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German Pages [360] Year 2017
NORM UND STRUKTUR STUDIEN ZUM SOZIALEN WANDEL IN MITTELALTER UND FRÜHER NEUZEIT IN VERBINDUNG MIT GERD ALTHOFF, HEINZ DUCHHARDT, PETER LANDAU, KLAUS SCHREINER, GERD SCHWERHOFF HERAUSGEGEBEN VON
GERT MELVILLE Band 46
EHREN-NAMEN Herrschertitulaturen im völkerrechtlichen Vertrag 1648–1748 von
REGINA DAUSER
2017 BÖHLAU VERLAG KÖLN WEIMAR WIEN
Gedruckt mit Unterstützung des Förderungs- und Beihilfefonds Wissenschaft der VG WORT
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© 2017 by Böhlau Verlag GmbH & Cie, Köln Weimar Wien Ursulaplatz 1, D-50668 Köln, www.boehlau-verlag.com Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig. Korrektorat: Patricia Simon, Langerwehe Gesamtherstellung: WBD Wissenschaftlicher Bücherdienst, Köln Gedruckt auf chlor- und säurefreiem Papier ISBN 978-3-412-50590-5
Inhalt
Vorwort .........................................................................................................................
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Einführung .. ................................................................................................................. 11 Titulatur, Zeremoniell, Vertrag .. ....................................................................... 11 Forschungskontext, methodische Perspektiven und Aufbau der Untersuchung ......................................................................... 24 1 Welcher Titel ist der richtige und weshalb? Zeitgenössische Literatur zum Titulaturgebrauch ................................... 1.1 Auswahl der Autoren und gattungsgeschichtliche Einordnung . . .... 1.2 Alles für die Ehre: John Selden, Titles of Honor (1614/1631) ............ 1.2.1 Gegenstand und Gliederung des Werkes ................................... 1.2.2 Kaiser- und Königstitel europäischer Souveräne – Seldens Begriff vom Emperor ........................................................ 1.2.3 Selden und die Frage nach dem Präzedenzrecht ...................... 1.3 Abraham de Wicquefort, L’Ambassadeur et ses fonctions (1676/1690) .................................................................................................. 1.3.1 Competences: Wicquefort über Rangordnung, Rangstreit und die Rolle der Titulatur . . ..................................... 1.3.2 Rang und Titulatur in Dokumenten des diplomatischen Austauschs .................................................... 1.4 Zacharias Zwantzig, Theatrum praecedentiae – die Montage zweier Ordnungsprinzipien ............................................. 1.4.1 Gliederung und Zielsetzung des Werks . . .................................... 1.4.2 Präzedenzrecht und souveräne Gleichheit bei Zwantzig ....... 1.4.3 Zacharias Zwantzig und die Ordnung der europäischen Potentaten um 1700 ....................................... 1.5 Johann Christian Lünig, Theatrum Ceremoniale (1719/20) ............. 1.5.1 Gliederung des Stoffes und Versuch der Systematisierung bei Lünig ..................................................... 1.5.2 Lünigs Erläuterungen zum europäischen Kanzleizeremoniell 1.5.3 Das Theatrum ceremoniale als Briefsteller . . ................................ 1.6 Jean Rousset de Missy, Mémoires sur le rang et la préséance (1727/1746) ................................................................................................... 1.6.1 Zielsetzung und Anlage des Werks . . ............................................ 1.6.2 Rangordnung und Gleichheitsargument bei Rousset de Missy ....................................................................... 1.7 Resümee zur Traktatliteratur ....................................................................
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Inhalt
2 Titulaturen in völkerrechtlichen Verträgen, 1648 – 1748: quantifizierende Perspektiven ......................................................................... 2.1 Desiderat quantitativer Erhebungen ...................................................... 2.2 Datenbasis ..................................................................................................... 2.3 Der Aufbau einer Titulatur – quantitative Befunde .......................... 2.4 Zu unsern Zeiten sind die Beyworte Mode – der Attributgebrauch in der Herrschertitulatur .................................. 2.5 Vertragsauswertungen zu einzelnen Mächten ...................................... 2.5.1 Es kann nur einen geben? Die kaiserliche Titulatur und der Anspruch auf Vorrang ..................................................... 2.5.2 Der französische Königstitel ......................................................... 2.5.3 England – Titulaturen als Signale des Umbruchs ................... 2.5.4 Die brandenburgisch-preußischen Titel – vom Kurfürsten zum König .. ......................................................... 2.5.5 Großfürst, König, Kaiser? Die Titulatur der russischen Zaren . . ...................................................................... 2.5.6 Savoyen-Sardinien – neue Könige mit geostrategischer Sonderposition .......................................... 2.5.7 Portugal im 17. und 18. Jahrhundert – das Königtum der Braganza im Spiegel der Titulatur ............ 2.5.8 Kurzes Resümee ............................................................................... 3 Die Titulatur des neuen Herrschers: vier Fallbeispiele ........................... 3.1 Portugal um 1648: König Johann IV. von Braganza und der Streit um den wahren Rex Lusitaniae ..................................... 3.1.1 Der portugiesische Thronstreit und der Westfälische Friedenskongress .. ............................................. 3.1.2 Der Westfälische Friedenskongress als europäisches Forum und als Austragungsort von Rangkonflikten ............................ 3.1.3 Zurücksetzung von Anfang an: Gefährdungen der portugiesischen Mission in Westfalen ................................. 3.1.4 Die schwedische Unterstützung und der Weg zur Integration Portugals in den Friedensvertrag .. ................... 3.1.5 Medienwechsel – der portugiesische Thronstreit und die westfälischen Verhandlungen im Licht der Druckmedien . . .. 3.1.6 Resümee ............................................................................................. 3.2 England nach der Glorious Revolution: Wilhelm III. von Oranien – ein ‚besserer Stuart‘? . . ............................ 3.2.1 Der Generalstatthalter und Kaiser Leopold I. . . ........................ 3.2.2 Die Glorious Revolution 1688/89 und die Erlangung der Königswürde . . .................................................
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Inhalt
3.2.3 Die Inszenierung von Kontinuität: frühe Verträge König Wilhelms III. mit den Niederlanden und Dänemark ............ 3.2.4 Der englisch-brandenburgische Vertrag von 1690 .................. 3.2.5 Wilhelms Forderung nach ‚titularischer Meistbegünstigung‘ gegenüber Kaiser Leopold I. ................... 3.2.6 Die Positionierung Wilhelms III. durch seinen Herrschertitel – eine Zusammenfassung ................................... 3.3 Preußen 1700 – 1732: der preußische Königstitel – eine Titulatur ‚aus dem Setzkasten‘ .. ....................................................... 3.3.1 Brandenburg-Preußen und die europäischen Mächte um 1700 .............................................. 3.3.2 In der titulatur und anderen ehrbezeigungen keinen unterscheid? – Friedrichs I. Königstitel in Krontraktat und Zeremonialliteratur .................................... 3.3.3 Eine Titulatur ‚aus dem Setzkasten‘: Titelkonstrukteure unter Beobachtung ..................................... 3.3.4 Der Streit um den Titel des Prinzen von Oranien, 1702 – 1732 .......................................................................................... 3.3.5 Die Könige in Preußen und ihre neuen Titel – ein kurzes Resümee . . ........................................................................ 3.4 Maria Theresia und der Kaiserinnentitel – eine ‚ausgeliehene‘ Würde? .. ...................................................................... 3.4.1 Maria Theresia, 1740: das Erbe der Erzherzogin und Königin ...................................................................................... 3.4.2 Frankfurt, 1745: Kaiserin ohne Krone? Selbstverständnis und Titulatur der Kaiserin-Königin bis 1747 ........................... 3.4.3 Altbekannt: Passaffären zum Auftakt der Aachener Verhandlungen ....................................................... 3.4.4 Kaiserin-Königin/Königin-Kaiserin – das Problem der rechten Ordnung .............................................. 3.4.5 Maria Theresia als Kaiserin in der europäischen Politik – Resümee .............................................................................................
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Schluss ........................................................................................................................... 293 Quellen und Literatur .............................................................................................. Ungedruckte Quellen . . ........................................................................................ Gedruckte Quellen .............................................................................................. Literaturverzeichnis .............................................................................................
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Inhalt
Anhang . . ........................................................................................................................ 325 Tabellen – Auswertung zum Prädikatgebrauch ............................................ 325 Verzeichnis aller bearbeiteten Verträge ........................................................... 326 Personenregister . . ....................................................................................................... 354
Vorwort
Die vorliegende Untersuchung stellt eine für den Druck überarbeitete und teilweise um aktuelle Forschungsliteratur ergänzte Fassung meiner im Wintersemester 2011/12 von der Philologisch-Historischen Fakultät der Universität Augsburg angenommenen Habilitationsschrift dar. In der Zeit der Entstehung dieser Studie haben mich viele unterstützt, wofür ich sehr zu danken habe. Erste Überlegungen, sich der Gestaltung und Funktion frühneuzeitlicher Herrschertitulaturen eingehender zu widmen, wurden in Gesprächen mit Johannes Burkhardt am Beginn meiner Assistenz am Lehrstuhl für Geschichte der Frühen Neuzeit der Universität Augsburg entwickelt – im ersten Anlauf war es die Titulatur der Kaiserin-Königin Maria Theresia, die den Anstoß für weitere Recherchen gab. Das von der Philologisch-Historischen Fakultät der Universität Augsburg eingesetzte Fachmentorat, dem zunächst außer Johannes Burkhardt als Vorsitzendem Wolfgang E. J. Weber, Andreas Wirsching und als externes Mitglied Heinz D uchhardt angehörten, hat mich bei meinem Vorhaben mit zahlreichen Anregungen stets unterstützt und mich zu jenem Maß an Pragmatismus ermutigt, das nötig war, um meine Forschungsarbeiten parallel zur Assistenz voranzutreiben. Als neuer Ordinarius für Geschichte der Frühen Neuzeit an der Universität Augsburg erklärte Lothar Schilling sich im Wintersemester 2008/09 bereit, künftig dem Fachmentorat anzugehören; er hat das Projekt mit großem Einsatz und präziser Kritik begleitet. Unterstützung und zahlreiche Denkanstöße wurden mir in vielen Gesprächen und bei der Vorstellung meiner Arbeit bei Tagungen und Workshops zuteil. Nicht alle Gesprächspartner, denen ich herzlich danke, können hier namentlich aufgeführt werden; erwähnen will ich an dieser Stelle Christoph Kampmann, Maximilian Lanzinner, Michael Rohrschneider, Inken Schmidt-Voges, Heinhard Steiger und Siegrid Westphal. Die Projektgruppe „Europäische Friedensverträge der Vormoderne“ am Leibniz-Institut für Europäische Geschichte in Mainz gab mir in einer frühen Arbeitsphase wichtige Hinweise; die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Forschungsstelle „Acta Pacis Westphalicae“ stellten mir bereitwillig Unterlagen aus laufenden Editionsarbeiten zur Verfügung. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verschiedener Archive und Bibliotheken haben mich engagiert und sachkundig beraten, insbesondere im Haus-, Hofund Staatsarchiv Wien, im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz in Berlin, in den National Archives in Kew und in der British Library, London. Die Hilfskräfte am Lehrstuhl für Geschichte der Frühen Neuzeit beschafften fleißig Quelleneditionen und Forschungsliteratur. Karen F roitzheim M. A. hat sich durch die präzise Eingabearbeit an der Vertrags-Datenbank als Basis
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Vorwort
einer quantifizierenden Analysen zum Titulaturgebrauch besondere Verm dienste erworben. Den Herausgebern der Reihe „Norm und Struktur“ bin ich für die Aufnahme der Arbeit in diese Reihe dankbar. Gert Melville hat sich mit besonderem Engagement für das Erscheinen dieses Bandes eingesetzt. Andreas Gestrich hat mit einem zusätzlichen Fachgutachten den erfolgreichen Antrag beim Förderungsfonds Wissenschaft der VG Wort zur Förderung der Drucklegung ermöglicht. Den Mitarbeitern des Böhlau Verlages danke ich für ihre kompetente und geduldige Betreuung der Drucklegung, namentlich Elena Mohr, Dorothee Rheker-Wunsch, Julia Beenken und Sandra Hartmann. Meine Freunde haben jahrelang das hohe Arbeitspensum – und die damit verbundenen knappen Freiräume für Privates – toleriert. Am geduldigsten war zum wiederholten Male meine Familie, so mein Vater, der den Fortgang der Arbeiten noch bis zum Jahr 2010 begleiten konnte, und schließlich meine Schwester Anita, die immer für mich da war. Allen gilt mein herzlicher Dank. Augsburg, im Januar 2017 Regina Dauser
Einführung
Titulatur, Zeremoniell, Vertrag Wer sich mit frühneuzeitlichen Reflexionen zum Gebrauch von Herrschertiteln beschäftigt, stellt rasch fest: Hier beginnt offenbar unsicheres Terrain. In der Kommunikation mit europäischen Herrschern die korrekte Anrede, die erforderlichen Titel richtig zu gebrauchen, bezeichnete Johann Christian Lünig, Autor des zeitgenössisch breit rezipierten Theatrum ceremoniale, 1720 als eine von den delicatesten und veränderlichsten Materien in der Welt.1 Geht man etwas weiter zurück in die 1670er Jahre, verändert sich der Befund nicht. Abraham de Wicquefort, Verfasser des wohl berühmtesten Diplomatenhandbuchs der Frühen Neuzeit, bemerkte zur Titulierung von Herrschern, grundlegend sei der Eindruck der irregularité, qu’on remarque en tous les actes de cette nature.2 1 Lünig, Johann Christian, Theatrum ceremoniale historico-politicum oder Historisch- und politischer Schau-Platz Aller Ceremonien, Welche bey Päbst- und Kayser- auch Königlichen Wahlen und Crönungen, erlangten Chur-Würden, Creirung zu Cardinälen und Patriarchen, Ertz- und Bischöfflichen Einweyhungen, Niederlegung Cron und Scepters, Ernennung zu Successoren, Erwehlung derer Dogen zu Venedig und Genua, grosser Herren Huldigungen, Lehns-Empfängnissen, Kriegs- und Achts-Erklärungen/Conciliis, Reichs-Wahl Churfürstl. Collegial-Deputatios- Crayß- Fürsten- Grafen- Ritter- Städte- Land- und anderen Tagen, hohen Gerichten, auch andern ausser Teutschland üblichen öffentlichen Versammlungen, dan Friedens-Tractaten und Bündnissen, Ingleichen bey Grosser Herren und dero Gesandten Einholungen, Einzügen und Zusammenkünfften, Ertheilung Audienzen, Visiten und Revisiten, Rang-Streitigkeiten, Beylagern, Tauffen und Begräbnissen, Conferirung Geist- und Weltlicher Ritter-Orden, Turnieren, Jagten, bey der Miliz, zu Wasser und zu Lande, und andern an Europäischen Höfen und sonsten, so wohl in Ecclesiasticis, als Politicis, vorangegangenen solennen Actibus beobachtet worden; Auch wie Kayser, Könige, Chur- und Fürsten, Grafen und Herren, dann Freye Republiquen, Reichs-Staats-Kriegs- und andere Geist- und Weltliche hohe und niedere Collegia, Und endlich Adel- und Unadeliche, Männund Weiblichen Geschlechts, heutigen Tages einander in Briefen tractieren, Nebst unterschiedlichen Hof-Ordnungen, Rang-Reglementen, und andern zum Hof- und CantzleyCeremoniel dienlichen Sachen […], 3 Teile in zwei Bänden, Leipzig 1719/20, Bd. 2, I. – Zu Lünig vgl. Vec, Miloš, Zeremonialwissenschaft im Fürstenstaat. Studien zur juristischen und politischen Theorie absolutistischer Herrschaftsrepräsentation (Ius Commune, Sonderheft, 106), Frankfurt/M. 1997, 63 – 79. Vgl. auch die Erläuterungen zu Lünig im ersten Teil der vorliegenden Untersuchung. 2 Vgl. Wicquefort, Abraham de, L’Ambassadeur et ses fonctions. Par Monsieur de Wicquefort, Conseiller aux Conseils d’Estat & Privé du Duc de Brunswic & Lunebourg Cell & c. Dernière édition, augmentée des Réflexions sur les mémoires pour les Ambassadeurs. De la réponse à l’auteur et du Discours historique de l’élection de l’Empereur, & des Electeurs par le même auteur. […] 3 Bände, Köln 1690 (Erstausgabe 1676), hier Bd. 2, 143.
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Einführung
Von fundamentaler Bedeutung waren Herrschertitulaturen – wie veränderlich und problematisch im Gebrauch auch immer – offenbar gleichwohl, urteilte doch der Zeremonialwissenschaftler Zacharias Zwantzig 1706: Und wie also derer grossen Puissancen Person und Qualität heilig/und in Sacra Veneratione stehet; Also ist deroselben Dignität/Stand/Nahme und Herrlichkeit auch als ein Sanctuarium zu respectiren.3 Der Name, der Titel des Herrschers war bei Zwantzig und bei etlichen seiner ‚Kollegen‘ als Konsequenz eines sakralen Herrscherverständnisses ein Gegenstand mit ‚heiligem‘ Charakter – aus dem für dessen Träger der Anspruch auf entsprechende Ehrungen abgeleitet wurde.4 Für die „Ehrsemantik“ vormoderner Herrschaft waren die Titulaturen der Potentaten freilich fundamental.5 Ohne sichtbaren Ausdruck der Ehre, über 3 Zwantzig, Zacharias (Erstauflage unter dem Pseudonym Ehrenhart Zweyburg), Theatrum Praecedentiae oder Eines Theils Illustrer Rang-Streit, Andern Theils Illustre Rang-Ordnung, Wie nemlich Die considerablen Potenzen und Grandes in der Welt, als Christliche, Mahometanische und Heydnische, die Päbste, Kayser, Könige, Cron- und Scepter-Erben, Churfürsten, Churfürstinnen, Chur-Printzen, Princeßinnen, Souveraine, Printzen, Groß-Herzoge und Groß-Fürsten, Herzoge, Hohe Staaten, Republiquen, Land-Grafen, und andere Puissancen; Dann auch die Cardinäle, Patriarchen, Bischöffe, Fürsten, Praelaten, Grafen, Herren, Erleuchtete Personen und Familien, Verschiedenen Characters und Titulatur, als wovon in dem Contextu dieses Wercks die Erleuchtung mit mehreren erhellet: Ferner die Teutsche Reichs-Städte und andre des Römischen Reichs Unmittelbahre Glieder, Vornehme und andere Eingesessene, Nach Qualität ihres Standes, Namens, Dignität und Characters samt und sonders, in der Präcedentz, in dem Rang und Tractamente streitig seynd und competieren/Dann: Wie dieselbe zu respectieren: Sie auch hierinnen sich selbst, und dero Bevollmächtigte Ministri bey und in Solennitäten und Conventen betragen, Abgetheilet In Zwey Theile: und Jungen Standes-Personen, antretenden Negotianten und Ministern zur nützlichen Nachricht ex Manuscripto in den Druck gegeben, Berlin 1706, Vorrede, X. 4 So auch Leibniz im Kontext seiner Reflexionen zur preußischen Königswürde, vgl. Leibniz, Gottfried Wilhelm, Anhang, betreffend dasjenige, was zu einem Könige erfordert wird, in: ders., Deutsche Schriften, hrsg. von Gottschalk E. Guhrauer, Berlin 1840 (ND Hildesheim 1966), Bd. 2, 303 – 312, hier bes. 306: Ein König ist, der also heißet, und dem die dem Namen, der Gewohnheit nach, anhängenden Ehrenrechte zukommen. – Zu den Ausführungen Leibniz’ im Hinblick auf die preußische Krone und der Bedeutung des Herrschertitels vgl. Stollberg-Rilinger, Barbara, Honores regii. Die Königswürde im zeremoniellen Zeichensystem der Frühen Neuzeit, in: Dreihundert Jahre preußische Königskrönung. Eine Tagungsdokumentation (Forschungen zur brandenburgischen und preußischen Geschichte, Beiheft 6), hrsg. von Johannes Kunisch, Berlin 2002, 1 – 26, bes. 6 – 8. – Entsprechend unter den Zeremonialschriftstellern auch prägnant Lünig, Theatrum ceremoniale, Bd. 1, Teil 2, 3: Daß aber dieser oder jener Hof […] diese oder jene Ehren-Bezeugung, und zwar seinem Vorgehen nach von Rechts wegen praetendiret, solches gründet sich auf verschiedene Titul. 5 Zur Begrifflichkeit und Einordnung der Titulaturen im Kontext der Erforschung des Ehrkonzepts vgl. Dinges, Martin, Ehre als Thema der Historischen Anthropologie. Bemerkungen zur Wissenschaftsgeschichte und zur Konzeptualisierung, in: Verletzte Ehre. Ehrkonflikte in Gesellschaften des Mittelalters und der Frühen Neuzeit, hrsg. von Klaus Schreiner/
Titulatur, Zeremoniell, Vertrag
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die sich Angehörige aller Stände, so und in besonderem Maße auch der herrschende Stand und zumal die Monarchen definierten, wurde die Positionierung der Potentaten nicht fassbar; umgekehrt konnte das Vorenthalten der beanspruchten titularischen Ehrungen, geschah es bewusst oder unbewusst, als direkter, ehrabschneidender Affront interpretiert werden.6 Die Ehre des Herrschers „als zentrale Komponente der fürstlichen und staatlichen Autorität“ zu kränken, hieß, seine Herrschaft, seine Würde und Größe, ja seine Identität anzutasten oder in Zweifel zu ziehen und gegebenenfalls sein Ansehen unter den Mächten zu beschädigen.7 Herrschertitel als Bestandteil dieser Ehrsemantik wiesen über ihre Träger(innen), wie noch darzulegen sein wird, vielfach hinaus, sie evozierten, wie sich leicht anhand der Reihung von Herrschaftstiteln über zahlreiche Territorien erschließt, die Geschichte einer Dynastie beziehungsweise eines Reiches. Mit der Einforderung und dem Gebrauch der – aus der Sicht des Trägers oder der Gerd Schwerhoff (Norm und Struktur, 5), Köln/Weimar/Wien 1995, 29 – 62, bes. 32 – 37, 53, wörtliches Zitat 36. – Zur Wort- bzw. Begriffsgeschichte ausführlich bereits Zunkel, Friedrich, Art. ‚Ehre, Reputation‘, in: Geschichtliche Grundbegriffe, Bd. 2, hrsg. von Otto Brunner/Werner Conze/Reinhart Koselleck, Stuttgart 1975, 1 – 63. 6 Zur Ehre als zentraler Kategorie adeligen Lebens vgl. Graf, Klaus, Art. ‚Adelsehre‘, in: Enzyklopädie der Neuzeit, hrsg. von Friedrich Jaeger, Bd. 1, Stuttgart/Weimar 2005, 54 – 56; Wrede, Martin/Carl, Horst (Hrsg.), Zwischen Schande und Ehre. Erinnerungsbrüche und die Kontinuität des Hauses. Legitimationsmuster und Traditionsverständnis des frühneuzeitlichen Adels in Umbruch und Krise (Veröffentlichungen des Instituts für europäische Geschichte Mainz, Beiheft 73), Mainz 2007, darin besonders: Dies., Einleitung: Adel zwischen Schande und Ehre, Tradition und Traditionsbruch, Erinnerung und Vergessen, in: Zwischen Schande und Ehre. Erinnerungsbrüche und die Kontinuität des Hauses. Legitimationsmuster und Traditionsverständnis des frühneuzeitlichen Adels in Umbruch und Krise, hrsg. von dens. (Veröffentlichungen des Instituts für europäische Geschichte Mainz, Beiheft 73), Mainz 2007, 1 – 24. – Ferner Backmann, Sibylle u. a. (Hrsg.), Ehrkonzepte in der Frühen Neuzeit. Identitäten und Abgrenzungen (Colloquia Augustana, 5), Berlin 1998, darin besonders Weber, Wolfgang E. J., Honor, fama, gloria. Wahrnehmungen und Funktionszuschreibungen der Ehre in der Herrschaftslehre des 17. Jahrhunderts, 70 – 98; ders., Art. ‚Ehre‘, in: Enzyklopädie der Neuzeit, hrsg. von Friedrich Jaeger, Bd. 3, Stuttgart/ Weimar 2006, 77 – 83; Schreiner, Klaus/Schwerhoff, Gerd (Hrsg.), Verletzte Ehre. Ehrkonflikte in Gesellschaften des Mittelalters und der Frühen Neuzeit (Norm und Struktur, 5), Köln/Weimar/Wien 1995. 7 Zur Diskussion der Herrscherehre und ihrer Bedeutung in der frühneuzeitlichen politischen Theorie Weber, Honor, fama, gloria, bes. 84 – 88, wörtliches Zitat 86. – Über Ehre im Kontext von Friedensverhandlungen nun Fuchs, Ralf-Peter, Über Ehre kommunizieren – Ehre erzeugen. Friedenspolitik und das Problem der Vertrauensbildung im Dreißigjährigen Krieg, in: Frieden durch Sprache? Studien zum kommunikativen Umgang mit Konflikten und Konfliktlösungen, hrsg. von Martin Espenhorst (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz: Beiheft, 91; Abteilung für Universalgeschichte), Göttingen u. a. 2012, 61 – 80, hier bes. 64 – 70. Ansehen bzw. Reputation als Faktor in den Mächtebeziehungen der Frühen Neuzeit betont Rohrschneider, Michael, Reputation als Leitfaktor in den internationalen Beziehungen der Frühen Neuzeit, in: Historische Zeitschrift 291 (2010), 331 – 352.
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Einführung
rägerin – angemessenen Titulierung stand also weit mehr auf der Agenda als T die Verwirklichung eines ‚persönlichen‘ Ehranspruches. Da der Herrscher oder die Herrscherin in der Vormoderne „weitestgehend als Person [das] Symbol der Herrschaftseinheit“ darstellte, war „die Ehre des Landes damit seine persönliche“, deren Erhaltung bzw. Wiederherstellung vor dem Hintergrund der für die Frühneuzeit insgesamt kennzeichnenden Rahmenbedingung scharfer Mächtekonkurrenz auch in Kriegsbegründungen der Frühen Neuzeit zu finden ist.8 Die formvollendete Titulierung eines Herrschers mit seinen Ehren-Namen 9 war in der Frühen Neuzeit zentraler Bestandteil des Herrschaftszeremoniells, der angemessenen, symbolischen Repräsentation und Ehrung des Herrschers durch Tat, Wort und Schrift bei Hof, im Kontakt zwischen Herrscher und Untertanen oder bei Begegnungen von Gesandten.10 Die korrekte Formulierung der Titulaturen wurde als Unterabteilung zeitgenössischer Zeremonialschriften im „Kanzleizeremoniell“ 11 festgehalten und bildete die Grundlage für jeglichen schriftlichen Austausch mit und zwischen Fürstenhöfen, so auch in Verträgen und jeglichen Arten von Urkunden. Europäische Politik wurde, sieht man von den wenigen frühneuzeitlichen Republiken ab, in dieser Zeit in erster Linie von gekrönten Häuptern ‚gemacht‘, war geprägt von personalen Herrschaftsbeziehungen und sozialen Beziehungen auf europäischer Ebene in einer société des princes, die verwandtschaftlich wie politisch vielfach verflochten war.12 So wurden auch Verträge zwischen den Mächten entsprechend – für das gesamte Gemeinwesen – von den Herrschern geschlossen, die mit ihrer Titulatur namentlich im Vertrag als Parteien Erwähnung fanden, ausgehandelt von deren Gesandten.13 8 Vgl. hierzu Tischer, Anuschka, Offizielle Kriegsbegründungen in der Frühen Neuzeit. Herrscherkommunikation in Europa zwischen Souveränität und korporativem Selbstverständnis (Herrschaft und soziale Systeme in der Frühen Neuzeit, 12), Berlin u. a. 2012, bes. 151 – 158, Zitat 155. 9 Vgl. die Definition bei Lünig, Theatrum ceremoniale, Bd. 2, 2. 10 Vgl. Vec, Zeremonialwissenschaft, 139; vgl. Stollberg-Rilinger, Barbara, Art. ‚Herrschaftszeremoniell‘, in: Enzyklopädie der Neuzeit, Bd. 3, hrsg. von Friedrich Jäger, Tübingen 2006, 416 – 424. Zum Repräsentationsbegriff immer noch grundlegend: Hofmann, Hasso, Repräsentation. Studien zur Wort- und Begriffsgeschichte von der Antike bis ins 19. Jahrhundert, Berlin 1974, bes. 374 – 4 04. – Zur Zeremonialforschung vgl. auch die im ersten Teil der Untersuchung angeführte Literatur. 11 Lünig, Theatrum ceremoniale, widmete dem Kanzleizeremoniell in einem eigenen, zweiten Band gar eine eigene große Abteilung seines Zeremonial-Kompendiums. Vgl. dazu den ersten Teil der Untersuchung. 12 Vgl. Bély, Lucien, La société des princes. XVIe–XVIIIe siècle. Paris 1999. 13 Grundlegendes zu Vertragsgestaltung und Titulatur anhand zahlreicher Beispiele bei Steiger, Heinhard, Vorsprüche zu und in Friedensverträgen der Vormoderne, in: Kalkül – Transfer – Symbol. Europäische Friedensverträge der Vormoderne (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz, Beihefte online 1), hrsg. von Heinz Duchhardt/Martin
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Insbesondere die performative Seite des Zeremoniells – Herrscher- und Ge sandteneinzüge, Krönungen, Stationen im Tagesablauf der Herrscher, Friedensverhandlungen, bei denen Gesandte als Stellvertreter agierten etc. – wurde mittlerweile in zahlreichen Studien in ihrer Bedeutung für die Sichtbarmachung und Bestätigung politischer Ordnungen und Geltungsansprüche herausgestellt. Diese Akte symbolischer, zeichenhaft verdichteter Kommunikation wurden damit vom lange nachwirkenden aufklärerischen Verdikt leerer, der Lächerlichkeit preiszugebender Rituale befreit.14
Peters, Mainz 2006, Abschnitt 6 – 4 0. – Die Gesandtenränge wurden seit dem 16. Jahrhundert ausdifferenziert; dem Ambassadeur als hochrangigstem Gesandten standen als dem Repräsentanten seines Herren dieselben Ehrerweise zu wie dem Herrscher selbst. Vgl. dazu immer noch Markel, Erich H., Die Entwicklung der diplomatischen Rangstufen, Erlangen 1951. Vgl. hierzu auch Vec, Miloš, „Technische“ gegen „symbolische“ Verfahrensformen? Die Normierung und Ausdifferenzierung der Gesandtenränge nach der juristischen und politischen Literatur des 18. und 19. Jahrhunderts, in: Vormoderne politische Verfahren (Zeitschrift für Historische Forschung, Beiheft 25), hrsg. von Barbara Stollberg-Rilinger, Berlin 2001, 559 – 587. 14 Zur aufklärerischen Abwertung des Zeremoniells und ihren Folgen für die diplomatiegeschichtliche Forschung vgl. zusammenfassend (mit weiterführender Literatur) Bély, Lucien, Das Wissen über das diplomatische Zeremoniell in der Frühen Neuzeit, in: Alles nur symbolisch? Bilanz und Perspektiven der Erforschung symbolischer Kommunikation, hrsg. von Barbara Stollberg-Rilinger u. a., Köln u. a. 2013, 141 – 159, bes. 142 f. – Zur heutigen Bewertung des Zeremoniells im kommunikativen und medialen Kontext herrscherlicher Repräsentation und Legitimation: Gestrich, Andreas, Absolutismus und Öffentlichkeit. Politische Kommunikation in Deutschland zu Beginn des 18. Jahrhunderts (Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft, 103), Göttingen 1994, bes. 156 – 168, ganz besonders die zahlreichen Arbeiten Barbara Stollberg-Rilingers, zur Forschungsperspektive v. a.: Symbolische Kommunikation in der Vormoderne. Begriffe – Thesen – Forschungsperspektiven, in: Zeitschrift für Historische Forschung 31 (2004), 489 – 527; dies., Die Wissenschaft der feinen Unterschiede. Das Präzedenzrecht und die europäischen Monarchien vom 16. bis zum 18. Jahrhundert, in: Majestas 10 (2002), 125 – 150; dies., Des Kaisers alte Kleider. Verfassungsgeschichte und Symbolsprache des Alten Reiches, München 2008; für einen Überblick zur neueren Literatur der Zeremoniell- und Ritualforschung vgl. dies., Zeremoniell, Ritual, Symbol. Neue Forschungen zur symbolischen Kommunikation in Spätmittelalter und Früher Neuzeit, in: Zeitschrift für Historische Forschung 27 (2000), 389 – 4 05. – Grundlegend zur Bedeutung des Zeremoniells in der frühneuzeitlichen Diplomatie: Roosen, William, Early Modern Diplomatic Ceremonial: A Systems Approach, in: Journal for Modern History 52 (1980), 452 – 476. – Beispielhaft für Forschungsansatz, Ertrag und weitere Forschungsperspektiven in der Betrachtung der europäischen Politik der frühen Neuzeit auch der neuere Sammelband von Kauz, Ralph u. a. (Hrsg.), Diplomatisches Zeremoniell in Europa und im Mittleren Osten in der Frühen Neuzeit (Archiv für österreichische Geschichte, 141; Veröffentlichungen zur Iranistik, 52), Wien 2009; zum Forschungsansatz vgl. dort insbesondere den Beitrag von Krischer, André, Souveränität als sozialer Status. Zur Funktion des diplomatischen Zeremoniells der Frühen Neuzeit, ebenda, 1 – 32.
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Einführung
Kanzleizeremoniell und Herrschertitel, denen sich die vorliegende Untersuchung widmet, wurden für die Frühneuzeitforschung, vor allem in Verbindung mit ihrem performativen Kontext, anlässlich von Titulaturstreitigkeiten oder der Neubildung von Titulaturen thematisiert, standen jedoch bislang nicht im Fokus einer systematischen Analyse zeremoniellen Handelns.15 Die jüngsten Arbeiten, die sich mit der Verwendung von Titulaturen auseinandersetzen, konzentrieren sich vorwiegend auf den städtischen sowie auf den akademischen Bereich, waren doch Titel in der ständischen Ordnung der Frühen Neuzeit für alle Stände Teil der alltäglichen Distinktion, Ausdruck der ständisch konturierten Ehre.16 Eine Ausnahme bildet die Arbeit Daniel Damlers, der in seiner Studie zum Vertragswesen 15 Für die Mediävistik gilt ein anderer Befund, vgl. etwa Wolfram, Herwig, Intitulatio I. Lateinische Königs- und Fürstentitel bis zum Ende des 8. Jahrhunderts (Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, Ergänzungsband, 21), Graz u. a. 1967; ders. (Hrsg.), Intitulatio II. Lateinische Herrscher- und Fürstentitel im neunten und zehnten Jahrhundert (Mitteilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung, Ergänzungsband, 24), Wien u. a. 1973; Ders./ Scharer, Anton (Hrsg.), Intitulatio III. Lateinische Herrschertitel und Herrschertitulaturen vom 7. bis zum 13. Jahrhundert (Mitteilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung, Ergänzungsband, 29), Wien u. a. 1988; Schwarz, Jörg, Herrscher- und Reichstitel bei Kaisertum und Papsttum im 12. und 13. Jahrhundert (Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittelalters, 22), Wien 2003. – Vgl. für den Titel der preußischen Könige Stollberg-Rilinger, Honores regii, 6 f.; hier kann nur auf einige neuere der erwähnten Studien zu Fallbeispielen eingegangen werden, vgl. zum Majestätstitel um 1648 May, Niels F., Auseinandersetzungen um den Majestätstitel für Frankreich während der Westfälischen Friedensverhandlungen (1643 – 1648), in: Bourbon und Wittelsbach. Neuere Forschungen zur Dynastiengeschichte (Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte e. V., 33), hrsg. von Rainer Babel u. a., Münster 2010, 427 – 4 45; zu den Titulaturen der Herzöge von Savoyen und zum Titel der russischen Zaren vgl. die Beiträge von Robert Oresko und Isabel de Madariaga, in: Oresko, Robert u. a. (Hrsg.), Royal and Republican Sovereignty in Early Modern Europe. Essays in Memory of Ragnhild Hatton, Cambridge 1997, 272 – 350 (Oresko), 351 – 382 (Madariaga). Vgl. für die Kurfürsten Christ, Günter, Der Exzellenz-Titel für die kurfürstlichen Gesandten auf dem Westfälischen Friedenskongreß, in: Parliaments, Estates & Representations 19 (1999), 89 – 102. 16 Vgl. Krischer, André, Reichsstädte in der Fürstengesellschaft. Politischer Zeichengebrauch in der Frühen Neuzeit (Symbolische Kommunikation in der Vormoderne. Studien zu Geschichte, Literatur und Kunst), Darmstadt 2006; Füssel, Marian, Gelehrtenkultur als symbolische Praxis. Rang, Ritual und Konflikt an der Universität der Frühen Neuzeit (Symbolische Kommunikation in der Vormoderne. Studien zu Geschichte, Literatur und Kunst), Darmstadt 2006; Weller, Thomas, Theatrum Praecedentiae. Zeremonieller Rang und gesellschaftliche Ordnung in der frühneuzeitlichen Stadt, Leipzig 1500 – 1800 (Symbolische Kommunikation in der Vormoderne. Studien zu Geschichte, Literatur und Kunst), Darmstadt 2006; Weber, Nadir, Die Ordnung der Titel. Anredeformen und politische Kultur in der frühneuzeitlichen Republik Bern, in: Archiv für Kulturgeschichte 93 (2011), 113 – 144. – Ständeübergreifend zum Konzept der Ehre in der Frühen Neuzeit Backmann (Hrsg.), Ehrkonzepte.
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der spanischen Herrscher in der Renaissance unter anderem den Gebrauch des Königstitels in den Blick nimmt.17 Nach wie vor gibt es keine allgemeine „Titulaturenkunde“, die, wie Eckart Henning forderte, nicht nur Titulaturen in ihrer Gestaltung und sich entwickelnden Varianten verzeichnet, sondern vielmehr für Titulaturen „die Gründe ihres gesellschaftlichen Ansehens“ erschließen sollte, um sie „als Ausdruck für eine bestimmte Gesellschaftsstruktur“ erfassen zu können, anstatt sie angesichts ihrer bisweilen ermüdenden Vielzahl und Vielfalt schlicht beiseitezuschieben.18 Auch die vorliegende Untersuchung kann nur einen Ausschnitt des frühneuzeitlichen Umgangs mit Herrschertitulaturen beleuchten. Allerdings wurde mit der Zeit von 1648 bis 1748 ein deutlich größerer Zeitabschnitt als in früheren Untersuchungen zu einzelnen Fallbeispielen gewählt, um den Titulaturgebrauch ausgewählter europäischer Monarchen über einen längeren Zeitraum systematisch erfassen und analysieren zu können. Die eingangs angeführten Zitate zeitgenössischer Autoren bieten bereits erste Hinweise darauf, dass beim Einsatz von Titulaturen nicht nur stets dieselben Formeln reproduziert wurden, sondern dass Veränderungen im Titulaturgebrauch eher die Regel denn die Ausnahme bildeten. Angesichts der zentralen Bedeutung einer korrekten Titulierung gilt es, die Intentionen, Hintergründe, Bedeutung und Wirkungen dieses (veränderlichen) Titulaturgebrauchs zu eruieren. Dabei interessiert nicht nur der Aufbau der Herrschertitel und ihrer Varianten sowie deren Zustandekommen und Bedeutung, sondern auch ihr jeweiliger Verwendungszusammenhang, ihr „Ort“, nicht zuletzt auch im Hinblick auf ihre Position im jeweiligen medialen Kontext. Besonderes Augenmerk im Hinblick auf die historische Einordnung gilt jedoch zweifellos der Funktion titularischer Ansprüche im Kontext der mächtepolitischen Positionierung europäischer Herrscher. Dieser mächtepolitischen Perspektive ist wesentlich der Zuschnitt des ge wählten Untersuchungszeitraums – vom Westfälischen Frieden 1648 bis zum Frieden von Aachen 1748 – geschuldet. Beim Friedenskongress von Münster und Osnabrück, der bis dahin größten Versammlung von Gesandten europäischer Herrschaftsträger zum Zwecke der Friedensfindung, wurde nicht allein um die Beendigung dreißigjähriger Kriegshandlungen gerungen – von ebenso
17 Vgl. Damler, Daniel, Imperium Contrahens. Eine Vertragsgeschichte des spanischen Weltreichs in der Renaissance (Historische Forschungen, 27), Stuttgart 2008, bes. 434 – 454. 18 Vgl. Henning, Eckart, Titulaturenkunde. Prolegomena einer „neuen“ Hilfswissenschaft für den Historiker, in: Festschrift zum 125jährigen Bestehen des Herold zu Berlin (HeroldStudien, 4), hrsg. von Bernhart Jähnig/Knut Schulz, Berlin 1994, 293 – 310, wörtliche Zitate 310, der polemische Bezug Hennings auf Heinrich Otto Meisner und seine Archivalienkunde ebenda, 293. – Vgl. auch die Einschätzung zum Forschungsstand bei May, Auseinandersetzungen, 427 f.
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langfristiger Bedeutung waren die Versuche, den Status der am Kongress teilnehmenden Mächte in Europa und somit die Grundlagen ihrer Interaktion zu klären. Im Mittelpunkt dieser konfliktbehafteten Bestrebungen stand die Frage nach dem Verhältnis zwischen dem Konzept souveräner Gleichheit 19 einerseits und der weiterhin verbreiteten und handlungsleitenden Vorstellung andererseits, wonach unter den europäischen Potentaten eine Rangfolge zu gelten habe, die sicht- und erfahrbar gemacht werden müsse.20 Barbara Stollberg-Rilinger hat die zentrale Rolle des Westfälischen Friedenskongresses für die Entwicklung des zeitgenössischen Zeremonialwesens hervorgehoben, war doch das „Gesandtschaftszeremoniell das symbolische Medium, in dem die völkerrechtliche Kategorie der Souveränität von der Theorie in die Praxis überführt wurde und in dem der Souveränitätsanspruch von einzelnen Akteuren praktisch durchgesetzt werden musste“.21 ‚Gleich‘ war, wer von anderen Mächten als ‚gleich‘ anerkannt wurde – und diese Anerkennung wurde zum Gegenstand zahlreicher Konflikte der bislang als ‚rangniedrig‘ Eingestuften mit denjenigen Mächten, die an ihrem herausgehobenen Status festzuhalten gedachten.22 Die vor allem in der Politikwissenschaft ventilierte Vorstellung eines „Westphalian System“ souveräner, einander als ebenbürtig respektierender europäischer Staaten, das sich seit der Mitte des 17. Jahrhunderts durchgesetzt habe, wurde in den letzten Jahren in der Frühneuzeitforschung verstärkt kritisch 19 Vgl. zu diesem Grundsatz noch immer Reibstein, Ernst, Die Dialektik der souveränen Gleichheit bei Vattel, in: Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht 19 (1958), 607 – 656. – Zur Problematik der Souveränitätsargumentation für die Zeit des Westfälischen Friedens vgl. Croxton, Derek, Westphalia. The Last Christian Peace, New York u. a. 2013, 351 – 362. 20 Vgl. zum Rangstreit als „Bestandteil des internationalen Machtkampfes“ Gestrich, Absolutismus und Öffentlichkeit, 158, zur Bedeutung der Titulatur in diesem Zusammenhang ebenda, 161; mit besonderem Bezug auf die Präzedenz Stollberg-Rilinger, Feine Unterschiede. 21 Stollberg-Rilinger, Barbara, Völkerrechtlicher Status und zeremonielle Praxis auf dem Westfälischen Friedenskongreß, in: Rechtsformen internationaler Politik. Theorie, Norm und Praxis vom 12. bis 18. Jahrhundert (Zeitschrift für Historische Forschung, Beiheft 45), hrsg. von Michael Jucker u. a., Berlin 2011, 147 – 164, bes. 150 – 153, Zitat 150 f.; vgl. ferner Bély, Lucien, Souveraineté et souverains. La question du cérémonial dans les relations internationales à l’époque moderne, in: Annuaire-Bulletin de la Société de l’Histoire de France 1993, 27 – 43. Niels F. May hat das westfälische Kongresszeremoniell einer eingehenden Studie unterzogen, die nun im Druck vorliegt, vgl. ders., Zwischen fürstlicher Repräsentation und adliger Statuspolitik. Das Kongresszeremoniell bei den westfälischen Friedensverhandlungen (Beihefte der Francia, 82), Ostfildern 2016. 22 Vgl. zur Grundproblematik des Gleichheitsanspruchs und seiner Durchsetzung auch Schnettger, Matthias, Rang, Zeremoniell, Lehnssysteme. Hierarchische Elemente im europäischen Staatensystem der Frühen Neuzeit, in: Die frühneuzeitliche Monarchie und ihr Erbe. Festschrift für Heinz Duchhardt zum 60. Geburtstag, hrsg. von Ronald G. Asch u. a., Münster u. a. 2003, 179 – 195.
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hinterfragt.23 Hervorgehoben wird für die frühneuzeitliche Mächtepolitik nach 1648 vielmehr die enorme Flexibilität der europäischen Mächteordnung, die Veränderlichkeit der Positionierung ihrer miteinander konkurrierenden Akteure – gespiegelt in der grundsätzlichen Unabgeschlossenheit des auf den ersten Blick so starr wirkenden, zusehends verschriftlichten Zeremoniells der höfischen Interaktion.24 Diese Mächtekonkurrenz gehörte zu den Konstanten der europäischen Politik. Bis 1748, dem Ende des hier angesetzten Untersuchungszeitraums, und darüber hinaus ergaben sich erhebliche Verschiebungen in dieser Mächteordnung, vom Machtverlust Spaniens und Schwedens über Englands neue Rolle in der Mächtepolitik des Kontinents bis zum Aufstieg Preußens – um hier nur wenige Beispiele anzuführen und von den zahlreichen Bündniswechseln nicht zu reden.25 Hier setzt die zentrale These der vorliegenden Studie an: Als Bestandteil des frühneuzeitlichen Herrscherzeremoniells wirkten auch Herrschertitulaturen in ihrer bereits zeitgenössisch konstatierten Veränderlichkeit als ‚Gradmesser‘ für die mächtepolitische Positionierung und den Handlungsspielraum ihrer Träger; ihre Verwendung im Symbolgebrauch frühneuzeitlicher Mäch-
23 Zur Frage nach der Parität und der Dekonstruktion des Mythos vom „Westfälischen Sys tem“ vgl. Duchhardt, Heinz, Das „Westfälische System“: Realität und Mythos, in: Ak teure der Außenbeziehungen. Netzwerke und Interkulturalität im historischen Wandel (Externa. Geschichte der Außenbeziehungen in neuen Perspektiven, 1), hrsg. von Hillard von Thiessen/Christian Windler, Köln u. a. 2010, 393 – 4 01; ders., Westphalian System. Zur Problematik einer Denkfigur, in: Historische Zeitschrift 269 (1999), 305 – 315. Zur völkerrechtlichen Bedeutung des Westfälischen Friedens vgl. insbesondere die Beiträge von Heinhard Steiger und Heinz Schilling in: Duchhardt, Heinz (Hrsg.), Der Westfälische Friede. Diplomatie – politische Zäsur – kulturelles Umfeld – Rezeptionsgeschichte (Historische Zeitschrift, Beihefte, N. F., 26), München 1998 sowie Kampmann, Christoph, Das „Westfälische System“, die Glorreiche Revolution und die Interventionsproblematik, in: Historisches Jahrbuch 131 (2011), 65 – 92, bes. 66 f. – Pointiert zu Gleichordnung der Mächte, Religionsfrieden und verfassungsgeschichtlicher Leistung: Burkhardt, Johannes, Das größte Friedenswerk der Neuzeit. Der Westfälische Frieden in neuer Perspektive, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 49 (1998), 592 – 618. 24 Vgl. hierzu jüngst noch einmal Bély, Wissen, bes. 158 f. 25 Vgl. dazu konzise im Überblick Duchhardt, Heinz, Balance of Power und Pentarchie. Internationale Beziehungen 1700 – 1785 (Handbuch der Geschichte der internationalen Beziehungen, 4), Paderborn u. a. 1997, 7 – 11 u. ö. – Zur Diskussion der Mächtepolitik des 17. und 18. Jahrhunderts vgl. ferner Burkhardt, Johannes, Die Friedlosigkeit der Frühen Neuzeit. Grundlegung einer Theorie der Bellizität Europas, in: Zeitschrift für Historische Forschung 24 (1997), 509 – 574; Kunisch, Johannes, Staatsverfassung und Mächtepolitik. Zur Genese von Staatenkonflikten im Zeitalter des Absolutismus (Historische Forschungen, 15), Berlin 1979; mit besonderem Bezug auf die europäische Diplomatie: Bély, Lucien, L’art de la paix. Naissance de la diplomatie moderne XVIe–XVIIIe siècle (Le noeud gordien), Paris 2007, bes. 8 – 10.
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tepolitik gilt es im Folgenden für den bezeichneten Zeitraum zu erschließen, anhand eines noch näher vorzustellenden Sets quantitativer und qualitativer Untersuchungsmethoden. Wie der Beginn des Untersuchungszeitraums, die westfälischen Friedensverhandlungen, so stellt auch sein Ende, das Jahr 1748, ein markantes Datum der europäischen Mächtepolitik dar, wird der Friede von Aachen doch als Bestätigung der Etablierung Preußens als europäische Großmacht gesehen, die eine weitreichende Verschiebung im Verhältnis der europäischen Mächte darstellt und die bereits erwähnte Veränderlichkeit ihrer jeweiligen Position im Gesamtsystem illustriert. Das Haus Habsburg unter Maria Theresia, das Heilige Römische Reich unter Franz I., die europäischen Mächte insgesamt sahen sich mit Preußen als neuem erstrangigem Machtfaktor konfrontiert. Das 19. Jahrhundert suchte die damit konstituierte hierarchische Konstellation führender europäischer Mächte mit dem Begriff der „Pentarchie“ zu erfassen. Von Mächtehierarchien und -gruppierungen ist jedoch bereits im mächtepolitischen Sprachgebrauch der Mächtepolitik des 18. Jahrhunderts die Rede, man denke etwa an die Formeln von den puissances à intérêts généraux oder dem senatus gentium, wie die großen Mächte Mitte des 18. Jahrhunderts zeitweise bezeichnet wurden – deren (selbst definierte) Politik eines ‚übergeordneten Interesses‘ auch schon zeitgenössisch durchaus in der Kritik stand.26 Inwiefern die Eingruppierung unter die mehr oder minder einflussreichen Mächte Europas Einfluss auf die Titulatur oder auf die Beanspruchung von Titeln haben konnte, wird ebenfalls zu untersuchen sein.27 Potentielle Quellenkorpora, um den frühneuzeitlichen Gebrauch von Herrschertitulaturen zu untersuchen, gibt es viele. Für die vorliegende Studie wurde der Schwerpunkt auf völkerrechtliche Verträge gelegt, und dies aus mehreren Gründen,
26 Vgl. etwa im Hinblick auf die Auswirkungen einer von den Interessen der großen Mächte her definierten Gleichgewichtspolitik beispielhaft die Positionen bei Justi, Johann Heinrich Gottlob, Die Chimäre des Gleichgewichts von Europa, eine Abhandlung worinnen die Nichtigkeit und Ungerechtigkeit dieses zeitherigen Lehrgebäudes der Staatskunst deutlich vor Augen geleget, und dabey allenthalben neue und rührende Betrachtungen über die Ursachen der Kriege und dem wesentlichen Grunde, worauf die Macht eines Staates ankommt, beygebracht werden, Altona 1758, oder Adelung, Johann Christoph, Pragmatische Staatsgeschichte Europens von dem Ableben Kaiser Carls 6 an bis auf die gegenwärtigen Zeiten aus sichern Quellen und authentischen Nachrichten mit unpartheischer Feder vorgetragen und mit nötigen Beweisschriften bestätiget, Bd. 1, Gotha 1762. – Zu den Prämissen europäischer Mächtepolitik Mitte des 18. Jahrhunderts vgl. mit besonderer Berücksichtigung der österreichischen Diplomatie Schilling, Lothar, Kaunitz und das Renversement des alliances. Studien zur außenpolitischen Konzeption Wenzel Antons von Kaunitz (Historische Forschungen, 50), Berlin 1994, bes. 327 – 380. 27 Vgl. Duchhardt, Balance of Power, 10 f.
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deren wichtigste hier genannt werden sollen.28 Zum einen sind völkerrechtliche Verträge das Produkt der Verhandlungen mindestens zweier Vertragsparteien, die in der Vertragsurkunde namentlich benannt werden müssen und durch Unterschriften und Siegel ihr Einverständnis mit den angeführten Vertragsinhalten dokumentieren.29 Damit sind die im Vertrag verwendeten Titulaturen nicht allein Selbstbezeichnung, wie etwa bei herrscherlichen Gesetzen und Erlassen an die Untertanen, sondern auch Fremdbezeichnung eines Herrschers durch seine/n Vertragspartner – wie die Einwilligung in den Vertrag und in die jeweils verwendete Titulatur dabei jeweils zustande kam, muss am jeweiligen Einzelfall erschlossen werden. Entsprechend wird hier – wie schon bei der zeitgenössischen Bezeichnung – nicht streng zwischen „Titeln“ als Selbstbezeichnung von Herrschern und „Titulaturen“ als Bezeichnung durch andere unterschieden.30 Ralf-Peter Fuchs hat das Bestreben, die eigene Ehre als Ausdruck der herrscherlichen Identität geltend zu machen, jüngst als „eigene Motivebene“ der Parteien in Friedensverhandlungen mit Nachdruck hervorgehoben.31 Die rechtliche Bedeutung von Verträgen zwischen den Mächten verleiht den verwendeten Herrschertiteln darüber hinaus ein besonderes Gewicht.32 Verträge dokumentierten rechtlich verbindliche Übereinkünfte, verzeichneten nicht selten auch konkrete Sanktionen im Falle der Vertragsverletzung. Friedensverträge als besonders bedeutsame Varianten des völkerrechtlichen Vertrags mussten ausgerufen oder im Druck vorgelegt werden, um der Pflicht zur öffentlichen Verbreitung Genüge zu tun.33 Sie wurden zugleich Teil des ‚positiven‘ europäischen Völkerrechts, des ius publicum europaeum, das als Teil des Völkerrechts vom 16. Jahrhundert an als solches begrifflich vom ‚natürlichen‘ Völkerrecht geschieden wurde. Als gemeinsames völkerrechtliches Erbe der europäischen Mächte wuchs es stetig an und wurde seit dem 17. Jahrhundert in Vertragseditionen öffentlich zugänglich gemacht, was die Publizität der Verträge selbstredend enorm steigerte.34 28 Zu den medialen Charakteristika und zur weiteren Quellenauswahl vgl. die ergänzenden Ausführungen im Kapitel „Forschungskontext, methodische Perspektiven und Aufbau der Untersuchung“. 29 Vgl. zur Bedeutung der Quellengattung ‚völkerrechtlicher Vertrag‘ konzise Fisch, Jörg, Krieg und Frieden im Friedensvertrag. Eine universalgeschichtliche Studie über Grundlagen und Formelemente des Friedensschlusses (Sprache und Geschichte, 3), Stuttgart 1979, 27 f. 30 Zur rechtsgeschichtlichen Einordnung im Überblick vgl. Schneidmüller, Bernd, Titulaturen, in: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte, hrsg. von Adalbert Erler u. a., Bd. 5, Berlin 1998, 257 – 260 sowie Steiger, Heinhard, Vertrag (staatsrechtlich – völkerrechtlich), ebenda, 842 – 852. 31 Vgl. Fuchs, Über Ehre kommunizieren, bes. 64 f., 70. 32 Zum völkerrechtlichen Vertrag, seiner Definition und seinen Bestandteilen vgl. Bittner, Ludwig, Die Lehre von den völkerrechtlichen Vertragsurkunden, Berlin u. a. 1924. 33 Vgl. Steiger, Vorsprüche. 34 Vgl. Lesaffer, Randall, War, Peace and Interstate Friendship and the Emergence of the Ius Publicum Europaeum, in: Frieden und Krieg in der Frühen Neuzeit. Die europäische Staa-
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Freilich erschließen sich Logiken des Titulaturgebrauchs nicht allein aus der Verwendung von Herrscherbezeichnungen im Vertrag, auch nicht durch die schiere Quantität der Belege. Daher werden hier archivalische Quellen just zu Vertragsverhandlungen und Titulaturkonflikten ebenso wie publizistische Erzeugnisse zum Titulaturgebrauch aus dem 17. und 18. Jahrhundert herangezogen. Ausgewählt wurden Traktate, Kompendien, Handbücher zu Titulatur und Zeremoniell – insbesondere wenn sie einen dezidiert europäischen Zuschnitt aufwiesen und sich nicht allein auf eine Macht beziehungsweise einen Hof beschränkten. In diesen Werken wurden nicht allein Titulaturen als wesentlicher Teil der zeremoniellen Ehrung vorgestellt und grundlegende Informationen zu ihrem Gebrauch gegeben, sondern, in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts zusehends mit dem Anspruch einer Zeremonial-„Wissenschaft“,35 auch eine historische Einordnung und Systematisierung versucht sowie – zumindest stellenweise – Kritik am zeitgenössischen Titulaturwesen geübt. Zur Überprüfung der These der kommunikativen Leistung von Titulaturen im Verhältnis der europäischen Mächte werden in vier Fallbeispielen zudem anhand von Verhandlungsakten, Herrscher- und Gesandtenkorrespondenzen, Memoriale u. Ä. Phasen in der Geschichte einzelner europäischer Mächte untersucht, die als Zeiten der deutlich fassbaren Neujustierung des jeweiligen Selbst- wie Fremdbildes der Herrscher(innen) auch potentielle Phasen des Wandels im titularischen Bereich waren. Die Annahme einer neuen Herrscherwürde, der Herrschaftsantritt eines Potentaten, bedingt durch das (unerwartete) Ende einer Dynastie oder einer etablierten Thronfolgeregelung, bedingt gar durch einen mehr oder minder gewaltsamen Umsturz, stellten Situationen dar, in denen Herrscheramt beziehungsweise Herrschaft entsprechend zu stabilisieren, nach innen wie außen neu zu legitimieren und entsprechend zu repräsentieren waren. Diskontinuitäten im Kontext des herrscherlichen Status- und Ehrerhalts oder der Behauptung mächtepolitischer Positionen in Europa überzeugend zu legitimieren oder ihren Zäsurcharakter zu negieren, gehörte zu den damit verbundenen Herausforderungen.36 Als Fallbeispiele wurden gewählt: Portugal um 1648 unter Johann IV. Braganza, England ab 1688 unter Wilhelm III . von Oranien, Brandenburg-Preußen um 1700 sowie 1732 unter Friedrich III./I. und Friedrich Wilhelm I., Österreich um
tenordnung und die außereuropäische Welt (Der Frieden, 2), hrsg. von Ronald G. Asch u. a., München 2001, 87 – 113. – Zu den zeitgenössischen Vertragseditionen vgl. in einer ersten systematischen Darstellung nun Durst, Benjamin, Archive des Völkerrechts. Gedruckte Sammlungen europäischer Mächteverträge in der Frühen Neuzeit (Colloquia Augustana, 34), Berlin 2016 (Einsicht in die Druckvorlage mit freundlicher Genehmigung des Verfassers). 35 Hierzu grundlegend Vec, Zeremonialwissenschaft im Fürstenstaat. 36 Zur Problematik des Traditionsbruches im Kontext herrscherlicher bzw. adeliger Wahrung der Ehre vgl. Wrede/Carl, Adel zwischen Schande und Ehre, bes. 3 – 12.
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1745 bis 1748 unter Maria Theresia. Die genannten Herrscher und die genannte Herrscherin hatten gemeinsam, dass sie sich in ihrer Rolle jeweils gänzlich neu oder zumindest deutlich anders definieren wollten oder mussten als ihre Vorgänger. Es wird zu klären sein, in welchem Umfang ihre Titulaturen, vor allem auf völkerrechtlichem Parkett, an veränderte Rahmenbedingungen angepasst wurden oder nicht, wer hier seinen Einfluss geltend machte, welche Gestaltungsmöglichkeiten insbesondere auch anderen politischen Akteuren als den Herrschern selbst eingeräumt wurden. Für die Fallbeispiele wurden nur Könige und eine Kaiserin-Königin ausgewählt, um für einen Vergleich des Titulaturgebrauchs zumindest von der Trägerschaft der Souveränität her gleiche Ausgangsbedingungen zu haben. Republiken und ihre Bezeichnung sowie die Bezeichnung ihrer Amtsträger im völkerrechtlichen Vertrag wurden als Fallbeispiele daher ausgeklammert. Sie werden allerdings als Vertragspartner der genannten Mächte durchaus mehrfach thematisiert. Die ausgewählten Herrscher repräsentieren gleichwohl ein verhältnismäßig breites Spektrum, handelt es sich doch einmal um einen König mit einem vergleichsweise bescheidenen Machtpotential wie den Portugiesen Johann IV ., Sieger im Kampf um den portugiesischen Thron gegen Spaniens Philipp IV ., ein anderes Mal um einen „Aufsteiger“ wie den Hohenzollern Friedrich III ./I., dem es gelang, in die Liga der europäischen Könige vorzustoßen. Wilhelm III . von Oranien, der niederländische Generalstatthalter, errang unter zeitgenössisch höchst umstrittenen Umständen die englische Krone; Maria Theresia, die erste (und einzige) weibliche Herrscherin über das habsburgische Erbe, sah sich nach dem Tod ihres Vaters Kaiser Karl VI . nicht nur mit der Anzweiflung ihrer Erbrechte konfrontiert, sondern auch mit dem Verlust der Kaiserkrone für die habsburgische Dynastie.37 In der jüngeren Forschung wurde hervorgehoben, der Streit um Titulaturen bei Friedensverhandlungen zwischen den europäischen Mächten habe vom Ende des 17. Jahrhunderts an zusehends an Bedeutung verloren. In der Tat wurde ab dem letzten Drittel des 17. Jahrhunderts vor der Eröffnung von Friedenskongressen, etwa in Nijmegen und Rijswijk, schriftlich niedergelegt, die Verwendung bestimmter Titulaturen nicht als Präjudiz aufzufassen; über den ‚richtigen‘ Titel und damit verbundene Ansprüche musste damit nicht ad hoc entschieden werden. So konnte vermieden werden, dass bereits der Beginn der Verhandlungen durch einen Dissens über Herrschertitel und die mit ihm verbundenen Ansprüche blockiert wurde.38 Ebenso wurden im 17. Jahrhundert Verfahren kreiert, die Konflikte 37 Zur Begrifflichkeit und Kategorisierung vgl. Duchhardt, Balance of Power. 38 Vgl. May, Niels F., Zeremoniell in vergleichender Perspektive. Die Verhandlungen in Münster/Osnabrück, Nijmegen und Rijswijk (1643 – 1697), in: L’art de la paix. Kongresswesen und Friedensstiftung im Zeitalter des Westfälischen Friedens (Schriftenreihe der Vereinigung
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um Fragen des Rangs und der Präzedenz, also des Vortritts eines herrscherlichen Gesandten vor einem anderen, vermeiden sollten – die größte Berühmtheit hat bis in die Gegenwartspolitik hinein der redensartlich verankerte runde Tisch erlangt.39 Mit derartigen Behelfen, die im Erfolgsfall von Kongress zu Kongress übernommen werden konnten,40 klammerten die Akteure auf der diplomatischen Bühne auf diese Weise allerdings phasenweise nur ein besonders heikles Thema der Mächtebeziehungen aus – was nicht mit einem Bedeutungsverlust gleichzusetzen ist. Vielmehr hatte sich offensichtlich die Erwartungshaltung gegenüber den Aufgaben europäischer Gesandtentreffen geändert; eine Entkoppelung von zeremonieller Statusrepräsentation und Verhandlungsagenda ist zu beobachten, nicht jedoch eine generelle Abwertung von Zeremoniell und Statusfragen.41 Gleichwohl wird im Kontext dieser Untersuchung auch zu fragen sein, auf welchen Feldern mächtepolitischer Betätigung Titulaturkonflikte bevorzugt ausgetragen wurden.
Forschungskontext, methodische Perspektiven und Aufbau der Untersuchung Die vorliegende Studie knüpft an aktuelle Forschungsperspektiven in der Erforschung frühneuzeitlicher europäischer Mächtepolitik sowie insbesondere völkerrechtlicher Verträge an. Die kulturgeschichtlich perspektivierte Erforschung von Diplomatie und Mächtepolitik, häufig einhergehend mit einer stärkeren Akteurszentrierung, erschließt nicht allein soziales Umfeld, personale Vernetzung und Verhaltensbedingungen der Herrscher und Diplomaten, sondern auch die Instrumente beziehungsweise Verfahren der symbolischen Interaktion, nicht zuletzt spezifische Redeweisen, Verhandlungssprachen und deren Symbolgebrauch.42
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zur Erforschung der Neueren Geschichte e. V., 34), hrsg. von Christoph Kampmann u. a., Münster 2011, 261 – 279, bes. 271 – 273. Bestimmungen zur Herstellung von Gleichheit finden sich auch in den zeitgenössischen Kongressordnungen, die sich in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts etablierten. Vgl. die tabellarische Übersicht zu Kongreßordnungen 1648 – 1748 bei Schilling, Lothar, Zur rechtlichen Situation frühneuzeitlicher Kongreßstädte, in: Städte und Friedenskongresse (Städteforschung, A 49), hrsg. von Heinz Duchhardt, Köln u. a. 1999, 83 – 107, hier 104 f. Dazu Kongressordnungen bei Schilling, Kongreßstädte. Vgl. May, Zeremoniell, 273 sowie, Erträge zur Zeremonialforschung resümierend, mit Nachdruck Bély, Wissen. Vgl. hier etwa beispielhaft mehrere Sammelbände zur frühneuzeitlichen Diplomatie bzw. Mächtepolitik: Hillard von Thiessen/Christian Windler (Hrsg.), Akteure der Außenbeziehungen. Netzwerke und Interkulturalität im historischen Wandel (Externa. Geschichte der Außenbeziehungen in neuen Perspektiven, 1), Köln u. a. 2010; Babel, Rainer (Hrsg.),
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Forschungen zum frühneuzeitlichen diplomatischen Zeremoniell, vorrangig auf performative Akte konzentriert, haben, wie bereits kurz erläutert, die Bedeutung symbolischer Kommunikation für die Interpretation frühneuzeitlichen politischen Handelns eindrücklich belegt.43 Der Titelgebrauch in völkerrechtlichen Verträgen wird hier entsprechend als Ergebnis eines Kommunikationsvorgangs betrachtet, in dessen Verlauf durch die sprachlichen Symbole der Titulaturen Aussagen zum Verhältnis zwischen Herrschern getroffen und rechtsverbindlich schriftlich fixiert werden. Eine gewichtige Rolle nimmt somit der Beziehungsaspekt sprachlichen Handelns ein und damit die Annahme, dass sich im Sprechakt mit einem „Sachinhalt“ stets auch – mehr oder minder implizit – Mitteilungen zur Beziehung der Kommunikationspartner untereinander verbinden.44 Wie performative Akte des Zeremoniells ist der Titulaturgebrauch von der ‚eigentlichen‘ politischen Interaktion der Handelnden
Le diplomate au travail. Entscheidungsprozesse, Information und Kommunikation im Umkreis des Westfälischen Friedenskongresses (Pariser historische Studien, 65), München 2005; Andretta, Stefano u. a. (Hrsg.), Paroles de négociateurs. L’entretien dans la pratique diplomatique de la fin du moyen âge à la fin du XIXe siècle (Collection de l’école française de Rome, 433), Rom 2010; Jucker, Michael u. a. (Hrsg.), Rechtsformen internationaler Politik. Theorie, Norm und Praxis vom 12. bis 18. Jahrhundert (Zeitschrift für Historische Forschung, Beiheft 45), Berlin 2011. – Zu neueren diplomatiegeschichtlichen Perspektiven im Überblick auch Rohrschneider, Michael, Neue Tendenzen der diplomatiegeschichtlichen Erforschung des Westfälischen Friedenskongresses, in: Pax perpetua. Neuere Forschungen zum Frieden in der Frühen Neuzeit (bibliothek altes Reich, 8), hrsg. von Inken SchmidtVoges u. a., München 2010, 103 – 121. Zur Thematik der diplomatischen Verhandlungen vgl. auch Köhler, Matthias, Strategie und Symbolik. Verhandeln auf dem Kongress von Nimwegen (Externa. Geschichte der Außenbeziehungen in neuen Perspektiven, 3), Köln u. a. 2011. 43 Vgl. etwa Kauz (Hrsg.), Diplomatisches Zeremoniell, und die in diesem Band publizierten Forschungsarbeiten. 4 4 Die moderne linguistische Textanalyse, ausgehend von der Sprachtheorie Karl Bühlers, ebenso die Sprachphilosophie, die moderne Kommunikationssoziologie und -psychologie haben diese Prämisse in unterschiedlichen Abtönungen zum Ausgangspunkt ertragreicher Forschungen gemacht, die intensiv von der kulturhistorischen Forschung rezipiert wurden. – Vgl. Bühler, Karl, Sprachtheorie. Die Darstellungsfunktion der Sprache. Ungekürzter Neudruck der Ausgabe Jena 1934 (UTB 1159), Stuttgart 1982. – Verhältnismäßig bekannt und bei der Analyse von Kommunikationsprozessen nach wie vor hilfreich ist Schulz von Thuns „Nachrichtenquadrat“, das jede Mitteilung in die Elemente Sachinhalt – Appell – Beziehung – Selbstoffenbarung segmentiert. Vgl. Schulz von Thun, Friedemann, Miteinander reden, Bd. 1: Störungen und Klärungen. Allgemeine Psychologie der Kommunikation, Reinbek 1994. – Der ‚Beziehungsaspekt‘ war auch – eng mit dem Titelgebrauch verbunden – in der frühneuzeitlichen Complimentierkunst ausgesprochen ausgeprägt, vgl. dazu etwa Göttert, Karl-Heinz, Kommunikationsideale. Untersuchungen zur europäischen Konversationstheorie, München 1988. Zur Rezeption sprachtheoretischer Positionen in der kulturhistorischen Forschung vgl. Stollberg-Rilinger, Symbolische Kommunikation, 498 f.
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und somit auch vom ‚Eigentlichen‘ der zwischen ihnen geschlossenen Verträge nicht zu trennen.45 Mit diesen Überlegungen nimmt die vorliegende Studie konzeptionelle wie methodische Ansätze einer Kulturgeschichte des Politischen 46 auf, die gerade den Symbolgebrauch von Herrschaftsträgern zu einem wichtigen Forschungsfeld einer kulturhistorisch perspektivierten Politikgeschichte erklärt und jeglichen Einsatz spezifischer Symbole als „Zeichen der gesellschaftlichen und politischen Selbstbeschreibung“ wertet und deutet.47 In den vergangenen Jahren sind mehrfach Einwände erhoben worden, mit einer kulturgeschichtlichen Orientierung der Politikgeschichte laufe die historische Forschung Gefahr, sich auf Nebenschauplätze des ‚Dekorativen‘ zu begeben, das wenig Relevanz besitze und am ‚Eigentlichen‘ politischen Handelns und seiner Erforschung vorbeigehe.48 Schnell könnte auch gegen eine Untersuchung wie die vorliegende angeführt werden, sie verliere sich in der Rekonstruktion eines reichlich artifiziellen, standardisierten Formelwerks europäischer Titulaturen ohne tiefere Bedeutung – zumal in der hier bevorzugt herangezogenen Gattung der völkerrechtlichen Verträge, deren maßgebliche Bedeutung für die Mächtepolitik sich in erster Linie in den einzelnen vertraglichen Bestimmungen zu territorialen und anderweitigen materiellen wie immateriellen Gewinnen und Verlusten erschließe, die durch ein völkerrechtliches Vertragswerk gemeinhin rechtlich geregelt würden. Dass jedoch allein
45 Vgl. mit Bezug auf das Gesandtenzeremoniell und die Verhandlungssituation pointiert Barbara Stollberg-Rilinger, Völkerrechtlicher Status, 150. 4 6 ‚Politik‘ soll hier in Anlehnung an Niklas Luhmann verstanden werden als der Bereich menschlichen Handelns, in dem die Herstellung kollektiv bindender Entscheidungen – und in Erweiterung auch das Selbstkonzept der ‚politisch‘ tätigen Akteure – verhandelt wird, vgl. Luhmann, Niklas, Politische Theorie im Wohlfahrtsstaat, München 1981. Vgl. dazu auch die Erläuterungen zu einem weit gefassten Politikbegriff bei Mergel, Thomas, Überlegungen zu einer Kulturgeschichte der Politik, in: Geschichte und Gesellschaft 28 (2002), 574 – 606, hier 587 sowie Stollberg-Rilinger, Barbara, Was heißt Kulturgeschichte des Politischen? Einleitung, in: Was heißt Kulturgeschichte des Politischen?, hrsg. von ders. (Zeitschrift für Historische Forschung, Beiheft 35), Berlin 2005, 9 – 24. 47 Vgl. Mergel, Kulturgeschichte der Politik, wörtliches Zitat 592; ders., Kulturwissenschaft der Politik. Perspektiven und Trends, in: Handbuch der Kulturwissenschaften. Bd. 3: Themen und Tendenzen, hrsg. von Friedrich Jaeger/Jörn Rüsen, Stuttgart/Weimar 2004, 413 – 425; Stollberg-Rilinger, Einleitung. 48 Vgl. etwa: Nicklas, Thomas, Macht – Politik – Diskurs. Möglichkeiten und Grenzen einer Politischen Kulturgeschichte, in: Archiv für Kulturgeschichte 86 (2004), 1 – 25; Rödder, Andreas, Klios neue Kleider. Theoriedebatten um eine Kulturgeschichte der Politik in der Moderne, in: Historische Zeitschrift 283 (2006), 657 – 688; eine ausführliche Reflexion jüngeren Datums auf die Kontroverse um Konzept und Reichweite einer Kulturgeschichte des Politischen findet sich, die polemischen (Unter-)Töne in der Diskussion nicht versteckend, bei Köhler, Strategie und Symbolik, bes. 19 – 27.
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schon die spezifische Art und Weise der titularischen Bezeichnung, die Abfolge der solcherart genannten Vertragspartner in der Präambel eines Vertragswerks von den Zeitgenossen als ‚Code‘, insbesondere für die individuelle Machtstellung der Akteure, aufgefasst werden konnte, sollen die nachfolgenden Analysen des noch näher zu qualifizierenden Quellenmaterials erweisen. Der besondere mediale Charakter von Verträgen erschließt sich nicht zuletzt durch einen Vergleich mit den bislang von der Forschung bevorzugt untersuchten performativen symbolischen Akten. Verträge als Zeugnisse für den Titulaturgebrauch lagen per se in schriftlicher Form vor, als Ergebnis unterschiedlich intensiver und langwieriger Verhandlungen, die für gewöhnlich an einem eigens dafür ausgewählten (seinerseits symbolisch alles andere als bedeutungslosen) Ort zumeist durch Gesandte der jeweiligen Potentaten im persönlichen Austausch geführt wurden.49 Aussagen in Verträgen erfolgten gemäß den Bedingungen des Mediums nacheinander, während bei Gesandteneinzügen, Krönungen etc. mehrere Akteure zugleich handeln, Sprachhandlungen und Gesten gleichzeitig ausgeführt werden konnten. Die Festlegung von Reihenfolgen stellte jedoch, da sie als Hierarchisierung verstanden werden konnten, eine besondere Problematik im frühneuzeitlichen Zeremoniell dar; im Vertragswesen ließ sich also souveräne Gleichheit keineswegs einfach darstellen.50 Verträge konnten zudem als Belege in Archiven und Kanzleien im Bedarfsfall, genau wie Korrespondenzen und andere Schriftdokumente, noch einmal eruiert werden, um den früheren Titelgebrauch zweifelsfrei zu dokumentieren. Nicht nur die Reihenfolge der Titel, auch ihre sprachliche Gestaltung erwies sich unter den skizzierten Bedingungen als komplexes Unterfangen. Davon ausgehend, dass „Sprache ein Exerzierplatz von Machtrelationen sei und solche Relationen selber mitschaffe“,51 werden Titulaturen im Folgenden als sprachliche Symbole aufgefasst, die „in verdichteter […], nichtdiskursiver Form über sich selbst
49 Zur Bedeutung der „Kommunikation unter Anwesenden“ für politisches Handeln vgl. jüngst noch einmal Krischer, André, Souveränität als sozialer Status, 2. Zur „Vergesellschaftung unter Anwesenden“ und ihrer Bedeutung für die politische Kommunikation vgl. Schlögl, Rudolf, Vergesellschaftung unter Anwesenden. Zur kommunikativen Form des Politischen in der vormodernen Stadt, in: Interaktion und Herrschaft. Die Politik der frühneuzeitlichen Stadt, hrsg. von Rudolf Schlögl, Konstanz 2004, 9 – 60. 50 Beispiele der Gleichzeitigkeit etwa bei Rohrschneider, Michael, Friedenskongress und Präzedenzstreit: Frankreich, Spanien und das Streben nach zeremoniellem Vorrang in Münster, Nijmegen und Rijswijk (1643/44 – 1697), in: Bourbon – Habsburg – Oranien. Konkurrierende Modelle im dynastischen Europa um 1700, hrsg. von Christoph Kampmann u. a., Köln/Wien 2008, 228 – 240. 51 Frevert, Ute, Politikgeschichte. Konzepte und Herausforderungen, in: Neue Politikgeschichte. Perspektiven einer historischen Politikforschung (Historische Politikforschung, 1), hrsg. von ders./Heinz-Gerhard Haupt, Frankfurt/M./New York 2005, 7 – 26, hier 22.
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hinaus auf etwas anderes verweisen“.52 Dieses „andere“ ist nach Anlage dieser Untersuchung vorrangig auf das Selbstbild der Potentaten, die in den Verträgen genannt wurden, und auf das Verhältnis der europäischen Herrscher untereinander zu beziehen.53 Titulaturen und ihre Bestandteile, die in unterschiedlicher, noch näher zu erläuternder Weise kombiniert werden konnten, waren – so die Ausgangsthese – in einer komplexen Weise ‚aufgeladen‘ mit einer Reihe von Konnotationen, die sich allein aus dem Bedeutungskern, der ‚rohen‘, wörtlichen Übersetzung eines Titelprädikats wie Serenissimus (Durchläuchtigster) oder Potentissimus (Allermächtigster) nicht erschließen lassen, sondern nur über ihre Kombination mit anderen Titulaturelementen und über die Erschließung des Kontexts, in dem sie verwendet werden, zu deuten sind. Die komplexe Codierung der Herrschertitulatur, so schon Eckhart Henning in seinem Plädoyer für eine ‚Titulaturenkunde‘, wird durch die bereits erwähnten zeitgenössischen Gebrauchskontexte ausführlich belegt – von der stetig wachsenden Zahl frühneuzeitlicher Titelkompendien 54 mit zahllosen Verweisen auf die Risiken eines titularischen Fehltritts bis hin zu mitunter erbitterten, sogar von Gewaltakten begleiteten Titulaturstreitigkeiten unter europäischen Gesandten der Frühen Neuzeit, die von der jüngeren diplomatie- und zeremonialgeschichtlichen Forschung in zahlreichen Fällen nachgewiesen wurden.55 Es gilt also, die zeitgenössisch vielfach bezeugte Relevanz ernst zu nehmen, anstatt sich in der Bewertung an der wachsenden Kritik am frühneuzeitlichen Zeremonial- und damit auch Titulaturwesen in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts und der daraus nicht selten folgenden Reduzierung oder teilweisen Abschaffung des Titelgebrauchs 56 zu orientieren – oder gar den vermeintlichen (da ‚politisch korrekten‘) oder tatsächlichen Bedeutungsverlust des Titelgebrauchs in heutiger Zeit 57 ex post 52 Stollberg-Rilinger, Einleitung, 11. Eine hilfreiche Strukturierung des wissenschaftlichen Gebrauchs des Symbolbegriffs leistet Hülst, Dirk, Symbol und soziologische Symboltheorie. Untersuchungen zum Symbolbegriff in Geschichte, Sprachphilosophie, Psychologie und Soziologie, Opladen 1999. 53 Vgl. Zwantzig, Theatrum Praecedentiae, Vorrede, X. 54 Vgl. Henning, Titulaturenkunde. 55 Hierzu grundlegend Roosen, Early Modern Diplomatic Ceremonial; vgl. ferner Frey, Linda S./Frey, Marsha L., The History of Diplomatic Immunity, Columbus 1998. Vgl. etwa zum Beispiel der erbitterten spanisch-französischen Rangstreitigkeiten May, Zwischen fürstlicher Repräsentation, 94 – 102. 56 Vgl. hierzu aus dem Kontext der Anrede-Reformen in der herrscherlichen Administration an der Wende zum 19. Jahrhundert: Becker, Peter, „ …wie wenig die Reform den alten Sauerteig ausgefegt hat“ – Zur Reform der Verwaltungssprache im späten 18. Jahrhundert aus vergleichender Perspektive, in: Jenseits der Diskurse. Aufklärungspraxis und Institutionenwelt in europäisch komparativer Perspektive (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte, 224), hrsg. von Hans Erich Bödeker/Martin Gierl, Göttingen 2007, 69 – 97. 57 Vgl. Henning, Titulaturenkunde, 310.
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zum Maßstab für die Bedeutsamkeit des frühneuzeitlichen Titulaturgebrauchs zu machen. Im mächte- bzw. völkerrechtsgeschichtlichen Kontext ist hier auf Untersuchungen zu frühneuzeitlichen Verträgen zu verweisen, die sich „neben der Rekonstruktion konkreter Entscheidungsprozesse auch und besonders […] die Rekonstruktion der Grundvorstellungen, Leitbegriffe, der politischen Philosophie“ 58 zum Ziel gesetzt haben. Jörg Fisch hat mit seiner großen Untersuchung zu „Krieg und Frieden im Friedensvertrag“ gezeigt, wie grundlegend die Untersuchung von wiederkehrenden, häufig zunächst formelhaft wirkenden Schlagworten oder Umschreibungen von Wertvorstellungen ist, die einleitend in Präambeln oder Vorsprüchen von Verträgen eingebracht wurden und das zeitgenössische Verständnis der europäischen Mächtepolitik sowie das Selbstverständnis ihrer Akteure umschrieben.59 Die Betrachtung von „Begriffen“ im völkerrechtlichen Vertrag, insbesondere im Friedensvertrag, ist gerade in den letzten Jahren, ungeachtet der Kritik an der Begriffsgeschichte,60 wieder verstärkt in Angriff genommen worden,61 etwa für zentrale Schlagworte des europäischen politischen Diskurses wie ‚Europa‘, ‚Amicitia‘, ‚Gleichheit‘, ‚Gleichgewicht‘.62
58 So unter Berufung auf Heinz Duchhardt: Kampmann, Christoph, Gleichheit – Gleichgewicht – Dynastie. Leitvorstellungen europäischer Friedensverträge im Wandel, in: L’art de la paix. Kongresswesen und Friedensstiftung im Zeitalter des Westfälischen Friedens (Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte e. V., 34), hrsg. von Christoph Kampmann u. a., Münster 2011, 361 – 388, hier 362. 59 Vgl. Fisch, Krieg und Frieden. 60 Vgl. Gumbrecht, Hans-Ulrich, Dimensionen und Grenzen der Begriffsgeschichte, München u. a. 2006; Eggers, Michael/Rothe, Matthias, Die Begriffsgeschichte ist tot, es lebe die Begriffsgeschichte! Einleitung, in: Wissenschaftsgeschichte als Begriffsgeschichte. Terminologische Umbrüche im Entstehungsprozeß der modernen Wissenschaften (Science studies), hrsg. von Michael Eggers, Bielefeld 2009, 7 – 22. 61 Vgl. Duchhardt, Heinz, The Missing Balance, in: Journal of the History of International Law 2 (2000), 67 – 72; Ders., ,Europa‘ als Begründungs- und Legitimationsformel in völkerrechtlichen Verträgen der Frühen Neuzeit, in: Faszinierende Frühneuzeit. Reich, Frieden, Kultur und Kommunikation 1500 – 1800. Festschrift für Johannes Burkhardt zum 65. Geburtstag, hrsg. von Wolfgang E. J. Weber/Regina Dauser, Berlin 2008, 51 – 60; Lesaffer, Randall, Amicitia in Renaissance Peace and Alliance Treaties (1450 – 1530), in: Journal of the History of International Law 4 (2002), 77 – 99; Steiger, Vorsprüche; Kampmann, Gleichheit – Gleichgewicht – Dynastie. 62 Vgl. etwa Frehland-Wildeboer, Katja, Treue Freunde? Das Bündnis in Europa 1714 – 1914 (Studien zur Internationalen Geschichte, 25), München 2010; Damler, Imperium contrahens. – Vgl. auch die Veröffentlichungen zum Projekt „Europäische Friedensverträge der Vormoderne“ (Institut für Europäische Geschichte Mainz), zusammengefasst auf http:// www.ieg-friedensvertraege.de/Veroeffentlichungen------_site.index..html_dir._nav.16_ likecms.html (zuletzt aufgerufen am 17. 05. 2016) sowie zum Verbundprojekt „Übersetzungsleistungen von Diplomatie und Medien im vormodernen Friedensprozess. Europa
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Die vorliegende Untersuchung profitiert entsprechend von den theoretischen wie den methodisch-konzeptionellen Überlegungen und Studien zum Verhältnis von Sprache und Geschichte, wie sie seit den 1960er Jahren in der kultur- und politikwissenschaftlichen Forschung erarbeitet werden. Angesichts der hier vorgenommenen Fokussierung auf bestimmte Lexeme zur Bezeichnung monarchischer Herrscher ist im Bereich der deutschen Geschichtswissenschaft die Anknüpfung an begriffsgeschichtliche Forschungen, die sich zuallererst mit dem Namen Reinhart Kosellecks 63 verbinden, offensichtlich; als methodisch wie theoretisch fruchtbar erwiesen sich besonders Rolf Reichardts Weiterentwicklung der Begriffsgeschichte zu einer Historischen Semantik unter Aufgreifen diskursgeschichtlicher Ansätze 64 sowie die Konzepte und Arbeiten der „conceptual history“ der Cambridge School Quentin Skinners und John G. A. Pococks mit ihrer spezifischen Betonung der Kontextualisierung historischen politischen Sprachgebrauchs.65 Die umfängliche Auffaltung dieser Forschungsansätze, ihrer Perspektiven sowie ihrer ausgesprochen kontroversen Rezeption füllt mittlerweile ganze Bände.66 Hier soll jedoch lediglich – kurz – auf die grundlegenden Anregungen Bezug genommen werden, die die Methodendebatte der vergangenen Jahrzehnte für die vorliegende Studie geliefert hat. Die zu untersuchenden Herrschertitel erfüllen weder den (seinerseits in der Forschung umstrittenen) Kriterienkatalog, den Koselleck seiner Definition von „Begriffen“ zugrunde legte,67 noch lassen sie sich – wie die von der Cambridge
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1450 – 1789“ (Institut für Europäische Geschichte Mainz, Institut für Europäische Kulturgeschichte Augsburg, Staatsgalerie Stuttgart), http://www.uebersetzungsleistungen.de/ forsch_publikationen.html (zuletzt aufgerufen am 17. 05. 2016). Am prominentesten realisiert in dem von Koselleck, Otto Brunner und Werner Conze herausgegebenen vielbändigen Werk: Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland, 8 Bände, Stuttgart 1972 – 2004. Verbunden in erster Linie mit einem weiteren lexikalisch aufgebauten Großunternehmen, hier dem Handbuch politisch-sozialer Grundbegriffe in Frankreich 1680 – 1820, hrsg. von Rolf Reichhardt u. a., 20 Bände, München 1985 – 2000. Als grundlegende Arbeiten zur Erläuterung des Forschungsansatzes seien hier in Auswahl genannt: Skinner, Quentin, Meaning and Understanding in the History of Ideas, in: History and Theory 8 (1969), 3 – 53; Pocock, John G. A., Languages and their Implications. The Transformation of the Study of Political Thought, in: Ders., Politics, Language and Time. Essays on Political Thought and History, London 1972, 3 – 41. Neben den in diesem Kapitel in Auswahl genannten kritischen Beiträgen vgl. insbesondere den jüngst erschienen Überblicksband: Müller, Ernst/Schmieder, Falko, Begriffsgeschichte und historische Semantik. Ein kritisches Kompendium (suhrkamp taschenbuch wissenschaft, 2117), Berlin 2016. Zu „Begriffen“ als „Leitbegriffen der geschichtlichen Bewegung“ im Koselleck’schen Sinne vgl. Koselleck, Reinhart, Einleitung, in: Geschichtliche Grundbegriffe, Bd. 1, Stuttgart 1972, XIII–XXVII, hier XIII. Eine sehr kritische Betrachtung der Definition von „Begriff “ durch Koselleck bereits bei Schultz, Heiner, Begriffsgeschichte und Argumentationsgeschichte,
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School vorrangig untersuchten Begriffe bzw. „politischen Sprachen“ – im engeren Sinne historischen politischen Theorien zuordnen. Dennoch ist für sie wie für die von Begriffsgeschichte und conceptual history untersuchten Begriffe bzw. Sprachsysteme von der Annahme auszugehen, dass die Analyse ihres Gebrauchs (oder ganzer ‚politischer Sprachen’) Erkenntnisse über die Selbstrepräsentation der Akteure beziehungsweise über ihre Konzepte zur Deutung der Welt ermöglichen. In der Auseinandersetzung mit der Begriffsgeschichte und den auf sie Bezug nehmenden Forschungsarbeiten ist zu Recht die Notwendigkeit einer breiten kulturhistorischen Fundierung betont worden.68 Die vorliegende Studie, die ein verhältnismäßig begrenztes Arsenal an Herrscherbezeichnungen in einem klar abgegrenzten Medium und deren Verwendung durch eine verhältnismäßig kleine Gruppe von Herrschern, Diplomaten, Zeremonialwissenschaftlern analysiert, versteht sich dementsprechend als ein Baustein zu einer Geschichtsschreibung vormoderner Mächtepolitik in einem sehr viel größeren Feld kulturgeschichtlich orientierter mächtepolitischer Forschung. Bei allen Unterschieden in der jeweiligen Grundlegung und Ausformung ist den theoretisch-methodischen Ansätzen im weiteren Kontext des ‚linguistic turn‘ gemein, dass Kommunikation, realisiert durch den Gebrauch wie auch immer gearteter (sprachlicher) Symbole, als soziales Handeln unter spezifischen zeitgenössischen Umständen verstanden wird,69 geleitet von Intentionen und Erwartungshaltungen der Kommunikationspartner. Es werden mithilfe dieser Symbole „nicht bloß Informationen, sondern zugleich Realisierungen von vorhandenem Sinn“ 70 transportiert; die verwendeten Symbole selbst wiederum werden zur in: Begriffene Geschichte. Beiträge zum Werk Reinhart Kosellecks, hrsg. von Hans Joas/ Peter Vogt (Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft, 1927), Berlin 2011 (erstmals 1979), 225 – 263, hier bes. 237 – 244. – Koselleck sah unter anderem Mehrdeutigkeit, Unverzichtbarkeit für die Deutung der Wirklichkeit, konkurrierende Inanspruchnahme durch mehrere gesellschaftliche Gruppen als wesentliche Bestimmungsmerkmale für „Begriffe“ an. Vgl. die kritische Bestandsaufnahme bei Müller/Schmieder, Begriffsgeschichte und historische Semantik, bes. 296 – 302. 68 Vgl. etwa Reichardt, Rolf, Historische Semantik zwischen ‚lexicométrie‘ und ‚New Cultural History‘, in: Aufklärung und Historische Semantik. Interdisziplinäre Beiträge zur westeuropäischen Kulturgeschichte (Zeitschrift für Historische Forschung, Beiheft 21), hrsg. von Rolf Reichhardt, Berlin 1998, 7 – 28; jüngst noch einmal Müller/Schmieder, Begriffsgeschichte und historische Semantik, 382. 69 Geschichte und Politikwissenschaft haben hier intensiv von den sprachtheoretischen bzw. sprachphilosophischen Forschungen seit dem ersten Drittel des 20. Jahrhunderts profitiert. Für das Verständnis des Ansatzes Quentin Skinners etwa ist in erster Linie die Sprechakttheorie nach Austin und Searle (im Gefolge der Sprachphilosophie Wittgensteins) maßgeblich, vgl. hierzu Austin, John L., Zur Theorie der Sprechakte (How to do things with words), Stuttgart 21979. 70 Reichardt, Rolf, Historische Semantik, 12.
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„Bedingung möglicher Erfahrungsorganisation“ 71 der Akteure und prägen auf diese Weise ihrerseits soziales Handeln mit.72 Die Verwendung von Herrschertitulaturen wird in der vorliegenden Untersuchung entsprechend als Ausdruck eines spezifischen, intentionalen Bezeichnungsgebrauchs gewertet. Der Titulaturgebrauch stellt wie jeder kommunikative Akt eine soziale Handlung dar, die über eine spezielle Art der (Selbst- oder Fremd-) Titulierung das Verhältnis eines Herrschers oder einer Herrscherin zu seiner/ihrer Umwelt, im mächtepolitischen Umfeld insbesondere zu anderen Potentaten, definiert und prägt. Die Häufigkeit der Verwendung bestimmter Titulaturbestandteile wird in ausgewählten Verträgen des Untersuchungszeitraums – hier ergeben sich gewisse Parallelen zum methodischen Vorgehen bei Reichardt – mithilfe eines (noch näher zu erläuternden) quantitativen Zugangs erfasst; ansonsten prägt ein überwiegend qualitativer, auf die Kontexte und Bedingtheiten des Titulaturgebrauchs abzielender Zugang die Untersuchung. Gerade für die Kontextualisierung des Titelgebrauchs, ebenso für die Auswahl der Quellen liefert die Auseinandersetzung mit bisherigen Forschungsansätzen und deren Rezeption wertvolle Anregungen. Zu den unbestrittenen Verdiensten der begriffsgeschichtlichen Forschung wie auch der conceptual history gehört die Forderung nach einer Verortung sprachlicher Codes sowie ihrer Verschränkung in ihrem zeitspezifischen Umfeld – in Absetzung von älteren Vorstellungen, Ideen beziehungsweise Begriffen könne ein „überzeitlicher Charakter“ zugeschrieben werden, der sich dem Wissenschaftler ohne Rekurs auf die zeitgenössischen Rahmenbedingungen erschließe.73 Bezeichnungen eines Sachverhalts können sich zeittypisch ebenso wandeln wie die Bedeutung hinter den Bezeichnungen; für Kosellecks These einer Sattelzeit zwischen Früher Neuzeit und Moderne war die Annahme einer Verbindung zwischen Bedeutungswandel (aber im Grunde auch Bezeichnungswandel) einerseits und dem Wandel hin zur modernen Gesellschaft andererseits geradezu grund 71 Schultz, Begriffsgeschichte und Argumentationsgeschichte, 228. 72 Koselleck beschrieb in seinen frühen Ausführungen zur Begriffsgeschichte „soziale und politische Sprache, speziell ihre Terminologie, zugleich als Faktoren und als Indikatoren geschichtlicher Bewegung“ (Koselleck, Einleitung, XIV). Die Problematik einer Verbindung von Konstruktivismus und Strukturgeschichte und ihre Rezeption erläutern konzise Müller/ Schmieder, Begriffsgeschichte und historische Semantik, 310 – 312. 73 Vgl. etwa die Würdigung aus politikwissenschaftlicher Sicht mit Bezug auf die Cambridge School bei Asbach, Olaf, Von der Geschichte politischer Ideen zur „History of Political Discourse“? Skinner, Pocock und die „Cambridge School“, in: Zeitschrift für Politikwissenschaft 12 (2002), 637 – 667, hier 641 (Zitat); vgl. auch Lottes, Günther, „The State of the Art“. Stand und Perspektiven der „intellectual history“, in: Neue Wege der Ideengeschichte. Festschrift für Kurt Kluxen zum 85. Geburtstag, hrsg. von Frank-Lothar Kroll, Paderborn u. a. 1996, 27 – 45, hier bes. 27 – 32.
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legend.74 Doch gerade die Erschließung dieses zeitgenössischen ‚Rahmens‘ und die Bestimmung der ‚Rahmengröße‘ erweist sich in der Umsetzung als komplexes Unterfangen. Ein Forschungsprogramm, mit dem erschlossen werden soll, worauf sprachliche Symbole in der Geschichte denn überhaupt verweisen, was sie – für wen – genau bezeichnen, hat Rolf Reichardt in Anlehnung an Dietrich Busses Konzeption einer Historischen Semantik folgendermaßen konturiert: Eine Historische Semantik, die der fundamentalen sozialen Funktion und der Komplexität sprachlicher Kommunikation gerecht werden will, muß also nicht nur die intentionale Rolle des Sprechers, sein Situations- und Weltwissen, seine Erwartungen und die Formen seines sprachlichen Handelns berücksichtigen, sondern ebenso die Erwartungen, das Kontext- und Handlungswissen des Hörers, die beide verbindenden Rahmenbedingungen, wechselseitigen Rationalitätsannahmen und sozialen Handlungsregeln. Über die Wortgeschichte hinaus muß sie zu einer Geschichte der kognitiven und semantischen Strukturen vorstoßen.75
Damit umschreibt Reichardt treffend die Analyse des gerade in der conceptual history vielfach eingeforderten „Kontexts“ – oder besser: „der Kontexte“, deren unzureichende Einbeziehung von den Kritikern der begriffsgeschichtlichen Forschung wie der Cambridge School vielfach moniert wurde. Kurz gefasst – eine Verengung des Kontexts birgt, kaum verwunderlich, erhebliche Gefahren; so müsste etwa der soziale und historische Kontext, der von Koselleck besonders betont wurde,76 mindestens ebenso intensiv erfasst werden wie der vor allem von Pocock konzeptualisierte sprachlich-textuelle, im engeren Sinne linguistische Kontext bestimmter Bezeichnungen oder Bedeutungsumschreibungen,77 um den semantischen Gehalt sprachlicher Symbole, ihrer Intention wie auch Rezeption möglichst vollständig zu erschließen.78 In der vorliegenden Untersuchung werden – notgedrungen bruchstückhaft – Kontexte in dreierlei Hinsicht zur Interpretation
74 Vgl. Koselleck, Einleitung, 14 f. 75 Reichardt, Historische Semantik, 12. – Vgl. auch mit stärkerer Fokussierung auf das Verhältnis Autor – Text LaCapra, Dominick, Geistesgeschichte und Interpretation, in: Geschichte denken. Neubestimmungen und Perspektiven moderner europäischer Geistesgeschichte, hrsg. von Dominick LaCapra/Steven L. Kaplan (Fischer Taschenbuch, 7403), Frankfurt/M. 1988, 45 – 86, hier bes. 54 – 70. 76 Vgl. Koselleck, Einleitung, 20 f. 77 Vgl. etwa Pocock, John G. A., The Concept of a Language and the Métier d’Historien. Some Considerations on Practice, in: ders., Political Thought and History. Essays on Theory and Method, New York 2009 (erstmals 1987), 87 – 105. 78 Pocock, der sich auf die Erschließung „politischer Sprachen“ (political languages) konzentrierte, hat in der Rezeption seiner eigenen Forschungsarbeiten viel Kritik für die weitgehende Konzentration auf den linguistischen Kontext geerntet, vgl. dazu resümierend etwa Lottes, „The State of the Art“, 41; Hellmuth, Eckhart/Ehrenstein, Christoph von,
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des Titulaturgebrauchs erfasst, den Quellen entsprechend, die in den drei Teilen der Studie im Vordergrund stehen. Im ersten Teil werden Aussagen zum (vertraglichen) Titulaturgebrauch sowie zur Verwendung und Bedeutung einzelner Titulaturbestandteile in ihrer thematisch-systematischen Einordnung in fünf zeitgenössischen Zeremoniell- und Titulaturkompendien sowie Diplomatenhandbüchern vom Beginn des 17. Jahrhunderts bis ins erste Drittel des 18. Jahrhunderts ausgewertet. Die Autoren John Selden, Abraham de Wicquefort, Zacharias Zwantzig, Johann Christian Lünig sowie Jean Rousset de Missy repräsentieren mit ihren Werken Zugänge der Rechtshistorie, der Zeremonialwissenschaft sowie der diplomatischen Ausbildung und Praxis zur Thematik der Herrscherbezeichnung, die in europäischen Kontexten rezipiert wurden. Damit werden Titulaturen als zeitgenössischer Wissensgegenstand verortet, die jeweiligen Autoren geben ihren Darlegungen zum Titelgebrauch jedoch zugleich durch einen mehr oder minder ausgeprägten diachronen Zugang eine historische Dimension. Diese Werke stellen – bis heute – einen erheblichen Teil des ‚Basiswissens‘ zur Titulatur europäischer Potentaten bereit, das die Grundlage für die Einordnung der Informationen aus den weiteren hier verwendeten Quellen bietet. Anknüpfend an die Methodik der Historischen Semantik wird im zweiten Teil der Studie in einer Langzeitperspektive eine quantitative Untersuchung des Gebrauchs von Titulaturen beziehungsweise Titulaturelementen vorgenommen. Es werden hier Titulaturen aus 453 Verträgen, Separatartikeln, Ratifikationen und Beitrittserklärungen des Zeitraums von 1648 bis 1748 erfasst und auf ihre Häufigkeit sowie auf Varianten ihrer Verwendung hin untersucht – allerdings nicht allein, um aus der Häufigkeit, den zeitgenössischen ‚Konjunkturen‘ der Verwendung bestimmter Herrscherbezeichnungen bevorzugte Gegenstände weiterer qualitativer Analysen zu identifizieren, sondern auch, um über den Abgleich mit dem jeweiligen mächtepolitischen Kontext erste Anhaltspunkte für ihre Verwendung zu gewinnen. Aufgenommen wurden Titulaturen derjenigen Mächte, die für die erwähnten Fallbeispiele ausgewählt wurden, ergänzt um eine ‚Kontrollgruppe‘ von drei weiteren Mächten. Die oben erwähnte Bestimmung der Häufigkeit bestimmter Titulaturen und Titulaturbestandteile soll einen ersten Überblick über den Gebrauch geben und fragt nach Konstanten und signifikanten Veränderungen im Titulaturgebrauch. Neben die Auswertung des gesamten Datenbestandes treten kurze Charakterisierungen der Titelverwendung für die ausgewählten Mächte, um zu klären, ob bestimmte Muster des Titulaturgebrauchs zu eruieren sind, und um für die nachfolgende Analyse der Fallbeispiele den verIntellectual History Made in Britain: Die Cambridge School und ihre Kritiker, in: Neue Ideengeschichte, hrsg. von Wolfgang Hardtwig (Geschichte und Gesellschaft, 27, Heft 1), Göttingen 2001, 149 – 172, hier 165 – 167.
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hältnismäßig kurzen Betrachtungszeitraum des Beispiels um Informationen zum längerfristigen Gebrauch von Titulaturen zu ergänzen und damit den notwendigen Rahmen für eine Interpretation zu schaffen. Der Schwerpunkt der Analyse liegt jedoch für die gesamte Untersuchung, ähnlich wie bei Reichardts „Mittelweg zwischen ‚Lexikometrie‘ und ‚Begriffsgeschichte‘“ 79 beim qualitativen Zugang zu den Quellen. Bei insgesamt sieben ausgewählten Monarchien erfolgt die Kontextualisierung im ersten Anlauf überblicksartig, vornehmlich auf der Grundlage neuerer Forschungsergebnisse. Damit sollen wesentliche Veränderungen im Verhältnis der Mächte zueinander, etwa durch den Aufstieg einer Macht im Zuge von Standeserhöhungen, durch Abschluss weitreichender Bündnisverträge o. Ä., aber auch durch innenpolitische Wechsellagen erfasst und als mögliche Faktoren für eine Anpassung des Titulaturgebrauchs, etwa durch die Integration neuer Titulaturbestandteile, die Veränderung ihrer Anordnung etc., in den Blick genommen werden. Unvollständig jedoch wäre diese Analyse, wenn hier nicht auch ein linguistischer, das heißt ein im engeren Sinne sprachlicher Kontext einbezogen würde, und zwar durch die Betrachtung der Positionierung der Titulaturen beziehungsweise der Abfolge einzelner Titulaturelemente im Satzgefüge, in bestimmten Vertragsabschnitten, ebenso durch die Aufnahme ihrer Kombination in gegebenenfalls unterschiedlichen Varianten, ihrer Variation innerhalb eines Vertrages oder in einer Serie von Verträgen. Mit diesem Rekurs auf die Textstruktur der Verträge soll geprüft werden, bis zu welchem Grad auch die ‚textliche Umgebung‘ von Titulaturen mehr oder minder regelmäßig wiederkehrende Variationen oder Besonderheiten aufwies, die eine spezifische Aussagekraft oder Signalwirkung zumindest für die am Vertrag beteiligten Parteien besaßen. Zweifellos sind Thesen zur Intention der Verwendung einer Bezeichnung, die im Schwerpunkt auf dieser Form der Kontextualisierung fußen, auf die Verbindung mit zeitgenössischen Deutungen der Akteure angewiesen, um die jeweilige Aussageintention und -wirkung bei Einsatz eines linguistischen Phänomens hinreichend sicher zu erschließen. Explizit auf die Signalwirkung des Titulaturgebrauchs in spezifischen Textteilen des völkerrechtlichen Vertrages hat in jüngerer Zeit Harald Kleinschmidt hingewiesen. Hätte das Konzept der souveränen Gleichheit der Mächte das tradierte Denken in Rangordnungen, die Vergabe einer Spitzenposition inklusive, erfolgreich verdrängt, so wäre zu erwarten, dass sich auch in der völkerrechtlichen Vertragspraxis eine „formale Reziprozität“ der Vertragspartner durchgesetzt hätte. Zu trennen ist hier zwischen der „inhaltlichen Reziprozität“ und formaler Reziprozität, die „in den nicht dispositiven Teilen“, also in erster Linie in den Vor 79 Vgl. Reichardt, Rolf, Einleitung, in: Handbuch politisch-sozialer Grundbegriffe in Frankreich 1680 – 1820, Bd. 1/2 (Ancien Régime, Aufklärung und Revolution, 10), hrsg. von Rolf Reichardt/Eberhard Schmitt, München 1985, 39 – 148, bes. 60 – 85, wörtliches Zitat 60.
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sprüchen und Präambeln sowie im Beglaubigungsteil, eine Gleichheit der vertragschließenden Parteien zum Ausdruck brächte.80 Als Zeichen formaler Reziprozität führt Kleinschmidt das Zugeständnis gleicher Herrschertitel oder Titelattribute an, wie etwa den Gebrauch des ursprünglich dem Kaiser vorbehaltenen Titels Majestät für die Monarchen, die 1648 in Münster und Osnabrück miteinander Frieden schlossen; zugleich betont er die fortgesetzt abwehrende kaiserliche Haltung gegenüber formal reziproken Vertragswerken.81 Der Frage nach der formalen Reziprozität gilt es auf breiterer Grundlage nachzugehen, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Ereignisse in der Mächtepolitik von 1648 bis 1748. Die Forderung nach Gleichheit ist nicht zu verwechseln mit „Einigkeit“; das Bestreben, Rangunterschiede unter den Herrschern abzubauen, bedeutete kein Ende der Konkurrenz unter den Mächten. Kriege aus dynastischem Ehrgeiz, Erbfolgekonflikte von europäischem Ausmaß aufgrund der verwandtschaftlichen Verflechtung der europäischen Monarchien, das Ringen um Ressourcen und Machtvorteile, dies alles bedeutete, Differenzen herzustellen und auch durch entsprechenden Zeichengebrauch zu betonen.82 Vertieft wird dieser Zugang zu den mächtepolitischen Kontexten schließlich im dritten Teil der Untersuchung, die sich den qualitativ analysierten vier Fallbeispielen widmet, deren Auswahl bereits vorgestellt wurde. Zeitlich wird jeweils zur oder kurze Zeit nach der Annahme der königlichen oder kaiserlichen Würde eingesetzt und der Titulaturgebrauch im Umgang mit wichtigen politischen Partnern verfolgt. Hier wird, über Vertragstexte hinausgehend, mithilfe von archivalischen und edierten Quellen zu herrscherlichen beziehungsweise diplomatischen Korrespondenzen, Weisungen, Verhandlungsakten, Memoranden, Beratungsprotokollen u. Ä. die Phase der jeweiligen mächtepolitischen Umbruchsituation genau beleuchtet, in der auch Abschlüsse völkerrechtlicher Verträge zustande kamen. An dieser Stelle werden die Bewertungsperspektiven der Akteure auf 80 Vgl. Kleinschmidt, Harald, Legitimität, Frieden, Völkerrecht. Eine Begriffs- und Theoriegeschichte der menschlichen Sicherheit (Beiträge zur Politischen Wissenschaft, 157), Berlin 2010, bes. 200 – 204, Zitat 200. 81 Vgl. Kleinschmidt, Legitimität, 200, Fn. 62. Vgl. dort auch weiterführende Literatur. – Zum Majestätstitel in den westfälischen Friedensverträgen, insbesondere zur Bezeichnung des französischen Königs vgl. auch May, Auseinandersetzungen. 82 Die Einschätzung von Kriegsmotivationen nach 1648 knapp bei Duchhardt, Balance of Power, 60 f.; einer Typologie der Kriegstypen widmete sich Repgen, Konrad, Kriegslegitimationen in Alteuropa. Entwurf einer historischen Typologie, in: Historische Zeitschrift 241 (1985), 27 – 49. – Hierzu nun ausführlich Tischer, Offizielle Kriegsbegründungen. – Zum strukturellen Problem des Erbfolgekonflikts vgl. Kunisch, Johannes, Hausgesetzgebung und Mächtesystem. Zur Einbeziehung hausvertraglicher Erbfolgeregelungen in der Staatenpolitik des Ancien Régime, in: Der dynastische Fürstenstaat. Zur Bedeutung von Sukzessionsordnungen für die Entstehung des frühmodernen Staates, hrsg. von Johannes Kunisch, Berlin 1982, 49 – 80.
Forschungskontext, methodische Perspektiven und Aufbau der Untersuchung
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mächtepolitischer Ebene, also der Herrscher oder der Herrscherin, ihrer Berater und Diplomaten analysiert, und untersucht, wie beziehungsweise inwiefern sie mächtepolitisches Geschehen und die Verwendung bestimmter Titulaturelemente in der Praxis in einen Argumentationszusammenhang brachten. Vor allem bei der Nachverfolgung der Arbeit an Vertragstexten wird der sprachliche Kontext, in den Titulaturen eingebracht wurden, wieder besondere Aufmerksamkeit erfahren. So soll schließlich eruiert werden, wie zeitgenössische Akteure das (Spannungs-)Verhältnis zwischen Bezeichnendem und Bezeichnetem gestalteten und wahrnahmen, ob also Titulaturen gegebenenfalls einem Bedeutungswandel unterlagen, durch neue Wortbildungen ersetzt wurden, von bestimmten Gruppen mit je eigenen Bedeutungsnuancen verwendet wurden und ob Titulaturelemente womöglich als Relikte erhalten blieben, aber nicht mehr in ihrer ehemaligen Bedeutung ernst genommen wurden.83 Angesichts des Umfangs und der Auswahl der für diese Studien herangezogenen Quellen wird deutlich, weshalb diskursgeschichtliche Fragestellungen,84 die sich auf den ersten Blick für hier vorzunehmende semantische Analysen anbieten würden, hier nur am Rande eingebunden werden. Diese Arbeit konzentriert sich vornehmlich auf die Analyse des Gebrauchs und der Rezeption verhältnismäßig weniger, ausgewählter Lexeme in der spezifischen Quellengattung völkerrechtlicher Verträge und auf die Auswertung einer begrenzten Zahl an exemplarisch herangezogenen weiteren Quellengattungen verhältnismäßig homogener Akteursgruppen – im Gegensatz zu einer Rekonstruktion von Wortfeldern und semantischen Netzen einer möglichst großen Zahl verschiedener Textgattungen über den gesamten Untersuchungszeitraum hinweg, wie sie für eine große Zahl diskursgeschichtlicher Arbeiten typisch und auch sinnvoll ist.85 Für eine umfassende 83 Zur typologischen Bestimmung des Verhältnisses von Bedeutung und Sachverhalt vgl. Schultz, Begriffsgeschichte und Argumentationsgeschichte. Zu den Zielsetzungen der begriffsgeschichtlichen Forschung um Reinhart Koselleck: ders., Einleitung, XIII–XXVII. – Ein Überblick zu Modellen des Begriffswandels auch bei Steinmetz, Willibald, Vierzig Jahre Begriffsgeschichte – State of the Art, in: Sprache – Kognition – Kultur. Sprache zwischen mentaler Struktur und kultureller Prägung (Institut für Deutsche Sprache, Jahrbuch 2007), hrsg. von Heidrun Kämper/Ludwig M. Eichinger, Berlin/New York 2008, 174 – 197. 84 Der Diskursbegriff wird hier in einem „pragmatischen“ Sinn gebraucht und wird bezogen auf eine Sammlung von Quellen, die themenspezifisch und für einen begrenzten Zeitraum und einen begrenzten Teilnehmerkreis ausgewählt wurden. Vgl. zu dieser Konzeptualisierung der Diskursgeschichte Busse, Dietrich/Teubert, Wolfgang, Ist Diskurs ein sprachwissenschaftliches Objekt? Zur Methodenfrage der historischen Semantik, in: Begriffsgeschichte und Diskursgeschichte. Methodenfragen und Forschungsergebnisse der historischen Semantik, hrsg. von Dietrich Busse u. a., Opladen 1994, 10 – 28. 85 Damit schließt die vorliegende Untersuchung auch nicht an den wortfeldbasierten Ansatz an, den Reichardt mit seiner Historischen Semantik in Absetzung von „Einzelwortstudien“ verfolgt, vgl. dazu die Erläuterungen bei Reichardt, Historische Semantik, bes. 24 f.
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Einführung
Diskursgeschichte der Herrschertitulatur müssten noch weitere Quellengattungen ausgewertet werden, die über Fürstenhöfe und zeitgenössische Fachliteratur hinaus Aufschlüsse zur Titulaturrezeption (oder -ignoranz) liefern könnten, besonders aus dem Bereich der (Tages-)Publizistik gerade um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Eine derartige Erweiterung des Quellenkorpus würde jedoch andere Ressourcen erfordern als diejenigen, die zur Erarbeitung dieser Studie zur Verfügung standen. Ausgehend vom zeitgenössischen Befund der irrégularité und Veränderlichkeit von Titulaturen gilt es hier in erster Linie, Titulaturen im Gebrauch der unmittelbar gestaltenden Akteure und derer, die sich als deren ‚Zuarbeiter‘ verstanden, als gestaltbares Element herrscherlicher Symbolik zu erschließen – sowohl in ihrer Bedeutung für die Sichtbarmachung oder gegebenenfalls auch Infragestellung des Geltungsanspruchs einer Macht als auch in ihrem Signalcharakter für die Vorstellungen von einer zeitgenössischen Mächteordnung.
1 Welcher Titel ist der richtige und weshalb? Zeitgenössische Literatur zum Titulaturgebrauch
1.1 Auswahl der Autoren und gattungsgeschichtliche Einordnung Im Folgenden werden zeitgenössische Handbücher, Traktate und Kompendien geprüft, die in unterschiedlichem Umfang und aus unterschiedlichen Perspektiven Herrschertitel – ihre Gestalt, ihre Entwicklung, ihre Funktionen, ihren historischen wie auch zeitgenössischen Gebrauch – betrachten und in den Kontext herrscherlicher Selbstbezeichnung und Repräsentation einordnen. Es wurden für den Untersuchungszeitraum von Mitte des 17. bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts Werke gewählt, die, den Fallbeispielen des Titulaturgebrauchs im zweiten Hauptteil entsprechend, in etwa den Untersuchungszeitraum abschreiten und verschiedene Sichtweisen auf die Titularthematik eröffnen. Auf diese Weise sollen typische zeitgenössische Zugangsweisen und Argumentationsmuster deutlich werden: rechtshistorisch-juristische neben der exemplarischen Darstellungsweise der Diplomatenhandbücher und dem systematisierend-enzyklopädischen Anspruch der Zeremonialliteratur. Alle Werke wurden zeitgenössisch europäisch breit rezipiert; sofern die Autoren selbst deutlich überarbeitete Neuauflagen publizierten, wurden in erster Linie sie für die Analyse herangezogen.1 Die Perspektive des Historikers und Juristen nimmt das früheste hier vorzustellende Beispiel, John Seldens Titles of Honor (1614/1631), ein.2 Zeitlich schließt Wicqueforts berühmter Traktat L’Ambassadeur et ses fonctions (1676/1690) an,3 der auch Titulatur, Rang und Vertrag ausführliche Darlegungen widmet – aus der Sicht des Diplomaten, der eine Handreichung für den Gesandten seiner Zeit verfasst. Für die Diskussion der ersten Jahrzehnte des 18. Jahrhunderts wurden die Werke von Zacharias Zwantzig, Theatrum praecedentiae (1706), sowie Lünigs 1 Zur Verortung der hier vorzustellenden Autoren allgemein: Stollberg-Rilinger, Feine Un terschiede; Vec, Zeremonialwissenschaft. – Die angegebenen Jahreszahlen in Klammern bezeichnen das Jahr der Erstausgabe und gegebenenfalls das Erscheinungsjahr der hier verwendeten Ausgabe. 2 Selden, John, Titles of Honor. By the late Famous and Learned Antiquary John Selden of the Inner Temple, Esquire. The Third Edition carefully Corrected. With Additions and Amendments by the Author, London 1672. 3 Hier rezipiert in der Auflage von 1690: Wicquefort, Abraham de, L’Ambassadeur et ses fonctions. Par Monsieur de Wicquefort, Conseiller aux Conseils d’Estat & Privé du Duc de Brunswic & Lunebourg Cell & c. Dernière édition, augmentée des Réflexions sur les mémoires pour les Ambassadeurs. De la réponse à l’auteur et du Discours historique de l’élection de l’Empereur, & des Electeurs par le meme auteur. […], 3 Bde., Köln 1690.
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Zeitgenössische Literatur zum Titulaturgebrauch
Theatrum Ceremoniale (1719/20) ausgewählt, die mit Hinblick auf ihre zeremonialwissenschaftliche Verortung eine ausführliche Würdigung durch Miloš Vec erfahren haben.4 Für die Formulierung von Positionen zu Rang und Titulatur um die Mitte des 18. Jahrhunderts wird auf Jean Rousset de Missys Werk für den Praktiker der Diplomatie, Mémoires sur le rang et la préséance entre les souverains de l’Europe (1727/1746),5 zurückgegriffen – seine Ausführungen wollte Rousset dezidiert als eine Ergänzung zu Wicqueforts Werk verstanden wissen. Diese Autoren argumentierten allesamt mit Elementen der juristischen und politischen Theorie ihrer Zeit sowie einer Vielzahl von Exempeln, um Gebrauch und Funktionen von Titulaturen einzuordnen und zu legitimieren. Auch war die Behandlung von Titulaturen stets mit einer eigenen Standortbestimmung zur Auffassung von der Interaktion der Potentaten verbunden, wovon noch ausführlich zu handeln sein wird. Doch dieses Kapitel kann nicht in der Präsentation einer „Theorie“ des Titulaturgebrauchs in den Traktaten und ihrem Abgleich mit der „Praxis“ der Interaktion der Herrschenden im zweiten Teil der Untersuchung aufgehen. Zum einen ist fraglich, ob die hier vorzustellenden Autoren daran interessiert waren, einen wie auch immer gearteten Theorieentwurf vorzulegen; zum anderen war der Versuch einer Theoriebildung an sich mit Problemen behaftet, die aus dem Gegenstand selbst resultierten. Da Titulaturen, wie alle hier zu betrachtenden Schriften betonten, Informationen über den Status eines Herrschers in Europa liefern sollten, war ihre Verwendung untrennbar mit der Frage nach der Existenz einer Ordnung unter den Mächten, nach Rängen verbunden, die in den hier zu präsentierenden Werken eine gewichtige Rolle spielt. Das zentrale Problem einer Rangordnung jedoch war, dass keine übergeordnete, von allen Herrschaftsträgern akzeptierte Instanz existierte, die über eine Rangordnung und über Rangkonflikte verbindlich hätte entscheiden oder einen Verstoß gegen diese Ordnung hätte sanktionieren können. In der knappen Diktion Wicqueforts hieß dies, hier stellvertretend für andere Autoren zitiert: Il n’y a point de Juge legitime pour les competences entre les Souverains.6 Entsprechend existierten keine verbindlichen Regeln, wie die Rangzeichen, darunter auch die Titulaturen, zu gebrauchen waren. Die von den Autoren konstatierte Veränderlichkeit des Gebrauchs von Titulaturen erschwerte eine Bildung und Vermittlung fester Grundsätze und Regeln, und so wurde gerade von Autoren wie Zwantzig und 4 Vgl. Vec, Zeremonialwissenschaft. 5 Hier wird nach der zweiten Auflage zitiert: Rousset de Missy, Jean, Mémoires sur le rang et la préséance entre les souverains de l’Europe et entre leurs ministres réprésentans Suivant leurs différens Caractères. Par Mr. Rousset, Membre de l’Academie des Sciences de St. Petersbourg & de l’ancienne Societé Royale de Berlin. Pour servir de supplement a L’Ambassadeur et ses fonctions de Mr. de Wicquefort, Amsterdam 1746. 6 Wicquefort, L’Ambassadeur, Bd. 1, 366.
Auswahl der Autoren und gattungsgeschichtliche Einordnung
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Lünig als Vertretern einer noch jungen Zeremonialwissenschaft die fehlende Regelhaftigkeit als Manko beklagt, das die Darstellung der Materie erheblich erschwerte. Zusehends länger wurden daher auch die empirisch geprägten Passagen der Abhandlungen, in denen Begegnungen der Potentaten oder ihrer Gesandten, sei es auf schriftlichem Wege, sei es im zeremoniellen Aufeinandertreffen der diplomatischen Vertreter, aufgezeichnet wurden.7 Wurde so etwas wie eine Norm angesichts von gewohnheitsmäßigem Gebrauch formuliert, war die Ausnahme von der Regel meistens nicht fern. Konkret auf die Titel bezogen stellte Abraham de Wicquefort recht nüchtern fest: Les façons de parler & d’escricre, à l’égard des tîtres, changent si souvent, que les plus habiles Princes ne s’y sont jamais gueres assujettis […].8 Bezeichnend ist auch die bereits zitierte – nicht nur topisch zu verstehende – Formulierung Lünigs in der einleitenden Passage zum zweiten Band seines Theatrum ceremoniale, dem Cantzley-Ceremoniel: Einander in Briefen zu tractiren, das sei eine von den delicatesten und veränderlichsten Materien in der Welt […]; So hat sich vermuthlich keiner darüber machen wollen/es sind auch die Sachen nicht so leicht zusammen zu bringen/als mancher sich einbilden möchte.9 Alle genannten Werke beanspruchten, mindestens eine Orientierungshilfe für den interessierten Leser zu geben; zum größeren Teil wurde das intendierte Publikum sogar relativ genau bezeichnet, vor allem in Wicqueforts und Rousset de Missys Ratgebern für den fürstlichen Gesandten,10 während John Selden noch relativ unspezifische Angaben zur intendierten Leserschaft machte, die aus seinen Ausführungen Nutzen ziehen könnte.11 Etwas weiter gefasst, jedoch wiederum auf den politischen Kontext ausgerichtet, erscheint die Gruppe der Rezipienten bei Zwantzig und Lünig: Auch im Kontext der Ausbildung sah Zwantzig sein Werk als nützlich für junge[ ] Politici[ ], Negotianten/Standes-Personen und Hoff-Leuthe[ ], während Lünig bei der Abfassung etwas unspezifischer jedweden, welcher bey Hofe und in Cantzleyen sein Glück suchen will, vor Augen hatte.12 7 Vgl. hierzu am Beispiel von Lünigs Werk die Analyse von Vec, Zeremonialwissenschaft, 76. 8 Wicquefort, L’Ambassadeur, Bd. 2, 31. 9 Lünig, Theatrum ceremoniale, Bd. 2, I. – Zur Veränderlichkeit des Zeremoniells vgl. auch Stollberg-Rilinger, Honores regii, 15. 10 Rousset de Missy, Mémoires sur le rang, 4: Mr. de Wicquefort a effleuré ce sujet en divers endroits de son Traité, ou plûtôt de ses Mémoires sur les Fonctions des Ambassadeurs, Ouvrage dont les Ministres publics ne peuvent se passer & dont devroient se faire une étude particulière tous ceux qui aspirent au Ministère; or comme l’article du Rang & de la Préséance doit faire partie de cette Etude, on a jugé à propos de joindre ce Traité aux Mémoires de ce cèlébre Auteur […] sur la plûpart des circonstances où un Ministre peut se trouver. 11 Nur unscharf zur Zielsetzung seines Werks, im Kontext der Ausführungen zu Titulatur, Rang und Präzedenz: […] So much as may give good directions in questions that may arise of it. Selden, Titles of Honor, 3. 12 Vgl. Zwantzig, Theatrum praecedentiae, X sowie Lünig, Theatrum Ceremoniale, Bd. 1, jeweils Vorrede an den Leser.
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Mit der Rede von einer ‚delikaten‘ Materie macht Lünig auf eine Schwierigkeit aufmerksam, die alle Autoren gleichermaßen betraf und die ihr Vorhaben, Orientierungshilfen für den Leser zu geben, nicht einfacher machte: Jede Festlegung eines Autors auf eine bestimmte Form und Verwendung einer Titulatur konnte potentiell zu einem Urteil, zu einer Stellungnahme zugunsten des einen Machthabers und zuungunsten des anderen geraten; salvatorische Klauseln in den Vorreden, mit dem vorliegenden Werk solle keinesfalls ein Präjudiz formuliert werden, finden sich daher in allen hier behandelten Werken. Wicquefort sprach bei der Anführung von Rangkonflikten davon, er wolle lediglich eine narré historique & desinteressé 13 geben; Zwantzig, der zunächst anonym als Ehrenhart Zweyburg publizierte,14 wollte sein Werk nur veröffentlichen mit der höchsten Protestation, daß man hierunter auf keine Weise einigem hohen oder niederen Staate/gecrönten und ungecrönten Haupte und Printzen/noch desselben Ehre oder Würde/zu nahe zu treten oder die so schwere ewig-währende Rang-Streitigkeiten zu definiren/weniger darinnen ein Reglement fürzuschreiben Willens gewesen.15 Es wird sich daher im Folgenden auch die Frage stellen, inwiefern die Autoren die eigenen Zielsetzungen unter diesen Bedingungen umzusetzen vermochten. Titelkompendien und Übersichten zu den wichtigsten sprachlichen, vor allem Anredekonventionen für jedweden Stand wurden schon zu Beginn des 16. Jahrhunderts im Druck publiziert; als sogenannte Titelbücher sollten sie auch das Verfassen von Briefen erleichtern, auch gedacht für die Petitionen des Privatmanns.16 Publikationen, die explizit – gerade auch aus juristischer Perspektive – zur Titulierung der europäischen Fürsten wie auch zum Zeremoniell insgesamt Auskunft gaben, entstanden ebenfalls seit dem 16. Jahrhundert und wurden in Europa ab dem 17. Jahrhundert in steigendem Umfang in den Druck gegeben.17 13 14 15 16
Wicquefort, L’Ambassadeur, Bd. 1, 324. Vgl. zu den Hintergründen Vec, Zeremonialwissenschaft, 34. Zwantzig, Theatrum praecedentiae, Vorrede. Vgl. hierzu immer noch Nickisch, Reinhard M. G., Die Stilprinzipien in den deutschen Briefstellern des 17. und 18. Jahrhunderts. Mit einer Bibliographie zur Briefschreiblehre (1474 – 1800) (Palaestra, 254), Göttingen 1969. Vec, Zeremonialwissenschaft, gibt in seiner Bibliographie zugleich eine Übersicht zu den wichtigsten deutschen Titelbüchern im 16. Jahrhundert. 17 Zu den frühesten Beispielen zählt Barthélemy de Chasseneuz’ Catalogus gloriae mundi. Laudes, honores, excellentias, ac praeeminentias omnium fere statuum, plurimarumque rerum illius continens; una & typis materias reco[n]ditas resolventibus, cum indice illustratus, Lugdunum (Lyon) 1529, mit zahlreichen weiteren Auflagen bis ins 17. Jahrhundert; John Seldens Werk Titles of Honor (1614), das hier noch einer ausführlicheren Betrachtung unterzogen wird, ist ein weiteres der prominenten Beispiele, ebenso Gregorio Letis Il ceremoniale historico, e politico, 6 Bde., Amsterdam 1685. Im Heiligen Römischen Reich waren Johann Christoph Beckmanns Notitia Dignitatum Illustrium Civilium, Sacrarum, Equestrium, Jena 21677 sowie Gerhard Feltmanns Tractatus de Titulis Honorum duobus libris absolutus In quo de praecipuis, praecipuarum, gentium, titulis praesertim quatenus ad statum
John Selden, Titles of Honor (1614/1631)
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Die vorzustellenden Werke sind als exemplarische Schlaglichter auf den Titulaturgebrauch zu verstehen; andere thematische Aspekte müssen hier weitgehend unberücksichtigt bleiben. Eine historische Perspektive eignet in mehr oder minder ausgeprägtem Umfang allen hier vertretenen Autoren. Ein dezidiert an historiographischen Perspektiven orientiertes Werk plante jedoch allein John Selden, dessen Titles of Honor das älteste der hier aufgenommenen Werke darstellen.
1.2 Alles für die Ehre: John Selden, Titles of Honor (1614/1631) John Selden (1584 – 1654) bearbeitete das Thema der Titel und Titulaturen vorrangig aus einer rechtsgeschichtlichen Perspektive. Zwar war Selden lange Zeit als Parlamentsmitglied politisch tätig und galt als engagierter Vertreter der Auffassung von einer gemischten Monarchie gegen die Machtansprüche Karls I. – wofür er von 1629 bis 1631 eine Haftstrafe verbüßte.18 Doch eine diplomatische Tätigkeit im engeren Sinne übte Selden nicht aus, und entsprechend spielt die Perspektive des Gesandten in seinem Werk zu Ehrentiteln und Herrschertitulaturen keine Rolle, wie auch die praktische Interaktion der europäischen Potentaten insgesamt eher am Rande beleuchtet wird. Selden gilt als erster Vertreter der frühmodernen englischen Rechts- und Verfassungsgeschichtsschreibung und wandte sich als Hebraist gegen Ende seines Lebens auch verstärkt religionshistorischen Studien zu.19 Sein mehrmals überarbeitetes Werk Titles of Honor, das ihm auch auf dem Kontinent Reputation einbrachte, ist in mehrfacher Hinsicht durch seine (frühen) Arbeitsschwerpunkte geprägt: Eine englische Schwerpunktsetzung ist unbeschadet einer insgesamt europäischen Ausrichtung nicht zu verkennen; Seldens intensive Beschäftigung mit dem Feudalrecht führte ferner zu einer ausführlichen Betrachtung dieser Thematik auch in Titles of Honor, als Beleuchtung der Vorrechte, die den Trägern bestimmter Titel zustanden.20 juredicialem spectant, curatissime edissertatu, multa in super juris publ. capita arcanaque; Imperii eruditissime explicantur, Bremen 1672 wichtige Werke mit langfristiger Ausstrahlung. Vgl. zum 17. Jahrhundert die Erläuterungen bei Stollberg-Rilinger, Feine Unterschiede. 18 Zur Biographie vgl. den Überblick bei Christianson, Paul, ‚Selden, John (1584 – 1654)‘, Oxford Dictionary of National Biography, Oxford 2004; online edn, Jan 2008 [http:// www.oxforddnb.com/view/article/25052, accessed 11 Oct 2010]. 19 Sein 1610 erschienenes Werk Jani Anglorum facies altera begründete Seldens Ruhm als Wissenschaftler; seine Feststellung einer frühen Rechtsetzung der Briten und Angelsachsen durch Versammlungsbeschlüsse noch vor Beginn der englischen Königsherrschaft stellte eine Gegenposition zur forcierten Betonung des divine right of kings durch die Stuartkönige dar. – Vgl. hierzu Parry, Graham, The Trophies of Time, Oxford 1995, 95 – 129, bes. 97 – 102; Christianson, Selden. 20 Vgl. Parry, Trophies of Time, 114.
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1.2.1 Gegenstand und Gliederung des Werkes Seldens Werk verbindet Erläuterungen zu Entstehung, Art und Entwicklung (herrschaftlicher) Titel und daneben wichtiger Insignien und (Einsetzungs-)Zeremonien als weiterer Herrschaftszeichen mit den erwähnten rechtshistorischen Darlegungen zum Lehenswesen und den damit verbundenen Herrschaftsrechten von Kaisern, Königen, Herzögen, Grafen, Baronen und Rittern in Europa.21 Die bereits erwähnte salvatorische Klausel, mit der sich Autoren vor dem Verdacht eindeutiger Parteinahme zu schützen suchten, findet sich auch bei John Selden, doch hier ist sie in einer eigenen Weise formuliert und weist auf die dezidiert historiographische Anlage seines Werkes hin: Im Hinblick auf die Behandlung von Place und Precedence charakterisiert Selden seine eigene Darstellung als so little and in such sort as that we may be sure here to decline both the Envy and Dislike that may follow the Determination of any point concerning it.22 Festlegungen im Kontext von Rang und Präzedenz rufen, so der Autor, Konflikte oder zumindest Neid und Missstimmung hervor, und deshalb reduziert Selden seine Ausführungen zur Präzedenzthematik sehr stark (so little) und bindet sie so ein (in such sort), dass er sich in dieser Hinsicht nicht gefährdet sieht. Nur indirekt umschreibt Selden in seiner Vorrede sein intendiertes Publikum: Sein Ziel sei es, Ursprung, Überlieferung und Praxis des Titelgebrauchs darzulegen und Fragen des Rangs und der Präzedenz zu erläutern, um good directions in questions that may arise of it zu geben.23 Ein expliziter Praxisbezug, den andere Autoren, wie noch zu zeigen sein wird, so klar hervorheben, erscheint bei Selden bestenfalls undeutlich, und noch weniger werden bestimmte Zielgruppen für sein Werk benannt. Die Anordnung der Materie folgt in den beiden Hauptteilen des Werkes und deren Unterkapiteln einer Gruppierung der Themen und Titelträger nach Rechtsstatus, Aufbau der Titulatur, Adelshierarchie und – ab der zweiten Auflage – nach räumlicher Verortung. Bei der Vorstellung der einzelnen Titel folgt Selden der Chronologie, um mit der Geschichte der Titles of Honor die Entwicklung der Various Names of Greatness or Eminency 24 zu verfolgen. Die Gliederung der Materie nach dem Rechtsstatus trennt die Darstellung in zwei große Teile, die Selden einleitend erläutert: Teil I ist eine Darstellung der den Supreme Princes zugestandenen Ehrentitel und Ehrenzeichen seit Beginn der Königsherrschaft; der zweite – umfangreichere – Teil behandelt entsprechend the Original, Continuance, 21 Eine kurze Charakterisierung der verschiedenen Auflagen zu Lebzeiten sowie eine Verortung im biographischen Kontext bei Christianson, Selden. 22 Selden, Titles of Honor, 3. 23 Ebenda, 3. 24 Ebenda, 1. Die Schreibung von Honor (Titel) und Honour (Text) ist dem zeitgenössischen Gebrauch des Autors Selden angepasst.
John Selden, Titles of Honor (1614/1631)
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and Being of the Sucordinate [sic! – Subordinate, R. D.] Titles […], together with their Ensigns, legal Forms of Creation, and such more.25 Souveräne Herrschaft wird demnach zum Ausgangspunkt eines zweistufigen Gliederungskonzepts gemacht;26 über Seldens Positionierung zum Souveränitätsbegriff, die bei allen hier anzuführenden Autoren eine gewichtige Stelle in der Argumentation einnimmt, wird im Kontext seiner Behandlung von Königs- und Kaiserwürde sowie im Hinblick auf die Präzedenzproblematik noch einmal zu handeln sein. Selden weist in seiner Vorrede auf die reiche Literatur hin, die zu seiner Zeit zu Fragen der Titulatur in Europa existierte; seine Leistung wird in der Forschung darin gesehen, eine historische, quellengesättigte Abhandlung sowohl für Souveräne als auch für adelige Titel gegeben und zugleich Linien zu den Reichen des Ostens und Nordafrikas gezogen zu haben.27 Durch sein außergewöhnliches Sprachtalent war es Selden möglich, Belege aus vierzehn Sprachen in seine Werke einzubinden; insbesondere galt er als Experte für das Hebräische.28 Seldens hohe quellenkritische Ansprüche und sein Ziel, in erster Linie Quellen mit großer Nähe zum betrachteten Ort und Zeitraum 29 als Belege anzuführen, die er in reicher Zahl entweder zitierend einfügte oder in margine als Belegstellen aufführte, konnte er selbst gerade bei den Herrschertiteln des Orients nicht immer erfüllen; vielmehr griff er hier auch – mit entsprechenden Konsequenzen für die Haltbarkeit seiner Thesen – auf mittelalterliche Quellen sowie jüngere Reiseberichte und Forschungsbeiträge zurück.30 Das Schema, dem die Ausführungen innerhalb der beiden großen Werkteile folgen, ist von den Größen ‚Aufbau der Titulatur‘ und – ab der zweiten Auflage der Titles of Honor – ‚Raum‘31 bestimmt. Bereits in den einleitenden Passagen bietet Selden seinen Lesern eine Kategorisierung und Erläuterung der verschiedenen 25 Selden, Titles of Honor, 3. 26 Als grundlegendes Merkmal königlicher und kaiserlicher Würde definiert Selden that it acknowledges no Superiour, vgl. Selden, Titles of Honor, 3. 27 Vgl. Toomer, Gerald J., John Selden. A Life in Scholarship, 2 Bde., Oxford 2009, hier Bd. 1, 129. – Parry, Trophies of Time, 114 betont nach Woolf die Bedeutung französischer Vorbilder, insbesondere den Einfluss Jean du Tillets mit seinem Recueil des Rangs de Grands de France (1602), vgl. Woolf, Daniel R., The Idea of History in Early Stuart England. Erudition, Ideology, and ‚The Light of Truth‘ from the Accession of James I to the Civil War, Toronto u. a. 1990, 209, 213. – Zu den Titulaturen des Orients vgl. bei Selden etwa im ersten Teil insbesondere Kapitel VI, 63 ff. 28 Zur Sprachkompetenz vgl. die Auflistung bei Christianson, Selden. 29 Vgl. hierzu Christianson, Discourse, 55. 30 Hierzu Toomer, Selden, Bd. 1, 133. Zur Gesamtbewertung der Quellennachweise bei Selden vgl. Toomer, Selden, Bd. 1, 156; Christianson, Discourse, 288. 31 Seldens Gliederungsprinzip wird in der Forschung eher unscharf gefasst; betont wird am ehesten noch die räumliche Komponente ab der zweiten Auflage, vgl. Toomer, Christianson; zur Unterordnung des chronologischen Prinzips vgl. Woolf, Idea of History, 237.
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Zeitgenössische Literatur zum Titulaturgebrauch
Titulaturbestandteile, die sich im Anschluss in der Anordnung seiner Kapitel niederschlägt: Selden sortiert zunächst nach Titeln, die als Angabe der Herrscherposition (King, Emperor, Queen, Empreß, Lord and such like) als Essential and General gelten und in einem ersten Durchgang für Kaiser und Könige in einem gesamteuropäischen Kontext abgehandelt werden. Selden beginnt mit den frühesten ‚Belegen‘ für die Königsherrschaft vor der Sintflut 32 und geht weiter in die römische Zeit mit einer entsprechend starken Gewichtung der Geschichte des Kaisertitels, bis hin zum Prester John für den Herrscher Äthiopiens und den Titeln der Herrscher muslimischer beziehungsweise asiatischer Reiche. Im Folgenden ergänzt er die Betrachtung der Titel um Elemente, die als Accidental or Particular angesehen werden müssen, etwa spezifische Attribute wie semper Augustus oder Defender of the Faith.33 Schließlich gilt es noch, Forms of speech and expression zu berücksichtigen, worunter Selden sowohl den Pluralis maiestatis 34 als auch eine ganze Reihe von Prädikaten zusammenfasst, von der Majestas bis zu den A ttributes more general für die Bezeichnung einer bestimmten Würde, etwa Clarissimus, Spectabilis etc.35 Insgesamt schreitet Selden anhand seiner Belegstellen – mit Lücken – die Entwicklung bis in die Frühe Neuzeit hinein ab. An die Behandlung der Titulaturen schließen sich Erläuterungen zu Insignien und Zeremonien an.36 Ganz am Ende des ersten Teils finden sich – als Corollary angehängt – Erläuterungen zur Präzedenzproblematik.37 Die ab der Auflage von 1631 zusätzlich erfolgende Sortierung nach Räumen betraf den zweiten Teil der Subordinate Titles und nahm ihren Ausgangspunkt vom 32 In der ersten Auflage von 1614 begann Selden seinen historischen Abriss mit der Bildung von menschlichen ‚demokratischen‘ Gemeinschaften noch vor Etablierung einer Königsherrschaft, entsprechend seiner Betonung der Rechtsetzung durch Versammlungen der Briten und Angelsachsen vor der königlichen gesetzgeberischen Tätigkeit in seiner Abhandlung Jani Anglorum facies altera. Ab der zweiten Auflage von 1631 – hier wird nach der dritten, posthum erschienenen zitiert – erschien die Königsherrschaft in betonter, gestärkter Funktion als Beginn aller Gemeinwesen. Vgl. hierzu Toomer, G. J., Selden, Bd. 1, 130, 158 sowie besonders Christianson, Paul, Discourse on History, Law, and Governance in the Public Career of John Selden, 1610 – 1635, Toronto u. a. 1996, 215. Toomer wie auch Christianson führen diese Veränderung auf eine gesteigerte Rücksichtnahme des Autors zurück, der schon nach seiner Geschichte des Pfründenwesens (The Historie of Tithes, 1618) mit Gefängnis bedroht und schließlich infolge der entschiedenen Verteidigung parlamentarischer Rechte im Konflikt mit dem König 1629 – 1631 in Haft genommen worden war, vgl. ebenda sowie Christianson, Selden. 33 Vgl. Selden, Titles of Honor, 3. 34 Forms of speech, or expression, understood here, are those of speaking in the plural number […]. Selden, Titles of Honor, 3. 35 Vgl. ebenda, 3. 36 Vgl. zum Überblick das Inhaltsverzeichnis bei Selden, Titles of Honor, C–C2. 37 Vgl. im ersten Teil S. 51 – 53
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Reich, um dann im Uhrzeigersinn von Schweden weiter nach Polen, Ungarn, Böhmen, Neapel, Frankreich und Spanien zu gehen und schließlich England, Irland und Schottland zu untersuchen. Der Titel Caesar wird anhand der Titulatur von designierten Thronfolgern noch einmal aufgegriffen, bevor sich Erläuterungen zur Entstehung der Titel Comes und Dux anschließen, beginnend wiederum mit dem Römischen Reich. Hier nun setzen Seldens rechtshistorische Erläuterungen des Feudalwesens und der mit der Herzogs- und Grafenwürde beziehungsweise -titel übertragenen Herrschaft über Land und Leute an, weiter zu Peers und Knights und schließlich, zum Heiligen Römischen Reich fortschreitend, zum Edelman; eingebunden sind auch im zweiten Teil neben Erörterungen zu Titulaturbestandteilen Darlegungen zu Einsetzungszeremonien und Herrschaftsinsignien sowie Präzedenzfragen.38 Die Segmentierung nach einzelnen Reichen in Teil II geht stimmig mit Seldens Vorstellung von der historischen Entwicklung der Herrschaftsordnung und der Verfasstheit europäischer Gemeinwesen zusammen, die er als jeweils eigenständige Fortentwicklungen nach dem Ende der römischen Herrschaft oder als eigenständige Verbindungen von römischen und (nord)europäischen Herrschaftsstrukturen präsentierte.39 Da Selden sich nicht vorrangig mit der Interaktion – oder: Konkurrenz – europäischer Herrschaftsträger beschäftigte, wird auch klar, warum er das Thema der Präzedenz beziehungsweise der Titulaturkonkurrenz europäischer Souveräne allenfalls in Teilen seines Werkes diskutierte. Zu diesen Teilen gehören Seldens Erörterungen zum Verhältnis zwischen Kaiser- und Königstitel, die im Folgenden daher einer eingehenden Analyse unterzogen werden. 1.2.2 Kaiser- und Königstitel europäischer Souveräne – Seldens Begriff vom Emperor Dass bei der historischen Betrachtung des Kaisertitels die römische Zeit ab dem ersten vorchristlichen Jahrhundert einigen Raum einnehmen muss, wundert nicht; verglichen mit den anderen, hier noch vorzustellenden Werken ist die Einarbeitung der römischen Geschichte jedoch – gerade aufgrund der historischen Perspektive Seldens – besonders ausgeprägt.40 Zugleich ist Seldens Diskussion der historischen Verwendung des Kaisertitels eine jener Passagen seines Werkes, bei der seine Vorstellung vom Verhältnis der europäischen Potentaten untereinander deutlich hervortritt. 38 Vgl. Selden, Titles of Honor, Kap. X (732 ff.), XI (740 ff.). 39 Vgl. zur Gesamtaussage und dem räumlichen Gliederungsprinzip ab der zweiten Auflage: Christianson, Discourse, 214, 246 sowie Toomer, Selden, Bd. 1, 160. 4 0 Vgl. im ersten Teil v. a. Kap. II (11 ff.), V (46 ff.), VII (87 ff.).
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Gleich auf den ersten Seiten seiner Abhandlung, noch vor Beginn seines Abrisses über die (mutmaßlich) ersten Könige der Menschheitsgeschichte vor der Sintflut, setzt Selden mit einer zunächst überraschenden Feststellung zum Titel eines europäischen Souveräns ein: That Supreme Title of King or Emperour (as we now understand the name of Emperour) which is distinguished from other dignities in this that it acknowledges no Superiour, but, according to the various institution of several Kingdoms, is accompanied with the highest rights of Majesty and Sovereignty […].41 Mit der Formulierung King or Emperor 42 werden beide Titel in eine Gruppe zusammengefasst, auf der Basis der souveränen Stellung der Herrscher – ergänzt um den wichtigen Zusatz, dies sei die gegenwärtige Interpretation des kaiserlichen Titels (as we now understand the name of Emperour, Hervorhebung R. D.). Ganz pointiert betont Selden hier, dass königlicher und kaiserlicher Titel sich im Hinblick auf die Machtfülle durch nichts unterschieden – beide bezeichneten die Würde eines souveränen Herrschers. Damit betont er zugleich die Historizität der Verwendung respektive der Akzeptanz des kaiserlichen Titels und nimmt auf diese Weise eine Linie auf, die in England besonders während der Herrschaft Heinrichs VIII. markant betont und von entsprechendem Schrifttum begleitet wurde: die Verwendung der Bezeichnung und des Titels Imperium und Imperator für das englische Königreich und den englischen König, nachweisbar jedoch auch für andere europäische Könige.43 Bei der näheren Erläuterung des Kaisertitels und seiner Geschichte in Kapitel II des ersten Teils setzt er diese anfängliche, nur recht knapp gesetzte Feststellung erläuternd fort: Die mittelalterlichen Kaiser selbst hätten seit Otto IV. Königs- und Kaisertitel gleichgesetzt und sich zwischen ihrer Wahl und der Krönung durch den Papst nur als Römischer König titulieren lassen; die ab dem 16. Jahrhundert nebeneinander geführten Titel Electus Romanorum Imperator und Electus Romanorum Rex für die Kaiser des Heiligen Römischen Reiches wiesen in dieselbe Richtung (as if the two titles of Rex and Imperator had no difference)44 – niemand könne bezweifeln, dass sie nicht auch nach der Kaiserkrönung Könige geblieben seien und schon seit der Wahl unbeschadet der Führung des Königstitels die kaiserlichen Kompetenzen besessen hätten.45 41 Selden, Titles of Honor, 3. 42 Hervorhebung R. D. 43 Zur Einordnung in den Kontext des europäischen Mächtegeschehens im 16. und 17. Jahrhundert: Duchhardt, Heinz, Imperium und Regna im Zeitalter Ludwigs XIV., in: Historische Zeitschrift 232 (1981), 555 – 581, bes. 557 – 560. – In Verbindung mit der Beanspruchung einer europäischen Schiedsrichterrolle des englischen Königs: Kampmann, Christoph, Arbiter und Friedensstiftung. Die Auseinandersetzung um den politischen Schiedsrichter im Europa der Frühen Neuzeit (Quellen und Forschungen aus dem Gebiet der Geschichte. Neue Folge; 21), Paderborn 2001, bes. 242 – 251. 4 4 Vgl. Selden, Titles of Honor, 15. 45 Vgl. ebenda, 15.
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Mit dieser Einebnung der Unterschiede zwischen Königs- und Kaisertitel leitet Selden über zur Legitimität der Führung des kaiserlichen Titels durch andere europäische Souveräne: Der Gebrauch sei ihnen als no less proper to their own Greatness erschienen, auch wenn die Kaiser des Heiligen Römischen Reiches und die byzantinischen Kaiser den Titel allein für sich reklamiert hätten. Selden versammelt nun Belegstellen für diesen Gebrauch durch die englischen, französischen und spanischen Könige seit dem Mittelalter, fährt in knapperer Form fort mit Russland, dem Osmanischen Reich, Äthiopien and some others.46 Der Kaisertitel bezeichnet in dieser Interpretation keine exklusive Würde und verleiht keine Rechte, die seinen Träger unbestreitbar allen anderen europäischen Souveränen voranstellten, sondern nur noch ein Attribut zur Kennzeichnung der eigenen Größe, dessen Führung im Belieben des betreffenden Herrschers steht. Dieselbe Argumentation wiederholt Selden später im Kontext des Gebrauchs der Prädikate Caesar und Augustus durch europäische gekrönte Häupter.47 Entsprechend bedeute die Annahme des Kaisertitels auch keine Verletzung der Rechte des Kaisers des Heiligen Römischen Reiches, der eben nur so bekannt unter diesem Titel sei, dass es den Anschein habe, dieser Titel stehe ihm allein zu.48 Selden argumentiert hier mit Funden seit der römischen Kaiserzeit, dass die Kaiser, schon von den Griechen und Juden in ihrem Reich, wiederholt als König betitelt wurden, ihr Reich als Königreich.49 Die Position einer highest Soveraignty des Kaisers des Heiligen Römischen Reiches gegenüber europäischen Königen wird explizit verneint, denn auch alle anderen Könige müssten keinen Höheren als Gott anerkennen, weshalb sie sich ebenfalls Kaiser nennen oder alle Beinamen annehmen dürften, die the fullest height of Honour and Dignity ausdrückten.50 Unter den zeitgenössischen Juristen, die neben Spanien auch für Frankreich jegliche subjection to the Empire verneinten, führt Selden im Text Jean Bodin an,51 dessen Six livres de la République (1576) er mehrfach in margine als Beleg für seine Erläuterungen zum Kaisertitel angibt, ohne jedoch auf Bodins Souveränitätskonzept ausführlicher einzugehen – ebensowenig, wie er die Formel Rex est imperator in regno suo bei Anführung seiner frühen Beispiele explizit aufgreift.52 Die 4 6 Vgl. ebenda, 18 – 20. 47 Vgl. ebenda, 48 f. 48 Ebenda, 20: Neither is the use of this Title of Emperour in the stile of other Princes any injury to the Emperour of Germany, who is commonly so known by that name as if it were only proper to him. 49 Vgl. ebenda, 13 – 22. 50 Vgl. ebenda, 20. Vgl. hierzu auch Toomer, Selden, Bd. 1, 131 sowie Christianson, Discourse, 216 f. 51 Vgl. Selden, Titles of Honor, 20. 52 Vgl. auch die weiteren Bodin-Verweise ebenda, 20, 24. – Vgl. zur Verwendung und Begründung des Imperator-/Emperor-/Empereur-Titels durch die Könige Englands und Frankreichs besonders seit dem 16. Jahrhundert Duchhardt, Imperium und regna, bes. 556 – 562.
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oben bereits zitierte, von Selden verwendete Begrifflichkeit zur Präzisierung der königlichen Position weist allerdings ebenfalls auf die Rezeption Bodins zurück.53 Entsprechend erfolgt wenig später ein Rekurs auf den kaiserlichen Anspruch auf Präzedenz und dessen Begründung: Die Rechtsgelehrten des Reiches hätten keinen anderen Grund für die besondere Würde beziehungsweise den Vorrang ihres Kaisers finden können als – wenn überhaupt – das Alter des Kaisertums des Heiligen Römischen Reiches: Quòd omnia Regna superat Imperium antiquitate, which (admit it were clearly true) can be no cause of Superiority though it may be of Precedence. – Das Alter allein vermöge also ein Recht auf Präzedenz zu begründen, doch sei dies nicht gleichbedeutend mit der Anerkennung einer Überordnung des Kaisertums. Selbst dieses Zugeständnis macht Selden nur unter Vorbehalt – zu Beginn des Kapitels hat er betont, die Königswürde sei älter als jene des Kaisers – und tönt seine Aussagen entsprechend ab (admit it were clearly true;[…] though it may be, Hervorhebung R. D.).54 Die Verweigerung einer Unterwerfungsgeste Edwards III . gegenüber Kaiser Ludwig dem Bayern (Fußkuss) wird entsprechend angeführt.55 Aus diesen Erläuterungen erhellen Kriterien Seldens für die Verwendung einer Titulatur: Es ist für ihn der (unwidersprochene) Gebrauch, durch Quellen belegbar, die Gewohnheit, die zur Beibehaltung eines Titels berechtigen (Observanz), zumal in diesem Fall diejenigen, die den Titel exklusiv für sich beanspruchen, einem entsprechenden Gebrauch durch eine ‚indifferente‘ Verwendung 56 bereits vorgearbeitet haben. Das Recht auf den Vortritt als Ehrerweis kann mit einem Titel verbunden sein und eine besondere Ehrung – hier aufgrund der Anciennität der herrscherlichen Würde – signalisieren, ist jedoch nicht zwangsläufig ein Signal für die Überordnung eines Herrschers. Übergangen werden bei Selden, der sich, wie oben erwähnt, nicht weiter mit Präzedenzfragen beschäftigten wollte, Ranglisten wie die päpstliche, die dem Kaiser die erste Position zugestanden. Sie hätten seine Argumentation auch nur infrage gestellt, verwiesen sie doch auf eine – wenn auch nicht unumstrittene – historische Praxis. Als Ceremoniale Romanum 1516 in Venedig publiziert, wurden, wie noch zu zeigen sein wird, das Zeremonialdiarium der Kurie und die dort festgehaltene Ordnung der Präzedenz für etliche Zeremonialschriftsteller ein –
53 Vgl. Selden, Titles of Honor, 3: That Supreme Title of King or Emperour […] which is distinguished from other dignities in this that it acknowledges no Superiour, but […] is accompanied with the highest rights of Majesty and Sovereignty. Zu Seldens Bodin-Rezeption knapp auch Christianson, Discourse, 37, 42. 54 Vgl. Selden, Titles of Honor, 30. 55 Vgl. ebenda, 30. 56 Vgl. ebenda, 15: […] And in the later age of this Empire [Heiliges Römisches Reich, R. D.], especially from Charles the Fifth to this day, the names have been taken so indifferent […].
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wie auch immer bewerteter – zentraler Bezugspunkt. Nach Kaiser und römischdeutschem König wurde im römischen Zeremoniell die Reihe mit dem König von Frankreich fortgesetzt, dann folgten Spanien, Aragon, Portugal – und dann erst England.57 Während Beispielreihen historischer Konfliktfälle zur Präzedenz bei anderen Autoren, wie wir noch sehen werden, breiten Raum einnehmen, konzentriert sich Selden also gemäß seiner historiographischen Perspektive in erster Linie auf die Geschichte der jeweiligen Herrscherwürden und Besonderheiten ihres Titulaturgebrauchs; freilich enthält auch seine Abhandlung aus Gründen der Belegbarkeit seiner Ausführungen Passagen, die den im Deutschen als Titelbüchlein bekannten Belegsammlungen für verschiedene europäische wie auch außereuropäische Titulaturen und deren Elemente vergleichbar sind – von allgemein verwendeten Attributen wie Dominus und Majestas bis hin zu spezifischen Beinamen wie Allerchristlichster König oder Verteidiger des Glaubens.58 Nicht von ungefähr beruft Selden sich in seinem Werk mehrfach auf solche Titelbüchlein und Handreichungen für königliche Kanzlisten.59 Der gelehrte Duktus und die überaus differenzierte Darstellung jedoch, ebenso der intensive Nachweis historiographischer oder gar archivalischer Belegstellen, machen nochmals deutlich, dass es nicht Seldens Ziel war, eine Handreichung zum täglichen Gebrauch zur Verfügung zu stellen, wie es Titel- oder Kanzleihandbücher waren. 1.2.3 Selden und die Frage nach dem Präzedenzrecht Entsprechend wird die Präzedenzproblematik beim Zusammentreffen von Souveränen oder deren Gesandten, wie schon erwähnt, nur knapp in einem Unterkapitel am Schluss des ersten Teils sowie des zweiten Teiles anzitiert. Im Wesentlichen liefert der Historiker Selden hier jeweils nur eine, wenn auch beeindruckend umfangreiche, kommentierte Bibliographie präzedenzrechtlicher Traktate, wobei allein auf besondere Ehren für die englischen Könige mehrfach ausführlicher kommentierend Bezug genommen wird.60 Bezeichnend ist die Art der Einbindung dieses knappen Präzedenzteils: For, to have precedence, is also a relative Title of 57 Veröffentlicht wurde das Diarium unter dem Namen Paris de Grassi, vgl. die Edition von Dykmans, Marc (Hrsg.), Le cérémonial papal de la Fin de Moyen Age à la Renaissance, 4 Bde., Brüssel 1977 – 1985. Vgl. zur Interpretation der kurialen Rangliste unten die Ausführungen Zwantzigs und Lünigs. 58 Vgl. Selden, Titles of Honor, Kap. IV–VII. 59 Vgl. z. B. zu Frankreich: ebenda, 101. 60 Vgl. hierzu, wenn auch nur mit sehr allgemeinen Ausführungen: Toomer, Selden, Bd. 1, 165.
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Honour arising from a singularity of Dignity founded in the title added to him that precedes.61 Das Recht des Vortritts wird demnach – man erinnere sich an die Präzedenz des Kaisers des Heiligen Römischen Reiches – als eine Ehrung beschrieben, die funktional einem Ehrentitel gleichkommt und aus einem Herrschertitel und der mit diesem verbundenen Würde resultiert. Das Epitheton relative verweist hier auf die besondere Ausprägung dieser Art von title – mit dem Präzedenzrecht wird im Sinne einer besonderen Hervorhebung desjenigen, der den Vortritt erhält, das Verhältnis zwischen den Potentaten augenfällig. Die mangelnde Beständigkeit von Einigungen oder Kompromissen im Präzedenzstreit scheint Selden nicht gerade zu animieren, diese Problematik weiter auszubreiten, und das bereits vorgebrachte Standardargument aller Autoren darf in diesem Kontext nicht fehlen: Es gebe keine richtende Instanz beim Präzedenzstreit zwischen souveränen Mächten, so könne erst recht ein private man eine solche Aufgabe nicht auf sich nehmen.62 Selden deutet auch an, warum er bei der Abhandlung der Präzedenz gerne anderen Autoren den Vortritt lässt: danger and envy […] might follow my own Conclusions in it.63 Diese Zurückhaltung kann er mit Hinweis auf die Zielsetzung seines historiographischen Werkes auch ohne Weiteres rechtfertigen. Auch anhand dieser recht spärlichen Bemerkungen zur Rangordnung unter europäischen Souveränen oder anhand seiner Stellungnahme zum Kaisertitel wird klar, dass Selden der Vorstellung souveräner Gleichheit insgesamt den Vorzug gab; damit befand er sich unter den Zeitgenossen in guter Gesellschaft, denkt man an die Positionen Jean Bodins oder an Hugo Grotius’ dezidierte Verneinung einer übergeordneten kaiserlichen Stellung.64 Gleichwohl ordnete er die Gewährung der Präzedenz unter seine Titles, also verschiedene Formen der Ehrerweisung, ein; eine Differenzierung durch unterschiedliche Ehrerweise, auch durch das Vortrittsrecht, wurde damit als politische Realität gekennzeichnet – deren Diskussion danger bedeuten konnte. Selden verweigerte 61 Selden, Titles of Honor, 207. 62 Vgl. Selden, Titles of Honor, 207. Vgl. hierzu auch: Stollberg-Rilinger, Feine Unterschiede, 141. 63 Selden, Titles of Honor, 208. – Vgl. zur Präzedenzthematik bei Selden auch knapp Toomer, Selden, Bd. 1, 165. 6 4 Vgl. Grotius, Hugo, De iure belli ac pacis, Buch II, Kap. XXII, § XIII. Hier zitiert nach der Ausgabe: De iure belli ac pacis libri tres. In quibus jus Naturae, Gentium, item juris publici praecipue explicantur, Amsterdam 1632, 265. – Selden hat sich im Laufe seines Gelehrtenlebens intensiv mit Grotius auseinandergesetzt, und dies bei Weitem nicht nur mit seiner Schrift vom Mare clausum (um 1619/1635), die unmittelbar auf Grotius’ De mare libero (1610) reagierte. Gleichwohl gibt er für das hier diskutierte Problem der Über- und Unterordnung in den einschlägigen Passagen von Titles of Honor keinen Hinweis auf eine Grotius-Rezeption. Vgl. die Hinweise zur Grotius-Rezeption in Seldens Gesamtwerk bei Christianson, Selden, passim.
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präzisierende Antworten – und mischte sich nicht ins Tagesgeschäft der europäischen Politik. Titulaturen im Allgemeinen werden, soviel ist deutlich geworden, von Selden mit ihrem Signalcharakter für konkrete Herrschaftsrechte (Souveränität, Lehensbeziehungen), Selbstzuschreibungen (vgl. den englischen Emperor-Titel) oder besondere Ehrerweise (Präzedenz aufgrund der Führung eines Titels) in ihrer Entstehung und Entwicklung, und damit auch in ihrer Veränderlichkeit und vor allem in der Veränderlichkeit ihrer Bedeutung, historisch verortet. Auch die Instrumentalisierbarkeit eines Titels um politischer Ziele willen ist deutlich geworden, selbst wenn Selden nur selten die Interaktion europäischer Mächte, etwa am Beispiel der konkurrierenden Führung des Kaisertitels, in seine Betrachtungen einbezieht. Dass seine Arbeitsergebnisse auch in seiner Gegenwart potentiell politisch instrumentalisierbar waren, steht außer Frage; doch nicht wegen seiner Weigerung, ein Präjudiz zu formulieren, sondern vor allem aufgrund der historiographischen Anlage seines Werks waren seine Ausführungen nicht für den politischen ‚Alltagsgebrauch‘ der europäischen Mächtepolitik konzipiert, sondern sind auch in den späteren Auflagen nach wie vor von seinen verfassungsgeschichtlichen Interessen grundiert.
1.3 Abraham de Wicquefort, L’Ambassadeur et ses fonctions (1676/1690) Im Gegensatz zu Seldens Abhandlung ist Abraham de Wicqueforts (1606 – 1682) dreiteiliger Traktat ganz entschieden durch seinen Anleitungscharakter für den Diplomaten geprägt. Ungeachtet seiner schillernden, verhältnismäßig gut bekannten Biographie als „véritable condottière de la politique“ 65, in der wohl in erster Linie materielle Zwänge dazu führten, dass der gebürtige Niederländer nicht nur mehreren, sondern auch zugleich gegnerischen Herren diente,66 wurde sein 1680 publiziertes Werk über den Ambassadeur der wohl am meisten rezipierte Diplomatietraktat der Frühen Neuzeit.67 Wicquefort stand in erster Linie als Nachrichtenagent seit 1636 in Paris in den Diensten Braunschweig-Wolfenbüttels und 65 Waddington, Albert (Hrsg.), Recueil des instructions données aux ambassadeurs et ministres de France. Depuis les traités de Westphalie jusqu’à la Révolution française, Bd. XVI: Prusse, Paris 1901, XX. 66 Wicquefort wurde 1675 in der niederländischen Republik des Geheimnisverrats an England überführt, vgl. Burger, Pierre-François, Res angusta domi, les Wicquefort et leurs métiers bien délicats entre Paris, Amsterdam et Pärnu, in: Francia. Frühe Neuzeit – Revolution – Empire 1500 – 1815, 27/2 (2000), 25 – 58, hier 46. 67 Zur Einordnung Wicqueforts vgl. Kugeler, Heidrun, „Le parfait Ambassadeur“. Zur Theorie der Diplomatie im Jahrhundert nach dem Westfälischen Frieden, in: dies. u. a. (Hrsg.),
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Brandenburgs und nahm – wenn auch in nicht hinreichend geklärtem Umfang – an brandenburgischen diplomatischen Verhandlungen zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges teil. Freimütige Äußerungen, die als Kritik an der Politik der Krone aufgefasst werden konnten und in einer kurzen Inhaftierung mündeten, setzten seiner Tätigkeit am französischen Königshof ein wenig rühmliches, wenngleich eher nebulöses Ende. Seine Entfernung vom Pariser Hof 1659 führte nicht zum Abbruch aller Kontakte nach Frankreich, sondern war vielmehr auch der Beginn einer Korrespondenz mit dem französischen Minister Lionne und somit wohl der Auftakt für eine inoffizielle Informantenkarriere für Frankreich bei den Generalständen, bei denen er sich als Historiograph und Übersetzer verdingte und mit der Tätigkeit als Nachrichtenagent fortfuhr.68 Nachweislicher Geheimnisverrat an England führte 1675 zu seiner Inhaftierung. 1679 konnte Wicquefort aus den Niederlanden nach Celle fliehen, wo er 1682 starb. Wiewohl der Umfang eigener Diplomatentätigkeit Wicqueforts heute kaum mehr zuverlässig bestimmt werden kann,69 gehörte er doch zweifellos einer Generation von Gesandten an, die sich – der Westfälische Friedenskongress zeigt dies am augenfälligsten – neuen Herausforderungen auf diplomatischem Parkett gegenübersah. Diese Erfahrung neuer Handlungsbedingungen für die Diplomatie korrespondiert in seinem Werk mit der zeitspezifischen Betonung empirischer Erfahrung als Quelle des Wissens, wie Heidrun Kugeler hervorgehoben hat;70 entsprechend verzichtet Wicquefort dezidiert auf die Wiederholung antiker Exempla früherer Diplomatietraktate, da sie den neuen Anforderungen nicht angemessen seien.71 Auch der Gegensatz zu Seldens akademisch-historischem Ansatz ist evident. Zweifellos dürfte Wicquefort als „nouvelliste plus que négociateur, écrivain à gages plus que savant philosophe“ 72 treffend charakterisiert sein. Gleichwohl verdanken wir ihm wichtige grundsätzliche Erläuterungen zu Fragen des Titulatur-
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Internationale Beziehungen in der Frühen Neuzeit. Aspekte und Perspektiven (Wirklichkeit und Wahrnehmung in der Frühen Neuzeit, 3), Hamburg 2006, 180 – 211. Zur Biographie Wicqueforts vgl. Bély, Lucien, L’art de la paix. Naissance de la diplomatie moderne XVIe–XVIIIe siècle (Le noeud gordien), Paris 2007, 313 – 320, hier 316 f.; über die Korrespondenz mit Lionne: Burger, Res angusta domi, 40. Ein Gutteil der diplomatischen Tätigkeiten Wicqueforts ist nur über seine Verteidigungsschrift überliefert, die er während seines Pariser Gefängnisaufenthalts verfasste, vgl. die Edition Waddington, Albert (Hrsg.), Un mémoire d’Abraham de Wicquefort en 1659, in: Bijdragen en mededeelingen van het historisch genootschap (gevestigd te Utrecht), 24. deel, Amsterdam 1903, 1 – 58. – Vgl. die Beurteilung der Quellenlage bei Bély, L’art de la paix, 314 sowie Burger, Res angusta domi, hier 36. Vgl. hierzu Kugeler, Le parfait Ambassadeur, hier 180 f. Vgl. ebenda, 188 f. – Antike Beispiele werden abqualifiziert als exemples qui ne pourroient point servir à l’usage moderne, Wicquefort, L’Ambassadeur, Bd. 1, 2. Bély, L’art de la paix, 320.
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gebrauchs, so auch im Kontext von Vertragsverhandlungen und bei der Formulierung konkreter Vertragstexte; da bei Wicquefort die Ableitung von Handlungsmaximen für den Gesandten aus der konkreten Erfahrung eine so wichtige Rolle spielt, geht er mehrfach anhand von Einzelfällen sehr genau auf die Formulierung von Titulaturen und die damit verbundenen Problemlagen ein. 1.3.1 Competences: Wicquefort über Rangordnung, Rangstreit und die Rolle der Titulatur Entsprechend dem Hauptanliegen Wicqueforts ist sein Werk bislang hauptsächlich unter der Perspektive der Charakterisierung des europäischen Gesandten und seiner Aufgaben ausgewertet worden. Die ersten 23 Kapitel (von 30) des ersten Buches erläutern – den Erfordernissen der Gattung entsprechend – zunächst die Geschichte des Gesandtschaftswesens, Aufgaben, Eigenschaften, Entsendung des Ambassadeurs,73 bevor sich Kapitel XXIV und XXV unter dem Begriff der competences Rangstreitigkeiten zwischen verschiedenen europäischen Mächten zuwenden, die über Diplomaten als Stellvertreter ihrer Herren ausgetragen werden. Dieser Teil wird nun – das alltägliche Geschäft des Diplomaten ist unmittelbar betroffen – weitaus deutlicher ausgeführt als bei Selden.74 Bei Wicquefort werden zahlreiche Exempel gesammelt, vorrangig anhand der Rangordnung der Gesandten bei den Messen in der päpstlichen Kapelle des 16. Jahrhunderts, beim Konzil von Trient und während der westfälischen Friedensverhandlungen, es werden die Rangansprüche und -konflikte sowie – zumindest zum Teil – deren Lösungen aufgeführt. Im Kontext dieser competences spielen auch die Art der Titulaturgestaltung sowie die Platzierung von Herrschern und Titulaturen in diversen Schriftstücken, seien es Verträge oder Korrespondenzen, eine wichtige Rolle – Titulatur, Rang und Vertrag sind also im Hinblick auf die konkreten Tätigkeiten und Problemfelder der fürstlichen Unterhändler hin in die Kompilation der Beispiele eingebunden; es wird nach Kontrahenten und nach Ereignissen sortiert, nicht etwa nach Rängen oder Vertragsarten. Im zweiten Buch, das vor allem die Praxis des Gesandten im Einsatz an ausländischen Höfen beziehungsweise bei Vertragsverhandlungen beschreibt, erhalten Titulaturen insbesondere im Kapitel III 73 Zur Gattungstradition vgl. Kugeler, Le parfait Ambassadeur, 186. 74 Kugeler spricht hier von einer dezidierten Absetzung von älteren Gesandten-Traktaten, vgl. dies., ‹Le Parfait Ambassadeur›. The Theory and Practice of Diplomacy in the Century following the Peace of Westphalia, Oxford 2006 (online publiziert unter: https://ora.ox.ac.uk: 443/objects/uuid:be69b6b3-d886 – 4cc0 – 8ae3 – 884da096e267, zuletzt aufgerufen am 24. 10. 2016), 49.
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zum Verhalten bei Verhandlungen (Comment l’Ambassadeur doit negocier) und in einem gesonderten Kapitel XII zu den Verträgen (Des traittés) ein besonderes Gewicht in der Argumentation.75 Eine ausdrückliche, explizite Definition von Herrschertitulaturen, gar eine Strukturierung der Titulatur nach ihren verschiedenen Bestandteilen wie bei Selden sucht man bei Wicquefort vergebens; ihre Bedeutung zur Umschreibung der Herrschaftsfunktion, der Ehrenstellung, des Ranges sowie ihre Instrumentalisierung erhellen aus Wicqueforts Exempla und seinen (wenigen) Kommentaren hierzu. In den Rangstreitigkeiten ausgewählter Mächte des 16. und 17. Jahrhunderts, die Wicquefort im ersten Teil Revue passieren lässt, wird die Palette von Rang argumenten und ‚Einstufungskriterien‘ präsentiert: die Machtfülle eines Herrschers oder Gemeinwesens, das Alter des Königreichs, die hochadelige Herkunft des Potentaten, die Macht der Bündnispartner, schließlich auch die Possession eines Platzes in der Rangordnung oder eines Titels. Nicht selten wird die Annahme eines Titels zur Stützung von Rangansprüchen angeführt, so der Empereur des Indes (Spanien) gegen den Empereur des Gaules (Frankreich)76 – man denke an Seldens Ausführungen zur kaiserlichen Titulatur. Auch Wicquefort betont die Veränderlichkeit von Titulaturen; für ihn spezifisch ist jedoch die ausführliche Analyse der Instrumentalisierung des Titels im Kontext politischer Interaktion: Während im ersten Buch des Ambassadeur bei der Darlegung der Rangstreitigkeiten noch deutlich der Anspruch eines Herrschers auf eine Titulatur und auf den damit verbundenen Platz in der Rangordnung der Potentaten im Vordergrund steht, unterstreicht Wicquefort im zweiten Buch eine andere Variante des Titulaturgebrauchs: Die gezielte Zubilligung eines Titels sei ein beliebtes, wenn auch nicht unproblematisches Instrument der Herrscher, Ehrerweise auszusprechen und somit Freunde zu gewinnen. 77 Bemerkenswerterweise billigt Wicquefort hier der Gestaltung und Verwendung von Titulaturen ausdrücklich nutzbringende Funktionen für die Mächtebeziehungen zu. Unter dem Gesichtspunkt der Nützlichkeit (quand elles leur ont esté utiles) werden Titelvarianten als civilités gegenüber anderen Herrschern gebraucht; damit kann nicht nur der – potentielle oder tatsächliche – Träger eines Titels einen aktiven Part übernehmen, sondern auch eine andere Macht, die sich nicht damit begnügen muss, die Führung eines Titels im Nachhinein 75 Zur Gliederung des Werks vgl. auch Carter, Charles H., Wicquefort on the Ambassador and his Functions, in: Studies in History and Politics 2 (1981), 37 – 59, hier 40. 76 Vgl. Wicquefort, L’Ambassadeur, Bd. 1, 328 – 338, 357. 77 Ebenda, Bd. 2, 31: Les façons de parler & d’escricre, à l’égard des tîtres, changent si souvent, que les plus habiles Princes ne s’y sont jamais gueres assujettis; mais ont esté fort prodigues de civilités, quand elles leur ont esté utiles. Il n’y a point de liberalité qui incommode moins, & qui acquiere plus d’amis.
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gutzuheißen.78 Titulaturen beziehungsweise ihre Zubilligung sind damit als ein – je nach Situation einsetzbares – Instrument unter anderen im Umgang der europäischen Potentaten miteinander gekennzeichnet. Zugleich geraten sie in die Nähe von situativ eingesetzten Beweisen der Wertschätzung, was sie von Titeln unterscheidet, die eines Rechtsgrunds wegen, etwa aufgrund von Erbrechten, beansprucht und zugebilligt werden.79 Die Frage der Ordnung erläutert Wicquefort in einem zweiphasigen Periodisierungsschema, das im ersten Buch eingeführt und im zweiten noch einmal aufgegriffen wird: Im ersten Buch, im Anschluss an eine der zahlreichen Schilderungen für Rangstreitigkeiten, wird für die Gegenwart, das Heute Wicqueforts (Aujourd’huy), hervorgehoben, dass tous les Rois miteinander im Konflikt stünden, da sie, allesamt Souveräne, sich nicht mehr nach dem Umfang ihrer Macht unterscheiden lassen wollten, seien sie doch nach dem Kriterium der Souveränität alle gleich.80 Die Anzweiflung des hergebrachten Rangdenkens führte also zunächst nicht zu einer Entschärfung des Wettbewerbs, sondern zu einer Vermehrung der Streitigkeiten, musste doch die Anerkennung der Souveränität zeichenhaft dokumentiert werden.81 Souveränität als Kriterium tritt im Kontext der Abhandlung diplomatischer Tätigkeit, so auch bereits vorab zu Beginn des ersten Buches, noch in einem anderen Zusammenhang auf, nämlich als Berechtigung zur Entsendung von Diplomaten ersten Ranges.82 Bodins Konzept der souveraineté lieferte aber vor allem Stoff für eine neue Gleichheitsdiskussion, konnte man doch bei ihm lesen: Un petit Roy est autant souverain, que le plus grand Monarque de la terre.83 ‚Von gestern‘ sind damit Kriterienkataloge, wie Wicquefort sie bei der Darstellung des 78 In diesem Kontext führt Wicquefort die Praxis dänischer Könige an, andere Potentaten mit Dignité Royale bzw. Majesté zu titulieren. Wicquefort, L’Ambassadeur, Bd. 2, 31. 79 Vgl. Stollberg-Rilingers Deutung, dass die Zubilligung eines Ranges aufgrund ‚objektiver‘ Rangkriterien im 17. und 18. Jahrhundert zusehends in den Hintergrund trat und „subjektive wechselseitige Wertschätzung und Geltungszuschreibung“ Ursache für fortbestehende zeremonielle Abstufungen waren. Stollberg-Rilinger, Feine Unterschiede, 125. 80 Vgl. Wicquefort, L’Ambassadeur, Bd. 1, 351: Aujourd’huy il y a competence entre tous les Rois, parce qu’estant tous Souverains, ils jugent que leur rang ne doit point estre reglé par leur puissance, qui est bien plus grande & plus absolue chez les uns que chez les autres, mais par la seule Souveraineté, qui n’admet point de comparatif […]. 81 Vgl. Stollberg-Rilinger, Feine Unterschiede, 145. 82 Vgl. Wicquefort, L’Ambassdeur, Bd. 1, Kap. 2, 9 – 26: Il n’y a que les Souverains qui envoyent des Ambassadeurs. – Zur Rezeption des Souveränitätskonzepts in den Diplomatietraktaten seit dem späten 16. Jahrhundert vgl. Bazzoli, Maurizio, Ragion di stato e interessi degli stati. La trattatistica sull’ambasciatore dal XV al XVIII secolo, in: Nuova Rivista Storica 86 (2002), 283 – 328, hier 320 f. 83 Bodin, Jean, Les six livres de la république, Buch I, Kap. II, Paris 1583, 13. Vgl. zu den Folgen für die Rang- bzw. Gleichheitskonzeption Stollberg-Rilinger, Feine Unterschiede, 143 f.
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Rangstreits alten Musters geliefert hat; sein erstes Beispiel für die neue Auffassung von der Ordnung der Mächte ist der Anspruch der Krone Schwedens während der Verhandlungen zum Westfälischen Frieden, aufgrund der mesme dignité au mesme degré nicht mehr hinter der Krone Frankreich zurückstehen zu müssen,84 anders ausgedrückt: Christina sei ebenso Königin wie Ludwig König und poche daher auf die gleiche Behandlung. Kaum verwundern kann, dass der Anspruch auf Gleichheit in Wicqueforts erstem Beispiel von einer Macht formuliert wurde, die im tradierten Rangschema auf den hinteren Positionen rangierte bzw. als protestantische Macht ohnehin Reihungsexempel wie die Ranglisten der Kurie kaum akzeptieren musste. Bezeichnend ist aber auch, dass Frankreich laut Wicquefort im Kontext des Dreißigjährigen Krieges und der westfälischen Verhandlungen einer offenen Konfrontation – und damit auch einem möglichen Verzicht auf eine Vorrangstellung – auswich und die Verteilung auf zwei Verhandlungsorte zur Umgehung des Konflikts nutzte, da es auf Schweden als Partner dringend angewiesen war.85 Eben dieses ‚Gleich sein wollen‘, das Wicquefort hier konstatiert, wird jedoch im zweiten Band vom Verhalten in der mächtepolitischen Praxis eingeholt, wie auch im Folgekapitel zu Zacharias Zwantzigs Werk noch zu vertiefen sein wird: Il est vrai que tous les Rois sont égaux en dignité, mais ils ne le sont pas en puissance: & il n’y rien qui puisse empescher qu’entre des égaux, il y en ait un qui soit le premier en rang.86 Auch unter Gleichen, so Wicquefort, lasse es sich gar nicht vermeiden, dass einer von ihnen in einer Rangfolge an der Spitze stehe – die Machtunterschiede blieben ja schließlich bestehen; das Fortleben einer Differenzierung zwischen den Königen (le premier en rang) wird hier mit demselben Vokabular bezeichnet wie das ‚alte‘ Rangdenken. Wicquefort bindet diese Feststellung in seinem Kapitel zu den völkerrechtlichen Verträgen ein, just bei der Behandlung der Platzierung von Titulaturen im Vertragstext und ihrer Signalwirkung für die beanspruchte beziehungsweise zugedachte Position. Wiederum benutzt er hier ein schwedisch-französisches Beispiel, mit dem er auch den Gleichheitsanspruch im ersten Band eingebracht hatte.87 Unbeschadet der Geltung des Souveränitätskriteriums, auch für die Entsendung von Diplomaten ersten Ranges, bleibt eine Hierarchievorstellung bestehen: „[la] gerarchia di potenza come unica immagine (e norma) possibile dell’ ordine 84 Vgl. Wicquefort, L’Ambassadeur, Bd. 1, 351. 85 Vgl. ebenda: La France, de son costé, ne jugeant pas à propos de desobliger sur ce sujet une Couronne, dont l’amitié lui estoit necessaire : & ne pouvant aussi renoncer à une primauté, dont elle joüissoit depuis plusieurs siecles, on s’avisa d’un autre moyen: & que pour éviter ces contestations, on s’assembleroit en des lieux differents, les uns à Munster, & les autres à Osnabrug. 86 Vgl. ebenda, Bd. 2, 138. 87 Vgl. ebenda, Bd. 2, 137 f.
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internazionale“.88 Die Konstruktion von Rangordnungen wird als unausweichlich präsentiert. Mit dem Rekurs auf die unterschiedliche Machtfülle der Könige wird überdies deutlich, dass der Kriterienkatalog, auf dem Rangunterschiede fußten, nicht ‚abgeschafft‘, sondern hier allenfalls auf das Kriterium der Machtfülle reduziert wurde. Bezeichnenderweise wurden solche „Würdigkeitskataloge“, von denen hier noch mehrfach die Rede sein wird, bis ins frühe 19. Jahrhundert hinein im Druck publiziert.89 Gemäß dieser Logik verschaffte ein Mehr an Macht nach wie vor Chancen auf eine herausgehobene Position, die nach wie vor – hier am französischen Beispiel aufgezeigt – attraktiv gewesen zu sein scheint, auch wenn sie angesichts des Souveränitätsarguments völkerrechtlich nicht begründet werden konnte; der Wettbewerb um Machterweiterung, Konstante der europäischen Politik weit über 1648 hinaus, trug die Forderung nach einer herausgehobenen Stellung für einen Herrscher in sich. Die europäischen Souveräne sollten erst mit der Herausforderung durch die revolutionäre, expansive französische Republik beziehungsweise durch das napoleonische Kaiserreich zu einer intensiveren Kooperation finden,90 die als „europäisches Konzert“ Gleichheits- und Kooperationsbestrebungen oder -bekundungen eine Zeit lang forcierte, deswegen jedoch nicht in ein ‚wettbewerbsfreies‘ Verhältnis oder gar in eine ‚Gemeinschaft‘ souveräner Staaten mit verbindlichen politischen Leitlinien mündete.91 88 Bazzoli, Ragion di stato, 326. 89 Vgl. Hellbach, Johann Christian, Handbuch des Rangrechts in welchem die Literatur und Theorie nebst einem Promtuar über die praktischen Grundsätze desselben, ingleichen die neuesten vorzüglichern Rangordnungen enthalten sind, Ansbach 1804. – Vgl. zur Einordnung Vec, Miloš, „Technische“ gegen „symbolische“ Verfahrensformen? Die Normierung und Ausdifferenzierung der Gesandtenränge nach der juristischen und politischen Literatur des 18. und 19. Jahrhunderts, in: Vormoderne politische Verfahren, hrsg. von Barbara StollbergRilinger (Zeitschrift für Historische Forschung, Beiheft 25), Berlin 2001, 559 – 587. – Vec betont für das 18. Jahrhundert auf der Basis von Zeremonialliteratur, Hof- und Kongressordnungen eine zunehmende Unübersichtlichkeit, Unklarheit und entsprechend mangelnde Strukturierung von Rangargumenten – allerdings noch nicht den Abbau des Rangreglements (vgl. v. a. 574 – 577). 90 Was nicht bedeutet, dass es Kooperationsbemühungen nicht schon vor dem Ende des Ancien Régime gab, man denke etwa an die – freilich begrenzt erfolgreichen – konfliktbegrenzenden Kongresse von Cambrai und Soissons nach dem Spanischen Erbfolgekrieg. 91 „So hieß es, aus wohlerwogenem Eigeninteresse en-vedette zu sein, weil der territoriale Zugewinn anderer Mächte immer zugleich auch eine Schwächung des selbst beanspruchten Ranges im Staatensystem bedeuten mußte.“ – Kunisch, Johannes, Hausgesetzgebung und Mächtesystem. Zur Einbeziehung hausvertraglicher Erbfolgeregelungen in die Staatenpolitik des ancien régime, in: Der dynastische Fürstenstaat. Zur Bedeutung von Sukzessionsordnungen für die Entstehung des frühmodernen Staates, hrsg. von dems./Helmut Neuhaus (Historische Forschungen, 21), Berlin 1982, 49 – 80, hier 52. – Vgl. zur Situation um 1815 und gegen eine allzu ‚harmonistische‘ Lesart des „europäischen Mächtekonzerts“ resümierend
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Wicquefort schafft mit der Feststellung eines fortbestehenden Rangdenkens einen rhetorisch vergleichsweise eleganten zeitlichen Sprung von den Rangkonflikten des 16. Jahrhunderts zu den Positionierungskämpfen des 17. Jahrhunderts, die ungeachtet des Egalitätsanspruchs wieder mit den alten Instrumenten ausgetragen wurden. Sein Kapitel zum Abschluss von Verträgen zwischen den Mächten reflektiert diese Problematik anhand einiger sehr illustrativer Beispiele, wobei auch die besonderen Charakteristika des Vertrags als Gattung in den Blick kommen und so von anderen Dokumenten des diplomatischen Austauschs abgesetzt werden können – das folgende Kapitel soll diesen Teil der Ausführungen Wicqueforts daher vertiefen. 1.3.2 Rang und Titulatur in Dokumenten des diplomatischen Austauschs Wiewohl Wicqueforts Diplomatenhandbuch nach den Erfordernissen eines Gesandtenleitfadens strukturiert ist und Titulaturen daher keinen hervorgehobenen Platz in seinem Gliederungskonzept einnehmen, hat er ihrer Einbindung in den völkerrechtlichen Vertrag einige Aufmerksamkeit geschenkt, der zentralen Bedeutung der Unterhändlerfunktion des Gesandten entsprechend. Eine umfassende Vertragssammlung des 17. Jahrhunderts (Traités modernes), die er selbst nicht in einem ihm erstrebenswert erscheinenden Umfang realisieren konnte, nahm für ihn überhaupt eine zentrale Bedeutung ein, um dem künftigen Unterhändler einen plan des affaires zu vermitteln – Exempla, jedoch möglichst aktuelle, sollten als erstrangiges Lehrmaterial dienen, entsprechend auch der Anlage seines eigenen Werkes.92 Duchhardt, Heinz, Concert of Europe, in: Publikationsportal Europäische Friedensverträge, hrsg. vom Institut für Europäische Geschichte, Mainz 2009 – 07 – 27, Abschnitt 1 – 7, (zuletzt aufgerufen am 25. 10. 2016). – Für die Diplomatie war die Entkoppelung der Gesandtenränge vom Status der jeweiligen Souveräne zweifellos von großer Bedeutung (Regelungen von Wien 1815/Aachen 1818), wobei die heutige Forschung betont, dass die hohe Bedeutung symbolischen Handelns deswegen kein Ende nahm. Die neue Inszenierung des Austauschs unter europäischen Mächten durch Monarchenbegegnungen analysiert die Studie von Paulmann, Johannes, Pomp und Politik. Monarchenbegegnungen in Europa zwischen Ancien Régime und Erstem Weltkrieg, Paderborn/München u. a. 2000. – Zu den Gesandtenrängen Vec, Verfahrensformen, 573 – 578. 92 Während den Verhandlungen und Verträgen von Münster und Osnabrück in Wicqueforts zweitem Band ein eigenes Kapitel (Section XIII) gewidmet ist, werden für die Zeit nach 1648 Les Principaux Traités, touchant les affaires de ce Siecle (Section XIV) komprimiert in einem Kapitel präsentiert, und zwar mit der Begründung: J’ ai dit en la VI. Section de la prémiere partie de ce livre, que l’estude des Traités modernes, doit faire la plus forte application de l’Ambassadeur. Un Recueil des Traités, qui ont esté faits depuis le commencement de ce Siecle,
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Mit diversen Verhandlungsbeispielen, vor allem anhand der Verhandlungen von Münster und Osnabrück, illustrierte Wicquefort ‚neuralgische Punkte‘ bei der Vertragsformulierung: die Gestaltung der Titulaturbestandteile, die Reihenfolge der Nennung von Herrschern in Verhandlungsdokumenten, Vertragsentwürfen und Verträgen, den Ort der Unterschrift des Bevollmächtigten, die Art und Öffentlichkeit des Vertrages selbst – der Autor nahm damit eine Kategorisierung der medialen Charakteristika des Vertragsdokuments vor.93 Bei der Formulierung aller angeführten Vertragselemente oder auch bei der Wahl der Art des Vertrages, in den die Titulaturen eingebracht wurden, lauerten, so mahnend Wicquefort, für den Unterhändler Gefahren, die Rangansprüche seines Herrn unbeabsichtigt infrage zu stellen beziehungsweise einer konkurrierenden Macht einen Vorteil einzuräumen.94 Eine Möglichkeit, über die Abfassung eines Vertrages die Gleichheit der Vertragspartner zu betonen, waren die alternierende Nennung der Parteien im Vertragstext und die alternierende Position als erster Unterzeichner des Vertrages, zu dem mehrere Ausfertigungen angefertigt wurden, entsprechend der Zahl der beteiligten Mächte. Wicquefort präsentiert diese Option als eingeführte Praxis seiner Gegenwart 95 unter anderem am Beispiel eines russisch-dänischen Vertragskonflikts von 1642 – der Zar beanspruchte zunächst die Erststellung seiner Titulatur vor derjenigen des dänischen Königs, und zwar in beiden Vertragsausfertigungen, wurde aber von den Dänen mit Hinweis auf den Brauch des Alternats 96 zwischen souveränen Fürsten zum Einlenken gebracht.97 Entsprechend konnte auch der Wechsel der Erststellung der Erwähnung der Gesandten – als Repräsentanten ihrer Herren – und ihrer Unterschrift am Ende den Gleichheitsanspruch zum Ausdruck bringen – oder trotz unterschiedlicher Rangvorstellungen einen Vertragsabschluss ermöglichen.98
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seroit un trés-excellent & un trés-utile ouvrage, qui serviroit d’instruction generale au Ministre, parce qu’il trouveroit un plan des affaires qu’il ne doit pas ignorer, si’il veut reüssir en son emploi. Wicquefort, L’Ambassadeur, Bd. 2, 158. – Zur Bedeutung der Verträge als Lehrmaterial des positiven Völkerrechts und ihrer Verwendung bei Wicquefort vgl. Bazzoli, Ragion di stato, 313. Vgl. Wicquefort, L’Ambassadeur, Bd. 2, 135 – 138. Vgl. ebenda, Bd. 2, 135. Wicquefort, L’Ambassadeur, Bd. 2, 138: Et de fait cela s’observe aujourd’hui entre les Souverains qui sont d’une dignité égale […]. Vgl. Bittner, Völkerrechtliche Vertragsurkunden, 203. Bezeichnend für den uneinheitlichen Gebrauch dieser Option ist Wicqueforts Hinweis, dass gekrönte Häupter den Republiken das Alternat verweigerten, da sie nicht ebenbürtig seien (leurs inferieurs) – die niederländische Republik jedoch habe das Alternat mit den nordischen Kronen erlangt. Vgl. L’Ambassadeur, Bd. 2, 138. Wicquefort bindet zur Frage nach der Reihenfolge der Erwähnung und Unterschrift der Gesandten besonders ausführlich ein englisch-französisches Verhandlungsbeispiel des 16. Jahrhunderts ein, vgl. L’Ambassadeur, Bd. 2, 135 – 137.
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Das oben erwähnte Beispiel schwedisch-französischer Verhandlungen während des Westfälischen Friedenskongresses und auch nach 1648 ist in diesem Kontext recht vielfältig analysierbar: Hatte Schweden während der Verhandlungen von Münster und Osnabrück größten Wert darauf gelegt, der Krone Frankreichs nicht mehr nachgeordnet zu werden, sondern le mesme rang zu erhalten (Bd. 1),99 so sicherten sich die schwedischen Gesandten laut Wicquefort bei der ersten schriftlichen Niederlegung des gemeinsamen Vertragsentwurfs mit Frankreich im Dokument la place la plus honnorable; seit Gustav Adolf hätten die französischen Unterhändler geduldet, dass die Schweden als les premiers dans tous les traités qu’ils fournissoient ihre Unterschrift leisteten (Bd. 2). Diejenige Macht, die sich gegen la moindre inégalité entre les deux Couronnes wehrte, setzte also ihre Position, die sie als Kritik am Rangdenken formulierte, mit Maßnahmen um, die wiederum Vorrangigkeit beziehungsweise Nachrangigkeit konstruierten.100 Duldeten die französischen Unterhändler diese Vorteile für Schweden aus Rücksicht auf ihren wichtigsten politischen Partner während der westfälischen Verhandlungen (comme ils ne vouloient offenser la Suede),101 so waren derartige Zugeständnisse nicht auf Dauer und unter allen Umständen geplant: Mais ils 102 jugeoient aussi, que cela ne devoit pas avoir lieu dans un traité, qu’on feroit avec un tiers, & qui seroit veu de tout le monde.103 Das Entgegenkommen entsprang also nicht der Auffassung, der Gleichheit der Souveräne müsse Rechnung getragen werden; vielmehr waren die Zugeständnisse von den politischen Umständen und – nota bene – vom Öffentlichkeitscharakter der zu schließenden Verträge abhängig. In Vertragsentwürfen und bilateralen, nicht öffentlichen Verträgen konnten Gleichheit oder sogar eine herausgehobene Position des Partners toleriert werden. Sobald jedoch ein Dritter als Vertragspartner Zeuge wurde, und falls dieser Vertrag – wie insbesondere bei Friedensverträgen üblich 104 – gar noch für tout le Monde öffentlich werden konnte, hatten Demonstrationen der Aufwertung Schwedens zu unterbleiben. Wicquefort verlängert seine Beispielreihe über 1648 hinaus und betont, der französische Gesandte Chanut habe 1651 für die Erneuerung der Allianz mit Schweden den Befehl erhalten, de conserver ponctuellement à la France, les avantages qui lui estoient deus, & de ne rien ceder aux Suedois – ein Ende der Nachgiebigkeit und ein Festhalten am (übergeordneten) Rang, der dieser Macht zustehe.105 Dies ist ein 99 Vgl. ebenda, Bd. 1, 351. 100 Vgl. ebenda, Bd. 2, 137. 101 Vgl. ebenda, Bd. 2, 137 f. 102 Gemeint sind die französischen Gesandten. 103 Vgl. Wicquefort, L’Ambassadeur, Bd. 2, 137. 104 Vgl. hierzu Steiger, Vorsprüche. 105 Vgl. Wicquefort, L’Ambassadeur, Bd. 2, 138.
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Beleg dafür, welch geringe bindende Kraft den vorher eingeräumten schwedischen Positionsgewinnen zugebilligt wurde. Der Verfasser des zweiten großen französischen Diplomatietraktats nach Wicquefort, François de Callières, bestätigt dies mit seiner Abhandlung De la manière de négocier avec les souverains (1716)106 durch einen recht deutlichen Kommentar zum Gleichheitsanspruch aus französischer Sicht: Quelques autres couronnes 107 commencèrent durant la négociation de la paix de Munster à vouloir introduire une prétendue égalité entre tous les rois d’Europe, mais nonobstant cette nouveauté mal fondée et inconnue jusqu’alors, la France est demeurée en possession de son ancien droit de primauté que tous les ambassadeurs soutiennent avec éclat dans toutes les cours, où ils font quitter la place aux ambassadeurs de toutes les autres couronnes qui leur cèdent en s’absentant.108
Auf das hier skizzierte Verhalten der französischen Gesandten nach 1648, ungeachtet der Egalitätsforderungen an der herausgehobenen Position festzuhalten, die hier als ancien droit de primauté firmiert,109 wird im Kontext der Abhandlungen Lünigs und Zwantzigs noch einmal zurückzukommen sein. Callières’ zitierter Kommentar weist jedoch bereits darauf hin, dass wir es hier nicht mit einer Position zu tun haben, die nur in den ersten Jahren nach Abschluss des Westfälischen Friedens vertreten wurde. Besondere Beachtung verdient noch einmal der medienhistorische Aspekt, den Wicquefort deutlich herausarbeitet: Auch von den Charakteristika des gewählten Mediums war abhängig zu machen, wie weit Zugeständnisse in puncto Titulatur und Reihenfolge der Nennung von Herrschern und Gesandten gehen konnten. Wie ‚scheinbar‘ klein eine Veränderung von Elementen einer Herrschertitulatur auch sein mochte, sie wurde, das zeigen Exempla Wicqueforts, aufmerksam registriert und auf ihre mögliche Signalwirkung hin befragt. Ein schönes B eispiel ist eine Diskussion um die Titulatur des französischen Königs zur Zeit der Fronde. 106 Die hier zitierte Edition: Callières, François de, De la manière de négocier avec les souverains. De l’utilité des négociations, du choix des ambassadeurs et des envoyés et des qualités nécessaires pour réussir dans ces emplois (1716). Edition critique par Alain Pekar Lempereur (Les classiques de la pensée politique, 19), Genève 2002. – Noch im Jahr 1717 in deutscher Übersetzung erschienen als: Kluger Minister und geschikter Gesandten Staats-Schule, oder Unterricht, wie man mit grossen Herren und Potentaten Staats-Sachen klüglich tractiren soll, darinnen absonderlich gehandelt wird von der Nutzbarkeit derer Gesandschafften, von der Wahl der Abgesandten und „Envoyés“, und was vor Qualitäten und Eigenschafften nöthig sind, wenn man in dergleichen Verrichtungen glücklich seyn will, Leipzig 1717. Vgl. die Liste der Editionen in der kritischen Callières-Ausgabe Lempereurs: Callières, Manière de négocier, 212. 107 Quelques autres: Gemeint sind andere Kronen außer der spanischen, deren Rangansprüche Callières unmittelbar vor der hier zitierten Textstelle beschreibt, vgl. Callières, Manière de négocier, 138. 108 Callières, Manière de négocier, 138. 109 Vgl. zur französischen Praxis auch knapp: Stollberg-Rilinger, Feine Unterschiede, 147.
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Wicquefort referiert eine Titulaturdiskussion von 1651 zwischen dem schwedischen Unterhändler Salvius und dem französischen Gesandten Chanut im Kontext der Verlängerung des schwedisch-französischen Bündnisvertrages: De l’autre costé Chanut ne voulut pas permettre qu’on y mist les mots le Roy & le Roiaume de France. Il disoit que cette façon de parler faisoit croire, que le Roiaume pouvoit avoir ou representer un corps separé de son chef, qui est le Roy: ou qu’il pouvoit avoir quelque droit ou action à part. Il y ajousta, que peut estre cela n’avoit pas esté si scrupuleusement observé auparavant; mais qu’il estoit obligé d’y prendre garde, & d’empescher que cela ne fust mis à la teste d’un traité solemnel: & dans un temps où il n’y avoit que trop de gens, qui entreprenoient sur l’autorité Royale.110
Unter den gegenwärtigen innenpolitischen Umständen war also Chanut nicht bereit, Salvius’ Vorschlag zu folgen, aus Bedenken heraus, die Formel le Roy & le Roiaume de France könnten als Eingeständnis gewertet werden, der französische König müsse in seinem Reich ein corps separé mit eigenen Kompetenzen dulden. Explizit wird wiederum auf die Bedeutung des Mediums hingewiesen: An den Beginn eines so prominenten Dokuments wie eines feierlichen Bündnisvertrags, der entsprechende Aufmerksamkeit genoss (traité solemnel),111 wollte man ein derart missverständliches, gegen die Interessen der Krone instrumentalisierbares Zeichen nicht stellen.112 Ausgeschöpft wurden allerdings nicht nur Varianten der Formulierung, etwa die Verwendung von Umschreibungen für bestimmte Mächte 113, die Möglichkeit eines Wechsels der Positionierung oder eine alternierende Nennung.114 Ein Wechsel des Mediums konnte auch als Möglichkeit zur Lösung eines Titulaturkonflikts genutzt werden; das eindrückliche Beispiel, das Wicquefort anführte, wurde von späteren Autoren vielfach aufgegriffen.115 Der französische Anspruch 1 10 Wicquefort, L’Ambassadeur, Bd. 2, 142. 111 Zum Begriff der Solennität vgl. Stollberg-Rilinger, Herrschaftszeremoniell, 419 – 421. 112 Für die Bezeichnung Schwedens als europäische Macht dagegen, auch das betont Wicquefort, war die Formel Rex bzw. Regina et regnum (man bedenke die Kompetenzen des Reichsrats) durchaus gängig, vgl. dazu auch im zweiten Hauptteil der Untersuchung die kaiserlich-schwedischen Verhandlungen um die Einbindung Portugals in den Friedensvertrag. – Zur Fronde und zur königlichen Machtstellung vgl. Schilling, Lothar, Das Jahrhundert Ludwigs XIV. Frankreich im Grand Siècle 1598 – 1715 (Geschichte kompakt), Darmstadt 2010, 58 – 63, 112 – 117. 113 Vgl. etwa die Problematik der Formulierung l’Empereur & les Couronnes während der Verhandlungen von Münster und Osnabrück, vgl. Wicquefort, L’Ambassadeur, Bd. 2, 135. – Ähnlich auch die Einbindung Savoyens in die Gruppe italienischer Fürsten bei der Formulierung des Vertragstexts zum Westfälischen Frieden – so konnte die Entscheidung, ob Savoyen gegenüber der niederländischen Republik eine herausgehobene Stellung im Vertrag einnehmen solle, umgangen werden, vgl. Wicquefort, L’Ambassadeur, Bd. 1, 357. 114 Zum Alternat vgl. etwa Wicquefort, L’Ambassadeur, Bd. 2, 137. 115 Vgl. unten die Erläuterungen zu den Werken Zwantzigs, Lünigs, Roussets.
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auf das Prädikat Majesté in der Anrede durch Verlautbarungen der kaiserlichen Seite 116 während der westfälischen Verhandlungen beschwor zunächst einen Konflikt mit dem Kaiser herauf, der in den edierten Korrespondenzen gut belegt ist. Ferdinands III . Gesandten berichteten an den Kaiser, Paris verlange der titulatur halber ein paritet.117 Mit hartnäckigem Insistieren erreichten die französischen Gesandten einen Kompromiss: Die Beilegung der Differenzen wurde durch die Beschränkung eines Zugeständnisses auf ein bestimmtes Medium erreicht. Fortan erhielt Anne d’Autriche als Regentin beziehungsweise Ludwig XIV . das Prädikat Majesté oder Maiestas in der Anrede durch den Kaiser zugesprochen – aber nur in der persönlichen Korrespondenz zwischen den Herrschern, nicht in anderen Dokumenten, etwa in Schreiben, die von der kaiserlichen Kanzlei ausgefertigt wurden.118 Das begrenzte Entgegenkommen Kaiser Ferdinands III . wurde durch den besonderen Charakter des Mediums Brief – auf zwei Parteien beschränkt, nicht öffentlich – erst möglich; der Konflikt war somit entschärft. Später hob besonders Lünig nochmals eigens hervor, diese Regelung habe kein Präjudiz bedeutet und mit der Korrespondenz sei der persönliche, verwandtschaftliche Charakter der Beziehungen zwischen den Herrschern unterstrichen worden – entsprechend der zeitgenössischen Argumentation.119 Rund zwei Jahre später jedoch wurde das begrenzte Zugeständnis ausgedehnt – öffentlich für ganz Europa: Ludwig XIV . wurde im Friedensvertrag von Münster als maiestas christianissima betitelt.120 Die Verwendung von Titulaturen in der schriftlichen Kommunikation allgemein, nicht allein im Vertrag, wird von Lünig hier als ein Kristallisationspunkt von Positionskonflikten ausgesprochen deutlich herausgearbeitet; deutlich geworden ist auch die Fortexistenz des Rangdenkens und der Rangdemonstration neben 116 Vgl. Wicquefort, L’Ambassadeur, Bd. 1, 347 f. – Zum Konflikt vgl. jüngst May, Auseinandersetzungen. 117 Vgl. die Gesandten Trauttmansdorff, Nassau und Volmar an Ferdinand III., 04. 06. 1646, APW II A 4, Nr. 151, 272 [APW für: Acta Pacis Westphalicae, hrsg. von der NordrheinWestfälischen Akademie der Wissenschaften in Verbindung mit der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte e. V. durch Max Braubach (†), Konrad Repgen und Maximilian Lanzinner, Münster – mit Angabe der Serie, Abteilung, Dokumentennummer und Seitenzahl]. 118 Vgl. die klare Beschränkung des Zugeständnisses im Brief Ferdinands III. an Trauttmansdorff, 13. 07. 1646, APW II A 4, Nr. 255, 434: […] iedoch das solches anderwerts in keine gleichheit oder consequenz gezogen noch dem althergebrachten stylo cancellariae hierdurch in einige weiß noch weeg praeiudicirt, sondern es dißfalß beederseits bei dem alten herkommen und observanz verbleiben. 119 Vgl. Lünig, Theatrum ceremoniale, Bd. 2, 6 f. 120 Vgl. § 1 IPM (Instrumentum Pacis Monasteriensis), APW III B 1/1, 4 f. – Zu den Querelen um die Berücksichtigung der Titulatur bei der Drucklegung des Vertrages resümierend nochmals May, Auseinandersetzungen, 439 f.
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dem Anspruch auf Dokumentierung souveräner Gleichheit, wiewohl Signale der Gleichheit, etwa durch die bereits im 16. Jahrhundert praktizierte Möglichkeit des Alternats, im diplomatischen Verkehr verankert wurden. Es wird in den folgenden Kapiteln zu fragen sein, wie spätere Autoren mit diesem Gegensatz umgingen – Wicqueforts Kommentar stellte ein Fortleben von Rangvorstellungen ja recht nüchtern als unvermeidlich hin, solange es ungeachtet der Souveränität Unterschiede zwischen den Mächten gebe. Eine weitere grundlegende Schwierigkeit für die Behandlung der Materie, mit der auch die späteren Autoren kämpften, hat Wicquefort wiederholt benannt und exemplifiziert: Im diplomatischen Verkehr gab es nur weniges, was auf unwidersprochene Regeln, noch weniger in ‚Gesetzesform‘ zu bringen war – neben coutumes, etwa zu den Visiten der Gesandten oder zu den Usancen der Vertragsausfertigung, traten ihre Ausnahmen; für Titulaturen wurden immer neue Varianten kreiert. Wicquefort ließ daher in einer Reflexion auf die „Wissenschaftlichkeit“ seiner Ausführungen auch keinen Zweifel an den Problemen einer Theoriebildung zum diplomatischen Austausch: Je sçais bien que tout ce que j’en pourray dire, ne fera pas une Science qui ait ses principes Mathematiques, ou qui soit fondée sur des raisons demonstratives, sur lesquelles on puisse faire des regles certaines & infaillibles: mais aussy crois-je pouvoir reduire tout mon discours à des maximes, où il se trouvera quelque chose de fort approchant d’une infaillibilité morale.121
Wiewohl man Wicqueforts betonte Heranziehung möglichst aktueller Fallbeispiele als Befürwortung des zeitgenössischen empirischen Wissenschaftsideals interpretieren kann,122 blieb er doch zu einem guten Teil, und dies reflektierte er in diesem Zitat sehr klar, in dieser Empirie auch gefangen. Gesetze, unumstößliche Regeln aufzustellen, war für Wicquefort als Kenner des diplomatischen Geschäfts auf der Basis seiner zahlreichen Exempla eine Unmöglichkeit. Schließlich hat er selbst seine Darlegung zahlreicher Varianten von Rangkonflikten und Vertragsverhandlungen nicht zufällig und nicht nur aus Gründen einer unparteiischen Haltung als narré historique, und nicht als systematische Darlegung bezeichnet; man darf angesichts des obigen Zitats fast annehmen, dass Wicquefort diesen Anspruch für sich auch nicht hatte. Was aus seiner Sicht vor allem festzustellen blieb, waren bezeichnenderweise Maximen, handlungsleitende Sätze, die nicht die bindende juristische Kraft eines Gesetzes besaßen, jedoch moralische Autorität beanspruchten.123 Inwieweit sich Autoren, die als Vertreter einer (noch jungen) 121 Wicquefort, L’Ambassadeur, Bd. 1, 2. 122 Vgl. Kugeler, Parfait Ambassadeur, 188. 123 Vgl. zum Theorieproblem Keens-Soper, Maurice, Wicquefort, in: Diplomatic Theory from Machiavelli to Kissinger (Studies in Diplomacy), hrsg. von G. R. Berridge u. a., Houndmills/ New York 2001, 98 – 105, bes. 100 f.: „One of the merits of The Embassador and His Func-
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Zeremonialwissenschaft gelten, ähnlich explizit und nüchtern mit dieser Problematik auseinandersetzten, wird anhand der Werke Zwantzigs und Lünigs noch einmal zu fragen sein.
1.4 Zacharias Zwantzig, Theatrum praecedentiae – die Montage zweier Ordnungsprinzipien Der kurbrandenburgische Rat Zacharias Zwantzig (gest. 1716), der sein Werk Theatrum praecedentiae zunächst unter dem Pseudonym Ehrenhart Zweyburg veröffentlichte, diente mit Friedrich III./I. von Brandenburg-Preußen einem Herrscher, der mit der Annahme der Königswürde einen entscheidenden Schritt zur Stärkung seiner Position im Kreis der europäischen Souveräne getan hatte. Das Ziel, von den europäischen Königen als ebenbürtig anerkannt zu werden, hatte schon die Politik des Großen Kurfürsten geprägt; die Entsendung Gesandter ersten Ranges an die großen europäischen Höfe und zu Friedenskongressen dokumentierte den brandenburgischen Anspruch unmissverständlich, wenngleich die Akzeptanz der Gesandten nur schrittweise erlangt werden konnte.124 Zwantzigs Werk trägt schon im Titel, dass hier im Schwerpunkt nicht Repräsentationen der Gleichheit, sondern der Rangfolge verhandelt werden sollten; Zwantzig hatte Zugang zu den brandenburgischen Archiven und verfasste noch mehrere Werke, die jedoch nicht in Druck gingen, so zum brandenburgischen Zeremoniell und zum Zustand der brandenburgischen wie auch diverser Reichsterritorien. Es wurde ihm auch die Autorschaft des anonymen Ceremoniale Brandenburgicum (1699) zugeschrieben.125 Die Veröffentlichung unter Pseudonym weist darauf hin, dass Autoren mit der Behandlung von Rang- und Zeremonialfragen Gefahr liefen, einer Festlegung zugunsten einer Macht bezichtigt zu werden – daher die bereits erwähnten salvatorischen Klauseln; insgesamt tasteten sie mit der Auswertung archivalischen Materials und der Beleuchtung von Strategien der Herrscherrepräsentation Bereiche nahe dem Arkanum an.126
tions is the attention it rivets on what can be adumbrated in systematic form and by means of and inductive, historical, method.“ (Zitat S. 100). 124 Zur Biographie Zwantzigs vgl. Vec, Zeremonialwissenschaft, 33 f. Zum brandenburgischen Ziel der Standeserhöhung und den angewendeten Strategien vgl. Stollberg-Rilinger, Höfische Öffentlichkeit; dies., Honores regii. 125 Vgl. hierzu Vec, Zeremonialwissenschaft, 33 – 35. 126 Vgl. ebenda, 245 – 250.
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1.4.1 Gliederung und Zielsetzung des Werks Zwantzig teilt seine Darstellung nach der Präzedenz auf völkerrechtlicher Ebene, wobei etliche außereuropäische, nicht christliche Herrscher miteinbezogen werden, und der Präzedenz auf Reichsebene.127 In seiner Vorrede an den Leser stellt Zwantzig die Titulatur und ihre Signalfunktion als Ausweis einer bestimmten Herrscherwürde in einer Stufenfolge der Würden vor: Dahero dann in Observantz kommen/daß dergleichen grosse Herren und Staaten sich nicht alleine in der Titulatur, verschiedentlich und per Gradus distinguiret/so wie es eines jedweden Convenientz/Macht/Herrlichkeit/auch der Staat und Ihro RegierungsForme erfordert und etwan zugelassen; Sondern es seynd aus dergleichen Titulatur und verschiedenen Gradibus Dignitatum auch unterschiedene Rangs, Praecedentzen und Tractamente aufkommen.128
Konflikte um Rang und Präzedenz erwüchsen nun daraus, dass die Herrschaftsträger in dergleichen Rang und Praecedentzen sehr pointilleux worden, weshalb Ceremoniels und Curialien, also Ordnungen des Umgangs an den Höfen, aber auch zwischen den Kanzleien, täglich mehr und mehr zunähmen.129 Zwantzig konstatiert also ähnlich wie Wicquefort eine Entwicklung, sieht seine Gegenwart als eine Zeit gesteigerter Aufmerksamkeit für Rangfolgen und damit verbunden als eine Zeit, in der zeremonielle Bestimmungen immer größere Bedeutung gewännen. Zu den Konsequenzen der Rangstreitigkeiten bezieht er in seiner Vorrede noch sehr viel deutlicher und kritischer Stellung als Wicquefort, wiewohl dieser bereits auf die aufschiebende Wirkung dieser Konflikte bei Verhandlungen zwischen den Mächten Bezug genommen hatte:130 Kleine Pointillen/worauf etliche grosse Herren sonst im Ceremoniell so pertinaciter bestehen, seien Formalia Inutilia, die der Würde eines Herrschers keinen Abbruch täten, jedoch viele heilsame Conventen und negotia publica zum Stocken brächten. Zur Unzeit vorgebrachte Ansprüche auf Rang und Prärogative auf unsicherer Grundlage führten zu Haß, Jalousie, Unruhe. Wie Wicquefort hebt Zwantzig hervor, es könne niemals endgültige Regelungen in dieser Frage geben, päpstlichen Regelungsversuchen und auch Anläufen weltlichen Herrscher zum Trotz.131
127 Beispiele sind die Herrscher von Persien, Indien, Japan, China, Äthiopien, Siam. – Wicqueforts Diplomatenhandbuch zog die Linie noch enger auf die (west)europäischen Hauptakteure der Mächtebeziehungen im 16. und 17. Jahrhundert. – Zur Gliederung des Werkes vgl. Vec, Zeremonialwissenschaft, 36. 128 Vgl. Zwantzig, Theatrum praecedentiae, Vorrede. 129 Vgl. ebenda. 130 Vgl. etwa anhand der französisch-spanischen Rangstreitigkeiten Wicquefort, L’Ambassadeur, Bd. 1, 324. 131 Vgl. Zwantzig, Theatrum praecedentiae, Vorrede.
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Zwantzig ordnet seine Materie nach den historisch würdigsten Herrschertiteln; entsprechend beginnt auch er mit dem Kaisertum, wenngleich die Beschäftigung mit der römischen Zeit im Vergleich zum Historiker Selden deutlich knapper ausfällt – Zwantzig zieht es vor, rasch auf das römisch-deutsche Kaisertum zu sprechen zu kommen und hervorzuheben, dass die kaiserliche Würde von allen christlichen Herrschern einen sonderbahren Vorzug zugestanden erhalte – Polemiken gegen den kaiserlichen Vorrang zur Zeit Ludwigs XIV., etwa aus der Feder Antoine Aubérys und andere[r] pralerische[r] Frantzosen, lesen sich nach Zwantzig wie Ausrutscher, die auf völlig unzulässiger Basis erfolgt und auch von Ludwig XIV. nicht weiter verfolgt worden seien.132 Ein Hinweis auf britische Emperor-Titulaturen fehlt hier ganz. Den Konflikt um das Majestas-Prädikat zwischen Ludwig XIV. und Kaiser Ferdinand III. bindet – mit Hinweis auf Wicqueforts Darstellung als Quelle – auch Zwantzig ein; zur Stärkung der kaiserlichen Position – und in Übereinstimmung mit den kaiserlichen Quellen zu den westfälischen Verhandlungen – fügt er noch an, dieses Zugeständnis sei mehr aus Höffligkeit/oder Blutverwandschafft/als aus Schuldigkeit und ohne allen Praejuditz Seiner Käyserl. Praerogativen geschehen.133 Art und Weise der Titulatur des Kaisers und der Kaiserin im Briefverkehr fügt Zwantzig im Anschluss gleich an, ebenso weitere zeremonielle Elemente wie die Sitzordnung am Kaiserhof bei Solennitäten. Gliederungsprinzip sind also nicht verschiedene Medien oder Anlässe, sondern tatsächlich Rangpositionen einzelner Herrscher, deren Position durch verschiedene Zeichen – und gerade auch durch Titulaturen – repräsentiert wird. Nach den Erläuterungen im zweiten Kapitel, weshalb die Sultane die Präzedenz der römisch-deutschen Könige anzweifelten, schließt Zwantzig dann, konsequent nach Rangfolge zu den europäischen Königen fortschreitend, Darlegungen zu den historischen und gegenwärtigen königlichen Rangkonflikten an – im Vergleich zu Wicquefort sind Zwantzigs Darlegungen allerdings insgesamt sehr viel ausführlicher und auch klar in Unterkapitel zu einzelnen Mächten und den Rangansprüchen der Herrscher gegliedert. Wiewohl der Autor in der Vorrede angibt, keiner festen Ordnung bei der Darstellung der Rangstreitigkeiten beziehungsweise der jeweiligen Kontrahenten folgen zu wollen,134 ist eine Orientierung an den überlieferten Rangtabellen unverkennbar.
132 Vgl. Zwantzig, Theatrum praecedentiae, Teil 1, 2. – Zur Charakterisierung der Polemiken Aubérys gegen den kaiserlichen Vorrang vgl. Dotzauer, Winfried, Der publizistische Kampf zwischen Frankreich und Deutschland in der Zeit Ludwigs XIV . Der Publizist Antoine Aubéry und seine Gegner (1667−1669), in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 83 (1974), 99−123. 133 Vgl. Zwantzig, Theatrum praecedentiae, Teil 1, 2. Wicquefort wird von Zwantzig als Belegstelle für diesen Konflikt aufgeführt. 134 Vgl. ebenda, Vorrede.
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Zwantzig setzte sich jeweils zum Ziel, einen rechtlichen Anspruch auf Vortritt anhand eines Kriterienkatalogs zu klären; seine Vorbilder waren Verfasser bekannter rangrechtlicher Traktate, namentlich erwähnte er James Howell und Jakob Andreas Crusius.135 Entsprechend folgt der Großteil der Kapitel zum Rangrecht unter europäischen Souveränen dem folgenden Muster: Ansprüche nach tradierten Kriterien für Rangpositionen respektive für die Präzedenz 136 werden sortiert. Mit Belegstellen von der mittelalterlichen Geschichte bis ins späte 17. Jahrhundert werden entweder konkurrierende Ansprüche auf den Vortritt einander gegenübergestellt, mitunter auch in einem klaren Votum für oder gegen die Ansprüche einer Macht resümiert. Zu Beginn des Kapitels über den polnisch-ungarischen Präzedenzkonflikt urteilt Zwantzig etwa: Die Crohn Ungarn ist eine derer considerablesten Crohnen in Europa/insonderheit ist Selbige der Crohn Pohlen in der Praecedentia vorzuzuziehen 137. Welche Rolle spielen nun also in dieser Argumentation Titulaturfragen? Zwantzig hat der Titulatur einleitend – wie dargestellt – einen herausgehobenen Platz eingeräumt; da es neben dem Herrschertitel jedoch noch andere zeichenhafte Repräsentationen des Ranges zu beachten gilt, wird ihr nur ein Teil der Aufmerksamkeit gewidmet. Die Frage nach der Titulatur als Ausweis königlicher Würden und weiterer Ansprüche wird hier immer wieder eingebunden, der Titel gehört, je nach Beispielfall in unterschiedlicher Ausführlichkeit, zumeist an prominenter Stelle mit zum Argumentationsmaterial.138 Eine separate Darstellung nach Medien, in denen Rangansprüche im Allgemeinen und Titulaturen im Besonderen abgehandelt würden, existiert bei Zwantzig nicht, da nach Mächten und ihren Rangkonflikten gegliedert wird; Verträge und Edikte werden daher zusammen mit der Korrespondenz von Herrschern und Kanzleien abgehandelt.139 Zwantzigs Darstellung eines – neben Preußen – weiteren ‚königlichen Aufsteigers‘ im Europa nach dem Westfälischen Frieden, Savoyens, soll die Einbindung von Titulaturen in die Würdigkeits-Argumentation hier beispielhaft verdeut 135 Vgl. Vec, Zeremonialwissenschaft, 37 – 39; zur rangrechtlichen Literatur vgl. im Überblick auch Rahn, Thomas, Psychologie des Zeremoniells, in: Zeremoniell als höfische Ästhetik in Spätmittelalter und Früher Neuzeit, hrsg. von Jörg Jochen Berns/Thomas Rahn (Frühe Neuzeit, 25), Tübingen 1995, 74 – 98. 136 Dazu gehören: Alter des Königtums, Beginn der Christianisierung, Führung in päpstlichen Ranglisten, Größe des Territoriums und Machtfülle, ruhmreiche Vergangenheit, gegenwärtige Verbindung mit dem mächtigen habsburgischen Haus, Praxis der Präzedenz an den europäischen Höfen. Vgl. Zwantzig, Theatrum praecedentiae, Teil 1, 25 f. 137 Zwantzig, Theatrum praecedentiae, 25 f. 138 Vgl. am dänisch-schwedischen Beispiel: Datierung des Titels eines Rex Vandalorum, den beide Mächte für sich beanspruchten, ebenda, Teil 1, 23 f. 139 Ein Beispiel neben anderen ist wiederum die Diskussion des preußischen Königstitels, vgl. ebenda, Teil 1, 29 f.
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lichen.140 Die Annahme des Titels eines Königs von Zypern durch den Herzog von Savoyen wird nicht nur unter Zuhilfenahme des üblichen Kriterienkatalogs zur Herleitung des Anspruchs erläutert (verwandtschaftliche Beziehungen des savoyischen Herrscherhauses, wechselvolle Geschichte Zyperns, so auch unter venezianischer und – aktuell – osmanischer Herrschaft), sondern es werden – nach dem Muster der Behandlung oben erläuterter Rangstreitigkeiten – die Ansprüche auf Zypern, die als Rechtsansprüche gekennzeichnet sind, explizit gebilligt. Die Annahme einer königlichen Titulatur ist als unverzichtbares Element der monarchischen Würde gekennzeichnet: Der Prätendente des Hertzoglichen Hauses Saphoyen/so sein wohl Fundirtes Recht vor sich hatt/fähret dennoch quoad Dignitatem & aestimationem in so weit gut/daß es das Königliche Cyprische Blut und die wahre Succeßions-Befügnusse besitzet und mainteniret. […] Sein Successor Victor Amadeus I, da er sahe daß die zeitige Conjuncturen nicht zu liessen/seine Prätension an Cypern zu Stande zu bringen/indessen er dennoch die Honores, so einem ex Regio sanguine haereditario herstammenden Printzen angehören/gebrauchen könte/nahme Anno 1633. den Caracter und Titul: Altezza Reale, oder Königliche Hoheit: an/er liesse auch durch ein publiques Manifest publiciren/warümb er solchen Caracter angenommen/und name in insignibus eine geschlossene Königliche Crone an statt des bisherigen gebrauchten Herzog-Hutes.141
Wiewohl also der Realisierung von Herrschaftsansprüchen – zumindest gegenwärtig – keine reale Chance gegeben wird, können doch die mit der beanspruchten königlichen Würde verbundenen Titel geführt werden; ausschlaggebend sind hier für Zwantzig die in seinen Augen unbezweifelbar belegbaren Erbrechte des Herzogs. Klar weist der Autor auf die Vorteile des höheren Ranges, signalisiert durch den Königstitel, und der damit verbundenen honores im Umgang mit den europäischen Mächten hin – entscheidend wird hier, ob die Anerkennung durch europäische Mächte trotz anfänglicher jalousie und Auffsehen gelingt.142 1.4.2 Präzedenzrecht und souveräne Gleichheit bei Zwantzig Wie geht Zwantzig angesichts seines rangrechtlichen Schwerpunkts mit der Frage der souveränen Gleichheit um, die Wicquefort ja als klaren Gegensatz zur traditionellen Abstufung der (königlichen) Ränge in seine Darstellung eingeführt hatte? Die Feststellung der Gleichheit königlicher Würden, aus denen man – an sich – auf eine Gleichheit des Ranges schließen möchte, findet sich interessanterweise als Ausgangspunkt seiner Darlegungen über Ehemalige Fundamenten 140 Vgl. Oresko, House of Savoy. 141 Vgl. Zwantzig, Theatrum praecedentiae, Teil 1, 71. 142 Im Folgenden beschreibt Zwantzig die Anerkennung des Königstitels für Savoyen durch die Kurfürsten des Reiches, vgl. ebenda, 49.
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und Ursachen/warum ein König den Rang und Praecedentz für den andern König praetendiret, ganz zu Beginn des Abschnitts über Rangfragen unter den europäischen Königen. Die Vorstellung von der Gleichheit der Könige firmiert dabei nicht nur als Charakteristikum der eigenen Zeit, wie es noch bei Wicquefort der Fall war,143 sondern als grundsätzliche Feststellung: Wie gantz nicht ohne dem/daß gekrönte Häupter/und Könige in dem Gradu der Königlichen Würde einander gleich/und einer so wohl als der andere König ist/und man also schliessen möchte/daß in Ansehen solcher Gleichheit des Königlichen Caracters/auch die Könige in dem Rang einander egal seyn müsten/und keiner einige praecedentz für den andern ihm zuschreiben könte […].144
Dann erläutert er die Abstufungen der Ränge unter den Königen früherer Zeiten (vor diesem), und zwar unter Anführung alltagsweltlicher Beobachtungen, dass an sich gleich wertvolle Gegenstände eben doch unterschiedliche Wertschätzung erführen, da sie sich an Zierlichkeit/oder Kostbarkeit der Kunst/oder äusserlichen splendeur unterschieden, oder dass ein höheres Alter, so auch in communi vita inter Gentes, ein höheres Ansehen verschaffe.145 Durch Päbstliche Ceremonien und durch eingeführte Observantz habe sich in früheren Zeiten ein Kriterienkatalog für königliche Rangunterschiede etabliert, der 1.) das Alter einer königlichen Würde, 2.) die Wertschätzung durch Papst oder Kaiser, 3.) die nachweisbare längerfristige Behauptung eines Ranges (wegen der langwürigen und Jure Gentium & Civili fundirten Possession) und schließlich 4.) Macht und Größe der Territorien eines Herrschers berücksichtigt habe.146 Hier also sind in groben Strichen die Argumentationen vorgezeichnet, mit denen Zwantzig, wie bereits erwähnt, Präzedenzkonflikte zwischen europäischen Potentaten kommentiert und gegebenenfalls beurteilt. Dann aber – an dieser Stelle wird Wicquefort sozusagen wieder eingeholt – wird unter der Überschrift Die Könige wollen nunmehro unter sich keinen Rang mehr halten den als historisch deklarierten Rangvorstellungen der Ist-Zustand entgegengehalten, und zwar mit einer Datierung: So ist es doch nunmehro über ein Seculum her/dahin gekommen/daß Kein König oder gekröhntes Haupt dem andern im Rang und die Präcendentz etwas nachgeben/weniger ihme nachgehen will.147 Der alleinige Bezug auf die Königliche Autorität Würde und Souverainität […] Als 143 Vgl. Wicquefort, L’Ambassadeur, Bd. 1, 351: Aujourd’huy il y a competence entre tous les Rois, parce qu’estant tous Souverains, ils jugent que leur rang ne doit point estre reglé par leur puissance, qui est bien plus grande & plus absolue chez les uns que chez les autres, mais par la seule Souveraineté, qui n’admet point de comparatif […]. 144 Zwantzig, Theatrum praecedentiae, Teil 1, 11. 145 Vgl. Zwantzig, Theatrum praecedentiae, Teil 1, 11. – Bei Zitierung des Kriterienkataloges beruft Zwantzig sich auf James Howell. 146 Vgl. Zwantzig, Theatrum praecedentiae, Teil 1, 11. 147 Vgl. ebenda.
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welche keine Distinction leidet, sei den Potentaten zufolge nun ausschlaggebend. Zwantzig äußert sich nicht näher, wie die Eingrenzung dieser Entwicklung auf rund 100 Jahre zu begründen ist. Anzunehmen ist angesichts des Zeitrahmens ein Bezug auf die Rezeptionsgeschichte des Souveränitätsbegriffs Jean Bodins;148 möglich wäre auch ein impliziter Rekurs auf die europäische Mächtepolitik des 17. Jahrhunderts als Zeit andauernder, heftiger kriegerischer Konflikte, die nicht zuletzt davon geprägt war, dass eine größer werdende Zahl souveräner Potentaten in wechselnden Koalitionen Konfessions- und Machtinteressen zum Austrag brachte.149 Zwantzigs Beispiele für das neue Gleichheitsstreben sind dieselben wie bei Wicquefort – die schwedischen Ansprüche gegenüber Frankreich beim Westfälischen Friedenskongress; sodann das Verhalten der Gesandten beim Nijmegener Friedenskongress.150 Dass dieser Gleichheitsanspruch Auseinandersetzungen um das Zeremoniell nicht vermindert, hält auch Zwantzig fest – Konfliktanlass ist unter dieser Prämisse eben nicht die Positionierung in einer Rangordnung, sondern der Anspruch auf Dokumentation der Ebenbürtigkeit durch Verzicht auf die Demonstration verschiedener Ränge.151 Was es bei Zwantzig allerdings nicht gibt, ist eine dem Resümee Wicqueforts vergleichbare Kommentierung der Rangstreitigkeiten neuen Typs: Er gibt keinen weiteren Hinweis darauf, dass sich auch unter dem Signum der ‚souveränen Gleichheit‘ wiederum eine Macht in einer Spitzenposition etabliere, da die Mächte sich nach dem Kriterium der Macht weiterhin unterschieden.152 Die Vermutung liegt nahe, einem kurbrandenburgischen Amtsträger werde angesichts der energischen Bestrebungen um Anerkennung einer souveränen preußischen Königswürde nicht viel daran gelegen haben, das Gleichheitskonzept explizit infrage zu stellen.153 Im Kontext von Erläuterungen zur neuen preußischen Königswürde verstärkt Zwantzig die Abgrenzung vom traditionellen Rangdenken durch eine Kritik an den – vorher ohne abwertende Konnotierung mehrfach erwähnten – päpstlichen Ranglisten. Der bekannteste Exponent des überkommenen Rangsystems, die 148 Zur Rezeption Bodins vgl. im Überblick Beaulac, Stéphane, The Social Power of Bodin’s ‚Sovereignty‘ and International Law, in: Melbourne Journal of International Law 4 (2003), 1 – 28. 149 Zur Diskussion der Mächtepolitik des 17. und 18. Jahrhunderts vgl. Burkhardt, Friedlosigkeit, Duchhardt, Balance of Power, Kunisch, Staatsverfassung und Mächtepolitik, Bély, L’art de la paix, bes. 8 – 10. 150 Vgl. Zwantzig, Theatrum praecedentiae, Teil 1, 2. 151 Zwantzigs Beispiel ist hier die (fiktive) Vorstellung eines Treffens von königlichen Potentaten in loco Tertio, vgl. Zwantzig, Theatrum praecedentiae, Teil 1, 12. 152 Vgl. dazu nochmals Wicquefort, L’Ambassadeur, Bd. 2, 138. 153 Vgl. Stollberg-Rilinger, Honores regii, 144. Vgl. zu den brandenburgisch-preußischen Bemühungen dies., Höfische Öffentlichkeit.
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Kurie, habe sich durch mehrfache Veränderung ihrer Ranglisten und offensichtliche Bevorzugung bestimmter Mächte, geleitet von päpstlichen Afecten, selbst delegitimiert und den Rangstreit unter den europäischen Potentaten eher vermehrt denn vermindert.154 Anlass zu dieser kleinen Invektive ist die Diskussion eines konkreten Titulaturproblems, nämlich der Frage, ob der brandenburgischpreußische Herrscher Friedrich I. sich König in oder zu Preussen nennen dürfe; in diesem Zusammenhang kommt Zwantzig auf die Anerkennung der Königswürde seines Herrn durch andere Potentaten zu sprechen – und auch auf den päpstlichen Protest. Die Berechtigung zu diesem Protest wird scharf zurückgewiesen; es handle sich um Päbstliche[n] Unfug wieder die Crohn Preußen, und es wisse jeder, daß die Päbste über weltliche Dignitäten nichts zu cognosciren [hätten].155 Davon abgesehen seien die päpstlichen Rangzuweisungen für protestantische Mächte ohnehin nicht verbindlich; auch die katholischen Mächte kümmerten sich mittlerweile nicht mehr sonderlich um sie.156 Die Abwertung der Reaktion des Papstes wird verstärkt durch die Betonung der raschen Anerkennung durch Kaiser Leopold und andere Herrscher; gerade am Beispiel des preußischen Königs rollt Zwantzig noch einmal Punkt für Punkt die Argumentation der europäischen Könige auf, sie hätten alle als gleich zu gelten, und so habe Friedrich I. von Preußen eigentlich auff keinen Rang/noch praecedenz reglement zu reflectiren 157. Ein Verweis auf die neuerliche Etablierung von Spitzenpositionen wie bei Wicquefort wäre aus dieser Perspektive eher kontraproduktiv gewesen. Allerdings – die hier angeführten Textpassagen zum neuen Prinzip der souveränen Gleichheit, den ‚älteren‘ Rangvorstellungen entgegengesetzt, werden wieder abgelöst von vielen Seiten, auf denen in der oben bereits beschriebenen Weise mit traditionellen Würdigkeitskatalogen Präzedenzfragen abgehandelt werden – und zwar ohne eine Kennzeichnung als ‚historische‘ Erscheinungen, die durch das neu zur Geltung gelangte Gleichheitsdenken abgetan seien. Bestenfalls laufen bei der Beschreibung von Möglichkeiten der Konfliktentschärfung auf diplomatischer Ebene die beiden Argumentationsstränge nebeneinander her: Einmal fungieren sie als Beleg dafür, dass die Inszenierung von Gleichheit unter den europäischen Königen – beziehungsweise ihren Repräsentanten – tatsächlich möglich sei, ein anderes Mal sind sie allerdings nur ein weiterer Beleg für einen ungelösten Konflikt um die Präzedenz. Die erste Argumentationsrichtung 154 Von den Afecten der Päpste betroffen sieht Zwantzig die nordischen Kronen, von denen man doch wisse, dass sie nach Alter und Bedeutung ihrer Reiche den (katholischen) südeuropäischen Potentaten vorangehen müssten, während der Papst sie nach diesen eingruppiert habe, vgl. Zwantzig, Theatrum praecedentiae, Teil 1, 28. 155 Vgl. ebenda, Teil 1, 28. 156 Vgl. ebenda, Teil 1, 28. 157 Vgl. ebenda, Teil 1, 29.
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bedient das Verfahren eines (fiktiven) Treffens europäischer Potentaten in Loco Tertio: Dieses Mittel, welches die Ambassadeurn grosser Puissancen/gekröhnt- und ungekröhnter Häupter/auf solennen Conventen Friedens-Tractaten/und in Negotiationen erfunden, ermögliche, dass auch gekrönte Häupter ohne feste Ordnung péle méle sitzen und gehen wolten/oder ohne Ceremonie und Curialien zusammen kommen [könnten].158 Die Repräsentation der Gleichheit unter Souveränen, als die Zwantzig dieses Verfahren noch mehrfach präsentiert, etwa im Kontext der Darstellung der preußischen Königswürde oder der Bewertung des Zarenranges,159 ist jedoch im Grunde auch nicht viel mehr als die Bemäntelung nach wie vor nicht geklärter Konflikte um die Ordnung unter den Potentaten, muss Zwantzig doch schon bei seiner Einführung der gewollt ‚ordnungslosen‘ Treffen einräumen, ohne diese Maßnahme wären viel Differentien bei einer persönlichen Begegnung von drei oder mehr Monarchen zu erwarten.160 Der Anspruch, Gleichheit auch ganz gewollt zu inszenieren, ist zweifelsohne vorhanden. Offener als Strategien zur Vermeidung des Rangstreits präsentiert werden dagegen die schon von Wicquefort bekannten Möglichkeiten der Vermeidung des Aufeinandertreffens von Diplomaten an einem dritten Ort oder die Abordnung von Gesandten unterschiedlichen Ranges an einen Hof, etwa als Konsequenz des spanisch-französischen Rangstreits.161 Auch die Möglichkeiten zur Konfliktentschärfung beim schriftlichen Titelgebrauch sind die üblichen, schon bei Wicquefort präsentierten Strategien: Die Problematik der Erststellung im Text und bei der Unterschrift wird – Wicqueforts Darstellung ist hier als Quelle angegeben – durch die Beibehaltung des Titels loco honoratiori in den jeweils von der ‚eigenen‘ Seite präsentierten Dokumenten, auch Verträgen, gelöst;162 die Lösung des Konflikts durch einen Medienwechsel – hier mit dem Beispiel des Majestas-Gebrauchs in der privaten Korrespondenz zwischen Kaiser und französischem König – wurde bereits beschrieben.163 Als Orientierungspunkte im konkreten Streitfall führt Zwantzig zum einen die Possession an, also die Berufung auf den bisherigen Stand in Fragen von Rang und Präzedenz; daneben nennt er die Möglichkeit der Orientierung am Reglement, also der Verhaltensnormen am Hof und im völkerrechtlichen Kontext im 1 58 Ebenda, Teil 1, 2. 159 Vgl. ebenda, Teil 1, 28, zu Preußen: Deßfals seind Sr. Königl. Majestät nicht gehalten in Respect oder Rang andern auch den Aeltesten Königen in loco Tertio etwas nachzugeben. – Entsprechend zu Russland, 55: Weiln auch als obgedacht/die gekröhnte Häupter und Könige unter sich keinen Rang jetzo mehr in loco Tertio halten wollen/so kan ein Czaar eben dergleichen Vorbehalts sich bedienen. 160 Vgl. ebenda, Teil 1, 12. 161 Vgl. ebenda, Teil 1, 13 – 15. 162 Vgl. am Beispiel des englisch-französischen Konflikts ebenda, Teil 1, 18. 163 Vgl. ebenda, Teil 1, 2.
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weiteren Sinn, an Herrschern und Staaten mit entsprechendem Character und Dignität und die Möglichkeit der Vergleichung, also der konkreten Einigung mit einem Pari über Rang und Präzedenz. Ähnlich, wenn auch nicht so entschieden wie bei Wicquefort, kommt hier mit dem Zulassen und dem Vergleichen, also im Grunde mit dem Aushandeln von Positionen zum Ausdruck, dass Titulatur und Rang nach wie vor nicht nur auf einsamen, weiter nicht bedeutsamen Akten der Selbstzuschreibung beruhen, sondern dass im Letzten die Akzeptanz durch andere Herrschaftsträger entscheidend für die Durchsetzung eines Anspruchs ist.164 Als brandenburgisch-preußischen Herold der Lehre von der souveränen Gleichheit wird man Zwantzig also angesichts dieser Befunde kaum betrachten dürfen. Nicht so recht befriedigend scheint allerdings die Überlegung, seine fast montageartige Aneinanderreihung von Rangargumenten und Gleichheitsbekundungen als weiteren Ausdruck einer insgesamt eher unsystematischen Herangehensweise zu sehen.165 Es stellt sich vielmehr die Frage, ob Zwantzig mit seiner Montage im Theatrum praecedentiae – im Kleinen – nicht sehr viel eher ein authentisches Bild der zu seiner Zeit konkurrierenden Vorstellungen von der Ordnung der Mächte in Europa lieferte, wie Barbara Stollberg-Rilinger dies in einer übergreifenden Perspektive für das 17. und 18. Jahrhundert herausgearbeitet hat.166 Auch zu Beginn des 18. Jahrhunderts bleibt der Konflikt um Ordnungsvorstellungen nach den Beispielen Zwantzigs ein Kennzeichen des Umgangs der europäischen Mächte untereinander, ist der diplomatische Austausch geprägt von vielfältigen Rangdifferenzierungen und Differenzierungsmöglichkeiten unter den Potentaten und ihren Bevollmächtigten. Zu den sichtbarsten Zeichen gehört damit auch weiterhin die Titulatur als Ausweis des caracters eines Herrschers; gleichgültig, ob es nun darum gehen mag, Gleichheit zu betonen – in dem Sinne eines Anspruchs auf Rechte, die auch die anderen haben – oder vielmehr Rangunterschiede. Auch die Bekundung von Gleichheit erforderte ihre sichtbaren, zeremoniellen Signale.167 Auf derselben Ebene bewegen sich im Grundsatz auch die Fragen nach Rang und Präzedenz auf der Reichsebene, die Zwantzig im zweiten Teil seiner Darstellung behandelt: Rang und Tractament der einzelnen Reichsstände stehen hier wiederum im Zentrum; das Mittel der Alternation als Weg der Konfliktentschärfung 1 64 Vgl. ebenda, Vorrede. 165 Nahelegen könnte dies das Gesamturteil zu Zwantzigs Werk bei Vec, der allerdings die Gleichheitsfrage nicht weiter diskutiert, sondern entsprechend seinem Erkenntnisinteresse insbesondere mit Hinblick auf das Ceremoniel urteilt. Vgl. Vec, Zeremonialwissenschaft, 40 – 42. 166 Vgl. Stollberg-Rilinger, Feine Unterschiede, 143 – 145. 167 Auch für die Ranggleichheit gilt, was Barbara Stollberg-Rilinger prägnant formuliert hat: „Der Rang bedurfte nicht nur der zeremoniellen Sichtbarmachung, sondern er bestand geradezu darin.“ (Stollberg-Rilinger, Feine Unterschiede, 127).
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findet hier nun ganz besondere Berücksichtigung, ist doch über große Strecken hinweg von der Ordnung und vom Procedere auf dem Reichstag und anderen Reichsversammlungen die Rede – als einer dauernd tagenden Institution stellten sich dem Reichstag spätestens seit 1663 Rangprobleme in erheblicher Frequenz.168 Zwantzig betont Rangabstufungen unter den Reichsständen gleich in zweierlei Hinsicht: Zum einen aufgrund der Abstammung und der ererbten Rechte (nach der Ordnunge ihrer anklebenden Dignität/Praerogative, Illustren, Geblüthes/ Nahmens oder Herzoglichen und Marggräflichen und Fürstlichen Character, Stande und Herkommen)169; in erster Linie ausschlaggebend, so Zwantzig, seien jedoch die tradierten Sessionsschemata reichsständischer Versammlungen – eine feste Ordnung und Abfolge. Für die Reichsstände in ihrer Gesamtheit konnte es kein der Ordnung unter europäischen Souveränen vergleichbares Gleichheitspostulat geben. Durch die erwähnte Alternation, also die abwechselnde Einnahme einer höherrangigen Position, konnten Rangkonflikte innerhalb einer Kurie zumindest handhabbar gemacht werden. Das Reich als Personenverband war hierarchisch auf den Kaiser hin geordnet, und der Reichstag war, wie die jüngere Forschung mehrfach betont hat, mit Sessionsordnung und Gewichtung der Vota das Abbild der hierarchischen Reichsordnung.170 Im Gegensatz zu Positionskonflikten unter den europäischen Potentaten, bei denen auch Zwantzig die fehlende oberste Entscheidungsinstanz betont, stellt er für das Reich die kaiserliche Kompetenz zum Entscheid von Rangstreitigkeiten unter den Reichsständen fest; er lässt zugleich die Problematik der Umsetzung dieser richterlichen Entscheidungsbefugnis und die Beteiligung der Reichsstände an der Lösung von Rangkonflikten seit dem 16. Jahrhundert aufscheinen.171 Wie die Berufung auf die Session bei Reichsversammlungen und das häufige Stichwort des Tractaments einzelner Reichsstände anzeigt, steht in diesem zweiten Teil der Abhandlung die performative Repräsentation ganz im Vordergrund: 168 Bei ungelösten Rangkonflikten unter Reichsständen verfällt Zwantzig in Entsprechung zu den Beobachtungen auf europäischer Ebene wiederum auf die Lösung der ‚Nichtbegegnung‘ der Herrschaftsträger bzw. ihrer Abgesandten, vgl. Zwantzig, Theatrum praecedentiae, Teil 2, 125. – Zur Rangfrage am Reichstag vgl. Stollberg-Rilinger, Barbara, Zeremoniell als politisches Verfahren. Rangordnung und Rangstreit als Strukturmerkmale des frühneuzeitlichen Reichstags, in: Neue Studien zur frühneuzeitlichen Reichsgeschichte, hrsg. von Johannes Kunisch (Zeitschrift für Historische Forschung, Beiheft 19), Berlin 1997, 91 – 132. 169 Zwantzig, Theatrum praecedentiae, Teil 2, 2. 170 Vgl. insbesondere Stollberg-Rilinger, Des Kaisers alte Kleider. 171 Zwantzig führt hier diverse Reichsabschiede an, die entweder die Entscheidungskompetenz des Kaisers betonen oder seinen Willen zur Lösung derartiger Konflikte zusammen mit den Reichsständen betonen, vgl. Theatrum praecedentiae, Vorrede: Titul 101. Von der Cognition und Judicatur Uber die Praecedentz-Streitigkeiten im Teutschen Römischen Reich unter Geistund Weltlichen Magnaten. – Diese Erläuterungen werden dem Inhaltsverzeichnis unmittelbar nachgestellt.
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Präzedenz wird hier in erster Linie über den Vortritt auf den Reichsversammlungen dokumentiert und diskutiert, Titulaturfragen sind von nachgeordneter Bedeutung. Entsprechend haben hier auch Schemata von Sitzordnungen etc. eine noch weitaus größere Bedeutung als im ersten Teil der Darstellung.172 Offene Konflikte können, wie bereits erwähnt, durch das Alternat oder die Vermeidung der Begegnung umgangen werden, Entscheidungen über die Präzedenz werden jedoch im Zweifelsfall wiederum nach dem Kriterienkatalog entschieden, der auch für die europäische Ebene gilt: Alter und herausgehobene Würde des Hauses etc. – entsprechend wird zum Beispiel von Zwantzig der Vorrang des österreichischen Erzhauses vor Salzburg im Fürstenrat begründet, obwohl doch beide Reichsstände das Direktorium dieser Kurie innehaben.173 Ob sich jedoch diese Kriterien des herrscherlichen Ranges und der besonderen Würdigkeit durchzusetzen vermögen, dies scheint nicht zuletzt von der Bedeutung eines Herrschaftsträgers im Reichsverband abzuhängen. So jedenfalls ließe sich der Fall des Erzbischofs von B esançon interpretieren, dem zwar vom Papst und vom Kaiser – im Umgang an der Kurie – besondere titularische Ehren zuteilwurden, die ihn mit dem Erzbischof von Salzburg auf eine Stufe stellten; eine Aufwertung seiner Position am Reichstag jedoch wurde laut Zwantzig 1641 vom Kaiser abgelehnt.174 1.4.3 Zacharias Zwantzig und die Ordnung der europäischen Potentaten um 1700 Deutlich strukturierter als noch bei Wicquefort, beim dem allerdings diese Thematik nur den kleineren Teil seiner Ausführungen ausmachte, werden bei Zwantzig – Macht für Macht – die mit historischem und juristischem Belegmaterial unterfütterten Positionsansprüche der europäischen Mächte aufgeführt. Gleichheitsstreben und fortgesetzte Differenzierung nach Rängen stehen unverbunden nebeneinander; Zwantzig kommentiert dies nicht weiter, lässt auch nicht erkennen, wie er die weitere Entwicklung einschätzt. Wicquefort, noch sehr viel weniger mit den Strategien europäischer ‚Aufsteiger‘ wie Savoyen und Preußen konfrontiert als der kurbrandenburgische Amtsträger Zwantzig, hatte dagegen das langfristige Fortbestehen von Differenzierungen, unter Hervorhebung des Machtkriteriums, als unvermeidbare Tendenz befunden. 172 Vgl. etwa die Darstellung von Prozessions- und Sitzordnungen bei Wahl- bzw. Krönungstagen: Zwantzig, Theatrum praecedentiae, Teil 2, 45 – 61. 173 Vgl. Zwantzig, Theatrum praecedentiae, Teil 2, 131 f. 174 Der Erzbischof, titularisch als regierender Ertz-Bischoff und Reichs-Fürst geehrt, hatte den Vortritt vor allen regierenden Fürsten gefordert, vgl. Zwantzig, Theatrum praecedentiae, Teil 2, 125.
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Gleichgültig jedoch, welche Ordnungsvorstellung favorisiert wurde – Konflikte bestanden weiter, und sowohl Gleichstellung als auch Rangabstufung erforderten eine nach außen sichtbare Repräsentation, weshalb sowohl der Titulatur als auch anderen Zeichen der herrscherlichen Würde fortgesetzt ein hohes Maß an Aufmerksamkeit zukam, ja, ihre Bedeutung durch Erweiterung der zeremoniellen Bestimmungen sogar noch weiter zunahm.175 Inwiefern Zwantzigs Verfahren der unkommentierten Montage beider Ordnungsprinzipien in späteren Werken eine Fortsetzung fand, vielleicht sogar als angeratenes Darstellungsmittel angesichts einander widersprechender Ordnungskonzepte gelten kann, sollen ein Blick auf Johann Christian Lünig, dessen Theatrum Ceremoniale riesige Exempel-Massen kompilierte und von Miloš Vec als „Exempel-Buch mit Überbau“ 176 charakterisiert wurde, und die Verarbeitung der Präzedenzproblematik bei Jean Rousset de Missy erweisen.
1.5 Johann Christian Lünig, Theatrum Ceremoniale (1719/20) Johann Christian Lünig, 1662 geboren, seit 1700 Stadtschreiber in Leipzig, war den Zeitgenossen als fleißiger Editor bekannt; seine riesigen Materialsammlungen, u. a. im zwei- beziehungsweise dreibändigen Theatrum Ceremoniale (dort mit rund 3600 Seiten) versammelt, brachten ihm offenbar Respekt für die Herausgabe unverzichtbaren Materials, zugleich aber wegen der nur bedingten Zuverlässigkeit seiner Publikationen auch Häme ein.177 Wiewohl bei Lünigs dreibändigem Werk die Kompilation von Zeremonialbeschreibungen, Titulaturen im Schriftverkehr und Rangordnungen im Vordergrund steht, hat er doch im Hinblick auf Titulaturen insofern einen besonderen, beachtenswerten Ansatz zu bieten, als er sich im zweiten Band eigens dem Kanzleizeremoniell und damit den sprachlichen Zeugnissen der Rangabstufungen widmete und auf eine ‚historische‘ Einordnung abzielte. Damit wurden Titulaturen, stärker als noch bei Zwantzig, auch jenseits des performativen Bereichs in den Blick gerückt. Lünig versuchte, die traditionsreiche Gattung des Briefstellers in seinem Band zum Kanzleizeremoniell für sich nutzbar zu machen; seine spätere Publikation Staats-Titular-Buch, von Nachfolgern neu aufgelegt, wies in dieselbe Richtung.178 175 Vgl. Zwantzig, Theatrum praecedentiae, Vorrede: Weilen auch letztlich die Rang-Streitigkeiten unendlich/und fast unzehlich/die Ceremoniels und Curialien auch in der Welt unter denen Illustren Persohnen und Magnaten täglich mehr und mehr zunehmen/auch fast unergründlich seynd […]. 176 Vec, Zeremonialwissenschaft, 63. 177 Vgl. hierzu mit Belegen für zeitgenössische Einschätzungen Vec, Zeremonialwissenschaft, 65. 178 Lünig, Johann Christian [Wirth, Wilhelm Ludwig]: Johann Christian Lünigs Neueröffnetes Europäisches Staats-Titular-Buch/Worinnen Grosser Potentaten, Fürsten, Grafen und Herren, freyer Republiquen, Hoher und Niederer Collegiorum, vornehmer Hof- Staats-
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1.5.1 Gliederung des Stoffes und Versuch der Systematisierung bei Lünig Durchaus um Klarheit in der Gliederung und um lehrhaften Duktus bemüht, beginnt Lünig zunächst mit einer Klärung seines Begriffs von Zeremoniell, erläutert die verschiedenen Kontexte von Herrschaft, in denen es wirksam wird (unter den europäischen Souveränen, im Umgang von Herrscher und Untertanen, im alltäglichen Leben), stellt sodann seine Position zum Rangrecht und den ihm zugrunde liegenden Kriterienkatalogen vor. Was dann folgt, sind im ersten Teil,179 nach situativen wie historischen Anlässen geordnet, Beschreibungen zeremonieller Abläufe, sei es das tägliche fürstliche Kammerzeremoniell, das Zeremoniell bei Friedenskongressen oder gar das Zeremoniell vor Gericht. Der zweite Teil 180 beschäftigt sich mit dem Kanzleizeremoniell, dem Schriftverkehr und naturgemäß im Schwerpunkt mit den in der Anrede verwendeten Titeln – von europäischen Potentaten über die Kanzleigebräuche des Reichstags, ausgewählter Reichsstände weiter zu Universitäten und Innungen.181 Diesem klaren Gliederungsschema zum Trotz wird Lünig zu Recht attestiert, sein Werk „nicht auf Systematisierung […] und gedankliche Durchdringung des Stoffes angelegt“ 182 zu haben. Er selbst hat dieses Problem im wörtlichen Sinne ins Bild gesetzt – eine Graphik und eine Tabelle, mit denen er „alles äußere Verhalten“ unter dem Zeremoniellbegriff fassen und in zwei Fragerastern einzusortieren versuchte, blieben ohne zeitgenössischen Widerhall, wie Miloš Vec betont. Sie verwirrten offenkundig mehr, als sie erklärten.183 Gleichwohl sind seiner Präsentation des Stoffes, seinen Darlegungen zum Zeremoniell dennoch, gerade in ihrer Reduktion und in ihren ‚Leerstellen‘, wichtige Informationen zur zeitgenössischen Bewertung des Titulaturgebrauchs zu entnehmen. Vieles ist dabei konventionell, unoriginell: Zweifellos vertraut ist beispielsweise die Feststellung, der Herrschertitel, ein Ehren-Name, sei die Ausgangsbasis für die Forderung nach spezifischen Ehrerweisen;184 bekannt sind auch die Darlegungen zur Gefährdung des Verhandlungserfolgs durch Fehltritte im Ceremonien-Wesen allgemein sowie zur nicht vorhandenen (gesetzesförmigen) Festlegung von Ehrerweisen, wobei Lünig hier Johann Georg von Kulpis als Gewährsmann für die Kritik an diesem Zustand und Kriegs-Ministrorum, Räthe, und anderer Officianten etc. Titulaturen In Teutscher und Frantzösischer Sprache enthalten […] Nach Alphabetischer Ordnung abgefasset von Wilhelm Ludwig Wirthen, Leipzig 1737. 179 Verteilt auf Band 1, 2. 180 Band 3. 181 Vgl. für den Überblick: Lünig, Theatrum ceremoniale, Bd. 1, Elenchus generalis capitum (nicht paginiert). 182 Vec, Zeremonialwissenschaft, 65. 183 Vgl. ebenda, Abb. und Erläuterung nach S. 69. 184 Vgl. Lünig, Theatrum ceremoniale, Bd. 1, 4.
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zitiert.185 Deutlicher ausgeführt als etwa bei Zwantzig sind dagegen insbesondere die Erläuterungen der Titulaturentwicklung in diachroner Perspektive; davon wird im Kontext des Kanzleizeremoniells noch zu handeln sein. In größerem Umfang als Zwantzig bemüht Lünig sich einleitend um einen ‚Problemaufriss‘ bei der Erläuterung des Zeremoniells und seiner Grundlagen, aufbauend auf seiner Rezeption vornehmlich präzedenzrechtlicher Traktate der jüngeren Zeit. Entsprechend integriert er eine Passage mit Erläuterungen zur Variabilität der Ehrbezeigungen allgemein: Ähnlich wie bei Wicquefort wird zunächst die Abhängigkeit von Situation und Kontext der Mächtebeziehungen hervorgehoben, so etwa die Bereitschaft zu ungewöhnlichen Zugeständnissen bei Ehrerweisen, solange sich eine Macht auf der Suche nach Verbündeten befindet, infolge verwandtschaftlicher Rücksichten oder auch – als stark personenbezogener Faktor – als Ergebnis des Verhandlungsgeschicks eines herrscherlichen Gesandten.186 Betont wird damit wieder sehr stark der Aspekt der Zubilligung eines Ehrerweises, etwa auch einer Titulatur; der Interaktion wird mehr Raum gegeben als der einseitigen Beanspruchung eines Ehrentitels. Zugleich wird auf diese Weise Distanz zu ‚objektiven‘ rangrechtlichen Kriterien aufgebaut; diese Distanz führt Lünig bei der Diskussion des Präzedenzrechts fort, und dies, wie zu zeigen sein wird, mit Folgen für die Präsentation seines Stoffes.187 Die fundamentale Bedeutung von Über- und Unterordnung unterstreicht Lünig mit naturrechtlichen Argumenten: Alle Dinge haben in der Welt ihre gewisse Ordnung, und es ist immer eines dem andern subordiniert […]. Und wie der Mensch die kleine Welt der Ordnung nach die letzte, aber auch die vortrefflichste unter allen Creaturen gewesen, also ist ihm auch zugleich mit der gesunden Vernunfft, die Liebe zu einer vernünfftigen Ordnung eingepräget worden.188
Worin aber kann eine vernünfftige Ordnung unter den europäischen Mächten bestehen? Was Lünig im Anschluss – anders als die bislang hier vorgestellten Autoren – besonders deutlich betont, ist zum einen der (meist archivalische) Nachweis der Führung eines Titels oder einer Rangposition, also die Possession oder Observanz als häufigstes Argument von Diplomaten, zum anderen jedoch Macht, die überwiegende Gewalt, als stärkstes Argument: Suchen wir also den Haupt-Grund des so genannten Vorzugs-Rechts unter den Menschen, so ist es nichts anders, als die überwiegende Gewalt, wodurch ein Mensch den andern übertrifft […]. So ist wohl unter allen Dingen, welche die Gewalt eines Menschen und 185 Vgl. ebenda, Bd. 1, Vorrede; 4. 186 Vgl. ebenda, Bd. 1, 3 f. 187 Vgl. Vec, Zeremonialwissenschaft, 73 f. 188 Vgl. Lünig, Theatrum ceremoniale, Bd. 1, 2. – Zur naturrechtlichen Argumentation vgl. ausführlich Vec, Zeremonialwissenschaft, 140 – 143.
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Zeitgenössische Literatur zum Titulaturgebrauch den davon dependirenden Vorzug vor andern, adminiculiren, der Reichthum an Ländern, Geld und Gütern, das Vornehmste. Was aber das Alterthum der Herrschaft über andere, die langwierige Besitzung der wahren Religion, Vielheit der Ehren-Titul u. s. w. betrifft, so dienen solche zwar denen, so einen Vorzug vor andern suchen, darzu, daß sie ihren Desseins einen bessern Anstrich damit geben können, sind aber in der That von weniger Würckung. Wenn ein regierender König in Spanien seine gewöhnliche EhrenTitul noch eine halbe Elle länger machte, als sie in der That sind, so wird ihm dennoch ein König in Franckreich, der sich mit dem kurtzen Titul: König in Franckreich und Navarra begnüget, deßwegen nicht einen Fuß breit weichen, oder den geringsten Vorzug verstatten, so lange die Gewalt, die er hat, der Spanischen gleich, oder auch wohl wichtiger ist. […] Es bleibet also wohl dabey, was der berühmte Fedro saget: Regum ac populorum potentiam, uti aestimationis ac Majestatis, sic nobilioris loci inter Principes argumentum esse.189
Lünig leitet, im Gegensatz etwa zu Seldens und Zwantzigs Kommentierung, das Machtargument nicht historisch her, indem er – wie diese Autoren – Macht als ursprünglich im Römischen Reich verwendete Begründung für die Präzedenz einführt.190 Auch die Skepsis gegenüber den tradierten Kriterienkatalogen ist nicht ganz neu; so hatte schon der Rangrechtler Jakob Andreas Crusius im 17. Jahrhundert die Rangargumente kritisch betrachtet und seinerseits die Possession als die gewichtigste Begründung eines Ranges beurteilt.191 Den Rekurs auf den Gleichheitsanspruch der Souveräne, den er hier anschließt, beschränkt Lünig auf den knappen Hinweis, es sei fast nicht practicable, souveräne Herrscher nach Proportion der unter sie vertheilten independenten Macht, zu rangiren.192 Es fehlt sowohl eine Problematisierung dieses offenkundigen Widerspruchs, wie sie bereits bei Wicquefort aufscheint, als auch eine zeitliche Einordnung der Gleichheitsvorstellung, wie etwa Zwantzig sie vorstellt. Vielmehr schließt Lünig eine Erläuterung – und zugleich Kritik – des päpstlichen Ceremoniale Romanum an 193 und fährt fort mit einer Gegenüberstellung der Gewichtung von Präzedenzkriterien bei den Autoren Crusius, Stosch, Zwantzig und Stieve.194 189 Lünig, Theatrum ceremoniale, Bd. 1, 8. 190 Selden, Titles of Honor, 12; Zwantzig, Theatrum praecedentiae, 1. 191 Vgl. Crusius, Jakob Andreas, Tractatus politico-juridico-historicus de praeeminentia, sessione, praecedentia, et universo jure proedrias magnatum in Europa, Bremen 1665, I, 5, §§ 5 – 6, 13 ff. Vgl. dazu mit weiteren Belegen für die Diskussion der rangrechtlichen Kriterien Stollberg-Rilinger, Feine Unterschiede, 139 – 141. 192 Lünig, Theatrum ceremoniale, Bd. 1, 8. – Vgl. hierzu Stollberg-Rilinger, Feine Unterschiede, 143. 193 Weniger scharf als Zwantzig merkt Lünig an, die guten Absichten des Papstes hätten schlimme Folgen gezeitigt; nordische Kronen (Dänemark und Schweden) seien nicht berücksichtigt worden, ebenso wenig der Zar, was angesichts der orthodoxen Konfession nicht verwunderlich sei. Im Übrigen werde die Ordnung allenfalls noch bis zur vierten Position (also: Kaiser – Römischer König – Frankreich – Spanien) beachtet. Vgl. Lünig, Theatrum ceremoniale, Bd. 1, 8 f. 194 Ebenda, Bd. 1, 8 – 11.
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Mit dem Nachweis der mangelhaft durchgeführten päpstlichen Einteilung und der uneinheitlichen Bewertung der Rangkriterien durch die genannten Autoren delegitimiert Lünig konventionelle rangrechtliche Argumentationen; offensichtlich ist dies ein Versuch, „Macht“, verstanden als Verfügungsgewalt über ausgedehnte territoriale, menschliche und materielle Ressourcen, als oberstes – im Grunde einziges – Kriterium für Rangabstufungen zu definieren.195 Die Frage, wie man sich angesichts der Formulierung souveräner Gleichheit überhaupt zu Präzedenzansprüchen zu stellen habe und was dies etwa für das Aufeinandertreffen von Potentaten bedeute, beantwortet er nicht. Der Fortgang der Argumentation ist jedoch sprechend: Lünig schließt nachfolgend, in einem eigenen Kapitel, die Beschreibung von Rang und Präzedenz in der päpstlichen Kapelle an; ohne weitere Begründung oder gar verbindende Überleitung folgt die Darstellung des Präzedenzkonflikts zwischen der Republik Venedig und den Kurfürsten beziehungsweise Kardinälen. Die Reihe wird fortgesetzt mit den Rangkonflikten verschiedener Herrschaftsträger vom 16. Jahrhundert bis in die Gegenwart des Autors – das Rangdenken, und damit zumindest indirekt auch eine rechtliche Argumentation, lebt fort, und es scheint fast, als sei es so selbstverständlich, dass Lünig sich gar nicht weiter mit etwaigen Widersprüchen abmühen muss, die er pflichtschuldig zumindest angedeutet hat.196 Mit der Kompilation von Zeremonialbeschreibungen setzt Lünig daher weitgehend auf eine empirische Aneinanderreihung von zeremoniellen Anlässen und historischen Ereignissen; Regeln lassen sich für das Zeremoniell als „primär historisch definiertes Verhalten“ nur zum Teil aufstellen, am ehesten noch für basale Interaktionsregeln der Gesandten. Dass er es für wenig praktikabel hält, Lehr=Sätze und Grund=Reguln aufzustellen, hat er schon in seiner Vorrede an den Leser klargestellt.197 Im Grunde hat Lünig hier wieder dasselbe Theorieproblem festgestellt wie Wicquefort. Beide, die ihre Werke als konkrete Handreichung für die Praxis des Hofmannes betrachteten, sahen daher „aktuelle detaillierte Fallsammlungen“ als wichtiger an als gelehrte juristische Deduktionen der Präzedenzrechtler.198 Mit Lünigs zweiter Abteilung von Band 1 beginnt schließlich ein ganz neuer Abschnitt, der sich mit dem Zeremoniell bei verschiedenen Anlässen bei Hof und auf Kongressen beschäftigt.199 Von der Präsentation umstrittener oder problematischer Ränge beziehungsweise Rangansprüche geht Lünig über zur Beispielsammlung, die, geordnet nach bestimmten Anlässen des herrscherlichen 195 Vgl. hierzu Vec, Zeremonialwissenschaft, 75 f. 196 Vgl. Lünig, Theatrum ceremoniale, Bd. 1, 11 – 29. 197 Vgl. Vec, Zeremonialwissenschaft, 72, 76 (Zitat ebenda). 198 Vgl. zu Lünig Stollberg-Rilinger, Feine Unterschiede, 142 f. 199 Vgl. Lünig, Theatrum ceremoniale, Bd. 1, 30 ff.
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Zeremoniells (z. B. Wahl und Krönung, Vermählung, Beisetzung) Beispiele der unterschiedlichsten Ränge anführt und auch um Exempla jenseits des engeren herrschaftlichen, höfischen oder adeligen Kontexts erweitert,200 bis hin zu Erläuterungen des gerichtlichen und akademischen Zeremoniells und bis zur privaten Politesse und einer Auflistung der Lebensbereiche, die beim Privat-Ceremoniel zu berücksichtigen seien.201 Diese Exempelsammlung füllt den zweiten Teil. Wieder, und dies noch sehr viel deutlicher als bei Zwantzig, wird die Fortdauer der Rangkonflikte – und damit das Rangdenken an sich – bestätigt; Lünig verzichtet auf die deutlichere Ausführung der Gleichheitsargumentation. Dies lässt sich allerdings nicht nur als unzureichende Durchdringung des Gegenstandes – oder vielmehr: unzureichende Darstellung des Widerspruchs – deuten, sondern auch als Abbild einer Situation, in der zwei Ordnungskonzepte der europäischen Mächte einander nach wie vor – für die europäischen Mächte wie auch für die Autoren – ungelöst gegenüberstanden. 1.5.2 Lünigs Erläuterungen zum europäischen Kanzleizeremoniell Mit dem Kanzleizeremoniell, das er in seinem dritten Band ausführlich behandelt, nimmt Lünig die Erläuterung titularischer Usancen zwischen den europäischen Mächten im engeren Sinn wieder auf und nimmt für sich in Anspruch, eine Lücke auf dem Markt zu füllen, habe doch bislang nur in einem französischen Traktat diese Thematik ihre Behandlung erfahren.202 Tatsächlich nahmen auch die hier bereits behandelten Autoren – Selden, Wicquefort, Zwantzig – Korrespondenz zwischen Herrschern in den Blick, jedoch ohne diese separat und gesammelt unter dem Gattungsaspekt abzuhandeln. Mit Blick auf die reiche deutschsprachige Tradition der Briefsteller und Titelbücher, die Lünig zunächst kurz nennt 203 und die auch bei Selden Erwähnung gefunden hat, verwundert diese Einschätzung denn doch ein wenig und ist zu einem guten Teil topisch zu verstehen; zu den meisten Briefstellern muss allerdings hervorgehoben werden, dass sie weniger auf herrscherliche Kanzleien mit europäischem Schriftverkehr denn auf ein breiteres Publikum zugeschnitten waren, in denen Briefanreden und -schlussformeln für 200 Vgl. etwa die Erläuterungen zum Ceremoniel vor Gericht oder im Krieg, so den Abschnitt Nachricht von dem Ceremoniel, welches man observiret, wenn ein Delinquent von der Miliz, sodann ein Stecken-Knecht ehrlich; ingliechen wenn ein delinquirender Soldat infam gemachet wird, Lünig, Theatrum ceremoniale, Bd. 1, 1239. – Die Übergänge zum heutigen Ritualbegriff sind hier fließend. Zur Definition vgl. Stollberg-Rilinger, Symbolische Kommunikation. 201 Vgl. Lünig, Theatrum ceremoniale, Bd. 1, 1316. 202 Vgl. Lünig, Theatrum ceremoniale, Bd. 1, Vorrede. 203 Vgl. Lünig, Theatrum ceremoniale, Bd. 3, V.
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deutschsprachige Herrschaftsträger verständlicherweise das Gros der Erläuterungen umfassten.204 Mit der Abhandlung des Kanzleizeremoniells hebt jedenfalls Lünig den Bereich des zeremoniellen Umgangs unter den Mächtigen, der nicht performativ geprägt ist, deutlich hervor und betont damit ein weiteres Mal seine Ausrichtung auf die Praxis. In den einleitenden Passagen dieses zweiten Teils (publiziert in einem dritten Band) bindet Lünig – angesichts der Bedeutung der Anrede im Brief durchaus sinnvoll – noch einmal allgemeine Erläuterungen zum Titulaturwesen in Europa ein, bevor er seine Beispielsammlung präsentiert. Die Bewertung, es handle sich um eine von den delicatesten und veränderlichsten Materien in der Welt, darf hier kaum fehlen, auch die Charakterisierung der eigenen Zeit als eine Titul-begierige[ ] Welt ist als solche nicht neu.205 Bezeichnend ist, dass Lünig entgegen den Erläuterungen im ersten Band nun doch eine diachrone Perspektive einnimmt, wenn er in der ersten Abteilung Vom Ursprung/Aufnehmen und Steigen der Titulaturen in Europa/auch denen deßwegen entstandenen Streitigkeiten berichtet. Was das Steigen der Titulaturen anbetrifft, so will Lünig sich nicht festlegen, ob das Streben der Mächtigen nach noch größeren Ehren oder der Ehrgeitz der Geringern die Titulaturprädikate immer höher und in den Superlativ hinein getrieben habe.206 Eine bestenfalls als ambivalent zu bezeichnende Haltung, eher schon eine Tendenz zu negativer Konnotierung herrscherlichen Verhaltens, ist hier nicht zu verkennen.207 Nach einer historischen Herleitung der Nomina, also der Herrscherwürden, vom Kaiser angefangen, sortiert Lünig ähnlich wie Selden – einem briefstellerischlehrhaftem Duktus angemessen – die verschiedenen Titulaturbestandteile; den Prädikaten widmet er jeweils einen knappen historischen Durchgang, ausgehend vom Majestas-Prädikat. Dabei werden bekannte Beispiele wie das Majestas-Zugeständnis des Kaisers an Ludwig XIV. eingebunden; das Resümee der Betrachtung eines Prädikats ist jeweils der ‚Abstieg‘ eines ehemals nur den höchsten Rängen verliehenen Ehrennamens, der im Laufe der Zeit immer größeren Gruppen zugestanden worden sei.208 Mit dem Bedeutungswandel ist hier in Lünigs Interpretation ganz deutlich eine ‚Degeneration‘ des Titelwesens verbunden. 204 Vgl. hierzu Nickisch, Reinhard M. G., Die Stilprinzipien in den deutschen Briefstellern des 17. und 18. Jahrhunderts. Mit einer Bibliographie zur Briefschreiblehre (1474 – 1800) (Palaestra, 254), Göttingen 1969. 205 Vgl. Lünig, Theatrum ceremoniale, Bd. 3, 1. 206 Vgl. Lünig, Theatrum ceremoniale, Bd. 3, 2. Lünig hat sich hier von Thomasius’ Affektenlehre inspirieren lassen, vgl. Vec, Zeremonialwissenschaft, 142. – Auch Selden handelt von den superlativischen Prädikaten und verortet ihre Entstehung in the later times both in the Empire and in other Kingdoms, zeichnet aber keine klare Perspektive einer Steigerung ihres Gebrauchs. Vgl. Selden, Titles of Honor, 99. 207 Vgl. Vec, Zeremonialwissenschaft, 162 f. 208 Vgl. Lünig, Theatrum ceremoniale, Bd. 3, 6 – 12.
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Parallel mit den Titeln seien auch die Anstrengungen gewachsen, mit dem Titel entsprechende Repräsentation zu betreiben, was – hier wieder ein Aspekt der Hofkritik – manche ehemals sehr ansehnliche Familie in Decadence und einen miserablen Stand gebracht habe.209 Als Ursache für diese Entwicklung sieht Lünig – ein überzeitliches Argument – die menschliche Natur: an diesem allen [sei] nichts als die menschliche Ambition und die daher entstandene Aemulation schuld, welche, nebst der schmeichlerischen Flatterie die Titul von ihrer ersten Einfalt dermassen herunter gebracht, daß jetzo kaum ein Edelmann mit denjenigen Praedicatis zufrieden ist, welche jemals Kaysern, Königen und den mächtigsten Fürsten gegeben worden.210 Den Makel des Ehrgeizes verbindet Lünig mit der Schmeichelei, die, man fühlt sich hier an Wicquefort erinnert, den instrumentellen Charakter der Titulatur noch einmal hervorhebt. Das Muster, nach dem Lünig mit dem Problemfeld Rangordnung contra Gleichheitspostulat umgeht, bleibt auch bei der Abhandlung des Kanzleizeremoniells dasselbe: Die Gleichheit unter Königen – der kaiserliche Vorrang wird hier als unbezweifelbar und unbezweifelt dargestellt – ist keine Frage, sondern gilt als Tatsache. Dies ändert nichts daran, dass es über titularische Ansprüche zum Streit kommt, der im Extremfall auch im Abbruch des Kontakts münden kann: Hingegen tractiren die Könige einander durchgehends gleich, und eben dieses thun auch andere Personen und Staaten von gleicher Condition; weil so zu reden eine Hand die andere gewaschen. Und, wenn ein König, Chur- oder Fürst einem andern nicht eben den Titul, den er von ihm empfangen, wieder geben wollen, so hat jener mit seiner Freygebigkeit auch wieder eingehalten, und ist entweder bey der alten Titulatur geblieben, oder hat den andern dadurch genöthiget, sich mit ihm zu conformiren, oder die Correspondenz gar aufzuheben.211
Nach diesen Erläuterungen zu einzelnen Titulaturelementen und speziellen Prädikaten einzelner Mächte schwenkt Lünig auf seine zweite große Exempelsammlung ein – hier nun geht es um Titulaturen und auch Titulaturkonflikte im engeren Sinne, die nicht auf den Briefverkehr der Cantzley beschränkt bleiben, sondern auch auf andere Gelegenheiten zur Präsentation der Titulatur erweitert werden, beginnend mit dem Anspruch des Landgrafen von Hessen-Kassel auf das Prädikat Durchläuchtig.212 Titulaturen und die Tendenz, titularische Ehren beständig höherzuschrauben, werden vorab noch einmal damit erklärt, dass Schmeichler sie strategisch eingesetzt hätten. Die Nützlichkeit der Titulaturen sei dann von den Potentaten erkannt worden. Titulaturen seien geeignet, um unumschränckte 209 Vgl. Lünig, Theatrum ceremoniale, Bd. 3, 11. – Zur Hofkritik in der Zeremonialliteratur vgl. auch Vec, Zeremonialwissenschaft, 119 f., 263 u. ö. 210 Ebenda, Bd. 3, 11. 211 Ebenda, Bd. 3, 15. 212 Ebenda, Bd. 3, 24.
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Macht und hohes Ansehn zu bezeugen.213 Die Beispiele beziehen hier auch den Streit unter ‚gleichrangigen‘ Souveränen, etwa den französischen und spanischen Königen, mit ein, thematisieren jedoch zu einem guten Teil den ‚aktuellen Trend‘ zur Erhöhung der eigenen Titulatur. Außergewöhnliche oder überraschend beanspruchte Herrschertitel und Prädikate sind in dieser Auswahl von insgesamt 18 Beispielfällen überproportional vertreten; hier führt Lünig gleichsam ein Arsenal von Begründungsmustern vor. Genau wie bei seinen Darlegungen zu Präzedenz und Zeremoniell betont Lünig hier besonders die Possess, also die gewohnheitsmäßige Beanspruchung eines Titels, und die Durchsetzung von Ansprüchen aufgrund der individuellen Machtposition. Illustrieren können dies zwei Beispiele, die Lünig unmittelbar aufeinander folgen lässt. Im Vergleich zu Erläuterungen bei Zwantzig ist die Bewertung im ersten Fall durchaus eine eigenständige auf der Basis der eben erwähnten Grundlagen der Durchsetzung von Machtansprüchen: Die Annahme des Königstitels für Zypern durch den Herzog von Savoyen wurde bei Zwantzig, wie bereits ausgeführt, als durchaus legitimes, rechtlich ausreichend fundiertes Unternehmen beschrieben. Hier wird sie einer scharfen Kritik unterzogen: Lünig geht zunächst vom Urteil der Zeitgenossen aus, die den Anspruch Savoyens befremdet aufgenommen hätten, habe es doch keinen aktuellen Anlass hierfür gegeben (keine neue Ursach). Im Übrigen sei Venedig den Vorfahren des Savoyers als Herrscher über Zypern gefolgt, so dass die Signoria an erster Stelle die osmanische Herrschaft über Zypern bestreiten könne und Savoyen im petitorium zu verharren habe. Die wahren Motive des Herzogs seien nicht zu begreiffen gewesen, und doch macht Lünig sich auf die Suche: Die allgemeine Tendenz zur Titulaturerhöhung führt er dabei ebenso an wie die Beobachtung, Herrschertitel von Gemeinwesen würden noch geführt, obwohl die Herrschaft über diese schon lange, zum Teil auch vertraglich bestätigt, an andere Mächte verloren sei oder obwohl ein bloßer, bislang nie realisierter Anspruch auf bestimmte Gebiete bestünde. Die dahinter vermuteten Hoffnungen oder Strategien der Potentaten, die auch in die Herrscherlehre Eingang gefunden hatten,214 werden von Lünig recht abschätzig beurteilt: […] als ob es ihnen an ihrer Förderung etwas helffen könte, wann sie solche Titul führten: oder ihnen schaden könnte, wenn sie über kurtz oder lang die Gelegenheit hätten, die praetendirte Lande mit Recht oder Gewalt zu überkommen, daß man ihnen vielleicht vorwerffen möchte, sie hätten gleichwol den Titul solcher neuerworbenen Lande nicht geführet, welches alles wenig zur Sache thut.215
213 Vgl. ebenda, Bd. 3, 15, 23. 214 Vgl. zu den Empfehlungen in der zeitgenössischen Herrschaftslehre Weber, Wolfgang E. J., Prudentia gubernatoria. Studien zur Herrschaftslehre in der deutschen politischen Wissenschaft des 17. Jahrhunderts (Studia Augustana, 4), Tübingen 1992, 308. 215 Vgl. Lünig, Theatrum ceremoniale, Bd. 3, 25.
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Alte dynastische Verflechtungen, wie sie bei Zwantzig noch ausführlich referiert wurden, sind hier nicht mehr berücksichtigt; der ‚aktuellere‘ venezianische Anspruch wird höher gewichtet; Possess und Macht sind, wie bereits im ersten Teil ausgeführt, für Lünig die ausschlaggebenden Kriterien. Anders jedoch wird der vergleichbare Sachverhalt berichtet, dass die englischen Könige in ihrer Titulatur den Titel Rex Franciae eingebunden haben. Diese Praxis rühre von den Ansprüchen Edwards III . auf den französischen Thron her; entsprechend wird der Kontext des Hundertjährigen Krieges aufgerufen. Der Verlust der Positionen auf dem Kontinent, den man mit dem Ende der Hoffnungen auf den französischen Thron gleichsetzen könnte, wird folgendermaßen kommentiert: Wiewol aber bald hernach fast alles wieder verlohren gieng, was man zuerst gewonnen hate, so hat man doch nachgehends in Engelland, fort für fort, den Frantzösischen Titul, sammt den Wapen beybehalten, nach gebräuchlicher Weise aller hohen Potentaten, um dadurch das Andencken, und das Recht der Praetension zu conserviren.216 Was lässt sich daraus für den Herzog von Savoyen folgern? Offenbar scheint für die hohen Potentaten ja durchaus legitim, an die Historie der eigenen Herrscherwürde in der Titulatur zu erinnern und daraus herrührende Ansprüche aufrechtzuerhalten – was beim Savoyer dagegen als befremdliches Handeln gewertet wird. Lünig führt hier nicht aus, warum er zu dieser Einschätzung gelangt: Versuchte seiner Meinung nach der ‚Aufsteiger‘ Savoyen seinen Anspruch erst nach einer zu langen Pause wieder zu realisieren, weshalb er sich nicht auf die langwährende Possess des Königstitels berufen konnte, oder schienen Lünig manche souveränen Mächte, die machtvollen hohen Potentaten, doch noch ‚gleicher‘ als die anderen? Ein letztes Beispiel zur Possess: Lünig sieht – auf dem Stand des Jahres 1718 – neue Chancen für die bislang verweigerte Anerkennung des russischen Kaisertitels durch den Wiener Hof, denn der Zar bringe nun Belege bei, wonach Maximilian I. im Jahr 1514 dem Zaren den kaiserlichen Titel zugestanden habe – Ob man sich aber an hochbesagten Hofe nunmehro ein anders resolviren wird, […] stehet zu erwarten.217 Argument ist also in diesem Kontext wiederum die langjährige Führung eines Titels mit nachweisbarer Billigung durch andere, entsprechend der Beurteilungsmaxime, die Lünig als die gebräuchlichste unter den Diplomaten schon in der Einleitung zum ersten Band betont hatte.218
216 Lünig, Theatrum ceremoniale, Bd. 3, 26. 217 Ebenda, Bd. 3, 40. 218 Vgl. ebenda, Bd. 1, 4.
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1.5.3 Das Theatrum ceremoniale als Briefsteller Die herrscherliche Kanzlei war der Ort, an dem tagtäglich Titulaturen korrekt zu gebrauchen waren – Lünig ist unter den hier präsentierten Autoren derjenige, der sich am ausführlichsten zum Kanzleizeremoniell geäußert hat, vornehmlich am Beispiel von Briefen. Der Übergang in Lünigs Darstellung zur Briefpraxis in den Kanzleien, aber auch durch die Herrscher selbst ist mehr als abrupt; auch hier erweist sich wieder, dass Lünig ein Kompendium für den alltäglichen Gebrauch erstellen wollte, keine gelehrte, systematische Darstellung des Sujets. Die Darstellungsweise schwenkt damit um auf eine briefstellerische Behandlung der Materie: Knappe Erläuterungen sind zwischen die Auflistungen von Titulaturbeispielen für Briefanrede und -schluss geschaltet;219 hier wird Lünigs Kompendium nun vollends zur Mustersammlung, zum Praxisleitfaden. Seinen Wert bezieht dieser Leitfaden nicht zuletzt daraus, dass er die titularischen Handlungsspielräume in den Untergattungen der Korrespondenz herausarbeitet. Mit der Unterscheidung von solennen Kanzleischreiben und persönlichen Handschreiben der Herrscher beschreibt er verschiedene Möglichkeiten des Umgangs zwischen den Herrschern. Auch offene Briefe und herrscherliche Patente werden mit Beispielfällen aufgeführt.220 Dabei bewegt sich Lünig nicht nur auf der Ebene der europäischen Souveräne, sondern flicht beispielsweise auch kaiserliche Korrespondenz mit den Reichsständen beziehungsweise der Reichsstände untereinander ein. Das Muster der tradierten Briefsteller wird eingehalten: Absender für Absender, vom Kaiser angefangen, werden Briefexempel an verschiedene Adressaten nach Briefeingang (Anrede), Kontext (Anrede im fortlaufenden Text), Schlussformel und Unterschrift abgearbeitet. Eingestreut werden wiederholt Anmerkungen zu titularischen Besonderheiten oder Veränderungen, gemäß dem Anspruch Lünigs, angesichts eines sich ständig verändernden Gebrauchs eine Sammlung auf aktuellem Stand zu bieten;221 auch Erläuterungen zu titularischen Rangfragen oder Konflikten in der Korrespondenz werden eingebunden, etwa anhand der unterschiedlichen Anrede von Kardinälen und (geistlichen) Kurfürsten.222 Doch auch Verträge zwischen den Herrschern dienen als Beispiele für Entwicklungen des Titulaturgebrauchs, so im Verhältnis zwischen Kaiser und Sultan – für den gegenseitigen Gebrauch des Kaisertitels werden die
219 Vgl. Nickisch, Stilprinzipien. 220 Vgl. für den kaiserlichen Schriftwechsel Lünig, Theatrum ceremoniale, Bd. 3, 54 – 56. Dort findet sich auch die Übertragung der kaiserlichen Exempel ins Lateinische, vgl. 56 ff. 221 Vgl. etwa ebenda, Bd. 3, 46: Gebrauch des Prädikats Durchläuchtig für den Herzog von Württemberg kraft kaiserlicher Verleihung. 222 Vgl. ebenda, Bd. 3, 49.
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riedensschlüsse von Tsitva Torok (1606), Karlowitz (1699) und Passarowitz F (1717) mit entsprechenden Titularauszügen als Belege herangezogen.223 Bei der Abfolge der Absender hält Lünig sich an Rangschemata – dabei rangiert der Sultan samt seiner kaiserlichen Anrede direkt nach dem Römischen Kaiser, sodann folgen der französische König, Mitglieder der Königsfamilie und die Minister.224 Fortgeführt wird die Reihe mit dem Kanzleizeremoniell des spanischen Königs, sodann Portugals, Englands,225 Dänemarks,226 Schwedens, Polens, Preußens, Russlands, der Kurfürsten von Kurmainz, Kurtrier, Kurköln, Kurbayern, Kursachsen,227 Kurpfalz, Kurbraunschweig,228 der Reichsfürsten 229 bis hinab auf die Ebene der Innungen.230 Neu setzt Lünig dann mit dem Kanzleizeremoniell für den Papst, für Republiken und Kardinäle an.231 Ergiebig sind bei der Durchsicht des Kanzleizeremoniells die Notae zu den Briefexempeln der jeweiligen Herrschaftsträger: Hier werden Titulaturelemente und besondere briefliche Wendungen, auch in ihrer historischen Genese, erläutert – teilweise in Überschneidung mit vorherigen Darlegungen.232 Angaben zu Titulaturstreitigkeiten sind vorhanden, auf die Zahl der Notae gerechnet jedoch in der Minderzahl. Anhand der Fortentwicklung der russischen Titulatur Mitte des 17. Jahrhunderts betont Lünig noch einmal die Instrumentalisierung von Herrschertitulaturen: Die Verweigerung von Titeln, die sogar zum Krieg führen könne, ziehe vor allem dann Folgen nach sich, wenn die Titulatur einen Anspruch auf 2 23 Vgl. ebenda, Bd. 3, 61. 224 Den Briefbeispielen des französischen Königs ist eine Übersetzung der Einleitung des französischen Kanzleihandbuchs von Grimarest (Traité sur la manière d’écrire des lettres et sur le cérémonial, 1709) vorangestellt, die – ein weiteres Mal – die Wandelbarkeit der Titulaturen und die Abhängigkeit der brieflichen Usancen von den Briefverfassern betont. Vgl. Lünig, Theatrum ceremoniale, Bd. 3, 62 f. – Grimarests Kategorisierung von Briefen weicht von derjenigen Lünigs ab; Lünig gibt jedoch für den Abschnitt zur Korrespondenz des französischen Königs zunächst Grimarests Ausführungen in seiner Übersetzung kommentarlos wieder. Dann greift er in der bereits dargestellten Abfolge selbst die Korrespondenz des französischen Königs auf, diejenige des Dauphin und des Herzog von Orléans und sogar der natürlichen (unehelichen) Kinder, denen Standes-Personen und königliche Minister folgen, vgl. 71 ff. 225 Dieser Abschnitt wird ergänzt mit ausführlichen Erläuterungen zur Geschichte des engl. Königstitels, vgl. Lünig, Theatrum ceremoniale, Bd. 3, 89 ff. 226 Die dänischen titularischen Usancen wurden von Kaiser nicht goutiert, auch Lünig kritisierte sie, vgl. ebenda, Bd. 3, 103. 227 Vgl. ebenda, Bd. 3, 165. 228 Vgl. ebenda, Bd. 3, 167. 229 Vgl. ebenda, Bd. 3, 201. 230 Begonnen wird zunächst mit der Korrespondenz der Reichskreise, vgl. ebenda, Bd. 3, 323. 231 Vgl. ebenda, Bd. 3, 369. 232 Vgl. etwa am Beispiel der russischen Titulatur: ebenda, Bd. 3, 26 und dann bei den Briefexempeln in Bd. 3, 149.
Johann Christian Lünig, Theatrum Ceremoniale (1719/20)
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bestimmte, umstrittene Territorien beinhalte. Schweden habe 1654 entsprechend reagiert, als der Zar sich anfieng, Herrn über Groß und Klein Reußland zu nennen, wegen der Smolenskischen und Czernichovischen Provintzien, die er denen Polen abnehmen wolte, [und vermutet, dass er] etwas mehrers im Sinne hätte; Schweden habe deshalb diese neue Titulatur auch nicht anerkennen wollen.233 Die Begründung zum Argwohn Schwedens liefert Lünig gleich im Anschluss: […] weil die Beylegung des Tituls dem Praetendenten ein gestandenes Recht giebet.234 Damit hat Lünig die Bedeutung nicht nur der (selbstherrlichen) Annahme, sondern auch der Anerkennung einer Titulatur durch ihre unwidersprochene Verwendung noch einmal umrissen – nur die Akzeptanz durch Dritte kann den Anspruch bestätigen und schließlich auch ein Recht erwachsen lassen. In ihrer Grundsätzlichkeit hätte man auch folgende Erläuterung eher im einleitenden Text zum Kanzleizeremoniell, weniger als eine Nota zur Briefpraxis erwartet, in diesem Fall als Anmerkung zu den königlich-preußischen Gepflogenheiten: Das Ceremoniel in Briefen geschichet I. nach der Dignität und Würde/ II. dem Herkommen und Gewohnheit/und III. auf gepflogene münd= oder schrifftliche Abrede und Vergleichung/welches alles wol zu consideriren ist.235 Abrede und Vergleichung als der dritte Punkt lassen sich auch mit dem eben erwähnten russischen Beispiel in Verbindung bringen; Herkommen und Würde als die Kriterien II und I sind aus der Diskussion von Rangkriterien am Beginn des ersten Bandes bekannt. Lünig formuliert hier also einen kurzen Kriterienkatalog, der Konflikte um schriftliche Ehrbezeigungen eher ausblendet, ähnlich wie seine ersten Anmerkungen zu den Grundlagen des Umgangs zwischen den Mächten: Vernünfftig ist es wohl, daß man nach Proportion der Hoheit und Würde einem mehr oder wenigere Ehre erweisen müsse […].236 Was an dieser Stelle jedoch fehlt, ist der Rekurs auf die Macht eines Potentaten, die Lünig bei der Diskussion von Grundlagen für die Präzedenz eines Herrschers so sehr herausgestellt hatte. Möglicherweise ist es ihm bei der Behandlung des brieflichen Zeremoniells in diesem sehr formelhaft und schematisch angelegten Abschnitt seiner Abhandlung – entsprechend der Zielsetzung traditioneller Briefsteller – sehr viel mehr um die Darstellung brieflicher Normen zu tun als um die Diskussion von Veränderungen in der (gegenseitigen) Titulierung bei Korrespondenzen. Veränderungen und Differenzen gab es ja gleichwohl, wie Lünig vorab im II . Absatz. Von denen der Titulaturen wegen nach und nach entstandenen Streitigkeiten 237 bereits anhand von Beispielfällen, wenn auch eher 233 Vgl. ebenda, Bd. 3, 149. 234 Vgl. ebenda, Bd. 3, 149. 235 Vgl. Lünig, Theatrum ceremoniale, Bd. 3, 144. 236 Vgl. Lünig, Theatrum ceremoniale, Bd. 1, 3. 237 Vgl. Lünig, Theatrum ceremoniale, Bd. 3, 24 ff.
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selten anhand von brieflichen Beispielen, erläutert hat. Auch die Folge, dass aufgrund von ungelösten titularischen Differenzen die Korrespondenz zwischen Herrschern ganz aufgegeben werden könne, hatte Lünig bei der Einleitung zum Kanzleizeremoniell erwähnt, jedoch nicht weiter erläutert.238 Eine klare Opposition zu anderen Medien der Repräsentation von Rangansprüchen wird nicht aufgebaut. Daher scheint es eher unwahrscheinlich, dass Lünig mit dem Auslassen des Machtarguments auf ein Potential der Korrespondenz hinweisen wollte, gegebenenfalls Titelkonflikte auf einer anderen Ebene zu entschärfen oder abzumildern. Wenngleich also auch Lünig die gängigen Urteile der bislang vorgestellten Autoren zur Bedeutung der Titulaturen unterstreicht, so fällt doch auf: Zum einen setzt er die auch von den Autoren der anderen Traktate und Kompendien gewünschte Eindeutigkeit und Beständigkeit der Titulaturen hoch an, wie seine Festlegung auf ‚Macht‘ als vermeintlich ‚hartes‘ Kriterium für einen Titelanspruch beziehungsweise zeremonielle Ehren und die damit verbundene Abwertung der Kriterienkataloge anderer Autoren belegt. Zum anderen jedoch setzt er seine Position nicht konsequent in dem Sinne um, dass er die angeführten Differenzen zwischen den Mächten nach diesem Machtkriterium beurteilte; auch er will für sich – wie die anderen Autoren – eine überwiegend referierende Position beanspruchen, die kein Präjudiz formulieren will. Angesichts seiner eindeutigen Argumentation fällt diese Diskrepanz jedoch besonders deutlich auf, zumal bei der Gleichheitsdiskussion, die im Grunde nur anzitiert wird, jedoch ohne weitere Erläuterungen im Raum stehenbleibt und erst recht nicht argumentativ mit dem Argument ‚Macht als Grundlage für Vorrang‘ kontrastiert wird. Lünig eilt vielmehr weiter, zitiert kurz die als misslungen gewertete Rangordnung der Kurie an und faltet statt weiterer Argumentationen pro oder contra Gleichheit seine Exempel zu beanspruchten Ehren, besonderen Titulaturen oder einzelnen zeremoniellen Streitfällen auf. Ausführlicher als andere Autoren widmet er sich einzelnen Prädikaten der Titulaturen und schließlich auch den Elementen der Herrscherkorrespondenz, aber auch hier steht nach einem knappen Abriss zum Steigen der Titulaturen die Beispielsammlung, vor allem nach der straffen Organisation der klassischen Briefsteller und Titelbücher, im Vordergrund. Gerade im dritten Band zum Kanzleizeremoniell kommt so der „Steinbruch“-Charakter des Lünig’schen Werkes noch einmal zum Vorschein; es geht weniger um die Durchdringung der Problematik, um argumentative Sortierung historischer wie gegenwärtiger Erscheinungen, als um Darbietung einer exorbitanten Materialfülle, die selbstredend aus den Sammlungen der Vorgänger schöpfen konnte, jedoch auch mit erheblichen eigenen Anstrengungen 238 Vgl. Lünig, Theatrum ceremoniale, Bd. 3, 15.
Jean Rousset de Missy, Mémoires sur le rang et la préséance (1727/1746)
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verbunden war.239 Doch gerade weil der Vielschreiber Lünig sich wohl in erster Linie auf diejenigen Elemente konzentrierte, die ihm als besonders kennzeichnend und als unerlässliche Ingredienzien für marktgängige Kompendien erschienen, ist sein Beitrag zu Rang und Zeremoniell ein weiteres wichtiges Zeugnis für die Rezeption dieser Thematik zu Beginn des 18. Jahrhunderts.
1.6 Jean Rousset de Missy, Mémoires sur le rang et la préséance (1727/1746) Mit Jean Rousset de Missy (1686 – 1762) haben wir einen Historiker und Publizisten vor uns, den mit Wicquefort die Flucht aus Frankreich verbindet, wenngleich Rousset, in Laon geboren, aus religiösen Gründen sein Land verließ. Als Historiker und Publizist machte sich Rousset in der niederländischen Republik einen Namen; als Herausgeber des Mercure historique et politique wurde er mit satirischen Angriffen auf Ludwig XIV. bekannt. Neben den Mémoires sur le rang et la préséance veröffentlichte er zusammen mit Jean Dumont, thematisch eng verwandt, Le cérémonial diplomatique des cours de l’Europe (1739), eine „Kompilation der Kompilationen“ 240 als Ergänzung zu Dumonts Vertragsedition Corps universel diplomatique 241 und setzte seine kompilatorische Arbeit zu den europäischen Mächtebeziehungen fort, u. a. mit Les intérêts présens et les prétensions des puissances de l’Europe, fondez sur les traitez depuis la Paix d’Utrecht inclusivement et sur les Preuves de leurs droits particuliers (1735).242 Rousset, so urteilt Miloš Vec, machte nach Zwantzig als Erster wieder eine vergleichbare Anstrengung, sich ausführlich mit dem europäischen Rangrecht auseinanderzusetzen; zeitgenössisch wurde sein Werk als wichtiger Beitrag geschätzt.243
2 39 Vgl. auch das Urteil bei Vec, Zeremonialwissenschaft, 63 f. 240 Vec, Zeremonialwissenschaft, 268. 241 Zur Biographie vgl. den Lexikoneintrag bei Haag, Eugène und Emile, La France protestante, Bd. 9, Paris 1846 – 59, 214 – 219. 242 Johannes Kunisch zählt Rousset – angelehnt an das Urteil Meineckes – zu „den fruchtbarsten Kompilatoren des 18. Jahrhunderts auf dem Gebiet der Staatenbeziehungen“, vgl. Kunisch, Johannes, Der Nordische Krieg von 1655 bis 1660 als Parabel frühneuzeitlicher Staatenkonflikte, in: ders., Fürst – Gesellschaft – Krieg. Studien zur bellizistischen Disposition des absoluten Fürstenstaates, Köln u. a. 1992, 43 – 82, hier 49 (erstmals in: Rahmenbedingungen und Handlungsspielräume europäischer Außenpolitik im Zeitalter Ludwigs XIV. (Zeitschrift für Historische Forschung, Beiheft 11), hrsg. von Heinz Duchhardt, Berlin 1991, 9 – 42). 243 Vgl. Vec, Zeremonialwissenschaft, 367.
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1.6.1 Zielsetzung und Anlage des Werks Knapp zehn Jahre nach Lünig, rund 20 Jahre nach Zacharias Zwantzig notierte Jean Rousset de Missy seine Mémoires sur le rang et la préséance, eine zweite Auflage brachte er 1746 heraus. Doch schon Titel und Vorrede an den Leser rufen Traditionen auf, die klar hinter Lünigs Werk zurückreichen: Als Referenzen werden Abraham de Wicquefort und Zacharias Zwantzig angeführt, zunächst im Titel des Werks, das Rousset als supplement zu Wicqueforts L’Ambassadeur et ses fonctions ausweist,244 zum anderen in der Vorrede, in der er Zwantzigs Theatrum praecedentiae als dasjenige Werk bezeichnet, dessen er sich am meisten bedient habe.245 Damit setzt Rousset Signale für das Vorverständnis seines Werks, wirft aber auch die Frage auf, inwieweit er in seinem Werk Wicqueforts und Zwantzigs Argumentation synthetisieren kann oder will. Roussets einleitende Bewertung seiner Materie als des schwierigsten Themas unter den Mächtigen, auf das sie das größte Augenmerk legten (Il n’y a guères de sujèt ni plus délicat ni plus chatouilleux que celui de la Préséance entre les Souverains.246), ist beileibe nicht originell, gehört vielmehr zum Standardrepertoire aller hier behandelten Autoren. Doch Rousset pointiert diese Feststellung, indem er – aus Sicht der Potentaten formuliert – eine Rangordnung der Verhandlungsgegenstände in einer Explizitheit erstellt, wie sie auch bei Wicquefort nicht zu finden ist. Antithetisch stellt Rousset die Fragen nach Rang und Vortritt anderen Streitpunkten gegenüber. Während Lünig etwa zwischen zeremoniellen Streitigkeiten und der Haupt-Sache bei Verhandlungen unterscheidet,247 während Zwantzig Streit um kleine Pointillen im Zeremoniell als Gefährdung ganzer Kongresse kritisiert,248 präsentiert Rousset – bezeichnenderweise ohne negative Konnotierung – Rang und Vortritt als diejenigen Güter, auf die von den Fürsten unter keinen Umständen verzichtet werde: Les Princes cédent des Villes, des Provinces même, mais il n’est pas 244 Rousset de Missy, Jean, Mémoires sur le rang et la préséance entre les souverains de l’Europe et entre leurs ministres réprésentans Suivant leurs différens Caractères. Par Mr. Rousset, Membre de l’Academie des Sciences de St. Petersbourg & de l’ancienne Societé Royale de Berlin. Pour servir de supplement a L’Ambassadeur et ses fonctions de Mr. de Wicquefort, Amsterdam 1746. 245 Vgl. Rousset, Mémoires sur le rang, Vorrede. 246 Rousset, Mémoires sur le rang, 3. 247 Vgl. Lünig, Theatrum ceremoniale, Vorrede. 248 Vgl. Zwantzig, Theatrum praecedentiae, Vorrede: Alle etwan vorkommende kleine Pointillen/ worauf etliche grosse Herren sonst im Ceremoniell so pertinaciter bestehen/seynd schwer zu heben; Und seynd vielmehr Formalia Inutilia, als daß sie einem grossen Fürsten und Staate in seiner Dignität etwas geben oder nehmen sollten/sondern sie thun vielmehr in realibus des Staats einen unwiederbringlichen Schaden; So daß viele heilsame Conventen und negotia publica dadurch ins stecken kommen […].
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possible à toute l’habileté des plus adroits Négociateurs, de les déterminer à céder un Rang qu’ils se croïent dû.249 Zugespitzter als die übrigen hier vorgestellten Autoren formuliert Rousset auch die Zielsetzung und den Nutzen seines eigenen Werks: Ces Mémoires contiennent donc des Armes, dont j’ai fait un magazin, pour ceux qui peuvent être chargés de plaider une cause de Rang, de Préséance, & de Point-d’Honneur entre les Souverains […].250 Mit „Waffen“ und „Waffenmagazin“ scheint ihm offensichtlich die richtige – martialische – Begrifflichkeit aufgerufen, um die Arbeit des Berufsstandes zu kennzeichnen, den er vorrangig als Nutzer seines Werkes sieht, nämlich parallel zu Wicquefort den als Diplomaten tätigen Amtsträger. Betont wird auf diese Weise, dass auf diesem Sektor heftige Konflikte ausgetragen werden können, auch wenn es sich bei diesen Auseinandersetzungen, im Gegensatz zum jahrelangen Kampf auf dem Schlachtfeld, um ‚Federgefechte‘ (coup[s] de plumes 251) handele. Entsprechend begrenzt ist auch sein Fokus auf die abzuhandelnde Thematik, denn er beschränkt sich, wie er in der Vorrede ausweist, nur auf die gekrönten Häupter und auf diejenigen, die im Rang unmittelbar nach ihnen stehen – mit weiteren Adelsrängen oder gar Problemen einer gegliederten Reichshierarchie muss Rousset sich also nicht befassen, und so sieht er sich denn auch als Zuträger des Diplomaten für seinen „Kampf “ und will – zusammengenommen mit Wicqueforts Vorläuferpublikation – nicht weniger liefern als un Receuil complèt de Retroacta, de Faits, de Décisions & de Considérations sur la plûpart des circonstances où un Ministre peut se trouver […].252 Auch er sieht sich also wieder als Zulieferer für den politischen Praktiker, der ein entsprechendes Kompendium von Exempla benötigt. Mit den Retroacta sind die Grundlagen angesprochen, die Rousset für den Ranganspruch herausheben möchte: Er betont – Lünig hatte das als eine spezifisch französische Argumentation referiert 253 – die Observanz als grundlegendes Argument für die Aufrechterhaltung eines Ranganspruches; entsprechend sieht er seine Aufgabe also darin, Exempel, die bei Wicquefort noch nicht vorkommen konnten, nachzuliefern und um Überlegungen zu ergänzen, die dem Diplomaten als Entscheidungshilfe dienen können. Das Problem bei den Retroacta als Belegstellen für die Beanspruchung der Präzedenz sieht Rousset in der verbreiteten
249 Rousset, Mémoires sur le rang, Vorrede. 250 Ebenda, Vorrede. 251 Ebenda, Vorrede. 252 Rousset, Mémoires sur le rang, 4. 253 Lünig nannte die Argumentation französischer Diplomaten während des Friedenskongresses von Nijmegen als Beispiel, vgl. Lünig, Theatrum ceremoniale, Bd. 1, 4.
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Fälschung dieser ‚Beweismittel‘, weshalb Amtsträger sich auf neutrale Quellen (Témoins désintéressez) von Augenzeugen stützen müssten.254 1.6.2 Rangordnung und Gleichheitsargument bei Rousset de Missy Rousset schließt eine Darlegung der grundlegenden Notwendigkeit von Ordnung und Rang an, die in vielem aus dem von ihm angegebenen Werk Zwantzigs schöpft, jedoch zusätzliche Markierungen setzt. Wiederum pointierter als andere Autoren betont Rousset die hohe Bedeutung der ordnungsstiftenden Funktion der Rangordnung, in der ständischen Gesellschaft nur zu vertraut – ohne Ordnung drohe in einem Gemeinwesen das Chaos.255 Auch im Austausch unter den Mächten sei Interaktion, sei Kommunikation nicht möglich, wenn unter ihnen keine Rangordnung etabliert sei.256 Die Souveräne bezweifelten auch nicht, dass innerhalb ihrer Gemeinwesen – Rousset ruft hier kurz die ständische Ordnung auf – eine Klassifizierung von Rängen notwendig sei, doch auf der Ebene des Umgangs zwischen den Gemeinwesen wollten sie nicht viel davon wissen: Tous les Souverains reconnoissent la nécessité de cet ordre, eux-mêmes l’établissent parmi leurs Sujèts, mais ils ne raisonnent plus de même dès qu’on parle de l’établir entr’eux.257 Während eine Abstufung zwischen verschiedenen Arten von Gemeinwesen und ihren Herrschern (Kaiserreichen, Königreichen, Republiken, Fürstentümern…) etabliert sei, bestehe die Schwierigkeit darin, Ränge innerhalb ein und derselben Kategorie festzulegen – Rousset spricht hier, im Präsens, ganz dezidiert und allgemein von Rangabstufungen: Ainsi toute la difficulté consiste à décider du rang [Hervorhebung R. D.] entre ceux du même ordre comme entre les Empereurs, entre les Rois, entre les Princes &c.258 Es schließt sich in mehreren Kapiteln eine Beschreibung der Ränge ausgewählter Herrscher an, beginnend mit dem Kaiser als dem Ranghöchsten. In unterschiedlicher Ausführlichkeit werden dabei Besonderheiten der Titulatur und des Ranganspruchs, auch in der Korrespondenz, diskutiert. Abschnitts 254 Vgl. Rousset, Mémoires de rang, 3. – Ein nicht näher bezeichnetes Manuskript eines kaiserlichen Amtsträgers Leopolds I. und seiner Söhne, das schon an mehreren Höfen zu diesem Zwecke benutzt worden sei, nennt Rousset als eine wesentliche Quelle für sein Werk. 255 Ebenda, 4: Enfin on peut dire que toute la Société ne subsiste que par l’ordre & la distinction des rangs, sans quoi elle retomberoit bien-tôt dans un affreux Cahos. – Zur Ordo-Argumentation bei den Zeremonialwissenschaftlern allgemein vgl. Vec, Zeremonialwissenschaft, 159 f. 256 Rousset, Mémoires sur le rang, 4: […] il doit y avoir d’abord un certain ordre de rangs entre les Chefs de ces Sociétés particulières, sans lequel ils ne pouroient communiquer ensemble, s’ils prétendoient tous avoir le prémier rang. 257 Ebenda, 4. 258 Vgl. Rousset, Mémoires sur le rang, 4 f., Zitat: 5.
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weise lehnt sich Rousset hier wiederum stark an Zwantzig an und geht dabei sogar soweit, die abwertende Charakterisierung des französischen Publizisten Antoine Aubéry, der Ludwig XIV . den höchsten Rang hatte zuerkennen wollen, als eines pralerische[n] Frantzosen 259 ( fanfaron) zu übernehmen, und so ist die Begründung des kaiserlichen Ranges als des vornehmsten in Europa an etlichen Stellen nichts weniger als eine wörtliche Übersetzung Zwantzigs.260 Die Frage nach Rang und Präzedenz ist – im Hinblick auf den üblichen Kriterienkatalog – in diesem Teil der Abhandlung ganz traditionell gehalten. Dies zeigt sich auch an der Bewertung der Position des russischen Zaren unter den europäischen Souveränen. Zu betonen ist, dass Rousset den Rang des Zaren nicht als rein historisches Beispiel heranzieht, sondern durchaus als Beispiel für die Rangordnung der Mächte in seiner Gegenwart anführt: Da die Machtfülle und Herrscherposition der Zaren noch verhältnismäßig jung sei, gebe es für die europäischen Souveräne keinen Anlass, den russischen Herrschern eine besondere Stellung (über die Königswürde hinaus) zuzuerkennen; in der Anciennität gingen die europäischen Könige dem Zaren voraus und müssten den Empereur de Toutes les Russies nicht als übergeordnet anerkennen. Die Argumentation mit 259 Vgl. Zwantzig, Theatrum praecedentiae, 2. 260 Vgl. beispielhaft die Synopse zur Vorrangstellung des Kaisers: Zwantzig, Theatrum praecedentiae, 2: Es haben sich zwar Auberius, und andere pralerische Frantzosen/unterstanden/wider den Käyserlichen Titul und deßen Präcedentz in ihren Schrifften ein und anders zu moviren; aber mit so schlechten Beweiß-Gründen/so daß auch biß jetzo die Königliche Majestät in Franckreich sich nicht unterstanden de facto etwas dem Käyser in seinem Rang und Herrligkeit disputirlich zu machen/sondern es geben die Könige in Franckreich/gleichwie auch alle Christliche Könige und Potentaten/Hertzogen und Fürsten dem Käyser ohne alle difficultät den Vorgang/geben an ihn den Titul Ew. Käyserliche Majestät/und gestehen in allen Ihme als Käyser einen sonderbahren Vorzug zu/wie solches aus allen Acten und solennen Conventen gnugsam zu erweisen steht.
Rousset, Mémoires sur le rang, 12 f.: Il est vrai qu’Auberi & d’autres Auteurs fanfarons François ont entrepris de tems en tems dans leurs Ecrits, de faire quelques chétives objections contre le Titre Impérial & contre sa Préséance; mais leurs raisons ont été si foibles, que le Roi de France n’ a pas osé entreprendre jusqu’ici de facto, de disputer le Rang & la prémière dignité à Sa Majesté Impériale, & lui cédent en toutes choses comme à l’Empereur de la Chrêtienté, un Prééminence & un honneur particulier. C’est ce qui peut se prouver avec évidence par toutes les Conventions, Traités & Pactes faits avec les Empereurs par toutes les Puissances de l’Europe.
Interessanterweise ist Rousset – wörtlich übersetzend – bei einer Stelle, an der Zwantzig selbst sich auch auf Wicquefort als Quelle beruft, näher an Zwantzig als an Wicquefort; es handelt sich um den Konflikt zwischen Ferdinand III. und Ludwig XIV. um den Titel Majesté und die bereits erwähnte Lösung durch die persönliche Korrespondenz zwischen den Herrschern – Zwantzig gibt hier die Art der Schreiben, für die die Majesté-Lösung gilt, ausführlicher wieder als Wicquefort. – Vgl. Rousset, Mémoires sur le rang, 13; Zwantzig, Theatrum praecedentiae, 2.
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der Anciennität ist ausgesprochen traditionell; Ausnahmen sieht Rousset für den Zaren allein dadurch begründet, dass besondere Ehren, die den Gesandten anderer Herrscher in Moskau zuteil würden, auf derselben Ebene beantwortet werden müssten, aber kein Präjudiz darstellten, oder dass loco tertio auch für den Zaren jeder Zwang des Zeremoniells entfalle.261 Roussets Argumentation sowohl mit dem ius gentium als auch einem ius moralis als Grundlagen für die Einordnung der Zaren unter die souveränen gekrönten Häupter deutet wieder auf das Nebeneinander beider Ordnungskonzepte hin und greift Argumentationen auf, wie wir sie etwa von Lünig kennen. Die Feststellung einer traditionellen Abstufung nach der Anciennität erweist sich im Hinblick auf das Folgekapitel wichtig, in dem sich nun auch Rousset dezidiert dem Gleichheitspostulat zuwendet. Hier lehnt er sich wiederum nahezu wörtlich an die Ausführungen Zwantzigs an. Zwischen den Königen herrsche von Anfang an parfaite égalité par raport à leur dignité Roïale; dennoch hätten die Könige autrefois Unterschiede im Rang gemacht, entsprechend zur allgemeinen Beobachtung, an sich gleichwertige Dinge würden aufgrund ihres besonderen Aussehens oder ihrer speziellen Anfertigung unterschiedlich geschätzt.262 Zwantzigs Werk vergleichbar werden verschiedene Referenzen des Anciennitätskriteriums kombiniert, sowohl das Alter von Einzelpersonen (aîné – plus jeune), das gegenwärtig 263 in communi vita inter gentes Grundlage für die Einräumung eines Vorrangs sei, als auch das Alter einer Herrschaft (ancienneté).264 Genau wie bei Zwantzig – und auch hier ohne weiteres Eingehen auf das vorherige Referat der Differenzierung nach der Anciennität – folgen nach einem Referat der päpstlichen Rangordnung Ausführungen, die Könige wollten heute keine Unterschiede mehr nach Anciennität, Machtfülle etc. dulden und sich nur auf autorité, dignité Roïale und Souveraineté berufen, die allen gleichermaßen zukomme. Auch die Aussage, diese neue Vorstellung habe sich vor etwa 100 Jahren entwickelt,
261 Rousset, Mémoires sur le rang, 47 f.: Comme le Roïaume de Moscovie est d’une très-nouvelle origine […]; ainsi on peut juger facilement que les anciens Rois & les Têtes couronnées de l’Europe […] ne purent consentir en aucune manière à ceder le Pas aux Czars de Moscovie. […] Ainsi on a donné aux Czars de Moscovie, Jure Gentium & Morali un Rang entre les Têtes couronnées, & on les a mis entre les Etats Souverains; ainsi on ne peut refuser de les mettre dans la Liste des Têtes couronnées. […] Comme nous avons dit ci-dessus, les Têtes couronnées n’observent plus entr’eux, dans un troisième lieu, le Rang, ainsi le Czar se peut servir du même prétexte. 262 Vgl. Rousset, Mémoires sur le rang, 58; vgl. entsprechend bei Zwantzig, Theatrum praecedentiae, 11. 263 Die Formulierung der Gültigkeit in Roussets Gegenwart, ebenda: une coûtume établie à present par-tout. 264 Vgl. Rousset, Mémoires sur le rang, 58; entsprechend bei Zwantzig, Theatrum praecedentiae, 11: der Aeltere – der Jünger; Alterthum dero Provinicien und Standes.
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übernimmt Rousset ohne jede Veränderung aus Zwantzigs rund 20 Jahre zuvor erschienenem Werk. Auch Rousset stellt heraus, dass ein konfliktfreies Aufeinandertreffen von Souveränen loco tertio nur möglich sei, wenn sie ähnlich den Diplomaten in vergleichbaren Situationen auf jegliches Zeremoniell ausdrücklich verzichteten – auch er betont also durch die Übersetzung des Textes Zwantzigs: Die neue Prominenz der Egalitätsvorstellung führt ohne die Verwendung von Ausnahmeregelungen zu Streit, nicht zu einer Entschärfung der Rangkonflikte, da keine Hervorhebung eines anderen Potentaten durch einen Titel oder gar die Präzedenz mehr akzeptiert wird. Gleichheit ist auch hier kein Zugeständnis der Privilegierten, sondern eine Forderung der bislang Zurückgesetzten – wieder, wie schon bei Wicquefort und Zwantzig notiert, dient der schwedische Egalitätsanspruch gegenüber Frankreich bei den westfälischen Verhandlungen als Beispiel. Entsprechend Zwantzigs Anordnung der Materie, und dies muss nicht mehr lange ausgeführt werden, nehmen die Darlegungen Roussets ihren Fortgang: Die Folgekapitel widmen sich den Rängen und Präzedenzstreitigkeiten diverser Mächte, und auch hier wird der Anspruch auf Präzedenz der jeweiligen Mächte nicht als etwas endgültig Vergangenes, Abgetanes präsentiert. Beim spanisch-französischen Streit etwa, von dem zunächst in der Vergangenheitsform berichtet wird (Deux Rois très-puissans […] ont eu entr’eux de tout tems, de grandes disputes pour la Préséance.265) und der – nota bene – durch das Zurückstehen des spanischen Königs Philipps V., des ersten Bourbonen auf dem französischen Thron, gelöst werden konnte, fügt Rousset in präsentischer Formulierung noch eine weitere Ursache für einen Rangdisput zwischen den Mächten an: Mais les Rois d’Espagne & de Castille d’un côté, & les Rois de France & de Navarre de l autre [sic!], ont entr’eux une autre dispute savoir, lequel d’entr’eux est le meilleur, le plus proche & le plus agréable fils de l’Eglise Catholique Romaine?266 Auch bei einem Beispiel also, bei dem der Präzedenzstreit zumindest als beigelegt, wenn auch nicht im Sinne der Egalität als gelöst gelten kann, baut Rousset über den vom Papst verliehenen Beinamen die Differenz zwischen den Mächten abschließend eher wieder auf, als dass er den Gegensatz zurücknimmt. Roussets zweite Auflage der Mémoires sur le rang kann auch verhältnismäßig aktuelle Beispiele aufnehmen; eines davon betont klar die Bedeutung der Anerkennung der beanspruchten Titulatur durch andere Herrscher: Rousset referiert den Konflikt zwischen Zarin Elisabeth und Kaiser Karl VII. Albrecht in den 1740er Jahren; Elisabeth habe einer Gesandtschaft Karls VII. die Annahme des Kredenzschreibens verweigert, da in dem Schriftstück der von ihr verwendete Titel der Impératrice nicht verwendet worden sei. Die Akzeptanz ihrer Forderung durch
265 Vgl. Rousset, Mémoires sur le rang, 61. 266 Vgl. ebenda, 64.
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Karl VII. verschaffte ihr, so Rousset, die Ausgangsposition für die Anerkennung ihrer kaiserlichen Titulatur durch andere Souveräne.267 Dennoch scheint die Zeit – auch im Hinblick auf die Präsentation der Rangproblematik – nicht ganz stehen geblieben zu sein, vergleicht man Roussets Ausführungen mit dem Tenor, den schon die Autoren des 17. Jahrhunderts anschlugen. Eine etwas andere – oder besser: deutlichere – Gewichtung im Umgang zwischen den Mächten scheint mir ein Kapitel zu belegen, das Rousset zwischen die Abhandlung des besonderen Ranges einzelner Mächte und ihrer Rangkonflikte einschaltet: Rang des Ambassadeurs à l’occasion des Traitez ou Congrès solemnels. Rousset betont vorab am Beispiel des Westfälischen Friedenskongresses die Bedeutung der Rangkonflikte unter Gesandten sowie der Reihenfolge der Nennung der Mächte in den Verträgen und des Orts der Unterschrift – so weit, wenn auch weniger ausführlich, ist dies auch schon von Wicquefort bekannt; gerade der Ort der Unterschriften sowie die Reihenfolge der Nennung von Herrschern (Alternat) behandelt er verhältnismäßig ausführlich, etwa mit einer strukturierten beispielhaften Übersicht. Sehr viel deutlicher als bei den englischen und deutschen Beispielen, stärker auch noch als bei Wicquefort tritt hier ein verallgemeinernder Charakter hervor – unter dem Fokus ‚Konfliktvermeidung im Kontext von Vertragsverhandlungen‘ werden zwar noch Beispiele reproduziert, doch tritt nun ein problemorientierter Aufriss hinzu, der in konkreten Empfehlungen für die Organisation von Friedensverhandlungen mündet: (ainsi il faut principalement prendre garde que pour éviter toute dispute touchant le Rang).268 Die Empfehlungen beinhalten bekannte Maßnahmen, so die Vermeidung des Aufeinandertreffens von Gesandten, die akut einen Rangstreit ihrer Herren austragen, die Nutzung der Sitzordnung pêle mêle oder die Einnahme von Plätzen nach der Reihenfolge des Eintreffens der Gesandten auf einem Kongress. Die Herstellung der Bedingungen sind nach Rousset Aufgaben des Médiateur der Verhandlungen – les Médiateurs nommés pour assister aux Négociations de la Paix ont obtenu toûjours avant de prendre leur emploi de Médiateur […] que tout Differend sur le Rang […] cessera.269 Das Bewusstsein für die Problematik von Rangkonflikten scheint bei Rousset de Missy, der sein Werk als Anleitung für den Diplomaten versteht, zumindest nicht kleiner geworden zu sein. Ein Beispiel zur aufwendigen Inszenierung von Gleichrangigkeit der spanischen und französischen Bevollmächtigten auf dem Kongress von Nijmegen, angeleitet durch den Vermittler, unterstreicht die Notwendigkeit 267 Vgl. Rousset, Mémoires sur le rang, 57: Après cette démarche de l’Empereur des Romains, il n’y a point de Rois qui ait droit de refuser ce titre au Souverain de la Russie […]. – Zum Kaiserinnentitel vgl. auch den dritten Teil der vorliegenden Untersuchung. 268 Rousset, Mémoires sur le rang, 150. 269 Ebenda, 151. – Zur Bewertung der Vermittlerrolle vgl. Duchhardt, Heinz, Friedenswahrung im 18. Jahrhundert, in: Historische Zeitschrift 240 (1985), 265 – 282.
Jean Rousset de Missy, Mémoires sur le rang et la préséance (1727/1746)
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der Beachtung von Rangkonflikten und der Maßnahmen zu ihrer Umgehung noch.270 Ähnlich ausführlich wird die wechselnde Erststellung der beteiligten, nach der Herrscherwürde gleichrangigen Könige bei der Unterzeichnung des Friedens von Nijmegen geschildert – Ausweg aus Verwicklungen der Rangdiskussion ist hier die Ausstellung der entsprechenden Anzahl von Unterhändlerinstrumenten.271 Wieder ist hier der Ratgebercharakter für zukünftige Verhandlungen betont: Rousset gibt an, dies sei auch eine Möglichkeit, Rangkonflikte bei Verhandlungen zwischen anderen Mächten jenseits der königlichen Ebene, etwa Republiken und Kurfürsten, zu entschärfen.272 Die Signatur des Vertrags gilt Rousset offenbar als besonders wichtig, da er noch einen kleinen Abschnitt anfügt, in dem die Reihenfolge der Mächte in den Vertragsausfertigungen für den Kaiser für den spanischen Beitritt zur Quadrupelallianz 1720 angegeben wird – der Kaiser ist in den Ausfertigungen aller Mächte als Erster genannt, doch es variieren je nach Macht die Positionen der europäischen Könige von Frankreich, Spanien, England: Jede Macht nimmt einmal die Position gleich nach dem Kaiser ein und wechselt auch jeweils die dritte und vierte Position.273 Rousset bestätigt somit die Probleme der Vertragsausstellung mit einem verhältnismäßig späten Beispiel – und gleichzeitig belegt er damit die Virulenz der Thematik für den diplomatischen Alltag des 18. Jahrhunderts. Mit der Möglichkeit der Rückschau von der Mitte des 18. Jahrhunderts aus hat ein Rousset de Missy sehr viel mehr Beispielmaterial zur Erprobung unterschiedlicher, bewährter Instrumentarien der Konfliktentschärfung bei Kongressen zur Verfügung. Mehrfach nimmt er auf eingespielte Verfahren Bezug, denen er teilweise bereits Regelcharakter zuschreiben will, etwa bei der Sitzordnung von Kongressen.274 Ganz abgesehen davon profitiert Rousset auch sonst enorm von den Materialsammlungen und Bewertungen aus den Werken seiner Vorgänger. Entsprechend seiner relativ engen Zielgruppe der tatsächlichen Verhandlungsführer und entsprechend seiner Intention, ein Manual für die konkrete Verhandlungssituation zu liefern, ist über den beschreibenden Exempelteil und die daran angeschlossenen Bewertungen hinaus der Empfehlungsteil für Vertragsverhandlungen, die Rangkonflikte ‚vor der Tür‘ lassen sollen, auch gegenüber Wicqueforts Anleitungen noch stärker ausgebaut.275 Die Virulenz der Rangthematik wird damit noch e inmal 2 70 Vgl. Rousset, Mémoires sur le rang, 151. 271 Vgl. ebenda, 152. 272 Vgl. ebenda. 273 Vgl. ebenda, 153. 274 Vgl. ebenda, 151. 275 Bezeichnend sind daher Formulierungen wie il faut principalement prendre garde […]; c’est ainsi qu’en doivent agir les Médiateurs […], Rousset, Mémoires sur le rang, 150 f.
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betont.276 Eine erneute Reflexion auf die unterschiedliche Wertigkeit von Titulaturzugeständnissen in völkerrechtlichen Verträgen, wie sein niederländischer Vorgänger sie noch ausgeführt hatte, unterbleibt hier allerdings. Die Abhandlung spezifischer Titel und Prädikate der Titulaturen in einzelnen Vertragsbeispielen bleibt auf die kapitelweise beispielhaft behandelten Mächte und ihre (konkurrierenden) Ansprüche beschränkt.277 Auch für diese Abhandlung am Ende des hier gewählten Untersuchungszeitraums ist zu konstatieren: Der Umgang zwischen den europäischen Mächten erscheint nach wie vor deutlich vom Rangdenken geprägt, dessen schädliche Auswirkungen von Fall zu Fall durch Vermeidungsstrategien ‚ausgeschaltet‘ werden müssen, da dem Rangstreit immer noch das Potential zugesprochen wird, Verhandlungen scheitern zu lassen: ce qui pouroit quelques fois rompre la negociation sans rien conclure.278 Diese Vermeidungsstrategien betreffen sowohl das performative Zeremoniell, etwa bei der Inszenierung der Vertragsunterzeichnung im Sinne eines Handlungsablaufs, als auch das Kanzleizeremoniell, wie Roussets Ausführungen zur Platzierung der Unterschriften und zur Reihenfolge der Vertragsparteien im endgültigen Vertragsinstrument belegen. Ungeachtet des Egalitätskonzepts war die Interaktion der Mächte in Europa auch Mitte des 18. Jahrhunderts nach den Ausführungen des Jean Rousset de Missy geprägt von einer „Politik, die in erster Linie nach Gesichtspunkten der Reputation und des Vorteils zu handeln pflegte“ 279 – und dies auch auf dem Feld der sprachlichen Repräsentationen.
1.7 Resümee zur Traktatliteratur Über die rund 100 Jahre, die hier anhand ausgewählter Traktate zu den Themen Rang, Zeremoniell, Titulatur abgeschritten wurden, haben sich die Bewertungen des Herrschertitels und seiner Signalfunktion für beanspruchte Würden wie auch Territorien nicht signifikant verändert. Abweichungen bei der Verwendung einer Titulatur und ihrer Bestandteile wurden kritisch begutachtet und auf etwaige ‚Botschaften‘ hin untersucht. Die bis ins 18. Jahrhundert hinein von den Autoren angeführten Exempla machen deutlich, dass Titulaturen stets mindestens bilaterale Angelegenheiten darstellten – zum Träger des Titels kam mindestens eine Macht hinzu, die diesen Titel wahrnahm, entweder akzeptierte oder gegen seine Verwendung protestierte. Dass sich ein Herrscher eine bestimmte Titulatur 2 76 Vgl. May, Zeremoniell in vergleichender Perspektive. 277 Vgl. etwa anhand der Ausführungen zum Rangstreit zwischen Dänemark, Schweden und Polen (Roi des Vandales, Reges Vandalorum & Sclavorum, 72). 278 Rousset, Mémoires sur le rang, 152. 279 Kunisch, Hausgesetzgebung und Mächtesystem, 79.
Resümee zur Traktatliteratur
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zulegte, war ebenso möglich wie die Beilegung eines Titels oder eines bestimmten Titulaturprädikats durch einen anderen Potentaten, um einem politischen Partner oder Verwandten eine Ehre zu erweisen. Die Verwendung bestimmter Titel wird durchweg als Ursache für mehr oder minder langdauernde Konflikte gesehen. Deutlich jedoch markierten die Autoren den Wandel der Begründung von Konflikten um den Titel und um jegliche Repräsentationen der herrscherlichen Stellung. Der Wandel wurde ausgelöst durch die Forderung, der Anerkennung der souveränen Machtstellung eines Herrschers müsse auch eine Anerkennung und zeichenhafte Repräsentation seiner Gleichrangigkeit mit anderen souveränen Potentaten folgen. Konflikte konnten damit entgegen dem tradierten Modell einer Rangfolge von Monarchen nicht mehr allein dadurch entstehen, dass um einzelne Plätze auf dieser – wie auch immer sortierten – Rangliste gestritten wurde. Als Anlass für die Auseinandersetzung galt nun vielmehr auch der Anspruch auf die Realisierung von Gleichheit, und dies galt es öffentlich zu demonstrieren, mit allen Zeichen, die zur Repräsentation eines Herrschers zur Verfügung standen.280 Die Auseinandersetzung der einzelnen Autoren mit der Forderung, die souveräne Gleichheit in der Interaktion der europäischen Mächte durchzusetzen – bei Selden aufgrund seiner stärker rechtshistorischen Orientierung eher angedeutet als klar formuliert –, hat gezeigt, dass die herkömmliche Vorstellung von einer Rangfolge, im ius praecedentiae formuliert und verteidigt, nicht in einer raschen ‚Erfolgsgeschichte‘ vom Gleichheitskonzept abgelöst wurde. Konnte die Realisierung des Gleichheitsanspruchs für denjenigen Herrscher zum Gewinn werden, der bislang auf der Rangliste auf einem der hinteren Plätze verortet oder gar nicht geführt worden war, da er – man denke an Preußens Friedrich I./III. – die souveräne Machtstellung erst spät erlangt hatte, so konnte dies von einer Macht auf einem traditionell ‚vorderen‘ Rang als Bedrohung, als Verlustdrohung für eine bislang herausgehobene Stellung wahrgenommen werden; am Konkurrenzverhalten unter den europäischen Mächten hatte sich nichts geändert, nur weil die Vorstellungen von Souveränität und (zeremonieller) Gleichbehandlung miteinander verbunden worden waren. Unterschiedlich waren die Möglichkeiten, mit dem Vorhandensein von zwei konträren Ordnungskonzepten umzugehen: Während Selden für sich die Auseinandersetzung mit der umstrittenen Rangproblematik ablehnte, die historische Entwicklung der Titulaturen und der mit ihnen verbundenen Privilegien vorrangig Macht für Macht behandelte und ihre Interaktion kaum einbezog, versuchte Wicquefort für sich eine Entscheidung: Angesichts der fortbestehenden Ungleichheit in anderen Bereichen – Wicquefort nennt konkret die u nterschiedliche 280 Vgl. Stollberg-Rilinger, Völkerrechtlicher Status, bes. 152 – 155.
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Machtfülle – sei es unvermeidbar, dass ein Herrscher sich als der erste vor anderen etabliere. Doch Wicqueforts Bemerkung bleibt dezent. Zwantzig, Lünig, Rousset de Missy haben Positionen zu bieten, die einander recht ähnlich sind: Souveräne Gleichheit und daraus resultierende Gleichrangigkeit werden jeweils als das neue Leitbild der europäischen Souveräne präsentiert; auch sind Möglichkeiten, diese Gleichheit bei Diplomatentreffen und bei der Formulierung von Verträgen und anderen Dokumenten des diplomatischen Austauschs zu inszenieren, in die Exempelsammlungen aufgenommen. Doch bis in die eigene Gegenwart der Autoren hinein reproduzieren spätestens ihre Exempla wieder alte Schemata der Hierarchisierung, bei Zwantzig und Lünig wohl nicht zuletzt auch den enzyklopädischen Zügen ihrer Werke geschuldet; es werden die Strategien von ‚Aufsteigern‘ wie Preußen und Savoyen präsentiert, die vom Gleichordnungskonzept profitierten, doch bleiben nach der Darstellung dieser Autoren für den großen Teil der Mächte und auch in der Kommentierung von Konkurrenzverhältnissen die tradierten Vorstellungen der Vor- und Nachrangigkeit, im wörtlichen Sinne des Vortritts und des Zurückstehens, wirksam. Zu harmonisieren waren diese gegenläufigen Konzepte nicht, und es verwundert kaum, dass die Autoren dies nicht versuchten, zumal jeder von ihnen – von der Problematik der Parteinahme ganz allgemein zu schweigen – im Territorium eines Herrschers publizierte oder einer Herrschaft diente, die vom Konzept der Gleichrangigkeit nur profitieren konnten (Zwantzig in Brandenburg, Lünig in Sachsen, Rousset in Amsterdam). Titulaturen drücken – wenn man von der Beanspruchung des Kaisertitels absieht – für Potentaten desselben Caracters, etwa für die Inhaber einer Königswürde, nicht per se eine Reihenfolge aus – doch ihre Verwendung, insbesondere ihre Platzierung in schriftlichen Dokumenten, gar in öffentlichen Verträgen, bot allein schon etliche Möglichkeiten, um entweder Gleichheit oder Über- beziehungsweise Unterordnung zu signalisieren. Die Beanspruchung oder Zuweisung von Prädikaten brachte zusätzliche Markierungsmöglichkeiten; da es keine übergeordnete, richtende oder sanktionierende Instanz gab, konnte eine neue Titulatur zunächst formuliert werden; ob sie von anderen Mächten anerkannt wurde, musste sich dann im diplomatischen Austausch erweisen. Die zahlreichen Varianten machten es unmöglich, feste Regeln für die Formulierung von Titulaturen aufzustellen; nicht von ungefähr hatte Lünig in seinem umfangreichen Kanzleizeremoniell jeweils Aktualisierungen und Ausnahmen zu verzeichnen. Das bedeutete jedoch zugleich: Titulaturen behielten ihre Funktion als Instrument zur Markierung von (sich wandelnden) Positionsansprüchen. In welchem Umfang diese Möglichkeiten im Kontext der Etablierung eines neuen Herrschers oder einer neuen Dynastie genutzt wurden, untersucht der zweite Teil der vorliegenden Untersuchung mit einem quantifizierenden Zugang.
2 Titulaturen in völkerrechtlichen Verträgen, 1648 – 1748: quantifizierende Perspektiven
2.1 Desiderat quantitativer Erhebungen Angesichts der eingangs skizzierten Forschungslücken überrascht im Grunde nicht, dass detaillierte quantitative Erhebungen zu Titulaturen in frühneuzeitlichen Verträgen bislang fehlen.1 Die vorliegende Auswertung der Daten aus 453 Dokumenten – in erster Linie völkerrechtliche Verträge, ergänzt durch Vertragsratifikationen und Beitrittsakte – kann sich demnach nicht auf quantifizierende Vorgängerstudien stützen, sondern verbindet die eigenen Befunde, sofern möglich, mit Einzelstudien zur Geschichte europäischer Dynastien und deren Titulaturgebrauch. Intendiert ist in erster Linie, auf serieller Basis überblicksartig Einsichten zur Stabilität und/oder Veränderbarkeit von Titulaturen und den zugrunde liegenden Rahmenbedingungen, soweit diese erschließbar sind, zu gewinnen. Die folgenden Ausführungen sind daher als eine ‚Langzeitanalyse‘ zu verstehen, die grundlegende Tendenzen angeben kann und vor allem für die in den Fallbeispielen eingehender untersuchten Titulaturen eine Einschätzung der gezeigten Praxis des Titelgebrauchs ermöglicht, ebenso eine Einordnung der Fallanalysen in den weiteren räumlichen wie auch zeitlichen Kontext. Ausgehend von der Frage, welche Auswirkungen das Prinzip der souveränen Gleichheit auf die Formulierung völkerrechtlicher Verträge hatte, ist hier zum einen Aufschluss über die Frage möglich, wie Titulaturen über einen längeren Zeitraum hinweg gestaltet wurden, welche Elemente an Bedeutung gewannen oder verloren, und zum anderen, welche Formen von Titulaturen zu welcher Zeit für bestimmte Mächte verwendet wurden. Untersucht wird im Rahmen der statistischen Erhebung gezielt die formale Gestaltung des Vertrages im Hinblick auf die Titulatur. Das Verhältnis der Titulaturgestaltung zu den einzelnen Vertragsbestimmungen wird hauptsächlich in den Fallbeispielen zu einzelnen Mächten thematisiert. Die quantifizierende Auswertung des Titulaturgebrauchs im Rahmen eines Einzelprojekts ist notgedrungen mit Einschränkungen verbunden. Angesichts der Fülle von Vertragsdokumenten musste eine Auswahl getroffen werden, sowohl was 1 Katja Frehland-Wildeboer bezieht in ihre 2010 publizierte Analyse von Bündnisverträgen zwar – zumindest für den Zeitraum 1714 – 1814 – am Rande Titulaturen mit ein, sortiert hier jedoch nur nach „Personenbündnissen“ und „Staatenbündnissen“. Die Gestaltung der Titulaturen in ihren einzelnen Bestandteilen bleibt dagegen unberücksichtigt. Vgl. Frehland-Wildeboer, Treue Freunde, 55, 125, 201, 268.
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das Quellenmaterial angeht als auch hinsichtlich der aus den Quellen zu erschließenden Daten. Sie betreffen einerseits die Kriterien für die Auswahl der zu analysierenden Dokumente – nach Vertragspartnern, nach Themen, nach politischer Relevanz etc. – andererseits die innere Kohärenz des Quellenkorpus: Eine serielle Quelle, die nach einem verhältnismäßig einheitlichen Aufbauschema gestaltet ist, liegt bei völkerrechtlichen Verträgen nur bedingt vor. Zwar sind bestimmte Kernelemente, etwa ein einleitender Teil, häufig als Präambel gestaltet, ein zentraler Block, der einzelne Bestimmungen beinhaltet (Dispositio), Schlussformeln und die Unterschriften von Bevollmächtigten oder Souveränen in den meisten Fällen vorhanden,2 doch die Variationsbreite, auch innerhalb der einzelnen Vertragsteile, ist sehr hoch, was sich etwa auf die Zahl der genannten Titulaturen im Vertrag auswirkt. Zudem bilden Verträge nicht die alleinige relevante Quellengattung bei der Erschließung des Titulaturgebrauchs auf völkerrechtlicher Ebene. Es erwies sich daher aus noch näher zu erläuternden Gründen als sinnvoll, auch Ratifikationen von Verträgen in die Analyse miteinzubeziehen. Verhandlungsakten und Korrespondenzen, die für eine erschöpfende Untersuchung und Beurteilung einzelner Titulaturbefunde notwendig wären, konnten für einen 100 Jahre umfassenden Untersuchungszeitraum, für den ein Überblick erarbeitet werden sollte, nicht aufgenommen werden. Die Erschließung dieser Quellengattungen wurde für einzelne Mächte und für einen jeweils stärker eingegrenzten Zeitraum im Rahmen der Detailstudien im dritten Teil dieser Untersuchung geleistet. Die Edition der Consolidated Treaty Series, herausgegeben von Clive Parry, wurde aus pragmatischen Gründen als Ausgangsbasis herangezogen. Parrys Edition, die in der Regel auf einem fotomechanischen Nachdruck älterer Editionen, vorwiegend des 18. Jahrhunderts, beruht, stellt eine Auswahl dar, die vom Herausgeber nicht mit den archivalisch überlieferten Quellen abgeglichen wurde 3 – dies konnte für die vorliegende Untersuchung jedoch bei den zentralen vertraglichen Befunden, die in diesem Kapitel erläutert werden, ausgeglichen werden, indem online publizierte Vertragsdigitalisate des Forschungsprojekts „Europäische Friedensverträge der Vormoderne“ zusätzlich herangezogen wurden.4 Wünschenswert wäre zweifellos eine Erhebung und Auswertung völkerrechtlicher Verträge
2 Vgl. grundlegend Bittner, Völkerrechtliche Vertragsurkunden. 3 Vgl. Parry, Clive (Hrsg.), The Consolidated Treaty Series, 231 Bde., Dobbs Ferry, New York 1969 – 1981 (im Folgenden abgekürzt als: CTS [Bandzahl]). Zur Anlage der Vertragssammlung vgl. ders., Preface, in: CTS 1, V–VII. 4 Projekt „Europäische Friedensverträge der Vormoderne“, Institut für Europäische Geschichte, Mainz (www.ieg-friedensvertraege.de). Verträge, die digitalisiert bzw. transkribiert in der Datenbank des IEG -Projekts verzeichnet sind, waren eine unverzichtbare Hilfe bei der Quellenerschließung; sie werden in diesem Kapitel in den Fußnoten jeweils eigens aus-
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in weit größerer Zahl, die vergleichend anhand der Befunde aus verschiedenen Archiven und anhand verschiedener zeitgenössischer Editionen vorginge. Im Rahmen dieses Habilitationsprojekts kann indes nur eine erste Annäherung auf quantitativer Basis erfolgen. Formale Gleichheitssignale im Vertrag wie das Alternat, also die abwechselnde Spitzenstellung der Vertragspartner bei der Aufzählung der Parteien im Vertrag, können über die Daten, die für diese Untersuchung zur Verfügung standen, nicht eingehend analysiert werden – hierzu müssten nicht nur verschiedene Editionen eines Vertrags, sondern zumeist auch die archivalische Überlieferung aller an einem Vertragswerk beteiligten Parteien herangezogen werden, die Überlieferung der Verhandlungsakten und -korrespondenz eingeschlossen.
2.2 Datenbasis Die im Folgenden vorgenommene Auswertung basiert auf der Erfassung von Titeln und Titulaturen in 453 Dokumenten aus der Zeit zwischen dem Abschluss der westfälischen Friedensverträge (24. 10. 1648) und der Ratifikation der Beitritte verschiedener Mächte zum Frieden von Aachen (18. 10. 1748).5 Bei den Dokumenten handelt es sich vorrangig, zu rund 72 Prozent, um Bündnisverträge, Friedensverträge, Heiratsverträge, Präliminar- und Waffenstillstandsverträge sowie einige Handelsverträge. Im Einzelnen erfasst wurden •• 139 Bündnisverträge •• 67 Friedensverträge •• 12 Heiratsverträge •• 7 Präliminarverträge zu Friedensverträgen •• 7 Waffenstillstandsverträge •• 7 Handelsverträge. 90 weitere vertragliche Vereinbarungen, etwa Kapitulationen zu Grenzkonflikten, Gebietsabtretungen, Ausführungsbestimmungen zu Verträgen, Grenzkonventionen u. Ä. wurden als „Abkommen“ in einer Sammelkategorie vereint. Häufig sind Bestimmungen zum Handel in Friedensverträge integriert; in solchen Fällen sind sie nur einmal, als Friedensverträge, in die Auswertung aufgenommen worden.
gewiesen, parallel zu den Verträgen der CTS-Edition (jeweils als: Duchhardt/Espenhorst, [Vertragsdatum; Seite Digitalisat, falls erforderlich; Titelstichwort, falls erforderlich], www. ieg-friedensvertraege.de/[Datum]). 5 Die Datenerhebung und statistische Auswertung wurde mit einem Datenbankmodell auf Basis der Software Microsoft Access 2007 vorgenommen.
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Des Weiteren wurden Zusatz-, Geheim- und Separatartikel (28 Dokumente) zu den erfassten Verträgen aufgenommen sowie Ratifikationen von Verträgen (94) durch die beteiligten Herrscher. Auch einige Beitrittserklärungen (7) zu den genannten Verträgen wurden aufgenommen.6 Diese Ausweitung des Korpus mag auf den ersten Blick verwundern. Sie liegt darin begründet, dass Zusatz-, Separatund Geheimartikel aus einem Vertragswerk zunächst einmal ausgegliedert werden. Hier stellt sich die Frage, ob sie allen Übereinkünften für die Erstellung des eigentlichen Vertrages folgen, auch im Hinblick auf die Titulaturen der Mächte. Ratifikationen und Beitrittsakte werden als Urkunden allein von einer Macht ausgestellt und vom Herrscher selbst unterzeichnet. Damit ist die Art und Weise der Titelgestaltung nicht an das Übereinkommen der Verhandlungspartner gebunden; ein Herrscher beurkundet vielmehr für sich, dass er einen Vertrag akzeptiert hat und als gültig erklärt. Mit dieser speziellen Quelle geht einher, dass ein Herrscher oder eine Herrscherin diese Urkunde häufig unter Gebrauch seines vollen Titels ausstellt – so, wie er oder sie den Titel nach eigener Interpretation führt.7 Durch die Auswertung der Ratifikationen ist somit ein Abgleich zwischen den im Vertrag verwendeten Titulaturen und der Selbstbezeichnung der Herrscher und Herrscherinnen in der eigenen Ratifikationsurkunde möglich. Dasselbe gilt für Beitrittserklärungen. Maßgeblich für die Auswahl der Verträge und Urkunden waren die beteiligten Mächte. Aufgenommen wurden zum einen Verträge, die von jenen Mächten abgeschlossen wurden, die im Mittelpunkt der in dieser Untersuchung analysierten Fallbeispiele stehen. Es sind dies die Könige von Portugal, England beziehungsweise Großbritannien, Brandenburg-Preußen sowie die Herrscher des österreichischen Zweiges der Habsburger – im letzteren Fall wurde wegen der frühneuzeitlichen Doppelfunktion der habsburgischen Herrscher als Kaiser des Heiligen Römischen Reiches und Herrscher über die habsburgischen Erblande auch Verträge aufgenommen, die Habsburger entweder in der einen oder in der anderen Funktion abschlossen.8 Mit aufgenommen wurden Titulaturen der französischen Könige – für die ersten Jahrzehnte nach dem Westfälischen Frieden bis zum Ende des Spanischen Erbfolgekriegs zweifellos die dominierenden Souveräne der europäischen Mächtepolitik. Savoyen-Sardinien, das wie Brandenburg-Preußen spät
6 Alle für die Datenbank erfassten Dokumente sind im Anhang tabellarisch in chronologischer Folge aufgelistet. 7 Zur Ratifikation vgl. Bittner, Völkerrechtliche Vertragsurkunden, bes. 233 ff. 8 Es sind demnach Verträge miterfasst, die bis zum Ende der Herrschaft Kaiser Karls VI . (bis Oktober 1740) entweder für das Reich oder nur für das habsburgische Erzhaus abgeschlossen wurden. – Vom wittelsbachischen Kaiser Karl VII. Albrecht abgeschlossene Verträge sind hier (für das Jahr 1743) ebenfalls aufgenommen. Verträge Maria Theresias sind unter „Österreich“ miterfasst.
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in den Kreis der Königreiche vorstieß, wurde ebenfalls einbezogen, um zu analysieren, wie auf der Ebene des Vertrages zwischen den Mächten der Wechsel vom großherzoglichen zum königlichen Titel realisiert wurde.9 Um die Großmächte der Pentarchie des 18. Jahrhunderts vollständig zu erfassen, wurden auch die Titulaturen der russischen Zaren und Zarinnen miteinbezogen; auch die Anerkennung ihres Titels war, besonders am Kaiserhof, eine lange diskutierte Frage.10 Vorrangig wurden Quellen ausgewählt, die das Verhältnis der ausgewählten Mächte untereinander und mit anderen Mächten Europas zum Gegenstand haben, ist doch die Verwendung und Bewertung von Titulaturen im Kreis der europäischen Mächte der zentrale Gegenstand dieser Untersuchung. Zweifellos wäre eine Ausdehnung der Untersuchung auf die Kontakte zu außereuropäischen Mächten wünschenswert, um Vergleiche anzustellen. Einbezogen wurden hier zumindest vertragliche Vereinbarungen der Kaiser des Heiligen Römischen Reiches und des französischen Königs mit dem Osmanischen Reich, das – gleichgültig, ob man es als eine Randmacht oder als außereuropäische Macht qualifiziert 11 – im behandelten Zeitraum ein bedeutender Akteur der europäischen Politik war. Es wurde weiterhin versucht, für jedes Jahr des Untersuchungszeitraums mindestens drei Dokumente aufzunehmen, deren Bestimmungen politisch von Belang für die beteiligten Mächte waren. Nicht einbezogen wurden Abkommen, die sich allein auf den Abzug einzelner Truppenteile o. Ä. bezogen. Für sieben Jahre konnten keine Dokumente aufgenommen werden, die den genannten Kriterien entsprechen.12 Für jedes Dokument, das Aufnahme in die Auswertung fand, wurden – sofern möglich – mindestens drei Nennungen von Titeln beziehungsweise Titulaturen aufgenommen. Bei den Verträgen wurde darauf geachtet, dass sowohl die Erstnennung der Titulatur in der Präambel oder dem Vorspruch als auch Nennungen aus der Dispositio des Vertrages aufgenommen wurden, um Varianten der
9 Den Aufstieg Savoyen-Sardiniens zum Königtum als fünftes Titulatur-Fallbeispiel weiterzuverfolgen, wäre ein überaus vielversprechendes Unterfangen – es ließ sich im Rahmen dieser Untersuchung zum Bedauern der Verfasserin aus zeitlichen Gründen nicht realisieren. 10 Dazu äußerten sich schon die zeitgenössischen Zeremonialschriftsteller verhältnismäßig ausführlich, vgl. dazu den ersten Teil der Untersuchung. 11 Zur Diskussion um die Position des Osmanischen Reiches in der europäischen Mächtepolitik der Frühen Neuzeit vgl. Duchhardt, Balance of Power und Pentarchie, bes. 192 – 194; Strohmeyer, Arno, Das Osmanische Reich − ein Teil des europäischen Staatensystems der Frühen Neuzeit?, in: Das Osmanische Reich und die Habsburgermonarchie (Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, Ergänzungsband, 48), hrsg. von Marlene Kurz u. a., Wien 2005, 149−165; Burkhardt, Johannes, Vollendung und Neuorientierung des frühmodernen Reiches 1648 – 1763 (Gebhardt Handbuch zur deutschen Geschichte, 11), Stuttgart 2006, 167 – 169. 12 Es sind dies die Jahre 1680, 1691, 1693, 1695, 1706, 1722, 1730.
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errscherbezeichnung innerhalb ein und desselben Vertrages, jedoch in unterH schiedlichen Vertragsteilen zu analysieren. In Verträgen wurden, soweit möglich, stets die ersten drei Bezeichnungen eines Herrschers in der Präambel oder dem Vorspruch eines Dokuments erfasst,13 im Anschluss daran die ersten beiden Nennungen in der Dispositio, dem rechtlichen Kernstück, also insgesamt fünf Nennungen pro Herrscher und Vertrag. Bei Zusatzartikeln, Ratifikationen und Beitrittsakten wurden jeweils die ersten drei Nennungen erfasst. Da die hier ausgewerteten Quellen je nach Anlass und Partner sehr verschieden gestaltet sein können, kann die Anzahl der aufgenommenen Nennungen pro Dokument abweichen – wenn etwa weniger Titulaturen im Text genannt wurden oder wenn die Variationsbreite innerhalb desselben Textes so groß war, dass die Aufnahme von bis zu sieben Herrscherbezeichnungen angeraten schien, um die Zahl und Art der Abweichungen feststellen zu können. Die Gesamtzahl der nach diesen Kriterien erhobenen Herrscherbezeichnungen beläuft sich auf 2342 Titulaturen. Den größten Anteil daran haben die Könige von Frankreich, entsprechend ihrer herausragenden politischen Stellung in Europa im ausgewählten Untersuchungszeitraum (522 Titulaturen). Es folgen die Könige von England beziehungsweise Großbritannien mit 510 Bezeichnungen, die Kurfürsten von Brandenburg respektive Könige in Preußen (449), die Kaiser beziehungsweise Erzherzöge von Österreich (einschließlich Maria Theresias, insgesamt 430 Nennungen), weiterhin die Könige von Portugal (156 Nennungen), die Zaren oder die Zarinnen (157 Nennungen) und die Herzöge von Savoyen beziehungsweise Könige von Sardinien mit 131 Nennungen. Die Herrscherbezeichnungen selbst wurden nach ihrer Gestaltung analysiert, das heißt nach ihrem Umfang und ihren Bestandteilen. Aufgenommen wurden auch die einzelnen Titelprädikate, um Veränderungen in der Häufigkeit ihrer Verwendung erschließen zu können. Die zeitgenössischen Traktate formulierten Eindrücke der Tendenzen des Titulaturgebrauchs, die anhand des hier ausgewerteten Quellenmaterials statistisch überprüft werden können. Die Darstellung der Auswertungsergebnisse soll zum einen Gesamttendenzen bei der Gestaltung von Titeln und Titulaturen angeben, zum anderen gesonderte Ergebnisse zu den Herrscherbezeichnungen für einzelne Mächte liefern. Für das Gros der Fälle kann keine Detailanalyse erfolgen; vielmehr muss sich die quantitative Auswertung an mehreren Stellen darauf beschränken, auf bemerkenswerte Befunde hinzuweisen, die einer gründlicheren Analyse bedürften, die an dieser Stelle nicht geleistet werden kann.
13 Zur Terminologie vgl. Bittner, Völkerrechtliche Vertragsurkunden.
Der Aufbau einer Titulatur – quantitative Befunde
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2.3 Der Aufbau einer Titulatur – quantitative Befunde Wie bereits in den vorangehenden Kapiteln ausgeführt, sind Herrscherbezeichnungen in Verträgen sowohl Fremd- als auch Selbstbezeichnung. Die zeitgenössische Literatur zum Titulaturgebrauch verfährt entsprechend wenig streng bei der Scheidung von Titulatur und Titel, ebenso die heutige Forschung.14 Dagegen ist die Segmentierung der Titel selbst, die Klassifizierung der Titelbestandteile, in den Traktaten zum Titulaturgebrauch, auch in den hier analysierten, recht deutlich ausgeführt. Alle Teile oder Erweiterungen des Titels können, in allen Sprachen, als Titel bezeichnet werden; teilweise werden sie zusätzlich mit eigenen Begriffen belegt. John Selden etwa differenziert einen Titelkern, indem er von titles spricht, die essential oder general seien, also den Titeln eines Königs, Kaisers, Lord etc. Bei Lünig entsprächen dem die Nomina oder Notationes personarum.15 Bei Zwantzig ist hier auch vom caracter eines Herrschers die Rede.16 Als accidental oder particular bezeichnet Selden sodann Titel, die einen speziellen Ehrennamen angeben, etwa Caesar, semper Augustus oder aber Defender of the faith, und unterscheidet von diesen noch einmal zweierlei Arten von Attributen, zum einen attributes wie Majesty oder Serenity, von denen er attributes more general, etwa Clarissimus oder Illustris, abgrenzt.17 Lünig sortiert bei diesen Attributen, die gemeinhin in der Forschung als Prädikate bezeichnet werden, etwas anders; er differenziert, stärker auch an der Morphologie ausgerichtet, nach Abstracti, zu denen er den MajestasTitel, Hoheit oder Durchläuchtigkeit zählt, und Praedicata oder Beyworten, womit er Allerdurchläuchtigst, Unüberwindlichst und ähnliche Prädikate meint.18 In der heutigen Terminologie wird stärker nach der legitimatorischen Funktion von Titulaturen geordnet; es werden etwa Hoheits-, Funktions-, und Rangtitel unterschieden.19 Damit ist jedoch zugleich eine stärkere Begrenzung der Intention ihrer Verwendung verbunden, wie dies Niels F. May anhand des Majestätstitels, der als ursprünglicher Ehrentitel mehr und mehr zu einem Funktionstitel wurde, jüngst aufgezeigt hat.20 In der Begrifflichkeit des 17. und 18. Jahrhunderts wurden solche Zuweisungen umgangen, indem die Terminologie der Titelbestandteile nur auf ihre Bedeutung für die Titelkonstruktion bezogen wurde, von einem 14 Vgl. zur begrifflichen Differenzierung, auch aus heutiger Sicht, May, Auseinandersetzungen, 427, mit Verweis auf die Erläuterungen im Grimm’schen Wörterbuch. 15 Vgl. Selden, Titles of Honor, 2; Lünig, Theatrum ceremoniale, Bd. 2, 2. 16 Lünig, Theatrum ceremoniale, Bd. 2, 2, Zwantzig, Theatrum praecedentiae, 2 – 4 u. ö. 17 Vgl. Selden, Titles of Honor, 2. 18 Vgl. Lünig, Theatrum ceremoniale, Bd. 2, 2. 19 Vgl. etwa die Kategorisierung bei Schneidmüller, Titulaturen, bes. 258. 20 Vgl. May, Auseinandersetzungen, bes. 430 – 434.
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Bedeutungskern (essential titles/Nomina) und dessen Erweiterungen (Attributes/ Abstracti, Praedicata) ausgehend. Ehre nur auf bestimmte Titel oder Titelelemente zu beziehen, wäre den Zeitgenossen vermutlich sehr fremd gewesen, trugen doch alle Titelelemente dazu bei, den Titelträger und seine besondere Würde angemessen zu ehren. So schickte Lünig seiner oben dargelegten Differenzierung, wonach der Titulaturen dreyerley seien, die Anmerkung voraus, daß ein Titul nichts anders ist, als ein Ehren-Name, wodurch die Beehrung dessen, an welchen wir schreiben, angedeutet wird.21 Bei der quantifizierenden Erfassung der Titulaturbestandteile galt das Hauptaugenmerk zum einen der Kombination von Titelelementen, also z. B. der Kombination der Bezeichnung der Herrscherwürde, des Nomens König etwa, mit unterschiedlich vielen Herrschaftstiteln zur Bezeichnung der Territorien sowie Prädikaten. Zum anderen wurden auch die im Einzelnen verwendeten Attribute selbst untersucht. In Anlehnung an John Seldens Differenzierung nach Attributes wurden dabei Abstracti wie Majestät, Hoheit und Beyworte wie Allermächtigst in eine Gruppe unter der Bezeichnung „Prädikate“ zusammengefasst. Erschlossen werden konnten auf diese Weise Tendenzen beim Aufbau der Herrscherbezeichnung in den vorliegenden Verträgen, Vertragsbeitritten und Ratifikationen. Dabei sind mit den eben angeführten Bestandteilen verschiedene Kombinationen, insgesamt elf an der Zahl, kürzere oder längere Versionen möglich.22 Die mit Abstand am häufigsten als Titulatur verwendete Variante ist dabei die Kombination „Nomen und Prädikat/e“ mit rund 48 Prozent aller Belege. Sie begegnet in Titulaturen wie Sa Majesté le Roi. Schon deutlich weniger häufig verwendet wird die zweithäufigste Variante, die Beschränkung auf das Nomen, also le Roi de la Grande Bretagne, l’Empereur etc., mit 13 Prozent aller Belege. Es folgt an dritter Stelle die Beschränkung des Titels auf ein oder mehrere Prädikate bei knapp 11 Prozent aller Nennungen. Betrachtet man die neun weiteren Kombinationsmöglichkeiten zur Benennung einer Vertragspartei, so ist festzustellen, dass bei weiteren 15 Prozent eine Kombination eines oder mehrerer Prädikate vorliegt. Rund 77 Prozent aller Benennungen beinhalten demnach Prädikate; damit sind diese gleich nach dem Nomen des Herrschers (rund 81 Prozent) wichtigstes Element eines Herrschertitels. Am unteren Ende 21 Lünig, Theatrum ceremoniale, Bd. 2, 2. 22 Eruiert wurden bei der vorliegenden Untersuchung insgesamt 11 Varianten der Titulaturgestaltung bzw. der Benennung des Vertragspartners. Es handelt sich um folgende Varianten, präsentiert nach der Häufigkeit ihrer Verwendung (Zahlenwerte in Klammern): 1) Nomen + Prädikat/e (1117), 2) Nomen (309), 3) Prädikat/e (254), 4) Nomen + Prädikat/e + Land (165), 5) Land oder Nomen unpersönlich (inklusive Verwendung des Pluralis maiestatis 144), 6) Prädikat/e + Land (111), 7) Würde + Prädikat/e + Land (lange Version) (80), 8) Nomen + Prädikate + Land (61), 9) Land (ausschließlich) (54), 10) Nomen + Land (44), 11) Nomen + Land (lang) (20).
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der Skala sind die Varianten „Nomen und Territorium“ mit mehr oder minder ausführlicher Aufzählung der Herrschaftsgebiete zu finden (3 Prozent) sowie die Beschränkung auf die Benennung eines Reiches als Vertragspartner, ohne Angabe eines Souveräns (2,5 Prozent).23 Die große Zahl der Prädikate erklärt sich rasch, wenn man sowohl die Prädikate benennt als auch ihre Verwendung im Lauf des Untersuchungszeitraums näher betrachtet. Mit weitem Abstand als häufigstes Prädikat zur Bezeichnung eines Herrschers wurde Majestas gebraucht, und zwar in 984 Benennungen des Vertragspartners, also etwa 42 Prozent aller ausgewerteten Belege. Zumeist stand Majestas dabei an erster Stelle der verwendeten Prädikate.24 Schon die Zeitgenossen beo bachteten, wie im vorangehenden Kapitel gezeigt, die zunehmende Verwendung des Majestas-Titels, von dem auch noch bei der Auswertung der Fallbeispiele mehrfach die Rede sein wird. Von einem Ehrentitel, der zunächst dem Kaiser vorbehalten war, wandelte sich Majestas zu einem Titel, den Könige einander wechselseitig zugestanden und als Souveräne zusehends auch vom Kaiser für sich einforderten.25 Tatsächlich ist in der Datenauswertung zu erkennen, dass die Verwendung des Prädikats insbesondere von den 1660er Jahren an deutlich zunimmt.26 Signifikant ist der Anstieg dann vor allem im 18. Jahrhundert, vor allem ab 1713.27 Im Vergleich des Majestas-Gebrauchs des 17. mit dem 18. Jahrhundert hat sich die Zahl der Belege sogar mehr als verdoppelt, wiewohl für das 18. Jahrhundert – abgesehen von den Jahren 1713 und 1748 – insgesamt etwas weniger Titulaturen erfasst wurden als für den Zeitraum 1648 bis 1699.28 Ein Memorandum für Kaiser Karl VII. Albrecht, entstanden um 1742, reflektierte titularische Zugeständnisse des Wiener Hofes seit dem 17. Jahrhundert – hier war die Zuerkennung des Majestas-Titels ausdrücklich benannt: 23 Die Beschränkung auf die Benennung des jeweiligen Reiches/Landes bezieht sich allein auf Monarchien, sieht man von der miterfassten kurzen Zeit des englischen Commonwealth bis zur Restauration der Stuartmonarchie 1660 ab. 24 Erststellung in 761 Fällen. 25 Vgl. den Wandel vom „Ehrentitel“ zum „Funktionstitel“ bei May, Auseinandersetzungen, 430 – 434. – Zum Majestas-Titel und den Konflikten um seine Vergabe bereits Wicquefort, L’Ambassadeur, Bd. 1, 347 f.; Bd. 2, 31, 135. Die Zunahme des Majestas-Titels kommentiert Lünig, Theatrum ceremoniale, Bd. 2, 6 – 8. – Vgl. auch die Erläuterungen bei Moser, Friedrich Karl, Der Titul: Majestät aus den Geschichten, dem Ceremoniel und Völker-Recht erläutert, in: ders., Kleine Schriften. Zur Erläuterung des Staats- und Völker-Rechts, wie auch des Hof- und Canzley-Ceremoniels, Bd. 6, Frankfurt/M. 1757, 20 – 167. Zu den Konflikten um den Majestas-Titel vgl. auch die Auswertung des Fallbeispiels zu England im dritten Teil der Untersuchung. 26 Vgl. dazu die Übersichtstabelle 1) im Anhang. 27 Aufgenommene Titulaturen 1648 – 1699: 1265; 1700 – 1748: 1113. 28 Für den Gebrauch des Majestas-Titels als erstes oder einziges Prädikat: 1648 – 1699: 245 Belege; 1700 – 1748: 517 Belege.
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[…] denen Königen in Spanien wurde als Vettern aus dem Haus Oesterreich die Majestas zu erst in Handschreiben 29 gegeben, worauf Frankreich das nemliche auswürckte, und endlich, als man in folgenden Zeiten Engelland und andere Höfe nöthig hatte, diese titulatur immer weiter gieng.30
Der ausgeweitete Gebrauch des Majestas-Titels für europäische Potentaten verbindet sich mit dem Namen Jean Bodins. In seinen Six livres de la République bezeichnete er Majestas als die lateinische Entsprechung für seinen Begriff der souveraineté. Betrachtete sich ein Herrscher als souverän, als unabhängig von den Verfügungen eines anderen, beanspruchte er Majestas für sich, so war die Annahme des entsprechenden Titels die Konsequenz daraus.31 Während des Westfälischen Friedenskongresses arbeiteten die französischen Gesandten hartnäckig an der Akzeptanz des Majestätstitels für ihren König und erzielten bei Kaiser Ferdinand III. den schon beschriebenen Erfolg – im Friedensvertrag von Münster war schließlich von der sacra maiestas Caesarea und vom französischen König als der sacra maiestas Christianissima die Rede;32 andere Mächte folgten, wie im oben zitierten Memorandum erwähnt. Schon die französischen Diplomaten in Münster führten an, der französische König müsse sich angesichts der Titel, die nun Republiken und Großherzöge beanspruchten, titularisch von diesen abheben 33 – diese Titelkonkurrenz, ausgehend von den ‚hinteren Rängen‘, verstärkte somit nun auch den Druck auf den Kaiser. Mit dem Konzept der Souveränität allerdings war ein Rangdenken an sich gar nicht mehr vereinbar – „mit der Freiheit von der ‚lex‘ eines Dritten [, wie Bodins sie theoretisch ausgearbeitet hatte, waren] Unter- und Überordnungen ex definitione ausgeschlossen“.34 Dieses Nebeneinander von Gleichheitsanspruch und Rangdenken beschäftigte, wie bereits gezeigt, angesichts der heftigen Konflikte etwa bei Friedenskongressen, 29 Vom Herrscher persönlich ausgefertigte Schreiben, die nur zu bestimmten Anlässen versandt wurden. Vgl. hierzu Lünig, Theatrum ceremoniale, Bd. 2, 41. 30 Ohnmaßgebliche Gedanken über den von dem Rußischen Hof neuerlich anverlangenden kaiserlichen Titul, HHStA Staatenabteilungen, Rußland II 236, Beilage l, fol. 154r–162v, hier 161r, v. 31 Quaritsch, Helmut, Staat und Souveränität, Bd. 1: Die Grundlagen, Frankfurt/M. 1970, 263; ders., Souveränität. Entstehung und Entwicklung des Begriffs in Frankreich und Deutschland vom 13. Jh. bis 1806 (Schriften zur Verfassungsgeschichte, 38), Berlin 1986, 71. Zusammenfassend und mit Bezug auf die Annahme des Majestas-Titels jüngst noch einmal mit weiterer Literatur May, Auseinandersetzung, 433. 32 Vgl. § 1 IPM, APW III B 1/1, 4 f. – Duchhardt/Espenhorst, 1648 X 24, 6 f., Friedensvertrag von Münster, www.ieg-friedensvertraege.de/[14. 10. 2016]. – Vgl. dazu ausführlich den ersten Teil der Untersuchung. – Vgl. May, Auseinandersetzungen, 434 – 4 40. – Zu maiestas und souveraineté bei Bodin vgl. Giesey, Ralph E., Cérémonial et puissance souveraine. France, XVe–XVIIe siécles (Cahiers des Annales, 41), Paris 1987, bes. 56 – 61. 33 Vgl. May, Auseinandersetzungen, 437 f. 34 Quaritsch, Staat und Souveränität, 253.
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die Zeremoniellexperten. Auch bei den noch zu präsentierenden Fallbeispielen wird dieser Gegensatz im Zentrum stehen. Wie sehr der ursprünglich allein kaiserliche Ehrenname nun als Titulierung der souveränen Könige in Anspruch genommen wurde, zeigt auch der quantitative Befund, dass Herrscherbezeichnungen mit Majestas – ohne Einbeziehung des Königstitels, ähnlich wie beim zitierten Münsteraner Frieden – von 1648 bis 1748 annähernd so oft gebraucht wurden wie die Kombination „Majestas und Königstitel“, z. B. Sa Majesté Tres-Chrestienne le Roi de France. Der königliche Souverän schien demnach, und dies zusehends häufiger, schon als Majestas hinreichend gekennzeichnet, etwa als Sa Majesté de Portugal oder als Maiestas Britanica.35 Die Sonderstellung des Majestas-Titels wird noch deutlicher, wenn man weitere Prädikate und ihre Verwendung betrachtet. Unmittelbar mit der Begründung der Legitimität von Herrschaft verbunden ist das Prädikat Sacer. Die Sakralität der Herrschaft stellte eine kultur- und epochenübergreifende Vorstellung dar, in der Selbstdarstellung des christlichen Königtums des Ancien Régime – wie auch die Befunde zur Titulaturgestaltung zeigen – fest verankert;36 als besonders spektakulärer Ausdruck der Heiligkeit des Königs beziehungsweise der Königin kann zweifellos die Vorstellung von der Begabung mit heilenden Kräften gewertet werden, wie sie etwa den französischen und englischen Königen des Mittelalters und der Frühen Neuzeit zugesprochen wurde – im frühneuzeitlichen Frankreich bis zur Revolution beständig, in England mit signifikanten Unterbrechungen immerhin bis zum Ende der Stuartmonarchie in der „Heilung“ Kranker von den Skrofeln inszeniert.37 Mit dem Fortschreiten der Aufklärungsbewegung, so 35 Zum portugiesischen Beispiel vgl. den portugiesisch-niederländischen Vertrag von Den Haag, 28. 10. 1648, CTS 1, 371; das englische Beispiel stammt aus der portugiesischen Beitrittsakte zum englisch-französisch-niederländischen Vertrag vom 16. 10. 1700, CTS 23, 148. 36 Vgl. hierzu Erkens, Franz-Reiner (Hrsg.), Die Sakralität von Herrschaft. Herrschaftslegitimierung im Wechsel der Zeiten und Räume. Fünfzehn interdisziplinäre Beiträge zu einem weltweiten und epochenübergreifenden Phänomen, Berlin 2002, darin besonders: ders., Sakral legitimierte Herrschaft im Wechsel der Zeiten und Räume. Versuch eines Überblicks, 7 – 32. Hierzu auch Monod, Paul Kléber, The Power of Kings. Monarchy and Religion in Europe, 1589 – 1715, New Haven u. a. 1999. – Zur kritischen Rezeption der Sakralitätsvorstellung im Frankreich des 18. Jahrhunderts vgl. Engels, Jens Ivo, Königsbilder. Sprechen, Singen und Schreiben über den französischen König in der ersten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts (Pariser Historische Studien, 52), Bonn 2000. 37 Hierzu grundlegend Bloch, Marc, Die wundertätigen Könige, München 1998 (Orig.: Les rois thaumathurges. Étude sur le caractère surnaturel attribué à la puissance royale particulièrement en France et en Angleterre, Paris 1924), zu England auch Sturdy, David J., The Royal Touch in England, in: European Monarchy. Its Evolution and Practice from Roman Antiquity to Modern Times, hrsg. von David J. Sturdy/Richard A. Jackson/Heinz Duchhardt, Stuttgart 1992, 171 – 184.
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die allgemeine Vorstellung, verlor die sakrale Würde der gekrönten Häupter des Ancien Régime zusehends an Bedeutung. Ein Schwinden der Bedeutung des Prädikats Sacer in völkerrechtlichen Verträgen lässt sich in der Tat auch in den hier ausgewerteten Verträgen ausmachen – jedoch zumindest bis zum Jahr 1748 kein Verschwinden des Prädikats in völkerrechtlichen Verträgen. Wenig überraschend sind zunächst die Befunde zur Verteilung des Prädikats auf die hier untersuchten Mächte: An der Spitze stehen mit 78 von insgesamt 159 Nennungen die Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, gefolgt von den französischen Königen (27 Nennungen) sowie den englischen Königen (25 Nennungen). Auch im Frieden von Aachen wurden der englische sowie der französische König noch als Sacrée Majesté 38 bezeichnet. Mit großem Abstand folgen Brandenburg-Preußen mit zehn Belegen, Portugal mit acht, Russland mit drei Sacer-Prädikaten und schließlich Savoyen-Sardinien mit nur einem Beleg. Angesichts der von den Habsburgern stets betonten Vorstellung des Kaisers als dem weltlichen Arm der Christenheit und der Herausstellung des Sacrum Imperium seit dem Hochmittelalter 39 sowie angesichts der vielfach, nicht nur bei der Skrofel-Heilung, inszenierten Betonung der besonderen, von Gott verliehenen französischen und englischen Königsgewalt 40 scheint dieser Befund schlüssig; auch „neue“ Monarchen wie die Könige Preußens und Savoyen-Sardiniens betonten titularisch den sakralen Charakter ihres Königtums. Besonderheiten, auch im Hinblick auf die übrigen hier untersuchten Mächte, werden in den nachfolgenden Einzelbetrachtungen zum Titulaturgebrauch diskutiert. Auffällig ist jedoch, dass zeitliche Abstände von mehreren Jahren zwischen den Sacer-Belegen nach 1718 immer häufiger werden; 1718 ist auch das letzte Jahr, in dem mit insgesamt 15 Belegen bis zum Ende des Betrachtungszeitraums noch einmal ein zweistelliges Ergebnis vorliegt.41 So deutet sich hier womöglich auch auf der Ebene des vertraglichen Titulaturgebrauchs ab dem zweiten Viertel des 38 Vgl. Friede von Aachen, 18. 10. 1748, CTS 38, 302. Da der Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, der in diesem Vertrag vom französischen König in seiner kaiserlichen Stellung anerkannt wurde, nicht zu den vertragschließenden Parteien gehörte, ist hier kein Vergleich zu einer kaiserlichen Titulaturverwendung möglich. 39 Zum sakralen Charakter der Kaiserwürde vgl. Koch, Gottfried, Auf dem Wege zum Sacrum Imperium. Studien zur ideologischen Herrschaftsbegründung der deutschen Zentralgewalt im 11. und 12. Jahrhundert (Forschungen zur mittelalterlichen Geschichte, 20), Berlin 1972. In der Frühen Neuzeit zumal in Verbindung mit der Pietas Austriaca, vgl. hierzu immer noch Coreth, Anna, Pietas Austriaca, München 1959. 4 0 Vgl. Bloch, Wundertätige Könige. 41 Jahre der auffällig gehäuften Verwendung des Sacer-Prädikats in den hier ausgewerteten Verträgen waren: 1679 – 10 Nennungen; 1697 – 10; 1703 – 20; 1718 – 15. Die Häufungen sind insbesondere im Hinblick auf die Jahre 1679 (Friede von Nijmegen) sowie 1697 (Friede von Rijswijk) zu einem guten Teil mit einem erhöhten Vertragsaufkommen zwischen den hier untersuchten Mächten zu erklären.
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18. Jahrhunderts eine schwindende Bedeutung der betonten Sakralität des Königtums für die herrscherliche Repräsentation an. Im 18. Jahrhundert ebenfalls immer seltener gebräuchlich wurde das Prädikat Serenissimus (Durchläuchtigster).42 Zwar finden sich für dieses Attribut zunächst gehäufte Verwendungen ab den 1660er Jahren, doch es setzt sich keine vergleichsweise kontinuierliche Aufwärtsbewegung fort, wie dies im Falle der Majestas zu beobachten ist – im Gegenteil, nach den Verträgen von Utrecht 1713 verringert sich die Anzahl der Belege deutlich.43 Serenissimus wurde zudem nicht nur exklusiv an Könige, sondern auch an souveräne Fürsten vergeben, war also nicht annähernd so eindeutig konnotiert wie Majestas.44 Auch das Prädikat Potentissimus nahm keinen vergleichbaren Aufschwung, wiewohl es das Attribut war, das am häufigsten als zweites in einer Kombination von Prädikaten verwendet wurde 45– es wurde zwar nach 1648 ebenfalls mit steigender Tendenz vergeben, jedoch mit keiner so deutlichen Konjunktur wie der Majestätstitel.46 Vom anderen Ende der Skala bestätigt sich noch einmal der Eindruck, dass über den gesamten gewählten Untersuchungszeitraum hinweg die Hervorhebung der Position des souveränen Königtums offenbar ein Anliegen war. Am seltensten wurden als Titulaturvarianten Bezeichnungen gewählt, die das von den jeweiligen Potentaten beherrschte Reich entweder bei der Nennung des Vertragspartners miteinbezogen oder gar das Land allein in den Vertrag übernahmen. In rund 3 Prozent der herangezogenen Belege 47 wurde auf die Krone, seltener die Dynastie oder den Hof Bezug genommen, etwa mit dem Verweis auf die Corona Portugalliae 48 oder la maison royale de la Grande Bretagne,49 nahezu ebenso häufig bezog der 42 43 4 4 45
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Vgl. Lünig, Theatrum ceremoniale, Bd. 2, 7 f. Vgl. auch Übersichtstabelle 2) im Anhang. Vgl. zum Gebrauch des Serenissimus-Prädikats Lünig, Theatrum ceremoniale, Bd. 2, 7 f. Insgesamt in 200 Fällen wird Potentissimus als Prädikat an zweiter Stelle gebraucht, etwa in der Form: Serenissimus, Potentissimus, atque Invictissimus Princeps Ferdinandus Tertius Dei gratia Electus Romanorum Imperator semper Augustus, Hungariae, Bohemiaeque Rex &c., verwendet im Frieden von Konstantinopel mit dem Osmanischen Reich, 01. 07. 1649, CTS 1, 459. Zu Konflikten um das Potentissimus-Attribut vgl. auch das Fallbeispiel zu Wilhelm III. von Oranien im dritten Teil der Untersuchung. – Vergleicht man die Zeiträume 1648 – 1699 und 1700 – 1748, so fällt insgesamt nur eine leichte Steigerung ab 1700 auf (111 Nennungen ab 1700 im Vergleich zu 100 Nennungen bis 1699: Potentissimus sowie die französische Variante très puissant). Dies entspricht 64 Nennungen. Vgl. Bündnis- und Handelsvertrag zwischen Portugal und den Niederlanden, Zusatzartikel, 31. 07. 1669, Duchhardt/Espenhorst, 1669 VII 30/31, 3, Allianz- und Handelsvertrag von Den Haag (mit Separatartikel), www.ieg-friedensvertraege.de/[14. 10. 2016] (hier als Couronne de Portugal); CTS 11, 203. Vgl. Bündnisvertrag zwischen Großbritannien und Brandenburg, 16. 05. 1690, CTS 19, 53.
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errscher sein Reich mit ein,50 doch nur noch in 50 Fällen stand das Reich oder H Land eines Herrschers alleine im Vertrag, wenn es um die Bezeichnung des Vertragspartners ging (2,5 Prozent aller erfassten Belege). Bei den Bezügen auf ein Land oder eine Republik allein, ohne Benennung eines Herrschers oder einer obersten Gewalt, fällt zum einen auf, dass es sich hier vorrangig um Verträge zwischen Republiken handelt, etwa zwischen den Niederlanden und England zur Zeit des Commonwealth, oder um Verträge von Republiken mit Königreichen, so etwa in den 1650er Jahren Englands mit dem Königreich Frankreich, das in solchen Verträgen entweder als Regnum Galliae oder schlicht als la France firmierte.51 Zu beachten ist allerdings andererseits, dass die Nennung der Königreiche ohne Bezug auf den Herrscher meist nicht die erste Bezeichnung dieses Vertragspartners ist, sondern die zweite oder noch spätere Benennung. Im englisch-französischen Vertrag von Westminster vom 03. 11. 1655 etwa wird der französische Partner in der Präambel des Vertrags recht konventionell eingeführt, nämlich als Ludovicus XIV. Rex Gallorum & Navarrae Christianissimus. Erst die zweite und dritte Nennung des Vertragspartners führen allein noch das Regnum Galliae oder schlicht das Regnum an.52 Belege, in denen Königreiche allein an erster Stelle im Vertrag genannt werden, finden sich im erhobenen Quellenmaterial erst fast 50 Jahre später wieder in einem Vertragsentwurf für ein Bündnis zwischen Portugal und Frankreich (1701 – le Portugal, la France).53 Nach weiteren rund 30 Jahren, in einem portugiesisch-spanischen Abkommen vom März 1737, sind der spanische und portugiesische Hof in der Präambel als Kontrahenten genannt, zwischen denen durch Vermittlung ein Abkommen getroffen werde – kein klarer Bezug mehr auf das Land, sondern auf die Höfe als Sitz der gegenwärtigen Dynasten.54 Bis 1748 erscheint dann kein weiteres Beispiel mehr für einen ausschließlichen Bezug auf ein Land, auch nicht bei der zweiten oder späteren Nennung einer vertragschließenden Macht. Die 50 60 Belege. 51 Vgl. die englisch-französischen Verträge von Westminster, 03. 11. 1655, CTS 4, 3 f., und vom 03. 02. 1659, CTS 5, 229, den englisch-französisch-niederländischen Vertrag von Den Haag, 21. 05. 1659, CTS 5, 268. – Ähnliches ist auch für einen niederländisch-portugiesischen Vertrag von Den Haag zu konstatieren, 30. 07. 1669, Duchhardt/Espenhorst, 1669 VII 30/31, 3, Allianz- und Handelsvertrag von Den Haag (mit Separatartikel), www.ieg-friedensvertraege.de/ [14. 10. 2016]; CTS 11, 189 (Regnum Portugalliae bzw. Royaume de Portugal). 52 Vgl. Vertrag von Westminster, 03. 11. 1655, CTS 4, 3 f. – Entsprechendes gilt auch für den Vertrag von Den Haag zwischen England, Frankreich, den Niederlanden – hier wurde bei der ersten Erwähnung des französischen Partners Sa Maj. Tres-Chrestienne eingeführt, erst die zweite Nennung lautete auf la France vgl. CTS 5, 268. 53 Vgl. CTS 23, 189. 54 Vgl. spanisch-portugiesisches Abkommen von Paris, 16. 03. 1737, CTS 35, 53, 59 (spanische Version: aquellas dos córtes, portugiesische Version: aquellas duas côrtes (Portugal e Hespanha)).
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europäischen Mächte blieben im Vertrag als eine société des princes repräsentiert – die wenigen Ausnahmen von dieser Regel – doch dies müsste durch umfangreichere Recherchen eruiert werden – mögen, wie die dargestellten Befunde nahelegen, durch ein Entgegenkommen gegenüber republikanischen Vertragspartnern bedingt gewesen sein. In welchem Umfang es sie schon vor 1648 gab, wäre eigens zu untersuchen.55 Betrachtet man die Variante „Herrscher und Land“ genauer, so zeigt sich, dass ein erheblicher Teil der Belege, wenig überraschend, zum einen auf England zur Zeit des Lordprotektorats Cromwells fällt.56 Nach der Restauration der Monarchie in England 1660 bricht die Einbeziehung des Reiches jedoch vollständig ab und wird auch nach dem Inkrafttreten der Bill of Rights 1689 unter der Herrschaft Wilhelms III. von Oranien nicht wieder aufgenommen. Ungeachtet der gesetzlichen Etablierung einer parlamentarischen Monarchie blieb die außenpolitische Kompetenz beim Herrscher, auch bei der Bezeichnung in völkerrechtlichen Verträgen.57 Zum anderen und vor allem aber sind Herrscher und Reich bei der Benennung des Kaisers und des Heiligen Römischen Reiches zu finden, dessen Reichsstände, wie 1648 im Westfälischen Frieden ausdrücklich festgehalten, über Krieg und Frieden mitentschieden.58 Auch als (insgesamt seltene) erste Bezeichnung für den Vertragspartner in einem Vertragsdokument findet man diese Art der Benennung vorrangig für Kaiser und Reich, so beim Regensburger Stillstand 1684, bei den großen Friedensschlüssen von Rijswijk 1697, von Rastatt 1714, von Baden 1714, auch noch beim Frieden von Wien mit Spanien 1725.59 Anhand dieser Verträge lässt sich noch einmal nachvollziehen, dass es nach Abschluss der Friedensverträge von Münster und Osnabrück immer noch mehr als 30 Jahre dauerte, bis die Stellung der Reichsstände beim Abschluss eines Reichsfriedens sichtbar wurde – im Frieden von Nijmegen, der 1679 den Pfälzischen Krieg beendete, wurde zur Bezeichnung der Reichsseite noch eine besondere Variante gewählt, die noch genauer erläutert werden soll 60 – der Reichstag hatte dem Kaiser vorab 55 Das Gesamtergebnis der Auswertung würde sich ein wenig verschieben, wenn Schweden, angesichts der besonderen Stellung des schwedischen Reichstags, dauerhaft in die Untersuchung einbezogen würde. 56 Insgesamt acht Belege im Zeitraum 1654 bis 1656, das entspricht für die kurze Zeitspanne rund 13 % der Belege für „Herrscher und Land“. 57 Zur Beurteilung der Declaration bzw. Bill of Rights vgl. die Untersuchung des englischen Fallbeispiels im dritten Teil der Untersuchung. 58 Zur Einordnung des ius belli ac pacis des Reichstags vgl. Steiger, Heinhard, Konkreter Friede und allgemeine Ordnung − zur rechtlichen Bedeutung der Verträge vom 24. Oktober 1648, in: 1648 − Krieg und Frieden, hrsg. von Heinz Schilling/Klaus Bußmann, Münster/Osnabrück 1998, Textbd. 1, 437−447. 59 Vgl. Friede von Wien, 30. 04. 1725, CTS 32, 40. 60 Vgl. den Friedensvertrag von Nijmegen, 05. 02. 1679, CTS 15, 3 – 5.
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die V ertretung der R eichsstände übertragen, was jedoch nichts an deren Rechten änderte.61 Auch bei jenen Fällen, in denen Herrscher und Reich bei der zweiten oder einer späteren Nennung angeführt werden, entfällt die überwiegende Mehrzahl der Fälle auf die Kaiser und das Heilige Römische Reich. Darüber hinaus existiert die Erststellung noch in einem Fall für Rex et Regnum Lusitaniae in einem niederländisch-portugiesischen Vertrag, was möglicherweise wiederum damit zu tun hat, dass hier ein Friedensvertrag mit einer Republik geschlossen wurde; zudem hatten die Stände in Portugal seit dem Ende der spanisch-portugiesischen Personalunion 1640 eine starke Stellung inne.62 Ein weiterer Erststellungsbeleg ist für Russland unter Elisabeth I. festzustellen, in der Ratifikation eines Friedensvertrags mit Schweden 1743.63 An zweiter oder späterer Stelle im Vertrag nehmen nur noch wenige der untersuchten Mächte das Reich in vereinzelten Belegen mit auf, etwa England nach 1660 in insgesamt drei Verträgen mit Schweden, Frankreich, Spanien – zumeist, wenn von beiden Mächten, deren Reichen und Untertanen die Rede ist, ferner Frankreich (ebenfalls in drei Verträgen) und (in jeweils einem Vertrag) Savoyen und Russland.64
2.4 Zu unsern Zeiten sind die Beyworte Mode – der Attributgebrauch in der Herrschertitulatur Lünig war es, der die Beywort-Mode konstatierte und kritisch anschloss: muß alles im superlativo stehen, den man in alten Zeiten nur denen vornehmsten Regenten der Welt gegeben, Kayser und Könige […].65 Unter den für diese Untersuchung erschlossenen Prädikaten, die hier für Lünigs Beyworte stehen, sind superlativische Epitheta tatsächlich sehr häufig. Im ausgewerteten Datenmaterial begegnen (nach der häufigsten Verwendung): Serenissimus (403 Belege), Christianissimus (297), 61 Zur Beteiligung der Reichsstände an den Friedensschlüssen von Nijmegen und Rijswijk vgl. Burkhardt, Vollendung und Neuorientierung, 158 f. 62 Zur Position des portugiesischen Herrschers vgl. ausführlich im dritten Teil der Untersuchung Kap. 3.1. 63 Vgl. Ratifikation des Friedens zwischen Russland und Schweden durch Schweden, Stockholm, 15. 08. 1743, CTS 37, 178. 6 4 Vgl. den Geheimvertrag von Dover zwischen England und Frankreich, 01. 06. 1670, CTS 11, 297; den Frieden von Turin zwischen Frankreich und Savoyen, 29. 08. 1696, Duchhardt/Espenhorst, 1696 VIII 29 Friedensvertrag von Turin, Duchhardt/Espenhorst, 1669 VII 30/31 Allianz- und Handelsvertrag von Den Haag (mit Separatartikel), www.ieg-friedensvertraege.de/[14. 10. 2016]; CTS 21, 193; vgl. die russische Ratifikation des Friedens zwischen Russland und Schweden, St. Petersburg, 19. 08. 1743, CTS 37, 177. 65 Lünig, Theatrum ceremoniale, Bd. 2, 11.
Der Attributgebrauch in der Herrschertitulatur
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Potentissimus (240), Carissimus (53), Altissimus (34), Excellentissimus (14), C elsissimus (17), Invictissimus (11), Augustissimus (10), Illustrissimus (6), Clementissimus (5).66 Dass die steile Karriere des Majestas-Titels bei der Verwendung des Prädikats Serenissimus, dem häufigsten superlativischen Attribut, nicht nachvollzogen werden konnte, wurde oben bereits erwähnt. Das Prädikat Christianissimus stand exklusiv dem französischen König zu, vom Papst verliehen, der noch eine Reihe von Ehrungen an andere Herrscher vergeben hatte, die zu festen Titulaturbestandteilen wurden, man denke an den Defensor fidei für die englischen Könige seit Heinrich VIII.67 Bestimmte Prädikate, wie ursprünglich auch Majestas, wurden traditionell (zunächst) nur dem Kaiser des Heiligen Römischen Reiches zugestanden, so Invictissimus, zudem etliche Beiworte, die sich klar auf die Nachfolge der römischen Kaiser bezogen, etwa Augustissimus oder semper Augustus (allzeit Mehrer des Reichs) sowie electus Romanorum Imperator (erwählter Römischer Kaiser). Am Prädikat Invictissimus lässt sich die von den Zeitgenossen wie auch in der Forschung vielfach mit Einzelbelegen dokumentierte Antastung der kaiserlichen Position nach 1648 nachvollziehen;68 europäische Könige gaben sich dieses Prädikat auch gegenseitig, wie man an einem geheimen englisch-französischen Vertrag erkennen kann, in dem Oliver Cromwell als trés-invincible [sic!] Protecteur betitelt wurde;69 in den 1740er Jahren ehrte Friedrich II. von Preußen seine russischen Vertragspartner, die seit Peter dem Großen die Anerkennung ihrer kaiserlichen Titel forcierten,70 als Invictissimi.71 Vom kaiserlichen Titel wird im Anschluss noch gehandelt. Sieht man vom Prädikat Christianissimus für den französischen König ab, das über den gesamten Untersuchungszeitraum sehr stabil Bestandteil des französischen Herrschertitels war,72 so ist die Verwendung der übrigen, oben genannten 66 Hier sind zwar – der Übersicht halber – nur die lateinischen superlativischen Epitheta aufgeführt, doch in die Auswertung wurden auch ihre Entsprechungen in anderen Sprachen (z. B. Potentissimus – très puissant – muy poderoso; Christianissimus – très chrétien – most christian etc.) einbezogen. 67 Vgl. den Überblick zu den päpstlich verliehenen Beinamen bei Lünig, Theatrum ceremoniale, Bd. 2, 17 – 20. 68 Zur Erläuterung der kaiserlichen Prädikate vgl. Lünig, Theatrum ceremoniale, Bd. 2, 14 f. – Die Anzweiflung bzw. konkurrierende Behauptung der kaiserlichen Ehrenprädikate durch europäische Könige bei Duchhardt, Imperium und regna. 69 Vgl. englisch-französischer Vertrag von Paris, 09. 05. 1657, CTS 4, 349. 70 Zur Titulatur der russischen Herrscher vgl. die nachfolgenden Erläuterungen in diesem Kapitel. 71 Vgl. preußisch-russische Verträge vom 16. 12. 1740 und 27. 03. 1743, CTS 36, 101, CTS 37, 90. 72 Die Zahl der Belege, am häufigsten für die zweite (137), dann die erste Stelle (92) unter den Prädikaten, bleibt über 100 Jahre weitgehend konstant, setzt man wieder den Vergleich von zwei Zeiträumen von rund 50 Jahren an.
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superlativischen Prädikate, wie vielgestaltig sie auch sind, eher ein Phänomen mit Seltenheitswert. Das Prädikat, das nach Christianissimus mit rund 1 Prozent aller Belege die meisten Funde aufweist, ist das Prädikat Carissimus beziehungsweise très cher et bien aimé frère (zumeist als erstes Prädikat mit 29 Erwähnungen), das jedoch vorzugsweise in Ratifikationen von Verträgen zum Einsatz kam. Hier ist, wie bei etlichen der schon erwähnten Beispiele auch, eine größere Häufigkeit bis 1713 festzustellen, doch der Aufwärtstrend setzt sich in den folgenden Jahrzehnten nicht fort.73 Verwandtschaftsbezeichnungen nach dem Muster très cher et bien aimé frère, cognatus et amicus carissimus, frère et cousin, consanguineus, wie sie ab 1653 in den aufgenommenen Verträgen vorkommen, sind mit 60 Belegen in weniger als 3 Prozent der insgesamt aufgenommenen Titulaturen zu finden. Mehr als die Hälfte der Erwähnungen entfällt hier auf Friedens-, Bündnisverträge und Ratifikationen, die vom jeweiligen Herrscher ausgestellt wurden. Dies bedeutet umgekehrt, dass der demonstrativen Betonung von engen Beziehungen zwischen den Vertragspartnern im Vertragsdokument selbst insgesamt keine große Bedeutung beigemessen wurde, bedenkt man den hohen Grad engerer oder entfernterer familiärer Verflechtung zwischen den europäischen Dynastien. So ist zwar Lünigs Eindruck von einer Zunahme der Beyworte in dem Zeitraum, den er bis zur Abfassung seines Theatrum ceremoniale selbst beobachten konnte, durchaus zutreffend, doch war dies keine Entwicklung, die sich mit derselben Intensität im 18. Jahrhundert fortsetzte; man ist eher geneigt, von einer ‚Stagnation auf hohem Niveau‘ zu sprechen. Gründe sind hier, bevor anhand von Fallbeispielen auch die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts bis 1748 betrachtet wird, nur zu mutmaßen: Bis 1713/14 war es einigen aufstiegswilligen Mächten, man denke an die in die Untersuchung einbezogenen Herrscher Brandenburg-Preußens und Savoyens, gelungen, sich in der ‚Königsliga‘ zu etablieren – ihre Bemühungen um eine bessere Positionierung, auch in titularischer Hinsicht, waren also von Erfolg (im wahrsten Sinne des Wortes) gekrönt und mussten nicht gesteigert werden. Ein weiterer Erklärungsansatz wäre: Zwischen 1648 und 1713/14 war die Zahl der kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen den hier einbezogenen Mächten – man denke vor allem an die ludovizianischen Expansionskriege, man denke an den Spanischen Erbfolgekrieg – sehr hoch; entsprechend groß war das Bedürfnis, sich möglichst zuverlässige Partner in Bündnisverträgen zu sichern, entsprechend wurden nach Beendigung der vielen Konflikte auch zahlreiche Friedensverträge abgeschlossen. Und schließlich wäre auch möglich, dass den Prädikaten des Herrschernamens im 18. Jahrhundert nicht mehr dieselbe Bedeutung
73 Sieben der eruierten Belege finden sich tatsächlich in Verträgen, der Rest in Ratifikationen. Nach 1713 gibt es nur noch neun Belege.
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z ugesprochen wurde wie in den ersten Jahrzehnten nach dem Westfälischen Frieden, dass man sich öfter als bisher auf andere signalkräftige Symbole, etwa das Majestas-Prädikat, beschränkte und diese Art der Kennzeichnung in vielen Fällen für ausreichend hielt.
2.5 Vertragsauswertungen zu einzelnen Mächten 2.5.1 Es kann nur einen geben? Die kaiserliche Titulatur und der Anspruch auf Vorrang Aus praktischen Gründen wird hier – fast wie bei den traditionellen Rangordnungen – mit der Titulatur der Kaiser des Heiligen Römischen Reiches begonnen, da der kaiserliche Titel und dessen zunächst als Privileg beanspruchten Prädikate eine wichtige Vergleichsfolie für die Titulaturgestaltung weiterer europäischer Souveräne liefern. Seit den westfälischen Friedensverhandlungen war nicht mehr zu übersehen, dass das Kaisertum im Gesandtenzeremoniell und im Titulaturwesen enorm unter Druck geraten war. Hier soll auf der Grundlage von 351 Titulaturbelegen gefragt werden, ob sich die Antastung der kaiserlichen Sonderstellung durch etliche europäische Potentaten 74 in der Titulatur des Kaisers niederschlug – oder ob ‚nur‘ andere Mächte sich Titulaturbestandteile aneigneten, die bislang den Kaisern vorbehalten gewesen waren. Die Beanspruchung des Imperator-Titels und des Majestas-Prädikats, von denen bereits die Rede war, deuten zunächst einmal in die letztere Richtung. Grundlage für derartige Ansprüche europäischer Souveräne war, in welchem Umfang und für welchen Wirkungskreis diese auch immer geäußert wurden, die Auffassung einer ‚kaisergleichen‘ Stellung. Hier konnten sich europäische Herrscher – abgesehen von mittelalterlichen Titulaturpraktiken der Benennung europäischer Könige als Imperator, wie sie Selden beschrieb 75 – schon seit Jahrhunderten auf eine Formel berufen, die als Auslegung der Bulle Per venerabilem Papst Innozenz’ III. (1202) berühmt wurde: Rex est imperator in regno suo, so wurde von Kanonisten formuliert, später von den französischen Legisten mit konkretem Bezug auf den König von Frankreich aufgegriffen.76 Mit der Unabhängigkeit vom Kaiser in weltlichen Dingen konnten auch entsprechend angepasste Ehrerweise 74 Vgl. Duchhardt, Imperium und Regna sowie Duchhardt, Preußische Königskrönung. 75 Vgl. dazu im ersten Teil der Untersuchung Kap. 1.2. 76 Vgl. Feenstra, Robert, Jean de Blanot et la formule Rex Franciae in regno suo princeps est, in: Fata iuris Romani. Etudes d’histoire du droit, Leiden 1974, 139 – 149 (erstmals Paris 1965); Kantorowicz, Ernst H., Die zwei Körper des Königs. Eine Studie zur politischen Theologie des Mittelalters, München 1990, 255 f. (erstmals als: The King’s Two Bodies, Princeton
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beansprucht werden; die Ausfaltung des Souveränitätskonzepts in der politischen Theorie des 16. Jahrhunderts tat ein Übriges.77 Wie andere Titulaturen auch war die kaiserliche Titulatur in eine große, mittlere und kleine unterschieden. Die Große führte alle Titel der ererbten Herrschaftsgebiete mit an, die Mittlere beschränkte nach Anführung des Kaisertitels die Herrschaftstitel weitgehend auf die Königreiche und die österreichischen Erblande, die Kleine schließlich, wie auch noch Johann Jacob Moser am Beispiel der Titulatur Karls VI. ausführte, beschränkte sich auf die Formulierung der Kaiserwürde mit den wichtigsten Zusätzen: Carl der VI. von Gottes Gnaden, erwählter Römischer Kayser, zu allen Zeiten Mehrer des Reichs.78 Die superlativischen Prädikate wurden nur dann beigelegt, wenn der Kaiser von einem anderen Herrscher angesprochen wurde oder wenn er sich im Vertrag nicht selbst erwähnte. In Vollmachten und Ratifikationen wiederum galten andere Konventionen – davon wird noch die Rede sein.79 Handbücher zum Kanzleizeremoniell ergingen sich in ausführlichen historischen Herleitungen und Interpretationen der Titulaturbestandteile, erläuterten etwa den Gebrauch des erwählten Römischen KayserTitels seit Maximilian I., legten die gesammelten etymologischen Thesen zum Mehrer des Reichs (semper Augustus) dar – das soll hier nicht weiter interessieren.80 Von Belang für unsere Fragestellung ist dagegen, was gerade in deutschsprachigen zeitgenössischen Erläuterungen des Titulaturwesens in den Hintergrund tritt: die Einbindung des Reiches in die völkerrechtlichen Verträge ab 1648. Das ius belli ac pacis des Reichstags war in den Verträgen von Münster und Osnabrück festgehalten 81 – es fragt sich, inwiefern das Reich auch in völkerrechtlichen Verträgen, besonders aber in Friedensverträgen, Berücksichtigung fand. Dass, bezogen auf die Gesamtheit der hier erfassten Titulaturen, gerade auf Verträge mit den Kaisern sehr viele Nennungen seines Reiches entfielen, wurde bereits oben bei der Erläuterung der Gesamttendenzen der Titulaturentwicklung erwähnt. Der erste Beleg hierfür ist 1679 im Friedensvertrag von Nijmegen zwischen Frankreich und Kaiser und Reich zu finden – allerdings in einer sehr reduzierten Form. Die erste Erwähnung des Kaisers ist konventionell gestaltet: Es wird die volle Titulatur eingesetzt, unter Verwendung der superlativischen
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1957); Post, Gaines, Two Notes on Nationalism in the Middle Ages, in: Traditio 9 (1953), 281 – 320. Vgl. Duchhardt, Imperium und regna, passim. – Vgl. zur Antastung der kaiserlichen Vorrangstellung nun auch May, Zwischen fürstlicher Repräsentation, 115 f. Zu den Titulaturvarianten vgl. Moser, Johann Jacob, Teutsches Staats-Recht. Dritter Teil, Frankfurt/M./Leipzig 1740, 33 f. Zu den Varianten der kaiserlichen Titulierung nach Gattung vgl. Moser, Teutsches StaatsRecht 3, 37. Vgl. beispielhaft Lünig, Theatrum ceremoniale, Bd. 2, 14 f. Vgl. zur Einordnung Steiger, Konkreter Friede.
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Prädikate Serenissimus und Potentissimus, wie sie auch Königen zugestanden wurden. In der zweiten Benennung des Kaisers werden auch die Bündnispartner einbezogen, und hier sind die Reichsstände nun in einer besonderen Form eingebunden: Friede solle also herrschen necnon inter omnes & singulos dictae Majestatis Caesareae Foederatos, Praecipuè Electores, Principes & Status Imperii hac Pace comprehensos. In den weiteren Nennungen der Vertragsparteien ist nur noch von den beiden Majestäten die Rede.82 Man könnte nun mutmaßen, diese im Hinblick auf das Reichsrecht seltsam anmutende, wenn auch hervorgehobene (praecipuè) Einbindung der Reichsstände unter die Foederati, die Verbündeten des Kaisers, sei möglicherweise dadurch induziert, dass die Abfassung von ‚Reichsfriedensverträgen‘ nach 1648 noch genauso wenig erprobt gewesen sei wie die Erstellung einer Reichskriegserklärung, die beim Holländischen Krieg zunächst noch mit der traditionellen Form eines kaiserlichen Avocatorialmandats angestoßen wurde.83 Betrachtet man jedoch den zeitgleich in Nijmegen abgeschlossenen Frieden von Kaiser und Reich mit Schweden, so findet sich eine andere Variante, in der das Reich ungleich stärker eingebunden ist, wird doch bei der Nennung der Friedensparteien sacram Caesaream Majestatem, Romanum Imperium, eorumque omnes & singulos foederatos als die eine Seite benannt. Hier sind Kaiser und Reich, das auch als Gesamtheit, Romanum Imperium, benannt wird, klar zusammengefasst, und erst dann folgen ihre Verbündeten.84 Auf mangelnde Formulierungssicherheit bei Einbindung des Reiches ist die erste Variante im Vertrag mit Frankreich also nicht zurückzuführen – sie spiegelt vielmehr die Konflikte, die sich bei den Verhandlungen mit Frankreich um die Anerkennung der Vertretung des Reichs durch den Kaiser ergeben hatten.85 Die – am Reichstag alles andere als unumstrittene – kaiserliche Vertretung wurde von Ludwig XIV. lange nicht anerkannt, wofür auch die Bündnisse der Reichsstände Köln und Münster mit Ludwig XIV . Argumentationsmaterial boten; zeitweise stand sogar die Überlegung eines separaten Friedensvertrags mit den Reichsständen im Raum. Die stärkere Differenzierung der Reichsstände bzw. das ‚Auseinandertreten’ von Kaiser und Reich ist der Forschung daher Ausdruck dieser
82 Vgl. den Vertrag vom 05. 02. 1679, CTS 15, 3 – 16, hier 3 – 5. 83 Vgl. Kampmann, Christoph, Reichstag und Reichskriegserklärung im Zeitalter Ludwigs XIV., in: Historisches Jahrbuch 113 (1993), 41−59. 84 Vgl. den Vertrag zwischen Schweden und dem Reich, 05. 02. 1679, Duchhardt/Espenhorst, 1679 I 26 II 5, 6, Friedensvertrag von Nijmegen, www.ieg-friedensvertraege.de/[14. 10. 2016]; CTS 15, 72. 85 Vgl. zum Kongressgeschehen und der Reichsbeteiligung im Überblick Burkhardt, Vollendung und Neuorientierung, 159. – Über das Zustandekommen der Vertretung des Reiches durch den Kaiser im Nijmegen vgl. Malettke, Klaus, Les relations entre la France et le Saint-Empire au XVIIe siècle (Bibliothèque d’histoire moderne et contemporaine, 5), Paris 2001, 352 f.
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Problematik, die erst im Februar 1679 durch die förmliche Anerkennung der Vertretung der Reichsstände durch Leopold I. aufgelöst wurde.86 Die Einbindung der Reichsstände verfestigte sich, und zwar nach dem Muster des Nijmegener Vertrages mit Schweden. Dies galt nicht nur für Friedens-, sondern auch für Bündnisverträge. Meist bezog sich die erste Nennung des Vertragspartners allein auf das Reichsoberhaupt, während das Reich als (Heiliges) Römisches Reich oder schlicht als Reich in späteren Nennungen der Parteien angeschlossen wurde. Auch Ratifikationen der Vertragspartner nahmen das Reich mit auf.87 Dies bedeutet, dass die 1648 festgeschriebene Beteiligung der Reichsstände an Krieg und Frieden über Verträge ihren Ausdruck fand, das Reichsrecht also zugleich nach außen repräsentiert wurde. Damit war freilich keine Aussage verbunden, ob (und wenn ja: wie intensiv) die Reichsstände an den Friedensverhandlungen beteiligt gewesen waren. Trägt die Einbindung des Reiches in einen Teil der vom Kaiser abgeschlossenen Verträge dem besonderen Charakter der Reichsverfassung Rechnung, so finden sich andererseits verschiedene Signale, die auf der Ebene der Vertragsgestaltung eine ‚Nivellierung‘ der Unterschiede zwischen königlicher und kaiserlicher Würde nahelegen. Das für die Kaiser des Heiligen Römischen Reiches im Untersuchungszeitraum im Vergleich zu anderen europäischen Potentaten – wie bereits erwähnt – am häufigsten verwendete Sacer-Prädikat betonte zwar die religiöse Konnotation des Kaisertums besonders deutlich, war jedoch beileibe kein kaiserliches Privileg; hier also war allenfalls die gehäufte Verwendung eine Möglichkeit der Heraushebung einer Sonderstellung. Schon die Autoren der Zeremonialkompendien formulierten mehrfach anhand anderer Prädikate den Eindruck der Angleichung der Titulaturen, wie oben bereits am Beispiel des Gebrauchs des Prädikats Majestas vorgestellt wurde. Sichtbar wird dies auf der Ebene der superlativischen Prädikate. Invictissimus sollte ursprünglich allein dem Kaiser vorbehalten bleiben – begründet wurde der Titel nach der noch im 18. Jahrhundert gängigen Erklärung mit dem Argument, die vierte 86 Vgl. hierzu im Anschluss an die Forschungen René Pillorgets: Malettke, Relations, 355 f. 87 Nachgewiesen für: Das Bündnis mit Brandenburg zur Abwehr Frankreichs, 22. 03. 1686, CTS 17, 475 – für den Vertrag mit einem Reichsstand also, der bekanntermaßen auch mit Frankreich in Verbindung stand; für den Bündnisvertrag mit Savoyen, 04. 06. 1690, CTS 19, 69; für den Frieden von Rijswijk, 30. 10. 1697, Duchhardt/Espenhorst, 1697 X 30, www.iegfriedensvertraege.de/[14. 10. 2016]; CTS 22, 7 (hier war das Reich sogar in die erste Nennung einbezogen); für das Bündnis mit Savoyen, 08. 11. 1703, Duchhardt/Espenhorst, 1703 XI 8 Bündnis von Turin gegen Frankreich, www.ieg-friedensvertraege.de/[14. 10. 2016]; CTS 24, 485; für den Frieden von Rastatt, 06. 03. 1714, CTS 29, 3; für den Frieden von Baden, 07. 09. 1714, CTS 29, 143 (bei Rastatt und Baden mit dem Reich in der ersten Nennung der Parteien); für den Frieden von Wien, 18. 11. 1718, CTS 35, 188; für den Frieden mit Spanien, 07. 06. 1725, CTS 32, 178 sowie für diverse Vertragsratifikationen.
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der vier Weltmonarchien, die im Heiligen Römischen Reich noch fortdauere, sei noch nie überwunden worden.88 Schon an der Erklärung aber stieß sich auch ein Reichsrechtslehrer wie Johann Jacob Moser, der einer ‚Unbesiegbarkeit‘ der Kaiser des Heiligen Römischen Reiches die Realität gegenüberstellte und, wie auch schon Lünig anmerkte, den Gebrauch dieses Prädikats in Verträgen anderer Herrscher untereinander betonte.89 Die Auszeichnung als Invictissimus hatte so nicht nur an Exklusivität verlo ren, sondern sie tauchte, wie die hier gesammelten Belege erweisen, auch in der Titulierung des Kaisers durch andere europäische Herrscher selten und immer seltener auf, wie auch andere Prädikate, die aus dem gewöhnlichen Titulaturgebrauch herausragten. 1649 war der Kaiser Invictissimus im Abkommen von Konstantinopel mit Sultan Mehmet Han 90 – allerdings belegte der Sultan auch den französischen König mit diesem Prädikat, ebenso wie er ihm den Kaisertitel gab.91 Eine besondere Ehrung des Kaisers ist darin also nicht zu entdecken. Der nächste Beleg für den Gebrauch von Invictissimus stammt aus einem Vertrag mit Brandenburg im Jahr 1672, einem Reichsstand also, der dem Reichsoberhaupt verpflichtet war.92 Auch ein Beleg aus einem Abkommen mit Russland von 1675, in dem es um die Zubilligung des Majestätsprädikats für die russischen Zaren geht, entstammt einem Vertrag, bei dem der Partner des Kaisers ein besonderes Interesse am kaiserlichen Wohlwollen hatte.93 Drei weitere Verträge von 1686 und 1700 sind wiederum mit Brandenburg abgeschlossen,94 bei einem Vertrag von 1708 mit Portugal handelt es sich um einen Heiratsvertrag für die Eheschließung König Johannes’ V. von Portugal mit Erzherzogin Maria Anna.95 Der letzte Invictissimus-Beleg für den hier untersuchten Zeitraum findet sich im Frieden von Passarowitz 1718 – von den vertraglichen Usancen des Osma-
88 So noch bei Lünig, Theatrum ceremoniale, Bd. 2, 14. – In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts betonte die englische wie die französische Publizistik ( James Howell, Antoine Aubéry) die Beschränkung der kaiserlichen Machtbefugnisse – ein Baustein in der Argumentation, dass ihren Herrschern mindestens dieselbe Stellung in Europa zukomme. Vgl. dazu Duchhardt, Imperium et regna, bes. 571 – 575. 89 Vgl. Moser, Teutsches Staats-Recht, Bd. 3, 39; Lünig, Theatrum ceremoniale, Bd. 2, 14. 90 Vertrag vom 01. 07. 1649, CTS 1, 459. 91 Vgl. hierzu Lünig, Theatrum ceremoniale, Bd. 2, 14; Zwantzig, Theatrum praecedentiae, 15. 92 Vgl. das Defensivbündnis von Berlin, 23. 06. 1672, CTS 12, 335. – Wie Heinz Duchhardt betont, gaben allerdings die Kurfürsten dem Kaiser nicht durchweg den Invictissimus-Titel, vgl. Duchhardt, Imperium und regna, 568, mit Berufung auf Lünig. 93 Vgl. das Abkommen von Moskau, 19. 10. 1675, CTS 13, 324. 94 Vgl. Geheimbündnis von Berlin, 01. 04. 1686, CTS 17, 437; Vertrag vom 17. 05. 1686, CTS 18, 3; Bündnisvertrag von Wien, 16. 11. 1700 (sog. Krontraktat), CTS 23, 167. 95 Vgl. Vertrag von Wien, 24. 06. 1708, CTS 26, 189.
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nischen Reiches war soeben die Rede.96 Insgesamt also eine ernüchternde Bilanz für ein Prädikat, das ursprünglich eine Sonderstellung bezeichnen sollte. Zugleich muss man jedoch betonen, dass in der Zeit von 1648 bis 1748 auch für andere Mächte kaum Gebrauch von dieser Art der Auszeichnung gemacht wurde, gibt es doch außer den Belegen für die kaiserliche Titulatur nur noch drei Verträge, die dieses Prädikat verwenden – zweimal in brandenburgisch-russischen Verträgen (für den Zaren beziehungsweise die Zarin),97 einmal in einem französisch-englischen Vertrag von 1657.98 Wenn also superlativische Prädikate verwendet wurden – häufig wurde dagegen ab der zweiten Nennung das kurze Majestas Sua Caesarea bevorzugt,99 so wie sich der knappe Majestätstitel auch für die anderen gekrönten Häupter einbürgerte –, so ging der Gebrauch nicht über die Verwendung von Serenissimus und Potentissimus hinaus, und damit blieb auch der Kaiser auf ‚königliches Niveau‘ reduziert. Auch mit anderen auszeichnenden Prädikaten waren die europäischen Mächte im Bezug auf den Kaiser nicht verschwenderisch – in den Friedensverträgen von Münster und Osnabrück wurde Ferdinand III. gerade noch als ein Illustrissimus und Excellentissimus geehrt – dann war es mit weiteren besonderen Auszeichnungen durch die christlichen Mächte vorbei.100 Ein zusätzliches Augustissimus war allein noch vom Osmanischen Reich zu erhalten.101 Dieses Ergebnis fügt sich gut in den Eindruck ein, den auch die Zeremoniellexperten des 17. und 18. Jahrhunderts formulierten – auf dem Weg der Titulatur war kaum noch von einer besonderen Stellung des Kaisertums zu sprechen. Dies war auch die Ausgangssituation für Maria Theresia, als sie nach der Wahl und Krönung Franz’ I. den Titel einer Kaiserin annahm und mit ihren königlichen und erzherzoglichen Würden zu einem Titel verband, wie es ihre Vorfahren auch gehandhabt hatten. Insgesamt 54 Belege zu Maria Theresias Titulatur sind hier aufgenommen worden, für den Zeitraum 1741 bis 1748. Die Ergebnisse sind auf quantitativer Basis klar zu konturieren: Da die Titulatur der Herrscherin nicht nur in der Kurzform in den Verträgen verwendet wurde, so erhielt Maria Theresia bei den Prädikaten 96 Vgl. Friedensvertrag von Passarowitz, 21. 07. 1718, CTS 30, 344. 97 Vgl. die Verträge von St. Petersburg, 16. 12. 1740 und 27. 03. 1743, CTS 36, 101 und CTS 37, 90. Auch Moser, Deutsches Staats-Recht, Bd. 3, 39, konstatierte, dass er in der neueren Zeit von keinen Invictissimus-Belegen mehr wisse (die genannten preußisch-russischen Verträge wurden nach der Publikation des betreffenden Bandes des Staats-Rechts abgeschlossen). 98 Zur Betitelung Oliver Cromwells als Trés-Invincible [sic!] vgl. die nachfolgenden Ausführungen in diesem Kapitel. 99 Der Majestas-Titel lässt sich für die Kaiser insgesamt in 98 Belegen nachweisen. 100 Präambeln, IPO und IPM zitiert nach: APW III B 1/1, Nr. 1: IPM, 1 – 49 (hier: 3); Nr. 18: IPO, 95 – 170 (hier: 97). 101 Vgl. etwa den Friedensvertrag von Konstantinopel, 01. 07. 1649, CTS 1, 459.
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die Ehren, die den Königen zustanden und die mehrheitlich auch der Kaiser von den europäischen Mächten erhielt – sie war also entsprechend eine Serenissima und Potentissima, sowohl vor als auch nach der Krönung Franz’ I. Seit der Kaiserkrönung trug sie als Kaiserin in der ‚großen‘ Titulatur neben den Titeln Römische Kaysserin und in Germanien Königin die Titel der von ihr beherrschten Königreiche, (Erz-)Herzogtümer und Grafschaften.102 Eine zunächst unscheinbare Abweichung bei der Kurzform l’Impératrice Reine de Hongrie & de Bohème beinhaltet der Friedensvertrag von Aachen 1748: In der ersten Erwähnung Maria Theresias ist die Reihenfolge ihrer kaiserlichen und königlichen Würden vertauscht, sie wird dort bezeichnet als la sérénissime & très-puissante Princesse Marie-Thérèse, par la grace de Dieu, Reine de Hongrie & de Bohème, &c. Impératrice des Romains. Alle weiteren Nennungen kehren wieder zur Reihenfolge Kaiserin-Königin zurück.103 Die Bedeutsamkeit dieses einmaligen Wechsels wird im Rahmen der weiteren Untersuchung noch eingehend erörtert werden. 2.5.2 Der französische Königstitel Die Rückführung der Herrschaft der französischen Könige auf Kaiser Karl den Großen und sein Frankenreich bedingte schon früh eine Konkurrenzposition im Verhältnis zu den Kaisern des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation, da auch die französischen Könige sich als Fortsetzer der karolingischen Tradition sahen. Im Königstitel schlug sich das nicht weiter nieder, im Gegensatz zum päpstlichen Ehrentitel eines Rex Christianissimus, den die französischen Könige im hier untersuchten Zeitraum auch konstant in völkerrechtlichen Verträgen führten und der sich mit dem freilich deutlich seltener gebrauchten Sacer-Prädikat der ‚heilerisch‘ tätigen französischen Könige ergänzte.104
102 Vgl. etwa die Defensivallianz mit Russland, 02. 06. 1746: […] die Allerdurchlauchtigste, Grossmächtigste Fürstin und Frau, Frau Maria Theresia, Römische Kaysserin, in Germanien, zu Hungarn, Böheimb, Dalmatien, Croatien, und Sclavonien Königin, Erzherzogin zu Österreich, Herzogin zu Burgund, zu Braband, zu Meyland, zu Steyr, zu Kärnten, zu Crain, zu Mantua, zu Parma und Piacenza, zu Limburg, zu Lützenburg, zu Geldern, zu Würtenberg, Oberund Nieder-Schlessien, Fürstin zu Schwaben, und Siebenbürgen, Marggräfin des Heiligen Römischen Reichs zu Burgau, zu Mähren, Ober- und Nieder Laussnitz, Gefürstete Gräfin zu Habssburg, zu Flandern, zu Tyrol, zu Pfird, zu Kyburg, zu Görtz, zu Gradisca, und zu Artois, Gräfin zu Namur, Frau auf der Windischen Marck, zu Portenau, zu Salins und zu Mechlen, Herzogin zu Lothringen und Baar, Gross-Herzogin zu Toscana […], CTS 37, 451. 103 Vgl. Friedensvertrag von Aachen, 18. 10. 1748, Duchhardt/Espenhorst, 1748 X 18, 3, Friedensvertrag von Aachen, www.ieg-friedensvertraege.de/[21. 10. 2016]; CTS 38, 302 f. 104 Zur Konkurrenz um den Kaisertitel in Europa mit Frankreich, aber auch mit weiteren Mächten Duchhardt, Imperium und regna.
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Von französischer Seite kamen die heftigsten Angriffe auf die besondere Stellung der Kaiser wie auch auf die Positionierung der Römischen Könige. Gesandtenhandbücher, Titelhandbücher und Zeremonialliteratur verzeichnen zahlreiche Konflikte, etwa im 16. Jahrhundert, ausgetragen durch die jeweiligen Gesandten an der römischen Kurie, während der westfälischen Friedensverhandlungen, durch die Publizistik in der Zeit der ludovizianischen Expansionskriege… Die Reihe lässt sich weiter ins 18. Jahrhundert hinein verlängern; einen Reflex darauf beinhaltet auch noch eines der Fallbeispiele im dritten Teil der Untersuchung. War die Haltung zu den kaiserlichen Vorrechten ein Angriff ‚nach oben‘, so waren auch Abwehrstrategien gegen alle zu beobachten, die aus französischer Perspektive ‚von unten‘ versuchten, den französischen Königen den von ihnen beanspruchten Platz als Erste unter den europäischen Königen streitig zu machen. Das galt für Spanien, mit dem man um den Vorrang stritt, das galt ebenso für kleine Mächte wie etwa Savoyen, Florenz, Venedig, die im 17. Jahrhundert Prädikate beanspruchten, die zuvor Königen vorbehalten gewesen waren.105 Was gibt es zur französischen Titulatur zwischen 1648 und 1748 zu sagen? Von den 522 Belegen stellt der erste, der Vertrag von Münster 1648, einen unbestreitbaren titularischen Erfolg gegenüber dem Kaiser dar.106 Von der Etablierung des Majestätsprädikats abgesehen erscheint die französische Titulatur als ausgesprochen ‚unauffällig‘, und dieser verhältnismäßig dezente Auftritt wurde zumindest um 1700 als demonstrativer Akt gedeutet. Die Tatsache, dass der französische König, von absoluten Einzelfällen abgesehen, seine einzelnen Herrschaftsgebiete oder -ansprüche nicht im Titel aufzählen musste,107 sondern sich knapp als Roi de France et Navarre betiteln ließ, wurde als Ausweis seiner Machtstellung im eigenen Reich interpretiert.108 Was den Gebrauch von Prädikaten angeht, so lässt sich in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, von 1659 bis 1697, eine zusätzliche Ehrung durch bestimmte Prädikate erkennen, die nur in Verträgen mit wenigen Mächten erscheint. Der erste Beleg, der über die übliche Benennung des französischen Königs als Serenissimus und Potentissimus hinausgeht, findet sich 1659 im Pyrenäenfrieden mit Spanien, in dem Ludwig XIV. als Treshaut, Tres-excellent & Tres-puissant bezeichnet wird, was sich im Heiratsvertrag, der sich dem Pyrenäenfrieden anschloss,
105 Vgl. dazu May, Auseinandersetzungen, bes. 436 – 438. 106 Vgl. dazu May, Auseinandersetzungen. 107 Die einzige Ausnahme, die in den hier eruierten Titulaturen auftritt, findet sich in einem Bündnisvertrag Ludwigs XIV. mit protestantischen Kantonen der Schweiz von 1658, in denen Ludwig nicht nur als König von Frankreich und Navarra betitelt wurde, sondern auch als Herzog zu Meyland/Graff zu Aast/und Herr zu Gennes (CTS 5, 120). 108 Vgl. Lünig, Theatrum ceremoniale, Bd. 1, 8.
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wiederholte.109 Die besondere Ehrung durch Spanien findet sich auch noch im Frieden von Nijmegen 1678 und Rijswijk 1697, wurde auch, zumindest zeitweise, übernommen von England zur Zeit Karls II. Stuart, den Niederlanden, Schweden und Brandenburg.110 Auffällig ist, dass sich Kaiser und Reich niemals dieser Erweiterung der Titulatur anschlossen, sondern stets bei Serenissimus ac Potentissimus blieben, etwa im Regensburger Stillstand von 1684.111 Auch in den hier ausgewerteten Verträgen zwischen Ludwig XIV. und Wilhelm III. von Oranien als König von England blieb es bei der üblichen Verwendung der Prädikate. Dies legt die Vermutung nahe, dass die beiden wichtigsten Gegner Ludwigs XIV ., Wilhelm von Oranien und Kaiser Leopold I., eine zusätzliche Auszeichnung des Bourbonen auf dem Sektor des Titulaturgebrauchs vermieden.112 Der Gebrauch nach 1697 ist durch die Fortsetzung der traditionellen Benennung als Serenissimus ac Potentissimus gekennzeichnet, im Falle Spaniens finden gehäuft Verwandtschaftsbezeichnungen Verwendung, seit Ludwig XIV. für seinen Enkel, Philipp von Orléans, das Testament Karls II. von Spanien angenommen hatte – so ist etwa in der spanischen Beitrittsakte zum Bündnis zwischen L udwig XIV. und dem Kölner Kurfürsten von 1701 von Ludwig XIV. als nuestro hermano, muy honrado señor y abuelo 113 die Rede. 1712, zehn Jahre nach dem Tod Wilhelms III., bei Abschluss des Waffenstillstands von Paris, der den von England wie Frankreich gleichermaßen erstrebten Friedenskongress von Utrecht einleitete, war Ludwig für Königin Anna von England schließlich gar der Carissimus Frater Noster.114 Friedens- und Bündnisverträge sowie deren Ratifikationen waren, wie 109 Zu den französisch-spanischen Vertragsbeziehungen, insbesondere zum Pyrenäenfrieden und seiner Instrumentalisierung vgl. jüngst Kampmann, Christoph, Gleichheit – Gleichgewicht – Dynastie. Leitvorstellungen europäischer Friedensverträge im Wandel, in: L’art de la paix. Kongresswesen und Friedensstiftung im Zeitalter des Westfälischen Friedens (Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte e. V., 34), hrsg. von Christoph Kampmann u. a., Münster 2011, 361 – 4 08, hier bes. 370 ff. 110 Vgl. Friede von Nijmegen, 10. 08. 1678, Duchhardt/Espenhorst, 1678 VIII 10, 3, www. ieg-friedensvertraege.de/[21. 10. 2016]; CTS 14, 368 (mit den Niederlanden); Friede von StGermain-en-Laye, 29. 06. 1679, CTS 15, 181 (mit Schweden und Brandenburg); Friede von Rijswijk, 20. 09. 1697, Duchhardt/Espenhorst, 1678 IX 20, 3, www.ieg-friedensvertraege.de/ [21. 10. 2016]; CTS 456. 111 Waffenstillstand von Regensburg, 15. 08. 1684, CTS 17, 129. 112 Dass die Niederlande sich dem Gebrauch von Treshaut, Tres-excellent & Tres-puissant anschlossen, könnte damit zu tun haben, dass Wilhelm III. von Oranien zwar bis zu seinem Tod 1702 deren Generalstatthalter war, jedoch nicht ohne Rücksicht auf den Rat der Provinzen, die zeitweise ihre eigenen Schwerpunkte setzten, Außenpolitik betreiben konnte. 113 Vgl. die spanische Beitrittsakte vom 07. 04. 1701, CTS 23, 203. 114 Waffenstillstand zwischen England und Frankreich, 19. 08. 1712, CTS 27, 317. In der englischen Ratifikation des Friedensvertrags von Utrecht firmierte Ludwig dann als bonus Frater Noster, vgl. Annas Ratifikation vom 07.(17.)04.1713, CTS 27, 494.
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schon im Falle Preußens festgestellt, auch bei Verträgen mit Frankreich prädestiniert dafür, den Vertragspartner als Freund und Verwandten zu bezeichnen – und auszuzeichnen, was angesichts der jahrzehntelangen englisch-französischen Kriege möglicherweise eine besondere Signalwirkung entfalten konnte.115 Umgekehrt war es für Herrscher wie den preußischen König 1713 ein weiteres Zeichen für seine Etablierung unter den europäischen Mächten, wenn er in seiner Ratifikation des Friedensvertrages Ludwig XIV. als Frater & Cognatus Noster carissimus ansprechen konnte.116 ‚Spektakulär‘ an der französischen Titulatur waren allein die Varianten in den Verträgen mit dem Osmanischen Reich – entsprechend aufmerksam wurden sie auch von den Zeitgenossen registriert. Die Sultane ehrten ihre mehrfachen französischen Bündnispartner nicht nur mit der Betitelung als Empereur de France, sondern wussten auch mit ungewöhnlichen Prädikaten ein besonderes Verhältnis zur französischen Krone zu betonen. So wurde Ludwig XIV. 1673 in einem Abkommen als Seigneur de Majesté & d’Honneur, Patron de Louange & de Gloire 117 bezeichnet; noch großartiger fiel die Titulatur im Abkommen von Konstantinopel im Jahr 1740 aus, war Ludwig XV. hier doch La Gloire des grands Princes de la croyance de Jesus, l’élite des Grands & Magnifiques de la religion de Messie, l’arbitre & le Médiateur des affaires des nations Chrétiennes, revetu des vraies marques d’honneur & de dignité, rempli de grandeur, de Gloire & de Majesté, l’Empereur de France & d’autres vastes royaumes qui en dépendent, notre trèsmagnifique, très-honoré, sincère & ancien ami, Louis XV . auquel Dieu accorde tout succès & felicité.118
Die Titulatur von osmanischer Seite, möglicherweise durch die ausladenden Selbstbezeichnungen der Sultane inspiriert,119 realisierte auf dem Papier das, was Frankreich in Europa seit Jahrhunderten zu sein beanspruchte: dem Kaiser ebenbürtig, der Schiedsrichter zwischen den Mächten. Die Titulaturen, die die Sultane den Kaisern, ihren traditionellen Gegnern, zugestanden, lasen sich – wenig überraschend – weit nüchterner und beschränkten sich auf die im europäischen Rahmen üblichen Prädikate und Aufzählung der Herrschaftstitel.120 1 15 Vgl. etwa die spanische Ratifikation zum Frieden von Rijswijk, 08. 10. 1697, CTS 21, 481. 116 Vgl. die preußische Ratifikation des Friedens von Utrecht, 17. 04. 1713, CTS 28, 158. – Zum Zugeständnis des Gebrauchs von Verwandtschaftsbeziehungen in der Zeit der westfälischen Verhandlungen: May, Auseinandersetzungen, bes. 434. 117 Vertrag von Adrianopel, 05. 06. 1673, CTS 12, 466. 118 Abkommen von Konstantinopel, 28. 05. 1740, CTS 36, 44. 119 Vgl. ebenda. 120 Vgl. etwa, um ein zeitlich nahes Beispiel zum erwähnten osmanisch-französischen Abkommen von Konstantinopel (1740) zu haben, den Frieden von Belgrad, 18. 09. 1739, CTS 35, 383 f.: Karl VI. wurde hier bezeichnet als Augustissimus et Potentissimus Princeps, ac Dominus, CarolusVI. Electus Romanorum Imperator semper Augustus, Germaniae, Hispaniarum, India-
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Zu mehr Glanz auf der Ebene der Titulatur verhalf also vor allem eine nicht christliche Macht; die französischen Könige verstanden es dennoch, dies wird sich in den folgenden Kapiteln noch mehrfach erweisen, auch gegenüber ihren christlichen Vertragspartnern auf der Ebene des völkerrechtlichen Vertrags – mit anderen Mitteln als der Titulaturgestaltung allein – eine besondere Position zu behaupten, und dies nicht nur gegenüber dem Kaiser beziehungsweise dem Haus Habsburg. 2.5.3 England – Titulaturen als Signale des Umbruchs In der an Brüchen reichen englischen Geschichte insbesondere des 17. Jahrhunderts sind Herrschertitel oder Bezeichnungen der beteiligten Parteien in völkerrechtlichen Verträgen ein recht genauer Spiegel der jeweiligen Machtverhältnisse auf der Insel. Die Reihe der hier analysierten Verträge beginnt im Jahr 1652, also noch vor Errichtung des Lordprotektorats Oliver Cromwells, und endet mit dem Aachener Friedensvertrag 1748, zur Zeit der Regierung Georgs II. Insgesamt wurden 510 Belege ausgewertet; die zweithöchste Anzahl von Belegen in dieser Untersuchung spiegelt die Bedeutung Englands in der europäischen Politik vor allem seit der Regierungsübernahme durch Wilhelm III., der England in die antiludovizianische Koalition führte und damit auch für die Folgezeit wieder in die Politik des Kontinents einband. Die Unsicherheiten, die sich durch Bürgerkrieg und Lordprotektorat für die Vertragspartner Englands ergaben, zeigen sich deutlich in den Verträgen der frühen 1650er Jahre. Den Friedenspräliminarien vom 29. 12. 1652 mit Portugal ist dies sehr gut zu entnehmen, denn dort wird tatsächlich, wenn die Rede von England ist, nur vom englischen Parlament gesprochen 121 – Karl I. war 1649 hingerichtet worden, Cromwells Lordprotektorat war noch nicht installiert.122 In einer Zeit der Unentschiedenheit, wohin die Entwicklung gehen würde, war das Parlament die einzige offensichtliche Instanz, von der die oberste Gewalt ausging. Im niederländisch-englischen Friedensvertrag von Westminster im Jahr 1654 waren die Verhältnisse schon sehr viel klarer: Im Vertrag selbst war von der Res rum, nec non Hungariae, Bohemiae, Dalmatiae, Croatiae, Slavoniae, et utriusque Siciliae etc. Rex, Archidux Austriae, Dux Burgundiae, Brabantiae, Mediolani, Styriae, Carinthiae, Carnioliae, Limburgiae, Luxemburgiae, Wirtembergiae, superioris et inferioris Silesiae et Sueviae, S. R. I. Marchio Burgoviae, Moraviae, superioris et inferioris Lusatiae, Comes Habspurgi, Flandriae, Tyrolis, Goritiae, Ferretis, Chyburgi etc. 121 Vertrag vom 29. 12. 1652, Duchhardt/Espenhorst, 1652 XII 29, 2, Präliminarfriede, www. ieg-friedens-vertraege.de/[21. 10. 2016]; CTS 2, 465 – 4 67. 122 Zur Vorgeschichte des Lordprotektorats vgl. Woolrych, Austin, Britain in Revolution 1625 – 1660, Oxford/New York 2002, bes. 537 – 559.
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publica Angliae die Rede,123 ein Zusatzartikel zum Vertrag führte bereits Serenissimum Dominum, Dominum Protectorem Reipublicae Angliae, Scotiae & Hiberniae an, die niederländischen Ratifikationen von Vertrag und Zusatzartikeln sprachen vom Serenissimo & celsissimo Domino Olivario, Domino Protectore Reipublica Angliae, Scotiae & Hiberniae oder nannten Cromwell Son Altesse le Seigneur Protecteur de la Republique d’Angleterre, Ecosse & Irlande.124 Die Verwendung von Prädikaten, die auch souveränen Fürsten zugestanden wurden, in Verträgen mit den Niederlanden nimmt nicht wunder, zumal auch die Niederlande in Vertragsabschlüssen mit europäischen Souveränen stets bestrebt waren, die Positionierung der Republiken als den Königreichen gleichwertige Gemeinwesen herauszustellen.125 Etwas mehr Zurückhaltung als die niederländische Republik zeigte etwa zu derselben Zeit das Königreich Schweden – im Friedensvertrag von Uppsala, 11. 04. 1654, wurde Cromwell sehr karg als Olivarius Dominus Protector Reip. Angliae, Scotiae, & Hyberniae eingeführt; in weiteren Nennungen im Vertrag wurde auch England praedicta respublica unmittelbar angefügt, so dass Cromwells Rolle als Funktionsträger klarere Konturen bekam.126 Spätestens ab 1655 jedoch stieg Cromwell nach den Maßstäben des Prädikatsgebrauchs in den Verträgen mit etlichen europäischen Mächten weiter auf – die üblichen superlativischen Prädikate für königliche Souveräne finden sich im Vertrag von Westminster im November 1655 mit Frankreich: Serenissimus Potentissimusque Dominus Protector Reipubl. Angliae, Scotiae, & Hyberniae.127 Der Bündnisvertrag mit Schweden von 1656 nennt immerhin schon den Serenis.[simum] ac Celsissimum Olivarium Dominum Protectorem Angliae, Scotiae & Hiberniae suarumque Ditionum & Rempublicam Angliae.128 Serenissimus und Potentissimus, die üblichen Prädikate für Könige, erscheinen auch noch in zwei weiteren Verträgen der Jahre 1658 und 1659, die mit Frankreich beziehungsweise den Niederlanden abgeschlossen 123 Vgl. Vertrag von Westminster, 05. 04. 1654, Duchhardt/Espenhorst, 1654 IV 5, 3, www. ieg-friedensvertraege.de/[14. 10. 2016]; CTS 3, 227. 124 Zusatzartikel zum Vertrag von Westminster, 28. 04. 1654, CTS 3, 246, Ratifikation vom 22. 04. 1654, CTS 3, 245 sowie vom 29. 04. 1654, CTS 3, 241. 125 Vgl. im Überblick: Schnettger, Rang, Zeremoniell, Lehnssysteme. – Bezeichnenderweise jedoch wurde, wie Anuschka Tischer herausstellt, unter Cromwells Lordprotektorat 1655 im Kontext von Kriegsbegründungen erstmals von der „Ehre der Nation“ gesprochen – was unter Karl II. und Wilhelm III. schließlich Fortsetzung finden sollte, vgl. Tischer, Kriegsbegründungen, 154. 126 Vertrag von Uppsala, Duchhardt/Espenhorst, 1654 V 8 Konvention von Uppsala, www. ieg-friedens-vertraege.de/[14. 10. 2016], CTS 3, 259. 127 Vertrag von Westminster, 03. 11. 1655, CTS 4, 3. 128 Vertrag von London, 17. 07. 1656, Duchhardt/Espenhorst, 1656 VII 17, 2, Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrag, www.ieg-friedensvertraege.de/[14. 10. 2016]; CTS 4, 130.
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wurden.129 In einem geheimen Zusatzartikel zur von Mazarin dringend gewünschten englisch-französischen Allianz von 1657 war Cromwell zuvor schon, dies wurde bereits erwähnt, gar als Trés-Invincible Seigneur Olivier, Protecteur d’Angleterre, Ecosse & Irlande bezeichnet, mit einem Prädikat also, das ursprünglich sogar allein vom Kaiser beansprucht wurde.130 Nach dem Tod Oliver Cromwells und dem Ende der kurzen Herrschaft seines Sohnes Richard wurden Verträge bis zur Restauration der Stuartmonarchie wieder allein mit der Republique d’Angleterre beziehungsweise mit Anglia abgeschlossen,131 bis die Rückkehr Karls II. wieder eine stabile königliche Titulatur in den völkerrechtlichen Verträgen Englands etablierte. Als Majestatem Suam, serenissimum ac potentissimum principem ac dominum, dominum Carolum secundum, Dei gratia Angliae, Scotiae, Franciae et Hiberniae regem, fidei defensorem, fratre, cognatum et amicum suum carissimum bezeichnete ihn im dänisch-englischen Friedens- und Bündnisvertrag von 1661 sein Vertragspartner.132 Unter Karl II. und Jakob II. hatte diese traditionelle englische königliche Titulatur, häufig auch in einer kürzeren Version unter Nennung des Magnae Britanniae Rex, Bestand.133 Die nach wie vor beibehaltene Bezeichnung als Rex Franciae war als historischer Bezug auf die im Hundertjährigen Krieg geltend gemachten Ansprüche nichts, was im europäischen Kontext irritierte, dies haben die bereits erwähnten Erläuterungen der Titulaturtraktate gezeigt. Mit der Glorious Revolution von 1688/89 änderte sich im Hinblick auf den königlichen Titel – nahezu nichts. Wilhelms III . von Oranien erste Verträge
129 Vgl. den englisch-französischen Vertrag von Paris, CTS 5, 48 sowie den englisch-französischniederländischen Vertrag von Den Haag, 21. 05. 1659, CTS 5, 268. 130 Machtpolitischer Hintergrund war, dass Mazarin sich angesichts des fortwährenden Krieges in Flandern auf englische Unterstützung angewiesen sah, vgl. Woolrych, Britain in Revolution, 678 f. 131 Vgl. den englisch-niederländischen Vertrag von Den Haag, 24. 07. 1659, CTS 5, 297 sowie den englisch-portugiesischen Vertrag, 18. 04. 1660, CTS 5, 501. – Vgl. zum unrühmlichen Ende des Lordprotektorats unter Richard Cromwell Woolrych, Britain in Revolution. 132 Vgl. den Vertrag von Whitehall, 13. 02. 1661, Duchhardt/Espenhorst, 1661 II 13, 3, Allianz- und Handelsvertrag von Whitehall, www.ieg-friedensvertraege.de/[14. 10. 2016]; CTS 6, 235. 133 Als Magnae Britanniae Rex bzw. Roi oder Majesté de la Grande Bretagne wurden die englischen Könige dann vor allem in der zweiten und weiteren Nennung in völkerrechtlichen Verträgen bezeichnet. Weitere Vertragsbeispiele zur königlichen Titulatur ab 1660 sind etwa der englisch-spanische Vertrag von Westminster, 18. 07. 1670, CTS 11, 385 f., der Friedensvertrag mit den Niederlanden vom 19. 02. 1674, Duchhardt/Espenhorst, 1674 II 19 Friedensvertrag von Westminster, www.ieg-friedensvertraege.de/[14. 10. 2106]; CTS 13, 125 sowie der niederländisch-englische Bündnisvertrag vom 17. 08. 1685, Duchhardt/Espenhorst, 1685 VIII 17 Bestätigung und Erneuerung früherer Verträge, www.ieg-friedensvertraege.de/ [14. 10. 2016]; CTS 17, 301 f.
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als König von England wurden in den ersten Monaten nach seiner Krönung im April 1689 zunächst noch sehr dezent gestaltet: Ein Flottenabkommen mit den Niederlanden nannte ganz schlicht Le Roi & la Reine de la Grande Bretagne als englische Vertragspartei 134 – von der Bedeutung der joint monarchy Wilhelms und seiner Ehefrau Maria II. Stuart, der Tochter des geflohenen Königs Jakob II., wird im Rahmen der Fallstudie zur englischen Titulatur noch ausführlich zu handeln sein.135 Maria wurde jedoch in den weiteren analysierten Verträgen nicht mehr erwähnt. Auch der Allianz- und Freundschaftsvertrag mit den Niederlanden vom August 1689 nannte, wiederum sehr dezent, nur den Roy de la Grande Bretagne als vertragschließende Partei.136 Im Bündnisvertrag mit dem König von Dänemark, unmittelbar darauf abgeschlossen, wurde Wilhelm bereits mit dem traditionellen königlichen Titel präsentiert, war Gulielmus tertius, Dei gratia Magnae Britanniae, Franciae et Hiberniae rex, fidei defensor etc. und wurde mit den Prädikaten Serenissimus et Potentissimus ausgezeichnet.137 Wilhelm unterschied sich von nun an mit seinem Titel in nichts mehr von seinen königlichen Vorgängern. Die „Revolution“, deren revolutionärer Charakter bis heute in der Wissenschaft diskutiert wird,138 war – ganz im Sinne der Propaganda Wilhelms und Marias – auch im völkerrechtlichen Vertrag nahezu spurlos vollzogen worden. Das Parlament wurde, ungeachtet der Bill of Rights, die seine Mitspracherechte festschrieb, nicht als vertragschließende Partei in die Verträge aufgenommen. Die Kompetenz zur Führung der Außenpolitik blieb in den Vereinbarungen mit dem Parlament auch ganz eindeutig beim Herrscher, so auch der Abschluss von Verträgen mit anderen Mächten.139 Auch der traditionelle Beiname Defensor fidei, den Heinrich VIII. vor seinem Bruch mit dem Papst von diesem zugesprochen bekommen hatte, wurde, wie im eben erwähnten Vertrag mit dem dänischen König, von Wilhelm übernommen; wie zu zeigen sein wird, fügte er sich auch, entsprechend umgedeutet, gut in die Propaganda Wilhelms und Marias ein, die ihre Herrschaftsübernahme als Werk der Vorsehung präsentierten und auch ohne Umschweife die Formel Dei gratia in ihrem Titel führten. Eine Sacra Regia Majestas Magnae Britanniae war Wilhelm wie seine Vorgänger 134 Vgl. den englisch-niederländischen Vertrag von London, Duchhardt/Espenhorst, 1689 IV 29, 3, Allianz von Whitehall, www.ieg-friedensvertraege.de/[14. 10. 2016]; CTS 18, 347. 135 Vgl. dazu die Ausführungen im dritten Teil der Untersuchung, Kap. III. 136 Vgl. Vertrag von Westminster, 24. 08. 1689, Duchhardt/Espenhorst, 1689 VIII 24, 4, Offensiv- und Defensivvertrag von Westminster, www.ieg-friedensvertraege.de/[14. 10. 2016]; CTS 18, 487. 137 Vertrag von Kopenhagen, 25. 08. 1689, CTS 18, 471. 138 Vgl. dazu ausführlicher bei der Diskussion des englischen Fallbeispiels im dritten Teil, Kap. 3.2. 139 Vgl. Troost, Wouter, William III, the Stadholder-King. A Political Biography, Aldershot 2005, 212.
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schließlich auch.140 Nicht weniger selten lassen sich Sacra Majestas-Belege für seine Schwägerin und Nachfolgerin Anna finden.141 Auch für die englischen Könige aus dem Haus Hannover ab dem Jahr 1714 blieb das Sacer-Prädikat in Verwendung, wenngleich die Welfen, wie schon Wilhelm III., wie dieser in puncto dynastischer Kontinuität etwas in Verlegenheit, schließlich von der Inszenierung der SkrofelnHeilung Abstand nahmen.142 Wilhelm, der auch nach der Erhebung zum englischen König weiterhin Generalstatthalter der Niederlande blieb, nahm dieses Amt bis auf einen hier erfassten Fall nicht in seine Titulatur mit auf, ebenso wenig seine ererbte Würde als souveräner Prinz von Oranien. Hierfür sind mehrere Gründe denkbar. Die ausschließlich ‚englische‘ Titulatur konnte ein starkes Signal dafür sein, dass Wilhelm ‚ohne Wenn und Aber‘ an die königliche Tradition Englands anknüpfen wollte; die Schmälerung der königlichen Machtfülle durch die dezidierten Festlegungen in der Bill of Rights waren denn auch gar nicht in seinem Sinne, sondern wurden von ihm als unabweisbare Bedingung für seine Herrschaft akzeptiert.143 Zu beachten ist auch das geringe Ansehen der Niederlande bei einem Großteil der englischen Bevölkerung – man denke an die englisch-niederländischen Kriege der vorangegangenen Jahrzehnte –; nach wie vor war erhebliches Misstrauen gegen Wilhelm III. vorhanden; die Oppositionsbewegung zugunsten Jakobs II., vor allem in Irland, sollte ihn noch Jahre beschäftigen.144 Und schließlich mochte auch insbesondere gegen die Erwähnung des Statthalteramts sprechen, dass es als Amt im Auftrage einer Republik in der frühneuzeitlichen Fürstengesellschaft nur mäßiges Ansehen genoss – das hatte Wilhelm der zeremonielle Umgang mit Kaiser Leopold I. schon demonstriert, und auch davon wird im Kontext der Fallstudie noch die Rede sein. Die erwähnte Ausnahme, bei der in Wilhelms Titulatur neben dem orani schen Prinzentitel sämtliche seiner Herrschaften in den Niederlanden, seine
140 Zur Herrschaftspropaganda Wilhelms und Marias vgl. ausführlicher die Auswertung im Kontext des Fallbeispiels und die dort angegebene Literatur. – Ein Beispiel für die Benennung als Sacra Regia Majestas Magnae Britanniae findet sich beispielsweise im Friedensvertrag von Rijswijk, 20. 09. 1697, CTS 21, 411 sowie im Bündnisvertrag mit den Niederlanden und Schweden, 13. 01. 1700, vgl. Duchhardt/Espenhorst, 1700 I 13_23, 3, Defensivallianz von Den Haag, ieg-friedensvertraege.de/[14. 10. 2016]; CTS 22, 429. Eine Häufung von drei Sacer-Belegen für das Jahr 1701 findet sich im Vertragstext zur Haager Allianz gegen Frankreich, vgl. Vertrag von Den Haag, 07. 09. 1701, CTS 24, 15 und 17. 141 Vgl. als Beispiele: Bündnisvertrag von Lissabon, 16. 05. 1703, CTS 24, 385 sowie Handelsvertrag von Lissabon, 27. 12. 1703, CTS 25, 39. 142 Die Nachfahren Jakobs II. dagegen hielten auch im Exil am Skrofeln-Ritual fest, vgl. hierzu Bloch, Die wundertätigen Könige, 412 – 421. 143 Dazu Troost, William III, 211 f. 144 Vgl. ebenda, 263 ff.
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Erbstatthalterschaft und schließlich die Generalstatthalterschaft der Vereinigten Niederländischen Provinzen aufgenommen waren, erklärt sich durch den Vertragspartner und den Vertragsinhalt. Zugleich zeigt dieser Vertrag, dass die Kombination des Königstitels mit dem republikanischen Amt nicht als per se unmöglich angesehen wurde. Der Vertrag, abgeschlossen 1694 mit Kurfürst Friedrich III . von Brandenburg, ist als eine Art Hausvertrag zu sehen. Mit seinem Vetter Friedrich vereinbarte Wilhelm III. hier die Abtretung seiner Ansprüche auf die Herrschaften Neuchâtel und Valengin an Brandenburg. Zu diesem Zeitpunkt konnte Friedrich III. sich noch einige Hoffnungen machen, später einmal als Erbe des kinderlosen Wilhelm alle ererbten Güter des letzten Oraniers – dazu gehörten auch eine Reihe im Titel aufgeführte Besitzungen in den Niederlanden sowie das Frankreich benachbarte Fürstentum Orange – zu übernehmen. Die Abtretung Neuchâtels konnte als eine Art Auftakt hierzu gelten. Auch die niederländische Statthalterschaft war für Friedrich III. beziehungsweise Mitglieder seiner Familie ein attraktives Ziel.145 Es handelt sich also, wie schon Parry bei der Edition in den Consolidated Treaty Series vermerkte, eher um eine Übereinkunft Wilhelms als Oberhaupt des Hauses Oranien; geregelt wurden, was die beiden Verwandten anging, nämlich territoriale oranische Ansprüche.146 Der Tod Wilhelms von Oranien im Jahr 1702 bedeutete den Übergang der Herrschaft in England an seine Schwägerin Anna, die zweite Tochter Jakobs II. Stuart. Anna trat in titularischer Hinsicht ganz in die Tradition ein. Sie war als Magnae Britanniae Regina ebenso Defensor fidei wie ihre männlichen Vorgänger.147 Schon zu Lebzeiten Wilhelms war per Gesetz festgelegt worden, dass nach dem Tod Annas ohne Erben die Herrschaft auf die Verwandten aus dem Hause Hannover übergehen würde. Georg I. wie auch Georg II., Könige von England aus 145 Der Titel Wilhelms III. lautet in diesem Vertrag von Den Haag, 23. 10. 1694, CTS 20, 451: Guillaume Henry par la grace de Dieu Roy de la Grande Pretagne, Prince d’Orange, Comte de Chalon, Vis-Comte de Besançon, Bad’ Arlay, Comte de Geneve, de Nassau, Kazenellenbogen, Vianden, Diez, Lingen, Meeurs, Buyren, Leerdam, Marquis de Fervere, & Vlissinge, Seigneur & Baron de Breda, de la Ville de Grave, & Pays de Cuicque Diest, Grimbergen, Herstal, Granendonque, Warneston; Arlay, Nosoroy, St. Vith, Daesbourg, Polanen, Willern stad, Niervaerth; Iselstein, Steenbergen, St. Martensdyck, Geertruydenbergh, Turnhouthout, Zevenbergen, de Svvaluvve, Naeldvvyk, Soest, Baren, FerEiem, Immenes, dedans & de hors Comte haereditaire d’Anvers & Besançons, Mareschall haereditaire de Hollande, Gouverneur de hereditaire & Lieutenant de Fueldre, Comte de Zutphaen, Hollande, Zelande, Westfrise, Utrecht, Over-Yssel, Drenthe, Dapitain [sic!] General hereditaire & Admiral des Provinces Unies. Die Herrschaftstitel im Hinblick auf Neuchâtel wurden, wie der Vertrag erläutert, in die Titulatur wegen der Abtretung nicht mehr aufgenommen. Vgl. CTS 20, 452 f. – Vgl. Drechsler, Georg, Der Streit um die oranische Erbschaft zwischen Friedrich von Preußen und dem Hause Nassau-Dietz und sein Einfluss auf die preußische Politik, Leipzig 1913, 48. 146 Vgl. Parrys knappe Anmerkung in CTS 20, 449. 147 Vgl. den Vertrag von London (Bündniserneuerung), 22. 12. 1711, CTS 27, 205.
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dem Hause Hannover, integrierten beide in die längere Version ihres Titels auch ihre reichsfürstlichen Titel und reichsständischen Funktionen. Im Bündnisvertrag mit Kaiser Karl VI. von 1716 wurde Georg I. als Ser[enissi]mus ac Pot[entissi]mus princeps Georgius, dei gratia Magnae-Britanniae, Franciae et Hiberniae rex, dux Brunsvici et Luneburgi, sacri Romani imperii elector etc.148 bezeichnet. Georg II. nahm diesen Titel in derselben Weise auf. Von beiden Herrschern ist bekannt, dass sie ihre Rolle als reichsfürstlicher Landesherr und kurfürstlicher Reichsstand sehr ernst nahmen – Hannover blieb für sie ein wichtiger Posten in ihrer Politik und ein wichtiger protestantischer Machtfaktor im Reich; wichtiger, als es vielen auf der Insel lieb war.149 2.5.4 Die brandenburgisch-preußischen Titel – vom Kurfürsten zum König Brandenburg-Preußen ist eines der berühmten Beispiele für aufsteigende Mächte im Übergang vom 17. zum 18. Jahrhundert – die Selbstkrönung Friedrichs III. in Königsberg im Januar 1701 war der glanzvoll inszenierte Ertrag jahrzehntelanger Bemühungen um die Rangerhöhung der brandenburgischen Kurfürsten. Schon Friedrich Wilhelm, der Große Kurfürst, hatte über seine Gesandten – an den europäischen Höfen, beim Friedenskongress in Nijmegen – versucht, die kurbrandenburgische Position zu stärken und sich königsgleiche Ehrerweisungen zu sichern. Sein Sohn Friedrich realisierte dann das ehrgeizige Projekt, sich als König in Preußen unter die europäischen gekrönten Souveräne einzureihen. Dies wird später im Rahmen der Fallbeispiele noch ausführlich zu thematisieren sein. Doch schon lange vor der erfolgreichen Erlangung der Königswürde enthielt der Titel der brandenburgischen Kurfürsten einige bedeutungsvolle Besonderheiten. Zu betonen ist zunächst, dass in den hier ab 1653 aufgenommenen Verträgen (449 Titulaturbelege) bis ins erste Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts auffällig oft explizit die ‚große‘ kurfürstliche Titulatur – unter Anführung aller Herrschaftstitel, Reichsämter und beherrschter Territorien zum Einsatz kam, so auch im berühmten Vertrag von Wehlau 1657, der mit der preußischen Souveränität 150 den Weg zum Königtum bahnte: Serenissimus Princeps ac Dominus, Dominus Fridericus Wilhelmus, Marchio Brandeburgensis, Sacri Romani Imperii Archi-Camerarius & Princeps Elect. Magdeburgi, Prussiae, Juliae, Cliviae, Montium, Stetini, Pomeraniae, Cassubiorum, Vandalorumque, nec non
148 Vertrag vom 25. 05. 1716, CTS 29, 455. Entsprechend auch die französische Titulatur im niederländisch-französisch-englischen Bündnisvertrag, 04. 01. 1717, CTS 30, 68. 149 Vgl. Hatton, Ragnhild, Georg I. Ein deutscher Kurfürst auf Englands Thron, Frankfurt/M. 2 1982 (Orig.: George I. Elector and King, 1978) 234, 267 f., 272 u. ö. 150 Zur Souveränität über das preußische Polen vgl. im dritten Teil der Untersuchung Kap. III.
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in Silesia Crosnae & Carnoviae Dux, Burggravius Norimbergensis, Princeps Halberstadii & Mindae, Comes Marcae & Ravensbergi, Dominus in Ravenstein.151
Die Positionierung der brandenburgischen Herrscher über ihre Funktionen und Territorien erscheint also deutlich betont – eine vergleichende Untersuchung anderer kurfürstlicher Titulaturen derselben Zeit wäre ausgesprochen reizvoll, um brandenburgische Spezifika bei der Präsentation einer zusammengesetzten Monarchie besser einschätzen zu können, lässt sich jedoch im Kontext dieser Studie nicht realisieren. Ab 1666 ist zudem eine Verschiebung unter den herzoglichen Titeln der Hohenzollern zu bemerken. Manfred Luda hat vor allem für das 19. Jahrhundert auf die Bedeutsamkeit solcher Verschiebungen im Titel aufmerksam gemacht.152 Während zunächst, wie auch der oben zitierte Wehlauer Vertrag zeigt, unter den von den Hohenzollern beherrschten Herzogtümern das preußische zunächst nach Magdeburg rangierte, ist ab 1666, rund neun Jahre nach Wehlau, die Verlagerung Preußens, des einzigen souveränen Herzogtums, an die erste Stelle der Herzogtümer zu konstatieren – der durchleuchtigste fürst und herr, herr Friederich Wilhelm, marggraff zu Brandenburg, des heiligen Römischen reichs ertzcämmerer und churfürst, in Preussen, zu Magdeburg, Jülich, Cleve, Berge, Stettin, Pommern, der Cassuben und Wenden, auch in Schlesien zu Crossen und Jägerndorf herzog […].153 Diese Anordnung wurde in den für diese Untersuchung eruierten Beispielen bis zur Königskrönung, mit der der preußische Titel an die Spitze wanderte, nicht mehr verändert. Die wachsende Bedeutung des Großen Kurfürsten als Bündnispartner auf der europäischen politischen Bühne 154 bedeutete jedoch noch nicht, dass sich auch dauerhaft die ehrenden Prädikate vermehrten, mit denen sich der Brandenburger in Verträgen ausgezeichnet sehen durfte. Vom Celsissimus und Serenissimus Princeps und der Serenitas Electoralis beziehungsweise Altesse Electorale 155 der 151 Vertrag von Wehlau mit Polen, 19. 09. 1657, Duchhardt/Espenhorst, 1657 IX 19 und 1657 XI 6, 2, Vertragswerk von Wehlau und Bromberg, www.ieg-friedensvertraege.de/[16. 10. 2016]; CTS 4, 437. 152 Vgl. Luda, Manfred, Brandenburg – Preußen – Hohenzollern. Zur wechselnden Titulatur der Landesherren 1609 – 1873, in: Forschungen zur brandenburgischen und preußischen Geschichte 17 (2007), 181 – 190. 153 Vertrag von Kleve mit Dänemark, 23. 05. 1666, Duchhardt/Espenhorst, 1666 V 23, 1, Defensivallianz von Kleve, www.ieg-friedensvertraege.de/[14. 10. 2016]; CTS 9, 170. 154 Vgl. Neugebauer, Wolfgang, Epochen der preußischen Geschichte, in: Handbuch der preußischen Geschichte. Band I: Das 17. und 18. Jahrhundert und Große Themen der Geschichte Preußens, hrsg. von Wolfgang Neugebauer, Berlin/New York 2009, bes. 210 – 227; vgl. ferner die weiterführende Literatur in Kap. 3.3 des dritten Teils der vorliegenden Untersuchung. 155 Altesse Electorale war seltener im Gebrauch, vgl. etwa den Bündnisvertrag mit den Niederlanden vom 26. 04. 1672, CTS 12, 309 f. Über die brandenburgischen Bestrebungen, sich als Kurfürst – näher am königlichen Titel – zumindest mit Serenitas statt Altitudo titulieren zu
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1650er Jahre ausgehend wurde die Titulatur jedoch 1661 in einem Fall erweitert, nämlich im Bündnisvertrag mit dem englischen König Karl II ., und zwar um das Prädikat Potentissimus – damit wurden Friedrich Wilhelm in diesem Vertrag dieselben Prädikate zugestanden wie dem Stuartherrscher.156 Doch dies bleibt der einzige Beleg bis zum Jahr 1703, in dem Friedrich I., seit zweieinhalb Jahren König in Preußen, im Bündnisvertrag mit Schweden wiederum diese Ehren erfuhr, die für gewöhnlich auch nur unter Königen ausgetauscht wurden 157 – er sollte sie nun dauerhaft, auch von anderen Mächten, erhalten.158 Von der Etablierung des königlichen Titels sowie der Titulatur eines Prinzen von Oranien wird in einer separaten Fallstudie noch eigens gehandelt; hier sei nur kurz angemerkt, dass die preußischen Könige Friedrich I. und Friedrich Wilhelm I. schon kurz nach dem Tod Wilhelms III. von Oranien ihrer Titulatur den Titel Souveräner Prinz von Oranien beziehungsweise supremus princeps Aurausionensis in völkerrechtlichen Verträgen hinzufügten oder hinzufügen ließen – ungeachtet der endgültigen Beilegung des Streits um Wilhelms III. Erbe zwischen den Hohenzollern und oranischen Verwandten Wilhelms erst 1732.159 2.5.5 Großfürst, König, Kaiser? Die Titulatur der russischen Zaren Ein bereits im 17. und dann auch vor allem im 18. Jahrhundert in Zeremoniellund Titulaturtraktaten viel besprochenes Thema war die Frage der Titulatur der russischen Herrscher. Insbesondere Peter der Große betrieb die Anerkennung seines Kaisertitels bei den europäischen Mächten überaus engagiert; wenig überraschend waren die Reaktionen gerade der Kaiser des Heiligen Römischen Reiches lange Zeit ausgesprochen ablehnend. Zudem war die Haltung der europäischen Mächte gegenüber den russischen Herrschern – zu verschiedenen Zeiten – ausgesprochen unterschiedlich;160 anhand der vorliegenden Datenauswertung von lassen, auch der Gesandte Friedrichs III., Wolfgang von Schmettau, im Kontext der Bündnisverhandlungen mit England 1690, vgl. GStAPK I. HA Rep. 11, Nr. 1790, Schmettau an Friedrich III., 11. 03. 1690, fol. 207v. 156 Vgl. Vertrag von Westminster, 20. 07. 1661, CTS 6, 361 f. 157 Vgl. Lünig, Theatrum ceremoniale, Bd. 2, 41 f. 158 Vgl. in den Folgejahren nach dem Bündnisvertrag von Berlin mit Schweden, 16. 08. 1707, CTS 26, 123 auch noch im Friedensvertrag von Utrecht mit Frankreich, 11. 04. 1713, CTS 28, 144, Bündnisvertrag von Amsterdam mit Frankreich und Russland, 15. 08. 1717, CTS 30, 161. 159 Vgl. dazu die Ausführungen zum oranischen Erb- und Titulaturstreit im dritten Teil der Untersuchung. 160 Vgl. dazu, mit einem breiten europäischen Fokus, die instruktive Studie von Madariaga, Isabel de, Tsar into Emperor. The title of Peter the Great, in: Royal and republican sove-
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157 Titulaturbelegen soll hier ein grober Überblick zu den wichtigsten Tendenzen versucht werden. Die Anerkennung des Kaisertitels durch die europäischen Mächte, den Papst eingeschlossen, wurde von den Herrschern Russlands bereits im ausgehenden 15. Jahrhundert mit unterschiedlicher Intensität betrieben. Als ‚Schlüsseldoku ment‘ galt aus russischer Sicht ein Brief Kaiser Maximilians I. von 1514, der die Unterstützung des Zaren im Konflikt mit Polen-Litauen suchte. In diesem Brief wurde Wassili III . als von Gotes Gnaden Keyser unnd Herscher aller Rewssen bezeichnet, was allerdings kein durchgängiger Sprachgebrauch für M aximilians Gesandtschaften nach Russland wurde.161 Von Peter dem Großen wurde der Brief rund 200 Jahre später als Argumentation für die Possess des Titels ins Spiel gebracht, doch Wiener Experten bezeichneten den Brief umgehend als Fälschung, was ein breites publizistisches Echo hervorrief und auch Eingang in einschlägige Kompendien fand – auch in Johann Jacob Mosers Teutschem Staatsrecht war von einem gefälschten ‚Kaiserbrief ‘ zu lesen.162 Die hier ausgewerteten Belege beginnen mit dem Jahr 1654 und einem englisch-russischen Abkommen. Insgesamt ergibt sich, das sei vorweggeschickt, bei der ersten Durchsicht aller Titulaturen in chronologischer Abfolge der Eindruck einer höchst unterschiedlichen Praxis der Benennung. Großherzog, Zar, Kaiser – diese Titel wurden über etliche Jahre hinweg parallel verwendet. Der erwähnte Vertrag mit England ist ein frühes Beispiel für die Einbindung des Kaisertitels in die Titulatur – dort war von his imperial majesty of all Russia die Rede. Doch eben diese Betitelung war nicht von Dauer. Isabel de Madariaga, die die russische Forschung und entsprechende Editionen ausgewertet hat, betont eine Veränderung der britischen Haltung im beginnenden 18. Jahrhundert – Zar Peter suchte die Integration in die (west)europäische Mächtepolitik und wurde nun von Königin Anna und ihren Beratern nicht mehr als Herrscher eines fernen östlichen Reiches betrachtet, den man gewähren lassen konnte.163 Dass von englischer Seite keine Bedenken bestanden, den Herrschern ferner östlicher Reiche, so auch China, den Kaisertitel zuzugestehen, war auch den reignty in Early Modern Europe. Essays in memory of Ragnhild Hatton, hrsg. von Robert Oresko u. a., Cambridge 1997, 351 – 382. Bei Madariaga findet sich auch eine umfangreiche bibliographische Aufarbeitung von einschlägiger Literatur, die nicht auf Russisch publiziert wurde. Die ältere Literatur sowie Archivalienverweise auch bei Wittram, Reinhard, Peter I. Czar und Kaiser. Zur Geschichte Peters des Großen in seiner Zeit, Bd. 2, Göttingen 1964, 607 f. 161 Vgl. Madariaga, Tsar into Emperor, 358 f. 162 Vgl. Moser, Johann Jacob, Teutsches Staatsrecht, Bd. 3, 22 f. – Vgl. dazu Madariaga, Tsar into Emperor, 374. 163 Vgl. zum britisch-russischen Verhältnis und den Titulaturen: Madariaga, Tsar into Emperor, 369 – 371.
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Zeitgenossen bereits präsent.164 Ähnlich verhielt es sich mit der Anerkennung des kaiserlichen Titels durch Frankreich, wo die Zaren zur Zeit Ludwigs XIII. noch Erfolge verzeichnen konnten, während Ludwig XIV. die Auffassung, der Zaren- komme dem Kaisertitel gleich, ablehnte – was angesichts der hegemonialen Politik Ludwigs und der Angriffe auf die herausgehobene Stellung des Kaisers des Heiligen Römischen Reiches in der französischen Publizistik nicht weiter verwundert.165 In den hier eruierten Belegen spiegelt sich die zeitweise oder durchgehende Einordnung der Zaren ‚unterhalb‘ der kaiserlichen Würde zum einen in der Benennung des Herrscherranges selbst, indem die russischen Potentaten als Czar & Magnus Dux 166 bezeichnet werden, zum anderen in der Beilegung von Prädikaten wie Majestas, Serenissimus und Potentissimus. Durch diese Prädikate war die Zusicherung königlicher Würden erreicht, auch durch Mächte, die wie etwa Polen energisch die Anerkennung des Kaisertitels verweigerten 167 – vom Kaiserhof ganz zu schweigen, dessen Haltung noch zu thematisieren sein wird. Die Verwendung von Czar für den russischen Herrscher mag auf den ersten Blick verwundern, bedenkt man die etymologische Herkunft von Caesar. In der Frühen Neuzeit jedoch wurde die Herleitung des Titels vom lateinischen Caesar, die von russischer Seite als Verbindung zum Kaisertum stark betont wurde, von anderen Mächten abgelehnt. Bei Lünig beispielsweise ist ein polemischer Unterton nicht ganz zu verkennen: alber und einfältig sei die Caesar-Etymologie – also daß es eine ziemliche Ignoranz ist, wenn man aus dem Zaar Käyser machen will.168 Der Kaiserhof blieb denn auch sehr lange und sehr konstant bei der Ablehnung des Kaisertitels, um die Exklusivität der eigenen Position möglichst lange aufrechtzuerhalten.169 Leopold I. wollte noch in den 1660er Jahren auch den Majestas-Titel nicht zugestehen, woraufhin Moskau den Kaiser lediglich als Kayser liche Grossmächtigkeit titulierte. Um Russland als Partner gegen das Osmanische 164 Über den englischen Gebrauch des Zaren- und russischen Kaisertitels handelt Ruffmann, Karl-Heinz, England und der russische Zaren- und Kaisertitel, in: Jahrbücher für Geschichte Osteuropas 3 (1955), 217 – 224. Vgl. hierzu im Kontext seiner ausführlichen Erläuterungen zu kaiserlichen Titeln auch Moser, Teutsches Staatsrecht, Dritter Teil, 28: Nemlich es bedienen sich auch Franckreich und Engelland mehrmalen des Tituls: Imperator, aber nur gegen Africanischen, Asiatischen und anderen Morgenländischen Völckern, und bekommen solchen von ihnen wieder […]. 165 Vgl. Madariaga, Tsar into Emperor, 367. 166 Vgl. den Vertrag mit Polen, 30. 01. 1667, CTS 9, 401 sowie den polnisch-russischen Vertrag von Moskau, 06. 05. 1686, CTS 17, 493. 167 Zur polnischen Haltung vgl. Madariaga, Tsar into Emperor, 360. 168 Lünig, Theatrum ceremoniale, Bd. 2, 26. – Zu den zeitgenössisch widerstreitenden etymologischen Herleitungen auch Madariaga, Tsar into Emperor, 376. 169 In den Kontext der Imperator-Bestrebungen weiterer Mächte, insbesondere Englands, wird der Konflikt mit Russland eingeordnet bei Duchhardt, Imperium und Regna, bes. 558 – 561.
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Reich nicht zu verlieren, wurden, wie Klaus Meyer gezeigt hat, Zugeständnisse auf der Prädikatsebene, nämlich die Verwendung des königlichen Potentissimus, als Möglichkeit zur Aufrechterhaltung der Beziehungen genutzt.170 Zur Ehrung als Majestät konnte man sich nach Verhandlungen in den 1670er Jahren 171 von Wiener Seite denn auch verstehen, und dieses Zugeständnis blieb auch bestehen, wie etwa das kaiserlich-venezianisch-russische Bündnis gegen das Osmanische Reich von 1697 zeigte.172 Der bereits erwähnten Titeloffensive Peters des Großen blieb jedoch am Kaiserhof der Erfolg zunächst versagt; Karl VI. ging nach Ausweis der hier aufgenommenen Verträge nicht über den Majestätstitel hinaus.173 Die anderen europäischen Mächte ließen sich wohl angesichts der im Großen Nordischen Krieg errungenen Machtstellung Peters sukzessive auf seine Forderung nach Anerkennung des Kaisertitels ein – das englische Zugeständnis von 1709, Peter als Kaiserliche Majestät – wenn auch nicht als Kaiser – zu ehren, bezeichnet die noch eher ‚mageren‘ Jahre vor dem Triumph über Schweden; bei Mächten wie Preußen, Frankreich, dem Osmanischen Reich blieb es vor 1721 beim Zarentitel beziehungsweise dem Erweis königlicher Ehren durch die Zuerkennung des Majestätstitels und der Prädikate Serenissimus und Potentissimus.174 Den Titel eines Großfürsten (Magnus Dux), der der königlichen Würde an sich nicht gemäß war und die Distanz der europäischen Mächte zu dem noch ‚jungen‘ russischen Reich signalisierte,175 hatte Peter immerhin schon um 1709 abschütteln können.176 Ab 1722 bröckelte dann der Widerstand, Peter versicherte in den Darlegungen zu seinem Titel, an den europäischen Höfen keine Änderung des Zeremoniells zu 170 Vgl. Meyer, Klaus, „Kayserliche Grossmächtigkeit“. Die Titulaturfrage bei den Verhandlungen zwischen Kaiser und Zar, 1661/2, in: Zeitschrift für Ostforschung 12 (1983), 1 – 12. 171 Vgl. die Verhandlungen von Moskau, 19. 10. 1675, CTS 13, 323 – 334. 172 Vgl. den Bündnisvertrag von Wien, 29. 01. 1697, Duchhardt/Espenhorst, 1697 I 29, 4, Angriffsbündnis von Wien, www.ieg-friedensvertraege.de/[14. 10. 2016]; CTS 21, 290, 294: Der Zar wird dort als Serenissimus et Potentissimus Dominus, Dominus Tzarus et Magnus Dux, Petrus Alexievicius mit seiner vollen Titulatur in der ersten Nennung angeführt; in den folgenden Nennungen firmierte er als Sua Tzarea Majestas. 173 Vgl. den Vertrag von Wien, 06. 08. 1726, CTS 32, 287; Vertrag von Kopenhagen mit Russland und Dänemark (Garantie der Pragmatischen Sanktion), 26. 05. 1732, Duchhardt/ Espenhorst, 1732 V 26 Allianz- und Garantievertrag von Kopenhagen, www.ieg-friedensvertraege.de/[14. 10. 2016]; CTS 33, 469. 174 Vgl. den Bündnisvertrag vom 15. 08. 1717 mit Frankreich und Preußen, CTS 30, 161; Friedensvertrag zwischen Russland und dem Osmanischen Reich, Konstantinopel, 16. 11. 1720, CTS 31, 273. 175 Die Betonung der im Vergleich zu anderen europäischen Reichen eher rezenten königlichen Würde der russischen Zaren zeitgenössisch etwa bei Rousset de Missy, Mémoires sur le rang, 47. 176 Die aufgenommenen Verträge zwischen 1709 und 1726 sprachen entweder von der Zarischen Majestät oder dem Zaren, der Großfürstentitel fiel weg.
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verlangen.177 Unter den Zarinnen Katharina und Anna war – vom Kaiserhof abgesehen – die Integration in den hier erschlossenen Belegen dann auch klar abzulesen, erstmals nachweisbar durch einen preußisch-russischen Vertrag von 1726.178 Kaiser Karl VII. Albrecht zeigte sich, wie bereits kurz im ersten Teil erwähnt, bei seiner Notifikation 1742 gegen Zarin Elisabeth nachgiebig und gestand ihr den Kaiserinnentitel zu – nachdem sie die Annahme von Notifikationsschreiben verweigert hatte, die ihr nicht den Titel Impératrice gaben, und dem kaiserlichen Gesandten Neuhauss bedeutet worden war, daß ohne Beylegung des Kayserlichen tituls mit Rußland kein Commercium zu hoffen ist.179 Ein für Karl VII. aus diesem Anlass angefertigtes Gutachten wog die Entscheidung ab; der Kaisertitel habe hier – vergleichbar dem Gebrauch des englischen Emperor – nichts mit der Nachfolge der Kaiser des römischen Reiches zu tun, sondern sei als eine bloße Distinction in der titulatur zu affectiren, gründend auf der besonderen Größe und Stärke eines Reiches. Damit wurden in die kaiserliche Haltung Argumentationen aufgenommen, wie sie etwa bei einem John Selden in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts formuliert worden waren.180 Unter diesen Voraussetzungen schien das Zugeständnis der Führung des Kaiserinnentitels offenbar möglich – zumal in der für Karl VII. Albrecht zum fraglichen Zeitpunkt noch alles andere als gesicherten Lage. Zweifellos ein Erfolg für Elisabeth war, dass Maria Theresia 1745, im letzten Jahr des zweiten Schlesischen Krieges und bei fortwährendem Österreichischem Erbfolgekrieg dringend um ein Bündnis bemüht, die Zarin im Bündnisvertrag von St. Petersburg als die Allerdurchlauchtigste, Grossmächtigste Fürstin und Frau, Frau Elisabeth die Erste, Kaysserin und Selbsthalterin von allen Reussen sowie in den weiteren Nennungen der Herrscherin als Kaysserliche Mayestät von allen Reussen titulierte.181 Als Königin von Ungarn hatte Maria Theresia die Anerkennung der 177 Vgl. die ausführliche Darstellung bei Rousset de Missy, Mémoires sur le rang, 36 f. Madariaga, Tsar into Emperor, 381. 178 Vgl. Katharinas Betitelung als allerdurchlauchtigste, großmächtigste Fürstin und Frau Frau Katharina Kaiserin und Selbsthalterin von allen Reußen im Vertrag von St. Petersburg, CTS 32, 319. 179 Zitat: vgl. Ohnmaßgebliche Gedanken über den von dem Rußischen Hof neuerlich anverlangenden kaiserlichen Titul, HHS tA Staatenabteilungen, Rußland II 236, Beilage l, fol. 154r–162v. – Den Empfang von Karls VII. Gesandten Neuhaus in Moskau kommentierte auch Rousset de Missy, Mémoires sur le rang, 57. 180 Vgl. Ohnmaßgebliche Gedanken, fol. 156r, v. – Zu Seldens Argumentation vgl. den ersten Teil der vorliegenden Untersuchung. 181 Vgl. Vertrag von St. Petersburg, 02. 06. 1746, CTS 37, 451 – 453. Der Zusatz von allen Reussen für den Majestätstitel wurde schon seit Jahrzehnten von etlichen anderen europäischen Mächten verwendet und war kein spezifisch habsburgischer Zusatz. Eine Absetzung von den Kaisern des Heiligen Römischen Reiches, die aus habsburgischer Sicht zweifellos wichtig war, bedeutete dies gleichwohl. Vgl. etwa das englisch-russische Abkommen vom 20. 08. 1710, CTS 26, 502 (Seiner Kayserlichen Mayestät von aller Reussland – Parry ediert hier die deutsche
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Zarin als Kaiserin schon vollzogen, und Kaiser Franz I. Stephan zog nach, wenn auch die Berater über diesen Schritt uneins waren.182 Eine Stabilisierung der kaiserlichen Titulatur für Russland war damit erreicht. 2.5.6 Savoyen-Sardinien – neue Könige mit geostrategischer Sonderposition 131 Benennungen des Herrschers oder der vertragschließenden Macht wurden hier für die Herzöge von Savoyen beziehungsweise die Könige von Sardinien aufgenommen. Für Savoyen gilt, ähnlich wie für Portugal, dass dessen Politik und ihr Niederschlag in völkerrechtlichen Verträgen nicht zu den editorischen Schwerpunkten der Consolidated Treaty Series gehörte. Für eine detailliertere Auswertung müssten auch hier in größerem Umfang zusätzliche Editionen und Archivalien herangezogen werden. Savoyen gehörte unter den europäischen Mächten zu den Aufsteigern des 17. Jahrhunderts,183 deren Ambitionen von den etablierten Mächten mit mehr oder minder großem Argwohn betrachtet wurden. Im Jahr 1632 nahm Viktor Amadeus I., Herzog von Savoyen, den Titel eines Königs von Zypern an. Er führte Erbrechte der Tochter des letzten Königs von Zypern aus dem Jahr 1485 an. Die Königstochter Charlotte war die Ehefrau eines seiner Vorfahren geworden. Die Annahme der Königswürde war also in savoyischer Interpretation eine Wiederannahme. Zypern stand aktuell unter osmanischer Herrschaft. In den Folgejahren waren die Herzöge von Savoyen bemüht, sich von möglichst vielen europäischen Mächten als Königliche Hoheit anerkennen zu lassen.184 Unter den Titulaturexperten des 17. und 18. Jahrhunderts wurde, wie bereits gezeigt wurde, dieser Schritt mehrfach und kontrovers diskutiert,185 möglicherweise auch vor dem Eindruck der äußerst mühsamen Positionsgewinne, die die Savoyer bei den europäischen
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Übersetzung einer russischen Vertragssammlung von Martens) oder auch den preußischrussischen Vertrag vom 12. 06. 1714, CTS 29, 61 (Ihro Zar. Maj. von allen Reußen). Zu den Bündnissondierungen, der Titelfrage und zum Vertragsabschluss von 1746 vgl. ausführlich – in Ermangelung einer neueren wissenschaftlichen Biographie – Arneth, Alfred von, Geschichte Maria Theresias, Bd. 3, Wien 1865, 136 – 138, 332 – 336. Zur Aufsteiger- bzw. Absteiger-Begrifflichkeit vgl. Duchhardt, Balance of Power, 166 ff. Vgl. hierzu den grundlegenden Beitrag von Oresko, House of Savoy. Oresko legt besonderes Gewicht auf die Auswertung von bildlichen Repräsentationen, erläutert jedoch auch eine Reihe von Informationen zur dynastischen Heiratspolitik und z. T. auch zum Titulaturgebrauch der Herzöge von Savoyen. Zur Einordnung in die dynastische Geschichte des Hauses Savoyen vgl. Merlotti, Andrea, I Savoia. Una dinastia europea in Italia, in: I Savoia. I secoli d’oro di una dinastia europea, hrsg. von Walter Barberis (Biblioteca di cultura storica, 260), Turin 2007, 87 – 133, bes. 92 – 94. Vgl. dazu die Ausführungen Zwantzigs und Lünigs, erläutert im ersten Teil der Untersuchung.
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Mächten in den Jahrzehnten nach 1632 zu verzeichnen hatten.186 Bildlich wurde der Anspruch durch die sofortige Verwendung der geschlossenen Krone als Zeichen für die Königswürde in Stammbäumen, Porträts etc. unterstrichen.187 Einen Königstitel, mit dem auch ein von den Savoyern tatsächlich beherrschtes Königreich verbunden war, erlangte Herzog Viktor Amadeus II . schließlich erst im Zuge des Spanischen Erbfolgekrieges. Mit dem Frieden von Utrecht 1713 wurde er als Herrscher über das Königreich Sizilien anerkannt; nach dessen Übergang an Spanien konnte er 1718 die Bestätigung als König von Sardinien erlangen.188 In den meisten Vertragsbelegen für Savoyen, erfasst ab 1650, findet das Königreich Zypern keine Erwähnung – in der vollen Titulatur der Herzöge erschien es zunächst ganz am Ende der Aufzählung der Herrschaftstitel;189 in Kurzformen dagegen, die – wie bei anderen Herrschern auch – in den Verträgen überwogen, war der Rex Cypri gar nicht aufgenommen. Herzog Karl Emmanuel blieb über Jahre hinweg zunächst einmal der Serenissimus Dux Sabaudiae; als Serenissimus konnten jedoch auch europäische Fürsten angesprochen werden, denen keine Königswürde zukam.190 Eine Ausnahme bildet dabei – dies deutet auf die Bedeutung von Heiratsverträgen für Recherchen zur Titulaturentwicklung hin – ein Heiratsvertrag von 1650, in dem Karl Emmanuel als Serenissimus Dux & Cypriorum Rex Dominus Carolus-Emanuel erscheint.191 Ähnlich wie bei den bereits erwähnten portugiesischen Beispielen handelte es sich bei der Eheschließung der Henriette Adelaide von Savoyen mit dem bayerischen Kurprinzen Ferdinand 186 Heinz Duchhardt betont – im Vergleich etwa zum recht raschen Erfolg der Könige in Preußen – den mühsamen Prozess der Anerkennung der königlichen savoyischen Würde, vgl. Duchhardt, Heinz, Der 18. Januar 1701 und die europäische Monarchie, in: Majestas 10 (2002), 151 – 166, bes. 155 f. 187 Vgl. hierzu die zahlreichen Belege bei Oresko, House of Savoy, 274, 277, 310 – 313 u. ö. 188 Vgl. für die diplomatischen Bemühungen zur zeremoniellen Festigung des Aufstiegs Storrs, Christopher, War, Diplomacy and the Rise of Savoy, 1690 – 1720, Cambridge 1999, bes. 122 – 170; zum mächtepolitischen Kontext ders., La politica internazionale e gli equilibri continentali, in: I Savoia. I secoli d’oro di una dinastia europea, hrsg. von Walter Barberis (Biblioteca di cultura storica, 260), Turin 2007, 3 – 47, bes. 21 – 31. 189 Vgl. die Erneuerung der Allianz mit den katholischen Schweizer Kantonen, 14. 04. 1651, Duchhardt/Espenhorst, 1651 IV 14, 4, Bündniserneuerung, www.ieg-friedensvertraege.de/ [14. 10. 2016]; CTS 2, 343: Nos Carolus-Emanuel, Dei gratia Dux Sabaudiae, Chablasii, Augustae, Gebennesii & Montisferrati, Princeps Pedemontium, Marchio Salutiarum, Comes Gebennae, Rotundimontis, Niciae, Aftae & Tendarum, Baro Vaudi & Faucigniaci, Dominus Vercellarum, Marchionatus Cevae, Uneliae & Marri, Marchio in Italia, Sacri Romani Imperii Princeps, Vicariusque perpetuus, Rex Cypri &c. – Der zypriotische Königstitel war somit noch hinter dem Reichsvikariat der Herzöge von Savoyen angeführt. 190 Vgl. etwa den Freundschafts- und Handelsvertrag mit England, 19. 09. 1669, CTS 11, 219 – 221: Hier war nur vom Serenissimus Dux Sabaudiae die Rede. 191 Es handelte sich um den Vertrag zur Schließung der Ehe zwischen dem Kurprinzen Ferdinand von Bayern und Karl Emmanuels Tochter Adelaide von Savoyen, 04. 11. 1650, CTS 2, 250.
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um eine Verbindung mit einem Kandidaten, der nach dem savoyischen ‚Ranking‘ (ungeachtet der wenig zuvor erworbenen Kurfürstenwürde) eine inferiore Position einnahm und daher vom beanspruchten Glanz des alten zypriotischen Königreichs nur profitieren konnte – und dies angesichts der ‚königlichen‘ Ambitionen des Hauses Wittelsbach auch wollte.192 Was immerhin noch deutlich vor Erreichung der sardischen Königswürde gelang, war die Titulierung als Königliche Hoheit in diversen Verträgen. Tatsächlich forcierte Karl Emanuel II. die Bemühungen um die Bestätigung der königlichen Ehren, konnte so etwa 1666 Erfolge in Portugal (auch hier in Verbindung mit einer Heirat) und bei weiteren Kurfürsten des Heiligen Römischen Reiches verbuchen.193 Der Titel der Realis Celsitudo lässt sich 1669 auch in einem Vertrag mit England nachweisen, wenngleich noch nicht als konstante Bezeichnung.194 Ausgerechnet Frankreich aber verweigerte lange Zeit die Anerkennung der königlichen Würde – die Schwester Ludwigs XIII ., Herzogin Marie Christine von Savoyen, bemühte sich als Regentin für ihren minderjährigen Sohn lange um die Akzeptanz, verbuchte aber allenfalls Teilerfolge; andere politische Partner schienen aus französischer Perspektive mehr Aufmerksamkeit zu verdienen.195 William Roosen hat überzeugend argumentiert, dass widersprüchliche Erweise oder der Entzug von Ehren, wie sie vom französischen Hof gegenüber Savoyen praktiziert wurden, ein deutliches Zeichen für die noch ungefestigte Stellung Savoyens unter den europäischen Mächten waren.196 Ludwig XIV., dessen Gesandte schon beim Westfälischen Friedenskongress die zeremoniellen Ansprüche Savoyens sehr kritisch kommentiert hatten,197 ließ auch noch 1682 keine Anstalten erkennen, den Wünschen Savoyens Rechnung zu tragen.198 1690, während des Pfälzischen Krieges, war in einem Bündnisvertrag mit Spanien, vorrangig zur Sicherung Mailands gedacht, der zypriotische Königstitel in der vollen savoyischen Titulatur schon ein gutes Stück nach vorne gerückt und besetzte so nach der Herzogswürde für Savoyen und der Fürstenwürde für das Piemont gleich die dritte Stelle unter den Herrschaftstiteln, begleitet von der 192 Vgl. zu dieser Heiratsverbindung und den damit verbundenen bildlichen Repräsentationen, die den königlichen Rang der savoyischen Prinzessin betonen, Oresko, House of Savoy, 320 – 322. 193 Vgl. Oresko, House of Savoy, 334 – 337. 194 Vgl. wiederum den Freundschafts- und Handelsvertrag mit England, 19. 09. 1669, CTS 11, 219 – 221. – Zum savoyisch-englischen Verhältnis auch Oresko, House of Savoy, 345. 195 Vgl. Oresko, House of Savoy, 306 – 310. 196 Vgl. Roosen, Diplomatic Ceremonial, 464. 197 Vgl. May, Auseinandersetzungen, 438. 198 In Artikeln zur Klärung von Grenzfragen zwischen Frankreich und Savoyen war 1672 allein vom Monsieur le Duc de Savoie die Rede, 27. 04. 1672, CTS 12, 375 f., ebenso im Defensivbündnis Frankreich-Savoyen vom 24. 11. 1682, CTS 16, 283 f.
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Anerkennung Viktor Amadeus’ von Savoyen als Altesse Royale.199 Ähnlich wie bei Portugals Beteiligung am Spanischen Erbfolgekrieg fallen hier titularische Erfolge und das Interesse an einem politischen Bündnis zusammen. Im Hinblick auf die Einbindung Savoyens in die europäische Mächtepolitik hat die Forschung die hohe strategische Bedeutung der Lage der savoyischen Territorien und die daraus resultierende Attraktivität Savoyens als Bündnispartner deutlich hervorgehoben.200 Für Kaiser Leopold I., der nur einen Tag später ein Bündnis mit Viktor Amadeus abschließen ließ, hieß dies freilich noch nichts – der nach seinem Verständnis höchstrangige Fürst der Christenheit betitelte den Vertragspartner schlicht, wie dies auch von französischer Seite geschah, als Serenissimus Dominus Victorius Amadeus secundus Sabaudiae Dux.201 Immerhin aber hatten am Wiener Hof bereits Zugeständnisse im zeremoniellen Umgang erlangt werden können.202 Im Verhältnis mit Frankreich brachten die politischen Konjunkturen den Umschwung – 1696 schlossen Ludwig XIV. und Viktor Amadeus II., der bislang dem antiludovizianischen Bündnis angehört hatte, in Turin Frieden. Der Allerchristlichste König, der seinen Enkel mit Maria Adelaide von Savoyen verheiratete, gestand Viktor Amadeus die vollen königlichen Ehren zu 203 und bezeichnete nun seinen Vertragspartner als Son Altesse Royale de Savoye;204 in der Ratifikation wurde der Herzog als nostre Frere le Duc de Savoye 205 geehrt. Leopold, der dem Ende der Kampfhandlungen zustimmte, blieb beim eben vorgestellten Herzogstitel.206 Die „logistische Unverzichtbarkeit“ Savoyens in den kommenden Jahren und
199 Vgl. den Vertrag von Mailand, 03. 06. 1690, CTS 19, 61: Son Altesse Royale Victor Amedée Duc de Savoye, Prince de Piémont, & Roi de Chypre. Diese Verlagerung des Königstitels nach vorne lässt sich noch mehrfach in den späteren Jahren beobachten, so etwa in der Ratifikation des savoyisch-französischen Friedensvertrages durch Viktor Amadeus II ., 30. 08. 1696, CTS 21, 202: Victor Am[ad]é II. par la grace de Dieu Duc de Savoye, Prince de Piedmont, Roy de Chipre, &c., ebenso im Vertrag von Vigevano mit Spanien und dem Kaiser, 07. 10. 1696, vgl. Duchhardt/Espenhorst, 1696 X 7, 3, Waffenstillstandsvertrag von Vigevano und Geheimartikel, www.ieg-friedensvertraege.de/[14. 10. 2016] (hier italienische Ausfertigung, entsprechend Altezza Realle [sic!]; CTS 21, 225: Victor Amadeo II . por la gracia de Dios, Duque de Saboya, Principe del Piamonte, Rey de Chipre, &c. 200 Vgl. die Charakterisierung bei Duchhardt, Balance of Power und Pentarchie, 194 – 197; Storrs, Politica internazionale. 201 Vgl. den Vertrag von Turin, 04. 06. 1690, CTS 19, 69. 202 Vgl. Oresko, House of Savoy, 344. 203 Vgl. mit weiterführender Literatur Oresko, House of Savoy, 346. 204 Vgl. den Frieden von Turin, 29. 08. 1696, Duchhardt/Espenhorst 1696 VIII 29, 4, Friedensvertrag von Turin, www.ieg-friedensvertraege.de/[14. 10. 2016]; CTS 21, 193. – Vgl. hierzu auch Roosen, Diplomatic Ceremonial, 464. 205 Vgl. Ludwigs XIV. Ratifikation des Friedensvertrags vom 07. 09. 1696, CTS 38, 201. 206 Vgl. Ratifikation Leopolds I. für die Vereinbarungen von Vigevano, 29. 10. 1696, CTS 21, 245.
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Titulaturen in völkerrechtlichen Verträgen, 1648 – 1748
Jahrzehnten schuf für savoyische Anliegen ein günstiges Klima.207 Auch der Kaiser schwenkte schließlich auf den ‚königlichen Kurs‘ ein: Im Bündnisvertrag, der wenige Jahre später die Unterstützung Savoyens im Spanischen Erbfolgekrieg sicherte, erschien Viktor Amadeus als Regia Celsitudo.208 Von nun an häuften sich die Belege für die Zuerkennung des Titels Königliche Hoheit in völkerrechtlichen Verträgen.209 Die nach dem Erbfolgekrieg 1713 mit dem Frieden von Utrecht erlangte sizilische beziehungsweise 1720 per Tausch übertragene sardische Königswürde wurde im Gegensatz zur – von der realen territorialen Verfügungsgewalt her gesehen – ‚virtuellen‘ zypriotischen Königswürde in der europäischen Fürstengesellschaft nicht angezweifelt.210 Das Königreich Zypern, das bislang die Ansprüche auf eine königsgleiche Stellung gestützt hatte, trat nun wieder weiter in den Hintergrund. In den Folgejahren war meist der Rex Sardiniae, unter Auslassung weiterer Herrschaftstitel, zur Kennzeichnung des erlangten Status ausreichend, und nun war in der Titulatur auch das wichtigste Zeichen der Würde eines souveränen gekrönten Herrschers zu finden: Majesté.211 1743 schließlich ist im Vertrag von Worms, der zu Maria Theresias großem Unmut auf englischen Druck hin Gebietsabtretungen an Sardinien festhielt, auch das Sérénissime & Très-Puissant zu finden, ebenso später im Frieden von Aachen 1748.212 In der Ratifikation dieses Friedensschlusses, dem Sardinien aus später noch zu erläuternden Gründen nur beitrat, ist bei der Aufzählung der Herrschaftstitel Karl Emmanuels Zypern nun an die zweite Stelle hinter Sardinien getreten – Zypern hatte seinen Zweck erfüllt und wurde sozusagen wieder zurück in die zweite Reihe des Herrschertitels gestuft.213
207 Vgl. Duchhardt, 18. Januar 1701, 160 f., Zitat 160. 208 Vgl. Vertrag von Turin, 08. 11. 1703, Duchhardt/Espenhorst 1703 XI 8, 6, Bündnis von Turin gegen Frankreich, www.ieg-friedensvertraege.de/[14. 10. 2016]; CTS 24, 484. 209 Vgl. etwa Beitrittserklärung und Garantievertrag (mit England) vom 04. 08. 1704, CTS 25, 99; der savoyisch-niederländische Vertrag vom 21. 01. 1705, CTS 25, 218. 210 Vgl. zum Kontext der Rangerhöhungspolitik in Italien Schnettger, Rang, Zeremoniell, Lehnssysteme, 185 f. – Für den Übergang vom sizilischen zum sardischen Königtum vgl. Girgenti, Anna, Vittorio Amedeo II e la cessione della Sardegna. Trattative diplomatiche e scelte politiche, in: Studi storici 35 (1994), 677 – 704. 211 Vgl. etwa den Beitritt Sardiniens zur Quadrupelallianz, 18. 11. 1718, Duchhardt/Espenhorst, 1718 XI 8_X 28 Beitritt zur Quadrupelallianz von London, www.ieg-friedensvertraege.de/ [14. 10. 2016]; CTS 30, 470. 212 Vgl. Vertrag von Worms, 13. 09. 1743, Duchhardt/Espenhorst 1743 IX 13, 2, Bündnisvertrag von Worms, www.ieg-friedensvertraege.de/[14. 10. 2016]; CTS 37, 187; Friede von Aachen, 18. 10. 1748, Duchhardt/Espenhorst, 1748 X 18, 4, Friedensvertrag von Aachen, www.iegfriedensvertraege.de/[14. 10. 2016]; CTS 38, 302. 213 Vgl. Ratifikation des Friedens von Aachen, 20. 11. 1748, CTS 38, 356.
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2.5.7 Portugal im 17. und 18. Jahrhundert – das Königtum der Braganza im Spiegel der Titulatur Der portugiesische Aufstand gegen die spanische Herrschaft brachte 1640/41 Johann IV. von Braganza als König aus altem portugiesischem Herrschergeschlecht auf den Thron. Der Kampf gegen Philipp IV. von Spanien dauerte im spanischportugiesischen Grenzland noch über Jahre hinweg an. Johanns IV. Versuche, bei den westfälischen Friedensverhandlungen in Münster und Osnabrück mithilfe seiner Bündnispartner als rechtmäßiger König von Portugal und als Verhandlungspartner Anerkennung zu finden, werden im Rahmen der Fallstudien noch ausführlich dargestellt werden. Insgesamt wurden 156 Titulaturbelege für Portugal untersucht. Bei den hier analysierten Verträgen ist zu beachten, dass Portugal, das im 17. Jahrhundert nicht mehr an seine machtvolle Stellung im 15. und 16. Jahrhundert anknüpfen konnte, zum einen nicht sehr häufig in gedruckte Vertragssammlungen aufgenommen wurde und dass es sich zugleich bei den erfassten Verträgen häufig um Heiratsverträge handelt. Ein näherer Blick auf die Heiratsverträge ermöglicht gerade in diesem Fall jedoch einige aufschlussreiche Befunde. Portugals Position blieb bis zur erwähnten vertraglichen Einigung mit Spanien in den 1660er Jahren heikel; gleichwohl erkannte eine Reihe von Mächten (die mit Spanien verfeindet waren) sehr rasch die Herrschaft Johanns IV . über das einstmals mächtige Portugal an, das nach wie vor über attraktiven Kolonialbesitz in Südamerika wie auch in Asien verfügte.214 Die Betonung der historischen wie tatsächlichen Einflussgebiete zeigen auch die Herrschaftstitel in der Titulatur der portugiesischen Könige, wie sie vor allem in Ratifikationsurkunden und Heiratsverträgen angeführt wurden. Auch noch 1708 wurde König Johann V. als Joannes dei gratia Rex Portugalliae, et Algarbiorum citra, et ultra mare in Africa Dominus Guineae, Conquisitionis, Navigationis et Commercii Aethiopiae, Arabiae, Persiae, Indiaeque &c.215 bezeichnet. Der Majestas-Titel als Zeichen für den souveränen Herrscher wurde für Johann IV. schon 1648 in einem Vertrag mit der eben erst offiziell von Spanien unabhängig gewordenen niederländischen Republik verwendet; in den Folgejahren entwickelte sich aber zwischen den beiden Handelsmächten ein heftiger Konflikt um Einflusszonen, besonders in Südamerika.216 214 Vgl. hierzu ausführlicher im dritten Teil Kap. 3.1. 215 Vgl. den (ersten) Heiratsvertrag mit Spanien, 24. 06. 1708, CTS 26, 187. – Zur zeitgenössischen Erklärung der Herrschaftstitel und Beinamen vgl. Lünig, Theatrum ceremoniale, Bd. 2, 87. 216 Vgl. den Vertrag von Den Haag, 28. 10. 1648, CTS 1, 371. – Zum niederländisch-portugiesischen Verhältnis vgl. im Überblick Labourdette, Jean-François, La diplomatie portugaise au temps de Westphalie, in: L’Europe des traités de Westphalie. Esprit de la diplomatie et diplomatie de l’esprit, hrsg. von Lucien Bély, Paris 2000, 567 – 578.
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Titulaturen in völkerrechtlichen Verträgen, 1648 – 1748
Bis zum Jahr 1662 sollte es dauern, bis dem portugiesischen König weitere Prädikate zugestanden wurden als nur dasjenige eines Serenissimus – das, wie oben bereits gezeigt, auch unterhalb des königlichen Ranges vergeben werden konnte. Wieder waren es die Niederlande, die hier – mit einer sehr bezeichnenden, ungewöhnlichen Betitelung – ein weiteres Prädikat einbrachten, indem in der niederländischen Ratifikation zum Frieden von Den Haag (1661) der nun regierende Alfons VI. zum Serenissimum ac Praepotentem Dominum Alphonsum, ejus nominis sextum, Lusitaniae, Algarvae Regem, &c.217 gemacht wurde. Praepotens (‚sehr mächtig‘) war das gewährte Prädikat – aber nicht Potentissimus. Bei den üblichen königlichen Prädikaten war Alfons VI. also noch nicht angekommen. Zugleich kommt Praepotens als königliches Prädikat in keinem anderen der für diese Untersuchung erschlossenen Verträge vor. Als Potentissimus wurde Alfons VI . schließlich 1666 bezeichnet, rund 20 Jahre nach der Loslösung von Spanien, kurz nach der vertraglichen Bestätigung der Unabhängigkeit durch Spanien. Der Beleg findet sich in dem Heiratsvertrag, der vor Alfons’ Verehelichung mit Marie Françoise Elizabeth von Savoyen abgeschlossen wurde. Zumindest königsgleiche Würden strebten auch die Kurfürsten des Heiligen Römischen Reiches an – der zweite Beleg für die Benennung als Potentissimus stammt aus einem Vertrag mit dem pfälzischen Kurfürsten Philipp Wilhelm. Gegenstand war auch hier ein Heiratsvertrag, der der Verbindung zwischen König Pedro II . und der Tochter des Kurfürsten, Maria Sophia Elisabetha, vorausging.218 Seitens einer führenden königlichen Macht Europas wurde dem König von Portugal erst im Jahre 1701 das Potentissimus-Prädikat zuerkannt – in einem Bündnisvertrag Portugals mit Frankreich.219 Portugal wechselte in diesem Konflikt verhältnismäßig rasch die Seiten und war knapp zwei Jahre später im Lager der antiludovizianischen Koalition zu finden – auch in diesem Bündnisvertrag waren nun Serenissimus ac Potentissimus die üblichen Prädikate.220 Von diesem
217 Vgl. die niederländische Ratifikation vom 24. 11. 1662, CTS 6, 394. 218 Die Rede war im Vertrag von Serenissimum ac Potentissimum Principem Dominum Petrum Secundum Dei gratia Portugaliae Regem, & Algarbiorum citra & ultra mare in Africa, Dominum Guineae, Conquisitionis, Navigationis, Commercii Aethiopiae, Arabiae, Persiae, Indiaeque & c., vgl. Vertrag von Mannheim, 22. 05. 1687, CTS 18, 123. 219 Vgl. den Vertrag von Lissabon, 18. 06. 1701, CTS 23, 437: Serenissimo e Muito Poderoso Principe Dom Pedro II, outro sim por Graça de Deus Rei de Portugal e dos Algarves &c. 220 Vgl. Vertrag von Lissabon 16. 05. 1703, Duchhardt/Espenhorst, 1703 V 16, 3, Offensiv- und Defensivallianz von Lissabon, www.ieg-friedensvertraege.de/[14. 10. 2016]; CTS 24, 377: Serenissimum ac Potentissimum Petrum II . Portugalliae Regem. Auch Kaiser Leopold I. und Königin Anna von England wurden im Vertrag nur mit diesen beiden Prädikaten ausgezeichnet.
Vertragsauswertungen zu einzelnen Mächten
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eitpunkt an wiederholen sich derartige Befunde.221 Eine letzte Variation in dem Z hier beobachteten Zeitraum findet sich schließlich nochmals in einem Heiratsvertrag, abgeschlossen für die Ehe Johanns V. mit Prinzessin Maria Anna von Spanien im Jahr 1727. Diesmal wurde die superlativische Prädikatreihe um eine dritte Komponente erweitert, war doch hier die Rede vom muy alto, muy excelente, y muy poderoso Principe Don Juan Quinto por la gracia de Dios Rey de Portugal.222 Der Herrscher Spaniens gestand damit dem portugiesischen König, einem Nachfahren des ‚Rebellen‘ Johann IV., auch noch den Titel Excellentissimus zu. An der portugiesischen Titulatur lässt sich besonders gut nachvollziehen, dass Titulaturen schrittweise ‚aufgebaut‘ und im Laufe der Zeit mit mehr und mehr ehrenden Beiwörtern versehen werden konnten. Dieser Befund legt den Schluss nahe, mit dem Sprachgebrauch sollte zugleich eine wachsende Integration in den Kreis der europäischen Potentaten signalisiert werden– oder zumindest ein wachsendes Bewusstsein, einen gar nicht so unbedeutenden Partner vor sich zu haben, gerade in den großen militärischen Auseinandersetzungen des Kontinents wie im Spanischen Erbfolgekrieg. Den titularisch äußerst bescheidenen Ausgangspunkt der portugiesischen Machtposition in Europa wird das bereits erwähnte Fallbeispiel zur Rolle Portugals auf dem Westfälischen Friedenskongress näher beleuchten. 2.5.8 Kurzes Resümee Nach Konsultation der frühneuzeitlichen Werke zum Titulaturwesen und nach Berücksichtigung der quantitativen Befunde der hier eruierten Titulaturen bestätigt sich, dass es im Grunde drei Varianten der Positionierung europäischer Mächte waren, die sich über Titulaturen deutlich abbilden lassen: erstens die zunehmende Zuteilung bestimmter Prädikate, die nach der Grammatik des Titulaturgebrauchs Symbole des Aufstiegs waren – für Herrscher, die sich mit neuen königlichen Würden unter den gekrönten Souveränen zu etablieren trachteten; zweitens die Abwehr titularischer Zugeständnisse für solche ‚Aufsteiger‘ durch Mächte, die ihre eigene Position durch diesen Aufstieg bedroht sahen. Drittens schließlich die graduelle Abnahme des Prädikatsgebrauchs für die Kaiser, die ihre Sonderrolle mehr und mehr bedroht sahen und ihrerseits wachsende Zugeständnisse an die europäischen gekrönten Häupter im Allgemeinen machten, wie an der Vergabe des Majestas-Titels zu sehen ist. 221 Vgl. etwa die Handelsverträge mit England und den Niederlanden, 27. 12. 1703, CTS 25, 39 bzw. 07. 08. 1705, Duchhardt/Espenhorst, 1705 VIII 7, 3, Handelsvertrag von Lissabon, www.ieg-friedensvertraege.de/[14. 10. 2016]; CTS 25, 301. 222 CTS 32, 481.
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Titulaturen in völkerrechtlichen Verträgen, 1648 – 1748
Die bislang vorhandene Forschung zum Titulaturgebrauch, die in diesem Kapitel eingebunden wurde, betont, dass der Gebrauch bislang nicht verwendeter Titulaturen ‚Verhandlungssache‘ war, eine mühevolle Angelegenheit, deren häufig nur graduelle Fortschritte in hohem Maße von den jeweils aktuellen politischen Konstellationen abhängig waren. In gewisser Weise waren Titulaturen hier Teil eines ‚Belohnungssystems‘, mit dem auch mächtepolitisch erwünschtes Verhalten honoriert werden konnte. Auffällig sind einige Koinzidenzen zweifellos, man denke hier etwa an die Bezeichnung Cromwells als trés-invincible im Geheimvertrag mit Frankreich, das dringend englische Militärhilfe nötig hatte. Besonders die Langzeitbetrachtung der portugiesischen wie der savoyisch-sardischen Titulatur legt die schrittweise erfolgende Repräsentation wachsender Integration – und wachsender bündnispolitischer Bedeutung – durch titularische Zugeständnisse nahe, wie sie in der Forschung bereits anhand von Einzelbelegen als These geäußert wurde.223 Die vergleichende quantifizierende Betrachtung hat, dem verbreiteten Streben kleinerer Mächte nach ihrer „Monarchisierung“ 224 entsprechend, einzelne königliche Prädikate – Majestas, Potentissimus – als begehrte Titel identifiziert, die teilweise erst nach Jahren von einer größeren Zahl von Vertragspartnern verwendet wurden. Die Frage nach der Attraktivität bestimmter Prädikate ist für die Interpretation der Fallbeispiele im Auge zu behalten. Ob jedoch allein die Angleichung beim Gebrauch bestimmter Prädikate schon ein Hinweis darauf ist, dass ‚Gleichheit‘ durchgesetzt wurde, kann allein die genauere Betrachtung von Einzelfällen erweisen, die aus der Überlieferung den Verlauf von und die Argumentation während der Verhandlungen um Verträge und Titulaturen zu rekonstruieren versucht. Nur an der eingehenden Analyse von Beispielfällen ist auch zu erschließen, welche Bedeutung einer Titulatur zu einem gegebenen Zeitpunkt (noch) beigemessen wurde. Im dritten Teil der Untersuchung stehen daher Einzelbeispiele in der Situation des dynastischen Umbruchs im Vordergrund; nicht zuletzt soll hier auch versucht werden, über den Gebrauch von Titulaturen hinaus weitere Elemente der formalen Gestaltung völkerrechtlicher Verträge in den Blick zu nehmen, um zum einen Titulaturen als Teil eines größeren Spektrums von Möglichkeiten einzuordnen, Aussagen zu spezifischen Mächtekonstellationen zu treffen und um zum anderen die Aussagemöglichkeiten der Quelle ‚völkerrechtlicher Vertrag‘, gerade auch im Vergleich mit anderen Medien, die Titulaturen gebrauchten, weiter auszuloten. 2 23 Vgl. hier besonders Oresko, House of Savoy. 224 Vgl. zum Begriff der „Monarchisierung“ Duchhardt, Heinz, Die preußische Königskrönung von 1701. Ein europäisches Modell?, in: Herrscherweihe und Königskrönung im frühneuzeitlichen Europa (Schriften der Mainzer Philosophischen Fakultätsgesellschaft, 8), hrsg. von dems., Wiesbaden 1983, 82 – 95.
3 Die Titulatur des neuen Herrschers: vier Fallbeispiele
3.1 Portugal um 1648: König Johann IV. von Braganza und der Streit um den wahren Rex Lusitaniae 3.1.1 Der portugiesische Thronstreit und der Westfälische Friedenskongress Durch eine Adelsrevolte erlangte 1640 Johann IV. von Braganza, mit dem 1580 ausgestorbenen portugiesischen Herrschergeschlecht der Avis verwandt, die Herrschaft in Portugal. Damit beendete er die rund 60 Jahre andauernde Personalunion Portugals mit Spanien. König Philipp II. von Spanien hatte diese nach dem Tod des kinderlosen Königs Sebastian von Portugal (1578) und dessen Großonkel und Nachfolger Henrique (1580) nach rund zweijährigen Thronkämpfen begründet.1 Hintergrund der Revolte gegen die Herrschaft der Habsburger über Portugal war eine sich seit den 1620er Jahren verstärkende antispanische Stimmung – eine schwere wirtschaftliche Krise und wachsender Steuerdruck hatten den Unmut über die spanische Herrschaft gemehrt. Zwangsaushebungen von Truppen zur Bekämpfung eines Aufstandes in Katalonien, die den adeligen Landbesitzern die Arbeitskräfte auf ihren Gütern zu rauben drohten, bereiteten dem Erfolg der adeligen portugiesischen Aufständischen den Weg. Johann von Braganza, der sich nach einigem Zögern an die Spitze der Bewegung stellte und sich rasch die Unterstützung der portugiesischen Ständeversammlung (cortes) und der Verwaltungsorgane sichern konnte, bezog seine dynastische Legitimation und Popularität aus der Verwandtschaft mit dem Königsgeschlecht der Avis; gleichwohl hatte Johann es noch jahrelang mit einer starken Opposition von Unterstützern Philipps IV. zu tun, die von der spanischen Herrschaft über Portugal seit 1580 profitiert hatten und nicht bereit waren, die Seiten zu wechseln.2
1 Vgl. Disney, Anthony R., A History of Portugal and the Portuguese Empire. Bd. 1: From Beginnings to 1807, Cambridge 2009, 192 – 197, 218 – 224. 2 Zur Bewertung der portugiesischen Erhebung im Kontext des Dreißigjährigen Krieges vgl. den Überblick bei Sánchez Marcos, Fernando, Freiheitsbestrebungen in Katalonien und Portugal, in: Bußmann, Klaus/Schilling, Heinz (Hrsg.), 1648. Krieg und Frieden in Europa [Ausstellungskatalog], Textband I: Politik, Religion, Recht und Gesellschaft, München 1998, 207 – 214; zur Bewertung der Ereignisse und der Persönlichkeit Johanns IV. im Überblick Labourdette, Jean-François, Histoire du Portugal, Paris 2000, 317 – 333; eine detaillierte Darstellung der Spätphase der spanischen Herrschaft findet sich – mit einem rechtshistorischen Schwerpunkt – bei Schaub, Jean-Frédéric, Le Portugal au temps du comte-duc d’Olivares (1621 – 1640). Le conflit des jurisdictions comme exercice de la politique (Bibliothèque de
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Die Titulatur des neuen Herrschers
Mit dem Aufbau einer eigenen Flotte, einer eigenen Armee und einer Gruppe zuverlässiger diplomatischer Vertreter sah sich Johann IV. auch auf außenpolitischem Sektor gewaltigen Herausforderungen gegenüber; die Kämpfe gegen spanische Truppen sollten sich noch über mehr als 20 Jahre als begrenzte Gefechte an der spanisch-portugiesischen Grenze hinziehen. Unter den geschilderten Einschränkungen kann es kaum verwundern, dass Johann IV . mit seinen begrenzten finanziellen Mitteln an einer defensiven militärischen Strategie festhielt.3 Obwohl die Kurie, an einer weiteren Schwächung der katholischen Vormacht Spanien angesichts des Dreißigjährigen Krieges nicht interessiert, das Königtum des ‚Rebellen‘ Johann nicht akzeptierte und die Anerkennung durch katholische Mächte mit einer Bannandrohung belegte, erlangte Braganza relativ rasch die Akzeptanz seiner Herrschaft durch mehrere europäische, namentlich durch mit Spanien verfeindete Staaten, insbesondere durch Frankreich und durch Schweden, das auch Waffen nach Portugal lieferte.4 Um in den Kreis der europäischen Könige integriert und als Herrscher Portugals bestätigt zu werden, unternahm Johann IV . zahlreiche diplomatische Anstrengungen. Als ideales Forum für diese Bemühungen musste ihm die bislang größte Versammlung von Vertretern europäischer Herrschaftsträger der Neuzeit erscheinen, die westfälischen Friedensverhandlungen von Münster und Osnabrück ab 1643. Gelänge es ihm, die Zulassung seiner Gesandten zum Westfälischen Friedenskongress als Plenipotentiarii und die Einbindung des neuen portugiesischen Königtums in den Friedensvertrag zu erreichen, könnte Johann dies als Anerkennung seines Königtums in Europa betrachten;5 das Ziel einer pax generalis als Ergebnis der westfälischen Verhandlungen bot in der Tat die Möglichkeit, den Kreis der Verhandlungspartner über die unmittelbar am Dreißigjährigen Krieg beteiligten Parteien hinaus zu erweitern.6 Bei der Einbindung des neuen portugiesischen Herrschers in den Friedensvertrag sollten die Art und Weise dieser Inklusion – schlicht: die genaue Formulierung der Titulatur Johanns IV. als Ausweis seiner neuen Würde und des anzuerkennenden Herrschaftsanspruchs – eine entscheidende Rolle spielen. Allein schon die Etablierung des diplomatischen Austauschs mit anderen europäischen Mächten hatte sich in den ersten Jahren der Regentschaft Braganzas als schwierig erwiesen: Mit nur wenigen erfahrenen Kräften ausgestattet, requirierte
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la Casa de Velázquez, 18), Madrid 2001. Bewertungen der neueren Forschung zusammenfassend auch bei Disney, Portugal, 216 – 224. Hierzu insbesondere Disney, History of Portugal, 225 f. Vgl. Mellander, Karl/Prestage, Edgar, The Diplomatic and Commercial Relations of Sweden and Portugal, Watford 1930, bes. 38. Vgl. Labourdette, La diplomatie portugaise, 576. Vgl. hierzu APW III B 1/2, 130 – 133 (Kommentierung Repgen).
Portugal um 1648
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König Johann seine Gesandten vorrangig aus dem Kreis prominenter adeliger Unterstützer seiner Erhebung gegen Philipp IV . und aus Juristenkreisen.7 Die außenpolitischen Bemühungen mussten vor allem darauf konzentriert werden, Bündnisgenossen gegen Spanien zu sichern – sobald Spanien an einer seiner Fronten Entlastung verspürte, war mit heftigeren Kämpfen im spanisch-portugiesischen Grenzraum zu rechnen. Johann war daher zu vertraglichen Zugeständnissen bereit, sowohl gegenüber den Handelskonkurrenten England und den Niederlanden als auch gegenüber Frankreich. Die Verhandlungsergebnisse erwiesen sich jedoch als mager: Mit England, das im Konflikt zwischen Karl I. und dem Parlament auf einen Bürgerkrieg zusteuerte, kam 1642 lediglich ein Handelsvertrag zustande; der Waffenstillstand mit den Niederlanden von 1641 – im Gegenzug für beträchtliche Handelsvorteile – war ein Befriedungsversuch von bescheidener Haltbarkeit.8 Auf die französische Krone als den mächtigsten Gegner Spaniens, der unmittelbar an der Bindung spanischer Truppen durch den portugiesischen Aufstand gelegen sein musste, setzte Johann anfänglich große Hoffnungen, doch erwies sich die Partnerschaft früh als ungleich und zwiespältig: 1641 behielt Frankreich sich die Möglichkeit eines Separatfriedens mit Spanien vor – was umgekehrt Johann IV . nur mit französischer Billigung möglich sein sollte.9 Dass das niederländisch-portugiesische Verhältnis ungeachtet des Waffenstillstands höchst prekär blieb, war ein weiterer Grund für Kardinal Richelieu, nicht durch eine kompromisslos proportugiesische Politik aufzufallen und damit die Niederlande als Partner im Kampf gegen Spanien zu verprellen.10 Der frühe Tod Ludwigs XIII., die anschließende Regentschaft der Anne d’Autriche und die innenpolitischen Wirren der Fronde schwächten die Bindung zusätzlich. Bis 1668, bis zur endgültigen Anerkennung des portugiesischen Königs durch Spanien, blieb Johann IV. wie auch seine Nachfolger Alfons VI. und Pedro II., so Jean-François Labourdette, Schachfiguren im französisch-spanischen Spiel; die französischen Bestrebungen, aus dem portugiesisch-spanischen Konflikt mit möglichst geringem Risiko den
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Vgl. im Überblick Labourdette, La diplomatie portugaise, 567 – 569. Vgl. ebenda, 570; Disney, History of Portugal, 226 f. Vgl. Labourdette, La diplomatie portugaise, 570 f. Dies wird betont bei Tischer, Anuschka, Französische Diplomatie und Diplomaten auf dem Westfälischen Friedenskongress. Außenpolitik unter Richelieu und Mazarin (Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte, 29), Münster 1999, 199, 349. – Vgl. schon die Reaktion Ludwigs XIII. auf Richelieus Vorlage über die Friedensbedingungen, 02. 01. 1642: Comme le Roy n’est point obligé à la protection du Portugal par aucun Traité, Sa Majesté veut demeurer libre de l’assister. APW I/1 Nr. 2, 23. Entsprechend wurde dann die Zusatzinstruktion für die französische Gesandtschaft in Münster 1642 formuliert, vgl. APW I/1 Nr. 11, 154 – 156.
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Die Titulatur des neuen Herrschers
maximalen Nutzen zu ziehen, bildeten eine Konstante im französisch-portugiesischen Verhältnis.11 Dies war die außenpolitische – und nicht eben günstige – Ausgangslage für die Entsendung von Vertretern Johanns von Braganza zum Westfälischen Friedenskongress ab 1643. Johanns energische Bemühungen werden in einem Brief deutlich, den er 1643 an seinen Gesandten in Paris, den Grafen von Vidigueira schrieb – er wolle schließlich nicht der einzige Fürst sein, der noch weiter im Kriegszustand verharre.12 Auch der französische Partner sah durch die Beteiligung am Friedenswerk für den neuen portugiesischen Herrscher eine wichtige Möglichkeit, von den europäischen Mächten als considérable wahrgenommen zu werden.13 Was Johann definitiv durch seine Gesandten verhindert wissen wollte, war eine von den Spaniern angestoßene Diskussion der Rechtmäßigkeit seiner Herrschaft über Portugal auf dem Friedenskongress – ihm ging es ausschließlich um die völkerrechtliche Bestätigung seiner Position durch die Zulassung seiner Gesandten und die Integration in die Friedensinstrumente; alles andere bedeutete eine unerwünschte zusätzliche Gefährdung seiner Herrschaft.14 Wie unrealistisch eine solche Haltung war, sollte sich sehr rasch herausstellen. Klare Vorstellungen hatte Johann IV. auch von den Präzedenzregelungen im Falle des Aufeinandertreffens seiner Bevollmächtigten mit den Diplomaten anderer europäischer Herrscher: Nach dem Gesandten des Papstes, des Kaisers, Frankreichs, Spaniens sollte unmittelbar der portugiesische Vertreter folgen. Damit versuchte Braganza offensichtlich an die an der Kurie aufgestellte Rangordnung von 1504 anzuknüpfen, die rund 140 Jahre zuvor einem – noch weitaus mächti 11 Vgl. Labourdette, La diplomatie portugaise, 571 f.; Zitat: „le Portugal n’était qu’un pion dans son jeu contre la maison d’Autriche“ (571). – Pedro Cardim stuft die portugiesischen Versuche, gesicherte französische Unterstützung zu erlangen, ebenfalls als „nothing but frustrating“ ein, setzt aber gleichwohl bei der portugiesisch-französischen Allianz von 1666 eine Zäsur, nicht erst im Jahr 1668. Dazu Cardim, Pedro, „Portuguese Rebels“ at Münster. The Diplomatic Self-Fashioning in mid-17th Century European Politics, in: Der Westfälische Friede. Diplomatie – politische Zäsur – kulturelles Umfeld – Rezeptionsgeschichte (Historische Zeitschrift: Beihefte, N. F., 26), hrsg. von Heinz Duchhardt, München 1998, 293 – 333. 12 Zur Korrespondenz Johanns IV . mit dem Grafen von Vidigueira vgl. Labourdette, La diplomatie portugaise, 573. 13 So lautete 1644 die Formulierung in der Instruktion für den französischen Sonderbotschafter in Lissabon, Marquis de Rouillac, vgl. Recueil des instructions données aux ambassadeurs et ministres de France depuis les traités de Westphalie jusqu’à la Révolution Française, III: Portugal, avec une introduction et des notes par le vicomte de Caix de Saint-Aymour, Paris 1886, 6. 14 Zu Johanns Instrução secreta für seine Gesandtschaft, die diese Zielvorgaben klar definierte, vgl. Brasão, Eduardo, A acção diplomatica de Portugal no congresso da Vestefália, in: Anais da Academia da História 7 (1942), 491 – 533, hier 500.
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geren – Königreich Portugal eine ausgesprochen attraktive Positionierung zugesprochen hatte.15 Ein weiteres wichtiges Ziel, das er auf dem europäischen Forum des Friedenskongresses zu erlangen suchte, war die Freilassung seines von den Spaniern in Mailand gefangen gehaltenen Bruders Eduard von Braganza. Diese Bemühungen sollten sich als vergeblich herausstellen; Eduard starb 1649, noch immer in spanischer Haft.16 Schon die Bestrebungen, die Gesandten Johanns als Bevollmächtigte ersten Ranges und reguläre Kongressteilnehmer anreisen zu lassen, scheiterten: Kaiser Ferdinand III., seinem spanischen Verbündeten verpflichtet und darauf bedacht, sich durch keine gegnerische Forderung von Spanien trennen zu lassen,17 verweigerte die Zusicherung sicheren Geleits für Johanns Gesandte, so dass letzten Endes nur übrig blieb, unter dem Gefolge befreundeter Mächte nach Westfalen zu gelangen, wie dies Pereira de Castro, der erste Abgesandte Johanns, als Begleiter der französischen Delegation tat.18 Rechtlich begründet war diese Ablehnung mit den Hamburger Präliminarien von 1641, die nur Plenipotentiarii souveräner Herrscher als Verhandlungsführer am Kongress zuließen – dies wurde zur Handhabe gegen Johann IV., der von zahlreichen Mächten, insbesondere vom Kaiser, nicht als König von Portugal anerkannt wurde und so als Rebell gegen Philipp IV. gelten konnte.19 Die portugiesischen Gesandten für Münster (Pereira de Castro, Andrade Leitão) und Osnabrück (Botelho de Morais, Soares de Abreu) hatten also, einmal am Verhandlungsort angelangt, nur die Möglichkeit, vermittelt über die Ver 15 Vgl. Labourdette, La diplomatie portugaise, 574. 16 Eduard nahm als kaiserlicher General am Dreißigjährigen Krieg teil, wurde 1641 angesichts der Nachrichten über die Erhebung seines Bruders gegen die spanische Herrschaft in Donauwörth verhaftet und über mehrere Stationen in spanische Festungshaft verbracht. Die Verhandlungsakten zum Westfälischen Frieden spiegeln die intensiven Bemühungen um die Freilassung Eduards. – Vgl. Cardim, Portuguese Rebels, 299 sowie Rühl, Klaus, Der Leidensweg des Infanten D. Duarte (1605 – 1649) im Spiegel zeitgenössischer portugiesischer Trauerpredigten/Oraçoes fúnebres. Eine „Geschichte“ der Beziehungen zwischen Deutschland und Portugal im Dreißigjährigen Krieg, in: Portugal und das Heilige Römische Reich (16.–18. Jahrhundert), hrsg. von Alexandra Curvelo (Studien zur Geschichte und Kultur der iberischen und iberoamerikanischen Länder, 15), Münster 2011, 31 – 48. 17 Vgl. hierzu auch Ferdinands III. Geheiminstruktion für seinen Prinzipalgesandten Maximilian Graf Trauttmansdorff, Linz, 16. 10. 1645, APW I/1, Nr. 29, 450 f. Explizit wird in diesem Zusammenhang in der Instruktion auch Portugal erwähnt: Hinzuwirken sei auf territoriale Zugeständnisse Spaniens an Frankreich, um die französische Krone zu bewegen, die Unterstützung für Portugal und Katalonien aufzugeben. 18 Vgl. Labourdette, La diplomatie portugaise, 576 sowie Cardim, Portuguese Rebels, 298, 300, 305. – Pereira de Castro reiste nach Ausweis der französischen Quellen als „Edelmann“ unter dem französischen Gefolge, vgl. Tischer, Französische Diplomaten, 93, Fußnote 216. 19 Zu den Hamburger Präliminarien vgl. Dickmann, Fritz, Der Westfälische Frieden, Münster 5 1985, 104 f.
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handlungsführer befreundeter Mächte die Interessen Johanns IV . in Münster und Osnabrück geltend zu machen und weiterhin die Aufnahme als regulär verhandelnde Macht zu beantragen, konterkariert von energischem spanischem Protest – mit kaiserlicher Unterstützung desselben.20 Ein portugiesisches Memorial für die Gesandten der anderen europäischen Potentaten, das in Münster in Umlauf gebracht wurde, sollte auf diesem Nebenweg Einfluss auf die Position der Gesandten nehmen und listete, angefangen mit dem ungarischen Gegenkönig Mathias, eine Reihe von Herrschern und Reichen mit umstrittener Legitimität auf, denen dennoch ein gleichberechtigter Umgang mit anderen Fürsten zugestanden worden war – für Johann IV. wurden entsprechend les mêmes honneurs gefordert, was aber offensichtlich keinen Erfolg zeitigte.21 Früh wurde für den Gesandten Pereira de Castro deutlich, dass die Unterstützung durch die französischen Gesandten, den Herzog von Longueville, den Grafen d’Avaux und Abel Servien, keine sicheren Erfolgsaussichten bot, wenngleich von französischer Seite nicht geplant war, Johann IV., zumal als militärischen Partner im Krieg gegen Spanien, fallen zu lassen.22 Gerade im Hinblick auf Portugal war es in erster Linie Servien, ein Klient Mazarins, der einer risikofreudigeren Verhandlungsstrategie gegenüber Spanien zuneigte. Die französische Delegation selbst offerierte jedoch keine einheitliche Haltung; die Differenzen zwischen d’Avaux und Servien waren notorisch, weshalb der ranghöhere Herzog von Longueville nachträglich zum Leiter der Gesandtschaft gemacht worden war, um die K onflikte zwischen den beiden zu entschärfen.23 Aus den Instruktionen Johanns IV. für seine
20 Vgl. Cardim, Portuguese Rebels, 299. 21 Memoria apresentada aos Ministros do Congresso de Munster, manifestando dever-se admittir n’elle o Embaixador e dar-hle as devidas honras, não obstante haver-se subtrahido este Reino à obediencia de Castella, pore star Dom João IV na posse d’elle; para o que se allegam differentes exemplos, 1643, in: Borges de Castro, Visconde de/Biker, Julio Firmino Judice, Supplemento à colleccao dos tratados, convencoes, contratos e actos publicos celebrados entre a coroa de Portugal e as mais potencias desde 1640, Bd. 9, Lissabon 1872, 100 – 105 (Text: französische Version mit portugiesischer Übersetzung). – Zu den angeführten Beispielen gehören etwa die von Spanien nicht anerkannte niederländische Republik oder das von Spanien beanspruchte Königreich Navarra. – Über das Memorial knapp Mellander/ Prestage, Diplomatic and Commercial Relations, 47. 22 Zu Pereira de Castro vgl. Cardim, Portuguese Rebels, 299 f.; Croxton, Derek/Tischer, Anuschka, The Peace of Westphalia. A Historical Dictionary, Westport/London 2002, 232 f. – Zur Gewichtung der portugiesischen Anliegen auch Rohrschneider, Michael, Der gescheiterte Frieden von Münster. Spaniens Ringen mit Frankreich auf dem Westfälischen Friedenskongreß (1643 – 1649) (Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte, 30), Münster 2007, 383, 395 ff. 23 Zu Serviens Position im Hinblick auf die Portugalfrage vgl. Tischer, Französische Diplomaten, 414; zu den Meinungsverschiedenheiten in der französischen Delegation vgl. ebenda, 100, 134 – 157.
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Diplomaten sprach der klare Wille, sich – gerade angesichts der vagen Aussichten auf eine wirksame französische Unterstützung – nicht zum Vasallen Frankreichs machen zu lassen; Johann sprach in diesem Zusammenhang davon, er wolle durch ungleiche Verpflichtungen nicht seine (noch junge) königliche Autorität gefährdet sehen.24 Entsprechend erwiesen sich weitere Verhandlungen um eine vertragliche Festigung der portugiesisch-französischen Beziehungen, ungeachtet der erheblichen portugiesischen Anstrengungen am französischen Hof und eines massiven Geschenketransfers, als ausgesprochen schwierig und waren letzten Endes nicht von Erfolg gekrönt.25 Um so bedeutsamer wurde daher für Johann IV. die Hilfe Schwedens – den Gesandten der Königin Christina sollte es denn schließlich auch zu verdanken sein, dass die gewünschte Integration Portugals in den Friedensvertrag von Osnabrück doch noch realisiert werden konnte. Für den schwedischen Kanzler Axel Oxenstierna standen Handelsinteressen, gerade auch im Hinblick auf den portugiesischen Kolonialbesitz, zunächst deutlich im Vordergrund, wenn es um die Unterstützung Schwedens gegen Spanien und den Kaiser ging. Versuche des portugiesischen Gesandten in Stockholm, in einem Handelsvertrag auch die Vertretung der portugiesischen Interessen beim Kaiser und das Eintreten für Eduard von Braganza definitiv zu verankern, scheiterten jedoch, ebenso wie Versuche, eine Offensiv- und Defensivallianz zu schmieden.26 Immerhin finden sich in der schwedischen Hauptinstruktion von 1641 Anweisungen für das Verhalten der Gesandten Oxenstierna,27 Salvius und Bielke in der portugiesischen Sache. Wie auf der französischen Seite wird klar formuliert, dass die eigenen Interessen an erster Stelle stehen müssten; in Beratungen über die Portugalfrage sollte Frankreich einbezogen werden – und auch die Reichsstände, um zu einer gemeinsamen Position zu gelangen, wie Portugal am besten gestützt werden könne.28 Der Bezug auf andere Mächte, mit denen eine gemeinsame Linie gesucht werden sollte, ist im Vergleich zur französischen Position neu, vor allem im Hinblick auf die deutschen Fürsten. Gerade die Einbeziehung der Reichsstände in die Friedensverhandlungen, um die Frankreich und Schweden sich erfolgreich bemüht hatten, sollte sich im portugiesischen Fall als bedeutsam erweisen. 24 Vgl. Labourdette, Portugal, 330 – 333. 25 Vgl. Labourdette, La diplomatie portugaise, 572 f. – Wie weit die Pflege der Beziehungen mit Frankreich trotz der mäßigen Erfolge gehen sollte, war unter den Gesandten Johanns IV. durchaus umstritten, vgl. hierzu Cardim, Portuguese Rebels, 302 f. 26 Zu den Verhandlungen in Stockholm vgl. Mellander/Prestage, Diplomatic and Commercial Relations, 25 – 38. 27 Johan Oxenstierna (1612 – 1657) war der Sohn Kanzler Oxenstiernas, vgl. Croxton/Tischer, Peace of Westphalia, 217 f. 28 Hauptinstruktion, Stockholm, 05./15. 10. 1641, APW I 1, Nr. 17, 243 f. (Edition des schwedischen Instruktionstextes) bzw. 17a, 302 (deutsche Übersetzung).
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Im Folgenden wird die Untersuchung eben dieser Einbindung des portugiesischen Königs in das Vertragswerk – und das heißt: die Untersuchung seiner Titulierung als portugiesischer Herrscher – vorrangig auf die Argumentationen der direkt verhandelnden Parteien für und wider Johanns IV . Inklusion, das Zustandekommen und die Ausgestaltung des formulierten Kompromisses konzentriert sein. Entsprechend beziehen sich die Ausführungen in erster Linie auf das kaiserliche, schwedische und reichsständische Aktenmaterial, und, soweit von Belang, auf die französisch-spanischen Verhandlungen während des Westfälischen Friedenskongresses. Diese Parteien entschieden allein über die Integration Portugals in die Friedensdokumente und über die vertraglichen Formulierungen – im Gegensatz zu den Gesandten Johanns, denen allein blieb, durch die Aufrechterhaltung des direkten Kontakts mit den Gesandten der befreundeten Mächte indirekt Einfluss auf den Fortgang der Verhandlungen zu nehmen. Einschätzungen Johanns IV . und seiner Gesandten werden daher in geringerem Umfang ergänzend einbezogen. 3.1.2 Der Westfälische Friedenskongress als europäisches Forum und als Austragungsort von Rangkonflikten Der Westfälische Friedenskongress erlangte für die europäische Politik bislang unbekannte Dimensionen: 16 europäische Herrscher, 140 Reichsstände und 38 weitere Herrschaftsträger entsandten ihre Vertreter nach Münster und Osnabrück – dieser „Kongress der Superlative“ 29, das hatte Johann IV. sofort erkannt, bot die große Chance, vor einer in dieser Konstellation wohl nicht so bald wieder zusammentretenden Versammlung der europäischen Mächte als eine der Ihren aufzutreten. Die Gesandtschaften in Westfalen „spiegelten so im Kleinen das gesamte Bezugsgeflecht der europäischen Höfe untereinander“ 30 – und schufen für Johann den ‚Testfall‘ seiner Integration in dieses Geflecht. Gleichwohl war um 1643, als die portugiesischen Planungen für Westfalen einsetzten, noch bei Weitem nicht ausgemacht, ob dieser Kongress tatsächlich die ihm zugedachte Rolle bei der Erarbeitung eines Universalfriedens erlangen würde. Kaiser Ferdinand III. stand auch noch nach Abschluss und Ratifikation des Hamburger Präliminarvertrags von 1641 diesem Friedenskongress ablehnend gegenüber. Doch die desillusionierende militärische Lage für die Kaiserlichen Ende 1644 und erst recht die katastrophale Niederlage gegen die Schweden bei Jankau im Frühjahr 1645 führten zu einer Änderung der kaiserlichen Strategie – 29 Kampmann, Christoph, Europa und das Reich im Dreißigjährigen Krieg. Geschichte eines europäischen Konflikts, Stuttgart 2008, 152. 30 Stollberg-Rilinger, Völkerrechtlicher Status, 160.
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um angesichts der stetig wachsenden Versammlung von Gesandten in Münster und Osnabrück nicht ins Abseits gedrängt zu werden, entsandte Ferdinand mit seinem Geheimen Rat Trauttmansdorff den bis 1647 wichtigsten Mann des Kongressgeschehens und willigte in die Beteiligung aller Reichsstände an den Verhandlungen ein.31 Nach dem Scheitern des Kölner Kongresses hatten die Verhandlungen von Hamburg, die mit dem Präliminarfrieden vom 25. Dezember 1641 endeten, zur Genüge demonstriert, dass von Rang- und Titelstreitigkeiten zwischen den beteiligten Mächten die Gefahr einer langwährenden Blockade des Kongresses ausgehen konnte;32 die Trennung der Parteien nach Konfessionen in zwei Kongressstädten sowie die vorab vereinbarte, wenn auch nur teilweise umgesetzte Verhandlung über Vermittler sollten die Konfliktanlässe möglichst reduzieren.33 Doch es ergaben sich in den Jahren der Verhandlungen in Westfalen immer noch genug Anlässe, bei denen konkurrierende Ansprüche auf Rang und Macht aufeinanderprallten und für Zwischenfälle größerer wie geringerer Bedeutung sorgten.34 Anja Stiglic hat in Detailstudien anhand der Quellen für die Kongressstadt Münster herausgearbeitet, wie bereits die Einzüge der Gesandten „ein Indiz für den repräsentativen Konkurrenzkampf der verschiedenen Mächte“ 35 darstellten, der dann bei Gesandtenvisiten, durch die Teilnahme an – oder das demonstrative Fernbleiben von – Gottesdiensten, Prozessionen und Festveranstaltungen ausgetragen und in seinen Ergebnissen postwendend an die entsendenden Höfe berichtet wurde.36 Das Mediatorenkonzept griff zwar für einen erheblichen Teil der Verhandlungen, bildete jedoch nur einen Teil der Interaktionen zwischen 31 Vgl. Kampmann, Europa und das Reich, 148 – 152. Zu Trauttmansdorff vgl. knapp Croxton/ Tischer, Peace of Westphalia, 297 – 299. 32 Zu Kölner Kongress und Hamburger Präliminarverhandlungen vgl. Hartmann, Anja Victorine, Von Regensburg nach Hamburg. Die diplomatischen Beziehungen zwischen dem französischen König und dem Kaiser vom Regensburger Vertrag (13. Oktober 1630) bis zum Hamburger Präliminarfrieden (25. Dezember 1641) (Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte e. V., 27), Münster 1998, bes. 361 – 382, 479 – 495. 33 Zur Titulatur- und Präzedenzproblematik von Hamburg vgl. Dickmann, Westfälischer Friede, 104 f. 34 Vgl. hierzu in zeitlich übergreifender Perspektive: Rohrschneider, Michael, Friedenskongress und Präzedenzstreit: Frankreich, Spanien und das Streben nach zeremoniellem Vorrang in Münster, Nijmegen und Rijswijk (1643/44 – 1697), in: Bourbon – Habsburg – Oranien. Konkurrierende Modelle im dynastischen Europa um 1700, hrsg. von Christoph Kampmann u. a., Köln u. a. 2008, 228 – 240. 35 Stiglic, Anja, Ganz Münster ist ein Freudental… Öffentliche Feierlichkeiten als Machtdemonstration auf dem Münsterschen Friedenskongreß (Agenda Geschichte, 13), Münster 1998, 84. 36 Vgl. Stiglic, Freudental, bes. 158 – 161, 223 u. ö.
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den Mächten während des Kongresses ab.37 Zeitgenössisch war der Streit um die Ränge und Herrschertitulaturen als Problematik dieses ungekannten europäischen Forums ausgesprochen präsent, wie Wicqueforts Gesandten-Handbuch an mehreren Fällen beispielhaft aufzeigte: Pendant l’Assemblée de Munster, il y eut de grandes contestations sur le rang & sur les titres, qu’on donneroit à l’Empereur & aux deux Rois, de France & d’Espagne, au traitté, & dans les escrits & projets, que leurs Ministres se communiqeroient par les mains des Mediateurs.38 Münster und Osnabrück waren demnach für die Gesandten Johanns IV . – gemessen an der Aufmerksamkeit, die ihnen und ihrer Sache zumindest potentiell zuteilwerden konnte – ein ideales Pflaster mit zahllosen Gelegenheiten, um als Repräsentanten des neuen portugiesischen Herrschers aufzutreten und Kontakte zu europäischen Höfen zu knüpfen. Angesichts des fehlenden offiziellen Gesandtenstatus jedoch sollten sie auf die Unterstützung der französischen und schwedischen Partner angewiesen sein – und sie scheiterten wie erwähnt gleich mit der ersten Demonstration des europäischen Status ihres Herrschers.39 3.1.3 Zurücksetzung von Anfang an: Gefährdungen der portugiesischen Mission in Westfalen Die kaiserliche Weigerung, Johanns IV. Gesandte als Plenipotentiarii mit sicherem Geleit anreisen zu lassen, bedeutete für den König eine empfindliche erste Niederlage seiner Kongresspolitik, die schwerlich auszugleichen war; seine Abgesandten scheinen damit unterschiedlich, zeitweise notgedrungen sehr pragmatisch umgegangen zu sein.40 Der mit dem fehlenden Gesandtenstatus verbundene Verzicht auf einen offiziellen Einzug der portugiesischen Gesandten, wie er den zugelassenen Verhandlungsdelegationen zustand, war der öffentliche, zumindest von Teilen der Gesandtschaft ausgesprochen schmerzlich empfundene Beleg der Zurücksetzung.41 Doch auch die Kommunikation vor Ort wurde durch die kaiserliche Ablehnung stark behindert: Mehrere Versuche der Vertreter Johanns, 37 Vgl. Rohrschneider, Friedenskongreß und Präzedenzstreit. 38 Wicquefort, L’Ambassadeur, Bd. 2, 135. 39 Überliefert ist etwa die Teilnahme Pereira de Castros an zwei Aufführungen eines „Ballet de la Paix“ im Februar 1645, veranstaltet auf Initiative der französischen Gesandten. Bei einem begleitenden Bankett zu einer der Vorstellungen im Hause des Gesandten d’Avaux wurde Pereira zwischen d’Avaux und dem Gesandten Savoyens, Bellezia, plaziert; auch der schwedische Gesandte Rosenhane war mit von der Partie. Vgl. Stiglic, Freudental, 223 – 231, bes. 230. 4 0 Vgl. hierzu Cardim, Portuguese Rebels, 298, 300 f. 41 Insbesondere Andrade Leitão muss die Vorstellung, unter dem Gefolge befreundeter Herrscher zu reisen, als große Schmach empfunden haben, beabsichtigte er doch im Gegensatz zu
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Unterredungen mit den kaiserlichen Gesandten Volmar und Auersperg zu führen, scheiterten.42 Die französischen Gesandten verhielten sich in diesem Konflikt äußerst vorsichtig, fürchteten sie doch, die Verhandlungen mit Spanien könnten sich durch das Gerangel um den Status der portugiesischen Abgesandten zusätzlich verkomplizieren.43 Zu bedenken war für die französische Diplomatie tatsächlich, dass jegliche Vorstöße für Portugal auf dem Kongress, so schon bei einem entsprechenden Versuch im Mai 1644, postwendend mit scharfem spanischem Protest beantwortet wurden, etwa bei der französischen Kritik an der Verwendung des portugiesischen Herrschertitels durch Philipp IV . Erst recht wurde von spanischer Seite abgelehnt, die portugiesische Frage zum Verhandlungsgegenstand zu machen. Auch die kaiserlichen Gesandten mahnten, das Eintreten für Portugal könnte den Verhandlungserfolg gefährden, und verlangten, die französische Unterstützung für Johann IV. einzustellen.44 Zudem war für Frankreich fraglich, wie effektiv der portugiesische Partner spanische Truppen angesichts der defensiven Kriegsstrategie Johanns IV. überhaupt binden konnte und wie hoch sein Wert für französische Zielsetzungen demnach zu veranschlagen war. Die nicht selten widersprüchlichen Nachrichten von der portugiesisch-spanischen Grenze taten also, wie besonders Cardim betont, ein Übriges, um die Beziehungen noch 1644 merklich abkühlen zu lassen. Während die französischen Gesandten also eine offensivere militärische Strategie Johanns IV . anmahnten,45 verlangten Johanns IV . Abgesandte in Münster von d’Avaux und Servien, ebenso in Paris von Staatssekretär Brienne, sich der portugiesischen Sache stärker anzunehmen – die Verstimmung auf beiden Seiten wuchs. 46 Gerüchte über einen bevorstehenden Bruch zwischen Frankreich und Portugal entstanden schließlich noch 1645.47
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seinem früher angereisten Kollegen Pereira de Castro einen pompösen Einzug in Münster – der sich dann freilich nicht realisieren ließ. Vgl. Cardim, Portuguese Rebels, 300 f. Zu Volmar und Auersperg: Cardim, Portuguese Rebels, 300 – 302, 305 mit den entsprechenden Quellenbelegen (vgl. u. a. APW III C 2/1, 276 f.). Vgl. Cardim, Portuguese Rebels, 301. Vgl. ebenda. Die Weisungen aus Paris führten eine unmissverständliche Sprache, so auch die Instruktion vom September 1644 für den Marquis de Rouillac in Lissabon: C’est à quoi doit viser ledit Roi que de s’occuper tout de bon et sans aucun relàche à faire fortement la guerre […]. – Vgl. Recueil des instructions, Portugal, 5. Vgl. Cardim, Portuguese Rebels, 301 – 303. Vgl. Cardim, Portuguese Rebels, 306. – Versuche, Mitglieder der französischen Delegation an Portugal zu binden, wurden jedoch weiterhin unternommen – in diesen Kontext gehört auch das von Anuschka Tischer angeführte Angebot Johanns IV., für die auf dem Kongress geborene Tochter des französischen Unterhändlers Servien die Patenschaft zu übernehmen; Servien schickte daraufhin seine Frau mitsamt der ungetauften Tochter zurück nach Paris,
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Die jüngere Forschung zur französischen Portugalpolitik auf dem Friedenskongress verweist mit Hinblick auf die Pariser Instruktionen für die Verhandlungen von 1643 darauf, dass die Forderungen zugunsten Portugals zwar von Anfang an als „Dispositionsmasse“ zu gelten hatten und den Abschluss eines Friedensvertrags nicht gefährden sollten;48 zugleich wird aber betont, dass insbesondere das Recht auf bewaffneten Beistand Frankreichs für Portugal (Assistenz) nach einem Friedensschluss in Münster auch noch Ende 1647 beharrlich in den Verhandlungen vorgetragen wurde – die Portugalfrage wurde also nicht vorschnell angesichts des spanischen Widerstandes ad acta gelegt, sondern blieb, gerade auch aus verhandlungstaktischen Gründen, ein wichtiger Verhandlungspunkt, traf er doch die Spanier an einer höchst empfindlichen Stelle.49 So verwehrte man sich in Paris und Westfalen von französischer Seite auch mehrfach gegen das portugiesische Drängen auf mehr Engagement; Johann IV. und seine Gesandten in Paris, Münster und Osnabrück mögen, da sie von den Verhandlungen ausgeschlossen blieben, freilich einen ganz anderen Eindruck gewonnen haben.50 Stärker auf die Unterstützung Schwedens in den Osnabrücker Verhandlungen zu setzen, erschien daher aus portugiesischer Sicht als Gebot der Stunde, zumal nach wie vor kein direkter Zugang zu den verhandelnden Parteien zu erlangen war – auch eine Verbindung zu den Vermittlern Chigi und Contarini gelang zunächst nur indirekt über Kleriker, die Eingaben der portugiesischen Gesandten weiterleiteten.51 Die grundlegenden Forderungen, die Johanns Vertreter über die schwedische Delegation durchzusetzen hofften, waren nach wie vor die Freilassung Eduards von Braganza und die Ermöglichung der offiziellen Kongressteilnahme durch entsprechende, absichernde Geleitbriefe.52 Trotz anfänglich hoffnungsvoller Kontakte zum schwedischen Gesandten Oxenstierna konnten die schwedischen
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um diesem ehrenvollen Angebot – und dem damit verbundenen Erwartungsdruck eines Klientelverhältnisses – zu entgehen. Vgl. mit den Quellenverweisen Tischer, Französische Diplomaten, 139, Fußnote 168. Vgl. Tischer, Französische Diplomaten, 208 sowie Rohrschneider, Der gescheiterte Frieden, 85, Zitat ebenda. Zur französischen Verhandlungstaktik und dem Beharren auf der Verbindung zu Portugal vgl. bereits Brasão, Acção diplomatica, 531 f. sowie Rohrschneider, Der gescheiterte Frieden, 330 – 337, 463; Tischer, Französische Diplomaten, 385, 396 – 399. Vgl. Tischer, Französische Diplomaten, 349. – Zur Beurteilung der Erfolge der portugiesischfranzösischen diplomatischen Beziehungen vgl. resümierend auch Ribeiro da Silva, Francisco, D. João IV. O Restaurador, in: História dos Reis de Portugal. Bd. 2: Da Monarquia dual á implantação da República, hrsg. von der Academia Portuguesa da História, Lissabon 2011, 163 – 209, hier 196 f. Vgl. Cardim, Portuguese Rebels, 302. Vgl. hierzu den Bericht des schwedischen Gesandten Adler Salvius an Königin Christina, 24.11./04. 12. 1645, APW II C 1, Nr. 444, 862: Der portugiesische Vorschlag lautete, die Geleitbriefe könnten sine mentione vel regis vel legatorum, allein auf plenipotentiarios regni
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Verbindungen 1645 nicht wie erhofft zu Erfolgen führen. Zudem war der einzige Gesandte Johanns IV . in Osnabrück, Botelho de Morais, noch im Dezember 1644 gestorben; vorerst folgte ihm kein neuer Gesandter nach. Der schwedische Protest gegen die Beschlagnahmung des Leichnams und aller Papiere Morais’ durch Truppen des Bischofs von Osnabrück blieb vorerst die letzte erfolgreiche schwedische Handlung zugunsten der Portugiesen, sieht man von gemeinsamen – erfolglosen – Versuchen mit Frankreich ab, den portugiesischen Vertretern doch noch offiziellen Gesandtenstatus zuzugestehen.53 Pedro Cardim betont, dass Schweden – ebenso wie Frankreich – sich von einer Unterstützung der portugiesischen Interessen mehr Gegenleistungen in Form von kolonialem Besitz in Übersee erhofften, als Johann IV. zu geben bereit war.54 Die Blockadehaltung der spanischen und der kaiserlichen Delegation blieb bestehen – keine Verhandlungen über Portugal, keine Anerkennung der portugiesischen Gesandten.55 Mit der Annäherung der Niederlande an Spanien und dem gleichzeitig wiederaufflammenden portugiesisch-niederländischen Konflikt um Südamerika und Afrika wurde die Lage für Johann IV. 1646/47 eher noch prekärer; nicht einmal das von Frankreich seit 1645 lancierte Projekt eines spanisch-portugiesischen Waffenstillstands wurde von spanischer Seite als Verhandlungsgegenstand akzeptiert.56 3.1.4 Die schwedische Unterstützung und der Weg zur Integration Portugals in den Friedensvertrag Bewegung kam ab 1646 in die portugiesische Angelegenheit, als sich die Verhandlungen zwischen den kaiserlichen und schwedischen Gesandten in einer fortgeschrittenen Phase befanden. Zum Kreis der Akteure, den es zu betrachten gilt, traten nun auch die Kurfürsten und die reichsständischen Vertreter im Fürstenrat – ihre Beteiligung an den Friedensverhandlungen hatten Schweden und Frankreich Kaiser Ferdinand III. abgerungen.57 Zwar deckte sich auch die Mehrheitsmeinung im Fürstenrat, wo 1646 über den erneuten Antrag auf Zulassung der portugiesischen Gesandten diskutiert wurde, mit der ablehnenden kaiserlichen Position; hier war allerdings das Hauptargument, der spanisch-portugiesische
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Lusitaniae ausgestellt sein, um den Kaiserlichen die Entscheidung zu erleichtern – ohne Erfolg. Vgl. Cardim, Portuguese Rebels, 307. Vgl. ebenda, 304. Vgl. ebenda, 307 f. Vgl. ebenda, 310. Vgl. Kampmann, Europa und das Reich, 150 f.
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Konflikt habe nichts mit der Befriedung des Reiches als dem Hauptanliegen der Verhandlungen zu tun und könnte vielmehr den Gang der Verhandlungen empfindlich stören.58 Doch die offizielle Zulassung der portugiesischen Gesandten als Verhandlungsteilnehmer war nicht der einzige Weg, um Johann IV. in die europäische Friedensordnung einzubinden. Vielmehr wurde nun die Möglichkeit, verbündete Mächte in einen Friedensvertrag aufzunehmen, ohne dass sie direkt an den vorausgegangenen Kampfhandlungen beteiligt gewesen waren, zum Eingangstor in das westfälische Friedenswerk – wenn auch ‚nur‘ in Gestalt des Osnabrücker Vertrages zwischen Kaiser und Reich einer-, Schweden andererseits. Fortan sollte es bei der Einbindung Portugals in den Vertrag ganz wesentlich darum gehen, wie und in welcher Form die Benennung eines zwischen zwei Mächten umstrittenen Königtums in einer vertraglichen Regelung erfolgen konnte, die zwischen den Unterstützern beider verfeindeter Parteien ausgehandelt wurde. In einem Entwurf vom Februar 1645 war von den schwedischen Gesandten ein erster, noch sehr grober Plan zu zentralen Friedensartikeln erstellt und an die Königin gesandt worden, der die Inklusion schwedischer Bündnispartner bereits berücksichtigte und Portugal in einer bezeichnenden Formulierung einband: Hac pacificatione ex parte regum et regnorum foederatorum comprehendantur rex regnumque Magnae Britanniae, Lusitaniae, respublica Veneta, foederatum Belgium, princeps Transylvaniae et protestantes Helvetiae cantones.59 Hier wurde also rex regnumque Lusitaniae als adäquate Bezeichnung Johanns IV . als eines der mit Schweden verbündeten, in den Vertrag mitaufgenommenen Reiche oder Herrscher ins Auge gefasst.60 Konkret wurden die Verhandlungen zwischen den schwedischen und den kaiserlichen Gesandten dann 1646; vom Frühjahr 164761 stammen Formulierungen, die aus der Sicht der kaiserlichen Gesandten offenbar höchst interpretationsbedürftig waren: Hac pacificatione comprehendantur, ex parte Serenissimae Reginae 58 Dass der burgundische Vertreter im Fürstenrat noch einmal energisch betonte, Johann IV. und seine Anhänger seien als Rebellen zu betrachten und die Hamburger Präliminarien hätten die Vertretung am Kongress eindeutig auf die Plenipotentiarii begrenzt, vermag hier nicht weiter zu verwundern. – Quelle: Sitzung des Fürstenrates, 26. 02. 1646, Fürstenrat Münster 1646 II 14–IV 28 Kollation [bislang unveröffentlichtes transkribiertes Aktenmaterial der APW -Forschungsstelle, Bonn, Einsicht mit freundlicher Genehmigung der Herausgeber]. 59 Vgl. die Beilage Nr. 6 zum Bericht Oxenstiernas und Salvius’ an Christina, 12./22. 02. 1645, APW II C 1, Nr. 285, 504. 60 Eine Reaktion der Kaiserlichen auf diese erste Überlegung ist nicht zu erschließen; aus der edierten kaiserlichen Korrespondenz wird nicht klar, inwieweit dieser Entwurf des Artikels den kaiserlichen Gesandten überhaupt vorgelegen hat. 61 Vgl. APW III B 1/2, 130 – 133.
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Sueciae, omnes ejus Foederati & Adhaerentes, imprimis Rex Christianissimus […], Rex Lusitaniae […].62 Die Nennung war auch hier, wie im ersten Beispiel, ohne Einbindung eines konkreten Namens des Herrschers eingebracht, aber unter den obwaltenden Umständen unmissverständlich. Einsichtig ist daher, dass sich die kaiserliche Gesandtschaft unter der Führung Maximilian Graf Trauttmansdorffs diesem Ansinnen verweigerte. Entsprechend ergänzte das Instrumentum Trauttmansdorffianum, der wegweisende Vertragsentwurf 63 aus den Händen des kaiserlichen Verhandlungsführers in Osnabrück, im Mai 1647 die Formulierung des vorgeschlagenen Vertragsartikels um einen grundlegenden Vorbehalt. Vom Kaiser könne nur Philipp IV. von Spanien als rechtmäßiger König von Portugal anerkannt werden: Hac pacificatione comprehendantur […], et quamvis ex parte Reginae Sueciae in sequentibus includatur Rex Lusitaniae, tamen Caesareani declarant, quod ipsi nullum alium Regem Lusitaniae agnoscunt praeter Hispaniarum Regem, Philippum hujus nominis quartum.64
Genau dies, eine öffentlich bekundete Zurückweisung der Rechtmäßigkeit seiner Herrschaft, hatte Johann IV. von Anfang an vermeiden wollen. Schweden und Portugal konnten sich damit nicht zufriedengeben, und so wurde der Konflikt um den portugiesischen Thron auf der Kommunikationsebene der Titulatur fortgeführt. Bei der erneuten Vergleichung der kaiserlichen und schwedischen Gesamtentwürfe rund ein Jahr später, die Schweden befanden sich gerade auf dem Vormarsch in Böhmen,65 präsentierten die schwedischen Bevollmächtigten im Juni 1648 eine noch sehr viel klarere Version der Erwähnung des portugiesischen Königs als Rex Lusitaniae Joannes Quartus.66 Mittlerweile war es zu mehreren Zwischenfällen gekommen, die das Verhandlungsklima nicht eben entspannt hatten, gerade auch in der portugiesischen Frage. Spektakulär war im April 1648 der Überfall von Mitgliedern der spanischen Gesandtschaft auf Johanns IV. Gesandten in Münster, Pereira de Castro, gewesen, der beim französischen Diplomaten Abel Servien 62 Projectum Instrumenti Pacis Suecici, 14. April 1647: Meiern, Johann Gottfried von: Acta Pacis Westphalicae Publica. Oder: Westphälische Friedens-Handlungen und Geschichte, Bd. V, Hannover 1735, 467. 63 Vgl. Kampmann, Europa und das Reich, 161 f. 6 4 Hoffmann, Christian Gottfried, Series Rerum Per Germaniam Et In Comitiis A Transactione Passaviensi Ad Ann. MDCCXX. Gestarum, In qua Discordiarum inter utrique religioni addictos origo & progressus enarrantur […] Accedit Liber Secundus […], Frankfurt/M. u. a. 1720, 148. 65 Vgl. Höfer, Ernst, Das Ende des Dreißigjährigen Krieges. Strategie und Kriegsbild, Köln u. a. 21998, 215 f. 66 Vgl. Notae Legatorum Suecicorum ad Instrumentum Pacis Caesareum, 14. Juni 1648, Meiern, Acta Pacis, Bd. V, 938.
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um Schutz hatte nachsuchen müssen.67 Den Friedenskongress begleiteten auch weiterhin die Verhandlungen um das Schicksal Eduards von Braganza, Bruder Johanns IV. Mit den Vertragsentwürfen der Schweden und der Kaiserlichen wurden im Juli 1648 die Reichsstände konfrontiert. In den Stellungnahmen des Kurfürsten- und Fürstenrats zu Osnabrück sind unterschiedliche Strategien zur Erarbeitung eines für alle Seiten annehmbaren Kompromisses festgehalten – sie erweisen zugleich, wie ernst die Signalfunktion der königlichen portugiesischen Titulatur im Vertrag genommen wurde. Von der Diskussion allein um die Aufnahme des portugiesischen Königs beziehungsweise seiner Titulatur in den Vertrag verlagerte sich nun, nachvollziehbar anhand der reichsständischen Sitzungsprotokolle, die Diskussion noch mehr auf die Art und Weise der Formulierung des königlichen Titels. Dass die Reichsstände nun so stark in die Kompromissfindung eingebunden waren, entspricht der Rolle, die ein Teil von ihnen in der Krise der Verhandlungen von 1647 übernommen hatte – veranlasst durch die Abreise des desillusionierten, bislang dominierenden kaiserlichen Gesandten Trauttmansdorff, dessen Vertragsvorlage Frankreich und Schweden nicht folgen wollten. Als Verhandlungsführer blieben die Gesandten Lamberg, Krane und Volmar zurück.68 Fortan wuchs eine konfessionsübergreifend gebildete Gruppe von Reichsständen mehr und mehr in eine zentrale Vermittlerrolle hinein; in diesem Kreis wurde nun auch – neben vielen anderen strittigen Punkten – die Frage der Inklusion Portugals in das Friedenswerk intensiv diskutiert.69 In den Protokollen der Umfragen im Fürstenrat in Osnabrück kam die Formel wieder zu Ehren, die schon in den schwedischen Überlegungen von 1645 festgehalten war, nun aber sehr konkret auf ihre Interpretation durch die verschiedenen Parteien abgeklopft wurde: Die Formel Rex et Regnum Lusitaniae sollte, so Stimmen aus dem Kreis der Reichsstände, die dissimulierende Nennung des portugiesischen Königtums indefinite 70 oder in genere 71 möglich 67 Vgl. Serviens Bericht an Brienne, Münster, 21. April 1648, APW II B 8, Nr. 137, 569 – 572. Zum Hergang resümierend Tischer, Französische Diplomaten, 93. 68 Zu Lamberg und Krane vgl. Croxton/Tischer, Peace of Westphalia, 150 f., 156 f. 69 Dieser reichsständische Rat tagte nun nicht mehr in der anfangs für die Friedensverhandlungen festgelegten konfessionellen Separierung und auch nicht mehr in vollständiger Besetzung, da ein großer Teil der katholischen Mitglieder des Fürstenrats die konfessionelle Kompromisslösung ablehnte. – Zur Integration der Reichsstände in die Verhandlungen von Münster und Osnabrück vgl. zusammenfassend vor dem Hintergrund der neueren Forschung Kampmann, Europa und das Reich, 156, 168. 70 Sitzung des Fürstenrats, Votum Brandenburg-Kulmbach und -Ansbach, 10./20. 07. 1648, APW III A 3/6, Nr. 199, 448. 71 Fortsetzung der Re- und Correlation: Sitzung des Fürstenrats und Plenum, Votum Würzburg, 13./23. 07. 1648, APW III A 3/6, Nr. 202, 486.
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machen.72 Die Vota waren jedoch in dieser Sache nicht einheitlich. Auch Re- und Korrelationsverfahren ließen – unter anderem in dieser Sache – noch einigen Dissens erkennen, da vor allem im Kurfürstenrat anderslautende Vota vorhanden waren,73 die den portugiesischen König ganz aus dem Friedensvertrag ausgeschlossen sehen wollten. Die Rex et Regnum-Lösung wurde zu diesem Zeitpunkt als Präferenz des Fürstenrats bezeichnet (wie die fürstlichen wollten).74 Das salzburgische Direktorium des Fürstenrats fasste schließlich als Ergebnis einer weiteren Sitzung zusammen, man überantworte den Inhalt dieses Vertragsartikels einem Vergleich zwischen kaiserlichen und schwedischen Gesandten.75 Dennoch machte die Formel Rex et Regnum Karriere; sie fand sich tatsächlich in der Kompromissfassung für das Instrumentum Pacis Osnabrugense vom 6. August 1648. Inwieweit die schwedischen Gesandten mit den Vertretern einzelner Reichsstände vor Ort in Osnabrück interagierten, um womöglich diese Lösung zu befördern, konnte nicht erschlossen werden – insgesamt nehmen die schwedischen Korrespondenzen nur spärlich, sehr viel weniger als die kaiserlichen, auf die konkrete Ausgestaltung der Inklusion Bezug. Dass diese Formulierung nun wieder diskutiert wurde, ist auch deshalb plausibel, weil die schwedische Partei selbst im betreffenden Vertragsartikel als Regina Regnumque Sueciae genannt war;76 auch für das dänisch-norwegische Königreich wurde eine entsprechende Formulierung gebraucht.77 Es ist vielleicht nicht nur Zufall, dass diese Lösung – im Grunde eine Entsprechung zu Kaiser und Reich – gerade im Fürstenrat plausibel erschien, wurde 72 Die erste Wortmeldung, die diesen Vorschlag beinhaltete, war das Votum des sachsenaltenburgischen Gesandten, von Brandenburg-Kulmbach bzw. -Ansbach und Würzburg stammen die erläuternden Epitheta, die den Vorteil dieser Lösung verdeutlichen sollten. Mehrere Reichsstände schlossen sich pauschal diesen Vota an. Vgl. hierzu APW III A 3/6, Nr. 199, 443, 454, 456. 73 Vgl. die kurmainzische Zusammenfassung zu den Vota im Kurfürstenrat: [In] § „Ex parte [vero]“ sey regis Lusitaniae nicht zu gedencken. Sitzung des Fürstenrats mit Re- und Correlation zwischen Kurfürstenrat und Fürstenrat, Osnabrück 1648 Juli 11/21, APW III A 3/6, Nr. 200, 463. 74 Fortsetzung der Re- und Correlation zwischen Kurfürstenrat und Fürstenrat: zweite Relation des Kurfürstenrats, Osnabrück 1648 Juli12/22, APW III A 3/6, Nr. 201, 478. 75 In nachfolgenden puncten hette man sich per maiora gedachten fürstenraths […] verglichen […] 14. In § „ex parte“ halte man dafür, daß die Kaiserlichen und königlich Schwedischen sich zu vergleichen. – Fortsetzung der Re- und Correlation zwischen Kurfürstenrat und Fürstenrat: Sitzung des Fürstenrats und Plenum, Osnabrück 1648 Juli 13/23, APW III A 3/6, Nr. 202, 499. 76 Vgl. Meiern, Acta Pacis, Bd. VI, 171 (im Kontext: Ex parte vero Serenissimae Reginae Regnique Sueciae […]), ebenso schon die schwedische Fassung vom Juni, vgl. Meiern, Acta Pacis, Bd. V, 937. 77 Vgl. die schwedische Juni-Fassung, Meiern, Acta Pacis, V, 938.
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doch die Position der Reichsstände wie des Reichstages insgesamt durch die Teilnahme an den westfälischen Verhandlungen und durch den Westfälischen Frieden gestärkt – der betreffende Reichsverfassungsartikel VIII IPO war zu diesem Zeitpunkt bereits geklärt.78 Die portugiesische Verfassungswirklichkeit dieser Zeit traf die Formel zudem durchaus, war doch Johann IV. von der Zeit seiner Ausrufung als König an ganz entscheidend auf die Unterstützung durch die portugiesischen cortes angewiesen, die 1640/41 nach dem Umsturz durch den Adel das Recht für sich in Anspruch genommen hatten, Philipp von Spanien als Tyrannen abzusetzen und Johann zum neuen König zu wählen.79 Offenbar war jedoch nicht für alle Beteiligten klar, welche Reaktion dieses als Kompromiss gedachte Angebot bei Ferdinand III. und seinen Beratern auslösen würde. Was in den Augen von Fürstenratsmitgliedern als eine Erwähnung indefinite oder in genere gelten konnte, sorgte am Hof in Wien für Alarmstimmung. Ein Gutachten der kaiserlichen Räte urteilte: Die Formulierung Rex et Regnum könne im Gegenteil so interpretiert werden, dass hierdurch der könig von Spanien sambt seinem ganzem hauß von selbigem königreich und dessen angehorigen provinzen und landen auff einmahl außgeschlossen und der ander pro legitimo rege erkandt wirdt, also daß auff sein [Philipps, R. D.] und der seinigen abgang die stendt in Portugal freygemacht werden, alß ein aigne[s] königreich sich selbst zu guberniren oder einen andern könig zu erwählen.80
Nichts anderes als die erwähnte Erhebung Johanns durch die portugiesischen Stände war 1641 in Lissabon vor sich gegangen; die Aufnahme des regnum in den Vertrag wurde offenbar von den Räten Ferdinands als nachträgliche Akzeptanz dieses für Spanien selbstredend unannehmbaren Verfahrens und als Bestätigung der – aus spanischer Sicht angemaßten – Rechte der cortes gegenüber Philipp IV., dem ‚rechtmäßigen‘ König, gesehen. Die kaiserliche Weisung vom August 1648 lautete entsprechend: Nicht nur der ehedem von Trauttmansdorff formulierte Vorbehalt zum portugiesischen Königtum sollte als Partikulardeklaration dem Vertrag unbedingt beigefügt werden, auch die neue Formulierung Rex et Regnum durfte im Vertrag nicht erscheinen, weilen […] dises nit weniger mehrbesagtes königs zu Hispanien liebden und unßerm ganzen hauß nachtheilig ist.81 Die kaiserlichen Gesandten Lamberg und Krane machten also gegenüber Schweden den Vorbehalt zugunsten Philipps IV . mehrfach deutlich; gegen die geplante Beilegung einer entsprechenden Deklaration gab es von schwedischer Seite auch keinen Protest.82
78 79 80 81 82
Vgl. Dickmann, Westfälischer Friede, 331 f. Vgl. prägnant Disney, History of Portugal, Bd. 1, 221. Gutachten der kaiserlichen Räte, Linz, 20. 08. 1648, vgl. APW II A 9, Nr. 111. Vgl. Ferdinand III. an Lamberg und Krane, Linz, 21. 08. 1648, APW II A 9, Nr. 111. Vgl. Lamberg und Krane an Ferdinand III., Osnabrück, 03. 09. 1648, APW II A 10, Nr. 4.
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Dass diese Interpretation von Rex et Regnum keiner spezifisch habsburgischen Überinterpretation entsprang, zeigt eine bereits referierte Notiz Wicqueforts in seinem Gesandten-Handbuch über Verhandlungen des französischen Gesandten Chanut mit dem schwedischen Unterhändler Adler Salvius im Jahr 1651. Die kaiserliche Interpretation von Rex et Regnum entsprach Chanuts Interpretation von le Roy & le Roiaume beziehungsweise Salvius’ Beharren auf der Einbindung des Roiaume für Schweden: Damit schien eine weitere, machtvolle Instanz neben dem Herrscher öffentlich bestätigt zu werden; entsprechend hatte aus französischer Sicht (vor dem Hintergrund der Fronde) eine derartige Formulierung in einem solennen völkerrechtlichen Dokument laut Chanut also nichts zu suchen. Der Signalcharakter der Titulatur für die Machtverteilung im Königreich war manifest.83 Die von Ferdinand III. gewünschte Integration des Vorbehalts in den Vertragstext 84 glückte allerdings nicht. Warum die Kaiserlichen ihre Position nicht durchsetzen konnten, wird nicht ganz klar; aus ihrem Bericht an den Kaiser entsteht der Eindruck, als seien Lamberg und Krane von einer Kehrtwende Schwedens bei der Endfassung der Instrumente überrascht worden. Rex et Regnum blieb als Einbindung Portugals stehen, doch eine inhaltlich dem Trauttmansdorffianum entsprechende, zusätzliche Protestdeklaration war tatsächlich beigefügt, als der Entwurf des Friedensinstruments schließlich beim Mainzer Reichsdirektorium deponiert wurde.85 Wie eine Protokollnotiz belegt, wiederholten die Kaiserlichen ihren Protest am Tag der Unterschriftsleistung, dem 24. Oktober 1648, erkennbar um Deutlichkeit bemüht: Declarant […] quod firmiter inhaereant suae protestationi ac declarationi 83 Vgl. Wicquefort, L’Ambassadeur, Bd. 2, 142. Siehe hierzu im ersten Teil der Untersuchung S. 64. 84 Vgl. Ferdinand III. an Lamberg und Krane, 30. 08. 1648, APW II A 9, Nr. 123. 85 Vgl. APW III B 1/2, 131. Die kaiserlichen Gesandten Lamberg und Krane rechtfertigten sich hierfür gegenüber Ferdinand III. mit einem plötzlichen Kurswechsel Schwedens: Entgegen vorheriger Äußerungen, die Verbündeten aus dem bewussten Artikel auszulassen und Instrumente anzufertigen, in denen jede Partei allein ihre Verbündeten auflisten sollte, hätten die Schweden am Ende doch auf die Aufnahme der Verbündeten beider Parteien in den Instrumenten gedrängt, so dass schließlich nur die Protestklausel beigelegt worden sei – allerdings mit Information und Zustimmung der spanischen Gesandten. Die weiteren Anstrengungen müssten dahin gehen, die Position zu Portugal entsprechend im Friedensvertrag mit Frankreich unterzubringen. Vgl. APW II A 10, Lamberg und Krane an Ferdinand III., 03. 09. 1648, Nr. 4. – Zur erfolgten Deponierung der Protestdeklaration zusammen mit dem Friedensinstrument beim kurmainzischen Gesandten im September vgl. Lamberg und Krane an Ferdinand III., Osnabrück, 17. 09. 1648, APW II A 10, Nr. 20, 108: Wir haben aber die reservatoriam wegen Portugal, inhalts abschrifft sub A, mit zu dem instrumento gelegt, und ist sölches vom gegentheil guttwillig angenohmen und also selbige clausul mit in dem convolut consignirt worden.
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antehac saepius ore ac scripto factae, […] atque cum hac protestatione ac declaratione Instrumentum Pacis hodie subscripturi sint.86 Rex et Regnum Lusitaniae waren somit im Vertrag verankert, wenn auch nicht unwidersprochen, wie der beigefügte schriftliche, auch mündlich bekräftigte Vorbehalt des Kaisers klarmachte.87 Die umstrittene Kompromissformel war sogar durch zwei parallele Formulierungen verstärkt: Im Gegensatz zu früheren schwedischen Entwürfen war nun in der gemeinsamen Fassung der Parteien vom 6. August 1648 aus dem Rex Daniae ein Rex & Regnum Daniae Norwegiaeque cum annexis Provinciis geworden; Regina Regnumque Sueciae war schon in früheren schwedischen Entwürfen zu finden.88 Dies machte die Formulierung Rex & Regnum Lusitaniae, die sonst im Vergleich zur Nennung der übrigen schwedischen Partner doch eine herausgehobene Wendung gewesen wäre, möglicherweise – in den schwedischen Gesandtenkorrespondenzen gibt es keine diesbezüglichen Äußerungen – zu einer weniger auffälligen Formel. Die Verwendung von Rex et Regnum ist in mehrfacher Hinsicht aufschlussreich: Der Vorschlag, die Formel zur Entschärfung des Konflikts um die Einbindung des portugiesischen Herrschers in das Vertragswerk einzusetzen, zeigt zum einen, dass Herrschertitulaturen nicht in ‚kanonischer‘ Art und Weise nach immer demselben Muster gebraucht wurden und dass es für ihren Gebrauch keine Erwartungen gab, die etwaige Varianten nicht zugelassen hätten. Auch die späte Verwandlung des Rex Daniae in Rex et Regnum Daniae Norwegiaeque cum annexis Proviniciis weist in diese Richtung. Und offenbar war auch nicht allen Mitspielern auf der diplomatischen Bühne sofort klar, dass dieses Begriffspaar als Stärkung der ständischen Position interpretiert werden konnte: Im Fürstenrat wurde der Vorschlag als Möglichkeit ausgewiesen, Portugal indefinite oder in genere aufzunehmen;89 dieser Auffassung wurde bei Fortsetzung der Umfrage im 86 APW III B 1/2: Anhang A, Protokollnotizen, Stück e, 143. 87 Der gesamte Artikel XVII, 11 IPO lautete: Ex parte vero serenissimae reginae regnique Sueciae omnes eius foederati et adhaerentes, imprimis rex Christianissimus, tum electores, principes, status, libera et immediata Imperii nobilitate comprehensa, et civitates Anseaticae, item rex Angliae, rex et regna Daniae Norvegiaeque cum annexis provinciis ut et ducatu Schleswicensi, rex Poloniae, rex et regnum Lusitaniae, magnus dux Muschoviae, respublica Veneta, foederatum Belgium, Helvetii Rhetique et princeps Transylvaniae. Zitiert hier nach APW III B 1/1, IPO, Nr. 18, 95 – 170. Digitalisat: Duchhardt/Espenhorst, 1648 X 24 Friedensvertrag von Osnabrück, www.ieg-friedensvertraege.de [14. 10. 2016]. 88 Vgl. Meiern, Acta Pacis, VI, 171 für die Version vom 6. August 1648; der interne schwedische Entwurf vom Juli 1646 setzte bereits ein Regina regnoque Sueciae, während der Rex Daniae noch 1647 fortgeschrieben wurde. Einsicht in Kollationen und Materialien in der APW-Forschungsstelle (vgl. ferner APW III B 1/1, 1/2). 89 Als Formulierung des Gesandten von Brandenburg-Kulmbach und -Ansbach in der Umfrage vom 10./20. Juli 1648 sowie als Formulierung im Protokoll der Re- und Correlation vom Folgetag, vgl. APW III A 3/6 Nr. 199 und 200, 448 und 471.
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Fürstenrat nicht mit dem Hinweis auf mögliche anderslautende Interpretationen, die neue Komplikationen heraufbeschwören könnten, widersprochen. Auch in den Berichten der kaiserlichen Gesandten an Ferdinand III. sind zunächst keine Bedenken angesichts des neuen Vorschlags formuliert, diese wurden erst von den kaiserlichen Räten in der oben beschriebenen Weise aufgebracht und vom Kaiser übernommen. Gleichwohl schien den spanischen Gesandten die Formulierung in Verbindung mit der klärenden kaiserlichen Protestdeklaration noch tragbar, wie Lamberg und Krane dem Kaiser zur Verteidigung ihres Handelns vorstellten. Dass jedoch diese Bedenken nicht als singulär aufzufassen sind, sondern dass die Aufnahme des Regnum auch von anderen als Schmälerung der herrscherlichen Kompetenzen aufgefasst werden konnte, zeigt die bei Wicquefort referierte Reaktion Chanuts auf einen entsprechenden schwedischen Vorschlag des Jahres 1651. Gerade die unterschiedlichen Bewertungsperspektiven verhalfen zum Durchbruch und schließlich zur Einigung. Wer Art. XVII § 11 IPO im Ganzen las, ob mit oder ohne kaiserliche Protestdeklaration, war zumindest über die schwedische Unterstützung für Johann IV . im Thronstreit und über die Durchsetzung seiner Erwähnung im Osnabrücker Vertrag informiert, denn schließlich war an der Stelle, an der die kaiserlichen foederati und adhaerentes genannt wurden, von Philipp IV . als dem Rex Catholicus die Rede, während die Erwähnung des Rex et Regnum Lusitaniae als schwedischer Partner im nachfolgenden Absatz deutlich genug war. Im Münsteraner Vertrag mit Frankreich wurde dagegen Portugal nicht einmal erwähnt.90 Die jahrelange spanische Obstruktionspolitik, vom Kaiser unterstützt, von Frankreich aufgrund anderweitiger Prioritäten nicht mit entschiedenem Widerstand beantwortet, schien zum Ziel geführt zu haben;91 Johanns IV. Vorhaben, durch die Teilnahme am Westfälischen Friedenskongress seine Anerkennung durch eine möglichst große Zahl europäischer Mächte zu erreichen, war nicht geglückt – doch war die Mission der portugiesischen Gesandten, die mit hohen persönlichen und finanziellen Risiken verbunden gewesen war,92 deswegen ein Fehlschlag, gar ein „Inferno“, wie es Stimmen aus dem Umkreis der Gesandten nahelegen?93
90 Der Inklusion der Verbündeten des Kaisers und der schwedischen Krone in XVII, 11 IPO entsprach im kaiserlich-französischen Vertrag § 119 IPM , der nur Venedig als Vermittler, Savoyen und Modena ausdrücklich erwähnte. 91 Vgl. Cardim, Portuguese Rebels, 314. 92 Dies betont Cardim, ebenda, 295 f. 93 Lopo Ramirez, Beauftragter für die Finanzen der Delegation, bezeichnete den Kongress als purgatorio ou jnferno de Osnambrugh; Brief vom 31. 12. 1647 an Cristóvão Soares de Abreu, zitiert nach Cardim, Portuguese Rebels, 313.
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3.1.5 Medienwechsel – der portugiesische Thronstreit und die westfälischen Verhandlungen im Licht der Druckmedien Pedro Cardim hat abwertende Urteile der Verhandlungsergebnisse von 1648 in seiner Studie zur portugiesischen Gesandtschaft in Münster, die sich in erster Linie mit den portugiesisch-französischen Verbindungen beschäftigt, anhand der Druckpublizistik zum Kongress zumindest teilweise relativiert: Die intensive publizistische Tätigkeit der Unterstützer Johanns IV., von Johanns Gesandten konsequent vor allem in Frankreich und Italien, schließlich in Münster orchestriert, entfaltet nicht zuletzt im Hinblick auf den erhofften Bundesgenossen in Paris und auf die Verhandlungssituation in Münster und Osnabrück, hielt den portugiesischen Thronstreit präsent; die Gegenwart der Vertreter Johanns IV. beim Westfälischen Friedenskongress blieb ungeachtet der Tatsache, dass sie niemals als reguläre Teilnehmer anerkannt worden waren, im Gedächtnis, wie sowohl eine – bezeichnenderweise niederländische – Porträtstich-Sammlung der Gesandten in Münster und Osnabrück (1648) zeigt als auch ein deutschsprachiges Druckwerk, das unter den an den Verhandlungen beteiligten Potentaten ohne weitere Differenzierung auch Johann IV. neben Ludwig XIV. abbildete.94 Die mäßige Begeisterung, mit der allerdings Johanns IV. Abgesandter Pereira de Castro – angesichts der Zielvorgaben seines Königs – das schwedische Verhandlungsergebnis zunächst einmal aufnahm, verwundert nicht, und so wurde er nach der Unterschriftsleistung bei den Schweden vorstellig. Pereiras Brief an die schwedischen Gesandten vom 30. November 95 wirft noch einmal ein Licht auf die recht komplexe Geschichte der Formulierung, Unterzeichnung und Verbreitung der Osnabrücker Verträge: Pereira, komplett von allen Verhandlungen über die Einbindung Portugals in Art. XVII IPO ausgeschlossen, verlangte, was für seine prekäre Lage nicht wenig bezeichnend war, von der schwedischen Gesandtschaft eine beurkundete Erklärung (scripto munito suis signis) darüber, dass
94 Vgl. Cardim, Portuguese Rebels, 314 – 333. Bei den erwähnten Druckwerken handelte es sich um: Celeberrimi ad pacificandum Christiani Nominis orbem Legati Monasterium et Osnabrugas ex omni pene gentium nationumque genere missi ad vivum Anselmi Van Hulle pernicillo expressi eiusque cura et aere per in signores huius aevi sculptures caelo representati, Antwerpen 1648 sowie Gross Europisch Kriegs Balet getantzet durch die Konige und Potentaten Fuirsten und Respublicken auff dem Saal der betruibten Christenheit, vgl. Galen, Hans (Hrsg.), Der Westfälische Frieden. Krieg und Frieden, Ausstellung Stadtmuseum Münster 1988, Greven 1987, Kat.-Nr. 104, 152 f. – Kurze Erwähnung der spanischen und portugiesischen Propaganda beim Kongress in Münster und des erhofften Einflusses auf den venezianischen Ermittler bei Valladares, Rafael, Felipe IV y la Restauraciòn de Portugal, Málaga 1994, 266 f., 270 f. 95 Ediert in APW II C 4/2, Nr. 441.
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1) Schweden den König von Portugal in den Vertrag einbezogen habe und dass 2) die kaiserliche declaratio gegen Johann IV. nicht Teil der Vertragsversion gewesen sei, die beim Reichsdirektorium deponiert worden war (declaratio non fuit apposita, immo vero omnino expuncta et explosa). 3) Ferner sollte bestätigt werden, dass auch bei der Unterzeichnung des endgültigen Vertrages die Einbindung der declaratio nicht zur Bedingung gemacht werden konnte, 4) und schließlich, dass in den unterschriebenen Ausfertigungen Schwedens und des Kaisers keine Deklaration über Portugal integriert sei (in quibus omnibus nulla talis declarationis mentio sit aut reperitur)96. Aus diesem Schriftstück und seiner rhetorischen Gestaltung, die durch und durch vom Bemühen um möglichst präzise Information geprägt war, spricht zum einen der immense Druck, der auf Pereira lastete. Zum anderen wird die Chance, die große Signalwirkung deutlich, als die eine im Friedensvertrag festgehaltene Erwähnung des Königtums Johanns von Braganza angesehen wurde. Die Aufnahme in den Friedensvertrag, der tatsächlich im eigentlichen Vertragstext – im Gegensatz zur separat beigelegten Protestdeklaration – keine einschränkende Erläuterung zum portugiesischen Königtum beinhaltete, bedeutete eine wichtige Etappe bei der Präsentation Johanns vor der Öffentlichkeit der europäischen Mächte. Schließlich handelte es sich beim Vertragswerk von Münster und Osnabrück um völkerrechtliche Vereinbarungen von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Vier Tage nach Pereiras Anfrage bestätigten die Schweden mit Brief und Siegel – durchaus im Ton der erfolgreichen Unterhändler –, dass Schweden die Aufnahme einer Deklaration zu Portugal in die Exemplare der Gesandtschaften Wiens und Stockholms und deren Kopien verhindert habe. Was nun im Vertrag stehe, sei die Formulierung, in die schließlich auch die kaiserlichen Diplomaten hätten einwilligen können (tum domini plenipotentiarii caesarei diu quidem se illius insertioni opposuerint, tandem tamen permiserint verba illa): „Rex et regnum Lusitaniae“ 97. Mit dem Hinweis auf den Haupttext des Friedensinstruments wird das Bestreben der schwedischen Gesandten deutlich, ihre Ergebnisse in ein möglichst günstiges Licht zu rücken, und tatsächlich war der kaiserliche Protest ja auch nur parallel in besagter Deklaration aufgenommen worden. Zudem schuf, wie die Druckfassungen des Vertrages zeigen, die getrennte Ausfertigung des Protests – im Gegensatz zu einer eindeutigen Einbindung in den Vertragstext – eine denkbar günstige Voraussetzung für eine öffentliche proportugiesische Rezeption. Die Bedeutung, die den Druckvarianten der Friedensverträge zugesprochen wurde, verdeutlicht das schwedische Verhalten nach der Vertragsunterzeichnung: 96 Zur Interpretation vgl. APW III B 1/2, 132. 97 Die schwedischen Gesandten an die Gesandten Portugals, Münster, 24. November/ 4. Dezember 1648, APW II C 4/2, Nr. 452 sowie zur Interpretation: APW III B 1/2, 132.
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Offenbar wurde versucht, die Darstellung des Vertragswerks und seiner komplexen Entstehung im Druck möglichst zu steuern, denn eine reichsständische Deputation wurde gebeten, mit Eingaben an die kaiserlichen Gesandten die Publikation der kaiserlichen Protokollnotiz zur Admission des Königs von Portugal so weit als möglich zu verhindern.98 Dieses Verhalten unterstreicht so auch die Bedeutung der Publizität von Friedensverträgen im Druck, bezogen vor allem auf das Publikum der Diplomaten, der Höfe und der Gelehrten.99 Je seltener die von Portugal so gefürchtete Klausel mit dem kaiserlichen Vorbehalt öffentlich im Umlauf war, desto weniger wurde explizit auf die umstrittene Position Johanns IV. hingewiesen – und desto öfter erschienen der König von Spanien und der König von Portugal, Rex Catholicus und Rex Lusitaniae, dokumentiert durch einen rechtsgültigen Vertrag, nicht mehr als ein und dieselbe Person. Da gerade auch in Münster und Osnabrück eine Reihe von Flugschriften aus der Feder von Johanns wie von Philipps IV. Unterstützern über die jeweiligen Ansprüche der Konkurrenten auf den portugiesischen Thron und ihre Positionierung bei den Verhandlungen kursierte, konnten die Vertragsdrucke entsprechend als nachträgliche, entscheidende Positionsgewinne verbucht werden.100 Tatsächlich zeigt die Verbreitung der Verträge im Druck nämlich ein ausgesprochen uneinheitliches Bild des Umgangs mit der kaiserlichen Protestklausel: In den Wiener Publikationen des Osnabrücker Vertrags erschien der Text ohne die kaiserliche Deklaration, während Kurmainzer und auch kursächsische Drucke die Deklaration im Anschluss an den betreffenden Art. XVII § 11 IPO ausdrücklich wiedergaben. Aus dieser Perspektive ist die Formulierung Rex et Regnum Lusitaniae, die in allen Vertragsdrucken zu finden ist, gerade aus schwedischer Perspektive immerhin als relativer Erfolg auch Johanns IV. zu werten, zumal, wenn man die zunächst heftige Reaktion des Kaisers auf diese Formulierung in Betracht zieht. Allerdings war, wie Konrad Repgen betont hat, mit gutem Grund nicht von der „rechtliche[n] Relevanz der einseitigen Protokollerklärung der Kaiserlichen“ die Rede.101 98 Vgl. APW III B 1/2, 133. 99 Vgl. hierzu Repgen, Konrad, Der Westfälische Friede und die zeitgenössische Öffentlichkeit, in: ders., Dreißigjähriger Krieg und Westfälischer Friede. Studien und Quellen, Paderborn u. a. 21999, 723 – 765. 100 Die Texte stammten nicht selten aus der Feder berühmter Autoren, etwa Saavedras auf der spanischen Seite, der sich zeitweise selbst in Münster aufhielt; berufene französische Publizisten (Cardim nennt hier etwa Godefroy) unterstützten portugiesische Verfasser bei der Übersetzung ins Französische und Lateinische. In der Endphase der Verhandlungen 1647 startete einer der profiliertesten portugiesischen Publizisten, António Moniz de Carvalho, portugiesischer Legationssekretär in Paris, noch einmal einen Versuch zur Überzeugung der französischen Krone, die Inklusion Johanns in den Friedensvertrag energisch zu unterstützen. Vgl. Cardim, Portuguese Rebels, 316 – 330. 101 APW III B 1/2, 133.
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Die Einbindung Portugals in den Friedensvertrag war ein nicht abzuleugnender schwedischer Verhandlungserfolg. Johanns Gesandter in Stockholm, Guiamarães, urteilte 1649 am Ende seines schwedischen Aufenthalts immerhin, die Einbindung in den Vertrag sei alles gewesen, was man von Schweden habe erwarten können.102 Die Relativierung des portugiesischen ‚Misserfolgs‘ muss auch aus der Perspektive der Titulaturgestaltung besonders betont werden, nicht zuletzt auch durch den Blick auf die von den Herausgebern der Verhandlungsdokumente erschlossene mediale Verbreitung des Vertragstextes nach der Unterzeichnung. 3.1.6 Resümee Die bereits zeitgenössisch konstatierte Häufigkeit von Konflikten um die Einbindung und Betitelung europäischer Mächte in den Verhandlungen und in den Verträgen des Westfälischen Friedenskongresses 103 ist die Kehrseite der Friedensfindung durch Kongresse mit einer breiteren Beteiligung europäischer Mächte, die nun prägend im Prozess der Friedensfindung wurde. Die Diskussion der portugiesischen Titulatur ragt jedoch als ein besonderes Beispiel aus diesen Positionierungskonflikten heraus: Aufgrund des fortgesetzten spanischen Widerstands gegen die Zulassung Portugals zu den Verhandlungen waren die Abgesandten Johanns IV. niemals offiziell als Unterhändler am Kongress zugelassen, und doch wurde in Westfalen über die Positionierung Johanns IV. in Europa verhandelt. Den Portugiesen waren direkte Einflussmöglichkeiten aus der Hand genommen – über Johanns Einbindung in das Vertragswerk zu verhandeln, wurde zu einer Sache der französischen, schwedischen, kaiserlichen, spanischen und schließlich auch der reichsständischen Gesandten am Friedenskongress. Doch auch ohne offizielle portugiesische Beteiligung, die ein sehr deutliches Signal für Johanns europäische Akzeptanz als Herrscher über das portugiesische Reich gewesen wäre, gelang durch das Engagement der verbündeten Schweden ein Teilerfolg. Dies hat auch damit zu tun, dass Portugal aufgrund seiner Gegnerschaft zu Spanien und angesichts seines Kolonialreichs ein interessanter Partner war, wenngleich man für diesen Partner nicht mehr zu riskieren bereit war als unbedingt nötig. Diese Überlegungen bewirkten jedoch die Einbindung etlicher Mächte in den Streit um die Integration Johanns IV . in die westfälische Friedensordnung, die mit dem iberischen Schauplatz zunächst nur wenig 102 Vgl. Mellander/Prestage, Diplomatic and Commercial Relations, 65 sowie die Einschätzung bei Brasão, Acção diplomatica, 533. 103 Wicquefort erwähnt neben den Konflikten zwischen Kaiser, Frankreich, Spanien auch Auseinandersetzungen zwischen den Niederlanden und Savoyen, vgl. Wicquefort, L’Ambassadeur, Bd. 1, 357.
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verband, bis hin zu den deutschen Reichsständen. Diese waren als Teilnehmer der Verhandlungen und in der Schlussphase als vermittelnde Instanz zwischen Schweden und dem Kaiser notgedrungen schließlich auch mit der Formulierung des portugiesischen Königstitels befasst. Durch den Konflikt um die Aufnahme Portugals in den Vertrag wurde der portugiesische Thronstreit ein europäisches Problem, das nicht mehr allein auf die Kontrahenten Philipp IV . und Johann IV . begrenzt war – zu Johanns Königtum wollten und mussten andere europäische Mächte, insbesondere die Verbündeten der Kontrahenten, nun auch während der westfälischen Verhandlungen Position beziehen. Auch das konnte auf portugiesischer Seite durchaus als Erfolg verbucht werden. Im Grunde zählte für die portugiesischen Interessen das rechtliche Potential des Friedensvertrages zur Bestätigung und Befestigung von Machtpositionen durch die schiere Einbindung in das Vertragswerk, nicht die einzelnen Hauptvereinbarungen, von denen die spanisch-portugiesische Problematik im Falle des Osnabrücker Vertrages – im Gegensatz zu den französisch-spanischen Verhandlungen – nicht berührt war. Das Potential des Friedensvertrages ging damit also noch weit über seine ‚eigentliche‘ Bestimmung, die Beendigung des Kriegszustandes zwischen den Kontrahenten und ihren Verbündeten, hinaus. Die Differenzen über die Formulierung der portugiesischen Königswürde im Vertrag zeigt, wie sehr die Titulatur von allen Beteiligten in ihrer Signalfunktion ernst genommen wurde – zumal sie durch den Druck an eine potentiell große europäische Öffentlichkeit getragen werden konnte. Die diskutierten Titelvarianten belegen, dass die Herrscherbezeichnung in den Augen der Verhandlungsteilnehmer alles andere als festgelegt war – sie schien im wahrsten Sinne des Wortes ‚verhandelbar‘, Alternativvorschläge galten zumindest als diskussionswürdig, ihre Verwendung wurde bisweilen, wie gerade die kaiserliche Reaktion auf Rex et Regnum bewies, als folgenschwer betrachtet. Über eine flexible Handhabung der Herrschertitulatur wurde – mit dem Kongress als europäischem Forum – in diesem Fall sogar die Legitimität einer umstrittenen Herrschaft diskutiert, weitab vom hauptsächlichen Vertragsinhalt und in diesem Fall sogar indirekt durch das befreundete Schweden. Zwar machte das Schweigen des Münsteraner Vertrags über den König von Portugal die Problematik der französischen Verbindungen Johanns IV . offenbar.104 Ein Sieg nach Punkten ging im Falle des Instrumentum Pacis Osnabrugense jedoch ohne Zweifel an Johann IV., und dies nicht nur, weil der spanisch-portugiesische Konflikt an die diplomatische wie auch publizistische Öffentlichkeit getragen worden war.105 104 § 119 IPM schloss in der Fassung vom 24. Oktober nur die Republik Venedig als Vermittler explizit in den Vertrag ein und verschob die Nennung weiterer einzuschließender Partner auf die Zeit der beiderseitigen Ratifikation. 105 Vgl. das Urteil bei Cardim, Portuguese Rebels, 333.
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Johann IV. war – wenn auch anders, als er sich dies zu Beginn des Friedenskongresses erhofft hatte – considérable geworden: durch das Ausharren der portugiesischen Gesandten in Münster und Osnabrück, durch den auch in die Publizistik verlagerten portugiesisch-spanischen Konflikt, durch die Präsenz der portugiesischen Frage während der Verhandlungen und schließlich durch die Einbindung der Herrschertitulatur in den Osnabrücker Vertrag, in Tausenden von Druckexemplaren in Europa verbreitet.106 Die Braganza konnten im politisch informierten Europa nach 1648, mochte man zu ihnen stehen, wie man wollte, nicht mehr so einfach übersehen werden. Aus dem erhofften Erfolg Johanns IV. gegenüber Spanien mithilfe Frankreichs war nun zunächst einmal ein schwedischer Verhandlungserfolg gegenüber dem Kaiser geworden, der aber gleichwohl durch die Publikation der Friedensverträge weit rezipiert werden konnte. Rex et Regnum Lusitaniae erschien tatsächlich nach 1648 noch im völkerrechtlichen Vertrag als Bezeichnung des portugiesischen Vertragspartners – doch eine Formel, die für Verträge der portugiesischen Monarchen Bedeutung erlangt hätte, wurde diese Bezeichnung mit Sicherheit nicht.107 Bei der schrittweisen Etablierung der portugiesischen Könige in Europa nach 1648 entsprachen auch die königlichen Titulaturen zusehends dem europäischen ‚Normalgebrauch‘ der Monarchen, wie die quantifizierende Auswertung im zweiten Teil der Untersuchung gezeigt hat. Nach dem Maximalziel Johanns von Braganza hätte freilich auf dem Kongress über die völkerrechtliche Anerkennung hinaus die von ihm erhoffte Positionierung Portugals noch durch ganz andere Medien symbolisch repräsentiert werden können; nicht umsonst hatte er in seiner Instruktion für die Gesandtschaft nach Westfalen angeführt, welche Rangfolge bei einschlägigen Anlässen einzuhalten war.108 Doch die verweigerte Zulassung zum Kongress durch den Kaiser machte diese Planungen zunichte – die Kontakte mit anderen Gesandten blieben bis zum Schluss informell. Fragen der Präzedenz zu klären, soweit waren Braganzas Erfolge nicht gediehen. Sein Titulaturproblem war noch eine Stufe vor der Präzedenzproblematik anzusiedeln, denn in Münster und Osnabrück waren seine Diplomaten aufgrund ihres fehlenden offiziellen Gesandtenstatus auch nicht in offizielle Begegnungen von Gesandten eingebunden, in denen klare Zeremoniell-Erwartungen hätten formuliert oder inszeniert werden können. Den Protagonisten des nächsten Fallbeispiels, Wilhelms III. von Oranien, beschäftigte – freilich unter ganz anderen Ausgangsbedingungen – auf europäischem diplomatischem Parkett die Frage nach 106 Zur Verbreitung der Friedensverträge im Druck vgl. Repgen, Öffentlichkeit. 107 Nachweisbar als Erststellungsbeleg ist diese Titulierung in den für die quantifizierende Auswertung erfassten Verträgen allein im Friedens- und Bündnisvertrag von Den Haag mit den Niederlanden, 06. 08. 1661, CTS 6, 377. 108 Vgl. Labourdette, La diplomatie portugaise, 574.
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der Präzedenz beziehungsweise die Einschätzung seiner Stellung durch andere europäische Herrscher von Anfang an. Deshalb soll einführend auf seine Position als niederländischer Generalstatthalter eingegangen werden, bevor im Schwerpunkt die Gestaltung seiner königlichen Titulatur in völkerrechtlichen Verträgen genauer betrachtet wird.
3.2 England nach der Glorious Revolution: Wilhelm III. von Oranien – ein ‚besserer Stuart‘? Wilhelm III . von Oranien stand vom Beginn seiner politischen Karriere an unter einem enormen Rechtfertigungsdruck, sowohl in seiner Position als niederländischer Generalstatthalter ab 1672 wie als König von England, Schottland und Irland seit 1689. Frank Druffner hat Wilhelm pointiert, aber sehr zutreffend als „Personifikation herrscherlichen Legitimationszwanges“ 109 bezeichnet. Die Elemente seines Herrschertitels – in der Selbst- wie in der Fremdbezeichnung durch andere Herrscher – spiegeln dies deutlich. In diesem Kapitel werden vor allem die ersten Jahre seiner englischen Herrschaft untersucht; die Jahre der Generalstatthalterschaft und die Titelprobleme dieser Zeit können nur kurz im Rahmen eines einführenden Kapitels zu Wilhelms europäischer Stellung eingebunden werden. Bislang wurden Legitimationsstrategien Wilhelms hauptsächlich anhand der Bildprogramme des Herrschers auf Gemälden und Medaillen sowie anhand von Druckerzeugnissen untersucht. Jüngst hat sich Wouter Troost, wie im Anschluss erläutert wird, der Frage nach der Titulierung des Generalstatthalters durch Kaiser Leopold angenommen. Detailstudien zu Wilhelms Königstitel fehlen jedoch.110
109 So Druffner, Frank, Unter Legitimationszwang. Wilhelm III. von Oranien und Maria II. Stuart, in: Bourbon – Habsburg – Oranien. Konkurrierende Modelle im dynastischen Europa um 1700, hrsg. von Christoph Kampmann u. a., Köln u. a. 2008, 74 – 84, Zitat 74. 110 Zu den Bildprogrammen vgl. Druffner, Legitimationszwang; Baxter, Stephen B., William III as Hercules. The Political Implications of Court Culture, in: The Revolution of 1688 – 1689. Changing Perspectives, hrsg. von Lois G. Schwoerer, Cambridge u. a. 1992, 95 – 106. Grundlegende Information zur gedruckten Propaganda für Wilhelm, die wohl nur zum Teil vom Oranier und seinen engsten Vertrauten gesteuert war, bei Schwoerer, Lois G., Propaganda in the Revolution of 1688 – 89, in: The American Historical Review 82 (1977), 843 – 874. Vgl. auch Dunthorne, Hugh, William in Contemporary Portraits and Prints, in: Redefining William III. The Impact of the King-stadholder in International Context, hrsg. von Esther Mijers/David Onnekink (Politics and Culture in North-Western Europe 1650 – 1720), Ashgate 2007, 263 – 276.
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3.2.1 Der Generalstatthalter und Kaiser Leopold I. Dass Wilhelm im Jahr 1672 das – nach dem Tod seines Vaters Wilhelm II . 1650 von den niederländischen Provinzen abgeschaffte – Generalstatthalteramt der Vereinigten Provinzen einnehmen und damit die quasidynastische oranische Führungsrolle in der niederländischen Republik fortschreiben konnte, hatte er gewissermaßen seinem größten Gegner, Ludwig XIV ., zu verdanken. Mit dem Beginn des Holländischen Krieges war die Frankreichpolitik des holländischen Ratspensionärs Johan de Witt, des maßgeblichen republikanischen Politikers nach dem Tod Wilhelms II ., offensichtlich gescheitert, wofür er als Opfer der Lynchjustiz der aufgebrachten Massen bezahlte. Die Oranierpartei, die dem jungen Wilhelm seit 1668 sukzessive zu mehr Einfluss verholfen hatte, gewann nun endgültig die Oberhand – Wilhelm III . wurde der neue ‚starke Mann‘ an der Spitze der Niederlande, von dem nichts weniger erwartet wurde als die Rettung der Republik vor der französischen Invasion. Der legendäre militärische Erfolg des jungen Oraniers, mit der Flutung weiter Landesteile erkauft, schuf die Basis für seine – wenn auch über die Jahre hinweg mehrfach von der Opposition angegriffene – stabile Machtposition in den sieben Provinzen. Als entschiedener Gegner Ludwigs XIV . wurde Wilhelm III . an der Spitze der wieder aufgerüsteten Niederlande bis zu seinem Tod 1702 zum Kristallisationspunkt der europäischen Allianzen gegen die französische Expansionspolitik. England dauerhaft in das antiludovizianische Lager zu ziehen, war schon lange vor 1688 erklärtes Ziel Wilhelms, für das er früh auch Kontakte zur parlamentarischen Opposition in London aufnahm – sehr zum Ärger seiner Onkel Karl II . und Jakob II . Stuart, der Brüder seiner Mutter Maria.111 Wilhelm verstand es, seine Machtposition als Generalstatthalter effektiv auszuweiten – durch intensive Patronagekontakte, einen engen Kreis zuverlässiger politischer Berater in zentralen Positionen und durch die Einsicht in politische Notwendigkeiten, etwa die Einbindung des an Wohlstand wie Einfluss
111 Zum Aufstieg Wilhelms im Überblick Israel, Jonathan, The Dutch Republic. Its Rise, Greatness, and Fall 1477 – 1806, Oxford 1995, 785 – 795. – Tony Claydon und Wouter Troost sind zwei jüngere Wilhelm-Biographien zu verdanken, die sich ausführlich den hier nur knapp referierten Stationen der politischen Karriere Wilhelms widmen. – Vgl. Claydon, Tony, William III (Profiles in Power), Harlow/London 2002, Troost, Wouter, William III, the Stadholder-King. A Political Biography, Aldershot 2005. – Einen konzisen Überblick zu Wilhelms niederländischen Jahren bis 1688 und den frühen politischen Beziehungen nach England liefert auch ein biographischer Artikel von Claydon, Tony, Art. ‚William III and II (1650 – 1702)‘, in: Oxford Dictionary of National Biography, Oxford University Press, 2004; online edn, May 2008 [http://www.oxforddnb.com/view/article/29450, accessed 3 June 2011].
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erausragenden Amsterdam in seine Politik.112 Gleichwohl war er in seiner bedeuth samsten politischen Funktion für das monarchische Europa ‚nur‘ ein, wenn auch hochadeliger, Amtsträger einer Republik. Zwar waren die Vereinigten Provinzen, erst recht seit der in den westfälischen Verhandlungen offiziell erlangten Unabhängigkeit von Spanien, unübersehbar zu einem wichtigen politischen Mitspieler in Europa geworden; in zeremonieller Hinsicht trachteten jedoch die monarchischen Herrscher die Republiken – Venedig ist ein vergleichbares Beispiel – hintanzuhalten, was mit dem Siegeszug des Souveränitätskonzepts zusehends problematischer wurde; zahlreiche Rangkonflikte sind überliefert, wobei in der Zeit nach 1648 gerade auch die deutschen Kurfürsten energisch die Präzedenz gegenüber den Niederlanden zu behaupten suchten.113 Es vermag also kaum zu verwundern, dass auch der Kaiser nicht gewillt war, den aus seiner Perspektive gebührenden zeremoniellen Abstand zu Wilhelm III. von Oranien zu vermindern. Die Titulatur, die der Kaiser dem Oranier zugestand, war hierfür, wie Wouter Troost dargelegt hat, ein adäquater Ausdruck. Wiewohl Wilhelm seit 1672 sein Statthalteramt innehatte, war Leopold erst 1683 bereit, den Kopf des Widerstands gegen Ludwig XIV. mit dem Prädikat Serenissimus zu ehren. Vorausgegangen waren entsprechende Anfragen des niederländischen Gesandten Hamel Bruynincx seit 1678. Bruynincx argumentierte nach dem zeitüblichen Muster mit der Genealogie – hier war der Hinweis auf die Verbindung zur Stuartdynastie zentral –, mit der souveränen Herrschaft Wilhelms über das Fürstentum Orange, der Verwendung des Serenissimus-Prädikats für Wilhelm durch andere Mächte wie Frankreich und die in Wilhelms Augen vergleichbare kaiserliche Betitelung des Herzogs von Mantua als Serenissimus.114 Auf Leopold I., der ausrichten ließ, Wilhelm sei ein Graf von Nassau,115 machte dies offensichtlich zunächst keinen Eindruck, ebenso wenig die Tatsache, dass der Oranier seit 1677 mit Maria, der Nichte des englischen Königs Karl II. und Tochter des späteren 112 Zur Charakterisierung der Regierung Wilhelms in den Niederlanden vgl. konzise Deursen, Arie Th. van, Wilhelm III . von Oranien. Der Generalstatthalter der Niederlande (1672 – 1702), in: Der Herrscher in der Doppelpflicht. Europäische Fürsten und ihre beiden Throne (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz, Abteilung Universalgeschichte, Beiheft 43), hrsg. von Heinz Duchhardt, Mainz 1997, 142 – 164, hier 150 – 155. 113 Vgl. zusammenfassend und mit einem Schwerpunkt bei der kurbrandenburgischen Politik Stollberg-Rilinger, Höfische Öffentlichkeit, bes. 157 f. 114 Die Position des Prinzen von Oranien war Wicquefort zufolge schon in den 1640er Jahren bei zwischenstaatlichen Verhandlungen Gegenstand von Differenzen, da französische Botschafter nicht bereit waren, den Generalstatthalter Wilhelm II. von Oranien mit Altesse zu titulieren, vgl. Wicquefort, L’Ambassadeur, Bd. 2, 144. 115 Mit dem Nassauer Grafentitel bezog sich Leopold allein auf die Verortung der Oranier als Reichsstand, damit als kaiserliche Vasallen, und blendete seine Herrschaft über das Fürstentum Oranien sowie die Position des Generalstatthalters schlichtweg aus.
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Königs Jakob II., verheiratet war und damit die Verbindungen zur Stuartdynastie noch verstärkt hatte. Troost hat die wechselvollen Beziehungen innerhalb der antiludoviziani schen Koalition dargelegt – man denke hier insbesondere an den Separatfrieden W ilhelms mit Ludwig XIV. in Nijmegen, den Leopold als Verrat interpretierte. Die Re-Stabilisierung des Verhältnisses durch Leopolds Beitritt zu einem schwedisch-niederländischen Bündnis, gegen Ludwigs Reunionspolitik gerichtet, ebnete schließlich den Weg zum kaiserlichen Gunsterweis auf der Ebene des Kanzleizeremoniells – Wilhelm wurde nun doch noch zum Serenissimus.116 An der rechtlichen Qualität der oranischen Position hatte sich nichts verändert – aber die Mächtekonstellation war nun wieder eine andere und der Kaiser war, wie Troost überzeugend darlegt, zum Einlenken bereit. Das titularische Zugeständnis basierte damit nicht auf rangrechtlichen Argumenten, sondern spiegelte die aktuelle Wertschätzung des Kaisers. Rangrechtliche Begründungen waren damit jedoch, dies werden die nachfolgenden Fallbeispiele ebenfalls darlegen, keineswegs ausgehebelt.117 Dennoch war die Botschaft klar – Leopold war es, der Ehrerweise zuteilen, Wilhelm III. jedoch auch in einer Position in der zweiten Reihe verharren lassen konnte. 3.2.2 Die Glorious Revolution 1688/89 und die Erlangung der Königswürde Mit seiner Landung in Torbay an der englischen Südküste im November 1688, unter den Vorzeichen eines (unerklärten) niederländisch-französischen Handelskriegs und des Pfälzischen Neunjährigen Krieges (1688 – 1697),118 setzte der Generalstatthalter schließlich seinen seit geraumer Zeit vorbereiteten Plan um, 116 Vgl. Troost, Wouter, Habsburg and Orange in 1700. Natural Allies?, in: Bourbon – Habsburg – Oranien. Konkurrierende Modelle im dynastischen Europa um 1700, hrsg. von Christoph Kampmann u.a, Köln u. a. 2008, 255 – 266, bes. 260 – 263. 117 Barbara Stollberg-Rilinger erblickt dagegen in der Wertschätzung das Motiv, das traditionelle rangrechtliche Begründungen für die Zuweisungen von Positionen im Laufe des 17. und 18. Jahrhunderts zusehends verdrängte, vgl. Stollberg-Rilinger, Feine Unterschiede, bes. 149 f. 118 Dieser Krieg trägt in der Forschung viele Namen: „Pfälzischer Erbfolgekrieg“, „Orléansscher Krieg“ (Liselotte von der Pfalz, mit deren Erbansprüchen Ludwig XIV . argumentierte, hatte dessen Bruder Philipp von Orléans geheiratet), „Guerre de la Ligue d’Augsbourg“ (nach der sog. „Augsburger Allianz“, einer defensiven (Reichs-)Kreisassoziation unter Einschluss Leopolds I., deren Assoziationsvertrag freilich nicht ratifiziert wurde) und schließlich „Neunjähriger Krieg“. – Letztere Bezeichnung, die in der jüngeren Forschung mittlerweile am prominentesten verwendet wird, ist hier in modifizierter Form aufgenommen. Zu dieser Terminologie vgl. Burkhardt, Vollendung und Neuorientierung, 103 f. sowie zur Diskussion der Benennung insbesondere Duchhardt, Heinz, Vorwort, in: Der Friede von Rijswijk 1697,
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in die innenpolitischen Auseinandersetzungen zwischen König und Parlament einzugreifen und England in die Koalition gegen Ludwig XIV. einzubinden.119 Anlass gaben ihm die verschärfte Situation auf der Insel, namentlich Jakobs II., seines Onkels und Schwiegervaters, immer unverhohlener prokatholische Politik – Jakob selbst war Katholik –, die Stärkung des englischen Heeres und Jakobs fortgesetzte Versuche, die königliche Macht gegenüber dem Parlament zu vergrößern. Die Geburt eines Thronfolgers im Sommer 1688, die Jakob den lange ersehnten männlichen Erben bescherte und die Befestigung einer katholischen Dynastie – womöglich in Koalition mit dem verhassten französischen König – wahrscheinlich werden ließ, verlieh der Konstellation eine erhebliche zusätzliche Brisanz: Damit schien Jakobs älteste Tochter, Wilhelms anglikanische Ehefrau Maria, vom ersten Thronfolgerang verdrängt.120 Der Invasion vorausgegangen waren, über Jahre hinweg, intensivierte Kontakte mit der Opposition gegen Jakob, die schließlich in der – von Wilhelm insinuierten – Einladung der die Opposition anführenden ‚immortal Seven‘ an Wilhelm zur politischen Intervention im Königreich gipfelten. Jakob II. reagierte kopflos, überfordert und spielte Wilhelm damit in die Hände.121 Unklar bleibt auch noch für die heutige Forschung, ob Wilhelm sich erst nach der Flucht Jakobs ernsthaft mit der Option befasste, sich vom Parlament zum König erheben zu lassen. Wie dem auch gewesen sein mag – der Entschluss nahm offensichtlich sehr rasch klare Konturen an, wurde doch der aufgegriffene Jakob im Dezember nicht an einem zweiten – erfolgreichen – Versuch gehindert, sich ins französische Exil abzusetzen.122 hrsg. von dems. (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz, Beiheft 47: Abteilung Universalgeschichte), Mainz 1998, VII f. 119 Vgl. Duchhardt, Heinz, Die Glorious Revolution und das internationale System, in: Francia 16 (1989), 29 – 37. Zur Zielsetzung, durch die Kontrolle über das englische Königreich die antiludovizianische Koalition entscheidend zu stabilisieren, vgl. aus der Perspektive der Intervention fremder Mächte Kampmann, Christoph, Das „Westfälische System“, die Glorreiche Revolution und die Interventionsproblematik, in: Historisches Jahrbuch 131 (2011), 65 – 92, bes. 71 – 74. Die diplomatischen Schachzüge Leopolds I. und Wilhelms im Vorfeld des Bündnisses gegen Ludwig XIV . werden neu beleuchtet bei Kampmann, Christoph, Ein großes Bündnis der katholischen Dynastien 1688? Neue Perspektiven auf die Entstehung des Neunjährigen Krieges und der Glorious Revolution, in: Historische Zeitschrift 294 (2012), 31 – 58. 120 Zu den Motiven und dynastischen Verhältnissen vgl. auch Jardine, Lisa, Going Dutch. How England Plundered Holland’s Glory, London 2008, 37 – 4 0, 79. 121 Eine konzise Bewertung der Politik Jakobs II . findet sich bei Miller, John, The Stuarts, London 22006, 192 – 198, vgl. auch Southcombe, George/Tapsell, Grant, Restoration Politics, Religion, and Culture. Britain and Ireland, 1660 – 1714, Basingstoke 2010, 75 – 99. Zur Einladung an Wilhelm vgl. auch Troost, William III, 191, 195. 122 Vgl. Troost, William III, 199, 206.
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Den Weg zum Thron ebnete Maria II. Stuart. Da der Verdacht wegen eines mit Wissen des Königs ‚untergeschobenen‘ Stammhalters nicht verstummen wollte und auch von Maria geteilt wurde, wurde sie von Jakobs Gegnern nach wie vor als legitime Thronerbin angesehen und machte auch denjenigen Oppositionellen, die Wilhelm von Oranien skeptisch gegenüberstanden, die Akzeptanz der neuen Situation leichter.123 Wilhelm stellte allerdings sehr rasch und unmissverständlich klar, dass er sich nicht mit einer Position als Prinzgemahl begnügen würde. Maria hegte nicht den Anspruch, in Konkurrenz zu ihrem Ehemann einen aktiven Part in der Regierung des Landes einzunehmen; schon einige Zeit vor der Invasion hatte sie zu erkennen gegeben, sie würde sich Wilhelm als König von England wünschen.124 Als unverzichtbarer Partnerin in der neuen Konstruktion einer joint monarchy kam ihr – zunächst – die Funktion einer dynastischen ‚Brückenbauerin‘ zu. Mit der Erklärung der Convention, eines Übergangsparlaments, dass Jakob seinen Thron verlassen habe und dieser als ‚vakant‘ anzusehen sei, wurde der Weg für den Prinzen und die Prinzessin von Oranien frei.125 Das Königspaar sollte künftig, wie es bei der Krönung im April 1689 beschwor, auf der Basis des überlieferten Rechts und der parlamentarisch beschlossenen Grundlagen, der Declaration of Rights, regieren;126 gleichwohl verblieben wesentliche politische Kompetenzen, so die Kontrolle über Außenpolitik und Heer, die Ernennung von Ministern und die Funktion als Oberhäupter der Kirche, bei den Monarchen.127 123 Vgl. Jardine, Going Dutch, 63 f., 78. – Gleichwohl sollte man Wilhelms eigene Ansprüche unter dynastischen Gesichtspunkten nicht unterschätzen, wie Jardine betont: Nach Maria und ihrer jüngeren Schwester Anne hatte er vor der Geburt Edward Stuarts 1688 in der Thronfolge an dritter Stelle gestanden; seine Mutter war die älteste Tochter König Karls I. gewesen – und die ältere Schwester Jakobs II. Die Mutter Marias und Annes, Anne Hyde, entstammte dagegen nicht dem Hochadel. Vgl. ausführlich Jardine, Going Dutch, 64 – 78. 124 Vgl Speck, William A., ‚Mary II (1662 – 1694)‘, Oxford Dictionary of National Biography, Oxford University Press, 2004; online edn, May 2007 [http://www.oxforddnb.com/view/ article/18246, accessed 3 June 2011]; Troost, William III, 209. 125 Über den steinigen Weg zu dieser Entscheidung informiert kompakt Troost, William III, 207 – 210. 126 Zur Interpretation der entsprechenden Passagen des Krönungseids (according to the statutes in parliament agreed on, and the laws and customs of the same) vgl. Schwoerer, Lois G., The Coronation of William and Mary, April 11, 1689, in: The Revolution of 1688 – 1689. Changing Perspectives, hrsg. von Lois G. Schwoerer, Cambridge u. a. 22003, 107 – 130, bes. 123. 127 Zur Bewertung der Declaration of Rights und der königlichen Position vgl. Troost, William III, 212. – Eine wissenschaftliche Biographie zu Maria II. Stuart existiert nicht; die neuere Forschung repräsentieren vornehmlich Schwoerer, Lois G., The Queen as Regent and Patron, in: Maccubbin, Robert P./Hamilton-Phillips, Martha (Hrsg.), The Age of William III & Mary II. Power, Politics, and Patronage 1688 – 1702. A Reference Encyclopedia and exhibition catalogue, Williamsburg 1989, 217 – 224; Speck, William – and Mary. Vgl. auch ders., Art. ‚Mary II (1662 – 1694)‘.
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Die Rollenverteilung des Herrscherpaars wurde dezent schon bei der Krönungszeremonie angezeigt, wenngleich streng darauf geachtet wurde, Maria nicht zu offensichtlich ‚nur‘ auf den Status der königlichen Gemahlin zu reduzieren.128 Um die Akzeptanz seines Schrittes vorzubereiten, hatte Wilhelm beim Aufbruch Richtung England Gesandtschaften zu den europäischen Potentaten geschickt, die für seine Position werben sollten; die Propagandamaschinerie, die er schon in den Niederlanden mehrfach erfolgreich hatte anwerfen lassen, lief auch dieses Mal auf Hochtouren, vorbereitet seit Monaten im Austausch mit den Gegnern Jakobs auf der Insel und im niederländischen Exil. Wilhelms Declaration zur Erläuterung der Gründe seines Eingreifens im Königreich – for preserving of the Protestant Religion, and for the Restoring the Lawes and Liberties of England, Scotland and Ireland – ist das bekannteste und bedeutendste Beispiel dieser Publizistik.129 Wie Christoph Kampmann herausstellt, verzichtete die Declaration dezidiert auf eine Argumentation, durch die Invasion müsse England in die Koalition gegen Ludwig XIV. geholt werden, verschaffte doch nur der Schutz Englands vor der angeblich despotischen Herrschaft Jakobs beziehungsweise seiner Ratgeber eine hinreichende Legitimation für das Eingreifen Wilhelms.130 Symbolträchtige Inszenierungen, etwa seiner Einzüge nach der Landung, so in Exeter und London, ergänzten die druckgestützte Propaganda wesentlich, ebenso das königliche Bildprogramm.131 Seinen königlichen Status – mit der Krone auf dem Haupt – inszenierte Wilhelm, noch im Februar 1689 zusammen mit Maria zum Monarchen proklamiert, in London bereits vor der Krönung im April, Konventionen hinter sich lassend und seinen Anspruch unmissverständlich demonstrierend.132 Dass Ludwig XIV., der Jakob II. und seiner Familie Asyl gewährte und dessen Kampf gegen Wilhelm in Irland unterstützte, die Herrschaft Wilhelms nicht anerkannte, bedarf keiner weiteren Erläuterung – es stellt sich aber die Frage, 128 Zur Positionierung Marias im Krönungszeremoniell vgl. Schwoerer, Coronation, 117, 127. 129 Der volle Titel lautet: Declaration of His Highness William Henry, Prince of Orange, of the Reasons Inducing Him to Appear in Armes in the Kingdom of England for Preserving of the Protestant Religion and for Restoring the Lawes and Liberties of England, Scotland, and Ireland, Den Haag 1688. Vgl. Schwoerer, Propaganda, bes. 851 – 855. Vgl. auch Troost, William III, 198 f. Die Bedeutung der in Kooperation vorbereiteten Propaganda unterstrich noch einmal Jardine, Going Dutch, 28 – 35, 42 – 4 6. 130 Vgl. Kampmann, Interventionsproblematik, bes. 80 f. – Bezeichnenderweise betonte Wilhelm seine Stellung als souveräner Fürst von Oranien – das Souveränitätsargument sollte nach den juristischen Vorstellungen der Zeit die Berechtigung zum Eingreifen in die innere Politik des Nachbarn liefern. 131 Grundlegend: Schwoerer, Propaganda. Vgl. auch Jardine, Going Dutch, 16, 20 f. – Zum Bildprogramm, das vor allem auf Wilhelm als siegreichen Herrscher und ‚neuen Herkules‘ fokussierte, vgl. Druffner, Legitimationszwang, sowie Baxter, William III as Hercules. 132 Zur königlichen Inszenierung Wilhelms noch vor der Krönung vgl. Schwoerer, Coronation, 110 f.
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wie andere europäische Herrscher die Machtübernahme in London rezipierten und wie sich die Repräsentation Wilhelms und Marias als neue rechtmäßige Monarchen in völkerrechtlich relevanten Dokumenten niederschlug. Wie also präsentierte Wilhelm sich in Verträgen mit seinen europäischen Partnern? Welche Rolle kam dabei seiner Ehefrau Maria II. Stuart zu? 3.2.3 Die Inszenierung von Kontinuität: frühe Verträge König Wilhelms III. mit den Niederlanden und Dänemark Der erste Vertrag mit einer auswärtigen Macht vom 29. April 1689, nur kurze Zeit nach der Krönung Wilhelms und Marias geschlossen, nimmt die Konstruktion der joint monarchy in der Titulatur der Vertragschließenden auf, die hier König und Königin umfasst: Le Roi & la Reine de la Grande Bretagne schlossen den Vertrag mit den Generalstaaten zur Ausrüstung einer niederländischen Flotte im Krieg gegen Ludwig XIV . Wilhelms englisches Königtum war in der niederländischen Republik mit Freude, aber auch mit der leisen Befürchtung eines politischen Bedeutungsverlusts der Niederlande aufgenommen worden – man war sich bewusst, auf den englischen Allianzpartner angewiesen zu sein.133 Die Nennung beider Monarchen im Vertrag signalisierte noch einmal, dass es de jure zwei waren, die sich die Regentschaft teilten, und dass der Anspruch auf den Thron sich dynastisch in erster Linie von Maria herleitete. Die Stuarttradition nahm auch der Rückbezug auf einen früheren englisch-niederländischen Vertrag auf, der 1677 noch mit Karl II., dem gemeinsamen Onkel Wilhelms und Marias, abgeschlossen worden war. Ohne Erwähnung des geflohenen Jakob II ., damit auch ohne einen Hinweis auf die Umstände des Herrschaftsantritts des neuen Königspaars, konnte damit auf frühere Beziehungen zwischen England und den Niederlanden Bezug genommen werden.134 Wilhelm und Maria konnten somit als die ‚besseren Stuarts‘ gelten, die mit einem erneuerten Verhältnis zwischen Parlament und Krone auch im Verhältnis zu den Niederlanden an bessere Zeiten – die Phase nach den englisch-niederländischen Kriegen – anknüpften, die auch Zeiten eines einflussreichen Parlaments gewesen waren.135
133 Vgl. Troost, William III, 240 f. 134 […] d’exécuter incessamment le Traitté du troisiéme du Mars 1677/8, fait entre le feu Roi Charles second, et les dits Seigneurs Etats Generaux, Duchhardt/Espenhorst, 1689 IV 29, 3, Allianz von Whitehall, www.ieg-friedensvertraege.de/[14. 10. 2016]; CTS 18, 347. – Auf Karl II. wurde auch in England gezielt von den beiden Monarchen Bezug genommen, etwa bei der Krönungszeremonie. Vgl. hierzu Schwoerer, Coronation, 117. 135 Es war massiver innenpolitischer Druck gewesen, der Karl II. gezwungen hatte, 1674 aus dem gemeinsamen Krieg mit Frankreich gegen die Niederlande auszusteigen und den Frieden
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Dass die politischen Entscheidungen de facto von Wilhelm getroffen wurden, signalisieren die Dokumente, die im Kontext der Verhandlungen mit den Niederlanden ausgefertigt wurden. Die Bestätigung der Vollmachten der englischen Gesandten zur Aufnahme der Verhandlungen mit den Niederlanden ist laut der Abschrift im königlichen Entry Book allein von Wilhelm ausgefertigt und mit der traditionellen Titulatur der englischen Könige versehen worden.136 Eine Konvention mit den Niederlanden zur Handelssperre gegen Frankreich vom August desselben Jahres erwähnte die Königin in der Titulatur nicht mehr, wenngleich sie in der Unterhändlervollmacht für die Verhandlungen zum Vertrag mit aufgenommen war.137 Auch der Allianzvertrag gegen Frankreich mit Dänemark, abgeschlossen mit König Christian V., dem Schwager der Schwester Marias, Anna, nennt als vertragschließenden Partner nur noch den König von Großbritannien.138 In diesem Vertrag führte Wilhelm nun die traditionelle königliche Titulatur: Gulielmus tertius, Dei gratia Magnae Britanniae, Franciae et Hiberniae rex, fidei defensor etc., omnibus et singulis, ad quos praesentes literae pervenerint, salutem. Quandoquidem tractatus quidam inter nos et serenissimum ac potentissimum principem dominum Christianum quintum, Dei gratia Daniae, Norvegiae, Vandalorum Gothorumque regem, ducem Slesvici, Holsatiae, Stormariae et Dithmarsiae, comitem in Oldenburg et Delmenhorst, Hafniae 15to die Augusti proxime praeteriti virtute mandatorum utrinque exhibitorum initus et conclusus sit, cujus quidem tractatus tenor sequitur […].139
Ungeachtet der Rolle des Parlaments bei der Thronbesteigung wurde das Gottesgnadentum als Teil der Titulatur fortgeführt, ebenso das Attribut eines Verteidigers des Glaubens, fidei defensor, das unter Heinrich VIII., vom Papst verliehen, in den Königstitel aufgenommen worden war.140 Sowohl das Gottesgnadentum als auch der Titel eines Verteidigers des Glaubens wurden von der Propaganda Wilhelms und Marias neu mit Inhalt gefüllt, die Krönungszeremonie hatte nicht von Westminster zu schließen. Vgl. hierzu Miller, John, After the Civil Wars. English Politics and Government in the Reign of Charles II, Harlow 2000, 217 f. 136 Wilhelm III . von Oranien, Hamptoncourt, April 1689: National Archives (NA ), State Papers Foreign (SP ), Entry Books: Holland, 104/69, fol. 1v–2v: Gulielmus Tertius Dei Gratiâ Angliae Franciae & Hiberniae Rex Fidei Defensor &c. 137 Konvention mit den Niederlanden, London, 22. 08. 1689, Duchhardt/Espenhorst, 1689 VIII 22 Vertrag von Whitehall, www.ieg-friedensvertraege.de/[14. 10. 2016]; CTS 18, 481 f. – Zu den Vollmachten vgl.: Vollmacht für die Unterhändler vom 22. Mai 1689, NA SP 103/50: Treaty Papers: Holland, fol. 111, 112v: Gulielmus & Maria Dei Gratiâ Magnae Britanniae Franciae & Hyberniae Rex et Regina Fidei Defensores &c. 138 Allianzvertrag mit Dänemark, Kopenhagen, 15. 08. 1689, CTS 18, 471. 139 Vgl. CTS 18, 471 bzw. die Ratifikation Christians V. von Dänemark, 13. September 1689, in NA SP 108/36 (Treaties: Denmark) (nicht foliiert). 140 Zum Fidei Defensor vgl. immer noch Brown, J. Mainwaring, Henry VIII ’s book Assertio septem sacramentorum and the royal title of Defender of the Faith, in: Transactions of the Royal Historical Society 8 (1880), 242 – 261.
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mit religiösen Bezügen gespart – Wilhelm wurde als von der göttlichen Vorsehung erwählter Retter Englands und der anglikanischen Kirche stilisiert. Flankiert wurde diese konfessionelle Propaganda von Marias demonstrativer, persönlich tief empfundener anglikanischer Religiosität und ihren Bemühungen zur Beförderung eines gottgefälligen Lebens am Hof und im Königreich.141 Die traditionellen Bestandteile der Titulatur wurden auf diese Weise neu inszeniert, demonstrierten zugleich aber Kontinuität. Der Statthaltertitel dagegen wurde, wie schon beim Langzeitüberblick zur englischen Titulatur erwähnt, nicht aufgenommen. Wilhelm war in seinem Titel ‚ganz Stuart‘, ganz König – es sollte in den Folgejahren auch ohne niederländische Reminiszenzen im Herrschertitel noch schwer genug sein, den Vorbehalten gegen den ‚Dutchman‘ im Inneren und gegen den ‚Aufsteiger‘ in Europa zu begegnen.142 3.2.4 Der englisch-brandenburgische Vertrag von 1690 Gerade im Hinblick auf die Akzeptanz seines Königtums blieb Maria II. Stuart also für Wilhelm eine unverzichtbare Stütze.143 Wenn auch klar war, wer über das politische Schicksal Englands und seine Außenbeziehungen entschied: Maria blieb präsent, und sie musste präsent bleiben – weil sie dynastisch und durch ihre große Beliebtheit in weiten Kreisen die durchaus umstrittene Herrschaft Wilhelms zu stützen hatte und weil sie mit einem Beraterstab offiziell, abgesichert durch eine Regency Bill, während der kriegsbedingten häufigen Abwesenheiten des Königs die Geschäfte zu führen und zeitweise in diesem Kontext auch ad hoc eigenständige, durchaus schwerwiegende Entscheidungen zu treffen hatte. Auch fortlaufende diplomatische Verhandlungen betreute sie von der Insel aus weiter.144 Entsprechend war die gemeinsame Titulatur des Herrscherpaares bis 141 Hierzu Claydon, Tony, William III and the Godly Revolution (Cambridge Studies in Early Modern History), Cambridge 1996, bes. 94 – 100 (vgl. 94: „In the early 1690s Mary became the linchpin of the regime’s publicity.“). Claydon sieht die konfessionelle Propaganda nach der erfolgreichen Behauptung Wilhelms in England und der abzusehenden Entmachtung Jakobs als neuen propagandistischen Schwerpunkt Wilhelms, um seine Erhebung zum König zu rechtfertigen, vgl. Claydon, Godly Revolution, bes. 24 – 32, 50 – 52. Zur Krönungszeremonie noch einmal Schwoerer, Coronation. 142 Vgl. hierzu Miller, The Stuarts, 219 – 222. 143 Dies betont ganz besonders Speck, William – and Mary, 146. 144 Vgl. hierzu Speck, William – and Mary sowie Schwoerer, Queen as Regent, bes. 222. Wenngleich Wilhelms Dominanz in politischen Fragen auch während seiner Abwesenheit gewahrt blieb und Maria so oft als nur möglich brieflich seine Meinung einholte, bevor sie entschied, so warnen doch Speck und Schwoerer davor, Marias politische Fähigkeiten zu unterschätzen und heben Marys umsichtiges Handeln in politischen Krisensituationen sowie die lobenden Urteile des von Wilhelm eingesetzten Beraterstabs wie auch des Parlaments hervor.
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in das Jahr ihres Todes 1694 hinein Bestandteil von Dokumenten, die Maria in außenpolitischen Belangen unterzeichnete.145 Die Königin blieb daher bis zu einem gewissen Grad auf der diplomatischen Bühne präsent und in ihrer Rolle für die ausländischen Gesandten wahrnehmbar. Dies zeigt sich auch in völkerrechtlichen Verträgen, wenngleich das oben zitierte englisch-dänische Beispiel eine andere Sprache zu sprechen scheint. Marias Bedeutung für die Legitimation der Herrschaft Wilhelms unterstreicht eine vertragliche Vereinbarung von 1690, die aus der Reihe vergleichbarer Zeugnisse dieser Zeit besonders hervorsticht. Es handelt sich um einen Allianzvertrag mit dem brandenburgischen Kurfürsten Friedrich III., der noch 1688, kurz nach dem Tod seines Vaters, des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm I., den endgültigen, offenen bündnispolitischen Wechsel auf die Seite Wilhelms von Oranien vollzogen hatte – eine für Wilhelm äußerst bedeutsame Entscheidung; engste Berater des Oraniers sahen die militärische Verbindung mit Brandenburg als unverzichtbar für den Erfolg der Vorhaben Wilhelms auf der Insel und auf dem Kontinent.146 Im September 1688 hatte eine persönliche Unterredung Wilhelms und Friedrichs in Minden stattgefunden. Brandenburgische Truppen, wie auch Regimenter Hannovers und Celles, Hessen-Kassels, Württembergs und Sachsens sollten die niederländischen Grenzen vor Ludwigs XIV. Angriffen schützen, was Gegenstand vertraglicher Regelungen mit den Generalstaaten war.147 Als Teil des „Magdeburger Konzerts“ der Reichsstände Brandenburg, Sachsen, Braunschweig-Hannover und Hessen-Kassel war Friedrich III. maßgeblich daran beteiligt, bereits vor der Reichskriegserklärung die Abwehr gegen Frankreich aufzubauen.148 Auch nach 145 Vgl. etwa während des Pfälzischen Krieges die Bevollmächtigungen von Blathwayt und Wolseley zu Verhandlungen mit den Generalstaaten und Braunschweig-Lüneburg, 10. Mai und 2. Juli 1694, NA SP 104/69, fol. 9v–10, 12v–13 (Entry Books: Holland). 146 Bentinck, der engste Vertraute Wilhelms und spätere Earl of Portland, fürchtete im Juli 1688, ohne die brandenburgische Rückendeckung zum Schutz der Generalstaaten sei für die englische Unternehmung alles verloren. Vgl. mit den archivalischen Belegen Onnekink, David, The Anglo-Dutch Favourite. The Career of Hans Willem Bentinck, 1st Earl of Portland (1649 – 1709) (Politics and Culture in North-Western Europe 1650 – 1720), Aldershot 2007, 50. 147 Vgl. hierzu Israel, Jonathan I., The Dutch Role in the Glorious Revolution, in: The AngloDutch Moment. Essays on the Glorious Revolution and its World Impact, hrsg. von Jonathan I. Israel, Cambridge u. a. 1991, 105 – 162, bes. 107 f. – Zu den Verhandlungen um Truppenhilfe vgl. die Arbeit von Wiebe, Renate, Untersuchungen über die Hilfeleistung der deutschen Staaten für Wilhelm III. von Oranien im Jahre 1688, Göttingen 1939, zu Brandenburg bes. 9 – 27. 148 Vgl. zur Zeit des Großen Kurfürsten: Troost, Wouter, William III, Brandenburg, and the Construction of the anti-French Coalition, 1672 – 88, in: The Anglo-Dutch Moment. Essays on the Glorious Revolution and its World Impact, hrsg. von Jonathan I. Israel, Cambridge 1991, 299 – 333. – Wie Ilja Mieck betont, hatten sich schon in den letzten Jahren des Großen
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der erfolgreichen Erlangung des englischen Throns war Wilhelm an der brandenburgischen Unterstützung weiter interessiert: Jakob II. erhielt in Irland – mit französischer Hilfe – recht erfolgreich einen Aufstand seiner Anhänger aufrecht, was einen bedeutenden Teil der Truppen Wilhelms band – erst zwei Monate nach Abschluss des brandenburgisch-englischen Vertrages konnte diese Erhebung in der berühmten „Battle of the Boyne“ endgültig niedergeschlagen werden.149 Wilhelm war also nach wie vor dringend auf Truppenhilfe angewiesen und musste um eine Festigung seiner Koalition auf dem Kontinent unbedingt bemüht sein.150 So kam der brandenburgische Wunsch, sich vertraglich noch enger zu binden, für den Oranier gerade zur rechten Zeit. Für den Brandenburger hatte der Vertrag aus mehreren Gründen eine ausgesprochen hohe Bedeutung: Friedrich III . setzte das väterliche Streben nach Macht und Prestige in Europa fort und sollte mit der Erlangung der Königswürde schließlich auch sein hochgestecktes Ziel erreichen 151 – doch Brandenburg-Preußen war nach wie vor auf Subsidien mächtiger, finanzkräftiger Partner angewiesen, um sich den Erhalt und Ausbau seiner Militärmacht leisten zu können und sich Kurfürsten eine deutliche Abkühlung des Verhältnisses zum Subsidienzahler Frankreich und eine schrittweise Annäherung an die Niederlande, auch über erste Geheimverträge, abgezeichnet. Vgl. Mieck, Ilja, Preußen und Westeuropa, in: Handbuch der preußischen Geschichte. Band I: Das 17. und 18. Jahrhundert und Große Themen der Geschichte Preußens, hrsg. von Wolfgang Neugebauer, Berlin/New York 2009, 411 – 850, hier bes. 534. Den Wechsel Friedrichs III . auf die Seite des Oraniers beleuchtet unter Einarbeitung umfangreichen Archivmaterials: Bellingradt, Daniel, Das Entscheidungsmomentum 1688. Gestaltende Kräfte der kurbrandenburgischen Außenpolitik am Vorabend der glorreichen Revolution in England, in: Forschungen zur brandenburgischen u. preußischen Geschichte, N. F. 16 (2006), 139 – 170. – Die Bedeutung der Koalition betont auch die englischsprachige Forschung, so Jardine, Going Dutch, 38. (Über die Gesamtbewertung hinaus ist Jardines Referat von Details allerdings irreführend.) 149 Die neuere Forschung zur ‚Glorious Revolution‘ betont mit Recht, dass der Widerstand der ‚Jakobiten‘ gegen die Herrschaftsübernahme durch Wilhelm lange nicht so marginal ausfiel, wie die Propaganda Wilhelms und im Anschluss daran die Whig-Geschichtsschreibung glauben machen wollte. Vgl. dazu jüngst noch einmal Pincus, Steven, 1688. The First Modern Revolution, New Haven/London 2009, der die Revolution wortmächtig als „popular, violent, divisive“ charakterisiert. Mit dem Urteil einer „first modern revolution“ vermag Pincus, der Analogien zur Französischen Revolution 1789 bis hin zur Oktoberrevolution 1917 konstatiert, freilich nicht zu überzeugen,vgl. hierzu auch die Rezension von Vallance, Ted, 1688. The First Modern Revolution, in: New Statesman, 22. 10. 2009 [http://www. newstatesman.com/print/200910220034; zuletzt aufgerufen am 19. 07. 2011] sowie das Urteil bei Kampmann, Bündnis der katholischen Dynastien, 57. 150 Vgl. hierzu Bellingradt, Entscheidungsmomentum, 151. 151 Das Ziel der Königswürde formulierte Friedrich erstmals 1692 – das Streben nach Statuserhöhung war schon seit Jahrzehnten brandenburgisches Programm, vgl. resümierend Mieck, Preußen und Westeuropa, 547 f. sowie detailliert Stollberg-Rilinger, Barbara, Höfische Öffentlichkeit.
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damit auch als attraktiver politischer Partner zu behaupten. Die – tatsächlichen oder vermuteten – finanziellen Möglichkeiten Wilhelms waren eine wichtige Motivation, die 1688 gefestigte Verbindung enger zu gestalten und sich die Finanzhilfe des Oraniers für den Fortgang des Krieges gegen Ludwig XIV. zu sichern.152 In der Tat sollte die Koalition mit Wilhelm III . im Laufe der Jahre gewaltige finanzielle Belastungen zur Folge haben, aber um des Aufstiegs des Hauses Brandenburg-Preußen willen hielt Friedrich III. an ihr fest.153 Dem Wunsch nach einer besseren Positionierung unter den europäischen Mächten waren auch die fortgesetzten Versuche geschuldet, im Zeremoniell an den europäischen Höfen – so auch in London – eine möglichst vorteilhafte, verbesserte Stellung gleich nach den europäischen Königen einzunehmen; eine erfolgreiche Außenpolitik auf der ‚richtigen‘ Seite war hier eine wichtige Basis, auf der entsprechende Forderungen formuliert werden konnten.154 Hinzu kamen dynastische Interessen: Schon seit den 1670er Jahren war die „Oranische Sukzession“ ein Thema, das in Brandenburg zusehends Aufmerksamkeit auf sich zog: Friedrichs III . Mutter, Luise Henriette, war die Tochter Friedrich Heinrichs von Oranien gewesen, zugleich die ältere Schwester des Vaters Wilhelms III. Durch ein Testament seines Großvaters rechnete Friedrich III. sich große Chancen aus,155 Wilhelm von Oranien dereinst im souveränen Fürstentum Orange zu beerben – Wilhelm war 1690 nach wie vor ohne Erben, Maria Stuart hatte 1678 und 1679 Fehlgeburten erlitten.156 Friedrichs Gesandte hatten bereits 1688, wenige Monate vor Wilhelms Landung in England, sowohl in Paris als auch in Den Haag über die brandenburgische Option auf das oranische Erbe verhandelt – während Ludwig immer offener konkurrierende Ansprüche des Herzogs von Solre begünstigt hatte, war den Brandenburgern von Wilhelm von Oranien 152 Die Bedeutung der Subsidienfrage lässt sich auch daran ersehen, dass Friedrich III. noch etliche Wochen nach der Verbindung mit Wilhelm III. 1688 mit Ludwig XIV. der Subsidienzahlungen wegen, die man seit der Zeit des Großen Kurfürsten erhielt, verhandeln ließ, vgl. dazu Bellingradt, Entscheidungsmomentum, 153 – 155. – In den Verhandlungen mit den Generalstaaten um Truppenhilfe waren die Subsidien von Beginn an ein wichtiges, wenn auch heikles Thema gewesen, vgl. Wiebe, Hilfeleistung, 17, 20. 153 Vgl. Mieck, Preußen und Westeuropa, 538, 540. 154 Vgl. Stollberg-Rilinger, Höfische Öffentlichkeit, bes. 156 – 176. 155 Friedrich Heinrich von Oranien hatte testamentarisch verfügt, nach Aussterben seiner männlichen Nachkommen sollten seine älteste Tochter Luise Henriette und deren Nachkommen das Erbe antreten. Wilhelm III. jedoch bestimmte in seinem eigenen Testament, wie sich 1702 bei der Testamentseröffnung herausstellte, Wilhelm Friso von Nassau-Dietz zu seinem Erben, vgl. Drechsler, Georg, Der Streit um die oranische Erbschaft zwischen Friedrich von Preußen und dem Hause Nassau-Dietz und sein Einfluß auf die preußische Politik, Leipzig 1913, 3 f. 156 Vgl. die Bestände des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz: I. HA , Rep. 64 I Oranische Sukzession.
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Entgegenkommen signalisiert worden.157 Das Fürstentum Orange an der Rhone hatte Ludwig XIV. bereits 1680 besetzt – demnach konnte eine fortgesetzte Unterstützung Brandenburgs für Wilhelm sogar als Hilfe bei der Wiedereroberung des familiären Besitzes gedeutet werden.158 Dezidiert formuliert wurde in den kurfürstlichen Verhandlungsinstruktionen für den Gesandten Freiherrn Wolfgang von Schmettau noch eine weitere Überlegung: Für einen seiner Söhne oder Brüder erhoffte Friedrich III. sich die Generalstatthalterschaft der Niederlande – noch war die effektive und enge Zusammenarbeit Wilhelms mit dem holländischen Ratspensionär Anton Heinsius, dank derer Wilhelm die Niederlande trotz seiner weitgehenden Abwesenheit auf Dauer auch ohne die Neubesetzung des Statthalterpostens effektiv zu führen vermochte, nicht abzusehen.159 Nicht vergessen werden soll die konfessionelle Motivation: Das Edikt von Fontainebleau und die sich anschließende massenhafte Flucht von Hugenotten aus Frankreich hatten auch in Brandenburg, das eine große Zahl von Glaubensflüchtlingen aufnahm, Empörung hervorgerufen, was den Zusammenhalt mit den niederländischen und englischen Glaubensgenossen schon vor Wilhelms 157 Zu den Verhandlungen über das oranische Erbe im Jahr 1688 vgl. Bellingradt, Entscheidungsmomentum, bes. 143 f., 148 f., 153. Vgl. auch die Hinweise bei Wiebe, Hilfeleistung, 19, 26. – Friedrich III. hatte gehofft, beim Treffen mit Wilhelm III. in Minden in dieser Frage Fortschritte zu erzielen – und wurde enttäuscht. Vgl. zur Erbfrage weiter Drechsler, Streit sowie Fix, Wilhelm, Die Territorialgeschichte des brandenburgisch-preußischen Staates im Anschluß an zehn Karten, Berlin 1860, 82 – 85. S. dazu auch ausführlich das Kapitel zum preußischen Titulaturgebrauch. 158 Mit den zeitgleich vorgenommenen „Reunionen“ Ludwigs XIV. hatte die Besetzung von Orange, einer Enklave im französischen Königreich, nichts zu tun, befeuerte aber – ein Jahr nach dem Frieden von Nijmegen – die Feindschaft Wilhelms III., vgl. dazu Lynn, John A., The Wars of Louis XIV 1667 – 1714 (Modern Wars in Perspective), London/New York 1999, 169. – Explizit erwähnt ist die Wiedereroberung des Fürstentums in Friedrichs III. Instruktion für Wolfgang von Schmettaus Mission nach London, 19. 02. 1689, GHStA PK I. HA Rep. 11, Nr. 1787, fol. 10r: Friedrich III. wolle helffen, daß Sie [ihre Durchlaucht, der Prinz von Oranien, R. D.] von Frankreich wegen der vielen zugefügeten injurien und occupirten länder satisfaction und insonderheit Oranien in voristem stande restituiret bekommen und en estat gesetzet werden. – Die Passage zur Restitution Oraniens ist dem Entwurf der Instruktion nachträglich eingefügt worden; dies spricht für eine Überlegung, sehr gezielt Hinweise auf die gemeinsame Familientradition und den empfindlichen Verlust der Stammlande einzubinden. 159 Zur Führung der Niederlande in der Zusammenarbeit mit Heinsius vgl. Lademacher, Horst, Wilhelm III. von Oranien und Anthonie Heinsius, in: Rheinische Vierteljahresblätter 34 (1970), 252 – 266; van Deursen, Generalstatthalter, 159 – 162 – Ausführliche Erläuterungen Friedrichs zur Statthalterschaft für einen Hohenzollern in der Instruktion für Wolfgang von Schmettaus Mission nach London, 19. 02. 1689, GHStA PK I. HA Rep. 11, Nr. 1787, fol. 11r–13v. – Vgl. auch die Kommentierung bei Droysen, Johann Gustav, Friedrich I. – König von Preußen Berlin/New York 32001 (erstmals 1869), 40 f.
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englischer Expedition maßgeblich gestärkt hatte. Katholische Verschwörungstheorien hatten auch 1688 – von einem Bündnis zwischen Ludwig XIV ., dem katholischen Jakob II. und gar Kaiser Leopold I. war gemunkelt worden – auf der protestantischen Seite für Unruhe gesorgt. In den brandenburgisch-niederländischen Verhandlungen vor dem Aufbruch Wilhelms nach England wurde explizit mit der konfessionellen Motivation argumentiert, auch von Friedrich III.160 Der Schutz der protestantischen Konfession blieb ein Thema, sowohl im Kampf Wilhelms gegen die Jakobiten im britischen Königreich als auch auf dem Kontinent im Pfälzischen Krieg – Ludwigs Rekatholisierungspolitik in der Pfalz sollte schließlich weit über den Frieden von Rijswijk 1697 hinaus für schwerwiegende Differenzen sorgen.161 Dem Abschluss des Vertrages wurde also von beiden Seiten hohe Bedeutung beigemessen. Ohne vergleichbares Beispiel ist die Benennung der englischen Herrscher in der Präambel, die daher einer ausführlicheren Betrachtung unterzogen werden soll. Als Traditionsgeber für die beiderseitigen Beziehungen der Häuser Oranien und Hohenzollern werden in diesem Vertrag von 1690 zunächst einleitend Karl II. Stuart und der Große Kurfürst aufgerufen;162 die Anknüpfung an Verträge mit Karl II. ist bereits im Vertrag mit den Generalstaaten begegnet und hatte, wie die englische Forschung urteilt, in der Propaganda Wilhelms Methode.163 Die Betonung der engen Verwandtschaft der beiden Häuser hatte, wie bereits ausgeführt, einen erheblichen Stellenwert, den Friedrich III., wie später noch zu zeigen sein wird, gezielt ausbaute.164 Doch auch der besonderen Umstände des Herrschaftsantritts Wilhelms und Marias wird in der Präambel gedacht, und die Königin, im oben angeführten Vertrag mit Dänemark nicht erwähnt, wird entsprechend ihrer Rolle bei der Erlangung der Herrschaft in den Vertrag integriert. Die Präambel ordnet die Festigung der beiderseitigen Beziehungen zeitlich nach den Geschehnissen ein, die Wilhelm und Maria den englischen Thron einbrachten,
1 60 Vgl. die Belege bei Wiebe, Hilfeleistungen, bes. 17. 161 Zur Verschwörungsdiskussion 1688 vgl. Bellingradt, Entscheidungsmomentum, 140, 147, bes. 150 f. – Zur vielzitierten ‚Rijswijker Klausel‘, die 1697 die Rekatholisierung in der Pfalz bestätigte, vgl. mit den Hinweisen auf die „Rekonfessionalisierung“ im Reich zusammenfassend Burkhardt, Johannes, Vollendung und Neuorientierung des frühmodernen Reiches 1648 – 1763 (Gebhardt Handbuch der deutschen Geschichte, 11), Stuttgart 2006, 160 – 164. 162 Vertrag von Westminster, 16. 05. 1690, CTS 19, 53. 163 Vgl. Schwoerer, Coronation, 171. 164 Zu den oranischen Familienbeziehungen vgl. Hahn, Peter-Michael, Magnifizenz und dynastische Legitimation durch Übernahme kultureller Muster. Die Beziehungen der Hohenzollern zum Haus Oranien und den Niederlanden im 17. Jahrhundert, in: Formen der Visualisierung von Herrschaft. Studien zu Adel, Fürst und Schloßbau vom 16. bis zum 18. Jahrhundert (Quellen und Studien zur Geschichte und Kultur Brandenburg-Preußens und des Alten Reiches), hrsg. von Peter-Michael Hahn/Hellmut Lorenz, Potsdam 1998, 9 – 56.
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und führt mit einer Kommentierung dieser Ereignisse die englischen Herrscher in den Vertrag ein: […] apres que Dieu par sa direction manifeste a mis sur le trone de ces royaumes le Roy et la Reine d’aujourdhuy, et que sous l’heureux regne de leurs Majestez la religion, les loix et la liberté sauvées de l’oppression, ont repris leur ancienne autorité et droits.165
Sobald der Kontext der Glorious Revolution aufgerufen wurde, schien der Rekurs auf die dynastische Brückenfunktion der Königin unverzichtbar. Ausgesprochen deutlich wird hier – in quellenkundlicher Hinsicht von Inhalt und Duktus her den Elementen einer Narratio entsprechend – die von Wilhelm und Maria propagierte Deutung ihres Herrschaftsantritts wiedergegeben.166 Das Paar Oranien-Stuart wird als Instrument der göttlichen Vorsehung präsentiert, das das Königreich in religiöser wie politischer Hinsicht von Unterdrückung befreit habe. Die Tradition einer guten und gerechten Regentschaft, so legt die Formulierung nahe, wurde allein durch (den ungenannten) Jakob II. unterbrochen. Religion, Recht und Freiheit – diese Schlagworte begegnen schon in der Deklaration Wilhelms von Den Haag 1688, publiziert unmittelbar beim Aufbruch nach England und gezielt auf dem Kontinent verbreitet; die Betonung der Vorsehung war auch noch in der späteren oranischen Propaganda bedeutsam.167 Der Schutz des protestantischen Glaubens war eine Motivation, die Friedrich III. seinerseits für seine Politik beanspruchte und die auch die Verbindung mit Wilhelm III. deutlich beeinflusste.168 Wilhelm und Maria ihrerseits hatten von Beginn an mit der ‚papistischen Verschwörung‘ unter Jakob Propaganda gemacht und wurden nicht müde, die konfessionelle Karte zur Befestigung ihrer Herrschaft weiter zu spielen – besonders Maria als fromme anglikanische Christin verkörperte diese Haltung glaubwürdig.169 Die Einigung mit dem Parlament als Grundlage für das Königtum Wilhelms und Marias wurde schließlich als Rückkehr zur Tradition der guten Königsherrschaft in Übereinstimmung mit den Ständen gedeutet (loix et liberté). Unmittelbar im Anschluss, im nächsten Satz des Vertrages, wird der eigentliche politisch Handelnde Englands, Wilhelm III., mit dem Titel eingeführt, der auch allein, ohne den interpretierenden Vorspann, den Herrscher hätte bezeichnen können, denn nun ist nur noch von Sa Majesté le Roy de la Grande Bretagne die 1 65 Vertrag von Westminster, 16. 05. 1690, CTS 19, 54. 166 Zur Arenga in völkerrechtlichen Verträgen vgl. Bittner, Lehre von den völkerrechtlichen Vertragsurkunden, 206 – 208. 167 Vgl. Claydon, William III, 59 f. Vgl. zu den genannten Schlagworten den Titel der Deklaration: The Declaration of […] William Henry […] Prince of Orange etc. of the Reasons inducing him to appear in Armes in the Kingdom of England, for preserving of the Protestant Religion, and for the Restoring the Lawes and Liberties of England, Scotland and Ireland, The Hague 1688. [Hervorhebungen R. D.] 168 Vgl. Mieck, Preußen und Westeuropa, 527 f. 169 Hierzu ausführlich Claydon, Godly Revolution, bes. 94 – 100.
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Rede, und nun geht es auch um das Ziel der vertraglichen Abmachung, nämlich die Koalition gegen Ludwig XIV. und die Finanzierung der Kriegführung. Auch hier werden noch einmal Traditionen aufgerufen, die nun allein vom unmittelbar zuvor genannten Wilhelm ausgehen: die Rede ist von les liaisons etroittes du sang et d’amitié sincere, dans laquelle Sa Majesté se trouve déjà avec Sa Serénité Electorale: Die engen verwandtschaftlichen wie auch seit 1685 wieder enger gewordenen politischen Verbindungen werden auf diese Weise ein zweites Mal hervorgehoben, nun ganz auf die Oranier bezogen. Die in der vertraglichen Praxis der Zeit vorhandenen Möglichkeiten, in der Präambel die Hintergründe des Zustandekommens einer vertraglichen Regelung resümierend aufzugreifen, werden hier also recht umfänglich genutzt;170 im Vergleich zu Vertragsabschlüssen mit anderen Mächten, man denke an die bereits erwähnten, recht konventionell anmutenden Bündnisabreden mit der niederländischen Republik und mit Dänemark, fällt dieser Vertrag demnach deutlich aus dem Rahmen. Wozu also der Aufwand, die Herrschaft des englischen Königspaares ausdrücklich zu rechtfertigen? Die Charakterisierung des Herrschaftsantritts Wilhelms von Oranien und seiner Frau Maria sowie die starke Betonung der Verbindung zu Brandenburg in diesem Vertrag legen seitens der Vertragspartner einen erhöhten Bedarf an Vergewisserung nahe. Zu fragen ist: Wer von den beiden Vertragspartnern hatte dieses besondere Bedürfnis und was waren die Hintergründe? Der brandenburgisch-englische Vertrag wurde in London geschlossen – Freiherr Wolfgang von Schmettau wurde hierzu im Februar 1689 als außerordentlicher Bevollmächtigter mit seiner Mission betraut. Friedrichs III. Instruktion formulierte recht sachlich; zwar war hier vom göttlichen Wirken die Rede, das – ohne weitere Erläuterung – Wilhelms großartige Erfolge möglich gemacht habe, aber Schmettau hatte nach Friedrichs Anweisungen recht schnell darauf hinzuweisen, wie rasch und entschlossen sich doch der Kurfürst an Wilhelms Seite gestellt habe – womit man sich umgehend die Feindschaft Frankreichs auf den Hals gezogen habe.171 Was ihm besonders wichtig schien, formulierte Friedrich sehr klar: Das fürnembste aber, worauf Er [Schmettau] seine gedancken und bemühunge zurichten, ist daß wir einge geld-subsidien von Engelland erhalten […] weil das geld der nervus belli ist […].172 170 Zur Gestaltung von Präambeln vgl. auch Steiger, Heinhard, Vorsprüche. 171 Zur Entlastung der niederländischen Truppen am Niederrhein, die während Wilhelms England-Expedition der Armee Ludwigs XIV. standhalten mussten, holten sich die Generalstaaten Truppenhilfe aus dem Reich. Friedrich III. – wie auch einige andere protestantische Reichsfürsten – entsandte mehrere Regimenter, im brandenburgischen Fall 5900 Mann. Bezahlt wurden die Truppen von den Generalstaaten. Vgl. Israel, Dutch Role, hier 107 f. 172 Friedrichs III. Instruktion für Wolfgang von Schmettau, 19. 02. 1689, GHStA PK Rep. 11, Nr. 1787, fol. 5v–6r, 9r, v.
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Auch Wilhelms Gesandter am brandenburgischen Hof, Lord Robert Lexington, war im Frühjahr 1689 im Rahmen seiner Mission mit dem Vertragsprojekt beschäftigt. Im Kredenzschreiben und in der Instruktion für Lexington sind klare Bezüge auf die Glorious Revolution zu finden: Das lateinische Beglaubigungsschreiben sprach von der Freundschaft zwischen den Verwandten, die jüngst durch Friedrichs Unterstützung im Kampf gegen die Feinde der wahren Religion und der Gesetze befestigt worden sei;173 in der Instruktion wurde dies noch einmal, ins Englische übertragen, in ähnlicher Weise für Lexingtons erste Audienz beim König wiederholt: Nach der Bekundung der Bereitschaft to continue and improve Our Allyance sollte Lexington im Namen des Königs auch Dank sagen für Friedrichs assistance to Us, in Our late expedition for the Defence of the Protestant Religion in England and the maintenance of the Laws & established Governem[en]t in danger of being otherwise wholly subverted and ruined. Hier finden sich also ebenfalls die Verteidigung des Glaubens und der alten Rechte; auch das göttliche Wirken (the blessing of God) sollte Lexington in seine Dankesrede einflechten.174 Offensichtlich war es Wilhelm darum zu tun, Friedrichs Absicherung seiner Expedition, die ihm den englischen Thron einbrachte, noch einmal explizit als Unterstützung der guten, gerechten, gottgefälligen Sache herauszustellen; Friedrichs Positionierung als überzeugter Calvinist stand außer Frage.175 Die Argumentation des englischen Kredenz- und Instruktionsschreibens und die Formulierung der Präambel ähneln sich also sehr – man möchte in ihnen daher zunächst Produkte aus derselben Feder, oder zumindest von demselben Hof vermuten. Doch die Zuschreibung ist – überraschenderweise – eine andere. Das nächste Dokument, in dem ein weiterer Schritt hin zur Formulierung der Präambel gesehen werden kann, ist ein deutschsprachiger Entwurf Schmettaus zu einer Proposition für die Verhandlungen in London, an Friedrich III. mit der Bitte um Instruktion eingesandt: Betont wird zunächst die Tradition der engen Verbindung zwischen den beiden Häusern, sodann wird – wie in der späteren Prä 173 Vgl. Kredenzschreiben Wilhelms für Lord Lexington, 30. 05. 1689, NA SP 104/194, Entry Books: German States, fol. 6r: Amicitia ea et necessitudo Sanguinis Vinculo conjuncta, mutuisque invicem officijs stabilita, quae inter Nos & Cels.[itudi]nem Vestram Elector.[al]em semper intercessit, quum majorem in modum nuper aucta et firmata sit ijs auxilijs, quae ipsa Nobis suppeditavit ad Hostes sanctae Nostrae Religionis et divinarum pariter ac humanorum legum in his Regnis debellandos […]. 174 Wilhelms Instruktion für Lord Lexington, 30. 05. 1689, NA SP 104/194, Entry Books: German States, fol. 7r. 175 Zu Friedrich III. und der Bedeutung der calvinistischen Konfession für seine Politik vgl. Neugebauer, Wolfgang, Epochen der preußischen Geschichte, in: Handbuch der preußischen Geschichte. Band I: Das 17. und 18. Jahrhundert und Große Themen der Geschichte Preußens, hrsg. von Wolfgang Neugebauer, Berlin/New York 2009, 227 – 230.
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ambel – der Vertrag zwischen dem Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm und Karl II. Stuart von 1661 aufgegriffen. Die entscheidende Passage, in der erstmals das englische Königspaar erwähnt wird, lautet: […] nachdeme Gott durch seinen augenscheinlichen beistand – Ihre May.ten den jezigen König und Königin, auf den thron dieses Reichs gesezet, u. unter dehren glorieusen Regierung die von der unterdrückung gerettete Religion, Geseze und Freyheit widerumb floriren lässet.176
Schmettaus Entwurf datiert vom September 1689 – da Wilhelm Verhandlungen mit Brandenburg erst anstrengte, sobald seine Allianz mit den Niederlanden abgeschlossen war, konnte Schmettau nicht vor Dezember seine Proposition, ins Französische übersetzt, bei Wilhelms Ministern einreichen. Die Passage zum Herrschaftsantritt Wilhelms und Marias wurde hierfür bei ihrer Übertragung aus dem Deutschen nur geringfügig bearbeitet.177 In den Monaten, die Schmettau bereits in London verbracht hatte, war ihm von hochrangigen Beratern des Oraniers nicht nur vor Augen geführt worden, dass die erwarteten Subsidien angesichts der hohen Kriegsauslagen Wilhelms alles andere als problemlos bewilligt würden;178 ihm mag auch die Bedeutung der Propaganda Wilhelms und Marias zur Befestigung ihrer Herrschaft noch einmal bewusst geworden sein. Schmettau wird wohl über die zentralen Schlagworte zur Rechtfertigung der ‚Glorious Revolution‘ schon vor seinem Aufbruch nach London gut informiert gewesen sein – schon allein deswegen, weil Wilhelm dafür gesorgt hatte, dass seine Declaration of Reasons an alle Gesandten in Den Haag (außer an die englischen und französischen) verteilt wurde und in mehreren Sprachen in Europa verfügbar war; Druckorte der Declaration waren auch Hamburg und Magdeburg.179 Mit zahlreichen anderen 176 Ohnmaßgebliches Project Propositionis so Churbrandenburg.r seithen bey vorstehender con ferenz mit dehnen könig.n Ministris geschehen könte, GHStA PK, I. HA Rep. 11, Nr. 1788, fol. 184r–193r, hier 184v. Der Entwurf war eine Beilage zum Brief Schmettaus an Friedrich III., 12. 09. 1689, ebd., fol. 180r–183r. 177 Vgl. Schmettaus Bericht vom 03. 12. 1689, Contenu de la proposition faite de la part de Son Alt. [esse] El.[ectoral]e de Brandebourg, en matiere d’Alliance avec sa Maj.té le Roy de la Grande Bretagne: […] après que Dieu par son assistance visible, a mis sur le Throne de ces Royaumes, le Roy et la Reine d’aujourdhuy, et que sous l’heureux regne de Leurs Majestés, la Religion, les Loix, et la Liberté, sauvés de l’oppression, reprennent leur anciennes autorité et droits. GHStA PK I. HA Rep. 11, Nr. 1789, fol. 115r–118r, hier 115r. 178 Schmettaus erste Audienz beim Königspaar hatte im April 1689 stattgefunden. Vgl. dazu seinen Bericht in GHStA PK I. HA Rep. 11, Nr. 1787, fol. 119r–123r. Schon Wochen vor der offiziellen Aufnahme der Verhandlungen Anfang Dezember versuchte der Earl of Portland (Wilhelms Günstling Willem Bentinck), Schmettaus Subsidien-Hoffnungen zu schmälern, vgl. Schmettau an Friedrich III., 01. 10. 1689, GHStA PK I. HA Rep. 11, Nr. 1788, fol. 216r–219v, hier 216v–218v. Vgl. auch Droysen, Friedrich I., 41 f. 179 Vgl. hierzu Schwoerer, Propaganda, bes. 854. Mit Magdeburg wurde also sogar brandenburgisches Territorium zur Basis der Verbreitung der Declaration.
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Propagandadrucken und Verlautbarungen wurde Schmettau dann wohl spätestens in London bekannt. Die Endfassung des Vertrages, im Mai 1690 unterzeichnet, sollte zumindest an dieser Stelle der Präambel nicht viel mehr als eine Anpassung des Schmettau’schen Vorschlags werden – bezeichnenderweise wurde der Hinweis auf den göttlichen Beistand noch einmal verstärkt, denn aus der zunächst ins Französische übersetzten assistance visible wurde nun eine noch sehr viel entschiedenere göttliche direction manifeste – dies entsprach der Betonung des Gedankens der göttlichen Vorsehung in der Propaganda Wilhelms und Marias im Laufe des Jahres 1689.180 Schmettau hat diese beiden Änderungen selbst vorgenommen, wie sein Vertragsentwurf zeigt, den er im Februar 1690 bei Nottingham, Wilhelms Secretary of State für das Northern Department,181 einreichte. Der brandenburgische Gesandte hatte, wie er gegenüber Friedrich III. erläuterte, die Initiative ergriffen, um die schleppenden Verhandlungen voranzutreiben und in einem ersten Anlauf die kurbrandenburgischen Interessen möglichst vollständig einzubinden, statt sich von einem englischen Entwurf, auf dem die Gegenseite womöglich beharrte, die Hände binden zu lassen. Auch bei der Vorlage des Vertragsentwurfs spielten Vorstellungen von Rang und Ehre eine Rolle, denn im Falle eines englischen Entwurfs möchte [die Gegenseite, also Wilhelms Berater, R. D.] einen point d’honneur draus gemachet haben, nicht viele enderungen oder remarquen von meiner [Schmettaus] seiten zu admittieren.182 Offensichtlich fand Schmettaus Umschreibung des oranischen Herrschaftsantritts bei seinen Verhandlungspartnern Beifall – wie der eingangs angeführte Text des endgültigen Vertrags zeigt, wurde hier keinerlei Änderung mehr vorgenommen. Äußerungen der englischen Verhandlungsführer mit Bezug auf die Formulierung der Präambel konnten im Rahmen der archivalischen Recherchen nicht eruiert werden; die aufgefundenen Dokumente beschäftigten sich vorrangig mit dem militärischen Wert des Bündnisses. Die überlieferten Sammlungen 180 Vgl. noch einmal zum Vergleich die Formulierung des Vertrages: […] apres que Dieu par sa direction manifeste a mis sur le trone de ces royaumes le Roy et la Reine d’aujourdhuy, et que sous l’heureux regne de leurs Majestez la religion, les loix et la liberté sauvées de l’oppression, ont repris leur ancienne autorité et droits. Vertrag von Westminster, 16. 05. 1690, CTS 19, 54. – Claydon betont für die Stärkung des Vorsehungsgedankens v. a. die Rolle Gilbert Burnets, eines anglikanischen Pfarrers und Vertrauten Wilhelms und Marias, der wichtige Propagandaschriften verfasste und auch an der Formulierung der Declaration Wilhelms beteiligt war, vgl. Claydon, Godly Revolution, bes. 29 – 32. 181 Vgl. das Projet du Traite d’Alliance, entre Sa Majesté le Roy de la Grande-Bretagne, et Son Altesse Electorale de Brandebourg, Beilage Schmettaus zum Brief an Friedrich III., 11. 02. 1690, GHStA PK I. HA Rep. 11, Nr. 1691, fol. 113r–116v, Präambel 113r, v. 182 Schmettau an Friedrich III., 25. 02. 1690, GHStA PK I. HA Rep. 11, Nr. 1790, fol. 117r–122v, hier 117r.
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von Vertragsentwürfen in den National Archives verzeichnen keinen englischen Gegenentwurf zu Schmettaus Vorschlägen.183 Wilhelm selbst war zur Zeit der Verhandlungen auf dem irischen Kriegsschauplatz beschäftigt und wurde von London aus über den Fortgang der Unterredungen verständigt.184 Angesichts der Nähe zu den propagandistischen Verlautbarungen Wilhelms und Marias verwundert diese Zustimmung kaum. Auch Schmettau hat sich an keiner Stelle zu weiteren Hintergründen der Gestaltung seines Präambelentwurfs geäußert. Für beide Seiten war die Allianz ausgesprochen wichtig, und angesichts mehrfacher Eintrübungen der Stimmung während der Verhandlungen 185 mochte ein vorsichtiges Werben um die Gunst des Partners, das die Grundhaltungen der jeweiligen Seite entgegenkommend berücksichtigte, auch angeraten sein. Zudem war das Finanzproblem Friedrichs mit den Monaten, die ohne englische Subsidien ins Land gingen, nicht kleiner geworden, weshalb der Kurfürst auf eine entsprechend eindringliche Darstellung seiner Finanzlage in London gedrängt hatte.186 Ein Memorandum Schmettaus zu den einzelnen Vertragsartikeln betonte 183 Die Verhandlungspartner Schmettaus in London waren Wilhelms höchstrangige englische Berater – ein gemischtes Team aus Whigs und Tories: Der Marquis of Carmarthen, Vorsitzender des Privy Council, der Siegelbewahrer Lord Halifax, die beiden Secretaries of State, Nottingham und Shrewsbury, und schließlich Wharton als Schatzkanzler. Vgl. zu Wilhelms Beratern auch Claydon, William III, 109 f., 112 f. – Die in den National Archives (NA SP: State Papers Foreign: Entry Books, Treaty Papers, Treaties und State Papers Domestic: King William’s Chest) und der British Library (BL AddMS : Additional Manuscripts) eingesehenen Bestände könnten allenfalls noch um Archivalien des Privy Council (NA PS 2) ergänzt werden, die während der Recherche nur eingeschränkt zugänglich waren. – Die Bestände Treaty Papers (NA SP 103/26: Treaty Papers Germany, States) und Treaties (NA SP 108/398: Treaties, Brandenburg) verzeichnen stets nur Schmettaus Entwürfe und die Endversion des Vertrages vom Mai 1690. Wilhelms persönliche Korrespondenz (King William’s Chest, National Archives SP 8) enthält keinerlei überlieferte Hinweise zu dieser Thematik. 184 Zur Korrespondenz Nottinghams mit dem König zum brandenburgischen Bündnis (Korrespondenz während des Irlandfeldzugs) vgl. die Briefe Nottinghams an Wilhelm, 22. 07. 1690, BL AddMS 38146 Entries Ireland, fol. 76r–77v sowie 05. 08. 1690, fol. 77v–79v. Details der Präambel wurden nicht diskutiert. 185 Friedrich III. hatte sich 1689 von Wilhelm gegenüber dem Haus Hannover zeremoniell zurückgesetzt gefühlt bzw. sah sich in einem Erbstreit mit Sachsen-Lauenburg nicht genügend unterstützt. Von letzterem Streit wurde in London befürchtet, er werde die Alliierten auseinanderdividieren. Vgl. hierzu Nottinghams Briefe an Lexington, 09. 08. 1689 sowie 25. 10. 1689, NA SP 104/194: Entry Books, German States, fol. 24v, 42r, v sowie den kurzen Kommentar zu Lexingtons Aufenthalt am brandenburgischen Hof bei Woodfine, Philip, Art. ‚Sutton, Robert, second Baron Lexington (1661 – 1723)‘, in: Oxford Dictionary of National Biography, Oxford University Press, 2004; online edn, Jan 2008 [http://www. oxforddnb.com/view/article/26805, accessed 8 July 2011]. 186 Friedrich III . wies Schmettau noch im Dezember 1689 an, den Verbündeten vor Augen zu stellen, dass er ohne Finanzhilfe unmöglich noch lange mit der gleichbleibend hohen
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entsprechend, der brandenburgische Kurfürst trage in erster Linie Lasten der Kriegführung, habe aber gegenwärtig keine weiteren Vorteile aus der Verbindung mit Wilhelm.187 Friedrichs Kommentare zu Schmettaus Entwurf stellten denn auch die Präambel nur insoweit infrage, als er sich nicht zu stark als der Alleinige stilisiert sehen wollte, der diese Verbindung dringlich gewünscht habe.188 Die Präambel im Vertrag vom Mai 1690 band dann tatsächlich Wilhelm III. stärker ein – als den Partner, der sich dans les memes desirs pour le renouvellement de cette alliance 189 befunden habe. Ebenfalls auf Friedrich geht eine Änderung zurück, die im Kontext des Projekts ‚Rangerhöhung‘ stand, das schon sein Vater Friedrich Wilhelm an den europäischen Höfen und bei diplomatischen Verhandlungen – notfalls konflikthaft – auf die Tagesordnung gesetzt hatte: Der Kurfürst sah die Chance, in diesem Vertrag nun als Sérénité Electorale zu firmieren, worin er eine Parallele zu den brieflichen Anreden durch die englischen Könige als Celsitudo sah – um damit die bislang übliche Altesse Electorale hinter sich zu lassen.190 Auch dieser Änderungswunsch findet sich im Vertrag verwirklicht, ebenso wie die brandenburgischen Vorstellungen zur Unterschriftsleistung. Auf die Positionierung der Unterschrift Schmettaus verwendeten Herrscher wie Gesandter erhebliche Aufmerksamkeit; Schmettau dokumentierte die brandenburgischen Vorstellungen, en droite ligne und auf der gleichen Höhe wie Wilhelms oberster Vertreter, Lord Carmarthen, zu signieren, in London kurz vor Unterzeichnung des Vertrages in einem eigenen Memorandum – Friedrichs III. Hoffnung, Wilhelm werde sich den brandenburgischen Wünschen noch eher geneigt zeigen als andere Könige, wurde nicht enttäuscht.191 Truppenstärke würde operieren können, vgl. seinen Brief an Schmettau vom 03./13. 12. 1689, GHStA PK I. HA Rep. 11, Nr. 1789, fol. 98r–102r, bes. fol. 98v. 187 Memorandum Schmettaus zum Subsidientraktat, GHS tA PK I. HA Rep. 11, Nr. 1790: Äußere Beziehungen England, Berichte 1690, fol. 77 – 78. 188 Vgl. Friedrich III. an Schmettau, GHStA PK I. HA Rep. 11, Nr. 1691, fol. 163r–168v, hier 163r: […] daß es nicht scheine, als ob Wir allein den Tractat gesuchet, wie den auch die sache in facto dergestalt beschaffen, daß solcher Tractat zu gleicher seite selber angetragen und von denen aldort gewesenen Hollandischen Ambassadeuren urgirt worden […]. 189 CTS 19, 54. Cette alliance bezieht sich auf den zu Beginn der Präambel erwähnten englischbrandenburgischen Vertrag von 1661, an den hier angeknüpft wurde. Trotz dieser Änderung blieb die Gestalt der Präambel, wie Schmettau sie vorgeschlagen hatte, im Kern weitgehend erhalten. 190 Vgl. Friedrich III . an Schmettau, 25. 02. 1690, GHS tA PK I. HA Rep. 11, Nr. 1791, fol. 163r–168v, hier fol. 167v. – Über brandenburgische Rangansprüche zur Zeit des Großen Kurfürsten Stollberg-Rilinger, Höfische Öffentlichkeit. 191 Vgl. die Anfrage Schmettaus an Friedrich III . wegen der Unterschrift, 11./21. 02. 1690, GHS tA PK I. HA Rep. 11, Nr. 1791, fol. 117r–122v, hier 121v, 122r und Friedrichs Antwort, 25. 02. 1690, ebenda, fol. 163r–168v, hier 167v, 168r. – Zu Schmettaus entsprechender
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Gerade diese letzte Beobachtung zeigt: Der brandenburgisch-englische Vertrag von 1690 mit seiner außergewöhnlichen Präambel sagt mindestens ebenso viel über die Positionierungsbestrebungen des brandenburgischen Kurfürsten aus wie über die Etablierungsphase der Herrschaft Wilhelms von Oranien als König von England, Schottland und Irland. Was sich zunächst wie eine von oranischer Seite veranlasste Rechtfertigung des Herrschaftswechsels von Jakob II . zu Wilhelm III . liest, war von brandenburgischer Seite induziert und blieb – wenig verwunderlich – unwidersprochen. Dies macht ein weiteres Mal darauf aufmerksam, dass der Gebrauch von Herrscherbezeichnungen nicht nur aus Ansprüchen eines Herrschers resultierte, sondern ebenso Zuschreibungen der mit ihnen interagierenden Potentaten spiegelte. Eine Herrscherposition und einen entsprechenden Titel anzunehmen, war das eine – die Ausdeutung des Titels und des zugrunde liegenden politischen Kontexts war aber auch ebenso Sache der anderen europäischen Mächte. Im Vertrag konnte diese Ausdeutung nur mit beiderseitiger Einwilligung Eingang finden – bei anderen Medien, in Korrespondenzen, bei zeremoniellen Ereignissen etwa, war die Präsentation konkurrierender Deutungen möglich. Es sind keine direkten Äußerungen der beteiligten Unterhändler sowie der Herrscher zur Bezeichnung des englischen Herrscherpaares nachweisbar – trotz der dichten brandenburgischen Überlieferung. Angesichts der mächtepolitischen Hintergründe und der Kommentierungen des Bündnisvorhabens durch die Beteiligten wird hier die These vertreten, dass mit der Umschreibung des Herrschaftsantritts Wilhelms, die zentrale Elemente der Propaganda des Königspaars wiederholte, ein möglichst vorteilhafter Einstieg in Bündnisverhandlungen gelingen sollte, an deren raschem Abschluss insbesondere Friedrich III. aus finanziellen Gründen großes Interesse hatte. Die Präambel rief noch einmal die ‚gloriose‘,192 Positionierung am Londoner Hof vgl. Envoyé of Brandenburg’s Declaration concerning the signing of the Treaty, 28. 04. 1690, NA SP 104/194: Entry Books German States, fol. 89r. Schmettau bot an, die von ihm in London geltend gemachten Usancen der Unterzeichnung von Verträgen durch brandenburgische Gesandte könne in Berlin an entsprechenden Verträgen überprüft werden. Tatsächlich erging an Johnston, Wilhelms Gesandten in Berlin, im Mai die Weisung, ein entsprechendes Angebot der Prüfung anzunehmen (Nottingham an Johnston, 23. 05. 1690, NA SP 104/194: Entry Books German States, fol. 89r). – Schmettaus Unterschrift in der rechten Kolumne, auf derselben Höhe mit Lord Carmarthen, dem Vorsitzenden des Privy Council, ist in den Archivalien mehrfach dokumentiert, vgl. etwa die Originalunterschriften zu den Separatartikeln in NA SP 108/398 Treaties, Brandenburg (nicht foliiert). 192 Die Verwendung der Bezeichnung ‚Glorious Revolution‘ geht auf den Whig John Hampden und das Jahr 1689 zurück, bezog sich auf das Ausbleiben eines Blutvergießens in England (im Gegensatz zu Schottland und Irland) und verstand die Revolution in traditionellem Sinne als Rückkehr zu den erstrebenswerten politischen Verhältnissen vor der Herrschaft Jakobs II. Vgl. Troost, William III, 212.
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religiös und konfessionell aufgeladene Deutung des Herrschaftsantritts Wilhelms und Marias auf. Friedrichs III. besonderes Einverständnis mit der Entwicklung im Königreich wurde auf diese Weise ein weiteres Mal dokumentiert. Allerdings waren angesichts der angespannten finanziellen Lage Wilhelms – schon der Übergang nach England mit einer großen Flotte und niederländischen Elitetruppen hatte einen gewaltigen finanziellen Kraftakt bedeutet 193 – gerade die Subsidienregelungen des Vertrages der neuralgische Punkt der Verhandlungen. Dies war Schmettau in seinen Gesprächen in London schnell klar geworden. Argumentationen und Schlüsselbegriffe, mit denen Wilhelm und Maria in vielerlei propagandistischen Erzeugnissen für ihre Herrschaft zu werben versuchten, wurden nun in Schmettaus Feder zu Schlagworten, mit denen der englische Partner umworben werden konnte. Die in der Präambel des Vertrags ebenfalls betonte verwandtschaftliche Beziehung der Häuser Hohenzollern und Oranien (les liaisons etroittes du sang) wurde zu einem weiteren Baustein in der Argumentation Schmettaus, der die besondere Nähe der Partner hervorhob und von Friedrich III. künftig mit vielfachen Bezügen auf seine oranischen Vorfahren noch deutlich gestärkt werden sollte.194 Die besondere Herausstellung der Verwandtschaft verweist auch auf Ziele, die über die Subsidienfrage und den gegenwärtigen militärischen Konflikt mit Frankreich hinausgingen, so die brandenburgischen Hoffnungen auf die Statthalterschaft in den Niederlanden und – auf noch längere Sicht – die Möglichkeit, Wilhelm von Oranien dereinst im Fürstentum Orange zu beerben. Die damit einhergehende Aufwertung der Hohenzollern fügte sich in das brandenburgisch-preußische Langzeitprojekt der Rangerhöhung ein. Auch hier bot der Vertragsabschluss – wie schon frühere Vertragsverhandlungen 195 – die Gelegenheit, über das Zeremoniell bei den Audienzen und Verhandlungen 196 über Titelprädikate (Sérénité statt Altesse) und die Positionierung der Unterschrift des stellvertretend unterzeichnenden fürstlichen Abgesandten eine höhere Sprosse der Rangleiter für sich zu behaupten. Wiederum aber wird, freilich in einer unerwarteten Konstellation, auch in diesem Vertrag die Bezeichnung des Potentaten zu einer Möglichkeit, seine Herr 193 Vgl. Israel, Dutch Role, bes. 105 – 107. 194 Vgl. hierzu Hahn, Magnifizenz und dynastische Legitimation. 195 Beim Friedenskongress von Nijmegen versuchte Friedrich Wilhelm gezielt, den kurfürstlichen brandenburgischen Anspruch auf Einstufung entsprechend den europäischen Königen, vor den Republiken, durchzusetzen, vgl. Stollberg-Rilinger, Höfische Öffentlichkeit, 163. 196 Ceremonialia waren denn auch ein wichtiger Bestandteil des Austauschs zwischen Friedrich III. und Schmettau während dessen Londoner Mission, vgl. Schmettau an Friedrich III., 21./31. 05. 1689, GHStA PK I. HA Rep. 11, Nr. 1787, fol. 189r–190r (zur Stellung der Kurfürsten) sowie die obigen Erläuterungen zur Unterzeichnung des Unterhändlerinstruments.
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schaft und seine Stellung in Europa besonders hervorzuheben. Wilhelm und seine Berater ließen die Brandenburger offensichtlich gerne gewähren. Und wiederum, hier noch mehr als beim portugiesischen Beispiel, verbinden sich auch Zielsetzungen des politischen Partners, der letzten Endes für die Formulierung verantwortlich zeichnet, mit dieser besonderen Präsentation. Die befestigte Partnerschaft bedeutete die Behauptung gegenüber dem gemeinsamen Gegner, in diesem Fall gegenüber Ludwig XIV.; die materiellen Vorteile aus dem Vertrag sicherten die brandenburgische Armee. Auch diese exemplarische Betrachtung der englisch-brandenburgischen Beziehungen berücksichtigt, wie schon das portugiesische Beispiel, nur zu einem geringeren Teil Rangfragen – doch dies heißt nicht, dass Wilhelm von Oranien sich als englischer König zu Fragen des Rangs und der Titulatur dauerhaft passiv verhalten hätte. Ein Dissens mit Kaiser Leopold I. über Prädikate des Herrschertitels erweist das Gegenteil und gibt Aufschluss über Wilhelms Auffassung von traditionellen Prädikaten des Herrschertitels und ihrer Aussagekraft für das Verhältnis der europäischen Potentaten zueinander. 3.2.5 Wilhelms Forderung nach ‚titularischer Meistbegünstigung‘ gegenüber Kaiser Leopold I. Durch die Erlangung des englischen Thrones gelang Wilhelm eine entscheidende, dauerhafte Veränderung des europäischen Koalitionsgefüges. England schloss sich mit dem Einverständnis des Parlaments nun den Gegnern Ludwigs XIV. an, der seinerseits Jakob II. in Irland unterstützte. Mit der Einbindung in die Große Allianz wurde die Phase weitgehender englischer Neutralität in der europäischen Politik beendet und die Koalition zwischen dem Kaiser und den Niederlanden entscheidend verstärkt.197 Es stellte sich rasch die Frage, wie Leopold mit seinem zum König aufgestiegenen Allianzpartner auf zeremonieller Ebene umgehen würde. Die Vorzeichen für eine bessere Würdigung des erlangten Status als weiland in Wilhelms Statthalterzeit standen allerdings nicht besonders günstig. Abgesehen davon, dass Wilhelms Aufstieg zum englischen König zunächst einmal bei den katholischen Mächten Bedenken hervorrief, es möge sich nun eine dezidiert 197 Vgl. Troost, William III, 241 f. – Mit Fokus auf die europäische Mächtepolitik und ihre langfristige Prägung durch die englische Wende in der Glorious Revolution vgl. Duchhardt, Glorious Revolution. – Zur ‚revolutionären‘ Wende in der englischen Außenpolitik jüngst Claydon, Tony, The Revolution in Foreign Policy, 1688 – 1713, in: The Final Crisis of the Stuart Monarchy. The Revolutions of 1688 – 91 in their British, Atlantic and European Contexts, hrsg. von Tim Harris/Stephen Taylor (Studies in Early Modern Cultural, Political and Social History, 16), Woodbridge 2013, 219 – 241.
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antikatholische Politik auf der Insel Bahn brechen,198 erschien durch Wilhelms Königtum auch das Prinzip dynastischer Legitimität, ungeachtet der Konstruktion der joint monarchy, infrage gestellt. Entsprechend zögerte der Kaiser zunächst, ob er Wilhelms Königswürde anerkennen könne oder ob er die Thronbesteigung des Oraniers als einen rechtswidrigen Akt werten müsse. Eine Theologenkommission vermochte die Bedenken jedoch zu zerstreuen, und so ergingen im Juni 1689 Glückwünsche des Kaisers an Wilhelm III.199 Doch der Glückwunsch hatte nur bedingte Aussagekraft. Titularische Konflikte des Kaisers mit dem englischen Königshaus waren nicht unbekannt, und sie erlebten nun eine Neuauflage. Heinz Duchhardt hat einen Dissens zwischen Leopold I. und Karl II. beim Nijmegener Friedenskongress analysiert, bei dem Prädikate in den Herrschertitulaturen Gegenstand der Auseinandersetzung waren. Die Prädikate, die von kaiserlicher Seite dem englischen König beigelegt wurden, umfassten – im Gegensatz zu denen für andere gekrönte Häupter Europas – nicht den Beinamen Potentissimus; begründet wurde dies mit dem Argument, England habe, anders als andere Potentaten während des Westfälischen Friedenskongresses, diese Ehrung nicht explizit erbeten. Möglicherweise wurde Karl II., Vermittler beim Nijmegener Kongress,200 dadurch inspiriert, dem Kaiser auf der Ebene der Titulatur keine Positionsgewinne mehr zu ermöglichen – ein europäischer Kongress bot dazu den idealen Schauplatz. Im Gegensatz zu früheren englischen Gepflogenheiten wurde der Kaiser nun in englischen Schriftstücken nicht mehr als Invictissimus bezeichnet – daraus entwickelte sich ein Schlagabtausch zwischen den englischen und kaiserlichen Gesandten, bei dem offenbar wurde, dass Karl II. gegen die kaiserliche Sonderstellung angehen wollte und dazu das Argument anführte, mittlerweile verzichte eine Reihe von Mächten im diplomatischen Verkehr auf die Anführung des vom Kaiser exklusiv beanspruchten Prädikats.201 Die von Heinrich VIII. forcierte und unter den Stuarts aufgegriffene Betonung des Empire-Gedankens – man denke hier auch an die bereits vorgestellten Erläute 198 Wilhelm beeilte sich, Leopold noch 1688 brieflich zu versichern, nicht gegen englische Katholiken vorzugehen, vgl. Troost, William III, 241. 199 Vgl. Troost, William III , 242. Zur dynastischen Legitimität auch Duchhardt, Glorious Revolution, 32. 200 Zur englischen Vermittlung vgl. Duchhardt, Heinz, Arbitration, Mediation oder bons offices? Die englische Friedensvermittlung in Nimwegen (1676 – 1679), in: Studien zur Friedensvermittlung in der Frühen Neuzeit (Schriften der Mainzer Philosophischen Fakultätsgesellschaft, 6), hrsg. von Heinz Duchhardt, Wiesbaden 1979, 23 – 88. 201 Vgl. Duchhardt, Imperium und Regna, bes. 565 – 570. – Zur Antastung der kaiserlichen Präeminenz auf diplomatischem Parkett vgl. auch Pečar, Andreas, Symbolische Politik. Handlungsspielräume im politischen Umgang mit zeremoniellen Normen: BrandenburgPreußen und der Kaiserhof im Vergleich (1700 – 1740), in: Preußen, Deutschland und Europa (Baltic studies, 8), hrsg. von Jürgen Luh u. a., Groningen 2003, 280 – 295, bes. 291 f.
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rungen John Seldens und ebenso seines Zeitgenossen James Howell zum Kaisertitel – tat ein Übriges, um die Vorbehalte des Kaisers zu verstärken,202 der sich weder auf die Vorstellung einer „entgipfelten Pyramide“ einlassen wollte noch einer anderen Macht die Spitzenposition zu überlassen gedachte.203 Die Empire-Stilisierung Karls II. setzte Jakob II. fort.204 Wie würde sich Wilhelm verhalten? Leopold jedenfalls behielt in titularischer Hinsicht seine auf Distanz bedachte Politik auch gegenüber dem neuen englischen Herrscher zunächst einmal bei. Die Beglaubigung der ersten vertraglichen Verbindung des Kaisers mit dem neuen englischen König, die kaiserliche Ratifikation des – ersehnten – englischen Beitritts zur Großen Allianz vom September 1689, zeigt dies nur zu deutlich. Die Ratifikationsurkunde wurde auf den 23. Dezember 1689 ausgestellt und benannte einleitend den neuen englischen König als Serenissimum Principem Dominum Wilhelmum Tertium, Magnae Britanniae, Franciae et Hiberniae Regem.205 Serenissimus – nicht aber Potentissimus. Leopold reproduzierte damit den Standpunkt, den er schon im erwähnten Titulaturstreit mit Karl II. bezogen hatte. Eben dieses Problem schuf – noch vor der erwähnten Ratifikation des englischen Beitritts und über diese hinaus – vom Herbst 1689 an den Ausgangspunkt für einen Titulaturdisput, den als Vertreter ihrer Herren vornehmlich Lord Paget, Wilhelms Botschafter am Kaiserhof, und Reichsvizekanzler Königsegg zu führen hatten.206 Paget hatte im Auftrag seines Königs auf eine rasche kaiserliche Ratifikation des Beitritts zu drängen. Wilhelms Instruktion für seinen Gesandten enthält eine bezeichnende Passage, die nach erster Korrespondenz Wilhelms mit dem Kaiser 207 in ebenso indigniertem wie selbstbewusstem Ton Anweisungen für 202 Zu Howells Discourse concerning the Precedency of Kings vgl. kurz Duchhardt, Imperium und Regna, 572 f. Über die Einordnung der Positionen Howells in die Präzedenztraktate der Frühen Neuzeit auch Stollberg-Rilinger, Feine Unterschiede, 37 f. 203 Zur „Entgipfelung“ der Staatenpyramide im Westfälischen Frieden vgl. Burkhardt, Johannes, Die entgipfelte Pyramide. Kriegsgrund und Friedenskompromiss der europäischen Universalmächte, in: 1648. Krieg und Frieden in Europa, 3 Bde., hg. v. Klaus Bußmann und Heinz Schilling, hier Bd. 2: Politik, Religion, Recht und Gesellschaft, Münster/Osnabrück 1998, 51 – 60. 204 Vgl. Duchhardt, Imperium und Regna, 574 – 577; Kampmann, Arbiter, 283 f. 205 NA SP 108/130, Dezember 1689 (Treaties: Holy Roman Empire). 206 William Paget ist in der englischsprachigen historischen Forschung v. a. durch seine Mission nach Konstantinopel bekannt, auf der er als Vermittler zwischen Kaiser und Sultan wirken sollte, um Leopolds Konzentration auf den Kampf im Westen gegen Ludwig XIV. zu ermöglichen. Vgl. die Kurzbiographie mit weiteren Literaturhinweisen bei Heywood, Colin, Art. ‚Paget, William, seventh Baron Paget (1637 – 1713)‘, in: Oxford Dictionary of National Biography, Oxford University Press, 2004; online edn, Jan 2008 [http://www. oxforddnb.com/view/article/21124, accessed 3 June 2011]. 207 Es wird nicht näher ausgeführt, um welchen Brief des Kaisers es sich handelte – möglicherweise bezog Wilhelm sich sogar auf das Glückwunschschreiben zu seiner Krönung, das im Juni 1689 versandt worden war.
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Pagets zweite Audienz bei Leopold formuliert, der ersten Audienz zur Bündnispolitik nachfolgend: Some time after your first audience, You are to demand another, and therein to represent to the Emperor, that upon the receipt of his Letter; We are not a little surprised to find Our selfe treated in them with the Title onely of Serenitas 208 while there are other Kings to whom he gives that of Majestas. That considering the antiquity of Our Imperiall Crowne, and the Ranke Our Royall Progenitors ever held among the Kings of Europe; We persuade Our selfe he will no longer make any such distinction, but alter this style, & give Us as much as is given by him to any other Christian King […].209
Wilhelms Beschwerde, ihm werde – im Gegensatz zu anderen Königen – der Titel Majestas vorenthalten, wurde verknüpft mit dem aus der Traktatliteratur bekannten, traditionellen argumentativen Arsenal des Rangrechts: Aufgrund des Alters seines Königreiches sowie aufgrund des Rangs seiner Vorgänger stehe ihm dieser Titel sehr wohl zu. Wilhelm, an sich königlicher ‚Newcomer‘ und wahrhaft kein auf regulärem Weg zur Macht gelangter Thronerbe, zugleich immer noch niederländischer Generalstatthalter, aber – mütterlicherseits – aus königlichem Geschlecht, pochte auf Gleichbehandlung mit europäischen Königen. Hier war Wilhelm ganz in das Stuarterbe eingetreten und verwies selbstbewusst auf die Bedeutung des englischen Königtums.210 Wie die Rede von Wilhelms Imperiall Crowne zeigt, beanspruchte er – wie seine Vorgänger – imperiale Epitheta für sein Reich, die wohl in erster Linie für die Bedeutung und Größe des englischen Königreichs standen;211 gleichzeitig gestand er Leopold seine titularischen Prärogative zu, hatte er ihn doch in Pagets Kredenzschreiben als Serenissime, Potentissime & 208 Unterstreichungen im Original! 209 Wilhelms Instruktion für Paget, 04. 09. 1689, NA SP 104/194 Entry Books: German States, fol. 29v–30r. 210 Bereits die Flugschriftpublizistik während des Neunjährigen Krieges griff die Argumentation mit der englischen Arbiter-Position auf, die durch dem Kampf gegen Ludwig XIV. gesichert werden müsse und die auch jenseits des Kanals von den Bündnispartnern aufgegriffen wurde, vgl. hierzu Kampmann, Arbiter, 285 f., 289, 292. – Claydon, William III, baut seine gesamte Darstellung ganz auf der Frage nach der ‚Oranier‘- und der ‚Stuart‘-Seite in Wilhelms Politik auf, interpretiert Wilhelms außenpolitische Aktivitäten, da vorrangig ‚kontinental‘ orientiert und seinem langen Kampf gegen Ludwig XIV. gewidmet, jedoch ausgesprochen schematisch als ‚oranisch‘, ohne der Frage nach der gezielten Demonstration dynastischer Kontinuität und englischer ‚Größe‘ in europäischem Kontext weiter nachzugehen. 211 Bei Karl II . dagegen und dem bereits angeführten Konflikt in Nijmegen ging es recht eindeutig um eine Anzweiflung der kaiserlichen Sonderstellung unter den europäischen Monarchen – das wäre in Wilhelms Situation wenig produktiv gewesen. Zu Karl II . und den verschiedenen Konnotationen des Empirebegriffs vgl. Duchhardt, Imperium und Regna, 570 – 574. – Den verstärkten Bezug auf die Größe des Königreichs und die amerikanischen Kolonien hebt im Kontext der Krönung Wilhelms auch Schwoerer, Coronation, 123, hervor.
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Invictissime Princeps 212 angesprochen – im Gegensatz zu Karl II., der mit der Auslassung des Invictissimus gezielt provoziert hatte. Wilhelm suchte die Verbindung zu Leopold in der Großen Allianz; er kannte jedoch nur zu gut den Wert des englischen Beitritts zum Bündnis gegen Ludwig XIV., und daher sollte Paget an dritter Stelle – der Betonung von Größe und Possess nachgeordnet, aber ebenfalls nicht neu – das Argument der gegenwärtig engen Verbindung und der Machtposition Englands einbringen: Die Gleichbehandlung mit anderen Königen erhoffe Wilhelm sich vom Kaiser especially at this time when We are engaged with him in such strict measures of a sincere friendship, which We will not be wanting to maintaine and cultivate on all occasions.213 Was mit einer Betonung der sincere friendship begann, endete mit einer kaum verhüllten Drohung – zu einer Partnerschaft um jeden Preis, ohne eine in der Titulatur klar dokumentierte Anerkennung wollte der Oranier sich nicht bereit zeigen. Der Ausdruck von Wertschätzung als Basis für das Zugeständnis einer besonderen titularischen Auszeichnung taucht hier auf – doch damit werden die übrigen Argumente nicht ersetzt, vielmehr ergänzt – traditionelle rangrechtliche Argumente stehen nach wie vor im Vordergrund.214 Auch im Verhältnis zu den Gesandten anderer Herrscher am Kaiserhof hatte Paget laut Wilhelms Anweisung darauf zu achten, die königliche Würde des Oraniers zu wahren und in Sachen Rang und Präzedenz nicht zurückzuweichen, ungeachtet auch der engen Verbundenheit zwischen dem Kaiser und dem spanischen Zweig der Habsburger.215 Die Strategie war riskant – eine Zurückweisung des Ansinnens durch den Kaiser konnte einen Gesichtsverlust und eine Verschlechterung der Beziehungen in der antiludovizianischen Koalition bedeuten; die Lage auf dem irischen Kriegsschauplatz war zudem als ausgesprochen kritisch zu betrachten. Wilhelms Secretary of State, Daniel Finch, Earl of Nottingham,216 schob daher im Namen des Königs 212 Vgl. Wilhelms Kredenzschreiben für Paget, 04. 09. 1689, NA SP 104/194 Entry Books: German States, fol. 27v. 213 Ebenda, fol. 30r. 214 Zur Begründung zeremonieller Ehren mit dem Argument der Aestimation vgl. StollbergRilinger, Feine Unterschiede, bes. 148 – 150. 215 Vgl. ebenda, fol. 30v: But in all things You are to have a just regard of Our Royall dignity in your conversations with the Ministers of other Kings, having a care that the Partiality which the Imperiall Court hath for the Minister of Spaine bring You not to make a step in point of Rank or precedency to Our prejudice. 216 Finch gehörte zur Tory-Fraktion und wurde von den Whigs mehrfach stark angegriffen, hatte aber insbesondere das Vertrauen Marias II. Stuart. Wilhelm entließ ihn 1693 aufgrund politischen Drucks vonseiten der Whigs. Vgl. den Überblicksartikel seines Biographen Horwitz: Horwitz, Henry, Art. ‚Finch, Daniel, second earl of Nottingham and seventh earl of Winchilsea (1647 – 1730)‘, Oxford Dictionary of National Biography, Oxford University Press, 2004; online edn, Jan 2009 [http://www.oxforddnb.com/view/article/9427, accessed 3 June 2011].
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eine Woche später eine ergänzende Anweisung an Paget nach – die Audienz sollte erst zu einem Zeitpunkt erbeten werden, zu dem mit der Gewährung der Titelansprüche Wilhelms zu rechnen war, und dem Gesandten wurde ein vorsichtiges Vorgehen anempfohlen (you shall proceed in it very gently).217 Tatsächlich sollte die Titulatur Wilhelms Paget von Winter 1689 bis zum Frühjahr 1691 beschäftigt halten. Doch zunächst einmal wurde Paget ausgebremst – erst Ende November konnte er von der ersten Audienz bei Leopold berichten; diese Unterredung drehte sich allein, wie in den instruierenden Weisungen aus London vorgesehen, um die Allianz gegen Ludwig XIV.218 Die folgenden Ausführungen konzentrieren sich – auf den ersten Blick womöglich irritierend – allein auf die Auseinandersetzung um die briefliche Anrede Wilhelms III. Analysiert werden soll hier der Konflikt um die titularische Positionierung Wilhelms, dessen Auswirkungen sich auch in der oben erwähnten kaiserlichen Ratifikation zeigten, der aber zeitweise über ein anderes Medium als den Vertrag geführt und – zumindest teilweise – gelöst wurde, was einem neuen Titulaturgebrauch in künftigen Verträgen den Weg ebnete. ‚Das‘ Zeremoniell realisierte sich parallel auf verschiedenen Kommunikationsebenen und mit unterschiedlichen Rezipientenkreisen – performativ bei Einzügen, Verhandlungen etc., schriftlich bei der Erstellung von Urkunden, bei der Ausfertigung von Korrespondenz –, durch den Gebrauch verschiedener Medien. Diese wurden verschieden intensiv und – darauf wird noch zurückzukommen sein – womöglich mit konkurrierenden Aussagen zur Positionierung der Souveräne verwendet.219 Der Gebrauch von Titelprädikaten, wie er sich in Leopolds I. Ratifikation des englischen Allianzbeitritts offenbart, lässt sich, da im Hinblick auf den Titelgebrauch in der fraglichen Zeit bei der Kommunikation zwischen Wien und London sonst nur noch von Briefen, nicht von Verträgen Gebrauch gemacht wurde, allein vor dem Hintergrund dieses Korrespondenz-Konflikts klären – die Prädikate, um die sich diese Differenzen drehten, sind dieselben, die auch bei der Abfassung vertraglicher Regelungen Verwendung fanden. Zugleich soll hier die Perspektive auf Strategien zur Vorbereitung der Lösung des Titulaturkonflikts durch andere Medien als den Vertrag geweitet werden.
217 Vgl. Nottingham an Paget, 11. 09. 1689, NA SP 104/194 Entry Books: German States, fol. 33v. 218 Vgl. Paget an Nottingham aus Augsburg, 29. 11. 1689 [alter Stil], NA SP 80/17 Holy Roman Empire, fol. 6r, v. 219 Was hier nur in Ansätzen untersucht werden kann, ist der parallele Gebrauch verschiedener Medien des Zeremoniells. Zur parallelen Inszenierung von Gleichheit im performativen Medium der Verhandlung und der Demonstration rangmäßiger Distinktion im Medium des Vertrags vgl. das Kapitel zur Titulatur Maria Theresias und den Verhandlungen zum Aachener Frieden.
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Zurück zu Pagets, wie sich herausstellen sollte, recht heiklem Auftrag, in Wien Wilhelms Titulierung als Majestas durchzusetzen: Anfang Dezember 1689 konnte Paget erstmals gegenüber Reichsvizekanzler Königsegg Wilhelms Position zum Titulaturproblem präsentieren. Königsegg war offenbar an einer Beruhigung der Situation interessiert und versicherte, that what hath ben given to any other King, will not be refused to his Majesty.220 Zugleich aber war Königsegg sehr darauf bedacht, die Gepflogenheiten der kaiserlichen Korrespondenz klar herauszustreichen und deren Einhaltung einzufordern: Der Majestas-Titel werde niemals in Schreiben verwendet, die aus der kaiserlichen Kanzlei versendet würden. Die Unterscheidung zwischen Kanzleischreiben und kaiserlichen Handschreiben, die von Leopold persönlich ausgefertigt wurden, sollte Paget noch einige Monate beschäftigen.221 Immerhin – das Argument aus Wilhelms Statthalterzeit, der Kaiserhof habe es in der Person Wilhelms mit einem Grafen von Nassau zu tun, war offenbar ad acta gelegt. Ferner äußerte sich Königsegg auch zu einem zweiten Schauplatz des habsburgisch-oranischen Titulaturstreits, der durch die Korrespondenz zwischen Wilhelm III . und Leopolds ältestem Sohn Joseph, noch 1689 zum König von Ungarn erhoben, eröffnet worden war. Joseph habe den englischen König in einem Antwortschreiben nur deswegen lediglich als Serenitas bezeichnet, weil Wilhelm in einem vorangegangenen Brief Joseph den Majestas-Titel nicht gegeben habe – im nächsten Schreiben werde das geändert, vorausgesetzt, auch Wilhelm halte sich an die unter Königen übliche gegenseitige Betitelung als Majestät.222 Und noch mit einer weiteren Bemerkung verwies Königsegg die englische Seite in ihre Schranken: Wien empfinde die Art und Weise der englischen Korrespondenz als unusuall stile – sowohl in der Anrede, die sich auf Vous/ Vostre beschränke, als auch in der Sprache – kein Latein, sondern Französisch.223 2 20 Paget an Nottingham, 05./15. 12. 1689, Augsburg, fol. 9v. 221 Zur Trennung von Kanzlei- und Handschreiben vgl. Lünig, Theatrum ceremoniale, Bd. 2, 40 – 42. 222 Paget erhielt zur Untermauerung eine Kopie des Schreibens Wilhelms an Joseph, die er nach London weitersandte. Vgl. Paget an Nottingham, 05./15. 12. 1689, Augsburg, NA SP 80/17: Holy Roman Empire, fol. 9v. – Der Titulaturkonflikt mit Joseph I. hielt an, da dieser sich nach seiner Wahl zum Römischen König nicht entsprechend brieflich von Wilhelm gewürdigt sah, was Paget durch die Eruierung entsprechender Kanzleigepflogenheiten zu eruieren hatte, vgl. Paget an Nottingham, 10. 12. 1690, NA SP 80/17, Holy Roman Empire, fol. 128r–130r (Die Beilage 130r listete Briefanreden für Kaiser, Kaiserin und Römischen König auf.) 223 Vgl. Paget an Nottingham, 05./15. 12. 1689, Augsburg, NA SP 80/17: Holy Roman Empire, fol. 9v. Dieser Vorwurf wurde gegenüber Paget offenbar noch mehrfach laut, vgl. Paget an Nottingham, 30. 12. 1690, NA SP 80/17, Holy Roman Empire, fol. 149v. – Differenzen über Kanzleigepflogenheiten sind ein Thema, das eine eigene Untersuchung verdiente; sie können hier allenfalls am Rande thematisiert werden. – Zum Sprachgebrauch, insbesondere
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Damit war die K orrespondenz des Königs mit dem Kaiserhaus, nicht nur im Titulaturgebrauch, als ‚unüblich‘, ‚ungeübt‘, etwas schärfer formuliert als ‚nicht standesgemäß‘ gekennzeichnet. Wilhelm und seine Kanzlei bekamen damit das Etikett der ‚Anfänger‘ angehängt – auch eine Möglichkeit, dem kaiserlichen Distinktionsbedürfnis Rechnung zu tragen. Der Konflikt lief weiter – kaiserliche Schreiben aus Wien an Wilhelm wurden weiterhin ohne die Prädikate Majestas und Potentissimus ausgefertigt, was stets zu neuen Aufträgen an Paget führte, Wilhelms Anspruch in Wien durchzusetzen.224 Im Streit um die richtige Anrede beziehungsweise um die dem Oranier zustehenden Prädikate ging es – lange, nachdem der Kaiser zur Erlangung der Krone gratuliert hatte –, um nichts Geringeres als um die Anerkennung der neuen Position Wilhelms als englischer König – in Augenhöhe mit denjenigen europäischen Königen, die der Kaiser mit dem Prädikat Majestas besonders auszeichnete: Frankreich und Spanien. Belege für einen entsprechenden Gebrauch des Majestas-Prädikats für Jakob II., der zweifellos der schlagendste Beweis gewesen wäre, konnten wegen der Wirren der Glorious Revolution archivalisch von London aus schwer beigebracht werden.225 Im Mai 1690 schließlich wurde ein kaiserliches Angebot unterbreitet, das den Kompromiss einleitete, aber noch lange nicht besiegelte: In persönlichen Handschreiben (Letters of Cachette) wollte Leopold I. künftig Majestas zugestehen, in Kanzleischreiben (Letters of Chancellerie) sollte Wilhelm als Potentissimus gewürdigt werden. Dies stellte Wilhelm titularisch auf eine Stufe mit Ludwig XIV. und Karl II. von Spanien.226 Eben diese Möglichkeit der Konfliktentschärfung hatte schon Leopolds Vorgänger Ferdinand III. gegenüber Anne im Briefverkehr zwischen den Höfen Wien und London und ihrem Zeichencharakter in den Mächtebeziehungen vgl. Dauser, Regina, Sprach-Verhandlungen. Sprachwahl und Mächtehierarchie in der Kommunikation europäischer Herrscher des 17. und 18. Jahrhunderts, in: Sprache. Macht. Frieden. Augsburger Beiträge zur Historischen Friedens- und Konfliktforschung, hrsg. von Johannes Burkhardt u. a., Augsburg 2014, 241 – 263. 224 Vgl. etwa die Kredenzschreiben für den Wiener Gesandten in London und Nottinghams Kommentar dazu im Brief Nottinghams an Paget, 21. 02. 1690, NA SP 104/194, Entry Books: German States, fol. 66r. 225 Der Hinweis auf einen entsprechenden Titelgebrauch in der Zeit Jakobs II. stammte offensichtlich von einem spanischen Gesandten, vgl. hierzu Nottingham an Paget, 11. 02. 1690, NA SP 104/194, Entry Books: German States, fol. 60r sowie Paget an Nottingham, 04./14. 03. 1690, NA SP 80/17, Holy Roman Empire, fol. 38r. – Die Betitelung Karls II. Stuart durch den Kaiser, auf den Wilhelm sich angesichts der Glorious Revolution sehr viel unverfänglicher hätte beziehen können, schied als Beispiel aus, da Karl die Gewährung des Potentissimus-Titels zurückwies – weil ihm Maiestas nach wie vor verweigert wurde. Dazu Paget an Nottingham, 20./30. 03. 1690, NA SP 80/17, Holy Roman Empire, fol. 43r. 226 Vgl. Nottingham an Paget, 20. 05. 1690, NA SP 104/194, Entry Books: German States, fol. 88v.
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d’Autriche und Ludwig XIV. praktiziert, als während der westfälischen Verhandlungen die französische Forderung nach dem Majestas-Prädikat laut geworden war – in der Traktatliteratur wurde dieses Beispiel auch mehrfach gewürdigt.227 Dies war Wilhelm jedoch nicht genug: Um die Ehrung als Majestas möglichst oft zu erhalten, forderte er, nur kaiserliche Handschreiben zu empfangen.228 Paget, dessen Ausführungen gegenüber London eine gewisse persönliche Ungehaltenheit erahnen lassen, hatte die undankbare Aufgabe, nach London zu übermitteln: that choice can not be determin’d by us which sort of letters to receive. Kaiserliche Handschreiben seien nun einmal persönlichen, besonderen Anlässen wie Geburten, Hochzeiten etc. vorbehalten, während Kanzleischreiben dem üblichen buisness [sic!] gewidmet würden.229 Wien beharrte auf seinem Kanzleigebrauch mit Verwendung des Potentissimus-Prädikats – an den erreichten Kompromiss musste dann aber die kaiserliche Kanzlei bald darauf noch einmal ausdrücklich von Paget erinnert werden.230 Ein Brief des englischen Gesandten an Königsegg vom August, in dem er Wilhelms Anspruch daher erneut zu verteidigen hatte,231 ist für die Auffassung des Oraniers von königlicher Würde und königlicher Gleichheit höchst aufschlussreich. Gebrauch gemacht wurde vom üblichen Argumentationsarsenal: Angeführt wurden die Ancienneté, die Dignité des englischen Königtums und schließlich auch ganz explizit Wilhelms rang qu’il tient parmi les Rois de l’Europe. Paget reproduzierte damit, was ihm als Begründung schon in der Instruktion vom September 1689 mitgegeben worden war. Zusätzlich wurde explizit der Vergleich mit anderen Potentaten herausgestellt: […] et sachant qu’aux Rois d’Espagne, et de France sa Majesté Impériale êcrit avec le titre de Majesté, il attend de l’Equité de sa Majesté Impériale le meme traitement, en tout, et par tout, egalement avec eux. L’Amitié, L’Alliance, et les sentiments d’estime qu’il a pour sa Majesté Imperiale lui donnent lieu de croire fermément qu’on ne lui refusera pas cette Justice. 227 Vgl. Wicquefort, L’Ambassadeur, Bd. 1, 347 f., vgl. Lünig, Theatrum ceremoniale, Bd. 2, 6 f. – Vgl. auch die Ausführungen im Kapitel zur zeitgenössischen Traktatliteratur. 228 Vgl. Nottingham an Paget, 20. 05. 1690, NA SP 104/194, Entry Books: German States, fol. 88v: […] if Majestas be given the King in Letters of Cachett onely, then there will seldom or never be occasion of the title of Potentissimus, in regard those two titles will not be given in the same Letter, & the King will rather choose to have those Letters, which contain the Title of Majestas […]. 229 Paget an Nottingham, undatiert [Empfang London: 01./10. 07. 1690], NA SP 80/17, Holy Roman Empire, fol. 64v. 230 Vgl. die Beschwerde Nottinghams an Paget, 22. 08. 1690, NA SP 104/194, Entry Books: German States, fol. 102v. Nach einer Beschwerde Pagets in Wien wurde das Kanzleischreiben entsprechend korrigiert. 231 Alle Zitate des folgenden Absatzes: Paget an Königsegg, 17./27. 08. 1690, NA SP 80/17, Roman Holy Empire, fol. 110r.
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Rangvorstellungen (le rang qu’il tient parmi les Rois) und ein Pochen auf Gleichheit (l’Equité) in einem Argumentationsgang – diese Verbindung wirft ein neues Licht auf die in der Traktatliteratur so häufig anzutreffende Feststellung, die Souveräne hätten im 17. Jahrhundert Rangvorstellungen nicht mehr dulden und einander gleich sein wollen. Was Paget in Wilhelms Auftrag formulierte, war nicht die Überzeugung, alle Könige Europas müssten vom Kaiser in gleicher Weise gewürdigt werden, sondern die Forderung nach einer Art titularischer ‚Meistbegünstigungsklausel‘. Dies implizierte, dass der englische zu ‚besonderen‘ Königen Europas gehörte, also nach wie vor einen bestimmten rang innehatte, der ihn von anderen Monarchen unterschied. Equité? Ja – aber Gleichheit mit denen, die vom Kaiser mit besonderen Ehren bedacht wurden, nämlich Frankreich und Spanien – nicht aber Gleichheit mit Portugal, Polen, Dänemark… Die Forderung wurde in einem bilateralen Konflikt erhoben; ‚die Gleichheit‘ für ‚die Könige‘ Europas insgesamt stand als Forderung nicht zur Debatte. Hier sollte es lediglich um die Interessen eines Einzelnen gehen, um die von ihm empfundene Benachteiligung. Die Positionierung anderer Mächte diente nur als Ausgangsbasis für die Argumentation desjenigen, der sich benachteiligt fühlte. Die Wiener Seite beharrte nach wie vor auf der Differenzierung der Titel in Hand- und Kanzleischreiben – und Wilhelm beziehungsweise Nottingham fand noch einen Grund, warum Gleichheit noch nicht hergestellt war: Der französische König erhalte dem Vernehmen nach nur kaiserliche Handschreiben, werde daher in der Korrespondenz ausschließlich als Majestas betitelt – warum also sollte der König von England Kanzleischreiben akzeptieren?232 Und überhaupt: Es gebe ja keine festgeschriebene Regel, wann Handschreiben verfasst würden und wann man nur Kanzleibriefe versende…233 Die Stellungnahme von kaiserlicher Seite ist interessant: Man habe dem französischen König sehr wohl Kanzleibriefe gesandt, doch im Gegensatz zum König von Spanien habe er diese nie angenommen. Es blieb daher bei der Wiener Position:234 Paget hatte nochmals gegenüber seinem 232 Vgl. Nottingham an Paget, 05. 09. 1690, NA SP 104/194, Entry Books: German States, fol. 103v: Besides I have heard that the Emperor writes none but Letters of cachet to the King of France and I doe not see any reason why the same method may not be used with the King too. 233 Vgl. auch Nottingham an Paget, 12. 09. 1690, NA SP 104/194, Entry Books: German States, fol. 105r: […] His Majesty would not in this case have any condition expressed obliging him to receive the Letters from the Chancery because there is noe knowne Rule which determines or distinguishes the occasions upon which the one or the other are to be made use of, and since France receives none but Letters of Cachett wherein Majestas is expressly given his Majesty thinks it soe reasonable to have the Same liberty as that it cannot well be denied him especially at this time when there is so strict an Allyance between him & the Emperor. 234 Königseggs Rückmeldung an Paget war in dieser Hinsicht unmissverständlich, vgl. seinen Brief an Paget vom 25. 10. 1690, vgl. die Abschrift in NA SP 80/17, Holy Roman Empire, fol. 111r.
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Herrn die Wiener Gepflogenheiten der Korrespondenz zu erläutern,235 kaiserliches Entgegenkommen wurde immerhin bei den Sprachen der Korrespondenz gewährt: Latein (das Wilhelm nicht schrieb) wurde nicht zwingend verlangt, Französisch und Italienisch wurden akzeptiert.236 Wilhelm III. war demnach die titularische Würdigung seines Königtums durch Leopold I. geglückt – wenn schon nicht in der Ratifikationsurkunde zu seinem Beitritt zur Großen Allianz, so doch in der Korrespondenz mit dem Kaiser. Der Nebenweg über ein anderes Medium, das mit höherer Frequenz genutzt wurde als der Vertrag, jedoch dieselben Prädikate gebrauchte, brachte in diesem Fall einen ausbaufähigen Positionsgewinn, die Beziehungen wurden nicht weiter gestört – in Handschreiben wurde Wilhelm nun, wie die französischen und spanischen Könige, titularisch vor anderen Souveränen besonders ausgezeichnet. Andererseits tat Wien einiges dafür, die Sonderrolle des Kaisers herauszuheben – mit dem Beharren auf unterschiedlichem Titulaturgebrauch in persönlicher Herrscherund Kanzleikorrespondenz, mit der Einforderung bestimmter sprachlicher Konventionen. Wilhelm wurde, wie er mehrfach verärgert konstatierte, auf Distanz gehalten – selbst wenn er als Bündnispartner für Leopold noch so wichtig war. Auch wenn die Vorstellung von der souveränen Gleichheit mehr und mehr an Boden gewann – Anerkennung durch den Kaiser, der im traditionellen Rangschema den obersten Platz einnahm, wurde in den traditionellen Formen des graduellen Zugeständnisses von Ehrentiteln offenbar durchaus gesucht – auch von einem Herrscher wie Wilhelm von Oranien, Statthalter einer souveränen Republik und König in (notgedrungen) enger Abstimmung mit seinem Parlament. Hätte Wilhelm, anstatt auf bestimmte Prädikate in der Anrede zu pochen, den kaiserlichen titularischen Allüren gegenüber indifferent reagieren können? Seine Entrüstung zeigt, dass sein Denken vom traditionellen System einer ‚gestuften Würdigung‘ in der Titulatur genauso geprägt war wie das des Kaisers – und sie erweist die fortgesetzte Bedeutung traditioneller rangrechtlicher Argumentationslinien. Das ‚Angekommensein‘ als englischer König musste sich im Umgang mit anderen Herrschern manifestieren, mit den zeitgenössisch zur Verfügung stehenden Mitteln und, wenn möglich, ohne Interpretationsspielraum. Damit behielt Leopold ein Mittel in der Hand, Wilhelm symbolisch auf Distanz zu halten. Doch so wie im Zeremoniell der Visiten, der Einzüge, Sitzordnungen etc. durch Kunstgriffe, etwa die Beratung in circulo,237 Blockaden umgangen wurden, wurden 235 Vgl. Paget an Nottingham, 26. 10. 1690, NA SP 80/17, Holy Roman Empire, fol. 103v, 104r. 236 Zunächst waren lateinische Handschreiben Wilhelms erwartet worden; Leopold selbst verfasste, wie Paget erläuterte, für gewöhnlich italienische Handschreiben. Vgl. Paget an Nottingham, 11. 01. 1691, NA SP 80/17, fol. 156r. 237 Zur Umgehung zeremonieller Blockaden auf diplomatischem Parkett im 17. Jahrhundert vgl. resümierend Rohrschneider, Friedenskongreß und Präzedenzstreit, 232 f. – Hellbach
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auch hier in der Korrespondenz Auswege aus einem Konflikt gefunden, die als Etappensieg für Wilhelm III. gewertet werden konnten.238 Ebenso wie im Falle Ludwigs XIV., der noch im westfälischen Friedensvertrag den Titel der maiestas Christianissima erhielt,239 war auf dem Korrespondenzweg vorbereitet worden, was später auch im Vertrag realisiert wurde: Im Vertrag zur Allianz vom September 1701, die kurz vor Wilhelms Tod die Koalition im Spanischen Erbfolgekrieg besiegelte, firmierte Wilhelm als sacra sua regia Maiestas Magnae-Brittanniae.240 Dies bedeutete jedoch nichts weniger als die Ausweitung des Zugeständnisses des Majestas-Titels vom persönlichen, nur auf wenige Anlässe beschränkten kaiserlichen Handschreiben auf das ungleich ‚öffentlichkeitswirksamere‘ Medium des Vertrags. Der Majestas-Titel war demnach im Vertrag angekommen – und sollte auch für Königin Anne, Wilhelms Schwägerin und Nachfolgerin, und die englischen Könige aus dem Haus Hannover erhalten bleiben.241 3.2.6 Die Positionierung Wilhelms III. durch seinen Herrschertitel – eine Zusammenfassung Die Titulaturbeispiele Wilhelms von Oranien zeigen die zahlreichen Varianten des Titulaturgebrauchs auf: So konnten die traditionelle Ausgestaltung des Königstitels, gezeigt am Beispiel des Vertrags mit Dänemark 1689, und der gezielte Rückbezug auf Karl II. Stuart genau die Kontinuitätslinien ziehen, auf die es ankam, um Wilhelms Herrschaft als legitime Nachfolge im englischen Königtum, wenn auch nicht im üblichen dynastischen Sinn, zu kennzeichnen. Die vielfältigen Gebrauchszusammenhänge der Titulatur jedoch erlaubten noch eine Reihe von zusätzlichen, unkonventionellen Markierungen, und wie listete zu Beginn des 19. Jahrhunderts einen ganzen Katalog solcher Strategien auf, vgl. Hellbach, Rangrecht, 95 f. 238 Zu parallelen Strategien, sich von der Last des Zeremoniells zu befreien, vgl. StollbergRilinger, Höfische Öffentlichkeit. 239 Vgl. § 1 IPM, zitiert aus: Die Westfälischen Friedensverträge vom 24. Oktober 1648. Texte und Übersetzungen (Acta Pacis Westphalicae. Supplementa electronica, 1), 2004, 2. 240 Pribram, Alfred Franzis, Österreichische Staatsverträge, England. Bd. 1, 1526 – 1748, Innsbruck 1907, 227. 241 Anne wurde entsprechend als sacra sua regia Maiestas regina Magnae-Brittanniae bzw. als sa Majesté brittannique bezeichnet, vgl. die Ergänzung zur Allianz von Den Haag, 07. 09. 1701 sowie die Konvention zur Kriegserklärung an Frankreich, Den Haag, 18. 04. 1702, vgl. Pribram, Österreichische Staatsverträge, Bd. 1, 232 f. – Vgl. auch CTS 29, 335 mit dem Befund im Vertrag von Antwerpen, 15. 11. 1715, Duchhardt/Espenhorst, 1715 XI 15, 4, Vertrag von Antwerpen, www.ieg-friedensvertraege.de/[14. 10. 2016], geschlossen zwischen England (Georg I.), Spanien, den Niederlanden und dem Kaiser (Karl VI .): hier wurde König Georg durchweg als Majestas tituliert.
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schon bei Portugal gezeigt, war es auch durchaus an den Partnern Wilhelms, sich dieser Möglichkeiten zu bedienen und auf diese Weise die Anerkennung seines Königtums zu signalisieren, gegebenenfalls sogar zu überhöhen. Die joint monarchy fand in einer Vertragspräambel, wie beim niederländischen Vertrag gesehen, ebenso Platz wie der ungewöhnliche Rekurs auf die propagandistische Ausdeutung des Herrschaftsantritts des Oraniers im brandenburgisch-englischen Vertrag von 1690. Letzterer ging auf eine Initiative des brandenburgischen Gesandten zurück – die Nennung des Herrscherpaares und die Umschreibung seiner Herrschaft, in den Verträgen Wilhelms mit anderen Mächten ohne vergleichbares Pendant, ist wohl am schlüssigsten unter den Strategien einzuordnen, die nach Wicquefort geeignet waren, sich das Gegenüber durch einen spezifischen Titulaturgebrauch geneigt zu machen 242 – und wie die Übernahme der Vorschläge Wolfgangs von Schmettau in den definitiven Vertrag zeigt, war dies Wilhelm und seinen Ministern offenbar nicht unangenehm, sondern bestätigte die Überhöhung der oranischen Herrschaft. Im Schwerpunkt mit konventionellen Argumenten wurde dagegen der Konflikt um eine Neuerung geführt, den Paget und Königsegg stellvertretend für ihre Herren in Wien austrugen: Die Auseinandersetzung um Prädikate bei der Titulierung erinnert an ältere Auseinandersetzungen, zum einen zwischen dem Oranier und Leopold in Wilhelms Zeit als Generalstatthalter, zum anderen an den Dissens des Habsburgers mit Karl II. Stuart um den Gebrauch des Potentissimus-Prädikats. Wiewohl mit der Übernahme des ‚vakanten‘ Thrones nach der Landung in England ein Herrschaftswechsel jenseits regulärer dynastischer Mechanismen geglückt war, wiewohl die Bill of Rights die Grundlinien einer parlamentarischen Monarchie festschrieb, wie sehr Leopold I. auf den Oranier angewiesen war, um militärisch gegen Ludwig XIV . bestehen zu können – Wilhelm legte zum Beweis seiner legitimen Position, wie schon in der Krönungszeremonie,243 offensichtlich großen Wert auf sehr traditionelle Inszenierungen des Herrscherstatus, und dies offenbarte sich auch im Konflikt um Prädikate des Herrschertitels. Es ging betont darum, denselben königlichen Status – mit denselben Zeichen – zu demonstrieren, wie ihn die machtvollsten Könige in Europa repräsentierten. Leopold ergriff ein weiteres Mal die Gelegenheit, sich angesichts der oranischen
242 Vgl. Wicquefort, L’Ambassadeur, Bd. 2, 31. – Ähnlich auch Lünig, Theatrum ceremoniale, Bd. 1, 3 zur Bezeugung besonderer zeremonieller Ehren, um sich die Gunst eines politischen Partners zu sichern. 243 Die häufig betonte persönliche Indifferenz des als nüchtern und unprätentiös beschriebenen Wilhelm gegenüber aufwendiger Repräsentation und der Wiederaufnahme traditioneller Inszenierungen der Herrscherwürde ist von den legitimatorischen Erfordernissen seiner Herrschaft, denen er sich offensichtlich beugte, sauber zu trennen, vgl. hierzu etwa Schwoerer, Coronation, bes. 110 f.
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Ansprüche kraft der kaiserlichen Sonderstellung als derjenige zu inszenieren, der besondere Ehrerweise, um die eigens nachgesucht werden musste, verteilen oder verweigern konnte, als derjenige, der auch die Standards in der Kommunikation mit europäischen Potentaten setzte. Wilhelm ließ sich auf die Logik des Kaisers ein; zugleich war es aber auch die Logik seiner Stuartvorgänger, die ein zähes Festhalten an zeremoniellen Positionsgewinnen demonstriert hatten. Die Gleichheit der Könige jedoch, l’Equité, mit der Wilhelm argumentierte, bezog sich bei näherem Hinsehen nur auf die Gleichheit mit den besonders bevorzugten Monarchen; was ihnen an Prädikaten im Briefverkehr zugestanden wurde und sich dann auch im völkerrechtlichen Vertrag realisieren ließ, beanspruchte auch er für sich. Die rechtliche Argumentation mit Rangargumenten, die der Bekräftigung seines Anspruchs dienten, blieb jedoch in Kraft. Die Idee, nur noch Briefe mit der Anrede Majestas zu empfangen, bestätigt Wilhelms Ziel, seine titularische Aufwertung in der Gunst des Kaisers möglichst oft – und damit möglichst oft belegbar – bekräftigt zu sehen. In einem anderen, dem Briefmedium, das sehr viel häufiger gebraucht wurde als der Vertrag, gelang Wilhelm insgesamt ein Positionsgewinn – dies konnte eine persönliche Genugtuung für den wichtigsten Allianzpartner des Kaisers sein, aber auch ein Etappensieg für die englische Positionierung in Europa insgesamt, um den schon die Stuarts gerungen hatten. ‚Gleicher‘ wurde Wilhelm, indem er für sich tradierte titularische Ehren forderte, die dem Titelvokabular der nach Rängen differenzierten Fürstengesellschaft entstammten. Die kaiserliche Ratifikation des englischen Bündnisbeitritts, mitten im Konflikt ausgestellt, gewährte den Majestätstitel noch nicht, doch künftig sollte er in Verträgen verankert sein – Ludwigs XIV. Majestas-Konflikt mit Ferdinand III., der auf identischem Weg gelöst wurde, lieferte das Beispiel dazu.244 Dass die Habsburger-Kaiser sich jedoch in der Defensive befanden, erhellt sich schon aus dem Konflikt zur Zeit Karls II. Stuart, und ihre Position sollte noch weiter angetastet werden. Solange ‚Aufsteiger‘ im Europa der Mächte – unabhängig von der Konfession – noch die kaiserliche Anerkennung ihrer neu erlangten Position suchten, konnten die Kaiser die tradierten rangrechtlichen Vorstellungen weitertragen – und damit auch ein Stück weit ihren Anspruch auf Präeminenz sichern. Das Beispiel der preußischen Königswürde und die Verhandlungen für den berühmten ‚Krontraktat‘ liefern hierfür einen – gut erforschten – weiteren Beleg; auch hier wurde im Übrigen die Frage nach der Gewährung des MajestasTitels ein weiteres Mal akut.245 Der Kaiserhof war zwar die erste und wohl auch wichtigste, aber dennoch nur eine Instanz unter den europäischen Potentaten,
244 Vgl. May, Auseinandersetzungen, bes. 439. 245 Vgl. den instruktiven Überblick zur Bewertung der preußischen Kronpolitik bei Neugebauer, Epochen, 236 – 241.
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bei denen Friedrich III ./I. Anerkennung für seine Königswürde suchte. Ausgesprochen aufschlussreich für die preußische Titulaturkonzeption sind über das Verhältnis zum Kaiserhof hinaus zwei Beispiele, die von der jüngeren Forschung wenig beachtet wurden: die titularische Rücksichtnahme auf Polen und die Fortsetzung der Oranienbezüge im Titel des preußischen Königs im Kontext des oranischen Erbstreits ab 1702.
3.3 Preußen 1700 – 1732: der preußische Königstitel – eine Titulatur ‚aus dem Setzkasten‘ 3.3.1 Brandenburg-Preußen und die europäischen Mächte um 1700 Welche Bedeutung hatte das brandenburgische Kurfürstentum in Europa um 1700? 1688 und 1690 war die Verbindung zu den Niederlanden und England gefestigt worden, Friedrich III. gehörte, wie er selbst formulierte, der guten parthey 246 an und investierte weiter in den Kampf gegen Ludwig XIV. und damit in seine Beziehungen zu Wilhelm III. und Leopold I. Dennoch: Bei den Friedensverhandlungen von Rijswijk, die den Pfälzischen Krieg beendeten, blieb Brandenburg in der zweiten Reihe und damit von den maßgeblichen Verhandlungen ausgeschlossen. Brandenburg hatte zwar ein vorrangig über Subsidien unterhaltenes schlagkräftiges Heer, das bei den großen militärischen Konflikten der Zeit den Koalitionspartnern angedient werden konnte, doch als gewichtiger politischer Partner der Großmächte konnte der Kurfürst, nur mit einer bescheidenen Machtbasis versehen, nach wie vor nicht gelten. Um sich also endgültig über die Rolle einer Auxiliarmacht zu erheben, beschritt Friedrich III. konsequent den Weg der Statuserhöhung hin zum Königtum, den bereits sein Vater eingeschlagen hatte. Dazu waren auch weiterhin viele kleine Schritte notwendig, ein zähes Festhalten an den zeremoniellen Beweisen seiner Bedeutung, die Friedrich bei nahezu jedem sich bietenden Anlass, sei es am eigenen Hof, sei es an fremden Höfen und bei Kongressen seit seinem Regierungsantritt 1688 einforderte.247
246 Vgl. Friedrichs III. Instruktion für Schmettaus Mission nach London 1689, 19. 02. 1689, GStA PK I. HA Rep. 11, Nr. 1787, fol. 6r. 247 Vgl. zur politischen Konzeption Friedrichs III., dem die ältere Forschung noch eine klare Zielvorstellung absprach, Luh, Jürgen, „Elevation, Macht und Ansehen“. Die politischen Ziele Friedrichs III./I., in: Im Schatten der Krone. Die Mark Brandenburg um 1700, hrsg. von Frank Göse, Potsdam 2002, 13 – 30 sowie in einer jüngeren Biographie nun Göse, Frank, Friedrich I. (1657 – 1713). Ein König in Preußen, Regensburg 2012, 202 u. ö. Vgl. auch Neugebauer, Epochen, 235 f.; mit zahlreichen Belegen für die zeremoniellen Strategien Stollberg-Rilinger, Höfische Öffentlichkeit sowie dies., Honores regii.
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Seine königlichen Pläne verfolgte Friedrich seit 1692, gegen die anfänglich mehrheitlichen Bedenken seiner Räte, der Kurfürstin und des Kurprinzen.248 Doch die ersten Sondierungen beim Kaiser verliefen erfolglos. Friedrich war nicht der Einzige, der nach königlichen Würden strebte: Angesichts des Ehrgeizes, den die Kurfürsten von Sachsen, Bayern und Hannover an den Tag legten, angesichts der „allgemeine[n] ‚Monarchisierung‘ Europas“, die auch Mächte wie Savoyen erfasst hatte, schien es alles andere als angeraten, sich zu bescheiden oder abzuwarten, wollte Friedrich sich eine Position als herausgehobener Mitspieler auf dem europäischen politischen Parkett, das sich vorrangig als ein Parkett der königlichen Souveräne präsentierte, und als einer der führenden Reichsstände sichern.249 Wer den königlichen Status schon erreicht hatte, so der neue König von Polen aus wettinischem Haus seit 1697, konnte spöttisch-ironisch die Bemühungen der anderen bewerten.250 Friedrichs Erfolg, besiegelt durch den mit dem Kaiser abgeschlossenen „Krontraktat“ im Oktober 1700, die Selbstkrönung im Januar 1701 und die sukzessive Anerkennung durch die anderen europäischen Potentaten, ist von der Forschung in zahlreichen Beiträgen und aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet worden. Es kann hier nicht darum gehen, diese Forschungsbeiträge insgesamt zu resümieren;251 zentrale Ergebnisse vor allem der jüngeren Forschung, die Preußens Positionierung im Europa der Mächte, den zeremoniellen Kontext im Allgemeinen und den Titulaturgebrauch im Besonderen betreffen, werden im Gang der Untersuchung eingebunden. 248 Insbesondere Danckelman als bislang wichtigster Minister widersetzte sich den Krönungsplänen und verlor seinen Einfluss an neue Günstlinge, insbesondere Wartenberg und Ilgen, die Friedrichs Absichten mit großem Engagement unterstützten. Vgl. hierzu Baumgart, Peter, Binnenstrukturen monarchischer Herrschaft unter Friedrich III. (I.), in: Dreihundert Jahre Preußische Königskrönung. Eine Tagungsdokumentation (Forschungen zur brandenburgischen und preußischen Geschichte, Beiheft 6), hrsg. von Johannes Kunisch, Berlin 2002, 49 – 71, bes. 56 – 58. 249 Vgl. Duchhardt, Heinz, Die preußische Königskrönung von 1701. Ein europäisches Modell?, in: Herrscherweihe und Königskrönung im frühneuzeitlichen Europa (Schriften der Mainzer Philosophischen Fakultätsgesellschaft, 8), hrsg. von dems., Wiesbaden 1983, 82 – 95, hier 83 f., Zitat 83. Ders., 18. Januar 1701. – Vgl. auch Baumgart, Peter, Die preußische Königskrönung von 1701, das Reich und die europäische Politik, in: Preußen, Europa und das Reich (Neue Forschungen zur brandenburg-preußischen Geschichte, 7), hrsg. von Heide Barmeyer, Köln/Wien 1987, 65 – 86, bes. 69 – 71. 250 Friedrichs III . Resident in Warschau, Gottlieb Werner, überlieferte folgendes ironisch zugespitztes Diktum Augusts des Starken: […] seit dem er König von Pohlen geworden, wolte einjeder sich zum Könige machen, wie denn auch der Churfürst von bayern solches stark im Sinn hette. – Werner an Friedrich III., 27. 04. 1700, GStA PK I. HA Rep. 132 Nr. 1, 389r, v. 251 Die jüngste Zusammenfassung des Forschungsstandes, die die reiche Forschung im Umfeld des Gedenkjahres 2001 resümiert, findet sich bei Friedrich, Karin, The Power of Crowns: The Prussian Coronation of 1701 in Context, in: The Cultivation of Monarchy and the Rise of Berlin. Brandenburg-Prussia 1700, hrsg. von Karin Friedrich/Sara Smart, Farnham 2010, 1 – 51.
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Die letzte Studie, die sich eingehender mit der preußischen Titulatur beschäftigte, stammt aus dem Jahr 2007, fokussiert jedoch in erster Linie auf das 19. Jahrhundert und den Kontext der deutschen Geschichte.252 Hier sollen am Beispiel der Verhandlungen mit Polen im Vorfeld der Annahme der königlichen Würde zunächst die Bedingungen und die Bedeutsamkeit der Titulaturgestaltung be leuchtet werden. In einem zweiten Schritt wird am Beispiel der preußischen Ansprüche auf das sogenannte oranische Erbe untersucht, welche dynastischen Implikationen mit einem Herrschaftstitel verbunden waren und welchen Wert die Hohenzollernherrscher dem mit Oranien verbundenen Prinzentitel beimaßen. Die politische Konstellation Europas, unter den Vorzeichen der spanischen Erbfolge wie des Nordischen Krieges, brachte im Jahr 1700 den Durchbruch für Friedrichs Verhandlungen zur Verwirklichung eines preußischen Königtums.253 Leopold I., im Westen mit dem sich abzeichnenden Kampf um Spanien, im Norden mit den Konflikten der Ostseeanrainer konfrontiert, suchte die stabile Verbindung zu Brandenburg, um Friedrichs Beteiligung an der antiludovizianischen Koalition zu sichern und einen Zweifrontenkrieg zu vermeiden.254 Dass Friedrichs Königswürde für Preußen erlangt werden sollte, das jenseits der Reichsgrenzen lag, erleichterte Leopold die Entscheidung, den Wünschen Friedrichs nachzugeben – der berühmte „Krontraktat“, der die kaiserliche Anerkennung der preußischen Königswürde einbrachte und die Anerkennung durch weitere europäische Mächte befördern sollte, war zugleich die Erneuerung des Bündnisvertrags von 1686, verbunden mit der Zusage der Unterstützung Brandenburg-Preußens in der spanischen Erbfrage.255 In Königsberg vollzog Friedrich I. dann im Januar 1701 eigenhändig seine Krönung.256
252 Vgl. Luda, Brandenburg. 253 Zur Bedeutung der europäischen Mächtekonstellation vgl. etwa Baumgart, Königskrönung, 73 f. 254 Christine Roll hat überzeugend dargelegt, dass die Zustimmung zur preußischen Königswürde in Wien gerade auch angesichts möglicher Koalitionsbildungen im Nordischen Krieg, die Schlesien und Ungarn hätten gefährden können – bei gleichzeitigem Krieg im Westen –, in Wien als vertretbares Zugeständnis gehandelt wurde. Vgl. Roll, Christine, Die preußische Königserhebung im politischen Kalkül der Wiener Hofburg, in: Dreihundert Jahre preußische Königskrönung. Eine Tagungsdokumentation (Forschungen zur brandenburgischen und preußischen Geschichte, Beiheft 6), hrsg. von Johannes Kunisch, Berlin 2002, 191 – 227. 255 Nach wie vor grundlegend für die Erforschung der preußischen Bestrebungen zur Absicherung der Königswürde ist die Arbeit von Waddington, Albert, L’Acquisition de la couronne royale de Prusse par les Hohenzollern (Bibliothèque de la faculté des lettres de Lyon, IX), Paris 1888. 256 Über die Krönungszeremonie und deren Interpretation Duchhardt, Preußische Königskrönung.
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Schon seit Jahren hatte Friedrich nicht nur mit dem Kaiser, sondern auch mit anderen europäischen Mächten über die Anerkennung einer künftigen Königswürde verhandeln lassen. Zu den Mächten, mit denen sich die sondierenden Verhandlungen entgegen den ersten Signalen schwierig gestalteten, gehörte Polen unter seinem neuen König Friedrich I. August, „dem Starken“. Der neue polnische König war dringend an der Unterstützung Friedrichs gegen Schweden interessiert.257 Doch im polnischen Adel, der durch die Kompetenzen des Sejms traditionell eine machtvolle Position innehatte, gab es starke Vorbehalte. Allein schon die Souveränität über Preußen, Voraussetzung für die Königswürde, die der Große Kurfürst durch die Verträge von Labiau (1656), Wehlau und Bromberg (1657) sowie den Frieden von Oliva (1660) zu sichern gesucht hatte, war nicht so eindeutig geregelt, wie dies von brandenburgischer Seite zu wünschen gewesen wäre – die brandenburgischen Rechte galten nur, solange die männliche Nachfolge gesichert war; nach wie vor war der Kurfürst zur Truppenhilfe für den polnischen König verpflichtet, nach wie vor musste dem neuen polnischen König für die Herrschaften Lauenburg und Bütow gehuldigt werden, auch wenn die Kurfürsten diese Huldigungsakte so unauffällig wie möglich abzuwickeln versuchten.258 Dies wurde schon zeitgenössisch von den polnischen Gegnern der preußischen Krone ins Feld geführt.259 Und schließlich existierte weiterhin das sogenannte „königliche Preußen“, zwischen dem brandenburgischen Pommern und dem brandenburgischen Herzogtum Preußen gelegen, das sich noch im 15. Jahrhundert vom Deutschen Orden gelöst hatte und dem Königreich Polen angehörte – dort weckte das Projekt einer preußischen Königswürde erhebliche Befürchtungen.260 Ein preußisches Königtum der Hohenzollern, so fürchteten nicht wenige in Polen, würde mittelfristig alle polnischen Rechte am Herzogtum Preußen unwiederbringlich auslöschen, ja sogar die Sicherheit des königlich polnischen Preußen
257 Vgl. schon Waddington, Acquisition, 154 f. – Im Überblick Baumgart, Neuer König, 174 f. 258 Der Forschungsstand bei Friedrich, Power of the Crowns, 2 f. sowie Neugebauer, Epochen, 220 f. – Eine kompakte Übersicht mit Edition der einschlägigen Passagen der Verträge von Wehlau und Bromberg (Erneuerung der Lehen), beide 1657, bei Duchhardt, Heinz/ Wachowiak, Bogdan, Um die Souveränität des Herzogtums Preußen. Der Vertrag von Wehlau 1657 (Studien zur internationalen Schulbuchforschung, 82/B V), Hannover 1998, bes. 15, 29, 33 (Vertrag von Wehlau, Art. 6 und 11), 53 (Vertrag von Bromberg, Art. 4). 259 Vgl. einen Brief des Jesuitenpaters Vota, der in Polen für die preußische Krone warb, an Friedrich III., 08. 05. 1700, ediert bei: Lehmann, Max, Preußen und die katholische Kirche seit 1640, Bd. 1, Leipzig 1878, 459 – 4 63, hier 462. 260 Die wichtigsten Städte des königlichen Preußen, das durch die erste polnische Teilung 1772 zu einem Teil des Königreichs Preußen wurde, waren Danzig, Elbing, Kulm, Marienburg. Vgl. hierzu Friedrich, Karin, The Other Prussia. Royal Prussia, Poland and Liberty, 1569 – 1772 (Cambridge Studies in Early Modern History), Cambridge 2000, bes. 20 – 45, 147 – 170.
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gefährden. Trotz früher schriftlicher Zusicherungen Augusts des Starken, das Projekt der Königserhebung zu befürworten, schien wenige Monate vor der Krönung die Unterstützung des Wettiners wieder unsicher.261 Auf eine Zustimmung des Sejms zu setzen, hielt man in der von Friedrich eingesetzten KronpolitikKommission, dem sogenannten Dignitätsconseil, angesichts des Einstimmigkeitsprinzips des Sejms von vornherein für aussichtslos; auch wollte man den Eindruck vermeiden, ein souveränes Königtum sei von der Zustimmung des Sejms abhängig. Friedrich III. bemühte sich vielmehr intensiv, bei den einflussreichsten polnischen Magnaten für sich zu werben und Hindernisse, die eine Zustimmung erschwerten, aus dem Weg zu räumen.262 Dazu gehörten auch Hindernisse, die man in der Gestaltung der Titulatur des künftigen Preußenkönigs ausmachte – wiewohl Friedrich und seine Berater, argumentativ mit juristischen Gutachten versorgt, nicht müde wurden zu betonen, dass ein souveräner Herrscher sich seinen Titel selbst gebe.263 Schon Waddington hat zur Gestaltung des Titels im Hinblick auf die polnische Problematik einiges Material zusammengetragen, das zu einem guten Teil durch ältere Quelleneditionen erschlossen ist.264 Auf dieser Basis, ergänzt um weitere archivalische Funde, sollen hier die zeitgenössischen Deutungen der diskutierten Titulaturvarianten in den Blick genommen werden. Wie insbesondere die jüngere Forschung betont, war jedoch auch die kaiserliche Zustimmung keine vorbehaltlose Anerkennung der preußischen Königswürde. Die Vereinbarung mit dem Kaiser im „Krontraktat“, die auch Aussagen zu Titulatur und Zeremoniell macht, muss daher zunächst genauer in den Blick genommen werden, ebenso die Kommentare der Zeremonielltraktate, die den neuen preußischen Status und sein Zustandekommen kommentieren und zumindest teilweise auch in einen europäischen Kontext stellen.
261 Vgl. Waddington, Acquisition, 169 – 174. Die Befürchtungen im königlichen Preußen betont Friedrich, Other Prussia, 161. 262 Einen kurzen, instruktiven Überblick zur Arbeit des Dignitätsconseils, in dem Rüdiger von Ilgen die dominierende Persönlichkeit war, und zur Anerkennungsproblematik insbesondere in Wien und Warschau gibt Baumgart, Peter, Ein neuer König in Europa. Interne Planung, diplomatische Vorbereitung und internationale Anerkennung der Standeserhöhung des brandenburgischen Kurfürsten, in: Preußen 1701. Eine europäische Geschichte. Essays, hrsg. vom Deutschen Historischen Museum und der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Berlin 2001, 166 – 176, bes. 171 – 175. – Die Haltung zu Polen hat Ilgen rückblickend erläutert, vgl. Ilgen, Rüdiger von, Denkschrift über die Erwerbung der königlichen Dignität, 1704, in: Lehmann, Preußen, 548 – 559, hier 551. 263 So der Tenor der Gutachten Johann Peter Ludewigs, die vom Berliner Hof angefordert wurden, vgl. hierzu Duchhardt, Heinz, Das preußische Königtum von 1701 und der Kaiser, in: Festschrift für Eberhard Kessel zum 75. Geburtstag, hrsg. von Heinz Duchhardt, München 1982, 89 – 101, hier 93 f. 264 Vgl. Waddington, Acquisition, bes. 174 – 186.
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3.3.2 In der titulatur und anderen ehrbezeigungen keinen unterscheid? – Friedrichs I. Königstitel in Krontraktat und Zeremonialliteratur Der preußische Königstitel wirkt, vergleicht man ihn mit dem bisherigen Titel des brandenburgischen Kurfürsten, ausgesprochen unspektakulär, wurde doch ‚nur‘ der König in Preußen dem bisherigen kurfürstlichen Titel vorangestellt: Friedrich von Gottes Gnaden König in Preussen Markgraff zu Brandenburg, des heyl. Röm. Reiches Ertzkämmerer, und Churfürst zu Magdeburg, Cleve, Jülich, Berg, Stettin, Pommern, der Kassuben und Wenden, auch in Schlesien, zu Crossen Herzog, Burggraff zu Nürnberg, Fürst zu Halberstadt, Minden und Camin, Graf zu Hohenzollern, der Mark Und Ravensberg, Herr zu Ravenstein und der Lande Lauenburg und Bütow 265
Preußen wurde damit von der dritten Stelle in der Titulatur an den Beginn ge zogen.266 Von der Formulierung eines Königtums in Preußen wird später noch zu handeln sein; hier soll zunächst kurz die kaiserliche Kommentierung der Königswürde aufgegriffen werden, der sich jüngst Andreas Pečar noch einmal gewidmet hat. Pečar hat mit Nachdruck anhand des Krontraktats darauf hingewiesen, dass „von einer völligen Ranggleichheit mit dem Personenkreis der europäischen Monarchen […] weiterhin keine Rede sein“ 267 konnte. Zwar willigte Leopold ein, Friedrich künftig nach erfolgter Krönung alle dieienigen praerogativen, titulen und honores, so andere europeyische könige und deren ministri von Ihrer Kayserl. Maytt. […] in specie auch an dem Kayserl. hoff und in schreiben empfangen, ebenfalls zuzugestehen und in summa zwischen seiner C. D. und anderen europeyischen königen, in specie denen königen von Schweden, Dennemarck und Pohlen, in der titulatur und anderen ehrenbezeigungen keinen unterscheid [zu] machen.268 Mit dem Verweis auf Schweden, Dänemark und Polen jedoch hob der Kaiser zum einen diejenigen Könige hervor, die ebenso wie Friedrich III ./I. zugleich Reichsfürsten waren und Leopold als ihr Reichsoberhaupt zu akzeptieren hatten.269 Zum anderen existierten, wie der Titulaturkonflikt mit Wilhelm von Oranien erwiesen hatte, durchaus Differenzierungen bei den kaiserlichen Ehrerweisen gegenüber den gekrönten europäischen Potentaten. Den brandenburgischen ‚Aufsteiger‘ hielt der Kaiser mehr als eine Armlänge von sich, wie auch die bereits 265 Zum Königstitel in der Assekuration an die preußischen Stände, ausgefertigt am Tag der Krönung, vgl. Stettiner, Paul, Zur Geschichte des preussischen Königstitels und der Königsberger Krönung, Königsberg 1900, 90 f. 266 Vgl. zur Positionierung der Territorien in der Titulatur: Luda, Brandenburg, 181 f. 267 Pečar, Symbolische Politik, 288. 268 Krontraktat Art. 7, Moerner, Kurbrandenburgs Staatsverträge, 814. 269 Vgl. Pečar, Symbolische Politik, 287.
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kurz erwähnte, anfängliche Verweigerung des Majestätstitels für den preußischen König erweist.270 Die Methoden, die schon im Verhältnis zu Wilhelm III . beobachtet werden konnten, erweisen sich damit als Teil einer generellen Strategie, die von mehreren Seiten angezweifelte zeremonielle kaiserliche Präeminenz in Europa zu wahren. Hinzu kam der Versuch Leopolds, in gewisser Weise den preußischen Aufstieg zu sistieren, indem er weiteren zeremoniellen Zugeständnissen einen Riegel vorschob: Neuerungen im Zeremoniell gegenüber dem Kaiserhof, die Schweden, Polen oder Dänemark vornähmen, sollten Preußen nicht gestattet sein.271 Dem Krontraktat war nur zu deutlich zu entnehmen, dass Leopold im Grunde eine kaiserliche Kreation Friedrichs I. zum preußischen König, um die in den Verhandlungen lange gerungen wurde, als weitaus angemessener empfunden hätte als eine simple Anerkennung:272 Der Kurfürst, so die Formulierung, wisse sehr gut, dass er sich in der Frage der Rangerhöhung zunächst ahn Ihre Kayserl. Maytt., alsz das allerhöchste oberhaubt der Christenheit, habe wenden müssen, und sei daher auch nicht gemeinet gewesen, sich ohne kaiserliche Zustimmung als König zu proklamieren oder gar zu krönen.273 Die kaiserliche Variante, statt gemeinet gar befugt zu setzen und damit die kaiserliche Kompetenz zur Rangerhöhung – auch die mögliche Verweigerung – zu betonen, hatte der preußische Unterhändler Bartholdi, nachdem er den Wiener Hof zunächst selbst auf diese Spur gesetzt hatte, noch abwehren können. Gleichwohl war damit ein wunder Punkt berührt worden, die Frage der zusehends weniger akzeptierten kaiserlichen Präeminenz und Privilegien.274 Es blieb dabei: Wien stand der preußischen Rangerhöhung, die vorrangig aus bündnispolitischen Erwägungen akzeptiert wurde, reserviert gegenüber. Im Übrigen wurde sie in der Hauptsache konventionell begründet, nämlich zunächst mit des Churhauszes Brandenburg uralten splendoris, macht und ansehens, bevor auf die besonderen Verdienste Friedrichs III. gegenüber dem Kaiser eingegangen wurde.275 270 Vgl. Berney, Arnold, König Friedrich I. und das Haus Habsburg, 1701 – 1707, München/ Berlin 1927, 42 f. – Explizit wurde im Krontraktat formuliert, auch im Hinblick auf die kaiserlichen Kanzleigepflogenheiten gälten die Usancen gegenüber Schweden, Polen und Dänemark: Hingegen werden quoad curialia Ihre Kayserl. Maytt. Den König in Preussen denen von Schweden, Dennemarck und Pohlen per omnia gleich halten und tractiren, Moerner, Kurbrandenburgs Staatsverträge, 815. 271 Vgl. Krontraktat Art. 10, Moerner, Kurbrandenburgs Staatsverträge, 815. Dazu Pečar, Symbolische Politik, 287 f. 272 Vgl. Baumgart, Neuer König, 171 – 173. Vgl. auch Duchhardt, Königtum, bes. 92 – 97. 273 Moerner, Kurbrandenburgs Staatsverträge, 814. 274 Vgl. zur Formulierung gemeinet schon Moerner, Kurbrandenburgs Staatsverträge, 814, Anmerkung. Grundlegend und konzise zum Verhältnis zum Kaiser: Duchhardt, Königtum. 275 Zitat bei Moerner, Kurbrandenburgs Staatsverträge, 814.
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Die traditionellen rangrechtlichen Kriterien führen zu einem Blick auf die oben ausführlicher besprochene Zeremonialliteratur nach 1700, die den preußischen Fall gebührend aufgreift. Zwantzig, seit 1700 kurfürstlich brandenburgischer Rat,276 stellte schon bei seiner Kapitelüberschrift König zu oder in Preussen die Titelgestaltung in den Mittelpunkt. Das Werk, das rund fünf Jahre nach der Krönung erschien, vollzieht noch einmal zentrale Punkte der Legitimation der Rangerhöhung nach – so wird die nach Territorium, Macht und Ansehen schon zur kurfürstlichen Zeit königsgleiche und zumindest teilweise auch schon europäisch den Königreichen gleichgestellte Position Brandenburgs in Europa betont. Die Souveränität über das Herzogtum Preußen gilt ihm als würcklich etablieret – Zwantzig betont ausdrücklich, sie sei durch den göttlichen Beistand für die Politik des Großen Kurfürsten (à Deo), A Gladio & Armis und schließlich auch Ex pactis & Pacificationibus, konkret: die Verträge von Wehlau und Oliva, erlangt worden. Königswürde und -titel sind hier nur noch, im wahrsten Sinne des Wortes, die Krönung für einen an sich längst erlangten Status – zur legitimen Souveränität, der vorhandenen Macht und dem erworbenen Ansehen gehöre auch endlich die entsprechende Würde.277 Dass der Aufsteiger Preußen natürlich allen Königen gleich sein müsse, unabhängig vom Alter der Königreiche, hält Zwantzig – wie schon im Kapitel zur Traktatliteratur beschrieben – für ausgemacht, da die gecröhnte Häupter und Könige unter sich keinen Rang mehr halten wollen.278 Die Königswürde ist die ‚natürliche‘ Konsequenz des brandenburgischen Machtzuwachses; die intensiven Verhandlungen, die Friedrich III. schon Jahre zuvor anstrengte, um sich der Zustimmung der übrigen europäischen Potentaten gewiss zu sein, sind bei dieser Überhöhung des preußischen Aufstiegs ebenso wenig ein Thema wie die Distanz oder gar offene Ablehnung anderer Könige nach der Bekanntmachung der Krönung. Leopold I. wird als derjenige präsentiert, der nach der Krönung als das erstere und höchste Haupt der Christenheit 279 dem neuen König als Erster gratuliert habe – aus dem Ranghöchsten des Krontraktats, um dessen Zustimmung vorher geworben wurde, ist der Ranghöchste bei Zwantzig geworden, der sich in dieser Lesart beflissen zeigt, als Erster dem preußischen König besondere Ehren zu erweisen.280 2 76 Zu Zwantzigs Karriere knapp Vec, Zeremonialwissenschaft, 33 f. 277 Vgl. Zwantzig, Theatrum praecedentiae, 27. – Bei der Anführung der Verträge geht Zwantzig besonders auf den Frieden von Oliva ein – die Garantie des Vertrages durch zahlreiche Mächte, insbesondere den Kaiser, spielt für die Behauptung der Souveränität eine besondere Rolle. 278 Zwantzig, Theatrum praecedentiae, 28. 279 Zwantzig, Theatrum praecedentiae, 27. 280 Interessanterweise erwähnt Zwantzig die Selbstkrönung Friedrichs I. nicht, spricht vielmehr davon, dass Friedrich den 17. Januar. Anno 1701. Sich als König in Preussen/und dero Frau Gemahlin als Königin proclamiren/und Anno eodem den 18. Januar. sich beyderseits zu Königs-
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Im Hinblick auf den Titel hält Zwantzig es, die Überschrift seines Kapitels kündigt es bereits an, denn doch für nötig, zur Frage nach der Formulierung König in Preußen oder von Preußen Stellung zu nehmen. Nach der von ihm geschilderten Eindeutigkeit der Frage nach der Souveränität über das Herzogtum Preußen wird auch das Verhältnis zu Polen als eindeutig beschrieben: Durch die Zusicherung Friedrichs I., den polnischen Rechten im Polnischen Preußen werde kein Abbruch getan, hält Zwantzig auch diese Frage für hinreichend geklärt und präsentiert den Titel des Königs von Preußen als konsequente Fortführung kurfürstlichen Titelgebrauchs, sei doch schon Albrecht von Preußen Dux Prussiae gewesen und habe auch Friedrich Wilhelm I. als Dominus Prussiae gegolten, so dass neben dem Titel des Rex in Prussia derjenige des Rex Prussiae für Friedrich I. legitim sei.281 Die Bedeutung des Arguments der Possess hatte Zwantzig schon in der Vorrede betont.282 Das preußische Königtum, so der Tenor der Aussage, stehe auf solidem Fundament, sei europäisch anerkannt und die päpstliche Kritik habe sich selbst ad absurdum geführt. Johann Christian Lünig verzichtete – nach einer umfangreichen Darstellung der Krönungszeremonie – in seinem Theatrum ceremoniale auf weitere Ausführungen zum preußischen Königstitel und verwies lediglich auf Zwantzigs Erläuterungen.283 Jedoch tat er sich in anderen publizistischen Werken als Verteidiger der preußischen Königswürde hervor.284 Rousset de Missy nahm sich Zwantzigs Werk auch für sein Preußenkapitel zum Vorbild und schrieb dessen Ausführungen nach. Entsprechend flocht Rousset ein, was Zwantzig an anderer Stelle zum Verhältnis Preußens zu den nordischen Kronen zu sagen hatte: Ältere Titel und die Geschichte des Ostseeraumes seit vandalischer Zeit aufgreifend – schon die Kurfürsten bezeichneten sich als Herzöge der Cassuben und Wenden –, werden Preußens Ansprüche auf ein ‚vandalisches‘ Königtum hochgehalten, analog zum schwedischen und zum dänischen.285 Tatsächlich repräsentieren in lateinischen Vertragsausfertigungen die Vandali die berg solenniter krönen lassen/darvon der gehaltene Cröhnungs-Actus in offenen Druck heraus ist. Zwantzig, Theatrum praecedentiae, 27. – Zur päpstlichen Kritik an der preußischen Königswürde und ihrer Präsentation bei Zwantzig vgl. das Kapitel zur Zeremonialliteratur. 281 Vgl. Zwantzig, Theatrum praecedentiae, 29 f. 282 Vgl. ebenda, Vorrede. 283 Vgl. Lünig, Theatrum ceremoniale, Bd. 2, 148. 284 Vgl. Lünig, Johann Christian, Gründliche Remonstration, warum das Churhaus Brandenburg den kgl. Titel über Preußen anzunehmen befugt und solches auch Niemandem an seinen habenden Juribus präjudizirlich sei, in: ders., Grundfeste europäischer Potenzen Gerechtsame, Worinn durch auserlesene Deductiones, wie es sowohl um der Röm. Kayserl. Majestät als auch Chur-Fürsten und Stände des heil. Römischen Reichs […] beschaffen sey, 1. Teil, Leipzig 1716, 400 – 4 04. 285 Vgl. Zwantzig, Theatrum praecedentiae, 23 f. (Vandalen-Könige), Rousset de Missy, Mémoires sur le rang, 73 (Vandalen-Könige), 77 – 81 (Preußen).
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Wenden, doch beanspruchten die Preußenkönige lediglich den Titel eines Herzogs (supremum princeps Vandalorum), nicht eines Königs.286 Gerade angesichts der eher ‚dunklen vandalischen Vorzeit‘ der Territorien im Ostseeraum und der Vielzahl der Anrainer schienen Bezüge auf die Vandalenherrschaft für die Titelexperten des frühen 18. Jahrhunderts für mehrere europäische Mächte dieses Raumes vielfach einsetzbar – und auch wenig anfechtbar.287 Auch den Überlegungen, die von Friedrichs III. Dignitätsberatern angestellt wurden, fehlt es nicht an Varianten, die verschiedene historische beziehungsweise territoriale Bezüge des königlichen Titels abwägen. Die Vandalen schienen auch Vorteile zu bieten, was die polnische Akzeptanz des preußischen Königtums anging. Gerade an diesem Beispiel ist verhältnismäßig genau abzulesen, von welchen Überlegungen sich die ‚Konstrukteure‘ eines neuen Titels leiten ließen und wie sie die Rahmenbedingungen ihrer Arbeit einschätzten. 3.3.3 Eine Titulatur ‚aus dem Setzkasten‘: Titelkonstrukteure unter Beobachtung Eine preußische Königswürde war, da das souveräne Preußen nicht zum Reichsverband gehörte, für Kaiser Leopold I. aus rechtlichen Gründen nicht problematisch. Für Friedrichs polnische Nachbarn lag der Fall, wie oben bereits kurz dargelegt, anders. Aufgrund der bereits beschriebenen komplexen Vorgeschichte der preußischen Souveränität, der noch bestehenden polnischen Rechte, des benachbarten königlich-polnischen Preußen 288 und nicht zuletzt wegen der machtvollen Stellung des polnischen Adels im Sejm, in der preußischen Frage uneins mit dem neuen wettinischen König, ergaben sich bei den konkreten Sondierungen zur Agnoszierung des preußischen Königstitels eine Reihe von Unwägbarkeiten. In Polen vorab Bedenken zu zerstreuen, war jedoch auch in europäischer Hinsicht um so wichtiger, so Ilgen im Rückblick, als man durch grossen Lärm, den möglichen polnischen Protest, die Verstärkung von Bedenken anderer europäischer Mächte befürchtete, die leicht irre gemachet und durch polnische Gegenargumente verunsichert werden könnten.289 Intensive Verhandlungen am Hof in Warschau und
286 Zum kurfürstlichen Titel des Herzogs der Kassuben und Wenden vgl. auch noch den Krontraktat, Moerner, Kurbrandenburgs Staatsverträge, 810 f.; zum preußischen König als einem supremum princeps Vandalorum vgl. als Beispiele etwa die preußisch-schwedische Allianz von Den Haag, 1703, CTS 24, 439 sowie die Allianz mit Schweden von 1707, CTS 26, 121. 287 Rousset betont, die wahren Ursprünge des Vandalenreiches könnten nicht zurückverfolgt werden, vgl. Rousset de Missy, Mémoires sur le rang, 81. 288 Vgl. Friedrich, Karin, The Other Prussia, bes. 147 – 170. 289 Vgl. Ilgen, Denkschrift 1704, 551.
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mit allen Magnaten, die man politisch für maßgeblich hielt, galten daher als das Mittel der Wahl, um die Königskrönung auch von dieser Seite abzusichern. Die im Krontraktat bereits avisierte Erklärung Friedrichs III. vom 8. Juni 1700, den polnischen Rechten und geltenden Verträgen keinen Abbruch tun zu wollen, war ein weiterer Versuch, polnische Bedenken aus dem Weg zu räumen.290 Im Kontext der sondierenden Gespräche in Polen wurde intensiv überlegt, wie durch Signale, die vom Königstitel selbst ausgingen, möglicher Konfliktstoff beseitigt werden konnte. Mehrfach wurde nach Berlin berichtet, die polnischen Magnaten würden einen Rex Prussiae nicht akzeptieren.291 Meldungen über die Stimmungslage in Warschau in Sachen Titulatur erhielt Friedrich III. vor allem von seinem dortigen Residenten Gottlieb Werner 292 und dem Jesuitenpater Carlo Maurizio Vota, Beichtvater Augusts des Starken, zugleich Unterstützer der Königserhebung Friedrichs III., der bei den führenden Magnaten Bedenken wegen der preußischen Königswürde zu zerstreuen suchte. Vota hoffte – durchaus in Einklang mit dem polnischen König –, Friedrich III . zur Konversion bewegen zu können und somit auch die Zustimmung der Kurie zur preußischen Königswürde zu erlangen.293 Während aus Votas Briefen nicht zu erschließen ist, mit wem er die preußische Königswürde diskutierte, nennt Werner insbesondere den Kardinalprimas von Gnesen, Präsident des polnischen Senats, und den Woiwoden von Marienburg als Gesprächspartner – beide galten, ebenso wie der Bischof von Ermland, als ausgesprochen einflussreich, zumal im königlich polnischen Preußen.294 Werner hielt zwar in Warschau, wie er gegenüber Friedrich formulierte, die vom Kurfürsten betonte, vom Souveränitätsgedanken ausgehende Auffassung hoch, 2 90 Vgl. Waddington, Acquisition, 438. 291 Waddington, Acquisition, 185 f., referiert im Überblick die wichtigsten Positionen der Titelgegner sowie die im Umkreis Friedrichs III. ventilierten Lösungsvorschläge für den Titulaturdissens. 292 Vgl. GStA PK I. HA, Rep. 132: Königliche Dignität, bes. Nr. 1 und 2. Die sogenannten „Dignitätsakten“ versammeln sowohl die Akten des Dignitätsconseils Friedrichs als auch die Korrespondenz mit Gesandten und europäischen Höfen im Kontext der Bemühungen um Anerkennung der Königswürde, auch entsprechende Publizistik. 293 Zu den brandenburgisch-polnischen Beziehungen im Kontext der preußischen Kronpolitik vgl. Staszewksi, Jacek, Die Beziehungen zwischen Polen und Brandenburg und die preußische Königskrönung von 1701, in: Die preußische Rangerhöhung und Königskrönung 1701 in deutscher und europäischer Sicht, hrsg. von Heide Barmeyer, Frankfurt/M. u. a. 2002, 129 – 141, zu Vota bes. 138; vgl. auch Baumgart, Königskrönung, 80 f. Dass sich hochrangige Vertreter der Kirche in Polen, insbesondere der Bischof von Ermland, auf die Argumentation Friedrichs III . einließen, hat auch mit Hoffnungen auf die Stärkung der Katholiken in Preußen zu tun, vgl. dazu Staszewski, Polen und Brandenburg, 138. 294 Zur Einschätzung der Gesprächspartner vgl. Baumgart, Neuer König, 174. – Vgl. Werners Berichte an Friedrich III . vom 04. 05. 1700 und 08. 05. 1700, GS tA PK I. HA , Rep. 132 Nr. 2, fol. 42r–44v sowie 64r–65v.
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dass Sie [Friedrich] in dero souverainem Lande den titul den Sie wolten, annehmen und führen 295 könnten; dennoch war er, genau wie Vota, intensiv darum bemüht, Bedenken der führenden polnischen Magnaten vorab auszuräumen und über Titelvarianten nachzudenken. Laut Werner war die Angst, ein Rex Prussiae würde seine Ansprüche auf das königlich polnische Preußen ausdehnen wollen, das größte Problem, nicht die Königswürde an sich.296 Werner wie Vota versuchten zunächst einmal, europäische Exempel zu finden, die die ‚Ungefährlichkeit‘ des preußischen Königtums für Polen plausibel machen konnten. Gearbeitet wurde zum einen mit Titulaturbeispielen anderer Herrscher: Zumeist nannten sie den Titel des französischen Königs als eines Königs von Navarra, der nichts daran ändere, dass Ludwig XIV. nur über einen kleinen Teil Navarras herrsche.297 Die andere Strategie hatte zum Ziel, die Situation auf das ‚Faktische‘ zu beschränken und die Symbolwirkung des Königstitels zu negieren, indem man den Skeptikern vorstellte, die Königswürde allein verschaffe dem Brandenburger nicht mehr Menschen, Geld und Truppen, die dem königlich polnischen Preußen gefährlich werden könnten.298 Als besonders wortgewaltig erwies sich hier Pater Vota – zumindest, wenn man seinen brieflichen Ausführungen gegenüber Friedrich III. Glauben schenken mag: Cette syllabe ‚Rex‘ rendra-t-elle ses armées plus nombreuses et ses trésors plus abondants? Cette même amitié et bonne correspondance, que V[otre]. A.[ltesse] E.[lectorale] cultive avec tant de soin et de bonne foi avec la Pologne, sous le nom d’électeur de Brandebourg et duc souverain de Prusse, ne subsistera-t-elle pas également sous le titre de roi de Prusse?299
Das preußische Beispiel liefert uns demnach auch Varianten des europäischen Titulaturdiskurses um 1700, die situations- und adressatenbezogen zum Einsatz kamen. Vota bediente sich hier recht eloquent einer Strategie, die in Titulaturkonflikten häufig zum Tragen kam, wenn es um die Anfechtung von Präzedenzrechten ging. Die gegenwärtig tatsächlich vorhandene (territoriale, finanzielle, militärische) Machtstellung und der beanspruchte Titel wurden gegeneinander ausgespielt, der Titel zur ‚Worthülse‘ erklärt.300 Im preußischen Fall war dies nicht der einzige 295 Werner an Friedrich III ., 04. 05. 1700, GS tA PK I. HA , Rep. 132 Nr. 2, fol. 44r. – Zur Begründung der Titelwahl durch die Souveränität vgl. Schieder, Theodor, Die preußische Königskrönung von 1701 in der politischen Ideengeschichte, in: ders., Begegnungen mit der Geschichte, Göttingen 1962, 183 – 209, 287 – 297, bes. 186 – 188 [erstmals in: Altpreußische Forschungen 12 (1935)]. 296 Vgl. Werner an Friedrich III., 01. 05. 1700, GStA PK I. HA, Rep. 132 Nr. 2, fol. 36r–37v. 297 Vgl. ebd., fol. 36v sowie Vota an Friedrich III., 08. 05. 1700, in: Lehmann, Preußen, 460. 298 Vgl. etwa Werner an Friedrich III., 01. 05. 1700, GStA PK I. HA, Rep. 132 Nr. 2, fol. 36v. 299 Vota an Friedrich III., 08. 05. 1700, in: Lehmann, Preußen, 460. 300 Vgl. mit Beispielen zur Anfechtung der kaiserlichen Präeminenz in der Publizistik ( James Howell, Antoine Aubéry) Duchhardt, Imperium und Regna, 572 – 574.
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Anlauf, das praktische Gewicht der Königswürde gezielt gering zu veranschlagen; Heinz Duchhardt hat etwa die Versuche des Königs betont, gegenüber den preußischen Ständen die Bedeutung seiner Königskrönung abzuwerten– denn die Stände waren vorab nicht in die Dignitätsdiskussion einbezogen worden;301 auch bei der Krönung wurden sie auf die Zuschauerrolle reduziert.302 Dass die Krone Friedrichs III. den jahrzehntelangen Bemühungen um die Verbesserung seines europäischen Status einen entscheidenden Schub verlieh und in ihrer Bedeutung kaum hoch genug veranschlagt werden kann, steht für die Forschung außer Frage – ebenso, dass die von Vota ins Spiel gebrachte Position Brandenburg-Preußens in Europa noch über die Funktion als Auxiliarmacht definiert war und die Rangerhöhung für den Herrscher auch in dieser Hinsicht mehr als vorteilhaft war.303 Von polnischer Seite kamen sehr konkrete Anregungen, wie der Königstitel zu gestalten sei. Sowohl Werner wie auch Pater Vota griffen sie auf und verbanden sie mit eigenen Überlegungen. Ein Vorschlag, den Werner als Variante des Woiwoden von Marienburg in Erfahrung brachte, lautete auf Rex Brandenburgicus in Prussia.304 Empfohlen wurde von mehreren Seiten, Friedrich möge sich Rex Vandalorum beziehungsweise König der Wenden nennen – das Preußenproblem sei ausgeklammert, der Bezug auf die Vandalen sei sowohl aufgrund der territorialen Ausdehnung und Geschichte Brandenburg-Preußens als auch wegen der ruhmreichen Vergangenheit der mächtigen Vandalenkönige günstig. Außerdem sei der Titel schon mehrfach vergeben – an Dänemark wie auch an Schweden –, so dass er von niemandem exklusiv beansprucht werden könne.305 Eine Woche später brachte Vota eine zusätzliche Präzisierung des preußischen Königstitels ein: Um Bedenken zu zerstreuen, Friedrich werde künftig auch Ansprüche auf das königlich polnische Preußen geltend machen, könne es hilfreich sein, sich gegenüber dem polnischen König und dem Sejm als Rex Borussiae septentrionalis zu bezeichnen.306 Eine territoriale Begrenzung im Königstitel auf den preußischen 301 Vgl. Duchhardt, Preußische Königskrönung, 84. 302 Zu den preußischen Landständen, aber auch den Landständen der anderen Provinzen unter Hohenzollernherrschaft im Kontext der Königskrönung vgl. Kaiser, Michael, „Optimo Regi Fides Borussorum“. Die Landstände der preußischen Territorien und die Königserhebung Friedrichs III. (I.), in: Dreihundert Jahre Preußische Königskrönung. Eine Tagungsdokumentation (Forschungen zur brandenburgischen und preußischen Geschichte, Beiheft 6), hrsg. von Johannes Kunisch, Berlin 2002, 73 – 113. 303 Vgl., den Forschungsstand resümierend, Neugebauer, Epochen, 236 – 241. 304 Vgl. Werner an Friedrich III., 27. 04. 1700, GStA PK I. HA, Rep. 132 Nr. 1, fol. 386v. 305 Die Vandalenargumente bei Werner an Friedrich III., 04. 05. 1700, GStA PK I. HA, Rep. 132 Nr. 2, fol. 42r–44v sowie Vota an Friedrich III., 08. 05. 1700, in: Lehmann, Preußen, 463. 306 Vota an Friedrich III. 15. 05. 1700, in: Lehmann, Preußen, 463. Vota berief sich bei seinem Vorschlag auf gemeinsame Beratungen mit dem Residenten in Warschau, Werner: Il semble, qu’en ajoutant le mot de ‚Septentrionalis‘ et disant ‚Rex Borussiae Septentrionalis‘ on fermerait entièrement la bouche à la jalousie ignorante ou maligne de ceux qui s’imaginent, que se dire ‚roi
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Norden und damit auf das bisherige Herzogtum Preußen unter Hohenzollernherrschaft sollte also helfen, die friedlichen Intentionen Friedrichs zu untermauern. Friedrich III. setzte sich mit den Vorschlägen, die ihn aus Warschau erreichten, intensiv auseinander: Schnell verworfen war der Rex Brandenburgicus in Prussia, da Friedrich den Argwohn des Kaisers fürchtete, er wolle Kurbrandenburg von des Reichs dependenz eximirn.307 Der Vorschlag eines Rex Vandalorum wog schon schwerer, doch auch hier fürchtete der Kurfürst Schwierigkeiten. Die Königswürde für Preußen anzustreben und dies im Titel klar zu dokumentieren, blieb für Friedrich daher das Mittel der Wahl. Um Befürchtungen von polnischer Seite zuvorzukommen, schienen ihm zwei Wege möglich: Zum einen – dieser Weg wurde drei Wochen später beschritten – könne eine schriftliche Versicherung, gegebenenfalls auch beeidet, abgegeben werden, Brandenburg-Preußen werde niemals das Territorium des königlich-polnischen Preußen antasten; zum anderen sei als Titelvariante möglich, dass man Uns nicht Regem Prussiae, sondern Regem in Prussia nenne. Die Entsprechung zum Dux in Prussia, auf den von polnischer Seite als Titulatur für die brandenburgischen Kurfürsten Wert gelegt wurde, lag auf der Hand.308 Beim König in Preußen sollte es zumindest für den deutschen Titel bis zur ersten Teilung Polens bleiben 309 – schon der Krontraktat vermerkte diese Gestaltung der Titulatur,310 während in der Versicherung vom 8. Juni, die alle bestehenden vertraglichen Regelungen für Preußen bestätigte, der Titel noch nicht explizit formuliert war.311 Dort allerdings nahm der König Bezug auf Funde, die die Existenz eines heidnischen Königreichs Preußen belegen sollten. Sie waren in der Titulaturdiskussion als Anciennitäts-Argument höchst willkommen, wurden entsprechend positiv bewertet und verfingen als Begründung bei anderen Mächten durchaus, auch gegenüber August dem Starken.312 de Prusse‘ est la même chose que se dire ‚roi des deux Prusses‘. C’est de quoi nous avons souvent discouru Mr. Verner et moi. – Zu Votas Auffassung, diese Ergänzung sei nur gegenüber Polen nötig, vgl. seinen Brief an Friedrich III. vom 06. 07. 1700, in: Lehmann, Preußen, 468. – Vgl. hierzu auch die knappe Kommentierung Waddingtons, Acquisition, 185. 307 Friedrich III. an Werner, 14. 05. 1700, GStA PK I. HA Rep. 132 Nr. 2, fol. 81v. 308 Friedrich III. an Werner, 14. 05. 1700, GStA PK I. HA Rep. 132 Nr. 2, fol. 82r. – Auf den Dux in Prussia war auch gegenüber Werner von polnischer Seite ausdrücklich hingewiesen worden, wie er am 04. 05. 1700 an den Kurfürsten berichtet hatte, vgl. GS tA PK I. HA Rep. 132 Nr. 2, fol. 42v. 309 Als Roy de Prusse bzw. Rex Borussiae wurde Friedrich schon 1701/02 im französischen Vertrag von Den Haag mit England und den Niederlanden (Duchhardt/Espenhorst, 1701 XII 30, 3, Allianz von Den Haag www.ieg-friedensvertraege.de/[14. 10. 2016], CTS 24, 85) bzw. im Vertrag von Den Haag mit Schweden betitelt (CTS 24, 439). 310 Vgl. Art. 7 des Krontraktats, Moerner, Kurbrandenburgs Staatsverträge, 814. 311 Vgl. den Abdruck bei Waddington, Acquisition, 438. 312 Vgl. hierzu insbesondere Schieder, Königskrönung, 198 f. – Die Formulierung […] cum Titulum et Dignitatem Regalem quibus ante plura secula fulgebat ducalis nostra Prussia,
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Die Bekanntmachung der Krönung Friedrichs gegenüber August dem Starken im Januar 1701 führte dann den Titel in Prussiâ Rex und ergänzte im Text wie auch bei der Ortsangabe im Kontext der Datierung, den Vorschlag der regionalen Spezifizierung aufnehmend, das Regnum Borussiae jeweils um das Epitheton septentrionalis.313 Polnischer Protest gegen die Königskrönung wurde bis nach Frankreich getragen: Der polnische Adelige Jan Mikolaj Radziwill übersandte dem Parlement de Paris eine Protestschrift, in der Friedrich der Felonie bezichtigt wurde, und löste damit einen Flugschriftenkampf aus, in den sich anonym auch Friedrichs Vertrauter Christoph von Dohna einmischte.314 Die offizielle Anerkennung des preußischen Königtums durch den Sejm ließ bis 1764 auf sich warten und kam auch dann nicht zuletzt auf politischen Druck von russischer Seite hin zustande.315 Offiziell nahm erst Friedrich II. den Titel König von Preußen an – nachdem er 1772 im Zuge der ersten Teilung das königlich polnische Preußen annektiert hatte;316 gleichwohl hatte sich schon früh in anderen Territorien Friedrichs I., so im Schriftverkehr mit verschiedenen europäischen Mächten und in völkerrechtlichen Verträgen, der Roi de Prusse beziehungsweise der Titel eines Rex Prussiae eingebürgert.317 Die preußischen Titelexperimente zeigen: Tatsächlich konnte ein Herrscher bei der Kreation seines Titels wie im ‚Titel-Setzkasten‘ verschiedene Varianten aus einem näher eingekreisten Arsenal von Titulaturbestandteilen verwenden und neu zusammenfügen. Was Friedrich III. sich letzten Endes aus den verfügbaren Optionen zusammenstellte, wirkt zwar unspektakulär, kann allerdings nur vor dem Hintergrund der vorhandenen Alternativen und der damit verknüpften Überlegungen gewürdigt werden. Denn: Das ‚Material‘, aus dem der
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reassumendam merito censeamus in der Bekanntmachung an König August bezieht sich just auf die Auffassung, man habe für die Vorfahren der brandenburgisch-preußischen Herrscher Belege für die Führung eines Königstitels gefunden, vgl. auch Vota an Friedrich III., 15. 05. 1700, in: Lehmann, Preußen, 463 f. – Gerade dieser Bezug auf einen heidnischen Preußenkönig Waidewutus, den Friedrich sich zu eigen machte, schürte die Ressentiments im königlich polnischen Preußen, wo die ‚Wiedervereinigung‘ Preußens in den Grenzen des ‚historischen‘ Waidewutus-Reichs befürchtet wurde, zumal Friedrich III. 1699 – 1700 Elbing besetzt hielt. Vgl. dazu Friedrich, Other Prussia, 164 – 166, 170. Vgl. den Abdruck bei Waddington, Acquisition, 442 f. Vgl. Waddington, Acquisition, 320; insbesondere zur Flugschriftenaktion auch Friedrich, Other Prussia, 165 f. Vgl. Waddington, Acquisition, 330. Vgl. Baumgart, Königskrönung, 76 f. Vgl. dazu auch Luda, Brandenburg sowie Friedrich, The Power of the Crowns, 17 f. – Vgl. etwa die Verträge mit England und den Generalstaaten vom 30. 12. 1701, Duchhardt/Espenhorst, 1701 XII 30, 3, Allianz von Den Haag, www.ieg-friedensvertraege.de/[14. 10. 2016]; CTS 24, 75 und 85 sowie den preußisch-schwedischen Allianzvertrag vom 29. 07. 1703, CTS 24, 439.
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brandenburgische Kurfürst wählen konnte, war nur auf den ersten Blick völlig frei verfügbar. Ausschlaggebend war für Friedrich III. zum einen, dass die Bezeichnung seines Königreichs tatsächlich von einem Territorium herrührte, über das er als Souverän verfügte – damit konnte ihn kein Rechtsgrund an der Annahme eines entsprechenden Titels hindern. Zum anderen sollte die Benennung auch historisch nachvollziehbar sein – deshalb konnte der Titel eines Rex Vandalorum überhaupt in Erwägung gezogen werden. Sogar Elemente der Krönungszeremonie wurden als Grundlagen für späteren Titulaturgebrauch diskutiert.318 Hinter all den diskutierten Varianten stand die Überlegung, wie es gelingen könnte, von anderen europäischen Herrschern pro Rege erkandt zu werden – wie es der wichtigste Dignitätsberater, Rüdiger von Ilgen, formulierte.319 Die Freiheit des Souveräns in der Gestaltung seines Titels war demnach die eine Seite der Medaille, die Reaktion der anderen Mächte auf den neuen Titel die andere. Friedrich III., dies zeigen die langen Vorbereitungen und die frühzeitigen Sondierungen bei den europäischen Fürsten, vor allem bei Leopold I., war sich des Risikos schwerwiegender politischer Irritationen, das nicht allein mit der Annahme der Königswürde, sondern auch mit der Entscheidung für eine Titelvariante verbunden war, sehr bewusst. Wie empfindlich die Reaktionen bereits im Vorfeld einer solchen Rangerhöhung waren, mit welchen weitreichenden Spekulationen auf die Gestaltung eines Titels reagiert wurde und welche diplomatischen Anstrengungen unternommen werden mussten, um etwaigen Einwänden zu begegnen, sie vielleicht sogar erst aufzuspüren, belegt das preußische Beispiel nur zu gut. Es war ein Herrscher, der den königlichen Titel annahm und damit einen dauerhaften Anspruch formulierte – und es war die gesamte europäische Fürstengesellschaft, die diesen Titel interpretierte und deren Urteil, formuliert in der Sprache des Zeremoniells, den neuen königlichen Status bestätigen oder infrage stellen konnte.320 Mit der Aufwertung, die er durch die Königskrone und die verhältnismäßig rasche Akzeptanz seitens zahlreicher europäischer Herrscher, allen voran durch die des Kaisers, erfahren hatte, war Friedrich III./I. ein großer Erfolg gelungen, 318 Vgl. die Diskussion um die Salbung des Königs als Grundlage für die Betitelung als Sacra maiestas – der vor den nicht gesalbten Königen die Präzedenz gelte. Hierzu Gundermann, Iselin, „Ob die Salbung einem Könige nothwendig sey?“, in: Dreihundert Jahre Preußische Königskrönung. Eine Tagungsdokumentation (Forschungen zur brandenburgischen und preußischen Geschichte, Beiheft 6), hrsg. von Johannes Kunisch, Berlin 2002, 115 – 133, bes 128 – 130. Hierzu auch Richter, Susan, The Prussian Royal Coronation – a Usurpation of Ceremonial?, in: State, Power, and Violence. Section III: Usurping Ritual, hrsg. von Gerald Schwedler/Eleni Tounta (Ritual Dynamics and the Science of Ritual, 3), Wiesbaden 2010, 561 – 573. 319 Vgl. Ilgens berühmtes Memorial, 11. 11. 1700, ediert bei Waddington, Acquisition, 426 – 429, Zitat 426. 320 Vgl. Stollberg-Rilinger, Honores regii, 6 – 8.
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gleichgültig, wie man seine Regierungspraxis und sonstige politische Leistungsbilanz bewerten mag.321 Doch der königliche Status musste nun dauerhaft auch auf repräsentativem Sektor, man denke an Friedrichs neu entworfenes Hofzeremoniell und an sein Berliner Bau- und Kulturprogramm, für die Untertanen wie für auswärtige Mächte, materialisiert und ostentativ befestigt werden.322 Auch in den Druckmedien musste Friedrich I. als König in Preußen entsprechend präsent werden, um mit anderen Herrschern, allen voran dem Kaiser, gleichzuziehen und seinen Geltungsanspruch zu stabilisieren.323 Friedrichs Hofdichter und ab 1690 Zeremonienmeister Johann von Besser wurde zum bekanntesten Autor zahlreicher Schriften und Berichte, Ruhmesreden, Gedichte und Libretti, die Friedrich und das ruhmreiche Haus Hohenzollern in seinen neuen königlichen Ehren zeigten, angefangen von der ausnehmend prunkvollen Königsberger Krönungszeremonie – umfänglich im Druck beschrieben für das Publikum der europäischen Höfe ebenso wie für den Adel und das gelehrte Publikum im Heiligen Römischen Reich.324 Den einfachen brandenburgisch-preußischen Untertanen suchte man durch performative Akte, so schon bei den opulenten Krönungsfeierlichkeiten, einen sinnlichen Eindruck von der Größe ihres Herrschers zu verschaffen.325 Auch im diplomatischen Verkehr seiner Gesandten an den europäischen Höfen und bei Kongressen musste der Königstitel auf Dauer bestätigt und bekräftigt werden – denn erst die königlichen Ehrerweise, „die honores regii verwandelten 321 Zu den differierenden Einschätzungen der neueren Forschung vgl. beispielhaft: Neugebauer, Wolfgang, Friedrich III./I. (1688 – 1713), in: Preußens Herrscher. Von den ersten Hohenzollern bis Wilhelm II ., hrsg. von Frank-Lothar Kroll, München 22001, 113 – 133 sowie Baumgart, Binnenstrukturen. 322 Vgl. hierzu Vec, Miloš, Das preußische Zeremonialrecht. Eine Zerfallsgeschichte, in: Preußische Stile. Ein Staat als Kunststück, hrsg. von Patrick Bahners/Gerd Roellecke, Stuttgart 2001, 101 – 113, bes. 103; Pečar, Symbolische Politik; Smart, Sara, The Cultivation of Monarchy, in: The Cultivation of Monarchy and the Rise of Berlin. Brandenburg-Prussia 1700, hrsg. von Karin Friedrich/Sara Smart, Farnham 2010, 53 – 87. Zur intendierten Wirkung des Zeremoniells auf die Untertanen vgl. die resümierenden Anmerkungen bei Friedrich, Power of the Crowns, 44 f. 323 Vgl. zur Bedeutung der Druckmedien für die Repräsentation der europäischen Potentaten Gestrich, Absolutismus und Öffentlichkeit, bes. 78 – 82, 91 – 93. 324 Vgl. zu Besser jetzt im Überblick Smart, Cultivation of Monarchy, bes. 53 – 62, 68 – 77 sowie dies., The Return of the Elector as King. Johann von Besser’s Record of the Berlin Entry in May 1701 of Elector Friedrich III as Friedrich I, King in Prussia, in: Writing Royal Entries in Early Modern Europe, hrsg. von Marie-Claude Canova-Green/Jean Andrews (Early European Research, 3), Turnhout 2012, 201 – 224. 325 Vgl. zur zeremonialwissenschaftlichen Begründung Vec, Zeremonialwissenschaft, bes. 144 – 155 sowie Gestrich, Andreas, Höfisches Zeremoniell und sinnliches Volk. Die Rechtfertigung des Hofzeremoniells im 17. und frühen 18. Jahrhundert, in: Zeremoniell als höfische Ästhetik in Spätmittelalter und früher Neuzeit, hrsg. von Jörg Jochen Berns/Thomas Rahn (Frühe Neuzeit, 25), Tübingen 1995, 57 – 73.
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den Namen in die Sache“.326 Ilgen, der die Bedeutung der Anerkennung des Titels so klar formuliert hatte, zeigte sich rückblickend im Jahr 1704 denn auch demonstrativ zufrieden: Dass Friedrich I. von so vielen europäischen Königen als einer der Ihren anerkannt worden sei, sei keine Selbstverständlichkeit gewesen und habe vielfach erst in Verhandlungen erlangt werden müssen; eine fortbestehende Zurücksetzung im Zeremoniell hätte schwerwiegende Folgen gehabt: Dannenher denn I.[hre] K.[önigliche] M.[aiestät] in Preussen, wenn sie dergleichen Unterscheid unter sich und andern europäischen Königen angenommen hätten, in effectu kein rechter könig würden gewesen sein.327 Seine Nachfolger sollten es verstehen, das Erreichte auszunutzen und auf ihre Weise zu vermehren. Ilgens Reflexionen zeigen, wie prekär der Status der ‚neuen Könige‘ zunächst war, wie intensiv auf diplomatischem Wege um ihre Gleichberechtigung gerungen wurde beziehungsweise um eine Platzierung unter den ‚ersten‘ Königen Europas – auch noch Jahre nach der Krönung, auch noch nach dem Tod Friedrichs I. im Jahr 1713.328 Was er verständlicherweise aussparte, waren die ausgesprochen günstigen politischen Konstellationen im Spanischen Erbfolgekrieg und im Nordischen Krieg, die Brandenburg-Preußen bei zahlreichen europäischen Mächten, nicht nur beim Kaiser, zu einem begehrten Partner machten. Dass feine Unterschiede wie der zwischen kaiserlicher ‚Kreation‘ und kaiserlicher Agnoszierung des preußischen Königs nicht durchweg nachvollzogen wurden und Konsequenzen für die Bewertung des preußischen Königtums hatten, zeigt eine sehr aufschlussreiche, spätere Interpretation von Leopolds Anerkennung der preußischen Königswürde durch Ludwig XIV.: Als der französische König 1709 mit Friedrich Friedensverhandlungen eröffnete, wurde er mit der Forderung nach Anerkennung des Königstitels Friedrichs I. konfrontiert. Ludwig bewertete die französische Agnoszierung in seiner Instruktion für den französischen Unterhändler als problematisch und möglicherweise ausgesprochen folgenreich – man erkenne dann nämlich einen König an, der seine Würde nur dem Umstand verdanke, dass er seine Bundesgenossen im Krieg gegen den französischen König unterstütze, und am Ende würde man mit seiner Anerkennung noch den kaiserlichen Anspruch bestärken, Fürsten zu Königen erheben zu können.329 König war nach wie vor nicht gleich 326 Stollberg-Rilinger, Honores regii, 26. 327 Vgl. Ilgen, Rüdiger von, Denkschrift über die Erwerbung der königlichen Dignität, 1704, in: Lehmann, Preußen, 548 – 559, Zitat 556. 328 Vgl. hierzu auch Marschke, Ben, „Von dem am Königl. Preussischen Hofe abgeschafften Zeremoniel“. Monarchical Representation and Court Ceremony in Frederick Williams I’s Prussia, in: Orthodoxies and Heterodoxies in Early Modern German Culture. Order and Creativity 1500 – 1750, hrsg. von Randolph C. Head u.a. (Studies in Central European Histories, 42), Boston 2007, 227 – 252, hier 234. 329 Vgl. die Instruktion Ludwigs an seinen Gesandten De la Sourdière, 25. 11. 1709, in einem Mémoire pour servir d’instruction au sieur De la Sourdière, in: Recueil des instructions don-
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König; die französische Anerkennung sollte noch bis zum Frieden von Utrecht auf sich warten lassen. Offenbar war der erste preußische König mit seiner neuen Würde noch nicht zufrieden – schon im Frühjahr 1702 wurde die Titulatur des Preußenherrschers aufs Neue geändert, denn nun schien der Erbfall einzutreten, für den Friedrich schon seit mehr als zehn Jahren vorzubauen versuchte hatte: Wilhelm III. von Oranien, seit 1694 verwitwet, starb im März 1702 – ohne einen legitimen leiblichen Erben hinterlassen zu haben, weder für die englische Krone, die an seine Schwägerin Anne überging, noch für seine oranischen Besitzungen, auf die Friedrich sich schon seit geraumer Zeit große Hoffnungen machte. Dem Antritt dieses Erbes, das einen Teil der Besitzungen Wilhelms III. und den Titel eines Prinzen von Oranien einbrachte, ging ein Titulaturkonflikt voraus, der erst im Jahr 1732 endgültig beigelegt werden konnte. Mag auch dieser Fall auf den ersten Blick wenig brisant erscheinen – für den Umgang der Hohenzollern mit ihren Herrschaftstiteln und für die Erwartungen, die sie, aber auch ihre europäischen Partner und Gegner, damit verbanden, ist der oranische Erb- und Titelstreit ausgesprochen aufschlussreich. 3.3.4 Der Streit um den Titel des Prinzen von Oranien, 1702 – 1732 Die brandenburgisch-preußischen Verbindungen zum Haus Oranien bis 1702 Der Herrschertitel war zweifellos zentral, um Rangansprüche in der Fürstengesellschaft anzumelden. Doch das Zugeständnis weiterer Symbole im Kontext von Repräsentation und Zeremoniell war nötig, um den beanspruchten Status zu bestätigen oder bestätigen zu lassen und diese Anerkennung immer wieder zu aktualisieren.330 Peter-Michael Hahn hat die Oranien-Bezüge in der künstlerischen Repräsentation durch Architektur und Porträtkunst seit dem Großen Kurfürsten betont und überzeugend dargelegt, warum die auffällige Anlehnung an das Haus Oranien für die Brandenburger so bedeutsam war: Im Zuge der Aufstiegsbestrebungen sollte die familiäre Reputation in hellerem Glanz erstrah-
nées aux ambassadeurs et ministres de France. Depuis les traités de Westphalie jusqu’à la Révolution française, Bd. XVI : Prusse, hrsg. von Albert Waddington, Paris 1901, 270 – 279, hier 272 f.: […] car il est d’une conséquence infinie pour l’avenir que Sa Majesté reconnoisse en qualité de roi un prince qui ne s’est acquis ce titre que par les secours qu’il a donnés contre elle à ses ennemis, et dont la reconnoissance pourra dans la suite autoriser la prétention que les Empereurs ont formée de pouvoir créer des rois. 3 30 Stollberg-Rilinger, Honores regii, unter Anführung der Erläuterungen Leibniz’ zum Königstitel, 6 – 8.
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len, der aber aus möglichst fernen Zeiten herrühren sollte. In der dynastischen Geschichte der aufstiegswilligen Hohenzollern mangelte es jedoch an einem eindrucksvollen territorialen mittelalterlichen Bezugspunkt, wie ihn die Habsburger mit ihren Erblanden oder die Wittelsbacher mit ihrem Herzogtum bei der Propagierung der Tradition ihres Hauses in den Vordergrund stellten.331 Auch die Heiratsverbindungen vermochten bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts nicht, die Reputation der Brandenburger aufzupolieren.332 Die Bemühungen, einen ersten schwäbischen Hohenzollern namens Thassilo im Dunkel des 8./9. Jahrhunderts auszumachen, dem eine Verwandtschaft zu Karl dem Großen nachgesagt werden sollte, datieren ebenfalls auf die Wende zum 18. Jahrhundert 333 – offenbar wurden mehrere Spuren parallel verfolgt, um durch historische Bezüge die Reputation des Hauses zu mehren. Mit der Selbstinszenierung des Großen Kurfürsten und seiner oranischen Gemahlin Luise Henriette begann die Anknüpfung an die Oranien-Dynastie: „Ohne sich in die Abhängigkeit konkurrierender Höfe und ihrer Ausdrucksformen zu begeben“,334 wurde mit der Beschäftigung niederländischer Künstler und Architekten der Anschluss an ein europäisches Repräsentationsniveau gesucht; das gemeinsame calvinistische Bekenntnis tat ein Übriges, um die Verbindungen in die Niederlande noch zu stärken.335 Schloss Oranienburg, für Kurfürstin Luise Henriette erbaut, ist für diese Bezüge wohl das offensichtlichste Beispiel. Nicht zuletzt durch den frühen Tod Luise Henriettes 1667, aber auch durch das 331 Vgl. Hahn, Magnifizenz, bes. 12 – 14; über das Problem der Traditionsbildung der Dynastie im Falle der Hohenzollern Moeglin, Jean-Marie, Dynastisches Bewußtsein und Geschichtsschreibung. Zum Selbstverständnis der Wittelsbacher, Habsburger und Hohenzollern im Spätmittelalter, in: Historische Zeitschrift 256 (1993), 593 – 635, bes. 631 – 635. – Zur Bedeutung der Tradition des fürstlichen Hauses in der société des princes insgesamt vgl. zusammenfassend Bély, Lucien, Race des rois, monde des princes, société des souverains: pour une vision globale des maisons à l’époque moderne, in: Bourbon und Wittelsbach. Neuere Forschungen zur Dynastiengeschichte (Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte, 33), hrsg. von Rainer Babel u. a., Münster 2010, 21 – 60. 332 Hahn weist zu Recht darauf hin, dass die eheliche Verbindung des Großen Kurfürsten mit der Oranierin Luise Henriette wegen des Bürgerkriegs in England zunächst nicht eben zum Reputationsgewinn beitrug, vgl. Hahn, Magnifizenz, 15 f. – Zur oranisch-brandenburgischen Heiratsverbindung gleichlautend auch jüngst Jardine, Going Dutch, 75. 333 Vgl. Neugebauer, Wolfgang, Das historische Argument um 1701. Politik und Geschichtspolitik, in: Dreihundert Jahre Preußische Königskrönung. Eine Tagungsdokumentation (Forschungen zur brandenburgischen und preußischen Geschichte, Beiheft 6), hrsg. von Johannes Kunisch, Berlin 2002, 27 – 48, bes. 38 – 47. – Den Titel eines Grafen von Hohenzollern führte der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm erst seit 1685; auf ihn gingen auch Bestrebungen zurück, sich intensiver mit der Geschichte der schwäbischen Hohenzollern zu beschäftigen, vgl. ebenda, 37 f. 334 Hahn, Magnifizenz, 22. 335 Vgl. ebenda, bes. 25 – 29.
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Abkühlen der politischen Beziehungen zu den Niederlanden wurde das kulturelle Vorbild des französischen Hofes allerdings immer prägender. Angesichts der forcierten französischen Expansionspolitik und des zunehmenden Machtgewinns Wilhelms III. von Oranien wurden allerdings die niederländischen Bezüge zum Ende des 17. Jahrhunderts hin wieder mehr ins Licht gerückt.336 Die enge bündnispolitische Verknüpfung und das erfolgreich erlangte englische Königtum Wilhelms verstärkten diese Tendenz – eine enge Anbindung an den Führer der antiludovizianischen Allianz, eine entschiedene militärische Anbindung an die gute parthey konnte auch den kronpolitischen Plänen nur förderlich sein.337 Prominente Räumlichkeiten in Friedrichs Schlössern stellten die Verwandtschaft mütterlicherseits und deren glanzvolle Vergangenheit heraus. Der aktuelle Bezugspunkt im Oraniensaal der Residenz, der schon vor der Königskrönung fertiggestellt wurde, war eindeutig: Als Deckengemälde war dort ein Reiterbildnis Wilhelms von Oranien zu sehen.338 Bedenkt man ferner die Hoffnungen, die Friedrich III. um 1688 und auch noch in späteren Jahren auf die Erlangung des oranischen Erbes gemacht wurden, so verwundert kaum, dass an der Spree beim recht plötzlichen Tod Wilhelms mit der baldigen Vermehrung des Titels wie der Besitzungen, ja auch mit der niederländischen Generalstatthalterschaft gerechnet wurde – Konkurrenz war unerwünscht. Wilhelms Besitzungen hatten das Potential, insbesondere die Position Brandenburg-Preußens im Westen des Reiches zu stärken und eröffneten auch Möglichkeiten, stärkeren Einfluss auf die Generalstaaten auszuüben.339
336 Vgl. ebenda, 30 – 4 0 sowie Hahn, Peter-Michael, Ahnenbewusstsein und preußische Rangerhöhung. Die Oraniersäle des Berliner und Oranienburger Schlosses im dynastischen Kalkül Kurfürst-König Friedrichs III./I., in: Barock in Mitteleuropa. Werke – Phänomene – Analysen. Hellmut Lorenz zum 65. Geburtstag, hrsg. von Martin Engel u. a. (Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte 55/56), Wien u. a. 2007, 45 – 56. 337 Dass Wilhelm III. von Oranien die Erlangung der Königswürde nur mit mäßiger Unterstützung begleitete, Friedrich sogar im Vorfeld dezidiert abriet und nicht der Erste sein wollte, der Friedrich I. Anerkennung zollte, steht auf einem anderen Blatt. Vgl. dazu die Ausführungen bei Waddington, Acquisition, 250 – 255. Welche Bedenken der Oranier im Einzelnen hatte, in welchem Maße ihm dabei seine eigene Aufstiegsproblematik vor Augen stand, bedürfte noch einer näheren Untersuchung; Baumgart schließt aus dem Material der Gesandtschaftsberichte für Friedrich aus England auf Bedenken wegen einer möglichen Schwächung der Koalition gegen Ludwig XIV. und auf Vorbehalte wegen möglicher konfessionspolitischer Konzessionen Friedrichs an den Kaiser. Vgl. Baumgart, Peter, König Friedrich I. von Preußen und die oranische Erbschaft (1702 – 1732), in: Nassau-Diez und die Niederlande. Dynastie und Oranierstadt Diez in der Neuzeit, hrsg. von Friedhelm Jürgenmeister, Wiesbaden 2012, 134 – 151, bes. 146 f. 338 Familienfeiern wie die Vermählung der Tochter Friedrichs III . im Jahr 1700 fanden dort statt. Vgl. Hahn, Magnifizenz, 34 – 4 4 sowie ders., Ahnenbewusstsein, 53 f. 339 So schon Drechsler, Streit, 17, 21 f. – Dezidiert als Teil des Dessins des ersten Preußenkönigs betont Baumgart die oranische Politik Friedrichs I., vgl. Baumgart, Oranisches Erbe, hier
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Während die neue Preußen-Historiographie um den unsicheren schwäbischen Vorfahren Thassilo und den mythischen König Waidewutus, der allenfalls für die preußischen Bezüge taugte, noch in den Anfängen steckte,340 wurden die Bindungen an das oranische Haus auch noch nach der Königskrönung explizit im Bildprogramm Friedrichs herausgestellt, und dies führt direkt in die Zeit des oranischen Titelstreits: Im Oraniersaal des Schlosses Oranienburg reichte eine Ahnengalerie dieses Geschlechts bis ins Mittelalter zurück – und König Friedrich I. in Preußen bildete als jüngster Oranier den Abschluss; zuvor waren nicht nur Friedrichs Eltern verewigt, sondern auch Wilhelm III. – auf seinem Weg nach England, auf dem Weg zu königlichen Ehren also, die auch Friedrich zu seinem Ziel erklärt hatte.341 Die Ehre, nach dem kinderlosen Tod Wilhelms die oranische Dynastie fortzusetzen, sollte nur einem zustehen, das war die künstlerische Oranienburger Aussage, an der auf diplomatischem Wege 30 Jahre lang gegen Konkurrenten aus dem Hause Nassau-Dietz festgehalten wurde. Nicht corpore, jedoch animo – die virtuelle Behauptung einer Titulatur Die oranische Erbmasse umfasste einen durchaus attraktiven Besitz: das souveräne Fürstentum Orange an der Rhone, von dem der oranische Titel herrührte, mit weiteren Herrschaften in der Dauphiné und in Burgund; dazu auf Reichsgebiet die Grafschaften Moers und Lingen, St. Vith und Bütgenbach, ferner eine erkleckliche Reihe niederländischer Herrschaften, darunter Vlissingen und Breda. Vor allem die niederländischen Teile des Erbes versprachen attraktive Einkünfte.342 Die brandenburgisch-preußischen Pläne, sich des oranischen Erbes zu bemächtigen, bes. 137; zu den Hoffnungen, die von Wilhelm III. auf ein günstiges Testament genährt wurden, ebenda 141. 340 Vgl. dazu Friedrich, Other Prussia, 168 – 170. – Zum Waidewutus-Mythos auch einordnend Neugebauer, Das historische Argument, 35. 341 Vgl. Hahn, Magnifizenz, 43. – In Anlehnung an Hahn auch Mieck, Preußen und Westeuropa, 550. – Zur Ausstattung des Oraniersaals in Oranienburg vgl. ausführlich Boeck, Wilhelm, Oranienburg, Berlin 1938, 56 – 58. 342 Die ältere Forschung nimmt auf der Basis preußischer Berechnungen einen Jahresertrag der oranischen Besitzungen von rund einer halben Million Gulden an, vgl. Drechsler, Streit, 2 f. – Das Erbe in den Niederlanden bestand nach Drechsler, verteilt v. a. auf die Provinzen Holland, Utrecht, Geldern, Seeland, aus: Büren, Doesburg, Loo, Dieren, Bredevoort, Montfort, Isselstein, Soesdijck, Kruitberg, s’Gravesande, Vianden, Leerdam, Losduynen, Honslardyck, Ter Veere, Hulsterambacht, Nordbeveland, Orangepolder, St. Martensijcker Scherpenisse, Gertruydenberg, Willemstadt, Grave, Cuyck, Osterhout, Willem- und Mariapolder, Sevenbergen, Braake, Steenbergen, Vernehout, Dongen, Clundert, Hohe und lage Zwaluwe, Princeland, Tournhout, Merhout, Zeichem, Diest, Grimbergen, Warneton, Herstal, Antwerpen; ferner Palais in Brüssel, Rijswijk, Nordeinde.
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lagen buchstäblich in der Schublade. Unter der Überschrift Secrete Instruction vor den freyherrn von Heyden zu Ergreiffung der possesion in einigen orangischen güthern in casum mortis Regis Angliae 11/21. April war schon im Jahr 1698 gründlich festgehalten worden, wie die militärische Aneignung ausgewählten oranischen Besitzes, u. a. des Oranierpalais in Brüssel, abzulaufen hatte, Verlautbarung an die neuen Untertanen inklusive.343 Nota bene: Wilhelm III., der erwähnte Rex Angliae, starb erst knapp vier Jahre später am 19. März 1702. Mit seinem Tod begann – wie sich herausstellen sollte – für die niederländische Republik die zweite ‚statthalterlose‘ Zeit bis 1747; diese Entwicklung wurde jedoch nicht in allen Provinzen gleichermaßen willkommen geheißen.344 Wilhelms Testament, von dem sich Friedrich I. die Bestätigung seiner Planungen erhoffte, wurde zwei Monate nach seinem Tod am 8. Mai in Den Haag eröffnet; es war im Jahr 1695 abgefasst worden.345 Friedrich III./I. wusste nicht vom genauen Inhalt des Testaments; mehrere Äußerungen Wilhelms III. in den 1690er Jahren ließen Friedrich bis zu dessen Tod davon ausgehen, er sei der künftige Erbe Wilhelms.346 Schon vor Eröffnung des Testaments, noch Ende April 1702, suchte Friedrich I. am Kaiserhof, wo er auch seine königliche Würde zuerst hatte absichern lassen, um die Bestätigung des neuen Titels nach, den er künftig als Herr seines gemutmaßten Erbes zu führen trachtete. Bartholdi, bereits bei den Verhandlungen um die Königswürde Friedrichs Gesandter in Wien, hatte zu diesem Zweck ein eigenes Memorial erstellt: Im übrigen, Allergnädigster Kayser und Herr, geruhen Ew. Kay. Mayt. allermildest, aus der hiebey gefügten beylage sich vortragen zulaßen, wie Ihrer König. Mayt. in Preüßen, nach Ihrer König. Mayt. von Groß Britannien nicht genug zubetrauernden abscheiden aus dieser zeitlichkeit, Ihren titul zu ändern, und auch hiedurch, wo nicht corpore, jedoch animo 347, über das fürstenthum Oranien, über die Graffschafften Lingen, Mörß, Bühren und Lehrdam, über das Marquisat zu der Vehre und Vlißingen, und über die Herrschafft zu Breda die possession zu acipiren, rathsam zuseyn, ermeßen, Ihre König. Mayt. in Preüßen leben der zuversicht, Ew. Kay. Mayt. werden in Kay. und König. Gnaden denen Reichs- und denen in Ihren Erblanden habenden cantzleyen anbefehlen, hinführo Ihro solche titul bey allen gelegenheiten zugeben und zuerhteilen, welches Ihre König. Mayt. in sothanen und anderen fällen jederzeit mit allem
343 Bestand: GStA PK I. HA Rep. 64 I, Nr. 11 (Oranische Sukzession), nicht foliiert. 344 Vgl. Israel, Dutch Republic, 960 – 962. 345 Vgl. Drechsler, Streit, 3. – Eine knappe Zusammenfassung auf Basis der älteren Literatur liefert bis zum Utrechter Frieden auch Feckl, Klaus Ludwig, Preußen im Spanischen Erbfolgekrieg (Europäische Hochschulschriften, Reihe III , 123), Frankfurt/M. u. a. 1979, 86 – 107. 346 Dies betont Drechsler, Streit, 21 – 23. 347 Hervorhebung durch R. D.
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schuldigsten danck gegen Ew. Kay. Mayt. und dero durchlauchtigstes Ertzhauß zuerkennen erböthig seyn […].348
Friedrich, nicht nur König in Preußen, sondern auch ‚gefühlter‘ Prinz von Oranien? In Wien wurde die Sachlage verhältnismäßig nüchtern betrachtet. Daher wurde auf das Ansinnen, über die Anerkennung der erweiterten königlichen Titulatur, dokumentiert durch alle einschlägigen Schriftsätze der Reichskanzlei wie der erbländischen Kanzleien, Tatsachen zu schaffen, zurückhaltend – oder besser: zunächst einmal gar nicht – reagiert. Zu beachten war: Man befand sich im Spanischen Erbfolgekrieg, und ein Konflikt um ungeklärte Erbansprüche innerhalb der Koalition, der schließlich auch die Generalstaaten angehörten, kam Leopold ausgesprochen ungelegen. Auseinandersetzungen um das Erbe und damit unter den Allianzpartnern sah allerdings schon Bartholdi in seinem Memorial voraus, denn anders ist die Bitte kaum zu verstehen, Leopolds Gesandte in England und den Generalstaaten möchten die oranische Sukzession Friedrichs stützen und Leopold dasselbe den englischen und niederländischen Gesandten in Wien bedeuten lassen.349 In der Zwischenzeit wurde in der Gegenwart des preußischen Gesandten Schmettau in Den Haag das Testament eröffnet und die Einsetzung des Prinzen Wilhelm Friso von Nassau-Dietz zum Universalerben bekanntgegeben – Friedrich sollte also leer ausgehen und erhob sofort Einspruch; verhältnismäßig rasch wurden Vergleichsverhandlungen zwischen den beiden das Erbe beanspruchenden Parteien beschlossen.350 Die Anfrage beim Kaiserhof wegen des oranischen Titels war in die Verhandlungen zur Erneuerung des Allianzvertrages von 1700 eingebunden gewesen; die Antwort zur Titulatur, die Bartholdi erst Ende Juni erhielt, erfolgte in diesem Kontext und war ausgesprochen vorsichtig, ja ausweichend: Ihre Kay. Maytt. wollten Ihrer König. Maytt. wohlmeinend rathen, den ausgang des im Haag hoffentlich bald zu treffenden vergleichs, oder gar den frieden zu erwarten, ehe und bevor sie begehreten, daß von andern Potentaten die Titulatur, so Ihro sie bisher zu ertheilen pflegten, geändert würde, es entspränge vielleicht sonst daher das inconveniens, 348 Bartholdis, des Gesandten in Wien, Memorial an Leopold I. (Abschrift), in: Relation an Friedrich I., 29. 04. 1702, GStA PK I. HA GR Rep. 1, Beziehungen zum Kaiser 174, fol. 378v, 379r. 349 Bartholdis Memorial zu seinem Brief an Friedrich I., 29. 04. 1702, GS tA PK I. HA GR Rep. 1, Beziehungen zum Kaiser, Nr. 174, fol. 379r, v. 350 Vgl. Drechsler, Streit, 34. – Vgl. hierzu nun auch Baumgart, Oranische Erbschaft; knappe Zusammenfassungen der Erbschaftsauseinandersetzungen mit dem Haus Nassau-Dietz bei Van der Veen, Sytze, Johann Wilhelm Friso (1687 – 1711) und sein Groninger Favorit Johann Wilhelm von Ripperda (1682 – 1737), in: Nassau-Diez und die Niederlande. Dynastie und Oranierstadt Diez in der Neuzeit, hrsg. von Friedhelm Jürgenmeister, Wiesbaden 2012, 118 – 133 sowie Fernhout, Jan, Die Ansprüche Henriette Catharinas, Prinzessin von Oranien, Fürstin von Anhalt-Dessau, auf das Huis ten Bosch und der Streit um die Oranische Erbschaft, in: Mitteilungen des Vereins für Anhaltische Landeskunde 21 (2012), 193 – 203.
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daß die Potentaten hernach diejenige Titul wieder zurück nehmen müsten, die Ihrer König. Maytt. sie schon einmahl beygeleget.351
Indem Leopold versuchte, Friedrich die Peinlichkeit eines zurückgezogenen Titels vor Augen zu stellen, hoffte er offenbar, den König bremsen zu können, bis die konkurrierenden Ansprüche ausgeglichen waren. Problematisch für den Kaiser war: Im ersten Separatartikel des Krontraktats hatte Leopold Friedrich seine Unterstützung bei der Erlangung des oranischen Erbes zugesichert, sollte Wilhelm III. ohne Erben sterben.352 Damit hatte er frühzeitig Position bezogen, ohne den Willen Wilhelms von Oranien zu kennen – ein Vergleich in der Erbschaftsfrage wäre daher für den Kaiser der bestmögliche Ausgang gewesen. Der König in Preußen hatte jedoch bereits Tatsachen geschaffen. Insbesondere in den beiden Grafschaften Lingen und Moers – Letztere wurde als heimgefallenes Lehen des brandenburgischen Herzogtums Cleve betrachtet 353 – ließ Friedrich I., wie schon 1698 geplant, noch im März 1702 Maßnahmen zur Inbesitznahme ergreifen, die Huldigung an den Landesherren inklusive. Argumentiert wurde mit dem Testament des Großvaters Friedrichs, Friedrich Heinrich von Oranien. Überdies bemächtigten sich seine Truppen 1703 auch noch der Grafschaft Montfort.354 Solange die endgültige Regelung der Sukzession in der Schwebe war – Friedrich I. und sein Kontrahent Johann Wilhelm Friso sollten beide den Vergleichsvertrag von 1732 nicht mehr erleben 355 –, musste es darum gehen, nach außen so wirksam als möglich den Anspruch auf das oranische Erbe zu dokumentieren und der Konkurrenz möglichst zuvorzukommen.356 Die Gegenseite, der von W ilhelm testamentarisch begünstigte Johann Wilhelm Friso von Nassau-Dietz, vertreten durch seine Mutter, legte, auch mit Berufung auf ältere Testamente Philipp Wilhelms und Moritz von Oraniens, Protest ein; zeitweise versuchte auch die Linie Nassau-Saarbrücken, Rechte geltend zu machen. Von preußischer Seite wurde argumentiert, Wilhelm III . hätte sich in seiner Erbregelung nicht über 3 51 Bartholdi an Friedrich I., 27. 06. 1702, GStA PK I. HA GR Rep. 1, Nr. 174, fol. 564r. 352 Ausdrücklich erwähnt waren in diesem Separatartikel das Testament Friedrich Heinrichs von Oranien und dasjenige seines Vorgängers Renatus von Oranien, auf die Friedrich I. seine Ansprüche stützte. Vgl. Moerner, Kurbrandenburgs Staatsverträge, 817 f. – Die kaiserliche Zusicherung betont auch Drechsler, Streit, 27. Vgl. auch Baumgart, Königskrönung, 74. 353 Vgl. Drechsler, Streit, 7 – 12. Über die strategische Bedeutung von Lingen und Moers Baumgart, Oranisches Erbe, 148 f. 354 Vgl. Drechsler, Streit, 37. 355 Johann Wilhelm Friso von Nassau-Dietz starb schon 1711 bei einem Schiffsunglück, während er sich auf dem Weg zu erneuten Vergleichsverhandlungen in Den Haag befand (vgl. Drechsler, Streit, 66); Friedrich I. starb 1713. 356 Vgl. die – bereits ab Mitte der 1690er Jahre dokumentierten – Überlegungen Friedrichs zur sofortigen Besetzung der genannten Herrschaften, dokumentiert bei Baumgart, Oranisches Erbe, 142 f.
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die Vorgaben seines Großvaters Friedrich Heinrich hinwegsetzen dürfen.357 Die Generalstaaten schalteten sich vermittelnd ein, doch die Position der Regenten der niederländischen Provinzen war nicht einheitlich; anfängliche Aspirationen Friedrichs I. auf das Statthalteramt sorgten zudem für Zurückhaltung.358 Anstatt des erhofften Vergleichs entwickelte sich nun ein langjähriger Streit. Es kann im Folgenden nicht darum gehen, alle Etappen der 30 Jahre andauernden Auseinandersetzung um das oranische Erbe und die damit verbundenen Titel nachzuzeichnen; da die Linie Nassau-Dietz zäh an ihren Ansprüchen festhielt, mehrere Versuche eines Vergleichs und einer Teilung des Erbes scheiterten und auch mehrfach in den Niederlanden der Rechtsweg beschritten wurde, zog sich der Konflikt, teilweise mit jahrelangen Pausen, in die Länge. Dass auch die Generalstaaten eigene Interessen verfolgten und wegen der fortgesetzten Ansprüche Friedrichs I. auf das Herzogtum Orange auch Ludwig XIV. in der oranischen Sukzessionsfrage mitsprach, machte das Geschehen nur noch unübersichtlicher.359 Hier soll in erster Linie auf einige besonders wichtige Beobachtungen in titularischer Hinsicht, vor allem auf die vertragliche Einigung im Jahr 1732, die auch die Titelfrage abschließend regelte, Bezug genommen werden. Eines sei gleich vorweggenommen: In territorialer Hinsicht war der Sukzessionspolitik Friedrichs I. nur begrenzt langlebiger Erfolg beschieden – was aus dem oranischen Erbe tatsächlich am Ende als Gewinn zu den brandenburgisch-preußischen Besitzungen gezählt werden konnte, waren langfristig vor allem Moers und Lingen – verstreute niederländische Besitzungen wurden von seinem Enkel Friedrich II. verkauft.360 Bei Durchsicht der umfangreichen Bestände zur oranischen Sukzessionsfrage im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz fällt sehr rasch die stete Wiederkehr eines Problempunktes auf, den die ältere Forschung nur en passant behandelte, da sie sich vornehmlich auf territoriale Fragen und dementsprechend auf Details zu Teilungsplänen, deren Erfolg und Misserfolg konzentrierte: Das offensichtlichste Signal für die legitime Beanspruchung des Erbes war die Führung des Titels eines Prinzen von Oranien. Je erfolgreicher einer der Kontrahenten diesen Titel für sich behauptete, desto deutlicher waren die Markierungen des 357 Vgl. Drechsler, Streit, 7 – 16. Die Verfügungen des gemeinsamen Großvaters betrafen insbesondere Fideikommiss-Besitz, über den Wilhelm III. nach der Interpretation Friedrichs I. testamentarisch nicht hätte verfügen dürfen. 358 Vgl. Drechsler, Streit, 16. 359 Neben Drechsler, Streit, behandelt noch eine zweite ältere Studie die Frage der Ansprüche Friedrichs I. im Süden Frankreichs und der Schweiz: Peters, Wolfgang, Die Franche-Comté, Neuchâtel und die oranische Sukzession in den Plänen der preußischen Politik während des Spanischen Erbfolgekrieges, in: Forschungen zur brandenburgischen und preußischen Geschichte 28 (1915), 83 – 138, 423 – 474. 360 Vgl. Fix, Wilhelm, Die Territorialgeschichte des brandenburgisch-preußischen Staates im Anschluß an zehn historische Karten, Berlin 1860, 85.
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Anspruches gesetzt – man denke an die Einbindung des portugiesischen Königs in den westfälischen Friedensvertrag von Osnabrück. Das Prinzip blieb auch rund 50 Jahre später dasselbe, denn genau dieser Logik folgte die frühzeitige Anfrage des Gesandten Bartholdi bei Leopold I., den preußischen König künftig auch als Prinzen von Oranien zu titulieren. Im Vorfeld der Königskrönung war Friedrich mit dem anzunehmenden Titel noch sehr viel vorsichtiger umgegangen – die Unwägbarkeiten waren beim Vorstoß in die Riege der gekrönten Häupter sehr viel größer gewesen. Außerdem glaubte er sich auf der Basis des großväterlichen Testaments und der Hoffnungen, die Wilhelm III. ihm zu Lebzeiten auf das oranische Erbe gemacht hatte, im Recht; er erwog sogar, es handle sich bei Wilhelms Testament um eine Fälschung.361 Vom April 1702 an bis zum Tod Johann Wilhelm Frisos 1711 lassen sich daher Bemühungen der Minister und Abgesandten Friedrichs I. verfolgen, die Anerkennung ihres Herrn als des Prinzen von Oranien an anderen Höfen und am Regensburger Reichstag zu erreichen – man denke an die frühen Verhandlungen mit dem Kaiserhof – beziehungsweise dafür zu sorgen, dass Johann Wilhelm Friso dieser Titel von anderen so selten als nur möglich zuerkannt wurde. Nach einer Pause, deren Ursache nicht zuletzt in der Unmündigkeit des Sohnes des nassauischen Grafen, Wilhelm Karl Heinrich Friso, und dem mehrjährigen Stocken der Verhandlungen zu vermuten ist,362 wurde für die Vergleichsverhandlungen von 1732 die Titelfrage noch einmal akut – dazu unten mehr.363 Strategien im Streit um den Prinzentitel Die Gegenseite ergriff gleich nach der Testamentseröffnung parallel dieselben titularischen Maßnahmen wie der König: Wie Friedrichs Abgesandter, Wolfgang von Schmettau, schon wenige Tage nach der Testamentseröffnung an den königlichen Hof berichtete, versuchte die Mutter des noch unmündigen Prinzen von Nassau-Dietz, die Prinzessin von Friesland, als dessen Vormund nach dem üblichen Modell der Anerkennung durch europäische Mächte ihre Position zu festigen: Nicht nur, dass die Dienerschaft im Hause Nassau-Dietz am 9. Mai 1702,
3 61 Vgl. GStA PK I. HA Rep. 64 I, Nr. 18. 362 Zwischen 1716 und 1719 sowie 1722 und 1728 kamen die Verhandlungen über die Erbfrage, hauptsächlich wegen der Blockadehaltung Friedrichs I., nahezu zum Erliegen, vgl. Drechsler, Streit, 74 f. sowie Baumgart, Oranische Erbschaft, 135. 363 Vgl. hierzu die ausführlichen Einträge der Repertorienbände des GStA PK für die Akten zur oranischen Sukzession GS tA PK I. HA Rep. 64 I, Nr. 12 und 13 (1702), Nr. 18 – 25 (1706 – 1712), Nr. 37 (1732), Nr. 39 (1739/40). In Auswahl werden entsprechende Akten in die vorliegende Untersuchung eingebunden.
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am Tag nach der Testamentseröffnung, den Befehl erhielt, ihren Sohn fortan als den Prinzen von Oranien anzusprechen – ein Emissär wurde von ihr kurz darauf zu den in Den Haag befindlichen europäischen Gesandtschaften geschickt, um in Ihrem nahmen die notification an alle außwertige alhiesige Ministros zu thun, daß Ihr herr Sohn von dem hochseel. könige [Wilhelm III.] zum Universalerben eingesezet worden.364 Die Konfrontation dieses Beauftragten, eines Grafen von Witgenstein, mit den preußischen Forderungen bei seinem Besuch bei Schmettau verwundert indes kaum. Die hohe Bedeutung des Titels auch für das Haus Nassau-Dietz ergibt sich weiterhin daraus, dass die Prinzessin in den bald darauf angestrengten Vergleichsverhandlungen zwar bereit war, gegen eine stattliche Geldsumme auf das Erbe zu verzichten, sie jedoch weiterhin den Titel des Prinzen von Oranien für ihren Sohn forderte.365 Diese Titelforderungen sollten in der Folgezeit von den Provinzen Friesland und Groningen, deren Erbstatthalter der Prinz war, gestützt werden. Ziel war, dem Prinzen von Nassau-Dietz den obersten Befehlsrang im republikanischen Heer zu verschaffen – als Sprungbrett für die Erlangung weiterer Provinzstatthalterschaften und die Position des Generalkapitäns.366 Der Titel war demnach Signal für die Fortführung der oranischen Quasidynastie in der Führung der Niederlande.367 Friedrich I., der ebenso den oranischen Prinzentitel und die oranischen Besitzungen, auf die er Anspruch erhob, in seinen Titel integriert hatte, konnte bei den Versuchen, die Titelstrategie des Hauses Nassau-Dietz zu durchkreuzen, auf politische Kräfte in den niederländischen Provinzen bauen, die als ‚republikanische‘ Parteiung unter Führung des holländischen Ratspensionärs Heinsius eine Stärkung des Johann Wilhelm Friso als Führer einer Oranierpartei fürchteten. In einer Aufteilung des oranischen Besitzes zwischen Brandenburg-Preußen und Nassau-Dietz wurde das wirksamste Mittel zur Befestigung der Republik gesehen. Daher wandte sich diese ‚republikanische‘ Partei gegen den Titel eines Prinzen von Oranien für den Prinzen von Nassau-Dietz.368 Im schwer zu durchschauenden niederländischen Interessensgeflecht interagierte Friedrich nun mit den Provinzen und Regenten, die eine Befestigung der oranischen Partei nach Kräften zu verhindern suchten; Friedrichs Gesandte Schmettau und Hymmen beschrieben in ihren Meldungen aus Den Haag die dortigen Befürchtungen, mithilfe des gloriosen Namens gelinge die Mobilisierung 364 Vgl. Schmettau an Friedrich I., 12. 05. 1702, GStA PK I. HA Rep. 64 I, Nr. 12 (nicht foliiert). 365 Vgl. Peters, Franche-Comté, 91. 366 Vgl. hierzu Van der Veen, Johann Wilhelm Friso, bes. 122 – 127, sowie im Überblick Israel, Dutch Republic, 961. 367 Vgl. Drechsler, Streit, 63 (Anm. 6), 66 (Anm. 15). 368 Vgl. Peters, Franche-Comté, 99 f., 102.
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der Bevölkerung zugunsten des nassauischen Prinzen:369 […] maßen das gemeine volck den nahmen von Prinz von Oranien bekandtlich affectionire, und die Princesse von Nassau von diesem titul profitiren würde, umb das dessein Ihren herrn sohn zur stadthalterschafft von hiesiger Republique zu bringen ferner zu poussiren, woraus nichts als große uneinigkeit und collision in der Republique entstehen köndte. – Im Gegenzug für Friedrichs Unterstützung wollten sich die ‚Republikaner‘ für die Durchsetzung der preußischen Forderungen im Sukzessionsstreit starkmachen. Doch auch solche Koalitionen vermochten keinen Durchbruch in der Erbschaftsfrage zu erbringen; dass die Generalstaaten bis zu einer endgültigen Entscheidung die umstrittenen Gebiete interimistisch verwalteten und damit auch deren Einkünfte behielten, machte die Position der Vertreter der Republik nicht unbedingt transparenter.370 Auch als Johann Wilhelm Friso selbstständig und nicht mehr nur vertreten durch seine Mutter im Erbschaftsstreit eingreifen konnte, blieb die Führung des Titels ein beständiger Streitpunkt. Die Republik behalf sich, indem sie vor einer endgültigen Entscheidung der Sukzession keinem der Prätendenten den Titel von sich aus zuerkannte und auch den eigenen Residenten am Regensburger Reichstag im Jahr 1707 entsprechend anwies.371 Im Schriftverkehr mit Friedrich akzeptierte sie seine Führung des oranischen Titels, doch verwendete sie ihn nicht in ihren Antworten – es galt, den König, den Verbündeten in der Kriegsallianz, nicht zu verprellen.372 Friedrichs Gesandte wurden nicht müde, Protest gegen die Führung des Titels durch den Prinzen von Nassau-Dietz – und mittlerweile auch durch die Linie Nassau-Siegen 373 – einzulegen und ihrerseits bei weiteren Reichsständen und europäischen Mächten um die Anerkennung des ‚eigenen‘ Prinzentitels zu werben. So entspann sich eine rege Druckproduktion nicht eigentlich zu den titularischen Strategien, vielmehr zu den rechtlichen Ansprüchen der konkurrierenden Oranierprinzen auf das nassauische Erbe, wohl vornehmlich an die Höfe im Heiligen
369 Vgl. den Bericht der Abgesandten Schmettau und Hymmen an Friedrich I. aus Den Haag, 22. 01. 1706, GStA PK I. HA Rep. 64 R I, Nr. 18 (nicht foliiert). 370 Vgl. schon Drechsler, Streit, 32 – 34. 371 Vgl. die Abschrift der Resolution der Generalstaaten vom 25. 02. 1707, GS tA PK I. HA Rep. 64 R I, Nr. 19 (nicht foliiert), übersandt durch Schmettau an Friedrich I., 18. 03. 1707: […] dat hy [der niederländische Resident Mortaigne, R. D.] de qualiteyt van Prins van Orange in niemand sal erkennen, soo lange niet geconvenieert ofte gedecideert is, aan wien het voor: Prinsdom sal komen. 372 Vgl. zum Titelbehelf Israel, Dutch Republic, 962. 373 Die Bestände des GStA PK I. HA Rep. 64 R I, Nr. 23, die von den Ansprüchen des Hauses Nassau-Siegen handeln, sind nach Auskunft des Geheimen Staatsarchivs verloren. – Eine Zusammenstellung von (vornehmlich gedruckten) zeitgenössischen Quellen findet sich in der populären Darstellung von Brachthäuser, Christian, Oranien – Preußen – Neuenburg. Nassau-Siegen und der Erbschaftsstreit um das Fürstentum Neuchâtel, Groß-Gerau 2010.
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Römischen Reich gerichtet, in deren Rahmen auf brandenburgisch-preußischer Seite auch der später als Naturrechtslehrer bekannte Nicolaus Gundling, damals bereits Professor zu Halle, zur Feder griff.374 Auch die periodische Presse war schon früh informiert: Eine Meldung über die preußischen Ansprüche im Monatlichen Staats-Spiegel, basierend auf einem preußischen Memorandum, datierte bereits vom August 1702. Die Rezeption des Erbfalls durch die adelige und gelehrte bürgerliche Öffentlichkeit des Reiches war angesichts der Prominenz der Beteiligten von Beginn des Konflikts an gewiss, und recht offensichtlich beeilte sich Friedrich, seine Version der Erbansprüche so bald als möglich publik zu machen.375 Bei Verhandlungen um die Anerkennung des Titels durch Königin Anna von England im Jahr 1708 wurde zur Bekräftigung der Ansprüche ein altbekanntes Argument mit einem wahrlich exklusiven Medium eingesetzt – die schriftliche Zustimmung des Kaisers. Ein weiteres Mal zeigte sich, welch große Bedeutung das Medium des kaiserlichen Handschreibens zur Beglaubigung von Titulaturen besaß, denn das Dokument, das Friedrichs Gesandtem Spanheim zur Unterstützung des Anliegens mitgegeben wurde, war ein Kondolenzschreiben Kaiser Josephs I. zum Tod von Friedrichs Enkel Friedrich Ludwig, der im Brief als Prinz von Oranien tituliert wurde.376 Für bedeutsam hielt man es am Berliner Hof offenbar auch, dass die kaiserliche Anerkennung schon auf die übernächste Generation ausgedehnt worden war. Friedrichs I. verstorbener Enkel, erst 1707 geboren, hatte nach seiner Geburt sogleich den Titel eines Prinzen von Oranien erhalten. In der Logik des Königs waren die ihm nachfolgenden Hohenzollern die jüngsten, in seinen Augen einzig legitimen Erben der Oranier, deren Tradition das Haus 374 Vgl. D. Nicolai Hieronymi Gundlings […] Historische Nachricht von der Graffschafft Neufchatel und Valangin: worinnen die Ursachen angezeiget werden, warum Se. königl. Maj. von Preussen d. 3. Novembris a. 1707 davon in die Possession gesetzet worden, Frankfurt/M. 1708. Zu den Aktivitäten des Hauses Nassau-Siegen an befreundeten Höfen vgl. Brachthäuser, Oranien, passim. 375 Monatlicher Staats-Spiegel; worinnen alles Merckwürdige so in Europa vorgehet absonderlich die im Heil. Röm. Reich vorfallende Geschäffte Solennitäten und Cermonialien Mit dazu gehörigen curiosen Beylagen […] entweder in Forma oder per Extractum aus besonders guten Correspondenzen und Nachrichten samt einigen politischen Reflexionen zu sehen und anzutreffen auf den Monat Augusti 1702, Augsburg 1702, 69 – 82. – Prompt wies der Landgraf zu Hessen-Rotenburg im Februar 1703 den Erbprinzen zu Nassau-Siegen, dessen Vater ebenfalls Ansprüche auf das oranische Erbe erhob, auf diesen Artikel im Staats-Spiegel hin, vgl. Brachthäuser, Oranien, 28. Zu den Rezipienten der periodischen, insbesondere historisch-politischen Presse vgl. Gestrich, Absolutismus und Öffentlichkeit, 185, 188; zum Europäischen Staats-Spiegel vgl. Friedrich, Susanne, Drehscheibe Regensburg. Das Informations- und Kommunikationssystem des Immerwährenden Reichstags um 1700 (Colloquia Augustana, 23), Berlin 2007, 216 ff. 376 Vgl. die diesbezüglichen Extrakte aus der Korrespondenz mit Spanheim in GStA PK I. HA Rep. 64 R I, Nr. 20, 19./29. 06. 1708 (Relation Spanheims), 07. 07. 1708 (Reskript Friedrichs I.) (nicht foliiert).
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Nassau-Dietz nicht für sich sollte reklamieren können.377 Auch der Prinz von Nassau-Dietz hielt bis zu seinem plötzlichen Unfalltod an seinen Titelansprüchen fest – noch in seinen schriftlichen Neujahrswünschen an Friedrich I. vom Jahresbeginn 1711, kurz vor seinem Tod, zeichnete er mit dem Titel eines Prinzen von Oranien;378 sein Erbe sollte, wie noch zu zeigen sein wird, an dieser Linie festhalten. Titel oder Land? – Friedrich I. und das Fürstentum Oranien Ein territoriales Ziel sollte für beide Prätendenten unerreichbar bleiben: das Gebiet, von dem der beanspruchte Titel herrührte, das Fürstentum Orange, das allein schon durch den Namen der prestigeträchtigste Teil der Erbschaft war. Friedrichs Versuche, sich den Besitz des Fürstentums zu sichern, sind im Hinblick auf seine Einstellung zur Titelfrage bezeichnend und veranlassten Ludwig XIV. zu der Anmerkung, der Titel schmeichle Friedrich wohl mehr als das Erbe selbst: Le titre le flatte encore plus que la chose même.379Die ältere Forschung hat hierzu schon einen erheblichen Teil des Quellenmaterials aufgearbeitet, jedoch nur bedingt Rückschlüsse im Hinblick auf die Bedeutung der Titulatur gezogen. Orange, an der Rhone gelegen, war während des Spanischen Erbfolgekrieges nach wie vor in französischer Hand – an Verhandlungen mit dem französischen König, dem preußischen Kriegsgegner, führte also, wollte Friedrich zu einem raschen Erfolg gelangen, kein Weg vorbei. Dass Friedrich hierbei Hoffnungen auf den Erwerb eines lukrativen neuen Besitzes hegte, verneinte bereits die ältere Forschung auf der Basis der königlichen Korrespondenz: Friedrich betonte in einem Reskript an Schmettau im Juni 1705, der Erwerb Oraniens sei nicht materiell orientiert – üppige Einkünfte erwarte er sich nicht, allenfalls die Deckung der Verwaltungskosten.380 Das Ziel der Vereinnahmung des Fürstentums durch Brandenburg-Preußen war also vorrangig symbolisch konnotiert. 377 Vgl. Hahn, Magnifizenz, 41. – Hahn, Ahnenbewusstsein, 53, führt einen Beleg aus der Korrespondenz Friedrichs I. an, in dem der König diese Titulierung des fürstlichen Nachwuchses dezidiert in den Kontext des Sukzessionsstreits stellt. – Der spöttische Kommentar der Liselotte von der Pfalz zum Titel des neugeborenen Enkels Friedrichs, den Hahn, Magnifizenz, in diesem Zusammenhang anführt, ist wohl damit zu erklären, dass das Fürstentum Orange, von dem sich der Titel herleitete, 1707 nach wie vor unter französischer Herrschaft war und Ludwig XIV. keine Neigung zeigte, sich auf dem Verhandlungswege von Orange zu trennen. – Zur französischen Position vgl. Drechsler, Streit, 58, 71. 378 Vgl. GStA PK I. HA Rep. 64 R I, Nr. 24 (nicht foliiert). 379 Aus der Instruktion Ludwigs XIV. an seinen Gesandten De la Sourdière, 25. 11. 1709, in einem Mémoire pour servir d’instruction au sieur De la Sourdière, ediert bei Waddington, Recueil des instructions, XVI, Prusse, 270 – 279, Zitat 273. 380 Vgl. Peters, Franche-Comté, 100, bes. auch Anm. 2.
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1707 war es Friedrich gelungen, sich ein Stück des oranischen Besitzes, das schweizerische Neuchâtel sowie Valengin, zu sichern; die Anmeldung seiner Ansprüche auf diese Herrschaften ging noch auf ältere Vereinbarungen mit Wilhelm von Oranien zurück.381 Damit war ein weiteres souveränes Territorium erlangt – und Friedrich war Orange ein bedeutendes Stück nähergerückt.382 Den italienischen Abteilungen der preußischen Truppen im Spanischen Erbfolgekrieg glückte jedoch 1708 die zunächst ins Auge gefasste militärische Inbesitznahme nicht.383 In militärisch bedrängter Situation begann Ludwig XIV. im Jahr 1709 Friedensverhandlungen mit den Koalitionären der Großen Allianz, und Schmettau versuchte im Auftrag seines Herrn, jedoch erfolglos, die Herausgabe der Franche-Comté, die Ludwig im Frieden von Nijmegen erlangt hatte, für die Verbündeten zum attraktiven Verhandlungsgegenstand zu machen.384 In den direkten Verhandlungen, die Friedrich daraufhin, von seinen Bündnispartnern enttäuscht, mit Ludwig anstrengte, wurden die Sicherheit von Neuchâtel und Valengin, aber auch die Abtretung Oranges gefordert. Ludwig XIV., für den ein Übertritt Preußens aus dem gegnerischen Lager auf seine Seite ein großer Erfolg gewesen wäre, gab an, er könne kein Interesse daran haben, wenn die Beziehungen zwischen den protestantischen Schweizern und einem preußisch beherrschten Orange gestärkt würden. Er verwies – angesichts der französischen Besetzung von Orange etwas kurios – darauf, dass der Rechtsweg über den zwischen mehreren Parteien umstrittenen Besitz des Fürstentums entscheiden solle.385 Er wolle jedoch Friedrich Unterstützung bei der Erlangung einer territorialen Kompensation in Geldern oder ersatzweise eine finanzielle Entschädi 381 Vgl. Peters, Franche-Comté. – Zu Neuchâtel unter preußischer Herrschaft und dem Prozess der Inbesitznahme vgl. Bachmann, Adrian, Die preußische Sukzession in Neuchâtel. Ein ständisches Verfahren um die Landesherrschaft im Spannungsfeld zwischen Recht und Utilitarismus (1694 – 1715) (Zürcher Studien zur Rechtsgeschichte, 24), Zürich 1993 sowie jüngst aus diplomatiegeschichtlicher Sicht Weber, Nadir, Lokale Interessen und große Strategie. Das Fürstentum Neuchâtel und die politischen Beziehungen der Könige von Preußen (1707 – 1806) (Externa. Geschichte der Außenbeziehungen in neuen Perspektiven, 7), Köln u. a. 2015. 382 Auch mit der souveränen Herrschaft über Neuchâtel war (neben den Verbindungen zur Eidgenossenschaft und zu Frankreich) nach Bachmann, Preußische Sukzession, 436 sowie Weber, Lokale Interessen, 69 sowie 122 – 127, die Attraktivität des Territoriums, auch noch für Friedrich Wilhelm I., begründet, unabhängig von dem eher mageren materiellen Nutzen, der aus der Herrschaft zu ziehen war. – Zur Einbindung in das Gesamtprojekt der oranischen Sukzession ebenfalls Weber, Lokale Interessen, 70. 383 Vgl. Drechsler, Streit, 50 f. 384 Vgl. Drechsler, Streit, 51 – 57. 385 Den Widerspruch zwischen Besetzung einerseits und Betonung einer juristischen Lösung andererseits betonte schon Waddington als Herausgeber der Instruktion Ludwigs, vgl. Recueil des instructions, Prusse, 270 – 279, hier 274, Anm. 1.
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gung anbieten – den von preußischer Seite bereits vorgebrachten Vorschlag, man könne Friedrich auch mit Teilen des Herzogtums Burgund oder mit Gebieten um Neuchâtel herum entschädigen, lehnte Ludwig ab. Auch solle Friedrich vor Augen gestellt werden, dass Frankreich ihn weiterhin dabei unterstützen könne, in den Niederlanden Gerechtigkeit zu erlangen und de travailler solidement pour l’avenir à mettre de nouvelles dignités dans sa Maison.386 Dass Friedrich das Fürstentum Orange als territorialer Besitz durchaus verzichtbar erschien, wie dies schon Ludwig interpretierte, belegen seine zeitgleichen Überlegungen, die von den angesprochenen Tauschoptionen handeln.387 Und offenbar ging Ludwig XIV. davon aus, dem preußischen König sei daran gelegen, die Würden seines Hauses – und damit auch seine Positionierung im Europa der Mächte – noch weiter auszubauen. Doch die Verhandlungen scheiterten; eine Neuauflage erlebten sie dann während des Utrechter Friedenskongresses, an dessen Ende die definitive Abtretung Oranges an Ludwig XIV. stand.388 Schon Peters hat darauf hingewiesen, dass das Festhalten Friedrichs I. an Orange beziehungsweise der Franche-Comté nicht zuletzt mit seinem „dynastischen Ehrgeiz“ erklärt werden muss; zugleich jedoch war der Preußenkönig Kompensationsplänen nach wie vor nicht gänzlich abgeneigt, sofern sie ein lukratives Äquivalent versprachen.389 Friedrichs große Hoffnungen wurden jedoch enttäuscht – von Frankreich zu erlangen war nur ein Teil Gelderns als Kompensation für Orange und für weitere Forderungen in der Franche-Comté. Die Prinzen von Oranien – der Vergleich von 1732 An Friedrich Wilhelm I. und an Wilhelm Karl Friso von Nassau-Dietz war es schließlich, einen Vergleichsvertrag abzuschließen. Zu den Verhandlungen ist ein 386 Die Instruktion Ludwigs an De la Sourdière, 25. 11. 1709, wird nur teilweise paraphrasiert bei Drechsler, Streit, 58. – Vollständig ediert wurde das Mémoire von Waddington, Recueil des instructions, XVI, Prusse, 270 – 279, hier bes. 273 f. (territoriale bzw. finanzielle Kompensation für das Fürstentum Oranien), 277 (französische Unterstützung bei der Vermehrung der Würden des Hohenzollernhauses). 387 Drechsler, Streit, 59, zitiert hier aus Briefen Friedrichs an seinen Gesandten Metternich. 388 Vgl. Peters, Franche-Comté, 462 – 470. – Die Abtretung des Fürstentums Oranien an Frankreich wurde im oranischen Vergleichsvertrag von 1732, der den Erbstreit schließlich beendete, ausdrücklich noch einmal bestätigt, vgl. dazu das folgende Kapitel. – Zur Sicherung der preußischen Herrschaft über Neuchâtel in den Utrechter Friedensverhandlungen vgl. Weber, Lokale Interessen, 97 – 102. 389 Zitat: Peters, Franche-Comté, 464. – Peters, ebenda, 473, ediert Auszüge aus einem königlichen Reskript an Friedrichs Utrechter Unterhändler Dönhof, 07. 02. 1702: […] et ce qu’Il [Ludwig XIV., R. D.] a dit au sujet d’Orange, que l’on pourroit faire un troc, dont je ne suis pas eloigné pour veu que l’equivalent soit du moins aussy bon qu’ Orange […].
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reiches Aktenkonvolut überliefert, das der Titulaturfrage noch einmal umfängliche Ausführungen widmet – beide Seiten wollten sich den oranischen Prinzentitel und die zugehörigen Bildsymbole in den Wappen sichern, auch wenn seit 1713 an eine Herrschaft über das Fürstentum Orange nicht mehr zu denken war; beide Seiten strebten nun eine endgültige Aufteilung des übrigen Besitzes an. Artikel 4 und 8 des Vergleichsvertrages – respektive die Verhandlungen, die die Entstehung dieser Artikel begleiteten – sind für die Titelgestaltung und Titelbewertung besonders aufschlussreich. Sie werden daher an dieser Stelle näher beleuchtet. Die Präambel des Vergleichs stellt die Titelfrage klar: Friedrich Wilhelm I. wird hier bezeichnet als le sérénissime et très-puissant prince et seigneur FrédéricGuillaume, roi de Prusse, margrave de Brandebourg, archichambellan et Prince Électeur du Saint-Empire Romain, souverain prince d’Orange, de Neuchâtel et Valengin […]390 – der Oraniertitel wurde also gleich nach der Kurfürstenwürde eingefügt, weit vor dem Burggrafen von Nürnberg und dem Grafen von Hohenzollern. Damit setzte der König die Linie fort, die schon sein Vater Friedrich I. seit Beginn des Erbstreits in seiner Selbstbezeichnung verfolgt hatte. Sein bisheriger Kontrahent in der Erbfrage wurde betitelt als par la grâce de Dieu prince d’Orange et de Nassau.391 Dass bei einer Erbteilung die beherrschten Gebiete möglichst vollständig aufgenommen werden, verwundert nicht, und so waren auch hier die vertragschließenden Parteien – über die hier aufgenommenen Titelausschnitte hinaus – auf eine sorgfältige Aufzählung ihrer Herrschaftstitel bedacht.392 Hierauf wird noch einmal zurückzukommen sein. Die Vertragspartner einigten sich darauf, es dürfe jede Seite künftig den Titel eines Prinzen von Oranien führen, was angesichts einer Teilung des Erbes Wilhelms von Oranien auf den ersten Blick folgerichtig erscheint. Bezieht man jedoch die Herleitung des Titels aus der Herrschaft über das Fürstentum Orange mit ein, so erklärt sich, warum Friedrich Wilhelm kommentierte, das Zugeständnis des Oraniertitels für das Haus Nassau-Dietz sei eine so geringe Sache nicht […], wie man alldort glaubet.393 Im Frieden von Utrecht hatte Friedrich Wilhelm die Rechte an Orange an Frankreich abtreten müssen, den Titel aber behalten – nach dem bekannten Prinzip, dass Herrschertitel auch über historische Ansprüche, über die Geschichte eines Herrschergeschlechts oder eines Königtums Auskunft gaben.394 An diese Regelung erinnerte Artikel 2 des Vergleichsvertrages, ver3 90 Vgl. den Vergleichsvertrag vom 14.05./16. 06. 1732, CTS 33, 490. 391 Ebenda. 392 Vgl. CTS 33, 490 f. 393 Friedrich Wilhelm I. an seinen Unterhändler Luiscius, 17. 05. 1732, GS tA PK I. HA Rep. 64 R I, Nr. 37, fol. 105v. 394 Vgl. dazu im zweiten Teil der Untersuchung die Erläuterungen zu den Zeremonialtraktaten.
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bunden mit der Zusicherung, das Haus Oranien-Nassau werde diese Abtretung nicht anzweifeln.395 Die Führung des Titels durch die Linie Nassau-Dietz aber bedeutete nun eine eher unübliche Wendung bei der Führung eines Titels, denn Artikel 4 fuhr fort: Le seigneur Prince [d’Orange-Nassau, R. D.] aura la liberté d’imposer le nom de la principauté d’Orange à tel autre de ses domaines qu’il trouvera convenable, et d’en retenir le titre et les armoiries […].396 Damit wurde der Name „Oranien“ zum ‚freischwebenden‘ Etikett der Nachkommen des oranischen Hauses, das einem anderen Besitz angeheftet werden konnte, unabhängig von dem Territorium, das die Grundlage für den Titel bildete. Denn die Linie Nassau-Dietz hatte das Fürstentum Oranien niemals beherrscht, und seine Ansprüche darauf waren niemals – anders als bei Brandenburg-Preußen – vertraglich an irgendeiner Stelle anerkannt worden. Der Titel Oranien-Nassau ging im Übrigen auf die brandenburgisch-preußischen Vertragsentwürfe zurück – Friedrich Wilhelm formulierte die Hoffnung, Wilhelm Karl Friso werde mit dieser Anordnung (statt Nassau-Oranien) einverstanden sein. Festgefügte Regeln existierten auch hier nicht, doch die Reihung war angesichts der Bedeutung des oranischen Titels – und der Dauer der Auseinandersetzungen um das mit ihm verbundene Erbe – durchaus angemessen.397 Friedrich Wilhelm war sich offenbar bewusst, dass er nach den Vorstellungen der Zeit mit seinem Zugeständnis an die nassauische Verwandtschaft zum einen die Grenzen einer schlüssigen Titelführung antastete,398 zum anderen aber auch eine Titulatur zusprach, über die er gar nicht mehr verfügen konnte. Bei der europäischen Rezeption dieser Regelung sah er dementsprechend die Gefahr, dass wir woll gar mit dem Frantzösischen hoffe verdrus darüber haben können, daß Wir dem Printzen den Titul eines fürstenthumbs gebn, welches Wir an Frankreich cediret haben, folglich, in ansehung des davon dependirenden Tituls, zum faveur eines Dritten nicht wohl disponiren können.399 Seinen Schritt begründete er damit, er wolle Wilhelm Karl Friso seine wahre und freundt vetterliche affection, estime und hochachtung, noch weiter […] bezeigen 400 – wohl auch, um eine alte Forderung 3 95 Vgl. CTS 33, 491. 396 CTS 33, 492. 397 Friedrich Wilhelm I. an Luiscius, 17. 05. 1732, GStA PK I. HA Rep. 64 R I, Nr. 37, fol. 105v: Es wirdt Ihm [Karl Heinrich Friso, R. D.] auch hoffentlich nicht zu wieder seyn, wann Wir den Titul von Oranien dem Titul von Naßau vorsetzen […]. 398 Vgl. etwa die kritischen Anmerkungen zum zypriotischen Königtum der Herzöge von Savoyen bei Lünig, Theatrum ceremoniale, Bd. 1, 25. 399 Friedrich Wilhelm I. an seinen Unterhändler Luiscius, 17. 05. 1732, GS tA PK I. HA Rep. 64 R I, Nr. 37, fol. 105v. 400 Friedrich Wilhelm I. an seinen Unterhändler Luiscius, 17. 05. 1732, GS tA PK I. HA Rep. 64 R I, Nr. 37, fol. 105r.
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der Linie Nassau-Dietz zu erfüllen, die damit ihre Position in den Niederlanden zu stärken hoffte,401 und um endlich einen Schlussstrich unter die seit 30 Jahren anhaltenden Querelen zu ziehen.402 Hier erscheint also wieder das Argument der Wertschätzung, des Gunsterweises, das schon Wicquefort erläutert hatte.403 Bei späteren Verhandlungen im Jahr 1740, mit denen das Haus Oranien-Nassau seinen Titel durch Frankreich bestätigen lassen wollte, riet der Hof zu Berlin kurz nach dem Herrschaftsantritt Friedrichs II. bezeichnenderweise zu Zurückhaltung.404 Doch Friedrich Wilhelms titularische Großzügigkeit kannte Grenzen, wie sich bei den Titel-Konsequenzen für die von ihm beherrschten Gebiete zeigt – hier votierte Brandenburg-Preußen für eine klare, bereits am Herrschertitel ablesbare Differenzierung, zumindest für die vom Preußenkönig beherrschten Gebiete: Die preußische Verhandlungsführung bestand nämlich darauf, dass Moers und Lingen, die nun endgültig an Brandenburg-Preußen gingen, nicht mehr im Titel des Prinzen von Oranien-Nassau zu finden waren. Die Gegenseite verlangte entsprechend, Friedrich Wilhelm dürfe sich nicht mehr länger als Marquis zu der Vehre und Vlissingen bezeichnen, wie dies von Beginn des Erbstreits an der Fall gewesen war 405 – den Verzicht versuchte Wilhelm Karl Frisos Unterhändler mit dem Hinweis erträglich zu machen, Friedrich Wilhelm müsste sich in dieser Position als Lehnsmann der Stände von Seeland betrachten, was der königlichen Ehre doch eher abträglich wäre.406 Diese Argumentation verfing auf der preußischen Seite, wie die Reaktion der Bevollmächtigten Podewils und Thulemeier zeigte, die Vehre und Vlissingen ebenfalls als minder prestigeträchtige Territorien einschätzten.407 4 01 Auch Wilhelm Karl Friso hatte, wie schon zuvor sein Vater, (Erb-)Statthalter- und Kapitänspositionen in mehreren niederländischen Provinzen inne, so in Geldern, Zutphen, Friesland, Groningen, Drenthe – vgl. zu diesen Positionen auch die Titulatur im Konzept der preußischen Verhandlungsvollmacht in GStA PK I. HA Rep. 64 R I, Nr. 37 (nicht foliiert). 4 02 Nach Jahrzehnten wurde der Durchbruch erst erzielt, als nach Erlangung der Volljährigkeit des Prinzen von Nassau dieser und Friedrich Wilhelm I. direkt, ohne niederländische Vermittlung, verhandelten, vgl. Drechsler, Streit, 74 – 76. 4 03 Vgl. Wicquefort, L’Ambassadeur, Bd. 2, 31. 4 04 Diesem Vorgang kann hier nicht weiter nachgegangen werden; Akten hierzu sind unter GStA PK I. HA Rep. 64 R I, Nr. 39 überliefert. 4 05 Vgl. etwa den preußischen Titel im Vertrag von Wien mit Leopold I., 16. 12. 1702, CTS 24, 291. 4 06 Vgl. Luiscius’ Bericht an Friedrich Wilhelm I., 29. 05. 1732, GStA PK I. HA Rep. 64 R I, Nr. 37, fol. 128r. 4 07 Vgl. deren Bericht an Friedrich Wilhelm I., 30. 05. 1732, GStA PK I. HA Rep. 64 R I, Nr. 37, fol. 135r: Es ist solches zwar von keiner importance, und wird Eurer König: May: höchstem Interesse weder geholffen noch geschadet, ob Sie solchen Titul führen oder nicht. Derselben ist auch so illustre nicht, daß Er eine sonderliche Attention meritirete, indem der Marquis von der Vehre und Vlißingen ein Vasall von denen Ständen von Seeland ist.
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Die beiderseitigen Verzichtserklärungen wurden schließlich auch in Artikel 8 des Vertrages explizit festgehalten 408 – entgegen den ursprünglichen Wünschen des Prinzen von Oranien-Nassau, der sein Nachgeben im Bezug auf Moers und Lingen ursprünglich nur in einer separaten Erklärung, einer lettre, festgehalten wissen wollte, denn il etoit trop dur de faire cela par un Traité public.409 Man fühlt sich hier wiederum an die Exempel Wicqueforts erinnert: Ein Zurücktreten von Forderungen mit titularischen Konsequenzen galt unter bestimmten Umständen als zu schmachvoll, als dass man es in einem Vertrag festgehalten wissen wollte, der mehr als nur ein ‚internes‘ Dokument zum Gebrauch von zwei Kanzleien war, sondern Öffentlichkeit erlangen konnte.410 Wie soll man den ‚Erfolg‘ der oranischen Erbfolgepolitik Friedrichs I. und Friedrich Wilhelms I. bewerten, an welchen Kriterien sollte man ihn messen? Die ältere Forschung des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts merkte an, in territorialer Hinsicht seien die anfangs hochgesteckten Erwartungen doch sehr enttäuscht worden und Friedrich I. habe insgesamt die Politik auf dem osteuropäischen Schauplatz vernachlässigt.411 Gerade im Hinblick auf die Mächtepolitik ist jedoch von der neueren Forschung angemerkt worden, dass Brandenburg-Preußen noch bei Weitem nicht in der Lage war, seine machtpolitischen Ansprüche eigenständig erfolgreich zu vertreten.412 Zwar lässt sich in der Tat bezweifeln, ob die Betonung der dynastischen Anbindung an das Haus Oranien in den 1730er Jahren noch so nötig war wie um 1700 – Brandenburg-Preußens Königtum und seine europäische Machtstellung hatten sich seit dem Jahr 1702 doch merklich gefestigt.413 Dies hieß umgekehrt aber auch: Gegenüber einem Kontrahenten wie dem Haus Nassau-Dietz brauchte ein Friedrich Wilhelm I. nicht zurückzuweichen, wie sein durchaus zähes Festhalten an den brandenburgisch-preußischen Ansprüchen auf das oranische Erbe bewies – immerhin vergingen nach dem Tod Friedrichs I. noch einmal 20 Jahre, bis der Vergleich geschlossen wurde.414 Es fragt sich vielmehr, ob ein Nachgeben das Ansehen Friedrichs I. und Friedrich Wilhelms I. und die Ehre des gesamten Hauses – als Eingeständnis eines verfehlten Anspruches – nicht sehr viel mehr beschädigt hätte. Auch wenn Wilhelm III . keine englische Dynastie begründet hatte und die große Zeit der
4 08 Vgl. CTS 33, 495 f. 4 09 So Luiscius an Friedrich Wilhelm I., 29. 05. 1732, GS tA PK I. HA Rep. 64 R I, Nr. 37, fol. 111v. 410 Vgl. Wicquefort, L’Ambassadeur, Bd. 2, 137. 411 Vgl. Droysen, Friedrich I., 321; Drechsler, Streit, 76; Peters, Franche-Comté, 470. 412 Vgl. Baumgart, Königskrönung, 74. 413 Vgl. auch die Einschätzung Peter-Michael Hahns zur Oranien-Programmatik Friedrich Wilhelms: Hahn, Magnifizenz, 44. 414 Dies betonen auch die Ausführungen Drechslers, Streit, 72 – 75.
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niederländischen Republik und ihrer Generalstatthalter zu Ende war – der oranische Prinzentitel war nach wie vor kein Titel, dessen man sich in Europa schämen musste, zumal die Hohenzollern, wie die Thassilo- und Waidewutus-Nachforschungen um 1700 beweisen, in Sachen ‚Geschichte des Hauses Hohenzollern‘ nach wie vor auf der Suche nach einer prestigereichen Frühphase der Dynastie waren. Die oranische Tradition war sehr konkret nachvollziehbar und musste nicht lange in mythischer Ferne gesucht werden. Die titularische Konstanz, die – mit nur minimalen Abstrichen auf preußischer Seite – schließlich das Ergebnis der Vergleichsverhandlungen war, die freundlich-väterliche Herablassung, mit der der König der nassauischen Verwandtschaft auch noch großzügig den Oranientitel konzedierte, waren beide gleichermaßen Ausweis für die Behauptung der hohenzollernschen Positionen und des erlangten Selbstbewusstseins. 3.3.5 Die Könige in Preußen und ihre neuen Titel – ein kurzes Resümee Die Theorie der Titelgestaltung hieß: Ein souveräner Herrscher gibt sich seinen Titel selbst. Die Praxis Friedrichs III./I. und seiner Berater hieß dagegen im Vorfeld der Königskrönung: Ein Herrscher tut gut daran, seinen neuen Titel soweit als möglich durch Vorverhandlungen abzusichern, Zugeständnisse an die Einwände anderer Mächte zu machen, um vor diplomatischen Niederlagen sicher zu sein – außer, er sucht die Konfrontation. Im Europa der Mächte des späten 17. und frühen 18. Jahrhunderts, in einer politisch sowohl im Südwesten (Spanische Erbfolge) wie auch im Nordosten (Nordischer Krieg) ausgesprochen angespannten Situation ergaben sich für Brandenburg-Preußen Risiken, aber auch eine Reihe von Chancen, um europäische Potentaten, die das Bündnis mit Friedrich III . suchten, für sein Projekt der Rangerhöhung zu gewinnen. Wie die vor allem im Hinblick auf die polnische Zustimmung diskutierten Varianten des preußischen Königstitels zeigen, gab es kaum feste Regeln, wie ein neuer Herrschertitel auszusehen hatte. Es waren jedoch Rahmenbedingungen vorhanden, die Friedrich III. und die Mitglieder seines Dignitätsconseils zu reflektieren hatten, gerade die rechtlichen und die historischen Gegebenheiten. Im Hinblick auf den Königstitel war insbesondere zu beachten, dass sich der Titel auf ein Territorium bezog, für das der Herrscher souveräne Rechte geltend machen konnte; als Alternative denkbar war ein schlüssiger Rückgriff auf die Historie, etwa auf die Vandalen, womit die territoriale Bestimmung angesichts der eher unscharfen Vorstellungen, die man von der Vandalenherrschaft hatte, im Ungefähren blieb. Ein unter diesen Voraussetzungen plausibler, auch anderen Parteien vermittelbarer Titel erhöhte die Chancen auf Anerkennung, wenngleich kaum alle Perspektiven und möglichen Interpretationen eines Titels abgeschätzt werden konnten. So war der König in Preußen eine Lösung, die letzten Endes
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erfolgreich behauptet werden konnte, doch vor allem auf polnischer Seite waren längst nicht alle Vorbehalte gegen diesen Titel ausgeräumt. Wiederum, wie schon bei Wilhelm III. von Oranien, nahm der Kaiser bei der Anerkennung des königlichen Ranges eine zentrale Stellung ein: Zwar wurden die kaiserlichen Erwartungen enttäuscht und es blieb bei einer Agnoszierung des preußischen Königtums, die nach Friedrichs III./I. Intention wahrlich nicht tradierte kaiserliche Vorrechte bestätigen sollte. Doch wie Ludwigs XIV. Interpretation zeigte, konnte dieser Vorgang in Europa durchaus als Fortführung der kaiserlichen Rangerhöhungspolitik angesehen werden.415 Und Leopold I. unterließ es nicht, ein weiteres Mal zu markieren, dass er als Kaiser nach wie vor durchaus Möglichkeiten sah, den neuen König titularisch und im Zeremoniell auf Distanz zu halten. Doch es galt nach wie vor: Die Anerkennung durch den Kaiser war für Friedrich III./I. ein gewichtiges Argument für die Akzeptanz auch durch andere Herrscher, er erhoffte sich davon eine erhebliche Signalwirkung. Auch bei der Behauptung des oranischen Titels war es wieder der Kaiser, dessen Anerkennung – ein durchaus erfolgversprechendes Modell – am Beginn stand, als Vorbild für andere Mächte. Hier agierte Friedrich I. entschlossener, ja aggressiver als bei der Erlangung der Königswürde – die Voraussetzungen für sein Handeln auf europäischer Ebene waren nun andere. Das Festhalten am Titel eines Prinzen von Oranien entsprang dynastischen Überlegungen, und die Weiterführung des Konflikts in der Regierungszeit Friedrich Wilhelms bestätigte die Titelpolitik der vorausgehenden Jahrzehnte. Der oranische Prinzentitel war das zentrale, augenfälligste Symbol, um in einer Zeit, in der die Hohenzollern auf verschiedenen Wegen nach einer ruhmreichen Vorgeschichte fahndeten, erfolgreich an die Tradition des Hauses Oranien anzuknüpfen – zur Not auch ohne Besitz des namengebenden Landes. Zweifellos führte die erfolgreiche Behauptung der Königswürde zu einer Aufwertung der Hohenzollerndynastie, zu einer der Grundlagen für den späteren Status als Großmacht; als königlicher Souverän war Friedrich I. unter den europäischen Mächten neu positioniert und nicht mehr darauf angewiesen, die beanspruchte königsgleiche Stellung der Kurfürsten mühsam auszuhandeln, wenngleich nicht nur von kaiserlicher Seite die völlige zeremonielle Gleichbehandlung noch auf sich warten ließ.416 Die aktuelle Machtposition Brandenburg-Preußens 415 Vgl. zu Leopold I. Press, Volker, Die kaiserliche Stellung im Reich zwischen 1648 und 1740. Versuch einer Neubewertung, in: Stände und Gesellschaft im Alten Reich, hrsg. von Georg Schmidt, Stuttgart 1989, 51 – 80. – Zur Bedeutung der Agnoszierung für die Positionierung des Kaisertums auch Schnettger, Rang, Zeremoniell, Lehnssysteme, 183 f. 416 Die französischen Gesandten verstanden es beim Frieden von Utrecht und auch bei späteren Verhandlungen um einen Grenzvertrag für Neuchâtel und die Franche-Comté in der Zeit Friedrichs II., durch die Symbolik der verwendeten Vertragssprachen sowie die Verweigerung
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hing allerdings nach wie vor entscheidend von den außenpolitischen Konstellationen ab – und von den politischen Entscheidungen, die Friedrich I. und sein Nachfolger Friedrich Wilhelm I. trafen. Während des Spanischen Erbfolgekriegs befand sich Brandenburg-Preußen noch in erheblicher Abhängigkeit von den Allianzpartnern; erst die einschneidenden Reformen Friedrich Wilhelms beendeten die notorische Abhängigkeit der Armee von ausländischen Subsidien.417 Zu einer eigenständigen mächtepolitischen Größe wurde Brandenburg-Preußen erst unter der Regierung Friedrichs II.418 Der Behauptung Brandenburg-Preußens in Europa hat die Politik der Standeserhöhung beziehungsweise der Titelvermehrung sicher genützt; inwieweit insbesondere von der Kronpolitik auch konkrete Impulse zur inneren Festigung, zur Staatsbildung ausgingen, wie schon zeitgenössisch in offiziösen Verlautbarungen insinuiert wurde,419 ist keine Frage, die mit den hier vorgestellten, auf die europäische Rezeption abgestellten Quellen zu beantworten wäre; die jüngere Forschung hierzu sieht denn in ihren überzeugenderen Deutungen in der Kronpolitik und ihren Konsequenzen eher die Betonung der „Souveränität vor der Integration“ der brandenburgisch-preußischen Territorien in einen Gesamtstaat.420 Dass die preußische Titulatur nach den erfolgreichen Erweiterungen des frühen 18. Jahrhunderts nicht ‚erstarrte‘, sondern den politischen Zielsetzungen und deren Präsentation weiter angepasst wurde, hat Manfred Luda betont und damit zugleich auf eine neue Variante in der Titulaturverwendung aufmerksam gemacht: Im späten 19. Jahrhundert sollte der Name Hohenzollern, 1817 im Königstitel zunächst noch weiter nach hinten gerückt, seine Aufwertung erfahren und stand seit 1873 gleich hinter Preußen und Brandenburg – dies hatte offensichtlich nicht mit den rangmäßigen Qualitäten der Grafschaft Hohenzollern zu tun, sondern war Ausdruck einer Politik, die seit Friedrich Wilhelm IV., der von der süddeutschen Hohenzollernlinie deren Territorien erwarb, die preußische Vorrangstellung im
des Alternats bei der Positionierung der Unterschriften die Distanz zwischen den Königen wirksam zu markieren, vgl. hierzu Weber, Lokale Interessen, 100, 307 f. 417 Zu Friedrich Wilhelm I. im Überblick: Baumgart, Peter, Friedrich Wilhelm I. (1713 – 1740), in: Preußens Herrscher. Von den ersten Hohenzollern bis Wilhelm II ., hrsg. von FrankLothar Kroll, München 22001, 134 – 159, zur Armee bes. 142 f. 418 Einschätzungen und der aktuelle Forschungsstand bei Neugebauer, Epochen, 240 f. 419 Schon der Krönungsbericht Bessers formuliert entsprechende Passagen, vgl. dazu die Erläuterungen bei Kaiser, Optimo Regi, 111. 420 So Kaiser, Optimo Regi, 112 f. (mit weiterer Literatur). Ähnlich schon Schieder, Königskrönung, 194 f., mit stärkerem Bezug auf die übrigen Territorien unter der Herrschaft der Preußenkönige. – Christopher Clark schreibt in seiner Preußen-Monographie zwar von der „psychologischen Integrationskraft“ der Rangerhöhung, doch bezeichnenderweise ist diese „Integration“ bei ihm allein auf das ehemalige Herzogtum Preußen bezogen. Vgl. Clark, Christopher, Preußen. Aufstieg und Niedergang, München 32007, 104 f.
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Deutschen Bund und schließlich später im wilhelminischen Kaiserreich offensiv betonte.421 Das Präzedenzrecht des Ancien Régime mochte zu dieser Zeit Vergangenheit sein – Herrschertitel hatten dagegen im Zeichensystem der Mächtigen nichts von ihrer Bedeutung eingebüßt.
3.4 Maria Theresia und der Kaiserinnentitel – eine ‚ausgeliehene‘ Würde? 3.4.1 Maria Theresia, 1740: das Erbe der Erzherzogin und Königin In den bislang analysierten Fallbeispielen waren die Kaiser aus dem Haus Habsburg stets die europäische Instanz, die einem Titel durch ihre Billigung entscheidende Anerkennung verleihen konnte. Diese Billigung wurde gezielt gesucht, um ihretwillen wurde zum Teil jahrelang verhandelt, sie wurde als Argument gegenüber anderen Mächten ins Feld geführt – auch wenn kaiserliche Prärogative von immer mehr europäischen Potentaten hinterfragt wurden und es zu gezielten Angriffen auf die kaiserliche Sonderstellung kam. Dass zwischen der faktischen kaiserlichen Machtfülle und dem Anspruch auf die Ehrung als erstes der europäischen gekrönten Häupter zeitweise eine erhebliche Diskrepanz bestand, hatten englische wie französische Publizisten mehrfach genüsslich zerpflückt.422 Neu aber war die Hinterfragung des Titels einer Habsburgerin: Maria Theresia, älteste Tochter Kaiser Karls VI., war als dessen Erbin ab 1740 Herrin über das habsburgische Erbe und trug in dieser Eigenschaft ab 1741 beziehungsweise 1743 auch die Titel einer Königin von Ungarn und von Böhmen. Seit der Kaiserwahl ihres Ehemanns, Franz I. Stephan von Lothringen, Großherzog der Toskana, ‚im zweiten Anlauf ‘ im Jahr 1745, führte sie zusätzlich den Titel einer Kaiserin.423 In der komplexen Lage des Österreichischen Erbfolgekrieges, in dem sie bis zum Frieden von Aachen 1748 ihr Erbe verteidigte, führte dies zu einem Titulaturstreit, in dem dieser kaiserliche Titel auf ganz neue Weise gerechtfertigt werden musste – von einer Königin, der dieser Kaiserinnentitel keinerlei rechtlich verwertbare Kompetenzen verlieh, der ihr aber aus mehreren, noch zu erläuternden Gründen unverzichtbar erschien. Dass erstmals eine Frau als Herrscherin das habsburgische Erbe antreten sollte, stand seit Jahren fest und hierfür hatte Karl VI . mit der Pragmatischen Sanktion vorgebaut, doch diese Erbfolgeregelung erwies sich nicht als Erfolgs 421 Vgl. Luda, Brandenburg, bes. 186 – 189. 422 Vgl. Duchhardt, Imperium und Regna, 572 – 574. 423 Vgl. zur Wahl Aretin, Karl Otmar Freiherr von, Das Alte Reich, Bd. 3: Das Reich und der österreichisch-preußische Dualismus, 1745 – 1806, Stuttgart 1997, 19 – 27.
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modell: Basis war eine Erbregelung zwischen den Brüdern Joseph, dem künftigen Kaiser Joseph I., und Karl, später Karl VI ., aus dem Jahr 1703 gewesen, die zunächst die wechselseitige Erbfolge der Brüder im Falle fehlender männlicher Nachkommen vereinbarte und eine weibliche Primogenitur als möglich vorsah. Nach Maria Theresias Geburt 1717 wurde die Auslegung des Vertrages von Karl auf die Erbfolge seiner ältesten Tochter hin präzisiert;424 als „immerwährende Satzung“ erlangte der Hausvertrag durch die sukzessive Anerkennung seitens der erbländischen Landtage, zuletzt auch in Ungarn, Gesetzeskraft. Mit erheblichem Aufwand betrieb Karl, der Verlierer des spanischen Erbfolgekonflikts, die Anerkennung der Pragmatischen Sanktion auch bei den europäischen Mächten; eine Reihe von Vertragspartnern konnte, zum Teil nur mit erheblichen Zugeständnissen, zur vertraglichen Anerkennung der habsburgischen Erbfolgeregelung bewegt werden.425 Doch den Krieg um das habsburgische Erbe konnte Karl VI . damit bekanntlich nicht vermeiden. Der Angriff Preußens auf Schlesien war die Initialzündung zu den Schlesischen Kriegen wie zum Österreichischen Erbfolgekrieg.426 Über die Bestätigung der Pragmatischen Sanktion hinaus lag offenbar kein ‚Masterplan‘ für Maria Theresias Herrschaft in der Schublade. Im Gegensatz zur künftigen Erbin war Karls VI. Schwiegersohn Franz Stephan seit 1732 zwar bei Beratungen der Geheimen Konferenz des Kaisers zugegen gewesen, hatte den Kaiser bei der Regierung Ungarns unterstützt und militärische Funktionen übernommen. Von Maria Theresia ist nichts in dieser Art zu berichten.427 Kurz nach dem Tod Karls VI. wurde eine offizielle Mitregentschaft Franz von Lothringens über Maria Theresias Erbe vereinbart und sollte nicht nur Maria Theresia bei den Regierungsgeschäften, gerade auch im Hinblick auf die Leitung des Heeres, entlasten, sondern auch den Weg Franz Stephans zum Kaiserthron ebnen.428 Das 424 Zur Diskussion um die Bevorzugung der Karls- und die Benachteiligung der Josephstöchter durch die Auslegung des pactum mutuae successionis (1703) vonseiten Karls VI. ab 1713 vgl. im Überblick Burkhardt, Vollendung und Neuorientierung, 251 – 253. – Zur Pragmatischen Sanktion vgl. Brauneder, Wilhelm, Die Pragmatische Sanktion als Grundgesetz der Monarchia Austriaca von 1713 bis 1918, in: Recht und Geschichte. Festschrift Hermann Baltl zum 70. Geburtstag, hrsg. von Helfried Valentinitsch, Graz 1988, 51 – 84. 425 Zur Erbfolgeproblematik und den europäischen Garantien der Pragmatischen Sanktion vgl. Kunisch, Johannes, Hausgesetzgebung und Mächtesystem. 426 Zu Friedrichs II . Angriff auf Schlesien und den Reaktionen der europäischen Mächte vgl. Kunisch, Johannes, Friedrich der Große. Der König und seine Zeit, München 2004, 160 – 176, 185 – 197. 427 Zum jungen Franz von Lothringen vgl. Zedinger, Renate, Franz Stephan von Lothringen (1708 – 1765). Monarch, Manager, Mäzen (Schriftenreihe der österreichischen Gesellschaft zur Erforschung des 18. Jahrhunderts, 13), Wien u. a. 2008, 77 – 81. 428 Zur Mitregentschaft vgl. Beales, Derek, Love and the Empire. Maria Theresa and her coregents, in: Royal and Republican sovereignty in Early Modern Europe. Essays in Memory of
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Erbe, das zu übernehmen war, erwies sich als schwierig; die österreichische Finanzkraft und Militärmacht waren durch zahlreiche militärische Unternehmungen – und Verluste – der vorangegangenen Jahre, insbesondere gegen das Osmanische Reich und im Polnischen Thronfolgekrieg, angeschlagen.429 Mit der Kaiserkrone war vorläufig auch die herausgehobene europäische Position der Habsburger als Träger der Herrscherwürde mit besonderem Nimbus verloren. In den Jahren bis 1745 sah Maria Theresia sich nun, unterstützt von England, den Niederlanden und Savoyen-Sardinien, einer Koalition von Frankreich, Bayern und Sachsen (bis 1742) gegenüber, mit der Friedrich II. zeitweise zusammenarbeitete.430 1745 brachte der plötzliche Tod des wittelsbachischen Kaisers Karl VII. Albrecht den Ausstieg Bayerns aus der Kriegskoalition, der im Frieden von Füssen besiegelt wurde; noch im Dezember desselben Jahres beendete der Friede von Dresden den zweiten Schlesischen Krieg mit Friedrich II.431 Wenige Monate vor dem Friedensschluss mit dem Preußenkönig gelang, wie oben bereits erwähnt, im zweiten Anlauf die Wahl Franz von Lothringens zum Kaiser; der älteste Sohn des neuen Kaiserpaares, Joseph, war zu dieser Zeit vier Jahre alt und verkörperte die Hoffnung auf eine habsburgisch-lothringische Nachfolge im Kaisertum.432 Der Tradition nach folgte die Krönung des Kaisers – und es unterblieb die Krönung der Kaiserin, die zwar mit nach Frankfurt gekommen war, ihre eigene Krönung jedoch vorab eindeutig abgelehnt hatte. Zwar wurde beileibe nicht jede Kaiserin gekrönt; doch wohl, weil Maria Theresia die erste und einzige Kaiserin war, die als Herrscherin über die Habsburgermonarchie auch dauerhaft über reale politische Macht verfügte, ist ihre explizite Verweigerung der Krönung in der Forschung bis in die jüngste Zeit hinein diskutiert worden.433 Ragnhild Hatton, hrsg. von Robert Oresko u. a., Cambridge u. a. 1997, 479 – 499; Zedinger, Franz Stephan, 82 – 87. 429 Zur Einschätzung vgl. Vocelka, Karl, Glanz und Untergang der höfischen Welt. Repräsentation, Reform und Reaktion im habsburgischen Vielvölkerstaat. Österreichische Geschichte 1699 – 1815, Wien 2001, bes. 160 – 162. – Zur Einschätzung der Finanzsituation in Verbindung mit der Heeresorganisation vgl. Winkelbauer, Thomas, Nervus rerum Austriacarum. Zur Finanzgeschichte der Habsburgermonarchie um 1700, in: Die Habsburgermonarchie 1620 bis 1740. Leistungen und Grenzen des Absolutismusparadigmas (Forschungen zur Geschichte und Kultur des östlichen Mitteleuropa, 24), hrsg. von Petr Mat’a, Stuttgart 2006, 179 – 215. 430 Frankreich, zunächst nur als ‚Auxiliarmacht‘ Bayerns in den Krieg eingestiegen, erklärte erst 1744 England und Österreich den Krieg. Vgl. den kompakten Überblick zum militärischen Geschehen bei Hochedlinger, Michael, Austria’s Wars of Emergence, 1683 – 1797 (Modern Wars in Perspective), Harlow 2003, 246 – 264. 431 Vgl. Schmid, Alois, Max III. Joseph und die europäischen Mächte. Die Außenpolitik des Kurfürstentums Bayern von 1745 – 1765, München 1987, 88 – 102. 432 Zu den Verhandlungen im Kontext der Kaiserwahl vgl. Aretin, Das Alte Reich, Bd. 3, 19 – 27. 433 Vgl. Burkhardt, Vollendung und Neuorientierung, 392 f.; Zedinger, Franz Stephan, 188 – 190.
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Da die Krone als wichtigstes der königlichen und kaiserlichen Insignien gelten kann 434 und die Verweigerung in auffälligem Kontrast zum Gebrauch der kaiserlichen Titulatur durch Maria Theresia steht, soll hier kurz auf die ‚ausgefallene‘ Krönung eingegangen werden. 3.4.2 Frankfurt, 1745: Kaiserin ohne Krone? Selbstverständnis und Titulatur der Kaiserin-Königin bis 1747 Maria Theresias Krönungen als Königin von Ungarn 1741 und Königin von Böhmen 1743 waren für sie zentrale Ereignisse gewesen, die ihre Herrscherwürde und Machtstellung bestätigten.435 Auch bildliche Darstellungen ihrer Person mit Kronen als Insignium lehnte sie nicht ab, sie wurden vielmehr zu einem festen Bildtypus über ihre gesamte Regierungszeit hinweg. Bereits um die Mitte der 1740er Jahre wurde sogar das Symbol der Kaiserkrone in ihrer bildlichen Repräsentation verwendet: Ihr Porträt als böhmische Königin integrierte neben der böhmischen Krone sowohl die Stephanskrone als auch den habsburgischen Erzherzogshut und – dezent im Hintergrund, aber sichtbar genug – die Kaiserkrone. Dieses Böhmenporträt stand demnach neben der Akzentuierung der theresianischen Herrschaft über Böhmen ebenso für den habsburgischen Anspruch auf das Kaisertum und war somit eine selbstbewusst präsentierte Forderung nach der Spitzenstellung der habsburgischen Dynastie im Reich.436 Eine weitere, frühe Darstellung Maria Theresias mit der Kaiserkrone, ein Kupferstich des Augsburgers Philipp Andreas Kilian, stammt wohl aus der Zeit unmittelbar vor der Kaiserkrönung – in den Porträtstich, in dem Justitia und Fortuna die Kaiserkrone über Maria Theresias Haupt halten, ist eine Darstellung des Kaisers in einem Medaillon geschickt integriert, kombiniert mit kaiserlichen Insignien
434 Zur Bedeutung der Kronensymbole für europäische Herrscher Oresko, House of Savoy, 274 – 280 sowie aus der Sicht des Titelexperten Selden, Titles of Honor, 120 – 144. 435 Zur sorgfältigen Inszenierung der ungarischen wie der böhmischen Krönung vgl. Arneth, Alfred von, Geschichte Maria Theresias, Bd. 1, Wien 1863 ( ND Osnabrück 1961), bes. 277 – 279 (Ungarn), Bd. 2, Wien 1864 (ND Osnabrück 1961), 244 – 248 (Böhmen). 436 Vgl. Yonan, Michael E., Empress Maria Theresa and the Politics of Habsburg Imperial Art, University Park 2011, 25. – Die von Yonan vermutete Herstellung des Porträts für ein vorrangig böhmisches Publikum oder auch für die Repräsentation vor Diplomaten scheint stimmig, doch Yonans insgesamt instruktive Untersuchung überzeugt bei der nicht weiter belegten Datierung wie auch Interpretation dieses Porträts nicht – die Datierung „ca. 1742“ scheint, da Böhmen zu dieser Zeit noch in der Hand Karls VII. Albrecht war, ebenso fraglich wie Yonans Feststellung, „the empire’s disunity“ erhalte mit diesem Porträt eine besondere Akzentuierung. – Mir schiene eine Datierung auf die Zeit nach Maria Theresias böhmischer Krönung und noch vor der Kaiserwahl Franz Stephans diskussionswürdig.
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und der böhmischen Krone, die zugleich eine der Kurwürden repräsentierte. Doch auch hier, ebenso wie im böhmischen Porträt, war die Aussage wieder auf die Herrscherin im Zentrum des Bildes gemünzt: Gerechtigkeit und Wohlstand für das Reich – auch und gerade durch die Kaiserin, durch das Haus Habsburg.437 Ob es einen Auftraggeber zu dieser Darstellung gab oder ob Kilian den Stich in der Hoffnung auf guten Absatz nach erfolgter Krönung produzierte, ist meines Wissens nicht erschlossen. Die Kunsthistoriker Michael E. Yonan und Franz Matsche haben die Kaiserkrone, häufig in der Form der habsburgischen Hauskrone (Mitrenkrone) aus der Zeit Kaiser Rudolfs II. dargestellt, beziehungsweise kaiserliche Insignien in einer Reihe von Porträts oder Skulpturen, die seit der Krönung Franz’ I. Stephan entstanden, identifiziert – zum Teil im engen Konnex mit der Darstellung des Kaisers, bis hin zum gemeinsamen, noch zu ihren Lebzeiten konzipierten Grabmal in der Wiener Kapuzinergruft, jedoch auch in etlichen Darstellungen, die Maria Theresia alleine repräsentieren.438 Matsche wertet diese pointierte Darstellung als Ausdruck der Auffassung Maria Theresias, dass „das Kaisertum allein ihrem Haus gebühre und gleichsam zu dessen Erbe gehöre, weshalb sie in Titulatur und Staatsportrait darauf bestand“.439 Auch Yonan konstatiert für ihre bildliche Repräsentation nach 1745 „some sort of imperial overtone“.440 Die Krönung einer Kaiserin bestätigte lediglich, dass sie Gemahlin des Kaisers war und ihr die entsprechenden Ehren zukamen, sie verlieh ihr jedoch keine politischen Kompetenzen; ihren Titel als Kaiserin konnte Maria Theresia auch ohne den Krönungsakt führen, ehrende Beiworte in der Titulatur eingeschlossen.441 4 37 Vgl. Yonan, Empress, 32 f. 438 Vgl. weitere Nachweise bei Yonan, Empress, 25 – 27, 34 – 37, 48 f. sowie bei Matsche, Franz, Maria Theresias Bild als Herrscherin in der Kunst ihrer Zeit, in: Maria Theresias Kulturwelt. Geschichte, Religiosität, Literatur, Oper, Ballettkultur, Architektur, Malerei, Kunsttischlerei, Porzellan und Zuckerbäckerei im Zeitalter Maria Theresias, hrsg. von Pierre Béhar u. a. (Documenta Austriaca. Literatur und Kultur in den Ländern der ehemaligen Donaumonarchie, 2), Hildesheim u. a. 2011, 195 – 245. 439 Matsche, Maria Theresias Bild, 204. – Matsche hat auch Sockelinschriften von Kaiserinnen-Skulpturen ausgewertet, die diese Auffassung weiter stützen, besonders eindrücklich auf dem erwähnten Grabmal, in dessen Inschrift es mit Bezug auf die Herrscherin heißt: „Romani Imperii Majestatem Domui Suae restituit“. Zitiert nach Matsche, Maria Theresias Bild, 226. – Zu Maria Theresias Stilisierung als Retterin der Dynastie bzw. des kaiserlichen Ranges vgl. anhand des Grabmals auch Telesko, Werner, Maria Theresia. Ein europäischer Mythos, Köln u. a. 2012, 108 f., 260 (Fn. 91). 4 40 Vgl. Yonan, Empress, 31 – 38, Zitat 31. 4 41 Zur Krönung von Kaiserinnen und dem Status der Kaiserin vgl. Fühner, Jochen A.: Kaiserinnenkrönungen in Frankfurt am Main, in: Die Kaisermacher. Frankfurt am Main und die Goldene Bulle, 1356 – 1806, hrsg. von Evelyn Hils-Brockhoff, Frankfurt/M. 2006, 294 – 307. – Über die Titulatur von Kaiserinnen handelt Lünig, Theatrum ceremoniale,
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Jüngst wurde in der neueren Forschung für die Ablehnung der Krönung ein Begründungsmuster angeführt, das in gewisser Weise schon Lünig in seinem Theatrum ceremoniale anhand des Titels englischer Königinnen reflektierte, und zwar anhand ihres Beinamens Defensor fidei. Die Umformung zu einer weiblichen Benennung, zur Defensatrix, so Lünig, unterbleibe, und dieses darum, weil sie [die Königin, R. D.] eine Königliche, d. i. männliche Dignität und Amt gehabt und verwaltet.442 Zwar wurde die englische Königin, so auch Anna von England, als Regina und nicht als Rex Angliae betitelt, doch das Amt blieb in Lünigs Erläuterungen gleichwohl „männlich“. „Männliche“ Dignitäten und Ämter hatte Maria Theresia zweifelsohne als österreichische Erzherzogin, als Königin von Ungarn und Böhmen inne – nicht so als Kaiserin. Michael Yonan hat mit Rückgriff auf die Forschungen Eduard Holzmairs zum Erzherzoginnentitel betont, dass Maria Theresia in Böhmen und Ungarn auch männliche Titel trug, als Rex herrschte.443 Ihre Bemerkung gegenüber ihrem Berater Ulfeld, sie wolle wegen der Frankfurter Krönung ihr Geschlecht nicht mehr wechseln, weist just in diese Richtung.444 Unabhängig von der Krönungsfrage verwendete Maria Theresia also den Kaiserinnentitel; ihre kaiserliche Titulatur hat sie entsprechend im diplomatischen Verkehr von Anfang geltend gemacht und verteidigt. Aus politischer Sicht scheint die konsequente Führung des Kaiserinnentitels mehr als schlüssig. Franz Stephan hatte nach dem Polnischen Erbfolgekrieg auf sein Herzogtum Lothringen zugunsBd. 2, 122. Vgl. auch die Nachrichten des englischen Gesandten Paget an Wilhelm III. zur korrekten Adressierung einer Kaiserin in der Beilage zum Brief an Wilhelm, 10. 12. 1690, NA SP 80/17, Empire, fol. 135r. 4 42 Lünig, Theatrum ceremoniale, Bd. 2, 19. 4 43 Vgl. Yonan, Michael E., Conceptualizing the Kaiserinwitwe. Empress Maria Theresa and her Portraits, in: Widowhood and Visual Culture in Early Modern Europe, hrsg. von Allison Levy, Aldershot 2003, 109 – 125 und wieder in Yonan, Empress, 28 – 30. – Vgl. Holzmair, Eduard, Maria Theresia als Trägerin ‚männlicher‘ Titel, in: Mitteilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung 72 (1964), 122 – 134. 4 44 Ulfeld an Franz Stephan, 22. 08. 1745, zitiert nach Arneth, Geschichte Maria Theresias, Bd. 3, 429 f. – Franz Stephan und etliche Berater Maria Theresias hielten diese Entscheidung gleichwohl für unklug, verwiesen insbesondere auf die Verstimmung von Reichsfürsten, die man doch für die österreichische Sache gewinnen wolle, vgl. die Belege bei Zedinger, Franz Stephan, 189 – 191, die für die Verweigerung der Krönung Maria Theresias Unmut über die Politik der Reichsstände verantwortlich macht. Die Ablehnung der Krönung wurde in der Forschung viel diskutiert, vgl. dazu die Übersicht der Thesen bei Burkhardt, Vollendung und Neuorientierung, 392 f. sowie jüngst Rohrschneider, Michael, Österreich und der Immerwährende Reichstag. Studien zur Klientelpolitik und Parteibildung (Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, 89), Göttingen 2014, 39. – Wie viel Sympathie und konkrete Unterstützung die Habsburgerin durch eine Krönung im Reich gewonnen hätte, darüber kann nur spekuliert werden; riskant war die Entscheidung, reichspolitisch gesehen, wohl in jedem Fall.
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ten Stanislas Leszczyńskis verzichten müssen und war als Kaiser zugleich Herr über das Großherzogtum Toskana – nicht eben ein prominentes Territorium. Ohne eine größere Machtbasis im Reich war er als Kaiser auf den Rückhalt durch das Haus Habsburg angewiesen; über die Reichsstandschaft des toskanischen Großherzogs hatte man wenige Jahre zuvor noch ernsthaft debattiert.445 Ungeachtet der Position ihres Ehemanns als Mitregent des habsburgischen Erbes war es in erster Linie Maria Theresia selbst, die Politik für das Haus Habsburg machte – doch ihre Erfolge vermochten auch die Position Franz’ I. als Kaiser des Heiligen Römischen Reiches zu stützen.446 Auf dem Kriegsschauplatz zeichnete sich 1745 ein Ende des zweiten Schlesischen Krieges ab. Friedrich II., dessen Truppen bereits erheblich geschwächt waren, verbuchte noch einmal einen militärischen Erfolg und konnte in den Verhandlungen zum Frieden von Dresden Schlesien für sich sichern.447 Nach der Kaiserwahl im September war der Dresdener Vertrag vom 25. Dezember 1745 der erste große völkerrechtliche Vertrag, den Maria Theresia, Königin von Ungarn und Böhmen, als Kaiserin abschließen konnte.448 Hier stellt sich nun die Frage, wie die Habsburgerin ihre neue Würde auszugestalten und zu nutzen gedachte. Zusammengenommen lesen sich die überlieferten einschlägigen Weisungen und Räsonnements der Kaiserin-Königin wie ein Maximalprogramm zur Durchsetzung kaiserlicher Prärogative.449 Dies betraf zum einen das Vorrecht, in allen Ausfertigungen eines Vertrages in der Präambel als Erste genannt zu werden, vor allen anderen Vertragspartnern, im Gegensatz zur – allerdings nicht unumstrittenen – alternierenden Nennung der europäischen Monarchen als Vertragspartner (Alternat), dem Anspruch der Könige auf Gleichheit entsprechend. Ein weiteres Beispiel ist die Unterschrift des kaiserlichen Bevollmächtigten auf der rechten 445 Zur umstrittenen Lehnsoberheit des Reiches über die Toskana im 18. Jahrhundert vgl. Schnettger, Matthias, Das Alte Reich und Italien in der Frühen Neuzeit. Ein institutionengeschichtlicher Überblick, in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 79 (1999), 344 – 420. – Vgl. hierzu auch Aretin, Karl Otmar Frhr. von, Das Alte Reich, Bd. 3, 28 f. 4 46 Vgl. dazu Beales, Love and the Empire, bes. 487, 498. Zum politischen Einfluss Franz Stephans vgl. den Überblick zur Forschungsliteratur bei Rohrschneider, Österreich, bes. 35 – 38. – Zu Maria Theresia und Franz Stephan als „Arbeitspaar“ nun Braun, Bettina, Maria Theresia: Herrscherin aus eigenem Recht und Kaiserin, in: Nur die Frau des Kaisers? Kaiserinnen in der Frühen Neuzeit, hrsg. von Bettina Braun/Katrin Keller/Matthias Schnettger (Veröffentlichungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, 64), Wien u. a. 2016, 211 – 227. 4 47 Vgl. Kunisch, Friedrich der Große, 209 – 217. 4 48 Zum Vertragstext vgl. CTS 37, 431 – 439. 4 49 Schon daher erscheint die Auffassung, dass die Ablehnung der Krönung zur Kaiserin, wie Zedinger meint, eine „mehr als nur […] symbolische Verweigerung war“, ausgesprochen problematisch (Zedinger, Franz Stephan, 190).
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Seite am Ende des Vertrages, während die Abgesandten der anderen Mächte linker Hand zu unterzeichnen hatten.450 All diese Vorrechte konnten nur mit der Position des Kaisers in Verbindung gebracht werden – wer sie ihr also zugestand, genauso wie ihrem männlichen habsburgischen Vorfahren auf dem Kaiserthron, akzeptierte auch eine Interpretation der Kaiserinnenwürde, wonach diese über die einer Königin von Ungarn und Böhmen sowie einer österreichischen Erzherzogin hinausgehe. Die Aufzählung der Vertragspartner macht die Probleme deutlich, die im Medium des Vertrags mit der Darstellung der Gleichrangigkeit europäischer Souveräne verbunden waren: Die sprachliche Repräsentation, entsprechend ihre Aufzeichnung in Schrift und Druck, ist im Gegensatz zur Performanz im Vertragstext, im Gegensatz zur Unterschrift, durch ein Nacheinander gekennzeichnet, also die Abfolge von Begriffen oder in diesem Falle die Abfolge von Herrschertiteln.451 Die Aufzählung blieb eine Reihe, die als Reihenfolge und damit auch noch im 18. Jahrhundert als unterschiedliche Bewertung des Rangs interpretiert werden konnte. Die Ausfertigung mehrerer Abschriften mit wechselnder Reihenfolge der Potentaten sollte jedem Vertragspartner einmal die Erststellung im Vertrag ermöglichen. Im Dresdener Frieden 1745 war Maria Theresia gegenüber dem Preußenkönig zumindest mit der Durchsetzung der Erstnennung in den Vertragsausfertigungen erfolgreich. Die rechtsseitige Platzierung der Unterschrift war gegen den Widerstand des preußischen Gesandten Podewils jedoch nicht zu erlangen, so dass ein eher ‚unentschiedenes‘ Ergebnis vorlag, das die Kaiserin-Königin allerdings durchaus – auf zeremonieller Ebene – als Erfolg verbuchen konnte.452 Friedrich II., dem kaum anderes übrig blieb, anerkannte ausdrücklich die Wahl Franz’ I. zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches und titulierte seine Kontrahentin als Sa Majesté l’Impératrice, Reine d’Hongrie et de Bohème.453 450 Zu den Prärogativen des Kaisers vgl. Steiger, Vorsprüche; zum Alternat vgl. Bittner, Völkerrechtliche Vertragsurkunden, 203. 451 Beispiele zu symmetrischen Verfahren im Zeremoniell der Gesandten etwa bei Rohrschneider, Friedenskongreß und Präzedenzstreit, 237. 452 Vgl. Maria Theresias rückblickendes Resümee zur Vertragsunterzeichnung in Dresden: Maria Theresia, Instruktion für Graf Kaunitz, 29. 12. 1747, Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien (HHS tA) Staatskanzlei, Friedensakten 54 X. – Die Vertragsabschrift im Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchiv signalisiert die Besonderheit der Vertragsunterzeichnung damit, dass Podewils’ und Harrachs Unterschriften mittig und untereinander angebracht waren, vgl. HHStA Urkundenreihen, Staatsverträge 11, Konv. 1 (nicht foliiert). In der Edition des Vertrages in den CTS ist dies nicht kenntlich gemacht, vgl. CTS 37, 439. 453 Vgl. Vertrag von Dresden, 25. 12. 1745, CTS 37, 431 (Präambel, Titulatur), 437 f. (Anerkennung der Kaiserwürde Franz’ I.). – Zum Handlungsspielraum Friedrichs II . und der Kaiserfrage vgl. Aretin, Das Alte Reich, Bd. 3, 19 – 22.
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Wie sich rasch zeigte, war der Erfolg der Strategie, unvermindert an kaiserlichen Prärogativen festzuhalten, nicht von Dauer, denn andere vertragliche Testläufe verliefen negativ, und zwar ausgerechnet bei einer Vereinbarung mit den eigenen Alliierten im Erbfolgekrieg: In der Haager Konvention ( Januar 1747) mit England, den Generalstaaten und Sardinien hatte Maria Theresia ein weiteres Mal versucht, ihren Rang mittels der Durchbrechung des Alternats unter Königen hervorzuheben und die Vorrangstellung in der Präambel für sich, für die Kaiserin, zu reklamieren. Genau diese Erststellung jedoch wurde ihr von ihren eigenen Bündnispartnern verweigert. Am Ende desselben Jahres resümierte die Herrscherin diese Erfahrung gegenüber Wenzel Anton Graf Kaunitz, ihrem Unterhändler für die Beendigung des Österreichischen Erbfolgekriegs in Aachen und späterem Staatskanzler: Ja Unsere eygene Allijrte seind auf der sonsten unter Königen üblichen Alternativa bestanden, und ist ihnen hierunter […] bey dem schluß der Haager Convention […] bereits nachgegeben worden: dergestalten daß derenthalben nunmehro einige schwürigkeit zumachen, oder etwas zu regen vielmehr schädlich, als nützlich seyn würde. Hat nun in ansehung Unser die Alternativa statt […].454
Offensichtlich griff 1747 unter den Verbündeten der Standpunkt, Maria Theresia sei in vertragsrechtlicher Hinsicht nach wie vor als Königin von Ungarn und Böhmen zu behandeln, deren Kaiserinnentitel kraft Ehe keine weiteren Vorrechte nach sich ziehe. Der Anspruch des Hauses Habsburg auf eine hervorgehobene Stellung wurde unter den nun deutlich veränderten Bedingungen nicht mehr berücksichtigt, die ‚ausgeliehenen‘ Prärogative wurden nicht akzeptiert. Und offensichtlich sah Maria Theresia unter den gegebenen politischen Rahmenbedingungen keine Möglichkeit, ihren Ansprüchen trotz des Widerstands zur Geltung zu verhelfen – dazu war sie sich auch viel zu sehr der rechtlichen Grundlagen bewusst. In den Instruktionen für Kaunitz zur Führung der Aachener Verhandlungen formulierte Maria Theresia ihren rechtlichen Status denn auch sehr präzise: Dann ob Uns gleich die Kayserliche Würde, als gemahlin, anklebet; So kombt Uns doch in dieser eygenschafft nicht zu, Tractaten abzuhandlen, oder zu schliessen, sondern wir können in allderley begebenheiten anderst nicht, als wie Königin von Ungarn und Böhmen angesehen werden.455
Für Kaunitz bedeutete dies in Aachen, bei den Verhandlungen sehr genau zu differenzieren, denn er sollte dort, für den Fall, dass die Anerkennung der Kaiserwürde durch die gegnerische Koalition eine größere Rolle spielen würde, in eine ‚Doppelrolle‘ schlüpfen und zugleich als Gesandter des Kaisers wie auch 454 Maria Theresia, Instruktion für Graf Kaunitz, 29. 12. 1747, HHStA Staatskanzlei, Friedensakten 54 X. 455 Maria Theresia, Instruktion für Graf Kaunitz, 29. 12. 1747, HHStA Staatskanzlei, Friedensakten 54 X.
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Maria Theresias agieren.456 Zu sehr auf die Wahrung kaiserlicher Prärogative für Maria Theresias Person bedacht zu sein, hätte damit in Aachen als offensichtliche Kompetenzüberschreitung des Reichsstandes Österreich und als Beschädigung des Kaisers interpretiert werden können – dies ist bei der Bewertung der Weisungen der Kaiserin-Königin zum Titelgebrauch in Aachen auch weiterhin im Auge zu behalten. Im Hinblick auf das zu beachtende Zeremoniell während der Friedensverhandlungen erteilte Maria Theresia entsprechend Anweisungen, die zunächst einen ‚Rückzug‘ auf die königliche Position vermuten lassen: […] durch beobachtung einer genauen, niemanden ein vorrecht oder vorsitz einraumenden gleichheit sollte Kaunitz während der Beratungen aller anstössigkeit quoad Ceremoniale […] ausweichen.457 Bei früheren Friedensverhandlungen hatten die Kaiser noch energisch versucht, sich an einer Stelle des zeremoniellen Prozedere eine herausgehobene Stellung zu sichern.458 Die ausdrückliche Anweisung an Kaunitz verdeutlicht noch einmal, wie sehr Maria Theresia sich ihres problematischen Status – beziehungsweise der neuen, reduzierten Position des Hauses Habsburg – bewusst war. In der Tat sah dann das Aachener Kongressreglement auch den runden Tisch vor.459 Und dennoch hat Maria Theresia versucht, die ihr lediglich „anklebende“ Wür de in Aachen, soweit ihr dies möglich schien, geltend zu machen – und Kaunitz erwies sich als überaus engagierter Verfechter dieser ‚kaiserlichen‘ Linie, immer vor dem Hintergrund, dass es ein im europäischen Kontext politisch aktives Kaisertum im Moment kaum gab, denn Franz I. war in Aachen, da der Erbfolgekrieg kein Reichskrieg war, nicht als friedensschließende Macht an den Verhandlungen beteiligt. Die Aachener Friedensverhandlungen wurden somit der Ort, um die für Habsburg-Lothringen „zurückgewonnene“ Kaiserwürde und deren Vorrang energisch zu verteidigen, wenn auch in einer rechtlich unklaren Grauzone. Gerade 456 Vgl. Maria Theresias Erläuterungen zu den Verhandlungsvollmachten Franz’ I. für Kaunitz im Schreiben vom 29. 12. 1747, HHSTA Staatskanzlei, Friedensakten 54 X. – Es handelte sich um ‚Eventualvollmachten‘ für den Fall, dass andere Mächte außer den direkt am Krieg beteiligten Parteien in die Verhandlungen eingebunden würden und dass über die Anerkennung der Kaiserwürde verhandelt würde. 457 Maria Theresia, Instruktion für Graf Kaunitz, 29. 12. 1747, HHStA Staatskanzlei, Friedensakten 54 X. 458 In Nijmegen etwa wurde von kaiserlicher Seite Einspruch gegen Verhandlungen am runden Tisch erhoben, vgl. Duchhardt, Imperium und Regna, 570; der Friede von Baden 1714 sicherte Kaiser und Reich noch einmal eine herausgehobene Stellung bei der Beendigung des Spanischen Erbfolgekriegs, vgl. Burkhardt, Vollendung und Neuorientierung, 309 – 311. 459 Die Kongressordnung nahm damit im Hinblick auf das Verhandlungszeremoniell die Usancen – und Formulierungen – auf, die schon für die Kongresse von Utrecht, Cambrai und Soissons gegolten hatten. Vgl. die Auswertung der Kongressordnungen bei Schilling, Kongreßstädte, 104 f.
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weil die Position des Kaisertums alles andere als gefestigt war, konnte es kaum angeraten sein, die drohende weitere Schwächung Habsburgs wie des Kaisers auf der zeremoniellen Ebene noch zu verstärken. 3.4.3 Altbekannt: Passaffären zum Auftakt der Aachener Verhandlungen In einer nichts weniger als komfortablen österreichischen Ausgangssituation für die Verhandlungen von Aachen hieß die Maxime für Kaunitz’ Verhandlungen zur Beendigung des Österreichischen Erbfolgekrieges: Ein Separatfrieden mit Frankreich sollte die vertragliche Garantie der von England durchgesetzten Gebietsverluste an Sardinien und Preußen unterbinden, die in den Verträgen von Worms (1743) und Dresden (1745) festgehalten waren. Die Wormser Zession von 1743 bedeutete nicht zuletzt auch in Italien den Verlust strategisch äußerst bedeutsamer Positionen.460 Hintergrund waren die Enttäuschung Maria Theresias angesichts des Verhaltens ihrer Koalitionspartner, insbesondere Englands, für das die territoriale Integrität der habsburgischen Lande nicht oberste Priorität hatte, und die Überlegungen zur baldigen Revision der Gebietsabtretungen. Schon die Frage nach der Ausstellung der Pässe für die Gesandten gab der österreichischen Delegation im Herbst 1747 einen Vorgeschmack, was in den nächsten Monaten in Aachen auf sie zukommen würde. Über die Ausstellung oder Nichtakzeptanz von Gesandtenpässen Macht- und Rangkonflikte auszutragen, war eine probate Strategie, die im Kontext der hier ausgewählten Fallbeispiele schon aus der Zeit der westfälischen Friedensverhandlungen bestens bekannt war. Im Herbst 1747 weigerten sich jedenfalls Österreichs Kriegsgegner Frankreich und Spanien, Pässe für Bevollmächtigte Maria Theresias für die Anreise nach Aachen anzuerkennen, in denen der Kaiserinnentitel aufgenommen war. Die Instrumentalisierung der Titulaturfrage war also nach wie vor ein Mittel, um die eigene Position schon im Vorfeld von Verhandlungen zu markieren. Die Akzeptanz des Kaiserinnentitels hätte als nachträgliche Billigung der Kaiserwahl Franz’ I. gewertet werden können, die gerade von Frankreich heftig abgelehnt wurde. Maria Theresia überlegte mit ihren Beratern Alternativen – etwa die Beschränkung auf die Namen der Gesandten.461 Ohne Diskussion auf den 4 60 Vgl. zur Ausgangslage der Verhandlungen Kaunitz’ in Aachen: Schilling, Kaunitz, bes. 122 – 125. Zur Wormser Zession vgl. zusammenfassend Hochedlinger, Wars of Emergence, 255; zur Vermeidung der Garantien und der bilateralen Verhandlungsstrategie: Anderson, Matthew Smith, The War of the Austrian Succession, 1740 – 1748 (Modern Wars in Perspective), London/New York 1995, 201 f. 4 61 Maria Theresia an Kaunitz, Beilage zur Instruktion vom 29. 12. 1747, HHStA Staatskanzlei, Friedensakten 54 XII.
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Königinnentitel auszuweichen, hätte nicht nur ihre eigene Position, sondern auch die des Kaisers geschwächt. Lord Sandwich als Leiter der englischen Delegation schaltete sich vermittelnd ein, schlug vor, die Pässe durch die Oberbefehlshaber der Armeen ausstellen zu lassen oder gleich dem Nijmegener Beispiel zu folgen und eine Klausel einzufügen, die für die Aachener Verhandlungen verwendeten Titulaturen, so auch der Kaiserinnentitel, sollten kein Präjudiz darstellen.462 Mit dem Verweis auf die in Nijmegen erfolgreich erprobte Strategie wies Sandwich mit Nachdruck darauf hin, dass derartige Konflikte und Verzögerungen nicht unumgänglich waren, sondern sehr wohl ausgeklammert und zumindest verschoben werden konnten.463 Frankreich und Spanien jedoch war es offensichtlich um die Demonstration ihrer Auffassung zu Kaisertum und Kaiserinnentitel zu tun. Die Herrscherin deutete diesen Affront bei einem – zu erwartenden – weiteren Beharren Frankreichs und Spaniens dahingehend, daß man die friedenshandlung mit Uns anzugehen auffrichtig nicht gemeint seyn.464 Wer also den kaiserlichen Titel nicht anerkannte, wurde nicht als aufrichtig den Frieden wünschender Verhandlungspartner gewertet; zumindest war es ein deutliches Signal, dass die Habsburgerin nicht mit einer entgegenkommenden Verhandlungsführung durch die Abgesandten der gegnerischen Koalition zu rechnen hatte. Mit der englischen Unterstützung wurde gegen die französische und spanische Blockadehaltung zwar angegangen, doch die beysorge, das friedens geschäfft zuverzögern, wog schwerer und begründete Maria Theresias Kompromissbereitschaft – auf einen weiteren Feldzug konnte man es, so die mehrheitliche Meinung auch ihrer Berater, nicht mehr ankommen lassen.465 Die Titulaturfrage barg das Potential, den Friedenswillen und die Konzessionsbereitschaft des Gegners auf die Probe zu stellen; dem Dissens über die Titulatur wurde auf diese Weise eine höhere Wertigkeit verliehen. Der Charakter des Friedensvertrags als Anerkennung der Positionierung des Kaisers wie auch des Hauses Habsburg im Mächtesystem wurde betont – und auch die ungeschmälerte Signalwirkung der Titulatur. Diese war nach wie vor so bedeutsam, dass sie in der 4 62 Vgl. Lord Sandwich an Puissieux, Den Haag, 27. 11. 1747: Ce moyen a eté pratiqué dans d’autres occasions; particulierement au Congrès de Nimegue. (Kopie des Briefes in den österreichischen Akten, Staatskanzlei, Friedensakten 54 XII.) 4 63 Zur Praxis in Nijmegen und auch Rijswijk, mit dem Hinweis auf entsprechende Vorschläge der Gesandten d’Avaux und Servien bereits beim Westfälischen Friedenskongress jetzt May, Zeremoniell in vergleichender Perspektive, bes. 271 f. 4 64 Maria Theresia an Baron Reischach, 28. 11. 1747 (Beilage 70 zur Instruktion für Kaunitz), HHStA Staatskanzlei, Friedensakten 54 XII. 4 65 Maria Theresia an Graf Kaunitz, 29. 12. 1747, HHStA Staatskanzlei, Friedensakten 54 X. – Die Vollmacht für Kaunitz vom 29. 12. 1747 abgedruckt in CTS, Bd. 38, 352 – 354. – Zur Kriegslage 1747 vgl. Anderson, Austrian Succession, 198 sowie Hochedlinger, Austria’s Wars, 256 f.
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Frage der Gesandtenpässe nicht en passant abgehandelt wurde, sondern Anlass zu einer ersten Blockade der Friedensverhandlungen gab. Die Weisung, im Passkonflikt notfalls zurückzustecken, bedeutete keine Kehrtwende der Habsburgerin – vielmehr hat Maria Theresia hier, wie dies schon bei etlichen Fallbeispielen begegnet ist, die medialen Qualitäten der verschiedenen Dokumente, die im Kontext der Verhandlungen erstellt wurden, kalkuliert – und ihre Prioritäten entsprechend formuliert: In derselben Instruktion für Kaunitz, die Zurückhaltung wegen der Pässe empfahl, schrieb die Kaiserin wenig später: In dem friedens Tractat selbsten aber, oder denen […] Praeliminarien, ist, so viel die Uns und Unsers hertzinniglich geliebtesten gemahls Kayser: May: und Liebden gebührende Titul betrifft, auf deren ausdruckung und einverleibung lediglich zu bestehen: als wordurch eo ipso die Kayser. Würde anerkandt wird, ohne dass es sich einer anderwärtigen anerkandtnus bedörffete.466
Das Projekt der Aufnahme der kaiserlichen Titel war also nicht ad acta gelegt. Wieder kommt die besondere Qualität just des Vertrages, hier des Präliminarund Friedensvertrages, und seiner Öffentlichkeit sowie Verbindlichkeit für die Positionierung im Mächtesystem zum Ausdruck.467 Die Ausklammerung der Titulaturfrage im Vorfeld und das Verschieben auf vertragliche Festlegungen in den Präliminarien beziehungsweise im Definitivvertrag waren allerdings nicht ohne Risiko. Die anderwärtige anerkandtnus galt es zu vermeiden, wollte man nicht den Eindruck erwecken, man habe die Zustimmung anderer Mächte zur Kaiserwahl nötig.468 Die Möglichkeit, den Titel des Kaisers und der Kaiserin bereits im Präliminarvertrag zu verankern, musste Maria Theresia verstreichen lassen – Frankreich und England, die schon vor den Aachener Verhandlungen intensive Gespräche zur Herbeiführung einer Friedenslösung geführt hatten, einigten sich im April 1748 im Alleingang auf die Präliminarien.469 Der niederländische Gesandte durfte
4 66 Maria Theresia an Graf Kaunitz, 29. 12. 1747, HHStA Staatskanzlei, Friedensakten 54 X. 4 67 Zur Bedeutung von Präliminarfriedensverträgen vgl. Schmidt-Rösler, Andrea, Präliminarfriedensverträge als Friedensinstrument der Frühen Neuzeit, in: Instrumente des Friedens. Vielfalt und Formen von Friedensverträgen im vormodernen Europa (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz, Beiheft online 3), hrsg. von Heinz Duchhardt/ Martin Peters, Mainz 2008 – 06 – 25, Abschnitt 56 – 77 [http://www.ieg-mainz.de/vieg- online-beihefte/03 – 2008.html; zuletzt aufgerufen am 07. 10. 2016]. 4 68 Vgl. Maria Theresia an Kaunitz, 29. 12. 1747, HHStA Staatskanzlei, Friedensakten 54 X: […] Auf welche weiß also, wie schon mündlich in lezt fürgewesten Conferenz erinnert worden, aller anstössigkeit, ob würde auf den französischen wiederspruch der leztfürgewesten Kayserwahl zu viele rücksicht getragen, sattsahm vorgebogen wird. – Vgl. dazu auch Aretin, Das Alte Reich, Bd. 3, 41. 4 69 Zu den englisch-französischen Vorverhandlungen in Breda und zum Aachener Präliminarfrieden vgl. bes. Anderson, Austrian Succession, 193 – 205.
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zwar den Vertrag unterzeichnen, hatte aber nicht an den Verhandlungen mitgewirkt. Kaunitz blieb keine andere Möglichkeit, als Protest einzulegen und unter Bedingungen den Präliminarien beizutreten.470 Maria Theresia sah sich von ihren Verbündeten, allen voran England, aufs Übelste hintergangen; immerhin jedoch stellte Art. XIX der Präliminarien für den Friedensvertrag die Akzeptanz der Pragmatischen Sanktion in Aussicht, ohne Maria Theresia namentlich oder mit ihren Titeln zu erwähnen; zuvor wurde in Art. XIV die Anerkennung der Kaiserwahl Franz’ I. Stephan avisiert.471 Doch die Abtretungen an Preußen und Sardinien waren explizit in den Präliminarvertrag aufgenommen worden.472 Somit lasteten nun die Erwartungen nicht nur im Bezug auf die territorialen Regelungen, sondern auch in titularischer Hinsicht ganz auf dem Friedensvertrag. 3.4.4 Kaiserin-Königin/Königin-Kaiserin – das Problem der rechten Ordnung Nicht nur durch die ausdruckung und einverleibung der Titel des Kaisers und der Kaiserin im Friedensvertrag sollten die kaiserlichen Komponenten im Friedensvertrag gestärkt werden. Die Wiener Verhandlungsführung zielte auf die Nutzung der wichtigsten Möglichkeiten der formalen Gestaltung von Friedensverträgen: Nicht fehlen sollten im Vertrag, so die Kaiserin-Königin in ihrer Verhandlungsinstruktion, Garantien der Friedensschlüsse nach den letzten Reichskriegen, auch wenn Kaiser und Reich in Aachen nicht zu den partes compaciscentes principales gehörten. Doch waren diese Friedensverträge zum grund des ganzen Tractats […] der üblichen gewohnheit nach zu legen.473 Kaiser und Reich sollten offenbar als Teilhaber der Friedensordnung von Aachen, als unverzichtbare Mitspieler in der europäischen Politik erscheinen, wo es eben ging – und dies galt es über die Vertragselemente, bis hin zur Aufnahme der zu garantierenden Verträge, so gut als möglich zu demonstrieren – die früheren Friedensverträge erinnerten schließlich explizit an die europäische Ordnung vor 1740. Wenn der Österreichische Erbfolgekrieg nach der Kaiserwahl schon ohne die von Franz I.
470 Vgl. den Präliminarvertrag von Aachen, 30. 04. 1748, Duchhardt/Espenhorst, 1748 IV 30 Präliminarfrieden von Aachen www.ieg-friedensvertraege.de/[14. 10. 2016]; CTS 38, 239 – 246; Protest und Beitritt Maria Theresias, 04. 05. 1748 und 23. 05. 1748, CTS 38, 250 – 253. 471 Vgl. Präliminarvertrag von Aachen, 30. 04. 1748, Duchhardt/Espenhorst, 1748 IV 30 Präliminarfrieden von Aachen www.ieg-friedensvertraege.de/[14. 10. 2016]; CTS 38, 243 f. 472 Vgl. Duchhardt/Espenhorst, 1748 IV 30 Präliminarfrieden von Aachen www.ieg-friedensvertraege.de/[14. 10. 2016]; CTS 38, 241, 244. 473 Maria Theresia an Graf Kaunitz, 29. 12. 1747, HHStA Staatskanzlei, Friedensakten 54 X.
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angestrebte Beteiligung der Reichskreise zu Ende gegangen war,474 so konnte doch über die Garantien an die Friedensschlüsse mit Kaiser und Reich angeknüpft werden. Auch wenn kein Frieden für Kaiser und Reich geschlossen wurde – die Signale im Vertrag sollten die Aachener Friedenslösung in diese Tradition stellen, auch wenn der kaiserliche Gesandte Kaunitz nur in seiner Eigenschaft als österreichischer Gesandter verhandelte und somit die ‚kaiserliche‘ Autorität mehr oder minder ‚geliehen‘ war. Die übliche Gewohnheit sollte auch zum Tragen kommen, wenn Kaunitz als Bevollmächtigter des Kaisers Unterschriften zu leisten hatte: Der Tradition kaiserlicher Präeminenz folgend sollte, so Maria Theresia, auf die Erststellung (statt des Alternats) in allen Dokumenten sowie auf die Platzierung der Unterschrift auf der rechten Seite geachtet werden.475 Es sollte demnach an keiner Stelle der Eindruck aufkommen, der neue Kaiser aus dem Hause Lothringen, Ehemann und Mitregent der habsburgischen Herrscherin, weiche auf europäischer Ebene auch nur um ein Jota von den habsburgischen Ansprüchen ab. Die Demonstration von Kontinuität: das war über die einzelnen Verhandlungspunkte in Aachen hinaus ein Ziel der habsburgisch-lothringischen Diplomatie. Wieder haben wir es hier, wenn auch unter anderen Vorzeichen, mit einer ‚joint monarchy‘ zu tun wie bei Wilhelm III. von Oranien und Maria II. Stuart – auch diese Mitregentschaft, hier Franz’ I. für die Erblande, sollte herrschaftsstabilisierende Wirkung entfalten; auch diese Mitregentschaft ließ dem zweiten Part eine deutlich untergeordnete Rolle, wenn auch diesmal unter umgekehrten Vorzeichen. Aus dieser Konstruktion erwuchsen im habsburgischen Fall Vorteile für das Kaisertum Franz’ I., das auf diese Weise einen machtpolitischen Rückhalt bekam, den das Großherzogtum Toskana nicht zu geben vermochte. Der weibliche Part der Doppelregentschaft hatte schon früh gezeigt, wie selbstbewusst er bei der Führung seines Reiches zu agieren vermochte; auf die enge Anbindung an Kaisertum und Reich konnte Maria Theresia gleichwohl, so auch das einhellige Urteil ihrer Berater, nicht verzichten.476 474 Zwar war es Franz I. Stephan noch 1745 kurz nach seiner Krönung gelungen, die Zustimmung des Reichstags zur Aushebung von Kreiskontingenten zu erlangen, doch die Reichskreise verzögerten die Aufstellung der Kreistruppen oder verweigerten sie komplett, so dass das Reich sich de facto nicht am Krieg gegen die antiösterreichische Koalition beteiligte. Vgl. dazu Aretin, Das Alte Reich, Bd. 3, 30, 37. 475 Vgl. Maria Theresia an Graf Kaunitz, 29. 12. 1747, HHS tA Staatskanzlei, Friedensakten 54 X. 476 Beales, Love and the Empire, 484 f., zieht zwar den Vergleich zu Doppelregentschaften wie derjenigen Wilhelms und Marias, führt diesen Vergleich allerdings nicht sehr weit. Die stützende Funktion der Mitregentschaft auf dem Weg zum Kaiserthron betont jedoch auch er, ebenso die energische Wahrnehmung der Herrscherpflichten durch Maria Theresia (pointiert: „Maria Theresa was never herself co-regent“, S. 479).
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Kaunitz war in der kaiserlich-königlichen Konstellation in eine Doppelrolle hineinmanövriert worden, die von den französischen Diplomaten später noch entsprechend ausgenutzt werden sollte: 1747 hatte Maria Theresia Kaunitz die Weisung gegeben, das Alternat für die Nennung der Herrscherin ebenso zu akzeptieren wie die Gleichheit im Verhandlungszeremoniell. Das Konzept der souveränen Gleichheit war für eine Königin von Ungarn und Böhmen, die sich nach traditionellem Rangverständnis erst hinter den Mächten Frankreich, Spanien und England befand, von Vorteil. Doch zugleich sollten der Kaiser- wie der Kaiserinnentitel nach Möglichkeit prononciert herausgestellt werden, bei Beanspruchung der vertraglichen Prärogative für den Kaiser – dessen Vorrangstellung verband sich jedoch, zumindest aus kaiserlicher Perspektive, mit der traditionellen Vorstellung von einer Hierarchisierung. Damit war der Konflikt zwischen souveräner Gleichheit und Hierarchisierung quasi in das Haus Habsburg-Lothringen hineingetragen – bislang hatte das Kaisertum und mit ihm zugleich die habsburgische Dynastie als Verteidiger der traditionellen Rangvorstellung gegolten.477 Zwar mussten die Gleichheit unter Königen und die Präeminenz des Kaisers nicht zwangsläufig gegeneinander ausgespielt werden,478 doch stellte sich sehr wohl die Frage, inwiefern die Auffassung von souveräner Gleichheit und eine im Wiener Interesse möglichst weite Auslegung des kaiserlichen Vorrangs auf längere Sicht miteinander vereinbar waren. Die französischen Diplomaten nutzten nun genau diese Situation aus, wie der französische Vertragsentwurf vom Juli 1748 zeigte: Zwar wurde der Kaiserinnentitel der Habsburgerin nicht verweigert, doch der französische Vorbehalt konnte auch auf andere Weise zum Ausdruck gebracht werden, der direkt auf die rechtliche Stellung der Herrscherin Bezug nahm und die Habsburgerin über die Titulatur wieder auf königliches ‚Normalmaß‘ zu reduzieren versuchte: Von der ersten Nennung in der Präambel an und an allen weiteren einschlägigen Stellen des Vertrags nämlich wurde Maria Theresia im französischen Text betitelt als Sa Sacrée Majesté, la Serenissime et trés puissante Princesse Marie Therese, Reine de Hongrie et de Boheme, Imperatrice des Romains etc.a.479
477 Zur Position des Kaisertums Stollberg-Rilinger, Feine Unterschiede, bes. 147. 478 Nach wie vor war die Anerkennung einer besonderen kaiserlichen Ehrenstellung unter den europäischen Souveränen von etlichen Mächten akzeptiert – wenngleich sich die Frage stellte, ob diese Ehrenstellung mehr als nur eine zeremonielle Sonderbehandlung eingedenk der ‚historischen‘ Rolle des Kaisertums in Europa beinhaltete, vgl. dazu Duchhardt, Königtum, 89 f. 479 Bericht des Grafen Kaunitz aus Aachen, 30. 07. 1748, Beilage: Projet de Traité definitif pour constater les Conditions de la Paix Generale, et proceder immediatement à leur execution. HHStA Staatskanzlei, Friedensakten 61 LXXXVII.
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Kaunitz berichtete aus Aachen, du Theil, französischer Unterhändler zusammen mit Saint-Séverin,480 argumentiere, dass im Friedensvertrag das Wort Imperatrice,481 nicht Vor sondern dem Titul Reine de Hongrie et de Boheme nach zusetzen seye, weilen Allerhöchst Dieselbe nicht in der Ersteren, sondern in der Letzteren Eigenschafft, als Pars-Contrahens in dem dermahligen Frieden angesehen werden könnten.482
Mit der Platzierung der Imperatrice nach der Reine trennte du Theil nicht nur chronologisch, sondern auch rechtlich die Würden der kaiserlichen Gemahlin klar von denjenigen der habsburgischen Herrscherin, die ihre Titulatur kaiserlichköniglich sortierte. Die Begründung dieser französischen Variante für die Titulatur der Kaiserin-Königin entsprach im Grunde der rechtlichen Einschätzung, die Maria Theresia selbst für ihre Position bei den Friedensverhandlungen formuliert hatte; eine Widerlegung war demnach ein problematisches Unterfangen. Kaunitz blieb daher angesichts der französischen Weigerungen, diese Titulatur zu verändern, nicht viel mehr übrig, als auf die bereits seit dem Aachener Präliminarfrieden beobachtete französische Tolerierung der aus Wiener Sicht einzig ‚regulären‘ kaiserlichen Titulatur Maria Theresias hinzuweisen.483 Zumindest indirekt mit der Frage kaiserlicher Präeminenz verbunden war auch die Frage der Vertragssprache. Wien bevorzugte das Lateinische‚ die ‚amtliche‘ Sprache des Kaisers und des Reiches; entsprechend wurde der Wiener Vertragsentwurf lateinisch ausgefertigt.484 Die französischen Gesandten jedoch setzten das Französische für alle Dokumente durch, von denen alle Verhandlungspartner betroffen waren; Latein war am Ende nur noch die Sprache, in der Maria Th eresias Ratifikation ihrer späteren, auf Französisch verfassten Beitrittserklärung zum
480 Vgl. insbesondere zu Saint-Séverin die kurze Charakterisierung bei Béchu, Claire, Art. ‚Brulart, Louis-Philogène‘, in: Dictionnaire des ministres des Affaires étrangères, hrsg. von Lucien Bély u. a., Paris 2005, 151 – 154, hier 152. 481 Unterstreichung zeitgenössisch. 482 Bericht Graf Kaunitz’ an Maria Theresia, 15. 09. 1748, HHStA Staatskanzlei, Friedensakten 59 XLV, fol. 22r–35v, Zitat 31v–32r. 483 Vgl. ebenda, fol. 32r: Da ihm [du Theil] aber die Unstatthafftigkeit seiner Meinung vor augen zu legen, und unter anderen mich darauf zu beziehen nicht ermangelte, daß Frankreich selbsten seither dem Schluß der Praeliminarien, sich an die gewöhnliche Titulatur ohne Wiederspruch gehalten, so hat er wegen dieses Puncts nichts weiter wiedersetzet. Sowohl der von Kaunitz eingelegte Protest gegen den Präliminarvertrag als auch die Akzessionsakte Maria Theresias enthielten den Titel der Imperatrice-Reine. CTS 38, 250, 252. 484 Vgl. das österreichische Konzept mit Bemerkungen in margine in HHStA Staatskanzlei, Friedensakten 61 LXXXVII, Nr. 13 (nicht datiert, nicht foliiert). – Kaunitz’ Kommentar zur Annahme des lateinischen Entwurfs durch den französischen Gesandten, der, mangelnde Sprachkenntnisse angebend, eine Übersetzung anfertigen ließ, in Kaunitz’ Bericht an Maria Theresia, 30. 07. 1748, HHStA Staatskanzlei Friedensakten, 58 XLIII, fol. 154r.
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Aachener Frieden abgefasst war.485 Der zweite Separatartikel des Aachener Vertrages, auf den die französischen Gesandten beschwichtigend hinwiesen,486 formulierte denn auch explizit, der Gebrauch des Französischen solle kein Präjudiz darstellen.487 Da jedoch die großen Friedensverträge, wie in Wien angemerkt wurde,488 bislang lateinisch ausgefertigt wurden, war auch dies ein französischer Triumph – eine weitere subtile Hintanstellung der ‚kaiserlichen‘ Usancen auf diplomatischem europäischem Parkett.489 Auch als im Zuge der „Diplomatischen Revolution“ das Bündnis zwischen Wien und Paris befestigt wurde, war es K aunitz noch darum zu tun, die Verwendung des Französischen als Vertragssprache durch einen der Aachener Lösung entsprechenden Artikel zur Sprachwahl nicht zu große Symbolkraft zuteilwerden zu lassen.490 So viele Möglichkeiten vorhanden waren, über die Positionierung von beteiligten Mächten, deren Titulaturen und Unterschriften in einem Vertragswerk Signale über deren Bedeutung zu setzen, so zahlreich waren die Überlegungen, die in Wien auf der Basis der Berichte aus Aachen angestellt wurden – allesamt mit dem Ziel, der Kaiserin-Königin eine möglichst herausgehobene Stellung im Vertragswerk zu sichern. Nach den englisch-französischen Präliminarien vom Frühjahr
485 Vgl. die Edition der Ratifikation, 03. 11. 1748, CTS 38, 348 – 350. 486 Vgl. Kaunitz an Maria Theresia, 18. 10. 1748, HHStA Staatskanzlei, Friedensakten 59 XLV, fol. 111v. 487 Vgl. CTS 38, 324. 488 Vgl. den Kommentar in einer Beilage zu Maria Theresias Reskript an Kaunitz, 09. 09. 1748, HHStA Staatskanzlei, Friedensakten 57, Nr. 85 (nicht foliiert). Latein sei die Sprache, welche bey Definitiv Tractaten jederzeit beobachtet worden. 489 Die Bedeutung der Sprachwahl wurde in der zeitgenössischen Zeremonialliteratur festgehalten und diskutiert; in den letzten Jahren hat diese Thematik verstärkt Aufmerksamkeit vonseiten der Forschung erfahren, vgl. hierzu etwa: Burkhardt, Johannes, Sprachen des Friedens und was sie verraten. Neue Fragen und Einsichten zu Karlowitz, Baden und „Neustadt“, in: Wege der Neuzeit. Festschrift für Heinz Schilling, hrsg. von Stefan Ehrenpreis u. a. (Historische Forschungen, 85), Berlin 2007, 503 – 519; Braun, Guido, „La doctrine classique de la diplomatie française“? Zur rechtlichen Legitimation der Verhandlungssprachen durch die französischen Delegationen in Münster, Nimwegen, Frankfurt und Rijswijk (1644 – 1697), in: „L’art de la paix“. Kongresswesen und Friedensstiftung im Zeitalter des Westfälischen Friedens, hrsg. von Christoph Kampmann/Maximilian Lanzinner/Guido Braun/Michael Rohrschneider (Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte e. V., 34), Münster 2011, 197 – 259; Schmidt-Rösler, Andrea, Die „Sprachen des Friedens“. Theoretischer Diskurs und statistische Wirklichkeit, in: Utrecht – Rastatt – Baden 1712 – 1714. Ein europäisches Friedenswerk am Ende des Zeitalters Ludwigs XIV ., hrsg. von Heinz Duchhardt/Martin Espenhorst (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz, Beiheft 98), Göttingen 2013, 235 – 260; Dauser, Sprach-Verhandlungen. 490 Vgl. Kaunitz an Starhemberg, 22. 02. 1756, HHStA Staatenabteilungen, Frankreich, Diplomatische Korrespondenz 96, Weisungen, Konv. 1, fol. 42r–45v, hier 42v.
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fürchtete man erst recht wieder beim Definitivvertrag eine Einigung Georges II. mit Frankreich zuungunsten Österreichs und damit eine weitere Degradierung zum englischen ‚Juniorpartner‘, dessen wahre Position als Pars belligerans principalissima 491 ignoriert werde. Das Alternat in einem gemeinsamen Friedensvertrag, der weiter nicht zwischen den Frieden schließenden Mächten und ihrer Rolle in den jeweiligen Kriegsallianzen differenziere, laufe, so die Wiener Befürchtungen, auf eine ‚Gleichmacherei‘ hinaus. Klar war – die alternierende Nennung der Vertragspartner sollte vermieden werden. L’ Imperatrice Reine a eté attaquée de son chef, et non comme Alliée de la Grande Bretagne. C’ est donc de Son chef, et non dans la derniere qualité, qu’ Elle doit conclure la paix. Et comme vraysemblablement on voudra observer l’ alternative usitée entre les premieres Couronnes de l’ Europe, tour à tour chacune paroitroit tantot comme partie principale belligerante, et tantot à la suite du chef de l’ Alliance.492
Im Übrigen offenbart dieses Zitat auch die Auffassung von der Bildung von Gruppen unter den Königen: Die Rede war vom Alternat usitée entre les premieres Couronnes de l’Europe – nur zu offensichtlich gab es also in Maria Theresias Vorstellungswelt auch Kronen, die dementsprechend bestenfalls als ‚secondaires‘ zu bezeichnen und bei Gebrauch ihres Titels im völkerrechtlichen Vertrag anders zu behandeln waren. Wohl nicht von ungefähr fühlt man sich hier an Darlegungen Kaunitz’ (auch gegenüber französischen Diplomaten Mitte der 1740er Jahre) erinnert, die großen, zu eigenständiger Außenpolitik befähigten Mächte in Europa sollten als eigene machtpolitische Gruppe, als senatus gentium, unter sich bleiben und den Aufstieg kleinerer Staaten nicht noch befördern.493 Die Bedeutung traditioneller Rangkonzepte für den Kaiserhof in den 1740er Jahren illustriert auch ein anonymes Memorandum just zum Titulaturkontext, das um 1742 für Karl VII. Albrecht erstellt wurde. Anlass war der (wiederholte) Wunsch der Zarin Elisabeth, von Kaiser und Reich den Titel einer Kaiserin zuerkannt zu bekommen, wie schon im zweiten Teil der Untersuchung kurz erläutert wurde.494 Über die Könige in Europa wurde in diesem Gutachten folgendermaßen räsoniert: 491 So schon Maria Theresia an Baron Reischach, 18. 11. 1746, HHS tA Staatenabteilungen Holland 88 (Weisungen 1746). 492 Remarques sur les deux projets de Traité definitif, et les observations y relatives, qui ont eté communiquées à M.r le Comte de Kauniz par Mrs. les Plenipotentiaires de S.[a] M.[ajesté] B.[ritannique] le 21. Aout 1748, 04. 09. 1748, HHS tA StK Vorträge 60, fol. 1r–14v, hier fol. 5v. 493 Vgl. hierzu Schilling, Kaunitz, 150 f.; zu Kaunitz’ Vorstellungen einer Art „Kollektivhegemonie“ im Kontext der europäischen Konvenienzpolitik der großen Mächte im 18. Jahrhundert und zur weiteren Verbreitung dieser Auffassung vgl. ebenda, 154, 336 (mit weiterer Literatur). 494 Vgl. Ohnmaßgebliche Gedanken über den von dem Rußischen Hof neuerlich anverlangenden kaiserlichen Titul, HHStA Staatenabteilungen, Rußland II 236, Beilage l, fol. 154r–162v.
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In der Sache selbsten kommt es bey allen hohen Häuptern eines theils auf die independente Souveraineté und anderen theils auf das Alterthum, die Größe und Macht ihres Reichs oder ihres Hauses an. In jener Betrachtung seynd alle Monarchen ein ander gleich, aus der letzteren aber rühret der Unterschied her, welcher zumahl in neuern Zeiten nicht nur im Rang, sondern auch in der Benennung eingeführet worden.495
Mit der Souveränität allein war es also aus dieser Perspektive nicht getan; traditionelle Kriterien der Abstufung wie Alter, Territorium, Machtfülle blieben weiterhin als Argumente wirksam, um einen Unterschied zu begründen. Die Differenz sollte nach wie vor auch durch den Titel, die Benennung erfolgen. Der nachfolgende Seitenhieb, eine Erlangung des königlichen Rangs allein auf Grundlage der Souveränität, wie bei Preußen geschehen, sei daher nach dem neueren und heuntigen stilo nicht gewöhnlich, ist in dieser Argumentation nur konsequent.496 Zugleich macht der Blick auf Preußen, auch auf andere neue Könige Europas sehr deutlich, wie sehr das Kaisertum unter Druck geraten war. In der gegenwärtigen Situation standen jedoch nicht die machtpolitischen Mittel zur Verfügung, um auf anderen Wegen als durch die Betonung des Rangkonzepts eine herausgehobene Position unter den europäischen Mächten für sich zu reklamieren. Frühere Zugeständnisse auf titularischer Ebene wurden denn auch in diesem Memorandum mit politischen Notwendigkeiten begründet, so die Ausweitung des Gebrauchs des Majestätsprädikats, als man […] Engelland und andere Höfe nöthig hatte.497 Die phasenweise gezeigte kaiserliche Konzilianz wurde damit als Ausnahme von der Regel gekennzeichnet. Mit den Vorstellungen eines nach Rängen differenzierten Europa der Souveräne arbeiteten in Aachen nun jedoch auch die französischen Diplomaten. Sie entnahmen dem Set der Möglichkeiten, Anerkennung oder umgekehrt Nachordnung über den völkerrechtlichen Vertrag zu signalisieren, noch mehrere Varianten, um der Habsburgerin – gerade in der strittigen Frage des Vorrangs – ihre Grenzen aufzuzeigen, darunter auch diese: Die französischen Bevollmächtigten verwendeten zwar, wie oben gezeigt, den Kaiserinnentitel, zweifelten jedoch nun die alternierende Nennung der Herrscherin mit dem französischen König in den Vertragsausfertigungen an – damit wurde explizit auf das Rangkonzept Bezug genommen.498 Man kam also auf die – von kaiserlicher Seite hochgehaltene – 495 Ohnmaßgebliche Gedanken, ebd., fol. 157v. 496 Vgl. Ohnmaßgebliche Gedanken, ebd., fol. 157v, 158r. Als gewöhnlich wird dagegen an derselben Stelle bezeichnet, dass ein König auch dann seinen Titel nicht verliere, wenn er das Territorium, von dem der Titel herrühre, gar nicht mehr beherrsche. 497 Ohnmaßgebliche Gedanken, ebd., fol. 161v. – Zum Gebrauch des Majestas-Prädikats in der Korrespondenz mit Wilhelm III. von Oranien vgl. in dieser Untersuchung im dritten Teil Kapitel 3.2. 498 Kaunitz bezieht sich in seinem Bericht zur Anzweiflung des Alternats auf einen Bericht des englischen Diplomaten Robinson, vgl. Kaunitz an Maria Theresia, 15. 09. 1748, HHStA Staatskanzlei Friedensakten 59 XLV, fol. 22r–35v, hier 33v.
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Vorstellung unterschiedlicher Positionen der Potentaten in Europa zurück, um einen Vorrang des französischen Königtums vor dem ungarischen und böhmischen zu behaupten. Nun drohte Maria Theresia im Vergleich zu Frankreich ‚zurückgestuft‘ zu werden.499 Betrachtet man den Verhandlungsverlauf insgesamt,500 so kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die französische Diplomatie die Gesandtschaft der Kaiserin-Königin auch auf zeremoniellem Feld zeitweise vor sich hertrieb, indem du Theil und Saint Severin sehr geschickt mit den konkurrierenden Vorstellungen vom Verhältnis der souveränen Mächte spielten und – je nach Erfordernis – einmal die eine, einmal die andere Position geltend zu machen versuchten.501 Kaunitz berichtete an Maria Theresia ein Gespräch mit du Theil, bei dem er versucht hatte, über den Nachweis einer inkonstistenten französischen Haltung zur alternierenden Nennung bei vergangenen Friedensschlüssen Positionsgewinne zu erzielen.502 Die Argumentationen beider Seiten waren bezeichnend: du Theil konfrontierte Kaunitz mit französischen Überlegungen, Sardinien das Alternat mit Frankreich zu verweigern, und fragte an, wie Österreich es halten wolle – Kaunitz erwiderte, man werde die alternierende Stellung auch im Hinblick auf Sardinien beachten. Allein schon die Anfrage, ob Österreich mit seinem Bündnispartner Sardinien alternieren wolle, macht deutlich, dass du Theil hier auf hergebrachte Rangvorstellungen anspielte – wenn du Theil vom Grundsatz des Alternats unter souveränen Kronen ausgegangen wäre, das nur Frankreich hier fallweise zu durchbrechen gedachte, hätte die Erfragung der österreichischen Usancen wenig Sinn ergeben. Kaunitz’ Rückfrage, wie es denn Frankreich im vergleichbaren Fall mit Preußen gehalten habe, beantwortete du Theil mit dem Eingeständnis, das zeitweise Alternat mit Preußen sei ein Fehler gewesen – Kaunitz konterte schlagfertig, Frankreich werde diesen Fehler hoffentlich kein weiteres Mal begehen. Die implizite Aufforderung, einer alternierenden Stellung der Vertragspartner keine Steine mehr in den Weg zu legen, war deutlich. Deutlich wird aus diesem Gesprächsreferat jedoch auch, dass nach wie vor an der Vorstellung der ‚nicht ganz gleichen‘ Könige festgehalten wurde – eine Differenzierung nach Rängen 499 Diese französische Doppelstrategie – Negierung der Rangvorstellung, um die Vorrangstellung des Kaisers abzubauen, bei gleichzeitigem Beharren auf einer herausgehobenen Position des französischen Königtums – war bezeichnend und schon mehrfach erprobt worden, vgl. Stollberg-Rilinger, Feine Unterschiede, 147 f. 500 Vgl. Schilling, Kaunitz, 129 – 141. 501 Auch Barbara Stollberg-Rilinger betont – freilich nicht allein auf Aachen bezogen – die französische ‚Doppelrolle‘, mit der französische Gesandte einmal als Kritiker der kaiserlichen Präeminenz, ein anderes Mal als Wahrer traditioneller Rangvorstellungen – zum Vorteil der französischen Position – auftraten. Stollberg-Rilinger, Feine Unterschiede, 145 f. 502 Vgl. Graf Kaunitz an Maria Theresia, 15. 09. 1748, HHS tA Staatskanzlei Friedensakten 59 XLV, fol. 22r–35v, hier 33v.
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wurde dort eingesetzt, wo sie opportun erschien, um Unterschiede zwischen den Parteien hervorzuheben, und diese Differenzierung wurde durch die Usancen der Vertragsausfertigung öffentlich gemacht. Am Alternat als Ausdruck der Gleichrangigkeit der Könige musste Maria Theresia jedoch unter diesen Umständen auf jeden Fall festhalten; wäre hier von der Gleichrangigkeit unter Königen abgegangen worden, wäre die Zurücksetzung der Herrscherin noch weit deutlicher ausgefallen. Dass nicht nur für das Haus Habsburg, sondern auch für die noch verhältnismäßig junge königliche Macht Sardinien diese Hintansetzung – im wörtlichen Sinne – im Hinblick auf die Vertragsausstellung nicht ohne Folgen blieb, zeigt das Unterhändlerinstrument: Auch Sardinien trat dem Definitivvertrag am Ende nur bei – man konnte Frankreich zwar nicht zur Anerkennung eines gleichberechtigten sardischen Königtums bringen, doch die Akzession Sardiniens war ein Mittel, um dem Protest gegen die Nichteinhaltung des Gleichheitskonzepts Ausdruck zu geben.503 Doch Kaunitz’ weitere Interventionen in der Titulaturfrage scheiterten nicht nur an der französischen Blockadehaltung, sondern auch an der Kaiserin-Königin selbst. Die Nachstellung des Kaiserinnentitels hinter dem Titel der Königin mochte bei der Aussicht auf die Verweigerung des Alternats als das eindeutig kleinere Übel erscheinen. Tatsächlich konnte diese Änderung der Titulatur dadurch als abgemildert gelten, dass Saint Séverin und du Theil Kaunitz noch Ende September die Gestaltung der Vorrede folgendermaßen präsentierten hatten: Mit dem Titel Reine de Hongrie et de Boheme, Imperatrice werde es Maria Theresia leichter fallen, als Königin von Ungarn und Böhmen die alternierende Nennung mit den europäischen Königen zu akzeptieren.504 Tatsächlich wäre es vom kaiserlichen Standpunkt aus wohl ein mehr als unglücklicher Präzedenzfall gewesen, wenn die Trägerin eines (zuallererst) kaiserlichen Titels – wenn auch nicht das Reichsoberhaupt – in einem europäischen Friedensvertrag, noch dazu mit Frankreich, unter Voranstellung des Titels Impératrice in den diversen Ausfertigungen der Präambel keinen hervorgehobenen Ort mehr eingenommen hätte, gerade angesichts der seit dem 17. Jahrhundert wachsenden Kritik an der kaiserlichen Präeminenz und der noch recht unsicheren Position Franz’ I.
503 Vgl. zum Beitritt Sardiniens den Bericht Kaunitz’ an Maria Theresia, 25. 09. 1748, HHStA Staatskanzlei Friedensakten 59 XLV, fol. 61r–66v, hier 61v. – Die Beitrittsakte Sardiniens zum Aachener Vertrag, 07. 11. 1748, in: CTS 38, 354 – 356. 504 Vgl. Kaunitz an Maria Theresia, 25. 09. 1748, HHStA Staatskanzlei, Friedensakten 59 XLV, fol. 61r–66v, hier 61r: So dann habe man [Frankreich] in dem Neuen Project bey benennung Euer Kayserlich Königlichen Majestät, den Titul Reine de Hongrie et de Boheme, Imperatrice, um des Willen beybehalten, weilen Allerhöchst denenselben angenehmer seyn dörffte, solchergestalten als Königin von Ungarn und Böhmen, die Alternirung mit Franckreich, und denen übrigen Cronen, außer wiederspruch gesetzt zu wißen.
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Jedenfalls machte die Habsburgerin in der Korrespondenz mit Kaunitz ihre Prioritäten unmissverständlich deutlich: Bey dem eingang [des Vertragstextes] kombt es lediglich auf die alternativam an; weßfalls in ansehung Unser kein anstand ist, absonderlich da das wort Imperatrice nachgesezet wird.505 Ein weiteres, wenige Tage darauf verfasstes Reskript an Kaunitz negierte seine Bedenken, die Nachstellung in der Präambel zuzulassen, beileibe nicht, beschied jedoch knapp: Ob besser seye, das wort Imperatrice 506 vor- oder nachzusezen, ist problematisch, mithin Uns am ende gleichgültig, worzu sich dörfften entschlossen werden.507 Die im Friedensvertrag festgehaltene Titulaturregelung war Folgende: In der Präambel wurde zwar weiterhin der Titel der Imperatrice dem königlichen Titel nachgestellt, alle weiteren Nennungen der Kaiserin jedoch waren nach der Wiener Titulatur einer Imperatrice Reine de Hongrie et de Boheme gestaltet 508 – da die französischen Vertragsentwürfe noch im September den Kaiserinnentitel durchweg an zweiter Stelle in der Titulatur vorgesehen hatten, war also hier relativ spät doch noch der Umschwung erfolgt.509 Die vertragliche Formulierung blieb also flexibel – und offen für Interpretationen in der komplexen politischen Situation Mitte des 18. Jahrhunderts. Man kann diese Lösung als Niederlage, genauso gut jedoch als Teilerfolg verstehen. Jedenfalls wirft die am Ende gezeigte Konzilianz Maria Theresias, die allem Anschein nach von Kaunitz für gefährlich gehalten wurde, Fragen auf: War die Nachgiebigkeit der Herrscherin darauf zurückzuführen, dass sie den Abschluss des Vertrages nicht gefährden wollte – ähnlich, wie dies bei der Frage nach der Ausstellung der Pässe bei Beginn der Verhandlungen zu beobachten war? Maß die Kaiserin-Königin der Titulaturfrage nun doch eine geringere Bedeutung bei, die möglicherweise Tendenzen einer generellen Bewertung der Titulatur in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts spiegelt? Galt ihr die Reihenfolge der Herrscher und die Gestaltung der Titulatur vorrangig als Ausdruck veränderlicher „subjektiver wechselseitiger Wertschätzung und Geltungszuschreibung“ 510, die sich mit den politischen Konjunkturen auch wieder ändern konnte? Die Frage ist – mangels Quellen mit eindeutigen Äußerungen der Herrscherin – nicht zweifelsfrei zu entscheiden, es bieten sich jedoch mehrere Erklärungsmodelle an.
505 Maria Theresia an Graf Kaunitz, 05. 10. 1748, HHS tA Staatskanzlei Friedensakten 57 XXXII . 506 Hervorhebung zeitgenössisch. 507 Maria Theresia an Graf Kaunitz, 17. 10. 1748, HHStA Staatskanzlei Friedensakten 57 XXXII. 508 Vgl. Friede von Aachen, 18. 10. 1748, Duchhardt/Espenhorst, 1748 X 18, 4 f., Friedensvertrag von Aachen, www.ieg-friedensvertraege.de/[14. 10. 2016];CTS 38, 302, 307. 509 Vgl. dazu die Einsendung von Vertragsentwürfen durch Kaunitz nach Wien, Beilagen zu den Berichten an Maria Theresia, HHStA Staatskanzlei Friedensakten 61 LXXXVIII. 510 Stollberg-Rilinger, Feine Unterschiede, 125.
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Denkbar ist – angesichts der flexiblen Handhabung von Titulaturvarianten –, dass Maria Theresia die Aufnahme der Titulatur einer Kaiserin-Königin in allen Artikeln nach der Präambel des Vertrages als vorläufig genügend ansah und auf die Durchsetzung ihrer Titelpräferenz im zwischenstaatlichen Gebrauch setzte – so, wie auch schon preußische Könige bereits vor der ersten Teilung Polens als Roi de Prusse oder Rex Prussiae firmierten, wiewohl sich erst Friedrich II . in den 1770er Jahren offiziell König von Preußen nannte. Immerhin war Frankreich im Vertrag von Aachen von seinen ursprünglichen Vertragsentwürfen abgewichen, die zunächst durchweg den Königinnentitel vor den der Kaiserin setzten. Zudem betonte der erste Separatartikel des Friedensvertrages, frühere Usancen zur Lösung von Titulaturstreitigkeiten aufgreifend, die verwendeten Titel im Vertrag stellten kein Präjudiz dar – über den Titelgebrauch war also nicht abschließend entschieden.511 Symbolträchtig war die Art der Titulatur in der Präambel jedoch immer noch; langfristig durchgesetzt hat sich der Titel der Kaiserin-Königin – so auch im berühmten Vertrag der Diplomatischen Revolution, dem französisch-österreichischen Vertrag von Versailles 1756. Übrigens war die Wiener Seite auch noch 1756 nach wie vor sehr darauf bedacht, dem Alternat mit Frankreich und dem französischen Vorschlag der Einhaltung von Equité und Reciprocité parfaite 512 unbedingt Rechnung zu tragen. Mehr Plausibilität, als auf den ersten Blick zu erwarten wäre, hatte in Maria Theresias Augen möglicherweise auch die geschickte französische Begründung der Titulaturgestaltung nach dem Muster Reine – Impératrice, zumindest in der Präambel: Schon die alternierende Nennung in der Konvention von Hannover 1747 mit den Bundesgenossen war Maria Theresia, wie oben gezeigt, erwiesenermaßen nicht angenehm gewesen. Der Friedensvertrag von Aachen hatte jedoch – gerade auch im Hinblick auf seine Publizität – einen ungleich höheren Stellenwert; zudem hatte die Habsburgerin Kaunitz für die Aachener Verhandlungen angewiesen, die ‚kaiserliche Komponente‘ des Vertrages, etwa durch Garantien der Reichsfriedensschlüsse, nach Möglichkeit auszubauen. Das Alternat einer Kaiserin mit königlichen Mächten vertrug sich mit alten kaiserlichen Prärogativen tatsächlich schlecht.
511 Vgl. Duchhardt/Espenhorst, 1748 X 18, 40 f., Friedensvertrag von Aachen, www.ieg-friedensvertraege.de/[14. 10. 2016]; CTS 38, 324 – aus den Akten der Wiener Staatskanzlei geht hervor, dass dieser Artikel definitiv im Sinne der Wahrung des Rang- und Präzedenzkonzepts verstanden wurde, vgl. die Kommentierung der Vertragsentwürfe vom September in HHStA Staatskanzlei Friedensakten 61 LXXXVIII. 512 Vgl. Kaunitz’ Réflexions vom März 1756, HHStA Staatenabteilungen, Frankreich, Diplomatische Korrespondenz 96, Weisungen, Konv. 1, fol. 62r–68v, hier 63v.
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Dass die Kaiserin-Königin in Sachen Titulatur die ‚halbe‘ Lösung verschmerzen konnte, hat möglicherweise nicht zuletzt mit der besonderen Art und Weise des Abschlusses der Verhandlungen zu tun: Maria Theresia hatte Kaunitz die Handlungsoption eingeräumt, den Vertrag nicht zu unterzeichnen, sondern ihm lediglich durch eine separate Erklärung beizutreten. Hintergrund war, dass England und Sardinien schon länger mit der französischen Seite über den Definitivvertrag verhandelt hatten, mit entsprechend nachteiligen Regelungen für Österreich, wovon Kaunitz erst im August 1748 Kenntnis erlangte 513 – die Enttäuschung über die Bundesgenossen war ein weiteres Mal groß gewesen. Garantien der Gebietsabtretungen an Preußen und Sardinien konnten nicht mehr abgewendet werden.514 Durch den bloßen Beitritt zum Vertrag sollten die Vorbehalte der Habsburgerin gegen die Aachener Friedenslösung klar zum Ausdruck gebracht werden.515 Kaunitz selbst machte sich Hoffnungen auf eine baldige Revision des Vertrages unter Ausnutzung französischer Interessen und bezeichnete den ‚unsoliden‘ Vertrag als une Maison de Carton.516 Ohne Kaunitz’ Unterschrift auf der Ausfertigung des Vertrages konnte nicht behauptet werden, von österreichischer Seite sei ein endgültiges ‚Placet‘ auch in der Titulaturfrage ergangen – die Beitrittserklärung verwendete selbstredend den Titel der Impératrice Reine.517 Sucht man eine Entsprechung auf der Ebene des Zeremoniells, so ist an das Fernbleiben eines Gesandten von Anlässen zu denken, die durch das Aufeinandertreffen zweier Parteien eine akute Auseinandersetzung um die Präzedenz auslösen – und in der eigenen Niederlage münden konnten. Ludwigs XV. Ratifikation 5 13 Vgl. Schilling, Kaunitz, 123, 140. 514 Diese Garantien waren bereits Gegenstand des Präliminarvertrages gewesen, vgl. Präliminarvertrag von Aachen, 30. 04. 1748, Duchhardt/Espenhorst, 1748 IV 30, 12 f., 18, Präliminarfriede von Aachen, www.ieg-friedensvertraege.de (14. 10. 2016); CTS 38, 242 (Art. VII.: Abtretungen an Sardinien durch die sog. Wormser Zession 1743) und 244 (Art. XX .: Abtretung Schlesiens mit der Grafschaft Glatz). Mit der Garantie waren diesbezügliche Geheimverhandlungen mit Frankreich gescheitert, vgl. dazu die Korrespondenz zwischen Kaunitz und Maria Theresia April/Mai 1748, ediert bei Poll, Bernhard, Zur Geschichte des Aachener Friedens 1748, in: Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins 81 (1971), 5 – 142, hier 60 – 62, 65 – 72. 515 Vgl. Schilling, Kaunitz, 143 (dort bes. Anm. 606). – Die Aachener Verhandlungspartner legten Maria Theresia den Weg des Beitritts – angesichts der Verhandlungsergebnisse – auch mehr oder minder nahe, vgl. Kaunitz an Maria Theresia, 23. 09. 1748, HHStA Staatskanzlei, Friedensakten 59 XLV, fol. 38r–48v, hier 41r. – Maria Theresias Kommentierung der Signalwirkung ihres Beitritts auch bei Arneth, Maria Theresia, Bd. 3, 384, 488 (Auszug aus der Korrespondenz mit Kaunitz). 516 Vgl. Kaunitz an Kanzler Ulfeld, 19. 10. 1748, HHS tA Staatskanzlei, Friedensakten 59 L, fol. 15v. Zitiert auch bei Schilling, Kaunitz, 143; zur Einschätzung des Friedens – unter Anführung des Zitats – auch schon Beer, Adolf, Zur Geschichte des Friedens von Aachen, in: Archiv für österreichische Geschichte 47 (1871), 1 – 195, bes. 89. 517 Vgl. die Beitrittserklärung und ihre Ratifikation, CTS 38, 346 – 350.
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dieses österreichischen Beitritts bediente sich im Übrigen bei der Nennung der Herrscherin ebenfalls der Titulatur einer Impératrice Reine – dies kann man ohne Weiteres als Bestätigung der weitgehenden, wenn auch nicht vollständigen französischen Konzessionen in puncto Kaiserinnentitel sehen.518 Es lag nahe, Kontinuitäten der habsburgischen Rolle auch über die verwendete Titulatur sichtbar für alle europäischen Mächte aktiv zu akzentuieren und urkundlich zu dokumentieren, anstatt sich ohne Gegenwehr auf die königlich böhmische und ungarische Würde zurückzuziehen. Gleichzeitig wurde so das lothringische Kaisertum Franz’ I. an das Erzhaus rückgebunden. Langfristig war diese Behauptungsstrategie auch durchaus von Erfolg gekrönt, denn die kaiserliche Titulatur Maria Theresias setzte sich – unter gewandelten Bündniskonstellationen – auf der europäischen Ebene durch und wurde nach dem Tod Franz Stephans 1765 beibehalten, zeitweise in Variation mit dem Titel der Imperatrix Vidua, der Kaiserinwitwe.519 Zusätzliche Distinktionsmöglichkeiten noch zu Franz Stephans Lebzeiten und zugleich eine Anknüpfung an weit zurückreichende Kontinuitätslinien ermöglichte zudem der Titel der Apostolischen Königin, übernommen aus der Titulatur der ungarischen Könige, ehemals vom Papst verliehen.520 Der Anlass der bevorstehenden Papstwahl 1758, zu der die Kronen Europas solenne Botschaften entsandten, wurde von Maria Theresia als Gelegenheit vorgesehen, die vorzüglichkeit Unseres Ertz=Haußes, und die Gleichheit Unserer Hungarischen und Böhmischen Cronen, mit denen vornehmsten der Catholischen Christenheit 521 zu demonstrieren. Die Titulaturfrage stand hier im Zentrum: Gleichheit sollte dadurch demonstriert werden, dass auch Maria Theresia einen ‚päpstlichen‘ Beinamen führte – wie die Könige von Frankreich, Spanien und sogar Portugal. Den Titel der Apostolischen Königin führte der Gesandte Clerici, der von Franz I. entsandt war und auch Maria Theresia vertrat,522 gegenüber den Kardinälen an; nach der Wahl Klemens’ XIII . glückte allerdings die Bestätigung nicht wie gewünscht: Klemens ließ sich nur zu einer Neuverleihung herbei und 5 18 Vgl. die Edition der französischen Ratifikation vom 31. 10. 1748 in CTS 38, 350 f. 519 Zur Kaiserinwitwe vgl. etwa den Vertrag von Wien, 14. 04. 1770, CTS 44: Impératrice Douairière sowie den Frieden von Teschen, 13. 05. 1779, CTS 47: Imperatrix Vidua. 520 Zum Titel der Apostolischen Königin vgl. Burkhardt, Johannes, Abschied vom Religionskrieg. Der Siebenjährige Krieg und die päpstliche Diplomatie (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom, 61), Tübingen 1985, 209 f. 521 Maria Theresia an Sonderbotschafter Clerici, 03. 06. 1758, HHStA Staatskanzlei, Staatenabteilungen, Rom-Korrespondenz, Weisungen, 163, fol. 3r, v. 522 Dass kein eigener österreichischer Gesandter nach Rom geschickt wurde, begründete Kaunitz damit, man habe vom Papst noch nicht den besonderen Titel bestätigt erhalten, der für dieses Vorrecht erforderlich sei. Vgl. Burkhardt, Abschied, 209 (archivalischer Nachweis s. dort).
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urchkreuzte so den Plan, sich auf eine alte ungarische Tradition zu berufen; d die gezielte Nutzung des Beinamens belegt allerdings, dass beim Auftritt an der Kurie mit herkömmlichen Mitteln der Anschluss an die mit einem eigenen Beinamen geehrten Mächte gesucht wurde.523 Auch hier zeigt sich wieder: Nach wie vor wurde zumindest von verschiedenen Ebenen der Gruppierung europäischer Souveräne ausgegangen – hier der Kaiser, der bei den diplomatischen Zeremonien im Rahmen der Papstwahl noch weitere Prärogative geltend machte,524 dort ein vorzügliches Erzhaus, weiter die vornehmsten Kronen, und schließlich ein nicht näher definierter ‚Rest‘. Als Herrscherin der habsburgischen Lande galt es Maria Theresia, sich in diesem ‚Ranking‘ in der Spitzengruppe der Vornehmsten zu behaupten und zugleich weiterhin vom besonderen kaiserlichen Ruhm des Hauses Habsburg zu zehren. Das Kaiserinnenkonzept Maria Theresias konnte allerdings kaum isoliert auf dem Feld der Außenpolitik bestehen, wenn es nicht im Auftreten der Herrscherin im Reich seine Entsprechung fand. Hier war der Balanceakt mindestens ebenso schwierig wie beim diplomatischen Austausch mit den europäischen Mächten: Für einen Teil ihres Erbes war Maria Theresia Reichsstand, der sich Kaiser und Reich unterzuordnen hatte. Zugleich hatte dieser habsburgische Reichsstand seit Jahrhunderten den Kaiser gestellt und war – bis Friedrich II . in Preußen sich seine Konkurrentenposition erkämpfte – die bedeutendste Macht im Reich gewesen. Zur ‚kaiserlichen‘ Politik Maria Theresias im Reich um 1748/49 können hier nur wenige Überlegungen angestellt werden. Nach wie vor stellt die Erforschung der habsburgischen Reichspolitik ab 1740 ein Desiderat dar;525 zudem würden weitergehende Erläuterungen zur Reichspolitik den in dieser Studie gesetzten Fokus auf die europäische Politik sprengen. Zweifelsohne jedoch war Maria Theresia nach der Kaiserwahl Franz’ I. auch auf Reichsebene bestrebt, Rahmenbedingungen und Möglichkeiten einer ‚kaiserlichen‘ Politik ihrerseits auszuloten und eine enge Abstimmung der erbländischen und der kaiserlichen Politik sowie eine hervorgehobene Position im Reich anzustreben, wie eine Studie Michael Rohrschneiders 523 Vgl. Maria Theresia an den Sonderbotschafter Clerici, 03. 06. 1758, HHStA Staatskanzlei, Staatenabteilungen, Rom-Korrespondenz, Weisungen, 163, 4v, 5r. 524 Vgl. ebenda, 4r: Hierbei handelte es sich um das Recht, in der Eigenschafft eines Supremi Ecclesiae advocati die Reichs-Protection dem wählenden Cardinals-Collegio durch eine feyerliche Bottschafft anzutragen. 525 Die Studie von Kulenkampff, Angela, Österreich und das Alte Reich. Die Reichspolitik des Staatskanzlers Kaunitz unter Maria Theresia und Joseph II., Köln u. a. 2005 liefert – insbesondere für die Zeit vor Joseph II. – nur zum Teil Anhaltspunkte, nicht zuletzt aufgrund der fehlenden Einbeziehung der europäischen Mächtepolitik und angesichts der fehlenden Differenzierung zwischen reichspolitischen und innenpolitischen Kompetenzen der untersuchten Handlungsträger.
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für die Jahre 1745 bis 1763 neuerdings hervorhebt.526 Nach der Kaiserwahl Franz’ I. hatte man versucht, diese Abstimmung institutionell zu sichern, so durch die Einsetzung einer Reichskonferenz, der Reichsvizekanzler, Reichshofratspräsident und österreichischer Staatskanzler angehörten, ebenso durch die Teilnahme des Reichsvizekanzlers an allen Konferenzsitzungen zur Reichspolitik.527 Vor wem das Reich gerettet werden sollte, war Maria Theresias Instruktion für die Verhandlungen zum Aachener Frieden deutlich zu entnehmen gewesen: Um Friedrich den Großen daran zu hindern, sich zum gegen Kayser im Reich auf [zu] werffen,528 musste nach dem Scheitern in Aachen im Auftrag der Herrscherin von ihren wichtigsten Beratern ein neues politisches Gesamtkonzept, ein Systema, entworfen werden, in das Reichs- und Außenpolitik eingebunden sein sollten.529 Mehrfach wurde in diesem Umkreis das Konzept einer, wenn man so will, „Doppelspitze“ angemahnt,530 das auf das Erzhaus als Reichsstand besonderer Qualität verwies und die gemeinschaftliche Demonstration der uneigennützigen Bemühungen um das Reich empfahl, um verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen.531 526 Vgl. Rohrschneider, Österreich und der Immerwährende Reichstag; zum Forschungsstand dort bes. 9 – 20. 527 Vgl. dazu knapp Aretin, Das Alte Reich, Bd. 3, 31, 34. Vgl. auch im Überblick Klingenstein, Grete, Institutionelle Aspekte der österreichischen Außenpolitik im 18. Jahrhundert, in: Diplomatie und Außenpolitik Österreichs. 11 Beiträge zu ihrer Geschichte, hrsg. von Erich Zöllner, Wien 1977, 74 – 93. 528 HHS tA Staatskanzlei Friedensakten 54 X: Instruktion Maria Theresias für Kaunitz, 29. 12. 1747. 529 Vgl. die bartensteinsche Sammlung der Konferenzvoten in HHStA Staatskanzlei Vorträge 62 (Reichsvizekanzler Colloredo; der oberste Kanzler Böhmens, Graf Harrach, Oberstkämmerer Khevenhüller; Feldmarschall Königsegg; Graf Kaunitz). – Kaunitz konzentrierte sich in seinem bekannten Gutachten in erster Linie auf die Außenpolitik. Vgl. die kommentierte Edition: Pommerin, Reiner/Schilling, Lothar (Bearb.), Denkschrift des Grafen Kaunitz zur mächtepolitischen Konstellation nach dem Aachener Frieden von 1748, in: Expansion und Gleichgewicht. Studien zur europäischen Mächtepolitik des ancien régime (Zeitschrift für Historische Forschung, Beiheft 2), Berlin 1986, 165 – 239 (zu den allgemeinen Einschätzungen hinsichtlich des Heiligen Römischen Reichs vgl. dort 237 – 239). 530 Vgl. hierzu auch Dauser, Regina, „Dann ob Uns gleich die Kayserliche Würde anklebet“. Der kaiserliche Vorrang bei Friedensverhandlungen und in Friedensverträgen des 17. und 18. Jahrhunderts, in: Pax Perpetua. Neuere Forschungen zum Frieden in der Frühen Neuzeit, hrsg. von Inken Schmidt-Voges u. a. (Bibliothek altes Reich, 8), München 2010, 305 – 327. 531 Vgl. insbesondere: HHStA Reichskanzlei Vorträge des Reichsvizekanzlers, 6d (1735 – 1756), fol. 111r–125v: Meinung deß … über ein Staats=Conferenz Protocoll betr: das associations werck, den Stand des Römischen Reichs und anderer Puissances nach dem Aachner Frieden. Anonymes Gutachten, das Aretin Colloredo zuschreibt – überzeugend, wenn man Colloredos weitere Äußerungen zu dieser Thematik betrachtet, von denen unten noch die Rede sein wird. Aretin datiert das Gutachten aufgrund eines Aktenvermerks auf 1746 (vgl. Aretin, Das Alte Reich, Bd. 3, 33); im Dorsalvermerk ist (s. o.) der Aachener Frieden genannt. – Auf fol. 119r wird dort argumentiert: Über das wird sehr viel zu Herbeybringung
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Gerade dem Justizwesen, insbesondere der Rechtsprechung durch den Reichshofrat, sollte hier nach Vorschlägen aus der Reichskanzlei eine Schlüsselrolle zukommen; in der Tat war es die Forcierung der oberstrichterlichen Kompetenzen des Kaisers, die Franz I. angesichts seiner bescheidenen eigenen Machtbasis noch am ehesten eine Aussicht auf Stärkung der kaiserlichen Position eröffnete.532 Unparteilichkeit und Gerechtigkeit demonstrieren, so die Stimmen in Reichskanzlei und Staatskanzlei, sollten ausdrücklich beide kaiserlichen Majestäten, Franz Stephan wie Maria Theresia, gerade auch in Justizangelegenheiten.533 Die Forderung nach gemeinsamem Handeln spiegelte sich auch in den Anweisungen Maria Theresias an die Gesandten in Regensburg zu Beginn der 1750er Jahre, sich jeweils gründlich beim kaiserlichen Prinzipal- oder Konkommissar abzusichern, um unbedingt ein einheitliches Vorgehen auf dem Reichstag und damit eine stimmige habsburgisch-lothrinigische – oder anders: österreichisch-kaiserliche – Linie zu sichern.534 Grundlegend war die von mehreren Beratern formulierte Überzeugung, dass das Heilige Römische Reich und das Haus Habsburg – zum beiderseitigen Vorteil und Wohlergehen – unmittelbar aufeinander angewiesen seien.535 deren gemütheren [im Reich] beytragen die gnädigste art, so beyderseits Kayser: Mayestäten angebohren ist, all-jene, so aus dem Reich in geschäfften herkommen, gnädigst anzusehen […]. – Zu den (gescheiterten) Plänen, die Reichsgerichte zu reformieren, nun auch jüngst in einer knappen Gesamtbewertung: Gnant, Christoph, Franz Stephan von Lothringen als Kaiser, in: Franz Stephan von Lothringen und sein Kreis (zugleich: Jahrbuch der Österreichischen Gesellschaft zur Erforschung des 18. Jahrhunderts 23, 2008), hrsg. von Renate Zedinger und Wolfgang Schmale, Bochum 2009, 115 – 129, bes. 127. 532 Vgl. Aretin, Das Alte Reich, Bd. 3, 31. Zur Reichsjustiz unter Franz I. und Joseph I. vgl. Rauscher, Peter, Recht und Politik. Reichsjustiz und oberstrichterliches Amt des Kaisers im Spannungsfeld des preußisch-österreichischen Dualismus (1740 – 1785), in: Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 46 (1998), 269 – 309, bes. 287 ff. 533 Vgl. neben den Vorschlägen aus der Reichskanzlei etwa auch die Ausführungen Khevenhüllers zum Systema in HHStA Staatskanzlei Vorträge 62, bes. fol. 108v, 111v. – Dem Tenor dieser Empfehlungen schloss sich übrigens im Kern auch Kaunitz’ berühmtes, im Schwerpunkt jedoch auf die europäische Politik konzentriertes Gutachten von 1749 an, das für eine Koalition mit Frankreich gegen den Hauptfeind Preußen votierte, vgl. die knappen, den Ausführungen der übrigen Mitglieder der Geheimen Konferenz im Wesentlichen folgenden Anmerkungen Kaunitz’ zur Reichspolitik in: Pommerin, Reiner/Schilling, Lothar (Bearb.), Denkschrift des Grafen Kaunitz zur mächtepolitischen Konstellation nach dem Aachener Frieden von 1748, in Expansion und Gleichgewicht. Studien zur europäischen Mächtepolitik des ancien régime. (Zeitschrift für Historische Forschung, Beiheft 2), hrsg. von Johannes Kunisch u. a., Berlin 1986, 165 – 239, hier: 237 – 239. 534 Maria Theresia an Baron Puchemberg, 12. 10. 1751, HHStA Staatskanzlei Diplomatische Korrespondenz Regensburg, österreichische Gesandtschaft 6 (Weisungen 1747 – 1755). 535 Vgl. HHStA Reichskanzlei Vorträge 6d, fol. 111r: Daß das Römische Reich mit denen Ertzherzog: österreichischen Erblanden einen derley gemeinschaftlichen aneinanderhang habe, daß das heyl des einen von dem Wohlseyn deren anderen mehreren theils abhange, kann fast
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Die politischen Mittel, um die vielfach beschworene gegenseitige Abhängigkeit von Erblanden und Reich den Reichsständen plausibel zu machen, betrafen allgemein, besonders im Hinblick auf die mindermächtigen Reichsstände, die Klientel- oder Kreispolitik 536 oder auch die Verstärkung der Präsenz kaiserlicher Gesandter an den Höfen im Reich.537 Ein ‚kaiserliches‘ Auftreten Maria Th eresias auf der außenpolitischen Bühne hätte so seine Entsprechung auf Reichsebene gefunden und das Kaisertum Franz’ I. gestützt. Dass die in den Gutachten der 1740er Jahre ventilierte reichspolitische Konzeption allerdings häufig erst Joseph II. und seinem Berater Pergen zugeschrieben wurde 538, die Mitte der 1760er Jahre wiederum mit denselben Begriffen operierten, deutet darauf hin, dass diese Pläne nicht den erhofften Erfolg zeitigten. Vielmehr nahmen unter den Vorzeichen der „Rekonfessionalisierung“ des Reiches schon in den 1750er Jahren Differenzen mit dem Corpus Evangelicorum zu, das es verstand, seinen Einfluss in politischen Konflikten zwischen Katholiken und Protestanten auszuweiten, auf Kosten von und im offenen Konflikt mit den obersten Reichsgerichten und der oberstrichterlichen Kompetenz des Kaisers. Zugleich wuchs der preußische Einfluss im Reich; Friedrich II. wusste die Frontstellung geschickt auszunutzen und sich als Rückhalt der protestantischen Reichsstände zu präsentieren.539 nicht in abrede gestellet werden […]. Vgl. auch das Votum Khevenhüllers in HHStA Staatskanzlei Vorträge 62, fol. 105v: […] daß das Römische Reich des Durchläuchtigsten Ertzhaußes, und dieses reciprocè des Reichs=Beystandes unumbgänglich vonnöthen habe, und des Einen Wohl=seyhn von des Anderen Conservation, und Aufnahm gäntzlichen abhange; Kein wahrer Patriot kan, und wird ein solches laugnen. 536 Nach wie vor harrt die Politik Franz I. Stephans, wie insbesondere Schmid betont, noch einer gründlicheren Erschließung, vgl. die Akzentuierung seiner Reichspolitik bei Schmid, Alois, Kaiser Franz I. Stephan. Umrisse eines neuen Bildes, in: Renate Zedinger (Hrsg.), Lothringens Erbe. Franz Stephan von Lothringen (1708 – 1765) und sein Wirken in Wirtschaft, Wissenschaft und Kunst der Habsburgermonarchie. (Katalog des Niederösterreichischen Landesmuseums, N. F., Bd. 429.) St. Pölten 2000, 95 – 110. – Die Biographie von Renate Zedinger (2008) bietet im Hinblick auf die Reichspolitik Franz Stephans keine neuen Erkenntnisse, während Rohrschneider die Anstrengungen kaiserlicher wie österreichischer Politik am Reichstag 1745 – 1763 anhand mikropolitischer Studien neu zu konturieren vermag, vgl. Rohrschneider, Österreich. 537 Vgl. resümierend Rohrschneider, Österreich, bes. 301 f., der bei einem „Primat der Erblande“ gleichwohl „Phasen der Reichsferne und -nähe der Wiener Politik“ konstatiert (wörtliche Zitate ebenda, 302). 538 Vgl. etwa Press, Volker, Österreich und Deutschland im 18. Jahrhundert, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 42 (1991), 737 – 753. 539 Vgl. Haug-Moritz, Gabriele, Corpus Evangelicorum und deutscher Dualismus, in: Alternativen zur Reichsverfassung in der Frühen Neuzeit? (Schriften des Historischen Kollegs, Kolloquien, 23), hrsg. von Volker Press, München 1995, 189 – 207, bes. 189 – 197. – Zu den Konfessionsstreitigkeiten um Hohenlohe-Waldburg und die Grafschaft Wied-Runkel in den 1750er Jahren, bei denen das Corpus Evangelicorum sich Entscheidungen des Reichs-
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Wenn auch die Religionskriegs-Propaganda Preußens im Siebenjährigen Krieg nicht verfing,540 so ist doch nicht zu übersehen, dass in der ersten Phase des Siebenjährigen Krieges Vorwürfe, der Reichshofrat sei nicht nur Instrument des Kaisers, sondern der Großmacht Österreich, allzu leicht Gehör finden konnten, bedenkt man die zunächst sehr energische Verfolgung der Eröffnung der Achtverfahren nicht nur gegen den preußischen König, sondern auch seine reichsständischen protestantischen Koalitionäre. Dass die Zustimmung des Reichstages bis zum Kriegsende verhindert werden konnte, war ein deutliches Signal.541 Maria Theresia sprach denn auch in den ersten Jahren des Siebenjährigen Krieges offen von ihrer Frustration, beständig unter dem Verdacht des Verrats der Reichsinteressen zu stehen, während Habsburg doch nur beständig Opfer gebracht habe und Franz Stephan dennoch kaum Anerkennung im Reich habe erlangen können.542 Von den Vorteilen des besonderen Glanzes der Kaiserwürde hatte sie keine hohe Meinung mehr – die ‚Doppelspitzen‘-Konstruktion schien ihr kein Erfolgsrezept mehr zu sein. 3.4.5 Maria Theresia als Kaiserin in der europäischen Politik – Resümee Kein Zweifel, Maria Theresia differenzierte genau, was die Unterscheidung ihrer königlichen und erzherzoglichen Würden von der kaiserlichen Würde anging. Im Grunde war ihre Weigerung, als Kaiserin in Frankfurt gekrönt zu werden, dafür der beste Beleg. Zugleich war ihr und ihren Beratern nur zu gut bewusst, dass die Stabilisierung beziehungsweise Aufrechterhaltung der Position des Hauses Habsburg in Europa wie im Reich von einer engen Verbindung zum Kaisertum profitieren konnte und umgekehrt – dies demonstrierte Maria Theresia bis in ihre bildlichen Repräsentationen hinein. Die Infragestellung der habsburgischen Stellung und der Ungeteiltheit des habsburgischen Erbes nach dem Tod Karls VI. war eine tiefe Zäsur; die Bedingungen, unter denen das Haus Habsburg künftig hofrates widersetzte, vgl. im Überblick auch Rauscher, Recht und Politik, 287 f. Aretin, Das Alte Reich, Bd. 3, 71 – 81. 540 Vgl. Burkhardt, Johannes, Abschied vom Religionskrieg. 541 Vgl. Haug-Moritz, Gabriele, Des „Kaysers rechter Arm“. Der Reichshofrat und die Reichspolitik des Kaisers, in: Das Reich und seine Territorialstaaten im 17. und 18. Jahrhundert. Aspekte des Mit-, Neben- und Gegeneinander (Historia profana et ecclesiastica, 10), hrsg. von Harm Klueting/Wolfgang Schmale, Münster 2004, 23 – 42. – Vgl. auch Rauscher, Recht und Politik, bes. 290 – 295. 542 Vgl. ihre Äußerungen gegenüber dem französischen Botschafter Choiseul im Jahr 1758, zitiert und kommentiert bei Externbrink, Sven, Friedrich der Große, Maria Theresia und das Alte Reich. Deutschlandbild und Diplomatie Frankreichs im Siebenjährigen Krieg, Berlin 2006, 95.
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Politik betreiben konnte, hatten sich grundlegend geändert. Die während des Österreichischen Erbfolgekrieges demonstrierte entschlossene Verteidigung der Titel und möglichst auch der Prärogative des Kaisers wie der Kaiserin war aus dieser Perspektive konsequent, wollte man an dem Ziel festhalten, den – um in der Sprache der Zeit zu bleiben – früheren Flor des Hauses wieder zu erreichen. Die Aachener Verhandlungen spiegeln jedoch, dass die Wiener Position, an kaiserlichen Vorrechten festzuhalten, angesichts der königlichen Machtstellung und der kaiserlichen Würde Maria Theresias zwangsläufig mit vielen Problemen behaftet war. Zugleich eine kaiserliche Haltung zu vertreten, die von einer besonderen Ehrenstellung des Kaisers ausging und am alten Rangdenken festhielt, jedoch in der Position einer Königin von Ungarn und Böhmen verhandeln zu müssen, die auf jeden Fall im Vertrag mit den ersten Kronen Europas gleichziehen wollte: Das war ein Kunststück, das Kaunitz auch unter größten Mühen kaum gelingen konnte – die französischen Diplomaten spießten diesen Widerspruch denn auch genüsslich auf und brachten Maria Theresia soweit, in der Präambel des Aachener Friedensvertrages auf die Voranstellung des Kaiserinnentitels zu verzichten. Wie ihre Korrespondenz mit Kaunitz während der Verhandlungen zeigt, war ihr die Problemlage bewusst, doch schien ihr offenbar das Risiko vertretbar, bedenkt man die Frage des Alternats, mit der du Theil und Saint-Séverin spielten, und bedenkt man die Chancen, die sich durch spätere Verträge eröffnen konnten sowie durch die Tatsache, dass die Kaiserin-Königin dem Vertrag letzten Endes nur beitrat. Langfristig behauptete Maria Theresia in den Schlesischen Kriegen, im Österreichischen Erbfolgekriege wie auch im Siebenjährigen Krieg, wenngleich sie auf Schlesien verzichten musste, nicht nur ihr (restliches) habsburgisches Erbe, sondern auch den Kaiserinnentitel. Die Brücke zur nächsten Generation, zu Joseph II., war damit geschlagen. Als Argument, das direkt die Gestaltung der Verträge beeinflusste, wirkten alte Rangkonzepte jedoch nicht nur am Wiener Hof, dieses Ergebnis ist hier noch einmal deutlich hervorzuheben. Wenn die französischen Gesandten mit der Verweigerung des Alternats für die Königin von Ungarn und Böhmen drohten beziehungsweise dieses Alternat dem König von Sardinien nicht zugestehen wollten, so wurde auf Vorstellungen der Hierarchisierung rekurriert, um Verhandlungspartner in ihre Schranken zu verweisen. Ob am französischen Hof deshalb noch auf Rangkategorien Bezug genommen wurde, oder ob ein wie immer geartetes Schema der Nach-Ordnung der Mächte schlichtweg nach Belieben als Druckmittel in Verhandlungen eingesetzt wurde, ist dabei zweitrangig. Wichtig für den Erfolg dieser Strategie war allein: Allen Akteuren waren die Stufen-Vorstellungen vertraut; nur deshalb konnte das Argument überhaupt seine Wirksamkeit entfalten. In einem Europa der konkurrierenden Mächte blieb die Markierung der Unterschiede zwischen den Souveränen wesentlich, und sie wurde nach wie vor auch
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durch die Verwendung von Titulaturen und durch das Zugeständnis oder die Verweigerung von Gleichheitssignalen bei der Vertragsausfertigung demonstriert. Die Sortierung wurde aus kaiserlicher beziehungsweise habsburgischer Sicht dergestalt vorgenommen, dass ‚die ersten Kronen Europas‘ einen Club bildeten, dem die königlichen Newcomer, man denke an Preußen, man denke an Sardinien, bestenfalls von Zeit zu Zeit einen vertraglich festgehaltenen Besuch abstatten konnten, aus dem jedoch kein dauerhafter Platzanspruch resultierte. Das Nebeneinander der Vorstellungen von souveräner Gleichheit auf der einen, der Argumentation mit dem alten Rangkonzept auf der anderen Seite schuf auch noch Mitte des 18. Jahrhunderts Möglichkeiten, Herrscher einmal als ‚gleich‘, das andere Mal als ‚gleicher‘ darzustellen. Einem Mitakteur gewährte, titularisch dokumentierte Zugeständnisse auch wieder zu entziehen, war allerdings nichts, was nicht bereits im 17. Jahrhundert praktiziert worden wäre, wie schon Wicquefort betont hatte. Sowohl von österreichischer wie von französischer Seite wurde demnach in Aachen versucht, beide Stellschrauben, mit denen das Verhältnis der Mächte untereinander justiert werden konnte, zu nutzen. Die Demonstration souveräner Gleichheit im Vertrag, das wurde an diesem Beispiel besonders am Alternat der Vertragspartner deutlich, war unter diesen Bedingungen weiterhin ein Prinzip, das befolgt – oder demonstrativ missachtet werden konnte.
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À la teste d’un traité solemnel,1 so Abraham de Wicquefort in seinem Diplomatenhandbuch, wollte der französische Gesandte Chanut 1651 keinen Titel seines Herrn sehen, der ein falsches Bild von der verfassungsrechtlichen Stellung seines Königs vermitteln könnte. Signalcharakter, so konnte Wicquefort seinen Lesern anhand dieses Beispiels demonstrieren, kam damit nicht allein der Gestaltung des königlichen Titels zu, sondern auch (und besonders) der Stelle, an der dieser Titel platziert werden sollte – zu Beginn eines feierlichen Vertrages. Verträgen zwischen europäischen Mächten, zumal denen prominenten Inhalts und erst recht Bündnis- oder gar Friedensverträgen, galt die besondere Aufmerksamkeit der zeitgenössischen Titulaturexperten; sie betraf nicht nur, das haben zahlreiche Beispiele der vorliegenden Untersuchung gezeigt, die vereinbarten Einzelbestimmungen, sondern galt den Vertragsdokumenten von ihrem Anfang, der ersten Nennung der Vertragspartner, an. Schließlich handelte es sich um rechtserzeugende Dokumente, die ein unterschiedlich großes Publikum haben konnten – bis hin zur europaweiten ‚Öffentlichkeit‘ der Höfe, Kanzleien (und Gelehrten), die etwa die gedruckten Exemplare eines Friedensvertrages rezipierte. Die dort verwendeten Titulaturen der beteiligten Mächte waren zugleich Selbstwie auch Fremdbezeichnung der Herrscher, ihre Verwendung wurde, soweit ein Vorbehalt nicht ausdrücklich erwähnt war, zu einer von allen beteiligten Gesandten mit Siegel und Unterschrift beglaubigten Repräsentation des jeweiligen Potentaten. Titulaturen sollten, wie im obigen Beispiel gesehen, einen Funktionstitel wie den des Königs korrekt wiedergeben. Schon die namentliche Erwähnung eines Herrschers mit seinen gebührenden Titeln in einem Vertrag konnte als Anerkennung seiner Herrschaft gewertet werden – ohne anderwertige ausdruckung, wie dies noch bei Maria Theresia hieß, wie es allerdings auch schon Johann IV. Braganza als neuer portugiesischer Herrscher 100 Jahre zuvor beanspruchte. Alle vertraglichen Äußerungen konnten zur Ehre gereichen oder der Ehre Abbruch tun – so auch die Titulatur; permanent wurden frühere Verträge zur Rechtfertigung von Ansprüchen, auch solchen titularischer Art, herangezogen. Der Verzicht auf bestimmte Titel konnte der Herrscherehre derart abträglich sein, dass mancher ihn lieber nicht in vertraglicher Form festgehalten hätte – il etoit trop dur de faire cela par un Traité public,2 so die Auffassung des Prinzen Wilhelm
1 Wicquefort, L’Ambassadeur, Bd. 2, 142. 2 So der preußische Beauftragte Luiscius an Friedrich Wilhelm I., 29. 05. 1732, GS tA PK I. HA Rep. 64 R I, Nr. 37, fol. 111v.
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Karl Friso von Nassau-Oranien zu seinem Verzicht auf den Titel eines Grafen von Moers und von Lingen.3 Abgesehen vom Erhalt oder Verzicht eines bestimmten Herrschafts- beziehungsweise Funktionstitels ließen sich Titulaturen in Verträgen – dies war ein besonderer Schwerpunkt der Untersuchung – als Ausdruck der Gleichheit oder der rangmäßigen Verschiedenheit von Herrschern deuten, sie machten Aussagen zum Verhältnis der Mächte untereinander. Zum einen geschah dies durch die Verwendung bestimmter Titulaturelemente: Wilhelm III. von Oranien als englischer König interpretierte die Tatsache, dass ihm Kaiser Leopold I. zunächst die Prädikate Potentissimus sowie Majestas vorenthielt, als Zurücksetzung gegenüber den Königen von Spanien und Frankreich – seinem Rang nicht gemäß, ebenso wenig der Equité in einer kleinen Spitzengruppe europäischer Könige, zu der er sich offensichtlich zählte. Zum anderen setzte die Gewährung oder Verweigerung der wechselnden Spitzenstellung der Vertragspartner in den Präambeln der Vertragsausfertigungen (Alternat) deutliche Markierungen. Ein weiteres deutliches Paritätssignal war damit für den Einsatz im völkerrechtlichen Vertrag vorhanden. Das Alternat zu verweigern, war eine ausgesprochen offenkundige Demonstration von Ungleichheit, wie sie zwischen den französischen und österreichischen Gesandten noch 1748 bei den Verhandlungen zum Aachener Frieden diskutiert wurde. Welche Vorstellung einer hierarchischen Mächteordnung damit ausge drückt wurde, war allein durch den Akt der Verweigerung nicht gesagt. Schließlich bot die Platzierung der Unterschriften der Bevollmächtigten, der Repräsentanten ihrer Herrscher, Gelegenheit, Ansprüche auf hervorgehobene Positionen zu bekräftigen oder zurückzuweisen. Der brandenburgische Gesandte Wolfgang von Schmettau verwendete viel Mühe auf einen angemessenen Ort für seine Unterschrift auf dem englisch-brandenburgischen Vertrag von 1690; Maria Theresia wäre im Dresdener Frieden 1745 die rechtsseitige Unterschrift ihres Unterhändlers genehm gewesen, um somit ein altes kaiserliches Vorrecht für sich zu nutzen – die Absicht wurde durchkreuzt vom Gesandten Friedrichs des Großen, Podewils, der seine Unterschrift kurzerhand nicht seitlich, sondern unterhalb anbrachte. Die skizzierten Elemente ließen sich freilich kombinieren – und dies wiederum erlaubte es, in ein und demselben Vertrag an einer Stelle Signale der Ungleichheit zu setzen und an einer anderen Gleichheit zu signalisieren. Deutlichstes Beispiel ist noch einmal der Friede von Dresden 1745, in dem Maria Theresia die erste Stelle – ein kaiserliches Vorrecht – eingeräumt wurde, doch nicht die rechtsseitige Unterschrift.4 Diese innere Widersprüchlichkeit, die von der Kaiserin a ufmerksam 3 Im Kontext der vertraglichen Einigung über das oranische Erbe, vgl. im dritten Teil der Untersuchung Kap. 3.3. 4 Zum Frieden von Dresden vgl. im dritten Teil der Untersuchung Kapitel 3.4.
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beobachtet wurde, konnte als Teilerfolg gelten oder als Niederlage, und das für beide Seiten. Auf jeden Fall aber hielten solche Praktiken, wie insgesamt der mitunter sehr häufige Wechsel im Titulaturgebrauch, das Verhältnis zwischen den Mächten offen, was ihre Handlungsoptionen erweiterte.5 Die ‚Bauweise‘ der Titulaturen spiegelt die Frage nach der Souveränität der Fürsten in einer eigenen Weise. Das im Kapitel zu den preußischen Herrschertiteln gebrauchte Bild vom Setzkasten sollte verdeutlichen, wie für die Konstruktion von Herrschertiteln verhältnismäßig frei mit Titelelementen jongliert wurde – im Fall des preußischen Königstitels schienen vielerlei Optionen zunächst zumindest denkbar. Die Art und Weise, wie die einzelnen Vorschläge von Friedrich III. jedoch aussortiert wurden, weist darauf hin, dass sich der Herrscher – wie L udewig oder auch Lünig eilfertig betonten – zwar seinen Titel selbst gab. Jedoch tat er gut daran, etwaige Einwände anderer Mächte vorab einzukalkulieren und gegebenenfalls Änderungen am Titelentwurf vorzunehmen, um das Risiko einer Nichtanerkennung des Titels zu verringern. Titulaturen blieben, wollte man keinen gezielten Bruch in den Beziehungen herbeiführen, „Verhandlungssache“. Die polnischen Reaktionen und Vorschläge in diesem Beispiel verweisen darauf, wie ernst der Signalcharakter des Herrschertitels genommen wurde. Sie zeigen, dass für jede Macht ein europäischer ‚Erwartungshorizont‘ existierte – ein Verstoß konnte unter Umständen mit zeremonieller Zurücksetzung oder offener Ablehnung des Titels geahndet werden. Diese Einschränkung der ‚souveränen Titelkompetenz‘ verweist auf die hohe Bedeutung der Interaktion der europäischen Mächte, die sich durch den Aufbau eines ständigen Gesandtschaftswesens und den Ausbau der Kongressdiplomatie nach 1648 weiter verdichtete. Der Aufbau eines Titels wie auch der Titulatur im völkerrechtlichen Vertrag war im Spannungsverhältnis von Tradition und Neuerung angesiedelt. Auf der Ebene der Beyworte ist eine hohe Konstanz zu beobachten: Wie die quantifizierende Darstellung ergab, wurde das Arsenal, sieht man von der zunehmenden Verwendung des ehemals kaiserlichen Majestas-Prädikats für europäische Könige ab, nicht ausgeweitet. Die Anerkennung eines Herrschers im Vertrag vollzog sich also zu einem guten Teil in traditionellen Formen, denkt man etwa an die Kombination der Prädikate Serenissimus ac Potentissimus als Signal für die volle Anerkennung als ‚ebenbürtiger‘ europäischer König – zusätzlich zur Betitelung als Rex. Die Aufsteiger unter den europäischen Mächten suchten ja auch, hier ist noch einmal Wilhelm von Oranien als deutliches Beispiel anzuführen, gezielt diese Ehrungen zu erhalten, die nach traditionellem Verständnis ihre neue Würde dokumentierten und erst wahrhaft den anderen ‚gleich‘ machen sollten. Es wurde also die alte Begrifflichkeit weiter benutzt, die schon lange vor dem Westfälischen 5 Vgl. mit Bezug auf das Zeremoniell insgesamt Vec, Zeremonialwissenschaft, 218.
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Frieden als Ausdruck einer hierarchischen Ordnung weithin anerkannt waren; bis zu einem gewissen Grad wurden also konventionelle Muster des Rangsystems fortgesetzt. Sie zu ignorieren, war offenbar nicht möglich, zumindest geben die in dieser Untersuchung vorgenommene statistische Auswertung wie auch die Analyse der Fallbeispiele keine Anhaltspunkte hierzu. Ähnlich wie im Bereich der Performanz gab es zudem genügend Möglichkeiten, die geforderten Ehrerweise, hier also die in Anspruch genommenen Titulaturelemente zumindest sektoral, geknüpft an bestimmte Anlässe und bestimmte Akteure, auf einer anderen als der prominenten vertraglichen Ebene zu verwenden und damit Konflikte um die Titulatur und die Anerkennung des Aufstiegs beziehungsweise der Gleichheit auszuhebeln oder zu verschieben. Diese Strategien der Konfliktvermeidung kamen zum einen im Vertrag zum Einsatz – etwa durch den ausdrücklichen Vorbehalt, mit verwendeten Titulaturen kein Präjudiz zu formulieren, oder durch die Möglichkeit des Beitritts zum Vertrag. Zum anderen konnte die Verwendung anderer Medien zur Entspannung beitragen, insbesondere die Herrscherkorrespondenz. Was auf der prominenteren Vertragsebene (noch) nicht zugestanden werden sollte, konnte auch auf die Ebene der persönlichen Handschreiben der Monarchen verlagert werden. Mit einigem zeitlichen Abstand, das zeigte etwa der kaiserliche Gebrauch des Majestätstitels für die französischen und englischen Könige, konnte dann immer noch die entsprechende Auszeichnung im völkerrechtlichen Vertrag folgen. Das elaborierte kaiserliche System der Kanzleiund Handschreiben, das Wilhelm III. so offenkundig irritierte, bot eine Reihe von Abtönungsmöglichkeiten und Verwendungszusammenhängen. An traditionelle Formen knüpfte auch an, wer der kaiserlichen Anerkennung neuer Titel eine hohe Bedeutung beimaß. Herrscher wie Wilhelm III. von Oranien oder Friedrich III ./I. von Preußen waren intensiv bemüht, bei Leopold I. als der im traditionellen Rangdenken höchsten weltlichen Instanz, der ursprünglich das Recht der Rangerhöhung vorbehalten gewesen war, immerhin noch die Akzeptanz ihres königlichen Status zu erlangen. Die kaiserliche Reaktion war jeweils bezeichnend: Leopold versuchte, beide Herrscher nach Möglichkeit auf Distanz zu halten – der Majestätstitel etwa wurde erst mit zeitlichem Abstand und zunächst auch nur mit Einschränkungen gewährt. Nach einigen Jahren jedoch schwenkte Wien auf die Verwendung der gebräuchlichen titularischen Zeichen für europäische Könige ein. Rückblickend wurden 1742 am Kaiserhof intern politische Zwänge der europäischen Mächtepolitik für Zugeständnisse auf der Ebene der Titulatur verantwortlich gemacht.6 Wiewohl durch die Wendung an den Kaiser nochmals das traditionelle Verständnis einer kaiserlichen S pitzenstellung
6 Ohnmaßgebliche Gedanken über den von dem Rußischen Hof neuerlich anverlangenden kaiserlichen Titul, HHStA Staatenabteilungen, Rußland II 236, Beilage l, fol. 154r–162v.
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aufgerufen wurde, war doch sowohl in Titulaturkonflikten wie auch in der europäischen Publizistik das Verblassen der kaiserlichen Sonderstellung unübersehbar; die Aufsteiger hielt dies freilich nicht davon ab, den schwindenden Glanz des Kaisertums für ihre Zwecke zu nutzen. Die Zusammenschau der quantitativen Auswertung und der Fallbeispiele zeigt, wie zäh an der Markierung von Differenzen durch die Titulatur festgehalten wurde, wie langsam und schrittweise für kleinere Mächte wie Portugal und Savoyen-Sardinien die titularische Integration in den Kreis der europäischen Souveräne vor sich ging. Souveräne Gleichheit konnte mit den Instrumenten der Herrscherbezeichnung und ihrer Verankerung im Vertrag bewusst in Szene gesetzt, ebenso bewusst jedoch vorenthalten werden. Zur Begründung von Differenzen wurden zwar immer seltener Ranglisten herangezogen – die hier herangezogene Zeremonialliteratur kennzeichnete die päpstliche Ordnung vom Beginn des 16. Jahrhunderts beharrlich als ein Relikt aus der alten Zeit. Doch die alten Bewertungsgrundlagen für Distinktion, deren Gewichtung keinen eindeutigen Kriterien folgte, wie Lünigs Synopse der Würdigkeitskataloge zeigte, wurden in langen Referaten der historischen wie auch aktuellen Zeremonialkonflikte wieder und wieder angeführt, durchaus mit individuellen Schwerpunkten der Autoren: Wicquefort hob die Macht als Kriterium hervor, Zwantzig und Lünig betonten die Possess, Rousset de Missy schließlich sprach von einem Naturgesetz, das nach Ordnung und Rang verlange. Es verwundert also kaum, dass Hellbach noch 1804 – ironiefrei – ein Handbuch des Rangrechts veröffentlichte, in dem er ein von A bis Z ausdifferenziertes Verzeichniß sämmtlicher Entscheidungsgründe 7 vorlegte, das 37 Kriterien umfasste und damit fein zergliedert auflistete, was Zeremonialwissenschaftler vor ihm mühsam systematisiert hatten. Mühsam blieb das Geschäft der europäischen Politik vor diesem Hintergrund; die nicht immer verhaltene Kritik an den Lasten des Zeremoniells, die schon Autoren wie Zwantzig äußerten, wurde auch entsprechend lauter.8 Zur Vorstellung von einem „Westfälischen System“, das die Interaktion gleichrangiger Souveräne als Grundlage europäischer Mächtepolitik ab der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts bezeichnet, will dies freilich nicht passen – ebenso wenig zur Vorstellung von Staaten, deren gekrönte Häupter ‚nur‘ noch austauschbare Lenker der Politik gewesen seien. Vielmehr offenbaren Titulaturverwendung und Titulaturstreit, dass über das Medium der Herrschertitulatur, die einen historischen Akteur als solchen im Regelfall namentlich bezeichnete, zumindest bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts europäische Mächtekonjunkturen ausgehandelt und abgebildet wurden. Ziel der ‚Aufsteiger‘, Wilhelm von Oranien formulierte
7 Hellbach, Handbuch, 81. Zu Hellbach vgl. auch Vec, Verfahrensformen, 575 f. 8 Vgl. Vec, Zeremonialwissenschaft, bes. 302 – 381.
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Schluss
dies deutlich, war dabei nicht ein titularisches ‚gleiches Recht für alle‘, sondern eine im komplexen Zeichensystem europäischer Höfe, zu dem die Titulatur zählte, herausgehobene Position, die nach wie vor als Rang bezeichnet wurde. Souveränität im Bodin’schen Verständnis war die akzeptierte ‚Eintrittskarte‘ – doch über die Platzierung in der Gruppe der Souveräne entschied die Fürstengesellschaft und repräsentierte dies mit den hergebrachten Instrumenten der Kommunikation. Besonders deutlich werden Gruppierungs-Überlegungen in den hier präsentierten Fallbeispielen ab der Wende zum 18. Jahrhundert: Wilhelms III. Gesandter Paget gab im Konflikt um den Majestas-Titel an, sein König fordere Equité – mit Frankreich und Spanien, die vom Kaiser besonders geehrt wurden.9 In Wien sprach man 1748 im Umkreis der Aachener Verhandlungen davon, im Vertrag werde wahrscheinlich l’ alternative usitée entre les premieres Couronnes de l’ Europe zum Einsatz kommen, französische Gesandte dachten zeitgleich darüber nach, dem König von Sardinien das Alternat zu verweigern, hatten es zuvor jedoch Preußen zugestanden. Mit Ranglistenvorstellungen sind diese Beobachtungen nur noch bedingt zu vereinbaren, wiewohl Rangvorstellungen und die genannten Kataloge zur Differenzierung noch allen Beteiligten als Bezugssystem nur zu vertraut waren – eine feste Rangfolge hätte auch der enormen Beweglichkeit des Mächtesystems widersprochen. Zu bezweifeln ist auch, dass erwiesene Ehren im Vertrag nur noch ein Ausdruck von Wertschätzung waren;10 das fallweise Austeilen von titularischen Gunsterweisen hatte schon Wicquefort als Praxis der Potentaten identifiziert.11 Das Bedürfnis nach Hierarchisierung, in Titulatur und Vertrag aussagekräftig repräsentiert, spricht jedoch nach wie vor aus allen diesen Äußerungen – es liegt nahe, mit solchen Belegen die Beobachtung zu verbinden, dass sich im 18. Jahrhundert „der Kreis der aktiven, gestaltenden Akteure“ in der europäischen Politik bereits reduziert hatte 12 und eine Gruppe mächtiger Potentaten sich von einem unscharf definierten ‚restlichen Europa‘ abzugrenzen gedachte. Das offensichtliche Austarieren der Machtverhältnisse durch einen zusehends kleineren Kreis großer Mächte, etwa in Konvenienzpolitik und Teilungsprojekten, wurde schon 9 Vgl. im dritten Teil der Untersuchung Kap. 3.2.5 zur ‚titularischen Meistbegünstigungsklausel‘. 10 Stollberg-Rilinger, Feine Unterschiede, 125, 149, betont zu Recht die Vorstellung vom „relationalen Geflecht“, die das Konzept einer „Reihenfolge“ ablöste. Der Begriff der Aestimation bzw. „Wertschätzung“ scheint mir jedoch vor dem Hintergrund der HierarchisierungsGeschichte der europäischen Mächte und der beim Titelgebrauch schon lange angewendeten Strategien (s. nachfolgende Fußnote) nicht ausreichend. 11 Vgl. Wiquefort, Ambassadeur, Bd. 2, 31: Il n’y a point de liberalité qui incommode moins, & qui acquiere plus d’amis. 12 Vgl. Duchhardt, Balance of Power und Pentarchie, 407. – Zur Pentarchie als dem neuen Bezugspunkt der Hierarchisierung unter den europäischen Mächten vgl. Schnettger, Rang, Zeremoniell, Lehnssysteme, 194.
Schluss
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zeitgenössisch in der Auseinandersetzung mit dem Konzept der Mächtebalance heftig kritisiert. Gleichwohl wurde der Begriff eines senatus gentium für hegemoniale Mächte zeitgenössisch gebraucht.13 Von ‚der‘ Pentarchie zu sprechen, mag hier nur bedingt angemessen sein, denn dies würde nicht nur ein Konzept des 19. Jahrhunderts einführen, sondern, wie schon in der Einleitung bemerkt, eine Festlegung suggerieren, die um 1748 nicht als geklärt gelten konnte und sollte – schon gar nicht aus österreichischer Sicht. Dass die Differenzierung der Ordnungsvorstellungen derart unscharf blieb und dezidiert in der Schwebe gehalten wurde, bestätigt die Perspektiven auf die Herrschertitulatur, die eingangs zitiert wurden: Größtmögliche Handlungsfreiheit der Akteure garantierte, wie Lünig dies 1720 formuliert hatte,14 nur eine veränderliche Materie.
13 Vgl. etwa die periodische Presse für die Mitte des 18. Jahrhunderts: Die Staats-Relation derer neuesten europäischen Nachrichten und Begebenheiten, 26. 03. 1749, 149, nennt im Kontext der Crisis im Norden den Senatus gentium als diejenigen Mächte, die die territorialen Zugewinne Russlands als angemessen betrachtet hätten. 14 Vgl. die Erläuterung des Zitats in der Einleitung, S. 11 f.
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324
Quellen und Literatur
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Anhang Tabellen – Auswertung zum Prädikatgebrauch 1. Die Verwendung des Prädikats Majestas als Prädikat an erster – zweiter – dritter Stelle in der Titulatur Zeitraum – angegeben in Jahrzehnten
Majestas als erstes (oder einziges) Prädikat
Majestas als zweites Prädikat
Majestas als drittes Prädikat
Gesamt
1648 – 1658
24
10
1
35
1659 – 1668
60
20
1
81
1669 – 1678
75
16
0
91
1679 – 1688
46
26
5
77
1689 – 1698
38
14
0
52
1699 – 1708
85
35
0
120
1709 – 1718
132
36
4
172
1719 – 1728
74
11
3
88
1729 – 1738
47
20
4
71
1739 – 1748
186
10
0
196
2. Die Verwendung des Prädikats Serenissimus als Prädikat an erster – zweiter – dritter Stelle in der Titulatur Zeitraum – angegeben in Jahrzehnten
Serenissimus als erstes Prädikat
Serenissimus als zweites Prädikat
Serenissimus als drittes Prädikat
Gesamt
1648 – 1658
54
0
0
54
1659 – 1668
79
4
1
84
1669 – 1678
33
6
0
39
1679 – 1688
64
0
0
64
1689 – 1698
30
2
0
32
1699 – 1708
34
2
0
36
1709 – 1718
41
1
0
42
1719 – 1728
17
1
0
18
1729 – 1738
18
1
0
19
1739 – 1748
44
3
0
47
326
Anhang
Verzeichnis aller bearbeiteten Verträge Im Folgenden werden alle in der Datenbank des Projekts bearbeiteten Verträge, Ratifikationen etc. aufgelistet, sortiert in chronologischer Reihenfolge. Als Editionsnachweis dienen hier die Angaben der Consolidated Treaty Series und der Acta Pacis Westphalicae. Abgeglichen wurden die Editionen, wo möglich, mit den über die Online-Plattform des Projekts „Europäische Friedensverträge der Vormoderne“ abrufbaren digitalisierten Verträge. Die herangezogenen Digitalisate sind in der letzten Spalte aufgeführt; sie wurden zuletzt am 24. 10. 2016 eingesehen unter www.ieg-friedensvertraege.de. Datierung
Vertrag
24. 10. 1648 Westfälischer Friede zu Münster – Instrumentum Pacis Monasteriense zwischen Kaiser und Reich und Frankreich 24. 10. 1648 Westfälischer Friede zu Osnabrück – Instrumentum Pacis Osnabrugense zwischen Kaiser und Reich und Schweden 28. 10. 1648 Vertrag von Den Haag über die Verhältnisse in Brasilien 01. 07. 1649 Abkommen von Konstantinopel zwischen dem Kaiser und dem Sultan 02. 09. 1649 Vertrag von Compiègne zwischen Frankreich und Portugal 26. 06. 1650 Vertrag zwischen dem Kaiser und Schweden zur Umsetzung des Westfälischen Friedens 02. 07. 1650 Vertrag zwischen dem Kaiser und Frankreich zur Umsetzung des Westfälischen Friedens 04. 12. 1650 Heiratsvertrag zwischen Ferdinand, Prinz von Bayern, und Adelaide von Savoyen 14. 04. 1651 Erneuerung der Allianz zwischen Savoyen und den katholischen Schweizer Kantonen 15. 05. 1651 Abkommen von Wien zwischen Kaiser Ferdinand III. und dem spanischen König Philipp IV. 29. 12. 1652 Präliminarfrieden zwischen Portugal und England
Ediert in APW bzw. CTS APW III B 1, 1 – 49
Digitalisat/Edition abrufbar über Duchhardt/Espenhorst, www.ieg-friedensvertraege.de Duchhardt/ Espenhorst, 1648 X 24 Friedensvertrag von Münster
APW III B 1, 95 – 170
Duchhardt/Espenhorst, 1648 X 24 Friedensvertrag von Osnabrück
CTS 1, 359 – 383 CTS 1, 459 – 462 CTS 1, 449 – 456 CTS 2, 91 – 152
Duchhardt/Espenhorst, 1650 VI 26 Friedensrezess von Nürnberg
CTS 2, 205 – 209 CTS 2, 249 – 258 CTS 2, 343 – 365
Duchhardt/Espenhorst, 1651 IV 14 Bündniserneuerung
CTS 2, 369 – 373 CTS 2, 465 – 470
Duchhardt/Espenhorst, 1652 XII 29 Präliminarfrieden von Westminster
327
Verzeichnis aller bearbeiteten Verträge Datierung
Vertrag
15. 03. 1653 Heiratsvertrag zwischen Ferdinand Maximilian von Baden und Louise von Savoyen 04. 05. 1653 Vertrag von Stettin zwischen Schweden und Brandenburg 14. 05. 1653 Ratifikation des Vertrags von Stettin durch Christina von Schweden 20. 05. 1653 Ratifikation des Vertrags von Stettin durch Friedrich Wilhelm 26. 01. 1654 Kapitulation der portugiesischen und niederländischen Streitkräfte, Torbada 05. 04. 1654 Vertrag zwischen England und den Niederlanden, unterzeichnet in Westminster 11. 04. 1654 Vertrag zwischen England und Schweden, unterzeichnet in Upsala 19. 04. 1654 Ratifikation des Vertrags zwischen England und den Niederlanden durch Cromwell 22. 04. 1654 Ratifikation des Vertrags zwischen England und den Niederlanden 28. 04. 1654 Zusatzartikel zum Vertrag von Westminster zwischen England und den Niederlanden 29. 04. 1654 Ratifikation des Vertrags von Westminster zwischen den Niederlanden und England durch die Generalstaaten 29. 04. 1654 Ratifikation des Vertrags von Westminster zw. England und den Niederlanden vom April 1654 04. 05. 1654 Geheimvertrag zwischen England, Holland und Westfriesland 20. 07. 1654 Vertrag zwischen England und Portugal, unterzeichnet in Westminster 23./25. 08. Vereinbarung zwischen England und 1654 Russland, getroffen in Archangelsk 15. 09. 1654 Vertrag zwischen England und Dänemark, unterzeichnet in Westminster 19. 05. 1655 Abkommen zwischen England und den Niederlanden, Westminster
Digitalisat/Edition abrufbar Ediert in APW über Duchhardt/Espenhorst, bzw. CTS www.ieg-friedensvertraege.de CTS 2, 501 – 506 CTS 3, Duchhardt/Espenhorst, 1653 V 4 Grenzrezess von Stettin 3 – 45 CTS 3, 45 f. CTS 3, 46 CTS 3, 201 – 207 CTS 3, 227 – 239
Duchhardt/Espenhorst, 1654 IV 5 Friedensvertrag von Westminster
CTS 3, 259 – 269
Duchhardt/Espenhorst, 1654 IV 11 Bündnis- und Handelsvertrag von Uppsala
CTS 3, 244 CTS 3, 245 CTS 3, 246 CTS 3, 241
CTS 3, 242 CTS 3, 273 f. CTS 3, 283 – 302 CTS 3, 317 f. CTS 3, 357 – 66 CTS 3, 433 – 436
Duchhardt/Espenhorst, 1654 IX 15 Bündnis- und Handelsvertrag von Westminster
328 Datierung
Anhang Vertrag
27. 07. 1655 Geheimartikel zum Verteidigungsvertrag zwischen Niederlanden und Brandenburg 27. 07. 1655 Verteidigungsbündnis zwischen Brandenburg und den Niederlanden, Den Haag 18. 08. 1655 Abkommen zwischen dem Herzog von Savoyen und den Bewohnern von Piemont 07. 09. 1655 Vertrag zwischen Portugal und Frankreich, Lissabon 03. 11. 1655 Vertrag zwischen Großbritannien und Frankreich, Westminster
Digitalisat/Edition abrufbar Ediert in APW über Duchhardt/Espenhorst, bzw. CTS www.ieg-friedensvertraege.de CTS 3, 463 f. CTS 3, 434 – 463 CTS 3, 475 – 488 CTS 3, 491 – 500 CTS 4, 3 – 20
17. 01. 1656 Vertrag zwischen Schweden und Brandenburg, Königsberg 24. 02. 1656 Vertrag zwischen Frankreich und Brandenburg, Königsberg 12. 04. 1656 Ratifikation des Vertrags zwischen Frankreich und Brandenburg 12. 04. 1656 Geheimvertrag zwischen Spanien und England, Brüssel 15. 06. 1656 Bündnisvertrag von Marienburg zwischen Schweden und Brandenburg 15. 06. 1656 Zusatzartikel zum Bündnisvertrag von Marienburg zwischen Schweden und Brandenburg 15. 06. 1656 Geheimartikel zum Bündnisvertrag von Marienburg zwischen Schweden und Brandenburg 15. 06. 1656 Zusatzartikel zum Bündnisvertrag von Marienburg zwischen Schweden und Brandenburg 19. 06. 1656 Ratifikation des Vertrags von Marienburg 17. 07. 1656 Vertrag zwischen Schweden und England unterzeichnet in London
CTS 4, 33 – 39 CTS 4, 43 – 47 CTS 4, 47 f. CTS 4, 73 – 78 CTS 4, 103 – 111 CTS 4, 112
17. 07. 1656 Zusatzabkommen zum Vertrag zwischen Schweden und England, London 22. 09. 1656 Vertrag von Riga zwischen Russland und Brandenburg
CTS 4, 152 f.
Duchhardt/Espenhorst, 1655 XI 3 Friedens- und Handelsvertrag von Westminster Duchhardt/Espenhorst, 1656 I 7 Vertrag von Königsberg Duchhardt/Espenhorst, 1656 II 24 Allianzvertrag von Königsberg
Duchhardt/Espenhorst, 1656 VI 15 Bündnis von Marienburg
CTS 4, 112 – 115 CTS 4, 115 – 118 CTS 4, 118 f. CTS 4, 129 – 150
CTS 4, 157 – 180
Duchhardt/Espenhorst, 1656 VII 17 Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrag
329
Verzeichnis aller bearbeiteten Verträge Datierung
Vertrag
20. 11. 1656 Geheimvertrag zwischen Schweden und Brandenburg, unterzeichnet in Labiau 20. 11. 1656 Vertrag von Labiau zwischen Schweden und Brandenburg 23. 11. 1656 Ratifikation des Vertrags von Labiau zwischen Schweden und Brandenburg 23. 11. 1656 Ratifikation des Geheimvertrags zwischen Schweden und Brandenburg 12. 12. 1656 Friedensvertrag zwischen Brandenburg und Polen 09. 05. 1657 Vertrag zwischen Frankreich und England, unterzeichnet in Paris 19. 09. 1657 Vertrag von Wehlau zwischen Polen und Brandenburg
Ediert in APW bzw. CTS CTS 4, 203 – 209
Digitalisat/Edition abrufbar über Duchhardt/Espenhorst, www.ieg-friedensvertraege.de Duchhardt/Espenhorst, 1656 XI 10_20 Vertrag von Labiau
CTS 4, 187 – 199 CTS 4, 199 f. CTS 4, 209 CTS 4, 213 – 215 CTS 4, 349 – 361 CTS 4, 437 – 451
19. 09. 1657 Zusatzartikel zum Vertrag von Wehlau zwischen Polen und Brandenburg 28. 03. 1658 Vertrag zwischen England und Frankreich, Paris 01. 06. 1658 Vertrag zwischen Frankreich und den protestantischen Schweizer Kantonen, Aarau 15. 08. 1658 Vertrag zwischen Frankreich und rheinischen Reichsfürsten
CTS 4, 452 – 456
21. 01. 1659 Vertrag von Ripen zwischen Dänemark-Norwegen und Brandenburg 03. 02. 1659 Vertrag zwischen Frankreich und England, Westminster
CTS 5, 219 – 225 CTS 5, 229 – 231
30. 04. 1659 Vertrag zwischen Dänemark- Norwegen und dem Kaiser, Kopenhagen 21. 05. 1659 Vertrag zwischen Frankreich, England und den Niederlanden, Den Haag 24. 07. 1659 Vertrag zwischen England und den Niederlanden, Den Haag 07. 11. 1659 Pyrenäenfriede zwischen Spanien und Frankreich
CTS 5, 253 – 258
Duchhardt/Espenhorst, 1656 XII 12 Friedensartikel
Duchhardt/Espenhorst, 1657 IX 19 Bündnisvertrag von Wehlau gegen Schweden
CTS 5, 47 – 49 CTS 5, 119 – 135
Duchhardt/Espenhorst, 1658 III 28 Allianzvertrag von Paris Duchhardt/Espenhorst, 1658 VI 1 Allianzvertrag von Aarau
CTS 5, 163 – 167
Duchhardt/Espenhorst, 1658 VIII 5_15 Erster Rheinbund, Erweiterung um Frankreich Duchhardt/Espenhorst, 1659 I 21 Allianzvertrag von Ribe Duchhardt/Espenhorst, 1659 II 3 Allianz- und Garantievertrag von Westminster
CTS 5, 268 – 273 CTS 5, 293 – 298 CTS 5, 321 – 352
Duchhardt/Espenhorst, 1659 II 3 Allianz- und Garantievertrag von Westminster
Duchhardt/Espenhorst, 1659 XI 7 Vertrag von Île des Faisans (Pyrenäenfrieden)
330 Datierung
Anhang Vertrag
07. 11. 1659 Heiratsvertrag zwischen französischem König und spanischer Infantin 24. 11. 1659 Ratifikation des Pyrenäenfriedens durch den französischen König 10. 12. 1659 Ratifikation des Heiratsvertrags zwischen dem französischen König und der spanischen Infantin 19. 12. 1659 Ratifikation des Pyrenäenfriedens durch den spanischen König 28. 04. 1660 Vertrag zwischen Großbritannien und Portugal 28. 04. 1660 Vertrag zwischen Frankreich und Spanien, Figueras 03. 05. 1660 Vertrag zwischen Polen, dem Reich, Brandenburg und Schweden, Oliva
Ediert in APW bzw. CTS CTS 5, 405 – 440
Digitalisat/Edition abrufbar über Duchhardt/Espenhorst, www.ieg-friedensvertraege.de Duchhardt/Espenhorst, 1659 XI 7 Heiratsvertrag von Île des Faisans
CTS 5, 396 CTS 5, 442 CTS 5, 397 f. CTS 5, 501 – 507 CTS 6, 3 – 7 CTS 6, 11 – 89
16. 12. 1660 Vertrag zwischen Frankreich und Österreich, Paris 13. 02. 1661 Vertrag zwischen Großbritannien und Dänemark, Whitehall
CTS 6, 219 – 222 CTS 6, 235 – 252
30. 03. 1661 Heiratsvertrag zwischen Philippe, Herzog von Orleans, und Henrietta Anne 23. 06. 1661 Heiratsvertrag zwischen England und Portugal, Whitehall 23. 06. 1661 Geheimartikel zum Hochzeitsvertrag zwischen England und Portugal 20. 07. 1661 Allianzvertrag zwischen England und Brandenburg, Westminster 20. 07. 1661 Geheimartikel des Vertrags zwischen England und Brandenburg, Westminster 06. 08. 1661 Friedens- und Bündnisvertrag zwischen Portugal und den Niederlanden, Den Haag 21. 10. 1661 Freundschafts- und Handelsvertrag zwischen Großbritannien und Schweden 10. 11. 1661 Ratifikation des Allianzvertrags vom 20. 07. 1661 zwischen England und Brandenburg, Westminster
CTS 6, 285 – 289
Duchhardt/Espenhorst, 1660 V 3 Friedensvertrag von Oliva (Stockholm) 1660 V 3 Friedensvertrag von Oliva (Warschau)
Duchhardt/Espenhorst, 1661 II 13 Allianz- und Handelsvertrag von Whitehall
CTS 6, 329 – 335 CTS 6, 336 CTS 6, 361 – 366 CTS 6, 367 CTS 6, 377 – 392 CTS 6, 471 – 494 CTS 6, 366 f.
Duchhardt/Espenhorst, 1661 X 21 Bündnis-, Handels- und Schiffahrtsvertrag von Whitehall
331
Verzeichnis aller bearbeiteten Verträge Datierung
Vertrag
24. 03. 1662 Erklärung Spaniens über die Rangordnung der französischen Könige 24. 05. 1662 Ratifikation des Friedens- und Bündnisvertrags zwischen Portugal und den Niederlanden durch Portugal 14. 09. 1662 Friedens- und Bündnisvertrag zwischen England und den Niederlanden, Whitehall 27. 10. 1662 Vertrag zwischen Großbritannien und Frankreich, London 24. 11. 1662 Ratifikation des Vertrages zwischen Portugal und den Niederlanden durch die Generalstaaten 21. 12. 1662 Ratifikation des Friedens- und Bündnisvertrags vom 14. 09. 1662 zwischen England und den Niederlanden durch die Generalstaaten 24. 12. 1662 Ratifikation des Friedens- und Bündnisvertrags zwischen England und den Niederlanden vom 14. 09. 1662 durch den englischen König 30. 12. 1662 Handelsvertrag zwischen Frankreich und Schweden, Stockholm 03. 01. 1663 Erneuerung der Allianz zwischen Frankreich und Schweden, Stockholm 25. 01. 1663 Erneuerung des Rheinbunds mit Frankreich, Frankfurt 03. 08. 1663 Bündnisvertrag zwischen Frankreich und Dänemark, Paris 03. 08. 1663
06. 03. 1664 11. 04. 1664 10. 08. 1664 01. 03. 1665
Digitalisat/Edition abrufbar Ediert in APW über Duchhardt/Espenhorst, bzw. CTS www.ieg-friedensvertraege.de CTS 7, 93 – 98 CTS 7, 392
CTS 7, 195 – 213
Duchhardt/Espenhorst, 1662 IX 14 Friedensvertrag von Whitehall
CTS 7, 259 – 264 CTS 7, 394 CTS 7, 215 f.
CTS 7, 214
CTS 7, 295 – 303 CTS 7, 307 – 310
Duchhardt/Espenhorst, 1662 XII 20_30 Handelsvertrag von Stockholm Duchhardt/Espenhorst, 1663 I 3 Allianz von Stockholm
CTS 7, 313 – 315 CTS 7, Duchhardt/Espenhorst, 475 – 484; 1663 VII 24_VIII 3 489 – 498 Allianzvertrag von Paris Geheimartikel zum Bündnisvertrag CTS 7, zwischen Frankreich und Dänemark, 484 – 489 Paris Bündnisvertrag zwischen Frankreich CTS 8, Duchhardt/Espenhorst, 1664 III 6 und Brandenburg, Paris Allianzvertrag von Paris 83 – 88 Friedensvertrag zwischen dem Kaiser CTS 8, und dem Osmanischen Reich 109 Friedensvertrag zwischen dem Kaiser CTS 8, und dem Osmanischen Reich 169 – 177 CTS 8, Defensivbündnis zwischen Duchhardt/Espenhorst, 1665 III 1 Großbritannien und Schweden, 265 – 279; Defensivallianz von Stockholm Stockholm 282 – 284
332 Datierung
Anhang Vertrag
01. 03. 1665 Geheimartikel zum Defensiv bündnis zwischen Großbritannien und Schweden, Stockholm 01. 08. 1665 Vergleich zwischen Brandenburg und den Niederlanden, Den Haag 17. 12. 1665 Friedens- und Handelsvertrag zwischen Großbritannien und Spanien, Madrid 17. 12. 1665 Geheimartikel zum Friedens- und Handelsvertrag zwischen Großbritannien und Spanien, Madrid 16. 02. 1666 Defensivbündnis zwischen Brandenburg und den Niederlanden, Kleve 16. 02. 1666 Handelsvertrag zwischen Großbritannien und Schweden, Stockholm 24. 02. 1666 Heiratsvertrag zwischen Alphonso VI. von Portugal und Marie Françoise Elizabeth von Savoyen 27. 03. 1666 Defensivbündnis zwischen Schweden und Brandenburg, Stockholm 27. 03. 1666 Separatartikel zum Defensivbündnis zwischen Schweden und Brandenburg, Stockholm 23. 05. 1666 Defensivbündnis zwischen Dänemark-Norwegen und Brandenburg, Kleve 25. 10. 1666 Quadrupelallianz zwischen Dänemark-Norwegen, Brandenburg, Niederlanden, Braunschweig-Lüneburg 25. 10. 1666 Geheimartikel der Allianz zwischen Dänemark-Norwegen, Brandenburg, den Niederlanden, BraunschweigLüneburg 30. 01. 1667 Waffenstillstand zwischen Polen und Russland, Andrussow 31. 03. 1667 Offensiv- und Defensivbündnis zwischen Frankreich und Portugal, Lissabon 23. 05. 1667 Friedens- und Freundschaftsvertrag zwischen Großbritannien und Spanien, Madrid
Digitalisat/Edition abrufbar Ediert in APW über Duchhardt/Espenhorst, bzw. CTS www.ieg-friedensvertraege.de CTS 8, 280 f. CTS 8, 305 – 311 CTS 8, 397 – 410
Duchhardt/Espenhorst, 1665 XII 17 Friedensvertrag von Madrid
CTS 8, 416 – 421 CTS 9, 23 – 46 CTS 9, 11 – 20 CTS 9, 99 – 107
Duchhardt/Espenhorst, 1666 II 16 Defensivallianz von Kleve
CTS 9, 111 – 119 CTS 9, 120 f.
Duchhardt/Espenhorst, 1666 III 27 Defensivallianz von Stockholm
CTS 9, 169 – 176
Duchhardt/Espenhorst, 1666 V 23 Defensivallianz von Kleve
CTS 9, 325 – 344
Duchhardt/Espenhorst, 1666 X 15_25 Defensivallianz von Den Haag
CTS 9, 344 f.
CTS 9, 401 – 417 CTS 10, 3 – 17 CTS 10, 65 – 108
Duchhardt/Espenhorst, 1667 III 31 Allianzvertrag von Lissabon Duchhardt/Espenhorst, 1667 V 23 Friedens- und Freundschaftsvertrag von Madrid
333
Verzeichnis aller bearbeiteten Verträge Datierung
Vertrag
23. 05. 1667 Geheimartikel zum Friedens- und Freundschaftsvertrag zwischen Großbritannien und Spanien, Madrid 22. 06. 1667 Bündnisvertrag zwischen Schweden und Brandenburg, Stockholm 31. 07. 1667 Friedensvertrag zwischen Frankreich und England, Breda 08. 08. 1667 Ratifikation des Friedensvertrag zwischen Frankreich und England durch den französischen König 21. 09. 1667 Ratifikation des Friedens- und Freundschaftsvertrags zwischen England und Spanien, Westminster 19. 01. 1668 Friedens- und Freundschaftsvertrag zwischen Frankreich und Österreich, Wien 23. 01. 1668 Bündnisvertrag zwischen Großbritannien, den Niederlanden und Schweden, Den Haag 23. 01. 1668 Zusatzartikel zum Bündnisvertrag zwischen Großbritannien, den Niederlanden und Schweden, Den Haag 23. 01. 1668 Beitritt von Schweden zum Bündnisvertrag zwischen Großbritannien und den Niederlanden, Den Haag 23. 01. 1668 Zusatzartikel zum Bündnisvertrag zwischen Großbritannien, den Niederlanden und Schweden, Den Haag (in der schwedischen Beitrittserklärung) 13. 02. 1668 Friedensvertrag zwischen Spanien und Portgual, Lissabon 23. 02. 1668 Ratifikation des Friedensvertrags zwischen Spanien und Portugal durch die spanische Königin 01. 03. 1668 Bündnisvertrag zwischen Frankreich und Brandenburg, Warschau 27. 03. 1668 Kapitulation und Heiratsvertrag zwischen Don Pedro von Portugal und Prinzessin Marie-FrançoiseElisabeth
Digitalisat/Edition abrufbar Ediert in APW über Duchhardt/Espenhorst, bzw. CTS www.ieg-friedensvertraege.de CTS 10, 109 f.
CTS 10, 179 – 186 CTS 10, 217 – 225 CTS 10, 229
Duchhardt/Espenhorst, 1667 VII 31 Friedensvertrag von Breda
CTS 10, 111 CTS 10, 387 – 396 CTS 10, 414 – 413
Duchhardt/Espenhorst, 1668 I 19 Teilungsvertrag des spanischen Erbes von Wien Duchhardt/Espenhorst, 1668 I 23 Allianz von Den Haag
CTS 10, 414 – 416
CTS 10, 416 – 418 CTS 10, 419 – 421
CTS 10, 427 f. CTS 10, 435 – 440 CTS 10, 457 – 462 CTS 10, 485 – 490
Duchhardt/Espenhorst, 1668 II 13 Friedensvertrag von Lissabon unter der Vermittlung Großbritanniens
334 Datierung
02. 05. 1668 05. 05. 1668
06. 05. 1668 30. 07. 1669
31. 07. 1669
19. 09. 1669
10. 10. 1669
31. 12. 1669
Anhang Vertrag
Ediert in APW bzw. CTS Friedensvertrag zwischen Frankreich CTS 11, und Spanien, Aachen 13 – 31 CTS 11, Tripelallianz zwischen Groß britannien, Schweden und den 41 – 47 Niederlanden, Westminster Bündnisvertrag zwischen dem Kaiser CTS 11, und Schweden, Stockholm 59 – 64 Bündnis- und Handelsvertrag CTS 11, zwischen Portugal und den 189 – 198 Niederlanden, Den Haag CTS 11, Zusatzartikel zum Bündnis- und Handelsvertrag zwischen Portugal 202 – 204 und den Niederlanden Freundschafts- und Handelsvertrag CTS 11, zwischen England und Savoyen, 219 – 243 Florenz Ratifikation des Bündnis- und Han- CTS 11, delsvertrags zwischen Portugal und 204 – 206 den Niederlanden durch Portugal Geheimbündnis zwischen FrankCTS 11, reich und Brandenburg, Berlin 283 – 288
24. 01. 1670 Ratifikation des Geheimbündnisses zwischen Frankreich und Brandenburg durch den französischen König 17. 03. 1670 Friedensvertrag zwischen Polen und Russland, Radzin 01. 06. 1670 Geheimvertrag zwischen Großbritannien und Frankreich, Dover 01. 06. 1670 Geheimartikel zum Vertrag von Dover 24. 06. 1670 Ratifikation des Geheimvertrags von Dover durch Karl II. 11. 07. 1670 Friedens- und Handelsvertrag zwischen Großbritannien und Dänemark, Kopenhagen 18. 07. 1670 Friedensvertrag zwischen Großbritannien und Spanien, Westminster 01. 11. 1671 Vertrag zwischen Frankreich und dem Reich, Wien 12. 02. 1672 Bündnisvertrag zwischen Großbritannien und Frankreich, Whitehall 09. 04. 1672 Friedensvertrag zwischen Polen und Russland, Moskau
Digitalisat/Edition abrufbar über Duchhardt/Espenhorst, www.ieg-friedensvertraege.de Duchhardt/Espenhorst, 1668 V 2 Friedensvertrag von Aachen Duchhardt/Espenhorst, 1668 IV 25_V 5 Tripelallianz von Westminster Duchhardt/Espenhorst, 1668 V 16 Defensivallianz von Stockholm Duchhardt/Espenhorst, 1669 VII 30 und 31 Allianz- und Handelsvertrag von Den Haag (mit Separatartikel) Duchhardt/Espenhorst, 1669 VII 30 und 31 Allianz- und Handelsvertrag von Den Haag (mit Separatartikel)
Duchhardt/Espenhorst, 1669 XII 31 Allianzvertrag von Cölln an der Spree
CTS 11, 288 CTS 11, 291 – 293 CTS 11, 297 – 307 CTS 11, 307 – 311 CTS 11, 311 f. CTS 11, 349 – 381 CTS 11, 385 – 401 CTS 12, 53 – 57 CTS 12, 153 f. CTS 12, 187 – 193
Duchhardt/Espenhorst, 1670 VI 1 Geheimvertrag von Dover
Duchhardt/Espenhorst, 1670 VII 11 Allianz- und Handelsvertrag von Kopenhagen
Duchhardt/Espenhorst, 1671 XI 1 Allianzvertrag von Wien
Verzeichnis aller bearbeiteten Verträge Datierung
26. 04. 1672 27. 04. 1672/ 30. 08. 1672 23. 06. 1672 23. 06. 1672
13. 07. 1672
25. 07. 1672 05. 06. 1673
06. 06. 1673
01. 07. 1673
28. 08. 1673
30. 08. 1673 01. 12. 1673
01. 12. 1673
31. 12. 1673 31. 12. 1673
26. 01. 1674
335
Digitalisat/Edition abrufbar Ediert in APW über Duchhardt/Espenhorst, bzw. CTS www.ieg-friedensvertraege.de Defensivbündnis zwischen Branden- CTS 12, burg und den Niederlanden, Berlin 309 – 317 CTS 12, Abkommen zwischen Frankreich und Savoyen, St. Germain-en-Laye/ 375 – 379 Turin Defensivbündnis zwischen dem CTS 12, Kaiser und Brandenburg, Berlin 335 – 337 Geheimartikel zum Defensivbünd- CTS 12, 338 f. nis zwischen dem Kaiser und dem brandenburgischen Kurfürsten CTS 12, Kaiserliche Ratifikation zum 340 f. Defensivbündnis zwischen dem Kaiser und dem brandenburgischen Kurfürsten Bündnisvertrag zwischen dem Reich CTS 12, Duchhardt/Espenhorst, 1672 VII 25 und den Niederlanden, Den Haag 365 – 371 Defensivallianz von Den Haag CTS 12, Duchhardt/Espenhorst, 1673 VI 5 Kapitulation zwischen Frankreich und dem Osmanischen Reich, 465 – 476 Kapitulation zu Adrianopel zwiAdrianopel schen Ludwig XIV. und Mehmed IV. Friedensvertrag zwischen Frankreich CTS 12, Duchhardt/Espenhorst, 1673 VI 6 (und England) und Brandenburg, 479 – 483 Friedensvertrag von Vossem im Lager in Vossem Bündnisvertrag zwischen dem Reich, CTS 12, Duchhardt/Espenhorst, 1673 VII 1 Spanien, den Niederlanden und 487 – 490 Allianz von Den Haag Lothringen, Den Haag CTS 13, Offensiv- und Defensivbündnis zwischen dem Reich und Spanien, 25 – 34 Rockizau Vertrag zwischen dem Reich und CTS 13, Duchhardt/Espenhorst, 1673 VIII den Niederlanden, Den Haag 30 Allianz von Den Haag 51 – 54 Defensivbündnis zwischen CTS 13, Duchhardt/Espenhorst, 1673 XII 1 Defensivallianz von Cölln an der Schweden und Brandenburg, Berlin 69 – 79 Spree Separatartikel zum Defensivbündnis CTS 13, zwischen Schweden und Branden- 79 – 81 burg, Berlin Bündnisvertrag zwischen dem Reich, CTS 13, Spanien und Trier, Wien 85 – 88 Geheimartikel zum Bündnisvertrag CTS 13, zwischen dem Reich, Spanien und 88 – 90 Trier, Wien Defensivbündnis zwischen dem CTS 13, Duchhardt/Espenhorst, 1674 I 16 Reich und Dänemark, Kopenhagen 115 – 119 Allianzvertrag von Kopenhagen Vertrag
336 Datierung
Anhang Vertrag
26. 01. 1674 Geheimartikel zum Defensivbündnis zwischen dem Reich und Dänemark, Kopenhagen 19. 02. 1674 Friedensvertrag zwischen England und den Niederlanden, Westminster 19. 02. 1674 Geheimartikel zum Friedensvertrag zwischen England und den Niederlanden, Westminster 01. 07. 1674 Bündnisvertrag zwischen dem Reich, Spanien, den Niederlanden, Brandenburg, Berlin 11. 06. 1675 Vertrag zwischen Frankreich und Polen, Javarov 01. 09. 1675 Kapitulation zwischen England und dem Osmanischen Reich, Adrianopel 15. 09. 1675 Allianzvertrag zwischen DänemarkNorwegen und Brandenburg, Dobran 19. 10. 1675 Abkommen zwischen dem Reich und Russland, Moskau 25. 10. 1675 Vertrag zur Wiederherstellung des Handels zwischen Frankreich und Spanien, Château de Freyr 09. 12. 1675 Ratifikation des Vertrags zur Wiederherstellung des Handels zwischen Frankreich und Spanien 23. 12. 1676 Geheimartikel zum Bündnisvertrag zwischen Dänemark-Norwegen und Brandenburg, Kopenhagen 23. 12. 1676 Bündnisvertrag zwischen Dänemark- Norwegen und Brandenburg, Kopenhagen 24. 04. 1677 Bündnis zwischen dem Reich und Polen, Wien/Warschau 13. 05. 1677 Defensivbündnis zwischen Dänemark-Norwegen, Brandenburg und Münster, Delmenhorst 24. 06. 1677 Vertrag zwischen dem Reich, Spanien, Dänemark-Norwegen, den Niederlanden und Brandenburg, Minden 03. 03. 1678 Bündnisvertrag zwischen Großbritannien und den Niederlanden, Westminster
Digitalisat/Edition abrufbar Ediert in APW über Duchhardt/Espenhorst, bzw. CTS www.ieg-friedensvertraege.de CTS 13, 119 – 121 CTS 13, 125 – 138 CTS 13, 138 f.
Duchhardt/Espenhorst, 1674 II 19 Friedensvertrag von Westminster
CTS 13, 193 – 201 CTS 13, 401 – 404 CTS 13, 431 – 461 CTS 13, 477 – 480 CTS 13, 323 – 334 CTS 14, 21 – 26
1675 X 25 Konvention von Freyr zur Wiederaufnahme des Handels mit den spanischen Niederlanden
CTS 14, 26 CTS 14, 155 – 161 CTS 14, 149 – 154 CTS 14, 211 – 223 CTS 14, 239 – 253
1677 V 3_13 Defensivvertrag von Delmenhorst
CTS 14, 273 – 275
CTS 14, 313 f.
Duchhardt/Espenhorst, 1678 III 3 Defensivallianz von Westminster
337
Verzeichnis aller bearbeiteten Verträge Datierung
Vertrag
Ediert in APW bzw. CTS 08. 03. 1678 Allianz zwischen den Niederlanden CTS 14, und Brandenburg, Berlin 291 – 308 08. 03. 1678 Zusatzartikel zur Allianz zwischen CTS 14, den Niederlanden und Branden308 – 310 burg, Berlin 10. 08. 1678 Friedensvertrag zwischen Frankreich CTS 14, und den Niederlanden, Nijmegen 367 – 374 17. 08. 1678 Waffenstillstand zwischen Polen und Russland, Moskau 18. 08. 1678 Ratifikation des Friedens von Nijmegen mit den Niederlanden durch den französischen König 17. 09. 1678 Friedensvertrag zwischen Frankreich und Spanien, Nijmegen 05. 02. 1679 Friedensvertrag zwischen Kaiser und Reich und Frankreich, Nijmegen 05. 02. 1679 Friede zwischen Kaiser und Reich und Schweden, Nijmegen
CTS 14, 227 – 229 CTS 14, 374 f.
26. 02. 1679 Ratifikation des Friedens von Nijmegen mit Kaiser und Reich durch Ludwig XIV. 23. 03. 1679 Ratifikation des Friedens von Nijmegen durch die Reichsstände 19. 04. 1679 Ratifikation des Friedens von Nijmegen durch den Kaiser 29. 06. 1679 Friedensvertrag zwischen Frankreich und Schweden und Brandenburg, St-Germain-en-Laye 11. 07. 1679 Ratifikation des Friedens zwischen Frankreich/Schweden und Brandenburg durch Brandenburg 30. 07. 1679 Ratifikation des Friedenvertrags zwischen Frankreich/Schweden und Brandenburg durch Frankreich 11. 01. 1681 Defensivbündnis zwischen Frankreich und Brandenburg, Berlin
CTS 15, 24 f.
11. 01. 1681 Geheimartikel zum Defensiv bündnis zwischen Frankreich und Brandenburg, Berlin 07. 05. 1681 Vorläufiger Vertrag zwischen Spanien und Portugal, Lissabon
CTS 14, 443 – 491 CTS 15, 3 – 16 CTS 15, 69 – 78
CTS 15, 21 – 23 CTS 15, 20 CTS 15, 181 – 188
Digitalisat/Edition abrufbar über Duchhardt/Espenhorst, www.ieg-friedensvertraege.de 1678 II 26_III 8 Defensivvertrag von Cölln an der Spree
Duchhardt/Espenhorst, 1678 VIII 10 Friedensvertrag von Nijmegen
Duchhardt/Espenhorst, 1678 IX 17 Friedensvertrag von Nijmegen Duchhardt/Espenhorst, 1679 II 5 Friedensvertrag von Nijmegen Duchhardt/Espenhorst, 1679 I 26_II 5 Friedensvertrag von Nijmegen
Duchhardt/Espenhorst, 1679 VI 29 Friedensvertrag von Saint-Germain- en-Laye
CTS 15, 188 f. CTS 15, 191 – 193 CTS 16, 65 – 70 CTS 16, 70 – 72 CTS 16, 83 – 89
Duchhardt/Espenhorst, 1681 I 11 Allianzvertrag von Cölln an der Spree
338 Datierung
Anhang Vertrag
Ediert in APW bzw. CTS CTS 16, 171 – 179
31. 01. 1682 Defensivbündnis zwischen Dänemark-Norwegen und Brandenburg, Berlin 22. 10. 1682 Bündnisvertrag zwischen dem Reich CTS 16, und Schweden, Stockholm 273 – 279 24. 11. 1682 Defensivbündnis zwischen Frankreich und Savoyen, Turin 16. 02. 1683 Abkommen zwischen dem Kaiser, Spanien, Schweden und den Niederlanden, Den Haag 25. 10. 1683 Geheimbündnis zwischen Brandenburg und Frankreich, Potsdam 07. 01. 1684 Abkommen zwischen Schweden und Brandenburg, Berlin 26. 02. 1684 Defensivbündnis zwischen Dänemark, Köln und Brandenburg, Köln
CTS 16, 283 – 291 CTS 16, 327 – 346
26. 02. 1684 Geheimartikel zum Defensiv bündnis zwischen Dänemark, Köln und Brandenburg, Köln 05. 03. 1684 Bündnis zwischen dem Kaiser, Polen und Venedig, Linz
CTS 16, 492 – 494
10. 08. 1684 Abkommen zwischen DänemarkNorwegen und Russland, Moskau 15. 08. 1684 Waffenstillstand für 20 Jahre zwischen dem Reich und Frankreich, Regensburg („Regensburger Stillstand“) 18. 08. 1684 Kaiserliche Ratifikation des Waffenstillstands für 20 Jahre zwischen dem Reich und Frankreich 28. 08. 1684 Französische Ratifikation des Waffenstillstands für 20 Jahre zwischen dem Reich und Frankreich 17. 08. 1685 Erneuerung des Bündnisses zwischen England und den Niederlanden, Windsor 04. 01. 1686 Abkommen zwischen dem Kaiser und Brandenburg, Berlin 10. 02. 1686 Defensivbündnis zwischen Schweden und Brandenburg, Berlin
CTS 16, 467 – 470 CTS 16, 481 – 483 CTS 16, 487 – 492
Digitalisat/Edition abrufbar über Duchhardt/Espenhorst, www.ieg-friedensvertraege.de Duchhardt/Espenhorst, 1682 I 31 Defensivallianz von Berlin Duchhardt/Espenhorst, 1682 X 12_22 Defensivallianz von Stockholm Duchhardt/Espenhorst, 1682 XI 24 Bündnisvertrag von Turin
Duchhardt/Espenhorst, 1683 X 25 Allianzvertrag von Potsdam
Duchhardt/Espenhorst, 1684 II 16_26 Defensivallianz von Köln
CTS 17, 3 – 11, 30 – 32 CTS 17, 117 – 124 CTS 17, Duchhardt/Espenhorst, 129 – 134, 1684 VIII 15 Waffenstillstand 137 – 149 von Regensburg CTS 17, 134 – 136 CTS 17, 136 CTS 17, 301 – 304 CTS 17, 439 – 453 CTS 17, 463 – 468
Duchhardt/Espenhorst, 1685 VIII 17 Bestätigung und Erneuerung früherer Verträge
Duchhardt/Espenhorst, 1686 II 10 Defensivallianz von Berlin
339
Verzeichnis aller bearbeiteten Verträge Datierung
Vertrag
10. 02. 1686 Geheimartikel zum Defensiv bündnis zwischen Schweden und Brandenburg, Berlin 01. 04. 1686 Geheimbündnis zwischen dem Kaiser und Brandenburg, Berlin 06. 05. 1686 Offensivbündnis zwischen Russland und Polen, Moskau 17. 05. 1686 Abkommen zwischen Kaiser und Brandenburg, Berlin 06. 07. 1686 Bündnis zwischen dem Reich, Spanien, Schweden, etc., Augsburg (Augsburger Allianz) 22. 05. 1687 Heiratsvertrag zwischen dem portugiesischen König und der Tochter des pfälzischen Kurfürsten, Mannheim 26. 06. 1687 Abkommen zwischen Brandenburg und Russland, Berlin 10. 10. 1687 Abkommen zwischen dem Kaiser und dem Kurfürsten von Brandenburg, Berlin 07. 02. 1688 Handels- und Freundschaftsvertrag zwischen Brandenburg und Russland, Moskau 30. 06. 1688 Allianzvertrag zwischen Brandenburg und den Niederlanden 29. 07. 1688 Erneuerung des Vertrags von Wehlau zwischen Polen und Brandenburg, Warschau 08. 10. 1688 Defensivallianz zwischen Dänemark und Brandenburg, Berlin 29. 04. 1689 Abkommen zur Ausrüstung einer Flotte zwischen England und den Niederlanden 24. 08. 1689 Allianz- und Freundschaftsvertrag Englands mit den Niederlanden, Whitehall 25. 08. 1689 Allianzvertrag zwischen England und Dänemark, Kopenhagen 16. 05. 1690 Bündnisvertrag zwischen Großbritannien und Brandenburg, Westminster 03. 06. 1690 Vertrag zwischen Spanien und Savoyen, Mailand
Digitalisat/Edition abrufbar Ediert in APW über Duchhardt/Espenhorst, bzw. CTS www.ieg-friedensvertraege.de CTS 17, 468 f. CTS 17, 473 – 482 CTS 17, 493 – 504 CTS 18, 3 – 6 CTS 18, 23 – 49 CTS 18, 123 – 130
CTS 18, 151 – 155 CTS 18, 169 – 172 CTS 18, 211 – 219 CTS 18, 239 – 244 CTS 18, 279 – 288 CTS 18, 303 f. CTS 18, 347 – 352 CTS 18, 487 – 490 CTS 18, 471 – 478 CTS 19, 53 – 58 CTS 19, 61 – 65
Duchhardt/Espenhorst, 1688 VI 30 Erneuerung früherer Allianzen Duchhardt/Espenhorst, 1688 VII 29 Verlängerungsvertrag von Warschau betr. Wehlau, Bromberg
Duchhardt/Espenhorst, 1689 IV 29 Allianz von Whitehall Duchhardt/Espenhorst, 1689 VIII 24 Offensiv- und Defensivallianz von Westminster
340 Datierung
04. 06. 1690 03. 11. 1690
24. 12. 1690 18. 04. 1692 27. 11. 1692 21. 05. 1694
23. 10. 1694 20. 12. 1694
01. 01. 1696 29. 08. 1696
30. 08. 1696
07. 09. 1696
07. 10. 1696
29. 10. 1696
08. 11. 1696
08. 02. 1697 22. 06. 1697
Anhang Digitalisat/Edition abrufbar Ediert in APW über Duchhardt/Espenhorst, bzw. CTS www.ieg-friedensvertraege.de Bündnisvertrag zwischen dem Kaiser CTS 19, und Savoyen, Turin 69 – 71 Bündnisvertrag zwischen England, CTS 19, Dänemark und den Niederlanden, 111 – 121 Kopenhagen Vertrag zwischen dem Kaiser und CTS 19, Brandenburg, Berlin 133 – 140 Abkommen zwischen Dänemark CTS 19, und Brandenburg, Berlin 463 – 467 Vertrag zwischen Portugal und den CTS 20, Niederlanden 103 – 105 Bündnisvertrag zwischen England, CTS 20, Duchhardt/Espenhorst, 1694 V 21 den Niederlanden und Braun381 – 388 Bestätigung betr. 1691 V 14 schweig-Wolfenbüttel, Den Haag/ Breda Abkommen zwischen England und CTS 20, Brandenburg, Den Haag 451 – 455 CTS 20, Vertrag zwischen dem Kaiser und 459 dem Kurfürst von Brandenburg, Berlin Bündnisvertrag zwischen Pedro II. CTS 21, von Portugal und Ludwig XIV. 131 – 133 Friedensvertrag zwischen Frankreich CTS 21, Duchhardt/Espenhorst, 1696 VI 29 und Savoyen, Turin 193 – 201 und 1696 VIII 29 Friedensvertrag von Turin Ratifikation des Friedens zwischen CTS 21, 202 f. Frankreich und Savoyen durch Savoyen, Turin Ratifikation des Friedens zwischen CTS 21, Frankreich und Savoyen durch den 201 f. französischen König, Versailles CTS 21, Duchhardt/Espenhorst, 1696 X 7 Vertrag zwischen dem Kaiser, Spanien und Savoyen (und Frank225 – 229 Erster Waffenstillstandsvertrag von reich), Vigevano Vigevano (trat nicht in Kraft) Ratifikation des Vertrags zwischen CTS 21, 230 f. Kaiser – Spanien – Savoyen durch den Kaiser, Wien Ratifikation des Vertrags zwischen CTS 21, 231 f. Kaiser – Spanien – Savoyen durch Spanien, Madrid Bündnis zwischen dem Kaiser, CTS 21, Russland und Venedig, Wien 289 – 295 Bündnisvertrag zwischen Branden- CTS 21, burg und Russland, Königsberg 307 – 312 Vertrag
341
Verzeichnis aller bearbeiteten Verträge Datierung
Vertrag
Ediert in APW bzw. CTS 20. 09. 1697 Friedensvertrag zwischen Frankreich CTS 21, und den Niederlanden, Rijswijk 349 – 357 20. 09. 1697 Friedensvertrag zwischen Frankreich und Spanien, Rijswijk 20. 09. 1697 Friedensvertrag zwischen Frankreich und Großbritannien, Rijswijk 25. 09. 1697 Ratifikation des Friedens zwischen Frankreich und England durch den englischen König 03. 10. 1697 Ratifikation des Friedens zwischen Frankreich und Spanien durch den französischen König, Fontainebleau 03. 10. 1697 Ratifikation des Friedens zwischen Frankreich und den Niederlanden durch den französischen König, Fontainebleau 03. 10. 1697 Ratifikation des Friedens zwischen Frankreich und England durch den französischen König, Fontainebleau 08. 10. 1697 Ratifikation des Friedens zwischen Frankreich und Spanien durch den spanischen König, Madrid 10. 10. 1697 Ratifikation des Friedens zwischen Frankreich und den Niederlanden durch die Generalstaaten, Den Haag 30. 10. 1697 Friedensvertrag zwischen dem Reich und Frankreich, Rijswijk
CTS 21, 455 – 469 CTS 21, 411 – 419 CTS 21, 420 f.
14. 11. 1697 Ratifikation des Friedens zwischen dem Reich und Frankreich durch den französischen König, Meudon 07. 12. 1697 Ratifikation des Friedens zwischen dem Reich und Frankreich durch den Kaiser, Wien 07. 06. 1698 Geheime Absprache zwischen polnischem König und brandenburgischem Kurfürsten, Johansburgk 11. 10. 1698 Erster Teilungsvertrag zwischen Frankreich, England und den Niederlanden, Loo/Den Haag 26. 01. 1699 Friedensvertrag zwischen dem Kaiser und dem Osmanischen Reich, Karlowitz
CTS 22, 45 – 47
Digitalisat/Edition abrufbar über Duchhardt/Espenhorst, www.ieg-friedensvertraege.de Duchhardt/Espenhorst, 1697 IX 20 Friedensvertrag von Rijswijk (Frankreich, Generalstaaten)
CTS 21, 477 f. CTS 21, 365 f.
CTS 21, 425 – 427 CTS 21, 481 – 483 CTS 21, 366 – 368 CTS 22, 7 – 30
Duchhardt/Espenhorst, 1697 X 30 Friedensvertrag von Rijswijk (Frankreich, Reich)
CTS 22, 43 – 45 CTS 22, 161 f. CTS 22, 199 – 206 CTS 22, 221 – 233
Duchhardt/Espenhorst, 1698 X 11 Teilungsvertrag über das spanische Erbe von Den Haag Duchhardt/Espenhorst, 1699 I 26 Friede von Karlowitz
342 Datierung
Anhang Vertrag
12. 12. 1699 Vertrag zwischen Brandenburg und Polen, Warschau 23. 01. 1700 Bündnisvertrag zwischen England, den Niederlanden und Schweden, Den Haag/London
Ediert in APW bzw. CTS CTS 22, 411 – 417 CTS 22, 429 – 440
04. 03. 1700 Vorläufiger Vertrag zwischen Frankreich und Portugal, Lissabon
CTS 22, 465 – 470
06. 04. 1700 Geheimer Bündnisvertrag zwischen Brandenburg und Dänemark, Berlin 15. 10. 1700 Ratifikation des Beitritts Portugals zum Vertrag zwischen Frankreich, England und den Niederlanden durch Portugal, Lissabon 15. 10. 1700 Beitritt Portugals zum Vertrag zwischen Frankreich, England und den Niederlanden, Lissabon 16. 11. 1700 Erneuerung der Geheimallianz zwischen dem Kaiser und Brandenburg, Wien 1701 Bündnisvertrag zwischen Frankreich, Spanien und Portugal (nicht zum Abschluss gelangt) 24. 02. 1701 Bündnisvertrag zwischen Frankreich, Spanien und Mantua, Venedig 24. 02. 1701 Ratifikation des Bündnisses zwischen Frankreich, Spanien und Mantua durch Mantua, Venedig 09. 03. 1701 Bündnisvertrag zwischen Bayern und Frankreich, Versailles 19. 03. 1701 Ratifikation des Bündnisses zwischen Frankreich, Spanien und Mantua durch den spanischen König, Madrid 21. 03. 1701 Ratifikation des Bündnisses zwischen Köln – Frankreich durch den französischen König, Versailles 21. 03. 1701 Ratifikation des Bündnisvertrags zwischen Bayern und Frankreich durch den französischen König, Versailles
CTS 22, 485 – 490 CTS 23, 157
Digitalisat/Edition abrufbar über Duchhardt/Espenhorst, www.ieg-friedensvertraege.de
Duchhardt/Espenhorst, 1700 I 13_23 und 1700 I 20_30 Defensivallianz von Den Haag und London Duchhardt/Espenhorst, 1700 III 4 Vorläufiger Vertrag von Lissabon über den Besitz der Gebiete zwischen Cayenne und dem Amazonasufer
CTS 23, 147 – 149 CTS 23, 167 – 180 CTS 23, 189 f. CTS 23, 215 – 224 CTS 23, 223 f. CTS 23, 263 – 267 CTS 23, 224
CTS 23, 206 f. CTS 23, 267
Duchhardt/Espenhorst, 1701 III 9 Allianzvertrag von Versailles
343
Verzeichnis aller bearbeiteten Verträge Datierung
06. 04. 1701 07. 04. 1701
07. 04. 1701
07. 04. 1701
15. 06. 1701
18. 06. 1701 18. 06. 1701
Vertrag
Ediert in APW bzw. CTS Bündnisvertrag zwischen FrankCTS 23, reich, Spanien und Savoyen, Turin 295 – 304 Spanischer Beitritt zum Bündnisver- CTS 23, trag zwischen Köln und Frankreich, 207 Brüssel CTS 23, Ratifikation des Beitritts Spaniens 207 f. zum Bündnis Frankreich – Köln durch den spanischen König, Madrid CTS 23, Ratifikation des Bündnisvertrags Bayern, Frankreich, Spanien durch 268 f. den spanischen König, Madrid Bündnisvertrag zwischen England, CTS 23, den Niederlanden und Dänemark, 339 – 350 Kopenhagen Bündnisvertrag zwischen Frankreich CTS 23, und Portugal, Lissabon 437 – 446 Bündnisvertrag zwischen Portugal CTS 23, und Spanien, Lissabon 401 – 417
18. 06. 1701 Ratifikation des Bündnisvertrags zwischen Spanien – Portugal durch den portugiesischen König, Lissabon 01. 07. 1701 Ratifikation des Bündnisvertrags zwischen Portugal – Spanien durch den spanischen König, Madrid 07. 09. 1701 Zweite Große Allianz zwischen dem Kaiser, England und den Niederlanden, Den Haag 19. 09. 1701 Ratifikation der zweiten großen Allianz durch den Kaiser, Ebersdorf 30. 12. 1701 Abkommen zwischen England, den Niederlanden und Preußen, Den Haag/London 16. 12. 1702 Vertrag zwischen dem Kaiser und Preußen, Wien 23. 12. 1702 Ratifikation des Bündnisses mit dem Kaiser durch Preußen, Berlin 11. 04. 1703 Abkommen zwischen dem Kaiser, England, den Niederlanden, Den Haag
Digitalisat/Edition abrufbar über Duchhardt/Espenhorst, www.ieg-friedensvertraege.de Duchhardt/Espenhorst, 1701 IV 6 Bündnisvertrag von Turin
Duchhardt/Espenhorst, 1701 VI 15 Defensivallianz von Kopenhagen Duchhardt/Espenhorst, 1701 VI 18 Allianzvertrag von Lissabon Duchhardt/Espenhorst, 1701 VI 18 Allianzvertrag von Lissabon zur Anerkennung des Testaments von Carlos II.
CTS 23, 417 f.
CTS 23, 409 CTS 24, 13 – 28 CTS 24, 21 f. CTS 24, 77 – 83 CTS 24, 293 – 298 CTS 24, 298 CTS 24, 349
Duchhardt/Espenhorst, 1701 XII 30 Allianz von Den Haag
344 Datierung
Anhang Vertrag
Ediert in APW bzw. CTS CTS 24, 377 – 407
16. 05. 1703 Bündnis zwischen dem Kaiser, Portugal, Spanien, England und den Niederlanden, Lissabon 29. 07. 1703 Bündnisvertrag zwischen Schweden CTS 24, und Preußen, Den Haag 441 – 449 06. 08. 1703 Ratifikation des Bündnisses zwischen Preußen und Schweden durch Preußen 08. 11. 1703 Bündnisvertrag zwischen dem Kaiser und Savoyen, Turin 10. 11. 1703 Vertrag zwischen Portugal und Spanien, Lissabon 27. 12. 1703 Handelsvertrag zwischen England und Portugal, Lissabon 04. 08. 1704 Vertrag zwischen England und Savoyen, Turin 30. 08. 1704 Bündnisvertrag zwischen Polen und Russland, Narva 28. 11. 1704 Vertrag zwischen England und Preußen, Berlin 20. 02. 1705 Vertrag zwischen England und Portugal, London 07. 08. 1705 Handelsvertrag zwischen den Niederlanden und Portugal, Lissabon 13. 03. 1707 Vertrag zwischen Kaiser, England und Graubünden, Coire 10. 07. 1707 Friedens- und Handelsvertrag zwischen Großbritannien und Spanien, Barcelona 16. 08. 1707 Bündnisvertrag zwischen Preußen und Schweden, Berlin 01. 09. 1707 Konvention zwischen dem Kaiser und Schweden, Altranstädt 06. 09. 1707 Ratifikation des Abkommens zwischen dem Kaiser und Schweden, Wien 09. 01. 1708 Ratifikation des Friedens vom 10. 07. 1707 zwischen England und Spanien durch Spanien, Barcelona 24. 06. 1708 Heiratsvertrag Österreich – Portugal, Wien
Digitalisat/Edition abrufbar über Duchhardt/Espenhorst, www.ieg-friedensvertraege.de Duchhardt/Espenhorst, 1703 V 16 Offensiv- und Defensivallianz von Lissabon Duchhardt/Espenhorst, 1703 VII 19_29 Bündnis von Den Haag
CTS 24, 450 CTS 24, 483 – 499 CTS 25, 3 – 6 CTS 25, 39 – 43 CTS 25, 99 – 118 CTS 25, 149 – 156 CTS 25, 217 – 225 CTS 25, 231 – 234 CTS 25, 301 – 304 CTS 26, 29 – 34 CTS 26, 93 – 113 CTS 26, 123 – 135 CTS 26, 155 – 161 CTS 26, 163 CTS 26, 101 CTS 26, 187 – 193
Duchhardt/Espenhorst, 1703 XI 8 Bündnis von Turin gegen Frankreich
Duchhardt/Espenhorst, 1704 VIII 19 / VIII 30 Angriffsund Schutzbündnis von Narwa
Duchhardt/Espenhorst, 1705 VIII 7 Handelsvertrag von Lissabon
345
Verzeichnis aller bearbeiteten Verträge Datierung
Vertrag
28. 05. 1709 Präliminarartikel zwischen dem Kaiser, England, den Niederlanden und Frankreich, Den Haag 01. 11. 1709 Bündnisvertrag zwischen Preußen und Russland, Marienwerde 01. 04. 1710 Vertrag zwischen Russland und dem Osmanischen Reich, Konstantinopel 20. 08. 1710 Erklärung und Gegenerklärung zwischen England und Russland, Moskau/St. Petersburg 09. 06. 1711 Vertrag zwischen Russland, Polen und Dänemark, Jaroslav 21. 07. 1711 Friedensvertrag zwischen Russland und dem Osmanischen Reich, Fluss Pruth 08. 10. 1711 Präliminarartikel zwischen Frankreich und England, London 10. 10. 1711 Kapitulation zwischen Frankreich und Portugal, Rio de Janeiro 22. 12. 1711 Bestätigung von Verträgen zwischen England und den Niederlanden, London 18. 08. 1712/ Ratifikation des Waffenstillstands 29. 08. 1712 (Frankreich, Spanien, England) durch die englische Königin, Windsor 19. 08. 1712 Waffenstillstand zwischen Frankreich, Spanien und England, Paris
Ediert in APW bzw. CTS CTS 26, 319 – 329
Digitalisat/Edition abrufbar über Duchhardt/Espenhorst, www.ieg-friedensvertraege.de Duchhardt/Espenhorst, 1709 V 28 Friedenspräliminarartikel von Den Haag
CTS 26, 439 – 447 CTS 26, 459 – 464 CTS 26, 501 – 504 CTS 27, 121 – 126 CTS 27, 151 – 154 CTS 27, 189 – 195 CTS 27, 199 – 201 CTS 27, 205 – 208
Duchhardt/Espenhorst, 1711 VII 22 Friedenskonditionen, unterzeichnet am Fluß Pruth Duchhardt/Espenhorst, 1711 X 8 Präliminarfrieden von London
CTS 27, 322 f.
CTS 27, 317 – 320
24. 09. 1712 Abkommen zwischen Russland und Preußen, Griebewald 07. 11. 1712 Vertrag zwischen Frankreich und Portugal, Utrecht 29. 01. 1713 Zweiter Barrieretraktat zwischen England und den Niederlanden, Utrecht 02. 02. 1713 Ratifikation Grenzgarantievertrag zwischen England und den Niederlanden durch England, London 08. 03. 1713 Abkommen zwischen Großbritannien und Savoyen, Utrecht
CTS 27, 399 CTS 27, 337 – 340 CTS 27, 375 – 394
14. 03. 1713 Abkommen zwischen Frankreich und Savoyen für eine Niederlegung der Waffen, Utrecht
CTS 27, 407 f.
Duchhardt/Espenhorst, 1712 VIII 19 Waffenstillstand von Paris
CTS 27, 394 f. CTS 27, 399 – 403
Duchhardt/Espenhorst, 1713 III 8 Handelskonvention entsprechend der Konvention zwischen England und Spanien von 1667
346 Datierung
Anhang Vertrag
02. 04. 1713 Vertrag zwischen dem Kaiser, Spanien und Preußen, Utrecht 07. 04. 1713 Ratifikation des Friedens zwischen Frankreich und England durch England, London 11. 04. 1713 Friedens- und Freundschaftsvertrag zwischen Frankreich und England, Utrecht 11. 04. 1713 Handels- und Schifffahrtsvertrag zwischen Frankreich und England, Utrecht 11. 04. 1713 Friedens- und Freundschaftsvertrag zwischen Frankreich und Savoyen, Utrecht 11. 04. 1713 Friedens- und Freundschaftsvertrag zwischen Frankreich und Preußen, Utrecht 11. 04. 1713 Friedens- und Freundschaftsvertrag zwischen Frankreich und Portugal, Utrecht 17. 04. 1713 Ratifikation des Friedens mit Frankreich durch den preußischen König, Berlin 18. 04. 1713 Ratifikation des Handelsvertrags zwischen Frankreich und England durch Frankreich, Versailles 18. 04. 1713 Ratifikation des Friedensvertrags mit Preußen durch den französischen König, Versailles 18. 04. 1713 Ratifikation des Friedensvertrags mit Savoyen durch den französischen König, Versailles 18. 04. 1713 Ratifikation des Friedensvertrags zwischen Frankreich und England durch Frankreich, Versailles 25. 04. 1713 Ratifikation des Friedens mit Frankreich durch Savoyen, Turin 10. 06. 1713 Abkommen für die Abtretung Siziliens an Savoyen, Madrid 13. 07. 1713 Friedensvertrag zwischen Savoyen und Spanien, Utrecht 13. 07. 1713 Friedens- und Freundschaftsvertrag zwischen England und Spanien, Utrecht
Digitalisat/Edition abrufbar Ediert in APW über Duchhardt/Espenhorst, bzw. CTS www.ieg-friedensvertraege.de CTS 27, 467 – 474 CTS 27, 494 f. CTS 27, 477 – 490 CTS 28, 3 – 35 CTS 28, 125 – 135
Duchhardt/Espenhorst, 1713 IV 11 Handels- und Schiffahrtsvertrag von Utrecht Duchhardt/Espenhorst, 1713 IV 11 Friede von Utrecht
CTS 28, 143 – 152 CTS 28, 171 – 188 CTS 28, 157 – 159 CTS 28, 32 f. CTS 28, 156 f. CTS 28, 137 f. CTS 28, 495 f. CTS 28, 139 f. CTS 28, 205 – 216 CTS 28, 271 – 293 CTS 28, 297 – 311
Duchhardt/Espenhorst, 1713 VII 13 Zweiter (gültiger) Friedensvertrag von Utrecht
347
Verzeichnis aller bearbeiteten Verträge Datierung
Vertrag
31. 07. 1713 Ratifikation des Friedens mit Spanien durch britische Königin, London 06. 10. 1713 Vertrag zwischen Preußen, Polen und Russland, Schwedt 20. 02. 1714 Bündnisvertrag zwischen Bayern und Frankreich, Versailles
Digitalisat/Edition abrufbar Ediert in APW über Duchhardt/Espenhorst, bzw. CTS www.ieg-friedensvertraege.de CTS 28, 311 CTS 28, 393 – 398 CTS 28, 491 – 497
06. 03. 1714 Friedensvertrag zwischen dem Kaiser, Spanien und Frankreich, Rastatt 17. 03. 1714 Ratifikation des Friedens von Raststatt durch Karl VI., Wien 23. 03. 1714 Ratifikation des Friedens von Rastatt durch Ludwig XIV., Versailles 12. 06. 1714 Bündnis- und Garantievertrag zwischen Preußen und Russland, St. Petersburg 07. 09. 1714 Friedensvertrag zwischen Kaiser und Reich, Spanien und Frankreich, Baden 30. 09. 1714 Ratifikation des Friedens von Baden durch Ludwig XIV. 15. 10. 1714 Ratifikation des Friedens von Baden durch Karl VI. 06. 02. 1715 Friedensvertrag zwischen Portugal und Spanien, Utrecht 15. 11. 1715 Vertrag zwischen Kaiser, Spanien, Großbritannien und den Niederlanden, Antwerpen 18. 12. 1715 Vertrag zwischen Dänemark und Preußen, Stralsund 06. 02. 1716 Vertrag zwischen England und den Niederlanden, Westminster 25. 05. 1716 Bündnisvertrag zwischen dem Kaiser und Großbritannien, Westminster 04. 01. 1717 Bündnisvertrag zwischen Frankreich, Großbritannien und den Niederlanden, Den Haag 15. 08. 1717 Vertrag zwischen Frankreich, Preußen und Russland, Amsterdam
CTS 29, 3 – 24
10. 12. 1717 Abkommen zwischen Preußen und Nassau, Den Haag
CTS 30, 189 – 192
CTS 29, 30 – 32 CTS 29, 32 f. CTS 29, 61 – 63 CTS 29, 143 – 164 CTS 29, 171 – 173 CTS 29, 169 – 171 CTS 29, 203 – 224 CTS 29, 335 – 361 CTS 29, 377 – 382 CTS 29, 415 – 424 CTS 29, 455 – 464 CTS 30, 67 – 76 CTS 30, 161 – 165
Duchhardt/Espenhorst, 1713 X 6 Vertrag von Schwedt Duchhardt/Espenhorst, 1714 II 20 Allianz- und Subsidienvertrag von Versailles Duchhardt/Espenhorst, 1714 III 6 Friedensvertrag von Rastatt
Duchhardt/Espenhorst, 1714 VI 1_12 Allianzvertrag von St. Petersburg Duchhardt/Espenhorst, 1714 IX 7 Friedensvertrag von Baden im Aargau
Duchhardt/Espenhorst, 1715 XI 15 Vertrag von Antwerpen
Duchhardt/Espenhorst, 1716 II 6 Bündniserneuerung
Duchhardt/Espenhorst, 1717 I 4 Tripel-Allianz von Den Haag Duchhardt/Espenhorst, 1717 VIII 15 Allianzvertrag von Amsterdam
348 Datierung
21. 07. 1718
27. 07. 1718
02. 08. 1718
12. 08. 1718
16. 08. 1718
18. 11. 1718
Anhang Vertrag
Ediert in APW bzw. CTS Friedensvertrag zwischen dem Kaiser CTS 30, und dem Osmanischen Reich, 343 – 357 Passarowitz CTS 30, Handels- und Schifffahrtsvertrag zwischen dem Kaiser und dem 397 – 414 Osmanischen Reich, Passarowitz CTS 30, Quadrupelallianz zwischen dem Kaiser, Frankreich, England und 417 – 459 den Niederlanden, London CTS 30, Ratifikation des Friedens von Passarowitz (Kaiser – Osmanisches 357 f. Reich) durch den Kaiser, Wien CTS 30, Ratifikation des Handelsvertrags 406 f. zwischen dem Kaiser und dem Osmanischen Reich durch den Kaiser, Wien CTS 30, Sardiniens Beitritt zur und Anerkennung der Quadrupelallianz, 469 – 479 London/Paris
18. 11. 1718 Friedensvertrag zwischen Kaiser, Reich und Frankreich, Wien 05. 12. 1718 Ratifikation des Beitritts von Sardinien zur Quadrupelallianz durch den französischen König, Paris 22. 12. 1718 Abkommen zwischen dem Kaiser, Großbritannien, den Niederlanden und Spanien, Den Haag 18. 11. 1719 Abkommen zwischen Frankreich, England, dem Reich und Spanien, Den Haag
Digitalisat/Edition abrufbar über Duchhardt/Espenhorst, www.ieg-friedensvertraege.de Duchhardt/Espenhorst, 1718 VII 21 / 1130 AH Friedensvertrag von Passarowitz (Beta-Version) Duchhardt/Espenhorst, 1718 VII 27 / 1130 AH Handelsvertrag von Passarowitz (Beta-Version) Duchhardt/Espenhorst, 1718 VIII 2 Quadrupel-Allianz von London
Duchhardt/Espenhorst, 1718 XI 8_X 28 und 1718 XI 18 Beitritt zur Quadrupel-Allianz von London 1718 VIII 2
CTS 30, 469 f. CTS 30, 475 f. CTS 30, 487 – 503 CTS 31, 73 – 80
01. 02. 1720 Friedensvertrag zwischen Preußen und Schweden, Stockholm 24. 02. 1720 Bündnisvertrag zwischen Preußen und Russland, St. Petersburg 16. 11. 1720 Friedensvertrag zwischen Russland und dem Osmanischen Reich, Konstantinopel
CTS 31, 129 – 147 CTS 31, 157 – 159 CTS 31, 273 – 279
27. 03. 1721 Defensivbündnis zwischen Frankreich und Spanien, Madrid
CTS 31, 289 – 297
13. 06. 1721 Vertrag zwischen England und Spanien, Madrid
CTS 31, 303 – 311
Duchhardt/Espenhorst, 1718 XII 22 Konvention zur Umsetzung des Vertrags von Antwerpen Duchhardt/Espenhorst, 1719 XI 18 Konvention zur Regelung des Beitritts Spaniens zur Quadrupel- Allianz von 1718 VIII 2
Duchhardt/Espenhorst, 1720 XI 16 / 1133 AH Friedens vertrag von Konstantinopel (Beta-Version) Duchhardt/Espenhorst, 1721 III 27 Allianzvertrag von Buen Retiro – Madrid
349
Verzeichnis aller bearbeiteten Verträge Datierung
13. 06. 1721 20. 08. 1721 09. 12. 1723 24. 01. 1724
Vertrag
Ediert in APW bzw. CTS Defensivbündnis zwischen FrankCTS 31, reich, England und Spanien, Madrid 317 – 332 Bündnisvertrag zwischen England CTS 31, und Portugal, Goa 335 – 337 Abkommen zwischen Sardinien und CTS 31, Spanien, Genua 445 – 448 Garantie von Frankreich und CTS 31, England, Cambrai 457 – 462
30. 04. 1725 Friedensvertrag zwischen dem Kaiser und Spanien, Wien 30. 04. 1725 Defensivbündnis zwischen dem Kaiser und Spanien, Wien 26. 05. 1725 Ratifikation des Friedens zwischen Kaiser – Spanien durch den spanischen König 07. 06. 1725 Friedensvertrag zwischen Kaiser und Reich und Spanien, Wien 16. 06. 1725 Ratifikation des Friedens zwischen Kaiser und Spanien durch Kaiser, Paris 24. 07. 1725 Ratifikation des Friedens zwischen Kaiser, Reich, Spanien durch den spanischen König, San Idelfonso 29. 08. 1725 Ratifikation des Friedens zwischen Kaiser, Reich, Spanien durch Kaiser, Wien 03. 09. 1725 Bündnisvertrag zwischen England, Frankreich und Preußen, Hannover 07. 10. 1725 Abkommen zum Heiratsvertrag Portugal und Spanien, San Idelfonso 06. 08. 1726 Bündnisvertrag zwischen dem Kaiser und Russland, Wien 21. 08. 1726 Bündnisvertrag zwischen Preußen und Russland, St. Petersburg 30. 11. 1726 Vertrag zwischen Frankreich und Sardinien, Antibes 16. 04. 1727 Bündnisvertrag zwischen Dänemark, Frankreich, England, Kopenhagen
CTS 32, 39 – 80 CTS 32, 101 – 104 CTS 32, 84 f.
03. 09. 1727 Heiratsvertrag zwischen Portugal und Spanien, Madrid
CTS 32, 481 – 494
Digitalisat/Edition abrufbar über Duchhardt/Espenhorst, www.ieg-friedensvertraege.de Duchhardt/Espenhorst, 1721 VI 13 Allianzvertrag von Madrid
Duchhardt/Espenhorst, 1724 I 24 Garantieakte von Cambrai für die Investitur des Infanten Don Carlos in die Herzogtümer Parma und Toskana
CTS 32, 177 – 200 CTS 32, 85 f. CTS 32, 191 f. CTS 32, 192 – 194 CTS 32, 203 – 211 CTS 32, 221 – 226 CTS 32, 287 – 303 CTS 32, 319 – 328 CTS 32, 361 – 365 CTS 32, 399 – 406
Duchhardt/Espenhorst, 1725 IX 3 Allianzvertrag von Hannover
Duchhardt/Espenhorst, 1727 IV 16 Allianz- und Subsidienvertrag von Kopenhagen
350 Datierung
01. 10. 1727 23. 12. 1728 20. 09. 1729 09. 11. 1729 16. 03. 1731
21. 01. 1732 14. 05. 1732
26. 05. 1732
16. 07. 1733 26. 09. 1733
Anhang Vertrag
Ediert in APW bzw. CTS Heiratsvertrag zwischen Spanien CTS 33, und Portugal, Lissabon 3 – 16 Bündnisvertrag zwischen dem Kaiser CTS 33, und Preußen, Berlin 129 – 142 Erneuerung des Bündnisses zwischen CTS 33, Preußen und Russland, Moskau 251 f. Friedensvertrag zwischen FrankCTS 33, reich, England und Spanien, Sevilla 255 – 266 CTS 33, Friedensvertrag zwischen Kaiser, England und den Niederlanden, 315 – 328 Wien Friedensvertrag zwischen Russland CTS 33, und Persien, Riascha 447 – 451 Vertrag zwischen Preußen CTS 33, und Oranien-Nassau, Berlin 489 – 502 14. 05. 1732/Dieren 16. 06. 1732 CTS 33, Bündnis- und Garantievertrag zwischen Dänemark, dem Kaiser 469 – 486 und Russland, Kopenhagen Bündnisvertrag zwischen Österreich CTS 34, und Sachsen, Wien 71 – 87 Bündnisvertrag zwischen Frankreich CTS 34, und Sardinien, Turin 97 – 109
07. 11. 1733 Bündnisvertrag zwischen Frankreich CTS 34, und Spanien, Escorial 123 – 129 30. 12. 1733 Vertrag zwischen dem Kaiser und Preußen, Berlin 02. 12. 1734 Handelsvertrag zwischen Großbritannien und Russland, St. Petersburg 05. 08. 1735 Bündnisvertrag zwischen Russland und Schweden, Stockholm
CTS 34, 145 – 151 CTS 34, 213 – 231 CTS 34, 255 – 276
28. 09. 1736 Abtretung von Lothringen an Frankreich, Wien 09. 01. 1737 Vertrag zwischen dem Kaiser und Russland, Wien 16. 03. 1737 Abkommen zwischen Portugal und Spanien, Paris 31. 12. 1738 Ratifikation des Friedens zwischen Kaiser-Reich und Frankreich durch Kaiser, Wien
CTS 34, 411 – 429 CTS 34, 485 – 494 CTS 35, 53 – 67 CTS 35, 238 – 243
Digitalisat/Edition abrufbar über Duchhardt/Espenhorst, www.ieg-friedensvertraege.de
Duchhardt/Espenhorst, 1729 XI 9 Allianzvertrag von Sevilla
Duchhardt/Espenhorst, 1732 V 26 Allianz- und Garantievertrag von Kopenhagen
Duchhardt/Espenhorst, 1733 IX 26 Bündnisvertrag von Turin gegen Österreich Duchhardt/Espenhorst, 1733 XI 7 Allianzvertrag von El Escorial (1. Familienpakt)
Duchhardt/Espenhorst, 1735 VIII 5 Verlängerung der Defensivallianz von Stockholm
351
Verzeichnis aller bearbeiteten Verträge Datierung
Vertrag
07. 01. 1739 Ratifikation des Friedens zwischen Kaiser-Reich, Frankreich durch den französischen König, Versailles 05. 04. 1739 Vertrag zwischen Frankreich und Preußen, Den Haag
Digitalisat/Edition abrufbar Ediert in APW über Duchhardt/Espenhorst, bzw. CTS www.ieg-friedensvertraege.de CTS 35, 243 f. CTS 35, 345 – 352
18. 09. 1739 Friedensvertrag zwischen Kaiser und CTS 35, dem Osmanischen Reich, Belgrad 383 – 424 18. 09. 1739 Friedensvertrag zwischen Russland und dem Osmanischen Reich, Belgrad 16. 10. 1739 Ratifikation des Friedens zwischen Russland und dem Osmanischen Reich durch die russische Zarin, St. Petersburg 22. 10. 1739 Ratifikation des Friedens zwischen Kaiser und dem Osmanischen Reich durch den Kaiser, Wien 28. 05. 1740 Kapitulation zwischen Frankreich und dem Osmanischen Reich, Konstantinopel 05. 06. 1740 Abkommen zwischen dem Kaiser und dem Osmanischen Reich, Belgrad 16. 12. 1740 Bündnisvertrag zwischen Preußen und Russland, St. Petersburg 03. 04. 1741 Bündnisvertrag zwischen England und Russland, St. Petersburg 05. 06. 1741 Defensivbündnis zwischen Frankreich und Preußen, Breslau 09. 10. 1741 Abkommen zwischen Österreich und Preußen, Kleinschnellendorf 28. 07. 1742 Definitiver Friedensvertrag zwischen Österreich und Preußen, Berlin 29. 11. 1742 Defensivbündnis zwischen England und Preußen, Westminster 11. 12. 1742 Bündnisvertrag zwischen England und Russland, Moskau 27. 03. 1743 Bündnisvertrag zwischen Preußen und Russland, St. Petersburg 07. 08. 1743 Friedensvertrag zwischen Russland und Schweden, Abo
CTS 35, 427 – 448
Duchhardt/Espenhorst, 1739 IV 5 Konvention von Den Haag zur Erbfolge in Jülich und Berg Duchhardt/Espenhorst, 1739 IX 18 / 1152 AH Friedens vertrag von Belgrad (Beta-Version) Duchhardt/Espenhorst, 1739 IX 18 / 1152 AH Friedens vertrag von Belgrad
CTS 35, 449
CTS 35, 419 – 421 CTS 36, 43 – 87 CTS 36, 91 – 94 CTS 36, 101 – 109 CTS 36, 135 – 154 CTS 36, 219 – 224 CTS 36, 245 CTS 36, 411 – 420 CTS 36, 499 – 503 CTS 37, 39 – 65 CTS 37, 89 – 103 CTS 37, 119 – 176
Duchhardt/Espenhorst, 1741 VI 5 Allianzvertrag von Breslau
Duchhardt/Espenhorst, 1743 VIII 7 Friedensvertrag von Åbo
352 Datierung
Anhang Vertrag
15. 08. 1743 Ratifikation des Friedens zwischen Russland und Schweden durch Schweden, Stockholm 19. 08. 1743 Ratifikation des Friedens zwischen Russland und Schweden durch die russische Zarin, St. Petersburg 13. 09. 1743 Vertrag zwischen Großbritannien, Österreich und Sardinien, Worms 25. 10. 1743 Zweite Hausallianz zwischen Frankreich und Spanien, Fontainebleau
Digitalisat/Edition abrufbar Ediert in APW über Duchhardt/Espenhorst, bzw. CTS www.ieg-friedensvertraege.de CTS 37, 178 f. CTS 37, 177 f. CTS 37, 185 – 207 CTS 37, 211 – 218
22. 05. 1744 Union von Frankfurt zwischen Kaiser Karl VII. Albrecht, Brandenburg-Preußen, Hessen-Kassel und Pfalz 06. 06. 1744 Geheim- und Separatartikel zur Frankfurter Union 08. 01. 1745 Bündnisvertrag zwischen Österreich, England, den Niederlanden und Sachsen (Polen), Warschau 22. 04. 1745 Friedenspräliminarien zwischen Österreich und Bayern, Füssen 08. 06. 1745 Abkommen zwischen Österreich und England, Hannover 25. 12. 1745 Friedensvertrag zwischen Österreich und Preußen, Dresden 02. 06. 1746 Defensivbündnis zwischen Österreich und Russland, St. Petersburg 21. 06. 1746 Abkommen zwischen Österreich und England, Whitehall 19. 09. 1746 Garantievertrag zwischen England und Preußen, Kensington/Berlin 03. 05. 1747 Bündnisvertrag zwischen Österreich und Sardinien, Turin
CTS 37, 259 – 267
25. 05. 1747 Vertrag zwischen Österreich und dem Osmanischen Reich über Vertrag von Belgrad, Konstantinopel 29. 05. 1747 Bündnisvertrag zwischen Preußen und Schweden, Stockholm
CTS 38, 117 – 119
23. 06. 1747 Subsidienvertrag zwischen England und Russland, St. Petersburg 09. 12. 1747 Abkommen zwischen England und Russland, St. Petersburg
CTS 38, 147 – 149 CTS 38, 179 – 186
CTS 37, 269 – 271 CTS 37, 309 – 318 CTS 37, 333 – 346 CTS 37, 391 – 394 CTS 37, 431 – 439 CTS 37, 451 – 492 CTS 38, 3 – 7 CTS 38, 45 – 48 CTS 38, 87 – 94
CTS 38, 123 – 131
Duchhardt/Espenhorst, 1743 IX 13 Bündnisvertrag von Worms Duchhardt/Espenhorst, 1743 X 25 Allianzvertrag von Fontainebleau (2. Familienpakt)
Duchhardt/Espenhorst, 1745 I 8 Allianz von Warschau/Quadrupelallianz Duchhardt/Espenhorst, 1745 IV 22 Friedenspräliminarien von Füssen
Duchhardt/Espenhorst, 1747 V 3 Konvention von Turin zur Belagerung Genuas
Duchhardt/Espenhorst, 1747 V 18_29 Defensivallianz von Stockholm
353
Verzeichnis aller bearbeiteten Verträge Datierung
Vertrag
26. 01. 1748 Abkommen zwischen Österreich, England, den Niederlanden und Sardinien, Den Haag 30. 04. 1748 Friedenspräliminarien zwischen Frankreich, England und den Niederlanden, Aachen 18. 10. 1748 Friedensvertrag zwischen Frankreich, England und den Niederlanden, Aachen 18. 10. 1748 23. 10. 1748 Ratifikation des Friedens zwischen Frankreich, England und den Niederlanden durch den englischen König, Hannover 23. 10. 1748 Beitritt Maria Theresias zum Frieden von Aachen 27. 10. 1748 Ratifikation des Friedens zwischen England, Frankreich und den Niederlanden durch den französischen König, Fontainebleau 03. 11. 1748 Ratifikation des Österreichischen Beitritts zum Aachener Frieden 07. 11. 1748 Beitritt Sardinien-Savoyens zum Frieden von Aachen 13. 11. 1748 Ratifikation des Friedens zwischen Frankreich, England und den Niederlanden durch die Niederlande, Den Haag 20. 11. 1748 Ratifikation des Beitritts von Sardinien-Savoyen zum Frieden von Aachen
CTS 38, 239 – 246
Digitalisat/Edition abrufbar über Duchhardt/Espenhorst, www.ieg-friedensvertraege.de Duchhardt/Espenhorst, 1748 I 26 Vertrag über Stationierung von Truppen in den Niederlanden Duchhardt/Espenhorst, 1748 IV 30 Präliminarfrieden von Aachen
CTS 38, 301 – 325
Duchhardt/Espenhorst, 1748 X 18 Friedensvertrag von Aachen
Ediert in APW bzw. CTS CTS 38, 189 – 198
CTS 38, 328 f.
CTS 38, 346 – 348 CTS 38, 327 f.
CTS 38, 348 – 350 CTS 38, 354 – 356 CTS 38, 330 – 332
CTS 38, 356 – 358
Personenregister
Abkürzungen: Bf. = Bischof; Frhr. = Freiherr; Gem. = Gemahlin; Gf. = Graf; Hz. = Herzog; Kf. = Kurfürst; Kg. = König; Kgn. = Königin; Ks. = Kaiser; Ksn. = Kaiserin Alexei I., Zar von Russland 91 Alfons VI., Kg. von Portugal 152, 157 Andrade Leitão, Francisco de 159, 164 Anna I., Kgn. von England 131, 137 f., 152, 190, 217, 249, 265 Anna von Österreich (Anne d’Autriche), Kgn. von Frankreich 65, 157, 212 f. Anna, Zarin von Russland 145 Aubéry, Antoine 69, 97, 231 Auersperg, Johann Weikhard, Gf. von 165 August d. Starke, Kf. von Sachsen, Kg. von Polen siehe unter Friedrich August I. Avaux, Claude des Mesmes, comte d’ 160, 164 f. Bartenstein, Johann Christoph Frhr. von 287 Bartholdi, Christian Friedrich Frhr. von 226, 242 f., 246 Beckmann, Johann Christoph 42 Bellezia, Giovanni Francesco 164 Besser, Johann von 236 Bielke, Ture 161 Bodin, Jean 49, 50, 52, 57, 73, 114, 298 Botelho de Morais, Rodrigo 159, 167 Brienne, Henri-Auguste de Loménie, comte de 165, 170 Brulart, Louis-Philogène, comte de Sillery, marquis de Puyzieulx 271 Bruynincx, Hamel 184 Buchenberg, Marquard Paris Anton Freiherr von 288 Burnet, Gilbert 201 Callières, François de 63 Chanut, Pierre Hector 62, 64, 173, 175, 293 Charlotte von Zypern, Gem. des Ludwig von Savoyen 146 Chasseneuz, Barthélemy de 42 Chigi, Fabio 166
Choiseul, Étienne-François de, duc d’Amboise 290 Christian V., Kg. von Dänemark 136, 190 Christina, Kgn. von Schweden 58, 62, 73, 91, 161, 166 f. Clerici, Anton Giorgio, marchese di Cavenago 285 Colloredo, Rudolph Joseph Fürst (Colloredo-Waldsee-Mels) 287 Contarini, Alvise 166 Cromwell, Oliver, Lordprotektor von England 119, 121, 128, 133 – 135, 154 Cromwell, Richard, Lordprotektor von England 135 Crusius, Jakob Andreas 70, 82 Danckelman, Eberhard Christoph Balthasar Frhr. von 221 Dohna, Christoph von 234 Dönhof, Otto Magnus Gf. von 252 Du Theil, Jean Gabriel siehe unter La Porte du Theil, Jean Gabriel de Dumont, Jean 93 Eduard III., Kg. von England 50, 88 Eduard von Braganza 159, 161, 166, 170 Elisabeth I., Zarin von Russland 99, 100, 120, 145, 146 Ernst August, Kf. von Hannover 221 Feltmann, Gerhard 43 Ferdinand III., Ks. 65, 69, 75, 78, 85, 97, 114, 117, 127 f., 159, 162, 167, 172 – 175, 177, 213, 219 Ferdinand Maria, Kf. von Bayern 147 Finch, Daniel, second earl of Nottingham 201 f., 210, 215 Franz I. Stephan, Ks. 20, 116, 128 f., 146, 260 – 270, 272 – 274, 281, 285 – 290 Friedrich August I. der Starke, Kf. von Sachsen, Kg. von Polen 221, 223 f., 230, 233 f.
Personenregister
Friedrich Heinrich, Fürst von Oranien 194, 244 – 246 Friedrich II., Kf. von Brandenburg, Kg. von Preußen 121, 245, 255, 259, 262, 266 f., 283, 286 f., 290 Friedrich III., Kg. von Dänemark und Norwegen 61 Friedrich III./I., Kf. von Brandenburg, Kg. in Preußen 22 f., 67, 74, 103, 138 f., 141, 192 – 199, 201 – 206, 220 – 238, 240 – 248, 250 – 253, 256 – 259, 295 f. Friedrich Ludwig von Brandenburg 249 f. Friedrich Wilhelm I., Kf. von Brandenburg, Kg. in Preußen 22, 132, 141, 221, 228, 251 – 259 Friedrich Wilhelm IV., Kg. von Preußen 259 Friedrich Wilhelm der Große Kurfürst, Kf. von Brandenburg 139 – 141, 196, 203, 205, 223, 227, 238 f., 241 Gama, Vasco Luis da, conde de Vidigueira 158 Gaston-Goth, Louis de, marquis de Rouillac 165 Georg I., Kg. von England 101, 137 – 139, 217 Georg II., Kg. von England 116, 133, 137 – 139, 217, 278 Godefroy, Théodore 178 Grimarest, Jean-Léonor Le Gallois, sieur de 90 Grotius, Hugo 52 Guimarães, João de 161, 179 Gundling, Nicolaus 249 Gustav II. Adolf, Kg. von Schweden 62 Hampden, John 204 Harrach, Friedrich August Gervas Gf. von 267, 287 Heinrich I., Kg. von Portugal 155 Heinrich VIII., Kg. von England 48, 121, 136, 190, 207 Hellbach, Johann Christian 216 f., 297 Henriette Adelaide von Savoyen, Gem. des Ferdinand Maria, Kf. von Bayern 147 Howell, James 70, 208, 231 Hymmen, Reinhard 247
355 Ilgen, Rüdiger von 221, 224, 229, 235, 237 Innozenz III., Papst 123 Innozenz X., Papst 156 Jakob II., Kg. von England 136 – 138, 183, 185 – 188, 191, 193, 196 f., 204, 206, 208, 213, 219 Johann IV., Kg. von Portugal 22 f., 151, 153, 155, 156 – 162, 164 – 172, 175 – 181, 293 Johann V., Kg. von Portugal 127, 151, 153 Johann Wilhelm Friso, Fürst von Nassau-Dietz, Prinz von Oranien 194, 243 f., 246 f., 250 Johnston, James 204 Joseph Clemens von Bayern, Kf. von Köln 131 Joseph I., Ks. 212, 249, 261, 288 Joseph II., Ks. 262, 289, 291 Karl der Große, Ks. 129, 239 Karl Emmanuel I., Hz. von Savoyen 71 Karl Emmanuel II., Hz. von Savoyen 147 f., 150 Karl Emmanuel III., Hz. von Savoyen, Kg. von Sardinien 291, 298 Karl I., Kg. von England 43, 133, 157 Karl II., Kg. von England 131, 134 f., 141, 183 f., 189, 196, 200, 207 f., 210, 217 – 219 Karl II., Kg. von Spanien 131, 213 Karl VI., Ks. 23, 101, 108, 124, 132, 139, 144, 260 f., 290 Karl VII. Albrecht, Ks. 99, 100, 108, 113, 145, 262 f., 278 Katharina II., Zarin von Russland 145 Kaunitz, Wenzel Anton Gf. von 268 – 270, 272 – 284, 287, 291 Khevenhüller-Metsch, Johann Joseph Fürst 287 f. Kilian, Philipp Andreas 263 f. Klemens XI., Papst 74 Klemens XIII., Papst 285 Königsegg-Rothenfels, Joseph Lothar Dominik Gf. von 287 Königsegg-Rothenfels, Leopold Wilhelm Gf. von 208, 212, 214, 218 Krane, Johann Baptist 170 – 173, 175 Kulpis, Johann Georg von 80
356 La Porte du Theil, Jean Gabriel de 276, 280 f., 290, 298 Lamberg, Johann Maximilian Gf. von 170, 172 f., 175 Leo X., Papst 190 Leopold I., Ks. 74, 119, 124 f., 131, 137, 143, 149 f., 152, 183 – 186, 196, 206 – 213, 215 f., 218 – 220, 222 f., 225 – 227, 229, 235, 242 – 244, 246, 258, 294, 296 Leszczyński, Stanislas, Kg. von Polen 266 Leti, Gregorio 42 Lionne, Hugues de, marquis de Berny 54 Liselotte von der Pfalz, Gemahlin Philipps von Orléans 250 Longueville, Henri II. d’Orléans 160 Ludewig, Johann Peter 224, 295 Ludwig IV. der Bayer, Ks. 50 Ludwig XIII., Kg. von Frankreich 143, 148, 157 Ludwig XIV., Kg. von Frankreich 58, 62 – 65, 69, 73, 75, 85, 93, 97, 99, 101, 118, 122, 125, 127, 130 – 132, 143, 148 f., 152, 183 – 186, 188 f., 194 – 196, 198, 206, 208, 210 f., 213 – 215, 217 – 220, 222, 231, 237, 240, 245, 250 – 252, 258 Ludwig XV., Kg. von Frankreich 116, 132, 284 Luiscius, Abraham George 253 – 256 Luise Henriette von Oranien, Gem. Friedrich Wilhelms von Brandenburg 194, 239, 241 Lünig, Johann Christian 11, 34, 39, 41 f., 63, 65, 67, 79 – 96, 104, 111 f., 120, 122, 127, 143, 146, 228, 265, 295, 297 Maria Adelaide von Savoyen, Gem. Des Louis de Bourbon, Dauphin de France 149 Maria Anna, Erzhzin. von Österreich 127 Maria Anna, spanische Infantin 153 Maria Henrietta Stuart, Gem. Wilhelms II. von Oranien 183 Maria II., Kgn. von England 136, 184, 186 – 192, 194, 196 – 198, 200 – 202, 205, 210, 218, 274 Maria Sophia Elisabetha von der Pfalz, Gem. Peters II. von Portugal 152
Personenregister
Maria Theresia, Ksn., Kgn. von Ungarn, Erzherzogin von Österreich 20, 23, 108, 110, 128 f., 145, 150, 211, 260 – 291, 293 f. Marie Christine von Frankreich, Gem. des Victor Amadeus I., Hz. von Savoyen 148 Marie Françoise Elisabeth von Savoyen, Gem. Alfons’ VI. und Peters II. von Portugal 152 Marie Luise von Hessen-Kassel, Gem. des Johann Wilhelm Friso, Fürst von Nassau-Dietz und Prinz von Oranien 246 f. Maximilian I., Ks. 88, 124, 142 Maximilian II. Emmanuel, Kf. von Bayern 221 Mazarin, Jules 135, 160 Mehmet Han, Sultan des Osmanischen Reiches 127 Michael I., Zar von Russland 61 Moniz de Carvalho, António 178 Montagu, Charles, earl of Halifax 202 Montagu, John, fourth earl of Sandwich 271 Moritz, Fürst von Oranien 244 Moser, Johann Jacob 124, 127, 142 Nassau-Hadamar, Johann Ludwig Gf. von 65 Neuhaus, Joseph Maria Nikolaus Frhr. von 145 Osborne Thomas, first duke of Leeds, marquess of Carmarthen 202 – 204 Otto IV., Ks. 48 Oxenstierna, Axel 161 Oxenstierna, Johan 161, 166, 168 Paget, William 208 – 216, 218, 298 Pereira de Castro, Luíz 159, 160, 164 f., 169, 176 f. Pergen, Johann Anton Gf. von 289 Peter I., Zar von Russland 88, 121, 141 f., 144 Peter II., Kg. von Portugal 152, 157 Philipp II., Kg. von Spanien und Portugal 155
Personenregister
Philipp IV., Kg. von Spanien und Portugal 23, 151, 155, 157, 159, 165, 169, 172, 175, 178, 180 Philipp V., Kg. von Spanien 99, 101, 131 Philipp Wilhelm, Fürst von Oranien 244 Philipp Wilhelm, Pfalzgraf bei Rhein, Kf. 152 Philippe-Emmanuel de Croÿ, Hz. von Solre 194 Podewils, Heinrich Gf. von 255, 267, 294 Puchemberg, Marquard Freiherr von siehe unter Buchenberg, Marquard Paris Anton Freiherr von Puissieux, Louis-Philogène marquis de siehe unter Brulart, Louis-Philogène, comte de Sillery, marquis de Puyzieulx Radziejowski, Michał Stefan, Kardinalprimas von Gnesen 230 Radziwill, Jan Mikolaj von 234 Reischach, Franz Freiherr von 271, 278 Richelieu, Armand Jean du Plessis, duc de 157 Robinson, Thomas, first lord Grantham 279 Rosenhane, Schering 164 Rouillac, marquis de siehe unter Gaston-Goth, Louis de, marquis de Rouillac Rousset de Missy, Jean 34, 40 f., 79, 93 – 102, 104, 228, 297 Saavedra, Diego Fajardo de 178 Saint-Séverin d’Arragon, Alphonse-Marie-Louis, comte de 276, 280 f., 290, 298 Salvius, Johann Adler 64, 161, 166, 168, 173 Schmettau, Wolfgang von 195, 198 – 205, 218, 243, 246 f., 250, 294 Sebastian I., Kg. von Portugal 155 Selden, John 34, 39, 41 – 53, 55 f., 69, 81 f., 84 f., 92, 95 f., 103, 111 f., 145, 208 Servien, Abel 160, 165, 169 f. Sophie Charlotte von Hannover, Gem. Friedrichs III. von Brandenburg 221 Spanheim, Ezechiel 249, 252 Starhemberg, Georg Adam Gf. von 277
357 Stieve, Gottfried 82 Stosch, Balthasar Sigismund von 82 Sutton, Robert, second baron Lexington 199, 202 Talbot, Charles, duke of Shrewsbury 202 Thomasius, Christian 85 Thulemeier, Wilhelm Heinrich 255 Trauttmansdorff, Maximilian Gf. von 65, 163, 169 f., 172 Ulfeld, Anton Corfiz Gf. von 265, 284 Victor Amadeus I., Hz. von Savoyen 71, 87 f., 146 Victor Amadeus II., Hz. von Savoyen, Kg. von Sizilien, Kg. von Sardinien 147, 149 f. Vidigueira, conde de s.u. Gama, Vasco Luis da, conde de Vidigueira Volmar, Isaak 65, 165, 170 Vota, Carlo Maurizio 223, 230 – 233 Wartenberg, Johann Casimir Kolb Gf. von 221 Wassili III., Zar von Russland 88, 142 Werner, Gottlieb 221, 230 – 232 Wharton, Thomas, first marquess of Wharton 202 Wicquefort, Abraham de 11, 34, 39 – 42, 53 – 58, 60 – 66, 68 f., 71 – 73, 75 f., 78, 81 – 84, 92, 94 – 100, 102 f., 173, 175, 179, 218, 255 f., 292 f., 297 Wilhelm II., Fürst von Oranien 183 Wilhelm III., Fürst von Oranien, Kg. von England 22 f., 117, 119, 131, 133 – 138, 141, 164, 181 – 185, 187 – 220, 225 f., 238, 240 – 242, 244, 246 f., 251, 253, 256, 258, 274, 279, 294 – 298 Wilhelm Karl Heinrich Friso, Fürst von Nassau-Dietz, Prinz von Oranien 246 – 248, 252 – 257, 293 f. Witt, Johan de 183 Zaluski, Andreas Chrysostomus, Bf. von Ermland 230 Zwantzig, Zacharias (Ehrenhart Zweyburg) 12, 34, 39 – 42, 58, 63, 67 – 79, 81 – 84, 87 f., 92 – 99, 104, 111, 146, 227 f., 297
NORM UND STRUK TUR STUDIEN ZUM SOZIALEN WANDEL IN MIT TEL ALTER UND FRÜHER NEUZEIT HERAUSGEGEBEN VON GERT MELVILLE IN VERBINDUNG MIT GERD ALTHOFF, HEINZ DUCHHARDT, PETER LANDAU UND GERD SCHWERHOFF
EINE AUSWAHL
BD. 37,1 | ORAZIO CONDORELLI, FRANCK
BD. 33 | ULRICH NIGGEMANN
DER EINFLUSS DER KANO NISTIK AUF
IMMIGRATIONSPOLITIK
DIE EURO PÄISCHE RECHTSKULTUR
ZWISCHEN KONFLIKT UND KONSENS
BD. 1: ZIVIL UND ZIVILPROZESS RECHT
ROUMY, MATHIAS SCHMOECKEL (HG.)
DIE HUGENOTTENANSIEDLUNG IN
2009. XVIII, 445 S. GB.
DEUTSCHLAND UND ENGLAND
ISBN 978-3-412-20433-4
(1681–1697) 2008. XII, 627 S. GB.
BD. 37,2 | FRANCK ROUMY, MATHIAS
ISBN 978-3-412-20198-2
SCHMOECKEL, ORAZIO CONDORELLI (HG.) DER EINFLUSS DER KANO NISTIK AUF
BD. 34 | BENJAMIN STEINER
DIE EURO PÄISCHE RECHTSKULTUR
DIE ORDNUNG DER GESCHICHTE
BD. 2: ÖFFENTLICHES RECHT
HISTORISCHE TABELLENWERKE IN DER
2011. XII, 446 S. GB.
FRÜHEN NEUZEIT
ISBN 978-3-412-20574-4
2008. X, 385 S. 14 S/W-ABB. AUF 12 TAF. GB. | ISBN 978-3-412-20227-9
BD. 37,3 | MATHIAS SCHMOECKEL, ORAZIO CONDORELLI, FRANCK ROUMY (HG.)
BD. 35 | MICHAEL HOHLSTEIN
DER EINFLUSS DER KANO NISTIK AUF
SOZIALE AUSGRENZUNG IM MEDIUM
DIE EURO PÄISCHE RECHTSKULTUR
DER PREDIGT
BD. 3: STRAF UND STRAFPROZESS
DER FRANZISKANISCHE
RECHT
ANTIJUDAISMUS IM SPÄTMITTEL
2012. XVIII, 522 S. GB.
ALTERLICHEN ITALIEN
ISBN 978-3-412-20576-8
2012. VIII, 305 S. GB. ISBN 978-3-412-20297-2
BD. 37,4 | YVES MAUSEN, ORAZIO CONDORELLI, FRANCK ROUMY,
BD. 36 | PATRICK SCHMIDT
MATHIAS SCHMOECKEL (HG.)
WANDELBARE TRADITIONEN –
DER EINFLUSS DER KANO NISTIK AUF
TRADIERTER WANDEL
DIE EURO PÄISCHE RECHTSKULTUR
ZÜNFTISCHE ERINNERUNGS KULTUREN
BD. 4: PROZESSRECHT
IN DER FRÜHEN NEUZEIT
2014. XVIII, 361 S. 1 S/W-ABB. GB.
2009. 486 S. 20 S/W-ABB. AUF 16 TAF. GB.
ISBN 978-3-412-22236-9
SG835
ISBN 978-3-412-20302-3
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NORM UND STRUK TUR STUDIEN ZUM SOZIALEN WANDEL IN MIT TEL ALTER UND FRÜHER NEUZEIT
BD. 37,5 | DAVID VON MAYENBURG,
BD. 42 | ANDREAS BÜTTNER, ANDREAS
ORAZIO CONDORELLI, FRANCK ROUMY,
SCHMIDT, PAUL TÖBELMANN (HG.)
MATHIAS SCHMOECKEL (HG.)
GRENZEN DES RITUALS
DER EINFLUSS DER KANO NISTIK AUF
WIRKREICHWEITEN – GELTUNGSBEREI
DIE EURO PÄISCHE RECHTSKULTUR
CHE – FORSCHUNGSPERSPEKTIVEN
BD. 5: DAS RECHT DER WIRTSCHAFT
2014. 367 S. 5 S/W-ABB. GB.
2016. XVI, 488 S. 1 S/W-ABB. GB.
ISBN 978-3-412-20920-9
ISBN 978-3-412-50592-9 BD. 43 | CRISTINA ANDENNA, BD. 38 | HARRIET RUDOLPH
GERT MELVILLE (HG.)
DAS REICH ALS EREIGNIS
IDONEITÄT – GENEALOGIE –
FORMEN UND FUNKTIONEN DER
LEGITIMATION
HERRSCHAFTSINSZENIERUNG BEI
BEGRÜNDUNG UND AKZEPTANZ VON
KAISEREINZÜGEN (1558–1618)
DYNASTISCHER HERRSCHAFT IM
2011. 691 S. 40 S/W- UND 26 FARB. ABB.
MITTELALTER
AUF 44 TAF. GB. | ISBN 978-3-412-20534-8
2015. 475 S. 15 S/W- UND 26 FARB. ABB. GB. | ISBN 978-3-412-21053-3
BD. 39 | SITA STECKEL KULTUREN DES LEHRENS IM FRÜH-
BD. 44 | JAN HIRSCHBIEGEL
UND HOCH MITTEL ALTER
NAHBEZIEHUNGEN BEI HOF –
AUTORITÄT, WISSENSKONZEPTE UND
MANIFESTATIONEN DES VERTRAUENS
NETZWERKE VON GELEHRTEN
KARRIEREN IN REICHSFÜRSTLICHEN
2011. 1295 S. GB. | ISBN 978-3-412-20567-6
DIENSTEN AM ENDE DES MITTELALTERS
BD. 40 | KLAUS SCHREINER
ISBN 978-3-412-22441-7
2015. 417 S. 3 S/W-ABB. GB. RITUALE, ZEICHEN, BILDER
SG835
FORMEN UND FUNKTIONEN
BD. 45 | ALEXANDER DENZLER
SYMBOLISCHER KOMMUNIKATION IM
ÜBER DEN SCHRIFTALLTAG IM
MITTELALTER
18. JAHRHUNDERT
HG. VON ULRICH MEIER, GERD SCHWER-
DIE VISITATION DES REICHSKAMMER
HOFF UND GABRIELA SIGNORI
GERICHTS VON 1767 BIS 1776
2011. 343 S. 27 S/W-ABB. GB.
2016. 612 S. 8 S/W-ABB. GB.
ISBN 978-3-412-20737-3
ISBN 978-3-412-22533-9
BD. 41 | NICOLAS DISCH
BD. 46 | REGINA DAUSER
HAUSEN IM WILDEN TAL
EHREN-NAMEN
ALPINE LEBENSWELT AM BEISPIEL DER
HERRSCHERTITULATUREN IM VÖLKER
HERRSCHAFT ENGELBERG (1600–1800)
RECHTLICHEN VERTRAG 1648–1748
2012. 548 S. 10 S/W-ABB. GB.
2017. 357 S. GB.
ISBN 978-3-412-20979-7
ISBN 978-3-412-50590-5
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