervermögen in ihrer Person Schuldner einer Grunderwerbsteuer sein 592 • Sie kann jedoch auch hierauf gegenüber dem Sondervermögen Auslagenersatz fordern. Auch anhand der Grundsteuer zeigt sich die Beschränkung der SteuersubjektivitätsfIktion: Die Grundstücke des Sondervermögens sind Untereinheiten der wirtschaftlichen Einheit Gewerbebetrieb der Kapitalanlagegesellschaft. Sie sind diesem mit dem Zusatz "Sondervermögen" zuzurechnen 593 • Die anteiligen Grundsteuerzahlungen der KAG sind ebenfalls erstattungsfilhige Auslagen. Im Bereich der Gewerbesteuer könnte das Sondervermögen als Teil des Gewerbebetriebs der KAG, oder wegen der ZweckvermögensfIktion im Bereich der Körperschaftsteuer, nach § 2 (3) GewStG erfaßt werden, soweit es einen eigenen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhält. Vorbeugend sehen §§ 38 (1) S.l, 44 (1) S.l KAGG eine uneingeschränkte Steuerbefreiung vor594 •

(c) Nachweis der Besteuerungsgrundlagen Soweit das Sondervermögen als Steuersubjekt gilt, ist es selbst Träger von Rechten und Pflichten des Abgaberechts, etwa hinsichtlich der Aufzeichnungs-, Erklärungs- und Mitwirkungspflichten, auch bei einer möglichen Außenprüfimg 595 • Die hieraus erwachsenden Aufgaben sind von der KAG als Vertreterin und Vermögensverwalterin wahrzunehmen 596 • Sie ist darüber hinaus nach den §§ 41,42,47,48 KAGG verpflichtet, die ft1r die Besteuerung bei den Anteilscheininhabern notwendigen Besteuerungsgrundlagen bekanntzumachen. Darüber hinaus fertigt die OberfInanzdirektion FrankfurtlMain aus den Bekanntmachungen der Fondsleitungen rur jedes Kalenderjahr eine Besteuerungsübersicht an, aus denen die Finanzämter der Anteilinhaber die Besteuerungsgrundlagen rur die Veranlagung entnehmen können 597 • Eine Prüfung der von

Vgl. A 69 (I) S. 5 f. UStR 1996. Die Regelungen des Treuhanderlasses des BMF vom 25.5.1984, gleichlautender Ländererlaß, führen bei Investmentfonds offenbar zu keinen Problemen vgl. Sorgenfrei, U.lTischbirek, W. (1990), S. 1859 f. 593 Vgl. Scholtz. R. (1995), Rz. 7 zu § 44 KAGG. 594 Vgl. auch A 35a Nr.2 GewStR. 595 Vgl. § 33 AO; Scholtz. R. (1995), Rz. 5 zu § 44 KAGG. 596 Vgl. § 34 AO; Scholtz, R. (1995), Rz. 5 zu § 44 KAGG. 597 Vgl. Scholtz. R. (1995), "zu Besteuerungsübersichten" KAGG, vgl. Anlage 5.5. 59\

592

II. Untemehmungsregeln zur planmäßigen Zahlungsverteilung

193

der KAG gelieferten Werte findet allerdings insoweit nicht statt598 • Der Veröffentlichung im Bundessteuerblatt kommt nach Auffassung des BFH zudem nicht die Eigenschaft eines Verwaltungsakts ZU599, insbesondere nicht der Rang eines Grundlagenbescheids, der eine Bindungswirkung für Folgebescheide LS.d. § 182 (1) AO entfalten könnte. Der Anteilinhaber kann die aus der Besteuerungsübersicht folgenden Wertansätze daher im Rahmen seiner Steuerfestsetzung anfechten 6°O. Unklar ist, inwieweit die Finanzverwaltung eine ausführliche Begründung des Rechtsbehelfs oder Beweismittel verlangen kann, da der Anteilscheininhaber in der Regel nicht feststellen kann, inwieweit die Wertansätze zutreffend sind. (2) Ebene des Anteilinhabers Die steuerlichen Folgen der Kapitalüberlassung an einen Investmentfonds ergeben sich nach allgemeinen Regeln aus der Zuordnung der Vorgänge zum steuerrechtlichen Privat- oder Betriebsvermögen. Der Anteilschein stellt als Wertpapier einen selbständig bewertbaren und verkehrsflihigen wirtschaftlichen Wert dar. Im folgenden sollen die einkommensteuerlichen Folgen bei den Anteilinhabem kurz dargestellt werden, beim Betriebsvermögen zudem die Bewertung in der Vermögensaufstellung. Wegen der Wertpapierqualifikation der Anteilscheine unterliegen Anteilaufnahmen bei Grundstücks-Sondervermögen im übrigen nicht der Grunderwerbsteuer6ol •

(a) Anteile im Privatvermögen

Aus gehaltenen Investmentanteilen im Privatvermögen können prinzipiell im ganzen nur Einnahmen aus Kapitalvermögen bezogen werden 602 • Diese Qualifikation verdrängt im Ergebnis die differenzierte Behandlung auf Ebene des Sondervermögens, insbesondere bei dort entstandenen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung und Spekulationsgewinnen603 • Zu den Einnahmen Vgl. Uhrmann, K. (1986), S. 159; Nieland, M/Dietrich, B. (1987), S. 66. Vgl. BFH vom 7.4.1992, Schreiben VIII R 79/88, S. 789 zu den Besteuerungsübersichten rur nicht dem KAGG unterliegende Investmentfonds; zu möglichen Unterschieden vgl. Nieland, M./Dietrich, B. (1987). 600 Vgl. Scholtz, R. (1995), Rz. 3 "zu Besteuerungsübersichten" KAGG. Zu Änderungen durch die Finanzverwaltung vgl. S. 217, Fn 683. 601 Vgl. Troglauer, P. (1979), S. 389. 602 Vgl. §§ 39 (I) S.l, 45 (I) S.I KAGG. 603 In der Gesetzesbegründung heißt es, daß die Erträge aus dem Sondervermögen sich schon so weit von ihrer ursprünglichen Quelle gelöst hätten, daß eine Zuordnung zu 598 599

13 Oldenburg

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C. Analytischer Teil

i.S.d. § 20 (I) Nr.1 kommt außerdem die nach § 39a KAGG, 20 (I) Nr.3 EStG anrechenbare Körperschaftsteuer hinzu 604 • Im Veranlagungszeitraum der Anteilaufnahme oder der -aufgabe sind hierin außerdem vereinnahmte, bzw. verausgabte Zwischengewinne i.S.d. § 20 (2) Nr.1 enthalten 60s • Im Rahmen der persönlichen Einkünfteermittlung kann der Anteilseigner ferner seine selbst getragenen Werbungskosten berücksichtigen. Der Zufluß der Einkünfte erfolgt bei Ausschüttungen nach § 11 EStG, bei Thesaurierungsbeträgen wird nach § 45 (I) S.3 KAGG der Zufluß beim Anteilinhaber mit Ablauf des Geschäftsjahrs des Sondervermögens unterstellt. Die Anteilaufgabe kann zusätzlich zu steuerbaren und -pflichtigen Spekulationsgewinnen oder -verlusten fUhren, wobei nur die kurze Frist des § 23 (1) Nr. Ib) EStG gilt606 • Nicht ausgeschlossen ist, daß im Spekulationsgewinn auch im Sondervermögen thesaurierte und dem Anteilseigner bereits zugerechnete Ergebnisanteile nochmals der Besteuerung unterworfen werden 607 • Zinszwischengewinne werden nach § 23 (2) S.3 EStG vorrangig im Rahmen des § 20 EStG erfaßt; eine Anwendung des § 17 EStG auf Investmentanteile scheidet grundsätzlich aus 608 • Im Besteuerungsverfahren werden im übrigen die ausgewiesenen anteiligen ausländischen Einkünfte und Steuern des Fonds, Beträge an Körperschaft- und Kapitalertragsteuer, sowie ein entsprechender Solidaritätszuschlag berücksichtigt.

(b) Anteile im Betriebsvermägen

Ausschüttungen des Investmentfonds fUhren grundsätzlich zu Betriebseinnahmen, sobald sie nach den Vertragsbedingungen entstanden sind609 • Die kraft den Einkünften aus Kapitalvermögen "richtig" erscheint, vgl. Bericht des Abgeordneten Schmidhuber, zu BT-Drucksache V/4414, S. 43. 604 V gl. z.B. Scholtz, R. (1995), Rz. 23a zu § 38 KAGG. 60S Vgl. Heinicke, W (1999), Rz. 113 zu § 20 EStG. Zur Vornahme der Zinsabschlagsteuer werden diese Beträge von der Depotbank im "Stückzinstopf' mit übrigen Stückzinsen verrechnet, vgl. ausfUhrlieh Scheuerle, F (1994), besonders S. 9111; zu Gestaltungsmöglichkeiten: Philipowski, R. (1994). 606 Zur Ermittlung der Anschaffungskosten vgl. die AusfUhrungen zum Betriebsvermögen. 607 Z.B. bei Anteilaufnahme im alten Kalenderjahr, Anteilaufgabe innerhalb der Spekulationsfrist im neuen Kalenderjahr und Ende des Fondsgeschäftsjahrs im selben Zeitraum. 608 Vgl. Dötsch, E. (1996), Rz. 67 zu § 17 EStG. 609 Vgl. BFH vom 18.5.1994, Urteil I R 59/93.

11. Unternehmungsregeln zur planmäßigen Zahlungsverteilung

195

KAGG in einer Periode als Betriebseinnahrne zu behandelnden Beträge korrespondieren aber oft nicht mit einem Zufluß in gleicher Höhe: die noch nicht zugeflossenen, aber fiktiv ausgeschütteten Erträge sollen am Bilanzstichtag als antizipativer aktiver Vermögensgegenstand610 ausgewiesen werden. Thesaurierte Veräußerungsgewinne des Sondervermögens werden nicht zugerechnet, Anrechnungsansprüche nach allgemeinen Regeln behandelt. Die Anschaffungskosten der Investmentanteile umfassen als Nebenkosten auch Provisionen und Spesen. Der Ausgabeaufschlag wird dagegen nicht als Anschaffungskostenbestandteil aufgefaßt611 ; eine Rechnungsabgrenzung der vorweggeleisteten Fondsvergütung kann zudem am Erfordernis der "bestimmten Zeit" scheitern 612 , so daß nur eine sofortige Aufwandsberücksichtigung bliebe. Bei Anteilscheinen im Anlagevermögen613 , bei denen eine Veräußerung nicht unmittelbar bevorsteht, wird filr die Zulässigkeit oder das Erfordernis von Zu- oder Abschreibungen auf die Wiederbeschaffungskosten abzustellen sein614 • Die Wertansätze der Anteilscheine sind am Bilanzstichtag aufgrund der Veröffentlichung der Anteilpreise überprüfbar. Trotz des unmittelbar pagatorischen Zusammenhangs von Ausschüttung und Anteilpreis muß eine Auskehrung aber nicht geradewegs mit einer Veränderung des Wertansatzes der Anteile beim betrieblichen Inhaber einhergehen: oft umfassen die Ausschüttungen nur einen Teil der ergebnisbedingten Wertänderungen gegenüber dem vorangegangenen Stichtag. "Ausschüttungsbedingte" Teilwertabschreibungen dürften daher regelmäßig nicht in Betracht kommen 615 • Bei Anteilaufgabe kann durch Auflösung des Aktivpostens der Veräußerungsgewinn in Höhe der thesaurierten, aber bereits besteuerten Beträge neutralisiert werden. Die Bewertung der Anteilscheine erfolgt in der Vermögensaufstellung nach § II (4) LV.m. § 109 (4) BewG in Höhe des Rücknahmepreises. Mit diesem Wert gehen die Investmentanteile in den Einheitswert des Gewerbebetriebs ein,

"Sonstige Forderung", Diskussion bei Häuselmann, H. (1992), S. 302. Vgl. BFH vom 22.3.1972, Urteil I R 199/69, S.490, Häuselmann, H. (1992), S.316. 612 Vgl. § 250 (1) HGB; "enge Auslegung" z.B. bei oY.lAdler/Düring/Schmaltz (1992), Rz. 37 zu § 250 HGB. 613 Vgl. auch zur Behandlung im Umlaufvermögen ausführlich Häuselmann, H. ( 1992). 614 Vgl. o. V./Adler/Düring/Schmaltz (1992), Rz. 411 tT., 414 tT. zu § 253; dagegen aber BFH vom 22.3.1972, Urteil I R 199/69: bei für den Betrieb "entbehrlichen" 1nvestmentanteilen wird der Teilwert vom Rücknahmepreis bestimmt; und § 6 (1) Nr.1 S.2 EStG ggf. i.V.m. §§ 253 (2) S.3, 279 (1) S.2 HGB. 615 V gl. aber Häuselmann, H. (1992), S. 320. 610 611

C. Analytischer Teil

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der 1997 grundsätzlich nur noch fUr die Gewerbesteuer ermittelt wird, vgl. § 17 (2) BewG. (3) Zwischenergebnis Die Einkommensbesteuerung der Anteilinhaber ergibt sich im Zusammenspiel aus allgemeinen und speziellen Regelungen, die auf der Ebene des Sondervermögens bzw. bei den Anteilinhabern zu beachten sind. Hierbei kommt ein zweistufiges Verfahren zur Anwendung, dessen erster Schritt zwar unmittelbar an die Ausschüttungsentscheidung der Fondsleitung anknüpft, durch die Einrechnung thesaurierter Ergebnisse in die Besteuerungsgrundlagen die Abhängigkeit von der Ergebnisverwendung aber teilweise wieder rückgängig macht. Im zweiten Schritt wird insbesondere nach der sachlichen Steuerpflicht der Anteilinhaber differenziert; hierfilr werden Beträge festgestellt, die bei der Ermittlung der Einnahmen aus Investmentanteilen abgesetzt werden sollen. Dies faßt die folgende Darstellung noch einmal zusammen:

Tabelle 21 Vereinfachtes Schema zur Ermittlung der Einnahmen aus Investmentanteilscheinen 616 mit Maximalumfang (+) und Abzügen (-)

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