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German Pages 204 Year 1986
JAN C. JOERDEN
Dyadische Fallsysteme im Strafrecht
Schriften zur
Rechtstheorie
Heft 117
Dyadische Fallsysteme im Strafrecht
Von Jan C. Joerden
DUNCKER & HUMBLOT / BERLIN
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Joerden, Jan C.: Dyadische Fallsysteme i m Strafrecht / von Jan C. Joerden. — B e r l i n : Duncker u n d Humblot, 1986. (Schriften zur Rechtstheorie; H. 117) I S B N 3-428-05948-4 NE: GT
D 29 Alle Rechte vorbehalten © 1986 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Satz: Bert Jordan, Berlin 61. Druck: Bruno Luck, Berlin 65 Printed in Germany ISBN 3-428-05948-4
Meinen Eltern
Vorwort Die vorliegende Untersuchung ist die leicht überarbeitete Fassung meiner Dissertation, die von der Juristischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg i m Wintersemester 1984/85 angenommen wurde. Die Überarbeitung des Manuskriptes habe ich i m A p r i l 1985 abgeschlossen. Mein besonderer Dank gilt meinem verehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. Joachim Hruschka, der meine Arbeit durch engagierte K r i t i k und vielfältige Anregungen stets verständnisvoll gefördert hat. Mein Dank bezieht sich auch auf die konsequente Anleitung zu wissenschaftlicher A r beit, die ich von Prof. Hruschka bereits seit meiner Studienzeit erfahren habe. Für wertvolle Hinweise b i n ich Herrn Prof. Dr. K a r l Heinz Gössel und Herrn Prof. Dr. Wilfried Bottke sehr verbunden. Ich danke außerdem Herrn Ernst Thamm für die bereitwillige Aufnahme meiner Arbeit i n die „Schriften zur Rechtstheorie" und den Mitarbeitern des Verlages Duncker & Humblot für die problemlose Zusammenarbeit. Schließlich danke ich meiner Frau für ihre unermüdliche Mithilfe beim Lesen der Korrekturen. Erlangen, i m Mai 1985 Jan C. Joerden
Inhaltsverzeichnis
Einleitung: Das Thema
15
1. Kapitel Vier strafrechtlidie Zweifelsregeln und ihre Bedeutung für die monadisdie Ebene der Problembereidie I bis I V I. „ I n dubio pro reo" u n d das monadische Fallsystem des Problembereichs I
19
I I . „ I m Zweifel zu Lasten des Täters" u n d das monadische Fallsystem des Problembereichs I I
22
I I I . Unterschiedliche Wirkrichtung, aber gemeinsamer Grundgedanke der beiden ersten Zweifelsregeln
26
I V . „ I m Zweifel für ein M a x i m u m an Rechtsgüterschutz" u n d das monadische Fallsystem des Problembereichs I I I
28
V. „ I m Zweifel keine Ursächlichkeit" u n d das monadische Fallsystem des Problembereichs I V
35
V I . Die monadischen Fallsysteme der Problembereiche I bis I V i m Überblick
41
2. Kapitel Die auf zwei Sachverhalte bezogene Tätervorstellung — die dyadische Ebene des Problembereichs I I I. Das dyadische Fallsystem des Problembereichs I I
43
I I . Konstellationen, i n denen k e i n Vorsatz zugerechnet werden k a n n (15. u n d 16. Spalte)
51
I I I . Konstellationen, i n denen zwei Vorsätze zugerechnet werden können (1. bis 8. Spalte)
52
I V . Konstellationen, i n denen n u r ein Vorsatz zugerechnet werden k a n n (9. bis 14. Spalte)
54
10
Inhaltsverzeichnis 1. Unproblematische Konstellationen (11. bis 14. Spalte)
54
2. Die Konstellationen des dolus alternativus (9. u n d 10. Spalte)
55
a) Diskussion verschiedener Lösungskonzeptionen
55
b) Lösung der dolus-alternativus-Fälle
60
V. Ergebnisse zum Problembereich I I
68
3. Kapitel Die auf zwei Sachverhalte bezogene Verpflichtung — die dyadische Ebene des Problembereichs I I I I. Das dyadische Fallsystem des Problembereichs I I I
70
I I . Konstellationen, i n denen keine Pflicht auferlegt werden k a n n (8., 12. u n d 14. bis 16. Spalte) 79 I I I . Konstellationen, i n denen zwei Pflichten auferlegt werden können (1. bis 3., 5. u n d 7. Spalte)
80
I V . Konstellationen, i n denen n u r eine Pflicht auferlegt werden k a n n (4., 6., 9. bis 11. u n d 13. Spalte)
81
1. Unproblematische Konstellationen (4., 6., 11. u n d 13. Spalte)
81
2. Die Konstellationen der Pflichtenkollision (9. u n d 10. Spalte)
82
a) Diskussion verschiedener Lösungskonzeptionen
82
b) Lösung der Pflichtenkollisionsfälle
85
c) Das U r t e i l des Richters i n Fällen der Pflichtenkollision
91
V. Ergebnisse zum Problembereich I I I u n d Vergleich m i t den Ergebnissen zum Problembereich I I 97 V I . Exkurs: Die auf Vermeidung v o n zwei kontradiktorischen Sachverhalten bezogene Verpflichtung 100
4. Kapitel Das auf zwei Sachverhalte bezogene Strafurteil — die dyadische Ebene des Problembereichs I I. Das dyadische Fallsystem des Problembereichs I
109
I I . Konstellationen, i n denen der Angeklagte wegen keines Delikts veru r t e i l t werden k a n n (1., 3., 5., 7., 9., 11., 13., 15. u n d 16. Spalte) 112 I I I . Die Konstellation, i n der der Angeklagte wegen zweier Delikte v e r u r t e i l t werden k a n n (8. Spalte) 113
Inhaltsverzeichnis I V . Konstellationen, i n denen der Angeklagte n u r wegen eines Delikts v e r u r t e i l t werden k a n n (2., 4., 6., 10., 12. u n d 14. Spalte) 114 1. Unproblematische Konstellationen (12. u n d 14. Spalte)
114
2. Die Konstellationen der Alternativfeststellung (2. u n d 10. Spalte) 114 a) I m Grundsatz: Freispruch wegen beider Delikte
114
b) Durchbrechung des Grundsatzes: Verurteilung wegen eines Del i k t s bei „rechtsethischer u n d psychologischer Gleichwertigkeit" 116 3. Konstellationen scheinbar alternativer Struktur: Prä- u n d Postpendenz (4. u n d 6. Spalte) 120 4. Sonderfälle der 2., 4. u n d 6. Spalte
124
V. Ergebnisse zum Problembereich I u n d Vergleich m i t den Ergebnissen zu den Problembereichen I I u n d I I I 127 V I . Exkurs: Z u m Begriff des strafrechtlich relevanten Sachverhalts i m Problembereich I 135
5. Kapitel Das auf zwei Sachverhalte bezogene Kausalurteil — die dyadische Ebene des Problembereichs I V I. Das dyadische Fallsystem des Problembereichs I V
141
I I . Konstellationen, i n denen k e i n Sachverhalt als Ursache bezeichnet werden k a n n (1., 3., 5., 7., 9., 11., 13., 15. u n d 16. Spalte) 143 I I I . Die Konstellation, i n der beide Sachverhalte als Ursache bezeichnet werden können (8. Spalte) 149 I V . Konstellationen, i n denen n u r ein Sachverhalt als Ursache bezeichnet werden k a n n (2., 4., 6., 10., 12. u n d 14. Spalte) 150 1. Unproblematische Konstellationen (12. u n d 14. Spalte)
150
2. Die Konstellationen der alternativen Kausalität (2. u n d 10. Spalte) 151 a) I m Grundsatz: Keiner der beiden Sachverhalte k a n n als U r sache bezeichnet werden 151 b) Durchbrechung des Grundsatzes: Bezeichnung eines der beiden Sachverhalte als Ursache bei „rechtlicher Gleichwertigkeit" . . . 157 3. Konstellationen scheinbar alternativer S t r u k t u r : Prä- u n d Postpendenz (4. u n d 6. Spalte) 164 V. Ergebnisse zum Problembereich I V u n d Vergleich insbesondere m i t den Ergebnissen zum Problembereich I 172 V I . Exkurs: Z u r Denkbarkeit einer außerordentlichen Zurechnung i n Fällen der 2. Spalte (Disjunktion) 174
Inhaltsverzeichnis
12
6. Kapitel Die strukturellen Gemeinsamkeiten der Problembereiche I bis I V i m Überblick Text
178
Anhang: Perspektiven des Themas
186
I. Weitere dyadische Fallsysteme
186
I I . Polyadische Fallsysteme
189
Literaturverzeichnis
193
Sachverzeichnis
200
Abkürzungen a. a. Ο. a. E. Anm. ARSP AT Aufl.
am angegebenen Ort am Ende Anmerkung A r c h i v für Rechts- u n d Sozialphilosophie (zit. nach Jahr u n d Seite) Allgemeiner T e i l Auflage
BayObLG BayVBl Bd. BGB BGH BGHSt
Bayerisches Oberstes Landesgericht Bayerische Verwaltungsblätter (zit. nach Jahr u n d Seite) Band Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofes i n Strafsachen (zit. nach Band u n d Seite)
D. ders. Diss.
Digesten derselbe Dissertation
FS
Festschrift
GA GS
Goltdammer's A r c h i v für Straf recht (zit. nach Jahr u n d Seite) Der Gerichtssaal (zit. nach Jahr u n d Seite)
h. M .
herrschende Meinung
JR JurBl JuS JW JZ
Juristische Rundschau (zit. nach Jahr u n d Seite) Juristische Blätter (zit. nach Jahr u n d Seite) Juristische Schulung (zit. nach Jahr u n d Seite) Juristische Wochenschrift (zit. nach Jahr u n d Seite) Juristenzeitung (zit. nach Jahr u n d Seite)
LK
Leipziger Kommentar
MDR m. w . N.
Monatsschrift für Deutsches Recht (zit. nach Jahr u n d Seite) m i t weiteren Nachweisen
NJW
Neue Juristische Wochenschrift (zit. nach Jahr u n d Seite)
ÖStGB
Österreichisches Strafgesetzbuch
Rdn Rg RG RGSt
Randnummer(n) Rechtsgut Reichsgericht Entscheidungen des Reichsgerichts i n Strafsachen (zit. nach Band u n d Seite)
SK StGB StPO
Systematischer Kommentar Strafgesetzbuch Strafprozeßordnung
14
Abkürzungen
VDA
Vergleichende Darstellung des deutschen u n d ausländischen Strafrechts
zit. ZPO ZStW
zitiert Zivilprozeßordnung Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft Band, Jahr u n d Seite)
(zit. nach
Einleitung: Das Thema I m Mittelpunkt der vorliegenden Untersuchung stehen vier strafrechtliche Problembereiche, die auf den ersten Blick nichts miteinander gemeinsam zu haben scheinen. Die weiteren Überlegungen werden jedoch zeigen, daß diesen vier Problembereichen dasselbe Strukturprinzip zugrunde liegt. Konsequenz dieses gemeinsamen Strukturprinzips ist es, daß für die strafrechtliche Beurteilung der Fälle, die den vier Problembereichen angehören, ein prinzipiell gleicher Ansatz erforderlich ist, der i m Verlauf der vorliegenden Untersuchung ausgearbeitet werden soll. Es geht dabei u m die folgenden vier Problembereiche: Problembereich I: Bei ein und demselben Urteil legt der Richter zwei verschiedene strafrechtlich relevante Sachverhalte 1 zugrunde. — Dieser Problembereich ist u. a. durch die i n Rechtsprechung und Lehre unter dem Stichwort „Wahlfeststellung" 2 behandelten Probleme gekennzeichnet. Problembereich II: Bei ein und derselben Handlung sind die Vorstellungen des Täters auf die Verwirklichung von zwei Tatbeständen bezogen 3 . — I n den Zusammenhang dieses Problembereichs gehören u. a. die unter den Bezeichnungen „dolus alternativus" und „dolus cumulativus" diskutierten Fallkonstellationen. Problembereich III: I n ein und derselben Handlungssituation sind dem potentiellen Täter zwei Pflichten auferlegt. — Für das Strafrecht ist die1 A l s „strafrechtlich relevanter Sachverhalt" sei die Summe der Umstände bezeichnet, bei deren Vorliegen davon gesprochen werden kann, daß ein bestimmter Täter ein bestimmtes D e l i k t begangen hat; vgl. noch 1. Kapitel I. 2 Z u r Kennzeichnung des Problembereiches wurde hier der gebräuchliche, aber ungenaue Ausdruck „Wahlfeststellung" verwendet. Z u r Problematik dieser ungenauen Bezeichnungsweise vgl. u. a. Hruschka, M D R 1967,265; Eser, in: Schänke / Schröder, § 1 Rdn 62; vgl. auch Wolter, JuS 1983, 363; korrekter erscheint es, i m Anschluß an Hruschka, JZ 1970, 637 v o n „Verurteilungen aufgrund mehrdeutiger Beweisergebnisse" zu sprechen. 3 Daß der „Vorsatz des Täters auf die V e r w i r k l i c h u n g eines Tatbestandes bezogen ist", ist eine abgekürzte Redeweise K o r r e k t müßte es eigentlich heißen, daß der Täter davon ausgeht, daß Umstände vorliegen (werden), die aus objektiver Sicht die V e r w i r k l i c h u n g eines Deliktstatbestandes bedeuten. Von dieser etwas umständlichen, wenngleich genaueren Fassung w i r d jedoch aus Gründen der Übersichtlichkeit hier u n d i m weiteren abgesehen. Die Summe der betreffenden Umstände sei entsprechend w i e bei Problembereich I als „Sachverhalt" bezeichnet; vgl. hierzu noch 1. K a p i t e l I I .
16
Einleitung
ser Problembereich insbesondere unter dem Aspekt der „Pflichtenkollision" interessant. Problembereich IV: Ein und derselbe strafrechtlich bedeutsame Erfolg steht mit zwei Kausalfaktoren i n Zusammenhang. — I m Mittelpunkt dieses Problembereichs stehen die Fälle „alternativer Kausalität" und die Fälle „kumulativer Kausalität". Die Hervorhebungen i m Text der obigen Zusammenstellung werfen ein erstes Licht auf die gemeinsame Struktur der vier Problembereiche. I m Unterschied zum „Normalfall" eines strafrechtlichen Delikts sind die Fälle der bezeichneten Problembereiche durch ein Moment der Verdoppelung ausgewiesen, das jeweils ein bestimmtes Element des Verbrechensaufbaus betrifft 4 . Anstatt seinem Urteil nur einen strafrechtlich relevanten Sachverhalt zugrunde zu legen, w i l l der Richter i m Problembereich I sein Urteil auf zwei Sachverhalte stützen. Statt nur auf einen Tatbestand beziehen sich die Tätervorstellungen i m Problembereich I I auf die Verwirklichung von zwei Tatbeständen. Statt einer Pflicht soll der normunterworfene potentielle Täter i m Problembereich I I I zwei Pflichten erfüllen. Statt einer Ursache stehen i m Problembereich I V zwei potentielle Kausalfaktoren und deren Zusammenhang m i t dem eingetretenen Erfolg i n Rede. Die weiteren Überlegungen werden zeigen, daß es gerade dies Moment der Verdoppelung ist, das es notwendig macht, die bezeichneten vier Problembereiche als vier analog aufgebaute, i n sich geschlossene Fallsysteme 5 zu begreifen. Als Fallsysteme, innerhalb deren die strafrechtlichen Probleme „Wahlfeststellung", „dolus alternativus und cumulativus", „Pflichtenkollision" sowie „alternative und kumulative Kausalität" lediglich Teilaspekte betreffen. Umgekehrt gilt, daß sich eine w i derspruchsfreie Lösung der bezeichneten strafrechtlichen Probleme nur i n der Ordnung eben jener Fallsysteme finden läßt. Dies kann hier zunächst nur angedeutet werden und w i r d i m Verlauf der vorliegenden Untersuchung für jeden der vier Problembereiche i m einzelnen zu zeigen sein. Bevor jedoch die Probleme, die sich m i t dem Wirksamwerden des besagten Moments der Verdoppelung stellen, überhaupt i n Angriff genommen werden können, muß geklärt werden, wie die Fälle zu beurteilen sind, i n denen das Moment der Verdoppelung noch nicht wirksam ist. Dies sind i m Hinblick auf Problembereich I die Fälle, i n denen der Rich4 Vgl. hierzu Verf., G A 1984, 249 ff. u n d ZStW 95 (1983), 565, 581 f. Fußnote 25. Wichtige Hinweise auf das hier so bezeichnete Moment der Verdoppel u n g finden sich auch bei Rödig, Denkform der Alternative, S. 1 ff., der allerdings n u r einen Ausschnitt aus der Problematik behandelt. 5 Wie der Begriff „Fallsystem" zu verstehen ist, w i r d i m 1. Kapitel i m einzelnen erläutert.
Das Thema
17
ter sein Urteil nur auf einen strafrechtlich relevanten Sachverhalt stützt; i m Problembereich I I die Fälle, i n denen sich der Vorsatz des Täters nur auf die Verwirklichung eines Tatbestandes bezieht; bei Problembereich I I I die Fälle, i n denen dem Pflichtunterworfenen nur eine Pflicht auferlegt ist; und bezogen auf Problembereich I V die Fälle, i n denen nur ein potentieller Kausalfaktor eines eingetretenen Erfolges i n Rede steht. — A u f diese Fälle einzugehen, w i r d die Aufgabe des 1. Kapitels sein, u m so das Fundament für die darauf aufbauende Bearbeitung der Fälle zu legen, i n denen das Moment der Verdoppelung wirksam ist. U m innerhalb der vier Problembereiche die Ebene, i n deren Einzelfällen das Moment der Verdoppelung noch nicht wirksam ist, von der Ebene unterscheiden zu können, i n deren Einzelfällen es wirksam ist, sei die zunächst genannte Ebene i m weiteren als die „monadische Ebene" und die zweite als die „dyadische Ebene" bezeichnet. Dementsprechend w i r d später von „monadischen Fallsystemen" und von „dyadischen Fallsystemen" die Rede sein 6 . Die Bezeichnungen „monadisch" und „dyadisch" sind einem verbreiteten Sprachgebrauch i n der Aussagenlogik entlehnt, wo sie soviel wie „einstellig" bzw. „zweistellig" bedeuten 7 . Die Einführung dieser Bezeichnungen ist deshalb sinnvoll, weil die auf den beiden Ebenen jeweils maßgeblichen (logischen) Urteile (welche das sind, dazu i m einzelnen das 1. Kapitel) gerade i m Sinne der Aussagenlogik „einstellig/monadisch" bzw. „zweistellig/dyadisch" sind. Die vier genannten Problembereiche sind i m übrigen nicht die einzigen Problembereiche des Strafrechts, deren Struktur durch das Moment der Verdoppelung bestimmt wird. Es gibt vielmehr eine ganze Reihe weiterer Problembereiche, die sich durch eben jene Struktur auszeichnen. Allerdings stehen diese nicht i m Mittelpunkt der vorliegenden Untersuchung, i n der nur die eingangs bezeichneten vier Problembereiche exemplarisch aufgearbeitet und analysiert werden sollen. Hinweise auf weitere strafrechtliche Problembereiche, i n denen das Moment der Verdoppelung wirksam ist, finden sich jedoch i m Anhang zur vorliegenden Untersuchung 8 . 6
Vgl. zu dieser Bezeichnungsweise Verf., G A 1984, 249, 262. Vgl. Bochenski / Menne, Grundriß der formalen Logik, S. 22, Ziff. 1.45 u n d S. 27 f., 3.1 ff.; Menne, Einführung i n die Logik, S. 34 f. u n d S. 58; Döhmann, Logique et Analyse, 1959, pp. 68—98; ders., Studium Generale, 19, 1966, 402 ff. Tarski, Einführung i n die mathematische Logik, S. 114 f., verwendet statt des Begriffes „dyadisch" den Begriff „binär", ohne daß h i e r i n ein inhaltlicher U n terschied zu sehen wäre. Rödig, Denkform der Alternative, S. 103 ff., gebraucht die Begriffe „monadisch, dyadisch, . . . " i n einem anderen Zusammenhang, ohne sich insoweit an die Begrifflichkeit der Aussagenlogik direkt anzulehnen. M. E. sind die Ausdrücke deshalb i n dem von Rödig behandelten Zusammenhang nicht sehr treffend. 8 Vgl. A n h a n g unter I . 7
2 Joerden
18
Einleitung
Schließlich sei darauf hingewiesen, daß über eine bloße Verdoppelung hinaus durchaus auch strafrechtliche Fälle denkbar sind, die sich durch ein Moment der VercLrei-, Vervier-, ..Vervielfachung auszeichnen9. So etwa, wenn hinsichtlich des Problembereichs I I sich die Vorstellungen eines Täters auf die Verwirklichung von drei, v i e r , . . . n 1 0 Tatbeständen beziehen. A u f Fälle, für die dies zutrifft, w i r d ebenfalls i m Anhang näher eingegangen 11 . Es kann allerdings vorweggenommen werden, daß die Klärung jener Fälle die Analyse von monadischer und dyadischer Ebene der betreffenden Problembereiche voraussetzt.
9 M a n k a n n dementsprechend von „triadischen, tetradischen, . . . , n - a d i schen" Fallsystemen sprechen; „ n " steht dabei für eine beliebige natürliche Zahl. Vgl. zu diesen Bezeichnungen die Literaturangaben i n A n m . 7 u n d Verf., G A 1984, 249, 262 Fußnoten 61 u n d 62. 10 Der Buchstabe „ n " steht für eine beliebige natürliche Zahl; vgl. A n m . 9. 11 Vgl. A n h a n g unter I I .
1. Kapitel
Vier strafrechtliche Zweifelsregeln und ihre Bedeutung für die monadische £bene der Problembereiche I bis I V I. „In dubio pro reo" und das monadische Fallsystem des Problembereichs I „ I n dubio pro reo" — so lautet eine der wichtigsten Regeln des heutigen 1 Strafprozesses. Die Anwendung dieser Regel setzt den Zweifel des Richters am Vorliegen eines bestimmten strafrechtlich relevanten Sachverhalts A voraus. Unter dem Begriff „strafrechtlich relevanter Sachverhalt" sei i n diesem Zusammenhang die Summe (Konjunktion) aller tatsächlichen (positiven wie negativen) Umstände verstanden, die zur Verwirklichung eines vollständigen Delikts erforderlich sind 2 . Die Regel „ i n dubio pro reo" greift nicht ein, wenn das Urteil des Richters über das Vorliegen des betreffenden Sachverhalts „zweifelsfrei" ist. Dies ist der Fall, wenn der Richter sicher ist, daß Sachverhalt A vorliegt, oder wenn er sicher ist, daß Sachverhalt A nicht vorliegt. Demgegenüber ist ein Zweifel genau dann gegeben, wenn der Richter das Vorliegen des betreffenden Sachverhalts nur für möglich hält, da er dann zwangsläufig auch dessen Nichtvorliegen für möglich hält (und umgekehrt). Nimmt man den Begriff des „Für-möglich-Haltens" als Ausgangspunkt, so lassen sich die beiden anderen, zuvor angesprochenen Formen des richterlichen Urteils über das Vorliegen eines Sachverhaltes A hieraus ableiten. Ist der Richter sicher, daß Sachverhalt A nicht vor1 Jedenfalls seitdem es unüblich geworden ist, „ m i t Hilfe des Geständnisses, des Eides, der Eidesschelte, der Eideshelfer, der Folter oder des Gottesurteils i n F o r m des Zweikampfes, des Kesselfangs oder des Tragens glühender Eisen stets zu formal eindeutigen Feststellungen" zu kommen. Diese instruktive Z u sammenstellung findet sich bei Günther, Verurteilungen, S. 25, Fußnote 2 u n ter Hinweis auf Weng, Diss., S. 31 ff. m. w. Ν., u n d Moser, Diss., S. 17 ff., die sich m i t der Geschichte des Grundsatzes „ i n dubio pro reo" befassen. 2 E i n Zweifel am Vorliegen eines strafrechtlich relevanten Sachverhalts besteht deshalb bereits dann, w e n n das Vorliegen eines der Summanden zweifelhaft ist. I m übrigen sei ein „Sachverhalt" (auch für die weiteren Problembereiche) stets als ein bestimmter „Ausschnitt aus der W e l t " verstanden; vgl. hierzu Rödig, Denkform der Alternative, S. 16 ff., u n d auch Wittgenstein, Tractatus logico-philosophicus, Nr. 2 ff., sowie Bochenski, Denkmethoden, S. 9 f.
2·
20
1. Kap.: Vier Zweifelsregeln und die monadische Ebene
liegt, so hält er m. a. W. das Vorliegen von Sachverhalt A für nicht möglich ( = unmöglich). Ist der Richter dagegen sicher, daß Sachverhalt A vorliegt, so ist i n seinen Augen das Nichtvorliegen von Sachverhalt A unmöglich. Aufgrund ihrer gegenseitigen Ableitbarkeit lassen sich die bezeichneten drei Modalitäten des richterlichen Urteils über das Vorliegen eines Sachverhaltes A — möglich, unmöglich und sicher — i n einer Tafel zusammenstellen. Für „möglich" steht dabei ein (+)-Zeichen und für „unmöglich" ein (—)-Zeichen 3 . Tafel für die monadische Ebene des Problembereichs I Sachverhalt A Vorliegen Nichtvorliegen
1
+ +
2
+ —
3
4
— +
— —
Die 1. Spalte repräsentiert i n dieser Tafel die Konstellation des Zweifels. Denn hier hält der Richter es einerseits für möglich, daß Sachverhalt A vorliegt (vgl. [ + ]-Zeichen i n der 1. Zeile), und andererseits für möglich, daß Sachverhalt A nicht vorliegt (vgl. [ + ]-Zeichen i n der 2. Zeile) 4 . Anders ist die 2. Spalte zu verstehen. I n dieser Konstellation hält der Richter das Nichtvorliegen von Sachverhalt A für unmöglich (vgl. [—]-Zeichen i n der 2. Zeile), das Vorliegen von Sachverhalt A dagegen für möglich (vgl. [ + ]-Zeichen i n der 1. Zeile). Zusammengefaßt bedeutet dies, daß der Richter sicher ist, daß Sachverhalt A vorliegt 5 . 3
Diese Tafel ist eine „reduzierte Ausgabe" der — beginnend m i t dem 2. K a p i t e l — für die dyadische Ebene verwendeten 16 Spalten umfassenden Tafel, die auf die sog. Wahrheitswertetafel von Wittgenstein, Tractatus logico-philosophicus, Nr. 5.101, zurückgeht; vgl. noch 2. Kapitel A n m . 9. Ubernimmt man eine i n der Aussagenlogik verbreitete Bezeichnungsweise für die einstellige Wahrheitswertetafel, so k a n n m a n die 1. Spalte als (einstellige) Tautologie, die 2. Spalte als Position, die 3. Spalte als Negation u n d die 4. Spalte als (einstellige) Antilogie bezeichnen; vgl. Bochenski / Menne, Grundriß der formalen Logik, S. 28, Ziff. 3.2 ff. — Versteht man den Begriff „Sachverhalt" als „Ausschnitt aus der W e l t " (vgl. oben A n m . 2) u n d bezieht darauf — wie hier — die Urteilsmodalitäten „sicher", „möglich" u n d „unmöglich", so liegt der Zusammenhang m i t einer „Semantik möglicher Welten" nahe, wie sie Kripke (vgl. u. a. Name u n d Notwendigkeit, S. 23 ff.) entwickelt hat, ohne daß darauf an dieser Stelle näher eingegangen werden kann. — Eine Differenzierung nach den drei Urteiismodalitäten entspricht i m übrigen der hier untersuchten Thematik besser als der Aufbau einer dreiwertigen Logik, wie er v o n Menne, FS für U. K l u g , S. 135, 138 f., vorgeschlagen w i r d . 4 Vgl. aber noch unten A n m . 8. 5 I n der Sicherheit ist die Möglichkeit als Minus enthalten; vgl. Bochenski / Menne, Grundriß der formalen Logik, S. 113, Ziff. 24.31.
I. „ I n dubio pro reo"
21
I n der Konstellation der 3. Spalte gilt das Umgekehrte. Hier hält der Richter das Vorliegen von Sachverhalt A für unmöglich (vgl. [—] «Zeichen i n der 1. Zeile), das Nichtvorliegen dagegen für möglich (vgl. [ + ]-Zeichen i n der 2. Zeile). Insgesamt ist diese Spalte daher so zu deuten, daß der Richter es für unmöglich erachtet, daß Sachverhalt A vorliegt (bzw. es als sicher ansieht, daß Sachverhalt A nicht vorliegt). Rein kombinatorisch ergibt sich schließlich die 4. Spalte. Sie repräsentiert den logischen Widerspruch 6 . Denn es ist logisch widersprüchlich, sowohl das Vorliegen als auch das Nichtvorliegen eines Sachverhalts für unmöglich zu halten. Für den strafrechtlichen Zusammenhang ist diese Spalte allerdings irrelevant, da ein widersprüchliches Urteil des Richters über das Vorliegen eines Sachverhalts nicht zur Anknüpfung weiterführender Überlegungen geeignet ist. Die einfache Kombinatorik der obigen Tafel zeigt, daß die vier Fallkonstellationen i n den vier Spalten der Tafel ein in sich abgeschlossenes und vollständiges System von Fällen bilden, sofern man — wie dies das Strafrecht inzident tut — die Modalität der Möglichkeit und deren Verneinung als Grundbegriffe für die Analyse des richterlichen Urteils nimmt. Es gibt dann genau diese vier Konstellationen; keine mehr und keine weniger. Denkbar sind zwar weitere Differenzierungen 7 , aber auch einem weiter differenzierten System läge die Systematik der i n obiger Tafel zusammengestellten Konstellationen zugrunde. Die vier aufeinander bezogenen Fallkonstellationen richterlichen Urteilens (Fürmöglich-Halten 8 , Für-sicher-Halten, Für-unmöglich-Halten und das Haben widersprüchlicher Vorstellungen) sollen i m weiteren als das monadische Fallsystem
des Problembereichs
I bezeichnet w e r d e n .
Läßt man die nur der Vollständigkeit halber m i t aufgeführte Konstellation des logischen Widerspruchs (4. Spalte) außer Betracht, so kann jeder der übrigen Konstellationen i n der vorstehenden Tafel eine bestimmte A r t des strafrichterlichen Urteils zugeordnet werden. 6
Vgl. Bocheûski / Menne, Grundriß der formalen Logik, S.28, Ziff. 3.221. Etwa nach Graden des Für-möglich-Haltens etc. Vgl. hierzu z.B. Burkhardt, Anuario Filosofico 1983, 273, 287 m i t weiterführenden Hinweisen auf die Philosophiegeschichte der Modalbegriffe. 8 Ganz präzise müßte man eigentlich dies „Für-möglich-Halten" als „ F ü r kontingent-Halten" bezeichnen, da der Begriff des „Für-sicher-Haltens" ausgegrenzt sein soll. Hiervon w i r d jedoch i m folgenden abgesehen, weil eine solche Sprechweise, insbesondere i m Strafrecht, absolut unüblich wäre. Es muß nur beachtet werden, daß man deshalb i m Grunde zwei Begriffe von „möglich" verwendet — einmal einen gegenüber dem Begriff „sicher" abgeschlossenen Begriff (so i m „Für-möglich-Halten") und einmal einen i m Begriff „sicher" enthaltenen Begriff (so i n der obigen Tafel bei der Deutung des [ + ] -Zeichens). 7
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1. Kap.: Vier Zweifelsregeln und die monadische Ebene
Zu einer Verurteilung des Angeklagten auf der Grundlage des strafrechtlich relevanten Sachverhalts A kommt der Richter nur i n der Konstellation der 2. Spalte, weil er nur hier das Vorliegen von Sachverhalt A als sicher ansieht. Ein (sicherer) Freispruch erfolgt, wenn die Konstellation der 3. Spalte gegeben ist. Denn hier ist der Richter sicher, daß Sachverhalt A nicht vorliegt; er hält m. a. W. das Vorliegen von Sachverhalt A für unmöglich. Solange das Strafrecht i n diesem Zusammenhang nur zwei verschiedene Arten des Ergebnisses einer strafrechtlichen Beurteilung akzeptiert — nämlich entweder Verurteilung oder Freispruch 9 —, muß es für die Konstellation der 1. Spalte eine Regel geben, die besagt, welches der beiden Ergebnisse hier die strafrechtliche Beurteilung haben soll. Rein formal betrachtet sind zwei genau entgegengesetzte Regeln denkbar. Die eine dieser denkbaren Regeln würde bestimmen, daß auch i n den Fällen der 1. Spalte, also der Konstellation des Zweifels (vgl. oben), eine Verurteilung des Angeklagten zu erfolgen hat. Die andere Regel dagegen würde zum Freispruch des Angeklagten (jedenfalls i n bezug auf den betreffenden Sachverhalt A) führen. Während die erste Regel auf eine Verdachtsstrafe hinausliefe (gleichsam „ i n dubio contra reum"), ist die zweite denkbare Regel das heute allgemein anerkannte Prinzip „ i n dubio pro reo". Die Konstellation der 1. Spalte erfordert m i t h i n eine Zweifelsregel, die klarstellt, welcher der beiden „zweifelsfreien" Konstellationen (2. und 3. Spalte) die Fälle der 1. Spalte i m Ergebnis gleichgestellt werden sollen. Diese Funktion übernimmt für den vorliegenden Zusammenhang die Zweifelsregel „ i n dubio pro reo", die sich dahingehend auswirkt, daß die Fälle der 1. Spalte im Ergebnis so behandelt werden wie die Fälle der 3. Spalte 10 . Sowohl i n der Konstellation der 3. Spalte als auch i n der Konstellation der 1. Spalte lautet das Ergebnis der strafrechtlichen Beurteilung: Freispruch — i n den Fällen der 3. Spalte w i r d dies Ergebnis gleichsam direkt erzielt und i n den Fällen der 1. Spalte unter Anwendung der Zweifelsregel „ i n dubio pro reo". I I . , , I m Zweifel zu Lasten des Täters" und das monadische Fallsystem des Problembereichs Π Die Regel „ i n dubio pro reo" ist keineswegs die einzige Zweifelsregel, die i m Straf recht zur Anwendung kommt. I m Gegensatz zu jener wer9 Prozessuale Sonderformen der Verfahrensbeendigung, w i e insbesondere die Einstellung des Verfahrens, sind i n diesem Zusammenhang nicht zu nennen, w e i l sie keine Entscheidung i n der Sache selbst bedeuten. 10 Ä h n l i c h etwa auch Frisch, FS für H. Henkel, S. 283.
II. „Im Zweifel zu Lasten des Täters"
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den die weiteren strafrechtlichen Zweifelsregeln allerdings bisher nicht als solche thematisiert. Eine dieser weiteren strafrechtlichen Zweifelsregeln steht mit der Feststellung von Tatvorsatz und folglich mit dem Problembereich I I i m Zusammenhang. Auch hier ist das Urteil einer Person — und zwar des Täters — über das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen eines strafrechtlich relevanten Sachverhalts maßgeblich. I m Unterschied zum soeben besprochenen Urteil des Richters bezieht sich das Urteil des Täters allerdings nur auf die tatsächlichen Umstände, die die Erfüllung eines objektiven Deliktstatbestandes betreffen. Die Struktur der Urteile von Richter einerseits und Täter andererseits ist i n bezug auf einen konkreten Sachverhalt (abgesehen von dessen Umfang) jedoch dieselbe. Denn auch beim Urteil des Täters über das Vorliegen der für die Erfüllung des objektiven Tatbestandes maßgeblichen tatsächlichen Umstände sind drei Modalitäten zu unterscheiden. Der Täter kann sicher sein, daß er mit seinem Verhalten Umstände verwirklicht, die die Erfüllung eines objektiven Deliktstatbestandes bedeuten; er kann dies für möglich halten, aber er kann es auch als unmöglich erachten. Bezogen auf das Vorliegen 1 1 eines bestimmten Sachverhalts A und einen hierdurch verwirklichten Deliktstatbestand 12 , lassen sich diese Urteilsmodalitäten wieder i n der bereits bekannten Tafel zusammenstellen. Tafel für die monadische Ebene des Problembereichs I I Sachverhalt A Vorliegen Nichtvorliegen
1
+ +
2
+ —
3
4
— +
— —
Wie beim Urteil des Richters über das Vorliegen eines Sachverhalts repräsentiert die 1. Spalte die Konstellation des Zweifels. Der Täter hält hier das Vorliegen von Umständen, die einen objektiven Deliktstat11 Z u m T e i l handelt es sich bei den Umständen, auf die sich die Tätervorstellung bezieht, u m künftige Umstände, die vorliegen werden (etwa der Tod des Opfers bei § 212 StGB), u n d zum Teil sind es gegenwärtige Umstände (etwa die Menschqualität des Opfers). Für den vorliegenden Zusammenhang sei das gegenwärtige oder künftige Gegebensein stets einheitlich als „ V o r liegen" bezeichnet, da es f ü r die hier vorzunehmenden Strukturanalysen auf den bezeichneten zeitlichen Unterschied nicht ankommt. 12 Es sei davon ausgegangen, daß ein Deliktstatbestand stets durch einen Sachverhalt A v e r w i r k l i c h t w i r d u n d ein Deliktstatbestand durch einen Sachverhalt Β etc. Die für Tatbestände gewählte besondere Bezeichnungsweise soll eine Verwechslung m i t Sachverhalten ausschließen.
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1. Kap.: Vier Zweifelsregeln und die monadische Ebene
bestand verwirklichen (m. a. W. das Vorliegen von Sachverhalt A), für möglich. Er hält aber auch für möglich, daß dies nicht der Fall ist 13 . I n der Konstellation der 2. Spalte ist der Täter sicher, daß Sachverhalt A vorliegt. Er geht also m i t Sicherheit davon aus, daß sein Verhalten unter tatsächlichen Umständen stattfindet bzw. tatsächliche Umstände herbeiführt, die objektiv die Verwirklichung eines Deliktstatbestandes bedeuten. I n der Konstellation der 3. Spalte dagegen hält der Täter es für unmöglich, daß Sachverhalt A vorliegt. Er schließt m. a. W. aus, daß sein Verhalten unter Umständen stattfindet bzw. solche herbeiführt, die die Verwirklichung eines objektiven Deliktstatbestandes bedeuten würden 1 4 . Die 4. Spalte schließlich repräsentiert wieder den logischen Widerspruch. A u f sie näher einzugehen, erübrigt sich deshalb 15 . Den ersten drei Spalten der vorstehenden Tafel entsprechen erneut drei verschiedene Formen strafrechtlicher Beurteilung. Ist der Täter sicher, daß Sachverhalt A vorliegt und damit der Deliktstatbestand