193 53 9MB
German Pages 128 [136] Year 1952
S A M M L U N G G O S C H E N B A N D 902
DYNAMIK Von
Prof. Dr. Wilhelm Müller,
München
I Dynamik des Einzelkörpers M i t 48 Figuren Zweite, verbesserte Auflage
Walter
de G r u y t e r
& Co.
vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung / J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung / Georg Reimer / Karl J. Trübner / Veit & Comp. Berlin 1952
Alle R e c h t e , i n s b e s o n d e r e das Ü b e r s e t z u n g s r e c h t , von der V e r l a g s h a n d l u n g v o r b e h a l t e n
Archiv-Nr. 1109 oa Satz: Walter de Gruyter & Co., Berlin W 35 Druck: A. W. Hayn's Erben, Berlin SO 36 P r i n t e d in Germany
Inhaltsverzeichnis Seite
Literatur
6
Einleitung I. M a t h e m a t i s c h e u n d s t a t i s c h e G r u n d l a g e n
7 . . .
9
1. Kapitel. Die Grundoperationen der Vektorrechnung 1. Begriff des Vektors und seine Zerlegung . . . . 2. Addition 3. Skalare Multiplikation 4. Vektorprodukt 5. Dyadisches Produkt 6. Die V " O p e r a ü o n e n
9 9 10 11 12 13 15
2. Kapitel. Statische Grundsätze 7. Die Invarianten eines Kraftsystems 8. Die absolute Invariante und die Zentralachse 9. Besondere Fälle 10. Parallele Kräfte und Schwerpunkt
.
16 16 18 19 17
3. Kapitel. Kinematik des Punktes 11. Geschwindigkeits- und Beschleunigungsvektor . 12. Ein einfaches Beispiel 13. Natürliche Zerlegung 14. Polarkoordinaten bei der ebenen Bewegung . .
21 21 23 23 24
4. Kapitel. Dynamische Grundsätze 15. Masse und Beschleunigung 16. Maßsysteme 17. Arten der Kräfte 18. Der Schwerpunktssatz der Bewegung 19. Andere Formen der Schwerpunktsgleichung . . 20. Arbeit und Energie T 21. Potential und potentielle Energie 22. Der Flächen- oder Momentensatz der Bewegung 23. Reduktion auf den Schwerpunkt
25 25 27 28 28 30 31 32 34 35
5. Kapitel. Freie Bewegung im Kraftfeld 24. Besondere Kraftfelder 25. DieWurf- od. Schußbewegung ohne Luftwiderstand 26. Der Flachschuß mit Luftwiderstand 27. Vertikale Bewegung 28. Zentralbewegung 29. Besondere Fälle
37 37 38 40 42 43 44
II. B e w e g u n g d e s M a s s e n m i t t e l p u n k t e s
. . . .
21
4
Inhaltsverzeichnis 30. Planetenbewegung und Keplersche Gesetze. . . 31. Attraktion einer Kugelschale . . . . ' 32. Weitere Folgerungen aus den Newton-Keplerschen Gesetzen 6. Kapitel. Gebundene Bewegung des Punktes . . . . 33. Grundformeln 34. Natürliches Bezugssystem 35. Das Trägheitsgesetz auf der Fläche 36. Berücksichtigung der Reibung 37. Bewegung auf der schiefen Ebene 38. Bewegung des Fadenpendels 39. Schwingungsdauer des ebenen Pendels 40. Allgemeine ebene Pendelschwingungen 7. Kapitel. Schwingungsbewegungen 41. Allgemeines 42. Reibungsschwingung 43. Freie gedämpfte Schwingung 44. Zweidimensionale Schwingungen 45. Erzwungene Schwingung
Seite
46 47
49 50 50 51 52 53 53 56 58 59 61 61 62 64 67 68
III. Dynamik des Massenpunktes im bewegten Raum
71
8. Kapitel. Geschwindigkeit des starren Körpers . . . 46. Vektor der Winkelgeschwindigkeit 47. Die Eulersche Formel 48. Verlegung des Punktes C und die Schraubenachse 9. Kapitel. Gesetze der Relativbewegung 49. Geschwindigkeitsgesetz 50. Beschleunigungsgesetz 51. Ebener Fall 10. Kapitel. Beispiele zur Relativbewegung 52. Allgemeine Regulatorbewegung 53. Spezielle Fälle 54. Die C-Kurve 55. Relativbewegungen auf der rotierenden Erde . 56. Das Foucaultsche Pendel
71 71 72 72 74 74 75 76 77 77 78 80 81 82
IV. Die Scheibenbewegung 11. Kapitel. Ebene Kinematik 57. Geschwindigkeitspol 58. Geometrie der Beschleunigung 59. Wendekreis
85 85 85 87 88
Inhaltsverzeichnis
5
60. Wechselkreis und Beschleunigungspol 12. Kapitel. Dynamik der Scheibe 61. Bewegungsgleichungen und Trägheitsmoment. . 62. Verlegung des Bezugspunktes 63. Energie- und Arbeitssatz 64. Zur Berechnung von Trägheitsmomenten . . . 13. Kapitel. Besondere Scheibenbewegungen 65. Das physikalische Pendel 66. Der ausgleitende Stab 67. Rollbewegung 68. Kritische Drehzahlen von Turbinen wellen 69. Einfluß des Gewichts V. A l l g e m e i n e
D r e h b e w e g u n g des s t a r r e n
. .
Seite
90 91 91 92 93 95
95 95 97 100 . 102 104
Körpers
106
14. Kapitel. Trägheitsdyade und S c h w u n g v e k t o r . . . . 106 70. Rotationsenergie und Trägheitsdyade 108 71. Beziehung zum Schwungvektor 108 72. Weiteres Reziprozitätsgesetz für 2 und tt> . . . 110 15. Kapitel. Kinematik der kräftefreien Drehung 73. Die Poinsot- Bewegung 74. Unterscheidung der Achsen 75. Stabilität
. . . 111 111 114 115
16. Kapitel. Die Bewegungsgleichungen 76. Die Eulerschen Gleichungen 77. Die Eulerschen Winkel 78. Folgerungen für den kräftefreien K r e i s e l . . . . 79. Präzession beim symmetrischen schweren Kreisel 80. Spezielle Fälle 81. Zusammenhang nach den Gesetzen der Relativbewegung 82. Praktische Bedeutung und Anwendung des Kreisels Sachverzeichnis
116 116 117 119 121 124 124 126 127
6
Literatur Literatur (Auswahl)
R. A. M. E. A.
1. Z u r V e k t o r l e h r e G a n s , Einführung in die Vektoranalysis, Leipzig 1929 H o f m a n n , Einführung in die Vektorrechnung, München 1951 L a g a l l y , Vorlesungen über Vektor-Rechnung 1934 L o h r , Vektor- und Dyadenreclinung, Berlin 1939 L o t z e , Vektor- und Affinor-Analysis, München 1950
2. Z u r D y n a m i k ( e i n s c h l . S t a t i k ) d ' A l e m b e r t , Traité de Dynamique. Paris 1743 E u l e r , L., Theoria Motus corporum solidorum seu rigidorum ex primis nostrae cognitionis principiis . . . (1765), Opera omnia, Ser. I I , Vol. 3, Zürich 1948 F ö p p l , A., Vorlesungen über technische Mechanik I, I I , IV, V I I , München u. Berlin 1938—43 F ö p p l , L., Aufgaben aus der techn. Mechanik, München u . Berlin 1930—32 G r a m m e l , R., Der Kreisel, 2 Bde., Berlin, Göttingen, Heidelberg 1950 H a m e l , G . , Elementare Mechanik, Leipzig 1922 — Theoretische Mechanik, Berlin, Göttingen, Heidelberg 1949 H e u n , K . Lehrbuch der Mechanik, I . T e i l , Leipzig 1906 J a u m a n n , G., Bewegungslehre, Leipzig 1904 K a u f m a n n , W., Einführung in die technische Mechanik, Berlin 1949 K l e i n , F., S o m m e r f e l d , A., Theorie des Kreisels, Bd. I—IV, Leipzig 1910 L a g r a n g e , J . L., Mécanique analytique, I., Paris 1788 L o r e n z , H . , Lehrbuch der technischen Physik, Bd. I , Berlin 1924 L o v e , A. E . H . (Polster), Theoretische Mechanik, Berlin 1920 M a r c o l o n g o , R. (Timerding), Theoretische Mechanik, Leipzig-Berlin 1911—12 N e w t o n , I., Philosophiae naturalis principia matematica, Xondon 1686 Neudruck 1938 N i e l s e n , J . , Vorlesungen über elementare Mechanik, Berlin 1935 P ö c h l , Th., Einführung in die analytische Mechanik, Karlsruhe 1049 — Lehrbuch der technischen Mechanik, I. Bd., Berlin 1949 R o u t h , E . J . (Schepp), Dynamik der Systeme starrer Körper, I. u. II., Leipzig 1898 S c h a e f e r , C., Prinzipe der Mechanik, Berlin u. Leipzig 1910 S o m m e r f e l d , A., Vorlesungen über theoretische Physik, I. Bd., Wiesbaden 1949 T h i r r i n g , H . , Einführung in die klassische Mechanik, Berlin 1948 T r o o s t , A., Leitfaden der techn. Mechanik, Göttingen 1949 V o i g t , W., Elementare Mechanik, 2. Aufl., I.eipzig 1901 W o l f , K., I.ehrbuch der technischen Mechanik starrer Systeme, Wien 1931
Einleitung Die Dynamik als Lehre von den Bewegungen und den Kräften gehört zur allgemeinen Mechanik, die als natürliche Grundlage sowohl der theoretischen Physik als auch der wissenschaftlichen Technik anzusehen ist. Sie ist im Sinne Kants eine Erfahrungswissenschaft, die wie jede Naturwissenschaft von gewissen, formalen apriorischen Prinzipien, teils anschaulicher, teils logischer Natur beherrscht wird. Zu diesen gehören z. B. die auf Raum und Zeit sich beziehenden Gesetze, u. a. die Grundsätze der Homogenität, Isotropie und Kontinuität von Raum und Zeit, ferner die Prinzipien der Klassifikation, der Zerlegung und Zusammensetzung und der kausalen und funktionalen Verknüpfbarkeit der Erscheinungen usw. Man pflegt die Dynamik oder Bewegungslehre der sog. Statik gegenüberzustellen als der Wissenschaft von den mechanischen Gleichgewichtsgesetzen. Einige wichtige statische Grundsätze sind im folgenden kurz zusammengestellt worden, soweit es zum Verständnis der Bewegungsverhältnisse erforderlich ist; im übrigen werden die elementaren statischen Methoden als bekannt vorausgesetzt. Je nach dem Charakter des Aggregatzustandes der sich bewegenden Körper kann man die Dynamik starrer Gebilde, die Elastodynamik und die Hydrodynamik unterscheiden. Im folgenden soll im allgemeinen von der inneren Beweglichkeit der Körperteilchen abstrahiert und die Voraussetzung der Starrheit zugrunde gelegt werden. Wenn man damit in einen gewissen Gegensatz zu der Wirklichkeit tritt, so muß andererseits hervorgehoben werden, daß nur die Kenntnis ideal-starrer Körper eine Beurteilung der inneren oder elastischen Vorgänge gestattet. Die Dynamik des strömenden Mediums, das eine unbegrenzte Formelastizität besitzt, gründet sich denn auch in ihrem methodischen Aufbau durchaus auf die allgemeine Dynamik. Selbst die Elektrodynamik ist ohne die fundamentale Mechanik starrer Systeme nicht zu begründen.
8
Einleitung
Wenn man die Abstraktion noch weiter treibt, und auch von der Masse absieht, so gelangt man zur Vorstellung rein geometrischer Bewegungsvorgänge oder zur geometrischen Kinematik. Damit hat man dann die Wirklichkeit so vereinfacht, daß sie für eine erste Untersuchung und für eine mathematische Fassung klar übersehbar ist. Die Methode der Dynamik besteht im Grunde in nichts anderem, als im Ausbau solcher idealer Ersatzvorstellungen oder mathematischer Bilder oder Bildersysteme, die den wirklichen Erscheinungen eindeutig zugeordnet werden können und deren Konsequenzen mit den beobachteten Tatsachen im Einklang stehen. Als ein solches mathematisches Elementarbild, das die gesamte Physik beherrscht, hat sich vor allem der V e k t o r bewährt, der eine gerichtete Stellung und Größe im Räume bezeichnet oder als Vektor zweiter Stufe eine Zuordnung solcher Richtgrößen vermittelt und daher unmittelbar mit dem Begriff der Bewegung zusammenhängt. Der Gebrauch der für Vektoren und Dyaden oder Tensoren ausgebildeten Operationsregeln wird nicht nur zur Veranschaulichung der dynamischen Vorgänge, sondern auch zur wesentlichen Vereinfachung des mathematischen Hilfsapparates beitragen.
I. Mathematische und statische Grundlagen 1. Kapitel Die Grundoperationen der Vektorrechnung 1. Begriff des V e k t o r s und seine Zerlegung. In der Physik unterscheidet man ungerichtete oder skalare Größen (Temperatur, Energie, Zeit usw.), die nur durch eine einzige Zahl gekennzeichnet sind, und gerichtete oder Vektorgrößen (Kraft, Geschwindigkeit usw.), die neben der Größe noch eine bestimmte Richtung im Räume haben und durch eine gerichtete Strecke darstellbar sind. Dabei sehen wir zunächst von der Lageeigenschaft ab, d. h. wir betrachten zwei Vektoren als gleichwertig, wenn die darstellenden Strecken, in den gleichen Anfangspunkt verschoben, vollständig zur Deckung kommen. Wir werden die Vektoren mit gotischen (deutschen) Buchstaben, gelegentlich auch, wenn kein solcher Buchstabe zur Verfügung steht, mit waagerechten! Strich bezeichnen. Als rein geometrischen Vektor betrachten wir z. B. den auf einen festen Anfangspunkt 0 bezogenen Ortsvektor des Punktes P, der durch die von 0 nach P gezogene Richtstrecke OP dargestellt wird (Fig. 1). Denken wir uns durch 0 ein rechtwinkliges Bezugssystem x,y,z gelegt, das so orientiert sein möge, daß die auf kürzestem Wege erfolgte Drehung der »-Achse in die y-Richtung in Verbindung mit der Bewegung in der z-Richtung einer Rechtsschraube entspricht, undbezeichnen wir denOrtsvektor mit r, seinen Absolutbetrag mit r = | r [ und seine Projektionen auf die Koordinatenachsen (KoFig. l
Mathematische und statische Grundlagen
10
ordinateli von P) mit x, y, z, ferner die Richtungswinkel mit den Achsen mit oc, ß, y, so ergeben sich folgende Beziehungen: (1)
r 2 = x2-\- y2 + 2 2 ; c o s « =
c o s ß = y , cos r
=-~,
cos 2 oc + cos 2 ß + cos 2 r = 1.
Man kann auch die ,,Komponenten" des Vektors r als Vektoren auffassen und setzen |S| = x ;
l l j | = 7/; |ä| = 2 .
Führt man noch die in die Achsenrichtungen fallenden Einheitsvektoren i, j, k ein, so lassen sich die drei Komponentenvektoren als Produkte einer richtungslosen, skalaren Größe (Maßzahl) mit einem Einheitsvektor darstellen E = ;n\ t) = i/j; l = zt 2. A d d i t i o n . Wenn man die Wegstrecken £,t), j , von 0 ausgehend hintereinander zurückgelegt denkt bei entsprechender Parallelverschiebung der Komponenten, so gelangt man wieder in den Punkt P. Bezeichnet man diese Operation der Aneinanderlegung von Vektoren zu einem fortlaufenden Streckenzug als Addition (Umkehrung der Zerlegung), wobei die Richtstrecke vom Anfangspunkt zum Endpunkt als Summe zu gelten hat, so gelangt man zu der Gleichung (2) r = xi + y\ + zt F ü r den allgemeinen Fall der Addition beliebig vieler Vektoren 91, 83, 6 gilt das kommutative und assoziative Gesetz, die in den Formeln (3) 91 + 33 = S3 + 21 (4) ( « + 8 ) + I S = 8 l + ( 8 + < £ ) Fig. 2
enthalten sind. Bei der Differenzbildung hat man die Richtung des
Die Grundoperationen der Vektorrechnung
H
zu subtrahierenden Vektors umzukehren und dann wie bei der Addition zu verfahren. Wenn man diese Additionsregel auf zwei oder mehrere Kraftvektoren anwendet, die etwa in einem Punkt eines Körpers angreifen, so gelangt man zu dem bekannten Gesetz vom Parallelogramm bzw. Polygon der Kräfte, das in der Statik ausgiebig benutzt wird. Bezeichnet man allgemein die Komponenten des Vektors 91 mit Ax, Ay, Az und entsprechend die Komponenten eines zweiten Vektors S3, so erhält man (5) 21 + 58 = {Ax + BX) t + (Ay + By) j + (Az + B2) f. Daraus sieht man z. B., daß die Komponenten einer Vektorsumme durch skalare Addition der gleichgerichteten Komponenten der Vektorsummanden zu berechnen sind. 3. S k a l a r e M u l t i p l i k a t i o n . Unter dem inneren oder skalaren Produkt zweier Vektoren 2t und SB versteht man das Produkt der Vektorbeträge mit dem cos des von ihnen eingeschlossenen Winkels 9t, Ü8. Bezeichnen wir diese Operation durch einen Punkt zwischen den Faktoren, so gelangt man zu der Gleichung (6) 9t • 33 = AB cos (2t, 33). Für jedes innere Produkt gilt das kommutative Gesetz (7) 91 • 33 = 33 • 9i. Es verschwindet, wenn einer der Faktoren Null ist oder aber, wenn beide Vektoren aufeinander senkrecht stehen: 9I_L33 gibt 91-23 = 0. Im besonderen ergibt sich für die Einheitsvektoren eines Dreibeins (8) i . i = l, j . j = l, i . ! = l ; i . i = i . ! = j . f = 0. Ebenso gilt das distributive Gesetz (9) 91 • (33 + 6) = 9i • 33 + 9i • ß. Drückt man das Produkt in den Komponenten aus, so hat man mit (8) (10) 91 • 33 = (Äxi + Ay[ + Atf) • (Bxi + By\ + B,1) = AXBX + AyBy + A,B,.
12
Mathematische und statische Grundlagen
Aus dieser Komponentendarstellung folgt auch ohne weiteres f ü r die Differentiation nach einem skalaren Parameter, z. B. nach der Zeit, tu)
> . « » - « . £ + • . § .
4. V e k t o r p r o d u k t . Denkt man sich die beiden Vektoren 91 und 33 in einen P u n k t verschoben und in ihrem Schnittpunkt eine Senkrechte errichtet, die der Maßzahl des von 91 und 33 gebildeten Parallelogramms, also AB sin (9t, 33) gleich sein möge, so soll dieses Lot das äußere oder Vektorprodukt 6 =91x33 Qj[x5g
der Vektoren 91 und 33 heißen, wenn man den Richtungssinn so festlegt, daß die Reihenfolge 91, 33, (5 ein wie oben definiertes Rechtssystem ausmacht (Fig.. 3). Aus der Definition folgt ohne weiteres (12) 91x33 = - 3 3 x 9 1 , d. h. die Änderung des Vorzeichens des Produktes bei Vertauschung der Faktoren. F ü r das Vektorprodukt also hat das kommutative Gesetz keineGültigFig. 3 keit mehr, während das distributive Gesetz, wie man leicht einsieht, bestehen bleibt. Im besonderen hat man f ü r die Einheitsvektoren (13) i x i = j X j = 1 x 1 = 0; t X j = i, j X f = i, i X i = j. Wir erhalten damit folgende Zerlegung in Komponenten:
(14) 9t x 33 = (Axi + Ay\ + Att)x(Bxi = (A, Bt - Az By) x + (At Bx-
+ Byj + B,t)
Ax Bt) j + (Ä, By - A, Bx) I
oder in Determinantendarstellung
Die Grundoperationen der Vektorrechnung t (15)
2txSS
i
13
f
•A-X Ay Az Bx Bv B2
Aus der Anwendung dieser Gesetze leitet man leicht folgende Formeln für zusammengesetzte Produkte her: (16) 21 • (SS x (5) = SS • ( 6 x 21) = 6 • (91 x ®) = 2t ,x SS • 6 (Vertauschungssatz) (17) 2t • (21X SS) = 0 (18) 21 x (S3 x 6 ) = S3(2l • 6 ) — &(2l • 23) (19) 2 t x ( S S x 6 ) + S S x ( 6 x 2 t ) + 6 x ( 2 t x S 3 ) = 0 (20) (2t x 93) • (ß X ® ) = 21 • 6S3 • 2> — 21 • XSS • 6 (16) folgt ohne weiteres daraus, daß alle drei Ausdrücke geometrisch als Volumen des aus den Vektoren 2t, SS, 6 gebildeten Parallelpipeds gedeutet werden können. Der Vergleich des ersten und letzten Ausdrucks zeigt, daß man die beiden Zeichen für das äußere und innere Produkt vertauschen kann. Die Formel (20) leitet sich aus (18) durch Anwendung des Vertauschungssatzes her. Für die Differentiation gilt wieder die Regel (21)
£
W
x « » - f x »
+
« x § .
5. D y a d i s c h e s P r o d u k t . Wenn man die Multiplikation des skalaren Produktes r • 2t mit dem Vektor S3 in der folgenden Art t • 2tS3 = x • (21S3) aufteilt, so kann man die ohne Zeichen geschriebene Verbindung 21S3 als unbestimmtes oder d y a d i s c h e s Produkt auffassen, das mit dem Vektor t skalar multipliziert wieder einen Vektor liefert, der in diesem Falle mit SS gleichgerichtet ist r -21S3 = r ' (parallel SS). Es ist bemerkenswert, daß für dieses dyadisches Produkt, wie man unmittelbar sieht, das kommutative Gesetz nicht mehr gilt, daß also (22) r • 21SS 4= i • SS91,
14
Mathematische und statische Grundlagen
daß dagegen das distributive Gesetz (23) « ( » ! + » « ) = 9l931 + 9iS32 auch hier wieder zutrifft. Das Wesentliche der Dyade, die wir allgemein mit großen griechischen Buchstaben, z. B. 0 bezeichnen wollen, ist nun darin ausgesprochen, daß sie vermöge der Gleichung (24) t ' = r.Ö> = t . ( 2 B B ) eine lineare Zuordnung zweier Vektoren t und r ' oder eine affine Abbildung des Raumes r in den Raum r ' vermittelt. Die Verbindung r - 0 nennt man auch eine lineare Vektorfunktion von r. Die Umkehrung, d. h. die Auflösung der Gleichung (24) nach r führt mit (25) x = x'-0-y zur sog. reziproken Dyade 0 ~ l . Es läßt sich nun zeigen, daß jede Dyade, die allgemein die Darstellung 0 = ZISL^Öi zuläßt, auf die Summe von drei dyadischen Produkten mit vorgegebenen Linksfaktoren (91) oder vorgegebenen Rechtsfaktoren ($8) zurückgeführt werden kann. Wenn man Links- und Rechtsfaktoren vertauscht, so erhält man die konjugierte Dyade Man sieht dann, daß (26) r-0=3>-r ist. In der Komponenten- oder Neunerform folgende Darstellung:
haben
0 = ( A x t + Ay\ + A z l ) { B x \ + B y i + 5,1) = AXBX
+ AyByW
+ A z B , n + Ay B z jf H
wir
ii
a n i i + a22ü +
= div b =8Vx ,8vy 8x 8y 8z und der Rotor des Vektors
i
(35)
V x t> = rot b =
i
f
iL iL iL
8x 8y 8z v„ V, die aber im folgenden nur eine untergeordnete Rolle spielen werden.
2. K a p i t e l Statische Grundsätze
7. Die I n v a r i a n t e n eines K r a f t s y s t e m s . Wir nehmen eine Anzahl von Kräften an, die an einem starren Körper angreifen. Wenn wir das Axiom benutzen, daß zwei gleiche und entgegengesetzt gerichtete Kräfte in derselben Geraden sich gegenseitig aufheben, so ergibt sich bei Hinzufügung eines solchen Paares von Gegenkräften, daß eine Kraft an einem starren Körper beliebig in ihrer Angriffslinie ohne Änderung der Wirkung verschoben werden kann. Der Kraftvektor an einem starren Körper ist also ein liniengebundener Vektor,
Statische Grundsätze
17
bei dem der Anfangspunkt oder Angriffspunkt beliebig auf der Wirkungslinie angenommen werden kann. Man nennt einen solchen Vektor nach Study und v. Mises auch „ S t a b " . Wir setzen voraus, daß die Wirkungslinien der Kräfte im allgemeinen nicht durch einen Punkt gehen. E s gibt nun, wie in der Statik gezeigt wird, zwei vektorielle Invarianten, d. h. die Kräfte enthaltende Ausdrücke, die bei folgenden Operationen ungeändert bleiben: 1. Verschiebung einer Kraft in ihrer Angriffslinie, 2. Hinzufügung zweier in eine Gerade fallender entgegengesetzt-gleicher Kräfte, 3. Zusammensetzung nach dem Parallelogrammgesetz. Diese Invarianten sind die Vektorsumme der Kräfte und die Summe der Momente aller Kräfte in bezug auf einen beliebigen Punkt 0. Bezeichnet man die Radienvektoren von 0 nach einem beliebigen Punkt der Angriffslinie der ¿-ten Kraft mit r,-, so sieht man, daß die Invarianten durch zwei Vektoren und 9Jt in f 'b- 4 folgender Weise dargestellt werden können. (1) 3i = J?®,-; StR = ¿;ti x Wenn man zu jeder Kraft im Punkte 0 zwei Kräfte ± hinzufügt, so ist das gesamte Kraftsystem reduzierbar auf eine in 0 angreifende Resultierende 9i und eine Reihe von Kräftepaaren, d. h. von je zwei entgegengesetzt-gleichen, im allgemeinen nicht in eine Gerade fallenden Kräften, die sich nach dem Additionstheorem zu einem resultierenden Paar zusammensetzen lassen. Es ist weiter bekannt, daß der Vektor des Kräftepaares (senkrecht zur Ebene der Kräfte und gleich dem Produkt aus der Kraftgröße und dem senkrechten Abstand beider Kräfte) beliebig parallel mit sich selbst ohne Änderung der Wirkung verschoben werden kann. Der Momentvektor ist also zum Unterschied vom KraftM f l l l e r , Dynamik I
2
18
Mathematische und statische Grundlagen
vektor ein freier Vektor. Die beiden Vektoren 3} und äft charakterisieren bei festem Bezugspunkt 0 das Kraftsystem vollkommen und zwei Systeme S1 und ,S2 mit gleichen Invarianten sind äquivalent. mm\-d 8. Die a b s o l u t e I n variante und die Zentralachse. Wenn man den Bezugspunkt von 0 nach 0' verlegt und 0 0' = § setzt, so ist wegen r ' + 3 = t (2) 3R = äW'.+ 3 x 8t. Durch Verlegung des Bezugspunktes wird also das Moment geändert. Durch Fig. 5 skalare Multiplikation der Gleichung (2) mit 9a ergibt sich (3) ' SK'.3l = 3 R - S R = / 7 . Das Produkt 77 = äft • 3f ändert sich also nicht bei Verschiebung des Bezugspunktes oder 77 ist eine absolute Invariante des Kraftsystems. Um nun den Ort der Punkte 0 zu bestimmen, für die 9t und 2Ji gleichgerichtet sind, setzt man SR' = A3R, also (4) SR = m + (3 x SR). Dann ergibt sich durch skalare Multiplikation mit SR ÜJi-Sft (5)2R.3f{ = AÄ2; X2
R
Die 'skalar geschriebenen Gleichungen (4) geben dann
Statische Grundsätze
19
durch Elimination von A die Gleichungen der sog. Zentralachse Z. Das gesamte Kräftesystem laßt sich also auf eine in der Zentralachse wirkende K r a f t s c h r a u b e zurückführen. Multipliziert man (4) skalar mit so kommt (6) 3 R - 3 = ;i(3t-3). Bezeichnet man nun den senkrechten Abstand der Zentralachse von der Ebene (SR,3Jt) mit a„, s o ist M.§ 0 = ;.(SR — § 0 ) = 0, also nach Kap. 1, (18) R2 SR X HR = SR X («o X 31) = a „ R 2 ~ S ^ o " SR) = SR X 3R (7) g -o • R2 Schließlich läßt sich noch zeigen, daß jedes an einem starren Körper angreifende Kraftsystem auf ein K r a f t k r e u z , d. h. auf zwei zueinander senkrecht stehende windschief gelegene Kräfte zurückführbar ist. Auf den leicht zu führenden Nachweis wollen wir hier nicht näher eingehen. 9. B e s o n d e r e F ä l l e . Wenn die Kräfte des Systems durch einen Punkt gehen, so ergeben sie eine Resultierende SR = ¿ffi, durch denselben Punkt. Das Kraftpaar verschwindet. b) Wenn das räumliche Polygon der Kräfte sich schließt, so verschwindet SR. Wenn aber die Kräfte nicht durch einen Punkt gehen, so wird im allgemeinen ein Kräftepaar übrigbleiben, dem ein invariantes Moment entspricht. Von einer Zentralachse kann man in diesem Falle nicht reden. 2»
20
Mathematische und statische Grundlagen
c) Der Gleichgewichtsfall ist durch das Verschwinden der Invarianten und 3Jl bestimmt. = 3JI = 0 enthalten aber sechs skalare Gleichungen. Daraus folgt z. B., daß ein durch ein Kraftsystem belasteter starrer Körper durch sechs gerade Stützen, die nicht alle durch einen Punkt gehen, fixiert werden kann. Denn die Gleichungen gestatten eine eindeutige Bestimmung der sechs unbekannten Stützkräfte. d) D e r e b e n e F a l l . Ein ebenes Kraftsystem, das an einem starren Körper (einer Scheibe) angreift, ist durch die Angabe dreier Größen, durch einen nach drei Komponenten zerlegbaren Kraftvektor und durch einen Momentenvektor gekennzeichnet, den wir, weil er ein für allemal zur Ebene senkrecht steht, als Skalar behandeln dürfen. Das Gleichgewicht ist durch drei Bedingungsgleichungen bestimmt. Eine Scheibe ist daher durch drei in ihrer Ebene liegende und nicht durch einen Punkt gehende gerade Stützen fixiert und die Stützkräfte können durch die drei Bedingungsgleichungen im allgemeinen eindeutig berechnet werden. 10. P a r a l l e l e K r ä f t e u n d S c h w e r p u n k t . Wir setzen voraus, daß auf den starren Körper lauter parallele Kräfte wirken. Wenn wir mit e deq Einheitsvektor in Richtung der Kräfte bezeichnen, so haben die Invarianten folgende Form: (8) 31 = ^ ; 2Jt = 2!(ttxe)Kt = 2ttKtxej Man sieht, daß 9Ji in diesem Fall senkrecht steht auf e, also auch auf der Resultierenden 9i des Systems. Die Mittellinie des Kraftsystems, d. h. die Wirkungslinie der Resultierenden kann dann durch die Gleichungen
Kinematik des Punktes
21
(r.xe)Ä = H i i K i X t (9) dargestellt werden, wo r den Radiusvektor nach einem Punkt der Mittellinie bezeichnet. Wenn wir eine gleichmäßige Verteilung von gleichgerichteten Kräften nach Art der Schwerkräfte an einem homogenen Körper und die Elementarkraft dK = ydV setzen, so kann man statt der Summe das Integral verwenden, also schreiben (10) Si = efdK = eyfdV; 2K =ftdK x e = yfxdV x e. Bei einer Drehung der Kräfte, d. h. einer Veränderung von e, dreht sich die Resultierende um den Schwerpunkt, dessen Koordinaten bei einem Körper konstanter Dichte durch die Gleichungen
(11) bestimmt werden. Die Berechnung des Schwerpunktes für Körper und Flächen wird als Anwendung der Integralrechnung als bekannt vorausgesetzt. Die wichtige Bedeutung f ü r die Bewegungsgesetze wird später erörtert. I I . Bewegung des Massenmittelpunktes 3. K a p i t e l Kinematik des Punktes 11. G e s c h w i n d i g k e i t s - u n d B e s c h l e u n i g u n g s v e k t o r . Wenn ein Punkt P (als Repräsentant eines starren Körpers) sich auf einer im allgemeinen krummlinigen Bahn bewegt, so wird der Ortsvektor r als eine Funktion der Zeit darstellbar sein, die wir als stetig und differenzierbar voraussetzen. Das während der kleinen Zeit Zlt zurückgelegte Wegstück PP' (vgl. Fig. 9) kann man angenähert als geradlinig ansehen und t ' — r = Ax setzen. Unter der momentanen Geschwindigkeit b versteht man allgemein den Grenzwert des Verhältnisses von At und der entsprechenden Zeit At für den Fall, daß At gegen Null geht. Wir haben also Ax dx
22
Bewegung des Massenmittelpunktes
wenn man die Differentiation nach der Zeit durch einen der Größe aufgesetzten Punkt bezeichnet. In Koordinatenform haben wir (2) 0 = ^ 1 + vy\ + = xi +y\ + ¿1 Diesen Vektor können wir uns von P aus auf der Bahntangente im Bewegungssinne aufgetragen denken. Umgekehrt ergibt sich der in der Zeit von t = 0 bis t von dem Punkt P zurückgelegte Weg oder die zur Zeit t erreichte neue Lage durch Integration r == J bdt-, x = j vxdt usw., o o die sich ausführen läßt, wenn die Geschwindigkeit als Funktion der Zeit gegeben ist. Aus dem Vektor der Geschwindigkeit geht der Beschleunigungsvektor durch nochmalige Differentiation hervor (3) h = ixx+iyi + b,i = vx\ + vvi + v,l= x\ + y'i+zl. Wie der Weg aus der Geschwindigkeit, so ergibt sich die Geschwindigkeit aus der Beschleunigung durch das Verfahren der Integration, wobei die auftretenden Konstanten, wie sich noch zeigen wird, aus den besonderen Bedingungen des Bewegungsproblems zu ermitteln sind. Auch den Beschleuni0 gungsvektor b können wir uns vom Punkt P aus gelg ' zogen denken. Wie eine einfache Überlegung ergibt und die folgenden Beispiele zeigen, fällt er bei der krummlinigen Bewegung nicht mit dem Geschwindigkeitsvektor zusammen. Geschwindigkeit und Beschleunigung sind als sog. angeheftete Vektoren eingeführt. Dabei ist aber zu bemerken, daß auch hier die allgemeinen, der Vektorlehre entnommenen
Kinematik des Punktes
23
Rechnungsregeln, die zunächst für freie Vektoren aufgestellt sind, Gültigkeit behalten. Die besondere Lageeigenschaft eines Vektors, die stets durch die mechanische Bedeutung bestimmt wird, muß als unabhängig von der Anwendbarkeit der Vektoroperationen angesehen werden. Insbesondere gelten also für die Zusammensetzung und Zerlegung von Geschwindigkeit und Beschleunigung die oben angegebenen allgemeinen Gesetze. Wenn also z. B. ein Punkt aus irgendwelchen Ursachen zwei Geschwindigkeiten bj und ba erhält (er möge sich etwa in einem bewegten Fahrzeug in beliebiger Richtung bewegen), so wird er die resultierende Geschwindigkeit b = bx + b2 erhalten, die als Diagonale des aus bx und b2 gebildeten Parallelogramms dargestellt wird. 12. E i n e i n f a c h e s B e i s p i e l . Setzen wir etwa die Beschleunigung als konstant gleich 60 voraus. Nehmen wir ferner an, daß die Bewegung in der x-Richtung erfolgt und zur Zeit t = 0, v = v0, x = x0 sein möge, so ergibt die erste Integration mit Rücksicht auf die Anfangsbedingungen (4) v = V + v0 und die zweite Integration (5) x = | b0P + v0t + x0. Bei einer krummlinigen Bewegung ist es meist zweckmäßig, die Bewegung nach zwei oder drei Koordinatenrichtungen zu zerlegen und die zugehörigen Integrationen gesondert durchzuführen, wofür später zahlreiche Beispiele gegeben werden.
13. N a t ü r l i c h e Z e r l e g u n g bei der allgemeinen krummlinigen Bewegung. Sei dt das Differential des Ortsvektors r des sich bewegenden Punktes und ds der absolute Wert des Bogendifferentials, so ist ^
ds
= e, der
Einheitsvektor in der Bewegungsrichtung. Der Vektor dh _ ds2
de1 ds
Fig. 10
24
Bewegung des Massenmittelpunktes
liegt in der Ebene zweier aufeinanderfolgenden Tangenten, also in der sog. Schmiegungsebene der Kurve. Man sieht ferner, daß (fex, da ex nur eine Drehung ausführt, senkrecht steht zu t und nach dem Krümmungsmittelpunkt der Kurve weist, ferner daß | | = dd ist, wenn d§ den Kontingenzwinkel zwischen ej und e1 + dt1 bedeutet. Nennen wir den Krümmungsradius Q, SO ist |«feil _ d& _ 1 dH _ dex _ e 2 ds ds Q' ds2 ds Q ' wenn e 2 der nach dem Krümmungsmittelpunkt gerichtete Einheitsvektor ist. Wir haben daher für die Geschwindigkeit und Beschleunigung folgende Tangential- und Normalkomponenten ds ,„> dti
de,(ds\2
.
d2s
d2s
, v2
,
. ,
Die Normalkomponente bn wird auch Z e n t r i p e t a l b e s c h l e u n i g u n g genannt. Bei der geradlinigen Bewegung ist bn = 0; es bleibt nur die Komponente h übrig. Bei der gleichförmigen Bewegung auf dem Kreise bleibt nur die Zentriv2 petalbeschleunigung — nach dem Kreismittelpunkt, r Zu dem natürlichen Koordinatensystem gehört noch eine dritte Richtung, die sog. B i n o r m a l e mit dem Einheitsvektor e 3 , der zu tx und t^ senkrecht steht und so gerichtet ist, daß eje 2 e 3 ein Rechtssystem bilden. Es ergibt sich, d a ß die K o m p o n e n t e der B e s c h l e u n i g u n g in der b i n o r m a l e n Richtung verschwindet. 14. P o l a r k o o r d i n a t e n b e i der e b e n e n B e w e g u n g . Sei t , der Einheitsvektor in Richtung des Radiusvektors r, der mit der festen Achse den Winkel cp bildet, tq> der Einheitsvektor senkrecht dazu im Sinne der wachsenden ß und setzt man Vß2 — a 2 = iy, so wird bei Einführung der trigonometrischen Funktionen (6)
x =
e-P'(a
c o s yt +
b s i n yt)
=
ce'P*
cos (yt +
r}).
Man hat also in diesem Fall eine gedämpft-harmonische Schwingung, deren Amplituden nach der Exponentialfunktion e~& abnehmen. Die Schwingungsdauer
Schwingungsbewegungen 2n
65
2 n
(7
V o t - ß * y ist gegenüber dem dämpfungsfreien Fall vergrößert.
Zur Bestimmung der Konstanten legen wir etwa die Anfangsbedingungen zugrunde f ü r i = 0 soll x = x0 und x = v = 0 sein. Dann hat man zwei Gleichungen f ü r die Größen a und b, und man erhält durch eine elementare Rechnung a = x0, 6 =
- . Daher wird y
a . dt. a . a „
Fig. 21 (8)
=
xoe~0l
|cos y t
+
- sin y t j ,
Sind Xj und xi+1 zwei um eine halbe Schwingungsdauer zeitlich auseinanderliegende Ausschläge gleicher Phase, so erhält man die Beziehung nß
(9)
-Üi- = Xi "i
•e
+1
Müller, Dynamik I
v
ßz =
; "g
Xi "
+2
66
Bewegung des Massenmittelpunktes
Das l o g a r i t l i m i s c h e D e k r e m e n t ( G a u ß ) b e i d e r A u s schläge ist also k o n s t a n t . Dieses einfache Gesetz gestattet, aus der Beobachtung der Amplituden und der Schwingungsperiode umgekehrt die Größe der Dämpfung zu ermitteln. In der Fig. 21 ist der Fall x = ce~& cos yt gezeichnet. Man sieht, daß die Schwingungskurve von den beiden logaT rithmischen Kurven x = ce~P( in den Punkten t = 0, -,x... u
mit den Amplituden a0a1... berührt wird. Die Maximalstellen liegen in der Nähe dieser Punkte. 2. F a l l g r o ß e r D ä m p f u n g . Ist/3 > « , so sind die trigonometrischen Funktionen durch die Hyperbelfunktionen zu ersetzen. Man hat mit V ß 2 — « 2 = ö die Lösung (10)
x =
6of dt + b ©in dl).
Mit den Anfangsbedingungen x = x0 und V = 0 für t = 0 wird z. B. (11)
x = Zoe-^Sof dt + £ ©in dt). y Die Bewegung hat einen aperiodischen Charakter. Da für unbegrenzt wachsende Zeit iimx
x
d, so nähert sich die arf-Kurve von einer gewissen Stelle an mit zunehmendem t immer mehr der ¿-Achse (vgl. Fig. 22). Für die Lösungsform liegt das Maximum von x auf der «-Achse. Ferner folgt aus 11 und der zweiten Ableitung (12)
=
x = A^e-f*
©in dt - Sof dt
daß die Nullstelle und die Wendestelle der Kurve in gleichen Abständen vom Maximum, und zwar auf verschiedenen Seiten liegen. Die Zeitabszissen für diese beiden Stellen sind aus
Schwingungsbewegungen
£g x r dargestellt, denn ö ist senkrecht zur Ebene durch tr und r gerichtet, und zwar im richtigen Umlaufssinn und absolut genommen | ö | = ivr sin (tt>, r). Mit dem Vektor tt> läßt sich in genau derselben Weise opeFig. 25 rieren wie mit den bereits bekannten Vektoren der Mechanik. Entsprechend dem distributiven Gesetz (2) tüx x r + tt>2 X r = (tt»! + tt>2) X r
Dynamik des Massenpunktes im bewegten Raum
72
wird der Körper, dem gleichzeitig zwei Drehungen tDx und tt>2 durch 0 erteilt werden, eine resultierende Drehung ausführen, deren Vektor nach der Parallelogrammregel aus tt^ und tt>2 zusammensetzbar ist (vgl. Fig. 25). Man kann das auch direkt nachweisen. Der Endpunkt des Vektors it> = tox + tü2 hat in der Tat nach (2) die beiden entgegengesetzt gleichen Geer schwindigkeiten h?! x io und tt>2 X bleibt also in Ruhe. Ferner wird ein Punkt außerhalb tri, z. B. der Endpunkt von tüj durch die Drehung tü dieselbe Geschwindigkeit ft> X tüj erhalten, wie durch die Drehungen tt»! und tt>2 zusammen, nämlich 0 + to2 x lt»j_. 47. D i e E u l e r sehe F o r m e l . Die allgemeine unendlich kleine Lageänderung des starren Körpers läßt sich nun zusammensetzen aus der Verschiebung de eines im Körper festen Punktes C mit dem Ortsvektor c und einer Drehung um eine durch G gehende momentane Drehachse durch einen Winkel weit. Nennen wir den Ortsvektor von P in bezug auf 0 wieder r, in bezug auf C dagegen §, so hat P die Gesamtgeschwindigkeit (3)
b = c + tu x (r — c) = c + m x ä .
xo
C'
Fig. 26
Diese Formel spielt in der gesamten folgenden Entwicklung eine fundamentale Rolle. 48. V e r l e g u n g des P u n k tes C und S c h r a u b e n a c h s e . Wir können uns die Frage vorlegen, ob es möglich ist, den Punkt C so nach C' zu verlegen, daß die Geschwindigkeit des neuen Punktes C' in die Drehachse fällt (Fig. 26). Die Aufgabe ist vollständig analog zum statischen Problem der Zentralachse oder Kraftschraube. Zu dem Zweck zerlegen wir die Geschwindigkeit c in eine Kom-
Geschwindigkeit des starren Körpers
73
ponente senkrecht und eine parallel zu tu. Wir können dann offenbar schreiben (4)
c = to x a + Eto,
wo a ein Vektor und b ein Skalar ist. Skalare Multiplikation mit a gibt c • a = £m • a . Wir bestimmen nun a so, daß tt> • a = 0, also a senkrecht steht auf tu. Dann ist auch c • a = 0, d. h. a steht senkrecht auf der Ebene (c, tu). Unter dieser Voraussetzung bestimmen sich b und a dadurch, daß wir (4) skalar und vektoriell mit tp multiplizieren. Wir erhalten c • tt> = tu • (tt> X a ) + biv2 =
also ,,, 5
bic2,
, c-to C ,• b= — =_cos(c,m), V p ' W
ferner also (6)
c x w = (tt x a) x to = aw2 a
=
w2
(da tu • a = 0),
a = -sin(c,tü). w
Für die Geschwindigkeit ö ergibt sich nun mit (3) und (4) der Ausdruck (7) b = tt> x (3 + a) + bro . Der erste Ausdruck stellt eine Drehung mit der Winkelgeschwindigkeit tu um eine zu tt> parallele Achse durch den Punkt C' dar, der auf der Senkrechten zur Ebene (c', tt>) im Punkte C liegt, und zwar in einem Abstände CG' = —a. Es ergibt sich also, daß d i e m o m e n t a n e B e w e g u n g des s t a r r e n K ö r p e r s als D r e h u n g um eine Achse u n d T r a n s l a t i o n in R i c h t u n g d i e s e r A c h s e , d. h. a l s S c h r a u b e n b e w e g u n g sich d a r s t e l l e n läßt.
74
Dynamik des Massenpunktes im bewegten Raum 9. K a p i t e l Gesetze der Relativbewegung
49. G e s c h w i n d i g k e i t s g e s e t z . Wir betrachten nun die Bewegung eines Punktes P im absoluten auf den festen Anfangspunkt 0 bezogenen Raum (R) und relativ zu dem Körper oder im Raum (R'), der selbst mit dem Bezugspunkt C eine Bewegung ausführt. Unter der Führungsgeschwindigkeit 0/ verstehen wir die Geschwindigkeit desjenigen Punktes in
S= j ±
-k*.
Man findet also im allgemeinen (1 Sä 2k) zwei Werte Sj und ? 2 , zwischen denen die Beziehungen (6) Si + ^a = l, slst = kt bestehen. Die Spurpunkte und 0 2 der parallelen Achsen, für die die Schwingungsdauer denselben Wert hat, liegen also auf
Besondere Scheibenbewegungen
97
zwei konzentrischen Kreisen K1 und K2 um S, die auseinander durch Inversion in bezug auf den Trägheitskreis K0 mit dem Radius k abgeleitet werden können, so daß die Polare jedes Punktes eines Kreises in bezug auf K0 den anderen Kreis berührt. Die Summe der Radien ist gleich der reduzierten Pendellänge. Auf jeder durch S gezogenen Geraden gibt es vier Punktepaare 0,0i,0 2 0£, die derselben Pendellänge entsprechen (vgl. F g. 38). Das Quadrat der Geschwindigkeit folgt wie früher aus dem Energiesatz. Wir erhalten 2Gs w2 = &2 = (cos & — cos # 0 ) (
?
)
2 q s k
-i
' „2 (