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German Pages 460 Year 1942
VORLESUNGEN ÜBER
TECHNISCHE MECHANIK VON
DR.PHIL. DR.-ING. AUG. FÖPPLt PEOF. AN DXB TXCHN. HOCHSCHULE IN MÜNCHEN S E H HOJTRAT
VIERTER
BAND
D Y N A M I K M I T 114 F I G U R E N I M T E X T
BEARBEITET VON o. PEOF. DE. -ING. A. B U S E M A N N • B R A U N S C H W E I G o. PEOF DE. L U D W I G F Ö P P L . M Ü N C H E N UND A. o. PEOF DE.-ING. 0 . F Ö P P L • B R A U N S C H W E I G
NEUNTE
AUFLAGE
M Ü N C H E N U N D B E R L I N 1942
V E R L A G VON R . O L D E N B O U R G
Copyright 1933 b y B. G. Teubner in Leipzig' Manuldruck von F. Ullmann G. m. b. H., Zwickau/Sa. Printed in Germany
Vorwort zur achten und neunten Auflage. Die siebente Auflage wurde noch von A. F ö p p l selbst herausgegeben, der inzwischen verstorben ist. Für die achte Auflage mußten neue Bearbeiter gefunden werden. Mit Rücksicht auf die starke Entwicklung, die die Dynamik in den letzten Jahren genommen hat, war es nötig, wesentliche Änderungen vorzunehmen. Soweit es aber irgend angängig war, wurde mit Rücksicht auf die vorhandenen Platten und aus dem Bestreben heraus, den Verkaufspreis des Buches niedrig zu halten, der alte Schriftsatz unverändert übernommen. Die Veränderungen beziehen sich vor allem auf die §6, 7, 9, 11, 15, 19, 21, 41, 4 2 , 4 3 , 4 4 , 48 sowie 50—66. Der 6. Abschnitt über Hydrodynamik wurde von A . B u S e rn an n vollständig neu bearbeitet und hierbei vor allem auf die in der Prandtlschen Versuchsanstalt in Göttingen gewonnenen Ergebnisse Bezug genommen. Die Bearbeitung von § 15 sowie vom 2. und 3. Abschnitt (außer §21) hat L. F ö p p l , München, die des 1.und 4. Abschnitts (außer § 15) und von § 2 1 0 . F ö p p l , Braunschweig, durchgeführt. Bei der 9. Auflage sind einige Ergänzungen in dem von Herrn Prof. Busemann verfaßten Abschnitt vorgenommen worden. Herr Busemann hat insbesondere einige Aufgaben beigefügt. B r a u n s c h w e i g , Januar 1933. Braunschweig, Anfang Mai 1942.
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Inhaltsübersicht
Belle
Erster A b s c h n i t t . Dynamik des materiellen Punktes. . . 1—185 § 1. Einleitung 1 8 8. Der Flächensatz 4 Drall 6 Zentralbewegung 9 Sektorengeschwindigkeit 11 § 8. Das Potential 12 Wirbelfreie und Wirbelfelder 18 Potentialunterschied 17 Niveaufläche 30 Kraftlinien 21 24 § 4. Die einfache harmonische Schwingung Schwingungsdauer 28 Elliptische Schwingung 29 § 6. Drehschwingungen 81 § 6. Gedämpfte Schwingungen 84 Aperiodische Bewegung 88 Schwingungdauer der gedämpften Schwingungen 40 Logarithmisches Dekrement . 48 Verhältnismäßige Dämpfung 46 Schiefersteinscher Resonanzantrieb 47 § 7. Dämpfung durch gewöhnliche Reibung 48 Werkstoffd&mpfung 62 Dem Quadrate der Geschwindigkeit proportionale Dämpfung . 68 . 66 $ 8. Erzwungene Schwingungen . . Resonanz 61 Wirtschaftlichkeit des Resonanzantriebs 66 § 9. Allgemeine Lötung der Differentialgleichung für die erzwungenen Schwingungen 67 Schweb ungen 70 110. Kritische Geschwindigkeiten 71 §11. Gekoppelte Biegungsschwingungen 76 Drei gekoppelte Massen 77 Biegungsschwingung eines Stabs mit einer Masse 79 § 12. Näherungstheorie für das einfache Pendel 82 86 8 18. Genauere Theorie der ebenen Pendelschwingungen Genauere Näherungsformel 91 $ 14. Schwingungen auf der Zykloide 91 Rficklauf bei Kegelbahn 101 § 16. Analogie zwischen mechanischen und elektrischen Schwingungen. 102 Aufladen eines Kondensators 108 Induktionsgesetz 106 Gegenüberstellung elektrischer and mechanischer Maßgrößen . I i i Aufgaben zum 1. Abschnitt Vial (4. Aufg.) Dämpfung bei verschiedenartiger Reibung (9. Aufg.) Fadenspannung vom Pendel (11. Anfg.)
111—186 117 122 126
VI
Inhaltsübersicht
Seit» Drehschwizigongen eines gefederten Wagens (12. Aufg.). . . 127 Gekoppelte Schwingungen von zwei E i s e n b a h n w a g e n . . . . 129 Anmerkung über Drehschwingnngen 136 Z w e i t e r A b s c h n i t t . Dynamik des Punkthanfens 136—176 $ 16. Das Prinzip von d'A lembert 138 Trägheitskräfte 139 §17. Festigkeitsberechnung für bewegte Körper 142 Zurückführung auf den ruhenden Körper 143 Pleuelstange 146 | 18. Das zusammengesetzte Pendel 148 Reduzierte Pendellänge 161 § 19. Schwerpunkts- und Flächensätze für den Punkthaufen. . . . 163 Drall eines Punkthaufens dessen Schwerpunkt ruht . . . . 166 $ 20. Einfache Anwendungen des Flächensatzes 160 Umdrehung einer Katze beim Fallen 161 $ 21. Massenausgleich bei Schiffsmaschinen nach Schlick 166 Die beiden allgemeinen Forderungen für den Massenausgleich 167 Massenausgleich zweiter Ordnung 171 $ 22. Anwendung des Flächensatzes auf die Turbinentheorie. . . . 174 Dritter Abschnitt. Dynamik des starren Körpers. . . . 177—261 | 88. Stellung der Aufgabe 177 $ 24: Lebenaige Kraft und Trägheitsellipsoid 178 § 26. Drall und Drallellipsoid 183 Satz über Vektorprodukte 184 Zusammenhang zwischen Trägbeits- und Drallellipsoid . . . 190 § 26. Die freien Achsen 192 § 27. Wirkung eines Kräftepaares auf einen freien starren Körper. 197 Drehstoß 200 S 28. Bewegung eines starren Korpers um einen festen Punkt ohne äußere Kräfte 200 Polodie und Herpolodie 203 § 29. Die stabilen Drehachsen 204 $ 80. Die Eulerschen Gleichungen 206 § 81. Ein einfaches Beispiel 211 $ 32. Die Kreiselbewegung 214 Änderung der lebendigen Kraft und des Dralls 216 S 88. Die pseudoreguläre Präzession 217 Umlaufzeit 223 § 84. Einwirkung eines Stoßes auf den schnell rotierenden Kreisel . 228 Abhängigkeit von der Stoßzeit 224 $ 86. Die strenge Lösung des Kreiselproblems für den symmetrischen schweren Kreisel 226 Hauptgleichung des Kreiselproblems 229 § 36. Die reguläre Präzession 280 Langsame und schnelle Präzession 232 $ 87. Die Verwendung der Kreiseltheorie in der Technik 238 Drehung von Scbwungradebene 284 Bumerang 289 Seitenablenkung von Geschossen 240 Rollendes Rad 241 § 88. Ebene Bewegungen des starren Körpers 246 Physisches Pendel als Beispiel 249 Koppelung t o i zwei Spülen 260
Inhaltsübersicht
YII a«ito V i e r t e r A b s c h n i t t . Schwingungen elastischer Körper . . 262—848 § 39. Biegungsschwingungen von Stäben mit gleichförmig verteilter Masse 262 Grundschwingung und Oberschwingungen 266 § 40. Allgemeinere Lösung der Schwingungsgleichung 267 §41. Biegungschwingungen von Wellen, die mit mehreren Lasten behaftet sind 261 Kullsche Formel 264 § 42. Verdrehungsschwingungen von Wellen mit zwei Schwungmassen 266 § 43. Verdrehungsschwingungen von Wellen mit mehr als zwei Schwungmassen 269 Praktisches Beispiel 278 § 44. Anwendung der Drehschwingungsberechnung auf praktische Fälle 276 § 46. Biegungsschwingungen von schnell umlaufenden Wellen . . . 277 Formel für die kritische Geschwindigkeit 290 S 46. Vereinfachte Behandlung der Biegungsschtcingungen von Wellen 298 § 47. Mechanische Ähnlichkeit; Theorie der Modelle 296 Modelle von Tragkonstruktionen 297 Modelle von Maschinen 300 Modellregel von Fronde für Schiffe 302 Aufgaben zum 2., 8. und 4. Abschnitte Stöße an Stöben (16. n. 16. Aufg.) Trägheitskräf'te an Stange (19. Anfg.) Reversionspendel (22. Aufg.) Festigkeitsberechnung von Glockenstuhl (23. Aufg.) Biegungsbeanspruchung von Pendel (24. u. 26. Aufg.) Trägheitsmomente von Kegel (28. Aufg.) Schief aufgekeilter Schwungring (32. Aufg.) Drehstoß an Ring (83. Aufg.) Gyroskop (36. Aufg.) Bifilare Aufhängung (38. Aufg.) Rollbewegung von Schiffen (39. Aufg.) Rollpendel (42. Aufg.) F ü n f t e r A b s c h n i t t . Die Aelativbewegung Vorbemerkungen § 48. Der Satz von Coriolis § 49. Die Zusatzkräfte bei der Belativbewegung Betrachtungen auf einem Karussell Fallender Stein Südliche Ablenkung Seitenablenkung von Geschossen
806—348 306 312 317 318 . . . 320 326 328 330 834 336 838 341 344—362 344 346 360 861 362 366 367
Aufgaben zum 5. Abschnitt 369—362 Harmonische Schwingungen relativ zu einer rotierenden Scheibe (44. u. 46. Aufg.) 359 S e c h s t e r A b s c h n i t t : Hydrodynamik § 60. Die Darstellungsmittel der Hydrodynamik L a g r a n g e s c h e , Eulersche Darstellungsart § 51. Die Kinematik der Strömung Substantieller Diuerentialqnotient DehnuDgsgeschwindigkeit, Winkelgeschwindigkeit
363—446 368 364 366 366 369
VIH
Inhaltsübersicht Soite
870 § 62. Die hydrodynamischen Gleichungen von Euler Eontinuitätsbedingung 372 Bewegungsgleichungen 374 S 68. Wirbelbewegung 374 Zirkulation, Wirbelst&rke, Drehung 377 Wirbels&tze von H e l m h o l t z und Thomson 381 8 64. Die wirbelfreie Strömung 381 Geschwindigkeitspotential 382 Differentialgleichung der quell- und wirbelfreien Strömung . 384 § 66. Allgemeine Integrationen der Bewegungsgleichungen 384 Bernoullische Gleichung für 1. stationäre Strömung 384 2. wirbelfreie Strömung 386 3. allgemeine reibungslose Strömung 386 § 66. Die Besonderheiten der ebenen Strömungen 389 Komplexe Zahlen als ebene Vektoren. Stromfunktion . . . . 393 8 67. Die ebene Potentialströmuno 394 Strömung um Zylinder una ebene Platte 397 Strömung mit Zirkulation um den Zylinder (Auftrieb) . . . 400 Hypothetische Fortsetzung der Strömung im Körperinnern 402 402 § 68. Kräfte auf Quellen, Senken und Wirbel Sätze von B j e r k n e s , E u t t a und J o u k o w s k y 404 8 69. Die Energie des Geschwindigkeitsfeldes 408 Arbeit der Kr&fte an Quellen, Senken und Wirbeln . . . . 409 Arbeit gegen die induzierten Drücke an Quellen und Senken 4X0 GauB-Stokesscher Integralsatz der Ebene 413 8 60. Die Theorie der Turbinen und Pumpen 416 1. Die Eulersche Turbinengleichung 416 2. Die Föttingersche Gleichung 416 3. Das hydrodynamische Induktionsgesetz 417 8 61. Der Anfahrwirbel in ebener Strömung 418 8 62. Die Prandtlsche Tragflügeltheorie 420 Das Wirbelfeld hinter einem Tragflügel 421 Wirbelfelder geringster Energie 423 Das Aufrollen der Wirbel 426 Randwiderstand, induzierter Widerstand - . 427 § 63. Die Flüssigkeitsreibung, Zähigkeit 429 § 64. Die mechanische Ähnlichkeit von Strömungen. 431 Froudesche, Newtonsche und ßeynoldssche Ähnlichkeit 433 § 66. Die Turbulent oder die wirblige Strömungsart 436 Schichtenströmung im Rohr 436 Kritische Geschwindigkeit im Rohr 437 8 66. Die Prandtlsche Grentschichttheorie 437 Das Haften der Flüssigkeit an der Wand 438 Grenzschicht, Reibungsschicht an der Platte 439 Turbulente Reibungsschicht 440 Tropfenform, Diffusorwirkung 442 8 67. Die Entstehung des Anfahrwirbels 442 Scharfkantige Eörper in idealer Strömung 442 Wirbel aus Reibungsschichtmaterial 443 Aufgaben zum 6. Abschnitt . . 444—448 Wirbel- und Quellfreiheit (Aufg. 46) 444 Anlaufzeit einer Rohrleitung (Aufg. 47) 446 Auftrieb an der geneigten Platte (Aufg. 48) . . . . . . . . 447 Sachverzeichnis 449—451
Erster Abschnitt.
Dynamik des materiellen Punktes. § 1. Einleitung. Die einfachsten Lehren der Dynamik wurden schon im ersten Bande dieses Werkes zugleich mit denen der Statik besprochen. An sie muß ich hier anknüpfen und sie so weit erganzen, als es zur Lösung der in der Technik häufiger vorkommenden Aufgaben nötig erscheint. Die Bücksicht auf den zulässigen Umfang dieses Bandes verbietet es freilich von vornherein, in ihm einen annähernd vollständigen Abriß der ganzen Wissenschaft der Dynamik geben zu wollen. Wer sich höhere Ziele stecken will, wird sich daher auch mit dem, was hier geboten werden kann, noch nicht zufrieden geben dürfen. Zu weiterer Ergänzung habe ich daher im sechsten Bande des ganzen Werkes eine noch erheblich darüber hinausführende Darstellung der Dynamik gegeben, durch die erst dieser Teil der Mechanik in dem ganzen für den Ingenieur überhaupt in Betracht kommenden Umfange zum Abschlüsse gebracht werden konnte. Aber auch mit dem Stoffe, der in diesem Bande behandelt ist, wird man schon ziemlich weit reichen und über die meisten zur Dynamik gehörigen Fragen, die in der Technik eine wichtige Rolle spielen, ausreichende Belehrung darin finden können. Überhaupt möchte ich hervorheben, daß gerade die einfacheren Lehren der Dynamik für die praktische Anwendung besonders wichtig sind. Das gilt auch schon von den im ersten Bande behandelten grundlegenden Sätzen, mit denen man sich daher vor allem möglichst gut vertraut gemacht haben muß, ehe man mit Aussicht auf Erfolg an das Studium der hier vorzutragenden Lehren herantreten kann. Wegen dieser Vorbedingung wird es gut sein, wenn ich hier zunächst noch einmal eine kurze Zusammenstellung der von früher her bekannten Sätze gebe, auf die ich mich in diesem
2
Erster Abschnitt Dynamik des materiellen Panktea
Abschnitte hauptsächlich stützen maß. Wenn der Leser finden sollte, daß ihm von diesen Sätzen irgend etwas noch nicht ganz klar geworden ist, kann ich ihm nur dringend raten, die betreffenden Ausführungen des ersten Bandes nachzusehen. Dort ist alles ausführlich genug besprochenem jeden Zweifel heben zu können. In erster Linie steht hier das Trägheitsgesetz, das in der Form = 0 für iß = 0 ausgeschrieben werden kann, wenn Ii die Geschwindigkeit eines materiellen Punktes, die etwa an ihm angreifende äußere Kraft bedeutet. Hieran schließt sich unmittelbar die dynamische Grundgleichung in einer der Formen: m dt d'i t wobei m die Masse, ft die gerichtete Entfernung des materiellen Punktes von einem festen Anfangspunkte, t die Beschleunigung ist. Bei Zerlegung in Komponenten wird daraus d'x d'y d*z v r, Y m z = -W> = m w Dann kommt das ParallelogrammgeBetz in der Form wenn 91 die Resultierende der fß ist, das sich ebenfalls wieder in Komponentengleichungen zerlegen läßt. Ferner sind zu erwähnen die wichtigen Begriffe der Arbeit A und des statischen Momentes 3» einer Kraft ^ _ ^ ^ gR = V ^ r - [ ^ t ] , von denen A als das innere Produkt des Weges t mit der Kraft und 3R als das äußere Produkt aus Kraft und Hebelarm r bezeichnet wurde. Für die Kennzeichnung des äußeren Produktes hatte ich iu meinen älteren Schriften stets das Zeichen V verwendet. Seit einigen Jahren bin ich aber davon abgegangen, um mich dem in Deutschland üblich gewordenen Brauche anzuschließen, das äußere Produkt durch Einschließen in eine eckige Klammer zu bezeichnen. Die Bedeutung der beiden geometrischen Produkte für die Mechanik hängt mit der Gültigkeit der geometrischen Multiplikationssätze « 0 ~ .£$8 und V « r = oder [34 r] =•= unter der Voraussetzung SR = zusammen.
§ 1. Einleitung
3
Wenn die fß und 81 Kräfte sind und 8 einen virtuellen Weg bedeutet, spricht die erste Gleichung das Prinzip der virtuellen Geschwindigkeiten für den einzelnen materiellen Punkt and die zweite den Momentensatz in bezug auf einen beliebig gewählten Momentenpunkt aus. Die in diesem vorkommenden Momente sind gerichtete Größen, und das Summenzeichen schreibt eine geometrische Summierung vor Nur wenn die Kräfte alle in einer Ebene liegen und auch der Momentenpunkt in dieser Ebene gewählt wird, vereinfacht sich die geometrische Summierung zu einer algebraischen. Projiziert man alle Glieder der Momentengleichung auf eine durch den Momentenpunkt gehende, beliebig gerichtete Achse, so erhält man die Momente der Kräfte in bezug auf diese Achse, und die Gleichung geht über in die Momentengleichung für diese Achse als Momentenachse. Auch in diesem Falle vereinfacht sich die geometrische Summierung zu einer algebraischen. Wie man die statischen Momente von Kräften in bezug auf eine Achse am einfachsten bilden kann, ist früher ausführlich besprochen worden. Schließlich erinnere ich noch an den Satz vom Antriebe und an den Satz von der lebendigen Kraft. Der erste folgte aus der dynamischen Grundgleichung durch eine Integration nach der Zeit in der Form f y d t = m*-mt>0, und der andere wird durch eine Verbindung der dynamischen Grundgleichung « _ ™
dt
mit der Gleichung dt = 1t dt gewonnen. Durch Multiplikation beider Gleichungen miteinander erhält man zuerst fydi = mttdtt, nnd für das innere Produkt aus 0 und db kann man auch bdD
—
vdv
setzen, wenn v den Absolutwert von tl bedeutet. Hiermit geht die vorhergehende Gleichung über in woraus man durch Integration
4
Erster Abschnitt. Dynamik des materiellen Punkte«
erbalt. — FQn erste genügt es, diese Sätze in die Erinnerung zurückzurufen. In den folgenden Abschnitten treten dann noch besonders die Lehre Ton der Bewegung des starren Körpers und der Kräftezusam mensetzung an ihm und die Lehre vom Schwerpunkte hinzu.
§ 2. Der Flächensatz. An allgemeiner Bedeutung und vielfacher Verwendbarkeit steht den vorher von neuem angeführten Sätzen der Flächensatz, zu dessen Ableitung ich jetzt übergehen will, kaum nach. Er ist auch an sich einfach und leichtverständlich genug, so daß er recht wohl mit unter die ersten Elemente hätte aufgenommen werden können. Das ist aber nicht üblich, und ich habe es ebenfalls nicht getan, weil dieser Satz nur von beschränktem Nutzen für die Dynamik eines einzelnen materiellen Punktes ist; seine volle Bedeutung tritt erst bei der Dynamik der starren Körper und der Punkthaufen hervor, also bei Untersuchungen, die erst in diesem Bande ausführlicher behandelt werden können. Dagegen muß ich den Satz jetzt schon in diesem Abschnitte, in dem er noch wenig Verwendung finden wird, zur Sprache bringen, um damit die späteren Untersuchungen hierüber auf eine feste Grundlage zu stellen. Auch der Flächensatz geht aus einer einfachen Umformung der dynamischen Grundgleichung hervor, und er reiht sich damit eng an die beiden vorher erwähnten Sätze vom Antriebe und von der lebendigen Kraft an. Man denke sich nämlich einen festen Anfangspunkt gewählt, von dem aus ein Radiusvektor r nach dem bewegten materiellen Punkte gezogen wird. Dann ist r mit der Zeit veränderlich, und man hat für die Geschwindigkeit b "
dt
Erfolgt nun die Bewegung des materiellen Punktes unter dem Einflüsse der Kraft iß, so ist nach der dynamischen Grundgleichung n verwendet. Den Wert von f kann man ähnlich wie d aus einer abklingenden Schwingung bestimmen. Man muß zu diesem Zwecke die Abnahme der Formänderungsenergie bei zwei aufeinanderfolgenden Schwingungen betrachten. Diese Abnahme ist, da die Formänderungsarbeit « dem Quadrate des Ausschlags verhältnisgleich ist, doppelt so groß wie die Abnahme des Schwingungsausschlaga a. Man kann statt dessen den Wert von ip auch durch einen im Beharrungszustand durchgeführten Versuch bestimmen, bei dem je Schwingung die gleiche Energie At zugeführt wird, die an Dämpfung verbraucht wird. Wenn die Dämpfung nur schwach ist, kann 2d gleichgesetzt werden dem Verhältnis der Dämpfungsarbeit At je Schwingung zur Formänderungsarbeit A in der äußersten Lage, also
A n m e r k u n g . Die eben angegebene Definition für die verhältnismäßige Dämpfung V oder für das logarithmische Dekrement ö ist ursprünglich in der Elektrotechnik verwendet worden (s. z. B. ReinWirtz, Radiotelegraphisches Praktikum, 1912, Seite 64). Oberingenieur S c h i e f e r s t e i n , Berlin, hat diese Definition aus der Elektrotechnik auf mechanische Schwingungen übertragen und sich die Anwendung der Formel auf mechanische Schwingungsvorgänge in den Jahren 1921 und 1923 durch die Patente 463 391 und 454 398 schützen lassen. Da aber nach dieser Definitionsformel jede in Resonanz arbeitende Schwingungsordnung betrieben wird, fällt unter diese beiden Patente jeder mit Absicht herbeigeführte mechanische Resonanzbetrieb. Der Herausgeber hatte eine in Resonanz betriebene Dauerprüfmaschine gebaut und war wegen Verletzung dieser beiden Patente verklagt worden, wiewohl er die gleiche Maschine schon vor dem Anmeldetag der beiden Patente benutzt hatte. Das Landgericht Berlin I hat den Herausgeber mit ungefähr folgender Begründung verurteilt: „Der Beklagte kann Bich auch nicht gegenüber diesen beiden Patenten auf ein Vorbenutzungsrecht berufen, denn wenn die vor Anmeldung dieser Patente von ihm betriebene Prüfmaschine auch bereits nach der Formel der Klagepatente gearbeitet haben sollte,
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Erster Abschnitt. Dynamik des materiellen Punktes
so ist dieses doch damals jedenfalls nicht bewußt geschehen. Arbeitete der Beklagte aber nicht bewußt nach der genannten Formel, so fehlte ihm .die Erkenntnis der Erfindung. Damit entfällt ein Vorbenutzungsrecht." An einem einfachen Beispiel erkennt man sofort das Eigenartige dieser Urteilsbegründung: Nehmen wir an, es sei in der Flugtechnik die Definition für die Geschwindigkeit v — — (mit ¿fs Wegänderung und d t Zeitänderung) üblich gewesen, die aber vorher im Eisenbahnbetrieb noch nicht verwendet worden wäre. Es hätte sich nun jemand die Übertragung der angegebenen Definitionsgleichung aus dem Flugbetrieb auf den Eisenbahnbetrieb schützen lassen, dann würde also jede mit einer beliebigen Geschwindigkeit v betriebene Eisenbahn unter da9 Patent fallen und das Landgericht Berlin I müßte folgerichtig dem EisenbahDÜskus das Vorbenutzungsrecht verweigern mit der gleichen Begründung, die es dem Herausgeber gegenüber vorgebracht hat: „Arbeitet die Reichsbahn aber nicht bewußt nach der genannten Formel, so fehlt ihr die Erkenntnis der Erfindung und damit entfällt ein Vorbenutzungsrecht." Der Herausgeber hat inzwischen die beiden Patente nichtig geklagt und ist mit dieser Klage vor dem Patentamt durchgedrungen, so daß die Angelegenheit in befriedigender Weise beigelegt zu werden scheint.
§ 7. Dämpfung durch gewöhnliche Reibung. Während vorher angenommen war, daß die Dämpfung proportional der Geschwindigkeit gesetzt werden könne, wollen wir jetzt den Fall betrachten, daß sie von der Geschwindigkeit unabhängig ist. Wenn die Dämpfung von einer gewöhnlichen Reibung zwischen festen Körpern herrührt, kommt man nämlich mit dieser Annahme dem , wirklichenVerhalten des schwingenden Körpers näher als mit der an» e *o ™ deren, obschon ja aus a *f der Besprechung der Rei-
,—
bung in Band I bereits bekannt ist, daß auch bei Abb. 9. der Reibung zwischen festen Körpern die Geschwindigkeit nicht ganz ohne Einfluß ist. Davon wollen wir aber hier absehen.
§ 7. Dämpfung durch gewöhnliche Reibung
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In Abb. 9 sei 0 das Anziehungszentram und die durch 0 gezogene horizontale Oerade die Schwingungsbahn des materiellen Punktes von dei Masse m, dessen augenblickliche Lage durch die in dieser Richtung positiv gezählte Abszisse x angegeben werden soll. Wir wollen ferner zunächst annehmen, daß
dx at
positiv sei. Die Reibung von dem konstanten Betrage F wirkt der Bewegung entgegen, also hier in negativer Richtung. An Stelle von Gl. (27) des vorigen Paragraphen tritt dann die Bewegungsgleichung — Cx — F. (37) In dieser Form gilt die Gleichung aber nur für den zunächst angenommenen Fall, daß sich m in positiver Richtung bewegt. Dagegen ist es gleichgültig, ob x selbst positiv oder negativ ist, d. h. die Gleichung gilt für das einmalige Durchlaufen der Schwingungsbahn von dem Ausschlage a t auf der linken Seite (in der Zeichnung) bis zur Erreichung des Ausschlages a, auf der rechten Seite. Bei der darauffolgenden Bewegung im umgekehrten Sinne hat dagegen die Reibung das Vorzeichen gewechselt, da sie jederzeit der Geschwindigkeit entgegengesetzt gerichtet ist, und die vorige Gleichung ist daher zu ersetzen durch m
= -ex
+ F.
(38)
Hierdurch wird ein wesentlicher Unterschied gegenüber dem früheren Falle herbeigeführt, bei dem die Reibung als proportional mit der Geschwindigkeit vorausgesetzt wurde. In Gl. (27) wechselte nämlich das die Reibung darstellende Glied k mit ^ von selbst das Vorzeichen, so daß die Gl. (27) zu jeder Zeit unverändert in derselben analytischen Form beibehalten werden konnte, während wir hier dem Vorzeichenwechsel der Reibung in anderer Weise Rechnung tragen müssen. Ebenso ist es übrigens auch für den Fall einer Dämpfung, die mit dem Quadrate der Geschwindigkeit proportional ist. Denn in diesem Falle wird
( d^ x\r j ' in der Be-
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Erster Abschnitt.
Dynamik des materiellen Punktes
wegungsgleichung dargestellt, das ebenfalls von selbst keinen Vorzeichenwechsel erfährt, wenn man die Bewegungsrichtung umkehrt. Man hat dann gleichfalls zwei Bewegungsgleichungen anzuschreiben, die abwechselnd für die Bewegungen in entgegengesetzten Richtungen gültig sind. In einer Anmerkung am Schlüsse dieses Paragraphen ist dieser Fall noch näher besprochen. Bleiben wir bei der Untersuchung von Gl. (37) stehen, so können wir diese dadurch vereinfachen, daß wir an Stelle von F eine Strecke e einführen, die Bich aus * = y
(39)
berechnen läßt. 61. (37) lautet hiermit m
dt> - - « ( * + « ; •
Da e konstant ist, kann dafür auch m
«**(* + e )
- -
/
. x + =• 2 liefern kann — für weiche Stähle ist bei größeren Formänderungen ifj schon größer als 1 —. Das logarithmische Dekrement d kann nur zur Bestimmung der Dämpfung verwendet werden, wenn ein wirklicher Schwingungsvorgang vorliegt, d. h. wenn die Dämpfung nicht so groß ist, daß die Bewegung aperiodisch abklingt. Aber auch für den aperiodischen Bewegungsvorgang ist es wichtig, die Größe der Dämpfung anzugeben. Wenn man das logarithmische Dekrement durch die verhältnismäßige Dämpfung tf> ersetzt, wird dieses Ziel erreicht. Das logarithmische Dekrement ist also definiert durch die verhältnismäßige Abnahme zweier aufeinander folgenden Schwingungsausschläge einer abklingenden Schwingung, während die verhältnismäßige Dämpfung durch die Energiezufuhr bestimmt ist, die im Beharrungszustand zur Erhaltung der Schwingung als Ersatz für die Dämpfung nachgeliefert werden muß. Der Vorteil der Verwendung der verhältnismäßigen Dämpfung rp gegenüber dem logarithmischen Dekrement liegt darin, daß die Betrachtung auf jeden Spannungswechsel innerhalb gleicher Grenzen angewendet werden kann (also nicht nur auf Schwingungsvorgänge) und daß das Dämpfungsmaß auch für verhältnismäßig große Dämpfung Gültigkeit hat. Z w e i t e A n m e r k u n g . Endlich mag hier noch die geradlinige Schwingung besprochen werden, die gegen eine mit dem Q u a d r a t e d e r G e s c h w i n d i g k e i t p r o p o r t i o n a l e D ä m p f u n g erfolgt. Ffir jede Bewegungsrichtung ist eine besondere Gleichung aufzustellen. Für die Bewegung im Sinne der positiven x lautet die Differentialgleichung Gegenüber Gl. (27) im vorigen Paragraphen ist nur das Quadrat der
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Erster Abschnitt. Dynamik des materiellen Punktes
Geschwindigkeit an Stelle der ersten Potenz getreten; dem entsprechend hat hier auch k eine etwas andere Bedeutung. Für die Bewegung im entgegengesetzten Sinne ist das Vorzeichen des Gliedes k (j^J umzukehren. Betrachtet man
als die unbekannte Veränderliche, so läßt sich
die Gleichung für diese integrieren, und zwar findet man dx "I /cm f 2i m Tt = r 2k' V1 — mX + )Dabei ist C die willkürliche Integrationskonstante. Von der Richtigkeit der Lösung überzeugt man sich leicht durch Einsetzen des Wertes in die Differentialgleichung. Zu Anfang des betrachteten Schwingungsweges war die Geschwinde digkeit j j gleich Null und x =»» — a 0 , wenn o0 den zugehörigen Schwingungsausschlag bezeichnet, der jedenfalls nach der negativen Richtung hin erfolgte. Aus dieser Grenzbedingung erhält man
womit die vorige Gleichung übergeht in
s-vsli-s.-.^-ii+s*))
Am Ende des Schwingungsweges wird wieder zu Null und ac — a n wenn der jetzt in der positiven Richtung gehende Ausschlag mit ax bezeichnet wird. Man erhält daher aus der Lösung der transzendenten Gleichung .
1k
/
2k
\
1+0„)
die sich im allgemeinen Falle nur durch Probieren auflösen läßt. Wenn dagegen k ziemlich klein ist, genügt es, die Exponentialfunktion durch eine auf wenige Glieder erstreckte Reihenentwicklung, zu ersetzen und dadurch eine brauchbare Näherungsformel abzuleiten. 2 je Schreibt man vorübergehend an Stelle von — at zur Abkürzung e0 usf., so lautet die Gleichung
Läßt man alle Glieder weg, die eine höhere Potenz von e0 oder
g T. Dämpfung durch gewöhnliche Reibung
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als die dritte enthalten, so kommt man auf eine quadratische Gleichung für / j , nämlich
Löst man diese auf, entwickelt die Wurzel und läßt die höheren Potenzen von eu weg, so erhält man für e t den Näherungswert
oder wenn man wieder zur früheren Bezeichnung zurückkehrt, " i - ^ - i S * ) Dieselbe Formel kann natürlich auch dazu verwendet werden, um den Nächstfolgenden Ausschlag a, aus Oj zu berechnen usf. Aus der Formel folgt, daß die Abnahme des Ausschlags während einer einfachen Schwingung einen um so kleineren Bruchteil des Ausschlags ausmacht, je kleiner der Ausschlag selbst wird. Für die Schwingungsdauer erhält man r = 2
r
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